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German Pages 925 [928] Year 2011
DEUTSCHE BIOGRAPHISCHE ENZYKLOPÄDIE (DBE) 2. Ausgabe
Herausgegeben von Rudolf Vierhaus
DEUTSCHE BIOGRAPHISCHE ENZYKLOPÄDIE (DBE) 2. Ausgabe
Herausgegeben von Rudolf Vierhaus unter Mitarbeit von Dietrich von Engelhardt, Wolfram Fischer, Hans-Albrecht Koch, Bernd Moeller und Klaus G. Saur
DEUTSCHE BIOGRAPHISCHE ENZYKLOPÄDIE (DBE) 2., überarbeitete und erweiterte Ausgabe Herausgegeben von Rudolf Vierhaus
Band 1 Aachen – Braniß
K · G · Saur München 2005
Wissenschaftlicher Beirat der zweiten Ausgabe: Professor Dr. Dietrich von Engelhardt, Professor Drs. Dr. h. c. Wolfram Fischer, Professor Dr. Hans-Albrecht Koch, Professor Dr. Dr. h. c. Bernd Moeller, Professor Dr. h. c. mult. Klaus G. Saur Redaktionelle Leitung: Bruno Jahn Redaktion: Sven Koch, Mike W. Malm, Tanja Nause, Sandra Schaeff, Mirko Vonderstein, Ute Wielandt Redaktionsschluß: 15. September 2005
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.
0 Gedruckt auf sa¨urefreiem und chlorarmem Papier Printed on acid-free and chlorine-free paper Alle Rechte vorbehalten / All Rights Strictly Reserved K.G. Saur Verlag GmbH, Mu¨nchen 2005 Printed in the Federal Republic of Germany Satz: bsix information exchange GmbH, Braunschweig Druck und Binden: Strauss Offsetdruck GmbH, Mo¨rlenbach ISBN-10: 3-598-25030-4 (Gesamt) ISBN-13: 978-3-598-25030-9 (Gesamt) ISBN-10: 3-598-25031-2 (Band 1) ISBN-13: 978-3-598-25031-6 (Band 1)
Inhaltsverzeichnis
Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VI
Vorwort zur zweiten Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
Hinweise f¨ur die Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
X
Verzeichnis der h¨aufig benutzten Werke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI
Verzeichnis der abgek¨urzt zitierten Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XIV
Verzeichnis der allgemeinen Abk¨urzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXXI
Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXIII
Biographische Artikel Aachen – Braniß
Autorenverzeichnis
Privatdozent Dr. Johannes B¨ahr Hans B¨ockler August Borsig Rolf Becker Rudolf Augstein
Professor Dr. Christoph Friedrich Johann Friedrich B¨ottger Professor Dr. Konrad Fuchs Erich Bachem
Professor Dr. Dr. Udo Benzenh¨ofer Ludwig Binswanger
Privatdozent Dr. Martin Gierl Dorothea Friderika Baldinger Johann Heinrich Christoph Beutler
Professor Dr. Dr. Klaus Bergdolt Georg Joseph Beer
Dorothee G¨obel Johannes Brahms
Anneliese Beske August Bebel
Privatdozent Dr. Dieter Gosewinkel Wolfgang Abendroth
Dr. Ingrid Bigler-Marschall Curt Bois
Professor Dr. Helga Grebing Willy Brandt
Dr. Hans Erich B¨odeker Johann Adam Bergk Professor Dr. Dieter Breuer Abraham a Sancta Clara Angelus Silesius Professor Dr. Bernhard vom Brocke Friedrich Althoff Emil von Behring ¨ DMus h. c. Dr. Alfred Durr Johann Sebastian Bach Professor Dr. Wolfgang U. Eckart Johann Leopold Edler von Auenbrugger Ernst von Bergmann Gustav von Bergmann Professor Dr. Dietrich von Engelhardt Karl Ernst von Baer Gustav Bally Heinz Bethge Privatdozent Dr. Paul Erker Robert Bosch Professor Dr. Alfred Estermann Robert Blum Dr. Ruth Federspiel Franz Achard Dr. Andreas Fijal Johann Caspar Bluntschli
Dr. Holger Grimm Arnold B¨ocklin Professor Dr. Claudia H¨andl Franz Bopp Professor Dr. Fritz Hartmann Theodor Billroth Friedrich Blumenbach Professor Dr. Armin Hermann Max Born Dr. Michael Heyder Josef Albers Heinrich Aldegrever Dr. Andreas Hochholzer Gottfried Benn Professor Dr. Hans Werner Ingensiep Ludwig von Bertalanffy Bruno Jahn Victor Adler Hans Arp Franz von Baader Hermann Bahr Otto Bauer Thomas Bernhard Eduard Bernstein Hans Blumenberg Professor Dr. Willi Jasper Hannah Arendt
Professor Dr. Dieter Flamm Ludwig Boltzmann
¨ Professor Dr. Friedhelm Jurgensmeier Albrecht, Markgraf von Brandenburg, Erzbischof von Mainz und Magdeburg
Stefan Frevel Ernst Moritz Arndt
¨ Professor Dr. Robert Jutte Marcus Bierich
vi
Autorenverzeichnis Professor Dr. Bernhard Jussen Berthold von Henneberg, Kurf¨urst und Erzbischof von Mainz Raphael Kaeser Bernard Bolzano Professor Dr. Hans-Albrecht Koch Elsie Attenhofer Richard Beer-Hofmann Rudolf Borchardt
Monika Pohle Gerson von Bleichr¨oder Dr. h. c. Inge Rippmann Ludwig B¨orne Professor Dr. Werner R¨osener Adelheid, Kaiserin Professor Dr. Gerhard Ruhbach † Friedrich von Bodelschwingh
Professor Dr. Ulrich K¨opf Ferdinand Christian Baur
Privatdozentin Dr. Marianne Sammer Jakob Balde
Professor Dr. Dietrich Korsch Karl Barth
Dr. D. h. c. Gerhard Sch¨afer † Johann Valentin Andreae
Dr. Ulrich Kr¨amer Alban Berg
Professor Dr. Berndt Schaller Leo Baeck
Professor Dr. Fritz Krafft Georgius Agricola Friedrich Wilhelm Bessel
Professor Dr. Gunzelin Schmid Noerr Theodor W. Adorno
¨ Professor Dr. Konrad Kuster Ludwig van Beethoven
Professor Dr. Alois Schmid Johannes Aventinus Berthold von Regensburg
Professor Dr. Ulrike Landfester Bettine von Arnim
Dr. Gabriela Schmidt Alfred Adler
Dr. Ulrich Leisinger Carl Philipp Emanuel Bach Johann Christian Bach Wilhelm Friedemann Bach
Professor Dr. Bernd Schneider August B¨ockh
Professor Dr. Burkhardt Lindner Walter Benjamin Professor Dr. Brigitte Marschall Elisabeth Bergner ¨ Dr. sc. Gunter Meißner Albrecht Altdorfer Jost Ammann Cosmas Damian Asam Egid Quirin Asam Hans Baldung Ernst Barlach Max Beckmann Joseph Beuys Karl Blechen Professor Dr. Dr. h. c. Rudolf Morsey Konrad Adenauer Dr. Fritz Nagel Daniel Bernoulli Jacob Bernoulli Johann Bernoulli Dr. Torsten Passie Ludwig Binswanger Professor Dr. Dietmar Peil Werner Bergengruen Dr. Robert Pichl Ingeborg Bachmann
Professor Dr. Hans Schneider Johann Arndt Gottfried Arnold Jacob B¨ohme Bonifatius Professor Dr. Dr. Heinz Schott Eugen Bleuler Professor Dr. Harm G. Schr¨oter Hermann J. Abs Karl Friedrich Benz Carl Bosch ¨ Professor Dr. Hans-Werner Schutt Adolf von Baeyer Dr. Peter Schumann Karl Frh. von Stein zum Altenstein Ludwig Beck Theobald von Bethmann Hollweg Heike Schupetta Heinrich B¨oll Professor Dr. Dr. Thomas Sternberg Achim von Arnim Professor Dr. Michael Trowitzsch Dietrich Bonhoeffer Professor Dr. Dr. h. c. Rudolf Vierhaus Friedrich Ferdinand Graf von Beust Peter Christian Wilhelm Beuth Otto von Bismarck
vii
Autorenverzeichnis Professor Dr. Jochen Vogt Heinrich B¨oll
Professor Dr. Uwe Wesel Johann Jakob Bachofen
Professor Dr. Peter Voswinckel Carl von Basedow
Dr. Johan van der Zande Heinrich Ludwig Willibald Barkhausen
Professor Dr. Hans Dierck Waller Hans-Erhard Bock
Professor Dr. Albert Zimmermann Albertus Magnus
Professor Dr. Uwe Walter Jochen Bleicken
Dr. Christiane Zintzen H. C. Artmann
Dr. Klaus Weber Johannes Nikolaus B¨ohl von Faber
Dr. Peter Zudeick Ernst Bloch
viii
Vorwort zur zweiten Ausgabe
Der erste Band der von Walther Killy begr¨undeten Deutschen Biographischen Enzyklop¨adie (DBE) erschien 1995, der zehnte vier Jahre sp¨ater; Registerb¨ande mit Nachtr¨agen und ein Supplement folgten. Nun liegt der erste Band der zweiten, u¨ berarbeiteten und erweiterten Ausgabe vor. Aufgenommen sind, vom Fr¨uhmittelalter bis an die Gegenwart heran, Personen, die durch ihren Lebensweg, ihr Wirken, ihre Leistungen, ihre Taten und Untaten bis heute bemerkenswert erscheinen und zur kulturellen Erinnerung der Deutschen geh¨oren. Der geographische Bereich, auf den die DBE sich bezieht, ist durch die deutsche Sprache definiert. Neben Per¨ sonen aus Deutschland, Osterreich und der deutschsprachigen Schweiz, zu denen in der historischen Perspektive auch jene aus dem Elsaß, dem Baltikum, aus S¨udtirol usw. geh¨oren, umfaßt die DBE auch Bev¨olkerungsgruppen wie Emigranten oder deutschsprachige Minderheiten im Ausland. Auch NichtDeutsche, die einen Beitrag zur deutschen Geschichte und Kultur geleistet haben, wurden ber¨ucksichtigt. Beibehalten wurde das Prinzip, daß keine noch lebenden Personen aufgenommen werden. Wie in der ersten Ausgabe sind die Artikel keine im Detail ¨ vollst¨andigen Lebensbeschreibungen. Uber die Angabe der wichtigsten Lebensdaten soll u¨ ber das jeweils Besondere der aufgenommenen Personen informiert werden. Die l¨angeren, von namentlich genannten Sachkennern verfaßten Beitr¨age, in denen die
Portr¨atierten in dieser Ausgabe in der Regel auch im Bild vorgestellt werden, enthalten Hinweise auf weiterf¨uhrende Literatur. Die zweite Ausgabe der DBE enth¨alt, was man an biographischen Informationen auf einen ersten Blick zu wichtigen Personen, Frauen und M¨annern unterschiedlichen Standes und Berufs, erfahren will: Lebensdaten und -stationen, berufliche T¨atigkeiten und Hauptwerke. Die formalen Textabl¨aufe der biographischen Skizzen wollen dies bef¨ordern. Die Artikel der ersten Ausgabe wurden grundlegend u¨ berarbeitet. Es ist versucht worden, fehlerhafte Sachverhalte richtigzustellen, u¨ berm¨aßige Verknappungen aufzuheben und Disproportionen nach M¨oglichkeit auszugleichen. Auch konnten zahlreiche fehlende Lebensdaten nachgetragen werden. Zus¨atzlich zu den Beitr¨agen aus den B¨anden 11 und 13, die eingegliedert werden, enth¨alt die zweite Ausgabe der DBE einige tausend neue Artikel, darunter viele namentlich gezeichnete. Mehrere Eintr¨age der ersten Ausgabe wurden aus unterschiedlichen Gr¨unden nicht u¨ bernommen. In dem Bem¨uhen, dem Benutzer am Ende eines nicht namentlich gezeichneten Artikels eine weiterf¨uhrende – in den meisten F¨allen lexikalische – Literaturangabe zu bieten, wurde die Liste der abgek¨urzt zitierten Literatur wesentlich erweitert. K. G. Saur Verlag M¨unchen, September 2005
ix
¨ die Benutzung Hinweise fur
1. Die Artikel setzen sich aus Name und Lebensdaten, Biographie und Literaturhinweisen zusammen. Der Artikelkopf besteht aus Name (mit Namensvarianten), Vorname (zum Rufnamen zus¨atzliche Vornamen werden in Klammern gesetzt) und gegebenenfalls Adelspr¨adikat. Pseudonyme, Geburtsname, eigentlicher Name und irrt¨umlich zugeordnete Namen werden genannt. Der Berufsbezeichnung folgen Geburts- und Todesdatum mit Ortsangaben. Die Biographien informieren u¨ ber das Leben und Wirken der Personen, u¨ ber Herkunft, Bildungsweg, einflußreiche Begegnungen, Entwicklung im beruflichen Leben, Wirkungsorte, bezeichnende Werke und Leistungen, Freundschaften und Beziehungen, Zugeh¨origkeit zu Gruppen und Vereinigungen, Rezeption sowie in besonderen F¨allen u¨ ber Preise und Ehrungen. 2. Lebensdaten werden nach der vorhandenen Literatur und nach Nekrologen so exakt wie m¨oglich eingesetzt. F¨ur Daten gilt der Gregorianische Kalender (neuer Stil). 3. Die Personen des Mittelalters bis zu der Zeit um 1500 sind nach ihren Vornamen sortiert, alle sp¨ateren – abgesehen von regierenden F¨ursten – nach ihrem Nachnamen. Wo dieses Verfahren zu Unklarheiten f¨uhren k¨onnte, finden sich Verweisungen.
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4. C verweist am Schluß eines Artikels auf eine weiterf¨uhrende lexikalische Literaturangabe. Am Ende der ausf¨urhlichen, namentlich gezeichneten Artikel zu besonders herausragenden Pers¨onlichkeiten werden weitere Werke der behandelten Person aufgef¨uhrt und umfangreiche Literaturangaben gemacht. 5. Bei der alphabetischen Anordnung der Artikel erfolgt bei Namensgleichheit die Sortierung in der Chronologie des Geburtsdatums. Bei pers¨onlichen Namen gilt als Ordnungsprinzip: am Anfang stehen jeweils die deutschen K¨onige; ihnen folgen die u¨ brigen F¨ursten, alphabetisch nach Territorien angeordnet; dann Pers¨onlichkeiten des Mittelalters, deren Beiname z. B. Herkunft, Stand oder Beruf bezeichnet. Danach werden die Artikel alphabetisch nach dem Familiennamen der Person angeordnet. Adelspr¨adikate und a¨ hnliche Namensbestandteile werden nachgestellt. Umlaute gelten als zwei Buchstaben, weitere diakritische Zeichen haben auf die Sortierung keinen Einfluß. ß wird wie ss behandelt. 6. Wird in einem Artikel mit einem Pfeil auf einen anderen Namen verwiesen, kann ein Artikel zu dieser Person an entsprechender Stelle des Alphabets nachgeschlagen werden.
Verzeichnis der h¨aufig benutzten Werke
Alberti, Eduard: Lexikon der Schleswig-HolsteinLauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1829 bis Mitte 1866. 2 Bde., Kiel 1867 / 68. Alberti, Eduard: Lexikon der Schleswig-HolsteinLauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1866-1882. 2 Bde., Kiel 1885 / 86. Bader, Karl: Lexikon deutscher Bibliothekare im Hauptund Nebenamt bei F¨ursten, Staaten und St¨adten. Leipzig 1925. Bayern. Biographische Skizzen aus dem K¨onigreich Bayern. Hrsg. v. Anton Mansch. Berlin ca. 1913. Bosls bayerische Biographie. 8000 Pers¨onlichkeiten aus 15 Jahrhunderten. Hrsg. v. Karl Bosl. Regensburg 1983. Bosls bayerische Biographie. Erg.-Bd.: 1000 Pers¨onlichkeiten aus 15 Jahrhunderten. Regensburg 1988. ¨ Brennsohn, Isidor: Die Arzte Kurlands von 1825-1900. Ein biographisches Lexicon. Kurl¨andische Gesellschaft f¨ur Literatur und Kunst. Mitau 1902. ¨ Brennsohn, Isidor: Die Arzte Livlands von den a¨ ltesten Zeiten bis zur Gegenwart. Ein biographisches Lexikon nebst einer historischen Einleitung u¨ ber das Medizinalwesen Livlands. Riga 1905. Brockhaus Enzyklop¨adie in 24 B¨anden. 19. Aufl. Mannheim 1987-94. Brockhaus Riemann. Musiklexikon. In 4 B¨anden und einem Erg¨anzungsband hrsg. v. Carl Dahlhaus und Hans Heinrich Eggebrecht. Mainz / M¨unchen 1989. Br¨ummer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. 6., v¨ollig neu bearb. und stark verm. Aufl. Leipzig 1913. Die Dermatologen deutscher Sprache. Bio-bibliographisches Verzeichnis. Fr¨uher u. d. T.: Deutscher Dermatologen-Kalender und Deutsches DermatologenVerzeichnis. Leipzig 1955. Deutsch-¨osterreichisches K¨unstler- und SchriftstellerLexikon. Biographien und Bibliographie der Wiener K¨unstler und Schriftsteller. Biographien und Bibliographie der deutschen K¨unstler und Schriftsteller in ¨ Osterreich-Ungarn außer Wien. Hrsg. v. Hermann Cl. Kosel. 2 Bde., Wien 1902-06. Das Deutsche F¨uhrerlexikon: 1934/35. Berlin 1934. Der deutsche Reichstag. Fr¨uher u. d. T.: ReichstagsHandbuch. 3. Wahlperiode nach dem 30. 1. 1933. Berlin 1936. Deutsche Tonk¨unstler und Musiker in Wort und Bild. Hrsg. v. Friedrich Jansa. 2. Ausg. Leipzig 1911. Deutscher Chirurgenkalender. Hrsg. v. A. Borchard und W. von Brunn. 2. Aufl. Leipzig 1926. Deutscher Wirtschaftsf¨uhrer. Lebensg¨ange deutscher Wirtschaftspers¨onlichkeiten. Hrsg. v. Georg Wenzel. Hamburg u. a. 1929. Deutsches Dermatologen-Verzeichnis. Lebens- und Leistungschau. Hrsg. v. Erhard Riecke. 2. Aufl.; 1. Aufl. u. d. T.: Deutscher Dermatologen-Kalender. Leipzig 1939.
Deutsches Gyn¨akologen-Verzeichnis. Wissenschaftlicher Werdegang und wissenschaftliches Schaffen deutscher Gyn¨akologen. Hrsg. v. Walter Stoeckel. 2. Aufl. des Deutschen Gyn¨akologenkalenders. Leipzig 1939. Deutsches Kolonial-Lexikon. Hrsg. v. Heinrich Schnee. 3 Bde., Leipzig 1920. Deutsches Musiker-Lexikon. Hrsg. v. Erich H. M¨uller. Dresden 1929. Deutsches Zeitgenossenlexikon. Biographisches Handbuch deutscher M¨anner und Frauen der Gegenwart. Hrsg. v. Franz Neubert. Leipzig 1905. ¨ Deutschlands, Osterreich-Ungarns und der Schweiz Gelehrte, K¨unstler und Schriftsteller in Wort und Bild. Hrsg. v. Gustav Adolf M¨uller. Hannover 1908. Dlabacˇz, Gottfried Johann: Allgemeines historisches K¨unstler-Lexikon f¨ur B¨ohmen und zum Theil auch f¨ur M¨ahren und Schlesien. Hrsg. v. Paul Bergner. 3 Bde., Prag 1815. Dr¨ull, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1652-1802. Berlin, Heidelberg u. a. 1991. Dr¨ull, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803-1932. Berlin, Heidelberg u. a. 1986. Dr¨ull-Zimmermann, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1386-1651. Berlin, Heidelberg u. a. 2002. Egerl¨ander biografisches Lexikon. Mit ausgew¨ahlten Personen aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Eger. Hrsg. v. Josef Weinmann. Bd. 1: A-M; Bd. 2: N-Z. Bayreuth 1985-87. Eisenberg, Ludwig: Das geistige Wien. Mittheilungen u¨ ber die in Wien lebenden Architekten, Bildhauer, B¨uhnenk¨unstler, Graphiker, Journalisten, Maler, Musiker und Schriftsteller. 2 Bde., Wien 1893. Fikenscher, Georg Wolfgang Augustin: Gelehrtes F¨urstentum Baireuth. 12 Bde., N¨urnberg 1792-1805. Das geistige Deutschland am Ende des 19. Jahrhunderts. Enzyklop¨adie des deutschen Geisteslebens in biographischen Skizzen. Bd. 1: Die Bildenden K¨unstler. Leipzig / Berlin 1898. Das geistige Pommern. Große Deutsche aus Pommern. Sonderausstellung im Landeshaus Stettin. Stettin 1939. Geistige Welt. Gallerie von Zeitgenossen auf dem Gebiete der K¨unste und Wissenschaften. Hrsg. v. Anton Mansch. Berlin ca. 1905. Geistige Welt. Gallerie von Zeitgenossen auf dem Gebiete der Literatur, Wissenschaften und Musik. Hrsg. v. Anton Mansch. Berlin ca. 1905. Geistiges und k¨unstlerisches M¨unchen in Selbstbiographien. Hrsg. v. W. Zils. M¨unchen 1913. Gradmann, Johann Jacob: Das gelehrte Schwaben oder Lexicon der jetzt lebenden schw¨abischen Schriftsteller. Ravensburg 1802. ¨ Das Große Buch der Osterreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild. Hrsg. v. Walter Kleindel. Wien 1987. Das große Lexikon der Musik in 8 B¨anden. Hrsg. v. Marc Honegger und G¨unther Massenkeil. Freiburg/Breisgau 1978-82. Große Sudetendeutsche. Hrsg. v. Josef Schneider. M¨unchen 1957.
xi
Verzeichnis der h¨aufig benutzten Werke Haan, Wilhelm: S¨achsisches Schriftsteller-Lexicon. Alphabetisch geordnete Zusammenstellung der im K¨onigreich Sachsen gegenw¨artig lebenden Gelehrten, Schriftsteller und K¨unstler, nebst kurzen biographischen Notizen und Nachweis ihrer im Druck erschienenen Schriften. Leipzig 1875. Handw¨orterbuch der Staatswissenschaften. Hrsg. v. Ludwig Elster. 4. Aufl. 8 Bde., Erg¨anzungsbd. Jena 1923-29. Heiduk, Franz: Oberschlesisches Literatur-Lexikon. Biographisch-bibliographisches Handbuch. Teil 1: A-H; Teil 2: I-P.; Teil 3: Q-Z. Berlin 1990-2000. Heß, Richard: Lebensbilder hervorragender Forstm¨anner und um das Forstwesen verdienter Mathematiker, Naturforscher und National¨okonomen. Berlin 1885. Hinrichsen, Adolf: Das literarische Deutschland. 2., verb. und verm. Aufl. Berlin / Leipzig 1891. His, Eduard: Basler Gelehrte des 19. Jahrhunderts. Basel 1941. Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz. Hrsg. v. Henrich T¨urler. 7 B¨ande, Suppl. Neuenburg / Basel 1921-34. Hochschullehrer der Wirtschaftswissenschaften in der ¨ Bundesrepublik Deutschland, Osterreich und der deutschsprachigen Schweiz. 2. Aufl. Berlin 1966. Hofer, Fritz; H¨ageli, Sonja: Z¨urcher Personenlexikon. 800 biographische Portr¨ats aus zwei Jahrtausenden. Z¨urich / M¨unchen 1986. Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beitr¨age zur Wiener Zeitgeschichte. Hrsg. v. Franz Planer. Wien 1929. J¨ocher, Christian Gottlieb: Allgemeines GelehrtenLexicon. Darinne die Gelehrten aller St¨ande . . . vom Anfange der Welt bis auf ietzige Zeit . . . Nach ihrer Geburt, Leben, . . . Schrifften aus den glaubw¨urdigsten Scribenten in alphabetischer Ordnung beschrieben werden. 4 Bde., Leipzig 1750 / 51. J¨ocher, Christian Gottlieb: Allgemeines GelehrtenLexicon. Fortsetzung und Erg¨anzungen zu Christian Gottlieb J¨ochers allgemeinem Gelehrten-Lexicon, worin die Schriftsteller aller St¨ande nach ihren vornehmsten Lebensumst¨anden und Schriften beschrieben werden. Hrsg. v. Johann Christoph Adelung; [Bd. 3-6] Heinrich Wilhelm Rotermund. [Bd. 7] Otto G¨unther. 7 Bde., Leipzig / Delmenhorst / Bremen 17841897. Kehrein, Joseph: Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert. 2 Bde., Z¨urich / Stuttgart / W¨urzburg 1868-71. Kobolt, Anton Maria: Baierisches Gelehrten-Lexikon. Landshut 1795. K¨opfe der Forschung an Rhein und Ruhr. Dortmund 1963. K¨opfe der Politik, Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft. Hrsg. v. Karl Ritter von Klimesch. 2 Bde., Augsburg 1953. Kordes, Berend: Lexikon der jetzt lebenden SchleswigHolsteinischen und Eutinischen Schriftsteller. Schleswig 1797. Kosch, Wilhelm: Biographisches Staatshandbuch. Lexikon der Politik, Presse und Publizistik. Fortgef¨uhrt v. Eugen Kuri. 2 Bde., Bern / M¨unchen 1963. K¨urschners biographisches Theater-Handbuch: Schauspiel, Oper, Film Rundfunk. Deutschland – ¨ Osterreich – Schweiz. Hrsg. v. Herbert A. Frenzel und Hans-Joachim Moser. Berlin 1956.
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Abteilung an dem, an der, auf der Aktiengesellschaft außerordentlicher Professor außerplanm¨aßiger Professor alter Stil Altes Testament Auflage Ausgabe
b. BBC Bd., Bde. Bearb. bearb. bes. Bez. Bibliogr. Biogr. BRD bzw.
bei British Broadcasting Corporation Band, B¨ande Bearbeiter(in) bearbeitet besonders Bezirk Bibliographie Biographie Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise
ca. CDU CSU Cty.
circa Christlich Demokratische Union Christlich-Soziale Union in Bayern County
¨ d. A. d¨an. dass. DDR DEK dems. D´ep. ders. d. Gr. dies. Diss. d. J. dt.
¨ der (die) Altere d¨anisch dasselbe Deutsche Demokratische Republik Deutsche Evangelische Kirche demselben D´epartement derselbe der (die) Große dieselbe(n) Dissertation der (die) J¨ungere deutsch
ebd. ed. e. h. eigentl. EKD EKU engl. erw. ETH
ebenda edited ehrenhalber eigentlich Evangelische Kirche in Deutschland Evangelische Kirche der Union englisch erweitert Eidgen¨ossische Technische Hochschule e. V. eingetragener Verein evang. evangelisch f., ff. folgende Seite(n), folgendes (folgende) Jahre
Faks. FDP Frfr. Frh. frz. geb. Gem. gest. Gestapo Gf. GmbH H. Habil. h. c. Hrsg. hrsg.
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o¨ sterr. ¨ OVP o. J. o. Prof. preuß. Prof. Prov. Pseud.
o¨ sterreichisch ¨ Osterreichische Volkspartei ohne Jahr ordentlicher Professor preußisch Professor(in) Provinz Pseudonym
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¨ Abkurzungsverzeichnis Red. Redaktion rev. revidiert, revised S. SA schweizer. SED sog. Sp. SPD ¨ SPO SS St. TH Tl., Tle. trans. Tsd. TU
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Seite Sturmabteilung schweizerisch Sozialistische Einheitspartei Deutschlands sogenannt Spalte Sozialdemokratische Partei Deutschlands ¨ Sozialdemokratische Partei Osterreichs Schutzstaffel Sankt Technische Hochschule Teil, Teile translation, translated Tausend Technische Universit¨at
u. a. ¨ Ubers. u¨ bers. Univ. u. o¨ . urspr. USPD
unter anderem, und andere ¨ ¨ Ubersetzer(in), Ubersetzung u¨ bersetzt Universit¨at, University und o¨ fter urspr¨unglich Unabh¨angige Sozialdemokratische Partei Deutschlands
v. v. d. verb. verh. verm. ver¨off. verw. vgl. vorm.
von vor dem, vor der verbessert verheiratet vermehrt ver¨offentlicht verwitwet vergleiche vormals
z. B. zum Beispiel z. T. zum Teil
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A Aachen, Hans von, auch von Ach, von Achen, ab Ach, Maler, * 1552 K¨oln, † 4. 3. 1615 Prag. A., dessen Namenszusatz auf seinen Vater, einen angesehenen B¨urger aus Aachen, zur¨uckgeht, erhielt seine k¨unstlerische Ausbildung in K¨oln bei einem wallonischen Portr¨atmaler namens Jerrigh oder Giorgie. Nach Aufenthalten in Venedig, Rom und Florenz (1574-88) war A. von 1589 an in M¨unchen f¨ur Herzog → Wilhelm V. und in Augsburg f¨ur die Familie Fugger t¨atig. In diese Zeit fallen auch Auftragsarbeiten f¨ur St. Michael in M¨unchen (Marter des Hl. Sebastian; B¨ußende Magdalena, im Zweiten Weltkrieg zerst¨ort) und Gem¨alde mit antiken und allegorischen Motiven (u. a. Pallas, Venus und Juno, 1593; Pallas f¨uhrt die Malerei zu den Musen) sowie zwei Selbstbildnisse. Die Bekanntschaft und Zusammenarbeit mit den Kupferstechern Aegidius (u. a. Curriculum Vitae Christianae; Salus generis humani) und Raphael Sadeler f¨uhrte dazu, daß einige seiner Werke mit religi¨oser Thematik und Portr¨ats zumindest als Kupferstich erhalten sind. 1592 wurde A. durch Kaiser → Rudolf II. zum Kammermaler ohne Anwesenheitspflicht am Hof ernannt und 1594 nobilitiert. Noch in M¨unchen heiratete er 1596 Regina di Lasso, die zweite Tochter des Oberhofkapellmeisters Orlando di → Lasso. Im selben Jahr verlegte das Paar seinen Wohnsitz nach Prag, wo A. 1610 ein Haus auf dem Hradschin erwarb. Seinen M¨azen Rudolf II. portr¨atierte A. mehrfach (Kaiser Rudolf II.; Kaiser Rudolf mit Lorbeerkranz und R¨ustung) und malte auch sonst zahlreiche Auftragsportr¨ats, so von siegreichen Offizieren des Jahres 1599 (u. a. das einzige im Original erhaltene von Adolph von Schwarzenberg) und Mitgliedern des Hofes (Erzherzogin Anna, 1604). Als herausragende Beispiele der Rudolfinischen Kunst, die sich am Prager Hof Rudolfs II. als eine Form der Sp¨atrenaissance herausbildete, gelten vor allem A.s Portr¨ats. Sein Einfluß auf diese Str¨omung zeigt sich auch in den Werken seines Sch¨ulers aus den achtziger Jahren in Rom, Joseph von ¨ A.s religi¨ose, mythologische und allegorische → Heintz d. A. Darstellungen sowohl antiker als auch christlicher Motive zeigen in einer fr¨uhen Schaffensphase deutlich italienische Einfl¨usse, darunter den Paolo Veroneses; in der M¨unchner und Prager Zeit setzt sich besonders in seinen Portr¨ats der ebenfalls schon fr¨uh erworbene fl¨amische Stil durch. C AKL
Aal, Johannes, auch Al, All, latinisiert: Anguilla, Olus, Dichter, * um 1500 Bremgarten (Kt. Aargau), † 28. 5. 1551 Solothurn. Die Stelle als Pfarrer seines Heimatortes verlor A. 1529, weil er am alten Glauben festhielt. Er wurde daraufhin Leutpriester in Baden bei Z¨urich, studierte 1536-38 an der Univ. Freiburg / Breisgau und wurde Sch¨uler des Humanisten Henricus → Glareanus. Seit 1538 war er Stiftsprediger und Chorherr an St. Ursus in Solothurn, wo er 1544 mit der Wahl zum Propst das B¨urgerrecht erhielt. A wurde zum Vorsteher der Stiftsschule und 1550 zum Kanonikus ernannt. 1549 f¨uhrte die B¨urgerschaft der Stadt sein St¨uck Tragoedia. Joannis des Heiligen vorl¨auffers und T¨ouffers Christi Jesu warhaffte Histori auf. Es setzt die Tradition des mittelalterlichen Mysterienspiels fort, l¨aßt jedoch zugleich den Einfluß des Humanistendramas erkennen. A. war auch Verfasser eines sechzehnstrophigen St.-Mauritzen-und-St.-Ursen-Lieds und des ¨ Alteren St. Ursen-Spiels (1539). C Killy
Ab-Yberg, Theodor, schweizer. Politiker, Milit¨ar, * 7. 12. 1795 Schwyz, † 30. 11. 1869 Schwyz. Der Sohn eines Ratsherrn und Oberstleutnants wurde 1815 Offizier, 1823 eidgen¨ossischer Stabsoffizier und 1831 Oberst. Nach seiner Wahl zum Kantonsrichter in Schwyz 1824 war A.-Y. 1826 Ratsherr, 1830-33 Bezirksstatthalter, 1830-34 Landesstatthalter und 1833 / 34 Bezirksamtmann. 1833 kommandierte er den Zug der Schwyzertruppen nach K¨ussnacht am Rigi, 1844 / 45 gegen die Luzerner Freischaren. 1833-47 geh¨orte er dem Großen Rat, dem Kantonsrat und der Regierungskommission an und war 1834-36, 1838-40, 1842-44 und 1846 / 47 Landammann. A.-Y. veranlaßte 1835 die Berufung der Nuntiatur nach Schwyz, 1836 die Errichtung eines Jesuitenkollegs und wandte sich gegen die Aufhebung der aargauischen Kl¨oster (1841). 1846 wurde er in den Grafenstand erhoben. Nach der Niederlage im Sonderbundskrieg, an dem A.-Y. als Landammann und Kommandant beteiligt war, ging er 1848-51 ins Exil nach ¨ Osterreich. Abarbanell, Lina, S¨angerin, * 3. 1. 1879 Berlin, † 6. 1. 1963 New York. Die Tochter eines Kapellmeisters erhielt ihre erste Schauspielausbildung am Berliner Residenztheater und studierte Gesang bei Plohn und Steinmann in Berlin. Seit 1897 trat A. am Stadttheater in Posen als Schauspielerin und S¨angerin auf, kehrte 1901 nach Berlin zur¨uck und war seit 1902 am Theater an der Wien engagiert. Nach Auftritten in London kam A. 1904 in die USA und sang 1905 die Rolle des H¨ansel in der Erstauff¨uhrung von Engelbert → Humperdincks M¨archenoper H¨ansel und Gretel an der New Yorker Metropolitan Opera. A. feierte in Europa und Amerika große Erfolge als Operettendiva, sie beherrschte aber auch Opern-Partien aus dem Fach der Soubrette. C Kutsch
Abart, Franz, Bildhauer, * 22. 12. 1769 Schlinig / Val Venosta, † 10. 9. 1863 Kerns (Kt. Unterwalden). Nach Abschluß einer Bildhauerlehre f¨uhrte A. die Wanderschaft nach Straßburg, von wo er bei Ausbruch der Revolution in die Schweiz fl¨uchtete. Er erhielt Auftr¨age von Kirchen und Kl¨ostern der Umgebung von Kerns, seines Hauptarbeitsorts. Der wichtigste Teil seines k¨unstlerischen Schaffens umfaßt bildhauerische Arbeiten in Holz, darunter viele Kruzifixe und Heiligenfiguren. Als gelungenste Werke gelten die Figuren aus der helvetischen Geschichte (u. a. Wilhelm Tell, Bruder Niklaus von der Fl¨ue). A. schuf auch die beiden B¨arenstandbilder aus Granit (1828), die am Murtentor in Bern, sp¨ater vor dem Bernischen Historischen Museum aufgestellt wurden. Seine Werke, die bei einer starken Orientierung an der Natur durchaus noch klassizistische Grundz¨uge aufweisen, wurden zu seinen Lebzeiten sehr gesch¨atzt; nach 1857 gerieten sie zunehmend in Vergessenheit. C AKL Abb, Gustav, Bibliothekar, * 23. 2. 1886 Berlin, † 28. 4. 1945 Berlin. A. studierte Geschichte, Germanistik und Philosophie in Freiburg und Berlin; er arbeitete an den Universit¨atsbibliotheken in Greifswald, G¨ottingen und Berlin. Er wurde Abteilungsdirektor der Preußischen Staatsbibliothek, 1935 Direktor der Berliner Universit¨atsbibliothek. W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs leitete A. die Hauptverwaltung der Biblio-
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Abbe theken im „Generalgouvernement f¨ur die besetzten polnischen Gebiete“ in Krakau und organisierte in Warschau, Krakau, Lublin und Lemberg „Staatsbibliotheken“, die nur Deutschen zug¨anglich sein sollten. Zu seinen Publikationen z¨ahlt u. a. Schleiermachers Reglement f¨ur die K¨onigliche Bibliothek zu Berlin vom Jahre 1813 und seine Vorgeschichte (1926). Als A.s wichtigste Publikation zum Bibliothekswesen gilt sein Beitrag u¨ ber die Bibliotheksnutzung im Handbuch der Bibliothekswissenschaft. C Habermann 1
Abbe, Ernst (Carl), Physiker, Unternehmer, * 23. 1. 1840 Eisenach, † 14. 1. 1905 Jena. Der aus einer Arbeiterfamilie stammende A. konnte dank der Empfehlung von Lehrern, die seine hohe Begabung erkannten, ein Realgymnasium besuchen. Das Studium der Physik, Mathematik und Philosophie in Jena und G¨ottingen (1857-61) finanzierte er teilweise durch Privatunterricht. Mit Hilfe eines G¨onners konnte er sich schon 1863, im Alter von 23 Jahren, in Jena habilitieren und wurde dort 1870 zum a. o., 1879 zum o. Prof. ernannt; 1877-91 leitete er auch die Sternwarte der Universit¨at. Bereits 1866 hatte er einen Vertrag mit dem Universit¨atsmechaniker Carl → Zeiss geschlossen, nach dem er eine wissenschaftliche Theorie des Mikroskops entwickeln sollte. 1871 lagen die wichtigsten Ergebnisse der Abbeschen Theorie der optischen Abbildung vor und konnten 1873 ver¨offentlicht werden (Beitr¨age zur Theorie des Mikroskops und der mikroskopischen Wahrnehmung). A., seit 1873 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, arbeitete sich aber auch in den Bau von Mikroskopen ein. Er konstruierte apochromatische Objektive und zahlreiche optische Meßger¨ate (u. a. Fokometer, Komparator). 1875 nahm ihn Zeiss mit einem Drittel der Gesch¨aftsanteile als Teilhaber in seine Firma auf, und A. widmete seitdem einen großen Teil seiner Arbeitszeit und Organisationsgabe dem Ausbau der Werkstatt zu einer Fabrik optischer Ger¨ate. 1879 wandte sich der junge Chemiker Otto → Schott, Sohn des Besitzers einer Tafelglash¨utte in Westfalen, an A. mit Fragen, wie f¨ur verschiedene Zwecke zuverl¨assige Glassorten hergestellt werden k¨onnten. A. zog ihn 1882 nach Jena, und 1883 gr¨undeten Schott, A., Zeiss und dessen Sohn Roderich zun¨achst ein Labor, aus dem im folgenden Jahr mit finanzieller Hilfe des preuß. Staates, der die milit¨arische Bedeutung zuverl¨assiger optischer Instrumente erkannt hatte, das „Jenaer Glaswerk Schott & Gen.“ hervorging. Die Firma Carl Zeiss ging nach dem Tod ihres Gr¨unders (1888) 1889 in den alleinigen Besitz von A. u¨ ber, nachdem es zu einem Zerw¨urfnis mit Roderich Zeiss gekommen und dieser aus dem Unternehmen ausgeschieden war. 1891 brachte sie A. in eine Stiftung ein, die er nach dem Firmengr¨under benannte, obwohl das Kapital von ihm stammte. Er selbst wurde vom Eigent¨umer zum Gesch¨aftsf¨uhrer der Stiftung. Die Statuten der Stiftung bedeuteten eine sozialpolitische Reform großen Ausmaßes und sicherten der Firma eine Sonderstellung in der deutschen Wirtschaft. Die Arbeitnehmer erhielten gewisse Mitbestimmungsrechte, einen Anspruch auf Altersversorgung, Gewinnbeteiligung in Form gestufter Lohnnachzahlungen, eine „Abgangsentsch¨adigung“ beim Ausscheiden aus der Firma und seit 1900 den Achtstundentag. Teile des Gewinns sollten außerdem an die Univ. Jena, die Stadt Jena und Unternehmen der freien Volksbildung gehen, die Mitglieder der Gesch¨aftsleitung nicht mehr als den zehnfachen Betrag des Durchschnittslohns erhalten. Diese Leistungen waren nur m¨oglich, weil unter A.s Leitung die Firma Carl Zeiss technischer Pionier in der optischen Industrie blieb und monopol¨ahnliche Gewinne erzielen konnte. A. selbst litt im ¨ Alter wegen Uberarbeitung und Medikamentenmißbrauch an gesundheitlichen St¨orungen und trat 1903 von der Gesch¨aftsleitung zur¨uck. A.s Gesammelte Abhandlungen (5 Bde.) erschienen 1904-40. C Krafft
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Abbt, Benedikt, Benediktiner, Theologe, * 3. 11. 1768 Diedorf bei Augsburg, † 16. 2. 1847 Augsburg. A. legte 1787 sein Ordensgel¨ubde als Benediktiner zu St. Ulrich in Augsburg ab, wurde 1791 zum Priester geweiht und erhielt seine theologische Ausbildung im Augsburger Kloster und an der Univ. Salzburg (1797). Seit 1798 lehrte er Philosophie, Theologie und Kirchenrecht an St. Ulrich. 1804-10 und, nach einer Zwischenstation an St. Georg, seit 1814 war er dort Pfarrer. Von der bayerischen Regierung wurde ihm die Aufsicht und Leitung der kath. Schulen u¨ bertragen. Seit 1818 vertrat A. die kath. Geistlichkeit des Oberdonaukreises als Abgeordneter im bayerischen Landtag. Die Wahl zum Kanonikus des Bistums Augsburg 1821 nahm er nicht an. A. ver¨offentlichte Katholische Predigten und Homilien auf alle Sonntage des Kirchenjahres (2 Bde., 1822 / 23, 31855), einen Kinderkatechismus und Katholische Geheimnisreden (1847, 21855). C Neuer Nekr, Jg. 25
Abbt, Thomas, Philosoph, * 25. 11. 1738 Ulm, † 3. 11. 1766 B¨uckeburg. A., Sohn eines Per¨uckenmachers, nahm 1756 in Halle das Studium der Theologie auf, wandte sich jedoch bereits 1757 der Philosophie und Mathematik zu. 1759 mit einer theologischen Arbeit von der Philosophischen Fakult¨at promoviert, habilitierte er sich im selben Jahr (De via ad veritatem proprius etsi non penitus accedendi) und wurde 1760 a. o. Prof. der Philosophie an der Univ. Frankfurt / Oder. Seine Begeisterung f¨ur → Friedrich den Großen brachte er in der Antrittsrede Oratio de rege Philosopho und in seiner Schrift Vom Tode f¨urs Vaterland (1761, 41787), mit der er einige Ber¨uhmtheit erlangte, zum Ausdruck. Friedrich → Nicolai und Moses → Mendelssohn gewannen ihn als Nachfolger → Lessings f¨ur die Mitarbeit an den Briefen, die neueste Litteratur betreffend, f¨ur die A. Artikel u¨ ber Philosophie, Geschichte, Dichtung etc. schrieb. Nach kaum einj¨ahriger T¨atigkeit in Frankfurt / Oder ging er als Prof. der Mathematik an die Univ. Rinteln, wo er sein Hauptwerk Vom Verdienste (1765, 41790) verfaßte, in dem er sich auch mit den radikalen Positionen der Aufkl¨arung in Frankreich auseinandersetzte. A. befaßte sich ferner mit Fragen zur Methode der Geschichtswissenschaft. Durch Graf → Wilhelm von Schaumburg-Lippe wurde A., der Justus → M¨oser als seinen Mentor ansah, Ende 1765 als Hof-, Regierungs- und Konsistorialrat nach B¨uckeburg gerufen, wo er bereits im folgenden Jahr starb. Sein Nachfolger in B¨uckeburg war → Herder. C Killy Abderhalden, Emil, Physiologe, * 9. 3. 1877 Oberuzwil (Kt. St. Gallen), † 5. 8. 1950 Z¨urich. ¨ Nach dem Medizinstudium in Basel (Promotion 1902, Uber den Einfluß des H¨ohenklimas auf die Zusammensetzung des Blutes) trat A., Sohn eines Lehrers und Vater von Rudolf → A., in das Labor des Chemikers Emil → Fischer in Berlin ein. Er habilitierte sich 1904 f¨ur Physiologie und wurde 1908 Prof. und Direktor des Physiologischen Instituts an der Berliner Tier¨arztlichen Hochschule. Seit 1911 war er o. Prof. an der Medizinischen Fakult¨at und Direktor des Physiologischen Institutes der Univ. Halle / Saale. A., der Mitglied von f¨unfzig wissenschaftlichen Gesellschaften war, wurde 1912 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen und war 1932-50 ihr Pr¨asident. Seine zahlreichen Arbeiten erstreckten sich von der physiologischen Chemie des Stoffwechsels (vor allem Eiweiß-, Enzymund Hormonchemie) bis zur Vitamintherapie, Sozialmedizin (Bek¨ampfung des Alkoholismus, Gr¨undung von S¨auglingsheimen, Unterst¨utzung alter Menschen) und Eugenik. A. entdeckte die von ihm als Abwehrfermente bezeichneten Proteinasen. 1945 von amerikanischen Besatzungstruppen in den Westen umgesiedelt, zog er in die Schweiz, wo er 1946 / 47 den Lehrstuhl f¨ur Physiologische Chemie an der
Abegg Univ. Z¨urich innehatte. A. ver¨offentlichte u. a. das Lehrbuch der Physiologie (4 Bde., 1925-27, 121946) und war Herausgeber verschiedener Zeitschriften. Zu seinen Publikationen geh¨oren auch Bibliographie der gesammten wissenschaftlichen Literatur u¨ ber den Alkohol und Alkoholismus (1904), Lehrbuch der physiologischen Chemie (1906, 281948) und Die Grundlagen unserer Ern¨ahrung (1917, 51946). ¨ 2, 3 C Arzte
Abderhalden, Rudolf, Physiologe, Pathologe, * 8. 10. 1910 Berlin, † 23. 8. 1965 Meran. A., Sohn von Emil → A., studierte an der Univ. Halle / Saale Medizin, war nach seiner Promotion 1936 (Abwehrfermente aus der Gruppe der Polypeptidasen) Assistent und seit 1940 Chefassistent am Physiologisch-Chemischen Institut. 1939 habilitierte er sich (Der Einfluß der Ern¨ahrung auf die Reaktionsweise des Organismus gegen¨uber exogenen Einwirkungen) und lehrte Physiologische Chemie und Pathologische Physiologie an der Universit¨at. 1945 wurde A. mit seinem Vater deportiert und gelangte in die Schweiz. Von der Univ. Halle wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft (seit 1937) in Abwesenheit entlassen, war er in der Pharmaindustrie t¨atig und u¨ bernahm sp¨ater die Leitung des Instituts f¨ur endokrine Diagnostik in Binningen bei Basel. A., der u. a. Vitamine, Hormone, Fermente (1943, 41953), Medizinische Terminologie (1948) und Klinische Enzymologie (1958) ver¨offentlichte, gilt als einer der Wegbereiter der modernen Enzymphysiologie und -pathologie. C Eberle
Abdoullah-Bey(Leb)-Hammerschmidt, Anni(e) Marie, o¨ sterr. Malerin, * 29. 10. 1873 Wien, † 13. 2. 1916 Wien. Die Tochter eines t¨urkischen Offiziers nahm seit 1888 Unterricht im Frauengewerbeverein Wien (Technisches Zeichnen), dann in der Malschule Rudolf → Geyling, im Atelier K. Geyling Erben (Glasmalerei) und bei Anton → Hl´avaˇcek (Landschaftsmalerei). Ihre dekorative, kunstgewerbliche Malerei, ihre Blumenstilleben und Landschaften stellte sie auf nationalen und internationalen Ausstellungen (u. a. auf der Weltausstellung in Chicago 1893) aus. C AKL
Ab´ee, Conrad, Jurist, Staatsmann, * 23. 4. 1806 Wolfhagen, † 8. 11. 1873 Marburg. A. studierte seit 1830 Rechtswissenschaften und Philosophie in Marburg. 1833 trat er als Referendar in den kurhessischen Staatsdienst in Kassel ein, wurde 1835 Sekret¨ar, 1843 Vortragender Rat im Justizministerium und 1846 Kabinettsrat. Zu Beginn der Revolution 1848 mußte er Kassel verlassen und ging als Obergerichtsrat nach Rinteln. Seit 1850 war A. wieder in kurhessischem Dienst, wurde 1853 Pr¨asident des Oberappellationsgerichts und vertrat seit 1858 Kurhessen am Deutschen Bundestag. 1860 folgte die Ernennung zum Justizminister; sp¨ater war A. auch als Minister der ausw¨artigen Angelegenheiten und des kurf¨urstlichen Hauses im kurhessischen Kabinett t¨atig. C Leb Kurhessen, Bd 1
Abegg, August, schweizer. Fabrikant, * 31. 12. 1861 Z¨urich, † 2. 11. 1924 Turin. A., Sohn von Carl → A.-Arter und Bruder von Carl → A., war nach dem Besuch der Handelsschule in Genf im B¨uro der v¨aterlichen Firma R¨ubel & Abegg t¨atig. 1881 gr¨undete er zusammen mit Emilio Wild und mit finanzieller Unterst¨utzung seines Vaters die Baumwollspinnerei Wild & Abegg in Borgone Val di Susa (Italien). Das Unternehmen, in dem 1905 die erste Dampfturbine von Brown, Boveri & Cie. eingesetzt wurde, entwickelte sich zum gr¨oßten Textilbetrieb im Piemont. 1923 geh¨orten sieben Spinnereibetriebe und eine Weberei zu der Firma. Das 1907 in die Aktiengesellschaft Cotonficio Val di Susa umgewandelte Unternehmen ging nach dem Ausscheiden Wilds 1913 ganz in
den Besitz der Br¨uder A. u¨ ber. A. war an zahlreichen Elektrizit¨atsgesellschaften und Banken beteiligt. Er leistete Pionierarbeit bei der Einf¨uhrung der Kunstfaserherstellung in Italien. Nach A.s Tod u¨ bernahm sein Neffe Werner → A. die Leitung des Unternehmens.
Abegg, Bruno Erhard, Jurist, Staatsmann, * 17. 1. 1803 Elbing, † 16. 12. 1848 Berlin. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg und K¨onigsberg war A. mehrere Jahre als Jurist t¨atig. Er wurde 1833 Landrat des Kreises Fischhausen und 1835 Polizeipr¨asident von K¨onigsberg. Sp¨ater ging er als Geheimer Regierungsrat und kgl. Kommiss¨ar der Oberschlesischen Eisenbahnen nach Breslau und wurde 1848 in das Frankfurter Vorparlament entsandt, wo er die Stelle des Vizepr¨asidenten des F¨unfzigerausschusses bekleidete. Als Abgeordneter des Kreises Kreuznach war er Mitglied der Nationalversammlung in Berlin.
Abegg, Carl, schweizer. Fabrikant, * 20. 10. 1860 Hottingen (heute zu Z¨urich), † 16. 9. 1943 Z¨urich. Der Sohn von Carl → A.-Arter und Bruder von August → A. erhielt 1877-81 in Norditalien eine Ausbildung in der Fabrikation und im Handel von Seide. Nach einer T¨atigkeit in New York (1881 / 82) und einer Studienreise in den Fernen Osten (1883 / 84) gr¨undete er 1885 in Z¨urich die Firma Abegg & Co., die in Norditalien Seide produzierte und internationalen Rohseidenhandel betrieb. 1894 baute A. in Kolomna bei Moskau eine Seidenzwirnerei auf, die er bis 1918 betrieb. 1919 u¨ bernahm sein Sohn Carl Julius → A. die Leitung des Unternehmens. A. geh¨orte dem Verwaltungsrat der Schweizerischen Kreditanstalt (1911-39), der Schweizerischen R¨uckversicherungsgesellschaft (1912-37), der Maggi AG (1913-41, Pr¨asident 1916-38) und der Horgener Seidenweberei St¨unzi (1899-1935, Pr¨asident 1899-1908) an.
Abegg, Carl Julius, schweizer. Fabrikant, * 26. 4. 1891 Enge (heute zu Z¨urich), † 23. 8. 1973 Z¨urich. A., Sohn von Carl → A., erhielt in Mailand eine kaufm¨annische Ausbildung und u¨ bernahm 1919 die Leitung der v¨aterlichen Textilfirma Abegg & Co. in der Schweiz. Er war Pr¨asident des Verwaltungsrates der Nestl´e SA (1948-61, danach Ehrenpr¨asident) und der Z¨urich Versicherungsgesellschaft (1954-62). A. machte sich 1947 bei der Fusion der Nestl´e mit der Maggi Alimentana SA verdient.
Abegg, Elisabeth, Lehrerin, * 1882 Straßburg, † 1974 Berlin. A. stammte aus einer preuß. Offiziersfamilie, wurde protestantisch erzogen, trat aber sp¨ater zum Qu¨akertum u¨ ber. Zur Zeit der nationalsozialistischen Machtergreifung arbeitete sie in einem Lyzeum in Berlin. Da sie den Eid auf → Hitler verweigerte, wurde sie 1935 strafversetzt und 1941 zwangspensioniert. In der folgenden Zeit verbarg sie rassisch Verfolgte in ihrer Wohnung. Als die Zahl der Hilfesuchenden immer gr¨oßer wurde, organisierte sie ein Netzwerk von Unterst¨utzern. A. versorgte die Verfolgten mit Kleidern und verschaffte ihnen falsche Papiere. A. und ihre Helfer retteten etwa 80 Menschen vor dem Tod.
Abegg, Emil, schweizer. Sprachwissenschaftler, * 11. 1. 1885 K¨usnacht (Kt. Z¨urich), † 12. 2. 1962 Z¨urich. In Z¨urich studierte 1904-08 A., Sohn eines Kaufmanns, nach der Ausbildung zum Lehrer Germanistik, Sanskrit, Persisch, Arabisch und Psychologie, anschließend in Leipzig u. a. Indologie. 1909 wurde er an der Univ. Z¨urich mit einer germanistischen Dissertation promoviert. 1909-11 war er in Z¨urich Redakteur des W¨orterbuchs der schweizerdeutschen Sprache und 1913-17 Deutschlehrer am Kantonsseminar in K¨usnacht. 1919 habilitierte er sich mit einer Arbeit zum Sanskrittext Der Pretakalpa des Garuda-Purana f¨ur indische
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Abegg Philologie und allgemeine Sprachwissenschaft an der Univ. Z¨urich, wo er 1928-55 Titularprofessor war. A. besch¨aftigte sich haupts¨achlich mit indischer Philosophie und Relgionsgeschichte. Er ver¨offentlichte zahlreiche Arbeiten, u. a. Der Messiasglaube in Indien und Iran (1928) sowie Indische Psychologie (1945) und war Mitherausgeber der Zeitschrift „Asiatische Studien“.
Abegg, Georg Friedrich Heinrich, Mediziner, * 19. 3. 1826 K¨onigsberg, † 3. 10. 1900 Wiesbaden. A. studierte seit 1844 Medizin in Breslau und Heidelberg, wurde 1848 promoviert (De capacitate arteriarum et venarum pulmonalium) und war anschließend in einem Choleralazarett in Schlesien und als Milit¨ararzt in Breslau, Neisse und Schweidnitz t¨atig. Von 1853 an lebte er in Danzig, bekleidete die Stelle des Armenarztes und war 1857-66 Leiter des Diakonissenkrankenhauses. Als Direktor der Hebammenschule ver¨offentlichte er 1869 einen Bericht u¨ ber die Hebammen-Lehranstalt von 1819-1868. Seit 1878 leitete er als Mitglied des Medizinalkollegiums der Provinz Westpreußen den Neubau der Danziger Hebammenlehranstalt. A. begr¨undete 1876 die medizinische Sektion der „Naturforschenden Gesellschaft“ in Danzig. 1898 wurde er in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. 1868 erschien Zur Geburtshilfe und Gyn¨akologie.
Abegg, Hans Heinrich, schweizer. Fabrikant, getauft 16. 6. 1805 Horgen, † 1. 3. 1874 Z¨urich. A., Sohn eines Schreiners und Bleichers, gr¨undete 1830 in Horgen mit seinem Schwager Johann Jakob Staub die Firma Abegg & Staub. Das Unternehmen entwickelte sich 1835 zur gr¨oßten Jacquardweberei in der Schweiz. A., der nach der Trennung von Staub 1840 bis 1843 eine eigene Seidenweberei f¨uhrte, geh¨orte 1846 zu den Begr¨undern der Seidentrocknungsanstalt Z¨urich und 1856 der Schweizerischen Kreditanstalt, deren erster Pr¨asident er 1856 / 57 war. A. vertrat die Lyoner Seidenfabrik Arl`es-Dufour & Cie. in Z¨urich.
Abegg, Johann Friedrich, evang. Theologe, * 30. 11. 1765 Roxheim bei Kreuznach, † 16. 12. 1840 Heidelberg. 1789-94 unterrichtete A. am Heidelberger Gymnasium und war seit 1791 a. o. Prof. der Philologie an der Universit¨at. 1794 wurde er Pfarrer in Boxberg, 1799 in Leimen und 1808 in Heidelberg. Seit 1807 war er außerordentliches Mitglied im großherzoglich badischen Oberkirchenrat und lehrte von 1819 an als Prof. der praktischen Theologie an der Univ. Heidelberg. A., der Kontakte zu den Heidelberger Romantikern unterhielt, ist vor allem als Prediger und Seelsorger bekanntgeworden. 1976 erschien A.s Reisetagebuch von 1798 (hrsg. von Walter und Jolanda Abegg), das die philosophiehistorisch wertvollen Gespr¨ache A.s mit → Kant wiedergibt. C ADB
Abegg, Johann Jakob, schweizer. Fabrikant, Politiker, * 23. 7. 1834 K¨usnacht (Kt. Z¨urich), † 17. 2. 1912 K¨usnacht. Der Sohn eines B¨ackermeisters, der sich Anfang der f¨unfziger Jahre als Seidenfabrikant versuchte, und Neffe von Carl → A.-Arter besuchte nach der Industrieschule in Z¨urich die Seidenwebschule in Lyon, wo er auch in einem Seidengesch¨aft ausgebildet wurde. 1859-84 war er Teilhaber der Seidenfabrikationsfirma K¨agi, Fierz & Cie. in K¨usnacht, 1885-89 der Nachfolgefirma Abegg & Maeder. 1881 geh¨orte er zu den Begr¨undern der Seidenwebschule in Z¨urich. A. hatte die Leitung der Sparkasse, der Wasserversorgung und des Lehrervereins in K¨usnacht inne. 1868 wurde er als Liberaler in den Z¨urcher Verfassungsrat gew¨ahlt und geh¨orte 1869-1911 dem Kantonsrat an, dessen Pr¨asident er 1899
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war. 1890-1908 nahm A. die Aufgaben eines Erziehungsrats wahr. Von 1887 bis zu seinem Tod war er Mitglied des Nationalrats.
Abegg, Julius Friedrich Heinrich, Jurist, * 23. 3. 1796 Erlangen, † 29. 5. 1868 Breslau. A., Sohn eines Pfarrers, studierte Rechtswissenschaften in ¨ Heidelberg und Landshut (Promotion 1819, Uber die Bestrafung der im Ausland begangenen Verbrechen); 1821 wurde er a. o., 1824 o. Prof. in K¨onigsberg, 1826 in Breslau. Er ver¨offentlichte zu allen Gebieten des Strafrechts und entwickelte unter dem Einfluß der Hegelschen Philosophie eine Theorie der Gerechtigkeit, die absolute und relative Strafrechtstheorien auf geschichtlicher und begrifflicher Grundlage vereinigte. A. schrieb u. a. System der Criminalrechtswissenschaft nebst einer Chrestomathie von Beweisstellen (1826), Untersuchungen aus dem Gebiete der Strafrechtswissenschaft (1830, Nachdr. 1971), Die verschiedenen Strafrechtstheorien in ihrem Verh¨altnisse zu einander und zu dem positiven Rechte und dessen Geschichte (1835, Nachdr. 1969), Lehrbuch der Strafrechtswissenschaft (1836) ¨ und Uber die Bedeutung der sogenannten Criminalstatistik (1865). C NDB Abegg, Lily, eigentl. Elisabeth Hermine A., schweizer. Publizistin, * 7. 12. 1901 Hamburg, † 13. 7. 1974 Samedan (Kt. Graub¨unden). A., die ihre Kindheit bis zum Tod ihres im Seidenhandel t¨atigen Vaters in Yokohama (Japan) verbrachte, studierte Staatswissenschaften an den Universit¨aten Genf, Hamburg und Heidelberg; 1925 wurde sie mit der Arbeit Die franz¨osische Eisenindustrie. Aufbau, Entiwcklung und Wirtschaftspolitik nach dem Kriege zum Dr. rer. pol. promoviert. Sie war Assistentin am Institut f¨ur Zeitungswesen in Heidelberg und arbeitete seit 1930 f¨ur verschiedene schweizer. und deutsche Zeitungen, darunter 1936-43 als Ostasienkorrespondentin der „Frankfurter Zeitung“ in Tokio und in China. 1946 kehrte A. in die Schweiz zur¨uck und wurde Redakteurin der „Weltwoche“. Eine Analyse des west¨ostlichen Gegensatzes versuchte sie u. a. in ihrem Werk Ostasien denkt anders. Versuch einer Analyse des west¨ostlichen Gegensatzes (1949, Neuausg. 1970). Seit 1950 im Mittleren Osten und in Pakistan, ging A. 1954 als Korrespondentin der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erneut nach Tokio; seit 1964 lebte sie wieder in der Schweiz. A. ver¨offentlichte ferner Vom Reich der Mitte zu Mao Tse-Tung (1966) und Japans Traum vom Musterland – der neue Nipponismus (1973). C DLL, 20. Jh. Abegg, Richard (Wilhelm Heinrich), Chemiker, * 9. 1. 1869 Danzig, † 3. 4. 1910 Tessin (Pommern). A. studierte seit 1868 in Kiel, T¨ubingen und Berlin (Promo¨ tion 1891, Uber das Chrysen und seine Derivate), war Assistent an den Universit¨aten Leipzig, Stockholm und G¨ottingen und habilitierte sich 1899. Im folgenden Jahr wurde er a. o. Prof., 1909 o. Prof. an der TH Breslau. A. begr¨undete das Handbuch der Anorganischen Chemie (1905-39), f¨uhrte den Begriff der „Elektroaffinit¨at“ ein und stellte 1904 die nach ihm benannte Valenzregel auf. Seit 1901 redigierte A., der 1900 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina wurde, die „Zeitschrift f¨ur Elektrochemie“. Er ver¨offentlichte u. a. Anleitung zur Berechnung volumetrischer Analysen (1900) und Die Theorie der elektrolytischen Dissociation (1903). C Wußing
Abegg, Werner, schweizer. Fabrikant, * 9. 12. 1903 Z¨urich, † 13. 7. 1984 Bern. A., Sohn von Carl → A., durchlief nach dem Besuch der Industrieschule in Z¨urich eine Lehre im Familienunternehmen in Perosa (Piemont). 1924 u¨ bernahm er von seinem
Abeken Onkel August → A. die Leitung aller oberitalienischen Textilfabriken der Familie. Durch die politische Entwicklung und die Weltwirtschaftskrise zu Umstellungen der Produktion gezwungen, u. a. auf Kunstleder und Hanfprodukte, verkaufte er das Unternehmen 1947, das bald darauf zerfiel. Seine vor allem aus Textilien bestehende Privatsammlung f¨uhrte A. in die 1961 gegr¨undete Abegg-Stiftung (Riggisberg) u¨ ber, zu deren Hauptaufgaben der Betrieb eines Museums, einer Werk- und Ausbildungsst¨atte zur Restaurierung von Textilien sowie einer Bibliothek mit den Schwerpunkten angewandte Kunst, Textilkunst und Konservierung geh¨oren.
Abegg, Wilhelm, Jurist, Beamter, * 29. 8. 1876 Berlin, † 18. 10. 1951 Baden-Baden. A. absolvierte nach dem Studium in Berlin und G¨ottingen (Promotion 1903, Die Verj¨ahrung der Einreden nach r¨omischem, gemeinem und b¨urgerlichem Recht) eine kaufm¨annische Ausbildung, trat 1907 in den preuß. Staatsdienst ein und war seit 1910 Regierungsrat. 1917 wurde er aus dem Kriegsdienst zur Reorganisation der preuß. Polizei abkommandiert, 1920 Ministerialrat im preuß. Innenministerium, dann Leiter der Polizeiabteilung und 1926 Staatssekret¨ar. A., Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei und des Reichsbanners, bem¨uhte sich 1932 um einen Zusammenschluß der gegen den Nationalsozialismus gerichteten Kr¨afte. 1933 emigrierte er nach Z¨urich, wo er u. a. Funktion¨ar der Bewegung Freies Deutschland und bis 1949 Anwalt f¨ur internationales Recht war. A. ver¨offentlichte u. a. Die preußische Verwaltung und ihre Reform, L¨ander und Reich (1928). C BHdE, Bd 1
Abegg-Arter, Carl, schweizer. Kaufmann, Bankier, * 20. 4. 1836 K¨usnacht (Kt. Z¨urich), † 23. 8. 1912 Z¨urich. A.-A., Sohn eines Tuchh¨andlers, Weinbauern und Gemeindeammanns, besuchte die Industrieschule in Z¨urich, arbeitete im v¨aterlichen Seidenverlag mit und erhielt 1852-55 eine Ausbildung in der Seidenfirma Heinrich Fierz-Etzweiler in Mailand. 1856-61 bei dem Seidenfabrikanten Salomon R¨utschi in Hottingen t¨atig, war er 1861-84 Mitinhaber der Firma R¨ubel & Abegg, eines Seiden-, Bank- und Effektengesch¨aftes in Z¨urich. 1885 beteiligte er sich an der von seinem Sohn Carl → gegr¨undeten Firma Abegg & Co. 1868 trat A.-A. in den Verwaltungsrat der Schweizerischen Kreditanstalt ein, dessen Pr¨asident er 1883-1911 war. Er geh¨orte zu den Begr¨undern der Versicherung „Schweiz“ (1869) und der 1872 als Versicherungsverein gegr¨undeten „Z¨urich Unfall“, der Bank f¨ur Orientalische Eisenbahnen (1890) und der Bank f¨ur elektrische Unternehmungen (1895). A.-A. war langj¨ahriges Mitglied des Z¨urcher Handelsgerichts. C NDB
Abeille, (Johann Christian) Ludwig, auch Louis A., Komponist, Musiker, * 20. 2. 1761 Bayreuth, † 2. 3. 1838 Stuttgart. Der einer Hugenottenfamilie entstammende A. wurde 1773 in die Stuttgarter Milit¨arakademie aufgenommen und der Musikklasse zugewiesen, in der er Unterricht in Komposition und am Cembalo erhielt. Als Siebzehnj¨ahriger war er Hofcembalist; 1781 erhielt er eine besoldete Stelle am Hoftheater in Stuttgart. 1786 wurde A. Lehrer am Musikund Mimikinstitut der Karlsschule, an dem er nach dem Tod Rudolf → Zumsteegs 1802 die Konzertmeisterstelle u¨ bernahm; seit 1801 war er auch Stiftsmusikdirektor. 1815 wurde er Hoforganist in Stuttgart. Sein Werk umfaßt außer den im Vordergrund stehenden Liedkompositionen Klavierst¨ucke, Singspiele und die Oper Amor und Psyche. C MGG Abeken, Bernhard Rudolf, Philologe, Literarhistoriker, * 1. 12. 1780 Osnabr¨uck, † 24. 2. 1866 Osnabr¨uck. A., Bruder Wilhelm Ludwig → A.s, studierte seit 1799 Theologie und Philosophie in Jena und war anschließend als
Hauslehrer in Berlin, 1808-10 bei → Schiller in Weimar t¨atig. Er ging als Konrektor an das Gymnasium in Rudolstadt, 1815 an das in Osnabr¨uck, wo er 1841 Rektor wurde. A. widmete sich der Dante-Forschung und gab u. a. Justus → M¨osers Schriften heraus (10 Bde., 1842 / 43). Er ver¨offentlichte ferner Cicero in seinen Briefen (1835) und Ein St¨uck aus Goethes Leben (1848). A. war der Vater von Hermann → A. C Allg Hann Biogr, Bd 2
Abeken, Heinrich (Johann Wilhelm Rudolf), evang. Theologe, Diplomat, * 19. 8. 1809 Osnabr¨uck, † 8. 8. 1872 Berlin. A., Sohn eines Kaufmanns und Senators, studierte 1827-31 Theologie, Philosophie und Philologie in Berlin, war 1831-38 in Rom Hauslehrer und Mitarbeiter Christian Karl Josias von → Bunsens u. a. an der Edition des Allgemeinen evangelischen Gesang- und Gebetbuchs sowie Bibliothekar und Prediger an der deutschen Gesandtschaft (seit 1834). 1841 hielt er sich im Auftrag → Friedrich Wilhelms IV. in London auf, um mit Bunsen die Errichtung eines deutschenglischen Bistums Jerusalem vorzubereiten. 1842 nahm er an einer Expedition des Orientalisten Richard → Lepsius teil. Seit 1848 war A., zuletzt als Vortragender Rat, im Außenministerium t¨atig. Als Anh¨anger → Bismarcks nahm er am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1070/71 teil. Hedwig A. gab 1898 zu einer Biographie zusammengestellte Briefe A.s heraus: H. A. Ein schlichtes Leben in bewegter Zeit. C Allg Hann Biogr, Bd 2
Abeken, Hermann, Publizist, Statistiker, * 27. 6. 1820 Osnabr¨uck, † 27. 4. 1854 Hannover. Nach einer kaufm¨annischen Lehre in New York und juristischen Studien in G¨ottingen und Berlin machte A., Sohn von Bernhard Rudolf → A., eine Weltreise. Seit 1846 befaßte er sich in Osnabr¨uck, Bonn und Berlin mit schriftstellerischen Arbeiten, die – auf seinen Reiseeindr¨ucken aufbauend – politischen Themen gewidmet waren (u. a. Amerikanische Negersklaverei und Emancipation, 1847). 1848 wurde er zum Leiter des neugegr¨undeten Statistischen B¨uros in Hannover berufen. In dieser Funktion ver¨offentlichte er Studien u¨ ber archivalische Quellen und u¨ ber die Geschichte des K¨onigreiches Hannover (u. a. Zur Statistik des K¨onigreiches Hannover, 3 Hefte, 1850-53). C NDB
Abeken, Wilhelm Ludwig, Lehrer, * 1. 12. 1793 Osnabr¨uck, † 2. 10. 1826. A., Bruder Bernhard Rudolf → A.s, studierte Griechisch, Latein, Hebr¨aisch, Englisch, Italienisch und Spanisch, seit 1812 Philologie und Theologie an der Univ. G¨ottingen. 1814 schloß er sich dem L¨utzowschen Korps an und war bis 1816 Sekondeleutnant in einem Landwehrregiment. Bis 1820 war A. Lehrer am Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin, wurde an der Univ. Halle promoviert und erhielt eine Stelle als Oberlehrer, bald als Prof. am Joachimsthalschen Gymnasium. C Neuer Nekr, Jg. 4 Abeken, Wilhelm Ludwig Albert Rudolf, Arch¨aologe, * 30. 4. 1813 Rudolstadt, † 29. 1. 1843 M¨unchen. Der Sohn Bernhard Rudolf → A.s studierte in Berlin Theologie und Philologie u. a. bei Friedrich → Schleiermacher. Nachdem ihn Eduard → Gerhard in seine Arch¨aologische Gesellschaft aufgenommen hatte, studierte er vor allem Arch¨aologie, drei Jahre sp¨ater in G¨ottingen bei Carl Otfried → M¨uller (Promotion 1836). Danach lebte er in Italien, vorwiegend in Rom, wo er u. a. mit Heinrich → Abeken, Christian Karl Josias → Bunsen und Richard → Lepsius in Verbindung stand. A. wurde Mitglied (sp¨ater zweiter Sekret¨ar) des Deutschen Arch¨aologischen Instituts in Rom, der Pontanianischen Gesellschaft in Neapel sowie der Aretinischen und der toscanischen Akademie der Wissenschaft. Nachdem
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Abel er schon seit l¨angerem an Malaria erkrankt war, verließ A. 1842 Italien. Sein Hauptwerk, die Abhandlung Mittelitalien vor den Zeiten r¨omischer Herrschaft in seinen Denkmalen erschien postum (1843). C Neuer Nekr, Jg. 21
Abel, Adolf, Architekt, Stadtplaner, * 27. 11. 1882 Paris, † 3. 11. 1968 Bruckberg bei Ansbach. A., Sohn eines Architekten, studierte zwischen 1902 und 1908, unterbrochen durch einen Aufenthalt in Italien 1905 / 06 an der TH und der Kunstakademie in Stuttgart sowie an der Dresdener Akademie bei E. Hermann und Paul → Wallot. 1919-21 folgte eine Assistenz an der TH Stuttgart bei Paul → Bonatz. Bis 1925 lebte A. als freier Architekt in Stuttgart, wurde Dozent an der dortigen TH und Vorstand der Hochbauabteilung der Neckar A. G. f¨ur den Bau des Rhein-Neckar-Kanals. In den zwanziger Jahren baute er die M¨ulheimer Rheinbr¨ucke in K¨oln und die Friedrich-EbertBr¨ucke in Mannheim. Außerdem entwarf und verwirklichte er einen Bebauungsplan um den Berliner Bahnhof Friedrichstraße (1922) und eine Erweiterung des Reichstags (1929), den sein Lehrer Paul Wallot in den neunziger Jahren gebaut hatte. 1925-30 war A. in K¨oln st¨adtischer Baudirektor (u. a. Hauptgeb¨aude der Universit¨at); seine Stadtplanung zeigt sich in Gestalt der K¨olner Ringe bis heute. 1930-52 war A. Prof. f¨ur Baukunst und St¨adtebau an der TH M¨unchen. Nach dem Krieg maßgeblich am Wiederaufbau verschiedener deutscher St¨adte beteiligt, baute er u. a. das Ausw¨artige Amt in Bonn (1951). 1957-66 arbeitete er in Stuttgart-Sillenbuch; bereits 1955 / 56 entstand die Stuttgarter Liederhalle, das wichtigste Werk seiner zweiten Schaffensperiode nach dem Zweiten Weltkrieg A. war Mitglied der Akademie der Sch¨onen K¨unste M¨unchen und Vorsitzender der Landesgruppe Bayern der Deutschen Akademie f¨ur Stadtbau und Landesplanung. C Bad Bio N.F., Bd 1
Abel, Alfred (Peter), Schauspieler, * 12. 3. 1879 Leipzig, † 12. 12. 1937 Berlin. A., Sohn eines Handlungsreisenden, begann mehrere Ausbildungen, erhielt privaten Schauspielunterricht, wurde zun¨achst in Luzern engagiert und u¨ bernahm weitere Rollen an Wander- und Provinztheatern. 1904 hatte er ein Engagement am Deutschen Theater in Berlin, das er f¨ur die Spielzeit 1904 / 05 unterbrach, um am Irving Place Theater in New York mitzuwirken. Wieder in Berlin, spielte er u. a. unter Max → Reinhardt am Deutschen Theater, bevor er 1929 ein festes Engagement bei Viktor → Barnowsky erhielt und an der Seite von Fritzi → Massary großen Erfolg hatte. Als Gastschauspieler trat er im selben Zeitraum an verschiedenen Berliner B¨uhnen auf. 1913 war A. in seiner ersten Filmrolle in Reinhardts Eine venezianische Nacht zu sehen. Unter Regisseuren wie Ernst → Lubitsch (u. a. Die Flamme, 1922, zusammen mit Pola → Negri), Friedrich Wilhelm → Murnau und Gerhard → Lamprecht spielte er in zahlreichen weiteren Stummfilmen und feierte seine gr¨oßten Erfolge in Fritz → Langs Dr. Mabuse, der Spieler (1922) und als Joh Fredersen in Metropolis (1926). Seine herausragende St¨arke lag bei einer eindringlichen Psychologisierung der Charaktere unter sparsamen Einsatz gestischer Mittel. In vier Filmen f¨uhrte A. selbst Regie; als k¨unstlerisch besonders interessant gilt Narkose (1929), eine Adaption nach Stefan → Zweig. Mit dem Beginn des Tonfilms setzte A. in den dreißiger Jahren seine Schauspielkarriere fort und u¨ bernahm h¨aufig Rollen des vornehmen, a¨ lteren Herren, aber auch komische Partien. C Cinegraph
Abel, Ambrosius Joseph, Verleger, * 1. 6. 1820, † 30. 7. 1878. A. gr¨undete 1851 in Leipzig eine Verlagsbuchhandlung, deren Ziel die Publikation fremdsprachiger popul¨ar¨ naturwissenschaftlicher Literatur in deutscher Ubersetzung
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war. 1852 erwarb er zus¨atzlich einen Verlag f¨ur botanische Literatur, dessen Sortiment er dem seinen angliederte; das Hauptwerk waren die handkolorierten Icones florae Germanicae et Helveticae (erstmals 1833 erschienen, 22 Bde.). Seit Anfang der sechziger Jahre des 19. Jh. erweiterte sich das Unternehmen um einen Verlag, der medizinische Kompendien anbot, um geographische, technische und sp¨ater geisteswissenschaftliche Literatur. Der Bereich Jugendbuch trat u. a. mit einer illustrierten Ausgabe von Andersens M¨archen hervor. C Pfau 1
Abel, August, Pseud. Ekkehart W¨achter, Journalist, * 19. 12. 1887 Gelsenkirchen, † 18. 8. 1962 Frankfurt / Main. A. besuchte ein Lehrerseminar, nahm als Kriegsfreiwilliger am Ersten Weltkrieg teil und war 1916-19 Redakteur, zuletzt Schriftleiter der „Rheinisch-Westf¨alischen Zeitung“ in Essen. 1919 / 20 hielt er sich als außenpolitischer Redakteur der „Deutschen Zeitung“ in Berlin auf und war bis 1921 Reichstagskorrespondent der „Bergisch-M¨arkischen Zeitung“ in Elberfeld. Bis 1927 war er freier Mitarbeiter verschiedener rechtsgerichteter Bl¨atter, seit 1925 auch der „Neuen Zeit“ in Chicago. A. trat 1927 in den „Jungdeutschen Orden“ ein, dessen Reichspressechef er bis 1930 war. 1930-32 geh¨orte er f¨ur die Deutsche Staatspartei dem Reichstag an. 1934 wanderte A. nach Afrika aus, wo er in Tanganjika bis 1948 als Farmer lebte. Nach seiner R¨uckkehr nach Deutschland arbeitete er als freier Journalist. C BHdE, Bd 1
Abel, Carl August von, Staatsmann, * 1. 9. 1788 Wetzlar, † 5. 10. 1856 M¨unchen. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften (bis 1809) trat A. in den bayerischen Staatsdienst ein und war als Sekret¨ar und Assessor in verschiedenen St¨adten t¨atig. 1818 wurde er Stadt- und Polizeikommissar von Bamberg. 1819 folgte die Ernennung zum Regierungsrat, 1827 zum Ministerialrat in M¨unchen. Als bayerischer Innenminister (1837-47) f¨orderte er, der anf¨anglich liberalen Gedanken nahegestanden hatte, den Ultramontanismus sowie eine betont antiprotestantische und zugleich monarchistische Politik. 1844 wurde A. nobilitiert. Unter dem Druck der liberalen Opposition mußte er 1846 die Zust¨andigkeit f¨ur Kultus und Unterricht abgeben. Als er 1847 der Geliebten des bayerischen K¨onigs, Lola → Montez, das Heimatrecht verweigerte, wurde er auch als Innenminister entlassen. 1847-50 war A. Gesandter in Turin, danach Berater → Maximilians II. C NDB
Abel, Carl Friedrich, auch Karl F. A., Komponist, Musiker, * 22. 12. 1723 K¨othen, † 20. 6. 1787 London. A. war der Sohn von Christian Ferdinand A., der um 1715 eine Anstellung als Geiger und Gambist am Hof des F¨ursten Leopold von Anhalt-K¨othen erhielt. Seit 1737 hielt er sich als Thomassch¨uler in Leipzig auf. 1743 war A. in der Dresdner Hofkapelle als Gambist und Violoncellist t¨atig. 1759 wurde er in London Kammermusiker der K¨onigin Charlotte. 1765-82 leitete er mit Johann Christian → Bach ein Konzertunternehmen, die kammermusikalischen Bach-AbelConcerts, das 1775 mit den Hannover-Square-Rooms einen eigenen Konzertsaal erhielt. Nach Bachs Tod (1782) unternahm A. Konzertreisen und ließ sich dann endg¨ultig in London nieder. Seine zahlreichen Sinfonien, Solokonzerte und Kammermusikwerke stehen in der Tradition der Mannheimer Schule. C MGG Abel, Emil, o¨ sterr. Chemiker, * 2. 6. 1875 Wien, † 3. 4. 1958 London. Nach dem Studium in Wien und G¨ottingen (Promotion 1901, ¨ Uber das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Oxydationsstufen desselben Metalles) war A. Chemiker bei der Siemens & Halske A. G. in Wien. Er habilitierte sich 1905, wurde Privatdozent an der TH und lehrte seit 1909 an der
Abel Univ. Wien; 1918 wurde er a. o. Prof., 1923 o. Prof. der ¨ physikalischen Chemie. Nach dem „Anschluß“ Osterreichs 1938 entlassen, mußte A. nach Großbritannien emigrieren. Seine Forschungen zur physikalischen Chemie befaßten sich mit den Bereichen Katalyse, Kinetik und Thermodynamik; er arbeitete an der Entwicklung einer Trockenzellenbatterie und ver¨offentlichte u. a. Theorie der Hypochlorite (1904), Hypochlorite und elektrische Bleiche (1905) und Zur Hydrolyse des Jods (1912). C BHdE, Bd 2
Abel, Eugen, Philologe, * 28. 7. 1858 Pest (heute zu Budapest), † 23. 12. 1889 Budapest. A. studierte seit 1874 an der Univ. Budapest klassische und germanische Philologie, Franz¨osisch und vergleichende Sprachwissenschaft (Promotion 1878). Nach der Reise zu mehreren Bibliotheken Europas – auf der Suche nach griechischen Handschriften und solchen, die den ungarischen Humanismus betrafen – wurde er in Budapest Gymnasiallehrer, nach der Habilitation 1883 a. o. Prof. und 1887 o. Prof. der klassischen Philologie. A. ver¨offentlichte u. a. eine kritische Ausgabe der Werke Kolluthos’ (1880). C Bursian, Jg. 13
schrieb Dramen und Lyrik – zum Teil in els¨assischer Mundart, zum Teil hochdeutsch – und u. a. den Roman Die els¨assische Trag¨odie (1911, 1916 unter dem Titel Der Ruf in die Nacht). C DLL, 20. Jh.
Abel, (Eberhard) Heinrich (Emil) von, Politiker, * 8. 6. 1825 Ludwigsburg, † 23. 1. 1917 Ludwigsburg. A., Sohn eines Kreisbaurats, studierte in T¨ubingen und legte 1849 / 50 in Heidelberg die Pr¨ufungen f¨ur den h¨oheren Justizdienst ab. Seit 1854 lebte er als Gerichtsaktuar in Ludwigsburg, wo er 1864 zum Oberb¨urgermeister gew¨ahlt wurde. A. ordnete die Verwaltung der Stadt neu; er sorgte f¨ur eine umfassende Trinkwasserversorgung und eine weitsichtige Erweiterung des Stadtbauplanes. 1897 trat er aus Altersgr¨unden von seinem Amt zur¨uck. 1881-1900 geh¨orte A. dem W¨urttembergischen Landtag an. C Raberg
* 8. 7. 1714 Halberstadt, † 23. 11. 1794 Halberstadt. Der Sohn des Predigers und Historikers Kaspar → A. studierte seit 1731 in Helmstedt, dann in Halle Theologie, wechselte jedoch bald zum Studium der Medizin (Dr. med. 1744). Er ließ sich in Halberstadt als Arzt nieder, wurde 1771 Beisitzer des medizinischen Kollegiums und 1788 Physikus des dortigen Domkapitels. A. war Gr¨undungsmitglied der literarischen Gesellschaft seiner Heimatstadt (1785) und ver¨offentlichte mit Juvenals und Sulpizia’s s¨ammtliche[n] ¨ Satiren (1785) eine kommentierte Ubersetzung. C Schlichtegroll 1
Abel, Heinrich (Josef Maria), Jesuit, Theologe, * 15. 12. 1843 Passau, † 23. 11. 1926 Wien. In Innsbruck studierte A., Sohn eines Oberzollinspektors und Neffe des bayerischen Ministers Carl August von → A., Theologie und Philosophie, danach Rhetorik in St. Andr¨a im Lavanttal, wo er 1863 Mitglied der Gesellschaft Jesu wurde. 1866-69 studierte er in Preßburg Philosophie. Nach der Priesterweihe 1874 war er bis 1891 Lehrer f¨ur Geschichte und Literatur sowie Studentenseelsorger in Kalksburg bei Wien. Seit 1890 war er in der M¨annerseelsorge in Wien t¨atig, gr¨undete zahlreiche Marienkongregationen, war Mitbegr¨under der kath. Studentenverbindung „Austria“ und initiierte M¨annerwallfahrten nach Mariazell und Klosterneuburg; er wurde der „M¨annerapostel von Wien“ genannt. A. schloß sich der christlich-sozialen Bewegung an. Wesentliches Anliegen war ihm die Erneuerung der kath. Fr¨ommigkeit und die Bek¨ampfung des Liberalismus. Er ver¨offentlichte u. a. Zur¨uck zum praktischen Christentum (1896, 41900) und Wie ich Jesuit wurde (1926). C LThK
Abel, Gottlieb Friedrich, Kupferstecher, * 1763 Stuttgart.
Abel, Jakob, Jurist, * Juni 1754 Wetzlar, † 11. 10. 1832.
Abel, Gustav, o¨ sterr. Filmarchitekt, * 25. 1. 1902 Wien,
Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Gießen erwarb A. 1781 die Lizentiatenw¨urde, wurde 1783 Reichskammergerichtsadvokat und 1790 Prokurator in Wetzlar. Nach Aufl¨osung des Reichskammergerichts ließ er sich als Rechtsanwalt in Friedberg nieder, wo er 1818 zum GroßherzoglichHessischen Justizamtmann ernannt wurde und die Aufsicht u¨ ber verschiedene gr¨afliche und adelige Patrimonialgerichte in der Wetterau erhielt. Er trat 1821 in den Ruhestand. A. publizierte mehrere juristische Abhandlungen, darunter Versuch einer n¨aheren Erl¨auterung verschiedener in das Reichsjustizwesen einschlagender Fragen (1783).
Abel, Friedrich Gottfried, Mediziner, Schriftsteller,
A. war Sch¨uler der Karlsschule bei J. von → M¨uller und seit 1786 k¨oniglich w¨urttembergischer Hofkupferstecher in Stuttgart. Er arbeitete um 1808 an der Bohnenbergschen Karte von Schwaben, fertigte zwei große Pl¨ane von Hohenheim und Schloß Solitude bei Stuttgart und einen Plan von Stuttgart (1794). 1790-94 entstanden 125 kolorierte Bl¨atter zu Johann Daniel → Reitters Beschreibung und Abbildungen der in Teutschland seltenen wildwachsenden und einiger bereits naturalisierter Holz-Arten. C AKL † 2. 6. 1963 Wien. A. studierte 1917-22 an der Wiener Kunstgewerbeschule u. a. bei Josef → Hoffmann, Oskar → Strnad und Carl → Witzmann. Anschließend arbeitete er als Ausstattungsassistent in Wien, Berlin und Prag und 1937-43 f¨ur die italienische Filmgesellschaft Scalera in Rom, wo er als Filmarchitekt f¨ur 22 Großfilme verantwortlich war (u. a. Tosca, Kapit¨an Tempesta, Die Glasbr¨ucke). Zum Teil f¨uhrte er auch Regie (Der Regenbogen). 1944-55 unterrichtete A. an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste das Fach Filmbildkunde und stellte Entw¨urfe f¨ur Kinoproduktionen her (u. a. Das Vierte Gebot, Der Verschwender, Das verlorene Rennen, Wintermelodie, Der Sonnblick ruft, Das letzte Aufgebot). C AKL
Abel, Hans Karl, Schriftsteller, * 8. 8. 1876 B¨arenthal bei Philippsburg (Elsaß-Lothringen), † 11. 3. 1951 M¨uhlbach bei Colmar. Der Sohn eines Revierf¨orsters studierte Germanistik und Rechtswissenschaft in M¨unchen, Berlin und Straßburg. Er lebte seit 1918 als Schriftsteller in Degerloch bei Stuttgart, seit 1928 in Murrhardt und von 1940 an in Colmar. A.
Abel, Jakob Friedrich von, Philosoph, * 9. 5. 1751 Vaihingen, † 7. 6. 1829 Schorndorf. A., Sohn eines Regierungsrats und Oberamtmanns, erhielt seine Ausbildung an den Seminarien von Denkendorf und Maulbronn, dann in T¨ubingen (Magister 1770) und wurde 1772 Lehrer an der Karlsschule, wo er Lehrinhalte und -methoden reformierte. Zu seinen Sch¨ulern geh¨orte auch → Schiller. Seit 1790 war A. als Nachfolger von Gottfried → Ploucquet Prof. der praktischen Philosophie an der Univ. T¨ubingen, 1811-23 leitete er die evang. Schule in Sch¨ontal und war seit 1825 Generalsuperintendent f¨ur Urach und Reutlingen. Sein philosophisches Interesse galt zun¨achst der empirischen Psychologie und Anthropologie (Sammlung und Erkl¨arung merkw¨urdiger Erscheinungen aus dem menschlichen Leben, 3 Tle., 1784-90; Einleitung in die Seelenlehre, 1786); sp¨ater standen Fragen der Moralphilosophie (Erl¨auterungen wichtiger Gegenst¨ande aus der philosophischen und geistlichen Moral, besonders der Ascetik, durch Beobachtungen aus der Seelenlehre, 1790) und der traditionellen Metaphysik im Mittelpunkt. A., ein Gegner → Kants, vero¨ ffentlichte ferner Grunds¨atze der Metaphysik, nebst einem
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Abel Anhange u¨ ber die Kritik der reinen Vernunft (1786) und Versuch u¨ ber die Natur der speculativen Vernunft zur Pr¨ufung des Kantischen Systems (1787). C Raberg
Abel, Joseph, o¨ sterr. Maler, Radierer, * 22. 8. 1764 Aschach (Ober¨osterreich), † 7. 10. 1818 Wien. Seine Ausbildung erhielt A. seit 1783 an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien, u. a. bei dem Maler und Kupferstecher Jakob Matthias → Schmutzer. Auf Rat seines Lehrers Heinrich → F¨uger, der seine Farbwahl stark beeinflußte, ging er bald von der Landschafts- zur Historienmalerei u¨ ber. F¨ur das Gem¨alde D¨adalus und Ikarus wurde ihm 1794 die Goldmedaille der Akademie verliehen. 1795-97 hielt er sich als Portr¨atist und Zeichenlehrer bei F¨urst Adam Czartoryski in Polen auf (aus dieser Zeit stammen die verlorene Kreidezeichnung Maria geb. von Czartoryski Herzogin von W¨urttemberg als Maria mit dem Kind und andere Familienportr¨ats im Warschauer und im Krakauer Nationalmuseum) und kehrte dann nach Wien zur¨uck. A. reiste 1801 mit L. Kiesling und sp¨ater mit dem Architekten Peter → Nobile nach Italien (u. a. Mantua, Bologna, Venedig, Florenz) und lebte bis 1807 in Rom, wo er sein Hauptwerk, Klopstock im Elysium (1803-07, Landschaft von Johann Christian → Reinhart), vollendete. Seit 1807 lebte A. dauerhaft in Wien und wurde 1815 zum Mitglied der dortigen Akademie der K¨unste ernannt. Sein Werk umfaßt neben den k¨unstlerisch am h¨ochsten gesch¨atzten Radierungen und Lithographien (u. a. Portr¨at des Vaters, Eris mit dem Apfel, Zeus in den L¨uften, Schwebende G¨ottin) auch die B¨uhnenvorh¨ange des Schauspielhauses in Pest und des alten Burgtheaters in Wien (1794, nach einer Konzeption von F¨uger und zusammen mit seinem ehemaligen Studienkollegen Lorenz → Sch¨onberger), der 1945 durch Feuer zerst¨ort wurde. W¨ahrend in A.s fr¨uhen Portr¨ats die englische Portr¨atkunst des 18. Jh. wiederzufinden ist, tragen die letzten Gem¨alde bereits Z¨uge des aufkommenden b¨urgerlichen Realismus. C AKL
Abel, Karl, Gyn¨akologe, Geburtshelfer, * 10. 8. 1863 Berlin, † 8. 6. 1939 Berlin. A. studierte in Berlin, Heidelberg und G¨ottingen Medizin, wurde 1885 in G¨ottingen promoviert (Ein Beitrag zur Statistik der Mortalit¨at nach Hasenschartenoperationen) und arbeitete zun¨achst an einer Privat-Frauenklinik in Berlin. Von 1915 bis zur Niederlegung seines Amtes 1934 war er leitender Arzt der Gyn¨akologisch-geburtshilflichen Abteilung des Krankenhauses der j¨udischen Gemeinde. A. erwarb sich einen hervorragenden Ruf als Operateur und engagierte sich ¨ als Dozent f¨ur die Fortbildung von Arzten und Hebammen. Neben zahlreichen Beitr¨agen f¨ur Zeitschriften (u. a. in „Allgemeine Hebammen-Zeitung“) ver¨offentlichte er Die mikroskopische Technik und Diagnostik in der gyn¨akologischen Praxis (1895, 21900), Vaginale und abdominale Operationen (1903) und Vorlesungen u¨ ber Frauenkrankheiten (1912). ¨ 2, 3 C Arzte Abel, Karlhans, Klassischer Philologe, * 31. 12. 1919 M¨ulheim / Ruhr, † 27. 4. 1998 M¨ulheim / Ruhr. Der einer Fabrikantenfamilie entstammende A. studierte 1939-48 mit Unterbrechung durch den Zweiten Weltkrieg Klassische Philologie in Berlin und K¨oln, legte die Dolmetscherpr¨ufung in Englisch ab und setzte sein Studium 1953-55 in Frankfurt / Main fort, wo er mit der Dissertation Die Plautusprologe promoviert wurde. W¨ahrend seiner anschließenden T¨atigkeit am Institut f¨ur Geschichte der Medizin in Freiburg / Breisgau ver¨offentlichte er u. a. einen medizinhistorisch grundlegenden Aufsatz zum Blutkreislauf. Seit 1957 Lektor an der Theologischen Fakult¨at der Univ. Marburg, habilitierte sich A. dort mit der Arbeit Bauformen in Senecas Dialogen, wurde 1966 Privatdozent und
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war 1971-85 Prof. am Seminar f¨ur Klassische Philologie an der Univ. Marburg. Zu A.s wissenschaftlichen Schwerpunkten geh¨orten neben Seneca die griechischen Naturwissenschaften, insbesondere die Geographie. Gemeinsam mit seinen Geschwistern gr¨undete er 1989 die Karl und Gertrud Abel-Stiftung zur F¨orderung der antiken Philosophie (Schwerpunkt antike Stoa). Im Rahmen der Stiftung richtete er 1992 die Publikationsreihe „Philosophie der Antike“ ein, in der auch ein Sammelband mit Aufs¨atzen A.s erschien (Die Sinnfrage des Lebens. Philosophisches Denken im Vorund Umfeld des fr¨uhen Christentums, 1995).
Abel, Kaspar, evang. Theologe, Historiker, * 14. 7. 1676 Hindenburg (Altmark), † 11. 1. 1763 Westdorf bei Aschersleben. A., Sohn eines evang. Pfarrers, studierte seit 1688 Theologie an der Univ. Halle, war 1694 Privatlehrer in Helmstedt, 1696 Schulmeister in Osterburg und seit 1698 Rektor der St. Johannes-Schule in Halberstadt. Obgleich 1718 zum Schulmeister an der Domschule in Halberstadt gew¨ahlt, zog er im selben Jahr als Pfarrer nach Westdorf, wo er bis zu seinem Tod blieb. Neben theologischen Abhandlungen und ¨ satirischen Gelegenheitsschriften ver¨offentlichte A. Ubersetzungen klassischer und neuerer Literatur. Mit der Edition von Chroniken und anderen Quellen zur Regional- und Landesgeschichte, z. B. der Sammlung etlicher noch nicht gedruckten alten Chronicken (1732-41), machte er viele Texte ¨ erstmals der Offentlichkeit zug¨anglich. C Killy Abel, Lothar, o¨ sterr. Architekt, * 15. 2. 1841 Hietzing (heute zu Wien), † 24. 6. 1896 Wien. Der Sohn eines Kunstg¨artners studierte an der Wiener Kunstakademie bei Eduard van der → N¨ull und August → Siccard von Siccardsburg, wurde Privatdozent an der k. k. Schule der Gartenbaugesellschaft und an der Hochschule f¨ur Bodenkultur in Wien. A. wurde zum Ritter des Franz-JosefOrdens ernannt und war seit 1868 Mitglied des K¨unstlerhauses. Er plante und baute Gartenanlagen sowie Villen und Landsitze in historisierendem Stil, u. a. das Palais Chotek in Wien (1873 / 74), das Elemente der franz¨osischen Renaissance nach Versailler Vorbild aufweist. In Schriften und Planungen wandte er sich gegen die englische Gartenbaukunst und deren zeitgen¨ossischen Vertreter in Wien, den ersten st¨adtischen Gartendirektor Rudolf → Siebeck, und trat f¨ur die Verwendung architektonischer Formen ein. Er galt als richtungweisender Theoretiker f¨ur den Palaisbau des Historismus und ver¨offentlichte u. a. Das elegante Wohnhaus (1890). C AKL
Abel, Michael, Lyriker, * 1. 9. 1542 (?) Frankfurt / Oder, † nach 1609 Berlinchen. A., Sohn eines Seidenkr¨amers, studierte seit 1553 an der Univ. Frankfurt / Oder Rhetorik bei Georg → Sabinus, danach u. a. Theologie und Jura. Er erlangte den Magistergrad und war 1562-66 / 67 Lehrer in Lauban / Oberlausitz. Nach nicht genau festlegbaren Aufenthalten u. a. in Gr¨oditz, Dresden und Leipzig folgte Ende der siebziger Jahre der Umzug nach Wien, wo er (vor 1582) von Kaiser → Rudolf II. zum Dichter gekr¨ont wurde. Von Ende 1583 bis 1585 war A. Rektor der Lateinschule in Iglau / M¨ahren. Wegen einer Aff¨are mit der Tochter seines Hauswirts mußte er 1585 fliehen, ging 1587 nach Frankfurt / Oder, wo er bis zu seiner neuerlichen Flucht 1594 Rektor des St¨adtischen Lyzeums war. Ende 1595 offiziell totgesagt, verb¨urgen 1601 und 1608 datierte Gedichte, daß A. zu dieser Zeit in der Neumark lebte. Sein lyrisches Hauptwerk ist die neulateinische Sammlung Carminum [. . .] libri III. Elegiarum libri II (1590). C Killy
Abele Abel, Othenio, o¨ sterr. Pal¨aontologe, * 20. 6. 1875 Wien, † 4. 7. 1946 Pichl am See (Ober¨osterreich). A. studierte Rechtswissenschaften, Geologie und Pal¨aontologie in Wien (Dr. phil. 1899). Nach einer Assistenzzeit bei Eduard → Sueß war er seit 1900 Collaborateur e´ tranger am K¨oniglich-belgischen Naturhistorischen Museum in Br¨ussel, wo er mit Louis Dollo zusammenar¨ beitete und die Pal¨aobiologie entwickelte. Uber dieses neue Forschungsgebiet verfaßte er mehrere Werke, u. a. Grundz¨uge der Pal¨aobiologie der Wirbeltiere (1912), Allgemeine Pal¨aontologie (1921) und Lebensbilder aus der Tierwelt der Vorzeit (1922, 21927). Bis 1907 an der k. u. k. Geologischen Reichsanstalt t¨atig, wurde er anschließend a. o. Prof., 1917 o. Prof an der Univ. Wien, 1935-40 Prof. der Pal¨aozoologie an der Univ. G¨ottingen. A., seit 1935 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und der Akademie der Wissenschaften in G¨ottingen, leitete mehrere Expeditionen: Pikermi (1912), Amerika (1925) und S¨udafrika (1929). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren auch Bau und Geschichte der Erde (1909), Lehrbuch der Pal¨aozoologie (1920, 21924), Lebensbilder aus der ¨ Natur a) Tierwelt der Vorzeit (1922, 21927). C Ost Abel, Paul, o¨ sterr. Jurist, * 21. 3. 1874 Wien, † 10. 5. 1971 London. Nach Abschluß des Studiums der Rechtswissenschaften an der Univ. Wien (Promotion 1899) wurde A. 1902 Teilhaber der Wiener Anwaltskanzlei seines Schwiegervaters Adolf → Bachrach, 1904 folgte die Ernennung zum Hof- und Gerichtsadvokaten. Sein Hauptinteresse galt dem Urheber- und Patentrecht (Die Rechtsgemeinschaft im Patentrecht, 1904; System des o¨ sterreichischen Markenrechts, 1908). Er war maßgeblich an der Ausarbeitung der einschl¨agigen o¨ sterr. Gesetze beteiligt (Urheberrechtsreform 1936). 1938 emigrierte A. nach London, wo er als Berater f¨ur internationales Recht (Zentraleurop¨aisches Patent- und Urheberrecht) t¨atig war. C BHdE, Bd 1
Abel, Wilhelm, Agrarwissenschaftler, Wirtschaftshistoriker, * 25. 8. 1904 B¨utow, † 27. 4. 1985 G¨ottingen. A., Sohn eines Handwerkers, studierte Volkswirtschaft in Kiel und wurde 1929 promoviert (Die Tr¨ager des deutschen Getreidehandels). 1934 habilitierte er sich mit der Arbeit Agrarkrisen und Agrarkonjunktur (31978) und wurde 1941 an der Univ. K¨onigsberg zum a. o. Prof. der Agrarpolitik ernannt. Seit 1947 lehrte er an der Univ. G¨ottingen, an die er 1949 als Ordinarius berufen wurde, und hatte 1964-72 den Lehrstuhl f¨ur Wirtschafts- und Sozialgeschichte inne. 1958-79 war er Direktor des Seminars f¨ur Handwerkswesen an der Univ. G¨ottingen und saß 1971-79 dem Vorstand des Deutschen Handwerksinstituts in M¨unchen vor. A., der sich besonders mit Agrarpolitik, Agrar- und Wirtschaftsgeschichte besch¨aftigte, schrieb u. a. Die W¨ustungen des ausgehenden Mittelalters (1943, 31976), Agrarpolitik (1951, 31967), Geschichte der deutschen Landwirtschaft vom fr¨uhen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert (1962, 31978) und Massenarmut und Hungerkrisen im vorindustriellen Europa (1974). Seit 1966 war er Mitglied der G¨ottinger Akademie der Wissenschaften. C Jb AWG 1987
Abel, Willy, Konstrukteur, Industrieller, * 23. 9. 1875 Dierdorf, † 22. 9. 1951 Berlin. Nach einer technischen Lehre in einer Maschinenfabrik trat A., Sohn eines Kunsth¨andlers, 1893 als Konstrukteur in die Kgl. Gewehrfabrik Spandau ein. Dort entwickelte er u. a. M¨undungsschoner, die das Heer bis in die vierziger Jahre des 20. Jh. verwendete. 1898 verließ er den Betrieb und begann mit der Konstruktion von Briefmarken- und Fahrkartenautomaten. Die sogenannten Abel-Automaten wurden in der 1907 gegr¨undeten Firma W. Abel & Co. G. m. b. H.
hergestellt, aus der sp¨ater die Harras-Werke hervorgingen. A. schuf verschiedene, international anerkannte Neuerungen. Die Harras-Werke begannen unter seiner Leitung mit der Fließbandproduktion von normierten Haushaltskleinger¨aten. C NDB
Abel, Wolfgang, Anthropologe, Rassenkundler, * 13. 5. 1905 Wien, † 1. 11. 1997 Mondsee (Ober¨osterreich). Der Sohn eines Universit¨atsprofessors studierte 1925-29 Medizin, Zoologie und Malerei in Wien und Freiburg. 1929 in Wien promoviert, war er seit 1931 Assistent Eugen → Fischers am Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Berlin. 1933 trat er in die NSDAP ein. 1934 habilitierte sich A. an der Univ. Berlin, war seit 1935 Mitglied der SS und leitete die Abteilung f¨ur Rassenkunde am Kaiser-Wilhelm-Institut. 1940 wurde er zum a. o. Prof. ernannt und 1940 / 41 zur Wehrmacht eingezogen, wo er in deren Auftrag anthropologische Untersuchungen an russischen Kriegsgefangenen unternahm. 1943-45 war er o. Prof. f¨ur Anthropologie an der Univ. Berlin. 1945-47 in Internierungshaft, lebte A. danach ¨ als Portr¨atmaler am Mondsee in Osterreich. C M¨uller-Hill Abel-Struth, Sigrid, geb. Struth, Musikp¨adagogin, * 24. 7. 1924 Breitscheid (Dillkreis), † 2. 2. 1987 Bad Soden. A.-S. studierte in Heidelberg, Karlsruhe und Mainz, wo sie 1949 mit der Dissertation Das weihnachtliche Hirtenlied promoviert wurde. 1949-56 redigierte sie die Zeitschrift „Musik im Unterricht“ und leitete seit 1959 die Jugendmusikschule in Frankfurt / Main, seit 1963 auch den Ausbildungsbereich Musik am P¨adagogischen Fachinstitut in Jugenheim (Bergstraße). 1971 habilitierte sie sich mit der Arbeit Materialien zur Entwicklung der Musikp¨adagogik als Wissenschaft in K¨oln und folgte 1972 einer Berufung nach Bielefeld, 1973 an die Univ. Frankfurt / Main, an der sie den ersten Magisterstudiengang f¨ur Musikp¨adagogik in Deutschland einrichtete. A.-S. war Mitbegr¨underin des Arbeitskreises Forschung in der Musikp¨adagogik (heute Arbeitskreis Musikp¨adagogische Forschung) und der International Society for Music Education (ISME). Sie ver¨offentlichte u. a. einen Grundriß der Musikp¨adagogik (1985). C MGG Abele, Hyazinth, Volksliedforscher, Lehrer, * 10. 12. 1823 Obermedlingen bei Gundelfingen, † 12. 1. 1916 M¨unchen. A., Sohn eines Schneidermeisters, unterrichtete seit 1850 in Neustadt / Donau, ging 1865 nach M¨unchen und war dort Lehrer an verschiedenen Schulen. 1870 arbeitete er an der „Volksliedersammlung f¨ur die Bayerischen Schulen“ mit. 1874 zum Oberlehrer (Rektor), sp¨ater zum Kreisscholar und Bezirksschulinspektor ernannt, kam er 1875 in Kontakt mit August → Hartmann, den er bei seinen Volksliedstudien unterst¨utzte; A. zeichnete bei den Studienfahrten die Melodien nach dem Volksmund auf. Er war Mitherausgeber von Volks¨ schauspiele in Bayern und Osterreich gesammelt (1880) und Historische Volkslieder und Zeitgedichte (1907).
Abele, Johann Martin von, Jurist, * 31. 3. 1753 Darmstadt, † 3. 9. 1803 Ulm. A. studierte in T¨ubingen (seit 1773) und G¨ottingen (seit 1776), wo er Privatunterricht in beiden Rechten gab, juristischer Rezensent der „G¨ottinger Gelehrten Anzeigen“ war und 1778 promoviert wurde. 1779 ging er als Syndikus nach Kempten, wurde 1791 in den kaiserlichen Pfalzgrafenstand erhoben und 1798 zum Hofrat der F¨ursten zu OettingenWallerstein ernannt. In Ulm (seit 1802) trat er als Landesdirektionsrat und Direktor des protestantischen Konsistoriums in bayerisch-kurpf¨alzische Dienste. A. ver¨offentlichte
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Abele u. a. einen Versuch u¨ ber das teutsche Staatsrecht w¨ahrend eines Zwischenreichs (1792, Nachdr. 2003) und gab das „Historisch und statistische Magazin, vornehmlich von Oberdeutschland“ (2 Hefte, 1785 / 86) heraus.
Abele, Karl von, Jurist, * 6. 10. 1778 Wien, † 17. 11. 1835.
¨ Als Sohn eines Okonomierats des F¨ursten von HohenloheSchillingsf¨urst erhielt A. seit 1782 mit den Prinzen Privatunterricht und wurde seit seinem zehnten Lebensjahr an der Stuttgarter Karlsschule erzogen. Nach Aufhebung der Schule 1794 studierte A. an den Universit¨aten W¨urzburg und Erlangen Rechtswissenschaften. Noch nicht zwanzigj¨ahrig, wurde er Geheimrat des jungen F¨ursten von HohenloheSchillingsf¨urst, 1801 Assessor mit Sitz und Stimme bei der Hohenlohischen Landesregierung und 1804 Regierungsrat. Seit 1811 war A. w¨urttembergischer Justizrat in Rottenburg / Neckar, seit 1814 Oberpolizeidirektor und Oberregierungsrat in Stuttgart und von 1818 an am kgl. Obertribunal t¨atig. C Neuer Nekr, Jg. 13
Abele von Lilienberg, Christoph Ignaz Frh. von, o¨ sterr. Beamter, * 19. 5. 1628 Wien, † 12. 10. 1685 Wien. Der Sohn eines 1647 geadelten Hofkammersekret¨ars und Bruder von Matthias → A. v. L. trat 1644 in inner¨osterr. Dienste und war seit 1650 Geheimer Hofkonzipient, von 1653 an Hofkommerzienrat. Als einer der eifrigsten Betreiber eines o¨ sterr. Zentralismus und Ratgeber Kaiser → Leopolds I. wurde er 1666 / 67 kaiserlicher Hofrat und inner¨osterr. Referendar, 1679 kaiserlicher Hofkammerdirektor. Seit 1665 Reichsritter, seit 1673 Freiherr, folgte 1681 die Aufnahme in den Herrenstand von Nieder¨osterreich. Im selben Jahr wurde er Wirklicher Geheimer Rat und als Nachfolger des Grafen L. von → Sinzendorf Pr¨asident der Hofkammer. 1684 hielt sich A. v. L. als Regierungskommiss¨ar bei den ungarischen Reichsst¨anden in Preßburg auf. Von seinen juristischen F¨ahigkeiten zeugt u. a. seine gegen Anspr¨uche des Stifts Bamberg gerichtete Schrift Gegen-Deduction der o¨ sterreichischen Jurium (1668). C R¨oßler / Franz
Abele von Lilienberg, Franz Maria Frh., o¨ sterr. Milit¨ar, * 29. 9. 1766 Szakosch, † 17. 12. 1861 Gratz. A. trat 1783 in die Armee ein, wurde 1794 Oberleutnant im Generalstab, 1799 Major, 1801 zur kartographischen Abteilung nach Westgalizien, dann als Leiter der Zeichnungskanzlei im General-Quartiermeisterstab nach Wien versetzt; seit 1813 war er Generalmajor, von 1827 an im Rang eines Feldmarschall-Leutnants Division¨ar in Peterwardein. A. nahm an den Feldz¨ugen von 1805 und 1813 teil; 1834 trat er in den Ruhestand. C Wurzbach
Abele von Lilienberg, Matthias, o¨ sterr. Schriftsteller, * 17. 2. 1616 / 18 Steyr, † 14. 11. 1677 Steyr. Nach dem Studium der Philosophie und Rechtswissenschaften war A. v. L., Bruder von Christoph Ignaz → A. v. L., 1641-43 am Wiener Stadtgericht t¨atig. Seit 1644 war er Advokat der nieder¨osterr. Regierung, 1646 Stadtschreiber von Krems und Stein. 1648 wurde er Sekret¨ar, 1653 Obersekret¨ar der Innerberger Eisengewerkschaft in Steyr. Als „Der Entscheidende“ nahm ihn die „Fruchtbringende Gesellschaft“ 1652 als Mitglied auf. A. v. L. wurde 1671 von Kaiser → Leopold I. zum Hofhistoriker bestellt. 1669-73 erschien in N¨urnberg seine f¨unfb¨andige Flugschriftenserie Vivat! oder K¨unstliche Unordnung. C NDB
Abelin, Isaak, Chemiker, Mediziner, * 6. 2. 1883 Moskau, † 25. 4. 1965 Bern. Nach dem Studium der Chemie an der Univ. Bern (Promotion 1910, Ueber einige Derivate des 5-Methoxy-2-StyrylCumarons) war A. dort bis 1915 Assistent am MedizinischChemischen, am Pharmakologischen und am Physiologischen Institut; 1914 habilitierte er sich f¨ur anorganische
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Chemie. 1922 schloß er ein Medizinstudium in Bern mit der Promotion ab (Ueber die spezifisch dynamische Wirkung der Eiweissk¨orper) und habilitierte sich 1924 f¨ur Physiologie. 1927 wurde A. a. o., 1943 o. Prof. der Ern¨ahrungslehre und der allgemeinen Physiologie an der Univ. Bern. Er war Mitglied zahlreicher nationaler und internationaler wissenschaftlicher Gesellschaften. Nach A. ist die Abelinsche Reaktion zum Nachweis von Salvarsan in Blut und Harn benannt. Er verfaßte u. a. eine Einf¨uhrung in die experimentelle chemische Physiologie (1944), Spezielle klinisch-chemische ¨ Methoden (1952) und Hormone (1960). 2, 3 C Arzte
Abelin, Johann Philipp, eigentl. J. P. Abele, auch Abeli-
¨ nus, Philippus Arlanibaeus, Geschichtsschreiber, Ubersetzer, getauft 7. 12. 1600 Straßburg, † 12. 9. 1634 Frankfurt / Main. A. war Sohn eines evang. Schreiners, erhielt 1623 / 24 in Straßburg den Titel Magister und war seit 1625 Lehrer am st¨adtischen Gymnasium im Barf¨ußerkloster in Frankfurt / Main, wo er jedoch 1630 entlassen wurde. Er war in er¨ ster Linie als Kompilator und Ubersetzer t¨atig und an vielen Schriften u¨ ber die politischen Geschehnisse der Zeit beteiligt. Mit Historischer Chronicken Continuation f¨uhrte er das Werk seines fr¨uheren Kollegen Johann Ludwig → Gottfried f¨ur den Zeitraum 1618-32 weiter und ver¨offentlichte sie als Theatrum Europaeum bei Matth¨aus → Merian, der sie mit Kupfern illustrierte. Fortgesetzt wurde dieses Werk von verschiedenen Autoren (u. a. Johann Georgius Schleder, Martin Meyer) bis 1718 um insgesamt 19 weitere B¨ande. C NDB
Abelzhauser, Benedikt, Benediktiner, Abt, Erbauungsschriftsteller, * 13. 7. 1635 (?) M¨unchen, † 30. 4. 1717 Seitenstetten (Nieder¨osterreich). A. trat 1657 in das Benediktinerkloster Seitenstetten ein, wo er einige Jahre als Lehrer t¨atig war. Nach der Promotion in Salzburg lehrte er dort als Prof. der Hermeneutik und Polemik und war Regens des erzbisch¨oflichen Priesterseminars. Um 1687 wurde er zum Abt des Klosters Seitenstetten gew¨ahlt. A. ver¨offentlichte u. a. Annona animae quotidiana, sive Meditationes in singulos anni dies (1708). Abendroth, Amandus Augustus, Jurist, B¨urgermeister, * 16. 10. 1767 Hamburg, † 17. 12. 1842 Hamburg. Nach Abschluß rechtswissenschaftlicher Studien in Erlangen und T¨ubingen (Promotion 1790) lebte A. als Advokat in Hamburg, wo er sich f¨ur die neugegr¨undete Allgemeine Armenanstalt engagierte. 1800 wurde er zum Senator gew¨ahlt; w¨ahrend der ersten franz¨osischen Besetzung war er seit 1806 Pr¨ator, von 1809 an Amtmann in Ritzeb¨uttel. Von den Franzosen als Maire 1810 nach Hamburg zur¨uckgeholt, wurde er nach der Befreiung der Stadt ge¨achtet, jedoch bald amnestiert. Wieder in Ritzeb¨uttel, reorganisierte er die Verwaltung und gr¨undete das Seebad Cuxhaven. 1821 kam A. als Polizeiherr nach Hamburg zur¨uck und bekleidete seit 1831 das Amt des B¨urgermeisters und Protoscholarchen. C NDB Abendroth, Heinrich von, Milit¨ar, * 17. 5. 1819 Wurzen, † 16. 2. 1880 Dresden. Seit 1831 im Kadettenkorps in Dresden erzogen, wurde A. 1837 Leutnant; von 1849 an war er der Kommandoabteilung des Kriegsministeriums, seit 1850 als Hauptmann dem Generalstab zugeteilt. An der 1854 gegr¨undeten Dresdener Fortbildungsschule f¨ur Offiziere unterrichtete er Taktik und Kriegsgeschichte. 1862 kehrte er nach seiner Ernennung zum Major in den Truppendienst zur¨uck. Im DeutschFranz¨osischen Krieg 1870 / 71 kommandierte A. ein Bataillon, wurde nach Kriegsende zum Generalmajor, 1876 zum Generalleutnant ernannt und trat 1878 in Ruhestand. C ADB
Abendroth Abendroth, Hermann (Paul Maximilian), Dirigent, * 19. 1. 1883 Frankfurt / Main, † 29. 5. 1956 Jena. Gleich seinem Vater ergriff A. den Beruf des Buchh¨andlers, studierte 1900-05 bei Ludwig → Thuille und Anna → HirzelLangenhan Musik und besuchte die Univ. M¨unchen. 1903 / 04 dirigierte er den Orchesterverein in M¨unchen, war 1905-11 Kapellmeister des Vereins der Musikfreunde in L¨ubeck und Erster Kapellmeister am Stadttheater. 1911-14 wirkte er als st¨adtischer Musikdirektor in Essen. 1915-34 lebte A. in K¨oln, wo er Direktor der staatlichen Musikhochschule, Generalmusikdirektor (seit 1918) und Leiter der G¨urzenich-Konzerte war. 1934-45 leitete er das Gewandhausorchester in Leipzig; 1943 und 1944 war er Dirigent der Bayreuther Festspiele. 1945 u¨ bernahm A. die musikalische Oberleitung am Deutschen Nationaltheater Weimar, war Dirigent der th¨uringischen Staatskapelle, Chefdirigent des Mitteldeutschen Rundfunks Leipzig und Kustos des LisztMuseums. C MGG Abendroth, Irene, o¨ sterr. S¨angerin, * 14. 7. 1871 Lemberg (Galizien), † 1. 9. 1932 Weidling bei Wien. A. trat schon im Alter von acht Jahren in Konzerten in Lemberg und Tarnopol auf, studierte in Mailand und Wien Gesang und Schauspiel. Ihr Konzertdeb¨ut gab sie 1888 in Karlsbad, ihr B¨uhnendeb¨ut als Koloratursopranistin 1889 an der Wiener Hofoper als Amina in La Sonnambula. Sie war nacheinander an der Hofoper Wien (1889-91), am Staatstheater Riga (1891 / 92), an der Hofoper M¨unchen (1892-95) und wieder an der Hofoper Wien (1895-1900) engagiert. Den H¨ohepunkt erreichte ihre Karriere in Dresden, wo sie 1900-08 an der Hofoper sang, u. a. 1902 die Titelrolle in der deutschen Erstauff¨uhrung von Giacomo Puccinis Oper Tosca. A. war verheiratet mit dem o¨ sterr. Bundesbahndirektor Josef Thaller und lebte seit 1909 als Gesangslehrerin in Wien. C Kutsch
Abendroth, Robert, Bibliothekar, * 9. 3. 1842 Pirna, † 14. 2. 1917 Leipzig. A. wurde nach naturwissenschaftlichen und philosophischen Studien 1884 Assistent an der Universit¨atsbibliothek und Archivar der K¨oniglich S¨achsischen Gesellschaft der Wissenschaften in Leipzig. Seit 1896 war er Kustos der Universit¨atsbibliothek, 1902 erfolgte die Ernennung zum Oberbibliothekar. Daneben war A. Kustos der Gehlerschen medizinischen Bibliothek. Er schrieb u. a. Das bibliographische System der Naturgeschichte und der Medizin (1914).
Abendroth, (Fedor Georg) Walter, Musikkritiker, Komponist, * 29. 5. 1896 Hannover, † 30. 9. 1973 Hausham bei Miesbach. A. erhielt 1913-16 Klavier- und Violinunterricht, war Kontrapunktsch¨uler von Melchior Ernst Sachs und wurde von Otto Reber in Komposition unterrichtet. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg war er als Komponist in Berlin, G¨ottingen und Jena t¨atig und als Musikkritiker mit nationalkonservativer Grundhaltung seit 1923 in Hamburg, seit 1929 in K¨oln und seit 1930 in Berlin, 1933-44 beim „Lokalanzeiger“. 1939 / 40 wurde er von den Nationalsozialisten mit Berufsverbot belegt. Seit 1945 lebte er als freier Komponist in Hamburg und war 1948-55 Feuilletonleiter der Wochenzeitung „Die Zeit“. 1955 ließ er sich als freischaffender Komponist in M¨unchen nieder. A. komponierte Orchesterwerke (5 Symphonien, 1941-55), Kammermusik (5 Streichquartette, 1943-55) und Lieder. Unter seinen literarischen Arbeiten findet sich neben Monographien (u. a. Hans Pfitzner, 1935, Nachdr. 1981) und musikhistorischen Werken die Autobiographie Ich warne Neugierige (1966). A. verwaltete den Nachlaß Hans → Pfitzners. C MGG
Abendroth, William, Lehrer, * 10. 7. 1838 Pirna, † 2. 3. 1908 Dresden. A. studierte seit 1858 Mathematik und Naturwissenschaften an der Univ. Leipzig und wurde Famulus bei August Ferdinand → M¨obius, 1861 bei Hermann → Hankel (Promotion 1862). 1863 Lehrer am Vitzthumschen Gymnasium in Dresden, wurde er 1864 Lehrer f¨ur Mathematik und Naturwissenschaften an der dortigen Kreuzschule, an der er bis 1907 t¨atig war. 1876 erhielt er den Professorentitel, 1883 das Konrektorat. A. war Mitglied der naturwissenschaftlichen Gesellschaft „Isis“ und des Vereins f¨ur Erdkunde in Dresden. Er ver¨offentlichte u. a. einen Leitfaden der Physik, mit Einschluß der einfachsten Lehren der Chemie und mathematischen Geographie (2 Bde., 1883 / 84) und Optik oder Abhandlungen u¨ ber Spiegelungen, Brechungen, Beugungen und Farben des Lichts (1898). C Biogr Jahrb, Bd 13
Abendroth, Wolfgang, Jurist, Politikwissenschaftler, * 2. 5. 1906 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 15. 9. 1985 Frankfurt / Main. A., Sohn eines Lehrerehepaares, kam durch Familientradition fr¨uh in Ber¨uhrung mit der Arbeiterbewegung. Seit 1920 war er in kommunistischen Organisationen aktiv, folgte jedoch nach seinem Ausschluß aus der KPD 1929 seinen politischen Mentoren August → Thalheimer und Heinrich → Brandler in die „KPD-Opposition“, die f¨ur eine Einheitsfront der Arbeiterbewegung und gegen die Sozialfaschismusstrategie eintrat. Nach Abschluß des juristischen Studiums wurde der politisch aktive Sozialist 1933 aus dem Referendariat entfernt. In Bern wurde er 1935 zum Dr. jur. promoviert und setzte die illegale politische Arbeit in Deutschland fort. Nach seiner Verhaftung (Februar 1937), Verb¨ußung einer Zuchthausstrafe in Luckau wegen Hochverrats (bis 1941), Kriegseinsatz im Strafbataillon 999 (seit 1943) und britischer Kriegsgefangenschaft trat A. 1946 in London der SPD bei, von dessen F¨uhrung der u¨ berzeugte Marxist und Anh¨anger einer sozialistischen Einheitspartei die R¨uckkehr zu einer sozialistisch-marxistischen Parteilinie erhoffte. Als Verwaltungsjurist und – nach seiner 1947 erfolgten Habilitation – Dozent in Halle, dann als Prof. des o¨ ffentlichen Rechts und V¨olkerrechts an den Universit¨aten Leipzig und Jena wirkte A. am Neuaufbau der Justiz und Wissenschaftsorganisation in der Sowjetischen Besatzungszone mit. Der Stalinisierung der SED entzog sich A. 1948 durch Flucht in die Westzonen. Nach dem Gr¨undungsrektorat an der Hochschule Wilhelmshaven u¨ bernahm er 1951 die Professur f¨ur wissenschaftliche Politik an der Univ. Marburg / Lahn. Von hier aus gewann A. wachsenden Einfluß als Kopf einer linkssozialistischen Politik- und Rechtswissenschaft, bekannt geworden als „Marburger Schule“. In seinen akademischen F¨achern blieb A. freilich lebenslang ein Außenseiter. Seine These vom Untergang des Deutschen Reiches als Staat, seine Interpretation des Sozialstaatsprinzips als Eingriffsgrundlage wirtschaftlicher Umverteilungsmaßnahmen zur notwendigen Absicherung der politischen Demokratie, schließlich seine verfassungsrechtliche Legitimierung des politischen Streiks stießen auf u¨ berwiegende Ablehnung in der Staats- und Arbeitsrechtslehre. Politisch zugespitzt wurde die Konfrontation durch A.s publizistisches und politisches Engagement f¨ur gewerkschaftliche Arbeit und gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland. A. wirkte an den Vorarbeiten zum Godesberger Programm der SPD mit, bei denen
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Abendroth-Obentraut seine vom historischen Materialismus gepr¨agte marxistische Position ohne Einfluß blieb. Nach A.s scharfer Kritik an dem reformistischen Programm schloß ihn die SPD 1961 wegen F¨orderung des oppositionellen Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) aus. Im folgenden Jahrzehnt wurde A. mit kritischen Beitr¨agen zur Verfassungsentwicklung der Bundesrepublik, insbesondere zur Notstandsgesetzgebung, zur Frage der Radikalen im o¨ ffentlichen Dienst sowie zur marxistischen Theorie eine Leitfigur der Studentenbewegung (Arbeiterklasse, Staat und Verfassung, 1975). Mit zahlreichen eigenen und von ihm angeregten Arbeiten trug A. zur historischen Erforschung der Arbeiterbewegung (Sozialgeschichte der europ¨aischen Arbeiterbewegung, 1965) bei. Die Existenz einer – kleinen – zum Teil universit¨ar verankerten staatsrechtlichen und sozialwissenschaftlichen Linken zeigte A. und seine Marburger Schule zu Beginn der siebziger Jahre auf dem H¨ohepunkt ihres Einflusses, dessen Niedergang die historischen Grenzen einer an die traditionellen Organisationen der Arbeiterbewegung angelehnten, der marxistischen Orthodoxie verpflichteten Theorie und Praxis zeigte. WEITERE WERKE: Die deutschen Gewerkschaften. Heidelberg 1954. – Aufstieg und Krise der deutschen Sozialdemokratie. Frankfurt / Main 1964. – Gewerkschaft und Frieden. 1982. LITERATUR: Hans Manfred Bock: W. A. (1906-1985) – ¨ Nachruf und bibliographischer Uberblick. In: Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 21 (1985) S. 482-500. – J¨urgen Habermas: W. A. in der Bundesrepublik; Karl Hermann Tjaden: Die Bedeutung der „Wissenschaft von der Politik“ W. A.s; Helmut Ridder: Der Jurist W. A. (Alle) in: D¨usseldorfer Debatte, Heft 12, 1985, S. 54-73. Dieter Gosewinkel
Abendroth-Obentraut, Andreas Alfred von, Geod¨at, * 5. 7. 1865 Berlin, † 12. 6. 1938 Berlin. Nach einer vierj¨ahrigen praktischen Vorbereitungszeit studierte A.-O. an der Landwirtschaftlichen und an der Technischen Hochschule sowie bis 1891 Geod¨asie und Kulturtechnik an der Univ. Berlin. Anschließend war er mehrere Jahre beim Eisenbahnbau in Schlesien und bei der Stadterweiterung in Berlin-Sch¨onefeld besch¨aftigt. Seit 1895 Stadtvermessungsdirektor in Hannover, wurde er 1907 zur Landesaufnahme des Großen Generalstabs abgeordnet und kam 1919 zum Reichsministerium des Innern. Nach der Versetzung in den Ruhestand (1925) war er bei der Ostlandsiedlung und bei der obersten Bauleitung der Reichsautobahnen t¨atig. A.-O. strebte seit 1895 eine Vereinheitlichung des b¨urgerlichen und milit¨arischen Vermessungswesens in Deutschland an; er ver¨offentlichte u. a. Der Landmesser im St¨adtebau (1901). Abensberg, Niclas Graf von, Milit¨ar, * 1441, † 28. 2. 1485 bei Freising. A. kam in jungen Jahren an den Hof Herzog → Ludwigs des Reichen und nahm 1462 an der Schlacht bei Gingen teil. Bei den Erbstreitigkeiten zwischen den S¨ohnen → Albrechts III. von Bayern-M¨unchen nahm A. Partei f¨ur → Albrecht IV., setzte 1471 dessen Bruder → Christoph gefangen und f¨uhrte 14 Jahre sp¨ater erneut die Truppen Albrechts gegen Christoph. Auf dem R¨uckmarsch wurde er bei Freising get¨otet. C NDB
Abensberg-Traun, Ernst Graf, o¨ sterr. Milit¨ar, * 26. 3. 1608, † 18. 11. 1668 Wien. Als einer der Gener¨ale des Dreißigj¨ahrigen Kriegs genoß A.-T. das besondere Vertrauen Kaiser → Ferdinands III., f¨ur den er als K¨ammerer, bevollm¨achtigter Generalkommissar, Generalwachtmeister und Oberst t¨atig war. Sp¨ater
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wurde er Geheimer Rat, Generallandzeugmeister, Landmarschall, Landesoberst in Unter¨osterreich, Vizehofkriegspr¨asident und Stadtkommandant von Wien. Gemeinsam mit seinen Br¨udern und Vettern wurde A.-T. 1658 in den Reichsgrafenstand erhoben.
Abensberg-Traun, Otto Ferdinand Graf von, o¨ sterr.
¨ Milit¨ar, * 27. 8. 1677 Odenburg (heute Sopron, Ungarn), † 10. 2. 1748 Hermannstadt. Vom Vater zum Studium nach Halle geschickt, trat A.-T. nach dessen Tod in die kaiserliche Armee ein. Im Spanischen Erbfolgekrieg war er dem Feldmarschall Graf Guido → Starhemberg als Generaladjutant zugeteilt. Er kommandierte Truppen bei Genua, in Syrakus und Messina. Nach der Niederschlagung eines ungarischen Aufstands (1725) wurde A.-T. von → Karl VI. zum Interims-Statthalter des Herzogtums Mailand, 1737 zum Gouverneur von Mantua, Parma und Vicenza ernannt. 1742 war er Oberbefehlshaber der vereinigten o¨ sterr. und sardinischen Streitkr¨afte, wurde kommandierender General in M¨ahren, f¨uhrte 1744 den R¨uckzug ¨ der Osterreicher aus dem Elsaß an, vertrieb → Friedrich II. von Preußen aus B¨ohmen und schlug 1745 die franz¨osische Armee u¨ ber den Rhein zur¨uck. 1747 erfolgte die Ernennung zum Generalkommandanten von Siebenb¨urgen.
Aber, Adolf, Musikkritiker, * 28. 1. 1893 Apolda (Th¨uringen), † 21. 5. 1960 London. A. studierte an der Univ. und der Musikhochschule Berlin bei Max → Friedl¨ander und Hermann → Kretzschmar, dessen Assistent er seit 1913 war. 1919 wurde er mit der Arbeit Die Pflege der Musik unter den Wettinern und wettinischen Ernestinern bis 1662 zum Dr. phil. promoviert. 1918-33 schrieb er Musikkritiken f¨ur die „Leipziger Neuesten Nachrichten“ und die „Allgemeine Musikzeitung“; er unterst¨utzte Hermann → Scherchens Auff¨uhrungen zeitgen¨ossischer Musik. 1927 wurde A. Teilhaber des Musikverlags Friedrich → Hofmeister, der die Edition Germer herausgab. 1933 emigrierte A. nach Großbritannien, trat 1936 in die Leitung des Londoner Verlags Novello & Co. ein und f¨orderte Publikationen deutscher Komponisten. Seit 1950 war er Direktor der Gesellschaft f¨ur Ver¨offentlichungsrechte in London. A. ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch der Musikliteratur systematisch-chronologischer Anordnung (1922). C MGG
Aber, Eduard, Buchh¨andler, * 10. 11. 1810 Berlin, † 25. 9. 1899 Berlin. A. trat 1833 in die Buchhandlung seines Onkels August Hirschwald ein, deren Alleininhaber er 1840 wurde. Unter seiner Leitung entwickelte sich der Betrieb zu einer der f¨uhrenden Verlags- und Sortimentsbuchhandlungen auf dem Gebiet der Medizin. Bedeutende Mediziner der Zeit ver¨offentlichten hier, u. a. Rudolf → Virchow und Robert → Koch. A. war an der Entstehung und Verbreitung der „Berliner klinischen Wochenschrift“, die aus „Caspers medizinischer Wochenschrift“ hervorgegangen war, beteiligt. C Biogr Jahrb, Bd 4 Aber, Felix, Rabbiner, * 11. 4. 1895 Breslau, † 14. 1. 1964 New York. A. war im Ersten Weltkrieg Milit¨argeistlicher und studierte seit 1919 in Breslau am J¨udisch-Theologischen Seminar (Rabbinerexamen 1923) und an der Universit¨at (Dr. phil. 1922). Er wurde 1922 Rabbiner in Salzburg und wechselte noch im gleichen Jahr nach Bremen (bis 1938). 1939 sah er sich zur Emigration in die USA gezwungen, bekleidete 1940-42 das Rabbinat in Adath Yeshurun Kew Gardens in New York und betreute bis 1946 zwei Religionsgemeinden in New Jersey. A. war 1946 am Temple Beth El Lancaster (Pal¨astina), 1947-52 an der Religionsgemeinde B’nai Israel
Abert Woonsocket auf Rhode Island und dann bis zu seiner Pensionierung 1960 am Temple Beth El Ithaca (New York) t¨atig. Er war 1951 Pr¨asident der Rabbinal Association Rhode Island und ver¨offentlichte u. a. The Jewish conception of honor (in: Conservative Judaism, V, Nr. 1-2, 1948). C BHdE, Bd 1
Abercron, Hugo Wilhelm von, Milit¨ar, * 24. 10. 1869 Bosatz bei Ratibor, † 16. 4. 1945 Berlin. Nach der Schulzeit trat A. in ein Infanterie-Regiment in Oldenburg ein. 1899 zur Luftschiffer-Abteilung in Berlin abkommandiert, war er 1903-10 Hauptmann und Kompaniechef in D¨usseldorf. 1900 wurde er Freiballonf¨uhrer, war 1906-27 Vorsitzender der Freiballon-Abteilung des deutschen Luftfahrt-Verbandes, seit 1909 auch F¨uhrer von Zeppelin-, Parseval- und Milit¨arluftschiffen. Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem A. als Regimentskommandeur teilnahm, war er beim Wiederaufbau der deutschen Luftfahrt t¨atig. Mit u¨ ber 500 Aufstiegen hielt A. Ende der zwanziger Jahre den Rekord f¨ur die meisten Freiballonfahrten.
Aberle, Karl, o¨ sterr. Mediziner, * 6. 2. 1818 Salzburg, † 16. 3. 1892 Wien. A., Sohn von Mathias → A., wurde nach dem Studium der Medizin in Wien 1841 promoviert und war dann in Salzburg t¨atig, seit 1852 als Prof. der Anatomie an der MedizinischChirurgischen Lehranstalt. Er war Mitbegr¨under des Museums Carolino-Augusteum und der Gesellschaft f¨ur Salzburger Landeskunde, deren mineralogische und botanische Sammlungen er betreute. A. leitete mehrere Spit¨aler und war seit 1872 Leibarzt der Kaiserin → Karolina Augusta. Er ver¨offentlichte u. a. Theophrastus Paracelsus und dessen Ueberreste in Salzburg (1878), Vergleichende Zusammenstellung der gebr¨auchlicheren Pflanzensysteme und statistische Uebersicht der Artenzahl und Verbreitung der Ordnungen (1876) und Grabdenkmal, Sch¨adel und Abbildungen des Theophrastus Paracelsus (1891).
Aberle, Mat(t)hias, Anatom, Physiologe, * 20. 2. 1784 Immendingen, † 5. 3. 1847 Salzburg. Der Sohn eines Schullehrers kam 1796 zu einem Wundarzt in die Lehre und studierte seit 1801 Chirurgie und Medizin an der Univ. Innsbruck (Dr. med. 1806, Dr. chirurg. 1809). A. praktizierte an den Milit¨arkrankenh¨ausern von Innsbruck und Hall und wurde 1811 von der bayerischen Regierung zum Prof. der Anatomie und der Physiologie an der neuerrichteten Schule f¨ur Land¨arzte in Salzburg ernannt. Nach ¨ der Abtretung Salzburgs an Osterreich lehnte A. 1815 einen Ruf nach Landshut ab und blieb bis zu seinem Tod Prof. an der nunmehrigen Medizinisch-Chirurgischen Lehranstalt. Er gr¨undete ein anatomisch-physiologisches und ein anatomisch-pathologisches Museum. Seine zahlreichen Publikationen (u. a. u¨ ber Mißgeburt, Croup, Br¨aune, Blausucht, Keuchhusten) erschienen in Zeitungen und Fachzeitschriften. A. war der Vater von Karl → A.
Aberli, Johannes, schweizer. Medailleur, * 5. 1. 1774 Murten, † 24. 4. 1851 Winterthur. Nach einer Tuchh¨andlerlehre ließ sich A., Sohn eines Apothekers und Neffe von Ludwig → A., wegen einer H¨orbehinderung zum Siegelstecher und Stempelschneider ausbilden. 1792-94 war er Sch¨uler von Balthasar Vorster in Diessenhofen und seit 1794 von Johann Friedrich → Huber in Basel. Nach einem Aufenthalt in Straßburg lebte er seit 1796 in Winterthur. 1814-21 arbeitete er mit seinem Sohn Friedrich A. zusammen, den er ausbildete. A. erhielt zahlreiche Auftr¨age des Ministers von Wessenberg und des Prinzen F¨urstenberg. Als Siegelstecher schuf er u. a. ein Staatssiegel der Eidgenossenschaft mit einer Darstellung des RuetliSchwurs in Karneol (1815). C AKL
Aberli, (Johann) Ludwig, schweizer. Maler, Radierer, * 14. 11. 1723 Winterthur, † 17. 10. 1786 Bern. A., Sohn eines Stadtwachtmeisters, stammte aus einer alten Handwerkerfamilie. Er war Sch¨uler des Landschaftsmalers Heinrich Meyer in Winterthur und besuchte die Zeichenschule Johann → Grimms in Bern, deren Leitung er nach dessen Tod 1747 u¨ bernahm. 1759 hielt er sich mit Adrian → Zingg mehrere Monate zu Studienzwecken (besonders der holl¨andischen Landschaftsmalerei) in Paris bei dem Hofkupferstecher Johann Georg → Wille auf. In den folgenden Jahren wanderte er u. a. mit Jakob Emanuel → Handmann und Sigmund → Freudenberger im Schweizer Jura. Wieder in Bern, begann er mit der Herausgabe kolorierter Bl¨atter in der nach ihm benannten Aberlischen Manier: Er radierte Schweizer Landschaften und Szenen aus dem Volksleben in zart punktierten Umrissen, schattierte sie mit Tusche und kolorierte sie bzw. ließ sie kolorieren (u. a. von ihm selbst gestochen: Vier große Landschaften). Diese neue Technik zur vielfachen Herstellung k¨unstlerisch ansprechender Landschaftsdarstellungen brachte ihm weit u¨ ber die Schweiz hinausgehende Anerkennung, viele Nachahmer und die Bekanntschaft kunstinteressierter Zeitgenossen ein (so ist ein Besuch → Goethes f¨ur das Jahr 1799 festgehalten). Seine k¨unstlerische Vorbildfunktion sicherten ihm der Unterricht vieler sog. Berner Kleinmeister und zahlreiche Freundschaften, u. a. mit dem Maler, Dichter und Verleger Salomon → Gessner.
Aberle, Moritz von, kath. Theologe, * 25. 4. 1819 Rottum
Aberlin Joerg, auch Georg Albrecht J., Baumeister, * um 1420, † 1493 / 94. Im Anschluß an seine Ausbildung an der Bauh¨utte der Stuttgarter Stiftskirche u¨ bernahm A. um 1450 als Nachfolger seines Vaters die Stellung als Baumeister der Grafen von W¨urttemberg und widmete sich dem weiteren Ausbau der von seinem Vater fast fertiggestellten Stiftskirche. Zwischen 1460 und 1470 war er mit Arbeiten am Chor der Alexanderkirche in Marbach besch¨aftigt, erweiterte in diesem Zeitraum auch den Langhausbau der von seinem Vater begonnenen Kirche St. Leonhard in Stuttgart und arbeitete seit 1471 am Chorbau der dortigen Hospitalkirche. Nach dem Tod Graf → Ulrichs 1480 war A. wohl kaum mehr f¨ur den w¨urttembergischen Hof t¨atig, sondern wirkte vor allem in den Reichsst¨adten, u. a. 1487-90 in Heilbronn, wo er die Chorw¨olbung der Kirche St. Kilian gestaltete. C NDB
bei Biberach, † 3. 11. 1875 T¨ubingen. A. studierte Theologie in T¨ubingen und erhielt 1842 die Priesterweihe. Seit 1845 unterrichtete er am Obergymnasium in Ehingen, wurde 1848 Direktor des Wilhelmstiftes, 1850 Prof. der neutestamentlichen Exegese und (bis 1866) der Moraltheologie an der Univ. T¨ubingen. 1866 wurde er nobilitiert. A. bejahte den Probabilismus und zeigte sich als Exeget aufgeschlossen gegen¨uber psychologischen und sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen, ohne jedoch den u¨ bernat¨urlichen Charakter der Bibel in Frage zu stellen. Er schrieb u. a. eine Einleitung ins Neue Testament (hrsg. von Paul von Schanz, 1877). C LThK
Abert, Anna Amalie, Musikwissenschaftlerin, * 19. 9. 1906 Halle / Saale, † 4. 1. 1996 Kiel. A., Tochter von Hermann → A., studierte Musikwissenschaft, Philosophie und Geschichte und wurde 1934 in Berlin mit der Dissertation Die stilistischen Grundlagen der ‚Cantiones sacrae‘ von Heinrich Sch¨utz promoviert. Seit 1935 war sie Assistentin an der Univ. Kiel, an der sie sich 1943 mit der Arbeit Claudio Monteverdi und das musikalische Drama habilitierte; 1950 wurde sie a. o., 1962 o. Prof. der Musikwissenschaft. Seit 1964 geh¨orte sie dem Zentralinstitut f¨ur Mozartforschung an. A. besch¨aftigte sich mit dem Musiktheater, wobei sie die Opern auf ihre Einheit von Text und
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Abert Musik erforschte, und der Stilkritik. Sie wies auf den Zusammenhang von mittelalterlicher Hoflyrik und dem sp¨atmittelalterlichen geistlichen Spiel hin. A. war Mitherausgeberin der Neuen Mozart-Ausgabe und der Gluck-Gesamtausgabe. C MGG
Abert, Friedrich Philipp von, kath. Theologe, Erzbischof von Bamberg, * 1. 5. 1852 M¨unnerstadt (Unterfranken), † 23. 4. 1912 Bamberg. A., Sohn eines Schneidermeisters und Stadtkirchners, studierte Theologie in Passau (1870 / 71) und W¨urzburg (bis 1875; Einfluß von Heinrich → Denzinger) und war nach der Priesterweihe in der Seelsorge t¨atig. Seit 1881 war er Assistent am Priesterseminar in W¨urzburg, wurde 1882 promoviert, 1885 a. o. Prof. der Dogmatik am kgl. Lyzeum in Regensburg und 1890 o. Prof. in W¨urzburg. A., der 1905 zum Erzbischof von Bamberg gew¨ahlt wurde, stellte sich bei der Reichstagswahl 1907 o¨ ffentlich gegen die F¨uhrung der Zentrumspartei, die eine Wahlempfehlung zugunsten eines sozialdemokratischen Kandidaten abgegeben hatte. Er ver¨offentlichte mehrere Arbeiten u¨ ber Thomas von Aquin, u. a. Compendium theologiae des heiligen Thomas von Aquin (1901). C Gatz 4 Abert, Hermann (Joseph), Musikwissenschaftler, * 25. 3. 1871 Stuttgart, † 13. 8. 1927 Stuttgart. Der Sohn des Stuttgarter Hofkapellmeisters Joseph → A. studierte seit 1890 an den Universit¨aten T¨ubingen, Berlin und Leipzig klassische Philologie und wurde 1896 mit der Dissertation Die Lehre vom Ethos in der griechischen Musik (ver¨offentlicht 1897) promoviert. 1897-1900 schloß er musikwissenschaftliche Studien an der Univ. Berlin an und habilitierte sich 1902 mit der Arbeit Die a¨ sthetischen Grunds¨atze der mittelalterlichen Melodiebildung. Eine Studie zur Musik¨asthetik des Mittelalters f¨ur Musikgeschichte an der Univ. Halle, wo er 1910 a. o., 1918 o. Prof. wurde. 1919 folgte er einem Ruf nach Heidelberg und wurde 1920 Nachfolger Hugo → Riemanns auf dem Leipziger, 1923 Nachfolger Hermann → Kretzschmars auf dem Berliner Lehrstuhl f¨ur Musikwissenschaft. A. wurde 1925 als einziger Musikwissenschaftler zum ordentlichen Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften ernannt. Er vero¨ ffentlichte Arbeiten zur Musikgeschichte und u¨ ber Opern; als sein Hauptwerk gilt Wolfgang Amadeus Mozart (2 Bde., 1919-21, 71955 / 56). Das von ihm herausgegebene Illustrierte Musik-Lexikon erschien 1927. A. war der Vater von Anna Amalie → A. C MGG
Abert, (Johann) Joseph, Kapellmeister, Komponist, * 20. 9. 1832 Kochowitz (B¨ohmen), † 1. 4. 1915 Stuttgart. Seine erste musikalische Ausbildung erhielt A., Sohn eines Maurermeisters, als Chorknabe in Gastdorf. Am Prager Konservatorium studierte er als Sch¨uler von Johann Friedrich → Kittl und Wenzel Johann → Tomaschek Kontrabaß und Komposition. Seit 1852 war A. Kontrabassist beim Stuttgarter Hoforchester, das 1854 seine c-Moll-Sinfonie 1854 urauff¨uhrte. 1860 unternahm er Studienreisen nach Paris und London, 1867-88 war er Nachfolger Karl Anton Florian → Eckerts als Hofkapellmeister in Stuttgart. Neben Opern (u. a. Anna von Landskron, 1858; K¨onig Enzio, 1862; Astorga, 1866; Die Almohaden, 1890) und Symphonien schrieb A. eine Orchesterbearbeitung → Bachscher Fugen. Sein Sohn Hermann → A. ver¨offentlichte die Biographie Johann Joseph Abert (1916, Nachdr. 1983). C MGG Abesch, Anna Maria Barbara, auch Ab¨asch, Ab Esch, ¨ Von Asch, Vonesch, Vonesch, schweizer. Hinterglasmalerin, * 23. 3. 1706 Sursee (Kt. Luzern), † 15. 2. 1773 Sursee. A. d¨urfte von ihrem Vater Johann Peter → A. ausgebildet worden sein. Sie etablierte sich fr¨uh als eigenst¨andige Hin-
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terglasmalerin in Sursee, wo sie zwischen 1727 und 1770 t¨atig war. Sie geh¨orte seit etwa 1747 der Georgsbruderschaft und seit 1750 der St. Josephsbruderschaft an. A. schuf vor allem religi¨os-mythologische Darstellungen, aber auch Portr¨ats. Ihre Malereien entstanden oft nach Vorlagen franz¨osischer, italienischer oder fl¨amischer Herkunft. Die große Zahl erhaltener Arbeiten l¨aßt auf eine eigene Werkstatt A.s schließen. Zu ihren Kunden geh¨orten neben Privatfamilien besonders Kl¨oster wie Einsiedeln, Engelberg, Muri, Seedorf und St. Urban. A.s detailreich-miniaturistischer Stil gilt als einflußreich und vorbildlich f¨ur ihren regionalen Umkreis. Erhalten sind u. a. die Werke Der Abt von Muri (1728), ¨ Christus am Olberg (1736), Grablegung Christi (1747) und Jesus im Tempel (1756). C Schmidt-Liebisch
Abesch, Johann Peter, auch Von Esch, schweizer. Hinterglasmaler, * 15. 8. 1666 Ettiswil, † 1731 Sursee (Kt. Luzern). Nach Lehr- und Wanderjahren lebte A. als Maler in der Region Sursee. Bekannt wurde er besonders durch seine Hinterglasmalerei, die schon seit l¨angerer Zeit in seiner Familie kultiviert wurde. A. schuf zumeist religi¨os-mythologische Darstellungen, auch Stilleben, Portr¨ats und Genre-Arbeiten. ¨ Er malte u. a. 1710-23 Olbilder nach franz¨osischen Vorbildern f¨ur das Surseer Rathaus und war auch f¨ur das Kloster Engelberg t¨atig. A. war der Vater von Anna Maria Barbara → A. C HLS
Abetz, Otto, Politiker, Diplomat, * 26. 3. 1903 Schwetzingen, † 5. 5. 1958 Langenfeld / Rheinland. Von Beruf Kunsterzieher, organisierte A. 1930-33 deutschfranz¨osische Jugendtreffen. Seit 1931 stand er der NSDAP nahe und wurde 1934 Frankreichreferent in der Reichsjugendf¨uhrung. 1935 trat er in die Dienststelle Ribbentrop ein, als deren Repr¨asentant er 1939 aus Paris ausgewiesen wurde. Nach der franz¨osischen Niederlage kehrte er als Botschafter (1940-44) nach Paris zur¨uck; er war ausdr¨ucklich nicht bei der franz¨osischen Regierung in Vichy akkreditiert. A., der den Rang eines SS-Brigadef¨uhrers hatte, initiierte die Enteignung und Abschiebung j¨udischer Emigranten aus dem besetzten Frankreich. 1949 wurde er von einem Pariser Milit¨artribunal zu 20 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, jedoch bereits 1954 freigelassen. C Bad Bio N.F., Bd 1 Abich, Hans (Karl Heinrich), Filmproduzent, Intendant, * 4. 8. 1918 Stein¨olsa, † 17. 7. 2003 Bollschweil. Der Sohn eines Landwirts studierte in Berlin Jura und legte 1943 das Erste Juristische Staatsexamen ab, bevor er Assessor und Mitarbeiter des DAAD-Organs „Geist der Zeit“ wurde. 1945 gr¨undete er mit Rolf → Thiele die Produktionsfirma Filmaufbau GmbH (G¨ottingen), die u. a. die Filme Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (1957) und Die Buddenbrooks (1959) nach Thomas → Mann produzierte. Daneben u¨ bernahm A. Produktionen bei der Bavaria-Film (M¨unchen) und der UFA (Berlin). Seit 1960 am Aufbau von Radio Bremen beteiligt, wurde er 1961 Programmdirektor, 1962 stellvertretender Intendant und 1968 Intendant. 1973-78 war A. ARD-Programmdirektor. 1979 wurde er Programmbeiratssprecher der Internationalen M¨unchner Filmwochen GmbH und moderierte seit 1985 „Moment mal!“ (WDR). A. war Vorsitzender des Verwaltungsrats der N¨urnberger Schule f¨ur Rundfunktechnik sowie der Produktionsgesellschaft EIKON und seit 1979 stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Gemeinschaftswerks der evangelischen Publizistik (GEP). Seit 1965 Mitglied des Kuratoriums „Junger deutscher Film“, geh¨orte er seit 1976 der Kammer f¨ur Evangelische Publizistik an. A. erhielt 1977 das Filmband in Gold und 1978 den Adolf-Grimme-Preis. Er ver¨offentlichte u. a. Der Fall Lorenz. Das Fernsehen in der Rolle des gen¨otigten Nothelfers (1984).
Ableitner Abich, (Otto Wilhelm) Hermann, Geologe, * 11. 12. 1806
Abicht, Karl Ernst, Lehrer, * 8. 4. / 5. 1831 Clausthal,
Berlin, † 2. 7. 1886 Graz. A. studierte Naturwissenschaften in Berlin, wurde 1831 mit der Arbeit De spinello promoviert und unternahm 1833 / 34 zu vulkanologischen Forschungen eine Reise nach Mittelund S¨uditalien. 1842 wurde er Prof. der Geologie und der Mineralogie in Dorpat. Auf seinen Reisen in den Kaukasus und Transkaukasus (seit 1844) gewann er gesicherte Informationen aus der damals noch weitgehend unerforschten Region. 1853 wurde er Mitglied der Petersburger Akademie der Wissenschaften. A. bearbeitete stratographische, tektonische und morphologische Fragestellungen. Er ver¨offentlichte u. a. Geologische Beobachtungen u¨ ber die vulkanischen Erscheinungen und Bildungen in Unter- und Mittel-Italien (1841), Vergleichende geologische Grundz¨uge der kaukasischen, armenischen und nordpersischen Gebirge (1858), Geologische Forschungen in kaukasischen L¨andern (3 Bde., 1878-87). Seine Frau Adele gab 1896 seine Reisebriefe Aus kaukasischen L¨andern (2 Bde.) heraus.
† 23. 6. 1908. A. studierte seit 1851 in G¨ottingen, wurde 1855 Lehrer am Benderschen Institut in Weinheim, 1857 am Johanneum in L¨uneburg und 1863 Oberlehrer in Aurich, dann in Emden. Seit 1867 war er Gymnasialprofessor in Schulpforta, von 1870 an Direktor des Gymnasiums in Oels. A. vero¨ ffentlichte kritische Ausgaben der Geschichtswerke Herodots und Arrians, publizierte wissenschaftliche Abhandlungen (u. a. Commentatio de codicibus Herodoti recte aestimandis, 1869) und bearbeitete Lehrb¨ucher der deutschen Geschichte.
Abich, Julie, Schauspielerin, * 11. 8. 1852 Ischl (heute Bad Ischl, Ober¨osterreich), † 18. 3. 1928. Ihr erstes Engagement f¨uhrte A. nach einer privaten Ausbildung 1871 an das Stadttheater Riga. Sie ging dann an das Dessauer Hoftheater und an das Stadttheater in Frankfurt / Main. 1876 erhielt sie vom Intendanten des Kgl. Schauspielhauses in Berlin, Botho von → H¨ulsen, eine Anstellung auf Lebenszeit. A. spielte anfangs jugendliche und sentimentale Liebhaberinnen (u. a. K¨athchen von Heilbronn), wechselte sp¨ater ins Fach der Salondame und trat auch in M¨utterrollen auf. Abicht, Johann Georg, luth. Theologe, * 21. 3. 1672 K¨onigssee (F¨urstentum Schwarzburg), † 5. 6. 1740 Wittenberg. A. studierte in Jena und Leipzig; 1702-16 war er o. Prof. der hebr¨aischen Sprache in Jena, Rektor des Gymnasiums und Pastor in Danzig. Die theologische Doktorw¨urde erhielt er 1708. 1717 wurde A. Generalsuperintendent in Leipzig, 1730 Prof. der Theologie in Wittenberg. Er besch¨aftigte sich neben orientalischen Sprachen haupts¨achlich mit hebr¨aischer Altertumskunde. A. trat als erster orthodox-luth. Theologe Wittenbergs polemisch gegen die „Materialisten“ John Locke, Voltaire, Gottfried Wilhelm → Leibniz und Christian → Wolff auf. Er ver¨offentlichte u. a. Methodus linguae sanctae (1718). C NDB Abicht, Johann Heinrich, Philosoph, * 4. 5. 1762 Volkstedt (heute zu Rudolstadt), † 28. 4. 1816 Wilna. Neben dem Studium in Erlangen war A., Sohn eines Lehrers, seit 1784 als Hofmeister t¨atig. 1790 promoviert, wurde er 1796 o. Prof. der Philosophie an der Univ. Erlangen und 1804 Prof. der Logik und Metaphysik an der neuorganisierten Univ. Wilna. Er redigierte 1789 / 90 gemeinsam mit Friedrich Gottlieb → Born das „Neue philosophische Magazin zur Erl¨auterung und Anwendung des Kantischen Systems“ in Leipzig und war 1794 / 95 Mitherausgeber des „Philosophischen Journals“. A.s Arbeiten orientierten sich an der Philosophie Immanuel → Kants, sp¨ater auch an der Karl Leonhard → Reinholds. Er ver¨offentlichte u. a. Versuch einer kritischen Untersuchung u¨ ber das Willensgesch¨aft (1788), Neues System einer philosophischen Tugendlehre (1790; 2., umgearbeitete Aufl. unter dem Titel Allgemeine praktische Philosophie, 1798), Neues System eines aus der Menschheit entwickelten Naturrechts (1792), System der Elementarphilosophie (1795), Revidierende Kritik der spekulativen Vernunft, in Verbindung mit der metaphysischen Wissenschaft (2 Tle. in 3 B¨anden, 1799-1801), Verbesserte Logik, oder Wahrheitswissenschaft, auf der einzig g¨ultigen Begr¨undung der Wahrheit erbauet (1802) und Enzyklop¨adie der Philosophie (1804). C ADB
Ablaß, Bruno, Politiker, Jurist, * 10. 5. 1866 Bunzlau, † 24. 9. 1942 Hirschberg. A. schloß sein Studium an der Univ. Breslau (1884-88) mit der Promotion zum Dr. jur. in Heidelberg ab. 1893 ließ er sich als Rechtsanwalt und Notar (1903) in Hirschberg (Schlesien) nieder. Seit 1896 war A. Mitglied, 1919 Vorstand der Breslauer Stadtverordnetenversammlung, der dortigen Anwaltskammer und des schlesischen St¨adtetags. 1903-12 geh¨orte A. f¨ur die Freisinnige Vereinigung, 1912-18 f¨ur die Fortschrittliche Volkspartei dem Reichstag an. 1919 / 20 war er Mitglied der Fraktion der Deutschen Demokratischen Partei der Verfassunggebenden Nationalversammlung und des Verfassungsausschusses. Er ver¨offentlichte u. a. Des Deutschen Reiches Verfassung (1919, 21920). C Haunfelder, Lib Abg
Ableiter, Leonhard, Lehrer, * 30. 11. 1844 Heidenheim, † 11. 6. 1921 Stuttgart. A. studierte seit 1862 am T¨ubinger Stift Philosophie, Theologie und Altphilologie, war 1866-69 Seelsorger und Lehrer, dann Stiftsrepetent in T¨ubingen. 1872 begann er eine Lehrt¨atigkeit am Gymnasium in Buchsweiler, absolvierte 1875 die Pr¨ufung zum Gymnasialprofessor f¨ur Altphilologie und ging in dieser Funktion 1878 nach Ulm, 1883 ans Karlsgymnasium nach Heilbronn. Sein Eintritt in die Schulverwaltung erfolgte 1889; 1905-18 war A. Mitglied der Reichsschulkommision und Pr¨asident der Ministerialabteilung f¨ur die h¨oheren Schulen sowie Pr¨ufungskommiss¨ar an deutschen Auslandsschulen. A. ver¨offentlichte Arbeiten zur hebr¨aischen Sprache. Ableitner, Balthasar, auch Abendleyttner, Ableithner, Bildhauer, * 1613 Miesbach, † 13. 4. 1705 M¨unchen. Auf Vermittlung → Albrecht Sigmunds, des sp¨ateren Bischofs von Freising, konnte A., Sohn eines Zimmermanns, 1627-33 eine Lehre in der Werkstatt des herzoglichen Hofbildhauers Christof → Angermair in M¨unchen absolvieren. 1635-42 hielt er sich zu Studienzwecken in Rom auf und wurde 1644 Hofbildhauer Herzog → Albrechts des Leuchtenbergers; er f¨uhrte jedoch auch Auftr¨age Herzog → Maximilian Philipps aus. F¨ur die kurf¨urstliche Familie schuf er u. a. Portr¨atb¨usten und Elfenbeinschnitzereien. 1676-80 und 1686 war A. Inhaber des Viereramtes der M¨unchner Bildhauerzunft. Zahlreiche seiner Werke als Hofbildhauer sind urkundlich gesichert, nur wenige jedoch erhalten. Gemeinsam mit seinen S¨ohnen schuf er u. a. Holzplastiken der vier Evangelisten f¨ur die M¨unchner Theatinerkirche (vermutlich 1670-72), von denen nur die des Markus und des Johannes auf dem Querhaus-Altar erhalten sind. Sein Entwurf f¨ur den Hochaltar von St. Peter wird als herausragendes Beispiel f¨ur die Entwicklung des bis nach B¨ohmen ausstrahlenden plastischen Hochbarock in M¨unchen genannt. A. war der Vater von Franz → A. C NDB Ableitner, Franz, auch Abendleyttner, Ableithner, Bildhauer, † 1752 noch erw¨ahnt. Der Sohn von Balthasar → A. und Schwiegersohn von Nikolaus → Prucker war seit etwa 1670 in M¨unchen als Bildhauer
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Abondi und Wachsbossierer t¨atig. Er schuf u. a. die Madonna u¨ ber dem Portal der M¨unchner B¨urgersaalkirche sowie Statuen und Dekor des Theresienaltars (1717) und den Dekor des Josephaltars (1718) in der Dreifaltigkeitskirche in M¨unchen. Zusammen mit seinem Vater arbeitete er zwischen 1670 und 1672 am Hochaltar der Theatinerkirche in M¨unchen. Auch in der weiteren Umgebung stattete er Kirchen und Pl¨atze mit seinen Plastiken aus. C AKL
Abondi, Alessandro, auch Abondio, Medailleur, Wachsbossierer, Bildhauer, * um 1570, begraben 29. 4. 1648 M¨unchen. A. verbrachte seine Jugend wahrscheinlich als Sch¨uler seines Vaters Antonio → A. in Wien und Prag (Medaille auf Erzherzog Matthias, 1597). Mindestens seit 1606 war er kaiserlicher Bildhauer in Prag; 1612 wurde er in dieser Stellung best¨atigt. 1614 entstanden in N¨urnberg die Wachsbildnisse der Eheleute Freher. Seit 1619 war er in M¨unchen ans¨assig, heiratete Regina, die Witwe des Hans von → Aachen und Tochter des Komponisten Orlando di → Lasso, erhielt das M¨unchener B¨urgerrecht und bewohnte ein eigenes Haus. A. war haupts¨achlich f¨ur Herzog → Albrecht den Leuchtenberger und f¨ur → Maximilian I. t¨atig. Nach den Datierungen der Medaillen, die er durchweg nicht signierte und die ihm daher aufgrund von stilistischen Merkmalen zugeschrieben werden, hielt er sich 1628-32 in Wien und 1635 in Augsburg auf. Seine Arbeiten in Wachs dienten sowohl als Modelle f¨ur die zu gießenden oder zu pr¨agenden Medaillen als auch als eigenst¨andige Kunstwerke. Die f¨ur den Hof entstandenen f¨urstlichen Bildnismedaillen wurden h¨aufig mit Edelsteinen und Perlen in repr¨asentative goldene Halsketten eingearbeitet. Von seinen Wachsplastiken und -medaillons haben sich nur wenige erhalten, die Piet`a (1649) aus der M¨unchener Dreifaltigkeitskirche wurde im Zweiten Weltkrieg zerst¨ort. C AKL
Abondi, Antonio, auch Abondio, Medailleur, Wachsbossierer, Bildhauer, * um 1538 Riva del Garda, † 3. 5. 1591 Wien. A. erhielt seine erste Ausbildung durch lombardische Bildhauer, war von Medailleuren aus Cremona und Trient, sp¨ater von Florentiner K¨unstlern beeinflußt worden. Die erste sicher von seiner Hand stammende Arbeit ist die Medaille des Jacopo Sorra (1561). 1565 u¨ bernahm er pers¨onlich Auftr¨age und war in Tirol so erfolgreich t¨atig, daß er 1566 von → Maximilian II. zum Hofportr¨atisten ernannt wurde. A. unternahm 1566-89 Reisen in die Niederlande, nach Spanien, Bayern, Italien und Frankreich. 1580-83 hielt er sich in Prag auf, wo er u. a. den Pr¨agestempel f¨ur den Taler Rudolfs II. (1580) gravierte. A. werden rund 100 Bildnismedaillen zugeschrieben, haupts¨achlich f¨ur Habsburger F¨ursten, aber auch f¨ur die Wittelsbacher. Erhalten sind 20 seiner naturalistisch bemalten und reich ausgestatteten Wachsmedaillons vor zumeist schwarzem Hintergrund aus Obsidian, Glas oder schwarzem Farbauftrag. Sein Stil wirkte in der Arbeit seines Sohnes Alessandro → A. und anderer Sch¨uler wie Raffaello Ranghieri oder Pietro de → Pomis nach. C AKL
Abosch, Heinz, Journalist, Schriftsteller, * 5. 1. 1918 Magdeburg, † 1. 3. 1997 D¨usseldorf. A. emigrierte 1933 nach Frankreich, begann 1935 das Studium der Graphik und Malerei an der Kunstschule in Straßburg und engagierte sich in der sozialistischen Bewegung. 1936 ging er nach Paris, 1938 nach Saint-Di´e (Vogesen). Im selben Jahr nahm A. an der Gr¨undungskonferenz der trotzkistischen Internationale in Paris teil. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs interniert, mußte er 1940 Arbeitsdienst leisten, war 1941 / 42 Bau- und Metallarbeiter, befand sich 1942-44 auf der Flucht vor der Deportation und war in Lyon und Grenoble in der R´esistance aktiv. Im Mai 1944 durch
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die Gestapo verhaftet, gelang ihm im Juli die Flucht aus einem Deportationszug. Nach 1945 lebte A. als Korrespondent deutscher Zeitungen in Paris, kehrte 1956 nach Deutschland zur¨uck, publizierte in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften, schrieb H¨orfunkbeitr¨age und gab Werke von Simone Weil und Alain heraus. Zu seinen Buchver¨offentlichungen geh¨oren u. a. L’Allemagne sans miracle (1960), Der endlose Krieg. Bericht u¨ ber Vietnam (1966), Antisemitismus in Rußland (1972), Trotzki-Chronik (1973), Trotzki und der Bolschewismus (1975), Jean Jaur`es (1986), Das Ende der großen Visionen. Pl¨adoyer f¨ur eine skeptische Kultur (1993) und Flucht ohne Heimkehr. Aus dem Leben eines Heimatlosen (1997).
Abraham, Bischof von Freising, * vor 956, † 7. 6. 993 / 94 Freising. A. wurde 957 als Nachfolger → Lantberts Bischof von Freising. Er u¨ bte unter Kaiser → Otto I. als Berater der Herzoginwitwe → Judith und ihres Sohnes → Heinrich II. faktisch die Macht u¨ ber Bayern aus und unterst¨utzte 974 Heinrichs Verschw¨orung gegen → Otto II. F¨ur sein Bistum gewann er Besitzungen in Krain und in Oberitalien. In K¨arnten war A. in der Slawenmission t¨atig. F¨ur die Dombibliothek besorgte er die „Freisinger Denkm¨aler“, die a¨ ltesten zusammenh¨angenden Gebrauchstexte in slawischer Sprache mit lateinischem Alphabet. Unter A. wurde der Nordturm des Freisinger Doms erbaut. C LexMA
Abraham a Sancta Clara, eigentl. Johann Ulrich Megerle, kath. Prediger, Schriftsteller, * 2. 7. 1644 Kreenheinstetten / Schwaben, † 1. 12. 1709 Wien. Der Sohn eines leibeigenen f¨urstenbergischen Gastwirts erhielt am Jesuitengymnasium in Ingolstadt und am akademischen Gymnasium der Benediktiner in Salzburg eine gr¨undliche humanistische Ausbildung, trat 1662 im Kloster Mariabrunn bei Wien in den Orden der Augustinereremiten ein und nahm den Ordensnamen Abraham a Sancta Clara an. Nach philosophischen und theologischen Studien in Wien, Prag und Ferrara wurde er 1668 in Wien zum Priester geweiht und vom Orden zum Prediger bestimmt. Nach zweij¨ahrigem Zwischenspiel als Wallfahrtsprediger in Taxa bei Augsburg entfaltete er seit 1672 in der kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt Wien und Umgebung eine rege T¨atigkeit als Sonn- und Festtagsprediger: Grundlage seiner rund 60 Schriften, die bis 1785 in 353 Ausgaben erschienen und A. neben Jeremias → Drexel und Martin von Cochem als einen der erfolgreichsten Schriftsteller der Barockzeit ausweisen. Am 15. 11. 1673 predigte er zum erstenmal vor dem kaiserlichen Hofstaat (aus Anlaß des Festes des Landespatrons Leopold). Schon hier u¨ berraschte er durch seine ingeni¨ose F¨ahigkeit, mit weithergeholten Einf¨allen und Wortspielen sowie unerwarteten geistlichen Applikationen die Zuh¨orer in st¨andiger belustigter Aufmerksamkeit zu halten. Seine Darstellung der Wiener Pestepidemie von 1679, Mercks Wien (1680), brachte den Durchbruch als Schriftsteller nicht nur im katholischen, sondern auch im protestantischen Teil des Reiches. Die erste literaturkritische W¨urdigung A.s mit Abweisung konfessioneller Vorurteile unternahm bereits 1688 Christian → Thomasius in seinen „Monatsgespr¨achen“. Die das Abendland bewegende Belagerung Wiens durch die T¨urken 1683 erlebte A. im sicheren Grazer Augustinerkloster; mit seiner aufr¨uttelnden Schrift Auff, auff ihr Christen
Abraham traf er auch diesmal den rechten Ton. Im folgenden Jahr, wieder in Wien, gab er die erste Gesamtausgabe seiner Werke, die Predigtsammlung Reim dich, Oder Ich liß Dich, heraus. 1685 erschien als Nachhall seines Wirkens in Taxa sein Wallfahrtsb¨uchlein Gack Gack Gack Gack a` Ga, 1686 der erste Band seiner kurzweiligen moraldidaktischen Tetralogie Judas der Ertz-Schelm (Bd. 2 1689, Bd. 3 1693, Bd. 4 1695), die durch zweckdienliche Register zugleich als Handbuch f¨ur den Prediger angelegt war. Weitere handbuchartige Predigtsammlungen kamen hinzu: Grammatica Religiosa (lateinisch Salzburg 1691, deutsch K¨oln 1699), Geistlicher Kramerladen (N¨urnberg und W¨urzburg 1710). Auf Anregung des N¨urnberger Verlegers Christoph → Weigel stattete er emblematische Kupferstichwerke, meist St¨andesatiren, mit witzigen Texten in Prosa und Vers aus: Neu-er¨offnete Welt Galleria (1703), Heilsames Gemisch Gemasch (1704), Huy! und Pfuy! Der Welt (1707), Wohl-angef¨ullter Weinkeller (1710). Hinzu kamen kleinere Narrensatiren. Daß ihm nach seinem Tod noch zehn z. T. mehrb¨andige Werke zugeschrieben wurden, zeigt die epochale Geltung seines Stils kurzweiliger Glaubensverk¨undigung. Neben Predigt und Schriftstellerei ¨ war A. in verschiedenen Amtern seines Ordens t¨atig: als Prior in Wien und Graz, als Provinzial, als Prof. und Subprior in Mariabrunn und Wien, als Prokurator und Definitor seiner Ordensprovinz; dreimal reiste er in Ordensangelegenheiten nach Rom. WEITERE WERKE: Werke von A. Aus dem handschriftlichen Nachlaß hrsg. v. der Akademie der Wissenschaften in Wien. Bearb. v. Karl Bertsche. 3 Bde., Wien 1943-45. – Ein Karren voller Narren und andere kleine Werke. Hrsg. v. Franz M. Eybl. Salzburg 1993. – Neue Predigten. Hrsg. v. Karl Bertsche. Nachdr. der Ausg. Leipzig 1932. Hildesheim 1995. LITERATUR: Theodor G. von Karajan: A. a S. C. Wien 1867. – Franz M. Eybl: A. a S. C. Vom Prediger zum Schriftsteller. T¨ubingen 1992. Dieter Breuer
Abraham, Karl, Psychoanalytiker, * 3. 5. 1877 Bremen, † 25. 10. 1925 Berlin. Das Studium in W¨urzburg, Berlin und Freiburg schloß A. 1901 mit der Promotion ab (Beitr¨age zur Entwicklungsgeschichte des Wellensittichs) und praktizierte dann in Berlin und Z¨urich. Er war einer der fr¨uhesten Sch¨uler Sigmund → Freuds, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. In Berlin, wo er seit 1908 Facharzt f¨ur Psychotherapie war, gr¨undete er den dortigen Zweig der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung und 1920 das Psychoanalytische Institut. Neben Untersuchungen zum Mythos, zur Traumsymbolik und zu den von Freud dargestellten Entwicklungsphasen der Sexualit¨at im Kindesalter stand die Anwendung psychoanalytischer Methoden auf angrenzende Gebiete wie Ethnologie (Traum und Mythos, 1909) und Biographie (Giovanni Segantini). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren auch Traum und Mythus. Eine Studie zur V¨olkerpsychologie (1908) und Psychoanalytische Interpretationen biblischer Texte (1972). C Lex dt-j¨ud Autoren
Abraham, Max, Verleger, * 2. 6. 1831 Danzig, † 8. 12. 1900 Leipzig. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften (Dr. jur. 1855) und einem Referendariat war A., Sohn eines Kaufmanns, im Bankgesch¨aft in London und Paris t¨atig. 1862 kehrte er nach Berlin zur¨uck und leitete seit 1863 als Teilhaber Julius Friedl¨anders die Musikalienhandlung C. F. Peters in Leipzig. 1867 gr¨undete A. die „Edition Peters“, die mit einer lithographischen Notendruck-Schnellpresse preiswerte Noten herstellte. Mit Max → Friedl¨ander ver¨offentlichte A. die Lieder Franz → Schuberts in der Originalfassung. Nach dem Ankauf einer Privatbibliothek gr¨undete A. die „Musikbiblio-
thek Peters“, die nach seinem Tod in den Besitz der Stadt Leipzig u¨ berging; seit 1895 gab er das „Jahrbuch der Musikbibliothek Peters“ heraus.
Abraham, Max, Physiker, * 26. 3. 1875 Danzig, † 16. 11. 1922 M¨unchen. A. studierte seit 1893 Mathematik und Physik in Freiburg / Breisgau und Berlin; 1897 wurde er mit bei Max → Planck mit der Arbeit Die electrischen Schwingungen um einen stabf¨ormigen Leiter, behandelt nach der Maxwell’schen Theorie promoviert. 1900 habilitierte er sich in G¨ottingen f¨ur Mathematische Physik und war maßgeblich an der Entwicklung der drahtlosen Telegraphie beteiligt. Nach Reisen durch Großbritannien, die USA und Italien lehrte A. seit 1909 als Prof. der theoretischen Mechanik in Mailand. 1914-18 arbeitete er in Berlin an der Entwicklung von Nachrichtensystemen f¨ur Kriegs¨amter. Große Verbreitung fand seine zweib¨andige Theorie der Elektrizit¨at (1901-05, 3 1907-14). In Prinzipien der Dynamik des Elektrons (1903) entwickelte A. allgemeine Methoden und eine elektrodynamische Terminologie, aufgrund der er als Wegbereiter der Relativit¨atstheorie gilt. C DSB
Abraham, Meyer, auch Abrahamson, Mediziner, * 1764 Hamburg, † 21. 10. 1817 Hamburg. Nach dem Studium in G¨ottingen (Promotion 1783, Cautelae anthelminticorum in paroxysmis verminosis) ließ sich A. 1785 als Arzt in Hamburg nieder, wirkte am Medizinischen Armeninstitut und am Judenhospital und war Mitglied des K¨oniglich-Schwedischen Sanit¨atskollegiums. Seit 1784 vero¨ ffentlichte A. in den wichtigsten medizinischen Periodika (z. B. „Frankfurter Medizinisches Wochenblatt“, „Richters chirurgische Bibliothek“) und verfaßte u. a. die Untersuchung u¨ ber die große Sterblichkeit unter den Schwangeren, W¨ochnerinnen und neugeborenen Kindern und die Mittel, ¨ diesem verheerenden Ubel Einhalt zu tun (1817). C Wininger Abraham, (Salomon) Otto, Psychologe, Musikwissenschaftler, * 31. 5. 1872 Berlin, † 24. 1. 1926 Berlin. Nach einem Studium der Medizin und Naturwissenschaf¨ ten in Berlin 1894 mit der Arbeit Uber den Erfolg der k¨unstlichen Fr¨uhgeburt zum Dr. med. promoviert, wurde A. 1896 Assistent von Carl → Stumpf am Institut f¨ur Psychologie der Univ. Berlin; mit Erich von → Hornbostel verwaltete er dessen Phonogrammarchiv. Neben zahlreichen Arbeiten zur Tonartencharakteristik und u¨ ber die Wahrnehmung ¨ von T¨onen, u. a. Uber das Abklingen von Tonempfindungen (in: Zeitschrift f¨ur Psychologie und Physiologie, 1899), vero¨ ffentlichte A. u¨ ber die Tonsysteme der japanischen, t¨urkischen, indischen und indonesischen Musik. C MGG ´ Abraham, Paul, auch P´al Abrah´ am, Komponist, * 2. 11. 1892 Apatin (Ungarn), † 6. 5. 1960 Hamburg. An der Budapester Musikakademie, an der er studiert hatte, erhielt A. eine Professur f¨ur Musiktheorie und liturgische Musik. Seine fr¨uhen Kompositionen wurden vom Budapester Philharmonischen Orchester und bei den Salzburger Festspielen aufgef¨uhrt. Mit Viktoria und ihr Husar gelang ihm 1930 in Budapest und Leipzig der Durchbruch zum Erfolg. Bis 1933 komponierte er weitere, auch im europ¨aischen Ausland aufgef¨uhrte und zum Teil bald nach der Premiere verfilmte Operetten (u. a Die Blume von Hawaii, 1931, Ball im Savoy, 1932) sowie Filmmusik. 1933 wurde die Auff¨uhrung seiner Werke in Deutschland verboten; im selben Jahr emigrierte er nach Paris, 1939 nach New York. Nach einem psychischen Zusammenbruch wurde A. in ein Nervensanatorium in Long Island bei New York eingewie-
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Abraham sen. Seit 1956 lebte er in einem Hamburger Sanatorium. A. komponierte 13 Operetten und Musicals, ein Requiem, Konzerte, Kammer- und Orchestermusik sowie Musik f¨ur 30 Filme. C MGG
Flora von Ost- und Westpreußen (3 Bde., 1898-1940). Mit Otto W¨unsche gab er Die Pflanzen Deutschlands. Eine Anleitung zu ihrer Kenntnis (91909, 111924) heraus.
Abraham, Reinhardt, Luftfahrttechniker und -manager,
A.s Herkunft ist ungekl¨art. Er k¨onnte vor seiner Ernennung zum Bischof dem Trierer Klerus angeh¨ort haben oder von K¨onig Theuderich I. aus der Auvergne nach Trier abgeordnet worden sein. Als Bischof war er Nachfolger von Fibicius. Genaue Fakten u¨ ber seine Amtszeit fehlen. A. wurde zun¨achst in St. Symphorian (Trier) begraben; um 1048 wurde sein Grab nach St. Paulin (Trier) und 1136 nach Springiersbach verlegt. Als Heiliger verehrt wurde A. seit seiner Erw¨ahnung im Martyrologium Hieronymianum am Ende des 6. Jahrhunderts. Als Festtag gilt der 22. April. C LThK
* 15. 7. 1929 Kunzendorf (Niederschlesien), † 1. 11. 1995 Seeheim. A., Sohn eines Gutsverwalters, studierte 1948-56 Physik, Luftfahrttechnik und Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Berlin-Charlottenburg. 1956 trat er in die Technikabteilung der Lufthansa ein, wurde 1958 Assistent des Verkehrsleiters in der Hauptverwaltung in K¨oln, u¨ bernahm 1960 die Leitung des Wartungszentrums der Lufthansa in Frankfurt / Main und leitete außerdem die weltweite Wartungsorganisation der Lufthansa. 1972-89 war er als ordentliches Vorstandsmitglied f¨ur den Gesch¨aftsbereich „Technik“ der Lufthansa verantwortlich. A. war zeitweise Aufsichtsratsvorsitzender der Versuchs- und Planungsgesellschaft f¨ur Magnetbahnsysteme mbH in M¨unchen und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Lufthansa-Tochtergesellschaft Condor Flugdienst GmbH. C Munzinger
Abram, Simon, o¨ sterr. Kaufmann, Politiker, * 3. 4. 1871 Innsbruck, † 5. 3. 1940 Innsbruck. A., Sohn eines Eisenbahnarbeiters, durchlief eine Drechslerlehre. Nach der Wanderschaft in S¨uddeutschland, w¨ahrend der er Mitglied des Katholischen Gesellenvereins wurde, gr¨undete er in Saalfelden einen sozialdemokratischen Arbeiterverein sowie zahlreiche Parteiunternehmungen in Tirol. Seit 1898 lebte A. als Handelsmann in Innsbruck. 1907 ¨ wurde er Mitglied des Osterreichischen Reichsrats. 1908 gr¨undete A. die „Innsbrucker Volkszeitung“, die seit 1911 t¨aglich erschien.
Abramson, Abraham, Medailleur, * 1754 Potsdam, † 23. 7. 1811 Berlin. Ausgebildet bei seinem Vater und an der Berliner Kunstakademie, wurde A. 1771 Assistent seines Vaters an der Berliner M¨unze, 1782 kgl. Medailleur. 1787-91 unternahm er eine Studienreise nach Dresden, Prag, Wien, und nach Italien, auf der er u. a. Vorlagen f¨ur sp¨ater ausgef¨uhrte Portr¨atmedaillen anfertigte. 1792 wurde er Mitglied der Berliner Kunstakademie. Neben seiner amtlichen T¨atigkeit als M¨unzstempelschneider schuf er Darstellungen historischer Ereignisse (wichtige Vertragsabschl¨usse, Geburt und Tod der Monarchen) sowie Serien von Portr¨atmedaillen deutscher Gelehrter. A. ver¨offentlichte u. a. einen Versuch u¨ ber den Geschmack auf Medaillen und M¨unzen [. . .] (1801).
Abresch, Friedrich Ludwig, Klassischer Philologe, * 29. 12. 1699 Homburg, † 1782 Zwolle. A. studierte in Herborn und Utrecht, wurde 1723 Konrektor, 1725 Rektor des Gymnasiums in Middelburg und 1741 in Zwolle. Er ver¨offentlichte mehrere Schriften zur klassischen Philologie, u. a. Animadversionum ad Auschylum libri duo [. . .] (1743). Abromeit, Johann, Botaniker, * 17. 1. 1857 Paschleitschen, † 19. 1. 1946 Jena. Bereits w¨ahrend seines Studiums der Naturwissenschaften, der Philosophie und der Literaturgeschichte an der Univ. K¨onigsberg (seit 1879) besch¨aftigte sich A. haupts¨achlich mit Botanik (Promotion 1886) und lehrte nach seiner Habilitation 1900 Pflanzengeographie. Er leitete das Botanische Museum und stand 1901-36 dem Preußischen Botanischen Verein vor, dessen Herbariensammlung er erweiterte; seit 1895 war er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle. 1919-30 lehrte A. in K¨onigsberg angewandte Botanik; zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlt u. a.
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Abrunculus, Bischof von Trier, † um 525.
Abs, Hermann J(osef), Bankier, * 15. 10. 1901 Bonn, † 5. 2. 1994 Bad Soden. Wesentliche Grundeinstellungen, die A. zeitlebens pr¨agten, lassen sich auf sein Elternhaus zur¨uckverfolgen. Sein Vater war ein beg¨uterter, weltoffener Wirtschaftsjurist mit einem Hang zum britischen Lebensstil. Gleichzeitig sorgte A.s Mutter in der Erziehung „mit großer H¨arte“ daf¨ur, daß Tugenden wie Ordnung, Disziplin und Fleiß beachtet wurden. Beide Eltern hingen einem strengen rheinischen Katholizismus an, der nicht nur religi¨os, sondern auch politisch ein Bollwerk gegen das protestantische Preußentum darstellte. Sp¨ater, w¨ahrend einer internationalen Verhandlung u¨ ber finanzielle Stillhalteabkommen auf sein Verh¨altnis zum Nationalsozialismus befragt, antwortete er, daß er immer zuerst Christ und erst danach Deutscher sei. Nach dem Abitur trat A. zun¨achst eine Banklehre im Privatbankhaus Louis David in Bonn an. Das nach der Lehre geplante Studium gab er auf und bewarb sich 1921 um eine Stelle im Bankhaus Delbr¨uck von der Heydt & Co. in K¨oln. Franz Koenigs, einer der Inhaber, gewann ihn f¨ur seine Amsterdamer Firma Rhodius Koenigs Handels Maatschappij, wo er von 1923 an im Devisengesch¨aft arbeitete. Auf Koenigs’ Anraten ging er 1925 f¨ur je ein halbes Jahr nach London, in die USA und nach Lateinamerika. In den USA kam er jedoch nicht bei einem Bankhaus unter, sondern beim Baumwollhandel in New Orleans. Auch in S¨udamerika gelang es ihm nicht, sich in einer Bank fester zu etablieren, so daß er abwechselnd in Brasilien, Uruguay und Argentinien arbeitete. Nach Abschluß dieser internationalen Wanderjahre kehrte er 1927 nach Amsterdam zu Rhodius Koenigs zur¨uck. Ein Jahr sp¨ater heiratete er Inez Schnitzler aus K¨oln. 1929 trat A. bei der Delbr¨uck Schickler und Co. in Berlin als Prokurist ein. Schon 1932 erhielt er Einzelprokura und wurde 1935 Teilhaber. Aufgrund seiner internationalen Erfahrung wurde er regelm¨aßig zu Verhandlungen mit ausl¨andischen Banken hinzugezogen. In der Weltwirtschaftskrise wurde A. der „Spezialist f¨ur Sorgenengagements“ des Hauses und eine unverzichtbare Kraft. Die Geschicklichkeit, die er in der Behandlung der angeschlagenen Kaufhauskonzerne Hertie und Karstadt an den Tag legte, trug ihm die Aufmerksamkeit der Berliner Bankwelt ein. Fr¨uhzeitig empfahl er, die Verbindung zur Nordwolle zu l¨osen, deren sp¨aterer Zusammenbruch eine Kettenreaktion ausl¨oste. Sein weiterer Aufstieg hing mit seiner Initiative zusammen, die Commerz- und Privatbank 1936 zu reprivatisieren, die in der Weltwirtschaftskrise vom Staat u¨ bernommen worden war. A.s Ziel, aus dem Sanierungsbesitz keinen Dauerbesitz werden zu lassen und dadurch den staatlichen Einfluß zur¨uck-
Abs zudr¨angen, wurde in Bankierskreisen geteilt. Die gegl¨uckte Transaktion festigte A.s Ruf; er wurde im Dezember 1936 in den Vorstand der Berliner Wertpapierb¨orse berufen. Zum 1. 1. 1937 wurde A. in den Vorstand der Deutschen Bank berufen. Bald stellte sich heraus, daß die neuen Aufgaben zunehmend einen politischen Charakter bekamen. Obgleich sich A. weigerte, der NSDAP beizutreten, wurde er sehr schnell mit der „Arisierung“ j¨udischer Banken betraut. A., der bei einem j¨udischen Bankier gelernt hatte, weltoffen und liberal eingestellt war, versuchte die Verfahren so glimpflich ¨ wie m¨oglich zu gestalten, hat sie jedoch, gegen seine Uberzeugung, durchgef¨uhrt, ebenso wie die politisch bedingten ¨ Ubernahmen ausl¨andischer Kreditinstitute in den folgenden Jahren. A. unterhielt regelm¨aßige Kontakte zu der Widerstandsgruppe „Kreisauer Kreis“ und versorgte sie mit Informationen. F¨ur den Fall, daß das Attentat auf → Hitler gl¨uckte, hatte er sich bereit erkl¨art, an den dann anstehenden Kapitulationsverhandlungen teilzunehmen. Zu einer aktiven Rolle innerhalb der Gruppe konnte er sich jedoch nicht entschließen. „Arisierung“ auf der einen, Hilfe f¨ur den Widerstand auf der anderen Seite, das war eine Gratwanderung, die unterschiedliche Bewertungen herausforderte. Nach dem Krieg wurde A. arretiert und mußte sich rechtfertigen. Der erwartete Angriff kam allerdings erst Jahre sp¨ater von dem Ostberliner Autor Eberhard Czichon. A. prozessierte und gewann, der Autor konnte seine Behauptungen nicht aufrechterhalten. Dabei kam A. nicht zuletzt eine ganze Reihe von Ehrenerkl¨arungen von Juden, u. a. von Mendelssohn und → L¨ob, zugute, deren Unternehmen unter A.s Aufsicht „arisiert“ worden waren. A. war kein Widerstandsk¨ampfer und hat sich auch nach dem Krieg nicht als solcher ausgegeben. Andererseits wurde A. nach dem Krieg sofort von der britischen und amerikanischen Administration in Finanzfragen konsultiert. Es wurde ihm angetragen, Pr¨asident der neugegr¨undeten Bank deutscher L¨ander, der sp¨ateren Bundesbank, zu werden. Seine Bedingungen hierf¨ur, u. a. ein Vetorecht bei o¨ ffentlichen Anleihen, wurden jedoch nicht akzeptiert. Daf¨ur wurde A. 1948 Vorstandssprecher der Kreditanstalt f¨ur den Wiederaufbau, die u¨ ber die Verwendung der Mittel der Marshallplanhilfe entschied. Auch auf die Entstehung des Instituts hatte er in Gespr¨achen mit der amerikanischen Administration Einfluß genommen. A. verfolgte mit der Kreditanstalt einen selbst¨andigen Kurs in struktur- und industriepolitischer Hinsicht. Er setzte sich z. B. mit seiner Linie, die Grundstoffindustrie gezielt zu f¨ordern, gegen den Wirtschaftsminister Ludwig → Erhard durch. A. war zum f¨uhrenden Bankier der Bundesrepublik Deutschland geworden. Neben Robert → Pferdmenges beriet er Konrad → Adenauer in finanziellen Dingen, dem er sich freundschaftlich verbunden f¨uhlte und der ihn 1951 mit den Verhandlungen u¨ ber Auslandsschulden Deutschlands in London betraute. Das Londoner Schuldenabkommen, nach dem die Bundesrepublik die Altschulden des Deutschen Reiches gegen die Zahlung von 14 Milliarden DM abl¨oste, wurde im Februar 1953 unterzeichnet. Bundesbankpr¨asident Wilhelm → Vocke intervenierte dagegen, weil es die „Leistungsf¨ahigkeit der Bundesrepublik u¨ berfordere und die Konvertibilit¨at der D-Mark in unabsehbare Ferne“ r¨ucke. A. hielt dagegen, daß das Abkommen kein Hindernis, sondern die Voraussetzung f¨ur die angestrebte Konvertibilit¨at sei, und er behielt recht. Seit den dreißiger Jahren hatte A. die Regulierung der Auslandsschulden nicht aus den Augen verloren. Sie lag ihm am Herzen, weil er in ihr die Kreditw¨urdigkeit des Landes verk¨orpert sah, die er als Voraussetzung f¨ur die Teilnahme am Weltmarkt begriff. Sie war, noch u¨ ber den Wiederaufbau der Deutschen Bank hinaus, sein gr¨oßter Erfolg. Obgleich A. konservativ war, hatte er ein positives Verh¨altnis zu den Gewerkschaften. Er bef¨urwortete die Montanmitbestimmung und wurde in f¨unf Unternehmen „Aufsichtsrats-
vorsitzender und Neutraler“, wof¨ur sowohl die Zustimmung der Gewerkschaft als auch die der Kapitalseite notwendig war. Nach 1945 wurden die Großbanken entflochten. Zusammen mit anderen Bankiers arbeitete A. f¨ur ihre Wiederzusammenf¨ugung. Als 1957 die Deutsche Bank wieder entstanden war, wurde A. ihr Sprecher und das Institut geradezu sein Instrument. Mit ihm verfolgte er seine Finanz- und Industriepolitik weiter. Die Hauptversammlungen der Aktion¨are waren seine Spezialit¨at. Er beherrschte sie souver¨an, obwohl er durchaus nicht immer die besten Argumente hatte. Seine Ausstrahlung und die „Pointierung seines Urteils“ u¨ berzeugten, sein „ironischer Gestus“ fegte Einspr¨uche beiseite. Als A. 1967 zum Aufsichtsratsvorsitz der Deutschen Bank wechselte, war das Bilanzvolumen des Instituts seit 1957 um das Zweieinhalbfache gewachsen. Dabei war A. bis zuletzt ein „Universalbankier alter Schule“ geblieben, der neuere Entwicklungen distanziert betrachtete; Direktinvestitionen von Banken sah er als „Unruhestifter im Gef¨uge der Korrespondenzbankbeziehungen“ an, und der entstehende Euromarkt war ihm „ein Greuel“. 1976 gab A. den Aufsichtsratsvorsitz ab und widmete sich vorwiegend der Kunst- und Kulturf¨orderung. Auch hier war er erfolgreich. Sein Wirken war jedoch nur noch bei besonderen Gelegenheiten, wie z. B. der Ersteigerung von Kunstsch¨atzen, so spektakul¨ar wie zu den Zeiten seines aktiven Berufslebens. WERKE: Zeitfragen der Geld- und Wirtschaftspolitik. Aus Vortr¨agen und Aufs¨atzen. Frankfurt / Main 1959. – Die rechtliche Problematik privater Auslandsinvestitionen. Karlsruhe 1969. – Lebensfragen der Wirtschaft. D¨usseldorf 21976. – Entscheidungen. 1949-1953. Die Entstehung des Londoner Schuldenabkommens. Mainz / M¨unchen 1991. LITERATUR: Bernd Baehring: H. J. A. Versuch eines Portraits. Frankfurt / Main 1981. – Manfred Pohl: H. J. A. Eine Bildbiographie. Mainz 1981. – Lothar Gall u. a.: Die Deutsche Bank 1870-1995. M¨unchen 1995. – Lothar Gall: A man for all seasons? H. J. A. im Dritten Reich. In: Zeitschrift f¨ur Unternehmensgeschichte 43 (1998) Heft 2, S. 123-175. – Harold James: Die Deutsche Bank im Dritten Reich. M¨unchen 2003. Harm G. Schr¨oter
Abs, Johann Christian Josef, P¨adagoge, * 26. 8. 1781 Wipperf¨urth, † 15. 4. 1823 K¨onigsberg. Von Franziskanern erzogen, legte A. 1798 unter dem Klosternamen Theodosius die M¨onchsgel¨ubde ab und wurde 1804 zum Priester geweiht. 1806-10 leitete er die Klosterschule Halberstadt, in der er zus¨atzlich zum schulischen Kanon F¨acher wie Gesundheitslehre und Vermessung unterrichtete. 1810 verließ er das Kloster, gr¨undete eine Pensionsanstalt f¨ur Knaben und M¨adchen, der eine Vorschule und eine Lehrerausbildung angeschlossen waren, und schloß sich den Lehren Johann Heinrich → Pestalozzis an (Darstellung meiner Anwendung der Pestalozzischen Bildungsmethode, 1811). 1813 trat er zur evang. Kirche u¨ ber. Seit 1815 leitete er das Land-Waisenhaus des F¨urstentums Halberstadt, dem er seine eigene p¨adagogische Anstalt angliederte, seit 1818 das kgl. Waisenhaus in K¨onigsberg.
Abs, Karl, Sportler, * 17. 9. 1851 Groß Godems, † 18. 2. 1895. A. gilt als Begr¨under des modernen Ringkampfes in Deutschland. Er trat 1874 in Hamburg erstmals hervor und war seit 1881 als professioneller Ringk¨ampfer aktiv. In den achtziger Jahren besiegte er die nationalen Meister vieler europ¨aischer und außereurop¨aischer L¨ander wie z. B. Tom Cannon (Großbritannien), Antonio Pierri (Italien), Doublier (Frankreich), Matsado Sorakichi (Japan) sowie den Weltmeister William Muldoon. Auch als Gewichtheber stellte A. Rekorde auf.
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Abschatz Abschatz, Hans Aßmann Frh. von, eigentl. Johann Erasmus, Hannß A. von A., Lyriker, * 4. 2. 1646 Breslau, † 22. 4. 1699 Liegnitz. Fr¨uh verwaist, studierte A. 1664-66 an den Universit¨aten Straßburg und Leiden Rechtswissenschaften und Sprachen. Nach einer dreij¨ahrigen Reise durch Europa u¨ bernahm er 1669 die Verwaltung der ererbten G¨uter. 1679 wurde er Landesbestellter des F¨urstentums Liegnitz und Abgeordneter bei den Breslauer F¨urstentagen. 1695 erhob ihn Kaiser → Leopold I. in den Freiherrenstand. Seinen Ruhm als ¨ Dichter begr¨undete seine Ubersetzung von Giovanni Battista Guarinis Il pastor fido (Der Teutsch-redende Sch¨affer); A. selbst schrieb geistliche und weltliche Gedichte (Anemons und Adonis Blumen). Eine Gesamtausgabe des mit Daniel Casper von → Lohenstein befreundeten Barockdichters besorgte Christian → Gryphius: Herrn Hanns Aßmanns ¨ Freyherrn von Abschatz [. . .] Poetische Ubersetzungen und Gedichte (1704). C Killy
Abshagen, Karl-Heinz (Gert Anton), Publizist, * 14. 6. 1895 Stralsund, † 18. 2. 1976 Schweinfurt. A. studierte in Hamburg Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft (Dr. jur. 1925 in Erlangen, Das Londoner Local Government in seiner heutigen Gestaltung und die Bestrebungen zu seiner Ausgestaltung) und arbeitete daneben als kaufm¨annischer Angestellter. Seit 1926 – zun¨achst in Berlin – journalistisch t¨atig, hielt er sich 1929-33 als Auslandskorrespondent deutscher Zeitungen in Paris, Br¨ussel und London auf. 1933-43 war er f¨ur die Agentur Europapress in London, Amsterdam, Madrid, Lissabon und Tokio t¨atig; bis 1946 lebte er als Reiseberichterstatter in China, Korea und der Mongolei (Im Lande Arimasen. Als Journalist im Fernen Osten 1941-1946, 1948). In den f¨unfziger Jahren war A. erneut in London Korrespondent verschiedener deutscher Zeitungen. An der Hochschule f¨ur Politische Wissenschaften in M¨unchen nahm er einen Lehrauftrag wahr und las vor allem u¨ ber das parlamentarische System und die Außenpolitik Großbritanniens. A. ver¨offentlichte neben verschiedenen Arbeiten zu Großbritannien Schriften zum „Dritten Reich“ (u. a. Schuld und Verh¨angnis. Ein Vierteljahrhundert deutsche Geschichte in Augenzeugenberichten, 1948). C DLL, 20. Jh. Abshagen, Robert, Versicherungsangestellter, Widerstandsk¨ampfer, * 12. 1. 1911 Hamburg, † 10. 7. 1944 Hamburg. A. durchlief eine kaufm¨annische Lehre und war zun¨achst f¨ur Versicherungen t¨atig. Sp¨ater wurde er Bauhelfer und Seemann und fand schließlich eine Anstellung bei einer Bank. Seit 1931 Mitglied der KPD, wurde A. seit 1933 wiederholt aus politischen Gr¨unden inhaftiert. Nach seiner Entlassung aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen 1939 schloß er sich der Widerstandsgruppe um Bernhard → B¨astlein an, die auf Werften und in Großbetrieben t¨atig war. Nach Aufdeckung der Gruppe wurde A. 1942 verhaftet und 1944 enthauptet. C Widerstand Absolon, Johann, Musiker, * 18. 7. 1747 Auscha (B¨ohmen), † 12. 10. 1810 St. Petersburg. A. besuchte die niederen Schulen in Prag und zeichnete sich im Chor der Kreuzherren durch seine Diskantstimme aus. Nach dem Stimmbruch erlernte er das Geigenspiel und wurde 1796 als Erster Violinist an die Hofkammerkapelle zu St. Petersburg berufen.
Absolon, Kurt, o¨ sterr. Maler, Graphiker, * 28. 2. 1925 Wien, † 26. 4. 1958 Wulkaprodersdorf (Burgenland). A. studierte 1945-49 an der Wiener Akademie der K¨unste u. a. bei Herbert → Boeckl und 1950 bei Albert Paris → G¨utersloh Wandmalerei. Er schuf Antikriegszyklen, baugebundene Kunst, Glasfenster und Gobelins. In seinem
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zeichnerischen Werk dominieren Stadtlandschaften (Zyklus Wiener Ansichten, 1955-57) und Darstellungen der Umgebung Wiens. Er bearbeitete auch literarisch-symbolische Themen (u. a. Angst, 1950; Sodom und Gomorrha, 1950). C AKL A. kam bei einem Autounfall ums Leben.
Abt, Anton, Pseud. Walther von M¨unich, kath. Theologe, Erz¨ahler, * 26. 12. 1841 Seelenberg / Nassau, † 16. 2. 1895 Limburg. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie in Mainz (1861-64) war A. in der Seelsorge t¨atig, wurde 1866 Subregens in Montabaur und 1867 Gymnasiallehrer. 1870 gr¨undete er in Oberlahnstein eine h¨ohere Privatschule; als nach deren Umwandlung in eine B¨urgerschule die Regierung A. nicht als Direktor anerkannte, ging er – ein Gegner der Kulturkampfgesetze – 1875 als Hausgeistlicher der Englischen Fr¨aulein nach Bukarest. 1882 kehrte er nach Deutschland zur¨uck, war Kaplan in Frankfurt / Main, 1884 Pfarrer in K¨onigstein und lebte seit 1885 als Domkapitular und Stadtpfarrer in Limburg. A. verfaßte Erbauungsliteratur und Erz¨ahlungen (u. a. Kein Wunder und doch ein Wunder, 1888) und war zuletzt Herausgeber des „Anzeigers f¨ur die katholische Geistlichkeit“. Abt, Ephraim Ludwig Gottfried, Bergbeamter, * 4. 1. 1752 Berlin, † 3. 5. 1819 Breslau. Nach einer kaufm¨annischen Lehre und dem Studium des Bergbauwesens wurde A., Sohn eines Kammergerichtskalkulators, das H¨uttenwesen im Bergbau des s¨achsischen Erzgebirges zugewiesen. 1780 kam er als Bergmeister nach Schlesien und wurde 1781 Assessor beim Oberbergamt Breslau, 1791 H¨uttenrat, 1804 Oberh¨uttenrat. Nach seinen Pl¨anen baute Johann Friedrich → Wedding auf der Gleiwitzer H¨utte einen Hochofen, in dem 1796 erstmals die Verh¨uttung von Eisenerz mit Steinkohlenkoks zu befriedigenden Ergebnissen f¨uhrte. A. ver¨offentlichte neben Berichten u¨ ber seine Versuche historische Arbeiten, u. a. die Beitr¨age zur Geschichte des Pulvers, des Gesch¨utzes und der Kugeln (1811). C NDB
Abt, Felicitas, geb. Knecht, Schauspielerin, * 18. 11. 1741 / 46 Biberach, † 16. 9. 1780 / 83 G¨ottingen. Die Tochter eines Biberacher Chirurgen lernte in ihrer Heimatstadt den Schauspieler Friedrich Abt (eigentl. Johann Daniel Dettenrieder) kennen, der unter der Leitung Christoph Martin → Wielands in der „Komediantengesellschaft“ auftrat. 1765 verließ sie heimlich die Stadt, um Abt zu heiraten, der sie in den darstellenden K¨unsten unterrichtete. A. spielte in den folgenden Jahren in verschiedenen St¨adten Deutschlands und der Niederlande. 1781 / 82 lebte sie zur¨uckgezogen in Biberach, folgte ihrem Mann dann erneut auf Tournee nach Pyrmont und G¨ottingen, wo sie an der Schwindsucht starb. A. war 1779 in Gotha als erste Frau Darstellerin des Hamlet. Abt, Franz (Wilhelm), Komponist, * 22. 12. 1819 Eilenburg (Sachsen), † 31. 3. 1885 Wiesbaden. Dem Wunsch des Vaters, eines Predigers, bei dem er ersten Musikunterricht erhielt, folgend, begann A. Theologie zu studieren, wandte sich nach dessen Tod 1838 jedoch der Musik zu. 1841 wurde er Musikdirektor am Hoftheater in Bernburg, folgte noch im selben Jahr dem Angebot Charlotte → Birch-Pfeiffers, die Stelle des Chorleiters an dem von ihr geleiteten Z¨urcher Aktientheater anzutreten. Seit 1844 leitete A. den S¨angerverein „Harmonie Z¨urich“ und den „C¨acilienverein“, 1846-50 auch den Stadts¨angerverein (sp¨ater M¨annerchor) Z¨urich. 1852 wechselte er als Vizehofkapellmeister nach Braunschweig, wo er von 1855 bis zur Pensionierung 1882 Hofkapellmeister war. A. komponierte
Abusch zahlreiche, zu seiner Zeit sehr beliebte Klavier- und Chorlieder im sp¨atbiedermeierlichen Stil, u. a. Wenn die Schwalben heimw¨arts zieh’n. C MGG
Abt, Gottlieb Christian, Publizist, * 17. 8. 1820 Dobel, † Dezember 1869 Stuttgart. Nach der Teilnahme an der Revolution von 1848 / 49 mußte A., ein Theologe und Philologe, nach Genf fliehen. Er kehrte nach Stuttgart zur¨uck, wo er 1856-61 als Schriftleiter arbeitete; zeitweise war er beim „Botschafter“ in Wien und bei der „Mittelrheinischen Zeitung“ in Wiesbaden t¨atig. In Frankfurt / Main gab er die unparteiische Zeitung „Die Kritik“ heraus, die er sp¨ater in Stuttgart weiterf¨uhrte. Anfangs vertrat A. sozialistische Ideen, n¨aherte sich dann aber den Großdeutschen. Er galt als scharfer Kritiker und schrieb u. a. Die Prinzipien des Liberalismus in den H¨anden der Advokaten (1865). C NDB Abt, Hans, schweizer. Jurist, * 7. 7. 1869 Basel, † 7. 3. 1939 Basel. A., Sohn eines Kaufmanns, studierte an den Universit¨aten Innsbruck, Freiburg (Schweiz), Straßburg und Basel Rechtswissenschaften (Promotion 1893), wurde Schreiber am Bezirksgericht in Arlesheim, 1896 dessen Pr¨asident. 1907-24 war er Pr¨asident des Zivilgerichtes in Basel, 1924-34 des Basler Appellationsgerichts. 1900-03 wirkte A. als Gemeindepr¨asident in Arlesheim und war 1914-36 Mitglied des Vormundschaftsrats Basel. 1910-36 stand er der Wiedervereinigungsbewegung beider Basel vor und arbeitete am Verfassungsentwurf f¨ur den Gesamtkanton mit. A. schrieb Essays und Wochenberichte f¨ur das „Basler Volksblatt“ und war Mitarbeiter der „Schweizerischen Rundschau“. Er vero¨ ffentlichte u. a. Erinnerungen eines alten Richters (1935). C Biogr Verstorb Schweiz, Bd 2 Abt, Heinrich Eugen, schweizer. Landwirt, * 21. 5. 1854 B¨unzen (Kt. Aargau), † 15. 11. 1937 B¨unzen. Mit 19 Jahren u¨ bernahm A. den elterlichen Hof, den er als modernen Musterbetrieb f¨uhrte. Er gr¨undete 1884 die erste landwirtschaftliche Genossenschaft des Aargaus und die Winterschule Brugg, deren erster Direktor er 1887-1906 war. 1890 forderte er eine Umgestaltung der Gesetzgebung im landwirtschaftlichen Besitzrecht, die sp¨ater durchgef¨uhrt wurde. A. war Redakteur mehrerer regionaler und nationaler Fachzeitschriften sowie Mitbegr¨under und Gesch¨aftsf¨uhrer (1897-1912) der Schweizerischen Braunviehzuchtgenossenschaften. 1901-33 geh¨orte er dem Vorstand des schweizerischen Bauernverbandes und dem Verwaltungsrat der Schweizer Bundesbahnen an; 1911-19 war er als freisinniger Abgeordneter Mitglied des Nationalrats. C Biogr Lex Aargau Abt, Johann Heinrich, H¨uttenmeister, * 21. 3. 1786 Breslau, † 14. 6. 1828 Paruschowitz. A., Sohn des Oberh¨uttenrats Ephraim Ludwig Gottfried → A., kam nach seiner Schulausbildung in Breslau 1806 nach Malapane (Oberschlesien), wo er sich umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet des Eisenh¨uttenwesens aneignete. 1816 erfolgte seine Versetzung nach Rybnik, wo er als Kgl. Oberh¨utteninspektor und H¨uttenamts-Dirigent wirkte. Seine F¨ahigkeiten erweiterte A. durch zahlreiche Informationsreisen im In- und Ausland, nicht zuletzt in England. Die beiden Aufgaben, die er sich gestellt hatte, um die oberschlesische Eisenindustrie wettbewerbsf¨ahig zu machen, waren die Verfeinerung des Roheisens mit Hilfe von Koks sowie die Umformung des dadurch gewonnenen Produkts zu handels¨ublichem Stabeisen nicht mehr mit Hilfe von H¨ammern, sondern von Walzen.
Abt, Roman, schweizer. Ingenieur, * 17. 7. 1850 B¨unzen (Kt. Aargau), † 1. 5. 1933 Luzern. A., Sohn eines Strohindustriellen, war nach dem Maschinenbaustudium 1869-72 am Polytechnikum Z¨urich bis 1875 Konstrukteur der Schweizerischen Zentralbahn in Olten, bis 1879 bei der Maschinenfabrik Aarau. Er arbeitete zwei Jahre als Kontrollingenieur im schweizer. Eisenbahndepartement Bern, danach als Oberingenieur f¨ur Wasserbauten eines Pariser Unternehmens. 1882 erfand er die nach ihm benannte Lamellen-Zahnstange mit verschr¨ankter Zahnstellung und konstruierte seit 1885 als selbst¨andiger Unternehmer zahlreiche Zahnrad- und Seilbahnen. Bis 1930 baute A., der Pr¨asident der Gotthardbahngesellschaft war, in f¨unf Kontinenten 72 Bergbahnen verschiedener Spurbreiten, die Steigungen bis zu 26 Prozent bew¨altigten. C Biogr Lex Aargau Abt, Siegfried, Jurist, * 9. 11. 1844, † 30. 9. 1884 Bern. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg und Z¨urich legt A., Sohn eines Großrats und Strohindustriellen, 1868 das F¨ursprecherexamen im Aargau ab und wurde zum Gerichtsschreiber in Muri (Kt. Aargau) bestellt, wo er auch Berzirksschulpfleger wurde. Er ging 1873 als Gerichtsschreiber an das Bezirksgericht nach Aarau und ver¨offentlichte dort 1874 die Schrift Der Aufruhr im Freiamt vom Januar 1841. In diesem Jahr wurde A. Rechtskonsulent und Sekret¨ar der Internationalen Bergbahn-Baugesellschaft, nach deren Aufl¨osung Substitut und Kriminalgerichtsschreiber am aargauischen Obergericht. Seit 1877 war er daneben Inlandredakteur einiger Periodika, vor allem der „Neuen Z¨urcher Zeitung“. 1879 wurde er erster Sekret¨ar des Eidgen¨ossischen Departements des Inneren in Bern. Unter Bundesrat Carl → Schenk war A. maßgeblich am Entwurf zum zentralistischen eidgen¨ossischen Schulgesetz (1882) beteiligt. Er war wiederholt als Diplomat im Ausland t¨atig. C Biogr Lex Aargau Abusch, Alexander, Pseud. Ernst Bayer, Henri, Walter Meier, Ernst Reinhardt, Alexander S¨uskind, Publizist, Politiker, * 14. 2. 1902 Krakau, † 27. 1. 1982 Berlin. A., Sohn eines Kutschers und sp¨ateren H¨andlers, lebte nach einer kaufm¨annischen Lehre (1916-19) vor¨ubergehend als Angestellter in N¨urnberg. 1918 wurde er Mitglied der Freien Sozialistischen Jugend, 1919 der KPD. 1919-21 war er Mitarbeiter der „Nordbayerischen Volkszeitung“ in N¨urnberg, 1921-23 Redakteur und 1923 Chefredakteur der „Bayerischen Arbeiterzeitung“ in Augsburg. 1923 in zwei Hochverratsverfahren wegen Enth¨ullungen u¨ ber geheime R¨ustungen verwickelt, floh A. nach Th¨uringen und arbeitete am KP-Organ „Neue Zeitung“ in Jena mit, deren Chefredakteur er 1924 wurde. 1924-26 geh¨orte er dem Zentralausschuß der KPD an. 1926 / 27 und 1930-32 war A. Redakteur (vor¨ubergehend Chefredakteur) der „Roten Fahne“ in Berlin, 1928-30 und 1932 / 33 Chefredakteur des „Ruhr-Echo“ in Essen. 1933 emigrierte er nach Paris und arbeitete am Braunbuch u¨ ber Reichstagsbrand und Hitler-Terror (2 Bde., 1933 / 34) mit. Er war Chefredakteur der Wochenzeitung „Der Gegen-Angriff“ und 1933 / 34 der Zeitschrift „Unsere Zeit“. 1934 wurde er leitender Redakteur der „ArbeiterZeitung“ in Saarbr¨ucken. 1935-39 war A. Mitarbeiter des Politb¨uros der KPD und Chefredakteur der Zeitung „Die Rote Fahne“, zun¨achst in Prag, seit 1937 in Paris. Nach Kriegsausbruch interniert, geh¨orte er 1939 / 40 der illegalen KPDLeitung in Paris an und war Hauptmitarbeiter der „Deutschen Volkszeitung“. Anfang M¨arz 1940 erneut interniert, war A. nach der Flucht 1940 / 41 Mitglied der neugegr¨undeten KPD-Leitung Toulouse. 1941 emigrierte er nach Mexiko und wurde dort 1942 Chefredakteur der Zeitschrift „Freies Deutschland“. Er war Mitbegr¨under der Bewegung Freies Deutschland in Mexiko und Hauptmitarbeiter der „Demokratischen Post“. 1946-51 war A. Sekret¨ar und 1949 Vizepr¨asi-
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Accum dent des Kulturbunds, 1946 Chefredakteur der „Weltb¨uhne“ und 1947-50 Mitglied des Parteivorstands der SED und des Deutschen Volksrats. 1949 / 50 geh¨orte er der Provisorischen Volkskammer an und hatte den Vorsitz der Kulturbundfraktion inne. Im Juli 1950 im Zusammenhang mit der Noel-H.Field-Aff¨are aller Funktionen enthoben, war A. seit Sommer 1951 wieder kulturpolitisch t¨atig. Er wurde Mitglied des Pr¨asidialrats des Kulturbunds, 1952 des Vorstands des Deutschen Schriftstellerverbands und 1953 Mitarbeiter der Abteilung Kultur des Zentralkomitees der SED, zust¨andig f¨ur das Verlagswesen. Seit Mai 1951 war er als „Geheimer Informator“ f¨ur das Ministerium f¨ur Staatssicherheit t¨atig, aus dessen Diensten er im Oktober 1956 entlassen wurde. 1956-58 war er Staatssekret¨ar im Ministerium f¨ur Kultur. 1957 wurde er kooptiertes Mitglied des Zentralkomitees der SED, dem er bis zu seinem Tod angeh¨orte, und 1958 Mitglied der Volkskammer der DDR. Als Minister f¨ur Kultur (1958-61) und Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrats, zust¨andig f¨ur Kultur und Erziehung (1961-71), war A. einer der f¨uhrenden Bildungspolitiker der DDR. 1964 wurde er Pr¨asident der Shakespeare-Gesellschaft der DDR, 1972 Vizepr¨asident und 1975 Ehrenpr¨asident des Kulturbunds. Neben seiner T¨atigkeit als politischer Redakteur publizierte A. historische Aufs¨atze, Reportagen, Literatur-, Theater- und Filmkritiken, agitatorische Gedichte und „operative“ Prosa, darunter die Erz¨ahlung Der Kampf vor den Fabriken (1926). Er ver¨offentlichte ferner Der Irrweg einer Nation. Ein Beitrag zum Verst¨andnis deutscher Geschichte (1945, Neuausg. 1946, 8., neu durchgesehene und erw. Aufl. 1960) Restauration oder Renaissance. Eine Frage an den deutschen Geist (1954), Schiller – Gr¨oße und Tragik eines deutschen Genius (1955, 81984) und Entscheidung unseres Jahrhunderts (1977). A. betreute die „Bibliothek fortschrittlicher deutscher Schriftsteller“ im Aufbau-Verlag und die sechsb¨andige → Schiller-Ausgabe (1954 / 55, 21959). Seine Memoiren erschienen in zwei B¨anden (Der Deckname, 1981; Mit offenem Visier, 1986). C DDR
Accum, Friedrich (Christian), Chemiker, * 29. 3. 1769 B¨uckeburg, † 28. 6. 1838 Berlin. A., Sohn eines konvertierten Juden und einer Hugenottin, begab sich nach dem Studium als Mitarbeiter einer Apothekenfirma 1793 nach London, wo er sich mit einer Engl¨anderin verheiratete und zu f¨uhrenden Chemikern des Landes Kontakte kn¨upfte. 1800 richtete er ein eigenes Labor ein, machte technologische und andere praktische Erfindungen und hielt seit 1820 Vorlesungen u¨ ber Chemie und Mineralogie. Ein Prozeß wegen angeblicher B¨ucherzerst¨orungen in der Royal Institution ließ ihn nach Deutschland zur¨uckkehren und eine Professorenstelle f¨ur Chemie und Mineralogie am K¨oniglichen Gewerbeinstitut sowie danach auch f¨ur Physik an der K¨oniglichen Bauakademie antreten. A. steht beispielhaft f¨ur eine zu seiner Zeit neue Verbindung von Theorie, Praxis, Technik und Wirtschaft. Seine Ver¨offentlichungen erschienen in englischer und deutscher Sprache und wurden dar¨uber hinaus in andere Sprachen u¨ bersetzt, wie er selbst umgekehrt wissenschaftliche Publikationen in die englische Sprache u¨ bersetzte und u¨ ber Neuerscheinungen referierte. A. wurde als Mitglied in die Royal Irish Academy und die Linnean Society aufgenommen; er war zudem korrespondierendes Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften. C DSB Ach, Narziß (Kaspar), Psychologe, * 19. 10. 1871 Ermershausen (heute zu Maroldsweisach), † 25. 7. 1946 M¨unchen. A., Sohn eines Arztes, studierte in W¨urzburg, Heidelberg und Straßburg Medizin und Psychologie, wurde 1895 zum Dr. med. promoviert (Beitrag zur Aetiologie des Keuchhustens) und arbeitete zwei Jahre als Schiffsarzt des Norddeutschen Lloyd. 1900 zum Dr. phil. promoviert (Ueber die
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Beeinflussung der Auffassungsf¨ahigkeit durch einige Arzneimittel), wurde er Privatdozent in G¨ottingen, 1904 in Marburg, 1906 in Berlin und folgte 1907 einem Ruf als o. Prof. nach K¨onigsberg, 1922 nach G¨ottingen. A. bediente sich bei seinen Forschungen der Methoden der Introspektion und der systematischen Befragung; er untersuchte Willenshandlungen und Motivation. In seiner Denkpsychologie stand er der W¨urzburger Schule seines Lehrers Oswald → K¨ulpe nahe. Das nach ihm benannte Ach-D¨ukersche-Gesetz der speziellen Determination besagt, daß Gewolltes um so rascher und sicherer verwirklicht wird, je spezieller der Vor¨ satz ist. A. ver¨offentlichte u. a. Uber die Willenst¨atigkeit und das Denken. Eine experimentelle Untersuchung (1905), ¨ Uber den Willensakt und das Temperament. Eine experimen¨ telle Untersuchung (1910), Uber die Begriffsbildung. Eine ¨ experimentelle Untersuchung (1921), Uber die Determinationspsychologie und ihre Bedeutung f¨ur das F¨uhrerproblem (1933) und Analyse des Willens (1935). Er war Herausgeber der „Untersuchungen zur Psychologie und Philosophie“ (61 Hefte in 14 B¨anden, 1910-39; ab Bd. 3: „Untersuchungen zur Psychologie, Philosophie und P¨adagogik“). A. wurde 1941 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. C NDB
Achard, Franz (Carl), Chemiker, Zuckerfabrikant, * 20. 4. 1753 Berlin, † 1821 Cunern (Schlesien). Der einer angesehenen Hugenottenfamilie entstammende A. kam nach dem Tod seines Vaters Guillaume A., der Pfarrer der franz¨osischen Gemeinde gewesen war, in die Obhut seiner wohlhabenden Großonkel Antoine und Fran¸cois A., die beide der Preußischen Akademie der Wissenschaften an¨ geh¨orten. Uber A.s Schulbildung ist nichts bekannt, ein Studium nicht belegt; er gilt als Autodidakt. 1774 wurde er Ehrenmitglied der Berlinischen Gesellschaft der Naturforschenden Freunde und erhielt dadurch Kontakt zu f¨uhrenden Gelehrten der Zeit. So lernte er den Apotheker und Leiter des chemischen Laboratoriums der Berliner Akademie, Andreas Sigismund → Marggraf, kennen. 1776 ernannte ihn → Friedrich II. zum Mitglied der Akademie ohne Besoldung. A. besch¨aftigte sich zu dieser Zeit u. a. mit der Herstellung von Mineralwasser, dem schlesischen Chrysophras, quarzhaltigen Mineralien und der Experimentalphysik. 1780 erhielt er einen Auftrag von Friedrich II., Forschungen zur Verbesserung der Tabakkultur zu unternehmen. Nach erfolgreichen Versuchen mit unterschiedlichen Tabaksorten erhielt A. eine lebenslange Pr¨amie von j¨ahrlich 500 Talern. Er forschte aus eigenem Antrieb weiter und untersuchte vor allem asiatische Tabaksorten. 1782 wurde er als Nachfolger Marggrafs Direktor der Physikalischen Klasse der Akademie. Zur gleichen Zeit kaufte er ein Gut in Kaulsdorf bei Berlin zum Anbau verschiedener zuckerhaltiger Pflanzen. Er stellte Farben her, hielt o¨ ffentliche Vorlesungen u¨ ber dieses Gebiet und befaßte sich mit der elektrischen Gleitf¨ahigkeit verschiedener Glassorten. Bis zu Beginn der neunziger Jahre des 18. Jh. galt seine Besch¨aftigung u¨ berwiegend chemischen und physikalischen Problemen; danach widmete er sich zunehmend der Erforschung botanischer Fragen. 1799 f¨uhrte A. in der Magdeburger B¨orde einen erfolgreichen Großversuch zur Zuckergewinnung durch. Publikationen verschiedener Autoren machten A.s Ergebnisse in Europa bekannt; er selbst ver¨offentlichte die Ausf¨uhrliche Beschreibung der Methode, nach welcher bei der Kultur der Runkelr¨ube verfahren werden muß, um ihren
Achelis Zuckerstoff nach M¨oglichkeit zu vermehren [. . .]. Im Herbst desselben Jahres fand ein zweiter Großversuch zur Herstellung von R¨ubenzucker im Laboratorium der Akademie statt. Die Ergebnisse fanden weder die ungeteilte Zustimmung des K¨onigs noch der Fabrikanten. 1801 erwarb A. das Rittergut Ober- und Nieder-Cunern bei Wohlau und baute Fabrikationsanlagen f¨ur die Zuckergewinnung aus Runkelr¨uben; seine ohnehin angespannte finanzielle Lage verschlechterte sich weiter. 1802 konnte nur noch das Eingreifen → Friedrich Wilhelms III. den Schuldarrest A.s verhindern. 1807 zerst¨orte ein Feuer die Fabrikanlage und weitere H¨auser in Cunern vollst¨andig. Der Wiederaufbau der Fabrikanlagen wurde erst durch einen Schuldenerlaß durch Friedrich Wilhelm III. m¨oglich. A. bekam die Auflage, auf Cunern eine Lehranstalt zu betreiben. Nachdem die Kontinentalsperre aufgehoben war, konnte der preisg¨unstigere Rohrzucker wieder ungehindert eingef¨uhrt werden, und die preuß. Regierung entzog der jungen R¨ubenzuckerproduktion die weitere Unterst¨utzung. A., der in den letzten Jahren seines Lebens k¨orperlich immer weniger in der Lage war, die R¨ubenzuckerfabrikation zu betreiben, starb verarmt und vergessen. WERKE: Chymisch-physische Schriften. Berlin 1780. – Vorlesungen u¨ ber Experimentalphysik. 4 Bde., Berlin 1790-92. – Kurzer Unterricht zum Anbau der Runkel-R¨uben, um daraus Zucker zu gewinnen. Breslau 1799 (auch in polnischer Sprache). – Zur allgemeinen Beherzigung und Nachahmung f¨ur Deutschland u¨ ber den Wert und Nutzen der Runkelr¨uben. Glogau 1800. – Anleitung zum Anbau der zur Zuckerfabrication anwendbaren Runkelr¨uben und zur vorteilhaften Gewinnung des Zuckers aus denselben. Breslau 1803. – Die europ¨aische Zuckerfabrication aus Runkelr¨uben, in Verbindung mit der Bereitung des Branntweins, des Rums, des Essigs und eines Caffee-Surrogats aus ihren Abf¨allen, beschrieben und mit Kupfern erl¨autert durch ihren Urheber . . . 3 Tle., Leipzig 1809, 21812. LITERATUR: Hubert Olbrich: Schlesien in der ersten H¨alfte des 19. Jahrhunderts unter Ber¨ucksichtigung der Bedeutung f¨ur F. C. A. D¨usseldorf 1998. – Hans-Heinrich M¨uller: F. C. A., 1753-1821. Berlin 2002. Ruth Federspiel
Achelis, Eduard (Alfred), Kaufmann, * 3. 5. 1864 Bremen, † 28. 8. 1939 Bremen. Nach dem Abitur (1883) erlernte der Sohn von Johannes → A. in Bremen den Kaufmannsberuf, hielt sich 1887-89 zur Fortbildung in den USA auf und trat 1890 als Prokurist in die v¨aterliche Tabakgroßhandlung ein, deren Teilhaber er zwei Jahre sp¨ater wurde. A. war 1905-24 in der Bremer B¨urgerschaft und geh¨orte dort verschiedenen Deputationen und Aussch¨ussen an. Er war Mitglied (seit 1908), Vizepr¨ases (1914 / 15) und Pr¨ases (1916) der Bremer Handelskammer, die er 1913-32 am Deutschen Industrie- und Handelstag (Vorstand 1922) vertrat. 1905-08 wirkte er als Handelsrichter. 1916-33 leitete er die Abteilung Bremen der Deutschen Kolonialgesellschaft und propagierte die R¨uckgabe der deutschen Kolonien in Afrika und der S¨udsee. C Brem Bio 2
Achelis, Ernst Christian, reformierter Theologe, * 13. 1. 1838 Bremen, † 14. 4. 1912 Marburg / Lahn. Im Anschluß an ein Theologiestudium in Heidelberg u. a. bei Richard → Rothe (1857-59) und in Halle (1860) wurde A. Hilfsprediger in Arsten und gr¨undete 1862 auf Initiative eines Vereins in Hastedt bei Bremen eine Gemeinde, deren erster Pfarrer er 1868 wurde; 1875 war er Pfarrer in Unterbarmen / Wuppertal. 1882-1911 lehrte A. praktische Theologie an der Univ. Marburg. Er verfaßte u. a. ein verbreitetes Lehrbuch f¨ur praktische Theologie (2 Bde., 1890 / 91). A. war der Vater von Hans → A. C Brem Bio 2
Achelis, Hans, evang. Theologe, * 16. 3. 1865 Hastedt (heute zu Bremen), † 23. 2. 1937 Leipzig. Der Sohn von Ernst Christian → A. studierte seit 1883 in Marburg, Erlangen und Berlin Theologie und Philologie (Promotion 1887, Das Symbol des Fisches und die Fischdenkm¨aler der r¨omischen Katakomben). 1890 / 91 hielt er sich als Stipendiat in Rom auf, wurde 1893 Lic. theol. in G¨ottingen und habilitierte sich im selben Jahr f¨ur Kirchengeschichte und christliche Arch¨aologie. 1901 ging er als a. o. Prof. der neutestamentlichen Exegese nach K¨onigsberg und wechselte 1907 nach Halle, wo er seit 1913 Ordinarius f¨ur Kirchengeschichte war. Nach zweij¨ahriger Lehrt¨atigkeit in Bonn (1916-18) wurde er Nachfolger Albert → Haucks in Leipzig. 1932 / 33 war er Rektor der Universit¨at. A. wurde 1926 ordentliches Mitglied der S¨achsischen Akademie der Wissenschaften. Sein Forschungsgebiet umfaßte fr¨uhchristliche Geschichte, Kunst und Hagiographie (u. a. Die Katakomben von Neapel, 1936). C RGG
Achelis, Johann Daniel, Physiologe, * 7. 6. 1898
¨ G¨ottingen, † 21. 9. 1963 w¨ahrend der Uberfahrt in die USA. Der Sohn von Hans → A. studierte seit 1915 Medizin in Bonn und Leipzig, wo er 1922 promoviert wurde (Pflanzt sich der Erregungsvorgang in einer gleichm¨aßig narkotisierten Nervenstrecke mit einer konstanten Geschwindigkeit fort?) und sich 1926 habilitierte (Geruchsstudien). 1930 ging er als a. o. Prof. an die Univ. Berlin, war 1933 / 34 Ministerialrat im preuß. Ministerium f¨ur Wissenschaft, Kunst und Volksbildung und lehrte 1934-45 als o. Prof. an der Univ. Heidelberg. 1933 trat er in die NSDAP ein. 1935 wurde A. ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften; von 1945 bis zur formellen Neuwahl 1952 ruhte die Mitgliedschaft. Seit 1941 war A. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, 1942-45 Dekan der Medizinischen Fakult¨at der Univ. Heidelberg. Seit 1950 baute er die Forschungsabteilung von C. F. Boehringer in Mannheim auf. A. besch¨aftigte sich vor allem mit der Rolle des Gehirns in der Verarbeitung von Nachrichten und der Beeinflußung vegetativer Prozesse sowie insbesondere mit dem Schmerz. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren u. a. ¨ Philosophische Grenzfragen der Medizin (1930) und Uber die Syphilisschriften Theophrasts von Hohenheim (1938). A. gab Volumen Paramirum (1928) von → Paracelsus und Anthropologische und naturwissenschaftliche Grundlagen der Pharmako-Psychiatrie (1961) heraus. C Jb HAW 1963 / 64
Achelis, Johannes (Christoph), Kaufmann, * 24. 7. 1836 Bremen, † 18. 11. 1913 Bremen. Seine kaufm¨annische Ausbildung vervollkommnete A. seit 1856 in den USA und in Rußland und trat 1859 in die v¨aterliche Tabakgroßhandlung ein, deren Teilhaber er 1861 wurde. Er war Mitbegr¨under und Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Dampfschiffahrts-Gesellschaft „Hansa“. 1869 folgte er seinem Vater im Amt des russischen Vizekonsuls nach und geh¨orte seit 1872 der Bremer B¨urgerschaft an, wo er f¨uhrend an der Handels- und Schiffahrtspolitik der Hansestadt beteiligt war. A. war seit 1875 Mitglied der Bremer Handelskammer und 1891-1907 Senator. Er gr¨undete und leitete die Bremer Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft. V. war der Vater von Eduard → A. C Brem Bio 2
Achelis, Thomas Ludwig Bernhard, Lehrer, * 17. 6. 1850 Gr¨opelingen bei Bremen, † 17. 6. 1909 Capri. Mit Unterbrechung durch Kriegsdienst studierte A. in G¨ottingen Philosophie und klassische Philologie (Promotion 1873). Er unterrichtete zuerst an einer Bremer Vorschule, im folgenden Jahr an einer Hauptschule, 1878-1905 schließlich
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Achenbach am Gymnasium. Als Direktor leitete er das Neue Gymnasium Bremen und war Mitglied der Lehrerpr¨ufungskommission. A. war Herausgeber des von ihm mitbegr¨undeten „Archivs f¨ur Religionswissenschaft“ (1898-1904) und verfaßte popul¨arwissenschaftliche Schriften wie Die Wandlungen der P¨adagogik im 19. Jahrhundert (1901). C NDB
Achenbach, Adolf, Bergbeamter, * 5. 1. 1825 Saarbr¨ucken, † 13. 6. 1903 Berlin. Nach dem Studium des Bergbaus in Bonn und Berlin stellte A., dessen Vater Bergamtsrendant war, geologische Forschungen in den Hohenzollernschen Landen an; 1854 war er Berggeschworener und kommissarischer Verwalter des Bergreviers Unkel. 1859-61 verwaltete er als Bergassessor das Revier Burbach bei Aachen, wurde dann an das Oberbergamt Bonn berufen, 1865 zum Oberbergrat ernannt und nach Dortmund versetzt. Seit 1869 war A. Vorsitzender der Bergwerksdirektion in Saarbr¨ucken, von 1870 an Geheimer Bergrat. 1878-1900 lebte er als Berghauptmann und Direktor am Oberbergamt in Clausthal. Es gelang ihm, die aufgrund gesunkener Weltmarktpreise entstandenen Verluste durch Rationalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen aufzufangen. Als Kuratoriumsvorsitzender der Clausthaler vereinigten Bergschule und Bergakademie schuf A. f¨unf neue Lehrst¨uhle; er veranlaßte eine Reform des Knappschaftswesens. C Leb Nassau, Bd 6 Achenbach, Adolf von, Beamter, * 11. 5. 1866 Berlin, † 19. 8. 1951 Saltsj¨abaden bei Stockholm. A., Sohn eines hohen Reichsbeamten und zeitweiligen preuß. Handelsministers, studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Berlin und Kiel und wurde an der Univ. Leipzig promoviert. Danach Regierungsassessor, seit 1907 Regierungsrat im Landkreis Teltow, war er dort 1908-31 Landrat. Neben der umsichtigen Verwaltung des Landkreises erwarb sich A. Verdienste um die Vertretung der Interessen der Kreise auf Reichsebene. Auf seine Initiative geht die Gr¨undung des Preußischen Landkreistags 1916 zur¨uck, der 1923 zum Deutschen Landkreistag ausgeweitet wurde, dessen Vorsitzender A. bis 1933 vollamtlich, danach ehrenhalber war. C Verwaltung
Achenbach, Andreas, Maler, * 29. 9. 1815 Kassel, † 1. 4. 1910 D¨usseldorf. Seit 1827 studierte A., Bruder und Lehrer von Oswald → A., an der Kunstakademie D¨usseldorf bei Heinrich Christoph → Kolbe und Johann Wilhelm → Schirmer und unternahm Studienreisen nach Nordeuropa. Seit 1835 war er an der M¨unchner Akademie Sch¨uler Louis → Gurlitts. Bedeutsam f¨ur die Ausbildung seines k¨unstlerischen Stils waren A.s Auslandsreisen, vor allem in die Niederlande, nach Norwegen, Schweden, Rußland, Frankreich, Großbritannien und Italien. Seit 1839 hatte er seinen Wohnsitz in D¨usseldorf. Er war Mitglied der Akademien der K¨unste in Berlin, M¨unchen, Wien und Mailand und 1859 Prof. in D¨usseldorf. A. malte haupts¨achlich naturgetreue, bewegte Landschaften, Seest¨ucke, Strand- und K¨ustenbilder (u. a. Seesturm an felsiger K¨uste, 1837; Norwegische Gebirgslandschaft, 1840; Große sizilianische Landschaft, 1843 / 44; Schiffe im Sturm, 1854; Westf¨alische M¨uhle, 1863; Im Hafen von Ostende, 1866), die der damals vorherrschenden klassizistisch-historisierenden Landschaftsauffassung entgegenstanden. Haupts¨achlich durch K¨unstler wie Jacob von Ruisdael und seine Reisen in skandinavische L¨ander beeinflußt, wurde die menschliche Ohnmacht gegen¨uber den Kr¨aften der Natur zu seinem Hauptthema. A.s etwa 1000 Arbeiten umfassendes Werk enth¨alt auch Aquarelle, Zeichnungen und Druckgraphiken sowie politische Karikaturen aus der Zeit um 1848. C AKL
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Achenbach, Benno von, Sportler, * 24. 7. 1861 D¨usseldorf, † 15. 10. 1936 Berlin. Auf Reisen durch Frankreich, Großbritannien und Amerika erwarb A., Sohn des Malers Oswald → A., Kenntnisse u¨ ber die Fahrtechnik mit Pferdewagen. Die sogenannte Achenbach-Leine nach englischem Vorbild erm¨oglichte einen Temperamentsausgleich der Pferde und damit eine gleichm¨aßigere Arbeitsleistung. A.s Erkenntnisse im Fahrund Anspannungswesen setzten sich nach seiner Berufung in den Kaiserlichen Marstall 1906 in ganz Deutschland durch und wurden seit 1920 auch in den Kavallerien der Schweiz, der T¨urkei, Schwedens und anderer L¨ander umgesetzt. A. malte Motive aus dem Pferdesport und illustrierte seine eigenen Ver¨offentlichungen, z. B. Anspannen und Fahren (51925). C NDB Achenbach, Ernst, Jurist, Diplomat, Politiker, * 9. 4. 1909 Siegen, † 2. 12. 1991 Essen. A., Sohn eines Oberstudiendirektors, studierte Rechtswissenschaft in Paris, Berlin, Hamburg und Bonn und wurde 1933 mit der Arbeit Der briefliche und telegraphische Vertrag im vergleichenden und internationalen Privatrecht (ver¨offentlicht 1934) promoviert. 1936-44 war er Beamter im Ausw¨artigen Dienst in Berlin und 1940-43 Leiter der Politischen Abteilung der Deutschen Botschaft im besetzten Paris. 1944 als Gesandtschaftsrat in den Ruhestand versetzt, war er bis Kriegsende Soldat und floh Ende 1945 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Als Rechtsanwalt in Essen (seit 1946) verteidigte er bei den N¨urnberger Kriegsverbrecherprozessen Angeklagte der IG Farben und des Ausw¨artigen Amtes. 1950-58 geh¨orte A. f¨ur die FDP dem Landtag von Nordrhein-Westfalen, 1957-76 dem Deutschen Bundestag und 1972-76 dem Europ¨aischen Parlament an. Danach arbeitete er als Anwalt und Notar. A. ver¨offentlichte u. a. Redliche Bem¨uhungen um Frieden und Wiedervereinigung. Außenpolitische Reden und Aufs¨atze (1961). C MdB Achenbach, Heinrich von, Staatsmann, * 23. 11. 1829 Saarbr¨ucken, † 9. 7. 1899 Potsdam. A. studierte Rechtswissenschaft (Promotion 1855, De veteri civium Siegenensium statuto), habilitierte sich 1859 f¨ur Deutsches Recht und wurde 1860 a. o. Prof. an der Univ. Bonn. Im selben Jahr gr¨undete er mit Hermann → Brassert die „Zeitschrift f¨ur Bergrecht“. Seit 1866 war er im preuß. Handelsministerium t¨atig, Mitglied des Abgeordnetenhauses und beteiligte sich an der Gr¨undung der Freisinnigen Partei. 1870 wurde A. in das Reichskanzleramt berufen, wo er den Ausbau der freiwilligen Krankenpflege w¨ahrend des Kriegs 1870 / 71 verantwortete. Seit 1872 war er als Unterstaatssekret¨ar im Kultusministerium f¨uhrend an der Kulturkampfgesetzgebung beteiligt und als preuß. Handelsminister (seit 1873) f¨ur die Neuregelung des Patentwesens, der Sozialgesetzgebung und f¨ur den Ausbau der Eisenbahnen zust¨andig. Als Otto von → Bismarck 1877 / 78 die Schutzzollpolitik einleitete, trat A. zur¨uck und wurde Oberpr¨asident von Westpreußen, 1879 von Brandenburg. C Leb Westfalen, Bd 3 Achenbach, Oswald, Maler, * 2. 2. 1827 D¨usseldorf, † 1. 2. 1905 D¨usseldorf. Seit 1840 widmete sich A., Sch¨uler seines Bruders Andreas → A. und des Landschaftsmalers Johann Wilhelm → Schirmer an der Akademie in D¨usseldorf, dem Studium der Natur. Auch seine ausgedehnten Reisen, vor allem in Bayern, Italien und der Schweiz, aber auch in Belgien und den Niederlanden, pr¨agten seine Natur- und Landschaftswahrnehmung. Auf seiner ersten Romreise 1850 schloß er sich Arnold → B¨ocklin und Heinrich → Dreber an. 1857 reiste A. erstmals nach Capri und Neapel. 1863-72 war er Prof. der Landschaftsmalerei an der Kunstakademie D¨usseldorf.
Acht Neben der rheinischen Landschaft bezog A. seine Motive haupts¨achlich aus der r¨omischen Campagna und aus S¨uditalien (u. a. Am Strande von Neapel). Er stattete seine Landschaften mit Architekturdarstellungen und idealisierten Figuren aus der italienischen Volkskultur aus. Zukunftsweisend wurden seine mit der Zeit heller werdende Farbgebung und die immer intensiver eingesetzten Lichteffekte, die ihn zum fr¨uhen Wegbereiter des deutschen Impressionismus machten. C AKL
Achenwall, Gottfried, Historiker, Jurist, * 20. 10. 1719 Elbing, † 1. 5. 1772 G¨ottingen. A., Sohn eines aus Schottland eingewanderten Kaufmanns, studierte Philosophie, Mathematik und Physik an der Univ. Jena, seit 1740 Rechts- und Staatswissenschaften und Geschichte an der Univ. Halle und war seit 1742 als Hofmeister in Dresden t¨atig. Nach dem Erwerb der Magisterw¨urde 1746 in Leipzig war er bis 1748 Dozent in Marburg, 1748-53 a. o. Prof., zuerst der Philosophie, dann der Rechte in G¨ottingen; 1753 wurde er zum Ordinarius f¨ur Philosophie, 1761 f¨ur Naturrecht und Politik ernannt und war seit 1762 Doktor beider Rechte. 1765 erhielt A. den Hofratstitel. Die seit 1751 bestehende Mitgliedschaft in der k¨oniglichen Soziet¨at der Wissenschaften zu G¨ottingen legte er 1762 nieder. A. entwickelte die von Hermann → Conring begr¨undete mathematisch-statistische Staatenkunde zu einer mehr historisch arbeitenden, vergleichenden Wissenschaft weiter, die er „Statistik“ nannte (u. a. Abriß der neuesten Staatswissenschaft der vornehmsten Europ¨aischen Reiche und Republiken, 1749; in den folgenden Auflagen unter dem Titel Staatsverfassung der heutigen vornehmsten Europ¨aischen Reiche und V¨olker im Grundrisse, 21752; 2 Tle., 71790-98). Erstmals von seinem Sch¨uler August Ludwig von → Schl¨ozer wurde A. als „Vater der Statistik“ bezeichnet. Die Staatswissenschaft A.s wird heute weniger der Statistik als vielmehr der Wirtschaftsgeographie und verwandten F¨achern zugeordnet. Mit Ausnahme des positiven deutschen Staatsrecht bearbeitete A. fast alle Zweige der Staatswissenschaften. An den zusammen mit Johann Stephan → P¨utter ver¨offentlichten Elementa Iuris Naturae (1750) war P¨utters Beitrag nur ein geringer. Dieses Naturrechtslehrbuch, das A. ab der 3. Auflage (1755) allein bearbeitete, geh¨orte zwischen 1765 und 1790 zu den meistbenutzten Naturrechtskompendien (81781). Auch → Kant, dessen Rechtsphilosophie in st¨andiger Auseinandersetzung mit A. entstand, legte es wiederholt seinen Vorlesungen zugrunde. C NDB
Achinger, Hans, Politologe, * 5. 10. 1899 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 6. 7. 1981 Frankfurt / Main. A. schloß das Studium 1924 mit der Promotion ab (Die Volksreichstumslehre des Adam Smith und die o¨ konomische Theorie), war 1924-45 Gesch¨aftsf¨uhrer gemeinn¨utziger Institutionen, u. a. einer Wohnungsgesellschaft, und seit 1937 Vorstand der Industrie- und Handelskammer in Frankfurt / Main. A. habilitierte sich 1939 f¨ur Politologie (Sozialpolitik und F¨ursorge. Ein Abgrenzungsversuch, begr¨undet aus den Ursachen der Notst¨ande) und lehrte seit 1940 an der Univ. Frankfurt. 1946-52 war er sozialpolitischer Redakteur der „Deutschen Zeitung“ und der „Wirtschaftszeitung“ in Stuttgart, hatte danach bis 1967 eine Professur f¨ur Sozialpolitik an der Univ. Frankfurt. A. ver¨offentlichte u. a. Soziale Sicherheit. Eine historisch-soziologische Untersuchung neuer Hilfsmethoden (1953) und Sozialpolitik als Gesellschaftspolitik. Von der Arbeiterfrage zum Wohlfahrtsstaat (1958; 3., von Margarete Heinz u¨ berarb. Aufl., 1979).
Achleitner, Arthur, Schriftsteller, * 16. 8. 1858 Straubing, † 29. 9. 1927 M¨unchen. Nach einem abgebrochenen Lehramtsstudium war A., Sohn eines Chorleiters, an mehreren s¨uddeutschen Zeitungen
besch¨aftigt, u. a. als Redakteur der „S¨uddeutschen Presse“ bis zu ihrer Einstellung 1887. Als freier Schriftsteller in M¨unchen wurde er 1897 zum Professor, 1903 zum Geheimen Hofrat ernannt. Seine mehr als 100 Romane und Erz¨ahlungen haben zumeist die Alpen oder die Jagd zum Thema (u. a. Das Hennendirndl. Roman vom Chiemsee, 1907).
Achleuthner, Leonhard, Benediktiner, Abt, o¨ sterr. Politiker, * 10. 1. 1826 Helmberg bei Kremsm¨unster (Ober¨osterreich), † 15. 2. 1905 Kremsm¨unster. A. wurde nach der Gymnasialzeit in Kremsm¨unster M¨onch des Benediktinerklosters und 1850 zum Priester geweiht. Er studierte 1850-53 in Wien klassische Philologie, unterrichtete dann am Stiftsgymnasium in Kremsm¨unster und wurde dessen Direktor; daneben war er als Stiftsarchivar t¨atig. 1881 wurde A. zum Abt gew¨ahlt, vertrat seit 1882 den Großgrundbesitz im ober¨osterr. Landtag, war 1884-96 Landeshauptmann von Ober¨osterreich und seit 1887 f¨ur die ¨ Mittelpartei Mitglied des Herrenhauses. C OBL Achmann, Josef, Maler, Zeichner, Graphiker, * 26. 5. 1885 Regensburg, † 25. 10. 1958 Schliersee. Nach der Ausbildung an der Westenrieder Kunstschule 1906 / 07 und der Kunstakademie in M¨unchen 1908 (Klasse f¨ur religi¨ose Malerei) arbeitete A., Sohn eines Hafners, in Regensburg im eigenen Atelier. W¨ahrend eines weiteren Pariser Studienaufenthaltes 1913 / 14 lernte er mit Paul C´ezanne, dem Kubismus und dem Werk Edvard Munchs die internationale Avantgarde kennen, die ihn nachhaltig beeinflußte. Als Soldat im Ersten Weltkrieg schuf er kubistische B¨uhnenbilder f¨ur das Fronttheater in Oudenaarde (Belgien). Es folgte ein Engagement als Theatermaler in Gent. 1918 / 19 nach Regensburg zur¨uckgekehrt, gab er mit Georg → Britting bis 1922 die expressionistische Zeitschrift „Die Sichel“ heraus. 1920 heiratete A. die M¨unchner Staatsschauspielerin Magda Lena Freiin von Perfall, Tochter des Jagdschriftstellers Anton Frhr. von → Perfall, und nahm 1922 in Paris an einem Kongreß der Liga f¨ur deutsch-franz¨osische Verst¨andigung teil. Eine weitere Studienreise f¨uhrte ihn 1927 nach Florenz und Ravenna. 1931 wurde A. Vorstandsmitglied, 1933 stellvertretender Vorsitzender der Neuen M¨unchner Secession, die 1935 von der Gestapo aufgel¨ost wurde. A. wurde mit Ausstellungsverbot belegt und wohnte nach dem Tod seiner Frau seit 1940 in Schliersee. A. hat den deutschen Expressionismus durch sein umfangreiches Werk mit gepr¨agt; seine Hinwendung zur Neuen Sachlichkeit dokumentiert die Große Winterlandschaft (1928). C AKL Acht, Peter, urspr. Maurycy Oskar A., o¨ sterr. Journalist, * 9. 6. 1898 Lemberg (Galizien), † 25. 6. 1974 Wien. A., dessen Vater Besitzer einer Edelmetallh¨utte war, kam mit seiner Familie w¨ahrend des Ersten Weltkriegs nach Wien, arbeitete in einer Munitionsfabrik und war dann in leitender Position im Unternehmen seines Vaters t¨atig. 1926-31 ¨ u¨ bernahm er die Offentlichkeitsarbeit bei der PaneuropaUnion. Ende der zwanziger Jahre wurde A. Mitglied der ¨ und des Bunds der proletarisch-revolution¨aren SchriftKPO ¨ steller Osterreichs. 1933 war er f¨ur kurze Zeit f¨ur die Herausgabe der Zeitung „Die Rote Fahne“ verantwortlich. 1936 vor¨ubergehend verhaftet, emigrierte er nach Prag und ging 1938 nach Paris. A. wurde in den Lagern Les Milles und ¨ illegal in Nimes interniert. Seit 1942 im Auftrag der KPO Lyon, wurde er Mitglied, sp¨ater Leiter einer Widerstandsgruppe und 1945 Sekret¨ar des neugegr¨undeten Front Natio¨ nal Autrichien. A. leitete bis Februar 1946 die KPO-Gruppe in Lyon, kehrte dann nach Wien zur¨uck und war bis 1955 ¨ Kulturredakteur der „Osterreichischen Zeitung“. C Hausjell
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Acht´elik Acht´elik, Josef (Hermann), Musiktheoretiker, Musikp¨adagoge, Komponist, * 7. 4. 1881 Bauerwitz (Oberschlesien), † 30. 12. 1965 Leipzig. Am K¨olner Konservatorium studierte A. 1901-06 u. a. Komposition und Musiktheorie, ging dann als Direktor der Philharmonischen Gesellschaft nach Wiltz (Luxemburg), war 1910-16 Kapellmeister am Stadttheater K¨oln, 1912 in Glogau und bis 1916 in Leipzig. Von 1916 an war A. Soldat; seit 1919 lebte er als freier Komponist, Musikp¨adagoge und -wissenschaftler in Leipzig. Er war Mitglied des Reichsbundes der Deutschen Tonk¨unstler und Musiklehrer. A. komponierte u. a. die M¨archenoper Peterchens Mondfahrt (1912). Von seinen musiktheoretischen Arbeiten gilt Der Naturklang als Wurzel aller Harmonien (2 Bde. 1922-27) als Hauptwerk. C MGG
Achterfeldt, Johann Heinrich, kath. Theologe, * 1. 6. 1788 Wesel, † 11. 5. 1877 Bonn. A. studierte bei Georg → Hermes an der Univ. K¨oln und in M¨unster, wo er 1813 zum Priester geweiht wurde; er war dann in der Seelsorge t¨atig. 1817 wurde er als Prof. an die Akademie in Braunsberg berufen, 1826 als Prof. der Moraltheologie und Homiletik an die Univ. Bonn; seit 1827 war er auch Leiter des theologischen Konvikts. Er gab 1832-52 mit Johann Wilhelm Josef → Braun die „Zeitschrift f¨ur Philosophie und katholische Theologie“ (1832-52) heraus und ver¨offentlichte Hermes’ Christkatholische Dogmatik (1834-36). A., der sich der Verurteilung des Hermesianismus nicht beugte, wurde 1837 seines Lehramtes enthoben; 1843 wurden ihm die Missio canonica und die Leitung des Konvikts entzogen. Nach der Abgabe einer Unterwerfungserkl¨arung erfolgte 1862 die Rehabilitierung durch die Regierung, 1873 durch die Kirche. C LThK
Achtermann, (Theodor) Wilhelm, Bildhauer, * 15. 8. 1799 M¨unster (Westfalen), † 26. 5. 1884 Rom. Als Sohn eines Schreiners und Tagel¨ohners arbeitete A. zun¨achst als Bauernknecht auf dem westf¨alischen Gut seines Onkels. 1826 begann er eine Ausbildung zum Schreiner bei seinem Vater in M¨unster und schuf die ersten ornamentalen Holzarbeiten f¨ur Kirchen und private Auftraggeber. Erst 1829, nach Empfehlung des Oberpr¨asidenten → Vincke und mit dessen finanzieller Unterst¨utzung, erhielt A. die Gelegenheit zum Studium an der Kunstakademie in Berlin, wo Christian Daniel → Rauch, Friedrich → Tieck und Johann Gottfried → Schadow seine Lehrer waren. 1838 reiste er nach Italien, schloß sich Johann Friedrich → Overbeck an, lernte D¨usseldorfer Nazarener wie Franz → Ittenbach, Ernst → Deger und die Br¨uder Andreas und Karl → M¨uller kennen und schuf plastische Arbeiten, die an deren Stil erinnern. Weiteres wesentliches Vorbild f¨ur A.s Werk wurde der Bildhauer Bertel Thorvaldsen, dessen zeitweiligen Arbeitsort im Kloster Santa Maria della Concezione er 1851 kennenlernte. Er arbeitete haupts¨achlich mit Marmor aus Carrara und Holz. Viele seiner Werke sind zerst¨ort worden. C Leb Westfalen, Bd 4 Acidalius, Valens, eigentl. Valtin Havekenthal, Lyriker, Philologe, * 1567 Wittstock (Ostprignitz), † 25. 5. 1595 Neisse (Schlesien). Neben Medizin studierte A., Sohn eines luth. Predigers, an den Universit¨aten Rostock, Greifswald und Helmstedt Altertumswissenschaft. Schon 1589 erregte er mit seinen Epigrammata Aufmerksamkeit. 1590-93 studierte er an der Univ. Padua und bei Hieronymus Mercuriale in Bologna. Danach wandte er sich der Interpretation und Kommentierung klassischer Dichtungen und medizinischer Werke zu. Wieder in Deutschland, konvertierte A. zum Katholizismus und wurde 1595 durch den bisch¨oflichen Kanzler Johann
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Matthias Wacker von Wackenfels als Rektor an das Gymnasium in Neisse berufen. Von seinen zahlreichen philologischen Arbeiten erschien zu Lebzeiten des Autors AnimadC Killy versiones in Curtium (1594).
Acier, Michel Victor, Bildhauer, * 20. 1. 1736 Versailles, † 16. 2. 1799 Dresden. Einer Ausstellung von Terrakotten 1763 in Paris, wo er an der Acad´emie studierte, soll A. die Berufung nach Meißen zu verdanken haben; seit 1764 war er in der K¨oniglichen Porzellanmanufaktur neben Johann Joachim → K¨andler selbst¨andiger Modellmeister. A.s Arbeiten waren im Gegensatz zu den ausdrucksvollen, bewegten Figurengruppen K¨andlers in ged¨ampften Farben und stumpf wirkenden Glasuren ausgef¨uhrt. Stammten dessen Motive aus der Welt des h¨ofischen Rokoko, so waren f¨ur A.s Darstellungen im ¨ Ubergangsstil zum Klassizismus Leben und Moralvorstellungen der b¨urgerlichen Gesellschaft ausschlaggebend (u. a. Die gl¨ucklichen Eltern, 1775). Sein marmornes Hochrelief Allegorie auf den Tod des Generals Schwerin (1783) galt als besonders bemerkenswert. A., der sich auch auf dem Gebiet der Modernisierung von Gebrauchsporzellan Verdienste erwarb, wurde 1781 auf eigenen Wunsch pensioniert. C AKL
Acker, Amandus, Missionar, * 24. 4. 1848 Weyersheim (Elsaß), † 30. 3. 1923 Knechtsteden bei Neuß. Seit 1867 besuchte A. die Missionsschule in Langonnet, trat 1875 in die Kongregation der V¨ater vom Heiligen Geist (CSSp) ein und ging nach Sansibar, wo er 19 Jahre lang als Missionsoberer und -prokurator vor allem f¨ur die schulische und medizinische Versorgung t¨atig war. Nach der R¨uckkehr nach Deutschland (1894) bem¨uhte er sich um die Wiederzulassung seiner im Kulturkampf verbotenen Kongregation und gr¨undete die Missionsh¨auser Knechtsteden (1895), Zabern (1900), Broich (1905) und Heimbach (1914). Bis 1919 leitete er die deutsche Provinz CSSp. A. warb als volkst¨umlicher Redner – z. B. auf Katholikentagen – f¨ur die Mission und f¨ur den Kolonialgedanken. Er war Mitbegr¨under der „Zeitschrift f¨ur Missionswissenschaft“ und Vorsitzender der Superiorenkonferenz. C LThK
Acker, Heinrich (Wilhelm Joseph), Beamter, Politiker, * 12. 5. 1896 Gonsenheim bei Mainz, † 16. 5. 1954. A. studierte an der TH Darmstadt und an den Universti¨aten Frankfurt / Main, K¨oln und Berlin Rechts- und Staatswissenschaften (Dr. rer. pol). Er wurde wissenschaftlicher Hilfsarbeiter im preuß. Finanzministerium, dann Referent im Reichsfinanzministerium und schließlich Preußischer Landrat. 1933 als SPD-Mitglied (seit 1921) aus dem Staatsdienst entlassen, war A. als Wirtschafts- und Steuerberater t¨atig. A. wurde mehrmals verhaftet und aller Beamtenrechte verlustig erkl¨art. Nach 1945 Bezirksrat f¨ur Finanz- und Steuerwesen sowie Stellvertretender Bezirksb¨urgermeister Berlins, trat er 1946 der SED bei. 1946-48 war A. B¨urgermeister und stellvertretender Oberb¨urgermeister von Groß-Berlin. Als Studienleiter an der Verwaltungsakademie Berlin war er Mitarbeiter an verwaltungswissenschaftlichen und wirtschaftsrechtlichen Werken.
Acker, Johann Heinrich, Lehrer, * 1680 Hausen bei Gotha, † 19. 3. 1759 Rudolstadt. A. studierte vor allem Philologie an den Universit¨aten Halle und Jena und erwarb den Magistergrad. Er erhielt die kaiserliche Dichterkrone und den Titel eines herzoglichen Kommissionssekret¨ars von Sachsen-Eisenach, wurde 1709 Konrektor, 1714 Rektor des Gymnasiums in Rudolstadt, 1720 in Altenburg. Wegen fehlendem Anklang bei der B¨urgerschaft gab A. 1726 sein Amt auf und bestritt seinen Unterhalt mit
Ackerknecht Privatunterricht. Eine Geschichte des Altenburger Gymnasiums verzeichnet 75 Schriften A.s, u. a. Historia poematum (1726).
Acker, Paula, geb. L¨offler, Parteifunktion¨arin, * 3. 2. 1913 T¨ubingen, † 7. 11. 1989 Berlin. Die Tochter eines Maurers besuchte 1928-30 die Handelsschule in Schwenningen, wo sie sich zur Industriekauffrau ausbilden ließ. 1930-33 arbeitete sie als Korrespondentin f¨ur Fremdsprachen und als Auslandskorrespondentin in Schwenningen. 1931 trat A. in die KPD ein. 1933 in Schutzhaft genommen, war sie 1934-36 als Auslandskorrespondentin einer Uhrenfabrik in Schwenningen und zugleich illegal f¨ur die KPD t¨atig. 1936 wurde A. erneut verhaftet und 1938 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu einer mehrmonatigen Zuchthausstrafe verurteilt, die sie zun¨achst im Frauenzuchthaus Haufen (Oberbayern), dann in Stuttgart verb¨ußte. Nach der Flucht in die Schweiz 1939 arbeitete sie f¨ur die Zeitschrift „Der Deutsche“ und das Unitarian Service Committee (USC), kehrte 1945 nach Deutschland zur¨uck und wurde mit der Leitung des Sozialamtes in Schwenningen betraut. 1945 u¨ bernahm A. den Vorsitz des KPD-Landesverbandes S¨udw¨urttemberg-Hohenzollern; 1946-51 geh¨orte sie dem Stadtrat von Schwenningen und 1948-51 dem KPD-Parteivorstand der Westzonen an. 1947 / 48 war sie Redakteurin des S¨udwestverlags Offenburg (Baden), 1948-50 Chefredakteurin der KPD-Zeitung „Unsere Stimme“ in Stuttgart und 1950 / 51 Chefredakteurin der Zeitschrift „Frau von heute“ in D¨usseldorf. 1951 ging A. in die DDR und arbeitete als Redakteurin, seit 1955 als Chefredakteurin der „Lausitzer Rundschau“. 1958-76 war sie hauptamtliche Mitarbeiterin des Zentralkomitees der SED, seit 1963 auch Chefredakteurin der Zeitschrift „Weltgewerkschaftsbewegung“. C DDR Ackeret, Jakob, schweizer. Physiker, * 17. 3. 1898 Z¨urich, † 26. 3. 1981 Gossau (Kt. Z¨urich). A. absolvierte sein Studium an der ETH Z¨urich und an der Univ. G¨ottingen, wo er 1921-27 Mitarbeiter Ludwig → Prandtls am Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur Str¨omungsforschung war. 1903 wurde er in Z¨urich mit der Arbeit Experimentelle und theoretische Untersuchungen u¨ ber Hohlraumbildung (Kavitation) im Wasser promoviert. Bis 1931 leitete er das hydraulische Labor der Maschinenfabrik EscherWyss in Z¨urich, wurde 1928 Privatdozent, 1931 a. o., 1934 o. Prof. der Aerodynamik an der ETH Z¨urich. A. entwickelte den Flettner-Rotor, schuf wesentliche theoretische Grundla¨ gen des Uberschallflugzeugs, f¨uhrte die Bezeichnung Mach¨ Zahl ein und konstruierte 1933 / 34 den ersten Uberschallkanal mit geschlossenem Kreislauf. Er gab die „Mitteilungen aus dem Institut f¨ur Aerodynamik ETHZ“ (1934-61) heraus. A. ver¨offentlichte u. a. Das Rotorschiff und seine physikalischen Grundlagen (1925) und Untersuchungen an Verdichtungsst¨oßen und Grenzschichten in schnell bewegten Gasen (mit Fritz Feldmann und Nikolaus Rott, 1946). Ackerknecht, Eberhard, Veterin¨armediziner, * 11. 6. 1883 Baiersbronn (W¨urttemberg), † 2. 10. 1968 Z¨urich. A. studierte in Stuttgart, war 1906-10 Assistent am Pathologisch-Anatomischen Institut der Tier¨arztlichen Hochschule und zeitweise Hilfsarbeiter am Medizinalkollegium. Nach der Promotion zum Dr. med. vet. 1911 (Beitr¨age zur Kenntnis des Marks der R¨ohrenknochen beim Pferde) war er, unterbrochen durch Kriegsdienst 1914-18, Prosektor am Veterin¨aranatomischen Institut der Univ. Z¨urich, wo er 1918 Privatdozent (Die Papillarmuskeln des Herzens. Untersuchungen an Karnivorenherzen) und 1925 Ordinarius wurde. In Z¨urich war A., der 1924 das Schweizer B¨urgerrecht erhielt, Mitbegr¨under und Dozent (1919-33) der kantonalen Volkshochschule. Von 1933 bis zu seiner R¨uck-
kehr in die Schweiz 1945 lebte er in Leipzig als Ordinarius und Direktor des Veterin¨aranatomischen Instituts der Universit¨at. 1940 wurde A. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. 1949-51 lehrte er an der Univ. M¨unchen und 1951 / 52 an der Freien Univ. Berlin, wo er 1952-54 Ordinarius war. A. ver¨offentlichte ein Handbuch der vergleichenden Anatomie der Haustiere (1943) und ein Handbuch der Schafzucht und Schafhaltung (Bd. 4, 1954), ferner Arbeiten u¨ ber das Knochenmark, den Mundh¨ohlenboden, auf dem er 1912 das nach ihm benannte Ackerknechtsche Organ entdeckte (Anatomischer Anzeiger, Bd. 41, 1912), und zur Anatomie verschiedener Haus- und ¨ Wildtiere. C Arzte 2, 3
Ackerknecht, Erwin, Bibliothekar, * 15. 12. 1880 Baiersbronn (W¨urttemberg), † 24. 8. 1960 Ludwigsburg. Im Anschluß an das Studium der Theologie, Philosophie und Geschichte in T¨ubingen (Promotion 1902, Die Theorie der Lokalzeichen) kam A., Sohn eines Oberrealschulprofessors, als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an die KaiserWilhelm-Bibliothek in Posen und wurde 1905 Bibliothekar der Stadtb¨ucherei Stettin, deren Direktor er 1907-45 war. Zugleich leitete er die Stettiner Volkshochschule, die Beratungsstelle f¨ur das Volksb¨uchereiwesen der Provinz Pommern, die Landeswanderb¨ucherei und die B¨uchereischule. 1945-47 lebte A. als st¨adtischer Kulturreferent in Ludwigsburg, war bis 1954 Direktor des Schiller-Nationalmuseums Marbach und der Deutschen Schiller-Gesellschaft. 1920-33 gab er die Zeitschrift „B¨ucherei und Bildungspflege“ heraus. A. gilt als Begr¨under einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Filmkunst (u. a. Lichtspielfragen 1920); er schrieb auch u¨ ber das B¨uchereiwesen und u¨ ber die schw¨abische Literaturgeschichte. A. war einer der wichtigsten Repr¨asentanten der B¨ucherhallenbewegung, die sich 1913 gegen die von Walter → Hofmann vertretene „Neue / Leipziger Richtung“ wandten. Sie sahen in ihr eine Einschr¨ankung der Arbeit ihrer „modernen B¨uchereien“, die sich an alle Kreise der Bev¨olkerung richteten. Er war der Vater von Erwin → A. C IGL
Ackerknecht, Erwin (Heinz), auch Erwin (Henry) A., Medizinhistoriker, * 1. 6. 1906 Stettin, † 18. 11. 1988 Z¨urich. Der Sohn Erwin → A.s studierte Medizin in Freiburg, Kiel, Berlin, Wien und Leipzig und wurde 1931 mit der Arbeit Beitr¨age zur Geschichte der Medizinalreform von 1848 bei Henry Ernest → Sigerist promoviert. Seit 1926 Mitglied des Kommunistischen Jugendverbands Deutschlands, sp¨ater der KPD, wurde er nach dem Anschluß an die Trotzkisten 1932 aus der KPD ausgeschlossen. Im selben Jahr u¨ bernahm er die Leitung der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) in Berlin und war Redakteur des Zentralorgans „Permanente Revolution“. Anfang Juni 1933 floh A. zun¨achst in die Tschechoslowakei, dann nach Frankreich, wo er bis 1934 Leiter des Auslandskomitees der Internationalen Kommunisten Deutschlands war. Von 1935 bis zu seinem Ausschluß 1937 war er Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands. 1940 in Frankreich interniert, emigrierte A. 1941 in die USA und war an der Johns Hopkins University in Baltimore und seit 1945 am Museum for Natural History in New York t¨atig. 1947 wurde er o. Prof. der Medizingeschichte in Madison (Wisconsin) und ging 1957 an die Univ. Z¨urich, wo er dem Medizinhistorischen Institut zu internationaler Geltung verhalf. A. war besonders an den soziokulturellen Hintergr¨unden der Medizin interessiert. Seine Geschichte der Medizin wurde zu einem Standardwerk des Faches. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Rudolf Virchow: doctor, statesman, anthropologist (1953, dt. 1957), A short history of medicine (1955, 3 1982, dt. 1959, 71992), Kurze Geschichte der Psychiatrie
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Ackermann (1957, engl. 1959), Geschichte und Geographie der wichtigsten Krankheiten (1963, engl. 1965), Medicine at the Paris hospital. 1794-1848 (1967) und Kurze Geschichte der ¨ C BHdE, Bd 1 großen Schweizer Arzte (1975).
Ackermann, (Friedrich) Adolf, Pseud. Klaus Hornbostel, Fritz Freese, Adolf Feldmann, A. Mannsfeld, Verleger, * 24. 9. 1837 B¨utzow, † 5. 9. 1903 M¨unchen. Nach einer Buchh¨andlerlehre wurde A., Sohn eines Kriminalrats, Gehilfe von Fritz → Reuter in Neubrandenburg und war anschließend in Wien und Berlin besch¨aftigt. Seit 1862 lebte er als Gesch¨aftsf¨uhrer der 1806 gegr¨undeten Buchhandlung E. A. Fleischmann in M¨unchen, war seit 1872 deren alleiniger Eigent¨umer und gr¨undete 1874 einen eigenen Kunstverlag. Seit Mitte der neunziger Jahre betrieb er eine eigene Produktion von Kunstpostkarten. A. setzte sich f¨ur die deutsch-amerikanische Literaturkonvention und die Gr¨undung des 1891 in New York eingerichteten buchh¨andlerischen Zentralb¨uros ein. Er schrieb Novellen und Erz¨ahlungen, u. a. M¨unchner K¨unstlernovellen (1889). C Biogr Jahrb, Bd 8
Ackermann, Anton, eigentl. Eugen Hanisch, Politiker, * 25. 12. 1905 Thalheim / Erzgebirge, † 4. 5. 1973 Berlin. Von Beruf Strumpfwirker, war A. seit 1926 hauptamtlicher Funktion¨ar der KPD. Er ging 1929 nach Moskau, wo er 1932 bei der Deutschlandabteilung der Komintern t¨atig war. 1933 wurde er Mitglied der Landesleitung der illegalen KPD in Berlin, 1935 Mitglied des Zentralkomitees und des Politb¨uros der Partei sowie Mitarbeiter verschiedener kommunistischer Exilzeitschriften; 1935-37 in Prag, 1937-40 in Paris, ging er nach Moskau und u¨ bernahm dort 1941 die Chefredaktion der Zeitung „Das freie Wort“. Als Mitglied des Nationalkommitees Freies Deutschland leitete er seit 1943 dessen Moskauer Sender. An der politischen Nachkriegsplanung der KPD war A. maßgeblich beteiligt. Mit Walter → Ulbricht u. a. reiste er im Mai 1945 in die sowjetisch besetzte Zone, war Gr¨undungsmitglied der SED, deren Zentralkomitee er 1946-54 angeh¨orte, und entwickelte die bis 1948 offiziell g¨ultige These vom „besonderen deutschen Weg zum Sozialismus“. 1949-53 war A. Staatssekret¨ar im Außenministerium der DDR. Im Zusammenhang mit den Vorg¨angen ¨ am 17. 6. 1953 wurde er aller Amter enthoben. 1956 rehabilitiert, war er seitdem in der Kulturpolitik t¨atig. Im Juni 1962 von allen Funktionen entbunden, lebte A. als Parteiveteran und beging 1973 Selbstmord. C BHdE, Bd 1 Ackermann, Charlotte (Maria Magdalena), Schauspielerin, * 23. 8. 1757 Straßburg, † 10. 5. 1775 Hamburg. Die Tochter des Schauspielerpaares Sophie Charlotte und Konrad Ernst → A. und Schwester von Karoline Dorothea → A. trat vierj¨ahrig zum ersten Mal auf einer Hamburger B¨uhne auf. W¨ahrend ihrer Laufbahn spielte sie das Fach der jugendlichen Liebhaberin ebenso wie tragische Rollen, so die Titelrolle in Emilia Galotti, die Marie in Clavigo und die Adelheid in G¨otz von Berlichingen. Ihr Leben wie ihr fr¨uher und ungekl¨arter Tod war auch Stoff f¨ur Romane, u. a. f¨ur Charlotte Ackermann von Otto M¨uller (1854).
Ackermann, (Karoline) Dorothea, Schauspielerin, * 12. 2. 1752 Danzig, † 21. 10. 1821 Altona (heute zu Hamburg). Wie ihre Schwester Charlotte → A. trat A. erstmals mit vier Jahren als Schauspielerin auf: als Arabella in → Lessings Miß Sara Sampson in der Inszenierung der Schauspieltruppe ihrer Eltern. Bis zu ihrem Abschied von der Hamburger B¨uhne spielte sie haupts¨achlich sanfte Charaktere, z¨artliche und religi¨ose Schw¨armerinnen und jugendliche Liebhaberinnen wie die Gr¨afin Orsina, die Titelrolle in Minna von
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Barnhelm oder die Maria in G¨otz von Berlichingen. Mit ihrer Heirat 1778 nahm sie Abschied von der B¨uhne. C NDB
Ackermann, Ernst (Wilhelm), Schriftsteller, Erzieher, * 14. 10. 1821 K¨onigsberg, † 14. 6. 1846 Neapel. A. war Sohn eines Lehrers, studierte seit 1840 an den Universit¨aten Leipzig, Berlin und Bonn Theologie, Philosophie sowie Geschichte und unternahm 1844 eine Studienreise nach Italien, Griechenland und in die Schweiz. 1845 wurde er Erzieher bei einer russischen Familie, mit der er 1846 nach Italien reiste. 1848 gab A.s Vater die Schriften Aus dem poetischen Nachlasse heraus. C Killy Ackermann, Ernst Wilhelm, Jurist, Publizist, * 14. 6. 1761 Weimar, † 4. 10. 1835 Jena. Der mit August → Kotzebue befreundete A. studierte 1779-82 in Leipzig und Jena und absolvierte seine Zeit als Anw¨arter auf den Verwaltungsdienst bei seinem Vater, der Amtmann in Ilmenau war. 1788 war er Hofmeister in K¨oln und Kleve, wurde 1790 Amtsadjunkt und 1792 Amtmann in Ilmenau. Er reformierte die Steuerverwaltung, f¨orderte den Straßenbau, das st¨adtische Brauwesen und die neugegr¨undete Schule f¨ur Technologie und Industrie. Nach der Umgestaltung der Weimarer Verwaltung erbat er 1815 seine Versetzung und war von 1816 an geheimer Referendar im Justizdepartement des Staatsministeriums in Weimar. A. vero¨ ffentlichte Beitr¨age in verschiedenen Zeitschriften, u. a. im „Deutschen Merkur“ (1792-1806); nach Kotzebues Tod gab er dessen „Literarisches Wochenblatt“ heraus. C Neuer Nekr, Jg. 13 Ackermann, Friedrich (Wilhelm Gustav), Kommunalbeamter, * 25. 12. 1866 Bandels (Ostpreußen), † 10. 12. 1931 Stettin. A., Sproß einer in Mecklenburg ans¨assigen Beamtenfamilie und mit Danziger Kaufmannsfamilien verschw¨agert, studierte seit 1886 in M¨unchen, Leipzig und G¨ottingen (dort Mitglied der Turnerschaft des V. C.) und wurde zum Dr. jur. promoviert. Nach einj¨ahriger Milit¨ardienstzeit war er seit 1890 Gerichtsreferendar in Westpreußen, 1895 Gerichtsassessor und wechselte 1896 als Danziger Stadtrat in die Kommunallaufbahn. 1907 w¨ahlte man ihn zum B¨urgermeister von Rathenow, drei Monate sp¨ater zum Oberb¨urgermeister von Stettin. Als Nachfolger von Hermann → Haken f¨orderte A. den Ausbau des Hafens in Stettin und generell die Entwicklung dieser Kommune zur modernen Großstadt (1905: 220 000, 1932: 270 000 Einwohner); die Siedlung Ackermannsh¨ohe wurde nach ihm benannt. Parteipolitisch dem Liberalismus verbunden, u¨ berstand A. die Revolutionszeit 1918 / 19 und starb 1931 im Amt. 1907-18 geh¨orte er f¨ur Stettin dem Preußischen Herrenhaus (Neue Fraktion) an. C Reichshandbuch Ackermann, Georg Christian Benedikt, evang. Theologe, * 3. 3. 1763 auf Gut Vier bei Boitzenburg, † 8. 4. 1833 Schwerin. A. studierte Theologie, Philosophie und Geschichte an den Universit¨aten B¨utzow und G¨ottingen, war Hauslehrer in Grabow und in Ludwigslust, wo er 1792 Kollaborator am herzoglichen Landschullehrer-Seminar wurde. 1794 berief ihn sein Landesf¨urst zur Erziehung der Prinzen. Seit 1801 war er zweiter Hofprediger und von 1807 an Scholarch der Domschule sowie Superintendent von Schwerin. A. verbesserte die schwerinischen Waisenanstalten, das Armen- und das Volksschulwesen und setzte sich f¨ur die neugegr¨undete „Ersparnisanstalt“ ein. Seit 1817 versah er das Amt des Hofpredigers und wurde 1819 zum Konsistorialrat, 1830 zum Oberhofprediger ernannt. A. ver¨offentlichte vor allem Predigten und Nachrufe. C Neuer Nekr, Jg. 11
Ackermann Ackermann, (Johann Christian) Gottlieb, Mediziner, Chemiker, Medizinhistoriker, * 17. 2. 1756 Zeulenroda (Th¨uringen), † 9. 3. 1801 Altdorf. W¨ahrend des Studiums der Medizin in Jena (seit 1771) stand A., Sohn eines praktischen Arztes, in Beziehung mit Ernst Gottfried → Baldinger, dem er 1773 an die Univ. G¨ottingen folgte. Dort besch¨aftigte sich A. unter der Anleitung von Christian Gottlob → Heyne auch mit Altertumswissenschaften. Nach der Promotion 1775 (De trismo commentatio medica) habilitierte er sich in Halle und praktizierte 1778-86 in Zeulenroda. Seit 1780 war A. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1786 wurde er in Altdorf Ordinarius f¨ur Chemie, 1794 f¨ur Pathologie und The¨ rapie. 1777 erschien sein Werk Uber die Krankheiten der Gelehrten und die leichteste und sicherste Art sie abzuhalten und zu heilen, 1795 in 2 B¨anden das Handbuch der Kriegsarzneykunde (erneut 1799). A. ver¨offentlichter ferner biographische Arbeiten, u. a. Das Leben Johann Conrad Dip¨ pels (1781), zahlreiche Editionen und Ubersetzungen von Werken aus verschiedenen europ¨aischen Sprachen sowie historische Arbeiten, u. a. De dysenteriae entiquitatibus liber bipartitus (1777), Institutiones historiae medicinae (1792) und Artikel u¨ ber Hippokrates, Aretaeus und Galen in der von Carl Gottlob → Kuehn herausgegebenen Reihe „Medicorum Graecorum opera quae extant“. Ackermann, Hans, Dichter, 16. Jh. ¨ Uber A.s Leben gibt es keine sicheren Informationen. Die a¨ ltere Literaturgeschichte ging davon aus, daß er Schulmeister in Zwickau gewesen sei, Anfang des 20. Jahrhunderts sah die Forschung in ihm den Zwickauer Goldschmied H. A., der seit 1538 in Marienberg im Erzgebirge als Probierer und Silberarbeiter t¨atig war. A. schrieb geistliche Dramen, die oft extrem schlicht ohne dramatische Form und Gestaltung ihre Botschaft von luth. Gl¨aubigkeit und Gottesvertrauen vermitteln. Sein luth. Schulst¨uck Der verlorene Sohn (1536) nannte er in der dritten, u¨ berarbeiteten Auflage von 1540 in deutlicher Anlehnung an Hans → Sachs’ Ungeraten sun (1540) Der ungeratene Sohn. A.s St¨uck wirkte seinerseits auf die Werke des Andreas Scharpfenecker (1544), Nikolaus → Risleben (1586), Ludovicus Hollonius (1603) und Johannes Nendorf (1608). C NDB Ackermann, Hans Konrad Karl Theodor, Pathologe, * 17. 9. 1825 Wismar, † 22. 11. 1896. Nach dem Studium der Medizin an den Universit¨aten Greifswald, W¨urzburg, Prag und Rostock (bis 1852) war A. Hilfsarzt an der Rostocker Vereinigten ChirurgischMedizinischen Klinik und habilitierte sich 1856. Er gab in den folgenden Jahren eine Reihe experimentellpathologischer und pharmakologischer Untersuchungen und einen Bericht u¨ ber die Choleraepidemie des Jahres 1859 heraus, der die neuen Erkenntnisse Max von → Pettenkofers ber¨ucksichtigte. 1859 erhielt er eine a. o. Professur, die mit der Leitung einer f¨ur ihn eingerichteten Poliklinik verbunden war. Seit 1865 war A. Ordinarius f¨ur Pathologische Anatomie in Rostock, 1873-95 in Halle, wo er 1884 das Rektorat u¨ bernahm (Rektoratsrede: Mechanismus und Darwinismus in der Pathologie) und geh¨orte neben Rudolf → Virchow zu den ersten Lehrern dieses Spezialgebiets. Er ver¨offentlichte u. a. Beobachtungen u¨ ber einige physiologische Wirkungen der wichtigsten Emetica (1856) und Anweisung zur Erkenntniss und Behandlung der wichtigsten a¨ usseren Verletzungen und inneren Krankheiten auf Seeschiffen (1869). Seit 1881 war A. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. C Biogr Jahrb, Bd 1 Ackermann, Harald Friedrich Nikolaus, Mediziner, * 21. 11. 1810 Kiel, † 6. 9. 1873 Oldesloe. A. studierte in Kiel, Halle und Heidelberg (Promotion in Kiel 1835, De Pedum sudore foetido) und lehrte seit 1836 als Pri-
vatdozent in Kiel, wurde 1837 Physikus in Neum¨unster und 1839 Landschaftsarzt auf Sylt. Dort ver¨offentlichte er u. a. die auf eigenen meteorologischen Beobachtungen basierende Schrift Das Wetter und die Krankheiten (1854). Seit 1855 lebte A. als Distrikts-Physikus in Oldesloe.
Ackermann, (Wilhelm) Heinrich, Lehrer, * 25. 6. 1789 Auerbach, † 27. 3. 1848 Frankfurt / Main. Seit 1807 studierte A. Theologie, war mit der Unterst¨utzung eines in London lebenden Onkels als Erzieher t¨atig und reiste 1811 mit zwei jungen Engl¨andern zu Johann Heinrich → Pestalozzi nach Yverdon. Nach den Freiheitskriegen, an denen er als L¨utzowscher J¨ager teilnahm, veranlaßte er einen Austausch zwischen den britischen P¨adagogen Bell und Lancaster und Pestalozzi in Yverdon, wo A. seit 1815 f¨ur zwei Jahre lebte. Danach lehrte er an der Schule von de → Lasp´ee in Wiesbaden, 1819 am Institut von Bunsen und 1820 an der Musterschule in Frankfurt / Main. Er ver¨offentlichte neben einer Schrift u¨ ber die Freiheitskriege (1847) Erinnerungen aus meinem Leben bei Pestalozzi (1846). C NDB Ackermann, Jacob Fidelis, Mediziner, * 23. 4. 1765 R¨udesheim, † 28. 10. 1815 R¨udesheim. A. studierte seit 1784 Medizin bei Karl Kaspar von → Siebold in W¨urzburg und bei Samuel Thomas → S¨ommering in Mainz (Promotion 1788, De discrimine sexuum praeter genitalia), unternahm dann eine zweij¨ahrige Studienrei¨ se durch Deutschland, Osterreich, die Schweiz und Italien; seit 1789 war er Privatdozent f¨ur gerichtliche Medizin und Medizinal-Polizei in Mainz. 1792 wurde A. o. Prof. der Botanik, 1796 f¨ur Anatomie. Nach Aufhebung der Univ. 1798 und der Errichtung einer medizinischen Spezialschule durch die franz¨osische Besatzungsmacht wurde er deren Direktor. 1804 nahm er einen Ruf an die Univ. Jena, 1805 nach Heidelberg an, wo er sich um den Neubau eines Anatomischen Theaters und einer Poliklinik verdient machte. A. ver¨offentlichte Arbeiten zur Anatomie, vor allem des Gehirns, zu Kretinismus und Hermaphroditismus, u. a. Versuch einer physischen Darstellung der Lebenskr¨afte organisirter K¨orper (2 Bde., 1797-1805), Die Gall’sche Hirn-, Sch¨adelund Organen-Lehre vom Gesichtspunkt der Erfahrung aus beurtheilt und widerlegt (1806) und Abhandlung u¨ ber die Natur des Gew¨achses (1812). Postum erschien eine Sammlung der wichtigsten kleineren, lateinischen Schriften (1816). Ackermann, Jakob, Pflanzenz¨uchter, * 10. 3. 1873 Makofen bei Straubing, † 22. 2. 1938 GarmischPartenkirchen. A., Sohn eines Gutsp¨achters, erhielt eine Ausbildung an der Landwirtschaftsschule Schafhof-N¨urnberg. 1903 richtete er auf Gut Irlbach (Niederbayern) eine nach ihm benannte Saatzuchtwirtschaft ein. Er erwarb sich international einen hervorragenden Ruf als Pflanzenz¨uchter, insbesondere von Braugerste. A. war Mitbegr¨under und l¨angj¨ahriger Pr¨asident des Klubs Bayerischer Landwirte, seit 1910 Mitglied des bayerischen Landwirtschaftsrats, Begr¨under und Vorsitzender des bayerischen Saatzuchtvereins, Mitglied des Hauptvorstandes der Gesellschaft zur F¨orderung deutscher Pflanzenzucht (Berlin), des Gesamtausschusses der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (Berlin) sowie des Kuratoriums des Instituts zur F¨orderung der Wissenschaften. 1919 / 20 geh¨orte er dem Bayerischen Landtag an. 1924 wurde er zum Landes¨okonomierat ernannt. C NDB Ackermann, Johann Adam, Maler, getauft 4. 12. 1781 Mainz, † 27. 3. 1853 Frankfurt / Main. Bereits in Mainz erhielt A. Kunstunterricht; auf Anraten seines M¨azens, des kurf¨urstlichen Erzkanzlers → Dalberg, ging er nach Paris, um u. a. bei Jacques Louis David Historienmalerei zu erlernen. Er kehrte jedoch bald zu seinem G¨onner
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Ackermann nach Aschaffenburg zur¨uck, wo er Hofmaler wurde. Von 1804 bis zu seinem Tode lebte A. als Zeichenlehrer in Frankfurt / Main, 1814 und 1818 unterbrochen durch zwei Studienreisen nach Rom. Er malte haupts¨achlich Landschaften der Umgebung (u. a. Auerbach an der Bergstraße), darunter die als besonders gelungen empfundenen Winterlandschaften, und schuf Architekturzeichnungen. C AKL
Ackermann, Johann Friedrich, Mediziner, Physiker, * 3. 2. 1726 Waldkirchen / Vogtland, † 1. 6. 1804 Kiel. A. wurde 1751 zum Doktor der Medizin und der Physik promoviert (De voce naturae), erhielt 1760 eine Professur an der Univ. in Kiel und wurde 1775 im Rang eines K¨oniglichd¨anischen Staatsrats zum Archivar und 1780 zum Qu¨astor der Univ. ernannt. 1799 nahm er auf eigenen Antrag seinen Abschied vom akademischen Dienst. Er verfaßte medizinische und physikalische Schriften, u. a. Nachricht von der sonderbaren Wirkung eines Wetterstrahls (1772), Observationes chirurgicae (1772) und Nosologiae Holsatiae (1773). C SHBL, Bd 2 Ackermann, Josef, Journalist, * 31. 1. 1896 M¨unchen, † 22. 8. 1959 Luzern. A. war seit 1916 publizistisch t¨atig. Er arbeitete als Redakteur von Nachrichtenb¨uros (Wolfsches Telegrafenb¨uro) und als Landtagsberichterstatter der „M¨unchner Zeitung“ und der „Bayerischen Staatszeitung“. 1933 wurde er gemeinsam mit dem englischen Journalisten Noel Panter verhaftet und bis 1945 in den Konzentrationslagern Dachau, Buchenwald und Nordhausen sowie der Gestapo-Zentrale im Wittelsbacher Palais in M¨unchen inhaftiert. Seit 1945 war A. Direktor des M¨unchner St¨adtischen Nachrichtendienstes, Gr¨under, Herausgeber und Chefredakteur des „M¨unchner Stadtanzeigers“ sowie Korrespondent u. a. der Zeitung „Die Welt“. Er war langj¨ahriges Vorstandsmitglied des Deutschen Journalistenverbandes und 1. Vorsitzender des Verbandes der Berufsjournalisten in Bayern. 1950-55 geh¨orte A. dem Bayerischen Senat an. C Bayer Senat Ackermann, Karl, Naturwissenschaftler, Lehrer, * 2. 3. 1841 Fulda, † 23. 4. 1903 Kassel. In M¨unchen und Marburg studierte A. seit 1860 Medizin, wandte sich dann den Naturwissenschaften und der Mathematik zu und wurde zum Dr. phil. promoviert. Er unterrichtete am Gymnasium seiner Heimatstadt und danach an der Realschule (sp¨ater Oberrealschule) in Kassel, wo er von 1888 bis zu seiner Emeritierung 1895 Direktor war. Neben naturwissenschaftlichen Arbeiten (Die Guldinsche Regel, 1864; Beitr¨age zur physischen Geographie der Ostsee, 1883; Bestimmung der erdmagnetischen Inklination von Kassel, 1884) ver¨offentlichte A. lokalhistorische Schriften (Bibliotheca Hassiaca, 1884-99). Ackermann, Karl (Friedrich), Journalist, Verleger, * 15. 12. 1908 Heidelberg, † 21. 6. 1996 Mannheim. A. studierte 1928-32 in M¨unchen Germanistik und Geschichte, in Heidelberg Soziologie, Volkswirtschaft und Publizistik und wurde 1931 promoviert. In Heidelberg war er seit 1928 Mitglied der studentischen Revolution¨aren Sozialisten gewesen, 1929-31 geh¨orte er der KPD und 1931-33 der Roten Hilfe an, f¨ur die er 1933 illegaler Landesleiter in W¨urttemberg wurde. Im selben Jahr gab er als „S¨uddeutsches Tribunal“ Flugbl¨atter u¨ ber w¨urttembergische Konzentrationslager heraus, wurde deswegen verhaftet und 1934 zu Haft in Ludwigsburg und den Lagern Welzheim und Dachau verurteilt. 1937 floh A. in die Schweiz, wo er 1938 / 39 am „Deutschen Volksecho“ in Z¨urich mitarbeitete, bis er 1939-44 in verschiedenen schweizer. Arbeitslagern interniert wurde. Er war 1943 Mitbegr¨under der Bewegung Freies Deutschland in der Schweiz. 1945 / 46 Lizenztr¨ager und Chefredakteur der „Stuttgarter Zeitung“, gr¨undete A. 1946
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den „Mannheimer Morgen“, dessen Chefredakteur er bis Ende 1974 blieb. 1960-64 amtierte er daneben als Landesarbeitsrichter. 1945 gr¨undete er die Deutsche Nachrichtenagentur mit und war Vorstandsmitglied des Vereins S¨udwestdeutscher Zeitungsverleger und der dpa-Nachrichtenagentur. C BHdE, Bd 1
Ackermann, Karl David, Schauspieler, * 1751 Ruhland (Sachsen), † nach 1799 Danzig. Der Sohn des Schauspielers Ernst → A. trat 1773 erstmals als Mitglied der Theatergesellschaft Schuch in Danzig auf und lebte dann mehrere Jahre mit dieser Truppe abwechselnd in Danzig und K¨onigsberg. 1776-95 nahm er regen Anteil am K¨onigsberger Musikleben. A. war von 1786 bis zu ihrem Tod (1787) Gesellschafter der Prinzipalin Johanna Caroline Schuch. Seit 1799 scheint A. nicht mehr aufgetreten zu sein; er lebte in Danzig, wo er als Besitzer einer Brauerei starb. Ackermann, Konrad (Ernst), Schauspieler, Theaterleiter, * 1. 2. 1712 (1710 ?) Schwerin, † 13. 11. 1771 Hamburg. Seit 1740 Mitglied der Theatertruppe Johann Friedrich → Sch¨onemanns, schloß sich A. 1742 der neugegr¨undeten Gruppe seiner sp¨ateren Frau Sophie Charlotte Schroeder (→ Ackermann) an und spielte nach der Aufl¨osung des Unternehmens mehrere Jahre in Danzig, St. Petersburg und Moskau. 1753 gr¨undete er mit seiner Frau in K¨onigsberg die „Ackermannsche Theatergesellschaft“, der u. a. auch sein Stiefsohn Friedrich Ludwig → Schroeder angeh¨orte. 1755 trat er in Kontakt mit → Lessing, dessen Miß Sara Sampson er im selben Jahr in Frankfurt / Oder urauff¨uhrte. W¨ahrend des Siebenj¨ahrigen Kriegs trat A. in Z¨urich und Basel auf; seit 1764 lebte er in Hamburg, wo er 1765 das Schauspielhaus auf dem G¨ansemarkt erbaute, das 1767 aus Geldmangel an ein B¨urgerkonsortium u¨ bergeben wurde. Durch seinen aus dem englischen Drama entwickelten Realismus beeinflußte er die darstellende Kunst seiner Zeit. Auch die beiden T¨ochter Dorothea und Charlotte → A. waren erfolgreiche SchauC NDB spielerinnen. Ackermann, Leopold, auch Petrus Fourerius, kath. Theologe, * 17. 11. 1771 Wien, † 9. 9. 1831 Wien. A. trat 1790 in das Stift der regulierten Chorherren in Klosterneuburg ein, studierte Theologie in Wien und wurde 1795 zum Priester geweiht. Am Wiener Stiftshof lehrte er orientalische Sprachen, biblische Arch¨aologie und Hermeneutik; seit 1800 war er auch Stiftsbibliothekar. 1802 wurde A. promoviert und 1807 zum Prof. der alttestamentlichen Theologie an der Univ. Wien ernannt. Zu seinen Schriften z¨ahlt u. a. Archaeologia biblica (1826). Ackermann, Max, Maler, * 5. 10. 1887 Berlin, † 14. 11. 1975 Bad Liebenzell / Schwarzwald. A., Sohn eines Bildhauers, war seit 1906 Sch¨uler der Kunstschule Weimar (bei Henry van der Velde), 1908-10 der Dresdner (bei Richard → M¨uller) und der M¨unchner Kunstakademie (bei Franz von → Stuck). Seit 1912 arbeitete er mit Adam Hoelzel zusammen und war von 1918 / 19 an Mitglied des „Blauen Reiter“. W¨ahrend eines Paris-Aufenthaltes traf er 1926 Piet Mondrian und den Architekten Adolf → Loos und lernte 1928 in Stuttgart Wassily → Kandinsky kennen. 1933 belegten ihn die Nationalsozialisten mit Ausstellungsverbot, 1936 mit Lehrverbot. A. verlegte daraufhin seinen Wohnsitz an den Bodensee; 1937 erfolgte die Beschlagnahme von Graphiken und des Gem¨aldes Ruhende in der W¨urttembergischen Staatsgalerie. Sein Stuttgarter Atelier, in dem sich einige seiner fr¨uhen Werke befanden, wurde 1943 durch einen Bombenangriff v¨ollig zerst¨ort. 1948 wurde A. Mitglied der Stuttgarter Secession. W¨ahrend das graphische Werk bis zuletzt von naturnahen Arbeiten durchzogen blieb,
Ackermann entwickelte sich seine Malerei seit 1918 konsequent ins Abstrakte. In den zwanziger Jahren entstanden auch sozialkritische Bilder (Inflationskinder, 1923); sein Sp¨atwerk n¨aherte sich der Farbfeldmalerei. C AKL
Ackermann, Oskar, evang. Theologe, * 19. 10. 1836 Leipzig, † 6. 10. 1913 Dresden. A. wurde 1861 Katechet an einer Heilanstalt, 1862 Religionslehrer am Gymnasium in Zwickau und 1866 an der F¨urstenschule in Meißen. Seit 1883 Superintendent von Meißen, wurde er 1888 zum Oberkonsistorialrat ernannt und bekleidete 1898-1910 das Amt des Oberhofpredigers in Dresden. Er war Pr¨asident des evangelisch-lutherischen Landeskonsistoriums, Mitglied der ersten Kammer der s¨achsischen St¨andeversammlung und des Deutschen evangelischen Kirchenausschusses.
Ackermann, Otto, Maler, * 14. 2. 1872 Berlin, † 8. 11. 1956 Krailling. A. erhielt seine Ausbildung bei dem Berliner Marinemaler Hermann → Eschke und unternahm Studienreisen nach Belgien, Italien und Holland. 1904 und 1906 stellte er in Dresden, Berlin, M¨unchen und seiner Wahlheimat (seit 1897) D¨usseldorf aus. A. malte vor allem Motive vom Niederrhein (Wolken u¨ ber der Heimat) sowie von den holl¨andischen und belgischen K¨usten; die Galerie in Barcelona erwarb sein Gem¨alde In den D¨unen. C AKL Ackermann, Otto, Dirigent, * 5. (18.) 10. 1909 Bukarest, † 9. 3. 1960 Wabern (Kt. Bern). Bereits 1924 dirigierte A. die K¨oniglich Rum¨anische Oper auf einer Tournee, studierte 1926-28 an der Hochschule f¨ur Musik in Berlin Klavier und Musiktheorie und trat dann eine Stelle als Korrepetitor und Kapellmeister an der D¨usseldorfer Oper an. 1932 wurde er Erster Kapellmeister und Opernregisseur am Deutschen Theater in Br¨unn, drei Jahre sp¨ater am Berner Stadttheater; er unternahm zahlreiche Konzertreisen nach Italien, Frankreich und Spanien. Seit 1947 war A. Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper, von 1952 an der St¨adtischen B¨uhnen K¨oln; daneben blieb er bis zu seinem Tod Dirigent am Stadttheater Z¨urich. A. wurde vor allem durch seine → Wagner-Interpretationen bekannt. C BHdE, Bd 2 Ackermann, Rudolf, Industrieller, Kunsth¨andler, * 20. 4. 1764 Stollberg / Erzgebirge, † 30. 4. 1834 Finchley (heute zu London). Von Beruf Sattler und Wagenbauer, durchwanderte A., Sohn eines Sattlermeisters, Europa und ließ sich sp¨atestens 1786 in London nieder, wo er 1796 eine Kunsthandlung und eine Manufaktur f¨ur Farben gr¨undete. Seit 1801 begann er mit der Produktion von mit Gummil¨osung impr¨agniertem Papier und Stoff f¨ur den Malerbedarf. 1809-29 gab A. die Kunstzeitschrift „Repository of Arts, Litterature, Commerce, Manufactures, Fashions and Politics“ (40 Bde.) heraus, die als Vorl¨auferin illustrierter Zeitschriften und Magazine gelten kann. Seit 1817 illustrierte er sie mit Hilfe des von Aloys → Senefelder u¨ bernommenen lithographischen Verfahrens und f¨uhrte damit in Großbritannien die Kunst des Steindrucks ein. C NDB
Ackermann, Sophie, geb. Tschorn, Schauspielerin, * um 1760 Celle, † 4. 7. 1815 Weimar. A., seit 1779 auf der B¨uhne t¨atig, heiratete 1780 ihren Kollegen Ackermann, der jedoch kein Mitglied der ber¨uhmten Familie gleichen Namens war. 1783 kam sie als Schauspielerin und Operns¨angerin an den Weimarer Hof und wurde angeblich von → Goethe und → Schiller hoch gesch¨atzt. Christian August → Vulpius schrieb Gedichte u¨ ber sie. 1791 verließ A. mit ihrem Mann Weimar, kehrte aber nach dem Tod ihrer Familie 1811 dorthin zur¨uck.
Ackermann, Sophie Charlotte, geb. Biereichel, verw. Schroeder, Schauspielerin, * 12. 5. 1714 Berlin, † 13. 10. 1792 Hamburg. Seit 1739 Mitglied der Theatergruppe Johann Friedrich → Sch¨onemanns, gr¨undete A. 1742 eine eigene Truppe, die sich 1744, im Todesjahr ihres ersten Mannes, des Organisten Johann Dietrich Schr¨oder, aufl¨oste. 1746 hielt sie sich in Danzig auf, sp¨ater in St. Petersburg und Moskau, wo sie Konrad Ernst → Ackermann 1749 heiratete. Nach seinem Tod leitete sie als Prinzipalin bis 1780 die Ackermannsche Theatergesellschaft. Nach Beendigung ihrer Schauspielerkarriere 1772 k¨ummerte sie sich um die Ausbildung des Nachwuchses. A. f¨uhlte sich als Nachfolgerin der → Neuberin, verf¨ugte u¨ ber ein breites Rollenrepertoire und spielte u. a. Lady Marwood in der Urauff¨uhrung von → Lessings Miß Sara Sampson (1755). Sie war die Mutter von Dorothea und Charlotte → A. C NDB Ackermann, Theodor, Verleger, Buchh¨andler, Antiquar, * 29. 1. 1827 Dessau, † 10. 6. 1911 M¨unchen. Der Sohn eines Buchh¨andlers erlernte 1842-46 in Leipzig den v¨aterlichen Beruf und arbeitete 1847-57 in verschiedenen Buchhandlungen in Wien und Berlin. Ein in Salzburg erworbenes Buchgesch¨aft verkaufte er 1863 wieder, um 1865 ein in Konkurs geratenes Antiquariat in M¨unchen zu u¨ bernehmen. Diesem Betrieb schloß A. eine Sortimentsbuchhandlung sowie einen eigenen wissenschaftlichen und ¨ einen Lehrbuch-Verlag an. Wie 1859 in Osterreich, engagierte er sich 1879 in Bayern in den Verhandlungen zur Gr¨undung berufsst¨andischer Interessenvertretungen. Er f¨orderte die Gr¨undung des Bayerischen und des M¨unchner Buchh¨andlervereins und war langj¨ahriger Vorsitzender beider K¨orperschaften. Ackermann, Werner, Pseud. Robert Landmann, Rico Gala, W. A. Fieldmann, Schriftsteller, * 28. 12. 1892 Antwerpen, † Mai 1982 Mbabane (Swasiland). A. wuchs in Antwerpen auf und studierte in Berlin jeweils zwei Semester an der Journalistischen Hochschule und der Universit¨at. 1913 / 14 war er Schriftleiter beim Touring-Club Suisse, nahm am Ersten Weltkrieg teil und arbeitete 1920-23 als Buchh¨andler und Verleger in Berlin. 1923-25 war er Mitbesitzer des K¨unstlertreffs und Kurhauses „Monte Verit`a“ bei Ascona, das er in einem gleichnamigen Roman (1930, u¨ berarb. und erg. Neuaufl. 1979) beschrieb. A. ver¨offentlichte eine Reihe von Dramen (u. a. Lotterie, 1926; Flucht nach Shanghai, 1928) sowie den Roman Wehe dem Sieger (1932), dessen erste Auflage unter den Nationalsozialisten vernichtet wurde (Neufassung 1947 unter dem Titel Matteotti besiegt Mussolini). Seit 1929 lebte A. als freier Schriftsteller in Berlin, emigrierte 1933 u¨ ber die T¨urkei und Spanien nach Belgien, verfaßte H¨orspiele, u¨ bersetzte fl¨amische und holl¨andische Werke ins Deutsche und schrieb f¨ur Zeitungen (u. a. „National-Zeitung“ in Basel). 1940 bei der Besetzung ¨ Belgiens als Ubersetzer zum Kriegsdienst eingezogen, wurde er 1941 wegen politischer Unzuverl¨assigkeit entlassen, 1942 jedoch erneut einberufen. Nach amerikanischer Kriegsgefangenschaft (1944-46) lebte A. zun¨achst in Weinheim / Bergstraße und seit 1951 in Johannesburg (S¨udafrika). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren auch die Romane Urwald in der großen Stadt und Khirimpana (beide 1956). C DLL, 20. Jh.
Ackermann, (Friedrich) Wilhelm, Mathematiker, * 26. 3. 1896 Sch¨onebecke (heute zu Herscheid), † 24. 12. 1962 L¨udenscheid. A. studierte in G¨ottingen (Dr. phil. 1924, Begr¨undung des ‚tertium non datur‘ mittels der Hilbertschen Theorie der Widerspruchsfreiheit), 1925 in Cambridge, war seit 1928 Gymnasiallehrer und wurde 1953 Prof. an der Univ. M¨unster. Er
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Acklin ver¨offentlichte Arbeiten zur mathematischen Grundlagenforschung (Beweise der Widerspruchsfreiheit der Zahlentheorie, Axiomensystem der Mengenlehre), zur mathematischen Logik (u. a. u¨ ber Entscheidungsverfahren und das Entscheidungsproblem) und zur Theorie der rekursiven Funktionen. A. ver¨offentlichte u. a. Grundz¨uge der theoretischen Logik (1928, 21946, mit David → Hilbert) und Ein System der typenfreien Logik (1941).
Acklin, Peter, schweizer. Redakteur, Politiker, * 21. 2. 1821 Herznach (Kt. Aargau), † 2. 12. 1879 Laufenburg (Kt. Aargau). Der Sohn eines Schreiners studierte 1845-47 in M¨unchen Rechtswissenschaften. Anschließend wurde er Redakteur des „Schwyzer Volksblatts“ und 1849 der „Schwyzer-Zeitung“. 1861 wechselte er zur „Schweizer Zeitung“ und gr¨undete dann die „Neue Schweizer Zeitung“ (Baden, 1863-66). 1862-68 war A. Großrat in Aargau, 1863-66 Nationalrat, 1868-77 Gerichtssubstitut in Baden und 1877-79 Bezirksamtmann in Laufenberg.
Ackner, Johann Michael, Arch¨aologe, * 25. 1. 1782 Sch¨aßburg, † 12. 8. 1862 Hemmersdorf. Nach dem Studium in Wittenberg und G¨ottingen (seit 1805) trat A. eine umfangreiche Studienreise durch Europa an und ließ sich 1808 als Gymnasiallehrer f¨ur Philologie und Arch¨aologie in Hermannstadt nieder. Seit 1821 war er Pfarrer der evang. Gemeinde Hammersdorf. 1832-47 unternahm A. weitere Reisen und publizierte eine Reihe arch¨aologischer und naturhistorischer Abhandlungen u¨ ber die r¨omischen Inschriftengebiete, Mineralien und Versteinerungen Siebenb¨urgens (u. a. Mineralogie Siebenb¨urgens mit geognostischen Andeutungen, 1847-55, Die r¨omischen Inschriften in Dacien, 1865). 1851 wurde A. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Seine private Sammlung galt bei reisenden Wissenschaftlern als Attraktion und ging nach seinem Tod in den Besitz des naturwissenschaftlichen Vereins von Hermannstadt u¨ ber. C ADB
Acoluth, Andreas, Orientalist, * 16. 3. (6. 3. ?) 1654 Bernstadt (Niederschlesien), † 4. 11. 1704 Breslau. Der Sohn Johann → A.s erlernte w¨ahrend der Schulzeit bei August → Pfeiffer in Breslau die klassischen und die wichtigsten semitischen Sprachen und vervollst¨andigte seine Sprachkenntnisse w¨ahrend des Studiums in Wittenberg, so daß A. fast alle damals bekannten Sprachen des Orients beherrschte. In Breslau erhielt er Unterricht in Astrologie, unterrichtete Hebr¨aisch in Wittenberg und studierte in Leipzig Rechtswissenschaften und moderne europ¨aische Sprachen (Magister 1676). Seit 1683 stand A. im Breslauer Kirchendienst und war seit 1689 Hebr¨aischlehrer am dortigen Gymnasium. F¨ur sein Expos´e zu einer viersprachigen Koranausgabe (Specimen alcorani quadrilinguis, 1701) wurde er in die Berliner Akademie aufgenommen. A. stand in gelehrtem Briefwechsel mit Gottfried Wilhelm → Leibniz; er C NDB trat auch als Kirchenlieddichter hervor.
Acoluth, Benjamin, Jurist, * 1. 2. 1693 Breslau, † 5. 2. 1759 Bautzen. Der Sohn des Orientalisten Andreas → A. studierte in Leipzig und in seiner Heimatstadt Theologie, wurde 1715 Magister und 1720 Mittagsprediger an der Hieronymuskirche in Breslau. Er legte jedoch aus gesundheitlichen Gr¨unden 1721 dieses Amt nieder und studierte Rechtswissenschaften in Halle, wurde Auditor in s¨achsischen Diensten, bald darauf General-Auditor-Leutnant und Kriegsrat und schließlich General-Auditor. Er verfaßte u. a. De claris quibusdam Zachariis (o. J.).
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Acoluth, Johann, evang. Theologe, * 5. 12. 1628 Glausche bei Namslau (Niederschlesien), † 3. 5. 1689 Wittenberg. In Breslau und Danzig studierte A. bei Abraham → Calov und Eichstedt Theologie und erlernte die polnische Sprache. An den Universit¨aten K¨onigsberg, Wittenberg, Leipzig und Straßburg erwarb er Kenntnisse orientalischer Sprachen und war 1652 Substitut seines Vaters, des Pastors in Domslau im Breslauischen. Sp¨ater wurde er polnischer Prediger an St. Christophorus in Breslau, 1659 Diakon an St. Elisabeth, 1667 Mittagsprediger und Prof. an Maria Magdalena und 1669 Inspektor der evang.-luth. Kirchen und Schulen in Stadt und F¨urstentum Breslau; an der Univ. Wittenberg wurde er zum Doktor der Theologie promoviert. A., Vater des Andreas → A., ver¨offentlichte u. a. Lucem in tenebris contra pontificios. Acoluth, Karl Benjamin, Jurist, Schriftsteller, * 2. 7. 1726 Pirna, † 29. 12. 1800 Bautzen. A. studierte in Zittau, seit 1746 in Wittenberg Theologie, wurde 1748 Magister, ging 1750 nach Leipzig, kehrte aber noch im selben Jahr nach Wittenberg zur¨uck, wo er 1754 Adjunkt der Philosophischen Fakult¨at und ordentliches Mitglied der Philosophischen Klasse der Kurmainzischen Akademie n¨utzlicher Wissenschaften wurde. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften wurde A. 1757 zum Doktor beider Rechte promoviert und lebte seit 1759 als Rechtskonsulent in Bautzen. Er schrieb neben theologischen und juristischen Abhandlungen auch Anmerkungen u¨ ber das Bierbrauen (1771) sowie lateinische und deutsche Gedichte (Dam¨ot, ein Sch¨afer-Gedicht). Acoluth, Karl Gottlieb Immanuel, Mediziner, Apotheker, * 12. 2. 1776 Zittau, † 8. 5. 1827 Bautzen. A. war bis 1796 Lehrling in der Apotheke seines Stiefvaters, legte 1798 das Gehilfenexamen f¨ur Apotheker ab und trat in das Pharmazeutisch-Chemische Institut Johann Bartholom¨aus → Trommsdorffs in Erfurt ein, um die medizinischen Hilfswissenschaften zu erlernen. Seit 1799 studierte A. an der Univ. Jena Medizin und Chirurgie, wurde zwei Jahre sp¨ater promoviert und ließ sich in Zittau als Arzt nieder. 1809-20 f¨uhrte er die Stadtapotheke in Bautzen und widmete sich danach wieder dem a¨ rztlichen Beruf. A. ver¨offentlichte u. a. die Schrift Bereitungsart des Kupfer-Ammoniaks (1799). C Neuer Nekr, Jg. 5 Acontius, Melchior, eigentl. Volz, Foltz(e), Lyriker, * um 1515 Oberursel / Taunus, † 22. 6. 1569 Allstedt (Th¨uringen). A. studierte 1533 / 34 in Heidelberg, dann bis 1540 in Wittenberg, wo er mit den Dichtern Georg → Sabinus und Jacob → Micyllus befreundet war. Hier scheint ihm Philipp → Melanchthon den Humanistennamen Acontius gegeben zu haben. Um 1540 reiste er nach K¨onigsberg zum Grafen Ludwig von → Stolberg. Er schrieb u. a. die Elegie Epicedion Erasmi Roterodami und die Apotheosis Erasmi (beide vermutlich 1536 entstanden, erst 1540 ver¨offentlicht). C Killy Acronius, Johannes, auch Atrocinianus, mit dem Zunamen Frisius, Astronom, Mediziner, * 1520 (?) Akkrum / Westfriesland, † 18. 10. 1564 Basel. Seit 1542 studierte A. in Basel, wurde 1547 Magister und zugleich Prof. der Mathematik, 1549 auch der Logik und 1564 zum Doktor der Medizin promoviert. Neben lateinischen Gedichten und humanistischen Schriften verfaßte er vor allem mathematisch-astronomische Arbeiten wie De motu terrae. Nach der Hinrichtung seines Freundes David → Joris beschrieb er dessen Thesen in 45 Aphorismen und gab eine Geschichte seines Lebens heraus. Außerdem schrieb er Querela missae (1529) und Miraculorum quorundam eorundem effectuum descriptio (1561). C NDB
Adalbert Adalbero, auch Adelbero, Bischof von Augsburg, † 28. 4. 909, begraben in Augsburg. Von adliger Herkunft, war A. seit 887 Bischof von Augsburg und einer der n¨achsten Ratgeber K¨onig → Arnulfs, den er 895 zur Kaiserkr¨onung nach Rom begleitete und in dessen Auftrag er die Abtei Lorsch reformierte. Unter Arnulfs Sohn → Ludwig dem Kind, den er 893 getauft und danach erzogen hatte, wuchs sein Einfluß auf die Reichsgesch¨afte weiter; er galt als die rechte Hand des K¨onigs. Ludwig bezeichnet ihn in Urkunden als „getreuesten Erzieher“, „geliebten Lehrer“ und „geistlichen Vater“. Mehrmals besuchte er das Kloster St. Gallen, dem er materielle Zuwendungen machte. Zeitgenossen wie → Regino von Pr¨um und → Gerhard von Augsburg r¨uhmten A.s Klugheit, seine wissenschaftliche Bildung und musikalische Begabung. Der sp¨atere Bischof → Ulrich von Augsburg war sein K¨ammerer. C LexMA Adalbero, Erzbischof von Hamburg-Bremen, † 25. 8. 1148 Bremen. Mindestens seit 1101 war A. Kanoniker in Bremen. 1123 wurde er zum Erzbischof von Bremen-Hamburg geweiht. A. behauptete den Primat der Bremer Kirche u¨ ber die skandinavischen L¨ander und erreichte 1133 eine Anerkennung seiner Metropolitanrechte. 1137 wurde jedoch Eskil zum Erzbischof von Lund und 1139 trotz heftiger Proteste zum Apostolischen Vikar ernannt. A. bem¨uhte sich um die Missionierung der Slawen und u¨ bertrug → Vicelin 1126 die Missionierung der Wenden in Wagrien. 1147 nahm er an einem Kreuzzug gegen die Slawen teil. Wegen des Streits mit Herzog → Heinrich dem L¨owen um die Grafschaft Stade wurde er l¨angere Zeit in L¨uneburg gefangengehalten. C BBKL
Adalbero, Herzog von K¨arnten, † 28. 11. 1039 Ebersberg. Seit 1000 war A. als Nachfolger seines Vaters Markwart III. von Eppenstein Markgraf der Karantanischen Mark und wurde 1012 von → Heinrich II. unter Umgehung der Anspr¨uche des Saliers → Konrad des J¨ungeren zum Herzog von K¨arnten ernannt. 1019 trug dieser bei Ulm gemeinsam mit seinem Vetter, dem sp¨ateren Kaiser → Konrad II., einen Sieg u¨ ber A. davon. 1027 schien sich das Verh¨altnis zu den Saliern wieder gebessert zu haben, A. war Schwerttr¨ager des Kaisers auf der Synode in Frankfurt. 1035 erwirkte dieser wohl wegen A.s selbst¨andiger Politik gegen¨uber Ungarn und einigen Adligen im ostbayerischen Raum jedoch seine Absetzung und Verbannung durch Spruch des F¨urstengerichts; K¨arnten kam an Konrad d. J., die Karantanische Mark an Arnold von Lambach. A.s Versuch, K¨arnten mit kroatischer Hilfe zur¨uckzuerobern, scheiterte; er zog sich mit dem verbliebenen reichen Allodialverm¨ogen auf den Stammsitz seiner Mutter nach Ebersberg zur¨uck. C LexMA
Adalbero I., Bischof von Metz, † 26. 4. 964 St. Truiden / St. Trond (Di¨ozese L¨uttich). A. war der Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Aachen und wurde 929 Bischof von Metz. Er gab der lothringischen Klosterreform durch die Ver¨anderungen, die er im Kloster Gorze 933 durchf¨uhrte, einen starken Impuls. Bis 960 reformierte er mehrere Abteien in Metz und war selbst Abt in St. Trond, das altes Metzer Eigenkloster war. Im lothringischen Aufstand verteidigte er Metz gegen → Otto I. und vermittelte mit Herzog → Konrad von Lothringen den Frieden zwischen Hugo dem Großen und Ludwig IV. Als Begr¨under der Gorzer Reform galt A. als „Vater“ der M¨onche. C LexMA
Adalbero II., Bischof von Metz, † 14. 12. 1005. Der Sohn Herzog Friedrichs von Oberlothringen erhielt seine Erziehung im Kloster Gorze. 984 wurde er zum Bischof von Verdun und im selben Jahr zum Bischof von Metz geweiht. Er war f¨ur die lothringische Reform t¨atig und ließ die 984 zerst¨orte Abtei St. Symphorian in Metz wieder aufbauen; 995 gr¨undete er die Frauenkl¨oster St. Marien und St. Goeric
in Epinal und wandelte das Stift Neum¨unster bei Ottweiler / Saar in ein Benediktinerinnenkloster um. Auf dem Konzil zu Mainz 1004 unterst¨utzte er → Heinrich II. bei seinem Vorgehen gegen Verwandtenehen. Eine Vita A.s schrieb Constantin, Abt von Symphorian, ein Neffe → Adalberos I. C LexMA
Adalbero III., Bischof von Metz, † 13. 11. 1072. A., Sohn des Grafen Friedrich von Luxemburg, wurde 1047 zum Bischof von Metz geweiht. Er war Erzieher des Bruno von Toul und bei dessen Wahl zum Papst (→ Leo IX.) 1048 in Worms anwesend; er begleitete ihn nach Rom und u¨ bernahm Funktionen bei den Konzilien Leos IX. in Reims, Mainz und Rom. A., der von → Heinrich IV. die Grafschaft Saarbr¨ucken erhielt, gr¨undete 1070 das Chorherrenstift St. Sauveur, wo er begraben wurde. C LexMA Adalbero, Bischof von W¨urzburg, * um 1010 / 15, † 6. 10. 1090 Lambach. A. war der letzte Graf von Lambach-Wels, wurde in der Domschule zu W¨urzburg ausgebildet und 1045 von → Heinrich III. zum Bischof von W¨urzburg ernannt. Er bem¨uhte sich besonders um die Reform und Neugr¨undung von Kl¨ostern und f¨orderte den Dombau. Von 1057 an hielt er sich h¨aufiger am K¨onigshof auf, vertrat jedoch im Kampf zwischen Gregor VII. und → Heinrich IV. die Position des Papstes und war deshalb vielfach Verfolgungen ausgesetzt. 1077 war er an der Wahl des Gegenk¨onigs → Rudolf von Rheinfelden beteiligt, er wurde aus W¨urzburg vertrieben und 1085 von der Mainzer Synode gebannt und abgesetzt. Im Jahr darauf kehrte er f¨ur kurze Zeit nach W¨urzburg zur¨uck. A. gilt als Erbauer des W¨urzburger Doms und der Neum¨unsterkirche. Er verteidigte die Rechte W¨urzburgs in den Differenzen mit Fulda (1049) und Bamberg (1052), reformierte und gr¨undete Reformkl¨oster. Nach seiner zweiten Vertreibung aus W¨urzburg zog er sich auf sein Stammschloß, das er in ein Benediktinerkloster umwandelte, zur¨uck. A. wurde 1883 heiliggesprochen. C LexMA
Adalbert, Prinz von Bayern, Historiker, Diplomat, * 3. 6. 1886 M¨unchen, † 29. 12. 1970 M¨unchen. Der Sohn des Prinzen Ludwig Ferdinand von Bayern und der Infantin Maria von Spanien nahm als Offizier am Ersten Weltkrieg teil. Danach studierte er Geschichte und Kunstgeschichte an der Univ. M¨unchen und wurde mit einer Arbeit u¨ ber die Geschichte der wittelsbachisch-habsburgischen Beziehungen promoviert. Er publizierte historische Abhandlungen, Biographien (Eugen Beauharnais, der Stiefsohn Napoleons, 1940) und Familienchroniken. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er der erste Pr¨asident des neugegr¨undeten Bayerischen Roten Kreuzes. A., der 1950 eine deutschspanische Gesellschaft in M¨unchen gr¨undete, ging 1952 als erster Botschafter der Bundesrepublik Deutschland nach Spanien. Seit 1956 war er schriftstellerisch t¨atig. Adalbert, ostfr¨ankischer Graf, † 9. 9. 906 Theres. A. entstammte dem Haus der sog. a¨ lteren Babenberger. Sein Vater Heinrich diente Kaiser → Karl III. als Heerf¨uhrer. A. war in Besitz mehrerer Grafschaften an Main und Werra und seit 897 in der sog. Babenberger Fehde Gegenspieler der hessisch-rheinfr¨ankischen Konradiner im Kampf um die Vorherrschaft in Franken. Zun¨achst milit¨arisch erfolgreicher als seine Gegner, u. a. in der Auseinandersetzung mit Kon¨ bei Fritzlar, mußte er sich 906 nach Belagerung rad d. A. ¨ seiner Burg Theres durch k¨onigliche Truppen ergeben. Uber A. wurde die Reichsacht verh¨angt. Nach seiner Enthauptung wurde Ostfranken K¨onigsland. C LexMA
Adalbert, Erzbischof von Hamburg-Bremen, * um 1000, † 16. 3. 1072 Goslar. Aus dem th¨uringischen Grafengeschlecht Goseck stammend, besuchte A. die Domschule in Halberstadt, wurde dort Dom-
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Adalbert herr und 1032 Dompropst. → Heinrich III. ernannte ihn 1043 zum Erzbischof von Hamburg-Bremen; das Angebot Heinrichs III., ihn Ende 1046 auf der Synode zu Sutri zum neuen Papst zu erheben, lehnte er ab. 1053 erhielt er von Leo IX. die Titel p¨apstlicher Legat und Vikar f¨ur den Norden. Sein Plan, mit der Schaffung eines nordischen Patriarchats die Gr¨undung nationaler Erzbist¨umer in Skandinavien zu verhindern, scheiterte am Widerstand des Reformpapsttums in Rom. Seine Missionare gelangten bis nach Finnland, den Orkney-Inseln, Island und Gr¨onland. 1060 errichtete A. die Bist¨umer Ratzeburg und Mecklenburg. Seit 1062 befand er sich fast st¨andig am Hof des jungen K¨onigs → Heinrich IV.; er verdr¨angte seinen Gegenspieler Erzbischof → Anno von K¨oln und nutzte seine Position als Vormund des K¨onigs zum Vorteil seiner Kirche in den territorialen Auseinandersetzungen mit den Billungern. 1066 wurde A. von einer F¨urstenopposition gest¨urzt und vom K¨onigshof entfernt, zu dem er erst 1069 wieder zugelassen wurde. Seine Vita schrieb → Adam I. von Bremen. C SHBL, Bd 1
Adalbert, Erzbischof von Magdeburg, † 20. 6. 981 Zscherben bei Halle / Saale. Der aus Lothringen stammende A. war seit etwa 950 in der Kanzlei des Erzbischofs von K¨oln t¨atig und wurde 953 von → Otto I. als Schreiber u¨ bernommen. 958 trat er in das Benediktinerkloster St. Maximin bei Trier ein, das seit 934 der Reformbewegung angeh¨orte und 937 die meisten M¨onche f¨ur das neue Missionszentrum im Osten, das Magdeburger Moritzkloster, stellte. Auf Rat Erzbischof → Wilhelms von Mainz wurde er 961 als Missionsbischof nach Rußland geschickt, kehrte aber 962 ohne Erfolg zur¨uck. Danach war A. in der Kanzlei → Ottos II. t¨atig. 966 wurde er als Abt des Klosters Weißenburg im Elsaß eingesetzt, wo er die Chronik des → Regino von Pr¨um von 907 bis 967 fortf¨uhrte. 968 wurde er auf der Synode von Ravenna zum ersten Erzbischof von Magdeburg erhoben. A. machte sich um die Gr¨undung der Magdeburger Bischofsschule verdient; er war in der kirchlichen Organisation des Bistums und in der Mission der Wenden aktiv. Die Anf¨ange der Magdeburger Geschichtsschreibung geht vermutlich auf A. zur¨uck. C VL
Adalbert I., Erzbischof von Mainz, † 23. 6. 1137 Mainz. Der Sohn des Grafen Siegbert von Saarbr¨ucken leitete seit 1106 als erster Kanzler → Heinrichs V. dessen Verhandlungen im Investiturstreit mit Papst Paschalis II., trat aber kurz nach seiner Belehnung mit dem Erzbistum Mainz 1111 auf die Seite der Kurie und wurde daraufhin von Heinrich V. in Haft genommen und abgesetzt. Auf Betreiben der Mainzer B¨urger wurde er 1115 wieder freigelassen und in K¨oln von → Otto von Bamberg zum Erzbischof geweiht. Er schloß sich der F¨urstenopposition und der kirchlichen Reformpartei im Kampf gegen Heinrich V. an, dem er sich auch nach wiederholter Vertreibung aus Mainz nicht unterwarf. Nach dessen Tod bewirkte er 1125 in antisalischem und antistaufischem Sinn die Wahl → Lothars von S¨upplingenburg zum K¨onig. A. begr¨undete durch zahlreiche Erwerbungen den Mainzer Territorialstaat und gab der Stadt Mainz ihr erstes Freiheitsprivileg. C LexMA
Adalbert II., Erzbischof von Mainz, † 17. 7. 1141 Erfurt. Von seinem Oheim → Adalbert I. von Mainz unterst¨utzt, erhielt A. in Mainz, Hildesheim, Reims, Paris und Montpellier seine Ausbildung. 1128 wurde er – ohne Priesterweihe – Propst von St. Marien in Erfurt und Stiftspropst von St. Peter und St. Stephan in Mainz. Nach dem Tod des Oheims 1137 wurde er 1138 auf Vermittlung seines Schwagers → Friedrich von Schwaben und dessen Bruders K¨onig → Konrad III. zum Erzbischof von Mainz gew¨ahlt, nachdem er tags zuvor in Bamberg zum Priester geweiht worden war.
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In den ersten Jahren seiner Regierung war er Anh¨anger der Staufer, 1141 suchte er Kontakt zu den aufst¨andischen Welfen. C NDB ¨ Adalbert der Siegreiche, Markgraf von Osterreich, † 26. 5. 1055 Melk. Der Sohn des Babenbergers → Leopold I. folgte 1018 seinem Bruder → Heinrich I. in der Markgrafenw¨urde. Unter Kaiser → Heinrich III. griff er mit seinem Sohn → Leopold erfolgreich in die Auseinandersetzungen des deutschen K¨onigs mit Ungarn, B¨ohmen und Polen ein. Das Gebiet des heutigen Nieder¨osterreich konnte dadurch in das Reich einbezogen werden; 1039-41 erreichte A. im Kampf gegen B¨ohmen-M¨ahren die Thaya. Diese sogenannte B¨ohmische Mark wurde wie die als Neumark von Ungarn zur¨uckeroberten Gebiete unter seinem Sohn → Ernst mit der Ost¨ mark vereinigt. Die Mark Osterreich erreichte unter A. den gr¨oßten Gebietszuwachs; es folgte ein intensiver Siedlungsausbau in Form von Angerd¨orfern. C NDB
Adalbert, Bischof von Pommern, † 3. 4. 1163 / 64. Der M¨onch A. des Klosters Michelsberg bei Bamberg war Kaplan am Hof des polnischen Herzogs Bolesław III. 1124. 1128 / 29 begleitete er Bischof → Otto von Bamberg als Berater und Dolmetscher auf dessen Missionsreise in Pommern. 1128 weihte dieser ihn zum Priester in Wollin und bestimmte ihn zum Bischof von Pommern. Nach dem Tod Ottos 1139 weihte Papst Innozenz II. pers¨onlich 1140 A. zum ersten Bischof des exemten Bistums Pommern mit Sitz in Wollin. 1147 konnte er das Stettin belagernde Kreuzheer unter Bischof Heinrich von M¨ahren zum kampflosen R¨uckzug bewegen, der Wendenkreuzzug brachte ihn aber in Abh¨angigkeit vom Erzbistum Magdeburg. Von Herzog Ratibor I. und den Pr¨amonstratensern unterst¨utzt, erzielte er Erfolge in der Missionierung. 1153 gr¨undete er das erste Kloster Pommerns, die Benediktinerabtei Stolpe a. d. Peene. C LexMA
Adalbert, Bischof von Prag, * um 956 Libice, † 23. 4. 997. Der Sohn der b¨ohmischen F¨urstenfamilie Slavnik wurde 972-81 an der Domschule in Magdeburg erzogen und nahm statt seines Taufnamens Voytech den seines Firmpaten, des Magdeburger Erzbischofs, an. Seit 983 war er Bischof von Prag, verzichtete jedoch 988, weil er sich gegen die halbheidnische Bev¨olkerung nicht durchsetzen konnte, und trat in das Kloster St. Bonifatius und Alexius in Rom ein. 992 ging er auf Dr¨angen des Mainzer Metropoliten nach Prag zur¨uck, gr¨undete dort die Benediktinerabtei Brebnow, verließ jedoch nach einem Bruch mit Herzog Bolesław Prag wieder. 994 / 95 begab er sich nach Aachen zu K¨onig → Otto III. und von dort aus abermals in das r¨omische Kloster. Sein Versuch einer R¨uckkehr nach B¨ohmen scheiterte, so daß er sich im Juli 996 f¨ur einige Monate nach Ungarn an den Hof des Herzogs Stephan begab. Nach seiner R¨uckkehr begann er mit Unterst¨utzung Herzog Bolesław Chrobrys die Missionst¨atigkeit unter den slawischen Lutizen und baltischen Prussen; sie endete nach wenigen Tagen mit seinem M¨artyrertod. A. wurde 999 heiliggesprochen; seine Reliquien gelangten 1039 nach Prag. Seit Ende des 11. Jh. wird er auch als Patron Polens verehrt. C LexMA Adalbert Heinrich Wilhelm, Prinz von Preußen, Milit¨ar, * 29. 10. 1811 Berlin, † 6. 6. 1873 Karlsbad. Der Neffe K¨onig → Friedrich Wilhelms III. lehnte 1831 die ihm angebotene griechische Krone ab und diente 1832-54 bei der Artillerie, deren Inspekteur er 1843 wurde. Als im Krieg gegen D¨anemark 1848 die preuß. Unterlegenheit zur See offensichtlich wurde, verfaßte er die popul¨ar gewordene Denkschrift u¨ ber die Bildung einer deutschen Flotte und u¨ bernahm auf Wunsch des Reichsverwesers Erzherzog → Johann
Adalhard den Vorsitz in der Reichsmarinekommision in Frankfurt. Seit 1849 war A. Oberbefehlshaber der preuß. Marine, von 1854 an Admiral; nach Kriegsende 1871 wurde er zum Generalinspekteur der Marine ernannt, hatte aber in dieser Stellung nur noch beratenden Einfluß. Der Erwerb des Jadebusens durch Preußen, an dem sp¨ater Wilhelmshaven entstand, ist auf A. zur¨uckzuf¨uhren. C NDB
Adalbert II. von B¨ohmen, Erzbischof von Salzburg, * 1145 / 46, † 8. 4. 1200 Salzburg. A. wurde in der von seinem Vater, dem Herzog und sp¨ateren K¨onig Wladislaw II. von B¨ohmen und Vetter Kaiser → Friedrichs I., gegr¨undeten Pr¨amonstratenserabtei Strahov in Prag erzogen. 1168 zum Erzbischof von Salzburg gew¨ahlt, 1169 geweiht, wurde er jedoch, da er nicht um die Belehnung mit den Regalien ersuchte, als Anh¨anger Papst Alexanders III. von Kaiser → Friedrich I. Barbarossa, seinem Vetter, zur Resignation gezwungen. Auf dem Reichstag zu Regensburg 1174 erfolgte mit der Wahl des Propstes Heinrich von Berchtesgaden zum Erzbischof von Salzburg A.s Absetzung. Beide mußten bei den Friedensverhandlungen 1177 in Venedig – auch auf Dr¨angen des Papstes – zugunsten → Konrads von Wittelsbach verzichten. Als man diesen auf seinen fr¨uheren erzbisch¨oflichen Stuhl von Mainz zur¨uckberief, wurde A. erneut zum Erzbischof von Salzburg gew¨ahlt und 1183 inthronisiert. Das Verh¨altnis zu Friedrich I., zu dessen Nachfolger sowie zur Kurie blieb in dieser zweiten Amtszeit ungetr¨ubt, auch weil A. in der Reichspolitik keine herausragende Rolle spielte. Im Kampf um die Salzbergwerke ließ er 1196 Reichenhall niederbrennen und die Hallburg errichten. In seine Amtszeit f¨allt zudem die Vollendung des romanischen Doms in Salzburg. C Gatz 1
Adalbert, Max, eigentl. Max Krampf, Schauspieler, * 19. 12. 1874 Danzig, † 7. 9. 1933 M¨unchen. Der aus einer preuß. Offiziersfamilie stammende A. erhielt nach ersten Engagements in L¨ubeck, St. Gallen, N¨urnberg und Wien 1912 eine Anstellung am Kleinen Theater in Berlin. Dort spielte er u. a. unter der Leitung von Viktor → Barnowsky in der deutschen Erstauff¨uhrung von Leo Tolstojs Und das Licht scheint in der Finsternis. Gleichzeitig entwickelte A. sein komisches Talent und gr¨undete 1924 zusammen mit Paul → Morgan und Kurt → Robitschek das „Kabarett der Komiker“. 1931 u¨ bernahm er am Deutschen Theater unter der Regie von Heinz → Hilpert die Titelrolle in Carl → Zuckmayers Der Hauptmann von K¨openick, die zu seinem gr¨oßten Erfolg wurde. Nachdem er bereits seit 1915 u. a. unter Fritz → Lang und Ernst → Lubitsch Rollen in Stummfilmen u¨ bernommen hatte, wurde A. mit Beginn des Tonfilms zu einem der bekanntesten Volksschauspieler. Herausragend war auch hier wieder seine Verk¨orperung der Hauptfigur in Richard → Oswalds Verfilmung des Hauptmanns von K¨openick (1931). C Cinegraph
Adalbold, Bischof von Utrecht, auch Adelbold, Athalbaldus, Albaldus, * um 970, † 27. 11. 1026. A. war um 980-90 Sch¨uler des Bischofs Notger von L¨uttich, um 1000 Scholastikus in L¨uttich oder Lobbes, zeitweilig auch in der Kanzlei → Heinrichs II. t¨atig. 1007 ist er als Archidiakon von St. Lambert in L¨uttich nachgewiesen. 1010 u¨ bertrug ihm der Kaiser das Bistum Utrecht, dessen Besitzungen er in K¨ampfen gegen die Normannen und Lothringer verteidigte und vermehrte. Sp¨ater schloß er sich den aszetischen Ideen der cluniazensischen Richtung an und gr¨undete das Kloster Hohorst. Er wollte selbst M¨onch werden, ließ sich aber dazu bewegen, das Bischofsamt wieder zu u¨ bernehmen. A. war ein bedeutender Mathematiker und verfaßte u. a. einen Kommentar zu Boethius. Ob die Zuweisung der anonym u¨ berlieferten Schrift Desiderio tuo, fili carissime,
mit der A. als musiktheoretischer Autor in Anspruch genommen wurde, gerechtfertigt ist, ist umstritten. W¨ahrend seiner Amtszeit wurde die Martinskirche in Utrecht wieder aufgebaut. C LexMA
Adaldag, Erzbischof von Hamburg-Bremen, * um 900, † 28. / 29. 4. 988 Bremen. Der Verwandte und Sch¨uler Bischof Adelwards von Verden wurde Domherr in Hildesheim, Mitglied der k¨oniglichen Kapelle → Heinrichs I., 936 schließlich Kanzler und Notar → Ottos I. und 937 Erzbischof von Hamburg-Bremen, als welcher er ein einflußreicher Ratgeber der Ottonen blieb. Mit Hilfe gef¨alschter Urkunden vollzog er die endg¨ultige Losl¨osung Bremens von K¨oln und verband die Di¨ozesen Hamburg und Bremen miteinander. Unter ihm erhielt das Bistum 947 / 48 die Suffraganbist¨umer Schleswig, Ripen und Aarhus, 968 auch Oldenburg in Ostholstein. 983 erlitt A.s Mission durch die Zerst¨orung Hamburgs durch die Obotriten und die heidnische Reaktion in D¨anemark R¨uckschl¨age. In Verbindung mit der ottonischen Politik schufen seine Maßnahmen die Grundlage f¨ur die Christianisierung des Nordens. C LexMA
Adalgar, Erzbischof von Hamburg-Bremen, † 9. 5. 909 Bremen. Der wohl aus einem s¨achsischen Adelsgeschlecht stammende A. trat in das Benediktinerkloster Corvey bei H¨oxter ein. Als → Rimbert 865 Erzbischof von Hamburg-Bremen wurde, begleitete er ihn als Gehilfe und sp¨aterer Koadjutor nach Bremen. Seit 888 war er Rimberts Nachfolger. Die weitere Missionsarbeit im Norden wurde ihm aber durch die unsicheren Verh¨altnisse nach dem Normanneneinfall 880 unm¨oglich gemacht. In langwierigen Auseinandersetzungen mit Erzbischof → Hermann von K¨oln um ehemalige, von Papst Nikolaus I. 864 aufgehobene Metropolitanrechte K¨olns konnte er dem Erzbistum seine Unabh¨angigkeit sichern. C LexMA
Adalgoz von Veltheim, Erzbischof von Magdeburg, auch Adelgot, Adalgot, † 12. 6. 1119 Magdeburg. Als geb¨urtiger Graf von Veltheim war A. nahe verwandt mit den Grafen von Groitzsch, Bischof → Burchard II. von Halberstadt und Erzbischof Walter von Magdeburg. Er wurde 1102 Domherr und bald danach Dompropst von Halberstadt. → Heinrich V. ernannte ihn 1107 unter Verstoß gegen das Simonieverbot zum Erzbischof von Magdeburg; es gelang ihm trotzdem, das Pallium vom Papst zu erhalten. Nach 1114 war A. auf antikaiserlicher Seite in den Konflikt Heinrichs V. mit der s¨achsischen Opposition verstrickt. Auch betrieb er einen Kreuzzug gegen die Wenden. Er gr¨undete das Nicolaistift in Magdeburg und das Kloster Neuwerk bei Halle. C NDB Adalhard, Abt von Corbie, * um 751, † 2. 1. 826. Der Vetter → Karls des Großen wurde am Hof Karls erzogen und trat um 770 in das Kloster Corbie bei Amiens ein, hielt sich zeitweilig aber auch in Monte Cassino auf. A. wurde um 780 Abt von Corbie und war als Gesandter (Rom 809) und Missus in Italien (812-14) t¨atig. 814 wurde A. von → Ludwig dem Frommen seiner G¨uter beraubt und in das Kloster St. Philibert auf der Insel Heri an der Loirem¨undung verbannt. 821 durfte er nach Corbie zur¨uckkehren. Gemeinsam mit seinem Halbbruder → Wala gr¨undete er 822 in H¨oxter das Benediktinerkloster Corvey (Neu-Corbie) und f¨ur seine Schwester Theodrada ein Nonnenkloster in Herford nach dem Muster des Marienklosters in Soissons. Das Original der Schrift A.s u¨ ber die Pfalzordnung Karls des Großen De ordine palatii ist verloren, jedoch in der Bearbeitung → Hinkmars von Reims erhalten. C LexMA
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Adalram Adalram, Erzbischof von Salzburg, † 4. 1. 836.
Adam von Fulda, Komponist, Musiktheoretiker,
Erstmals 819 als Archidiakon des Erzstifts Salzburg genannt, trat A. 821 die Nachfolge Erzbischof → Arnos an und erhielt 824 auf Wunsch Kaiser → Ludwigs des Frommen von Eugen II. das Pallium. Er f¨uhrte die Missionsarbeit in Karantanien und Oberpannonien fort; unter ihm konnte in Neutra die erste Kirche der heutigen Slowakei gegr¨undet werden. C NDB
* um 1445 Fulda, † 1505 Wittenberg. A. studierte offenbar in Basel; nach Aufenthalten in Passau und Kloster Vormbach schloß er 1490 seinen Traktat De musica ab. 1491-1501 leitete er die Kantorei Kurf¨urst → Friedrichs des Weisen in Torgau und war 1502 in Wittenberg bei der Gr¨undung der Universit¨at als Dozent eingetragen; er starb an der Pest. Einige seiner Kompositionen waren im 16. Jh. in ganz Deutschland verbreitet, zu mehreren S¨atzen schrieb Hans → Sachs geistliche Texte; sie wurden in evang. Gesangb¨ucher aufgenommen. Von A.s Werken sind eine Messe u¨ ber ein Chanson und zehn Offizien, darunter sieben Hymnen bekannt. Als Musiktheoretiker leitete A. von mittelalterlichen zu humanistischen Musiklehren u¨ ber. C MGG
Adalwin, Abt von St. Emmeram, Bischof von Regensburg, † 4. 10. 816. A., ein Kleriker unbekannter Herkunft, wurde 792 Abt von St. Emmeram und Bischof von Regensburg. Zwischen 802 und 810 war er auch Missus Dominicus. W¨ahrend seines Pontifikats vergr¨oßerte A. den Besitz des Bistums. So erhielt er u. a. 794 von → Karl dem Großen eine Schenkung von Land bei Regensburg. Das bisch¨ofliche Skriptorium erlebte unter A. eine Bl¨utezeit. Politisch galt A. als Anh¨anger Karls des Großen, der ihm wohl zu seinem Bischofsamt verhalf. Trotzdem mußte A. gegen seinen Willen die Erh¨ohung → Arnos von Salzburg zum Metropoliten der bayerischen Provinz anerkennen, was einer Zur¨ucksetzung Regensburgs gleichkam. C LThK
Adalwin, Erzbischof von Salzburg, † 14. 5. 873. A. war vor allem f¨ur die Slawenmission in Pannonien und M¨ahren von Bedeutung, mußte sich jedoch in der Auseinandersetzung mit dem volkssprachlich Gottesdienst haltenden Missionar Methodios schließlich geschlagen geben, da die P¨apste Hadrian II. und Johannes VIII. diesen unterst¨utzten. A.s Rechtfertigungsschrift De conversione Bagoariorum et Carantaniorum wies die Verdienste und Rechte Salzburgs um die Slawenmission nach und gilt als wichtige kulturgeschichtliche Quelle. C NDB
Adam von Bremen, Geschichtsschreiber, † 12. 10. nach 1081. Aus Ostfranken stammend, besuchte A. etwa zeitgleich mit → Lampert von Hersfeld die Bamberger Domschule und kam als Freund Erzbischof → Adalberts I. 1066 / 67 nach Bremen. Er wurde dort Domherr und 1069 Domscholaster. Nach dem Tod Adalberts 1072 begann er die Niederschrift einer Geschichte des Erzbistums HamburgBremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificium in vier B¨uchern. Die ersten beiden B¨ucher schildern die Geschichte des Erzbistums bis 1043, das dritte die Vita Erzbischof Adalberts, das vierte bietet eine geographisch und ethnographisch wertvolle Beschreibung Nordeuropas, der Ostseel¨ander und -inseln. Nachtr¨age und Erg¨anzungen (Scholien), die A. in das jetzt verlorene Handexemplar eintrug, reichten bis 1081, l¨angstens 1085. Als Quellen dienten ihm Archivalien aus dem bisch¨oflichen Archiv und Berichte verschiedener Gew¨ahrsm¨anner, vor allem die des D¨anenk¨onigs Svend Estridsen, an dessen Hof er 1067 / 68 gelebt hatte. C VL
Adam, Zisterzienser, Abt von Ebrach, * vor 1100 im K¨olnischen, † 23. 11. 1161. A. war M¨onch der Zisterzienserabtei Morimond im Bistum Langres und wurde 1127 Abt des neugegr¨undeten Klosters Ebrach im Bistum W¨urzburg. Er konnte schon nach wenigen Jahren sechs Tochterkl¨oster im s¨ud- und s¨udostdeutschen Raum gr¨unden (Rein, Heilsbronn, Langheim, Nepomuk, Aldersbach, Bildhausen). A. war mit Bernhard von Clairvaux befreundet und wurde von ihm 1147 mit der Kreuzzugspredigt in Ostfranken und Bayern beauftragt. N¨ahere Kontakte sind auch zu → Hildegard von Bingen und → Konrad III. belegt. → Friedrich I. Barbarossa bestimmte ihn 1152 zur Teilnahme an einer Gesandtschaft an Papst Eugen III. C Fr¨ank Leb, Bd 2
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Adam von K¨oln (von Gladbach), Dominikaner, Prior, Provinzial, † 1408. A. studierte um 1391 / 92 in K¨oln und erwarb vor 1395 den Grad eines Magisters der Theologie. 1395 zun¨achst Inquisitor, wurde er 1396 Prof. an der Univ. K¨oln, 1397 Prior und 1400 Regens des K¨olner Studiums. 1402-08 stand er als Provinzial an der Spitze der deutschen Ordensprovinz der Dominikaner. A. verfaßte eine gereimte Summula metrice conscripta ex Summa Raimundi de Penyafort, die aber auch Adam von Aldersbach zugeschrieben wurde. C LexMA Adam Meyer, auch Adamus Villicus, Benediktiner, Theologe, * um 1410 Urexweiler bei St. Wendel, † 17. 2. 1499 K¨oln. A. trat um 1430 in die Trierer Benediktinerreformabtei St. Matthias ein; 1448 wurde er zusammen mit anderen M¨onchen zur Durchf¨uhrung einer Reform in die K¨olner Abtei Groß St. Martin versetzt. Seit 1454 Abt dieses Klosters, schloß er es im folgenden Jahr der „Bursfelder Kongregation“ an. Er war eine der bedeutendsten Pers¨onlichkeiten dieser Bewegung und gestaltete Groß St. Martin zum „Modellkloster“, konsolidierte die Finanzen, errichtete eine Bibliothek und ein Skriptorium. A. gliederte zahlreiche Kl¨oster in die Kongregation ein und wirkte als Generalvisitator und Klosterreformer in der Erzdi¨ozese K¨oln-Trier. Nur wenige der ihm zugeschriebenen Schriften gelten als echt, u. a. einige Briefe, mindestens sieben Predigten und der von Oliver → Legipont herausgegebene Tractatus asceticus de septem gradibus spiritualis ascensionis in Deum (1753), eine Novizenlehre, die in Mystik und Askese einf¨uhrt. C VL
Adam, Albrecht, Maler, * 16. 4. 1786 N¨ordlingen, † 28. 8. 1862 M¨unchen. Neben einer Konditorenlehre im v¨aterlichen Betrieb 1804 / 05 erhielt A., Bruder Heinrich → A.s, ersten Unterricht in der Zeichenschule von Christoph Johann Sigmund Zwinger in ¨ N¨urnberg. Daneben begann er das Studium der Olmalerei und entwickelte bereits damals seine Vorliebe f¨ur Kriegsund Tierdarstellungen; 1806 / 07 studierte er in Augsburg und M¨unchen. Seine erste publizierte Radierung erschien im neugegr¨undeten N¨urnberger Verlag Friedrich → Campes. Als Hofmaler des italienischen Vizek¨onigs Eug`ene de Beauharnais (→ Leuchtenberg) lebte er 1809-12 in Mailand und nahm 1812 mit ihm am Feldzug nach Rußland bis zum Brand von Moskau teil. F¨ur ihn malte er, nach Mailand zur¨uckgekehrt, bis 1816 an einem Kriegstagebuch, ¨ das 83 Olstudien umfaßt, nahm dann seinen Wohnsitz in M¨unchen und malte f¨ur verschiedene deutsche H¨ofe. Ein weiteres wichtiges Sujet wurden Pferdeportr¨ats wie die arabischen Pferde K¨onig → Wilhelms I. von W¨urttemberg in Stuttgart (1829). 1839-52 entstanden 13 (von 16 geplanten) Schlachtendarstellungen f¨ur den Sohn Beauharnais’, Maximilian von Leuchtenberg, in Petersburg. A. malte auf den
Adam Schlachtfeldern Italiens und Ungarns sowie u. a. f¨ur Kaiser → Franz Joseph, K¨onig → Ludwig I. (Schlacht bei Borodino, 1823) und Joseph Wenzel Graf → Radetzky, den er 1848 im o¨ sterreichischen Hauptquartier in Mailand aufsuchte. Als Hofmaler des auf napoleonischer Seite k¨ampfenden Beauharnais bem¨uhte sich A. um eine sachliche Darstellung, w¨ahrend er sich in den Bildern um 1850 zur deutschen Sache bekannte und gegen die napoleonischen Feldz¨uge Stellung nahm (R¨uckzug aus Rußland 1812, 1854). Seine Autobiographie Aus dem Leben eines Schlachtenmalers erschien 1886. A. war der Vater von Benno Raffael, Franz, Eugen und Julius (I) → A., mit denen er intensiv zusammenarbeitete, und damit Stammvater der u¨ ber drei Generationen aktiven Malerfamilie A. C AKL
Adam, Benno Raffael, Maler, * 15. 7. 1812 M¨unchen, † 8. 3. 1892 Kelheim. Der a¨ lteste Sohn Albrecht → A.s wurde seit 1827 im Atelier seines Vaters zum Maler und Lithographen ausgebildet. Er begleitete ihn auf seinen Reisen und war bereits in jungen Jahren sein Mitarbeiter. 1835 trat er erstmals mit ei¨ genen Bildern an die Offentlichkeit. Die Bilder K¨uhe am Brunnen und Hunde an der Kette in der Ausstellung des M¨unchener Kunstvereins waren sehr erfolgreich. Viehm¨arkte in Oberbayern dienten ihm zu Studien; allm¨ahlich spezialisierte er sich auf Jagdszenen und Tierst¨ucke, vor allem Hunde, Hirsche und Esel. 1839-46 reiste A. nach Italien und Holland, wo ebenfalls Skizzen entstanden. In Prag besaß er 1848 / 49 ein Atelier an der Akademie. 1859 malte er eine Serie Schweizer Rindviehrassen, und 1866 entstanden Hundebilder f¨ur die Weltausstellung. 1867 erhielt er den Auftrag f¨ur eine große Pardubitzer Jagdgesellschaft (57 Personen, 40 Pferde, 30 Hunde), den er zusammen mit seinem Sohn Emil → A. ausf¨uhrte. A. arbeitete u. a. f¨ur den F¨ursten zu F¨urstenberg und f¨ur Herzog → Adolf von Nassau. C AKL Adam, Christian, Philologe, Lehrer, * 30. 6. 1833 Oberpfalz, † 12. 9. 1887. Urspr¨unglich f¨ur den geistlichen Beruf bestimmt, wollte A. nach dem Abitur Maler werden, kehrte jedoch von Rom zur¨uck und wurde nach dem Studium der klassischen Philologie Lehrer in Regensburg, sp¨ater in M¨unchen, Rektor der Studienanstalt in Landshut, acht Jahre danach des Wilhelmsgymnasiums in M¨unchen. 1886 wurde er in den obersten Schulrat berufen. A. unternahm verschiedene Reisen durch ¨ Europa, nach Agypten, Pal¨astina und Kleinasien. Er verfaßte u. a. Das Plastische im Homer (1869). A. war der Vater von Richard Benno → A. C Bursian, Jg. 10 Adam, Curt (Fr. O. Chr.), Augenarzt, * 11. 5. 1875 Berlin, † 9. 1. 1941 Berlin. Nach Abschluß der medizinischen Studien in Marburg, Freiburg und Berlin (Promotion 1903, Die Behandlung der Leistenbubonen) war A. Assistent, danach Privatdozent (Habilitation 1910) an der Berliner Universit¨atsaugenklinik. 1914 wurde er a. o. Prof. der Augenheilkunde und Direktor des Kaiserin-Friedrich-Hauses f¨ur a¨ rztliche Fortbildung. A. war Generalsekret¨ar des Zentralkomitees und des Reichsausschusses f¨ur das a¨ rztliche Fortbildungswesen, Mitglied des Reichsgesundheitsrats und geh¨orte den Vorst¨anden zahlreicher wissenschaftlicher Verb¨ande an. Seit 1935 war er Gesch¨aftsf¨uhrer der Berliner Akademie f¨ur a¨ rztliche Fortbildung. Er publizierte u. a. ein Taschenbuch f¨ur die Augenpraxis (1909, 51923 unter dem Titel Taschenbuch f¨ur Augenheilkunde) und war u¨ ber 25 Jahre lang Schriftleiter der „Zeitschrift f¨ur a¨ rztliche Fortbildung“. A. setzte sich besonders f¨ur Aufkl¨arung und Gesundheitspolitik ein. ¨ 2, 3 C Arzte
Adam, Elias, Goldschmied, * um 1669 Z¨ullichau, † 1745 Augsburg. A., der seit 1703 Meister war, kann seit 1718 als Goldschmied in Augsburg nachgewiesen werden. Er schuf vor allem Trinkgef¨aße aus Rhinozeroshorn, Porzellan, Glas und gravierter Muschel, die bis nach Moskau, Petersburg, London und Kopenhagen gelangten. Aus der Ehe (geschlossen 1704) mit Regina Baur, Tochter der Augsburger Goldschmiedefamilie Baur, stammt sein Sohn Johann Jacob → A. C AKL
Adam, Emil, Maler, * 20. 5. 1843 M¨unchen, † 19. 11. 1924 M¨unchen. Der Sohn des Tiermalers Benno Raffael → A. verließ schon zw¨olfj¨ahrig die Lateinschule, um sich unter Anleitung seines Vaters und seines Onkels Franz → A. der Malerei zu widmen. 1861 stellte er auf der K¨olner Kunstmesse erstmals aus. Im folgenden Jahr hielt er sich zum Studium der Vollblutpferde auf Pferdeg¨utern bei Stuttgart, Weil und Scharnhausen auf. Ein 1863 in M¨unchen ausgestelltes Bild machte den Zwanzigj¨ahrigen popul¨ar; er verbrachte die n¨achsten Jahre an europ¨aischen H¨ofen, Pferde und Reiter portr¨atierend. 1865 betrieb er einige Monate an der Schule von Jan Frans Portaels in Br¨ussel fig¨urliche Studien. Bis 1870 sind Landschaft und zum Teil Hunde der Bilder A.s noch von seinem Vater gemalt, sein Ruf als Pferdeportr¨atist war jedoch bereits gefestigt. Im August 1870 skizzierte er vor Ort die Schlacht von Sedan. 1885 reiste er nach mehrfachen Aufforderungen erstmals nach England. Hier entstanden insgesamt mehr als 150 Pferdeportr¨ats, u. a. im Auftrag K¨onig Edwards VII. Seit 1900 trug A. den Titel eines Kgl. Professors. C AKL
Adam, Ernst, kath. Theologe, P¨adagoge, * 1884 M¨unchen, † 13. 4. 1955 Innsbruck. Der Sohn Emil → A.s war Pr¨ases der Jung-Hansa und des Jungm¨annerrings des Katholischen Kaufm¨annischen Vereins Hansa in M¨unchen. 1924 geh¨orte er zu den Gr¨undern der Hansa-Heime f¨ur katholische Kaufleute und Studenten. Zu den Heimen kamen 1927 eine H¨ohere Handelsschule, 1928 ein neunklassiges P¨adagogium hinzu. Nach einer o¨ konomischen Krise u¨ bernahm Philipp → Aurnhammer 1928 die wirtschaftliche, 1929 auch die p¨adagogische Leitung. 1938 wurden die Hansaheime durch die Nationalsozialisten geschlossen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gr¨undete A. das Privatgymnasium Nymphenburg in M¨unchen.
Adam, Eugen, Maler, Zeichner, * 22. 1. 1817 M¨unchen, † 6. 6. 1880 M¨unchen. Wie seine Br¨uder Benno Raffael, Franz und Julius (I) → A. wurde A. im Atelier seines Vaters Albrecht → A. ausgebildet und begleitete ihn auf verschiedenen Reisen, u. a. 1836 nach Hohenschwangau. A. reiste weiter nach Salzburg und zeichnete 20 Ansichten der Stadt Salzburg und ihrer malerischen Umgebung, die – von Theodor Hellmuth lithographiert – 1837 in M¨unchen erschienen; 1842 wurde A. Mitglied des M¨unchener Kunstvereins. Er bereiste in den vierziger Jahren Kroatien, Dalmatien und Ungarn, wo eine Anzahl von Kost¨umdarstellungen und Genrebildern entstanden. 1848-58 arbeitete A. in Mailand, wo sein Vater bis 1815 / 16 t¨atig gewesen war, um sich von dessen Arbeit in deutschen L¨andern zu distanzieren. 1859 mit Ausbruch des Kriegs war er wie¨ der in Italien: als Berichterstatter der Zeitschrift „Uber Land und Meer“. Zu Studienzwecken nahm er 1861-63 an den Schweizer allj¨ahrlichen Truppen¨ubungen teil, 1870 / 71 malte er wie sein Bruder Franz an mehreren franz¨osischen Kriegsschaupl¨atzen (u. a. Bazeilles am Abend des 1. 9. 1870) und behandelte als einer der ersten das Thema der zerst¨orten Stadt in seinen Bildern. Anzeichen einer kritischen Haltung zum Kriegsgeschehen sind vor allem im Sp¨atwerk A.s zu erkennen. C AKL
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Adam Adam, Fran¸cois Gaspard Balthasar, Bildhauer, * 23. 5. 1710 Nancy, † 18. 8. 1761 Paris. A., Sohn des Bildhauers Jacob Sigisbert A., restaurierte seit 1730 antike Statuen in Rom und arbeitete nach seiner R¨uckkehr nach Frankreich 1733 mit seinem Bruder Lambert Sigisbert zusammen. 1742 wurde er in Rom Mitglied der Acad´emie fran¸caise. Dem Ruf zum Ersten Hofbildhauer und Leiter der Bildhauerwerkstatt → Friedrichs des Großen, den 1746 sein Bruder Nicolas S´ebastien erhielt, folgte A., wahrscheinlich unter T¨auschung des Monarchen. Er beaufsichtigte die plastischen Arbeiten an den Bauprojekten des K¨onigs in Potsdam und Sanssouci, wo der Großteil seiner Werke zu finden ist. 1759 verließ A. Preußen und ließ sich in Paris nieder. Unter den drei Br¨udern gilt Fran¸cois Gaspard als der am wenigsten Originelle, seine Arbeiten sind jedoch von technischer Geschicklichkeit und Eleganz und zeigen sowohl den Stil des franz. Rokoko als auch starke r¨omische Barock-Einfl¨usse. A.s Bedeutung blieb auf seine Zeit als Hofbildhauer Friedrichs beschr¨ankt, als welcher er zur Festigung des k¨unstlerischen Einflusses Frankreichs in Preußen beitrug. C AKL Adam, Franz, Maler, * 4. 5. 1815 Mailand, † 30. 9. 1886 M¨unchen. A. war nach Einsch¨atzung seines Vaters Albrecht → A. der begabteste seiner S¨ohne, wurde im Atelier des Vaters in Malerei und Lithographie ausgebildet und blieb bis zu dessen Tod 1862 sein engster Mitarbeiter. Er malte gemeinsam mit dem Vater oder vervielf¨altigte seine Werke lithographisch; 1828 begleitete er ihn nach W¨urttemberg und 1837 nach Schleswig-Holstein. Unter A.s ersten selbst¨andigen Bildern sind die 1843 / 44 beendeten Pferde- und Reiterbildnisse f¨ur die F¨ursten Wrede und Thurn und Taxis. 1848 / 49 hielt sich A. gemeinsam mit dem Vater und seinem Bruder Eugen → A. auf den Schlachtfeldern in Italien auf, 1851 begleitete er den Vater nach Ungarn. Sein Erfolg zeigte sich auch 1866 in seiner Ernennung zum Kriegsmaler des Feldmarschalls Prinz Carl von Bayern; allerdings erhielt er nach der Niederlage von K¨oniggr¨atz keine Auftr¨age von dieser Seite. Sein erstes großes Kriegsgem¨alde, Die Schlacht bei Solferino (1867), wurde auf der Pariser Weltausstellung ausgezeichnet. Nach einer Reise nach Sedan 1871 entstanden weitere Gem¨alde mit Kriegsthematik; A. verarbeitete auch Studien des Vaters aus dem Rußlandfeldzug 1812, zeigte jedoch im Gegensatz zu diesem fast ausschließlich die abstoßende Seite der Kriege und ihrer Folgen. C AKL
Adam, Heinrich, Maler, * 27. 3. 1787 N¨ordlingen, † 15. 2. 1862 M¨unchen. A. erlernte wie sein Bruder Albrecht → A. im v¨aterlichen Betrieb den Konditorberuf, eignete sich 1805 die Technik der Radierung an und ging 1807 als Zeichenlehrer nach M¨unchen. Gemeinsam mit dem Bruder reiste er 1811 und 1813 nach Italien. Seit 1814 war A. in Augsburg ans¨assig. Bei seiner dritten Italienreise 1819 entstanden Zeichnungen mit Ansichten vom Comer See, die ihm als Vorlagen f¨ur seine ersten Landschaftsgem¨alde dienten; eines von ihnen erwarb 1822 K¨onig → Maximilian I. Joseph von Bayern. Ende der zwanziger Jahre begannen A.s wirtschaftliche Schwierigkeiten; er zog in das Haus seines Bruders und malte St¨adteund Landschaftsansichten (vor allem M¨unchen und Umgebung, Alpen). Auf einer Reise nach Venedig, Rom und Neapel 1851 / 52 malte er 30 weitere St¨adtebilder, von denen einige in der f¨ur ihn typischen Form Randansichten aufweisen. Auf diesem letzten Aufenthalt in Rom zog er sich eine Hirnhautentz¨undung zu, an deren Folgen er schließlich starb. C AKL
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Adam, Heinrich, Architekt, * 18. 3. 1839 Dierbach (Oberpfalz), † 29. 1. 1905 Wien. A. studierte am Polytechnikum und an der Akademie der bildenden K¨unste (bei Ludwig → Lange) in M¨unchen. 1862 etablierte er sich mit der Errichtung des Palais W¨urttemberg schlagartig als Spezialist f¨ur Palais- und vornehme Wohnbauten im Wiener Ringstraßenmilieu und entwickelte eine umfangreiche Baut¨atigkeit von repr¨asentativen Geb¨auden in Wien, Ungarn und der Slowakei. A. war seit 1864 Mitglied des o¨ sterr. Ingenieur- und Architektenvereins, von 1869 an des Wiener K¨unstlerhauses und des Gemeinderats. 1892 wurde er zum Jurymitglied der Konkurrenz um einen Ge¨ neralregulierungsplan f¨ur Wien ernannt. Das Außere seiner Bauten beherrschten bevorzugt stereometrische Formen, die Innenr¨aume gestaltete A. dagegen sehr dekorationsfreudig in einem neobarocken Stil, der auf die Wiener Secession vorausweist. C AKL
Adam, Jakob, o¨ sterr. Kupferstecher, * 9. 10. 1748 Wien, † 16. 9. 1811 Wien. A. studierte seit 1771 an der Schmuzerschen Kupferstecherakademie in Wien. Sein druckgraphisches Werk umfaßt mehrere Schwerpunkte: kleinformatige, miniaturhafte Bildnisse von besonderer Feinheit, die dem K¨unstler die Bezeichnung „Wiener Fiquet“ eintrugen; eine Serie von biblischen Darstellungen nach Gem¨alden alter Meister f¨ur die Wiener Bilderbibel, die A. selbst verlegte; etwa 100 Abbildungen des gemeinen Volkes zu Wien [. . .] (1778-80); Tafeln mit botanischen und ornithologischen Darstellungen. A.s Portr¨ats, die fast alle nach fremden Vorlagen entstanden, u¨ bertreffen technisch oft diejenigen seiner Zeitgenossen. C AKL
Adam, Johann, Komponist, * um 1705 Dresden (?), † 13. 11. 1779 Dresden. A. war 1733-36 Jagdpfeifer am Dresdner Hof, danach bis zu seinem Tod Violinist der Dresdner Hofkapelle, seit etwa 1740 Ballettkomponist der Hofoper und 1763-69 Komponist und Musikdirektor des f¨urstlichen Franz¨osischen Theaters. Er komponierte die Musik zu Opern von Johann Adolf → Hasse und verfaßte 1752 eine Adaption von Jean-Philippe Rameaus Zoroastre. A. schrieb mehrere komische Opern, Orchester- und Kammermusik, u. a. 1756 f¨ur Cembalo Recueil d’airs a` danser execut´es sur le Th´eaˆ tre du Roi a` Dresde. C MGG
Adam, Johann Jacob, Goldschmied, * um 1720 Memmingen, † 1791 Augsburg. Der Sohn Elias → A.s, seit 1748 Meister in Augsburg, war 1762-64 Beschaumeister. 1749 heiratete er wie sein Vater eine Tochter (Susanna Baur) der Goldschmiedefamilie Baur in Augsburg. 1766, 1769 und 1781 ist er im Goldschmiedeverzeichnis der Stadt Augsburg aufgef¨uhrt. A. schuf Becher, Dosen und Tafelger¨at. In der M¨unchner Residenz befindet sich ein Schokoladenservice, in der Pfarrkirche Haunsheim ein Kelch (1771) und eine Hostienb¨uchse (1772) von A. C AKL
Adam, Johannes, evang. Theologe, * 12. 5. 1867 Barr (Unterelsaß), † 14. 1. 1936 Dorlisheim (Unterelsaß). Nach dem Studium in Straßburg und Genf wurde A. 1896 Pfarrer in Dorlisheim und 1914 geistlicher Inspektor an St. Thomas in Straßburg. Er ordnete und katalogisierte das Straßburger Thomasarchiv und erhielt in Anerkennung seiner kirchengeschichtlichen Arbeiten und Forschungen 1917 die theologische Ehrendoktorw¨urde der Universit¨at. A.s umfassendste Schrift ist die Evangelische Kirchengeschichte der els¨assischen Territorien bis zur Franz¨osischen Revolution (1928). C NDB
Adam Adam, Julius (I), Lithograph, Maler, * 26. 1. 1821 M¨unchen, † 24. 2. 1874 M¨unchen. Neben k¨unstlerischer Anleitung durch seinen Vater Albrecht → A. absolvierte A. bis 1847 eine Lithographenausbildung in der Druckerei Aloys → Senefelders in M¨unchen. 1848 erhielt er die Lizenz f¨ur eine eigene Druckerei, in der er haupts¨achlich Lithographien nach Werken seines Vaters produzierte. 1848 / 49 arbeitete A. gemeinsam mit seinen Br¨udern an den Erinnerungen an die Feldz¨uge der K. K. ¨ Osterreichischen Armee in Italien in den Jahren 1848 / 49 und druckte sie in seinem Betrieb. Er experimentierte auf dem Gebiet der Photographie und entwickelte um 1868 gemeinsam mit Joseph → Albert den Lichtdruck zur sogenannten Albertotypie weiter; er wurde Leiter der Lichtdruckanstalt des Partners in M¨unchen. A. war der Vater von Julius (II) → A. Seine wenigen malerischen Arbeiten geben Landschaften und Tiere wieder. C AKL Adam, Julius (II), Maler, * 18. 5. 1852 M¨unchen, † 23. 2. 1913 M¨unchen. Der Sohn des Lithographen Julius (I) → A. besuchte die Gewerbeschule in M¨unchen und verbrachte die Jahre 1867-72 als Landschaftsphotograph und Retoucheur in Brasilien. Nach seiner R¨uckkehr studierte er bei Michael → Echter an der Kunstgewerbeschule M¨unchen, 1874-82 an der Kunstakademie bei Johann Leonhard → Raab, Alexander → Wagner und Wilhelm von → Diez. Neben Figurenbildern, Portr¨ats und Illustrationen f¨ur Zeitschriften entstanden Tierbilder, vor allem von Katzen, die – außergew¨ohnlich erfolgreich – ihm bald die Beinamen „Katzen-Raffael“ und „Katzen-Adam“ eintrugen. In den Jahren 1873 bis 1882 malte er – entgegen den Sujets seiner Familie von Schlachten- und Tiermalern – auch einige Genrebilder (u. a. Mittelalterlicher Maitanz, Der getreue Eckart). Neben mehreren Auszeichnungen und Medaillen wurde ihm 1893 der Professorentitel verliehen. Die Neue Pinakothek in M¨unchen besitzt sein Selbstportr¨at, von Katzen umgeben (1899). C Biogr Jahrb, Bd 18 Adam, Karl, kath. Theologe, * 22. 10. 1876 Pursruck (Oberpfalz), † 1. 4. 1966 T¨ubingen. A. schloß seine Studien an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Regensburg und der Univ. M¨unchen 1904 mit der Promotion ab (Der Kirchenbegriff Tertullians. Eine dogmengeschichtliche Studie). Seit 1900 war er Seelsorger in Riekofen und Neustadt, von 1908 an Privatdozent in M¨unchen (Die Eucharistielehre des heiligen Augustin). 1917 wurde er a. o. Prof., 1918 o. Prof. der Moraltheologie an der Univ. Straßburg. 1919-49 lehrte A., der 1933 Mitglied der NSDAP wurde, als Ordinarius f¨ur Dogmatik und Dogmengeschichte an der Univ. T¨ubingen und war einer der f¨uhrenden kath. Theologen der Zwischenkriegszeit. Seit 1952 war er Mitglied der Internationalen Akademie der Wissenschaften und K¨unste in Neapel. Er ver¨offentlichte u. a. Das Wesen des Katholizismus (1924, 131957), Christus, unser Bruder (1926, 91960) und Jesus Christus (1933, 81949). C LThK
Adam, Karl, Trainer, * 2. 5. 1912 Hagen, † 18. 6. 1976 Bad Salzuflen. Nach dem Lehramtsexamen 1937 unterrichtete A. Mathematik, Physik und Sport. Autodidaktisch bildete er sich 1948 zum Rudertrainer aus und wurde in der Folge einer der erfolgreichsten Achter-Trainer der Sportgeschichte. Er trainierte u. a. die Ruder-Achter der deutschen Mannschaft, die 1960 und 1968 Olympiasiege errangen. An der RuderAkademie in Ratzeburg, die er bis kurz vor seinem Tod leitete, entwickelte A. neue Trainingsmethoden.
Adam, Leonhard, Jurist, Ethnologe, * 16. 12. 1891 Berlin, † 9. 9. 1960 Bonn. A. studierte Rechtswissenschaften, Ethnologie und Sinologie in Berlin und Greifswald (Dr. jur. 1916, Der Tod des Antragenden und des Antragsempf¨angers). Seit 1919 gab er die „Zeitschrift f¨ur vergleichende Rechtswissenschaft“ in Berlin heraus und war Dozent f¨ur primitives Recht am Institut f¨ur Auslandsrecht der Univ. Berlin, 1928-33 auch Amtsgerichtsrat in Berlin-Charlottenburg. Von den Nationalsozialisten 1933 mit Berufsverbot belegt, emigrierte er 1936 nach London und war bis 1940 f¨ur das Kolonialministerium, zeitweilig auch an der Universit¨at t¨atig. Nach einer Internierung in Tatura (Australien) 1940-42 konnte A. Studien zur Aborigineskultur durchf¨uhren und lehrte bis 1957 an der Univ. Melbourne Ethnologie und Geschichte; er war Gr¨under und Kurator des Ethnologischen Seminars der Universit¨at. 1957 an der Univ. Bonn mit der Arbeit Anthropomorphe Darstellungen auf australischen Ritualger¨aten zum Dr. phil. promoviert, hielt A. dort seitdem anthropologische Seminare. Er ver¨offentlichte u. a. Primitive Art (1949). C BHdE, Bd 2 Adam, Melchior, Schulmann, Lexikograph, * Grottkau (Schlesien), † 23. 3. oder 26. 12. 1622 Heidelberg. Nach der Gymnasialzeit in Brieg wurde A. 1598 an der Heidelberger Univ. immatrikuliert und 1600 zum Magister Artium promoviert. Im folgenden Jahr erhielt er eine Stelle als Magister am P¨adagogium in Heidelberg; 1606 wurde er dort zum Konrektor, 1613 zum Rektor ernannt. A. wurde als einer der ersten Verfasser biographischer Nachschlagewerke im Deutschen Reich bekannt. 1615-20 ver¨offentlichte er in f¨unf B¨anden insgesamt 136 Biographien von vornehmlich deutschen Theologen, Juristen, Politikern, Medizinern und Humanisten (u. a. Vitae Germanorum philosophorum, 1615). C Killy Adam, Richard Benno, Maler, * 5. 3. 1873 M¨unchen, † 20. 1. 1937 M¨unchen. Der a¨ lteste Sohn des Pferdemalers Emil → A. wurde 1887 Sch¨uler Nikolaus → Gysis, besuchte im folgenden Jahr die M¨unchener Kunstgewerbeschule und 1889 die Privatschule Heinrich → Knirrs. Als Sch¨uler von Hermann → Baisch ging er 1892 an die Kunstakademie Karlsruhe, verließ sie aber nach dessen Tod 1894, um nach M¨unchen zur¨uckzukehren. Neben der v¨aterlichen Ausbildung zum Pferdemaler f¨uhrte er bereits selbst¨andig Auftr¨age aus, seit 1896 vor allem Reiterbildnisse; er schuf jedoch auch zahlreiche Hundeportr¨ats. 1899 malte er in Budapest eine Jagdgesellschaft mit 47 Reiterbildnissen, 1900 portr¨atierte er die f¨unf T¨ochter des Erzherzogs von Preßburg zu Pferde auf einem Bild, mehrere ungarische F¨ursten sowie Mitglieder der bayerischen herzoglichen Familie zu Pferde. A. unternahm zahlreiche Reisen, seit 1928 zusammen mit seiner Tochter Margit, auch in die USA, woraufhin eine Serie von 12 Zeichnungen mit dem Titel American Sportsmen entstand. C AKL Adam, Siegmund, Erfinder, * 28. 12. 1776 Warzenried (Kr. K¨otzting), † 14. 7. 1849 M¨unchen. A. studierte Theologie, empfing 1801 die Priesterweihe und trat in das Augustinerkloster St. Zeno bei Reichenhall ein, wo er das Lehramt f¨ur Physik und Mechanik u¨ bernahm. F¨ur Lehrzwecke experimentierte er mit liniertem Papier und ¨ baute, nach Aufhebung des Klosters und der Ubersiedlung nach M¨unchen 1803, eine Liniermaschine. Sp¨ater stellte er auch Notenpapier und Mehrfarbdrucke her. 1817 und 1827 erhielt A. ein Privileg zur Schreibpapierherstellung und versorgte die bayerischen Schulen und Beh¨orden. A. erfand ferner eine Wasserbef¨orderungsmaschine f¨ur Salzbergwerke.
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Adam Adam, Walter, o¨ sterr. Milit¨ar, Politiker, Journalist, * 6. 1. 1886 Klagenfurt, † 26. 2. 1947 Innsbruck. Nach der Kadettenschule in Innsbruck besuchte A. 1909-12 die Kriegsschule in Wien, war 1914-18 Offizier des Generalstabs auf dem s¨ud¨ostlichen Kriegsschauplatz und beim Armeeoberkommando, zuletzt in der T¨urkei. Nach Kriegsende blieb A. bis 1924 im o¨ sterr. Bundesheer und wurde dann stellvertretender Chefredakteur der christlichsozialen Wiener Tageszeitung „Reichspost“. 1934 erfolgte seine Ernennung zum Staatsrat und Bundeskommiss¨ar f¨ur den Heimatdienst, 1934-36 war er Generalsekret¨ar der Vaterl¨andischen Front und leitete seit 1937 den Pressedienst im Bundeskanzleramt ¨ in Wien. Nach dem „Anschluß“ Osterreichs an das Deut¨ sche Reich 1938 wurde er aller Amter enthoben und entlassen. 1938-43 war A. Gefangener im Konzentrationslager Dachau. Nach seiner Entlassung lebte er bis 1945 im Rheinland. A. schrieb u. a. Nacht u¨ ber Deutschland. Erinnerungen ¨ an Dachau (1947). C OBL
Adam, Wilhelm, Milit¨ar, * 15. 9. 1877 Ansbach, † 8. 4. 1949 Garmisch-Partenkirchen. A., Sohn eines Kaufmanns, trat 1897 in die bayerische Armee ein, erhielt 1907-12 eine Generalstabsausbildung und absolvierte die Kriegsakademie. Er war im Ersten Weltkrieg im Stab bayerischer Divisionen, wurde 1923 / 24 Bataillonskommandeur in Passau und war dann bis 1927 Chef des Generalstabs des Wehrkreises VII in M¨unchen, bis 1929 Kommandeur des Infanterieregiments 19 und anschließend Chef des Generalstabs des Gruppenkommandos I in Berlin. 1930 zum Chef des Truppenamts ernannt, wurde er 1933 Befehlshaber im Wehrkreis VII in M¨unchen und erhielt 1935 das Kommando u¨ ber die neugegr¨undete Wehrmachtsakademie. 1938 wurde A. zum Oberbefehlshaber der Heeresgruppe 2 in Kassel ernannt. Der mit Generalobert Ludwig → Beck befreundete A. reichte im August 1938 sein Verabschiedungsgesuch ein und wurde im Rang eines Generalobersten in den Ruhestand versetzt. Als Chef des Truppenamts beeinflußte A. maßgebend die Vorarbeiten zur Vergr¨oßerung des ¨ Hunderttausend-Mann-Heeres. ar, Bd 1 C Ubersch¨ Adamberger, Antonie (Toni), verh. von Arneth, o¨ sterr. Schauspielerin, * 30. 12. 1790 Wien, † 25. 12. 1867 Wien. Nach dem Tod ihrer Mutter, Nanny → A., wurde A. von ihrem Großvater und dem Schriftsteller Heinrich Joseph von → Collin ausgebildet und nach ihrem Deb¨ut am Hofburgtheater 1807 dort als Mitglied angestellt. Als Trag¨odin galt sie als eine der besten Schauspielerinnen des deutschsprachigen Raums; sie spielte in St¨ucken ihres Verlobten Theodor → K¨orner, der seit 1812 als Theaterdichter f¨ur das Hoftheater t¨atig war. Er schrieb f¨ur sie das Drama Toni, die Rolle der Hedwig in Zriny und mehrere Gedichte. Nach seinem Tod spielte A. noch bis 1817 am Burgtheater und heiratete dann den Numismatiker Joseph von → Arneth. Sie geh¨orte zum Freundeskreis Karoline → Pichlers, wurde 1820 ¨ Vorleserin bei Kaiserin → Karolina Augusta von Osterreich und Oberin des Karolinenstifts, einer Erziehungsanstalt f¨ur T¨ochter von Soldaten in Wien. A. war die Mutter von Alfred von → Arneth. C NDB Adamberger, Nanny, geb. Maria Anna Jacquet, o¨ sterr. Schauspielerin, * 23. 10. 1753 Wien, † 5. 11. 1807 Wien. Die Tochter des Schauspielers Karl J. Jacquet spielte bereits als Kind am Burgtheater, dessen angestelltes Mitglied sie 1768 wurde. Sie versuchte sich zuerst im tragischen Fach, ging aber dann zu naiven Rollen u¨ ber, mit denen sie große Erfolge feierte. 1781 heiratete sie den Operns¨anger Valentin → Adamberger. Als ihre gr¨oßte schauspielerische Leistung galt ihre Interpretation der Gurli in August von → Kotzebues Indianer in England. Nach 1798 spielte A. a¨ ltere Frauenrollen. 1804 zog sie sich von der B¨uhne zur¨uck.
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Adamberger, (Josef) Valentin, auch Adamonti, S¨anger, * 6. 7. 1743 M¨unchen, † 24. 8. 1804 Wien. Der Sch¨uler Johann Evangelist → Valesis war bis 1760 in M¨unchen besch¨aftigt und sang seit 1762 an verschiedenen Theatern Italiens, wo er sich italianisiert Adamonti nannte. Nach weiteren Engagements in Bayern ließ er sich 1780 nach Gastauftritten in London als Tenor der Hofoper in Wien nieder; 1789 wurde er Hofkapells¨anger. A., seit 1781 mit Nanny → A. verheiratet, war der Vater von Antonie → A. Wolfgang Amadeus → Mozart schrieb f¨ur A. die Rolle des Belmonte in Entf¨uhrung aus dem Serail und einige Konzertarien. C Kutsch Adametz, Leopold, Zoologe, * 11. 11. 1861 Br¨unn, † 27. 1. 1941 Wien. A. studierte an der Hochschule f¨ur Bodenkultur in Wien, an der Univ. Leipzig und am Institut Louis Pasteur in Paris. 1886 wurde er in Leipzig mit der Arbeit Untersuchungen u¨ ber die niederen Pilze der Ackerkrume zum Dr. phil. promoviert. Nach kurzer praktischer landwirtschaftlicher T¨atigkeit wurde er Assistent, 1888 Privatdozent und 1890 a. o.Prof. in Wien, 1891 a. o. und 1894 o. Prof. der Tierzucht und des Molkereiwesens an der Univ. Krakau. 1898 kehrte A. an die Hochschule f¨ur Bodenkultur in Wien zur¨uck und war dort bis zu seiner Emeritierung 1932 Ordinarius f¨ur Tierzucht und Morphologie der Haustiere. Er war Mitglied der Wiener Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (1906). A. besch¨aftigte sich neben Mikrobiologie und Molkereiwesen mit primitiven Haustierrassen sowie mit der Genetik des mittelasiatischen Karakulschafes und seiner Kreuzungen; seine Arbeiten f¨uhrten zur Einf¨uhrung dieser Schafrasse in Europa und Afrika. Er ver¨offentlichte u. a. Studien u¨ ber die Mendelsche Vererbung der wichtigsten Rassenmerkmale f¨ur Karakulschafe bei Reinzucht und Kreuzung mit Rambouillets (1917), Lehrbuch der allgemeinen Tierzucht (1926) und Der sexuelle Dimorphismus am Sch¨adel des Urs und seine Beziehungen zum Rassen- und Abstammungsproblem des ¨ Akad, Jg. 91 Hausrindes (1930). C Almanach Ost
Adami, Adam, Pseud. Humanus Erdeman, Benediktiner, Theologe, * 1610 M¨ulheim / Rhein, † 1. 3. 1663 Hildesheim. A. war Sohn des B¨urgermeisters seiner Heimatstadt und studierte nach dem Besuch des Jesuitengymnasiums Tricoronatum in K¨oln seit 1626 an der dortigen Universit¨at. 1627 erwarb er den Grad eines Baccalaureus. 1628 wurde er Benediktiner in Brauweiler und 1633 zum Priester geweiht. Als Regens des Seminars der Bursfelder Kongregation an der K¨olner Univ. wurde er promoviert, 1637 Prior des Klosters St. Jakob in Mainz und 1639 in Murrhardt bei Backnang / W¨urttemberg. Als Bevollm¨achtigter der schw¨abischen Kl¨oster, des F¨urstabts Arnold von Corvey und mehrerer anderer kath. Reichsst¨ande nahm er an den Verhandlungen um den Westf¨alischen Frieden teil und verfaßte dar¨uber den Bericht: De Sacri Romani Imperii pacificatione Westphalica libri duo (1698). Der K¨olner Kurf¨urst → Maximilian Heinrich, dem er 1650 / 51 das erzbisch¨ofliche Pallium aus Rom geholt hatte, ernannte ihn zum Geheimen Rat und bewirkte 1653 seine Ernennung zum Weihbischof von Hildesheim. C LThK Adami, Ernst Daniel, Chordirektor, Schriftsteller, * 19. 11. 1716 Zduny (Polen), † 29. 6. (7. ?) 1795 Pommerswitz (Oberschlesien). A. studierte Theologie an der Univ. K¨onigsberg und Musik bei Christian Contenius, Frendel und Friedrich Wilhelm → Zachau, erwarb 1740 in Jena die Magisterw¨urde und kehrte nach Schlesien zur¨uck. 1743 wurde er Konrektor und Direktor des Musikchors in Landeshut (Schlesien), 1757 Pastor in Sorge (Posen), 1760 in Filehne (Posen) und 1763
Adamovich in Pommerswitz. A. verfaßte musiktheoretische Werke, u. a. Philosophisch-musicalische Betrachtung, u¨ ber das g¨ottlich Sch¨one der Gesangsweise in geistlichen Liedern bey o¨ ffentlichem Gottesdienste (1755), und war Mitglied der Deutschen Gesellschaft in K¨onigsberg und der korrespondierenden Societ¨at der musikalischen Wissenschaft in Deutschland.
Adami, Friedrich Wilhelm, Pseud. Paul Fronberg, Schriftsteller, * 18. 10. 1816 Suhl (Th¨uringen), † 5. 8. 1893 Berlin. 1835 / 36 studierte A., Sohn eines Chirurgen, Medizin, dann Philosophie und Geschichte, war Journalist bei den Zeitschriften „Der Freim¨utige“ und „Berliner Figaro“ und gab 1839-47 den Novellenalmanach Sonnenblumen aus S¨ud und West heraus. F¨ur das K¨onigst¨adter Theater schrieb er Dramen und bearbeitete fremde Stoffe und wurde 1849 Theaterkritiker der „Neuen Preußischen Zeitung“. A. verwendete zunehmend preußisch-vaterl¨andische Stoffe, schrieb seit 1853 j¨ahrlich Festspiele f¨ur die K¨oniglichen B¨uhnen und wurde 1868 zum Hofrat ernannt. Er war vorwiegend Dramatiker und Erz¨ahler und verfaßte u. a. Große und kleine Welt (4 Bde., 1870). Adami, Heinrich Joseph, o¨ sterr. Jurist, Journalist, * 16. 12. 1807 Wien, † 4. 10. 1865 P¨otzleinsdorf (heute zu Wien). A. studierte in Wien Rechtswissenschaften. Er war st¨andiger Mitarbeiter der „Wiener Theaterzeitung“ Adolf → B¨auerles, seit 1848 der „Wiener Zeitung“, der „Presse“ und der „Ostdeutschen Post“. Angestellt am St¨adtischen Kriminalgericht, wurde er 1850 im Zuge der Neuordnung der Gerichte zum Assessor ernannt. A. war Mitherausgeber des Sammelwerks Alt- und Neu-Wien. Beitr¨age zu Bef¨orderung lokaler Interessen f¨ur Zeit, Leben, Kunst und Sitte (4 Bde., 1841 / 42). Adami, Johann Christian, evang. Theologe, * 13. 1. 1662 Luckau, † 12. 5. 1715 L¨ubben. Seit 1679 besuchte A. die Univ. Wittenberg (Magister 1681), ging 1684 als Diakon nach Luckau, wo er 1687 Archidiakon und 1691 Pastor und Schulinspektor wurde. Drei Jahre sp¨ater wurde er in Wittenberg Lizentiat und 1700 Doktor der Theologie. Seit 1701 war er Beisitzer des Niederlausitzschen Konsistoriums und von 1711 an Generalsuperintendent und Oberpfarrer in L¨ubben; unter den Wenden seines Sprengels genoß er großes Ansehen. A. ver¨offentlichte neben drei Dissertationen mehrere Predigten und Abhandlungen (u. a. Hellstrahlendes Bibel-Licht oder Betrachtungen u¨ ber 58 Spr¨uche der Heiligen Schrift, 1699) sowie Lieder.
Adami, Johann Samuel, Pseud. Misander, evang. Theologe, * 21. 10. 1638 Dresden, † 13. 3. 1713 Pretzschendorf. A., dessen Vater aks Schreiber bei den Soldaten und sp¨ater als Advokat in Dresden t¨atig war, studierte Philosophie und Theologie an der Univ. Leipzig, wurde 1661 Lehrer an der Kreuzschule in Dresden, erhielt 1664 die Magisterw¨urde in Wittenberg und ging 1667 als substituierender Pastor nach Rabenau bei Tharandt. Kurz darauf wurde er zum Dichter gekr¨ont. Seit 1672 lebte er als Pastor in Pretzschendorf. Neben seinem Hauptwerk, der umfangreichen Realiensammlung Deliciae (insgesamt 60 Bde., seit 1690; u. a. Deliciae evangelicae, 14 Bde., 1699-1711), ver¨offentlichte A. u. a. geistliche und profane Traktate, Predigten und eine Anleitung zum Gebrauch gelehrter B¨ucher (Misanders B¨ucherFreunde und B¨ucher-Feinde, 1695). Das Lied Welt, tobe, wie du willst und w¨ute im Bautzener Gesangbuch von 1727 wird ebenfalls A. zugeschrieben. C Killy
Adamietz, Joachim, klassischer Philologe, * 25. 11. 1934 Schwientochlowitz (Oberschlesien), † 26. 5. 1996 Sch¨offengrund (Lahn-Dill-Kreis). A. studierte klassische Philologie und Philosophie in T¨ubingen und Marburg, wo er 1960 mit der Arbeit Ciceros de inventione und die Rhetorik ad Herennium promoviert wurde.
Nach Aufenthalten in London und Gießen habilitierte er sich 1970 mit Untersuchungen zu Juvenal und erhielt nach Lehrauftr¨agen in Gießen und Erlangen 1988 einen Ruf auf den Lehrstuhl f¨ur Latinistik an der Univ. Marburg, den er bis zu seinem Unfalltod 1996 innehatte. A.s Bedeutung f¨ur die Latinistik liegt vor allem in seinen Untersuchungen zur Rhetorik Ciceros und Quintilians sowie seinen Neubewertungen der Arbeiten Juvenals, die er vor dem Hintergrund eines hermeneutisch verwendeten Sarkasmusbegriffs gegen das absch¨atzige Urteil der fr¨uheren Forschung verteidigte.
Adamkiewicz, Albert, Mediziner, * 11. 8. 1850 Zerkow, † 30. 10. (2. 11. ?) 1921 Wien. Noch vor Abschluß des Medizinstudiums an den Universit¨aten K¨onigsberg, Breslau und W¨urzburg wurde A. 1871 f¨ur die Bearbeitung einer Preisaufgabe promoviert (Die mechanischen Blutstillungsmittel bei verletzten Arterien, von Par´e bis auf die neueste Zeit). Nach dem Staatsexamen 1873 war er Assistent am Pathologischen Institut der Univ. K¨onigsberg. 1877 wurde A. Oberarzt an der Charit´e, lehrte 1880-91 an der Univ. Krakau und ließ sich anschließend in Wien als Arzt und Fachschriftsteller nieder. Im Gegensatz zu anerkannten Forschungen, u. a. u¨ ber den Hirndruck, die Physiologie des Albumins oder Die Gef¨aße des menschlichen R¨uckenmarks (2 Bde., 1881-85), stießen seine Studien u¨ ber den Krebserreger auf Ablehnung. Zu seinen weiteren Ver¨offentlichungen geh¨oren Die Großhirnrinde als Organ der Seele (1902) und Die Formel der Sch¨opfung. Eine physiologische Untersuchung u¨ ber den Ursprung und die „Entwickelung“ des Menschen (1911). Adamo, Max, Maler, Illustrator, * 3. 11. 1837 M¨unchen, † 31. 12. 1901 M¨unchen. A. studierte an der Akademie der bildenden K¨unste in M¨unchen bei Wilhelm von → Kaulbach, Karl von → Piloty und Philipp → Foltz. Die Fresken im Bayerischen Nationalmuseum in M¨unchen bezeichnete er selbst – wie auch einen gezeichneten Roman – als Werke seiner Sturmperiode. 1860 entstand das in Wien und Paris ausgezeichnete Historienbild Robespierres Sturz im Nationalkonvent. 1870 stellte er in Paris aus und erhielt noch im selben Jahr in M¨unchen ein Staatsstipendium. A. nahm am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 teil. F¨ur die „Fliegenden Bl¨atter“ war er als Illustrator t¨atig. C AKL
Adamovich, Ludwig, o¨ sterr. Jurist, * 30. 4. 1890 Esseg (heute Osijek, Kroatien), † 23. 9. 1955 Wien. A. schloß seine rechts- und staatswissenschaftlichen Studien an der Univ. Wien 1913 ab, nahm als Offizier am Ersten Weltkrieg teil und war dann bis 1927 Beamter bei der nieder¨osterr. Landesregierung und im Bundeskanzleramt. Er habilitierte sich 1924 f¨ur Staats- und Verwaltungsrecht, erhielt 1927 eine Professur an der Deutschen Univ. Prag, im folgenden Jahr an der Univ. Graz, 1934 in Wien. 1930 wurde A. Mitglied des o¨ sterr. Verwaltungsgerichtshofs. A. wirkte maßgeblich an der Ausarbeitung der st¨andisch-autorit¨aren Verfassung vom Mai 1934 mit. 1934-38 geh¨orte er dem Staatsrat an, seit November 1934 war er auch Mitglied des Bundestags. Anfang 1938 zum Bundesminister f¨ur Justiz ernannt, wurde er vom nationalsozialistischen Regime seines Amtes enthoben und in den Ruhestand versetzt. A. war nach seiner Rehabilitation 1945-47 Rektor der Univ. Wien, 1946-55 Pr¨asident des Verfassungsgerichtshofs und entscheidend an der Formulierung der o¨ sterr. Bundesverfassung beteiligt. Er ver¨offentlichte u. a. Die o¨ sterreichischen Verfassungsgesetze des Bundes und der L¨ander (1925), Grundriß des o¨ sterreichischen Staatsrechtes (Verfassungs- und Verwaltungsrechtes (1927, 31935, 4., neubearb. Aufl. unter dem Ti-
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Adams tel Grundriß des o¨ sterreichischen Verfassungsrechts, 1947, und Grundriß des o¨ sterreichischen Verwaltungsrechts, 1948) und Die Bundesverfassungsgesetze samt Ausf¨uhrungen und Nebengesetzen (1947).
Adams, Carl, schweizer. Mathematiker, * 15. 1. 1811 Merscheid bei D¨usseldorf, † 14. 11. 1849 Winterthur. A. war Lehrer der Mathematik und Physik an der Gewerbeschule in Winterthur. Seine Forschungen geh¨oren alle der sogenannten neueren Geometrie an, die sich im Gegensatz zur analytischen Geometrie verstand und das logische Vorgehen der euklidischen Geometrie mit der „Kunst der Anschauung [. . .] verbinden“ wollte, wie A. in Die harmonischen Verh¨altnisse (1845) schrieb. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren ferner Die Lehre von den Transversalen in ihrer Anwendung auf die Planimetrie: eine Erweiterung der Euklidschen Geometrie (1843) und Geometrische Aufgaben mit besonderer R¨ucksicht auf geometrische Construction (1849). C NDB Adams, John Quinc(e)y, o¨ sterr. Maler, * 21. 12. 1874 Wien, † 15. 3. 1933 Wien. Der Sohn eines amerikanischen S¨angers an der Wiener Hofoper verbrachte seine Jugend in den USA. 1891 besuchte er eine Wiener Malschule und studierte seit 1892 an den Akademien der bildenden K¨unste in Wien, M¨unchen, Paris und London; 1903 wurde er Mitglied des Wiener K¨unstlerhauses. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs malte A. als Mitglied der Kunstgruppe des k. k. Kriegspressequartiers haupts¨achlich Milit¨arbilder; 1917 wurde ihm der Professorentitel verliehen. 1931 erhielt er in New Haven / New Jersey Portr¨atauftr¨age. A. war ein zu seiner Zeit vielbeachteter Portr¨atist der Wiener Gesellschaft (Portr¨at des F¨ursten Liechtenstein, 1908). Er bem¨uhte sich in seinen Darstellungen besonders um naturalistische Details. Er erhielt verschiedene K¨unstlerpreise, sowohl f¨ur Portr¨ats (Thea Drill Oriddge, 1898; Grete Urban, 1905) als auch f¨ur andere Gem¨alde (Totengebet im Armenhaus, 1903; Der K¨unstler und seine Familie, 1908), darunter ein Tryptichon (Wir m¨ussen alle durch viel Tr¨ubsal in das Reich Gottes eingehen, 1905). C AKL Adams, Willi Paul, Historiker, Amerikanist, * 16. 1. 1940 Leipzig, † 3. 10. 2002 Berlin. A. studierte in Bonn und Berlin Geschichte, wurde 1968 promoviert und habilitierte sich 1972 f¨ur Geschichte. Seit 1972 lehrte er als Prof. am Amerika-Institut der Univ. Frankfurt / Main, seit 1977 als Prof. f¨ur amerikanische Geschichte an der Freien Univ. Berlin. Gastprofessuren f¨uhrten ihn u. a. an die Univ. Chicago (1978) und an die Harvard University (1972 und 1975 / 76); 1980 / 81 war er Fellow am Woodrow Wilson International Center for Scholars in Washington, D. C. A. ver¨offentlichte zahlreiche Arbeiten zur Geschichte der USA, insbesondere der Verfassungsgeschichte, zur amerikanischen Revolution und zur deutschen Immigration in die USA. F¨ur seine Arbeit Republikanische Verfassung und b¨urgerliche Freiheit. Die Verfassungen und politischen Ideen der amerikanischen Revolution (1973; engl. The First American Constitutions, 1977, 22001) erhielt er 1976 den Bicentennial Award der American Historical Association. Adamy, Heinrich, Lehrer, Geograph, * 27. 1. 1812 Landeshut (Schlesien), † 13. 10. 1897 Breslau. A. war Lehrer an Schulen in Schweidnitz, Posen, Hirschberg und Breslau und hatte großen Anteil an der Verbreitung der Heimatkunde in Schlesien. Er publizierte mehrere regionalund ortsgeschichtliche Arbeiten, u. a. Schlesien nach seinen physischen, geographischen und statistischen Verh¨altnissen (1850, 71893), Wanderkarte von Schlesien, besonders mit Ber¨ucksichtigung der physikalischen Verh¨altnisse (1850, 9 1891) und Geographie von Schlesien f¨ur den ElementarUnterricht (101868, 291897).
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Ade, Christian David, Theologe, * 23. 2. 1732 Neuperg, † 3. 1. 1800. A. schloß seine Ausbildung an niederen w¨urttembergischen Kl¨ostern und am T¨ubinger Stift mit dem Magistergrad ab, wurde 1759 Pfarrer in G¨otzenhausen, sp¨ater in Zwerenberg und publizierte eine sechsb¨andige Lebens- und Regierungsgeschichte des jetzo glorreich regierenden Papsts Pius des VI. (1781-96).
Adela, K¨onigin von B¨ohmen, † 1. 2. 1211. Die Tochter des Markgrafen → Otto von Meißen war mehr als 20 Jahre lang die Gemahlin K¨onig → Otakars I. Pˇrzemysl, der sie verstieß. Papst Innozenz III. hielt ihren Scheidungsprozeß lange Zeit in der Schwebe, um politischen Druck auf den b¨ohmischen Regenten aus¨uben zu k¨onnen. A.s Los wurde politisch von Bedeutung, da die beiden deutschen Kronpr¨atendenten → Otto IV. und → Philipp von Schwaben sich jeweils ihrer annahmen und je nach politischem Erfolg auch A.s Geschick u¨ ber die b¨ohmischen Gefolgsm¨anner Markgraf Dietrich, A.s Bruder, bzw. Otakar mitbestimmten. Ihr Sohn Wratislaw wurde auf dem N¨urnberger Reichstag 1212 von Otto IV. f¨ormlich mit B¨ohmen belehnt; nach Ottos Tod 1218 u¨ bernahm jedoch der zuvor abgesetzte Otakar wieder die Macht. C ADB Adela, Gr¨afin, * um 950, † vor 1021. Die Tochter des Grafen Wichmann von Hamaland war in zweiter Ehe mit Graf Balderich von Drenthe verheiratet, dem sie mehrere Grafschaften am Niederrhein zu verschaffen suchte und damit ganz Niederlothringen auf Jahre beunruhigte. 1014 soll sie ihren Sohn Dietrich und 1016 gemeinsam mit Balderich den billungischen Grafen Wichmann ermordet haben lassen. Sie wurde auf einem Dortmunder Hoftag von Kaiser → Heinrich II. zum Tod verurteilt, dann begnadigt, mußte jedoch ihre G¨uter großenteils dem Bistum Paderborn u¨ berlassen, wo ihr Sohn → Meinwerk seit 1009 Bischof war. Nachdem sie noch jahrelang Raubz¨uge durch Niederlothringen gef¨uhrt hatte, floh sie nach K¨oln. Ihr Leichnam wurde am Dom begraben, dann aber von der Bev¨olkerung in den Rhein geworfen. Wie aus der Chronik des → Thietmar von Merseburg (11. Jh.) hervorgeht, galt sie als „Herodias“ des Mittelalters. C LexMA ¨ Adela, Heilige, auch Adolana, Adula, Abtissin, * um 660, † um 735. Die Gr¨underin des Frauenklosters und sp¨ateren Damenstifts Pfalzel bei Trier entstammte einer der f¨uhrenden Adelsfamilien des Merowingerreichs; angeblich war sie die Toch¨ ter der heiligen Irmina, der Abtissin von Oehren (Horreum) bei Trier, und des fr¨ankischen Seneschalls Hugobert. Mit den angels¨achsischen Missionaren, zumal dem heiligen → Bonifatius, war sie eng verbunden. Ihre Gebeine wurden laut einer Bleiinschrift 1207 in der alten Stiftskirche zu Pfalzel erhoben. C LexMA
Adelbrecht, Dichter, 1. H¨alfte 12. Jh. A. bezeichnete sich selbst als Priester und stammte vermutlich aus K¨arnten. Er verfaßte um 1120-30 das nur in Bruchst¨ucken vorhandene Gedicht Johannes Baptista, in dem er die Informationen u¨ ber Johannes den T¨aufer aus den Evangelien nach Lukas und Matth¨aus zu einer Legende ausgestaltete. Die Teile einer St.-Veit-Legende aus der gleichen ¨ Handschrift zeigen stilistische Ahnlichkeit mit der JohannesLegende und werden dem selben Autor zugewiesen. C VL Adelbulner, Michael, Naturforscher, * 3. 2. 1702 N¨urnberg, † 19. / 21. 7. 1779 Altdorf. Nach Abschluß des Gymnasiums seiner Heimatstadt 1720 hielt sich A., Sohn eines Buchdruckers, in Halle, Magdeburg und Hamburg auf und ließ sich im Beruf seines Vaters
Adelheid ausbilden. In Leipzig studierte er Altertumswissenschaften und Philosophie und gab nach seiner R¨uckkehr nach N¨urnberg den Beruf des Druckers ganz auf, um sich mit Astronomie und Mathematik zu besch¨aftigen. Seit 1725 studierte A. schließlich an der Univ. Altdorf Physik, Chemie und Medizin, wurde 1736 Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin und 1741 unter dem Namen Aristarchus Samius auch der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. A. wurde 1738 zum Dr. med. promoviert und erhielt 1743 in Altdorf eine Professur f¨ur Mathematik und Physik; 1766 u¨ bernahm er zus¨atzlich die Professur f¨ur Logik. Er ver¨offentlichte u. a. Commercium litterarium ad astronomiae incrementum inter huius scientiae amatores communi consilio institutum (2 Bde., 1735 / 36) und Kurze Beschreibung der Barometer und Thermometer [. . .] (1768, 21781). C ADB
Adelburg, August Ritter (Frh.) von, eigentl. Abranovi´c, Musiker, Komponist, * 1. 11. 1830 Pera (T¨urkei), † 20. 10. 1873 Wien. Zun¨achst in Konstantinopel aufgewachsen, wurde A. seit 1842 in Wien ausgebildet, wo er 1850-54 Violinunterricht bei Joseph → Mayseder erhielt und Joachim Hoffmann sein Kompositionslehrer war. Konzertreisen f¨uhrten ihn durch Europa. A., der mit seiner Oper Zrinyi nach eigenem Libretto (Pest 1866) vor¨ubergehend erfolgreich war, widersprach Franz → Liszts Ansicht, die ungarische Musik stamme von den Zigeunern. A. komponierte u. a. Opern, das Oratorium Krieg und Frieden, Chorwerke, Violinkonzerte, Streichquartette und Lieder. C NGroveD
Adeler, Christian Frh. von Lente, Beamter, * 29. 11. 1784 Lundbeck (J¨utland), † 7. 3. 1844 Stuttgart. K¨oniglich-d¨anischer Kammerherr und Dr. jur. (Kopenhagen), war A. seit 1820 Amtmann in Flensburg, danach Amt¨ mann der holsteinischen Amter Traventhal, Reinfeld und Rethwisch. Nach einer Verurteilung wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt 1842 zog er nach Stuttgart. Neben seiner Dissertation zum d¨anischen Recht ver¨offentlichte A. eine Kurzgefaßte Anleitung zum Hopfenbau (1824). C Neuer Nekr, Jg. 22 Adelheid, Kaiserin, * 931 Hochburgund, † 16. 12. 999 Kloster Selz (Elsaß). Als Tochter K¨onig → Rudolfs II. von Hochburgund geboren, wurde sie schon als sechsj¨ahriges Kind mit Lothar, dem Sohn K¨onig Hugos von Italien verlobt. 947 fand nach zehnj¨ahrigem Verl¨obnis die Hochzeit der sechzehnj¨ahrigen A. mit K¨onig Lothar von Italien statt. F¨ur einen Zeitraum von drei Jahren schweigen dann die Quellen u¨ ber das Schicksal A.s, bis 950 Lothar starb. Markgraf Berengar von Ivrea riß die Macht an sich, gewann die italische K¨onigskrone und setzte A. gefangen. Nach einer unw¨urdigen Behandlung konnte A. schließlich den H¨anden des Usurpators durch eine abenteuerliche Flucht entkommen. Wahrscheinlich hat Berengar versucht, die junge Witwe zu einer Ehe mit seinem mitgekr¨onten Sohn Adalbert zu zwingen; diese Pl¨ane wurden jedoch vom deutschen K¨onig gest¨ort: → Otto der Große kam ihr zu Hilfe, nahm das „regnum Langobardorum“ an sich und verm¨ahlte sich im Dezember 951 mit A. Das Verh¨altnis → Liudolfs, Ottos Sohn aus erster Ehe, zu seinem Vater spitzte sich infolge der Neuverm¨ahlung weiter zu und f¨uhrte schließlich zu einem gef¨ahrlichen Aufstand. A.s Rolle bei diesem Konflikt ist schwer zu durchschauen; erkennbar ist aber ihre Verbindung mit → Heinrich von Bayern, Liudolfs Hauptgegner. Als Otto 962 in Rom die Kaiserkrone empfing, wurde A. ebenfalls gekr¨ont und erscheint nun als „imperatrix augusta“ und „consors imperii“ in den Urkunden. A. brachte Otto auch in Verbindung mit Cluny, was aber keine gr¨oßeren Auswirkungen auf dessen Klosterpolitik
¨ hatte. Nach Ottos Tod (973) und der Ubernahme der Regierungsgewalt durch → Otto II. gelang es A. zun¨achst, am Hof des jungen Kaisers betr¨achtlichen Einfluß auf dessen Politik zu gewinnen. Seit 975 l¨oste sich Otto II. jedoch allm¨ahlich von ihr, wahrscheinlich unter der Einwirkung seiner Gattin → Theophanu. A. u¨ berwarf sich sogar ernsthaft mit dem Kaiser und hielt sich fern vom Hof lange Zeit in Italien und Burgund auf, bis es 980 zu einer Auss¨ohnung kam. Ihrem hohen Ansehen und dem Geschick Theophanus war es zu verdanken, daß nach dem fr¨uhen Tod Ottos II. (983) der Thron dem jungen → Otto III. erhalten blieb. F¨ur den unm¨undigen Otto f¨uhrten A. und Theophanu zun¨achst eine gemeinsame Regentschaft, entzweiten sich dann aber, so daß A. vor der selbstbewußteren Theophanu weichen mußte. Nach dem Tod Theophanus (991) u¨ bernahm A. erneut die Regentschaft und wurde dabei von dem Mainzer Erzbischof → Willigis unterst¨utzt. W¨ahrend dieser Zeit ging vom ottonischen K¨onigshof zwar keine kraftvolle Politik aus, doch lag dies an der schwierigen Gesamtlage. Als Otto III. 994 m¨undig geworden war, kam es bald zum Bruch zwischen A. und ihrem selbstbewußten Enkel. A. zog sich vom Hof weitgehend zur¨uck und hielt sich in ihren letzten Lebensjahren oft in dem von ihr gegr¨undeten Kloster Selz im Unterelsaß auf, wo sie 999 verstarb. Schon einige Zeit nach ihrem Tod wurde sie als Heilige verehrt und unter Papst Urban II. (1088-99) offiziell kanonisiert. In der hagiographischen Literatur wird A. u¨ berschwenglich wegen ihrer Fr¨ommigkeit, Mildt¨atigkeit und Sittenstrenge gelobt, doch f¨allt es schwer, zum Kern ihrer Pers¨onlichkeit vorzudringen. A. z¨ahlt zweifellos zu den bedeutendsten Frauengestalten des 10. Jahrhunderts. Das Leben dieser gebildeten und tatkr¨aftigen K¨onigin war eng mit dem Geschick des jungen deutschen Reiches und dem Aufstieg der Ottonen verbunden. QUELLEN: Die Lebensbeschreibung der Kaiserin A. von Abt Odilo von Cluny. Ed. v. Herbert Paulhart. In: Mitteilun¨ gen des Instituts f¨ur Osterreichische Geschichtsforschung. Erg¨anzungsband 20.2, 1962, 27-54. – Monumenta Germaniae Historica DD OI, OII, OIII. LITERATUR: J. Bentzinger: Das Leben der Kaiserin A. Diss. Breslau 1883. – Walter Schlesinger: A. In: Neue Deutsche Biographie. Bd. 1, Berlin 1953, S. 57-58. – Herbert Zielinski: A. In: Lexikon des Mittelalters. Bd. 1, Z¨urich / M¨unchen 1980, Sp. 145-146. – Gerald Beyreuther: Kaiserin A. In: Herrscherinnen und Nonnen. Hrsg. v. Erika Uitz u. a. Berlin 1990, S. 43-79. Werner R¨osener
Adelheid Victoria Amalie Luise Marie Konstanze, Herzogin zu Schleswig-Holstein-Augustenburg, geb. Prinzessin zu Hohenlohe-Langenburg, * 20. 7. 1835 Langenburg, † 25. 1. 1900 Dresden. A. verbrachte l¨angere Zeit in England bei ihrer Großmutter, der Herzogin von Kent. Heiratsw¨unschen Napoleons III. stand sie ablehnend gegen¨uber und verm¨ahlte sich 1856 mit dem Prinzen und sp¨ateren Herzog → Friedrich von Schleswig-Holstein-Augustenburg. Nachdem ihr Sohn vollj¨ahrig geworden war, zog A. nach Dresden. Ihre erstgeborene Tochter → Auguste Viktoria heiratete 1881 den sp¨ateren Kaiser → Wilhelm II. C Biogr Jahrb, Bd 5 Adelheid Langmann, Dominikanerin, Mystikerin, * 1306, † 22. 11. 1375 Kloster Engelthal bei N¨urnberg. Die aus einem ratsf¨ahigen N¨urnberger Geschlecht stammende A. wurde nach nur einj¨ahriger Ehe etwa vierzehnj¨ahrig Witwe und trat noch vor 1330 in das Dominikanerinnenkloster Engelthal bei N¨urnberg ein. Hier f¨uhrte sie ein von Krankheiten, Askese und mystischen Erlebnissen gep¨agtes Dasein. Ihre Offenbarungen, die aus Selbstaufzeichnungen, Diktaten und anderem Material u¨ ber ihr Leben
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Adelheid zu einem mittelhochdeutschen Gnadenleben zusammengestellt wurden, sind in drei verschieden redigierten Handschriften vermutlich aus dem 15. Jh. u¨ berliefert. C LexMA ¨ von Quedlinburg, * 977, Adelheid, Abtissin † 14. 1. 1040 / 44 / 45 Quedlinburg. Die Tochter → Ottos II. und Enkelin der Kaiserin → Adelheid trat 995 als Kanonisse in das Stift Quedlin¨ burg ein und wurde 999 zweite Quedlinburger Abtissin und Nachfolgerin ihrer Tante → Mathilde, der Tochter → Ottos des Großen. Sie pflegte engen Kontakt mit ihrem Bruder → Otto III., der Quedlinburg oft besuchte, und u¨ bte dadurch wie ihre Vorg¨angerin zeitweise politische Macht aus. → Heinrich II. u¨ bertrug ihr 1014 zus¨atzlich die Leitung der Reichsstifte Gernrode und Verden. 1039 wurde sie nach dem Tod ihrer Schwester → Sophie als letzte ottonische Kaiser¨ tochter satzungsgem¨aß auch Abtissin des a¨ ltesten liudolfingischen Familienstifts Gandersheim. C NDB ¨ von Vilich und St. Maria, * 960 / 70, Adelheid, Abtissin † 3. 2. 1008 / 21 K¨oln. A. war die j¨ungste Tochter des Grafen Megingoz in Geldern und Zutphen sowie der Gerberga, Tochter des Pfalzgrafen Gottfried. Sie lebte zun¨achst als Nonne im Kloster St. Ursula (K¨oln), von wo sie abberufen wurde, nachdem ihre Eltern 983 das Stift Vilich (bei Bonn) errichtet hatten. A. wurde ¨ dessen erste Abtissin und f¨uhrte in dem Stift, das wohl u¨ berwiegend aus adligen T¨ochtern bestand, die Benediktinerregel ein. Seit 1002 leitete A. als Nachfolgerin ihrer verstorbenen Schwester Bertrada zus¨atzlich das Stift St. Maria im Kapitol (K¨oln). Vilich genoß w¨ahrend A.s Amtszeit hochrangige F¨orderung, u. a. durch Kaiserin → Theophanu. Seit 987 stand das Stift unter dem Schutz von K¨onig → Otto III. A. wurde sp¨ater als Patronin gegen Augenkrankheiten verehrt. Als Festtag etablierte sich der 5. Februar. Um 1056 / 57 entstand eine A.-Vita der Nonne Bertha. C LexMA
Adelmann, Georg Franz Blasius von, Chirurg, * 28. 6. 1811 Fulda, † 16. 6. 1888 Berlin. Aus einer Familie von Medizinern stammend, studierte A. Naturwissenschaften in L¨owen und Medizin an den Universit¨aten Heidelberg, Marburg und W¨urzburg, wo er 1832 promoviert wurde (De dignitate Lithontritiae). 1837 habilitierte er sich in Marburg (De steatomate proprio tumorum parasitorum genere). 1841 erhielt A. durch die Empfehlung des Heidelberger Chirurgen Maximilian Joseph → Chelius den Lehrstuhl f¨ur Chirurgie in Dorpat und festigte w¨ahrend der dreißig Jahre bis zu seiner Emeritierung den Ruf Dorpats als Schule der Chirurgie, ohne jedoch die Ber¨uhmtheit seines Vorg¨angers Nikolaj Ivanoviˇc Pirogow zu erreichen. Seine Untersuchungen zu Nebenh¨ohlenerkrankungen leisteten Vorarbeiten zur (noch nicht spezialisierten) Rhinologie (Untersuchungen bei krankhaften Zust¨anden der Oberkiefernh¨ohle, 1845). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren auch Beitr¨age zur medicinischen und chirurgischen Heilkunde (3 Bde., 1840-52) und Die Zellengef¨angnisse in Belgien (1861). A. war seit 1855 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. C ADB
Adelmann, Karl, Schriftsteller, Sammler, * 21. 4. 1859 W¨urzburg, † 15. 10. 1910 W¨urzburg. Der aus einem W¨urzburger Patrizierhaus stammende A., dessen Vater als Gesch¨aftsmann erfolgreich war, verließ das Gymnasium vor dem Abschluß, da er eine kaufm¨annische Ausbildung beginnen sollte. Er ging jedoch nach M¨unchen, bildete sich u. a. bei Heinrich → Brunn, Michael → Bernays und Wilhelm → Giesebrecht in Kulturgeschichte, nahm Klavier- und Gesangunterricht und bereiste Deutsch¨ land, Osterreich, Frankreich und Italien. 1898 legte er eine
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auf kunstpsychologische Ans¨atze zur¨uckgehende Monographie u¨ ber Tilman → Riemenschneider vor (1898, 21910). A. wurde zu einem gesch¨atzten Ratgeber in kunsthistorischen Fragen. Er ver¨offentlichte u. a. ein zweib¨andiges Werk zur Hohenstaufenzeit, Dramen, darunter Alexius Angelus (1890), und Abhandlungen zur fr¨ankischen Lokalgeschichte. C Leb Franken, Bd 3
Adelmann von Adelmannsfelden, Alfred, Schriftsteller, * 4. 7. 1848 Stuttgart, † 18. 4. 1887 Wiesbaden. A. v. A. besuchte die Kriegsschule in Ludwigsburg, nahm als Offizier am Krieg 1870 / 71 teil und bereiste in den fol¨ genden Jahren Skandinavien, Osterreich-Ungarn und Italien. Er schied 1880 aus dem Milit¨ardienst; zuletzt war er Adjutant des Thronfolgers Prinz → Wilhelm von W¨urttemberg. A. v. A. schrieb Romane, Novellen, Reise- und Feldzugserinnerungen, die den Verfasser als Anh¨anger des Liberalismus ausweisen. Im Kulturkampf ver¨offentlichte er politische Streitschriften, in denen er f¨ur Otto von → Bismarck Partei ergriff, den Ultramontanismus bek¨ampfte und f¨ur eine katholische Nationalkirche eintrat (Frei von Rom, 1886).
Adelmann von Adelmannsfelden, Bernhard, Humanist, * 27. 5. 1459 Neubronn (?), † 16. 12. 1523 Eichst¨att. Nach Studien in Heidelberg, Basel und Ferrara u¨ bernahm A. v. A., Bruder von Konrad → A. v. A., 1486 ein von ihm schon 1472 erworbenes Kanonikat in Eichst¨att, 1498 ein weiteres in Augsburg. Verschiedene Reisen f¨uhrten ihn nach England, Frankreich, Italien und in die Niederlande. 1515 stiftete er das Bruderhaus St. Sebastian in Eichst¨att. Er nahm Partei f¨ur Johannes → Reuchlin und war seit 1518 mit Martin → Luther bekannt. Als Johannes → Eck 1519 a¨ ußerte, nur einige ungelehrte Domherren hielten zu Luther, trat er dem gemeinsam mit Johannes → Oekolampad in der Schrift Canonicorum indoctorum responsio ad Eccium entgegen. Von Eck deshalb 1520 auf die Bannbulle gesetzt, unterwarf sich A. v. A. und wurde absolviert. Er pflegte Freundschaft mit Conrad → Peutinger und Willibald → Pirckheimer und geh¨orte der humanistischen „Societas Augustana“ an. C Leb Bayer Schwaben, Bd 11
Adelmann von Adelmannsfelden, Heinrich (Lothar Honor) Graf, Rittergutsbesitzer, Politiker, * 19. 12. 1848 Hohenstadt (W¨urttemberg), † 23. 9. 1920 Burg Schaubeck bei Kleinbottwar. A. v. A. studierte Jura, Forst- und Landwirtschaftswissenschaft in T¨ubingen (Corps Suevia), Weihenstephan, Hannoversch M¨unden und Hohenheim bei Stuttgart. 1870 / 71 nahm er am Deutsch-Franz¨osischen Krieg teil. 1872 legte er in Hannoversch M¨unden das forstwirtschaftliche Examen ab. 1878 u¨ bernahm A. v. A. die Verwaltung der Familieng¨uter in Hohenstadt. Im selben Jahr wurde er zum Kgl. w¨urttembergischen Kammerherrn ernannt. 1881-93 geh¨orte er als w¨urttembergischer Abgeordneter der Zentrumsfraktion des Reichstags an. Seit 1881 stand er dem landwirtschaftlichen Bezirksverein Aalen vor. 1891-1919 war A. v. A. Pr¨asident der F¨urstlich hohenzollernschen Hofkammer. Er geh¨orte dem deutschen Forstwirtschaftsrat an. Auf der Weltausstellung in Chicago 1893 amtierte er als deutscher Preisrichter f¨ur Landwirtschaft. A. v. A. ver¨offentlichte eine Praktische Anleitung zum Obstbau. C Raberg
Adelmann von Adelmannsfelden, Johann Christoph, F¨urstpropst von Ellwangen, * 23. 6. 1640 Hohenstadt, † 26. 8. 1687 Ellwangen. A. v. A. studierte 1651-57 bei den Jesuiten in Dillingen und 1658 in Ingolstadt. 1655 wurde er Domherr in Ellwangen und Augsburg, 1667 Dekan und im folgenden Jahr F¨urstpropst in Ellwangen, 1671 auch Domdekan in Augsburg. Durch seine Freundschaft mit dem Jesuitenpater Philipp → Jeningen nahm er Anteil an der Rekatholisierung des
Adelung nord¨ostlichen Schwaben. Er stiftete die Wallfahrtskirche auf dem Sch¨onenberg bei Ellwangen. Seine wertvolle Bibliothek und eine Sammlung mathematischer Instrumente hinterließ er dem Ellwanger Stiftskapitel. C NDB
Adelmann von Adelmannsfelden, Konrad, Humanist, * 8. 9. 1462 Neubronn (?), † 6. 2. 1547 Holzheim bei Dillingen. Der Bruder von Bernhard → A. v. A. studierte in Heidelberg, Basel, Ferrara, T¨ubingen und Ingolstadt. Seit 1487 war er Kanonikus in Ellwangen, von 1502 an in Augsburg, 1523-28 in Eichst¨att. Er geh¨orte dem Kreis um Conrad → Peutinger an und war mit Kilian → Leib befreundet. Nachdem er anfangs gleich seinem Bruder mit der reformatorischen Bewegung sympathisiert hatte, wandte er sich umso entschiedener ab und mußte nach der vollst¨andigen Durchf¨uhrung der Reformation in Augsburg mit dem gesamten Domkapitel die Stadt verlassen. C Leb Bayer Schwaben, Bd 11
Adelmann von Adelmannsfelden, Raban Graf, Beamter, Diplomat, * 12. 11. 1877 Hohenstadt, † 4. 6. 1935 K¨oln. A. v. A. studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Paris, Leipzig, Berlin und Greifswald, wo er 1899 promoviert wurde. Seit 1904 war er Gerichtsassessor, 1908-19 Regierungsrat beim Oberpr¨asidium der Rheinprovinz. A. v. A. nahm an den Verhandlungen in Versailles 1919 und in London 1924 teil. Seit 1919 im Rang eines Vortragenden Rats, sp¨ater Ministerialdirigenten, war er im Reichsministerium des Innern t¨atig und 1925-30 stellvertretender Reichskommissar f¨ur die besetzten Gebiete. Nach deren R¨aumung 1930 trat A. v. A. ins Ausw¨artige Amt u¨ ber und war seit 1931 Generalkonsul in Kattowitz, 1934-35 Gesandter in Br¨ussel. C MdB
Adelog, Bischof von Hildesheim, † 20. 9. 1190 Hildesheim. Der Sohn eines Grafen von Dorstadt wurde 1160 Domherr in Hildesheim und Propst des Domstiftes in Goslar, 1169 auch des Stiftes auf dem Petersberg bei Goslar. Seit 1171 war er Bischof von Hildesheim und nahm im Streit zwischen → Friedrich I. und → Heinrich dem L¨owen Partei f¨ur die Staufer. 1180 konnte er vor¨ubergehend mit der Homburg den Besitz seiner Kirche erweitern. Trotz seines angespannten Verh¨altnisses zu den Welfen war A. in Braunschweig als Di¨ozesanbischof t¨atig. Mit Hilfe der Hildesheimer B¨urger erwarb er die Asleburg und gr¨undete zahlreiche Kl¨oster (W¨oltingerode, Dorstadt und Neuwerk) und Kirchen. Im „Großen Privileg“ von 1179 regelte er u. a. die Beziehungen zwischen Bischof und Domkapitel. W¨ahrend A.s Amtszeit erreichte die romanische Baukunst in Niedersachsen einen H¨ohepunkt. C Hildesheim Bisch¨ofe Adelsberger, Lucie, Kinder¨arztin, Internistin, Allergologin, * 12. 4. 1895 N¨urnberg, † 2. 11. 1971 New York. A. studierte Medizin in Erlangen, erhielt 1920 die Approbation und wurde 1923 mit der Dissertation Die Verdauungsleukozytose beim S¨augling promoviert. Nach ersten beruflichen Stationen am Waisenhaus und Kinderasyl der Stadt Berlin (1924 / 25), bei der S¨auglings- und Kinderwohlfahrt in Berlin-Wedding (1926 / 27) und einer Spezialisierung zur Fach¨arztin f¨ur Innere Medizin (1925) und P¨adiatrie (1926) arbeitete sie seit 1927 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin, ¨ ¨ seit 1930 als Arztin an der Beobachtungsstelle f¨ur Uberempfindlichkeitskrankheiten an der serologischen Abteilung am Berliner Robert-Koch-Institut. Dort widmete sich A. insbesondere der klinischen und serologischen Allergieforschung. 1933 aufgrund ihrer j¨udischen Herkunft entlassen, war sie ¨ vor¨ubergehend als selbst¨andige Arztin und „Krankenbehandlerin“ in Berlin t¨atig. Nach einem mißlungenen Versuch zu emigrieren wurde sie 1943 nach Auschwitz deportiert und
¨ dort als Arztin der Kinder im Zigeunerlager und im FrauenKonzentrationslager Auschwitz-Birkenau eingesetzt. Nach ihrer Befreiung aus dem Konzentrationslager Ravensbr¨uck gelangte A. 1946 u¨ ber Amsterdam nach New York, wo sie ¨ zun¨achst als TBC-Arztin am Montefiore-Hospital (1947-49) wirkte. Seit 1949 f¨uhrte sie eine allergologische Privatpraxis und widmete sich weiterhin medizinische Forschungen, insbesondere der zellul¨aren Fr¨uhdiagnose des Carcinoms. Neben einer Reihe von Beitr¨agen in Fachzeitschriften ver¨offentlichte sie die Autobiographie Auschwitz. Ein Tatsachenbericht (1956, Neuaufl. 2001, 22005). C Seidler
Adelt, Leonhard, Journalist, * 17. 6. 1881 Boitzenburg / Elbe, † 21. 2. 1945 Dippoldswalde bei Dresden. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Dortmund wurde A., Sohn eines Generalagenten, 1898 Buchh¨andler in Kleve, mußte diese Stelle jedoch wegen Ver¨offentlichung der Novelle Werden im selben Jahr aufgeben. 1899 trat er eine Stelle als Buchh¨andler in K¨oln an, wechselte dann zum Journalismus und redigierte 1900 den „Generalanzeiger“ in Eberswalde und 1900-03 die „Neue Stettiner Zeitung“. 1903 / 04 besuchte er die Univ. Berlin. 1904-06 war er Feuilletonredakteur der Wiener „Zeit“, 1906-08 der „Neuen Hamburger Zeitung“. Seit 1909 lebte A. als freier Schriftsteller ¨ in Uberlingen am Bodensee und seit 1911 in Gauting bei M¨unchen. 1911 / 12 war er Flieger in M¨unchen und Leipzig, 1914-19 Redakteur und Kriegsberichterstatter des „Berliner Tageblatts“. 1920-26 hielt er sich als Redaktionsvertreter des „Berliner Tageblatts“ und der „Neuen Freien Presse“ (Wien) in M¨unchen auf. 1921 / 22 war A. Chefredakteur des „Deutschland“ und 1925 der M¨unchner „AZ am Abend“. Seit 1926 als Reisekorrespondent t¨atig, ging er 1939 nach Berlin. A. schrieb Erz¨ahlungen, Dramen und Romane und u¨ bersetzte aus dem Englischen (u. a. Charles Dickens, James Fenimore Cooper). Er war seit seiner Jugendzeit mit Stefan → Zweig befreundet. A. starb an den Verletzungen, die er w¨ahrend eines Luftangriffs auf Dresden erlitten hatte. C Westf Autoren, Bd 3
Adelung, (August) Bernhard, Politiker, * 30. 11. 1876 Bremen, † 24. 2. 1943 Darmstadt. Der Sohn eines Hilfsarbeiters ging nach der Lehrzeit als Schriftsetzer auf Wanderschaft durch Deutschland, Italien, ¨ Osterreich und die Schweiz und wurde 1897 Schriftsetzer in Mainz. Als Redakteur und Schriftleiter der „Mainzer Volkszeitung“ (1902-18) war der Sozialdemokrat A. seit 1904 Stadtverordneter, 1918-28 Beigeordneter der Stadt Mainz mit der Amtsbezeichnung B¨urgermeister. Er geh¨orte 1903-08, 1911-18 und 1919-33 dem Hessischen Landtag an und war 1919-28 dessen Pr¨asident. 1928 wurde er zum hessischen Staats- und Ministerpr¨asidenten gew¨ahlt und war zudem bis 1933 Kultusminister. Seit der Enthebung aus seinen ¨ Amtern durch die Nationalsozialisten lebte A. zur¨uckgezogen und schrieb seine Lebenserinnerungen Sein und Werden (1952). C Brem Bio 2
Adelung, Friederike, Pseud. Klara, Schriftstellerin, * 2. 11. 1783 Stettin, † nach 1817. Die j¨ungste Schwester Friedrich → A.s erhielt eine standesgem¨aße h¨ausliche Ausbildung in den Wissenschaften und den K¨unsten. Durch ihre Freundin Luise von Rohr wurde sie zur Ausarbeitung ihrer schriftstellerischen Versuche angeregt. Seit 1805 lebte sie in Dresden, wohin ihr Onkel, Johann Christoph → A., sie zu seiner Pflege gerufen hatte. Nach dessen Tod 1806 blieb sie bei ihrer in Dresden verheirateten Schwester und vollendete den Roman Emma, oder Liebe und T¨auschung (1810). A. lebte sp¨ater wieder in Stettin und nahm 1817 eine Stelle als Erzieherin bei einer deutschen Familie im Großherzogtum Posen an.
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Adelung Adelung, Friedrich von, Sprachforscher, * 25. 2. 1768 Stettin, † 30. 1. 1843 St. Petersburg. Nach Abschluß des Studiums der Rechtswissenschaft und der Philosophie in Leipzig bereiste der Neffe von Johann Christoph → A. Mittel- und S¨udeuropa. 1793 verlegte A. seinen Wohnsitz nach Riga, zwei Jahre sp¨ater nach Mitau, wo er journalistisch und kaufm¨annisch t¨atig war. In St. Petersburg leitete er das Deutsche Theater und bet¨atigte sich als Zensor f¨ur deutsche Literatur. Seit 1803 zum Erzieher der Großf¨ursten Nikolaus und Michael, der Br¨uder des Zaren Alexander I., bestimmt, verwaltete er auch die Bibliothek der Zarin. 1809 ernannte ihn die Petersburger Akademie der Wissenschaften zum korrespondierenden Mitglied. A. wurde 1824 in den russischen Staatsdienst u¨ bernommen, nobilitiert und zum Direktor des Orientalischen Instituts ernannt. A. f¨orderte die allgemeine und vergleichende Sprachwissenschaft und ver¨offentlichte den Versuch einer Literatur der Sanskritsprache (1830). C NDB
Adelung, Johann Christoph, Sprachforscher, * 8. 8. 1732 Spantekow bei Anklam (Pommern), † 10. 9. 1806 Dresden. A., Sohn eines Pfarrers, studierte 1752-58 Theologie bei Siegmund Jakob → Baumgarten, lehrte am Ratsgymnasium in Erfurt und wurde f¨ur seine ersten wissenschaftlichen ¨ Arbeiten und Ubersetzungen in die Kurf¨urstlich Mainzische Akademie der n¨utzlichen Wissenschaften aufgenommen; 1762 verlieh ihm der Gothaer Hof den Ratstitel. Bis 1764 hat die Forschung keine gesicherten Angaben zu A.s Biographie; seit 1764 / 65 lebte er als Privatgelehrter in Leipzig und folgte 1787 einem Ruf als Oberbibliothekar an die Kurf¨urstliche Bibliothek in Dresden, deren Best¨ande er ¨ erstmals der Offentlichkeit zug¨anglich machte. Er hatte die Stelle bis zu seinem Tod inne. In Leipzig begann seine umfangreiche publizistische T¨atigkeit; er gab u. a. elf gr¨oßtenteils selbst geschriebene Zeitungen sowie historische, meist kompilatorische Arbeiten heraus. 1774-86 erschien sein Versuch eines vollst¨andigen grammatisch-kritischen W¨orterbuches der Hochdeutschen Mundart (5 Bde., 2., vermehrte und verbesserte Aufl. unter dem Titel Grammatikalisch-kritisches W¨orterbuch der hochdeutschen Mundart, 5 Bde., 1793-1803, Neuausg. 2000), das seinen Ruf als herausragender Sprachforscher begr¨undete und eine wichtige Quelle f¨ur die Erforschung des deutschen Wortschatzes darstellt. C IGL
Adenauer, Konrad (Hermann Joseph), Politiker, * 5. 1. 1876 K¨oln, † 19. 4. 1967 Rh¨ondorf. A.s Vorfahren stammten aus der Gegend um Rheinbach und Meckenheim. Sein Vater Johann Konrad (1833-1906) wurde als Unteroffizier der preuß. Armee 1866 bei K¨oniggr¨atz verwundet. In den Zivildienst u¨ bergewechselt, stieg er am Oberlandesgericht in K¨oln zum Kanzleirat auf. Die Vorfahren A.s m¨utterlicherseits kamen teils aus Nordth¨uringen, teils aus Bonn bzw. K¨oln, woher auch seine Mutter Helena, geb. Scharfenberg (1849-1919), stammte. Als drittes Kind von f¨unf Geschwistern wuchs A. in beengten Verh¨altnissen auf. Nach dem Abitur (1894) studierte er mit Hilfe eines B¨urgerstipendiums Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft in Freiburg / Breisgau, M¨unchen und Bonn. Nach dem 2. Staatsexamen (1901) arbeitete A. als Assessor bei der Staatsanwaltschaft in K¨oln, seit 1903 bei einem Rechtsanwalt, von 1905 an als Hilfsrichter beim Landgericht. 1904 war er durch Heirat mit Emma Weyer (1880-1916) mit dem K¨olner Patriziat in
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Verbindung getreten. Der Ehe entstammten drei Kinder. A. blieb von christlich-humanistischen Wertvorstellungen auf kath. Grundlage gepr¨agt und dem freiheitlichen Geist des nach Westeuropa ge¨offneten Rheinlands zugewandt. 1906 wurde A. zum Beigeordneten in K¨oln gew¨ahlt, 1909 zum 1. Beigeordneten. 1917 erlitt er einen schweren Autounfall. Im gleichen Jahr zum B¨urgermeister von K¨oln gew¨ahlt, verlieh ihm → Wilhelm II. den Titel „Oberb¨urgermeister“ und berief ihn in das Preußische Herrenhaus. 1919 heiratete A. Auguste (Gussi) Zinsser (1895-1948). Dieser Ehe entstammten vier Kinder. A. hat K¨oln in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht zur Metropole im Westen Deutschlands ausgebaut. Mit dem Einmarsch britischer Truppen Ende 1918 begann eine siebenj¨ahrige Besatzungszeit. A. gewann ein gutes Verh¨altnis zur Besatzungsmacht und konnte mit deren Hilfe separatistische Bestrebungen abwehren. Wiederholt trat er daf¨ur ein, das Rheinland aus Preußen, nicht aber vom Reich, zu l¨osen. Seit 1921 geh¨orte der Zentrumspolitiker dem Preußischen Staatsrat an. Bis 1933 wurde er allj¨ahrlich zu dessen Vorsitzenden gew¨ahlt. Als Pr¨asident des M¨unchner Katholikentags 1922 repr¨asentierte er die republikanische Mehrheit im deutschen Katholizismus. Er bef¨urwortete die Gr¨undung einer interkonfessionellen Volkspartei. F¨ur die Nationalsozialisten verk¨orperte A. das „Weimarer System“ und die ihnen verhaßte republikanische Bastion in Preußen. Dessen „Gleichschaltung“ durch Aufl¨osung des Landtags nach → Hitlers „Machtergreifung“ konnte er am 6. 2. 1933 nicht verhindern. Nach der Kommunalwahl vom 12. 3. 1933 wurde der Oberb¨urgermeister seines Amtes enthoben und am 17. 7. 1933 entlassen. A. blieb ge¨achtet, bedroht und u¨ berwacht. 1933 / 34 fand er Unterkunft in der Benediktinerabtei Maria Laach. 1934 u¨ bersiedelte er mit seiner Familie nach Berlin-Neubabelsberg – wo er Ende Juni 1934 einige Tage verhaftet war – und 1935 nach Rh¨ondorf. Aus dem Regierungsbezirk K¨oln ausgewiesen, lebte er ein Jahr lang in Unkel. 1937 erreichte er mit der Stadtverwaltung in K¨oln einen Vergleich, der ihm erlaubte, in Rh¨ondorf ein Haus zu bauen. Am 26. 8. 1944 wurde A. verhaftet und drei Monate lang in K¨oln eingekerkert. Seine Frau, ebenfalls zeitweise verhaftet, zog sich dabei eine Erkrankung zu, an deren Folgen sie 1948 starb. Am 4. 5. 1945 wurde A. von der amerikanischen Milit¨arregierung zum Oberb¨urgermeister von K¨oln ernannt. Sein Verh¨altnis zur US-Besatzung war gut, das zur britischen Milit¨arregierung (seit Ende Juni) gespannt. Am 6. 10. 1945 wurde er vom Milit¨arbefehlshaber entlassen. Da ihm verboten war, sich politisch zu bet¨atigen, legte A. sein Amt als Mitglied des Vorstands (seit 2. 9.) der neugegr¨undeten Christlich-Demokratischen Partei nieder. Nach Aufhebung des Verbots politischer Bet¨atigung entwickelte er ungew¨ohnliche Aktivit¨at innerhalb der CDU und kumulierte s¨amtliche F¨uhrungs¨amter: Vorsitzender der CDU des (Nord-)Rheinlands und der britischen Zone, Mitglied des Zonenbeirats sowie des Landtags von Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender der CDU-Fraktion. A. leitete auch die 1947 gegr¨undete Arbeitsgemeinschaft der CDU und CSU. Mit seiner Wahl zum Pr¨asidenten des Parlamentarischen Rats am 1. 9. 1948 r¨uckte A. in eine u¨ berregionale Schl¨usselrolle. Er war maßgeblich an der Gestaltung des Grundgesetzes (23. 3. 1949) wie an der Wahl Bonns zur provisorischen (und im November 1949: vorl¨aufigen) Bundeshauptstadt beteiligt. Den Ausgang der ersten Bundestagswahl vom 14. 8. 1949 nutzte der Unionspolitiker zugunsten einer Regierungsbildung mit CSU, FDP und Deutscher Partei (DP). Am 15. 9. 1949 zum Bundeskanzler gew¨ahlt, leitete A. bis zum 15. 10. 1963 insgesamt f¨unf Regierungen. Von 1949 bis zu seinem Tod war er Mitglied des Bundestags, vom 22. 10. 1950 bis 22. 3. 1966 Vorsitzender der CDU Deutschlands, danach Ehrenvorsitzender, vom 15. 3. 1951 bis zum 7. 6. 1955 Bundesminister des Ausw¨arti-
Aderhold gen. A.s Ziel war es, der Bundesrepublik Deutschland Gleichberechtigung in einem zusammengeschlossenen Westeuropa zu verschaffen. Dadurch sollten der Bolschewismus an weiterem Vordringen gehindert und Westdeutschland in die geistige Tradition Westeuropas ebenso integriert werden wie in dessen B¨undnis- und Sicherheitssystem. Nach Erreichung dieser Ziele erhoffte A. eine Wiederherstellung der deutschen Einheit auf dem Weg u¨ ber freie Wahlen in ganz Deutschland. Die Politik der Westintegration setzte Auss¨ohnung und Zusammenarbeit mit Frankreich voraus. Angesichts dieser Perspektiven war der Bundeskanzler zu Vorleistungen bereit (Beitritt der Bundesrepublik zur Internationalen Ruhrbeh¨orde und, trotz der Mitgliedschaft des Saargebiets, zum Europarat). Er erzielte dann jedoch rasch außenpolitische Erfolge: 1949 Reduzierung des Demontageprogramms und Errichtung deutscher Konsulate, 1951 Erl¨oschen des Ruhrstatuts, 1952 Montanunion und Wiedergutmachungsvertrag mit Israel, 1953 Londoner Schuldenabkommen, 1954 Deutschland-Vertrag (Aufhebung des Besatzungsstatuts und Verpflichtung der Westm¨achte, die Wiedervereinigung Deutschlands zu unterst¨utzen), begleitet von der Entwicklung eines engen Verh¨altnisses zu den USA. Nach Ausbruch des Koreakriegs (1950) verkn¨upfte A. die erstrebte Gleichberechtigung und Sicherheitsgarantie mit dem Angebot eines deutschen Verteidigungsbeitrags. Die franz¨osische Nationalversammlung brachte jedoch am 30. 8. 1954 die Europ¨aische Verteidigungsgemeinschaft zu Fall. Daraufhin verschaffte die im Oktober 1954 beschlossene Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO dem westdeutschen Teilstaat milit¨arische Sicherheit, Gleichberechtigung und Souver¨anit¨at (5. 5. 1955). A. gelang es, das Saarproblem durch Vorleistungen – bis hin zu der Bereitschaft, eine Europ¨aisierung hinzunehmen – soweit zu entkrampfen, daß 1955 eine Volksabstimmung m¨oglich wurde. Als deren Ergebnis konnte das Saarland 1957 in die Bundesrepublik eingegliedert werden. Die 1957 geschaffene Europ¨aische Wirtschaftsgemeinschaft und die Europ¨aische Atomgemeinschaft boten neue Anst¨oße zu wirtschaftlicher Integration. In der Folge erwiesen sich jedoch weder das Verfassungsleben und der wirtschaftliche Aufschwung („Wunder“) in der Bundesrepublik noch die Teilergebnisse der Integrationsbem¨uhungen als Hebel („Magnetwirkung“) f¨ur eine Wiedervereinigung. Die Sowjetunion, mit der seit A.s Moskau-Reise vom September 1955 diplomatische Beziehungen bestanden, erlitt nicht die erwartete Schw¨achung ihrer Position. A. konnte die Verfestigung der Teilung ebensowenig verhindern wie die Spannung zwischen Nationalund Staatsgef¨uhl im „Provisorium“ Bundesrepublik. Es gelang ihm jedoch, die Vierm¨achteverantwortung f¨ur Deutschland zu erhalten, also die Teilung nicht festschreiben zu lassen. Angesichts der gescheiterten Bem¨uhungen zur Bildung einer westeurop¨aischen Politischen Union und eines distanzierteren Verh¨altnisses zu den USA unter Pr¨asident John F. Kennedy (seit 1961) forcierte A. einen Zusammenschluß mit dem seit 1958 von de Gaulle gef¨uhrten Frankreich. Der deutsch-franz¨osische Vertrag vom 22. 1. 1963 kr¨onte die Westpolitik A.s, bildete allerdings keinen neuen Anstoß f¨ur weitergehende politische Integration. ¨ Die Aktivit¨aten in der „Ara A.“ zur Erreichung und Sicherung innerer Stabilit¨at, wirtschaftlichen Wachstums und sozialen Ausgleichs sind nicht so wie die Westpolitik mit dem Namen des ersten Bundeskanzlers verkn¨upft. Dennoch war er auch ein sch¨opferischer Innenpolitiker und an der Durchsetzung vor allem der Mitbestimmung im Montanbereich (1951) und der Rentenreform (1957) entscheidend beteiligt. A. verstand die sozial-verpflichtete Marktwirtschaft als ad¨aquate o¨ konomische und geistige, weil freiheitsf¨ordernde Antwort auf die zeitgen¨ossischen Herausforderungen. Er vermochte komplexe Sachverhalte auf ihren
politischen Kern zu reduzieren, von daher zu beurteilen und, auch in ihren personellen Konsequenzen, zu entscheiden. Der Bundeskanzler war kein Mann „einsamer Entschl¨usse“. Die Wurzeln seiner Kraft lagen in seinem Glauben, den er selbstverst¨andlich-unaufdringlich praktizierte. Im Zuge einer seit 1959 betriebenen Gemeinsamkeitspolitik der SPD, die 1960 auf die außenpolitische Linie A.s einschwenkte, geriet der Bundeskanzler in die Defensive. Sein R¨ucktritt von der Kandidatur f¨ur die Wahl zum Bundespr¨asidenten im Juni 1959 f¨uhrte zu einem Vertrauensschwund. Daß A. nach dem Bau der Mauer am 13. 8. 1961 nicht sogleich Berlin aufsuchte, kostete die Unionsparteien bei der Bundestagswahl am 17. 9. 1961 Stimmen. Bei der Bildung seines vierten Kabinetts 1961 mußte A. der FDP ein vorzeitiges Ausscheiden aus seinem Amt zugestehen. Am 15. 10. 1963 trat er zur¨uck, nachdem er noch ein Jahr zuvor im Gefolge der „Spiegel-Aff¨are“ zu einer Umbildung der Regierung gezwungen worden war. A. blieb ein unbequemer Mahner seines Amtsnachfolgers Ludwig → Erhard, den er warnte, das deutsch-franz¨osische Verh¨altnis zugunsten einer atlantischen Partnerschaft zu vernachl¨assigen. Nach dem Ende seiner Amtszeit begann A. mit der Niederschrift von Erinnerungen. Auch bei Auslandsreisen, die er in Fortsetzung seiner 78 ausl¨andischen Staatsbesuche unternahm, mahnte er zu Wachsamkeit gegen¨uber der weltrevolution¨aren Zielsetzung der Sowjetunion. A. starb in Rh¨ondorf und ist dort begraben. Sein Wohnsitz wurde Teil einer „Stiftung BundeskanzlerAdenauer-Haus“. WERKE: Erinnerungen (1945-1963). 4 Bde., Stuttgart 1965-68. – Reden 1917-1967. Eine Auswahl. Hrsg. v. Hans-Peter Schwarz. Stuttgart 1975. – A. Rh¨ondorfer Ausgabe. Hrsg. v. Rudolf Morsey / Hans-Peter Schwarz: Briefe 1945-1961. 7 Bde., Berlin bzw. seit 2000 Paderborn 1983-2004; Heuss-Adenauer, Unserem Vaterlande zugute. Der Briefwechsel 1948-1963. Berlin 1989; A. im Dritten Reich. Berlin 1991 (s¨amtl. bearb. v. Hans Peter Mensing); Teegespr¨ache 1950-1963. 4 Bde. Bearb. v. Hanns J¨urgen K¨usters und (Bd. 4) Hans Peter Mensing. Berlin 1984-92. LITERATUR: W. Lensing: Bibliographie K. A. 1894-1945. In: K. A. Oberb¨urgermeister von K¨oln. Hrsg. v. H. Stehk¨amper. K¨oln 1976, 597ff. – [F¨ur 1945 ff. in:] Bibliographie zur Geschichte der CDU und CSU 1945-1980. Bearb. v. G. Hahn. Stuttgart 1982; 1981-1986. Bearb. v. B. Krahe, M. Seibel; 1987-1990. Bearb. v. T. Schaarschmidt, H. Krengel. D¨usseldorf 1990-94. – Paul Weymar: K. A. M¨unchen 1955. – ¨ A. 1949-1963. 2 Bde., StuttHans-Peter Schwarz: Die Ara gart 1981-83. – Hans-Peter Schwarz: A. 2 Bde., Stuttgart 1986-91. – Anneliese Poppinga: K. A. Die letzten f¨unf Kanzlerjahre. Bergisch Gladbach 1994. – Hans-Peter Schwarz: Anmerkungen zu A. M¨unchen 2004. Rudolf Morsey
Aderhold, Rudolf (Ferdinand Theodor), Botaniker, * 12. 2. 1865 Bad Frankenhausen, † 17. 3. 1907 Dahlem. Das Studium an den Universit¨aten Berlin und Jena schloß A. 1888 mit der Promotion aufgrund der Arbeit Beitrag zur Kenntnis richtender Kr¨afte bei der Bewegung niederer Organismen ab. Danach war er Lehrer in Iserlohn, Dortmund und Geisenheim am Rhein, wo er 1891 Assistent an der Lehranstalt f¨ur Obst- und Weinbau wurde. Seit 1893 lebte er als Lehrer der Botanik und Leiter der botanischen Abteilung der Versuchsstation am K¨oniglich Pomologischen Institut in Proskau. A. folgte 1901 einem Ruf an das Kaiserliche Gesundheitsamt Berlin, Abteilung f¨ur Biologie, der sp¨ateren „Kaiserlich-biologischen Anstalt f¨ur Landund Forstwirtschaft in Dahlem bei Steglitz“, deren Direktor er im folgenden Jahr wurde. Seine Arbeiten besch¨aftigten sich haupts¨achlich mit Mykologie, angewandter Physiologie und Pathologie der Pflanzen, besonders der Obstb¨aume. Er ver¨offentlichte u. a Unserer Obstb¨aume Hausarzt (1899),
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Aderkas Der Krebs der Obstb¨aume und seine Behandlung (1902, 2 1905) und Die Kaiserliche Biologische Anstalt f¨ur Landund Forstwirtschaft in Dahlem (1906). C Biogr Jahrb, Bd 12
Aderkas, Friedrich Wilhelm von, auch Karl A., Milit¨ar, * 30. 6. 1767 Breslau, † 28. 3. 1843 Herrnhut. A. stand seit 1782 in preuß. Kriegsdiensten, wurde 1798 im Rang eines Hauptmanns als Lehrer an der Kadettenschule nach Berlin abkommandiert, wo er 1802-04 die Denkw¨urdigkeiten der Milit¨arischen Gesellschaft in Berlin redigierte. Von 1804 bis zur Besetzung Braunschweigs durch die Franzosen 1806 war A. Direktor des dortigen Pageninstituts, wurde 1810 als Major reaktiviert und organisierte 1814 den Landsturm der Provinz Magdeburg, des Saalkreises, von Halberstadt, Mansfeld und der Grafschaft Wernigerode. 1816 schied er aus dem Kriegsdienst aus und wurde 1819 o. Prof. der Kriegswissenschaften der Univ. Dorpat. 1831 zog A. nach Dresden und trat 1836 in die Br¨udergemeine zu Herrnhut ein. Er ver¨offentlichte u. a. Lieder mit KompoC Neuer Nekr sitionen eines Dilettanten (1815).
Aders, (Johann) Jakob, Kaufmann, Politiker, * 26. 6. 1768 Elberfeld, † 22. 3. 1825 Elberfeld. A., Sohn eines Fabrikanten, erhielt in Bremen eine kaufm¨annische Ausbildung, trat 1793 in das Bankgesch¨aft seines Schwiegervaters Johann Heinrich Brink in Elberfeld ein und f¨uhrte es zu großem wirtschaftlichen Erfolg. 1799 wurde er B¨urgermeister der Stadt; die von ihm begr¨undete Allgemeine Versorgungsanstalt gilt als eine Vorform des Elberfelder Systems der Armenpflege. A. wurde 1800 Stadtrichter, im folgenden Jahr Stadtrat und war 1802-07 Sch¨offe des Stadtgerichts. Seit 1814 erneut Stadtrat, rief er den Elberfelder Kornverein ins Leben, der 1816 / 17 mit Spenden der wohlhabenden Bev¨olkerung eine Hungersnot unter den ¨ usse aus der Aktion verwendete Armen verhinderte. Ubersch¨ er zur Errichtung des B¨urger-Krankenhauses an der Aue, eines der ersten Krankenh¨auser am Niederrhein. Die von ihm 1821 gegr¨undete Rheinisch-Westindische Kompagnie, die erste Aktiengesellschaft mit Anteilsscheinen auf den Inhaber, verkaufte deutsche Waren nach Amerika. C Wuppertal Bio, Folge 5 Adersbach, Andreas, Pseud. Bardechas, Lyriker, * 1. 8. 1610 K¨onigsberg, † 24. 6. 1660 K¨onigsberg. Aus einer angesehenen K¨onigsberger Patrizierfamilie stammend, genoß A., Sohn eines Kaufmanns und kurf¨urstlichen Rats, eine sorgf¨altige Ausbildung an der Pfarrschule in der Altstadt und an der Univ. K¨onigsberg, sp¨ater in Helmstedt. Von 1629 an bereiste er Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien und England. 1643 wurde er, die Laufbahn seines Vaters fortsetzend, zum a. o. Sekret¨ar an der Oberratsstube ernannt; seit 1645 war A. diplomatischer Agent und von 1650 an brandenburgischer Resident am polnischen Hof. A. wurde Rat des Herzogs von Kurland und wie sein Vater „Waldfaktor“ des K¨onigs von Polen. Als Mitglied des K¨onigsberger ¨ Dichterkreises schrieb er Gedichte und Ubersetzungen, von denen einige in Heinrich → Alberts Arien vertont und in den Todtenseulen des Johann → Stobaeus ver¨offentlicht wurden. C Killy Adickes, Erich, Philosoph, * 29. 6. 1866 Lesum (heute zu Bremen), † 8. 7. 1928 T¨ubingen. A., Bruder von Franz → A., studierte in T¨ubingen und Berlin (u. a. bei Friedrich → Paulsen) und wurde 1887 mit der Arbeit Kant’s Systematik als mitbildender Faktor bei der Entstehung eines Systems promoviert. Er war Lehrer in Barmen und Kiel, habilitierte sich 1895 an der dortigen Universit¨at f¨ur Philosophie und wurde 1898 a. o. Professor. Seit 1902
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lehrte er Philosophie in M¨unster und seit 1904 als Nachfolger von Christoph von → Sigwart an der Univ. T¨ubingen. Angeregt durch Wilhelm → Dilthey, bearbeitete A. den handschriftlichen Nachlaß Immanuel → Kants und gab ihn 1911-14 als 14.-19. Band der Kantausgabe der Preußischen Akademie der Wissenschaften heraus. A., ein vehementer Gegner → Vaihingers, entwickelte auf der Basis der kritischidealistischen Erkenntnislehre eine eudaimonistische Ethik und gelangte zu einer spiritualistisch-pantheistischen Weltanschauung. Er ver¨offentlichte u. a. Kants Ansichten u¨ ber Geschichte und den Bau der Erde (1911), Kants Opus postumum dargestellt und beurteilt (1920, Nachdruck 1995), Kant und das Ding an sich (1924), Kant als Naturforscher (2 Bde., 1924 / 25), Kant und die Als-Ob-Philosophie (1927) und Kants Lehre von der doppelten Affektion unseres Ich als Schl¨ussel zu seiner Erkenntnistheorie (1929). C SHBL, Bd 2
Adickes, Franz (Bourchard Ernst), Politiker, * 19. 2. 1846 Harsefeld bei Stade, † 4. 2. 1915 Frankfurt / Main. Der Bruder von Erich → A. studierte 1864-67 Jura in Heidelberg, M¨unchen und G¨ottingen und war seit 1873 Beigeordneter in Dortmund, wo er mit der Neugestaltung des Armenwesens hervortrat. Als B¨urgermeister (seit 1877) und Oberb¨urgermeister (1883-90) von Altona machte er sich um den Ausbau der Hafenanlagen verdient. 1890 wurde A. zum Oberb¨urgermeister der Stadt Frankfurt / Main gew¨ahlt. Er betrieb eine konservative Sozialpolitik, engagierte sich im Schulwesen und f¨ur die Gr¨undung der Univ. (1914), f¨orderte Industrie und Handel und erweiterte das Stadtgebiet durch umfangreiche Eingemeindungen. A. entwickelte das Kommunalabgabengesetz, das als „Lex Adickes“ in die Rechtsgeschichte einging. W¨ahrend seiner Amtszeit wurde 1912 der Frankfurter Osthafen fertiggestellt. Seiner Initiative verdankten sich der Bau der Festhalle, in der 1909 die Erste Internationale Luftfahrtausstellung stattfand, und die Gr¨undung einer deutschen Luftschiffahrts-AG. bei Frankfurt. A., f¨uhrendes Mitglied des Vereins f¨ur Sozialpolitik, war Mitherausgeber des Handw¨orterbuchs der Staatswissenschaften. C Verwaltung Adler, Abraham, Volkswirt, * 10. 6. 1850 Schwebheim (Bayern), † 24. 4. 1922 Leipzig. A. schloß das Studium in Leipzig mit der Promotion ab. Auf seine Initiative ging die Gr¨undung der Leipziger Handelshochschule (1898) zur¨uck, an der er selbst als Prof. und stellvertretender Rektor t¨atig war. Im Auftrag der s¨achsischen Regierung reorganisierte er seit 1910 das gesamte Fortbildungswesen f¨ur Kaufleute in Sachsen. A. ver¨offentlichte eine Reihe von Lehrb¨uchern, u. a. den Leitfaden der Volkswirtschaftslehre (1880, 91922). Er war Mitglied der Verwaltung und zuletzt Pr¨asident der Israelitischen Gemeinde in Leipzig. C Wininger
Adler, Alfred, Mediziner, Psychologe, * 7. 2. 1870 Penzing (heute zu Wien), † 28. 5. 1937 Aberdeen. Nach dem Abschluß des Medizinstudiums an der Univ. Wien (Promotion 1895) war A. zun¨achst als unbesoldeter Hilfsarzt an der Wiener Allgemeinen Poliklinik (Ophthalmologie, Innere Medizin und Neurologie) t¨atig. Als solcher begann er fr¨uhzeitig, eigene psychologische Studien zu betreiben, die ihn 1904 zur Ver¨offentlichung des Buches Der Arzt als Erzieher veranlaßten. 1907 folgte seine richtungweisende Monographie Studie u¨ ber die Minderwertigkeit von Organen. Seit 1902 hatte sich A. dem Kreis um
Adler Sigmund → Freud angeschlossen, ohne allerdings die von diesem entwickelte Psychoanalyse voll zu u¨ bernehmen. Aus diesem Grund kam es 1911 schließlich zum Bruch zwischen ¨ Freud und A. In der 1912 vollendeten Studie Uber den nerv¨osen Charakter legte A. die Grundz¨uge der von ihm begr¨undeten Individualpsychologie fest. In den Mittelpunkt seiner neuen psychologischen Lehre stellte A. das Streben des Gesamtindividuums nach Macht und Ansehen innerhalb seines sozialen Gef¨uges. Hierin liegt der maßgebliche Unterschied zur psychoanalytischen Schule Freuds, die der Sexualit¨at die zentrale Rolle im menschlichen Triebleben einr¨aumte. Als Ursache f¨ur die Entwicklung von neurotischen Verhaltensmustern sah A. das Streben des Menschen an, pers¨onlich erlebte Minderwertigkeit – sei sie nun auf der Basis sozialer Konflikte, sei sie durch organischk¨orperliche Beeintr¨achtigung entstanden – zu kompensieren. Seit 1920 lehrte A. am P¨adagogischen Institut der Stadt Wien und ver¨offentlichte noch im selben Jahr sein Hauptwerk Praxis und Theorie der Individualpsychologie. Als Konsequenz seiner neuen tiefenpsychologischen Schule konnte er in Wien dreißig Erziehungsberatungsstellen nach seinen Vorstellungen einrichten. Dar¨uber hinaus begr¨undete A. die „Internationale Zeitschrift f¨ur Individualpsychologie“ (1923-37) als weltweites wissenschaftliches Publikationsorgan und vero¨ ffentlichte 1928-30 sein zweib¨andiges Werk u¨ ber Die Technik der Individualpsychologie. In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Verdienste verlieh ihm die Stadt Wien zur Vollendung seines 60. Lebensjahres (1930) den Ehrentitel „B¨urger der Stadt Wien“. Seit Mitte der zwanziger Jahre wirkte A. wiederholte Male als Gastprofessor in den Vereinigten Staaten (1926 Columbia University, 1932 Long Island College / New York). Damit war er der erste Inhaber eines Lehrstuhls f¨ur medizinische Psychologie in den USA. 1934 u¨ bersiedelte A. endg¨ultig dorthin, hatte aber nur mehr eine Schaffensphase von drei Jahren vor sich, denn er verstarb 1937 w¨ahrend einer Vortragsreise in Aberdeen (Großbritannien). LITERATUR: Hertha Orgler: A. A. The man and his work. New York 1947. – Man`es Sperber: A. A. oder das Elend der Psychologie. Frankfurt / Berlin / Wien 1970. – Henry Ellenberger: Die Entdeckung des Unbewußten. Bd. 2, Bern ¨ 1973, S. 765-878. – Erwin Ringel: A. A. In: Neue Osterreichische Biographie, Bd. 19, Wien 1977, S. 107-112. – Almuth Bruder-Bezzel: A: A. Die Entstehungsgeschichte einer Theorie im historischen Milieu Wiens. G¨ottingen 1983. – Walter Spiel: Die Individualpsychologie A. A.s in Wien. In: Zur Geschichte der Psychiatrie in Wien. Hrsg. v. Peter Berner / Walter Spiel / Hans Strotzka / Helmut Wyklicky. Wien 1983, S. 135-143. – Bernhard Handlbauer: Die Entstehungsgeschichte der Individualpsychologie A. A.s. Wien 1984. – Ders.: Die A.-Freud Kontroverse. Fankfurt / Main 1990. Gabriela Schmidt
Adler, Bruno (Maria), Pseud. Urban Roedl, Lorenz Brunner, Literatur- und Kunsthistoriker, * 14. 10. 1888 Karlsbad (B¨ohmen), † 27. 12. 1968 London. A., Sohn eines Redakteurs und sozialdemokratischen Abgeordneten, studierte Kunstgeschichte, Literaturgeschichte und Philosophie an den Universit¨aten Wien, Erlangen und M¨unchen; 1917 wurde er zum Dr. phil. promoviert (Urspr¨unge und Anf¨ange des Holzschnitts). 1919-23 lehrte er am Bauhaus in Weimar. 1925 / 26 war A. in Karlsbad mit Ernst → Sommer und Ernst Bergauer Herausgeber der Monatsschrift „Die Provinz“. Wieder in Deutschland, wurde er 1933 wegen kommunistischer Bet¨atigung vor¨ubergehend verhaftet. Danach in Prag ans¨assig, ging A. 1936 nach London, wo er w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs f¨ur die deutsche Sektion der British Broadcasting Corporation arbeitete. 1944-50 war er Chefredakteur der Zeitschrift „Neue Auslese“ und verfaßte Beitr¨age f¨ur das „Times Literary Supple-
ment“. Er gab die Studien Adalbert → Stifters (1922) und die Werke von Matthias → Claudius (1924) heraus. Unter dem Pseudonym Urban Roedl ver¨offentlichte er u. a. Matthias Claudius. Sein Weg und seine Welt (1934, Neuauflagen 1950, 1969) und Adalbert Stifter. Geschichte seines Lebens (1936, Neuaufl. 1958). A. publizierte auch kunsthistorische ¨ Aufs¨atze sowie Ubersetzungen aus dem Englischen. C IGL
Adler, Christian (Matthias), Porzellanmaler, * 8. 5. 1787 Triesdorf bei Ansbach, † 4. 3. oder 4. 4. 1850 M¨unchen. Der Sohn eines Reitknechts wurde nach l¨angerem Aufenthalt in England 1804 in Ansbach Sch¨uler des ehemaligen Hofmalers Friedrich Gotthard → Naumann und arbeitete seit 1808 als Porzellanmaler. Von 1811 an war er an der M¨unchener kgl. Porzellanmanufaktur in Nymphenburg besch¨aftigt. 1813-15 studierte er an der Akademie der bildenden K¨unste in M¨unchen; bis 1838 war er Obermaler und Inspektor der Porzellanmanufaktur. A. erhielt bei der Neuorganisation der Manufaktur unter der Leitung Friedrich → G¨artners 1822 das Fach Historienmalerei; er galt als der eigentliche Begr¨under der M¨unchener Porzellanmalschule, vor allem der Schmelzmalerei. Er unterrichtete unter vielen anderen auch den sp¨ater ebenfalls an der Nymphenburger Manufaktur t¨atigen Max Joseph → Auer. Von seinen Arbeiten sind zahlreiche Portr¨attassen, Prunkvasen und Pozellanplattengem¨alde nach Werken der Alten Pinakothek erhalten. C NDB
Adler, Dankmar, Architekt, * 3. 7. 1844 Lengsfeld bei Weimar, † 15. 4. 1900 Chicago. Der Sohn eines Rabbiners wanderte zehnj¨ahrig mit seiner Familie nach Amerika aus. Er wurde in Detroit erzogen, studierte an der Universit¨aten Michigan und Chicago, wo er sich 1861 niederließ, seit 1869 als selbst¨andiger Architekt lebte und 1881 das Architekturb¨uro Adler & Sullivan gr¨undete, das eine Reihe der wichtigsten Bauten der sog. Chicago School of Architecture plante. Nach seinen Entw¨urfen wurden o¨ ffentliche profane und sakrale Geb¨aude errichtet, u. a. in Chicago die Central Music Hall, an der er seine besondere Gabe f¨ur herausragende Akustikplanung beweisen konnte, die B¨orse und mehrere Kirchen und Synagogen (u. a. Sinai Temple und Isaiah Temple). A. geh¨orte zu den Architekten der Carnegie Music Hall in New York. Er war Pr¨asident der Western Association of Architects, Sekret¨ar des American Institut of Architects und anderer Berufsverb¨ande, 1873-77 Sekret¨ar der United Hebrew Charities Chicago. C AKL
Adler, Emanuel, Jurist, * 29. 9. 1873 Proßnitz (M¨ahren), † 27. 8. 1930 Wien. A. trat nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Wien in die k. k. Finanzverwaltung in Prag ein, habilitierte sich 1900 f¨ur b¨urgerliches Recht an der Deutschen Univ. Prag und war seit 1902 am Wiener Patentamt t¨atig. 1910 wurde er a. o. Prof., 1918 o. Prof. an der Univ. Wien und in das Ministerium f¨ur soziale Verwaltung berufen. Nach seiner Pensionierung 1921 war A. f¨ur eine Wiener Großbank t¨atig. Seine Arbeiten besch¨aftigten sich haupts¨achlich mit den verschiedenen Sparten des Privatrechtes. A. ver¨offentlichte u. a. Die unehelichen Kinder im Entwurfe einer Novelle zum Allgemeinen B¨urgerlichen Gesetzbuch (1908) und System des o¨ sterreichischen Markenrechtes (1908).
Adler, Emil, Mediziner, * 23. 9. 1900 Prag, † 4. 1. 1971 Jerusalem. Der Sohn eines Finanzbeamten studierte 1918-24 an der Deutschen Univ. in Prag, war seit 1925 Assistenzarzt, 1932-38 Oberarzt an den Prießnitzschen Kuranstalten in Grafenberg, wo er sich 1929 als Facharzt f¨ur Neurologie, 1931 f¨ur Innere Medizin qualifizierte. 1938 f¨uhrte er eine eigene
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Adler Praxis, deren Lizenz ihm jedoch bald vom Regime entzogen wurde. Er emigrierte 1939 nach Pal¨astina, war seit 1940 an der Hebr¨aischen Univ. in Jerusalem t¨atig und leitete das 1940 von ihm gegr¨undete Institut f¨ur Physikalische Medizin und Rehabilitation. Seit 1965 hatte er das Ordinariat dieser Fachrichtung inne. A. war als Berater staatlicher israelischer Stellen t¨atig und widmete sich besonders den Problemen der Rehabilitation verwundeter israelischer Soldaten (u. a. Rehabilitation and Psycho-Social Aspects, 1969). C BHdE, Bd 2
Adler, Felix, Philosoph, * 13. 8. 1851 Alzey, † 24. 4. 1933 New York. Der a¨ lteste Sohn des Rabbiners Samuel → A. kam mit seinen Eltern 1857 in die USA. Er studierte bis 1870 am Columbia College in New York, danach an der Hochschule f¨ur die Wissenschaft des Judentums in Berlin sowie an den Universit¨aten Heidelberg und Berlin, wo er 1873 zum Dr. phil. promoviert wurde. 1874-76 war A. Prof. des Hebr¨aischen und der orientalischen Literatur an der Cornell University in Ithaca (New York). 1876 gr¨undete er in New York die Gesellschaft f¨ur Ethische Kultur, die als Ursprung der „Ethischen Bewegung“ gilt und der a¨ hnliche Gesellschaften in zahlreichen L¨andern folgten. Die Gesellschaft strebte die Verwirklichung moralischer Prinzipien in der konkreten Lebensf¨uhrung ihrer Mitglieder an. 1902 wurde A. auf den neugeschaffenen Lehrstuhl f¨ur soziale und politische Ethik an das Columbia College (seit 1912 Columbia University) berufen. 1908 / 09 hielt er sich als Austauschprofessor in Berlin auf. A. schrieb u. a. The Religion of Duty (1905).
Adler, Franz Theodor, Lehrer, Philologe, * 3. 3. 1813 Kistritz, † 17. 9. 1883 Halle. A. studierte seit 1830 in Leipzig, seit 1833 in Greifswald Philologie, Philosophie und Theologie. Von 1835 an unterrichtete er am K¨oniglich-st¨adtischen Gymnasium in Stettin und war 1837-61 Lehrer in Neustettin, Prorektor in Anklam und Direktor in K¨oslin. Er leitete danach das FriedrichsKollegium in K¨onigsberg, war seit 1863 Rektor der Lateinschule sowie Konrektor der Franckeschen Stiftungen in Halle und 1878-80 deren Direktor. A. widersetzte sich hartn¨ackig den p¨adagogisch-reformatorischen Bestrebungen seiner Zeit. Als Philologe machte er sich u. a. um die Neuauflage von Karl Wilhelm Piderits Kommentar zu Ciceros De Oratore (1878) verdient. C Bursian, Jg. 6 Adler, (Johann Heinrich) Friedrich, Architekt, Arch¨aologe, Kunsthistoriker, * 15. 10. 1827 Berlin, † 15. 9. 1908 Berlin. A. war Sch¨uler Karl Gottlieb Wilhelm → B¨ottichers, Friedrich August → St¨ulers und Johann Heinrich → Stracks an der Berliner Bauakademie. Er wurde 1854 Baumeister und 1859 als Lehrer an die Bauakademie berufen, wo er seit 1861 Dozent, seit 1863 Prof. f¨ur Baugeschichte war. 1877-1900 war A. Vortragender Rat im Ministerium f¨ur o¨ ffentliche Arbeiten und Dezernent f¨ur Kirchenbau. Verschiedene Studienreisen f¨uhrten ihn 1865 nach Italien, 1867 nach Frankreich, 1870 nach Konstantinopel und 1871 nach Pal¨astina und Kleinasien. 1874-81 leitete er mit Ernst → Curtius die Ausgrabungsarbeiten in Olympia, f¨orderte Wilhelm → D¨orpfeld und erkannte fr¨uh die Bedeutung Heinrich → Schliemanns. Als Architekt galt A. als Eklektiker; nach seinen Pl¨anen wurde u. a. die Elisabethkirche in Wilhelmshaven (1869-72) gebaut. Den typischen preußischen Kirchenbaustil, wie er sich am K¨olner Dom, dem Straßburger und dem Ulmer M¨unster zeigt, pr¨agte er maßgeblich mit. Er ver¨offentlichte arch¨aologische und kunsthistorische Studien und Lehrb¨ucher, u. a. die Biographie Andreas Schl¨uter (1862 / 63); daneben erhob er innerhalb der Kunstgeschichte die Geschichte der Baukunst zu einem eigenen Fach. C NDB
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Adler, Friedrich, Schriftsteller, * 13. 2. 1857 Amschelberg (B¨ohmen), † 2. 2. 1938 Prag. Fr¨uh verwaist, besuchte A., Sohn eines Gastwirts und Seifensieders, das Gymnasium in Prag, studierte Rechtswissenschaften (Promotion 1883) und orientalische Sprachen. 1891-96 unterhielt er eine eigene Anwaltskanzlei in Prag und war dann Sekret¨ar des Prager Handelsgremiums. A. war Mitarbeiter des „Prager Tagblatts“ und der „Bohemia“ (seit 1900), lehrte romanische Philologie an der Deutschen Univ. in Prag, war 1918 Dolmetscher bei der tschechoslo¨ wakischen Nationalversammlung und trat als Ubersetzer aus dem Spanischen, Italienischen und Tschechischen hervor. In der literarischen Gruppe „Concordia“ war er gemeinsam mit Hugo → Salus tonangebend. Außer seinen dem Fr¨uhnaturalismus nahestehenden Gedichten (u. a. Gedichte, 1893) vero¨ ffentlichte A. auch Dramen (u. a. Zwei Eisen im Feuer, 1899). C Lex dt-j¨ud Autoren
Adler, Friedrich, Kunsthandwerker, Bildhauer, * 29. 4. 1878 Laupheim, † 1942 Auschwitz. A. studierte 1894-97 an der Kunstgewerbeschule in M¨unchen und bei Hermann → Obrist und Wilhelm von → Debschitz, in dessen Atelier er 1904-07 als Lehrer t¨atig war. 1907 bis zu seiner Zwangspensionierung 1933 lehrte A. an der Kunstgewerbeschule Hamburg und leitete 1910-13 die N¨urnberger Meisterkurse. Er entwickelte in den zwanziger Jahren f¨ur die Adler-Textil-Werke in Hamburg ein Verfahren, das den industriellen Einsatz der Batik-Technik erm¨oglichte, und machte Entw¨urfe f¨ur Werkst¨atten in Heilbronn und in N¨urnberg. Nach 1933 begann er eine Lehrund Vortragst¨atigkeit im j¨udischen Kulturbund. 1942 wurde A. im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Das Werk A.s, der vom Jugendstil zun¨achst zur Abstraktion floralen Dekors kam, wurde von abstrakter tektonischer Ornamentik bestimmt; er fertigte vor allem Stukkaturen, M¨obel, Stickereien, Gold- und Zinngef¨aße, Kunstgl¨aser und Schmuck. C AKL
Adler, Friedrich (Wolfgang), o¨ sterr. Politiker, Journalist, * 9. 7. 1879 Wien, † 2. 1. 1960 Z¨urich. Der Sohn Victor → A.s studierte in Z¨urich Physik und war bis 1911 in M¨unchen und Z¨urich wissenschaftlich t¨atig. Seit 1907 war er Mitarbeiter bzw. Chefredakteur sozialistischer Zeitungen, u. a. „Der Kampf“ und „Das Volk“. Als politischer Wortf¨uhrer des linken Fl¨ugels der o¨ sterr. Sozialdemokratie k¨ampfte er gegen die Kriegsbegeisterung, legte 1914 aus Protest sein Amt als Parteisekret¨ar (seit 1911) nieder und erschoß 1916 den o¨ sterr. Ministerpr¨asidenten Graf Karl → St¨urgkh. A. wurde zum Tod verurteilt, zu schwerem Kerker begnadigt und 1918 amnestiert. Das Angebot, ¨ zu u¨ bernehmen, lehnte er ab. 1920-23 die F¨uhrung der KPO geh¨orte er dem o¨ sterr. Nationalrat an, war Mitbegr¨under der Sozialistischen Arbeiter-Internationale und bis 1940 deren Sekret¨ar. 1940 floh er vor den deutschen Besatzern aus Belgien in die USA und zog sich 1943 aus der Politik zur¨uck. 1946 kehrte A. nach Europa zur¨uck. In Z¨urich lebend, edierte er den Briefwechsel seines Vaters mit August → Bebel und Karl → Kautsky. A. ver¨offentlichte u. a. Die Erneuerung der Internationale (1918), Vor dem Ausnahmegericht (1923) und Das Stalinsche Experiment und der Sozialismus (1932). C BHdE, Bd 1
Adler, Georg, Staatswissenschaftler, * 28. 5. 1863 Posen, † 11. 6. 1908 Berlin. A. studierte in Freiburg und Berlin, habilitierte sich 1886 und wurde a. o. Prof. an der Univ. Freiburg, 1893-97 in Basel, wo er im Auftrag der Basler Kantonsregierung einen Entwurf f¨ur ein Arbeitslosenversicherungsgesetz ausarbeitete. In Berlin war er als Privatgelehrter t¨atig. 1900 wurde er a. o. Prof. der Staatswissenschaften an der Univ. Kiel und
Adler Dozent an der Marineakademie. A. geh¨orte der historischen Schule der deutschen Volkswirtschaftslehre an. Neben wirtschaftshistorischen Untersuchungen besch¨aftigte er sich mit aktuellen sozialpolitischen Fragen. Von seinem Hauptwerk, Geschichte des Sozialismus und Kommunismus, erschien nur der erste Band (1899).
Adler, Georg Christian, Lehrer, evang. Theologe, * 1. 11. 1674 Wohlbach / Vogtland, † 30. 8. 1741 Neustadt Brandenburg. A. besuchte seit 1687 das Gymnasium in Altenburg, ging 1695 an die Univ. Leipzig, ließ sich 1697 in Halle nieder und wurde 1698 Hauslehrer in K¨onigsberg. A.s Unterricht wurden bald so viele Kinder anvertraut, daß er weitere Lehrer besch¨aftigen mußte. Die so entstandene Schule erhielt 1701 ein kgl. Privileg und war der Beginn des sp¨ateren Collegium Fridericianum. A. unterrichtete seit 1704 am P¨adagogium in Halle, wurde 1706 Rektor der Salfeldischen Schule in der Altstadt Brandenburg, 1708 Diakon, 1714 Archidiakon an St. Gotthard und 1732 Pfarrer und Mittagsprediger an der Paulinerkirche in der Neustadt Brandenburg. Er ver¨offentlichte Gedichte, Predigten und p¨adagogische Schriften, u. a. Schaden der vers¨aumten Kinderzucht (1716).
Adler, Georg Christian, Historiker, * 6. 5. 1724 (1734 ?) Brandenburg, † 2. 11. 1804 Altona. A. studierte Theologie in Halle, kam 1755 als Prediger nach Arnis in Schleswig, wurde 1758 Pastor in Sarau und 1759 in Altona, wo er seit 1791 Kirchenpropst war. Er gab historische Werke heraus und und widmete sich in den vom ihm verfaßten Werken haupts¨achlich der Antike (u. a. Ausf¨uhrliche Beschreibung der Stadt Rom, 4 Bde., 1781 / 82). C ADB
Adler, Gottlieb, Physiker, * 7. 3. 1860 Stecken (B¨ohmen), † 15. 12. 1893 Wien. 1877-81 studierte A. an der Univ. Wien u. a. bei Viktor von → Lang, 1881 / 82 an der Berliner Univ. und wurde 1882 in Wien promoviert. Als Gymnasiallehrer 1882 / 83 betrieb er private Studien zur Elektrizit¨atslehre und zur Mechanik; ¨ 1885 habilitierte er sich mit einer Arbeit Uber die Energie und den Zwangszustand im elektrostatischen Felde. 1893 wurde A. der erste a. o. Prof. der mathematischen Physik an der Univ. Wien. Neben der Elektrostatik besch¨aftigte er sich haupts¨achlich mit Magnetismus. A. ver¨offentlich¨ te u. a. Uber den magnetischen Arbeitswerth von Substanzen ver¨anderlicher Magnetisirungszahl, insbesonde von Ei¨ sen (1891) und Uber die an Eisenk¨orpern im Magnetfelde wirksamen Oberfl¨achenspannungen (1892).
Adler, Guido, Musikhistoriker, * 1. 11. 1855 Eibenschitz (M¨ahren), † 15. 2. 1941 Wien. W¨ahrend der Gymnasialzeit besuchte A., Sohn eines praktischen Arztes, das Wiener Konservatorium, wo u. a. Anton → Bruckner sein Lehrer war. Er studierte seit 1873 Rechtswissenschaften (Promotion 1878), dann mit der F¨orderung Eduard → Hanslicks Musikwissenschaft und wurde 1880 mit der Dissertation Die historischen Grundclassen der christlichen abendl¨andischen Musik bis 1600 zum Dr. phil. promoviert. 1882 habilitierte sich A. mit der Arbeit Studie zur Geschichte der Harmonie. 1884 gr¨undete er mit Philipp → Spitta und Friedrich → Chrysander die „Vierteljahrsschrift f¨ur Musikwissenschaft“. 1885 wurde A. a. o. Prof. an der Deutschen Univ. Prag und war 1898-1927 Ordinarius f¨ur Musikgeschichte an der Univ. Wien. Er begr¨undete das Wiener Musikhistorische Institut und gab 1894-1938 die Reihe ¨ Denkm¨aler der Tonkunst in Osterreich (83 Bde.) heraus. Daneben besch¨aftigte sich A. mit methodisch-systematischen Problemen der Entwicklung musikalischer Stilformen und etablierte die Stilgeschichte als wichtigen Ansatz der Musikgeschichtsschreibung (Der Stil in der Musik, 1911, 21929).
A., der 1924 ein Handbuch der Musikgeschichte (21930) herausgab, gilt als Mitbegr¨under der modernen Musikwissenschaft und als Initiator der Internationalen Gesellschaft f¨ur Musikwissenschaft (1927). 1885 gliederte er die Musikwissenschaft in zwei große Bereiche, in „historische“ und ¨ „systematische“ Musikwissenschaft, wobei letztere Asthetik, P¨adagogik, Analyse und das Studium der nicht-abendl¨andischen Musik („Musikologie“) umfaßte. A.s Autobiographie Wollen und Wirken. Aus dem Leben eines Musikhistorikers erschien 1935. C MGG
Adler, Hans, Pseud. Honso, Anton Hangleitner, H. H. Delar, Adam Hayndl, Erna Samson, Hertha Bauer, Paul Vuplius, Aristide Mar´echal, o¨ sterr. Schriftsteller, * 13. 4. 1880 Wien, † 11. 11. 1957 Wien. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Wien (Promotion 1904) war A. bis 1915 Beamter der nieder¨osterr. Statthalterei und lebte danach als freier Schriftsteller in Wien. Die Erfahrung der Provinz verarbeitete er in dem Roman Das St¨adtchen (1926), f¨ur den er 1927 den Literaturpreis der Stadt Wien erhielt. Seine im „Simplicissimus“ (M¨unchen) ver¨offentlichten Gedichte erschienen 1922 gesammelt unter dem Titel Affentheater; daneben schrieb er Kom¨odien und Libretti. A. war Vizepr¨asident der Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger. ¨ Aut C Osterr
Adler, H(ans) G(¨unther), Pseud. Paul Theodor Hoffmann, Schriftsteller, Soziologe, * 2. 7. 1910 Prag, † 21. 8. 1988 London. Der Sohn eines Buchbinders studierte 1930-35 Musik- und Literaturwissenschaft, Soziologie und Philosophie an der Deutschen Univ. Prag und war bis 1941 Sekret¨ar am Prager Volksbildungshaus Urania. Seit 1941 war A. in verschiedenen Arbeits- und Konzentrationslagern interniert, nach der Befreiung 1945 in Prag Erzieher von Waisenkindern und emigrierte 1947 nach London. Neben Gedichten, Erz¨ahlungen und Romanen verfaßte A. u. a. Theresienstadt 1941-45. Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft, 1955). C KLG
Adler, Heinrich, Mediziner, Fachjournalist, * 5. 8. 1849 Preßburg (Ungarn), † 27. 11. 1909 Wien. Neben seinem Studium der Medizin in Wien (seit 1866) war A. Mitarbeiter der „Neuen Freien Presse“. Nach der Promotion 1872 arbeitete er bis 1879 als Sekundararzt im k. k. Allgemeinen Krankenhaus. Nach der Ernennung zum st¨adtischen Arzt 1879 war er bis 1896, zuletzt als Bezirksarzt, im o¨ ffentlichen Dienst t¨atig. A. widmete sich dann haupts¨achlich dem Fachjournalismus und Angelegenheiten der a¨ rztlichen Berufsverb¨ande: seit 1889 war er u. a. Redakteur der „Wiener medizinischen Wochenschrift“, von 1894 an auch der „Monatsschrift f¨ur die Gesundheitspflege“. Seit 1883 ¨ geh¨orte er dem Gesch¨aftsausschuß des Osterreichischen ¨ Arztevereins-Verbandes an. A. publizierte u. a. die offiziellen ¨ Medizinal-Schematismen f¨ur Osterreich (1896-1903), ferner ¨ Arztliches Vademecum (1896) und Medizinische Chronik des 2 19. Jahrhunderts (1900, 1901, mit Adolf → Kronfeld). C Biogr Jahrb, Bd 14 Adler, Jakob Georg Christian, evang. Theologe, Orientalist, * 8. 12. 1756 Arnis (Schleswig), † 22. 8. 1834 Giekau (Holstein). A. studierte in Kiel Theologie, in B¨utzow und Rostock Orientalia. Mit einem Stipendium der d¨anischen Regierung stellte er 1780-82 an europ¨aischen Bibliotheken Forschungen zu griechischen und orientalischen, vor allem syrischen Handschriften an, die f¨ur die biblische Textkritik von Bedeutung waren. A. wurde 1783 in Kopenhagen Prof. des Syrischen, 1788 der Theologie und im folgenden Jahr auch deutscher Hofprediger in Kopenhagen. Er verfaßte 1797 eine
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Adler Kirchenagende, die aber wegen ihres rationalistischen Charakters auf starken Widerstand stieß. Seit 1792 war A. Generalsuperintendent von Schleswig, von 1806 an auch von Holstein und gab in dieser Funktion 1814 eine neue allgemeine Schulordnung f¨ur Schleswig-Holstein heraus. Er ver¨offentlichte u. a. die von Johann Jakob → Reiske bearbeiteten und u¨ bersetzten Abulfedae Annales Muslemici Arabice et Latine C SHBL, Bd 6 (5 Bde., 1789-95). ¨ Adler, John Hans, Okonom, * 16. 11. 1912 Tachau (B¨ohmen), † April 1980 Chevy Chase (Maryland, USA). A., Sohn eines Fabrikanten, studierte an der Deutschen Univ. in Prag Jura und wurde dort 1937 zum Dr. jur. promoviert. W¨ahrend seiner Ausbildung arbeitete er als Redakteur f¨ur die Zeitschrift „Die Wirtschaft“ und beteiligte sich an der liberalen Studentengruppe „Lese- und Redehalle deutscher Studenten“. 1938 gezwungen zu emigrieren, ging A. in die USA und studierte bis 1941 an der Columbia University und ¨ an der Yale University Okonomie, erhielt den Master of Arts und war in Yale zwei Jahre lang wissenschaftlicher Assistent am Institut f¨ur Internationale Studien. Nach mehreren unterschiedlichen Anstellungen, u. a. beim US-Kriegsministerium und in der Alliierten Kontrollkommission in Wien, wurde A. 1946 in Yale mit der Arbeit Determinants of the Volume of Foreign Trade promoviert. Sein weiterer beruflicher Lebensweg f¨uhrte ihn in das Bankwesen mit Stationen bei der Federal Reserve Bank in New York und der International Bank for Reconstruction and Development, wo er bis zu seiner Pensionierung 1978 u. a. das Amt des Direktors des Economic Development Institute und des Direktors der Planungs- und Budgetabteilung bekleidete. A. war Mitglied des Beirats der Weltbank und nach dem Eintritt in den Ruhestand Visiting Fellow in Oxford (1978 / 79). Sein besonderes wissenschaftliches Interesse galt den wirtschaftlichen Problemen von Entwicklungsl¨andern und dem Kreditwesen. C Hagemann
Adler, Kurt, Dirigent, Musiker, * 1. 3. 1907 Neuhaus (B¨ohmen), † 21. 9. 1977 Butler (Missouri, USA). A. studierte an der Musikakademie in Wien Klavier bei Ferdinand Foll, Komposition bei Richard → Robert sowie Notation bei Guido → Adler und Robert → Lach. 1927 wurde er Assistent bei Erich → Kleiber an der Staatsoper Berlin, wechselte 1929 an die Deutsche Oper in Prag und war seit 1932 an der Musik-B¨uhne in Berlin t¨atig. 1933 in die Sowjetunion emigriert, war A. bis 1935 1. Dirigent an der Oper Kiew und 1935-37 Leiter des Philharmonischen Orchesters in Stalingrad. 1938 ging er in die USA, dirigierte BachKonzerte in New York und wurde 1943 zum Chorleiter der Metropolitan Opera ernannt. Bis 1973 war er dort als st¨andiger Dirigent t¨atig. In seinem Buch The art of accompanying and coaching (1965, 21971) besch¨aftigte sich A. mit fremdsprachiger Gesangsliteratur.
Adler, Kurt Herbert, Dirigent, Operndirektor, * 2. 4. 1905 Wien, † 9. 2. 1988 Ross (Kalifornien, USA). A., Sohn eines Industriellen, studierte 1921-26 am Neuen Wiener Konservatorium, 1923-26 auch an der dortigen Universit¨at, u. a. bei Guido → Adler. 1925-28 war er Chordirektor und Dirigent am Theater in der Josefstadt in Wien, 1928-34 Gastdirigent an verschiedenen Opernh¨ausern in Deutschland und Italien, 1934-36 Dirigent an der Volksoper in Wien, 1936 / 37 Assistent von Arturo Toscanini in Salzburg und 1936-38 Dirigent in der Tschechoslowakei. 1938 emigrierte A. in die USA und war bis 1943 Dirigent an der Chicago Civic Opera. 1943 ging er nach San Francisco und wurde 1953 artistischer Direktor der San Francisco Opera, deren Generaldirektor er 1957-81 war. Als Gastdirigent war er in Amerika und Europa t¨atig. C NGroveD
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Adler, Leopold, Schauspieler, Dramaturg, Regisseur, Schriftsteller, * 5. 3. 1850 Eibenschitz (M¨ahren), † 29. 4. 1919 M¨unchen. A., Sohn eines Arztes, erhielt Schauspielunterricht bei Roderich → Ansch¨utz und Alexander → Strakosch, deb¨utierte in der Rolle des Friedrich Schiller in Karlssch¨uler am Theater in Karlsbad und war dann an mehreren kleinen B¨uhnen in Sachsen besch¨aftigt. 1889 wurde er Regisseur am Stadttheater in Riga, war seit 1892 Oberregisseur am Breslauer Stadttheater, seit 1894 am Berliner Schillertheater und von 1896 an am Stadttheater Leipzig. Seine Berufung als Dramaturg und Regisseur in den Verband der K¨oniglichen Schauspiele Berlin erfolgte 1902. 1909 wurde er als Direktor des Hoftheaters nach Braunschweig berufen. A. schrieb u. a. die Schauspiele Das Buch Hiob (1891) und Das Friedensdenkmal (1894). C Lex dt-j¨ud Autoren
Adler, Ludwig, Gyn¨akologe, * 7. 11. 1879 Wien, † 8. 8. 1958 New Milford (Connecticut, USA). Nach dem Studium der Medizin und der Promotion 1900 war A. Assistenzarzt am Allgemeinen Krankenhaus in Wien und am Pathologisch-Anatomischen Institut der Universit¨at. Seit 1904 arbeitete er mit Fritz → Hitschmann in der Klinik Schanta an der Erforschung der Endometritis glandularis, habilitierte sich 1912 und wurde 1919 a. o. Prof. der Geburtshilfe und Gyn¨akologie an der Univ. Wien. 1921-38 war er Chefarzt der gyn¨akologischen Abteilungen verschiedener Wiener Krankenh¨auser. A.s Forschungen zur operativen und Radiumbehandlung des Uteruskarzinoms erregten internatio¨ nales Aufsehen. Nach dem „Anschluß“ Osterreichs an das nationalsozialistische Deutschland 1938 emigrierte A. in die USA, er¨offnete in New York eine Praxis und war seit 1942 Gyn¨akologe an den Kliniken Beth Israel und St. Claire’s. Er ver¨offentlichte u. a. Die Radiumbehandlung maligner Tumoren in der Gyn¨akologie (1919), Die Pflege der Frau in der Schwangerschaft, im Wochenbett und bei Frauenkrankheiten (1921, 21932) und Physiologie des Ovarium (1929). ¨ 2, 3 C Arzte
Adler, Max, o¨ sterr. Soziologe, * 15. 1. 1873 Wien, † 28. 6. 1937 Wien. A., dessen Vater eine Tuchhandlung besaß, studierte Rechtswissenschaften in Wien, wurde 1896 promoviert und ließ sich sp¨ater als Rechtsanwalt nieder. Mit Otto → Bauer, Karl → Renner und Rudolf → Hilferding gr¨undete er 1903 den Verein „Die Zukunft“, die erste Wiener Arbeiterschule. A. habilitierte sich 1919 f¨ur Soziologie sowie f¨ur Theorie und Geschichte des Sozialismus und wurde zum a. o. Prof. ernannt. 1920-23 war er sozialdemokratischer Abgeordneter im nieder¨osterreichischen Landtag. Besonders widmete er sich dem Arbeiterbildungswesen und der sozialistischen Jugendarbeit. Er war Mitarbeiter von „Der Kampf“, der „Arbeiter-Zeitung“ und der in Berlin erscheinenden Zeitschrift „Der Klassenkampf“. Mit Hilferding gab er die „Marx-Studien. Bl¨atter f¨ur Theorie und Politik des wissenschaftlichen Sozialismus“ heraus, die den ersten Kristallisationspunkt des Austromarxismus darstellten. Als erster Band erschien 1904 A.s Kausalit¨at und Teleologie im Streite um die Wissenschaft. A. versuchte, den Marxismus mit der Philosophie, speziell mit der Erkenntnistheorie → Kants zu verbinden, deren Sozialbezug er verst¨arkt sehen wollte. Er vero¨ ffentlichte u. a. Marx als Denker (1908, 31925), Engels als Denker (1920, 21925), Die Staatsauffassung des Marxismus. Ein Beitrag zur Unterscheidung von soziologischer und juristischer Methode (1922, Neuausg. 1974), Kant und der Marxismus. Gesammelte Aufs¨atze zur Erkenntniskritik und Theorie des Sozialen (1925) und Lehrbuch der materialistischen Geschichtsauffassung (Bd. 1, 1930; Bd. 2, Teil 1, 1932). C NDB
Adler Adler, Nathan ben Simeon Hakohen, Talmudist, Rabbiner, * 16. 12. 1741 Frankfurt / Main, † 17. 12. 1800 Frankfurt / Main. Bereits als Kind erregte A. mit seinen erstaunlichen Kenntnissen Aufmerksamkeit und eignete sich bei verschiedenen Gelehrten Wissen u¨ ber die Natur an; er studierte hebr¨aische und aram¨aische Grammatik sowie die Kabbala. Im Alter von 20 Jahren z¨ahlte er zu den ersten Gelehrten seiner Heimatstadt und er¨offnete 1762 eine Talmudschule. Die Gruppe, die sich um ihn bildete, fiel durch asketische Lebensf¨uhrung ¨ und religi¨osen Ubereifer auf. Durch die j¨udische Gemeindeleitung wurde ihm schließlich die Abhaltung von Gottesdiensten verboten. 1782 wurde er Rabbiner der m¨ahrischen Gemeinde Boskowitz, kehrte 1787 aber nach Unstimmigkeiten zu seinem fr¨uheren T¨atigkeitsfeld zur¨uck, wo die alten Konflikte wieder auflebten. Erst kurz vor seinem Tod wurden die Erlasse des Rabbinats gegen A. aufgehoben.
Adler, Nathan Marcus, Rabbiner, * 15. 1. 1803 Hannover, † 21. 1. 1890 London. Aus einer Rabbinerfamilie stammend, erhielt A. seine Ausbildung durch den Vater sowie an den Universit¨aten G¨ottingen, Erlangen, W¨urzburg und Heidelberg, wo er das Studium der klassischen und modernen Sprachen und der Theologie mit der Promotion abschloß. Er wurde 1822 Rabbiner in W¨urzburg, 1829 Oberrabbiner des Großherzogtums Oldenburg und 1830 schließlich Landesrabbiner des Herzogtums Hannover. Er gilt als der erste Rabbiner, der eine akademische Ausbildung besaß, und als einer der ersten, die volkssprachliche Predigten und Ges¨ange im Gottesdienst einf¨uhrten. Seit 1842 war A. Oberrabbiner der aschkenasischen Juden in London, wo er das „Jews College“ sowie die „United Synagogue“ gr¨undete. Seit 1880 unterst¨utzte ihn sein Sohn in ¨ der Amtsf¨uhrung. A. ver¨offentlichte Kommentare und Ubersetzungen, u. a. Netina la-Ger (5 Bde., 1875). C Oldenburg
Adler, Oskar, Holzblasinstrumentenbauer, * 1862 Hermesgr¨un, † 27. 12. 1922. A. war Begr¨under der Markneukirchener Firma Adler & Co., die 1885-1950 Musikinstrumente herstellte. 1893 erwarb er gemeinsam mit Hermann Jordan das deutsche und englische Patent f¨ur das von Julius Jehring erfundene Oktavin, ein zweir¨ohriges Holzblasinstrument. 1905 wurde auch ein einr¨ohriges Oktavin produziert. 1902 galt die Firma Adler als gr¨oßte Holzblasinstrumentenfabrik in Deutschland und ¨ Osterreich f¨ur Saxophone, Klarinetten und Fagotte. C MGG Adler, Paul, Schriftsteller, * 4. 4. 1878 Prag, † 8. 6. 1946 Zbraslav (heute zu Prag). A., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1896-1900 Rechtswissenschaften in Prag, wurde 1901 promoviert und war bis 1902 Richter in Wien. Die Jahre 1903-10 verbrachte er mit Jakob → Hegner in Italien und lebte seit 1912 in der von ihm mitgegr¨undeten K¨unstlerkolonie Hellerau bei Dresden. A. war Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften des Expressionismus (u. a. „Pan“, „Die Aktion“). Im Ersten Weltkrieg wurde er als Pazifist Mitglied der USPD; 1918 gr¨undete er die die „Sozialistische Gruppe geistiger Arbeiter“. 1921 war A. zeitweise Kunst- und Theaterkritiker der „Prager Presse“. Seit 1923 lebte er wieder in Hellerau, von wo er 1933 fliehen mußte. Die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft verbrachte er in Prag in einem Versteck, gel¨ahmt nach einem Schlaganfall 1939. Neben der Erz¨ahlung N¨amlich (1915) ¨ ver¨offentlichte A. den Roman Die Zauberfl¨ote (1916), Ubersetzungen (u. a. von Miguel de Unamuno) und Sachb¨ucher zur japanischen Literatur (Sachw¨orterbuch zur japanischen Literatur 1925). C Lex dt-j¨ud Autoren
Adler, Peter Hermann, Dirigent, * 2. 12. 1899 Gablonz (B¨ohmen), † 2. 10. 1990 Ridgefield (Connecticut, USA). A. studierte 1920-24 am Prager Konservatorium und nahm Privatunterricht bei Fidelio → Finke, V´ıtˇeslav Nov´ak und Alexander von → Zemlinsky. Danach war er als Opernˇ dirigent in Deutschland und der CSR t¨atig, u. a. in Gablonz, Br¨unn, Teplitz-Sch¨onau, Bremen und Darmstadt. 1932 emigrierte A. in die Sowjetunion, wo er bis 1938 das Staatliche Kiewer Orchester dirigierte. 1938 hielt er sich als Gastdirigent in Prag auf. 1939 ging A. in die USA, war seit 1942 an der New York Opera t¨atig und hatte 1949-59 die musikalische Leitung der National Broadcasting Company-TV Opera Company inne. 1959-68 war er musikalischer Leiter des Baltimore Symphony Orchestra, seit 1969 Direktor des WNET (National Educational Television) und 1973-81 Direktor des American Opera Center an der Juillard School. 1972 deb¨utierte er an der Metropolitan Opera in New York. A., auch als Gastdirigent verschiedener Symphonie- und Opernorchester t¨atig, war einer der Pioniere der Fernsehoper in den USA. C NGroveD Adler, Salomon, auch Salomon von Danzig, Salomone di Danzica, Solomone dall’Her(r) de Andegavia, Maler, getauft 14. 3. 1630 Danzig, † 1709 (?) Mailand. In Danzig war A. Sch¨uler des Malers und Radierers Daniel → Schulz (d. J.). Seine Abreise nach Italien wird f¨ur das Jahr 1653 angenommen; ob und wo A. seine Ausbildung in Italien fortsetzte, ist nicht bekannt. Als sicher gilt, daß er in Venedig von der Portr¨atkunst des Nicol`o Remieri und des Tiberio Tinello beeinflußt wurde. Datierte Bildnisse der Jahre 1677-91 weisen A. als einen in Bergamo und Mailand gesch¨atzten Portr¨atisten aus, was auch ein Studienaufenthalt des Fra Galgario bei A. in Mailand belegt. Seine Bildnisse stattete A., der von seinem Sch¨uler Vittore Ghislandi mehrmals portr¨atiert wurde, nach Danziger Tradition und in Anlehnung an Rembrandt oft mit orientalischem Putz aus. Das einzige bekannte signierte Werk A.s ist Bildnis eines jungen Mannes (Germanisches Nationalmuseum N¨urnberg). C AKL
Adler, Samuel, Rabbiner, * 3. 12. 1809 Worms, † 9. 6. 1891 New York. A. erhielt seinen Unterricht erst von seinem Vater und nach dessen Tod 1822 an den Talmudschulen in Worms und Frankfurt / Main. Er studierte seit 1831 Philosophie, Geschichte und Orientalia an den Universit¨aten Bonn und Gießen, wo er 1836 promoviert wurde. 1836-42 war A. Rabbiner in Worms, wo er u. a. die Trennungsgitter f¨ur die Frauenabteilungen der Synagoge abschaffte und die Einf¨uhrung des j¨udischen Religionsunterrichts an den o¨ ffentlichen Schulen erreichte. Als Kreisrabbiner von Alzey (1842-57) nahm A. regen Anteil an den drei großen Rabbinerversammlungen des Reformjudentums in Braunschweig (1844), Frankfurt / Main (1845) und Breslau (1846) und beteiligte sich an den Bem¨uhungen, den Eid „more judaico“ abzuschaffen. Seit 1857 war A. Rabbiner der Gemeinde „Emanuel“ in New York, wo er 1874 emeritiert wurde. Zu A.s Werken z¨ahlt u. a. Benediction (1882). C Hess Bio, Bd 2
Adler, Siegmund, o¨ sterr. Rechtshistoriker, * 26. 11. 1853 Prag, † 18. 8. 1920 Wien. Der Bruder Victor → A.s studierte in Wien und Straßburg Rechtswissenschaften, wurde 1878 an der Wiener Univ. promoviert und habilitierte sich 1889 f¨ur Geschichte des Verwaltungsrechts. Seit 1890 war er a. o. Prof., von 1900 an Ordinarius f¨ur Rechtsgeschichte in Wien, 1920/21 Dekan der Juristischen Fakult¨at. A. besch¨aftigte sich mit o¨ sterr. Verwaltungsgeschichte, der Geschichte der landst¨andischen Verfassung und des s¨uddeutschen Familienrechts und betrieb Rechtsquellenforschung. Er ver¨offentlichte u. a. Zur Rechts¨ geschichte des adeligen Grundbesitzes in Osterreich (1903).
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Adler Adler, Victor, Pseud. Dr. Fritz Tischler, o¨ sterr. Politiker, * 24. 6. 1852 Prag, † 11. 11. 1918 Wien. A., Sohn eines Kaufmanns, studierte zun¨achst Chemie, dann Medizin in Wien, u. a. bei dem Gehirnphysiologen und Psychiater Theodor → Meynert, dessen Assistent er nach Abschluß des Studiums war, und wurde zum Dr. med. promoviert. 1879 er¨offnete er eine Praxis der gesamten Heilkunde in Oberd¨obling, 1883 im Haus Berggasse 19 in Wien, das sp¨ater Sigmund → Freud kaufte. A. erwarb sich bald den Ruf eines Armendoktors, der Bed¨urftige kostenlos behandelte. A. war Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft „Arminia“, arbeitete mit Georg von → Sch¨onerer zusammen und geh¨orte neben seinem sp¨ateren Parteigenossen Engelbert → Pernerstorfer, Heinrich → Friedjung u. a. zu den Autoren des „Linzer Programms“ (1882) der deutschnationalen Bewegung, von der er sich jedoch wegen des zunehmenden Antisemitismus trennte. Unter dem Eindruck einer dem Arbeiterschutz und der Gewerbeinspektion geltenden Studienreise durch Deutschland, England und die Schweiz 1883 (Die Fabriksinspektion insbesondere in England und der Schweiz, 1884) und der Begegnung mit August → Bebel, mit dem er in Briefwechsel trat, und Friedrich → Engels schloß er sich der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung an. A., der ein nicht unbetr¨achtliches Verm¨ogen geerbt hatte, gr¨undete 1886 die sozialdemokratische Wochenschrift „Gleichheit“ und nach ihrem Verbot 1889 die „Arbeiter-Zeitung“ (seit 1895 Tagblatt), deren Chefredakteur er bis zum seinem Tod war. In den Jahren 1887-89 wurde er wegen seiner politischen T¨atigkeit siebzehnmal gerichtlich belangt und zu ingesamt mehr als einem Jahr Arrest verurteilt. Auf dem Hainfelder Parteitag (1888 / 89) erreichte A. die Einigung „Gem¨aßigter“ und „Radikaler“ auf der Grundlage einer „Prinzipienerkl¨arung“ in einer einheitlichen sozialdemokratischen Partei, deren Vorsitz er bis 1918 innehatte. Lange Zeit trat er den gewerkschaftlichen Forderungen nach Zentralisierung der Partei entgegen. A. gelang es weit mehr als ein Jahrzehnt, sechs nationale sozialdemokratische Parteien in einer „Kleinen Internationale“ zusammenzuhalten. Nachdem auf dem Parteitag 1897 in Wien die o¨ sterr. Partei in eine F¨oderation nationaler Parteien mit einer Gesamtexekutive und einem gemeinsamen Verband der Abgeordneten im Parlament umgewandelt worden war, konnte er 1911 die Abspaltung der tschechischen Sozialdemokratie nicht verhindern. Als Mitglied des Reichsrats (1905-18) bem¨uhte sich A., der bereits 1901 in einer Nachwahl im 10. Wiener Gemeindebezirk als erster und damals einziger Sozialdemokrat in den nieder¨osterreichischen Landtag gew¨ahlt worden war, u. a. um die Durchsetzung des allgemeinen Wahlrechts, das 1907 vom Kaiser sanktioniert wurde. Der politisch dem Zentrismus zuzurechende A. hatte auch in der II. Internationale eine f¨uhrende Stellung inne. Auf deren Basler Antikriegskongreß 1912 war er einer der Hauptredner, unterst¨utzte jedoch bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs die Politik der o¨ sterr. Regierung, w¨ahrend er sich sp¨ater f¨ur einen Verst¨andigungsfrieden einsetzte und an der sozialistischen Friedenskonferenz in Stockholm teilnahm. In der provisorischen Regierung unter Karl → Renner war A., obgleich bereits schwer krank, ¨ seit dem 30. 10. 1918 Staatssekret¨ar des Außeren und setzte ¨ sich f¨ur den Anschluß Deutsch-Osterreichs an das Deutsche Reich ein. Er starb einen Tag vor Ausrufung der Republik.
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A., ein hervorragender Agitator und Taktiker, hinterließ kein eigenst¨andiges theoretisches Werk. Unter den Ver¨offentlichungen des „politischen“ Arztes ragen die Arbeiten zur Alkoholfrage, allgemeinen Volkshygiene und Gewerbehygiene hervor. Der mit der Schwester der sozialdemokratischen Politiker Adolf und Heinrich → Braun verheiratete A. war der Vater von Friedrich → A. WERKE: V. A.s Aufs¨atze, Reden und Briefe. Hrsg. vom Parteivorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutsch¨osterreichs. 11 Hefte, Wien 1922-29. – V. A. aus seinen Reden und Schriften. Ausgew¨ahlt von Anton Tesarek. Wien 1947 (Biogr., S. 9-23). – Briefwechsel mit August Bebel und Karl Kautsky sowie Briefe von und an Ignaz Auer, Eduard Bernstein, Adolf Braun, Heinrich Dietz, Friedrich Ebert, Wilhelm Liebknecht, Hermann M¨uller und Paul Singer. Gesammelt und erl¨autert von Friedrich Adler. Wien 1954. LITERATUR: Max Ermers: V. A. Gr¨oße und Aufstieg einer sozialistischen Partei. Wien / Leipzig 1932. – Victor E. Fit: V. A. als politischer Publizist. Diss. Wien 1964. – Julius Braunthal: V. und Friedrich A. Zwei Generationen Arbeiterbewegung. Wien 1965. – V. A. im Spiegel seiner Zeitgenossen. Hrsg. v. Wanda Lanzer / Ernst K. Herlitzka. Wien 1968. – Hans Mommsen: V. A.s Weg zum Sozialismus. In: Ders.: Arbeiterbewegung und Nationale Frage. Ausgew¨ahlte Aufs¨atze. G¨ottingen 1979, S. 180-194. – Wolfgang Maderthaner: V. A.s Wochenblatt „Die Gleichheit“ 1886-1889. In: Archiv. Jahrbuch des Vereins f¨ur Geschichte der Arbeiterbewegung 2 (1986) S. 143 ff. – Peter Pelinka / Manfred Scheuch: 100 Jahre AZ. Die Geschichte der Arbeiter-Zeitung. Wien / Z¨urich 1989. – Wolfgang Maderthaner / Siegfried Mattl: V. A. (1852-1918). In: Walter Euchner (Hrsg.): Klassiker des Sozialismus. Bd. 1. M¨unchen 1991, S. 218-232, 304 f. – Lucian O. Meysels: V. A. Die Biographie. Wien 1997. – V. A. zum 150. Geburtstag. Wien 2002. Bruno Jahn
Adler-Rudel, Salomon, auch Shalom A.-R., Pseud. Carl Groeger, Rudolf Bertram, S. H. Nesher, S. H. Falcon, Sozialf¨ursorger, Publizist, Verbandsfunktion¨ar, * 23. 6. 1894 Czernowitz, † 15. 11. 1975 Jerusalem. A.-R., der zu den Wegbereitern j¨udischer Sozialarbeit in Deutschland geh¨orte, war 1915-18 Generalsekret¨ar der Poale Zion in Wien, leitete 1918 / 19 die Berufsberatungs- und Umschulungsabteilung des J¨udischen Nationalrats f¨ur Deutsch¨ Osterreich in Wien und hatte 1919-30 die Gesch¨aftsf¨uhrung des Arbeiterf¨ursorgeamtes der j¨udischen Organisationen Deutschlands inne. 1927-29 z¨ahlte er zu den Herausgebern der „J¨udischen Arbeits- und Wanderf¨ursorge“, stand 1930-34 der Abteilung f¨ur Arbeits- und Berufsf¨ursorge der J¨udischen Gemeinde in Berlin vor und arbeitete 1933-34 beim Zentralausschuß f¨ur Hilfe und Aufbau mit. 1934 u¨ bernahm A.-R. das Amt des Generalsekret¨ars der Reichsvertretung der Deutschen Juden. 1936 von der Gestapo ausgewiesen, emigrierte er nach Pal¨astina, war jedoch vorwiegend in London t¨atig, als Repr¨asentant der deutschen Juden in internationalen Organisationen (u. a. Vizepr¨asident der Zionist Federation of Great Britain) und als Berater und Administrator des Central British Fund (1936-45). 1949-55 wirkte A.-R. als Abteilungsleiter f¨ur Auslandsbeziehungen der Jewish Agency in Jerusalem, geh¨orte der Delegation f¨ur Wiedergutmachung sowie dem Aktionskomitee der Zionistischen Weltorganisation an und war 1958-75 Direktor des Leo-BaeckInstituts in Jerusalem. Er verfaßte Beitr¨age f¨ur die „Zionist Review“ (1938-50) und ver¨offentlichte die B¨ucher Ostjuden in Deutschland. 1880-1940. Zugleich eine Geschichte der Organisationen, die sie betreuen (1959) und J¨udische Selbsthilfe unter dem Naziregime 1933-1939. Im Spiegel der Berichte der Reichsvertretung der Juden in Deutschland (1974). C Lex dt-j¨ud Autoren
Adlzreiter von Tettenweis Adlerflycht, Justinian Frh. von, Jurist, * 30. 1. 1761 Frankfurt / Main, † 20. 1. 1831 Frankfurt / Main. A. studierte in Leipzig Rechtswissenschaften und wurde Regierungsassessor in Homburg. Kurze Zeit sp¨ater trat er in kurhessische Dienste, wurde 1797 zum Legationsrat ernannt und f¨uhrte als Gesandter Kurhessen-Kassels am oberrheinischen Kreis wichtige Verhandlungen. 1806 verlor er bei der Besetzung des Reichs durch Frankreich nicht nur seine Stellung am kurf¨urstlichen Hof, sondern auch seinen pers¨onlichen Besitz. Er wurde 1808 Mitglied des großherzoglichen Oberappellationsgerichts in Frankfurt, 1816 Senator und 1819 Sch¨offe. A. verfaßte Das Privatrecht der freien Stadt Frankfurt (4 Tle., 1824), dessen f¨unfter Teil 1832 postum erschien. C Frankf Biogr Adlersfeld-Ballestrem, Eufemia von, geb. Gr¨afin von Ballestrem di Castellengo, Schriftstellerin, * 18. 8. 1854 Ratibor (Oberschlesien), † 21. 4. 1941 M¨unchen. Nach Aufenthalten in Ratibor, Brieg und Hirschberg zog A.-B., Tochter eines Landschaftsdirektors, mit ihrer Mutter nach Breslau, heiratete 1884 den Rittmeister Joseph von Adlersfeld und lebte danach in verschiedenen Garnisonen (Militsch, Karlsruhe, Durlach). 1899-1903 war sie auf Reisen, bis 1908 in Vevey, dann in Karlsruhe, verbrachte mehrere Winter in Rom und ließ sich schließlich in M¨unchen nieder. Sie ver¨offentlichte ihre Werke zun¨achst in zahlreichen Zeitschriften. Ihr 90 Titel umfassendes Werk weist neben vielen Gesellschaftsromanen, die meist in der Adels- und Offizierswelt angesiedelt sind (z. B. Komtesse K¨athe in der Ehe, 1899), auch einige Biographien historischer Pers¨onlichkeiten (Im Glanze der Krone, 1882; Kaiser Friedrich III., 1888, 31896) und den Katechismus des guten Tons und der C DLL, 20. Jh. feinen Sitte (1892) auf.
Adlgasser, Anton Cajetan, auch Adelgasser, Komponist, Musiker, * 1. 10. 1729 Niederachen bei Inzell (Bayern), † 22. 12. 1777 Salzburg. A., Sohn eines Lehrers und Organisten, war Sch¨uler und sp¨ater Schwiegersohn von Johann Ernst → Eberlin. Von 1750 bis zu seinem Tod hatte er die Stelle des ersten Hoforganisten in Salzburg inne und war als solcher unmittelbarer Vorg¨anger Wolfgang Amadeus → Mozarts. A., vor allem als Komponist angesehen, hinterließ Oratorien, Instrumentalmusik (darunter sieben Sinfonien) und die Musik zu zahlreichen Schuldramen f¨ur das Salzburger Universit¨atstheater, u. a. den dritten Akt der Schuloper Die Schuldigkeit des ersten Gebots (1767), deren erster Akt vom damals elfj¨ahrigen Mozart, deren zweiter von Michael → Haydn komponiert C MGG wurde.
Adlhoch, Hans, eigentl. Johann A., Politiker, Arbeitersekret¨ar, * 29. 1. 1884 Straubing, † 21. 5. 1945 M¨unchen. Der Sohn eines Schreinermeisters erlernte den Beruf des Vaters, schloß sich 1901 dem Christlichen HolzarbeiterVerband an und bildete sich im Sozialversicherungswesen weiter. 1911 wurde A. Arbeitersekret¨ar und Leiter des kath. Volksb¨uros in Weilheim, nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1918 in Augsburg. Seit 1924 Mitglied der Bayerischen Volkspartei, wurde er in den Stadtrat von Augsburg (1924) und in den Reichstag (1933) gew¨ahlt. Er wirkte als Di¨ozesansekret¨ar der kath. Arbeitervereine und war 1925 Vizepr¨asident des Deutschen Katholikentags in Stuttgart. Nach 1933 st¨andiger Verfolgung ausgesetzt, wurde A. mindestens neunmal festgenommen. Bis 1939 war er als Arbeitersekret¨ar, seit 1940 im Kriegshilfsdienst t¨atig. Nach dem 20. 7. 1944 wurde er erneut verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Entkr¨aftet starb A. nach der Befreiung an den Folgen der Haft und des Todesmarsches ¨ Richtung Otztal. C Widerstand
Adlmuller, ¨ Fred, eigentl. Wilhelm Alfred Friedrich Franz A., o¨ sterr. Modesch¨opfer, * 16. 3. 1909 N¨urnberg, † 26. 9. 1989 Wien. Der Sohn eines Hoteliers durchlief zun¨achst in M¨unchen eine Lehre als Koch. Nach einem Zerw¨urfnis mit seinem Vater ging A. 1929 nach Wien, wurde Verk¨aufer im Kaufhaus Zwieback & Co., wechselte 1930 in die Filiale des Modehauses Stone & Blyth in Badgastein (Salzburg) und arbeitete schließlich am Hauptsitz der Firma in Wien. Dort stellte A. 1933 mit Erfolg seine erste eigene Modekollektion vor. Als die j¨udischen Besitzer von Stone & Blyth 1938 emigrierten, u¨ bernahm A. die Gesch¨aftsf¨uhrung und erweiterte nach dem Zweiten Weltkrieg die Aktivit¨aten des Hauses. Er entwickelte das Parf¨um „Eau de Vienne“ und unterhielt bis 1973 eine zus¨atzliche Filiale in M¨unchen. 1949 u¨ bernahm A. Stone & Blyth ganz und f¨uhrte das Modehaus unter seinem Namen weiter. Er entwarf Kost¨ume f¨ur Film, Oper und Theater sowie u. a. f¨ur Zarah → Leander und Marika → R¨okk. Seit 1973 betreute A. als Prof. Meisterklassen an der Wiener Hochschule f¨ur Angewandte Kunst. Er. gr¨undete eine Stiftung zur F¨orderung des Modenachwuchses. Adlon, Lorenz, eigentl. Laurenz A., Hotelier, * 29. 5. 1849 Mainz, † 7. 4. 1921 Berlin. Der Sohn eines Handwerkers wurde zum M¨obeltischler ausgebildet, ging als Geselle nach Paris, bet¨atigte sich nach seiner R¨uckkehr als Gastwirt und war seit 1876 vor allem bei der Verk¨ostigung von Großveranstaltungen erfolgreich. Nach Berlin u¨ bergesiedelt, erwarb er u. a. das Restaurant Hiller, 1885 das Terrassen-Restaurant am Zoologischen Garten, das er zu einen f¨uhrenden Feinschmeckerrestaurant machte, pachtete 1898 das Hotel Continental und gr¨undete eine Weinhandlung. 1904 gelang es A., durch die Protektion Kaiser → Wilhelms II. das Palais Redern am Pariser Platz in Berlin zu kaufen. Er ließ es abreißen und er¨offnete 1907 das auf dem Grundst¨uck neu erbaute Hotel Adlon, das er bis zu seinem Tod leitete.
Adlung, Jakob, auch Adelung, Musiker, * 14. 1. 1699 Bindersleben bei Erfurt, † 5. 7. 1762 Erfurt. A. war Sohn eines Organisten und Schuldieners, erhielt eine musikalische und wissenschaftliche Ausbildung in Erfurt und studierte seit 1723 in Jena Philologie und Theologie. Als Magister kehrte er nach Erfurt zur¨uck, um 1727 die Organistenstelle an der Predigerkirche anzutreten; daneben baute er Klaviere. Seit 1741 lehrte A. zus¨atzlich am Ratsgymnasium und an der Erfurter Universit¨at; 1755 nahm ihn die Akademie der n¨utzlichen Wissenschaften in Erfurt als Mitglied auf. A.s Schriften gelten f¨ur die Musikgeschichte der Bachzeit als besonders aufschlußreich. Seine Enzyklop¨adie der Orgelkunde Musica mechanica organoedi (1726) ist neben der Organographia des Michael → Praetorius die wichtigste Quelle f¨ur den Orgelbau der Barockzeit; sie enth¨alt in der Vorrede zum zweiten Teil eine Autobiographie A.s. C MGG
Adlzreiter von Tettenweis, Johann, bayerischer Kanzler, Archivar, * 2. 2. 1596 Rosenheim, † 11. 5. 1662 M¨unchen. Der Sohn eines Handwerkers wurde 1610 an das Jesuitengymnasium in M¨unchen geschickt und begann 1615 ein Studium in Ingolstadt, das er 1622 als Lizentiat beider Rechte abschloß. Als Advokat der Regierung und Stiftssyndikus war er bis 1625 in Straubing besch¨aftigt, wechselte dann in die Dienste Kurf¨urst → Maximilians I., wo er Hofkammerrat wurde und ab 1638 das Geheime Archiv betreute. A. schuf eine neue Archivordnung, die bis zum Ende des 18. Jh. g¨ultig blieb. Seit 1639 besaß er Sitz und Stimme im Geheimen Rat und wurde 1650 dessen Oberstkanzler. 1639-50 war er Mitglied des Geistlichen Rats. 1656 erhielt
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Adolf er die Edelmannsfreiheit auf dem niederbayerischen Lehen Tettenweis und war 1657-62 Pfleger in Moosburg. An der Entstehung der 1662 unter seinem Namen ver¨offentlichten Annales Boicae gentis des Johann → Vervaux hatte A. als Archivar großen Anteil. C Wieninger
Adolf von Nassau, deutscher K¨onig, * um 1250, † 2. 7. 1298 bei G¨ollheim. Nach dem Tod K¨onig → Rudolfs wurde statt dessen Sohn, ¨ des Herzogs → Albrecht von Osterreich, A. von einer Koalition der Kurf¨ursten zum deutschen K¨onig gew¨ahlt und 1292 gekr¨ont. Ohne den R¨uckhalt einer Hausmacht konnte er den landesherrlichen Interessen der Kurf¨ursten und ihrem Streben nach oligarchischer Reichsregierung keinen Widerstand entgegensetzen. A. verband sich durch Verheiratung zweier seiner Kinder mit B¨ohmen und der Kurpfalz. Gegen den Widerstand der S¨ohne → Albrechts von Th¨uringen versuchte A., diesem Meißen und die Landgrafschaft Th¨uringen abzukaufen. Die Mittel daf¨ur verschafften ihm Subsidien des englischen K¨onigshauses, die er f¨ur die Allianz gegen Philipp IV. von Frankreich erhielt. A.s mitteldeutsche Hausmachtpolitik f¨uhrte dazu, daß B¨ohmen und Mainz sich mit den anderen Kurf¨ursten gegen ihn verbanden. 1298 wurde A. abgesetzt und Herzog Albrecht zum K¨onig erhoben. A. zog mit Waffengewalt gegen Albrecht und fiel im Kampf. C LexMA Adolf III., Graf von Berg, * vor 1178, † 1218
¨ bei Damiette (Agypten). A. k¨ampfte zun¨achst gemeinsam mit Erzbischof → Adolf I. von K¨oln auf welfischer Seite, schloß sich aber 1205 endg¨ultig der staufischen Partei an; 1205-07 zog er gegen das welfisch gesinnte K¨oln und seinen Gegenbischof Bruno IV. 1215 eroberte A. die Reichsfeste Kaiserswerth und befreite den dort gefangengehaltenen Bischof Friedrich von M¨unster. Der Streit um das Erzbistum K¨oln wurde 1216 durch die Wahl → Engelberts, Adolfs Bruder, beendet. 1218 schloß A. sich als F¨uhrer der fr¨ankischen und friesischen Ritter dem f¨unften Kreuzzug an; er und sein Mitstreiter Adolf von K¨oln starben jedoch bei der Belagerung der a¨ gyptischen Stadt Damiette noch im gleichen Jahr vermutlich an einer Seuche. C NDB
Adolf IV., Graf von Berg, * vor 1220, † 22. 4. 1259, begraben in Altenberg. Der Sohn Herzog → Heinrichs IV. von Limburg und Enkel → Adolfs III. von Berg wurde 1240 beim Friedensschluß zwischen seinem kaisertreuen Vater und dem der welfischen Partei angeh¨orenden K¨olner Erzbischof → Konrad der Schwester des Bischofs angetraut und von ihm mit Teilen von Deutz belehnt. Zeit seines Lebens leistete er den von seinem Schwager erhobenen antistaufischen Gegenk¨onigen Gefolgschaft. A. vermittelte in den Fehden des Erzbischofs mit der Stadt K¨oln, mit → Wilhelm von J¨ulich u. a.; er stiftete die 1255-65 erbaute Abteikirche in Altenberg. C NDB
Adolf V., Graf von Berg, † 28. 9. 1296 begraben in Gr¨afrath. A. trat nach dem Tod seines Vaters 1259 wahrscheinlich noch minderj¨ahrig die Herrschaft an. Er war ein erbitterter Gegner des K¨olner Erzbischofs → Siegfried von Westerburg, der 1274 die Wahl von A.s Bruder Konrad in diese Position verhinderte und im Streit um die Erbschaftsfolge im Herzogtum Limburg A.s Anspr¨uchen entgegentrat. Siegfried unterst¨utzte den Grafen Reinald von Geldern; in der Schlacht bei Worringen 1288 unterlagen sie Herzog → Johann von Brabant, an den A. seine Rechte verkauft hatte. Die Niederlage Siegfrieds brach die Vormachtstellung des K¨olner Erzstifts und sicherte den Aufstieg der Grafschaft Berg. Noch
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im gleichen Jahr verlieh A. D¨usseldorf die Stadtrechte und C NDB sicherte sich so den Zugang zum Rhein.
Adolf VI., Graf von Berg, * vor 1290, † 3. 4. 1348 begraben in Altenberg. A. war der letzte Graf des Hauses Limburg, seine Gemahlin brachte ihm 1312 die Reichspfandschaft Duisburg mit dem dortigen Rheinzoll zu, die 1324 geplante Verlegung des Zolls nach D¨usseldorf scheiterte jedoch am Widerstand K¨olns. A. war Parteig¨anger → Ludwigs des Bayern und bek¨ampfte gemeinsam mit den L¨utzelburgern, Brabant und J¨ulich den K¨olner Erzbischof → Heinrich von Virneburg, der ¨ f¨ur → Friedrich von Osterreich Partei ergriffen hatte. Am ersten Feldzug des Hundertj¨ahrigen Kriegs 1339 nahm A. als Heerf¨uhrer des englischen K¨onigs Eduard III. teil und unterst¨utzte damit die von J¨ulich betriebene deutsch-englische B¨undnispolitik. Seine Erbin hatte er bereits 1336 an ein Mitglied des Hauses J¨ulich verheiratet. C NDB
Adolf von Egmond, Herzog von Geldern, Graf von Zutphen, * 1438, † 22. 7. 1477 bei Doornik (Tournai). Unterst¨utzt von seiner Mutter und Herzog Philipp von Burgund, lehnte A. sich gegen seinen Vater → Arnold von Egmond auf. Im Vertrag von Batenburg (1459) trat dieser ihm die Stadt Nimwegen ab. Seit 1461 war A. Ritter vom Goldenen Vlies. 1363 heiratete er Philipps Nichte Katharina von Bourbon. Anfang 1465 setzte er seinen Vater gefangen und erzwang dessen Verzicht auf die Herrschaft. In mehreren Fehden gegen Verwandte, die Arnolds Partei ergriffen, konnte A. sich behaupten. Nach Philipps Tod berief Papst Paul III. Karl von Burgund zur Vermittlung. Der inzwischen fl¨uchtige A. wurde nach seiner Ergreifung vom Kapitel des Goldenen Vlieses 1473 zu lebenslangem Gef¨angnis verurteilt. 1477 wurde er von aufst¨andischen Flamen befreit, fiel jedoch im selben Jahr bei der Belagerung von Doornik. C NDB
Adolf Friedrich, Herzog von Cambridge, Vizek¨onig von Hannover, * 24. 2. 1774 London, † 8. 7. 1850 London. Als j¨ungster Sohn → Georgs III. wurde A. F. 1786-90 mit zweien seiner Br¨uder an die Univ. G¨ottingen geschickt, um die deutsche Sprache und Kultur kennenzulernen. Er trat als F¨ahnrich in die englische Armee ein, befehligte 1793-95 als Gardeoberst ein hannoversches Korps im Krieg gegen Frankreich und wurde 1802 / 03 Generalkommandeur der hannoverschen Truppen zur Verteidigung gegen Napoleon, zu der es nicht kam. 1813 wurde A. F. zum Milit¨argouverneur, 1816 zum Generalgouverneur des K¨onigreichs Hannover ernannt. Nach der Aufl¨osung der „deutschen Kanzlei“ in London, die die Hannoverpolitik des englischen K¨onigshauses zuvor bestimmt hatte, wurde A. F. 1831 zum Vizek¨onig ernannt. Seit der endg¨ultigen L¨osung Hannovers von der englischen Krone 1837 lebte er zur¨uckgezogen in London. C Allg Hann Biogr, Bd 2 Adolf I., Graf von Holstein, † 13. 11. 1128 begraben in Minden. A. stammte aus dem Geschlecht der Grafen von Schauenburg. Um 1111 u¨ bertrug ihm → Lothar von S¨upplingenburg die Grafschaft Holstein, die den Holsten- und den Stormarngau umfaßte, nicht jedoch Dithmarschen und das ostholsteinische Gebiet der wagrischen Wenden. Der d¨anische Prinz und Statthalter in Schleswig Knud Lavard hatte nach dem Aussterben der Wagrier auf dem Alberg eine Festung errichtet, um den D¨anen die Herrschaft u¨ ber Wagrien zu sichern. Von Lothar unterst¨utzt, beseitigte A. diese durch einen Handstreich und sicherte dadurch die Herrschaft der Schauenburger in Holstein. C NDB
Adolf Adolf II., Graf von Holstein, † 1164 begraben in Minden. Der Sohn → Adolfs I. von Holstein, urspr¨unglich f¨ur den geistlichen Stand bestimmt, mußte nach dem Tod des Vaters 1128 anstelle seines gefallenen Bruders die Herrschaft u¨ ber Holstein antreten. Als loyaler Gefolgsmann der Welfen schickte er Kolonisten aus dem Weserland, aus Westfalen, Friesland und Holland in die neueroberten Slawengebiete Ostholsteins, baute die zerst¨orte Siegeburg (die sp¨atere Stadt Segeberg) wieder auf, reorganisierte das Bistum Oldenburg und besetzte es mit tatkr¨aftigen Missionaren. A. gr¨undete L¨ubeck als erste deutsche Ostseestadt, mußte sie jedoch 1158 an → Heinrich den L¨owen abtreten; er fiel in dessen Diensten ¨ im Kampf gegen die mecklenburgischen Slawen. Uber seine Leistungen f¨ur die Christianisierung und Kolonisierung Ostholsteins berichtet die Slawenchronik des Wendenpfarrers → Helmold. C NDB
Adolf Friedrich, Herzog von Holstein-Gottorp, K¨onig von Schweden, * 14. 5. 1710 Gottorp, † 12. 2. 1771 Stockholm. A. F. wurde 1727 zum F¨urstbischof von L¨ubeck gew¨ahlt. Nach dem Tod seines Vetters setzte er sich als Vormund f¨ur dessen unm¨undigen Sohn Karl Peter Ulrich (→ Peter Feodorowitsch III.) ein und war bis 1745 Administrator des Herzogtums Holstein-Gottorp. 1743 wurde A. F. vom schwedischen Reichstag zum Thronfolger gew¨ahlt, von der ˚ Zarin Elisabeth unterst¨utzt (Aboer Pr¨aliminiarfriede). A. F. verm¨ahlte sich 1744 mit → Luise Ulrike, der Schwester → Friedrichs des Großen und wurde nach dem Tod K¨onig → Friedrichs I. 1751 zum K¨onig gekr¨ont. Gegen¨uber den m¨achtigen schwedischen Adeligen konnte er sich nicht durchsetzen; die Politik des Hofes bestimmte seine ihm geistig u¨ berlegene Gemahlin. C NDB
Adolf III., Graf von Holstein, † 3. 1. 1225. A. u¨ bernahm nach dem Tod seines Vaters 1164 die Herrschaft, stand aber noch bis 1175 unter der Vormundschaft seiner Mutter. Selbst¨andig agierend trat er erstmals 1180 auf, als er nach dem Verlust von Segeberg und Pl¨on an → Heinrich den L¨owen zur staufischen Partei u¨ berging. → Friedrich I. zog daraufhin gegen Heinrich und eroberte L¨ubeck. Die Schm¨alerung des s¨achsischen Herzogtums, das nach dem Sturz Heinrichs des L¨owen an Bernhard von Askanien ging, machte A. praktisch zum reichsunmittelbaren F¨ursten. W¨ahrend er sich 1189 mit Friedrich I. auf einem Kreuzzug befand, brachte Heinrich der L¨owe die Grafschaft Holstein an sich. A. kehrte, nachdem er die Nachricht davon erhalten hatte, zur¨uck und eroberte sein Land zur¨uck, mußte jedoch auf L¨ubeck verzichten. In der Folge mehrerer milit¨arischer Auseinanderstzungen mit den D¨anen 1200 / 01 wurde A. vom d¨anischen K¨onig gefangengesetzt und 1203 gegen die Zusicherung seines Verzichts auf Holstein freigelassen; er starb auf der Schauenburg. C NDB
Adolf I., Herzog von Berg, Herzog von J¨ulich, † 14. 7. 1437 K¨oln. Schon zu Lebzeiten seines Vaters → Wilhelm II. gelang es dem nach Macht strebenden A., zus¨atzlich zu der ihm 1395 u¨ bertragenen Grafschaft Ravensberg den gr¨oßeren Teil des Herzogtums Berg zu erwerben. Sein Versuch, den Vater ganz aus der Herrschaft zu verdr¨angen, gelang ihm nicht. Er zog sich vor¨ubergehend die Reichsacht (1405) zu und trat nach dem Tod des Vaters 1408 dessen Erbe an. Bei der K¨olner Bischofswahl 1414 gelang es A. nicht, die Wahl seines Bruders, des Bischofs Wilhelm von Paderborn, gegen → Dietrich von Moers durchzusetzen. A. begann eine immer wieder neu ausbrechende Fehde um Zoll- und Gerichtsrechte mit dem Erzbischof Dietrich und der Stadt K¨oln (1416 / 17). Die auf Erbanspr¨uche seiner Frau Jolanthe basierenden Forderungen nach Besitzungen im Herzogtum Bar an der Maas beendete seine Gefangennahme durch den Herzog von Lothringen. 1423 konnte er die Herrschaft u¨ ber J¨ulich antreten. Der fr¨uhe Tod seines einzigen Sohnes 1431 vereitelte eine direkte Erbfolge. C NDB
Adolf IV., Graf von Holstein, * vor 1205, † 8. 7. 1261
Adolf I., Graf von Kleve, Adolf III. als Graf von der
Kiel. Der d¨anische K¨onig Waldemar II. wurde 1224 von → Heinrich von Schwerin gefangengenommen und erkaufte sich seine Freiheit, indem er die Anspr¨uche u. a. auf Holstein aufgab, so daß A. seine Grafschaft zur¨uckgewinnen konnte. Waldemars Eroberungen norddeutscher St¨adte traten die norddeutschen F¨ursten unter A.s F¨uhrung bei Bornh¨oved entgegen und trugen in der Schlacht am 22. 7. 1227 den endg¨ultigen Sieg u¨ ber die D¨anen davon. A. nahm 1138 an einem Kreuzzug gegen Livland teil und trat im folgenden Jahr als Franziskanerm¨onch in das von ihm zum Dank f¨ur den Sieg von Bornh¨oved gestiftete Kloster Maria Magdalena in Hamburg ein. Im Alter lebte er in dem ebenfalls von ihm gegr¨undeten Marienkloster in Kiel. C NDB
Adolf VIII., Graf von Holstein, Herzog von Schleswig, * 1401, † 4. 12. 1459 Segeberg. A. u¨ bernahm 1427 den Kampf um die Anspr¨uche seiner Familie auf das Herzogtum Schleswig, das erst sein Vater erworben hatte. 1435 schloß er mit dem d¨anischen K¨onig Erich einen Kompromißfrieden, der ihm den gr¨oßten Teil Schleswigs auf Lebenszeit zusprach und damit die seit 1410 w¨ahrende Auseinandersetzung zwischen D¨anemark und Holstein um das Herzogtum Schleswig beendete. 1440 vollzog der Nachfolger Erichs im Einvernehmen mit dem d¨anischen Reichsrat die erbliche Belehnung A.s mit ganz Schleswig. A. lehnte 1448 die d¨anische K¨onigskrone ab, die ihm nach dem Aussterben des d¨anischen K¨onigshauses angeboten worden war, und lenkte die Wahl auf seinen Neffen → Christian von Oldenburg. Nachdem A. kinderlos gestorben war, erbte dieser Holstein und Schleswig. C LexMA
Mark, Erzbischof von K¨oln, * um 1334, † 7. 9. 1394 Kleve. Als j¨ungerer Sohn f¨ur den geistlichen Stand bestimmt, wurde A. 1348 Domherr in K¨oln und 1351 in L¨uttich. Nach einem in Montpellier 1353-57 absolvierten Studium des kanonischen Rechts wurde er Bischof von M¨unster, 1363 Erzbischof von K¨oln. Er verzichtete jedoch schon im folgenden Jahr, um die Chance auf die Erbfolge in Kleve wahrzunehmen. 1368 u¨ bernahm er mit Unterst¨utzung aus Geldern und L¨utzelburg-Brabant die Herrschaft u¨ ber die linksrheinischen, sein Bruder Engelbert III. u¨ ber die rechtsrheinischen Gebiete Kleves und die Grafschaft Mark. Seit 1378 f¨uhrte A. Krieg gegen Erzbischof → Friedrich von K¨oln um das Gebiet Linn, auf das er 1392 nach dem Antritt des Erbes seines Bruders Engelbert verzichtete. 1381 u¨ bernahm er die F¨uhrung der „Geckengesellschaft“ und trat damit den st¨andischen Bestrebungen des Landadels entgegen. C NDB
Adolf I., Herzog von Kleve und Graf von Mark, * 2. 8. 1373, † 23. 9. 1448 Kleve. Seit 1394 Graf von Kleve, vereinigte A. nach dem Tod seines Bruders Dietrich 1398 die Grafschaften Mark und Kleve unter seiner Herrschaft. 1417 wurde er von K¨onig → Siegmund zum Herzog erhoben; mit seinen verwandtschaftlichen und politischen Verbindungen zu Burgund geh¨orte der Herzog dadurch zu den bedeutenderen Reichsf¨ursten. Er konnte sein Territorium erweitern, mußte jedoch seinem j¨ungeren Bruder die Grafschaft Mark auf Lebenszeit abtreten. Mit dem Erzbistum K¨oln unter Erzbischof → Dietrich von Moers lag A. seit 1423 in st¨andiger Fehde, weil er die Lehnsanspr¨uche des Erzbistums nicht akzeptierte; er unterst¨utzte auch die
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Adolf mit ihrem K¨olner Landesherrn verfeindete Stadt Soest. A. traf Maßnahmen zu einer Landesordnung, die bis ins 16. Jh. hinein grundlegend blieb, reformierte die Verwaltung seiner G¨uter, das Gerichts- und Kanzleiwesen und sorgte f¨ur Landwehre, Gr¨aben und Deiche. C NDB
Adolf von Kleve und von der Mark, Herr zu Ravenstein und Winnendahl, * 28. 6. 1425, † 18. 9. 1492 begraben in Br¨ussel. Als Neffe Herzog Philipps von Burgund wurde A. mit seinem Bruder an dessen Hof erzogen. 1446 / 47 veranlaßte der Herzog die Ernennung A.s zum Erzbischof von K¨oln, die jedoch nicht vollzogen wurde. 1450 erhielt A. bei der Erbteilung die brabantischen Lehen Ravenstein, Herpen und Uden sowie die Anwartschaft auf die Herrschaft Winnendahl, w¨ahrend sein Bruder das Herzogtum Kleve u¨ bernahm. A. geh¨orte zum engsten Kreis des burgundischen Hofadels, empfing eine hohe j¨ahrliche Pension, war Ritter des Goldenen Vlieses und ein gefeierter Turnierheld. Als einer der f¨uhrenden Hauptleute des burgundischen Heeres nahm er an der Guerre du Bien Public (1465) und am Feldzug gegen L¨uttich (1476 / 68) teil. 1478 wurde A. Pate des jungen burgundischen Erzherzogs → Philipp, dessen Vormundschaft und Erziehung er 1482 u¨ bernahm. Als f¨uhrendes Mitglied des Regentschaftsrats f¨ur Philipp war A. am Br¨ugger Frieden von 1485 beteiligt. C NDB Adolf I., Erzbischof von K¨oln, * um 1157, † 15. 4. 1220 (?) Neuss (?). Aus dem Haus der Grafen von Berg und Altena stammend, wurde A. vor 1177 K¨olner Domherr, 1183 Dekan und 1191 Dompropst. Seit 1193 war er als Nachfolger seines Onkels Bruno III. Erzbischof von K¨oln. Er erwirkte die Freilassung von Richard L¨owenherz aus der Gefangenschaft Kaiser → Heinrichs VI., wof¨ur er Privilegien f¨ur die K¨olner Kaufleute in England und eine Jahresrente erhielt. A. weigerte sich, auf sein K¨onigswahlrecht zu verzichten, und vereitelte so Heinrichs Vorhaben, ein Erbreich zu begr¨unden. Er betrieb die Wahl des Welfen → Otto IV. zum K¨onig und kam 1198 mit dessen Kr¨onung dem Staufer → Philipp von Schwaben zuvor. Doch ging er in der Folge, nach der p¨apstlichen Entscheidung f¨ur Otto, zur Partei Philipps u¨ ber und kr¨onte diesen 1205, wodurch er sich gegen die wachsende p¨apstliche und welfische Macht zu sch¨utzen versuchte. A. wurde daraufhin von Innozenz III. gebannt und abgesetzt. Er k¨ampfte noch jahrelang gegen seinen Nachfolger, unterwarf sich nach dem Tod des staufischen K¨onigs 1208 dem Papst, mußte aber 1216 endg¨ultig auf das Erzbistum verzichten. C LexMA Adolf III., Graf von Schaumburg, Kurf¨urst und Erzbischof von K¨oln, * 1511, † 20. 9. 1556 Br¨uhl. A. wurde 1529 Domherr zu K¨oln und Mainz, war 1529-33 Dechant des freiadeligen Stifts St. Gereon in K¨oln und wurde Ende 1533 zum Koadjutor des Erzbischofs Hermann von → Wied ernannt. Nach dessen Exkommunikation 1546 wurde A. zun¨achst Administrator des Erzstifts, im Jahr darauf Erzbischof. Er hob die reformatorischen Neuerungen, die sein Vorg¨anger eingef¨uhrt hatte, auf und strebte selbst eine Kirchenreform auf der Basis der „formula reformationis“ Kaiser → Karls V. von 1548 an. A. hielt f¨unf Synoden und ein Provinzialkonzil (1549) ab und nahm am Konzil von Trient teil. Sein wichtigster Berater war Johannes → Gropper. Die Pl¨ane A.s konnten nur teilweise ausgef¨uhrt werden, weil die St¨ande des K¨olner Erzstifts und vor allem Herzog Wilhelm von J¨ulich-Berg seine Bestrebungen behinderten. C Gatz 2
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Adolf I., Graf von Nassau, Erzbischof von Mainz, * um 1353, † 6. 2. 1390 Heiligenstadt. A., der in Padua und Bologna Rechtswissenschaft studiert hatte, wurde 1371 zum Erzbischof von Mainz gew¨ahlt, mußte jedoch zugunsten → Johanns von Luxemburg verzichten, der auf Wunsch des Kaisers vom Papst ernannt wurde. A. erhielt daraufhin das Bistum Speyer, das er bis 1388 behielt. Nach dem Tod Johanns 1373 erneut zum Erzbischof gew¨ahlt, wurde statt A. – wiederum auf Betreiben → Karls IV. – Landgraf → Ludwig von Th¨uringen ernannt, von A. jedoch gewaltsam an der Macht¨ubernahme gehindert. Der Eintritt des Kaisers und seines Sohnes → Wenzel in die Fehde 1375 f¨uhrte einen Waffenstillstand herbei. A. ließ sich nach Ausbruch des Schismas erst von Clemens VII., nach der gegenseitigen Anerkennung mit dem nunmehrigen deutschen K¨onig Wenzel von Urban VI. best¨atigen. In der Reichspolitik wechselte er mehrmals zu seinem Vorteil die Fronten. Er verschaffte Erfurt 1389 die Erlaubnis, die Universit¨at zu gr¨unden, und war an der Entstehung des Kurvereins (1381) und des M¨unzvereins (1386) maßgebend beteiligt. C LexMA Adolf II., Graf von Nassau, Erzbischof von Mainz, * um 1423, † 6. 9. 1475 Eltville. A. war als j¨ungerer Sohn Graf Adolfs II. von NassauWiesbaden f¨ur den geistlichen Stand bestimmt worden. Er studierte zun¨achst mehrere Jahre in Heidelberg und K¨oln, wurde Domherr in Mainz, Provisor in Erfurt und oberster Amtmann auf dem Rusteberg im Eichsfeld. Bei der Wahl zum Erzbischof von Mainz 1459 unterlag A. seinem Konkurrenten → Diether von Isenburg nur knapp. 1461 setzte der Papst nach Differenzen u¨ ber Schulden wie auch u¨ ber die Grunds¨atze der Kirchen- und Reichsreform diesen jedoch ab und ernannte A. – mit der Billigung Kaiser → Friedrichs III. – zum Erzbischof von Mainz. Der Kampf zwischen A., der mit Veldenz, Baden und W¨urttemberg verb¨undet war, und Diether, auf dessen Seite die Stadt Mainz, Kurpfalz, Hessen und Katzenelnbogen standen, endete 1463 mit einem Vergleich, der das Erzstift außerordentlich belastete und Mainz die Stadtfreiheit kostete (seit 1462). Aufgrund der z¨ahen Verhandlungen um die Palliums¨ubergabe wurde A. erst 1466 zum Bischof geweiht. W¨ahrend seiner Amtszeit f¨orderte A. Kunst und Wissenschaft, u. a. nahm er → Johannes Gutenberg in seinen Hofdienst auf. A. selbst empfahl die Wahl seines fr¨uheren Kontrahenten Diether zu seinem Nachfolger. C Gatz 2 Adolf, F¨urst von Anhalt-Zerbst, Bischof von Merseburg, * 16. 10. 1458, † 23. 3. 1526 Merseburg. A. wurde 1471 an der Univ. Leipzig immatrikuliert, 1475 deren Rektor, sp¨ater Kanonikus und Archidiakon. Seit 1489 Dompropst zu Magdeburg, wurde er im Jahr darauf zum Priester geweiht und 1507 in Merseburg zum Koadjutor des Bischofs → Thilo von Trotha ernannt. A. regierte bis 1508 gemeinsam mit seinem a¨ lteren Bruder Magnus, der ebenfalls Priester geworden war, das F¨urstentum Anhalt-Zerbst, beide verzichteten dann zugunsten der Linie Dessau-K¨othen. 1514 erhielt A. die bisch¨oflichen Weihen. Er stand anfangs der neuen Lehre Martin → Luthers aufgeschlossen gegen¨uber, lehnte jedoch jeden Eingriff in die bestehende Kirchenordnung ab und wurde schließlich ein entschiedener Gegner der Reformation. C Gatz 2 Adolf Wilhelm Karl August Friedrich, Herzog von Nassau, Großherzog von Luxemburg, * 24. 7. 1817 Biebrich, † 24. 7. 1905 Hohenburg (zu Lenggries). A. trat nach dem Tod seines Vaters 1839 dessen Nachfolge als Herzog von Nassau an. Er war nach Unruhen in Wiesbaden 1848 zu weitreichenden Zugest¨andnissen gezwungen, konnte aber seit 1850, auf eine Mehrheit im Landtag gest¨utzt,
Adolph eine umfangreiche gesetzgeberische T¨atigkeit in konservativem Sinne beginnen. Obgleich seit 1860 die Fortschrittspartei im Landtag wachsenden Einfluß gewann, hielt A. an sei¨ nem reaktion¨aren Kurs fest. 1866 auf der Seite Osterreichs in den Krieg gegen Preußen eingetreten, verlor er sein Land an Preußen. A. lebte danach zur¨uckgezogen in Frankfurt / Main; seine Biebricher Winterg¨arten verkaufte er an einen Stadtversch¨onerungsverein, der sie 1871 als Palmengarten ¨ der Offentlichkeit zur Verf¨ugung stellte. 1890 trat A. als n¨achster Agnat des verstorbenen K¨onigs Wilhelm III. der Niederlande dessen Nachfolge als Großherzog von Luxemburg antrat. Bereits 1902 u¨ bergab er die Regentschaft an seinen Sohn Erbgroßherzog Wilhelm, mit dessen Tod 1912 die Dynastie ausstarb. C NDB
Adolf, Bischof von Osnabr¨uck, * um 1185, † 30. 6. 1224. Dem westf¨alischen Grafengeschlecht von Tecklenburg entstammend, wurde A. schon als Knabe Kanonikus am K¨olner Dom, dann Zisterzienser in Altenkamp und Ende 1216 zum Bischof von Osnabr¨uck gew¨ahlt. Papst Honorius III. best¨atigte die Wahl nicht, sondern befahl eine Neuwahl, die wieder auf A. fiel; 1217 erhielt er die bisch¨oflichen Weihen. A. f¨uhrte nach zisterziensischen Ideen kirchliche Reformen durch, galt als wohlt¨atig und dem¨utig. Im Zeichen der Gegenreformation betrieb der Osnabr¨ucker Bischof Franz Wilhelm von → Wartenberg A.s Heiligsprechung. 1651 wurden dessen Gebeine erhoben, eine feierliche Kanonisation fand jedoch nicht statt. C Gatz 1
durch die Verbreitung der mystisch-betrachtenden Form des Rosenkranzgebets erreichen. Diese hatte sein Sch¨uler, der Kart¨auser Dominikus von Preußen, ausgebildet. Von A. ist u. a. eine Vita sanctae memoriae D. Margarethae ducissae Lotharingiae u¨ berliefert. C NDB
Adolf, Helen, auch Helene A., Germanistin, * 31. 12. 1895 Wien, † 13. 12. 1998 Brookline Village (Pennsylvania, USA). A., Tochter eines j¨udischen Rechtsanwalts, arbeitete w¨ahrend des Ersten Weltkriegs als Krankenschwester und studierte seit 1918 Germanistik und Romanistik an der Univ. Wien. 1923 wurde sie mit der Dissertation Zur Dramentechnik Strindbergs promoviert. A. ver¨offentlichte dann sprachwissenschaftliche und religionspsychologische Beitr¨age in Fachzeitschriften, gab zwei Gedichtanthologien heraus (Dem neuen Reich entgegen. 1850-1871, 1930; Im neuen Reich. 1871-1914, 1932) und schrieb die durch Studien bei Karl → Beth angeregte Untersuchung Wortgeschichtliche Studien zum Leib / Seele-Problem. 1939 emigrierte sie in die USA, unterrichte seit 1943 Germanistik und Romanistik an der Pennsylvania State University (zuletzt als Professorin), arbeitete vor allem auf dem Gebiet des Mittelalters und setzte ihre Lehrt¨atigkeit auch nach ihrer Emeritierung (1963) fort. A. publizierte u. a. Visio Pacis. Holy City and Grail (1960), Werden und Sein. Gedichte aus f¨unf Jahrzehnten (1964) und Personality in Medieval Poetry and Fiction (1970). C IGL
Adolf I., Herzog von Schleswig-Holstein, * 25. 1. 1526 Flensburg, † 1. 10. 1586 Schloß Gottorp. A. war der Begr¨under der Gottorper Linie des oldenburgischen Hauses. Als S¨oldnerf¨uhrer stand er im Kriegsdienst → Karls V. (seit 1547) gegen Sachsen und Frankreich, war aber auch Bundesgenosse Kurf¨urst → Augusts und schließlich Philipps II. von Spanien. Ehrgeizig, aber vergeblich hielt er u. a. um die Hand der englischen K¨onigin an. Die Erweiterung seiner Territorien ging z. T. auf konservative Maßnahmen (Deichbauten vor allem in Eiderstedt), aber auch auf Kriegsz¨uge (gegen Dithmarschen) zur¨uck. A. plante einen Nord-Ostseekanal, gr¨undete auf Initiative des Superintendenten Paul von → Eitzen ein Paedagogium Publicum in Schleswig, reformierte die herzogliche Verwaltung sowie das Rechtswesen und tat sich beim Wiederaufbau von Gottorp und anderer Schl¨osser im Renaissancestil als Bauherr hervor. C NDB
Adolph, Alfons, Drucker, Verleger, * 8. 9. 1853 Hachenburg (Westerwald), † 22. 3. 1934 Passau. Der Sohn eines Kaufmanns erhielt seine schulische Ausbildung auf dem Gymnasium in Hadamar (Westerwald) und bezog anschließend das P¨adagogium in Oberlahnstein. Seit 1871 ließ sich A. in Wien zum Photographen sowie zum Licht- und Zinkdrucker ausbilden. 1879 gr¨undete er in L¨obau einen Verlag und eine Lichtdruckerei mit Handpressenbetrieb. Hier wurde er auch zum Erfinder der Ansichtspostkarte. Nachdem er 1881 nach Zittau gegangen war, wurde er dort zum Begr¨under der ersten Lichtdruckerei mit Schnellpressen- und Dampfbetrieb der Oberlausitz. A. legte damit den Grundstein f¨ur den Durchbruch der Ansichtspostkarte, die in der Folge ihren „Siegeszug“ antrat. Sein Ansichtskartenverlag war seit 1889 in Passau angesiedelt.
Adolf, Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorp,
* 30. 7. 1895 Sommerfeld (Niederlausitz), † 27. 4. 1959 Berlin. A., Sohn eines Zigarrenmachers, erhielt 1909-12 eine Ausbildung zum Schlosser und Dreher, leistete 1915-18 Milit¨ardienst und geh¨orte 1919 zu den Gr¨undern der USPD in der Lausitz. 1919-22 arbeitete er in Weißwasser. 1920 in die KPD eingetreten, ging er 1922 als Funktion¨ar der Partei nach Berlin und arbeitete 1923-25 bei Siemens. Seit 1928 geh¨orte A. zu den Mitarbeitern des KPD-Nachrichtendienstes BerlinBrandenburg. 1928 / 29 war er Sch¨uler der Internationalen Lenin-Schule in Moskau. 1933 floh er nach Prag, besuchte 1933 / 34 die Milit¨arpolitische Schule in Bakowka bei Moskau und wirkte anschließend als Instrukteur der KPD f¨ur Westdeutschland. Seit 1935 war er in Rotterdam illegal f¨ur „International Seamen and Harbour Workers“ t¨atig. Nach weiterer illegaler Arbeit in Deutschland und der Schweiz wurde A. 1937 in Z¨urich wegen politischer und nachrichtendienstlicher T¨atigkeit verhaftet, zu einer zehneinhalbmonatigen Haftstrafe verurteilt und 1939 nach Frankreich ausgewiesen. Seit 1940 geh¨orte er zur KPD-Leitung S¨udfrankreich. 1943 war er Mitarbeiter der Zeitschrift „Soldat am Mittelmeer“ und des Komitees Freies Deutschland im Westen, 1943 / 44 Sprecher der deutschsprachigen Sendungen von Radio Toulouse. 1946 kehrte A. nach Deutschland
* 11. 9. 1600, † 19. 9. 1631 Eilenburg. Als nachgeborener Sohn war A. f¨ur den geistlichen Stand bestimmt, wurde 1621 Koadjutor seines Onkels, des Bischofs von L¨ubeck, trat aber bereits kurz darauf in kaiserliche Kriegsdienste und k¨ampfte seit 1621 an der Spitze eines von ihm geworbenen Reiterregiments unter Johann Tserclaes Graf von → Tilly und Albrecht von → Wallenstein. Sein Bruder, der regierende Herzog, entzog ihm daraufhin die Apanage. In der Schlacht bei Breitenfeld 1631 wurde er t¨odlich verwundet.
Adolf von Essen, auch Adolphus de Assindia, de Essendia, Kart¨auser, Schriftsteller, * um 1350, † 4. 6. 1439 Trier. A. soll in K¨oln gr¨undliche theologische und kanonistische Kenntnisse erworben haben und ist wahrscheinlich bald nach 1398 in die Trierer Kartause St. Alban eingetreten; 1409-15 war er deren Prior. Auf Wunsch Herzog → Karls von Lothringen und seiner Gemahlin → Margarethe von Bayern gr¨undete er die Kartause am Marienfl¨ußchen bei Sierck in Lothringen, deren Prior er bis 1421 war. A. kehrte nach Trier zur¨uck, wurde jedoch 1433-37 nach L¨uttich strafversetzt. Eine Vertiefung der Volksfr¨ommigkeit wollte er
Adolph, Alfred, eigentl. Alfred Adolf, Parteifunktion¨ar,
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Adolph zur¨uck, arbeitete als Redakteur und half seit 1946 beim Aufbau des Suchdienstes f¨ur vermißte Deutsche in der Sowjetischen Besatzungszone mit, dessen Leitung er 1949 u¨ bernahm. Seit 1951 war er Hauptgesch¨aftsf¨uhrer der Werbefirma DEWAG. C DDR
Adolph, Gottlob, evang. Theologe, Dichter, * 30. 10. 1685 Niederwiese (Oberlausitz), † 1. 8. 1745 Hirschberg (Schlesien). Der Pfarrerssohn besuchte das Gymnasium in Zittau und studierte seit 1701 in Leipzig. Er wurde 1705 Magister, sp¨ater Hauslehrer und 1720 Lehrer an der Schule in Hirschberg. Als Pfarrer von Großhennersdorf bei Zittau trat er in freundschaftlichen Kontakt mit dem benachbarten Kollegen Johann Andreas → Rothe; beide erlebten die Gr¨undung der Kolonie auf dem Hutberg durch Christian → David. 1727 wurde A. Diakon und 1730 Archidiakon in Hirschberg. Von seinen Kirchenliedern wurde u. a. Mein Herz, ach denk an deine Buße (L¨obauer Gesangbuch 1725) bekannt. Er starb – auf der Kanzel vom Blitz getroffen – w¨ahrend der Predigt. C BBKL
Adolph, Johann Baptist, auch Adolff, Polyhistor, Dramatiker, * 25. 3. 1657 Liegnitz (Schlesien), † 14. 9. 1708 Wien. A., u¨ ber dessen Herkunft nichts bekannt ist, trat 1677 in Raab in die Gesellschaft Jesu ein, u¨ bernahm geistliche und p¨adagogische Aufgaben innerhalb des Ordens und ist 1696 erstmals als Praefectus scholarum in Wien belegt. Als Nachfolger Nicolaus → Avancinis verfaßte er Schuldramen, die er vor kaiserlichem Publikum aufzuf¨uhrte. Er schrieb ferner eine u. a. auf M¨unzen und Inschriften basierende Memoria Posthuma Magni Caesaris Leopoldi Primi sowie Notata Historica de Imperatoribus Romanis, Graecis, Turcis. C Killy Adolph, Johann Traugott, Mediziner, * 4. 12. 1728 Hirschberg (Schlesien), † 11. 4. 1771 Altdorf. Der Sohn eines Kaufmanns bereitete sich in Hirschberg, Liegnitz und G¨orlitz auf die Univ. vor. Er immatrikulierte sich 1750 in Jena zum Studium der Arzneiwissenschaften, ging 1754 nach Berlin und 1759 nach Halle, wo er im Jahr darauf zum Doktor der klinischen und der chirurgischen Medizin ernannt wurde. 1760 erhielt er einen Ruf nach Helmstedt, erwarb auch in Halle die Magisterw¨urde, trat aber die anatomische Professur erst an, nachdem er sich das Jahr u¨ ber auf dem Schlachtfeld und in den Lazaretten chirurgisch fortgebildet hatte. A. verlangte nach Meinungsverschiedenheiten in Helmstedt 1768 seinen Abschied und wechselte noch im selben Jahr als Prof. der Anatomie, Chirurgie und Physiologie an die Univ. Altdorf. A. erwarb sich den Ruf eines besonders geschickten Chirurgen und Pr¨aparators, er ver¨offentlichte u. a. Dissertatio de morbis catarrhalibus (1764). ¨ C Arzte Schlesien
Adolph, Karl, o¨ sterr. Schriftsteller, * 19. 5. 1869 Wien, † 22. 11. 1931 Wien. Nach einer Lehre als Zimmermaler nahm A., Sohn eines Zimmermalers, 1919 eine Stelle als Kanzleigehilfe in der Verwaltung des Wiener Allgemeinen Krankenhauses an. Nach ersten lyrischen und epischen Versuchen trat er ab 1908 erfolgreich mit Romanen und Skizzen aus dem Wiener kleinb¨urgerlichen und Arbeitermilieu hervor. F¨ur den Roman Haus Nummer 37 (1908) erhielt er 1909 den BauernfeldPreis. A. war langj¨ahriger Mitarbeiter der „Wiener Arbeiterzeitung“. C Killy Adolphi, Christian Michael, Mediziner, * 14. 8. 1676 Hirschberg (Schlesien), † 13. 10. 1753 Leipzig. Der Kaufmannssohn verließ sechzehnj¨ahrig das Gymnasium in Breslau und immatrikulierte sich an der Univ. Leipzig
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zum Studium der Philosophie und der Medizin. Eine l¨angere Reise durch Deutschland, die Schweiz, Holland, Frankreich und England f¨uhrte ihn nach Utrecht, wo er 1702 promoviert wurde. A. ließ sich 1703 als praktischer Arzt in Leipzig nieder, wurde 1706 Mitglied des Frauenkollegiums und 1713 als A¨etius II. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. 1722 trat er in die Medizinische Fakult¨at ein. Neben Arbeiten zur Balneologie und Hygiene verfaßte er vor allem Schriften zur medizinischen Topographie (De salubritate Silesiae, 1719), deren Erforschung er sich als einer der ersten deutschen Mediziner zuwandte. 1747 erschienen seine Dissertationes physico-medicae. ¨ Schlesien C Arzte
Adorno, Eduard, Landwirt, Politiker, * 31. 10. 1920 M¨unchen, † 28. 12. 2000 Stuttgart. Zur Wehrmacht eingezogen und 1944 schwer verwundet, geriet A., Sohn eines Arztes, 1945 in Kriegsgefangenschaft, aus der er fliehen konnte. Nach praktischen Lehrjahren in der Landwirtschaft setzte er das 1942 an der TH M¨unchen begonnene Studium an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim fort, das er 1950 als Diplomlandwirt abschloß. 1951 u¨ bernahm er das in Familienbesitz befindliche Hofgut Kaltenberg bei Tettnang. 1959-63 war A. Vorsitzender des Verbandes Deutscher Hopfenpflanzer, 1959-67 Vizepr¨asident des Europ¨aischen Hopfenbraub¨uros in Straßburg, 1961-67 Pr¨asident des Ausschusses der Hopfenerzeuger des Gemeinsamen Marktes und 1962-71 Vorsitzender des Arbeitskreises Bodenseeobst. Nach seinem Eintritt in die CDU wurde A. 1954 Orts- und Kreisvorsitzender der Partei in Tettnang, 1955 Mitglied des Landesvorstandes und anschließend Mitglied des Gesch¨aftsf¨uhrenden Vorstandes der CDU W¨urttemberg-Hohenzollern. 1956-77 hatte er den Vorsitz der CDU W¨urttemberg-Hohenzollern inne und war 1970-77 stellvertretender Vorsitzender der CDU Baden-W¨urttemberg. Er war Mitglied des Bundesparteiausschusses und des Bundesvorstandes der CDU. 1977 wurde er zum Ehrenvorsitzenden des Bezirksverbandes W¨urttembergHohenzollern ernannt. A. geh¨orte 1961-72 dem Deutschen Bundestag an. 1965-67 war er stellvertretender Vorsitzender der CDU / CSU-Fraktion, 1967-69 Parlamentarischer Staatssekret¨ar im Bundesministerium der Verteidigung unter Gerhard → Schr¨oder. In der 1968 eingesetzten „AdornoKommission“ wurden Vorschl¨age f¨ur eine Ersatzabgabe von nicht dienenden Wehrpflichtigen ausgearbeitet, die jedoch politisch nicht realisiert wurden. 1972-80 war A. Minister f¨ur Bundesangelegenheiten des Landes Baden-W¨urttemberg. Er ver¨offentlichte u. a. Frieden und Sicherheit als Aufgabe der deutschen Politik (1968) und Frieden in Bewegung (1985). C MdB Adorno, Theodor W., Theodor W(iesengrund), Philosoph, Soziologe, Musiktheoretiker, Komponist, * 11. 9. 1903 Frankfurt / Main, † 6. 8. 1969 Visp (Kt. Wallis). Als einziges Kind einer S¨angerin und eines Weingroßh¨andlers wuchs A. in einer b¨urgerlich-kulturellen, beh¨uteten Atmosph¨are auf, die von der Mutter und der ebenfalls als Musikerin hervorgetretenen Tante gepr¨agt war. 1921-24 studierte er in Frankfurt / Main Philosophie, Psychologie und Musikwissenschaft. Seit 1922 verfaßte er Musikkritiken, in denen er die Neue Musik im Gefolge Arnold → Sch¨onbergs und Alban → Bergs verfocht. 1925 / 26 studierte er in Wien Komposition bei Berg und Klavier bei Eduard
Adrio → Steuermann. In seinen musiktheoretischen Arbeiten traten deutlich ideologiekritische Z¨uge hervor. Dies hing mit seinen Verbindungen zu dem marxistisch orientierten Kreis von Philosophen und Sozialwissenschaftlern um Max → Horkheimer zusammen, aus dem heraus in Frankfurt 1923 das Institut f¨ur Sozialforschung gegr¨undet worden war. Horkheimer entwarf das Programm einer unorthodoxen Verbindung von philosophisch-kritischem Materialismus, em¨ pirischer Sozialforschung, Psychoanalyse und Asthetik; A. war an diesen Diskussionen sehr bald maßgeblich beteiligt. 1931 habilitierte er sich mit einer Arbeit u¨ ber Kierkegaard (1933). In seiner Antrittsvorlesung u¨ ber Die Aktualit¨at der Philosophie entwarf er das Programm einer Philosophie als geschichtlicher Deutung, das f¨ur ihn zeitlebens verbindlich bleiben sollte. Im Herbst 1933 wurde A. die venia legendi entzogen. Unterdessen errichtete Horkheimer Zweigstellen des Instituts in Genf, Paris und London. Seit 1934 hatte das Institut seinen Hauptsitz in New York. A. u¨ bersiedelte nach Oxford, wo er bis 1937 zur Erlangung des Ph. D. an einer Kritik der → Husserlschen Ph¨anomenologie arbeitete (Zur Metakritik der Erkenntnistheorie, 1956). Zugleich fungierte er als wichtigster europ¨aischer Korrespondent der von Horkheimer herausgegebenen „Zeitschrift f¨ur Sozialforschung“. ¨ 1938, nach seiner Ubersiedlung in die USA, wurde er auch formell Mitglied des Instituts. Neben der Weiterf¨uhrung seiner a¨ sthetischen und kulturkritischen Arbeiten wandte er sich nun verst¨arkt der empirischen Sozialforschung zu. Bezeichnend f¨ur die Verkn¨upfung von Empirie und Geschichtsphilosophie war seine Beteiligung an den umfangreichen Antisemitismus-Studien des Instituts (als Mitautor von The Authoritarian Personality, 1950), die nicht abzul¨osen sind von der zusammen mit Horkheimer verfaßten Dialektik der Aufkl¨arung (1947). In diesem Buch wurde die totalit¨are Irrationalit¨at der Gegenwart auf eine Erkrankung der Vernunft von den Anf¨angen des Zivilisationsprozesses an zur¨uckgef¨uhrt: Die instrumentelle Vernunft, durch die die Menschen den Naturzwang zu brechen suchen, schl¨agt als Zwang umso unerbittlicher auf sie selbst zur¨uck. In den USA entstanden auch die Hauptwerke Philosophie der neuen Musik (1949) und Minima Moralia (1951). 1949 kehrte A. nach Frankfurt an das dort wiedererrichtete Institut zur¨uck und wurde apl. Prof. der Philosophie und Soziologie. 1958 u¨ bernahm er die Leitung des Instituts, dessen Kodirektor er seit 1953 gewesen war. W¨ahrend der f¨unfziger und sechziger Jahre gewann er gr¨oßeren Einfluß sowohl auf die Musikkritik als auch auf die Gesellschaftskritik in der Bundesrepublik Deutschland. Mit besonderem Nachdruck widmete er sich der Kritik der → Heideggerschen Existenzphilosophie. 1963 wurde er Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft f¨ur Soziologie und erhielt die Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt. 1966 erschien sein methodologisches ¨ Hauptwerk Negative Dialektik, postum 1970 die Asthetische Theorie. WERKE: Gesammelte Schriften in 20 B¨anden. Hrsg. v. Rolf Tiedemann. Frankfurt / Main 1970-86. – Nachgelassene Schriften. Frankfurt / Main 1993 ff. (etwa 30 Bde.). LITERATUR: Willem van Reijen: A. zur Einf¨uhrung. Hamburg 31987. – Rolf Wiggershaus: T. W. A. M¨unchen 1987. – Hartmut Scheible: T. W. A. Reinbek 1989. – Hauke Brunkhorst: T. W. A. M¨unchen 1990. – Gerhard Schweppenh¨auser: Ethik nach Auschwitz. A.s negative Moralphilosophie. Hamburg 1993. – Ulrich Kohlmann: Dialektik der Moral. Untersuchungen zur Moralphilosophie A.s. L¨uneburg 1997. – G¨unter Seubold: Das Ende der Kunst ¨ und der Paradigmenwechsel in der Asthetik. Freiburg / Breisgau u. a. 1997. – Gerhard Schweppenh¨auser: T. W. A. zur Einf¨uhrung. 2., verb. Aufl. Hamburg 2000. – Lorenz J¨ager:
A. Eine politische Biographie. M¨unchen 2003. – Stefan M¨uller-Doohm: A. Eine Biographie. Frankfurt / Main 2003. Gunzelin Schmid Noerr
Adrian, Johann Valentin, Schriftsteller, Bibliothekar, * 17. 9. 1793 Klingenberg / Main, † 18. 6. 1864 Gießen. A. studierte an der Univ. in Aschaffenburg, nahm als Freiwilliger an den Freiheitskriegen teil und immatrikulierte sich dann f¨ur das Studium der Philologie und Geschichte an der Univ. W¨urzburg. 1816 / 17 war er an verschiedenen Orten als Lehrer t¨atig. Nach einer Reise durch die Schweiz und nach Italien wurde er 1820 Erzieher bei Graf Wintzingerode, gab jedoch die Stelle auf, um nach Paris und London zu reisen. 1823 folgte er einem Ruf als a. o. Prof. der neueren Sprachen und Literaturen an die Univ. Gießen. 1824 wurde er o. Prof. und nach einer weiteren Reise nach Großbritannien 1830 leitender Universit¨atsbibliothekar. Ne¨ ben Ubersetzungen ins Deutsche (z. B. Byrons s¨amtliche Werke, 12 Bde., 1830 / 31) ver¨offentlichte A. Erz¨ahlungen sowie Reiseskizzen (u. a. Skizzen aus England, 1830) und erarbeitete den Handschriftenkatalog der Universit¨atsbibliothek Gießen (1840-42).
Adrian, Karl, Lehrer, Volkskundler, * 17. 2. 1861 Salzburg, † 14. 10. 1949 Salzburg. Nach dem Besuch der Lehrerbildungsanstalt Salzburg war A. 1880-90 Volksschullehrer in Abtenau, Oberalm und Hallein, 1890-1916 Fachlehrer in Salzburg und bis 1922 Direktor der M¨adchen-B¨urgerschule der Stadt. Er leitete das Volkskundemuseum Hellbrunn, war Konservator und publizierte zur Volkskunde, zur Lokalgeschichtsschreibung und zur Erz¨ahlforschung, darunter Unser Salzburg 1816-1916. Ein Heimatbuch f¨ur die Jugend und das Volk (1916), Salzburger Sagen (1924) und Geistliches Volksschauspiel im Lande Salzburg (1936). Adrianus, Matth¨aus, Hebraist, * 2. H¨alfte 15. Jh. A. war ein spanischer Arzt j¨udischen Glaubens, der nach Italien und Deutschland zog und hier vor allem als Lehrer der hebr¨aischen Sprache t¨atig war. 1512 erschien er in T¨ubingen, von wo er im folgenden Jahr mit Empfehlungsschreiben von Johannes → Reuchlin und Konrad → Pellikan u¨ ber Straßburg nach Basel kam. Dort unterrichtete er, ebenso wie danach in Heidelberg, verschiedene Gelehrte, u. a. Johannes → Oekolampad. Auf Empfehlung des → Erasmus von Rotterdam erhielt er 1517 den hebraistischen Lehrstuhl am Collegium Trilingue in L¨owen. Von dort zog er 1520 weiter nach Wittenberg, u¨ berwarf sich aber schon bald mit Martin → Luther und verließ die Stadt im Jahr darauf. Er ver¨offentlichte u. a. Introductio in linguam Hebraeam (1519). Adrichem, Christian, auch Adrichomius, van Adrichum, Pseud. Christian Crucius, kath. Theologe, * 14. 2. 1533 Delft, † 20. 6. 1585 K¨oln. Der Sohn des Delfter B¨urgermeisters wurde 1566 zum Priester geweiht und war dann Prior des Klosters St. Barbara in Delft. A. kam u¨ ber Mecheln nach K¨oln, wo er 1578 unter dem Namen Christian Crucius eine Vita Jesu Christi herausgab. 1584 ver¨offentlichte er eine geographische Beschreibung der Stadt Jerusalem, der eine Arbeit u¨ ber das ganze Heilige Land (Theatrum terrae sanctae) folgte, die 1596 postum erschien und in mehrere Sprachen u¨ bersetzt wurde. C ADB Adrio, Adam, Musikhistoriker, * 4. 4. 1901 Essen, † 18. 9. 1973 Ritten bei Bozen. A. wurde 1935 mit der Arbeit Die Anf¨ange des geistlichen Konzerts promoviert und wurde im Jahr darauf Dozent f¨ur Musikgeschichte an der Kirchenmusikschule in Berlin. Er habilitierte sich 1949 mit einer Monographie u¨ ber Johann Hermann → Schein an der Freien Univ. Berlin, an der er
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Adrowitzer 1953-67 den Lehrstuhl f¨ur Musikwissenschaft innehatte. Seit 1963 betreute er die (bei seinem Tod noch unvollendete) Gesamtausgabe der Werke Scheins. C MGG
Adrowitzer, Alfred, o¨ sterr. Journalist, * 28. 6. 1916 Salzburg, † 24. 1. 1982 Salzburg. A. studierte Philosophie an der Univ. Salzburg, die er 1938 als „Mischling“ verlassen mußte. Seit 1936 als Redakteur der „Salzburger Chronik“ t¨atig, war er in Salzburg 1938 / 39 Sekret¨ar im Dompfarramt, 1939 / 40 Buchhalter und Gesch¨aftsf¨uhrer einer H¨aute- und Fellegroßhandlung und 1941-44 Buchhalter in einem Bankhaus. Im Februar von der Gestapo verhaftet, wurde er in ein Zwangsarbeiterlager und dann ins Konzentrationslager Buchenwald verbracht. Im Ok¨ tober 1945 wurde A. Lokalredakteur der OVP-Tageszeitung „Salzburger Volkszeitung“. 1957-68 war er deren Chefredak¨ teur und danach Chefredakteur des „Osterreichischen Klerusblatts“ in Salzburg. C Hausjell Aebi, Christoph, schweizer. Orgelbauer, getauft 24. 1. 1642 Solothurn, † 29. 8. 1693 Solothurn. A., Sohn des Orgelbauers Jacob A., erlernte den v¨aterlichen Beruf und war 1667-75 als Orgelbauer im Elsaß t¨atig. 1679 schloß er mit der Pfarrei Ernen einen Vertrag f¨ur eine Kirchenorgel mit zehn Registern und Regal. 1686 f¨uhrte er den Orgelumbau in der Kathedrale in Sitten, 1686-88 den Umbau und die Tonerweiterung der Valeria-Orgel von 1435 in Sitten durch. 1692 erbaute er die Chororgel f¨ur die Pfarrkirche in Schlettstadt (Elsaß).
Aebi, Hugo, schweizer. Biochemiker, * 29. 4. 1921 Basel, † 15. 7. 1983 Gantrischgebiet (Schweiz). A., Sohn eines Prokuristen, studierte in Basel Medizin und wurde 1947 mit der Arbeit Der Ellbogenwinkel, seine Beziehungen zu Geschlecht, K¨orperbau und H¨uftbreite promoviert. Nach weiterer wissenschaftlicher Ausbildung in Bern und New York habilitierte er sich 1952 f¨ur Biochemie in Bern und wurde 1954 o. Prof. und Direktor des Medizinisch-Chemischen Instituts in Bern; 1970 / 71 war er Rektor der Univ. (Der Mensch im technischen Zeitalter und seine Umwelt, Rektoratsrede 1970). 1956 wurde A. zum 1. Pr¨asidenten der Soci´et´e Suisse de Chimie Clinique gew¨ahlt und war 1969 Mitbegr¨under der Stiftung zur F¨orderung der Ern¨ahrungsforschung in der Schweiz. 1973-78 war er Pr¨asident des Schweizerischen Wissenschaftsrats. A.s Forschungsschwerpunkte waren Ern¨ahrung und Enzyme. Er ver¨offentlichte u. a. Beschreibung der Akatalasie (1961), Einf¨uhrung in die praktische Biochemie (1965, 31982), Nutrition and enzyme regulation (mit Eric G. Berger, 1980), Von der Biologie zum Biotop – von der Naturwissenschaft zum Naturschutz (mit Urs Brodbeck und Gerhart Wagner, 1983) und gab Schweizerische Gesundheitspolitik heute und morgen (1977) heraus. A. kam bei einem Bergunfall ums Leben.
Aebi, Johann Ulrich, schweizer. Konstrukteur, Unternehmer, * 1. 10. 1846 Wynigen (Kt. Bern), † 1. 2. 1919 Burgdorf. A., Sohn eines Landwirts und Vetter von Hans → Aebi-Aebi, wuchs auf dem elterlichen Hof auf und konstruierte 1866 als Weiterentwicklung eines Ger¨ats von Philipp Emanuel von → Fellenberg eine S¨amaschine. Nach einer Mechanikerlehre in Bern 1866 / 67 bildete er sich auf einem Wanderjahr u. a. in Berlin weiter. Seit 1868 baute A. in Wynigen einen mechanischen Betrieb auf, in dem er sich erfolgreich der Reparatur, dem verbessernden Nachbau und der Eigenkonstruktion von Feuerwehrspritzen, landwirtschaftlichen, Dampf- und Wasserkraftmaschinen widmete. Nach dem Umzug nach Burgdorf 1883 firmierte das Unternehmen unter Aebi & M¨uhlethaler, seit 1888 unter Maschinenfabrik Burgdorf J. U. Aebi
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und nach der Aufnahme von A.s Sohn Hans A. als Teilhaber 1905 unter Aebi & Co. Den Durchbruch zur Serienfertigung erreichte die Firma 1897 mit der von A. konstruierten M¨ahmaschine „Helvetia“.
Aebi, Willi, schweizer. Unternehmer, * 31. 5. 1901 Burgdorf (Kt. Bern), † 30. 5. 1986 Burgdorf. A., Sohn von Hans → Aebi-Aebi, studierte Maschinenbau an der ETH Z¨urich und wurde mit einer Untersuchung eines Kreiselrades bei rechts- und bei linksl¨aufiger Drehung bei Franz → Pr´asˇil promoviert. Seit 1926 als Ingenieur in Grenoble t¨atig, trat er 1928 mit seinen Br¨udern Hans-Ueli und Peter in das Familienunternehmen ein. Unter ihrer und maßgeblich A.s Leitung wurde die betriebliche Organisation rationalisiert, 1941 die Firma Albert Stalder in Oberburg u¨ bernommen. Das Unternehmen, das 1968 in die Aebi Holding AG u¨ berf¨uhrt wurde, entwickelte sich zu einem Spezialhersteller von Maschinen f¨ur die Rauhfutter- und Heugewinnung insbesondere in Hanglagen. 1971 zog sich A. aus der Firmenleitung zur¨uck. 1935-42 war er Mitglied des Gemeinderats von Burgdorf und 1942-58 des Großen Rats des Kantons Bern. Aebi-Aebi, Hans (Johann Friedrich), schweizer. Unternehmer, * 6. 3. 1871 Bern, † 16. 12. 1951 Burgdorf. Der Sohn eines Schlossers, der mit seinem Vetter Johann Ulrich → Aebi zusammenarbeitete, durchlief seit 1886 in dessen Fabrik in Burgdorf eine Mechanikerlehre und war auf der Wanderschaft u. a. in der Lokomotivfabrik Winterthur als Dreher t¨atig. 1889-91 studierte A.-A. am Technikum in Winterthur und arbeitete dann als Techniker bei Bell in Kriens. 1894 trat er als Gesch¨aftsleiter in die Maschinenfabrik Burgdorf J. U. Aebi ein und wurde 1905 Teilhaber von Aebi & Co. 1934 zahlte A.-A., der 1895 eine Tochter des Firmengr¨unders geheiratet hatte, seinen Vetter Hans A. aus und wurde alleiniger Inhaber. 1895-1905 war A.-A. Lehrer an der landwirtschaftlichen Schule R¨utti bei Zollikofen. Seit 1918 Mitglied der neu gegr¨undeten Bauern- und B¨urgerpartei (seit 1921 Bauern-, Gewerbe- und B¨urgerpartei, heute Schweizerische Volkspartei), war er 1918-34 Mitglied des Großen Rats von Bern. A.-A. war der Vater von Willi → Aebi.
Aeby, Christoph Theodor, Anatom, * 25. 2. 1835 Gutenbrunnen (Lothringen), † 7. 7. 1885 Bilin (B¨ohmen). A. erhielt seine Ausbildung in Basel, begann dort 1853 sein Medizinstudium, das er 1856 an der Univ. G¨ottingen fortsetzte. Nach Basel zur¨uckgekehrt, wurde er 1858 promoviert (Die Symphysis ossium pubis des Menschen), im Anschluß daran Privatdozent f¨ur Anatomie und Physiologie, bald darauf Prosektor. Seit 1863 war er a. o. Prof. in Basel, erhielt noch im selben Jahr einen Ruf als Ordinarius an die Univ. Bern und lehrte seit 1884 in Prag. A. war ein fruchtbarer Forscher und Schriftsteller vor allem auf dem Gebiet der Mikroskopischen und der Vergleichenden Anatomie (Der Bau des menschlichen K¨orpers, 1868-71; Lehrbuch der Anatomie, 1871; Eine neue Methode zur Bestimmung der Sch¨adelform von Menschen und S¨augethieren, 1863) und der Physiologie der Gelenke; er publizierte auch zur Osteologie und zu den Atemwegen. Mit zwei weiteren Autoren gab der begeisterte Bergsteiger A. Das Hochgebirge von Grindelwald (1865) heraus.
Aegeri, Carolus von, auch Carle von Egeri, Maler, * um 1510 / 15 Z¨urich oder Baden, † 6. 6. 1562 Z¨urich. A. kaufte sich 1536 als Neub¨urger von Z¨urich ein, erwarb im folgenden Jahr die Zugeh¨origkeit zur Zunft und vertrat sie seit 1547 im Großen Rat. 1538 heiratete er Anna Lavater, die Tochter des Glasmalers und sp¨ateren Z¨urcher B¨urgermeisters Hans Rudolf → Lavater. F¨ur seine Scheiben ¨ verwendete er farbiges, z. T. in Uberfangtechnik gef¨arbtes Glas, seit 1554 vereinzelt bereits blaue Schmelzfarbe und
Aemilius mitunter Hinterglastechnik. Haupts¨achlich setzte er jedoch die bekannte „Schweizerscheibe“ aus einzelnen Glasteilen zusammen. Seine Arbeiten zeichnen reicher Renaissancestil mit sorgf¨altiger Zeichnung aus. In seinen fr¨uhen Werken w¨ahlte A. Blumen- oder Flammendamast als Hintergrund, im Sp¨atwerk bildete er Landschaften und St¨adteansichten ab. Aufgrund gesicherter Scheiben werden ihm zahlreiche unsignierte zugewiesen. Bis 1540 arbeitete er haupts¨achlich f¨ur private Besteller, dann begannen die Arbeiten f¨ur o¨ ffentliche Geb¨aude, u. a. die Folge von Glasgem¨alden f¨ur den Kreuzgang des Klosters Muri (1557-62).
Aegidi, Ludwig Karl James, Pseud. Ludwig Helfenstein, Jurist, Publizist, Politiker, * 10. 4. 1825 Tilsit, † 20. 11. 1901 Berlin. A., Sohn eines Kreisphysikus und sp¨ateren Leibarztes des Prinzen → Friedrich von Preußen, war als Student der Rechtswissenschaften in Berlin engagierter Burschenschafter, 1848 F¨uhrer der Berliner studentischen Jugend und Mitarbeiter an Georg Gottfried → Gervinus’ „Deutscher Zeitung“. Im selben Jahr trat er als Sekret¨ar der Minister Alfred und Rudolf von → Auerswald und August Graf von → D¨onhoff, in den preuß. Staatsdienst ein, verließ jedoch die Stelle bei Amtsantritt des Ministeriums BrandenburgManteuffel. Bis 1851 war er Schriftleiter der „KonstitutionsZeitung“, lehrte seit seiner Habilitation 1853 (Der F¨urstenRath nach dem L¨uneviller Frieden. Eine reichsrechtliche Abhandlung) zeitweilig als Privatdozent in G¨ottingen und war 1857-59 Prof. der Rechte in Erlangen. Seit 1859 stand er im Dienst der preuß. Regierung, verfaßte anti¨osterreichische Denkschriften und Brosch¨uren und warb f¨ur den kleindeutschen Coburger Nationalverein. A. gab seit 1861 das Staatsarchiv, eine Sammlung zeitgeschichtlicher Akten heraus. Er war 1867 / 68 freikonservatives Mitglied des Norddeutschen Reichstags, 1873-93 des Preußischen Landtags und 1871-77 Vortragender Rat im Ausw¨artigen Amt. Danach lehrte er als Honorarprofessor Staats-, V¨olker- und Kirchenrecht an der Univ. Berlin. C BHdAD Aegidii, Aegidius, Franziskaner, * um 1641 Hassel bei Recklinghausen, † 13. 5. 1677 M¨unster. A. war 1672 / 73 Guardian in M¨unster und 1675-77 Definitor in der s¨achsischen Franziskanerprovinz. Zur Pestzeit 1666 bet¨atigte er sich in der Krankenpflege. Gegen den Jansenisten Antoine Arnauld, der sich in seiner Schrift De la fr´equente communion (1643) gegen den h¨aufigen Empfang der Kommunion aussprach, vertrat A. in mehreren Abhandlungen die Auffassung von der h¨aufigen, ja t¨aglichen Kommunion. C NDB
Aegler, Hermann, schweizer. Fabrikant, * 24. 5. 1874 Biel, † 23. 6. 1944 Biel. Nach der Lehre in einer neuenburgischen Uhrenfabrik trat A. in den v¨aterlichen Uhrmacherbetrieb ein, den er nach dem Tod des Vaters 1891 gemeinsam mit der Mutter leitete. Bislang nur im Bau von Zylinderuhren bewandert, erlernte A. in einer weiteren Lehrzeit die Fabrikation von Ankeruhren und f¨uhrte 1896 in seinem Betrieb die Herstellung von Rohwerken ein. 1902 begann er als erster Uhrmacher mit der serienm¨aßigen Herstellung von Ankerarmbanduhren f¨ur Damen, die 1910 als erste ihres Typs mit einem amtlichen Gangzeugnis ausgezeichnet wurden. 1913 wandelte A. die Firma in eine Aktiengesellschaft, die Aegler A. A. Rolex Watch Co. um, die Ende der zwanziger Jahre bereits 80% der weltweiten Chronometerproduktion bestritt. A. wurde in seinem Bem¨uhen um hohe Qualit¨at und Genauigkeit durch große wirtschaftliche Erfolge best¨atigt. C Biogr Verstorb Schweiz, Bd 1
Aehrenthal, Aloys (Leopold Johann Baptist) Graf Lexa von, o¨ sterr. Politiker, * 27. 9. 1854 Groß-Skal (B¨ohmen), † 17. 2. 1912 Wien. Seit 1877 Attach´e bei der o¨ sterreichisch-ungarischen Botschaft in Paris und in St. Petersburg, wurde A. 1883 er ¨ ins Ministerium des Außeren berufen und kehrte 1888 als erster diplomatischer Beamter nach St. Petersburg zur¨uck. Seit 1895 war er Gesandter in Bukarest, von 1899 an Botschafter in St. Petersburg und wurde als k. u. k. Außenminister 1906 nach Wien zur¨uckberufen. Er wandte sich von der eher behutsamen Politik seines Vorg¨angers, des Grafen Agenor → Goluchowski, ab. Die Annexion Bosniens und der Herzegowina 1908, die unmittelbar auf A. zur¨uckgeht, l¨oste eine schwere europ¨aische Krise aus, die u. a. durch Vermittlung des deutschen Reichskanzlers beigelegt werden konnte. A. wurde 1909 in den Grafenstand erhoben. Seine k¨uhle Haltung Deutschland gegen¨uber w¨ahrend der zweiten Marokkokrise 1911 verst¨arkte dessen Isolierung im Vorfeld des Weltkriegs. C Pollak Aelbl, Johannes, kath. Theologe, * 1552 Weilheim, † 1621 Weilheim (?). A., seit 1579 Stadtpfarrprediger in Weilheim, wurde 1600 Stadtpfarrer und sp¨ater Dekan. 1579 erschien von ihm eine Neujahrspredigt, die er Abt Benedikt von Benediktbeuern widmete. A. stellte die von altersher auf dem Weilheimer Platz (sp¨ater Marienplatz) aufgef¨uhrten Passionstrag¨odien zu einem großen Passionsspiel zusammen. Er griff dabei auf die Freiburger Spiele von 1599 und 1604 sowie auf Das Leyden unsers Herrn Jesu Christ (1545) des reformierten Z¨urchers Jakob → Ruf zur¨uck. Seit 1680 gingen einzelne Entlehnungen aus A.s Dramen in den Text der Oberammergauer Passionsspiele ein. C NDB Aellen, Hermann, Pseud. Helveticus, Schriftsteller, Redakteur, * 24. 5. 1887 Oberbalm bei Bern, † 26. 9. 1939 Minusio. Nach dem Studium in Bern war A. seit 1908 in Thun, Z¨urich und Locarno journalistisch t¨atig. Seit 1915 war er Redakteur des „Berner Tagblatts“, seit 1923 der „Heimatstimmen“ sowie des „Freien R¨atiers“ und seit 1929 auch Feuilletonredakteur der „Neuen Berner Zeitung“. A. gr¨undete und redigierte die Zeitschrift „S¨udschweiz“. Er verfaßte Romane (u. a. Heimatfeinde, 1914), Erz¨ahlungen und B¨uhnenwerke und gab u. a. das Schweizerische Zeitgenossen-Lexikon (3 Bde., 1920-26, 21932) heraus.
Aemilia Juliane, Gr¨afin von Schwarzburg-Rudolstadt, Liederdichterin, * 19. 8. 1637 auf der Heidecksburg bei Rudolstadt, † 3. 12. 1706 Rudolstadt. Fr¨uh verwaist, wuchs A. J. auf der Burg ihrer Tante auf und freundete sich vor allem mit deren Tochter → Ludaemilia Elisabeth an, die wie sie von dem Hauslehrer und sp¨ateren Kanzler Ahasverus → Fritsch in der geistlichen Dichtkunst unterwiesen wurde. Daß sie in dessen pietistische „Fruchtbringende Jesusgesellschaft“ eintrat, wird vermutet, ist aber nicht gesichert. 1665 heiratete A. J. ihren Pflegebruder, den regierenden Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt; sie wurde als liebensw¨urdige und „herablassende“ Landesmutter ger¨uhmt. Sie hinterließ fast 600 geistliche Lieder zu allen denkbaren Anl¨assen und ver¨offentlichte u. a. T¨agliches Morgen-, Mittags- und Abendopfer (1699). Noch das heutige Evangelische Gesangbuch enth¨alt Lieder von ihr. C Killy Aemilius, Georg, auch Emilius, eigentl. Oemler oder Omler, evang. Theologe, * 25. 6. 1517 Mansfeld, † 22. 5. 1569 Stolberg / Harz. A. studierte seit 1532 in Wittenberg die Artes und Theologie, wurde von Valerius → Cordus zur Besch¨aftigung mit der Botanik angeregt und war Sch¨uler Philipp → Melanchthons.
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Aemilius Romanus 1537 erwarb er den Magistergrad und war seit 1540 Rektor der Lateinschule in Siegen. 1553 wurde er Superintendent in Stolberg im Harz und 1554 in Wittenberg zum Doktor der Theologie promoviert. Er widmete sich dort besonders dem ¨ Schulunterricht, f¨ur den er 1557 eine popul¨are Ubersicht des Katechismus verfaßte. Er ver¨offentlichte u. a. Etliche sch¨one Propheceien des Alten Testaments [. . .] der Jugend zum Besten in Deutsch rein gefasset (1560). C NDB ¨ Aemilius Romanus, Paulus, Bibliograph, Ubersetzer, Schriftsteller, * um 1520 R¨odelsee (Unterfranken), † 9. 6. 1575 Ingolstadt. A., Sohn j¨udischer Eltern, trat 1538 in Rom zum kath. Glauben u¨ ber. Er besuchte Bibliotheken in Paris, L¨owen und Rom, um hebr¨aische Handschriften zu kopieren, und gab 1542 in Isny den j¨udisch-deutschen Sefer ha-Mussar, 1544 ¨ in Augsburg eine j¨udisch-deutsche Ubersetzung des Pentateuchs und der Haftarot heraus. 1547 erhielt A. einen Ruf als Prof. f¨ur Hebr¨aisch und Griechisch an die Univ. Ingolstadt, an der auch als Mediziner immatrikuliert war. 1548 ver¨offentlichte er die judenfeindliche Schrift Widerlegung, warum die Juden Messiam nicht annehmen wollen, 1562 ¨ eine j¨udisch-deutsche Ubersetzung der B¨ucher Samuel. 1574 wurde er mit der Anfertigung eines Katalogs der hebr¨aischen Schriften an der herzoglichen Bibliothek in M¨unchen beauftragt, starb aber bereits im folgenden Jahr. C LMU
Aeminga, Karl Siegfried Abraham, Jurist, * 6. 7. 1749 Greifswald, † 2. 2. 1786. A. studierte seit 1754 in Greifswald und 1770 in G¨ottingen Rechtswissenschaften. Nach der Promotion (1771) lehrte er als Privatdozent o¨ ffentliches und Privatrecht und war immatrikulierter Advokat des schwedisch-pommerschen Tribunals in Wismar. Er hinterließ an Schriften drei Dissertationen, zuletzt An moratorium adversus creditores extraneos posit? (1773).
Aeminga, Siegfried C¨aso von, Jurist, * 3. 12. 1710 M¨olln (Mecklenburg), † 25. 5. 1768. A. studierte seit 1729 in Greifswald erst Theologie, dann Rechtswissenschaften. In Halle setzte er seine Studien 1736-38 fort und hielt sich dann zwei Jahre als Hofmeister in Schweden auf. 1741 wurde er in Greifswald zum Doktor beider Rechte promoviert, 1743 zweiter Adjunkt der Juristischen Fakult¨at. 1745 erhielt er eine ordentliche Professur und im Jahr darauf wurde er Konsistorialrat im K¨oniglich schwedisch-pommerschen Konsistorium in Greifswald. Seit 1750 durfte A. mit kaiserlicher Erlaubnis den Adelstitel seiner Vorfahren f¨uhren. 1763 wurde er Prof. beider Rechte, Senior der juristischen Fakult¨at und Direktor des Konsistoriums. A. ver¨offentlichte vor allem Schriften zum Kirchenund Strafrecht.
Aepinus, Franz Ulrich Theodosius, eigentl. Hoeck, Huck oder Hoch, Physiker, * 13. 12. (?) 1724 Rostock, † 10. 8. 1802 Dorpat. A. studierte erst in Rostock, sp¨ater in Jena Medizin und Mathematik und wurde mit einer mathematischen Dissertation promoviert. Nach einigen Jahren als Adjunkt wurde A. 1755 Prof. der Astronomie an der Akademie der Wissenschaften in Berlin. 1758 wechselte er an die Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg, wo er bald großes Ansehen erwarb, so daß ihm die Aufsicht u¨ ber das Kadettenkorps, die h¨oheren Schulen sowie die wissenschaftliche Ausbildung des Großf¨ursten Pavel Petroviˇc u¨ bertragen wurden. 1797 erhielt er die russische Geheimratsw¨urde. Seit 1798 lebte A. im Ruhestand in Livland; er befaßte sich haupts¨achlich mit der Elektrizit¨atslehre und berichtete in einer akademischen Rede 1758 u¨ ber die Entdeckung der Influenz und der Pyroelektrizit¨at (Tentamen theoriae electricitatis et magnetismi,
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1759). Zu seinen Publikationen geh¨oren De curvis, in quibus corpora gravitate naturali agitata, ea lege descendunt, ut quantitatem descensus metiatur quaevis potestas temporis (1747) und De integratione et separatione variabilium in aequationibus differentialibus, duas variabiles continentibus, commentatio (1755).
Aepinus, Johannes, eigentl. Hoeck, evang. Theologe, * 1499 Ziesar bei Genthin, † 13. 5. 1553 Hamburg. Johannes Hoeck, Sohn eines Ratsherrn, war Sch¨uler Johannes → Bugenhagens an der Klosterschule in Belbuck (Pommern). Seit 1518 studierte er in Wittenberg und ging dann, reformatorische Ideen verbreitend, als Rector scholae erst nach Ziesar, sodann 1524 nach Stralsund. Hier arbeitete er im Auftrag des Rats eine evang. Kirchenordnung aus. 1529 folgte er einem Ruf an die Kirche St. Petri in Hamburg und wurde 1532 der erste Superintendent dieser Stadt. A. erwarb 1533 in Wittenberg die Doktorw¨urde. Er war 1534 / 35 Gutachter im Ehescheidungsverfahren Heinrichs VIII. von England. 1537 nahm er am Konvent in Schmalkalden teil und unterzeichnete die Artikel f¨ur Hamburg. 1539 beauftragte ihn der Rat der Stadt, die Bugenhagensche Kirchenordnung ¨ von 1529 zu u¨ berarbeiten. Diese Uberarbeitung setzte sich aber erst seit 1556 durch und blieb bis 1603 in Kraft. Der Streit um A.s Lehre von der H¨ollenfahrt Christi endete mit der Ausweisung seiner Gegner aus Hamburg 1551. C TRE Aepli, Alexander, schweizer. Mediziner, * 14. 1. 1767 Diessenhofen, † 8. 5. 1832 St. Gallen. A., Neffe von Johann Melchior → A., studierte seit 1786 am land¨arztlichen Institut in Z¨urich und wurde 1788 mit der Arbeit Eine medicinisch-polemische Probeschrift von den Canthariden, gegen Herrn Hofrath Tralles; vom b¨osartigen Fieber, gegen Herrn Hofmedicus Tode; und vom Nachgeburtsgesch¨afte, gegen Mursinna promoviert. Er setzte das Studium in T¨ubingen, W¨urzburg und Mainz fort und ließ sich 1792 in Trogen (Kt. Appenzell) als Arzt nieder, wo er die Pockenimpfung einf¨uhrte und den Hebammenunterricht f¨orderte. 1798 zog er nach St. Gallen und wurde dort 1803 Vizepr¨asident und 1815 Pr¨asident des Sanit¨atskollegiums des Kantons. A. war Mitbegr¨under und Pr¨asident zahlreicher gelehrter Gesellschaften. Er ver¨offentlichte u. a. Nachricht u¨ ber die Schutzblattern im Canton S¨antis (1802) und Anleitung, wie man vor vielen Ungl¨ucksf¨allen verwahrt und durch schnelle Hilfeleistung daraus errettet werden k¨onne (1804). Aepli, Arnold Otto, schweizer. Politiker, * 22. 7. 1816 St. Gallen, † 4. 12. 1897 St. Gallen. A. studierte in Lausanne, Heidelberg, Berlin und Z¨urich, trat 1840 in den Staatsdienst ein und wurde Regierungsrat. 1866 erregte er international Aufmerksamkeit, als er dem zum rum¨anischen Regenten bestimmten Prinzen → Karl von Hohenzollern durch einen diplomatischen Handstreich die ¨ Durchreise durch Osterreich verschaffte. 1849-73 geh¨orte A. als freisinniger Vertreter des Kantons St. Gallen dem Schweizer St¨anderat bzw. dem Nationalrat an. Seit 1883 war er Schweizer Gesandter in Wien, unterzeichnete 1892 f¨ur die ¨ Schweiz den Staatsvertrag mit Osterreich u¨ ber die Korrektur des Rheinlaufs in den Bodensee. A. war Mitbegr¨under und langj¨ahriger Mitarbeiter des Historischen Vereins von St. Gallen.
Aepli, Johann Melchior, Mediziner, * 4. 4. 1744 Diessenhofen, † 14. 1. 1813 Konstanz. Nachdem A., Sohn eines Arztes, in seinem Heimatort und in Z¨urich eine Lehre als Wundarzt absolviert hatte, studierte er Medizin, wurde 1765 in T¨ubingen promoviert und war anschließend als Arzt und Geburtshelfer in Diessenhofen t¨atig. Seit 1789 war er Leibarzt des F¨ursten von HohenzollernSigmaringen, 1798-1803 war er Statthalter der helvetischen
Aesslinger Regierung im Thurgau, danach Distriktpr¨asident, Vizepr¨asident des Sanit¨atsrats und Mitglied des Erziehungsrats. Mit seinem Hauptwerk Die sichere Zur¨ucklassung der Nachgeburt in bestimmten F¨allen (1776) wies A. auf die Gefahren einer aktiven Plazentaentfernung hin und setzte sich in weiteren Publikationen f¨ur Medizinalpolitik und Sozialmedizin ein.
Aeppli, August, Geograph, * 1. 5. 1859 Bauma, † 15. 1. 1938 Z¨urich. A. besuchte das Lehrerseminar in K¨usnacht, studierte an den Universit¨aten Z¨urich und Genf und wurde 1894 in Z¨urich mit der Arbeit Erosionsterrassen und Glazialschotter in ihrer Beziehung zur Entstehung des Z¨urichsees zum Dr. phil. promoviert. 1879-81 war er Primarlehrer in Winterthur, 1883-97 Sekundarlehrer in Z¨urich und dann Lehrer f¨ur Geographie und Geologie an der dortigen Kantonsschule. Daneben erarbeitete er drei Atlanten f¨ur Mittelschulen, Sekundarschulen und Volksschulen (1910 ff.) und war 1897-1934 Sekret¨ar der Atlaskommission der kantonalen Erziehungsdirektoren. 1894-1920 war A. auch Sekret¨ar der Geologischen Kommission der Schweizer Naturforschenden Gesellschaft. Er begr¨undete 1919 die Geographische Bibliographie der Schweiz und f¨uhrte sie bis zu seinem Tod fort.
Aeppli, Ernst, schweizer. Psychologe, * 28. 4. 1892 Brittnau (Kt. Aargau), † 26. 8. 1954 Z¨urich. A. war 1913 / 14 Lehrer und Leiter der Internationalen Deutschen Schule in San Remo. Bis 1921 studierte er Literaturwissenschaften, Psychologie und Psychiatrie an den Universit¨aten Z¨urich und Genf (Dr. phil.). A. unterrichtete am Kantonsgymnasium in Z¨urich und lebte dann als freier Schriftsteller und psychologischer Berater. Daneben war er Dozent f¨ur Literatur und Psychologie an der Volkshochschule sowie 1947-51 Pr¨asident des Z¨uricher Schriftstellerverbands. A. war Mitglied des P.E.N.-Clubs und ver¨offentlichte u. a. Der Traum und seine Deutung (1943).
Aereboe, Friedrich (Andreas Ludwig), Agrarwissenschaftler, * 23. 7. 1865 Horn (heute zu Hamburg), † 2. 8. 1942 Berlin. A., Sohn eines Lehres, durchlief praktische landwirtschaftliche Lehren sowie eine kulturtechnische Ausbildung und besuchte dann die Ackerbauschule in Kappeln. Nach sechssemestrigen Studien an der Univ. Jena (Dr. phil.) war er dort Assistent des Frh. von der → Goltz. 1892-95 lebte A. als Landwirtschaftslehrer in Holstein und im Hannoverischen, war dann bis 1899 Gesch¨aftsf¨uhrer der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft in Berlin und anschließend G¨uterdirektor einer Standesherrschaft. Als Prof. an Universit¨aten und landwirtschaftlichen Hochschulen war er seit 1904 in Breslau, von 1906 an in Bonn, 1907-13 in Berlin, sechs weitere Jahre in Breslau, 1919-22 in Hohenheim bei Stuttgart und seit 1925 wieder in Berlin t¨atig. Er setzte sich f¨ur das l¨andliche Bildungswesen ein. A. ver¨offentlichte u. a Die deutsche Volksern¨ahrung und der englische Aushungerungsplan (1915) und Agrarpolitik (1928) und gab Wirtschaftslehre des Landbaues (1930, Handbuch der Landwirtschaft, Bd. 5) heraus. C M¨anner Nahrung Aerni, Franz Theodor, schweizer. Maler, * 19. 10. 1853 Aarburg, † 20. 8. 1918 Aarburg. A. war seit 1870 Sch¨uler Joseph Geißers in Lausanne, studierte 1872-74 an der Akademie in Modena und lebte seit 1874 in Rom, wo er sich mit Salomon → Corrodi, August → Weckesser, Frank → Buchser, Karl → Stauffer und Richard → Kißling befreundete. 1878 / 79 unternahm er mit ¨ Hermann → Corrodi eine Reise nach Agypten und Zypern. A. trat vor allem mit Landschaften und Genreszenen an die ¨ Offentlichkeit, die er mit malerischen Lichteffekten ausstattete. Er arbeitete vorwiegend nach r¨omischen, neapolitani-
schen und orientalischen Motiven, malte aber auch Darstellungen der Tessiner und Graub¨undner Alpen. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs kehrte A. in die Schweiz zur¨uck. C Biogr Lex Aargau
Aeschbacher, Hans, schweizer. Bildhauer, * 18. 1. 1906 Z¨urich, † 27. 1. 1980 Russikon. Neben einer Buchdruckerlehre in Z¨urich widmete sich A. der Malerei, unternahm 1926 eine Studienreise nach Italien und war danach in verschiedenen handwerklichen Berufen t¨atig. Es entstanden großformatige Gem¨alde, die er jedoch nach 1936 fast alle vernichtete. 1931 stellte A. in Paris aus, wurde Mitglied der K¨unstlervereinigung Allianz und arbeitete seit 1936 ausschließlich als Bildhauer. Haupts¨achlich in Z¨urich t¨atig, hielt sich A. in den Sommermonaten der Jahre 1947-65 in Six-Fours la Plage in der Provence auf. A. begann mit autodidaktischen Aktstudien in Bronze und Stein. Seit Mitte der sechziger Jahre entstanden Variationen zum Thema Biegungen. Als Steinbildhauer gewann A. internationales Gewicht; er stellte u. a. 1956 und 1968 auf der Biennale in Venedig und 1959 und 1964 auf der documenta in Kassel aus. Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet, zuletzt 1977 mit dem Kunstpreis der Stadt Z¨urich. C AKL
Aeschbacher, Niklaus, schweizer. Dirigent, Musiker, * 30. 4. 1917 Trogen (Kt. Appenzell Außerrhoden), † 30. 11. 1995 Bern. A. erhielt bei seinem Vater Carl A., der 1913-29 Musikdirektor in Trogen, 1929-44 Gesanglehrer am Kantonalen Gymnasium in Z¨urich war, ersten Klavierunterricht und studierte am Konservatorium in Z¨urich sowie an der Staatlichen Musikhochschule Berlin. 1938 / 39 hospitierte er bei den Bayreuther Festspielen. Er war als Dirigent am Grenzlandtheater Zittau, am Staatstheater Braunschweig und am St¨adtebundtheater Biel-Solothurn t¨atig. 1943 wurde A. Kapellmeister, 1949 musikalischer Oberleiter am Stadttheater in Bern. 1954-56 war er Chefdirigent des NHK-Symphony Orchestra Tokio. 1959 wurde A. Generalmusikdirektor in Kiel, 1964 in Detmold und 1972 Leiter der Opernschule und Prof. f¨ur Dirigieren und Partiturspiel an der Staatlichen Musikhochschule Westfalen-Lippe. Aeschel, Jeremias, Jurist, * 18. 5. 1593 Querfurt, † 30. 12. 1672 Halle. A. besuchte das Gymnasium in Halle und studierte seit 1608 Rechtswissenschaften in Leipzig (Dr. jur.). Er hielt sich als Hofmeister des Grafen von Sch¨onburg bis 1620 in Glauchau und Waldenburg auf und besuchte dann mit seinem Z¨ogling verschiedene Universit¨aten. A. wurde zum Sch¨onburgischen Rat, sp¨ater zum Landeshauptmann ernannt, ließ sich 1648 beurlauben und zog u¨ ber Chemnitz 1650 nach Halle. A. verfaßte vermutlich eine Pansophia (1672). Aesslinger, Hans, auch Aeslinger, Asslinger, Esslinger, Bildhauer, Medailleur, † 1567 (?). Seit 1535 M¨unchener B¨urger, war A. mindestens 1537-50 am Hof Herzog → Ludwigs X. in Landshut t¨atig; er ist identisch mit dem dort erw¨ahnten „Hans Schnitzer“. Belegt ist außerdem seine Ausbildung des Hans → Aernhofer. Seit den f¨unfziger Jahren des 16. Jh. wieder in M¨unchen t¨atig, war er von 1552 an Hofbildhauer Herzog → Albrechts V. von Bayern. Er soll in M¨unchen am Bau des alten Marstallgeb¨audes beteiligt gewesen sein und war zu seiner Zeit ein ber¨uhmter „Contrafeiter“. Neben Medaillen, die Albrecht V. und andere Pers¨onlichkeiten des bayerischen Herzogtums darstellen, wird A. u. a. das Epitaph des Salzburger Erzbischofs Michael von → Kuenburg (1559-61) zugeschrieben. Zwei fig¨urliche Reliefs, Der Kindermord in Bethlehem und Das Parisurteil, beide nach Stichen des Marc Antonio Raimondi, entstanden 1550 f¨ur die Kunstkammer Albrechts V. C AKL
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Aesticampianus Aesticampianus, Johannes Rhagius → Rhagius Aesticampianus, Johannes Affelmann, Johannes, luth. Theologe, * 25. 11. 1588 Soest, † 28. 2. 1624 Rostock. A. studierte seit 1603 in Marburg, Gießen und Rostock und lehrte nach der Promotion seit 1607 als Prof. der Theologie in Rostock. Im Sinne der streng orthodoxen luth. Theologie des 17. Jh. wandte er sich entschieden gegen eine Ann¨aherung an die reformierte Kirche. Seine Werke gab Georg M¨obius 1674 in zwei B¨anden heraus: Scripta polemica und Scripta exegetica. Affolter, Hans, schweizer. Jurist, Politiker, * 2. 10. 1870 Solothurn, † 28. 9. 1936 Lausanne. Nach dem Studium in Genf und Heidelberg (Dr. jur. 1893) legte A., Sohn eines Oberamtmanns, 1896 das solothurnische F¨ursprech- und Notariatsexamen ab, war bis 1902 Gerichtspr¨asident in Balsthal, 1902-11 Rechtsanwalt in Solothurn und 1911-17 Gerichtspr¨asident in BucheggbergKriegstetten. Er wurde Regierungsrat im Finanz- und Justizdepartement und 1930 als Nachfolger seines Bruders Albert Bundesrichter. 1900-03 und 1908-17 Mitglied, 1912 Pr¨asident der solothurnischen Kantonsrats, vertrat A. nach seiner Abwendung von der Freisinnig-Demokratischen Partei 1917-30 als erster Sozialdemokrat Solothurn im Nationalrat. Er war Pr¨asident der eidgen¨ossischen Begnadigungskommission, Mitglied der eidgen¨ossischen Finanzkommission und -delegation, der Kommission zur Beratung der Entw¨urfe der schweizer. Strafgesetz- und Milit¨arstrafgesetzb¨ucher sowie des Bankrats der Schweizer Nationalbank. C Biogr Verstorb Schweiz, Bd 2
¨ Vizepr¨asidenten der Osterreichischen Gartenbaugesellschaft inne. 1959-64 war A. Mitglied des Nationalrats, 1959-63 Innenminister, danach Regierungskommiss¨ar f¨ur die Wiener Internationale Gartenschau 1964.
Afsprung, Johann Michael, Pseud. Ernst, Der Odenw¨alder, Schriftsteller, Lehrer, * 21. 10. 1748 Ulm, † 21. 3. 1808 Ulm. A., Sohn eines Schlossers, kam 1770 als Hauslehrer nach Wien, erhielt 1771 eine Professur f¨ur deutsche Sprache und Literatur im ungarischen Saros Patak und kehrte sp¨ater nach Wien zur¨uck. Mit Johann Friedrich → Mieg gab er die Streitschrift Freym¨uthige Briefe an Herrn Grafen von V. u¨ ber den gegenw¨artigen Zustand der Gelehrsamkeit der Universit¨aten und der Schulen zu Wien (1775) heraus, was zu seiner Vertreibung aus Wien f¨uhrte. 1774 reiste er u¨ ber Karlsruhe, wo er Friedrich Gottlieb → Klopstock kennenlernte, nach Dessau zu → Basedow. Nach l¨angeren Aufenthalten in den Niederlanden erhielt er 1779 eine Stelle in der Ulmer Stadtkanzlei. In Heidelberg gr¨undete er 1782 eine Erziehungsanstalt. 1791 zog A. nach St. Gallen, dann nach Lindau und wurde – inzwischen Schweizer B¨urger – 1798 Sekret¨ar der helvetischen Regierung, die ihn u. a. mit der Deportation Johann Caspar → Lavaters betraute. Er lebte sp¨ater als Hauslehrer in Neuenburg und in St. Gallen und wurde schließlich 1807 Prof. der griechischen Literatur in Ulm. Der Demokrat und Rousseauist A. schrieb u. a. Bemerkungen u¨ ber die Abhandlung von der teutschen Literatur (1781), Reise durch einige ¨ Cantone der Eidgenossenschaft (1784) und Uber die Vereinigten Niederlande (1787). C Demokr Wege
Afinger, Bernhard, auch Affinger, Bildhauer, * 6. 5. 1813 N¨urnberg, † 25. 12. 1882 Berlin. Nach einer Spenglerlehre und sieben Jahren Wanderschaft war A. seit 1838 in einer N¨urnberger Silberplattenfabrik besch¨aftigt und besuchte daneben die Kunstschule. 1840 wurde Christian Daniel → Rauch auf ihn aufmerksam und forderte ihn auf, in seinem Berliner Atelier zu arbeiten, wo er dann u. a. an der plastischen Ausgestaltung des Neuen Museums mitwirkte. Seit 1846 im eigenen Atelier, reiste A. 1873 nach Italien und wurde im folgenden Jahr Prof. und Mitglied des Senats der K¨oniglichen Akademie Berlin. Neben religi¨osen Arbeiten, die noch Anlehnungen an N¨urnberger gotische Studienobjekte erkennen lassen, entstanden Portr¨atstatuen und -b¨usten sowie Medaillons, die in sp¨atklassizistisch-akademischer Tradition stehen, u. a. das Ernst-Moritz-Arndt-Denkmal (1865) in Bonn. C AKL
Agahd, Konrad, P¨adagoge, Journalist, * 1. 3. 1867 Neumark, † 18. 11. 1926 Berlin. A. war Lehrer in Virchow, Fehrbellin und seit 1890 in Neuk¨olln. 1913 gab er den Lehrberuf auf und widmete sich ausschließlich der Jugendf¨ursorge. Er stellte Untersuchungen zur Kinderarbeit in Deutschland, Schweden, Norwegen, ¨ Oberitalien und Osterreich an und gilt als der „Vater des deutschen Kinderschutzgesetzes“ von 1903. 1918 trat er dem Deutschen Erziehungsbeirat f¨ur verwaiste Jugend bei, dessen Generalsekret¨ar er wurde. A. war Begr¨under und Schriftleiter der seit 1912 vom Verein f¨ur soziale Ethik herausgegebenen Zeitschrift „Jung-Siegfried“ sowie der Jugendzeitschriften „H¨ansel und Gretel“ (seit 1912), „Siegwart“ (seit 1918) und „Treuhilde“ (seit 1920). Er ver¨offentlichte mehrere Arbeiten u¨ ber Kinderarbeit und Jugendf¨ursorge, u. a. Die Erwerbst¨atigkeit schulpflichtiger Kinder (1897).
Afritsch, Anton, o¨ sterr. Redakteur, Politiker, * 8. 12. 1873 Klagenfurt, † 7. 7. 1924 Graz. Zun¨achst Tischlergehilfe, war A. zwei Jahrzehnte Redakteur der sozialdemokratischen Tageszeitung „Arbeiterwille“ ¨ in Graz. 1908 gr¨undete er dort die „Osterreichischen Kinderfreunde“ als Vorfeldorganisation der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei; 1917 wurde er Obmann des Reichsverbandes in Wien. A. ver¨offentlichte u. a. Ins neue Leben, und andere ernste Erz¨ahlungen (1920, 41951). Er war der Vater von Josef → A.
Agartz, Viktor, Gewerkschafter, Politiker, * 15. 11. 1897
Afritsch, Josef, o¨ sterr. Gartentechniker, Politiker, * 13. 3. 1901 Graz, † 25. 8. 1964 Wien. A., Sohn von Anton → A., trat 1923 als Gartentechniker in das Wiener Stadtgartenamt ein, wo er die Pflanzenschutz¨ wurde A. von stelle organisierte. Als Funktion¨ar der SPO den Nationalsozialisten f¨ur l¨angere Zeit inhaftiert. Seit 1945 war er Gemeinderat und amtsf¨uhrender Stadtrat (f¨ur allgemeine Verwaltung) in Wien. Er geh¨orte dem Parteivor¨ an. Seit 1951 im stand und dem Vorstand der Wiener SPO Rang eines Stadtgartendirektors, hatte er auch das Amts des
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Remscheid, † 9. 12. 1964 Bensberg (heute zu Bergisch Gladbach). Der Sohn einer Arbeiterfamilie besuchte das Realgymnasium, wurde 1915 Soldat im Ersten Weltkrieg, Mitglied der SPD und studierte in Marburg Rechtswissenschaften, in K¨oln Philosophie und Sozialwissenschaften. A. war Mitglied der K¨olner Konsum-Genossenschaft und trat in deren Vorstand ein, mußte jedoch nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ausscheiden. Als Gutachter, sp¨ater Prokurist war er in der Rheinischen Revisions- und Treuhandgesellschaft t¨atig. Seit 1945 einer der f¨uhrenden Theoretiker der SPD und des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), leitete A. 1948-55 als Mitgesch¨aftsf¨uhrer das Wirtschaftswissenschaftliche Institut des DGB und war Mitglied des wissenschaftlichen Beirats im Bundesfinanzministerium. Als Marxist geriet A. zunehmend in Konflikt mit der SPD und dem DGB. Von der gegen ihn erhobenen Anklage, verfassungswidrige Beziehungen zur SED und zum FDGB zu unterhalten, wurde er 1957 freigesprochen. C Nikel
Agnes Agde, Georg, Chemiker, Techniker, * 25. 8. 1889 Halle /
Agnes von Poitou, deutsche Kaiserin, * um 1025,
Saale, † 12. 9. 1944 Darmstadt. A. studierte in Halle technische Chemie, Naturwissenschaften und National¨okonomie und wurde 1914 mit der Arbeit Beitrag zur Kenntnis der reduktionskatalytischen Wirkung von Nickeloxyden promoviert. Seine Dienstjahre in der Armee (1914-20) begann er als Chemiker im Wasserstoffwerk des Kriegsluftschiffhafens Mannheim, wurde 1915 Milit¨argaschemiker und arbeitete in Heereswerkst¨atten. 1917 u¨ bernahm er die Leitung der Pulverfabrik Plauen und wurde zwei Jahre darauf Milit¨archemiker des Sprengstoffachs. 1921 / 22 hatte A. den Lehrstuhl f¨ur Chemische Technologie an der Gewerbe- und Handelshochschule in K¨othen inne und ging 1922 als Titularprofessor sowie Abteilungsvorsteher des Chemisch-Technischen Instituts an die TH Darmstadt. Er besch¨aftigte sich haupts¨achlich mit Brennstofftechnologie und ver¨offentlichte u. a. Theorie der Reduktionsf¨ahigkeit von Steinkohlenkoks auf Grund experimenteller Untersuchungen (1928, mit Heinrich Schmitt) und Die Vorg¨ange bei der St¨uckkoksbildung (1930, mit Ludwig von Lyncker).
† 14. 12. 1077 Rom. Die Tochter Herzog Wilhelms V. von Aquitanien und Poitou wurde 1043 dem deutschen K¨onig und sp¨ateren Kaiser → Heinrich III. angetraut. 1055 wurde ihr das Herzogtum Bayern u¨ bertragen, das sie 1061 an den s¨achsischen Grafen → Otto von Northeim u¨ bergab. Nach dem Tod des Kaisers (1056) fiel ihr die Regentschaft f¨ur ihren unm¨undigen Sohn → Heinrich IV. zu. Tiefreligi¨os und in der Politik unerfahren, entglitt ihr im Machtkampf zwischen Kaisertum und Papsttum die Kontrolle u¨ ber das Reich. 1062 entsagte sie der Herrschaft, als Erzbischof → Anno von K¨oln den jungen K¨onig entf¨uhrte, und zog sich in ein r¨omisches Kloster zur¨uck. Von den P¨apsten (zuletzt Gregor VII.) f¨ur ihre Politik benutzt, wandte sie sich politisch im Investiturstreit 1076 letztlich gegen ihren Sohn. C LexMA
Agerius, Nikolaus, eigentl. Acker, Mediziner, Botaniker, * 1568 Ittenheim, † 26. 6. 1634 Straßburg. A. schloß ein Studium in Basel als Dr. phil. et med. in Straßburg ab, wo er Prof. der Medizin und Botanik sowie Domherr an der Thomaskirche wurde. A. war mit den Br¨udern Jean und Caspar → Bauhin, beide Botaniker und Mediziner, befreundet. A. entdeckte und beschrieb einige Pflanzen, ver¨offentlichte 1602 eine erweiterte Neuausgabe der Reformierten deutschen Apotheke des Walter Hermann Ryff und ließ 1623-34 eine Reihe von Disputationen erscheinen, u. a. De sensibus internis (1628), De appetitu rationali (1629) und De fortuna et casu (1629). Agilfrid, Bischof von L¨uttich, auch Agelfredus, Egelfredus, Eilfried, † um 787. Der Franke adeliger Herkunft war M¨onch (vielleicht auch Abt) von St. Amand zu Elno im Hennegau und Abt von St. Bavo in Gent. 765 wurde er zum Bischof von L¨uttich geweiht. A. war am Hof → Karls des Großen sehr angesehen und erhielt Privilegien f¨ur sein Stift. Als Bischof soll er zeitweise den gefangenen Langobardenk¨onig Desiderius mit seiner Familie beherbergt haben. Von dem L¨utticher Domherrn Godescalc ließ A. die Vita des heiligen Lambert, des Bischofs von L¨uttich, u¨ berarbeiten. Er war an der Christianisierung der Sachsen beteiligt und gr¨undete eine Kirche in Osnabr¨uck. C NDB
Agilulf, Bischof von K¨oln, † nach 748. ¨ Uber A.s Pontifikat ist wenig bekannt. Er wurde an → Bonifatius’ Stelle zum Bischof von K¨oln erhoben und nahm 748 an der letzten bonifatianischen Synode teil. A. wird verschiedentlich mit einem aus Malm´edy stammenden M¨onch gleichgesetzt, doch ist diese Herkunft unsicher. C LThK Agius, M¨onch, 2. H¨alfte 9. Jh. A., vermutlich ein Sohn Liudolfs, Herzogs in Sachsen, war M¨onch in der Abtei Corvey, wo er wohl auch die Schule besuchte. Auf Veranlassung Bischof → Rimberts von Hamburg-Bremen erl¨auterte er im Jahr 864 Tafeln zur Kalenderberechnung mit einer in hexametrischen Versen verfaßten Schrift, der er eine in 23 Distichen formulierte Widmung bei¨ gab. Um 876 schrieb A. die Vita der 874 verstorbenen Abtissin Hathmod von Gandersheim, die wahrscheinlich seine Schwester war, in Prosa nieder. Der in metrischen Distichen geschriebene Dialogus gilt als besonders reizvolle Dichtung des 9. Jahrhunderts. A. ist wohl nicht mit dem → Poeta Saxo identisch. C LexMA
Agnes von Braunschweig-Pfalz, Herzogin von Bayern, Pfalzgr¨afin bei Rhein, * um 1200, † 16. 8. 1267 M¨unchen. A. wurde als Tochter des Welfen-Pfalzgrafen → Heinrich I. des Langen bei Rhein sowie der Agnes von Staufen geboren. Sie war die Schwester des Pfalzgrafen Heinrich II. und Enkelin des staufischen Pfalzgrafen → Konrad. 1222 heiratete sie den Wittelsbacher-Herzog → Otto II. von Bayern. Auf diese Weise gewannen die Wittelsbacher die Pfalzgrafschaft f¨ur ihr Haus. Das Ehepaar residierte zun¨achst in Heidelberg, mit dem es 1225 belehnt wurde. Lehenstr¨ager sollten A.s m¨annliche Nachkommen sein. 1228 wurde Otto m¨undig und erhielt die Herrschaft u¨ ber die Pfalzgrafschaft. 1231 zogen A. und Otto nach Bayern. Zu den Nachkommen A.s z¨ahlten → Elisabeth, → Ludwig II. der Strenge und Herzog → Heinrich XIII. von Nieder-Bayern. ¨ Agnes von Osterreich, K¨onigin von Ungarn, * 18. 2. 1280 Baden oder Brugg, † 10. / 11. 6. 1364 Kloster K¨onigsfelden bei Brugg (Kt. Aargau). Die Tochter des K¨onigs → Albrecht I. wurde in Wien erzogen und 1296 mit K¨onig Andreas III. von Ungarn verm¨ahlt, der 1301 starb. Gemeinsam mit ihrer Mutter stiftete sie an der Stelle, wo ihr Vater 1308 ermordet wurde, das Kloster K¨onigsfelden. Seit dem Tod ihrer Mutter 1317 lebte sie in einem eigenen, an das Kloster angeschlossenen Geb¨aude, beeinflußte mehrere Jahrzehnte die Habsburger Politik und vertrat die habsburgischen Interessen in den Vorlanden. A. vermittelte erfolgreich in mehreren Streitigkeiten ihrer Familie. Zur Anleitung ihres halbgeistlichen Lebens ließ sie sich von Meister → Eckhart den Liber benedictus schreiben. Ihr ber¨uhmt gewordenes Gebetbuch enth¨alt die a¨ lteste deutsche Mariensequenz. C LexMA
Agnes Blanbeckin, auch Blannbekin, Mystikerin, † April (?) 1315 Wien. A., die Tochter eines armen Bauern, hielt schon als Kind as¨ ketische Ubungen ab und lebte sp¨ater als Begine oder Franziskanerin in Wien. Ihre Visionen aus den Jahren 1290-94 waren vor allem am Leben und Leiden Christi orientiert, enthielten aber auch mystische Bilder und Elemente von Legenden. Sie wurden von ihrem Beichtvater, einem Franziskaner aus dem Heiligen-Kreuz-Konvent in Wien, in lateinischer Sprache aufgezeichnet. Da im Kapitel 38 dieser Offenbarungen auch vom „praeputium (der Vorhaut) Christi“ die Rede ist, wurden sie auf den Index der verbotenen B¨ucher gesetzt, jedoch 1731 von Bernhard → Pez in Wien unter dem Titel Agnes Blanbekin vita et revelationes auctore anonymo noch einmal herausgegeben. C VL Agnes von B¨ohmen, Klarissin, * wahrscheinlich 1211, † 2. 3. 1282 Prag. Die Tochter des b¨ohmischen K¨onigs → Otakar I. Pˇremysls von B¨ohmen entzog sich den Hochzeitspl¨anen ihres Vaters
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Agnes und widmete sich Werken der Fr¨ommigkeit und der Armenf¨ursorge. Um 1233 stiftete sie die Erl¨oserkirche in Prag und gemeinsam mit ihrer Mutter das erste Prager Hospital f¨ur Kranke und Arme sowie ein Klarissenkloster. Sie trat in Briefkontakt mit Klara von Assisi und bezog 1234 mit sieben weiteren adeligen Frauen und vier Schwestern aus ¨ Assisi das Kloster in Prag, wo sie bis 1238 Abtissin war. A. wurde 1874 seliggesprochen. C LexMA
Agnes, Lore, geb. Benning, Politikerin, * 4. 6. 1876 Bochum, † 9. 6. 1953 K¨oln. Zun¨achst Dienstm¨adchen, ließ sich A., Tochter eines Bergarbeiters, nach der Heirat mit einem Gewerkschaftssekret¨ar 1906 in D¨usseldorf nieder, wo sie einen Verband f¨ur weibliche Hausangestellte gr¨undete. Sie war auch Mitgr¨underin der Arbeiterwohlfahrt D¨usseldorf. 1915 nahm sie in Bern an der Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz f¨ur den Frieden teil. Zun¨achst Mitglied der SPD, trat A. 1917 der USPD bei. Sie geh¨orte 1919 der Verfassunggebenden Nationalversammlung und seit 1920 dem Reichstag an, nach Aufl¨osung der USPD 1922-33 f¨ur die SPD. W¨ahrend der Zeit des Nationalsozialismus arbeitete A. im Untergrund. Nach dem Attentat auf → Hitler im Juli 1944 wurde sie vor¨ubergehend verhaftet. In der Nachkriegszeit geh¨orte A. dem Stadtrat in D¨usseldorf an. C Weiland
Agnethler, Michael Gottlieb, Botaniker, Arch¨aologe, Mediziner, * 10. 6. 1719 Hermannstadt, † 15. 6. 1752 Helmstedt. A. studierte 1742 in Halle Theologie und Arch¨aologie, sp¨ater Medizin, erwarb 1750 die philosophische Magister-, 1751 die medizinische Doktorw¨urde (Commentatio de lauro) und wurde in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Noch im gleichen Jahr zum o¨ ffentlichen Lehrer der Beredsamkeit, Arch¨aologie und Dichtkunst in Helmstedt berufen, starb A. bereits kurz darauf. Er hinterließ zahlreiche Schriften, die sich mit Botanik und Numismatik besch¨aftigen, u. a. Beschreibung des Schulzischen M¨unzkabinets (6 Teile, 1750-52; Lateinisch 1746, auch 1753).
Agnoli, Johannes, Politikwissenschaftler, * 22. 2. 1925 Valle di Cadore (Italien), † 4. 5. 2003 bei Lucca (Italien). Nach seiner R¨uckkehr aus britischer Kriegsgefangenschaft ¨ in Agypten arbeitete A., Sohn eines Technikers, in einem S¨agewerk, setzte sp¨ater sein in Padua begonnenes Studium in T¨ubingen fort und war dann dort Privatassistent bei Theodor → Eschenburg und 1959-62 bei Ferdinand → Hermens in K¨oln. Seit 1962 Assistent und Lehrbeauftragter f¨ur Politische Wissenschaft an der Freien Universit¨at Berlin, war er 1969-72 Assistenzprofessor, habilitierte sich 1972 f¨ur Politische Wissenschaft und wurde Professor. Mit seinem in Zusammenarbeit mit Peter → Br¨uckner ver¨offentlichten Buch Die Transformation der Demokratie (1967) wurde A., Mitbegr¨under des Republikanischen Clubs in Berlin (West), zu einem der f¨uhrenden K¨opfe der Außerparlamentarischen Opposition. Zu seinen Publikationen geh¨oren ferner Die b¨urgerliche Gesellschaft und ihr Staat (1966), Zur Faschismus¨ diskussion (1973), Uberlegungen zum b¨urgerlichen Staat (1975) und Zwischen Bewegung und Institution (1983).
Agostino, Lazaro, auch Augustino, Augustinus, Lazzaro, Baumeister, 1. H¨alfte 17. Jh. A. wurde vermutlich von F¨urstbischof Julius → Echter von Mespelbrunn aus S¨udtirol oder Oberitalien nach W¨urzburg berufen. 1610-14 ist er in Bamberg nachweisbar. Eventuell war er ein Sch¨uler des Giovanni → Bonalino. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlt die Wallfahrtskirche St. Pankratius am G¨ugel in Oberfranken (1610-13), f¨ur die auch Bonalino als Baumeister genannt wird. A. baute ferner die Pr¨amonstratenserkirche in Unterzell (1609), die Pfarrkirche in
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Frickenhausen (1613) und das Netzgew¨olbe des Langhauses der Kirche St. Michael in Bamberg (um 1614). C AKL
Agrell, Johan Joachim, auch Agrelli, Giovanni, Komponist, Musiker, * 1. 2. 1701 L¨oth (Ostgotland), † 19. 1. 1765 N¨urnberg. A., Sohn eines luth. Theologen, erhielt seine musikalische Ausbildung an der Univ. Uppsala, war seit 1723 Kammerviolinist in Kassel, bereiste u. a. Italien und u¨ bernahm 1746 eine Stelle als Musikdirektor in N¨urnberg. A., der sich auch als Cembalo- und Klaviervirtuose einen guten Ruf erwarb, komponierte eine Reihe von Sonaten und Konzerten f¨ur Cembalo bzw. Klavier, Kammermusik- und Orchesterwerke (u. a. Serenaden und Sinfonien) sowie Kirchenmusiken. Mu¨ sikgeschichtlich markieren seine Klaviersonaten den Ubergang von der Suite zur Sonate. C MGG
Agricius, Mathias, eigentl. Bauer, Dichter, Humanist, * 1545 Wittlich, † 1613 Himmerod bei Wittlich. Vermutlich begann A. seine Studien in der Zisterzienserabtei Himmerod und widmete sich an der Univ. Trier der Theologie. 1570 wurde er an der Juristischen Fakult¨at der Univ. K¨oln immatrikuliert und ging nach f¨unf Jahren als Lehrer der Rhetorik an die Abtei Himmerod, wo er sich als F¨orderer der klassischen Studien hervortat. Er ver¨offentlichte neben kleineren Schriften 1587 Fasti Trevirenses, eine poetische Bearbeitung von 61 Heiligenviten. Der neueren Forschung gilt als nicht mehr nachweisbar, daß A. Priester, Lizentiat beider Rechte, Prof. in K¨oln und Poeta laureatus gewesen sei. C NDB Agricola, Alexander, eigentl. Ackermann, de Alamania, Komponist, * 1445 / 46 (?) Gent, † 15. 8. 1506 Valladolid. Nach einem Epitaph von 1538 stammte A. aus den Niederlanden oder aus Deutschland. 1471-74 hielt er sich als Musiker in Mailand auf, 1474 auch in Mantua. 1476 erscheint er als „petit vicaire“ an der Kathedrale von Cambrai. Seit 1500 geh¨orte er der Kapelle → Philipps des Sch¨onen von Burgund in Br¨ussel an; er begleitete den F¨ursten 1501 und 1505 / 06 auf seinen Spanienreisen. W¨ahrend der zweiten Reise starben beide an der Pest. A. genoß bereits zu Lebzeiten großes Ansehen, 1504 ver¨offentlichte Ottaviano Petrucci in Venedig f¨unf vierstimmige Misse Alexandri Agricole. Außer diesen komponierte A. vier weitere Messen, etwa 25 Motetten und an die 100 Chansons, die stilistisch in der Tradition Johannes Ockeghems stehen. C MGG Agricola, Christoph Ludwig, Maler, * 5. 11. 1667 Regensburg, † 8. 8. 1719 Regensburg. Nach Bildungsreisen durch England, Frankreich und Holland hielt sich A., Sohn eines Ratsherrn im inneren Rat von Regensburg, vorwiegend in Augsburg und Neapel auf. Bei einem Rom-Aufenthalt machte er die Bekanntschaft von ¨ und JoJoachim Franz → Beich, Gottfried → Eichler d. A. hann → Kupezky. Er malte bevorzugt Waldlandschaften, in seinen Kompositionen und Lichteffekten wurde er von Gaspard Poussin und Claude Lorrain beeinflußt; durch Ruinenbeiwerk und orientalische Staffagefiguren verst¨arkte er den romantischen Eindruck seiner Malerei. Zu seinen Sch¨ulern z¨ahlten Christian H¨ulfgott Brand, Johann Alexander → Thiele und Fabio Cerutti. A. wurde sp¨ater wenig gew¨urdigt und erst durch die Jahrhundertausstellung deutscher Kunst in Darmstadt 1914 vom Vorwurf des Epigonentums freigesprochen. Die Florenzer Uffizien besitzen u. a. das Gem¨alde Landschaft mit Regenbogen. C AKL Agricola, Franz, kath. Theologe, * 1545 / 50 Lohn bei Aldenhoven (Kr. J¨ulich), † 4. 12. 1621 Sittard bei Maastricht. A. wurde nach seinen Studien in K¨oln und L¨owen in L¨uttich zum Priester geweiht. Seit 1569 war er Pfarrer in R¨odingen
Agricola bei J¨ulich, von 1581 an Pfarrer und Kanonikus in Sittard, daneben seit 1599 Landdechant des Dekanats S¨usteren im Bistum Roermond. Er schrieb zahlreiche Verteidigungsschriften des alten Glaubens und bef¨urwortete die Hexenverfolgung, u. a. mit der Schrift Grundtlicher bericht, Ob Zauberey die argste und grewlichste s¨und auff Erden sey (1597). C LThK
Agricola, Georg, Lehrer, Mediziner, * 1530 Mimbach bei Amberg, † 12. 1. 1575 Amberg. A. schloß seine Studien in Wittenberg (1548-53) als Magister ab, wurde 1554 Lehrer f¨ur die obersten Klassen und 1555 Rektor der Amberger Stadtschule, die sich unter seiner Leitung zu einer bl¨uhenden Lateinschule entwickelte. A. stand in Briefkontakt mit Philipp → Melanchthon, verfaßte eine lateinische Begr¨ußungsrede und 1559 ein Huldigungsgedicht f¨ur Kurf¨urst → Friedrich von der Pfalz. 1570 wurde er an der Univ. Wittenberg zum Dr. med. promoviert und kehrte im selben Jahr als Stadtphysikus nach Amberg zur¨uck. F¨ur seine ehemalige Schule verfaßte er 1571 eine Schulordnung. Auch einige medizinische Verordnungen A.s zur Seuchenbek¨ampfung sind erhalten. Er war der Vater von Johann Georg → A. C NDB Agricola, Georg Andreas, Mediziner, * 1672 Regensburg, † 1738 Regensburg. Nach medizinischen Studien in Wittenberg und Halle wurde A. 1697 promoviert und ließ sich dann als praktischer Arzt in seiner Heimatstadt nieder. Ber¨uhmt wurde er mit der Behauptung, er k¨onne aus Feuer und einer „vegetabilischen Mumie“, die er erfunden habe, innerhalb einer Stunde 60 B¨aume wachsen lassen. Er zeigte dieses Verfahren einer Anzahl zum Schweigen verpflichteter und zahlungswilliger Personen und ver¨offentlichte mehrere Schriften dar¨uber, erstmals 1716 den Kurzen Bericht von dem Ursprunge der neu- und h¨ochst-nutzbaren Universal-Vermehrung aller B¨aume und Staudengew¨achse. A. war auch als Meister der Baumbehandlungs- und Veredelungskunst bekannt. Agricola, Georg Ludwig, Komponist, * 25. 10. 1643 Großfurra (Th¨uringen), † 20. 2. 1676 Gotha. A. besuchte das Gymnasium in Eisenach und in Gotha, studierte seit 1662 in Leipzig und Wittenberg Theologie und erwarb die Magisterw¨urde. 1667 nahm er eine Hauslehrerstelle an und wurde 1670 Kapellmeister beim F¨ursten auf Friedenstein in Gotha. A. schrieb Instrumentalmusik (Musikalische Nebenstunden, 1670) und geistliche Vokalmusik. Seine theoretischen Werke sind verschollen. C MGG
Agricola, Georgius, eigentl. Georg Pawer (Bauer), Arzt, Naturforscher, Humanist, * 24. 3. 1494 Glauchau, † 21. 11. 1555 Chemnitz. Der (zweit?)¨alteste Sohn von sieben Kindern des Glauchauer Tuchmachermeisters Gregor Pawer ging nach dem Besuch der Parochialschule von Glauchau 1506 auf die Lateinschule in Chemnitz. Hier scheint er neben dem Erwerb solider Lateinkenntnisse auch eine Einf¨uhrung in die griechische Sprache erhalten zu haben. Sp¨ater wird er sich in Magdeburg (Aufenthalt bezeugt f¨ur 1511) weitergebildet haben, bis er im Sommer 1514 mit dem Studium an der Univ. Leipzig begann. Schon am 4. 9. 1515 wurde er Baccalaureus artium. Anfang 1518 verließ er die Univ. Leipzig – er nannte sich fortan, nach Humanistenbrauch den Namen latinisierend, Georgius Agricola – und ging als Griechischlehrer an die Lateinschule von Zwickau, wo ihm 1519 die F¨uhrung
der neugegr¨undeten Griechischschule u¨ bertragen wurde, die 1520 mit der Lateinschule zur von A. geleiteten Ratsschule vereint wurde (im selben Jahr erschien in Leipzig sein Libellus de prima ac simplici institutione grammatica). Zum 1. 5. 1522 gab er das Amt des Schulmeisters auf – er hatte zus¨atzlich das Lehen St. Erasmi mit einem j¨ahrlichen Ertrag von 30 Gulden erhalten, mit der Auflage, Priester zu werden – und ging zur Fortsetzung des Studiums der klassischen Sprachen an die Univ. Leipzig. Hier wohnte er bei dem Prof. der Medizin Heinrich Stromer (Auerbach), der ihn f¨ur sein Fach interessieren konnte. Als A. im Herbst 1522 (vielleicht erst 1524) zum Studium nach Italien ging, widmete er sich in Bologna g¨anzlich der Medizin – durch seine Sprachstudien bestens ger¨ustet, da in diesem Zeitalter gr¨undliche Kenntnisse der klassischen Sprachen hierf¨ur erste Voraussetzung waren. Medizin und Pharmazie galten als abgeschlossene Wissenschaften und waren folglich aus B¨uchern zu erlernen; dazu hatten die Humanisten statt der arabisch-lateinischen Quellen des Mittelalters wieder auf die griechischen und lateinischen Autoren der Antike zur¨uckgegriffen. A. erwarb vermutlich 1524 in Bologna den Titel eines Doktors der Medizin. Nachdem ihm im Herbst 1524 die Zwickauer Pfr¨unde entzogen worden war, ging er nach Venedig, einerseits wohl, um an der venezianischen Univ. von Padua die hier betont gepflegten praktischen Teile der Medizin zu erlernen, vor allem aber, um sich seinen Lebensunterhalt im ber¨uhmten Verlagshaus Aldus Manutius zu erwerben, in dem damals die ersten Werkausgaben der griechischen Mediziner Galenos (1525), Hippokrates (1526) und Paulos von Aigina (1528, 1526 abgeschlossen) aus den Handschriften erarbeitet wurden, woran A. beteiligt war. Im f¨unften Band der Galenos-Ausgabe erw¨ahnt der Verleger die Mitwirkung A.s, „der bei der Berichtigung des Galenos seinen Fleiß und seine Arbeitskraft voll eingesetzt“ habe. Nach Abschluß der editorischen T¨atigkeit kehrte A. in die s¨achsische Heimat zur¨uck. Im September 1526 weilte er bei seinem Bruder in Zwickau, dann bis in den Herbst 1527 in Chemnitz, wo er die verwitwete Anna Meyner (gestorben 1540 / 41) heiratete, die hier ein Haus besaß. A. besch¨aftigte sich auch weiterhin mit der Korrektur und Wiederherstellung der Texte der griechischen Mediziner, weil vieles in diesen Schriften, speziell in den Rezepturen, nicht mehr verst¨andlich w¨are, da die Kenntnis der in ihnen genannten Substanzen im Mittelalter verloren gegangen sei. Um diese wiederzugewinnen, bedurfte es des bergund h¨uttenm¨annischen Fachwissens, wie es in der erzgebirgischen Heimat A.s vorlag. Sp¨atestens seit der Mitarbeit an den griechischen Medizinertexten war es A.s Bestreben gewesen, diese L¨ucke selbst zu f¨ullen, und er bem¨uhte sich deshalb sogleich nach seiner R¨uckkehr um eine Anstellung im heimischen Silbererzbergbaugebiet, um „vor Ort“ f¨ur den Bereich der „mineralia“ die antiken Kenntnisse durch das Studium sowohl der einschl¨agigen antiken Schriften (neben Plinius vor allem der griechischen Mediziner) als auch des Berg- und H¨uttenwesens in Theorie und Praxis wiederzugewinnen. A. u¨ bernahm im Herbst 1527 in der aufstrebenden Bergbaustadt Joachimsthal (heute J´achymov) die Stelle des Stadtarztes (die er bis 1530 innehatte) und die Apotheke. Intensiven montanistischen Studien u¨ ber und unter Tage konnte A. sich hier im damals modernsten Bergbaugebiet widmen – angeleitet u. a. von dem H¨uttenschreiber Lorenz Wermann, der die bergbausachkundige Titelfigur des 1530 erschienenen Dialogs Bermannus sive de re metallica bildet. In diesem montanistischen Erstlingswerk A.s erfolgte an Beispielen vor Ort durch die Verkn¨upfung der volkssprachigen bergbaulichen und h¨uttentechnischen Sachkunde mit dem an den klassischen Texten und damit den antiken Kenntnissen ausgerichteten Humanismus und der arabistisch-scholastischen
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Agricola Tradition die methodische Grundlegung f¨ur die Verwissenschaftlichung der bergbau- und h¨uttentechnischen Praxis, die durch die Umsetzung in ciceronisches Latein gleichzeitig „akademisiert“ wurde. Was f¨ur andere naturkundliche Bereiche mehrerer Generationen von in Wechselwirkung mit der besser werdenden textlichen und sachlichen Erschließung der antiken Quellen und der daran orientierten empirischen Sachkunde zunehmend auch naturwissenschaftlich gebildeten Humanisten bedurfte, wurde f¨ur den innerhalb der u¨ berlieferten Schriften noch nicht monographisch abgehandelten chemisch-mineralogischen Bereich hierin durch die eine Person, den Arzt A., geleistet. Er war dabei geleitet von dem Bestreben, f¨ur die neuerdings an den antiken Klassikern ausgerichtete theoretische und praktische Medizin die pharmazeutischen Kenntnisse der Antike nutzbringend wiederzugewinnen, wozu empirische Sachkunde zur Identifizierung der Substanzen und ihrer bei den Klassikern vorgeschriebenen Anwendung erforderlich war, was A. Schritt f¨ur Schritt auch in die zeitgen¨ossische Bergbaukunde und -technik Einblicke gew¨ahren ließ. Er entwickelte daraufhin ein umfassendes Programm f¨ur das weitere schriftstellerische Vorgehen, das ihn schließlich zum Begr¨under der Montanwissenschaften einschließlich der Mineralogie und Geologie werden ließ. Das Amt des Stadtarztes sowie das Betreiben der a¨ rztlichen Praxis und der Apotheke scheint A. nicht nur sehr erfolgreich ausgef¨uhrt zu haben, sie scheinen auch recht lukrativ gewesen zu sein; denn als A. 1531 als „Stadtleybarzt“ nach Chemnitz berufen wurde, besaß er bereits (wohl mehrere) Kuxe auf der 1528 f¨undig gewordenen Silber-Grube Gabe Gottes in Abertham (heute Abertamy). Schon 1533 konnte er dem Chemnitzer Benediktinerkloster ein Darlehen von 1000 Gulden geben; die T¨urkensteuerregister f¨ur 1542 und 1551 weisen A. jeweils als einen der verm¨ogendsten B¨urger von Chemnitz aus. 1542 / 43 heiratete er in zweiter Ehe sein M¨undel Anna Sch¨utz aus einer der einflußreichsten Familien in Chemnitz. 1543 wurde ihm von Herzog Moritz Steuerfreiheit auf den Hausbesitz und Befreiung von o¨ ffent¨ lichen Amtern gew¨ahrt, damit er sich ganz seinen wissenschaftlichen Studien widmen k¨onne. In der Folge schloß A. den mineralogisch-geologischen Teil seines Vorhabens ab. Die Schriften erschienen 1546 bei seinem Basler Verleger Froben als Sammelband: (1) De ortu et causis subterraneorum libri V, (2) De natura eorum, quae effluunt ex terra libri IV, (3) De natura fossilium libri X, das erste „Handbuch der Mineralogie“ u¨ berhaupt, in dem erstmals eine systematische Kennzeichenlehre zur Identifizierung der „mineralia“ (und Erze) angewendet wurde, und (4) De veteribus et novis metallis libri II, eine erste Lagerst¨attenkunde. Abgerundet wurde dieser Komplex durch das im Brief an den befreundeten Leipziger Philosophieprofessor Wolfgang Meurer vom 1. 4. 1546 enthaltene umfangreiche lateinisch-deutsche Vokabularium geo- und montanwissenschaftlicher Fachbegriffe, das Aufnahme in die noch von A. selbst u¨ berarbeitete Neuausgabe von 1558 (Widmungsbrief 18. 3. 1555) fand, sp¨ater erg¨anzt durch eine Naturgeschichte der unter Tage anzutreffenden Lebewesen (De animantibus subterraneis liber, 1549). Zuvor hatte A. die Arbeiten zu den Maßen und Gewichten der Griechen und R¨omer und seiner Zeit abgeschlossen und publiziert (De mensuris et ponderibus Romanorum atque Graecorum, 1533), sp¨ater erg¨anzt durch die nichtgriechischen und -r¨omischen Maße (De externis mensuris et ponderibus libri II, 1550) und die L¨angenmaße (De mensuris, quibus intervalla metimur, 1540). Auch hier war der Impetus das Erfassen der korrekten Dosierungen der Ingredienzien in pharmazeutischen Rezepturen der griechischen ¨ Arzte gewesen; am Ende der Bem¨uhungen stand jedoch ein metrologiepolitisches Programm, das auf eine generelle Wiedereinf¨uhrung der r¨omischen Maße hinzielte (De restituendis ponderibus atque mensuris, 1550) – 1540, 1552, 1569 und
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1585 erschienen Ausz¨uge aus den metrologischen Schriften A.s bzw. Bearbeitungen durch andere Autoren. 1546 war A. „auf Veranlassung und Befehl des Herzogs [und sp¨ateren Kurf¨ursten] Moritz von Sachsen“, der ihn wie bereits sein Vorg¨anger → Georg h¨aufig als Sachverst¨andigen in m¨unztechnischen und montanwissenschaftlichen Fragen herangezogen hatte, erstmals zum B¨urgermeister von Chemnitz gew¨ahlt worden. Er bekleidete das Amt bis 1548 und erneut 1551-54; er war Ratsherr und seit 1546 auch Schulinspektor. Im November 1555 erkrankte A. an „Wechselfieber“ und verstarb am 21. dieses Monats. Beigesetzt wurde er, der im protestantischen Kursachsen Katholik geblieben war, in der Bischofskirche von Zeitz durch seinen Studienfreund, den kath. Bischof von Zeitz-Naumburg Julius von Pflug. Vollendet hatte er noch als Kr¨onung seines montanistischen Werkes die bereits 1533 angek¨undigten und 1553 abgeschlossenen, aber erst 1556 in Basel postum erschienenen De re metallica libri XII (deutsch 1557, italienisch 1563). Dieses durch 292 Holzschnitte illustrierte Buch war die erste und f¨ur lange Zeit einzige systematische Darstellung des gesamten Bergbau- und H¨uttenwesens, die noch bis 1657 f¨ur den Gebrauch bestimmte Neuauflagen erfuhr, darunter 1640-43 sogar eine chinesische, und bis zur Gr¨undung der Bergakademien von Freiberg und Schemnitz (1765 / 70) der Ausbildung der Bergbeamten zugrundelag. Obgleich A. sich mit diesem Werk weit von seinen Anfangsintentionen entfernt hatte, wird hier im Rahmen einer Rechtfertigung des Bergbaus die Medizin immer noch an erster Stelle unter den Bereichen genannt, denen seine Produkte n¨utzen. Die von A. vertretene Medizin war noch die u¨ berkommene humoralpathologische galenischer Tradition, in der auch seine einzige medizinische Schrift De peste libri III (1554) steht. Diese verdankte ihr Entstehen der großen s¨achsischen Pestepidemie von 1552 / 53, w¨ahrend der A. neben anderen Hygienemaßnahmen nach dem in Venedig erfahrenen Vorbild ein „Lazarett“ (benannt nach der Pestinsel Lazaretto) als Isolierstation f¨ur Pestkranke einrichtete, so daß Chemnitz weitgehend verschont blieb. ¨ WEITERE WERKE: Ausgew¨ahlte Werke [in deutscher Ubersetzung]. Gedenkausgabe des Staatlichen Museums f¨ur Mineralogie und Geologie zu Dresden. Hrsg. v. H. Prescher / G. Math´e. 10 Bde., Berlin (Bd. 9: Heidelberg / Berlin) 1955-92. – De re metallica libri XII. Neudruck 1561, 1621, 1657. Deutsch: Vom Bergkwerck. 12 B¨ucher . . . Verteutscht durch Philippum Bechium. Basel 1557; Faks. Essen 1985; Faks. mit Kommentarband von Hans Prescher. 2 Bde., Leipzig 1985. Deutsch: Zw¨olf B¨ucher vom Berg- und H¨uttenwe¨ sen. In neuer deutscher Ubersetzung bearb. von Carl Schiffner. Berlin 1928; D¨usseldorf 51978. Taschenbuchausgabe nach 31971: M¨unchen 1977. – Handbuch der Mineralienkunde. Hrsg. v. Fritz Krafft. Wiesbaden 2005. LITERATUR: Rudolf Michaelis / Hans Prescher / Ulrich Horst: A.-Bibliographie 1520-1963. Berlin 1971. – Ernst Darmst¨adter: Georg A., 1494-1555. Leben und Werk. M¨unchen 1926. – Hans Hartmann: Georg A., 1494-1555. Begr¨under dreier Wissenschaften: Mineralogie – Geologie – Bergbaukunde. Stuttgart 1953. – Franz Kirnbauer: Georg A. 1494-1555. Wien 1956. – Gisela-Ruth Engewald: Georgius A. Leipzig 1982. – Hans Prescher / Otfried Wagenbreth: Georgius A. – seine Zeit und ihre Spuren. Leipzig / Stuttgart 1994. – Bernd Ernsting (Hrsg.): G. A. – Bergwelten 1494 – 1994. Essen 1994. – G. A. – 500 Jahre. Wissenschaftliche Konferenz . . . Hrsg. v. Friedrich Naumann. Basel u. a. 1994. – Fritz Krafft: A. und die Pharmazie. In: Geschichte der Pharmazie 46 (1994) S. 25-31. Fritz Krafft
Agricola, Ignaz, Geschichtsschreiber, * 31. 7. 1661 Zusamaltheim bei Augsburg, † 23. 1. 1729 M¨unchen. A. trat 1677 in die Gesellschaft Jesu ein, studierte Philosophie und Theologie, legte 1695 die Ordensgel¨ubde ab und
Agricola lehrte Logik, Grammatik und Poetik am M¨unchner Jesuitengymnasium, wo er 1719 Pr¨ases der lateinischen Kongregation wurde. Er war als Volksmissionar t¨atig und befaßte sich in den letzten Lebensjahren haupts¨achlich mit der Quellenarbeit f¨ur eine zweib¨andige Geschichte der oberdeutschen Ordensprovinz Historia provinciae S. J. Germaniae superioris (2 Bde., 1727-29), die den Zeitraum 1541-1600 behandelt.
Agricola, Johann, eigentl. Peurle, genannt Ammonius, Mediziner, * um 1488 Gunzenhausen (Mittelfranken), † 6. 3. 1570 wahrscheinlich Ingolstadt. A. studierte seit 1506 an der Univ. Ingolstadt und kehrte, nachdem er l¨angere Zeit auf Reisen war, als Prof. der griechischen Literatur 1515 dorthin zur¨uck. 1528 wurde er zum Dr. med. promoviert und erhielt 1531 eine medizinische Pro¨ fessur. A. gab Ubersetzungen und Kommentare zu antiken medizinischen Werken heraus, seine Schrift u¨ ber die Heilpflanzen Medicinae herbariae libri duo (1539) verl¨aßt je¨ doch die Uberlieferung und fußt auf Naturbetrachtung. A. ver¨offentlichte das erste pharmazeutische Synonymenlexikon. Zu seinen Arbeiten geh¨oren auch Ain gr¨untlicher fleissiger außzug, auß dermassen bißher noch nye beschehen, von Ursachen, Zaichen, F¨ursehung und Haylung der grewlichen Pestilentz [. . .] (1533), Scholia copiosa in therapeuticam methodum Cl. Galeni (1534) und Commentarii novi in Claudii Galeni medicorum principis, libros sex de locis affectis (1537). 1986 erschienen Ausgew¨ahlte Texte von A. C LMU Agricola, Johann, eigentl. Schneider oder Schnitter, auch Islebius, Reformator, * 20. 4. 1492 oder 1494 Eisleben, † 22. 9. 1566 Berlin. A. studierte 1509 / 10 in Leipzig, 1515-20 in Wittenberg und wurde Sch¨uler Martin → Luthers. Seit 1525 war er Rektor der Lateinschule seiner Heimatstadt und diente dem s¨achsischen Kurf¨ursten als Reichstagsprediger (Speyer 1526, 1529; Augsburg 1530). 1536 kehrte er nach Wittenberg zur¨uck, wo er 1539 Mitglied des Konsistoriums wurde. 1540 ging er als Hofprediger nach Berlin und war seit 1543 General¨ superintendent der Mark Brandenburg. Uber die Frage der Zuordnung von Gesetz und Evangelium kam es mit Philipp → Melanchthon (seit 1527) zum ersten und mit Luther (seit 1537) zum zweiten antinomistischen Streit. A. arbeitete am Augsburger Interim (1548) mit, wodurch er sich innerhalb des Luthertums isolierte. Zuletzt trat er jedoch wieder f¨ur das orthodoxe Luthertum und gegen den Kryptocalvinismus ein. Neben theologischen und p¨adagogischen Schriften gab A. kommentierte Sammlungen deutscher Sprichw¨orter (3 Bde., 1528-48) heraus. C Killy Agricola, Johann Friedrich, Pseud. Olibrio, Komponist, Musiktheoretiker, * 4. 1. 1720 Dobitschen bei Altenburg (Th¨uringen), † 2. 12. 1774 Berlin. Seit 1738 an der Juristischen Fakult¨at der Univ. Leipzig immatrikuliert, studierte A., Sohn eines F¨urstlich Altenburgischen Kammeragenten und Gerichtsdirektors, sp¨ater Orgel und Komposition bei Johann Sebastian → Bach und ging 1741 zur weiteren Ausbildung bei Johann Joachim → Quantz nach Berlin. Hier wurde er nach der erfolgreichen Auff¨uhrung seiner Oper Il filosofo convinto in amore 1751 zum Hofkomponisten ernannt und 1759 als Nachfolger Carl Heinrich → Grauns Dirigent der Kgl. Hofkapelle → Friedrichs II. Gemeinsam mit Carl Philipp Emanuel → Bach schrieb er f¨ur die Zeitschrift „Neu er¨offnete Musikbibliothek“ (1754) den Nekrolog auf dessen Vater Jo¨ hann Sebastian. 1757 gab er eine Ubersetzung der Opinioni de’ cantori antichi e moderni des Pier Francesco Tosi mit eigenen Erl¨auterungen als Anleitung zur Singekunst heraus. Neben Opern, Oratorien und Kantaten schrieb A. eine Reihe von Klaviersonaten und das programmatische Klavierwerk
Das Erdbeben (1761). Er nahm vielfach gegen die Opernreform Christoph Willibald → Glucks Stellung und polemisierte gegen Friedrich Wilhelm → Marpurg. C NGroveD
Agricola, Johann Georg, Mediziner, * 1558 Amberg (Oberpfalz), begraben 20. 11. 1633 Regensburg. A., Sohn Georg → A.s, studierte 1582 an der Univ. Heidelberg, wo er 1585 Baccalaureus wurde. 1588-93 hielt er sich zum Studium der Medizin in Wittenberg auf und war 1594-1629, mit Unterbrechung (1614-21), Stadtphysikus in Amberg. Nach der Rekatholisierung der Oberpfalz ließ er sich 1629 als praktischer Arzt in Regensburg nieder. Seine Schrift u¨ ber das Lieblingsjagdtier der Zeit, den Hirsch, (Cervi excoriati et dissecti in medicina usus, 1603) verbindet erstmals eine naturgeschichtliche Darstellung mit Hinweisen auf die Verwendbarkeit in der Medizin. Eine weitere Arbeit A.s besch¨aftigt sich mit den Heilquellen des Schwarzwalds (1598 anonym, 21619). C NDB Agricola, Johann Paul, Komponist, Musiker, * um 1639 Hilpoltstein, begraben am 3. 7. 1697 Neuburg / Donau. Nach dem Besuch des Jesuitengymnasiums St. Salvator in Augsburg studierte A. seit 1660 Theologie an der Univ. Ingolstadt. 1663 wurde er Kammermusikus und Hoforganist, sp¨ater auch Vizekapellmeister in Diensten → Philipp Wilhelms in Neuburg und trat 1679 die Nachfolge von Giovanni Battista Mocchi als Hofkapellmeister an. 1678 / 79 schrieb A. zwei Opern und ein Sch¨aferspiel anl¨aßlich der Nachfeiern der Verm¨ahlung des Erbprinzen → Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg und Maria Anna, der Schwester Kaiser → Leopolds I., 1689 drei Kantaten nach Texten des Hofpoeten Giorgio Maria Rapparini f¨ur die Procura-Hochzeit der Neuburger Prinzessin → Maria Anna mit Karl II. von C MGG Spanien. Agricola, Karl (Joseph Aloys), Maler, Graphiker, * 18. 10. 1779 S¨ackingen, † 15. 5. 1852 Wien. A. studierte zun¨achst in Karlsruhe, seit 1793 an der Wiener Akademie der K¨unste, u. a. bei Caspar Franz → Sambach und Heinrich → F¨uger. 1836 wurde A. Mitglied der Akademie der bildenden K¨unste Wien und war Hofmaler des Herzogs von Reichsstadt. In Wien waren vor allem seine Miniaturportr¨ats in Wasserfarben beliebt. Einem weiteren Kreis wurde er durch seine subtil gestalteten kleinformatigen Kupferstiche und Radierungen nach Vorlagen von Raffael, → Holbein u. a. bekannt. Daneben entstanden Lithographien und Arbeiten f¨ur die Wiener Porzellanmanufaktur. C AKL Agricola, Martin, eigentl. Martin Sore, Komponist, Musiktheoretiker, * 6. 1. 1486 (?) Schwiebus, † 10. 6. 1556 Magdeburg. Nach eigenen Angaben Autodidakt, trat A. schon fr¨uh der Reformation nahe. Er war mit Georg → Rhaw befreundet und ließ sich 1519 / 20 als Musiklehrer in Magdeburg nieder, wo ihm 1525 (nach der 1524 erfolgten Gr¨undung der Lateinschule) oder 1527 (nach deren Erweiterung) das Kantorat u¨ bertragen wurde, das er bis zu seinem Tod behielt. A. gilt als einer der wichtigsten Musikschriftsteller des fr¨uhen Protestantismus; seine theoretischen Lehrwerke f¨ur die Lateinschulen wurden z. T. bereits zu seinen Lebzeiten mehrfach aufgelegt, u. a. Eyn kurtz deudsche Musica [. . .] (1529, 3 1533 als Musica choralis deudsch [. . .]). Von seinen Kompositionen – vokalen und instrumentalen Kirchenliedbearbeitungen, Motetten u. a. – wurde bei der Zerst¨orung Magdeburgs 1632 der gr¨oßte Teil vernichtet. C MGG Agricola, Rudolf, eigentl. Roelof Huusman, Huysman, auch Frisius, Humanist, * 1443 Baflo bei Groningen, † 27. 10. 1485 Heidelberg. Der illegitime Sohn eines Priesters studierte 1456-58 die Artes in Erfurt, ging wahrscheinlich 1462 zum Studium nach
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Agricola K¨oln und erwarb 1465 den Magistertitel in L¨owen. Seit 1468 hielt er sich zum Studium der Jurisprudenz in Pavia auf, schloß 1473 Freundschaft mit Johann von → Dalberg und den Br¨udern Dietrich und Johannes von → Plieningen und war zeitweise Praeceptor der Grafen Johann und Friedrich von Oettingen. 1475 wechselte er an die Univ. Ferrara, vor allem um dort besser Griechisch zu lernen, hatte Umgang mit Herzog Ercole d’Este und wurde als Organist in der Hofkapelle angestellt. 1476 hielt er zur Er¨offnung des Studienjahres seine ber¨uhmte Oratio in laudem philosophiae et reliquiarum artium und schrieb 1477 eine Biographie Petrarcas (Oratio de vita Petrarchae). 1479 machte A. auf der Heimreise Aufenthalt in Dillingen, wo er sein Hauptwerk De inventione dialectica libri tres (gedruckt 1520, Neuausg. von Lothar Mundt, 1992) vollendete, und war seit 1480 juristischer und diplomatischer Vertreter der Stadt Groningen. 1484 folgte A. einem Ruf Dalbergs nach Heidelberg, wo er in losem Kontakt mit der Univ. Reden und Vortr¨age hielt. 1485 begleitete er diesen auf einer Reise nach Rom, erkrankte auf der R¨uckreise in Trient und starb vor Heidelberg. A. war einer der f¨uhrenden deutschen Fr¨uhhumanisten, propagierte das Studium der Antike auf christlicher Grundlage und entwickelte in seinen Schriften die Idee eines umfassend gebildeten, kritisch und frei denkenden Menschen. In seiner ¨ Dialektik verfocht er die Uberwindung der scholastischen Methode. C LexMA
Agricola, Rudolf, Wirtschaftswissenschaftler, Journalist, * 29. 11. 1900 Ladenburg, † 14. 1. 1985 Greifswald. A., Sohn eines Zigarrenfabrikanten, studierte in Heidelberg, Erlangen und Freiburg / Breisgau Jura und Wirtschaftswissenschaften, wurde 1924 zum Dr. rer. pol. promoviert (Die Beziehungen von Bankzentrale zu Filialen und Depositenkassen) und an der Handelshochschule Mannheim zum Diplomhandelslehrer ausgebildet. 1920-26 arbeitete er in unterschiedlichen Unternehmen und unterrichtete 1927-33 als Handelsoberlehrer an den St¨adtischen Handelsschulen in Zeitz. Seit dem 18. Lebensjahr politisch aktiv, schrieb A. u. a. f¨ur sozialdemokratische Zeitungen. 1924-31 war er Mitglied der SPD, 1931-33 der Sozialistischen Arbeiterpartei. 1933 entlassen und vor¨ubergehend inhaftiert, arbeitete A. illegal f¨ur die Kommunistische Partei in Mitteldeutschland, war Redakteur der illegalen Kommunistischen Zeitung „Nun erst recht!“, wurde abermals verhaftet und zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. 1943-45 lebte er als Buchhalter in Villingen (Schwarzwald). 1945-47 war A. Mitglied des Vorstandes der Deutschen Nachrichtenagentur in der amerikanischen Zone (DEAN), 1945-48 Mitherausgeber der „Rhein-NeckarZeitung“ Heidelberg, 1947 / 48 Direktor des Zeitungswissenschaftlichen Instituts an der Univ. Halle, dann Prof. f¨ur po¨ litische Okonomie an der Univ. Halle und u¨ bernahm 1948 ¨ die Leitung des Instituts f¨ur politische Okonomie. Im selben Jahr wurde er Mitglied der SED. 1948-51 war A. Prorektor und 1951-53 Rektor der Univ. Halle. 1950-58 geh¨orte er der Volkskammer an. 1954-56 baute A. das Institut f¨ur Wirtschaftswissenschaften an der Deutschen Akademie der Wissenschaften auf, hatte dort die Leitung der Abteilung Geschichte der o¨ konomischen Lehre inne und war zuletzt Institutsdirektor. Seit 1956 Mitarbeiter des Ministeriums f¨ur Ausw¨artige Angelegenheiten, war er 1956-61 Generalkonsul der DDR-Handelsvertretung in Finnland, 1961 / 62 dort außerordentlicher Gesandter und Bevollm¨achtigter der DDRAuslandsvertretung. 1961 wurde er Mitglied des Pr¨asidiums der Deutsch-Nordischen Gesellschaft. 1963-65 hatte A. den ¨ Lehrstuhl f¨ur politische Okonomie und internationale Beziehungen zu den nordischen L¨andern an der Univ. Greifswald inne. C DDR
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¨ eigentl. Kastenbauer, auch Agricola, Stephan d. A., Boius (?), luth. Theologe, * um 1491 Abensberg (Niederbayern), † 10. / 11. 4. 1547 Eisleben. A. war M¨onch im Augustinereremitenkloster Regensburg, studierte als Angeh¨origer des Ordens in Wien und wurde 1519 zum Dr. theol. promoviert. Nach seiner Hinwendung zum luth. Glauben war er Prediger in Rattenberg / Inn und wurde 1522 durch den Erzbischof von Salzburg gefangengesetzt; seiner drohenden Hinrichtung entging er durch die Flucht. 1525 begegnet er als luth. Prediger in Augsburg. A., ein Gegner der Abendmahlslehre Huldrych → Zwinglis, nahm 1529 am Marburger Religionsgespr¨ach und 1530 am Reichstag in Augsburg teil. 1531 ging er als Prediger nach Hof, 1543 nach Sulzbach und 1545 nach Eisleben. A. war Mitunterzeichner der Schmalkaldischen Artikel von 1537. Er verfaßte in seiner Gefangenschaft 1523 die Flugschrift Ain k¨ostlicher [. . .] Sermon vom Sterben und u¨ bersetzte 1525 Johannes → Bugenhagens Contra novum errorem de sacramentis ins Deutsche. A. war der Vater von Stephan → A. d. J. C RGG
Agricola, Stephan d. J., evang. Theologe, * Augsburg, † 1562. ¨ war 1549 luth. Prediger in Der Sohn Stephan → A.s d. A. Helbra. Im nach Georg → Major benannten Streit vertrat er dessen Auffassung, gute Werke seien zur Erlangung der Seligkeit notwendig. Als er sich 1554 auf der Synode in Eisleben weigerte zu widerrufen, mußte er die Grafschaft Mansfeld verlassen. A. wurde im selben Jahr in Wittenberg zum Magister promoviert, erhielt ein Pastorat in Merseburg und wurde 1557 Domprediger in Naumburg. 1559 trat A. in Ingolstadt gemeinsam mit seiner Familie zur kath. Kirche u¨ ber und folgte 1560 einer Einladung des Kardinals Otto → Truchseß von Waldburg nach Rom. A., den Philipp → Melanchthon sch¨atzte, u¨ bersetzte u. a. alttestamentliche Kommentare Martin → Luthers ins Deutsche. C Wetzer/Welte Agricola, Wolfgang Christoph, Komponist, Musiker, * 1600 / 10, † um 1659. A. ist vielleicht identisch mit Christoph Bauer, der 1625 Student der Univ. W¨urzburg wurde. 1632-42 war er Stadtschreiber und Organist in Neustadt / Saale, 1642-44 Notar und Cellarius in Bodenlauben und hatte 1645-59 die glei¨ chen Amter in M¨unnerstadt inne. Vermutlich war er Sch¨uler des W¨urzburger Hofkomponisten Heinrich → Pfendner, auf dessen Werk acht Messen A.s (1647) basieren. Sein Geistliches Wald-V¨oglein (21664, erweiterte Auflagen 1700, 1711 und 1719), eine Sammlung geistlicher Lieder, erfreute sich großer Beliebtheit. C MGG Agricola-Molteni, Benedetta Emilia, geb. Molteni, S¨angerin, * 24. 10. 1722 Modena, † 1780 Berlin. A.-M. erhielt ihre Ausbildung bei Nicola Porpora, Johann Adolf → Hasse und Felice → Selimbeni. Nach Auftritten in Italien folgte sie 1742 einem Ruf an die K¨onigliche Hofoper nach Berlin und sang dort zur Er¨offnung des neuen Opernhauses die Cornelia in der Oper Cleopatra e Cesare von Carl Heinrich → Graun. 1751 heiratete A.-M., die eine erfolgreiche Karriere in Berlin hatte, gegen den Willen K¨onig → Friedrichs II. den Komponisten Johann Friedrich → Agricola. Bei der Urauff¨uhrung von dessen Oper Il filosofo convinto in amore an der Hofoper in Berlin u¨ bernahm sie 1751 die Hauptrolle. 1748 durch die Sopranistin Giovanna Astrua als Primadonna in den Hintergrund gedr¨angt, war A.-M. vor allem als Oratorien- und Kirchens¨angerin t¨atig; 1755 sang sie die Sopranpartie bei der Urauff¨uhrung des Oratoriums Der Tod Jesu von Graun in Berlin. Nach dem Tod ihres Mannes 1774 wurde sie ohne Pension entlassen. C Kutsch
Ahle Agrippa von Nettesheim, eigentl. Heinrich Cornelius, Philosoph, Arzt, * 14. 9. 1486 K¨oln, † 18. 2. 1535 Grenoble. A. wurde 1502 in K¨oln zum Magister promoviert und studierte danach in Paris, wo er 1507 einen okkultistischen Geheimbund stiftete. 1510 h¨orte er bei John Colet in London und ließ Johannes → Trithemius die handschriftliche Erstfassung seines Hauptwerks De occulta philosophia libri III (gedruckt 1531, erw. 1533) zukommen. 1511 war er als Ritter im Heer Kaiser → Maximilians I. in Italien, erlangte nach dem Besuch der Univ. Pavia vermutlich den medizinischen Doktorgrad und lehrte in Pavia und Turin. 1518 wurde A. Syndikus in Metz, verteidigte Beschuldigte in verschiedenen Hexenprozessen, ging 1520 nach K¨oln, wirkte seit 1522 als Stadtarzt in Genf, seit 1523 in Freiburg, wurde 1524 Leibarzt der Louise von Savoyen, der Mutter des franz¨osischen K¨onigs, lebte seit 1528 als Arzt in Antwerpen und war 1530 / 31 Hofhistoriograph → Karls V. in Mecheln. Nach Aufenthalten in K¨oln und am Hof des Erzbischofs Hermann von → Wied in Bonn begab er sich 1535 nach Frankreich und wurde in Lyon verhaftet. Der in wechselnden Berufen und T¨atigkeiten aktive A. vertrat in seinen zahlreichen ¨ Schriften neuplatonisch-spekulative Uberzeugungen, in die auch Einfl¨usse der Kabbala sowie okkultistische und alchemistische Neigungen eingingen. In seiner Abhandlung De incertitudine et vanitate omnium scientiarum et artium atque excellentia verbi Dei declamatio (1530, dt. 1534) u¨ bte er grundlegende Wissenschafts-, Kirchen- und Gesellschaftskritik. In keiner Wissenschaft ist nach A. Sicherheit zu gewinnen. Mit seinem Zweifel an der F¨ahigkeit des Menschen, das Absolute zu erkennen, hatte er Einfluß auf das Wiederaufleben der Skepsis in der Renaissance (u. a. Montaigne). C Leb Rhein, Bd 4
Agster, Alfred (Emil Oskar), Politiker, * 12. 4. 1858 Ilsfeld bei Besigheim (W¨urttemberg), † 10. 1. 1904 Degerloch. Nach der Ausbildung zum Apothekengehilfen und T¨atigkeit in verschiedenen Apotheken besuchte A. bis 1881 das T¨ubinger Gymnasium. Das Medizinstudium in T¨ubingen, Jena und Basel brach er aus materiellen Gr¨unden nach sieben Semestern ab und kehrte zu seinem pharmazeutischen Beruf zur¨uck. Wegen seines Engagements in der Arbeiterbewegung wurde er 1889 entlassen und siedelte nach Stuttgart u¨ ber, wo er journalistisch t¨atig war. 1897-99 war A. Arbeitersekret¨ar in Stuttgart und 1898-1903 Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion im Deutschen Reichstag. C Schr¨oder Agthe, Albrecht Wilhelm Johann, Musiker, Musikp¨adagoge, * 13. 4. 1790 Ballenstedt, † 8. 10. 1873 Berlin. A. erhielt seine erste musikalische Ausbildung bei seinem Vater Carl Christian → A., nach dessen Tod bei Friedrich Christian Ebeling. W¨ahrend des Besuchs des Gymnasiums in Magdeburg war er Sch¨uler des Organisten Seebach in Klosterbergen, sp¨ater von Michael Gotthard → Fischer in Erfurt. 1810 wurde A. Violinist im Gewandhausorchester und Musikp¨adagoge in Leipzig. 1823 gr¨undete er ein Musikinstitut in Dresden, 1826 in Posen, wo Theodor → Kullak sein Sch¨uler war. Seit 1830 in Breslau ans¨assig, ging er 1832 nach Berlin und gr¨undete mit kgl. Unterst¨utzung eine Musiklehranstalt. A., der zum Musikdirektor ernannt wurde, mußte 1845 wegen eines Augenleidens seine Lehrt¨atigkeit aufgeben. Zu seinen Kompositionen geh¨oren Klaviermusik und Lieder. C MGG Agthe, Carl Christian, Komponist, Musiker, * 16. 6. 1762 Hettstedt, † 27. 11. 1797 Ballenstedt. A. war bereits 1776 Musikdirektor der H¨undelbergerschen Truppe in Reval, die vier seiner Singspiele und ein von ihm komponiertes Ballett auff¨uhrte. 1782 ging er als f¨urstlicher
Hof- und Schloßorganist nach Ballenstedt. Zu A.s Kompositionen z¨ahlen auch Lieder und Klaviersonaten. Er war der Vater von Albrecht Wilhelm Johann → A. C MGG
Ah, Joseph Ignaz von, Pseud. Hartmann von Baldegg, schweizer. kath. Theologe, Schriftsteller, * 15. 12. 1834 Sachseln (Obwalden), † 1. 9. 1896 Kerns (Obwalden). Der Bauernsohn besuchte die Klosterschule in Einsiedeln, studierte in Chur Theologie und war nach der Priesterweihe ¨ 1857 zwei Jahre Vikar in Bern, danach in Freiburg im Uechtland. Seit 1863 war er Geistlicher und Lehrer in Stans, von 1867 bis zu seinem Tod Pfarrer in Kerns. 1873-87 und 1895 / 96 war A. Schulinspektor, seit 1888 Bisch¨oflicher Kommissar f¨ur Obwalden. Er geh¨orte 1856 zu den Mitbegr¨undern des Piusvereins, einer Bewegung zur F¨orderung kath. Lebens und Wirkens. Als „Welt¨uberblicker“ ver¨offentlichte er 1866-96 u¨ ber 1500 Wochenberichte im von ihm gegr¨undeten „Nidwaldner Volksblatt“. Seine Prosawerke und Schauspiele zielten mit ihrer historisierend-vaterl¨andischen Thematik sowohl auf Belehrung als auch auf Unterhaltung (u. a. Der L¨owe von Luzern, 1896). C NDB Ahlborn, August Wilhelm Julius, Maler, * 11. 10. 1796 Hannover, † 24. 8. 1857 Rom. An der Berliner Kunstakademie (seit 1819) war A. Sch¨uler von Karl Wilhelm → Wach. 1823 kopierte er als Auftragsarbeit f¨unf Landschaften von Karl Friedrich → Schinkel, dessen romantischer Stil seine Malerei beeinflußte. Von 1827 an hielt sich A. f¨ur vier Jahre in Italien auf, wo er seine wichtigsten Landschaftsmotive fand und Kontakt zur Malerei der Nazarener und zu Joseph von → F¨uhrich bekam (Das Colosseum und die Via Sacra). In Berlin erhielt A. Auftr¨age vom Hof und aus preuß. Adelskreisen; 1833 wurde er Mitglied der Berliner Akademie. 1838 konvertierte er mit seiner Familie zum Katholizismus und wandte sich im Sp¨atwerk verst¨arkt religi¨osen Themen zu (Das Brotvermehrungswunder der hl. Klara, 1849 / 50, u. a.). 1840-45 und seit 1847 lebte A. in Italien. C AKL
Ahlborn, Friedrich (Christian Georg), Zoologe, Physiker, * 4. 1. 1858 G¨ottingen, † 27. 10. 1937 Hamburg. A. studierte seit 1879 in G¨ottingen und wurde 1883 mit der Arbeit Untersuchungen u¨ ber das Gehirn der Petromyzonten promoviert. Seit 1884 war er er Lehrer am Johanneum in Hamburg, an dem er 1903 zum Prof. ernannt wurde. Mit seinen Untersuchungen zum Vogelflug (Zur Mechanik des Vogelfluges, 1896), zu k¨unstlichen Flugapparaten und zur Str¨omungsforschung lieferte er grundlegende Erkenntnisse zur Aeronautik. Unter seiner Leitung der Hydrodynamischen Versuchsanstalt der Flugzeugmeisterei Adlershof bei Berlin (1916-18) entstanden die ersten Stromlinienformen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stellte A. Studien zu Zirkulationserscheinungen und Turbulenzen der Atmosph¨are an. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren auch Der Flug der ¨ Fische (1895) und Uber den Mechanismus des hydrodynamischen Widerstandes (1902). C NDB
Ahle, Johann Georg, Musiker, Komponist, getauft 12. 6. 1651 M¨uhlhausen, † 2. 12. 1706 M¨uhlhausen. A. war seit 1673 Nachfolger seines Vaters Johann Rudolf → A. als Organist an St. Blasius in M¨uhlhausen, wurde sp¨ater Stadtrat seiner Heimatstadt und erhielt von Kaiser → Leopold I. die Dichterkrone. A.s musiktheoretisches Traktat Musikalische Fr¨uhlings-, Sommer-, Herbst- und Wintergespr¨ache (4 Bde., 1695-1701) war f¨ur die musikalischrhetorische Figurenlehre von Bedeutung. Er schrieb zahlreiche geistliche und weltliche Instrumental- und Vokalwerke, u. a. die Melodie des Liedes Die g¨uldene Sonne bringt Leben und Wonne von Philipp von → Zesen. Viele seiner Arbeiten gelten als verloren. A.s Nachfolger an St. Blasius war Johann Sebastian → Bach. C MGG
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Ahle Ahle, Johann Rudolf, Komponist, Musiker, * 24. 12. 1625 M¨uhlhausen, † 9. 7. 1673 M¨uhlhausen. A. studierte in G¨ottingen und Erfurt, wo er 1646-49 Kantor an St. Andreas war, wurde 1654 Organist an St. Blasius in M¨uhlhausen, zwei Jahre darauf Ratsmitglied und 1673 B¨urgermeister. Neben geistlichen Konzerten komponierte A. Orchestert¨anze, Kammersonaten (als einer der ersten im deutschen Raum), Orgel- und Vokalmusik sowie theoretische Abhandlungen (De progressionibus consonantiorum, o. J.). Das Compendium pro tennelis wurde von seinem Sohn Johann Georg → A. unter dem Titel Deutsche kurze und deutliche Anleitung zu der lieblich und l¨oblichen Singekunst 1690 (erneut 1704; das Original ist verschollen) herausgegeben. C MGG
Ahlefeld, Hunold von, Milit¨ar, * 5. 3. 1851 Kiel, † 5. 9. 1919 Bremen. A., der seit 1867 bei der Marine war, nahm 1874-76 an der wissenschaftlichen Expedition zur Beobachtung des VenusDurchgangs auf den Kerguelen-Inseln teil. 1878-80 begleitete er Prinz → Heinrich von Preußen auf dessen Weltreise. Seit 1887 Korvettenkapit¨an, wurde 1893 Kapit¨an zur See und war 1894-96 Abteilungschef im Oberkommando der Marine. 1896 / 97 kommandierte er das Schulschiff „Stein“ und wurde Oberwerftdirektor in Kiel, 1905 Vizeadmiral. A. war 1903-07 Direktor des Werftdepartements im Reichsmarineamt und wurde 1907 Chef der Marinestation der Nordsee. Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst 1908 u¨ bernahm er den Vorsitz der Schiffbau-A.-G. „Weser“.
Ahlefeldt, Charlotte (Sophie Louise Wilhelmine) von, geb. von Seebach, auch Ahlefeld, Pseud. Elise Selbig, Ernestine, Natalie, Schriftstellerin, * 6. 12. 1777 oder 1781 Stedten bei Weimar, † 27. 7. 1849 Teplitz. Die j¨ungste Tochter eines Regimentskommandanten in Weimar war eng mit Charlotte von → Stein befreundet, in deren Haus sie 1798 von Johann Gottfried → Herder mit dem holsteinischen Gutsbesitzer Rudolf Johann Graf von Ahlefeldt getraut wurde. Seit 1807 lebte sie von ihm getrennt mit ihren Kindern in Schleswig. Ihre literarische Produktivit¨at und der Publikumserfolg sicherten ihre Existenz als freie Schriftstellerin. 1821 siedelte A. nach Weimar u¨ ber, 1846 aus gesundheitlichen Gr¨unden nach Teplitz. Neben Unterhaltungsromanen (u. a. Marie M¨uller, 1798), die in der Ritterzeit angesiedelt waren, verfaßte A. Gedichte und Erz¨ahlungen. C Killy
Ahlefeldt, Detlev von, Milit¨ar, Diplomat, * 20. 2. 1617 Gelting (Angeln), † 25. 11. 1686 Hamburg. Nach l¨angeren Auslandsstudien und -reisen u¨ bernahm A. 1640 die Verwaltung der Familieng¨uter. Er war 1644 Rittmeister im d¨anischen Heer, sp¨ater im Dienst der Landgr¨afin von Hessen-Kassel, aus dem er 1648 als Oberst ausschied. Der d¨anische K¨onig setzte ihn 1651 als Landrat in den Herzogt¨umern ein, 1652 als Amtmann in Flensburg. 1657 wurde er Oberst eines Dragonerregiments und Generalkriegskommissar. Als Diplomat war A. u. a. mit den Verhandlungen D¨anemarks beim brandenburgischen Kurf¨ursten betraut; 1680 verließ er den aktiven Dienst und lebte in Hamburg. ¨ Die Ubersetzung seiner Memoiren (Ditlev Ahlefeldts Erindringer 1617-60) gab Louis Bob´e 1922 heraus. C SHBL, Bd 7
Ahlefeldt, Friedrich von, Beamter, * 28. 4. 1618 Eckernf¨orde, † 2. 1. 1664 Schloß Reinbeck. Nach dem Studium in K¨oln und Jena war A. 1641-57 Propst des Klosters Uetersen, seit 1648 Landrat im Herzogtum Holstein-Gottorp und Amtmann zu Trittau und Reinbek; 1653 reiste er als Gesandter zum Reichstag nach Regensburg. Im Landratskollegium des Herzogs → Christian Albrecht nahm A. eine f¨uhrende Stellung ein und bek¨ampfte dessen schwedenfreundliche Umgebung. 1661 setzte er sich
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gegen die W¨unsche Schwedens durch und erreichte die Beibehaltung der „Gemeinschaftlichen Regierung“ und die Bereinigung der Differenzen zwischen Holstein-Gottorp und D¨anemark. W¨ahrend sich der Herzog 1661 im Ausland aufhielt, f¨uhrte A. gemeinsam mit Johann Adolf Kielmann von Kielmannsegg die Regierung, mußte aber nach der R¨uckkehr des Herzogs immer mehr vor dem eine schwedenfreundliche Politik betreibenden Kanzler und Pr¨asidenten zur¨ucktreten. C SHBL, Bd 7
Ahlefeldt, Gottschalk von, auch Gosche von A., Bischof von Schleswig, * 1475 auf Bollingstedt bei Schleswig, † 25. 1. 1541 auf Bollingstedt bei Schleswig. Der aus einem vornehmen holsteinischen Adelsgeschlecht stammende A. studierte seit 1489 in Rostock, von 1498 an in Bologna, wurde dort 1500 zum Procurator der deutschen Nation ernannt und 1501 zum Doktor decretorum promoviert. 1501 wurde er Kanzler Herzog → Friedrichs von Gottorp. Als Bischof von Schleswig (seit 1507) ordnete er das Rechnungswesen seines Bistums und f¨uhrte eine neue Gottesdienstordnung ein. Seine politische T¨atigkeit verband A. mehrmals mit D¨anemark: als Wortf¨uhrer der d¨ani¨ schen Brautwerber um Elisabeth (Isabella) von Osterreich f¨ur K¨onig Christian II. reiste er 1514 nach Linz; 1515 war er „Orator“ des Herzogs am p¨apstlichen Hof und blieb Friedrich verbunden, auch als dieser 1523 K¨onig von D¨anemark wurde. A. war der letzte kath. Bischof Schleswigs. C SHBL, Bd 5 Ahlefeldt, Joachim von, Staatsmann, * 1646, † 9. 9. 1717 Buckhagen (Angeln). A. war 1671-74 Kammerjunker der K¨onigin von D¨anemark, 1677-82 Propst des Klosters in Preetz und seit 1679 in holstein-gottorppischen Diensten als Landrat bzw. Geheimer und Kammerrat. Er war an f¨uhrender Stelle an den Regierungsgesch¨aften Herzog → Christian Albrechts beteiligt, stand der holstein-gottorppischen Exilregierung in Hamburg als Pr¨asident vor und war wesentlich am Zustandekommen des Altonaer Vergleichs (1689) beteiligt, der dem Herzog Land und Rechte zur¨uckgab. Nach Regierungsantritt des schwedenfreundlichen → Friedrich IV. kehrte A. in d¨anische Dienste zur¨uck und war Mitunterzeichner des Hamburger Vergleichs (1711) zwischen D¨anemark und dem Herzogtum. C NDB Ahlefeldt, Maria Theresia Gr¨afin, Komponistin, Schriftstellerin, Musikerin, * 28. 2. 1755 Regensburg, † 20. 12. 1810 Prag. A., Tochter des Prinzen Alexander Ferdinand von → Thurn und Taxis, heiratete 1780 den d¨anischen Diplomaten Graf Ferdinand von Ahlefeldt-Langeland-Rixingen. Am Hof des Markgrafen von Ansbach, → Alexander, verkehrte sie im Kreis um Elisa → Craven und bet¨atigte sich literarisch und musikalisch. Nach der Aufl¨osung des markgr¨aflichen Hofs 1791 ging sie gemeinsam mit ihrem Ehemann, der 1792-94 Intendant des K¨oniglichen Theaters in Kopenhagen war, nach D¨anemark. 1798 zogen sie nach Dresden, 1800 nach Prag. A. hatte sich bereits in Ansbach und Kopenhagen einen Namen als Komponistin gemacht, im besonderen mit dem vieraktigen Ballett Telemak p˚a Calypsos. Sie trat auch als Pianistin auf. C MGG Ahlefeldt-Laurwig, Elise (Davidia Margarete) Gr¨afin von, Literatin, * 17. 11. 1788 Schloß Tranekjaer auf Langeland (D¨anemark), † 21. 3. 1855 Berlin. Der 1806 geschlossenen morganatischen Ehe mit dem d¨anischen Kronprinzen entstammte eine 1807 geborene Tochter. Nach der Scheidung wurde A.-L. 1810 mit Ludwig Adolph Wilhelm von → L¨utzow verm¨ahlt, den sie w¨ahrend der Freiheitskriege begleitete. In seiner Abwesenheit warb sie in Breslau selbst¨andig Freiwillige an. 1817 folgte sie L¨utzow
Ahlgrimm nach M¨unster und gr¨undete einen Literaturzirkel, in dem sie 1821 Karl Leberecht → Immermann begegnete. Als dieser 1824 nach Magdeburg versetzt wurde, folgte ihm A.-L., ebenso sp¨ater nach D¨usseldorf. 1825 ließ sie sich scheiden, weigerte sich jedoch, Immermann zu heiraten. Nach dessen Verlobung mit Marianne Niemeyer verließ A.-L. 1839 den Dichter und lebte, nach einer Reise nach Italien (1839), in Berlin. C Westf Autoren, Bd 2
Ahlers, Conrad, Journalist, Politiker, * 8. 11. 1922 Hamburg, † 19. 12. 1980 Bonn. A., dessen Vater als Exportkaufmann und zeitweise als deutscher Wahlkonsul in England t¨atig war, nahm 1941-45 am Zweiten Weltkrieg teil und studierte seit 1945 Volkswirtschaft in Hamburg. 1947 z¨ahlte er zu den Begr¨undern der Jungen Union. 1948 / 49 Journalist beim Deutschen Dienst der BBC in London, war er seit 1949 beim Hamburger „Sonntagsblatt“ t¨atig. 1951 wurde er Chef vom Dienst im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung und 1952 Pressereferent der Dienststelle Blank, der Vorl¨auferin des Bundesverteidigungsministeriums. Er war außenpolitischer Redakteur der „Welt“ (seit 1954), BonnKorrespondent des „Spiegel“ (seit 1957), innenpolitischer Redakteur der „Frankfurter Rundschau“ (seit 1959) und wurde 1962 stellvertretender Chefredakteur des „Spiegel“. Im Zuge des von ihm verfaßten Artikels „Bedingt abwehrbereit“ und der folgenden „Spiegel-Aff¨are“ war A. mehrere Wochen inhaftiert. 1966 wurde er Regierungssprecher der Großen Koalition, war seit 1968 Mitglied der SPD und leitete 1969-72 als Staatssekret¨ar das Bundespresseamt. A. war seit 1972 Mitglied des Deutschen Bundestags und daneben journalistisch f¨ur den „Stern“, die „Hamburger Morgenpost“ und die „Wirtschaftswoche“ t¨atig. 1980 wurde er zum Intendanten der „Deutschen Welle“ gew¨ahlt. A. ver¨offentlichte u. a. Die Bedeutung der allgemeinen und aktuellen politischen Information f¨ur die Regierungspolitik (1968). C MdB
Ahlers-Hestermann, Friedrich (Fritz), Maler, Schriftsteller, * 17. 7. 1883 Hamburg, † 11. 12. 1973 Berlin. A.-H. wurde 1900 Sch¨uler von Arthur → Siebelist und ging 1907 nach Paris, wo u. a. die Begegnung mit dem Werk Paul C´ezannes seine Malerei beeinflußte. W¨ahrend des Studiums mit dem deutschen K¨unstlerkreis des Caf´e du dˆome (dessen Geschichte er als Schriftsteller festhielt) an der Malschule von Henri Matisse (seit 1910) entstanden A.-H.s Marnelandschaften. Nach l¨angeren Reisen kehrte er 1918 nach Hamburg zur¨uck, u¨ bernahm ein Lehramt an der Kunstschule Koppel und schloß sich 1919 der Hamburger Secession an. 1916 heiratete er die russische Malerin Alexandra Povorina. Von 1928 bis zu seinem politisch erzwungenen Abschied 1933 lehrte er als Prof. an der Werkschule K¨oln. 1945-51 leitete er die Landeskunstschule Hamburg und siedelte dann nach Berlin u¨ ber. A.-H. war seit 1950 Mitglied der freien Kunstakademie Hamburg, seit 1953 der in Berlin. Seine Arbeiten entwickelten sich von expressionistischen Anf¨angen hin zu freien Assoziationen, er schuf Portr¨ats, Landschaften und Stilleben. Seine Autobiographie Pause vor dem dritten Akt erschien 1949. C AKL Ahlersmeyer, Mathieu (Karl Maria), S¨anger, * 29. 6. 1896 K¨oln, † 23. 7. 1979 Garmisch-Partenkirchen. A. erhielt eine Gesangsausbildung bei Karl Niemann in K¨oln. Er sang 1928-30 am Stadttheater in M¨onchenGladbach, 1930 / 31 an der Kroll-Oper Berlin und war dann drei Jahre erster Heldenbariton an der Hamburger Staatsoper. 1934-45 war er an der Dresdner Staatsoper engagiert und gastierte seit 1938 an den Staatsopern in Berlin und Wien. Seit 1935 war A. Kammers¨anger. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er wieder an die Hamburger Oper berufen, wo er bis 1962 dem Ensemble angeh¨orte
und noch bis 1973 gastierte. Seit 1953 war A. Mitglied der St¨adtischen Oper in Berlin-Charlottenburg. Er gab zahlreiche Auslandsgastspiele, u. a. bei den Festspielen in Salzburg und Edinburgh sowie 1954 in Buenos Aires. A. sang u. a. 1938 in der Berliner Urauff¨uhrung der Oper Peer Gynt von Werner → Egk die Titelrolle. C Kutsch
Ahles, Wilhelm (Elias) von, Botaniker, * 2. 9. 1829 Neckarburken bei Mosbach, † 29. 8. 1900 Stuttgart. Nach dem Abschluß naturwissenschaftlicher Studien in Heidelberg, Z¨urich und Jena war A. zun¨achst als Gymnasiallehrer und seit 1859 als Privatdozent in Heidelberg t¨atig. 1865 wurde er Prof. der Botanik und der Pharmakognosie am Polytechnikum (seit 1890 TH) in Stuttgart und lehrte an der Tier¨arztlichen Hochschule. A., der 1876 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen wurde, war langj¨ahriger Vorstand der pharmazeutischen Pr¨ufungskommission sowie Mitbegr¨under und Vorstand des W¨urttembergischen Gartenbauvereins (seit 1878). Er vero¨ ffentlichte u. a. Botanische Wandtafeln (1873) und Vier Feinde der Landwirthschaft (1874). 1887 gab er die 7. Auflage von Moritz Seuberts Lehrbuch der gesammten Pflanzenkunde heraus. C Biogr Jahrb, Bd 5
Ahlfeld, (Johann) Friedrich, evang. Theologe, * 1. 11. 1810 Mehringen (Anhalt), † 4. 3. 1884 Leipzig. Der Sohn eines Zimmermanns und Tagel¨ohners besuchte die Gymnasien in Aschersleben sowie Dessau und studierte in Halle. 1834 wurde er Inspektor am Gymnasium in Zerbst, mußte es aber als Mitglied der verbotenen Burschenschaften wieder verlassen, war seit 1837 Rektor und Hilfsprediger in W¨orlitz und seit 1838 Pfarrer in Alsleben. An der Laurentiuskirche in Halle (seit 1847) trat er gegen den Einfluß der „Lichtfreunde“ auf. Seit 1851 war A., der durch seine Predigten großen Einfluß aus¨ubte, Pfarrer an St. Nicolai und am Predigerkolleg in Leipzig. A., der urspr¨unglich Rationalist war, gilt als Erneuerer des Luthertums in Sachsen. Er entwarf das s¨achsische Landesgesangbuch von 1880 und trat als Volksschriftsteller hervor (u. a. Erz¨ahlungen f¨ur das Volk, 6 Bde., 1847). A. war der Vater des Gyn¨akologen Johann Friedrich → A. C TRE Ahlfeld, Johann Friedrich, Gyn¨akologe, * 16. 10. 1843 Alsleben / Saale, † 24. 5. 1929 Marburg. Der Sohn des Theologen Friedrich → A. studierte Medizin in Greifswald und Leipzig, wurde Assistent Carl → Cred´es und schloß sein Studium in Wien und T¨ubingen ab (1868). Nach der Habilitation (1873, Die Entstehung der Stirn- und Gesichtslagen) in Leipzig wurde A. 1876 Extraordinarius und war seit 1881 Prof. der Geburtshilfe und Gyn¨akologie sowie Direktor der Hebammenschule in Gießen, 1883-1907 in Marburg. Obgleich A. an der Hinwendung seiner Wissenschaft zur Chirurgie so gut wie keinen Anteil nahm, galt er als bedeutender Geburtshelfer. Er trat im Gegensatz zu Cred´e f¨ur eine abwartende Geburtshilfe ein, erforschte die Entwicklung von F¨oten und Neugeborenen, bewirkte die Einf¨uhrung neuer Desinfektionsmethoden in Kreiß- und Operationss¨alen und verfaßte das Lehrbuch der Geburtshilfe (1894, 31903). C DBJ, Bd 11
Ahlgrimm, Isolde, o¨ sterr. Musikerin, * 31. 7. 1914 Wien, † 11. 10. 1995 Wien. A., die bereits als Kind in Klavierkonzerten auftrat, studierte an der Musikakademie in Wien bei Viktor → Ebenstein, Franz → Schmidt und Emil Georg von → Sauer; 1935 wechselte sie vom Klavier zum Cembalo. Autodidaktisch erlernte sie Techniken und Stile aus Ableitungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Sie unternahm Konzertreisen durch Europa und die USA. Ihr Repertoire umfaßte die gesamte Klaviermusik von Johann Sebastian → Bach, die sie mehrmals in einem Zyklus von 12 Liederabenden spielte. Sie war auch
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Ahlmann eine Vertreterin der o¨ sterr. Cembalomusik, besonders der Arbeiten von Johann Joseph → Fux. 1944 schrieb Richard → Strauss eine Suite in seiner Oper Capriccio f¨ur sie. 1945 begann A. ihre Lehrt¨atigkeit an der Wiener Hochschule, an der sie seit 1969 als Dozentin t¨atig war; 1975 wurde sie zur Professorin ernannt. 1958-62 war sie als Professorin am Mozarteum in Salzburg t¨atig. C MGG
Ahlmann, K¨ate, eigentl. Katharina Aline A., geb. Braun, Fabrikantin, * 5. 12. 1890 K¨oln, † 15. 6. 1963 Innsbruck. A., deren Vater Senatspr¨asident beim Oberlandesgericht in K¨oln war, durchlief eine G¨artnerlehre. Seit 1914 mit dem Fabrikantensohn Julius A. verheiratet, widmete sie sich zun¨achst dem Ausbau der g¨artnerischen Anlagen der 1827 gegr¨undeten Carlsh¨utte (Eisengießerei und Emaillierwerk) in B¨udelsdorf. Nach dem Tod ihres Mannes 1931, der seit 1919 die Firmenleitung innehatte, trat A. in den Aufsichtsrat des Unternehmens ein, der sie mit der Leitung der Carlsh¨utte beauftragte. 1937 wurde das Unternehmen in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt; neben ihrem Schwiegervater, der 1939 starb, war A. einzige pers¨onlich haftende Kommanditistin. Seit 1941 hieß die Firma Ahlmann-Carlsh¨utte. W¨ahrend des Kriegs wesentlich an der R¨ustungsproduktion beteiligt, stellte die H¨utte, die der Aufsicht der britischen Milit¨arregierung in Kiel unterstellt wurde, nach Kriegsende ¨ vor allem Kleinherde, Ofen und Kochgeschirre her. Zusammen mit ihren S¨ohnen Hans-Julius und Josef-Severin A. betrieb A. die Ausweitung der Produktion und damit verbunden die Gr¨undung mehrerer Tochtergesellschaften. Nach dem Tod des a¨ lteren Sohnes teilte A. den gr¨oßten Teil des Unternehmens unter den Erben auf, die 1974 Konkurs anmelden mußten. A. war 1950-58 Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Selbst¨andiger Unternehmer und bis 1962 Vorsitzende der auf ihre Initiative gegr¨undeten Vereinigung von Unternehmerinnen. 1960 stiftete sie neben ihrer Sammlung zum Thema Eisenguß das Geb¨aude des EisenkunstgußMuseums in B¨udelsdorf. C SHBL, Bd 9 Ahlmann, (Carl Johann Hermann) Ludwig, Bankier, * 4. 12. 1859 Kiel, † 27. 6. 1942 Kiel. Nach rechtswissenschaftlichen Studien in T¨ubingen, Berlin und Kiel absolvierte A. das Referendarsexamen (1882) und 1889 das Assessorexamen, wurde an der Univ. Leipzig promoviert und trat als Teilhaber in das Kieler Bankhaus seines Vaters Wilhelm Hans → A. ein, dessen Leitung er 1894 u¨ bernahm. A. war Vorsitzender der Kieler B¨orse, Mitglied des Provinziallandtags sowie stellvertretendes Mitglied des Preußischen Staatsrats. Er ver¨offentlichte mehrere Beitr¨age zur Regional- und Landesgeschichte und war u. a. Vorsitzender der Gesellschaft f¨ur Schleswig-Holsteinische Geschichte (1921-31). C SHBL, Bd 1
Ahlmann, Wilhelm, Bankier, * 17. 4. 1895 Kiel, † 7. 12. 1944 Berlin. Der Sohn des Inhabers des Bankhauses Wilhelm Ahlmann und Enkel des Bankiers Wilhelm Hans → A. wurde in Großbritannien auf den Eintritt in das v¨aterliche Unternehmen vorbereitet, das er bis zu seinem Tod f¨uhrte. Im Ersten Weltkrieg verlor er das Augenlicht. 1919 wurde er in Kiel mit der Dissertation Gibt es eine Notwehr gegen schickan¨ose Rechtsaus¨ubung aus § 226 BGB und gegen Handlungen, die unter § 826 BGB fallen? zum Dr. jur., 1923 mit der Arbeit Zur Analysis des optischen Darstellungserlebens. Ein Beitrag zur Blindenpsychologie zum Dr. phil. promoviert. Seit 1925 widmete er sich in Leipzig staatsphilosophischen Fragen und wurde Anfang 1933 kurzzeitig Hilfsreferent im preuß. Kultusministerium, stand jedoch der weiteren politischen Entwicklung immer ablehnender gegen¨uber. Als seine Bekanntschaft mit Mitgliedern der Widerstandsgruppe des 20. Juli 1944 bekannt wurde, nahm er sich das Leben. C SHBL, Bd 1
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Ahlmann, Wilhelm Hans, Politiker, Bankier, * 13. 7. 1817 Gravenstein, † 15. 9. 1910 Kiel. Nach dem Studium der Staatswissenschaften und der Volkswirtschaft (Promotion in T¨ubingen 1845) lehrte A., Sohn eines Kaufmanns, 1847 / 48 an der Univ. Kiel. Er war f¨uhrend an der schleswig-holsteinischen Erhebung von 1848-51 beteiligt, war Sekret¨ar der Provisorischen Regierung, Abteilungs-Chef im Departement des Inneren und Leiter des Postwesens. 1848 / 49 geh¨orte er dem radikalliberalen Fl¨ugel der Konstituierenden Schleswig-Holsteinischen Landesversammlung an und gab die „Schleswig-Holsteinische Zeitung“ heraus, die zeitweilig von Theodor → Mommsen redigiert wurde. Nach dem Scheitern der Erhebung lebte A. zun¨achst in Großbritannien; nach seiner R¨uckkehr 1852 gr¨undete er das erste Kieler Bankhaus, schloß sich 1863 der augustenburgischen Partei an und gr¨undete 1864 die „Kieler Zeitung“. 1867 war er Mitbegr¨under der Liberalen Partei Schleswig-Holsteins und danach Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses (bis 1875) und der Kieler Stadtkollegien (bis 1888). C NDB Ahlwardt, Christian Wilhelm, Klassischer Philologe, * 23. 11. 1760 Greifswald, † 12. 4. 1830 Greifswald. A. war nicht – wie oft angegeben – der Sohn des Philosophen Peter → Ahlwardt, sondern entstammte einer Greifswalder B¨urgerfamilie. Nach dem Besuch der Ratsschule (seit 1769) und der Univ. (1778-82) Greifswald, die er ohne Abschluß verließ, war er Haus- und Sprachlehrer in seiner Heimatstadt und in Rostock, wurde 1792 Lehrer in Demmin, 1795 in Anklam und kam 1797 auf Empfehlung von Johann Heinrich → Voß als Rektor an das Gymnasium in Oldenburg. Nach der franz¨osischen Besetzung des Herzogtums 1811 war A. wieder an einer Schule in Greifswald t¨atig, bis er 1817 eine Professur der Alten Sprachen erhielt. Neben zahlreichen phi¨ lologischen Arbeiten und Ubersetzungen ver¨offentlichte A. ¨ eine Ubertragung der Ossian-Ges¨ange James Macphersons aus dem G¨alischen (8 Bde., 1811). A. war der Vater von Wilhelm Theodor → A. C Oldenburg
Ahlwardt, Hermann, Publizist, * 21. 12. 1846 Krien bei Anklam, † 16. 4. 1914 Leipzig. 1893 wurde A., der von 1869 an Volksschullehrer in Neuruppin und in Berlin war, 1881 als Rektor auf dem Disziplinarweg aus dem Schuldienst entlassen. Seit 1890 publizierte er antisemitische Hetzschriften (Der Verzweiflungskampf der arischen V¨olker gegen das Judentum, 1890; Judenflinten, 1892). Wegen der in diesen Schriften enthaltenen Beleidigungen gegen Lehrerkollegen und j¨udische Pers¨onlichkeiten wurde A. 1891 / 92 zu mehrmonatigen Freiheitsstrafen verurteilt. 1892-1903 war er Mitglied des Deutschen Reichstags. 1895 aus der Deutschen Reformpartei ausgeschlossen, gr¨undete er mit Otto → Boeckel die Antisemitische Volkspartei. C Puschner
Ahlwardt, Peter, Pseud. Alethinus Libertus, Philosoph, * 14. 2. 1710 Greifswald, † 1. 3. 1791 Greifswald. Der Sohn eines Schuhmachers studierte nach dem Besuch der Ratsschule 1727 an der Univ. seiner Heimatstadt die Artes sowie Theologie und wechselte nach drei Jahren an die Univ. Jena, wo er zus¨atzlich Medizin und Rechtswissenschaften h¨orte. In Greifswald (Promotion 1732) hielt A. seit 1733 philosophische und mathematische Vorlesungen, wurde 1743 Adjunkt und 1752 o. Prof. der Logik und Metaphysik. A. geh¨orte der Deutschen Gesellschaft in Greifswald an und stiftete den Abeliten-Orden (Der Abelit, 1746). A. ver¨of¨ fentlichte u. a. Uber die Unsterblichkeit der Seele und u¨ ber die Freiheit Gottes (1735), Vern¨unfftige und gr¨undliche Gedancken von den Kr¨afften des menschlichen Verstandes und deren richtigen Gebrauch in der Erkenntniss der Wahrheit (1741), Gr¨undliche Betrachtungen u¨ ber die Augspurgische
Ahrens Confession (3 Bde., 1742-51), Einleitung in die Philosophie (1752) und Einleitung in die dogmatische Gottesgelahrtheit (1753). C BBKL
Ahlwardt, Wilhelm (Theodor), Arabist, * 4. 7. 1828 Greifswald, † 2. 11. 1909 Greifswald. Nach dem Besuch der Universit¨aten Greifswald und G¨ottingen (seit 1846, Promotion 1851) hielt sich A., Sohn des Altphilologen Christian Wilhelm → Ahlwardt, zum Studium arabischer Handschriften in Gotha und Paris auf. 1856-65 war er Bibliothekar der Universit¨atsbibliothek seiner Heimatstadt, habilitierte sich 1857 und wurde 1861 Ordinarius f¨ur orientalische Philologie an der Greifswalder Universit¨at. A. legte ein Verzeichnis der arabischen Handschriften der K¨oniglichen Bibliothek in Berlin an (10 Bde., 1887-99) und gab u. a. die Sammlung alter arabischer Dichter (3 Bde., 1902 / 03) heraus. C NDB Ahn, Albert, Verleger, * 28. 1. 1867 K¨oln, † 8. 7. 1935 Suvigliana. A. studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg, M¨unchen und Bonn und wurde in Leipzig promoviert. Zun¨achst im juristischen Vorbereitungsdienst in K¨oln t¨atig, absolvierte er seine kaufm¨annische und verlegerische Ausbildung in verschiedenen Buchdruckereien sowie im Buch- und im Kunstverlag. A. war u. a. Vorstandsmitglied des Verbands Rheinischer Industrieller und des Vereins Deutscher Zeitungsverleger, Aufsichtsratsmitglied der K¨olner Verlags-Anstalt und Druckerei A. G., Vorsitzender des Vereins Rheinischer Zeitungsverleger, des Arbeitgeberverbands f¨ur das Deutsche Zeitungsgewerbe und des Verwaltungsrats der Versorgungsanstalt der Reichsarbeitsgemeinschaft der Deutschen Presse GmbH, Berlin. C Reichshandbuch Ahn, Friedrich (Fritz), o¨ sterr. Bibliothekar, * 5. 5. 1861 Cilli, † 19. 9. 1916 Graz. A. studierte Klassische Philologie in Wien und Graz und wurde zum Dr. phil. promoviert. Anschließend war er als Bibliothekar an der Universit¨atsbibliothek Graz t¨atig. Er arbeitete an den Zeitschriften „Beitr¨age des historischen Vereins f¨ur Steiermark“ und „Mitteilungen des o¨ sterreichischen Vereins f¨ur Bibliothekswesen“ mit und verfaßte mehrere Schriften zur steirischen und slowenischen Literatur, u. a. Die Slowenischen Erstlingsdrucke der Stadt Laibach 1575-1580 (1896) und Die periodische Presse der Steiermark in den Jahren 1848-1898 (1904). Ahna, Heinrich de, Musiker, * 22. 6. 1835 Wien, † 1. 11. 1892 Berlin. A. begann seine Ausbildung als Sch¨uler Joseph → Mayseders in Berlin und ging dann zu Moritz → Mildner an das Konservatorium in Prag. Seine ersten Auftritte als Violinvirtuose erfolgten schon im Alter von zw¨olf Jahren. 1849 wurde er vom Herzog von Coburg-Gotha zum Kammervirtuosen ernannt. 1851 trat er in die o¨ sterr. Armee ein und wurde 1853 zum ¨ Leutnant bef¨ordert. Nach dem Osterreichisch-Italienischen Krieg von 1859 nahm er seinen Abschied und reiste bis 1862 durch Europa. Er ließ sich in Berlin nieder, wurde Mitglied der kgl. Kapelle, 1868 Konzertmeister und 1869 Lehrer an der K¨oniglichen Hochschule f¨ur Musik. A. war Mitglied des Joachim-Quartetts. Ahorner von Ahornrain, Joseph Georg Franz von Paula, Mediziner, * 1. 4. 1764 Augsburg, † 31. 12. 1839 Augsburg. Nach einigen Semestern Theologiestudium in Brixen (seit 1781) und einer Besch¨aftigung als Hofmeister (1783-85) studierte A., Sohn eines Aktuars der kaiserlichen M¨unzschaukommission in Augsburg, Medizin in Innsbruck, seit 1786 in Wien (Promotion 1790). Obgleich sich ihm dort g¨unstige Aussichten als Arzt boten, ging er 1793 zur¨uck in
seine Heimatstadt Augsburg und u¨ bernahm das Stadtphysikat. Er engagierte sich in der Armenf¨ursorge, gr¨undete 1797 die a¨ rztliche Witwenkasse und 1828 die Unterst¨utzungskasse f¨ur Waisen. Er machte sich verdient um die Neufassung der Augsburger Medizinalordnung (1801). A. verfaßte u. a. die zweib¨andige Bibliothek f¨ur Kinder¨arzte (1792) und u¨ bersetzte Hippokrates’ Aphorismen (1800). C NDB
Ahrens, Adolf, Kapit¨an, Kaufmann, Politiker, * 17. 9. 1879 Bremerhaven-Geestem¨unde, † 21. 1. 1957 Bremen. Der Sohn eines G¨artners musterte 1893 als Schiffsjunge an. Mit 19 Jahren erwarb er das Patent als Steuermann auf großer Fahrt und 1899 das Kapit¨anspatent. Seit 1901 fuhr er beim Norddeutschen Lloyd. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde sein Schiff in Port Said aufgehalten und die Besatzung in Malta interniert. Nach seiner R¨uckkehr 1919 bet¨atigte er sich als selbst¨andiger Kaufmann, bis 1923 die deutsche Handelsflotte wiederaufgebaut wurde und er wiederum beim Norddeutschen Lloyd anheuerte, wo er seit 1927 als Kapit¨an t¨atig war. 1939 gelang ihm mit der „Bremen“ der Durchbruch der englischen Blockade; im selben Jahr wurde er zum Kommodore ernannt. A. trat 1941 in den Ruhestand und war 1949-53 Bundestagsabgeordneter der Deutschen Partei. C MdB Ahrens, Felix Benjamin, Chemiker, * 22. 10. 1863 Danzig, † 14. 11. 1910 Berlin. A. studierte seit 1882 Chemie in Berlin, Breslau und Kiel, wurde 1886 in Breslau mit der Dissertation Untersuchungen u¨ ber Octylbenzol promoviert und war seit 1887 Assistent bei Albert → Ladenburg. 1889 habilitierte er sich dort mit der Arbeit Zur Kenntnis des Sparteins wurde Privatdozent und war von 1896 an a. o. Prof. und Direktor des Landwirtschaftlich-Technologischen Instituts der Universit¨at. Angeregt von Ladenburg, galt sein besonderes Interesse dem Gebiet der Alkaloide. Seine Arbeiten (u. a. Acetylen in der Technik, 1899) befaßten sich auf chemischtechnischem Gebiet u. a. mit Steinkohlenteer, Acetylen und Sulfitlaugen. Ahrens, Heinrich (Julius), Philosoph, * 14. 7. 1808 Kniestedt bei Salzgitter, † 2. 8. 1874 Salzgitter. A., Sohn eines Gutsverwalters, studierte seit 1827 Jura an der Univ. G¨ottingen, war Sch¨uler von Karl Christian Friedrich → Krause und wurde 1830 promoviert. 1831 beteiligte er sich am G¨ottinger Aufstand und hatte im neugew¨ahlten Gemeinderat das Amt des Schriftf¨uhrers inne. Nach der unblutigen Beendigung des Aufstandes durch die hannoversche Armee floh er u¨ ber Belgien nach Paris, hielt dort 1833 Vortr¨age u¨ ber Philosophie, wurde mit einem Hochschulkurs f¨ur Psychologie beauftragt und nahm 1834 einen Ruf als Prof. der Philosophie an die Univ. Br¨ussel an. 1848 wurde er f¨ur Salzgitter in die Frankfurter Nationalversammlung gew¨ahlt. A. trat der Großdeutschen Partei bei und war vor allem im Verfassungsausschuß als Mitglied der Fraktion Westendhall t¨atig. Seit 1850 war er Prof. der Rechtsphilosophie in Graz, seit 1860 der Staatswissenschaften an der Philosophischen Fakult¨at in Leipzig. 1863 / 64 war A. als Vertreter der dortigen Univ. Mitglied der Ersten S¨achsischen Kammer im s¨achsischen Landtag. Im Auftrag der Regierung richtete er in Leipzig ein philosophisches Seminar ein, das 1873 er¨offnet wurde. A.s Grundanliegen war die Verbreitung und Weiterentwicklung der rechtsphilosophischen Ideen Krauses und des Versuchs der Entwicklung eines selbst¨andigen Naturrechts – in einer Zeit, in der der Rechtspositivismus vorherrschte – unter besonderer Ber¨ucksichtigung sozialpolitischer Gesichtspunkte. Er ver¨offentlichte u. a. Cours de droit naturel ou de philosophie du droit (1838-40; 2 Bde., 81892; nach der zweiten Ausgabe deutsch
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Ahrens von Adolph Wirk: Das Naturrecht oder die Rechtsphilosophie nach dem gegenw¨artigen Zustande dieser Wissenschaft in Deutschland, 1846; neu bearb., 2 Bde., 61870 / 71; Neudruck 1968), Die Organische Staatslehre auf philosophischanthropologischer Grundlage (1850), Die Rechtsphilosophie oder das Naturrecht auf philosophisch-anthropologischer Grundlage (1852) und Juristische Encyklop¨adie, oder organische Darstellung der Rechts- und Staatswissenschaft, auf Grundlage einer ethischen Rechtsphilosophie (1855-57). Weitreichenden Einfluß hatte A.s Philosophie besonders in den romanischen L¨andern. C Frankf Nationalvers
Ahrens, Heinrich Ludolf, Philologe, P¨adagoge, * 6. 6. 1809 Helmstedt, † 25. 9. 1881 Hannover. Nach dem Studium der Altphilologie an der Univ. G¨ottingen (Promotion 1829) habilitierte sich A. und unterrichtete gleichzeitig am dortigen Gymnasium, seit 1831 in Ilfeld, bis er Ostern 1845 eine Stellung als Direktor des Gymnasiums in Lingen antrat. Von 1849 bis zu seiner Pensionierung 1879 war er als Nachfolger von Georg Friedrich → Grotefend Direktor des st¨adtischen Lyzeums in Hannover. Als Sprachwissenschaftler bem¨uhte er sich besonders um die Erforschung und Darstellung der griechischen Dialekte und ver¨offentlichte u. a. De Graecae linguae dialectis (2 Bde., 1839-43). C Allg Hann Biogr, Bd 1
Ahrens, Hermann (Friedrich Arnold), Politiker, * 8. 4. 1902 Jerstedt (Kr. Goslar), † 14. 7. 1975 Salzgitter. A. durchlief 1916-18 eine Ausbildung bei der Kommunalverwaltung in Goslar, war nach dem Ersten Weltkrieg kaufm¨annischer Angestellter und seit 1925 im Bau- und Verwaltungsdienst der Provinzialverwaltung Hannover t¨atig. Seit 1920 SPD-Mitglied, wechselte er 1931 in die NSDAP und wurde 1933 B¨urgermeister von Salzgitter. 1933-36 war er Kreisleiter von Goslar-Land, 1942-45 1. Beigeordneter und seit 1944 kommissarischer Staatskommissar der Stadt Watenstedt-Salzgitter. Nach zweij¨ahriger Internierung im Lager Eselheide arbeitete A. seit 1947 als freier Journalist und u¨ bernahm die Verlagsdirektion des „SalzgitterKuriers“. Er schloß sich 1950 dem Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) an, wurde 1952 Vorsitzender des Bundesausschusses und 1956 des nieders¨achsischen Landesverbandes des Gesamtdeutschen Blocks / BHE. 1951 in den nieders¨achsischen Landtag gew¨ahlt, war A. zun¨achst Wirtschafts- und Verkehrsminister, seit 1959 Finanzminister und seit 1961 stellvertretender Ministerpr¨asident. Nach der Fusion von BHE und Deutscher Partei zur Gesamtdeutschen Partei (GDP) war er von 1962 bis zu ihrer Aufl¨osung 1975 Bundesvorsitzender der GDP. 1963 schied A. aus der Landesregierung aus und war 1965-69 als Gast der SPD-Fraktion Mitglied des Deutschen Bundestags. C MdB
Ahrens, Johann Thomas, Mathematiker, * 5. (15.) 2. 1786 N¨urnberg, † 3. 11. 1841 Augsburg. Der Sohn eines Tischlermeisters eignete sich als Autodidakt Grundlagen in Mathematik, Franz¨osisch und Italienisch an, gab Unterricht und studierte 1808-10 Philosophie, Mathematik, Physik, Chemie und Naturgeschichte an der Univ. Erlangen. 1810 wurde er Kreisgeometer, legte 1812 das Examen f¨ur das h¨ohere Lehramt ab und war seit Oktober 1813 Lehrer f¨ur Physik und Mathematik an der Realschule in N¨urnberg, dann am Archigymnasium zu Soest, sp¨ater am Gymnasium, am Lyzeum und an der polytechnischen Schule zu Augsburg. A. ist die erste deutsche Ausgabe der Biotschen analytischen Geometrie (1817, 21840) zu verdanken. Als eigenes Werk sind u. a. Analytische Untersuchung einer krummen Linie (1827) zu nennen.
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Ahrens, Joseph (Johannes Clemens), Komponist, Musiker, * 17. 4. 1904 Sommersell (heute zu Nieheim, Kr. H¨oxter, Westfalen), † 21. 12. 1997 Berlin. Nach musikalischem Unterricht bei Wilhelm Schnippering am B¨urener Lehrerseminar studierte A. 1924-25 bei Fritz → Volbach Kirchenmusik in M¨unster. 1925 setzte er seine Studien bei Alfred → Sittard und Max → Seiffert an der Akademie f¨ur Kirchen- und Schulmusik in Berlin fort und besuchte Wilhelm → Middelschultes Meisterklasse f¨ur Orgel. Seit 1928 Dozent an der Berliner Akademie, wurde er 1936 zum Prof. ernannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg u¨ bernahm A. die Professur f¨ur katholische Kirchenmusik an der Berliner Hochschule f¨ur Musik. Von 1934 bis zu ihrer Zerst¨orung 1943 war er Organist an der St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin, 1945-57 Chormeister und Organist der Salvatorkirche in Berlin-Schmargendorf. F¨ur das Bistum Berlin war er zudem als Orgelsachverst¨andiger t¨atig. A. komponierte u. a. Orgelkonzerte und Chorwerke. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Die Formprinzipien des Gregorianischen Chorals und mein Orgelspiel (1978) und Von den Modi zur Dodekaphoni (1979). 1955 mit dem Preis der Stadt Berlin ausgezeichnet, wurde er 1963 Mitglied der Berliner Akademie der K¨unste, 1965 Ritter des Gregorius-Ordens und erhielt 1968 die silberne Pontifikatsmedaille der P¨apstlichen Akademie. C MGG Ahrens, Wilhelm (Ernst Maria Georg), Mathematiker, * 3. 3. 1872 L¨ubz (Mecklenburg), † 23. 5. 1927 Rostock. Nach dem Studium der Mathematik in Rostock, Berlin und Freiburg im Breisgau wurde A. 1895 in Rostock mit der ¨ Arbeit Uber eine Gattung n-fach periodischer Functionen von reellen Ver¨anderlichen promoviert und bestand im gleichen Jahr die Staatspr¨ufung f¨ur das h¨ohere Lehramt. Er war Lehrer an der Allgemeinen Deutschen Schule in Antwerpen, verbrachte zwei Semester an der Univ. Leipzig bei dem norwegischen Mathematiker Marius Sophus Lie, bis er 1897 als Lehrer an die Baugewerkschule und 1901 an die Maschinenbauschule in Magdeburg ging. Im Zuge der Verstaatlichung der Maschinenbauschule nahm A. seinen Abschied und ließ sich als Privatgelehrter in Rostock nieder. Er ver¨offentlichte einige mathematische Werke (u. a. Mathematische Unterhaltungen und Spiele, 1910-18). Aibl, Joseph, Lithograph, Musikverleger, Musikalienh¨andler, * 27. 2. 1802 M¨unchen, † 28. 2. 1834 M¨unchen. A. bekam zun¨achst Unterricht bei Theobald → Boehm und war 1819-25 als Musiker, sp¨ater als Lithograph bei einem Musikh¨andler in Bern t¨atig. 1825 gr¨undete er in M¨unchen sein eigenes Gesch¨aft, das Musikalien ver¨offentlichte und mit Musikinstrumenten handelte. Nach seinem fr¨uhen Tod wurde das Gesch¨aft von seiner Frau weitergef¨uhrt, seit 1837 von Eduard Spitzweg, einem Bruder des Malers Carl → Spitzweg. Der Verlag, der Kompositionen u. a. von Peter → Cornelius, Joseph → Rheinberger, Theobald → Boehm, Hans von → B¨ulow, Max → Reger und Richard → Strauss herausbrachte, wurde 1904 an die Universal-Edition in Wien verkauft. C MGG
Aiblinger, Johann Kaspar, Komponist, Kapellmeister, * 23. 2. 1779 Wasserburg / Inn, † 6. 5. 1867 M¨unchen. Der Sohn eines Gemischtwarenh¨andlers besuchte die Lateinische Schule der Benediktiner in Tegernsee und anschließend das Gymnasium in M¨unchen, wo er seine erste musikalische Ausbildung bei Josef → Schlett erhielt. 1800 ging A. zum Theologiestudium nach Landshut und trat als Benediktiner in die Abtei in Polling ein. Nach Aufl¨osung der Abtei 1802 studierte er bei Simon → Mayr in Bergamo. 1803-11 lebte er in Vicenza, dann bis 1818 in Venedig, wo er den Verein „Odeon“ mitgr¨undete, und 1819 in Mailand als zweiter Kapellmeister des Vizek¨onigs und Komponist f¨ur das
Aicher Mail¨ander Ballett. Wieder in M¨unchen, wurde er Maestro der italienischen Oper und 1826 Hofkapellmeister am kgl. Hof- und Nationaltheater. A. komponierte neben Opern und Balletten nach seiner zweiten italienischen Reise 1833 vorwiegend Kirchenmusik. C MGG
Aich, Arnt von, Drucker, * Aachen (?), † 28. 6. 1530 K¨oln. Durch die Heirat mit Ida Grutter gelangte A. in den Besitz der Lupus-Presse und begann 1512 / 13 mit der Publikation von rund 35 Arbeiten aus unterschiedlichen Fachgebieten. Das Unternehmen wurde nach seinem Tod von seiner Witwe fortgef¨uhrt, bis sein Sohn Johannes alt genug war, die Gesch¨afte zu u¨ bernehmen. Unter A.s F¨uhrung bestand der Großteil der Ver¨offentlichungen aus religi¨osen Schriften. Im Bereich der Musik trat er mit einer einzigen Sammlung hervor, LXXV hubscher Lieder. Obgleich viele der Publikationen nicht datiert sind, weist die Sammlung auf ein fr¨uhes Datum, ungef¨ahr 1512-20, hin. In der Sammlung werden keine Komponisten namentlich erw¨ahnt. Einige Lieder wurden Paulus von → Hofhaimer, Heinrich → Isaac und Johann Wolfgang → Grefinger, die alle in S¨uddeutsch¨ land und Osterreich wirkten, zugeschrieben. Da die Komponisten keine nachweisbare Verbindung nach K¨oln hatten, wird angenommen, daß es sich bei der Liedersammlung um den Nachdruck einer verlorengegangenen Augsburger Edition handelte. C MGG
Aichele, Albert, Ingenieur, Fabrikdirektor, * 13. 2. 1865 L¨orrach bei Basel, † 17. 11. 1922 Baden. A. studierte am Eidgen¨ossischen Polytechnikum in Z¨urich Maschinenbau und Elektrotechnik. Noch vor Abschluß des Studiums trat er in die Maschinenfabrik Oerlikon u¨ ber, die von Charles → Brown und sp¨ater dessen Sohn Charles Eug`ene Lancelot → Brown geleitet wurde. Als diese 1891 zusammen mit Walter → Boveri die Brown Boveri & Cie. in Baden gr¨undeten, u¨ bernahm A. die Leitung des Versuchslabors f¨ur elektrische Maschinen und Apparate. 1909 wurde er Direktor. Auf ihn geht die Entwicklung des ersten Schnellschalters f¨ur hochgespannten Gleichstrom zur¨uck. C Biogr Lex Aargau Aichen, Josef Frh. von, o¨ sterr. Jurist, * 30. 6. 1745 Wien, † 25. 10. 1818 Wien. A. trat 1767 als Sekret¨ar beim Hofmarschallamt in den o¨ sterr. Staatsdienst, wurde 1770 zum Rat ernannt und 1771 als Justizkommissar in die Reichsgrafschaft Falkenstein versetzt, deren Administrator er seit 1773 war. 1774 ins Hofmarschallamt zur¨uckberufen, war er dort seit 1782 Appellationsrat, von 1814 an Oberlandrichter und Geheimer Rat. 1816 wurde A. in den Freiherrenstand erhoben. Als Vizepr¨asident der Hofkommission in Justizgesetzsachen war er maßgeblich ¨ am Osterreichischen Allgemeinen B¨urgerlichen Gesetzbuch und am Entwurf einer neuen Gerichtsordnung beteiligt.
Aichbichler, Joseph, Bierbrauer, Landwirt, Politiker, * 13. 4. 1845 Wolnzach bei Pfaffenhofen, † 8. 4. 1912 Hofendorf bei Neufahrn. A. studierte vier Semester an der Univ. M¨unchen juristische und staatswissenschaftliche F¨acher. Wegen einer schweren Erkrankung seines Vaters war er gezwungen, 1866 den elterlichen Betrieb in Wolnzach – Gut und Brauerei – zu verwalten, den er 1871 u¨ bernahm. Er bet¨atigte sich kommunalpolitisch, war 1881-1912 als Zentrumsabgeordneter f¨ur den Wahlkreis Ingolstadt im Landtag und 1884-1907 ¨ Mitglied des Deutschen Reichstags. A. wurde zum Okonomierat ernannt. Er war Mitglied des bayerischen Landwirtschaftsrats, dessen Direktorium er 1883-97 angeh¨orte, und 1889-1907 B¨urgermeister von Wolnzach. 1882 geh¨orte er zu den Begr¨undern des „Pfaffenhofener Tageblatts“. 1902 stellte A. im Reichstag erfolgreich den Antrag auf namentliche Abstimmung mittels Stimmkarten („lex Aichbichler“); bis dahin war sie durch Namensaufruf u¨ blich. 1897-1907 geh¨orte A. dem Vorstand der Reichstagsfraktion, 1883-1911 dem Vorstand der Zentrumsfaktion im bayerischen Landtag an. C Haunfelder, Zentrumspartei
Aichel, Johann Santin → Santini, Giovanni Aichel, Otto, Anthropologe, * 31. 10. 1871 Concepci´on (Chile), † 31. 1. 1935 Kiel. A. wurde 1896 mit einer Arbeit u¨ ber vergleichende Anatomie promoviert (Zur Kenntnis des histologischen Baues der Retina embryonaler Teleostier) und habiliterte sich in Erlangen (Das Tectum loborum opticorum embryonaler Teleostier). Seit 1900 war er Ordinarius der Gyn¨akologie in Santiago / Chile und seit 1909 Prosektor am M¨unchener Anatomischen Institut. 1911 ging er in gleicher Funktion nach Halle, 1913 nach Kiel. Nach dem Ersten Weltkrieg gr¨undete er das Anthropologische Institut der Univ. Kiel, dessen Ordinarius er 1921 f¨ur den Bereich Anatomie und Anthropologie wurde. A. interessierte sich besonders f¨ur vergleichende Anatomie und seit einer Forschungsreise nach Chile und Bolivien f¨ur Rassenanthropologie. Er war Mitglied mehrerer anthropologischer Gesellschaften, darunter der Academ´ıa de Ci´encias y Artes, Barcelona. Er ver¨offentlichte u. a. Der deutsche Mensch, ein Vergleich deutscher mit chilenischbolivianischen Funden (1933). C SHBL, Bd 3
Aicher, Otl, auch Otto A., Graphiker, Designer, * 13. 5. 1922 Ulm, † 1. 9. 1991 G¨unzburg. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg studierte A. 1946 / 47 Bildhauerei an der Akademie der Bildenden K¨unste in M¨unchen in der Klasse Anton → Hiller. Seit 1948 arbeitete er im eigenen graphischen Atelier in Ulm. Zusammen mit Inge → Aicher-Scholl, mit der er seit 1952 verheiratet war, Hans Werner → Richter und Max → Bill plante er dort eine Hochschule f¨ur Gestaltung, die 1953 gegr¨undet wurde; A. lehrte bis 1968 Visuelle Kommunikation, geh¨orte 1956-58 dem Rektoratskollegium an und war 1962-64 Rektor. 1967 wurde er Gestaltungsbeauftragter der Olympischen Spiele 1972 in M¨unchen. Nach der Schließung der Hochschule f¨ur Gestaltung 1972 verlegte A. sein Design-B¨uro von Ulm nach Rotis bei Leutkirch / Allg¨au, wo er 1984 das „rotis institut f¨ur analoge studien“ gr¨undete. Zusammen mit Hans → Gugelot entwickelte er 1953-59 Skalen von Radios und Plattenspielern, u. a. f¨ur den Plattenspieler „Phonosuper SK 4“, der als „Schneewittchensarg“ bekannt wurde. In den sechziger Jahren gestaltete er das Erscheinungsbild der Deutschen Lufthansa, 1975 das des Zweiten Deutschen Fernsehens. 1988 stellte A. den Entwurf seiner Schriftenfamilie „rotis“ vor. Er ver¨offentlichte u. a. typographie (1988), analog und digital (1991) und Die Welt als Entwurf (1991). A. starb an den C Munzinger Folgen eines Autounfalls.
Aicher, Otto, Benediktiner, Dramatiker, * 1628 Neumarkt-St. Veit (Niederbayern), † 18. (oder 16.) 1. 1705 Salzburg. A. war seit 1657 Prof. in der Benediktiner-Anstalt Salzburg. Er lehrte Grammatik, Poetik und Rhetorik, seit 1680 Moral und Geschichte. Zu seinen Sch¨ulern z¨ahlte u. a. → Abraham a Sancta Clara. Neben seiner Lehrt¨atigkeit schrieb er 21 theoretische und dramatische Texte. Er geh¨ort zu den bekanntesten Verfassern fr¨uher Benediktinerdramen, die vom Jesuitentheater und der italienischen Oper beeinflußt waren. Seit 1670 wurden im Salzburger Akademietheater zw¨olf seiner St¨ucke aufgef¨uhrt, so z. B. 1676 Athalia, die blutige FuC Killy rie des j¨udischen K¨onigreiches.
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Aicher-Scholl Aicher-Scholl, Inge, geb. Scholl, P¨adagogin, Publizistin, * 11. 8. 1917 Ingersheim-Altom¨unster (heute zu Crailsheim), † 4. 9. 1998 Rotis bei Leutkirch / Allg¨au. A.-S. wurde im Wirtschafts- und Steuerberatungsb¨uro ihres Vaters Robert → Scholl zur Sekret¨arin ausgebildet. Nach der Hinrichtung ihrer Geschwister Hans und Sophie → Scholl kam sie im Februar 1943 in Gestapohaft. 1946 gr¨undete A.S. die Ulmer Volkshochschule, die sie bis 1974 leitete. In Ulm rief sie auch die Geschwister-Scholl-Stiftung als Tr¨agerin einer neuen Hochschule f¨ur Gestaltung ins Leben und geh¨orte dem Vorstand der Stiftung an. Seit 1952 mit dem Graphiker Otl → Aicher verheiratet, verwaltete sie nach dessen Tod 1991 sein Archiv. A.-S. ver¨offentlichte u. a. Die Weiße Rose (1953), Sippenhaft. Nachrichten und Botschaften der Familie in der Gestapo-Haft nach der Hinrichtung von Hans und Sophie Scholl (1993) und Eva (1996), ein Buch, in dem sie sich mit dem Leben ihrer geistig behinderten Tochter auseinandersetzt. C DLL Aichinger, Carl Friedrich, evang. Theologe, P¨adagoge, Sprachforscher, * 31. 3. 1717 Vohenstrauß (Oberpfalz), † 13. 12. 1782 Sulzbach. Der Sohn eines Gerbers studierte 1735-38 in Altdorf Sprachen. 1741 wurde er Rektor der Lateinschule in Sulzbach. 1750-77 war er Stadtprediger, danach bis zu seinem Tod Inspektor der evang. Kirchen im Sulzbacher Land. Neben theologischen Abhandlungen ver¨offentlichte A. die Grammatik Versuch einer teutschen Sprachlehre (1754, Nachdr. 1972). Er war auch als Sprachforscher t¨atig. A. erstrebte die Kodifizierung der seiner Meinung nach untersch¨atzten s¨uddeutschen Dialekte. Damit wandte er sich gegen die damals vorherrschende, von → Gottsched dominierte Meinung. Nach A.s Auffassung sollte die Hochsprache nur zwischen verschiedenen Mundarten ausgleichen und auff¨allige Regionalismen abschw¨achen. Aichinger, Gregor, Komponist, Musiker, * 1564 Regensburg, † 21. 1. 1628 Augsburg. A. begann 1578 sein Studium in Ingolstadt, wo er vermutlich die Br¨uder Jakob, Markus und Christoph → Fugger kennenlernte. 1584 wurde er Organist an St. Ulrich in Augsburg. Er unternahm eine Studienreise nach Rom und Venedig, wo er Sch¨uler Giovanni Gabrielis war. 1588-93 studierte er die Artes und Theologie in Ingolstadt. Seit 1600 war er Chorvikar am Augsburger Dom, von 1608 an zus¨atzlich Kanonikus in St. Gertrud. Seine kompositorischen Arbeiten reichen von Prunkmotetten venezianischer Pr¨agung bis hin zu h¨auslicher Andachtsmusik, vieles davon f¨ur die Familie Fugger komponiert. Er ver¨offentlichte u. a. die Cantiones ecclesiasticae (1607), in deren Einleitung er Anweisungen f¨ur das Generalbaßspiel gab und so den Generalbaß in Deutschland einf¨uhrte. C Leb Bayer Schwaben, Bd 1
Aichler, David, Benediktiner, Abt, * 1545 Mindelheim, † 25. 2. 1596 Andechs. A. war M¨onch des Klosters Ottobeuren, wo er einen Bibliothekskatalog anlegte. 1571 reformierte er das Kloster St. Mang in F¨ussen. 1588 wurde er Abt des Klosters Andechs. Nach erfolgreicher Reform von Andechs wurde er Visitator weiterer Stifte und Kl¨oster. A. verfaßte zahlreiche historische Werke wie z. B. eine Chronik von Andechs (Chronicon Andecense, 1595). C LThK
Aichner, Simon, F¨urstbischof von Brixen, * 19. 10. 1816 Terenten, † 1. 11. 1910 Neustift bei Brixen. Der Sohn eines Kleinbauern und Schmieds besuchte 1828-34 das Gymnasium in Bozen und 1834-36 das Lyzeum in Innsbruck. Anschließend trat er in das Priesterseminar Brixen ein. 1840-51 war A. seelsorgerisch t¨atig. Seit 1852 war er Lehrer des Kirchenrechts am Priesterseminar in Brixen, dem er 1861-81 als Regens vorstand. 1882 wurde er Weihbischof
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und Generalvikar f¨ur Vorarlberg, 1884 F¨urstbischof von Brixen. A., der auch politisch aktiv war, trat 1904 zur¨uck, als es ihm nicht gelang, die konservativen und die Kr¨afte innerhalb des kath. Lagers zu einen. Er war seit 1904 Titularerzbischof von Theodosiopolis. A. ver¨offentlichte u. a. ein Compendium iuris ecclesiastici (1862). C Gatz 4
Aicholz, Johann Emerich, o¨ sterr. Mediziner, * 1520 Wien, † 6. 5. 1588 Wien. A. studierte seit 1536 an der Wiener Univ. und von 1543 an in Wittenberg. A. schloß 1547 sein Studium mit dem Magistergrad ab und trat zur neuen Glaubenslehre u¨ ber. Nach einem kurzen Aufenthalt in Wien 1550 reiste er als Erzieher nach Frankreich und Italien. Seit 1555 studierte er in Padua, wo er den Doktor der Medizin und Philosophie erwarb. 1557 ging er als Arzt nach Wien, erhielt bald eine Professur und lehrte haupts¨achlich Anatomie. 1558 wurde er angesichts der drohenden Pest zum Magister sanitatis ernannt. Er war seit 1559 f¨unfmal Dekan und 1571 Rektor der Universit¨at. A. wurde u. a. auch zur Behandlung des Palatins Graf Thomas Nadasdys und Kaiser → Rudolfs II. herangezogen. Er vero¨ ffentlichte Consilium in Hydrope monstroso. C NDB Aigenler, Adam, auch Aigeler, Jesuit, Lehrer, * 14. 10. 1633 Tramin / Etschtal, † 26. 8. 1673 auf einer Missonsreise nach China. A., Sohn eines Schuhmachers, trat 1653 in die Gesellschaft Jesu ein, war Novize in Landsberg und wurde 1666 zum Priester geweiht. 1666-71 lehrte er an der Univ. Ingolstadt Mathematik und Hebr¨aisch und ver¨offentlichte Schriften und Abhandlungen zur Mathematik, Astronomie, Geographie und Optik. Sein bekanntestes Werk war eine hebr¨aische Grammatik, Tabulae duodecim, fundamenta linguae sanctae [. . .] (1670), die weite Verbreitung fand. 1672 begab sich A. zusammen mit Beatus → Amrhyn auf eine Missionsreise nach China. Bei einem Zwischenaufenthalt in Lissabon verfaßte er eine portugiesische Grammatik f¨ur Deutsche. A. starb w¨ahrend der Weiterfahrt an der Pest; sein Leichnam wurde im Chinesischen Meer bestattet. C LMU Aigner, Franz (Johann), o¨ sterr. Physiker, * 13. 5. 1882 St. P¨olten, † 19. 7. 1945 Wien. A. wurde 1906 an der Univ. Wien mit der Arbeit Einfluß des Lichtes auf elektrostatisch geladene Konduktoren promoviert und 1907 Assistent bei Gustav → J¨ager am Physikalischen Institut der TH Wien. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs war er als Berater der k. u. k. Kriegsmarine auf dem Gebiet der Raumakustik t¨atig. 1918 habilitierte er sich an der Wiener TH und war seit 1925 a. o., von 1930 an o. Prof. f¨ur Technische Physik. Er erhielt 1924 den Haitinger-Preis f¨ur sein 1922 erschienenes Buch Unterwasserschalltechnik. 1938 wechselte A. als Prof. der Hochfrequenztechnik zum Elektrotechnischen Institut der Wiener TH. 1939 wurde er dort zum Direktor des Schwachstrominstituts ernannt und im selben Jahr von der Akademie der Wissenschaften in Wien zum korrespondierenden Mitglied gew¨ahlt. ¨ Akad, Jg. 96 C Almanach Ost
Aigner, Josef Matth¨aus, o¨ sterr. Maler, * 18. 1. 1819 Wien, † 19. 2. 1886 Wien. Der Sohn eines Goldschmieds war nach einer Juwelierlehre zun¨achst im Atelier von Friedrich von → Amerling, seit 1837 als freischaffender K¨unstler t¨atig. Als Kommandant der akademischen Legion beteiligte A. sich an der Revolution von 1848, wurde nach seiner Gefangennahme zum Tod verurteilt, schließlich jedoch begnadigt. Er schloß sich dem Kreis um Carl → Rahl an und war seit 1864 Mitglied des K¨unstlerhauses in Wien. Einen Auftrag des Kaisers → Maximilian von Mexiko, Kopien von Werken des Belvedere f¨ur die mexikanische Nationalgalerie herzustellen, brach A. ab (1867 / 68). 1867-69 malte er Stifterportr¨ats
Alantsee f¨ur den Saal des neuen K¨unstlerhauses in Wien. A. war auch als Illustrator t¨atig. Von seinen zahlreichen Portr¨ats ist die Skizze Nikolaus → Lenaus von besonderem Interesse; er besuchte ihn im Irrenhaus und berichtete von den dortigen Gespr¨achen mit ihm. 1886 w¨ahlte er den Freitod. C AKL
Ainmiller, Max Emanuel, Porzellan-, Glas- und Architekturmaler, * 14. 2. 1807 M¨unchen, † 8. 12. 1870 M¨unchen. A. studierte als Sch¨uler Friedrich → G¨artners an der M¨unchner Akademie Architektur, Perspektive und Ornamentik. Seit 1822 war er als Zeichner bei der Porzellan-Manufaktur Nymphenburg t¨atig, wo er sich seit 1826 haupts¨achlich mit Glasmalerei, vor allem auch deren technischer Verbesserung, besch¨aftigte. K¨onig → Ludwig I. beauftragte ihn mit der Herstellung von Fenstern f¨ur den Regensburger Dom und f¨ur die Maria-Hilf-Kirche in M¨unchen-Au. Verschiedene Reisen f¨uhrten ihn nach Paris, London, Basel, Wien und Marienbad. 1844 wurde A. Vorstand der K¨oniglichen Glasmalereianstalt. Unter seiner Leitung wurden u. a. die Fenster f¨ur die Dome in K¨oln (darunter sein gelungenstes Werk, das G¨orres-Fenster, 1855) und Speyer hergestellt. Als Architekturmaler stellte er haupts¨achlich die halbdunklen Innenr¨aume von gotischen Kirchenbauten dar. C AKL
Airinschmalz, Konrad, Benediktiner, Abt von Tegernsee, * um 1426 Weilheim, † 24. 1. 1492 Tegernsee. A. schloß das Studium in Wien mit dem Bakkalaureat ab, trat in das Benediktinerkloster Tegernsee ein und legte 1447 die Profeß ab. 1461 wurde er dort als Nachfolger des verstorbenen → Kaspar Ayndorffer zum Abt gew¨ahlt. Dreißig Jahre lang f¨uhrte er das Kloster im Geiste seines Vorg¨angers. Er sorgte f¨ur die Erweiterung des Klosters, ließ die Abteikirche umbauen, legte einen Festungsg¨urtel an und vergr¨oßerte die Bibliothek. A. suchte den Zusammenschluß aller deutschen Benediktinerabteien zu einer großen Kongregation. Sein Ver¨ such mißlang; nur die Abte von Melk und Augsburg schlossen sich seinem Vorhaben an. C NDB
Aitinger, Johann Konrad, Beamter, * 20. 3. 1543 Ulm, † 6. 6. 1600 Kassel. Der Sohn von Sebastian → A. besuchte seit 1558 die Univ. T¨ubingen, mußte das Studium jedoch aus finanziellen Gr¨unden abbrechen, ging 1561 nach Speyer und trat 1563 eine Stelle als Kanzleischreiber in Marburg an. 1567 wurde er F¨urstlicher Secretarius, 1586 Amtmann in Treffurt, 1588 Rentmeister in Rotenburg.
Aitinger, Sebastian, Sekret¨ar des Schmalkaldischen Bundes, * September 1508 Ulm, † 12. 11. 1547 Burlafingen bei Ulm. Der Sohn eines Stadtsekret¨ars war seit 1526 Kanzleischreiber in Ulm und sp¨ater Sekret¨ar der Stadt. Nach einem Zerw¨urfnis mit dem Stadtrat trat er 1539 in die Dienste des Landgrafen → Philipp von Hessen und wurde 1540 von ihm zum Sekret¨ar des Schmalkaldischen Bundes bestellt. A. war zust¨andig f¨ur die Kassengesch¨afte des Bundes und nahm teil an allen politischen Verhandlungen. Er starb auf der Flucht nach dem Zusammenbruch des Bundes im Schmalkaldischen Krieg 1546 / 47. C BBKL Aitzema, Foppe van, auch Aizema, Aissema, Foppius, Jurist, Diplomat, * um 1580 Dokkum (Friesland), † 28. 10. 1637 Wien. A. studierte in Franeker, Leiden, Helmstedt und Wittenberg. 1607 erhielt er eine Stelle als Rat des Herzogs von Braunschweig-Wolfenb¨uttel, der ihn 1612 trotz des Widerstandes des Domkapitels zum Vizekanzler und im selben Jahr zum Stiftskanzler bestellte. 1613, nach dem Tod des Herzogs, wurde er gefangengenommen, enteignet und des Landes verwiesen. 1617 ernannten ihn die Generalstaaten zum ersten Gesandten bei den Hansest¨adten L¨ubeck und
Hamburg. Anl¨aßlich zweier Aufenthalte in Wien (1635, 1636) n¨aherte A. sich dem Katholizismus an und mußte vor den Agenten der Generalstaaten fliehen. C NDB
Aitzing, Michael Frh. von, auch Aitsingerus, Eitzing, Eitzinger, Eyzinger, Geschichtsschreiber, Schriftsteller, * um 1530 Obereitzing bei Ried / Innkreis (Ober¨osterreich), † 1598 Bonn. A. studierte Jura und Mathematik in Wien und L¨owen, war Hofdiener bei → Ferdinand I., dann Rat und Kammerherr bei → Maximilian II. und → Rudolf II. 1568 war er Zeuge der Hinrichtung der Grafen Egmont und Hoorne in Br¨ussel und wurde dort eine Zeitlang gefangengehalten. Nach seiner Freilassung lebte er von 1581 an in K¨oln und sp¨ater in Bonn als Schriftsteller. Von A.s Werken sei Leo Belgicus (1583) erw¨ahnt, das die Geschehnisse in den Niederlanden seit 1559 zusammenfaßte. Er gab als erster eine periodisch erscheinende historiographische Schrift heraus, die als Vorl¨aufer der Zeitschrift angesehen wird. C NDB Aken, Adolf Friedrich, Philologe, * 24. 9. 1816 Schwartau bei Eutin, † 26. 10. 1870 G¨ustrow. A. studierte 1835-39 in G¨ottingen, wo er u. a. Sch¨uler von Carl Otfried → M¨uller und Jacob → Grimm war. Zun¨achst Hilfslehrer in L¨uneburg und Hannover, war er seit 1862 Oberlehrer am Domgymnasium in G¨ustrow. A. besch¨aftigte sich mit dem griechischen Tempus- und Modussystem und ver¨offentlichte u. a. Die Grundz¨uge der Lehre vom Tempus und Modus im Griechischen, historisch und vergleichend (1861).
Aland, Kurt, evang. Theologe, * 28. 3. 1915 Berlin, † 13. 4. 1994 M¨unster. A. studierte Theologie, habilitierte sich 1941 in Berlin und war dort seit 1945 als Privatdozent der Kirchengeschichte t¨atig. 1946 wurde er apl. Prof., 1947 Ordinarius in Halle. Nach politischer Verfolgung floh er 1958 in die Bundesrepublik; seit 1959 lehrte er an der Univ. M¨unster als Kirchenhistoriker und Neutestamentler. Er gr¨undete dort das Institut f¨ur Neutestamentliche Textforschung, das er bis zu seiner Emeritierung 1983 leitete. A.s Forschungst¨atigkeit war in der Kirchengeschichte vor allem der Reformation und dem Pietismus gewidmet. Sein wichtigstes Arbeitsfeld aber war die Rekonstruktion des griechischen Urtextes des Neuen Testaments. Hier f¨uhrte er die von Eberhard und Erwin → Nestle begonnene Arbeit fort (Novum Testamentum Graece, 261979). C RGG
Alantsee, Leonhard, auch Lienhart A., Buchh¨andler, Verleger, * Schongau am Lech, † 7. 1. 1518 Wien. A. erwarb 1500 das B¨urgerrecht der Stadt Wien. Dort betrieb er seit 1505 zusammen mit seinem Bruder Lucas → A. einen der ersten Verlage mit Buchhandlung in Wien. Sie druckten die Werke nicht mehr selbst, sondern gaben Auftr¨age an Druckereien weiter; so ließen sie zum Beispiel in Venedig, Straßburg und Basel drucken. Zu den u¨ ber 100 Werken des vorwiegend wissenschaftlichen Verlags z¨ahlten solche aus Geschichte und Theologie und Ausgaben alter Klassiker. C NDB Alantsee, Lucas, Buchh¨andler, Verleger, * Schongau am Lech, † 1523 Wien. A. war 1500 in Basel immatrikuliert, kam 1501 nach Wien und wurde nach Beendigung seines Studiums Teilhaber in dem von seinem Bruder Leonhard → A. gegr¨undeten Verlag. Die Verantwortung f¨ur den wissenschaftlichen Schwerpunkt des Verlages wird in erster Linie Lucas A. zugeschrieben. C NDB
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Alard Alard, Lampert, evang. Theologe, Dichter, Musiktheoretiker, * 27. 1. 1602 Crempe (Holstein), † 29. 5. 1672 Meldorf. Nach dem Besuch der Lateinschulen in Crempe und Hamburg wurde A., Sohn eines Pastors, 1621 Hauslehrer des Buchh¨andlers Henning Gross in Leipzig und studierte an der dortigen Universit¨at. 1624 erwarb er den Magistertitel und wurde zum kaiserlichen Poeta laureatus gekr¨ont. 1625 wurde A. Diakon in Crempe, 1630 Pastor in Brunsb¨uttel. 1642 geh¨orte er als Senior und Assessor dem Konsistorium in Meldorf an. 1643 wurde er Lizentiat der Theologie. A., der in engem Kontakt mit den holl¨andischen Humanisten Johannes Meursius und Daniel Heinsius stand, ver¨offentlichte zahlreiche theologische und philosophische Schriften. Sein Traktat De veterum musica (1636) besch¨aftigt sich mit der Musik der Griechen. C MGG
Alardus, Franz, luth. Theologe, * Br¨ussel, † 10. 9. 1578 Wilster (Holstein). Zun¨achst Dominikanerm¨onch in Antwerpen, kam A. mit den Schriften → Luthers in Ber¨uhrung, floh aus dem Kloster nach Hamburg und wurde dort evang. Theologe. Nach dem Tod eines G¨onners ging er zur¨uck nach Antwerpen. Dort wurde er von seiner Mutter an die Inquisition verraten und zum Tod verurteilt. Seine Flucht f¨uhrte ihn nach Oldenburg, wo er eine Stelle als Prediger fand. Sp¨ater war er Prediger in Ostfriesland und Holstein, kehrte aber mehrfach nach Antwerpen zur¨uck. A. ver¨offentlichte u. a. einen Katechismus op Frage en Antwoorde gestellt (1568, 21595). C SHBL, Bd 2
Alardus, Guilielmus, eigentl. Wilhelm Alard, Schriftsteller, * 22. 11. 1572 Wilster, † 8. 5. 1645 Krempe. A., Sohn eines Hauptpastors, studierte seit 1593 in Wittenberg Theologie. 1596 wurde er Konrektor in Krempe, 1604 Adjunkt und 1608 Pastor. Außerdem war er Senior des M¨unsterdorfischen Konsistoriums. A. war als erbaulichanakreontischer Lyriker bekannt und als Prediger gesch¨atzt. 1605 und 1617 wurde er zum Poeten gekr¨ont. Seine Lyrik erschien u. a. in Turmae sacrae, seu Anacreon Latinus, idemque Christianus (1613, 21624). Er publizierte ferner religi¨ose Schriften, Predigten und Gebete wie Panacea sacra (1605), Voller Seufzer. 100 fromme Wachgebete, 100 Lobges¨ange (1607) und Wetterpredigten (1636). C Killy Alardus, Nikolaus, luth. Theologe, * 17. 12. 1644 S¨uderau bei Gl¨uckstadt, † 3. 10. 1699 Hamburg. Der Urenkel von Franz → A. studierte seit 1664 in Gießen (Dr. phil. 1666), dann in Marburg, Helmstedt, Kopenhagen und von 1672-75 in Hamburg und wurde 1679 in Kiel zum Dr. theol. promoviert. 1682 wurde er Propst in Eiderstedt, wo er sich besonders mit den Davidisten (Antitrinitariern) auseinandersetzte. Seit 1686 war er Generalsuperintendent, Konsistorialrat und Hauptprediger an St. Lamberti in Oldenburg. Hier verfaßte er zahlreiche Streitschriften gegen den der reformierten Lehre anh¨angenden Prediger Marcus Steffens. A.s Katechismus (1689) wurde bis 1797 in Oldenburg als Lehrbuch verwendet. C Oldenburg
Alastair, eigentl. Hans Henning Otto Harry Baron von
¨ Voigt, Zeichner, Illustrator, Ubersetzer, Schriftsteller, * 20. 10. 1887 Karlsruhe, † 30. 10. 1969 M¨unchen. Der uneheliche Sohn eines Adligen wuchs bei seinen Adoptiveltern auf. Nach dem Studium der Philosophie in ¨ Marburg unternahm A. Reisen nach Osterreich, Frankreich und England. W¨ahrend der Zeit des Nationalsozialismus war er mit Malverbot belegt. A. begann seine k¨unstlerische Laufbahn als Autodidakt mit Illustrationen vornehmlich f¨ur britische und amerikanische Verlage. Seine Zeichnungen und Stoff- und Kost¨umentw¨urfe waren beeinflußt von Beardsley,
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Bakst, Somoff und Ert´e. Er bevorzugte die Rot-SchwarzGraphik des Jugendstils z. B. bei seinen Illustrationen zu Frank → Wedekinds B¨uchse der Pandora und Erdgeist. A. ¨ war auch als Ubersetzer und Schriftsteller t¨atig und ver¨offentlichte u. a. Das flammende Tal (1920). C AKL
Albach-Retty, Rosa, geb. Retty, Schauspielerin, * 26. 12. 1874 Hanau, † 26. 8. 1980 Baden bei Wien. A.-R. war die Tochter des Schauspielers und Regisseurs Rudolf Retty, dem sie ihre Ausbildung verdankte. Seit 1891 spielte sie zumeist in kleineren Rollen am Berliner Theater und am Deutschen Theater. Am Lessing-Theater in Berlin konnte A.-R. als Franziska in Minna von Barnhelm ihren ersten gr¨oßeren Erfolg verbuchen. Es folgte 1895-1903 ein Engagement am Deutschen Volkstheater in Wien. Anschließend wurde sie Mitglied am Wiener Burgtheater und 1905 Hofschauspielerin. Sie spielte klassische und moderne Rollen, auch in zahlreichen Filmen, darunter Wen die G¨otter lieben (1942) und Der Kongreß tanzt (1955). 1928 wurde A.-R., Mutter des Schauspielers Wolf → A.-R., Ehrenmitglied des Burgtheaters. Sie war die erste Tr¨agerin der JosefKainz-Medaille.
Albach-Retty, Wolf, o¨ sterr. Schauspieler, * 28. 5. 1908 Wien, † 21. 2. 1967 Wien. Der Sohn der Schauspielerin Rosa → A.-R. absolvierte seine Ausbildung zum Schauspieler an der Akademie f¨ur Musik und darstellende Kunst in Wien. 1926-32 war er am Wiener Burgtheater engagiert und wirkte bei den Salzburger Festspielen mit. Seit 1927 spielte er zahlreiche Filmrollen, 1933 erstmals mit Magda → Schneider, mit der er einige Jahre verheiratet war. A.-R. war der Vater von Romy → Schneider. Der H¨ohepunkt der Karriere A.-R.s, der haupts¨achlich in Lustspielen und Operettenverfilmungen zu sehen war, lag in den vierziger und f¨unfziger Jahren (u. a. Maske in Blau, 1941 / 42). 1959 kehrte A.-R. ans Burgtheater zur¨uck.
Alban, (Johann) Ernst (Heinrich), Maschinenbauer, Augenarzt, * 7. 2. 1791 Neubrandenburg (Mecklenburg), † 13. 6. 1856 Plau (Mecklenburg). A., Sohn des ersten Predigers an der St. Marienkirche in Neubrandenburg, begann 1810 mit dem Theologiestudium und wechselte 1811 zum Studium der Medizin, Physik und Mechanik u¨ ber. Er wurde in Greifswald promoviert und ging 1814 nach G¨ottingen, um sich in der Chirurgie und Augenheilkunde fortzubilden. 1815 habilitierte er sich in Rostock und ließ sich dort als Augenarzt nieder. 1825 ging er nach England, wo die ersten Dampfmaschinen entwickelt wurden. Nach seiner R¨uckkehr 1827 nach Mecklenburg gr¨undete er auf einem Gut bei Tessin die erste Maschinenbauanstalt. Neben dem Bau von Dampfmaschinen widmete er sich der Entwicklung landwirtschaftlicher Maschinen. Er ver¨offentlichte u. a. Versuch einer Anleitung zur richtigen Gesundheitspflege der Augen f¨ur den Nichtarzt (1816), Beschreibung einer zweckm¨assigen und wohlfeilen Maschine zum Verbande des Oberschenkelhalsbruches (1817) und Die Hochdruckdampfmaschine, eine Richtigstellung ihres Wertes (1843). C Techniker Alban, Matthias, Geigenbauer, * 29. 12. 1634 Kaltern (S¨udtirol), † 7. 2. 1712 Bozen. ¨ Uber die Jugend und Ausbildung A.s ist nichts bekannt. 1671 wird er erstmals als Geigenmacher erw¨ahnt. 1679 erwarb er das Mitb¨urgerrecht der Stadt Linz, wo er mit Johann Seelos aus Innsbruck erfolglos um die Nachfolge des kurz zuvor verstorbenen Geigenbauers Rudolph H¨oß konkurrierte. A. arbeitete dann bis zu seinem Tod in Bozen, seit etwa 1695 unterst¨utzt von seinen S¨ohnen. Authentische Instrumente A.s sind erst seit 1683 u¨ berliefert. Die Bauweise zeigt Einfl¨usse der italienischen Geigenbauerbr¨uder Amati aus Cremona. Außer Geigen sind nur wenige Violas und eine Theorbe
Albero aus der Werkstatt A.s bekannt. Neben Jakob → Stainer, der Amati-Familie und Antonio Stradivari geh¨orte A. in die vorderste Reihe der Geigenmacher seiner Zeit. C MGG
Albanus, Johann August Leberecht, evang. Theologe, Schriftsteller, * 4. 12. 1765 Beucha bei Leipzig, † 2. 10. 1839 Riga. 1779-84 studierte A. Theologie in Leipzig und war seit 1789 Hauslehrer in Riga. 1792 wurde er Rektor, 1798 Inspektor der Domschule in Riga. Gleichzeitig war er seit 1799 Diakon an der Domkirche und von 1800 an auch an der PetriKirche. 1804-18 als livl¨andischer Gouvernementsschuldirektor besch¨aftigt, war er 1823-32 Pastor an der Petri-Kirche, seit 1833 Superintendent des rigaischen Konsistorialbezirks und Vizepr¨asident des rigaischen Stadt-Konsistoriums. A. verfaßte Predigten, historische und p¨adagogische Schriften; er gab die „Livl¨andischen Schulbl¨atter“ (1813-15), gemeinsam mit Johannes Daniel von Braunschweig die „Schulm¨annische Zeitschrift“ (1816) und die „Rigaischen Stadtbl¨atter“, deren Jahrgang 1813 er allein redigierte, heraus. C NDB Albaum, Franz Ulrich, Jurist, * 20. 9. 1742 Hamburg, † 22. 9. 1806. Nach einem Jurastudium an der Univ. Helmstedt wurde A. 1766 Hauslehrer in Estland, 1768 Lehrer und war 1771-79 Prof. der Rechtswissenschaft und Geschichte an der Ritter- und Domschule in Reval. 1780-84 wirkte er als Oberlandgerichts-Advokat, 1784-92 als Sekret¨ar des Kameralhofs in Reval, wurde zum Rat ernannt und f¨uhrte seit 1792 wieder als Advokat eine Kanzlei. 1802-06 war A. Sekret¨ar der Estl¨andischen Adeligen G¨uter-Kreditkasse. Er ver¨offentlichte u. a. Ueber die freye Aus- und Einfuhr des Getraides in Betreff Estlands (1772). Albedyll, Emil (Heinrich Ludwig Wilhelm) von, Milit¨ar, * 1. 4. 1824 Karlshof (Neumark), † 13. 6. 1897 Potsdam. A. trat 1841 in das 2. K¨urassierregiment in Pasewalk ein und wurde 1862 als Rittmeister in die Abteilung f¨ur pers¨onliche Angelegenheiten des Kriegsministeriums nach Berlin versetzt. 1866 ernannte ihn → Wilhelm I. zum Fl¨ugeladjutanten und Kommandeur der Leibgendarmerie. 1871 wurde er Abteilungschef, 1872 Chef des Milit¨arkabinetts. Seit 1876 war A. Generaladjutant des Kaisers. 1883 wurden die pers¨onlichen Angelegenheiten dem Kriegsministerium entzogen und das Milit¨arkabinett unmittelbar dem K¨onig unterstellt. Seit 1886 war A. General der Kavallerie, von 1888 an Kommandierender General des VII. Armeekorps in M¨unster. C NDB
Alber von Windberg, Pr¨amonstratenser, Dichter, 2. H¨alfte 12. Jh.. A. geh¨orte dem Pr¨amonstratenserstift Windberg an und schrieb, wohl gegen Ende seines Lebens, die mittelhochdeutsche Dichtung Tundalus. Wenige weitere Angaben zur Person des Verfassers sind allein dem Epilog seines Werks zu entnehmen: In ihm bezeichnet er sich selbst als Priester; der genannte Auftraggeber, Konrad aus Windberg, war vermutlich seit 1191 Abt des Klosters, in dem A. lebte. Die Dichtung Tundalus, die von der Jenseitsreise des irischen Ritters Tnugdalus berichtet, hat die in lateinischer Prosa geschriebene, vor 1153 in Regensburg verfaßte Visio Tnugdali zur Vorlage. Die beiden Werke stehen mit der in ihnen geschilderten Jenseitsvision am Anfang einer bis in das 16. Jh. reichenden Rezeptionsgeschichte des Themas. C VL
Alber, Erasmus, auch Alberus, evang. Theologe, Schriftsteller, * um 1500 Windecken / Wetterau, † 5. 5. 1553 Neubrandenburg. A., dessen Vater zun¨achst kath. Priester, dann erster evang. Pfarrer in Engelrod (Oberhessen) war, besuchte die Lateinschulen in Nidda und Weilburg und studierte seit 1520
Theologie in Wittenberg, wo er Sch¨uler von → Karlstadt und → Luther war. Seit 1522 war er Lehrer in Oberursel (Taunus) und reformierte als Pfarrer in Sprendlingen (seit 1528) die Region Dreieich. 1537 wurde A. als Reformator nach K¨ustrin berufen, 1538 zum Hofprediger des Kurf¨ursten → Joachim II. von Brandenburg, 1541 zum Superintendenten in Brandenburg, 1542 zum Pfarrer in Staden (Wetterau) ernannt und 1543 in Wittenberg promoviert. 1545 war er f¨ur kurze Zeit Pfarrer in Babenhausen / Hessen. Als entschiedener Gegner des Interims lebte er 1548-51 in Magdeburg, von wo er ausgewiesen wurde. Zuletzt war er Superintendent in Neubrandenburg. A. schrieb zahlreiche Fabeln (u. a. Buch von der Tugend und Weisheit, 1550) und Kirchenlieder (u. a. Christe, du bist der helle Tag). C TRE
Alber, Ferdinand, Jesuit, * 1548, † 30. 10. 1617 Homonna (Ungarn). A. trat in die Gesellschaft Jesu ein und wurde 1571 zum Lizentiaten und zum Doktor der Theologie promoviert. 1572 nahm er eine Professur f¨ur Philosophie an der Univ. Ingolstadt an; 1573 wechselte er an das P¨adagogium in M¨unchen u¨ ber. 1577 wurde A. in Eichst¨att Subdiakon und empfing bald darauf die Priesterweihe. Kurzzeitig als Regens des Ingolst¨adter Seminars t¨atig, folgte er 1578 einem Ruf als Prorektor nach M¨unchen, wo er sp¨ater zum Rektor aufstieg. 1582-86 war er Rektor in Innsbruck, 1586-94 Provinzial der oberdeutschen Provinz, seit 1595 Provinzial in B¨ohmen, 1600 / 01 wieder Rektor in Innsbruck, 1604-07 in Wien. 1608 nahm er an der Generalversammlung der Jesuiten in Rom teil, wo er zum Assistenten f¨ur Deutschland ernannt wurde. 1615 leitete er als Ordensgeneral-Vikar interimistisch den Orden. C LMU
Alber, Matth¨aus, auch Aulber, Alberus, luth. Theologe, * 4. 12. 1495 Reutlingen, † 1. 12. 1570 Blaubeuren. A. studierte 1513-21 in T¨ubingen, wo er Sch¨uler → Melanchthons war, und in Freiburg. 1521 wurde er Pr¨adikant in Reutlingen. Dort f¨uhrte A. bis 1524 die Reformation durch. Gegen eine Anklage wegen Ketzerei und Verletzung des Wormser Edikts konnte er sich im Januar 1525 vor dem Reichsregiment erfolgreich verteidigen. Seinem Einfluß ist es zuzuschreiben, daß Reutlingen im Bauernkrieg ruhig blieb, das T¨aufertum nicht Fuß fassen konnte und die Stadt 1530 die Augsburger Konfession mitunterzeichnete. Nach der Annahme des Augsburger Interims mußte A. im August 1548 Reutlingen verlassen. Seit 1550 war er Stiftsprediger in Stuttgart und 1552 an der Abfassung der „Confessio Virtembergica“ beteiligt. 1562 wurde A. der erste evang. Abt im reformierten und in eine Schule umgewandelten Kloster Blaubeuren. C TRE Albermann, Wilhelm (Willy), Bildhauer, * 28. 5. 1835 Werden / Ruhr, † 9. 8. 1913 K¨oln. A. absolvierte eine Lehre als Holzbildhauer in Elberfeld und studierte anschließend an der Akademie der bildenden K¨unste in Berlin. 1871-96 war er Lehrer der Modellierklasse der gewerblichen Zeichenschule in K¨oln. Als Bildhauer der Neorenaissance zuzurechnen, schuf A., bevorzugt in Stein und Bronze, Grab- und Denkm¨aler, B¨usten, allegorische und religi¨ose Plastiken, Brunnen und bauplastischen Schmuck. Er war Mitglied des 1890 gegr¨undeten Vereins zur F¨orderung der Bildhauerkunst in Rheinland und Westfalen.
Albero, Erzbischof von Trier, auch Adalbero, Adelbero, * um 1080 Montreuil (Lothringen), † 18. 1. 1152 Koblenz. A. war Archidiakon von Metz, Toul und Verdun, Propst von St. Arnulf in Metz und St. Gangulf in Toul und Primicerius in Metz. 1131 wurde er von Papst Innozenz II. zur Annahme der Trierer Wahl gedr¨angt und 1132 in Vienne zum Erzbischof geweiht. 1137 wurde er – wohl auch wegen seiner Parteinahme f¨ur den Papst im Investiturstreit in Metz – zum
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Albers p¨apstlichen Legaten in Deutschland ernannt. A.s Betreiben war es zu verdanken, daß → Konrad III. 1138 zum deutschen K¨onig gew¨ahlt wurde. Er erreichte schließlich, daß die nahe Trier gelegene Reichsabtei St. Maximin in das Eigentum der Di¨ozese u¨ bergef¨uhrt wurde. A. war entschiedener Bef¨urworter der Gregorianischen Reform und gr¨undete zahlreiche Kl¨oster, u. a. die Zisterzienserabtei Himmerod und die Pr¨amonstratenserabtei Wadgassen. C LexMA
des Unternehmens. Bevor er 1983 zum Vorstandsvorsitzenden gew¨ahlt wurde, u¨ bte er als erstes Vorstandsmitglied der BASF f¨ur einige Jahre sein Mandat mit Sitz in den USA aus. Von 1990 bis zu seinem Tod war A. Vorsitzender des Aufsichtsrats. Seit 1983 geh¨orte er dem Pr¨asidium des Verbandes der Chemischen Industrie an, dessen Pr¨asident er 1986 / 87 war. C Munzinger
¨ Maler, * 11. 7. 1765 Bremen, Albers, Anton d. A.,
Bremen, † 24. 3. 1821 Bremen. A. absolvierte sein Medizinstudium in Jena, u. a. bei Christoph Wilhelm von → Hufeland und Justus Christian von → Loder. Nach der Promotion 1795 (De ascite) unternahm er eine mehrj¨ahrige Studienreise, die ihn nach Marburg, Wien, Edinburgh und London f¨uhrte. 1798 ließ er sich in Bremen als Arzt nieder und war weiterhin wissenschaftlich aktiv. Sein besonderes Interesse galt der Ophthalmologie, der vergleichenden Anatomie, der Geburtshilfe und der P¨adiatrie. Er ver¨offentliche zahlreiche Aufs¨atze in englischen Fachzeitschriften, u. a. A case of hydrophobia, unsuccessfully treated by copious bleeding (in: Edinburgh Medical and Surgical Journal, 1815). 1807 wurde A. Physikus von Bremen, war Mitglied des Conseil g´en´eral und geh¨orte 1810-13 der Jury m´edical des Weser-Departements an.
† 6. 12. 1844 Lausanne (Schweiz). A. wurde im Beruf seines Vaters, eines Kaufmanns, ausgebildet, arbeitete als Weinh¨andler, wandte sich dann jedoch als Autodidakt der Malerei zu. Er unternahm Reisen nach Italien, Spanien, die Niederlande und England. 1816 ließ er sich in Lausanne nieder, 1819 stellte er in der Royal Academy in London aus. Seit 1843 war er Ehrenmitglied des Kunstvereins Bremen. Er malte haupts¨achlich italienische und schweizer. Landschaften, die im Aufbau teilweise an Claude Lorrain erinnern. C AKL
Albers, Bruno, eigentl. Paul A., Benediktiner, Theologe, * 29. 6. 1866 Adenau (Eifel), † 19. 3. 1941 Kloster Beuron (Sigmaringen). A. trat 1887 in das Benediktinerkloster Beuron ein und studierte Theologie am Collegio di S. Anselmo in Rom und an der Univ. Bonn. Seit 1897 war er Lehrer f¨ur Kirchengeschichte, christliche Arch¨aologie und Patristik am Priesterseminar von Monte Cassino. 1915 wurde er unter dem Vorwurf der Spionage aus Italien ausgewiesen. Er studierte dann klassische Philologie in Bonn und war 1922-31 Studienrat am staatlichen Gymnasium in Siegburg. 1938 kehrte er nach Beuron zur¨uck. A. besch¨aftigte sich besonders mit der Geschichte des fr¨uhen M¨onchtums, vor allem mit dem Benediktinerorden. Er publizierte u. a. Consuetudines monasticae (5 Bde., 1900-12). C NDB Albers, Hans (Philipp August), Schauspieler, S¨anger, * 22. 9. 1891 Hamburg, † 24. 7. 1960 Kempfenhausen (heute zu Berg, Kr. Starnberg). Nach der Schauspielausbildung bei Arthur → Hellmer trat A., Sohn eines Großschl¨achtereibesitzers, an Provinzb¨uhnen und Berliner Theatern an. 1914-17 leistete er Kriegsdienst und wurde schwer verwundet. Nach der Genesung kehrte er zur B¨uhne zur¨uck, spielte zun¨achst am Theater des Westens in Berlin und war seit 1926 am dortigen Deutschen Theater engagiert. Seine gr¨oßten B¨uhnenerfolge hatte er als Mackie Messer in der Dreigroschenoper und in der Titelrolle von Ferenc Moln´ars Liliom. W¨ahrend der Stummfilmzeit spielte A. Rollen im Gesellschaftsfach, sp¨ater im Tonfilm meist den Abenteurer und Draufg¨anger. 1939 wurde er mit dem Titel „Staatsschauspieler“ ausgezeichnet. Zu seinen bekanntesten Filmen z¨ahlen Der blaue Engel (1930), M¨unchhausen (1943), Große Freiheit Nr. 7 (1944) und Vor Sonnenuntergang (1956). A. wurde auch als Interpret von Schlagern und Chansons bekannt, u. a. von La Paloma. C Heinzlmeier
Albers, Hans, Chemiker, Industriemanager, * 4. 3. 1925 Lingen / Ems, † 14. 10. 1999 Ludwigshafen. A. studierte Chemie an der Univ. M¨unster und trat nach der Promotion 1953 (Die Synthese von Pyrrolizidinderivaten und einige ihrer Eigenschaften) in das Hauptlabor der BASF AG in Ludwigshafen ein. Seit 1955 in der Produktion des Konzerns t¨atig, u¨ bernahm er 1962 die Leitung der Spezialprodukte-Abteilung und wurde 1967 Leiter der Zwischenprodukte-Abteilung. Noch im selben Jahr wechselte A. in den Vorstand der BASF-Tochtergesellschaft Phrix-Werke AG in Hamburg, wo er f¨ur die Produktion verantwortlich war. 1972 nach Ludwigshafen zur¨uckgekehrt, leitete er als Direktor die Sparte Farbstoffe, Chemikalien und Dispersionen. 1974-90 war A. Mitglied des Vorstandes
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Albers, Johann Abraham, Mediziner, * 20. 3. 1772
Albers, Johann Christoph, Mediziner, * 13. 3. 1795 Bremen, † 27. 9. 1857 Stuttgart. Dem Medizinstudium in G¨ottingen folgte 1814-17 eine Besch¨aftigung als Stabsarzt in preuß. Diensten. Anschließend wurde A. Kreisphysicus in Allenstein und 1821 Regierungs- und Medizinalphysikus in Gumbinnen. 1830 beauftragte ihn die preuß. Regierung, die Choleraepidemie in Rußland zu studieren. 1832 wurde er nach Berlin berufen, um dort ein Choleralazarett zu gr¨unden und zu leiten. A. war Mitglied der medizinischen Pr¨ufungskommission und seit 1840 Direktor der Tierarzneischule in Berlin. Nach seiner fr¨uhzeitigen Pensionierung besch¨aftigte er sich vor allem mit Botanik und Conchyliologie. A. ver¨offentlichte u. a. Malacographia Madeirensis (1854). Albers, Johann Friedrich Hermann, auch Johann Franz Hermann A., Mediziner, Pharmakologe, * 14. 11. 1805 Dorsten bei Wesel, † 11. 5. 1867 Bonn. A. begann 1823 das Medizinstudium in Bonn, wurde 1828 promoviert (De alimentis, quibus Graeci Hippocratis aetate utebantur) und habilitierte sich im folgenden Jahr (Pathologie und Therapie der Kehlkopfgeschw¨ure). 1831 wurde er zum a. o. Prof. ernannt und dann zum Direktor der pharmakologischen Sammlung der Univ. Bonn. Seine Lehrt¨atigkeit an der Univ. umfaßte die F¨acher Innere Medizin, Pathologische Anatomie, Psychiatrie und Pharmakologie. 1850 gr¨undete A. die Privat-Heilanstalt f¨ur Nerven- und Gem¨utskranke, wurde 1856 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen und war seit 1862 Ordinarius der Pharmakologie an der Univ. Bonn. Er ver¨offentlichte u. a. Die Darmgeschw¨ure (1831), Die Pathologie und Therapie der Kehlkopfkrankheiten (1829) und einen Atlas der pathologischen Anatomie (1832-62). Albers, Johann Hinrich, Kaufmann, * 14. 9. 1774 Bremen, † 2. 12. 1855 Bremen. A., der in London erfolgreich im Indigohandel t¨atig war, ließ sich 1816 in Bremen nieder und sammelte vor allem alte holl¨andische Gem¨alde (Lucas van Leyden, Rembrandt), Kupferstiche und Graphiken (etwa 15 000 Bl¨atter). Seine Sammlungen vermachte er dem von ihm mitbegr¨undeten Bremer Kunstverein. C Brem Bio 1
Albers, Johannes, Politiker, Gewerkschafter, * 8. 3. 1890 M¨onchengladbach, † 8. 3. 1963 K¨oln. A., Sohn eines Zimmermanns, arbeitete als Schrift- und Maschinensetzer, schloß sich 1909 der Christlichen Ge-
Albersheim werkschaft an und war seit 1919 als Nachfolger Jakob → Kaisers Kartellsekret¨ar in deren K¨olner Zentrale. Er vertrat 1924-31 die Deutsche Zentrumspartei im K¨olner Stadtrat; 1927 wurde er stellvertretender Parteivorsitzender. Seit 1931 war er Direktor des st¨adtischen Versicherungswesens und 1933-44 Gesch¨aftsf¨uhrer der st¨adtischen Betriebskrankenkasse. W¨ahrend der nationalsozialistischen Herrschaft politisch verfolgt, wurde A. 1944 verhaftet und im folgenden Jahr wegen Hochverrats zu Zuchthaus verurteilt. Nach 1945 geh¨orte er zu den Begr¨undern der CDU, beteiligte sich am Aufbau der Gewerkschaftsbewegung und gr¨undete die Sozialaussch¨usse der Christlich-Demokratischen Arbeiterschaft Deutschlands. A. war bis 1962 Vorsitzender der CDU K¨oln, 1946-50 Mitglied des Landtags Nordrhein-Westfalen, seit 1949 des Deutschen Bundestags und des Deutschen Rats der Europ¨aischen Bewegung. Seit 1950 geh¨orte er dem Bundesvorstand seiner Partei an. C MdB
Albers, Josef, Maler, Graphiker, Kunstp¨adagoge, * 19. 3. 1888 Bottrop, † 25. 3. 1976 New Haven (Connecticut, USA). Nach dem Studium 1913-15 an der Kgl. Kunstschule Berlin war A. Volksschullehrer in Bottrop und Hospitant an der Kunstgewerbeschule Essen. 1919 / 20 wurde A. an der Akademie der K¨unste M¨unchen Sch¨uler von Franz von → Stuck und Max → Doerner (Maltechnik). 1920-23 studierte er am Bauhaus Weimar, wurde 1922 Bauhausgeselle, 1923 von Walter → Gropius mit der Leitung der Werkstatt f¨ur Glasgestaltung beauftragt, 1925 Bauhausmeister in Dessau. A. heiratete die Textildesignerin und Graphikerin Anni Fleischmann. Er schuf Glasbilder, M¨obelentw¨urfe, Ger¨at in Glas und Metall, besch¨aftigte sich mit Typographie und Photographie und hielt Vorlesungen u¨ ber sch¨opferisches Gestalten. 1928 u¨ bernahm er die Leitung der M¨obelwerkstatt des Bauhauses (auch Tapetenentw¨urfe). Seit 1930 lehrte er am Bauhaus unter → Mies van der Rohe; 1932 zog er mit dem Bauhaus nach Berlin um, wo sich seine Lehrt¨atigkeit erweiterte. Nach der Emigration in die USA 1933 widmete er sich auch der Farblehre. A. und seine Frau wurden an das Black Mountain College in Ashville, N. C. berufen, wo er bis 1949 unterrichtete; er war u. a. Lehrer von Willem de Kooning, Robert Motherwell und Robert Rauschenberg. 1936-40 / 41 nahm er einen Lehrauftrag an der Graduate School of Design der Harvard University wahr; 1938 erhielt er die amerikanische Staatsb¨urgerschaft. Seit 1950 lehrte A. als Prof. am Institute of Fine Arts der Yale University, New Haven und als Dozent an der Graduate School of Design der Harvard University. 1958 wurde er als Direktor der Yale-Kunstschule emeritiert. 1965 fand A. internationale Anerkennung mit der Ausstellung The responsive eye im Museum of Modern Art, New York. 1970 siedelte er nach Orange, Conn. u¨ ber. A.s fr¨uhe Arbeiten (1916-19) setzen sich noch mit Kubismus und Expressionismus auseinander. Bereits hier zeigt sich Spezifisches auch seines sp¨ateren Werkes: die Variation eines Themas und des Sujets und die bewußte Beschr¨ankung auf zwei wesentliche Gestaltungselemente (die Linie in ihrer absoluten Form als Gerade und das Primat der autonomen Farbe). W¨ahrend der Bauhauszeit entstanden ingenieurhaft sachlich klare Arbeiten, mit denen A. von der Natur unabh¨angige Ordnungen anstrebte. 1933 / 34 begann in den USA eine neue Phase seines Schaffens, verbunden mit u¨ bergreifenden gestalterischen Experimenten – markiert durch zwei Arbeitsgruppen: die Zink-Lithographien
Graphic Tectonic und die Zeichnungen und Gravuren Strukturale Konstellationen, die auf die Stufen vom Anfang der dreißiger Jahre zur¨uckgreifen. 1936 entstand Almost Four (als subjektive Reflexion auf einen sinnlichen Eindruck) und The Gate (irrationaler Effekt, erzeugt durch die einfache Linie, unterst¨utzt durch Farbe). A. suchte damit Formen, die die Sicherheit geometrischer Ordnungen durchstoßen. In Involute und Adapted (1944) verwendete A. letztmalig die gekr¨ummte Linie. 1942 entstanden die Bl¨atter Nippon A und Nippon B und die Reihe Tektonische Graphik, allein unter Verwendung der Geraden. Neben den Quadraten bilden diese Bl¨atter dasjenige Werk, in dem A.s Intentionen am reinsten realisiert werden. Konzentrationspunkte seines sp¨ateren Schaffens sind die Serien Transformationen eines Schemas (1948-52) und Strukturale Konstellationen (1950-58); sie kulminieren in der Huldigung an das Quadrat, dem Hauptthema der letzten Jahre, in das er seine wahrneh¨ mungstheoretischen Erfahrungen einbrachte. In Olbildern, Offsetdrucken oder Serigraphien erscheinen jeweils drei oder vier Quadrate ineinander auf vertikaler Symmetrieachse, die verdeutlichen, daß ein und dieselbe Farbe unz¨ahlige Lesearten gestattet. A.s monumentales Lehrbuch Interaction of Color faßt seine Farblehre zusammen. A.s entscheidende Leistung besteht in der k¨unstlerischen Erkenntnis des Reichtums der prim¨aren Formenwelt, der Konstellation Fl¨acheRaum-Farbe, mit deren praktischer Artikulation er wesentlichen Einfluß auf Op-Art, kinetische Kunst, Colourfield Painting und Neue Abstraktion aus¨ubte. LITERATUR: Fran¸cois Bucher: J. A. New Haven 1961. – Ders.: J. A. Trotz der Geraden. Eine Analyse seiner graphischen Konstruktionen. Bern 1961. – Eugen Gomringer: J. A. His work as contribution to visual articulation in the 20th century. New York 1968 (deutsch: J. A. Das Werk des Malers und Bauhausmeisters als Beitrag zur visuellen Gestaltung im 20. Jahrhundert. Starnberg 1968). – Werner Spies: J. A. Stuttgart 1971. – Michael Heyder: A., J. In: Allgemeines K¨unstlerlexikon. Bd. 2, M¨unchen / Leipzig 1992, S. 47-51. Michael Heyder
Albers-Sch¨onberg, (Heinrich) Ernst, R¨ontgenologe, * 21. 1. 1865 Hamburg, † 4. 6. 1921 Hamburg. A.-S. absolvierte sein Medizinstudium in T¨ubingen und Leipzig, wo er 1891 promoviert wurde. 1892-94 war er Assistenzarzt im Allgemeinen Krankenhaus Hamburg-Eppendorf und im folgenden Jahr an der Zweifelschen Universit¨atsfrauenklinik in Leipzig. 1895 ließ er sich als praktischer Arzt in Hamburg nieder. 1897 gr¨undete er zusammen mit Deycke ein privates Institut, das sich ausschließlich mit der Anwendung der erst vor kurzem entdeckten R¨ontgenstrahlen befaßte und gab die erste Fachzeitschrift auf diesem Gebiet heraus. 1903 wurde er als Facharzt f¨ur R¨ontgenologie an das Krankenhaus St. Georg berufen, 1907 zum Prof. ernannt und war 1919 der erste Ordinarius der R¨ontgenologie in Deutschland. A.-S. entdeckte die keimsch¨adigende Wirkung der R¨ontgenstrahlen und die sogenannte Marmorknochenkrankheit; er machte sich verdient um die Entwicklung zahlreicher technischer Verbesserungen des R¨ontgenverfahrens wie z. B. der Kompressionsblende. Er ver¨offentlichte u. a. Die R¨ontgentechnik (1903, 61941).
Albersheim, Gerhard Ludwig, Musikpsychologe, Musika¨ sthetiker, Musiker, * 17. 11. 1902 K¨oln, † 19. 10. 1996 Basel. Nach dem Besuch der Schule in K¨oln erwarb A. 1930 ¨ das Musiklehrerdiplom der Osterreichischen Staatskommission und studierte 1933-38 Musikwissenschaften an der Univ. Wien, an der er 1938 mit der Arbeit Zur Psychologie der Ton- und Klangeigenschaften (unter Ber¨ucksichtigung der ‚Zweikomponenten-Theorie‘ und der Vokalsystematik) promoviert wurde. In Privatstunden wurde er von
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Albert Heinrich → Schenker ausgebildet. 1940 emigrierte A. in die USA, wo er als Korrepetitor und Konzertbegleiter bekannter S¨angerinnen und S¨anger (u. a. Elisabeth → Schumann, Ezio Pinza, Dietrich Fischer-Dieskau, Lotte → Lehmann) t¨atig war. 1947-53 lehrte er am Los Angeles Conservatory of Music and Art, 1953-56 an der University of California und 1956-70 als Prof. der Musikwissenschaft an der California State University. In seinen Arbeiten befaßte er sich haupts¨achlich mit Akustik und der Psychologie des H¨orens ¨ sowie mit der Beziehung zur musikalischen Asthetik. A. vero¨ ffentlichte u. a. Zur Musikpsychologie (1974, 31983) und Die Tonsprache (1980). C MGG
Albert IV., Graf von Bogen, * um 1191, † 15. 1. 1242. A., Sohn von → Albert III. und der → Ludmilla von B¨ohmen, erhielt als Zweitgeborener von drei Br¨udern aus dem Familienbesitz das Gebiet rechts der Donau (um Natternberg). Nachdem er 1209 / 10 mit Kaiser → Otto IV. nach Italien gezogen war, heiratete er um 1215 Richhild (Richza), Tochter des Grafen Adalbert III. von Dillingen. ¨ 1217 nahm A. mit seinem Bruder Berthold in Agypten an einem Kreuzzug des K¨onigs Andreas von Ungarn teil. 1222 wurde er Graf von Bogen-Windberg und 1233 Vogt von Windberg. Eine zweite Kreuzfahrt f¨uhrte ihn 1234 nach Pal¨astina. 1237-39 unterst¨utzte er den abgesetzten Vetter, ¨ Herzog → Friedrich II. von Osterreich. A. machte als Raubritter die Landschaft unsicher. Da er ohne Nachkommen starb, erlosch mit ihm das Geschlecht der Grafen von Bogen. Alle Besitzungen fielen an das Haus Wittelsbach, an Herzog → Otto II. von Bayern, den Stiefbruder A.s. Das weiß-blaue Rautenwappen der Grafen von Bogen ist heute Bestandteil des bayerischen Staatswappens. Albert, Herzog von Braunschweig, Erzbischof von Bremen, auch Albrecht, * um 1330, † 14. 4. 1395 Bremen. Der Sohn von Herzog → Magnus I. von BraunschweigWolfenb¨uttel war zun¨achst Domherr in Magdeburg. Zwischen 1360 und 1362 wurde er zum Erzbischof von Bremen ernannt. Im daraus resultierenden Kampf zwischen den Welfen und den Oldenburger Grafen um das Erzstift Bremen konnte sich A. aufgrund guter Beziehungen zur p¨apstlichen Kurie und mit Unterst¨utzung seiner Familie durchsetzen. Im Laufe seiner Regierung bem¨uhte er sich kaum, die in Bremen herrschenden Fehden beizulegen. Als Konsequenz seines aufwendigen Lebenswandels mußte er 1369 das Stift mit allen Schl¨ossern den Herz¨ogen Wilhelm von L¨uneburg und → Magnus II. von Braunschweig, 1375 das bremische Kirchengut rechts der Elbe an Graf Adolf von Holstein verpf¨anden. C Gatz 1 Albert I., Bischof von Freising, auch Adalabertus, Adilpertus, * vor 1158, † 11. 11. 1184 (?), begraben in Freising. A. wurde von seinem Vorg¨anger → Otto von Freising f¨ur die Nachfolge empfohlen und 1158 vom Domkapitel gew¨ahlt. Er versuchte, w¨ahrend des Schismas eine eindeutige Position zu vermeiden. Als F¨orderer von Kirchenbauten ließ er u. a. nach dem Brand von 1159 den Freisinger Dom errichten, erweiterte die Domkrypta, die danach die gr¨oßte Krypta in Deutschland war, und f¨orderte den Bau von St. Kastulus in Moosburg an der Isar. A. wird als Seliger verehrt. C NDB Albert II., auch Albrecht, Graf von HohenbergHaigerloch (als Albrecht V.), Bischof von Freising, * um 1313, † 25. 4. 1359 Stein am Rhein. A. studierte kanonisches Recht in Paris, hielt dort Vorlesungen, kehrte 1329 nach Deutschland zur¨uck und wurde 1334 gegen den Widerstand von Domstift und Stadt Bischof von Konstanz. Da er den zahlreichen Widerst¨anden nicht gewachsen war, legte er 1336 sein Amt nieder. Er trat dann in
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die Dienste → Ludwigs des Bayern, der ihn um 1340 zu seinem Kanzler ernannte. 1342 nahm A. unvermutet Partei f¨ur Papst Clemens VI., der ihn zum Kaplan ernannte und 1345 zum Bischof von W¨urzburg providierte. Als A. sich nicht durchsetzen konnte, erhielt er vom Papst 1349 das Bistum ¨ Freising. Er schloß B¨undnisse mit den Herz¨ogen von OsterC Gatz 1 reich und Bayern.
Albert II., Bischof von L¨ubeck, * 1417 / 18, † 27. 10. 1489 Kaltenhof bei L¨ubeck. A. war einige Jahre Notar bei der Rota in Rom. Nach einer diplomatischen Mission zur Beilegung der Unstimmigkeiten zwischen dem Deutschen Orden und Polen wurde A. 1466 zum Bischof von L¨ubeck geweiht. Mehrfach bet¨atigte er sich als Unterh¨andler in den Diensten K¨onig → Christians I. von D¨anemark; u. a. vermittelte er die Heirat zwischen Christians Sohn Johann und Christine von Sachsen. A. beauftragte Bernt → Notke, das Triumphkreuz zu schaffen, das 1477 im L¨ubecker Dom aufgestellt wurde. Wegen der hohen Summen, die er f¨ur die F¨orderung der K¨unste und Wissenschaften ausgab, hinterließ er sein Bistum hochverschuldet. In A.s Auftrag wurde ein bis 1465 reichendes Chronicon episcoporum Lubecensium (1476) verfaßt. C Gatz 2
Albert von L¨owen, Bischof von L¨uttich, * um 1166, † 24. 11. 1192 Reims. A. war zun¨achst Erzdiakon, dann Propst von St. JohannBaptist in L¨uttich. 1191 wurde er zum Nachfolger von Bischof → Rudolf von Z¨ahringen gew¨ahlt. Da die Wahl nicht einstimmig erfolgte, wurde Kaiser → Heinrich VI. zur Entscheidung zwischen A. und seinem Gegenkandidaten Albert von Rethel angerufen. 1192 wurde Lothar von Hochstaden als Bischof eingesetzt. Als daraufhin A. an den Papst appellierte, best¨atigte Coelestin III. ihn und ernannte ihn zum Kardinaldiakon. Dem in Reims geweihten A. wurde die R¨uckkehr nach L¨uttich verwehrt. Deutsche, vermutlich von Heinrich VI. gedungene Ritter ermordeten ihn in der N¨ahe von Reims. Seit 1613 wird A. als M¨artyrer verehrt. C LexMA Albert von Winkel, Bischof von Passau, † 1380. A. ist seit 1358 als Dompropst zu Passau nachweisbar. Seine Wahl zum Bischof 1363 wurde nach einer Kontroverse zwischen Kaiser → Karl IV. und dem Habsburger → Rudolf IV. durch Papst Urban V. best¨atigt. Die Regierungszeit A.s war gepr¨agt von Konflikten mit der Passauer B¨urgerschaft. Bei Beginn des Schismas 1378 stellte sich A. auf die Seite Urbans VI. C Gatz 1 Albert von Stauf, Bischof von Regensburg, † 10. 7. 1421 Regensburg. Der aus holsteinischem Adel stammende A. wurde 1380 Domherr und 1392 Domscholaster in Regensburg. 1396-1409 war er Generalvikar des Bischofs von Regensburg. 1397 erhielt er die Propstei St. Johann. 1409 zum Bischof von Regensburg gew¨ahlt, konnte A. f¨ur sein Hochstift die verpf¨andeten Herrschaften P¨ochlarn und Hauseck sowie Eberspoint und Hohenburg zur¨uckgewinnen. 1415-18 nahm er mit Unterbrechungen am Konstanzer Konzil, 1418 an der Provinzialsynode in Salzburg teil. A. f¨uhrte eine Klerusreform sowie zahlreiche Visitationen von Kl¨ostern durch. Er widmete sich insbesondere der Abwehr der Hussiten, f¨uhrte einen antihussitischen Eid ein und verurteilte den Kaplan Ulrich Gr¨unsleder zum Feuertod. 1412 versuchten die Stadt Regensburg sowie → Heinrich der Reiche und Herzog → Ludwig VII., die weltliche Hoheit des Bischofs einzuschr¨anken. A. mußte einen Schutzbrief von K¨onig → Sigismund erwirken, der seine Rechte best¨atigte. C Gatz 1
Albert Albert I. von Buxh¨oveden, Bischof von Riga, * um 1165 Bremen, † 17. 1. 1229 Riga. Zun¨achst Domherr und Leiter der Domschule in Bremen, wurde A. 1199 zum Bischof von Livland geweiht. 1200 brach er mit einem Kreuzfahrerheer auf und gr¨undete 1201 Riga, wo er seinen Bischofssitz errichtete. Der 1202 gestiftete Orden der Schwertbr¨uder sollte ihm bei der Unterwerfung und Christianisierung Livlands und Lettlands zur Seite stehen. Er belehnte deutsche Adlige mit L¨andereien und erreichte, daß ihm Zisterzienser und Pr¨amonstratenser bei der Kultivierung des Landes halfen. 1205 wurde das erste livl¨andische Kloster gegr¨undet. 1225 wurde das Bistum Livland zur Reichsmark und der Bischof zum Reichsf¨ursten erhoben. Auf Weisung des Papstes mußte A. ein Drittel der Gebiete dem Orden der Schwertbr¨uder u¨ berlassen. 1210 wurde er durch den Papst von der Metropolitangewalt Bremens befreit. 1227 gelang es A., Estland zu unterwerfen und seinen Bruder Hermann als Bischof von Dorpat einzusetzen. A. wurde in Riga als Seliger verehrt. C Gatz 1
Albert II. Suerbeer, Erzbischof von Riga, * Ende 12. Jh. K¨oln, † 1272 / 73 Riga. Nach dem Studium in Paris war A. Domscholastikus in Bremen und wurde 1229 vom Erzbischof von Bremen zum Bischof von Riga ernannt. Er konnte sich jedoch nicht gegen den vom Domkapitel gew¨ahlten und vom Papst best¨atigten Gegenbischof Nikolaus von Magdeburg durchsetzen. 1240 wurde A. Erzbischof von Armagh und Primas von Irland. Auf dem Lyoner Konzil von 1245 machte er seine Parteinahme f¨ur den Papst deutlich und wurde 1246 von Innozenz IV. zum Erzbischof und Legaten von Preußen, Livland und Estland, wenig sp¨ater auch zum Legaten von Gotland, Holstein, R¨ugen und Rußland ernannt. 1247 erhielt er das Bistum L¨ubeck zum Unterhalt. Im Streit mit dem Deutschen Orden verlor er sein Legatenamt, konnte sich aber 1253 als Bischof und Metropolit von Livland und Preußen in Riga als Erzbischof niederlassen. Papst Alexander IV. best¨atigte A. 1255 als ersten Erzbischof von Riga. C Gatz 1 Albert Kasimir, Herzog von Sachsen-Teschen, eigentl. Albrecht, * 11. 7. 1738 Moritzburg bei Dresden, † 10. 2. 1822 Wien. Der Sohn Kurf¨urst → Friedrich Augusts II. war seit 1760 Generalleutnant und 1765-80 Statthalter in Ungarn. Nach der Heirat → Marie Christines, der Tochter → Maria Theresias, erhielt A. K. 1766 das Herzogtum Teschen als b¨ohmisches Kronlehen. 1780-92 war er Generalgouverneur der o¨ sterr. Niederlande, seit 1794 Oberbefehlshaber der Reichsarmee und Reichs-Generalfeldmarschall. 1795, nach dem definitiven Verlust der Niederlande, zog A. K. sich zur¨uck und widmete sich sozialen Projekten (Bau von Wasserleitungen in Wien) und k¨unstlerischen Interessen (Malerei, Zeichnen und Architektur). F¨ur seine Gemahlin ließ er 1798 durch Antonio Canova ein Grabmal errichten. Seine Sammlung von selbstangefertigten Handzeichnungen und Kupferstichen, die er seinem Adoptivsohn Erzherzog → Karl vermachte, bildet die Grundlage der nach ihm benannten Albertina in Wien. Albert, K¨onig von Sachsen, * 23. 4. 1828 Dresden, † 19. 6. 1902 Sybillenort (Schlesien). A. studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn, nahm 1849 als Hauptmann am Feldzug in Schleswig-Holstein teil und wurde 1853 Kommandeur der s¨achsischen Infanterie. Als Kronprinz – sein Vater Johann war 1854 seinem kinderlosen Bruder → Friedrich August II. auf dem Thron gefolgt – erhielt A. den Vorsitz im Staatsrat. Er nahm am Krieg 1866 teil und erlangte nach der durch eine preußisch-s¨achsische Milit¨arkonvention erfolgten Zusammenfassung der s¨achsischen Truppen zum XII. Korps der norddeutschen Bundesarmee dessen Oberbefehl. Nach den Schlachten von
Gravelotte und St. Privat im Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 erhielt er den Oberbefehl u¨ ber die neugebildete Maasarmee, die an der Schlacht von Sedan und von Paris teilnahm, und wurde 1871 preuß. Generalfeldmarschall. 1873 folgte er seinem Vater auf den Thron. A. bem¨uhte sich um gute außenpolitische Beziehungen; seinem Einfluß ist der Abschluß des deutsch-¨osterreichischen Zweibundes von 1879 zu verdanken. C Priesdorff, Bd 7
Albert Franz Albrecht August Karl Emanuel, Prinz von Sachsen-Coburg-Gotha, Prinzgemahl, * 26. 8. 1819 Schloß Rosenau bei Coburg, † 14. 12. 1861 Windsor. A., zweiter Sohn des regierenden Herzogs → Ernst I., studierte seit 1837 in Bonn und heiratete 1840 seine Cousine K¨onigin Viktoria von England, die ihm 1857 den Titel „Prinzgemahl“ (Prince Consort) verlieh. Offizielle politi¨ sche Amter lehnte er ab, da dies nicht den konstitutionellen Grunds¨atzen des Hauses Coburg entsprochen h¨atte. Als Mitglied des Geheimen Rats nahm er jedoch an allen politischen Beratungen der K¨onigin mit ihren Ministern teil und u¨ bte auf ihre politischen Entscheidungen einen nicht unerheblichen Einfluß aus. Im Gegensatz zum Premierminister Lord Palmerston unterst¨utzte er die deutsche Einheitsbewegung; er f¨orderte Wohlfahrtseinrichtungen, war Protektor der ersten Weltausstellung in London 1851 und seit 1847 Kanzler der Univ. Cambridge. A. bet¨atigte sich auch als Komponist (Hedwig von Linden, 1840) und interessierte sich f¨ur GarC R¨oßler / Franz tenarchitektur und Landwirtschaft.
Albert III., Graf von Tirol, * um 1180, † 22. 7. 1253. A. war der letzte aus dem Haus der Grafen von Tirol und ein Anh¨anger → Friedrichs II. Anfang des 13. Jh. erhielt er vom Bischof von Brixen das Eisacktal zu Lehen und erreichte 1241 die Vereinigung des Tiroler mit dem Andechser Besitz seines Schwiegersohnes Otto von Meranien als unteilbares Hochstiftslehen. 1248 konnte er das Erbe Ottos antreten und ¨ 1253 vom Bischof von Trient, → Egno, die Ubertragung der Lehen erreichen. Nach A.s Tod wurde der Besitz zwischen seinen Schwiegers¨ohnen, den Grafen → Meinhard von G¨orz und Gebhard von Hirschberg, aufgeteilt. C NDB Albert von Aachen, Chronist, * vor 1100, † nach 1158 Aachen. A. stammte vermutlich aus Lothringen und war um 1100 Stiftsherr in St. Maria in Aachen. Er verfaßte zwischen 1124 und 1158 die Historia Hierosolymitanae expeditionis, die Ereignisse aus den Kreuzz¨ugen und dem K¨onigreich Jerusalem in den Jahren 1095-1121 behandelt. Das Werk beruht wahrscheinlich auf den Aufzeichnungen eines lothringischen Geistlichen aus der Umgebung von → Gottfried von Bouillon. Es wird angenommen, daß A. seinem Werk auch m¨undliche Erz¨ahlungen und Kreuzfahrerlieder zugrundegelegt hat. Es ist in schw¨armerischem, poetischem Stil verfaßt und an vielen Stellen unkorrekt. C VL Albert von Aschach, auch Albert von Waldkirchen, Theologe, * 29. 9. 1283 Aschach (Ober¨osterreich), † nach 4. 4. 1345. A. trat 1296 in die Klosterschule St. Florian ein, wurde 1305 Schreiber des Propstes Einwik Weizlan, 1309 zum Subdiakon, 1315 zum Diakon und 1318 zum Priester geweiht. Seit 1314 war er Seelsorger in Niederwaldkirchen am Windberg (Ober¨osterreich), hielt sich 1323 / 24 in Krakau, 1325 an der Kurie auf. 1328 wurde er Pfarrer in Gmunden. Die ihm von einem Konventualen von St. Florian gewidmete Fortsetzung der Melker Annalen von 1276-1309 versah A. mit autobiographischen und zeitgen¨ossischen Randbemerkungen von 1283-1342 und mit einem kalendarischen Anhang. C NDB
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Albert Albert Behaim von Behaiming, auch A. v. Beham, Domdekan von Passau, p¨apstlicher Legat, * um 1180 / 90, † Anfang 1260 Passau. A. entstammte einer niederbayerischen Ministerialenfamilie, wurde 1212 Kanoniker in Passau und 1226 Archidiakon von Lorch. Unter den P¨apsten Innozenz III. und Honorius III. war er Anwalt an der Kurie. 1239 wurde er von Gregor IX. zum p¨apstlichen Legaten f¨ur Deutschland ernannt. Er stritt f¨ur die p¨apstlichen Interessen gegen Kaiser → Friedrich II., mußte 1244 an die Kurie nach Lyon fliehen und betrieb gemeinsam mit dem Papst die Wahl der Gegenk¨onige. 1245 kehrte A. nach Bayern zur¨uck. 1246 wurde er von Papst Innozenz IV. zum Domdekan von Passau ernannt, verlor aber nach dem Tod des Kaisers 1250 an Einfluß und starb isoliert 1260. A. war auch literarisch t¨atig; am bekanntesten sind seine Briefund Memorialb¨ucher. C TRE Albert von Dießen, auch A. von Tegernsee, Augustinerchorherr, Geschichtsschreiber, Theologe, * 2. H¨alfte 14. Jh. A. war Augustinerchorherr in St. Marien in Diessen / Ammersee und verfaßte neben einer Sammlung kirchenrechtlicher und liturgischer St¨ucke (Speculum clericorum) eine Chronik der Diessener Pr¨opste. Vermutlich stammen von ihm eine Ebersberger Chronik, Gr¨undungsgeschichten von Tegernsee und Dietramszell und einige St¨ucke in den Fundationes monasteriorum Bavariae. C VL Albert von Metz, auch Alpertus, M¨onch, Geschichtsschreiber, † nach 1021 / 25. A. lebte als M¨onch im Schottenkloster St. Symphorian in Metz und sp¨ater im Kloster Amersfoort in der Di¨ozese Utrecht. Er beschrieb 1005-17 die letzten Lebensjahre (978-84) des Bischofs → Dietrich I. von Metz. Dieses auf Augenzeugenberichten beruhende Werk gilt als wichtige Quelle f¨ur den Zug → Ottos II. nach Italien; es ist jedoch nur unvollst¨andig erhalten. A.s Schrift De diversitate temporum libri (zwischen 1021 und 1024), die Bischof → Burchard I. von Worms gewidmet ist, gibt Aufschluß u¨ ber die Sittengeschichte der Zeit und die niederlothringische Geschichte der Jahre 990-1021. A. geh¨orte vermutlich dem literarischen Kreis um → Adalbold von Utrecht an. C LexMA
Albert von Orlam¨unde, Dominikaner, 13. Jh. Wahrscheinlich war A. Verfasser der Philosophia pauperum, auch Summa naturalium oder Compendium de negotio naturali genannt, eines Lehrbuchs, das an den Stadtschulen des Mittelalters stark verbreitet und auch f¨ur arme Studenten erschwinglich war. Da diesem Kompendium der Naturphilosophie gr¨oßtenteils die Schriften des → Albertus Magnus zugrundelagen, wurde die Verfasserschaft lange Zeit diesem zugeschrieben. C LThK
Albert von Sachsen, auch Ricmestorp, van Helmstedt, Albertus de Saxonia, Albertutius, Albertus parvus, Philosoph, Naturforscher, * um 1316 Helmstedt, † 8. 7. 1390 Halberstadt. A. stammte aus einer Rickmerstorfer B¨urgersfamilie, studierte in Prag und Paris, lehrte 1351-62 an der Pariser Artistenfakult¨at und war 1353 Rektor der Sorbonne. 1362-65 hielt er sich am p¨apstlichen Hof in Avignon auf, um dort mit Urban V. die Verhandlungen zur Best¨atigung der Univ. Wien zu f¨uhren. 1365 wurde A. erster Rektor der Univ. Wien und war seit 1366 Bischof von Halberstadt. Er verfaßte naturund moralphilosophische Schriften, in denen er sich ausf¨uhrlich mit Aristoteles besch¨aftigte. Wichtig waren insbesondere seine Quaestiones zu dessen physikalischen Schriften. A. verfaßte auch Abhandlungen zur Mathematik (u. a. Tractatus proportionum, De quadratura circuli) und zur Logik (u. a. Perutilis logica, Sophismata). Er stand mit seinen
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Theorien vor allem unter dem Einfluß von Johannes Buridan und Nikolaus von Oresme und war Ockhamist. C LexMA
Albert von Siegburg, Benediktiner, 12. Jh. A. lebte als Benediktinerm¨onch in der Abtei St. Michael nahe Bonn. Er verfaßte vor Ende des 12. Jh. als Auftragswerk ein Glossar zum Alten und Neuen Testament. Das Buch basierte auf der Vulgata in lateinischer Sprache, wurde aber vom Verfasser mit mittelhochdeutschen Zus¨atzen versehen. Daher ist es heute noch sprachwissenschaftlich von Bedeutung. C VL
Albert von Soest, auch Albertus Svzatiensis, Bildhauer, Bildschnitzer, † 20. 3. 1589 L¨uneburg. 1567-89 in L¨uneburg als Meister erw¨ahnt, war A. seit 1583 B¨urger von L¨uneburg. Als sein Hauptwerk gelten die Eichenholzschnitzereien in der Großen Ratsstube des Rathauses in L¨uneburg, die 1566 / 67 teilweise in Zusammenarbeit mit Gertt Suttmeier entstanden. Ferner schuf er Sandsteingrabm¨aler und mit religi¨osen Motiven bemalte Papierreliefs. C AKL Albert, Abt von Stade, Chronist, Dichter, * Ende 12. Jh. Norddeutschland, † 5. / 9. 2. nach 1265. A. wurde 1232 Abt des Benediktinerklosters St. Marien in Stade und versuchte seit 1236 mit Erlaubnis des Papstes, das Kloster nach der Zisterzienserregel zu reformieren. Als dies mißlang, legte er 1240 sein Amt nieder und zog sich in das Franziskanerkloster in Stade zur¨uck. Fortan widmete er sich haupts¨achlich historischen Studien und verfaßte u. a. eine bis 1256 reichende Weltchronik, die Annales Stadenses, die sich teilweise auf Beda, → Ekkehard von Aura und → Adam von Bremen st¨utzt. A. verfaßte neben zwei weiteren Versdichtungen den Troilus (1249), ein Epos u¨ ber den Trojanischen Krieg. C VL Albert, Adam, Schriftsteller, * 13. 8. 1862 Burggrumbach (Unterfranken), † 3. 11. 1924 M¨unchen. A. trat 1880 als Kanonier in das 2. Feldartillerieregiment ein, ließ sich nach seiner Bef¨orderung zum Unteroffizier zur Reserve versetzen und war dann Grenzaufseher im bayerischen Allg¨au, teils in F¨ussen, teils in Pfronten stationiert. 1890 wurde er im Rang eines Grenzoberaufsehers nach Freilassing versetzt; 1899 erschien sein Erstlingswerk Wettertannen. Im Ruhestand seit 1902, ließ er sich in M¨unchen nieder und schrieb noch etliche Romane. Albert, Eduard, Chirurg, * 20. 1. 1841 Senftenberg (B¨ohmen), † 26. 9. 1900 Senftenberg (B¨ohmen). Der Sohn eines Uhrmachers studierte Medizin in Wien und wurde 1867 promoviert. Er war zun¨achst Assistent bei Johann von → Dumreicher an der Chirurgischen Klinik. Nach der Habilitation 1872 wurde er 1873 Ordinarius an der Chirurgischen Klinik in Innsbruck und 1881 Prof. und Mitdirektor der Chirurgischen Klinik in Wien. A. gelang vermutlich als erstem eine Nerventransplantation und eine Schilddr¨usenentfernung; er f¨orderte die theoretische Orthop¨adie. Sein Lehrbuch der Chirurgie (4 Bde., 1877-80), das mehrfach aufgelegt und in mehrere Sprachen u¨ bersetzt wurde, legte erstmals die Kenntnisse u¨ ber Antisepsis zugrunde. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren auch Diagnostik der chirurgischen Krankheiten in 20 Vorlesungen (1876, 101912) und Die Frauen und das Studium der Medizin (1895). 1888 wurde A. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Zu seinen Sch¨ulern z¨ahlten u. a. Adolf → Lorenz, Julius von → Hochenegg und Rudolf → Frank. Albert, Eugen, Physiker, Kunstdrucker, Verleger, * 26. 5. 1856 Augsburg, † 22. 6. 1929 M¨unchen. A. studierte Physik und Chemie in M¨unchen und Heidelberg, wurde 1882 promoviert und gr¨undete 1883 die M¨unchener
Albert Kunst- und Verlagsanstalt Dr. E. Albert & Co., 1908 die Albert-Compagnie mbH in M¨unchen. Wie sein Vater Joseph → A. bem¨uhte er sich haupts¨achlich um die Verbesserung der Wiedergabetechnik von Bildern. 1883 erfand er die isochromatische Bromsilber-Kollodium-Emulsion, mit deren Hilfe es gelang, eine tonrichtige Schwarz-Weiß-Reproduktion von Gem¨alden zu erzielen. In Folge verlegte er zahlreiche Gem¨aldereproduktionen. 1891 entdeckte er die M¨oglichkeit, das sogenannte Moir´emuster zu vermeiden, was zu einer Vervollkommnung des Mehrfarbendrucks f¨uhrte. 1902-04 erfand er das A.-Galvano, das erstmalig identische Duplikate von Originalklischees zuließ. Weitere Erfindungen A.s waren der Kopierraster, das Reliefklischee, die Citrochemie ¨ und eine Atzmaschine. C NDB
Albert, Eugen (Franz Karl) d’, auch Eug`ene (Francis Charles) d’A., Komponist, Musiker, * 10. 4. 1864 Glasgow, † 3. 3. 1932 Riga. Der Sohn eines Ballettmeisters und Komponisten studierte seit 1876 bei Ernst → Pauer in London, 1881 bei Hans → Richter in Wien und seit 1882 bei Franz → Liszt in Weimar und Bayreuth. 1895 war er vor¨ubergehend Opernkapellmeister in Weimar. A., der zahleiche Konzertreisen unternahm, auch nach Amerika, wurde einer der gefeiertsten Klaviervirtuosen seiner Zeit, der vor allem als Interpret der Werke → Beethovens gesch¨atzt wurde. Nach Aufenthalten in Coburg, Eisenach, Coswig bei Dresden, Weimar, Sachsenhausen bei Frankfurt / Main und an mehreren Orten in Italien lebte er seit 1914 in der Schweiz (Montreux, Z¨urich, Luzern). A. schrieb einundzwanzig, zum Teil sehr erfolgreiche Opern (u. a. Die Abreise, 1898; Tiefland, 1903 Flauto solo, 1905; Die toten Augen, 1916) sowie Klavierkonzerte, eine Symphonie und Lieder. Er ver¨offentlichte auch Bearbeitungen von Johann Sebastian → Bachs Orgelwerken und eine Ausgabe des Wohltemperierten Klavier (1906 / 07). C MGG
Albert, Friedrich, Agrarwissenschaftler, * 24. 5. 1860 M¨unchenhof bei Quedlinburg, † 7. 4. 1949. A. studierte an der Univ. Berlin, der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin und in G¨ottingen. Er war einige Jahre als Landwirt t¨atig, habilitierte sich 1889 an der Univ. Halle und wurde 1890 a. o. Professor. 1901 folgte er einem Ruf als Prof. der Landwirtschaft und Direktor des Landwirtschaftlichen Instituts nach Gießen und ging 1903 in gleicher Funktion nach K¨onigsberg. Er verfaßte u. a. F¨utterungsversuche auf der Versuchswirtschaft Lauchst¨adt (1896). Albert, Hans, auch Johann Specht, Schauspieler, * 6. 9. 1841 (1845, 1851 ?) M¨unchen, † 6. 6. 1912 M¨unchen. Der Sohn eines M¨unchner Chirurgen machte zun¨achst eine Lehre als S¨ackler, wandte sich dann dem Theater zu und trat 1860 sein erstes Engagement in Reichenhall an. Es folgten Jahre bei Wanderb¨uhnen, bis er 1870 nach M¨unchen zur¨uckkehrte und am K¨oniglichen G¨artnerplatztheater engagiert wurde, wo sich sein Rollenrepertoire vom jugendlichen Liebhaber u¨ ber Intriganten und Heldenv¨ater bis hin zum Komiker erstreckte. Nur kurze Zeit spielte er 1881 am Wiener Ringtheater, das im selben Jahr abbrannte. Wieder am G¨artnerplatztheater, profilierte A. sich als b¨auerlicher Liebhaber in den Volksst¨ucken von Maximilian → Schmidt, Ludwig → Ganghofer und anderen. Eine Gastspielreise des Ensembles f¨uhrte ihn 1889 nach Hannover, wo er ein Angebot des Hoftheaters annahm. 1901 zog er sich von der B¨uhne zur¨uck. C Biogr Jahrb, Bd 17 Albert, Heinrich, Komponist, Dichter, * 8. 7. 1604 Lobenstein / Reuß (Th¨uringen), † 6. 10. 1651 K¨onigsberg. Eine bei seinem Vetter Heinrich → Sch¨utz begonnene musikalische Ausbildung brach A., Sohn eines Amtssch¨ossers
in Lobenstein und Schleiz, 1623 ab, um in Leipzig Jura zu studieren. 1626 ging er nach K¨onigsberg, geriet als Begleiter einer holl¨andischen Gesandtschaft nach Polen in schwedische Gefangenschaft und kehrte erst 1628 nach K¨onigsberg zur¨uck. Seit 1630 war er Organist am Dom und nahm seine musikalischen Studien, diesmal als Sch¨uler von Johann → Stobaeus wieder auf. A. komponierte 193 geistliche und weltliche Lieder. Ein Großteil seiner Liedertexte stammt von ihm selbst oder von seinem Freund Simon → Dach, der wie er dem K¨onigsberger Dichterkreis angeh¨orte; einige (wie Gott des Himmels und der Erden) werden noch heute gesungen. A.s Hauptwerke sind gesammelt in den Arien oder Melodeyen [. . .] (8 Teile, 1638-50). C Killy
Albert, Heinrich, Chemiker, Industrieller, * 12. 2. 1835 Amorbach, † 31. 12. 1908 Biebrich (heute zu Wiesbaden). Im Alter von 15 Jahren begann A., Sohn eines F¨urstlich Leiningenschen Oberf¨orsters, eine Apothekerlehre und machte in M¨unchen, wo er zeitweilig Sch¨uler von Justus von → Liebig war, das Apothekerexamen. 1858 gr¨undete er mit seinem Bruder Eugen A. die H. & E. Albert, landwirthschaftlich-chemische und Leimfabrik in der Lohm¨uhle bei Biebrich. Die Produktion der Fabrik konzentrierte sich haupts¨achlich auf D¨unger; 1861 konnte der Firmensitz nach Am¨oneburg am Rhein verlegt werden. Der entscheidende Durchbruch war A.s Erfindung eines speziellen Mahlverfahrens, das es erm¨oglichte, die phosphathaltige sogenannte Thomasschlacke f¨ur landwirtschaftliche Zwecke zu nutzen. Nach Anlaufen der Produktion 1885 folgten zahlreiche Vertr¨age mit in- und ausl¨andischen Stahlfirmen. 1895 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. A. verfaßte u. a. Die Zukunft der deutschen Landwirtschaft (1901, mit Adolf Homuth) und Mein Leben (nach einem Manuskript hrsg. von Frithjof Kroemer, 1952). C Leb Nassau, Bd 1 Albert, Heinrich, Jurist, Beamter, * 12. 2. 1874 Magdeburg, † 1. 11. 1960 Wiesbaden. Nach dem Jurastudium in M¨unchen, Leipzig, Jena und Halle wurde A. 1895 Referendar, 1901 Assessor und sp¨ater Hilfsrichter in Magdeburg. In das Reichsamt des Innern berufen, wurde er 1904 zum Attach´e des Reichskommissars f¨ur die Weltausstellung in St. Louis (USA), 1908 f¨ur die Weltausstellung in Br¨ussel bestellt. 1914-17 in wirtschaftlicher Mission in den Vereinigten Staaten, dann Treuh¨ander des feindlichen Verm¨ogens in Deutschland, war er 1918 / 19 als Pr¨asident des Reichsamts zur Verwertung der nach der Demobilisierung freigewordenen Heeresg¨uter, 1919-21 als Leiter der Reichskanzlei im Rang eines Staatssekret¨ars t¨atig. 1922 / 23 war A. Reichsschatzminister, dann Reichsminister f¨ur den Wiederaufbau im Kabinett → Cuno. 1924 trat er zur¨uck und er¨offnete eine Anwaltskanzlei. Albert, Herbert, Dirigent, * 26. 12. 1903 Bad Lausick (Sachsen), † 15. 9. 1973 Bad Reichenhall. Zun¨achst von seinem Vater ausgebildet, studierte A. bei Wilibald → Gurlitt und Carl → Muck. Er war Pianist und Kapellmeister in verschiedenen St¨adten Deutschlands, seit 1934 Generalmusikdirektor in Baden-Baden. Dort initiierte er die nach 1933 verbotenen Feste f¨ur zeitgen¨ossische Musik als Internationale Musikfeste neu. Von 1937 an war A. Generalmusikdirektor des W¨urttembergischen Staatstheaters in Stuttgart, gleichzeitig Leiter der Stuttgarter Sinfoniekonzerte. 1942-44 war er Operndirektor der St¨adtischen B¨uhnen, Leiter der Schlesischen Philharmonie in Breslau und seit 1946 als Nachfolger Hermann → Abendroths Gewandhauskapellmeister in Leipzig. Sp¨ater war er Chefdirigent der Bamberger Symphoniker, seit 1952 Generalmusikdirektor der Stadt Mannheim und Chefdirigent des dortigen Nationaltheaters. C Munzinger
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Albert Albert, Joseph, Drucker, Photograph, * 5. 3. 1825 M¨unchen, † 5. 5. 1886 M¨unchen. A. gr¨undete 1850 in Augsburg ein photographisches Atelier, das er 1858 nach M¨unchen verlegte. Durch Verwendung von Glasplatten als Tr¨ager der Druckschicht vervollkommnete er 1868 den Lichtdruck, der nach ihm Albertotypie genannt wird. A. geh¨orte zu den ersten, die die Photographie zu reinen Reproduktionszwecken verwerteten. Er verlegte Werke u. a. von Wilhelm von → Kaulbach, Moritz von → Schwind und Alfred → Rethel. A. war der Vater von Eugen → A. C NDB Albert, Michael, Schriftsteller, * 21. 10. 1836 Trappold (heute Apold), † 21. 4. 1893 Sch¨aßburg (heute Sighisoara). In Siebenb¨urgen aufgewachsen, studierte A. seit 1857 Germanistik und Theologie in Jena, Berlin und Wien. 1861 kehrte er als Lehrer am Sch¨aßburger evang. deutschen Obergymnasium nach Siebenb¨urgen zur¨uck. A. geh¨orte der fortschrittlich-liberalen Autorengruppe der „Jungsachsen“ an. Er verfaßte zahlreiche Dramen, Erz¨ahlungen und lyrische Gedichte sowie p¨adagogische, historische und literarhistorische Abhandlungen. In den sechziger Jahren wandte er sich gesellschaftskritischen Themen zu (u. a. Die Dorfschule, 1866). Das Drama Die Flandrer am Alt (1883) schrieb A. als Festspiel zur 700-Jahr-Feier der Einwanderung der Sachsen nach Siebenb¨urgen. C Killy
Albert, Wilhelm August Julius, Berghauptmann, Erfinder, * 24. 1. 1787 Hannover, † 4. 7. 1846 Clausthal. Der musikalisch begabte A., dessen Vater B¨urgermeister der Neustadt Hannover war, studierte seit 1803 Jura in G¨ottingen. Im Harz entdeckte er sein Interesse f¨ur das Bergfach, wurde 1806 beim Berg- und Forstamt in Clausthal angestellt, 1817 zum Bergrat ernannt und 1836 mit der Leitung des gesamten Bergbaus im Harz beauftragt. A. machte sich besonders verdient um die Erfindung eines geflochtenen Drahtseils, das erstmals 1834 in der Grube „Caroline“ bei Clausthal Verwendung fand. C Matschoß: Tech
Alberthal, Hans, auch Albertal, Albertalli, Alberthaler, Albertolus; Johann, Giovanni, Baumeister, * um 1575 / 80 vermutlich Roveredo oder Eichst¨att, † um 1657 vermutlich Preßburg. A. stammte aus einer Graub¨undener Baumeisterfamilie und erlernte bei seinem Vater das Maurerhandwerk. 1600-06 lebte er in Dillingen. Seit sp¨atestens 1610 war er f¨urstbisch¨oflich Augsburgischer und f¨urstbisch¨oflich Eichst¨attischer Bau- und Werkmeister, 1619-32 Ratsherr und 1625 Senator von Dillingen. Er erbaute die Studienkirche in Dillingen (1610-17), die Schutzengelkirche in Eichst¨att (1617-20) und die Jesuitenkirche in Innsbruck (1619-21), die jedoch 1626 wegen einer Fehlkonstruktion einst¨urzte. Das gleiche Schicksal drohte der 1619-28 gebauten Stadtpfarrkirche in Dillingen, da auch hier das Dach zu schwer f¨ur die Gesamtkonstruktion war. A. wanderte daraufhin zwischen 1632 und 1635 nach Preßburg aus, wo er mit Elias → Holl an der Wiederherstellung des Schlosses arbeitete. 1636 wurde er in einer Dillinger Urkunde als „Kaiserl. Paumeister zue Pressburg“ erw¨ahnt. A., dessen Stil dem Augsburger Kreis um → Heintz, Holl und Johann Mathias → Kager verpflichtet war, z¨ahlte zu den welschen Bauleuten, die in Mittel- und Osteuropa der Renaissance zum Durchbruch verhalfen. C AKL
Alberti, Eduard Christian Scharlau, Philologe, Bibliothekar, * 11. 3. 1827 Friedrichstadt, † 28. 2. 1898 Voorde bei Kiel. Nach der Ausbildung zum Buchdrucker (1844-48) ging A. bis 1850 an die Husumer Gelehrtenschule und studierte dann als Sch¨uler → Forchhammers klassische Philologie in Kiel. Er bestand 1854 das Lehrerexamen, arbeitete zwei Jahre
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lang als Hauslehrer, wurde 1856 promoviert und habilitierte sich 1857. Nebenbei arbeitete er in der Universit¨atsbibliothek, wo er 1868 zweiter Kustos wurde. Seit 1893 war er Professor. A.s besonderes Interesse galt der griechischen Philosophie und deren Geschichte. Er verfaßte u. a. das Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller (2 Bde., 1867 / 68; 2 Erg.-Bde., 1885 / 86), das den Zeitraum 1829-82 behandelt. C SHBL, Bd 2
Alberti, Friedrich August von, Geologe, Bergbeamter, * 4. 9. 1795 Stuttgart, † 12. 9. 1878 Heilbronn. Seit 1809 Mitglied des Bergkadettenkorps in Stuttgart, entdeckte A., Sohn eines Offiziers, der Lehreres Friedrich → Schillers an der Hohen Karlsschule in Stuttgart war, 1823 in der N¨ahe von Schwenningen Steinsalz, worauf die Gr¨undung der Saline Wilhelmshall folgte. 1828 wurde er Verwalter der Saline, 1836 Bergrat. Seit 1853 leitete er den Schachtbau in Friedrichshall, wo 1859 in 153 Meter Tiefe Steinsalz gefunden wurde. Er war bis 1870 Verwalter dieser Saline. A. besch¨aftigte sich mit der wissenschaftlichen Erforschung von Gesteinsschichten und ver¨offentlichte 1834 einen Beitrag zu einer Monographie des Bunten Sandsteins, Muschelkalks und Keupers, und die Verbindung dieser Gebilde zu einer Formation, in dem er als erster diese Gesteinsschichten als generell zusammengeh¨orige Einheit identifizierte und ihr den Namen Trias-Formation gab. C Leb Schwaben, Bd 2
Alberti, Georg Wilhelm, evang. Theologe, * 1723 Osterode / Harz, † 3. 9. 1758 T¨undern bei Hameln. Dem Studium der Philosophie und Theologie in G¨ottingen folgte ein mehrj¨ahriger Aufenthalt in England. Die Ergebnisse seiner Studien faßte A. zusammen in der Aufrichtigen Nachricht von der Religion, Gottesdienst, Sitten und Gebr¨auchen der Qu¨aker (1750) und den Briefen, betreffend den allerneuesten Zustand der Religion und der Wissenschaften in Großbritannien (4 Bde., 1752-54). A. galt als Autor der unter dem Namen Alethophilus Goettingensis 1747 in England erschienenen, gegen David Hume gerichteten Schrift Some Thoughts on the Essay of the Natural Religion. C ADB
Alberti, Johann Friedrich, Musiker, Komponist, * 11. 1. 1642 T¨onning (Schleswig), † 14. 6. 1710 Merseburg. A. studierte Theologie in Rostock, wechselte dann u¨ ber zum Jurastudium in Leipzig, wo sein Interesse an der Musik in den Vordergrund trat. Dies wurde gef¨ordert durch den Domorganisten der Nicolai-Kirche Werner → Fabricius, von dem er unterrichtet wurde. Als Hof- und Kammerorganist am herzoglich-s¨achsischen Hof hielt er sich anl¨aßlich einer Reise des Herzogs um 1676 in Dresden auf, wo er Sch¨uler Vincenzo Albricis war. A. komponierte Kirchenmusik, vorwiegend f¨ur die Orgel. C SHBL, Bd 2 Alberti, Julius Gustav, evang. Theologe, * 26. 8. 1723 Hannover, † 30. 3. 1772 Hamburg. A. studierte Theologie in G¨ottingen, wurde 1753 Pfarrer in Groß-Schneen, 1755 Diakon an der Katharinenkirche in Hamburg. Dort geriet er in Konflikt mit dem Hauptpastor Johann Melchior → Goeze. Nach Ver¨offentlichung der Anleitung zum Gespr¨ach u¨ ber die Religion (1771) wurde er von Goeze als ketzerisch verurteilt und die Schrift einer amtlichen Pr¨ufung unterzogen. A. war der Vater von Maria Agatha → A. C ADB Alberti, Karl Edmund Robert, evang. Theologe, Schriftsteller, * 12. 7. 1801 Danzig, † 4. 11. 1870 Potsdam. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie in Halle und Berlin war A. 1827-32 Pfarrer an St. Trinitatis, 1832 / 33
Albertini an St. Marien in Danzig. 1833-37 u¨ bernahm er eine Pfarrei in Praust und war seit 1837 an der Domkirche in Marienwerder t¨atig. Dort gr¨undete er 1838 eine private h¨ohere T¨ochterschule, der 1840 ein Lehrerinnenseminar angeschlossen wurde. 1854 ging er als Stadtschulrat nach Stettin. Neben seiner beruflichen T¨atigkeit galt A.s Interesse der Musik und Literatur. Er verfaßte zahlreiche musikaltheoretische Schriften, u. a. Richard Wagner und seine Stellung zur dramatischen Musik (1856).
Alberti, Konrad, eigentl. K. Sittenfeld, Journalist, Schriftsteller, * 9. 7. 1862 Breslau, † 24. 6. 1918 Berlin. A. brach sein Studium der Geschichte, Kunst- und Literaturgeschichte in Breslau ab, um Schauspieler bei Wanderb¨uhnen zu werden, studierte seit 1883 in Berlin National¨okonomie. Nach Abschluß des Studiums wurde er freier Schriftsteller und unternahm zahlreiche Reisen. 1900 wurde er Chefredakteur der „Berliner Morgenpost“. Als Kulturund Literaturkritiker schrieb er f¨ur die von Michael Georg → Conrad gegr¨undete naturalistische Zeitschrift „Die Gesellschaft“. Zusammen mit Karl → Bleibtreu gr¨undete er „Die Deutsche B¨uhne“. Neben Essays und B¨uhnenst¨ucken schrieb A. Romane wie Die Alten und die Jungen (2 Bde., 1889) und Der Kampf ums Dasein (6 Bde., 1888-95). C Lex dt-j¨ud Autoren Alberti, Leopold David Scharlau, evang. Theologe, * 30. 11. 1816 Rendsburg, † 4. 4. 1892 S¨ulfeld bei Oldesloe. A. lebte einige Zeit in Finnmarken, seit 1833 in Hamburg, wo er Friedrich → Hebbel kennenlernte. Er war Bevollm¨achtigter des Stadt-Sekretariats, wanderte 1846 nach Amerika aus und lebte als Schriftsteller und Zeitungsredakteur in New York. 1854 begann er in Columbus (Ohio) das Studium der Theologie und wurde sp¨ater Prediger in Portsmouth. Er war in verschiedenen Pfarreien in Illinois, zuletzt in Longgrove, t¨atig, 1864-66 Pr¨ases der inkorporierten evang. Synode des Nordwestens der USA sowie Mitbegr¨under und Leiter des Predigerseminars dieser Synode in Waukegan. Wieder in ¨ Longgrove, wurde er 1868 Altester des n¨ordlichen Synodaldistrikts. 1871 kehrte A. nach Deutschland zur¨uck. Alberti, Maria Agatha, Malerin, * 14. 11. 1767 Hamburg, † 1. 2. 1812 M¨unster. A., Tochter Julius Gustav → A.s und Schw¨agerin Ludwig → Tiecks, hatte engen Kontakt zu den deutschen Fr¨uhromantikern. Sie erhielt 1793-95 in Hamburg Malunterricht von ihrem Schwager Friedrich Ludwig Heinrich Waagen, studierte 1795-1805 bei Anton → Graff und Franz → Gareis in Dresden und beteiligte sich an Ausstellungen der Dresdner Akademie. 1801 konvertierte A. zum Katholizismus und u¨ berwarf sich deshalb nach ihrer R¨uckkehr nach Hamburg 1806 mit ihrer Familie. 1808 trat A. in die Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern in M¨unster ein, deren Oberin sie 1809 wurde. W¨ahrend der Typhuswelle von 1810 / 11 half sie den Kranken, starb dann aber selbst an der Krankheit. Bekannt wurde A. in erster Linie als Malerin und Kopistin. Sie schuf vor allem Portr¨ats, aber auch Historien- und Genrebilder. A. pflegte zeitweise den kranken → Novalis und war mit Philipp Otto → Runge und den Schlegels befreundet. Sie portr¨atierte u. a. Friedrich → Schlegel (1802) und Novalis’ Familie (1805). Die meisten Bilder A.s sind verloren. C Schmidt-Liebisch
Alberti, Michael, Mediziner, Naturforscher, * 13. 11. 1682 N¨urnberg, † 17. 5. 1757 Halle / Saale. Nach dem Studium der Theologie, das er in Altdorf mit der Promotion abschloß (De modis dirigendi omnes actiones nostras ad gloriam Dei, 1701), wandte sich A. dem Studium der Medizin zu, das er zun¨achst in Jena, dann in Halle als Sch¨uler Georg Ernst → Stahls absolvierte. Dort wurde
er 1704 mit der Arbeit De erroribus medicinae practicae promoviert, habilitierte sich und ließ sich f¨ur kurze Zeit in N¨urnberg als Arzt nieder. Er kehrte nach Halle zur¨uck und wurde einer der treuesten Anh¨anger Stahls und dessen animistischer Lehre, die von einer seelischen Steuerung aller Vorg¨ange im K¨orper ausging. 1710 wurde er auf Empfehlung Stahls zum a. o. Prof. und 1716 als sein Nachfolger zum Ordinarius ernannt. 1717 erhielt er dazu noch den Lehrstuhl f¨ur Physik und 1729 die Leitung des Botanischen Gartens. Seit 1713 war A. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er ver¨offentlichte eine Reihe von Schriften u¨ ber die animistische Lehre (De commercio animae cum sanguine, 1710; Meditationes adque observationes de admirandis animae praecipue humanae affectibus, 1713) und zahlreiche medizinische Studien (u. a. Introductio in universam medicinam etc., 1718-21, 21741; De valetudinariis imaginariis, von Menschen, die aus Einbildung krank werden, 1721; De therapia imaginaria, von Menschen, die aus Einbildung gesund werden, 1721).
Alberti, Otto, Imker, Unternehmer, * 12. 5. 1870 Niederscheld, † 12. 10. 1940 Mainz-Kastel. Der Sohn des Lehrers Louis Adolph A., der sich als Bienenz¨uchter hervorgetan hatte, erlernte das Schreinerhandwerk, um dann Berufsimker zu werden. Die Erfindung des „Bl¨atterstocks“ durch seinen Vater wurde durch ihn vervollkommnet bzw. vollendet. In Am¨oneburg (bei MainzKastel) gr¨undete er ein Imkerei-Unternehmen, das durch seinen Sohn Richard weiterbetrieben wurde. Alberti, Salomon, auch A. Norimbergensis, Mediziner, * 30. 9. 1540 Naumburg, † 28. / 29. 3. 1600 Dresden. Der fr¨uhe Tod seines Vaters ließ die Familie mittellos zur¨uck, so daß die Stadt N¨urnberg A.s Ausbildung erm¨oglichte. Er ging 1560 nach Wittenberg, um Medizin zu studieren, und wurde dort 1575 Prof. der Physik, 1577 Prof. der Medizin. 1592 erhielt er einen Ruf als kurf¨urstlicher Leibarzt nach Dresden. A. widmete sich besonders der Anatomie, beschrieb u. a. die Venenklappen in den Gliedmaßen und untersuchte die Tr¨anendr¨usen. Er verfaßte das anatomische Lehrbuch Historia plerarumque partium humani corporis (1583). C NDB
Alberti, Valentin, luth. Theologe, * 13. / 15. 12. 1635 L¨ahn (Schlesien), † 15. / 19. 9. 1697 Leipzig (?), Wittenberg (?). A. begann sein Studium 1653 in Leipzig, wurde 1656 Magister und Collegiat des Frauenkollegiums und 1661 Assessor der philosophischen Fakult¨at. 1663 folgte seine Berufung zum Prof. der Logik und Metaphysik, 1672 zum a. o. Professor. 1678 wurde er in Theologie promoviert. A. wandte sich entschieden sowohl gegen den r¨omischen Katholizismus als auch gegen den Pietismus eines Philipp Jakob → Spener. Er verteidigte lutherisch-orthodoxe Positionen gegen die naturrechtlichen Theorien von Hugo Grotius, Samuel von → Pufendorf und Christian → Thomasius. A. ver¨offentlichte u. a. ein Compendium juris naturae orthodoxae theologiae conformatum (1678). C NDB Albertini, Ambrosius von, schweizer. Pathologe, * 15. 8. 1894 Winterthur, † 15. 6. 1971 Z¨urich. A. studierte in Z¨urich und Bern Medizin, schloß seine Ausbildung 1919 mit dem Staatsexamen ab und wurde 1922 in Lausanne zum Dr. med. promoviert (Kombination verschiedener maligner Tumoren mit Tuberkulose im selben Organ). Er wirkte als Assistent am Sanatorium Altein in Arosa und am Pathologischen Institut in Lausanne, als Oberarzt am Pathologischen Institut in Basel und an der Prosektur in Luzern. 1923 u¨ bernahm er die Stelle eines Oberarztes am Pathologischen Institut in Z¨urich und erhielt 1928 die Venia legendi f¨ur spezielle Pathologie und pathologische Anatomie
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Albertini (Gutartige Riesenzellgeschw¨ulste. Eine vergleichend histologische Untersuchung). Seit 1933 Titularprof., seit 1950 a. o. und seit 1953 o. Prof., leitete A. 1949-64 das neu eingerichtete Histopathologische Institut der Universit¨at Z¨urich. Eine Gastprofessur f¨uhrte ihn 1951 an die Washington University in St. Louis. Zu seinen Arbeitsgebieten z¨ahlten insbesondere die zytologische Tumordiagnostik, der Rheumatismus und die Arteriosklerose. Er f¨uhrte Elektronenmikroskope in die pathologische Arbeit ein. Als sein wissenschaftliches Hauptwerk gilt Histologische Geschwulstdiagnostik (1955, 21974). 1938 gr¨undete A. die „Schweizerische Zeitschrift f¨ur Pathologie und Bakteriologie“ (sp¨ater „Pathologia et microbiologica“ bzw. „Experimental Cell Biology“), die vor allem emigrierten deutschen Fachkollegen als Publikationsforum diente. Er war u. a. 1956 / 57 Pr¨asident der Deutschen Gesellschaft f¨ur Pathologie, 1954-68 Pr¨asident des Schweizerischen Roten Kreuzes sowie Mitbegr¨under und Pr¨asident der Schweizerischen Gesellschaft f¨ur Gerontologie. Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften, die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (1961) und die Soci´et´e Anatomique de Paris ernannten A. zu ihrem ¨ Mitglied. 2, 3 C Arzte
Albertini, Christoph von, schweizer. Politiker, * 19. 2. 1774 La Punt-Chamues (Engadin), † 2. 12. 1848 Chur. A. war 1799 w¨ahrend der franz¨osischen Besetzung der Schweiz Mitglied der Interimsregierung und seit 1807 wiederholt Pr¨asident des Oberappellationsgerichtshofs. 1808 ließ er sich in Chur nieder, wo er 1812 das B¨urgerrecht erhielt, Mitglied des Kleinen Rats und 1819-32 sechsmal B¨urgermeister wurde. 1808-43 geh¨orte er dem Kantonsschulrat und seit 1817 dem Schuldirektorium an. Er bef¨urwortete den Ausbau der b¨undnerischen Paßstraßen, war jedoch gegen die altb¨undnerische Verfassung und die Einverleibung des Veltlins in den Kanton Graub¨unden. C NDB
Albertini, Johann Baptist von, Theologe, Bischof der Br¨udergemeine, Liederdichter, * 17. 2. 1769 Neuwied, † 6. 12. 1831 Berthelsdorf bei Herrnhut. Der aus einem Graub¨undner Geschlecht stammende A. besuchte 1782 das P¨adagogium der Br¨uder-Unit¨at in Niesky, wo er sich mit Friedrich → Schleiermacher befreundete; 1785 wechselten sie auf das theologische Seminar in Barby. Seit 1788 lehrte A. am P¨adagogium in Niesky / Barby, 1795-1810 am theologischen Seminar in Niesky und war seit 1804 auch als Prediger t¨atig. 1814 wurde er zum Bischof ordiniert und 1821 in die Unit¨atsleitung berufen. A. stand der Bunzlauer Bibelgesellschaft vor, dichtete von romantischer Fr¨ommigkeit gepr¨agte Lieder (Geistliche Gedichte, 31835) und ver¨offentlichte auch botanische Studien. 1805 erschienen von ihm Dreißig Predigten (21829), 1831 26 Reden an die Gemeine Herrnhut 1814-24. C RGG Albertinus, Aegidius, urspr¨unglich wohl Jelle Albertszoon, Dichter, * um 1560 Deventer (Niederlande), † 9. 3. 1620 M¨unchen. A. ist 1592 als Hofkanzlist in M¨unchen nachweisbar; 1595 wurde er Sekret¨ar am Geheimen Rat, 1597 Hofratssekret¨ar. 1601-06 stand er der Hofbibliothek vor und hatte 1612-19 zus¨atzlich das Sekretariat des Geistlichen Rats inne. Seine ¨ u¨ ber 50 geistlich-moralischen Schriften sind zumeist Ubersetzungen (vor allem aus dem Spanischen, Italienischen und Franz¨osischen), Bearbeitungen und Kompilationen, mit denen er Ideen des Fr¨uhbarock vermittelte. Zu seinen Werken z¨ahlt u. a. Lucifers K¨onigreich und Seelengej¨aidt (1617). ¨ A. lieferte die erste Ubertragung eines spanischen Pikaroromans (Mateo Alem´an, Vida del p´ıcaro Guzm´an de Alfarache, 1599) ins Deutsche (Der Landst¨ortzer Gusman von
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Alfarache, 1615), wandelte den Schelmenroman aber durch Hinzuf¨ugung eines neuen zweiten Teils in eine Bußparabel um. C Killy
Alberts, Jacob, auch Jakob A., Maler, * 30. 6. 1860 Westerhever bei Garding, † 7. 11. 1941 MalenteGremsm¨uhlen. A. studierte 1881-83 an der Akademie der bildenden K¨unste in D¨usseldorf (bei Peter → Janssens), anschließend in M¨unchen (bei Wilhelm von → Diez). Es folgten Studienreisen nach Ungarn, Großbritannien und Florenz. 1886-90 studierte er an der Acad´emie Julian in Paris (bei Jules Lefebvre und Benjamin Constant). 1890 ließ er sich in Berlin nieder und war 1892 Mitbegr¨under der Gruppe der XI, Berlin. 1894-98 unterrichtete an der Schule des K¨unstlerinnenvereins Berlin. Seit 1914 war er in Hamburg ans¨assig, sp¨ater in Malente-Gremsm¨uhlen bei L¨ubeck. A. malte zahlreiche Portr¨ats, bevorzugte dann jedoch die Darstellung norddeutscher K¨ustenlandschaften und friesischer Halligen. Er schuf ¨ neben Zeichnungen und Olstudien auch Lithographien. Alberts, Walter, Eisenh¨uttenmann, * 9. 9. 1883 Hagen (Westfalen), † 15. 10. 1948 Bochum. A., Sohn eines Bauunternehmers, war nach dem Studium in Freiberg als Assistent an der Bergakademie Clausthal besch¨aftigt. Sp¨ater wechselte er an die K¨onigsh¨utte in Oberschlesien und anschließend als Betriebsingenieur an die Gutehoffnungsh¨utte in Oberhausen. 1919-26 war er Betriebschef bei Phoenix in Duisburg-Ruhrort und seit 1926 Betriebsdirektor bei den Vereinigten Stahlwerken in der H¨utte Ruhrort-Meiderich. 1932 erfolgte die Berufung als technischer Direktor an das Werk Henrichsh¨utte der Ruhrstahl AG, wo er 1934 zum Vorstandsmitglied und 1937 zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden ernannt wurde. Seit 1942 war er Vorstandsvorsitzender des Bochumer Vereins f¨ur Gußstahlfabrikation. A. machte sich besonders verdient um die Entwicklung der Stahlerzeugung auf der Grundlage physikalisch-chemischer Metallurgie. Außerdem hatte er großen Anteil am Bau des Talbot-Ofens der H¨utte RuhrortMeiderich. C NDB Albertus Magnus, auch A. Teutonicus, A. Coloniensis, A. de Lauging, Dominikaner, scholastischer Gelehrter, Bischof, * um 1200 Lauingen / Donau, † 15. 11. 1280 K¨oln. A., aus niederem staufischem Adel, schloß sich um Ostern 1223 als Student in Padua dem 1215 von Dominikus gegr¨undeten Orden der Predigerbr¨uder an. Danach studierte er im Kloster seines Ordens, Heilig-Kreuz in der Stolkgasse, in K¨oln, der seinerzeit volkreichsten Stadt Westeuropas. 1228 wurde er lector und lehrte in Hildesheim, Freiberg / Sachsen, Regensburg und Straßburg. 1243 ging er an die Univ. Paris, wo er im Fr¨uhjahr 1245 Prof. der Theologie wurde. Im Sommer 1248 kehrte er, begleitet von seinem Sch¨uler Thomas von Aquin, nach K¨oln zur¨uck, um dort eine Hochschule (studium generale) zu errichten. Wahrscheinlich war er am 15. 8. Zeuge der Grundsteinlegung des K¨olner Doms. In Paris und w¨ahrend des zweiten K¨olner Aufenthalts begann A. mit der Abfassung seiner wissenschaftlichen Werke, die ihm schließlich den Ruf eines herausragenden Gelehrten und großen Philosophen verschafften, der als Autorit¨at betrachtet wurde. Der Inhalt der fr¨uhen Schriften, meist Niederschlag von Vorlesungen und Disputationen, ist vorwiegend theologisch und von neuplatonischem Gedankengut gepr¨agt. Seine
Albertus Magnus gr¨undlichen Kenntnisse der Natur, besonders der Flora und Fauna, erweiterte er st¨andig durch genaue und geduldige ¨ Beobachtungen, die er gern beschrieb. Außerst folgenreich war sein entschiedenes Eintreten f¨ur die Erschließung des damals neuentdeckten Schrifttums aus den griechischen, arabischen und j¨udischen Kulturkreisen. Er sah dies als unentbehrlich f¨ur den Fortgang der Wissenschaften an. Sein Ziel, das ganze u¨ berlieferte Lehrgut der Latein sprechenden gelehrten Welt verf¨ugbar zu machen, suchte er durch Kommentierung der u¨ berlieferten Texte, vor allem derjenigen des Aristoteles, zu erreichen. Diese Aufgabe beanspruchte ihn bis in seine letzten Lebensjahre. Gegner eines vorurteilsfreien Studiums, auch aus der eigenen Ordensgemeinschaft, nannte er Dummk¨opfe und Faulpelze, a¨ hnlich denen, die einst Sokrates umgebracht und Platon und Aristoteles verjagt h¨atten. Scharf tadelte er auch solche Zeitgenossen, die sich mit Scheinwissen begn¨ugten. Das Werk des Aristoteles galt ihm als ein Vorbild f¨ur eine wirklichkeitsbezogene Wissenschaft. Die devote Aristoteles-Verehrung einiger Kollegen, die hierin den arabischen Philosophen und Aristoteleskommentator Averroes (1126-1198) nachahmten, lehnte er jedoch rundweg ab; denn ein derartiger Kult mußte die Erforschung der Natur nachhaltig gef¨ahrden. Aristoteles habe nicht selten geirrt, also sei es unsinnig, sich blindlings nach dessen Worten zu richten. „Wer glaubt, Aristoteles sei Gott gewesen, muß glauben, dieser habe nie geirrt. Wenn man aber glaubt, er sei ein Mensch gewesen, dann auch, daß er irren konnte, gleichermaßen wie wir.“ A. war davon u¨ berzeugt, daß sicheres philosophisches Wissen und christlicher Glaube einander nicht widersprechen. Er warnte allerdings eindringlich vor den Folgen einer unzureichenden Unterscheidung von Wissen und Glauben. Der Naturforscher d¨urfe im u¨ brigen Behauptungen nicht ungepr¨uft u¨ bernehmen, sondern habe stets nach nat¨urlichen Ursachen zu suchen. Ausdr¨ucklich verwarf A. Versuche, naturwissenschaftliche Probleme durch Spekulationen u¨ ber die Allmacht des Sch¨opfers zu relativieren. Die heftig diskutierte Frage nach einem Anfang der Welt hielt er f¨ur philosophisch unentscheidbar. Absurd, weil unmittelbarer Erfahrung nicht gerecht werdend, war seiner Meinung nach die dem Averroes zugeschriebene Lehre, der Verstand sei ein von den menschlichen Individuen getrennt existierendes Verm¨ogen, das sich des einzelnen Menschen wie eines Instruments bediene. Jeder Mensch ist wesenhafte Einheit von Stoff und Geist. Vernunft und Entscheidungskraft machen seine W¨urde aus. Durch die damit gegebene Verantwortlichkeit der Person ist eine Ethik, der A.s besondere Aufmerksamkeit galt, notwendig und sinnvoll. Im Sommer 1252 empfahl A. seinen Sch¨uler Thomas f¨ur die Laufbahn eines akademischen Lehrers. Dieser wurde daraufhin einige Zeit sp¨ater Prof. in Paris. In seinem philosophischen und theologischen Werk kn¨upfte er an die von A. verfochtenen Grunds¨atze an und entfaltete sie in der ihm eigenen meisterhaften Weise. Seine K¨olner Mitb¨urger suchten A. in manchem Streit als Ratgeber und Schlichter, dessen Unbestechlichkeit und Friedenswillen man sch¨atzte. Selbst der m¨achtige Erzbischof → Konrad von Hochstaden, der die Rechte der B¨urgerschaft einzuschr¨anken trachtete, f¨ugte sich einem Schiedsspruch, den A. am 17. 4. 1252 f¨allte und der als „kleiner Schied“ in die K¨olner Geschichte einging. 1254 wurde A. Vorsteher (Provinzial) der Dominikanerprovinz Teutonia, zu der u¨ ber 50 Niederlassungen geh¨orten. Die erforderlichen Reisen f¨uhrten ihn an viele Orte in Deutschland und bis nach Riga. An Kapiteln seines Ordens nahm er 1255 in Mailand und 1256 in Paris teil. Im selben Jahr verteidigte er am Sitz des Papstes in Anagni die Bettelorden erfolgreich gegen Angriffe einiger Pariser Theologen. Er blieb bis Juni 1257 in Anagni und legte dann auf dem Kapitel in Straßburg das Amt des Provinzials nieder. Im Herbst 1257 nahm er
in K¨oln seine Lehrt¨atigkeit wieder auf und setzte das nie ganz unterbrochene Schreiben intensiv fort. Sein Ansehen als Friedensstifter vermehrte er durch Vermittlung in einem neuen Streit zwischen Erzbischof und K¨olner B¨urgerschaft. Der „Große Schied“ vom 28. 6. 1258 ist ein bedeutendes Dokument, in dem die Rechte der Stadt u¨ berzeugend begr¨undet wurden. 1259 trat A. in Valenciennes bei der Erstellung eines Lehrplans f¨ur die Studenten seines Ordens erneut f¨ur ein gr¨undliches Studium der profanen Wissenschaften ein. Am 5. 1. 1260 betraute der Papst ihn mit dem Bischofsstuhl von Regensburg. Im K¨olner Dom im M¨arz 1260 geweiht, machte er sich nach Regensburg auf. Trotz vieler Schwierigkeiten gelang es ihm, die Zust¨ande in dem vernachl¨assigten Bistum zu ordnen. Man nannte ihn dort, wohl wegen seiner Fußbekleidung, den „Bischof Bundschuh“. Der gelehrten Arbeit ging er so gut wie m¨oglich in seiner Residenz auf der Burg Stauf nach. 1261 trat er vom Bischofsamt zur¨uck und wurde am 11. 5. 1262 dieser B¨urde endg¨ultig ledig. Rang und Autorit¨at eines Bischofs behielt er jedoch. Er weilte dann, vermutlich auf Wunsch des Papstes Urban IV., eines F¨orderers der Wissenschaft, mehrere Monate an der Kurie in Viterbo und Orvieto. Dort traf er seinen inzwischen ber¨uhmten Sch¨uler Thomas. Er schrieb weitere Paraphrasen zu Aristoteles, so zu dessen Ethik und Politik. In einem Gedicht aus dieser Zeit hieß es von ihm: „Dort ist einer, der, wenn alle Philosophie verschw¨ande, sie neu schaffen k¨onnte. Er w¨urde sie besser wiederaufrichten und die alten Philosophen durch sein K¨onnen u¨ berfl¨ugeln.“ Am 13. 2. 1263 wurde A. beauftragt, in den deutschsprachigen L¨andern f¨ur einen neuen Kreuzzug gegen die muslimischen Beherrscher Jerusalems zu werben. Das f¨uhrte ihn u. a. nach Augsburg, Donauw¨orth, W¨urzburg, Frankfurt, Speyer, Mainz, Brandenburg und wahrscheinlich ¨ auch an Orte in B¨ohmen und Osterreich. Mit dem Tod des Papstes endete dieser Auftrag. Von Ende 1264 an lebte und arbeitete A. im Dominikanerkonvent W¨urzburg, zusammen mit seinem Bruder Heinrich und seinem Sch¨uler → Ulrich. Seit Herbst 1269 weilte er wieder in K¨oln, lehrte, predigte, schrieb und unterzog sich Pflichten, die Bischofsw¨urde und Stellung eines angesehenen K¨olner B¨urgers mit sich brachten. So weihte er am 28. 4. 1275 eine Kirche in M¨onchengladbach und am 12. 9. 1279 eine in Antwerpen. Mehrmals mußte er wieder f¨ur den Frieden in der Stadt und ihrer Umgebung t¨atig werden. Der schwerste Konflikt, ausgebrochen zwischen B¨urgerschaft und Erzbischof → Engelbert von Falkenburg, wurde am 2. 6. 1275 unter Engelberts Nachfolger → Siegfried von Westerburg beigelegt. A.s gelehrten Rat angesichts umstrittener wissenschaftlicher Fragen suchte 1271 der Ordensgeneral. In seiner Antwort beklagte A. die Unsinnigkeit einiger dieser Streitfragen. Experimente, die er im Kloster machte, um verborgene Kr¨afte und Wirkweisen der Natur aufzusp¨uren, trugen ihm bei manchen Zeitgenossen den Ruf eines Schwarzk¨unstlers ein. Obgleich er solchen Ger¨uchten entgegentrat, fanden sie Eingang in einige Legenden. Daß A. 1274 am Unionskonzil in Lyon teilgenommen habe und dort f¨ur die Wahl → Rudolfs von Habsburg, den er pers¨onlich kannte, zum Kaiser eingetreten sei, ist unsicher, ebenso der Bericht, A. habe 1277 in Paris Lehren des Thomas gegen unsachliche Kritik verteidigt. Im Januar 1279 diktierte er sein Testament. A. starb am 15. 11. 1280. An seinem Grab war zu lesen: „Albert liegt hier, hochber¨uhmt auf dem Erdkreis, beredt wie niemand, in der Wissenschaft ein sicherer Streiter, gr¨oßer als Platon, kaum geringer als Salomon.“ Erzbischof Siegfried ließ ihn in einer Inschrift als „Bl¨ute der Philosophen“ bezeichnen, Ulrich von Straßburg nannte ihn „ein staunenswertes Wunder unserer Zeit“. In Dantes G¨ottlicher Kom¨odie begegnet A. neben Salomon und hervorragenden christlichen Lehrern. Er wurde noch lange in wissenschaftlichen Werken als Gew¨ahrsmann
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Albertz wichtiger Lehrst¨ucke angef¨uhrt. Im 15. Jh. gab es, von der Univ. zu K¨oln ausgehend, die verbreitete Schule der Albertisten. A.s Andenken wurde durch manche Ereignisse der Zeit danach verdunkelt und verzerrt. Vor allem die vielerorts propagierte Verachtung des mittelalterlichen Geisteslebens, gepaart mit erstaunlicher Unkenntnis desselben, dr¨angte Gestalt und Lebenswerk A.s nicht zuletzt in Deutschland in den Hintergrund. Es kam sogar zu grotesken Fehlurteilen, die manchmal heute noch wiederholt werden. A.s Werke wurden in Lyon 1651 in 21 und 1890-99 in Paris in 38 B¨anden gedruckt. Eine moderne kritische Gesamtausgabe, die Editio Coloniensis, wird im Bonner Albertus-Magnus-Institut erarbeitet. Etliche B¨ande sind seit 1951 erschienen. A., u¨ ber die Jahrhunderte hinweg wegen seiner Gelehrsamkeit, Fr¨ommigkeit und seines Friedenswillens stets auch verehrt, wurde am 16. 12. 1931 von der kath. Kirche heiliggesprochen und zum Kirchenlehrer erkl¨art. Seit dem 16. 12. 1941 gilt er als Patron der Naturforscher. 700 Jahre nach seinem Tod wurde er durch einen Besuch des Papstes Johannes Paul II. an seinem jetzigen Grab in St. Andreas in K¨oln geehrt. LITERATUR: Josef Pieper: Albert der Große. In: Theologisches Jahrbuch 4, Leipzig 1961, S. 636-649. – Paul Simon: Albert der Große. In: TRE, Bd. 2, 1977, S. 177-184. – Bernhard Geyer: A. M. In: Die großen Deutschen. Bd. 1. G¨utersloh 1978, S. 201-216. – A. M., doctor universalis 1280 / 1980. Hrsg. v. Gerbert Meyer und Albert Zimmermann. Mainz 1980. – Ingrid Craemer-Ruegenberg: A. M. M¨unchen 1980. – A. M. and the Sciences. Commemorative Essays, 1980. Ed. James A. Weisheipl. Toronto 1980. – Albert von Lauingen. 700 Jahre A. M. Hrsg. v. Historischen Verein Dillingen a. d. Donau. Lauingen 1980. – A. M., Ausstellung zum 700. Todestag. Historisches Archiv der Stadt K¨oln. 1981. – Albert der Große, seine Zeit, sein Werk, seine Wirkung. Miscellanea Mediaevalia, Bd. 14. Hrsg. v. Albert Zimmermann. Berlin / New York 1981. – Alain de Libera: Albert le Grand et la Philosophie. Paris 1990. – Albert der Große in K¨oln. Hrsg. v. Jan Aertsen. K¨oln 1999. – Henryk Anzulewicz: A. M. im Licht der neueren Forschung. In: Archiv f¨ur mittelalterliche Philosophie und Kultur 10 (2004) S. 52-96. – Irven Resnick / Kenneth Kitchell: Albert the Great. A Selectively Annotated Bibliography. Tempe, Arizona 2004. Albert Zimmermann
Albertz, Heinrich (Ernst Friedrich), evang. Theologe, Politiker, * 22. 1. 1915 Breslau, † 18. 5. 1993 Bremen. A., Halbbruder von Martin → A., studierte Theologie in Breslau, Halle und Berlin und trat fr¨uh der SPD bei. 1939 wurde er Vikar und Pfarrer der Bekennenden Kirche in Breslau und im Kreis Kreutzburg. Seit 1941 an der Front, wurde er 1943 wegen eines F¨urbitte-Gottesdienstes f¨ur Pastor Martin → Niem¨oller zu Gef¨angnis verurteilt. A. trat 1946 wieder in die SPD ein, wurde 1947 nieders¨achsischer Landtagsabgeordneter, 1948 Fl¨uchtlingsminister und 1951 Sozialminister. Seit 1955 war er Senatsdirektor beim Senator f¨ur Volksbildung in Westberlin und 1. Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt, seit 1959 Chef der Berliner Senatskanzlei und von 1961 an Innensenator. 1966 wurde A. als Nachfolger Willy → Brandts Regierender B¨urgermeister von Berlin; 1967 trat er von seinem Amt zur¨uck. Zuletzt war er als Pfarrer in C Munzinger Berlin-Schlachtensee t¨atig.
Albertz, Luise, Politikerin, * 22. 6. 1901 Duisburg, † 1. 2. 1979 Oberhausen. Nach dem Studium der Handelswissenschaften begann A., Tochter des sozialdemokratischen preuß. Landtagsabgeordneten Hermann A., als Lehrling in der Verwaltung der Stadt Oberhausen und war danach als Filialleiterin der „Neuesten Nachrichten“ und als Devisenbuchhalterin t¨atig; 1939 kehrte sie in die Stadtverwaltung Oberhausen zur¨uck. Seit 1946
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geh¨orte sie als SPD-Mitglied dem dortigen Stadtrat an und wurde im selben Jahr zum ersten weiblichen B¨urgermeister einer deutschen Großstadt gew¨ahlt, ein Amt, das sie bis 1948 und wieder seit 1956 innehatte. 1947 / 48 geh¨orte A. dem Beirat f¨ur Ern¨ahrung in Frankfurt / Main, dem Verwaltungsrat des Nordwestdeutschen Rundfunks und dem Zonenbeirat der Britischen Zone an. 1947-50 war sie Landtagsabgeordnete von Nordrhein-Westfalen und 1949-69 Mitglied des Deutschen Bundestags, in dem sie mehrere Jahre dem Petitionsausschuß vorsaß. A., die dem Bundesparteiausschuß der SPD angeh¨orte, engagierte sich im Aufsichtsrat der Oberhausen A. G. und war Mitglied des Deutschen Rats der Europ¨aischen Bewegung. 1970 legte sie aufgrund parteiinterner Rivalit¨aten und ideologischer Konflikte mit den Jungen Sozialisten alle Partei¨amter nieder. C MdB
Albertz, Martin, evang. Theologe, * 7. 5. 1883 Halle / Saale, † 29. 12. 1956 Berlin. Nach dem Theologiestudium an den Universit¨aten Halle, Berlin und Erlangen (Promotion 1908, Untersuchungen u¨ ber die Schriften des Eunomius) war A., Halbbruder von Heinrich → A., seit 1910 Pfarrer in Stampen und seit 1921 Studiendirektor am Predigerseminar im Johannesstift in Spandau. 1928 ging er als Superintendent nach Soldin und war seit 1931 Superintendent und Pfarrer an der Spandauer Nikolaikirche. 1932 u¨ bernahm er die Herausgeberschaft der ¨ „Preußischen Kirchenzeitung“. 1933 von seinen Amtern suspendiert, wurde A. wegen seines Einsatzes f¨ur die Bekennende Kirche 1937, 1941 (Verurteilung zu eineinhalb Jahren Gef¨angnis) und 1944 von den Nationalsozialisten verhaftet. Er war 1935-45 Mitglied der Kirchenleitung der Bekennen¨ den Kirche. Nach Kriegsende in seine Amter wieder eingesetzt, war er seit 1946 Professor f¨ur reformierte Theologie sowohl an der Humboldt-Universit¨at wie an der Kirchlichen Hochschule in Berlin. Gleichzeitig war er Superintendent des Kirchenkreises Spandau und evangelisch-reformierter Moderator f¨ur Berlin-Brandenburg. Er ver¨offentlichte u. a. Demokratisierung der Kirche oder Gemeindekirche? (1920), Die Botschaft des Neuen Testaments (4 Bde., 1946-52) und Die Kirche Jesu Christi und ihre Dienste (1949). C Gailus ¨ Albiker, Karl, Bildhauer, * 16. 9. 1878 Uhlingen (BadenW¨urttemberg), † 26. 2. 1961 Ettlingen bei Karlsruhe. Nach dem Besuch der Karlsruher Akademie der K¨unste folgten 1899 / 1900 Studien in Paris an der Acad´emie Julian und bei Rodin, 1900-03 an der Kunstakademie in M¨unchen und 1903-05 in Rom. 1905 ließ er sich in Ettlingen bei Karlsruhe nieder, war seit 1908 Mitglied der Badischen Sezession und erhielt 1910 den Villa-Romana-Preis verbunden mit einem einj¨ahrigen Aufenthalt in Florenz. Seit 1911 wieder in Ettlingen, leistete A. 1915-17 Kriegsdienst und war von 1918 an Mitglied der Neuen M¨unchener Sezession. 1920 folgte er einem Ruf als Prof. an die Akademie Dresden und wurde 1922 Mitglied der Preußischen Akademie der K¨unste Berlin, 1937 korrespondierendes Mitglied der Wiener Sezession. 1948 kehrte er nach Ettlingen zur¨uck. A. schuf haupts¨achlich weibliche Akte, Portr¨atb¨usten, Denkm¨aler und Reliefarbeiten. 1953 erhielt er den Hans-Thoma-Preis. C AKL
Albini, Franz Josef Martin Frh. von, Staatsmann, * 14. 5. 1748 St. Goar / Rhein, † 8. 1. 1816 Dieburg. Nach dem Jurastudium in Dillingen und W¨urzburg, wo er promoviert wurde, war A., Sohn eines Juristen, seit 1770 Hof- und Regierungsrat in W¨urzburg und von 1775 an am Reichskammergericht t¨atig. 1787 ging er im Auftrag des Mainzer Kurf¨ursten Friedrich Karl von → Erthal als Geheimer Reichsreferendar nach Wien und agierte dort gegen Preußen und den Deutschen F¨urstenbund. 1790 wurde er zum Hofkanzler und Minister von Mainz ernannt und leitete 1792 als Direktorialwahlgesandter die letzte Kaiserwahl.
Albrand 1799 nahm er als Generalfeldzeugmeister am Krieg gegen die Franzosen teil. Als Direktorialgesandter f¨ur Mainz am Regensburger Reichstag wirkte er entscheidend am Reichsdeputationshauptschluß mit. Seit 1810 war er leitender Minister im Großherzogtum Frankfurt und trat nach dessen Aufl¨osung in o¨ sterr. Dienste ein. A. starb, bevor er als Er¨ ster Gesandter Osterreichs die Pr¨asidialmacht am Bundestag vertreten konnte. C NDB
Albini, Johann Georg, auch Albinus, von Weißenfels, evang. Theologe, Schriftsteller, * 6. 3. 1624 Unternessa bei Weißenfels / Saale, † 25. 5. 1679 Naumburg / Saale. Der Urenkel von Nikolaus → Selnecker studierte seit 1645 in Leipzig Theologie. 1653 war er Rektor der Domschule in Naumburg und wurde 1657 Pfarrer an St. Othmar in Naumburg. A. verfaßte Gedichte und Kirchenlieder. Unter dem Beinamen „der Bl¨uhende“ wurde er 1654 Mitglied der „Fruchtbringenden Gesellschaft“; er geh¨orte auch der von Philipp von → Zesen gegr¨undeten „Deutschgesinnten Ge¨ nossenschaft“ an. Seine Uberarbeitung (1653) der Rhetorica des Johann Matth¨aus → Meyfart hatte Bedeutung f¨ur die Literaturtheorie des 17. Jahrhunderts. A. werden einige bekannte Kirchenlieder zugeschrieben, wobei seine Autorschaft nicht in allen F¨allen gesichert ist (u. a. bei Alle Menschen m¨ussen sterben). 1659 erschien die Sammlung Geistliche und weltliche Gedichte. C NDB Albinus, Bernhard Siegfried, Anatom, * 24. 2. 1697 Frankfurt / Oder, † 9. 9. 1770 Leiden. Der Sohn von Bernhard Friedrich → A. von Weissenl¨ow studierte 1712-19 Medizin an der Univ. Leiden und ging dann nach Paris, um sich in Chirurgie und Anatomie fortzubilden. Seit 1719 war er als Nachfolger seines Lehrers → Rau a. o. Prof. der Anatomie und Chirurgie an der Univ. Leiden. Nach dem Tod seines Vaters u¨ bernahm er 1721 dessen Lehrstuhl f¨ur Anatomie und Therapie. A. hat sich mit seinen Forschungen vor allem um die Anatomie verdient gemacht. Er entwarf anatomische Abbildungen, die Tabulae anatomicae sceletti et musculorum corporis humani (gezeichnet und gestochen von Jan Wandeler) und ver¨offentlichte u. a. De ossibus corporis humani (1726) und Historia musculorum hominis (1734).
Albinus, Johann, Drucker, † 1620. A. ist vermutlich identisch mit jenem Johann A., der 1592 als Druckergeselle bei Christoph → Corvin in Herborn verzeichnet ist. Ihm geh¨orte sp¨ater die Druckerei „Zum Maulbaum“ in Mainz. 1599 wurde er mit dem Druck offizieller Reichsangelegenheiten der kaiserlichen Kanzlei betraut. Daneben war er Drucker des kurf¨urstlichen Hofs in Mainz. Die Zahl seiner Drucke wird auf 250 bis 300 gesch¨atzt, darunter auch zahlreiche Schriften jesuitischer Autoren. Nach seinem Tod wurde die Druckerei 1622 von Anton Strohecker u¨ bernommen, mit dem die Witwe A.’ eine zweite Ehe einging. C NDB
Albinus, Michael, auch M. Weiss, Schriftsteller, * September 1610 Pr¨obbernau / Frische Nehrung, † 21. 8. 1653 Danzig. A. war der Sohn eines Landpredigers, der fr¨uh starb. Er lebte seit 1614 in einem Waisenhaus in Danzig und wurde seit 1628 von Johannes → Plavius erzogen. Nach einem Studium der Theologie in Thorn, K¨onigsberg, Stettin und Frankfurt / Oder wurde er 1633 Prediger in Wossitz und 1638 Diakon in Danzig. A. schrieb f¨ur sein b¨auerliches Umfeld Traktate wie Lob des FeldLebens (1638), sp¨ater erbauliche Lyrik (Hertzens-Wekker, 1650), Gebete (Biblische Linde, 1645, 21654) und Lieder (Heiligen Lieb- und Lob-Lieder, 1648 / 49). Er verfaßte auch eine Romanallegorie, Geheimer Nachricht Sionitischer Walfahrt (1653). C Killy
Albinus, Peter, auch Petrus, eigentl. Peter Weiß, Weiss, Weis, Historiograph, * 18. 6. 1543 Schneeberg (Sachsen), † 31. 7. 1598 Dresden. Nach dem Besuch der F¨urstenschule in Meißen studierte A. seit 1559 Geschichte und Rechtswissenschaften in Frankfurt / Oder. 1578 wurde er Prof. der Poesie in Wittenberg, 1586 Rektor der Universit¨at. Seit 1587 / 88 war er Sekret¨ar und Archivar von Kurf¨urst → Christian I. und dessen Nachfolger. A. schrieb die Meißnische Land- und Bergchronik (2 Bde., 1589 / 90) – ein Ergebnis seiner landeskundlichen Forschungen. Diese Chronik stellt eine wichtige Quelle f¨ur das Leben von Georg → Agricola dar. C NDB
Albinus von Weissenl¨ow, Bernhard Friedrich, eigentl. Weiss, Mediziner, * 7. 1. 1653 Dessau, † 7. 9. 1721 Leiden. A. absolvierte sein Medizinstudium in Leiden, wo er 1676 promoviert wurde. Anschließend unternahm er Studienreisen, u. a. nach Paris, wo er Chirurgie studierte. 1680 erhielt er eine Professur in Frankfurt / Oder (Antrittsrede: De felicitate scientiarum hujus saeculi). Da er nicht nur als Theoretiker, sondern auch als Praktiker einen außerordentlichen Ruf hatte, wurde er in Potsdam Leibarzt des Kurf¨ursten von Brandenburg → Friedrich Wilhelm. Nach dessen Tod kehrte A. nach Frankfurt zur¨uck und gr¨undete dort 1684, gr¨oßtenteils mit eigenen Mitteln, ein Theatrum Anatomicum. Er verbrachte einige Zeit in Berlin als Leibarzt von K¨onig → Friedrich I., bis er einem Ruf als Ordinarius an die Univ. Leiden folgte, wo er bis zu seinem Tod t¨atig war und 1711 als Rektor der Univ. seine akademische Laufbahn beendete (Oratio de incrementis et statu artis medicae saeculi XVII). A. betonte die große Bedeutung der Physik, Chemie und Anatomie f¨ur die Diagnostik. Er war der Vater von Bernhard Siegfried → A.
Albisser, Josef, schweizer. Publizist, Politiker, * 25. 2. 1868 B¨uron (Kt. Luzern), † 25. 9. 1943 Luzern. A., Sohn eines Lehrers, studierte Rechtswissenschaften und National¨okonomie in Leipzig, M¨unchen und Bern. 1892 erhielt er das Luzerner Anwaltspatent und war 1895-1915 F¨ursprech. A. gr¨undete die Sozialdemokratische Partei in Luzern, deren Organ „Centralschweizerischer Demokrat“ er 1893-1900 redigierte. 1901 wurde er erster offizieller Pr¨asident der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz. Zwischen 1894 und 1935 war er mehrmals Luzerner Großrat, 1899-1915 Mitglied des Großen Stadtrats und 1915-17 des Stadtrats in Luzern. 1917-29 war er als Richter t¨atig. A. geh¨orte zu den Begr¨undern der Arbeiterunion Schweizerischer Transportanstalten, deren Zentralpr¨asident er 1898-1902 und seit 1909 war. 1912 wurde er Mitglied des Verwaltungsrats der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt. Er war auch Pr¨asident des Eidgen¨ossischen Versicherungsgerichts und Zentralpr¨asident des Gr¨utlivereins. Albrand, Martha, eigentl. Heidi Huberta Lamon, geb. Freybe, in 1. Ehe Loewengard, weitere Pseud. Katrin Holland, Schriftstellerin, * 8. 9. 1914 Rostock, † 24. 6. 1981 New York. A., Tochter eines preuß. Offiziers, ver¨offentlichte 1930 mit Man spricht u¨ ber Jacqueline ihren ersten Roman. Der Erfolg des Werks ließ sie ein Studium abbrechen, um sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Vor¨ubergehend arbeitete sie f¨ur die „Vossische Zeitung“ und die „Gr¨une Post“, bevor sie in den dreißiger Jahren zw¨olf weitere Romane und zwei Kinderb¨ucher schrieb. Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft war A. im politischen Untergrund t¨atig und half gef¨ahrdeten Personen bei der Flucht aus Deutschland. 1937 mußte auch sie fliehen, ging erst in die Niederlande, dann nach England und lebte seit 1939 in New Jersey (USA). Mit den w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs entstandenen vier Romanen (u. a. No Surrender, 1942; None Shall Know, 1945)
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Albrecht und auch nach Kriegsende setzte sie ihre schriftstellerische T¨atigkeit in den USA mit großem Publikumserfolg fort. In diesen, der Unterhaltungsliteratur zuzurechnenden Werken bezog sie das aktuelle Zeitgeschehen wie den Nationalsozialismus und sp¨ater den Kommunismus in die jeweilige Handlung mit ein, ohne dabei jedoch die Zeitumst¨ande eingehender zu analysieren. C Spalek 2,1
Brandenburg, eines Doppelg¨angers des verstorbenen Onkels, versuchten die Br¨uder f¨ur ihre Zwecke zu nutzen, mußten jedoch dem Druck der Wittelsbacher weichen. Daraufhin entschied sich auch Karl IV. gegen A., der mit dem zeitweiligen Pfandbesitz einiger m¨arkischer St¨adte entsch¨adigt wurde. C NDB
Albrecht I., Herzog von Bayern, Pfalzgraf bei Rhein, Albrecht I., deutscher K¨onig, * Juli 1255, † 1. 5. 1308 Brugg / Reuss (Kt. Aargau). Der a¨ lteste Sohn → Rudolfs I. von Habsburg wurde 1282 ¨ zusammen mit seinem Bruder → Rudolf mit Osterreich und der Steiermark belehnt. Im folgenden Jahr u¨ bernahm er aufgrund des Vertrags von Rheinfelden als Herzog die Alleinherrschaft. Da es seinem Vater nicht gelang, den Thronfolgeanspruch seines Sohnes zu sichern, wurde A. bei der K¨onigswahl 1292 zugunsten → Adolfs von Nassau u¨ bergangen. Nach Adolfs Absetzung und Tod in der Schlacht von G¨ollheim 1298 wurde A. zum K¨onig gew¨ahlt. Nicht zuletzt dank der Hilfe der rheinischen St¨adte konnte er sich erfolgreich gegen die rheinischen Kurf¨ursten behaupten, die seine Absetzung anstrebten. Er weitete erfolgreich seine Hausmacht aus, zog erledigte Reichslehen ein, so auch B¨ohmen, scheiterte jedoch in Th¨uringen. Bevor er diese Politik fortsetzen konnte, wurde er von seinem Neffen → Johann Parricida ermordet. Die Wahl zum R¨omischen Kaiser erreichte er nicht. C LexMA ¨ Albrecht II., deutscher K¨onig, als Herzog von Osterreich Albrecht V., * 10. 8. 1397, † 27. 10. 1439 Neszm´ely (bei Gran). Als Nachfolger seines Vaters → Albrecht IV. war er seit 1404 unter Vormundschaft und seit 1411 selbst¨andig Her¨ zog von Osterreich. 1421 heiratete er K¨onig → Siegmunds Tochter Elisabeth. Nach dessen Tod 1437 konnte er nur gegen große Zugest¨andnisse, wie z. B. die Anerkennung der Prager Kompaktakten, seine Wahl zum K¨onig von B¨ohmen (6. 5. 1438) und Ungarn (1. 1. 1438) erreichen und wurde am 29. 6. 1438 in Prag gekr¨ont. Seine Wahl zum deutschen K¨onig erfolgte am 18. 3. 1438 in Frankfurt; er blieb jedoch ungekr¨ont und starb bereits im folgenden Jahr. Bevor A. darangehen konnte, die zahlreichen Widerst¨ande zu beseitigen, die ihm in B¨ohmen besonders die Hussiten bereiteten, war er durch K¨ampfe gegen die T¨urken in Ungarn und gegen die Polen gebunden. Sein Sohn → Ladislaus Postumus C LexMA wurde erst nach seinem Tod geboren.
Albrecht I., Graf von Anhalt, * um 1250, † 1316. Nach 1275 wurde A. Mitregent in Dessau-K¨othen und trat 1281 die Nachfolge seines Vaters an. Politisch orientierte er sich an den Markgrafen von Brandenburg; so konnte er Zerbst von Brandenburg zum Lehen zu erhalten. Seine erfolglose Kandidatur bei der deutschen K¨onigswahl von 1308 war von Brandenburg initiiert. Gemeinsam mit Bernhard II. von Anhalt und Abt Konrad von Nienburg setzte er das Verbot des Wendischen vor Gericht durch. C NDB
Albrecht II., Graf von Anhalt, * nach 1300, † vor 17. 7. 1362. A. regierte in K¨othen-Zerbst seit 1316 zusammen mit seinem Bruder Waldemar, zun¨achst unter Vormundschaft seines Onkels Waldemar von Brandenburg, seit 1319 in Alleinverantwortung. Als 1320 die Askanier in Brandenburg ausstarben, bem¨uhten sich A. und sein Bruder um die brandenburgischen Lehen, die → Ludwig der Bayer jedoch an seinen eigenen Sohn vergab. Daraufhin schloß A. sich dem Gegenk¨onig → Karl IV. an, der seine Anspr¨uche zun¨achst anerkannte. Das Auftauchen eines „falschen“ Waldemar von
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Graf von Hennegau, Holland, Seeland, Herr zu Friesland, * 25. 7. 1336 M¨unchen, † 13. 12. 1404 Den Haag. Bei der Landesteilung von 1353 erhielt A., Sohn Kaiser → Ludwigs IV. und der → Margarethe, einen Teil Niederbayerns mit Straubing und den nordwestlichen Landen, sein Bruder → Wilhelm das holl¨andische Erbe. Als Wilhelm dem Wahnsinn verfiel und regierungsunf¨ahig wurde, u¨ bernahm A. 1358 f¨ur ihn die Regentschaft. Nach dessen Tod 1389 nahm er den Grafentitel f¨ur die holl¨andischen Gebiete an. Um Anspr¨uche Englands abzuwehren, nahm er Partei f¨ur → Karl IV. Allerdings konnte A. erst 1394 die Auseinandersetzung zwischen den adeligen „Hoeks“ und den b¨urgerlichen „Kabeljauws“ in seinen holl¨andischen Gebieten beenden. Eine weitere Festigung seines Hauses erreichte er durch politische Ehen seiner Kinder, u. a. durch die Verm¨ahlung seiner Tochter Johanna mit K¨onig → Wenzel von B¨ohmen. C LexMA
Albrecht III. der Fromme, Herzog von Bayern-M¨unchen, * 27. 3. 1401 M¨unchen, † 29. 2. 1460 M¨unchen. In Prag erzogen, kam er erst 1417 nach Bayern. Seit 1420 beteiligte er sich an den K¨ampfen gegen die Hussiten in B¨ohmen. Um 1432 begann seine Beziehung zu Agnes → Bernauer. W¨ahrend der Abwesenheit A.s ließ sein Vater → Ernst sie 1435 vor Gericht stellen und anschließend in der Donau ertr¨anken. A. zog daraufhin zu seinem Vetter → Ludwig nach Ingolstadt, kehrte jedoch unter Vermittlung Kaiser → Sigismunds bald nach M¨unchen zur¨uck und trat nach dem Tod seines Vaters (1438) die Herrschaft an; die ihm 1440 vom b¨ohmischen Landtag angebotene Krone lehnte er ab. Erm¨achtigt durch das Basler Konzil, betrieb er mit → Nikolaus von Kues eine Klosterreform in Bayern. A. gr¨undete 1455 das Kloster Andechs und f¨orderte Kunst und Wissenschaft an seinem Hof. C LexMA
Albrecht IV. der Weise, Herzog von Bayern, * 15. 12. 1447 M¨unchen, † 18. 3. 1508 M¨unchen. Der dritt¨alteste Sohn → Albrechts III. von Bayern, urspr¨unglich zum Geistlichen ausgebildet, wurde nach dem Tod seines Bruders → Johann Mitregent seines Bruders → Sigmund und regierte nach dessen Verzicht seit 1467 allein. In Auseinandersetzung mit seinen beiden j¨ungeren Br¨udern verhinderte er eine Teilung Bayerns, erhielt 1485 Abensberg, 1486 Regensburg und 1487 die vorder¨osterreichischen Lande. A.s ¨ Versuch, sich in Osterreich festzusetzen, begegnete Kaiser → Friedrich III. durch die Mitgr¨undung des zweiten Schw¨abischen Bundes, gegen den zu k¨ampfen A. keine M¨oglichkeit hatte, da der Adel sich gegen ihn im L¨owenbund zusammentat. Die 1492 gegen ihn verh¨angte Reichsacht konnte durch Vermittlung Kaiser → Maximilians I. und die Aufgabe Regensburgs aufgehoben werden. Nach dem Tod Herzog → Georgs von Bayern-Landshut (1503) verteidigte A. sein Erbe erfolgreich im Landshuter Erfolgekrieg 1503-05 gegen Kurf¨urst → Ruprecht von der Pfalz, wenngleich er sowohl den Habsburgern wie der Kurpfalz einzelne Abtretungen machen mußte. Im bayerischen Hausgrundgesetz von 1506 legte er sowohl die Unteilbarkeit Bayerns als auch die Primogenitur fest. A. war der Vater von Herzog → Ernst, dem sp¨ateren Administrator von Passau und SalzC LexMA burg.
Albrecht Albrecht V., Herzog von Bayern, * 29. 2. 1528 M¨unchen, † 24. 10. 1579 M¨unchen. A. wurde u. a. in Ingolstadt (1537-44) streng katholisch erzogen und heiratete 1546 die Habsburgerin Anna, eine Tochter K¨onig → Ferdinands I. 1550 folgte er seinem Vater Herzog → Wilhelm IV. von Bayern auf dem Thron. Gegen¨uber den Protestanten im Reich zeigte sich A. zun¨achst nachgiebig (1553 Heidelberger Bund mit der Pfalz und W¨urttemberg, Landsberger Bund, Verhandlungen u¨ ber den Augsburger Religionsfrieden) und trat zeitweise auch f¨ur die Forderungen von Laienkelch und Priesterehe ein, die seine zum Teil reformatorisch gesinnten St¨ande erhoben. Jedoch verhalf er insgesamt gesehen dem Katholizismus in Bayern zu neuer St¨arke. So ließ er eine Kirchenvisitation durchf¨uhren, holte die Jesuiten nach Ingolstadt (1555 / 56) und M¨unchen (1559) und gr¨undete 1570 den „Geistlichen Rat“, eine Beh¨orde zur Durchf¨uhrung und Beaufsichtigung gegenreformatorischer Maßnahmen. Mit der Plazierung seines Sohnes → Ernst auf den Bischofsst¨uhlen von Freising (1566) und Hildesheim (1573) (bis 1583 Erwerb von L¨uttich, M¨unster und K¨oln) trug A. zum Erhalt der Reichskirche bei und schuf das wittelsbachische „Bischofsreich“, das Bayern eine kath. Vormachtstellung sicherte. 1566 erreichte er die Eingliederung und Rekatholisierung der reichsunmittelbaren Grafschaft Haag. Seit 1575 konnte die Vorherrschaft des Katholizismus in Bayern als wiederhergestellt betrachtet werden. A. gr¨undete die Hofbibliothek, die M¨unzsammlung, das Antiquarium sowie die Schatzkammer und verschaffte M¨unchen, u. a. durch die Ernennung von Orlando di → Lasso zum Hofkapellmeister, den Ruf einer Kunststadt. C NDB Albrecht VI. („der Leuchtenberger“), Herzog von Bayern, Landesadministrator, * 13. 4. 1584 M¨unchen, † 5. 7. 1666 M¨unchen. A. war der Sohn von Herzog → Wilhelm V. von Bayern und → Renata von Lothringen. 1612 heiratete er Mechthild von Leuchtenberg. Durch diese Heirat erbte er sp¨ater die Grafschaft Leuchtenberg, was ihm den Beinamen „der Leuchtenberger“ eintrug. 1650 verkaufte er Leuchtenberg an seinen Bruder → Maximilian I. A.s Leben war eng mit dem seines Bruders verkn¨upft, der als Nachfolger ihres Vaters Landesherr wurde. A. war urspr¨unglich f¨ur den geistlichen Stand bestimmt gewesen. Aufgrund einer Erbregelung hoffte er aber darauf, die Landesherrschaft von seinem Bruder u¨ bernehmen zu k¨onnen, wenn dieser 15 Jahre lang kinderlos bleiben sollte. Dieser Fall trat jedoch nicht ein. Maximilians Sohn → Ferdinand Maria wurde 1651 mit 15 Jahren Kurf¨urst. Die Regentschaft des minderj¨ahrigen Landesherren f¨uhrte seine Mutter Maria Anna. Unterst¨utzt wurde sie von A., der bis zur Vollj¨ahrigkeit des F¨ursten als Landesadministrator fungierte. Zu seinen Nachkommen z¨ahlten → Maximilian Heinrich, Erzbischof und Kurf¨urst von K¨oln, und → Albrecht Sigmund, Bischof von Freising und Regensburg.
Albrecht der B¨ar, Markgraf von Brandenburg, * um 1100, † 18. 11. 1170 Stendal. Der einzige Sohn Graf Ottos von Ballenstedt (Askanier) erbte sowohl den v¨aterlichen Besitz als auch, aus dem m¨utterlichen Erbe, einen Großteil der Gebiete der Billunger. Damit ergab sich ein Anspruch auf die Herzogsw¨urde in Sachsen, die er jedoch nicht behaupten konnte; 1142 verzichtete er endg¨ultig darauf. Statt dessen erweiterte er seine Gebiete nach Osten. Seit 1134 war er Markgraf der Nordmark, um 1135 wurde ihm Vorpommern zuerkannt. 1137 eroberte er die Prignitz. Der Hevellerf¨urst Pribislaw Heinrich u¨ berließ ihm die Zauche s¨udwestlich von Berlin und vererbte ihm das Havelland mit Brandenburg, das Albrecht 1150 u¨ bernahm und damit die Mark Brandenburg gr¨undete. Er kolonisierte und christianisierte die Nordmark und die
ostelbischen Gebiete, f¨orderte den Burgen- und St¨adtebau und gr¨undete die Bist¨umer Havelberg (1151) und Brandenburg (1161-65) neu. A. s¨ohnte sich mit seinem langj¨ahrigen Rivalen, → Heinrich dem L¨owen, erst im Juni 1170 aus und blieb Zeit seines Lebens eine St¨utze staufischer Reichsmacht. C LexMA
Albrecht II., Markgraf von Brandenburg, * 1. 1. zwischen 1171 und 1177, † 25. 2. 1220, begraben in Lehnin. Beim Tod seines Vaters Markgraf → Otto I. noch minderj¨ahrig, geriet A. in Fehde mit seinem a¨ lteren Stiefbruder → Otto II., der ihn 1195 einige Zeit gefangenhielt. Nach Ottos Tod 1205 wurde er dessen Nachfolger. Er konnte Stadt und Schloß Osterburg von Graf Siegfried von Altenhausen erwerben und f¨uhrte Krieg mit den Herz¨ogen → Bogislaw II. und Kasimir I. von Pommern. In gemeinsamer Feindschaft gegen die D¨anen stand er lange Zeit auf seiten → Ottos IV., nahm jedoch sp¨ater Partei f¨ur → Friedrich II. A.s gr¨oßtes Verdienst war die Konsolidierung der Herrschaft der Askanier in Brandenburg. C NDB
Albrecht Achilles, Markgraf von Brandenburg, * 9. 11. 1414 Tangerm¨unde, † 11. 3. 1486 Frankfurt / Main. A. A. bekam 1437 als dritter Sohn des Kurf¨ursten → Friedrich I. das F¨urstentum Ansbach zugesprochen, dessen Regierung er 1440 antrat. Seine Bem¨uhungen, seine Gebiete zu vergr¨oßern, blieben insgesamt erfolglos. Dies gilt sowohl f¨ur sein Eingreifen in die Auseinandersetzung W¨urzburgs mit Sachsen als auch f¨ur sein Eingehen auf das Mergentheimer B¨undnis 1445 mit den Bisch¨ofen von Mainz und W¨urzburg gegen die fr¨ankischen St¨adte. Im Ersten Markgrafenkrieg 1449 / 50 versuchte er erfolglos, N¨urnberg zu unterwerfen; sein Plan, ein Herzogtum Franken zu errichten, scheiterte am Widerstand Bayerns und seiner Nachbarn. Nach der Abdankung seines Bruders → Friedrich u¨ bernahm er 1470 die Regierung der Mark und erhielt Pommern als Lehen. 1476 u¨ bergab er die Regierung seinem Sohn → Johann Cicero, nachdem er zuvor durch die Dispositio Achillea (1473) die Unteilbarkeit der Mark und die Erbfolge im Haus Hohenzollern festgesetzt hatte. 1486 reiste A. zur Kaiserwahl nach Frankfurt, wo er kurz nach der Wahl starb. C Fr¨ank Leb, Bd 4
Albrecht Alcibiades, Markgraf von BrandenburgKulmbach, * 28. 3. 1522 Ansbach, † 8. 1. 1557 Pforzheim. Protestantisch erzogen, trat A. A., Sohn des Markgrafen → Kasimir, 1541 die Regierung in den ihm zugeteilten F¨urstent¨umern Kulmbach und Bayreuth an. Er nahm auf seiten → Karls V. 1543 / 44 am Krieg gegen Frankreich und 1546 / 47 am Schmalkaldischen Krieg gegen seine Glaubensgenossen teil. 1550 schloß er sich dem antikaiserlichen F¨urstenbund → Moritz von Sachsens an und vermittelte den Vertrag von Chambord 1552, der Metz, Toul und Verdun an Frankreich auslieferte. Um sein Territorium zu vergr¨oßern, zettelte er den 2. Markgr¨aflerkrieg gegen Bamberg, W¨urzburg und N¨urnberg an. 1553 siegte Moritz von Sachsen an der Spitze der im Fr¨ankischen Bund zusammengeschlossenen F¨ursten. Im Dezember desselben Jahres wurde die Reichsacht u¨ ber A. A. verh¨angt. Nach der Niederlage von Kitzingen floh A. A. nach Frankreich, kehrte 1556 zur¨uck und starb auf der Suche nach neuen Bundesgenossen bei seinem Schwager, dem Markgrafen von Baden. Vom A. A. stammt das Kirchenlied Was mein Gott will, das gescheh. C R¨oßler / Franz
Albrecht V., Markgraf von Brandenburg-Ansbach, * 18. 9. 1620 Ansbach, † 22. 10. 1667 Ansbach. Nachdem sein Bruder → Friedrich 1634 in der Schlacht von N¨ordlingen gefallen war, u¨ bernahm A., Sohn des Markgrafen → Joachim Ernst, 1639 nach der R¨uckkehr von ei-
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Albrecht ner mehrj¨ahrigen Bildungsreise durch Frankreich die Regentschaft. W¨ahrend der letzten Jahre des Dreißigj¨ahrigen Kriegs gelang es ihm, die schwer gesch¨adigte Markgrafschaft durch geschicktes politisches Taktieren vor weiteren Zerst¨orungen zu bewahren. Nach Kriegsende f¨orderte er den Wiederaufbau durch Straffung der Verwaltung und der Staatsfinanzen, großz¨ugige Kreditpolitik und F¨orderung der Z¨unfte. Sein fr¨uherer Erzieher, der Staatsrechtslehrer Johannes → Limnaeus, stand ihm hierbei beratend zur Seite. C NDB
Albrecht I. der Große, Herzog von Braunschweig und L¨uneburg, * 1236, † 15. 8. 1279. Nach dem Tod seines Vaters, des Herzogs → Otto (das Kind) von Braunschweig-L¨uneburg, u¨ bernahm A. 1252 zusammen mit seinem minderj¨ahrigen Bruder Johann die Regentschaft. Durch sein Eingreifen in den Th¨uringischen Erbfolgekrieg zugunsten seiner Schwiegermutter Sophie verlor er 1263 / 64 die braunschweigischen St¨adte an der Werra. Im Mai 1267 einigten sich die Br¨uder, die Erblande untereinander aufzuteilen. Johann erhielt L¨uneburg und Celle, A. den s¨udlichen Teil des Gebietes mit Braunschweig und Gifhorn. Braunschweig entwickelte sich unter seiner Regierung zu einer bedeutenden Handelsstadt. C LexMA
¨ Albrecht der Altere, Markgraf von BrandenburgAnsbach, Hochmeister des Deutschen Ordens, Herzog in Preußen, * 17. 5. 1490 Ansbach, † 20. 3. 1568 Tapiau (Ostpreußen). Der dritte Sohn des Markgrafen → Friedrich V. von Brandenburg-Ansbach war seit 1507 Domherr in K¨oln und wurde 1511 zum Hochmeister des Deutschen Ordens gew¨ahlt. Bestrebt, das seit dem Thorner Frieden (1466) bestehende Lehnsverh¨altnis mit Polen zu l¨osen, begann A. 1520 einen Krieg. Im Frieden von Krakau (1525) wandelte A., der zum Protestantismus u¨ bergetreten war, auf den Rat Martin → Luthers Preußen in ein erbliches Herzogtum unter polnischer Lehnsoberhoheit um. 1526 heiratete er → Dorothea von D¨anemark, f¨uhrte die Reformation in Preußen ein und gr¨undete 1544 die Univ. K¨onigsberg, an die er 1549 Andreas → Osiander berief. A. bem¨uhte sich, Preußen durch Kirchenordnungen, Visitationen und Synoden zu einem protestantisch gefestigten Musterstaat zu machen. Im Streit um die Rechtfertigungslehre stand er auf seiten Osianders. A., der an den musikalischen Entwicklungen seiner Zeit außerordentlich interessiert war, bet¨atigte sich auch als Liederdichter. Das bekannteste der ihm zugeschriebenen Lieder ist Was mein Gott will; es erschien 1569 und 1571 in d¨anischen Gesangb¨uchern unter seinem Namen. C TRE
Albrecht Sigmund, Herzog von Bayern, Bischof von Freising und Regensburg, * 5. 8. 1623 M¨unchen, † 4. / 5. 11. 1685 Freising. A. war der Sohn von Herzog → Albrecht VI. und Mechtild von Leuchtenberg. Er besuchte das Jesuitengymnasium in M¨unchen, wo Jakob → Balde sein Mentor war, und bekam sp¨ater Privatunterricht. Bereits 1637 erhielt A. Kanonikate in Salzburg und Augsburg. 1642-51 war er Koadjutor des F¨urstbischofs von Freising. A. sollte im Hochstift besonders die Interessen seines Onkels, des Kurf¨ursten → Maximilian I., vertreten. 1648 erhielt A. die Subdiakonatsweihe. 1651 wurde er F¨urstbischof von Freising, 1652 Herr Burgrains sowie der Grafschaften Ismaning und Werdenfels, um 1665 Propst in Alt¨otting und Konstanz, 1669 zus¨atzlich F¨urstbischof von Regensburg. Er besaß eine ausgezeichnete Gem¨aldegalerie und f¨orderte den RembrandtSch¨uler Christoph → Paudiss. Wegen zunehmender Auseinandersetzungen mit dem Freisinger Domkapitel mußte A. 1683 → Joseph Clemens von Bayern als Koadjutor akzeptieren. C Gatz 3
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Albrecht der Weise, Graf von Habsburg, † 25. 11. 1239 Pal¨astina. Der Sohn Rudolfs II. von Habsburg und Anh¨anger der Staufer wurde infolge der habsburgischen Hausteilung von 1232 / 39 Gr¨under der a¨ lteren Habsburger Linie. Bei der Teilung erhielt A. die Grafschaftsrechte im Aargau, in einem Teil des Z¨urichgaus, die Grafschaft im Frickgau, Stadt und Vogtei S¨ackingen (außer Laufenburg), aus dem Allodialgut das Eigen mit der Habsburg, Brugg, Bremgarten und Meienberg sowie den gr¨oßten Teil des Eigengutes im Elsaß. A. war 1228 als Feldhauptmann im Dienst Straßburgs am Sieg von Blodelsheim gegen die Grafen von Pfirt beteiligt. A. war der Vater von K¨onig → Rudolf I. C NDB
Albrecht II., Herzog von Braunschweig-L¨uneburg, Bischof von Halberstadt, * um 1295, † 3. 10. 1359, begraben in Braunschweig. Der Sohn Herzog Albrechts II. von Braunschweig wurde 1324 von einer Minderheit des Domkapitels zum Bischof gew¨ahlt, weil er ein Garant f¨ur die Fortf¨uhrung der Territorialpolitik seines Vorg¨angers Albrecht I. zu sein schien. Vor allem mit der Hilfe des Mainzer Erzbischofs und seines Bruders Herzog Otto von Braunschweig konnte sich A. bis 1357 halten, bis es Papst Innozenz VI. gelang, den W¨urzburger Domkantor Markgraf → Ludwig von Meißen gegen ihn ins Spiel zu bringen. Da Ludwigs Einfluß bis zum Kaiser reichte, mußte A. ihn 1357 als Koadjutor annehmen. 1358 verzichtete er gegen eine Entsch¨adigung ganz auf das Bistum. A. galt vor allem als geschickter Territorialpolitiker; er konnte die bisch¨oflichen Gebiete w¨ahrend seiner Herrschaft nicht unwesentlich erweitern. C Gatz 1
Albrecht IV., Graf von Wernigerode (als Albrecht VIII.), Bischof von Halberstadt, * 1346, † 11. 9. 1419 Halberstadt. A. wurde 1358 Propst des Stiftes St. Bonifatius in Halberstadt und sp¨atestens 1363 Domherr. 1366 studierte er kanonisches Recht in Montpellier, war seit 1375 Propst des Stiftes St. Blasius in Braunschweig und von 1383 an Dompropst in Halberstadt. Trotz der zahlreichen B¨undnisse, die er als Bischof von Halberstadt (seit 1411) schloß, u. a. 1414 mit Goslar, den Herz¨ogen von Braunschweig und den Landgrafen von Th¨uringen, konnte A. kriegerische Auseinandersetzungen nicht verhindern. Die Beilegung der Streitigkeiten zwischen B¨urgertum und Ratsgeschlechtern in Halberstadt gelang A. erst 1417 mit Hilfe seines Bruders Heinrich von Wernigerode. C Gatz 1
Albrecht II., Erzbischof von Magdeburg, auch Albert, * um 1170, † 15. 10. 1232 begraben in Magdeburg. Als Sohn des th¨uringischen Grafen G¨unther von Kefernburg geboren, besuchte A. die Domschule in Hildesheim, war Domherr in Magdeburg, studierte in Paris und wurde um 1200 Dompropst in Magdeburg. Im selben Jahr wurde er gegen den Widerstand des Kapitels vom Papst mit der Dompropstei Magdeburg providiert. 1205 wurde er zum Erzbischof von Magdeburg gew¨ahlt und durch den Staufer → Philipp von Schwaben mit den Regalien belehnt. Nach der Ermordung Philipps 1208 nahm A. Partei f¨ur den welfischen Gegenk¨onig → Otto IV., bem¨uhte sich um dessen Anerkennung und begleitete ihn zur Kaiserkr¨onung nach Rom. Als der Konflikt zwischen Kaiser und Papst Innozenz III. ausbrach, kam es 1212 auch zum Bruch zwischen Otto IV. und A. Im selben Jahr wurde A. p¨apstlicher Legat f¨ur Oberitalien. Unter Kaiser → Friedrich II. spielte A. eine wichtige Rolle in der Reichspolitik. A.s Bestreben, seinem Erzbistum eine gr¨oßere Machtstellung o¨ stlich der Elbe zu verschaffen, scheiterte. C Gatz 1
Albrecht Albrecht IV. von Querfurt, Erzbischof von Magdeburg, † 12. 6. 1403 Giebichenstein bei Halle / Saale. A. wurde 1368 Domherr in Halberstadt, 1369 in Merseburg und war 1374 Domherr in Magdeburg und Thesaurar am Stift St. Gangolphi. Studienhalber hielt er sich 1369 in Bologna und 1377 in Prag auf. Seine expansive Territorialpolitik als Erzbischof (seit 1383) hatte langwierige kriegerische Auseinandersetzungen mit den Markgrafen von Brandenburg und sp¨ater mit den Herz¨ogen von Sachsen zur Folge. 1395 wurde er f¨ur kurze Zeit Kanzler K¨onig → Wenzels. Zum Konflikt zwischen A. und der Stadt Magdeburg kam es, als er den durch die Kriege entstandenen Geldbedarf durch M¨unzverschlechterungen auszugleichen suchte. Der Aufstand der Innungen gegen A. und den Rat (1402) konnte im Februar 1403 durch die Vermittlung des Grafen → G¨unther von Schwarzburg beendet werden. C Gatz 1
Albrecht, Markgraf von Brandenburg, Kardinal, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, Administrator von Halberstadt, Kurf¨urst, Erzkanzler des Reiches, * 28. 6. 1490 Schloß zu C¨olln an der Spree, † 24. 9. 1545 Martinsburg zu Mainz. Obgleich Mitbegr¨under der 1506 er¨offneten Univ. in Frankfurt / Oder, absolvierte der sch¨ongeistige und musisch veranlagte j¨ungere Sohn des Kurf¨ursten → Johann Cicero von Brandenburg und der Margarete von Sachsen kein akademisches Studium. Unter der Obhut seines Bruders Kurf¨urst → Joachim I. Nestor wurde er privat humanistisch und juristisch ausgebildet. Sein einflußreicher Berater war der Humanist Dietrich von → B¨ulow, seit 1490 Bischof von Lebus. Von 1500 bis 1503 fungierte der sp¨atestens seit 1505 f¨ur eine geistliche Laufbahn vorgesehene A. als Mitregent. 1506 tonsuriert und mit den ersten niederen Weihen versehen, fand er seit 1508 Aufnahme in die Domstifte von Mainz, Magdeburg und wohl auch Trier. 1508 / 09 versuchte Joachim I., seinem in geldlichen Dingen leichtfertigen Bruder das eintr¨agliche Bistum Utrecht zu verschaffen. Daß A., eben erst zum Priester geweiht, 1513 zum Erzbischof von Magdeburg und Administrator von Halberstadt und 1514 zum Kurf¨urst-Erzbischof von Mainz gew¨ahlt wurde, bedeutete f¨ur ihn den Aufstieg in die h¨ochsten kirchlichen und weltlichen W¨urden des Reiches und f¨ur das Haus Brandenburg eine erhebliche Ausdehnung der Macht. Mit der Zahlung der hohen Geb¨uhren f¨ur die p¨apstliche Best¨atigung der Wahlen und die Dispens zur Beibehaltung aller Bist¨umer stand der Ablaßhandel in Verbindung, dessen Bek¨ampfung durch Martin → Luther 1517 die Reformation ausl¨oste, ein Gesche¨ hen, in das A. durch seine Amter tief eingebunden war, in dem er jedoch eher eine passive Rolle spielte. Im Sinne des → Erasmus von Rotterdam verhielt er sich der Reformation und Luther gegen¨uber zur¨uckhaltend. Auf dessen Aufforderung, das Erzstift der Reformation zuzuf¨uhren, ging er nicht ein, vermied aber „lautes Geschrei“. Den sich formenden Kreis der Mainzer kath. Reformer beg¨unstigte er. Seine Lieblingsresidenz Halle baute er aus durch die Gr¨undung des „Neuen Stifts“, die Errichtung der Stiftskirche f¨ur sein sp¨ater nach Mainz transferiertes kostbares „Heiltum“ (Reliquiensammlung) und den Versuch, eine kath. Universit¨at aufzubauen. 1531 f¨uhrte A., der seit 1518 Kardinal war, den Titel „geborener p¨apstlicher Legat“. Der Renaissancef¨urst beauftragte wie wenige andere die hervorragendsten K¨unstler seiner Zeit, unter ihnen Albrecht → D¨urer, Lucas → Cranach, Matthias → Gr¨unewald, Simon
Bening, Nikolaus → Glockendon und Hermann → Vischer. Außer 1519 bei der Wahl Kaiser → Karls V. und 1532 beim „N¨urnberger Anstand“ war sein Einfluß in der Reichspolitik nicht besonders groß. Durch seine zur¨uckhaltende und auf Ausgleich bedachte Art in der Reformationszeit d¨urfte er allerdings dem Mainzer Erzstuhl die Erzkanzlerw¨urde und das Reichsdirektorium bewahrt haben. Als Landesherr f¨orderte er durch Modernisierung von Administration, Regierung und Recht nachhaltig den Ausbau der Landeshoheit. Durch die Reformation verlor A. seine Sprengel Magdeburg und Halberstadt sowie große Teile des Erzbistums Mainz. Der endg¨ultige Verlust von Halle 1541 und der Mißerfolg der Regensburger Religionsgespr¨ache veranlaßten ihn, sich entt¨auscht aus Magdeburg nach Mainz zur¨uckzuziehen. Eine letzte Hoffnung auf die L¨osung des Religionskonflikts sah er im Konzil von Trient. Einen Kompromißfrieden im Reich hielt er nicht mehr f¨ur m¨oglich. Im Reformationsgeschehen ¨ war A. kein Beweger, durch seine Amter aber eine mitentscheidende Figur. LITERATUR: Horst Reber (Bearb.): A. von Brandenburg. Kurf¨urst – Erzkanzler – Kardinal (1490-1545). Mainz 1990. – Friedhelm J¨urgensmeier (Hrsg.): Erzbischof A. von Brandenburg (1490-1545). Ein Kirchen- und Reichsf¨urst der Fr¨uhen Neuzeit. Frankfurt / Main 1991. – Evamaria Brockhoff (Bearb.): Das Halle’sche Heiltum. Reliquienkult und Goldschmiedekunst der Fr¨uhrenaissance in Deutschland. Eine Handschrift zum Bl¨attern. Hofbibliothek Aschaffenburg, Codex Ms 14. Multimedia-CD (Handschriften aus bayerischen Bibliotheken auf CD-ROM). Augsburg 2002. – Das R¨atsel Gr¨unewald. Hrsg. v. Rainhard Riepertinger, Evamaria Brockhoff, Katharina Heinemann und Jutta Schumann. Stuttgart 2002; bes. Michael Scholz: A.s Reich. Die Geistlichen Territorien Mainz, Magdeburg und Halberstadt am Beginn des 16. Jahrhunderts, S. 96-104, und Andreas Tacke: Der „Hellische Cardinal“. Zu den Kunstwerken der Hallenser Stiftskirche in Aschaffenburg, S. 105-114. – Martin Brecht / Hans Kiefner: A. von Mainz und die Hinrichtung seines Dieners Hans Schenitz. In: Lutherjahrbuch 70 (2003) S. 33-86. – Kerstin Merkel: Jenseits-Sicherung. Kardinal A. von Brandenburg und seine Grabdenkm¨aler. Regensburg 2004. – Andreas Tacke (Hrsg.): Kontinuit¨at und Z¨asur. Ernst von Wettin und A. von Brandenburg. G¨ottingen 2005. Friedhelm J¨urgensmeier
Albrecht III., Herzog von Mecklenburg, K¨onig von Schweden, * um 1338, † 31. 3. 1412 Kloster Doberan. Als Ergebnis der Hausmachtpolitik seines Vaters, des Herzogs Albrecht II. von Mecklenburg, wurde A. nach Absetzung seines Onkels Magnus II. 1363 von den schwedischen St¨anden zum K¨onig erhoben und 1364 in Uppsala gekr¨ont. 1365 konnte er seinen Vorg¨anger bei der Schlacht von Enk¨oping besiegen und seine Herrschaft sicherstellen. Unterst¨utzt von den norddeutschen Seest¨adten, den mecklenburgischen und norddeutschen Adligen, sah er sich gezwungen, deren Forderungen nach Privilegien und Pfandsicherungen in Schweden nachzugeben. Die schwedischen St¨ande wandten sich daraufhin K¨onigin Margarete von Norwegen und D¨anemark zu. 1389 in der Schlacht von Falk¨oping besiegt, wurde A. gefangengenommen und erst 1395 nach Vermittlung durch die Hansest¨adte freigelassen. A. verzichtete 1405 formell auf Schweden zog sich nach Mecklenburg zur¨uck, wo er bereits seit 1395 regierte. C LexMA Albrecht VII., Herzog von Mecklenburg, * 25. 7. 1486, † 7. 1. 1547 Schwerin. Seit 1503 regierte A. zusammen mit seinem Onkel Balthasar und seinen beiden Br¨udern in Mecklenburg. Anl¨aßlich der 1520 erfolgten Landesteilung erhielt er das Herzogtum G¨ustrow zur alleinigen Regentschaft. 1531 versuchte er nach der Absetzung des d¨anischen K¨onigs Christian II. dessen
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Albrecht Nachfolge anzutreten; in der kriegerischen Auseinandersetzung mit seinem Konkurrenten → Christian III. mußte er sich jedoch 1536 geschlagen geben. Seine Bem¨uhungen um die schwedische Krone waren a¨ hnlich erfolglos. In Mecklenburg befand sich A., ein entschiedener Gegner der Reformation, mit seinen Br¨udern in st¨andigen Auseinandersetzungen u¨ ber konfessionelle Fragen und die Landesteilung. Diesen Streitigkeiten begegneten die St¨ande 1523 mit der Gr¨undung der Union der Landst¨ande, die den Grundstein der bis 1918 in Kraft gebliebenen st¨andischen Verfassung Mecklenburgs bildete. C NDB
Albrecht I. der Stolze, Markgraf von Meißen, * 1158, † 25. 7. 1195 Krummhennersdorf. Auf Betreiben der Mutter A.s versuchte sein Vater, Markgraf → Otto der Reiche, dem j¨ungeren Sohn Dietrich die Nachfolge in der Markgrafschaft Meißen zu sichern. Die folgenden kriegerischen Auseinandersetzungen konnten weder durch den Tod Ottos noch durch Vermittlungsversuche zugunsten Dietrichs durch die Kaiser → Friedrich I., → Heinrich VI. und den Landgrafen → Hermann I. von Th¨uringen beendet werden. Auch nach A.s Antritt der Nachfolge (1190) dauerte der Zwist im Haus Wettin an. Nach A.s pl¨otzlichem Tod 1195 zog Kaiser Heinrich VI. zur Erweiterung des staufischen Kronbesitzes die Mark Meißen als erledigtes Reichslehen ein. C LexMA Albrecht der Entartete, Markgraf von Meißen, Landgraf von Th¨uringen, * um 1240, † 20. 11. 1314 / 15 Erfurt. Seit 1265 herrschte A. u¨ ber Th¨uringen und die Pfalzgrafschaft Sachsen, sah sich indes infolge verschwenderischer Lebensweise zum Verkauf von Teilen seiner Gebiete gezwungen: 1291 ver¨außerte er die Mark Landsberg an Brandenburg und 1294 seine Anwartschaft auf Th¨uringen an K¨onig → Adolf von Nassau. Der Versuch, seinem j¨ungsten Sohn Apitz das Erbe Th¨uringens zu sichern, f¨uhrte zu jahrelangen Auseinandersetzungen mit seinen S¨ohnen → Diezmann und → Friedrich dem Freidigen, die schließlich erreichten, daß A. im Wartburgvertrag (18. 1. 1307) ihr Erbrecht anerkannte und wenig sp¨ater auf die Aus¨ubung seiner Herrschaft in Th¨uringen zugunsten Friedrichs verzichtete. A. erkannte fr¨uh die Bedeutung der St¨adte und des B¨urgertums, trug wesentlich zur Entwicklung des Stadtrechts in Th¨uringen bei, bereitete aber auch die Aufl¨osung des wettinischen Territoriums gegen Ende des Jahrhunderts vor. C LexMA
Albrecht II. der Weise oder der Lahme, Herzog von
¨ Osterreich, * 1298 auf der Habsburg, † 20. 7. 1358 Wien. Seit dem Tod seines Bruders → Friedrich des Sch¨onen regierte A., Sohn → Albrechts I., mit seinem Bruder Otto die habsburgisch-¨osterreichischen Gebiete, denen er, der seit 1330 nach einer Erkrankung teilweise gel¨ahmt war, 1335 die L¨ander K¨arnten und Krain sowie weitere Gebiete im Westen hinzuf¨ugen konnte. Trotz p¨apstlicher Bannbullen erkannte er → Ludwig den Bayern als Kaiser an. Nach dem Tod Ottos 1339 wurde A. alleiniger Regent. Abgesehen vom Krieg mit der Reichsstadt Z¨urich und der Eidgenossenschaft (1351-55) gelang es ihm, seinen Gebieten den Frieden zu erhalten. Er gab K¨arnten und Krain eine neue Landesordnung, f¨orderte die wirtschaftliche Entwicklung und bewahrte mit dem Privilegium de non evocando die volle Gerichtsbarkeit in seinen L¨andern. Mit der Hausordnung vom 25. 11. 1355 sicherte er die Einheit des Hauses Habsburg. A. war der Vater von → Rudolf IV., → Albrecht III. und → Leopold III. C LexMA ¨ Albrecht III., Herzog von Osterreich, * 1349 / 50, † 29. 8. 1395 Laxenburg bei Wien. Der Sohn Herzog → Albrechts II. u¨ bernahm 1365 nach dem Tod seines Bruders → Rudolf IV. mit seinem j¨ungeren Bru-
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der → Leopold III. die Regierung. 1379 kam es mit dem Neuburger Vertrag zur Landesteilung: A. erhielt Nieder- und Ober¨osterreich und begr¨undete damit die Albertinische Linie des Hauses Habsburg. Nachdem sein Bruder in der Schlacht von Sempach 1386 gefallen war, u¨ bernahm er als Vormund f¨ur dessen S¨ohne die gesamte Regierung, k¨ampfte aber erfolglos gegen die Eidgenossen. Auf kulturellem Gebiet erwarb A. sich große Verdienste: Der Bau des Stephansdomes wurde unter ihm fortgesetzt, Schloß Laxenburg errichtet und die Univ. Wien gegr¨undet, die ihm ihre Statuten (1384) wie auch die Einrichtung der Theologischen Fakult¨at verdankt. A. veranlaßte die Landeschronik des Leopold → Stainreuter. Der Beiname „mit dem Zopf“ geht auf seine Zugeh¨origkeit zu einer ritterlichen Gesellschaft zur¨uck. C LexMA ¨ Albrecht IV., Herzog von Osterreich, * 19. 9. 1377 Wien, † 14. 9. 1404 Klosterneuburg. Nach dem Tod seines Vaters → Albrecht III. 1395 einigte sich A. mit seinem Vetter Wilhelm aus der leopoldinischen Linie des Hauses Habsburg im Hollenburger Hausvertrag (1395) auf die Anerkennung der habsburgischen L¨ander- und Herrschaftseinheit sowie der Anspr¨uche der leopoldinischen Linie. Er r¨aumte Wilhelm auch das Recht auf Mitregent¨ schaft in Osterreich ein. Streng gl¨aubig erzogen und dem Karth¨auserorden nahestehend, ließ A. 1397 das Todesurteil gegen die der Ketzerei beschuldigten Waldenser in Steyr vollziehen; u¨ ber 100 Personen wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt. 1398 unternahm er eine Reise nach Jerusalem, die ihm den Beinamen „Mirabilia mundi“ einbrachte. Seine kirchenpolitischen Maßnahmen bildeten die Basis f¨ur die reformerische T¨atigkeit seines Sohnes → Albrecht II. C Hamann ¨ Albrecht VI., Erzherzog von Osterreich, * 1418 Wien, † 2. 12. 1463 Wien. Gem¨aß dem Vertrag von 1436 sollte A., Sohn des Herzogs → Ernst aus dem steirischen Zweig der Leopoldinischen Linie, mit seinem a¨ lteren Bruder, dem sp¨ateren Kaiser → Friedrich III., in den Erbl¨andern gemeinsam herrschen, wobei dieser die volle Gewalt besitzen sollte. 1446 u¨ berließ ihm Friedrich die Herrschaft in den habsburgischen Vorlanden, wo A. 1457 die Univ. Freiburg / Breisgau gr¨undete. Nach dem Tod des b¨ohmischen und ungarischen K¨onigs → Ladislaus Postumus, der das Aussterben der albertinischen Linie besiegelte, wurde ihm 1458 Ober¨osterreich abgetreten. Durch ein B¨undnis mit dem unzufriedenen nieder¨osterreichischen st¨andischen Adel und gemeinsam mit den bayerischen Wittelsbachern unternahm er einen Feldzug gegen Friedrich III. (1461), um die gesamte Herrschaft zu erobern. Im Frieden von 1462 erhielt er f¨ur acht Jahre Nieder¨osterreich mit Wien, verursachte jedoch durch Fehden ge¨ gen den Kaiser den wirtschaftlichen Niedergang Osterreichs wie auch eine allgemeine Rechtsunsicherheit im Land. C Hamann ¨ Albrecht VII., Erzherzog von Osterreich, auch Albert, * 13. 11. 1559 Wiener Neustadt, † 15. 11. 1621 Br¨ussel. Der zweitj¨ungste Sohn Kaiser → Maximilians II. war f¨ur die geistliche Laufbahn bestimmt. A. lebte seit 1570 in Spanien, wurde 1577 Kardinal und Erzbischof von Toledo, war 1583-93 Statthalter von Portugal und seit 1596 der spanischen Niederlande. Nachdem er mit p¨apstlicher Erlaubnis die geistlichen W¨urden niedergelegt und die Erbin der Niederlande, die Tochter Philipps II., Isabella Clara Eugenia, geheiratet hatte, war er seit 1599 selbst¨andiger Landesf¨urst der Niederlande. Der Friede von Vervins mit Frankreich (1598) und der zw¨olfj¨ahrige Waffenstillstand mit den Generalstaaten (1609) schufen die Voraussetzungen f¨ur wichtige Aufbauarbeiten. C Hamann
Albrecht ¨ Albrecht Friedrich Rudolf, Erzherzog von Osterreich, Herzog von Teschen, Milit¨ar, * 3. 8. 1817 Wien, † 18. 2. 1895 Arco (Prov. Trient). ¨ wurde Der a¨ lteste Sohn Erzherzog → Karls von Osterreich 1830 Regimentskommandant und Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies, 1843 Feldmarschall-Leutnant und war von 1845 bis zum Ausbruch der M¨arzrevolution 1848 Kommandierender General von Nieder- und Ober¨osterreich. Im Herbst 1849 wurde er zum Kommandeur des Observationskorps in Nordwestb¨ohmen ernannt, 1851 zum Milit¨ar- und Zivilgouverneur in Ungarn und 1863 zum Feldmarschall. Im Krieg von 1866 war er Kommandant der S¨udarmee und u¨ bernahm nach der Schlacht von K¨oniggr¨atz den Oberbefehl u¨ ber das gesamte kaiserliche Heer. Als Generalinspekteur hatte A. wesentlichen Anteil an der Reorganisation der Ar¨ mee und verfaßte u. a. Wie soll Osterreichs Heer organisiert ¨ C OBL sein? (1868).
Albrecht von Sachsen, auch Albert, Bischof von Passau, * um 1285, † 19. 5. 1342 Passau. Der Sohn Herzog → Albrechts II. von Sachsen war zun¨achst Kanonikus von Mainz und Pfarrer von St. Stephan in Wien. 1320 wurde er mit Hilfe Herzog → Friedrichs des Sch¨onen durch Papst Johannes XXII. zum Bischof von Passau ernannt. In der Auseinandersetzung zwischen Friedrich und → Ludwig dem Bayern stand er auf Friedrichs Seite. Seine Bem¨uhungen um einen Frieden zwischen Kaiser Ludwig und C Gatz 1 dem Papst blieben erfolglos. Friedrich Heinrich Albrecht, Prinz von Preußen, Milit¨ar, * 4. 10. 1809 K¨onigsberg, † 14. 10. 1872 Berlin. Der j¨ungste Sohn K¨onig → Friedrich Wilhelms III. trat 1819 in das 1. Garderegiment ein. Seit 1828 Major, avancierte A. 1831 zum Oberst und Chef des 1. Dragonerregiments, 1833 zum Generalmajor und zum Kommandeur der 6. Kavalleriebrigade. 1840-44 war er Kommandeur der 5. Division in Frankfurt / Oder und wurde 1842 Generalleutnant, 1852 General der Kavallerie, 1863 Inspekteur der II. ArmeeAbteilung. A. nahm am Krieg 1870 / 71 teil und und zum Generalfeldmarschall bef¨ordert. C Priesdorff, Bd 5
Albrecht Friedrich Wilhelm Nikolaus, Prinz von Preußen, Regent in Braunschweig, * 8. 5. 1837 Berlin, † 13. 9. 1906 Camenz (Schlesien). Nach der Teilnahme als Generalmajor am Deutschen Krieg 1866 und als Generalleutnant am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 wurde A. Kommandeur der 20. Division, 1873 Kommandierender General des 10. Armeekorps in Hannover, 1883 Herrenmeister des Johanniterordens. 1885 u¨ bernahm er die Herrschaft u¨ ber das Herzogtum Braunschweig und seit 1888 die 1. Armeeinspektion im Rang eines Generalfeldmarschalls. 1891 folgte er Helmut Graf von → Moltke im Vorsitz der Landesverteidigungskommission nach. Dar¨uber hinaus war er Pr¨ases der K¨oniglichen Akademie f¨ur gemeinn¨utzige Wissenschaften in Erfurt.
Albrecht, Herzog von Sachsen-Wittenberg, † 28. 6. 1385 bei Ricklingen bei Hannover. 1355 erhielt A. die Anwartschaft auf das Herzogtum L¨uneburg, da Herzog Wilhelm keine m¨annlichen Nachkommen hatte. Dieser versuchte, L¨uneburg den Welfen zu erhalten und seinem Schwiegersohn Herzog Ludwig von Braunschweig und nach dessen Tod seinem Bruder → Magnus II. Torquatus zu vererben. Daraus entstand der L¨uneburgische Erbfolgekrieg, den A. nach Wilhelms Tod 1369 mit Herzog Magnus II. f¨uhrte. Nach dessen Tod 1373 wurde ein Kompromiß erzielt, der die abwechselnde Herrschaft der beiden Geschlechter zum Inhalt hatte. A. fiel bei der Belagerung der Burg Ricklingen bei Hannover. C NDB
Albrecht der Beherzte, Herzog von Sachsen, Markgraf von Meißen, * 31. 7. 1443 Grimma, † 12. 9. 1500 Emden. A. war der j¨ungere Sohn → Friedrichs des Sanftm¨utigen, regierte seit 1464 mit seinem Bruder Ernst die wettinischen Gebiete und versuchte 1471 vergeblich, Nachfolger seines Schwiegervaters, des b¨ohmischen K¨onigs Georg Podiebrad, zu werden. Anl¨aßlich der Leipziger Teilung 1485 erhielt A. den meißnischen Teil mit der Residenz Dresden. Er schuf ein zentrales wettinisches Oberhofgericht in Leipzig und einheitliche Landesordnungen. Den Unterhalt eines stehendes Heeres und die Errichtung zahlreicher Bauten bestritt er durch die Eink¨unfte aus seinen Bergwerken. Als entschiedener Anh¨anger des Kaisers k¨ampfte A. gegen Karl den K¨uhnen von Burgund und K¨onig → Matthias Corvinus von Ungarn. Daf¨ur erhielt er 1483 die Anwartschaft auf J¨ulichBerg, wurde 1488 kgl. Statthalter der aufst¨andischen Niederlande und 1498 Gubernator von Westfriesland. C LexMA Albrecht von Bayern, Bischof von Straßburg, * 6. 9. 1440, † 20. 8. 1506 Zabern. A. wurde 1478 Bischof von Straßburg. Mit dem Ziel, das kirchliche Leben zu reformieren und Mißst¨ande in den Kl¨ostern seiner Di¨ozese zu beseitigen, fand 1482 eine Di¨ozesansynode und 1491 eine Kirchenvisitation statt. Große Unterst¨utzung fand A. bei Johannes → Geiler von Kaysersberg (seit 1478 Prediger am Straßburger M¨unster) und Jakob → Wimpfeling, der sich 1501-15 gr¨oßtenteils in Straßburg aufhielt. A. verteidigte Wimpfeling, der in seiner Schrift De integritate (1505) die Geistlichkeit heftig angegriffen hatte und deshalb verklagt wurde, in Rom vor dem Papst. Der Bundschuhbewegung, die seit 1493 auch im Elsaß begann, konnte er keinen Einhalt gebieten. C Gatz 2
Albrecht Maria Alexander Philipp Joseph, Herzog von W¨urttemberg, * 23. 12. 1865 Wien, † 29. 10. 1939 Schloß Altshausen (Oberschwaben). Der Sohn Herzog Philipps von W¨urttemberg studierte 1884 in T¨ubingen, trat 1885 in den Heeresdienst ein, wurde 1896 Kommandeur der 4. Garde-Kavallerie-Brigade in Potsdam, 1906 des XI. Armeekorps in Kassel und 1908 des XIII. Armeekorps in Stuttgart. Am 1. 4. 1913 erfolgte die Ernennung zum Generalinspekteur der 6. (bisher 1.) Armeeinspektion und wenig sp¨ater die Ernennung zum Generaloberst. Am Ersten Weltkrieg nahm A. zun¨achst als Oberbefehlshaber der 4. Armee teil und erhielt 1917 als Generalfeldmarschall den Oberbefehl u¨ ber die „Heeresgruppe Herzog Albrecht“. Er war 1896-1918 Thronfolger seines erbenlosen Oheims K¨onig → Wilhelm II. von W¨urttemberg. C NDB Albrecht, Epiker, um 1270. A. war der Verfasser des J¨ungeren Titurel, eines mittelhochdeutschen Versepos von mehr als 6300 vier- bzw. siebenzeiligen Strophen, das die a¨ lteren Titurel-Fragmente des → Wolfram von Eschenbach integriert, unter dessen Namen der gr¨oßere erste Teil des J¨ungeren Titurel geschrieben wurde. Das Epos hat die Werke Wolframs sowie franz¨osische Artus- und Graltexte zur Quelle und erz¨ahlt die Geschichte des Gralsgeschlechts. Die enthaltene Schilderung des Graltempels gilt als bedeutendste Architekturbeschreibung des Mittelalters und diente → Karl IV. als Vorlage f¨ur die Edelsteinkapelle in Karlstein und die WenzeslausKapelle im Veitsdom in Prag. Allein aus dem Werk lassen sich Vermutungen zur Person des Autors ableiten. So war A. wahrscheinlich ein M¨onch oder Priester, konnte Latein und Altfranz¨osisch, stammte wohl aus dem ostmitteldeutschen Sprachraum und erfuhr F¨orderung durch drei M¨azene, in denen die Forschung die F¨ursten des Wettiner Hofs, Markgraf → Heinrich den Erlauchten und seine beiden S¨ohne, erkannt hat. Nach einem Familienzwist am Wettiner Hof gab sich A.
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Albrecht um 1272 im sog. „Verfasserfragment“ als Autor des Epos zu erkennen, vielleicht um den Wittelsbacher → Ludwig II. den Strengen als neuen G¨onner zu gewinnen, was f¨ur A.s bayerische Herkunft spr¨ache. Entgegen a¨ lterer Vermutungen ist A. mit dem Epiker → Albrecht von Scharfenberg nicht identisch. C VL
Albrecht, Baumeister, * um 1280, † um 1350. A. ist urkundlich in Regensburg 1318, 1331 und 1338 als Dombaumeister unter Bischof Nikolaus von Ybbs genannt. Seine Bauanteile (sowie weitere m¨ogliche Arbeiten an der Thomaskapelle und Andreaskapelle in Regensburg) sind ungekl¨art. C AKL
Albrecht von Eyb, Dichter, Fr¨uhhumanist, * 24. 8. 1420 Schloß Sommersdorf bei Ansbach, † 24. 7. 1475 Eichst¨att. Der einer fr¨ankischen Adelsfamilie entstammende A., Bruder von Ludwig von → Eyb, war f¨ur den geistlichen Stand bestimmt, studierte seit 1436 an der Univ. Erfurt, besuchte seit 1438 die Lateinschule in Rothenburg / Tauber und setzte sein Studium 1440 in Erfurt fort. Seit 1444 studierte A. Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Pavia, Bologna und Padua, wurde 1459 in Pavia zum Dr. jur. utr. promoviert und war seit seiner R¨uckkehr nach Deutschland juristischer Gutachter f¨ur verschiedene deutsche St¨adte und F¨ursten. Seit 1444 Domherr zu Eichst¨att, wurde A. 1452 Domherr zu Bamberg, 1462 zu W¨urzburg und war h¨aufig als politischer Agent und Diplomat des Markgrafen → Albrecht Achilles von Ansbach-Bayreuth t¨atig. Daneben widmete sich A. vor allem in seinen sp¨ateren Jahren einer intensiven schriftstellerischen T¨atigkeit, f¨ur die seine Begegnung mit dem italienischen Humanismus von Bedeutung war. Sein lateinisches Hauptwerk ist die 1459 verfaßte, aber erst 1472 gedruckte Margarita poetica, eine große Anthologie r¨omischer, patristischer und humanistischer Schriftsteller. Im selben Jahr erschien A.s deutsches Hauptwerk, das sogenannte Eheb¨uchlein, ein von italienischen Vorbildern angeregter Lobpreis auf Ehe und Familie. Seinem postum ver¨offentlichten Spie¨ gel der Sitten (1511) sind zwei Plautus-Ubersetzungen A.s beigegeben. C Killy Albrecht Fleischmann, Theologe, † 1444. Seiner Herkunft nach auch „von Eckelsheim“ (Eggolsheim bei Bamberg) genannt, wird A. 1389 als Eichst¨atter Canonicus erw¨ahnt. 1391 war er Pfarrer von Schlicht in der Di¨ozese Regensburg und von 1396 bis zu seinem Tod Pfarrer von St. Sebald in N¨urnberg. Er genoß als gebildeter Mann hohes Ansehen und wurde gelegentlich mit diplomatischen Missionen betraut; 1414 ist eine Disputation mit Jan Hus u¨ berliefert. Von seinem vollst¨andigen Zyklus deutscher Sonntagspredigten sind nur 14 Predigten u¨ berliefert, w¨ahrend der Katalog seiner umfangreichen Bibliothek von 102 lateinischen Handschriften, die er der Bibliothek seiner Pfarrei u¨ bereignete, erhalten blieb. C VL Albrecht von Halberstadt, Lehrer, Schriftsteller, * um 1180 Halberstadt, † nach 1251 Jechaburg bei Sondershausen. Um 1207 wurde A. an die Propstei Jechaburg berufen, um dort die Schule, das Archiv und die Musik zu betreuen. 1210-17 verfaßte er eine Reim¨ubersetzung von Ovids Metamorphosen, die er dem Landgrafen Hermann widmete. Dies war einer der ersten Texte aus der klassischen Antike, der ohne Umweg u¨ ber das Franz¨osische direkt vom Lateinischen ins Deutsche u¨ bertragen wurde, jedoch nur durch zwei Fragmente u¨ berliefert ist. A. hielt sich zwar weitgehend an die lateinische Vorlage, ersparte jedoch dem zeitgen¨ossischen Publikum allzu fremd Erscheinendes, indem er es ausließ oder z. B. Namen durch andere ersetzte. Von den insgesamt 21 722 Versen sind nur 432 Verse erhalten. Diese reimen sich zwar, haben aber keinerlei Versmaß. Eine Rekonstruktion
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¨ und Uberarbeitung erfolgte 1545 durch J¨org → Wickram, der vieles stark umformulierte, anderes ganz wegließ und etliches neu hinzuf¨ugte. C Killy
Albrecht von Johansdorf, auch Albertus de Jahensdorf, A. von Johannsdorf, Minnes¨anger, * vor 1165 (?), † nach 1209. A. ist von 1180 bis 1206 in Urkunden nachweisbar. Er stammte aus einem niederbayerischen Ministerialengeschlecht, war Teilnehmer des Kreuzzugs 1189-92 – vermutlich auch des von 1197 – und stand im Dienst der Bisch¨ofe von Passau und Bamberg. In den großen alemannischen Liederhandschriften des 13. und 14. Jh. sind von A. 13 Minnelieder (42 Strophen) u¨ berliefert. Im Mittelpunkt seiner von der Provence beeinflußten Lyrik steht das Kreuzzugsthema: f¨unf seiner Lieder sind Kreuzlieder. A.s Lieder weisen wechselnde Versmaße auf, die h¨aufig lange Zeilen und vielzeilige Strophen verwenden. Neben der Form des Monologs kommt auch der Dialog zwischen werbendem Minnes¨anger und umworbener Frau vor. C VL
Albrecht von Kemenaten, Dichter, 1. H¨alfte 13. Jh. A. verfaßte das nur noch bruchst¨uckweise erhaltene DietrichEpos Goldemar (um 1230-40), das den m¨archenhaften Epen zuzurechnen und dessen zentrales Thema Dietrichs Kampf um die Befreiung einer Jungfrau ist. Das Werk weist inhaltliche Ankl¨ange an die h¨ofische Lyrik mit ihrem Minneritterideal auf. C Killy
Albrecht von Scharfenberg, Epiker, 13. Jh. A., von dem kein Werk erhalten ist und der auch urkundlich nicht bezeugt ist, wird nur von Ulrich → Fuetrer als Verfasser der Werke Merlin, Seifrid de Ardemont und Fraw Eren hof erw¨ahnt. Merlin ist vermutlich bis ins 15. Jh. die einzige deutsche Bearbeitung des Merlinstoffes und erz¨ahlt die Vorgeschichte der Artusrunde und des Grals, Seifrid de Ardemont hat die sog. Mahrtenehe, die Ehe zwischen Menschenmann und u¨ berirdisch „elbischer“ Frau, zum motivischen Kern und weist Einfl¨usse des h¨ofischen Romans wie der Spielmannsepik auf. Es kann inzwischen ausgeschlossen werden, daß A. mit dem Dichter des J¨ungeren Titurel (→ Albrecht) identisch ist, obwohl beide dieselben Stoffe behandeln, teilweise dieselben Quellen benutzten und ihre Werke auch zeitlich verbunden werden k¨onnen. C Killy
Albrecht, Andreas, auch Alberti, Albertus, Ingenieurhauptmann, Zeichner, Kunsthandwerker, * Ende 16. Jh. N¨urnberg, † 1628 Hamburg. A. studierte Kriegswissenschaft, war in N¨urnberg t¨atig und verfaßte wissenschaftliche Werke mit zahlreichen Stichen nach eigenen Zeichnungen, u. a. Richtige Anweisung und Vorstellung eines sonderbaren und n¨utzlichen Instruments zur Architectur (1622; 1673 mit perspektivischem Titelkupfer). Bekannt sind auch Stiche von Landschaften nach ihm (u. a. Velden und Umgebung aus der Vogelschau, Gegend um Heidelberg und Uttenheim). C AKL Albrecht, Balthasar (Augustin), Maler, * 3. 1. 1687 Berg / Starnberger See, † 15. 8. 1765 M¨unchen. Nach Studienaufenthalten in Venedig und Rom ließ sich A., Sohn eines Zimmerers, 1719 in M¨unchen nieder. 1723 wurde ihm durch Kurf¨urst → Maximilian II. Emanuel der Hofschutz gew¨ahrt und zwischen 1727 und 1732 der Titel des bayerischen Hofmalers verliehen. Seit 1746 war er als Malerei- bzw. Galerieinspektor verantwortlich f¨ur die Restauration und Inventarisierung der im f¨urstlichen Besitz befindlichen Gem¨alde. 1759 zog er sich in den Ruhestand zur¨uck. In A.s Profanwerken ist italienischer und franz¨osischer Einfluß zu bemerken, in den Werken religi¨osen Charakters fallen venezianische und r¨omische Stilmerkmale auf.
Albrecht A. orientierte sich an den italienischen Meistern der Renaissance und des Fr¨uhbarock: h¨aufig verwendete er einen dynamischen, an den Diagonalen orientierten Bildaufbau; seine Gem¨alde zeigen den dramatischen und dekorativen Stil der Br¨uder Carracci und den Naturalismus Caravaggios. Ein Großteil seiner Werke, besonders jener in M¨unchen, wurde im Zweiten Weltkrieg zerst¨ort. C AKL
Albrecht, Bartholom¨aus, Kaufmann, M¨unzer, * 1543 N¨urnberg, † 1609 / 10 Prag. A. lieferte seit 1575 Waffen, Tuche und Lebensmittel an das kaiserliche Heer und war P¨achter der kaiserlichen ¨ M¨unzst¨atten in Osterreich und B¨ohmen. Mit Erlaubnis Kaiser → Rudolfs II., dem er Geld lieh, l¨oste er schlechte M¨unzen ein und pr¨agte sie neu. 1595 wurde A. in N¨urnberg der Verarbeitung auch guter M¨unzen beschuldigt, in Haft genommen und sein Besitz beschlagnahmt. Ein Prozeß, den die Stadt N¨urnberg vor dem Reichskammergericht in Speyer anstrengte, blieb unabgeschlossen. Noch 1595 ging A. nach Ansbach, 1596 nach Speyer, 1604 nach Prag. C NDB Albrecht, Carl, auch Karl A., Maler, * 2. 4. 1862 Hamburg, † 26. 9. 1926 K¨onigsberg. A. war zun¨achst kaufm¨annisch t¨atig; 1884-89 studierte er an der Kunstgewerbeschule in Weimar als Sch¨uler von Theodor → Hagen. Reisen nach Holland, Belgien und Italien folgte 1895 die Fortsetzung seiner Ausbildung in M¨unchen. Danach ließ er sich in Hamburg nieder und war seit 1906 Prof. an der Akademie der K¨unste in K¨onigsberg. 1905 erhielt er in M¨unchen die Kleine, 1913 die Große Goldene Medaille. A. malte vor allem impressionistische Landschaften, Stilleben und Portr¨ats. Ein Teil seiner Werke ging im Zweiten Weltkrieg verloren. C AKL
Albrecht, Carl Adolf Friedrich Nicolaus, Orientalist, Germanist, * 21. 2. 1859 Bergen / R¨ugen, † 21. 12. 1929 Oldenburg. A. studierte Theologie, Germanistik, alt- und neuhebr¨aische Philologie, u. a. als Sch¨uler von Paul de → Lagarde. 1896-1924 war er Lehrer an der Oberrealschule in Oldenburg, wo er als einer der ersten neuere deutsche Literatur im Unterricht behandelte. A. besch¨aftigte sich vor allem mit sp¨athebr¨aischer Literatur und gab u. a. eine neuhebr¨aische Grammatik (1913) heraus. Er verfaßte einen Reisef¨uhrer durch R¨ugen und eine R¨ugensche Literaturgeschichte. C NDB
Albrecht, Carl Theodor, Geod¨at, Astronom, * 30. 8. 1843 Dresden, † 31. 8. 1915 Potsdam. A., Sohn eines Seifensieders und bereits in der Schulzeit an Astronomie und Meteorologe interessiert, studierte Mathematik und Naturwissenschaften in Dresden, Berlin und Leipzig mit einem besonderem Schwerpunkt auf Astronomie und wurde 1869 Assistent am neugegr¨undeten Geod¨atischen Institut in Berlin. Seine Dissertation von 1869 hatte ¨ zum Titel Uber die Bestimmung von L¨angendifferenzen mit Hilfe des elektrischen Telegraphen. 1873 u¨ bernahm A. die Leitung der Astronomischen Abteilung und 1895 die des Internationalen Breitendienstes. 1875 wurde er zum Prof. ernannt. In seinen Forschungen besch¨aftigte er sich vor allem mit Pr¨azisions-Ortsbestimmungen und Azimutmessungen f¨ur Laplace-Punkte und war innovativ im Einsatz der Funkentelegraphie f¨ur die L¨angenbestimmung. A., der 1882 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen wurde, ver¨offentlichte u. a. Formeln und H¨ulfstafeln f¨ur geographische Ortsbestimmungen (1868, 51967), Anleitung zum Gebrauche des Zenitteleskops auf den Internationalen Breitenstationen (1899) und Neue Bestimmung des geographischen L¨angenunterschiedes Potsdam – Greenwich (1904). C DSB
Albrecht, Conrad, Milit¨ar, * 7. 10. 1880 Bremen, † 18. 8. 1969 Hamburg. A. trat 1899 in die kaiserliche Marine ein. Als Chef von Torpedobootverb¨anden nahm er am Ersten Weltkrieg teil und war zuletzt Chef der Flandernflottille. Seit 1916 Korvettenkapit¨an, war er 1920-23 Chef der 1. Torpedobootflottille, 1925-28 Chef des Stabes der Ostseestation, sp¨ater Leiter der Marineoffizierpersonalabteilung. 1930 wurde A. zum Konteradmiral und 1932 zum Vizeadmiral und Kommandierenden Admiral der Ostseestation bef¨ordert. Nach der Ernennung zum Oberbefehlshaber des Marinegruppenkommandos Ost erfolgte 1939 die Ernennung zum Generaladmiral. Albrecht, Daniel Ludwig, Beamter, Politiker, * 6. 6. 1765 Berlin, † 27. 5. 1835 Berlin. A., Sohn eines Bauinspecteurs, studierte 1784-87 die Rechte in Halle, wurde Auskultator beim Stadtgericht in Berlin, 1793 Hofgerichtsrat in Bromberg und 1794 in kommissarischen Gesch¨aften nach Thorn gesandt; 1797 war er Rat im dortigen Justizkollegium. Bereits 1798 nach Berlin zur¨uckgekehrt, arbeitete er als Rat beim Kammergericht, wo er Karl Friedrich → Beyme besonders nahestand und an der Zusammenstellung der Kriminalordnung von 1806 beteiligt war. 1804 wurde A. als Vortragender Rat in das Justizministerium berufen. 1807 geh¨orte er der Friedensvollziehungskommission zu K¨onigsberg an. Auf Vorschlag des Freiherrn vom → Stein wurde er Ende 1808 zum Vortragenden Rat f¨ur Rechtsangelegenheiten beim K¨onig ernannt. 1809 folgte die Ernennung zum Geheimen Oberjustizrat im Justizministerium. Von 1810 bis kurz vor seinem Tod 1835 hatte A. die Leitung des kgl. Zivilkabinetts inne. 1827 wurde er Mitglied des Staatsrats und 1819 der Immediat-UntersuchungsKommission gegen demagogische Umtriebe. C NDB Albrecht, Dieter, Historiker, * 9. 5. 1927 Pasing (heute zu M¨unchen), † 8. 10. 1999 Regensburg. A. studierte Geschichte, wurde an der Univ. M¨unchen promoviert und habilitierte sich dort 1958 mit einer Arbeit u¨ ber die Außenpolitik → Maximilians von Bayern im Dreißigj¨ahrigen Krieg (Die ausw¨artige Politik Maximilians von Bayern. 1618-1635, 1962). 1963 ging er als a. o. Prof. nach Bamberg, 1964 als o. Prof. nach Mainz und 1967 nach Regensburg. Seit 1966 war er Mitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1987-97 deren Sekret¨ar. A. ver¨offentlichte u. a. sechs Hefte in der Reihe „Historischer Atlas von Bayern“ (1952-56), Die deutsche Politik Papst Gregors XV. (1956) und Maximilian I. von Bayern. 1573-1651 (1998). Er edierte u. a. Der Notenwechsel zwischen dem Heiligen Stuhl und der Reichsregierung 1933-45 (3 Bde., 1965-80) und Die Protokolle der Landtagsfraktion der Bayerischen Zentrumspartei 1893-1914 (5 Bde., 1989-93). Albrecht, (Heinrich Wilhelm) Eduard, Zahnarzt, * 2. 9. 1823 Berlin, † 25. 1. 1883 Berlin. A. studierte seit 1843 Medizin und wurde 1847 promoviert (Diss. sistens casum singularem ilei). Angeregt durch Albrecht von → Graefe, entdeckte er sein Interesse f¨ur die Zahnheilkunde und er¨offnete 1855 in Berlin die erste Klinik f¨ur Zahn- und Mundkrankheiten in Deutschland. 1861 habilitierte er sich f¨ur Zahnheilkunde und wurde 1867 a. o. Professor. Durch seine praktische und theoretische Arbeit hat A. viel dazu beigetragen, daß die Zahnheilkunde als medizinisches Teilgebiet Anerkennung fand. Er ver¨offentlichte u. a. Die Krankheiten der Zahnpulpa (1858) und Klinik der Mundkrankheiten (2 Bde., 1862-72). Zu seinen Ehren wurde das „Albrecht-Stipendium“ gestiftet. C ADB
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Albrecht Albrecht, Erwin Fritz Bernhard, Pseud. Fritz Bernhard, Alfred Brandl-Echterding, Jan Peter Lemail, R. Win, Schriftsteller, * 5. 7. 1897 Berlin, † 28. 5. 1971 Berlin. A., Sohn eines Musiklehrers, studierte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg Germanistik, Anglistik, Kunst- und Theatergeschichte, war als Privatsekret¨ar und Kaufmann t¨atig, wurde dann arbeitslos und schloß sich der KPD an. Er schrieb f¨ur Berliner Zeitungen wie „Rote Fahne“, „Berlin am Morgen“ und „Welt am Abend“. Nach 1933 versuchte er sich als Kabarettist, war aber vor allem als Rundfunkautor t¨atig. 1943 wurde er zur Wehrmacht einberufen. Nach dem Zweiten Weltkrieg schrieb A. bis 1971 f¨ur den „Eulenspiegel“. Neben satirischen Texten (u. a. Das kann ja heiter werden, 1956; Herrlich verr¨uckt, 1962) ver¨offentlichte er Romane wie Dackelmann (1960) und Amalienhof (1962). C DLL, 20. Jh. Albrecht, Eugen, Pathologe, * 21. 6. 1872 Sonthofen / Allg¨au, † 18. 6. 1908 Frankfurt / Main. A. absolvierte das Medizinstudium in M¨unchen, wo er Mitarbeiter bei Karl Wilhelm von → Kupffer war. 1895 wurde er ¨ promoviert (Uber den Untergang der Kerne in den Erythroblasten der S¨augetiere) und setzte seine haupts¨achlich pathologisch orientierte Arbeit in Halle als Mitarbeiter von Wilhelm → Roux fort. Nachdem er einige Zeit an der Zoologischen Station in Neapel und am Zoologischen und Pathologischen Institut in M¨unchen verbracht hatte, ging A. als Assistent Otto von → Bollingers an das Pathologische Institut in M¨unchen, wo er bald die Prosektur des Krankenhauses rechts der Isar u¨ bernahm. 1904 wurde er zum Direktor der Pathologischen Abteilung am Senckenberg-Institut in Frankfurt / Main ernannt. A. forschte vorwiegend u¨ ber die physikalisch-chemischen Verh¨altnisse in der Zelle im normalen und pathologischen Zustand. Er gr¨undete die Fachzeitschrift „Frankfurter Zeitschrift f¨ur Pathologie“. A. ver¨offentlichte u. a. Vorfragen der Biologie (1899) und Gedichte ¨ und Gedanken (1910). 2, 3 C Arzte Albrecht, Eugen Maria, Musiker, Musikschriftsteller, * 4. / 16. 7. 1842 St. Petersburg, † 28. 1. / 9. 2. 1894 St. Petersburg. Der Sohn des Dirigenten und Komponisten Karl → A. war 1857-60 Sch¨uler am Leipziger Konservatorium und seit 1860 Mitglied des Orchesters der italienischen Oper in St. Petersburg. Sp¨ater tat er sich vor allem als Solist (Violine) und Kammermusiker hervor und wurde 1871 zum Musikinspektor aller Kaiserlichen Orchester in St. Petersburg ernannt. Zusammen mit Hildebrant und Gille gr¨undete er 1872 den St. Petersburger Kammermusikverein. 1881-86 war er Vorsitzender der Philharmonischen Gesellschaft. Seine Schrift Vergangenheit und Gegenwart des Orchesters (1886) beruht gr¨oßtenteils auf Beobachtungen anl¨aßlich einer 1884 unternommenen Reise, um die Einrichtung ausl¨andischer Orchester zu studieren. 1892 wurde er Bibliothekar der Kaiserlichen Theater. C NGroveD Albrecht, Friedrich (Johann Hubert), Pseud. Friedrich Siegmund, Theologe, Schriftsteller, * 10. 3. 1818 Glatz (Schlesien), † 5. 6. 1890 Wiesbaden. Nach dem Theologiestudium in Breslau und Berlin war A. bis 1844 als Hauslehrer t¨atig. Nach seinem Bekenntnis zum Deutschkatholizismus 1845 war er bis 1885 Prediger in der Ulmer Gemeinde, dann in Wiesbaden. Als Herausgeber des freirelig¨osen Sonntagsblatts „Kirchenfackel“ (1851-80) und der demokratischen „Ulmer Schnellpost“ (1851-84) gewann er nicht unbedeutenden Einfluß. A. war auch schriftstellerisch t¨atig; er verfaßte u. a. das preisgekr¨onte Lustspiel Feldkaplan und Lieutenant (1858) und zahlreiche Gedichte. C NDB
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Albrecht, Georg von, Komponist, * 7. / 19. 3. 1891 Kazan (Rußland), † 15. 3. 1976 Heidelberg. A., Sohn eines Mathematikers, erhielt nach Philosophiestudien in St. Petersburg 1911-13 Klavier- und Kompositionsunterricht u. a. bei Max von → Pauer, Theodor → Wiehmayer und Heinrich → Lang in Stuttgart und widmete sich 1914 / 15 in Moskau Kontrapunktstudien bei Sergej I. Taneev (1914 / 15). 1917 / 18 studierte er bei Aleksandr K. Glazunov in St. Petersburg und 1923 in Stuttgart bei Ewald → Str¨aßer Instrumentation. A. lehrte 1918 in Jalta, 1921 in Moskau, seit 1925 an Karl Adlers Konservatorium in Stuttgart, 1936-56 an der dortigen Staatlichen Hochschule f¨ur Musik (seit 1946 als Prof. und stellvertretender Direktor) und seit 1956 an der Musikhochschule in Heidelberg. A., ein begeisterter Sammler von Volksmelodien, komponierte Messen, oratorische Werke, Ch¨ore und Lieder, B¨uhnenwerke, Orchesterwerke, Kammer- und Klaviermusik. Er ver¨offentlichte u. a. Vom Volkslied zur Zw¨olftontechnik. Schriften und Erinnerungen eines Musikers zwischen Ost und West (1984). 1962 erhielt A. den Glinka-Preis der Belaieff-Stiftung Bonn, 1966 den Stamitz-Preis der K¨unstlergilde Esslingen und 1991 postum den Rußlanddeutschen Kulturpreis. C MGG Albrecht, Georg Alexander, Kaufmann, Geograph, * 2. 8. 1834 Hannover, † 24. 11. 1898 Bremen. A. war Direktor der Firma Joh. Lange & Co., einer der a¨ ltesten Firmen Bremens, und im Vorstand verschiedener kaufm¨annischer und industrieller Firmen t¨atig. Besonders verdient machte er sich um die F¨orderung der Geographie als Wissenschaft. Er war Mitbegr¨under und langj¨ahriger Pr¨asident der Geographischen Gesellschaft in Bremen und unterst¨utzte vor allem Forschungsreisen. So u¨ bernahm er das Amt der Rechnungs- und Kassenf¨uhrung f¨ur die zweite deutsche Nordpolarfahrt 1869 und finanzierte u. a. die Forschungsreise der Br¨uder Krause zu den K¨ustenl¨andern der Beringsee 1881 / 82. Albrecht, Gerhard, National¨okonom, * 22. 1. 1889 Berlin, † 12. 4. 1971 Bayreuth. Das Studium der Volkswirtschaftslehre in T¨ubingen, Berlin und Freiburg / Breisgau schloß A. 1911 mit der Promotion ab. 1923 habilitierte er sich an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakult¨at der Univ. M¨unster, war dort als Privatdozent t¨atig, bis er 1927 einem Ruf als a. o. Prof. nach Erlangen folgte. Noch im selben Jahr wechselte A. als o. Prof. an die Univ. Jena, 1934 / 35 an die Univ. G¨ottingen, danach an die Univ. Marburg, deren Rektor er 1948-50 war. 1945 wurde er Abteilungsleiter f¨ur soziale Fragen in der Verwaltung der Rheinprovinz. Als einer der letzten Kathedersozialisten forderte A. eine staatliche Wirtschaftspolitik, um Klassengegens¨atze zu beseitigen und Chancengleichheit zu gew¨ahrleisten. Er verfaßte u. a. Sozialpolitik (1955). C Marburg Albrecht, Gustav, Bibliothekar, Schriftsteller, Historiker, * 26. 7. 1865 Berlin, † 14. 1. 1912 Charlottenburg. A. studierte bis 1888 Geschichte und Romanistik in Berlin, wurde 1892 in Halle promoviert und arbeitete 1900-09 als Bibliothekar an der st¨adtischen Volksbibliothek in Charlottenburg, 1909-12 an der dortigen Magistratsbibliothek. Er war als Schriftsteller t¨atig und ver¨offentlichte Schw¨anke (z. B. Das Gespenst als Heiratsvermittler, 1895), Wanderf¨uhrer und Schriften zur Geschichte der Mark (z. B. Aus m¨arkischer Heidenzeit, 1903). Albrecht, Hans, Gyn¨akologe, * 14. 6. 1878 Sonthofen, † 26. 5. 1944 M¨unchen. A. studierte Medizin, wurde 1901 in M¨unchen promoviert (Ueber das Cavernum der Milz) und verbrachte seine
Albrecht Spitals- und Assistentenzeit an Krankenh¨ausern und Kliniken in M¨unchen. Seit 1905 arbeitete er als Geburtshelfer und Gyn¨akologe an der M¨unchner Universit¨ats-Frauenklinik. 1921 habilitierte er sich f¨ur Frauenheilkunde (Die umschriebene Herabsetzung des Gleichstromwiderstandes der menschlichen Haut bei gyn¨akologischen Neurosen) und erhielt 1925 eine a. o. Professur. 1922-44 war er Chefarzt am Rot-Kreuz-Krankenhaus in M¨unchen. Neben zahlreichen Aufs¨atzen zu Themen aus der Frauenheilkunde, der Endokrinologie und der Geburtshilfe ver¨offentlichte A. Hygiene der Frau, B¨uchlein f¨ur Mutter und Kind (1927) und Di¨at in der Schwangerschaft (1936, 31941). Er war Mitbegr¨under und -herausgeber der „M¨unchener Medizinischen Wochen¨ schrift“. 2, 3 C Arzte
Albrecht, Hans, Musikwissenschaftler, * 31. 3. 1902 Magdeburg, † 20. 1. 1961 Kiel. A. studierte 1913-21 am Essener Konservatorium und an der Univ. M¨unster, 1921-25 bei Johannes → Wolf, Eugen → d’Albert, Curt → Sachs und Erich von → Hornbostel in Berlin und wurde 1925 mit der Arbeit Die Auff¨uhrungspraxis der italienischen Musik des 14. Jahrhunderts promoviert. Zun¨achst Lehrer an privaten Konservatorien, wurde er 1933 Dozent an der Folkwang-Schule in Essen. Er organisierte Festivals in Bremen (1929), Essen (1931) und Aachen (1933) und wirkte im Reichsverband Deutscher Tonk¨unstler und Musiklehrer. Nach vor¨ubergehender T¨atigkeit als Chorberater im Reichsministerium f¨ur Propaganda und Volksaufkl¨arung trat A., der Mitglied der NSDAP war, 1939 dem Staatlichen Institut f¨ur Deutsche Musikforschung bei, an dem er 1940 zum Prof. und 1941 zum kommissarischen Leiter ernannt wurde. 1942 habilitierte er sich mit der Arbeit Caspar Othmayr. Leben und Werk in Kiel, wo er nach dem Zweiten Weltkrieg Direktor des Landesinstitutes f¨ur Musikforschung und 1955 apl. Prof. f¨ur Musikwissenschaft an der Univ. wurde. A. war Redakteur der Zeitschriften „Musikforschung“ (1948-60) und „Acta musicologica“ (1957-60), Leiter der Edition „Das Erbe deutscher Musik“ (1953-59), Redaktionsmitglied der Musik in Geschichte und Gegenwart (1947-58), Direktor des Johann-Sebastian-Bach Instituts in G¨ottingen (1954-61) und Leiter des Deutschen Musikgeschichtlichen Archivs in Kassel (1954-59). C MGG
Albrecht, Heinrich (Karl Wilhelm), Politiker, * 16. 3. 1856 Rastede (Oldenburg), † 9. 11. 1931 Berlin. An der TH Hannover studierte A. 1875-80 Ingenieurwissenschaften, anschließend Staatswissenschaften an der Univ. Berlin (Dr. phil. 1887). Seit 1892 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter, von 1907 an Gesch¨aftsf¨uhrer der Zentralstelle f¨ur Volkswohlfahrt. Er gab deren Zeitschrift „Concordia“ heraus, daneben auch das von ihm gegr¨undete „Technische Gemeindeblatt“ und die „Zeitschrift f¨ur Wohnungsreform“. 1906-10 war er Dozent an der Handels-Hochschule Berlin. Wohlfahrtspflege, Wohnungsreform und Wohnungsf¨ursorge waren die vorrangigen Themen seiner zahlreichen Publikationen. Die Entstehung der Baugenossenschaften und gemeinn¨utzigen Wohnungsbaugesellschaften vor und nach dem Ersten Weltkrieg war gr¨oßtenteils sein Verdienst. C Reichshandbuch
Albrecht, Heinrich, o¨ sterr. Pathologe, Bakteriologe, * 24. 7. 1866 Wien, † 28. 6. 1922 Wien. Nach der Promotion 1891 in Wien war A. Assistent bei Emil M. → Zuckerkandl in der Anatomie und seit 1893 in der pathologischen Anatomie unter Anton → Weichselbaum und Alexander → Kolisko. 1897 war er Mitglied der Kommission der Akademie der Wissenschaften zur Erforschung der Pest in Indien. 1899 habilitierte A. sich, wurde 1902 a. o. Prof. f¨ur Pathologische Anatomie und 1908 Leiter des Instituts f¨ur Pathologische Histologie und Bakteriologie. Seit 1913
war er Prof. in Graz, von 1920 an als Nachfolger Koliskos Ordinarius f¨ur Pathologische Anatomie in Wien, wo er auch die Leitung des Pathologisch-Anatomischen Instituts u¨ ber¨ nahm. A. entdeckte die Art der Ubertragung der Cerebrospinalmeningitis und f¨uhrte u. a. Untersuchungen u¨ ber den prim¨aren Tuberkuloseherd und den Keuchhusten- und Influenzaerreger durch.
Albrecht, Heinrich Christoph, Schriftsteller, * November 1763 Hamburg, † 11. 8. 1800 Kielseng (bei Flensburg). A. studierte in G¨ottingen Philosophie und Theologie, gr¨undete eine Schule in Eppendorf bei Hamburg und lebte dann als freier Schriftsteller auf dem Freigut Kielseng. Er z¨ahlte zu der vom Jakobiner Friedrich Wilhelm von → Sch¨utz geleiteten j¨udisch-christlichen Freimaurerloge „Einigkeit und Toleranz“. A. verteidigte Adolph von → Knigge gegen den Barth-Gegner Johann Georg von → Zimmermann und dessen Gleichsetzung von Aufkl¨arung und Aufruhr von 1791. Selbst Herausgeber der „Hamburgischen Monatsschrift“ 1791, war A. an einer Reihe von Journalen beteiligt – dem „Neuen Journal aller Journale“, der „Neuen Hamburgischen Dramaturgie“, dem „Berlinischen Archiv der Zeit“, dem „Neuen Menschen“. Er schrieb u¨ ber Freimaurerei, englische politische Geschichte und Literatur. Sein Hauptwerk ist der Versuch u¨ ber den Patriotismus (1792). Albrecht, Helmuth, Bergassessor, Industrieller, Politiker, * 26. 11. 1885 Gladbeck (Westfalen), † 28. 8. 1953 Kreßbronn. A. studierte 1905-09 das H¨ohere Bergfach an den Universit¨aten Marburg und G¨ottingen, an der TH Hannover und an der Bergakademie Clausthal. Seit 1909 war er Bergreferent, von 1913 an Bergassessor und Leiter von Betrieben der Internationalen Bohrgesellschaft in Frankreich. 1914 wurde A. Leiter des Kalisalzbergwerks Gewerkschaft Carlshall, L¨uhnde; nach dem Krieg, an dem er als Freiwilliger teilnahm, war er Generaldirektor der Kaliwerke in Volpriehausen bei Hannover und Generaldirektor des Burbachkonzerns. Als Mitglied der Deutschen Volkspartei geh¨orte A. seit 1920 dem Reichstag an. Albrecht, Henry, Karikaturist, Illustrator, Zeichner, Maler, * 30. 4. 1857 Memel, † 10. 9. 1909 Possenhofen / Starnberger See. A. begann mit dem Maschinenbaustudium und wechselte 1876 an die Berliner Akademie der bildenden K¨unste. Schon w¨ahrend des Studiums arbeitete er als Illustrator u. a. f¨ur die Bl¨atter „Schalk“, „Ulk“ und „Kladderadatsch“. 1882 ging er nach M¨unchen, wo er einige Zeit Sch¨uler von Otto → Seitz war. Seit 1883 war er st¨andiger Mitarbeiter bei den „Fliegenden Bl¨attern“. Er war Mitglied der K¨unstlergenossenschaft und der „Allotria“. A. illustrierte zahlreiche B¨ucher und entwarf das Bilderbuch Das Tier-ABC (1900). Als vom ¨ Impressionismus beeinflußter Olmaler und Aquarellist von Landschaften, Interieurs, Tieren u. a. wurde A. erst nach seinem Suizid bekannt. C AKL Albrecht, Herbert, Volks- und Forstwirt, Politiker, * 12. 1. 1900 Altenburg, † 13. 6. 1945 M¨unchen. Das Studium der Land- und Volkswirtschaft in Berlin, Rostock und Gießen schloß A. 1925 mit der Promotion ab. Schon seit 1919 Mitglied des Reichshammerbundes sowie des Deutschv¨olkischen Schutz- und Trutzbundes, geh¨orte er 1920 zu den Mitunterzeichnern des Aufrufs zur Gr¨undung der Deutschsozialen Partei und wurde 1923-25 Gruppenf¨uhrer, Zugf¨uhrer und Fahnentr¨ager der nationalsozialistischen Hundertschaft Charlottenburg. 1926 Kandidat der NSDAP f¨ur den s¨achsischen Landtag, war A. 1926 / 27 Volont¨arverwalter im Vogtland. 1930-45 war er Mitglied des Reichstags, 1930 / 31 Gauleiter f¨ur Mecklenburg-L¨ubeck,
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Albrecht 1931-33 Mitglied der Reichsleitung der NSDAP, Sonderbeauftragter der Th¨uringischen Regierung in Berlin, Reichsredner f¨ur die Partei und Mitarbeiter des „V¨olkischen Beobachters“. C Lilla, Statisten
Albrecht, Johann Friedrich Ernst, Pseud. J. F. A. Stade, Schriftsteller, Mediziner, * 11. 5. 1752 Stade, † 11. 3. 1814 Altona (heute zu Hamburg). A., Sohn eines Hofarztes, studierte seit 1769 Medizin in Erfurt, wo er nach der Promotion als Dozent t¨atig war. Nach einem Aufenthalt in Reval, wo er 1776-80 Leibarzt des Grafen Manteuffel war, lebte er als Schriftsteller in Erfurt, Leipzig, Dresden und Frankfurt / Main. Seit 1782 begleitete er seine Frau Sophie auf ihren Theaterreisen. Durch sie lernte er → Schiller kennen, dessen Dom Karlos er 1808 in Prosabearbeitung herausgab. In Prag war A. seit 1793 als Buchh¨andler t¨atig, bevor er sich 1795 in Altona niederließ und mehrere Jahre Direktor des Theaters war. Nach Scheidung der Ehe 1798 praktizierte er als Arzt in Hamburg. A. verfaßte u¨ ber 80 Unterhaltungsromane und Dramen (u. a. Der unnat¨urliche Vater, 1776), u¨ bersetzte Jean-Jacques Rousseau und ver¨offentlichte 1795 eine Prosabearbeitung von → Goethes Die Mitschuldigen unter dem Titel Alle strafbar. A.s Roman Pansalvin, F¨urst der Finsternis, und seine Geliebte (1794) wurde in Preußen verboten. Er war Herausgeber der Monatsschriften „Excorporationen“ (1791-93) und „Neue Excorporationen“ (1793 / 94). A. verfaßte auch popul¨armedizinische Ratgeberliteratur, darunter Popul¨arer Unterricht in der Geburtsh¨ulfe (1812) und Der Mensch und sein Geschlecht (21820, 381909, Nachdr. 1997). C Killy Albrecht, Johann Georg, P¨adagoge, getauft 27. 9. 1694 Frankfurt / Main, begraben 5. 5. 1770 Frankfurt / Main. A. war 1748-66 Rektor des Frankfurter Gymnasiums, wo er u. a. den sp¨ateren neutestamentlichen Textkritiker Johann Jakob → Griesbach zu seinen Sch¨ulern z¨ahlte. Er unterrichtete den jungen → Goethe im Hebr¨aischen und in der alttestamentliche Kultur. Als Lehrer legte A. besonderen Wert auf die freie Entwicklung des Charakters der Sch¨uler. Er verfaßte u. a. Patriotische Gedanken von unerkannten Schuls¨unden, Fehlern und M¨angeln (1763). Charakteristische Z¨uge A.s fanden ihren Niederschlag in Goethes Dichtung und Wahrheit (I. Teil, 4. Buch). C Frankf Biogr
Albrecht, Johann Lorenz, Musikschriftsteller, Komponist, * 8. 1. 1732 G¨ormar bei M¨uhlhausen (Th¨uringen), † 29. 11. 1768 M¨uhlhausen. Bereits als Sch¨uler zeigte A., Sohn eines Schultheißen, großes Interesse f¨ur Musik. Er besch¨aftigte sich mit Musiktheorie und lernte seit 1747 Klavier und Generalbaß bei dem Organisten der M¨uhlhausener Obermarktkirche. 1752-56 studierte er Theologie in Leipzig. Seit 1758 war er Gymnasiallehrer und Kantor in St. Marien in M¨uhlhausen. A. verfaßte zahlreiche musiktheoretische Schriften und stellte sich in der zwischen Georg Andreas → Sorge und Friedrich Wilhelm → Marpurg gef¨uhrten Auseinandersetzung u¨ ber die Grundlagen des Harmoniesystems auf Marpurgs Seite. Er schrieb Kalvierkompositionen und ver¨offentlichte u. a. eine Gr¨undliche Einleitung in die Anfangslehren der Tonkunst (1761). C NGroveD Albrecht, Johann Sebastian, Naturforscher, Mediziner, * 4. 6. 1695 Coburg, † 8. 10. 1774 Coburg. Das 1715 in Jena begonnene Medizinstudium setzte A. zwei Jahre sp¨ater in Leiden fort, unternahm dann Studienreisen durch Norddeutschland und Holland und wurde 1718 in Jena promoviert (De asthmate). Er ließ sich als Arzt nieder und besch¨aftigte sich daneben mit Naturwissenschaften, besonders mit Geologie. A. war seit 1730 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle. 1734 wurde er Professor der Physik am Gymnasium,
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1737 Physikus in Coburg und 1758 herzoglicher Leibarzt. A. verfaßte zahlreiche Schriften, gr¨oßtenteils u¨ ber seine geologischen Forschungen, und gab die Werke des Botanikers Joachim → Jungius heraus (Joachim Jungii opuscula botanicophysica, collecta, novisque annotatiunculis illustrata, 1747).
Albrecht, Johann Wilhelm, Mediziner, * 11. 8. 1703 Erfurt, † 7. 1. 1736 G¨ottingen. A. studierte seit 1722 an den Universit¨aten Jena, Wittenberg, Straßburg und Paris und kehrte 1727 nach Erfurt zur¨uck, wo er im selben Jahr promoviert wurde (De morbis epidemicis). Seit 1728 war er dort Landphysikus. 1734 zum a. o. Prof. der Arzneikunst ernannt, wurde er im selben Jahr als o. Prof. der Anatomie, Chirurgie und Botanik nach G¨ottingen berufen (Habilitation 1835, De spiritu vini eiusque usu et abuso). Er verfaßte u. a. einen Tractatus physicus de effectibus musices in corpus animatum (1734). Albrecht, Johannes, Drucktechniker, * 10. 3. 1901 Aschersleben, † 1988 M¨unchen. A. studierte 1920-25 Chemie in Greifswald und Leipzig; 1925 wurde er zum Dr. phil. promoviert (Beitr¨age zur Kenntnis rhythmischer F¨allungen). 1934 erhielt er seinen ersten Lehrauftrag an der TU Berlin, an der er 1941-45 als apl. Prof. lehrte. 1951 wurde A. Ordinarius f¨ur Druck- und Reproduktionstechnik an der TH M¨unchen. Seit 1952 leitete er die Deutsche Forschungsgesellschaft f¨ur Druck- und Reproduktionstechnik. A. ver¨offentlichte u. a. Einfluß der chemischen Zusammensetzung des Wischwassers auf die Verdruckbarkeit von Offsetfarben (2 Bde., 1965-67). Albrecht, Karl, Dirigent, Komponist, * 27. 8. 1807 Posen, † 24. 2. / 8. 3. 1863 Gatschina bei St. Petersburg (Rußland). A. erhielt seine musikalische Ausbildung in Breslau als Sch¨uler von Joseph Ignaz → Schnabel. Er war seit 1825 Erster Geiger am Breslauer Theater, 1835 Korrepetitor in D¨usseldorf, danach einige Jahre Dirigent einer wandernden Operntruppe. 1838 ging er als Kapellmeister des dramatischen Theaters nach Petersburg, wurde dort sp¨ater Dirigent der deutschen Oper und 1840 Dirigent der russischen Oper. 1842 leitete er die Urauff¨uhrung von Michail I. Glinkas Oper Ruslan und Ludmilla. 1845-50 war er Dirigent der Philharmonischen Konzerte und wurde 1850 Gesangslehrer am Waisenhaus in Gatschina. A. komponierte haupts¨achlich Streichquartette, eine Messe und das Ballett Der Berggeist. A. war der Vater von Eugen Maria und Konstantin → A. C MGG Albrecht, Karl Hermann, Stenograph, * 4. 4. 1823 Leipzig, † 18. 1. 1904 Freiburg / Breisgau. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und Neueren Sprachen lehrte A. seit 1848 Neuere Sprachen und Stenographie an verschiedenen Schulen in Leipzig. Sein ¨ Stenographie-Unterricht basierte auf der Ubertragung der kalkulierenden Methode, die Johann Franz Ahn f¨ur die franz¨osische Sprache entwickelt hatte. Diese Unterrichtsmethode wurde richtungweisend f¨ur sp¨atere Lehrb¨ucher. A., der auf Stenographen-Kongressen ein gesuchter Referent war, vertrat zeitweilig den Deutschen Stenographen-Bund und leitete 1865-92 die „Allgemeine Deutsche Stenographenzeitung“. Dar¨uber hinaus machte er sich um eine genauere Regelung der Vokalisation des Gabelsbergerschen Systems verdient. C NDB Albrecht, Karl Martin Paul, Anatom, * 6. 3. 1851 Hamburg, † 15. 9. 1894 Br¨ussel. A. absolvierte das Medizinstudium in Jena, Berlin, Wien und Kiel, wo er Assistent bei Friedrich von → Esmarch wurde. 1875 wurde er promoviert, habilitierte sich und folgte einem Ruf als Privatdozent und Prosektor nach K¨onigsberg. Nach seiner Ernennung zum Professor widmete er sich seit
Albrecht 1882 g¨anzlich der Forschung. 1884 wurde A. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er verfaßte etwa 200 Schriften, vorwiegend zur Anatomie (u. a. Vergleichend anatomische Untersuchungen, 3 Bde., 1886 / 87).
Albrecht, Konstantin (Karl), Musikp¨adagoge, Musikschriftsteller, Komponist, * 4. 10. 1836 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 14. / 26. 6. 1893 Moskau. Der Sohn von Karl → A. war seit 1854 als Cellist am Moskauer kaiserlichen Theater engagiert. Er unterst¨utzte Nikolaj Rubinstein bei der Gr¨undung des Moskauer Konservatoriums, an dem er selbst 1866-89 Inspektor und Lehrer f¨ur Musiktheorie und Chorgesang war. A. verfaßte einige Lehrb¨ucher sowie eine Untersuchung u¨ ber die Auff¨uhrung der Tempi in den Kammermusikwerken klassischer Autoren. Er komponierte Lieder, Klavierst¨ucke und Chormusik. Eine Abhandlung u¨ ber die Geschichte der russischen Musik blieb unvollendet. C MGG Albrecht, Kurt, Psychiater, * 31. 12. 1894 Berlin, † 7. 5. 1945 Prag. A. schloß das Studium der Medizin 1921 mit der Dissertation Selbstbesch¨adigungen bei Hysterischen. Aus der Psychiatrischen Klinik der Charit´e Berlin ab und war anschließend Assistent in der Nervenklinik der Charit´e in Berlin, sp¨ater Oberarzt. 1930 habilitierte er sich in Berlin und wurde 1935 a. o. Professor. 1939 wurde er auf den Lehrstuhl der Psychiatrie an die Universit¨at Prag berufen und zum Direktor der Psychiatrisch-Neurologischen Klinik ernannt. A. ver¨offentlichte zahlreiche Artikel in medizinischen Zeitschriften und gab mit Hermann → Barth und Karl → Bonhoeffer Die Erbkrankheiten. Klinische Vortr¨age im 2. erbbiologischen Kurs (1936) heraus. A. war der letzte Rektor der Deutschen Univ. in Prag. Er kam w¨ahrend des Aufstands gegen die deutschen Besatzer im Mai 1945 ums Leben.
Albrecht, Lisa (Maria Fanny), eigentl. Elisabeth (M. F.) A., geb. Hartjen, Politikerin, * 27. 5. 1896 Hamburg, † 16. 4. 1958 Berlin. Die ausgebildete Sportlehrerin engagierte sich fr¨uh in der Arbeiterjugendbewegung. 1920 ging sie nach Berlin und war 1928-33 Parteisekret¨arin der SPD f¨ur den Bezirk Brandenburg. 1934 und 1938 wurde A. von den Nationalsozialisten zu Gef¨angnisstrafen verurteilt, ging 1943 nach Mittenwald und stand 1944 einige Zeit unter Polizeiaufsicht. Nach Kriegsende war sie zun¨achst bei der Amerikanischen Milit¨arregierung in Garmisch angestellt, wurde Gemeinder¨atin und stellvertretende B¨urgermeisterin in Mittenwald, Mitglied des Kreisrates Garmisch-Partenkirchen, 1946 Landesvorsitzende der SPD Bayern und 1949 Mitglied des Bundestags. A. geh¨orte dem Deutschen Rat der Europ¨aischen Bewegung an. Sie gab mit Hanna Simon das Frauenbuch (1947) heraus. C MdB Albrecht, Martin, Politiker, * 26. 12. 1893 Ohra bei Danzig, † 30. 8. 1952 Dortmund. A. absolvierte eine Ausbildung als Versicherungskaufmann, nahm als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil und war von 1920 an als Arbeiter und Angestellter t¨atig. Seit 1927 Bezirksvertreter im Lebensmittelhandel f¨ur Ostdeutschland, wurde er 1930 Kreisleiter in Frankfurt / Oder und 1931 Gaubetriebszellenleiter der NSDAP. 1932 als Mitglied der NSDAP f¨ur den Wahlkreis Frankfurt / Oder in den Reichstag gew¨ahlt, war A. 1933-43 (zun¨achst kommissarischer) Oberb¨urgermeister von Frankfurt / Oder. Er war stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Frankfurter Elektrizit¨ats AG und Mitglied des Verwaltungsrats der Reichsversicherungsanstalt. C Lilla, Statisten
Albrecht, Max, Erd¨olfachmann, Industrieller, * 24. 10. 1851 Liegnitz (Niederschlesien), † 12. 12. 1925 bei Hamburg. ¨ Nach der Promotion in Halle 1871 aufgrund der Arbeit Uber einige neue, vom Grubengas sich ableitende Sulfons¨auren war A., Sohn eines Kaufmanns, zun¨achst in der s¨achsischen Braunkohleindustrie besch¨aftigt, wo er sich der Erzeugung von Paraffin und Mineral¨olen aus Braunkohle widmete. 1874 u¨ bernahm er die Leitung einer Fabrik, die sich auf Verarbeitung galizischen Erdwachses spezialisierte. 1877 wurde A. Teilhaber der Firma A. Oehlrich & Co in Riga, wo er eine Anlage zur Destillation und Raffinierung von R¨uckstands¨ol aus Baku baute. 1883 gr¨undete er in Baku, sp¨ater in Hamburg, eine Fabrik zur Herstellung von Mineralschmier¨olen. ¨ Mit der Ubernahme der Umschlagsanlagen in Batum entstanden 1891 die Mineral¨olwerke Albrecht & Co. A. rief den Reichserd¨olverband ins Leben, aus dem die sp¨ateren Fachvereinigungen hervorgingen. C NDB
Albrecht, Paul, Lehrer, Beamter, * 12. 10. 1845 Leipzig, † 17. 1. 1923 Kohlscheid bei Aachen. A. studierte 1863-68 Altphilologie und Geschichte in Leipzig und G¨ottingen. Nach der Promotion trat er 1868 in den preuß. Schuldienst ein und wurde Lehrer an der Klosterschule in Ilfeld. Seit 1872 war er Konrektor am Protestantischen Gymnasium in Straßburg, an dessen Umstellung von franz¨osischen auf deutsche Verh¨altnisse er wesentlichen Anteil hatte. 1882 wurde er Referent des Oberschulrats f¨ur Elsaß-Lothringen und 1900 dessen Leiter, von 1908 an dessen Pr¨asident. A. machte sich verdient um die Festigung des humanistischen Gymnasiums und um die Vereinheitlichung des h¨oheren Schulwesens in Deutschland. C DBJ, Bd 5 Albrecht, (Johanne) Sophie (Dorothea), geb. Baumer, Schauspielerin, Schriftstellerin, * Dezember 1757 Erfurt, † 16. 11. 1840 Hamburg. A. war die Tochter des Medizinprofessors Johann Paul Baumer und seit 1771 verheiratet mit dem Arzt Johann Friedrich Ernst → A. Nach ihrem Deb¨ut 1783 bei der Großmann’schen Gesellschaft in Frankfurt / Main, wo sie Friedrich → Schiller kennenlernte, war sie als Schauspielerin in Prag, Dresden und Leipzig engagiert. Sie spielte u. a. 1787 die Rolle der Eboli in der ersten Leipziger Auff¨uhrung von Schillers Don Carlos. 1795 ließ sie sich in Altona nieder, u¨ bernahm zusammen mit ihrem Mann die Leitung des dortigen Theaters und begann sich schriftstellerisch zu bet¨atigen. 1798 wurde die Ehe geschieden, nach dem Tode ihres zweiten Gatten aber erneut geschlossen. A. trug zum Vossischen „Musenalmanach“ und zu Schillers „Thalia“ bei. Sie ver¨offentlichte u. a. Gedichte und Schauspiele (3 Bde., 1781-91). C Brinker-Gabler 1 Albrecht, Wilhelm, Agrarwissenschaftler, * 2. 6. 1785 Rothenburg / Tauber, † 21. 12. 1868 Rothenburg / Tauber. Nach dem Studium der Staats- und Wirtschaftswissenschaften in Heidelberg, W¨urzburg und Landshut und einer forstwissenschaftlichen Ausbildung wandte A., Sohn eines Arztes, sich der Landwirtschaftslehre zu. 1808 gr¨undete er an der Erziehungsanstalt Philipp Emanuel von → Fellenbergs in Hofwil ein landwirtschaftliches Institut. 1817 u¨ bernahm er als Direktor das Landwirtschaftliche Institut in Idstein, wo sich ihm die M¨oglichkeit bot, seine Reformgedanken durchzusetzen. A. machte sich durch Bodenverbesserungsarbeiten, die Errichtung von Schutzhecken und die Optimierung der Fruchtwechselwirtschaft durch Anpassung an o¨ rtliche Verh¨altnisse einen Namen. Die Not der Kleinbauern suchte er durch soziale Reformen zu lindern. A. begr¨undete die landwirtschaftlichen Winterschulen und die „PalmsonntagStiftung“, die junge Leute in ihrer Ausbildung unterst¨utzte. C Leb Nassau, Bd 1
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Albrecht Albrecht, Wilhelm (Eduard), Jurist, * 4. 3. 1800 Elbing (Ostpreußen), † 22. 5. 1876 Leipzig. Nach dem Jurastudium in K¨onigsberg (Promotion 1825, Commentatio iuris Germanici antiqui doctrinam de probationibus adumbrans, 2 Tle., ver¨offentlicht 1827) und G¨ottingen habilitierte sich A., Sohn eines Kaufmanns, in K¨onigsberg und wurde 1829 dort o. Prof. des Deutschen Rechts. 1830 folgte er einem Ruf nach G¨ottingen als Nachfolger seines Lehrers Karl Friedrich → Eichhorn. Dort las er auch u¨ ber Staats- und Kirchenrecht. 1837 wegen seiner Teilnahme am Protest der „G¨ottinger Sieben“ entlassen, nahm er 1840 eine Professur f¨ur Deutsches Recht in Leipzig an. 1848 war er Abgeordneter der Nationalversammlung f¨ur Harburg und Mitglied des Ausschusses f¨ur die Verfassungsrevision. 1850 wurde er anl¨aßlich des Verfassungskonflikts in Sachsen Wortf¨uhrer des Akademischen Senats. Er ver¨offentlichte u. a. Die Gewere, als Grundlage des a¨ ltern deutschen SaC Frankf Nationalvers chenrechts (1828). Albrechtsberger, Johann Georg, o¨ sterr. Musiktheoretiker, Komponist, Musiker, * 3. 2. 1736 Klosterneuburg, † 7. 3. 1809 Wien. A. erhielt als Chorknabe im Kloster Melk 1749-54 Orgelund Kompositionsunterricht von Marian Gurtler und Joseph Weiß. 1755-57 war er Organist in Raab (Ungarn), 1757-59 in Maria-Taferl (Nieder¨osterreich) und seit 1760 in Melk, wo er im Archiv Gelegenheit zu umfangreichen Forschungen u¨ ber geistliche und weltliche Musik hatte. 1772 wurde er von Kaiser → Joseph II. als 2. Hoforganist nach Wien berufen, stieg 1791 zum 1. Hoforganisten auf und wurde KapellmeisterAdjunkt am Stephansdom als Nachfolger Wolfgang Amadeus → Mozarts. Seit 1798 war A. Mitglied der kgl. Musikakademie in Stockholm. Als Lehrer f¨ur Komposition unterrichtete er u. a. Ludwig van → Beethoven (1794 / 95), Carl → Czerny und Johann Nepomuk → Hummel. A. komponierte Oratorien, Messen, Kammermusik, Orgel- und Klavierst¨ucke und verfaßte zahlreiche Schriften, wie z. B. die mehrmals aufgelegte und u¨ bersetzte Gr¨undliche Anweisung zur Komposition (1790, Neurdr. 1968). C MGG Albrechtsmeister → Meister des Albrechtsaltars Albrich, Johann, Mediziner, * 1. 9. 1687 Kronstadt (Siebenb¨urgen), † 23. 9. / 12. 1749. A. studierte seit 1706 Medizin in Halle und Leiden und wurde 1709 in Utrecht promoviert (Theses de haemorrhagiis). Von 1711 an lebte er wieder in Kronstadt und ¨ wurde 1715 Stadtphysikus. Uber die Pest 1718 / 19, zu deren Bek¨ampfung er in die Stadtverwaltung berufen wurde, verfaßte er Observationes de peste Barcensi praesertim Coronae annis 1718 et 1719 saeviter grassante. 1740 wurde er unter dem Namen Chrysippus III. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. A. machte sich verdient um die Zusammenstellung und Abschrift Kronst¨adter Urkundensch¨atze und Chroniken (u. a. Palladium Coronense [. . .], 1714). Albrich, Martin, evang. Theologe, * 10. 11. 1630 Mediasch (Siebenb¨urgen), † 27. 9. 1694 Rosenau. A. studierte in Leipzig und Wittenberg, wo er zum Magister promoviert wurde. Nach kurzer Zeit als Lektor in Mediasch war er Hauslehrer in Kronstadt, seit 1655 Rektor des Kronst¨adter Gymnasiums. Von 1660 an Pfarrer in Rosenau, hatte er 1684-87 und 1689-90 das Dekanat des Kronst¨adter Kapitels inne. A. verfaßte u. a. ein Opusculum metaphysicum, in quo primo Praecepta in debita sua universalitate proposita, et post expeditas distinctiones nominales fideliter explicata [. . .] (1659).
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Albu, Albert, auch Albrecht A., Mediziner, * 18. 3. 1867 Frankfurt / Oder, † 15. 1. 1921 Berlin. A. studierte Medizin in Berlin (Promotion 1889, Die Geschichte der Trepanation und ihre Indikation f¨ur die Jetztzeit), war 1891-96 Assistent an der Internen Abteilung des st¨adtischen Krankenhauses Moabit, habilitierte sich 1899 f¨ur Innere Medizin und gr¨undete eine Poliklinik mit angeschlossenem Forschungsinstitut. A. widmete sich besonders der Physiologie, der Pathologie der Verdauungsorgane und den Stoffwechselkrankheiten, stellte Reihenuntersuchungen an Sportlern und Studien u¨ ber den Einfluß des Sports auf gesunde und kranke Organismen an und ver¨offentlichte u. a. Physiologie und Pathologie des Mineralstoffwechsels (1906) und Grundz¨uge der Ern¨ahrungstherapie (1908). Albu, Isidor, Mediziner, * 20. 1. 1837 Fichtwerder bei Landsberg / Warthe, † 5. 1. 1903 Berlin. Nach dem Studium in Berlin (Promotion 1862, De methodis placentam auferendi) ließ A. sich als Arzt nieder und widmete sich hygienischen, epidemiologischen und medizinalstatistischen Problemen. Er gab unter dem Titel Handbuch der allgemeinen pers¨onlichen und o¨ ffentlichen Gesundheitspflege (1874) eine autorisierte deutsche Fassung von Aim´e Riants Le¸cons d’hygi`ene heraus und entwarf 1879 einen hygienisch-topographischen Atlas von Berlin. 1882 ging A. als Leibarzt des Schahs von Persien nach Teheran und wurde dort Prof. an der Medizinischen Schule. Nach seiner R¨uckkehr nach Deutschland (1892) gr¨undete er in Berlin ein Okularium zur augen¨arztlichen Behandlung.
Aldegrever, Heinrich, eigentl. Trippenmaker, auch Hinrich A., Kupferstecher, Maler, Goldschmied, * um 1502 Paderborn, † zwischen 1555 und 1561 Soest. A., Sohn von Hermann und Katharina Trippenmaker und Vater des Goldschmieds Christoph A. bildete sein an → D¨urers K¨unstlerzeichen angelehntes Monogramm aus den Anfangsbuchstaben A und G seines in zwei Stammworte zerlegten Hausnamens. Hervorragende Bedeutung hatte A. als Kupferstecher biblischer, mythologischer und allegorischer Kleinmeister-Bl¨atter von großem Detailreichtum. Er schuf Portr¨at- und Ornamentstiche und zahlreiche Goldschmiedevorlagen. A.s Werk umfaßt etwa 300 meist kleinformatige Stiche, drei Eisenradierungen (1528 datiert) und einige Holzschnitte. Urkundlich nachgewiesen sind drei in Silber geschnittene Siegelst¨ocke (1544, 1552) und ein Ringsiegel (nicht erhalten) f¨ur Herzog Wilhelm von Kleve. Die zweimalig gestrichene Bezeichnung „goltsmet“ in einer Urkunde des Soester Rats von 1561 (f¨ur A.s Sohn ausgestellt) zeigt, daß A. der Zunft nicht angeh¨orte, wohl aber das Goldschmiedehandwerk erlernt haben muß. Wahrscheinlich begann A. mit der Lehre im Alter von 13 Jahren, um 1521 als Geselle auf Wanderschaft zu gehen. Noch im gleichen Jahr k¨onnte er in M¨unster bei dem ¨ gewesen sein, 1523 in AntMaler Ludger tom → Ring d. A. werpen und Br¨ugge; m¨oglicherweise hat er dort Verbindung zu Joos van Cleve gehabt. Um 1525 wurde A. Meister, ließ sich in Soest nieder und war seit 1526 / 27 Mitglied der dortigen Malergilde. 1530 wurde er B¨urger von Soest, wo er im folgenden Jahr an der Einf¨uhrung der Reformation beteiligt war. 1527-41 finden sich j¨ahrlich datierte Stiche, dann erst wieder 1549. Angaben zu seinem Leben zwischen 1541 und 1549 sind kaum u¨ berliefert, aber urkundliche Erw¨ahnungen belegen in diesem Zeitraum mehrfach Aufenthalte in Soest.
Alder 1548 lehnte er sich gegen die Einf¨uhrung des Augsburger Interims in Soest auf. A.s Werk l¨aßt sich in drei Schaffensperioden gliedern: Das Fr¨uhwerk (1527-30, besonders von D¨urer beeinflußt), die mittlere Periode (1531-41) und das Sp¨atwerk (1541 / 50-55, in dem sich vor allem zwischen 1549 und 1553 Einfl¨usse der italienischen Stecher Zoan Andrea, Agostino Veneziano und Nicoletto da Modena erkennen lassen). In den seit 1527 bekannten Stichen k¨undigen sich bereits vereinzelt manieristische Tendenzen an. A.s T¨atigkeit als Maler war lange Zeit umstritten. Zumindest kann der um 1526 / 27 entstandene, mit H. T. (Heinrich Trippenmaker) monogrammierte Fl¨ugelaltar in der Wiesenkirche zu Soest als malerisches Fr¨uhwerk und als gesichertes Werk der mittleren Schaffensperiode das einzige mit Monogramm signierte Portr¨at, das des Grafen Philipp III. von Waldeck (1537), angesehen werden. Seit 1528 nahm die Kupfersticht¨atigkeit zu. Das Selbstbildnis von 1530 bekr¨ont die erste Schaffensperiode. 1531-41 folgte ein konsequenter Stilwandel zum Manierismus (u. a. die aus vier Kupferstichen bestehende, bereits 1528 begonnene Josephsfolge). 1534-36 entstanden vor allem ornamentale Entw¨urfe und Stiche, die etwa ein Drittel des gesamten Œuvres ausmachen. F¨ur sie gelten die wichtigsten Stilmerkmale der Kleinmeister (wie der Br¨uder → Beham oder Georg → Pencz): Kleinheit des Formats und detaillierte Ausf¨uhrung von Einzelheiten. 1536 entstanden im Auftrag des F¨urstbischofs Franz von → Waldeck die beiden Prachtbl¨atter Jan van Leyden und Bernhard Knipperdolling, 1537 Ger¨ateentw¨urfe, 1538 u. a. die Folgen der Großen und Kleinen Hochzeitst¨anzer, 1540 Portr¨atstiche von Luther und Melanchthon. Das seit 1549 / 50 beginnende Sp¨atwerk enth¨alt in der technischen Ausf¨uhrung großz¨ugiger gewordene Arbeiten (u. a. Heraklesfolge). 1551 schuf er wieder kleinere Formate (Paris, Venus und Amor), 1552 neben einigen Ornamentstichen die große Folge der Tugenden und der Laster. 1553 zeigt sich verst¨arkt der Einfluß der D¨urergraphik in Die Verk¨undigung Mari¨a und Madonna mit der Sternenkrone. Bis auf die vermutlich letzte Arbeit (Nemesis, 1555) widmete sich A. nur noch großen epischen Stoffen der Bibel. LITERATUR: Herbert Zschelletzschky: Das graphische Werk H. A.s. Straßburg 1933. Neudruck Baden-Baden 1974. – Friedrich Wilhelm Heinrich Hollstein: German engravings, etchings and woodcuts 1400-1700. Bd 1, Amsterdam 1954 (komplettes Werkverzeichnis Graphik u. a.). – Rolf Fritz: H. A. als Maler. Dortmund 1959 (Zuschreibungen Zeichnungen und Malerei). – R. A. Koch: The illustrated Bartsch. Hrsg. v. W. L. Strauß. Bd. 16, New York 1980. – Michael Heyder: A., H. In: Allgemeines K¨unstlerlexikon. Bd. 2, M¨unchen / Leipzig 1992, S. 184-188. Michael Heyder
Aldenhoff, Bernd, eigentl. Bernhard A., S¨anger, * 14. 6. 1908 Duisburg, † 8. 10. 1959 M¨unchen. A. war zun¨achst im Chor des K¨olner Opernhauses, studierte ¨ bei Julius Lenz in K¨oln und trat sp¨ater als Solist auf. Uber die Stadttheater Darmstadt und Erfurt kam er 1938 an das Opernhaus von D¨usseldorf, 1944 an die Staatsoper Dresden. Seit 1952 war er Mitglied der Staatsoper M¨unchen. Neben Gastspielen in London, Paris, Z¨urich und Mailand sang er 1954-55 auch an der Metropolitan Opera in New York. A. war nach dem Zweiten Weltkrieg ein gefragter → Wagner-Interpret; u. a. wurde er 1951 / 52 und 1957 in Bayreuth als Siegfried gefeiert. C Kutsch
Aldenhoven, Karl, Museumsdirektor, Bibliothekar, * 25. 11. 1842 Rendsburg, † 24. 9. 1907 K¨oln. A. studierte an den Universit¨aten Jena, Bonn und Kiel (Promotion 1837) und wurde 1869 Lehrer in Husum. 1871 ging er nach Gotha, war Bibliothekar an der Herzoglichen Bibliothek, 1873-78 am dortigen Museum, sp¨ater dessen Direktor.
1890 wurde er Direktor des Wallraf-Richartz-Museums in K¨oln. A. besch¨aftigte sich vor allem mit Mythologie und italienischer Kunst; er verfaßte u. a. zusammen mit Ludwig → Scheibler eine Geschichte der K¨olner Malerschule (1902).
Aldenrath, Heinrich Jakob, Maler, * 17. 2. 1775 L¨ubeck, † 25. 2. 1844 Hamburg. A. war Sch¨uler Jacob → Tischbeins, gemeinsam mit seinem Freund und Lehrer Friedrich Carl → Gr¨oger besuchte er die Akademie in Berlin, Dresden und seit 1798 in Paris. Seit 1803 hielten beide sich in L¨ubeck auf und gingen 1805 / 06 u¨ ber Kiel nach Kopenhagen, wo sie bis 1816 blieben, um sich dann in Hamburg niederzulassen. Ihre zahlreichen gemeinsam gemalten Bilder, vornehmlich Portr¨ats in Silberstift und Sepia, sp¨ater auch Miniaturen, sind von beiden signiert. Nach Gr¨ogers Tod 1838 war A. allein t¨atig, bis sein schw¨acher werdendes Augenlicht ihn zwang, die Malerei aufzugeben. Einige seiner Portr¨at-Lithographien befinden sich in der Kupferstichsammlung des Staatlichen Kunstmuseums Kopenhagen. Alder, Albert, schweizer. Internist, H¨amatologe, * 12. 10. 1888 Chur, † 23. 4. 1980 Aarau. A., Sohn eines Kornh¨andlers, wurde nach dem Medizinstudium in Lausanne, Z¨urich, M¨unchen und Wien 1915 / 16 in Z¨urich promoviert (Etappen-Spital-Erfahrungen aus Dimotika. Bulgarisch-T¨urkischer Krieg). 1913 nahm er an der Mission des Schweizerischen Roten Kreuzes im 1. Balkankrieg teil. 1918 / 19 war A. Leiter eines Grippe-Notspitals in Z¨urich, 1918-27 Oberarzt der Medizinischen Poliklinik des Kantonsspitals Z¨urich, wo er 1923 die erste Schirmbildzentrale der Schweiz zur Untersuchung der TuberkuloseVerbreitung einrichtete, und habilitierte sich 1922 in Z¨urich (Ueber Sp¨atformen von Chlorose). 1933-56 war A. Chefarzt der Medizinischen Klinik am Kantonsspital Aarau, an dem er ein Großlabor aufbaute, und wurde 1946 Titularprofessor in Z¨urich. Seine Forschungen f¨uhrten zur Verbesserung der Erythrozytenuntersuchung sowie 1937 zur Entdeckung der sog. Alder-Anomalie (erblicher Leukozytendefekt). Er ver¨offentlichte u. a. 4 Jahre 600 Meter unter der Erde. Erlebnisse eines Schweizers w¨ahrend der Kriegs- und Revolutionszeit in Norddeutschland (1919, auch 1924 und 1940) und einen Atlas des normalen und pathologischen Knochenmarkes (1939, span. 1943, mit Karl Schleip unter dem Titel Atlas der Blutkrankheiten und des normalen und pathologischen Knochenmarkes, 41949). Alder, Cosmas, auch Alderinus, schweizer. Komponist, * um 1497 Baden (Kt. Aargau), † 7. 11. 1550 Bern. A. war bis 1511 Sch¨uler der dem St. Vinzenz-Stift in Bern angegliederten Schule und 1524 vor¨ubergehend als S¨anger im St. Vinzenz-M¨unster angestellt. Nach der Reformation 1528 wurde er vom Berner Rat zum Bauherrenschreiber und 1538 zum Mitglied des Großen Berner Rats gew¨ahlt. Bei seinen Kompositionen, gr¨oßtenteils Motetten und Lieder, orientierte er sich an niederl¨andischen und franz¨osischen zeitgen¨ossischen Vorbildern. Er schuf u. a. die Liedmotette Isbruck, muß ich dich lossen und eine lateinische Motette auf den Tod Huldrych → Zwinglis 1531. C MGG
Alder, Kurt, Chemiker, * 10. 7. 1902 K¨onigsh¨utte, † 20. 6. 1958 K¨oln. A. studierte Chemie in Berlin und als Sch¨uler von Otto ¨ → Diels in Kiel (Promotion 1927, Uber die Ursachen und den Verlauf der Azoesterreaktion), erhielt er 1930 die venia legendi f¨ur Chemie und wurde 1934 a. o. Professor. 1936-40 war er Abteilungsvorstand des wissenschaftlichen Laboratoriums der I. G. Farbenindustrie in Leverkusen, wurde 1938 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle, 1940 Ordinarius und Direktor des Chemischen Instituts der Univ. K¨oln. Er arbeitete u. a. u¨ ber orga-
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Alder nische Synthesen, die Polymerisation von Butadien und die Stereochemie. F¨ur seine Forschungen auf dem Gebiet der Diensynthese („Diels-Alder-Reaktion“) erhielt er 1950 zusammen mit Diels den Nobelpreis f¨ur Chemie. C Asimov
Alder, Oscar, Redakteur, * 7. 11. 1870 Herisau, † 10. 2. 1943 Herisau. Der Sohn eines Textilkaufmanns war 1906-16 als Lagerhausverwalter t¨atig. 1911 wurde er Bearbeiter der Landeschronik der „Appenzeller Jahrb¨ucher“, 1920 deren Chefredakteur. 1916-41 leitete er den „Appenzeller Anzeiger“ und den „Neuen Appenzeller Kalender“ (Heiden). 1916-43 geh¨orte A. dem Vorstand der Appenzeller Gemeinn¨utzigen Gesellschaft an. 1917-22 war er Aktuar der staatswirtschaftlichen Kommission. Politisch stand A. der Fortschrittlichen B¨urgerpartei nahe, f¨ur die er 1919-31 Aktuar in Ausserrhoden war. 1937-41 war er Pr¨asident des Ostschweizerischen Presseverbandes. A. ver¨offentlichte u. a. Das appenzellerische Wirtschaftswesen und seine geschichtliche Entwicklung (1914) und 100 Jahre Appenzeller Zeitung 1828-1929 (1928). Aldringen, Johann Graf von, auch Aldringer, Altringer, * 10. 12. 1588 Luxemburg, † 22. 7. 1634 Landshut. Aus a¨ rmlichen Verh¨altnissen stammend, trat A. 1618 als Hauptmann in das kaiserliche Heer und 1621 als Oberstleutnant in bayerische Dienste. Seit 1623 war er Oberst unter → Tilly, wurde 1624 Hofkriegsrat und 1625 Regimentsinhaber. Nachdem er sich 1626 gegen Graf Ernst II. zu → Mansfeld an der „Dessauer Br¨ucke“ behaupten konnte, wurde er 1627 in den Freiherrenstand erhoben. Als Vertrauter → Wallensteins nahm er 1629 an den L¨ubecker Friedensverhandlungen teil und wurde Kommissar zur Durchf¨uhrung des Restitutionsedikts in Niedersachsen. 1630 eroberte er Mantua, 1631 W¨urttemberg und wurde 1632 als Feldmarschall Nachfolger Tillys und in den Grafenstand erhoben. Bei der Verteidigung Landshuts gegen die Schweden wurde A. t¨odlich verwundet. C R¨oßler / Franz
Alefeld, Friedrich Christoph Wilhelm, genannt A.-Lechdring, Lechdringhausen, Mediziner, Botaniker, * 21. 10. 1820 Gr¨afenhausen bei Darmstadt, † 28. 4. 1872 Ober-Ramstadt. Nach dem Studium der Medizin und Naturwissenschaften in Gießen und Heidelberg (Promotion 1843 in Gießen) ließ A. sich 1844 als praktischer Arzt in Niedermodau nieder, 1847 in Ober-Ramstadt. Er besch¨aftigte sich mit der taxonomischen Bearbeitung heimischer Nutzpflanzen, der monographischen Darstellung der Familie der Pirolaceen und ver¨offentlichte mit Landwirthschaftliche Flora [. . .] MittelEuropas (1866) eine systematische Aufstellung aller Kulturvariet¨aten. C Hess Bio, Bd 3 Alefeld, Georg Ludwig, Mediziner, Physiker, * 1. 11. 1732 Gießen, † 20. 11. 1774 Gießen. Der Sohn eines Philosophen studierte in Gießen und Straßburg und wurde 1756 in Gießen promoviert (De a¨ere sanguini permixto). 1757 erhielt er die Erlaubnis, Vorlesungen zu halten. 1758 wurde er a. o. Prof., 1759 o. Prof. der Physik, seit 1760 auch der Medizin in Gießen. Zu seinen Schriften z¨ahlt u. a. eine Dissertatio de doloribus in partu silentibus, variisque eos excitandi modis (1770). Alefeld, Georg Otto, Physiker, * 2. 3. 1933 Poppenlauer (Unterfranken), † 25. 8. 1995 M¨unchen. Nach dem Studium an der TH M¨unchen, wo er 1961 promoviert wurde (Bestimmung der Aktivierungsenergie und des Aktivierungsvolumens der elastischen Nachwirkung von Gold), war A., Sohn eines Landwirts, dort Assistent, ging 1962 an das Johns Jay Hopkins Laboratory von General Atomics in San Diego (Kalifornien) und arbeitete seit 1966 in
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der Kernforschungsanlage (KFA) J¨ulich. 1968 habilitierte er sich an der TH Aachen und wurde Direktor des Instituts f¨ur Festk¨orperforschung der KFA J¨ulich. 1969 / 70 lehrte er als Prof. an der TU M¨unchen. Bahnbrechend war A.s Entdeckung der Ferroelastizit¨at in den Metallwasserstoffsystemen. A. war ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Er gab Hydrogen in metals (3 Tle., 1978-97, mit Johann Volkl) heraus und verfaßte gemeinsam mit Reinhard Rademacher Heat conversion systems (1994). C Jb BAW 1995
Alemann, Friedrich Adolph von, Forstmann, * 16. 5. 1797 Gut Benneckenbeck bei Magdeburg, † 27. 3. 1884 Genthin (?). Die nach Besuch des Domgymnasiums in Magdeburg begonnene Forstlehre bei Johann Julius von Uslar in Lauterbach (Harz) mußte A., dessen Vater, preuß. Offizier, Landrat des Kreises Wanzleben und Gutsbesitzer war, 1815 wegen Teilnahme am Feldzug nach Frankreich abbrechen. Seit 1817 studierte A. Naturwissenschaften in Berlin, wo er auch Privatvorlesungen bei Georg Ludwig → Hartig h¨orte und an dessen Taxation des Biesenthaler Reviers teilnahm. Nach der Oberf¨orsterpr¨ufung war er Forsteinrichter und 1829-72 Verwalter der Oberf¨orsterei Altenplathow, die A. zu einem Musterrevier f¨ur Forstkulturbetrieb aufbaute. Er hatte großen Anteil an der Einf¨uhrung der extensiven Anwendung des Wald- und Untergrundpfluges bei Kiefern-, Eicheln- und Buchensaaten. Die Aufbewahrung von Eicheln und Bucheckern in den „Alemannschen Schuppen“ und die Erlenklapp-Pflanzung auf nassem Boden gehen auf ¨ A. zur¨uck. Er ver¨offentlichte Uber Forst-Culturwesen (1851, 3 1884). C NDB Alemann, Johann Ernst von, Milit¨ar, * 1684 Borgholzhausen (Kr. Halle-Westfalen), † 4. 6. 1757 Kankelfitz (Kr. Regenwalde). A. war Soldat im brandenburgischen Dragonerregiment, wurde nach der Teilnahme am Spanischen Erbfolgekrieg (1701-13 / 14) und am Nordischen Krieg gegen die Schweden 1717 Offizier. 1731 heiratete er Elisabeth von Borcke, die mit dem Minister und Feldmarschall Adrian Bernhard Graf von Borcke verwandt war, und wurde in den Adelsstand erhoben; 1734 erfolgte die Bef¨orderung zum Major. Nach dem 1. und 2. Schlesischen Krieg wurde er mit dem Orden Pour le m´erite ausgezeichnet, 1745 Oberst, 1750 Generalmajor und 1751 Regimentskommandeur. Im Besitz zweier G¨uter in Pommern und einer Pr¨abende als Kanonikus des Mindener Marienstifts zog er sich 1755 in den Ruhestand zur¨uck. C Priesdorff, Bd 1
Alemann, Wilhelm Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 18. 2. 1798 Mediasch (Siebenb¨urgen), † 27. 5. 1881 Wien. A. war Prof. der Mathematik im Pionierkorps und lehrte u. a. Situationszeichnen und Fortifikation. Sp¨ater Offizier im Generalquartiermeisterstab, war er an der Entstehung des Pionierreglements beteiligt. 1848 / 49 nahm er als Generalmajor am Feldzug in Italien teil, wurde 1850 Feldmarschalleutnant und war 1850-54 Kommandant der Theresianischen Milit¨arakademie, 1854 der Okkupationsarmee in der Walachei, 1859-66 Kommandant von Venedig. Alendorf, Johann von, Benediktiner, * 3. 10. 1400, † 17. 10. 1496. Etwa seit 1430 Abt des Benediktinerstiftes St. Burkard in W¨urzburg, wandelte A. dieses in ein Ritterstift um und wurde 1464 dessen erster Propst. Sp¨ater war er auch Kanonikus am Dom in W¨urzburg. 1470 nahm er die Ernennung zum Kanzler des F¨urstbischofs → Rudolf von W¨urzburg an. Sein gesamtes Verm¨ogen vermachte er einer Wohlt¨atigkeitsstiftung zur Errichtung eines Hospitals f¨ur Arme. C ADB
Alexander Aler, Paul, kath. Theologe, Dramatiker, * 9. 11. 1656 St. Vith / Eifel, † 2. 5. 1727 D¨uren. Nach dem Besuch des Gymnasiums Tricoronatum und der Univ. in K¨oln trat A. 1676 in den Jesuitenorden ein und wurde Lehrer am Tricoronatum. Er war 1690-1703 Subregent, dann bis 1713 Regent und initiierte den Bau eines modernen Schultheaters, an dem seine Dramen und Opern aufgef¨uhrt wurden. 1713 wurde er Prof. der Dogmatik an der Univ. Trier, 1717 Gymnasialrektor in M¨unstereifel, dann in Aachen und 1727 in D¨uren. Neben einer Anleitung zur Dichtkunst (Praxis poetica, 1683) und einem deutschlateinischen W¨orterbuch (1724) verfaßte er 13 deutsche und lateinische Dramen. C LThK
Alertz, Clemens August, Mediziner, * 30. 1. 1800 Aachen, † 10. 11. 1866 Rom. A. besuchte seit 1816 die milit¨ar¨arztliche Akademie in Berlin, wurde 1920 Unterarzt an der Charit´e und 1821 milit¨arischer Unterarzt in Bonn, wo er 1822 promoviert wurde (De psychica lienis dignitate). Seit 1825 war A. Milit¨ararzt in Stralsund, von 1827 an ziviler Arzt in Malmedy und dann in Aachen. Nach einer Behandlung des Papstes Gregor XVI. 1836 blieb A. in Rom als Leibarzt des Prinzen → Heinrich von Preußen und seit 1843 als preuß. Gesandtschaftsarzt. C Leb Rhein, Bd 3 Alesius, Alexander, auch ab Ales, Aless, luth. Theologe, * 23. 4. 1500 Edinburgh (Schottland), † 17. 3. 1565 Leipzig. A. war Kanoniker in St. Andrews (Schottland), wurde durch die Lekt¨ure der Schriften Martin → Luthers und durch Gespr¨ache mit Patrick Hamilton zum luth. Glauben bekehrt. Seit 1529 inhaftiert, konnte er 1532 aus Schottland fliehen und kam 1533 nach Wittenberg. Nachdem K¨onig Heinrich VIII. durch die Suprematsakte 1534 zum Oberhaupt der anglikanischen Kirche erkl¨art wurde, folgte A. einem Ruf des Erzbischofs Thomas Cranmer als Prof. der Theologie nach Cambridge. Seit 1540 lehrte er an der Univ. Frankfurt / Oder, von 1542 an in Leipzig. A., der zahlreiche Bibelkommentare sowie kontroverstheologische Schriften verfaßt hat, war Anh¨anger von Georg → Major und Philipp → Melanchthon und nahm an mehreren vermittelnden Religionsgespr¨achen teil. C TRE Alewyn, Richard (Wolfram), Germanist, * 24. 2. 1902 Frankfurt / Main, † 14. 8. 1979 Prien / Chiemsee. Der aus einer Amsterdamer Patrizierfamilie stammende A. studierte an den Universit¨aten Frankfurt / Main, Marburg, M¨unchen und Heidelberg, wurde 1925 promoviert und habilitierte sich 1931 an der Univ. Berlin f¨ur Deutsche Philologie (Johann Beer. Studien zum Roman des 17. Jahrhunderts). 1932 wurde er als a. o. Prof. Nachfolger seines Lehrers Friedrich → Gundolf in Heidelberg. Wegen seiner j¨udischen Abstammung wurde er 1933 aus dem o¨ ffentlichen Dienst entlassen, emigrierte nach Frankreich und hatte bis 1935 eine Gastprofessur an der Sorbonne inne. 1935-38 fand er eine Bleibe in Hugo von → Hofmannsthals Haus in Altaussee, 1938 emigrierte er in die Schweiz, 1939 in die USA und lehrte am Queens College in Flushing / New York. Seit 1947 war er Gastprofessor, 1949-55 o. Prof. an der Univ. K¨oln, bis 1959 in Berlin und bis 1967 in Bonn. A.s fr¨uhes Hauptinteresse galt dem Barock, er entdeckte den Romanautor Johann → Beer; sp¨ater widmete er seine sensi¨ ble Aufmerksamkeit dem Werk Hofmannsthals (Uber Hugo von Hofmannsthal, 41967), aber auch dem Detektivroman. C IGL Christian Friedrich Carl Alexander, Markgraf von Ansbach-Bayreuth, * 24. 2. 1736 Ansbach, † 5. 1. 1806 Benham / Speen (England). Der zweite Sohn des Markgrafen → Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach und der Schwester → Friedrichs
des Großen, Friederike Louise, kehrte 1750 von seinem Studienaufenthalt in Utrecht nach Ansbach zur¨uck und trat 1757 die Nachfolge seines Vaters an. Nach dem Tod des kinderlosen Markgrafen Friedrich Christian von BrandenburgKulmbach fiel A. 1769 das F¨urstentum Bayreuth zu. Er u¨ bte Toleranz in religi¨osen Fragen, f¨orderte das Bildungswesen, die Wissenschaften und K¨unste, unterst¨utzte Verbesserungen in der Landwirtschaft und das Entstehen von Industrien. Ohne direkte Erben, verunsichert durch die revolution¨aren Ereignisse in Frankreich und die territorialstaatliche Entwicklung in Deutschland, verzichtete A. 1791 zugunsten Preußens auf die Regierung, die seit 1790 von → Hardenberg gef¨uhrt wurde, dankte ab und ging mit seiner M¨atresse Elisabeth → Craven, die seine Abdankung unterst¨utzt hatte und die er im selben Jahr in zweiter Ehe heiratete, nach England. C Fr¨ank Leb, Bd 1
Alexander I., Prinz von Battenberg, Graf von Hartenau, F¨urst von Bulgarien, * 5. 4. 1857 Verona, † 17. 11. 1893 Graz. A. stammte aus der morganatischen Ehe des Prinzen → Alexander von Hessen und bei Rhein mit der polnischen Gr¨afin Julie von Hauke und war der Neffe Zar Alexanders II.. Er diente im hessischen Leibdragonerregiment, nahm am Russisch-T¨urkischen Krieg 1877 / 78 teil und trat 1878 in die preuß. Armee ein. 1879 wurde er auf den Vorschlag Rußlands und aufgrund einer Vereinbarung des Berliner Kongresses von 1878 von der bulgarischen Nationalversammlung zum F¨ursten Bulgariens gew¨ahlt. 1881 erreichte er die Suspension der bulgarischen Verfassung, setzte sie jedoch 1883 auf Druck der Liberalen wieder in Kraft. Durch die Vereinigung Ostrumeliens mit Bulgarien und den dar¨uber ausgebrochenen erfolgreichen Krieg mit Serbien zog er sich die Feindschaft des Zaren Alexander zu; er dankte deshalb 1886 ab. Eine geplante Heirat mit → Viktoria von Preußen wurde von → Bismarck verhindert, um die deutschrussischen Beziehungen nicht zu belasten. 1888 heiratete A. die S¨angerin Johanna Loisinger (→ Hartenau). Seit 1889 war er Graf von Hartenau. A. starb mit dem Rang eines o¨ sterr. Generalmajors. C R¨oßler / Franz Alexander Ludwig Georg Friedrich Emil, Prinz von Hessen und bei Rhein, o¨ sterr. Milit¨ar, * 15. 7. 1823 Darmstadt, † 15. 2. 1888 Darmstadt. A. trat 1833 in die hessische Armee ein und wechselte 1840 in die russische Armee u¨ ber. 1845 nahm er als General der Kavallerie am Krieg gegen die kaukasischen Bergv¨olker teil. Seit 1853 war A. in o¨ sterr. Diensten und wurde nach dem Gefecht von Montebello (20. 5. 1859) zum Feldmarschalleutnant bef¨ordert. 1866 nahm er am Feldzug gegen Preußen teil. Mit dem Feldzugsjournal des Oberbefehlshabers des 8. deutschen Bundesarmeekorps im Feldzuge des Jahres 1866 in Westdeutschland (1867) ver¨offentlichte er eine Rechtfertigungsschrift. 1868 wurde er zum o¨ sterreichischen, 1873 zum hessischen General der Kavallerie ernannt. A. legte eine umfangreiche M¨unzsammlung an, die er unter dem Titel Das Heiligenberger M¨unzkabinett (3 Bde., 1854-56) beschrieb. Alexander Friedrich Karl, Herzog von W¨urttemberg, Milit¨ar, * 24. 4. 1771 M¨ompelgard, † 4. 7. 1833 Gotha. Bis 1801 General der Kavallerie in der o¨ sterr. Armee, trat A. dann in russische Dienste und war 1813 der Kommandant des russisch-preußischen Belagerungskorps, das die Stadt Danzig zur Kapitulation zwang. 1814 wurde er mit dem preuß. Schwarzen-Adler-Orden ausgezeichnet. Sp¨ater war er Generaldirektor des Departements der Landstraßen und Wasserbaukommunikationen und Mitglied der Petersburger Akademie der Wissenschaften.
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Alexander Alexander, Graf von W¨urttemberg, Schriftsteller, * 5. 11. 1801 Kopenhagen, † 7. 7. 1844 Wildbad (W¨urttemberg). Der Neffe K¨onig → Friedrichs von W¨urttemberg trat fr¨uh in w¨urttembergische Milit¨ardienste; im Rang eines Obersten nahm er den Abschied. Er war befreundet mit Nikolaus → Lenau und Anastasius → Gr¨un. A. schrieb haupts¨achlich Lyrik (u. a. Lieder des Sturms, 1838). C ADB
Alexander, Herzog von W¨urttemberg, Milit¨ar, * 9. 9. 1804, † 4. 7. 1885. A. trat fr¨uh in den w¨urttembergischen Milit¨ardienst, wechselte in den o¨ sterr. Dienst u¨ ber, wo er 1833 Oberst und 1848 Generalstabsoffizier unter → Radetzky war. 1853 ausgezeichnet mit dem Schwarzen-Adler-Orden, wurde er 1859 General der Kavallerie und Kommandant des 16. Armeekorps. A. war Inhaber des 11. k. k. Husaren-Regiments. Alexander von K¨oln, auch A. von Kempen, Dominikaner, † 1399. A. war 1386-88 Lesemeister in Trier und anschließend Magister theologiae in K¨oln. Als Regens des K¨olner Studiums (seit 1391) reiste er im Auftrag der Stadt nach Rom, um vom Papst das Privileg der Universit¨atsgr¨undung zu erhalten. 1393 war er bei der ersten Approbation der Statuten der Theologischen Fakult¨at anwesend. C NDB Alexander von Roes, Kanoniker, † vor 1300. A. stammte vermutlich aus einem K¨olner Patriziergeschlecht und hatte nach eigenem Zeugnis eines der M¨annerkanonikate am Frauenstift St. Maria im Kapitol inne. Er hielt sich im Gefolge des Kardinals Giacomo Colonna an der p¨apstlichen Kurie in Rom auf. Ihm widmete A. das Memoriale de prerogativa Romani imperii (1281). Mit Noticia seculi (1288) ver¨offentlichte er eine Prosafassung der schon 1285 in Hexametern gedichteten dramatischen Parabel Pavo. Seine Werke kreisen um das Thema einer angestrebten Weltordnung, in der sich die Anspr¨uche der Nationen im Gleichgewicht befinden sollten, d. h. den Deutschen komme das Kaisertum zu, den Italienern das Papsttum und den Franzosen die Bildung. Als konservative Reichsidee erlebten A.s Vorstellungen im 15. Jh. eine Renaissance. C VL Der Wilde Alexander, auch Meister A., Spruch- und Liederdichter, um 1290. Nach → Walther von der Vogelweide geh¨ort A. zu den bedeutendsten Spruchdichtern. Sein Werk umfaßt 24 Spruchstrophen, f¨unf Lieder und einen Leich. A. erschloß dem Minnesang nicht nur geistliche Motive, er faßte seine Themen auch in allegorischer Form. Ein Teil seiner Kompositionen ist in der „Jenaer Liederhandschrift“ u¨ berliefert. C VL
Alexander, Andreas, Mathematiker, * um 1475 Regensburg, † nach 1504. Nach der Promotion in K¨oln lehrte A. 1502-04 an der Univ. Leipzig und las u¨ ber das 1. und 3. Buch der Elemente Euklids, u¨ ber Arithmetik, Perspektive und Musik. Er schrieb das Mathemalogium primae partis Andree Alexandri Ratisbonensis mathematici super novam et veterem loycam Aristotelis (1504), in dem er sich u. a. mit den mathematischen Problemen der Inkommensurabilit¨at, der Quadratur des Kreises und des Parallelaxioms besch¨aftigte. A.s besonderes Verdienst war die Verbreitung der Algebra. C NDB
Alexander, Franz, Musikinstrumentenbauer, Unternehmer, * 22. 7. 1753 Miltenberg / Main, † 1. 12. 1802 Mainz. Der einer alten franz¨osischen Hugenottenfamilie entstammende A. zog 1782 von Miltenberg nach Mainz. Nachdem er dort in die Handwerkerzunft aufgenommen worden war, gr¨undete er einen Handwerksbetrieb f¨ur die Herstellung von Musikinstrumenten. Nach A.s Tod wurde das
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Unternehmen zun¨achst von seiner Witwe und ihren S¨ohnen Claudius, Martin und Philipp weitergef¨uhrt. Seit der dritten Unternehmergeneration gewann die Blechinstrumentenherstellung prim¨are Bedeutung, was Richard → Wagner 1862 dazu veranlaßte, mit dem Unternehmen Alexander in Verbindung zu treten. 1909 gelang die firmengeschichtlich bedeutende Entwicklung des ersten voll ausgebauten Doppelhorns, Modell 103. Als „Alexander-Doppelhorn“ erlangte es weltweite Bedeutung und schuf die Voraussetzung f¨ur eine rasante Entwicklung des Waldhornbaus. Heute ist die „Gebr. Alexander, Rhein. Musikinstrumentenfabrik GmbH“ mit einer mehr als zweihundertj¨ahrigen Tradition die a¨ lteste „Blechblasinstrumenten-Manufaktur“ Deutschlands. C MGG
Alexander, Gustav, o¨ sterr. Otologe, * 18. 12. 1873 Wien, † 12. 4. 1932 Wien. Nach dem Medizinstudium in Wien (Promotion 1898) war A. Operateur an der I. Chirurgischen Klinik, dann Prosektor am I. Anatomischen Institut unter Emil → Zuckerkandl. Die Ausbildung in der Ohrenheilkunde erhielt er bei Adam → Politzer. 1903 habilitierte er sich f¨ur Ohrenheilkunde, wurde 1907 Leiter der Abteilung f¨ur Ohrenkranke an der Wiener Allgemeinen Poliklinik und 1909 a. o. Prof., 1919 o. Professor. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs war er als Chefarzt Leiter der Ohren-, Nasen- und Halsabteilung des Garnisonsspitals II. A. war seit 1912 Pr¨asident der Gesellschaft ¨ zur F¨ursorge f¨ur H¨orlose und Schwerh¨orige in Osterreich und wurde auf dem III. medizinischen Kongreß f¨ur Otologie mit dem Lenval-Preis ausgezeichnet. Er verfaßte u. a. das Werk Die Ohrenkrankheiten im Kindesalter (1912, 21927, engl. 1917). A., der sich besonders f¨ur Taubstumme und Schwerh¨orige einsetzte, wurde von einem seiner Patienten ¨ auf offener Straße ermordet. 2, 3 C Arzte Alexander, Isaak, Rabbiner, * 17. 8. 1722 Augsburg, † 1800 Regensburg. A. studierte in Augsburg und u¨ bernahm das dortige Rabbinat, das er bis zu seinem Tod innehatte. Er besch¨aftigte sich mit der Leibniz-Wolffschen Philosophie und war einer der ersten Rabbiner, die ihre Texte in deutscher Sprache verfaßten. Neben theologischen Schriften (u. a. Von dem Dasein Gottes, die selbstredende Vernunft, 1775) verfaßte A. ¨ Gedichte und eine deutsche Ubersetzung des Schir ha-Jichud unter dem Titel Einheitsgedichte aus dem Hebr¨aischen (1788). C Treml Alexander, Kurt, Jurist, * 13. 8. 1892 Krefeld, † 18. 2. 1962 New York. Nach dem Studium in Heidelberg und Bonn (1911-14) und der Promotion war A. 1919-21 Assessor in Berlin. 1922-38 wirkte er als Rechtsanwalt in Krefeld, gleichzeitig als Syndikus verschiedener Seidenspinnereien. 1924-33 war er mit Unterbrechungen Stadtverordneter in Krefeld. A. war f¨uhrendes Mitglied verschiedener j¨udischer Vereinigungen (u. a. Central-Verein deutscher Staatsb¨urger j¨udischen Glaubens). 1938 zeitweise im Konzentrationslager Dachau interniert, emigrierte er 1939 nach Großbritannien, wo er u. a. Mitarbeiter des Jewish Central Information Office und Mitglied der Association of Jewish Refugees in Great Britain war. Auch in den USA (seit 1949) widmete A. sich als Mitglied verschiedener Organisationen den Anliegen j¨udischer Fl¨uchtlinge. C BHdE, Bd 1 Alexander, Meta, Internistin, * 14. 7. 1924 Berlin, † 13. 5. 1999 Berlin. A. wurde nach dem Medizinstudium 1951 in Berlin mit der Arbeit Komplikationen bei Operationen an den Gallenwegen promoviert. Anschließend als Assistentin in der Chirurgie und Augenheilkunde t¨atig, kam sie 1952 an die Me-
Alexius dizinische Klinik der Freien Univ. Berlin, habilitierte sich 1963 (Klinische Beobachtungen, Therapie und bakteriologische Untersuchungen bei Streptokokkeninfektionen, insbesondere bei Scharlach und Anginen) und erhielt 1969 eine a. o. Professur. Nach einer T¨atigkeit am Universit¨atsklinikum Charlottenburg leitete sie seit 1975 die Infektionsklinik im Rudolf-Virchow-Krankenhaus und wurde zur gesch¨aftsf¨uhrenden Direktorin der Medizinischen Uniklinik ¨ gew¨ahlt. A. war Vorsitzende der Akademie f¨ur Arztliche Fortbildung. Sie forschte vor allem auf den Gebieten der Infektionskrankheiten und der Tropenmedizin und ver¨offentlichte eine Infektions-Fibel (mit Hansj¨urgen Raettig, 1968; unter dem Titel Infektionskrankheiten 21981, 51998). Sie war ferner Mitverfasserin von Neurologische Leit- und Warnsymptome bei inneren Erkrankungen (1982), Allergic reactions to drugs (1983), Fehldiagnosen in der Inneren Medizin (1992, slowak. 1995) und Antibiotika und Chemotherapeutika (mit Claus-J¨urgen Estler und Friedrich Legler, 1990, 2 1995).
Alexander, Paul Julius, Historiker, Jurist, * 12. 5. 1910 Berlin, † 16. 12. 1977 Berkeley (Kalifornien, USA). Nach dem Jurastudium in Berlin und Hamburg (Dr. jur. 1932) war A. 1931-33 Referendar in Hamburg und K¨oln. 1933 emigrierte er nach Frankreich und 1935 u¨ ber Kanada in die USA. Er studierte an der Univ. Michigan und in Harvard, wo er 1940 in Geschichte promoviert wurde. Bis 1943 war er an der Forschungsbibliothek in Dumbarton Oaks / Washington D. C., dann am Office of Strategic Services (Washington D. C.) besch¨aftigt. 1945-54 lehrte A. Alte und Mittelalterliche Geschichte am Hobart College in Geneva / N.Y. 1954-58 hatte er eine Professur an der Brandeis Univ. in Waltham / Mass., 1958-67 an der Univ. Michigan und 1967-77 an der University of California in Berkeley inne. Sein Hauptinteresse galt der byzantinischen Geschichte; er ver¨offentlichte u. a. The Patriarch Nicephorus of Constantinople (1958). C BHdE, Bd 2
Alexander, Richard, Schauspieler, Theaterdirektor, * 2. 11. 1852 Berlin, † 24. 5. 1923 M¨unchen. A. war zun¨achst als Kaufmann t¨atig, bis er 1873 sein erstes Engagement am Berliner Residenz-Theater in Berlin antrat. 1874 / 75 spielte er am Stadttheater in Hamburg, 1875 / 76 am Stadttheater in Stettin und 1876-79 am Stadttheater in N¨urnberg, wo ihn Ernst von → Possart entdeckte und nach M¨unchen holte. 1880-83 am Stadttheater in Wien, dann am Wallner-Theater in Berlin, war er von 1891 an wieder am Berliner Residenz-Theater engagiert und 1904-12 dessen Direktor. Zun¨achst festgelegt auf die Rolle des jugendlichen Helden und Liebhabers, wandte A. sich sp¨ater dem komischen Fach zu. Seine Memoiren erschienen unter dem Titel Meine Streiche am Theater (1922). Alexander, Walter, Beamter, * 20. 3. 1878 Berlin, † 20. 4. 1949 New York. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg / Breisgau und Berlin wurde A. 1900 in Jena zum Dr. jur. promoviert und war anschließend in der Justizverwaltung zun¨achst als Referendar, dann als Assessor besch¨aftigt. 1908-18 bei der Stadtverwaltung Berlin angestellt, wechselte er dann als Direktor an die St¨adtischen Gaswerke Berlin u¨ ber. In den dreißiger Jahren engagierte A. sich in zahlreichen j¨udischen Institutionen: Er war Vorstandsmitglied und Leiter des Schuldezernats der j¨udischen Gemeinde Berlin, Mitglied des Verwaltungsrats des J¨udischen Kulturbundes Berlin und Kuratoriumsvorsitzender des J¨udischen Lehrhauses. 1939 emigrierte A. nach Frankreich, sp¨ater in die USA. C BHdE, Bd 1
Alexandra Feodorowna, Kaiserin von Rußland, geb. Prinzessin Alix (Alice) Victoria Helene Louise Beatrix von Hessen-Darmstadt, * 6. 6. 1872 Darmstadt, † 16. 7. 1918 Jekaterinburg. In England und in Darmstadt aufgewachsen, heiratete die Tochter des Großherzogs → Ludwig IV. von HessenDarmstadt 1894 den russischen Thronfolger Nikolaus II. 1905 lernte sie Grigorij Jefimowitsch Rasputin kennen, von dem sie die Heilung ihres bluterkranken Sohnes Alexej erwartete. Seinen Ratschl¨agen bedingungslos gehorchend, beeinflußte sie u. a. den Zaren zur Beibehaltung des ultrakonservativen innenpolitischen Kurses. Sie wurde mit der Zarenfamilie ermordet. C NDB
Alexandrinus von Neustein, Julius, auch Alessandrini von Neu(en)stein, Mediziner, Philosoph, * 1506 Trient, † 25. 8. 1590 Civezzano bei Trient. A. studierte Medizin in Padua, wurde promoviert und war Leibarzt der Kaiser → Ferdinand I., → Maximilian II., → Rudolf II., des Erzherzogs → Ferdinand II. von Tirol und der Philippine → Welser. Er war 1562 bei der Kr¨onung Maximilians II. in Frankfurt anwesend, der ihm ein Adelsdiplom verlieh. Als Anh¨anger des Arztes Galenus u¨ bersetzte A. dessen Werke aus dem Griechischen und kommentierte sie (In Galeni praecipua scripta Annotationes, 1581). C NDB Alexich, Georg Maria, o¨ sterr. Diplomat, Jurist, * 14. 9. 1893 Wien, † 15. 6. 1949 USA. Nach dem Studium war A. 1917-19 Konsularattach´e in Z¨urich, St. Gallen und Dresden, 1919 in Preßburg, 1921 Konsul. Seit 1923 war er Delegierter bei der Internationalen Donaukommission in Preßburg, 1933-38 st¨andiger Gesch¨aftstr¨ager in den Niederlanden. Nach dem „Anschluß“ ¨ ¨ Osterreichs 1938 verzichtete er auf Ubernahme in den deutschen diplomatischen Dienst. Er emigrierte nach Frankreich, 1940 in die USA. 1943 erwarb er den Ph. D. an der Georgetown University, Washington D. C. und wurde Associate Professor des Internationalen Vergleichenden Rechts. C BHdE, Bd 1 Alexis, Willibald, eigentl. Georg Wilhelm Heinrich H¨aring, Schriftsteller, * 29. 6. 1798 Breslau, † 16. 12. 1871 Arnstadt (Th¨uringen). A. studierte seit 1817 Jura in Berlin und Breslau und war 1820-24 Kammergerichtsreferendar in Berlin, gab jedoch die Beamtenlaufbahn nach Erscheinen des Romans Walladmor (3 Bde., 1824) auf. 1827-35 war er Redakteur beim „Berliner Conversations-Blatt“, das 1830 mit dem „Freim¨utigen“ vereinigt wurde. In dieser Zeit reiste er durch Frankreich, Skandinavien, S¨uddeutschland und Ostpreußen. 1824-1838 war er Mitglied der literarischen Mittwochsgesellschaft, die ihm Verbindungen zu → Hoffmann, → Hauff u. a. einbrachte. Seit 1842 gab er zusammen mit Julius Eduard → Hitzig den „Neuen Pitaval. Eine Sammlung der interessantesten Criminalgeschichten aller L¨ander aus a¨ lterer und neuerer Zeit“ heraus. Er gr¨undete Lesekabinette und Buchhandlungen. Seit 1851 lebte er in Arnstadt. Seine ersten Romane gab A. als ¨ Ubersetzungen von Werken Walter Scotts aus. Sp¨ater schrieb er vor allem Romane u¨ ber Themen der brandenburgischpreußischen Geschichte (u. a. Die Hosen des Herrn von Bredow, 1846), daneben Dramen. C Schulz
Alexius Friedrich Christian, Herzog von Anhalt-Bernburg, * 12. 6. 1767 Ballenstedt / Harz, † 24. 3. 1834 Ballenstedt / Harz. Nach dem Tod seines Vaters F¨urst Friedrich Albrecht von Anhalt-Bernburg 1796 u¨ bernahm A. die Regierung seiner Gebiete, die er in den folgenden Jahren betr¨achtlich vergr¨oßern konnte. 1806 wurde er durch Kaiser → Franz II. zum Herzog ernannt. 1807 trat er dem Rheinbund bei; seine Truppen k¨ampften u. a. in Spanien, Rußland und Tirol unter
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Alf¨oldi großen Verlusten. 1813 verließ er den Rheinbund und schloß sich dem Deutschen Bund an. 1821 f¨uhrte A. Pockenschutzimpfungen ein, reorganisierte das Bergbau- und H¨uttenwesen im Harz und reformierte das Volksschulwesen. Er erreichte die Union beider protestantischen Glaubensbekenntnisse (1820) und stiftete 1829 eine allgemeine Beamten-, Witwen- und Waisenkasse. C NDB
Alf¨oldi, Andreas, Althistoriker, * 27. 8. 1895 Pom´az bei Budapest, † 12. 2. 1981 Princeton (New Jersey, USA). A., Sohn eines Landarztes, studierte an der Univ. Budapest und nahm am Ersten Weltkrieg teil. 1919 in Budapest promoviert, war er 1919-23 Mitarbeiter im Ungarischen Nationalmuseum, 1923-29 Prof. f¨ur Alte Geschichte an der Univ. Debrecen und 1930-47 Prof. f¨ur Arch¨aologie des Karpatenbeckens an der Univ. Budapest. 1948 folgte er einem Ruf auf eine Prof. f¨ur Alte Geschichte an die Univ. Bern, wechselte 1952 nach Basel und war 1955-65 Prof. am Institute for Advanced Study in Princeton. A.s grundlegende Arbeit Der Untergang der R¨omerherrschaft in Pannonien (2 Bde., 1924-26) ber¨ucksichtigt in einer Gesamtschau literarische, epigraphische, numismatische und arch¨aologische Zeugnisse. In seinen sp¨ateren Studien widmete sich A. der Fr¨uhgeschichte und dem Untergang der r¨omischen Republik (u. a. Der fr¨uhr¨omische Reiteradel und seine Ehrenabzeichen, 1952, Nachdr. 1979; Das fr¨uhe Rom und die Latiner, 1976). Von seiner Besch¨aftigung mit der r¨omischen Kaiserzeit zeugen u. a. die herausragenden Aufs¨atze zum monarchischen Zeremoniell und den Insignien und der Tracht der r¨omischen Kaiser; der Sp¨atantike galt seine M¨unzpublikation Die Kontorniaten (1943, Neubearbeitung 1976 / 1990 zusammen mit seiner Frau Elisabeth → Alf¨oldi-Rosenbaum). A. war Mitglied bzw. Ehrenmitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften und Akademien sowie Tr¨ager hoher Auszeichnungen, u. a. des Ordens Pour le m´erite.
Alf¨oldi-Rosenbaum, Elisabeth, Klassische Arch¨aologin, * 5. 8. 1921 Koblenz, † 6. 10. 1992 Princeton (New Jersey, USA). A.-R. studierte in K¨oln und Berlin Klassische Philologie, Philosophie und Kunstgeschichte, ging 1941 / 42 aus politischen Gr¨unden nach Wien und anschließend nach Budapest. Dort wurde sie Sch¨ulerin von Andreas → Alf¨oldi, den sie 1967 heiratete. 1944 in Berlin mit einer Dissertation u¨ ber Bildnisse auf pannonischen Grabstelen promoviert, wirkte sie als Assistentin in Berlin und Mainz. 1952 legte sie ein zweites Doktorexamen an der Univ. London ab, war am Warburg Institute und Newnham College, Cambridge, t¨atig und publizierte 1960 mit A Catalogue of Cyrenaican Portrait Sculpture eine bedeutende Arbeit zum kaiserzeitlichen Portr¨at. Weitere Schwerpunkte ihrer wissenschaftlichen Forschungen bildeten r¨omische und fr¨uhbyzantinische Bildnisse aus Kleinasien (ver¨offentlicht in 2 B¨anden, 1966-79, mit Jale Inan) sowie r¨omische und fr¨uhbyzantinische Mosaiken (u. a. Justinianic Mosaic Pavements in Cyrenaican Churches, 1980, mit John Ward-Perkins). Neben der regelm¨aßigen Teilnahme an Ausgrabungen in Anemurium (Anamur) und in Adrassus (Balabolu) lehrte A. an den Universit¨aten Columbus (Ohio) und Ankara und war Beraterin am T¨urk Tarih Kurumu in Ankara. 1966 erhielt sie einen Lehrauftrag f¨ur Arch¨aologie und Kunstgeschichte an der Univ. Toronto, wo sie 1973-84 eine Professur f¨ur Fine Art innehatte. Nach dem Tod ihres Mannes besch¨aftigte sich A. mit der Herausgabe von dessen Nachlaß, vor allem mit der Neufassung von dessen Kontorniatenbuch. Alfons X. der Weise, K¨onig von Kastilien und Le´on, deutscher K¨onig, * 26. 11. 1221 Toledo, † 4. 4. 1284 Sevilla. 1252 folgte A. seinem Vater Ferdinand III. von Kastilien und L´eon und setzte den Kampf gegen die Mauren fort.
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Als Enkel → Philipps von Schwaben wurde er von einem Teil der Wahlf¨ursten 1257 zum deutschen K¨onig gew¨ahlt, jedoch von Rom nie best¨atigt. Seinen Anspr¨uchen auf die deutsche Krone wurde durch die Wahl → Rudolfs von Habsburg endg¨ultig der Boden entzogen. Wegen innenpolitischer Schwierigkeiten, besonders der Auseinandersetzungen mit dem Adel, mitunter b¨urgerkriegs¨ahnlicher Zust¨ande und der insuffizienten Finanzpolitik kam A. nie nach Deutschland. Er war ein F¨orderer von Kunst und Wissenschaft und veranlaßte die Niederschrift umfangreicher historischer, astronomischer und juristischer Enzyklop¨adien. A. verfaßte u¨ ber 400 Marienlieder (Cantigas de Sta. Maria, 1889). Er gilt als Sch¨opfer der modernen kastilischen Schriftsprache. C LexMA
Alfred Ernst Albert, Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha, Prinz von Großbritannien und Irland, Herzog zu Sachsen, * 6. 8. 1844 London, † 30. (31.) 7. 1900 Schloß Rosenau bei Coburg. Der Sohn des Prinzgemahls → Albert von Sachsen-CoburgGotha und der britischen K¨onigin Viktoria trat 1856 als Kadett in die englische Marine ein und avancierte 1866 zum Kapit¨an. Er heiratete die Großf¨urstin Maria von Rußland, die einzige Tochter des Zaren Alexander II. von Rußland. Seit 1873 war A. Chef der russischen 2. Flottenequipage des Schwarzen Meeres. 1878 wurde er Konteradmiral, 1882 Vizeadmiral und 1887 Admiral. Im Jahr der Ernennung zum Admiral of the Fleet 1893 nahm er seinen Abschied von der Marine, um die Nachfolge Herzog → Ernsts II. von SachsenCoburg-Gotha anzutreten. C Priesdorff, Bd 10 Alfringhaus, Erich, Journalist, * 30. 9. 1894 Dortmund, † 1941 D¨anemark. Nach dem Besuch des Gymnasiums entschied A. sich f¨ur die journalistische Laufbahn. Als V¨olkerbund-Berichterstatter schrieb er u. a. u¨ ber die Konferenzen in Genua, London, Locarno. Er war Chefredakteur der „Sozialdemokratischen Pressedienst AG Berlin“. A. geh¨orte der Vereinigung der V¨olkerbundjournalisten sowie dem Aufsichtsrat der DRADAG (Drahtloser Dienst AG Berlin) an. Sein Einfluß als Berater von Otto → Wels galt als betr¨achtlich. Im Juli 1933 emigrierte A. nach D¨anemark. 1941 wurde er bei einem Fluchtversuch nach Schweden festgenommen. Kurz vor seiner Deportation beging A. Selbstmord. C BHdE, Bd 1 Alfter, Bartholom¨aus Joseph Blasius, kath. Theologe, Historiker, * 4. 2. 1729 K¨oln, † 26. 11. 1808 K¨oln. A. studierte an der Univ. K¨oln und war seit 1752 Vikar an der Stiftskirche St. Andreas und apostolischer Pronotar. Als Sch¨uler von Hermann Joseph → Hartzheim bet¨atigte er sich auch als Historiker. Er legte eine umfangreiche Sammlung zur Geschichte der Stadt und des Erzbistums K¨oln an, von der ein Teil im Historischen Archiv der Stadt K¨oln, ein anderer im Staatsarchiv Darmstadt erhalten ist. C NDB Algarotti, Francesco Graf von, Schriftsteller, * 11. 12. 1712 Venedig, † 3. 5. 1764 Pisa. Der einer wohlhabenden B¨urgerfamilie entstammende A. studierte Mathematik bei Eustachio Manfredi und Philosophie bei Francesco Zanotti in Bologna und erweiterte seine Bildung durch Reisen nach Rom, Paris, London und St. Petersburg (Lettere sulla Russia, 1733). 1736 ver¨offentlichte er die Schrift Le Newtonianisme pour les dames, wodurch er Voltaire kennenlernte, der ihn → Friedrich dem Großen empfahl. 1739 wurde A. als Kammerherr an den Rheinsberger Hof Friedrichs gerufen und 1740 in den Grafenstand erhoben. Er z¨ahlte zum engsten Freundeskreis Friedrichs und f¨uhrte bis zu seinem Tod einen intensiven Briefwechsel mit dem K¨onig. 1742-47 hielt A. sich am Hof → Augusts III. von Sachsen in Dresden auf und engagierte sich hier besonders f¨ur die Auff¨uhrung von Opern und die Dresdner
Alkuin Gem¨aldegalerie. 1753 ging er aus Gesundheitsgr¨unden nach Italien zur¨uck. C NDB
Alge, Sines, Lehrer, Stenograph, * 20. 5. 1847 Lustenau (Vorarlberg), † 18. 12. 1909. A. war zun¨achst als Lehrer t¨atig und studierte seit 1866 in St. Gallen Naturwissenschaften und moderne Sprachen. 1867 legte er sein Examen als Reallehrer ab und ließ sich in Necker (Toggenburg) nieder. Seit 1873 war er Lehrer an der Realschule in Gossau, seit 1880 an der M¨adchenrealschule in St. Gallen, deren Leitung er 1891 u¨ bernahm. 1904 zog er sich aus dem Schuldienst zur¨uck. Schon seit 1860 besch¨aftigte A. sich mit Stenographie und setzte sich f¨ur die Verbreitung des Stolzeschen Systems ein. Er war 1870-74 und 1877-80 Leiter des Schweizerischen Zentralvereins, 1872 / 73 und 1878-80 Redakteur des „Schweizerischen Zentralorgans“. A. verfaßte u. a. ein Lehrbuch der Stolzeschen Stenographie (1885). Algermissen, Konrad, kath. Theologe, * 19. 9. 1889 Harsum (Kr. Hildesheim), † 22. 10. 1964 Hildesheim. A. studierte in Freiburg und an der Gregoriana in Rom, wo er promoviert und 1916 zum Priester geweiht wurde. 1926 trat er in den Volksverein f¨ur das Katholische Deutschland ein und leitete die apologetische Abteilung. Nach der Aufl¨osung des Vereins 1933 nahm A. 1934 eine Stelle als Dozent f¨ur ¨ Dogmatik, Moral und Okumenik am Priesterseminar in Hildesheim an und war dort seit 1936 Professor. 1946 wurde er Chefredakteur des Di¨ozesan-Kirchenblattes. Sein besonderes Interesse galt der Konfessionskunde. Von seinen Werken wurde Germanentum und Christentum noch im Erscheinungsjahr 1935 von den Nationalsozialisten verboten. A. war Beiratsmitglied der G¨orres-Gesellschaft. C BBKL Algoewer, David, auch Algeier, Alg¨ower, Allg¨ower, Mathematiker, Meteorologe, * 30. 12. 1678 Ulm, † 24. 5. 1737 Ulm. Nach dem Studium der Mathematik und Theologie in Altdorf (1697-1701), Helmstedt und Halle war A. seit 1705 Prof. der Mathematik, von 1714 an Prof. der Katechetik und 1729-37 erneut Prof. der Mathematik in Ulm. Er war Mitglied des geistlichen Ministeriums und Prediger am Ulmer M¨unster. A. geh¨orte zu den ersten Wissenschaftlern in Deutschland, die Regenmessungen durchf¨uhrten. Er ben¨utzte f¨ur seine Wetterbeobachtungen in Ulm (1710-37) bereits meteorologische Instrumente und erkannte die Bedeutsamkeit von gleichzeitigen Witterungsbeobachtungen an verschiedenen Orten. A. ver¨offentlichte u. a. De mathesi sinica (1702), Specimen meteorologiae parallelae [. . .] (1714) und Specimen hyetometriae curiosae (1721).
Alice Maud Mary, Großherzogin von Hessen, * 25. 4. 1843 London, † 14. 12. 1878 Darmstadt. Die Tochter des englischen Prinzgemahls → Albert von Sachsen-Coburg-Gotha heiratete 1862 Prinz → Ludwig von Hessen und bei Rhein, der 1877 Großherzog wurde. In Darmstadt bildete A. zusammen mit ihrem Gatten ein Zentrum der deutschen Einigungsbewegung. Obgleich ihre Haltung gegen¨uber → Bismarck schwankend war, bef¨urwortete sie eine preuß. F¨uhrung in Deutschland. A. widmete sich der Wohlfahrtspflege und der F¨orderung der Kunst. Sie hielt regen brieflichen Kontakt mit ihrer Mutter, der K¨onigin Viktoria. Eine Sammlung dieser Briefe wurde unter dem Titel Letters to Her Majesty the Queen (1897) ver¨offentlicht. C NDB Alioth, Johann Siegmund, schweizer. Fabrikant, * 2. 11. 1788 Biel (Kt. Bern), † 5. 5. 1850 Basel. Seit 1812 als Kaufmann, haupts¨achlich im Elsaß t¨atig, lernte A. anl¨aßlich eines Besuchs in Großbritannien die Vorteile der mechanischen Schappespinnerei gegen¨uber der Verar-
beitung von Hand kennen. 1824 gr¨undete er mit der Fabrik J. S. Alioth & Co. in Basel die erste mechanische Schappespinnerei auf dem Kontinent. 1830 verlegte er sie nach Arlesheim, wo er das Schloß Birseck besaß. 1840 wurde A. B¨urger von Basel.
Alker, Ernst (Anton Martin), Germanist, * 22. 12. 1895 Wien, † 5. 8. 1972 Cademario (Kt. Tessin). A., Sohn eines Beamten und einer Bibliothekarin, wurde 1918 in Wien zum Dr. phil. promoviert (Gottfried Keller und Adalbert Stifter. Ein Vergleich), war bis 1920 Privatbibliothekar in Schweden und danach Volont¨ar an der Nationalbibliothek Wien. Er studierte dann in Groningen und legte 1924 das holl¨andische Staatsexamen f¨ur Deutsch ab. Seit 1929 war er Bibliothekar zun¨achst in Leipzig, dann in Bonn; 1932 wurde er Mitglied der Preußischen Pr¨ufungskommission f¨ur Bibliothekswesen in Berlin. Nachdem 1934 die Bonner Bibliothek von den Nationalsozialisten geschlossen worden war, emigrierte A. nach Schweden und war bis 1942 Dozent f¨ur Deutsche Sprache und Literatur in Lund, bis 1946 Dozent an der Handelshochschule Stockholm. Seit 1946 lehrte er als a. o. Prof. an der Univ. Freiburg (Schweiz), 1950-69 als o. Prof. der Neueren Deutschen Literatur. A. verfaßte eine Geschichte der deutschen Literatur (2 Bde., 1949 / 50) und u¨ bersetzte Werke schwedischer Schriftsteller ins Deutsche. C IGL
Alkofer, Erasmus Sigmund, evang. Theologe, Historiker, * 13. 1. 1673 Regensburg, † 20. 9. 1727 Regensburg. A., Sohn eines Malers und Lehrers, besuchte Schulen in Re¨ gensburg und Odenburg (Ungarn). Mit einem Stipendium des Magistrats ging er zum Studium an die Univ. Jena, das er 1698 als Magister Artium abschloß. 1700 ordiniert, fand er eine Anstellung als Prediger in Dornburg bei Jena; 1704 wurde er in derselben Funktion nach Regensburg berufen. Seit 1714 wirkte er als Fr¨uhprediger an St. Oswald; 1722 wurde er Consistorialis, 1723 Senior. Von A. stammen die Annales Ratisbonenses Ecclesiastici, die sp¨ater als Kirchenprotokolle fortgef¨uhrt wurden. Alkuin, auch Alchvine, Albinus, Beiname: Flaccus, Gelehrter, Theologe, * um 730 Northumbrien, † 19. 5. 804 Tours. A. wurde an der Kathedralschule in York erzogen, war seit 778 deren Leiter und kam nach seinem Treffen mit → Karl dem Großen in Parma 781 auf dessen Einladung ins Fr¨ankische Reich. Er wurde Abt von Troyes, dann von Ferri`eres, 796 von St. Martin in Tours. A. war Leiter der Aachener Hofschule und u. a. Lehrer von → Hrabanus Maurus und → Einhard. Er geh¨orte zum engsten Kreis der um Karl versammelten Bildungselite. Großer Anteil wird ihm an der Bildungsreform des Fr¨ankischen Reiches zugeschrieben. Maßgeblich beeinflußt hatte er die Epistola de litteris colendis (784 / 85) und die Admonitio generalis (789), die alle Bist¨umer und Kl¨oster zur Einf¨uhrung von Bibliotheken und Schulen verpflichteten. Aus dieser praktischen T¨atigkeit gingen Schriften wie De orthographia hervor. Neben der Organisation des Bildungswesens liegt A.s Bedeutung vor allem in der Aufarbeitung und Vermittlung des u¨ berkommenen theologischen und philosophischen Gedankengutes. In der Disputatio de vera philosophia forderte A. eine umfassende Kenntnis der Artes liberales, die als sapientia saecularis die Vorstufe der doctrina christiana (sapientia spiritualis) bilden. Er verfaßte eine Grammatica, einen Dialogus de rhetorica et virtutibus und eine Schrift De Dialectica. In zahlreichen theologischen Werken (Bibelkommentare, Verbesserungen des Bibeltextes, liturgische und dogmatische Abhandlungen) trat er gegen den Adoptianismus auf. Im Auftrag Karls des Großen revidierte A. das r¨omische Meßbuch und widmete sich der Neuorganisation des Missionswesens. 800
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Allardt ließ er Karl dem Großen die Alkuinbibel (nicht erhalten) u¨ berreichen; sie fand viele Nachahmungen. Weit verbreitet war A.s Schrift De virtutibus et vitiis liber. In der 802 Karl dem Großen zum Aachener Konzil gewidmeten Schrift De fide sanctae et individuae trinitatis legte er die Trinit¨at aus. A. war auch Autor der a¨ ltesten erhaltenen mathematischen Aufgabensammlung in lateinischer Sprache und schrieb rund 300 Briefe und Gedichte. C TRE
Allardt, Helmut, Diplomat, * 20. 3. 1907 K¨onigsberg, † 22. 8. 1987 M¨unchen. A., Sohn eines preuß. Offiziers, studierte Jura in Berlin und G¨ottingen. 1931-35 im Justizdienst t¨atig, wurde 1936 in den Ausw¨artigen Dienst einberufen. 1939 trat er in die NSDAP ein. 1954 wurde er Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Jakarta (Indonesien), war 1958-60 Generaldirektor ¨ der EG-Abteilung „Uberseeische L¨ander und Gebiete“ und seit 1963 Botschafter in Madrid. W¨ahrend seiner Amtszeit als Botschafter in Moskau (1968-72) wurde der Moskauer Vertrag abgeschlossen und fand das Treffen Willy → Brandts mit dem Generalsekret¨ar der KPdSU Leonid Breschnjew auf der Krim statt. C BHdAD Alleintz, Lorenz, auch L. Alleintz van Hove, Lehrer, Kantor, * vor 1550 Antwerpen, † 17. 6. 1629 Frankfurt / Main. Wegen mangelnder Toleranz gegen¨uber dem Luthertum verließ A. Antwerpen und ging nach Frankfurt / Main, wo er 1573 vom Rat als „deutscher Schulmeister“ zugelassen wurde. 1577 erhielt er das B¨urgerrecht. Er war Kantor, Schulmeister, Diakon und Vorstandsmitglied der Niederl¨andisch Lutherischen Gemeinde in Frankfurt. Er u¨ bertrug → Luthers Katechismus (1580) und zahlreiche Kirchenlieder ins Franz¨osische. C NDB
Alleker, Johannes, kath. Theologe, P¨adagoge, * 30. 12. 1817 K¨oln, † 21. 7. 1889 Bad Neuenahr. Nach dem Studium der Philosophie und der Theologie trat A. 1842 in das Priesterseminar in K¨oln ein, wo er 1843 die Priesterweihe empfing. Zun¨achst war er in Rideggen (bei D¨uren) und in Aachen seelsorgerisch t¨atig und wurde 1846 Religionslehrer, sp¨ater auch Deutschlehrer am Ursulinenpensionat St. Leonhard. 1859 nahm er eine Pfarrstelle in Kettenis bei Eupen an. 1863 wurde er Seminardirektor in Br¨uhl, 1872 Mitglied der Pr¨ufungskommission f¨ur Mittelschullehrer und Rektoren. 1884 wurde er zum Schulrat ernannt. Zu seinen zahlreichen p¨adagogischen Werken z¨ahlt u. a. Die Volksschule (1873). Allemann, Beda, schweizer. Germanist, * 3. 4. 1926 Olten (Kt. Solothurn), † 19. 8. 1991 Bonn. A. studierte Germanistik, Kunstwissenschaft und Philosophie an der Univ. Z¨urich, wurde 1953 mit der Arbeit H¨olderlin und Heidegger (erw. 21956) promoviert und habilitierte sich dort 1955 f¨ur deutsche Literatur (Ironie und Dichtung). Lehrauftr¨age nahm er an der Freien Univ. Berlin, in Paris und Leiden wahr. Seit 1962 Privatdozent an der Univ. Kiel, folgte er 1964 einem Ruf als o. Prof. nach W¨urzburg, 1967 nach Bonn. Seit 1977 war er Mitglied der Deutschen Akademie f¨ur Sprache und Dichtung. A. schrieb u. a. Zeit und Figur beim sp¨aten Rilke (1961) und Gottfried Benn. Das Problem der Geschichte (1963). Er war Mitherausgeber der Gesammelten Werke von Paul → Celan (1983). C DLL 20. Jh. Allemann, Johann (Juan), Redakteur, Verleger, * 7. 3. 1826 Jegenstorf (Kt. Bern), † 9. 10. 1893 Berna (Argentinien). A., Sohn eines Lehrers, ließ sich zum Uhrmacher und Kaufmann ausbilden. Er arbeitete dann im Verlagsbereich, seit 1848 in Bern und seit 1852 in Langenthal. Er war Sekret¨ar
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der Kantonsverwaltung von Bern und 1851 / 52 Pr¨asident des Gr¨utlivereins. 1853 z¨ahlte er zu den Gr¨undern des Berner Konsumvereins. Seit 1863 Inhaber einer Druckerei und eines Verlags in Bern, redigierte er 1865-72 den „Gr¨utlianer“ und seit 1866 die „Schweizerische Auswandererzeitung“. 1873 meldete A. Konkurs an und wanderte im folgenden Jahr nach Buenos Aires aus. 1878 begr¨undete er dort das „Argentinische Wochenblatt“ (seit 1889 „Argentinisches Tageblatt“), das er selbst redigierte.
Allemann, (Fritz) Ren´e, schweizer. Journalist, Publizist, * 12. 3. 1910 Basel, † 29. 10. 1996 Kleinrinderfeld bei W¨urzburg. Der Sohn eines Fabrikdirektors studierte Soziologie, National¨okonomie und Geschichte an der Univ. Basel, 1930-32 an der Hochschule f¨ur Politik in Berlin. Seit 1928 bei der Basler „National-Zeitung“ journalistisch t¨atig, arbeitete A. 1942-47 als Auslandskorrespondent der Z¨urcher „Tat“ in London und Paris und war 1947-49 Redakteur in Z¨urich. 1949-60 war er Deutschlandkorrespondent der „Tat“ in Bonn, 1960-67 in Berlin, schrieb auch f¨ur die „Zeit“, die „Welt“ und die Z¨urcher „Weltwoche“ und war 1960-64 Mitherausgeber der Zeitschrift „Der Monat“. 1971 war er Gastprofessor f¨ur j¨ungste deutsche Geschichte an der University of Iowa. Seit 1972 lebte er als freier Publizist in Bayern, zuletzt in Kleinrinderfeld. A. ver¨offentlichte zahlreiche politische Sachb¨ucher und Reisef¨uhrer (u. a. Bonn ist nicht Weimar, 1956, Neuausg. 2000; 25mal die Schweiz, 1965, 41985 als 26mal die Schweiz, 5 1988; Macht und Ohnmacht der Guerilla, 1974, mit Juan Goytisolo und Peter Christopher; Spanien, 1978, Neuausg. 1985; Katalonien und Andorra, 1980, 61990). 1973 erhielt er den Kulturpreis des Kantons Solothurn, 1985 den Preis der Oertli-Stiftung. Allenblumen, Johann d. J., Jurist, Diplomat, * um 1400 Erfurt, † 1476 Erfurt. Nach dem Jurastudium in Erfurt war A. dort seit 1417 Lehrer der Dekrete. 1427 wurde er „Decretorum Baccalaureus“, 1431 „Decretorum Doctor“. 1439-60 war er Vizekanzler der Univ., seit 1445 Rektor. Nach der Ernennung zum Provisor von Erfurt 1461 durch den Mainzer Erzbischof → Diether von Isenburg repr¨asentierte er die Mainzer Herrschaft in der Stadt. Als Jurist f¨uhrte er zahlreiche Prozesse und erwarb sich vor allem beim Hochadel einen guten Ruf. In diplomatischen Missionen war A. vor allem f¨ur → Friedrich II. von Sachsen t¨atig; 1451 reiste er nach Burgund, um die Verlobung von dessen Tochter mit Karl dem K¨uhnen in die Wege zu leiten. A. war ein F¨orderer des im Entstehen begriffenen Humanismus und unterst¨utzte den fahrenden humanistischen Poeten Peter → Luder. C NDB
Allendorf, Johann Ludwig Konrad, luth. Theologe, Liederdichter, * 9. 2. 1693 Josbach bei Marburg, † 3. 6. 1773 Halle. A., Sohn eines Pfarrers, nahm sein Studium 1711 in Gießen auf und setzte es 1713 als Sch¨uler August Hermann → Franckes in Halle fort. Zun¨achst als Hofmeister t¨atig, war er seit 1724 luth. Hofprediger in K¨othen, wo ihn eine enge Freundschaft mit Leopold Franz Friedrich Lehr verband. 1750 wurde A.s Stelle aufgehoben; er ging nach Wernigerode und wurde 1755 Pfarrer in N¨oschenrode und Konsistorialrat. Seit 1759 war er Pfarrer in St. Ulrich und Lehrer am luth. Gymnasium in Halle. Zusammen mit Lehr gab er die dreib¨andige pietistische Sammlung C¨othnische Lieder (1736-68) heraus. Er schrieb etwa 130 Lieder, von denen heute u. a. Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude und Dein Wort, o Herr bringt uns zusammen noch bekannt ist. C NDB
Allgeyer Allers, Christian Wilhelm (Willy), Pseud. Andresen, Zeichner, Maler, * 6. 8. 1857 Hamburg, † 19. 10. 1915 Karlsruhe. Nach dem Besuch der Gewerbeschule trat A. in die Lithographische Anstalt in Hamburg ein. 1878 ging er nach Karlsruhe, um sich als Sch¨uler von Ferdinand → Keller und Hans → Gude in der Malerei fortzubilden. Es schlossen sich Studienreisen in die Niederlande, nach Großbritannien, Schweden und Italien an. Wieder in Hamburg, gr¨undete A. einen eigenen Verlag und gab eine Reihe von Zyklen mit zunehmend imperialistischer Tendenz heraus (u. a. Klub Eintracht, 1888). Zwischen 1893 und 1903 verbrachte A. jeden Winter auf Capri, danach reiste er jahrelang um die Welt, bis er sich 1914 in Karlsruhe niederließ. Zu seinem Werk geh¨oren Zeichnungen, Druckgraphiken, Portr¨ats und lebensgroße Genrebilder. C AKL
Allers, Rudolf, Philosoph, Psychiater, * 13. 1. 1883 Wien, † 14. 12. 1963 Hyattsville (Maryland, USA). A. studierte Medizin in Wien (Promotion 1906) und war 1907 Assistent in einem biochemischen Labor, 1908 Assistent an der Prager Deutschen Psychiatrischen Klinik und 1909 unter Emil → Kraepelin an der M¨unchner Psychiatrischen Klinik. 1913 habilitierte er sich dort (Untersuchungen u¨ ber den Stoffwechsel bei der progressiven Paralyse) und wechselte 1918 an das Physiologische Institut der Univ. Wien u¨ ber, wo er sich 1927 f¨ur Psychiatrie habilitierte und die Leitung der Abteilung f¨ur Medizinische Psychologie und Sinnesphysiologie u¨ bernahm. 1938 emigrierte er mit seiner Frau, einer Schwester Lise → Meitners, in die USA und wurde dort im selben Jahr Prof. an der Catholic University of America, Washington, D. C. 1948-63 war er Prof. der Philosophie an der Georgetown University, Washington, D. C. A. entdeckte ein nach ihm benanntes Syndrom, das sich bei Menschen, die von ihrer Muttersprache v¨ollig abgeschnitten sind, in Form von Verfolgungs¨angsten a¨ ußert. Er ver¨offentlichte u. a. Das Werden der sittlichen Person (1929, 41935, Nachdr. 1970, engl. 1931), Christus und der Arzt (1931) und Self Improvement (1939). C BHdE, Bd 2
Alletsee, Paulus, auch Allettssee, Alleci, Lauten- und Geigenmacher, * Hohenschwangau, getauft 26. 8. 1684 Waltenhofen, † 21. 9. 1733 M¨unchen. ¨ Uber A.s Ausbildung zum Lauten- und Geigenmacher und seine sp¨ateren Gesellenjahre ist nichts bekannt. Vermutlich seit 1714 war A. in M¨unchen t¨atig, wo er 1716 seinen F¨ussener Cousin Johann Paul Christa als Lehrling aufnahm. Seit 1724 signierte er seine Instrumente als „Hoflauten- und Geigenmacher“. Die Jahre bis 1727 z¨ahlen zu seinen erfolgreichsten. Seinen sich jahrelang um die Nachfolge streitenden Erben hinterließ A. hohe Schulden. Erst 1736 u¨ bernahm Christa den Betrieb. A. war einer der handwerklich besten und stilistisch sichersten Geigenmacher der F¨ussener Schule. Zu den von ihm gebauten Streichinstrumenten geh¨orten Geigen, Bratschen, kleine Streichb¨asse, Kontrab¨asse, Diskant-, Alt / Tenor-, Baß-Gamben, Englische Violette, Barytone, Trombae marinae und eine Laute. Als erster M¨unchner Geigenbauer stellte er Viole d’amore und Violoncelli her. A., in dessen Schaffen sich ein Wandel vom Lautenbauer zum Geigenbauer erkennen l¨aßt, betrieb auch Handel mit alten Instrumenten. C MGG
Allfeld, Philipp, Jurist, * 2. 11. 1852 M¨unchen, † 29. 6. 1940 Erlangen (?). A. studierte seit 1871 Jura an der Univ. M¨unchen und wurde 1877 promoviert (Die Entwicklung des Begriffes „Mord“ bis zur Carolina). Er trat in den Justizdienst ein und wurde 1879 Dritter Staatsanwalt in Traunstein. Seit 1882 war er Amtsrichter in M¨unchen und von 1886 an Zweiter Staatsanwalt. 1891 zum Landesgerichtsrat in M¨unchen ernannt, folgte A. 1895 einem Ruf als o. Prof. des Strafrechts, der Rechtsen-
zyklop¨adie und des V¨olkerrechts an die Univ. Erlangen. Er war Mitglied der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung, der Deutschen Gesellschaft f¨ur V¨olkerrecht und der Deutschen strafrechtlichen Gesellschaft. A. ver¨offentlichte u. a. Der Einfluß der Gesinnung des Verbrechers auf die Bestrafung (1909).
Allg¨auer, Oscar, schweizer. Jurist, Politiker, * 18. 9. 1861 Rothenburg (Kt. Luzern), † 18. 12. 1943 Luzern. A. studierte 1880-84 Jura in Straßburg und M¨unchen und wurde in Bern promoviert. 1885 ließ er sich als Rechtsanwalt in Willisau nieder. Kurze Zeit war er Redakteur beim „Luzerner Tagblatt“, seit 1891 Rechtsanwalt in Luzern. Seit 1895 geh¨orte er als Liberaler dem Großen Rat an. A. wurde Mitglied der Kommission f¨ur das Luzerner Einf¨uhrungsgesetz zum Schweizer Zivilgesetzbuch (ZGB) und Mitarbeiter am neuen Zivilrechtsverfahren (1913) sowie am Kantonalbankgesetz (1913). 1914-41 war er Vizepr¨asident des Bankrats der Luzerner Kantonalbank und seit 1916 Verwaltungsratsmitglied, von 1924 an Pr¨asident des Verwaltungsrats der Vereinigten Luzerner Brauereien A. G. und 1922-41 Mitglied des Verwaltungsrats der Grand Hotel National A. G. C Biogr Verstorb Schweiz, Bd 1
Allgayer, Franz Xaver, kath. Theologe, Philologe, Lehrer, * 12. 11. 1810 Aulendorf (Schwaben), † 1. 5. 1885 Kochert¨urn (W¨urttemberg). Seit 1830 am Wilhelmsstift in T¨ubingen, studierte A. dort Philosophie, Theologie und Philologie. 1835 trat er in das Priesterseminar in Rottenburg ein, wo er im selben Jahr die Priesterweihe empfing. Er wurde Lehrer an der Lateinschule in Schw¨abisch Gm¨und, 1838 Lehrer, 1852 Rektor und erster Prof. am Gymnasium in Ehingen. Seit 1858 war er Pfarrer in Kochert¨urn, wo er die Besch¨aftigung mit lateinischer Philologie fortsetzte. A. besorgte die Neubearbeitung der vierten bis sechsten Auflage des Antibarbarus der lateinischen Sprache von Johann Philipp Krebs. Allgeier, (Franz) Arthur, kath. Theologe, Orientalist, * 23. 10. 1882 Wehr (Baden), † 4. 7. 1952 Ebersteinburg (Baden). Nach dem Theologiestudium 1902-05 in Freiburg / Breisgau wurde A. 1906 zum Priester geweiht. Zun¨achst Vikar in Appenweier, wurde er 1907 Pr¨afekt am erzbisch¨oflichen Gymnasialkonvikt in Freiburg und widmete sich nebenbei dem Studium der klassischen Philologie und der semitischen Sprachen. 1910 wurde er zum Dr. theol., 1914 in Berlin, wo er seit 1912 an der Univ. t¨atig war, zum Dr. phil. (Orientalistik) promoviert. 1915 ging er als Privatdozent an die Univ. Freiburg und war dort von 1919 bis zu seiner Emeritierung 1951 Ordinarius f¨ur Alttestamentliche Literatur. 1929-41 war A. Generalsekret¨ar der G¨orres-Gesellschaft. 1937 zum P¨apstlichen Hauspr¨alaten ernannt, wurde er 1941 Konsultor der P¨apstlichen Bibelkommission. Internationale Anerkennung fand er durch die Erforschung der lateinischen Psalmen¨uberlieferung (u. a. Die altlateinischen Psalterien, 1928). C Bad Bio N.F., Bd 1
Allgeyer, Julius, Kupferstecher, Photograph, Schriftsteller, * 29. 3. 1829 Haslach (Baden), † 6. 9. 1900 M¨unchen. A., Sohn eines Amtsrevisors, erhielt seine Ausbildung (seit 1843) an der Creuzbauerschen lithographischen Anstalt in Karlsruhe. Wegen seiner Teilnahme an der badischen Revolution 1848 wurde er ausgewiesen und mußte sich einige Zeit in der Schweiz aufhalten. Nach der Amnestie kehrte er nach Karlsruhe zur¨uck und erhielt 1854 ein Stipendium, um sich in D¨usseldorf als Kupferstecher auszubilden. Aus dieser Zeit datiert seine lebenslange Freundschaft mit Johannes → Brahms und Clara → Schumann. 1856-60 lebte er in Rom, wo er Anselm → Feuerbach kennenlernte und dessen
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Allina Gem¨alde teilweise gestochen oder als Photographien ver¨offentlichte. Wieder in Karlsruhe, spezialisierte A. sich auf die Photographie und gr¨undete dort zusammen mit seinem Bruder ein Atelier. 1872-92 arbeitete er – mit Unterbrechungen – bei der Fa. Albert in M¨unchen, u. a. an der Weiterentwicklung des Lichtdruckverfahrens. A. ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch u¨ ber das Lichtdruckverfahren (1881, 41896) und die Biographie Anselm Feuerbach (1894). C AKL
Allina, Heinrich, o¨ sterr. Politiker, Gewerkschafter, * 24. 11. 1878 Schaffa (M¨ahren), † 10. 12. 1953 Wien. Zusammen mit Hugo → Breitner und Leopold Epstein gelang A. die gewerkschaftliche Organisierung der Bank- und Sparkassenbeamten. Er war Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) und Sekret¨ar des Reichsvereins ¨ der Bank- und Sparkassenbeamten Osterreichs. Als Fachmann f¨ur W¨ahrungs- und Finanzfragen geh¨orte er 1920-34 ¨ dem Osterreichischen Nationalrat an. Er war Mitglied der Gewerkschaftskommission und des Bundes der Freien Ge¨ ¨ werkschaften Osterreichs. Nach dem „Anschluß“ Osterreichs wurde er 1938 verhaftet und interniert. Vermutlich 1939 konnte er nach London emigrieren. Dort war er 1939 Mitgr¨under des Austria Office und 1940 Gr¨under und Vorsitzender der Association of Austrian Social Democrats in Great Britain (Gruppe Allina). 1949 kehrte A. nach Wien zur¨uck. C BHdE, Bd 1
Allio, Donato Felice d’, auch Donat(us) Felix d’A., Architekt, Baumeister, * 24. 10. 1677 Scaria / Como, † 6. 5. 1761 Wien. A. entstammte einer weitverzweigten Familie von Baumeistern, Bildhauern und Stukkateuren und war vor 1698 in Wien; er ist als Polier 1698 / 99 am Kapellenbau des Piaristenkollegs nachweisbar. Nach der Meisterpr¨ufung (1704) war er als b¨urgerlicher Maurermeister t¨atig. Daneben war er seit 1711 beim Milit¨arbauamt angestellt, zun¨achst als Fortifikations-Maurermeister, seit 1724 als Unter-Ingenieur mit dem Titel eines Ingenieur-Hauptmanns. Der Einfluß seines Lehrers Johann Bernhard → Fischer von Erlach l¨aßt sich an A.s Hauptwerk, der 1730 vollendeten Kirche der Salesianerinnen in Wien, sowie am Neubau des Stifts Klosterneuburg (unvollendet) erkennen. C AKL Allioli, Joseph Franz von, kath. Theologe, * 10. 8. 1793 Sulzbach (Oberpfalz), † 22. 5. 1873 Augsburg. A., Sohn eines Handelsmanns, studierte in Landshut, wo er Sch¨uler Johann Michael → Sailers war, wurde 1816 promoviert und zum Priester geweiht. Danach studierte er orientalische Sprachen in Wien, Rom und Paris. 1821 wurde er Dozent, 1823 a. o. Prof., 1824 o. Prof. der orientalischen Sprachen, der Exegese und der biblischen Arch¨aologie an der Univ. Landshut. 1826 folgte er einem Ruf als Prof. nach M¨unchen und war dort 1830 Rektor der Univ. und seit 1830 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1835 wurde er Domkapitular in Regensburg, 1838 Dompropst in Augsburg. Im bayerischen Landtag, dem er seit 1848 angeh¨orte, setzte er sich entschieden f¨ur die Emanzipation der Juden ein. 1852 wurde er geadelt. A. u¨ bersetzte die Bibel aus der Vulgata ins Deutsche, die er mit Anmerkungen zum hebr¨aischen und griechischen Text versah (6 Bde., 1830-34). C Fries
Allmayer, Hermann (Martin Johann), o¨ sterr. Journalist, * 24. 3. 1900 Feldkirchen (K¨arnten), † 6. 8. 1977 Klagenfurt. A. war 1932-38 verantwortlicher Schriftleiter, 1938-40 stellvertretender Hauptschriftleiter und 1940-45 Hauptschriftleiter der „Alpenl¨andischen Rundschau“, einer Wochenzeitung, die seit 1936 von den illegalen Nationalsozialisten gef¨uhrt wurde. 1938 war er vor¨ubergehend auch stellvertretender Hauptschriftleiter des „K¨arntner Tagblatts“ und 1938-45 ver-
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antwortlicher Schriftleiter (f¨ur Heimatgau und Nachrichtendienst) des NS-Gauorgans „K¨arntner Grenzruf“ (seit 1942 „K¨arntner Zeitung“), dessen Hauptschriftleitung er 1943 u¨ bernahm. 1942 hatte er f¨ur einige Wochen auch die Hauptschriftleitung des „Karawankenboten“ inne. A. war seit 1938 Mitglied der NSDAP. Nach mehrmonatiger T¨atigkeit als Redakteur der Tageszeitung der britischen Besatzungsmacht, ¨ der „K¨arntner Nachrichten“, wechselte er zur SPO-Zeitung „Die Neue Zeit“ in Klagenfurt, deren Chefredakteurstellvertreter er 1946-66 war. C Hausjell
Allmenr¨oder, Karl, Milit¨ar, * 3. 5. 1896 Wald (Kr. Solingen), † 27. 6. 1917 Zillebeke bei Ypern. Nach der Mobilmachung 1914 brach A. das Medizinstudium ab und trat als Fahnenjunker in die Feld-Artillerie ein. 1915 wurde er zum Offizier bef¨ordert und 1916 zur Ausbildung in die Fliegerschule Halberstadt versetzt. Ende 1916 erfolgte seine Versetzung zur Jagdstaffel 11, die bald Manfred von → Richthofen u¨ bernahm. A. wurde zu dessen Stellvertreter ernannt. 1917 erhielt er den Orden Pour le m´erite. Kurz darauf wurde A. t¨odlich verwundet.
Allmers, Hermann (Ludwig), Schriftsteller, * 11. 2. 1821 Rechtenfleth bei Bremen, † 9. 3. 1902 Rechtenfleth bei Bremen. A. stammte aus einer wohlhabenden friesischen Bauernfamilie. Wegen seines großen Interesses f¨ur Naturwissenschaften und Geographie wollte er Forschungsreisender werden, gab diesen Berufswunsch jedoch vorl¨aufig auf, als er 1849 nach dem Tode seines Vaters auf Wunsch seiner Mutter den v¨aterlichen Hof u¨ bernehmen mußte. Nach dem Tode seiner Mutter unternahm er zwischen 1856 und 1859 gr¨oßere Bildungsreisen in die Schweiz und nach Oberitalien und lebte einige Zeit in Rom. Auf Anregung Wilhelm Heinrich → Riehls verfasste er das Marschenbuch (1858), die erste geschlossene Darstellung eines deutschen Landschaftsraumes. Das Werk ist von geringem literarischem, aber hohem kulturhistorischem Wert. A. z¨ahlt zu den Initiatoren der Heimatbewegung des sp¨aten 19. Jahrhunderts. Eines seiner popul¨arsten Werke waren die R¨omischen Schlendertage (1869, 111904), Ergebnis eines Romaufenthalts 1858 / 59. A. baute seinen Hof zum K¨unstlerheim aus und gr¨undete Heimatb¨unde „M¨anner vom Morgenstern“ und „R¨ustringer Heimatbund“. C Allg Hann Biogr, Bd 1 Allmers, Robert (Anton Hinrich), Pseud. A. Romers, S. R. St¨umers, Industrieller, * 10. 3. 1872 Alse (Wesermarsch), † 27. 1. 1951 Burg Thurant (Kr. St. Goar). A. studierte Volkswirtschaft in Freiburg / Breisgau und M¨unchen, wo er Sch¨uler Lujo → Brentanos war und promoviert wurde. Anschließend ging er nach Varel in Oldenburg und u¨ bernahm die von seinem Vater ererbte Zeitung „Der Gemeinn¨utzige“. Zusammen mit August Sporkhorst gr¨undete A. 1906 die Hansa-Automobil-Gesellschaft, die 1914 mit der Norddeutschen Automobil- und Motoren A. G. zur Hansa-Lloyd-Werke A. G. Bremen fusioniert wurde. Seit 1926 machte er sich als Pr¨asident des Reichsverbandes der Deutschen Automobilindustrie um die Organisation dieses Industriezweiges verdient. C Leb Nieders, Bd 6
Allw¨orden, Wilhelm von, Politiker, * 1. 6. 1892 Altona (heute zu Hamburg), † 10. 8. 1955 Hamburg. A., Sohn eines Dentisten, geh¨orte seit Mitte der zwanziger Jahre zu den Wegbereitern der NSDAP in Hamburg. Zun¨achst Arbeiter (1906-08), Kontorbote (1908-10) und Volont¨ar (1910 / 11), war er 1911-14 und 1919-30 als kaufm¨annischer Angestellter t¨atig. Im Ersten Weltkrieg geriet er in russische Kriegsgefangenschaft. Seit 1924 Leiter des V¨olkisch-Sozialen Blocks in Altona, trat A. 1925 in die NSDAP ein, wurde Ortsgruppenleiter in Altona und war 1926-29 SA- und SS-F¨uhrer in Schleswig-Holstein. Nach
Alpen politischen Stationen als Stadtverordneter der NSDAP in Altona (1929 / 30), als Gesch¨aftsf¨uhrer der NSDAP in Hamburg (1930-32) und als Fraktionsvorsitzender der NSDAP in der Hamburger B¨urgerschaft war er 1933-45 Senator in Hamburg, u¨ bernahm 1933 f¨ur einige Monate auch die Leitung der Wohlfahrtsbeh¨orde und wirkte 1933-38 als Kultursenator. Er war ferner Gauamtsleiter der NS-Volkswohlfahrt in Hamburg (1934-39), hauptamtlicher Beigeordneter der Verwaltung Handel, Schiffahrt und Gewerbe (1938-42), Gauverbandsleiter des Reichskolonialbundes in Hamburg (seit 1938) und Leiter der Hauptabteilung II im Reichsministerium f¨ur die besetzten Ostgebiete. Er nahm mehrere Aufsichtsratsmandate wahr, u. a. bei der Altonaer Quaiund Lagerhaus-Gesellschaft Hamburg (als Vorsitzender) und bei den Elektrizit¨atswerken Unterelbe AG Hamburg-Altona. 1945-48 verbrachte A. in Internierungshaft. C Gr¨uttner
Almendingen, Ludwig Harscher von, Jurist, * 25. 3. 1766 Paris, † 16. 1. 1827 Dillenburg. Nach dem Jurastudium in G¨ottingen war A. seit 1794 Hofrat und Prof. der Rechtswissenschaften an der Hohen Schule zu Herborn. 1805 als Rat an das Oberappellationsgericht des Gesamthauses Nassau in Hadamar berufen, wurde er 1811 Geheimer Rat und Vizedirektor beim Hofgericht in Wiesbaden sowie Mitglied der Gesetzgebungskommission. 1816-22 war er Vizepr¨asident am Hofgericht in Dillenburg. Zusammen mit Anselm von → Feuerbach und Karl Ludwig Wilhelm von → Grolmann war er beteiligt an der Umgestaltung der Zivilprozeßlehre und des Kriminalrechts. Er trat ¨ f¨ur Volksrepr¨asentation, Offentlichkeit der Rechtspflege und Pressefreiheit ein. Als Anwalt des Hauses Anhalt geriet er wegen seiner liberalen Ansichten in Konflikt mit der preuß. Regierung; er wurde wegen Demagogie verurteilt. C NDB Almenr¨ader, Carl, Instrumentenbauer, Musiker, * 3. 10. 1786 Ronsdorf (heute zu Wuppertal), † 14. 9. 1843 Biebrich bei Wiesbaden. Seit 1810 Lehrer f¨ur Fagott an der Musikschule in K¨oln, wechselte A. 1812 als Fagottist an das Theaterorchester in Frankfurt / Main u¨ ber. Er war 1815 / 16 Milit¨arkapellmeister und ließ sich dann f¨ur eine Weile in Mainz nieder, wo er Gottfried → Weber kennenlernte. 1820-22 betrieb A. eine Fabrik f¨ur Blasinstrumente in K¨oln. Seit 1822 war er erster Fagottist an der Nassauischen Hofkapelle in Biebrich. ¨ Damals war er f¨ur die Uberwachung der Fagottherstellung in der Schottschen Instrumentenfabrik in Mainz zust¨andig. A. machte sich um die technische Verbesserung des Fagotts verdient, ver¨offentlichte Trait´e sur le perfectionnement du basson (1819 / 20) und Fagottschule (1843) und komponierte Konzerte sowie Phantasien f¨ur Fagott. C MGG
Almer, Christian, Bergf¨uhrer, * 1826, † 1908. Nach der Teilnahme am Sonderbundskrieg von 1847 war A. einige Zeit als Hirt auf dem Z¨asenberg besch¨aftigt. Seit 1854 war er Bergf¨uhrer. 1864 gelang ihm die Erstbesteigung ´ des Pointe des Ecrins in der Dauphin´e. 1865 war er zusammen mit Edward Whymper auf zwei Gipfeln des MontblancMassivs, auf dem Grandes Jorasses und dem Aiguilles Verte. 1868-81 f¨uhrte er zusammen mit Coolidge etwa 30 Erstbesteigungen durch. Die Winterersteigung des Wetterhorns, der Jungfrau und des Schreckhorns sowie der Nordanstieg zur Jungfrau gelten als A.s Leistung.
Aloni, Jenny, geb. Rosenbaum, Schriftstellerin, * 7. 9. 1917 Paderborn, † 30. 9. 1993 Ganei Yehuda (Israel). Die Tochter eines j¨udischen Kaufmanns bereitete sich 1935 / 36 in einem Lager der Jugend-Alijah in Gut Winkel (Brandenburg) und 1936-39 in zionistisch-sozialistischen Kreisen in Berlin auf ihre Auswanderung nach Pal¨astina
vor. Nach dem 1939 nachgeholten Abitur war sie Jugendleiterin und Lehrerin der Alijah-Schule Schniebinchen (Lausitz) und ging im selben Jahr als Leiterin einer Gruppe von Heranwachsenden nach Jerusalem, wo sie ein Stipendium zum Studium an der Hebr¨aischen Univ. in Jerusalem erhielt. 1942-46 als Krankenpflegerin im Dienst der britischen Armee in Pal¨astina, f¨uhrte sie diese T¨atigkeit nach ihrer Entlassung ehrenamtlich fort, u. a. in einer psychiatrischen Klinik, war Sanit¨aterin im j¨udisch-arabischen Krieg 1948 und arbeitete nach einer Ausbildung zur Sozialarbeiterin in der Jugendf¨ursorge. Seit den f¨unfziger Jahren trat A. als deutschsprachige Schriftstellerin in Israel in Erscheinung, deren Gedichte, Erz¨ahlungen und Romane oft Autobiographisches zum Thema haben und die Schwierigkeiten der Eingew¨ohnung in das neue Leben beschreiben (u. a. Zypressen zerbrechen nicht, 1961, Roman). Kennzeichnend f¨ur A.s Werk sind das Dilemma der Notwendigkeit und gleichzeitigen Unm¨oglichkeit, sich von der Vergangenheit zu l¨osen, und die Verflechtung von Vergessen und Erinnern bei den ¨ Uberlebenden des Holocaust (Der bl¨uhende Busch, 1964, Roman). Trotz ihrer Freundschaft zu deutschen Schriftstellern (u. a. Heinrich → B¨oll) bewahrte A. stets eine gewisse Distanz zum literarischen Leben in Deutschland. Sie erhielt mehrere Auszeichnungen: 1967 den Kulturpreis der Stadt Paderborn, 1991 den Meersburger Droste-Preis f¨ur Dichterinnen und den Annette-von-Droste-H¨ulshoff-Preis (Großer Westf¨alischer Kulturpreis). C Westf Autoren, Bd 4
Alp´ar, Gitta, eigentl. Regina Kalisch, S¨angerin, Schauspielerin, * 5. 3. 1903 Budapest, † 17. 2. 1991 Palm Springs (Kalifornien, USA). Nach ihrer musikalischen Ausbildung an der Budapester Hochschule f¨ur Musik trat A., Tochter eines Kantors, 1923 ihr erstes Engagement an der K¨oniglichen Oper in Budapest an. Es folgten Gastauftritte an der M¨unchner und an der Wiener Staatsoper. 1927 kam A. an die Berliner Staatsoper, wo sie als K¨onigin der Nacht in → Mozarts Zauberfl¨ote und als Rosina im Barbier von Sevilla großen Erfolg hatte; hier begann sie, auch → Wagner-Rollen zu singen. Weitere Gastspiele f¨uhrten sie nach London, Budapest und Leipzig. 1930 wechselte A. zum Operettenfach u¨ ber. Sie sang oft als Partnerin Richard → Taubers und wirkte vor allem am Berliner Metropol-Theater und am Theater im Admiralspalast, zeitweise auch am Großen Schauspielhaus Berlin. A. trat auch als Filmschauspielerin auf, u. a. im Lustspiel Gitta entdeckt ihr Herz (1932) zusammen mit Gustav → Fr¨ohlich, ihrem sp¨ateren Ehemann. 1933 emigrierte sie u¨ ber Wien nach London, wo sie weiterhin als S¨angerin und Filmschauspielerin arbeitete. 1939 gelangte A. u¨ ber Argentinien in die USA. Hier konnte sie in zahlreichen Operettenrollen an ihre B¨uhnenerfolge in Europa ankn¨upfen und wirkte u. a. an der Seite von Marlene → Dietrich an Hollywoodproduktionen mit. Seit 1945 arbeitete A. als Sprachlehrerin bei der Filmproduktionsfirma Metro-Goldwyn-Mayer (MGM). C BHdE, Bd 2 Alpen, Johann von, vermutlich eigentl. Johann Wolfgang Ripp, kath. Theologe, * 1630 Alpen (bei Kleve), † 20. 5. 1698. Nach dem Studium an der Univ. K¨oln war A. 1657-62 Pfarrer in Osterwick. 1660 ernannte ihn der F¨urstbischof von M¨unster Christoph Bernhard von → Galen zum Geistlichen Rat und Kommissar in Spiritualibus, 1661 zum Generalvikar des Bistums außerhalb der Bischofsstadt und 1663 auch f¨ur die Bischofsstadt. 1677 nahm A. auf Anregung des F¨urstbischofs am Friedenskongreß in Nimwegen teil. Er verfaßte eine Biographie seines G¨onners von Galen in lateinischer Sprache (Decadis de vita Christo. Bernardi a Galen, 1694), die vor allem wegen des verwendeten Urkundenmaterials von großem Wert ist. C NDB
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Alpers Alpers, Ludwig, auch L. Alpers-Drochtersen, Politiker, * 15. 12. 1866 Drochtersen, † 15. 8. 1959 Bremerv¨orde. A. war seit 1887 Lehrer in Geestem¨unde, dann in Lehe; von 1892 an widmete er sich historischen und volkswirtschaftlichen Studien in Hamburg. 1911-30 geh¨orte er als Mitglied der Deutsch-Hannoverschen Partei dem Deutschen Reichstag an und war einer der f¨uhrenden Kr¨afte der f¨oderalistischen Bewegung im Kampf um die Reichsreform. 1945 war A. Mitbegr¨under der Nieders¨achsischen Landespartei und 1947 maßgeblich an der Entstehung der Deutschen Partei beteiligt. Er z¨ahlte zu den Mitgliedern des Deutschen Rats der Europ¨aischen Bewegung an. A. verfaßte u. a. Was wollen die Welfen? (1950). C Leb Nieders, Bd 7 Alphons, Theodor, o¨ sterr. Maler, Radierer, * 28. 10. 1860 Krakau, † 2. 9. 1897 Graz. A. studierte an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien bei Eduard → Peithner von Lichtenfels (Landschaftsmalerei) und J. Sonnenleiter (Kupferstich). Seit 1885 war er Sch¨uler von William → Unger. 1893 wurde er Mitglied des Wiener K¨unstlerhauses. A., der sich als Maler vorwiegend mit Landschafts- und Architekturmalerei in Aquarell besch¨aftigte, wurde in erster Linie durch seine Radierungen bekannt, f¨ur die er 1894 den von Baron Moritz Frh. von → K¨onigswart gestifteten K¨unstlerpreis erhielt. Er f¨uhrte sie teilweise nach eigenen Entw¨urfen aus (u. a. Salzburg und Heidelandschaft), zum Teil nach Vorlagen Franz von → Defreggers und Emil Jakob → Schindlers und anderer. A. setzte seinem Leben selbst ein Ende. C AKL
Alport, Leo, Bankier, Industrieller, * 8. 2. 1863, † 5. 3. 1935 Großbritannien (?). A. erhielt eine kaufm¨annische Ausbildung in Berlin. Zun¨achst bei der Firma H. C. Plaut, dann bei der Deutschen Genossenschaftsbank von Soergel, Parisius & Co. besch¨aftigt, war er 1888-1920 Inhaber des Bankhauses Adolph Alport in Posen. Er ließ sich dann in Hamburg nieder und war seit September 1920 stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Chemischen Fabrik P. Beiersdorf & Co. GmbH, Mitglied des Vorstands als „administrateur d´el´egu´e“ und Aufsichtsratsmitglied bei der Bendix A.G. in Landsberg / Warthe. 1933 emigrierte A. nach Großbritannien. C BHdE, Bd 1
Alquen, Gunter d’, Journalist, SS-Standartenf¨uhrer, * 24. 10. 1910 Essen, † 15. 5. 1998 M¨onchengladbach. A., Sohn eines Wollh¨andlers, schloß sich 1925 einer Jugendgruppe der NSDAP und 1927 der NSDAP selbst an; seit 1926 war er Mitglied der SA. Nach einigen Semestern Studium (Deutsch, Englisch, Geschichte) in Marburg und Berlin begann er seine journalistische Laufbahn als Volont¨ar bei der „Bremer Nationalsozialistischen Zeitung“, f¨ur die er bis 1931 als Schriftleiter arbeitete. In diesem Jahr wurde er Mitglied der SS. 1932 / 33 war A. Redakteur der M¨unchner und 1933-35 der Berliner Ausgabe des „V¨olkischen Beobachters“. Seit 1935 war er Chefredakteur der neu gegr¨undeten SS-Zeitung „Das Schwarze Korps“; daneben schrieb er Beitr¨age f¨ur die „NS-Monatshefte“. Bereits Ende 1933 geh¨orte er dem Kleinen F¨uhrerrat des Reichsverbands der Deutschen Presse, dem Pr¨asidialrat der Reichspressekammer und dem Reichskultursenat an. A. arbeitete am Drehbuch zu dem antisemitischen Propagandafilm Der ewige Jude mit und ver¨offentlichte, 1937 zum SS-Standartenf¨uhrer aufgestiegen, 1939 Die SS. Geschichte, Aufgabe und Organisation der Schutzstaffeln der NSDAP. 1939 u¨ bernahm er die Leitung der SS-Kriegsberichterstattung und wurde Kommandeur der SS-Propagandastandarte „Kurt Eggers“. Nach 1945 zun¨achst in britischer, 1948-50 in amerikanischer Gefangenschaft, wurde er als „Hauptschuldiger“ eingestuft und 1955 durch die Spruchkammer Berlin zu einer ersten und 1958 zu
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einer zweiten Geldstrafe verurteilt. Nach seiner R¨uckkehr nach Nordrhein-Westfalen war A. bis 1993 in der Textilbranche t¨atig. C Smelser
Alsberg, Max, Jurist, Schriftsteller, * 16. 10. 1877 Bonn, † 11. 9. 1933 Samaden (Kt. Graub¨unden). A., Sohn eines Kaufmanns, studierte Jura in M¨unchen, Berlin, Leipzig und Bonn, war Sch¨uler Karl → Bindings und w¨ahrend der Referendarzeit Assistent Ernst → Zitelmanns. 1906 wurde er promoviert (Vollendung und Realkonkurrenz beim Meineid des Zeugen und Sachverst¨andigen) und gr¨undete eine Rechtsanwaltskanzlei in Berlin. A. machte sich als Strafverteidiger in spektakul¨aren Prozessen einen Namen. Er verteidigte u. a. 1920 den Staatssekret¨ar Karl → Helfferich gegen die Beleidigungsklage des Reichsfinanzministers Matthias → Erzberger. A. war seit 1931 Honorarprofessor f¨ur Strafrecht an der Univ. Berlin und arbeitete an der Strafrechtsreform mit. Als sein Hauptwerk gilt Der Beweisantrag im Strafprozeß (1930). Neben seiner T¨atigkeit als Jurist verfaßte A. mehrere Justizdramen. Kurz nach der Urauff¨uhrung seines letzten St¨uckes Konflikt in Prag erhielt er 1933 Berufsverbot und emigrierte in die Schweiz, wo er Selbstmord beging. Seine Justizst¨ucke wurden an mehreren Exilb¨uhnen weiterhin aufgef¨uhrt. C Streitb Jur Alsberg, Moritz, Mediziner, Anthropologe, * 6. 2. 1840 Kassel, † 26. 6. 1920 Kassel. A. studierte Medizin in G¨ottingen, W¨urzburg, Berlin und Marburg, wurde 1863 promoviert (Untersuchungen u¨ ber den Raum- und Temperatursinn bei verschiedenen Graden der Blutzufuhr) und war 1864-77 praktischer Arzt in der Kapprovinz in S¨udafrika. Dort unternahm er zahlreiche Reisen, um morphologisch-ethnologische Studien durchzuf¨uhren. 1878 kehrte er dann nach Kassel zur¨uck und er¨offnete eine Arztpraxis. A. gr¨oßtes Interesse galt der Anthropologie; er ver¨offentlichte u. a. Anthropologie mit Ber¨ucksichtigung der Urgeschichte des Menschen (1892).
Alscher, Ludger, Klassischer Arch¨aologe, * 11. 4. 1916 M¨unster (Westfalen), † 9. 11. 1985 Berlin. A. studierte seit 1936 in M¨unster Alte Geschichte und Klassische Arch¨aologie, wechselte 1939 nach M¨unchen und wurde 1942 mit einer Arbeit u¨ ber freiplastische Nikedarstellungen promoviert. Zu seinen Lehrern geh¨orten Friedrich → Matz und Ernst → Buschor. 1945 u¨ bernahm A. den Aufbau des Arch¨aologischen Instituts in Jena. 1950 mit einer Arbeit u¨ ber griechische Kleinplastik der Fr¨uhzeit habilitiert, wechselte er 1951 als Dozent und Leiter des Winckelmann-Instituts an die Humboldt-Universit¨at Berlin, zu dessen Neuaufbau er maßgeblich beitrug. 1952 wurde A. zum Prof. mit Lehrauftrag, 1953 zum Ordinarius und zugleich zum Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Beirats f¨ur Arch¨aologie beim Staatssekretariat (sp¨ater Ministerium f¨ur das Hoch- und Fachschulwesen) ernannt. 1968-81 lei¨ tete er die Sektion Asthetik / Kunstwissenschaften, in die das Winckelmann-Institut integriert war. Die Grundlage seiner wissenschaftlichen Arbeit bildete die Formanalyse, die auch der Ausgangspunkt f¨ur seine systematische Darstellung der griechischen Plastik war (4 Bde., 1954-82). Eine weitere wichtige Publikation galt dem „Bostoner Thron“ (G¨otter vor Gericht, 1963).
Alscher, Otto, Schriftsteller, * 8. 1. 1880 Perlasz / Theiß, † 30. 12. 1944 Tirgu Jiu. A. studierte 1899 an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Danach arbeitete er als Graphiker und Journalist f¨ur verschiedene Wiener Zeitungen. Seit 1905 lebte er in Orsowa in den S¨udkarpaten in einem selbstgebauten Haus im Wald und schrieb dort seine ersten Erz¨ahlungen, die weitgehend im Zigeuner- und Hirtenmilieu angesiedelt waren. Er verfaßte u. a. den Roman Gogan und das Tier
Alt (1912, Neuausg. 1970). Nach dem ersten Weltkrieg war A. Sekret¨ar des deutschen Volksrats in Ungarn und Redakteur des Pester „Deutschen Tagblatts“. 1924 zog er sich nach Orsowa zur¨uck und lebte als freier Schriftsteller. 1944 kam A. in einem rum¨anischen Internierungslager um.
Alscher, Robert, Jurist, * 7. 3. 1830 Oberschlesien, † 31. 5. 1898 Thun (Kt. Bern). Nach dem Jurastudium in K¨onigsberg wurde 1857 A. Assessor am Oberlandesgericht in K¨onigsberg, 1858 Kreisrichter in M¨uhlhausen (Ostpreußen). Seit 1860 war er Rechtsanwalt und Notar in Osterode und von 1872 an in K¨onigsberg, wo er 1879 zum Justizrat ernannt und sp¨ater Stadtverordneter wurde. A. geh¨orte zu dem literarisch interessierten Kreis von Juristen um Felix → Dahn und Ernst → Wichert. Er ver¨offentlichte u. a. Das Unfehlbarkeitsdogma und die katholische Kirchengemeinde in K¨onigsberg (1872). Alschinger, Andreas, o¨ sterr. Botaniker, * 20. 11. 1791 Angern (bei Budweis), † 10. 1. 1864 Wien. Seit 1818 als Supplent (Hilfslehrer) an der Handels- und Seeakademie in Triest, lehrte A. 1821-58 Geschichte, klassische Philologie und Naturgeschichte in Zara. 1829 erforschte er die Botanik Dalmatiens. Sein Werk Flora Jadrensis (1832) gibt nicht nur Kenntnis von der Vegetation des Landes, sondern verzeichnet neben den lateinischen und deutschen botanischen Bezeichnungen auch die italienischen, griechischen und dalmatisch-illyrischen Namen. Alsdorf, Ludwig, Indologe, * 8. 8. 1904 Laufersweiler (Kr. Simmern), † 25. 3. 1978 Buchholz i. d. Nordheide. A. studierte an den Universit¨aten Heidelberg, Hamburg und Berlin und wurde 1928 promoviert. 1933 trat er in die NSDAP ein. Seit 1935 war er Privatdozent an der Univ. Berlin, seit 1938 an der Univ. M¨unster, wo er 1943 a. o. Prof. wurde. 1944 ging er an die Univ. Berlin und kehrte 1948 als Prof. der Indologie und Leiter der indologischen Abteilung des Orientalischen Seminars nach M¨unster zur¨uck. 1950 folgte er einem Ruf nach Hamburg. Er verfaßte u. a. Indien von den mohammedanischen Eroberern bis zur Gegenwart (in: Geschichte Asiens, Bruckmann-Weltgeschichte, ¨ Akad, Jg. 129 1950). C Almanach Ost Alsen, Herbert, eigentl. Murke, S¨anger, * 12. 10. 1906 Hildesheim, † 25. 10. 1978 Wien. A. studierte Gesang an der Berliner Musikhochschule, zugleich Theaterwissenschaften an der Univ. Berlin. 1929 deb¨utierte er am Stadttheater Hagen. 1930 / 31 sang er am Landestheater Dessau, 1931-34 am Staatstheater Wiesbaden. 1935-49 war A. Mitglied der Wiener Staatsoper und trat seit 1936 bei den Salzburger Festspielen auf. Er gab Gastspiele u. a. an der Covent Garden Opera London, an der Grand Op´era von Paris; in der Saison 1938 / 39 war er an der Metropolitan Opera New York engagiert. A., seit 1947 Kammers¨anger, lebte sp¨ater in M¨orbisch (Burgenland), wo er die C Kutsch Operettenfestspiele begr¨undete. Alsleben, Julius, Musikp¨adagoge, * 24. 3. 1832 Berlin, † 8. 12. 1904 Berlin. Nach dem Studium der Orientalistik in Berlin und der Promotion in Kiel widmete A. sich ganz der Musik. Er war Sch¨uler von Eugen Leuchtenberg, Ernst Zech und Siegfried → Dehn und ließ sich nach Beendigung seiner musikalischen Ausbildung in Berlin als Klavierlehrer nieder. 1865 wurde er Vorsitzender des Berliner Tonk¨unstlervereins. 1872 erhielt er den Professortitel. 1879 war er Mitbegr¨under des Musiklehrervereins und wurde dessen Vorsitzender. A. arbeitete als Redakteur der Zeitschrift „Harmonie“ und ver¨offentlichte u. a. ein Kleines Tonk¨unstlerlexikon (1864). C MGG
Alsted, Johann Heinrich, reformierter Theologe, Philosoph, * M¨arz 1588 Ballersbach bei Herborn, † 9. 11. 1638 Weißenburg (Siebenb¨urgen). A., Sohn eines Predigers, bezog 1602 das P¨adagogium in Herborn, wurde 1608 Lehrer der Prima und Inspektor der Stipendiaten, 1610 a. o. Prof., 1615 o. Prof. der Philosophie an der Hohen Schule in Herborn. 1618 vertrat er die nassauischen Lande bei der Dordrechter Synode, wo er als Gegner der Arminianer auftrat. 1619 wurde A. Ordinarius f¨ur Theologie, war 1619 / 20 und 1625 Rektor und seit 1626 Professor Primarius. Seit 1629 lehrte er an der reformierten Hohen Schule in Weißenburg, wo er sich vor allem sprachlichen und theologischen Studien widmete. A. war in Herborn Lehrer von Johann Heinrich → Bisterfeld und 1611-13 von Johann Amos → Comenius, u¨ ber den er großen Einfluß auf die Entwicklung der P¨adagogik aus¨ubte, und Freund von Johann Valentin → Andreae. In der Philosophie nahm er Gedanken von Aristoteles, Raimundus Lullus (Clavis artis Lullianae et verae logicae, 1609, Nachdr. 1983) und Petrus Ramus auf. Er war auch → Keckermann verpflichtet, dessen Werke er als Systema Systematum herausgab. Als Theologe vertrat er die reformierte F¨oderaltheologie und hing dem Chiliasmus an. A. war einer der einflußreichsten Scholastiker des 17. Jahrhunderts. Er verfaßte zahlreiche Lehrb¨ucher, die sich durch methodische Genauigkeit auszeichnen. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort Distinctiones per universam theologiam (1626). Seine B¨ucher, die auch im calvinistischen Holland, in England und in Amerika benutzt wurden, stellte er 1630 zu einer Encyclopaedia. Septem tomis distincta (Faksimile-Neudruck der Ausgabe Herborn 1630, 7 in 4 B¨anden, 1989 / 90) zusammen, womit er neben → Agrippa von Nettesheim, Giordano Bruno und Athanasius → Kircher in die Vorgeschichte der entsprechenden Entw¨urfe von → Leibniz geh¨ort. C TRE
Alster, Raoul, eigentl. R. Abraham, Schauspieler, Regisseur, Theaterdirektor, * 27. 10. 1899 Lemberg (Galizien), † 19. 3. 1962 Bern. A. studierte zwei Semester Jura und nahm 1920 / 21 Schauspielunterricht an der Staatsakademie f¨ur Musik und darstellende Kunst in Wien. 1921 / 22 spielte er am Stadttheater in Gablonz, 1922 / 23 in Chemnitz und 1923 / 24 in K¨onigsberg. Es folgten bis zu seiner Entlassung 1933 Engagements in N¨urnberg, Frankfurt / Main, Dresden und Mannheim. Er war Mitglied der Genossenschaft Deutscher B¨uhnenangeh¨origer. A. emigrierte 1933 nach Wien und nach einem vor¨ubergehenden Engagement in Br¨unn 1935 in die Schweiz, wo er bis 1955 Schauspieler und sp¨ater Direktor am Stadttheater Bern war. Er arbeitete als H¨orspielregisseur bei den Radiosendern Bern und Berom¨unster und war 1945 Mitglied des Vorbereitungskomitees f¨ur die Wiederherstellung des o¨ sterreichischen Kulturlebens. Im Herbst 1955 wurde er k¨unstlerischer Leiter des Ateliertheaters in Bern. Als Regisseur inszenierte A. vor allem moderne Dramen. C BHdE, Bd 2
Alt, Albrecht, evang. Theologe, * 20. 9. 1883 St¨ubach (Mittelfranken), † 24. 4. 1956 Leipzig. Nach dem Studium der Theologie in Erlangen und Leipzig ging A., Sohn eines Pfarrers, an das Predigerseminar in M¨unchen, 1908 als Inspektor an das Theologische Stu¨ dienhaus in Greifswald (Promotion 1909, Israel und Agypten). Dort habilitierte er sich und wurde 1912 a. o. Prof. des Alten Testaments. 1914 folgte er einem Ruf als Ordinarius nach Basel, 1921 nach Halle und 1923 nach Leipzig. 1921-23 war er Leiter und Propst des Deutschen Evangelischen Instituts f¨ur Altertumswissenschaft des Heiligen Landes in Jerusalem. 1925 wurde er Vorsitzender des Deutschen Vereins zur Erforschung Pal¨astinas, 1926 Herausgeber des Pal¨astinajahrbuchs. A. erforschte Pal¨astina und den Alten Orient. Seine wesentlichen Arbeiten zur St¨ammegeographie,
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Alt Territorialgeschichte und Rechtskultur sind enthalten in den Kleinen Schriften zur Geschichte des Volkes Israel (3 Bde., 1953-59). C Smend
Alt, Eugen (Johann), Meteorologe, Klimatologe, * 4. 8. 1878 Augsburg, † 25. 9. 1936 Dresden. A., Sohn eines Postoberkondukteurs, studierte Mathematik und Physik an der TH M¨unchen, war kurze Zeit als Lehrer besch¨aftigt, seit 1902 als Adjunkt bei der K¨oniglich Bayerischen meteorologischen Zentralstation in M¨unchen. 1908 wurde er in M¨unchen mit der Arbeit Die Doppeloszillation des Barometers insbesondere im Arktischen Gebiete promoviert. Seit 1921 war A. Direktor der S¨achsischen Landeswetterwarte in Dresden, seit 1924 Honorarprofessor f¨ur Meteorologie an der dortigen TH und an der Forstlichen Hochschule Tharandt. Mit der Umorganisation des deutschen Wetterdienstes wurde er 1935 zum Oberregierungsrat und Luftkreismeteorologen im Luftkreiskommando III Dresden ernannt. A. besch¨aftigte sich haupts¨achlich mit Klimatologie, besonders mit atmosph¨arischer Strahlung. Er verfaßte u. a. Das Klima (1912) und stellte einen Klimaatlas von Sachsen (1924) zusammen. C NDB
Alt, Franz, o¨ sterr. Maler, * 16. 8. 1821 Wien, † 13. 2. 1914 Wien. Der Bruder von Rudolf von → A. wurde zun¨achst von seinem Vater Jakob → A. ausgebildet und studierte seit 1836 an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste. Er kopierte anfangs andere K¨unstler, auch seinen Vater; um 1840 entstanden seine ersten selbst¨andigen Werke. Er unternahm zahlreiche Studienreisen, die ihn durch halb Europa f¨uhrten. Landschaftsdarstellungen, Stadtansichten und Interieurs herrschen vor; Aquarelle und Bleistiftzeichnungen bilden den Hauptteil seines etwa 3500 Werke umfassenden Œuvre. C AKL
Alt, Georg, auch Georgius, Jorg A., Losungsschreiber, ¨ Ubersetzer, * um 1450 Augsburg (?), † 28. 7. 1510 N¨urnberg. A. studierte seit 1466 an der Univ. Erfurt und war von 1473 an Schreiber und B¨urger in N¨urnberg. 1476 ist er als kaiserlicher Notar und Prokurator am Gericht verzeichnet; 1478 war er Kanzleischreiber. 1485 wurde er f¨ur 20 Jahre zum Losungsschreiber ernannt und hatte als solcher die st¨adtischen Einnahmen und Ausgaben zu registrieren. A. geh¨orte dem N¨urnberger Humanistenkreis an und u¨ bersetzte u. a. die vermutlich auf Bartolus zur¨uckgehende dritte Bearbeitung des Processus Satanae (1493) und die Weltchronik (1493) Hartmann → Schedels. Im Auftrag des N¨urnberger Rats u¨ bersetzte er 1495 Konrad → Celtis’ Norimberga. C Imhoff Alt, Jakob, auch Jacob A., Maler, * 27. 9. 1789 Frankfurt / Main, † 30. 9. 1872 Wien. A., Vater von Rudolf und Franz → A. erhielt seine erste k¨unstlerische Ausbildung in Frankfurt / Main. 1810 unterbrach er in Wien eine nach Rom geplante Studienreise und studierte an der Akademie der bildenden K¨unste. Erste selbst¨andige Arbeiten gelangen ihm auf dem Gebiet der Landschafts- und Vedutenmalerei; sie zeigten haupts¨achlich Wien und seine Umgebung. Zwischen 1820 und 1826 entstanden u. a. die aus 264 Bl¨attern bestehenden Donauansichten. Seit 1833 unternahm A. f¨ur Auftr¨age Kaiser → Ferdinands (Hohlspiegel-Guckkasten-Serien) Studienreisen im gesamten Gebiet der Monarchie, 1835 auch nach Italien. Sp¨ater arbeitete er an einem aus 360 Bl¨attern bestehenden Herbarium (Nieder¨osterreichisches Landesmuseum, Wien). C AKL
Alt, Johann Karl Wilhelm, evang. Theologe, * 1. 10. 1797 Hoyerswerda, † 22. / 23. 12. 1869 Hamburg (?). A. studierte seit 1814 Theologie in Leipzig, von 1817 an in Halle. Nachdem er kurze Zeit als Erzieher besch¨aftigt war, ging er 1819 nach Merseburg, um seine Ausbildung als
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Prediger zu vollenden. Gleichzeitig war er dort Leiter eines Erziehungsinstituts f¨ur T¨ochter. 1821 wurde er zum Dr. phil. promoviert. Seit 1823 war er Diakon in Eisleben, seit 1829 Pastor und von 1835 an Hauptpastor an der Petrikirche in Hamburg. 1836 erwarb er den Dr. theol. 1860 wurde er zum Senior des hamburgischen Ministeriums ernannt. A. war ein Kenner der orientalischen Sprachen; er u¨ bersetzte das Neue Testament. C ADB
Alt, Konrad, Psychiater, * 1861 bei Trier, † 28. 12. 1922 Magdeburg. A. studierte Medizin in W¨urzburg und wurde 1887 promoviert (Das Symptom der Personenverwechslung bei Geisteskranken). Nach seiner Assistenzzeit praktizierte er einige Jahre als Nervenarzt in Halle, wo er eine Privatklinik gr¨undete. 1893 folgte er einem Ruf, die Landes-Heilund Pflegeanstalt Uchtspringe (Sachsen) zu leiten. A. war Gr¨under und Herausgeber der Zeitschrift „Die Irrenpflege“ und Mitherausgeber der „Psychiatrischen Wochenschrift“. Er verfaßte u. a. ein Taschenbuch der Elektro-Diagnostik und Therapie (1893). A. setzte sich f¨ur die Hebung des Pfleger¨ standes und f¨ur die Einf¨uhrung der Familienpflege ein (Uber famili¨are Irrenpflege, 1899).
Alt, Michael, Musikp¨adagoge, * 15. 2. 1905 Aachen, † 20. 12. 1973 Dortmund. A. studierte seit 1925 Musikwissenschaften, P¨adagogik, Germanistik und Soziologie an der Univ. K¨oln und seit 1926 Schulmusik an der dortigen Musikhochschule. 1931-34 war er Dozent f¨ur Musikerziehung am Konservatorium in Aachen. 1929 gr¨undete er den Fachverband der Musikphilologen, den er bis 1933 leitete. 1934 wurde er an der Univ. K¨oln mit der Arbeit Eine Darstellung der Typen des musikalischen Genießens und Wertens beim Jugendlichen und ihrer p¨adagogischen Bedeutung promoviert. Seit 1937 Studienrat, war er seit 1938 Dozent f¨ur Musikerziehung an der Hochschule f¨ur Lehrerbildung in Oldenburg, wurde 1939 zum Prof. ernannt und lehrte 1939 / 40 in Hannover und Lauenburg. Nach der R¨uckkehr aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft war A. seit 1950 Studienrat, sp¨ater als Oberstudienrat im Schuldienst in Essen, seit 1953 nebenberuflich auch als Lehrbeauftragter f¨ur Musikerziehung an der Folkwangschule t¨atig. Dort gr¨undete er 1955 gemeinsam mit Max → Burchartz das Musische Seminar f¨ur Musik, Gymnastik, Sprechen und Kunst. Gleichzeitig war er Lehrbeauftragter f¨ur Musikgeschichte an der Musikakademie in Detmold. 1959 wurde er als Prof. f¨ur Musikerziehung an die P¨adagogische Hochschule in Detmold berufen. 1965-69 leitete er den von ihm gegr¨undeten Arbeitskreis „Forschung in der Musikerziehung“. Er geh¨orte dem Hochschulrat an und war Leiter der Fachschaft Musikerziehung an den P¨adagogischen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen. A. ver¨offentlichte u. a. Didaktik der Musik (1968). C MGG
Alt, Robert, Erziehungswissenschaftler, * 4. 9. 1905 Breslau, † 13. 12. 1978 Berlin. A., Sohn eines Stubenmalers, studierte 1924-27 Soziologie und Philosophie in Breslau und Berlin und trat 1924 in die SPD ein. 1927-29 setzte er seine Ausbildung an der P¨adagogischen Akademie in Frankfurt / Main fort und erhielt 1929 eine Anstellung als Lehrer an der Volksschule in BerlinNeuk¨olln. Seit 1932 unterrichtete er auch an der Volksschule ¨ der j¨udischen Gemeinde. Nach dem Ubertritt zur KPD 1933 aus rassistischen und politischen Gr¨unden aus dem o¨ ffentlichen Schuldienst entlassen, lehrte er in einem privaten Landschulheim und an j¨udischen Volksschulen in Berlin. 1939-41 war A. Dozent am j¨udischen Kinderg¨artnerinnen-Seminar der Reichsvereinigung der Juden. 1941 wurde er verhaftet und in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert. 1945 ¨ geh¨orte er zu den wenigen Uberlebenden des Konzentrationslagerschiffs „Kap Arkona“. 1946 trat A. der SED bei
Altdorfer und war Dozent, seit 1949 Prof. an der P¨adagogischen Hochschule in Potsdam. 1948 mit einer Dissertation u¨ ber Industrieschulen promoviert, wirkte er seit 1949 als Prof. f¨ur P¨adagogik an der Humboldt-Universit¨at Berlin; 1952-63 war er Direktor des Instituts f¨ur systematische P¨adagogik und Geschichte der P¨adagogik, 1958-61 auch Dekan der P¨adagogischen Fakult¨at. A. war Leiter der Arbeitsstelle f¨ur deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften (1961-70), Vorsitzender der Sektion Geschichte der Erziehung beim Wissenschaftlichen Rat des Ministeriums f¨ur Volksbildung (seit 1966) und ordentliches Mitglied der Akademie der P¨adagogischen Wissenschaften (seit 1970). Er besch¨aftigte sich mit der Schulreform in der Sowjetischen Besatzungszone, mit den Lehren Johann Heinrich → Pestalozzis und dem Bildungsmonopol. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Der fortschrittliche Charakter der P¨adagogik Komenskys (1953) und Bilderatlas zur Schul- und Erziehungsgeschichte (2 Bde., 1960-65). A. war Herausgeber der Schriftenreihe „Erziehung und Gesellschaft“, der „Monumenta Paedagogica“ und des „Jahrbuchs f¨ur Erziehungs- und Schulgeschichte“. C DDR
Alt, Rudolf von, o¨ sterr. Maler, * 28. 8. 1812 Wien, † 12. 3. 1905 Wien. A. erhielt die Grundausbildung bei seinem Vater Jakob → A. und studierte 1825-32 an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste, zuletzt in der Landschaftsklasse von Joseph → M¨oßmer. Seine ersten selbst¨andigen Werke, Blick auf St. Wolfgang und Friedhof von St. Peter in Salzburg, entstanden 1829. Neben der Landschaftsmalerei in Aquarelltechnik besch¨aftigte er sich seit seiner Romreise 1835 vermehrt mit der Architekturmalerei. Von 1839 an entstanden auch Studien von Trachten aus Galizien und Dalmatien und Interieurmalerei. Seine Vedutenaquarelle brachten ihm den Beinamen „Canaletto Wiens“ ein. A. war Gr¨undungsund Vorstandsmitglied des Wiener K¨unstlerhauses, Mitglied und Prof. der Akademie der bildenden K¨unste in Wien und seit 1897 Ehrenpr¨asident der Wiener Sezession. 1892 wurde er in den Ritterstand erhoben. C AKL Alt, Theodor (Zacharias Friedrich), Maler, Zeichner, * 23. 1. 1846 D¨ohlau bei Hof, † 8. 10. 1937 Ansbach. Der einer oberpf¨alzischen Pfarrersfamilie entstammende A. besuchte 1861-64 die Kunstgewerbeschule N¨urnberg, wo er Rudolf → Hirth du Frˆenes kennenlernte, mit dem er seit 1864 an der Akademie in M¨unchen studierte. In M¨unchen befreundete er sich mit Wilhelm → Leibl. Zusammen mit ihm, Hirth und Johann → Sperl gr¨undete A. eine Ateliergemeinschaft. A. geh¨orte dem 1871 entstandenen Leibl-Kreis an. 1874 zog er sich in die N¨ahe von Rothenburg / Tauber zur¨uck. Seit 1876 litt er an einer halluzinatorischen Psychose, wegen der er 1880-84 in einer psychiatrischen Anstalt und danach in v¨olliger Zur¨uckgezogenheit bei Verwandten lebte. A. malte Landschaften, Stilleben, Portr¨ats und Interieurs. W¨ahrend in den Werken der sechziger und fr¨uhen siebziger Jahren der Einfluß Leibls sp¨urbar ist, sind die der siebziger Jahre zum Teil bereits impressionistisch gelockert. 1903 nahm A. an der Glaspalastausstellung teil. C AKL
Altaner, Berthold, kath. Theologe, * 10. 9. 1885 St. Annaberg (Oberschlesien), † 30. 1. 1964 Bad Kissingen. A. studierte in Breslau Theologie, wo er 1910 mit der Arbeit Venturino von Bergamo O. Pr. 1304-1346 promoviert wurde und sich 1919 f¨ur mittlere und neuere Kirchengeschichte habilitierte. 1925 wurde er dort apl. Prof., 1929 o. Prof. der Kirchengeschichte. Wegen seiner Mitgliedschaft in der Friedensliga deutscher Katholiken wurde er 1933 zwangsemeritiert. 1946-50 lehrte er an der Univ. W¨urzburg. A. verfaßte u. a. zahlreiche Beitr¨age zur altchristlichen Literaturgeschichte. Sein Hauptwerk ist die von Ger-
hard → Rauschen und Joseph → Wittig u¨ bernommene Patrologie (1931; 91980, bearb. von Alfred → Stuiber). C LThK
Altdorfer, Albrecht, Maler, Graphiker, Baumeister, * um 1482 / 85 wahrscheinlich Regensburg, † 1538 Regensburg. A. wurde vermutlich als Sohn des zwischen 1478 und 1491 in Regensburg ans¨assigen Malers Ulrich A. geboren. Wahrscheinlich ging er in die Lehre bei seinem Vater und bei Berthold → Furtmeyr, der in Regensburg eine Miniaturwerkstatt betrieb. Seine fr¨uhesten, um 1500 zu datierenden, noch primitiven 13 kleinen Holzschnitte in einem Mondseer Andachtsb¨uchlein deuten auf eine Wanderschaft bis ins Salzkammergut hin. Andere fr¨uhe Arbeiten weisen eine genaue Kenntnis des St. Wolfgang-Altars von Michael → Pacher aus und mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Begegnung mit Lucas → Cranach ¨ der von 1500 bis 1504 in Wien war und A. Anregungen d. A., zur Auspr¨agung der Landschaftskunst vermittelte. Mit dem Erwerb der B¨urgerrechte von Regensburg am 13. 3. 1505 beginnen die gesicherten Nachrichten. 1506 sind die ersten Zeichnungen und Gem¨alde datiert, die ihn rasch bekannt machten und mit den ersten reinen Landschaftsbildern (Laubwald mit dem heiligen Georg und Ruhe auf der Flucht, beide 1510, Alte Pinakothek M¨unchen bzw. Staatliche Museen Berlin) der europ¨aischen Kunstgeschichte zum Hauptmeister der „Donauschule“ werden ließen. Auch in den HellDunkel-Zeichnungen der Zeit bewies der junge A. eine neue, naturhaft-innige und phantastische, leidenschaftliche Sicht. Im 1509-18 gemalten Sebastiansaltar f¨ur das Augustiner Chorherrenstift St. Florian bei Linz erreichte A. einen H¨ohepunkt dramatischer Spannung und leuchtender Farbigkeit. Seit 1512 war Kaiser → Maximilian I. sein Auftraggeber f¨ur rund 200 Arbeiten: 109 große Pergamentminiaturen zum Triumphzug des Kaisers (1513-16, Wien, Albertina), die Randzeichnungen zu seinem Gebetbuch (um 1515, Stadtbibliothek Besan¸con) und Holzschnitte zur kaiserlichen Ehrenpforte (um 1515) sowie seinem Triumphzug (um 1517 / 18). Neben insgesamt etwa 100 Holzschnitten schuf A. u¨ ber 160 technisch virtuose, oft winzige Kupferstiche und 12 Radierungen (neben → D¨urer die ersten Eisenradierungen) und wurde damit zum Begr¨under der N¨urnberger „Kleinmeister“. 1513 erwarb er sein erstes Haus, 1518 ein zweites und 1532 ¨ ein drittes, dazu Weinberge. Man w¨ahlte ihn in hohe Amter, so zum Beisitzer im Hansgericht, 1526 zum Mitglied des inneren und a¨ ußeren Rats und zum Stadtbaumeister, als der er jedoch nur einfache Zweckbauten errichtete. 1528 lehnte er das ihm angetragene Amt des „Kammerers“, das h¨ochste st¨adtische Amt Regensburgs, ab mit dem Hinweis auf Auftr¨age des Bayernherzogs → Wilhelm. In der Tat bezeichnen die um 1526 / 28 entstandene Susanna im Bade in der f¨ur A. typischen phantasievollen Renaissancearchitektur und die 1529 datierte Alexanderschlacht (beide Alte Pinakothek M¨unchen) als eine vision¨are „Weltlandschaft“ die bedeutendsten Leistungen des K¨unstlers. Sein reifes Schaffen, mit den kaiserlichen Auftr¨agen und durch die Ber¨uhrung mit den Humanisten stilistisch abgekl¨arter und ruhiger geworden, nahm in der Sp¨atzeit manieristische Z¨uge vorweg (Lot und seine T¨ochter, 1537, Wien, Kunsthistorisches Museum). A. geh¨orte nicht als Sch¨uler D¨urers, sondern eher als dessen Antipode, neben → Gr¨unewald, Hans → Baldung Grien und Hans → Holbein zu den bedeutendsten K¨unstlern der D¨urerzeit. Wesentliche
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Altdorfer Werkbest¨ande befinden sich in Berlin (Staatliche Museen), M¨unchen (Alte Pinakothek), N¨urnberg (Germanisches Nationalmuseum) und Wien (Kunsthistorisches Museum). LITERATUR: Otto Benesch: Der Maler A. A. Wien 1939. – Franz Winzinger: A. A. Zeichnungen Gesamtausgabe. M¨unchen 1952. – Ders.: A. A. Graphik Gesamtausgabe. M¨unchen 1963. – Eberhard Ruhmer: A. A. M¨unchen 1965. – Wilhelm Lipp: Natur in der Zeichnung A. A.s. Diss. Salzburg 1970. – Franz Winzinger: A. A. Die Gem¨alde Geamtausgabe: Tafelbilder, Miniaturen, Wandbilder, Bildhauerarbeiten, Werkstatt und Umkreis, M¨unchen / Z¨urich 1975. – Ders.: A. A. In: Allgemeines K¨unstlerlexikon. Bd. 2, M¨unchen / Leipzig 1992, S. 671-675. – Christopher S. Wood: A. A. and the origins of landscape. London 1993. – Ursula Mielke / Holm Bevers / Ger Luijten (Hrsg.): A. und Erhard A. Rotterdam 1997. – Magdalena Bushart: Sehen und Erkennen. A. A.s religi¨ose Bilder. M¨unchen 2004. – Thomas Noll: A. A. in seiner Zeit. Religi¨ose und profane Themen in der Kunst um 1500. M¨unchen u. a. 2004. G¨unter Meißner
Altdorfer, Erhard, auch Altdorffer, Zeichner, Maler, Baumeister, * nach 1480 Regensburg, † nach 1561 Schwerin. Der j¨ungere Bruder Albrecht → A.s war um 1510 f¨ur die Stifte Lambach, St. Florian und Klosterneuburg t¨atig und schuf dort bedeutende Altarwerke. In dieser Zeit ist die erste nachhaltige Begegnung mit Arbeiten Lucas → Cranachs denkbar. Seit 1512 war er in Schwerin Hofmaler und Baumeister Herzog → Heinrichs des Friedfertigen von Mecklenburg und stand von 1552 bis mindestens 1561 in Diensten → Johann Albrechts von Mecklenburg. Die Vermutungen, daß A. am Schloßneubau in Wismar 1522-55 beteiligt war, lassen sich nicht beweisen. Nur wenige von ihm bezeichnete Werke sind u¨ berkommen, u. a. die Holzschnitte in der C AKL L¨ubecker Prachtbibel von 1533. Altdorfer, Johann Jakob, auch Altorfer, schweizer. Theologe, Schriftsteller, * 6. 3. 1741 Schaffhausen, † 30. 5. 1804 Schaffhausen. Nach dem Studium in Basel zun¨achst Hauslehrer, unternahm A. mit seinem Sch¨uler 1768-71 zahlreiche Reisen durch Deutschland; er hielt sich u. a. l¨angere Zeit in G¨ottingen auf, wo er sich mit August Ludwig von → Schl¨ozer anfreundete. 1772 nahm er eine Stelle als Pfarrer in Buch bei Schaffhausen an, wurde 1776 Prof. der Philosophie am Kollegium in Schaffhausen und 1778 Lehrer an der dortigen Lateinschule. Seit 1782 war er als Rektor der Lateinschule gleichzeitig Prof. der Theologie und f¨ur die Pr¨ufung der Kandidaten zust¨andig. A.s literarisches Werk wurde zum gr¨oßten Teil erst nach seinem Tod von Johann Georg M¨uller unter dem Titel Hinterlassene poetische und prosaische Schriften (2 Bde., 1806) publiziert. C ADB Alten, Georg von, Milit¨ar, * 23. 4. 1846 Potsdam, † 28. 4. 1912 Berlin. Ausgebildet im Kadettenkorps, war A. seit 1863 Leutnant und nahm am Feldzug von 1866 und am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 teil. Er besuchte dann die Kriegsakademie und wurde zum Generalstab kommandiert. 1882-87 war er Major im Großen Generalstab und Lehrer f¨ur Taktik an der Kriegsakademie. Es folgte die Versetzung zum Generalkommando des Gardekorps, 1889 die Bef¨orderung zum Bataillonskommandeur. Seit 1892 war A. Oberst und Kommandeur des Kolbergschen Grenadierregiments, seit 1896 Generalmajor und Kommandeur der 65. Infanterie-Brigade und von 1897 an Oberquartiermeister im Großen Generalstab. 1899 wurde ihm das Kommando der 2. Division an¨ vertraut. A. ver¨offentlichte u. a. das taktische Ubungsund Lehrbuch Kriegskunst und Aufgaben (o. J.)
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Alten, Karl (August) Graf von, Milit¨ar, Politiker, * 20. 10. 1764 Wilkenburg, † 20. 4. 1840 Bozen. Seit 1781 in der hannoverschen Armee, nahm A. an den Koalitionskriegen 1793-95 teil und wurde 1800 zum Oberstleutnant bef¨ordert. 1803 trat er in England in die K¨oniglich Deutsche Legion ein, wo er Kommandeur des 1. leichten Bataillons und 1804 Oberst der leichten Brigade wurde. Seit 1810 Generalmajor, u¨ bertrug ihm 1812 Wellington das Kommando der englischen leichten Division. 1815 wurde er zum Kommandeur des Bath-Ordens ernannt. Nach der Schlacht von Waterloo, an der er als Kommandeur der 3. Division teilnahm, wurde A. in den Grafenstand erhoben und zum General bef¨ordert. Seit 1832 Kriegsminister, u¨ bernahm er 1833 auch das Außenministerium. A. war Generalinspekteur der Armee und Pr¨asident des Kriegsgerichts. C Allg Hann Biogr, Bd 2
Alten, Viktor (Karl Albert Johannes) von, Milit¨ar, * 21. 3. 1839 Elbingerode, † 15. 3. 1904 Wiesbaden. A. wurde in den Kadettenanstalten Bensberg und Berlin ausgebildet und wurde 1856 Sekondeleutnant im 6. ArtillerieRegiment. Es folgte 1857-59 der Besuch der Artillerie- und Ingenieurschule, 1862-65 die Weiterbildung an der Kriegsakademie. Er nahm 1866 an der Schlacht von K¨oniggr¨atz teil und wurde anschließend zum Großen Generalstab versetzt, wo er 1869 zum Hauptmann bef¨ordert wurde. Nach der Teilnahme am Deutsch-Franz¨osischen Krieg war A. seit 1875 wieder beim Großen Generalstab. 1886 avancierte er zum Oberst. 1888 wurde er Kommandeur des 2. Garde-FeldArtillerie-Regiments, 1889 Generalmajor und Kommandeur der 2. Feld-Artillerie-Brigade und 1892 Generalleutnant.
Altenberg, (George Eugen) Arthur, Kommunalbeamter, * 15. 8. 1862 K¨onigsberg (Preußen), † 26. 3. 1926 Memel. Der Sohn eines K¨onigsberger Kaufmanns studierte in seiner Vaterstadt Jura, wurde 1884 Gerichtsreferendar und 1890 Gerichtsassessor. 1891 wurde A. zum K¨ammerer in Memel gew¨ahlt und 1893 zum 1. B¨urgermeister dieser Kommune bestimmt. Der Ausbau des Hafens und der Wirtschaftskraft der vom Handel Rußlands profitierenden Stadt waren seine Hauptanliegen. 1894-1918 geh¨orte er als st¨adtischer Vertreter dem Preußischen Herrenhaus (Neue Fraktion) an. Als durch den Versailler Vertrag Memel vom Deutschen Reich abgetrennt wurde, mußte er 1919 sein Amt als Oberb¨urgermeister niederlegen. Seit Februar 1920 stand er an der Spitze des Landesdirektoriums des Memel-Gebiets, gab dieses Amt aber im August 1921 wegen drohender Spannungen mit Litauen und dem franz¨osischen Oberkommissariat ab. Danach bet¨atigte er sich als Direktor der Memeler Waggonfabrik und Aufsichtsratsvorsitzender der Zellulose A. G. C Degener, 91928 Altenberg, Paul, Germanist, Schriftsteller, * 5. 10. 1890 Berlin, † 7. 11. 1960 Berlin. Nach dem Studium der Philologie an den Universit¨aten Genf, Paris und Berlin (Dr. phil.) war A. 1920-45 als Studienrat, seit 1946 als Schulleiter t¨atig. 1948 folgte er einem Ruf als a. o., sp¨ater o. Prof. der Literaturwissenschaft und Germanistik an die TU Berlin-Charlottenburg. A. publizierte u. a. Goethe, Versuch einer morphologischen Darstellung (1950); er schrieb Gedichte (Die ewige Br¨ucke, 1925), Novellen und B¨uhnenst¨ucke.
Altenberg, Peter, eigentl. Richard Engl¨ander, o¨ sterr. Schriftsteller, * 9. 3. 1859 Wien, † 8. 1. 1919 Wien. Der Sohn eines Kaufmanns studierte 1878 ein Semester Rechtswissenschaft, dann Medizin. Einen Teil seiner Zeit verbrachte er mit einem Schulfreund in Altenberg / Donau. Aus Anh¨anglichkeit zur „Peter“ gerufenen Schwester des Freundes, Berta Lecher, nannte er sich sp¨ater P. A. 1879 begann er eine Lehre in einer Stuttgarter Buchhandlung.
Altenhofer Ein im selben Jahr unternommener Versuch, das Studium der Rechte in Graz fortzusetzen, scheiterte. A. wurde zum stadtbekannten Kaffeehausdichter, der seine Nachmittage im Caf´e Griensteidl, sp¨ater im Caf´e Central verbrachte. 1896 erschien in der Wiener Wochenschrift „Liebelei“ seine erste Skizze „Locale Chronik“. A. war st¨andiger Mitarbeiter u. a. des „Simplicissimus“, der „Jugend“ und der „Wiener Rundschau“. 1898 / 99 schrieb er Theaterkritiken f¨ur die Wiener „Extrapost“. Mit impressionistischen Prosaskizzen schuf A. Momentaufnahmen des Alltagslebens in einer modernen Großstadt (u. a. Wie ich es sehe, 1896, 201928; Was der Tag mir zutr¨agt, 1901, 131924). 1903 / 04 gab er die bibliophile, in Tapetenpapier gebundene Zeitschrift „Kunst. Halbmonatsschrift f¨ur Kunst und alles andere“ heraus, die ersten zwei Hefte zusammen mit Adolf → Loos, der die Beilage „Das Andere“ gestaltete. Nach dem Bankrott der v¨aterlichen Firma von Wiener M¨azenen und Schriftstellerkollegen unterst¨utzt, lebte A. seit 1910 mit Unterbrechungen in Nervenheilanstalten. 1912 komponierte Alban → Berg die F¨unf Orchesterlieder nach Ansichtskarten-Texten von Peter Altenberg op. 4. F¨ur die von Karl F. → Kocmata herausgegebene Zeitschrift „Ver! Auf daß der moderne Geist in Allem und Jedem zum Ausdruck komme“, deren erste Nummer 1917 erschien, schrieb A. das „Ver“ auf dem Titelblatt sowie das Geleitwort „Strindbergs Gespenst“. Mein Lebensabend erschien postum 1-121919. C Lex dt-j¨ud Autoren
Altenbourg, Gerhard, eigentl. Str¨och, Maler, Zeichner, Graphiker, Schriftsteller, * 22. 11. 1926 R¨odichen-Schnepfenthal (Th¨uringen), † 30. 12. 1989 Altenburg (Th¨uringen). A., zun¨achst als Journalist und Schriftsteller t¨atig, nahm 1945-48 Zeichenunterricht bei E. Dietz und besuchte 1948-50 die Hochschule f¨ur Baukunst und bildende K¨unste in Weimar. Seit 1950 lebte er als freischaffender K¨unstler in Altenburg (Th¨uringen). 1970 wurde A. als erster K¨unstler der DDR in die Westberliner Akademie der K¨unste aufgenommen. A.s Werke, meist Landschaften, mitunter auch Personenskizzen, zeichnen sich durch Mischtechnik aus. Als eines seiner Hauptwerke gilt die Graphik-Mappe zu dem Ly¨ rikband Uber dem Strom ein Gezweig (1969) von Johannes → Bobrowski. C Munzinger Altenburg, Christian Gottlieb, Mediziner, Historiker, * 7. 1. 1742 M¨uhlhausen (Th¨uringen), † 3. 11. 1826 M¨uhlhausen. A. studierte seit 1763 Medizin in Leipzig, wurde 1771 promoviert (De oligochymiae differentiis), praktizierte 18 Jahre in Leipzig und verlegte dann seine Praxis nach M¨uhlhausen. Dort machte er sich u. a. w¨ahrend der Kriegsperiode 1813 um die Leitung des preuß. Lazaretts verdient. A. besch¨aftigte sich mit der Geschichte M¨uhlhausens und verfaßte eine Topographisch-historische Beschreibung der Stadt M¨uhlhausen in Th¨uringen, aus verschiedenen alten Handschriften zusammengetragen (mit 2 Pl¨anen und 20 Abbildungen), die sein Neffe Wilhelm Gottlieb → Tilesius 1825 herausgab. Altenburg, Johann Ernst, Musiker, Musikschriftsteller, * 15. 6. 1734 Weißenfels (Sachsen), † 14. 5. 1801 Bitterfeld. A. wurde von seinem Vater, dem Hoftrompeter Johann Kaspar A., zum Trompeter ausgebildet, war kurzzeitig Stallschreiber und setzte seine musikalische Ausbildung als Sch¨uler des Merseburger Domorganisten Johann Theodor → R¨omhildt und des Naumburger Stadtorganisten Johann Christoph → Altnikol fort. Er verbrachte einige Jahre auf Wanderschaft und nahm als Feldtrompeter am Siebenj¨ahrigen Krieg teil. 1767 wurde er Organist in Landsberg bei Halle, 1769 in Bitterfeld. Mit dem Versuch einer Anleitung zur heroisch-musikalischen Trompeter- und Pauker-
kunst (1795) verfaßte er eines der umfassendsten Werke zur Geschichte der Trompete. A. schrieb Kompositionen f¨ur Klavier. C MGG
Altenburg, Michael, evang. Theologe, Komponist, * 14. 6. 1584 Alach bei Erfurt, † 12. 2. 1640 Erfurt. A., Sohn eines Schmieds, studierte Theologie in Erfurt (1599 Baccalaureus, 1602 Magister), wurde 1607 Rektor der Reglerschule in Erfurt und war von 1609 an Pfarrer in verschiedenen Sprengeln Th¨uringens, zuletzt seit 1621 in GroßenS¨ommerda. Von dort floh er 1638 vor den Wirren des Dreißigj¨ahrigen Kriegs nach Erfurt, wo er Diakon an der Kirche St. Andreas wurde. A. komponierte zahlreiche Lieder, von denen einige popul¨ar wurden; er wird als Verfasser des Liedes Verzage nicht du H¨auflein klein angesehen, das am Tag des Todes des schwedischen K¨onigs Gustav Adolf in der Schlacht von L¨utzen 1632 gesungen wurde. C MGG Altenburger, Emil, schweizer. Architekt, * 18. 2. 1885 Diessenhofen (Kt. Thurgau), † 14. 9. 1953 Solothurn. Nach dem Studium am Polytechnikum in Biel und am Hessischen Polytechnikum in Friedberg erwarb A. 1908 das Architekturdiplom und arbeitete dann unter Alexander von Senger und Richard von Muralt an den Pl¨anen zum Bahnhofsgeb¨aude in St. Gallen und dem Geb¨aude der Schweizer R¨uckversicherungsgesellschaft in Z¨urich. F¨orderung erfuhr A. durch G. → Gull und Karl → Moser. F¨ur das Architekturb¨uro Pfleghard & Haefeli war er in Grenchen und Solothurn t¨atig; dort er¨offnete er 1916 ein eigenes B¨uro. A. gewann zahlreiche Architekturwettbewerbe, z. B. den ersten Preis f¨ur das Haus der Freisinnigen Partei in Grenchen. Nach seinen Pl¨anen wurden u. a. Privath¨auser in Solothurn, Industriebauten, Wohnkolonien, Turnhallen und Lichtspieltheater errichtet. C AKL Alteneder, Joseph, kath. Theologe, Stenograph, * 25. 5. 1850 Passau, † 6. 12. 1933 M¨unchen. Nach dem Theologie- und Philosophiestudium in Passau und der Priesterweihe (1872) war A., Sohn eines Bedienten, seelsorgerisch t¨atig. 1878 wurde er Stadtkaplan in Passau, 1881 Domprediger, 1882 Domvikar und 1890 DomkapitelAdministrator an der Maria-Hilf-Wallfahrtskirche in Passau. Seit 1900 war er Geistlicher Rat. Mit der GabelsbergerStenographie hatte sich A. schon 1864 / 65 vertraut gemacht, und 1879-1902 war er im Vorstand des Deutschen Stenographen-Bundes „Gabelsberger“. An den Systemreformen der Gabelsbergerschen Schule von 1895 und 1902 hatte er großen Anteil. Als das Bayerische Stenographische Institut (sp¨ater Landesamt f¨ur Kurzschrift) gegr¨undet wurde, trat A. 1902 in den Vorstand ein und machte sich besonders durch die Organisation des stenographischen Landtagsdienstes und die Schaffung einer Institutsbibliothek verdient. Er verfaßte u. a. die Biographie Franz Xaver Gabelsberger, Erfinder der deutschen Stenographie (1902). C NDB Altenh¨ofer, August Joseph, Journalist, * 17. 3. 1804 Kissingen, † 12. 5. 1876 Augsburg. A., Sohn eines F¨arbers, studierte Klassische Philologie und wandte sich dem h¨oheren Lehramt zu. 1833 wurde er Redakteur der „Augsburger Postzeitung“, dann der „Allgemeinen Zeitung“, deren Leitung ihm 1865 u¨ bertragen wurde. A. war ¨ als Ubersetzer, als Lyriker und Satiriker t¨atig, was ihm den Beinamen „Der Augsburger Martial“ einbrachte. Zu seinen Freunden z¨ahlten die Schriftsteller Felix → Dahn und Franz von → Kobell. C NDB Altenhofer, Norbert, Germanist, * 30. 6. 1939 Saarbr¨ucken, † 7. 8. 1991 M¨unchen. A. studierte Germanistik in Frankfurt / Main, wo er 1966 zum Dr. phil. promoviert wurde (Hofmannsthals Lustspiel „Der Unbestechliche“). 1968 / 69 Visiting Professor in St. Louis
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Altenkirch (Missouri), wurde er 1972 Prof. f¨ur Neue Deutsche Literaturwissenschaft in Frankfurt. Er war seit 1971 Herausgeber der „Hofmannsthal-Bl¨atter“ und seit 1974 Mitherausgeber der „Frankfurter Beitr¨age zur Germanistik“. A. arbeitete vor allem u¨ ber → Hofmannsthal, → Heine und die Romantik, aber auch u¨ ber Probleme deutsch-j¨udischer Identit¨at (1986) und J¨udinnen zwischen Tradition und Emanzipation (1990). Er edierte und kommentierte den Briefwechsel zwischen Hofmannsthal und Anton → Wildgans (1971) und beteiligte sich 1974 an der Debatte um die hessischen Rahmenrichtlinien f¨ur das Fach Deutsch. Postum erschienen Poesie als Auslegung. Schriften zur Hermeneutik (1993), Die verlorene Au¨ gensprache. Uber Heinrich Heine (1993) und Die Ironie der Dinge. Zum sp¨aten Hofmannsthal (1995).
Altenkirch, Otto, Maler, * 2. 1. 1875 Ziesar (Sachsen), † 20. 7. 1945 Siebenlehn (Sachsen). Nach einer Dekorationsmaler-Lehre war A. seit 1899 Sch¨uler Eugen → Brachts an der Berliner Kunstakademie und ging dann als dessen Assistent nach Dresden. Dort war er 1910-20 Direktor des Malsaales des Staatstheaters. 1917 wurde er Professor. A. schuf zahlreiche B¨uhnenbilder, u. a. f¨ur Macbeth, Faust und f¨ur Wagneropern. A. malte vor allem stimmungsbetonte impressionistische Landschaften (Hellerberge, Muldental). C AKL Altenstaig, Johannes, auch Altensteig, Humanist, Theologe, * um 1480 Mindelheim (Schwaben), † nach 1525 Mindelheim. A. studierte seit 1497 Poetik und Rhetorik bei Heinrich → Bebel und Theologie bei Wendelin → Steinbach in T¨ubingen. Seit 1509 lehrte er Philosophie und Theologie am Augustiner-Chorherrenstift in Polling. 1512 wurde er Kaplan der dortigen St. Sebastians-Bruderschaft und Lehrer f¨ur Latein am Augustiner-Eremitenkloster in Mindelheim. 1518 war er Kirchenvisitator im bayerischen Teil des Augsburger Bistums. A. gilt als Vork¨ampfer der wissenschaftlichen Ziele des Humanismus, war jedoch Gegner der Reformation. Seine Kritik an der Geistlichkeit, die er mit Bebel teilte, wird in Triumphus Veneris Henrici Bebelii poetae laureati, cum commentario Joannis Altenstaig Mindelhaimensis (1515) deutlich. C LThK
Altenstein, Karl (Sigmund Franz) Frh. von Stein zum A., Politiker, * 1. 10. 1770 Schalkhausen (heute zu Ansbach), † 14. 5. 1840 Berlin. F¨ur einen Staatsmann hat sich dieser Mitarbeiter → Hardenbergs nicht gehalten, eher f¨ur einen Staatsdiener oder f¨ur einen die Angelegenheiten des Gemeinwesens besorgenden „Gesch¨aftsmann“. Das Leben A.s war das eines pflichtgetreuen, umsichtigen Beamten. Einer altadligen protestantischen fr¨ankischen Familie entstammend, erhielt er seine erste Ausbildung durch Hauslehrer, in der markgr¨aflichen Pagerie und am Gymnasium in Ansbach. Als Hofjunker hatte er die Verg¨unstigung, auf markgr¨afliche Kosten zu studieren. A. bezog die Landesuniversit¨at Erlangen und wechselte 1790 nach G¨ottingen. Er belegte rechts- und staatswissenschaftliche Vorlesungen, aber auch Logik, Mathematik und Physik. Seine G¨ottinger Lehrer waren neben anderen → B¨ohmer, → Gatterer, → Martens und → P¨utter. Wie lange A. in G¨ottingen blieb ist nicht bekannt, ein Wei-
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terstudium in Jena nicht nachweisbar. Am 26. 1. 1792 wurde Ansbach-Bayreuth von Hardenberg nach der Abdankung des Markgrafen → Alexander f¨ur Preußen in Besitz genommen. Anderthalb Jahre sp¨ater wurde A. als Referendar in das Ansbachische Kammer- und Landschaftskollegium aufgenommen. Die schwierigen wirtschaftlichen Verh¨altnisse der Familie A.s brachten seine Mutter dazu, im Fr¨uhjahr 1795 eine Bittschrift an Hardenberg zu richten. Wohl als Folge davon wurde A. zum Assessor ernannt. 1797 erhielt er die Bestellung als preuß. Kriegs- und Dom¨anenrat. Hardenberg holte A. nach Berlin; 1801 wurde er zum Kriegs- und Vortragenden Rat beim Generaldirektorium ernannt, 1803 zum Geheimen Oberfinanzrat. A. hatte mit knapp u¨ ber dreißig Jahren die h¨ochste Stufe in der preuß. Verwaltungshierarchie erreicht. Fragen der Staatswirtschaft hatte er zu bearbeiten und solche der allgemeinen Staatsaufsicht, der „Policey“ also. 1806 begleitete A. Hardenberg, als dieser dem kgl. Hof nach Ostpreußen folgte. Die Zeit war reif f¨ur Staatsreformen. Vom K¨onig geforderte Vorschl¨age hierzu, die Hardenberg im September 1807 aus Riga an diesen richtete, trugen die Handschrift A.s. Auch → Friedrich Wilhelm III. war auf A. aufmerksam geworden und hielt diesen t¨uchtigen, staatstreu-idealistischen, von Ideen des Philosophen → Fichte beeinflußten Beamten f¨ur ministrabel. Von 1808 bis 1810 oblag A. die Verwaltung der Finanzen. F¨ur kurze Zeit u¨ bernahm A. 1813 als Zivilgouverneur die Verwaltung Schlesiens, 1815 war er als Mitglied der Zentralbeh¨orde der verb¨undeten M¨achte zur Verwaltung der eroberten Provinzen Frankreichs f¨ur die R¨uckf¨uhrung geraubter Kunstsch¨atze zust¨andig. 1817, als A. Mitglied des Staatsrats geworden war, u¨ bertrug man ihm das Ministerium „f¨ur die geistlichen Sachen, den o¨ ffentlichen Unterricht und f¨ur das Medizinalwesen“, das Kultusministerium also, dessen Herausl¨osung aus der Inneren Verwaltung A. selbst 1815 vorgeschlagen hatte. Umgeben von f¨ahigen Mitarbeitern, an ihrer Spitze Johannes → Schulze als Leiter der Schulabteilung, begann A. ein kulturelles Reformwerk, das Preußen Anfang der dreißiger Jahre zum Land der Schulen werden ließ. Hatte Wilhelm von → Humboldt Reformanst¨oße gegeben, schuf A. ein Bildungssystem, das noch Jahrzehnte nach ihm Bestand hatte. Ein Unterrichtsgesetz legte 1819 den Grundstein, die Ausdehnung der Schulpflicht auf das gesamte Staatsgebiet folgte. A. ließ Gymnasien aufbauen, daneben Realschulen, an denen die Naturwissenschaften zu ihrem Recht kamen. 1826 wurde ein Probejahr f¨ur Lehrer eingef¨uhrt, 1831 eine neue Pr¨ufungsordnung f¨ur Lehrer an h¨oheren Schulen. 1834 erfolgten Regelungen f¨ur das Abitur, seit 1837 galt ein Normallehrplan. Provinzialschulkollegien wurden eingerichtet, 38 Lehrerseminare und 30 000 Volksschulen ins Leben gerufen. Universit¨atsneugr¨undungen (Bonn 1818) und der Ausbau der bestehenden Hochschulen in Berlin, Breslau und Halle fielen in A.s Zeit. Es entstanden medizinischhygienische Anstalten und Laboratorien, die Charit´e wurde ausgebaut. Das Ministerium sorgte sich um Seminare und Bibliotheken, Museen wurden errichtet, wissenschaftliche Editionen auf den Weg gebracht. Knapp anderthalb Jahre vor seinem Tod ersuchte der kr¨ankelnde A. um seinen Abschied aus seinem Amt; im Dezember 1838 erhielt er ihn. LITERATUR: Georg Winter: Stein zum A., K. Freiherr von, preußischer Kultusminister 1770-1840. In: Anton Chroust (Hrsg): Lebensl¨aufe aus Franken. Bd. 4, W¨urzburg 1930, S. 410 ff. – G¨unther Roß: Das Leben des Freiherrn von A. bis zum Jahre 1807. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. Bd. 53, 1941, S. 91 ff. – Heinz Gollwitzer: A. In: NDB, Bd. 1, 1953, S. 216 f. Peter Schumann
Althann Altenstetter, David, auch Altenstadt, Altenstedter, Attemstett, Attemstetter, Emailleur, Goldschmied, * um 1547 Colmar, † 1617 Augsburg. Um 1568 ließ A. sich in Augsburg nieder und wurde 1573 durch Heirat B¨urger der Stadt. 1587-95 war er Vorgeher, seit 1588 vermutlich Mitglied, der Augsburger Schmiedezunft. 1578 / 79 war er mit einigen anderen Augsburger Goldschmieden beteiligt an einem Auftrag f¨ur Herzog → Wilhelm von Bayern. 1610 wurde er Kammergoldschmied Kaiser → Rudolfs II., vermutlich aufgrund seiner Mitarbeit an der Kaiserkrone. Als Emailleur schuf er u. a. 1610-17 auf Anregung Philipp → Hainhofers den Pommerschen Kunstschrank f¨ur Herzog → Philipp II. von Pommern-Stettin. C AKL Altenweisel, Josef, F¨urstbischof von Brixen, * 6. 12. 1851 Niederndorf bei Kufstein, † 25. 6. 1912 Deutsch-Matrei. Nach dem Studium am Collegium Germanicum in Rom (Dr. theol. und Dr. phil.) wurde A., 1876 zum Priester geweiht, Katechet am Borrom¨aum in Salzburg und war dort seit 1877 Religionsprofessor. Seit 1883 lehrte er Dogmatik an der Univ. Salzburg. 1902 war er Obmann des Salzburger Katholikentags. 1904 wurde A. als Nachfolger Simon → Aichners F¨urstbischof von Brixen und damit Mitglied des o¨ sterr. Herrenhauses und des Tiroler Landtags. Wie schon sein Vorg¨anger war er in die Auseinandersetzungen zwischen Konservativen und Christlichsozialen in Tirol verwickelt. Eine Verst¨andigungskonferenz 1911 in Innsbruck blieb erfolglos. C Gatz 4 Alter, Franz Karl, Jesuit, Philologe, * 27. 1. 1749 Engelsberg (Schlesien), † 29. 3. 1804 Wien. Seit 1766 Mitglied der Gesellschaft Jesu, wurde A. nach der Aufhebung des Ordens 1773 Prof. des Griechischen und seit 1779 zus¨atzlich Kustos der Universit¨atsbibliothek Wien. Er galt als großer Kenner der griechischen, orientalischen und slawischen Sprachen. A. gab das griechische Neue Testament (1787), die Epen Homers (Ilias, 1789; Odyssee, 1794) mit ¨ revidierter lateinischer Ubersetzung heraus und besorgte die erste Originalausgabe des Chronicon von Georgios Phrantzes (1796). Er verfaßte u. a. Philologisch-kritische Miscellanea (1799). C NDB
Alter, Wilhelm, Psychiater, * 14. 5. 1843 Prauß (Schlesien), † 14. 1. 1918. A., Sohn eines evang. Dorfgeistlichen, studierte Medizin in Breslau, nahm freiwillig als Arzt am Feldzug von 1866 ¨ teil und wurde 1867 promoviert (Uber Ursachen des Ikterus bei Phosphorvergiftung). 1868 trat er als Volont¨ararzt in die Irrenanstalt Leubus in Schlesien ein. 1871 wurde er Leiter der Provinzialirrenanstalt Brieg, wo er f¨ur die alleinige a¨ rztliche Versorgung zust¨andig war, kehrte 1884 als Direktor nach Leubus zur¨uck und wirkte dort bis zu seiner Emeritierung. A. wandte in der der Klinik angeschlossenen landwirtschaftlichen Kolonie, auch in Verbindung mit Familienpflege, Besch¨aftigungstherapie an, schaffte Zwangsmittel und Zellenisolierung der psychisch Kranken ab, f¨uhrte die Bettbehandlung, Freiluftkur und Dauerb¨ader als Thera¨ pie in der Klinik ein. Schlesien C Arzte
Altermatt, Leo, schweizer. Bibliotheksdirektor, * 31. 1. 1896 B¨uren (Kt. Solothurn), † 30. 5. 1962 B¨uren. Nach dem Studium der Germanistik und Geschichte in Z¨urich und Bern (Promotion 1923) war A. 1924-35 Deutschund Geschichtslehrer in Bern, sp¨ater in Solothurn. 1936 wurde er Bibliothekar an der Zentralbibliothek Solothurn, wo er sich um die Neuorganisation und die Restaurierung der Best¨ande verdient machte. 1944 wurde unter seiner Leitung mit der Revision und Neukatalogisierung der Inkunabeln, 1953 mit der der mittelalterlichen kirchlichen Handschriften begonnen. Er war maßgeblich beteiligt an der Planung,
Finanzierung und Durchf¨uhrung des Neubaus der Zentralbibliothek, der 1958 fertiggestellt wurde. A. geh¨orte dem Vorstand der Vereinigung Schweizerischer Bibliothekare an und war seit 1951 deren Vizepr¨asident. 1962 wurde er Pr¨asident der Schweizerischen Bibliothekskommission. A. ver¨offentlichte er u. a. Der Kanton Solothurn in der Mediationszeit (1929). C Biogr Verstorb Schweiz, Bd 6
Altfrid, Bischof von Hildesheim, † 15. 8. 874, begraben in Essen. ¨ Der Bruder von Gerswind, der ersten Abtissin in Essen, war seit 851 Bischof von Hildesheim. Vermutlich war er davor M¨onch von Fulda oder Corvey. Als Bischof gr¨undete und f¨orderte er zahlreiche Kl¨oster und Stifte (u. a. Essen, Gandersheim, Liesborn), engagierte sich f¨ur den Erwerb r¨omischer Reliquien f¨ur s¨achsische Kirchen und begann mit dem zweiten Dombau. Seine Teilnahme an den Synoden in Mainz (852, 857), Pitres (864), Worms (868) und K¨oln (873) belegen sein lebhaftes Interesse f¨ur Kirchenpolitik. Seit etwa 860 einer der engsten Berater → Ludwigs des Deutschen, nahm er großen Einfluß auf dessen Westfrankenpolitik. Seit dem 11. Jh. wurde A. in Hildesheim und Essen als Heiliger verehrt. C LThK
Altfrid, Bischof von M¨unster, * um 800, † 22. 4. 849, begraben in Werden / Ruhr. Der Neffe des heiligen → Liudger, des Gr¨unders des Bistums M¨unster und des Klosters Werden / Ruhr, wurde vermutlich in Utrecht ausgebildet. Er schrieb eine auf m¨undlichen Zeugenaussagen und schriftlichen Quellen beruhende Biographie Liudgers (Vita Liudgeri, o. J.), die als wertvolle Quelle f¨ur die Missionsgeschichte Westfalens gilt. C NDB
Althamer, Andreas, auch Althammer, Brentzius, Gundelfingius, Palaeosphyra, Reformator, Humanist, * vor 1500 Brenz (W¨urttemberg), † um 1539 vermutlich Ansbach. A. studierte 1516-20 in Leipzig und T¨ubingen und war dann Schulhelfer in Halle / Saale und Ulm. Seit 1524 Kaplan in Schw¨abisch Gm¨und, mußte er als Anh¨anger der Reformation 1525 fliehen und ging nach Wittenberg, wo er seine Studien fortsetzte. 1527 erhielt er eine Stelle als Pfarrer in Eltersdorf, wurde 1528 Diakon von St. Sebald in N¨urnberg und nahm an der Berner Disputation teil. Im selben Jahr wurde er Pfarrer in Ansbach. A. hatte Anteil an der Kirchenvisitation in der Markgrafschaft Brandenburg 1528 / 29 und an der Brandenburgisch-N¨urnbergischen Kirchenordnung von 1533. 1537 wirkte er auch als Reformator in der Neumark. A. verfaßte zahlreiche theologische Schriften. Sein Catechismus in Frag und Antwort (1528) f¨uhrt zum erstenmal den Buchtitel Katechismus. C RGG
Althann, Maria Anna Josepha Gr¨afin von, * 26. 7. 1689 Alcudia (Spanien), † 1. 3. 1755 Wien. A., Angeh¨orige des Hofstaats Kaiser → Karls VI. w¨ahrend seiner spanischen Zeit, heiratete 1709 Michael Joseph Graf von Althann, einen G¨unstling des Kaisers. Sie war eine Vertraute des Kaisers und der Gr¨afin Batthy´any-Strattmann, die als Freundin Prinz → Eugens großen Einfluß am Hof hatte. A. verwandte ihre Verbindungen, um italienische K¨unstler und Dichter (u. a. Apostolo Zeno, P. A. → Metastasio und Garelli) sowie die historischen Arbeiten der Benediktiner Gottfried → Bessel und Bernhard → Pez zu f¨ordern. Die Annahme einer politischen Einflußnahme A.s als Angeh¨orige der „spanischen Partei“ des Hofs konnte durch keinerlei Beweise best¨atigt werden. C NDB
Althann, Michael Adolf Graf von, Milit¨ar, Diplomat, * 1574, † 7. 5. 1636 Wien. Schon fr¨uh zum Oberst bef¨ordert, nahm A. an den T¨urkenkriegen in Ungarn teil und avancierte 1607 zum Feldmarschall. 1610 wurde er in den Grafenstand erhoben. Er
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Althann war mehrere Male als Gesandter des Kaiser → Matthias in Siebenb¨urgen und in der T¨urkei t¨atig. Der von A. 1625 gegr¨undete Ritterorden „christianae militiae“, dessen erster Großmeister er war, existierte nur kurze Zeit. C NDB
Althann, Michael Friedrich Graf von, Bischof von Waitzen, Kardinal, * 12. 7. 1682 Glatz, † 20. 6. 1734 Waitzen (Ungarn). A., Sohn eines kaiserlichen Gesandten, Oberstlandrichters und Landeshauptmanns in Glatz, wurde nach dem Besuch des dortigen Jesuitengymnasiums Kanonikus in Olm¨utz und Breslau, wo er auch studierte. Nach Studien am Collegium Germanicum in Rom wurde er 1709 zum Priester geweiht und 1710 zum Dr. theol. promoviert. In den folgenden Jahren erwarb er Pfr¨unden in Breslau, Prag und Altbunzlau. 1714 wurde A. unter Kaiser → Karl VI. o¨ sterr. Auditor Rotae am p¨apstlichen Gerichtshof in Rom. Er wurde in dieser Zeit wahrscheinlich auch zum Dr. jur. promoviert und war mehrmals Rektor der dtn. Nationalstiftung Santa Maria dell’Anima. 1718 erfolgte A.s Wahl zum Bischof von Waitzen; 1719 wurde er Kardinal. 1720-22 war er als kaiserlicher Gesandter an der Kurie t¨atig. A. bem¨uhte sich um verbesserte Beziehungen zwischen Wien und Rom und erreichte 1722 die Belehnung des Kaisers mit dem K¨onigreich NeapelSizilien. Als dessen Vizek¨onig regierte er 1722-28, mußte aber zuletzt nach einer Reihe von Intrigen und Vorw¨urfen der pers¨onlichen Bereicherung sein Amt r¨aumen. A. stiftete ein Spital in Waitzen, ließ eine bisch¨ofliche Residenz und ein Klerikerseminar bauen sowie ein neues Grundbuch f¨ur Waitzen anlegen, betrieb die Anwerbung von Siedlern, f¨orderte die Niederlassung von Orden und betrieb die Umsetzung der tridentinischen Reformen in seiner Di¨ozese. C LThK Althans, Ernst Friedrich, Bergbeamter, * 22. 11. 1828 Saynerh¨utte (Westerwald), † 27. 9. 1899 Berlin. Der Sohn des Oberbergrats Ludwig Karl → A. hatte als Bergmann im Saargebiet (Saarbr¨ucken) und im Siegerland gearbeitet, ehe er 1855 als Bergreferendar und 1860 als Bergassessor in Berlin an der dortigen Bergakademie und im Handelsministerium t¨atig wurde. Zu seinen Aufgaben geh¨orte u. a. die Schriftleitung der „Zeitschrift f¨ur das Berg-, H¨utten- und Salinenwesen“. 1866 wechselte er an das Oberbergamt in Halle, 1872 als Oberbergrat an das Oberbergamt in Breslau. 1882 erfolgte seine Ernennung zum Geheimen Bergrat; seit 1886 war er st¨andiger Vertreter des Berghauptmanns. W¨ahrend seiner T¨atigkeit in Breslau (1872-95) war A. insbesondere mit Arbeiten u¨ ber den oberschlesischen Bergbau befaßt. Zu seinen einschl¨agigen Darstellun¨ gen geh¨ort Uber die bergbaulichen Lagerungskarten der oberschlesischen Bergwerke (1881).
Althans, Ludwig Karl, Bergbeamter, Geologe, * 5. 12. 1788 B¨uckeburg, † 10. 9. 1864 Saynerh¨utte. Nach dem Studium an der Univ. G¨ottingen wurde A., Sohn eines B¨ackers, f¨urstlich Lippescher Baukondukteur und ging 1817 an das Oberbergamt Bonn, wo er mit der Neugestaltung der staatlichen Berg- und H¨uttenwerke des Bezirks, insbesondere in Sayn, Lohe und Hamm / Sieg, betraut wurde. A. entwarf spezielle Kraft- und Arbeitsmaschinen, Gebl¨ase und Pumpwerke und war einer der ersten, die Werkstoffpr¨ufmaschinen in Betrieb nahmen. Er verfaßte u. a. die Grundz¨uge zur g¨anzlichen Umgestaltung der bisherigen Geologie (1839), widmete sich meteorologischen Beobachtungen und Fragen der Mathematik und Mechanik. A. war der Vater von Ernst Friedrich → A. C NDB Althaus, Friedrich, Germanist, Schriftsteller, * 14. 5. 1829 Detmold, † 7. 7. 1897 London. Nach Abschluß der Studien in Bonn und Berlin (Dr. phil.) ließ A. sich 1853 in England nieder. 1856-64 ordnete und katalogisierte er f¨ur den Buckingham Palace eine Sammlung
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von ca. 60000 Stichen von historischen Portraits. Danach zun¨achst Lehrer an der kgl. Milit¨ar-Akademie in Woolwich, hatte er seit 1874 eine Professur f¨ur deutsche Sprache und Literatur am University College inne. A. publizierte zahlreiche Artikel und Essays, die sich mit englischen Themen besch¨aftigen; 1861 gab er Briefe und Gespr¨ache des mit ihm befreundeten Alexander von → Humboldt heraus. Er schrieb eine Biographie seines Bruders Theodor → A. (1888). ¨ evang. Theologe, * 26. 11. 1861 Althaus, Paul d. A., Fallersleben, † 9. 4. 1925 Leipzig. Nach dem Studium in Erlangen und G¨ottingen war A. seit 1887 Pfarrer, wurde 1896 in Greifswald promoviert und lehrte seit 1897 als a. o. Prof., seit 1899 als o. Prof. der systematischen und praktischen Theologie in G¨ottingen. 1912 u¨ bernahm er eine Professur f¨ur systematische Theologie und Neues Testament in Leipzig. Sein Spezialgebiet waren liturgische Studien und die Erforschung der Gebetsliteratur des 16. Jahrhunderts. Neben zahlreichen anderen Werken ver¨offentlichte er Die historischen und dogmatischen Grundlagen der lutherischen Taufliturgie (1893). A. war der Vater von Paul → A. d. J. C LThK
Althaus, Paul (August Wilhelm) d. J., evang. Theologe, * 4. 2. 1888 Obershagen bei Celle, † 18. 5. 1966 Erlangen. Nach dem Studium in T¨ubingen und G¨ottingen sowie der Habilitation (1914) nahm A., Sohn des Theologen Paul ¨ als Sanit¨ater und Seelsorger am Ersten Welt→ A. d. A., krieg teil; 1915-18 war er Gouvernementspfarrer in Lodz. Seit 1920 war er Prof. der Theologie in Rostock und lehrte von 1925 an systematische Theologie und neutestamentliche Exegese in Erlangen. A., einer der meistgelesenen Theologen der Lutherrenaissance, war 1926-64 Pr¨asident der Luther-Gesellschaft. Er widmete sich besonders Fragen der theologischen Anthropologie und der Eschatologie und vertrat die Lehre von der „Uroffenbarung“, die der Offenbarung in Christus vorausliege und eine Theologie der Sch¨opfungsordnungen begr¨unde; eine Zeitlang entwickelte er von daher Sympathien f¨ur den Nationalsozialismus (Die deutsche Stunde der Kirche, 1933, 31934). 1945 wurde A. Mitglied der Entnazifizierungkommission der Univ. Erlangen. 1947 entlassen, erhielt er 1948 erneut die Lehrbefugnis. A.s Anliegen war die R¨uckbesinnung der systematischen Theologie auf → Luther. Als sein Hauptwerk gilt Die christliche Wahrheit. Lehrbuch der Dogmatik (1948, 81969). Seit 1953 war er ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. C BLW
Althaus, Peter Paul, Schriftsteller, * 28. 7. 1892 M¨unster (Westfalen), † 16. 9. 1965 M¨unchen. A., Sohn eines Großkaufmanns, begann eine Apothekerlehre, die durch die Einberufung zum Ersten Weltkrieg unterbrochen wurde. Zur¨uckgekehrt, studierte er Philologie und Philosophie, war als Schauspieler und Regisseur besch¨aftigt und ging 1921 nach M¨unchen. Zun¨achst Mitarbeiter am „Simplicissimus“, schrieb er seit 1927 f¨ur den Rundfunk und war 1939-41 Chefdramaturg und Oberspielleiter des Deutschlandsenders, bis er als „politisch nicht tragbar“ entlassen und zum Kriegsdienst eingezogen wurde. Er war 1930 Mitbegr¨under des Kabaretts „Der Zwiebelfisch“ und z¨ahlte nach 1945 zu den Initiatoren der Kleinkunstb¨uhnen „Schwabinger Laterne“ und „Monopteros(s)“. Neben zahlreichen wortspielerischen Gedichten mit skurrilem Humor (u. a. In der Traumstadt, 1951) verfaßte A. H¨orspiele und Nachdichtungen von Werken aus dem Englischen, Franz¨osischen und Sanskrit. C Westf Autoren, Bd 3
Althaus, Theodor, Schriftsteller, * 26. 10. 1822 Detmold, † 2. 4. 1852 Gotha. A., Sohn eines Generalsuperintendenten, studierte Theologie und Philosophie in Bonn, Jena und Berlin, wurde 1844 / 45
Althoff Mitarbeiter der liberalen „Weserzeitung“ und 1848 Berichterstatter bei der Frankfurter Nationalversammlung f¨ur die „Bremer Zeitung“, deren Leitung er im Juli 1848 u¨ bernahm und die er wenig sp¨ater als „Zeitung f¨ur Norddeutschland“ in Hannover herausgab. Anl¨aßlich eines Artikels vom 13. 5. 1849, in dem er die Durchsetzung der Reichsverfassung notfalls mit Waffengewalt bef¨urwortete, wurde er wegen „Aufforderung zum Staatsverrat“ zu zwei Jahren Gef¨angnis verurteilt, im Mai 1850 aber begnadigt. Seine Schrift Aus dem Gef¨angniß. Deutsche Erinnerungen und Ideale (1850) brachte ihm Berufsverbot und weitere polizeiliche Verfolgung ein. A. z¨ahlte zu radikalen Linken seiner Zeit, verleugnete jedoch nicht die christliche Grundlage seines Denkens (Die Zukunft des Christenthums. Seine Wahrheit, seine Verkehrung und seine Wiedergeburt durch Freiheit und Liebe, 1847). Die 1844 eingegangene Verlobung mit Malwida von → Meysenbug wurde sp¨ater wieder gel¨ost. C Schulte
Altheim, Franz, Historiker, * 6. 10. 1898 Frankfurt / Main, † 17. 10. 1976 M¨unster. Der Sohn eines Kunstmalers nahm 1917 / 18 am Ersten Weltkrieg teil, studierte Klassische Philologie, Arch¨aologie und Sprachwissenschaften in Frankfurt und wurde 1921 zum Dr. phil. promoviert. Anschließend zun¨achst Bankangestellter, erhielt er 1925 ein Stipendium der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft und habilitierte sich 1928 f¨ur Klassische Philologie (Griechische G¨otter im alten Rom). 1936-38 war er apl. Prof. in Frankfurt und Halle / Saale, wo er eine Lehrstuhlvertretung u¨ bernahm. 1937 / 38 folgten mehrere Forschungsaufenthalte in Italien und auf dem Balkan. 1938 wurde A. a. o. Prof. an der Univ. Frankfurt und 1943 o. Prof. der Alten Geschichte an der Univ. Halle. A. war 1934-36 SA-Mitglied und geh¨orte dem Nationalsozialistischen Lehrerbund an. Er unterhielt Verbindungen zur SS-Stiftung „Ahnenerbe“, die ihm Forschungsreisen finanzierte und an deren Projekt „Wald und Baum in der arischgermanischen Geistes- und Kulturgeschichte“ er mitarbeitete. A.s Werk Die Krise der alten Welt (1943) erschien im Verlag der Ahnenerbe-Stiftung. 1945 entlassen, erhielt A. seinen Lehrstuhl noch im selben Jahr zur¨uck. 1949 ging er nach West-Berlin, wo er 1950-65 als Prof. an der Freien Univ. lehrte. A. war Mitglied des Istituto di studi etruschi (Florenz) und der Rum¨anischen Akademie der Wissenschaften. Sein fachliches Interesse galt dem Hellenismus und der r¨omischen Geschichte, speziell der Religionsgeschichte, sowie besonders den Kulturkontakten an den o¨ stlichen R¨andern des Imperium Romanum, etwa im Gebiet des Iran. Er ver¨offentlichte u. a. Weltgeschichte Asiens im griechischen Zeitalter (2 Bde., 1947 / 48). C Historikerlex
Altherr, Heinrich, schweizer. Maler, * 11. 4. 1878 Basel, † 27. 4. 1947 Z¨urich. Nach seiner k¨unstlerischen Ausbildung in M¨unchen und Rom lebte A. seit 1906 in Karlsruhe und war 1913-39 Prof. der Kompositionslehre an der Akademie der bildenden K¨unste in Stuttgart (1919-21 Direktor). 1923 gr¨undete er zusammen mit Bernhard → Pankok und Arnold → Waldschmidt die „Stuttgarter Sezession“. Vom nationalsozialistischen Regime 1937 als „entartet“ diskriminiert, zog sich A. in die Schweiz zur¨uck und lebte in Basel und in Z¨urich. A.s Werk, das neben Malerei Entw¨urfe f¨ur Glasfenster und Mosaiken sowie Fresken umfaßt, verleugnet nicht die N¨ahe zum Expressionismus und zum Symbolismus. Außer religi¨osen Themen stellte er vor allem subjektive Sichtweisen der Leiden und Qualen der Menschheit dar. Altherr, Johann Conrad, schweizer. Erfinder, Fabrikant, * 10. 11. 1797 Teufen (Kt. Aargau), † 11. 4. 1877 Teufen. A., Sohn eines Webers, erlernte den Beruf des Blattmachers und Anr¨usters. Um 1823 erfand er die Plattstichplatte, die es erm¨oglichte, entstehende Gewebe gleichzeitig mit stickerei¨ahnlichen Mustern zu versehen („Broschiergewebe“), und verbesserte damit den kurz zuvor aus Frankreich eingef¨uhrten Jacquard-Webstuhl. A. betrieb in Teufen eine Fabrik mit rund 30 Plattstichwebst¨uhlen. 1839 / 40 war er Ratsherr in Teufen. Althof, Ludwig Christoph, Mediziner, * 10. 8. 1758 Detmold, † 21. 3. 1832. A. studierte in Halle und G¨ottingen, wo er 1784 promoviert (Observationes de febre petechiali) und 1794 zum Prof. ernannt wurde. 1798 zum Arzt des kaiserlichen Reichskammergerichts in Wetzlar ernannt, wurde er 1801 kurs¨achsischer Hofrat und Leibarzt in Dresden, 1824 Regierungsmedizinalrat. A. schrieb u. a. Praktische Bemerkungen u¨ ber einige Arzneimittel (1791) und eine Biographie Gottfried August → B¨urgers (Einige Nachrichten von den vornehmsten Lebensumst¨anden Gottfried August B¨urgers; nebst einem Beytrage zur Charakteristik desselben, 1798). Althofer, Christoph, luth. Theologe, * 9. 11. 1606 Hersbruck, † 11. 5. 1660 Kulmbach. A. studierte in Altdorf, Wittenberg, Leipzig und Jena, wo er sich den theologischen Lehren Johann → Gerhards, Johann Majors und Johann Himmels, der sogenannten Johanneischen Trias, anschloß. 1629 wurde er Prof. der Theologie und Diakon in Altdorf, legte jedoch 1637 das Kirchenamt nieder. Seit 1644 war A. als brandenburgischer Kirchenrat und Generalsuperintendent in Kulmbach t¨atig. C Verwaltung
Althoff, Friedrich, Politiker, * 19. 2. 1839 Dinslaken,
Altherr, Alfred, schweizer. reformierter Theologe,
† 20. 10. 1908 Berlin.
* 14. 3. 1843 Grub (Kt. Aargau), † 18. 1. 1918 Basel. A., Sohn eines B¨ackers, studierte zun¨achst Mathematik und neuere Sprachen, dann Theologie an der Univ. Z¨urich. 1867 in Herisau ordiniert, war er bis 1871 Pfarrer in Lichtensteig, 1871-74 in Rorschach und 1874-1911 an St. Leonhard in Basel. A., erster „freisinniger“ Pfarrer in Basel, war Redakteur des „Religi¨osen Volksblatts“ (1870-76) sowie Gr¨under (mit Emanuel Linder) und Redakteur des „Schweizerischen Protestantenblatts“. 1878 rief er die Basler Ferienversorgung f¨ur Kinder ins Leben. 1904 wurde A. Zentralpr¨asident des Schweizerischen Vereins f¨ur Freies Christentum. Neben Arbeiten zu religi¨osen Themen (u. a. Die biblische Lehre, 2 Tle., 1890; Die Lehre vom Sohn Gottes, 1904) ver¨offentlichte er Biographien (u. a. Theodor Parker in seinem Leben und Wirken, 1894) und Erz¨ahlungen. In seinem Roman Beckenfridli (1897, Neuausg. in 2 Teilen, 1899) schildert er seine Jugend- und Studienjahre.
Der Sohn eines preuß. Dom¨anenrats und Enkel des preuß. Staatsministers von Buggenhagen aus pommerschem Uradel war nach dem Studium der Rechte als Assessor an rheinischen Gerichten t¨atig, bevor er sich 1870 als Advokat in K¨oln niederließ. Eine 1863 in Berlin mit Rudolf → Gneist vereinbarte Dissertation, die er gleichzeitig als Habilitationsschrift zu verwenden gedachte, war noch nicht fertig, als der Ausgang des Kriegs 1870 / 71 dem zwischen praktischer T¨atigkeit und wissenschaftlicher Laufbahn Schwankenden die Chance bot, beide Wege zu erkunden. Mit dem Ziel, an der in Straßburg geplanten
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Althoff Reichsuniversit¨at die Hochschullehrerlaufbahn einzuschlagen, trat A. 1871 als Justitiar und Dezernent f¨ur Kirchen- und Schulsachen in die Verwaltung von Elsaß-Lothringen ein. In Oberpr¨asident Eduard von → M¨oller und dem Kommissar f¨ur die Universit¨atsgr¨undung Franz Frh. von → Roggenbach, beide erkl¨arte Liberale, fand er zeitlebens verehrte Lehrmeister. In Straßburg war A. maßgeblich an der Gr¨undung der Univ. und der Berufung der Professoren beteiligt, von denen einige, Gustav → Schmoller, Wilhelm → Lexis, seine Freunde und Berater wurden. 1872 wurde er a. o., 1880 o. Prof. des franz¨osischen und modernen Zivilrechts, ohne eine Dissertation und Habilitationsschrift vorgelegt zu haben. A. hat in der Doppelstellung des Verwaltungsbeamten und Hochschullehrers die Erfahrungen gesammelt, die er seit 1882 als Universit¨atsdezernent und 1897 „allm¨achtiger Ministerialdirektor“ im preuß. Kultusministerium unter f¨unf Ministern verwirklichte. 1891 o. Prof. in Bonn, 1896 o. Honorarprofessor in Berlin, 1904 Exzellenz, 1907 Wirklicher Geheimer Rat, nahm der f¨unffache Ehrendoktor (1906 Harvard), Ehrenmitglied der Akademien zu Berlin, G¨ottingen und Erfurt, am 1. 10. 1907 den Abschied. Er wurde von → Wilhelm II., bei dem er sp¨atestens 1900 den f¨ur einen Beamten seines Ranges v¨ollig ungew¨ohnlichen unmittelbaren Vortrag hatte, zum Kronsyndikus ernannt und ins Herrenhaus berufen. Unter A.s Leitung vollzog sich der Ausbau des Hochschulwesens zum zentral gelenkten und mit den Mitteln der Durchstaatlichung und B¨urokratisierung vorangetriebenen „Großbetrieb“ auf der Grundlage der von ihm begr¨undeten Universit¨atsstatistik, j¨ahrlicher Universit¨atschroniken und ¨ der unter Einschluß Osterreichs 1898 ins Leben gerufenen j¨ahrlichen „Konferenz von Vertretern deutscher Regierungen in Hochschulangelegenheiten“. Das geschah nicht ohne scharfe Konflikte mit dem Korporationsegoismus der Universit¨aten, gegen die A. 1899 die Gleichstellung der Technischen Hochschulen, 1900 der drei h¨oheren Schularten, 1908 das Frauenstudium, aber auch die Berufung von Katholiken und Juden durchsetzte, indem er die Freiheit von Forschung und Lehre als Verfechter des preuß. b¨urokratischen Liberalismus und Kulturstaatsgedankens verteidigte. Neue Wege der Organisation und Finanzierung durch privates Kapital nach ausl¨andischem Vorbild m¨undeten 1911 in der Gr¨undung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft durch A.s engsten Mitarbeiter Friedrich → Schmidt[-Ott], seine Berater, den Chemiker Emil → Fischer, den Theologen Adolf → Harnack, und A.s Straßburger Sch¨uler Zivilkabinettchef Rudolf von Valentini. Sein Ziel, die Weltgeltung deutscher Wissenschaft und eine internationale Wissenschafts- und Friedenspolitik, suchte er mit der von ihm begr¨undeten deutschen ausw¨artigen Kulturpolitik, dem deutsch-amerikanischen Professorenaustausch (1905), dem Aufbau eines weltweiten Netzes deutscher Forschungs- und Kulturinstitute, der Gr¨undung von Auslandshochschulen (1907 Shanghai) zu verwirklichen. Die Voraussetzung seines Einflusses als Preußens „heimlicher Kultusminister“ und „Bismarck des Hochschulwesens“ u¨ ber die Grenzen des Ressorts und Preußens hinaus war sein engmaschiges personales Beziehungsgeflecht in Ministerien, Parlamente, Parteien, Kirchen, Wirtschaft und Presse, das Kritiker wie Max → Weber kurz „System A.“ nannten. LITERATUR: Arnold Sachse: F. A. und sein Werk. Berlin 1928. – Bernhard vom Brocke: Das System A. In: Bildungspolitik in Preußen zur Zeit des Kaiserreichs. Stuttgart 1980. – Ders.: F. A. A Great Figure in Higher Education Policy in Germany. In: Minerva 29 (1991) S. 269-293. – Ders. (Hrsg.): Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftspolitik im Industriezeitalter. Das „System A.“ in historischer Perspektive. Hildesheim 1991. – Ders. / Peter Kr¨uger (Hrsg.): Hochschulpolitik im F¨oderalismus. Die Protokolle der Hochschulkon-
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¨ ferenzen der deutschen Bundesstaaten und Osterreichs 1898 bis 1918. Berlin 1994. Bernhard vom Brocke
Althoff, Theodor, Unternehmer, * 9. 10. 1858 D¨ulmen, † 26. 8. 1931 M¨unster. Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung im ManufakturenDetailgesch¨aft Florentin Pottmeyer in Bocholt gr¨undete A. 1885 eine Firma, die eine Reihe von kleinen Warenh¨ausern und Manufaktur-Gesch¨aften betrieb. Dem Aufbau zahlreicher Filialgesch¨afte (1887) folgten 1900 große Warenh¨auser u. a. in Essen, Dortmund und Leipzig. 1910 wurde die Fa. Theodor Althoff in eine Kommandit-Gesellschaft umgewandelt und 1920 mit der Rudolph Karstadt AG fusioniert, die vormaligen Gesch¨afte der Fa. Theodor Althoff jedoch weiterbetrieben. A. war Aufsichtsratsvorsitzender verschiedener Betriebe und im Verband deutscher Waren- und Kaufh¨auser sowie Vorstandsmitglied der Hauptgemeinschaft des Einzelhandels und des Reichsbundes des Textil-Einzelhandels. C Reichshandbuch Althusius, Johannes, Rechtsgelehrter, * 1557 Diedenshausen (heute zu Bad Berleburg), † 12. 8. 1638 Emden. A. besuchte die Artistenfakult¨at in K¨oln, studierte Rechtswissenschaften in Basel (als Sch¨uler Basilius → Amerbachs) und in Genf, wo er mit Calvinismus und Humanismus in Kontakt kam. Nach der Promotion folgte er 1586 einem Ruf an die Hohe Schule Herborn, lehrte 1591-94 am Gymnasium in Steinfurt, war juristischer Berater in der nassauischen Kanzlei in Dillenburg, 1597 Rektor der 1594-99 von Herborn nach Siegen verlegten Akademie und seit 1604 Stadtsyndikus in Emden. 1617 wurde er Senior des calvinistischen Kirchenrats. In seinem Hauptwerk Politica methodice digesta et exemplis sacris et profanis illustrata (1603, 51654, Neudruck 1961, 1980) entwarf er eine Staats- und Gesellschaftslehre, die sowohl den Gedanken der Volkssouver¨anit¨at als auch das legale Widerstandsrecht des Volkes gegen vertragsbr¨uchige Herrscher postulierte. Zu den Ver¨offentlichungen von A. geh¨oren ferner Juris Romani (ab 2. Aufl. 1589: Jurisprudentiae Romanae) libri duo, ad leges methodi Rameae conformati (1586, 51623) und Dicaeologicae libri tres, totum et universum ius, quo utimur, methodice complectentes (1617, 21649, Neudruck 1967). C Kleinheyer Alting, Heinrich, reformierter Theologe, * 17. 2. 1583 Emden, † 5. 8. 1644 Groningen. Der Sohn Menso → A.s studierte allgemeine Wissenschaften in Groningen, seit 1602 Theologie in Herborn bei Johannes → Piscator und war 1608-13 Lehrer des sp¨ateren Kurf¨ursten → Friedrich V. von der Pfalz. 1613 wurde A. Prof. der Dogmatik in Heidelberg, leitete seit 1616 das Seminar im Collegium Sapientiae und vertrat 1618 / 19 mit Abraham → Scultetus und Paul → Tossanus die Pfalz auf der Dordrechter Synode. Nach dem Fall Heidelbergs 1622 floh er in die Niederlande, u¨ bernahm die Erziehung des Sohnes Friedrichs V. und hatte seit 1627 eine Professur f¨ur Theologie in Groningen inne. Als Kirchenhistoriker verfaßte A. u. a. eine bis 1583 reichende Reformationsgeschichte der Pfalz (Historia ecclesiae Palatinae, erschienen 1701) und war Mitarbeiter an der holl¨andischen Staatenbibel. C RGG Alting, Menso, reformierter Theologe, * 9. 11. 1541 Eelde / Drenthe bei Groningen, † 7. 10. 1612 Emden. Nach kath. Erziehung und dem Studium in K¨oln konvertierte A. 1565 zur reformierten Kirche, setzte sein Studium in Heidelberg fort und war seit 1566 als Prediger t¨atig, zun¨achst in den Niederlanden, dann in Leiselheim, Dirmstein und Heidelberg. Seit 1575 war er Prediger, Leiter des Presbyteriums und Praeses des Predigercoetus in Emden und verhalf als solcher dem Calvinismus in Emden zum Durchbruch. Der Gegenreformation wollte A. durch eine protestantische
Altmann Union entgegentreten. In seinen Schriften befaßte sich A., der mit Johannes → Althusius und Ubbo → Emmius befreundet war, u. a. mit der Reformationsgeschichte Ostfrieslands, der Abendmahlslehre und der T¨auferfrage. Er schrieb auch Kirchenlieder. A. war der Vater von Heinrich → A. C RGG
Altkirch, Ernst, eigentl. Ernst Knopf, Schriftsteller, * 9. 3. 1873 Altkirch (Elsaß), † 16. 4. 1926 Elbing. A. war Sohn eines Offiziers, unternahm zahlreiche Reisen durch Europa, lebte dann als freier Schriftsteller in Dresden, Berlin und seit 1914 in Graz. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs war er als Kriegsberichterstatter t¨atig und ließ sich 1921 in Elbing nieder. Er verfaßte Novellen und Erz¨ahlungen (u. a. Die Legende von Gautama und Yasodhara, 1926) und befaßte sich mit Spinoza (u. a. Spinoza im Urteil der Mitwelt und Nachwelt, 1924). Altmaier, Jakob, Journalist, Politiker, * 23. 11. 1889 Fl¨orsheim / Main, † 8. 2. 1963 Bonn. Der Sohn eines B¨ackermeisters durchlief eine kaufm¨annische Lehre und arbeitete als Journalist bei der Frankfurter „Volksstimme“ und der „Fl¨orsheimer Zeitung“. 1914-17 nahm A., der 1913 in die SPD eingetreten war, am Ersten Weltkrieg teil, war 1918-21 politischer Redakteur der Frankfurter „Volksstimme“, seit 1919 Korrespondent beim „Vorw¨arts“ und in dieser Funktion bei den Versailler Friedensverhandlungen anwesend, 1921-23 Korrespondent des „Manchester Guardian“ in Berlin und 1924-33 Mitarbeiter mehrerer Zeitungen („Vorw¨arts“, „Frankfurter Zeitung“, „Die Weltb¨uhne“, „Die Glocke“, „Die Republik“). Seit 1926 war er Korrespondent f¨ur den „Sozialdemokratischen Pressedienst“ in Belgrad, Paris und London. 1933 emigrierte er nach Paris, anschließend u¨ ber London nach Belgrad, wo er bis 1937 Korrespondent der „Neuen Weltb¨uhne“, des „Pariser Tageblatts“ und der „Pariser Tageszeitung“ war. 1937 / 38 arbeitete er als Korrespondent f¨ur „Le Populaire“ im republikanischen Spanien, bis 1941 als Auslandskorrespondent in Belgrad und Athen (u. a. „Le Populaire“, „Manchester Guardian“). Bis 1945 war er in Kairo t¨atig. Nach kurzem Aufenthalt in Deutschland wurde er 1946-48 Korrespondent des „Telegraf“ und des „Neuen Vorw¨arts“ in Paris und London. A. war 1949-63 Mitglied des Deutschen Bundestags, 1950-62 der Beratenden Versammlung des Europarats, 1957 Mitglied der Westeurop¨aischen Union und des Parlamentarischen Rats der Europ¨aischen Bewegung. Er gilt als Initiator des Luxemburger Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel (1952). A. ver¨offentlichte u. a. Frankfurter Revolutionstage (1919). C MdB
Altman, Georg, Regisseur, * 15. 6. 1884 Berlin, † 9. 6. 1962 Los Angeles. Zun¨achst Schauspieler und Regisseur, arbeitete A. u. a. mit Otto → Falckenberg zusammen. 1905-06 studierte er in Berlin Regiefach unter Max → Reinhardt, dessen Assistent er war. Nach Fortsetzung des Studiums in Jena (1906 / 07) ¨ und einer Dissertation u¨ ber dramaturgische Asthetik wirkte er als Dramaturg und Regisseur in Mannheim unter Carl → Hagemann, in Pyrmont und am Deutschen Theater in Hannover. 1913 trat er die Nachfolge von Viktor → Barnowsky am Kleinen Theater in Berlin an und war seit 1927 Regisseur am Schauspielhaus in Hannover. 1933 wurde er entlassen, emigrierte nach Nizza und war dort als Theaterkritiker t¨atig. Seit 1937 in den USA, nahm er seine T¨atigkeit als Regisseur wieder auf und inszenierte u. a. 1939 als erster am Green Street Theater in San Francisco St¨ucke von Bertolt → Brecht in englischer Sprache. A. hielt Vorlesungen u¨ ber Theaterwissenschaften und machte sich besonders um die Inszenierung zeitgen¨ossischer Dramen verdient. C BHdE, Bd 2
Altmann, Bischof von Passau, * 1010 / 20 Westfalen, † 8. 8. 1091 Zeiselmauer bei G¨ottweig. A. war Kanoniker und Magister der Domschule in Paderborn, seit etwa 1051 Propst des Aachener Kollegiatstiftes, wurde Hofkaplan → Heinrichs III. und 1065 mit F¨ursprache der Kaiserinwitwe → Agnes zum Bischof von Passau gew¨ahlt. Bei seinen Bem¨uhungen um eine Reformierung des Bistums wurde er durch den Investiturstreit gehindert. Als Parteig¨anger Gregors VII. setzte er sich gegen Priesterehe und Laieninvestitur ein, trat damit in Opposition zu → Heinrich IV. und betrieb die Wahl des Gegenk¨onigs → Rudolf von Rheinfelden. Nach der Besetzung Passaus 1077 / 78 und der Einsetzung eines Gegenbischofs durch Heinrich floh A. nach Rom, kehrte 1080 als p¨apstlicher Vikar nach Deutschland zur¨uck und setzte seine Reformen ¨ im von → Leopold von Osterreich beherrschten Ostteil der Di¨ozese fort. A. begr¨undete 1070 das Chorherrenstift St. Nikola in Passau und 1083 dasjenige in G¨ottweig. Die von einem M¨onch in G¨ottweig verfaßte Vita Altmanni wurde von einem Abt Rupert 1192 / 94 u¨ berarbeitet. C LexMA Altmann von Sankt Florian, Augustinerchorherr, Dichter, * um 1150, † 1221 oder 1223. Nach dem Besuch der Freisinger Domschule (unter → Rahewin) ging A. m¨oglicherweise zun¨achst nach Klosterneuburg. Nicht bekannt ist, wo er seine theologischen und kanonistischen Studien vertiefte. 1212 wurde er Propst des Augustinerchorherrenstiftes St. Florian (Ober¨osterreich). Der mittellateinische Dichter schrieb in gewandten Versen eine Vita S. Afrae, eine Passio S. Floriani und eine Passio S. Blasii. Sein Kommentar zum Hohenlied ist mit u¨ ber 3000 Hexametern die umfangreichste unter den lateinischen Hohenlied-Dichtungen. Mit Ysagoge iuris legte A. eine systematische Bearbeitung des Kirchenrechts nach dem Decretum Gratiani vor. C VL Altmann, Adolf, Rabbiner, Publizist, * 8. 9. 1879 Hunsdorf, † 1944 Auschwitz. Nach dem Besuch der Jeschiwah in Hunsdorf und der Rabbinerschule in Preßburg studierte A. Geschichte, Philosophie und Literatur in Bern (Promotion 1913). 1905-20 war er Rabbiner von Salzburg und Meran, mit Unterbrechung durch seine T¨atigkeit als Feldrabbiner der o¨ sterr. Armee w¨ahrend des Ersten Weltkriegs. Seit 1920 war er Oberrabbiner in Trier und emigrierte 1938 in die Niederlande. Von dort aus wurde A. nacheinander in die Konzentrationslager Westerbork, Theresienstadt und Auschwitz deportiert und dort 1944 ermordet. A. war als Talmudist, Philosoph, Dramatiker und Historiker t¨atig und verfaßte u. a. die Geschichte der Juden in Stadt und Land Salzburg von den fr¨uhesten Zeiten bis auf die Gegenwart (2 Bde., 1913-30; Neuaufl. 1990, von G¨unter Fellner und Helga Embacher weitergef¨uhrt bis 1988). C Lex dt-j¨ud Autoren
Altmann, Alexander, Rabbiner, Philosoph, * 16. 4. 1906 Kaschau (Ungarn), † 6. 6. 1987 Boston (Massachusetts, USA). Nach dem Besuch der Talmud-Thora-Schule in K¨oln studierte A., Sohn des Juristen und Rabbiners Adolf → A., seit 1926 am Berliner Rabbiner-Seminar und zugleich an der Univ. Berlin Philosophie, Germanistik und Anglistik. 1931 wurde er mit der Arbeit Die Grundlagen der Wertethik. Wesen, Wert, Person. Max Schelers Erkenntnis- und Seinslehre in kritischer Analyse promoviert. Seit demselben Jahr Rabbiner, lehrte er 1932-38 am Rabbinerseminar in Berlin und emigrierte dann nach Großbritannien. 1938-59 war A., der 1946 britischer Staatsb¨urger wurde, Communal Rabbi in Manchester, wo er 1953 das Institute for Jewish Studies gr¨undete. 1959 ging er als Prof. f¨ur J¨udische Philosophie und Ideengeschichte an die Brandeis University nach Waltham
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Altmann (Massachusetts, USA). A. besch¨aftigte sich mit j¨udischer Geistesgeschichte und Mystik (u. a. Von der mittelalterlichen zur modernen Aufkl¨arung. Studien zur j¨udischen Geistesgeschichte, 1987) und vor allem mit Moses → Mendelssohn (u. a. Moses Mendelssohns Fr¨uhschriften zur Metaphysik, 1969; Moses Mendelssohn. A Biographical Study, 1973; Die trostvolle Aufkl¨arung. Studien zur Metaphysik und politischen Theorie Moses Mendelssohns, 1982). 1954-59 gab er das „Journal for Jewish Studies“ heraus und war seit 1957 Mitherausgeber der „Scripta Judaica“ sowie der Jubil¨aumsausgabe der Gesammelten Schriften (1971 ff.) von Mendelssohn. C BHdE, Bd 2
Altmann, Anton, Maler, * 4. 6. 1808 Wien, † 9. 7. 1871 Wien. A. stammte aus einer m¨ahrischen Malerfamilie und studierte seit 1821 bei Joseph → M¨ossmer an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien. Danach war er kurze Zeit Dekorationsmaler und 1829-31 Zeichenlehrer beim Grafen Apponyi in Ungarn. In Wien, wo er als Landschaftsmaler t¨atig war, stellte er seine Werke 1838 zum erstenmal aus. Seit 1861 war er Mitglied des Wiener K¨unstlerhauses. Neben seinen Gem¨alden und Aquarellen schuf A. Radierungen. C AKL
Altmann, Eva, geb. Pfingst, Wirtschaftswissenschaftlerin, * 17. 12. 1903 Berlin, † 1. 3. 1991 Berlin. A., Tochter eines Kaufmanns, studierte Wirtschaftswissenschaften in Frankfurt / Main, Kiel und Berlin und trat 1923 in die KPD ein. Zwischen 1931 und 1945 mehrmals inhaftiert und zeitweise unter Polizeiaufsicht gestellt, engagierte sie sich seit 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone im Bereich des Bildungswesens. 1949 wurde sie Hochschulleh¨ rerin f¨ur politische Okonomie an der Humboldt-Universit¨at Berlin, 1950 Professorin und zugleich Gr¨undungsrektorin der Hochschule f¨ur Plan¨okonomie in Berlin-Karlshorst. Nach deren Vereinigung mit der Hochschule f¨ur Finanz¨ wirtschaft Potsdam-Babelsberg zur Hochschule f¨ur Okonomie Berlin (1956) wurde sie zur Direktorin des Instituts f¨ur ¨ politische Okonomie, sp¨ater zur Professorin in der Sektion ¨ Marxismus-Leninismus ernannt. A. ver¨offentliche u. a. Uber ¨ den Gegenstand der politischen Okonomie und u¨ ber die o¨ ko¨ nomischen Gesetze (1955) und Zur politischen Okonomie der Arbeiterklasse (1974). Seit 1956 geh¨orte sie dem Redaktionskollegium der Zeitschrift „Einheit“ der SED an. C DDR
Altmann, Johann Georg, schweizer. evang. Theologe, Philologe, * 21. 4. 1695 Zofingen (Kt. Aargau), † 18. 3. 1758 Ins (Kt. Bern). Neben dem Studium der Theologie in Bern besch¨aftigte sich A., Sohn eines Gymnasialrektors, mit Arch¨aologie und trat 1724 in den Kirchendienst. 1732 wurde er Pfarrer in Wahlern, 1734 Prof. der Beredsamkeit an der Akademie in Bern, 1735 Prof. f¨ur Griechisch und Ethik, 1746 Praepositus der Oberen Schule und 1757 Pfarrer in Ins. In Bern gr¨undete er 1739 eine Gesellschaft zur Pflege der deutschen Sprache und Kultur, die – besonders von den Anh¨angern der franz¨osischen Kultur angefeindet – nur bis 1747 bestand. A. gab mehrere moralische Wochenschriften heraus und verfaßte neben seinen zahlreichen theologischen, philologischen und historischen Schriften eine Beschreibung der Helvetischen Eisgebirge (1751). Er war seit 1751 Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin. C Bern Bio, Bd 5
Altmann, Josef, Schauspieler, Regisseur, * 25. 12. 1844 Rzeszow (ehem. Galizien), † 2. 2. 1910 Wien. Nach seinem Deb¨ut als Schauspieler 1862 in Apolda war A. in M¨uhlhausen, in Halle / Saale, Brandenburg und am Deutschen Theater in Pest t¨atig. 1866 erhielt er, unterst¨utzt von August → F¨orster, ein Engagement am Burgtheater in Wien,
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dem er bis 1903 angeh¨orte. Seit 1888 durfte er sich Hofschauspieler nennen. Er war Leiter der Komparserie und Lehrer an der Schauspielschule des Wiener Konservatoriums, wo u. a. Josefine Wessely und Marie Frauendorfer zu seinen Sch¨ulern z¨ahlten. Nach seiner Pensionierung war er Regisseur am Deutschen Volkstheater in Wien.
Altmann, Karl Otto, Dermatologe, * 4. 2. 1880 Breslau, † 2. 4. 1968 Frankfurt / Main. Nach dem Medizinstudium in Breslau und M¨unchen wurde A. 1906 in Breslau promoviert (Ueber eine cystische Missbildung des R¨uckenmarkes), war dort Assistent in der Inneren Abteilung des Allerheiligen-Hospitals, dann in Frankfurt / Main am Kgl. Institut f¨ur experimentelle Therapie (1907-09) sowie am Hygienischen Institut (1909 / 10). Danach an der Dermatologischen Klinik in Frankfurt / Main t¨atig, habilitierte er sich 1916, wurde 1918 Titularprofessor und 1921 a. o. Prof. f¨ur Haut- und Geschlechtskrankheiten. Er war Direktor der St¨adtischen Hautklinik (1921-34) und kommissarischer Direktor der Universit¨ats-Hautklinik in Frankfurt / Main (1945-49). 1933 wurde ihm wegen seiner j¨udischen Herkunft die Lehrbefugnis entzogen; 1934 verlor er seine Stellung als Direktor der Hautklinik. A. besch¨aftigte sich insbesondere mit der Immunit¨atslehre, Bakteriologie, der Wassermannschen Reaktion und Syphilis. Er ver¨offentlichte u. a. Die Behandlung der Krankheiten der behaarten Kopfhaut (1912, mit Karl → Herxheimer). ¨ Schlesien C Arzte Altmann, Matthias (Augustin), Dichter, * 24. 2. 1790 Erlach (Ober¨osterreich), † 28. 4. 1880 Neumarkt (Obero¨ sterreich). Nach der Teilnahme an den Napoleonischen Kriegen auf o¨ sterr. und bayerischer Seite erwarb A. 1821 einen Bauernhof in Taufkirchen / Trattnach und war bis Ende der f¨unfziger Jahre in der Landwirtschaft t¨atig. Nach 1828 verfaßte er ein Ober¨osterreichisches Georgicon, das sich an Vergils Georgica, einer Verherrlichung des Landlebens, anlehnt. Das in Hexametern abgefaßte Lehrgedicht schildert die b¨auerliche Lebenswelt des Hausruckviertels teils realistisch, teils idyllisierend, enth¨alt autobiographische Elemente und sollte der literarischen Volksaufkl¨arung dienen. Es wurde zun¨achst nur in geselligem Kreis gelesen, 1848 aber auf Veranlassung von → Erzherzog Johann in Wien ver¨offentlicht. C Killy
Altmann, Oskar, Industrieller, * 21. 12. 1880 K¨oln, † 10. 12. 1948 Rolandia (Brasilien). Nach dem Studium an der TH M¨unchen war A. 1905-09 als Ingenieur beim Eisenbahnbau im damaligen Siam besch¨aftigt, anschließend Vertreter der Stahlwerke Mannesmann AG in Japan und 1911-14 Direktor der MannesmannFiliale in Großbritannien. Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und trat nach Kriegsende als Verkaufsdirektor und Vorstandsmitglied wieder in die Mannesmann AG ein. 1937 schied er unter dem Druck des nationalsozialistischen Regimes aus der Firma aus. Vermutlich 1939 emigrierte er nach Brasilien, wo er sich als Plantagenbesitzer in der deutschen Kolonie Rolandia niederließ. C BHdE, Bd 1 Altmann, Ren´e, Schriftsteller, * 9. 7. 1929 Luzern, † 3. 4. 1978 Wien. A. kam 1941 mit seiner Familie nach Wien. Nach einem abgebrochenen Studium der Zeitungswissenschaften arbeitete A. als kaufm¨annischer Angestellter, studierte dann Staatswissenschaften und arbeitete seit 1957 im Bundesministerium f¨ur Soziale Verwaltung. Seit 1950 publizierte er Gedichte und Kurzprosa in „neue wege“ und anderen Zeitschriften. Von der Tr¨ummerlyrik der f¨unfziger Jahre fand er zu grotesken und surrealen Texten. Er bildete zusammen mit Hans Carl → Artmann und Hanns → Weissenborn
Altmeier eine K¨unstlergruppe. Eine Auswahl von rund 700 Einzeltexten, die A. noch selbst zusammengestellt hatte, wurde 1979 postum unter dem Titel Unsinnige Welt. Literarische Texte 1949-1975 ver¨offentlicht, eine weitere 1994 in „Manuskripte 34“ unter dem Titel Wir werden uns kaum mehr kennen. Das poetische Werk.
Altmann, Richard, Mediziner, * 12. 3. 1852 Deutsch Eylau (Kr. Rosenberg), † 8. 12. 1900 Hubertusburg. A. studierte Medizin in Greifswald, K¨onigsberg, Marburg und Gießen (Promotion 1877), war Assistent und Prosektor in Leipzig, habilitierte sich 1882 und war seit 1887 a. o. Prof. der Anatomie. Er widmete sich besonders der organischen Strukturlehre und entwickelte die Granula-Theorie, auch Altmannsche bzw. Altmann-Schriddesche (nach dem Pathologen Hermann → Schridde) Theorie genannt, die er in Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen (1890, 21894) erl¨auterte. Nach A. ist die aus Kaliumbichromat und Osmiums¨aure bestehende Fixierfl¨ussigkeit, die sogenannte Altmannsche Fl¨ussigkeit, benannt.
Altmann, R¨udiger, Publizist, * 1. 12. 1922 Frankfurt / Main, † 13. 2. 2000 Bonn. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften, Politik, Geschichte und Soziologie in Frankfurt / Main, Berlin und Marburg wurde A. 1954 in Marburg promoviert und nahm dort eine Lehrt¨atigkeit auf. Er war Berater des Bundeskanzlers Ludwig → Erhard und Leiter der Politischen Akademie Eichholz; 1963-78 war er stellvertretender Hauptgesch¨aftsf¨uhrer des Deutschen Industrie- und Handelstages. A. ver¨offentlichte Essays zu politischen und wirtschaftlichen Themen, u. a. Das Erbe Adenauers (1960), Sp¨ate Nachricht vom Staat (1968), Polit¨okonomie des freien Marktes (1976) und Der wilde Frieden. Notizen zu einer politischen Theorie des Scheiterns (1987).
Altmann, Samuel Paul, National¨okonom, * 27. 6. 1878 Berlin, † 17. 10. 1933 Ilmenau. A. studierte Staatswissenschaften, Naturwissenschaften, Geschichte und Philosophie in Freiburg und Berlin und wurde 1906 in Berlin mit der Arbeit Studien zur Lehre vom Geldwert zum Dr. phil. promoviert. 1908 ging er als volkswirtschaftlicher Beamter an die Handelskammer Frankfurt / Main. Nach dem gescheiterten Versuch, sich von Frankfurt aus an der Univ. Heidelberg zu habilitieren, wurde A. 1907 zum nebenberuflichen Dozenten an die Handelshochschule Mannheim berufen, wo er 1909 eine hauptamtliche Dozentur f¨ur Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft erhielt. 1910 wurde er zum o. Prof. ernannt und u¨ bernahm einen Lehrauftrag am Institut f¨ur Sozial- und Staatswissenschaften an der Univ. Heidelberg, der 1922 in eine Honorarprofessur umgewandelt wurde. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs war er sowohl wissenschaftlich als auch organisatorisch auf seinen Spezialgebieten Kriegsf¨ursorge und Wirtschaftspolitik t¨atig. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes mußte A. 1929 / 30 aus dem Lehrbetrieb in Heidelberg ausscheiden und wurde 1930 an der Handelshochschule Mannheim emeritiert. Dennoch war A. wegen seiner j¨udischen Abstammung 1933 vom Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums betroffen. A.s Hauptarbeitsgebiet war die Finanzwissenschaft; 1918-24 arbeitete er am Handw¨orterbuch der Kommunalwissenschaften mit und verfaßte u. a. Finanzwissenschaft (1910). C Hagemann
Altmann, Siegfried, P¨adagoge, * 12. 7. 1887 Nikolsburg (M¨ahren), † 14. 9. 1963 New York. Der ausgebildete Lehrer war 1922-38 Direktor des BlindenInstitutes Hohe Warte in Wien. Er war Gr¨under und Redakteur des Archivs f¨ur das Blindenwesen und f¨ur die Bildungsarbeit an Sehschwachen, Berater des st¨adtischen Bildungs-
und Wohlfahrtswesens Wien und Leiter der Wohlfahrtsabteilung f¨ur Blindenwesen. 1930 gr¨undete er das J¨udische Blindeninstitut Warschau und 1925 das Heim f¨ur blinde M¨adchen in Wien. 1929-31 war er Pr¨asident der Zionistischen Orga¨ nisation Osterreichs. 1939 emigrierte er in die USA, war Dozent an der Fordham University, seit 1942 Mitglied des Austrian National Committee und 1958-68 Direktor des Austrian Institute for Science, Art and Economics in New York (sp¨ater Austrian Forum). C BHdE, Bd 1
Altmann, Walter, Arch¨aologe, * 12. 6. 1873 Berlin, † 24. 1. 1910 Marburg. A. studierte Jura in Berlin und Marburg, in Berlin Arch¨aologie, klassische Philologie und alte Geschichte und wurde 1902 in Halle promoviert. Nach Reisen durch Italien und Griechenland habilitierte er sich 1906 und erhielt in Marburg eine Professur f¨ur Arch¨aologie. Von April bis September 1908 war er kommissarischer Sekret¨ar am Kaiserlich Deutschen Arch¨aologischen Institut in Rom. A. verfaßte zahlreiche Werke, u. a. Die r¨omischen Grabalt¨are (1905). C Bursian, Jg. 34
Altmann, Wilhelm, Bibliothekar, Musikschriftsteller, * 4. 4. 1862 Adelnau (Posen), † 25. 3. 1951 Hildesheim. A., Sohn eines Pfarrers, studierte Geschichte, Philologie und Staatswissenschaften, wurde 1885 mit der Arbeit Die Wahl Albrechts II. zum r¨omischen K¨onige promoviert und war seit demselben Jahr Assistent bei Leopold von → Ranke. Zun¨achst Volont¨ar, dann Assistent an der Universit¨atsbibliothek Breslau, wurde er 1888 zum Kustos bef¨ordert. In Greifswald, wo er seit 1889 Universit¨atsbibliothekar war, habilitierte sich A. f¨ur Geschichte des Mittelalters und geschichtliche Hilfswissenschaften. Von 1900 an war er Oberbibliothekar an der Kgl. Bibliothek in Berlin, 1905 wurde er zum Prof. und 1915 zum Direktor ernannt. Er richtete die Deutsche Musiksammlung (DMS) ein, deren Direktor er seit 1915 war. A. ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch f¨ur Streichquartettspieler (4 Bde., 1928, 21972-74). C MGG Altmann-Gottheiner, Elisabeth, geb. Gotheiner, Politikerin, * 26. 3. 1874 Berlin, † 21. 10. 1930 Mannheim. Nach dem Studium der National¨okonomie in London, Berlin und Z¨urich (1902 Dr. jur. publ. et rer. cam., Studien u¨ ber die Wuppertaler Textilindustrie und ihre Arbeiter in den letzten zwanzig Jahren) war A.-G. Lehrerin und Schriftstellerin in Berlin, dann Frankfurt / Main und erhielt 1908 einen Lehrauftrag an der Handelshochschule in Mannheim, wo sie sich 1919 habilitierte und die Soziale Frauenschule gr¨undete. 1925 wurde sie dort Professorin. Sie war 1910-24 Vorstandsmitglied des Bundes Deutscher Frauenvereine, Leiterin der Kommission f¨ur Frauenarbeit des Internationalen Frauenbundes, Mitglied der Stipendienkommissionen des Deutschen sowie des Internationalen Akademikerinnenbundes und gab u. a. die „Neuen Bahnen“ und die „Jahrb¨ucher der Frauenbewegung“ heraus. C Reichshandbuch
Altmeier, Peter, Politiker, * 12. 8. 1899 Saarbr¨ucken, † 28. 8. 1977 Koblenz. A. war Kaufmann, geriet w¨ahrend des Ersten Weltkriegs in Gefangenschaft und trat nach seiner Entlassung als Mitglied des Windthorst-Bundes in die Zentrumspartei ein. 1929-33 war er in Koblenz Mitglied des Stadtrates und des Vorstandes der Zentrumspartei des Wahlbezirks Koblenz-Trier. Einer Verhaftung durch die Gestapo konnte er 1944 entkommen. 1945 wurde er Mitglied des B¨urgerrats von Koblenz, Mitbegr¨under und Vorsitzender der CDU in Rheinland-Pfalz, 1946 Mitglied der Beratenden Landesversammlung, Regierungspr¨asident von Montabaur, 1947 Landtagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender. 1947-69 war A. Ministerpr¨asident des Landes Rheinland-Pfalz. C Leb Rhein, Bd 9
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¨ Altmuller Altmuller, ¨ Karl, Bibliothekar, Schriftsteller, * 1. 1. 1833 Hersfeld, † 22. 9. 1880 Kassel. A. studierte an den Universit¨aten Marburg, Berlin und M¨unchen Rechtswissenschaften; er besch¨aftigte sich mit Philosophie und Literatur. 1859-60 war er Herausgeber der Wochenschrift „Der Telegraph“. Am Obergericht in Kassel trat A. in den juristischen Vorbereitungsdienst ein und wurde 1865 dort angestellt. Seit 1871 war er Vorstand und erster Bibliothekar der Murhardschen Bibliothek in Kassel. Literarisch bet¨atigte A. sich haupts¨achlich als Lyriker (Gedichte, 1864) und Erz¨ahler (An Veronika, 1856). C Leb Kurhessen, Bd 3 Altmutter, ¨ Georg, o¨ sterr. Physiker, * 6. 10. 1787 Wien, † 2. 1. 1858 Wien. Nach dem Studium in Wien und Prag war A. drei Jahre Assistent f¨ur Physik am Theresianum in Wien und anschließend am Polytechnikum in Wien, wo er seit 1816 eine Professur f¨ur mechanische Technologie innehatte. Zu seinen technischen Erfindungen z¨ahlen u. a. neue Werkzeuge, Verbesserungen bei der Spielkartenfabrikation, der Fertigung von Stecknadelk¨opfen und von Globen. A., der mit Franz → Grillparzer befreundet war, legte eine große Sammlung technischer Werkzeuge und Fabrikprodukte an, die er 1925 unter dem Titel Beschreibung der Werkzeugsammlung am Polytechnischen Institut zu Wien schilderte.
Altmutter, Franz, auch Anton Franz A., Francesco A., o¨ sterr. Maler, * 4. 9. 1745 Wien, † 21. 1. 1817 Innsbruck. A. studierte an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien, u. a. bei Jakob Christoph → Schletterer, Caspar Franz → Sambach und Jakob Matthias → Schmutzer. Nach einer mehrj¨ahrigen Studienreise nach B¨ohmen, Bayern und Ungarn ließ sich A. 1771 in Innsbruck nieder. Zahlreiche Auftr¨age erhielt er durch den Tiroler Statthalter Gottfried Graf Heister. A. gestaltete in Feder, Aquarell, Pastell und ¨ und verwendete als Freskomaler religi¨ose und mythoOl logische Stoffe, Genremotive, Landschaften und Architektur. Er arbeitete auch als Blumen- und Fr¨uchtemaler und als Portr¨atist. Trotz des sich schon abzeichnenden Klassizismus gilt A. noch der sp¨atbarocken Troger-Tradition zugeh¨orig und wird als Freskomaler zusammen mit Joseph → Sch¨opf genannt. A. war der Vater von Jakob Plazidus → A. C AKL Altmutter, Jakob Plazidus, auch Placidus, o¨ sterr. Maler, * 15. 7. 1780 Innsbruck, † 22. 11. 1819 Schwaz. Zun¨achst wurde A. durch seinen Vater Franz → A. ausgebildet, studierte 1801-03 an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien unter Francesco Casanova; er ging bereits nach zwei Jahren nach Innsbruck zur¨uck und assistierte seinem Vater bei Freskomalereien. Wegen seiner Parteinahme f¨ur den Tiroler Aufstand (er portr¨atierte Andreas → Hofer) war er seit 1809 auf der Flucht und kehrte erst 1811 zu seinem Vater zur¨uck. Seine ungen¨ugende Ausbildung verhinderte eine wirkliche k¨unstlerische Entwicklung, jedoch galt er aufgrund seiner bevorzugten Motivwahl, der Darstellung des Tiroler Volkslebens wie auch der Uniformen und Trachten, als Begr¨under und bedeutender fr¨uher Vertreter des alpinen Sittenbildes. A. arbeitete gr¨oßtenteils als Zeichner, ¨ 1819 ermitunter als Lithograph, jedoch ganz selten in Ol. trank er im Inn. C AKL Altnikol, Johann Christoph, Musiker, Komponist, getauft 1. 1. 1720 Berna bei Lauban, † 25. 7. 1759 Naumburg / Saale. A. war Choralis und Hilfsorganist an St. Magdalenen in Breslau, studierte seit 1744 Theologie in Leipzig, wo er von Johann Sebastian → Bach in Komposition und Klavierspiel unterrichtet wurde. Im Januar 1748 wurde er Organist in Niederwiesa bei Greiffenberg (Schlesien), im September an
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St. Wenzel in Naumburg. 1749 heiratete er Elisabeth Juliane Friedericia Bach. Von A.s Orgelwerken sind keine, von den Klavier- und Kirchenkompositionen nur wenige handschriftlich erhalten. Nach der Erblindung seines Schwiegervaters machte er sich besonders um die Erfassung von Bachs Kompositionen verdient. C MGG
Alto, Abt, † 2. H¨alfte 8. Jh. ¨ A. war der Uberlieferung nach angels¨achsischer Herkunft. Er ist erstmals um 758 / 63 in einer Freisinger Urkunde namentlich belegt. A. lebte als Einsiedler in einem Waldgebiet zwischen Augsburg und M¨unchen und soll 749 mit Unterst¨utzung des fr¨ankischen K¨onigs → Pippin des J¨ungeren das Kloster Altom¨unster in Oberbayern gegr¨undet haben, das um 1000 Benediktinerinnen bewohnten. Sp¨ater wurde es als Doppelkloster von Nonnen und M¨onchen und schließlich als reines Birgittenkloster genutzt. C LexMA Altomonte, Andreas (Felix), auch Hohenberg, Andre, Andrea, o¨ sterr. Architekt, Zeichner, * 1699 Warschau oder Wien, † 12. 6. 1780 Wien. Nach dem Studium an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien (1726-28) arbeitete A. als Zeichner und schuf Stiche f¨ur Anton Joseph von → Prenners Theatrum artis pictoriae. Schon 1738 nannte er sich „kaiserlicher Kammerund Theatralzeichner“, 1755 war er kurz Administrator der Wiener Porzellanmanufaktur und seit 1763 konnte er sich als „Hoftheatralzeichner und k. k. Hof- und Feldingenieur“ bezeichnen. In Zusammenarbeit mit seinem Vater Martino → A. und seinem Bruder Bartholomeo → A. entstand die Innenausstattung der Stiftskirche in Wilhering; A. entwarf u. a. den Portalvorbau von St. Peter in Wien. Er war als Architekt f¨ur die Familie Schwarzenberg t¨atig und gestaltete den Gartentrakt mit Reitschule und Orangerie im Schwarzenberg-Palais in Wien. In seinem Schaffen war A. dem Rokoko verpflichtet. C AKL
Altomonte, Bartolomeo, auch Hohenberg, o¨ sterr. Maler, * 24. 2. 1694 Warschau, † 9. 11. 1783 St. Florian (Ober¨osterreich). Nach der Ausbildung durch seinen Vater Martino → A. studierte A. seit 1717 in Bologna bei Marcantonio Franceschini, 1719-21 bei Benedetto Luti in Rom und dann in Neapel bei Francesco Solimena. Von 1722 an war er Mitarbeiter seines Vaters und malte vornehmlich Altarbl¨atter und Fresken, die vor allem Kompositions- und Formelemente des sogenannten Barock-Klassizismus erkennen lassen. 1731 trat A. der Sebastiansbruderschaft in St. Florian bei und arbeitete an der Innenausmalung der Klostergeb¨aude. 1732 ließ er sich in Wien nieder und wurde zum Hofmaler ernannt. 1770 wurde er Mitglied der Akademie der bildenden K¨unste in Wien. C AKL
Altomonte, Martino, auch Hohenberg, Chochenberg, Johann Martin A., Maler, * 8. 5. 1657 (1658 / 59 ?) Neapel, † 14. (15.) 9. 1745 Wien. A. ging in Rom 1773-78 bei Giovanni Battista Gaulli in die Lehre und studierte anschließend dort bei Carlo Maratta und wahrscheinlich an der Accademia di San Luca. 1684 ging er auf Einladung des K¨onigs Jan III. Sobiesky nach Warschau, wo er polnischer Hofmaler wurde. Zwischen 1699 und 1703 siedelte er sich in Wien an und wurde 1710 Kaiserlicher Kammermaler. A., der seit 1719 in Linz ans¨assig war, arbeitete von 1722 an oft mit seinem Sohn Bartolomeo → A. zusammen. Neben Altarbildern malte A. haupts¨achlich Fresken und galt zusammen mit Johann Michael → Rottmayr als Begr¨under der o¨ sterr. barocken Freskenmalerei. In seinen sp¨aten Werken lassen sich schon Ankl¨ange zum Rokoko erkennen. Das aus 120 Bl¨attern bestehende sogenannte Melker Skizzenbuch illustriert die k¨unstlerischen Entwicklungsphasen A.s. C AKL
Altschul Alton, (Joseph Wilhelm) Eduard d’, Naturforscher, Zeichner, * 11. 8. 1772 Aquileia (Italien), † 11. 5. 1840 Bonn. A., Schwiegersohn von Christian Daniel → Rauch, studierte u. a. in Wien und Hannover, lebte seit 1800 in Altona, dann in Tiefurth bei Weimar und in W¨urzburg. Reisen f¨uhrten ihn u. a. nach Italien, Frankreich, Spanien, England und Rußland. Seit 1818 war er a. o. Prof. der Natur- und Kunstgeschichte an der Univ. Bonn, wo er 1820 in Philosophie promoviert wurde und seit 1826 o. Prof. war. Im Lauf der Jahre legte er eine umfangreiche Kunstsammlung an. Wegen seiner Radierungen wurde A., der seit 1818 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina war, als Mitglied in die Berliner Akademie der K¨unste aufgenommen. Sein k¨unstlerisches Talent nutzte er zur Illustration naturgeschichtlichanatomischer Ver¨offentlichungen wie der Naturgeschichte des Pferdes (1810-16). C AKL Alton, Johann Baptist, Philologe, * 21. 11. 1845 Kolfuschg / Abteital (S¨udtirol), † 4. 4. 1900 Rovereto (Italien). Aus einer Bauernfamilie stammend, besuchte A. das Gymnasium in Brixen und Trient, studierte 1864-70 an der Univ. Innsbruck Altphilologie und Franz¨osisch und war nach der Promotion als Gymnasiallehrer u. a. in Prag, Wien und Rovereto t¨atig. Er besch¨aftigte sich mit dem R¨atoromanischen, speziell dem Ladinischen und erarbeitete eine vergleichende Sprachlehre ladinischer Dialekte bestimmter Gegenden (Die ladinischen Idiome in Ladinien, Gr¨oden, Fassa, Buchenstein, Ampezzo, 1879). Außerdem besch¨aftigte er sich eingehend mit der Geschichte, den Sagen und M¨archen Ladiniens.
Alton, Richard Graf d’, o¨ sterr. Milit¨ar, * 1732 Lachond (Irland), † 16. 2. 1790 Trier. A. war seit 1771 Generalmajor, wurde 1777 Feldmarschalleutnant und nobilitiert. Unter dem Statthalter Herzog → Albert von Sachsen-Teschen und dessen Minister Graf Trauttmannsdorf war er milit¨arischer Oberbefehlshaber in Belgien. Nach der Weigerung der St¨ande von Brabant und Hennegau, Steuern zu zahlen, verk¨undete A. die Aufhebung der Joyeuse entr´ee, der Urkunde u¨ ber die Unteilbarkeit des Landes und die Vorrechte der brabantischen St¨ande. 1789 l¨oste er den Landtag auf. Sein Versuch, die Aufst¨andischen mit Waffengewalt zur Annahme der kaiserlichen Verf¨ugungen zu zwingen, f¨uhrte zu einem Aufstand Flanderns, Brabants und des Hennegaus. Nach Desertion großer Teile der ¨ o¨ sterr. Armee wurden die Osterreicher nach Luxemburg und Namur zur¨uckgeschlagen und am 20. 1. 1790 durch die versammelten St¨ande die „Vereinten belgischen Staaten“ als Republik ausgerufen. C NDB
Altrock, Hermann, Sportwissenschaftler, * 2. 1. 1887 Berlin, † 15. 3. 1980 Frankfurt / Main. A. besuchte das Lehrerseminar in Berlin, studierte dort und in Greifswald, war seit 1907 Lehrer und seit 1912 Oberlehrer in Berlin, unterbrochen von seinem Kriegsdienst in den Jahren 1916 / 17. Seit 1919 Turnrat an der Landesturnanstalt in Spandau, wurde er 1920 Dozent und Verwaltungsdirektor an der Deutschen Hochschule f¨ur Leibes¨ubungen, Stadion Grunewald, Berlin. 1925 folgte er einem Ruf als a. o. Prof. an das Institut f¨ur Leibes¨ubungen der Univ. Leipzig und seit 1948 hatte er die Professur f¨ur Sportwissenschaft und P¨adagogik der k¨orperlichen Erziehung in Frankfurt / Main inne. A. war seit 1924 Vorsitzender des Deutschen Turnlehrervereins und ver¨offentlichte u. a. Ringen und Schwerathletik (Teilband des Handbuchs f¨ur Leibes¨ubungen, 1924).
Altschuler, ¨ Moritz Jakob, Orientalist, Rabbiner, * 1869 Nowo Grodek (Russ. Polen), † 22. 3. 1911 Wien. Im Alter von 13 Jahren erhielt A. die Rabbinerautorisationen und studierte dann in Wien und Leipzig. Nach der Promotion gr¨undete er 1903 in Berlin die „Vierteljahrsschrift f¨ur Bibelkunde, talmudische und patristische Studien“, von der jedoch
nur zwei B¨ande erschienen. Ergebnis seiner Bem¨uhungen, eine Sammlung alter Bibel¨ubersetzungen und anderer religionsgeschichtlicher Quellen anzulegen, waren die Monumenta Judaica (1905) und der zusammen mit J¨org → LanzLiebenfels herausgegebene Orbis antiquitatum (1907 ff). C Lex dt-j¨ud Autoren
Altschul, Elias, Mediziner, Hom¨oopath, * 8. 4. 1812 Prag, † 17. 6. 1865 Prag. A. studierte zun¨achst orientalische Sprachen, dann Medizin in Wien und Pest (Promotion 1832, De scorbuto). W¨ahrend seiner T¨atigkeit als Gemeindearzt in Boskowitz in M¨ahren wurde A., der sich davor mit der Augenheilkunde besch¨aftigt hatte, mit der Hom¨oopathie vertraut und ver¨offentlichte 1938 mit Miscellen aus dem gesammten Gebiete der theoretischen und praktischen Medicin eine wissenschaftliche Begr¨undung f¨ur seine Abkehr von der Schulmedizin. Seit 1848 war er Privatdozent f¨ur Hom¨oopathie an der Univ. Prag. In seinem Werk Das therapeutische Polarit¨atsgesetz der Arzneidosen als prinzipielle Grundlage zur physiologischen Pharmakodynamik (1852) wurde erstmals die umgekehrte Wirkung großer und kleiner Dosen erl¨autert.
Altschul, Jakob, Jurist, Schriftsteller, * 14. 2. 1843 B¨ohmisch-Leipa, † 6. 4. 1940 Wien. Nach dem Jurastudium an der Univ. Wien ließ A. sich dort als Rechtsanwalt nieder. Er ver¨offentlichte zahlreiche juristische Aufs¨atze und zusammen mit seinem Sohn Gottlieb Ferdinand A. einen ausf¨uhrlichen Kommentar zum o¨ sterr. Urheberrechtsgesetz (Erl¨auterungen zum o¨ sterreichischen Urheberrechtsgesetz, 1904). Schriftstellerisch war A. vornehmlich als Lyriker t¨atig (Nicht um eine Krone, 1876). 1874 ver¨ o¨ ffentlichte er eine Ubersetzung und kritische Untersuchung des Hoheliedes. A. war mit der S¨angerin Berta → Steinher verheiratet. C Lex dt-j¨ud Autoren
Altschul, Rudolf, Anatom, * 24. 2. 1901 Prag, † 4. 11. 1963 Saskatoon (Kanada). Nach seiner Promotion an der Deutschen Univ. Prag 1925 bildete A. sich bis 1926 am Hˆopital Salpˆetri`ere in Paris fort, war bis 1929 an der K¨oniglichen Neurologischen Klinik in Rom besch¨aftigt und bis 1939 Forschungsassistent am Histologischen Institut der Deutschen Univ. Prag, wo er eine neuropsychiatrische Privatpraxis leitete. 1939 emigrierte er nach Kanada und wurde Dozent an der Univ. Saskatchewan, 1948 Prof. und 1955 Leiter des Instituts f¨ur Anatomie. Seit 1952 war A. Direktor der American Society for the Study of Arteriosclerosis; er verfaßte u. a Endothelium. Its Development, Morphology, Function and Pathology (1954). C BHdE, Bd 2
Altschul, Salomon Eugen, National¨okonom, * 2. 4. 1887 Libau (Kurland), † 26. 4. 1954 Kansas City (Missouri, USA). A. studierte seit 1904 Physik, Philosophie, National¨okonomie und Geschichte an den Universit¨aten Freiburg / Breisgau, Leipzig und Straßburg und wurde 1912 aufgrund der Dissertation Die logische Struktur des historischen Materialismus (gedruckt 1913) promoviert. 1913-20 war er Mitarbeiter in der Verm¨ogensverwaltung des deutschfinnischen Zuckergroßindustriellen K¨onig in Freiburg / Breisgau, 1920-22 leitender Redakteur bei „Buchwalds B¨orsenBerichten“, 1922 / 23 Wirtschaftssyndikus und Vertreter einer Bankfirma in Frankfurt / Main und 1923-27 stellvertretender Direktor einer Bank-Kommanditgesellschaft in Berlin. Zugleich besch¨aftigte er sich mit Finanzierungsund Gr¨undungsgesch¨aften und war Aufsichtsratsmitglied bei zwei großen Industrieunternehmungen. 1927 wurde A. Wissenschaftlicher Leiter der Frankfurter Gesellschaft f¨ur Konjunkturforschung, nahm seit demselben Jahr einen Lehrauftrag an der Univ. Frankfurt wahr, habilitierte sich dort
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Altum 1930 f¨ur Volkswirtschaftslehre und war als Privatdozent t¨atig. 1933 wurde ihm die Lehrbefugnis entzogen. Im selben Jahr nach Großbritannien emigriert, wurde er Mitarbeiter der London School of Economics. Im Dezember 1933 ging er in die USA, war Mitarbeiter beim National Bureau of Economic Research, bis 1942 Gastprofessor an der University of Minnesota, 1943-45 Mitarbeiter verschiedener Wirtschafts¨amter der US-Regierung in Washington und lehrte 1946-52 als Full Professor National¨okonomie an der University of Kansas City. C Hagemann
Altum, Johann Bernhard, Zoologe, * 31. 1. 1824 M¨unster, † 1. 2. 1900 Eberswalde. Nach dem Studium der Philosophie und Theologie in M¨unster und der Priesterweihe studierte A. Zoologie in Berlin, u. a. als Sch¨uler Johannes Peter → M¨ullers und Hinrich → Lichtensteins (Promotion 1855). Seit 1856 war er Lehrer in M¨unster, nach der Habilitation 1859 Dozent f¨ur Zoologie an der Universit¨at und wurde 1869 Nachfolger Julius Theodor Christian → Ratzeburgs auf dem Lehrstuhl f¨ur Zoologie an der Forstakademie Eberswalde. Nachdem A., der eine teleologische Naturauffassung vertrat und die Darwinsche Evolutionslehre ablehnte, sich zun¨achst dem Studium der V¨ogel und S¨augetiere gewidmet hatte, wandte er sich verst¨arkt dem Spezialgebiet seines Vorg¨angers, der Forstentomologie, zu. Zu seinen zahlreichen Publikationen z¨ahlt u. a. das vierb¨andige Werk Forstzoologie (1872-75). C Schulte
Altzenbach, Gerhard, Kupferstecher, Verleger, * vor 1609, † nach 1672. A. war K¨olner B¨urger und wurde erstmals 1609 im K¨olner Grundbuch Hacht als Inhaber einer Verkaufsstelle auf dem Domhof erw¨ahnt. Er war Besitzer einer Kupferstecherei in K¨oln; es wird vermutet, daß A. selbst gestochen hat und in Straßburg t¨atig war. Sein fr¨uhester bekannter Stich ist eine Darstellung ber¨uhmter Reliquien aus K¨oln, Aachen und Trier (1612). Zahlreiche bei A. erschienene Bl¨atter spiegeln lokale Ereignisse wieder, so z. B. die Darstellung einer Hinrichtung 1613. Er gab jedes Jahr einen Kalender mit Stichen bekannter K¨unstler, beispielsweise Julius Milheusers und Wenzel → Hollars, heraus. C AKL
Altzenbach, Wilhelm, Kupferstecher, Verleger, * vor 1668, † nach 1680. Die vermutlich bestehenden Verwandtschaftsverh¨altnisse zu Gerhard → A. sind unklar. A. wird erstmals 1668 als K¨olner B¨urger der Pfarre St. Kolumba verzeichnet, war Teilhaber an Gerhard A.s Verlag und sp¨ater dessen Nachfolger. A. war in Paris und Straßburg t¨atig und erhielt 1679 das franz¨osische B¨urgerrecht. Er verlegte u. a. eine Folge von 20 Bl¨attern mit biblischen Darstellungen, teils von ihm, teils von anderen K¨unstlern gestochen. C AKL
Alvary, Max, eigentl. M. Achenbach, S¨anger, * 3. 5. 1856 D¨usseldorf, † 7. 11. 1898 Großtabarz (Th¨uringen). Der Sohn des Malers Andreas → Achenbach wuchs in Paris und London auf. Das Studium der Architektur, das er in Aachen begann, setzte er sp¨ater in Mailand fort, entdeckte dann sein Interesse f¨ur den Gesang und ließ sich von Francesco Lamperti zum Konzerts¨anger ausbilden. Nach zweij¨ahrigem Aufenthalt in Mailand ging er nach Frankfurt / Main und wurde Sch¨uler von Julius → Stockhausen. A. deb¨utierte 1879 unter dem Namen Anders am Hoftheater in Weimar, wo er bis 1885 engagiert war. Anschließend war er bis 1889 Mitglied der Metropolitan Opera New York. Nach Europa zur¨uckgekehrt, sang A. zun¨achst am Hoftheater M¨unchen und wechselte dann, inzwischen ein anerkannter → Wagner-Interpret, an das Stadttheater Hamburg u¨ ber. C MGG
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Alveldt, Augustin von, auch Alfeld, kath. Theologe, * um 1480 Alfeld bei Hildesheim, † um 1535 Halle. Seit 1520 war A. Lektor im Franziskanerkloster zu Leipzig, seit 1524 Guardian in Halle und 1529-32 Provinzial f¨ur Sachsen. 1522 leitete er in Weimar eine Disputation u¨ ber das Ordensleben. A. geh¨orte zu den eifrigsten literarischen Gegnern → Luthers, gegen den er zahlreiche Streitschriften richtete. C Kath Theol, Bd 1
Alvensleben, Albrecht Graf von, Staatsmann, * 23. 3. 1794 Halberstadt, † 2. 5. 1858 Berlin. Nach dem Studium in Berlin nahm A. an den Befreiungskriegen 1812-15 teil, geh¨orte danach 1815 zum Kreis der Br¨uder Gerlach, war 1817-27 in der preuß. Justiz besch¨aftigt und verließ zwei Jahre nach seiner Ernennung zum Kammergerichtsrat (1826) den Staatsdienst. 1831 wurde er wieder als Geheimer Justiz- und Vortragender Rat in das Justizministerium berufen und nach Krakau entsandt, um an einer verfassungspolitischen L¨osung f¨ur Polen mitzuarbeiten. 1834 nahm er an den Wiener Konferenzen teil, war 1835-42 Finanzminister und bis 1844 Vortragender Kabinettsminister. Als Bevollm¨achtigter bei den Dresdener Konferenzen 1850 / 51 setzte er sich f¨ur die Position Preußens ¨ im Deutschen Bund gegen¨uber Osterreich ein. C NDB
Alvensleben, Busso von, Bischof von Havelberg, Diplomat, * 1468, † 4. 5. 1548 Schloß Wittstock. A. studierte die Rechte in Rostock, Leipzig und Bologna, wo er 1498 promoviert wurde. Seit 1508 war er Domherr in Magdeburg. Er bereitete 1513 die Wahl → Albrechts von Brandenburg zum Erzbischof von Magdeburg und Administrator des Bistums Halberstadt vor. 1514 erreichte er die Genehmigung des Papstes f¨ur die Wahl Albrechts zum Kurf¨ursten von Mainz und die Vereinigung der Bist¨umer. A. wurde Dompropst von Brandenburg, Propst von Salzwedel und Stendal, Statthalter des Kardinals und war seit 1523 Bischof von Havelberg. Obwohl sich Kurf¨urst → Joachim II. von Brandenburg 1539 der Reformation anschloß, konnte A. als letzter kath. Kirchenf¨urst in Brandenburg die Einf¨uhrung der brandenburgischen Kirchenordnung von 1540 in seinem Bistum bis zu seinem Tod verhindern. C Gatz 2
Alvensleben, Constantin Graf von, Milit¨ar, * 26. 8. 1809 Eichenbarleben bei Magdeburg, † 28. 3. 1892 Berlin. Wie sein Bruder Gustav von → A. im Kadettenkorps erzogen, nahm A. 1864 als Generalmajor und Kommandeur der 5. Infanteriebrigade am D¨anischen Krieg teil. Im Feldzug von 1866 bew¨ahrte er sich in der Schlacht von K¨oniggr¨atz, wurde mit dem Orden Pour le m´erite ausgezeichnet und zum Generalleutnant bef¨ordert. Seit 1870 Kommandierender General, hatte er w¨ahrend des Deutsch-Franz¨osischen Kriegs 1870 / 71 u. a. großen Anteil an den Schlachten von Marsla-Tour und Vionville sowie an den K¨ampfen bei Beaune la Rolande und Le Mans. A. wurde 1873 General der Infanterie und trat im selben Jahr in den Ruhestand. C Priesdorff, Bd 7
Alvensleben, Friedrich Johann Graf von, Diplomat, * 9. 4. 1836 Erxleben, † 16. 9. 1913 Erxleben. A. studierte in Bonn und Berlin und war seit 1861 Attach´e in Br¨ussel und sp¨ater Legationssekret¨ar an den Gesandtschaften in M¨unchen, Stuttgart, Dresden, Den Haag und Washington. 1872-75 wurde er zur Unterst¨utzung des Prinzen Reuß als Botschaftsrat nach St. Petersburg entsandt, 1876 Generalkonsul in Bukarest, 1879 Gesandter in Darmstadt, 1882 in Den Haag, 1884-86 in Washington und bis 1901 in Br¨ussel. Die Ernennung zum Staatssekret¨ar des Ausw¨artigen Amtes 1890 und 1893 zum Botschafter in Washington lehnte er ab. 1901-05 war A. Botschafter in St. Petersburg. C BHdAD
Alvensleben Alvensleben, Gebhard von, Staatsmann, Historiker, getauft 6. 1. 1619 Schloß Beeskow, † 1. 10. 1681 Neugattersleben. Nach seiner juristischen Ausbildung trat A. in den Dienst Herzog → Augusts von Sachsen, des Administrators von Magdeburg, und wurde 1649 zum Hof- und Justizrat ernannt. Er war bei den Friedensexekutionstraktaten in N¨urnberg, dann in Wien und in der Verwaltung des Erzstifts Magdeburg ¨ t¨atig. Nachdem er sich 1688 von seinen Amtern entbinden hatte lassen, widmete er sich historischen Studien. A., Vater von Johann Friedrich → A., schrieb Abhandlungen u¨ ber die Geschichte seiner Familie, die Geschichte und Topographie Magdeburgs und hinterließ eine handschriftliche Sammlung von 2408 geistlichen Liedern. A. war seit 1647 unter dem Namen „Ausjagender“ Mitglied der „Fruchtbringenden Gesellschaft“. C NDB Alvensleben, Gustav von, Milit¨ar, * 30. 9. 1803 Eichenbarleben (Kr. Wolmirstedt), † 30. 6. 1881 Gernrode. 1819 trat A., Bruder von Constantin von → A., als Kadett in die Armee ein, wurde 1835 Premierleutnant und u. a. milit¨arischer Erzieher des Prinzen Georg von Mecklenburg-Strelitz und des Erbprinzen von Lippe-Detmold. 1847 wurde er als Major dem preuß. Generalstab zugeordnet, nahm 1849 am Feldzug in Baden teil und war Stabschef des dort verbleibenden Armeekorps. Seit 1854 war er Stabschef beim Milit¨argouvernement der Rheinlande und Westfalens und wurde 1858 zum Generalmajor, 1861 zum Generaladjutanten ernannt. Als Mitglied des Milit¨arkabinetts hatte A. nicht unbetr¨achtlichen Einfluß auf K¨onig → Wilhelm I. Er setzte sich f¨ur die Berufung Otto von → Bismarcks ein und erreichte mit der nach ihm benannten „Alvenslebenschen Konvention“ (1863) eine auf Jahre gefestigte Zusammenarbeit zwischen Preußen und Rußland. 1872 trat er im Rang eines kommandierenden Generals in den Ruhestand. C Priesdorff, Bd 7
Alvensleben, Gustav Hermann von, Milit¨ar, * 17. 1. 1827 Rathenow, † 1. 2. 1905 Schloß M¨ockm¨uhl. Nachdem er 1838 ins Kadettenkorps in Potsdam eingetreten war und danach die Allgemeine Milit¨arschule besucht hatte, wurde A. 1858 zum Adjutanten des Prinzen → Friedrich Karl ernannt und war seit 1859 als Hauptmann Mitglied des Generalstabs der 12. Division in Neiße, seit 1861 des III. Armeekorps in Berlin. Major und Generalstabsoffizier bei der 2. Garde-Infanteriedivision, nahm er 1864 am Krieg gegen D¨anemark und im Stab des Kavalleriekorps der 1. Armee am Krieg von 1866 teil. Mit dem Orden Pour le m´erite ausgezeichnet, wurde er 1874 Generalmajor, 1880 Generalleutnant, war seit 1886 General der Kavallerie und ließ sich 1891 in den Ruhestand versetzen. C Priesdorff, Bd 9
Alvensleben, Joachim von, Staatsmann, Historiker, * 7. 4. 1514 Hundisburg (Sachsen), † 12. 2. 1588 Alvensleben. Urspr¨unglich dazu ausersehen, die Nachfolge seines Onkels Busso von → A., des Bischofs von Havelberg, anzutreten, studierte A. u. a. in Leipzig, Wittenberg und Padua Philosophie und Rechtswissenschaften und war seit 1544 erzbisch¨oflich magdeburgischer Hofrat. 1546 bekannte er sich zur Augsburger Konfession, legte sein Amt nieder, war jedoch weiterhin brandenburgischer Geheimer Rat und verhandelte nach der Schlacht bei M¨uhlberg 1547 im Auftrag der Landst¨ande von Magdeburg mit → Karl V. und dem Herzog von Alba. Seine große Bildung trug ihm den Beinamen „Miraculum Saxoniae“ ein. Er gab den Katechismus Joachims von Alvenslebens Glaubensbekenntnis (1566) heraus und veranlaßte die Abfassung des in lateinischen Hexametern geschriebenen Geschichtswerks Historica descriptio familiae ab A. (1581) durch Cyriacus Edinus. C NDB
Alvensleben, Johann August Ernst Graf von, Staatsmann, * 6. 8. 1758 Erxleben, † 27. 12. 1826. A. studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Helmstedt und war seit 1781 Referendar bei der Kriegs- und Dom¨anenkammer in Magdeburg. 1784 verließ er den Staatsdienst und trat in das Domkapitel von Halberstadt ein. 1793-96 war er Mitarbeiter am m¨arkischen Provinzialgesetzbuch und wurde 1796 zum Domdechanten des Halberst¨adter Kapitels gew¨ahlt. Nachdem er 1808 von den westf¨alischen Reichsst¨anden zum Pr¨asidenten des Wahlkollegiums f¨ur die Reichstagsdeputation des Elbdepartements berufen worden war, wohnte er in dieser Funktion bis 1810 den Reichstagssitzungen bei. Nach Aufhebung des Halberst¨adter Stifts 1810 zun¨achst in Erxleben ans¨assig, war er seit 1818 Staatsminister in der vormundschaftlichen Regierung f¨ur den minderj¨ahrigen Herzog → Karl von Braunschweig, bis dieser 1823 die Regierung selbst antreten konnte. Seit 1824 war A. Landtagsmarschall f¨ur Brandenburg und die Niederlausitz und Mitglied des preuß. Staatsrats. C ADB Alvensleben, Johann Friedrich von, Staatsmann, * 9. 1. 1657 Halle, † 21. 9. 1728 Hannover. Der Sohn Gebhard von → A.s unternahm nach dem Studium in Leipzig und Saumur Bildungsreisen u. a. nach England, Frankreich und in die Niederlande und wurde 1686 von Herzog → Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenb¨uttel zum Hofrat ernannt. 1687 befehligte A. ein braunschweigisches Truppenkontingent in Venedig, wurde 1688 brandenburgischer Kammerrat und Kriegsrat, 1691 wirklicher Geheimer Rat. Er verhandelte 1703 w¨ahrend des Nordischen Kriegs mit den Schweden in Danzig und war 1719-26 hannoverscher Staatsminister. Unter seiner Leitung als brandenburgisch-preußischer Minister wurde die von K¨onig → Friedrich Wilhelm I. verf¨ugte Abl¨osung des Lehnskanons gegen große Widerst¨ande durchgesetzt. 1726 trat A. in den Ruhestand. Er f¨uhrte einen ausgedehnten politischen Briefwechsel mit Gottfried Wilhelm → Leibniz, beauftragte den Architekten Hermann → Korb mit dem Bau des Schlosses Hundisburg und legte eine umfangreiche Bibliothek an. C NDB
Alvensleben, Johann Friedrich Karl von, Staatsmann, * 26. 10. 1714 Magdeburg, † 16. 5. 1795 Ham Common (Großbritannien). Nach dem Studium in Helmstedt war A. am Reichskammergericht in Wetzlar und seit 1736 als Kammerrat in Hannover besch¨aftigt. 1745-54 kur-hannoverscher Gesandter in Dresden, wurde er anschließend Landdrost und Konsistorialpr¨asident in Ratzeburg. 1771 folgte er einer Berufung durch K¨onig → Georg III. von England nach London als Wirklicher Geheimer Staatsminister und „Chef der Deutschen Kanzlei“, d. h. Minister f¨ur hannoversche Angelegenheiten. C NDB
Alvensleben, Ludwig (Karl Friedrich Wilhelm Gustav) ¨ von, Pseud. Gustav Sellen, Chlodwig, Schriftsteller, Ubersetzer, * 3. 5. 1800 Berlin, † 4. 8. 1868 Wien. Nachdem er seine Offizierslaufbahn aufgegeben hatte, studierte A. 1825-28 Rechtswissenschaften in Leipzig und ließ sich als freier Schriftsteller in Leipzig nieder, wo er 1832 die Zeitschrift „Allgemeine Theater-Chronik“ gr¨undete und bis 1837 redaktionell leitete. 1836 siedelte er nach Meiningen u¨ ber und leitete dort vor¨ubergehend das Hoftheater. Sp¨ater siedelte er nach Wien u¨ ber, wo er wegen seiner Beteiligung an der Revolution von 1848 zu einj¨ahriger Festungshaft verurteilt wurde. A. u¨ bersetzte Werke von → Napoleon, Honor´e de Balzac, Eug`ene Sue, Alexandre Dumas, Moli`ere, Jonathan Swift, Daniel Defoe u. a. und schrieb Romane (z. B. Der strafende Burggeist, 1830) sowie Erz¨ahlungen. C NDB
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Alvensleben-Hundisburg Alvensleben-Hundisburg, Philipp Karl Graf von, Diplomat, * 16. 12. 1745 Hannover, † 21. 10. 1802 Berlin. A.-H. war 1770-74 im preuß. Justizdienst besch¨aftigt, 1774 / 75 Hofkavalier bei der Prinzessin → Ferdinand von Preußen sowie Deputierter der altm¨arkischen St¨ande und seit 1775 Gesandter des preuß. Hofs in Dresden. 1787 gelang es ihm, die bayerische Erbfolgeangelegenheit per Geheimkonvention mit dem kurs¨achsischen Minister von Stutterheim zu regeln. 1788 wurde er außerordentlicher Gesandter in den Niederlanden und konnte in Verhandlungen mit dem dortigen englischen Botschafter James Harris die Grundlage f¨ur den sp¨ateren Dreibund Preußens mit den Seem¨achten schaffen. Seit 1789 war er Gesandter Preußens in London und von 1791 an wirklicher Geheimer Staats-, Kriegs- und Kabinettsminister. A.-H., der 1801 in den Grafenstand erhoben wurde, verfaßte u. a. Versuch eines tabellarischen Verzeichnisses der Kriegs-Begebenheiten vom M¨unsterschen bis zum Hubertusburger Frieden (1789; 1792). C NDB Alverdes, Paul, Schriftsteller, * 6. 5. 1897 Straßburg, † 28. 2. 1979 M¨unchen. Der Offizierssohn meldete sich freiwillig im Ersten Weltkrieg, wurde 1915 schwer verwundet und studierte nach seiner Genesung in Jena Rechtswissenschaften und in M¨unchen Germanistik und Kunstgeschichte (Promotion zum Dr. phil. 1921, Der mystische Eros in der geistlichen Lyrik des Pietismus). Seit 1922 lebte er in M¨unchen als freier Schriftsteller. 1934-43 war er mit Karl Benno von → Mechow Herausgeber und Chefredakteur der Monatszeitschrift „Das Innere Reich“. Als Lyriker, Erz¨ahler und Dramatiker schuf er v¨olkisch-nationale Werke auf dem Hintergrund seiner Erlebnisse an der Front und in den Nachkriegsjahren, u. a. die autobiographische Erz¨ahlung Die Pfeiferstube (1929), die seinen Aufenthalt im Lazarett widerspiegelt. In seiner Lyrik (Die N¨ordlichen, 1922) beschwor er die Einheit von Blut und Boden. Nach dem Zweiten Weltkrieg schrieb A. vorwiegend M¨archen f¨ur Kinder und u¨ bersetzte aus dem Englischen. Er war Mitglied der Bayerischen Akademie der Sch¨onen K¨unste. C Sarkowicz Alvinczy de Berberek, Joseph Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 1. 2. 1735 Alvincz (Siebenb¨urgen), † 25. 9. 1810 Ofen (heute zu Budapest). A. nahm am Siebenj¨ahrigen Krieg teil, k¨ampfte im Bayerischen Erbfolgekrieg, im T¨urkenkrieg und 1792-94 in den Niederlanden. 1795 war A. Kommandeur am Oberrhein, u¨ bernahm 1796 das Kommando in Tirol und organisierte den Tiroler Landsturm. Dann Oberbefehlshaber in Italien, wurde er wenig sp¨ater kommandierender General in Ungarn. Seit 1808 war A. Feldmarschall.
Alwens, Walter (Edmund Johannes Daniel), Mediziner, * 24. 6. 1880 Stuttgart, † 27. 7. 1966 Frankfurt / Main. Nach dem Studium in T¨ubingen und Berlin wurde A. 1906 ¨ an der Univ. T¨ubingen promoviert (Uber die Ver¨anderungen der Temperaturtopographie unter dem Einfluß kalter B¨ader) und war dort Assistent an der Medizinischen Universit¨atsklinik. 1909 ging er als Oberarzt an die Medizinische Universit¨atsklinik in Frankfurt / Main, wo er seit 1916 Privatdozent und seit 1921 a. o. Prof. der Inneren Medizin war. Von 1921 an war er auch Direktor der Abteilung f¨ur Innere Krankheiten des dortigen St¨adtischen Krankenhauses. Nach 1945 trug er wesentlich zum Wiederaufbau der Universit¨atskliniken bei. A., Autor der R¨ontgen-Untersuchung in der inneren Medizin (1925), besch¨aftigte sich vor allem mit Knochenerkrankungen und Lungentuberkulose und konnte gemeinsam mit dem Fabrikarzt Jonas nachweisen, daß Einatmen von Chromatstaub Lungenkrebs verursachen kann, was zur Anerkennung des Chromatlungenkrebs als Berufskrankheit ¨ f¨uhrte. 2, 3 C Arzte
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Alwin, Karl Oskar, auch Pinkus, Dirigent, Komponist, * 15. 4. 1891 K¨onigsberg, † 15. (16.) 10. 1945 Mexico City. A. studierte Literatur, Philosophie und Musik an der Univ. Berlin und war u. a. Sch¨uler bei den Komponisten Engelbert → Humperdinck und Hugo → Kaun. 1910 wurde er Korrepetitor an der Berliner Hofoper, war 1912 Assistent von Carl → Muck bei den Bayreuther Festspielen, 1913 Dirigent in Halle, 1914 in Posen, 1915-17 in D¨usseldorf und 1917-20 in Hamburg. Von 1920 an dirigierte er an der Wiener Staatsoper und war seit 1925 Prof. an der Hochschule f¨ur Musik in Wien. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Wien und der Schließung des Opernhauses emigrierte A. 1938 in die USA. Er war zun¨achst als Begleiter Jan → Kiepuras t¨atig und 1939-40 Dirigent am Chicagoer Opernhaus. 1941 emigrierte er nach Mexiko und war bis 1945 Dirigent der Nationaloper in Mexico City. A. erwarb sich Verdienste als → Mozart-Interpret und komponierte u. a. Lieder und eine Sinfonie in e-Moll. Er war mit der S¨angerin Elisabeth → Schumann verheiratet. C BHdE, Bd 2
Alxinger, Johann Baptist von, auch Xilanger, o¨ sterr. Schriftsteller, * 24. 1. 1755 Wien, † 1. 5. 1797 Wien. Nach dem Besuch der Jesuitenschule studierte A., Sohn eines Konsistorialrats, Philosophie und Rechtswissenschaften an der Univ. Wien (Promotion 1780). Seit 1779 Freimaurer, arbeitete er zun¨achst als Hofagent und seit 1794 als Sekret¨ar des Hoftheaters. Durch v¨aterliches Erbe finanziell unabh¨angig geworden, unternahm er 1784 Reisen nach Leipzig, Berlin und Weimar, wo er Christoph Martin → Wieland besuchte, dessen Werk Oberon er in den Ritterepen Doolin von Maynz (1787) und Bliomberis (1791) nachzuahmen versuchte. A. sah sich der josephinischen Aufkl¨arung verpflich¨ tet und gab mit Joseph → Schreyvogel die „Osterreichische Monatsschrift“, mit Alois → Blumauer den „Wiener Musenalmanach“ heraus. Außerdem ver¨offentlichte er Theaterst¨ucke und Gedichte. C Killy Aly, (Gottfried) Friedrich, Altphilologe, Schulpolitiker, * 12. 2. 1852 Magdeburg, † 16. 1. 1913 Marburg. Nach dem Studium der Altphilologie, Germanistik und Geschichte in Bonn, Leipzig und Berlin wurde A. 1873 in Leipzig promoviert. 1875-76 war er wissenschaftlicher Hilfslehrer am Gymnasium in Hagenau / Elsaß, 1876-95 Oberlehrer am Kloster Unserer Lieben Frauen in Magdeburg, dann Direktor am Kgl. Viktoria-Gymnasium in Burg und seit 1900 am Kgl. Gymnasium Philippinum in Marburg. Neben wissenschaftlichen und p¨adagogischen Aufgaben widmete er sich schulpolitischen Belangen. Er beteiligte sich am Kampf um die Neugestaltung des preuß. Gymnasialunterrichts und trat f¨ur die wissenschaftliche Fortbildung wie die materielle Gleichstellung von Gymnasiallehrern mit Richtern ein. A. war seit 1909 Vorsitzender des Gymnasialvereins. C Bursian, Jg. 36 Alzheimer, Alois, Neurologe, Psychiater, * 14. 6. 1864 Marktbreit / Main, † 19. 12. 1915 Breslau. A., Sohn eines Notars, studierte in W¨urzburg, T¨ubingen und ¨ Berlin, wurde 1888 in W¨urzburg promoviert (Uber die Ohrenschmalzdr¨usen) und war Assistenz-, sp¨ater Oberarzt an der St¨adtischen Nervenheilanstalt in Frankfurt / Main. In Heidelberg begann er 1903 unter Leitung Franz → Nissls und Emil → Kraepelins sich mit Hirnpathologie zu besch¨aftigen. 1904 folgte er Kraepelin an die Psychiatrische Klinik in M¨unchen, habilitierte sich dort (Histologische Studien zur Differentialdiagnose der progressiven Paralyse) und leitete das Anatomische Institut der Klinik. 1912 wurde er o. Prof. der Psychiatrie und Neurologie in Breslau. A. hat sich besonders um die histopathologische Erforschung des Gehirns verdient gemacht. Es gelang ihm u. a., einige psychische Erkrankungen durch krankhafte Ver¨anderungen im Hirngewebe erstmals zu identifizieren. Nach ihm ist die sogenannte
Amalie Alzheimersche Krankheit benannt. Mit Nissl gab er Histologische und pathologische Arbeiten, u¨ ber die Großhirnrinde ¨ (1904 ff.) heraus. Schlesien C Arzte
Alzinger, Wilhelm, o¨ sterr. Arch¨aologe, * 11. 8. 1928 Wien, † 2. 1. 1998 Wien. Nach dem Studium der Klassischen Arch¨aologie und Alten Geschichte in Wien wurde A. 1951 mit einer Arbeit u¨ ber Norische H¨ugelgr¨aber der r¨omischen Kaiserzeit promoviert; 1971 habilitierte er sich mit der Studie Augusteische Architektur in Ephesos. 1976 wurde er a. o. Prof. f¨ur Klassische Arch¨aologie an der Univ. Wien. Als Stipendiat ¨ des Osterreichischen Arch¨aologischen Instituts war A. an Grabungen in der Steiermark sowie in Aguntum bei Lienz beteiligt. Sp¨ater wandte er sich dem Mittelmeerraum zu, wo er u. a. Grabungen auf Sizilien, in Ephesos und auf der Peleponnes durchf¨uhrte. In seinen Ver¨offentlichungen zeigte sich A. als Vertreter der Wiener Schule der Arch¨aologie, deren Ziel die Verschmelzung altertumswissenschaftlicher und kunsthistorischer Methoden in Anwendung sowohl auf den mediterranen Raum als auch auf die Austria Romana war. Er ver¨offentlichte u. a. Grundz¨uge der r¨omischen Architektur (1986). An ein breiteres Publikum wandte er sich mit den Monographien Ruinen von Ephesos (1972) und Aguntum und Lavant (1985). A. war korrespondierendes Mitglied des Deutschen Arch¨aologischen Instituts. Alzog, Johannes Baptist, kath. Theologe, Kirchenhistoriker, * 29. 6. 1808 Ohlau (Schlesien), † 1. 3. 1878 Freiburg / Breisgau. Nach dem Theologiestudium in Breslau und Bonn wurde A., Sohn eines Rotgerbermeisters, 1834 zum Priester geweiht und 1835 in M¨unster promoviert (Explicatio catholicorum systematis de interpretatione literarum sacrarum). 1835-45 war er Prof. der Kirchengeschichte und Exegese im Priesterseminar in Posen, sp¨ater in Hildesheim, wo er auch Domkapitular und Seminarregens war. 1848 referierte er vor der ersten deutschen Bischofskonferenz in W¨urzburg und war seit 1853 Prof. der Kirchengeschichte an der Univ. Freiburg / Breisgau. 1863 initiierte er mit Ignaz von → D¨ollinger und Daniel Bonifatius von → Haneberg die M¨unchner Gelehrtenversammlung und wurde 1869 als Konsultor zu den Vorarbeiten f¨ur das I. Vatikanische Konzil hinzugezogen. Er war Mitbegr¨under des „Freiburger Di¨ozesanarchivs“ und ver¨offentlichte u. a. eine Universalgeschichte der christlichen Kirche (1841, ab der 8. Aufl. Handbuch der Universalkirchengeschichte, 91872, ab der 10. Aufl. Handbuch der allgemeinen Kirchengeschichte, bearb. v. Franz Xaver Kraus, 1882). C Fries
Amalarius, Erzbischof von Trier, † vermutlich 817. A. trat das Amt des Erzbischofs von Trier um 809 an und war gleichzeitig Kommendatarabt von Mettlach / Saar. 811 wurde er von → Karl dem Großen zur Konsekration einer Kirche nach Hamburg gesandt; 813 war er zusammen mit Petrus von Nonantola Botschafter am Hof des ostr¨omischen Kaisers Michael. A. schrieb liturgische Werke (u. a. De sacro baptismate) und Reiseberichte (Versus marini). Entgegen fr¨uheren Vermutungen ist er nicht identisch mit → Amalarius von Metz. C RE
Amalarius von Metz, auch Amalheri, Amelarius, Amalerius, Amalharius, Hamelarius, Hamularius; Beinamen: Symphosius, Fortunatus, karolingischer Theologe, Liturgiker, * um 775 vermutlich in der N¨ahe von Metz, † um 850 vermutlich Metz. A. stand in Verbindung mit → Alkuin, war 809-815 Erzbischof von Trier und dann Lehrer an der Palastschule in Aachen. 835 wurde er Erzbischof von Lyon, jedoch 838 auf der Synode von Quierzy bereits wieder abgesetzt mit der Beschuldigung, seine liturgischen Reformen verstießen gegen
die Tradition. Trotz aller Widerst¨ande hat sich seine allegorische Liturgie-Interpretation w¨ahrend des gesamten Mittelalters gehalten. A. schrieb u. a. ein Kompendium der Liturgik unter dem Titel Liber officialis (823). C MGG
Amalia Elisabeth, Landgr¨afin von Hessen-Kassel, * 29. 1. 1602 Hanau, † 3. 8. 1651 Kassel. A. E. aus dem Grafenhaus Hanau-M¨unzenberg heiratete 1619 den Landgrafen → Wilhelm V. von Hessen-Kassel und u¨ bernahm nach dessen Tod 1637 die Regentschaft f¨ur ihren Sohn Wilhelm VI. von Hessen-Kassel. Sie erreichte einen Waffenstillstand mit dem Kaiser und setzte durch, daß Teile der Grafschaft Schaumburg Hessen-Kassel zugesprochen wurden; 1643 sicherte sie durch Erbvertrag die hessische Anwartschaft auf Hanau. Seit 1645 beteiligte sie sich an den Verhandlungen zur Beendigung des Dreißigj¨ahrigen Kriegs. Trotz der mit dem R¨ucktritt des hessischen Generalleutnants Peter Melander entstandenen milit¨arischen F¨uhrungskrise f¨uhrte A. E. den Krieg weiter, gewann 1645 / 46 Marburg von Hessen-Darmstadt und erreichte im Westf¨alischen Frieden 1648 die Restitution all ihrer Gebiete, deren Regierung sie 1650 ihrem Sohn u¨ bertrug. A. E. festigte im Kampf um die Gleichberechtigung die Stellung der Reformierten gegen¨uber den Lutheranern.
Amalia von Solms-Braunfeld, Prinzessin von Oranien, * 31. 8. 1602 Braunfels, † 8. 9. 1675 Den Haag. Als Hofdame der K¨onigin → Elisabeth von B¨ohmen floh A., Gr¨afin von Solms-Braunfels, von Prag nach Holland, wo sie 1625 den Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien, Statthalter der Niederlande, heiratete. Am Hof in Den Haag pflegte sie geistige sowie k¨unstlerische Interessen und war eine wichtige politische Beraterin ihres Gemahls. Ihr Ziel, dem Haus Oranien in Europa mehr Geltung zu verschaffen, verfolgte sie u. a. mit Hilfe rigoroser Heiratspolitik. Mit ihrem Sohn Wilhelm II., seit 1647 Statthalter der Niederlande, entzweite sie sich aufgrund ihrer offen ausgesprochenen Sympathien f¨ur Spanien. Nach seinem Tod 1650 erreichte sie in Auseinandersetzung mit dessen Witwe Maria Stuart, Tochter Karls I. von England, eine teilweise Vormundschaft u¨ ber deren Sohn Wilhelm III., auf den sie in sp¨ateren Jahren großen politischen Einfluß aus¨ubte. C Leb Nassau, Bd 5 Amalia Marie Friederike Auguste, Herzogin zu Sachsen, Pseud. Amalie, A. Heiter, A. Serena, Dramatikerin, * 10. 8. 1794 Dresden, † 18. 9. 1870 Pillnitz / Elbe. Beeinflußt von ihrem Vater, Prinz Maximilian von Sachsen, der auch als Komponist und Lyriker t¨atig war, und von ihrem Bruder, K¨onig → Johann von Sachsen, der als her¨ vorragender Dante-Ubersetzer galt, widmete sich A. literarischen und musischen Interessen. Sie unternahm zahlreiche Reisen durch Europa und hielt sich 1819-25 oft in Spanien und Italien auf. W¨ahrend eines Aufenthaltes in Wien wurde sie von Carl Maria von → Weber in Kompositionslehre unterrichtet. Nachdem sie 1853 auf dem linken Auge erblindet war, zog sie sich nach Dresden zur¨uck. Als Schriftstellerin verfaßte sie gr¨oßtenteils Theaterst¨ucke, die an deutschen Hofb¨uhnen oft aufgef¨uhrt wurden (z. B. L¨uge und Wahrheit, 1834). Sie u¨ bersetzte die Werke von Eug`ene Scribe und komponierte, meist nach italienischen Vorbildern. C MGG Amalie Marie Friederike, auch Amalia, Amelie, Herzogin von Oldenburg, K¨onigin von Griechenland, * 21. 12. 1818 Oldenburg, † 20. 5. 1875 Bamberg. Seit 1836 mit → Otto von Wittelsbach, K¨onig von Griechenland verheiratet, u¨ bernahm A., Tochter des Großherzogs → August von Oldenburg, mehrere Male w¨ahrend seiner Abwesenheit die Regierungsgesch¨afte. Sie gr¨undete Frauenvereine, regte kulturelle Einrichtungen an, initiierte die Aufforstung von Attika und veranlaßte die Gr¨undung eines landwirtschaftlichen Musterbetriebs. Nach dem mißlungenen
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Aman Mordanschlag des Studenten Dosios 1861 und den daraufhin ausbrechenden Unruhen mußte sie mit ihrem Gatten Griechenland verlassen. Sie ließen sich in Bamberg nieder, wo K¨onig Otto 1867 starb. A. kehrte nicht nach Griechenland C NDB zur¨uck.
Aman, Johann, auch J. Amann, Architekt, * 29. (oder 19.) 5. 1765 St. Blasien / Schwarzwald, † 28. 11. 1834 Wien. A. studierte am Stift St. Blasien und seit 1789 an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien. Nach einem Praktikum an der Baudirektion in Freiburg / Breisgau (1791-93) hielt er sich zun¨achst in Rom auf, wo er die Bekanntschaft Johann Heinrich → Tischbeins, Philipp → Hackerts und Aloys Ludwig Hirts machte. Seit 1796 lebte er in Wien, war seit 1803 Hofunterarchitekt, seit 1812 erster Hofarchitekt und entwarf u. a. die beiden Dorotheenh¨ofe in Wien, die Fassade des Theaters an der Wien und das deutsche Theater in Budapest. 1806 entwarf er einen „Hauptgrundplan“ f¨ur den Ausbau der Hofburg. 1810-15 leitete er die Ausbesserungsarbeiten am Stephansturm, der durch die Beschießung 1809 besch¨adigt worden war, und u¨ berarbeitete 1817-19 die FasC AKL sade des Schlosses Sch¨onbrunn.
Amandus von Graz, Prediger, * 1637 Graz, † 20. 2. 1700 Graz. Der fr¨uh verwaiste A. wurde 1653 in die Gesellschaft Jesu aufgenommen, 1659 zum Priester geweiht und war dann als Prediger in Graz, Klagenfurt und Laibach t¨atig. In seinem Orden u¨ bte er das Amt des Guardians, Definitors und schließlich des Provinzials aus. Neben mehrfach aufgelegten Fastenpredigten (Fasten-Banquets Der Christlichen Seelen Schlaff-sucht, 4 Bde., 1707-20) erschien von A. ein zweiteiliger Jahreszyklus Seelen-Wayde Der Christlichen Sch¨afflein, das ist: Ordinari Predigen Auff alle Sonn- und Feyer-T¨ag deß gantzen Jahrs gerichtet (1695 / 96 u. o¨ .) im Druck. C Killy
Amandus, Johannes, Reformator, * Westfalen, † 1530 Goslar. Der ehemalige Augustinerm¨onch und Ablaßprediger wurde 1523 auf Anregung Martin → Luthers zusammen mit Johannes → Briesmann von Herzog → Albrecht von Preußen nach K¨onigsberg berufen. A.s Predigten und seine Angriffe auf den Rat der Stadt f¨uhrten 1524 zu seiner Ausweisung ¨ aus K¨onigsberg. Ahnliches ereignete sich in einigen anderen St¨adten, z. B. in Danzig und Stettin. 1526 ging er nach Wittenberg und ließ sich durch Luther pr¨ufen, der wiederum Nikolaus von → Amsdorf veranlaßte, A. dem Rat von Goslar als Superintendenten zu empfehlen. Als erster Inhaber dieses Amtes in Goslar veranlaßte er nicht nur eine Neuordnung des Gottesdienstes, sondern auch des Schuldienstes, verschonte jedoch auch hier den Rat nicht mit Kritik und wurde selbst der Irrlehren angeklagt. Er starb, bevor er sich gegen die Anklage verteidigen konnte. C NDB
Amann, Heinrich, Jurist, Bibliothekar, * 28. 12. 1786 Freiburg / Breisgau, † 23. 11. 1849 Illenau (heute zu Achern). Nach dem Jurastudium (1806-11) war A., Sohn eines Juristen, seit 1814 beim Generalgouvernement im Elsaß, dann bei den Gouvernements von Kreuznach, Mainz und Worms t¨atig und trat 1815 als Adjunkt des Kreisdirektors in Speyer in bayerische Dienste u¨ ber. 1816 wurde er Kreisrichter in Landau, 1818 in Zweibr¨ucken. 1820 wurde er als o. Prof. des R¨omischen Zivil- und Kirchenrechts nach Freiburg / Breisgau berufen, 1828 zum Hofrat ernannt. A. sprach sich gegen den Z¨olibat und die Berechtigung des Primats der r¨omischen Bisch¨ofe aus; er bef¨urwortete die Einrichtung eines staatli-
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chen Oberaufsichtsrechts u¨ ber die Kirche. 1840 mußte er sein Lehramt abgeben und war bis 1843 Oberbibliothekar der Universit¨atsbibliothek.
Amann, Joseph Albert (I), Gyn¨akologe, * 13. 3. 1832 Helmprechting, † 21. 1. 1906 M¨unchen. Nach dem Studium in M¨unchen und W¨urzburg (Promotion 1859, Ein Beitrag zur Lehre der Einleitung der k¨unstlichen Fr¨uhgeburt) unternahm A., Sohn eines Landwirts, ausgedehnte Studienreisen. Seit 1861 war er Dozent an der Univ. M¨unchen (Habilitationsschrift Die gyn¨akologische Untersuchung mit diagnostischen Anhaltspunkten), errichtete 1868 die Poliklinik f¨ur Frauenheilkunde und leitete dort seit 1884 als a. o. Prof. ebenfalls die von ihm gegr¨undete Gyn¨akologische Poliklinik. Er verfaßte zahlrei¨ che Abhandlungen, u. a. Uber die Einleitung der k¨unstli¨ chen Fr¨ugeburt (1860) und Uber den Einfluss der weiblichen Geschlechtskrankheiten auf das Nervensystem mit besonderer Ber¨ucksichtigung des Wesens und der Erscheinungen der Hysterie (1868, 21874). A. war der Vater von Joseph Albert (II) → A. C NDB
Amann, Joseph Albert (II), Gyn¨akologe, * 1. 7. 1866 M¨unchen, † 17. 10. 1919 Konstanz. Der Sohn von Joseph Albert (I) → A. studierte in M¨unchen, u. a. bei Karl Wilhelm → Kupffer, Franz von → Winckel und Otto von → Bollinger, erhielt 1889 seine Approbation als Arzt (Promotion 1891, Periostales Sarkom an der Diaphyse des Femur), arbeitete kurze Zeit in Berlin und wurde dann Assistent an der M¨unchner Universit¨atsfrauenklinik. A. habilitierte sich 1892, war seit 1898 als Nachfolger seines Vaters Leiter der II. Gyn¨akologischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses und wurde 1905 a. o. Prof, 1906 o. Prof. der Gyn¨akologie und Geburtshilfe. Er hat die Gyn¨akologie vor allem auf dem Gebiet der chirurgischen Maßnahmen bereichert, so z. B. durch die transperitoneale Methode der Exstirpation des Uteruskarzinoms, und bezog außerdem als einer der ersten die Urologie als Teilgebiet in die Gyn¨akologie mit ein. Er publizierte u. a. ein Kurzgefaßtes Lehrbuch der mikroskopisch-gyn¨akologischen Diagnostik (1897). C NDB
Amann, Max, Politiker, Verleger, * 24. 11. 1891 M¨unchen, † 29. 3. 1957 M¨unchen. Nach dem Besuch einer Handelsschule (1908-11) und einer kaufm¨annischen Lehre in einer Anwaltskanzlei in M¨unchen war A. im Ersten Weltkrieg als Feldwebel und Regimentsschreiber des 16. Bayerischen Infanterie-Regiments Vorgesetzter Adolf → Hitlers. Nach dem Krieg zun¨achst in der Abwicklungsstelle des bayerischen Kriegsministeriums und in der Landesrentenversorgungsstelle M¨unchen t¨atig, wurde er Bankangestellter, trat fr¨uh der NSDAP bei und war seit 1921 Gesch¨aftsf¨uhrer der Partei sowie des Parteiorgans „V¨olkischer Beobachter“. Nach kurzer Festungshaft wegen der Teilnahme am Hitlerputsch 1923 gab er sein Parteiamt auf. 1922-45 leitete A. den Zentralverlag der NSDAP, Franz Eher Nachf. GmbH, war 1924-33 Stadtrat in M¨unchen, trat 1925 der neugegr¨undeten NSDAP wieder bei (Mitglieds-Nr. 3) und geh¨orte 1928-30 dem Kreistag von Oberbayern an. Seit 1932 Mitglied der SS, war A. bis 1933 Amtsleiter f¨ur die Presse in der Reichsleitung der NSDAP. 1933 wurde er Vorsitzender des Verbandes der deutschen Zeitungsverleger, Reichsleiter der NSDAP f¨ur die Presse, Pr¨asident der Reichspressekammer und 1935 Mitglied des Reichskultursenats. Dem Reichstag geh¨orte A., seit 1936 SSObergruppenf¨uhrer, 1933-45 an. Nach Kriegsende interniert, wurde er 1948 wegen pers¨onlicher Mißhandlung des Journalisten Fritz → Gerlich zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft und im selben Jahr, eingestuft als Hauptschuldiger, zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt; 1953 wurde A. aus der C Lilla, Statisten Haft entlassen.
Amberger Amantius, Bartholom¨aus, auch Pelten, Bibliothekar, Rechtsgelehrter, * vor 1510 Landsberg, † nach 1556 wahrscheinlich Lauingen. A. studierte in Tirol und Ingolstadt, unterrichtete Rhetorik in Ingolstadt und war dort als Bibliothekar t¨atig. Er pflegte Beziehungen zu Julius → Pflug, dem sp¨ateren Bischof von Naumburg, zu dem a¨ lteren Joachim → Camerarius und zu Philipp → Melanchthon. 1535-41 nahm er eine Professur in T¨ubingen wahr, hielt sich 1544 als Prof. f¨ur Recht und Rat des Herzogs von Pommern in Greifswald auf und war 1545-48 Advokat in N¨urnberg. Anschließend wirkte er als Rat des Markgrafen → Georg Friedrich von Ansbach und des Pfalzgrafen → Otto Heinrich. A. ver¨offentlichte eine ¨ deutsche Ubersetzung des 51. und des 70. Psalms nach der lateinischen Vorlage des Girolamo Savonarola, 1534 eine Sammlung von Inschriften (Inscriptiones sacrae antiquitatis totius fere orbis) und 1567 das erst nach seinem Tod herausgegebene Florilegium celebriorum sententiarum graecarum et latinarum. Nur als Manuskript erhalten sind seine Scholien zu Briefen Ciceros. C LMU
Amberg, George, eigentl. Hans Georg Franz Aschaffenburg, Kunstwissenschaftler, Regisseur, * 28. 12. 1901 Halle, † 27. / 29. 7. 1971 New York. A. studierte Philosophie und Kunstgeschichte in Kiel, M¨unchen und K¨oln, wo er 1930 promoviert wurde. 1923 gr¨undete er das Avantgardetheater Kassette in K¨oln und war 1924-28 B¨uhnendirektor bei den Festspielen in K¨oln, Darmstadt und Heidelberg. 1930-33 lehrte er Theaterwissenschaft an der Univ. K¨oln und gr¨undete dort das Theater-Museum, die Bibliothek und das Institut f¨ur Film, dessen Direktor er auch war. 1933 emigrierte A. nach Frankreich, arbeitete bis 1939 als Photograph und war 1939 / 40 in der franz¨osische Armee. Nach der Emigration in die USA 1941 war er 1943-48 Kurator des Tanzarchivs des Museum of Modern Art in New York, bis 1952 Dozent an der New York University, anschließend Prof. an der Univ. von Minnesota, 1963 Produzent und Regisseur einer Fernsehserie u¨ ber Filmkunst und 1966-71 Prof. f¨ur Filmwissenschaft in New York. Er verfaßte u. a. Ballet in America. The Emergence of an American Art (1949). C BHdE, Bd 2
Amar, Licco, auch Liko A., Musiker, * 4. 12. 1891 Budapest, † 19. 7. 1959 Freiburg / Breisgau. A., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1911 bei Emil Bare in Budapest, dann bei Henri → Marteau an der Hochschule f¨ur Musik in Berlin, dessen Quartett er seit 1912 als Sekundarius angeh¨orte. 1915 wurde er Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, 1920 des Orchesters des Mannheimer Nationaltheaters. 1921 gr¨undete A. gemeinsam mit Paul → Hindemith, Walter Caspar und Maurits Frank das Amar Streichtrio, dem 1924 auch Rudolf Hindemith beitrat (seitdem Amar Streichquartett). Dieses Trio / Quartett, in dem A. die Primgeige spielte, war bis zu seiner Aufl¨osung 1929 eine der bedeutendsten Streichgruppen der Avantgarde. 1933 emigrierte A. nach Frankreich und ging 1934 in die T¨urkei, wo er 1938-57 Prof. f¨ur Violine und Kammermusik am Staatskonservatorium in Ankara war. 1957 kehrte er zur¨uck und nahm einen Lehrauftrag f¨ur Violine und Kammermusik an der Staatlichen Hochschule f¨ur Musik in Freiburg / Breisgau an. A. gilt als Wegbereiter der modernen Kammermusik. C MGG
Amberg, Johann, schweizer. Redakteur, Jurist, Politiker, * 17. 1. 1830 B¨uron (Kt. Luzern), † 18. 8. 1887 Sursee (Kt. Luzern). Der Sohn eines Malers studierte Jura in Heidelberg und M¨unchen, war dann F¨ursprech und 1858-60 Redakteur der „Luzerner Zeitung“. 1860-67 lebte A. als Anwalt in Luzern und 1867-87 in Sursee, wo er den „Wahrheitsfreund“ (sp¨ater „Luzerner Landbote“) redigierte. 1860-63 war er dort Verh¨orrichter und 1867-75 Gerichtsschreiber. 1871-87 vertrat A. die Konservative Partei im Luzerner Großrat, dem er 1872 als Pr¨asident vorstand. 1871-87 war er Kantonspr¨asident, 1873-78 Nationalrat und seit 1875 Amtsstatthalter. ¨ 1887 entschloß sich A. nach Vorw¨urfen der Amterh¨ aufung zum R¨ucktritt.
Ambach, Melchior, Reformator, * 1490 Meiningen, † vermutlich 1559 vermutlich Frankfurt / Main. A. war nach dem Studium der Theologie 1516-22 Prof. in Mainz und danach Pfarrer an der Stiftskirche St. Martin in Bingen. 1524 wegen evang. Predigt abgesetzt, inhaftiert und 1525 des Landes verwiesen, war er eine Zeitlang in der Markgrafschaft Baden sowie in Straßburg t¨atig, bis er 1531 Pfarrer in Neckarsteinach wurde. Seit 1541 Pr¨adikant in Frankfurt / Main, vertrat er die oberdeutsch-schweizerische Richtung der Reformation. A. verfaßte zahlreiche religi¨ose Schriften, u. a. Vergleichung des Papsttums mit den gr¨oßten Ketzereien (o. J.). C ADB
Amberg, Adolph, Bildhauer, Metallk¨unstler, * 31. 7. 1874 Hanau, † 3. 7. 1913 Berlin. A. besuchte die Kunstgewerbeschule in Hanau, die Acad´emie Julian in Paris und die Berliner Akademie, wo er Meistersch¨uler von Louis → Tuaillon war. Sein besonderes Interesse galt der Silber- und Goldschmiedekunst. Er war 1894-1904 bei Bruckmann & S¨ohne in Heilbronn t¨atig und fertigte mit Otto → Rieth die große silberne Font¨ane Die deutsche Musik f¨ur die Pariser Weltausstellung 1900. A. arbeitete auch in Terrakotta und Majolika. Zu seinen Werken z¨ahlen u. a. das Ratssilber der Stadt Aachen und die Fresken des Trauraumes im Rathaus von Heilbronn. Er wurde 1910 mit der Goldmedaille der Br¨usseler Weltausstellung ausgezeichnet und war Mitglied des Deutschen Werkbundes. C AKL
Amberg, Wilhelm (August Leberecht), Maler, * 25. 2. 1822 Berlin, † 8. (10.) 9. 1899 Berlin. Nach dem Studium an der Berliner Akademie der K¨unste bei Wilhelm → Herbig war A. 1839-42 in der Werkstatt Karl → Begas t¨atig und studierte 1844 / 45 bei L´eon Cogniet in Paris. Anschließend hielt er sich bis 1847 in Italien (u. a. in Rom und Venedig) auf. Dann wieder in Berlin ans¨assig, wurde er 1869 Mitglied der Berliner Akademie. Nach anf¨anglicher Bevorzugung mythologischer Motive wandte sich A. immer mehr der Genremalerei zu. Er arbeitete auch als Lithograph. C AKL Amberger, Christoph, Maler, Graphiker, Zeichner, * um 1505, † zwischen 1. 11. 1561 und 19. 10. 1562 Augsburg. M¨oglicherweise war A. ein Sch¨uler Hans → Burgkmairs, seine Werke waren beeinflußt von Leonhard → Beck und sp¨ater von dem Venezianer Paris Bordone. Das erste bekannte Werk A.s ist das Portr¨at Anton → Welsers d. J. (datiert 1527). Neben den zahlreichen Portr¨ats malte A. einige Altartafeln, z. B. das Triptychon im Augsburger Dom (1554) und eine Altartafel (1560) in der St. Anna Kirche in Augsburg. Von seiner T¨atigkeit als Fassadenmaler in Augsburg ist nichts erhalten geblieben. Es gilt jedoch als gesichert, daß zumindest die Fresken f¨ur das Badhaus der Fugger von A. stammen. C AKL Amberger, Gustav (Adolf), Maler, * 28. 5. 1831 Solingen, † 26. 2. 1896 Baden-Baden. Nach der Ausbildung durch seine Mutter Anna Barbara → Eßlinger und an einem Institut in Hofwil unternahm A. eine zweij¨ahrige Studienreise nach Rom, wo er Sch¨uler R. B¨uhlmanns und Peter → Cornelius’ wurde und mit Arnold → B¨ocklin befreundet war. Nach der R¨uckkehr nach Basel war er Dessinateur in der Seidenbandfabrik Tr¨udinger und
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Amberger ließ sich Anfang der siebziger Jahre in Baden-Baden nieder. Er wurde Hofmaler des Landgrafen von Hessen und unternahm als G¨unstling des spanischen K¨onigs Anfang der achtziger Jahre Studienreisen nach Schweden und Norwegen. Eines seiner ersten Bilder, Leda, das noch in Rom entstand, wurde von der russischen Kaiserin → Alexandra Feodorowna gekauft. A. war vor allem ein Meister der stimmungsvollen Landschaftsmalerei.
Amberger, Joseph, kath. Theologe, * 19. 3. 1816 Pfahl (Niederbayern), † 19. 10. 1889 Regensburg. A., Sohn eines Landwirts, studierte in Regensburg und wurde 1838 zum Priester geweiht. Seine Studien setzte er in M¨unchen fort, war dort seit 1841 Subregens am Gregorianum und von 1842 an a. o. Prof. des Kirchenrechts. 1845 wurde er Regens und Prof. der Pastoraltheologie in Regensburg, 1852 Domkapitular. Sein Hauptwerk ist die nach einer historisch-ekklesiologischen Konzeption durchgef¨uhrte Pastoraltheologie (3 Bde., 1850-57, 41883-86). C Leb Regensburg Ambesser, Axel von, eigentl. Axel Eugen von Oesterreich, Schriftsteller, Schauspieler, Regisseur, * 22. 6. 1910 Hamburg, † 6. 9. 1988 M¨unchen. Sein erstes Engagement als Schauspieler trat A. 1930 an den Hamburger Kammerspielen an; 1934 wechselte er an die M¨unchner Kammerspiele, 1936 an das Deutsche Theater in Berlin. Sp¨ater verpflichtete ihn Gustaf → Gr¨undgens f¨ur das Staatstheater Berlin. Seit 1945 war A. wieder in M¨unchen ans¨assig. Als Regisseur inszenierte er u. a. St¨ucke von Johann → Nestroy am Wiener Burgtheater. Er verfaßte mehrere Lustspiele, u. a. Omelette Surprise (1971). A. spielte in zahlreichen Filmen mit; 1985 erhielt er das Deutsche Filmband in Gold. Seine Erinnerungen erschienen 1985 unter dem Titel Nimm einen Namen mit A.
Ambronn, Hermann, Naturwissenschaftler, * 11. 8. 1856 Meiningen, † 28. 3. 1927 Jena. Nach dem Studium in Heidelberg, Wien und Berlin (Pro¨ motion 1880, Uber einige F¨alle von Bilateralit¨at bei den Floriden) wurde A., Sohn einer Kaufmannsfamilie, 1881 Assistent am Botanischen Institut in Berlin. 1887 wurde er dort Kustos am Universit¨ats-Herbarium und war seit 1889 a. o. Prof. an der Univ. in Leipzig. Von 1899 an war er a. o. Prof. am Lehrstuhl f¨ur wissenschaftliche Mikroskopie in Jena, wissenschaftlicher Mitarbeiter an den optischen Werkst¨atten Zeiss und Leiter des von der Carl-Zeiss-Stiftung gegr¨undeten Instituts f¨ur wissenschaftliche Mikroskopie. A. arbeitete auf dem Gebiet der Botanik, der Mineralogie und der Kolloidchemie. Hier gelang ihm die Entdeckung der St¨abchendoppelbrechung in vielen Kolloiden, die sp¨ater durch die Entdeckung der R¨ontgendiagramme Best¨atigung fand. Er publizierte zusammen mit Albert → Frey-Wyssling Das Polarisationsmikroskop (1926). Ambronn, Leopold (Friedrich Anton), Astronom, * 27. 10. 1854 Meiningen, † 8. 6. 1930 G¨ottingen. A. studierte in Leipzig, Wien und Straßburg, wurde 1887 in G¨ottingen mit der Arbeit Beitrag zur Bestimmung der Refraktions-Konstanten promoviert und war 1880-89 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Deutschen Seewarte in Hamburg, 1882-83 stellvertretender Leiter der deutschen Polarexpedition nach Cumberland-Sund. 1889-1920 war er Observator an der Sternwarte in G¨ottingen, seit 1892 Privatdozent und wurde 1902 o. Prof. an der Univ. G¨ottingen. A. gr¨undete die G¨ottinger Mechanikerschule und verfaßte u. a. das Handbuch der astronomischen Instrumentenkunde (2 Bde., 1899). Er war der Vater von Richard → A. C Reichshandbuch
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Ambronn, Richard (Karl Theodor), Geophysiker, * 8. 5. 1887 Hamburg, † 12. 11. 1954 Einbeck. A., Sohn Leopold → A.s, studierte in Leipzig, M¨unchen und G¨ottingen und wurde 1912 bei Woldemar → Voigt mit ei¨ ner Arbeit Uber die elektrische Leitf¨ahigkeit von Glas und Bergkristall promoviert. 1912-14 hatte er eine Assistenz f¨ur Physik an der TH Braunschweig inne, forschte anschließend im Auftrag der Physikalischen Werkstatt in G¨ottingen zur Entstehung von Wassereinbr¨uchen in Kalibergwerken und deren Bek¨ampfung und nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Schwer verwundet gelangte A. in russische Gefangenschaft und verbrachte die Haftzeit in einem norwegischen Internierungslager. Nach seiner R¨uckkehr nach Deutschland leitete er seit 1921 die ERDA AG, die Patente f¨ur geoelektrische und Radiowellenverfahren hielt. A. besch¨aftigte sich intensiv mit geophysikalischen Methoden, speziell geoelek¨ trischen Meßverfahren im Kontext von Olbohrungen und stellte auf diesem Gebiet wegweisende Untersuchungen an. Als Autor von Artikeln in technischen Fachzeitungen wie „Der Bauingenieur“, „Kali“ und „Gl¨uckauf“ machte er breitere Kreise mit den Anwendungsm¨oglichkeiten der Geophysik vertraut; 1926 erschien sein Lehrbuch Methoden der Angewandten Geophysik (1928 ins Englische u¨ bersetzt). Nach ¨ der Ubernahme der ERDA AG durch eine andere Firma arbeitete A., der sich auch mit der W¨unschelrute besch¨aftigte, als selbst¨andiger Berater.
Ambros, August Wilhelm, Pseud. Flamin, o¨ sterr. Musikwissenschaftler, Komponist, Jurist, * 17. 11. 1816 Mauth bei Prag, † 28. 6. 1876 Wien. Neben dem Jurastudium erhielt A., Sohn eines Postmeisters und Landwirts, eine musikalische Ausbildung am Konservatorium und an der Akademie in Prag. Nach der Promotion zum Dr. jur. (1839) war er am Fiskalamt t¨atig und schrieb f¨ur Robert → Schumanns „Neue Zeitschrift f¨ur Musik“. 1848 wurde A. Staatsanwalt, bald darauf Dozent und war seit 1868 a. o. Prof. am Konservatorium. 1872 wurde er an das Justizministerium in Wien berufen, erhielt dort eine Professur am Konservatorium und unterrichtete Erzherzog → Rudolf in Kunstgeschichte. Seine musikwissenschaftlichen Forschungen sind zusammengefaßt in Geschichte der Musik (4 Bde., 1862-78; Bd. 5, 1882, nach hinterlassenen Materialien hrsg. von Otto Kade, 31911). A. komponierte u. a. eine Ouvert¨ure zu William Shakespeares Othello und vertonte Texte von → Goethe und Joseph von → Eichendorff. C MGG Ambros, Josef, o¨ sterr. Lehrer, Schriftsteller, * 11. 2. 1845 Saitz (M¨ahren), † 19. 3. 1923 Wiener Neustadt. Nach dem Besuch der Lehrerbildungsanstalt in Br¨unn war A. 1863-68 Lehrer in Br¨unn, bis 1907 in Wiener Neustadt und danach am Nieder¨osterreichischen Landesseminar t¨atig. 1887 gr¨undete er die Zeitschrift „Gr¨uß Gott“. Als p¨adagogischer Schriftsteller verfaßte A. u. a. eine Schreib-Lese-Fibel (1870, 1061916). Die Methodik des Volksschulunterrichts sowie die Verbindung von Schreib- und Lese- mit dem Anschauungsunterricht waren seine vorrangigen Anliegen. C Leb Sudeten Lehrer
Ambros, Michael Hermann, Pseud. Hans Kaspar, o¨ sterr. Dichter, Journalist, * 5. 10. 1750 Burgeis / Vintschgau, † 23. 7. 1809 Innsbruck. A., Sohn eines Bauern, lebte zeitweilig in Wien. Von seinen zahlreichen B¨ankelliedern, die – vom Geist der Aufkl¨arung erf¨ullt – sich in satirischer Form vor allem mit dem Kulturkampf in Wien und den Reformen → Josephs II. besch¨aftigen, erschienen die meisten 1782. Aus dem Zeitraum bis 1787 sind nur elf erhalten. In Graz gr¨undete A. 1785 die „Gr¨atzer Zeitung“ und 1786 die freiheitlich gesinnte „Bauernzeitung“, die 1795 unter dem Druck reaktion¨arer Kr¨afte ihr Erscheinen wieder einstellte. Seit 1792 war er
¨ Ambuhl auch als Buchdrucker t¨atig. Seit 1795 gab er das „Gr¨atzer Frauenjournal“ und den „Steyrischen Biedermann“ heraus. Wegen politischer Verfolgung zog A. nach Innsbruck, war seit 1799 Gesch¨aftsf¨uhrer eines Kaffeehauses und gab 1806-09 das „Innsbrucker Wochenblatt“ heraus. C NDB
und deb¨utierte 1784 als Tenor in Bayreuth. 1791-1811 war er als Heldentenor an der Berliner Hofoper engagiert; danach trat er nur noch als Konzerts¨anger auf. A. komponierte Lieder und gab mit Joseph Michael → B¨oheim die FreimaurerLieder (2 Bde., 1793) heraus. C MGG
Ambros, Otto (Hugo), Chemiker, Industrieller,
Ambrosi, Gustinus, auch Gyslings A., o¨ sterr. Bildhauer,
* 19. 5. 1901 Weiden (Oberpfalz), † 23. 7. 1990 St. Georgen / Schwarzwald. Nach dem Studium der Chemie und Landwirtschaftswissenschaft und der Promotion in M¨unchen bei Richard → Will¨ st¨atter (1925, Uber die Einheitlichkeit oder Komplexnatur ¨ pflanzlicher Proteasen. Uber die proteolytische Wirkung des K¨urbissaftes) trat A. 1926 in die I. G. Farbenindustrie AG ein und erforschte in Sumatra die Chemie des Naturkautschuks. 1932 entwickelte er grundlegende Theorien der modernen Magnetbandtechnologie, u¨ bernahm 1935 Bau und Leitung der ersten großen Buna-Anlage in Schkopau, wurde Chefkoordinator des Buna-Programms und galt als Experte f¨ur die Produktion von Buna und Giftgas. Seit 1938 Mitglied des Vorstandes, geh¨orte er dem Verwaltungsrat an und war Vorstandsmitglied des Technischen und Chemischen Ausschusses der I. G. Farben. 1938 trat er der NSDAP bei und wurde zum Wehrwirtschaftsf¨uhrer ernannt. In der Folgezeit leitete A. die organische Abteilung der I. G. Farben in Ludwigshafen, half bei der Auswahl des Standorts Auschwitz f¨ur das Buna-Werk Monowitz und war zusammen mit → B¨utefisch f¨ur den Bau verantwortlich. A. arbeitete dabei eng mit der SS zusammen. Beim Beauftragten f¨ur den Vier-Jahres-Plan Hermann → G¨oring war A. Sonderbeauftragter f¨ur Forschung und Entwicklung und leitete den Sonderausschuß Chemische Kampfmittel sowie die Hauptabteilung Pulver und Sprengstoffe beim R¨ustungsamt des Reichsr¨ustungsministeriums. Als Leiter der Nervengasfabrik Dyhernfurth war A. an der Produktion und Erprobung (neben Tierversuchen auch Versuche an j¨udischen KZ-H¨aftlingen) des Nervengases Tabun beteiligt, riet aber vom Kampfeinsatz ab. Im November 1945 wurde unter seiner Leitung mit der Errichtung einer Abwicklungsstelle im Werk der BASF Ludwigshafen begonnen. Im I. G.-Farben-Prozeß in N¨urnberg wurde A. wegen „Versklavung und Massenmord“ zu acht Jahren Gef¨angnis verurteilt, aber bereits 1952 entlassen. Im Frankfurter Auschwitzprozeß 1965 wurde er erneut schwer belastet. A. u¨ bernahm auch nach dem Krieg f¨uhrende Positionen in der chemischen Industrie und war als Berater Friedrich → Flicks t¨atig.
Lyriker, * 24. 2. 1893 Eisenstadt, † 2. 7. 1975 Wien. Seit dem siebten Lebensjahr infolge einer Meningitis v¨ollig taub, erlernte A. in der Taubstummenanstalt in Prag Modellieren und Schnitzen. Er machte eine Lehre in einer Steinmetz- und Bildhauerwerkstatt und einen Modellierkurs in der Kunstgewerbeschule. In Graz, wo er seit 1909 ans¨assig war, setzte er seine Lehre fort und besuchte außerdem die Meisterschule f¨ur Modelleure an der k. k. Staatsgewerbeschule. Nach Abschluß der Lehre ging er 1912 nach Wien, wo er kurze Zeit die Akademie der bildenden K¨unste besuchte. Er fertigte B¨usten von Zeitgenossen, darunter von Friedrich → Nietzsche (1910), Stefan → Zweig (1913) oder Gerhart → Hauptmann (1914). Seit 1913 stand A. das Staatsatelier im Prater auf Lebenszeit zur Verf¨ugung; sp¨ater unterhielt er auch Ateliers in Rom, Paris und K¨oln. 1945 wurde das Wiener Atelier mit u¨ ber 650 Skulpturen zerst¨ort. Seine Arbeiten orientierten sich gr¨oßtenteils an Auguste Rodin, Michelangelo und dem italienischen Barock. A. schrieb u. a. Sonette an Gott (1923), Die Sonette vom Grabe einer Liebe (1926), Sonette an Petrarca (1934) und Das Buch der Einschau (1959). 1975 nahm er sich das Leben.
Ambrosch, Joseph Julius Athanasius, Klassischer Philologe, Arch¨aologe, * 18. 12. 1804 Berlin, † 29. 3. 1856 Breslau. Nach der Promotion zum Dr. phil. (1829, De Lino) in Berlin erhielt A., Sohn eines Kammers¨angers und Schauspielers, durch Vermittlung von Christian Karl Josias von → Bunsen das Stipendium Preukianum, das es ihm erm¨oglichte, 1830-33 am Arch¨aologischen Institut in Rom zu arbeiten. Dort besch¨aftigte er sich mit topographischen Untersuchungen und vor allem mit Handschriftenstudien, Vorarbeiten zu einer Ausgabe des Dionysios von Halikarnassos. Er habilitierte sich 1833 in Berlin und wurde 1834 a. o., 1839 o. Prof. der Philologie und Arch¨aologie. A. erforschte vor allem die r¨omische Religionsgeschichte und Topographie. Er ver¨offentlichte u. a. Studien und Andeutungen im Gebiet des ¨ altr¨omischen Bodens und Cultus (1839) und Uber die Religionsb¨ucher der R¨omer (1843). 1848 wurde er Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung. C Frankf Nationalvers Ambrosch, Joseph Karl, S¨anger, Komponist, * 6. 5. 1759 Krumau (B¨ohmen), † 7. 9. 1822 Berlin. Der Vater von Joseph Julius Athanasius → A. erhielt seine Gesangsausbildung bei Johann Anton → Koˇzeluch in Prag
Ambrosi, Johann Baptist, auch Ambrosy, evang. Theologe, * 5. 4. 1741 Sielnica, † 22. 2. 1796 Berlin. A. studierte in Wien und Halle (seit 1752) Theologie. 1756-70 war er zweiter Prediger der b¨ohmischen Gemeinde in Berlin. 1770-73 war er erster Prediger der Gemeinde Havelberg, seit 1773 Pfarrer an St. Gertrud in Berlin; er wurde zum k¨oniglich preuß. Konsistorialrat ernannt. A. publizierte zahlreiche theologische Schriften, u. a. Vom Umgange Jesu mit S¨undern (1776). C ADB
Ambrosi, V´aclav Bernard, auch Wenzel Bernhard A., Maler, Zeichner, * 2. 7. 1723 Kuttenberg (Kutn´a Hora, B¨ohmen), † 30. 4. 1806 Prag. Eine erste Ausbildung erhielt A. in Prag von seinem Bruder Josef A. 1771 erhielt er das B¨urgerrecht in Prag-Neustadt. A. war Hofmaler → Maria Theresias und letzter Vorsteher der von → Joseph II. aufgehobenen Malergilde in Prag. Er war als Meister der Zeichenkunst und als Maler von Historienbildern bekannt. Neben zahlreichen Miniaturen und Portr¨ats schuf er Altartafeln, Fassadenfresken und Deckenmalereien in Kirchen und Schl¨ossern. C AKL
Ambrosius, Hermann, Komponist, * 25. 7. 1897 Hamburg, † 25. 10. 1983 Engen im Hegau. A. studierte Klavier u. a. bei Robert → Teichm¨uller am Konservatorium in Leipzig und 1921-24 Komposition in der Meisterklasse von Hans → Pfitzner an der Akademie der K¨unste in Berlin. Seit 1924 Korrepetitor am Opernhaus in Leipzig, war er auch als Tonmeister am Leipziger Rundfunk t¨atig und wurde 1926 Klavier- und Theorielehrer am dortigen Konservatorium. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte er als Komponist, Chorleiter und Musikp¨adagoge in Engen im Hegau. A. komponierte die Oper Die Fr¨uhglocke (1935), Orchesterwerke, darunter 12 Symphonien, Chorwerke, Lieder, Gitarren- und Kammermusik. C MGG Ambuhl, ¨ Johann Ludwig, auch Am B¨uhl, Pseud. Johann Jakob Altdorfer, Schriftsteller, * 13. 2. 1750 Wattwil (Kt. St. Gallen), † 22. 4. 1800 Altst¨atten (Kt. St. Gallen). A. folgte seinem Vater als Dorfschullehrer in Wattwil, wurde 1782 Hauslehrer der Stieftochter Jakob → Custers in Rheineck, reiste mit ihr 1786 nach Straßburg und 1788 nach Genf
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Amburger und begleitete seinen Arbeitgeber 1790 nach Italien. 1796 war A. in Altst¨atten ans¨assig. Zur Zeit der Helvetischen Republik war er Distriktstatthalter im Oberrheintal. Als Dichter orientierte A. sich am Sturm und Drang und verfaßte neben volkst¨umlichen Gedichten Dramen, darunter Wilhelm Tell (1792, Neudr. 1985). Er war wie der mit ihm befreundete Ulrich → Br¨aker Mitglied der „Toggenburgischen moralischen Gesellschaft“. C Killy
Amburger, Erik, Historiker, * 4. 8. 1907 St. Petersburg, † 6. 11. 2001 Heuchelheim. A., Sohn einer Arztes, studierte 1926-33 Geschichte, Geographie und Philosophie in Heidelberg und Berlin, spezialisierte sich auf Osteurop¨aische Geschichte und wurde mit der Arbeit Rußland und Schweden 1762-1772 promoviert. Aufgrund j¨udischer Vorfahren blieb ihm unter den National¨ sozialisten der Eintritt in den Offentlichen Dienst verwehrt. 1933-38 war er Privatassistent von Karl → St¨ahlin. Nach der R¨uckkehr aus der Kriegsgefangenschaft und vor¨ubergehender T¨atigkeit als Dozent war A. 1946-48 am Institut f¨ur Slawistik der Deutschen Akademie der Wissenschaften unter Max → Vasmer in Berlin t¨atig, hatte 1948-50 die Leitung der Publikationsstelle Akademie-Publikationen inne und geh¨orte seit 1950 zu den Mitarbeitern an der → Leibniz-Ausgabe. 1953 aufgrund seiner Weigerung, nach Ost-Berlin umzuziehen, entlassen, erhielt er 1953-57 ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft und war 1957-60 Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Kommission zur Erforschung der Agrar- und Wirtschaftsverh¨altnisse des europ¨aischen Ostens in Gießen. 1960 wurde er Wissenschaftlicher Rat, 1969 Oberrat am Institut f¨ur kontinentale Agrar- und Wirtschaftsforschung der Univ. Gießen und nahm seit 1962 einen Lehrauftrag f¨ur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Osteuropas an der Univ. Marburg wahr, an der er seit 1968 Honorarprofessor war.
Ameis, Karl Friedrich, Klassischer Philologe, Lehrer, * 26. 8. 1811 Bautzen, † 29. 5. 1870 M¨uhlhausen. A. studierte Philologie in Leipzig und Halle, war seit 1835 Probelehrer in Magdeburg und von 1837 an Oberlehrer in M¨uhlhausen. Er besch¨aftigte sich mit den griechischen Bukolikern sowie mit Homer und verfaßte neben Kommentaren kritisch-exegetische Anh¨ange zu Editionen von Homers Ilias (1868) und Odyssee (1868). C NDB
Amelang, Karl Ludwig, Jurist, * 27. 4. 1755 Berlin, † 16. 7. 1819 Berlin. Zun¨achst als Rat am Kriminalsenat des Kammergerichts angestellt, wurde A. nach der Justizreform Assistenzrat und Justizkommissar. 1792 erfolgte die Ernennung zum Geheimen Kriegsrat, zum Direktor des Berliner Stadtgerichts und zum Justitiarius des Polizeipr¨asidiums. Nachdem er 1797 entlassen worden war, wurde er sp¨ater als geheimer Postrat wieder in den Staatsdienst aufgenommen. Seit 1808 war er Justizkommissar am Kammergericht, Konsulent des Generalpostamts und Syndikus der Offiziers-Witwenkasse. A. verteidigte den Prediger Schulz aus Gielsdorf, der aufgrund seiner unorthodoxen Ansichten in Ungnade gefallen war (Zur Vertheidigung des Predigers Herrn Schulz zu Gielsdorf, 1792) und ver¨offentlichte mit Karl August → Gr¨undler das Archiv des preußischen Rechts (3 Bde., 1799-1800). C ADB
Amelius, Martin, auch M. Amelius von Niefernburg, badischer Kanzler, * 30. 10. 1526 Freiburg / Breisgau, † 1592. A. studierte 1549-53 Rechtswissenschaften in Freiburg und wurde noch vor Beendigung seiner Studien von Markgraf → Ernst von Baden-Durlach in den Staatsdienst berufen. 1553 wurde er in Wien promoviert und von K¨onig → Ferdinand I. in den Adelsstand erhoben. Seit 1554 war er Kanzler des Markgrafen → Karl II. von Baden-Durlach.
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Als erster Direktor des badischen Kirchenrats trat er f¨ur die Durchf¨uhrung der Reformation ein. 1586 gr¨undete er ein Gymnasium in Durlach und veranlaßte 1555 / 56 den Bau des Schlosses Niefernburg in Niefern / Enz. C NDB
Ameln, Konrad, Musikwissenschaftler, Chorleiter, * 6. 7. 1899 Neuss, † 1. 9. 1994 L¨udenscheid. A. studierte Musikwissenschaft in G¨ottingen und Freiburg / Breisgau und wurde 1927 mit der Arbeit Beitr¨age zur Geschichte der Melodien „Innsbruck, ich muss dich lassen“ und „Ach Gott vom Himmel sieh’ darein“ promoviert. Er schloß sich der Jugendmusikbewegung um Walther → Hensel an und gab 1925-33 deren Zeitschrift „Die Singgemeinde“ heraus. 1930 / 31 und 1932-39 lehrte er evang. Kirchenmusik an der Univ. M¨unster, war 1931-34 auch Dozent an den P¨adagogischen Akademien in Elbing und Dortmund, sp¨ater an den Landeskirchenmusikschulen Hannover (1947 / 48) und Rheinland (1949-57). 1935-74 war er Chorleiter und Leiter eines Kammerorchesters in L¨udenscheid, seit 1955 Mitherausgeber des „Jahrbuchs f¨ur Liturgik und Hymnologie“ und gr¨undete 1957 die Internationale Arbeitsgemeinschaft f¨ur Hymnologie, deren Vorsitz er bis 1967 innehatte. A. gab u. a. das Gesamtwerk von Leonhard → Lechner (seit 1954), Faksimile-Ausgaben alter Chorwerke (u. a. Das Lochamer Liederbuch, 1925; Das Babstsche Gesangbuch, 1929, 21966) und Sammlungen von Kirchenliedern heraus (u. a. Das deutsche Kirchenlied und seine Weisen, 5 Bde., 1926-35, mit Wilhelm Thomas; Handbuch der deutschen evangelischen Kirchenmusik, 1932 ff., mit Christhard → Mahrenholz und Wilhelm Thomas). Er schrieb: Johann Walter und die a¨ ltesten deutschen Passionshistorien (1939, mit Carl Gerhardt) und Leonhard Lechner (1957). C MGG
Amelung, Ludwig Franz, Psychiater, * 28. 5. 1798 Bickenbach / Bergstraße, † 19. 4. 1849 Hofheim. Nach dem Studium in Berlin, u. a. bei seinem Onkel Friedrich Hufeland (Promotion 1819, De contagiorum natura), unternahm A. eine Studienreise durch Deutschland, Frankreich, Italien und die Schweiz. Als a¨ rztlicher Leiter (seit 1821) des hessen-darmst¨adtischen Landeshospitals f¨ur Alte, Unheilbare und Geisteskranke in Hofheim bem¨uhte er sich um weitreichende therapeutische Reformen. Auf der Vorstellung der Einheit von Leib und Seele aufbauend, versuchte A., psychische Erkrankungen auf organische St¨orungen zur¨uckzuf¨uhren. Er ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur Lehre von den Geisteskrankheiten (2 Bde., 1832-36, mit Friedrich → Bird). A. starb an den Folgen einer Stichverletzung durch einen seiner geisteskranken Patienten. C Deutsche Irr
Amelung, Walther (Oskar Ernst), Arch¨aologe, * 15. 10. 1865 Stettin, † 12. 9. 1927 Bad Nauheim. A. studierte seit 1884 klassische Altertumskunde in T¨ubingen, Leipzig sowie in M¨unchen (Promotion 1888) und war als Schauspieler in M¨unchen und Berlin t¨atig. Er wandte sich dann ganz der Arch¨aologie zu und unternahm 1891-93 Studienreisen, als deren Ergebnis die Einzelaufnahmen antiker Skulpturen (Serie I-X, 1893-1925) entstanden. Seit 1895 war A. in Rom ans¨assig, wo er u. a. einen Katalog der Skulpturen des Vatikanischen Museums (1903; Fortsetzung von Georg → Lippold, 1908) erarbeitete. A. bem¨uhte sich um die Rekonstruktion der Aspasia und der Athena Medici und war seit 1921 Leiter des Deutschen Arch¨aologischen Instituts in Rom, dessen Bibliothek er nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufgebaut hatte. C Lullies Amelunxen, Rudolf, Politiker, * 30. 6. 1888 K¨oln, † 21. 4. 1969 D¨usseldorf. A. studierte Jura und Geschichte in Freiburg / Breisgau, Berlin und Bonn, war zun¨achst Gerichtsassessor, dann Hilfsrich-
Amerbach ter am Landgericht K¨oln und Mitarbeiter des kath. Sozialpolitikers Carl → Sonnenschein. 1919 wurde er Regierungsrat im preuß. Wohlfahrtsministerium, 1921 Oberregierungsrat, 1922 Referent, 1923 Ministerialrat im preuß. Staatsministerium. Von seinem Amt als Regierungspr¨asident in M¨unster (seit 1926) wurde er im Zuge des Staatsstreichs in Preußen 1932 enthoben. Seine politische Karriere konnte A. erst 1945 als Oberpr¨asident der Provinz Westfalen wieder aufnehmen. 1946 / 47 war er Ministerpr¨asident und Kultusminister, 1947-50 Sozialminister und 1950-58 Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen. 1949 kandidierte er ohne Erfolg f¨ur das Amt des Bundespr¨asidenten. A. war zeitweise Mitglied des Bundestags und des Bundesrats. C MdB
Am Ende, Christian Karl, evang. Theologe, Historiker, * 3. 10. 1730 L¨oßnitz, † 15. 11. 1799. Nach dem Theologiestudium in Kulmbach und Erlangen war A. seit 1755 Adjunkt des geistlichen Ministeriums und bis 1763 Rektor der Lateinschule in Kaufbeuren. 1783 wurde er Diakon und Hospitalprediger. Er gab Johannes → Sleidanus’ De statu religionis (3 Bde., 1785 / 86) neu heraus. C ADB Amende, Hans, auch H. Am Ende, Maler, Graphiker, Bildhauer, * 31. 12. 1864 Trier, † 9. 7. 1918 Stettin. Nachdem er 1884-89, unterbrochen von einem Studienaufenthalt in Karlsruhe 1886 / 87, an der M¨unchner Akademie studierte hatte, hielt er sich 1889 auf Einladung Fritz → Mackensens zum ersten Mal in der K¨unstlerkolonie Worpswede auf. 1892 / 93 studierte er bei Otto → Knille in Berlin. Er beteiligte sich an den Ausstellungen der Worpsweder K¨unstlerkolonie in M¨unchen 1895 und 1896. 1895 ließ er sich endg¨ultig in Worpswede nieder und trat dort vor allem als Graphiker hervor. Als Landschaftsmaler verwendete er meist Motive aus dem Worpsweder Moor oder dem Schweizer Hochgebirge. 1914 meldete sich A. als Kriegsfreiwilliger und starb 1918 im Lazarett. C AKL Amende, Johann Joachim Gottlob, auch. Am Ende, evang. Theologe, * 16. 5. 1704 Gr¨afenhainichen, † 2. 5. 1777 Dresden. A. besuchte die F¨urstenschule in Grimma, studierte in Wittenberg und trat dann die Nachfolge seines Vaters als Pfarrer an. 1744 wurde er geistlicher Inspektor und Lehrer in Schulpforta, wo er u. a. Friedrich Gottlieb → Klopstock unterrichtete. Seit 1748 war A. Superintendent in Freyburg / Unstrut, seit 1750 in Dresden. Seine ersten beiden Predigten, die → Friedrich II. drucken ließ, wurden ins Franz¨osische, Englische, Holl¨andische und Italienische u¨ bersetzt. Der angesehene Prediger der Fr¨uhaufkl¨arung ver¨offentlichte u. a. Frommer Christen t¨agliches Buß-, Bet- und Lobopfer (1762). C NDB
Amende, Karl Friedrich, o¨ sterr. Milit¨ar, * 25. 6. 1756 Harlingen, † 10. 2. 1810. A. trat 1773 als Kadett ins o¨ sterr. Heer ein, nahm an den T¨urkenkriegen teil und wurde 1787 Kompaniechef. 1793 war er in den Niederlanden stationiert und wurde 1800 anl¨aßlich der Blockade von Genua zum Obersten bef¨ordert. 1805 Generalmajor, war er 1809 beim Einzug in Dresden dabei. Im selben Jahr wurde A. zum Feldmarschalleutnant bef¨ordert. C ADB
Amenreich, Bernhard, auch Ammenreich, Ammeinreich, Armenreich, Ammenmacher, Komponist, Kantor, Musiker, * zwischen 1535 und 1538 Heilbronn, † 1576 oder sp¨ater. A. studierte 1553 in Heidelberg, seit 1554 in T¨ubingen, wurde 1555 Kantor in Mergentheim in Franken, war seit 1560 Stiftsorganist in Feuchtwangen und ging 1563 als Schulmeister nach Bad Windsheim. 1565-68 war er Hofmusiker in Ansbach, nach einem erneuten Aufenthalt in Heidelberg 1569-75 auf Schloß Rheinfels Hofkapellmeister des
Landgrafen Philipp des J¨ungeren von Hessen und gleichzeitig Stiftsorganist in St. Goar. 1576 war A. vermutlich als Organist in Heilbronn t¨atig. Er komponierte u. a. ein Magnificat f¨ur Orgel (1561), ein Hochzeitslied f¨ur den Landgrafen Philipp von Hessen (1569) und ein vierteiliges Tenorlied zu einem Text des pf¨alzischen Kurf¨ursten → Friedrich III. (Bis in den Himmel clage ich u¨ ber Tyrannei, 1576). C MGG
Amerbach, Basilius, Jurist, * 1. 12. 1533 Basel, † 25. 4. 1591 Basel. A., Sohn Bonifacius → A.s, studierte 1552-59 Rechtswissenschaften in T¨ubingen, Padua, Bologna und Bourges. Nach ausgedehnten Studienreisen und einem Kurs am Reichskammergericht in Speyer wurde er 1560 / 61 in Bologna promoviert, war bald darauf Prof. an der Univ. Basel und seit 1581 auch Stadtsyndikus. Er war mehrmals Rektor der Univ. und diente einer prominenten Klientel der Stadt als Rechtsberater. A. sammelte M¨unzen, Landkarten, Urkunden, Gem¨alde, Stiche, Holzschnitte und Zeichnungen, die er dem ihm von seinem Vater hinterlassenen „Amerbachschen Kabinett“ zuf¨ugte. Die 1661 von der Stadt Basel erworbene Sammlung ist heute Teil des Kunstmuseums, des Historischen Museums und der Universit¨atsbibliothek. C Prof Basel Amerbach, Bonifacius, schweizer. Humanist, Musiker, * 11. 10. 1495 Basel, † 24. (25.) 4. 1562 Basel. Der Sohn Johannes → A.s und Vater Basilius → A.s studierte Rechtswissenschaften in Freiburg / Breisgau und Avignon, wo er 1525 promoviert wurde. Seit 1524 war A. Dozent, sp¨ater Prof. des r¨omischen Rechts (bis 1548) an der Univ. Basel, um deren Aufbau er sich nach dem Zusammenbruch infolge der Reformation verdient machte. Im Gegensatz zu den italienischen Kommentatoren trat bei A. die Arbeit an der Quelle in den Vordergrund. Er versuchte, eine Synthese zwischen den mittelalterlichen Interpretationen des r¨omischen Rechts und den Quellenstudien zu finden. Trotz seiner Freundschaft mit → Erasmus von Rotterdam, dessen Nachlaß er sp¨ater verwaltete, konvertierte er 1534 zum reformatorischen Glauben. A. war juristischer Berater ausw¨artiger St¨adte und F¨ursten (u. a. Gutachten zur Ehescheidung Heinrichs VIII. von England), Stadtsyndikus (seit 1535) von Basel und Treuh¨ander der von Erasmus 1536 errichteten Stiftung. Er hatte mehrmals das Rektorat der Univ. Basel inne (1526, 1535, 1540, 1551 und 1556). A. interessierte sich neben den Rechtswissenschaften f¨ur Musik und die bildenden K¨unste. Er trug eine der umfangreichsten Kunstsammlungen, das sogenannte Amerbachsche Kunstkabinett, zusammen. C Kleinheyer
Amerbach, Johannes, auch Hans von Amorbach, Hans Venediger, Hans von Venedig, Hans (von) Venedig von Emrebach, Johannes Venet¨us, Johann Welleer, schweizer. Drucker, Verleger, * um 1440 / 45 Amorbach (Unterfranken), † 15. 12. 1513 Basel. H¨ochstwahrscheinlich Sohn des Amorbacher B¨urgermeisters Peter Welcker, studierte A. in Paris, wo er → Johannes Heynlin de Lapide begegnete, und erwarb 1464 den Grad eines Magister artium. 1462-65 hielt er sich zu Studienzwecken in Venedig auf und war 1475-78 in Basel als Drucker t¨atig. 1481 wurde er Mitglied der Safranzunft und 1484 unter dem Namen „Meister Hanns von Emmerpach der Trugker“ B¨urger von Basel. Er begr¨undete die enge Verbindung zwischen dem Humanismus und dem Basler Buchdruck. Nach 1500 begann er in Gemeinschaft mit Johannes → Petri und Johann → Froben zu drucken. A. gab u. a. Bibelund Kirchenv¨aterausgaben heraus, so z. B. 1506 eine Ausgabe der gesamten Schriften des Augustinus. Eine Ausgabe des Hieronymus konnte erst nach A.s Tod von Froben 1516 vollendet werden. A. war der Vater von Bonifacius → A. C AKL
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Amerbach Amerbach, Veit, auch Amerpach, Amerbachius, Amerbacher, eigentl. Trolman, Humanistischer Gelehrter, * 1503 Amerbach bei Wemding (Schwaben), † 13. 9. 1557 Ingolstadt. Nach dem Studium in Ingolstadt, Freiburg / Breisgau und seit 1522 in Wittenberg wurde A., Sohn eines Landwirts, 1526 auf Empfehlung Martin → Luthers Lehrer an der Lateinschule in Eisleben. 1529 erlangte er an der Univ. Wittenberg den Magistergrad, wurde 1530 Prof. der „Phisica und Oratoria“ und 1532 Dekan der Artistenfakult¨at. Ende der dreißiger Jahre geriet er in Streit mit → Melanchthon und ver¨offentlichte 1542 Quattuor libri de anima, die als Gegenentwurf zu dessen Commentarius de anima (1540) gelten. 1543 verließ A. Wittenberg, konvertierte zum Katholizismus und war sp¨ater Prof. der Philosophie und Rhetorik in Ingolstadt, wo er sich als Horaz- und Cicero-Kommentator einen Namen machte. 1549 erschien A.s Werk De philosophia naturali. C LMU
Amerling, Friedrich von, o¨ sterr. Maler, * 14. 4. 1803 Wien, † 14. 1. 1887 Wien. A. studierte seit 1815 an der Graveurschule der Akademie der bildenden K¨unste in Wien und wechselte 1816 zur Historienmalerei u¨ ber. 1824-27 setzte er seine Studien an der Akademie der K¨unste in Prag fort, wo zahlreiche Portr¨ats entstanden. 1827 / 28 hielt er sich in London bei dem Portr¨atmaler Thomas Lawrence auf, hatte in Paris Kontakt mit Horace Vernet und kehrte 1828 nach Wien zur¨uck. Studienreisen f¨uhrten ihn u. a. nach Italien, Griechenland und in den Orient. Gr¨oßtenteils im Auftrag des kaiserlichen Hauses, der Aristokratie und des wohlhabenden B¨urgertums malte A. neben Genre- und Landschaftsbildern etwa 1000 Portr¨ats. Als einer der bedeutendsten Portr¨atmaler der Biedermeierzeit schuf er u. a. die Familienportr¨ats des Grafen A. von Breunner (1834) und des Fabrikanten Rudolf von → Arthaber. C AKL Amersbach, Karl, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, * 6. 10. 1884 Konstanz, † 6. 4. 1952 Barcelona. Der Sohn eines Gymnasiallehrers studierte 1903-08 in Straßburg, Freiburg / Breisgau und M¨unchen Medizin. Nach ¨ der Promotion 1909 in Freiburg (Uber die Histologie der Salpingitis gonorrhoica) habilitierte er sich dort 1917, wurde 1921 a. o. Prof. und folgte 1927 einem Ruf als o. Prof. an die Univ. Prag. 1938 / 39 amtierte er als Dekan an der Deutschen Medizinischen Fakult¨at. 1939-52 wirkte A. als o. Prof. und Direktor der Hals-, Nasen- und Ohrenklinik der Medizinischen Akademie in D¨usseldorf, deren Rektor er 1951 / 52 war. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen R¨ontgentherapie ¨ des Ohres, der Nase, des Kehlkopfes (1925) und Artzliche Sachverst¨andigent¨atigkeit auf dem Gebiete der Ohrenheilkunde (1931). Er war Mitglied des internationalen Collegium Oto-Rhino-Laryngologicum Amicitiae Sacrum und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (1940). ¨ 2, 3 C Arzte
Amery, Carl, eigentl. Christian Anton Mayer, auch Chris Mayer, Schriftsteller, * 9. 4. 1922 M¨unchen, † 24. 5. 2005 M¨unchen. A., Sohn eines Historikers, wuchs in Freising und Passau auf und nahm 1940-43 am Zweiten Weltkrieg teil. 1946 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zur¨uckgekehrt, studierte er in M¨unchen Neuere Sprachen und Literatur, hielt sich 1948 / 49 mit einem Studienstipendium f¨ur Literaturkritik und -theorie an der Catholic University of America in Washington D. C. auf und war seit 1950 als freier Schriftsteller t¨atig. 1954 mit dem Roman Der Wettbewerb hervorgetreten, wurde A., Mitglied der Gruppe 47, mit der kolportagehaften Satire Die Große Deutsche Tour (1958; Neuaufl. 1989 unter dem Titel Die Große Deutsche Tour. Heiterer Roman aus
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den f¨unfziger Jahren) bekannt. 1963 erschien sein erster kirchenkritischer Essay Die Kapitulation oder Deutscher Katholizismus heute, dem A. 1967-74 Mitglied der SPD, dann Mitbegr¨under der Partei die Gr¨unen (f¨ur die er 1979 zur Europawahl kandidierte), zahlreiche weitere, teils polemische Essays und Sachb¨ucher folgen ließ und darin Kirchenund Kapitalismuskritik zunehmend mit o¨ kologischen Themen verband (u. a. Das Ende der Vorsehung. Die gnadenlosen Folgen des Christentums; 1972; Natur als Politik. Die o¨ kologische Chance des Menschen; 1976; Die Botschaft des Jahrtausends, 1994; Hitler als Vorl¨aufer. Auschwitz – der Beginn des 21. Jahrhunderts?, 1998; Klimawechsel. Von der fossilen zur solaren Kultur, 2001, mit Hermann Scheer; Global Exit. Die Kirchen und der Totale Markt, 2002). Daneben besch¨aftigte sich A., der 1967-71 Direktor der St¨adtischen Bibliotheken in M¨unchen war, mit historischen Themen, insbesondere der bayerischen Geschichte (Leb wohl geliebtes Volk der Bayern, 1980, aktualisierte Neuaufl. 1996). Die gr¨oßten Erfolge hatte A. mit seinen ironischen, der utopischen Literatur zuzurechnenden, satirischen Geschichtsentw¨urfen Das K¨onigsprojekt (1974) und An den Feuern der Leyermark (1979) sowie vor allem mit dem apokalyptischen Szenarium Der Untergang der Stadt Passau (1975). Als sein bedeutendstes literarisches Werk gilt der gleichnishafte, auf mehreren historischen Ebenen angelegte Roman Die Wallfahrer (1986), in dem A. in einer der oberbayerischen Mundart folgenden, bildhaften und bisweilen derbkomischen Sprache bayerisch-katholische Spiritualit¨at darstellt. Außerdem ver¨offentlichte A. Ich stehe zur Verf¨ugung (1967), die Satiren Die starke Position oder Ganz normale MAMUS (1985), das Jugend-Sachbuch Energiepolitik ohne Basis Marsch, zur¨uck auf die B¨aume . . . oder: Wie wir es besser machen k¨onnen (1979), den Roman Das Geheimnis der Krypta (1990) und als Herausgeber Briefe an den Reichtum (2005). A. war 1976 / 77 Vorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller und 1989-91 Pr¨asident des PEN. Er wurde 1979 mit dem Tukanpreis, 1984 mit dem Bayerischen Friedenspreis und 1991 mit dem Literaturpreis der Stadt M¨unchen ausgezeichnet. 1992 wurde A. Mitglied der Deutschen Akademie f¨ur Sprache und Dichtung in Darmstadt. C KLG
Am´ery, Jean, eigentl. Hans Mayer, j¨udischer Vorname: Chaim, Pseud. Hanns Mayer, Peter Fr¨uhwirth, Deckname: Roger Lippens, Schriftsteller, Publizist, * 31. 10. 1912 Wien, † 17. 10. 1978 Salzburg. Nachdem sein Vater, ein Kaufmann, 1917 gefallen war, ging A., der katholisch erzogen wurde, mit seiner Mutter nach Bad Ischl, wo diese eine Pension betrieb. 1924 nach Wien zur¨uckgekehrt, studierte er nach einer Buchhandelslehre unregelm¨aßig Literatur und Philosophie an der Universit¨at. Beeinflußt wurde er von der logisch-empirischen Erkenntnislehre des Wiener Kreises. 1934 gab A. mit Ernst Mayer die literarische Zeitschrift „Die Br¨ucke“ heraus und schrieb 1934 / 35 den Roman Die Schiffbr¨uchigen. 1938 floh er nach Antwerpen. 1940 wurde er als „feindlicher Ausl¨ander“ festgenommen und nach S¨udfrankreich deportiert. 1941 gelang ihm die Flucht aus dem Lager Gurs und die R¨uckkehr nach Br¨ussel. A. schloß sich einer deutschsprachigen Gruppe innerhalb der belgischen kommunistischen Widerstandsbewe´ gung an und war Sprachlehrer an der Ecole Moyenne Juive de Bruxelles. 1943 von der Gestapo verhaftet, wurde er nach monatelanger Einzelhaft und Folter 1944 nach Auschwitz, sp¨ater nach Buchenwald und Bergen-Belsen deportiert. Nach der Befreiung 1945 war er in Br¨ussel zwanzig Jahre als Journalist ausschließlich f¨ur Schweizer Zeitungen t¨atig. Seine Beitr¨age zeichnete er seit 1955 mit dem Pseudonym Jean Am´ery. Seit 1965 schrieb er Essays, Rezensionen, Filmberichte und Glossen f¨ur verschiedene Zeitschriften und Zeitungen und war f¨ur nahezu alle großen Rundfunkanstalten
Amman der Bundesrepuplik t¨atig. Stark von Jean-Paul Sartre und dessen Philosophie von der existentiellen Absurdit¨at beeinflußt, besch¨aftigte er sich in seinen teils autobiographischen Essays mit gesellschaftlichen und literarischen Problemen. A. war Publizist im Sinne eines aufkl¨arerischen Humanismus und philosophischer Essayist. Er ver¨offentlichte u. a. Jenseits von Schuld und S¨uhne. Bew¨altigungsversuche eines ¨ ¨ Uberw¨ altigten (1966, Neuausg. 1977, 42000), Uber das Altern. Revolte und Resignation (1968, 72001), Unmeisterliche Wanderjahre (1971, Neuausg. 1985), Widerspr¨uche (1971), Lefeu oder Der Abbruch (1974, Neuausg. 1982) und Hand an sich legen. Diskurs u¨ ber den Freitod (1976, 112001). 1972 wurde A. mit dem Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Sch¨onen K¨unste ausgezeichnet. F¨ur die Verleihung des Lessing-Preises 1977 der Freien und Hansestadt Hamburg dankte er mit der programmatischen Rede Aufkl¨arung als philosophia perennis. Kurz vor A.s Freitod erschien Charles Bovary, Landarzt. Portr¨at eines einfachen Mannes (1978,31997). Seit 2002 erscheint eine neunb¨andige Ausgabe C KLG der Werke A.s.
Amiet, Cuno, auch Kuno A., schweizer. Maler, Graphiker, * 28. 3. 1868 Solothurn, † 6. 7. 1961 Oschwand bei Riedtwil (Kt. Bern). Der Sohn des Solothurner Stadtschreibers Josef Ignaz → A. erhielt seit 1884 sporadisch Malausbildung bei Frank → Buchser, einem Freund der Familie, und war seit 1886 Student an der M¨unchner Kunstakademie. Dort lernte er Giovanni Giacometti kennen und besuchte mit ihm 1888-91 die Acad´emie Julian in Paris. 1892 / 93 hielt er sich in PontAven (Bretagne) auf, erlernte den Kupferstich und studierte vor allem die Bilder Paul Gauguins und Vincent van Goghs. Seit 1893 lebte er wieder in Solothurn; 1898 ließ er sich in Oschwand nieder. 1906 wurde er Mitglied der K¨unstlergruppe „Br¨ucke“. A.s Malerei war in ihrer Farbgebung nachhaltig beeinflußt vom Leitbild Ferdinand → Hodler (z. B. Richesse du soir), mit dem er seit 1893 befreundet war. 1911 machte er die Bekanntschaft von August → Macke, Paul → Klee u. a. und war von den Ideen Wassily → Kandinskys u¨ ber Das Geistige in der Kunst beeindruckt. Beim Brand des M¨unchner Glaspalastes 1931 wurden u¨ ber 50 seiner Werke vernichtet. A. war bis ins hohe Alter k¨unstlerisch aktiv und bet¨atigte sich auch als Graphiker und Bildhauer. C AKL Amiet, Jakob, schweizer. Jurist, Historiker, * 25. 12. 1817 Solothurn, † 9. 9. 1883 Solothurn. Seit 1848 Suppleant des Obergerichts und eidgen¨ossischer Stabsauditor, war A. 1851 Kantonsrat, 1852-56 eidgen¨ossischer Staatsanwalt in Bern. 1857 wurde er Kriminalgerichtspr¨asident, 1867 Pr¨asident des eidgen¨ossischen Kassationsgerichts. Politisch war A. ein Gegner des Sonderbunds, trat jedoch w¨ahrend des Kulturkampfes f¨ur die Rechte der kath. Kirche ein und engagierte sich f¨ur den 1873 von der Di¨ozesankonferenz abgesetzten Bischof von Basel E. Lachat. Er schrieb u. a. Das St.-Ursus-Pfarrstift der Stadt Solothurn seit seiner Gr¨undung bis zur staatlichen Aufhebung im Jahre 1874 (1878). Amiet, Josef Ignaz, schweizer. Historiker, * 1. 2. 1827 Solothurn, † 28. 5. 1895 Solothurn. Seit 1858 war A., Vater von Cuno → A., Gemeinderat, wurde 1861 Stadtschreiber und 1872 Mitglied der st¨adtischen Schulkommission von Solothurn. Als Historiker widmete er sich in erster Linie der Geschichte, Topographie und Kunstgeschichte des Kantons Solothurn; daneben ver¨offentlichte er u. a. Die franz¨osischen und lombardischen Geldwucherer des Mittelalters namentlich in der Schweiz (1876 / 77). A. war u. a. Mitglied der Allgemeinen Geschichtsforschenden Gesellschaft der Schweiz, 1857-74 deren Sekret¨ar. C ADB
Amira, Karl (Konrad Ferdinand Maria) von, Rechtshistoriker, * 8. 3. 1848 Aschaffenburg, † 22. 6. 1930 M¨unchen. A., Sohn eines k¨oniglich bayerischen Kreis- und Stadtgerichtsassessors, studierte Rechtswissenschaften in M¨unchen (Promotion 1873, De exsecutionibus antiquis Norwegiorum) und habilitierte sich 1874. 1875-92 war er Prof. des deutschen und des Kirchenrechts in Freiburg / Breisgau und von 1892 bis zu seinem Tod Prof. des deutschen und des Staatsrechts in M¨unchen. Er forschte auf dem Gebiet der nordgermanischen Rechtsgeschichte und machte sich auf dem Gebiet der Rechtsarch¨aologie, als deren Begr¨under er gilt, verdient durch die Auswertung mittelalterlicher Bilderhandschriften sowie durch sein Werk Der Stab in der germanischen Rechtssymbolik (1909). A. war Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Akademien und Gesellschaften; politisch bet¨atigte er sich in der Vaterlandspartei. C R¨oßler / Franz Amling, Carl Gustav von, auch Ambling, Kupferstecher, Zeichner, getauft 25. 3. 1650 N¨urnberg, † 1. 1. 1703 M¨unchen. A., Sohn eines aus Coburg stammenden bayerischen und kaiserlichen Offiziers, bildete sich mit Unterst¨utzung des Kurf¨ursten → Maximilian II. Emanuel von Bayern in L¨uttich, vermutlich Antwerpen und vor allem in Paris zum Kupferstecher aus. 1670 hielt er sich nachweislich in Bonn auf und wurde 1671 als kurf¨urstlicher Hofkupferstecher in M¨unchen angestellt. 1697 zum bayerischen Kammerherrn ernannt, wurde er 1699 in den Adelsstand erhoben. A. schuf vor allem Portr¨ats. C AKL Amling, Wolfgang, auch Ambling, reformierter Theologe, * 8. 3. 1542 M¨unnerstadt (Unterfranken), † 18. 5. 1606 Zerbst. A., Sohn eines Wollenwebers, Ratsverwandten und B¨urgermeisters in M¨unnerstadt, studierte in T¨ubingen, Wittenberg und Jena und wurde 1566 Magister und Rektor der Schule in Zerbst. 1569 wurde er Pfarrer in Coswig (Anhalt), 1573 an St. Nikolai in Zerbst. Sp¨ater war er dort Superintendent, seit 1578 Superintendent der anhaltischen Landeskirche. A. k¨ampfte gegen die Konkordienformel, besonders in seiner Repetitio Anhaltina (1579); er hatte maßgeblichen Anteil an der von → Joachim Ernst von Anhalt betriebenen Verselbst¨andigung der anhaltischen Kirche und an der Einf¨uhrung der reformierten Lehre in Anhalt. C RGG
Amman, C¨asar, auch Ammann, Jesuit, Astronom, Mathematiker, * 27. 8. 1727 Innsbruck, † 10. 9. 1792 Hall (Tirol). A. trat 1744 in den Jesuitenorden ein. Er lehrte Grammatik in Hall und Ellwangen, sp¨ater Philosophie in Trient und 1762-64 Mathematik und Hebr¨aisch in Freiburg / Breisgau und Dillingen, wo auch die Betreuung der Sternwarte in seinen Verantwortungsbereich fiel. 1765 folgte er einem Ruf auf eine Professur f¨ur Mathematik und Hebr¨aisch an die Univ. Ingolstadt und u¨ bernahm die Leitung der dortigen Sternwarte. Zusammen mit seinem Sch¨uler Ignaz Balthasar → Pickel und mit Hilfe eines von Georg Friedrich → Brander hergestellten Quadranten gelang ihm 1767 die Bestimmung der Polh¨ohe Ingolstadts (De altitudine poli observatorii astronomici Ingolstadiensis). 1770 trat A. aus Krankheitsgr¨unden von seiner Professur zur¨uck. C LMU Amman, Erasmus, Spruchdichter, † um 1556 wahrscheinlich Augsburg. A., 1497-1556 in Augsburg belegt, diente vermutlich als Landsknecht im w¨urttembergischen Krieg und anschließend im Heer Kaiser → Maximilians I., u¨ ber dessen Einzug in Wien (1515) er ein Versgedicht verfaßte. Nach der Besetzung W¨urttembergs durch den Schw¨abischen Bund schrieb er ein Streitlied f¨ur den vertriebenen Herzog → Ulrich von W¨urttemberg (1519), und als Augenzeuge der Schlachten von Bicocca (1522) und Pavia (1525) besang er die Siege Georg
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Amman von → Frundsbergs, des F¨uhrers der kaiserlichen Truppen, C NDB u¨ ber das franz¨osische Heer.
Amman, Johann Konrad, Mediziner, * 16. 2. 1669 Schaffhausen, † 1724 Warmond bei Leiden. A., Sohn eines Arztes, studierte Medizin in Basel und wurde 1687 dort promoviert. Im Verlauf einer Studienreise kam er nach Holland, wo er sich 1690 in Amsterdam niederließ. Er war als Sprachlehrer f¨ur Taubstumme t¨atig; den Unterricht behandelte er als einer der ersten in wissenschaftlicher, auf physiologischen Grunds¨atzen beruhender Weise (Surdus loquens, 1692; erweiterte Fassung unter dem Titel Dissertatio de loquela, 1700; engl. 1694; dt. 1747; frz. als Anhang zu Claude-Fran¸cois Deschamps’ Cours e´ l´ementaire d’´education des sourds et muets, 1779). Mit seinen Forschungen beeinflußte A. die Geh¨orlosenbildung nachhaltig. Die von ihm entworfene Laut¨ubersicht und -beschreibung war richtungweisend f¨ur die Phonetik. C ADB
Amman, Kaspar, auch Ammann, Ammon, Ammonius, Augustiner-Eremit, Humanist, * um 1450 Hasselt bei L¨uttich, † vermutlich 1524. A. trat in das Kloster in Lauingen ein und wurde 1477 zum Studium nach Italien geschickt. Nach seiner R¨uckkehr war er mit Unterbrechungen 1485-1524 Prior in Lauingen. 1497-1500 studierte er gleichzeitig in Freiburg / Breisgau und wurde zum Dr. theol. promoviert. 1500-03 und 1513-18 war er Provinzial der rheinisch-schw¨abischen Ordensprovinz. 1505-10 nahm er Hebr¨aischunterricht bei Johannes → B¨oschenstein in Ingolstadt. Wegen seiner Predigt gegen die Bulle Exsurge Domine und das Wormser Edikt wurde A. 1523 verhaftet. Seine Bem¨uhungen um eine Aufenthaltsgenehmigung in Ulm nach seiner Freilassung 1524 blieben erfolglos. C BBKL
Ammann, Ellen, geb. Sundstr¨om, Frauenrechtlerin, Politikerin, * 1. 7. 1870 Stockholm, † 22. 11. 1932 M¨unchen. Aufgewachsen in Stockholm, heiratete die Tochter des Zoologen Carl R. Sundstr¨om 1890 den deutschen Arzt Ottmar Ammann, mit dem sie nach M¨unchen ging. Als Mitarbeiterin in der orthop¨adischen Heilanstalt ihres Mannes begann sie, sich f¨ur soziale Fragen zu interessieren. Sie bet¨atigte sich im Marianischen M¨adchenschutzverein und gr¨undete die kath. Bahnhofsmission in M¨unchen sowie 1904 den Katholischen Frauenbund in Bayern, dessen Vorsitzende sie wurde. 1919-32 war sie f¨ur die Bayerische Volkspartei Mitglied des Bayerischen Landtags. Zu Frauenfragen verfaßte sie zahlreiche Artikel und Aufs¨atze. C NDB
Ammann, Hektor, schweizer. Historiker, Archivar, Bibliothekar, * 23. 7. 1894 Aarau, † 22. 7. 1967 Aarau. A. studierte Geschichte in Z¨urich, Genf und Berlin und wurde 1920 promoviert. 1923-29 war er Gesch¨aftsf¨uhrer des Volksbundes f¨ur die Unabh¨angigkeit der Schweiz. 1929 wurde er zum Aargauischen Staatsarchivar und Kantonsbibliothekar ernannt. Er war Pr¨asident der Aargauischen Historischen Gesellschaft und Redakteur der „Zeitschrift f¨ur Schweizer Geschichte“. 1946 wurde er zun¨achst an die Wirtschaftshochschule in Mannheim, dann an die Univ. Saarbr¨ucken berufen. Sp¨ater auch Direktor des Instituts f¨ur Landeskunde des Saarlandes, war er maßgeblich beteiligt an der Erarbeitung des Historischen Atlas des Saarlandes. C Biogr Verstorb Schweiz, Bd 6 Ammann, Hermann Josef (Ferdinand), Philologe, * 10. 8. 1885 Bruchsal (Baden), † 12. 9. 1956 Innsbruck. A. studierte in Freiburg / Breisgau und Heidelberg, wurde 1910 promoviert, habilitierte sich 1922 (Untersuchungen zur homerischen Wortfolge und Satzstruktur) und lehrte seit 1926 als a. o. Prof. an der Univ. Freiburg / Breisgau. 1928
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folgte er einem Ruf als Prof. der indogermanischen und vergleichenden Sprachwissenschaft an die Univ. Innsbruck. A. ver¨offentlichte u. a. Die menschliche Rede. Sprachphilosophische Untersuchungen (2 Tle., 1925-28, 21962).
Ammann, Jakob, Mennoniten¨altester, * 1644 (?) Erlenbach im Simmental (Kt. Bern), † vor 1730. Als Gegner des Mennoniten¨altesten Hans Reist forderte A. nicht nur die Durchsetzung des Dordrechter Glaubensbekenntnisses von 1632, sondern auch wesentlich strengere Regeln f¨ur das Leben der Mennoniten untereinander. Er verlangte eine vollkommene „Meidung“ von mit dem Kirchenbann belegten Mennoniten, wollte die Fußwaschung als festes Ritual einf¨uhren und bek¨ampfte jeglichen a¨ ußeren Schmuck. 1693 verursachte er durch seine Kirchenbannpraxis eine Spaltung unter den Gemeinden im Emmental und lebte seither wieder im Elsaß. Die von A. und den „Amischen“ seit 1700 gesuchte Auss¨ohnung kam nicht zustande. C RGG
Ammann, Johannes, Botaniker, * 22. 12. 1707 Schaffhausen, † 14. 12. 1740 St. Petersburg. Nach dem Studium der Botanik und Medizin 1727-29 und der Promotion in Leiden war A., Sohn eines Arztes, seit 1730 Aufseher des Sloane-Museums in London. 1733 wurde er ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Prof. der Kr¨auterkunde in St. Petersburg. Die Entstehung des Botanischen Gartens der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften 1736 geht vermutlich auf seine Initiative zur¨uck. A., Mitglied der britischen Royal Society, publizierte eine Darstellung seltener russischer Pflanzen Stirpium rariorum in Imperio Rutheno [. . .] icones et descriptiones (1739). C ADB Ammann, Jost, auch Jobst (Jos) Amman oder Ammon, Zeichner, Graphiker, Maler, getauft 13. 6. 1539 Z¨urich, begraben 17. 3. 1591 N¨urnberg. Als Sohn eines Z¨urcher Chorherrn und Professors der Rhetorik, Logik und alten Sprachen erwarb A. vom Vater und beim Besuch des Collegium Carolinum fr¨uh hohe Bildung. Er kam zuerst in die Lehre eines Z¨urcher Glasmalers, wo er aber wohl nur als Visierer (Zeichner) t¨atig war. Seit 1559 auf der Wanderschaft, schuf er 1559 / 60 in der Werkstatt des Glasmalers Ludwig Ringl in Basel zahlreiche Scheibenrisse mit Basler Familienwappen. 1561 kam A. nach N¨urnberg, wo er ¨ Holzschnitt und Radierung lernte. bei Virgil → Solis d. A. Nach dem Pesttod von Solis (1562) u¨ bernahm er mit dessen Werkstatt auch die vorrangig buchgraphische Produktion, wobei bald Auftr¨age des Verlegers Sigmund → Feyerabend aus Frankfurt / Main eine wichtige Rolle spielten. Daneben fertigte er weiter Scheibenrisse und Standesscheiben mit Wappen, Figuren, Allegorien, antiken und biblischen Szenen. Zu den bedeutenden Patrizierauftr¨agen aus N¨urnberg geh¨oren die genealogischen, illuminierten Zeichnungen (u. a. Stammb¨aume) der sogenannten Pfinzing-Bibel (1568 / 70) und der Geschlechterb¨ucher der Dr. Lorenz Tucher-Stiftung (1589). 1574 heiratete A. die N¨urnberger Goldschmiedewitwe Barbara Wilck (gestorben 1586). 1577 schwor er seinem Z¨urcher B¨urgerrecht ab, worauf ihm der Rat von N¨urnberg am 14. Juni des gleichen Jahres „seiner Bedeutung als Maler und Kunstst¨uckreißer wegen“ das N¨urnberger B¨urgerrecht verlieh. Vom Stadtrat erhielt er verschiedene Auftr¨age, u. a. zu Deckfarbendarstellungen (1561) des sog. Gesellenstechens und zum Kaisereinzug Maximilians am 7. 6. 1570 in N¨urnberg. 1586 ging er die zweite Ehe mit Elisabeth Maler, geb. Schwarz, ein. W¨ahrend vom Maler A. nur das Bildnis eines Gelehrten von ¨ 1565 (Basel, Offentliche Kunstsammlung) erhalten blieb, entfaltete der Zeichner, Graphiker und Buchillustrator eine
Ammende außerordentlich produktive T¨atigkeit, der er seine herausragende kulturgeschichtliche Bedeutung verdankt. Die eigenh¨andig ausgef¨uhrten Radierungen, darunter Portr¨ats (u. a. Gaspard de Coligny, 1573, und Hans Sachs, 1576), Kriegerdarstellungen, Wappen, Folgen (Die Kriegsrechte, Die Jagden, Die Temperamente, Die Monate, Die Tiere usw.) und Arbeiten nach Vorlagen des Goldschmieds Wenzel → Jamnitzer treten umfangm¨aßig hinter den zumeist von angestellten Holzschneidern nach seinen Vorlagen gefertigten Holzschnitten zur¨uck. Neben zahlreichen Einzelbl¨attern sind vor allem die mit Holzschnitten illustrierten B¨ucher bedeutsam, die mit den Neuwen Biblischen Figuren (1564) f¨ur den Verleger Feyerabend einsetzten. Es folgten u. a. die Kriegsordnung (1564) und das Kriegsrecht (1566) von Leonard → Fronsperger, das Turnierbuch (1566), die Ausgaben zu Titus Livius (1568, 1572), das Thierbuch (1569), die Bibel (1571), Hans Weigels Trachtenbuch (1577), die Kr¨auterb¨ucher (1578, 1588), das Trachtenbuch der katholischen Geistlichkeit (1585), das Kartenspielbuch (1588). Das 1586 edierte Frauentrachtenbuch ist dabei das kost¨umgeschichtlich bedeutendste Werk, dessen Rang wohl nur vom 1568 mit Versen von Hans → Sachs versehenen St¨andebuch u¨ bertroffen wird. Es ist mit seinen 114 Holzschnitten die umfangreichste, am meisten authentische und k¨unstlerisch u¨ berzeugendste Sozialdarstellung der Zeit. Wichtige zeichnerische Arbeiten befinden sich in den Staatlichen Museen Berlin, den Graphischen Sammlungen in Braunschweig und M¨unchen und dem Germanischen Nationalmuseum N¨urnberg. LITERATUR: Carl Becker: J. A. Zeichner und Formschneider, Kupfer¨atzer und Stecher. Leipzig 1854. Nachdr. Nieuwkoop 1961. – Kurt Pilz: Die Zeichnungen und das graphische Werk des J. A. Diss. Z¨urich / N¨urnberg 1931 (Teilabdruck in: Anzeiger f¨ur Schweizerische Altertumskunde N. F. XXXV, 1933). – Ders.: J. A.: Mitteilungen des Vereins f¨ur Geschichte der Stadt N¨urnberg XXXVII. N¨urnberg 1940, S. 201-252. – Ders.: A., J. In: Allgemeines K¨unstlerlexikon. Bd. 3. M¨unchen / Leipzig 1992, S. 246-249. – Ilse O’Dell: J. A. Buchschmuck-Holzschnitte f¨ur Sigmund Feyerabend. Wiesbaden 1993. – Gero Seelig / Giulia Bartrum (Hrsg.): J. A. Book illustrations. Rotterdam 2001 / 02. G¨unter Meißner
Ammann, Othmar H(ermann), schweizer. Ingenieur, Br¨uckenbauer, * 26. 3. 1879 Feuerthalen bei Schaffhausen, † 22. 9. 1965 Rye (New York, USA). Der Sohn eines Hutfabrikanten besuchte 1894-97 die Z¨urcher Industrieschule und studierte dann bis 1902 an der ETH Z¨urich Bauingenieurwesen. Zun¨achst in Brugg und Frankfurt / Main t¨atig, ging A. 1904 nach New York und wurde 1906 Konstrukteur bei der Pennsylvania Steel Company in Steelton. 1912-17 arbeitete er als Ingenieur bei Gustav → Lindenthal in New York u. a. am Bau der HellgateBr¨ucke (1917) mit. Danach war er eine Zeitlang als Manager eines Tonwerks in New Jersey und bis 1923 erneut im B¨uro Lindenthal t¨atig. Seit 1924 US-amerikanischer Staatsb¨urger, wurde er 1925 zum Br¨uckeningenieur der Port of New York Authority ernannt. Bis 1939 war er Chefingenieur dieser Beh¨orde, 1934-39 auch der Triborough Bridge Authority und konstruierte u. a. die George-Washington-Br¨ucke (1931), die damals gr¨oßte H¨angebr¨ucke der Welt, die Bayonne-Br¨ucke (1931) und die Triborough-Br¨ucke (1936). Außerdem wirkte er 1931-37 als beratender Ingenieur am Bau der GoldenGate-Br¨ucke (1937) in San Francisco mit und realisierte mit seinem Ingenieurb¨uro Ammann & Whitney seit 1946 auch Autobahn-Projekte und Hochbauten wie die Kuppel des MIT-Auditoriums in Boston und das TWA-Terminal Building am New Yorker Kennedy Airport. Sein gr¨oßtes Werk schuf A., der als bedeutendster Br¨uckenbauer des 20. Jahrhunderts gilt, mit der Verrazano-Narrows-Br¨ucke (1964) in
New York. F¨ur den Br¨uckenbau maßgeblich wurden seine Specifications for Design of Bridges carrying Highway and Electric Rail Passenger Traffic (1928).
Ammann, Paul, Mediziner, Botaniker, * 31. 8. 1634 Breslau, † 4. 2. 1691 Leipzig. Nach dem Medizinstudium in Leipzig und Studienreisen nach Holland und England wurde A., der seit 1664 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina angeh¨orte, 1672 in Leipzig promoviert (De spina ventosa). Seit 1674 war er dort Prof. der Botanik, von 1682 an Prof. der Physiologie. Er verfaßte zahlreiche Arbeiten u¨ ber Botanik und machte sich um den Leipziger Botanischen Garten verdient. Auf dem Gebiet der Medizin galt sein besonderes Interesse der Gerichtsmedizin. A. ver¨offentlichte u. a. Paraenesis ad discentes occupata circa institutionum medicarum emendationem (1673), Archaeus synopticus (1674) und Praxis vulnerum lethalium sex decadibus historiarum variorum (1690). ¨ Schlesien C Arzte
Ammann, Walter Richard, schweizer. Redakteur, Regisseur, Dramatiker, * 5. 5. 1888 Winterthur, † 16. 11. 1953 Olten. A., Sohn eines Kaufmanns, studierte Volkswirtschaft in Basel und Lausanne. Er wurde Redakteur beim „Basler Anzeiger“ und den „Aargauer Nachrichten“. 1918-51 war er Chefredakteur des „Oltner Tagblatts“. Seit 1923 inszenierte er f¨ur die Dramatische Gesellschaft Olten, war Vorstandsmitglied der Schweizer Gesellschaft f¨ur Theaterkultur und Pr¨asident des Zentralverbands Schweizer Dramatiker. A. ver¨offentlichte u. a. die Dramen Landsturm (1937), Karussell des Lebens (1939) und Das alte Lied (1941). Ammelburg, (Heinrich) Alfred, Chemiker, Unternehmer, * 21. 8. 1864 Bornheim bei Frankfurt / Main, † 29. 6. 1939 Neuhaus / Schliersee. Nach einer Lehre in einer Drogerie in Genf studierte A. 1885-90 Chemie an der TH M¨unchen und an der Univ. Freiburg / Breisgau, wo er 1891 mit der Arbeit Beitr¨age zur Kenntnis des m-ana-Dichlor- und des m-ana-Dibromchinolins promoviert wurde. 1891 und 1893 / 94 war er Assistent bei Adolf → Claus am dortigen Universit¨ats-Laboratorium und kam dann als Chemiker zu den Farbwerken vorm. Meister Lucius & Br¨uning nach H¨ochst. 1909 zum Prokuristen bef¨ordert, wurde er 1916 Direktionsmitglied und 1918 stellvertretendes Vorstandsmitglied. Seit 1926 war er ordentliches Vorstandsmitglied und Leiter der pharmazeutischen Abteilung der I. G. Farben A.G. A. gelang es, die Produktion von Salvarsan auf Großbetrieb umzustellen und Novocain f¨ur die lokale An¨asthesie einzuf¨uhren. Seine Arbeiten u¨ ber Nitrodiazonaphthaline gelten als wegweisend f¨ur die Entwicklung der Diazofarbstoffe. C Reichshandbuch
Ammelung, Johann Heinrich, Historiker, * 27. 7. 1746 Elbing, † 11. 10. 1796 Elbing. A., Kaufmann und Vorsteher der Armenschule, besch¨aftigte sich mit der Elbinger Geschichte. Er verfaßte die Elbingische Kriegesfama (vor 1772) und den Versuch einer historischen Beschreibung der Stadt Elbing (um 1786). A. setzte die Rupson-Dewitzsche Chronik bis 1796 fort und legte eine Sammlung von Nachrichten- und Bildmaterial, vor allem aber von M¨unzen, Siegeln und Wappen an.
Ammende, Ewald, Politiker, * 3. 1. 1893 Pernau (Livland), † 15. 4. 1936 Peking. A., Sohn eines Großkaufmanns, studierte in Riga, K¨oln und T¨ubingen Volkswirtschaft; dazwischen arbeitete er im v¨aterlichen Handelshaus, w¨ahrend des Ersten Weltkriegs f¨ur das Verpflegungswesen der livl¨andischen St¨adte in S¨udrußland. Als Mitarbeiter und Verlagsdirektor der „Rigaschen Rundschau“ 1919-22 wandte er sich der Frage der nationalen Minderheiten zu. 1922 war er einer der Gr¨under des Verbandes
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Ammerbach deutscher Volksgruppen in Europa und nahm maßgebend an den Verhandlungen mit der estnischen Regierung teil, die 1925 zu einem Gesetz u¨ ber die Kulturautonomie von Minderheiten f¨uhrten. 1935 wurde A. Generalsekret¨ar des Europ¨aischen Minderheitenkongresses. Er ver¨offentlichte u. a. Muß Rußland hungern? Menschen- und V¨olkerschicksale in der Sowjetunion (1935). C NDB
Ammerbach, Elias Nicolaus, auch Amerbach, Ammorbach, Musiker, * um 1530 Naumburg / Saale, begraben 29. 1. 1597 Leipzig. A. war 1548 / 49 an der Univ. Leipzig immatrikuliert, unternahm einige Studienreisen und wirkte 1561-95 als Organist an St. Thomas in Leipzig. Er ver¨offentlichte eine Orgel- oder Instrument-Tabulatur (1571) und Ein new kunstlich Tabulaturbuch (1575). C MGG
Ammerbach, Eusebius, auch Amerbach, Orgelbauer, * um 1530 Wittenberg, † 1595 Augsburg. A., wahrscheinlich Sohn des Humanisten Veit → Amerbach, kam um 1543 nach Ingolstadt, wo er 1548 an der Univ. immatrikuliert wurde. 1562 war er in Augsburg, erwarb 1563 das B¨urgerrecht und war als Organist, Orgelbauer und Lateinlehrer t¨atig. Der in der Gunst des Hauses Fugger stehende A. war in der zweiten H¨alfte des 16. Jh. der f¨uhrende Orgelbauer Augsburgs. 1576 begutachtete er Kaspar → Sturms Orgelplan f¨ur das Ulmer M¨unster und unterst¨utzte ihn beim Bau. In Augsburg baute er 1577-79 Orgeln im Dom, 1580 in der Fuggerkapelle bei St. Ulrich und Afra, reparierte 1579 die Fuggerorgel in St. Anna und schuf 1583 eine Orgel in Ammerbach. Bis 1584 Organist an St. Ulrich und Afra, arbeitete A. 1585 f¨ur den Hof in M¨unchen und 1587-90 in Linz. 1592 war er an der Orgelreparatur in der Stiftskirche Waldhausen und 1594 in Wien beteiligt. C MGG Ammerbacher, Heinrich Daniel, Beamter, * 1. 2. 1772 N¨ahermemmingen bei N¨ordlingen, † 19. 5. 1843 Rothenburg / Tauber. A. studierte 1789 in Erlangen, seit 1790 in Jena und wurde bei der Stadt N¨ordlingen als Registrator bzw. Advokat angestellt. Nachdem N¨ordlingen unter die Herrschaft Kurpfalzbayerns geraten war, wurde er 1804 zweiter Stadtgerichtsrat in Kaufbeuren, 1807 in Memmingen. 1809 zum Stadtgerichtsassessor in Bozen ernannt, war er nach dem Einfall ¨ der Osterreicher einige Zeit in Geiselhaft; noch 1809 wurde er Stadtgerichtsrat in Augsburg, 1810 zuerst in F¨urth, dann in M¨unchen. 1821-37 war A. Direktor des Kreis-, Stadt- und Wechselgerichts in Memmingen.
Ammersbach, Heinrich, Pseud. Heinrich Hansen, Christian Warner, luth. Theologe, * 1632 Halberstadt, † 17. 7. 1691 Halberstadt. A. studierte in Jena und war von 1658 bis zu seinem Tod Pfarrer in Halberstadt. Seit Beginn der sechziger Jahre ver¨offentlichte er zahlreiche Schriften, in denen er sich polemisch mit dem unchristlichen Leben der Gemeinden und der orthodoxen Pfarrerschaft besch¨aftigte. Er bek¨ampfte die „sp¨ate Buße“. A., der a¨ ltere kirchenkritische Literatur herausgab, Verehrer → Johannes Taulers war, die Schriften von Christian → Hoburg verteidigte und sich zu den chiliastischen Lehren von Paul → Egard, Georg Lorenz Seidenbecher und Friedrich → Breckling bekannte, wurde vor Amtsenthebung und Landesverweisung nur durch die Protektion des brandenburgischen Kurf¨ursten bewahrt. C RGG
Ammon, Christoph Friedrich von, luth. Theologe, * 16. 1. 1766 Bayreuth, † 21. 5. 1850 Dresden. Nach dem Studium in Erlangen wurde A., Sohn eines markgr¨aflich-hohenzollerischen Kammerrats, dort 1789 a. o. Prof. an der Philosophischen, 1790 an der Theologischen Fakult¨at. Seit 1792 war er o. Prof. der Theologie und Universit¨atsprediger. 1794 ging er als Prof. der Theolo-
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gie nach G¨ottingen; seit 1804 lehrte er wieder in Erlangen. 1808 wurde er Superintendent, 1809 Kirchenrat. 1813-49 war er s¨achsischer Oberhofprediger in Dresden, seit 1835 Vizepr¨asident des Landeskonsistoriums. A., der zu den ber¨uhmtesten evang. Predigern um 1800 geh¨orte, vertrat einen von ihm selbst so bezeichneten „Offenbarungsrationalismus“. Er verfaßte u. a. eine Summa theologiae christianae (1803, 41830). A. war der Vater von Friedrich August → A. C TRE
Ammon, Clemens, auch Klemens A., Kupferstecher, Verleger, getauft 14. 8. 1627. A. erbte von seinem Vater Johann → A. 115 Kupferplatten aus dem ehemaligen Besitz des Buchh¨andlers Wilhelm Fitzer, die er sp¨ater in Heidelberg neu herausgab. A. stach haupts¨achlich Portr¨ats ber¨uhmter Pers¨onlichkeiten, u. a. f¨ur die von ihm 1650-52 in Frankfurt / Main gemeinsam mit seinem Bruder Johann Lucas A. herausgegebenen zwei Supplementb¨ande zu der sechsb¨andigen Bibliotheca chalcographica. Das 1664 von ihm gestochene Flugblatt des Heidelberger Fasses diente als Vorlage f¨ur andere Flugbl¨atter. C ADB
Ammon, Friedrich August von, Chirurg, Augenarzt, * 10. 9. 1799 G¨ottingen, † 18. 5. 1861 Dresden. A., Sohn von Christoph Friedrich → A., studierte Medizin in Leipzig und G¨ottingen, wo er 1821 promoviert wurde (Ophthalmoparacenteseos historia). Nach einer Studienreise nach Paris und durch S¨uddeutschland, deren Ergebnisse er unter dem Titel Parallele der franz¨osischen und deutschen Chirurgie (1823) ver¨offentlichte, ließ er sich 1822 als Arzt mit chirurgisch und ophthalmologisch ausgerichteter Praxis in Dresden nieder und war 1824-44 zudem am Augenhospital und am Blindeninstitut t¨atig. 1828 wurde er zum Prof. der Allgemeinen Pathologie, Materia medica und zum Direktor der Inneren Poliklinik an der ChirurgischMedizinischen Akademie ernannt. 1837 gab er seine Professur auf, wurde Hofrat und Leibarzt → Friedrich Augusts II. von Sachsen und 1844 als Geheimer Medizinal-Rat Mitglied der Medizinal-Abteilung des Ministeriums des Inneren. A., einer der bedeutenden deutschen Chirurgo-Ophthalmologen in der ersten H¨alfte des 19. Jh., wurde 1858 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er verfaßte u. a. eine Klinische Darstellung der Krankheiten und Bildungsfehler des menschlichen Auges (4 Teile, 1838-47) und Die plastische Chirurgie nach ihren Leistungen kritisch dargestellt (mit Moritz Baumgarten, 1842) und gr¨undete 1831 die „Zeitschrift f¨ur Ophthalmologie“. C Heidel / Lienert
Ammon, Friedrich Ferdinand von, Jurist, * 17. 11. 1794 Dinslaken, † 14. 10. 1874 Nieder-Dollendorf bei Bonn. Der Sohn eines Kriegsrats studierte in Heidelberg und G¨ottingen Jura, war seit 1814 Burschenschaftler und nahm 1814 / 15 als Offizier im D¨usseldorfer GardeLandwehrbataillon an den Befreiungskriegen teil. Seit 1818 im preuß. Staatsdienst, war A. zun¨achst Regierungsreferendar in Kleve, 1820-24 Richter in Emmerich, Altena und Hamm, dann Hospitant am Kammergericht und schließlich in Hamm, Trier und K¨oln t¨atig. Seit 1832 Oberprokurator in D¨usseldorf und seit 1835 Oberappellationsgerichtsrat in K¨oln, wurde er 1839 f¨ur f¨unf Jahre Pr¨asident der Rheinischen Eisenbahndirektion in K¨oln. A. war einer der Begr¨under und 1842-69 Vorstandsmitglied des Vereins zur Vollendung des K¨olner Doms. Um den Jahreswechsel 1848 / 49 agierte er als Reichskommissar f¨ur AnhaltBernburg. 1849-52 war er Mitglied der Ersten Preußischen Kammer. Seit 1851 als Appellationsgerichtsrat am Rheinischen Appellationsgerichtshof t¨atig, wurde er 1856 zum Geheimen Justizrat ernannt. 1859-61 und 1863 / 64 saß er im preuß. Abgeordnetenhaus. C Burschenschaft, Bd 1
Ammon Ammon, G¨unter, Psychiater, Psychoanalytiker, * 9. 5. 1918 Berlin, † 3. 9. 1995 Berlin. A. studierte Medizin, Psychologie, Philosophie, Anthropologie und Arch¨aologie in Berlin, Heidelberg und Greifs¨ wald (Promotion 1949, Die Lues-Ubertragung bei Bluttransfusion und deren Verh¨utung). Nach der Ausbildung zum Psychoanalytiker bei Carl → M¨uller-Braunschweig in Berlin war er 1956-65 als Psychiater und Psychoanalytiker an der Menninger Foundation und der School of Psychiatry in Topeka (Kansas, USA) t¨atig. Er war Pr¨asident der Deutschen Akademie f¨ur Psychoanalyse (DAP), Pr¨asident der von ihm 1980 gegr¨undeten World Association for Dynamic Psychiatry Inc. und arbeitete am Berliner und M¨unchner Lehr- und Forschungsinstitut f¨ur Dynamische Psychologie und Gruppendynamik, an der DynamischPsychiatrischen Klinik Menterschwaige in M¨unchen sowie im gruppendynamischen Tagungszentrum der DAP in Paestum (Italien). In Verbindung mit gruppentherapeutischer und dynamisch-psychiatrischer Ausbildung entwickelte A. ein Konzept der Humanstrukturologie und Identit¨atsentwicklung. Er ver¨offentlichte u. a. Gruppendynamik der Aggression (1970, zuletzt 1998), Bewußtseinserweiternde Drogen in psychoanalytischer Sicht (1971), Dynamische Psychiatrie (1973, 31998), Psychoanalyse und Psychosomatik (1974, 2 1998), Der mehrdimensionale Mensch. Zur ganzheitlichen Schau von Mensch und Wissenschaft (1986, 21995) und Das Borderline-Syndrom. Krankheit unserer Zeit (postum 1998). A. war Herausgeber der Zeitschrift „Dynamische Psychiatrie / Dynamic Psychiatry“ (seit 1968) und des Handbuchs der Dynamischen Psychiatrie (2 Bde., 1979-82). Ammon, Johann, Verleger, † 1656 Heidelberg. Der aus Amberg (Oberpfalz) stammende A. u¨ bernahm nach dem Tod seines Schwiegervaters Johann Theodor de → Bry dessen Verlag und gab eine Reihe von Kupferstichwerken heraus, u. a. Johann Ernst Burggravs Introductio in vitalem philosophiam (1623) und Armamentarium principale oder Kriegsmunition- und Artillerey-Buch (1625). Ferner erschienen bei A. die teilweise umgearbeiteten Neuauflagen der Portr¨atwerke des Jean-Jacques Boissard (Icones et effigies virorum doctorum, 1645 und Bibliotheca chalcographica, 1650-54), Georg → Greflingers David virtuosus (1643) und das Monumentum sepulcrale (1638) des Landgrafen → Moritz von Hessen-Kassel. C NDB Ammon, Johann Wilhelm, Verleger, Buchh¨andler, † 2. H¨alfte 17. Jh. A., dessen Vater bis zur Vertreibung Pfarrer in der Oberpfalz und danach seit 1626 Korrektor bei einem Frankfurter Drucker war, geh¨orte der 1661 f¨ur sechs Jahre gegr¨undeten Frankfurter Buchh¨andlersoziet¨at mit dem Ziel an, eine Gewerbe- und Handlungsgesellschaft zu bilden. Er war u. a. Gesellschafter von Wilhelm Serlin aus N¨urnberg, mit dem zusammen er z. B. die Aurea Bulla Caroli IV. (1658) von Georg Theodor → Dieterich und Johann Heinrich → Hottingers Etymologicum orientale (1661) herausgab. Allein brachte er u. a. die Adagia (1656) des → Erasmus von C NDB Rotterdam heraus. Ammon, Karl Wilhelm, Veterin¨armediziner, * 1777 Trakehnen, † 1842 Ansbach. Nach dem Studium der Veterin¨armedizin in Berlin war A. seit 1796 als Veterin¨ar beim k¨oniglich preuß. Hauptgest¨ut in Triesdorf besch¨aftigt. 1802 wurde er Kreistierarzt in Ansbach, 1813 bayerischer Hofgest¨utmeister in Rohrenfels bei Neuburg / Donau. A. ver¨offentlichte u. a. ein Vollst¨andiges Handbuch der praktischen Hausvieharzneikunst nach den Grunds¨atzen der Erregungstheorie (2 Bde., 1804-07). C ADB
Ammon, Ludwig (Johann Georg Friedrich) von, Geologe, * 14. 12. 1850 Gunzenhausen (Unterfranken), † 26. 7. 1922 M¨unchen. A., Sohn eines Bezirksgerichtsrats, studierte in M¨unchen, Berlin und W¨urzburg und war seit 1873 Assistent an der geognostischen Abteilung des Oberbergamtes in M¨unchen. 1875 wurde er promoviert und 1884 zum Bergamtsassessor bef¨ordert. 1892 erfolgte die Ernennung zum Oberbergamtsassessor, 1902 zum Oberbergrat und schließlich zum Oberbergdirektor. A., Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina seit 1892, war zugleich Honorarprofessor der Geologie und Pal¨aontologie an der TH M¨unchen. Als Nachfolger Wilhelm von → G¨umbels wurde er Vorstand der geognostischen Landesuntersuchungsanstalt Bayerns. A. setzte die von G¨umbel begonnene geologische Beschreibung und Kartierung Bayerns fort. Er ver¨offentlichte u. a. Die Gegend von M¨unchen (1894), Kleiner geologischer F¨uhrer durch einige Teile der fr¨ankischen Alb (1899) und Zur GeoC NDB logie von Togo (1905). Ammon, Otto (Georg), Anthropologe, * 7. 12. 1842 Karlsruhe, † 14. 1. 1916 Karlsruhe. A. studierte Ingenieurwissenschaften an der TH Karlsruhe. 1863-69 war er als Ingenieur in Konstanz t¨atig und leitete bis 1883 die nationalliberale „Konstanzer Zeitung“, deren Eigent¨umer er wurde. Danach betrieb er als Privatgelehrter wissenschaftliche Studien, vornehmlich auf dem Gebiet der Anthropologie. Als Mitglied der Anthropologischen Kommission des Karlsruher Altertumsvereins (1885-99) war er maßgeblich an der anthropologischen Aufnahme der Wehrpflichtigen und der Mittelsch¨uler in Baden beteiligt und schuf damit die erste Anthropologie eines gr¨oßeren deutschen Gebiets (Anthropologie der Badener, 1899). A. war einer der ersten und einflußreichsten Vertreter einer Rassenforschung, die sich der anthropologischen Zusammensetzung der deutschen Bev¨olkerung widmete. In seinen zahlreichen popul¨aren Ver¨offentlichungen wie Der Darwinismus gegen die Sozialdemokratie (1891) legte er eine Interpretation des Darwinismus im Sinne einer Lehre von der Notwendigkeit der bestehenden sozialen Ungleichheit vor. C ISZ
Ammon, Robert (Ludwig Friedrich), Chemiker, Mediziner, * 13. 8. 1902 Berlin, † 6. 12. 1997 Gersheim. A., Sohn eines Lehrers, studierte Chemie und Medizin in Berlin, Heidelberg und Rostock, wurde 1927 zum Dr. phil. (Zur stereochemischen Spezifit¨at der Lipasen und Beitr¨age zur Giftwirkung an den fettspaltenden Fermenten), 1933 zum Dr. med. (Versuche u¨ ber enzymatische Ester-Hydrolyse und -Synthese) promoviert und habilitierte sich 1935 an der Univ. Berlin f¨ur Physiologische und Pathologische Chemie. 1936 habilitierte er sich an die Univ. Breslau, 1939 an die Univ. K¨onigsberg um, wo er seit 1940 als apl. und 1943-45 als a. o. Prof. lehrte. 1945-50 in der Industrie t¨atig, war er 1951-71 o. Prof. an der Univ. in Saarbr¨ucken. A. war 1960-64 Pr¨asident der Deutschen Gesellschaft f¨ur Ern¨ahrung, 1967-69 der Deutschen Gesellschaft f¨ur Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten und 1970-78 der Commission Internationale des Industries Agricoles et Alimentaires in Paris. 1963-72 geh¨orte er dem Bundesgesundheitsrat an. A. besch¨aftigte sich mit Fermenten, insbesondere Esterasen, mit Insulin und Insulintherapie, Vitamin C, experimenteller Leberinsuffizienz und Blutersatz. Er ver¨offentlichte u. a. Praktikum der qualitativen Analyse f¨ur Mediziner (mit Walter Fabisch, 1931), Fermente, Hormone, Vitamine und die Beziehungen dieser Wirkstoffe zueinander (mit Wilhelm → Dirscherl, 1938, 21948; 3 Bde., 31959-82), Aktuelle Berichte aus dem Gebiet der Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (hrsg. mit Ulrich
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Ammon Ritter, 1971) und Nat¨urliche und synthetische Zusatzstoffe in der Nahrung des Menschen (1974, mit Janos Holl´o). ¨ Schlesien C Arzte
Komponist; er schuf drei Symphonien, Singspiele, ChorC MGG werke, Lieder und Kammermusik.
Ammon, Siegfried von, Generaldirektor, Unternehmer,
* 10. 12. 1700 Waldhausen (Ober¨osterreich), † 1759 Traiskirchen (Nieder¨osterreich). A. legte 1719 das Ordensgel¨ubde im Benediktinerkloster Melk ab und wurde 1726 zum Priester geweiht. Er machte Abschriften von mittelhochdeutschen Klosterkodizes, die er 1750 Johann Christoph → Gottsched f¨ur dessen Forschungen u¨ berließ. A. hinterließ einen beachtlichen Briefwechsel (1735-52) mit Gottsched, Johann Georg → Wachter, Philipp Lambacher und Magnoald Ziegelbauer, der sich mit einer Ausgabe mittelhochdeutscher Texte besch¨aftigte. A. plante ein deutsches W¨orterbuch, das sich an einer verpflichtenden Gemeinsprache Gottschedischer Pr¨agung orientieren sollte. C NDB
* 14. 8. 1835 D¨usseldorf, † 13. 12. 1903 Bonn. A. studierte das Bergfach und wurde 1866 Bergassessor, 1876 Bergrat, 1883 Oberbergrat und Mitglied des Breslauer Oberbergamts. 1886 quittierte er den Staatsdienst und u¨ bernahm als Generaldirektor die Leitung der Gesamtverwaltung des Tiele-Winckler’schen Berg- und H¨uttenwesens in Kattowitz. Als 1889 der Tiele-Winckler’sche Montanbesitz einschließlich eines Teils des Grundbesitzes in der Kattowitzer A.G. f¨ur Bergbau und Eisenh¨uttenbetrieb mit Sitz in Kattowitz aufging, schied A. aus den Diensten Tiele-Wincklers aus und trat wieder in den Staatsdienst ein. 1901 wurde er Berghauptmann des Oberbergamts in Bonn.
Ammon, Wolfgang, evang. Theologe, Komponist, * 26. 1. 1540 Elsa bei Coburg, † 26. 1. 1589 Marktbreit. A. studierte seit 1561 an den Universit¨aten Wittenberg und Jena, erwarb 1565 den Grad eines Magister artium und wurde 1566 in Ansbach ordiniert. Seine erste Stellung erhielt er in Weidelbach bei Dinkelsb¨uhl, wo er 1567 Dekan der Protestantischen Spitalkirche wurde. 1576 unter dem Vorwurf der Abweichung von der luth. Doktrin entlassen, wurde er jedoch im selben Jahr als Vikar in Marktbreit wieder eingesetzt. Seine Libri tres odarum ecclesiasticarum, de ¨ sacris cantionibus (1578, 21579) enthalten 66 Ubertragungen deutscher Gemeindelieder in das Lateinische. Eine Ausgabe dieses Werks in vier B¨anden und mit 20 weiteren Liedern erschien 1581 unter dem Titel New Gesangbuch teutsch und lateinisch, darinn die f¨urnembste Psalmen und Ges¨ange der Kirchen Augsp. Confession. C MGG Amon, Anton, o¨ sterr. Schauspieler, * 22. 3. 1862 Wien, † 11. 9. 1931 Wien. Der Sohn eines Theaterdirektors und der Zithervirtuosin Brigitte Deininger besuchte zun¨achst die Kadettenschule, wandte sich jedoch bald der Schauspielerei zu. A. begann seine Laufbahn an der B¨uhne seines Vaters als jugendlicher Liebhaber und Komiker und war dann einige Zeit Wanderschauspieler. Nach Gastspielen in Iglau, Bad Hall, Troppau und Karlsbad trat er am Deutschen Theater in Budapest auf und war seit 1889 am Deutschen Volkstheater in Wien engagiert. A. zeichnete sich sp¨ater vor allem als Charakterkomiker in den St¨ucken von Ludwig → Anzengruber aus und galt als einer der besten Interpreten des Wienerischen um die Jahrhundertwende. Amon, (Anton) Blasius, auch B. Ammon, Franziskaner, Komponist, * um 1560 Imst (Tirol), † zwischen 1. und 21. 6. 1590 Wien. Ausgebildet als S¨angerknabe in der Hofkapelle Erzherzog → Ferdinands II., hielt sich A. 1575-77 in Venedig, 1578-80 in Innsbruck auf. Sein erstes Werk widmete er dem Abt des Zisterzienserklosters Zwettl, Johann Ruoff. 1585-87 war er Kantor im Zisterzienserkloster Heiligenkreuz, trat in Wien dem Franziskanerorden bei und ließ sich zum Priester weihen. Seine Kompositionen zeichnen sich durch die venezianische Doppelchortechnik aus, die A. als einer der ersten deutschen Musiker verwendete. C MGG
Amon, Johannes (Andreas), Kapellmeister, Komponist, * 1763 Bamberg, † 29. 3. 1825 Wallerstein. A. wurde in Gesang, Violine und Horn ausgebildet; 1781 / 82 erhielt er in Paris von Antonio Sacchini Unterricht in Komposition. 1783-89 konzertierte er als Pianist und Klavierbegleiter seines Hornlehrers Jan V´aclac → Stich. Seit 1789 Musikdirektor in Heilbronn, wo er 1791 seinen eigenen Musikverlag gr¨undete, wurde er 1817 vom F¨ursten von Wallerstein zum Kapellmeister ernannt. A. war ein vielseitiger
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Amon, Placidus, Benediktiner, o¨ sterr. Philologe,
Amonn, Alfred, National¨okonom, * 1. 6. 1883 Bruneck (S¨udtirol), † 2. 11. 1962 Bern. A. studierte Volkswirtschaft in Innsbruck und Wien, wurde 1907 promoviert und habilitierte sich 1910. Bis 1912 war er a. o. Prof. an der Univ. Freiburg / Breisgau, 1912-20 in Czernowitz, seit 1917 als Ordinarius. Danach wurde er Prof. an der Deutschen Univ. Prag, die ihn 1926-29 f¨ur eine Gastprofessur an der Univ. Tokio beurlaubte. Dann folgte er einem Ruf als Ordinarius f¨ur theoretische National¨okonomie und Finanzwissenschaft an die Univ. Bern, wo er bis 1953 t¨atig war. A. ver¨offentlichte u. a. Grundz¨uge der theoretischen National¨okonomie (1948). C Biogr Verstorb Schweiz, Bd 6 Amonn, Marius, auch Amman, Ammon, Amon; Mario, Architekt, Bildhauer, * 22. 8. 1879 Triest, † 28. 3. 1944 St. Pauls-Eppan (Appiano) bei Bozen. Nach dem Studium an der TH M¨unchen gr¨undete A. mit A. Fingerle ein Baub¨uro in Bozen, wo er, beeinflußt vom Heimatschutzgedanken der M¨unchner Baukunst, eine bodenst¨andige, traditionsbewußte und doch moderne S¨udtiroler Architektur schuf. Zusammen mit seiner Frau Hedwig entwarf er die dazugeh¨origen Inneneinrichtungen. Als Bildhauer arbeitete A. haupts¨achlich in Bronze und Marmor. C AKL ¨ auch Amor, Am Orth, Amorth, Amort, Caspar d. A., Maler, * 1612 in der Jachenau (Oberbayern), † 7. 3. 1675 M¨unchen. Nach der Ausbildung 1631-33 bei Hans → Donauer d. J. in M¨unchen hielt sich A. einige Jahre in Italien auf, wo er sich vor allem mit der Malerei Caravaggios besch¨aftigte. 1640 wurde er in M¨unchen Meister und 1642 zum Hofmaler ernannt. Er schuf zahlreiche Altarbl¨atter f¨ur bayerische Kirchen (u. a. Frauen- und Peterskirche in M¨unchen, Franziskanerkirche in Ingolstadt, St. Leonhard bei Wasserburg / Inn). Die Fassade des 1665 errichteten Verbindungsbaus der kurf¨urstlichen Residenz in M¨unchen und die des kleinen s¨udlichen Abschlußfl¨ugels wurden von A. bemalt. 1669 restaurierte er die 1611 von Hans → Werl stammende Deckenmalerei des Schwarzen Saales der Residenz. C AKL
Amort, Eusebius, Taufname: Tobias, Augustinerchorherr, Theologe, * 15. 11. 1692 Biberm¨uhle bei Bad T¨olz, † 5. 2. 1775 Polling. A., Sohn eines M¨ullers, trat 1709 in das Augustinerchorherrenstift Polling ein, studierte in Ingolstadt und lehrte seit 1717 Philosophie, Theologie und Kirchenrecht in Polling. Er war 1720 an der Gr¨undung der Gelehrtengesellschaft „Der bayerische Musenberg“ beteiligt und Mitautor des Parnassus Boicus (1722-40). Nach seiner R¨uckkehr von einem Studienaufenthalt in Rom 1733-35 wurde er in Polling zum Dechanten ernannt. 1759 war er Gr¨undungsmitglied der Bayerischen
Amrhyn Akademie der Wissenschaften. A. verfaßte u¨ ber 70 Werke, gr¨oßtenteils aus den Gebieten Moraltheologie und Kirchenrecht. Als eines seiner Hauptwerke gilt die kirchenrechtliche Abhandlung Elementa iuris canonici (3 Bde., 1757). Sein philosophisches Hauptwerk ist die Philosophia Pollingana ad normam Burgundicae (1730). C LThK
Ampferer, Otto, o¨ sterr. Geologe, * 1. 12. 1875 H¨otting (heute zu Innsbruck), † 9. 7. 1947 Innsbruck. A. begann 1895 mit dem Studium der Physik, Mathematik und Geologie an der Univ. Innsbruck, wurde 1899 in Geologie promoviert und trat 1901 als Feldgeologe in die k. u. k. Geologische Reichsanstalt ein. 1919 wurde er Chefgeologe, 1925 Vizedirektor der Anstalt und 1935 Direktor des mittlerweile in Geologische Bundesanstalt umbenannten Instituts. 1925-37 war er Schriftleiter des „Jahrbuches der Geologischen Bundesanstalt“. Im Zuge seiner Besch¨aftigung mit der alpinen Tektonik entwickelte er die Theorie der Gebirgsbildung durch Unterstr¨omung. Er f¨uhrte die geologische Neuaufnahme einer Reihe kalkalpiner Kartenbl¨atter und im Zusammenhang damit tektonische, regional- und glazialgeologische Untersuchungen durch. A. war seit 1936 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und ¨ seit 1940 wirkliches Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften. Er ver¨offentlichte u. a. Geologischer F¨uhrer f¨ur das Kaisergebirge (1933), Geologischer F¨uhrer f¨ur die Ges¨auseberge (1935) und Geologische Formenwelt und Baugeschichte des o¨ stlichen Karwendelgebir¨ Natur a) ges (1946). C Ost
Ampferle, Franziskus, Franziskaner, * 1576 Geisenfeld, † 25. 5. 1646 Freising. A. trat 1592 in den Franziskanerorden ein und war 1601-46 Domprediger in Freising. Er gr¨undete dort ein Franziskanerkloster, das sp¨ater f¨ur die theologische Ausbildung des Weltklerus zust¨andig war. A. war Großp¨onitentiar der Di¨ozese. Er hielt 1611-41 o¨ ffentliche Vorlesungen u¨ ber probabilistische Moraltheologie. C NDB Amplonius Ratink de Berka, Mediziner, Handschriftensammler, * um 1365 Rheinberg, † um Ostern 1435 K¨oln. A. erwarb in Prag den Magister Artium und ging dann als Lehrer nach Soest. 1391-93 studierte er Medizin in K¨oln und Erfurt, wo er promoviert und 1394 zweiter Rektor der Univ. wurde. 1395 hielt er Vorlesungen in Wien, folgte sp¨ater einem Ruf nach K¨oln und wurde dort 1399 zum Rektor gew¨ahlt. Gleichzeitig seit 1401 kurf¨urstlicher Leib- und Hofarzt, ist er 1415 als Domherr in K¨oln und 1417-23 als Dechant des Viktorstiftes von Mainz verzeichnet. Besondere Bedeutung erlangte er durch die Ausstattung des 1412 von ihm in Erfurt gestifteten Collegium Amplonianum mit seiner kostbaren Privatbibliothek. Der von A. selbst geschriebene Katalog f¨uhrt 635 B¨ande auf. Die Amploniana, eine der großen deutschen Handschriftensammlungen aus dem Sp¨atmittelalter, befindet sich heute in der Wissenschaftlichen Allgemeinbibliothek der Stadt Erfurt. C NDB Ampringen, Johann Caspar von, Hoch- und Deutschmeister, * 20. 3. (19. 1. ?) 1619 Ungarn, † 9. 9. 1684 Breslau. A. trat 1646 in den Deutschen Orden ein, wurde 1650 Hauskomtur in Mergentheim und war seit 1654 auch Komtur in W¨urzburg, Ratsgebietiger der Ballei Franken, hochmeisterlicher Rat und wirklicher geheimer K¨ammerer, Statthalter der Herrschaften Freudenthal und Eulenburg in M¨ahren. Seit ¨ 1660 Landkomtur der Ballei Osterreich, war er maßgeblich an der Festsetzung des Ordens an der windisch-kroatischen Grenze zum Schutz gegen die T¨urken beteiligt. Sp¨ater wurde er Ordensgesandter am kaiserlichen Hof in Wien und war seit 1662 in Vertretung des minderj¨ahrigen Erzherzogs Karl ¨ Josef von Osterreich Vorsitzender des Ordensdirektoriums.
1664 erfolgte die einstimmige Wahl A.s zum Hoch- und Deutschmeister. F¨ur seine Verdienste wurde er zum Oberhauptmann in Schlesien ernannt. C NDB
Amrehn, Franz, Politiker, * 23. 11. 1912 Berlin, † 4. 10. 1981 Berlin. A., der sich fr¨uh in der kath. Jugendbewegung engagierte, besuchte die Bankberufsschule der Industrie- und Handelskammer und arbeitete bis 1939 bei der Dresdner Bank in Berlin. Seit 1945 war er Gesch¨aftsf¨uhrer in der Bauwirtschaft, studierte daneben Rechtswissenschaften und ließ sich 1952 als Rechtsanwalt, 1964 auch als Notar in seiner Heimatstadt nieder. A., der seit 1945 der CDU angeh¨orte, war 1946-48 Bezirksverordneter von Berlin-Steglitz, 1949-51 Sprecher der Jungen Union im Landesvorstand, seit 1950 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses (seit 1952 Vizepr¨asident) und 1955-63 zweiter B¨urgermeister von Berlin (West). 1961-73 saß er im Bundesvorstand, zeitweise auch im Pr¨asidium seiner Partei. 1969-83 vertrat A. das Land Berlin im Bundestag. C MdB
Amrein, Robert, schweizer. Maler, Graphiker, * 11. 7. 1896 Z¨urich, † 2. 2. 1945 Uetikon. A. absolvierte bei seinem Vater eine Lehre als Dekorationsmaler, studierte ein Semester an der Kunstgewerbeschule Z¨urich und bildete sich dar¨uber hinaus autodidaktisch fort. 1914 hielt er sich f¨ur einige Monate als Sch¨uler Augusto Giacomettis an der Akademie Zbinden in Florenz auf. Danach besch¨aftigte er sich mit dem Expressionismus und dem Werk Paul Bodmers. Seit 1930 in Uetikon ans¨assig, war er vor allem als Landschaftsmaler (daneben auch Figurenkomposition) t¨atig und unternahm zahlreiche Studienreisen, u. a. nach Siena, Ischia, Athen, Konstantinopel, Paris, Spanien und Dalmatien. 1942 schuf er im Auftrag des Z¨urcher Regierungsrats eine Serie von Zeichnungen des Z¨urcher Oberlandes f¨ur das Staatsarchiv. C Biogr Verstorb Schweiz, Bd 1
Amrhein, Andreas, Taufname: Josef Georg, Benediktiner, * 5. 2. 1844 Gunzwil bei Berom¨unster (Kt. Luzern), † 29. 12. 1927 St. Ottilien. Nach dem Studium in Berom¨unster und Luzern studierte A., Sohn eines Landwirts, bildende Kunst an der Akademie in Florenz, Geschichte und Orientalistik in Paris und Theologie in Luzern und T¨ubingen. 1871 trat er in das Benediktinerkloster Beuron ein und empfing 1872 die Priesterweihe. An der Gr¨undung der Abtei Maredsous in Belgien war er maßgeblich beteiligt. Sp¨ater in England t¨atig, f¨uhlte er sich mehr und mehr der Mission verpflichtet. 1887 gr¨undete er in Emming, dem sp¨ateren St. Ottilien, die „St. Benediktus Missionsgenossenschaft“, aus der die heutige „Benediktinerkongregation von St. Ottilien f¨ur ausw¨artige Missionen“ hervorging. C BBKL
Amrhyn, Beatus, auch Am Rhyn, Jesuit, Theologe, * 31. 10. 1632 Luzern, † 15. 4. 1673. A., Sohn eines Luzerner Rats, trat 1649 in Landsberg / Lech in den Jesuitenorden ein, empfing 1661 in Eichst¨att die Priesterweihe und war Lehrer an den Jesuitenkollegien Konstanz und Dillingen. 1661 als Prof. f¨ur Mathematik an die Univ. Ingolstadt berufen, war er 1663-66 Dozent f¨ur Philosophie und wechselte 1666 an die Theologische Fakult¨at. 1671 trat A. eine Reise an den Kaiserhof in Peking an; er hielt Vorlesungen in Evora (Portugal) und 1672 / 73 an der Univ. Coim¨ bra. A. starb auf der Uberfahrt vor der K¨uste Guineas an der Pest. C LMU
Amrhyn, Joseph Karl, auch J. K. Am Rhyn, schweizer. Politiker, * 7. 4. 1777 Luzern, † 7. 11. 1848 Luzern. 1793 Mitglied des Großen Rats, wurde A. 1803 Staatsschreiber und Erziehungsrat. Nach dem Ende der Helvetischen Re-
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Amrhyn publik wurde er 1814 Mitglied des Kleinen und des Staatsrats. Als Schultheiß (seit 1816) f¨uhrte er in den Vorortsjahren 1819, 1825, 1831 und 1837 die Gesch¨afte der Eidgenossenschaft. A. galt als gem¨aßigter Liberaler und war an der Luzerner Regenerationsverfassung von 1831 beteiligt. Nach dem konservativen Umschwung von 1841 zog er sich aus der Politik zur¨uck. A. war der Vater von Joseph Karl Franz → A.
Amrhyn, Joseph Karl Franz, schweizer. Politiker, Jurist, * 10. 12. 1800 Luzern, † 7. 3. 1849 Luzern. Der Sohn von Joseph Karl → A. studierte Rechtswissenschaften in G¨ottingen, Freiburg / Breisgau und Paris. Als Mitglied der liberalen Partei wurde er 1825 zum eidgen¨ossischen Staatsschreiber und 1830 zum eidgen¨ossischen Kanzler gew¨ahlt. Der Kriegserkl¨arung gegen den Sonderbund verweigerte A. seine Zustimmung. Nach dem R¨ucktritt von seinem politischen Amt war er als Publizist t¨atig und gab u. a. das zweib¨andige Repertorium der Abschiede der Eidgen¨ossischen Tagsatzungen 1803-13 (1842 / 43) heraus.
Amsberg, August Philipp Christian Theodor von, Ingenieur, Eisenbahndirektor, * 17. 7. 1788 Kavelsdorf (Mecklenburg), † 9. 7. 1871 Bad Harzburg. Seit 1812 Sekret¨ar bei der Steuerdirektion des Okerdepartements, trat A., Sohn eines Pastors, 1816 in den braunschweigischen Staatsdienst und f¨uhrte bis 1832 als Bevollm¨achtigter die Zollverhandlungen mit Hannover, Kurhessen, Lippe und Oldenburg. Er wurde Leiter der 1836 errichteten Eisenbahnkommission, 1862 Generaldirektor des braunschweigischen Eisenbahn- und Postwesens. A. forderte Handelsfreiheit durch Abschaffung der Binnenz¨olle und Verkehrsfreiheit durch F¨orderung des Eisenbahnbaus. 1831 verfaßte er ¨ eine Brosch¨ure Uber die Einigung der Handelsinteressen Deutschlands. A. machte als erster den Staat zum Tr¨ager des Eisenbahnverkehrs. C NDB
Amsberg, Julius, Jurist, Politiker, * 19. 2. 1830 Dobbertin (Mecklenburg), † 29. 5. 1910 Schwerin. Nach dem Jurastudium war A. Rechtsanwalt in Parchim. 1858 wurde er Kanzleirat, 1864 wirklicher Justizrat in G¨ustrow, 1866 Ministerialrat in Schwerin. Seit 1872 Oberappellationsrat und sp¨ater Direktor im Reichskanzleramt, ging er 1877 nach Mecklenburg zur¨uck und wurde Ministerialdirektor im Justizministerium, 1879 Landgerichtsdirektor in G¨ustrow. 1893 erfolgte seine Ernennung zum Staatsrat; gleichzeitig u¨ bernahm er die Leitung des Justizministeriums. A. machte sich um die Einf¨uhrung des B¨urgerlichen Gesetzbuches in Mecklenburg verdient. Er ver¨offentlichte Verordnungen zur Ausf¨uhrung der Reichsjustizgesetze f¨ur die Großherzogt¨umer Mecklenburg-Schwerin und MecklenburgStrelitz (1879-86).
Amsdorf, Nikolaus von, luth. Theologe, * 3. 12. 1483 Torgau, † 14. 5. 1565 Eisenach. Der Sohn einer s¨achsischen Adelsfamilie studierte an den Universit¨aten Leipzig und Wittenberg, wurde 1502 Magister und war dort seit 1511 Lizentiat der Theologie und Kanonikus am Allerheiligenstift. Als Fakult¨atskollege seit 1516 einer der engsten Mitarbeiter → Luthers, begleitete er diesen 1519 zur Disputation nach Leipzig und 1521 zum Reichstag in Worms. Er war beteiligt an der Bibel¨ubersetzung und wurde von Luther zur Durchf¨uhrung der Reformation u. a. nach Magdeburg entsandt, wo er seit 1524 das Amt eines Superintendenten und Pfarrers an St. Ulrich versah. A. lehnte die Wittenberger Konkordie ab und verfocht streitbar und kompromißlos die Lehren Luthers. 1542 wurde er auf Betreiben Luthers und des Kurf¨ursten → Johann Friedrich von Sachsen von den St¨anden des Stifts zum Bischof von Naumburg gew¨ahlt und konnte sich bis zum Jahresende 1546 in diesem Amt halten. Um die Reinerhaltung der luth.
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Lehre bem¨uht, betrieb er die Gr¨undung der Univ. Jena, die 1548 er¨offnet wurde, und veranstaltete die Jenaer Ausgabe der Werke Luthers. Selbst hat er u¨ ber 100 Druckschriften verfaßt. C TRE
Amsinck, Wilhelm, Staatsmann, * 5. 1. 1752 Hamburg, † 21. 6. 1831 Hamburg. A. studierte Jura in Leipzig und G¨ottingen, wurde 1774 promoviert und ging 1775 nach Hamburg zur¨uck, wo er 1786 zum Ratsherrn und 1802 zum B¨urgermeister gew¨ahlt wurde. Er vertrat Hamburg bei den Verhandlungen mit Frankreich und wurde zum Hildesheimer Kreistag sowie zu den Konferenzen, die der Vorbereitung des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 dienten, entsandt. W¨ahrend der franz¨osi¨ schen Besetzung legte er alle Amter nieder. 1820 u¨ bernahm er die Verwaltung des Klostergebietes St. Johannis und organisierte die Averhoffsche Stiftung f¨ur hilfsbed¨urftige Frauen und zur F¨orderung junger Gelehrter, K¨unstler und Handwerker. C NDB
Amsler, Alfred, schweizer. Ingenieur, Fabrikant, * 3. 7. 1857 Schaffhausen, † 2. 4. 1940 Schaffhausen. Der Sohn von Jakob → Amsler-Laffon studierte in Basel, Berlin und Dresden und wurde 1880 in Schaffhausen mit ¨ der Arbeit Uber den Fl¨acheninhalt und das Volumen durch Bewegung erzeugter Curven und Fl¨achen und u¨ ber mechanische Integrationen promoviert. Zun¨achst als Maschinenund Schiffbauingenieur in Frankreich und Großbritannien t¨atig, war er seit 1888 Teilhaber der 1857 von seinem Vater gegr¨undeten Fabrik f¨ur Pr¨azisionsinstrumente. A.s Interesse galt dem Maschinenbau und vor allem der Weiterentwicklung von Instrumenten zur mechanischen Integration (Instruction pour l’emploi de l’int´egrateur Amsler, 1892). Sp¨ater verlegte er sich auf die Konstruktion von Materialpr¨ufungsapparaten und Maschinen. C NDB
Amsler, Alfred, schweizer. Geologe, * 14. 8. 1870 Stalden / B¨ozberg, † 29. 9. 1940 Z¨urich. Nach dem Studium der Naturwissenschaften in Heidelberg und Z¨urich verbrachte A. etwa 20 Jahre mit privatem wissenschaftlichen Arbeiten, bis er 1916 an der Univ. Z¨urich mit der Dissertation Tektonik des Staffelegg-Gebietes und Betrachtungen u¨ ber Bau und Entstehung des Jura-Ostendes promoviert wurde. Zun¨achst Assistent am Geologischen Institut der ETH Z¨urich, nahm er dann eine Stelle bei der Studiengesellschaft f¨ur Nutzbarmachung schweizer. Erzlagerst¨atten an. Neben der Untersuchung des Erzlagers von Herznach widmete er sich geschichtlichen und kulturgeschichtlichen Studien (u. a. Die alten Eisenindustrien des Fricktales, bei Erlinsbach und in benachbarten Gebieten des o¨ stlichen Juras im Lichte der Flurnamen, o. J.). Seit 1926 war er Landesgeologe in der T¨urkei; 1929 kehrte er in die Schweiz zur¨uck. C Biogr Lex Aargau Amsler, Richard Emil, schweizer. Maler, Graphiker, Bildhauer, * 2. 9. 1859 Schaffhausen-Riedthalde, † 21. 1. 1934 Schaffhausen-Riedthalde. Nach dem Chemiestudium in Karlsruhe und einigen praktischen Berufsjahren als Chemiker genoß A. seine erste k¨unstlerische Ausbildung in Malerei und Graphik bei Hans → Sturzenegger in Schaffhausen und studierte 1899-1903 an der Kunstgewerbeschule Z¨urich. Seit 1903 war er freischaffend in Schaffhausen t¨atig. Er arbeitete als Maler, als Gebrauchsgraphiker und als Konservator der Schaffhausener Kunstsammlung. In der Malerei schuf er gr¨oßtenteils Landschaften (u. a. B¨aume bei Glarisegg) und Portr¨ats. Nach 1912 wandte sich A. verst¨arkt der Bildhauerei zu. C AKL
Amsler, Samuel, Kupferstecher, Zeichner, * 17. 12. 1791 Schinznach-Dorf (Kt. Aargau), † 18. 5. 1849 M¨unchen. A., Sohn eines Bezirksarztes und Landwirts, war zun¨achst Sch¨uler von Georg Christoph Friedrich Oberkogler, dann bei
Amstutz Johann Heinrich → Lips in Z¨urich und studierte seit 1813 an der Kunstakademie in M¨unchen. 1816-20 und 1821-25 hielt er sich in Italien auf, wo er in Rom u. a. Peter → Cornelius und Bertel → Thorvaldsen kennenlernte. 1829 folgte er einem Ruf als Prof. der Kupferstechkunst an die M¨unchner Kunstakademie. Neben einigen Zeichnungen schuf A. ausschließlich Kupferstiche, vor allem nach Werken von Raffael, Thorvaldsen und Ludwig → Schwanthaler. C Biogr Lex Aargau
Amsler-Laffon, Jakob, schweizer. Mathematiker, Ingenieur, Fabrikant, * 16. 11. 1823 Stalden bei Brugg (Kt. Aargau), † 3. 1. 1912 Schaffhausen. A.-L., Sohn eines Gastwirts, begann 1843 in Jena das Theologiestudium, ging 1844 an die Univ. K¨onigsberg und entdeckte sein Interesse f¨ur Mathematik, Astronomie und Physik. Nach seiner R¨uckkehr in die Schweiz 1848 arbeitete er ein Jahr an der Sternwarte Genf und habilitierte sich 1849 an der Univ. Z¨urich f¨ur Mathematik. 1851-57 war er als Prof. der Mathematik am Gymnasium in Schaffhausen t¨atig. Schon w¨ahrend dieser Zeit besch¨aftigte er sich mit feinmechanischen Arbeiten und erfand 1854 das Polarplanimeter, ein Instrument zur Feststellung des Fl¨acheninhalts beliebig gestalteter ebener Figuren. 1857 gr¨undete er eine Fabrik f¨ur Pr¨azisionsinstrumente. A.-L. gelang die Weiterentwicklung des Polarplanimeters zum Momentenplanimeter und die Erfindung eines Kraftmessers f¨ur Transmissionen, Kugelpressen sowie eines Geschwindigkeitsmessers f¨ur ro¨ tierende Wellen. Er ver¨offentlichte u. a. Uber die mechanische Bestimmung des Fl¨acheninhaltes, der statischen Momente und der Tr¨agheitsmomente ebener Figuren insbesondere u¨ ber einen neuen Planimeter (1856) und Anwendung des Integrators (Momentenplanimeters) zur Berechnung des Auf- und Abtrages bei Anlage von Eisenbahnen, Strassen und Kan¨alen (1875). A.-L. war der Vater Alfred → A.s. C Biogr Lex Aargau
Amstalden, Walter, schweizer. Politiker, * 30. 8. 1883 Sarnen, † 19. 6. 1966 Sarnen. Nach dem Besuch der Benediktinerkollegien Engelberg und Sarnen studierte A. Rechtswissenschaften an der Univ. Freiburg (Schweiz). Seit 1908 war er Anwalt in Sarnen und 1910-30 Obwaldner Staatsanwalt. 1909-17 leitete er die Redaktion des „Obwaldner Volksfreunds“. Als Vertreter der Katholisch-konservativen Partei in Sarnen war er 1914-26 B¨urgergemeinderat, 1916-24 Dorfschaftsrat (seit 1920 als Pr¨asident) und 1920-26 Pr¨asident der Sarner Einwohnergemeinde. 1918 wurde er in den Verwaltungsrat der Obwaldner Kantonalbank gew¨ahlt, deren Pr¨asident er 1924-54 war. 1919-30 geh¨orte A. dem Kantonsrat an (1927 / 28 Pr¨asident). Den Kanton Obwalden vertrat er seit 1926 im St¨anderat; 1930 wurde er in den Obwaldner Regierungsrat gew¨ahlt. 1930-44 war er Pr¨asident des Sanit¨atsrats und 1935-47 Er¨ ziehungsrat. Nach einer Verfassungsinitiative gegen Amterkumulation schied A. 1943 aus dem St¨anderat aus und trat 1944 als Regierungsrat zur¨uck. 1947 wurde er Pr¨asident des Verfassungsrats. A. war Pr¨asident des Schweizerischen Katholischen Pressvereins. C HLS Amstein, Fritz, eigentl. Friedrich Georg A., schweizer. Redakteur, * 8. 2. 1853 Basel, † 21. 5. 1922 Basel. Der Sohn eines Bademeisters und einer Krankenschwester arbeitete nach einer Ausbildung zum Feinmechaniker als Turmuhrmacher, bevor er sich dem Journalismus zuwandte. 1878-1918 redigierte er den „Schweizerischen Volksfreund aus Basel“ (sp¨ater „National-Zeitung“). 1881-1920 war er freisinniger Großrat in Basel, 1895-1911 Mitglied und dann Pr¨asident des Aufsichtsrats des Frauenspitals sowie der Arbeitslosenkommission. A. z¨ahlte zu den Gr¨undern des Schweizerischen Pressevereins, dessen Pr¨asident er 1904-06 war. Er ver¨offentlichte u. a. Plaudereien aus Basel (1882).
¨ schweizer. Mediziner, Amstein, Johann Georg d. A., Naturforscher, * 11. 11. 1744 Hauptwil, † 18. 2. 1794 Zizers. A., Sohn eines Landchirurgen, wurde beim Vater in Chirurgie und seit 1761 in Z¨urich in Anatomie, Physiologie, Chirurgie und Botanik ausgebildet, studierte seit 1766 Medizin in T¨ubingen, wurde 1769 mit der Dissertatio physiologicomedica de usu et actione musculorum intercostalium promoviert und ließ sich als Arzt in Hauptwil nieder. Seit 1771 war er Hausarzt und Lehrer der Naturwissenschaften in Marschlins, 1779-94 Arzt in Zizers. 1778 gr¨undete er die Gesellschaft Landwirtschaftlicher Freunde in B¨unden, war 1779-84 Herausgeber der Wochenschrift „Der Sammler“, begab sich 1784 zum Studium der Geburtshilfe nach Paris und wurde 1787 Badearzt in Pf¨afers. A. engagierte sich als Anh¨anger der Aufkl¨arung f¨ur gemeinn¨utzige Aufgaben. In seinen zahlreichen naturwissenschaftlichen Aufs¨atzen setzte er sich u. a. kritisch mit dem Mesmerismus auseinander. A. galt als bedeutendster Arzt seiner Zeit in Graub¨unden.
Amstein, Rosalie, geb. B¨arlocher, schweizer. Liederdichterin, * 30. 4. 1846 St. Gallen, † 2. 2. 1923 Belp (Kt. Bern). Erzogen im T¨ochterinstitut der Br¨udergemeine in Montmirail bei Neuchˆatel, heiratete A. den Pfarrer Johannes Glinz und nach dessen Tod in zweiter Ehe 1886 den Stadtmissionar Adolf Amstein. 1897-1918 verwaltete sie das Erholungsheim Lindenhof in G¨umligen (Kt. Bern). A. dichtete u. a. die Lieder Jesu, du bist unaussprechlich herrlich deinem Kind (1875) und Geist vom Vater, taue, taue Segen auf die d¨urre Flur (1874). C BBKL
Amster, Moritz, Pseud. M. v. Buchland, o¨ sterr. Journalist, Schriftsteller, * 13. 2. 1831 Czernowitz, † 27. 9. 1903 Wien. A. widmete sich dem Bankwesen und der Verwaltung des von ihm gepachteten Gutes Toporoutz. Sp¨ater in Wien ans¨assig, wurde er Sekret¨ar der Freimaurerloge „Humanitas“, 1875 Chefredakteur der Freimaurerzeitung „Der Zirkel“. Er war Mitarbeiter der von Adolf → B¨auerle gegr¨undeten „Wiener Theaterzeitung“ und des „Wiener Modespiegels“. A. ver¨offentlichte Gedichte, Erz¨ahlungen, das Lustspiel Die verkaufte Leibrente (1865) und gab zusammen mit Ludwig Adolf → Staufe-Simiginowicz das Poetische Ge¨ denkbuch (1875) heraus. C OBL
Amstutz, Eduard, schweizer. Ingenieur, * 18. 11. 1903 Thun (Kt. Bern), † 7. 6. 1985 Pf¨afers (Kt. St. Gallen). Nach dem Maschinenbaustudium an der ETH Z¨urich arbeitete A. u. a. als Oberingenieur unter Jakob → Ackeret im hydraulischen Labor der Maschinenfabrik Escher-Wyss in Z¨urich (1928-30). Seit 1932 Kontrollingenieur beim Eidgen¨ossischen Luftamt, u¨ bernahm er 1937 eine Professur f¨ur Flugzeugstatik und Flugzeugbau an der ETH. Nach dem Tod Arnold → Islers, des Direktors des Eidgen¨ossischen Luftamtes, wurde A. 1941-48 als Delegierter f¨ur zivile Luftfahrt in den Dienst des Eidgen¨ossischen Post- und Eisenbahndepartments berufen und war verantwortlich f¨ur Entwicklung und Ausbau der Zivilluftfahrt sowie f¨ur die Pflege der Beziehungen zu ausl¨andischen Luftfahrtbeh¨orden. Er vertrat die Schweiz bei zahlreichen internationalen Luftfahrtkonferenzen, hatte nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidenden Anteil an den Umgestaltungen bei der Swissair und setzte sich f¨ur die Aufnahme des Transatlantikverkehrs des Luftfahrtunternehmens ein. 1949 wurde A. Prof. f¨ur Werkstoffkunde und Materialpr¨ufung an der ETH Z¨urich sowie Direktionspr¨asident der Eidgen¨ossischen Materialpr¨ufungsund Versuchsanstalt (EMPA).
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Amstutz Amstutz, Gerhard Christian, schweizer. Mineraloge, * 27. 11. 1922 Vorderfultigen (Kt. Bern), † 23. 6. 2005 Sigriswil (Kt. Bern). Das Studium in Z¨urich schloß A. 1954 mit der Promotion ab (Geologie und Petrographie der Ergussgesteine im Verrucano des Glarner Freiberges). 1956 wurde er Prof. f¨ur Geologie in Missouri-Rolla (USA), 1964 Prof. und Direktor des Mineralogisch-Petrographischen Instituts in Heidelberg. Er war Mitglied zahlreicher internationaler Gesellschaften. A. besch¨aftigte sich vor allem mit der Petrographie, Mineralogie und der Lagerst¨attenkunde Deutschlands, der Schweiz, ¨ S¨udamerikas und Agyptens sowie mit Themen der Wissenschaftsgeschichte. Er ver¨offentlichte u. a. Coprolites. An annotated bibliography (mit Walter H¨antzschel und Farouk El-Baz, 1968), Glossary of mining geology (1971), Geologische und metallogenetische Untersuchungen im n¨ordlichen Atacocha-Distrikt, Zentralperu am Beispiel der Blei-ZinkGrube Machc´an (mit Wolfgang Hirdes, 1978), Lead-zinc deposits along the Red Sea coast of Egypt (mit Mortada Mourad El Aref, 1983) und Symmetrie in Natur und Kunst (1994). Mit Stefan Meisl und Erwin Nickel gab A. Mineralien und Gesteine im Odenwald heraus (1975), mit Wolfgang Baumgart und Ansel C. Dunham Process mineralogy of ceramic materials (1984).
Amthor, Christoph Heinrich, Pseud. Anastasius Sincerus, Jurist, Publizist, getauft 14. 12. 1677 Stolberg / Harz, † 21. 2. 1721 Kopenhagen. A., Sohn eines gr¨aflich stolbergischen Hofrats und sp¨ateren Kanzlers, studierte Geschichte und Rechtswissenschaft in Kiel, wo er 1703 Prof. der Philosophie und Extraordinarius des Privatrechts, 1712 Prof. f¨ur vaterl¨andisches Recht wurde. Seit 1713 war er kgl. Kanzleirat in d¨anischen Diensten und am Obergericht in Gottorf t¨atig. 1714 ernannte ihn K¨onig → Friedrich IV. zum kgl. d¨anischen Historiographen und Pr¨asidenten in Rendsdorf. 1718 folgte A. einer Berufung als Justizrat nach Kopenhagen. Er ver¨offentliche u. a. eine Dissertatio politica de habitu superstitionis ad vitam civilem (1708), die ihm den Vorwurf des Atheismus einbrachte, und einen Poetischen Versuch einiger teutscher Ge¨ C SHBL, Bd 2 dichte und Ubersetzungen (1717).
Amthor, Eduard Gottlieb, Verleger, Schriftsteller, * 17. 7. 1820 Themar bei Meiningen, † 3. 7. 1884 Gera. Nach dem Studium der Theologie und Orientalistik in Leipzig unternahm A. Studienreisen nach Frankreich und Großbritannien. 1849 gr¨undete er in Hildesheim eine Handelsschule. Die Schule wurde 1854 nach Gera verlegt, wo A. 1866 eine Verlagsbuchhandlung gr¨undete. Neben Schulatlanten und alpinen Reisef¨uhrern, die A. teilweise selbst verfaßte (Tirolerf¨uhrer, 1868), gab er die „Th¨uringische Schulzeitung“, den „Geraischen Kalender“ und den „Generalanzeiger f¨ur Th¨uringen, Franken und Vogtland“ (1853-60) heraus. A. schrieb Gedichte und Erz¨ahlungen und u¨ bersetzte mehrere Werke aus dem Englischen. Seine Selbstbiographie erschien 1879 (21880). C NDB
Anacker, August Ferdinand, Kantor, Komponist, * 17. 10. 1790 Freiberg (Sachsen), † 21. 8. 1854 Freiberg. A. wurde nach Musikunterricht in Leipzig und ersten Kompositionsversuchen im M¨arz 1822 Kantor in Freiberg in Sachsen. Er erteilte Musikunterricht am dortigen Lehrerseminar und gr¨undete 1823 eine Singakademie. Zu seinen Sch¨ulern z¨ahlten Franz → Brendel und Robert → Volkmann. 1827 u¨ bernahm A. die Leitung des Bergmusikchors, mit dem er regelm¨aßig große Konzerte gab. 1835 erhielt er vom Freiberger Magistrat den Titel eines Musikdirektors. Neben Klavierst¨ucken, Chorliedern und Chor¨alen komponierte A. u. a. die Kantate Bergmannsgruß. C MGG
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Anacker, Heinrich, Schriftsteller, * 29. 1. 1901 Aarau (Schweiz), † 14. 1. 1971 Wasserburg am Bodensee (W¨urttemberg). Der Sohn eines Schweizer Fabrikanten studierte Literatur an den Universit¨aten Z¨urich und Wien. Seit 1921 ver¨offentlichte er Natur- und Liebeslyrik. A. kam schon fr¨uh mit der nationalsozialistischen Bewegung in Ber¨uhrung und trat 1922 in die NSDAP ein. In Deutschland und in der Schweiz war er anfangs als Kaufmann t¨atig und u¨ bersiedelte 1928 nach Berlin. Dort begann er seine Laufbahn als freier Lyriker. Anfangs verfaßte er Natur- und Liebesgedichte, sp¨ater vor allem nationalsozialistische Kampflyrik wie Die Fanfare. Gedichte der deutschen Erhebung (1933). A. geh¨orte der SA an, war Mitglied des Reichskultursenats, erhielt 1934 den DietrichEckart-Preis, 1936 den Kunstpreis der NSDAP und 1939 den Ehrenring der Mannschafts-Frontdichter. 1939 beantragte er die Entlassung aus der Schweizer Staatsb¨urgerschaft. Trotz seiner Propagandat¨atigkeit f¨ur die Nationalsozialisten wurde er nach 1945 als politisch minderbelastet eingestuft. Nach dem Krieg lebte A. in Saalbach / W¨urttemberg. C Hillesheim Ancillon, Charles, auch Karl A., Jurist, Historiograph, * 28. 7. 1659 Metz (Lothringen), † 5. 7. 1715 Berlin. Der Sohn des reformierten Predigers David → A. in Metz besuchte dort und in Hanau die Schule. Nach dem Studium der Rechte in Marburg, Genf und Paris bem¨uhte er sich nach der Aufhebung des Edikts von Nantes (1685) als Advokat vergeblich um die Schonung der reformierten Gemeinde von Metz. Er emigrierte nach Berlin und nahm bald eine f¨uhrende Stellung innerhalb der dortigen Hugenottenkolonie ein. 1687 wurde er vom Kurf¨ursten zum Oberinspektor der Musterschule Acad´emie des nobles, 1699 zum Inspektor der Gerichtsh¨ofe f¨ur die franz¨osischen Emigranten und zum kurf¨urstlichen Historiographen ernannt. Bei ihm fand Gottfried Wilhelm → Leibniz maßgebliche Unterst¨utzung bei der Gr¨undung der Berliner Akademie. Neben juristischen Abhandlungen, historischen Schriften und Polemiken gegen die Politik Ludwigs XIV. verfaßte A. eine Histoire de l’´etablissement des Fran¸cais r´efugi´es dans les e´ tats de Brandebourg (1690). C NDB
Ancillon, David, reformierter Theologe, * 17. 8. 1617 Metz (Lothringen), † 3. 9. 1692 Berlin. A. war der Sohn eines Juristen und Parlamentsmitglieds und Enkel eines der Gr¨under der reformierten Kirche in Metz. Trotz seiner Konfession erhielt er seine schulische Ausbildung am Jesuitenkolleg seiner Geburtsstadt. 1633 begann er in Genf ein Studium der Theologie. 1641 u¨ bernahm er eine Predigerstelle in Meaux und u¨ bersiedelte 1653 nach Metz. Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes (1685) verließ er mit dem Großteil seiner Gemeinde Frankreich. Nach Aufenthalten in Frankfurt / Main und Hanau ließ er sich in Berlin nieder. Er war der Vater von Charles → A. C BBKL
Ancillon, (Jean Pierre) Fr´ed´eric, auch Johann Peter Friedrich A., Staatsmann, * 30. 4. 1767 Berlin, † 19. 4. 1837 Berlin. A., Sohn des Theologen Louis Fr´ed´eric → A., wurde nach dem Studium der Theologie in Genf 1790 Prediger der franz¨osischen Gemeinde in Berlin. Seit 1792 war er Prof. der Geschichte an der Kriegsakademie und von 1803 an kgl. Historiograph. 1809 erfolgte seine Ernennung zum Staatsrat im Departement des Kultus. 1810 wurde er mit der Erziehung des Kronprinzen, des sp¨ateren K¨onigs → Friedrich Wilhelm IV. betraut. Von K¨onig → Friedrich Wilhelm III. wurde A. 1814 als geheimer Legationsrat ins Außenministerium und 1817 in den Staatsrat berufen. 1831 wurde er Staatssekret¨ar und war von 1832 bis zu seinem Tod 1837 preuß. Außenminister. A. war ein Gegner → Steins und
Anderegg → Hardenbergs und trat als Anh¨anger → Metternichs f¨ur das Gleichgewicht der europ¨aischen M¨achte und in strikt konservativem Sinn f¨ur das monarchische System ein. Er verfaßte Werke philosophischen, historischen und staatswis¨ senschaftlichen Inhalts, u. a. Uber Souver¨anit¨at und StaatsVerfassungen. Ein Versuch zur Berichtigung einiger politi¨ schen Grundbegriffe (1815, 21816), Uber die Staatswissen¨ schaft (1818), Uber Glauben und Wissen in der Philosophie ¨ (1824), Uber den Geist der Staatsverfassungen und dessen Einfluß auf die Gesetzgebung (1825), Zur Vermittlung der Extreme in den Meinungen (1828-31) und Pens´ees sur l’homme (2 Bde., 1829). C R¨oßler / Franz
Ancillon, Louis Fr´ed´eric, reformierter Theologe, * 21. 5. 1740 Berlin, † 13. 5. 1814 Berlin. Der Sohn eines reformierten Theologen aus der bekannten Berliner Refugi´efamilie und Enkel des Juristen und Historiographen Charles → A. wurde nach dem Besuch der Schule in Berlin 1759 Proposant, 1761 ministre cat´echiste und 1765 Prediger an der franz¨osischen Kirche in Berlin. 1796 trat er in das preuß. Oberkonsistorium ein, außerdem wurde er zum Rat und Assessor des franz¨osischen Oberkonsistoriums und Geheimen Rat des franz¨osischen Oberdirektoriums in Berlin ernannt. 1786 hielt er in Potsdam die Trauerrede f¨ur K¨onig → Friedrich II. A. war Mitglied der Akademien der Wissenschaften von Berlin und Rouen. Dort gewann er einen Preis f¨ur seine Abhandlung Quels sont outre l’inspiration les caract`eres qui assurent aux livres saintes la sup´eriorit´e sur les livres profans? C NDB Anckelmann, Eberhard, evang. Theologe, Orientalist, * 7. 5. 1641 Hamburg, † 1. 11. 1703 Hamburg. A. stammte aus einer Hamburger Patrizierfamilie. Neben dem Besuch des Hamburger Gymnasiums (seit 1659) nahm er bei dem Privatgelehrten Esdras → Edzard Unterricht in orientalischen Sprachen. Von diesem wurde er zur Mitarbeit bei seiner Missionst¨atigkeit unter den Hamburger Juden aufgerufen. A. studierte Theologie in Wittenberg, Leipzig, Jena, Altdorf, T¨ubingen, Straßburg, Basel und Gießen. Seit 1671 war er als Lizentiat der Theologie in Rostock t¨atig. Zum Erlernen der Landessprache ging er f¨ur zwei Jahre nach Portugal, um die von dort nach Hamburg kommenden Juden besser missionieren zu k¨onnen. Nach seiner R¨uckkehr 1675 wurde er Prof. am Hamburger Gymnasium und lehrte dort 28 Jahre lang orientalische Sprachen. A. verfaßte mehrere Lehrb¨ucher des Hebr¨aischen. C NDB
Anckelmann, Theodor, Jurist, * 1638 Hamburg, † 1716 Hamburg. A., der Bruder von Eberhard → A., studierte in Helmstedt und Leipzig Rechtswissenschaften und erwarb 1664 in Heidelberg die juristische Lizentiatenw¨urde. Nach einer ausgedehnten Bildungsreise nahm er beim K¨onig von D¨anemark die Stelle eines Hofrats an. Sp¨ater ließ er sich als Advokat in Hamburg nieder. Neben anderen juristischen Schriften ver¨offentlichte A. die 1663 erschienenen und 1706 erg¨anzten Inscriptiones antiquissimae et celeberrimae urbis patriae Hamburgensis.
Anda, G´eza, Musiker, * 19. 11. 1921 Budapest, † 13. 6. 1976 Z¨urich. A., Sohn eines Lehrers, studierte an der Franz-LisztAkademie in Budapest u. a. bei Ernst von → Dohn´anyi. 1939 erhielt er den Franz-Liszt-Preis und deb¨utierte mit 19 Jahren als Pianist. Seit 1941 hielt er sich in Berlin auf, floh im Juli 1943 nach Genf, gab 1944 Konzerte in Spanien, Portugal und den Niederlanden und ging 1945 nach Z¨urich. 1953-55 leitete er die Meisterklasse an der Internationalen Sommerakademie des Mozarteums in Salzburg, seit 1960 die Meisterkurse f¨ur Klavier bei den Luzerner Festwochen
und lehrte seit 1969 in Z¨urich im Rahmen der Internationalen Meisterkurse. Mit dem Salzburger Ensemble „Camerata Academica“ unternahm er, auch als Dirigent, viele Konzertreisen. A. war ein bekannter Interpret der Werke Wolfgang Amadeus → Mozarts, Fryderyk Chopins und B´ela Bart´oks. C NGroveD
Anday, Rosette, eigentl. Piroska Anday, S¨angerin, * 22. 12. 1903 Budapest, † 28. 9. 1977 Wien. Nach dem Besuch des Lyzeums in Budapest studierte A. Violine und Gesang an der dortigen Hochschule f¨ur Musik. Ihre ersten Auftritte hatte sie an der kgl. Oper Budapest. 1921 erhielt A. ein festes Engagement an der Wiener Staatsoper und deb¨utierte dort als Carmen. Daneben trat sie als Violinvirtuosin auf. Als S¨angerin unternahm sie zahlreiche Konzertreisen durch Europa, Nord- und S¨udamerika und gastierte u. a. an der Mail¨ander Scala, am Covent Garden in London und an der Pariser Oper. C Kutsch Andelfinger, Augustin, Jesuit, Theologe, * 2. 3. 1842 Altshausen (W¨urttemberg), † 1. 2. 1909 Exaeten (Niederlande). A. trat nach dem Studium der kath. Theologie in Ehingen, Rottweil und T¨ubingen in den Jesuitenorden ein und wurde 1863 zum Priester geweiht. Danach war er bis 1869 Kaplan in Ravensburg und Stuttgart. Er galt als einer der bekanntesten Kanzelredner seiner Zeit, hielt 220 Volksmissionen ab und gab Hunderte von Exerzitienkursen. Daneben ver¨offentlichte er zahlreiche theologische und zeitkritische Schriften, darunter auch die 1892 erschienene Abhandlung Der Sozialismus und die Arbeitgeber mit Bezugnahme auf das Rundschreiben S. H. Leos XIII. u¨ ber die Arbeiterfrage. Ander, Alois, eigentl. Anderle, S¨anger, * 13. 10. 1817 / 21 Liebjetitz (B¨ohmen), † 11. 12. 1864 Wartenberg (B¨ohmen). A., Sohn eines Lehrers, war zun¨achst Beamter im Wiener Magistrat und nebenbei Mitglied eines M¨annergesangvereins. Sp¨ater ließ er seine Stimme bei dem S¨anger Franz → Wild ausbilden. Im Oktober 1845 stand er erstmals auf der B¨uhne des Wiener Hofoperntheaters und erhielt ein festes Engagement als Tenor. 1850 u¨ bertrug ihm Giacomo → Meyerbeer in seiner Oper Le Proph`ete die Rolle des Johann von Leyden. A. wurde zum Kammers¨anger ernannt und bei Gastspielen an verschiedenen H¨ofen hochdekoriert. 1860 zeigten sich erste Symptome einer ausbrechenden Geisteskrankheit. Im September 1864 stand er als Arnold in Gioacchino Rossinis Wilhelm Tell das letzte Mal auf der B¨uhne des Hofoperntheaters. C Kutsch
Anderegg, Friedrich, schweizer. Fabrikant, * 12. 11. 1797 Wattwil (Kt. St. Gallen), † 28. 10. 1864 Wattwil (Kt. St. Gallen). A. u¨ bernahm 1820 wegen der Erblindung seines Vaters Tobias → A. zusammen mit seinem Bruder Johann Georg → A. die Leitung der v¨aterlichen Baumwollhandlung in Wattwil im Kanton St. Gallen. Er gr¨undete daneben eine große Bleicherei, eine Sengerei und eine Appreturanstalt f¨ur selbsterzeugtes und in Heimarbeit gewebtes Baumwolltuch. In den dreißiger Jahren begann der Export von bunten Baumwollstoffen nach New York und Rio de Janeiro. Dort konnte bald soviel Ware abgesetzt werden, daß das Unternehmen in seiner Bl¨utezeit an die 1000 Arbeiter besch¨aftigte. C ADB Anderegg, Johann Georg, schweizer. Fabrikant, * 8. 7. 1792 Wattwil (Kt. St. Gallen), † 21. 5. 1856 Wattwil (Kt. St. Gallen). A., der 1820 zusammen mit seinem Bruder Friedrich → A. die v¨aterliche Baumwollhandlung u¨ bernommen hatte, gr¨undete in St. Gallen eine Filiale der Firma. Dem Aufkommen der Industrie im Kanton St. Gallen setzte er in der
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Anderegg Landschaft Toggenburg die F¨orderung der Heimarbeit entgegen. Er ließ daher f¨ur seinen Vertrieb in h¨auslicher Arbeit fertig konfektionierte Leibw¨asche herstellen. Auf kantonaler Ebene und in der Eidgenossenschaft bet¨atigte er sich als Politiker der Konservativen. Als Nationalrat nahm er Einfluß auf die Gestaltung des eidgen¨ossischen Zollgesetzes und setzte f¨ur die den Grundbed¨urfnissen dienenden Einfuhren niedrige Importz¨olle durch. C ADB
Anderegg, Tobias, schweizer. Fabrikant, * 14. 11. 1751 Ennatb¨uel (Kt. St. Gallen), † 1. 11. 1826 Wattwil (Kt. St. Gallen). A. arbeitete sich aus bescheidenen Verh¨altnissen empor und gr¨undete 1790 eine Baumwollhandlung im toggenburgischen Wattwil im Kanton St. Gallen. Er ließ Baumwolle in Heimarbeit zu Garn spinnen und verkaufte es zusammen mit ebenfalls in Heimarbeit gewebtem Baumwolltuch auf dem Markt von St. Gallen. Nach seiner Erblindung im Jahre 1820 u¨ bernahmen seine S¨ohne Johann Georg und Friedrich → A. die Baumwollhandlung und vergr¨oßerten sie erheblich. C ADB
Anderer, (Friedrich) Alfred, Biochemiker, Biologe, * 4. 6. 1926 Ravensburg, † 8. 8. 2002 T¨ubingen. A. studierte nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und R¨uckkehr aus der Kriegsgefangenschaft (1947) Chemie, ging 1954 als Diplomand an das Max-Planck-Institut f¨ur Virusforschung in T¨ubingen, wo er zum Biochemiker und Biologen ausgebildet und 1957 bei Gerhard → Schramm, dem Direktor des Instituts, promoviert wurde. In seiner Dissertation (Beitr¨age zur Konstitutionsaufkl¨arung am Protein des Tabakmosaikvirus) und den daran anschließenden Forschungen besch¨aftigte sich A. mit dem Aufbau und der Struktur von Virenpartikeln, wurde mit diesen Arbeiten zu einem Wegbereiter der Proteinchemie und konnte als einer der ersten die vollst¨andige Aminos¨auresequenz eines Proteins nachweisen. 1963 habilitierte er sich mit der Studie Proteinstruktur und immunochemische Eigenschaften des Tabakmosaikvirus. Seit 1967 Wissenschaftliches Mitglied des Max-Planck-Instituts f¨ur Virusforschung, u¨ bernahm A. 1972-94 als Direktor die Leitung einer selbst¨andigen Abteilung am Friedrich-Mieschner-Laboratorium der Max-Planck-Gesellschaft in T¨ubingen. Einer seiner weiteren Forschungsschwerpunkte galt der Immunologie von Tumoren. Andergassen, Eugen, o¨ sterr. Schriftsteller, * 20. 6. 1907 Feldkirch (Vorarlberg), † 31. 3. 1987 Feldkirch. A. studierte 1929-31 Regie und Schauspiel am Neuen Wiener Konservatorium und wurde nach dem Besuch des kath. Lehrerseminars in Feldkirch Lehrer an der dortigen Kaufm¨annischen Berufsschule, deren Leitung er sp¨ater u¨ bernahm. In der Form vor allem von → Rilke beeinflußt, war er seit den dreißiger Jahren schriftstellerisch t¨atig und vero¨ ffentlichte christlicher Gesinnung verpflichtete Lyrik (u. a. Die Herberge, 1938; Die da auferstehen im Dunkel, 1951) und Dramen. 1968 erschien sein historisches Schauspiel Der Verrat (21976) u¨ ber die Schlacht von Frastanz. C Killy
Andergast, Maria, geb. Pitzer, o¨ sterr. Schauspielerin, T¨anzerin, * 4. 6. 1912 Brunnthal (Bayern), † 14. 2. 1995 Wien. A., Tochter eines Magazinarbeiters, kam 1914 nach dem Tod ihrer Eltern zu Verwandten nach Wien, deren Namen sie annahm. Sie besuchte dort das Neue Konservatorium, deb¨utierte in Aussig / Elbe, spielte in Z¨urich, seit 1932 am Deutschen Theater in Prag, dann am Theater am Kurf¨urstendamm und am Deutschen Theater in Berlin. 1933 u¨ bernahm sie in Luis → Trenkers Der verlorene Sohn ihre erste Filmrolle. A., die f¨ur viele Jahre zu den beliebtesten Filmschauspielerinnen z¨ahlte, wirkte in rund 50 Filmen mit, u. a. in
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Der Kurier des Zaren (1935), Unsterblicher Walzer (1939), Der Hofrat Geiger (1947), Zyankali (1948) und Das Schloß in Tirol (1957). A., seit 1941 in zweiter Ehe mit dem Schauspieler Siegfried → Breuer verheiratet, spielte auch immer wieder Theater, vor allem in Wien und M¨unchen. C Cinegraph
Anderledy, Anton Maria, Jesuit, Ordensgeneral, * 3. 6. 1819 Berisal bei Brig (Kt. Wallis), † 18. 1. 1892 Fiesole (Toskana). A., Sohn eines Postmeisters an der Simplonpaßstraße, besuchte das Jesuitenkolleg in Brig im Wallis und trat 1838 in diesen Orden ein. Er studierte anschließend Philosophie in Rom, Freiburg in der Schweiz und Chamb´ery in Savoyen. Wegen der Jesuitenverfolgung ging er nach Missouri (USA) und empfing dort 1848 die Priesterweihe. Seit 1851 war er in Ostpreußen und am Niederrhein als Volksmissionar t¨atig, leitete seit 1853 das Studienhaus der Jesuiten in K¨oln und war von 1856 an in Paderborn. 1859 wurde A. Provinzial der deutschen Ordensprovinz, 1866 Prof. der Moral und 1869 Rektor am von ihm 1863 mitbegr¨undeten Jesuitenkolleg Maria Laach. 1870 avancierte er in Rom zum Assistenten des Ordensgenerals Pierre Jean Beckx und trat 1887 dessen Nachfolge an. In dieser Funktion veranlaßte A. die Neubest¨atigung des Jesuitenordens durch Papst Leo XIII. C LThK
Anderlind, Ottomar Viktor, eigentl. O. V. Leo, Forstwissenschaftler, National¨okonom, * 9. 3. 1845 Greiz (Sachsen), † n. e. A. wurde als Sohn des Steuerkontrolleurs und Forstverwalters Heinrich Wilhelm Leo geboren. Den Namen Anderlind nahm er zun¨achst als Pseudonym, sp¨ater als Familiennamen an. Er studierte an der Forstakademie Tharandt bei Dresden und an den Universit¨aten Gießen, M¨unchen, G¨ottingen und Berlin. Er wurde 1868 promoviert (Die Wildg¨arten, deren Zweck, Anlage und Bewirthschaftung), habilitierte sich 1874 f¨ur Forstwissenschaften und folgte einem Ruf als Prof. der Volkswirtschaftslehre und Agrargesetzkunde an die Kgl. Preußische Landwirtschaftliche Akademie in Proskau bei Oppeln. Nach deren Aufl¨osung 1881 ging A. nach Straßburg, dann nach Freiburg / Breisgau. Zahlreiche Stu¨ dienreisen durch ganz Europa, die T¨urkei, Agypten und die USA nutzte er zur Untersuchung der Landarbeiterverh¨altnisse; er propagierte die Feld- und Waldbew¨asserung. A., der die Forststatistik f¨orderte, ver¨offentlichte etliche forstund landwirtschaftliche Arbeiten (u. a. Die Landwirtschaft ¨ in Agypten, 1889). Seine Autobiographie erschien postum 1905 unter dem Titel Leben, Wirken und Schaffen Ottomar Viktor Anderlinds. C NDB Anderlohr, Max, Ingenieur, * 13. 2. 1884 Aschaffenburg, † 6. 1. 1961. Nach dem Erwerb des Ingenieurdiploms war A. u. a. als Konstrukteur bei der AEG in Berlin t¨atig. 1908 ging er aus Interesse f¨ur die physikalische Medizin als Laboratoriumsingenieur zur Reiniger, Gebbert & Schall AG nach Erlangen, 1910 als Leiter der Zweigniederlassung nach Wien. 1921 trat er in den Vorstand der Industrie-Unternehmungen AG ein und f¨uhrte die dazugeh¨origen Veifa-Werke und die R¨ontgenr¨ohrenfabrik in Frankfurt / Main. Seit 1917 war A. gesch¨aftsf¨uhrender Verwaltungsrat der J. Odelga-AG in Wien, deren Aufsichtsrat er bis 1945 angeh¨orte. 1925 u¨ bernahm er die technische Leitung der Reiniger, Gebbert & Schall AG in Erlangen (seit 1932 Siemens-Reiniger-Werke); 1952 wechselte er von deren Vorstand in den Aufsichtsrat.
Andermatt, Joseph Lorenz, schweizer. Milit¨ar, * 2. 4. 1740 Baar (Kt. Zug), † 1817 Baar. A. avancierte als S¨oldner in spanischen, franz¨osischen und piemontesischen Diensten zum Stabsoffizier. 1801 wurde
Anders er von der die helvetische Einheitsregierung dominierenden aristokratisch-f¨oderalistischen Partei zum General der besoldeten Truppen ernannt, u¨ berwarf sich jedoch bald mit ihr und bek¨ampfte 1802, erfolglos, den Aufstand der F¨oderalisten. Nach einem fehlgeschlagenen Angriff auf die Urkantone und der ebenso erfolglosen Beschießung Z¨urichs wurde ihm das Kommando entzogen. Mit dem Ende des helvetischen Einheitsstaates nahm auch A.s milit¨arische Karriere ihr Ende. C ADB
Anders, Franz Julius, Stenograph, * 17. 11. 1816 Bautzen (Sachsen), † 30. 1. 1869 Berlin. Der Sohn eines Schusters war nach dem Studium der Medizin als Arzt in Leipzig und Dresden t¨atig. Dort erlernte er bei dem Gabelsberger-Sch¨uler F. J. Wigand die Stenographie und war 1839 / 40 und 1842 / 43 im s¨achsischen Landtag als Stenograph t¨atig. 1847 unterrichtete A. in Aachen Stenographie und wurde 1848 vom Finanzminister David → Hansemann zum Stenographen der preuß. Nationalversammlung bestellt. 1849-55 leitete er das Stenographenb¨uro des preuß. Herrenhauses und arbeitete seit 1867 f¨ur den Norddeutschen Reichstag. In Leipzig gr¨undete A. 1846 den ersten Stenographenverein der Gabelsberger-Schule und 1849 zwei Gabelsberger-Vereine in Berlin. A. verfaßte eine Schrift u¨ ber Gabelsberger und seine Verdienste um die Stenographie (1851).
Anders, Fritz, eigentl. Heinrich Max Allihn, Schriftsteller, evang. Theologe, * 31. 8. 1841 Halle / Saale, † 14. 11. 1910 Halle / Saale. A., Sohn eines Privatdozenten, studierte evang. Theologie in Halle und Leipzig und wurde 1872 Pastor in Dingelst¨adt, 1876 Archidiakon in Weißenfels und 1885 Pfarrer und Kreisschulinspektor in Athenstedt bei Halberstadt. Seine Erfahrungen mit dem Leben in kleinen Provinzst¨adten verarbeitete A. zu humoristischen Novellen und Skizzen aus unserem heutigen Volksleben (3 Bde., 1891-1903). In seinem Roman Dr. Duttm¨uller und sein Freund (1902) unterzog er die Sozialdemokratie einer humoristischen Betrachtung. Unter dem Namen Allihn verfaßte er einige musiktheoretische Schriften wie Die Hausinstrumente Klavier und Harmonium (1891). Er bearbeitete Johann Gottlob → T¨opfers Lehrbuch der Orgelbaukunst in 2. Auflage unter dem Titel Die Theorie und Praxis des Orgelbaus (1888). C NDB
Anders, Fritz, Onkologe, * 22. 11. 1919 Berlin, † 21. 12. 1999 Gießen. Aus der Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion (1943-48) zur¨uckgekehrt, studierte A. Erziehungswissenschaft in Potsdam, anschließend Biologie an der Univ. Mainz und wurde 1954 mit Untersuchungen u¨ ber Farballele von Gammarus pulex L. und deren Einfluß auf die Geschlechtsbestimmung promoviert. Nach vierj¨ahriger Besch¨aftigung mit Pflanzentumoren an der Rebenz¨uchtungsanstalt Geilweilerhof (Pfalz) habilitierte sich A. mit einer Arbeit u¨ ber Anf¨alligkeit, Resistenz und Toleranz von Weinreben gegen¨uber Pflanzengallen und Pflanzentumoren an der Univ. Saarbr¨ucken und erhielt 1964 einen Ruf an die Univ. Gießen, wo er das Genetische Institut gr¨undete und bis zu seiner Emeritierung 1988 leitete. A.s Hauptinteresse galt der Grundlagenforschung zur Krebsentstehung. In zahlreichen Experimenten mit melanomtragenden Fischen entwickelte er die Theorie des Zusammenspiels von „Tumorgenen“ (Onkogenen) und „Kontrollgenen“ (Tumorsuppressorgenen) bei der Entstehung von Krebs. 1967 wurden erste Ergebnisse in der Abhandlung Tumour formation in platyfish-swordtail-hybrids as a problem of gene regulation ver¨offentlicht. 1989 entwickelte A., seit 1987 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, einen Stammbaum von zwanzig Onkogenen (A biologist’s view of human cancer). Sp¨ater betonte
er, daß seine Theorie der Erweiterung um eine dritte Klasse von Onkodeterminanten, den paragenetischen Suppressoren, bedurfte. A.s Theorien trugen entscheidend zum generellen Verst¨andnis der Entstehung von Neoplasien uni-, oligo- oder multizellularen Ursprungs bei, die durch Mutagene, Promotoren, Viren, famili¨are Faktoren oder Vererbung hervorgerufen werden.
Anders, Georg, Politiker, * 15. 5. 1895 DeutschWilmersdorf bei Berlin, † 24. 5. 1972. A. studierte in Heidelberg und M¨unchen Rechtswissenschaften und wurde 1922 an der Univ. Berlin promoviert. Er stieg im Justizdienst zum Landgerichtsrat und Kammergerichtsrat in Berlin auf, amtierte als Ministerialrat im Preußischen Justizministerium und im Reichsjustizministerium. Nach Kriegsende 1945 trat A. in die Zweizonenverwaltung ein, wurde 1949 als Spezialist f¨ur das Beamtenwesen in das Bundesinnenministerium in Bonn u¨ bernommen. Dort war er maßgeblich am Zustandekommen der Neufassung des Beamtenrechts und der Formulierung des Artikels 131 des Grundgesetzes beteiligt. Seit 1957 Staatssekret¨ar im Bundesinnenministerium, war A. mit Fragen des Beamtenrechts und mit Sozial-, Kultur-, Jugend- und Sportangelegenheiten betraut. C Munzinger
Anders, G¨unther, eigentl. G¨unther Siegmund Stern, Pseud. Reinhold Hoffmann, Philosoph, Publizist, * 12. 7. 1902 Breslau, † 17. 12. 1992 Wien. A., Sohn des Psychologen und Philosophen William → Stern, wuchs seit 1915 in Hamburg auf, wurde 1917 in einer paramilit¨arischen Sch¨ulergruppe in Frankreich eingesetzt, nahm 1919 das Studium der Philosophie (bei Ernst → Cassirer), Psychologie und Kunstgeschichte in Hamburg auf, studierte seit 1921 bei Edmund → Husserl und Martin → Heidegger in Freiburg und wurde 1924 bei Husserl mit der Dissertation Die Rolle der Situationskategorie bei den ‚Logischen S¨atzen‘ promoviert. 1925 studierte er bei Heidegger in Marburg, wo er Hannah → Arendt kennenlernte, mit der er 1929-37 verheiratet war. 1926 war A. Assistent von Max → Scheler. Ein Versuch, sich mit der Studie Philosophische Untersuchungen u¨ ber musikalische Situationen bei Paul → Tillich zu habilitieren, scheiterte. Seit 1930 war A. in Berlin als freier Autor t¨atig, u. a. f¨ur die „Vossische Zeitung“ und den Rundfunk. Der 1930-32 entstandene antifaschistische Roman Die molussische Katakombe erschien vollst¨andig erst 1992 (Fassung 1938). 1933 emigrierte A. nach Paris, 1936 in die USA. 1936-39 lebte er in New York, 1939-42 in Los Angeles und kehrte dann nach New York ¨ zur¨uck, wo er 1949 / 50 Asthetik-Vorlesungen an der New School for Social Research hielt. A. schrieb Beitr¨age f¨ur Exil-Publikationen wie „Die Sammlung“ und den „Aufbau“. 1950 nach Europa zur¨uckgekehrt, ließ er sich als freier Publizist in Wien nieder und wurde 1951 o¨ sterr. Staatsb¨urger. A., f¨ur den der Abwurf der ersten Atombomben auf Hiroshima ein Thema von zentraler Bedeutung war (Endzeit und Zeitenende. Gedanken u¨ ber die atomare Situation, 1972; ab 2. Aufl. unter dem Titel Die atomare Drohung. Radikale ¨ Uberlegungen zum atomaren Zeitalter, 1981, 72003), geh¨orte zu den Initiatoren der Anti-Atomwaffen-Bewegung und war Mitglied des Russell-Tribunals in Stockholm und Kopenhagen. In den letzten Lebensjahren arbeitete er an der Zeitschrift „Neues Forum“ (Wien) mit. A. schrieb neben Lyrik und Romanen vor allem u¨ ber kulturphilosophische und zeitgeschichtliche Themen. Sein philosophisches Hauptwerk ist die Essay-Sammlung Die Antiquiertheit des Menschen (2 Bde., 1956-80, Neuausg. 1992), in dem er sich mit den Problemen der technologischen Zivilisation des Atomzeitalters befaßt. Um sich von der akademischen Philosophie zu distanzieren, bezeichnete sich A. als Gelegenheitsphilosoph, als Sozial- bzw. „Technikpsychologe“. Er wurde u. a.
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Anders ¨ mit dem Osterreichischen Staatspreis f¨ur Kulturpublizistik (1979), dem Theodor W. Adorno-Preis der Stadt Frankfurt (1985) und dem Sigmund-Freud-Preis f¨ur wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie f¨ur Sprache und Dichtung ausgezeichnet. C KLG
Anders, Helga, eigentl. H. Scherz, Schauspielerin, * 11. 1. 1948 Innsbruck, † 3. 4. 1986 Haar bei M¨unchen. Die in Innsbruck, Ruhpolding und Bielefeld aufgewachsene A. deb¨utierte im Alter von acht Jahren als Heinerle in der Operette Der fidele Bauer am Stadttheater Bielefeld, nahm Ballettunterricht und trat nach dem Umzug nach Tegernsee in bayerischen Bauerntheatern auf. 1960 spielte sie an der Seite von Heinz → R¨uhmann unter der Regie von Axel von → Ambesser in Der Taschendieb ihre erste Filmrolle. Als F¨unfzehnj¨ahrige stand sie erstmals auf der B¨uhne der Kleinen Kom¨odie in M¨unchen. Mit ihrem Ehemann, dem Regisseur Roger Fritz, drehte sie u. a. 1966 den Film M¨adchen – M¨adchen. Daneben trat A. in zahlreichen Fernsehfilmen und -serien wie Die Unverbesserlichen (1965-71) auf. Anders, Peter, S¨anger, * 1. 7. 1908 Essen, † 10. 9. 1954 Hamburg. Zun¨achst als B¨ucherrevisor t¨atig, ließ sich A. an der Berliner Musikhochschule und anschließend bei Lula → MyszGmeiner zum Tenor ausbilden. Seinen ersten Erfolg feierte er 1931 in einer von Max → Reinhardt in Berlin inszenierten Auff¨uhrung der Sch¨onen Helena von Jacques → Offenbach. Es folgten Engagements am Stadttheater Heidelberg (1932), am Landestheater Darmstadt (1933-35), an den Opernh¨ausern von K¨oln (1935 / 36) und Hannover (1937 / 38) und an der M¨unchner Staatsoper (1938-40). Dort wirkte A. 1938 an der Urauff¨uhrung der Oper Der Friedenstag von Richard → Strauss mit. Seit 1940 Mitglied des Ensembles der Staatsoper Berlin, wechselte er 1948 an das Hamburger Opernhaus. Daneben gab. A. zahlreiche Gastspiele an verschiedenen europ¨aischen Opernh¨ausern, bei den Salzburger Festspielen und machte sich auch als Lieders¨anger einen Namen. C Kutsch Andersch, Alfred (Hellmuth), Pseud. Anton Winisch, Thomas Gradinger, Fritz Wrangel, Werner Gregor, Schriftsteller, * 4. 2. 1914 M¨unchen, † 21. 2. 1980 Berzona (Kt. Tessin). A. engagierte sich schon w¨ahrend seiner Buchh¨andlerlehre politisch. 1932 / 33 war er Organisationsleiter des Kommunistischen Jugendverbandes S¨udbayern, l¨oste sich dann aber von der extremen Linken. 1933 wurde er zweimal verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert. Nach der Entlassung arbeitete er als Angestellter, wurde zur Wehrmacht eingezogen und desertierte 1944 zu den Amerikanern. 1946 / 47 gab er mit Hans Werner → Richter die Wochenschrift „Der Ruf“ und 1955-57 die Zeitschrift „Texte und Zeichen“ heraus. A. war einflußreiches Gr¨undungsmitglied der Gruppe 47. 1948-58 war er beim Sender Frankfurt und beim S¨uddeutschen Rundfunk t¨atig. Er verfaßte Essays, Features, H¨orspiele, Fernsehspiele und Filmdrehb¨ucher und setzte sich in seinen Werken vor allem mit dem Ausbruch des Menschen aus der Unfreiheit totalit¨arer Regime auseinander. In seinem 1952 erschienenen Buch Die Kirschen der Freiheit behandelte er seine eigene Desertion aus der Wehrmacht. 1957 erschien der Roman Sansibar oder der letzte Grund, 1960 Die Rote. C KLG
Andersch, Max, Beamter, * 9. 11. 1870 Lorenzdorf (Niederschlesien), † n. e. A. studierte zun¨achst an der Univ. Breslau Philosophie und Medizin. Nach einem zus¨atzlichen Studium der Rechts- und Staatswissenschaft in Berlin wurde er 1912 in W¨urzburg zum Dr. jur. et rer. pol. promoviert (Die Rechtsstellung der fremden, insbesondere der deutschen Postanstalten in
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der T¨urkei, in China und in Marokko). Daneben war er seit 1893 im h¨oheren Postdienst t¨atig. 1914 geh¨orte er zu den Begr¨undern der Deutschen Weltwirtschaftlichen Gesellschaft. 1920-34 war A. Dozent und Leiter der Abteilung f¨ur Post- und Telegraphenbeamte an der Verwaltungsakademie Berlin. 1921 trat er als Referent in das Reichsfinanzministerium ein. Seit 1924 im Reichspostministerium, wurde er 1927 Ministerialdirektor und Leiter der Wirtschaftsabteilung. Er war Mitglied des Aufsichtsrats der Reichsrundfunkgesellschaft, des Vorl¨aufigen Reichswirtschaftsrats, der Kuratorien des Instituts f¨ur Konjunkturforschung und des Instituts f¨ur wirtschaftliche Arbeit in der o¨ ffentlichen Verwaltung. Nach der Pensionierung 1936 wirkte A. noch als Lehrbeauftragter f¨ur das Post- und Fernmeldewesen an der Handelshochschule Berlin.
Andersen, Friedrich Karl Emil, evang. Theologe, * 15. 7. 1860 Genf, † 15. 4. 1940 Braunschweig. Der einer Theologenfamilie entstammende A. war seit 1890 Diakon und von 1900 bis zu seiner Pensionierung Hauptpastor an St. Johannis in Flensburg. Zun¨achst liberaler Theologe, wandelte er sich seit 1904 unter dem Eindruck der Schriften Houston Stewart → Chamberlains zu einem Verfechter einer deutsch-v¨olkischen Kirche. Seit 1907 stand A. wegen seiner Ablehnung des Alten Testaments als „j¨udische Tr¨ubung der reinen Jesuslehre“ in Konflikt mit der Amtskirche. Als Vork¨ampfer der Deutschkirchlichen Bewegung ver¨offentlichte A. mit Adolf → Bartels, Ernst Katzer und Hans von → Wolzogen 1917 die Leits¨atze u¨ ber das Deutschchristentum auf rein-evangelischer Grundlage und war 1921 in Berlin Mitbegr¨under des „Bunds f¨ur deutsche Kirche“. Von 1928 an trat er als Redner f¨ur die NSDAP auf, wurde Schulungsleiter der Partei und verteidigte 1936 mehrmals o¨ ffentlich Alfred → Rosenbergs Mythus des 20. Jahrhunderts. C NDB Andersen, J¨urgen, Orientreisender, * um 1620 Tondern (Schleswig), † 1679 Kropp (Schleswig). A. unternahm 1644-50 von Amsterdam aus eine Orientreise u¨ ber die Arabische Halbinsel, Persien, Indien und China nach Japan. Auf der R¨uckreise durchquerte er das Gebiet der Tataren, Nordpersien, Mesopotamien, Syrien und Pal¨astina. Auf Wunsch seines Landesherrn, des Herzogs von HolsteinGottorp, verfaßte er die 1669 von dem Rußland- und Persienreisenden Adam → Olearius herausgegebene Orientalische Reisebeschreibung J¨urgen Andersen’s und Volquar Iversen’s. Nach 1650 bekleidete A. in Kropp in Schleswig das Amt eines Richters.
Andersen, Lale, eigentl. Elisabeth Carlotta Helena Eulalia Wilke, geb. Brunnenberg, auch Lieselotte Wilke, Lale Beul, Lieselotte Beul, Chansonniere, Schauspielerin, * 23. 3. 1905 Lehe bei Bremerhaven, † 29. 8. 1972 Wien. A., Tochter eines Schiffsstewards, erhielt ihre Ausbildung zur Schauspielerin in Bremen und Berlin, wo sie 1931 im Kabarett „Corso“ mit Chansons von Erich → K¨astner, Walter → Mehring und Curt Bry zum ersten Mal auf der B¨uhne stand. Nach Auftritten am Zeittheater Berlin, in Trude → Hesterbergs K¨unstlerlokal „Groschenkeller“ und am Theater am Kurf¨urstendamm folgten Gastspiele, u. a. in D¨usseldorf, M¨unchen und Basel. Nach kurzem Aufenthalt in der Schweiz, wo sie kleinere Rollen am Corso-Theater und am Z¨urcher Schauspielhaus u¨ bernahm, kehrte A. 1934 nach Deutschland zur¨uck und trat u. a. in M¨unchen, K¨oln, Hamburg und Breslau auf. Mehrere Versuche, erneut eine Aufenthaltsgenehmigung f¨ur die Schweiz zu erhalten, schlugen fehl. A. wurde im Zweiten Weltkrieg durch das vom deutschen Soldatensender Radio Belgrad verbreitete Lied Lili Marleen (nach einem Gedicht von Hans → Leip mit der Musik von Norbert → Schultze) weithin bekannt, konnte aber
Andlaw-Birseck nach Auseinandersetzungen mit der Gestapo nur noch mit zensiertem Programm auftreten. Nach 1945 arbeitete sie f¨ur Radio Hamburg und trat als Interpretin von Chansons und Seemannsliedern auf. A.s popul¨arste Lieder nach 1945 waren Unter der roten Laterne von St. Pauli, Blaue Nacht am Hafen (1949) und Ein Schiff wird kommen (1959). Ihre Autobiographie Der Himmel hat viele Farben (1972) wurde 1981 unter dem Titel Lili Marleen von Rainer Werner → Fassbinder verfilmt. C Exiltheater
Anderson, Christian Daniel, Jurist, * 26. 4. 1753 Hamburg, † 29. 3. 1826 Hamburg. Der Sohn eines Hamburger B¨urgermeisters und Enkel des Johann → A. studierte in Leipzig und G¨ottingen Rechtswissenschaften und ließ sich nach der Promotion 1778 in seiner Geburtsstadt als Advokat nieder. Er besch¨aftigte sich auch mit der Hamburger Rechtsgeschichte und schuf die 1782-92 erschienene f¨unfb¨andige erste Bearbeitung des Hamburger Privatrechts mit Erl¨auterungen zu den Artikeln des Stadtrechts von 1603. Ferner ver¨offentlichte er zwei Sammlungen Hamburger Verordnungen. 1789 wurde er zum Senatssekret¨ar gew¨ahlt und erhielt 1809 in seiner Funktion als a¨ ltester Senatssekret¨ar den Titel Protonotar. A. machte sich auch um das kulturelle Leben Hamburgs verdient, indem er auf seinem Grundst¨uck an der Dammtorstraße ein Konzerthaus namens „Apollosaal“ errichten ließ. C NDB
Anderson, Johann, B¨urgermeister, Naturforscher, * 24. 3. 1674 Hamburg, † 3. 5. 1743 Hamburg. A., Sohn eines Kaufmanns, studierte die Rechte in Leipzig und Halle und wurde in Leiden promoviert (De meliorationum atque impensarum usuris). Seit 1697 war er Advokat in seiner Heimatstadt und wurde 1702 zum Ratssekret¨ar, 1708 zum Syndikus gew¨ahlt. Er vertrat Hamburg bei den Friedensverhandlungen von Utrecht (1713) und Baden (1714) und schloß 1716 in Paris einen Handelsvertrag mit Frankreich. 1723 wurde er B¨urgermeister, 1732 a¨ ltester B¨urgermeister und Generalissimus der Hamburger Truppen. F¨ur seine naturwissenschaftlichen Studien wurde A. 1731 von der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina zum ordentlichen Mitglied gew¨ahlt. Er stand im Briefwechsel mit zahlreichen Gelehrten, besaß eine umfangreiche Bibliothek und eine große Naturaliensammlung. Aus seinem literarischen Nachlaß erschienen die mehrfach aufgelegten und in verschiedene Sprachen u¨ bersetzten Nachrichten von Island, Gr¨onland und der Straße Davis (1746). C NDB Anderssen, Adolf, Schachspieler, * 6. 7. 1818 Breslau, † 13. 3. 1879 Breslau. A., ein Breslauer Kaufmannssohn, unterrichtete nach dem Studium in seiner Heimatstadt 1846-49 und 1851-79 Mathematik, Physik und Deutsch am dortigen Friedrichsgymnasium. In der Zwischenzeit war er als Hauslehrer auf einem Gut in Pommern t¨atig. Nebenbei nahm er schon fr¨uh an Schachturnieren teil und wurde 1851 von der Berliner Schachgesellschaft auf ein internationales Turnier nach London geschickt. Dort besiegte er den englischen Champion Howard Staunton und gewann in der Folgezeit zahlreiche andere Schachturniere in ganz Europa. A.s Erfolge f¨uhrten zu einem allgemeinen Aufschwung des Schachspielens in Deutschland. 1877 wurde anl¨aßlich seines f¨unzigj¨ahrigen Schachjubil¨aums der Deutsche Schachbund gegr¨undet. C Leb Schlesien, Bd 1
Anderwert, (Josef) Fridolin, schweizer. Politiker, * 19. 9. 1828 Emmishofen (Kt. Thurgau), † 25. 12. 1880 Bern. A., von Beruf Anwalt, wurde 1861 in den Großen Rat von Thurgau und 1863 in den Nationalrat gew¨ahlt. Als Angeh¨origer der demokratischen Bewegung der deutschen Schweiz ¨ war er maßgeblich an der Anderung der Kantonsverfassung des Thurgaus (1868 / 69) und 1870-74 an der Revision der
Bundesverfassung beteiligt. Seit 1869 thurgauischer Regierungsrat, von 1875 an Mitglied des Bundesrats und Chef des Justiz- und Polizeidepartements, schuf A. u. a. ein einheitliches schweizer. Obligationsrecht. Unter dem Eindruck von Anfeindungen seitens der Radikalen beging er kurz nach seiner Wahl zum Bundespr¨asidenten Selbstmord. C Schweiz Bundesr¨ate
Andics, Hellmut, Pseud. Claudius Droot, o¨ sterr. Journalist, * 25. 8. 1922 Wien, † 18. 8. 1998 Wien. Der Sohn eines Offiziers erhielt eine Ausbildung zum Werkzeugbauer und nahm als Techniker am Zweiten Welt¨ krieg teil. Zun¨achst Redakteur des „Neuen Osterreich“, war er bis 1974 leitender Redakteur bei verschiedenen o¨ sterr. Zeitungen und Zeitschriften, darunter „Weltpresse“, „BildTelegraf“, „Expreß“, „Die Presse“, „Die Wochenpresse“ und „Kurier“. Er schrieb außerdem f¨ur Zeitungen in Deutschland, Italien und der Schweiz, darunter „Die Welt“ und „Die Tat“. A. moderierte die Fernsehsendung „Club 2“ und war seit 1978 Kommentator f¨ur „Radio Burgenland“. 1980-82 arbeitete er als Konsulent f¨ur die Firma Sch¨onbrunn-Film (Wien). 1982-86 war A. Landesintendant des ORF Burgenland. Er ¨ ver¨offentlichte u. a. Der Staat, den keiner wollte. Osterreich 1918-1938 (1962, 21964), Der ewige Jude. Ursachen und Geschichte des Antisemitismus (1966) und Das wundersame ¨ Jahrtausend. Osterreich von den Anf¨angen bis zum Ende der Monarchie (1997). Er schrieb ferner die Drehb¨ucher zu dem dokumentarischen Fernsehspiel Heiße Tage im Juli (1984) sowie zu den Fernsehserien M¨anner und M¨achte und Ringstraßenpalais. A. war 1974 Mitbegr¨under des „Kulturkreises Burgenland“, 1975-79 Gesch¨aftsf¨uhrer der Kulturzentren im Burgenland und 1980 Intendant der Burgenl¨andischen Festspiele.
Anding, Ernst, Astronom, * 11. 8. 1860 Seebergen bei Gotha, † 30. 6. 1945 Gotha. Das in Jena begonnene Studium der Astronomie schloß A., Sohn eines Landwirts, 1889 an der Univ. M¨unchen mit der Promotion ab (Photometrische Untersuchung u¨ ber die Verfinsterungen der Jupitertrabanten), habilitierte sich dort 1895 mit der Arbeit Bestimmung des Sonnenapex und wurde 1896 Observator der bayerischen Kommission f¨ur internationale Erdmessung. Seit 1903 a. o. Prof. an der Univ. M¨unchen, u¨ bernahm er 1906 die Leitung der Sternwarte Gotha. Von wissenschaftlicher Bedeutung waren besonders seine Ver¨offentlichungen zu grundlegenden Problemen der ¨ Astronomie. Dazu z¨ahlt vor allem sein Aufsatz Uber Koordinaten und Zeit (in: Enzyklop¨adie der mathematischen Wissenschaften, VI / 2, 1905-34), in der er die Beziehung des in der Astronomie benutzten empirischen Koordinatensystems zum idealen Inertialsystem darlegte. C NDB
Andlau, Georg von → Georg von Andlau Andlau, Peter von → Peter von Andlau Andlau, Peter von → Hemmel von Andlau, Peter Andlaw-Birseck, Franz Xaver Reichsfrh. von, Diplomat, Schriftsteller, * 6. 10. 1799 Freiburg / Breisgau, † 4. 9. 1876 Baden-Baden. Der Sohn des badischen Staatsmanns Konrad von → A.-B., begann seine Laufbahn im diplomatischen Dienst des Großherzogtums Baden 1825 als Gesch¨aftstr¨ager in Wien. 1838 wurde er Ministerresident in M¨unchen, blieb dort bis 1843 und amtierte 1846-56 als badischer Gesandter in Wien. 1865 ver¨offentlichte A.-B. Mein Tagebuch (2 Bde.), das Einblick in das diplomatische Leben seiner Zeit und die Verh¨altnisse eines kleineren deutschen Staates gew¨ahrt. Ein ebenso strenger Katholik wie sein Bruder Heinrich Bernhard von → A.-B., ver¨offentlichte A.-B. in kath. Zeitschriften, verfaßte eine Galerie ber¨uhmter P¨apste (in: Katholische
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Andlaw-Birseck Studien, Jg. 1, H. 7, 1875) und schrieb Biographien heiliggesprochener F¨ursten und byzantinischer Kaiser. C NDB
Andlaw-Birseck, Heinrich Bernhard Reichsfrh. von, Politiker, * 20. 8. 1802 Freiburg / Breisgau, † 3. 3. 1871 Gut Hugstetten bei Freiburg. A.-B., Sohn des badischen Ministers Konrad von → A.-B., studierte bei dem Theologen Johann Michael → Sailer in Landshut. Nach Studienaufenthalten in Freiburg und Heidelberg, kurzer Dienstzeit als badischer Dragoner und vor¨ubergehender Anstellung beim Staat zog er sich 1826 ins Privatleben zur¨uck. Zwischen 1835 und 1866 wurde A.-B. vom grundbesitzenden Adel wiederholt in die badische 1. Kammer gew¨ahlt. Er geh¨orte als F¨uhrer der konservativkatholischen Partei zusammen mit dem Freiburger Bischof Hermann von → Vicari und mit Franz Joseph von → Buß zu den Hauptvertretern der kath. Bewegung in Baden. Seit 1848 f¨orderte A.-B. kath. Vereine und Stiftungen und die kath. Presse. Er war dreimal Pr¨asident von kath. Kirchentagen und geh¨orte 1869 zu den Gr¨undern der Katholischen Volkspartei. C LThK
Andlaw-Birseck, Konrad Reichsfrh. von, Jurist, Politiker, * 9. 12. 1766, † 25. 10. 1839 Freiburg / Breisgau. A.-B., ein Sohn des f¨urstbisch¨oflich baselschen Landvogts zu Birseck, diente seit 1770 in der franz¨osischen Armee und mußte 1791 das Land verlassen. Er wurde vorder¨osterreichischer Regierungsrat, 1806 unter badischer Herrschaft in Freiburg Hofrichter und 1809 Zivilkommissar der badischen Truppen in Wien. 1810-13 war A.-B. badischer Minister des Inneren; er wurde 1814 von den Alliierten zum Gouverneur der Freigrafschaft Burgund, des Departements Vogesen und des F¨urstentums Pruntrut bestellt. Mit seinen Bem¨uhungen, das ehemalige F¨urstbistum Basel zu einem Kanton unter seiner Herrschaft zu machen, scheiterte er und versah 1815-37 wieder das Amt des Hofrichters in Freiburg. C NDB Andlern, Franz Friedrich Reichsfreiherr von, auch Andlaw, Andler, Jurist, * 1. 3. 1617 (1632?) T¨ubingen, † 19. 10. 1703 Wien. A. war der Sohn eines adligen Rats geistlicher Herren. Nach dem Studium der Rechte und der Konversion zum Katholizismus trat er bei den Verhandlungen zum Vollzug des Westf¨alischen Friedens in N¨urnberg als Sekret¨ar in die Dienste des kaiserlichen Gesandten Isaak → Volmar. Seit 1654 oder 1655 wirkte er in W¨urzburg als F¨urstbisch¨oflicher Rat und als Rechtslehrer an der Universit¨at. Sp¨ater wurde A. als Hofrat des Kurf¨ursten von Mainz an den kaiserlichen Hof nach Wien entsandt. Dort wurde er 1661 in den Reichshofrat berufen, 1696 von Kaiser → Leopold I. mit seiner ganzen Familie in den Reichsfreiherrenstand erhoben und 1701 zum Geheimen Rat ernannt. Neben verschiedenen staatsrechtlichen Schriften ver¨offentlichte A. 1675 das Corpus Constitutionum Imperialium, eine mehrfach wiederaufgelegte Sammlung der Reichsgesetze. C NDB Andrae, Ferdinand Ludwig Alexander, genannt A.-Roman, Landwirt, Politiker, * 17. 12. 1821 Hannover, † 13. 3. 1903 Stettin. A., der Sohn eines Kaufmanns und Gutsbesitzers, studierte in Berlin und Bonn, wo er u. a. Kontakte zu Ernst Moritz → Arndt, Gottfried → Kinkel und Friedrich → Dahlmann kn¨upfte. Nach einer landwirtschaftlichen Ausbildung kaufte er sich 1845 in Pommern an, besaß zuletzt das Gut Roman im Kreis Kolberg und lebte seit 1881 in Stettin. 1846 fand A. durch seine Frau Helene Eingang in den Kreis der pommerschen Erweckungsbewegung um Moritz von → Blanckenburg, zu dem auch Otto von → Bismarck und
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dessen sp¨atere Frau Johanna von Puttkamer (→ Bismarck) geh¨orten. Danach war er praktisch und publizistisch in der Inneren Mission Pommerns t¨atig und engagierte sich seit 1848 als konservativer Abgeordneter. Seine Erlebnisse schilderte er in den Erinnerungen eines alten Mannes aus dem Jahr 1848 (1895) und in den Berichten Aus l¨angst vergangenen Tagen (1899). C NDB
Andr¨a, Gottfried Georg, Landwirt, Politiker, * 25. 11. 1851 Sch¨onefeld bei Leipzig, † 30. 4. 1923 Braunsdorf bei Tharandt (Sachsen). Nach seiner landwirtschaftlichen Ausbildung zun¨achst Verwalter gr¨oßerer G¨uter, pachtete A., Sohn eines Rittergutsp¨achters, 1877 das Rittergut Braunsdorf bei Tharandt, das er 1890 kaufte und zu einem Musterbetrieb zur Erprobung neuer Bewirtschaftungsmethoden ausbaute. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs experimentierte A., Verfasser etlicher landwirtschaftlicher Anhandlungen (u. a. Einige D¨ungerund D¨ungungsfragen, 1887), mit einer verbesserten Stickstoffausnutzung zur Steigerung der Ernteertr¨age. A. machte sich um den Aufbau von Landwirtschaftsfachschulen, um das Genossenschafts- und das landwirtschaftliche Versicherungswesen verdient. Als Abgeordneter der Konservativen geh¨orte er der s¨achsischen Zweiten Kammer an und wurde 1922 zum Vorsitzenden des s¨achsischen Landeskulturrats berufen. C NDB Andrae, Oswald, Schriftsteller, * 25. 6. 1926 Jever, † 19. 2. 1997 Jever. Nach dem Abitur und einer Lehre als Augenoptiker absolvierte A. eine kaufm¨annische Ausbildung und ließ sich als selbst¨andiger Optiker in Jever nieder. Durch eine Krankheit gezwungen, seinen Beruf aufzugeben, unterrichtete er niederdeutsche Sprache an verschiedenen Hochschulen und arbeitete f¨ur den Rundfunk. 1976 nahm er einen Lehrauftrag f¨ur Niederdeutsch an der Fachhochschule Ostfriesland in Emden an. A. verfaßte den Großteil seiner Gedichte in niederdeutscher Sprache, grenzte sich aber von der sentimentalen plattdeutschen Mundartdichtung durch das Aufgreifen aktueller Themen ab: Umweltschutz, Politik, Verh¨altnis B¨urger-Obrigkeit. (Wat maakt wi, 1971; Hoppenr¨oo¨ k geiht u¨ m, 1975). Neben diesen teils polemischen teils satirischen Versen ver¨offentlichte A. Sachliteratur und schrieb H¨orspiele, Liedtexte und Erz¨ahlungen. 1971 erhielt er den Klaus-Groth-Preis der Stiftung F. V. S. Hamburg. C DLL
Andr´assy, Gyula (Julius) Graf, o¨ sterr.-ungar. Staatsmann, * 8. 3. 1823 Kaschau (Ungarn), † 18. 2. 1890 Volosca (Istrien). A. stammte aus alter ungarischer Magnatenfamilie. Er trat nach dem Studium der Rechte in den ungarischen Staatsdienst und wurde 1847 in den Preßburger Reichstag gew¨ahlt. Wegen seiner Teilnahme als Obergespan des Komitats Zemplin am ungarischen Aufstand 1848 emigrierte er nach London und Paris und wurde in Abwesenheit zum Tod verurteilt. 1858 amnestiert, geh¨orte A. wieder dem Preßburger Reichstag an und wurde 1865 dessen Vizepr¨asident. Er trat f¨ur den o¨ sterreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 ein, wurde Ministerpr¨asident Ungarns und st¨arkte die Stellung Ungarns, dessen Nationalstaatscharakter er betonte, in der Gesamtmonarchie. A. besaß das Vertrauen Kaiser → Franz Josephs und wurde 1871 als Nachfolger → Beusts o¨ sterreichisch-ungarischer Außenminister. Durch Verbesserung der Beziehungen zu Preußen, Rußland und Italien st¨arkte er die Position der Donaumonarchie in Europa und vereinbarte mit → Bismarck und Gortschakow das Dreikaiserb¨undnis von 1872. Auf dem Berliner Kongreß (1878) erreichte er die Inbesitznahme Bosniens und der Herzegowina ¨ durch Osterreich. Kurz nach seinen R¨ucktritt schloß A. 1879 mit Bismarck den Zweibund.
Andreae Andr´e, Christian Karl, P¨adagoge, Journalist, Buchh¨andler, landwirtschaftlicher Funktion¨ar, * 20. 3. 1763 Hildburghausen (Th¨uringen), † 19. 7. 1831 Stuttgart. A., Sohn eines Hofagenten und Gastwirts, trat nach einem Studium der Rechtswissenschaften, P¨adagogik und Musik zun¨achst als Sekret¨ar und Rat in Arolsen in f¨urstlich Waldecksche Dienste. Dort begann er auch, sich der Volksbildung zu widmen. 1782 gr¨undete er in Arolsen nach dem Muster des Salzmannschen Instituts in Schnepfenthal eine Lehranstalt, an der er selber unterrichtete. 1790 leitete er ein M¨adcheninstitut in Gotha, 1794 eine M¨adchenschule in Eisenach und seit 1798 die evang. Schule in Br¨unn. A. gr¨undete 1791 mit Rudolf Zacharias → Becker den „Anzeiger der Deutschen“ und war Mitinhaber einer Buchhandlung in Prag. Sp¨ater wechselte er in die Landwirtschaft und wurde nacheinander Sekret¨ar der m¨ahrischen Ackerbaugesellschaft, 1812 f¨urstlich Salmscher Wirtschaftsrat und Assessor in Ungarn. Seit 1821 lebte er als Hofrat, Sekret¨ar des Landwirtschaftlichen Vereins und Redakteur der „Landwirtschaftlichen Zeitschrift“ in Stuttgart. C NDB Andr´e, Emil, Beamter, * 1. 3. 1790 Schnepfenthal bei Gotha, † 26. 2. 1869 Kisb´er (Ungarn). A. begann seine Laufbahn als Forstwirt 1807 bei den F¨ursten Salm, bei denen auch sein Vater Christian Karl → A. besch¨aftigt war. Nur 1809 / 10, als er als o¨ sterr. Offizier Dienst tat, erfuhr seine T¨atigkeit eine kurze Unterbrechung. 1823 u¨ bernahm A. die Stelle des Forstinspektors auf allen Besitzungen der F¨ursten Auersperg. Seit 1825 besch¨aftigte er sich vor allem mit Forsteinrichtungen und -sch¨atzungen, ferner mit der Landwirtschaft und besonders mit der Schafzucht. Als Forstrat verwaltete er weiterhin die L¨andereien einiger o¨ sterr., ungarischer und b¨ohmischer Großgrundbesitzer. Seit 1836 unternahm er auf einem eigenen Gut bei Prag landwirtschaftliche Versuche. Er entwickelte vor allem in B¨ohmen und M¨ahren neue Methoden der Forstwirtschaft, verbesserte die Schafzucht und gab den Anstoß zum Bau von Zuckerraffinerien. A. verfaßte zahlreiche Werke zu forstwirtschaftlichen Themen und ver¨offentlichte seine Erkenntnisse auch in seiner „Neuen o¨ konomischen Zeitschrift“. C NDB
Andr´e, Jean Baptiste, auch Andreas, Musiker, Komponist, * 7. 3. 1823 Offenbach / Main, † 9. 12. 1882 Frankfurt / Main. A., Sohn Johann Anton → A.s, veranstaltete Konzerttouren in und außerhalb von Deutschland und ließ sich dann in Berlin nieder, wo er den sp¨ateren Theaterintendanten und Komponisten Graf Bolko von → Hochberg unterrichtete. Sp¨ater wurde er Hofkapellmeister des Prinzen von Bernburg, bis die Kapelle nach dem Tod des Prinzen aufgel¨ost wurde. A. komponierte zahlreiche Lieder, Chor¨ale und Salonst¨ucke f¨ur Klavier, die er zum Teil unter dem Pseudonym „de St. Gilles“, dem Stammsitz der Familie im Languedoc, ver¨offentlichte. C NGroveD
Andr´e, Johann, Verleger, Komponist, * 28. 3. 1741 Offenbach / Main, † 18. 6. 1799 Offenbach / Main. Der v¨aterlicherseits aus einer Hugenottenfamilie stammende A. u¨ bernahm nicht die elterliche Seidenfabrik, sondern wandte sich der Musik und dem Theater zu. Er komponierte etwa 30 Singspiele und vertonte 1775 → Goethes Erwin und Elmire. Von Karl Theophil → Doebbelin wurde er als Musikdirektor an dessen Berliner Theater geholt. Neben Singspielen mit komischen Situationsschilderungen schrieb er 1778 auch die Musik zu William Shakespeares K¨onig Lear und Macbeth. A. vertonte außerdem Lieder und Balladen, so das Rheinweinlied von Matthias → Claudius und Leonore von Gottfried August → B¨urger. 1774 gr¨undete er in seiner Heimatstadt Offenbach eine Notendruckerei und einen Musikverlag. 1784 wurde A. zum markgr¨aflichen Schwedtschen
Kapellmeister ehrenhalber ernannt. Als seine letzte Komposition erschien 1796 das Singspiel Der Br¨autigam in der C NGroveD Klemme.
Andr´e, Johann Anton, Verleger, Komponist, * 6. 10. 1775 Offenbach / Main, † 6. 4. 1842 Offenbach / Main. A., Sohn Johann → A.s, erhielt eine Ausbildung als Geiger bei Ferdinand → Fr¨anzl (seit 1787) und bei Ignaz → Fr¨anzl (seit 1789). 1792 studierte er Komposition bei Georg Johann Vollweiler in Mannheim und seit 1796 Kunstgeschichte an der Univ. Jena. Nach dem Tod seines Vaters 1799 u¨ bernahm er den elterlichen Musikverlag in Offenbach. Dabei nutzte er die M¨oglichkeiten der von Aloys → Senefelder erfundenen Lithographie zur Ausweitung seines Betriebs. 1800 erwarb A. den Handschriftennachlaß Wolfgang Amadeus → Mozarts von dessen Witwe und ver¨offentlichte ihn 1805 und 1833 in Mozart-Katalogen, Vorl¨aufern des K¨ochelverzeichnisses. Er selber schrieb zwei Opern, Chor- und Orchesterwerke, darunter acht Symphonien, Lieder, Orgelund Kammermusikwerke (u. a. f¨unf Streichquartette und sechs Sonaten f¨ur Violine und Klavier). A. verfaßte ein zweib¨andiges, unvollendet gebliebenes Lehrbuch der Tonsetzkunst (1832-40). C Hess Bio, Bd 1 Andre, Josef, Politiker, * 16. 2. 1879 Schramberg (W¨urttemberg), † 15. 3. 1950 Stuttgart. Als Abgeordneter der Zentrumspartei geh¨orte A., Sohn eines Strohhutarbeiters, 1919-28 dem Reichstag und 1907-18, 1919-33 auch dem W¨urttembergischen Landtag an, dessen Vizepr¨asident er war. Seit 1928 Regierungsrat in Stuttgart, stand A. der Landesversicherungsanstalt vor, wurde 1933 nach der nationalsozialistischen Machtergreifung entlassen und war von September 1934 an als Rechtsberater beim Caritasverband W¨urttemberg t¨atig. Nach dem Attentat auf → Hitler am 20. 7. 1944 wurde A. in Stuttgart verhaftet, in das Konzentrationslager Welzheim und anschließend in das Arbeitserziehungslager Aistaig bei Oberndorf / Neckar eingeliefert. 1946 trat A. in die baden-w¨urttembergische CDU ein und war 1947-49 Mitglied des Parlamentarischen Rats beim L¨anderrat in Stuttgart. C Raberg Andr´e, Karl August, Verleger, Fabrikant, * 15. 2. 1806 Offenbach / Main, † 15. 2. 1887 Frankfurt / Main. A. u¨ bernahm 1835 die von seinem Vater Johann Anton → A. 1828 gegr¨undete Frankfurter Filiale des Musikverlags. In der dort 1839 er¨offneten Pianofortefabrik arbeitete er an einer Verbesserung des Mozartfl¨ugels. 1829 er¨offnete er ein „Mozart-Museum“ mit Originalpartituren, das jedoch 1855 verkleinert und 1873 ganz aufgel¨ost wurde. A. schrieb 1855 Der Klavierbau in seiner Geschichte und seiner technischen und musikalischen Bedeutung. C NDB Andr´e, Rudolph, Landwirt, Schriftsteller, * 9. 7. 1793 Gotha, † 12. 1. 1825 Tischnowitz (M¨ahren). A., der j¨ungere Sohn von Christian Karl → A., begann mit 17 Jahren eine praktische Ausbildung zum Landwirt. 1824 u¨ bernahm er die Verwaltung der dem F¨ursten Salm-Reifferscheid geh¨orenden G¨uter Raitz und Blansko in B¨ohmen. Sp¨ater wurde ihm auch die Verwaltung der Besitzungen in M¨ahren u¨ bertragen. Er besch¨aftigte sich besonders mit der Schafzucht. A. verfaßte mehrere landwirtschaftliche Handb¨ucher, unter denen sich ein im Auftrag der M¨ahrisch-Schlesischen Landwirtschafts-Gesellschaft herausgegebener Kurzgefaßter Unterricht u¨ ber die Wartung des Schafviehs f¨ur Bauern befindet, der weit verbreitet war. C Wurzbach
Andreae, Abraham (Brami Maria), Ingenieur, * 9. 11. 1819 Frankfurt / Main, † 6. 5. 1875 Magdeburg. Der einer Familie von Frankfurter Großkaufleuten und m¨utterlicherseits dem Bankhaus von Willemer entstammende A.
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Andreae studierte am Polytechnischen Institut Karlsruhe Maschinenbau. 1838 wurde er mit der Leitung des Konstruktionsb¨uros der Maschinenfabrik Buckau in Magdeburg betraut, die sich mit dem Bau von Dampfmaschinen, Lokomotiven und der Ausstattung von Brauereien und Zuckerr¨ubenfabriken besch¨aftigte. Nach einem Aufenthalt in den USA, wo er 1848-55 Zuckerfabriken errichtete, wurde A. 1856 zum technischen Direktor der Maschinenfabrik Buckau ernannt. Dort widmete er sich besonders dem Bau von Großmaschinen, arbeitete an der Vereinfachung von Konstruktionsteilen und f¨uhrte den Double- und Tripleeffekt-Verdampfer und die Corliss-Dampfmaschinen in Europa ein. Einer von A.s Vorfahren war der Seidenfabrikant Christoph → A. C NDB
Andreae, August Heinrich, Architekt, * 4. 12. 1804 Horst im Hannoverschen, † 6. 1. 1846 Hannover. A., Sohn eines Predigers, begann das Architekturstudium in G¨ottingen, ging 1823 nach Karlsruhe und studierte seit 1826 in Darmstadt. Von 1829 an Stadtbaumeister von Hannover, schuf A. zun¨achst Geb¨aude in klassizistischem Stil, ging mit dem Bau des St¨adtischen Krankenhauses (1829-32) als einer der ersten deutschen Architekten zum Rundbogenstil u¨ ber (in Hannover u. a. das Gef¨angnis, 1839-41, und die Marktwache, 1841 / 42). 1840-44 leitete A. den Wiederaufbau der gotischen Neust¨adter Kirche von Einbeck. Nach Studienreisen durch Oberitalien plante er 1843 unter dem Einfluß mittelalterlicher italienischer Architektur den Neubau des Rathauses in Hannover, von dem jedoch nur der Fl¨ugel an der K¨obelstraße ausgef¨uhrt wurde. A. bet¨atigte sich als Aquarellmaler und Radierer und entwarf Festdekorationen und Kunstgewerbeobjekte. C AKL Andreae, August Wilhelm, Augenarzt, * 27. 5. 1794 Neuhaldensleben bei Magdeburg, † 7. 3. 1867 Magdeburg. A. besuchte zun¨achst die B¨urgerschule seines Heimatortes Neuhaldensleben, wo sein Vater als Arzt t¨atig war, und setzte seine Ausbildung im Grauen Kloster in Berlin fort. 1811 begann er dort das Studium der Medizin und wurde 1814 promoviert (Quaedam de cretinismo). Als Oberarzt am Hauptfeldlazarett des preuß. Gardekorps nahm er am letzten Feldzug gegen Napoleon teil. Er blieb bis Ende 1815 in Paris und bildete sich dort sowie sp¨ater in Wien in der Augenheilkunde fort. 1817 er¨offnete er eine Praxis in Magdeburg und hielt an der dortigen chirurgischen Lehranstalt auch Vorlesungen u¨ ber allgemeine Pathologie, Therapie und Augenheilkunde. Sp¨ater wurde A. zum kgl. Medizinalrat und Direktor der Oberexaminationskommission ernannt. Neben medizinhistorischen Schriften zur Augenheilkunde (Zur a¨ ltesten Geschichte der Augenheilkunde, 1841; Die Augenheilkunde des Hippokrates, 1843) verfaßte er einen Grundriß der gesamten Augenheilkunde (2 Tle., 1834).
Andreae, Christoph, Fabrikant, * 31. 12. 1665 Frankfurt / Main, † 14. 12. 1742 M¨ulheim / Ruhr. A., Sohn des Frankfurter Buchdruckers Johann → A. d. J., gr¨undete 1687 in K¨oln eine Leinen- und Seidenbandfabrik. Konflikte mit den Z¨unften und kath. K¨olner Großh¨andlern zwangen ihn 1714 zusammen mit weiteren neun evang. ¨ Kaufleuten zur Ubersiedlung in die zum Herzogtum Berg geh¨orende Stadt M¨ulheim / Ruhr. F¨ur seine dortige Fabrik erhielt A. ein kurf¨urstliches Privileg und baute daneben einen Kommissions- und Weinhandel auf. C NDB
Andreae, Christoph, Fabrikant, * 8. 9. 1735 M¨ulheim / Rhein, † 3. 8. 1804 M¨ulheim / Rhein. A., ein Enkel des Firmengr¨unders Christoph → A., absolvierte seine Ausbildung in der elterlichen Fabrik in M¨ulheim und in Lyon, dem franz¨osischen Zentrum der Seidenproduktion. 1763 gr¨undete er in M¨ulheim eine mit kurf¨urstlichem Privileg versehene Samt- und Seidenfabrik. Beg¨unstigt von der merkantilistischen Schutzzollpolitik seines Landesherrn,
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machte A. M¨ulheim zu einem Zentrum der Seidenindustrie am Niederrhein. In einer 1787 in Wiener Neustadt errichteten Samt- und Seidenfabrik besch¨aftigte er 150 Seidenweber. Diese Firma hatte unter der Leitung von A.s Nachfahren bis 1875 Bestand, das M¨ulheimer Unternehmen existiert noch heute. C NDB
Andreae, Clemens August, o¨ sterr. Volkswirtschaftler, * 5. 3. 1929 Graz, † 26. 5. 1991 Thailand. Der Sohn eines Grazer Universit¨atsprofessors war nach seinem 1950 in Marburg mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften 1951-58 als Assistent am Institut f¨ur Finanzrecht der Univ. K¨oln t¨atig. Seit 1955 habilitiert, folgte A. 1958 einem Ruf an die Univ. Innsbruck, wurde 1962 Ordinarius und war 1965-80 Vorstand des Instituts f¨ur Finanzwissenschaften; 1981-83 hatte er das Amt des Rektors der Univ. inne. A., der u. a. ein Handbuch der o¨ sterreichischen Finanzwirtschaft (1970) herausgab und sich besonders mit Geld- und Finanzpolitik besch¨aftigte, war mehrmals als Kandidat f¨ur das Amt des o¨ sterr. Finanzministers im Gespr¨ach. Er war Herausgeber und Mitarbeiter des Magazins „Wochenpresse“ und geh¨orte seit 1985 dem Kuratorium des ¨ Osterreichischen Rundfunks (ORF) an. A. kam bei einem Flugzeugabsturz u¨ ber Thailand ums Leben. Andreae, Fritz, eigentl. Franz Friedrich Andreae, Bankier, * 21. 2. 1873 Frankfurt / Main, † 30. 1. 1950 Z¨urich. Nach dem Abitur auf dem Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin absolvierte A., Sohn eines Bankiers, bis 1901 eine kaufm¨annische Ausbildung in S¨udafrika, Großbritannien und den USA. Er heiratete Edith Rathenau, die Schwester Walther → Rathenaus. W¨ahrend und nach dem Ersten Weltkrieg war A. Mitarbeiter des Staatssekret¨ars G. von M¨ollendorff im Reichsfinanzministerium. Danach trat er in das Bankhaus Hardy & Co. ein, dessen Teilhaber und Seniorchef er sp¨ater wurde. A. war u. a. Aufsichtsratsvorsitzender der AEG, der Dresdner Bank und Ausschußmitglied im Zentralverband des deutschen Bank- und Bankiersgewerbes und der Deutschen Reichsbank. Daneben f¨orderte er im großen Stil die Kunst, vor allem Max → Reinhardts Deutsches Theater. Er war befreundet mit Gerhart → Hauptmann, Hugo von → Hofmannsthal und Max → Liebermann und besaß eine große → Goethe-Bibliothek. 1935 wurde A. zur Aufgabe aller Stellen und 1939 zur Emigration nach Z¨urich gezwungen. C BHdE, Bd 1
Andreae, Hermann Victor, Sprach- und Religionsforscher, Mediziner, * 10. 6. 1817 Frankfurt / Main, † 8. 9. 1889 Frankfurt / Main. Der Nachfahre schw¨abischer Theologen und Sohn eines Kaufmanns studierte die Rechte in G¨ottingen, Berlin und Bonn und wurde in Heidelberg promoviert. Nachdem er neun Jahre als Advokat in Frankfurt / Main gearbeitet hatte, studierte A. Medizin und wurde 1851 in Heidelberg promoviert. Daraufhin war er in Frankfurt als hom¨oopathischer Arzt t¨atig, wandte sich aber mit 53 Jahren der Theologie und Philologie zu. Außer dem Lateinischen, Griechischen, Englischen, Franz¨osischen und Chinesischen beherrschte A. das Hebr¨aische und pflegte engen Kontakt mit den Frankfurter Rabbinern. In seinen theologischen Schriften befaßte er sich u. a. mit Hiob, Jesaja und der Apostelgeschichte. Gemeinsam mit John Geiger gab er 1864 eine Bibliotheca Sinologica heraus. C NDB
Andreae, Hieronymus, auch Andre(al), Andres, Enndres, Formschneider, Drucker, Schriftgießer, * vor 1500 Mergentheim, † 7. / 8. 5. 1556 N¨urnberg. F¨ur Albrecht → D¨urer schnitt A. die Holzst¨ocke zur Ehrenpforte f¨ur Kaiser → Maximilian und zum Triumphzug (1516-18). 1523 erhielt A. das N¨urnberger B¨urgerrecht. Sein
Andreae mit dem Schreibmeister Johann → Neud¨orffer f¨ur D¨urers Unterweisung der Messung 1525 geschaffener Frakturschnitt stellt einen Vorl¨aufer der Drucktype da. 1528 gab A. den ersten Band von D¨urers Proportionslehre und 1538 die zweite Auflage der Unterweisung der Messung heraus, die er mit Holzschnitten aus D¨urers Nachlaß versah. 1539 druckte er in seiner Offizin den Kriegszug gegen die T¨urken. A., der mehrmals mit der N¨urnberger Obrigkeit in Konflikt geriet, verlor 1542 das 1535 angetretene Amt des st¨adtischen M¨unzeisenschneiders, als er wegen aufr¨uhrerischer Reden zwei Wochen C AKL im Gef¨angnis verbringen mußte.
„Andreaeische Buchdruckerei und Buchhandlung“ bestand bis 1892 fort und wurde danach als „August Weisbrod C NDB Nachf.“ weitergef¨uhrt.
Andreae, Johann Benjamin d. J., Drucker, Verleger, * 8. 6. 1735 Frankfurt / Main, † 1793. Seit 1771 alleiniger Leiter der von seinem Vater Johann Ben¨ betriebenen Frankfurter Druckerei, brachte jamin → A. d. A. A. pro Jahr zwischen 16 und 17 Druckwerke heraus. Unter dem Namen „Andreaeische Buchdruckerei und Buchhandlung“ bestand der Betrieb noch bis 1892 und firmierte danach als „August Weisbrod Nachf.“ C NDB
Andreae, Jacob, auch Schmiedjakob, Schmiedlein, Faber, Fabricius, Vulcanus, luth. Theologe, * 25. 3. 1528 Waiblingen (W¨urttemberg), † 7. 1. 1590 T¨ubingen. A. f¨uhrte als Sohn eines Schmieds auch den Beinamen Schmiedlein. Das Studium der Theologie in T¨ubingen schloß er 1545 mit dem Magistergrad ab. 1546 wurde er Diakon in Stuttgart, 1548 in T¨ubingen. Nach der Promotion 1553 wurde A. zum Stadtpfarrer und Superintendenten von T¨ubingen und dann zum Generalsuperintendenten von G¨oppingen ernannt. Seit 1561 war er Propst, Prof. der Theologie und Kanzler der Univ. T¨ubingen. A. beteiligte sich in ganz Deutschland an der Einf¨uhrung der Reformation, der Schaffung evang. Kirchenordnungen und der Bildung luth. Landeskirchen. Zusammen mit den Theologen Martin → Chemnitz und Nikolaus → Selnecker erreichte er 1577 die Einigung der Lutheraner auf die 1580 ver¨offentlichte Konkordienformel. C TRE ¨ Drucker, † 1647 Straßburg. Andreae, Johann d. A., A. erwarb, aus W¨urzburg zugezogen, 1619 das Straßburger B¨urgerrecht und trat in die Zunft der Steltze, d. h. der Buchdrucker, Maler und Goldschmiede ein. Er druckte haupts¨achlich f¨ur andere Verlage, verlegte aber auch selber 53 kleine Schriften, vor allem theologische und juristische Dissertationen sowie politische Flugschriften. Nach dem Tod des Druckers J. P. Sartorius kaufte er 1641 dessen Betrieb auf. C NDB
Andreae, Johann d. J., Drucker, getauft 18. 7. 1626 Straßburg, begraben 5. 12. 1693 Frankfurt / Main (?). A. ging bei seinem Vater, dem Straßburger Buchdrucker Jo¨ in die Lehre. Nach dessen Tod 1647 u¨ berhann → A. d. A. nahm er zusammen mit seinem Bruder Johann Nikolaus die Leitung der Offizin. Seit 1653 Frankfurter B¨urger, war er 1656 als Faktor in der Druckerei von Balthasar Christoph Wust t¨atig und gr¨undete 1666 einen eigenen Druckereibetrieb, in dem er zumeist Auftr¨age anderer Verlage, besonders des Merianschen Verlags, ausf¨uhrte. A.s Sohn Christoph → A. war der Begr¨under der M¨ulheimer Seidenindustrie. C NDB ¨ Drucker, Verleger, Andreae, Johann Benjamin d. A., * 3. 8. 1705 Frankfurt / Main, † 5. 4. 1778 Frankfurt / Main. Der Sohn des Druckers und Verlegers Johann Philipp → A. u¨ bernahm 1733 die Leitung des zun¨achst von seinem Schwager P. H. Hort gef¨uhrten v¨aterlichen Betriebs (bis 1745 Andreae & Hort). Er druckte dort haupts¨achlich rechtswissenschaftliche, historische und theologische Schriften wie die Werke von Karl Ludwig von → P¨ollnitz, Johann Friedrich → Schannat, Valentin Ferdinand von → Gudenus und Johann Jacob → Moser, ferner Reichshofratsgutachten und Bekanntmachungen des Frankfurter Rats. A. war Vorsteher der Frankfurter Buchdruckergesellschaft, außerdem seit 1754 Mitglied des Frankfurter Rats, mehrmals j¨ungerer B¨urgermeister und Sch¨offe. 1764 u¨ bergab er seinen S¨ohnen die Leitung des Betriebs. Unter Johann Benjamin → A. d. J. (1735-93) erschienen dort vor allem juristische Werke. Die
Andreae, Johann Gerhart Reinhart, Apotheker, Chemiker, * 17. 12. 1724 Hannover, † 1. 5. 1793 Hannover. A. u¨ bernahm nach dem Studium in Berlin, Frankfurt / Main und Leiden 1747 die v¨aterliche Hofapotheke in Hannover. Daneben forschte er auf dem Gebiet der Chemie und der Mineralogie und untersuchte als einer der ersten den Einfluß der verschiedenen Erdarten auf die Landwirtschaft. Als Pharmazeut leistete er die Vorarbeiten f¨ur das erste offizielle Arzneibuch in Braunschweig, das Dispensatorium Brunsvicense (1777). 1763 unternahm er eine wissenschaftliche Reise in die Schweiz und besuchte dabei auch den Dichter Salomon → Gessner in Z¨urich und den Naturforscher und Dichter Albrecht von → Haller in Roche. A. besch¨aftigte sich in der Schweiz u. a. mit der Beschaffenheit des Salzes aus den Alpen, des Mineralwassers und der Herstellung von Branntwein aus Enzian und verschiedenen Beerenarten. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse ver¨offentlichte er in den Briefen aus der Schweiz (1776). In seiner Heimatstadt Hannover war A. auch als großer Wohlt¨ater bekannt.
Andreae, Johann Heinrich, reformierter Theologe, Historiker, * 10. 5. 1728 Kreuznach, † 16. 5. 1793 Heidelberg. Nach dem Besuch der Lateinschule in seiner Heimatstadt Kreuznach begann A. 1743 im holl¨andischen Franeker das Studium der Theologie und der Philologie. 1750 war er eine kurze Zeit als Hofmeister bei einer adligen Familie t¨atig und ging dann als Rektor der Lateinschule und dritter Prediger nach D¨usseldorf. 1758 u¨ bernahm er am reformierten Gymnasium in Heidelberg die Stelle des Rektors. Neben dem Schuldienst trieb A. historische Studien und verfaßte vor allem zur Geschichte der Pfalz und ihrer St¨adte zahlreiche C ADB kleinere Schriften.
Andreae, Johann Nikolaus, Drucker, * 11. 5. 1664 Frankfurt / Main, † 8. 5. 1729 Frankfurt / Main. A. erlernte das Buchdrucken bei seinem Vater Johann → A. d. J. in Frankfurt. Seine Lehr- und Wanderjahre verbrachte er in Leipzig, N¨urnberg und Prag und wurde 1685 als Drucker nach Herborn berufen. Bekannt sind 179 von ihm gedruckte und verlegte Werke zumeist theologischen Inhalts. Dazu geh¨oren u. a. eine Bibel, das Nassau-Dillenburgische und das Bergische Gesangbuch. 1695 erhielt A. auch das Privileg zum Betrieb einer Papierm¨uhle. Nach dem Tod seiner Witwe Catharina 1748 erlosch das Unternehmen. C NDB
Andreae, Johann Philipp, Drucker, Verleger, * 4. 9. 1654 Herborn, † 25. 12. 1722 Frankfurt / Main (?). A. u¨ bernahm nach dem Tod seines Vaters Johann → A. d. J. 1693 dessen Druckerei und Verlag. Aus dem von ihm vergr¨oßerten Betrieb gingen haupts¨achlich Werke theologischen Inhalts hervor. Er machte sich einen Namen als Drucker von Bibeln und arbeitete dabei auch mit seinem Bruder Johann Nikolaus → A. in Herborn zusammen. A. galt als der bedeutendste Drucker von Frankfurt und war Vorsteher der dortigen Buchdruckergesellschaft. C NDB
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Andreae Andreae, Johann Valentin, evang. Theologe, Schriftsteller, Kirchenmann, * 17. 8. 1586 Herrenberg, † 27. 6. 1654 Stuttgart. Der aus einer Theologenfamilie der w¨urttembergischen Ehrbarkeit stammende A., Enkel Jacob → A.s, studierte seit 1601 in T¨ubingen evangelische Theologie; ein Studentenulk zwang ihn 1607 zu einer Unterbrechung des Studiums. Auf Reisen lernte er in Genf die strenge calvinistische Kirchenzucht, in Rom den Betrieb der verweltlichten Kurie kennen. Wieder in T¨ubingen, wurde er mit chiliastischen Gedanken, Spiritualismus und Naturphilosophie bekannt. Nach Abschluß des Studiums gab er als zweiter Pfarrer in Vaihingen / Enz (1614-20) seinen Erkenntnissen und Hoffnungen eine literarische Form. Die Rosenkreuzer-Schriften (u. a. Fama Fraternitatis oder Br¨uderschaft des hochl¨oblichen Ordens des Rosenkreuzes, Confessio Fraternitatis . . .) strebten eine Erneuerung des steril gewordenen Wissenschaftsbetriebs und des Lebens an. Die Autorschaft A.s steht nicht eindeutig fest; erschreckt durch das große Aufsehen distanzierte er sich sp¨ater davon. Die Idee einer allm¨ahlich sich durchsetzenden frommen Wissenschaft und die Soziet¨atspl¨ane wirkten aber weiter fort und f¨uhrten zu einem ausgedehnten Briefwechsel und zur Verbindung u. a. mit → Comenius. In der Beschreibung der Christenstadt (1619) entwarf A. das Idealbild einer christlichen Gesellschaft, in der die B¨urger unangefochten von einem entarteten landesherrlichen Kirchenregiment, ohne soziale Unterschiede und Geldwirtschaft in wahrer Gelehrsamkeit leben. Als Dekan (Spezialsuperintendent) von Calw (1620-39) setzte A. seine literarische T¨atigkeit zun¨achst fort; die Form der Allegorie und der Verfremdung verhinderte aber eine gr¨oßere Breitenwirkung. Trotz des Dreißigj¨ahrigen Kriegs konnte er noch das F¨arberstift (Stipendien und soziale Hilfe) gr¨unden. 1634 brannte die Stadt ab, und er verlor seinen gesamten Besitz. 1639 wurde er als Hofprediger und Konsistorialrat in die Kirchenleitung nach Stuttgart berufen. Er widmete sich nun vor allem dem Aufbau des Landes und seiner Kirche. Seine hochfliegenden Reformpl¨ane mußte er dabei in einzelne konkrete Maßnahmen umsetzen. 1644 wurden die Kirchenkonvente als o¨ rtliches Sittengericht eingef¨uhrt, entgegen seiner urspr¨unglichen Intention allerdings mit einem weltlichen Beamten, nicht als rein kirchliches Gremium. Seit 1648 bestand in W¨urttemberg Schulpflicht. Immer wieder angegriffen wegen Abweichung von der rechten luth. Lehre, resignierte A. und ging 1650 als Generalsuperintendent und Abt des evang. Klosters nach Bebenhausen bei T¨ubingen und 1654 nach Adelberg bei G¨oppingen. Wiederentdeckt als Schriftsteller wurde er von → Herder. → Spener und → Francke sahen in ihm einen Vorl¨aufer des pietistischen Anliegens der Praxis Pietatis. WEITERE WERKE: Vita ab ipso conscripta. Hrsg. v. Friedrich Heinrich Rheinwald. Berlin 1849. – Teilausgabe in 3 Bdn. (Christianopolis, Fama Fraternitatis, Confessio Fraternitatis, Chymnische Hochzeit, Theophilus). Hrsg. v. Richard van D¨ulmen. Stuttgart 1972 / 73. – Gesammelte Schriften. Hrsg. v. Wilhelm Schmidt-Biggemann. Stuttgart 1994 ff. LITERATUR: Gottfried M¨alzer: Die Werke der w¨urttembergischen Pietisten des 17. und 18. Jahrhunderts. Berlin 1972. – Gunter Franz: Zur Bibliographie der w¨urttembergischen Pietisten. In: Bl¨atter f¨ur w¨urttembergische Kirchengeschichte 72 (1972) S. 184 ff. – Richard van D¨ulmen: Die Utopie einer
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christlichen Gesellschaft. Stuttgart 1978. – Ders.: A., J. V. In: TRE, Bd. 2, 1978, S. 680-683. – J. V. A. 1586-1654. Ein universaler Geist des 17. Jahrhunderts in internationaler Sicht. Vortr¨age bei den Gedenkwochen aus Anlaß seines 400. Geburtstages in Calw, Herrenberg und Vaihingen an der Enz. Bad Liebenzell 1987. – Martin Brecht: J. V. A. und die Generalreformation. In: Geschichte des Pietismus. Hrsg. v. Martin Brecht. Bd. 1. G¨ottingen 1993, S. 151-166. – Christoph Neeb: Christlicher Haß wider die Welt. Philosophie und Staatstheorie des J. V. A. (1586-1654). Frankfurt / Main u. a. 1999. Gerhard Sch¨afer
Andreae, Karl Christian, Maler, * 3. 2. 1823 M¨ulheim / Ruhr, † 23. 5. 1904 Helenaberg bei Sinzig / Ahr. A., Sohn eines Seidenfabrikanten, war an der D¨usseldorfer Kunstakademie Sch¨uler von Carl Ferdinand → Sohn und Johann Gottfried → Schadow, wo 1844 sein erstes großes Werk Predigt Petri am Pfingsttag entstand. 1845-49 war er in Rom in enger Verbindung mit Johann Friedrich → Overbeck und Peter von → Cornelius und schuf etliche r¨omische Veduten. Seit 1853 war er in Berlin ans¨assig und malte u. a. ein Portr¨at seines Freundes Wilhelm → Grimm. 1857 u¨ bersiedelte A. nach Dresden, gr¨undete 1859 den „Verein f¨ur kirchliche Kunst“ und widmete sich fortan vor allem der religi¨osen Historienmalerei. Es entstanden zahlreiche Altarbilder f¨ur Kirchen in Sachsen, Livland und Mecklenburg, wo er auch mit der Restaurierung sakraler Bauten betraut wurde. Von A. stammen mehr als 300 Entw¨urfe f¨ur Kirchenfenster und Holzschnitte f¨ur Buchillustrationen. 1881 auf den Familiensitz bei Sinzig zur¨uckgekehrt, schuf A. neben anderen religi¨osen Monumentalmalereien 1886 sein Hauptwerk, die Fresken im restaurierten Dom von P´ecs in Ungarn. C AKL
Andreae, Lambert, auch Trudopolitanus, Drucker, * St. Truiden (Prov. Limburg), † 1598 K¨oln. A. war zwischen 1592 und 1597 in K¨oln nachweislich als Buchdrucker t¨atig und nannte sich wahrscheinlich nach seinem Herkunftsort St. Truiden im heutigen Belgien auch Trudopolitanus. Er arbeitete u. a. f¨ur den Kunstverleger Johann Bussemacher und druckte zwei Kupferstichfolgen des K¨olner Kupferstechers Augustin → Braun. Dar¨uber hinaus stellte A. sorgf¨altig gestaltete geographische, historische und genealogische Werke her wie ein Theatrum oder Schauspiegel, drinnen alle F¨ursten der Welt und eine Geographische Landtafel des großen T¨urken. Nach seinem Tod wurde seine Presse 1599 von dem K¨olner Verleger und Drucker Bernhard Walter u¨ bernommen. C NDB
Andreae, Nicolaus, auch Andrea, Andre¨a, Andreas, Maler, Kupferstecher, Dichter, * um 1550 Flensburg, † nach 1606 Kopenhagen. Der aus Flensburg stammende A. erhielt seine k¨unstlerische Ausbildung wahrscheinlich bei dem dortigen Meister Melchior Lorch. Anschließend begab er sich auf Wanderschaft, hielt sich 1573 nachweislich in Augsburg auf und war 1574 bei Philipp → Galle in Antwerpen t¨atig, der nach einer Zeichnung A.s den Stich Das Gl¨uck anfertigte. 1578-80 lebte A. in Konstantinopel, wo er u. a. den kaiserlichen Gesandten Egidius de Noailles portr¨atierte. Seit 1580 / 81 in Wien ans¨assig, schuf er gemeinsam mit dem dortigen Hoftischler Georg Has 50 perspektivische Plafonds. 1586 lebte er in Danzig und 1590 in Wilna; nach 1606 verliert sich seine Spur in Kopenhagen. Zu den Werken, die A. sicher zuzuschreiben sind, geh¨oren der Holzschnitt Das Wappen des Bischofs J. Egolf von Augsburg und das Gem¨alde Des ¨ T¨urken Ubermut (1598), das er als „Flensburgensis“ und als „Poet und Pictor famosissimus in Asia, Africa et Europa“ signierte. C AKL
Andreae Andreae, Paul Christoph Gottlob, Jurist, * 30. 12. 1772 Leipzig, † 20. 8. 1824 Jena. A. war wie sein a¨ lterer Bruder Paul Christian Gottlob A. Sch¨uler der Thomasschule in Leipzig, an der sein Vater unterrichtete. Er studierte in Leipzig Rechtswissenschaften, alte Sprachen, Philosophie, Geschichte und Mathematik (Dr. phil. und Magister der freien K¨unste 1797). Er habilitierte sich f¨ur Philosophie und wurde 1798 zum Dr. jur. promoviert. Seit 1802 war er außerordentlicher, von 1807 an ordentlicher Beisitzer der Juristischen Fakult¨at der Univ. Wittenberg und wenig sp¨ater ordentlicher Beisitzer des Kgl. S¨achsischen Landgerichts in der Niederlausitz. 1809 wurde er in Wittenberg a. o. Prof. der Rechte, bis ihn 1815 der Großherzog von Weimar zum Hofrat, o. Prof. und Beisitzer des Sch¨oppenstuhls in Jena ernannte. Dort las A., der auch als Appellationsgerichtsrat t¨atig war, vor allem u¨ ber die Institutionen und das r¨omische Recht. C Neuer Nekr, Jg. 2
Andreae, Peter, Dramatiker, * Weida / Vogtland, † um 1600 Jasenitz (Pommern) (?). A. stammte aus Weida im Voigtland und lebte wahrscheinlich als Pfarrer in Jasenitz in Pommern. In dem 1600 erschienen Drama Horatius Cocles feierte er die Kriegstaten des f¨urstlich wolgastischen Obermarschalls Hans von Eichstedt. Dabei versetzte er die Handlung in das antike Rom, wo er Eichstedt als patriotischen Helden Ritter Horatius Cocles auftreten l¨aßt, dessen Großtaten Mercurius, „ein Courierer“, dem Publikum erz¨ahlt. R¨omische Szenen wechseln dabei ab mit Auftritten zeitgen¨ossischer Landsknechte. C ADB Andreae, Philipp Victor Achilles, Geologe, Pal¨aontologe, * 14. 11. 1859 Frankfurt / Main, † 17. 1. 1905 Hildesheim. Der Sohn eines Bankiers gewann in der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft seiner Heimatstadt Frankfurt erste Anregungen zur Besch¨aftigung mit den Naturwissenschaften. 1879 begann er in Straßburg das Studium der Geologie, das er in Bonn und Berlin fortsetzte. A. wurde 1883 in Straßburg promoviert (Die a¨ lteren Terti¨arschichten im Elsass), habilitierte sich im folgenden Jahr (Ein Beitrag zur Kenntnis des Els¨asser Terti¨ars) und war seit 1887 a. o. Professor. 1894 wurde er mit der Leitung des naturwissenschaftlichen Roemermuseums in Hildesheim betraut. Er ver¨offentlichte zahlreiche geologische und pal¨aontologische Werke, vor allem u¨ ber das Terti¨ar im Elsaß und in Oberschlesien. In Studien und Experimenten befaßte A. sich auch intensiv mit den Geysiren. Er ver¨offentlichte u. a. Der Diluvialsand von Hangenbieten im Unterelsass (1884) und Biotitaplite im Granit von Baveno (1900). C NDB
Andreae, Samuel Traugott, reformierter Theologe, Bibliothekar, * 17. 5. 1640 Danzig, † 6. 1. 1699 Marburg / Lahn. A., Sohn eines reformierten Pfarrers, studierte seit 1656 in Heidelberg und Groningen und wurde 1661 zum Dr. theol. promoviert. Nach Aufenthalten in Bremen und in England war er seit 1665 o. Prof. f¨ur griechische Sprache und Philosophie in Herborn. 1674 ging er als Prof. der Eloquenz und der Geschichte nach Marburg und war dort seit 1676 reformierter Prediger und Prof. der Theologie sowie Leiter der Universit¨atsbibliothek. A. verfaßte zahlreiche kleinere Schriften philosophischen, historischen, polemischen, vor allem aber reformiert-theologischen Inhalts wie die Disquisitio theologica de decreto absoluto (1682). C ADB
Andreae, Samuel Traugott, Schriftsteller, evang. Theologe, * 31. 1. 1768 (1763 ?) Kowno (Litauen), † 15. 10. 1823 Narva (Estland). A. wurde in Litauen als Sohn eines armen evang. Predigers geboren und ging nach dem h¨auslichen Unterricht bei einem Seidenh¨andler in Riga in die Lehre. Dieser schickte ihn auf das Rigaer Gymnasium und zum Studium der Theologie nach Dorpat. 1791 kehrte er nach Riga zur¨uck, erwarb den
livl¨andischen Kandidatengrad und arbeitete dort als Hauslehrer. Sp¨ater ging er als Sekret¨ar des Landgerichts nach Reval. 1799 nahm A. in Narva eine Stelle als Pastor an und wurde sp¨ater dort Superintendent, Scholarch und Pr¨ases des Oberkonsistoriums. A. ver¨offentlichte neben einem Lyrikband auch ein unter dem Einfluß von Christoph Martin → Wieland entstandenes romantisch-episches Gedicht in zw¨olf Ges¨angen mit dem Titel Rino und Jeanette, oder der Rosenzweig (2 Teile, 1793 / 94).
Andreae, Tobias, Mediziner, * 11. 8. 1633 Bremen, † 5. 1. 1685 Franeker (Niederlande). A. studierte an den Universit¨aten Leiden, Groningen und Duisburg, wo er 1659 zum Dr. phil. (De phaenomenis et natura cometarum) und auch zum Dr. med. (Disputatio medica, explicans casum epilepticum) promoviert wurde. Danach lehrte er Philosophie am Bremer Gymnasium und wurde 1662 zum Prof. der Medizin in Duisburg ernannt. 1669 folgte er der Bitte des Anatomen Ludwig De Bils, zu seiner Unterst¨utzung nach Herzogenbusch in die Niederlande u¨ berzusiedeln. Dort wirkte A. auch als Prof. der Medizin und Philosophie und ver¨offentlichte zwei Schriften zur Verteidigung der damals umstrittenen Methode der Leichenkonservierung nach de Bils. 1674 erhielt er vom brandenburgischen Kurf¨ursten einen Ruf als Prof. der Medizin nach Frankfurt / Oder. Dort schrieb er mehrere kleinere Abhandlungen, u. a. zu leib-seelischen Problemen. Von den westfriesischen St¨anden wurde A. an die niederl¨andische Univ. Franeker berufen und lehrte dort von 1681 bis zu seinem Tod Medizin und Naturkunde nach den Prinzipien der Philosophie von Ren´e Descartes. A. ver¨offentlichte u. a. Bilanx exacta Bilsianae et Clauderianae balsamationis (1682) und Exercitationes philosophicae duae de angelorum malorum potentia in corpora (1691). Andreae, Tobias, auch Toby A., Maler, * 6. 3. 1823 Frankfurt / Main, † 22. 4. 1873 M¨unchen. A. studierte in Frankfurt / Main an dem von Philipp → Veit geleiteten St¨adelschen Kunstinstitut Historienmalerei. 1848 ging er zur Fortsetzung seines Studiums nach M¨unchen, wo er bis zu seinem Tod lebte. Nach einer 1853 / 54 unternommenen Italienreise entschied A. sich endg¨ultig f¨ur die Landschaftsmalerei. Als Sujets bevorzugte er das bayerische Voralpenland, die Nordseek¨uste und italienische St¨adte in vorwiegend melancholischer F¨arbung (u. a. Partie aus Venedig, 1862). Seit l¨angerer Zeit depressiv, beging A. Selbstmord. C AKL
Andreae, Volkmar, schweizer. Dirigent, Komponist, * 5. 7. 1879 Bern, † 18. 6. 1962 Z¨urich. A., Sohn eines Apothekers, studierte Klavier und Komposition bei Karl → Munzinger und 1897-1900 bei Friedrich Wilhelm → Franke und Franz → W¨ullner am Konservatorium in K¨oln. Anschließend ging er als Solorepetitor an die Hofoper nach M¨unchen. 1902-04 dirigierte er den Stadts¨angerverein in Winterthur, daneben seit 1902 den Gemischten Chor in Z¨urich. Dort leitete er auch den M¨annerchor, u¨ bernahm 1906 die Leitung des Orchesters der Tonhallegesellschaft, die er bis 1949 innehatte, und dirigierte 1914-16 den Studentenchor Z¨urich. Sp¨ater wurde A. zum Musikdirektor und zum Privatdozenten an der Univ. Z¨urich ernannt. 1914-39 war A. Direktor des dortigen Konservatoriums und 1920-25 Pr¨asident der Schweizerischen Tonk¨unstlervereinigung, deren Ehrenpr¨asident er anschließend wurde. In Mailand dirigierte er 1912 bzw. 1917 die ersten Auff¨uhrungen der Matth¨auspassion von Johann Sebastian → Bach und der Missa solemnis von Ludwig van → Beethoven auf italienischem Boden. A. komponierte zwei Opern (Ratcliff, 1914; Abenteuer des Casanova, 1924), Orchestermusik, darunter zwei Symphonien, Vokal- und Kammermusik. C NGroveD
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Andreae Andreae, Wilhelm, Finanzwissenschaftler, * 8. 4. 1888 Magdeburg, † 25. 5. 1962 Gießen. Nach einer kaufm¨annischen Lehre begann A. 1908 ein Studium an der Handelshochschule und an der Univ. Berlin, das er 1910 als Diplomkaufmann abschloß. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte er Volkswirtschaft an den Universit¨aten Berlin, Heidelberg und Breslau. Daneben arbeitete er als Buchhalter in einer Rittergutsverwaltung. 1921 wurde A. in Breslau zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich 1925 an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakult¨at der Univ. Wien. Seit 1927 war er a. o. Prof., seit 1930 o. Prof. in Graz, von 1933 an in Gießen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war A. Direktor des Instituts f¨ur Wirtschaftswissenschaften in Gießen. C Gießen ¨ Andreas von Osterreich, Markgraf von Burgau, Bischof von Konstanz und Brixen, * 15. 6. 1558 Burg Bresnitz (B¨ohmen), † 12. 11. 1600 Rom. A. stammte aus der unstandesgem¨aßen Ehe des Erzherzogs ¨ → Ferdinand von Osterreich und der Philippine → Welser. Erst nach langen Bem¨uhungen seines Vaters erreichte er ¨ vom Kaiser die Erlaubnis, den Titel „von Osterreich“ tragen zu d¨urfen und mit Hilfe einer geistlichen Laufbahn zu Amt und W¨urden zu gelangen. A. wurde 1576 von Papst Gregor XIII. zum Kardinal von S. Maria nuova erhoben, 1580 zum Koadjutor des Bistums Brixen, 1589 zum Bischof von Konstanz und 1591 auch zum Bischof von Brixen ernannt. 1579 wurde er Gubernator aller ober- und vorder¨osterreichischen Lande. Er erwarb zudem die W¨urde eines Abts von Reichenau, wurde Propst von Murbach und Luders (Elsaß) und trug den Titel eines Markgrafen von Burgau. Noch zu Lebzeiten seines Vaters (1593) wurde A. von diesem die lebenslange Statthalterschaft in Vorder¨osterreich u¨ bertragen. 1598 / 99 war er Statthalter der spanischen Niederlande. Nach dem Konzil von Trient geh¨orte A. zu den Reformbisch¨ofen und reformierte in Konstanz die Hochstifts- und Di¨ozesanverwaltung. C Gatz 2
Andreas von Regensburg, Augustinerchorherr, Historiograph, * um 1380 im mittleren Regental, † bald nach 1438 Regensburg. A. trat 1401 in das Augustiner-Chorherrenstift St. Mang bei Regensburg ein, in dem er sein gesamtes weiteres Leben verbrachte. 1405 wurde er zum Priester geweiht. A., einer der fruchtbarsten Literaten Bayerns im ausgehenden Mittelalter, besch¨aftigte sich vor allem mit der Chronistik. Die im Sinne des → Martin von Troppau angelegte Weltchronik Chronica pontificum et imperatorum Romanorum schloß er ¨ 1422 ab; eine sp¨atere Uberarbeitung wurde bis 1438 fortgef¨uhrt. Die 1425-28 angefertigte und sp¨ater bis 1438 fortgesetzte Chronica de principibus terrae Bavarorum steht am Anfang der bayerischen Landeschronistik. Zu ihrer beachtlichen Verbreitung trug die Zweisprachigkeit bei. Nebenwerke besch¨aftigen sich mit aktuellen Fragen der Epoche, darunter Concilium Constantiense (1422), Concilium provinciale (eine Sammlung von Akten des Regensburger Konzils 1418 / 19), Chronica Hussitarum (1429) und Dialogus de haeresi bohemica (1430). Das Diarium sexennale bietet tagebuchartige Aufzeichnungen f¨ur die Jahre 1422-27. A., der durch die umfassende Besch¨aftigung mit dokumentarischen Quellen und Zeugenbefragungen einen Beitrag zur Grundlegung der historischen Methodik leistete, u¨ bte großen Einfluß auf die Nachfolger aus. C VL
Andreas, Friedrich Carl, Orientalist, urspr. Bagratian, * 14. 4. 1846 Batavia (Niederl¨andisch Indien, heute Jakarta), † 3. 10. 1930 G¨ottingen. A. war Sohn eines armenischen Milit¨ararztes und seit 1887 Ehemann der Schriftstellerin Lou → Andreas-Salom´e. Nach der Schulausbildung in der Schweiz studierte er an verschiedenen deutschen Universit¨aten Orientalistik und wurde 1868
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in Erlangen promoviert. In Kopenhagen besch¨aftigte er sich mit den persischen Pehlewi-Handschriften. 1875 / 76 nahm A. als epigraphischer und arch¨aologischer Begleiter an einer Expedition nach Persien teil. Er trieb dort noch bis 1882 eigene Studien und war daneben als persischer Generalpostmeister t¨atig. 1883-1903 lehrte A. Persisch und T¨urkisch in Berlin und wurde dann als Prof. f¨ur Iranisch an die Univ. G¨ottingen berufen. Er machte sich v. a. um die Entzifferung der von deutschen Expeditionen in Zentralasien entdeckten Turfanfragmenten verdient. A. beherrschte neben den iranischen Sprachen und ihren Dialekten u. a. auch Sanskrit, Hebr¨aisch, Arabisch, Aram¨aisch und Armenisch. C NDB
Andreas, Valerius, eigentl. Walter Driessens, auch Desselius, Literarhistoriker, Jurist, * 27. 11. 1588 Deschel (Brabant), † 29. 3. 1655 L¨owen (Brabant). A. f¨uhrte auch den latinisierten Beinamen Desselius nach seinem Geburtsort Deschel in Brabant. Nach Studien in Antwerpen und Douai wurde er 1611 zum Prof. f¨ur Hebr¨aisch an die Univ. L¨owen berufen. Dort wurde er 1621 zum Dr. jur. promoviert, 1628 zum Prof. der Rechte und 1638 zum Bibliothekar ernannt. Als Jurist trat A. weniger durch eigene Schriften als durch die Herausgabe kommentierter Werke anderer Autoren hervor. Er selber befaßte sich in seinen B¨uchern vor allem mit literaturhistorischen und biographischen Themen und schuf damit eine Grundlage der belgischen Biographie. Sein Hauptwerk war die Bibliotheca Belgica, de Belgis vita scriptisque claris, praemissa Topographia Belgii totius seu Germaniae inferioris descriptione (1623). C ADB
Andreas, Willy, Historiker, * 30. 10. 1884 Karlsruhe, † 10. 7. 1967 Litzelstetten / Bodensee. Der Sohn eines Immobilienkaufmanns studierte seit 1903 Geschichte, Philosophie, Germanistik und Wirtschaftswissenschaften in Grenoble, M¨unchen, Berlin, Freiburg / Breisgau und Heidelberg (1907 Dr. phil., Der Geist der Politik im Venedig des 16. Jahrhunderts). 1908 wurde er Lehramtspraktikant und war seit 1909 Mitarbeiter der Badischen Historischen Kommission. A. habilitierte sich 1912 in Marburg f¨ur Neuere Geschichte, ging 1914 als a. o. Prof. an die TH Karlsruhe und 1916 nach Rostock, wo er 1919 eine o. Professur f¨ur Mittelalterliche und Neuere Geschichte erhielt. 1922 wechselte A. als Prof. f¨ur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte nach Berlin. Seit 1923 lehrte er Mittlere und Neuere Geschichte an der Univ. Heidelberg und war dort 1932 / 33 Rektor. A. war Mitglied der SA, seit 1934 f¨orderndes Mitglied der SS sowie Mitglied der Bayerischen und der Berliner Akademie der Wissenschaften. 1946 wurde er entlassen und 1949 als o. Prof. an der Univ. Heidelberg vor¨ubergehend wieder eingestellt. 1949-51 vertrat er einen Lehrstuhl in T¨ubingen; 1955 wurde er Honorarprofessor an der Univ. Freiburg. Neben Werken u¨ ber die italienische und franz¨osische Geschichte schrieb A. vor allem u¨ ber die Reformationszeit und verfaßte zahlreiche B¨ucher zur preußisch-deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen u. a. Geist und Staat. Historische Portr¨ats (1922, 5 1960), Deutschland vor der Reformation. Eine Zeitwende (1932, 61959), Reisebilder aus Spanien und Portugal (1949), Carl August von Weimar. Ein Leben mit Goethe 1757-1783 (1953) und Das Zeitalter Napoleons und die Erhebung der V¨olker (1955). C Bad Bio N.F., Bd 2
Andreas-Salom´e, Lou, geb. Louise von Salom´e, Pseud. Henri Lou, Schriftstellerin, * 12. 2. 1861 St. Petersburg, † 5. 2. 1937 G¨ottingen. Die Tochter eines russischen Generals deutsch-baltischer Herkunft verbrachte ihre Kindheit und Jugend in St. Petersburg und studierte dann in Z¨urich Religionsgeschichte
Andree-Eysn und Philosophie. Auf einer Italienreise lernte sie im Kreis der Malwida von → Meysenbug Friedrich → Nietzsche und Paul → R´ee kennen, mit denen sie ausgedehnte Reisen unternahm. Bis zu ihrer Heirat mit dem Orientalisten Friedrich Carl → Andreas (1887) lebte sie mit R´ee in Berlin. In M¨unchen lernte sie 1897 Rainer Maria → Rilke kennen, mit dem sie 1899 und 1900 Rußland bereiste und Lev N. Tolstoj besuchte. Die Jahre 1894 und 1909 verbrachte A.-S. in Paris und verkehrte dort u. a. mit Auguste Rodin und Frank → Wedekind. Nach einer Begegnung mit Sigmund → Freud ließ sie sich 1912 in Wien in der Psychoanalyse ausbilden (In der Schule bei Freud. Tagebuch eines Jahres. 1912 / 13) und praktizierte sp¨ater in G¨ottingen. Neben Erz¨ahlungen und acht Romanen (u. a. Ruth, 1896) schrieb A.-S. einen Lebensr¨uckblick (postum 1951, hrsg. v. Ernst Pfeiffer). Ihre Schriften, die sich mit religi¨oser Erfahrung, Liebe und Sexualit¨at besch¨aftigen, zeigen einen starken ph¨anomenologischen Einfluß. Zu ihnen z¨ahlen die Erz¨ahlung Im Kampf um Gott (1885, 31910) und Die Erotik (1910, Neuausgabe 1979). Friedrich Nietzsche in seinen Werken (1894, 21911, zuletzt 2000 erschienen) war die erste Nietzsche-Monographie, die sein Denken und Werk auf seine Pers¨onlichkeit („geistige Individualit¨at“) zur¨uckf¨uhrt. C Frauen
Andr´ee, Carl Maximilian, Gyn¨akologe, * 4. 7. 1781 Dresden, † 1. 11. 1827 Breslau. A., Sohn eines Kgl. S¨achsischen Hofzahnarztes uznd Leibchirurgus, begann nach einer praktischen Ausbildung an der Dresdner Charit´e 1801 ein Studium in Leipzig, wo er 1804 zum Dr. phil. promoviert wurde (Diss. phys. ordinem, quo res physiologicae de cute humana externa comprehendantur, sistens). Dort arbeitete er zun¨achst als Sekundararzt und Unterlehrer am Klinikum der Universit¨at. Er unternahm dann eine wissenschaftliche Reise durch S¨uddeutschland, die Schweiz, Frankreich und Holland und ver¨offentlichte 1811 eine Abhandlung u¨ ber die Zust¨ande in den dortigen Kranken- und Armenh¨ausern. Nach seiner R¨uckkehr nach Deutschland wurde A. 1809 auch zum Dr. med. promoviert (Nosocomii Parisiensis, Sancto Ludovico dicati, descripto). 1810 ging er zur Fortbildung nach Wien und wurde 1812 als Prof. der Geburtshilfe an die Univ. Wittenberg berufen. 1814 folgte er einem Ruf als Prof. f¨ur Geburtshilfe und Direktor des Geb¨arhauses sowie des Hebammeninstituts nach Breslau. Dort avancierte A. 1816 zum Medizinalrat und Mitglied des Medizinalkollegiums. Er ver¨offentlichte u. a. Neuester Zustand der vorz¨uglicheren Spit¨aler und Armenanstalten in einigen Hauptorten des In- und Auslandes (2 Tle., 1810 / 11). ¨ Schlesien C Arzte
Andree, Carl Theodor, Geograph, * 20. 10. 1808 Braunschweig, † 10. 8. 1875 Bad Wildungen (Hessen). A., Sohn eines Kammachers, studierte 1826-30 Geschichte und Staatswissenschaften in Jena, Berlin und G¨ottingen. Daneben besch¨aftigte er sich mit den geographischnaturwissenschaftlichen Forschungen von Carl → Ritter und Alexander von → Humboldt. 1830 wurde er burschenschaftlicher Aktivit¨aten angeklagt und freigesprochen. 1838-54 war A. nacheinander Redakteur der „Mainzer Zeitung“, der „Oberdeutschen Post“ in Karlsruhe, der „K¨olnischen Zeitung“, der „Bremer Zeitung“ und der „Deutschen Reichszeitung“; vor¨ubergehend leitete er die Redaktion des „Bremer Handelsblatts“. 1851 wurde er Herausgeber der Zeitschrift „Westland. Magazin f¨ur die Kunde amerikanischer Verh¨altnisse“. 1862 gr¨undete er die illustrierte Zeitschrift f¨ur L¨ander- und V¨olkerkunde „Globus“ und rief 1863 mit Sophus → Ruge in Dresden den Verein f¨ur Erdkunde ins Leben. A. ver¨offentlichte zahlreiche geographische und v¨olkerkundliche Abhandlungen und beschrieb in seiner dreib¨andigen Geographie des Welthandels (1867-77; von Franz → Heiderich und Robert → Sieger vollst¨andig neu bearb.
Ausg. in 4 B¨anden, 1910-21) die ethnographischen Grundlagen des Handels. Er war der Vater von Richard → A. C NDB
Andr´ee, Karl Erich, Geologe, Pal¨aontologe, * 10. 3. 1880 M¨under am Deister, † 9. 8. 1959 G¨ottingen. Der Apothekersohn begann 1898 das Studium der Geologie an der TH Hannover und schloß es 1904 an der Univ. G¨ottingen mit der Promotion ab (Der Teutoburger Wald bei Iburg). Bis 1908 war er als Assistent an der Bergakademie in Clausthal und an der TH Karlsruhe t¨atig. 1910 wurde er Privatdozent in Marburg, 1915 a. o. und 1920 o. Prof. der Geologie und Pal¨aontologie an der Univ. K¨onigsberg. Dort wurde A. auch zum Direktor des Geologisch-Pal¨aontologischen Instituts und Leiter der Bernsteinsammlung der Univ. ernannt. Von K¨onigsberg aus unternahm er zahlreiche Forschungsreisen durch ganz Europa und Nordamerika. Nach dem Zweiten Weltkrieg war A. Lehrbeauftragter am Geologischen Institut der Univ. G¨ottingen. Er besch¨aftigte sich vor allem mit der Geologie der Ozeane, der Entstehung von ¨ Sedimenten und der Theorie der Gebirgsbildung (Uber die Bedingungen der Gebirgsbildung, 1914). Andree, Richard, Geograph, Ethnograph, * 26. 2. 1835 Braunschweig, † 22. 2. 1912 M¨unchen. A., Sohn von Carl Theodor → A., studierte in Leipzig Naturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Geologie und arbeitete danach 1859-63 als H¨uttenbeamter in B¨ohmen. 1864 / 65 unternahm er eine geologische Forschungsreise nach Schottland. A. war 1873 Mitbegr¨under der kartographischen Anstalt von Velhagen und Klasing in Leipzig, die er bis 1890 auch leitete. Er verlegte dort u. a. Schulatlanten, brachte 1877 mit Oscar → Peschel einen physikalisch-statistischen Atlas des Deutschen Reiches und 1881 den Allgemeinen Handatlas heraus. Seit 1890 war er Herausgeber der von seinem Vater gegr¨undeten Zeitschrift „Globus“. 1904 u¨ bersiedelte A. nach M¨unchen und forschte in der Folgezeit besonders auf dem Gebiet der Volkskunde. Er ver¨offentlichte u. a. Das Amur-Gebiet und seine Bedeutung (1867), Ethnographische Parallelen und Vergleiche (1878) und Die Anthropophagie. Eine ethnographische Studie (1887). Seine Abhandlung Votive und Weihegaben des katholischen Volkes in S¨uddeutschland (1904) basierte auf der volkskundlichen Sammlung seiner Frau Marie → Andree-Eysn. C NDB Andr´ee, Theodor, Bergdirektor, * 1847 Witkowitz, † 9. 4. 1915 M¨ahrisch-Ostrau. Der Sohn des k. u. k. Bergrats und Frhr. von Rothschild’schen Bergdirektors Albert A. studierte in Teschen, Wien und Freiberg (Sachsen). Seit 1877 arbeitete er als Bergingenieur auf den Anlagen des Frh. Albert von → Rothschild; nach dem Tod seines Vaters (1882) leitete er sie. Nachdem die Rothschildschen Anlagen 1895 durch die Witkowitzer Bergbau- und Eisenh¨utten-Gewerkschaft u¨ bernommen worden waren, wirkte er als Zentraldirektor der Witkowitzer Steinkohlegruben in M¨ahrisch-Ostrau. A., der als der beste Kenner der geologischen Verh¨altnisse des Ostrau-Karwiner Steinkohlereviers galt, wurde 1899 der Titel eines Kaiserlichen Bergrats verliehen. Andree-Eysn, Marie, Volkskundlerin, * 11. 11. 1847 Horn (Nieder¨osterreich), † 30. 1. 1929 Berchtesgaden. Die Kaufmannstochter betrieb ihre volkskundlichen Studien besonders im bayerisch-¨osterreichischen Alpenraum. Sie trug eine umfangreiche Sammlung von Votiv- und Weihegaben aus diesem Gebiet zusammen und erkannte als erste deren Bedeutung f¨ur die deutsche Volkskunde. Sie schrieb u. a. Volkskundliches aus dem bayerisch-¨osterreichischem Alpengebiet (1910) und regte auch ihren Mann, den Geographen Richard → Andree, zu einer Schrift u¨ ber s¨uddeutsche
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Andreesen Votivgaben an. Schenkungen aus ihren Sammlungen dienten als Grundstock f¨ur den Aufbau des Museums f¨ur Volkskunde in Berlin. C NDB
Andreesen, Alfred Theodor, P¨adagoge, * 3. 2. 1886 Verden / Aller, † 3. 10. 1944 Schloß Bieberstein / Rh¨on. A. studierte in T¨ubingen, G¨ottingen, Berlin und Halle Mathematik, Physik, Biologie sowie Philosophie und wurde 1909 in Biologie promoviert. Er arbeitete als Lehrer und leitete seit 1911 das Landerziehungsheim Bieberstein in der Rh¨on. 1919 wurde A. laut Testament seines Freundes, des P¨adagogen Hermann → Lietz, mit der Leitung der von diesem gegr¨undeten Heime betraut, die er in die Stiftung „Deutsche Landerziehungsheime Hermann-Lietz-Schulen“ umwandelte. In der Folgezeit gr¨undete er weitere Landerziehungsheime in Gebesee, Ettersburg, Buchenau, Spiekeroog und Hohenwehrda. A. trat f¨ur eine christliche, aber undogmatische Erziehung ein. Er lehnte das Stadtleben f¨ur Heranwachsende ab, bem¨uhte sich, ihre Naturliebe zu wecken und f¨orderte das Gemeinschaftsgef¨uhl der Sch¨uler durch gemeinsames Musizieren sowie k¨orperliches und geistiges Arbeiten in freien Gruppen.
Andres, Stefan, Pseud. Paulus Andres, Schriftsteller, * 26. 6. 1906 Dhr¨onchen / Mosel, † 29. 6. 1970 Rom. Urspr¨unglich zum Priester bestimmt, besuchte A., neuntes Kind eines M¨ullers, eine Jesuitenschule, wurde Novize bei den Kapuzinern und arbeitete als Krankenpfleger in Kl¨ostern, studierte dann aber Germanistik in K¨oln, Jena und Berlin. Danach freier Schriftsteller, verlor er 1935 seine Anstellung beim Reichssender K¨oln, weil seine Frau „Halbj¨udin“ war, und emigrierte 1937 nach Italien. Er lebte in Positano am Golf von Neapel, seit 1950 in Unkel / Rhein und seit 1961 in Rom. Nach autobiographischen Romanen (u. a. Bruder Luzifer, 1932) besch¨aftigte sich A. mit der Thematik von Schuld und S¨uhne (Die Vermummten, in: Mosell¨andische Novellen, 1937; Der gefrorene Dionysos, 1943, unter dem Titel Die Liebesschaukel, 1951). Mit dem „Dritten Reich“ setzte sich A. in der historischen Novelle El Greco malt den Großinquisitor und in der Trilogie Die Sintflut auseinander. Einen politischen Inhalt haben auch die im Spanischen B¨urgerkrieg spielende Novelle Wir sind Utopia (1943) sowie einige weitere Werke der Nachkriegszeit. A. schrieb auch Lyrik, darunter Die L¨owenkanzel (1933). Seine Werke sind gepr¨agt von einer kath., wenn auch kirchenkritischen Religiosit¨at und den Einfl¨ussen des antiken Humanismus. Die Schaupl¨atze der Handlung sind h¨aufig in Griechenland und Italien angesiedelt, deren Landschaft A. faszinierte. A. erhielt 1952 den Literaturpreis von Rheinland-Pfalz und 1954 den Großen Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen. C KLG
Andresen, Andreas Peter, Kaufmann, * 1. 3. 1771 Flensburg, † 16. 1. 1832 Flensburg. A., Sohn eines wohlhabenden Flensburger Kaufmanns, war ¨ zeit seines Lebens in verschiedenen Amtern seiner Heimatstadt t¨atig. Er war Hauptmann der von ihm 1799 gestifteten B¨urgergarde, in der Armenf¨ursorge t¨atig und von 1804 bis zu seinem Tod Vorsteher des Hospitals seiner Heimatstadt. 1807-14 versah er das Amt des Stadtkassierers, wurde 1814 Ratsherr und Kirchenpatron von St. Nicolai und geh¨orte 1819 zu den Begr¨undern einer Sparkasse. Er sorgte f¨ur die Verbesserung des Schulwesens und war Mitbegr¨under der Sonntagsschule. 1826 erfolgte seine Ernennung zum kgl. d¨anischen Agenten im Rang eines Wirklichen Kanzleirats, 1832 wurde er zweiter B¨urgermeister von Flensburg. Er war ein erfolgreicher Kaufmann und ver¨offentlichte eigene Lieder und Kantaten. C SHBL, Bd 2
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Andresen, Carl, evang. Theologe, Kirchenhistoriker, * 28. 7. 1909 Agerskov (D¨anemark), † 21. 6. 1985 G¨ottingen. Nach Beendigung des Studiums der evang. Theologie nahm A. 1934 eine Pfarrstelle in S¨orup im Kreis Flensburg an. 1948 ging er als Seelsorger an die Universit¨atsklinik in Kiel. Dort wurde er 1951 zum Dr. theol. promoviert und 1953 Privatdozent f¨ur Kirchengeschichte und Christliche Arch¨aologie. 1956 folgte A. einem Ruf als o. Prof. f¨ur Neues Testament, Patristik und Christliche Arch¨aologie nach Marburg. Seit 1961 lehrte er in G¨ottingen Kirchengeschichte und Christliche Arch¨aologie. A. ver¨offentlichte zahlreiche Untersuchungen zur Alten Kirche und gab ein Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte (3 Bde., 1980-84) heraus. C LThK Andresen, Karl Gustav, Germanist, * 1. 6. 1813 Uetersen (Holstein), † 25. 5. 1891 Bonn. A. unterrichtete nach dem Studium der Germanistik in Kiel zun¨achst an Gymnasien in Altona und M¨ulheim an der Ruhr. 1870 habilitierte er sich in Bonn und wurde dort 1874 zum a. o. Prof. ernannt. Er besch¨aftigte sich vor allem mit der Namensforschung, Volksetymologie und dem sich historisch und regional ver¨andernden Sprachgebrauch des Deutschen. Dar¨uber hinaus setzte er sich mit der Orthographie u. a. Jacob → Grimms auseinander, zu dessen Deutscher Grammatik er das Register erarbeitete. Als sein Hauptwerk gilt die 1876 erstmals erschienene und mehrmals erweiterte Abhandlung ¨ Uber deutsche Volksetymologie. C NDB Andresen, Momme, Chemiker, * 17. 10. 1857 Risum / S¨udtondern, † 12. 1. 1951 K¨onigsteinhof bei Dageb¨ull. Der aus einer S¨udtonderner Bauernfamilie stammende A. unterrichtete zun¨achst an einer Volksschule bei Nieb¨ull, studierte dann an der TH in Dresden Chemie und wurde 1880 in ¨ Jena mit der Arbeit Uber Thymochinonchlorimid und seine Umsetzungen promoviert. Anschließend arbeitete er als Assistent seines fr¨uheren Professors Rudolf Wilhelm Schmitt in Dresden. Dort entdeckte er die Struktur des Safranins und die „Andresensche S¨aure“. Nach einem beruflichen Aufenthalt in den USA trat er 1887 in die AG f¨ur Anilinfabrikation (sp¨ater Agfa) in Berlin ein. 1889 wurde er Leiter der photographischen Abteilung und f¨uhrte dort 1888 das Paraphenylendiamin als neuen Entwickler ein. 1891 schuf er auch den Rodinalentwickler und stellte mit Hilfe eines neuen Berieselungssystems verunreinigungsfreie Trockenplatten her. A. erfand ein direkt kopierendes Papier, das die Herstellung von Filmen erm¨oglichte. Er ver¨offentlichte u. a. ein Agfa PhotoHandbuch (41925). C SHBL, Bd 9 Andri, Ferdinand, Maler, Zeichner, * 1. 3. 1871 Waidhofen / Ybbs (Nieder¨osterreich), † 19. 5. 1956 Wien. Nach einer Lehre als Holzschnitzer und Altarbauer besuchte A., Sohn eines Vergolders, die Staatsgewerbeschule Innsbruck (1886-88), die Akademie der bildenden K¨unste in Wien (1888-93) und die Kunstschule in Karlsruhe (1891-94). Anschließend unternahm er Studienreisen durch Tirol, nach Italien, Paris und London. 1899-1909 war A. Mitglied der Wiener Sezession, 1899 / 1900 und 1905 / 06 deren Pr¨asident, sp¨ater Mitglied des K¨unstlerhauses und 1910 Gr¨undungsmit¨ glied des Osterreichischen Werkbundes. 1904 gestaltete A. den o¨ sterr. Pavillon auf der Weltausstellung in St. Louis / USA. Im Ersten Weltkrieg diente er als Kriegsmaler an der Balkanfront. Seit 1920 o. Prof. an der Wiener Akademie, f¨orderte er besonders die Freskomalerei. A. wurde 1935-38 und erneut 1945 wegen nationalsozialistischer Gesinnung seines Amtes enthoben. Er schuf neben Pleinairmalerei und sakraler Kunst vor allem l¨andliche Genreszenen. Nach der Zerst¨orung seines Ateliers und dem Tod seiner Frau 1945 ¨ zog sich A. aus der Offentlichkeit zur¨uck. C AKL
Angehrn Andrian-Werburg, Ferdinand Frh. von, Beamter,
Andrian-Werburg, Victor Franz Frh. von, Politiker,
* 16. 7. 1776 G¨orz, † 11. 5. 1851 Ansbach. A.-W., Sohn eines kurk¨olnischen Obersten, studierte nach vierj¨ahrigem Milit¨ardienst in Ingolstadt Rechtswissenschaften. Erste Stationen seiner Laufbahn im Staatsdienst waren die eines Landrichters in Wemding (1801) und Mindelheim (1802). 1806 wurde A.-W. zum Polizeidirektor in Augsburg ernannt und u¨ bernahm dort seit 1808 auch die Aufgaben eines Gemeindevorstehers, bis er 1814 nach W¨urzburg ging. Dort stand er Maximilian Emanuel von → Lerchenfeld als Hofkommissionsrat zur Seite. Seit 1817 war A.-W. Direktor der Kammer des Innern im Unterdonaukreis, 1832-37 Pr¨asident der Regierung des Obermainkreises in Bayreuth und engagierte sich als F¨orderer von Wissenschaft und Heimatkunde. Anschließend wurde er Regierungspr¨asident des Kreises Unterfranken und Aschaffenburg, dann von Oberfranken und u¨ bte er von 1840 bis zu seiner Pensionierung 1848 dasselbe Amt f¨ur das Gebiet Mittelfranken mit Sitz Ansbach aus. C Fr¨ank Leb, Bd 18
* 17. 9. 1813 Grafschaft G¨orz, † 25. 11. 1858 Wien. A.-W., Sohn eines Gutsbesitzers, begann nach dem Studium der Rechte 1834 eine Laufbahn im o¨ sterr. Staatsdienst. Er setzte sich f¨ur eine Umorganisation der Verwaltung im konservativ-st¨andischen Sinne ein und brachte dabei in sei¨ ner 1841 anonym erschienenen Schrift Osterreich und dessen Zukunft erstmals auch die soziale Frage zur Sprache. A.-W. trat f¨ur langsame Reformen von oben ein, um einer Revolution von unten zuvorzukommen. 1846 nahm er aus politischen Gr¨unden seinen Abschied aus dem Staatsdienst und wurde 1847 in den nieder¨osterreichischen Landtag gew¨ahlt. 1848 / 49 war er nacheinander Mitglied des deutschen Vorparlaments, Abgeordneter in der Paulskirche, Vizepr¨asident und Mitglied des Verfassungsausschusses sowie zuletzt Reichsgesandter in London. Nach 1849 lehnte er ¨ die R¨uckkehr in den Staatsdienst wegen des in Osterreich herrschenden Neoabsolutismus ab. A.-W. bef¨urwortete die Autonomie der einzelnen Kronl¨ander unter Statthaltern und mit Zweikammerlandtagen auf st¨andischer Grundlage. C Frankf Nationalvers
Andrian-Werburg, Ferdinand Leopold Frh. von, Anthropologe, Geologe, * 20. 9. 1835 Schloß Vornbach / Inn, † 10. 4. 1914 Nizza. A.-W., Enkel Ferdinand von → A.-W., war der Sohn eines bayerischen Gutsbesitzers und Kammerherrn und verheiratet mit einer Tochter Giacomo → Meyerbeers. Er diente im bayerischen Pagenkorps und studierte danach Naturwissenschaften in M¨unchen (u. a. bei Justus → Liebig) und Geologie an der Bergakademie Freiberg. Nach dem Studium trat er in die Geologische Reichsanstalt in Wien ein, f¨uhrte seit 1879 im Reichsfinanzministerium die Organisation des Berg- und Forstwesens Bosniens und der Herzegowina durch und wurde 1880 zum Ministerialrat ernannt. Daneben besch¨aftigte sich A.-W. schon fr¨uh mit anthropologischen, urgeschichtlichen und ethnologischen Studien. 1870 gr¨undete er in Wien die Anthropologische Gesellschaft, der er jahrelang vorstand. Er war Pr¨asident der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft und geh¨orte den entsprechenden Gesellschaften in M¨unchen und Berlin an, seit 1879 auch als Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Zu A.-W.s Werken z¨ahlt u. a. H¨ohencultus asiatischer und europ¨aischer V¨olker (1891). C NDB Andrian-Werburg, Leopold (Ferdinand) Frh. von, Diplomat, Schriftsteller, Intendant, * 9. 5. 1875 Berlin, † 19. 11. 1951 Freiburg (Schweiz). Der Sohn Ferdinand Leopold von → A.-W.s beendete sein Jurastudium an der Univ. Wien mit der Promotion. 1899 trat er in den diplomatischen Dienst ein und war in der Folgezeit an verschiedenen o¨ sterr. Auslandsvertretungen t¨atig. 1910 wurde er Legationsrat und Generalkonsul in Warschau, 1917 außerordentlicher Gesandter und bevollm¨achtigter Minister und Referent f¨ur Polen im Außenministerium. A.-W. nahm noch an den Friedensverhandlungen von BrestLitowsk teil, verließ aber mit dem Ende der Monarchie den diplomatischen Dienst und wurde 1918 zum Generalintendanten des Hoftheaters ernannt. Daneben schrieb er Gedichte und ver¨offentlichte bereits 1895 seine Prosadichtung Der Garten der Erkenntnis. Seine literarische Schaffenskraft versiegte nach diesem Buch – nur mit dem konservativstaatsphilosophischen Werk Die St¨andeordnung des Alls (1930) gelang ihm noch einmal eine gr¨oßere schriftstellerische Arbeit aus betont kath. Perspektive. A.-W. war 1894-1901 Mitarbeiter der „Bl¨atter f¨ur die Kunst“ und war eng befreundet mit Stefan → George, Hermann → Bahr und Hugo von → Hofmannsthal. 1938 emigrierte er u¨ ber die Schweiz und Frankreich nach Brasilien und kehrte 1945 nach Europa zur¨uck. C Lex o¨ sterr Exillit
Andrich, Paul, auch Antrich, Architekt, Unternehmer, * 1640 wahrscheinlich Braunschweig (Hamburg ?), † 5. 7. 1711 S¨ulten-Br¨uel (Mecklenburg). Nachdem A. zun¨achst (sp¨atestens seit 1674) die Bergwerke des Landgrafen → Friedrich II., des bedeutendsten Mitglieds des Hauses Hessen-Homburg, geleitet und gleichzeitig als dessen Baumeister zu Weferlingen / Aller, Neustadt / Dosse sowie Oebisfelde gewirkt hatte, war er 1679-95 als Hofbaurat Friedrichs II. in Homburg v. d. H. t¨atig. W¨ahrend dieser Zeit betrieb A. u. a. den Neubau des Schlosses, die Planung der Neustadt, die Gr¨undung der Glash¨utte sowie die Wiederherstellung der Saline, der er als Leiter vorstand. A., der sich auch als Alchemist bet¨atigte, war seit 1695 Hofbaurat des Herzogs Friedrich von Mecklenburg-Grabow. Einen Namen machte er sich nicht zuletzt durch das von ihm 1673 / 74 entwickelte „silberne Bein“ des Landgrafen Friedrich II. C AKL
Aner, Karl, evang. Theologe, Kirchenhistoriker, * 11. 4. 1879 Greiz (Th¨uringen), † 8. 6. 1933 Kiel. A. studierte evang. Theologie in Leipzig, Greifswald und Jena. 1900 wurde er Lehrer am Internat in K¨onigsfeld in Baden, 1901 Hilfsgeistlicher in Gera, 1905 Gymnasialoberlehrer in Essen und 1912 Pfarrer in Berlin-Charlottenburg. Anschließend lehrte er seit 1923 als Privatdozent und von 1929 an als a. o. Prof. Kirchengeschichte an der Univ. Halle / Saale. 1930 wurde A. als o. Prof. der Kirchengeschichte an die Univ. Kiel berufen. In Forschung und Lehre besch¨aftigte er sich haupts¨achlich mit der neueren Geschichte des Protestantismus und mit der Zeit der Aufkl¨arung. Sein Hauptwerk ist Die Theologie der Lessingzeit (1929). C BBKL
Angehrn, Beda, Taufname: Johann Konrad Beda, F¨urstabt von St. Gallen, * 7. 12. 1725 Hagenwil (Kt. St. Gallen), † 19. 5. 1796 St. Gallen. Der Sohn eines Wundarztes und Vetter Benedikt Maria → A.s besuchte die Jesuitenschule in Konstanz und die Klosterschule St. Gallen. Dort legte A. 1744 das Gel¨ubde ab und wurde 1749 zum Priester geweiht. Anfangs unterrichtete er selber an der Klosterschule, wurde dann aber zum Statthalter und Prior des zu St. Gallen geh¨orenden Klosters St. Johann im Thurtal ernannt. 1767 wurde A. vom Ordenskapitel zum F¨urstabt von St. Gallen gew¨ahlt. Als solcher bem¨uhte er sich besonders um die Verbesserung der wissenschaftlichen Einrichtungen des Klosters. Er entfaltete aber auch eine rege Baut¨atigkeit ohne R¨ucksicht auf die Finanzlage des Klosters. Dar¨uber und u¨ ber selbstherrliches Gebaren des F¨urstabtes A. bis vor den Papst gebrachte Klagen j¨unge-
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Angehrn rer Ordensleute blieben zun¨achst erfolglos. Bei einem 1794 erfolgten f¨ormlichen Aufstand seiner Mitbr¨uder jedoch verlor A. seine Stelle. C LThK
Angehrn, Benedikt Maria, Taufname: Franz Josef, Benediktinerabt, * 15. 6. 1720 Hagenwil (Kt. St. Gallen), † 24. 7. 1787 Neresheim (W¨urttemberg). A., Vetter des St. Gallener F¨urstabts Beda → A., trat nach dem Studium in St. Gallen und Dillingen in das Benediktinerstift Neresheim in W¨urttemberg ein und wurde 1755 zu dessen Abt gew¨ahlt. Durch Beilegung eines alten Streits mit dem F¨urstenhaus Oettingen-Wallerstein erreichte er die Anerkennung von Neresheim als unmittelbares freies Reichsstift. A. betrieb die Fertigstellung der Stiftskirche und bem¨uhte sich um die Verbesserung des Schulwesens und der Verwaltung seines Stifts. 1766-72 war er Visitator und 1772-78 Pr¨ases in Augsburg, 1773-77 Administrator von Fultenbach. 1778 wurde A. vom Reichshofrat in Wien zum Administrationsassistenten von St. Ulrich und Afra in Augsburg ernannt. 1774-77 stand der aufgekl¨arte Theologe Benedikt Maria → Werkmeister als Sekret¨ar in seinen Diensten. C LThK Angel, Ernst, Schriftsteller, Verleger, Psychoanalytiker, Filmproduzent, * 11. 8. 1894 Wien, † 10. 1. 1986 Newark (New Jersey, USA). A., Sohn eines j¨udischen Papierfabrikanten, studierte 1918-20 Philosophie in Wien. Seit 1919 arbeitete er als Regieassistent an Max → Reinhardts Deutschem Theater in Berlin. In den folgenden Jahren war A. in mehreren Berliner Verlagen als Lektor, Herausgeber und Werbeleiter t¨atig. 1926 gr¨undete er den Ernst Angel Verlag mit Sitz in Berlin, der bis 1933 bestand und dessen Schwerpunkt der Vertrieb von Zeitungsartikeln war. Seit 1928 widmete sich A. auch dem Filmgesch¨aft, war Mitbegr¨under des Volksverbandes f¨ur Filmkunst und produzierte selbst Filme. 1932 mußte A. Berlin aufgrund der politischen Situation verlassen und kehrte nach Wien zur¨uck. 1938 in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert, emigrierte er nach der Entlassung wenig sp¨ater erst nach England und 1940 in die USA. Hier studierte A. 1947-54 Psychologie an der New School for Social Research in New York und ließ sich seit 1951 in Psychoanalyse ausbilden. 1965 wurde er mit der Arbeit Cultural Distance. A Study of Measures and Modes of the Distance Felt by Groups of American Intellectual Professions in Relation to Contemporary American Culture and Its Practiced ‚Values‘ promoviert. A. ver¨offentlichte u. a. die Gedichtsammlung Sturz nach oben (1920, Nachdr. 1973) und die Biographie Edison. Sein Leben und Erfinden (1926, 21931). Als Filmproduzent und teilweise als Regisseur zeichnete A. verantwortlich f¨ur Titel wie Emden III f¨ahrt um die Welt (1928), Jagd auf Dich (1930) und Der zerbrochene Krug (1934). A. war Pr¨asident des Council of Psychoanalytic Psychotherapists (1973-75) und der von ihm gegr¨undeten Union of Concerned Psychoanalysts and Psychotherapists. C Spalek 3,3 Angel, Franz, o¨ sterr. Mineraloge, * 1. 1. 1887 Urfahr (heute zu Linz, Ober¨osterreich), † 4. 5. 1974 Graz. A., Sohn eines B¨ackermeisters, studierte 1905-10 Naturwissenschaften in Graz und Wien und wurde dort 1909 promoviert. Seit 1910 unterrichtete er an verschiedenen Schulen in Graz Mathematik, Physik und Naturgeschichte. 1910 / 11 war A. Hochschulassistent, 1920-25 Privatdozent f¨ur Mineralogie und Petrographie an der Univ. Graz. Dort wurde er 1925 zum a. o. Prof., 1931 zum o. Prof. berufen. 1935 / 36 Dekan der Philosophischen Fakult¨at der Univ. Graz, war er seit 1937 Pr¨asident des Naturwissenschaftlichen Vereins f¨ur die Steiermark und geh¨orte 1938-44 dem Vorstand der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft an. 1938 trat er in die NSDAP ein. A. war Lektor der Parteiamtlichen Pr¨ufungs-
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kommission zum Schutze des NS-Schrifttums und 1941-45 gesch¨aftsf¨uhrender Dozentenbundf¨uhrer der Univ. Graz. Wegen seines politischen Engagements 1945 entlassen, arbeitete A. als selbst¨andiger Fachberater f¨ur Mineralogie und Petrographie. Seit 1967 geh¨orte er als korrespondierendes Mit¨ glied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften an. 1931 erschien von A. ein Leitfaden der Mineralkunde und Allgemeinen Geologie. C Biogr Lex Ober¨ost
Angeli, Heinrich von, auch Henrik v. A., o¨ sterr. Maler, ¨ Graphiker, * 9. 7. 1840 Odenburg, † 21. 10. 1925 Wien. A., Sohn eines Gastwirts aus urspr¨unglich adliger venezianischer Familie, begann sein Kunststudium an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien, das er seit 1855 an der D¨usseldorfer Akademie und 1856-59 bei Emanuel → Leutze fortsetzte. Nach Studienreisen durch Italien, Frankreich und die Niederlande berief ihn K¨onig → Ludwig I. an die Kunstakademie in M¨unchen, wo A. sich dem Kreis um Karl von → Piloty anschloß. 1862 ließ er sich in Wien nieder, stand 1870-72 und 1906-10 der Wiener K¨unstlergenossenschaft vor und erhielt 1877 eine Professur f¨ur Portr¨atmalerei an der Wiener Akademie. In seiner ersten Schaffensperiode malte A. bevorzugt Genre- und Historienszenen wie Maria Stuart bei Verlesung des Todesurteils (1857). 1873 begann seine erfolgreiche Karriere als Portr¨atist der Wiener Adels- und Finanzwelt sowie der H¨ofe in Wien, Berlin, London und St. Petersburg. A. erhielt f¨ur seine Werke zahlreiche Auszeichnungen und wurde 1907 geadelt. C AKL Angeli, Moritz Edler von, o¨ sterr. Milit¨ar, Historiker, * 2. 12. 1829 Wien, † 3. 10. 1904 Wien. Der aus urspr¨unglich venezianischer Adelsfamilie stammende A. kam mit zw¨olf Jahren an die Theresianische Milit¨arakademie in Wiener Neustadt. Als Leutnant der Infanterie machte er 1849 die K¨ampfe gegen die aufst¨andischen Ungarn mit. 1859 nahm er an den Schlachten von Solferino und Magenta sowie 1866 an der von K¨oniggr¨atz teil. 1871 trat A. in den Ruhestand und begann seine T¨atigkeit als milit¨arischer Schriftsteller. 1875 nahm er den aktiven Dienst wieder auf und wurde der Abteilung f¨ur Kriegsgeschichte des k. u. k. Kriegsarchivs zugeteilt. A. ver¨offentlichte zahlreiche milit¨argeschichtliche Abhandlungen vor allem u¨ ber die Feldz¨uge Prinz → Eugens und die Napoleonischen Kriege. 1895 trat er im Rang eines Oberst endg¨ultig in den Ruhestand. Zuletzt beschrieb A. in Altes Eisen (1900) auch seine eigenen Kriegserlebnisse. Angelocrater, Daniel, eigentl. Daniel Engelhardt, reformierter Theologe, * 19. 10. 1569 Korbach (Waldeck), † 30. 7. 1635 K¨othen (Anhalt) (?). A. studierte 1588 / 89 Theologie in Marburg und in Franeker in den Niederlanden. Anschließend begleitete er als Hofmeister zwei junge Adlige an die Universit¨aten Marburg und Helmstedt. 1594 geriet er nach der R¨uckkehr in seine Waldecker Heimat wegen seines reformierten Glaubens in Zwist mit seinem Vater. Er ging nach Genf, fand dann Unterschlupf bei einem ehemaligen Z¨ogling und erhielt eine Anstellung am Gymnasium in Stade. 1597-1606 wirkte A. als Pfarrer in verschiedenen hessischen Gemeinden f¨uhrend an der reformierten Kirchenreform von Hessen-Kassel unter dem Landgrafen → Moritz mit. Er wurde vom Landgrafen 1607 zum Archidiakon und 1614 zum Superintendenten von Marburg ernannt. Nach dem Einfall der Truppen des Landgrafen von Hessen-Darmstadt war A. 1624 wie alle reformierten Prediger zur Flucht gezwungen. 1626 verlor er als Pfarrer von Gudensberg in Niederhessen seine gesamte Habe an die pl¨undernden Truppen → Tillys. 1626 zog A. als Beisitzer des Konsistoriums nach Kassel und 1627 als Superintendent nach K¨othen. C ADB
Angely Angelsprugger, C¨olestin, Zisterzienser, Abt, * Augsburg, † 26. 9. 1783 Kaisheim. Der Sohn eines Lebzelters wurde 1771 zum Abt der Zisterzienserabtei Kaisheim gew¨ahlt und im Auftrag des Generalabts in Ordensangelegenheiten zu K¨onig Ludwig XVI. nach Frankreich gesandt. 1773 wurde er Mitglied der kurpf¨alzischen Akademie der Wissenschaften zu Mannheim. 1774 erhielt er den Titel eines Wirklichen Geheimen Rats. Seit 1779 Generalvikar f¨ur Oberdeutschland, belebte A. die Studien seines Klosters durch den Ausbau der Bibliothek und die Einrichtung einer physikalischen Sammlung sowie eines naturhistorischen Kabinetts. Angelus von Braunschweig, auch A. de Brunsvico, Magister Eggelin(us), Engelinus, kath. Theologe, * Braunschweig, † 1481 Straßburg. A. stammte aus Braunschweig und hieß wohl eigentlich Engel. Er erwarb 1445 in Erfurt die Magisterw¨urde, unterrichtete dort eine Zeitlang am Gymnasium und ging dann als Prediger nach Mainz. Unbekannt ist, ob er einem Orden angeh¨orte oder Weltgeistlicher war. In Mainz soll er sich 1449 im Konflikt zwischen den Dominikanern und → Johann Rucherath auf die Seite des letzteren gestellt haben. Danach begab A. sich nach Straßburg, wo er bis an sein Lebensende blieb. C Wetzer / Welte
Angelus Silesius, eigentl. Johannes Scheffler, Dichter, Kontroversschriftsteller, * 25. 12. 1624 Breslau, † 9. 7. 1677 Breslau. Der Sohn eines in Breslau ans¨assigen wohlhabenden polnischen Adligen besuchte 1636-43 das Breslauer Elisabeth-Gymnasium, wo er durch den Rhetorikprofessor Christoph → Koeler in die Prinzipien der neuen opitzianischen Poetik eingef¨uhrt wurde. 1643 ging er zum Studium der Medizin und des Staatsrechts nach Straßburg, 1644 nach Leiden, 1647 nach Padua, wo er 1648 zum Doktor der Philosophie und der Medizin promoviert wurde. 1649 erhielt er am lutherisch-orthodoxen Herzogshof von Oels (Niederschlesien) eine Anstellung als Hof- und Leibmedicus und fand 1650 Anschluß an den in der N¨ahe wohnenden Landadligen Abraham von → Franckenberg. In dessen Freundeskreis wurde er mit der mystischen Theologie, mit Theosophie und Alchemie in der Nachfolge Jacob → B¨ohmes vertraut. Nach dem Tod Franckenbergs und Streitigkeiten mit dem Hofprediger von Oels wegen Druckverbots f¨ur eine kleine Anthologie mit Mystikertexten gab er sein Hofamt auf, wurde Arzt im katholischen St. Mathias-Stift in Breslau, bekannte sich 1653 o¨ ffentlich zur kath. Kirche und nannte sich fortan Johannes Angelus Silesius, d. h. Gottes Bote aus Schlesien. Kaiser → Ferdinand III. ehrte ihn durch Verleihung des Titels Kaiserlich-k¨oniglicher Hofmedicus. Von der Zensur unangefochten, publizierte er 1657 seine religi¨osen Dichtungen, die ihn ber¨uhmt machten: die Geistreichen Sinn- und Schlußreime, die in f¨unf B¨uchern in Wien erschienen und in der zweiten, um das 6. Buch erweiterten Auflage (1675) den Titel Cherubinischer Wandersmann erhielten, und – als seraphisches Gegenst¨uck zu den Epigrammen – seine Sammlung von Andachtsliedern Heilige Seelenlust Oder Geistliche Hirten-Lieder Der in jhren JESUM verliebten Psyche (mit Melodien von Georg Joseph). Seit der Konversion stellte er sich in den Dienst der Rekatholisierung Schlesiens, die er mit 55 scharfen Streitschriften gegen die Protestanten zu bef¨ordern suchte; 39 dieser Schriften
gab er noch in seinem Todesjahr gesammelt heraus (Ecclesiologia Oder Kirche-Beschreibung, 1677). Seine geistlichen Dichtungen von 1657 sind indes von Konfessionspolemik frei. A. S. beschreitet die beiden traditionellen Wege der mystischen Ann¨aherung an Gott und der Vereinigung mit ihm: den affektiven Weg u¨ ber die Sinne (Heilige Seelenlust), den spekulativen Weg u¨ ber die schlußfolgernde Reflexion (Cherubinischer Wandersmann). Die 1676 Epigramme des Cherubinischen Wandersmann sind eine Anleitung zur scharfsinnigen Gottesspekulation. Sie enthalten, so der Dichter in der Vorrede, viele „seltzame paradoxa“ oder scheinbar „widersinnige Reden“, denen man aber nicht einen „verdammlichen Sinn“ unterstellen d¨urfe; alle seine Aussagen u¨ ber das Wesen Gottes oder die Vereinigung mit Gott seien in der mystischen Theologie seit → Johannes Tauler und Jan Ruusbroec vorgebildet, und der Leser sollte wissen, daß Gott und Mensch „nicht von Natur / sondern auß Genade“ gleich und eins seien. F¨ur die scharfsinnige Rede, die in unvereinbaren Gegens¨atzen concettistisch zum Erfassen eines h¨oheren Sinnzusammenhangs anreizt, fand A. S. in der Zweiteiligkeit des Alexandrinerverses die angemessene schlichte Form f¨ur ein abwechslungsreiches poetisches Spiel, das Rekreation und Andacht verbindet, wie schon der Wiener Zensor, der Dichter Nicolaus → Avancini, feststellte. F¨ur den affektiven Weg in den Liederzyklen bot ihm die mystische Tradition der Jesusminne sowie deren zeitgem¨aße Aktualisierung bei → Spee und → Khuen die Vorbilder; im Zentrum steht die Seele in ihrem Liebesverlangen nach Jesus, in dem die Sch¨onheit Gottes menschliche Gestalt angenommen hat. Hier wie auch in der Sinnlichen Beschreibung der Vier letzten Dinge (1675) wendet A. S. die Imaginations¨ technik der Geistlichen Ubungen des Ignatius von Loyola an, um die Einbildungskraft des Lesers in Bewegung zu setzen. Der Cherubinische Wandersmann hat stets das Interesse der Philosophen (→ Leibniz, → Hegel, → Schopenhauer) und Dichter (Romantiker, G. → Keller, Expressionisten) gefunden, die Lieder der Heiligen Seelenlust wurden in großer Zahl von → Freylinghausen in das Gesangbuch der Hallenser Pietisten u¨ bernommen, einige geh¨oren bis heute zum Liedgut beider Konfessionen. WEITERE WERKE: Bonus Consiliarius. Breslau 1643. – Christliches Ehrenged¨achtniß des Herrn Abraham von Franckenberg. Oels 1652. – K¨ostliche Evangelische Perle. ¨ Glatz 1676 (Ubers.). – S¨amtliche Poetische Werke in 3 B¨anden. Hrsg. v. Hans Ludwig Held. M¨unchen 31949-52. – Cherubinischer Wandersmann. Kritische Ausgabe der Edition von 1675. Hrsg. v. Luise Gn¨adinger. Stuttgart 1984. LITERATUR: Ernst Otto Reichert: Johannes Scheffler als Streittheologe. G¨utersloh 1967. – Hugo F¨ollmi: Czepko und Scheffler. Z¨urich 1968. – Georg Stenger: Ohne Warum. Versuch einer Ph¨anomenologie des Ungrundes im Anschluß an den „Cherubinischen Wandersmann“ von A. S. Essen 1990. Dieter Breuer
Angely, Louis (Jean Jacques), Schauspieler, Schriftsteller, * 31. 1. 1787 Leipzig, † 16. 11. 1835 Berlin. A., der als Sohn eines reformierten Kantors hugenottischer Herkunft in Berlin aufwuchs, ergriff den Beruf eines Schauspielers. Seine ersten Engagements hatte er in Riga, Reval und Mitau, den Hauptst¨adten der deutschen Ostseeprovinzen Rußlands. 1826 wechselte er an das Deutsche Theater in St. Petersburg und ging 1828 als Komiker und Regisseur an das K¨onigst¨adtische Theater in Berlin. 1830 gab A. die Schauspielerei auf und u¨ bernahm ein Wirtshaus. Fortan verfaßte er als B¨uhnenschriftsteller zahlreiche Berliner Volksst¨ucke, darunter Die Schneider-Mamsells (1824) und Das Fest der Handwerker (1834). Dabei nutzte er auch
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Angenendt Elemente des franz¨osischen Vaudeville, die er den speziellen Berliner Verh¨altnissen anpaßte. A. gilt damit als Begr¨under der Berliner Lokalposse.
Angenendt, Erich, Photograph, * 27. 5. 1894 Castrop (heute zu Castrop-Rauxel), † 10. 5. 1962 Dortmund. A., Sohn eines Photographen, erlernte den v¨aterlichen Beruf und erwarb 1913 an der Kunstakademie D¨usseldorf den „Preußischen Kunstschein“. 1914 zur Luftwaffe eingezogen, war er in Fliegerbildabteilungen t¨atig und erarbeitete die erste Bombennachtflugkarte auf photographischer Basis. Nach der Meisterpr¨ufung 1919 wurde A. Mitbegr¨under der Vereinigung photographischer Angestellter im rheinisch-westf¨alischen Industriebezirk und hatte 1920 teil an der Errichtung des photographischen Ateliers Othmer, Angenendt & Co. in Dortmund. 1932 gr¨undete er ein eigenes Photoatelier. Seit 1925 Mitglied der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner (GDL, heute Deutsche Fotografische Akademie), wirkte er nach dem Zweiten Weltkrieg an der Wiedergr¨undung der GDL mit und wurde Vorstandsmitglied, Vorsitzender des Begutachterausschusses sowie Mitglied der Aufnahmekommission. Neben Portrait-, Industrie- und Architekturphotographie widmete sich A. vor allem der Reisephotographie.
Angenheister, Gustav (Heinrich), Meteorologe, Geophysiker, * 26. 2. 1878 Cleve / Niederrhein, † 28. 6. 1945 G¨ottingen. A. studierte Mathematik und Naturwissenschaften in Heidelberg, M¨unchen und Berlin, wo er 1902 mit der Arbeit Beitr¨age zur Kenntnis der Elastici¨at der Metalle zum Dr. phil promoviert wurde. Er arbeitete 1902-04 als Assistent am Physikalischen Institut der Univ. Heidelberg, ging 1905 an das Geophysikalische Institut der Univ. G¨ottingen und war 1906-09 als Observator am Geophysikalischen Observatorium auf Samoa t¨atig. Er habilitierte sich in G¨ottingen f¨ur Geophysik und wurde dort 1911 Privatdozent. 1914-21 lebte A. als Direktor des Geophysikalischen Observatoriums wieder auf Samoa. Er wurde 1921 Observator und 1925 Direktor der Geophysikalischen Abteilung des Geod¨atischen Instituts in Potsdam und 1926 Honorarprofessor in Berlin. Seit 1928 bekleidete er die Stelle des Direktors des Geophysikalischen Instituts in G¨ottingen. Wichtigster Gegenstand seiner Forschungen waren nach seinen Erfahrungen in Samoa die Hauptphase der Erdbeben, die Oberfl¨achenwellen, deren Ausbreitungsgeschwindigkeit und Absorption. A. war seit 1929 ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu G¨ottingen. Er verfaßte u. a. Die erdmagnetischen Beobachtungen im Jahre 1911 (1914) und gab Geophysik (3 Bde., 1928-31) heraus. C G¨ott Gel
Anger, Christian Ernst, luth. Theologe, * 7. 4. 1786 Gr¨anitz bei Freiberg (Sachsen), † 11. 8. 1850 Blankenhain (Th¨uringen). A., Sohn eines Pfarrers, immatrikulierte sich 1804 an der Univ. Leipzig, nahm aber bald ein Theologiestudium in Wittenberg auf, das er 1807 als Magister abschloß. Nach zweij¨ahriger T¨atigkeit als Hauslehrer erhielt er 1810 die Pfarrstelle von Karlsfeld im s¨achsischen Erzgebirge. Dort k¨ummerte er sich um die sozialen Probleme der Bev¨olkerung und f¨orderte den Kartoffelanbau. 1815 u¨ bersiedelte er als Pfarrer nach Weltwitz bei Neustadt / Oder und gr¨undete dort einen „wissenschaftlich-homiletischen Predigerverein“. 1827 wurde A. Ephorus der Di¨ozese und Oberpfarrer der Stadt Blankenhain in Th¨uringen. Er war Verfasser zahlreicher theologischer Abhandlungen und ver¨offentlichte u. a. ein Archiv f¨ur Zeitpredigten. C Neuer Nekr, Jg. 28
Anger, Karl Theodor, Astronom, * 31. 7. 1803 Danzig, † 25. 3. 1858 Danzig. Der Sohn eines infolge der franz¨osischen Belagerung Danzigs verarmten Obersteuerkontrolleurs mußte das Gymna-
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sium aus finanziellen Gr¨unden vorzeitig verlassen und bildete sich autodidaktisch fort. 1823 bezog A. die Univ. K¨onigsberg zum Studium der Mathematik und der Astronomie. Nach der Promotion arbeitete er 1826-31 als Assistent seines Professors Friedrich Wilhelm → Bessel an der dortigen Sternwarte. Er unterst¨utzte ihn u. a. bei der Beobachtung der „Besselschen Zonen“ und der Zusammenstellung des Sternkatalogs. 1831 ging A. auf Wunsch der Naturforschenden Gesellschaft als Astronom nach Danzig, deren Pr¨asident er 1847-55 war. Außerdem unterrichtete er in Danzig an der Navigations- und an der Gewerbeschule, wurde 1836 deren Direktor und 1834 Prof. am Gymnasium. Neben zahlreichen Schriften astronomischen Inhalts verfaßte A. Abhandlungen u¨ ber die Probleme der Perspektive.
Anger, Richard, Beamter, * 8. 1. 1873 Essen, † 28. 2. 1938 Berlin. Nach dem Maschinenbau-Studium trat A. 1900 als Regierungsbaumeister in den Dienst der Reichsbahn, wurde 1913 Regierungs- und Baurat und 1914 Mitglied des EisenbahnZentralamts in Berlin. Im preuß. Ministerium f¨ur o¨ ffentliche Arbeiten avancierte A. 1918 zum Geheimen Baurat und Vortragenden Rat, 1919 zum Ministerialdirektor und Leiter der maschinentechnischen Abteilung. 1920 wechselte er in derselben Funktion ins Reichsverkehrsministerium und wurde 1924 Direktor und Vorstandsmitglied der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft. Seit 1917 war er Mitglied, von 1923 an Pr¨asident des Technischen Oberpr¨ufungsamtes; seit 1919 geh¨orte er der Preußischen Akademie des Bauwesens an. C Leb bekenn Kirche Anger, Rudolf, evang. Theologe, * 2. 6. 1806 Dresden, † 10. 10. 1866 Bad Elster (Sachsen). Der Sohn eines Dresdner Stadtschulrektors begann 1824 in Leipzig ein Studium der Philosophie und der evang. Theologie. A. wurde dort 1829 zum Doktor der Philosophie und 1830 zum Lizentiaten der Theologie promoviert. Nach der 1845 erfolgten Promotion zum Doktor der Theologie wurde er 1846 zum a. o., 1856 zum o. Prof. der Philosophie und der Theologie berufen. Seine Vorlesungen behandelten nahezu alle theologischen F¨acher. Mit seinen Studenten bildete A. in jedem Semester zwei „exegetische Gesellschaften“ zur Auslegung des Alten und des Neuen Testaments. Eine von fr¨uheren Sch¨ulern gegr¨undete Stiftung f¨ur Studierende der Theologie wurde nach ihm „Angerstiftung“ benannt. C ADB Angerer, (Lorenz Ludwig Maximilian) Ernst von, Physiker, * 2. 2. 1881 M¨unchen, † 20. 2. 1951 M¨unchen. A., Sohn des Chirurgen Ottmar von → A., studierte Physik an den Universit¨aten M¨unchen, W¨urzburg und G¨ottingen. Er wurde 1905 bei Wilhelm Conrad → R¨ontgen mit der Dissertation Bolometrische Untersuchungen u¨ ber die Energie der R¨ontgenstrahlen promoviert und arbeitete 1907-11 in M¨unchen als dessen Assistent. 1912 erhielt er den Posten eines Konservators und 1931 den des Hauptkonservators am Physikalischen Institut der TH M¨unchen. A. habilitierte sich dort 1921 mit der Arbeit Experimentelle Beitr¨age zur Ausbreitung des Schalles in der freien Atmosph¨are. Ein registrierendes Saitengalvanometer von großer Registrierungsgeschwindigkeit f¨ur Physik und wurde 1927 a. o. Professor. Er besch¨aftigte sich in seinen Experimenten mit den Kathodenstrahlen und den Spektren von Atomen und Molek¨ulen. Seine Untersuchungen u¨ ber die Schallausbreitung in der freien Atmosph¨are erm¨oglichten die Schallmessung im Ersten Weltkrieg. In seinen sp¨ateren Lebensjahren befaßte sich A. sowohl wissenschaftlich als auch k¨unstlerisch besonders mit der Photographie. Er ver¨offentlichte u. a. Technische Kunstgriffe bei physikalischen Untersuchungen (1924, 14 1966) und Wissenschaftliche Photographie (1931, 71959). C NDB
Angermayer Angerer, Gottfried, Musikdirektor, Dirigent, * 3. 2. 1851 Waldsee bei Friedrichshafen, † 19. 8. 1910 Z¨urich. Nach einer sechsj¨ahrigen T¨atigkeit als Volksschullehrer in W¨urttemberg studierte A. zun¨achst am Stuttgarter Konservatorium. Er wechselte dann an das Hochsche Konservatorium in Frankfurt, wo er u. a. Sch¨uler des Baritons Julius → Stockhausen war. Nach Beendigung seiner Ausbildung war er als Musik- und Gesangslehrer sowie als Leiter von M¨annerch¨oren in Frankfurt und Mannheim t¨atig. 1887 gewann A. die Ausschreibung um die Stelle des Dirigenten des S¨angervereins „Harmonie“ in Z¨urich. Er lehrte bis 1898 an der dortigen Musikschule auch Sologesang und u¨ bernahm 1901 die Leitung der Z¨uricher Musikakademie.
Angerer, Hans, o¨ sterr. Geologe, Politiker, * 9. 11. 1871 Teichl (K¨arnten), † 20. 4. 1944 Klagenfurt. Der aus einer K¨arntner Bauernfamilie stammende A. bezog 1892 die Univ. Wien und studierte dort Geschichte und Geographie. Nach der Promotion unterrichtete er 1898-1935 am Gymnasium in Klagenfurt. Daneben f¨uhrte A. 1902-21 systematische Beobachtungen und Messungen an den Gletschern der Pasterze am Großglockner und der Hochalmgruppe durch. Dabei entwickelte er neue und f¨ur die Gletscherforschung wegweisende Methoden. 1907-33 war er Landtagsabgeordneter in K¨arnten, 1920-28 auch Nationalrat und 1928-32 Landesrat. Im „K¨arntner Abwehrkampf“ nach dem Ersten Weltkrieg stand A. dem Wehrreferat der provinzialen Landesverwaltung vor. Er ver¨offentlichte u. a. Der ¨ realistische Unterricht in Osterreich mit besonderer R¨ucksicht auf die Realschule und vor allem der Realschule zu Klagenfurt (1901) und Gletscherbeobachtungen im AnkogelHochalpenspitzgebiete in den Jahren 1898-1904 (1905).
Angerer, Johann Georg, evang. Theologe, * 21. 9. 1725 Oettingen, † April 1797. A. war nach dem Studium der evang. Theologie zun¨achst als Konrektor in seiner Heimatstadt Oettingen in Schwaben t¨atig. Sp¨ater ging er als Pfarrer nach Bolgheim und nach Holzkirch. Zuletzt wurde er f¨urstlich Oettingenscher Superintendent sowie Konsistorialrat und Pfarrer in Markt Harburg. A. ver¨offentlichte zahlreiche theologische Schriften, eine Abhandlung u¨ ber den Islam, Gedichte und 1748 Versuche zur Bef¨orderung des vern¨unftigen Vergn¨ugens in Schwaben. Angerer, Ottmar Ritter von, Chirurg, * 17. 9. 1850 Geisfeld bei Bamberg, † 12. 1. 1918 M¨unchen. Nach dem Studium der Medizin in W¨urzburg war F., Sohn eines F¨orsters, zun¨achst Assistent bei Wenzel von → Linhart, dann bei Ernst von → Bergmann, bei dem er sich 1879 habilitierte. 1885 wurde er als o. Prof. und Direktor der chirurgischen Poliklinik nach M¨unchen berufen. 1890 trat er dort die Nachfolge von Johann Nepomuk von → Nußbaum als Ordinarius f¨ur Chirurgie an. A. bekleidete ferner die Stelle eines Leibarztes beim Prinzregenten → Luitpold von Bayern und eines Generalarztes a` la suite des Sanit¨atskorps. F¨ur seine Verdienste wurde er 1911 geadelt und 1913 zum Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft f¨ur Chirurgie gew¨ahlt. A. befaßte sich mit der Bek¨ampfung der Wundinfektion und entwickelte zur Heilung „Angerers Sublimatspastillen“. Er f¨orderte die Hirn- und Bauchchirurgie und propagierte das R¨ontgen. V. war der Vater Ernst von → A.s. C NDB
Angermair, Christof, Elfenbeinschnitzer, Bildhauer, Drechsler, * um 1580 Weilheim (Oberbayern), † Mai / Juni 1633 M¨unchen. Der einer alteingesessenen Weilheimer Goldschmiedefamilie entstammende A. empfing seine k¨unstlerische Ausbildung bei dem Weilheimer Bildhauer und Elfenbeinschnitzer Hans Dengler, ging auf Wanderschaft, arbeitete in M¨unchen, Innsbruck und 1611 nachweislich in Augsburg. 1612 wurde er
von Kurf¨urst → Maximilian I. nach M¨unchen gerufen, 1618 zum Hofdrechsler ernannt und 1631 auf eigenen Wunsch und unter Verleihung eines Gnadengehalts aus Hofdiensten entlassen. 1622 erwarb A. das M¨unchner B¨urger- und Meisterrecht und war bis zu seinem Tode Vorsteher der Zunft. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen vier zum Teil zusammen mit anderen K¨unstlern f¨ur den M¨unchner kurf¨urstlichen Hof angefertigte Elfenbeinschreine (heute im Bayerischen Nationalmuseum). An dem dazu geh¨orenden M¨unzschrein arbeitete A. 1618-24. Auch der Pommersche Kunstschrank entstand unter A.s Mitwirkung. Als einer der reichsten M¨anner der Stadt seit 1622 B¨urger und Meister in M¨unchen, schuf A. u. a. Brunnenfiguren und Ausstattungen f¨ur das M¨unchner Rathaus und f¨ur s¨uddeutsche Kirchen. 1621 lieferte er vier Kaiserb¨usten f¨ur den Goldenen Saal des Augsburger Rathauses. C AKL
Angermann, Erich, Historiker, * 2. 3. 1927 Chemnitz, † 10. 11. 1992 Herrsching / Ammersee. A. wurde 1952 in M¨unchen mit einer Arbeit u¨ ber Karl → Mathy promoviert, habilitierte sich 1961 und ging 1963 als o. Prof. nach K¨oln. Er besch¨aftigte sich mit neuerer Geschichte mit besonderer Ber¨ucksichtigung der angloamerikanischen Geschichte. A. war seit 1971 Mitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, seit 1984 Ehrenmitglied der New York Academy for the Humanities and Sciences. Er ver¨offentlichte u. a. Der Aufstieg der Vereinigten Staaten von Amerika (2 Bde., 1959 / 60, 31970), Robert von Mohl (1962), Die Vereinigten Staaten von Amerika (1966, 91995), Abraham Lincoln und die Erneuerung der nationalen Identit¨at der Vereinigten Staaten von Amerika (1984) und Die Vereinigten Staaten von Amerika als Weltmacht (1987). C Historikerlex Angermann, Franz Georg, P¨adagoge, * 1. 12. 1886 M¨unchen, † 26. 6. 1939 M¨unchen. A., Sohn eines Brauereibesitzers, studierte 1907-10 in M¨unchen, 1910-14 in Straßburg Philosophie, Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete er zusammen mit Eduard Weitsch an der Erneuerung der freien Volksbildung. 1920-24 unterrichtete er an der Heimvolkshochschule Dreißigacker bei Meiningen. 1924-26 leitete A. die Dr.-Arthur-Pfungst-Stiftung in Frankfurt / Main und bis zu ihrer Aufl¨osung durch die Nationalsozialisten 1933 die Heimvolkshochschule Schloß Sachsenburg bei Chemnitz. Zusammen mit Weitsch entwickelte er eine Methode des Unterrichts in freien Arbeitsgemeinschaften. Beider Hauptziel war die Schaffung einer auf dem Geist der deutschen Klassik basierenden, konfessionell und politisch unabh¨angigen Erwachsenenbildung. C NDB
Angermayer, Fred, o¨ sterr. Schriftsteller, * 7. 12. 1889 Mauthausen (Ober¨osterreich), † 21. 7. 1951 Wien. Der einer Weinbauern- und Gastwirtsfamilie entstammende A. verbrachte nach der Matura einige Zeit in Großbritannien und Frankreich, kehrte 1914 bei Kriegsausbruch zur¨uck und trat in ein Linzer Landwehrregiment ein. Nach Kriegsende war A. zun¨achst kurze Zeit als Dramaturg am Theater in Br¨unn t¨atig. 1920 begann er seine Laufbahn als freier Schriftsteller und u¨ bersiedelte 1921 nach Berlin. A. war Mitglied des PEN-Clubs und geh¨orte den Vorst¨anden des Verbands der deutscher B¨uhnenschriftsteller und des Verbands der deutschen Rundfunkkritiker an. Er war Mitglied des B¨uhnen- und Film-Klubs und wurde von Joseph → Goebbels in den „Dichterkreis“ berufen. Neben Gedichten schrieb A. vor allem dramatische Theaterst¨ucke (u. a. das vielfach aufgef¨uhrte Flieg, roter Adler von Tirol, 1929 / 30) sowie Kom¨odien und Volksst¨ucke f¨ur B¨uhne und Film.
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Angern Angern, Ferdinand Ludwig Friedrich Frh. von, Politiker, * 1757 Magdeburg, † 8. 2. 1826 Gut S¨ulldorf bei Magdeburg. A. begann seine T¨atigkeit im Staatsdienst 1777 bei der Magdeburger Kriegs- und Dom¨anenkammer. Er wechselte 1782 in das Hauptbrennholzcomptoir in Berlin und wurde 1785 dessen Direktor. 1794 avancierte er zum geheimen Oberfinanzrat und 1796 zum Pr¨asidenten der magdeburgischen Kammer. 1803 wurde er mit der Verwaltung der beim Reichsdeputationshauptschluß an Preußen gefallenen Provinzen betraut und erhielt den Titel eines wirklichen geheimen Staats-, Kriegs- und dirigierenden Ministers im Generaldirektorium. Nach der Pensionierung lebte A. auf seinem Gut S¨ulldorf bei Magdeburg. C ADB Angerstein, Eduard Ferdinand, Mediziner, * 1. 9. 1830 Berlin, † 23. 7. 1896 Berlin. Der Sohn eines Berliner Apothekers beendete das Medizinstudium in seiner Heimatstadt 1854 mit einer Dissertation u¨ ber Heilgymnastik (De principiis kinesitherapiae et curatione scoliosis kinesitherapeutica). 1856 er¨offnete A. eine Praxis in Berlin, widmete sich jedoch in erster Linie der F¨orderung des Turnens in den Schulen und Vereinen. Zu diesem Zweck gr¨undete er 1857 eine Turnanstalt und wurde 1864 Oberturnwart des Berliner Schulturnwesens. Zugunsten des Schulturnens veranstaltete A. Ausbildungskurse f¨ur Lehrer (seit 1857) und Lehrerinnen (seit 1866). Er beteiligte sich an der Gr¨undung der Deutschen Turnerschaft (1868) und des Deutschen Turnlehrervereins (1893), dessen erster Vorsitzender er wurde. Als ein Gegner der „schwedischen Gymnastik“ propagierte er Leibes¨ubungen nach der Methode des „Turnvaters“ Friedrich Ludwig → Jahn. 1890 wurde A. in Anerkennung seiner Verdienste zum Prof. der Medizin ernannt. Er ver¨offentlichte u. a. Hausgymnastik f¨ur Gesunde und Kranke (1887, mit G. Eckler). Angilbert, Hofkapellan, Dichter, * um 750, † 18. 2. 814. A. wuchs, aus vornehmer Familie stammend, als Sch¨uler → Alkuins am fr¨ankischen Hof auf. Er war Freund und politischer Berater → Karls des Großen und hatte mit dessen Tochter Bertha zwei uneheliche S¨ohne, Hartnit und den Geschichtsschreiber → Nithard. 782 begleitete A. → Pippin, den zum K¨onig von Italien erhobenen vierj¨ahrigen Sohn Karls, in sein neues Reich. 792, 794 und 796 wurde er von Karl mit wichtigen Botschaften zum Papst entsandt. 800 nahm A. in Rom an der Kr¨onung Karls teil. 811 unterzeichnete er als Zeuge die Bestimmungen Karls u¨ ber sein Verm¨achtnis an die Kirche. 790 verlieh ihm Karl das Kloster Centula (St. Riquier bei Amiens) als Laienabt, das er erweiterte und großz¨ugig ausstattete. Dessen M¨onche verehrten A. sp¨ater als Heiligen. Er lebte haupts¨achlich in Aachen und war Mitglied der Hofakademie, in der er seiner Gedichte wegen Homer genannt wurde. Unsicher ist seine Urheberschaft des in Bruchst¨ucken erhaltenen Gedichts Carolus Magnus et Leo papa. C VL
Angler, Gabriel, Maler, * um 1405 M¨unchen, † 1462 (?) M¨unchen. Nach seiner Lehrzeit in M¨unchen und einer Wanderschaft war A., Sohn eines Plattners und Harnischmachers, abgesehen von kurzen Unterbrechungen, seit 1431 in M¨unchen t¨atig. Dort erhielt er Auftr¨age des bayerischen Herzogshauses und wurde 1434 zum ersten M¨unchner Stadtmaler ernannt. Im Auftrag der Stadt M¨unchen schuf A. 1434-37 den 1620 entfernten und seitdem verschollenen Retabelaltar f¨ur den Hauptchor der M¨unchner Frauenkirche. A. gab in seinen Gem¨alden die fr¨uhgotische Fl¨achenprojektion und die einheitlich stilisierten Bildgr¨unde auf. In seinen f¨ur das Kloster Polling in Oberbayern geschaffenen Altarbildern verlieh er den dargestellten Heiligen, Tieren und Pflanzen realisti-
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sche und individuelle Z¨uge. Weitere Werke A.s sind die sogenannte Lettnerkreuzigung (1439 / 40) und der Quirinaltar (1444 / 45) f¨ur das Kloster Tegernsee. 1449 erwarb er ein stattliches Patrizierhaus auf dem Weinmarkt (heute Marienplatz) in M¨unchen. 1460 und 1462 wurde A. von der M¨unchner Malerzunft zu ihrem Vorsteher gew¨ahlt. C AKL
Angst, Wolfgang, Humanist, Korrektor, * um 1485 Kaysersberg (Elsaß), † Fr¨uhjahr 1523 Hagenau (Elsaß). A. schloß schon in seiner Jugend eine lebenslange Freundschaft mit dem Humanisten Ulrich von → Hutten und stand in engem Kontakt zu → Erasmus von Rotterdam und Johannes → Reuchlin. Nach dem Studium in Frankfurt / Oder (1506 / 07) wirkte er in dortigen Druckereien als Korrektor. 1510 war A. in Straßburg und 1514 / 15 bei Heinrich → Gran in Hagenau t¨atig, bei dem auch der erste, von → Crotus Rubeanus verfaßte Teil der Epistulae obscurorum virorum erschien. Im zweiten, von Hutten stammenden Teil wird A.s Korrektorent¨atigkeit erw¨ahnt. 1517-18 gab A. bei Johann → Froben in Basel einige Werke des Erasmus heraus. 1519 besorgte er, unterst¨utzt von N. Karbach, bei J. Sch¨offer in Mainz die Drucklegung der Huttenschen Livius-Ausgabe. Im selben Jahr betreute er den Druck von Huttens Schrift De Guaiaci medicina et morbo gallico. Hutten nannte A. einen der besten humanistischen Korrektoren in Deutschland und lobte seine Eloquenz. C NDB Angstmann, Kurt, Politiker, * 30. 7. 1915 Mannheim, † 12. 2. 1978 Heidelberg. Der einer Arbeiterfamilie entstammende A. absolvierte nach dem Abitur eine H¨ohere Handelsschule und eine kaufm¨annische Lehre, besuchte ein Lehrerseminar, war seit 1946 im Schuldienst und seit 1956 als Dozent an der Staatlichen Ingenieurschule in Mannheim t¨atig. Wegen seiner sozialdemo¨ kratischen Uberzeugung wurde er von den Nationalsozialisten verfolgt. 1946-72 geh¨orte A. als Mitglied der SPD dem Baden-W¨urttembergischen Landtag an, war Vorsitzender des Finanzausschusses und 1966-68 Finanzminister im CDU-SPD-Kabinett des Ministerpr¨asidenten Hans Filbinger. A. war Gr¨undungs- und Vorstandsmitglied der Gesellschaft zur Wahrung der Grundrechte Mannheim-Heidelberg. C Munzinger Anhalt, Friedrich Reichsgraf von, Milit¨ar, * 21. 5. 1732 Kleckewitz (Anhalt), † 2. 5. 1794 St. Petersburg. A., der der heimlichen Ehe des Erbprinzen Wilhelm Gustav von Anhalt-Dessau mit einer Bauerntochter entstammte, wurde mit seinen Geschwistern vom Kaiser in den Reichsgrafenstand erhoben. Er trat 1747 in preuß. Dienste. 1752 avancierte er zum Fl¨ugeladjutanten → Friedrichs II., 1757 zum Generaladjutanten des Prinzen → Heinrich von Preußen. Im Siebenj¨ahrigen Krieg geriet A. in o¨ sterr. Gefangenschaft; nach seiner R¨uckkehr erwarb er sich in der Schlacht von Zorndorf den Orden Pour le m´erite. 1777 trat A. als Generalleutnant in s¨achsische, 1783 in russische Dienste und nahm an den Feldz¨ugen gegen die T¨urken (1787) und gegen die Schweden (1788) teil. Er war Generaladjutant der Kaiserin → Katharina II., Generaldirektor des adligen Kadettenkorps und seit 1788 Pr¨asident der „Freien o¨ konomischen Soziet¨at“ in St. Petersburg. C Priesdorff, Bd 2
Anhalt, Heinrich Wilhelm von, Milit¨ar, * 4. 12. 1734 Capelle bei Radegast (Anhalt), † 12. 2. 1801 Ziesar (Brandenburg). Der uneheliche Sohn des Erbprinzen Wilhelm Gustav von Anhalt-Dessau und der Tochter eines Superintendenten trat 1753 unter dem Namen Wilhelmi als Offizier in das Regiment seines Onkels Prinz Moritz von → Anhalt-Dessau ein. 1761 wurde er von → Friedrich II. von Preußen in den Adelsstand erhoben und avancierte zum Kapit¨an, Fl¨ugeladjutanten und Quartiermeister. Nach der Schlacht von Neustadt 1761
Anich erhielt A. den Orden Pour le m´erite und avancierte in den folgenden Jahren zum Generalleutnant und Generalinspekteur der Infanterie in Ost- und Westpreußen. 1786 erhielt A. mit der Verleihung des Schwarzen Adlerordens seinen Abschied und wurde 1798 noch zum General der Infanterie bef¨ordert. C Priesdorff, Bd 2
Anhalt, Leopold Ludwig Reichsgraf von, Milit¨ar, * 1729, † 1795 Liegnitz (Schlesien) (?). A. trat wie sein Bruder Friedrich von → A. in preuß. Dienste. Er wurde 1757 in der Schlacht von Prag schwer verwundet. 1759 geriet er in o¨ sterr. Gefangenschaft, wurde aber auf Ehrenwort nach Dessau entlassen. Er avancierte zum General der Infanterie, zum Generalinspekteur der niederschlesischen Infanterie in Liegnitz ernannt und erhielt den Schwarzen Adlerorden. C ADB
Anhalt-Dessau, Moritz Prinz von, Milit¨ar, * 31. 10. 1712 Dessau, † 11. 4. 1760 Dessau. Der Sohn des F¨ursten → Leopold von Anhalt-Dessau und der Anna Louise F¨ose begann seine milit¨arische Laufbahn in Preußen 1723 als Adjutant seines Vaters. Er nahm 1734 am Feldzug am Rhein teil, avancierte bis 1745 zum Generalleutnant und erhielt beim Friedensschluß in Dresden den Schwarzen Adlerorden. 1752 wurde er Gouverneur von K¨ustrin und erhielt 1757 auf dem Schlachtfeld von Leuthen seine Ernennung zum Generalfeldmarschall. 1758 wurde er bei Hochkirch schwer verwundet und geriet in o¨ sterr. Gefangenschaft. C Priesdorff, Bd 1 Anhalt-Zerbst, Anton G¨unther F¨urst von, Milit¨ar, * 11. 11. 1653, † 10. 12. 1714 Zerbst. Nach der u¨ blichen, 1669-72 mit einer Kavalierstour abgeschlossenen f¨urstlichen Erziehung trat A. 1674 in holl¨andische Kriegsdienste. 1678-82 unternahm er eine Reise durch Europa und beteiligte sich 1683 an der Verteidigung Wiens gegen die T¨urken. 1689 k¨ampfte er in kaiserlichem Dienst gegen die Franzosen, wechselte in kurbrandenburgische Dienste und erhielt das Kommando u¨ ber das den Holl¨andern u¨ berlassene „Bataillon Anhalt-Zerbst“ in Brabant. Er k¨ampfte in zahlreichen Schlachten gegen die Franzosen und wurde zweimal schwer verwundet. Nach dem Frieden von Rijswijk (1697) kehrte er nach Brandenburg zur¨uck, wurde 1701 bei Ausbruch des Spanischen Erbfolgekriegs an den Niederrhein beordert und 1705 auf eigenen Wunsch aus der Armee entlassen. Anhalt-Zerbst, Friederike Auguste Sophie F¨urstin von, geb. Prinzessin von Anhalt-Bernburg, * 28. 8. 1744, † 12. 4. 1827 Jever. A.-Z. heiratete 1764 den F¨ursten Friedrich August von Anhalt-Zerbst, den Bruder der Kaiserin → Katharina II. Wegen dessen Abneigung gegen die Residenzstadt Zerbst zogen sie 1765 nach Basel, um dort inkognito und ohne jeden a¨ ußeren Aufwand zu leben. Als der F¨urst wegen Streitigkeiten mit dem Magistrat der Stadt 1780 nach Luxemburg weiterzog, weigerte A.-Z. sich, ihm zu folgen. Ihre Forderung, endlich im eigenen Land Wohnsitz zu nehmen, lehnte er ab. Sie blieb in Basel, k¨ummerte sich aber von dort um die sozialen Probleme in Anhalt-Zerbst. 1791 u¨ bersiedelte sie in das als oldenburgisches Erbe Rußland unterstehende Jever. Nach dem Tod des F¨ursten wurde sie von ihrer Schw¨agerin Katharina zur Administratorin der Herrschaft Jever ernannt, die sie bis zum Tilsiter Frieden (1807) regierte. Dort und in ihrem Witwensitz Coswig machte sie sich um die Armenf¨ursorge, das Bildungs- und das Gesundheitswesen verdient. C Neuer Nekr, Jg. 5 Anheisser, (Carl Maximilian) Roland, auch Anheißer, Maler, Schriftsteller, Botaniker, * 18. 12. 1877 D¨usseldorf, † 16. 3. 1949 Jugenheim / Bergstraße. Der Sohn eines K¨olner Großkaufmanns durchlief zun¨achst eine G¨artnerlehre, studierte in Bonn und Jena Botanik und
Zoologie, besuchte die Kunstgewerbeschule in Basel, die TH Darmstadt und die Kunstakademie in Karlsruhe. Nach der Promotion 1899 in Jena (Ueber die aruncoide Blattspreite) war A. dort und in Basel als Assistent an Botanischen Instituten besch¨aftigt. 1898 / 99 nahm er an der deutschen Tiefseexpedition „Valdivia“ teil und schuf die Illustrationen zu den dabei entstandenen wissenschaftlichen Berichten. Mit seinen Zeichnungen f¨ur botanische Lehrb¨ucher und Mappen gelang A. der f¨ur den Jugendstil bedeutsame Br¨uckenschlag von der Naturwissenschaft zum Kunstgewerbe. 1904 bildete er sich an der Akademie Karlsruhe in Graphik fort. 1909-12 unterrichtete er als Universit¨atszeichenlehrer in Jena. Sp¨ater verlegte sich A. vor allem auf die Landschafts- und Architekturmalerei, ver¨offentlichte zahlreiche Werke zur Architekturgeschichte des deutschsprachigen Raums (u. a. Mein K¨oln, 1926), der Niederlande und Belgiens und engagierte sich f¨ur den Denkmalschutz. C AKL
Anholt, Johann Jakob Graf von, Heerf¨uhrer, * um 1580 Anholt (?), † 18. 10. 1630 Freiburg / Breisgau. A., Sohn eines Freiherrn von Bronckhorst-Batenburg Graf zu Anholt, trat 1603 in das spanisch-burgundische Heer unter Erzherzog → Albrecht ein. 1609 wechselte er als ¨ Oberst in die Dienste Erzherzog → Leopolds von OsterreichTirol und wurde zum Geheimen Rat, Großhofmeister und Oberstk¨ammerer ernannt. Als Repr¨asentant der rheinischen Ligast¨ande wurde A. 1619 Vizekommandeur ihrer Truppen. 1622 avancierte er zum Feldmarschall und k¨ampfte mit Matthias → Gallas als zweitem Offizier u. a. gegen → Mansfeld und → Christian von D¨anemark. 1629 ging A. mit Gallas in das Lager → Wallensteins u¨ ber. Dort war er rang¨altester Feldmarschall, f¨uhrte das Kommando u¨ ber die els¨assischen und schw¨abischen Truppen und wurde 1629 Landvogt der vorder¨osterreichischen Lande. C NDB
Anhorn, Bartholom¨aus, schweizer. reformierter Theologe, Politiker, * 1. 7. 1566 Fl¨asch (Kt. Graub¨unden), † 1640 Gais (Kt. Appenzell). A., der Sohn eines S¨ackelmeisters, wurde nach dem Studium der Theologie in Chur und Z¨urich in die b¨undnerische reformierte Synode aufgenommen. 1587-97 versah er das Pfarramt in seinem Geburtsort Fl¨asch, bis 1621 in Maienfeld. A. nahm aktiven Anteil an der Reformation in den „Vier D¨orfern“; er wirkte an dem Zustandekommen der Landesreform und des B¨undnisses mit Venedig (1603) mit, mußte 1621 bei der Invasion der Habsburger in die Eidgenossenschaft fliehen und verließ 1622 endg¨ultig seine Heimat. 1623 wurde er Pfarrer von Speicher, danach von Gais. A. bet¨atigte sich als Geschichtsschreiber und verfaßte u. a. den in Form eines Tagebuchs geschriebenen und erst 1873 herausgegebenen Graw-P¨unter-Krieg. C NDB
Anich, Peter, o¨ sterr. Mathematiker, Kartograph, * 22. 2. 1723 Oberperfuß bei Innsbruck, † 1. 9. 1766 Innsbruck. A. arbeitete zun¨achst wie sein Vater als Bauer und Drechsler. Mit 28 Jahren begann er, sich bei dem Innsbrucker Jesuitenpater und Professor der Mathematik Ignaz von Weinhart in Astronomie, Mathematik und Feldmeßkunde ausbilden zu lassen. Schon bald konstruierte A. einen großen Himmelsglobus, der mit Hilfe einer selbstgefertigten Uhr zu bewegen war. Er baute einen Erdglobus und zeichnete mehrere Landkarten. Dadurch bekannt geworden, erhielt A. den offiziellen Auftrag, die schon von dem Kartographen Josef von Spergs begonnene trigonometrische Vermessung und Kartographierung Tirols fortzusetzen. Als Helfer diente ihm dabei Blasius → Hueber, ebenfalls ein Bauernsohn aus seinem Heimatdorf. Er setzte A.s Werk fort, als dieser an der Malaria starb, die er sich bei Vermessungsarbeiten in S¨udtirol zugezogen hatte. Ihre Tiroler Landkarte galt wegen ihrer Exaktheit damals als
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Ani`eres vorbildlich und wurde erst um 1840 von der Spezialkarte des o¨ sterr. Generalstabs abgel¨ost. A.s Atlas Tyrolensis erschien 1774 (Nachdr. 1974, 1981, 1986). C Pollak
Ani`eres, Friedrich Benjamin von, eigentl. F. B. Loriol de la Grivilli`ere d’Ani`eres, Jurist, * 1736 Berlin, † 1798 (?) Berlin. A. entstammte einer adligen, seit Anfang des 18. Jh. in Berlin ans¨assigen Hugenottenfamilie. Das Studium der Rechtswissenschaften in Halle schloß er mit der Promotion ab. Im preuß. Staatsdienst avancierte er zum Geheimen Revisionsund Oberregie-Gerichtsrat, zum Mitglied der Jurisdiktionskommission und zum Justitiar. Außerdem bekleidete er bis 1798 die Stelle des Generalfiskals. A. war Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Er ver¨offentlichte u. a. einen Versuch einer Anleitung zur praktischen Kenntnis derer in Accise-, Contrebande- und Zollsachen f¨ur die Kur- und Neumark ergangenen Landesgesetze (1783).
Anker, Albert, eigentl. Samuel Albrecht A., schweizer. Maler, * 1. 4. 1831 Ins bei Bern, † 16. 7. 1910 Ins bei Bern. A. studierte in Bern und in Halle / Saale protestantische Theologie. Auf Reisen nach Paris, Dresden und M¨unchen kam er mit der Malerei in Ber¨uhrung und war schon Kandidat der Theologie, als er sich f¨ur eine k¨unstlerische Laufbahn entschied. 1855 begann er in Paris ein Studium an ´ der Ecole des Beaux-Arts und stellte 1859 erstmals im Salon aus. 1870 kehrte A. in die Schweiz zur¨uck, unternahm einige Reisen nach Italien und hielt sich h¨aufig in Paris auf. 1866-92 arbeitete er f¨ur die Pariser Fayencemanufaktur Deck. In Gem¨alden wie Die Strickschule (1860) verlegte er sich vor allem auf die Genremalerei, Darstellungen aus dem b¨auerlichen Alltag und Stilleben. In seiner Sp¨atzeit schuf A. impressionistisch angehauchte Naturstudien in Aquarelltechnik und Portr¨ats. A. illustrierte Erz¨ahlungen von Jeremias → Gotthelf. C AKL
Anker, Alfons, Architekt, * 1. 12. 1872 Berlin, † 14. 12. 1958 Stockholm. Nach dem Studium der Architektur und der technischen Volkswirtschaft, einer Lehre im Baugewerbe und einer Besch¨aftigung am Berliner Hochbauamt er¨offnete A. in Berlin 1905 ein Architekturb¨uro. 1919 wurde er Assistent, dann technischer Direktor an der TH Berlin, leitete den Bau der ersten deutschen Lehmbausiedlung, wurde 1920 Mitglied des Bundes Deutscher Architekten und gr¨undete 1923 die Architektengemeinschaft Gebr¨uder Luckhardt & Anker. In Berlin entwarf A. u. a. die Villenkolonie in der Schorlemmerallee in Dahlem und eine Neubebauung des Alexanderplatzes. 1930 erhielt er Lehrauftr¨age an der TH Berlin-Charlottenburg und in Weimar. 1939 emigrierte er nach Schweden und gr¨undete 1940, nach der Verleihung der schwedischen Staatsb¨urgerschaft, das Institut Utlandspublikation. C AKL
Anker, Matthias Joseph, o¨ sterr. Mineraloge, Chirurg, * 6. 5. 1771 Graz, † 3. 4. 1843 Graz. A. erwarb nach naturwissenschaftlichen und medizinischen Studien 1793 in Wien den Magister der Chirurgie. Er praktizierte zun¨achst in Stainz und u¨ bernahm 1807 von seinem Vater die Stelle des Kreiswundarztes von Graz. Daneben besch¨aftigte er sich mit den Naturwissenschaften, vor allem mit der Mineralogie. A. gab seinen Arztberuf auf und wurde 1811 Mitarbeiter des Professors der Mineralogie am Joanneum Friedrich → Mohs. 1818 wurde er dessen Nachfolger im Lehramt und folgte ihm auch im Amt des Kustos der mineralogischen Sammlung im 1811 gegr¨undeten Grazer Landesmuseum. A. legte 1828 / 29 einen neuen Sammlungskatalog an und f¨uhrte die Neuordnung der Best¨ande nach dem System von Mohs durch. Daneben ver¨offfentlichte er u. a. 1835 eine Analyse des sp¨ater nach ihm benannten Mi-
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nerals Ankerit. A. wurde 1839 emeritiert, blieb aber bis zu seinem Tod Direktor der mineralogischen Sammlung.
Ankermuller, ¨ Willi, Politiker, Jurist, * 18. 3. 1901 Bad Neustadt / Saale, † 7. 7. 1986 Pullach. A. studierte in W¨urzburg Rechts- und Staatswissenschaften und wurde 1925 mit der Arbeit Die verm¨ogensrechtliche Stellung der Religi¨osen und ihrer Niederlassungen nach dem Codex Juris Canonici zum Doktor beider Rechte promoviert. Er wirkte als Amtsvormund und Gesch¨aftsf¨uhrer des St¨adtischen Jugendamtes in Schweinfurt und ließ sich dort 1928 als Rechtsanwalt nieder. Vor 1933 war er Mitglied der Bayerischen Volkspartei. 1933 wurde er in „Schutzhaft“ genommen und bei Kriegsbeginn zur Wehrmacht eingezogen. 1945 geh¨orte er als Landrat von Hofheim (Unterfranken) zu den Begr¨undern der CSU. 1946 wurde er Landrat in Bad Neustadt / Saale und Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung, 1947 Staatssekret¨ar im bayerischen Innenministerium und 1947-50 bayerischer Innenminister. 1949 geh¨orte A. dem Bundesrat an, seit 1950 dem Bayerischen Landtag. Er war Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Ankershofen, Gottlieb Frh. von, o¨ sterr. Historiker, * 22. 8. 1795 Klagenfurt, † 6. 3. 1860 Klagenfurt. Der Sohn eines Rats der K¨arntner Landeshauptmannschaft wurde von dem Historiker Ambros → Eichhorn f¨ur die Besch¨aftigung mit der K¨arntner Landesgeschichte gewonnen. 1812 begann er jedoch auf Wunsch seiner Eltern ein Jurastudium in Graz, trat 1830 in den Staatsdienst und avancierte bis zum Appellationssekret¨ar. 1841-59 erschien sein Handbuch der Geschichte K¨arntens. Er war Mitbegr¨under des Historischen Provinzialvereins f¨ur K¨arnten, leitete 1849-60 auch das Archiv f¨ur vaterl¨andische Geschichte und Topographie und hatte seit 1853 die Stelle des Konservators f¨ur K¨arnten inne. Ankwicz von Kleehoven, Hans, o¨ sterr. Bibliothekar, * 29. 9. 1883 B¨oheimkirchen (Nieder¨osterreich), † 1. 10. 1962 Wien. A. v. K., Sohn eines k. k. Hofrats, studierte Geschichte und Kunstgeschichte in Wien und Berlin und wurde 1906 in Wien zum Dr. phil. promoviert. 1905-07 war er ordentliches Mitglied des k. k. Instituts f¨ur o¨ sterr. Geschichtsforschung. Nach der Staatspr¨ufung 1907 wurde er Bibliothekar und Archivar im Unterrichtsministerium, 1915 Kustosadjunkt und ¨ war 1925-39 Bibliotheksdirektor des Osterreichischen Museums f¨ur Kunst und Industrie in Wien. 1935 erfolgte seine Ernennung zum Hofrat. 1945 wurde er als Bibliotheksdirektor an der Akademie der bildenden K¨unste reaktiviert, war seit 1947 Generalstaatsbibliothekar und trat 1950 in den Ruhestand. A. v. K. war u. a. Mitarbeiter und Chefredakteur des ¨ „Osterreichischen Jahrbuchs f¨ur Exlibris und Gebrauchsgraphik“ und verfaßte kunst- und kulturgeschichtliche Monographien (u. a. Der Wiener Humanist Johannes Cuspinian, 1959).
Anna, deutsche K¨onigin, eigentl. Gertrud, † 1281 Wien. Die Tochter des Grafen von Hohenberg heiratete 1241 Graf → Rudolf IV. von Habsburg. Bei der Kr¨onung in Aachen 1273 nahm sie den Namen A. an. Sie brachte Rudolf Besitzungen im Elsaß ein und pflegte gute Beziehungen zur Schweiz, vor allem zu Rheinfelden und Basel, wo sie begraben zu werden w¨unschte. 1770 wurden A.s Gebeine vom Basler M¨unster in die Kapuzinergruft in Wien umgebettet. Einer ihrer S¨ohne war der sp¨atere K¨onig → Albrecht I. Anna von der Pfalz, deutsche und b¨ohmische K¨onigin, * 26. 9. 1329, † 2. 2. 1353 Prag. A. war Tochter des Pfalzgrafen bei Rhein und Kurf¨ursten → Rudolf II., wurde 1349 nach dem Tod Blankas von Frankreich die zweite Gemahlin Kaiser → Karls IV. und von Erz-
Anna bischof → Balduin von Trier in Aachen zur deutschen K¨onigin gekr¨ont. Die geplante und 1351 auch von den branden¨ burgischen Wittelsbachern gebilligte Ubernahme der Pfalz durch Karl IV. ohne Kurstimme scheiterte am fr¨uhen Tod A.s und ihres gemeinsamen Sohnes → Wenzel. Die Mitgift ¨ A.s und die Ubernahme der Schulden Rudolfs II. von der Pfalz erm¨oglichten Karl IV. seine Erwerbungen in der Oberpfalz. C LexMA
die Mitsprache eines st¨andischen, mit den erbberechtigten Wettinern verb¨undeten Regentschaftsrats unter Ludwig von Boyneburg hinzunehmen; es gelang ihr jedoch, die Uneinigkeit der Wettiner untereinander zur Wahrung ihrer Anspr¨uche dem Kaiser gegen¨uber zu nutzen. A. behielt auch nach der M¨undigkeitserkl¨arung ihres Sohnes → Philipp (1518) vorerst die Regierungsgewalt und wahrte bis an ihr Lebensende ihren politischen Einfluß. C NDB
Anna von Schweidnitz und Jauer, deutsche und b¨ohmische Kaiserin, * um 1339, † 11. 7. 1362. A., Tochter des Herzogs Heinrich II. von Schweidnitz und der Katharina von Ungarn, wuchs am ungarischen Hof in Ofen auf. Als Erbin der letzten von B¨ohmen noch unabh¨angigen schlesischen Herzogt¨umer wurde sie von Kaiser → Karl IV. 1350 mit → Wenzel, seinem elf Monate alten Sohn mit → Anna von der Pfalz, verlobt. Die nach beider Tod 1353 erfolgte Heirat Karls IV. mit A. brachte ihr und ¨ ihren Nachkommen die Uberschreibung der Herzogt¨umer Schweidnitz und Jauer durch ihren Onkel → Bolko II., nach dessen Tod 1368 damit ganz Schlesien an B¨ohmen fiel. A. wurde Ostern 1355 in Rom zusammen mit Karl IV. zur r¨omischen Kaiserin gekr¨ont. Auf politische Entscheidungen nahm sie kaum Einfluß, war zuweilen auf Reichstagen anwesend, besaß das „Recht der Ersten Bitte“ sowie der Z¨ahlung eigener Regierungsjahre und unterzeichnete gemeinsam mit dem Kaiser Urkunden. A.s Sohn → Wenzel wurde K¨onig von B¨ohmen und deutscher K¨onig. C LexMA
Anna, Prinzessin von Hessen, * 17. 5. 1836 Berlin, † 12. 6. 1918 Frankfurt / Main. A. war eine Tochter des Prinzen → Karl von Preußen, Enkelin K¨onig → Friedrich Wilhelms III. und der K¨onigin → Luise. 1852 heiratete sie den Prinzen → Friedrich Wilhelm von Hessen, der seinen Anspruch auf die Kurf¨urstenw¨urde 1866 durch die Annexion seines Landes durch Preußen verlor. Nach dessen Tod 1884 lebte A. vor allem in Frankfurt / Main und auf Schloß Adolphseck. Seit einer Begegnung mit dem Bischof Wilhelm Emmanuel von → Ketteler in Mainz (1866) stand sie in enger Beziehung zum Katholizismus. Nach ihrer Konversion 1901 wurde sie von ihrem Neffen, Kaiser → Wilhelm II., aus dem Hause Hohenzollern verstoßen. A. besuchte zweimal Papst Leo XIII. in Rom und geh¨orte als Schwester Elisabeth dem III. Orden der Franziskaner an.
Anna Jagiello, deutsche K¨onigin, * 23. 7. 1503 Prag, † 27. 1. 1547 Prag. Als Tochter des K¨onigs → Wladislaw II. von B¨ohmen und Ungarn aus dem Hause der Jagellonen war A. eine wichtige Figur im machtpolitischen und dynastischen Konzept Kaiser → Maximilians. Er ließ sich daher 1515 auf dem F¨urstentag in Wien als Stellvertreter eines seiner Enkel mit der zw¨olfj¨ahrigen A. trauen. 1521 fand A.s Hochzeit mit → Ferdinand I. statt. Gleichzeitig hatte Maximilian seine Enkelin Maria mit A.s Bruder → Ludwig II. von Ungarn verheiratet. Nach dessen Tod in der Schlacht von Moh´acs (1526) kam es in der Person Ferdinands zur Vereinigung der L¨ander ¨ Osterreich, B¨ohmen und Ungarn unter der Herrschaft eines Habsburgers. A. war auch literarisch t¨atig (Cylpeus pietatis). C NDB Anna, Kurf¨urstin von Brandenburg, * 3. 7. 1576 K¨onigsberg, † 9. / 10. 4. 1625 Berlin. A. war Tochter des Herzogs → Albrecht Friedrich von Preußen und der Herzogin Marie Eleonore von J¨ulich und Kleve. Als Erbin der Herzogt¨umer ihrer Eltern brachte sie in die Ehe (1594) mit dem Markgrafen und sp¨ateren (seit 1608) Kurf¨ursten → Johann Sigismund von Brandenburg erheblichen Territorialgewinn ein. A. nahm aktiven Anteil an der Politik und verfocht im 1609 ausbrechenden j¨ulischklevischem Erbfolgestreit eigenst¨andig ihre Interessen gegen¨uber dem ebenfalls Erbanspr¨uche stellenden Pfalzgrafen → Wolfgang Wilhelm. Bei Abwesenheit des Kurf¨ursten leitete A. die Regierungsgesch¨afte. Sie blieb auch nach dem ¨ Ubertritt des Kurf¨ursten zum Calvinismus Lutheranerin und wurde zur Besch¨utzerin ihrer Glaubensgenossen in Brandenburg und Preußen. C NDB Anna, Landgr¨afin von Hessen, * 14. 9. 1485 Wismar, † 12. 5. 1525 R¨odelheim (Hessen). A., eine Tochter des Herzogs → Magnus II. von Mecklenburg, heiratete 1500 den Landgrafen → Wilhelm II., den Mittleren, von Hessen. 1508 wurde sie von ihm zur Regentin und zum Vormund ihres minderj¨ahrigen Sohnes bestimmt. Als A. 1509 nach dem Tod ihres Gemahls die Regierung u¨ bernahm, stieß sie auf starken Widerstand bei den St¨anden, vor allem bei der Ritterschaft. Anfangs war sie gezwungen,
Anna Sophie, Landgr¨afin von Hessen-Darmstadt,
¨ Abtissin in Quedlinburg, Dichterin, * 17. 12. 1638, † 13. 12. 1683 Quedlinburg. A. S. wurde als Tochter des Landgrafen → Georg II. von Hessen-Darmstadt und einer Wettinerin streng luth. erzogen. 1656 wurde sie Pr¨opstin des Stiftes Quedlinburg und gab 1658 ein Andachtsbuch mit 32 selbstverfaßten Liedern heraus, von denen viele (Jesu st¨arke meinen Glauben u. a.) sp¨ater in evang. Gesangb¨ucher eingingen. Von 1680 bis zu ¨ ihrem Tod war A. S. Abtissin von Quedlinburg. C Killy
Anna, Gr¨afin von Ostfriesland, * 14. 11. 1501 Oldenburg, † 10. 11. 1575 Greetsyhl (Ostfriesland). Die Tochter des Grafen → Johann XIV. von Oldenburg u¨ bernahm 1540 nach dem Tod ihres Gemahls Graf → Enno II. von Ostfriesland die Regentschaft. Sie war Protestantin calvinistischer Pr¨agung und berief 1543 zur Durchf¨uhrung der Reformation den Polen Jan → Laski36-860 zum Superintendenten. Mit dem Vorhaben, den Calvinismus zur herrschenden Glaubensrichtung in Ostfriesland zu machen, hatte A. jedoch keinen Erfolg. Trotz der Aneignung des Kirchenund Klosterbesitzes geriet sie in finanzielle Bedr¨angnis und mußte eine gr¨oßere Einflußnahme der St¨ande auf ihre Entscheidungen hinnehmen. Als wichtigste Bestimmung ihrer Herrschaftszeit erließ sie 1545 eine Polizeiordnung. Unter Mißachtung der in Ostfriesland geltenden Primogenitur erreichte A. beim Kaiser die gemeinsame Belehnung ihrer drei S¨ohne. C NDB ¨ Anna, Gr¨afin von Stolberg, Abtissin von Quedlinburg, † 4. 3. 1574. ¨ A. wurde mit dreizehn Jahren vom Kapitel zur Abtissin von Quedlinburg gew¨ahlt. Im Februar 1515 wurde die Wahl von Papst Leo X. und im Oktober 1516 von Kaiser → Maximilian I. best¨atigt. A.s Pl¨ane, in Quedlinburg die Reformation einzuf¨uhren, scheiterten am kath. Herzog → Georg von Sachsen, dem Schutzherrn des Stifts. Nach ¨ dessen Tod 1539 und dem Ubertritt seines Nachfolgers zum Protestantismus konvertierte auch A. und f¨uhrte mit Hilfe des Stolberger Superintendenten Tileman Platner in Quedlinburg die Reformation durch. 1540 erfolgte die erste Visitation der Kirchen in Quedlinburg. Auf → Luthers und → Melanchthons Rat hin legte A. die beiden Stadtschulen zusammen und stellte ihnen das ehemalige Franziskanerkloster zur Verf¨ugung. C ADB
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Anna Anna Dorothea, Herzogin von Sachsen-Weimar, ¨ Abtissin von Quedlinburg, * 12. 11. 1657, † 24. 6. 1704 Quedlinburg. A. D. wirkte im Stift Quedlinburg bis 1684 als Dechantin, ¨ wurde dann zur Abtissin gew¨ahlt und nach der Best¨atigung durch den Kaiser 1685 feierlich in ihr Amt eingef¨uhrt. Kurz nach dem Antritt ihrer Herrschaft regelte sie die bisher vom Kurf¨ursten von Sachsen ausge¨ubte Schutzherrschaft u¨ ber das Stift in einem Konkordienrezeß neu. 1697 verkaufte Kurf¨urst → Friedrich August von Sachsen das Stift ohne Wissen der ¨ ¨ Abtissin an Brandenburg. Die Weigerung der Abtissin, Brandenburg als Schutzherrschaft anzuerkennen, f¨uhrte zur milit¨arischen Besetzung von Quedlinburg, das den neuen Herren letztlich gezwungenermaßen huldigte. C ADB ¨ Anna Amalia, Prinzessin von Preußen, Abtissin von Quedlinburg, * 9. 11. 1723 Berlin, † 30. 9. 1787 Berlin. Die j¨ungste Schwester → Friedrichs II. wurde 1744 Koadju¨ torin und 1755 Abtissin des protestantischen Stiftes Quedlinburg. Neben der Wissenschaft galt A. A.s Interesse der Musik: Sie nahm seit 1758 Unterricht in Musiktheorie und Komposition bei Johann Philipp → Kirnberger, komponierte Chor¨ale, Kantaten, geistliche Lieder, weltliche Vokalmusik sowie Instrumentelmusik und trug seit 1740 eine Musikaliensammlung zusammen, die sp¨ater als „Amalien-Bibliothek“ an die Preußische Staatsbibliothek gelangte. C NDB
Anna Leopoldowna, Großf¨urstin und Regentin von Rußland, eigentl. Elisabeth Katharina Christine, * 18. 12. 1718 Rostock, † 18. 3. 1746 Cholmogory bei Archangelsk. A. L. war die Tochter des Herzogs → Karl Leopold von Mecklenburg-Schwerin und der russischen Großf¨urstin Katharina Iwanowna. Nach dem fr¨uhen Tod ihrer Eltern wuchs sie bei der Schwester ihrer Mutter, der Zarin Anna Iwanovna, auf. 1739 heiratete sie Anton Ulrich von BraunschweigL¨uneburg. Nach dem Tod der Zarin im November 1740 u¨ bernahm A. L. f¨ur den neuen Zaren, ihren erst zwei Monate alten Sohn Iwan VI., mit Burkhard Christoph Graf von → M¨unnich und nach dessen Sturz mit Andrei Iwanowitsch Osterman als Kabinettsminister die Regentschaft. Sie wurde jedoch im Dezember 1741 von ihrer Tante Elisabeth, einer Tochter Peters I., gest¨urzt, mit Mann und Kindern in Riga in Haft genommen und dann nach Cholmogory am Weißen Meer verbannnt, wo sie bei der Geburt ihres f¨unften Kinds starb. C NDB Anna Fjodorovna, Großf¨urstin von Rußland, * 11. 9. 1781 Gotha, † 12. 8. 1860 Elfenau (Kt. Bern). Die als Juliane Henriette Ulrike geborene Tochter des Erbprinzen → Franz Friedrich Anton von Sachsen-SaalfeldCoburg geborene A. wurde seit ihrer Verlobung (1795) mit dem Großf¨ursten Konstantin, dem zweiten Sohn des Zaren Paul, zusammen mit den jungen Großf¨urstinnen unter der Leitung der F¨urstin Charlotte Lieven erzogen und im Russischen unterwiesen. Sie trat 1796 zum orthodoxen Glauben u¨ ber und wurde auf den Namen A. F. getauft. Seit der Thronbesteigung des kinderlosen Zaren Alexander I. 1801 war Konstantin offizieller Thronfolger. Die Ehe des Thronfolgerpaars war bald so zerr¨uttet, daß A. Rußland verließ und sich zuerst in Paris und sp¨ater in der Schweiz niederließ. Die Ehe wurde erst 1820 geschieden, als Konstantin eine morganatische Ehe mit einer polnischen Adligen einging.
Anna, Kurf¨urstin von Sachsen, * 25. (22. ?) 11. 1532 Hadersleben (Anhalt), † 1. 10. 1585 Dresden. A., Tochter des K¨onigs → Christian III. von D¨anemark heiratete 1548 den sp¨ateren Kurf¨ursten → August von Sachsen. Wegen ihrer sozialen F¨ursorge und der musterhaften
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F¨uhrung des kurf¨urstlichen Haushalts wurde sie im Volksmund „Mutter Anna“ genannt. 1579 gr¨undete sie in Torgau die 1581 nach Dresden verlegte s¨achsische Hofapotheke, damals die gr¨oßte Apotheke in Deutschland. Sie stellte selber Arzneimittel her, entwickelte Methoden zur Destillation von Wasser und verfaßte ein Erzneib¨uchlein. A. f¨orderte die s¨achsische Textilindustrie und war zust¨andig f¨ur staatliche Maßnahmen zugunsten des Obst- die Einf¨uhrung neuer Anbaumethoden nach holl¨andischem und d¨anischem Vorbild. Als strenge Lutheranerin beeinflußte sie die Religionspolitik Sachsens und war mitverantwortlich f¨ur die Verfolgung der sogenannten Kryptocalvinisten. C NDB
Anna, Herzogin von Sachsen, Prinzessin von Oranien, * 23. 12. 1544 Dresden, † 18. 12. 1577 Dresden. Die Tochter des Kurf¨ursten → Moritz von Sachsen wurde nach einer vergeblichen Werbung Gustav Wasas f¨ur seinen Sohn Erich 1561 mit → Wilhelm von Nassau, Prinz von Oranien verheiratet. Gegenseitige Abneigung f¨uhrte zu einem baldigen Scheitern der Ehe. Auch wurde ihr eine Liebschaft mit dem Vater des Malers Peter Paul Rubens nachgesagt. Nach der offiziellen Trennung von ihrem Mann brachte man A. mit Gewalt nach Sachsen zur¨uck, wo sie bis an ihr Lebensende von ihrem Onkel, Kurf¨urst → August von Sachsen, als angeblich Geisteskranke in Gewahrsam gehalten wurde. C NDB Anna, Herzogin von Sachsen-Coburg, * 16. 11. 1567, † 27. 1. 1613 Veste Coburg. Die j¨ungste Tochter des Kurf¨ursten → August von Sachsen heiratete 1586 Herzog → Johann Casimir von SachsenCoburg. Nach Bekanntwerden ihres Verh¨altnisses mit dem Hofjunker und Vizemarschall Ulrich von Liechtenstein wurden beide im September 1593 verhaftet, vom Sch¨oppenstuhl in Jena zum Tode verurteilt, jedoch von Johann Casimir zu lebenslanger Haft begnadigt. Im Dezember 1593 wurde die Ehe auf Betreiben des Herzogs vom Coburger Konsistorium geschieden. Die Herzogin wurde in Eisenach, auf Schloß Kahlenberg, 1596 im Kloster Sonnefeld und 1603 auf der Veste Coburg gefangengesetzt, wo sie 1613 starb. Liechtenstein starb 1633 kurz nach seiner Begnadigung in Gefangenschaft. Anna Amalia, Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach, * 24. 10. 1739 Wolfenb¨uttel, † 10. 4. 1807 Weimar. Die Tochter des Herzogs → Karl I. von Braunschweig erhielt eine gr¨undliche, von der Aufkl¨arung gepr¨agte Ausbildung, heiratete 1756 Herzog Ernst August II. von SachsenWeimar-Eisenach und wurde nach dessen Tod 1758 Regentin des Landes und alleiniger Vormund ihrer S¨ohne. Sie gr¨undete eine Armenschule und 1771 eine Hebammenschule in Jena. 1772 berief A. A. → Wieland zum Erzieher des Erbprinzen → Karl August. 1773 kam → Goethe nach Weimar. 1775 u¨ bergab sie die Regierungsgesch¨afte an Karl August; danach lebte sie in Schloß Tiefurt / Ilm und im Wittumspalais in Weimar. Dort gr¨undete sie den „Musenhof“, an den sie u. a. Goethe, → Herder, Wieland und → Schiller zog. A. A. f¨orderte auch das Musik- und Theaterleben, komponierte einige Orchesterwerke, vertonte 1776 Goethes Erwin und Elmira, verfaßte eine Abhandlung u¨ ber Musik und legte eine reichhaltige Musikaliensammlung an. Goethe bezeichnete sie in seinem Nachruf als „vollkommene F¨urstin mit vollkommen menschlichem Sinn“. C R¨oßler / Franz Anna von Munzingen, Mystikerin, erw¨ahnt 1316-27. A. stammte aus einer Patrizierfamilie in Freiburg / Breisgau und war 1316-27 nachweislich Priorin des dortigen Dominikanerinnenklosters. Sie beschrieb 1318 in einem als Chronik der Anna von Munzingen bekannten Buch die Lebensgeschichten von 37 ihrer Mitschwestern. Damit hinterließ sie eine wichtige Quelle f¨ur das Verst¨andnis der Mystik des
Anno 13. und 14. Jahrhunderts. Eine 1433 geschaffene Abschrift des verschollenen Originals der Chronik befindet sich im Stadtarchiv Freiburg. C BBKL
Annasohn, Jakob, schweizer. Milit¨ar, * 22. 10. 1901 Uttwil (Kt. Thurgau), † 10. 3. 1983 Bern. Nach dem Abitur schlug A. eine milit¨arische Laufbahn ein, wurde 1931 Hauptmann und 1935 in den Generalstab abkommandiert. Bis 1947 stieg er zum Oberst und Befehlshaber eines Infanterieregiments auf. Als Chef der Operationssektion in den Generalstab zur¨uckversetzt, avancierte A. 1950 zum Oberstdivision¨ar, 1952 zum Kommandeur der 7. Division. 1957 wurde er zum Oberstkorpskommandanten ernannt und trat 1964 im Zuge der „Mirage-Aff¨are“ zur¨uck. A. verfaßte u. a. eine Studie zur Koordination aller Teile der Totalen Landesverteidigung. C Munzinger Anne Sophie, Gr¨afin von Schwarzburg-Rudolstadt, * 3. 6. 1584, † 10. 5. 1652. Die geborene Prinzessin von Anhalt bem¨uhte sich nach ihrer Heirat mit dem Grafen Karl G¨unther von SchwarzburgRudolstadt besonders um kirchliche Angelegenheiten und die Hebung des Unterrichtsniveaus in den Schulen. Sie war Anh¨angerin der neuen Lehrmethoden Wolfgang → Ratke und erm¨oglichte ihm durch finanzielle Unterst¨utzung seine Lehrt¨atigkeit in Kranichfeld und Erfurt. 1622 rief sie ihn nach Rudolstadt und f¨orderte weiterhin sein Fortkommen, wobei eine Empfehlung an den schwedischen Kanzler Axel Gustavsson Graf Oxenstierna allerdings erfolglos blieb. A. S. war Mitbegr¨underin der 1618 auf Schloß Rudolstadt ins Leben gerufenen „Tugendreichen Gesellschaft“ und neben F¨urstin → Anna Amalia von Anhalt deren erstes Mitglied. C ADB Annegarn, Joseph, kath. Theologe, P¨adagoge, * 13. 10. 1794 Ostbevern (Westfalen), † 8. 7. 1843 Braunsberg (Ostpreußen). Nach dem Studium der Theologie und Philosophie in M¨unster (seit 1819) war A. Vikar und Lehrer an der dortigen Normalschule. 1830 trat er eine Pfarrstelle in Selm an und ging 1836 als Prof. der Kirchengeschichte an das Lyceum Hosianum in Braunsberg in Ostpreußen. Er verfaßte neben Lehrb¨uchern f¨ur die Volksschule, Gebetb¨uchern, Geographiehandb¨uchern f¨ur den Unterricht und einem Lehrbuch der Patrologie eine Allgemeine Weltgeschichte f¨ur die katholische Jugend und Erwachsene (8 Bde., 1827-29). C NDB Anneke, Mathilde Franziska, geb. Giesler, auch M. F. von Tabouillot, Publizistin, * 3. 4. 1817 Gut Leveringhausen bei Hattingen, † 25. 11. 1884 Milwaukee (USA). Die Tochter eines Gutsbesitzers lebte nach der Scheidung von ihrem ersten Mann, dem Weinh¨andler Albert von Ta¨ bouillet, als Schriftstellerin und Ubersetzerin in Wesel und M¨unster. A., die in ihren kath. Anf¨angen das „Westf¨alische Jahrbuch“ redigierte, lernte dort einen Kreis demokratisch gesinnter Juristen und Offiziere kennen, heiratete 1847 den aus politischen Gr¨unden aus dem preuß. Heer entlassenen Artillerieoffizier Fritz Anneke und zog mit ihm nach K¨oln. W¨ahrend dessen politischer Gefangenschaft 1848 gr¨undete sie die linksdemokratische „Neue K¨olnische Zeitung f¨ur B¨urger, Bauern und Soldaten“ und die „Frauenzeitung“, die beide bald unterdr¨uckt wurden. In den revolution¨aren K¨ampfen in der Pfalz und in Baden 1848 diente sie ihrem Mann als Gefechtsordonnanz. Nach der Niederlage 1849 floh sie mit ihm nach Wisconsin / USA. Dort warb sie f¨ur das Frauenstimmrecht und gr¨undete 1852 in Milwaukee die „Deutsche Frauenzeitung“, deren Redaktion sie nacheinander in New York, Jersey City und Newark f¨uhrte. 1860-65 hielt sie sich aus gesundheitlichen Gr¨unden in der Schweiz auf. 1865 in
die USA zur¨uckgekehrt, arbeitete sie als Korrespondentin f¨ur das „Belletristische Journal“ in New York und die „IllinoisStaats-Zeitung“. 1866 gr¨undete sie mit Caecilie Knapp in Milwaukee eine M¨adchenerziehungsanstalt. A. war in der amerikanischen Frauenbewegung stark engagiert. Sie schrieb auch Erz¨ahlungen und ver¨offentlichte u. a. Das Weib im Conflict mit den socialen Verh¨altnissen (1847) und Mutterland. Memoiren einer Frau aus dem badisch-pf¨alzischen Feldzuge (1853, Neuausg. 1982). C Demokr Wege
Anner, Emil, schweizer. Maler, Komponist, * 24. 2. 1870 Baden (Kt. Aargau), † 6. 2. 1925 Brugg (Kt. Aargau). A. besuchte 1886-90 die Kunstgewerbeschule in Z¨urich, ließ sich 1891 in Genf in der Kunst des Aquarellierens ausbilden und vervollst¨andigte seine Ausbildung 1892-96 an der Kgl. Kunstakademie in M¨unchen. Dort erlernte A. bei Johann Leonhard → Raab u. a. die Radiertechnik und wurde vor allem als Radierer und Zeichner von Landschaften und Exlibris bekannt. A. war Mitarbeiter der Zeitschriften „Jugend“ und „Der Kunstwart“ und erteilte seit 1899 Zeichenunterricht an der Bezirksschule Brugg. Daneben widmete er sich der Musik, ver¨offentlichte einige Liederhefte, war als Dirigent t¨atig und komponierte Violinwerke, eine Sinfonie und ein Oratorium. C Biogr Lex Aargau
Anno von Sangerhausen, Hochmeister des Deutschen Ordens, † 8. 7. 1273. A. entstammte wahrscheinlich einer nach der th¨uringischen Stadt Sangerhausen benannten Adelsfamilie. Das Datum seines Eintritts in den Deutschen Orden ist nicht bekannt; Ende 1253 wird er als Landmeister von Livland verzeichnet. Nach der Abdankung des Hochmeisters Poppo von Osterna wurde er zu dessen Nachfolger gew¨ahlt. In seine fast achtzehnj¨ahrige Regierungszeit fiel der große, die Existenz des Ordensstaates bedrohende Aufstand der Preußen. Mit Hilfe deutscher Kreuzfahrer gelang es ihm, ihn bis zu seinem Tod 1273 weitgehend niederzuschlagen. A. starb bei einem seiner Aufenthalte im Reich und ist in Trier oder Marburg begraben. C NDB
Anno, Bischof von Freising, † 9. 10. 875. Der vermutlich einem bayerischen Adelsgeschlecht entstammende A. wurde 854 zum Bischof von Freising gew¨ahlt und empfing, von Kaiser → Ludwig dem Deutschen best¨atigt, 855 die Bischofsweihe. Er vermehrte den Besitz des Bistums und erweiterte die Handelsbeziehungen durch den Erwerb der Donauh¨afen Teugn und Lengfeld. A. war ein Gegner des Slawenmissionars Methodios und mußte sich f¨ur dessen zweieinhalbj¨ahrige Gefangensetzung beim Papst pers¨onlich verantworten. 868 nahm er an der Synode von Worms teil. In Freising machte A. sich besonders um das kulturelle Leben verdient, f¨orderte die Schreibschule und den Ausbau der Dombibliothek, die Musik und den Orgelbau. 873 bat ihn Papst Johannes VIII., ihm eine Orgel und einen Lehrer f¨ur Orgelbau und Orgelspiel nach Rom zu schicken. C NDB Anno II., Erzbischof von K¨oln, * um 1010 vermutlich (Alt-)Steußlingen (Schw¨abische Alb), † 4. 12. 1075 K¨oln. A., ein schw¨abischer Adliger, war Sch¨uler und Lehrer der Bamberger Domschule und wurde von → Heinrich III. zum Hofkaplan, Propst von Goslar und 1056 zum Erzbischof von K¨oln ernannt. Nach dem Tod des Kaisers wurde ihm mit der Regentin Kaiserin → Agnes die Vormundschaft u¨ ber den minderj¨ahrigen → Heinrich IV. u¨ bertragen. 1062 bem¨achtigte sich A. im Staatsstreich von Kaiserswerth der Person des jungen Kaisers und damit der Herrschaft u¨ ber das Reich. Er scheiterte jedoch am Widerstand der F¨ursten und mußte 1063 seine Macht an → Adalbert von Bremen abtreten. Auf den Synoden von Augsburg (1062) und Mantua (1064) hatte A. Anteil an der Anerkennung Alexanders II. als Papst und
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Anno ¨ an der Uberwindung des Schismas von 1061. Nach dem Sturz Adalberts trat er 1066 wieder in den Reichsdienst. 1074 konnte er einen Aufstand der K¨olner B¨urger gegen sein Regime niederschlagen. A. gr¨undete zahlreiche Stifte und Kl¨oster, bem¨uhte sich um eine Klosterreform und wurde 1183 heiliggesprochen. C TRE
Anno, Anton, Schauspieler, * 19. 3. 1838 Aachen, † 1. 12. 1893 Berlin. Der Sohn eines Theaterdieners ergriff nach einer Lehre als Blecharbeiter 1856 den Beruf seines Vaters. 1860 wurde er Inspizient des Stadttheaters in K¨oln und u¨ bernahm dort erste kleine Rollen. 1859 wurde er als jugendlicher Komiker am Stadttheater Elberfeld engagiert. Danach spielte er an den Theatern von Heidelberg, Pforzheim, Offenbach und Kreuznach. 1862 erhielt er ein Engagement am Stadttheater in Basel. In den folgenden Jahren war er in komischen Gesangsrollen an zahlreichen deutschen Provinzb¨uhnen t¨atig. 1867-72 trat A. am Variet´e-Theater in Berlin auf, wechselte dann nach K¨oln, 1874 nach Breslau und 1875 nach Hamburg. Seit 1876 spielte er am Hoftheater in St. Petersburg und ging 1880 als kgl. Hofschauspieler nach Dresden. Er u¨ bernahm 1884 in Berlin die Leitung des Residenztheaters und wurde 1887 Direktor des kgl. Schauspielhauses, 1889 k¨unstlerischer und technischer Leiter des Lessing-Theaters. Annone, Johann Jacob d’, schweizer. Jurist, Numismatiker, Pal¨aontologe, * 12. 7. 1728 Basel, † 18. 9. 1804 Basel. A. geh¨orte einer aus Mailand stammenden, 1564 in Basel eingeb¨urgerten Familie an, studierte bis 1752 Rechtswissenschaften (Promotion 1751, Specimen inaugurale mathematico-juridicum de usuris illicitis et interusurio), erhielt jedoch wegen des Losverfahrens bei der Vergabe der Lehrst¨uhle an der Basler Univ. erst 1766 eine Professur in Eloquenz und lehrte bis zu seinem Tod Codex und Lehnsrecht. Seit 1774 hatte A. in seiner Heimatstadt das Amt des Syndikus inne. Er besch¨aftigte sich mit der r¨omischen Antike, legte eine große Sammlung alter M¨unzen an und hielt in Basel die ersten Vorlesungen u¨ ber Numismatik. Neben seinen geologischen und pal¨aontologischen Abhandlungen ver¨offentlichte er Schriften zu meteorologischen, mathematischen und kunstgeschichtlichen Themen. C Prof Basel
Annoni, Hieronymus, auch d’Annone, Annone, schweizer. Pietist, Theologe, Liederdichter, * 12. 9. 1697 Basel, † 10. 10. 1770 Muttenz bei Basel. Der Sohn eines Basler Uhrmachers und Ratsherrn war nach dem Studium in seiner Heimatstadt in Schaffhausen als Hauslehrer t¨atig. Dort wurde er durch den Theologen Johann Konrad Ziegler f¨ur den Pietismus gewonnen. Auf einer Reise durch die Schweiz, Holland und Deutschland kn¨upfte er weitere Verbindungen zu den pietistischen Kreisen. A. versah an verschiedenen Orten den Pfarrdienst und ging 1747 als Pastor nach Muttenz bei Basel. Dort hielt er in seinem Privathaus Versammlungen und Erbauungsstunden ab und wurde so zum Wegbereiter des Basler Pietismus. 1756 gr¨undete er unter dem Namen „Gesellschaft von guten Freunden“ eine christliche Erbauungsgemeinschaft, die Vorl¨auferin der 1780 von Johann August → Urlsperger in Basel ins Leben gerufenen „Deutschen Christentumsgesellschaft“. A. war Verfasser zahlreicher pietistischer Kirchenlieder (u. a. Wer will ein C Pietismus, Bd 2 Streiter Jesu sein . . .).
und die Julikrise 1914) und arbeitete als Assistent am Historischen Seminar der Univ. Bonn. Seit 1928 war er Mitglied des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds, 1930 / 31 deren Schulungsleiter in der Reichsleitung und seit 1930 Mitglied der NSDAP; Auseinandersetzungen mit Baldur von → Schirach f¨uhrten zu A.s Entlassung aus beiden Organisationen. 1932 mit der Arbeit Die englische Politik im Juli 1914 an der Univ. Bonn f¨ur Neuere Geschichte habilitiert, wurde A. 1938 in Bonn zun¨achst zum nichtbeamteten a. o. Prof., 1939 zum apl. Prof. ernannt und folgte 1940 einem Ruf auf eine o. Professur in Hamburg. Im selben Jahr wurde er Bevollm¨achtigter des Reichsdozentenf¨uhrers f¨ur die Gr¨undung der Univ. in Straßburg, wechselte 1941 dorthin als Prof. f¨ur Neuere und Neueste Geschichte und war bis 1943 Dekan der Philosophischen Fakult¨at. 1943 / 44 bei der Wehrmacht, wurde er 1945 f¨ur Sonderauftr¨age des Reichssicherheitshauptamts beurlaubt. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte A. in T¨ubingen. Er geh¨orte zu den Gr¨undern der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, deren Direktor er 1949-66 war. Politisch schloß sich A. zun¨achst der CDU (1960-64 Stadtverordneter der Partei in Darmstadt), 1966 der NPD an und war 1971-75 stellvertretender Vorsitzender dieser Partei. Zu A.s Ver¨offentlichungen z¨ahlen Geschichte der Westgrenze (1938, 21942) und Die Straßburger Eide von 842, ein Markstein der Geschichte des Deutschen Volkes (1943). C Gr¨uttner
Anrich, Gustav Adolf, evang. Theologe, * 2. 12. 1867 Runzenheim (Elsaß), † 13. 11. 1930 T¨ubingen. A., Sohn eines els¨assischen Pfarrers, studierte in Straßburg, Marburg und Berlin evang. Theologie, erhielt 1894 die Pfarrstelle von Lingolsheim im Unterelsaß und eine Privatdozentur an der Univ. Straßburg. Er habilitierte sich dort im gleichen Jahr f¨ur Kirchengeschichte und wurde 1903 a. o. und 1914 o. Professor. Nach der R¨uckkehr des Elsaß zu Frankreich folgte A. 1919 einem Ruf an die Univ. Bonn und lehrte seit 1924 in T¨ubingen. 1924-30 stand er dem „Wissenschaftlichen Institut der Elsaß-Lothringer im Reich“ an der Univ. Frankfurt / Main vor. A.s Hauptforschungst¨atigkeit galt der alten Kirche, dem Mysterienwesen, dem Heiligenkult und der Kirchen- und Reformationsgeschichte des Elsaß. C RGG Ansbert, Geschichtsschreiber, † Ende 12. Jh. Der Name dieses o¨ sterr. Klerikers und kaiserlichen Kanzleibeamten ist nur durch eine Notiz aus der ersten H¨alfte des 14. Jh. bekannt. A. verfaßte mit seiner nach 1190 fertiggestellten Historia de expeditione Friderici imperatoris, edita a quodam Austriensi clerico qui eidem interfuit eine Darstellung des Kreuzzugs Kaiser → Friedrichs I., an dem er selbst teilnahm. C NDB
Anschel, Julie Philippine Clara, geb. Cappel, Pseud. Theodora, Schriftstellerin, * 23. 9. 1780 Helmstedt, † nach 1825. A. war die Tochter eines herzoglich braunschweigischen Hofrats und Professors der Pharmakologie. Sie verfaßte unter ihrem Pseudonym Theodora oder nur mit „eine Dame“ unterzeichnete kleine Erz¨ahlungen und Aufs¨atze f¨ur verschiedene Zeitschriften, u. a. f¨ur das „Braunschweigische Magazin“ und den „Freym¨uthigen“. Daneben ver¨offentlichte sie 1811 Kleine Romane und Erz¨ahlungen aus dem Reich der Dichtung und Wahrheit.
Anschutz, ¨ August, Jurist, * 9. 1. 1826 Suhl (Th¨uringen), Anrich, Ernst, Historiker, * 9. 8. 1906 Straßburg, † 21. 10. 2001 Seeheim (Hessen). A., Sohn eines Theologen, studierte 1924-30 in Bonn, T¨ubingen, Berlin und Heidelberg Geschichte, evang. Theologie und Germanistik, schloß die Ausbildung bei Fritz → Kern in Bonn mit der Promotion ab (Die jugoslawische Frage
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† 2. 8. 1874 Bad Soden / Taunus. Nach dem Besuch der Schule in Pforta studierte A., Vater von Gerhard → A. in Bonn und Berlin Rechtswissenschaften, unternahm eine Studienreise nach Frankreich, habilitierte sich 1852 in Bonn f¨ur deutsches und franz¨osisches Recht, wurde dort 1855 a. o. Prof und 1859 o. Prof.
¨ Anschutz des deutschen Rechts in Greifswald. Von 1862 bis zu seinem Tod lehrte er an der Univ. Halle deutsches Privatrecht, Rechtsgeschichte, Handelsrecht, Landwirtschaftsrecht, franz¨osisches Recht und Staatsrecht. A. verfaßte neben juristischen Handb¨uchern einige Werke zur Rechtsgeschichte und war Mitherausgeber des „Archivs f¨ur civilistische Praxis“ und anderer rechtskundlichen Fachzeitschriften. C ADB
Anschutz, ¨ Eduard (Wilhelm), Schauspieler, Schriftsteller, * 4. 6. 1796 Leipzig, † 11. 4. 1855 Wien. A. war wie sein Bruder Heinrich → A. als Schauspieler am Wiener Hof- und Nationaltheater engagiert. Daneben war er schriftstellerisch t¨atig. Seine ersten Erz¨ahlungen und Novellen ver¨offentlichte er 1835 in der Zeitschrift „Thalia“, seine Gedichte in der „Wiener Theaterzeitung“. Er machte sich einen Namen als Verfasser von Prologen und Epilogen zu Feiern der Wiener Akademie und anderen Festlichkeiten.
Anschutz, ¨ (Ernst) Georg, Psychologe, * 15. 11. 1886 Braunschweig, † 25. 12. 1953 Hamburg. A., Sohn eines Taubstummenlehrers, war nach dem Studium in M¨unchen, Leipzig, W¨urzburg und Paris (Promotion 1908) 1913-15 Assistent am Psychologischen Laboratorium in Hamburg und seit 1915 Gastprofessor an der Univ. Konstantinopel. 1919 kehrte er nach Hamburg zur¨uck und habilitierte sich dort 1920. Seit 1931 a. o. Prof. f¨ur Psychologie, Musikpsychologie und Musik¨asthetik in Hamburg, wurde er 1933 Wissenschaftlicher Rat und 1942 zum planm¨aßigen a. o. Prof. ernannt. Er leitete die Psychologisch-¨asthetische Forschungsgesellschaft und die Gesellschaft f¨ur Philosophie. Seit 1933 NSDAP-Mitglied, war er 1939-45 nationalsozialistischer Gaudozentenbund- und Dozentenbundf¨uhrer der Univ. Hamburg. 1942-45 stand er dem Psychologischen Institut vor. A. besch¨aftigte sich mit Grenzgebieten der Psy¨ chologie, vor allem mit der Farbe-Ton-Forschung, der Asthetik und Musik¨asthetik. 1945 entlassen, befand er sich bis 1946 in Internierungshaft und arbeitete anschließend als freier Wissenschaftler und Leiter der Freien Forschungsgesellschaft f¨ur Psychologie und Grenzgebiete des Wissens. C MGG
Anschutz, ¨ Gerhard, Jurist, * 10. 1. 1867 Halle / Saale, † 14. 4. 1948 Heidelberg. A., Sohn von August → A., studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Halle, Leipzig, Genf und Berlin und habilitierte sich 1896 in Berlin f¨ur Staatsrecht. 1889 wurde er o. Prof. in T¨ubingen, 1900 in Heidelberg, 1908 in Berlin und lehrte 1916-33 wieder in Heidelberg. A. befaßte sich vor allem mit dem Staatsrecht und der deutschen Rechtsgeschichte, zeitweilig auch mit Kirchen- und V¨olkerrecht. Er ver¨offentlichte Darstellungen des Bismarckschen Reichsstaatsrechts und kommentierte die alte preuß. Verfassung; er schrieb den f¨uhrenden Kommentar zur Weimarer Verfassung (Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. 8. 1919, 1921, 141933). Als Rechtsgelehrter geh¨orte A. der liberaldemokratischen Schule an und galt als Verfechter des juristischen Positivismus. C Bad Bio N.F., Bd 3 Anschutz, ¨ Hans, Jurist, * 5. 8. 1901 Heidelberg, † 3. 4. 1980 Heidelberg. A., Sohn des Juristen Gerhard → A., studierte Germanistik und Rechtswissenschaften in Kiel und Heidelberg, wo er 1925 mit der Arbeit Der Verfassungsbegriff im Tatbestand des Verbrechens des Hochverrats promoviert wurde. 1929 trat er in den badischen Staatsdienst ein und wurde 1932 Staatsanwalt in Heidelberg. Seit 1933 Amtsrichter in Offenburg (Baden), sp¨ater entlassen, wurde er 1945 Landgerichtsdirektor, 1948 Pr¨asident des Landgerichts Heidelberg und war 1948-66 Landgerichtspr¨asident in Mannheim. 1964-70
war A. Pr¨asident des Baden-W¨urttembergischen Staatsgerichtshofs. 1950-68 geh¨orte er als Parteiloser dem Heidelberger Gemeinderat an. 1974 wurde A. Ehrenmitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. C Jb HAW 1980
Anschutz, ¨ Heinrich (Johann Immanuel), Schauspieler, * 8. 12. 1785 Luckau (Niederlausitz), † 29. 12. 1865 Wien. A., Sohn eines Armen- und Waisenhausverwalters, besuchte die F¨urstenschule in Grimma und begann 1804 in Leipzig ein juristisches Studium. Unter dem Eindruck von Auff¨uhrungen in → Goethes Theatern in Weimar und Bad Lauchst¨adt und Gastspielen von August Wilhelm → Iffland und Ludwig → Devrient wechselte er bald ins Schauspielfach. 1807 erhielt er sein erstes Engagement in N¨urnberg, spielte dann in K¨onigsberg, Danzig und Breslau. 1821-61 geh¨orte A. dem Ensemble des Wiener Hofburgtheaters an und f¨uhrte dort seit 1828 auch Regie. Er spielte anfangs jugendliche Helden wie den Marquis Posa, sp¨ater tragischere Rollen wie die des G¨otz von Berlichingen, des K¨onig Lear und Wilhelm Tell. A. war Hauptdarsteller in den Urauff¨uhrungen der Dramen Franz → Grillparzers. 1866 erschienen die Erinnerungen aus dessen [H. A.s] Leben und Wirken. Nach eigenh¨andigen Aufzeichnungen und m¨undlichen Mittheilungen. C Wurzbach
Anschutz, ¨ Hermann, Maler, * 12. 10. 1802 Koblenz, † 30. 8. 1880 M¨unchen. An der Kunstakademie in Dresden (seit 1820) lernte A. u. a. bei August Hartmann, Friedrich → Matth¨ai und seit 1822 bei Peter → Cornelius in D¨usseldorf. 1826 wurde A. mit Wilhelm → Kaulbach und Adam → Eberle zur Ausmalung der Decke des Odeons nach M¨unchen gerufen. 1830 studierte er im Auftrag K¨onig → Ludwigs I. mit Georg → Hiltensperger die antiken Wandmalereien in Pompeji und schuf anschließend mit Friedrich Christoph → Nilson die in al frescound Enkaustik-Technik ausgef¨uhrten Wand- und Deckengem¨alde im Speisesaal des K¨onigsbaus der M¨unchner Re¨ sidenz. Sp¨ater wandte A. sich der Olmalerei zu und wurde 1847 Leiter der Malklasse der M¨unchner Kunstakademie. Er malte einige große Altarbilder, u. a. im Auftrag des sp¨ateren Kaisers → Wilhelm I. das der Garnisonskirche in Koblenz. C AKL
Anschutz, ¨ Johann Christoph, evang. Theologe, Kirchenlieddichter, * 11. 12. 1745 Wiedersbach (Th¨uringen), † 21. 6. 1814 Stolpen (Sachsen). Der aus einem kleinen Dorf im Hennebergischen stammende A. studierte in Coburg und Leipzig evang. Theologie. Anschließend erhielt er Pfarrstellen in B¨arenstein, 1781 in Liebenau und 1795 in Stolpen in Sachsen. Neben einigen theologischen Schriften verfaßte A. 26 Kirchenlieder, die 1788 unter dem Titel Geistliche Lieder zu bekannten Melodien erC RGG schienen.
Anschutz, ¨ Johann Matth¨aus, Mineraloge, Kaufmann, * 12. 4. 1745 Suhl (Th¨uringen), † 5. 6. 1802 / 09 Suhl (Th¨uringen). A. war wie sein Vater im eigentlichen Beruf Gewehrh¨andler in Suhl. Er trug schon in seiner Jugend eine Sammlung von Gesteinsproben aus seiner Heimat zusammen und bildete sich auf dem Gebiet der Mineralogie autodidaktisch fort. Die Ergebnisse seiner Forschungen ver¨offentlichte er u. a. in ¨ seiner mineralogisch-geologischen Schrift Uber die Gebirgsund Steinarten des churs¨achsischen Hennebergs (1788 ff.). A. vervollst¨andigte dieses Werk 1798 um Berichtigungen und Zus¨atze, indem er die von dem Freiberger Geologen Abraham Gottlob → Werner ausgearbeitete Systematik u¨ bernahm. C NDB
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¨ Anschutz Anschutz, ¨ Josef Andreas, Jurist, Komponist, * 19. 3. 1772 Koblenz, † 26. 12. 1855 / 56 Koblenz. A. erhielt in seiner Jugend Musikunterricht bei seinem Großvater, dem Organisten und Kapellmeister des Kurf¨ursten von Trier. Er studierte Rechtswissenschaften und bem¨uhte sich seit 1797 um die Wiederbelebung des infolge des Krieges gegen das revolution¨are Frankreich darniederliegenden Musiklebens seiner Geburtsstadt. A. sammelte die ehemaligen Mitglieder der kurf¨urstlichen Kapelle um sich und gr¨undete ein Musikinstitut f¨ur die Ausbildung des Nachwuchses und schuf auf diese Weise einen großen Chor und ein festes Orchester. A. komponierte Lieder, Ges¨ange, T¨anze, Variationen f¨ur Klavier und einige Kirchenwerke. Neben dem Amt als Stadtprokurator beim Koblenzer Landgericht war er st¨adtischer Musikdirektor.
Anschutz, ¨ Ottomar, Photograph, * 16. 5. 1846 Lissa (Posen), † 30. 5. 1907 Berlin. A. u¨ bernahm 1868 das Photoatelier seines Vaters, bem¨uhte sich um technische Verbesserungen in der Photographie und entwickelte 1880 einen neuen Schlitzverschluß f¨ur Kameras. Seit 1882 besch¨afigte er sich vor allem mit Momentaufnahmen und fertigte Serienaufnahmen von Menschen und Tieren in Bewegung an. Durch den von ihm 1884 erfundenen „elektrischen Schnellseher“ betrachtet, lieferten sie die ersten bewegten Bilder und stellten damit den direkten Vorl¨aufer der Kinematographie dar. Diese „Tachyskopen“ zum Betrachten bewegter Bilder wurden seit 1895 in vielen deutschen St¨adten installiert. C Matschoß: Tech
Anschutz, ¨ Richard, Chemiker, * 10. 3. 1852 Darmstadt, † 8. 1. 1937 Darmstadt. Der Sohn eines hessischen Generalmajors studierte 1870-75 in Darmstadt, Heidelberg und T¨ubingen Chemie. In Bonn wurde A. 1875 Assistent bei August → Kekul´e, 1878 Privatdozent, 1884 a. o. Prof., 1898 o. Prof. und Leiter des Chemischen Instituts. Er arbeitete in der Nachfolge seines Lehrers Kekul´e an der Weiterentwicklung der organischen Strukturchemie, untersuchte u. a. mehrbasige S¨auren, h¨ohere aromatische Kohlenwasserstoffe, daneben die Wirkung des Aluminiumchlorids, die Pheneolcarbon- und Phenolsulfos¨auren, Salicylide und die Tetrons¨aure- und Benzotetrons¨auregruppe. Seine Forschungsergebnisse publizierte er zwischen 1876 und 1936 in mehr als 200 wissenschaftlichen Aufs¨atzen f¨ur Fachzeitschriften. A. verfaßte eine Biographie u¨ ber Kekul´e (2 Bde., 1929) und gab in Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften Werke von Archibald Scott Couper und Joseph → Loschmidt heraus. C DSB Anschutz, ¨ Roderich, Schriftsteller, * 24. 7. 1818 Wien, † 26. 5. 1888 M¨odling bei Wien. A., Sohn des Schauspielers Heinrich → A., trat am Burgtheater in Kinderrollen auf studierte Rechtswissenschaft und Philosophie und wandte sich dem Theater zu. Ein festes Engagement scheiterte an seiner zunehmenden Erblindung. 1852 trat er eine Stelle im Ministerium f¨ur Handel und o¨ ffentliche Bauten an, in dem er es bis zum Sektionsrat brachte. Daneben bet¨atigte er sich schriftstellerisch und ver¨offentlichte 1857 ein Trauerspiel (Brutus und sein Haus). Er verfaßte einige Dramen, ein Lustspiel und brachte eine Gedichtsammlung heraus. Anschutz, ¨ Willy, eigentl. Wilhelm Alfred A., Chirurg, * 24. 9. 1870 Halle / Saale, † 15. 8. 1954 Kiel. Der Sohn des Juristen August → A. studierte in Halle und Marburg Medizin und wurde 1896 in T¨ubingen promoviert (Phosphorvergiftung oder acute gelbe Leberatrophie?). Er arbeitete als Assistenzarzt in Halle und seit 1898 an der Chirurgischen Universit¨atsklinik in Breslau, wurde dort Oberarzt, 1902 Privatdozent (Beitr¨age zur Leberresection) und 1906 außerplanm¨aßiger Professor. 1907 ging A. als a. o. Prof.
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nach Marburg, wurde im selben Jahr o. Prof. der Chirurgie in Kiel, leitete die chirurgische Klinik und wurde 1938 emeritiert. Beide T¨atigkeiten nahm er 1945 / 46 noch einmal auf. 1924 gr¨undete er die „Kieler Studentenhilfe“ und das „Christian-Albrecht-Haus“ der Universit¨at. 1930 wurde A. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Neben der Behandlung von Schenkelhalsfrakturen besch¨aftigte er sich mit der Gallen-, Magen-, Leber- und Oesophaguschirurgie und der Erforschung und Therapie von Karzinomen im Magen-Darm-Bereich. A. war Mitherausgeber des „Zentralblatts f¨ur Chirurgie“ und der „Deutschen Zeitschrift f¨ur Chirurgie“. Er ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur Klinik des Dickdarmkrebses (1907), Lehrbuch der Chirurgie (3 Tle., 1910, 71920, 91931 [Bd. 1-2]) und Die Geschw¨ulste des Magens (1921, mit Georg Ernst Konjetzny). C SHBL, Bd 1
Anschutz-Kaempfe, ¨ Hermann (Franz Joseph Hubertus Maria), Konstrukteur, Fabrikant, * 3. 10. 1872 Zweibr¨ucken, † 6. 5. 1931 M¨unchen. A.-K., Sohn eines Mathematik- und Physiklehrers, studierte zun¨achst Medizin, wurde jedoch wie sein Stiefvater Kaempfe, dessen Namen er dem seinen hinzuf¨ugte, in Kunstgeschichte promoviert. Nach dem Studium plante A.-K. eine Polarexpedition in einem Tauchboot unter dem Eis und ben¨otigte daf¨ur einen auch in einem von Eisen umschlossenen Raum funktionierenden Kompaß. Er konstruierte zu diesem Zweck den Kreiselkompaß, der in der Folge nicht nur f¨ur Unterseeboote, sondern auch f¨ur die Schiff- und Luftfahrt allgemein unentbehrlich wurde. 1905 gr¨undete er in Kiel die Ansch¨utz & Co. und stellte neben Kreiselkompassen u. a. Kreiselhorizonte und automatische Steuerungen her. Sp¨ater siedelte A.-K. nach M¨unchen u¨ ber, stiftete dort mehrere wissenschaftliche und soziale Einrichtungen und schenkte der Univ. eine Reitschule. C NDB
Anselm, Bischof von Havelberg, Erzbischof und Exarch von Ravenna, * um 1099, † 12. 8. 1158 bei Mailand. Der wohl aus der Gegend von L¨uttich stammende A. studierte in Deutschland und Frankreich, trat in den Pr¨amonstratenserorden ein und wurde von → Norbert von Xanten 1129 zum Bischof von Havelberg geweiht. 1133 und 1136-37 nahm er an den Romz¨ugen Kaiser → Lothars III. teil. 1135 / 36 hielt er sich als Leiter einer kaiserlichen Gesandtschaft am ostr¨omischen Hof in Konstantinopel auf, wo er sich mit dem Erzbischof Niketas von Nikomedeia in theologischen Disputationen auseinandersetzte. A. fiel bei Kaiser → Konrad III. in Ungnade, kehrte erst nach der Thronbesteigung → Friedrich Barbarossas an den Hof zur¨uck und ging als dessen Gesandter nach Rom. A. hatte Anteil am Zustandekommen des Konstanzer Vertrags zwischen Kaiser und Papst. 1154 warb er in Byzanz f¨ur den Kaiser um die Hand der griechischen Prinzessin Maria. 1155 wurde er auf Wunsch Barbarossas zum Erzbischof von Ravenna ernannt und starb drei Jahre danach bei der Belagerung von Mailand. Zur kirchlichen und territorialen Festigung des Bistums Havelberg errichtete A. 1144 das Pr¨amonstratenserstift Jerichow, gr¨undete um 1150 das Domkapitel und nahm 1147 als p¨apstlicher Legat am Wendenkreuzzug teil. Im Auftrag Papst Eugen III. dokumentierte A. 1150 das Streitgespr¨ach von 1136 im 2. und 3. Buch seines Hauptwerks Anticimenon contrapositorum sub dialogo conscriptus (meist Dialogi genannt). Im 1. Buch (Liber de unitate fidei et multiformitate vivendi ab Abel iusto usque ad novissimum electum) entwarf er seine Geschichtstheologie, nach der Geschichte als fortschreitende Offenbarung der Wahrheit zu verstehen ist. Er verfaßte auch eine Apologie des Ordens der Regularkanoniker, eine liturgische Schrift (Tractatus de ordine pronuntiandae letaniae) und Briefe, u. a. an → Wibald von Stablo. C LexMA
Ansorge Anselm der Peripatetiker, auch A. von Besate, 11. Jh. A. stammte aus dem Geschlecht der Herren von Besate. Er trug, wohl nach der gleichnamigen philosophischen Schule des Aristoteles, den Beinamen „Peripatetiker“ und vertrat die Eigenst¨andigkeit der Dialektik gegen¨uber der Theologie. A. war der einzige sicher als Italiener zu identifizierende Kaplan Kaiser → Heinrichs III. Wahrscheinlich wurde ihm eine Pfr¨unde in Hildesheim zugewiesen, wo er jung starb. M¨oglich ist seine Identit¨at mit dem Bischof Anselm von Lucca. A. verwendete als erster in den deutschen K¨onigsurkunden im Rekognitionszeichen Buchstaben aus dem griechischen Alphabet und war der Verfasser der Rhetorimachia. C LexMA Anselmino, Karl-Julius, Gyn¨akologe, * 15. 9. 1900 Hennef / Sieg, † 5. 1. 1978 M¨unchen. Nach dem Studium der Medizin in Bonn, M¨unchen und K¨oln ¨ (Promotion 1925, Uber die Behandlung des Typhus) war A. Assistent am Physiologischen Institut in Kiel, dann Assistent und Oberarzt an der Frauenklinik der Medizinischen Akademie in D¨usseldorf und an der Frauenklinik der Berliner Charit´e. 1932 habilitierte A. sich in D¨usseldorf und ging als Rockefeller-Stipendiat nach New York. 1936 wirkte er an der Frauenklinik der Charit´e in Berlin und u¨ bernahm im gleichen Jahr die Leitung der Landesfrauenklinik der Rheinprovinz in Wuppertal-Elberfeld. Seit 1937 in K¨oln, wurde er dort 1938 zum außerplanm¨aßigen Prof. ernannt. A. besch¨aftigte sich vor allem mit der Physiologie des endokrinen Systems (zusammen mit Friedrich Hoffmann Die Wirkstoffe des Hypophysenvorderlappens, 1941) sowie mit der normalen und der pathologischen Physiologie der Schwangerschaft und der Geburt. Er entwickelte neue Operations- und An¨asthesiemethoden im Bereich der Gyn¨akologie. Ansgarius, Erzbischof von Hamburg und Bremen, auch Anskar, Ansger, Anscharius, Erzbischof von Hamburg und Bremen, * 801 bei Corbie / Picardie, † 3. 2. 865 Bremen. A. entstammte wahrscheinlich einer s¨achsischen Familie. Er war Sch¨uler und wurde M¨onch im Kloster Corbie in der Picardie. 823 ging er als Schulvorsteher und Prediger an das Kloster Corvey. 826 missionierte er im Auftrag → Ludwigs des Frommen bei den D¨anen und 830 / 31 bei den Schweden. 831 wurde er zum ersten Bischof von Hamburg geweiht und zum p¨apstlichen Legaten bei den D¨anen, Schweden und Slawen ernannt. Nach dem Verlust von Turnholt / Flandern (843) und der Zerst¨orung Hamburgs durch die Wikinger (845) erhielt A. zur materiellen Sicherung 847 / 48 das Bistum Bremen. 864 vereinigte er beide zu einem Erzbistum mit Sitz in Bremen. Er unternahm weitere Missionsreisen nach Skandinavien und errichtete dort an gr¨oßeren Handelspl¨atzen einige Kirchen. 858-65 errichtete A. ein Kanonikerstift in Bremen und ein Kloster in Bassum. Die Lebensf¨uhrung dieses „Apostels des Nordens“ galt als vorbildlich. Schon kurz nach seinem Tod wurde A. heiliggesprochen. C LexMA
Anshelm, Thomas, auch Anselmus Badensis, Buchdrucker, * um 1460 Baden-Baden, † 1522 Hagenau (Elsaß). A. war seit 1488 Drucker in Straßburg und arbeitete seit 1500 als erster Drucker in Pforzheim. Er stand dort in engem Kontakt mit dem Humanisten Johannes → Reuchlin, der ihn zur ersten Herstellung und Verwendung hebr¨aischer Druck¨ typen aufforderte. In Pforzheim druckte A. u. a. Uber das Lob des Heiligen Kreuzes von → Hrabanus Maurus. 1511-13 lebte er als Drucker und Verleger in T¨ubingen und seit 1521 nachweislich in Hagenau im Elsaß. Außer dem Vocabularius von Johannes → Altenstaig sind von ihm nur Drucke in C NDB deutscher Sprache erhalten.
Anshelm, Valerius, eigentl. V. R¨ud, V. Ryd, schweizer. Geschichtsschreiber, * um 1475 Rottweil / Neckar, † 1546 / 47 Bern. A., dessen Großvater als Venner der mit den Eidgenossen verb¨undeten Rottweiler in den Burgunderkriegen mitgek¨ampft hatte, studierte 1493-95 an der Univ. Krakau, erwarb das Bakkalaureat und immatrikulierte sich 1496 an der Univ. T¨ubingen. 1501 hielt er sich als fahrender Scholar in Lyon auf, kam Ende 1504 nach Bern und war dort seit 1505 Vorsteher der Lateinschule und von 1508 an Stadtarzt. A. geh¨orte zu den ersten Anh¨angern der Reformation in der Schweiz und verkehrte mit Huldrych → Zwingli und ¨ Joachim von → Watt. Wegen mißliebiger Außerungen seiner ebenfalls protestantisch gesinnten Frau wurde er bestraft und auf halben Sold gesetzt. A. zog 1525 nach Rottweil, kehrte aber, auch dort als Protestant verfolgt, um 1528 nach Bern zur¨uck. Hier erhielt er die Position eines Stadtchronisten und verfaßte eine Geschichte Berns von 1474 bis 1536 in deutscher Sprache mit einer allgemeinen Beschreibung der Reformationszeit in der Schweiz und den angrenzenden L¨andern. 1535-37 hatte er auch wieder das Amt des Stadtarztes inne. A. schrieb ferner eine Weltgeschichte in lateinischer Sprache, den 1540 gedruckten Catalogus annorum. C Killy Ansorge, Conrad (Eduard Reinhold), Musiker, Komponist, * 15. 10. 1862 Buchwald bei Liebau (Schlesien), † 13. 2. 1930 Bern. Der Sohn eines Kaufmanns studierte 1880-82 am Konservatorium in Leipzig. 1885 ging er als Sch¨uler von Franz → Liszt nach Weimar und begleitete ihn nach Rom. Seit 1887 gab A. erfolgreiche Klavierkonzerte in Nordamerika. 1893 ging er nach Weimar und ließ sich 1895 in Berlin nieder. Dort verkehrte er in literarischen Kreisen und vertonte zeitgen¨ossische Lyrik, darunter auch Gedichte von Stefan → George. 1898-1903 unterrichtete er am KlindworthScharwenka-Konservatorium in Berlin und unternahm Konzertreisen durch ganz Europa, 1906 durch S¨udamerika. In den Sommermonaten der Jahre 1910-25 leitete er eine Meisterklasse am K¨onigsberger Konservatorium und seit 1920 auch die Meisterklasse f¨ur Klavier an der Deutschen Akademie f¨ur Musik und darstellende Kunst in Prag. 1918 wurde A. zum Kgl. Prof. ernannt. Er komponierte impressionistisch gepr¨agte Lieder, Balladen, ein Requiem, Orchesterund Klaviermusik und galt als bedeutender Interpret der Werke → Beethovens, → Schuberts und → Schumanns. C MGG Ansorge, Marie, geb. Scholz, Politikerin, * 15. 12. 1880 L¨ochau (B¨ohmen), † 11. 7. 1955 Marl (Westfalen). Die Tochter eines Maurers, der fr¨uh starb, ging mit 13 Jahren als Textilarbeiterin nach Friedland (Niederschlesien). Seit 1905 war sie in der Textilarbeiter-Gewerkschaft t¨atig und geh¨orte dem Vorstand des Gewerkschaftskartells an. 1919-33 war A. f¨ur die SPD Mitglied des Kreistags von Waldenburg und 1920-33 des Reichstags; 1933 stimmte sie gegen das Erm¨achtigungsgesetz. Im Zuge der Verfolgungen nach dem 20. Juli 1944 verhaftet, war A. neun Wochen im Konzentrationslager Ravensbr¨uck. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde sie B¨urgermeisterin in NiederSalzbrunn (Schlesien), lebte nach ihrer Ausweisung durch die polnischen Beh¨orden in Marl (Westfalen) und kam 1951 als Nachr¨uckerin in den Deutschen Bundestag, dem sie bis 1953 angeh¨orte. C MdB
Ansorge, Max, Musiker, Komponist, * 1. 10. 1862 Striegau (Schlesien), † 12. 5. 1940 Namslau. Der Sohn eines Kantors besuchte 1884-86 die Kgl. Hochschule f¨ur Musik in Berlin und wurde als Kantor und Organist an der Jakobikirche in Stralsund angestellt, wo er einen
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Anstett nach ihm benannten Gesangverein ins Leben rief. Seit 1891 war A. zweiter Organist an St. Bernhardin in Breslau, von 1896 an Kantor und Organist an der Lutherkirche. Seit 1900 Kgl. Musikdirektor, wurde er 1908 Kantor und Oberorganist an St. Bernhardin. 1908-20 wirkte er als Konzertorganist des Breslauer Orchestervereins und der dortigen Singakademie; 1919 erhielt er den Titel eines Professors. A. komponierte etliche Lieder (u. a. Aus dem Kinderleben), Motetten und Ch¨ore.
Anstett, Johann von, Diplomat, * 12. 4. 1782 (?) Straßburg, † 14. 5. 1835 Frankfurt / Main. A., Sohn eines Straßburger Advokaten, trat als Offizier in russische Dienste und erhielt 1801 eine Anstellung in der Kanzlei des Ministers Graf Panin. Im selben Jahr wurde er an die russische Gesandtschaft in Wien versetzt. 1811 kehrte er nach St. Petersburg zur¨uck und wurde 1812 zum Direktor der diplomatischen Kanzlei bei der Armee des Feldmarschalls F¨urst Kutusow ernannt. Als solcher schloß er 1813 mit Preußen die Konvention von Kalisch und war mit Karl Graf von → Nesselrode in Reichenbach am Zustandekommen des Subsidienvertrags mit England beteiligt. A. nahm im selben Jahr als russischer Bevollm¨achtigter am Kongreß von Prag teil und wurde zum Geheimen Staatsrat erhoben. Auf dem Wiener Kongreß geh¨orte er einigen Spezialaussch¨ussen an und war seit 1815 Gesandter und bevollm¨achtigter Minister beim Deutschen Bund in Frankfurt. C Neuer Nekr, Jg. 13
Anthes, Eduard, Arch¨aologe, * 3. 6. 1859 Brensbach / Odenwald, † 7. 2. 1922 Darmstadt. A., Sohn eines luth. Pfarrers, studierte seit 1878 zun¨achst Theologie und Philologie, dann Arch¨aologie in Leipzig. Nach der Promotion (De emptione venditione Graecorum quaestiones epigraphicae) unterrichtete er seit 1885 am Neuen Gymnasium in Darmstadt Geschichte und war Privatdozent an der dortigen TH. A. unternahm ausgedehnte Reisen, u.a. nach Rom und Griechenland (1902/03). Er trat f¨ur die Denkmalpflege in Hessen ein, war Vorstand des Denkmalarchivs in Darmstadt, geh¨orte der Reichs-LimesKommission, dem Kaiserlichen Arch¨aologischen Institut und der R¨omisch-Germanischen Kommission an. Neben Schriften zur klassischen Antike gab er Kunstf¨uhrer durch Darmstadt und seine Umgebung, den Odenwald und die Bergstraße heraus. C Esselborn Anthes, Georg, S¨anger, * 12. 3. 1863 Bad Homburg, † 23. 2. 1923 Budapest. A., Sohn eines Kurkapellmeisters, trat fr¨uh als KnabenMezzosopran auf und war nach dem Stimmbruch Geiger in der Homburger Kurkapelle. Er studierte Gesang bei Julius → Stockhausen in Frankfurt / Main und bei Cesare Galiera in Mailand. Seit 1885 Konzerts¨anger, deb¨utierte er als Max im Freisch¨utz in Freiburg und sang 1892 den Stolzing in den Meistersingern von N¨urnberg in Bayreuth. 1889 wurde er Nachfolger des Wagner-Tenors Heinrich → Gudehus an der Dresdner Hofoper. Erfolg feierte A. auch als Dimitrios in Paul → Umlaufts Oper Evanthia und als Jason in Medea bei den Festlichen Opernauff¨uhrungen in Gotha. 1902 brach er seinen Vertrag in Dresden, um an der Metropolitan Opera in New York zu arbeiten. F¨ur deutsche B¨uhnen gesperrt, sang er nach seiner R¨uckkehr nach Europa zuerst an der Covent Garden Opera in London, wurde dann von der Ungarischen Nationaloper in Budapest verpflichtet, wo er seine Rollen auf Ungarisch vortrug, und wechselte 1913 an die Budapester Volksoper. Seit 1914 war er Gesangsprofessor an der Budapester Musikakademie, seit 1920 Regisseur der dortigen Staatsoper. A., einer der wichtigsten Heldenten¨ore der Jahrhundertwende, hatte ein umfangreiches Repertoire, das u¨ ber 100 Partien der unterschiedlichsten stilistischen Pr¨agungen umfaßte. C MGG
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Anthes, Johann Heinrich von, auch Jean Henry A., Fabrikant, † 11. 11. 1733 Sewen (Elsaß). A. war der Sohn eines aus Weinheim an der Bergstraße stammenden Schmieds und Beraters von Eisenh¨uttenwerken in Belfort. Er leitete 1696-1701 den Schmiedebetrieb in Oberbruch im Elsaß und erhielt 1720 vom franz¨osischen K¨onig das Privileg der Produktion von Hieb- und Stichwaffen. A. begr¨undete damit die els¨assische R¨ustungsindustrie und machte Frankreich von Waffenimporten aus dem Ausland weitgehend unabh¨angig. 1730 warb er Solinger Handwerksmeister mit ihren Gesellen an und gr¨undete mit ihnen den Fabrikort Klingenthal. 1731 wurde er f¨ur seine Verdienste um die Waffenfabrikation vom franz¨osischen K¨onig unter Verleihung des Ortes Blotzheim in den Adelsstand erhoben. In der Folgezeit vergr¨oßerte und verbesserte A. seinen Betrieb durch die Ausnutzung der Wasserkraft des Flusses Ehm. Im 19. Jh. erfuhr das Klingenthaler Werk einen weiteren Aufschwung. C NDB Anthes, Otto (Wilhelm Joachim Eugen), Pseud. Eugen Thossen, Schriftsteller, P¨adagoge, * 7. 10. 1867 Michelbach / Ahr, † 19. 11. 1954 Wiesbaden. Nach dem Studium der Theologie und Philologie in Leipzig und Halle unterrichtete A. seit 1891 an verschiedenen Oberschulen in Norddeutschland Religion, Hebr¨aisch und Latein, 1903-26 in L¨ubeck. Danach als freier Schriftsteller t¨atig, lebte er, unterbrochen von kriegsbedingten Aufenthalten in Niederschlesien und L¨ubeck, von 1936 bis zu seinem Tod in Wiesbaden. A., der Beitr¨age f¨ur den „Kunstwart“ schrieb, trat u. a. mit seiner Schrift Dichter und Schulmeister (1903) f¨ur eine Reform des Deutschunterrichts und eine sch¨ulerbezogene Literatur- und Kunsterziehung ein. 1909 erschien sein erfolgreiches, von Paul → Graener als Oper vertontes Drama Don Juans letztes Abenteuer, 1912 sein autobiographischer Roman Heinz Hauser, ein Schulmeisterleben. Neben einigen Lustspielen, historischen Novellen und Romanen schrieb A. an die hundert Miniaturen aus dem Leben L¨ubecks. C SHBL, Bd 7 ¨ Anthes, Rudolf, Agyptologe, Museumsdirektor, * 1. 3. 1896 Hamburg, † 5. 1. 1985 Berlin. A., Sohn eines Superintendenten, studierte in T¨ubingen, ¨ Greifswald und Berlin Agyptologie. 1920 wirkte er als Hilfsarbeiter an der Akademie der Wissenschaften an der Erarbeitung eines a¨ gyptischen W¨orterbuches mit. 1927 nahm er als Assistent am Deutschen Institut f¨ur a¨ gyptische Altertumskunde in Kairo an den Ausgrabungen in Luxor teil. A. wurde ¨ 1932 Kustos in der Agyptischen Abteilung der Staatlichen Museen in Berlin und am Museum von Halle, wo er 1931-37 als Privatdozent t¨atig war. 1939-41 wegen seiner Mitgliedschaft bei den Freimaurern vom Dienst suspendiert, wurde er dann zur Wehrmacht eingezogen und geriet in Kriegsgefangenschaft. Seit 1945 leitete er die a¨ gyptische Abteilung der ehemaligen Staatlichen Museen in Berlin und bekam 1947 einen Lehrauftrag und eine Professur f¨ur a¨ gyptische Arch¨aologie an der Humboldt-Universit¨at. 1950 folgte A. einem Ruf als Prof. und Kurator des Universit¨atsmuseums an die University of Pennsylvania in Philadelphia / USA. C Eberle
Anthing, Johann Friedrich, Zeichner, Silhouettenschneider, Kupferstecher, Schriftsteller, * 26. 5. 1753 Gotha, † 12. 8. 1805 St. Petersburg. A. war ein Sohn des Gothaer Garnisonspredigers und Bruder des niederl¨andischen Generalleutnants Karl Wilhelm von → A. Er kehrte nach dem Studium der Theologie in Jena zun¨achst als Informator nach Gotha zur¨uck. Seit 1783 bereiste A. dann als Silhouetteur die europ¨aischen ¨ H¨ofe in Rußland, Skandinavien, Osterreich, Frankreich und Großbritannien. In Weimar nahm er u. a. die Schattenrisse
Anton von → Goethe und → Anna Amalia und erhielt daf¨ur den Titel eines Rats. In St. Petersburg schuf er Silhouetten der kaiserlichen Familie und der Mitglieder der Akademie. A. gab 1791 einen Band mit den Schattenrissen ber¨uhmter Personen heraus und ver¨offentlichte einen Augenzeugenbericht u¨ ber die Feierlichkeiten zur Kr¨onung Kaiser → Leopolds II. 1790 in Frankfurt. Bei einer zweiten Rußlandreise lernte er den Feldmarschall Graf Suworow kennen, der ihn 1785 zu seinem Fl¨ugeladjutanten bef¨orderte. A. beschrieb dessen Feldz¨uge in einem 1796-99 erschienenen und in mehrere Sprachen u¨ bersetzten dreib¨andigen Versuch einer Kriegsgeschichte des Grafen Alexander Suworow. C AKL
Anthing, Karl Heinrich Wilhelm Baron von, Milit¨ar, * 1767 Gotha, † 8. 2. 1823 Gotha. Als Kadett trat A., Bruder des Silhouetteurs Johann Friedrich → A., in ein in holl¨andischem Sold stehendes sachsengothaisches Regiment ein. Nach Ausrufung der Batavischen Republik war er Platzkommandant von Den Haag. F¨ur die erfolgreiche Vertreibung der bei Alkmaar gelandeten Engl¨ander wurde er zum Divisionsgeneral erhoben. Unter der Regierung von Louis Bonaparte wurde er zum Generalleutnant und zum Adjutanten des K¨onigs ernannt. 1815 k¨ampfte er auf seiten der Alliierten gegen die Franzosen. In den Diensten des K¨onigs der Niederlande avancierte A. zum Generalleutnant und Generalgouverneur von Batavia. Nach seiner R¨uckkehr nach Europa quittierte er den Dienst und ließ sich in seiner Heimatstadt Gotha nieder. C Neuer Nekr, Jg. 1 Anthony, Wilhelm, eigentl. Wilhelm Asmus, Schauspieler, Schriftsteller, Journalist, * 17. 2. 1837 L¨ubeck, † 20. 2. 1902 Weimar. A. studierte in Leipzig Philosophie und Theologie. 1857 schloß er sich einer Schauspielertruppe an und deb¨utierte in T¨onning. Zuerst spielte er jugendliche Liebhaber und wechselte dann ins Charakterfach. 1862-69 hatte er Engagements in G¨orlitz, Rostock, Bremen, Regensburg, Mainz, Aachen, D¨usseldorf, Magdeburg und Breslau. 1869 gab er den Schauspielerberuf auf und wirkte in der Folgezeit als Dramaturg und Regisseur am Stadttheater in Breslau. Daneben war er schriftstellerisch und seit den siebziger Jahren auch journalistisch t¨atig. Von 1886 an arbeitete er in Schweidnitz, Striegau und Hirschberg als freier Redakteur. 1889 ging er als Chefredakteur zur „Halleschen Zeitung“. 1893 berief ihn das großherzoglich s¨achsische Staatsministerium als Chefredakteur der amtlichen „Weimarer Zeitung“. Neben B¨uhnenst¨ucken und Gedichten ver¨offentlichte A. Erz¨ahlungen und Novellen (3 Bde., 1873).
Antoine, Franz, o¨ sterr. Botaniker, * 23. 1. 1768 M¨ollersdorf (Nieder¨osterreich), † 22. 8. 1834 Wien. A. wirkte seit 1810 als Hofg¨artner in Wien. Dort arbeitete er an der Versch¨onerung der kaiserlichen Parkanlagen und besch¨aftigte sich vor allem mit der Obstbaumzucht. 1820 ver¨offentlichte er ein aufwendig gestaltetes und in zeitgen¨ossischen Fachkreisen gesch¨atztes Buch mit Abbildungen der sch¨onsten Pfirsichsorten. C Wurzbach Antoine, Tassilo, o¨ sterr. Gyn¨akologe, * 25. 10. 1895 Wien, † 23. 4. 1980 Wien. A. wurde 1921 in Wien zum Dr. med. promoviert und arbeitete anschließend in den Kliniken seiner Lehrer Franz → Chvostek, Anton von → Eiselsberg, Fritz → Kermauner und Wilhelm → Weibel. Er habilitierte sich 1936 f¨ur Gyn¨akologie, leitete 1937-40 die gyn¨akologische Abteilung des Lainzer Krankenhauses und wurde 1940 o. Professor. 1940-43 war A. Vorstand der Universit¨atsfrauenklinik in Innsbruck und hatte 1943-68 die Leitung der I. Universit¨atsfrauenklinik in Wien inne. Er lehnte 1948 einen Ruf nach Z¨urich ab und lehrte von 1949 bis zu seiner Emeritierung 1968 als o. Prof. an der Univ. Wien. 1960 wurde A. in die
Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er publizierte etwa 50 wissenschaftliche Arbeiten in Fachzeitschriften und gab u¨ berarbeitete Auflagen des Lehrbuchs der Frauenheilkunde (2 Bde., 81948) von Wilhelm Weibel heraus.
Anton von Rotenhan, Bischof von Bamberg, * um 1375 Rentweinsdorf, † 5. 5. 1459. A. stammte aus fr¨ankischem Adelsgeschlecht, wurde 1398 Domherr zu W¨urzburg und Bamberg, war 1412-24 Domdekan zu Bamberg, 1425-32 Dompropst zu W¨urzburg und 1431 Pfleger des Stifts Bamberg. 1432 empfing er die Weihe zum Bischof von Bamberg und erbte damit den schon bestehenden Immunit¨atsstreit mit der B¨urgerschaft. Deren Forderungen nach einer Stadtbefestigung gegen die Hussiten und einer Mitbesteuerung der kirchlichen Immunit¨atsbezirke wurden von Kaiser → Sigismund unterst¨utzt, vom Konzil in Basel 1434 jedoch abgelehnt. Nach der Vertreibung A.s aus Bamberg und bewaffneten Auseinandersetzungen kam es 1440 zur Einigung auf ein Verbot des Mauerbaus und zu Zugest¨andnissen in der Steuerfrage. Unter A. wurden die Nagelkapelle des Doms, die Altenburg und die Giechburg ausgebaut und die Obere Br¨ucke errichtet. A. stand im Schisma (1440-46) auf seiten Eugens IV. und wurde 1449 / 50 von → Albrecht Achilles, dem sp¨ateren Markgrafen von Brandenburg, in dessen Kampf mit N¨urnberg und 1458 in den „Donauw¨orther Handel“ hineingezogen. C Gatz 2
Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig-Wolfenb¨uttel, * 4. 10. 1633 Hitzacker / Elbe, † 27. 3. 1714 Schloß Salzdahlum bei Wolfenb¨uttel. A. U., zweiter Sohn Herzog → Augusts d. J. von Braunschweig, erhielt eine sorgf¨altige Erziehung, zu der auch Justus Georg → Schottelius und Sigmund von → Birken herangezogen wurden. Auf seiner Kavalierstour, die ihn 1655 / 56 u¨ ber Straßburg nach Paris f¨uhrte, wo er u. a. Madeleine de Scud´ery kennenlernte, gewann er entscheidende kulturelle Eindr¨ucke und eine Neigung zum Theater. 1656 verfaßte er anl¨aßlich seiner Hochzeit mit Juliane von Holstein-Norburg sein erstes B¨uhnenwerk, das Fr¨uhlings-Ballett. Nach dem Tod des Vaters 1666 u¨ bernahm A. U.s Bruder → Rudolf August die Regierung, der ihn 1667 zum Statthalter und 1685 zum Mitregenten ernannte. Seit 1704 alleiniger Herrscher, trat A. U. 1710 zum kath. Glauben u¨ ber. Unter A. U., als „der Siegprangende“ Mitglied der „Fruchtbringenden Gesellschaft“ zur Pflege der deutschen Sprache, wurde der Braunschweiger Hof zu einem kulturellen Zentrum Deutschlands. A. U. schrieb schon 1655 seinen ersten Band Himmlischer Lieder, die mit den von seiner Stiefmutter → Sophie Elisabeth daf¨ur komponierten Melodien 1667 als Christ-F¨urstliches Davids-Harpfen-Spiel in N¨urnberg im Druck erschienen. Die Stoffe f¨ur seine Opern, Singspiele, Ballette und Maskeraden entnahm A. U. dem u¨ blichen Stoffvorrat, vor allem der Bibel und der Antike, aber wie bei „Die Verst¨orte Irmenseul; oder Das Bekehrte Sachsenland“ (um 1670) auch der deutschen Vergangenheit. In A. U.s sp¨ater Schaffensperiode entstanden zwei der bedeutendsten Romane des 17. Jh., Die durchleuchtigste Syrerinn Aramea (5 Bde., 1669-73) und Octavia, R¨omische Geschichte (6 Bde., 1677-79), die S. von Birken f¨ur den Druck in N¨urnberg u¨ berarbeitete. Die in Syrien und Mesopotamien spielende Aramea erz¨ahlt die Lebensgeschichten und das Schicksal von 27 im h¨ofischen Milieu agierenden Paaren und galt, wie Catharina Regina von → Greiffenberg in ihrem dem f¨unften Band vorangestellten Gedicht schrieb, als Abbild der g¨ottlichen Weltordnung. Auch in Octavia zeichnete A. U. das Ideal einer galanten, von edlen Menschen bev¨olkerten Welt. A. U. trug eine bedeutende Gem¨aldesammlung zusammen, die sich heute im Anton-Ulrich-Museum in Braunschweig befindet. C Killy
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Anton Anton I., Graf von Oldenburg, * 1505 Oldenburg, † 22. 1. 1573. A. war ein Sohn des Grafen → Johann XIV. von Oldenburg und Bruder der Gr¨afin → Anna von Ostfriesland. Er trat 1526 zun¨achst gemeinsam mit seinen drei a¨ lteren Br¨udern die Regierung an und erlangte 1529 die alleinige Herrschaft. 1531 ließ er sich von Kaiser → Karl V. mit der Grafschaft Oldenburg-Delmenhorst und dem friesischen Stad- und Butjadingerland belehnen und f¨uhrte mit Hilfe seines Bruders Christoph in seinen Landen die Reformation ein. Mit dem eingezogenen Kirchenbesitz finanzierte A. u. a. die milit¨arische Aufr¨ustung seines Landes. 1547 konnte er das 1482 an M¨unster gefallene Delmenhorst zur¨uckerobern. Er verbesserte das M¨unzwesen, gewann Land durch Eindeichungen, erließ eine Deichordnung, gr¨undete ein Gymnasium und mehrere Landgerichte. A., der einen zentralistischen und absolutistisch regierten Staat schuf, galt bei seinen Untertanen als hart und eigenm¨achtig. C Oldenburg
Anton Gunther ¨ , Graf von Oldenburg, * 31. 10. 1583 Oldenburg, † 19. 6. 1667 Rastede (Oldenburg). A. G., der seine ritterliche Ausbildung 1601 am Collegium Mauritianum in Kassel erhalten hatte, kam 1603 zur Regierung. 1606 und 1609 reiste er durch Deutschland, Frankreich, Italien, England und Holland und trat in Beziehung zu zahlreichen H¨ofen. W¨ahrend des Dreißigj¨ahrigen Kriegs wahrte A. G. Neutralit¨at und erlangte im Westf¨alischen Frieden die Anerkennung des seit 1623 erhobenen Weserzolls. Er f¨orderte Landwirtschaft und Pferdezucht, Handwerk, Kunst und Kultur seines Landes und besch¨aftigte Johann Justus → Winckelmann als Hofhistoriographen. Mit Hilfe einer Anleihe von 50 000 Talern gelang A. G. 1623 beim Kaiser die Durchsetzung seiner Anspr¨uche auf die Herrschaft Kniphausen, die er sp¨ater seinem nat¨urlichen Sohn Anton von Aldenburg u¨ berließ. 1647 erbte A. G. die Grafschaft Delmenhorst. Mangels legitimer Erben vermachte A. sein Land dem verwandten Haus Holstein-Gottorf, dessen j¨ungere Linie 1773 eine neue oldenburgische Dynastie gr¨undete. C Oldenburg
Anton Clemens Theodor, K¨onig von Sachsen, * 27. 12. 1755, † 6. 6. 1836 Schloß Pillnitz bei Dresden. A., der Bruder des s¨achsischen Kurf¨ursten und, seit 1806, K¨onigs → Friedrich August III. (I.), verbrachte – zun¨achst f¨ur den geistlichen Stand bestimmt – die ersten Lebensjahrzehnte fernab der Politik und widmete sich der Musik und genealogischen Studien. 1806 suchte er mit seinem mit Napoleon verb¨undeten und inzwischen zum K¨onig erhobenen Bruder vor den Kriegswirren Zuflucht in Frankfurt, Prag und Wien. 1813 kehrte er nach Dresden zur¨uck und floh nach der V¨olkerschlacht von Leipzig nach B¨ohmen. Auf dem Wiener Kongreß verlor Sachsen wegen seines B¨undnisses mit Napoleon seine n¨ordliche Landesh¨alfte an Preußen. Erst 1827 gelangte A., der von seinem kinderlosen Bruder von allen Regierungsgesch¨aften ferngehalten worden war, auf den s¨achsischen K¨onigsthron. Die Regierung u¨ berließ er weitgehend dem unbeliebten Minister Detlev Graf von → Einsiedel, nach dessen Sturz w¨ahrend der Unruhen von 1830 dem Prinzen → Friedrich August als Mitregenten. Pers¨onlich wegen seiner Leutseligkeit gesch¨atzt, war er den dr¨angenden Aufgaben der Zeit nicht gewachsen. Als kunstfertiger Dilettant, der seine musikalische Ausbildung wahrscheinlich bei Peter August, sp¨ater bei Anton Schmiedel erhalten hat, komponierte A. geistliche und weltliche Vokalmusik, darunter Kantaten und Lieder, B¨uhnenwerke (u. a. die Oper Vathek, 1781), Orchesterwerke und Kammermusik. C Neuer Nekr, Jg. 14
Anton Ulrich, Herzog von Sachsen-Meiningen, * 22. 10. 1687, † 27. 1. 1763. A. U. war der j¨ungste Sohn von Herzog → Bernhard von Sachsen-Meiningen, dem Begr¨under dieses Zweigs des Hau-
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ses Wettin. Entgegen den testamentarischen Bestimmungen seines Vaters u¨ ber eine gemeinsame Aus¨ubung der Herrschaft wurde er nach dessen Tod zun¨achst von seinem a¨ lteren Bruder verdr¨angt. A. U. trat daraufhin in fremde Kriegsdienste und heiratete in Holland eine B¨urgerliche. Unter großen Schwierigkeiten erreichte er die Anerkennung seiner Rechte in Meiningen und 1727 die Erhebung von Frau und Kindern in den F¨urstenstand; 1746 erlangte er nach dem Tod von Bruder und Neffen die Alleinherrschaft. Nach dem Tod seiner ersten Frau schloß A. U. 1750 eine zweite Ehe mit einer Prinzessin von Hessen, aus der acht Kinder hervorgingen. A. U. besch¨aftigte sich selber mit Geschichte und Staatsrecht; schon als Sechzehnj¨ahriger schrieb er ein historisches Handbuch und verfaßte Rechtsgutachten und juristische Abhandlungen. C ADB
Anton, August Friedrich Moritz, P¨adagoge, * 26. 8. 1798 Wittenberg, † 21. 12. 1868 Halberstadt. A. war 1812-16 Sch¨uler des Joachimsthalschen Gymnasiums in Berlin. Er studierte Theologie und Philosophie in Halle und erhielt nach der Promotion 1819 eine Anstellung als Lehrer an der dortigen lateinischen Hauptschule. 1822 wurde er als Adjunkt an die Klosterschule von Roßleben berufen, unterrichtete Mathematik, Latein und Hebr¨aisch und war 1844-66 Rektor. A. galt bei seinen Zeitgenossen als ausgezeichneter P¨adagoge. Er ver¨offentlichte Unterrichtsprogramme und Abhandlungen wie die 1831 erschienene und gegen den Antibarbarus von J. P. Krebs gerichtete Schrift In adumbrata quaedam de integritate atque elegantia sermonis praecepta. C ADB Anton, Christian Gotthelf, Buchh¨andler, Schriftsteller, * 30. 4. 1756 Lauban (Schlesien), † 19. 5. 1835 G¨orlitz. Als Sohn eines Handelsherrn ging A. nach einer Kaufmannslehre in Zittau 1776 als Handlungsdiener nach Breslau und u¨ bernahm 1777 die v¨aterliche Materialhandlung im schlesischen Lauban. Dort baute A. aus eigenen B¨ucherbest¨anden eine große Leihbibliothek auf. 1793 verkaufte A. seine Materialhandlung und gr¨undete mit dem Buchh¨andler J. Hermsdorf in G¨orlitz die Buchhandlung Hermsdorf & Anton, die er seit 1798 allein f¨uhrte. Er vergr¨oßerte seine Leihbibliothek, gab zwei Journale heraus und war im Kunsthandel t¨atig. W¨ahrend der Napoleonischen Kriege verlegte er sich vor¨ubergehend auf die Herausgabe von Landkarten. A. druckte in seinem Verlag eigene Gedichte und Abhandlungen philosophischen und zeitkritischen Inhalts. C Neuer Nekr, Jg. 13 Anton, Eduard, Buchh¨andler, † 1822. A. gr¨undete 1793 zusammen mit J. Hermsdorf in G¨orlitz die Buchhandlung „Hermsdorf und Anton“. Sie bestand bis zum Austritt Hermsdorfs aus der Firma bis 1798 fort. Danach war sie unter dem Namen „Anton“ im Besitz von Christian Gotthelf → A. und bildete die Basis der sp¨ater von dessen Sohn Eduard → A. nach Halle verlegten und erheblich vergr¨oßerten Verlagsbuchhandlung gleichen Namens. C ADB Anton, (Hermann) Eduard, Buchh¨andler, Verleger, * 17. 12. 1794 G¨orlitz, † 24. 3. 1872 Halle. A., Sohn des Buchh¨andlers Christian Gotthelf → A., bezog 1803 das Gymnasium in G¨orlitz, trat 1810 als Lehrling in die Buchhandlung Renger in Halle ein und fand dort Aufnahme in die Gelehrtenkreise. In den Befreiungskriegen 1813-15 k¨ampfte er im L¨utzowschen Freikorps. 1822 gr¨undete A. in Halle eine Verlagsbuchhandlung und verlegte das v¨aterliche Unternehmen dorthin. Er gab vor allem naturwissenschaftliche Werke heraus und besaß selber eine reichhaltige mineralogische und geologische Sammlung. 1839 ver¨offentlichte er einen Katalog seiner Muschelsammlung, der in der Folgezeit als allgemein anerkanntes Lehrbuch der Konchyliologie galt.
Anton Dar¨uber f¨uhrte er in der Folgezeit eine ausgedehnte wissenschaftliche Korrespondenz. A. setzte sich im B¨orsenverein der Deutschen Buchh¨andler zu Leipzig f¨ur die Zulassung j¨udischer Buchh¨andler zur B¨ucherb¨orse ein. 1848 bet¨atigte er sich als gem¨aßigter Politiker und besch¨aftigte sich sp¨ater als Stadtverordneter vor allem mit sozialen Fragen. C NDB
Anton, Gabriel, Psychiater, Neurologe, * 28. 8. 1858 Saaz (B¨ohmen), † 3. 1. 1933 Halle. A., Sohn eines Baumeisters, studierte in Prag und Wien und war nach der Promotion 1882 in Prag an der Medizinischen Klinik t¨atig. Seit 1882 war er Assistent an der Irrenanstalt Dobrzan, seit 1886 an der neu gegr¨undeten PsychiatrischNeurologischen Klinik der Deutschen Univ. Prag, 1887-91 Assistent an der II. Psychiatrischen Klinik der Univ. Wien. 1889 habilitierte er sich f¨ur Psychiatrie und Neurologie. 1891 folgte A. einem Ruf als Prof. und Leiter der neu gegr¨undeten Psychiatrisch-Neurologischen Universit¨atsklinik nach Innsbruck. 1893 ging er in gleicher Funktion nach Graz und 1905 nach Halle. 1911 wurde er in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. A. besch¨aftigte sich mit psychiatrischen Problemen im Kindesalter, entwickelte verschiedene neue operative Methoden (Balkenstich) und beschrieb als Krankheitsbild das nach ihm benannte Antonsche Symptom (Nichterkennen der eigenen Blindheit und Taubheit bei beidseitiger Verletzung der corticalen Zentren f¨ur Gesicht und Geh¨or). Neben zahlreichen Zeitschriftenartikeln ver¨offentlichte er u. a. Aerztliches u¨ ber Sprechen und Denken (1907), Vier Vortr¨age u¨ ber Entwicklungsst¨orungen beim Kinde (1908), Wohlfahrt und Wiedergenesung der deutschen Rasse (1914), Bedeutung der Psychopathen im o¨ ffentlichen Leben und o¨ ffentliche F¨ursorge f¨ur Psychopathen (1920) und F¨unf Vortr¨age u¨ ber die geistigen Entwicklungsst¨orungen beim Kinde (1921). Mit Julius → Wagner von Jauregg und Paul → Dittrich gab A. Bd. 8 und 9 des Handbuchs der a¨ rztlichen Sachverst¨andigent¨atigkeit unter dem Titel Forensische Psychiatrie (1908-10) heraus. ¨ 2, 3 C Arzte
Anton, Gottfried, auch Gothofredus Antonii, Jurist, * 1571 Freudenberg (Westfalen), † 16. 3. 1618 Gießen. A., Sohn eines Goldschmieds, nahm 1594 in Marburg das Studium der Rechte auf, wurde 1594 promoviert, 1603 o. Prof. der Institutionen und 1604 der Pandekten. Wegen seines luth. Glaubens verließ er Marburg, als dort der Calvinismus eingef¨uhrt wurde, und folgte einem Ruf des Landgrafen → Ludwig V. von Hessen-Darmstadt als Rat und Prof. nach Gießen. Dort wurde A. 1607 zum Kanzler und ersten Rektor der neugegr¨undeten Univ. Gießen ernannt. Im Dienst des Landgrafen u¨ bernahm er politische Aufgaben und diplomatische Missionen. A. ver¨offentlichte zahlreiche Schriften zum Staats-, Lehns- und Zivilrecht, darunter die 1604 erstmals erschienenen Disputationes feudales XV. C ADB Anton, Karl Gottlieb, luth. Theologe, Klassischer Philologe, * 31. 1. 1778 Wittenberg, † 11. 9. 1861 G¨orlitz. A., Sohn Konrad Gottlob → A.s, studierte Theologie und Klassische Philologie in Wittenberg und Leipzig, habilitierte sich 1800 in Wittenberg und hielt Vorlesungen zur Philosophie, zur Klassischen Philologie und zum Alten Testament. Seit 1803 war er Konrektor, 1809-54 Rektor des Gymnasiums von G¨orlitz. Daneben betreute er 50 Jahre lang die Milichsche Bibliothek. A. ver¨offentlichte zahlreiche Schriften zur Klassischen, besonders der Griechischen Philologie, zur alt- und neutestamentlichen Theologie, zur Reformationsund Schulgeschichte, zur Philosophie, Volkskunde und Mathematik. C NDB
Anton, Karl Gottlob von, Jurist, Sprachwissenschaftler, * 23. 7. 1751 Lauban (Oberlausitz), † 17. 11. 1818 G¨orlitz. Der Sohn eines Handelsherrn begann 1770 in Leipzig das Studium der Rechte, wurde 1774 Magister der Philosophie und Doktor der Rechte. Er ging zun¨achst als Oberamtsadvokat nach G¨orlitz, wurde 1797 Senator, Ratssch¨offe und 1802 in den Adelsstand erhoben. Er war 1779 Mitbegr¨under der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften. A. vero¨ ffentlichte u. a. 1799-1802 eine seinerzeit als grundlegendes Werk anerkannte dreib¨andige Geschichte der teutschen Landwirtschaft. Daneben machte er sich durch seine kritische Auseinandersetzung mit dem Sachsenspiegel um die Rechtsgeschichte verdient. A. arbeitete auch als Philologe und vertrat bereits 1777 zur Erkennung von Sprachverwandtschaften die vergleichende Grammatik. Er gilt als Begr¨under der linguistischen Pal¨aontologie und besch¨aftigte sich mit der slawischen Altertumskunde. C NDB Anton, Konrad Gottlob, Hebraist, * 29. 11. 1745 Lauban (Oberlausitz), † 4. 7. 1814 Dresden. A., der Sohn eines G¨urtlers, studierte in Leipzig Philologie, hielt dort seit 1770 Vorlesungen und wirkte 1775-1813 als Prof. der Orientalischen Sprachen und der Klassischen Philologie in Wittenberg. Er befaßte sich mit einer Schematisierung der messianischen Weissagungen und der Umdeu¨ tung des Buches Jona. Uber seinen Versuch, die hebr¨aischen Liedmelodien zu rekonstruieren, ver¨offentlichte er eine Abhandlung von der alten hebr¨aischen Tonkunst, in der er die Akzente als Notenzeichen wertete. In einer 1800 erschienenen Schrift lieferte A. eine musikalische Erkl¨arung des Hohenliedes Salomons. Er war der Vater von Karl Gottlieb → A. C NDB Anton, (Friedrich) Max, Dirigent, Komponist, * 2. 8. 1877 Bornstedt bei Eisleben, † 18. 8. 1939 Gotha. Nach dem Abitur nahm A. am Konservatorium in Gotha ein Musikstudium auf, das er bei Bernhard → Stavenhagen in M¨unchen und bei James Kwast in Frankfurt am Main fortsetzte. Seine erste Anstellung erhielt er als Musiklehrer am St¨adtischen Konservatorium in M¨onchengladbach und war dann nacheinander Dirigent des Singvereins in Rheydt, Abteilungsdirektor am Konservatorium in Detmold und St¨adtischer Musikdirektor in Osnabr¨uck. 1922 u¨ bernahm A. die Stelle des St¨adtischen Musikdirektors in Bonn und erhielt 1923 den Titel eines Generalmusikdirektors. Beim Deutschen Beethovenfest von 1927 dirigierte er im Bonner M¨unster die Missa solemnis und das Chorfinale der Neunten Symphonie. 1931 trat er aus gesundheitlichen Gr¨unden in den Ruhestand und u¨ bersiedelte nach Gotha. A. komponierte neben Liedern, T¨anzen, Oden, Orchesterst¨ucken, Violinkonzerten und einem Klavierkonzert die Oper Die Getreuen. Daneben war A. schriftstellerisch t¨atig und ver¨offentlichte 1922 den Versuch einer Kunstanschauung auf physiologischphysikalischer Grundlage. Anton, Paul, evang. Theologe, * 12. 2. 1661 Hirschfelde (Oberlausitz), † 19. 10. 1730 Halle. A. begann 1680 in Leipzig das Studium der Theologie und gr¨undete dort unter dem Einfluß von Philipp Jakob → Spener zusammen mit August Hermann → Francke das „Collegium Philobiblicum“. 1687 begleitete er → Friedrich August von Sachsen auf seiner Kavalierstour durch Frankreich, Spanien, Portugal und Italien. A. wurde 1689 Superintendent in Rochlitz in Sachsen, 1693 Hofprediger in Eisenach und folgte 1695 auf Betreiben Speners einem Ruf als Prof. an die eben gegr¨undete Univ. Halle. Dort wirkte er auch als Konsistorialrat und seit 1709 als Inspektor des Saalkreises. Zusammen mit Francke und Joachim Justus → Breithaupt gab A. der theologischen Fakult¨at der Univ. Halle ihre streng luth. Pr¨agung. Neben seinen Vorlesungen hielt er pietistische Erbauungsstunden ab. In dem Collegium antitheticum, 1732
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Antoni postum ver¨offentlicht, forderte A., die Gr¨unde der H¨aresie im eigenen Herzen aufzusp¨uren. C RGG
Antoni, Johanna Eleonore, geb. Klant, Lyrikerin, * 23. 2. 1762 Schweidnitz (Schlesien), † nach 1840. 1780 heiratete A. einen Akzisekontrolleur aus Schweidnitz. Ihre ersten Gedichte, die sie im Freundeskreis vortrug, erregten Aufmerksamkeit, und sie ließ einige davon im Druck erscheinen (Poetische Versuche, 1792). A. ver¨offentlichte ihre Gedichte auch in Zeitschriften, zumeist anonym oder unter Pseudonym.
Antonius von K¨onigstein, auch Broich, Brakwy van Coninksteyn, Franziskaner, * um 1470 Nimwegen, † 11. 12. 1541 Huisberden bei Rees (Westfalen). A. war Guardian in verschiedenen Franziskanerkl¨ostern (seit 1529 in Br¨uhl, seit 1532 in Koblenz und von 1539 an in Nimwegen) und wahrscheinlich Domprediger in K¨oln. Neben einigen anderen Werken schrieb er eine 1529 in K¨oln erschienene Realkonkordanz f¨ur Prediger, die Concordantiae breviores. C NDB ¨ Antonius von Pforr, Ubersetzer, * Breisach, † 1483. Der einem Breisacher Patriziergeschlecht entstammende A. ist 1436 erstmals in Jechtingen als Kaplan nachgewiesen und seit 1455 als Dekan und Kirchherr am Oberrhein bezeugt. Sp¨ater war er als geistlicher Rat und Rechtsberater ¨ im Dienst von Herzog → Albrecht von Osterreich und vor allem von dessen Gemahlin Erzherzogin Mechthild t¨atig, die ihn zu ihrem Testamentsvollstrecker einsetzte. Das einzige von A. erhaltene literarische Werk, das Buch der Beispiele, das zwischen 1482 und 1592 in 17 Drucken erschien, steht in der Tradition des indischen Pan˜catantra. C VL
Antonius, (Helmut) Otto, o¨ sterr. Zoologe, * 21. 5. 1885 Wien, † 9. 4. 1945 Wien. A. beendete das Studium der Naturwissenschaften an der Univ. Wien 1910 mit der Promotion zum Dr. phil. Anschließend war er zun¨achst als Assistent von Othenio → Abel und seit 1919 als Dozent t¨atig. Nach der Habilitation begann A. 1921 seine Lehrt¨atigkeit an der Wiener Univ. und der Hochschule f¨ur Bodenkultur. 1924 u¨ bernahm er die Leitung des Sch¨onbrunner Tiergartens, die er bis zu seinem Tod innehatte. Er verwandelte den Tiergarten von einer Hofmenagerie in ein modernes, vor allem Pferdezucht und hippologische Forschungen betreibendes wissenschaftliches Institut. A. ver¨offentlichte u. a. Grundz¨uge einer Stammesgeschichte der Haustiere (1922), Gefangene Tiere (1933) und Die Tigerpferde, die Zebras (1951).
Antonius, Wilhelm, Drucker, † 1611. A. arbeitete zun¨achst als Korrektor und Drucker in Frankfurt am Main und hat dann m¨oglicherweise in Heidelberg studiert. Auf Betreiben des Grafen Philipp Ludwig II. zu Hanau ging er als erster Drucker und Verleger in die Stadt Hanau. Dort druckte er 1594 die Fastorum ecclesiae Christianae libri duodecim des Nathan → Chytraeus und brachte neben Streitschriften, Predigten und Gelegenheitsdrucken u¨ ber 300 Werke lateinischer und griechischer Autoren heraus. A. besorgte 1610 die erste in Deutschland gedruckte Horaz-Ausgabe. Als Drucksignet benutzte er zun¨achst die Darstellung eines auf einem gefl¨ugelten Hirsch reitenden Mannes, der eine Sichel und eine gekr¨onte Schlange in den H¨anden h¨alt, sp¨ater einen auf einem Berg sitzenden Pelikan. C NDB Antony, Franz Joseph Alois, Musiker, kath. Theologe, * 1. 2. 1790 M¨unster (Westfalen), † 7. 1. 1837 M¨unster. Der Sohn des M¨unsteraner Domorganisten Joseph A. bezog in seiner Heimatstadt 1808 zun¨achst die philosophische, dann die theologische Fakult¨at der Universit¨at. Nach der Priesterweihe 1813 wurde A. Vikar und Lehrer an der
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Lambertikirche und -schule. Daneben trieb er musikwissenschaftliche Studien und besch¨aftigte sich besonders mit dem liturgischen Gesang und mit dem Orgelbau. Zur Weiterbildung auf diesem Gebiet wurde er vom preuß. Kultusministerium nach Berlin eingeladen. Er kehrte 1819 nach M¨unster zur¨uck, unterrichtete dort am Gymnasium Gesang, hielt an der Akademie Vorlesungen u¨ ber Kirchenmusik und wurde Chordirektor der Domkirche. 1833 gab er aus Gesundheitsgr¨unden alle Stellen bis auf die des Domorganisten auf. A. komponierte Lieder und vier Grabmessen und verfaßte neben theologischen und musikalischen Abhandlungen 1832 eine Geschichtliche Darstellung der Entstehung und Vervollkommnung der Orgel. C ADB
Antropoff, Andreas von, Chemiker, * 16. 8. 1878 Reval, † 2. 6. 1956 Bonn. Der Sohn eines baltisch-deutschen Gutsbesitzers und Rechtsanwalts studierte in Riga, Heidelberg und London Chemie (Promotion 1908, Die pulsierende Quecksilber-Wasserstoffperoxydkatalyse). Anschließend ging A. als Assistent und Privatdozent an das Polytechnikum in Riga. 1915-18 leitete er eine Abteilung der Zentralkammer f¨ur Maße und Gewichte in St. Petersburg und war als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Kupferwalzwerk t¨atig. 1917 wurde er von der russischen Armee eingezogen, von den Bolschewiken verhaftet, nach dem Frieden von Brest-Litowsk jedoch wieder freigelassen. Unter dem deutschen Generalkommando u¨ bernahm er die Leitung der Landesversorgungszentrale von Estland. 1918 u¨ bersiedelte er als Privatdozent der TH nach Karlsruhe, habilitierte sich 1919 und arbeitete dort auch f¨ur die chemische Großindustrie. A. wurde 1920 zum a. o. Prof. ernannt und folgte 1925 einem Ruf als o. Prof. f¨ur Physikalische und Anorganische Chemie an die Univ. Bonn. 1924 wurde er Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei, 1926 des Stahlhelms und 1932 des Kampfbundes f¨ur Deutsche Kultur. 1933 trat er in die NSDAP und SS ein und hißte selbst die Hakenkreuzfahne auf dem Hauptgeb¨aude der Univ. Bonn. 1938 wurde er zum SS-Untersturmf¨uhrer bef¨ordert. 1941-43 war er Dolmetscher bei der Wehrmacht. A. wurde 1948 in einem Spruchkammerverfahren als „belastet“, 1950 als „entlastet“ eingestuft. Er ver¨offentlichte u. a. Experimentelle Einf¨uhrung in die Chemie (1919, 41955, span. 1945). C Gr¨uttner Antweiler, Anton, kath. Theologe, * 12. 10. 1900 K¨oln, † 4. 10. 1981 Andernach. A. schloß sein Studium der Physik, Mathematik, Philosophie und Theologie an der Univ. Bonn mit der Promotion in den beiden letztgenannten F¨achern ab. Er empfing 1925 in K¨oln die Priesterweihe und war zun¨achst als Gymnasiallehrer t¨atig. 1945 wurde er als Dozent f¨ur Fundamentaltheologie und philosophisch-theologische Prop¨adeutik an die Univ. Bonn berufen und dort 1950 zum apl. Prof. ernannt. 1954 ging A. als o. Prof. an die Bisch¨ofliche Philosophisch-theologische Hochschule nach Eichst¨att. Noch im selben Jahr folgte er einem Ruf als Ordinarius an die Univ. M¨unster und lehrte dort bis 1967 Allgemeine Religionswissenschaft. A. trat in seiner Sozialethik als Verfechter einer christlichen Humanit¨at hervor. Nach zahlreichen Werken zu Lebzeiten erschienen 1983 postum A.s gesammelte Aufs¨atze unter dem Titel Gott als Geheimnis des Lebens. C LThK Anwander, Johann, Freskenmaler, * 7. 2. 1715 Rappen, † 16. 11. 1770 Lauingen. A., Sohn eines Bauern, erhielt seine Ausbildung wahrscheinlich in Ottobeuren oder Mindelheim, verbrachte seine Gesellenzeit in Augsburg und in der Gegend von Donauw¨orth und ließ sich schließlich in Lauingen nieder. Pr¨agend f¨ur seine k¨unstlerische Entwicklung war die Augsburger Akademie, zu jener Zeit ein Zentrum der Rokokokunst in
Apel S¨uddeutschland. Neben Franz Martin → Kuen, Johann Baptist → Enderle und Franz Georg → Hermann z¨ahlte A. zu den herausragenden Freskomalern im l¨andlichen Schwaben. Zu seinen Arbeiten geh¨oren die Ausmalung der Augustinerkirche in Schw¨abisch-Gm¨und (1757) und des Goldenen Saals in Dillingen (1762). Weitere Wirkungsorte waren u. a. die Wallfahrtskirche in Autenried, die Pfarrkirchen in Hasberg, Lauingen und Memmelsdorf sowie die Augustinerkirche in Wiesloch. A. malte auch Portr¨ats. C AKL
die Priesterweihe und kehrte 1863 nach Bozen zur¨uck, wo er fast 30 Jahre als Katechet und Religionslehrer am Obergymnasium t¨atig war. Danach u¨ bernahm er eine Pfarrstelle in Graz und war anschließend bis zu seinem Tod Pfarrer in Innichen. A. war literarisch t¨atig, schrieb Gedichte und ver¨offentlichte u. a. 1862 den Lyrikzyklus Die Jahreszeiten. 1876 gab er eine Abhandlung Zur Heimatfrage Walthers von der Vogelweide heraus.
Anzengruber, Johann Nepomuk, o¨ sterr. Schriftsteller,
Duisburg, † n. e. Nach einem Praktikum im Eisen- und Stahlwerk Hoesch in Dortmund studierte A. 1911-14 an der Bergakademie Clausthal und in Berlin. 1914-16 nahm er als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil. 1919 legte er das Ingenieurexamen ab und sammelte als Steiger und Direktionsassistent in verschiedenen Bergwerken praktische Erfahrung. 1921-25 war er Betriebsleiter bei den Anhaltischen Kohlenwerken Abteilung Mariengrube in Senftenberg (Niederlausitz), dann Bergwerksdirektor und Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Gustav in Dettingen / Main sowie der Gewerkschaft Amalie im Braunkohlenwerk Seligenstadt in Hessen. A. geh¨orte dem Vorstandsrat und dem Arbeitsausschuß f¨ur Abraum- und F¨ordertechnik des Deutschen Braunkohlevereins an.
* 21. 3. 1810 Weng bei Hofkirchen (Ober¨osterreich), † 8. 11. 1844 Wien. A., Sohn eines Landwirts, besuchte als S¨angerknabe das Lyzeum von Salzburg und kam Mitte der dreißiger Jahre nach Wien. Dort fand er eine bescheidene Anstellung als Ingrossist in der Gef¨allen- und Dom¨anenbuchhaltung. Bei seinem fr¨uhen Tod hinterließ er mehrere Manuskripte lyrischer und dramatischer Arbeiten, von denen ¨ das Trauerspiel Berthold Schwarz 1844 in den „Osterreichischen Bl¨attern f¨ur Literatur und Kunst“ abgedruckt und positiv aufgenommen wurde. A. war der Vater von ¨ Ludwig → A. C OBL
Anzengruber, Ludwig, o¨ sterr. Schriftsteller, * 29. 11. 1839 Wien, † 10. 12. 1889 Wien. Nach dem Besuch der unteren Mittelschule 1856-58 in Wien begann A., Sohn Johann Nepomuk → A.s, eine Buchh¨andlerlehre und trat daneben in Laientheatern auf. 1859 schloß er sich einer Wanderb¨uhne an und unternahm erste schriftstellerische Versuche. Eine 1869 angetretene Kanzlistenstelle in der Wiener Polizeidirektion gab A. 1871 nach der erfolgreichen Urauff¨uhrung seines Volksst¨ucks Der Pfarrer von Kirchfeld wieder auf. Er war dann als Theaterdichter am Theater an der Wien und als Dramaturg am Volkstheater t¨atig. 1882-85 arbeitete er als Redakteur beim Wochenblatt „Die Heimat“, seit 1884 als Chefredakteur bei der Wiener satirischen Zeitschrift „Figaro“. A. schrieb neben moralisierenden, manchmal antiklerikalen, den liberalen Zeitgeist widerspiegelnden Volksst¨ucken wie Der G’wissenswurm (1874) bereits dem Naturalismus vorgreifende Romane wie Der Sternsteinhof (2 Bde., 1885). Zu seinen erfolgreichsten Trag¨odien geh¨orten Der Meineidbauer (1871) und Das vierte Gebot (1878). C Killy
Anzer, Johann Baptist von, kath. Missionsbischof, * 16. 5. 1851 Weinried bei Regensburg, † 24. 11. 1903 Rom. Der Sohn eines Metzgers und Landwirts studierte 1872-75 Theologie am Priesterseminar in Regensburg. Zur Vorbereitung seiner T¨atigkeit als Missionar trat A. 1875 in die „Gesellschaft des G¨ottlichen Wortes“ (SVD) in Steyl in Holland ein. Er empfing 1876 die Priesterweihe, begab sich 1879 nach S¨udchina, wurde 1882 Provikar des Missionsgebiets Schantung und wegen seiner erfolgreichen Missionst¨atigkeit 1885 Apostolischer Vikar und 1886 Titularbischof von Telepte. Mit Billigung Papst Leos XIII. unterstellte A. seine bislang unter franz¨osischem Protektorat stehende Mission dem Schutz des Deutschen Reichs. Bei Besuchen in Berlin errang er das Wohlwollen Kaiser → Wilhelms II. In China drang A. in wichtige St¨adte vor, 1896 in die den Chinesen heilige Geburtsstadt des Konfuzius, Jentschoufu. Die Ermordung zweier Steyler Missionare und ein Hilfsgesuch A.s veranlaßten Wilhelm II. 1897 zur milit¨arischen Besetzung Kiautschous. In der Folgezeit wurde Tsingtau Missionszentrum. C F¨arber Anzoletti, Patrizius, Franziskaner, Schriftsteller, * 17. 5. 1838 Bozen, † 8. 8. 1901 Innichen. A. studierte in Bozen und Trient Theologie und trat 1859 in Salzburg in den Franziskanerorden ein. 1861 empfing er
Aockerblum, Ottmar, Bergwerksdirektor, * 20. 2. 1890
Apel, (Johann) August, Schriftsteller, Musik- und Metrikforscher, * 17. 9. 1771 Leipzig, † 9. 8. 1816 Leipzig. A. war der Sohn eines Leipziger Seidenfabrikanten und B¨urgermeisters. Nach einem 1789-93 in Wittenberg und Leipzig absolviertem juristischem Studium wurde er dort Advokat und sp¨ater auch Rat der Stadt. Daneben besch¨aftigte er sich anfangs mit chemischen, medizinischen, philosophischen und musikalischen Studien, sp¨ater vor allem mit Kunsttheorie und Literatur. A. verfaßte ein 1814-16 erschienenes zweib¨andiges Werk u¨ ber die antike griechische Metrik, schrieb Dramen im Stil der deutschen Klassik und mit Elementen der Romantik durchsetzte Schauer- und Gespenstergeschichten. Er war befreundet mit Friedrich Baron de la Motte → Fouqu´e, Friedrich → Laun, Carl Borrom¨aus von → Miltiz und Friedrich → Kind, dem er mit einer Novelle aus seinem Gespensterbuch die Vorlage f¨ur dessen Libretto zu Carl Maria von → Webers Freisch¨utz lieferte. Als Besitzer eines großen ererbten Verm¨ogens legte A. in seinem Leipziger Haus und auf seinem Rittergut eine bedeutende Kunstsammlung an. Er war der Vater von Theodor → A. C Killy Apel, Erich (Hans), Maschinenbauingenieur, Politiker, * 3. 10. 1917 Judenbach (Th¨uringen), † 3. 12. 1965 Berlin. Der Sohn eines Arbeiters besuchte das Gymnasium, erlernte 1932-35 den Beruf eines Werkzeugmachers und studierte 1937-39 an der Ingenieurschule in Ilmenau. Nach kurzem Milit¨ardienst 1939 war er bis 1945 als Ingenieur in der Heeresversuchsstelle Peenem¨unde, den ElektroMagnetischen Werken Karlshagen und anderen kriegswichtigen Betrieben dienstverpflichtet. Nach Kriegsende war er Lehrer, dann Leiter der Berufsschule Steinach und Hauptingenieur bei der Sowjetisch-Technischen Kommission in Bleicherode, 1946-52 als Oberingenieur in der Sowjetunion t¨atig. 1952 / 53 leitete A. die Abteilung Forschung und Technik im Ministerium f¨ur Maschinenbau der DDR, wurde 1955 Minister f¨ur Schwermaschinenbau und leitete 1958-61 die Wirtschaftskommission beim Politb¨uro des Zentralkomitees der SED. 1960 wurde er Mitglied des Zentralkomitees. Seit 1958 war A. Mitglied der Volkskammer, 1958-63 Vorsitzender des St¨andigen Ausschusses f¨ur Wirtschafts- und Finanzfragen und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses. 1960 wurde er promoviert. Seit 1961 war A. Kandidat des Politb¨uros, 1961 / 62 Sekret¨ar des Zentralkomitees und geh¨orte seit 1962 dem Forschungsrat der DDR an. 1963 wurde er
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Apel Vorsitzender der Staatlichen Planungskommission und Stellvertretender Vorsitzender des Ministerrats. A., einer der Initiatoren des „Neuen o¨ konomischen Systems der Planung und Leitung“, trat f¨ur eine Lockerung des zentralistischen Planungssystems ein. Nach Auseinandersetzungen mit Walter → Ulbricht und G¨unter → Mittag u¨ ber die weitere Wirtschaftspolitik beging er Selbstmord. C SBZ / DDR
Apel, Georg Christian, Musiker, * 21. 11. 1775 Tr¨ochtelborn bei Erfurt, † 31. 8. 1841 Kiel. Der Sohn eines Organisten trieb schon w¨ahrend des Besuchs des Gymnasiums in Erfurt musikalische Studien. A. wurde dort 1796 Organist an der Thomaskirche und 1802 an der Allerheiligenkirche. Seit 1804 war er Organist an der Nikolaikirche in Kiel und versah von 1818 an die Stelle des Musikdirektors der Universit¨at. Mit seiner an Johann Sebastian → Bach geschulten Gestaltung der Musik im Gottesdienst und der Behandlung des protestantischen Chorals wirkte A. pr¨agend auf die Kirchenmusik in Schleswig-Holstein. Er komponierte selbst u. a. ein Oratorium und ver¨offentlichte ein Vollst¨andiges Choral-Melodienbuch zu dem SchleswigHolstein’schen Gesangbuche (o. J.). C MGG
Apel, Hans, National¨okonom, * 23. 8. 1895 Konitz (Westpreußen), † 1989 Wien. A., Sohn j¨udischer Eltern, u¨ bernahm 1925 nach einem Studium an der Univ. Berlin die Gesch¨aftsf¨uhrung eines Berliner Unternehmens. 1935 gezwungen zu emigrieren, gelangte er nach Aufenthalten in den Niederlanden und Großbritannien 1937 in die USA, wo er ein GraduiertenStudium an der Bostoner Univ. absolvierte und 1945 mit der Arbeit Outline of a Dynamic Theory of Income promoviert wurde. 1947 in Boston zum Assistant Professor ernannt, wirkte A. 1948 / 49 als Associate Professor am Middlebury College und war von 1950 bis zu seiner Emeritierung 1961 Full Professor und Chairman der Volkswirtschaftlichen Fakult¨at der Univ. Bridgeport, Connecticut. Anschließend kehrte er nach Deutschland zur¨uck. A.s wissenschaftliches Interesse galt zun¨achst u. a. den Grenzkosten und der Auswirkung freiwilliger und staatlicher Beschr¨ankungen der Lohnpolitik. Seit den sechziger Jahren wandte er sich verst¨arkt den sozialistischen L¨andern und deren wirtschaftlicher, sozialer und politischer Situation zu. Hierzu unternahm er auch zahlreiche Reisen, um die Bev¨olkerung vor Ort zu befragen, zuletzt in die Sowjetunion. A. ver¨offentlichte u. a. Ohne Begleiter. 287 Gespr¨ache jenseits der Zonengrenze (1965) und Wehen und Wunder der Zonenwirtschaft (1966). C Hagemann
Apel, Johann, auch Apell(us), Appell, Jurist, * 1486 N¨urnberg, † 1536 N¨urnberg. Der wahrscheinlich dem N¨urnberger B¨urgertum entstammende A. wurde nach humanistischen und juristischen Studien in Wittenberg um 1519 Kanonikus, Doktor und Rat des Bischofs von W¨urzburg. 1532 verbrachte er dort wegen seiner Heirat mit einer entf¨uhrten adligen Nonne drei Monate im Gef¨angnis. 1524 erhielt er auf Betreiben → Luthers eine juristische Professur in Wittenberg und war dort Zeuge bei dessen Verlobung. A. ging 1530 als Kanzler Herzog → Albrechts von Preußen nach K¨onigsberg, kehrte 1534 nach N¨urnberg zur¨uck und wirkte dort als Konsulent und Advokat des Rats, sp¨ater als Assessor beim Stadtgericht. Er stand in enger Verbindung zu den Humanisten und bem¨uhte sich in den Rechtswissenschaften um eine neue Systematik und neue Lehrmethoden. In seinen von → Melanchthon beeinflußten Werken Methodica dialectices ratio ad iurisprudentiam (1527) und Isagoge (1540) unternahm A. zum erstenmal die Einteilung eines Rechtssystems in das „ius in re (dominium)“ und das „ius ad rem (obligatio)“. C NDB
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Apel, Nikolaus, auch Apell, kath. Theologe, * um 1482 Egweil bei Nassenfels (Neuburg / Donau), † 15. 8. 1545 Moosburg. Der aus a¨ rmlichen Verh¨altnissen stammende A. wurde 1501 in Ingolstadt immatrikuliert. 1520-21 studierte er dort Hebr¨aisch und Griechisch bei Johannes → Reuchlin und war 1522-32 neben Johannes → Eck und Leonhard → Marstaller Prof. an der Theologischen Fakult¨at. 1523 Rektor der Univ., hatte er entscheidenden Anteil am Prozeß gegen Arsacius → Seehofer. Seit 1532 wirkte A. als Prediger in Moosburg / Isar und vertrat 1537 die Di¨ozese Freising auf der Provinzialsynode zu Salzburg. 1540 nahm er im Auftrag des Herzogs von Bayern und des Erzbischofs von Salzburg zusammen mit Marstaller am Wormser Religionsgespr¨ach teil. A. ver¨offentlichte Septuaginta quinque assertiones de fide, spe, charitate, ac legis veteris cum evangelica collatione (1543). Apel, Nikolaus, Sammler von Musikhandschriften, * Ende 15. Jh. K¨onigshofen (Franken), † 1537 Leipzig. A. studierte in Leipzig Philosophie und Theologie und wurde dort 1507 zum Prof. der Philosophie berufen. Sein 1896 von Hugo → Riemann in der Universit¨atsbibliothek Leipzig wiederentdeckter Mensuralkodex umfaßt 172 fast ausschließlich geistliche und liturgische Musikst¨ucke. Diese seit Ende des Zweiten Weltkriegs wieder verschollene Handschrift gilt als eine der bedeutendsten Quellen der deutschen Musik des ausgehenden 15. Jahrhunderts. C NDB Apel, Paul, Schriftsteller, * 2. 8. 1872 Berlin, † 9. 10. 1946 Berlin. A. studierte in Berlin Philosophie, Mathematik und Physik. Er war einige Zeit als Schauspieler t¨atig und lebte dann als freier Schriftsteller in Berlin und nach 1908 einige Zeit in Graub¨unden. Neben philosophischen Abhandlungen wie Geist und Materie (1909) schrieb er Dramen, zuletzt das Schauspiel Der goldene Dolch (1944). Mit seinem 1911 erschienenen neuromantischen „Traumspiel“ Hans Sonnenst¨oßers H¨ollenfahrt konnte A. einen B¨uhnenerfolg verzeichnen. Apel, (Guido) Theodor, Dramatiker, * 11. 5. 1811 Leipzig, † 26. 11. 1867 Leipzig. A., Sohn August → A.s, studierte in Leipzig und in Heidelberg Jurisprudenz, war dann aber vor allem schriftstellerisch t¨atig. Er erblindete 1836 infolge eines Unfalls fast v¨ollig. Neben lyrischen und erz¨ahlenden Gedichten ver¨offentlichte A. mehrere dramatische Werke, von denen das 1852 geschriebene N¨ahk¨athchen aufgef¨uhrt wurde. Er schrieb einen F¨uhrer u¨ ber den Schauplatz der V¨olkerschlacht von Leipzig und ließ dort auf wichtigen Punkten Gedenksteine errichten. Zu A.s Drama Columbus schrieb Richard → Wagner 1835 eine Ouvert¨ure. C ADB Apel, Wilhelm, Politiker, * 25. 5. 1905 Ellrich / Harz, † 4. 8. 1969 Bonn. Der Sohn eines nach 1933 mehrfach inhaftierten Landrats arbeitete 1923-32 als Verwaltungsbeamter. Daneben bildete sich A. an der Volkshochschule in Politik und Volkswirtschaft fort. Er trat der SPD bei, wurde Bezirksvorsitzender von Frankfurt-H¨ochst, Mitglied des Ortsvorstands und Stadtverordneter in Frankfurt am Main. A. war F¨uhrer von Reichsbanner und Eiserner Front in Frankfurt-H¨ochst und im Main-Taunus-Kreis. 1933 ging er ins Saargebiet, nahm dort 1935 am Abstimmungskampf teil und emigrierte nach dem Votum der Saarl¨ander f¨ur den Anschluß an das Deutsche Reich nach Frankreich. Nach seiner R¨uckkehr wurde A. 1946 in Hessen Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung und des Landtags. Er geh¨orte 1947 dem Direktorium des s¨uddeutschen L¨anderrats an, war 1948 Bevollm¨achtigter bei der Verwaltung des Wirtschaftsgebiets Frankfurt, Staatsrat im Hessischen Staatsministerium und
Apelt seit 1949 hessischer Bevollm¨achtigter beim Bund. 1963 trat A. in den Ruhestand. C BHdE, Bd 1
Apel, Willi, eigentl. W. Apfelbaum, Musiker, Musikwissenschaftler, * 10. 10. 1893 Konitz (Westpreußen), † 14. 3. 1988 Bloomington (Indiana, USA). A. studierte in Bonn (1912 / 13), in M¨unchen (1913 / 14) und nach dem Krieg in Berlin (1918-21) Mathematik. Daneben ließ er sich bei Leonid → Kreutzer, Edwin → Fischer, Moritz → Mayer-Mahr und Carl Adolf → Martienssen im Klavierspiel ausbilden. 1922-36 erteilte A. an verschiedenen Berliner Gymnasien Unterricht in Mathematik und Musik. Er gab außerdem Klavierkonzerte, schrieb Beitr¨age f¨ur Musikzeitschriften und hielt Rundfunkvortr¨age. 1936 emigrierte er als rassisch Verfolgter in die USA und war dort zun¨achst in verschiedenen St¨adten als Musiklehrer t¨atig. 1950 wurde A. als Prof. der Musik an die Indiana University in Bloomington berufen, an der er bis zu seiner Emeritierung 1963 lehrte. Im Sommer 1958 hielt er Gastvorlesungen an der Univ. Heidelberg und an der Freien Univ. Berlin. A. ver¨offentlichte u. a. eine Geschichte der Orgel-und Klaviermusik (1967). C MGG Apell, (Johann) David August von, Pseud. Capelli, Komponist, * 23. 2. 1754 Kassel, † 31. 1. 1832 Kassel. A. nahm nach gr¨undlicher musikalischer Vorbildung Unterricht beim Kasseler Hoforganisten Kellner. Seit 1780 machte er sich – anfangs noch unter dem Pseudonym Capelli – mit eigenen Kompositionen einen Namen. Er erfuhr zahlreiche Ehrungen und wurde schon 1780 vom Papst zum Ritter vom goldenen Sporn geschlagen. 1786 wurde er Mitglied der „Philharmoniker“ in Florenz und unter dem Namen „Filleno Tindaride“ der „Arkadier“ in Rom. 1791 erhielt er seine Ernennung zum Ehrenmitglied der Akademie von Stockholm. Er komponierte u. a. einige Opern, kirchenmusikalische Werke und Kammerkantaten. A. war hessischer Kammerrat. C MGG Apelles von L¨owenstern, Matth¨aus, auch Matthaeo Leonastro de Longueville Neapolitano, eigentl. M. Appel oder Appelt, Komponist, Lieddichter, * 20. 4. 1594 Neustadt (Oberschlesien), † 11. 4. 1648 Breslau. Vermutlich seit 1613 Lehrer und Kantor in Leobsch¨utz, floh A. in den Wirren des Dreißigj¨ahrigen Kriegs um 1625 an den Hof Herzog Heinrich Wenzels von Oels in Bernstadt. Neben der Leitung der Hofkapelle wurde er mit wichtigen Hof¨amtern betraut und 1634 von Kaiser → Ferdinand II. in den Ritterstand erhoben. Um 1640 u¨ bersiedelte er nach Breslau. A.’ kompositorisches Werk umfaßt neben Kirchenliedern und Motetten auch geistliche Konzerte, bei deren Auff¨uhrung er sich als S¨anger und Dirigent bet¨atigte. Einige seiner geistlichen Lieder (u. a. Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit) geh¨oren bis in die Gegenwart zum Kernbestand des evang. Kirchengesangbuchs. Verdienste erwarb sich A. durch geistige und materielle Unterst¨utzung junger K¨unstler. C MGG
Apelt, Ernst Friedrich, Philosoph, Naturwissenschaftler, Fabrikant, * 3. 3. 1812 Reichenau bei Zittau (Sachsen), † 27. 10. 1859 Oppelsdorf (Oberlausitz). Der Sohn eines Fabrikanten und Kohlegrubenbesitzers bildete sich schon w¨ahrend seiner Gymnasialzeit in Zittau autodidaktisch in Astronomie, Mathematik und Philosophie fort und studierte mit besonderem Interesse die Neue Kritik der reinen Vernunft von Jakob Friedrich → Fries. 1831 ging A. als dessen Sch¨uler nach Jena und studierte dann in Leipzig Naturwissenschaften, wo er Hermann → Lotze kennenlernte. Er wurde 1835 in Leipzig promoviert, habilitierte sich 1839 in Jena (De viribus naturae primitivis) und wurde 1856 o. Professor. Er lehrte Mathematik, Astronomie
und physikalische Geographie, sp¨ater auch Philosophie. Daneben leitete und vergr¨oßerte er die v¨aterlichen Betriebe, besonders das Kohlebergwerk in Oppelsdorf, und gr¨undete dort ein Kurbad und eine Vitriolfabrik. A. vertrat die gegen den Idealismus gerichtete und an → Kant orientierte Friessche Lehre und entwickelte diese u. a. in seinem 1857 erschienenen Werk Metaphysik (Neuausgabe 1910) fort. Er vero¨ ffentlichte u. a. Die Epochen der Geschichte der Menschheit. Eine historisch-philosophische Skizze (2 Bde., 1845 / 46, 2 1851), Johann Keppler’s astronomische Weltansicht (1849), Die Theorie der Induction (1854) und Religionsphilosophie (1860). A. war Mitherausgeber der Abhandlungen der Fries’schen Schule (1847 ff.; Nachdr. 1964). C Enz Phil Wiss
Apelt, Fritz, Journalist, * 4. 2. 1893 Tiefenfurt (Kr. G¨orlitz), † 28. 1. 1972. Der Sohn eines Bergmanns und einer Fabrikarbeiterin arbeitete nach einer Schlosserlehre 1910-23 in seinem Beruf sowie als Werkzeugmacher. 1911 wurde er Mitglied der SPD, 1917 der USPD. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg geh¨orte er dem Soldaten- und Arbeiterrat in Liegnitz an. 1923 wurde er Redakteur der „Roten Fahne“, saß 1924 / 25 in Festungshaft, war anschließend Redakteur beim KPD-Pressedienst und betreute dann beim KPD-Zentralkomitee als verantwortlicher Redakteur die Partei-Zeitschrift „Der Arbeiterrat“. 1927-29 lebte A. in Moskau, wo er als Vertreter der Revolution¨aren Gewerkschaftsopposition dem Exekutivkomitee der Roten Gewerkschaftinternationale angeh¨orte. 1929-32 war er Chefredakteur des „Th¨uringer Volksblatts“ (Erfurt) und 1932 / 33 der „Badischen Arbeiterstimme“ (Mannheim). 1933 / 34 von den Nationalsozialisten in Heuberg und Kieslau inhaftiert, emigrierte A. 1935 nach Amsterdam und ging dann u¨ ber Paris, Schweden und Finnland schließlich in die UdSSR. Dort war er Pressekorrespondent in der Agitationsabteilung des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (KI), 1939-41 Mitarbeiter in der Redaktion des KIBulletins und seit 1941 Sprecher und Redaktionssekret¨ar des „Deutschen Volkssenders“. 1944 arbeitete A. in der KPDArbeitskommission am Entwurf des Parteiprogramms f¨ur die Nachkriegszeit mit. Im selben Jahr wurde er Redakteur beim Sender des Nationalkomitees „Freies Deutschland“ (NKFD). 1945-51 war A. Chefredakteur von „Die Freie Gewerkschaft“ (seit 1947 „Trib¨une“), 1951-54 Leiter des Amts f¨ur Literatur und Verlagswesen der DDR und 1954-56 Staatssekret¨ar sowie Erster Stellvertreter des Kulturministers der DDR. Er ver¨offentlichte u. a. Die Gewerkschaften in der Sowjetunion (1949) und Stalin und die Gewerkschaften (1949). C BHdE, Bd 1 Apelt, Willibalt, Jurist, Politiker, * 18. 10. 1877 L¨obau (Sachsen), † 16. 6. 1965 Gr¨afelfing bei M¨unchen. A., ein Enkel von Ernst Friedrich → A., trat nach dem Studium der Rechtswissenschaften in den s¨achsischen Verwaltungsdienst ein und war 1915-18 Regierungsrat Leipzig, wo er sich 1916 habilitierte (Der verwaltungsrechtliche Vertrag). Nach Kriegsende u¨ bernahm A. das Hochschulreferat im s¨achsischen Ministerium f¨ur Unterricht und Kultus und wurde 1920 als o. Prof. des Verwaltungs- und Staatsrechts an die Univ. Leipzig berufen. A., Mitbegr¨under der Deutschen Demokratischen Partei in Sachsen, war 1919 als Mitarbeiter von Hugo → Preuß an der Formulierung der Weimarer Verfassung beteiligt. Seit 1927 s¨achsischer Innenminister, kehrte er 1929 auf seinen Lehrstuhl in Leipzig zur¨uck. 1933 wurde er von den Nationalsozialisten entlassen. Von 1945 an ¨ lehrte er als o. Prof. des Offentlichen Rechts an der Univ. M¨unchen. A. lieferte wichtige Beitr¨age zur Neugestaltung des Verfassungsrechts; er ver¨offentlichte u. a. Betrachtungen zum Bonner Grundgesetz. C Munzinger
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Aperbacchus Aperbacchus, Petreius, eigentl. Peter Eberbach, auch Aperbach, Humanist, Jurist, * um 1480 Rothenburg / Tauber, † 1531 / 32 Heidelberg. A. bezog 1497 die Univ. Erfurt, an der sein Vater Prof. der Medizin war, und wurde in der Jurisprudenz promoviert. Er geh¨orte zum Gothaer und Erfurter Kreis um den Humanisten → Mutianus Rufus und war befreundet mit Ulrich von → Hutten und Helius Eobanus → Hessus. 1505 nahm er in Straßburg Kontakt zu den oberrheinischen Humanisten auf und lebte 1510 zusammen mit Hutten in Wien. Dieser stellte ihn in seinen Epistolae obscurorum virorum als Anh¨anger Johannes → Reuchlins dar. A. lebte, unterbrochen von einer Romreise, seit 1512 wieder in Erfurt. Neben Gedichten verfaßte er humanistische Flugschriften und eine 1516 in N¨urnberg erschienene satirische studentische Scherzrede De generibus Ebriosorum. Wegen der stilistischen Eleganz seiner Sprache trug A. im Kreis der Humanisten den Ehrennamen „S¨aule und Herzog von Eoban Hesses Dichterk¨onigreich“. C NDB
Aperger, Andreas, Drucker, * 1598, † 23. 10. 1658. A. ist erstmals 1617 als Drucker bei der von Marcus → Welser gegr¨undeten Augsburger Verlags- und Druckergesellschaft „Ad insigne pinus“ erw¨ahnt. Nach deren Aufl¨osung machte er sich 1619 selbst¨andig. 1632 floh A. vor den schwedischen Besatzungstruppen aus Augsburg und kehrte erst 1635 zur¨uck. Er druckte dort die „Neuen Zeitungen“, die vor allem u¨ ber die Ereignisse des Dreißigj¨ahrigen Kriegs berichteten, und gab bis 1655 73 St¨ucke dieser Vorl¨aufer moderner Periodika heraus. Neben anderen großen Werken druckte A. Johannes → Keplers De Cometis libelli tres (1619 / 20) und eine Ikonographie des Hauses Fugger. Nach seinem Tod f¨uhrte seine Witwe Veronika die Druckerei weiter und brachte u. a. einige Jesuitendramen heraus. 1663 verkaufte sie die Offizin an ihren Schwiegersohn Simon Utzschneider. C NDB Apetz, Johann Heinrich, Orientalist, Entomologe, * 24. 2. 1794 Altenburg (Sachsen), † 8. 11. 1857 Altenburg. A. studierte in Jena Theologie und orientalische Sprachen bei L. G. Kosegarten, dem er 1819 seine Schrift Descriptio terrae Malabar ex Arabico Ebn Batutae itinerario widmete. Nach Beendigung des Studiums unterrichtete er am Fellenbergschen Institut in Hofwil bei Bern und als Hauslehrer in seiner Heimatstadt Altenburg. Dort brachte A. 1825 / 26 zusammen mit seinem ehemaligen Lehrer August Heinrich Matthiae eine zweib¨andige Neuausgabe der Historien Herodots heraus. A. wurde 1826 Diakon in Lucka und lehrte dann seit 1830 am Friedrich-Gymnasium in Altenburg Hebr¨aisch und Naturwissenschaften. Daneben stellte A. entomologische Forschungen an, trug eine große K¨afersammlung zusammen und war Vorsitzender der Naturforschenden Gesellschaft des Osterlandes. Er ver¨offentlichte u. a. Dissertationis de cognationis, qua dialectos Graecos cum linguis Semiticisconjunctas esse videmus, veritate ac ratione (1832) und Beitr¨age zur Fauna des Osterlandes (1840). C NDB
Apfalter, Heribert, o¨ sterr. Industrieller, * 22. 9. 1925 Pregarten (Ober¨osterreich), † 26. 8. 1987 Weistrach bei Amstetten (Nieder¨osterreich). A. schloß 1949 das Studium an der Hochschule f¨ur Welthandel in Wien als Diplomkaufmann ab und trat im selben ¨ Jahr in die Finanzabteilung der Vereinigten Osterreichischen ¨ Eisen- und Stahlwerke AG (VOEST) in Linz ein. Seit 1961 war er Prokurist und von 1966 an Leiter der Finanzwirtschaft des Großunternehmens, das 1973 mit der Firma Alpine fusioniert wurde. Seit 1977 war er Generaldirektor der
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¨ VOEST-Alpine AG. Daneben war er bei zahlreichen anderen Unternehmen Mitglied des Aufsichtsrats. Dem Konzern ¨ gelang unter A.s anfangs sehr erfolgreichen Agide der Einstieg in neue Technologien und der Ausbau der Bereiche Anlagenbau und Elektrotechnik. Infolge der weltweiten Stahlkrise und dem fehlgeschlagenen Ausbau neuer Produktionszweige kam es jedoch auch zu erheblichen R¨uckschl¨agen. ¨ Die undurchsichtigen Olgesch¨ afte der Tochterfirma Intertrading zwangen A. im November 1985 zum R¨ucktritt. Die ungekl¨arten Umst¨ande des Skandals und sein Stillschweigen f¨uhrten nach A.s pl¨otzlichem Tod zu Zweifeln an einer nat¨urlichen Todesursache.
Apfaltern, Leopold Frh. von, auch L. von Apfaltrer, Jesuit, Mathematiker, * 15. 10. 1731 Gr¨unhof (Krain), † 9. 12. 1804 Raab (Ungarn). A., der bereits als F¨unfzehnj¨ahriger in die Gesellschaft Jesu eingetreten war, ließ schon als Sch¨uler einen besonderen Hang zur Mathematik erkennen. Er wurde Baccalaureus der Theologie und empfing 1761 die Priesterweihe. Seit 1765 unterrichtete er Mathematik am Lyzeum in Klagenfurt. 1766 ¨ gewann er mit seiner Schrift Uber das echte Verh¨altnis der ¨ Wiesen zu den Ackern einen von der K¨arntnerischen Ackerbaugesellschaft ausgesetzten Preis. Daneben ver¨offentlichte er eine Maß- und Preistabelle und Arbeiten zu Problemen der Geometrie und der Statik sowie eine Abhandlung von dem Drucke der Gew¨olber auf ihre Seitenmauern (1782). A. wurde 1780 Domherr in Raab in Ungarn, wo er bis zu seinem Tod blieb. C Wurzbach Apfelbeck, Hugo, o¨ sterr. Montanist, * 18. 3. 1889 Autal bei Graz, † 1. 4. 1967 Graz. A. arbeitete nach einer 1911 beendeten Ausbildung an der Montanistischen Hochschule in Leoben als Diplomingenieur im Kohlenwerk Fohnsdorf in der Steiermark, im Goldbergbau Radhausberg in Salzburg und in den Kohlenwerken von Siveric in Dalmatien und Wohontsch in B¨ohmen. 1916-21 ˇ war er Berginspektor der Skoda-Werke und technischer Leiter von Kohlen- und Erzgruben in B¨ohmen, 1921-33 Bergdirektor in Falkenau. 1933-45 leitete A. in Karlsbad seine eigenen Braunkohlen-, Kaolin- und Keramikwerke. Nach der ¨ Vertreibung habilitierte er sich 1946 in Osterreich und wurde 1949 o. Prof. f¨ur Bergbaukunde an der Montanistischen ¨ Hochschule in Leoben. Er war Bergwerksdirektor der Osterreichischen Alpine Montan-Gesellschaft. A. entwickelte Verfahren auf dem Gebiet der Kohleveredlung und der Keramikherstellung und ver¨offentlichte seine Forschungsergebnisse in zahlreichen Publikationen.
Apffelstaedt, Max, Zahnmediziner, * 4. 3. 1863 M¨unster, † 18. 6. 1950 Bad Salzuflen. Der Sohn eines Kaufmanns studierte 1884-90 in M¨unchen, Berlin und G¨ottingen Sprachen und Kunstgeschichte, danach in M¨unchen, Berlin und Chicago Zahnheilkunde. 1893 legte A. in Berlin das Staatsexamen ab und ließ sich in M¨unster als Zahnarzt nieder. 1907 erhielt er dort einen Lehrauftrag an der Univ. und wurde Direktor der Zahnklinik; seit 1922 war er a. o., 1926-29 o. Professor. 1937-45 war er Stadtrat in M¨unster. A. besch¨aftigte sich vor allem mit der Kieferchirurgie und der Radiumbehandlung der Mundh¨ohle. 1943 wurde er Ehrenmitglied der Deutschen Zahn¨arzteschaft, 1949 der Zahn¨arztlichen Dozentenvereinigung. A. trug eine große Kunstsammlung zusammen und setzte sich f¨ur die Verbreitung der Werke von Hermann → L¨ons ein; 1941 war er Landesf¨uhrer der Schrifttumskammer Westfalen. Er ver¨offentlichte u. a. Die geschichtliche Entwicklung der Universit¨at M¨unster (1932) und „Denn wir fahren gegen Engelland“. ¨ Uber die Entstehung des L¨onsschen Matrosenliedes (1941). ¨ 2, 3 C Arzte
Apitz Apian von und zu Ittlkofen, Peter, eigentl. Bienewitz oder Bennewitz, auch Apianus, Apisfilius, Astronom, Geograph, Mathematiker, Zeichner, Entwerfer von Karten, * 16. 4. 1495 oder 1501 Leisnig (Sachsen), † 21. 4. 1552 Ingolstadt. A. wurde nach dem Studium in Leipzig und Wien auf Veranlassung des bayerischen Kanzlers Leonhard von → Eck an die Univ. Ingolstadt berufen. Dort lehrte er seit 1527 Mathematik und gr¨undete eine Universit¨atsdruckerei. A. stellte geographische und astronomische Untersuchungen an und ver¨offentlichte seine Forschungsergebnisse in mehreren Werken. Er schlug zur Bestimmung geographischer L¨angen die Messung von Monddistanzen vor. Bei der Beobachtung des Halleyschen Kometen entdeckte er als erster, daß die Schweife der Kometen von der Sonne abgewandt sind. A. entwickelte Sonnenuhren, astronomische und geod¨atische Instrumente sowie einen H¨ohenquadranten und stellte in seinem Hauptwerk Astronomicum Caesareum (1540) ein Ger¨at zu L¨osung sph¨arisch-trigonometrischer Probleme vor. In dem mit seinem Bruder betriebenen Verlag gab A. nicht nur die eigenen Werke, sondern auch die des Kanzlers Eck heraus. 1541 wurde er von → Karl V. in den Reichsadel erhoben und zum Hofpfalzgrafen ernannt. A. war der Vater von Philipp → A. C Krafft
Apian, Philipp, eigentl. Bienewitz oder Bennewitz, auch Apianus, Apisfilius, Geograph, Mathematiker, * 14. 9. 1531 Ingolstadt, † 14. 11. 1589 T¨ubingen. A. wurde 1552 als Nachfolger seines Vaters Peter → A. Prof. f¨ur Mathematik und Medizin an der Univ. Ingolstadt. Nach ¨ seinem Ubertritt zum Protestantismus mußte er 1568 die Stadt verlassen. Seit 1569 lehrte er Mathematik in T¨ubingen, verlor 1583 seine Professur aber wegen der Weigerung, die Konkordienformel anzuerkennen. A. machte sich einen Namen als Topograph, besch¨aftigte sich 1554-61 mit der Vermessung Bayerns und brachte im Auftrag Herzog → Albrechts V. 1568 eine von dem Maler Bartholom¨aus Refinger vollendete und im Apianschen Verlag gedruckte Karte Bayerns heraus. Damit schuf er das Vorbild f¨ur sp¨atere Gel¨andedarstellungen und die Grundlage der bayerischen Landesvermessung. A. baute Himmels- und Erdgloben, von denen einer, der sich heute im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek in M¨unchen befindet, die vom Papst festgelegte Trennlinie zwischen der spanischen und der portugiesischen Welth¨alfte aufweist. C NDB
Apiarius, Mat(t)hias, eigentl. Biener, auch Biner, Byner, Drucker, * zwischen 1495 und 1500 Berching (Bayern), † September 1554 Bern. A., Sohn eines Druckers und Formschneiders, arbeitete zun¨achst als Buchbinder in N¨urnberg, ließ sich 1525 in Basel nieder, kaufte sich in die Safranzunft ein, erhielt 1527 das B¨urgerrecht und trat 1528 als Teilnehmer der Berner Religionsdisputation zum reformierten Glauben u¨ ber. Seit 1533 als Buchdrucker in Straßburg nachweisbar, gab A. dort zusammen mit dem bedeutenden Musikaliendrucker Peter → Sch¨offer zahlreiche Musikdrucke heraus. 1537 wurde A. vom Rat von Bern zum ersten amtlich bestallten Drucker der Stadt ernannt und 1540 auch mit buchbinderischen Arbeiten f¨ur die st¨adtische Kanzlei betraut. In seiner Werkstatt, in der A. mehrere Drucker, Formschneider und Buchbinder besch¨aftigte, entstanden etliche schon mit beweglichen Metalltypen hergestellte Notendrucke, theologische Schriften f¨ur das protestantische Oberdeutschland und 1539 eine mit Holzschnitten versehene Ausgabe von Boccaccios De claris mulieribus. C AKL
Apiarius, Samuel, Drucker, * Basel, † 12. 4. 1590 Basel. A., vermutlich Buchbindermeister, u¨ bernahm 1548 zusammen mit seinem Bruder Siegfried die Druckerei seines Vaters Matthias → A. in Bern, in der er auch Golddrucke und
B¨ucher mit Goldschnitt herstellte. 1559 wurde er wegen einer Verleumdungsklage f¨ur vier Jahre und 1564 wegen des Drucks von Schm¨ahliedern auf die kath. Orte f¨ur zehn Jahre aus Bern ausgewiesen. Daraufhin gr¨undete A. in Solothurn die erste Druckerei der Stadt. 1566 verlegte er seine Werkstatt nach Basel. Neben Volksliedern, die vor allem Ereignisse aus der Schweizer Geschichte besangen, Kalendern und offiziellen Verlautbarungen druckte A. dort zwischen C AKL 1566 und 1589 zahlreiche „Neue Zeitungen“.
Apin, Johann Ludwig, eigentl. Biene, auch Apinus,
¨ Mediziner, getauft 20. 11. 1668 Ohringen (W¨urttemberg), † 2. 11. 1703 Altdorf (Franken). ¨ Der Sohn eines Ohringer Stadtpfarrers, der seinen Nachnamen Biene mit einer leichten Abwandlung zu A. latinisierte, studierte in Altdorf und wurde dort um 1690 in Medizin promoviert (De Syncope). A. arbeitete 1691-97 als Physikus in Hersbruck bei N¨urnberg und wurde 1697 Leibarzt des F¨ursten von Pfalz-Sulzbach und 1702 Prof. der Medizin und Physiologie in Altdorf. Daneben geh¨orte er seit 1697 unter dem Namen „Nonus“ der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina an. Er vertrat die chemiatrische Lehre und war ein Anh¨anger von Georg Ernst → Stahl. A. verfaßte u. a. 1697 eine Beschreibung des Verlaufs der Typhusepidemie in Hersbruck 1694 / 95. Er war der Vater von Siegmund Jakob → A. C NDB
Apin, Siegmund Jakob, eigentl. Biene, auch Apinus, P¨adagoge, Schriftsteller, * 7. 6. 1693 Hersbruck (Franken), † 24. 3. 1732 Braunschweig. A., Sohn des Mediziners Johann Ludwig → A., schloß 1713 sein Studium in Altdorf als Magister der Philosophie und Kandidat der Theologie ab, wurde 1720 Inspektor der N¨urnberger Alumnen in Altdorf und 1722 Prof. der Logik und ¨ Metaphysik am N¨urnberger Agidien-Gymnasium. 1729 trat ¨ A. die Stelle des Rektors der Schule zu St. Agidien in Braunschweig an. Seit 1726 geh¨orte er unter dem Namen „Solinus II.“ der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina an. A. verfaßte zahlreiche Schriften zur Philosophie, P¨adagogik, biblischen Arch¨aologie und Naturkunde, ferner zur Literatur- und Wissenschaftsgeschichte. C NDB Apitz, Bruno, Schriftsteller, * 28. 4. 1900 Leipzig, † 7. 4. 1979 Berlin. A., zw¨olftes Kind eines Wachstuchsdruckers, durchlief in seiner Heimatstadt eine Lehre als Stempelschneider, arbeitete als Buchh¨andler in einem Antiquariat und als Schauspieler. 1914 trat A. der Sozialistischen Arbeiter-Jugend und 1927 der KPD bei. Er war dann als Journalist und Schriftsteller f¨ur Zeitungen und Verlage seiner Partei t¨atig, leitete den Zentralverlag der Roten Hilfe und f¨uhrte den Vorsitz im „Bund proletarisch-revolution¨arer Schriftsteller“ in Leipzig. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 wurde A. drei Monate in Konzentrationslagern festgehalten und arbeitete danach in der Illegalit¨at. Im November 1934 erneut verhaftet und zu 46 Monaten Zuchthaus verurteilt, die er in Waldheim verbrachte, war er 1937-45 im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert. In der DDR bet¨atigte er sich dann zun¨achst als Journalist, sp¨ater als Veranstaltungsdirektor der St¨adtischen B¨uhnen in Leipzig und als Filmdramaturg. Seit 1955 lebte er als freier Schriftsteller in Ost-Berlin. A. errang großen Erfolg mit dem Roman Nackt unter W¨olfen (1958, in zahlreiche Sprachen u¨ bersetzt und durch Frank Beyer verfilmt, Urauff¨uhrung 1963), der die Judenverfolgung unter dem nationalsozialistischen Regime zum Thema hat. Daneben schrieb er Erz¨ahlungen und H¨orspiele. 1976 bzw. 1984 erschienen die autobiographisch gehaltenen Romane Der Regenbogen und Der Schwelbrand (erg. von W. Weiß). C Killy
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Apobolymaeus Apobolymaeus, Johannes, eigentl. J. Findling, Franziskaner, kath. Theologe, * Kreuznach, † 1538 Amberg (Oberpfalz). A., der die gr¨azisierte Form seines Nachnamens Findling benutzte, geh¨orte dem Franziskanerorden an und wirkte seit 1504 in Mainz, seit 1510 in Heidelberg und von 1512 an in Ingolstadt als Lektor der Humaniora und der Theologie. Er war 1516 / 17 w¨ahrend der Kampagne zum Petersablaß Guardian in Mainz und versah neben Erzbischof → Albrecht von Brandenburg das Amt des Generalkommissars des Ablasses. 1517 nahm er in T¨ubingen seine Lehrt¨atigkeit wieder auf und kehrte 1521 als Lektor der Theologie nach Ingolstadt zur¨uck. A. verfaßte verschiedene kontroverstheologische Schriften. C LThK
Apolant, Hugo, Pathologe, * 28. 4. 1866 Berlin, † 6. 3. 1915 Frankfurt / Main. A., Sohn eines Predigers und Religionslehrers, studierte Philosophie und Musik an den Universit¨aten Berlin und Wien, dann Medizin in Berlin und Straßburg und wurde 1890 ¨ promoviert (Uber Faserknorpel). 1890-93 war er Assistent am Pathologischen, danach am Physiologischen Institut in Straßburg, ließ sich dann als praktischer Arzt in Berlin nieder und wurde 1902 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut f¨ur experimentelle Therapie unter Paul → Ehrlich, wo er sich besonders der Krebsforschung widmete. 1906 wurde ihm der Titel Professor verliehen. Bei der Gr¨undung der Frankfurter Univ. 1914 wurde A. zum a. o. Honorarprofessor f¨ur experimentelle Pathologie ernannt. Er ver¨offentlichte zahlreiche ¨ Arbeiten zur experimentellen Krebsforschung, u. a. Uber die Resorption und die Apposition von Knochengewebe bei der ¨ Entwicklung b¨osartiger Knochentumoren (1893) und Uber k¨unstliche Tumormischungen (1907). Seit 1908 geh¨orte A., der mit Jenny → A. verheiratet war, dem Vorstand der Israelitischen Gemeinde Frankfurts an. C Heuer / Wolf
Apolant, Jenny, geb. Rathenau, Frauenrechtlerin, * 5. 11. 1874 Berlin, † 5. 6. 1925 Frankfurt / Main. A., Schwester Walther → Rathenaus, setzte sich aktiv f¨ur die Emanzipation und das Frauenstimmrecht ein und u¨ bernahm 1907 die Leitung der „Auskunftsstelle f¨ur Gemeinde¨amter der Frau“. Seit 1910 Mitglied des Reichsvorstandes des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF), ver¨offentlichte sie 1912 eine Untersuchung u¨ ber die Stellung und Mitarbeit der Frau in der Gemeinde und kl¨arte in anderen Schriften die Frauen u¨ ber ihre Rechte auf. A. wurde 1918 Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei und 1919 Stadtverordnete in Frankfurt; hier f¨uhrte sie die soziale Krankenf¨ursorge ein und gr¨undete f¨ur Bed¨urftige Speisegastst¨atten ohne Alkoholausschank. Seit 1920 war sie Herausgeberin der Zeitschrift des ADF „Neue Bahnen“. A., die seit 1899 mit Hugo → Apolant verheiratet war, verfaßte zahlreiche Berichte u¨ ber die Arbeit der Frauen in der Armen- und Waisenf¨ursorge, u¨ ber die Verwaltung der Schulen und u¨ ber die Wohnverh¨altnisse in Frankfurt. C Dick
Apold, Anton, o¨ sterr. Industrieller, * 23. 6. 1877 GroßJedlersdorf bei Wien, † 2. 9. 1950 Velden (K¨arnten). A., Sohn eines Buchhaltungschefs in der Montanindustrie, beendete 1898 seine Ausbildung zum H¨utteningenieur an ¨ der k. u. k. Bergakademie in Leoben. Er ging 1899 zur Osterreichischen Alpine Montan AG, 1902 als Betriebsleiter zu den R¨ochlingschen Eisen- und Stahlwerken in Diedenhofen in Lothringen und 1910 als technischer Direktor und Vorstand zu den Metallwerken Unterweser in Nordenham / Oldenburg. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs arbeitete er f¨ur das o¨ sterr. Kriegsministerium, wurde 1921 Mitbegr¨under und Leiter der Steirischen Magnesit AG und war 1922-34 Gene¨ raldirektor der Osterreichischen Alpine Montan AG. A. galt als Spezialist f¨ur das Zink- und Bleih¨uttenwesen, entdeckte
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eine Methode der Aufbereitung des kaustischen Magnesiums und erfand das „Apold-Fleißnerische Erzr¨ostverfahren“. Im Juli 1934 machte A. als Anh¨anger → Hitlers seine Werke zu Zentren des Putsches der Nationalsozialisten gegen die Regierung → Dollfuß und wurde daraufhin seiner Stelle enthoben. C NDB
Apollinaris, Quintus, Arzt, Alchemist, * um 1500. A. soll sich im 16. Jh. als Arzt und Alchimist am Hof von Bayreuth aufgehalten haben. Unter seinem Namen erschienen 1549 Ein neuer Albertus Magnus von Weibern und etlicher f¨urnehmer Kr¨auter Tugenden und ein Kurzes Handb¨uchlein und Experiment vieler Arzneien. Diese beiden popul¨aren und weitverbreiteten Arzneib¨ucher wurden bis ins 18. Jh. hinein mehrfach aufgelegt. Bei einigen Ausgaben findet sich im Anhang an das Handb¨uchlein das Experiment B¨uchlein von Tarquinius Schnellenberg. A. u¨ bersetzte ein 1610 erschienenes Werk von Rudolph → Goclenius unter dem Titel Enchiridion remediorum facile parabilium ins Lateinische. C ADB
Aportanus, Georg, eigentl. J¨urgen vom Dare, Reformator Ostfrieslands, * Wildeshausen (Oldenburg), † Herbst 1530 Emden. A. entstammte wahrscheinlich einer Wildeshausener Ratsherrenfamilie. Er empfing seine Ausbildung im Haus der Br¨uder vom gemeinsamen Leben in Zwolle in Holland und unterrichtete dort an der Stadtschule, bis er um 1520 von Graf → Edzard dem Großen von Ostfriesland als Erzieher seiner S¨ohne nach Emden gerufen wurde. A. wandte sich dort dem evang. Glauben zu, ließ sich zum Priester wei¨ hen und predigte erfolgreich im Sinn der Reformation. Uber A.s 1526 in Oldersum gef¨uhrten theologischen Disput mit dem Dominikanerprior Laurens Laurensen aus Groningen erschien im selben Jahr die Schrift Disputation to Oldersum [. . .]. 1526 beschrieb er in einer Abhandlung seine von → Zwingli beeinflußte, von → Luthers Lehre abweichende Auffassung vom Abendmahlssakrament. Die dar¨uber ausbrechenden Streitigkeiten f¨uhrten zur Herausgabe der ersten ostfriesischen Bekenntnisschrift Summa vnde bekenninghe Christlicker leer der predicanten In Oostfrieslandt, deren Verfasser wahrscheinlich A. war. C NDB Apostel, Hans Erich, Komponist, * 22. 1. 1901 Karlsruhe, † 30. 11. 1972 Wien. Nach dem Besuch des Konservatoriums in Karlsruhe ging A. 1921 nach Wien. Er war dort bis 1925 Sch¨uler von Arnold → Sch¨onberg, 1925-35 von Alban → Berg. A., der zur zweiten Generation der Neuen Wiener Schule der Musik z¨ahlt, war als freier Musiklehrer, Pianist und Dirigent t¨atig und bem¨uhte sich als Komponist, unter Beibehaltung der von Sch¨onberg entwickelten Form- und Konstruktionsprin¨ zipien an die Tradition der klassischen Musik in Osterreich anzukn¨upfen. Seit den f¨unfziger Jahren verwendete er in seinen Kompositionen zw¨olft¨onige Komplexe und wandte sich 1957 mit seinem Rondo ritmico f¨ur Orchester ganz der Zw¨olftontechnik zu. A. schrieb Orchesterwerke, Klaviermusik, eine Kammersymphonie, Ch¨ore und Lieder. Dabei ließ er sich von Gedichten Eduard → M¨orikes, Friedrich → H¨olderlins, Rainer Maria → Rilkes, Georg → Trakls und von Bildern Oskar → Kokoschkas und Alfred → Kubins anregen. 1946 wurde A. Pr¨asident der Internationalen Gesellschaft f¨ur Neue Musik. 1948 erhielt er den Kunstpreis der Stadt Wien, 1955 den Theodor-K¨orner-Preis und 1957 den ¨ Osterreichischen Staatspreis. C MGG Appel, Beda, Benediktiner, Historiker, * 1. 8. 1744 Ingolstadt, † 11. 6. 1773. A. studierte in Ingolstadt und M¨unchen, empfing 1763 die Priesterweihe und trat im selben Jahr im Kloster Niederaltaich in den Benediktinerorden ein. Er wirkte als Lektor der
Appelt Theologie, trieb aber auch philologische und musikalische Studien und besch¨aftigte sich besonders mit der bayerischen Geschichte. Als Mitglied der Kurbayerischen Akademie der Wissenschaften lieferte er Beitr¨age f¨ur die von dieser herausgegebenen Monumenta boica. In der Schriftenreihe der Akademie erschien 1772 u. a. A.s Historische Abhandlung der Gr¨anzen, Gaue und Ortschaften des Herzogthums Baiern unter den Herzogen des Agilolfingischen Stammes.
Appel, Carl Louis Ernst, Romanist, * 17. 5. 1857 Berlin, † 13. 2. 1934 Breslau. A., seit 1886 Privatdozent in K¨onigsberg und seit 1892 o. Prof. der Romanischen Philologie an der Univ. Breslau, befaßte sich vor allem mit provenzalischer und italienischer Dichtung. Zu seinen besonders metrische Probleme ber¨ucksichtigenden textkritischen Ausgaben geh¨oren die der Ges¨ange des Troubadours Peire Rogier (1882). Weitere als grundlegend geltende Werke A.s zur Metrik stellen seine Provenzalische Chrestomathie (1895, 61932) und die Studie Zur Formenlehre des provenzalischen Minnesangs (in: Zeitschrift f¨ur romanische Philologie 53, 1933) dar. Seine Studien zur italienischen Dichtung bezogen sich haupts¨achlich auf das Werk Petrarcas; 1901 gab A. eine kritische Ausgabe der Trionfi heraus. C NDB
Appel, Christian Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 1785 Neusohl (Ungarn), † 22. 1. 1854 Graz. A. trat 1798 als gemeiner Soldat in das K¨urassierregiment Melas ein, nahm 1805-12 an den o¨ sterr. Feldz¨ugen teil und war 1813-15 im Hauptquartier des Feldmarschalls Karl Philipp F¨urst zu → Schwarzenberg t¨atig. Zwischen 1826 und 1835 diente A. Kaiser → Franz I. als Adjutant. Nach dessen Tod zog er sich ins Zivilleben zur¨uck, wurde aber 1848 als Feldmarschalleutnant reaktiviert und war Stadtkommandant von Laibach; er nahm am italienischen Feldzug von 1849 als Kommandant des 3. Armeekorps teil und hatte entscheidenden Anteil am Verlauf der Schlacht von Novara. C ADB
Appel, Johann, luth. Theologe, * 6. 1. 1640 Ulrichstein (Hessen), † 4. 10. 1726 Kahla / Saale (Th¨uringen). A. wurde 1660 Hofdiakon des Grafen von Leiningen und 1662 Pastor in Masheim und Wachenheim. 1672 floh er vor den anr¨uckenden Franzosen nach Worms. Als er zur¨uckkehrte, war Leiningen zum Katholizismus u¨ bergetreten. Nach der Suspension vom Dienst wurde A. 1674 von Kurf¨urst → Karl Ludwig von der Pfalz als Pastor nach Mannheim berufen. 1688 mußte er unter Zur¨ucklassung seiner ganzen Habe erneut vor den franz¨osischen Invasoren nach Worms und weiter nach Frankfurt fliehen. 1689 nahm er in Kursachsen die Stelle eines Feldpredigers an, hatte dort Pfarrstellen inne und wurde 1694 vom Herzog von Gotha zum Pastor, sp¨ater zum ersten Superintendenten von Kahla an der Saale ernannt. A. hinterließ neben einigen theologischen Schriften eine Klage, Ach und Weh u¨ ber die Greuel der heutigen Welt-Kinder.
Appel, Johann Nepomuk Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 11. 11. 1826 Sikirevicze (Slawonien), † 7. 9. 1906 Gradiska bei G¨orz. Der einer geadelten Wiener B¨urgerfamilie entstammende Sohn eines Feldmarschalleutnants trat 1840 in die Grazer Kadettenkompanie ein und nahm 1848 / 49 an den K¨ampfen in Italien und Ungarn, 1859 in Italien teil, erhielt den MariaTheresia-Orden und wurde in den erblichen Freiherrenstand erhoben. W¨ahrend seiner Dienstzeit in den verschiedensten Garnisonsst¨adten der Donaumonarchie stieg er 1882 zum kommandierenden General und Chef der Landesregierung von Bosnien und der Herzegowina in Sarajevo auf. Dort machte sich A. besonders um die Organisation von Verwaltung und Schulwesen verdient.
Appel, Johannes, auch Appell, Bartholom¨aer, kath. Theologe, * um 22. 5. 1645 Gr¨unsfeld bei Tauberbischofsheim, † 7. 7. 1700 Rom. Der Sohn eines herzoglich leuchtenbergischen Beamten besuchte das Priesterseminar in Kitzingen und das Kilianeum in W¨urzburg. Er wurde 1668 zum Priester geweiht, 1673 promoviert und war seit 1674 Regens des Priesterseminars. Von 1680 bis zu seinem Tod lebte er als Prokurator und seit 1683 als Rektor der Bartholom¨aer, des Instituts der in Gemeinschaft lebenden Weltgeistlichen, in Rom. Dort leitete er seit 1683 zugleich das Haus der Konvertiten. 1680-84 erreichte er die p¨apstliche Best¨atigung der Konstitutionen der Bartholom¨aer, die er zusammen mit den Schriften ihres Stifters Bartholom¨aus → Holzhauser drucken ließ. Damit f¨orderte er die Verbreitung dieser Priestervereinigung in Italien, Spanien, England und Polen. Er bereitete das Material f¨ur die erst nach seinem Tod 1704 in Rom erschienene Biographie Holzhausers vor. Seine Bem¨uhungen um eine Seligsprechung Holzhausers blieben erfolglos. C LThK Appel, Joseph, Numismatiker, * 1767 Wien, † 4. 12. 1834 Wien. A. besaß durch seine reichhaltige M¨unzsammlung und sein Wissen als Numismatiker einen guten Ruf in Fachkreisen. Neben anderen Abhandlungen u¨ ber sein Forschungsgebiet schrieb er ein Repertorium der M¨unzkunde des Mittelalters und der neueren Zeit (1819-28). C ADB
Appel, Otto, Botaniker, * 19. 5. 1867 Coburg, † 10. 11. 1952 Berlin. A., Sohn eines Kaufmanns, studierte Pharmazie, besch¨aftigte sich aber vorwiegend mit Pflanzen- und besonders mit Kartoffelkrankheiten. Nach dem Studium war er Assistent am Institut f¨ur Hygiene und Bakteriologie in W¨urzburg, am Landwirtschaftlichen Institut in K¨onigsberg (Ostpreußen) und seit 1899 an der neugegr¨undeten Biologischen Abteilung des Kaiserlichen Gesundheitsamtes in Berlin, der sp¨ateren Biologischen Reichsanstalt f¨ur Land- und Forstwirtschaft in Berlin-Dahlem. 1903 wurde A. Regierungsrat, 1913 Geheimer Regierungsrat, 1920-33 Direktor dieser Anstalt. 1905 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. A. machte sich um den modernen Pflanzenschutz verdient. Er ver¨offentlichte u. a. ¨ Uber Phyto- und Zoomorphosen. Pflanzengallen (1899) und einen Taschenatlas der Krankheiten des Kern- und Steinobstes (2 Bde., 1928). C NDB
Appell, Georg, Politiker, * 24. 9. 1901 Gotha, † 11. 8. 1970 Erfurt. A., Sohn eines Lokomotivf¨uhrers, studierte an den Universit¨aten Breslau, Hamburg und Jena Rechts- und Staatswissenschaften und wurde 1928 promoviert. 1932 ließ er sich als Rechtsanwalt in Eisenach nieder. Nach der Verteidigung kommunistischer Angeklagter entzogen ihm die Nationalsozialisten die Zulassung. Seit 1934 Rechts- und Wirtschaftsberater, wurde ihm 1936 diese T¨atigkeit und 1938 „jegliche Aus¨ubung des Auskunftsgewerbes“ untersagt. 1939-45 arbeitete A. in der Industrie. Nach Kriegsende wurde er Regierungsdirektor in der th¨uringischen Landesverwaltung und Direktor des Landesamts f¨ur Verkehr. 1946 geh¨orte A., Mitglied der SED, als Minister f¨ur Wirtschaft, Arbeit und Verkehr dem ersten gew¨ahlten th¨uringischen Kabinett an und u¨ bernahm 1947 das Ministerium f¨ur Arbeit und Sozialwesen. C Th¨uringen
Appelt, Heinrich, o¨ sterr. Historiker, * 25. 6. 1910 Wien, † 16. 9. 1998 Wien. Der Sohn eines k. k. Ministerialbeamten studierte Geschichte und Deutsch an der Univ. Wien, an der er 1932 promoviert wurde. 1939 habilitierte er sich an der Univ. Breslau, wurde im folgenden Jahr zum Kriegsdienst eingezogen, 1944 zum
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Appelt Appenzeller, Johann Conrad, schweizer. reformierter
a. o. Prof. an der Univ. Breslau ernannt, floh jedoch bald darauf vor den sowjetischen Truppen nach Wien. Seit 1946 lehrte er an der Univ. Graz, wurde 1948 a. o., 1959 o. Prof. der Geschichte des Mittelalters und der Historischen Hilfswissenschaften und folgte 1963 einem Ruf auf den gleichlautenden Lehrstuhl der Univ. Wien. A. besch¨aftigte sich vor allem mit rechts- und verfassungsgeschichtlichen Fragen des europ¨aischen Hochmittelalters. 1951 erschien seine Neuedition der Regesten des Kaiserreichs unter Konrad II., 1963 der erste Band des Schlesischen Urkundenbuchs. Als seine Lebensaufgabe betrachtete A. die Edition der Diplome Kaiser → Friedrich Barbarossas, die 1975-90 in f¨unf B¨anden er¨ schien. A. war Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften und geh¨orte der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica an. ¨ Akad, Jg. 149 C Almanach Ost
Theologe, Schriftsteller, * 27. 11. 1775 Bern, † 28. 3. 1850 Biel. A., Sohn eines Kaufmanns, besuchte die h¨ohere Schule in St. Gallen, u¨ bte sich im Zeichnen und Malen und verdiente erstes Geld durch das Nehmen von Schattenrissen. 1798 nahm er eine Hauslehrerstelle in Winterthur an und ging dann als Sekret¨ar eines bayerischen Adligen nach M¨unchen. 1800 zur¨uckgekehrt, unterrichtete A. an der Stadtschule in Winterthur und studierte Theologie. Seit 1809 war er Pfarrer im nahen Bergort Br¨utten, wo er mit dem Buch Die Schweizer mit ihren Vorz¨ugen und M¨angeln, oder Helvetien, wie es ist . . . seine literarische Laufbahn begann. 1817 wurde er Rektor des Gymnasiums von Biel und erhielt dort die erste deutsche Pfarrstelle. A. ver¨offentlichte zahlreiche Gedichte, Erz¨ahlungen und Novellen, u. a. in der Zeitschrift „Alpenrosen“. C NDB
Appelt, Rudolf, Politiker, * 5. 12. 1900 Niederhanichen
Appia, Adolphe Fran¸cois, schweizer. B¨uhnenbildner, Re-
(Nordb¨ohmen), † 2. 7. 1955 Moskau. Der Sohn eines Zimmermanns war zun¨achst kaufm¨annischer Angestellter. 1919 trat er dem Verband der sozialdemokratischen Arbeiterjugend, dann der Kommunistischen ˇ der neugegr¨undeten Tschechoslowakei bei. Er Partei (KPC) arbeitete als Parteifunktion¨ar und -journalist, wurde 1929 zum Mitglied des Zentralkomitees und 1931 des Politb¨uros gew¨ahlt und war 1935-38 Abgeordneter der Nationalversammlung in Prag. 1938 emigrierte er in die Sowjetunion. Dort leitete er den Verlag der Komintern und geh¨orte ˇ an. Er gr¨undete in Ufa 1941-43 der F¨uhrung der KPC den Sudetendeutschen Freiheitsender, war Mitglied des Auslandsb¨uros seiner Partei und Redakteur bei Radio Moskau. 1945 kehrte er in die Tschechoslowakei zur¨uck und u¨ bersiedelte 1946 nach Ost-Berlin. Dort wurde er Vizepr¨asident der Hauptverwaltung f¨ur Interzonen- und Außenhandel der Deutschen Wirtschaftskommission. 1949 erfolgte seine Ernennung zum Leiter der Diplomatischen Mission der Deutschen Demokratischen Republik und zum Botschafter in Moskau. C BHdE, Bd 1
Appen, Karl von, Maler, B¨uhnenbildner, * 12. 5. 1900 D¨usseldorf, † 22. 8. 1981 Berlin. A., Sohn eines Glasmalerehepaars, studierte nach einer Chemiegraphenlehre und einem Volontariat als Theatermaler 1920-24 Malerei und Graphik an der Kunstgewerbeschule in Frankfurt / Main und war daneben als B¨uhnenbildner t¨atig. 1924-26 arbeitete er als Bildredakteur f¨ur die „Frankfurter Illustrierte“ und als Zeichner f¨ur die „Radio Umschau“. Seit 1926 lebte er als Maler und Graphiker in Berlin, von 1929 an in Dresden, wo er am Schauspielhaus und an der Staatsoper u. a. mit Josef → Gielen zusammenarbeitete. A. wurde 1932 Mitglied der KPD und der Assoziation Proletarisch Revolution¨arer K¨unstler, wurde 1933 aus politischen Gr¨unden von der Theaterarbeit ausgeschlossen, kam als Dekorationsmaler bei den Werkst¨atten des S¨achsischen Staatstheaters unter, arbeitete f¨ur eine kommunistische Widerstandsgruppe und war 1941-45 im Strafgefangenenlager Rollwald bei NiederRoden inhaftiert. Nach dem Krieg wurde A. Ausstattungsleiter und war 1947-49 kommissarischer Generalintendant der Dresdner Theater. 1947 gr¨undete er die B¨uhnenbildklasse der dortigen Staatlichen Hochschule f¨ur Werkkunst (sp¨ater Hochschule f¨ur Bildende K¨unste). 1953 fand A.s erste Begegnung mit Bertolt → Brecht statt. Seit 1954 war er Chefb¨uhnenbildner des Berliner Ensembles (Theater am Schiffbauerdamm), daneben Gastb¨uhnenbildner in Rostock, Dresden, Halle, M¨unchen und London. 1960 wurde A. Prof. und 1961 Mitglied der Akademie der K¨unste der DDR. C AKL
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gisseur, * 1. 9. 1862 Genf, † 29. 2. 1928 Nyon (Kt. Waadt). Nach dem Studium der Musik in Genf, Leipzig, Paris und Dresden besch¨aftigte sich A. mit den Opern Richard → Wagners und verfaßte 1891 / 92 ein Regiebuch f¨ur den Ring des Nibelungen. 1895 gestaltete er in La mise en sc`ene du drame Wagn´erien (Paris) erstmals ein nichtrealistisches B¨uhnenbild f¨ur eine Oper Wagners. Dabei setzte er großfl¨achig Licht ein und verzichtete auf realistische und historisierende Dekorationen und Kost¨ume. 1909 / 10 entwarf A. „rhythmisierte R¨aume“ aus Pfeilern, Kuben, schiefen Ebenen und Treppen. Beim Bau von B¨uhne und Zuschauerraum in der „Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze“ in Hellerau bei Dresden konnte er diese Architekturidee umsetzen. Seine Inszenierung von C. W. → Glucks Orpheus und Eurydike 1913 galt als Sensation. Sein Hauptwerk Die Musik und die Inszenierung (1899) war wegweisend, wurde aber erst nach seinem Tod angemessen gew¨urdigt.
Appiani, Joseph Ignaz, auch Giuseppe Ignazio A., Maler, * 16. 10. 1706 M¨unchen, † 19. 8. 1785 Triefenstein (Unterfranken). A., Sohn eines Stukkateurs, war vermutlich Sch¨uler von Giuseppe Antonio Petrini und wurde in seiner Ausbildungszeit auch durch venezianische Einfl¨usse gepr¨agt. Eventuell arbeitete er mit dem Maler Jacob Carl → Stauder zusammen. 1743 lernte er in Saarbr¨ucken die Architekten Friedrich Joachim → Stengel und Balthasar → Neumann sowie den Baumeister Michael → K¨uchel kennen, siedelte nach Mainz u¨ ber und unterhielt seit 1747 Beziehungen zu Johann Caspar Bagnato ¨ und der Stukkateursfamilie Pozzi. Uber diese vielf¨altigen Kontakte erhielt er zahlreiche Auftr¨age und entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Freskomaler in s¨udwestlichen Deutschland. Erst in seinen letzten Schaffensjahren nahm die Nachfrage nach seinen Arbeiten ab, vermutlich wegen seiner Spezialisierung auf großr¨aumige Malereien. Zu seinen erhaltenen Arbeiten z¨ahlen die Langhausfresken in der Kirche von Altshausen (1750), die Fresken im „Dom“ von Arlesheim bei Basel (1759), das Altarfresko in der Kirche von Bad Kissingen (1775), die Deckenfresken im Festsaal von Schloß Seehof, Memmelsdorf bei Bamberg (1751-52), ein Fresko in der Heiligkreuzkapelle in Oberdorf-Dingelsdorf (1748) und zwei Altargem¨alde in der Basilika von Waldsassen (1727). A. war vermutlich Mainzer Hofmaler und 1758 Gr¨under und Direktor der Mainzer Bau- und Kunstakademie. Zu seinen Sch¨ulern geh¨orten u. a. Domenico Pozzi, Christian ¨ und Johann Gottlieb Welte. Georg → Sch¨utz d. A. C AKL
Appold, Karl, Graphiker, Zeichner, Maler, * 25. 1. 1840 N¨urnberg, † 25. 9. 1884 M¨unchen. A. erhielt zuerst bei seinem Vater, dem Kupferstecher Jo¨ hann Leonhard A., Unterricht im Stechen und in der Atz-
Apt technik. Er mußte diese T¨atigkeiten jedoch wegen eines Augenleidens wieder aufgeben und begann 1860 an der Kunstakademie in M¨unchen ein Studium der Malerei bei Philipp → Foltz und Moritz von → Schwind. Durch eine Herzkrankheit zus¨atzlich behindert, verdiente er sich seinen Lebensunterhalt mit der Herstellung von Illustrationen f¨ur B¨ucher und Zeitungen. Er schuf Kalender, humoristische Bilderbogen, Bilderr¨atsel, M¨archenzyklen und eine Bilderbibel. Daneben kopierte er u. a. Gem¨alde und Zeichnungen von Schwind, Albrecht → D¨urer, Hans → Holbein und Peter von → Cornelius. C AKL
Appun, Anton, Musiker, Akustiker, * 20. 6. 1839 Hanau, † 13. 1. 1900 Hanau. Nach seiner Ausbildung am Leipziger Konservatorium war A. als Organist an der franz¨osischen Kirche in Hanau t¨atig. Wie schon sein Vater Georg August Ignaz → A., forschte auch A. auf dem Gebiet der Akustik (u. a. Akustische Versuche u¨ ber Wahrnehmug tiefer T¨one, 1889). Er befaßte sich mit der optisch sichtbar gemachten Bestimmung der Schwingungszahlen sehr hoher T¨one. Neben anderen empfindlichen akustischen Ger¨aten konstruierte A. ein neuartiges Glockenprofil mit einem kreisf¨ormigen Metallstab als Tonerzeuger und einem dar¨uber angebrachten Tonverst¨arker in Form einer Halbkugel. C MGG Appun, Georg August Ignaz, Musiker, * 1. 9. 1816 Hanau, † 14. 1. 1865 Hanau. Der Sohn eines Chirurgen besuchte das Gymnasium in seiner Heimatstadt und studierte bei Aloys → Schmitt in Frankfurt / Main Klavier. Mit der Zeit beherrschte er viele andere Instrumente. Bis 1860 erteilte er in Frankfurt und Hanau Unterricht in verschiedenen Instrumenten, in Gesang und Musiktheorie. Daneben unternahm A. als Orgelvirtuose erfolgreiche Konzertreisen durch Deutschland, Frankreich und Rußland. Sp¨ater befaßte er sich ausschließlich mit akustischen Untersuchungen und dem Bau akustischer Ger¨ate. Er arbeitete an Harmonien mit 36- und 53stufiger Skala reiner Stimmung. Im Zuge seiner Forschungen trat A. in Kontakt mit den Physikern H. → Helmholtz, A. von → Oettingen und G. Engel. Er bewies mit dem Bau eines Obert¨oneapparats die Richtigkeit des Helmholtzschen Gesetzes, wonach die Rauheit einer Klangfarbe mit der Zahl der Obert¨one zunimmt. 1867 ¨ erschien seine Abhandlung Uber die Helmholtzsche Lehre von den Tonempfindungen. C MGG Appun, Karl Ferdinand, Botaniker, * 24. 5. 1820 Bunzlau (Niederschlesien), † Juni 1872 Britisch-Guayana. A. trat nach dem Besuch des Gymnasiums in die v¨aterliche Buchhandlung ein und bildete sich autodidaktisch in den Naturwissenschaften, besonders in Botanik und Zoologie fort. Auf Veranlassung Alexander von → Humboldts und mit Unterst¨utzung des K¨onigs von Preußen reiste er 1849 zu einer zehn Jahre dauernden botanischen Expedition nach Venezuela. Seine dort zusammengetragene H¨olzersammlung gewann auf einer Londoner Industrieausstelllung zwei Preise. Im Auftrag der britischen Regierung durchwanderte er dann Guayana und Demerara und erforschte auf eigene Faust weite Teile Brasiliens. Von dort sandte er Berichte an deutsche Zeitschriften. Nach seiner R¨uckkehr 1868 schrieb er sein Hauptwerk, den umfassenden Reise- und Forschungsbericht Unter den Tropen (2 Bde., 1871, holl. 1872, russ. 1873). Darin widersprach er einigen Aussagen Alexander von Humboldts, auf dessen Spuren er sich in Venezuela bewegt hatte. Er kehrte 1871 nach Britisch-Guayana zur¨uck, wo er 1872 an den Folgen eines Unfalls starb. C ADB
Apsler, Alfred, Politologe, Historiker, * 13. 9. 1907 Wien, † 13. 1. 1982 Vancouver (Washington, USA). Der Sohn eines Buchhalters studierte seit 1926 in Wien, wo er 1930 zum Dr. phil. promoviert wurde (Der Einakter-
zyklus); 1927-29 besuchte er das dortige P¨adagogische Institut. 1930-34 schrieb A. f¨ur die „Arbeiterzeitung“ (Wien) und war in der Arbeiterbildungszentrale der Sozialisten t¨atig. Nach dem p¨adagogischen Staatsexamen 1932 arbeitete er als Lehrer in Wien und Graz, wurde aber 1938 auf Veranlassung der Nationalsozialisten entlassen. A. emigrierte in die Schweiz und 1939 in die USA. 1940-43 zun¨achst Bibliothekar an der Duke University, wurde er 1943 amerikanischer Staatsb¨urger und war 1943-46 Lehrer in Portland (Oregon). 1946-56 lehrte er am Lower Columbia College in Longview (Washington). 1956-73 hatte er eine Professur f¨ur Geschichte am Clark College in Vancouver (Washington) inne; seit 1975 lehrte er auch am P¨adagogischen Institut in Wien. Neben An introduction to social science (1971, 3 1980) schrieb A. mehrere Biographien, darunter The court factor. The story of Samson Wertheimer (1964), Prophet of revolution. Karl Marx (1967) und Iron Chancellor. Otto von Bismarck (1968). C Lex o¨ sterr Exillit
Apstein, Carl Heinrich, Zoologe, * 19. 9. 1862 Stettin, † 14. 11. 1950 Berlin. A. studierte Zoologie in Leipzig, Freiburg / Breisgau und Kiel und erhielt 1889 nach der Promotion aufgrund der Arbeit Bau und Function der Spinndr¨usen der Araneida eine Assistentenstelle am Zoologischen Institut in Kiel. 1890-95 untersuchte er das S¨ußwasserplankton holsteinischer Seen, habilitierte sich 1898 und nahm 1898 / 99 an der deutschen Tiefseexpedition „Valdivia“ teil. Anschließend war er seit 1902 Assistent, von 1906 an a. o. Prof. am Laboratorium f¨ur Internationale Meeresforschung und daneben f¨ur den deutschen Seefischereiverein t¨atig. 1911 u¨ bernahm er eine wissenschaftliche Beamtenstelle an der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Bis 1927 gab er das „Tierreich“, 1921-43 den „Zoologischen Bericht“ und 1918-43 die „Verhandlungen der deutschen zoologischen Gesellschaft“ heraus, deren Schriftf¨uhrer er bis 1946 blieb. A. geh¨orte der internationalen Nomenklaturkommission an. Er ver¨offentlichte u. a. Das S¨ußwasserplankton (1896) und Die Salpen der deutschen S¨udpolar-Expedition 1901-1903 (1906).
Apt, Max, Jurist, * 16. 6. 1869 Groß Strehlitz (Oberschlesien), † 16. 12. 1957 Berlin. A. schloß das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Breslau, Leipzig und Berlin 1892 in Freiburg im Breisgau mit der Promotion ab (Die Urkunden-Editionspflicht in dogmengeschichtlicher Entwicklung). Er ließ sich dann als Rechtsanwalt und Notar in Berlin nieder, war 1896 stellvertretender Syndikus und 1903-20 Hauptgesch¨aftsf¨uhrer der Korporation der Kaufmannschaft von Berlin. Er schlug 1905 auf internationalen Handelskongressen in Boston und Buenos Aires die Schaffung eines Weltverkehrsrechts zur Vereinheitlichung des Wechsel- und Scheckrechts vor, das in Den Haag unterzeichnet wurde. 1905 gr¨undete er die „Deutsche Wirtschaftszeitung“ und betrieb die Gr¨undung der Berliner Handelshochschule, deren Kurator und Ehrenprofessor er wurde. 1916 setzte er sich f¨ur die Schaffung einer Organisation zur F¨orderung des deutschen Außenhandels ein. A. gab u. a. Die deutsche Reichsgesetzgebung heraus. 1938 nahm er als Abgesandter der J¨udischen Gemeinde Berlin am Kongreß von Evian teil. Er emigrierte 1939 nach Großbritannien und kehrte 1954 nach Deutschland zur¨uck. C BHdE, Bd 1 ¨ Maler, * 1460 Augsburg, † 1532 AugsApt, Ulrich d. A., burg. Der Sohn eines Augsburger Malers arbeitete seit 1481 als selbst¨andiger Maler und Meister in Augsburg. Zwischen 1464 und 1504 amtierte A. sechs Jahre lang als B¨uchsenmeister der Zunft der Maler, Glaser, Bildschnitzer und Goldschl¨ager, die er 1517 und 1520-32 als Zw¨olfer im Großen
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Apt Rat vertrat. 1520-31 hatte er das Amt eines Gerichtsherrn am Stadtgericht von Augsburg inne. A. und seine Sch¨uler, zu denen auch seine S¨ohne Jakob und Ulrich → A. d. J. z¨ahlten, schufen im Auftrag der Stadt Augsburg zahlreiche Gem¨alde und Fresken, darunter 1516 die Bemalung des Rathauses mit Darstellungen von Kaisern und K¨onigen nach einem Programm von Conrad → Peutinger. Als selbst¨andige Werke A.s gelten u. a. Die Anbetung der K¨onige (Paris, Louvre) und das Bildnis eines alten Mannes (Vaduz, Liechtensteinische Sammlungen). Zu den in den letzten hundert Jahren in Augsburger Kirchen entdeckten und A. zugeschriebenen Fresken geh¨ort ein Wandbild des hl. Christophorus von 1491 im Dom. C AKL
Apt, Ulrich d. J., Maler, * vor 1490 Augsburg, † 1521. ¨ begehrte 1512 A., zweiter Sohn des Ulrich → A. d. A., die Gerechtigkeit der Augsburger Malerzunft und war nach zweij¨ahriger Abwesenheit 1515-21 wieder in der Augsburger Werkstatt seines Vaters t¨atig. Da er keine Lehrlinge ausbildete und nur eine Mindeststeuer entrichtete, ist anzunehmen, daß A. keine eigene Werkstatt besaß. Der ihm lange Zeit zugeschriebene, 1517 von der Familie Rehlinger in Auftrag gegebene Fl¨ugelaltar f¨ur die Dominikanerkirche in Augsburg stammt wahrscheinlich nicht von A. C AKL Aptowitzer, Viktor, j¨udischer Theologe, Talmudist, * 16. 7. 1871 Tarnopol (Galizien), † 5. 12. 1942 Jerusalem. A. wuchs in Galizien und der Bukowina auf und kam 1899 nach Wien. Dort besuchte er die Univ. und 1900-07 die Israelitische Theologische Lehranstalt, an der er seit 1909 als Lehrer und seit 1912 als Professor f¨ur Midrasch, Schrifterkl¨arung und Religionsphilosophie t¨atig war. 1919-38 erteilte A. Talmud-Unterricht. A. galt als Autorit¨at auf dem Gebiet der Haggada-Forschung, des biblischen und rabbinischen Schrifttums und als Spezialist f¨ur mittelalterliche talmudische Literatur. Er besch¨aftigte sich mit der Erforschung des Einflusses des mosaisch-talmudischen auf das armenische und syrische Recht. Seine Hauptleistung bestand in der Herausgabe und Kommentierung von Sefer Ha-Rabija, einer Sammlung rabbinischer Schriften des 13. Jahrhunderts. Die Arbeit daran nahm 25 Jahre in Anspruch und wurde durch die fortschreitende Erblindung A.s erschwert. 1938 emigrierte A. nach Pal¨astina und setzte dort seine Forschung fort. C BHdE, Bd 2 ¨ eigentl. Adler, Drucker, * um 1496 NieAquila, Agidius, derlande, † 17. 8. 1552 Wien. Der aus wohlhabender niederl¨andischer Familie stammende A. lernte in Mainz und Frankfurt am Main die Buchdruckkunst und zog 1530 zur weiteren Ausbildung nach Wien. Dort machte er sich 1548 mit dem Drucker Hans → Kohl selbst¨andig, trennte sich aber im selben Jahr wieder von ihm und gr¨undete 1550 eine eigene Druckerei. A. signierte seine Druckwerke entweder mit der latinisierten Form seines Namens, seinem Wappen oder mit „Cymbermannus“. Er benutzte 1555 als erster Drucker in Wien „syrische Charaktere“ genannte Drucktypen, dann auch arabische und seit 1556 hebr¨aische Lettern. Ein Jahr nach A.s Tod heiratete seine Witwe Barbara den Drucker Michael Zimmermann, der den Betrieb u¨ bernahm und vergr¨oßerte. Nach dessen Tod 1565 fiel die Druckerei an Kaspar Steinhoffer.
Aquila, David, evang. Theologe, * 27. 10. 1540 Saalfeld (Th¨uringen), † 22. 1. 1614 Saalfeld. A., a¨ ltester Sohn des Theologen und Reformators Kaspar → A., bezog 1557 die Akademie in Jena und erwarb dort 1568 den Magistergrad. Im selben Jahr wurde er Rektor in Saalfeld und u¨ bernahm 1572 die Rektorenstelle in Ilmenau. 1573 kehrte A. als Diakon nach Saalfeld zur¨uck und wurde dort 1594 zum Superintendenten ernannt. Neben Predigten
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und Leichenreden erschienen lateinische Carmina im Druck, C ADB f¨ur die er 1613 preisgekr¨ont wurde.
Aquila, Kaspar, eigentl. Adler, luth. Theologe, * 7. 8. 1488 Augsburg, † 12. 11. 1560 Saalfeld (Th¨uringen). Der Sohn des Augsburger Stadtsyndikus lernte auf einer Reise nach Italien → Erasmus von Rotterdam kennen und war 1514 kurze Zeit in Rom als Prediger t¨atig. Nach Studienaufenthalten in Leipzig und Wittenberg wurde A. Feldprediger bei Franz von → Sickingen und 1516 Pfarrer in Jengen bei Augsburg. Als Anh¨anger → Luthers und wegen Z¨olibatbruchs wurde er von seinem Bischof ins Gef¨angnis gebracht, aber (auf Dr¨angen von Elisabeth [Isabella] von D¨anemark?) wieder freigelassen. Er ging erneut nach Wittenberg, wurde 1521 Lehrer der S¨ohne Sickingens, 1524 Prediger an der Schloßkirche in Wittenberg und 1527 Prediger, 1528 Superintendent in Saalfeld. 1530 nahm A. am Reichstag von Augsburg teil. Nach dem Erscheinen seiner Christlichen Bedenken gegen das Interim (1548) setzte Kaiser → Karl V. auf seinen Kopf eine Belohnung aus. Er hielt sich an verschiedenen Orten versteckt, konnte aber 1552 auf seine Pfarrstelle in Saalfeld zur¨uckkehren. A. war ein wichtiger Mitarbeiter Luthers bei der Bibel¨ubersetzung. C NDB
Aquinas Suevus, auch Dacus Aquinus, Mathematiker, † um 1500. A. erscheint im Schriftstellerverzeichnis des Dominikanerordens als Deutscher und Schwabe (Suevus), wird aber in anderen Quellen auch als geb¨urtiger Daker (Dacus) bezeichnet. Er ließ sich einige Zeit in N¨urnberg nieder und machte wahrscheinlich schon vor 1471 die Bekanntschaft von → Regiomontanus. 1494 lebte A. nachweislich am Hof des Herzogs → Ottos II. von Pfalz-Mosbach. Er war einer derjenigen Humanisten, die in Deutschland zur Verbreitung mathematischer, vor allem algebraischer Kenntnisse beitrugen. Von einem seiner Sch¨uler, dem aus Oettingen stammenden und seit 1497 in Wien t¨atigen Andreas → Stiborius, wurde er als einer der bedeutendsten Mathematiker der zweiten H¨alfte des 15. Jh. bezeichnet. A. f¨uhrte eine wissenschaftliche Korrespondenz u¨ ber geometrische Probleme. C NDB
Aratym, Hubert, eigentl. H. Pellikan, o¨ sterr. Zeichner, Bildhauer, Maler, B¨uhnenbildner, * 22. 1. 1926 Gutenstein (Nieder¨osterreich), † 22. 2. 2000 Wien. A. studierte an der Akademie f¨ur angewandte Kunst in Wien, besuchte die Meisterklasse bei Eduard Josef → WimmerWisgrill und erwarb 1952 das Diplom f¨ur Mode und Textil. 1957-60 setzte er seine Studien an der Akademie der Bildenden K¨unste in Wien bei Sergius → Pauser sowie an der Acad´emie des Beaux Arts in Paris fort. 1977 unternahm er eine Reise zu den Philippinen, die f¨ur seine Holzschnitzereien (u. a. Reliefs aus Narraholz um 1977) von Bedeutung war. A.s herausragendsten k¨unstlerischen Leistungen liegen im Bereich phantasievoller, insbesondere die Farben beto¨ nender B¨uhnen- und Kost¨umbilder, die auch seine Olmalerei und Aquarelle stark beeinflußt haben, so beispielsweise gesichtslose, in perspektivischen R¨aumen agierende Figurinen (u. a. Configuration, vor 1985; Aggressive Melancholie; Hommage a` Baudelaire). Er besch¨aftigte sich auch mit dekorativen Tapisserieentw¨urfen. 1961 erhielt A. den 1. Preis ¨ des Th´eaˆ tre des Nations (Paris), 1964 den Osterreichischen Staatspreis f¨ur angewandte Kunst und 1965 den Großen Preis des Wiener Kunstfonds. C AKL Arbenz, Carl, Ingenieur, Manager, * 26. 2. 1831 GroßAndelfingen (Kt. Z¨urich), † 20. 5. 1909 Aachen. Der aus wohlhabender Schweizer Familie stammende A. arbeitete nach dem Besuch der Oberrealschule zun¨achst als Zeichner. Nach einer in Winterthur absolvierten Lehre als Schlosser und Dreher ging er zur weiteren Ausbildung an die
Archenholtz ´ Ecole Centrale des Arts et Manufactures in Paris, die er 1854 mit dem Ingenieurdiplom verließ. A. arbeitete daraufhin einige Zeit als Ingenieur in Paris, wechselte zur Firma Phoenix in Westfalen und trat dann in die Pariser Spiegelmanufakturen St. Gobain, Chauny & Cirey ein, die auch die Spiegelglash¨utte Stolberg bei Aachen besaßen. A. wurde dort mit dem Bau einer neuen großen Fabrik betraut, der er bis 1895 vorstand. Unter seiner Leitung entwickelten sich die Stolberger Spiegelglaswerke zum gr¨oßten Unternehmen ihrer Art in Deutschland. A. war bis zu seinem Tod Bevollm¨achtigter der Firma St. Gobain in Preußen und bis 1904 Vorsitzender des Vereins Deutscher Spiegelglasfabriken. C Matschoß: Tech
Arbeo, auch Arbio, Arbo, Heres, Cyrinus, Bischof von Freising, Schriftsteller, † 4. 5. 783 (Grablege im Dom zu Freising). A. entstammte wohl einer der großen bayerischen Adelssippen. Als Kind ist er in der Gegend um Mais bei Meran, als Jugendlicher im Domkloster Freising unter Bischof Ermbert (739-747 / 48), dann als Archipresbyter und Notar Bischof Josephs von Freising (748-764) nachweisbar. 763 wurde er Abt des 772 nach Schlehdorf verlegten Klosters Scharnitz. Seit 764 Bischof von Freising, ließ A. 765 / 68 den Leichnam des ersten Bischofs in Freising, → Korbinian, von Mais nach Freising zur¨uckf¨uhren. Er erweiterte Besitz und Rechte seines Bistums und f¨orderte die Seelsorge nach Kr¨aften. Das 769 von Herzog → Tassilo III. Freising geschenkte Innichen wurde zum Vorort der Freisinger Slawenmission. A. intensivierte das geistig-kulturelle Leben auf dem Freisinger Domberg. In enger Verbindung mit einer bedeutenden Schreibschule und Bibliothek wurde die Domschule ausgebaut. A., der als der erste bedeutende Schriftsteller in Bayern gilt, verfaßte Lebensbeschreibungen der heiligen Bisch¨ofe → Emmeram und Korbinian. C Leb Freising 1
Arberg, Karl Anton Graf von, eigentl. K. A. Graf von Arberg und Valengin, Baron von Noirmont, o¨ sterr. Milit¨ar, * 1705 Delmond (Niederlande), † 5. 2. 1768 Br¨ussel. A., der einer urspr¨unglich in der Schweiz ans¨assigen Familie entstammte, stellte 1742 ein eigenes wallonisches Infanterieregiment auf. Damit k¨ampfte er in den Schlachten von ¨ Dettingen (1743) und Nieuport auf seiten Osterreichs gegen Frankreich. 1745 wurde er zum Generalmajor ernannt. Bei Beginn des Siebenj¨ahrigen Kriegs kommandierte A. ein Korps und avancierte 1757 zum Feldmarschalleutnant. 1759 f¨uhrte er sein Korps gegen die in Franken eindringenden hessischen und hannoveranischen Truppen. 1760 erfolgte die Bef¨orderung A.s zum Generalfeldzeugmeister. C ADB
Arbter, Emma Wanda von, Pseud. Emmy, Schriftstellerin, * 26. 10. 1813 Lemberg (Galizien), † 19. 12. 1858 Wien. A. begann fr¨uh, literarisch t¨atig zu werden. Schon 1834 wurde in Lemberg das von der F¨unfzehnj¨ahrigen zu Ehren des Geburtstags Kaiser → Franz’ I. gedichtete Lust¨ spiel Ostreichs Doppeladler aufgef¨uhrt. 1835 erschienen die Lenzbl¨atter, eine K¨onig → Ludwig I. von Bayern gewidmete Gedichtsammlung. Als ihr Vater 1836 starb, zog A. mit ihrer Mutter nach Wien. Sie gab dort 1845 mehrere im Wiener Journal „Der Humorist“ erschienene Novellen und Erz¨ahlungen heraus. C Wurzbach
Arbusow, Leonid, Historiker, * 7. 1. 1848 Mitau (heute Jelgava, Lettland), † 1. 1. 1912 Sassenhof bei Riga. A. war der Sohn eines adligen russischen Offiziers und wuchs als Vollwaise bei einer deutschen Familie in der kurl¨andischen Hauptstadt Mitau auf. Er studierte 1869-76 Naturwissenschaften, dann bei Georg → Waitz in G¨ottingen Geschichte. Nach dem Studium war er 1877-86 Kreisschullehrer und -inspektor in Bauske und Tuckum in Kurland. 1893 w¨ahlte ihn die Gesellschaft f¨ur Geschichte und
Altertumskunde der Ostseeprovinzen zum Herausgeber der II. Abteilung des Livl¨andischen Urkundenbuchs. A. widmete sich bis zu seinem Tod der Erforschung der Geschichte des Deutschen Ritterordens und der baltischen Kirchengeschichte. Sein bekanntestes und f¨ur die Geschichte des Baltikums grundlegendes Werk ist der 1889 erstmals erschienene, mehrfach erweiterte und neu aufgelegte Grundriß der Geschichte Liv-, Est- und Kurlands. A. war der Vater von Leonid → A. C BBKL
Arbusow, Leonid (Hans Nikolaus), Historiker, * 31. 10. 1882 Bauske (Kurland), † 16. 2. 1951 G¨ottingen. Der Sohn des Historikers Leonid → A. studierte 1902-06 in Dorpat Theologie und 1906-09 in G¨ottingen Geschichte. Seit 1911 arbeitete er an der Herausgabe der III. Abteilung des Livl¨andischen Urkundenbuchs mit. 1921 erschien sein Werk Die Einf¨uhrung der Reformation in Liv-, Est- und Kurland. 1922-36 lehrte A. als o. Prof. an der Lettischen Univ. in Riga. Aus seiner Stelle verdr¨angt, unterrichtete er 1936-39 an der privaten deutschen Herder-Hochschule in Riga, hatte nach der Umsiedlung der Deutschbalten 1941-45 eine Professur f¨ur mittelalterliche Geschichte an der Univ. Posen inne und wurde 1946 Lehrbeauftragter an der Univ. G¨ottingen. Sein Hauptforschungsgegenstand war die Sozial- und Rechtsgeschichte Livlands. C Weber Arbuthnot, Benedikt, Benediktiner, Physiker, * 5. 3. 1737 Rora bei Peter-Head (Schottland), † 19. 4. 1820 Regensburg. Der aus altadliger schottischer Familie stammende A. kam 1748 als Sch¨uler an das Schottenseminar zu St. Jacob in Regensburg. Er trat dort 1752 in den Benediktinerorden ein und wurde 1776 zum Abt seines Klosters gew¨ahlt. A. war auch Direktor des Schottenseminars, an dem er Mathematik und Philosophie unterrichtete. In seinen privaten Studien besch¨aftigte er sich mit Physik, Mathematik und Astronomie. A. wurde in die Kurf¨urstlich-Bayerische Akademie der Wissenschaften in M¨unchen aufgenommen, in deren philosophischer Schriftenreihe er u. a. eine Abhandlung Von den Kr¨aften der K¨orper und der Elemente (1775) ver¨offentlichte. C Leb Regensburg Archenhold, Friedrich Simon, Astronom, * 2. 10. 1861 Lichtenau (Westfalen), † 14. 10. 1939 Berlin. Das in Straßburg begonnene Studium der Astronomie setzte A. u. a. bei Wilhelm → F¨orster in Berlin fort. Seit 1891 war er an der Außenstation Grunewald der Berliner Sternwarte t¨atig. Auf A.s Betreiben hin und mit Unterst¨utzung der Industrie wurde f¨ur die Berliner Gewerbeaustellung ein großes Fernrohr mit 68 cm Objektivdurchschnitt und 21 Meter Brennweite konstruiert. Nach der Ausstellung wurde es in der Volkssternwarte in Berlin-Treptow installiert, die heute den Namen A.-Sternwarte tr¨agt. Er ver¨offentlichte u. a. Kometen, Weltuntergangsprophezeiungen und der Halleysche Komet (1910). A., der u. a. die von ihm 1900 gegr¨undete popul¨arwissenschaftliche astronomische Zeitschrift „Weltall“ herausgab, wurde 1936 wegen seiner j¨udischen Herkunft entlassen, seine Frau 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet. C NDB
Archenholtz, Johann Wilhelm von, auch J. Daniel von Archenholz, Publizist, * 3. 9. 1743 Langfuhr bei Danzig, † 28. 2. 1812 Oejendorf bei Hamburg. Der Hauptmannssohn A. wurde an der Berliner Kadettenanstalt erzogen, erhielt 1760 sein Offizierspatent und erlitt im selben Jahr eine schwere Verwundung. 1763 wurde er deshalb aus dem Milit¨ardienst entlassen. Er unternahm ausgedehnte Reisen, u. a. nach England, Frankreich und Italien. Nach seiner R¨uckkehr gab er 1782-86 das Journal „Literatur- und V¨olkerkunde“, 1789 die „Annalen der Brittischen Geschichte“ heraus. In dem Buch England und Italien
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Archipoeta (2 Bde., 1785) stellte er einen f¨ur Italien negativen Vergleich beider L¨ander an. Seine im Berliner historischen Taschenbuch 1789 erstmals erschienene Geschichte des Siebenj¨ahrigen Kriegs galt lange Zeit als Standardwerk (Geschichte des siebenj¨ahrigen Krieges in Deutschland von 1756 bis 1763, 2 Bde., 1793). Er korrespondierte u. a. mit C. F. D. → Schubart, C. M. → Wieland und G. → Forster, mit dem ihn als Freimaurer das Ideal eines freien Weltb¨urgertums verband. A. ging 1791 als Publizist nach Paris, kehrte wegen des Terrors zur¨uck und gr¨undete 1792 u. a. das vielgelesene, aufgekl¨art-liberale Journal „Minerva“, das er bis 1812 leitete. C Killy
Archipoeta, genannt Vates vatum, Liederdichter, * um 1125 / 35, † vermutlich 1167. A. war vermutlich ein aus ritterlichem Geschlecht stammender Deutscher, der ohne Abschluß in Salerno Medizin studierte. Zehn lateinische Gedichte, wohl nur ein Teil seines Werkes, sind im Umfeld von → Friedrich Barbarossas Kanzler → Rainald von Dassel entstanden, in dessen Gefolge A. 1161-65 in Mailand, Pavia, Novara und Vienne war. A. war mit Bibel und Liturgie vertraut. Die Themen seiner Gedichte sind G¨onnerlob, Bitte um Geschenke, Preis von M¨adchen, Spiel und Wein. Der ‚Kaiserhymnus‘, der Barbarossa verherrlicht, wurde wahrscheinlich im November 1163 in Novara dem Kaiser vorgetragen. Ein Teil seiner Vagantenbeichte ging in die Handschrift der Carmina Burana und in der Folge in Carl → Orffs Vertonung ein. Die Melodien zu Liedern des A., der selbst komponierte, sind nicht erhalten. C VL Arckenholtz, Johann, Historiker, Bibliothekar, * 1695 Schwedisches Finnland, † 14. 7. 1777 Stockholm. A. erhielt, nachdem er einen schwedischen Adligen auf seiner Kavalierstour begleitet hatte, eine Anstellung in der Staatskanzlei in Stockholm. Als 1738 eine von ihm verfaßte, von einem B¨undnis mit Frankreich abratende Schrift zur Kenntnis des franz¨osischen Gesandten gelangte, mußte er entlassen werden. 1743 wurde er als Sekret¨ar des Staatskontors wieder angestellt und 1746 als landgr¨aflicher Bibliothekar und Aufseher u¨ ber die Kunstkammer und das M¨unzkabinett in Kassel versetzt. A. schrieb dort Geschichtswerke, u. a. die M´emoires concernant Christine, reine de Su`ede (4 Bde., 1751-60). 1766 kehrte er nach Schweden zur¨uck. C ADB Arco, Georg (Wilhelm Alexander Eugen Hans Deodat) Graf von, Techniker, Manager, * 30. 8. 1869 Großgorz¨utz bei Ratibor (Schlesien), † 5. 5. 1940 Berlin. Nach einem zweisemestrigen Mathematik- und Physikstudium in Breslau diente A. als aktiver Offizier bei den Gardesch¨utzen. 1893-98 studierte er Maschinenbau und Elektrotechnik an der TH Charlottenburg und war bei seinem Lehrer Adolf → Slaby Assistent f¨ur drahtlose Telegraphie. Er erhielt 1898 eine Stelle als Ingenieur bei der AEG und wurde Mitbegr¨under der Gruppe AEG-Slaby-Arco, die sich 1903 mit Braun-Siemens zur „Gesellschaft f¨ur drahtlose Telegraphie System Telefunken“ zusammenschloß. Bis 1930 blieb er technischer Direktor von Telefunken, die unter seiner Leitung u. a. f¨uhrend wurde im Bau von Stationen f¨ur drahtlose Telegraphie, Rundfunktechnik und Bild¨ubertragung. A. selber entwickelte u. a. das Sendesystem der „t¨onenden L¨oschfunken“, f¨uhrte 1912 den auch den transatlantischen Funkverkehr erleichternden Hochfrequenzmaschinen-Sender ein und baute einen technisch ausgereiften R¨ohrensender. C Schulz
Arco, Ignaz Graf von, Politiker, * 13. 5. 1741 Regensburg, † 12. 5. 1812 M¨unchen. W¨ahrend des Ersten Koalitionskriegs (1792-97) gegen Frankreich u¨ bernahm A. die F¨uhrung der von den Ideen der
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Franz¨osischen Revolution beeinflußten st¨andischen Opposition in Bayern. Er betrieb eine vor allem vom Mißtrauen ¨ gegen¨uber Osterreich gepr¨agte Politik und erreichte 1796 von dem aus M¨unchen fl¨uchtenden Kurf¨ursten → Karl Theodor f¨ur die bayerischen St¨ande die Erlaubnis, mit dem heranr¨uckenden franz¨osischen General Moreau selber verhandeln zu d¨urfen. Seine Bem¨uhungen um preuß. Vermittlung scheiterten jedoch. A.s Bem¨uhungen, in Basel mit Frankreich ein Neutralit¨atsabkommen nach dem Beispiel Preußens zu schließen, wurden durch den Vormarsch Erzherzog → Karls an den Rhein obsolet gemacht. Seine Eigenm¨achtigkeit f¨uhrte zum Zerw¨urfnis mit den St¨anden. Eine vom Kurf¨ursten angestrengte Klage wegen Hochverrats wurde sp¨ater niedergeschlagen. C NDB
Arco, Johann Baptist Graf von, Milit¨ar, * um 1650, † 21. 3. 1715 Bayern. A., Sohn eines kaiserlichen Generalfeldzeugmachers, trat 1672 in die bayerische Armee ein, nahm auf franz¨osischer Seite an den Feldz¨ugen in Holland teil und wechselte 1675 zusammen mit seinem in Ungnade gefallenen Vater in kaiserliche Dienste u¨ ber. 1683 kehrte A. als Oberst der (Arco-)K¨urassiere in die bayerische Armee zur¨uck, nahm im Stab von Kurf¨urst → Maximilian II. Emanuel am Entsatz von Wien und an den weiteren K¨ampfen gegen die T¨urken teil. Beim Sturm auf Belgrad 1688 kommandierte A. einen Armeefl¨ugel. Er machte die Feldz¨uge am Oberrhein, in Norditalien und den Niederlanden mit und befehligte 1683 in der Schlacht von Neerwinden die bayerische Kavallerie. Mehrfach ging A. in diplomatischer Mission nach England, wurde 1698 zum bayerischen Hofkriegsratspr¨asidenten und 1702 zum Generalfeldmarschall ernannt. Im Spanischen Erbfolgekrieg f¨uhrte er die bayerischen Truppen, vertrat am st¨arksten die frankreichfreundliche Partei Bayerns und erhielt den Ehrentitel eines Marschalls von Frankreich. C NDB
Arco, Johann Baptist Gerard Graf d’, Statthalter, National¨okonom, * 5. 4. 1739 Arco (Prov. Trient), † 15. 3. 1791 Mantua. Nach Studien in Mantua, Parma und Verona wurde der aus alter Tiroler Familie stammende A. von Kaiser → Joseph II. zum Geheimen Rat und Statthalter von Mantua ernannt. Dort gr¨undete er eine Ackerbauschule f¨ur Waisenkinder, machte sich als Pr¨asident der Akademie von Mantua besonders um die F¨orderung von Wissenschaft und Kunst verdient. Ihm kommt das Verdienst der Entdeckung einer B¨uste Vergils zu. A. ver¨offentlichte zahlreiche Abhandlungen u¨ ber juristische, staatsrechtliche und kunsthistorische Fragen. Besonders trat er jedoch als National¨okonom hervor und gewann mit seiner Schrift Dell’armonia politico-economico tra la citt`a ed il suo territorio den Preis der Akademie von Padua. A. trat darin f¨ur die Abschaffung des Erstgeburtsrechts und der Fideikommisse ein. Er wurde daraufhin von verschiedenen gelehrten Gesellschaften zum Mitglied gew¨ahlt und erhielt Auszeichnungen vom Herzog von Parma und K¨onig → Friedrichs II. von Preußen. C Wurzbach
Arco, Johann Philipp Jakob Graf von, Milit¨ar, * 11. 5. 1652 Arco (Prov. Trient), † 18. 2. 1704 Bregenz. A. trat nach dem Studium in Ingolstadt in kaiserliche Milit¨ardienste, geriet beim Aufstand Imre T¨ok¨olys (1679 / 80) einige Zeit in Gefangenschaft und nahm 1683 am Entsatz von Wien teil. 1685 wechselte A. in bayerische Dienste, k¨ampfte am Oberrhein, in Ungarn und in den Niederlanden und avancierte zum bayerischen Feldmarschalleutnant. Seit 1699 stand er wieder in kaiserlichen Diensten. Am 15. 9. 1703 u¨ bergab er als Kommandant von Altbreisach die Festung den Franzosen. Ein daraufhin einberufenes Kriegsgericht f¨allte u¨ ber ihn das Todesurteil. C NDB
Ardenne Arco, Joseph Adam Graf von, F¨urstbischof von Seckau, * 27. 1. 1733 Salzburg, † 3. 6. 1802 Graz. Der Sohn eines f¨urstlich Salzburgischen Obersthofmeisters studierte an der dortigen Univ. und besuchte das Seminar Sant’Apollinare in Rom. 1760 wurde er in Passau zum Domherrn und 1763 zum Provikar seines Ordinarius f¨ur den nieder¨osterreichischen Anteil Passaus ernannt. Seit 1776 Bischof von K¨oniggr¨atz und Domherr in Salzburg, wurde A. 1780 zum F¨urstbischof von Seckau berufen. Er verlegte die bisch¨ofliche Residenz nach Graz. Nach dem o¨ sterreichischfranz¨osischen Waffenstillstand von Judenburg 1797 verweigerte A. den Eid auf die franz¨osische Republik und gab damit ein Beispiel f¨ur die Landst¨ande. A. setzte die von Kaiser → Joseph II. in den Erblanden durchgef¨uhrten aufkl¨arerischen Reformen durch, ohne es zum offenen Konflikt zwischen Kirche und Staat kommen zu lassen. C Gatz 4
Arco, Prosper Graf von, Diplomat, * 1520, † 22. 11. 1572 Rom. A., Sohn eines in lateinischer Sprache schreibenden Dichters und einer Gonzaga, studierte in Bologna und Rom. Im Schmalkaldischen Krieg (1546 / 47) trat er in die Dienste des sp¨ateren Kaisers → Maximilian II. W¨ahrend des Kriegs → Karls V. mit Frankreich geriet er in Gefangenschaft und verbrachte die Jahre 1553-56 in Paris in Haft. Nach der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Kaiser und Papst 1560 ging er als Botschafter Kaiser → Ferdinands I. nach Rom und setzte sich dort f¨ur die Fortf¨uhrung des Konzils von Trient ein. Eine Erhebung zum Kardinal – er war als Deutschordenskomtur unverheiratet, aber nicht Priester – lehnte A. ab. Die Aufgabe als Botschafter Maximilians II. bei Papst Pius V. gestaltete sich wegen der Sympathien des Kaisers f¨ur den Protestantismus sehr schwierig. C NDB
Arco-Valley, Anton Graf von, * 5. 2. 1897 St. Martin (Ober¨osterreich), † 29. 6. 1945 bei Salzburg. Der Sohn eines bayerischen Offiziers und einer Freiin von Oppenheim trat nach dem Abitur in die bayerische Armee ein und begann nach dem Ersten Weltkrieg ein Jurastudium. Trotz der j¨udischen Herkunft seiner Mutter schon fr¨uh von antisemitisch-v¨olkischem Gedankengut durchdrungen, erschoß A.-V. am 21. 2. 1919 in M¨unchen den bayerischen Ministerpr¨asidenten Kurt → Eisner. A.-V. wurde zun¨achst zum Tode verurteilt, jedoch zu Festungshaft begnadigt und 1924 vorzeitig entlassen: ein Fall rechter politischer Justiz. 1925 ver¨offentlichte er seine Erfahrungen Aus f¨unf Jahren Festungshaft, war anschließend als Prokurist bei der S¨uddeutschen Lufthansa t¨atig und gab die Zeitschrift „Bayerisches Vaterland“ heraus. A.-V. kam bei einem Autounfall ums Leben. C Munzinger Arco-Valley, Emmerich Graf von, Diplomat, * 8. 2. 1852 M¨unchen, † 13. 7. 1909 Petropolis (Brasilien). Nach der Teilnahme am Deutsch-Franz¨osischen Krieg von 1870 / 71 und einem Studium der Rechtswissenschaften war A.-V., Sohn eines Kgl. bayerischen K¨ammerers, 1879-88 in M¨unchen als Rechtsanwalt t¨atig. Er geh¨orte zum Kreis um den Theologen Ignaz von → D¨ollinger. Sein Engagement f¨ur die Armen der Stadt und der Einsatz seines pers¨onlichen Verm¨ogens daf¨ur zwangen ihn, nach einer Anstellung Ausschau zu halten. 1887 trat er daher in den diplomatischen Dienst des Deutschen Reiches ein. 1898 wurde er als Gesandter nach Rio de Janeiro, 1900 nach Tokio, 1906 nach Athen, 1908 erneut nach Rio beordert. C BHdAD
und Not durch pers¨onliches soziales Engagement war. Zusammen mit seinem Vetter F¨urst Karl zu → L¨owensteinWertheim-Rosenberg organisierte A.-Z. die deutschen Katholikentage. In der Zeit des Kulturkampfes nach 1870 war er einer der f¨uhrenden Verfechter des Erhalts der christlichen Schulen. Nach dem Tod von Johann Nepomuk von → Ringseis wurde A.-Z. dessen Nachfolger als Vorstand des Katholischen Kasinos in M¨unchen, eines Zentrums der kath. geistigen Elite Bayerns. Ebenso setzte er sich f¨ur den Erhalt eines christlichen Bauernstandes ein und wurde 1869 erster Vorstand des Bayerischen-Patriotischen Bauernvereins. C NDB
Arconatus, Hieronymus, Beiname: Leorinus, Schriftsteller, * 27. 4. 1553 L¨owenberg (Schlesien), † 18. 6. 1599 Wien. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Breslau ging A., Sohn eines aus Mailand stammenden Festungsbaumeisters, zum Studium nach Padua und nahm 1571 im Dienst Venedigs an der Schlacht von Lepanto teil. Er verbrachte zwei Jahre auf Kreta, unternahm Bildungsreisen nach Paris und London sowie durch die Schweiz und Holland, lebte im Dienst des Kaisers 1579-1583 / 84 in Wien und war 1593-97 als Sekret¨ar des Hofkriegsrats in Prag t¨atig, wo seine Oratio S. Patris Augustini [. . .] versibus latinis, italicis, germanicis bohemicisque expressa entstand. C Killy
Arcularius, Daniel, eigentl. Kistner, luth. Theologe, * Kassel, † 11. 4. 1596. A. studierte in Marburg und erlangte dort 1561 den Grad eines Baccalaureus, 1563 den eines Magisters. Sp¨ater erhielt er dort die Stelle eines Vorstehers der Stipendiaten. 1571 wurde er Prof. der Theologie, 1575 Ephorus der Stipendiaten und 1585 zum Doktor der Theologie promoviert. Zahlreiche seiner theologischen Schriften erschienen im Druck, darunter die zusammen mit einem Kollegen verfaßten Aeg. Hunii & Dan. Arcularii propositiones de praecipuis christianae religionis capitibus (1591). C Strieder
Arcularius, Johann Daniel, luth. Theologe, * 3. 3. 1650 Darmstadt, † 31. 12. 1710 Frankfurt / Main. A., Urenkel des Marburger Theologen Daniel → A., bezog nach dem Studium am P¨adagogium von Darmstadt 1666 die Akademie in Gießen, wo er an etlichen wissenschaftlichen Disputen teilnahm und 1669 den Magistergrad erlangte. 1672 wurde A. zum Informator des hessischen Prinzen Ludwig VII. und dessen Bruders ernannt. 1676 kehrte er als Lehrer f¨ur Logik und Metaphysik nach Gießen zur¨uck, wurde dort 1684 zum Doktor der Theologie promoviert und erhielt eine außerordentliche Professur. 1686 wurde A. Nachfolger des Pietisten Philipp Jakob → Spener als Senior in Frankfurt / Main. A. ver¨offentlichte u. a. ein Williges Glaubensbekenntnis, oder Ermahnung zu treuer Verwahrung der Augspurg. Confession (1692). Ardenne, Armand Baron von, Pseud. Bernays, Milit¨ar, Schriftsteller, * 26. 10. 1848 Leipzig, † 20. 4. 1919 GroßLichterfelde bei Berlin. ¨ A. nahm 1866 am Krieg gegen Osterreich, 1870 am Krieg gegen Frankreich teil. 1871-74 besuchte er die Kriegsakademie und gelangte 1875 in den Generalstab. Seit 1884 war er als Adjutant des Kriegsministers und Referent im Kriegsministerium t¨atig. 1904 nahm er als Generalleutnant und Divisionskommandeur seinen Abschied. A. schrieb die Geschichte einiger preuß. Regimenter und ver¨offentlichte unter dem Pseudonym Bernays Die Geschichte des Großherzogtums Frankfurt (o. J.).
Arco-Zinneberg, Ludwig Graf von, Politiker,
Ardenne, Manfred Baron von, Physiker, Erfinder,
* 3. 1. 1840 M¨unchen, † 20. 11. 1882 M¨unchen. A.-Z. war 1867-72 Vorstand des M¨unchner St. VinzentiusZentralvereins, dessen Zweck die Bek¨ampfung von Armut
* 20. 1. 1907 Hamburg, † 26. 5. 1997 Dresden. Der Sohn eines Oberregierungsrats verließ das Gymnasium vorzeitig mit der Primarreife, um eine Ausbildung in ei-
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¨ Arduser ner feinmechanischen Werkstatt zu absolvieren. Als Sechzehnj¨ahriger erhielt er sein erstes Patent, das zur Entwicklung der Loewe-Dreifachr¨ohre f¨ur Rundfunkempf¨anger f¨uhrte. Nach dem Abbruch seines 1925 in Berlin begonnenen Studiums der Physik, Chemie und Mathematik bildete sich A. seit 1926 autodidaktisch weiter. 1928-45 leitete er ein von ihm gegr¨undetes Laboratorium f¨ur Elektronenphysik in Berlin, danach ein gleichartiges Forschungsinstitut in Suchumi (UdSSR). Seit 1955 in der DDR ans¨assig, richtete A. in Dresden das „Forschungsinstitut Manfred von Ardenne“ ein und arbeitete in den Bereichen ¨ der Elektronenphysik, Ionenphysik, Kernphysik und Ubermikroskopie. 1956 u¨ bernahm er den Lehrstuhl f¨ur elektrotechnische Probleme der Kerntechnik an der dortigen TU. A. machte zahlreiche Erfindungen und Entwicklungen auf elektronischem Gebiet (Mehrfach-Elektronenr¨ohre und Breitbandverst¨arker, Elektronenstrahloszillograph, elektronenoptischer Bildwandler, Polarkoordinatenoszillograph, Mikrosonde, Duoplasmatron, Elektronenstrahlofen), in der Funk- und Fernsehtechnik (Flying spot scanner und erste elektronische Fernseh¨ubertragung, Bildaufnahmer¨ohre) und in der Elektronenmikroskopie (Rasterelektonenmikroskop, Universal-Elektronenmikroskop). Seit 1940 lieferte er Beitr¨age zur angewandten Kernphysik (Bau eines 1-MeVBandgenerators und eines 60-t-Zyklotrons, Neutronenaktivierungsanalyse, magnetische Isotopentrenner) und wandte sich 1955 auch der medizinischen Technik zu (Endoradiosonde). Seit Mitte der sechziger Jahre entwickelte er auf dem Gebiet der Zellregulation und der Krebsbehandlung u. a. die „Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie“ zur Pr¨avention und Behandlung von Gef¨aßerkrankungen und eine systematische „Krebs-Mehrschritt-Therapie“. Nach der Aufl¨osung der DDR 1990 und dem Fortfall der bisherigen großz¨ugigen staatlichen F¨orderungsmittel wurde A.s Institut in ein physikalisches und ein medizinisches Institut aufgegliedert, in dem A. 1991 eine Privatklinik f¨ur Krebspatienten einrichtete. A. meldete rund 600 Patente an, ver¨offentlichte zahlreiche wissenschaftliche Beitr¨age und erhielt hohe staatliche Auszeichnungen (u. a. den Leninpreis der UdSSR, den Nationalpreis I. und II. Klasse der DDR, die Dieselmedaille in Gold der Bundesrepublik Deutschland) und mehrere Ehrendoktorate. Er ver¨offentlichte u. a. Theoretische und experimentelle Grundlagen der Krebs-Mehrschritt-Therapie (21970 / 71), Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie (41987), Arbeiten zur Elektronik (1984), Ein gl¨uckliches Leben f¨ur Technik und Forschung (1972, seit 1984: Mein Leben f¨ur Fortschritt und Forschung, 101990) und Erinnerungen, fortgeschrieben. Ein Forscherleben im Jahrhundert des Wandels der Wissenschaften und politischen Systeme (1997). C Wußing
Arduser, ¨ Hans, schweizer. Maler, Chronist, Schriftsteller, * August 1557 Davos, † nach 1614 Thusis (Kt. Graub¨unden). A., Sohn eines Davoser Baumeisters, besuchte seit 1570 die Lateinschule in Chur, war zwei Jahre in Maienfeld als Lehrer t¨atig und ließ sich daneben zum Maler ausbilden. Seit 1580 hielt er im Winter Unterricht in Lenz, Savognin, Scharans und Thusis und zog im Sommer als wandernder K¨unstler umher. In 45 Orten und Talschaften versah A. Geb¨aude wie das Haus Capol in Andeer mit Fresken und malte Wappenschilde, Fahnen und Kirchturmuhren, wobei er Stilelemente der Renaissance mit B¨undner Volkskunst verband. Er sammelte Ausz¨uge aus Chroniken und anderen B¨uchern, die er sp¨ater zu schweizer. Geschichtswerken verarbeitete. Seine Warhaffte und kurtzvergriffene beschreibung etlicher herrlicher und hochvernampter Personen in alter freyer Rhetia erschien 1598 in Lindau im Druck. Die drei B¨unde verf¨ugten aus nicht bekannten Gr¨unden die Einziehung und Verbren-
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nung des Buches; es wurde jedoch sp¨ater mehrfach wieder aufgelegt. A.s Neffe ist der Architekt Johannes → A. C AKL
Arduser, ¨ Johannes, schweizer. Mathematiker, Festungsbauer, * 25. 2. 1585 Davos, † 26. 3. 1665 Z¨urich. A., Neffe von Hans → A., besch¨aftigte sich mit Geometrie, Vermessungstechnik und war Spezialist f¨ur den Bau von Festungen. 1620 wurde er Stadtingenieur von Z¨urich, 1633 Hauptmann, 1637 in die K¨ambelzunft aufgenommen und 1657 in den Großen Rat von Z¨urich gew¨ahlt. Als Verantwortlicher f¨ur die Festungsanlagen beaufsichtigte A. den 1642 begonnenen Bau der Stadtbefestigungen. Vom Rat von Z¨urich auch mit dem Bau von Befestigungsanlagen in der Umgebung betraut, entstanden unter A.s Leitung u. a. Festungsbauten in Eglisau und Regensburg im Kt. Z¨urich. Zwischen 1622 und 1649 war er in anderen Schweizer Orten t¨atig und schuf den Neubau des Bades und des Stiftes Pf¨afers im Kanton St. Gallen. A. verfaßte u. a. die 1627 in lateinischer Sprache erschienene Geometria theoretica et prac¨ tica (12 Bde.), die in der Ubersetzung als eines der ersten Handb¨ucher der Geometrie in deutscher Sprache gilt. C AKL
Arenberg, Franz Ludwig Maria Prinz von, Politiker, * 29. 9. 1849 Schloß H´everl´e bei L¨owen, † 25. 3. 1907 Schloß Pesch bei Krefeld. A. war nach dem Jurastudium in Bonn (1867-70) und der Teilnahme am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 als Referendar am Landgericht in Metz t¨atig und wechselte dann in den diplomatischen Dienst. Als Attach´e und seit 1876 als Legationssekret¨ar geh¨orte er den deutschen Botschaften in Stockholm, London, St. Petersburg und Konstantinopel an; 1895 wurde er Major a` la suite. A. war Mitglied des Zentrums und wurde 1882 in das preuß. Abgeordnetenhaus, 1890 in den Reichstag gew¨ahlt, dem er bis zu seinem Tod angeh¨orte. Außerdem geh¨orte A. dem Beirat f¨ur Auswanderungswesen an und war seit 1892 stellvertretender Pr¨asident der Deutschen Kolonialgesellschaft. C Haunfelder, Zentrumspartei
Arenberg, Johann Graf von, eigentl. Johann von Ligne, Baron von Barban¸con, Milit¨ar, * um 1525 Barban¸con, † 23. 5. 1568 bei Heiligerlee (Niederlande). A. stammte aus niederl¨andischem Adelsgeschlecht und nahm 1549 bei seiner Heirat mit Margaretha, Tochter Roberts II. Graf von der Mark, Herrn von Arenberg, den Namen seiner Frau an. 1546 zum Ritter des Goldenen Vlieses geschlagen, wurde er 1548 Gouverneur von Friesland, Oberyssel, Groningen und Drenthe. Als Parteig¨anger der Habsburger k¨ampfte er 1546 im Schmalkaldischen Krieg, 1557 / 58 gegen Frankreich. 1559 vertrat A. Burgund am Reichstag von Augsburg. 1568 zog er f¨ur Philipp II. in den Kampf gegen den in Groningen eingefallenen Grafen → Ludwig von Nassau und fiel in der Schlacht von Heiligerlee. 1549 wurde A. in den Reichsgrafenstand erhoben; die Familie erhielt sp¨ater den Titel gef¨ursteter Grafen und 1602 den der Reichsf¨ursten. C NDB Arenberg, Karl F¨urst von, Staatsrat, Milit¨ar, * 22. 2. 1550 Schloß Vollenhoven (Friesland), † 18. 1. 1616 Enghien (Belgien). A. war der Sohn Johann von → A.s, sein Pate war → Karl V. Er trat wie sein Vater in die Dienste des K¨onigs von Spanien und Herrn der Niederlande. Als Truppenf¨uhrer unter Alexander Farnese k¨ampfte er gegen den zum Protestantismus u¨ bergetretenen K¨olner Erzbischof Gebhard → Truchseß von Waldburg und nahm 1585 an der Belagerung von Antwerpen teil. Als f¨uhrendes Mitglied des habsburgtreuen niederl¨andischen Hochadels wurde A. zum K¨ammerer, 1599
Arends zum Staatsrat, Admiral und Generalleutnant des Meeres ernannt. Seine im Auftrag des Statthalters gef¨uhrten Verhandlungen f¨uhrten 1604 zum Friedensschluß mit England. Er wurde zum Ritter des Goldenen Vlieses geschlagen und erhielt den Titel eines spanischen Granden 1. Klasse. 1602 wurde A. zum Reichsf¨ursten erhoben. 1606 erwarb er die Herrschaft Enghien, wo er einen seinerzeit bekannten Renaissancegarten anlegen ließ. C NDB
Arenberg, Karl Maria Raymond Herzog von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 31. 7. 1721 Enghien (Belgien), † 17. 8. 1778 Enghien (Belgien). A., der seit 1740 als Nachfolger seines Vaters Leopold Philipp von → A. Grand-Bailli des Hennegaus war, nahm in kaiserlichen Diensten an den Feldz¨ugen in den Niederlanden (1744) und in Deutschland (1745) teil. Seit 1755 war A. Feldmarschalleutnant und k¨ampfte w¨ahrend des Siebenj¨ahrigen Kriegs in B¨ohmen und Schlesien. Nach einer bei Torgau erlittenen Verwundung beendete A. seine aktive milit¨arische Laufbahn und wurde 1765 zum Wirklichen Geheimen Staatsrat, 1766 zum Feldmarschall ernannt. C NDB
Arenberg, Leopold Philipp Karl Joseph Herzog von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 14. 10. 1690 Schloß H´everl´e (Belgien), † 4. 3. 1754 Schloß H´everl´e (Belgien). Der in o¨ sterr. Diensten zum Generalleutnant avancierte A. nahm 1716-18 an den Feldz¨ugen des Prinzen → Eugen von Savoyen gegen die T¨urken teil. Seit 1718 war er kaiserlicher Staatsrat und Milit¨argouverneur des Hennegaus; als General der Artillerie machte er in der Rheinarmee des Prinzen Eugen 1733 / 34 den Polnischen Erbfolgekrieg mit. 1737 wurde A. Feldmarschall und Oberkommandierender der kaiserli¨ chen Truppen in den Niederlanden. Im Osterreichischen Erbfolgekrieg hatte er 1743 entscheidenden Anteil am Sieg u¨ ber die Franzosen bei Dettingen. Im Zweiten Schlesischen Krieg kommandierte A. die Infanterie der von Herzog → Karl von Lothringen befehligten schlesischen Armee. A., ein großer F¨orderer des Theaters, verkehrte mit Voltaire und Rousseau, dem er eine Pension aussetzte. C NDB Arenberg, Ludwig Engelbert Herzog von, * 3. 8. 1750 Br¨ussel, † 7. 3. 1820 Br¨ussel. Der infolge eines Jagdunfalls 1775 erblindete A. erbte 1778 von seinem Vater den Herzogstitel. 1779 ernannte ihn → Maria Theresia zum Grand-Bailli des Hennegau. Als ihm dieses Amt von Kaiser → Joseph II. wegen seiner Blindheit wieder entzogen wurde, steigerte dies die Unzufriedenheit u¨ ber die josephinischen Reformen. Auf seinen Besitzungen wirkte A. als aufgekl¨arter Landesherr, legte neue Bauernd¨orfer an und verbesserte das Schulwesen. Als ein Teil seiner Besitzungen franz¨osisch wurde und ein neues Herzogtum Arenberg entstand, u¨ berließ er 1803 seinem Sohn Prosper A. die Herzogsw¨urde. A. war ein großer Kunstfreund, Sammler und Bauherr und ließ 1783 bei seinem Schloß H´everl´e einen Gasballon aufsteigen. A. f¨orderte Clemens → Brentano, der ihm daf¨ur den Ponce de Leon widmete. C NDB
Arend, Max, Jurist, Musikwissenschaftler, * 2. 7. 1873 K¨oln, † M¨arz 1943 K¨oln. A. besuchte nach dem Abitur 1889-93 zun¨achst die Konservatorien in K¨oln und Wiesbaden. 1899 begann er in Leipzig ein Jurastudium, ging 1903 nach der Promotion aufgrund der Arbeit Die Parteiqualit¨at der offenen Handelsgesellschaft im geltenden Reichscivilprozess-Rechte mit Anschluss des Konkursverfahrens in den Staatsdienst, ließ sich 1907 als Rechtsanwalt in Dresden nieder und er¨offnete 1918 eine Kanzlei in K¨oln. Nebenbei komponierte A. und schrieb Aufs¨atze ¨ zur Musiktheorie, Musikkritik und Asthetik. Er besch¨aftigte
sich besonders mit Leben und Werk von Christoph Willibald → Gluck, ver¨offentlichte 1921 eine Biographie Glucks und setzte sich f¨ur die Wiederbelebung und -auff¨uhrung seiner Werke ein. 1910 gab er Glucks Pilger von Mekka und 1911 den Zauberbaum heraus. Zur Verbreitung und F¨orderung der Gluckschen Musik gr¨undete A. 1909 die „GluckGesellschaft“ und 1913 die „Gluck-Gemeinde“.
Arends, Georg, Pharmazeut, * 18. 12. 1862 Chemnitz, † 23. 12. 1946 Chemnitz. Der Sohn eines Chemnitzer Stoffabrikanten absolvierte an einer Apotheke in Meißen eine praktische pharmazeutische Ausbildung und begann dann in Leipzig ein Studium der Chemie und Pharmazie, das er 1887 mit der pharmazeutischen Staatspr¨ufung abschloß. 1889 trat A. bei einer Leipziger Firma eine Stelle als Betriebschemiker an. 1895-1908 war er als wissenschaftlicher Redakteur bei der „Pharmazeutischen Zeitung“ in Berlin t¨atig. An dem von Johann Holfert begr¨undeten Werk Volkst¨umliche Namen der Arzneimittel wirkte er ab der 4. Auflage (1906) mit. 1908 gr¨undete er in Chemnitz die Elisabeth-Apotheke, die er bis 1937 leitete. Dort besch¨aftigte sich A. mit der fabrikm¨aßigen Herstellung neuer Medikamente und der Entwicklung neuer Produktionsmethoden. Nebenbei verfaßte er zahlreiche Schriften zu pharmazeutischen und medizinischen Themen (u. a. Neue Arzneimittel und pharmazeutische Spezialit¨aten, 1903, 7 1926; Volkst¨umliche Anwendung der einheimischen Arzneipflanzen, 1916, 21925).
Arends, Georg Adalbert, Botaniker, * 21. 9. 1863 Essen, † 5. 3. 1952 Wuppertal-Ronsdorf. A., der Sohn eines G¨artners, besuchte nach Abschluß der Realschule in Essen die Lehranstalt f¨ur Obst-, Wein- und Gartenbau in Geisenheim am Rhein. Seine Ausbildung setzte er dann am Botanischen Garten in Breslau, in England und in Italien fort. Nach Studienreisen durch Holland und England ließ er sich als G¨artner in Wuppertal-Ronsdorf nieder. Er besch¨aftigte sich dort vorwiegend mit der Zucht von Blumen (u. a. Primulaceen, Astern, Astilben, Azaleen, Phlox, Saxifragen). Ihm gelang dabei die Vergr¨oßerung der Bl¨uten und die Variierung der nat¨urlichen Farben. A. entwickelte vor allem die Primula obconica zu einer verbreiteten Handelspflanze. F¨ur seine Neuz¨uchtungen erhielt er zahlreiche Preise. Er bem¨uhte sich als Vorsitzender von Berufsorganisationen um die Erweiterung des g¨artnerischen T¨atigkeitsfelds, um die Gr¨undung neuer Lehranstalten und die Anlage von Versuchsg¨artnereien. Eine Ged¨achtnism¨unze f¨ur verdiente G¨artner tr¨agt seinen Namen. A.s Erinnerungen Mein Leben als G¨artner und Z¨uchter erschienen 1951. C NDB Arends, Leopold, Pseud. Arend, Schriftsteller, Stenograph, * 4. 12. 1817 Rakischek (Weißrußland), † 22. 12. 1882 Berlin. Der Sohn eines G¨artners und einer livl¨andischen Adligen besuchte die Domschule in Riga. Nach einer Apothekerlehre mußte er 1840 ein Studium der Pharmazie, Geschichte und Philosophie in Dorpat aus Geldmangel abbrechen und eine Hauslehrerstelle in Kurland annehmen. Er ließ sich 1844 als Schriftsteller in Berlin nieder und besch¨aftigte sich neben den Naturwissenschaften, der Musikgeschichte und der Pal¨aographie mit der Stenographie nach dem GabelsbergerSystem. 1848 erschien die Trag¨odie Demosthenes oder Hellas Untergang. A. schuf ein eigenes, 1850 in sechs Tafeln herausgegebenes Stenographiesystem mit buchst¨ablicher Vokalschreibung. 1859 ver¨offentlichte er einen Leitfaden und 1859 ein Lehrbuch zu seinem System. Daneben gr¨undete er zu dessen Verbreitung bis 1882 60 Vereine mit rund 1000 Mitgliedern. Sein System wurde auf fast alle Weltsprachen u¨ bertragen. C NDB
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Arends Arends, Wilhelm Erasmus, evang. Theologe, Kirchenlieddichter, * 5. 2. 1677 Langenstein / Harz, † 16. 5. 1721 Halberstadt. Nach dem Studium der evang. Theologie u. a. in Halle / Saale war A., Sohn eines fr¨uh verstorbenen Pfarrers, zun¨achst Hauslehrer bei dem seinerzeit bekannten „frommen Kind“ Christlieb Leberecht von Exter. Danach wirkte er als Pastor in Krottorf im F¨urstentum Halberstadt. 1718 u¨ bernahm er die Pastorenstelle an St. Petri und Paul in Halberstadt. A. verfaßte etliche Kirchenlieder, von denen mehrere in dem Gesangbuch von Johann Anastasius → Freylinghausen erschienen, darunter das pietistische R¨ustet euch, ihr Christenleute! Noch heute wird gesungen Jesu, st¨arke deine Kinder. C ADB Arendsee, Martha, Politikerin, * 29. 3. 1885 Berlin, † 22. 5. 1953 Berlin. Die Tochter eines Schriftsetzers arbeitete als Heimarbeiterin, dann als Buchhalterin einer Konsumgenossenschaft. Sie trat 1906 der SPD bei, war in der Frauenarbeit t¨atig, wurde 1917 Bezirksvorsitzende der USPD in Berlin-Wedding und war 1919-21 Abgeordnete in der Preußischen Landesversammlung. 1920 trat sie zur KPD u¨ ber, saß 1921-24 im Preußischen Landtag und 1924-30 im Reichstag, war Redakteurin der „Kommunistin“ und der „Proletarischen Sozialpolitik“ und 1927-31 in der Arbeitsgemeinschaft sozialpolitischer Organisationen, 1931-35 im Internationalen Sekretariat f¨ur Sozialpolitik t¨atig. Nach kurzer Haft, emigrierte sie 1934 in die UdSSR. W¨ahrend der Stalinschen „S¨auberungen“ 1937-41 war A. inhaftiert, arbeitete anschließend f¨ur Radio Moskau und war einziges weibliches Mitglied des 1943 gegr¨undeten Nationalkomitees Freies Deutschland. 1945 kehrte sie mit der Gruppe Wilhelm → Pieck nach Berlin zur¨uck, war Mitunterzeichnerin des ersten Aufrufs des Zentralkomitees der KPD, geh¨orte dem ersten Parteivorstand der SED an, war bis 1948 sozialpolitische Leiterin des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes und 1949 / 50 der Sozialversicherungsanstalt Berlin (Ost). C BHdE, Bd 1
Arendt, Erich, Pseud. Joachim Dreetz, Schriftsteller,
¨ Ubersetzer, * 15. 4. 1903 Neuruppin (Brandenburg), † 25. 9. 1984 Wilhelmshorst (Michendorf). A., Sohn eines Heizers und Hausmeisters, arbeitete nach dem Besuch des Lehrerseminars zun¨achst in seinem erlernten Beruf und war dann als Bankangestellter, Theatermaler, Journalist und wieder als Volksschullehrer in einer sozialistischen Versuchsschule Berlin-Neuk¨olln t¨atig. Daneben schrieb er, anfangs vor allem expressionistische, in der Zeitschrift Der Sturm ver¨offentlichte Gedichte. A. war seit 1926 Mitglied der KPD, seit 1928 des Bundes proletarisch-revolution¨arer Schriftsteller, emigrierte 1933 in die Schweiz, 1935 nach Mallorca und nahm 1936-39 am Spanischen B¨urgerkrieg teil. Nach seiner Flucht nach Frankreich 1939 wurde er mehrmals interniert. 1941 emigrierte er nach Kolumbien und war bis 1943 Sekret¨ar der Bewegung „Pro Libertad“. Seine Gedichte ver¨offentlichte er in den Exilzeitschriften „Internationale Literatur“ und „Freies Deutschland“. 1948 wurde A. aus politischen Gr¨unden verhaftet und u¨ bersiedelte 1950 als freier Schriftsteller nach Ost-Berlin. Seine Gedichte aus der Emigrationszeit erschienen u. a. in den B¨anden Trug doch die Nacht den Albatros (1951) und Bergwindballade (1952). Nach Griechenlandaufenthalten entstand 1967 der Lyrikband ¨ ais. A. u¨ bersetzte moderne lateinamerikanische Dichtung, Ag¨ vor allem Pablo Neruda und Nicolas Guill´en, die seine eigene sp¨atere Lyrik beeinflußte. Seit 1971 lebte er in Wilhelmshorst bei Potsdam. Sein Sp¨atwerk (entgrenzen, 1991) war zunehmend von Trauer und Resignation gepr¨agt. A. erhielt 1952 den Nationalpreis 3. Klasse der DDR und 1966 den Johannes-R.-Becher-Preis. Seit 1998 erscheint eine Kritische Werkausgabe (hrsg. von Manfred Schl¨osser). C KLG
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Arendt, Hannah, eigentl. Johanna A., Philosophin, Politologin, * 14. 10. 1906 Linden (heute zu Hannover), † 4. 12. 1975 New York. Als Tochter einer assimilierten j¨udischen Familie seit 1909 in K¨onigsberg aufgewachsen, studierte A., deren Vater Ingenieur war, 1924-28 Philosophie bei Martin → Heidegger, dem sie auch pers¨onlich nahestand, in Marburg (im Nebenfach belegte sie evang. Theologie und Griechisch), bei Edmund → Husserl in Freiburg und vor allem bei Karl → Jaspers in Heidelberg. 1928 wurde sie dort mit der Arbeit Der Liebesbegriff bei Augustin. Versuch einer philosophischen Interpretation promoviert. Freundschaftlich verbunden war sie mit Benno von → Wiese, Hans → Jonas und dem Zionisten Kurt → Blumenfeld. 1930 begann A. mit einer Studie u¨ ber Rahel → Varnhagen (1938 fertiggestellt, 1958 erschienen unter dem Titel Rahel Varnhagen: The Life of a Jewess; dt.: Rahel Varnhagen. Lebensgeschichte einer deutschen J¨udin aus der Romantik, 1959), in der sie die Problematik der Assimilation analysierte. 1933 floh A. nach Frankreich, war in Paris, wo sie Walter → Benjamin kennenlernte, 1935-38 Generalsekret¨arin des franz¨osischen B¨uros der Jugend-Alijah und arbeitete 1938 / 39 f¨ur die „Jewish Agency“. Nach dem Scheitern der ersten Ehe (1929-37) mit G¨unther Stern (→ Anders) heiratete sie 1940 Heinrich Bl¨ucher. Vor¨ubergehend im Lager Gurs interniert, emigrierte A. 1941 in die USA. Dort arbeitete sie als freie Schriftstellerin, schrieb f¨ur die deutschsprachige Emigrantenzeitung „Aufbau“ und war 1944-46 Mitarbeiterin in der Commission on European Jewish Cultural Reconstruction, 1949-52 deren Gesch¨aftsf¨uhrerin und 1946-48 Cheflektorin bei „Schocken Books“. A. pl¨adierte w¨ahrend des Krieges f¨ur eine j¨udische Armee gegen → Hitler, kritisierte in der Frage des Kondominiums von Juden und Arabern die offizielle zionistische Position und distanzierte sich vom Zionismus. Mit ihrem Werk The Origins of Totalitarianism (1951, auch unter dem Titel The Burden of Our Time; dt.: Elemente und Urspr¨unge totaler Herrschaft, 1955), das sich in drei Teile gliedert (Antisemitismus, Imperialismus, totalit¨are Bewegung und totale Herrschaft), machte sie sich international einen Namen als Analytikerin des Totalitarismus, dessen Urspr¨unge sie „in dem Niedergang und Zerfall des Nationalstaates und dem anarchischen Aufstieg der modernen Massengesellschaft“ sah. Seit 1953 lehrte A., die seit 1951 Staatsb¨urgerin der USA war, als Dozentin und sp¨ater als Professorin Politikwissenschaft in Berkeley, Princeton und Chicago. 1967-75 wirkte sie in New York an der New School for Social Research. Mit ihrem zuerst 1961 in der amerikanischen Zeitschrift „The New Yorker“ ver¨offentlichten Bericht Eichmann in Jerusalem. A Report on the Banality of Evil (1963, dt. 1965) l¨oste sie eine heftige Kontroverse u¨ ber die „Banalit¨at des B¨osen“ und Verstrickungen der „Judenr¨ate“ in den Holocaust aus. A.s politische Philosophie gilt als grundlegender Beitrag zur ¨ Analyse der Offentlichkeitskultur in der Moderne. In The Human Condition (1958; dt. Vita activa oder Vom t¨atigen Leben, 1960) unterschied sie auf der Grundlage einer sich auf Aristoteles berufenden Handlungstheorie drei Dimensionen menschlichen T¨atigseins (Arbeiten, Herstellen, Handeln) und entwickelte ihre Auffassung vom Weltbezug des Menschen durch gemeinschaftliches Handeln. Den Charakter des Handelns als Initiativit¨at betonte A. auch in dem geschichts¨ philosophischen Werk On Revolution (1963; dt. Uber die Revolution, 1965), in dem ihr haupts¨achliches Interesse der
Arendt Institutionalisierung o¨ ffentlicher Freiheiten in den Revolutionen gilt. Unvollendet blieb A.s an den drei Kritiken → Kants orientierte Studie The Life of the Mind (1978; dt. Vom Leben des Geistes, 1979), das nach Thinking und Willing als dritten Teil Judging enthalten sollte (vgl. Lectures on Kant’s Political Philosophy, hrsg. v. Ronald Beiner, 1982; dt. Das Urteilen. Texte zu Kants Politischer Philosophie, 1985). A. wurde mit dem Lessing-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg (1959; Von der Menschlichkeit in finsteren Zeiten. Rede u¨ ber Lessing, 1960), dem Sigmund-Freud-Preis der Deutschen Akademie f¨ur Sprache und Dichtung (1967) und dem Sonning-Preis der Universit¨at Kopenhagen f¨ur Verdienste um die europ¨aische Kultur (1975) ausgezeichnet. WEITERE WERKE: Sechs Essays. Heidelberg 1948. Vera¨ nderte Ausgabe unter dem Titel: Die verborgene Tradition. Acht Essays. Frankfurt / Main 1976. – Between past and future. Six exercises in political thought. New York 1961. Erw. Aufl. 1968. – Men in dark times. New York 1968. Dt.: Menschen in finsteren Zeiten. Hrsg. v. Ursula Ludz. M¨unchen / Z¨urich 1989. – On violence. New York 1970. Dt.: Macht und Gewalt. M¨unchen 1970. – Zur Zeit. Politische Essays. Hrsg. v. Marie Luise Knott. Berlin 1986. – Essays in understanding 1930-1945. Hrsg. v. Jerome Kohn. New York u. a. 1994. – Ich will verstehen. Selbstausk¨unfte zu Leben und Werk. Hrsg. v. Ursula Ludz. M¨unchen 1996 (mit Bibliogr., S. 255-332). – Briefe: H. A. / Karl Jaspers. Briefwechsel 1926-1969. Hrsg. v. Lotte K¨ohler und Hans Saner. M¨unchen 1985. – H. A. / Kurt Blumenfeld: „. . . in keinem Besitz verwurzelt“. Die Korrespondenz. Hrsg. v. Ingeborg Nordmann und Iris Pilling. Hamburg 1995. – Between Friends. The Correspondence of H. A. and Mary McCarthy, 1949-1975. Hrsg. v. Carol Brightman. New York 1995. Dt.: Im Vertrauen. Briefwechsel 1949-1975. M¨unchen 1995. – H. A. / Heinrich Bl¨ucher: Briefe 1936-1968. Hrsg. v. Lotte K¨ohler. M¨unchen 1996. – H. A. / Hermann Broch: Briefwechsel. Hrsg. v. Paul Michael L¨utzeler. Frankfurt / Main 1996. – H. A. / Martin Heidegger: Briefe 1925 bis 1975 und andere Zeugnisse. Aus den Nachl¨assen hrsg. v. Ursula Ludz. Frankfurt / Main 1998. LITERATUR: Adelbert Reif (Hrsg.): H. A. Materialien zu ihrem Werk. Wien u. a. 1979. – Bikhu Parekh: H. A. and the Search for a New Political Philosophy. New York 1981. – Elisabeth Young-Bruehl: H. A. For Love of the World. New York / London 1982. Dt.: H. A. Leben, Werk und Zeit. Frankfurt / Main 1986. – Friedrich Georg Friedmann: H. A. Ein deutsche J¨udin im Zeitalter des Totalitarismus. M¨unchen 1985. – Delbert Barley: H. A. Eine Einf¨uhrung in ihr Werk. M¨unchen 1990. – Manfred Reist: Die Praxis der Freiheit. H. A.s Anthropologie des Politischen. W¨urzburg 1990. – Margaret Canovan: H. A.: A Reinterpretation of her Political Thought. Cambridge 1992. – Wolfgang Heuer: Citizen. Pers¨onliche Integrit¨at und politisches Handeln. Eine Rekonstruktion des politischen Humanismus H. A.s. Berlin 1992. – Peter Kemper (Hrsg.): Die Zukunft des Politischen. Ausblicke auf H. A. Frankfurt / Main 1993. – Daniel Ganzfried / Sebastian Hefti (Hrsg.): H. A. – nach dem Totalitarismus. Hamburg 1997. – Seyla Benhabib: H. A. Die melancholische Denkerin der Moderne. Hamburg 1998. – Hauke Brunkhorst: H. A. M¨unchen 1999. – Julia Kristeva: H. A. Berlin / Wien 2001 (zuerst frz. 1999). Willi Jasper
Arendt, Johann Josef Franz, Journalist, Lehrer, * 4. 5. 1786 Hildesheim, † 23. 12. 1856 Osnabr¨uck. A. begann in G¨ottingen ein Studium der Medizin, wurde 1807 zum Milit¨ardienst im napoleonischen K¨onigreich Westfalen eingezogen und versah bis 1813 B¨urodienst in Kassel. Da er sein Studium aus Geldmangel nicht wieder aufnehmen konnte, arbeitete er w¨ahrend der n¨achsten 16 Jahre als Hauslehrer bei kath. Adelsfamilien in Norddeutschland.
Seit 1828 leitete er die Redaktion des „Osnabr¨ucker B¨urgerblatts“, nach dessen Einstellung 1831 war er beim „Osnabr¨ucker Hausfreund“ t¨atig. Seine Besch¨aftigung mit der Botanik, speziell mit der Flora seiner Umgebung, fand in dem Werk In Chloridem florae Hannoveranae, einer Kritik bestehender botanischer Werke, ihren Niederschlag. C ADB
Arendt, Martin Friedrich, Altertumsforscher, * 22. 2. 1773 Altona (heute zu Hamburg), † 1825 bei Venedig. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Altona studierte A. in G¨ottingen und Kopenhagen Medizin und wechselte dann zu den Altertumswissenschaften. Er unternahm Studienreisen durch Europa, war mehrmals in Frankreich, Spanien und Italien und hielt sich l¨angere Zeit in Schweden auf. Auf Kosten der d¨anischen Regierung erforschte er in Island Sprache und Geschichte der Insel und durchwanderte Norwegen, wo er bis zum Polarkreis gelangte. 1821 brach er nach Italien auf und wurde in Neapel unter dem Verdacht demagogischer Umtriebe verhaftet. Nach der Entlassung aus dem Staatsgef¨angnis starb A. in der N¨ahe von Venedig. Er ver¨offentlichte u. a. ein Verzeichnis der Urformen der Buchstaben, eine Abhandlung u¨ ber wendische Ortsnamen in Holstein und Notices des Voyages et des traveaux pour l’Antiquit´e, la Philologie, et la Literature Scandinave, entrepris en Norvege et en Suede, 1797-1806). C SHBL, Bd 5
Arendt, Oskar, Ingenieur, Chemiker, * 15. 11. 1878 Danzig, † n. e. Nach einer Lehre in einer Danziger Schiffswerft und einer Maschinenfabrik absolvierte A. ein Technikum; bei der AEG und bei Siemens & Halske in Berlin arbeitete er als Ingenieur. Er studierte in Berlin und Jena, wo er 1915 promoviert wurde. Seit 1902 besaß A. in Berlin ein Ingenieurb¨uro, das sich auf den gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert hatte. 1902-23 gab er verschiedene technische Fachzeitschriften heraus (u. a. die „Technische Woche“). A. gr¨undete mehrere Berufsverb¨ande (u. a. Reichsverband der Deutschen Presse). 1906 errichtete er die Firma Allgemeines Technisches Laboratorium O. H. Arendt. Seit 1907 war A. in Berlin Dozent an der Freien Hochschule und Humboldt-Hochschule f¨ur Technik, Chemie und gewerblichen Rechtsschutz. 1908-23 leitete er die Neocithin GmbH. Seit 1923 war er auch als gerichtlicher Sachverst¨andiger f¨ur Elektrotechnik und gewerblichen Rechtsschutz t¨atig. C Reichshandbuch
Arendt, Otto, Politiker, National¨okonom, * 10. 10. 1854 Berlin, † 28. 4. 1936 Berlin. Der einer j¨udischen Kaufmannsfamilie enstammende A. entfaltete nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften eine rege publizistische und politische T¨atigkeit. Seit 1880 maßgebend in der deutschen Kolonialbewegung engagiert, geh¨orte er zu den Begr¨undern der Deutschen Kolonialgesellschaft und des Emin-Pascha-Komitees, das den am oberen Nil t¨atigen deutschen Forscher Eduard Schnitzer (→ Emin Pascha) unterst¨utzen sollte und 1889 eine Entsatzexpedition unter Carl → Peters ausr¨ustete. Als Mitglied der Freikonservativen geh¨orte A. seit 1885 dem preuß. Abgeordnetenhaus an und zog 1898 als Abgeordneter der Reichspartei in den Reichstag ein. 1888-98 gab er das „Deutsche Wochenblatt“ heraus und unterst¨utzte 1907 Bernhard von → B¨ulow. Als W¨ahrungsfachmann (u. a. Leitfaden der W¨ahrungsfrage, 1898) und Gr¨under des Internationalen Verbands f¨ur Doppelw¨ahrung (1888) war A. ein vehementer Verfechter des Bimetallismus. C NDB
Arendt, Rudolf Friedrich Eugen, Chemiker, * 1. 4. 1828 Frankfurt / Oder, † 15. 5. 1902 Leipzig. Nach einer abgebrochenen Apothekerlehre arbeitete A. in einer Leipziger Buchbinderei und war als Stenograph t¨atig. 1854 holte er das Abitur nach, studierte Naturwissenschaften
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Arendt und trat 1856 eine Assistentenstelle in der landwirtschaftlichen Versuchsstation M¨ockern bei Leipzig an. Von 1861 an unterrichtete er, 1880 zum Professor ernannt, Naturwissenschaften, Technologie und Warenkunde an der o¨ ffentlichen Handelslehranstalt in Leipzig. Seit 1862 leitete er die Redaktion des „Chemischen Zentralblatts“. Als Autor zahlreicher und vielfach aufgelegter Lehrb¨ucher (u. a. Technik der Experimentalchemie. Anleitung und Ausf¨uhrung chemischer Experimente beim Unterricht, 2 Bde., 1881, 31900) entwickelte A., seit 1893 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, eine systematische Methodik und rationelle Grundlage f¨ur den Chemieunterricht. C NDB
Arendt, Walter, Gewerkschaftsfunktion¨ar, Politiker, * 17. 1. 1925 Heessen (heute zu Hamm), † 7. 3. 2005 Bornheim bei Bonn. Der Sohn eines Bergmanns wurde im v¨aterlichen Beruf ausgebildet, nahm seit 1943 am Zweiten Weltkrieg teil und arbeitete, aus franz¨osischer Gefangenschaft entlassen, 1946 / 47 wieder im Bergbau. Daneben studierte er an der Akademie f¨ur Arbeit in Frankfurt / Main, 1948 / 49 an der Akademie f¨ur Gemeinwirtschaft in Hamburg und war dann in der Presseabteilung der IG Bergbau und Energie (IGBE) in Bochum (seit 1954 als kommissarischer Leiter) t¨atig. Sp¨ater wurde er Chefredakteur der Monatszeitschrift „Der Gewerkschafter“. 1946 in SPD und Gewerkschaft eingetreten, wurde A. 1955 Mitglied des gesch¨aftsf¨uhrenden Vorstandes der IGBE. 1964-69 war er als Nachfolger von Heinrich → Guthermuth Erster Vorsitzender der damals m¨achtigsten Gewerkschaft Nordrhein-Westfalens und 1967-69 Pr¨asident des Internationalen Bergarbeiterverbands. 1961-80 war er Mitglied des Deutschen Bundestags (seit 1977 stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion) und 1961-69 Mitglied der Sozialistischen Fraktion im Europ¨aischen Parlament. 1968-79 geh¨orte er dem Parteivorstand der SPD, 1973-79 auch dem Pr¨asidium an; 1977 wurde er stellvertretender Parteivorsitzender. 1969-76 war A. Bundesminister f¨ur Arbeit und Sozialordnung (Rentenreform 1972, Einf¨uhrung der kostenlosen Krebsvorsorgeuntersuchung, Reform der Krankenversicherung 1972, Betriebsverfassungsgesetz 1972, Mitbestimmungsgesetz 1976). Er geh¨orte bis 1983 den Aufsichtsr¨aten der Preussen Elektra AG und der Mannesmann AG an. C MdB
Arens, Franz Josef Frh. von, auch Arends, Jurist, Politiker, * 7. 6. 1779 Arnsberg (Westfalen), † 1. 4. 1855. A. war anfangs als Kaufmann t¨atig, studierte dann in Marburg und Gießen Rechtswissenschaften (Promotion 1803, De juris, bonae fidei possessoris in fructus ex re aliena competentis, legitimo fundamento) und wurde 1804 a. o., 1806 o. Prof., 1810 Schul- und Kirchenrat, 1818 Oberappellationsrat und 1821 Ordinarius und Senior der Juristischen Fakult¨at der Univ. Gießen. Als Regierungskommiss¨ar und Kanzler der Univ. zog er 1820 in die 1. Kammer der Landst¨ande ein. 1821 wurde er Direktor und 1825 Pr¨asident des Hofgerichts der Provinz Oberhessen. 1826 in den erblichen Freiherrenstand des Großherzogtums Hessens erhoben, war er seit 1834 1. Pr¨asident des Oberappellationsgerichts in Darmstadt. Seit 1834 nahm der u¨ berzeugte Monarchist regelm¨aßig an den Staatsratssitzungen teil. C ADB
Arens, Fritz (Viktor), Kunsthistoriker, * 19. 10. 1912 Mainz, † 13. 11. 1986 Mainz. A. war schon w¨ahrend seines Studiums der Kunstgeschichte in Mainz bei der Aufnahme von Kunstdenkm¨alern t¨atig (Promotion 1938, Das Werkmaß in der Baukunst des Mittelalters; Habilitation 1946). 1945 wurde er zum st¨adtischen Denkmalpfleger, 1949 zum Leiter des st¨adtischen Altertumsmuseums und der Gem¨aldegalerie Mainz ernannt. Seit 1952
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war er dort Inventarisator, von 1957 an Konservator beim Landesamt f¨ur Denkmalpflege. 1946 erhielt A. einen Lehrauftrag an der Univ. Mainz, 1948 eine Privatdozentur und 1957 eine außerplanm¨aßige Professur f¨ur mittlere und neuere Kunstgeschichte, 1964 wurde er Wissenschaftlicher Rat. A.s Spezialgebiet war die Mainzer und mittelrheinische Kunstund Architekturgeschichte. Neben zahlreichen Ver¨offentlichungen u¨ ber Kunstdenkm¨aler der St¨adte Mainz und Wimpfen / Neckar schrieb er u. a. u¨ ber Das Kloster St. Emmeram in Regensburg (1961). Einzelne Artikel A.s erschienen in der seit 1954 von ihm geleiteten „Mainzer Zeitschrift“.
Arens, Hanns, Schriftsteller, * 18. 4. 1901 Schwabstedt (Dithmarschen), † 10. 9. 1983 M¨unchen. A. wurde zum Buchh¨andler ausgebildet und war danach als Lektor und freier Schriftsteller t¨atig. Er ver¨offentlichte Essays (u. a. Schrifttum und Presse, 1929), vor allem aber Biographisches (u. a. Stefan Zweig. Der Mensch im Werk, 1932; Karl Heinrich Waggerl. Der Mensch und der Dichter, 1934, erw. 1938; Karl Heinrich Waggerl. Vagabund an der Leine . . ., 1962), und gab zahlreiche Sammlungen von M¨archen und Geschichten sowie Anthologien zu verschiedenen Themen und Autoren heraus (u. a. Heitere Welt. Fr¨ohliche Geschichten deutscher Dichter, 1944; Unsterbliches M¨unchen. Streifz¨uge durch zweihundert Jahre literarischen Lebens der Stadt, 1968; Prinz Konstantin von Bayern. Ein Gedenkbuch, 1970).
Arens, Johann August, auch Ahrens, Arns, Architekt, Zeichner, Gartengestalter, * 2. 10. 1757 Hamburg, † 18. 8. 1806 Pisa. A. begann seine Studien in G¨ottingen und setzte sie dann in Kopenhagen fort, wo er s¨amtliche vier von der dortigen Akademie ausgesetzten Preise gewann. Daraufhin unternahm er eine f¨unfj¨ahrige, von der Hamburger Patriotischen Gesellschaft finanzierte Kunstreise durch Frankreich, Italien, England und Deutschland. In Paris arbeitete er bei dem Architekten Charles de Wailly. In Rom lernte er 1787 → Goethe kennen, der ihn zum Wiederaufbau des abgebrannten Schlosses nach Weimar berief. Dort errichtete er den Nordfl¨ugel und das R¨omische Haus neu. Er erhielt die Stelle eines f¨urstlichen Baurats, kehrte aber vor Beendigung seiner Weimarer Aufgaben nach Hamburg zur¨uck. Hier wurde er zusammen mit Christian Friedrich → Hansen zum Wegbereiter der klassizistischen Architektur. Er erbaute neben der Kirche von Wandsbek zahlreiche Stadt- und Landh¨auser in diesem Stil, entwarf – wie schon in Weimar – Gartenanlagen und legte den Flottbeker Park an. Er starb auf einer Italienreise in Pisa. C AKL Arent, Benno von, B¨uhnen- und Filmausstatter, * 19. 6. 1898 G¨orlitz (Schlesien), † 14. 10. 1956 Bonn. Der Sohn eines Offiziers arbeitete nach dem Ersten Weltkrieg und der Mitgliedschaft in Freikorps als Versicherungsangestellter, Faltboot- und Autovertreter, bildete sich k¨unstlerisch fort, war als Modezeichner bei Baruch & Co. und als B¨uhnenbildner bei Meinhard & Bernauer t¨atig. Danach verlegte er sich auf Kinowerbung, Theaterausstattung und Innenarchitektur. Er trat 1931 in die NSDAP, 1932 in die SS ein. 1932 gr¨undete er den Bund Nationalsozialistischer B¨uhnen- und Filmk¨unstler, sp¨ater andere nationalsozialistische K¨unstlerverb¨ande. In der Folgezeit leitete er zahlreiche Ausstellungen und war als Architekt und als Filmbildner f¨ur die Ufa t¨atig. Dort stattete er u. a. den Film Hitlerjunge Quex aus. Als „Reichsb¨uhnenbildner“ (seit 1936) gestaltete er Staatsempf¨ange und Festlichkeiten wie den „Geburtstag des F¨uhrers“. 1939 wurde er Reichsbeauftragter f¨ur die Mode, 1944 SS-Oberf¨uhrer. 1945-52 verbrachte A. in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. C Biogr Verstorb Schweiz
Aretin Arent, Wilhelm, auch Arendt, Pseud. Hans Derlon, Karl Ludwig, Kosakaute, Arent-Cesari, Lyriker, Schauspieler, * 7. 3. 1864 Berlin, † n. e. A., Sohn eines Forstmeisters, nahm in Darmstadt Schauspielunterricht, war einige Jahre auf verschiedenen B¨uhnen t¨atig und begann 1885 auf dem Sternschen Konservatorium in Berlin eine Ausbildung zum Operns¨anger. 1890-94 war er als Schauspieler an Theatern in Berlin und Brandenburg t¨atig. Er arbeitete an Michael Georg → Conrads „Gesellschaft“ mit und gab selbst die Zeitschrift „Die Musen“ (1895 / 96) heraus. A., der schon 1882 seinen ersten Gedichtband (Lieder des Leids, 2. Teil 1883) herausgab, wurde vor allem bekannt als Herausgeber der Lyrikanthologie Moderne Dichter-Charaktere (1885, 2. Auflage 1886 unter dem Titel Jungdeutschland). Ende der neunziger Jahre mußte er seine schriftstellerische T¨atigkeit wegen eines Nervenleidens beenden. C Killy
Arents, Balthasar, luth. Theologe, * 1641 Neudorf (Niedersachsen), † 1687 Berdum (Ostfriesland). A., Sohn eines nieders¨achsischen Pastors und Propstes, studierte 1661-67 Theologie in Jena, Leipzig, Gießen, Straßburg, Leiden und Kopenhagen. 1668 trat er eine Pfarrstelle in Delmenhorst an und zog 1675 nach Berdum in Ostfriesland, wo er bis zu seinem Tod als Pastor t¨atig war. A. ver¨offentlichte neben einigen Predigten und Leichenreden eine an den Herzog von Braunschweig gerichtete Schrift u¨ ber Mißst¨ande in der luth. Kirche und den Entwurf eines einf¨altigen Glaubensbekenntnisses. Arentsche, Joachim, Dramatiker, † nach 1587. A. war in Halberstadt als Dramatiker t¨atig. N¨ahere Angaben zu seiner Person sind nicht u¨ berliefert. Von ihm ist eine 1587 erschienene Allegorie, die Comoedia des geistlichen Malefitzrechten, erhalten. Darin h¨alt Jesus Christus als Hauptmann Kriegsgericht u¨ ber Adam, dem stellvertretend f¨ur die s¨undige Menschheit der Bruch der Kriegsartikel, also der Zehn Gebote, vorgeworfen wird. Als der Schultheiß Moses im Begriff ist, u¨ ber den S¨under Adam den Stab zu brechen, wird er durch den Glauben an die Erl¨osung gerettet. C ADB
Arentschildt, Alexander Carl Friedrich von, Milit¨ar, * 14. 10. 1806 L¨uneburg, † 14. 5. 1881 Hannover. Der Sohn von Wilhelm von → A. nahm 1848 / 49 an den K¨ampfen gegen D¨anemark teil. 1858 wurde er zum Kommandeur der 6. hannoverschen Infanteriebrigade, bei Kriegsausbruch im Juni 1866 zum Kommandeur einer gemischten Brigade ernannt. Ein von ihm geplanter Durchbruch nach Bayern scheiterte. In der Schlacht von Langensalza am 27. 6. 1866 gelang ihm ein Erfolg u¨ ber die preuß. Truppen. Die v¨ollige Umzingelung seiner Armee durch die Preußen zwang ihn jedoch am 29. Juni zur Kapitulation. Am 5. Juli wurde die hannoversche Armee aufgel¨ost, und A. erhielt von K¨onig → Georg V. die Erlaubnis, das Offizierskorps zu ¨ entlassen und den Ubertritt in andere, auch preuß. Dienste, zu erm¨oglichen. A. selber wurde als Generalleutnant in die preuß. Armee u¨ bernommen. C NDB Arentsschildt, Wilhelm (Daniel) von, Milit¨ar, * 7. 1. 1761, † 25. 10. 1835 Hildesheim. A. entstammte einer hannoverschen Offiziersfamilie, ging 1781 freiwillig nach Ostindien und k¨ampfte dort zehn Jahre lang gegen die Franzosen und einheimische Truppen. Seit 1793 nahm er in Flandern an K¨ampfen gegen die Franzosen teil. Nach der Besetzung Hannovers durch die Franzosen 1803 trat er in russissche und 1807 in oldenburgische Dienste u¨ ber. 1811 begleitete er Herzog Peter von → Oldenburg nach St. Petersburg und wurde als Mitglied des russischen Generalstabs zur Anwerbung preuß. Offiziere f¨ur die russisch-deutsche Legion nach Berlin entsandt. 1813
f¨uhrte er als Kommandeur einer russisch-deutschen Infanteriedivision seine Truppen in die Gefechte gegen die Franzosen und u¨ bernahm 1814 das Kommando u¨ ber die gesamte russisch-deutsche Legion. Nach dem Ende der K¨ampfe nahm A. seinen Abschied. C ADB
Aretin, Erwein Frh. von, Pseud. Thomas Fischer, Arkas, Reinhardt, Journalist, Politiker, * 19. 9. 1887 Bad Kissingen, † 25. 2. 1952 M¨unchen. Nach dem Studium der Kunstgeschichte, Mathematik und Astronomie in Leipzig, M¨unchen und G¨ottingen war A., Sohn eines Regierungspr¨asidenten in Regensburg, Assistent an der Sternwarte in Wien. Dort schloß er Freundschaft mit Rainer Maria → Rilke (Der Dichter und sein Astronom. Der Briefwechsel zwischen Rainer Maria Rilke und E. v. A., hrsg. von Karl Otmar von Aretin und Martina King), 2005). Seit 1922 arbeitete A. in der Redaktion der „M¨unchener Neuesten Nachrichten“. Als Leiter des Bayerischen Heimat- und K¨onigbundes trat er f¨ur die Wiedererrichtung der Monarchie in Bayern ein und sah darin ein Mittel, den aufkommenden Nationalsozialismus zu bek¨ampfen. Seit 1933 war er mehrmals im Konzentrationslager Dachau inhaftiert, erhielt Schreib- und Redeverbot und wurde aus M¨unchen verbannt. 1936 schrieb er unter dem Pseudonym Arkas Die Kunst, anst¨andig zu sein. Nach 1945 war A. wieder journalistisch. u. a. als Herausgeber der „M¨unchner Allgemeinen“. Er war auch Vizepr¨asident der Deutschen Caritas. 1955 erschien Krone und Ketten. Erinnerungen eines bayerischen Edelmannes (hrsg. von Karl Buchheim und Karl Otmar von Aretin). C NDB Aretin, Johann Adam Frh. von, Staatsmann, * 24. 8. 1769 Ingolstadt, † 16. 8. 1822 Schloß Haidenburg (Niederbayern). In Ingolstadt studierte A., Sohn des Oberlehnhofkommissars Karl Albert von A. und Bruder von Johann Georg und Johann Christoph von → A., Rechtswissenschaften, wurde wegen Mitgliedschaft bei den Illuminaten der Universit¨at verwiesen, erhielt jedoch eine Anstellung im bayerischen Staatsdienst. Beim Vormarsch der franz¨osischen Truppen nach Bayern gr¨undete er 1796 die kurf¨urstliche Kriegsdeputation. 1802 wurde er S¨akularisationskommissar im Bistum Freising. 1808 entstand unter seiner Leitung die erste moderne topographische Karte des K¨onigreichs Bayern. 1808-17 war er Oberlehenhofkommissar, schuf das bayerische Lehnsrecht und formulierte 1814 einen Verfassungsentwurf. Im Ausw¨artigen Ausschuß setzte er sich 1814-17 f¨ur den Beitritt Bayerns zum Deutschen Bund ein; seit 1817 vertrat er Bayern am Bundestag. A. war Vizepr¨asident der von ihm mitbegr¨undeten Gesellschaft f¨ur a¨ ltere deutsche Geschichtskunde. 1817 / 18 erschien seine „Zeitschrift f¨ur Bayern“. C NDB Aretin, Johann Baptist Christoph Frh. von, * 1706 Konstantinopel, † 11. 10. 1769. A. wurde vermutlich 1706 als Johann Baptist Baksadar Aroutioun Caziadur, Sohn eines im Exil lebenden armenischen Kleink¨onigs und einer F¨urstin Charabagh, in Konstantinopel geboren. Er kam 1708 nach Venedig, wo ihn 1710 die Kurf¨urstin → Therese Kunigunde Karoline von Bayern kennenlernte. Sie adoptierte ihn 1711, nahm ihn mit nach M¨unchen und ließ ihn am Hof erziehen. Er erhielt sp¨ater den Rang eines Hofkammerrats und wurde zum Hauptmautner von Ingolstadt ernannt. 1769 erhob ihn Kurf¨urst → Maximilian III. Joseph von Bayern als Freiherrn von Aretin in den Adelsstand. C ADB
Aretin, Johann Christoph Frh. von, Publizist, Historiker, * 2. 12. 1772 Ingolstadt, † 24. 12. 1824 M¨unchen. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg und G¨ottingen trat A., Bruder von Johann Adam und Johann
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Aretin Georg von → A., 1793 in den bayerischen Staatsdienst ein. 1795 wurde er Mitglied der G¨ottinger und 1796 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Wie sein Vater Karl Albert von A. hatte er enge Kontakte zu den Illuminaten. Nach der R¨uckkehr von einem Studienaufenthalt an der Nationalbibliothek in Paris 1802 organisierte er als Leiter der Hofbibliothek in M¨unchen die im Zuge der S¨akularisation an den Staat gefallenen Klosterbibliotheken. A. geh¨orte als Oppositionsvertreter den ersten beiden bayerischen Landtagen an. Er war Herausgeber der „Landtagszeitung“, Mitherausgeber der Zeitschrift „Allemannia“ und unterst¨utzte die frankreichfreundliche Politik des Ministers Maximilian Joseph Graf von → Montgelas. Im „Akademiestreit“ (1809-11) geriet er in Gegensatz zu den in M¨unchen wirkenden norddeutschen Gelehrten und wurde 1811 an das Oberappellationsgericht in Neuburg / Donau versetzt; seit 1819 war er Pr¨asident des Appellationsgerichts in Amberg. In zahlreichen Streitschriften, u. a. Die Pl¨ane Napoleon’s und seiner Gegner beson¨ ders in Teutschland und Osterreich (1809) zeigte sich A. als Anh¨anger der napoleonisch-rheinb¨undischen Herrschaftsordnung. Er pr¨agte den Begriff der konstitutionellen Monarchie und engagierte sich f¨ur einen souver¨anen bayerischen Staat. Sein Hauptwerk Das Staatsrecht der konstitutionellen Monarchie (3 Bde., 1824-28) wurde von Karl von → Rotteck vollendet. Daneben schrieb A., Vater von Karl Maria von → A., Dramen und komponierte. 1825 erschien von A. Die Familie Aretin. Ein Beytrag zur baierischen Staats-, KunstC Demokr Wege und Gelehrten-Geschichte.
Aretin, Johann Georg Frh. von, Politiker, * 29. 3. 1771 Ingolstadt, † 30. 1. 1845 M¨unchen. A., Bruder von Johann Adam und Johann Christoph von → A., trat 1783 nach dem Studium der Kameralwissenschaften in Heidelberg in den bayerischen Staatsdienst. Als Moosrichter und Administrator von Karlskron (seit 1793) f¨ur die Donaumooskultur zust¨andig, wurde er 1796 Straßenbaudirektor in Amberg, 1806 in Innsbruck und 1808 Generalkommissar des Eisackkreises in Brixen. Seine Bem¨uhungen, der von der bayerischen Regierung angeordneten S¨akularisation entgegenzuwirken, blieben erfolglos. W¨ahrend des Tiroler Aufstands unter Andreas → Hofer gelang es ihm, im Eisackkreis Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten. Im bayerischen Landtag setzte er sich 1828 f¨ur den Eisenbahnbau ein. A. ver¨offentlichte u. a. das vierb¨andige Werk Der Genius in Bayern unter Maximilian IV. (1802-04) und galt als guter Zeichner und Aquarellmaler. C NDB
Aretin, Karl Maria Frh. von, Diplomat, Historiker, * 4. 7. 1796 Wetzlar, † 29. 4. 1868 Berlin. A., Sohn Johann Christoph von → A.s, trat 1813 nach dem Studium der Jurisprudenz an der Univ. Landshut in die bayerische Armee ein. Er wurde mehrmals in diplomatischer Mission zu seinem Onkel Johann Adam von → A. an die bayerische Bundestagsgesandtschaft nach Frankfurt beordert. 1825 gab er die milit¨arische Laufbahn zugunsten seiner historischen Studien auf, war seit 1846 Leiter des Geheimen Staatsarchivs in M¨unchen und trat wegen der Aff¨are Lola → Montez 1848 vor¨ubergehend zur¨uck. Als Vertrauter K¨onig → Maximilians II. von Bayern ging er in außerordentlichen Gesandtschaften nach Wien und Berlin. Sein 1850 unternommener Versuch einer Ann¨aherung an ¨ Osterreich mißlang. Als Vorstand des Geheimen Hausarchivs (seit 1859) verfaßte er zahlreiche historische Werke, u. a. Geschichte des bayerischen Herzogs und Kurf¨ursten Maximilian des Ersten (1842) und Wallenstein. Beitr¨age zur n¨aheren Kenntniß seines Charakters, seiner Plane, seines Verh¨altnisses zu Bayern (1845). 1853 entwickelte er den Plan zum Bau des Bayerischen Nationalmuseums, dessen erster Direktor er wurde. C NDB
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Aretius, Benedikt, eigentl. Benedikt Marty, schweizer. reformierter Theologe, * um 1522 B¨atterkinden (Kt. Bern), † 23. 3. 1574 Bern. Der Sohn eines Priesters studierte in Bern, Straßburg und Marburg. Dort lehrte er Philosophie und Logik, bis er 1548 zum Direktor der Lateinschule von Bern berufen wurde. Von 1563 bis zu seinem Tod lehrte er als Prof. an der dortigen Akademie didaktische Theologie. Er verfaßte 1566 die vom Berner Rat in Auftrag gegebene Rechtfertigungsschrift aus Anlaß der Hinrichtung des Antitrinitariers Giovanni Valentino Gentile. Trotz Ablehnung der luth. Ubiquit¨atslehre setzte er sich f¨ur den kirchlichen Frieden mit den Lutheranern ein. Neben seinem Hauptwerk Theologiae problemata ver¨offentlichte A. Kommentare zum Alten und Neuen Testament sowie zu Pindar, einen Katechismus, astronomische und mathematische Traktate. F¨ur seine botanischen Studien bestieg er das Stockhorn und den Niesen. C NDB
Argelander, Friedrich Wilhelm (August), Astronom, * 22. 3. 1799 Memel, † 17. 2. 1875 Bonn. A., ein Kaufmannssohn, begann 1817 an der Univ. K¨onigsberg das Studium der Kameralwissenschaften und wandte sich dann der Astronomie zu. 1822 wurde er dort mit der Arbeit De observationibus astronomicis a Flamsteedio institutis promoviert, arbeitete als Assistent an der Sternwarte und u¨ bernahm 1823 nach der Habilitation die Leitung der ˚ (Finnland). 1828 berief ihn die Univ. HelSternwarte in Abo singfors zum o. Prof. der Astronomie. 1837 wurde er mit dem Bau der Sternwarte in Bonn betraut und erhielt eine Professur an der dortigen Universit¨at. A. besch¨aftigte sich vor allem mit der Bestimmung von Position, Helligkeit und Eigenbewegung der Fixsterne und gab einen Atlas der mit bloßem Auge sichtbaren Sterne heraus (Uranometria nova, ¨ 1843). Zur Bestimmung von Gr¨oße, Anderung und Lichtwechsel der Sterne f¨uhrte er das System der Stufensch¨atzung ein. 1846-63 erarbeitete er ein als „Bonner Durchmusterung“ bekannt gewordenes Verzeichnis von 300 000 Sternen. Zu ¨ A.s Ver¨offentlichungen geh¨oren auch Uber die eigene Bewegung des Sonnensystems, hergeleitet aus den eigenen Bewegungen der Sterne (1837) und Astronomische Beobachtungen auf der Sternwarte zu Bonn (5 Bde., 1846-63). C Krafft
Argens, Jean Baptiste de Bayer Marquis d’, Schriftsteller, * 24. 6. 1704 Aix en Provence, † 13. 1. 1771 Toulon. Wegen seines Lebenswandels als Offizier, Diplomat und Advokat wurde A. von seinem Vater, dem Generalprokurator des Parlaments von Aix, enterbt. A. ging nach Den Haag, wo auch die franz¨osischen Enzyklop¨adisten Zuflucht gefunden hatten. Unter ihrem Einfluß gab er seit 1737 u. a. das Journal „M´emoires secretes de la r´epublique des lettres“ heraus. Im Gefolge einer Herzogin von W¨urttemberg gelangte er an den Berliner Hof. Dort avancierte er bald zu einem der engsten Vertrauten von K¨onig → Friedrich II. und zum Mitglied seiner Tafelrunde. Er war Kammerherr, Direktor der Philosophischen Abteilung der Preußischen Akademie der Wissenschaften und zeitweilig Schauspieldirektor. In Berlin ver¨offentlichte er u. a. eine Abhandlung zur Kunstgeschichte ¨ und drei mit eigenen Kommentaren versehene Ubersetzungen antiker Autoren. Seine M´emoires du marquis d’Argens erschienen 1807. C ADB
Argenteau, Eugen Graf von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 1741 Huy (Belgien), † 4. 5. 1819. A. k¨ampfte in der o¨ sterr. Armee gegen die T¨urken und im Siebenj¨ahrigen Krieg, erhielt das Kommando u¨ ber eine Brigade in Italien, wurde 1795 zum Feldmarschalleutnant ernannt und nahm bis 1796 an allen Gefechten gegen die Franzosen teil. Nach dem Ende des Feldzugs in Norditalien erhielt er ein Kommando in Wien, wurde 1804 Stadtkommandant von Br¨unn und war Ende November 1805 am Sieg
Arletius bei Caldiero (Italien) u¨ ber die Truppen Marschall Massenas beteiligt. 1808 trat A. als Generalfeldzeugmeister in den Ruhestand. C Wurzbach
Aribo, Erzbischof von Mainz, * um 990, † 6. 4. 1031 Como (Italien). Der Sohn eines bayerischen Pfalzgrafen und Verwandte Kaiser → Heinrichs II. wurde 1020 Diakon der Salzburger Kirche, trat in den Dienst der kgl. Kapelle und wurde 1021 Erzbischof von Mainz. A. erneuerte die Anspr¨uche auf Gandersheim, mußte aber 1030 zugunsten von Bischof → Godehard von Hildesheim verzichten. 1024 nahm er entscheidenden Anteil an der Wahl → Konrads II. zum deutschen K¨onig und wurde daf¨ur zum Erzkanzler von Italien und Leiter der Reichskanzlei ernannt; er nahm an Konrads Kaiserkr¨onung und 1027 am Laterankonzil in Rom teil. Als strenger Verfechter der kanonischen Bestimmungen weigerte er sich, die Kaiserin → Gisela wegen ihrer nahen Verwandtschaft mit Konrad zu kr¨onen. A. gr¨undete das steirische Nonnenkloster G¨oß, die Abtei Hasungen und berief → Ekkehard IV. von St. Gallen zum Leiter der Domschule von Mainz. Er starb auf der R¨uckkehr von einer Pilgerreise nach Rom. C LexMA
Aribo Scholasticus, auch Arbeo, Arpeo, Arpio, Arbon, Benediktinerm¨onch, Musiktheoretiker, 11. Jh. A. schrieb zwischen 1068 und 1078 seinen dem Bischof → Ellenhard von Freising gewidmeten zweiteiligen Traktat De musica. Er bem¨uhte sich, die Zusammenh¨ange zwischen Musik und Universum zu ergr¨unden und den Gegensatz zwischen geistlicher und weltlicher Musik aufzuzeigen. Er besch¨aftigte sich mit dem Instrumentenbau, bestimmte L¨ange und Konstruktion von Orgelpfeifen und entwickelte einen nach ihm benannten Meßapparat f¨ur Pfeifen, die „Aribuncula fistularum mensura“. A. war eng befreundet mit → Wilhelm von Hirsau, neigte der Mystik zu und suchte mit Hilfe der Zahlensymbolik metaphysische Wahrheiten zu entschl¨usseln. C MGG Arien, Bernhard Christian d’, Jurist, Schriftsteller, * 20. 7. 1754 Hamburg, † 14. 2. 1793 Hamburg. Nach dem Studium der Rechte (seit 1775) in Leipzig und der Promotion (1778) ließ A. sich in Hamburg als Advokat nieder. Daneben ver¨offentlichte er Gedichte und zahlreiche Schauspiele. Sein popul¨arstes und am h¨aufigsten aufgef¨uhrtes Theaterst¨uck war das „vaterl¨andische Trauerspiel“ Klaus Storzenbecher (1783).
Arigler, Altmann, Taufname: Franz Xaver, Benediktiner, Theologe, * 6. 11. 1768 Kirchdorf (Ober¨osterreich), † 5. 6. 1846 G¨ottweig (Nieder¨osterreich). A. trat 1788 in das Benediktinerstift G¨ottweig ein, studierte Theologie in Wien, empfing 1792 die Priesterweihe und wurde 1793 Prof. des Alten und Neuen Testaments in Linz. Seit 1800 lehrte er an der Theologischen Hauslehranstalt in G¨ottweig, von 1806 an als Prof. des Neuen Testaments an der Univ. Wien und wurde 1813 Abt des Stifts G¨ottweig. In seinen Ver¨offentlichungen verteidigte er die rationale Methode der Bibelauslegung und verfaßte u. a. Hermeneutica biblica generalis (1813). C ADB
Ariowitsch, Max, Unternehmer, * 26. 9. 1880 Leipzig, † 17. 3. 1969 New York. A., Sohn eines aus Rußland eingewanderten Pelzh¨andlers, war am Leipziger Br¨uhl („Weltstraße der Pelze“) angesiedelt. 1904 trat er dem v¨aterlichen Gesch¨aft als Teilhaber bei und wurde mit der Erschließung des englischsprachigen Marktes beauftragt. Seit 1902 britischer Staatsb¨urger, konnte A. seit 1905 in London die Ariowitsch & Jacob Fur Co. Ltd. etablieren; eine 1910 in New York gegr¨undete Firma wurde mit Beginn des Ersten Weltkriegs liquidiert,
eine Ausweichgesellschaft 1919. Erst die 1932 gegr¨undete Anglo-American Fur Merchants Corp. konnte langfristig bestehen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verließ A. 1935 Leipzig und ließ sich zun¨achst in London, 1940 in New York nieder, wo er sich dem Aufbau seiner Firma widmete, die unter seiner F¨uhrung zur zweitgr¨oßten Rauchwarenfirma der USA wurde. Der deutsche Besitz der Firma Ariowitsch wurde von den Nationalsozialisten beschlagnahmt; von den zahlreichen Leipziger Immobilien der Familie u¨ berstand nur die Familiensynagoge und ein 1931 gestiftetes Altenheim die Bombardierungen. Nach dem Tod A.s f¨uhrte sein Sohn Eduard das New Yorker Unternehmen weiter.
Arland, Anton, Agrarwissenschaftler, * 20. 7. 1895 Eisenbrod (B¨ohmen), † 23. 2. 1975 Leipzig. A. beendete seine Studien an der Hochschule f¨ur Bodenkultur in Wien und an der Univ. Leipzig als Diplom-Landwirt und war dann als Gutsverwalter in Sachsen, B¨ohmen und Schleswig-Holstein t¨atig. 1928 habilitierte er sich mit der Arbeit Das Wasserhaushaltsproblem bei landwirtschaftlichen Kulturpflanzen in kritisch-experimenteller Betrachtung an der Univ. Leipzig, an der er sp¨ater eine außerplanm¨aßige Professur erhielt. 1935 wurde er in Prag a. o. Prof. und lehrte bis 1945 als Direktor des Instituts f¨ur Pflanzenbau an der Deutschen TH in Tetschen-Liebwerda (B¨ohmen). Seit 1946 war er o. Prof. und Direktor des Instituts f¨ur Pflanzenanbau und Pflanzenz¨uchtung an der Univ. Leipzig. A. schrieb u. a. Arbeiten u¨ ber landwirtschaftliche Kulturpflanzen und u¨ ber den pflanzlichen Wasserhaushalt. Er war Mitglied der S¨achsischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften in Berlin. A. ver¨offentlichte u. a. Der experimentelle Nachweis der Beziehungen zwischen Wasserverbrauch und Ern¨ahrung bei Getreide (1936), Die Transpirationsintensit¨at der Pflanzen als Grundlage bei der Ermittlung optimaler Acker- und pflanzenbaulicher Kulturmaßnahmen. Ein neuer Weg zur Steigerung der Ertr¨age der Kulturpflanzen (1952) und Die Thyrannei der Erde (1959). Arlati, Renato P(asquale), schweizer. Schriftsteller, * 29. 3. 1936 Z¨urich, † 31. 3. 2005 Baden (Schweiz). Nach der Ausbildung an der Kunstgewerbeschule in Z¨urich arbeitete A. als Graphiker in Ateliers in Z¨urich, Luzern und Rom sowie als Fachlehrer f¨ur Zeichnen an Sekundarschulen. Seit 1985 war er als freier Schriftsteller t¨atig. Dem sp¨aten, viel beachteten Erstling Und sp¨ur’ ich im Aufstehn im Gras eine Wendung (1977) folgten weitere B¨ande mit Kurzprosa: Fremd und abweisend ist das Gew¨olbe der Nacht (1983) und Das Haus und die Glocken die l¨auten (1985). A. schrieb ferner das Theaterst¨uck Die Insel (1988, Graz) und den Roman Liebe Lea (1995). 2005 erschien eine Ausgabe seiner Gedichte unter dem Titel An E. Nach einem Schlaganfall verbrachte A. die letzten Jahre im Krankenhaus. Er wurde mit zahlreichen Preisen geehrt, u. a. mit dem schweizer. Schillerpreis. C KLG Arletius, Johann Caspar, P¨adagoge, Bibliothekar, * 1. 10. 1701 (1706 / 07) Breslau, † 25. 1. 1784 Breslau. A. studierte 1728 Theologie in Leipzig, seit 1729 in Jena Geschichte, Naturwissenschaften und neue Sprachen. Danach trat er in Breslau eine Hauslehrerstelle an. 1743 wurde er Lehrer am Breslauer Magdalenengymnasium, 1755 dessen Rektor, 1761 Rektor des Breslauer Elisabethanums und Bibliothekar der Rhedigerschen Bibliothek. → Friedrich II. von Preußen war von A.s Gelehrsamkeit beeindruckt. A. ver¨offentlichte einige Aufs¨atze f¨ur verschiedene Journale, Gelegenheitsschriften und eine anonym erschienene Nachlese zu G¨unther’s Gedichten (1741).
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Arlt Arlt, Ferdinand Ritter von, Augenarzt, * 17. 4. 1812 Ober-
Armbrust, Walter, Musiker, Dirigent, * 17. 10. 1882
graupen bei Teplitz (B¨ohmen), † 7. 3. 1887 Wien. Nach dem Medizinstudium in Prag wurde A. Assistent des Augenarztes Johann Nepomuk → Fischer und u¨ bernahm 1849 dessen Lehrstuhl. 1856 folgte er einem Ruf als o. Prof. der Ophthalmologie nach Wien, wo er bis zu seiner Emeritierung 1883 die Augenklinik leitete. A. nutzte pathologische, physiologische und histologische Erkenntnisse f¨ur die Augenheilkunde und war einer ihrer Begr¨under als eigenst¨andiges medizinisches Fachgebiet. Sein Lehrbuch ¨ Die Krankheiten des Auges f¨ur practische Arzte (3 Bde., 1851-56) galt weltweit als Standardwerk. A. beschrieb als erster verschiedene Krankheitsbilder und entdeckte die sagittale Verl¨angerung des Augapfels als Ursache der Kurzsichtigkeit. Er f¨uhrte neue Operationsmethoden bei der Augapfelentfernung, bei Lidverwachsungen und bei der Entfernung der Linse ein und entwickelte neue Spezialoperationsbestecke f¨ur die Augenheilkunde. C NDB
Hamburg, † 9. 4. 1941 Eisenach. A., der ersten Musikunterricht bei seinem Vater, dem Organisten Karl → A. erhielt, besuchte die Hochschule f¨ur Musik in Sondershausen. 1903 setzte er seine Orgelstudien in Leipzig fort und trat im selben Jahr die Stelle des Organisten und Chordirektors der Heiligengeistkirche in Hamburg an. 1908 gr¨undete er dort das Brahms-Konservatorium und u¨ bernahm dessen Leitung. Er gab in ganz Deutschland Gastspiele als Orgelvirtuose und veranstaltete mit dem Philharmonischen Orchester in Hamburg Sinfoniekonzerte. 1920 ging er als zweiter Kapellmeister des Philharmonischen Orchesters nach Dresden. 1922 wurde er erster Kapellmeister des St¨adtischen Orchesters in Eisenach, 1924 St¨adtischer Musikdirektor. A. war einer der ersten Interpreten der Werke Max → Regers, Carl Hoyers und Sigfrid Theodor → Karg-Elerts.
Armansperg, Joseph Ludwig Graf von, Staatsmann, * 28. 2. 1787 K¨otzting (Niederbayern), † 3. 4. 1853 M¨unchen. A. trat nach dem Studium der Rechte in Landshut 1808 in den bayerischen Staatsdienst, war 1813 als Zivilkommissar und 1816-20 als Regierungsdirektor in Speyer und Augsburg t¨atig. 1820 wurde er Direktor des Obersten Rechnungshofs, 1823 Vizepr¨asident der Regierung des Regen-Kreises und 1825 Vizepr¨asident der Abgeordnetenkammer, wo er die gem¨aßigt liberalen Gegner der Finanzpolitik der Regierung anf¨uhrte. Als ordentliches Mitglied des Staatsrats und Finanz- und Innenminister (seit 1826) f¨uhrte A. 1827 im rechtsrheinischen Bayern Landr¨ate ein. 1828 u¨ bernahm ¨ er das Ministerium des Außeren. Er schloß den Zollverein mit W¨urttemberg und verfolgte als Gegner → Metternichs eine anti-¨osterreichische und pro-franz¨osische Außenpolitik. Nach seinem Sturz 1831 wurde A. auf Vorschlag der Großm¨achte 1832 von → Ludwig I. zum Vorsitzenden des Regentschaftsrats f¨ur den minderj¨ahrigen K¨onig → Otto von Griechenland ernannt und war 1835-37 griechischer Staatskanzler. C NDB
Armbrust, Franz Amand, Jurist, * 26. 1. 1782 Aschaffenburg, † 25. 6. 1812. A. studierte Rechtswissenschaften in Aschaffenburg, Mainz und Landshut (Promotion 1803). Danach verbrachte er einige Zeit in W¨urzburg und kam 1805 nach Erlangen, wo ihm die Juristische Fakult¨at der Univ. die Erlaubnis erteilte, o¨ ffentliche Vorlesungen zu halten. A. besch¨aftigte sich vor allem mit Staatsrecht und ver¨offentlichte dar¨uber in juristischen und kameralistischen Fachzeitschriften verschiedene Abhandlungen. Aus aktuellem Anlaß behandelte er im „Juristischen Archiv“ die Frage Kann Deutschland nach dem Frieden von Luneville als Staatenbund betrachtet werden?
Armbrust, Karl, Musiker, * 30. 3. 1849 Hamburg, † 7. 7. 1896 Hannover. A. brach ein am Stuttgarter Konservatorium begonnenes Musikstudium nach dem Tod seines Vaters vorzeitig ab und u¨ bernahm 1869 dessen Stelle als Organist von St. Petri in Hamburg, die er bis an sein Lebensende behielt. A. gab Orgelkonzerte und Gastspiele in Leipzig (1872) und Magdeburg (1881). Seit 1874 war er als Musikkritiker beim „Hamburger Fremdenblatt“ und als Lehrer f¨ur Klavier- und Orgelspiel am Konservatorium t¨atig. A., ein Bewunderer der → Wagner-Opern, gr¨undete 1883 in Hamburg einen Ableger des Allgemeinen Richard Wagner-Vereins. Zusammen mit Hugo → Riemann gab er in den achtziger Jahren Technische Studien f¨ur Orgel, ein Supplement zu jeder Orgelschule heraus. C Biogr Jahrb, Bd 1
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Armbruster, Adolf, evang. Theologe, P¨adagoge, * 15. 4. 1824 Calw, † 13. 12. 1893. A. studierte 1842-44 in T¨ubingen, 1844-48 in Heidelberg Theologie. Er war an verschiedenen Orten als Vikar und Religionslehrer t¨atig und trat 1855 eine Pfarrstelle in K¨urzell in Baden an. 1862 wurde A. in den neugeschaffenen Oberschulrat nach Karlsruhe berufen. Er hatte wesentlichen Anteil an der Einf¨uhrung des Turn- und Handarbeitsunterrichts in Baden und der Ausarbeitung eines Lesebuchs f¨ur Volksschulen. Er war einige Zeit Stadtverordneter und betreute die Arbeit des badischen Frauenvereins, den er w¨ahrend des Kriegs von 1870 / 71 bei der Pflege der Verwundeten unterst¨utzte. C Bad Bio Armbruster, Johann Michael, Pseud. Gutmann, Schriftsteller, * 1. 11. 1761 Sulz / Neckar, † 14. 1. 1814 Wien. Nach dem Besuch der Milit¨arakademie in Stuttgart (seit 1775) wurde A. 1779 Beamter der Hofg¨artnerei und Forstverwaltung in Hohenheim. 1782 ging er als Sekret¨ar zu Johann Caspar → Lavater nach Z¨urich, dessen Physiognomische Fragmente er in Ausz¨ugen ver¨offentlichte (3 Bde., 1783-86). A. gab eigene Gedichtsammlungen heraus, war 1783-85 Redakteur der „Z¨urcher Zeitung“ und gr¨undete 1785 die in Kempten erscheinende Zeitschrift „Schw¨abisches Museum“, die als erste Szenen aus → Goethes Iphigenie druckte. 1786 ließ sich A. als Schriftsteller in Konstanz nieder, redigierte das dortige „Wochenblatt“ und die „Deutschen Annalen“ und f¨uhrte von dort einen publizistischen Kampf gegen die Franz¨osische Revolution, was ihm die Stellung eines „Polizeikommissars“ im vorder¨osterreichischen Freiburg / Breisgau eintrug. Als 1801 die vorder¨osterreichische Regierung nach Wien verlegt werden mußte, ging R. auch dorthin, wo er 1802 zum Zensor und 1805 zum Oberhofsekret¨ar ernannt wurde. 1809 gr¨undete er die Zeitschrift „Der Wanderer“ und redigierte 1809-13 die antifranz¨osischen „Vaterl¨andischen Bl¨atter f¨ur den o¨ sterreichischen Kaiserstaat“. 1813 erschien seine Schrift Wer ist ein o¨ sterreichischer Krieger im Geist und in der Wahrheit? A. setzte seinem Leben mit eigener Hand ein Ende. C NDB
Armin, George, eigentl. Georg Herrmann, Gesangsp¨adagoge, * 10. 11. 1871 Braunschweig, † 16. 2. 1963 Karlslunde Strand (D¨anemark). A. erhielt zun¨achst privaten Schauspiel- und Gesangsunterricht, u. a. bei August → Iffert und L. C. T¨orsleff. Seit 1895 unterrichtete er in Leipzig Stimmbildung sowie Gesangs-, Schauspiel- und Rezitationskunst. Seit 1904 war er in Berlin t¨atig, wo er 1925 die Gesellschaft f¨ur Stimmkultur gr¨undete und bis 1942 die Zeitschrift „Der Stimmwart“ herausgab. Seit den vierziger Jahren lehrte er in D¨anemark. A. vertrat die Theorie des sog. Stauprinzips; er ging davon aus, daß jedes Stimmorgan von z¨ahen subglottalen Katarrhen befallen sei, die man durch st¨andige massageartige Reibungen
Arnberger des starkgestauten Atems an den Wandungen der Luftr¨ohre und die dadurch hervorgerufenen Stimmkrisen l¨osen k¨onnte. Er ver¨offentlichte u. a. Das Stauprinzip oder die Lehre von dem Dualismus der menschlichen Stimme (1909) und Enrico Caruso. Eine Untersuchung der Stimme Carusos und ihr Verh¨altnis zum Stauprinzip im Spiegel eines eigenen Erlebnisses (1929). C MGG
Armster, Otto, Milit¨ar, Widerstandsk¨ampfer, * 11. 7. 1891 Preetz (Kr. Pl¨on), † 21. 9. 1957. A. wurde nach milit¨arischer Ausbildung zum Oberst ernannt und leitete seit 1944 die Wiener Dienststelle der Abwehr. Er unterhielt enge Kontakte zu Wilhelm → Canaris, in dessen Widerstandsumfeld er sich bereits seit 1939 bewegte. A. sollte dem Widerstand nach dem Attentat auf → Hitler als Verbindungsoffizier dienen. Am 23. 7. 1944 wurde er in Berlin verhaftet und im April 1945 von sowjetischen Truppen in die UdSSR verschleppt, aus der er erst 1955 heimkehrte. C Widerstand
Armstroff, Andreas, auch Armbstroff, Armsdroff, Armsdorff, Komponist, Musiker, * 9. 9. 1670 M¨uhlberg bei Gotha, † 31. 12. 1699 Erfurt. A. besuchte 1692 die Prima des Erfurter Realgymnasiums. Bereits im September 1691 war er die Nachfolge von Johann Christoph Graff an der Erfurter Reglerkirche angetreten. 1692 wurde er an der Univ. Erfurt immatrikuliert. Als 1696 das Organistenamt von einem Angeh¨origen der Erfurter Kantorenfamilie Gr¨affenhain u¨ bernommen wurde, wechselte A. als Organist an die St. Andreas Kirche, sp¨ater an die Kauffmannskirche. Seine schlichten, von weicher Melodik getragenen Choralbearbeitungen waren wohl noch bis ins 19. Jh. in Th¨uringen durch Abschriften verbreitet. A., dessen Orgelstil durch Johann → Pachelbel beeinflußt war, verwendete mit Vorliebe Terzenketten und kanonische F¨uhrung des Cantus firmus. C MGG Arnau, Frank, urspr. Harry (Heinrich) Schmitt, Pseud. Don Urana, Schriftsteller, Journalist, * 9. 3. 1894 Wien, † 11. 2. 1976 M¨unchen. A., Sohn eines schweizer. Hoteldirektors, studierte 1912-16 in Lausanne und 1919 / 20 in W¨urzburg Kriminologie und Psychiatrie. Danach arbeitete er f¨ur o¨ sterr. und deutsche Zeitungen als Polizei- und Gerichtsreporter und als Auslandskorrespondent. Daneben schrieb A., der auch Autorennen fuhr, Sportreportagen und trat als Verfasser von Kom¨odien, Kriminal- und Abenteuerromanen hervor. 1933 emigrierte er nach Frankreich und wirkte dort, in Spanien, Holland und Großbritannien an verschiedenen Exil-Publikationen (u. a. „Das Neue Tage-Buch“) mit. Bei Kriegsbeginn ging A. nach Brasilien und war f¨ur die britische Botschaft in Rio de Janeiro, nach 1945 u. a. als Vertreter der Firma Mercedes Benz t¨atig. 1955 nach Deutschland zur¨uckgekehrt, wurde er Redakteur des „Stern“ in Hamburg und der „Abendzeitung“ in M¨unchen. 1958-60 und seit 1970 lebte er wieder in der Schweiz. A. schrieb u. a. Berichte u¨ ber spektakul¨are Rechtsf¨alle. 1972 erschien seine Autobiographie Gelebt, geliebt, gehaßt. Ein Leben im 20. Jahrhundert. C Lex o¨ sterr Exillit
Arnau, Karl, Schauspieler, * 26. 11. 1843 Ungarn, † 4. 11. 1910 Innsbruck. A. studierte an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste Bildhauerei, wandte sich dann dem Theater zu und deb¨utierte 1863 als Ferdinand in Kabale und Liebe. Nach einem Engagement in Preßburg ging er als „zweiter Liebhaber“ nach Leipzig, stieg jedoch bald auf V¨aterrollen um. 1870 trat der Siebenundzwanzigj¨ahrige im Landestheater in Prag als K¨onig Lear auf. 1872 ging er an das Stadttheater Wien, 1876 an das Stadttheater Hamburg und geh¨orte 1879-97 dem Ensemble des Hofburgtheaters in Wien an. 1890 wurde er zum
wirklichen Kaiserlichen Hofburgschauspieler ernannt. Daneben unterrichtete er neun Jahre lang an der Schauspielschule des Wiener Konservatoriums; sp¨ater leitete er eine eigene Theatervorbereitungsschule in Wien.
Arnaud, Henri, Waldenser, * 30. 9. 1641 Embrun (Dauphin´e, Frankreich), † 8. 9. 1721 Sch¨onenberg bei Maulbronn (W¨urttemberg). Nach dem Studium der Theologie in Genf und Basel (1662-66) ging A. als Pfarrer zu den Waldensern in Piemont und in La Tour in der Dauphin´e. 1685 floh er nach der Aufhebung des Edikts von Nantes mit seiner Gemeinde zur¨uck in die Waldensert¨aler. Vor der auch dort einsetzenden Verfolgung durch Herzog Victor Amadeus von Savoyen wich er nach Genf aus. Er erreichte die Unterst¨utzung Wilhelms von Oranien und f¨uhrte seine Gemeinde 1689 in einer feldzugartig organisierten „glorieuse rentr´ee“ nach Piemont zur¨uck. Als die Waldenser 1698 infolge eines herzoglichen Edikts endg¨ultig ausgewiesen wurden, fanden sie in der Schweiz, W¨urttemberg, Baden und Hessen-Darmstadt Zuflucht. A. versah seit 1699 das Predigeramt in der Waldenserkolonie D¨urrmenz-Sch¨onenberg bei Maulbronn. 1710 ver¨offentlichte A. einen Bericht La glorieuse rentr´ee.
Arnauld de la Peri`ere, Lothar Eugen von, Milit¨ar, * 10. 3. 1886 Posen, † 24. 2. 1941 Paris. Der einer Hugenottenfamilie entstammende A. begann seine milit¨arische Karriere mit einer siebenj¨ahrigen Ausbildung in den Kadettenanstalten Wahlstatt und Lichterfelde. Er trat 1903 in die Marine ein, diente als Offizier auf Torpedobooten und war 1913-15 Adjutant des Chef des Generalstabs der Marine. 1915 wurde A. U-Boot-Kommandant. 1916 erhielt er den Orden Pour le m´erite. Nach dem Krieg diente A. in der Reichsmarine, avancierte 1926 zum ersten Admiralstabsoffizier beim Kommando der Nordseestation Wilhelmshaven und nahm seinen Abschied als Konteradmiral. Bis 1939 lehrte A. an der Kriegsakademie in Istanbul. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde er reaktiviert und zum Vizeadmiral bef¨ordert. 1941 verungl¨uckte A. als Marinebefehlshaber Bretagne t¨odlich. C NDB
Arnauld de la Peri`ere, Raoul von, Schauspieler, * 26. 5. 1874 Berlin, † 13. 3. 1908 Hamburg. Entgegen der Tradition seiner Familie, die ihn f¨ur eine Milit¨arlaufbahn bestimmt hatte, entschied sich A. f¨ur die B¨uhne. 1893 erhielt er sein erstes Engagement am Annaberger Stadttheater und war 1894-96 Mitglied des Ensembles des Berliner Schauspielhauses, mit dem er 1894 anl¨aßlich der Feierlichkeiten zur Kr¨onung des Zaren Nikolaus II. auch in Moskau gastierte. Es folgten Engagements an den Theatern von L¨ubeck, Liegnitz, Detmold und D¨usseldorf, am Kaiserlichen Theater in St. Petersburg und am Internationalen Theater in Moskau. 1902 ging A. nach Altenburg und war dann bis zu seinem Tod am Stadttheater in Hamburg t¨atig. Seine gr¨oßten Erfolge feierte A. im Rollenfach der Heldenv¨ater. Arnberger, Erik, o¨ sterr. Geograph, Kartograph, * 22. 4. 1917 Wien, † 25. 8. 1987 Wien. A. studierte Geographie an der Univ. Wien und wurde 1948 promoviert (Beitr¨age zur Landwirtschaftsgeographie von Nieder¨osterreich). Seit 1947 Sachbearbeiter in der Kommission f¨ur Raumforschung, arbeitete er seit 1951 beim Statistischen Zentralamt in Wien. 1963 habilitierte er sich (Beitr¨age zur Geschichte und Methodik der thematischen ¨ Geographie in Osterreich), wurde 1966 a. o. Prof. der Geographie und war 1968-83 o. Prof. der Kartographie an der Univ. Wien. A., der als ein Wegbereiter der Kartographie als selbst¨andiger Wissenschaft gilt, ver¨offentlichte u. a. Handbuch der thematischen Kartographie (1966), Thematische Kartographie (1977, 21987) und Die tropischen Inseln des
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Arnd Indischen und Pazifischen Ozeans (1988, mit Hertha A.). Er gab seit 1975 die Enzyklop¨adie Die Kartographie und ihre Randgebiete heraus und war auch an der Ver¨offentlichung ¨ des Atlas der Republik Osterreich (1958 ff.) beteiligt. 1968 ¨ wurde A. korrespondierendes Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, 1982 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. ¨ Akad, Jg. 138 C Almanach Ost
Arnd, Josua, evang. Theologe, Historiker, Bibliothekar, * 9. 9. 1626 G¨ustrow, † 5. 4. 1687. A., Sohn eines herzoglich mecklenburgischen Hofpredigers und Superintendenten, bezog als Sechzehnj¨ahriger die Univ. Rostock und erwarb den Magistergrad der Philosophie und der Theologie; 1645 trat er eine Hauslehrerstelle bei einem Kopenhagener B¨urgermeister an. 1648 ging A. nach Wittenberg und folgte 1653 seinem verstorbenen Bruder Christian A. auf dessen Lehrstuhl der Logik an der Univ. Rostock. Seit 1656 war er Prediger und Bibliothekar von G¨ustrow; 1662 wurde er von Herzog Gustav Adolf von Mecklenburg zum Hofprediger und Kirchenrat erhoben. A. verfaßte zahlreiche theologische und historische Abhandlungen, u¨ bersetzte eine Biographie → Wallensteins aus dem Italienischen ins Lateinische und dichtete das Kirchenlied Herr Jesu deine Angst und Pein. Arnd, Karl, evang. Theologe, Philologe, * 21. 7. 1673 G¨ustrow, † 26. 4. 1721. Wie sein Vater Josua → A. studierte A. in Rostock. Er wurde 1703 Rektor der Schule in Malchin, 1704 Prof. der Dichtkunst, 1708 auch der hebr¨aischen Sprache und des Katechismus an der Univ. Rostock. A. schrieb in lateinischer Sprache u. a. eine Biographie seines Vaters, eine hebr¨aische Grammatik und mehrere philologische und literarhistorische Werke. Arndes, Dietrich, Bischof von L¨ubeck, * 1442 / 43 Hamburg, † 15. / 16. 8. 1506 Eutin. D., Sohn eines Gewandschneiders und Ratsherrn, studierte 1457-61 an der Univ. Erfurt, ging anschließend zur Fortsetzung des Studiums nach Italien, wurde 1477 in Perugia zum Dr. legum promoviert und wirkte als Prokurator in Rom. Dort sowie 1486-89 als Dekan in Braunschweig und als Domdekan von Hildesheim pflegte er Umgang mit den Repr¨asentanten des niederdeutschen Fr¨uhhumanismus. Durch p¨apstliche Provision 1492 zum Bischof von L¨ubeck ernannt, gelang es ihm, sein Bistum kirchlich sowie finanziell zu sanieren. D. war auch als politischer Vermittler t¨atig, u. a. als Rat des K¨onigs von D¨anemark. C Gatz 2
Arndes, Stephan, auch Arnd, Arn(e)s, Arnt, Stephanus de Moguntia, Drucker, * Hamburg, † 1519 L¨ubeck. Der geb¨urtige Hamburger A. ließ sich wahrscheinlich in Mainz zum Drucker ausbilden und zog dann als wandernder Typograph mit seiner Presse von Ort zu Ort. Er war 1470-72 im italienischen Foligno, 1477 und 1481-82 in Perugia t¨atig, wo er selbst¨andig, aber auch mit anderen Druckern zusammenarbeitete. 1486 wieder in Norddeutschland, druckte er als erster Schleswiger Drucker ein Missale f¨ur das dortige Bistum. 1487 ging A. nach L¨ubeck, wo er 1498-1505 das Amt eines Gerichtsschreibers versah. Er schuf hier neben anderen Druckwerken in niederdeutscher Sprache sein 1494 erschienenes Hauptwerk De Biblie mit vlitigher achtinge; na dem Latyne in D¨udesck auerghesettet. Nach A.s Tod f¨uhrte sein Sohn Hans A. noch bis 1527 die L¨ubecker Druckerwerkstatt weiter. C SHBL, Bd 9
Arndgen, Josef, Politiker, * 24. 2. 1894 Rheydt (heute zu M¨onchengladbach), † 20. 9. 1966 Wiesbaden. A., Sohn eines Stukkateurmeisters, erlernte ebenfalls den Stukkateurberuf und arbeitete seit 1911 in einer Schuhfabrik
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in M¨ulfort. Fr¨uh engagierte er sich im Katholischen Jugendverein, wurde Mitglied des Vorstands, Pr¨afekt und 1912 Ortsgruppenleiter. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg arbeitete er erneut in einer Schuhfabrik und war 1919-25 Angestellter, sp¨ater Bezirksleiter im Zentralverband christlicher Lederarbeiter. 1925-32 war A. Redakteur bei der „Deutschen Lederarbeiter-Zeitung“, zugleich Leiter des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Hessen und Hessen-Nassau und seit 1932 Vorsitzender des Zentralverbands Christlicher Lederarbeiter Deutschlands. 1931 trat A. der Zentrumspartei bei. Seit 1933 zweimal verhaftet, zuletzt nach dem 20. Juli 1944, hatte er nach dem Zweiten Weltkrieg Anteil am Wiederaufbau der freien Gewerkschaften und der Gr¨undung der CDU in Hessen, deren stellvertretender Landesvorsitzender er war. 1946 wurde er Ministerialdirektor im hessischen Ministerium f¨ur Arbeit und Wohlfahrt. 1946-49 war A. Mitglied des Landtags und 1947-49 hessischer Minister f¨ur Arbeit und Wohlfahrt. 1949-65 geh¨orte A. dem Deutschen Bundestag an. C MdB
Arndt, Adolf, Jurist, * 21. 10. 1849 Freienwalde (Pommern), † 22. 4. 1926 Marburg / Lahn. A. studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Berlin und Heidelberg und wurde 1872 promoviert (De obligationibus individuis et maxime de correalibus quae vocantur). Seit 1876 war er Kreisrichter in Essen und 1886-1900 Oberbergrat in Halle. 1879 habilitierte er sich dort (Zur Geschichte und Theorie des Bergregals und der Bergbaufreiheit, 21916), war seit 1894 Prof., lehrte seit 1900 als o. Prof. Staats-, Verwaltungs-, Kolonial-, Kirchen- und V¨olkerrecht in K¨onigsberg und wurde 1912 emeritiert. 1916 u¨ bernahm er einen Lehrauftrag f¨ur o¨ ffentliches Recht an der Univ. Frankfurt / Main und wurde 1919 Honorarprofessor in Marburg. A. arbeitete vor allem auf dem Gebiet des Verfassungs- und Verwaltungsrechts, zumal des Bergrechts und seiner Geschichte. Er ver¨offentlichte u. a. Bergbau und Bergpolitik (1894), Verfassung des deutschen Reiches (1895) und Staatsrecht des deutschen Reiches (1900). Zusammen mit August Hellweg gab er Die deutsche Strafgesetzgebung (1883) heraus. A. war der Vater von Adolf und Helmut → A. C Heuer / Wolf Arndt, Adolf, Jurist, Politiker, * 12. 3. 1904 K¨onigsberg (Ostpreußen), † 13. 2. 1974 Kassel. A., Sohn des Juristen Adolf → A. und Bruder Helmut → A.s, studierte in Marburg und Berlin Rechtswissenschaften, National¨okonomie und Philosophie. Nach der Promotion zum Dr. jur. wurde er 1929 Gerichtsassessor, 1932 Landrichter. Als „Halbjude“ aus dem Richteramt entlassen, arbeitete A. 1933-45 als Rechtsanwalt in Berlin und verteidigte in dieser Zeit die Gewerkschafter Theodor → Leipart und Wilhelm → Leuschner. Nach Kriegsende trat A. in die SPD ein und wurde Oberstaatsanwalt und Rechtspolitiker seiner Partei. 1945-49 war er Ministerialrat im hessischen Justizministerium und 1948 / 49 Vorsitzender des Rechtsausschusses und Ausschußmitglied f¨ur Beamtenrecht im Frankfurter Wirtschaftsrat. Mit Georg August → Zinn formulierte er den sozialdemokratischen Entwurf zur 1946 verabschiedeten Hessischen Verfassung. 1949 zog A. als Abgeordneter der SPD in den ersten deutschen Bundestag ein, wirkte dort als Rechtsspezialist seiner Partei und war bis 1964 Gesch¨aftsf¨uhrer der SPD-Bundestagsfraktion. Er wirkte auch maßgebend an der Ausgestaltung des Bundesverfassungsgerichts mit. 1956-64 geh¨orte A. dem Vorstand seiner Partei an und bekleidete 1963 / 64 in Berlin das Amt des Senators f¨ur Kultur und Wissenschaft. 1976 erschienen Politische Reden und Schriften (hrsg. von Horst Ehmke und Carlo → Schmid) und Gesammelte juristische Schriften. 1946-1972 (hrsg. von Ernst-Wolfgang B¨ockenf¨orde und Walter → Lewald). C Demokr Wege
Arndt Arndt, Alfred, Maler, Zeichner, Architekt, * 26. 11. 1898 Elbing (Westpreußen), † 7. 10. 1976 Darmstadt. Nach der Ausbildung zum Maschinen- und Bauzeichner an der Kunstgewerbeschule Elbing und der Akademie in K¨onigsberg studierte A. 1921-25 Wandmalerei und architekturgebundene Gestaltung am Bauhaus in Weimar. 1922 unternahm er eine Studienreise nach Italien, setzte 1925 / 26 sein Studium in Dessau fort und war 1926-29 freier Architekt in Probstzella (Th¨uringen). 1929-32 Lehrer am Bauhaus in Dessau, war er seit 1933 wieder in Probstzella ans¨assig und als Graphiker, freier Mitarbeiter der AEG und Architekt f¨ur verschiedene Industrieunternehmen t¨atig. 1945-48 Leiter des Hochbau- und Planungsamtes in Jena, lebte er seit 1948 als freier Architekt und Maler in Darmstadt. Neben in Funktionalit¨at und Sachlichkeit an den Ideeen des Bauhaus orientierte Industriebauten entwarf A. u. a. das Hotel „Haus des Volkes“ in Probstzella (1926-32) und die Villa Str¨oher in Darmstadt (1956 / 57). Er schuf schriftzentrierte Plakate und Graphiken, Zeichnungen und Bilder, die anfangs dem Kubismus und der Malerei von Hans → Arp und Oskar → Schlemmer verpflichtet waren, sp¨ater dem abstrakten Expressionismus. C AKL Arndt, Christian Gottlieb von, Historiker, Philologe, * 2. 12. 1743 Großschwansfeld (Ostpreußen), † 2. 1. 1829 Heidelberg. A., Sohn eines ostpreußischen Predigers, brach 1764 das Studium der Theologie und der Rechtswissenschaften in K¨onigsberg ab, begleitete den kurl¨andischen Gesandten nach Warschau, kam 1765 nach Kurland und 1768 nach St. Petersburg. 1772 trat er als Postdirektor in russischen Dienst. Kaiserin → Katharina II. wurde auf A. aufmerksam, ernannte ¨ ihn unter Verleihung des Kapit¨ansrangs zum Ubersetzer der Kaiserlichen Kollegien und erhob ihn in den Adelsstand. Er ver¨offentlichte eine große Anzahl von Werken juristi¨ schen und historischen Inhalts in deutscher Ubersetzung. 1776 gr¨undete er das deutschsprachige „St. Petersburgische Journal“, f¨ur das er Beitr¨age zur russischen Geschichte und Literatur lieferte. Sp¨ater lebte A. in Heidelberg und schrieb ¨ u. a. Uber den Ursprung und die verschiedenartige Verwandtschaft der europ¨aischen Sprachen (1818). C Neuer Nekr, Jg. 7 Arndt, Ernst Moritz, Schriftsteller, * 26. 12. 1769 Schoritz / R¨ugen, † 29. 1. 1860 Bonn. A., Sohn eines Leibeigenen, der sich zum P¨achter und Inspektor emporgearbeitet hatte, studierte 1791-94 in Greifswald und Jena Theologie und Geschichte; danach war er Hauslehrer bei Gotthard Ludwig → Kosegarten. 1798 brach er zu einer Bildungsreise auf, die ihn – zu Fuß – quer durch Europa f¨uhrte (Reisen durch einen Theil Teutschlands, Ungarns, Italiens und Frankreichs in den Jahren 1798 und 1799, 3 Bde., 1801-04). A. wurde 1800 Privatdozent an der Univ. Greifswald, 1805 a. o. Professor. Nach den franz¨osischen Siegen von 1806 arbeitete A. in Schweden als Redakteur und politischer Schriftsteller. Im selben Jahr erschien der erste Teil von Geist der Zeit. In dem groß angelegten Werk – bis 1818 publizierte er drei weitere B¨ande – analysiert A. das europ¨aische Zeitgeschehen und stellt die romantische Idee germanisch-nordischer Volkseinheit der deutschen Kleinstaaterei und dem napoleonischen Imperialismus entgegen. In seiner Monatsschrift „Nordischer Kontrolleur“ rief er 1808 die V¨olker Europas zur Befreiung vom napoleonischen Joch auf. Unter falschem Namen kn¨upfte A.
1809-11 in Greifswald und Berlin Kontakte zu preuß. Pa¨ trioten. In seinen Schriften nimmt die Uberzeugung von der Vork¨ampferrolle Preußens bei der Erneuerung Europas eine k¨ampferische antifranz¨osische Gestalt an. 1812 begleitete er den Freiherrn vom → Stein als Sekret¨ar nach St. Petersburg. Seit seiner R¨uckkehr 1813 intensivierte A. als Publizist und Lyriker die Vorbereitung und Unterst¨utzung der Befreiungskriege in Zusammenarbeit mit Friedrich → Jahn und in engem Kontakt zur Burschenschaftsbewegung. 1817 heiratete er → Schleiermachers Stiefschwester Nanna Maria. Im folgenden Jahr berief ihn die neugegr¨undete Univ. Bonn als Prof. der j¨ungeren Geschichte. Auch nach dem Wiener Kongreß mahnte A. in seiner Zeitschrift „Der W¨achter“ zum Kampf gegen die Franzosen und zur Ausweitung des deutschen Herrschaftsgebiets. Bald geriet er mit seinen Forderungen nach staatlicher Verfassung und politischer Einheit in Konflikt mit der Politik der Restauration und wurde aus Kreisen reaktion¨arer Adliger angefeindet. Im Machtgebiet Habsburgs verbot → Metternich den gr¨oßten Teil seiner Schriften. 1820 wurde A. der „Teilnahme an geheimen Gesellschaften“ beschuldigt, angeklagt und in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Erst 1840 revidierte → Friedrich Wilhelm IV. f¨ormlich das Urteil. 1848 zog A. als a¨ ltester Abgeordneter ins Frankfurter Parlament ein; er votierte mit dem rechten Zentrum f¨ur ein konstitutionelles preuß. Erbkaisertum. 1849-54 lehrte er wieder als Prof. in Bonn. A. war der popul¨arste politische Publizist und Dichter der „Befreiungskriege“. Seine Gedichte und Lieder in ihrer derben, bewußt an die luth. Bibel angelehnten Sprache sind fr¨uhe Beispiele wirksamer Agitationslyrik. Die k¨ampferischen Inhalte, die A. in schwungvolle Verse kleidete, haben u¨ ber die vaterl¨andische Aufbruchsstimmung der Befreiungskriege hinaus verh¨angnisvoll gewirkt: Sie n¨ahrten den Glau¨ ben an deutsch-nordische Uberlegenheit, gaben dem Haß gegen fremde V¨olker anschauliche Form, beschworen soldatischen Opfermut und dienten so noch lange zur Kriegsverharmlosung und als lyrisches Beiwerk v¨olkischer Ideologie. Den anderen Pol der Arndtschen Poesie bildeten seine zeitgleich entstandenen religi¨osen Gedichte, Zeugnisse einfacher protestantischer Fr¨ommigkeit und bedingungslosen Gottvertrauens. Viele wurden vertont, einige (Kommt her, ihr seid geladen; Ich weiß, woran ich glaube) sind bis heute popul¨ar. A.s Reisetageb¨ucher (z. B. Reise durch Schweden im Jahre 1804. Berlin 1806, Nachdr. 1976) sind literarisch bedeutende Beitr¨age zur romantischen Reiseliteratur. Die umfangreichen autobiographischen Schriften zeigen A. als empfindsamen und wachen Beobachter (vor allem seine Erinnerungen aus dem a¨ ußeren Leben, Leipzig 1840). WEITERE WERKE: Ausgaben: Ausgew¨ahlte Werke. Hrsg. v. Heinrich Meisner und Robert Geerds. 16 Bde., Leipzig 1908. – Briefe. Hrsg. v. Albrecht D¨uhr. 3 Bde., Darmstadt 1972. – Erinnerungen 1769-1815. Hrsg. v. Rolf Weber. Berlin (Ost) 1985. – Einzelwerke: Versuch einer Geschichte der Leibeigenschaft in Pommern und R¨ugen. Berlin 1803. – Fragmente u¨ ber Menschenbildung. 3 Bde., Altona 1805-19. – M¨ahrchen und Jugenderinnerungen. 2 Bde., Berlin 1818-43. – Schriften f¨ur und an seine lieben Deutschen. 4 Bde., Leipzig / Berlin 1845-55. – Meine Wanderungen und Wandelungen mit dem Reichsfreiherrn von Stein. Berlin 1858. LITERATUR: Karl H. Sch¨afer / Josef Schawe: E. M. A. Ein bibliographisches Handbuch (bis 1969). Bonn 1971. – Heinrich Laag: Die religi¨ose Entwicklung E. M. A.s. Halle 1926. – Emmy Cremer: E. M. A. als Geschichtsschreiber. Diss. Kiel 1927. – Hans Kohn: A. and the character of German nationalism. New York 1948. – Gustav Erdmann: E. M. A., Freiheitss¨anger und Patriot. Putbus / R¨ugen 1960. – G¨unther Ott: E. M. A., Religion, Christentum etc. Bonn
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Arndt 1966. – Johannes Paul: „Das ganze Deutschland soll es sein“. G¨ottingen / Z¨urich / Frankfurt 1971. – Gustav Sichelschmidt: E. M. A. Berlin 1981. – Ingeborg Lohfink: Mein treuer A., mein tapferer Schill. Rostock 1992. Stefan Frevel
Arndt, Franz, evang. Theologe, * 6. 8. 1848 Sieversdorf bei Neustadt / Dosse, † 19. 7. 1917 Rostock. Der Sohn eines brandenburgischen Pastors wurde nach dem Studium der Theologie in Jena und Berlin 1875 Hilfsprediger, 1876 Pfarrer von Volmarstein / Ruhr. Dort gr¨undete A. 1882 das Haus „Bethanien“ f¨ur Alte und Kranke, 1887 ein Frauenheim und 1895 eine Kinderschule f¨ur Drei- bis Sechsj¨ahrige. Da es in Westfalen bis dahin keinerlei o¨ ffentliche F¨ursorgeeinrichtungen f¨ur Behinderte gab, studierte A. solche Anstalten in anderen Gegenden und er¨offnete 1904 in Volmarstein das „Johanna-Helene-Heim“. 1910 nahm er in Berlin am „Kongreß f¨ur Kr¨uppelf¨ursorge“ teil. 1911 gr¨undete A. in seiner Gemeinde das „Hermann-LuisenHeim“ mit angeschlossenen Werkst¨atten, in denen Behinderte zu Handwerkern ausgebildet wurden. A. ver¨offentlich¨ te neben einem Buch Uber die sozialen Notst¨ande auf dem flachen Lande und die Innere Mission (1886) zahlreiche Zeitungsbeitr¨age zu sozialen Problemen seiner Zeit. C BBKL Arndt, Fritz, Chemiker, * 6. 7. 1885 Hamburg, † 8. 12. 1969 Hamburg. A. studierte in Genf, Berlin und Freiburg / Breisgau Chemie (Promotion 1908, Untersuchungen u¨ ber neue Derivate des o-Toluchinolins) und war dann in Freiburg, Greifswald und Kiel als Assistent t¨atig. 1911 habilitierte er sich, erhielt eine Privatdozentur in Breslau und lehrte seit 1915 an der Univ. Istanbul. 1918 kehrte er als a. o. Prof. nach Breslau zur¨uck und war seit 1928 o. Professor. A. wurde 1933 entlassen, emigrierte nach England und u¨ bernahm eine Gastprofessur in Oxford. 1934 ging er als Prof. und Direktor des Chemischen Instituts der Univ. nach Istanbul. Zusammen mit anderen Emigranten gr¨undete er dort eine „Privatakademie“. 1955-69 wirkte A., seit 1964 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, als Privatdozent an der Univ. Hamburg. A.s Spezialgebiet war die organische Chemie, in der er das Diazomethan als analytisches und pr¨aparatives Hilfsmittel einf¨uhrte. Er erforschte chemische Bindungen und war Mitbegr¨under der Lehre von der Mesomerie. A. ver¨offentlichte u. a. Kurzes chemisches Praktikum f¨ur Mediziner und Landwirte (1912, 41920) und Problems in theoretical organic chemistry (1954). C BHdE, Bd 2
Arndt, Georg, evang. Theologe, * 19. 7. 1863 M¨uckenberg (Kr. Liebenwerda), † 11. 1. 1939 Wernigerode. Der als Pastorensohn in der damaligen Provinz Sachsen geborene A. studierte in Halle, Leipzig und Erlangen evang. Theologie. Nach dem Besuch des Predigerseminars in Wittenberg war A. 1889 / 90 Vikar an der Anstalt Bethel bei Bielefeld, 1890 / 91 in Sachsenburg. 1891 erhielt er die Pfarrstelle an St. Moritz in Halberstadt, wurde dort 1911 Oberpfarrer und 1912 pensioniert. Seit 1916 war A. Generalsekret¨ar des Evangelischen Bundes in Berlin. 1933-36 wirkte er als Pastor in Eggenstadt im Kreis Wanzleben und war 1936-38 im Konsistorium von Magdeburg mit der Bearbeitung von Patronatsangelegenheiten besch¨aftigt. Mit diesem Thema hatte sich A. in zahlreichen Publikationen, u. a. in ¨ der Schrift Uber das Kirchenpatronat in Preußen und die Versuche seiner Aufhebung oder Abl¨osung (1921), befaßt.
Arndt, Georg, Dermatologe, * 2. 9. 1874 Berlin, † 9. 8. 1929 Berlin. A. studierte Medizin, wurde 1899 in Marburg promoviert (Tod durch Ueberfahrenwerden und durch Sturz aus der H¨ohe), arbeitete als Chirurg und als Schiffsarzt. Nach einer zus¨atzlichen Ausbildung in Genf, Paris und Bern wandte er sich der Dermatologie zu. 1906 erhielt er eine Assistenten-
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stelle bei Edmund → Lesser an der Berliner Charit´e und ging 1916 als Ordinarius an die Univ. Straßburg. 1919 wurde A. als o. Prof. und Nachfolger Lessers an die Univ. Berlin berufen. Dort leitete er bis zu seinem Tod die Universit¨atsklinik f¨ur Haut- und Geschlechtskrankheiten in der Charit´e. Bei seiner wissenschaftlichen T¨atigkeit besch¨aftigte A. sich vor allem mit der narbigen Alopezie, dem Lichen nitidus, der leuk¨amischen und aleuk¨amischen Lymphadenose der Haut; als einer der ersten Forscher beschrieb er die Sporotrichose (Pilzerkrankung des Hautgewebes, 1909).
Arndt, Gottfried August, Historiker, * 24. 11. 1748 Breslau, † 10. 10. 1819. A. studierte in Halle Jurisprudenz, erwarb 1773 in Leipzig den Magistergrad und wurde 1774 Kollegiat des Frauenstifts. Seit 1780 war er dort a. o. Prof. der Philosophie, sp¨ater o. Prof. der Moral und Politik. Er ver¨offentlichte Abhandlungen zur bayerischen und s¨achsischen Geschichte und ein dreib¨andiges Werk u¨ ber die R¨omisch-k¨onigliche Wahlkapitulation Ferdinand des I. vom 7ten Jenner 1531, mit Beylagen und Anmerkungen (1781-86). Arndt, G¨unther, Chordirigent, * 1. 4. 1907 Charlottenburg (heute zu Berlin), † 25. 12. 1976 Berlin. A. studierte an der Berliner Akademie f¨ur Kirchen- und Schulmusik sowie an der dortigen Universit¨at. 1932-40 war er als Chormeister und Lehrkraft an der Berliner Volkshochschule t¨atig und unterrichtete 1932-40 auch an Sekund¨arschulen. Er war Mitbegr¨under und Dirigent des Berliner Heinrich-Sch¨utz-Chors. Nach 1945 wurde er Direktor der Kammermusikabteilung des Berliner Radios, 1949 Fachberater im Bereich der symphonischen Musik beim Sender RIAS Berlin. 1950 gr¨undete A. den Berliner Motettenchor, den er bis 1960 dirigierte. 1955-72 war er Dirigent des RIAS-Kammerchors, 1964-72 Vizedirektor f¨ur Musik beim RIAS und seit 1965 Musikdirektor an der Freien und Technischen Hochschule. A. engagierte sich f¨ur die zeitgen¨ossische Musik. C NGroveD
Arndt, Hans Werner, Philosoph, * 4. 9. 1930 Leipzig, † 28. 10. 2004 Mannheim. A. studierte Philosophie in G¨ottingen und wurde 1959 mit der Arbeit Der M¨oglichkeitsbegriff bei Christian Wolff und Johann Heinrich Lambert promoviert. 1965 habilitierte er sich in Mannheim (Methodo scientifica pertractatum. Mos Geometricus und Kalk¨ulbegriff in der philosophischen Theorienbildung des 17. und 18. Jahrhunderts), wo er dann als Prof. f¨ur Philosophie lehrte. A. gab Werke von Christian → Wolff (Von dem gesellschafftlichen Leben der Menschen und insonderheit dem gemeinen Wesen, 1975; Von der Menschen Thun und Lassen, zu Bef¨orderung ihrer Gl¨uckseeligkeit, 1976) und Johann Heinrich → Lambert (Philosophische Schriften, 1965-69) heraus und u¨ bersetzte eine Essaysammlung Maurice Merleau-Pontys ins Deutsche: Das Auge und der Geist (1984, 22003). Arndt, Heinz Wolfgang, Entwicklungs¨okonom, * 26. 2. 1915 Breslau, † 6. 5. 2002 Canberra. A., dessen Familie aufgrund ihrer teilweise j¨udischen Abstammung 1933 nach England emigrieren mußte, studierte Philosophie, Wirtschaftswissenschaften und Politische Wissenschaften am Lincoln College in Oxford und an der London School of Economics, erwarb 1941 den Master of Arts und wurde anschließend Research Assistant am Royal Institute of International Affairs. Die dort entstandene Arbeit The economic Lessons of the Nineteen-Thirties (1944) ¨ machte A. als Okonom weltweit bekannt. Seit 1943 war er Assistant Lecturer an der Univ. Manchester, 1946-51 Senior Lecturer an der Univ. Sidney, 1951 erhielt er den neu ¨ eingerichteten Lehrstuhl f¨ur Okonomie am Canberra University College (seit 1960 Australian National University),
Arndt 1953 eine Gastprofessur an der University of South Carolina. 1963-80 wirkte A. als Prof. und Leiter des Department of Economics der Research School of Pacific and Asian Studies an der Australian National University in Canberra. 1972 leitete er als Deputy Director den Bereich L¨anderstudien bei der OECD in Paris und wurde 1980 Chairman der Expert Group on Structural Change and Economic Growth des Commonwealth-Sekretariats. A. engagierte sich vor allem im Bereich der Entwicklungs¨okonomie im asiatischpazifischen Raum, zu seinen Forschungsgebieten z¨ahlten zudem die Dogmengeschichte des langfristigen Wachstums und die internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Waren A.s Ansichten anf¨anglich vor allem durch eine interventionistische Haltung in der Wirtschaftspolitik und deutlich linkskeynesianische Positionen gepr¨agt, so betonte er sp¨ater die zentrale Bedeutung der Geldpolitik f¨ur die kurzfristige Stabilisierung der Wirtschaft, die Inflationsbek¨ampfung und das Erreichen eines außenwirtschaftlichen Gleichgewichts. A. gr¨undete 1965 das „Bulletin of Indonesian Economic Studies“, dessen Herausgeber er bis 1975 war, und betreute seit 1987 die Zeitschrift „Asian-Pacific Economic Literature“. Er ver¨offentlichte u. a. The Australian Trading Banks (1960), The Rise and Fall of Economic Growth (1978), The Origins of Structuralism (1985) und Essays in International Economics, 1944-1994 (1996). C Hagemann
Arndt, Helmut, Wirtschaftswissenschaftler, * 11. 5. 1911 K¨onigsberg (Preußen), † 27. 10. 1997 Berlin. Der Bruder Adolf → A.s studierte in Marburg Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, wurde 1934 zum Dr. jur., 1944 zum Dr. rer. pol. promoviert und habilitierte sich dort 1946. 1950 / 51 Visiting Professor am Maxwell Institute der Univ. Syracuse (USA), wurde er 1952 apl. Prof. an der Univ. Marburg, 1953 o. Prof. an der Univ. Istanbul (Finanzwissenschaft), 1954 an der TH Darmstadt und wirkte 1957-78 an der Freien Univ. Berlin. 1966-70 war er Vorsitzender der Gesellschaft f¨ur Wirtschafts- und Sozialwissenschaft. A. ver¨of¨ fentlichte u. a. Uber die Voraussetzungen des Marktautomatismus (1947), Sch¨opferischer Wettbewerb und klassenlose Gesellschaft (1952), Mikro¨okonomische Theorie (2 Bde., 1966; Bd. 1: Markt und Macht, 21973; Bd. 2: Kapitalismus, Sozialismus, Konzentration und Konkurrenz, 21976), Die Konzentration der westdeutschen Wirtschaft (1966), Recht, ¨ Macht und Wirtschaft (1968), Irrwege der Politischen Okonomie (1979), Vollbesch¨aftigung (1984), Die Evolutorische Wirtschaftstheorie in ihrer Bedeutung f¨ur die Wirtschaftsund Finanzpolitik (1992, 21994) und Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsentwicklung (1996). C Munzinger Arndt, Johann, auch latinisiert Aquila (nach Arndt, nieddt. = Adler), luth. Pfarrer, Erbauungsschriftsteller, * 27. 12. 1555 Ballenstedt (oder Edderitz) / Anhalt, † 11. 5. 1621 Celle. Nach dem Schulbesuch (Aschersleben, Halberstadt, Magdeburg) studierte der Pfarrerssohn seit 1575 (bis 1581 ?) in Helmstedt, Wittenberg, Basel und Straßburg die artes liberales und Medizin, absolvierte aber kein regul¨ares Theologiestudium. Die Begegnung mit dem Paracelsismus (→ Paracelsus) w¨ahrend seiner Studienzeit pr¨agte ihn dauerhaft. Nach der Ordination 1583 trat A. in Anhalt in den Pfarrdienst (Diaconus in Ballenstedt, 1584 Pfarrer in Badeborn). Als mit der Abschaffung des Taufexorzismus eine calvinisierende „zweite Reformation“ in Anhalt begann, leistete
er Widerstand und wurde 1590 entlassen. W¨ahrend seiner Zeit als Pfarrer in Quedlinburg (1590-99) entstanden die ersten Schriften: unter dem Eindruck des neu entflammten T¨urkenkriegs auf dem Balkan seine Buß-Predigten von den endzeitlich gedeuteten Egyptischen Plagen (1595 / 96, gedruckt: 1657) und gegen den calvinistischen Bildersturm in seiner Heimat die Ikonographia (1597). Von tiefgreifender Bedeutung f¨ur A. wurde seine Entdeckung von Schriften der mittelalterlichen Mystik (Theologia deutsch, → Thomas von Kempen, Johann von → Staupitz, → Johannes Tauler), die er mit Vorworten versehen herausgab (1597, 1605, 1621). Vor allem aus diesen und anderen mystischen Werken, aber auch aus spiritualistischen Schriften (Paracelsus und Valentin → Weigel) sch¨opfte er den Stoff f¨ur seine Vier B¨ucher von wahrem Christentum (1605-10), die er w¨ahrend seiner Zeit als Pfarrer an der Martini-Kirche in Braunschweig (1599-1609) verfaßte. Obgleich A. den Rahmen des luth. Kirchentums nicht verlassen wollte, steht das Werk doch in einer großen N¨ahe zum mystischen Spiritualismus, dessen zentrales Anliegen, das Verlangen nach „inwendiger“ religi¨oser Erfahrung, A. zur Geltung zu bringen versucht. Das „wahre“, „lebendige“, „t¨atige“ Christentum erweist sich nicht in der reinen Lehre, sondern in einem heiligen, aus der „neuen Geburt“ kommenden Leben in Welt- und Selbstverleugnung. Nach kurzer Zeit als Pfarrer an der AndreasKirche in Eisleben (1609-11) u¨ bte A. das kirchenleitende Amt eines braunschweig-l¨uneburgischen Generalsuperintendenten in Celle aus (1611-21). Aus dieser Zeit stammen das Gebetbuch Paradies-G¨artlein (1612), zwei Predigtb¨ande sowie kleinere Schriften. A. geh¨ort zu den einflußreichsten Gestalten des nachreformatorischen Protestantismus. Seine Erbauungsb¨ucher z¨ahlen zu den Bestsellern der christlichen Weltliteratur; sie fanden bis weit in das 19. Jh. eine ungeheure Verbreitung (¨uber 300 Drucke) und wurden in die meisten europ¨aischen und einige außereurop¨aische Sprachen u¨ bersetzt. Die Geschichte der Arndtrezeption spiegelt das ambivalente Bild seiner Theologie: an ihn kn¨upfte im 17. Jh. einerseits eine breite kirchliche Fr¨ommigkeits- und Reformbewegung an, die in den Pietismus m¨undete; andererseits war sein Werk offen f¨ur eine Inanspruchnahme durch spiritualistische Denker. GESAMTAUSGABE: Geistreiche Schriften und Werke. Hrsg. v. Johann Jakob Rambach. 3 Bde., Leipzig / G¨orlitz 1734-36. LITERATUR: Johannes Wallmann: Der Pietismus. G¨ottingen 1990, S. 13-24. – Hans Schneider: J. A.s Studienzeit. In: Jahrbuch der Gesellschaft f¨ur Nieders¨achsische Kirchengeschichte 89 (1991) S. 133-175. – Martin Brecht, in: Ders. (Hrsg.): Geschichte des Pietismus. Bd. 1, G¨ottingen 1993, S. 130-151. Hans Schneider
Arndt, Johann Friedrich Wilhelm, luth. Theologe, * 24. 6. 1802 Berlin, † 8. 5. 1881 Berlin. Der aus einer Handwerkerfamilie stammende A. begann 1820 in Berlin das Theologiestudium. Einer seiner Lehrer, der Hofprediger Friedrich → Strauß, u¨ bte sehr großen Einfluß auf ihn aus. 1829 wurde er auf dessen Betreiben zum Hilfsprediger am Dom zu Magdeburg ernannt. 1833 wurde er zweiter, 1840 erster Prediger der Parochialgemeinde in Berlin, an der er bis zu seiner Pensionierung 1875 t¨atig blieb. A. war einer der bedeutendsten Prediger im Berlin des 19. Jh. und hatte betr¨achtlichen Einfluß bei Hof. Zahlreiche seiner Predigten und Erbauungsschriften wie die Morgenkl¨ange (1843) erschienen im Druck. C RGG
Arndt, Johann Gottfried, auch Arnd, Historiker, * 12. 1. 1713 Halle, † 1. 9. 1767 Riga. A. studierte an der Univ. Halle und trat 1738 eine Hauslehrerstelle in Livland an. 1740 wurde er Rektor der Schule von ¨ Arensburg auf Osel und wechselte 1747 als Konrektor an
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Arndt das kaiserliche Lyzeum in Riga. Daneben war A. schriftstellerisch t¨atig und ver¨offentlichte zahlreiche Aufs¨atze in den „Gelehrten Beitr¨agen zu den Rigaer Anzeigen“. Sein bedeutendstes Werk ist seine auf dem Studium alter Handschriften und Urkunden aus kurl¨andischen, livl¨andischen und estl¨andischen Archiven beruhende zweib¨andige Liefl¨andische Chronik (1747-53). A., der auch genealogische und numismatische Studien betrieb, galt lange als der bedeutendste Historiker Livlands. C ADB
Arndt, Julius Karl, evang. Theologe, Schriftsteller, * 26. 3. 1820 Alsleben / Saale, † 12. 6. 1888 Wernigerode. A., ein Pastorensohn, studierte in Halle Theologie und war dann in Paris und Berlin als Hauslehrer t¨atig. 1849 ging er als Pfarradjunkt seines Vaters nach Walternienburg bei Sch¨onebeck, folgte ihm sp¨ater im Amt nach und wurde 1856 zum Superintendenten ernannt. 1861 u¨ bersiedelte A. nach Wernigerode im Harz, wo er 1862 Oberpfarrer, Superintendent der Grafschaft und Konsistorialrat wurde. Als Kirchenpolitiker war A. schon vor 1870 ein Gegner Otto von → Bismarcks und versuchte in seinem Sinne auf Kaiser → Wilhelm I. einzuwirken. 1874 verlor er wegen seiner Ablehnung der „Maigesetze“ und der Kirchengemeindenund Synodalordnung seine kirchlichen Aufsichts¨amter. A. verfaßte zahlreiche theologische Schriften und gab 1867 das Gesangbuch der Grafschaft Wernigerode heraus. C NDB
Kleinkunst, die sp¨ater vor allem in den Besitz der Antikensammlungen seines Wohnorts M¨unchen und Kopenhagens gelangten, sich aber heute auch in den Museen von T¨ubingen, Amsterdam, New Haven und Budapest befinden. A.s wissenschaftliche Hauptbesch¨aftigung galt der griechischen C Lullies Plastik und den antiken Portr¨ats.
Arndt, Peter Friedrich, Mathematiker, * 23. 8. 1817 Treptow / Rega (Pommern), † 2. 8. 1866 Berlin. A. studierte Mathematik an der Univ. Greifswald, wurde 1845 mit der Arbeit De fractionibus continuis promoviert und war Oberlehrer an einem Gymnasium in Stralsund. 1854 erhielt er eine Privatdozentur an der Univ. Berlin und wurde 1862 zum a. o. Prof. der Mathematik ernannt. Seine wissenschaftlichen Aufs¨atze ver¨offentlichte A. in Fachzeitschriften, seit 1847 u. a. im „Archiv der Mathematik und Physik“. Er besch¨aftigte sich vor allem mit zahlentheoretischen Fragen, algebraischer Analysis und dem Integralrechnen. A. fiel im Alter von 49 Jahren einer Cholera-Epidemie zum Opfer. C ADB
Arndt, Klaus Dieter, Politiker, Wirtschaftswissenschaftler, * 9. 3. 1927 Berlin, † 29. 1. 1974 Berlin. A. wurde 1946 Mitglied der SPD und geh¨orte 1963-65 dem Berliner Abgeordnetenhaus, von 1965 bis zu seinem Tod dem Deutschen Bundestag an. 1967-70 war er Parlamentarischer Staatssekret¨ar im Bundeswirtschaftsministerium, seit 1971 Mitglied des Europaparlaments und seit 1972 stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Als promovierter Volkswirt war er seit 1950 im Deutschen Institut f¨ur Wirtschaftsforschung t¨atig und u¨ bernahm 1968 dessen Leitung. A. trat f¨ur einen Ausbau des Handels innerhalb der Europ¨aischen Gemeinschaft und f¨ur verbesserte Wirtschaftsbeziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik ein. C MdB
Arndt, Rudi, Politiker, * 1. 3. 1927 Wiesbaden, † 14. 5. 2004 Kiew (Ukraine). Der Sohn Konrad → A.s studierte Rechts- und Staatswissenschaften und wurde 1953 Referent im Hessischen Innenministerium. Seit 1945 Mitglied der SPD, war er 1952-56 Stadtverordneter in Frankfurt / Main und wurde als Nachfolger von Walter → Kolb 1956 Mitglied des Hessischen Landtags. 1961-64 war er Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, wurde 1964 Hessischer Minister f¨ur Wirtschaft und Verkehr und war 1970 / 71 Hessischer Minister der Finanzen und stellvertretender Ministerpr¨asident. 1971 wurde A. zum Oberb¨urgermeister der Stadt Frankfurt / Main gew¨ahlt, als der er zu Zeiten der Auseinandersetzungen um den Wohnraum im Frankfurter Westend auch f¨ur die Baupolitik verantwortlich war. Seit 1977 als Rechtsanwalt t¨atig, wurde er 1979 Mitglied des Europ¨aischen Parlaments und war 1984-89 Vorsitzender von dessen Sozialdemokratischer Fraktion. Nach 1989 am Aufbau des SPD-Landesverbandes Th¨uringen beteiligt, wurde er dessen ehrenamtlicher Gesch¨aftsf¨uhrer.
Arndt, (Friedrich Ferdinand) Paul, National¨okonom,
Arndt, Rudolf Gottfried, Psychiater, * 31. 3. 1835 Bialken
* 25. 9. 1870 Luckenwalde (Brandenburg), † 24. 5. 1942 Bad Homburg v. d. H¨ohe. A. studierte anfangs Theologie, dann Rechts- und Staatswissenschaften in Genf, Paris, Bonn und Berlin, wo er 1897 den Dr. phil. erwarb. 1897-1900 war er als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der K¨olner Handelsakademie und 1900 / 01 bei der Berliner Kaufmannschaft t¨atig. 1901 ging A. als Dozent an die Volkswirtschaftliche Akademie f¨ur Sozial- und Handelswissenschaften in Frankfurt und wurde 1914 o. Prof. an der dortigen Universit¨at. 1917-19 leitete A. daneben in Berlin die volkswirtschaftliche Abteilung der Reichsbekleidungsstelle. Schon vor dem Ersten Weltkrieg hatte sich A. in seinen Publikationen mit sozialen Problemen besch¨aftigt und sich u. a. f¨ur den Schutz der Heimarbeiter eingesetzt. 1922-35 gab er 32 Hefte zur Heimarbeit und Verlag in der Neuzeit heraus. Als Wirtschaftswissenschaftler trat A. f¨ur eine liberale Wirtschafts- und Handelspolitik ein. Er ver¨offentlichte u. a. Lohngesetz und Lohntarif (1926).
Arndt, Paul Julius, Arch¨aologe, * 14. 10. 1865 Dresden, † 17. 7. 1937 M¨unchen. A., Sohn eines Kaufmanns, studierte in Leipzig und M¨unchen, wo er 1887 zum Dr. phil. promoviert wurde. Seit 1894 war er als Privatgelehrter t¨atig und setzte die von seinem Lehrer Heinrich von → Brunn ins Leben gerufene Publikationsreihe u¨ ber Denkm¨aler Griechischer und R¨omischer Sculptur fort. Daneben sammelte A. antike Plastiken und
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(Kr. Marienwerder), † 29. 9. 1900 Greifswald. A. beendete das Studium der Medizin in Greifswald und Halle 1860 mit der Promotion (De digestione quaestiones quaedam), war seit 1861 als praktischer Arzt t¨atig und nahm an den Kriegen von 1864, 1866 und 1870 / 71 teil. 1867 habilitierte er sich in Greifswald und u¨ bernahm die Leitung der dortigen „Irren-Heil- und Pflege-Anstalt“. 1873 wurde er a. o. Prof. der Psychiatrie an der Univ. Greifswald. A. ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch der Psychiatrie (1883) und Der Verlauf der Psychosen (1885). C NDB
Arndt, Theodor, evang. Theologe, * 1. 6. 1850 Benkendorf (Mansfelder Seekreis), † 2. 7. 1901 Berlin. A. unterrichtete seit 1874 als Oberlehrer am Schullehrerseminar in Dresden Religion, Deutsch und Geschichte und ging 1883 als Diakon an die Petri-Gemeinde in Berlin. Daneben betrieb A. theologische Studien und ver¨offentlichte 1886 u. a. eine Schrift u¨ ber Die Probleme des Alten Testaments und ihre neueste L¨osung. Er engagierte sich im 1884 gegr¨undeten Allgemeinen evangelisch-protestantischen Missionsverein und gab seit 1886 dessen „Zeitschrift f¨ur Missionskunde und Religionswissenschaft“ heraus; seit 1893 war er Vorsitzender dieses Vereins. A. war Mitglied des Protestantenvereins, des Evangelischen Bundes, des Evangelischsozialen Kongresses und des Gustav-Adolf-Vereins. C Biogr Jahrb, Bd 6
Arnet Arndt, Walter, Zoologe, Mediziner, * 8. 1. 1891 Landeshut (Schlesien), † 26. 6. 1944 Brandenburg. A. studierte in Breslau Medizin und Zoologie (Dr. med. ¨ 1919, Uber das physiologische und pathologische Vorkommen morphologisch darstellbarer Lipoide in den Geschlechtsorganen des Weibes; Dr. phil. 1920, Untersuchungen an Bachtricladen) und nahm an Expeditionen nach Norwegen, Korsika und in die Hohen Tauern teil. 1920-21 war er Volont¨ar am Zoologischen Institut und Museum in Breslau und wurde 1921 am Zoologischen Institut in Berlin Assistent, 1925 Kustos und 1931 Professor. Er beteiligte sich 1923 an hydrochemischen Untersuchungen der Nordsee, wirkte 1926 u. a. an der Herausgabe der Fauna Arctica mit und ver¨offentlichte an die 250 wissenschaftliche Abhandlungen u¨ ber Schw¨amme, W¨urmer, die Tierwelt der Nord- und Ostsee, schlesische Fauna, tierische Gifte und Rohstoffe und u¨ ber Museumskunde. A. war seit 1938 Mitglied der Internationalen Zoologischen Nomenklatur-Kommission. Er vero¨ ffentlichte u. a. Das Zusammenleben von Krustenanemonen und Schw¨ammen im Mittelmeer (1936). Wegen antinazisti¨ scher Außerungen denunziert, wurde er trotz der Gnadengesuche deutscher Wissenschaftler am 11. 5. 1944 zum Tode verurteilt und hingerichtet. C Schulz
Arndt, Wilhelm (Ferdinand), Historiker, Pal¨aograph, * 27. 9. 1838 Lobsens (Prov. Posen), † 10. 1. 1895 Leipzig. 1858 begann A. das Studium der Geschichte bei Leopold von → Ranke in Berlin und wechselte 1859 zu Georg → Waitz nach G¨ottingen. Nach der Promotion (1861) wurde er Mitarbeiter an den Monumenta Germaniae historica. Er machte sich besonders um das Auffinden und die Herausgabe alter Codices verdient, forschte u¨ ber die Merowingerzeit und gab 1876-78 „Schrifttafeln“ zur mittelalterlichen Pal¨aographie heraus. A. habilitierte sich 1875 in Leipzig und wurde dort 1876 a. o., 1894 o. Professor. Er ver¨offentlichte in den Monumenta 1882-84 das Werk des Gregor von Tours und befaßte sich zuletzt mit der Geschichte des 17. Jh., besonders mit den brandenburgisch-schwedischen Beziehungen. C NDB Arndts, Bertha, Schriftstellerin, * 9. 12. 1809 Arnsberg (Westfalen), † 10. 5. 1859 H¨utteldorf (heute zu Wien). A. zog 1830 nach der Heirat mit ihrem Vetter, dem Rechtsgelehrten Karl Ludwig → A. nach Bonn. Dort stand sie in engem Kontakt mit Annette von → Droste-H¨ulshoff, nach ihrer ¨ Ubersiedlung nach M¨unchen 1839 mit der Familie G¨orres. Die Jahre 1848 / 49 verbrachte A. haupts¨achlich in Frankfurt / Main, wo ihr Mann Abgeordneter in der deutschen Reichsversammlung war. Von ihrer Erkrankung an der Schwindsucht suchte sie Heilung in verschiedenen Kurorten, 1850 auch in Ostende. Die Reiseberichte aus Belgien erschienen in der K¨olner Zeitschrift „Deutsche Volkshalle“. 1855 zog A. nach Wien, wo sie vier Jahre sp¨ater der Tuberkulose erlag. Neben schon zu ihren Lebzeiten erschienen Gedichtb¨anden kamen 1860 Texte Aus dem Nachlaß einer Verstorbenen heraus.
Arndts, Karl Ludwig Ritter von Arnsberg, Jurist, * 19. 8. 1803 Arnsberg (Westfalen), † 1. 3. 1878 Wien. Der einer Juristenfamilie entstammende A. studierte 1820-23 in Bonn und Heidelberg Rechtswissenschaften (Promotion 1825 in Berlin), habilitierte sich 1826 in Bonn, wurde 1836 a. o. Prof. und 1839 o. Prof. in M¨unchen. 1844-47 geh¨orte er der bayerischen Gesetzgebungskommission an, 1848 / 49 vertrat er als Abgeordneter der Großdeutschen den Kreis Straubing im Frankfurter Parlament. Nach seiner R¨uckkehr nach M¨unchen ver¨offentlichte er 1850-52 das Lehrbuch der Pandekten (141889). 1855 folgte A., der Mitbegr¨under ¨ der Zeitschrift „Kritische Uberschau der deutschen Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“ war, einem Ruf nach Wien,
wo er sich an der Reorganisation des Jurastudiums beteiligte. A. war seit 1867 Mitglied des o¨ sterr. Herrenhauses und wurde 1871 nobilitiert. In erster Ehe war er mit Bertha → A. verheiratet, seine zweite Frau war Maria → A. C Frankf Nationalvers
Arndts, Maria, geb. Vespermann, Komponistin, Schriftstellerin, * 5. 4. 1823 M¨unchen, † 23. 5. 1882 M¨unchen. Die Tochter des M¨unchner Hofschauspielers Wilhelm → Vespermann und der S¨angerin Klara → Verspermann gab schon als Zw¨olfj¨ahrige Klavierkonzerte und schrieb Musik zu → Goethes Kennst du das Land . . . Sp¨ater ver¨offentlichte A. Kompositionen f¨ur Klavier und Gesang, war Malerin und verfaßte Gelegenheitsgedichte, Dramen f¨ur das christliche Haus (4 Bde., 1864-69) und zwei Novellen. Sie heiratete 1844 den Dichter Guido → G¨orres und verm¨ahlte sich nach dessen Tod 1860 mit dem Juristen Karl Ludwig → A. in Wien. Er war der Witwer ihrer Freundin Bertha → A., deren Gedichte sie vertonte und herausgab. 1878 zum zweitenmal verwitwet, kehrte A. nach M¨unchen zur¨uck. Arnecke, Friedrich, Syndikus, * 13. 5. 1884 Dresden, † n. e. Nach kurzer Zeit an der TH in Dresden studierte A. an der Univ. Leipzig und wurde 1912 in Marburg mit der Arbeit Die Hildesheimer Stadtschreiber bis zu den ersten Anf¨angen des Syndikats und Sekretariats. 1217-1443 zum Dr. phil. promoviert. Ein Stipendium des preuß. Kultusministeriums erm¨oglichte ihm Studienreisen ins Ausland. 1913-19 war A., unterbrochen vom Ersten Weltkrieg, in der Preußischen Archivverwaltung am Staatsarchiv in Magdeburg und am Geheimen Staatsarchiv in Berlin t¨atig. 1919 wurde er Syndikus eines schlesischen Eisenh¨uttenwerks, 1920 des Industrieverbands in Leipzig. 1923-26 war A. Direktor des Meßamts Kiel, seit 1926 Gesch¨aftsf¨uhrer der Finanzabteilung der Harzwasserwerke Hannover, daneben Syndikus des Verbands Deutscher Auskunftsunternehmen und der Konvention der Auskunfteien und Direktor der Evidenzzentrale f¨ur Teilzahlungen GmbH. A. ver¨offentlichte einige historische und juristische Werke. Arnemann, Justus, Chirurg, * 23. 6. 1763 L¨uneburg, † 25. 7. 1806 Hamburg. A. studierte seit 1781 Philologie an der Univ. G¨ottingen, wechselte 1783 zur Medizin, wurde 1787 promoviert (Experimentorum circa redintegrationem partium corporis in vivis animalibus institutorum prodomus, dt. Versuche an lebenden Thieren, 2 Bde., 1788) und zum a. o. Prof. der Medizin ernannt. Im selben Jahr trat er eine zweij¨ahrige Studienreise an, die ihn nach Berlin, Wien, Pavia, Paris und London f¨uhrte. 1792 erhielt er in G¨ottingen eine ordentliche Professur, verließ die Stadt 1803 wegen erheblicher Geldschulden und ließ sich als Arzt in Hamburg nieder. Hier geriet A., der bald eine erfolgreiche Praxis betrieb, erneut in finanzielle Schwierigkeiten und setzte 1806 seinem Leben ein Ende. A. widmete sich besonders der Chirurgie, ver¨offentlichte neben zahlreichen medizinischen und pharmakologischen Abhandlungen das unvollendete Handbuch System der Chirurgie (2 Bde. 1798-1801) und war Herausgeber verschiedener Zeitschriften. Arnet, Edwin, schweizer. Redakteur, Schriftsteller, * 11. 5. 1901 Z¨urich, † 27. 11. 1962 Z¨urich. Der aus a¨ rmlichen Verh¨altnissen stammende A., Sohn eines Hauswarts, wurde 1925 fester Mitarbeiter am Lokalteil der „Neuen Z¨urcher Zeitung“; 1941-55 war er als Ressortleiter t¨atig. Zwischen 1946 und 1960 erschien regelm¨aßig im „Nebelspalter“ seine Kolumne „Philius kommentiert“. Als Schriftsteller deb¨utierte A. mit dem autobiographisch gef¨arbten Roman Emanuel (1925, 31931), der 1924 den 1. Preis eines nationalen literarischen Wettbewerbs des Orell
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Arneth F¨ussli Verlags gewann. Er schrieb das offizielle Festspiel f¨ur die Schweizer Landesausstellung 1939 (Das eidgen¨ossische Wettspiel), drei weitere Romane und Erz¨ahlungen. Gesammelte Feuilletons A.s erschienen 1968 unter dem Titel Z¨urcher Impressionen (21982). C Killy
Arneth, Alfred Ritter von, o¨ sterr. Historiker, Politiker, * 10. 7. 1819 Wien, † 30. 7. 1897 Wien. A., Sohn des Historikers Joseph Calasanza von → A. und der Antonie → Adamberger, trat nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Wien 1841 eine Stelle im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv an. 1848 wurde er in die Frankfurter Nationalversammlung gew¨ahlt, wo er zu den großdeutschen Liberalen und der Gruppe „Augsburger Hof“ geh¨orte. A. gab große Quellensammlungen heraus und wurde nach dem Erscheinen seiner Biographie des ¨ Prinzen → Eugen in die Osterreichische Akademie der Wissenschaften aufgenommen; nach der Herausgabe der Geschichte Maria Theresias (10 Bde., 1863-79) wurde er 1879 deren Pr¨asident. A. war seit 1868 Leiter des Haus-, Hofund Staatsrachivs, Mitarbeiter der „Monumenta Germaniae Historica“, Mitglied verschiedener historischer Kommissionen, Mitinitiator des Volkssbildungsvereins, seit 1861 liberaler Abgeordneter des nieder¨osterr. Landtags und seit 1869 Mitglied des o¨ sterr. Herrenhauses. Seine Autobiographie Aus meinem Leben (2 Bde.) erschien 1891 / 92. C Frankf Nationalvers
Arneth, Arthur, Mathematiker, * 19. 9. 1802 Heidelberg, † 16. 12. 1858 Heidelberg. Nach der Promotion unterrichtete A. seit 1823 zun¨achst Mathematik und Physik am Institut von Hohenwyl im Kanton Bern. 1828 wurde er Privatdozent (De lineis rectis in spatio sitis) an der Univ. seiner Heimatstadt und 1838 Prof. der Mathematik und Physik am dortigen Lyzeum. A. ver¨offentlichte neben zahlreichen mathematischen Untersuchungen u. a. System der Geometrie (1840) und versuchte sich mit seiner 1852 erschienenen Neuen Encyklop¨adie f¨ur Wissenschaften und K¨unste auch auf wissenschaftshistorischem Gebiet. C ADB Arneth, Joseph, Mediziner, * 13. 10. 1873 Burgkunstadt (Oberfranken), † 16. 11. 1955 M¨unster. A. studierte in M¨unchen, Heidelberg und W¨urzburg Medizin, wurde 1897 promoviert (Glia und Gliom), verbrachte ein Jahr als Assistenzarzt bei einem bayerischen Regiment in Metz und war 1899-1907 Assistent an der medizinischen Universit¨atsklinik und am Juliusspital in W¨urzburg. 1904 habilitierte er sich in W¨urzburg f¨ur Innere Medizin (Die neutrophilen weißen Blutk¨orperchen bei Infektionskrankheiten), lehrte seit 1907 als Honorarprofessor prop¨adeutische Medizin in M¨unster und leitete die Innere Klinik des st¨adtischen Krankenhauses. A. ver¨offentlichte zahlreiche Abhandlungen zur H¨amatologie und entwickelte Die qualitative Blutlehre (4 Bde., 1920-26), nach der das „Arnethsche Blutbild“ benannt ist. Besondere Beachtung fand sein Leitfaden der Per¨ kussion und Auskultation (1920, 71948). 2, 3 C Arzte
Arneth, Joseph Calasanza Ritter von, Historiker, Numismatiker, * 12. 8. 1791 Leopoldschlag (Ober¨osterreich), † 21. 10. 1863 Karlsbad (B¨ohmen). Der Sohn eines Brauereibesitzers studierte in Wien Geschichte, Arch¨aologie und Numismatik, trat 1811 eine Praktikantenstelle im Wiener M¨unz- und Antiquit¨atenkabinett an und wurde 1813 Kustos. Er begleitete 1816-19 den F¨ursten Dietrichstein auf Reisen durch Deutschland, die Schweiz, Dalmatien, nach Paris und London und erweiterte dabei seine arch¨aologischen und numismatischen Kenntnisse. 1824-28 hielt A. historische Vorlesungen an der Univ. Wien. Neben zahlreichen, vor allem numismatischen Pu-
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blikationen erschien 1827 sein Hauptwerk, die Geschichte ¨ des Kaisertums Osterreich. A., der Mitbegr¨under der Akademie der Wissenschaften in Wien war, wurde in den Adelsstand erhoben und 1840 zum Direktor des M¨unz- und Antiquit¨atenkabinetts ernannt. A.s Ehefrau war die Schauspielerin Antonie → Adamberger, Michael → A. sein Bruder, Alfred → A. sein Sohn. C Wurzbach
Arneth, Michael, Augustinerchorherr, Theologe, * 9. 1. 1771 Leopoldschlag (Ober¨osterreich), † 24. 3. 1854 St. Florian (Ober¨osterreich). A., Bruder von Joseph Calasanza von → A., trat nach dem Studium der Theologie und Philosophie in Wien 1794 in das Chorherrenstift St. Florian ein und empfing 1797 die Priesterweihe. 1801 wurde er zum Prof. des Bibelstudiums am Lyzeum in Linz ernannt. Eine Berufung an die Univ. Wien lehnte A. ab und u¨ bernahm 1815 die Direktorenstelle des Linzer Staatsgymnasiums. 1823 wurde er Propst seines Stiftes und Generaldirektor der ober¨osterr. Gymnasien. 1831 w¨ahlte ihn das Hohe Verordnete St¨andische Kollegium in Linz zum Ausschußmitglied und 1834 zum Verordneten. In St. Florian ließ A. die Klostergeb¨aude restaurieren; er erweiterte die Bibliothek sowie die Sammlungen und gr¨undete die Theologische Hauslehranstalt neu. A. f¨orderte den jungen Anton → Bruckner, den er bei den S¨angerknaben aufnahm. C BBKL
Arnheim, Fischel, Politiker, Jurist, * 23. 2. 1812 Bayreuth, † 31. 1. 1864 M¨unchen. Der einer religi¨osen j¨udischen Familie entstammende A. erhielt nach dem Studium der Rechtswissenschaften erst 1848 die Ernennung zum kgl. Advokaten in Naila. 1849 wurde er vom Kreis Hof in die bayerischen Abgeordnetenkammer gew¨ahlt und trat als Liberaler f¨ur das allgemeine Wahlrecht, die Unabh¨angigkeit von Justiz und Presse sowie 1852 f¨ur die Aufl¨osung kleinerer bayerischer Gesandtschaften im Ausland ein. Viele Artikel der bayerischen Zivilprozeßordnung und des Zivilgesetzbuches gingen auf A.s Vorschl¨age im Gesetzgebungsausschuß zur¨uck. F¨ur die j¨udische Bev¨olkerung in Bayern erreichte A. die Aufhebung des Matrikelzwangs, der die Anzahl der in einem Ort ans¨assigen Juden regelte. C Leb Franken, Bd 2
Arnheim, Fritz, Historiker, * 29. 3. 1866 Berlin, † 19. 6. 1922 Berlin. A. studierte in Berlin und Halle Geschichte und wurde 1888 promoviert. Er unternahm mehrere ausgedehnte Studienreisen nach Schweden, Belgien und Norwegen. 1917-19 war er Lektor in der Nachrichtenabteilung des Ausw¨artigen Amtes in Berlin. 1919 wurde A., der sich auf die Geschichte Skandinaviens, Preußens und Finnlands spezialisiert hatte, Professor. A. ver¨offentlichte u. a. 1909 / 10 unter dem Titel Luise Ulrike, die schwedische Schwester Friedrichs des Großen eine zweib¨andige Sammlung von deren ungedruckten Briefen. Seit 1915 gab er die „Mitteilungen aus der historischen Literatur“ heraus. C Reichshandbuch
Arnhold, Adolf, Bankier, * 5. 9. 1884 Dresden, † 15. 12. 1950 Heidelberg. Nach dem Besuch der Handelsschule in Dresden und einer praktischen Ausbildung in Berlin, Br¨ussel, London und New York trat A. wie seine Br¨uder in das v¨aterliche Bankhaus ein, erhielt 1906 Prokura und wurde 1908 Teilhaber. Daneben f¨uhrte er den Vorsitz im Dresdner B¨orsenvorstand, war Mitglied des Ausschusses des Zentralverbands des deutschen Bank- und Bankiergewerbes und des Dresdner Bezirksausschusses der Reichsbank. 1934 vom nationalsozialistischen
Arnhold Regime zum R¨ucktritt von s¨amtlichen Positionen gezwungen, ging A. vermutlich 1936 ins Exil und lebte seit 1940 in S˜ao Paulo in Brasilien, wo er mit seinem Bruder Kurt → A. Beteiligungen an Industrie- und Handelsunternehmen unterhielt. A. starb 1950 w¨ahrend eines Deutschlandbesuchs in Heidelberg. C BHdE, Bd 1
Arnhold, Carl, Ingenieur, * 18. 12. 1884 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 5. 10. 1970 Witten. A., Sohn eines Versicherungsbeamten, erhielt eine Ausbildung an der K¨oniglich H¨oheren Maschinenbauschule in Elberfeld und trat 1904 als Konstrukteur in die Eisenwerke G. & J. Jaeger in Elberfeld-Mirke ein. Seit 1909 widmete er sich haupts¨achlich der Berufsausbildung, zun¨achst als Lehrer an der gewerblichen Fortbildungsschule der Stadt Elberfeld, seit 1921 als Leiter der Werksschulbetriebe des Schalker Vereins. In der Folge entwickelte A. vor dem Hintergrund der Rationalisierungsbestrebungen der Industrie und der Notwendigkeit neuer Vorgehensweisen bei der Ausbildung von Nachwuchsarbeitern eine ideologieartige Industriep¨adagogik, die bestrebt war, den Arbeiter „von der Wiege bis zur Bahre“ in eine straff organisierte, auch weite Teile des Freizeitbereichs umfassende Arbeitsgemeinschaft einzubinden, die in erster Linie der Produktivit¨atssteigerung verpflichtet war. Mit der Gr¨undung des Deutschen Instituts f¨ur technische Arbeitsschulung (DINTA) 1925 in D¨usseldorf, das ideologisch geschulte „Einsatzingenieure“ f¨ur Ausbildungsund Rationalisierungsmaßnahmen in Betriebe entsandte, gewann A.s Denken u¨ berregionalen Einfluß: 1934 kontrollierte DINTA mit 100 Werkszeitungen, deren Hauptteil zentral in D¨usseldorf verfaßt wurde, in einer Auflage von einer Million Exemplaren drei Viertel aller Werkszeitungen im Deutschen Reich. A. stand dem Denken und den F¨uhrungspersonen der NSDAP von Anfang an nahe; 1933 wurde DINTA der Deutschen Arbeitsfront eingegliedert, in der sie 1935 ganz aufging. A. wechselte als Generalreferent f¨ur Berufserziehung und Leistungssteigerung in das Reichswirtschaftsministerium. Nach dem Krieg zwei Jahre interniert, gr¨undete A. 1948 in Witten die Gesellschaft f¨ur Arbeitsp¨adagogik als ein Institut f¨ur Betriebsorganisation und Arbeitsp¨adagogik, mit dem er noch einmal maßvollen Einfluß gewann. 1960 wurde A. das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse verliehen. C Rhein-Westf Wirt, Bd 17
Arnhold, Eduard, Unternehmer, * 1849 Dessau, † 10. 8. 1925 Berlin. Der Sohn eines Augenarztes trat als Lehrling in die Kohlenfirma Wollheim ein, wurde sp¨ater Prokurist, Mitinhaber und f¨uhrte nach dem Tod des Besitzers dieses eng mit der oberschlesischen Montanindustrie verbundene Handelshaus allein. A. war auch im Bereich des Maschinenbaus und der chemischen Industrie t¨atig und geh¨orte der Leitung der Berliner Straßenbahnen, dem Verwaltungsrat der Deutschen Reichsbahngesellschaft und verschiedenen Wirtschafts- und Handelsorganisationen an. Er war Wirtschaftsberater der Reichsregierung und Mitglied des preuß. Herrenhauses. Nach dem Ersten Weltkrieg verhandelte er im Auftrag der deutschen Regierung in London u¨ ber den weiteren Erhalt Oberschlesiens. A., ein bedeutender Kunstm¨azen, galt als der gr¨oßte Sammler moderner Malerei in Deutschland; er war Freund und F¨orderer von Max → Liebermann und Fritz von → Uhde. 1911 stiftete er die Deutsche Akademie Villa Massimo in Rom als Aufenthaltsort f¨ur die mit dem „Rompreis“ der Preußischen Akademie der K¨unste ausgezeichneten Stipendiaten. Er kaufte zahlreiche Werke der franz¨osischen Impressionisten an. Da A. Jude gewesen war, wurde seine umfangreiche Sammlung 1933 von den Nationalsozialisten aufgel¨ost und in alle Welt verstreut. C AKL
Arnhold, Hans, Bankier, * 30. 5. 1888 Dresden, † 8. 9. 1966 Lausanne. Wie seine Br¨uder trat A. in das v¨aterliche Bankhaus ein, hielt sich 1908-11 zur Ausbildung in den USA auf und u¨ bernahm 1918 die Leitung der neugegr¨undeten Filiale in Berlin, die 1921 in „Gebr¨uder Arnhold Bankhaus DresdenBerlin“ umbenannt wurde. A. war am Aufbau des Berliner Aschinger-Konzerns beteiligt und geh¨orte als Mitglied und Vorsitzender zahlreichen Aufsichtsr¨aten von Unternehmen vor allem der Brau- und Keramikindustrie an. Er war Mitglied der Berliner B¨orsen-Zulassungsstelle und der „Deutschen Gesellschaft 1914“. 1931 gr¨undete er eine Interessengemeinschaft mit dem Bankhaus S. Bleichr¨oder, emigrierte nach 1933 nach Frankreich, sp¨ater in die USA. Dort widmete er sich seit 1937 dem Ausbau der New Yorker Filiale des Bankhauses Arnhold & Bleichr¨oder und war in der Keramikindustrie t¨atig. Sein Berliner Wohnhaus am Wannsee ist heute Sitz der „American Academy“, die amerikanische Wissenschaftler und K¨unstler zu Gastaufenthalten nach Berlin einl¨adt. C BHdE, Bd 1
Arnhold, Heinrich (Gustav), Bankier, * 22. 7. 1885 Dresden, † Oktober 1935 Dresden. A. erhielt nach seinem Jurastudium an den Universit¨aten Freiburg / Breisgau, Berlin und Leipzig wie seine Br¨uder eine Position im Bankhaus seiner Familie in Dresden, 1908 Prokura und wurde 1910 Teilhaber. A. war in Dresden Mitglied der Industrie- und Handelskammer, der B¨orsenZulassungsstelle und Vorsitzender der Vereinigung der Privatbankiers. Wie sein Bruder Hans → A. saß A. in den Aufsichtsr¨aten verschiedener Aktiengesellschaften, besonders aus dem Bereich der Brau-, Porzellan- und Keramikindustrie. Wie sein Onkel Eduard → A. bet¨atigte er sich als Kunstm¨azen und setzte sich dar¨uber hinaus f¨ur die Verbreitung des Esperanto ein. C Reichshandbuch
Arnhold, Johann Samuel, auch Arnold, Arntholdt, Zeichner, Maler, * 22. 12. 1766 L¨othain bei Meißen, † 1. 1. 1828. A. wuchs als Sohn eines J¨agers auf einem s¨achsischen Rittergut auf und ließ sich seit 1785 an der Malschule der Porzellanmanufaktur in Meißen zum Blumenmaler ausbilden. 1806 wurde er als Zeichenlehrer angestellt; 1817 erhielt er den Titel eines kgl. s¨achsischen Hofmalers. Seit ¨ 1794 wurden seine Blumenst¨ucke in Aquarell- und Olfarben und in Gouachetechnik auf den Dresdner Kunstausstellungen gezeigt. Sp¨ater wurden dort auch Landschaftsbilder und zwei Vasen A.s mit den Monumenten von → Klopstock und → Schiller ausgestellt. Besondere Anerkennung erfuhren A.s Blumen- und Fruchtst¨ucke, die Ludwig → Richter in seinen Lebenserinnerungen vorhob. A. gab eine Anleitung, Blumen und Fr¨uchte zu malen, f¨ur Blumenfreunde, Zeichner und Stickerinnen heraus (21808). C AKL
Arnhold, Kurt, Bankier, * 29. 4. 1887 Dresden, † 9. 9. 1951 S˜ao Paulo (Brasilien). A. studierte wie sein a¨ lterer Bruder Heinrich → A. in Freiburg / Breisgau, Berlin und M¨unchen Rechtswissenschaften, war Referendar in Dresden und D¨ohlen und wurde 1913 in Leipzig mit der Arbeit Das Recht auf die Dividende der Aktiengesellschaft promoviert. 1914 wurde er Teilhaber des v¨aterlichen Bankhauses. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg war er Aufsichtsratsvorsitzender bzw. -mitglied diverser großer deutscher Industrieunternehmen. 1938 emigrierte er u¨ ber die Niederlande, die Schweiz nach Großbritannien und 1939 nach S˜ao Paulo in Brasilien. Dort stand er in enger gesch¨aftlicher Verbindung mit seinem Bruder Adolf → A. und arbeitete mit seinem Bruder Hans → A. C BHdE, Bd 1 in New York zusammen.
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Arnim Arnim, (Ludwig) Achim von, eigentl. Carl Joachim Friedrich Ludwig v. A., Schriftsteller, Publizist, * 26. 1. 1781 Berlin, † 21. 1. 1831 Wiepersdorf (Kr. J¨uterbog). A., Sohn des preuß. Gesandten und zeitweiligen Intendanten → Friedrichs II. von Preußen, Joachim Erdmann von A., dessen Frau bei der Geburt A.s starb, wurde mit seinem Bruder von der Großmutter Caroline von Labes in Berlin und Zernikow erzogen. W¨ahrend des Studiums der Rechtswissenschaften in Halle, sp¨ater der Mathematik in G¨ottingen lernte er → Goethe und vor allem Clemens → Brentano kennen, u¨ ber den er zur Dichtung kam und mit dem ihn in den folgenden Jahren eine intensive Freundschaft verband. 1799-1807 publizierte A. physikalische Arbeiten u¨ ber Elektrizit¨at. Weitere Wohnorte waren K¨onigsberg und Heidelberg. Im Verlauf einer Bildungsreise in Europa 1801-04 hatte er in Frankfurt die Schwester seines Freundes Bettine Brentano (→ Arnim) kennengelernt, mit der ihn zun¨achst eine Brieffreundschaft verband und die er 1811, zur¨uck in Berlin, heiratete. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor. 1811 kam es zum Zerw¨urfnis des Paares mit Goethe in Weimar. In Berlin gr¨undete A. eine „Christlich-deutsche Tischgesellschaft“. Die Familie siedelte 1814 zeitweilig auf das Gut Wiepersdorf um, wo er auch in den Jahren der R¨uckkehr nach Berlin j¨ahrlich einige Monate verbrachte, um seinen Aufgaben als Gutsherr nachzukommen. Bekannt wurde A. vor allem durch die Sammlung der „alten deutschen Lieder“, die er gemeinsam mit Brentano unter dem Titel Des Knaben Wunderhorn (3 Bde., 1805-08) herausgab. Die am meisten gelesenen Arbeiten sind seine No¨ vellen, unter denen Isabella von Agypten (1812), Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau (1818) und Die Majoratsherren (1820) die bekanntesten sind. Surreale, traumhafte Phantastik wechselt mit Realismus, heiter-ironische Passagen mit allegorischer Bildlichkeit, Sage und M¨archen mit Historie und Tagesgeschehen. 1810 erschien in Berlin der Roman Armuth, Reichthum, Schuld und S¨uhne der Gr¨afin Dolores. 1817 folgte der erste Teil der Kronenw¨achter, die Fragmente des zweiten Teils gab Bettine 1854 postum in Druck. Dieser Roman liefert eine Kritik zeitgen¨ossischer Zust¨ande auf der Folie der Jahre 1475-88. Die Qualit¨aten der reichen, lange untersch¨atzten Lyrik liegen in der Musikalit¨at ihrer Form, ihren pr¨agnanten Bilderfindungen und der Assoziationstechnik. Die Schauspiele, zumeist freie Bearbeitungen a¨ lterer Stoffe, sind nahezu vergessen. Außer einer, durch Zensur vereitelten Auff¨uhrung des St¨ucks Die Befreiung von Wesel sind keine Auff¨uhrungspl¨ane bekannt. Bedeutender ist A.s publizistische T¨atigkeit f¨ur verschiedene Organe: f¨ur den „Preußischen Correspondenten“, dessen Redaktion er 1813 f¨ur einige Monate von → Schleiermacher u¨ bernahm, f¨ur die „Vossische Zeitung“, → Kleists „Berliner Abendbl¨atter“ und vor allem f¨ur den „Gesellschafter“. In ihnen ver¨offentlichte er, teils anonym, eine F¨ulle von Beitr¨agen zu politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Themen. Seine Briefe geh¨oren zu den aufschlußreichsten und sch¨onsten der deutschen Briefliteratur. A.s Werke spiegeln die Umbruchssituation des Revolutionszeitalters, dessen Antagonismen er in einer h¨oheren, letztlich religi¨os erfahrenen Wahrheit zu harmonisieren suchte. Trotz r¨uhmender Nachrufe und des Lobs, das Heinrich → Heine in seiner Romantischen Schule ge¨außert hat, ist es
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dem Werk A.s nicht gelungen, seinen angemessenen Platz in der deutschen Literaturgeschichte zu finden. Nach dem Tod A.s k¨ummerte sich Bettine v. A. um die Herausgabe der Werke ihres Mannes. Von der Germanistik der Gr¨underzeit wurde A. zu einem deutschnationalen Junker verf¨alscht und vereinnahmt. Andr´e Breton sah in ihm wegen seiner Phantastik einen Vorl¨aufer des Surrealismus. Die Rezeption A.s wird heute von der neuentdeckten Bedeutung seiner Frau u¨ berlagert. WERKAUSGABEN: S¨amtliche Werke. Hrsg. v. Wilhelm Grimm (eigentl. Bettine von Arnim). 22 Bde., Berlin 1839-56 (Bd. 23: T¨ubingen 1976). – S¨amtliche Romane und Erz¨ahlungen. Hrsg. v. Walther Migge. 3 Bde., M¨unchen 1962-65. – Mir ist zu licht zum Schlafen. Gedichte – Prosa – St¨ucke – Briefe. Hrsg. v. Gerhard Wolf. Frankfurt / Main 1984. – Werkausgabe in sechs B¨anden. Hrsg. v. Roswitha Burwick u. a. Frankfurt / Main 1992. LITERATUR: Helene M. Kastinger Riley: A. v. A. Reinbek 1979. – Konrad Kratzsch: L. A. v. A., das Leben eines romantischen Dichters. Berlin 1981. – A. v. A. 1781-1831. Ausstellungskatalog. Freies Deutsches Hochstift, Frankfurt / Main 1981. – Roswitha Burwick / Bernd Fischer (Hrsg.): Neue Tendenzen der Arnim-Forschung. Frankfurt / Bern / New York 1988. – Claudia Nitschke: Utopie und Krieg bei L. A. v. A. T¨ubingen 2004. Thomas Sternberg
Arnim, Achim von, Milit¨ar, National¨okonom, * 1. 2. 1881 Karlsruhe, 24. 5. 1940 bei Ham (Frankreich). A. wurde wie sein Vater Berufsoffizier und hatte zuletzt den Rang eines Majors. Seit 1919 studierte er National¨okonomie in M¨unchen, wurde 1924 promoviert und war 1925-32 Gauf¨uhrer des Stahlhelms in Barnim. 1932 trat A. in die NSDAP und die SA ein; im selben Jahr wurde er zum Stabsf¨uhrer der SA in Berlin-Brandenburg und 1933 zum SA-Oberf¨uhrer ernannt. Seit 1933 lehrte er als o. Prof. Wehrverfassung an der TH Berlin, nahm 1933 / 34 Lehrauftr¨age an weiteren Hochschulen wahr (u. a. an der Landwirtschaftlichen und der Tier¨arztlichen Hochschule in Berlin), wurde 1934 zum Ratsherrn der Stadt Berlin ernannt und war 1934-38 Rektor der TH Berlin. 1939 / 40 nahm A. am Polenund Frankreichfeldzug teil und fiel im Krieg. C Gr¨uttner Arnim(-Criewen), (Johann Friedrich) Bern(har)d von, Politiker, * 20. 5. 1850 Criewen bei Schwedt / Oder, † 15. 12. 1939 Criewen. Aus einer der gr¨oßten Adelsfamilien Preußens stammend, besuchte A. die Ritterakademie Brandenburg / Havel und trat 1867 in die Marine ein. Er heiratete 1877 eine Tochter des Botschafters Harry Graf → Arnim-Suckow und verließ den Seedienst 1875 als Leutnant, um das ererbte Gut zu verwalten. Als aktiver Landwirt trat A. 1891 in die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) ein und u¨ bernahm 1892 deren Vorsitz. Um gem¨aßigt agrarischen Kreisen entgegenzukommen, machte ihn Kanzler Bernhard von → B¨ulow im November 1906 als Nachfolger des zur¨uckgetretenen Victor von → Podbielski zum preuß. Landwirtschaftsminister. In seine Amtszeit fielen das Inkrafttreten des neuen (Hoch-)Zolltarifs und der Konflikt um eine geplante Erbschaftssteuer 1908 / 09. A. trat f¨ur eine harte Ostmarkenpolitik ein, die zur Vertiefung der nationalpolitischen Gegens¨atze mit der polnische Minderheit f¨uhrte. Im Juni 1910 mußte A. nach der von ihm mißbilligten und im Landtag gescheiterten preuß. Wahlrechtsvorlage und wegen zunehmender Spannungen mit → Bethmann Hollweg zur¨ucktreten. Landwirtschaftspolitisch blieb er u. a. im Vorstand der DLG aktiv. 1906-18 geh¨orte A. aufgrund „besonderen Allerh¨ochsten Vertrauens“ dem Preußischen Herrenhaus (Alte Fraktion) an. 1921-28 hatte er den Vorsitz des Reichskuratoriums f¨ur Technik in der Landwirtschaft inne. C Degener, 91928
Arnim Arnim, Bettine (auch: Bettina) von, eigentl. Elisabeth Catharina Ludovica Magdalene, geb. Brentano, Schriftstellerin, * 4. 4. 1785 Frankfurt / Main, † 20. 1. 1859 Berlin. Als siebtes Kind des aus Italien eingewanderten Großkaufmanns Peter Anton Brentano und seiner zweiten Frau Maximiliane geb. von La Roche in Frankfurt / Main geboren, wurde A. seit 1794 im Ursulinenkloster im kurmainzischen Fritzlar bei Kassel und seit 1797 von ihrer Großmutter Sophie von → La Roche in Offenbach erzogen. Seit 1802 lebte sie in Haushalten verheirateter Schwestern in Frankfurt, Kassel, Marburg, M¨unchen, Landshut und Berlin. Vielseitig begabt, bildete sie sich in Gesang und Komposition (1842 erschien eine Sammlung Liedvertonungen aus ihrer Jugend Dedi´e a` Spontini), beteiligte sich mit Lied- und M¨archenaufzeichnungen an Des Knaben Wunderhorn (1805) sowie an der „Zeitung f¨ur Einsiedler“ (1808) und entwickelte auch bildk¨unstlerisches Talent; ihr 1822 begonnener Entwurf eines Goethe-Monumentes besch¨aftigte sie bis zu ihrem Tod. 1810 heiratete A. den Dichter Ludwig Achim von → Arnim. W¨ahrend der Ehe, aus der sieben Kinder hervorgingen, verkehrte A. in Berlin in politisch-literarisch interessierten Kreisen vor allem mit dem Diplomaten Karl August → Varnhagen von Ense und dessen Frau Rahel Levin, den Br¨udern Wilhelm und Alexander von → Humboldt, dem F¨ursten Hermann von → P¨uckler-Muskau sowie dem Theologen Friedrich → Schleiermacher. Als Autorin trat A. selbst erst sp¨at hervor. Seit 1831 verwitwet, ver¨offentlichte sie mit Goethes Briefwechsel mit einem Kinde (1835), Die G¨underrode (1840) und Clemens Brentanos Fr¨uhlingskranz aus Jugendbriefen ihm geflochten, wie er selbst schriftlich verlangte (1844) drei B¨ucher, die mittels authentischen Briefmaterials Schl¨usselkonfigurationen ihres Lebens verarbeiteten: die Beziehungen zu → Goethe, mit dem sie nach der ersten pers¨onlichen Begegnung 1807 zu korrespondieren begonnen hatte, zu der jung verstorbenen Dichterin Caroline von → G¨underrode und zum Lieblingsbruder Clemens (→ Brentano). Im Umgang mit ihrem Material blieb A. der fr¨uhromantischen Idee einer Einheit von Kunst und Leben verpflichtet, die auch ihr politisches Werk pr¨agte. 1843 erschien Dies Buch geh¨ort dem K¨onig, an → Friedrich Wilhelm IV. von Preußen gerichtet, in dem sie ihren kritischen Blick auf sozialpolitische Problemfelder im vorm¨arzlichen Preußen (Todesstrafe und Gef¨angnisreform, Pauperismus) mit dem monarchistisch-utopischen Entwurf eines Volksk¨onigtums verband. Das im selben Jahr begonnene Projekt des Armenbuchs, das in Form einer Sozialreportage das Elend der schlesischen Weber dokumentieren sollte, mußte A. nach dem Weberaufstand von 1844 unter Druck aus Regierungskreisen abbrechen. In den folgenden Jahren setzte A. sich aktiv f¨ur politisch Verfolgte ein, so f¨ur den 1845 des Hochverrats angeklagten schlesischen Fabrikanten Friedrich Wilhelm Schloeffel, den F¨uhrer des polnischen Aufstands von 1846 Ludwig Mieroslawski und den 1849 zum Tod verurteilten Revolution¨ar Gottfried → Kinkel, und sammelte einen Kreis politisch aktiver Linksintellektueller um sich, zu dem die Br¨uder Edgar und Bruno → Bauer, sp¨ater Michail Bakunin, die polnische Demokratin Julia Woykowska, Heinrich Bernhard → Oppenheim und der franz¨osische Gesandte Emanuel Arago geh¨orten. Nach den großen Publikumserfolgen von Goethes Briefwechsel mit einem Kinde und Dies Buch geh¨ort dem K¨onig ließ das o¨ ffentliche Interesse an A.s schriftstellerischem
Schaffen jedoch stark nach. Einige gemeinsam mit ihren T¨ochtern verfaßte M¨archen aus den vierziger Jahren blieben praktisch unbekannt. Der poetisch u¨ berformte Briefwechsel mit dem Studenten Philipp Engelhard Nathusius, Ilius Pamphilius und die Ambrosia (1848), die 1849 anonym publizierte Flugschrift An die aufgel¨oste preußische Nationalversammlung. Stimmen aus Paris zugunsten des polnischen Freiheitskampfes und schließlich ihr politisches Verm¨achtnis, Gespr¨ache mit D¨amonen. Des K¨onigsbuches zweiter Band (1852) fanden bis heute kaum Beachtung. Nachdem A. 1853 eine Gesamtausgabe (11 Bde.) ihrer Schriften veranstaltet hatte, widmete sie sich in den letzten Jahren ihres Lebens vor allem der Ausgabe der Werke ihres Mannes. WERKAUSGABEN: S¨amtliche Werke. Hrsg. v. Waldemar Oehlke. 7 Bde. Berlin 1920-22. – Werke und Briefe. Hrsg. v. Gustav Konrad. 5 Bde., Frechen 1959-63. – Werke. Hrsg. v. Heinz H¨artl. Berlin / Weimar 1986 ff. – Werke und Briefe in vier B¨anden. Hrsg. v. Walter Schmitz / Sibylle von Steinsdorff. Frankfurt / Main 1986 ff. LITERATUR: Otto Mallon: Bettina-Bibliographie. In: Imprimatur 4 (1933) S. 141-156. – Ingeborg Drewitz: B. v. A. Romantik – Revolution – Utopie. D¨usseldorf / K¨oln 1969. – „Herzhaft in die Dornen der Zeit greifen . . .“. B. v. A. 1785-1859. Ausstellungskatalog. Hrsg. v. Christoph Perels. Frankfurt / Main 1985. – Heinz H¨artl: B. v. A. Eine Chronik. Wiepersdorf [1985]. – B. v. A., Romantik und Sozialismus (1831-1859). Trier 1987. – Helmut Hirsch: B. v. A. Reinbek 1987. – Ursula P¨uschel: B. v. A. – politisch. Bielefeld 2004. Ulrike Landfester
Arnim, Detlev von, Kirchenpolitiker, * 15. 9. 1878 Berlin, † 1. 2. 1947 Berlin. Nach Abitur und landwirtschaftlicher Ausbildung u¨ bernahm A. 1904 die Verwaltung seines Ritterguts Kr¨ochlendorff. 1913-19 geh¨orte er dem Potsdamer Bezirksausschuß an. 1926-28 war er stellvertretendes, 1928-30 ordentliches Mitglied des Reichsrats, 1930 zog er als Abgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei in den Reichstag ein. Sein Hauptinteresse galt der evang. Kirche: Er war Vorsitzender des Patronatsverbands, Leiter der luth. Vereinigung und vertrat die Provinzialsynode im Provinzialkirchenrat. Im „Dritten Reich“ war A. als Mitglied der Bekennenden Kirche sowie des Reichsbruderrats und als Vorsitzender des luth. Konvents der Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche Verfolgungen durch die Gestapo ausgesetzt. Ende 1945 wurde der von seinem Besitz vertriebene A. Referent im Evangelischen Konsistorium der Mark Brandenburg und 1946 zum Ehrendomherrn von Brandenburg ernannt. C Leb bekenn Kirche Arnim (-Boitzenburg), Dietlof Graf von, Großgrundbesitzer, * 22. 8. 1867 Berlin, † 15. 4. 1933 Boitzenburg (Uckermark). Der Enkel von Adolf Heinrich von → Arnim-Boitzenburg besuchte mehrere h¨ohere Schulen ohne Abschluß und trat 1888 als Einj¨ahrig-Freiwilliger in das Milit¨ar ein. Er brach auch diese Laufbahn ab und u¨ bernahm 1892 rund 14 000 Hektar Familienbesitz. Der Eintritt in das Preußische Herrenhaus 1897 aktivierte den Landedelmann A. politisch; er f¨orderte die traditionell adelig dominierte Deutschkonservative Partei. Aufgrund famili¨aren Prestiges wurde er 1911 Vorsitzender des Brandenburgischen Provinziallandtags und Pr¨ases der Provinzialsynode sowie 1916 letzter Pr¨asident des Herrenhauses. Als Preußens Adel mit der Revolution 1918 alte Machtbastionen verlor, engagierte sich A. in vielf¨altiger Weise gegen die verabscheute sozialdemokratische Weimarer Republik, u. a. auf dem rechten Fl¨ugel der Deutschnationalen Partei. Trotz zeitweiser v¨olkisch-antisemitischer Affi-
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Arnim ¨ nit¨at bek¨ampfte er das „System“ aus altkonservativer Uberzeugung. 1923-33 war A. Kanzler des sozial engagierten Johanniterordens.
Arnim, Friedrich Wilhelm Graf von, Jurist, * 31. 12. 1739 Berlin, † 21. 1. 1801. Nach dem Studium der Rechte an der Univ. G¨ottingen begann A.s Laufbahn als Rat am Kammergericht; 1764 wurde er Rat und Assessor am Obergericht der Uckermark, 1769 geheimer Justizrat und Direktor des Pupillenkollegiums und des uckerm¨arkischen Obergerichts, dem er bis 1780 vorstand. Seit 1776 war A. als Vizedirektor bei der kurm¨arkischen Landschaft besch¨aftigt, wurde 1786 in den Grafenstand erhoben und zum Wirklichen Geheimen Etats-, Kriegsund dirigierenden Minister und Vizepr¨asidenten des Generaldirektoriums ernannt. Als Pr¨asident des Forstdepartements und Oberj¨agermeister machte sich A. um die F¨orderung des Forstwesens und der Landwirtschaft in Preußen verdient. 1798 nahm er aus Gesundheitsgr¨unden den Abschied. C ADB Arnim, Friedrich Wilhelm Karl von, Diplomat, Beamter, * 21. 8. 1786 Minden (Westfalen), † 3. 5. 1852 Rittergut Gerswalde (Uckermark). Nach dem Jura- und Kameralistikstudium in Halle trat A. in die diplomatischen Dienste des westf¨alischen K¨onigs → J´erˆome Bonaparte und wurde mit Missionen nach Paris und St. Petersburg betraut, wo er bis 1811 als Legationssekret¨ar t¨atig war. 1813-14 nahm er als preuß. Offizier an den Befreiungskriegen teil. Nach dem Pariser Frieden 1815 wurde A. in das Kreisdirektorium der Uckermark gew¨ahlt, war zw¨olf Jahre Landrat des Kreises Templin und wurde 1831 zum Polizeipr¨asidenten von Berlin ernannt. Als bei Ausbruch einer Cholera-Epidemie seine Maßnahmen zur Eind¨ammung der Seuche behindert und ihm direkter Zugang zum K¨onig verweigert wurde, nahm A. im Januar 1832 seinen Abschied und zog sich auf sein uckerm¨arkisches Gut Gerswalde zur¨uck. C ADB Arnim, Georg Abraham von, Milit¨ar, * 27. 3. 1651 Schloß Boitzenburg (Uckermark), † 19. 5. 1734 Berlin. A. begann seine milit¨arische Laufbahn 1667 mit dem Eintritt in die Leibgarde des Kurf¨ursten → Friedrich Wilhelm. Er nahm an den Feldz¨ugen in den Niederlanden (1672) und im Elsaß (1674), an der Eroberung von Wolgast (1675) und Stettin (1677) teil und wurde nach der Einnahme von Stralsund (1678) zum Major bef¨ordert. A. machte den Feldzug in Ungarn (1686) und, 1689 zum Oberst avanciert, in Brabant (1692) mit. Im Spanischen Erbfolgekrieg f¨uhrte er als Generalleutnant 1705 den Oberbefehl u¨ ber die preuß. Truppen an der Mosel, 1708 in Italien. 1715 wurde ihm f¨ur die Eroberung der Insel Wollin der Schwarze Adlerorden und der Rang eines Generals der Infanterie verliehen. 1731 nahm A., seit 1727 Generalfeldmarschall, seinen Abschied.
Arnim, Georg Dietloff von, Staatsmann, * 18. 9. 1679 Rittergut Nechlin (Uckermark), † 20. 10. 1753 Berlin. Als kaum Neunj¨ahriger bezog A. die Univ. K¨onigsberg und setzte seine Studien 1694-99 in Halle fort. Nach seiner Kavalierstour wurde er 1703 Kammerjunker am Berliner Hof, trat in die Armee ein und wurde 1704 in der Schlacht von H¨ochst¨adt verwundet. 1706 wurde A. Landvogt der Uckermark und Oberheroldsrat, 1712 Geheimer Justizrat, 1738 Pr¨asident des Tribunals und des ravensbergischen Appellationsgerichts in Berlin, Lehnsdirektor, Wirklicher Geheimer Rat und Staats- und Kriegsminister. 1743 erhielt er das schlesische Justizdepartement, das er aus Unzufriedenheit mit der Justizreform Samuel von → Coccejis 1748 wieder aufgab. 1749 trat A. wieder in den Staatsdienst, war Direktor der kurm¨arkischen Landschaft, dirigierender Minister, Vizepr¨asident des Generaldirektoriums, Oberpostmeister und
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Oberkurator der Berliner Realschulen. A. f¨orderte die Berliner Akademie und bem¨uhte sich um die Ansiedlung von Kolonisten und um die Hebung der m¨arkischen Landwirtschaft. C ADB
Arnim, Hans von, Milit¨ar, * 21. 12. 1846 Potsdam, † 3. 2. 1922 Baden-Baden. Nach der Erziehung im Berliner Kadettenkorps nahm A. als Leutnant am Feldzug von 1866 teil. 1884 avancierte er zum Adjutanten der 30. Division in Metz, 1893 zum Oberstleutnant und diensttuenden Fl¨ugeladjutanten des Kaisers. 1896 wurde er als Oberst Abteilungschef im Milit¨arkabinett, 1898 Inspekteur der J¨ager und Sch¨utzen, 1901 Generalleutnant. Seit 1902 kommandierte er die 2. Gardedivision, war 1906-09 Gouverneur von Metz und seit 1909 General der Infanterie. Arnim, Hans (Friedrich) von, Klassischer Philologe, * 14. 9. 1859 Rittergut Groß-Fredenwalde (Brandenburg), † 25. 5. 1931 Wien. A. studierte Rechtswissenschaften in Berlin, Heidelberg und Greifswald, seit 1878 Klassische Philologie und wurde 1882 promoviert (De prologorum Euripideorum arte et interpolatione). 1881-86 Gymnasiallehrer in Elberfeld und Bonn, habilitierte er sich 1888 mit Untersuchungen zu Philo von Alexandria in Halle, war Privatdozent, ging 1892 als a. o. Prof. nach Rostock und wurde 1893 o. Prof. der Klassischen Philologie. Seit 1900 war er Prof. der griechischen Philologie in Wien, seit 1914 in Frankfurt / Main und von 1921 bis zu seiner Emeritierung wieder in Wien. A. besch¨aftigte sich mit hellenistischer Philosophie, besorgte eine Textausgabe zur fr¨uhen Stoa (Stoicorum veterum fragmenta, 3 Bde., 1903-05; Bd. 4: Index von Maximilian Adler; Neudr. 1921-23 und 1964) und erforschte die Chronologie der Schriften Platons. Neben Studien zur Metaphysik und Ethik bei Aristoteles (u. a. Die drei aristotelischen Ethiken, 1924; Die Entstehung der Gotteslehre des Aristoteles, 1931) ver¨offentlichte ¨ er Ubersetzungen der Trag¨odien des Euripides. C Bursian, Jg. 59
Arnim, Hans-J¨urgen von, Milit¨ar, * 4. 4. 1889 Ernsdorf (Schlesien), † 1. 9. 1969 Bad Wildungen. 1908 in die Armee eingetreten, nahm A. 1914-18 am Ersten Weltkrieg teil, wurde anschließend als Offizier in der Reichswehr verwendet und 1938 in der Wehrmacht zum Generalmajor bef¨ordert. Als Kommandeur einer Infanteriedivision machte er 1939 den Angriff auf Polen mit und avancierte zum Generalleutnant. Seit 1940 Oberbefehlshaber der 17. Panzerdivision, wurde A. 1941 zum General der Panzertruppe und dann zum Kommandierenden General der XXXIX. Panzertruppe ernannt. 1942 wurde er zum Generalobersten bef¨ordert und mit dem Oberbefehl u¨ ber die 5. Panzerarmee in Tunesien betraut. Seit 1943 Oberbefehlshaber der aus deutschen und italienischen Verb¨anden zusammengesetzten Heeresgruppe Tunis, mußte A. 1943 in Tunesien kapitulieren und geriet in amerikanische Gefangenschaft, aus der er 1946 entlassen wurde. Arnim, Karl Otto Ludwig von, auch Pitt-Arnim, Reise¨ schriftsteller, Ubersetzer, * 1. 8. 1779 Berlin, † 9. 2. 1861 Berlin. Nach dem Studium in Halle (seit 1798) und G¨ottingen (seit 1800) sowie einer ausgedehnten Reise durch Europa, lebte A., der a¨ ltere Bruder des Dichters Achim von → A., auf seinen G¨utern und in Berlin, arbeitete einige Jahre als Attach´e an den preuß. Gesandtschaften in Stockholm und London und wurde mehrmals interimistisch mit der Leitung der K¨oniglichen Schauspiele in Berlin betraut. A. war Landtagsdeputierter, k¨oniglicher Oberschenk, Kammerherr, Mitglied der General-Ordenskommission und erhielt 1844 den Titel
Arnim-Suckow ¨ Exzellenz. Als Schriftsteller ver¨offentlichte er u. a. Ubersetzungen aus dem Englischen, mehrere Berichte u¨ ber seine 1835-44 unternommenen Reisen durch S¨udeuropa und ein ¨ Lustspiel Der Smaragdring (1822). Wegen seiner Ahnlichkeit mit dem englischen Premierminister hieß A. in Berlin allgemein „Pitt-Arnim“.
seine Ermordung abgebrochen wurden. Nach dem Sonderfrieden von Prag (1635) zwischen dem Kaiser und Sachsen zog sich A.-B. auf seine Besitzungen zur¨uck. 1637 ließen ihn die Schweden verhaften und nach Stockholm bringen. A.-B. gelang jedoch die Flucht; er trat neuerlich in kaiserliche und s¨achsische Dienste. C NDB
Arnim, Max, Bibliothekar, Altphilologe, * 8. 4. 1889 Clausthal, † 28. 9. 1945 Berlin. A. studierte an den Universit¨aten G¨ottingen und Greifswald Klassische Philologe. Nach der Promotion 1912 legte er 1916 das Bibliothekars-Fachexamen ab. 1920 wurde er in G¨ottingen zum Bibliotheksrat ernannt und war seit 1927 Leiter der Signierstelle an der Staatsbibliothek in Berlin. Neben Beitr¨agen zum Bibliothekswesens ver¨offentlichte A. u. a. Verzeichnisse von G¨ottinger Wissenschaftlern und ihrer Werke sowie eine Internationale Personalbiographie 1850-1935 (1936) bekannter Gelehrter und Schriftsteller. Aus den Best¨anden der Universit¨atsbibliothek G¨ottingen gab er u. a. die Reisebeschreibungen von Johann Friedrich Armand von → Uffenbach heraus.
Arnim-Heinrichsdorf, Heinrich August von, west-
Arnim, Volkmar von, Milit¨ar, * 7. 11. 1847 Sager (Pommern), † 10. 9. 1923. 1863 trat A. in die preuß. Marine ein und unternahm 1872-75 eine Reise nach Westindien, Ostasien und Spanien. 1875 avancierte er zum Kapit¨anleutnant, wurde 1880 Assistent des Oberwerftdirektors in Kiel und 1882 stellvertretender Direktionsoffizier der Marineakademie und Marineschule. 1887 erfolgte seine Berufung in die Admiralit¨at, 1889 die Bef¨orderung zum Kapit¨an zur See und zum Kommandanten der kaiserlichen Yacht „Hohenzollern“. Seit 1891 war er Fl¨ugeladjutant des Kaisers, wurde Inspekteur der 1. Marineinspektion und des Torpedowesens, 1905 Admiral. Von 1901 bis zu seiner Pensionierung 1907 oblag A. die Leitung des Bildungswesens der Marine. C Leb Pommern, Bd 2
Arnim-Boitzenburg, Adolf Heinrich Graf von, Staatsmann, * 10. 4. 1803 Berlin, † 8. 1. 1868 Schloß Boitzenburg (Uckermark). A.-B., Sohn eines preuß. Gesandten, studierte in G¨ottingen und Berlin Rechts- und Staatswissenschaften. 1833 wurde er Regierungsvizepr¨asident in Stralsund, sp¨ater in Aachen, 1838 Regierungspr¨asident in Merseburg und 1840 Oberpr¨asident der Provinz Posen. Als preuß. Innenminister (seit 1842) trat er 1845 zur¨uck, als seine Versuche, den K¨onig zu einer Verfassungsreform zu veranlassen, fehlgeschlagen waren. 1847 geh¨orte A.-B. dem Vereinigten Landtag an, hatte vom 19. bis 29. 3. 1848 das Amt des preuß. Außenministers und Ministerpr¨asidenten inne und unterzeichnete die vom K¨onig erlassene konstitutionelle Verfassung. A.-B. wurde in die Paulskirche gew¨ahlt und setzte sich sp¨ater in der 2. preuß. Kammer und im Herrenhaus (seit 1854) f¨ur das Vormachtstreben Preußens und die Interessen der Großgrundbesitzer ein. C Unionsparl Arnim-Boitzenburg, Hans Georg von, auch von Arnheim, Milit¨ar, * 1583 Schloß Boitzenburg (Uckermark), † 28. 4. 1641 Dresden. Seine Laufbahn begann A.-B. 1613 in schwedischen Diensten, trat nach polnischen 1626 in kaiserliche Dienste unter → Wallenstein und avancierte zum Feldmarschall. Als Lutheraner verließ er 1629 wegen des Restitutionsedikts die kaiserlichen Dienste und bem¨uhte sich um die Bildung einer „Mittelpartei“ unter F¨uhrung der evang. Kurf¨ursten. Seit 1631 k¨ampfte A.-B. als Kommandeur der s¨achsischen Truppen mit den Schweden gegen → Tilly, nahm aber mit dem Ziel der Vertreibung fremder Truppen aus Deutschland 1632 / 33 Verhandlungen mit Wallenstein auf, die 1634 durch
preußischer Landschaftsdirektor, * 1760, † 1834. A.-H. war zwischen 1805 und ca. 1829 als westpreußischer Generallandschafts-Direktor t¨atig. Um 1818 wurde er zum Geheimen Justizrat ernannt. Seit 1824 geh¨orte er dem Provinzial-Landtag Pommern an. A.-H. war der Vater von Heinrich Friedrich Graf von → A.-H. C NDB
Arnim-Heinrichsdorf, Heinrich Friedrich Graf von, Diplomat, Staatsmann, * 23. 9. 1791 Berlin, † 28. 4. 1859 Berlin. Der im diplomatischen Dienst Preußens besch¨aftigte A.-H. wurde 1831 Gesandter in Br¨ussel, 1841 nach Paris versetzt und vertrat sein Land 1845-48 in Wien. Dort unterst¨utzte er die Politik des Staatskanzlers F¨urst Clemens Wenzel → Metternich. Von Februar bis Mai 1849 war der 1841 in den Grafenstand erhobene A.-H. Außenminister im Kabinett des Grafen → Friedrich Wilhelm von Brandenburg und 1851-58 erneut preuß. Gesandter in Wien. C NDB Arnim-Muskau, Adolf Graf von, Sportfunktion¨ar, * 31. 3. 1875 Schloß Muskau (Oberlausitz), † 30. 5. 1931. 1881 wurde A.-M. nach dem Tod seines Vaters Herr der Freien Standesherrschaft Muskau und des Schlosses, das f¨ur seine Parkanlagen bekannt war. Er studierte Jura in Heidelberg, Halle und Berlin und nahm in einem Kavallerieregiment am Ersten Weltkrieg teil. Neben der Verwaltung seines Besitzes widmete er sich der Pferdezucht und besaß einen Rennstall. A.-M. war 1913-19 Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees, Pr¨asident des Berliner Unions-Klubs, 1923-26 des Automobilclubs von Deutschland, 1926-31 des Berliner Rennvereins. C Reichshandbuch Arnim-Suckow, Alexander (Heinrich) Frh. von, Staatsmann, * 13. 2. 1798 Berlin, † 15. 1. 1861 D¨usseldorf. Nach Absolvierung des P¨adagogiums in Halle trat A.-S. 1814 in ein Landwehrregiment ein, nahm an den Befreiungskriegen teil, studierte 1818/19 in Heidelberg Rechts- und Staatswissenschaften und begann 1820 seine diplomatische Laufbahn. Er schloß sich bald dem von den Ideen der „politischen Romantik“ inspirierten Kreis um den sp¨ateren preuß. K¨onig → Friedrich Wilhelm IV. an, wurde Gesch¨aftstr¨ager der Gesandtschaft in Neapel, 1829 in Hessen-Darmstadt, Baden und Nassau, 1843 Legations- und Vortragender Rat im Außenministerium, 1840 Gesandter in Br¨ussel und 1846 in Paris. A.-S. f¨orderte den Eisenbahnbau, hatte Anteil am Zustandekommen des Deutschen Zollvereins und trat 1844 in seiner Schrift Ein handelspolitisches Testament f¨ur eine nationale deutsche Handelspolitik ein. Als preuß. Außenminister (Ende M¨arz bis Juni 1848) und in der 2. preuß. Kammer bem¨uhte sich A.-S. um die Durchsetzung liberaler Forderungen (er war Verfasser des Aufrufs Friedrich Wilhelms IV. „an mein Volk“) und suchte Preußen zum Vork¨ampfer der deutschen Einheitsbewegung zu machen. C Unionsparl Arnim-Suckow, Harry (Kurt Eduard Carl) Graf, Diplomat, * 3. 10. 1824 Moitzelfitz bei Kolberg (Hinterpommern), † 19. 5. 1881 Nizza. Nach dem Jurastudium trat A.-S. 1850 in den preuß. diplomatischen Dienst ein, wurde Legationsrat in Lissabon, Gesandter in M¨unchen und 1864 beim Vatikan. Dort unterst¨utzte er die Gegner des Unfehlbarkeitsdogmas. 1871 nahm er an den Friedensverhandlungen mit Frankreich teil
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Arning und wurde 1872 Botschafter in Paris. Als Konservativer f¨orderte er dort monarchistische Bestrebungen, was ihn in schweren Konflikt mit Reichskanzler von → Bismarck brachte. 1874 wurde A.-S. nach Konstantinopel und dann in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. In der Folgezeit nutzte er Dokumente aus der Pariser Botschaft zu publizistischen Angriffen auf Bismarck und wurde zu neun Monaten Gef¨angnis verurteilt. Er floh in die Schweiz und gab 1876 unter dem Titel Pro Nihilo, Vorgeschichte des Arnimschen Prozesses eine weitere gegen Bismarck gerichtete Schrift heraus. A.-S. wurde wegen Landesverrats und mit Hilfe eines eigens geschaffenen „Arnim-Paragraphen“ in Abwesenheit zu neun Jahren Zuchthaus verurteilt. C BHdDA
Arning, Eduard, Dermatologe, * 9. 6. 1855 Manchester, † 20. 8. 1936 M¨unchen. Nach dem Medizinstudium in Heidelberg und Straßburg und der Promotion 1880 zum Dr. med. (Ein Fall von Pyrometra lateralis mit epikritischen Bemerkungen zur Differentialdiagnose complicirter F¨alle) verbrachte A. seine Spitals- und Assistentenzeit an der Inneren Poliklinik und Kinderklinik in Straßburg, beim Gyn¨akologen August → Martin in Berlin und an der Universit¨atsklinik in Breslau, u. a. bei Albert → Neisser. 1883-86 unternahm A. im Auftrag der K¨onigl. Preuß. Akademie eine Reise zu den Hawaiischen Inseln, wo er Lepraforschungen betrieb und eine ethnographische Sammlung anlegte, die er nach seiner R¨uckkehr den Berliner Museen u¨ bergab. Nachdem er sich als Dermatologe in Hamburg niedergelassen hatte, u¨ bernahm er 1906 die Leitung der Abteilung f¨ur Haut- und Geschlechtskrankheiten im Krankenhaus St. Georg. Bereits seit 1914 Titularprofessor, wurde A. 1919 mit Gr¨undung der Univ. und Einbeziehung seiner Abteilung in die Universit¨atsklinik zum Extraordinarius und Fachvertreter ernannt. A. war Vizepr¨asident der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (seit 1925) und wurde Ehrenpr¨asident der Hamburg-Altonaischen Dermatologischen Gesellschaft. Er widmete sich gyn¨akologischen und dermatologischen Fragestellungen, vor allem der Lepra. A. ver¨offentlichte Ethnographische Notizen Hawaii (1931) und hinterließ eine bedeutende Sammlung von Moulagen ¨ und Photographien von Hautkrankheiten. 2, 3 C Arzte
Arning, Heinrich, auch Arninck, P¨adagoge, luth. Theologe, * 1610 Osnabr¨uck, † 1. 4. 1662. A. war Rektor der Stadtschule in Reval und seit 1635 Lehrer der Beredsamkeit und der Geschichte am dortigen Gymnasium. Als solchen erw¨ahnt ihn Adam → Olearius in seinem 1665 erschienenen Werk Vermehrte Neue Beschreibung der Moscowitischen und Persischen Reise. 1646 wurde A. Prof. der Theologie, Rektor und Inspektor des Revaler Gymnasiums, 1658 Hauptpastor an St. Nicolai und Senior der Revaler Stadtregierung. A. schrieb Gedichte in deutscher und lateinischer Sprache, verfaßte eine Gratulationsschrift in griechischen Versen, philosophische Streitschriften, eine Medulla variarum earumque in epistolis usitatissimarum formularum . . . und eine ebensolche Formulierungsanleitung f¨ur Redner. Arning, Marie, Politikerin, * 19. 4. 1887 Bramsche bei Bersenbr¨uck (Niedersachsen), † 11. 9. 1957 Magdeburg. A., anf¨anglich Textilarbeiterin, bet¨atigte sich seit 1914 in der Frauenbewegung der SPD und war 1917-19 als Sekret¨arin bei der Zentrale f¨ur Arbeiterbildung besch¨aftigt. 1919 war sie Stadtverordnete in Duisburg, 1920-22 Parteisekret¨arin des SPD-Bezirks Niederrhein. Seit 1922 leitete sie die Frauenagitation und die Arbeiterwohlfahrt im Bezirk Magdeburg-Anhalt und war Mitarbeiterin im Beirat des Landesf¨ursorgeverbands der freien Wohlfahrtspflege der Provinz Sachsen. 1924-33 saß A. als SPD-Abgeordnete im Reichs-
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tag. 1933 floh sie vor einem Untersuchungsverfahren, das wegen angeblicher Unterschlagung von Geldern der Arbeiterwohlfahrt eingeleitet worden war, nach Belgien. Bis 1940 lebte sie mit G. → Ferl in Br¨ussel, floh 1940 weiter nach Frankreich, wurde ausgeb¨urgert und bis September 1940 im ¨ Lager Gurs interniert. Uber Br¨ussel kehrte sie 1941 nach Magdeburg zur¨uck. C BHdE, Bd 1
Arning, (Heinrich Friedrich) Wilhelm, Arzt, Politiker, * 20. 12. 1865 Hannover, † 11. 11. 1943 Hannover. Nach seiner R¨uckkehr aus Deutsch-Ostafrika, wo er 1893-96 als Arzt bei den deutschen Schutztruppen gedient hatte, war A. politisch und publizistisch f¨ur die deutschen Kolonien t¨atig. Auf Reisen in den Nahen Osten und nach Westafrika unternahm er Studien zur Kolonialwirtschaft. Als nationalliberaler Abgeordneter des Reichstags 1907-11 und seit 1908 des preuß. Abgeordnetenhauses forderte er mehr Einsatz f¨ur die Kolonialpolitik. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs hielt sich A. in Deutsch-Ostafrika auf, blieb dort als Arzt und geriet 1917 in britische Gefangenschaft. Auch nach dem Verlust der deutschen Kolonien leitete A. 1927-33 die Deutsche Kolonialschule in Witzenhausen. C Haunfelder, Lib Abg
Arnis¨aus, Henning, latinisiert aus Arentsehe oder Arensehe, Arzt, Philosoph, * um 1575 Schlanstedt bei Halberstadt, † November 1636 Hiller¨od. A. studierte seit 1589 Philosophie und Medizin in Helmstedt, war Sch¨uler von Cornelius → Martini, ging 1602 nach Frankfurt / Oder, las 1605 ein collegium politicum in Helmstedt und wurde nach Reisen nach Frankreich und England Prof. der Moral in Frankfurt / Oder, wo er 1612 das Amt des Prorektors innehatte. 1613 folgte er einem Ruf auf die erste medizinische Professur in Helmstedt. 1620 wurde er Leibarzt des d¨anischen K¨onigs → Christian IV. in Kopenhagen und blieb dort bis zu seinem Tod, obwohl er sich die M¨oglichkeit der R¨uckkehr nach Helmstedt ausbedungen hatte. A. verfaßte zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen, u. a. zur Metaphysik des Aristoteles, in lateinischer Sprache. Er war der eigentliche Theoretiker der neuen luth. Metaphysik (De Constitutione et Partibus Metaphysicae, 1606). Sein Einfluß reicht bis zu → Leibniz. In seinem systematischen Handbuch der Metaphysik Epitome metaphysices (1606) wandte er sich gegen die Ramisten. Auf Schriften des in Rostock lehrenden Schotten Thomas Rhaedus antwortete A. mit den Vindiciae secundum veritatem pro Aristotele et sanioribus quibusque philosophis (1611). A.s politisch-historische Schriften erschienen als gesammelte Werke 1633 in Leipzig und 1648 in Straßburg. C Leinsle 1
Arnkiel, Trogillus, auch Troels A., luth. Theologe, Altertumsforscher, getauft 28. 4. 1639 Tollstedt bei Apenrade (Schleswig), † 7. 9. 1713 Apenrade. A., Sohn eines gottorfischen Z¨ollners, studierte Theologie in Leipzig, Dorpat und Kiel und erwarb 1670 die Magisterw¨urde. 1672 wurde er als Pastor und Propst nach Apenrade berufen. Als diese Stadt im Krieg 1684 an D¨anemark fiel, verweigerte A. als Anh¨anger des Herzogs von Holstein dem d¨anischen K¨onig die Huldigung und mußte seinen Abschied nehmen. 1684 vom Herzog von Holstein zum Superintendenten ernannt, kehrte er nach dem Friedensschluß 1689 auf sein Amt in Apenrade zur¨uck. Neben zahlreichen theologischen und kirchenhistorischen Schriften verfaßte A. Abhandlungen u¨ ber den 1638 bei Tondern gemachten arch¨aologischen Fund eines goldenen Horns. In Der uralten mittern¨achtlichen V¨olker Leben, Thaten und Bekehrungen (1703) schilderte A. die Christianisierung der baltischen Urbev¨olkerung. C RGG
Arnold Arno, auch Arn, Erzbischof von Salzburg, * um 740 / 41 Isengau (Bayern), † 24. 1. 821 Salzburg. Der aus bayerischem Hochadel stammende und im Kloster St. Zeno zu Isen erzogene A. wurde 765 Diakon in Freising, empfing die Priesterweihe, trat 778 in das Kloster St. Amand zu Elnon im Hennegau ein und war dort 782-808 Abt. Von seinem Freund → Alkuin gef¨ordert, erhob ihn → Karl der Große 785 zum Bischof von Salzburg. 787 vermittelte A. in Rom vergeblich zwischen dem Kaiser und Herzog → Tassilo III., wurde 798 von Papst Leo III. zum Metropoliten der bayerischen Kirchenprovinz ernannt und leitete 799 die Untersuchungen gegen die Gegner des Papstes. Zwischen 802 und 813 wurde A. vom Kaiser mehrmals mit diplomatischen Missionen betraut. Als erster Erzbischof von Salzburg bem¨uhte er sich in regelm¨aßigen Provinzialsynoden um die Vereinigung der bayerischen und der fr¨ankischen Reichskirche, unterst¨utzte die Slawenmission in Karantanien und Pannonien und ließ die ersten Salzburger G¨uterverzeichnisse und Annalen anlegen. Er gr¨undete Schule und Bibliothek von St. Peter in Salzburg. C LexMA Arno, Bischof von W¨urzburg, † 13. 7. 892. A., dessen Herkunft im Dunkeln liegt, wurde 855 von K¨onig → Ludwig dem Deutschen zum Bischof von W¨urzburg ernannt. Er ließ dort den zerst¨orten Dom wieder aufbauen und in seinem Bistum weitere neun Kirchen errichten. Er verteidigte die Reichsgrenzen gegen Sorben, B¨ohmen und M¨ahren, nahm 884 am Reichstag teil und trat dort als Bef¨urworter des Kriegs gegen die Normannen auf. 888 stritt er auf der Mainzer Synode f¨ur die Aufrechterhaltung der kirchlichen Rechte, erreichte 889 in Frankfurt von K¨onig → Arnulf die Best¨atigung aller Stiftsprivilegien und wohnte 890 dem Reichstag sowie der Kirchensynode in Forchheim bei. Von den M¨ahren, gegen die er 892 erneut in den Krieg zog, wurden A. und seine Leute w¨ahrend einer Messe u¨ berfallen und erschlagen. In Franken wird er deshalb als M¨artyrer und Heiliger verehrt. C LThK Arno, Propst von Reichersberg, * um 1100 Polling (Oberbayern), † 30. 1. 1175 Reichersberg (Innviertel). Auf Betreiben seines Bruders → Gerhoh von Reichersberg trat A. 1124 in das oberbayerische Kloster Rottenbuch ein, folgte ihm 1132 nach Reichersberg / Inn und wurde dort 1146 Dekan, 1169 Propst. A. war Mitstreiter seines Bruders im Kampf f¨ur die Reform von Klerus und Kirche. In seinem Scutulum canonicorum regularium (1146 / 47), einer Zusammenfassung der Gewohnheiten der Regularkanoniker, betonte er die Gleichwertigkeit von M¨onchen und Kanonikern bei unterschiedlicher Funktion. A. war ein Gegner der scholastischen Schule des Abaelard und verteidigte in seinem Apologeticus contra Folmarum (1163-65) die Einheit der g¨ottlichen und menschlichen Natur Christi gegen den von → Folmar von Triefenstein wiederbelebten Adoptianismus. C LexMA
Arno, Siegfried, urspr. S. Aron, in den USA seit 1940: Sig Arno, Schauspieler, * 27. 12. 1895 Hamburg, † 17. 8. 1975 Los Angeles (USA). A. erhielt eine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Hamburg, war als Modezeichner t¨atig und gab 1913 sein Deb¨ut als Schauspieler am Hamburger Thalia-Theater. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg erhielt er mehrere Engagements in Hamburg, verlegte sich auf das komische Fach und ging 1920 nach Prag. 1921-33 war A. an verschiedenen Berliner Theatern engagiert, darunter 1923-26 am Metropol-Theater und 1927-31 am Großen Schauspielhaus, wo er u. a. in mehreren Operetten mitwirkte. Er war Mitglied des „Kabaretts der Komiker“ und erhielt Rollen in mehr als 150 Stumm- und Tonfilmen. Nach der Emigration 1933 trat A. auf B¨uhnen in Antwerpen, Rom, Z¨urich und Prag auf,
drehte 1937 in Belgien den Film Cauchemar de Beverloo, f¨ur den er auch das Drehbuch geschrieben hatte, und geh¨orte 1937-39 in Den Haag dem „Theater der Prominenten“ an. Nach dem Entzug der Spielerlaubnis 1939 emigrierte er in die USA, wo er u. a. in Broadway-Produktionen auftrat. In Hollywood wirkte A. bei mehr als f¨unfzig Filmproduktionen, darunter in Charles Chaplins Film Der Große Diktator mit. In den f¨unfziger Jahren f¨uhrten ihn Gastauftritte nach New York, Buenos Aires, Wien, Hamburg und Berlin. A. war auch als Zeichner und Portr¨atist t¨atig. C Exiltheater
Arnold von Rotberg, Bischof von Basel, * um 1394, † 6. / 7. 5. 1458 Basel. Der Sohn des Basler B¨urgermeisters studierte an der Univ. Heidelberg, wurde 1431 zum Lic. art. promoviert und war dann Domherr in Basel. Nach Studien an der Univ. Bologna wurde A. 1440 zum Dr. decr. promoviert. Im selben Jahr fand er Aufnahme in der Generalkongregation des Basler Konzils, wurde 1447 Domkustos, 1450 Domdekan und 1451 Bischof von Basel. Im selben Jahr erhielt A. von Kaiser → Friedrich III. die Regalien. A. erließ f¨ur das Chorherrenstift St. Leonhard in Basel Reformstatuten und berief Regularkanoniker. C Gatz 2 Arnold von Egmond, Herzog von Geldern, Graf von Zutphen, * 1410, † 23. 2. 1473 Grave. Nach dem Aussterben des alten Herrscherhauses von J¨ulich und Geldern w¨ahlten die St¨ande von Geldern A. zum neuen Herzog. K¨onig → Siegmund bevorzugte jedoch → Adolf von Berg und verh¨angte u¨ ber A. die Acht. Die dar¨uber ausbrechenden Zwistigkeiten zwischen Geldern und J¨ulich-Berg dauerten bis 1445. A. geriet u¨ ber Steuerforderungen in Konflikt mit seinen St¨anden, deren Mitbestimmungsrechte er beschnitt. Es kamen jedoch eine Vereinigung des Landes und die Anf¨ange einer landst¨andischen Verfassung zustande. Als A. 1456 versuchte, Geldern mit Overijssel zu vereinen, kam es zum Bruch mit Burgund. Philipp von Burgund hielt sich an A.s Sohn → Adolf, der seinen Vater auf Schloß B¨uren gefangensetzte. Erst auf Druck des Papstes und Karls von ¨ Burgund wurde A. 1471 freigelassen. Durch die Ubertragung der Vogtei (1471) und der Pfandherrschaft in Geldern und Zutphen (1472) an Burgund u¨ bte er Vergeltung an seinem Sohn Adolf. C NDB
Arnold I., Erzbischof von K¨oln, * vor 1100, † 3. 4. 1151. A., dessen Herkunft unbekannt ist, war seit 1124 Stiftspropst von St. Andreas in K¨oln und wurde dort 1137 zum Erzbischof gew¨ahlt. Noch im selben Jahr zwang ihn ein Aufstand der K¨olner B¨urger zum Verlassen der Stadt. 1146 bot er den Juden auf seinem Schloß Wolkenburg gegen Bezahlung Schutz vor Verfolgungen. Gl¨ucklos agierend und von → Otto von Freising als unf¨ahig sowohl zu geistlichen als auch zu weltlichen Gesch¨aften bezeichnet, wurde A. bei Papst Eugen III. wegen Simonie und nachl¨assiger Amtsf¨uhrung verklagt. Da er 1148 der Vorladung vor das Konzil von Reims nicht Folge leistete, wurde er seines Amtes enthoben. Trotz der F¨ursprache → Konrads III., f¨ur dessen Wahl zum K¨onig A. sich erfolgreich eingesetzt hatte, und obwohl er 1150 selbst zur Rechtfertigung nach Rom reiste, wurde seine Suspendierung nicht zur¨uckgenommen. C LexMA
Arnold II., Erzbischof von K¨oln, * um 1098, † 14. 5. 1156 Xanten. Der dem Hause der Grafen von Wied entstammende A. wurde 1122 Propst von St. Georg in Limburg / Lahn, 1127 Dompropst in K¨oln, dann Propst an St. Servatius in Maastricht und in Limburg an der Lahn. Als Kanzler (seit 1138) begleitete er → Konrad III. auf dessen Kreuzzug 1147 / 48. 1151 wurde er als Nachfolger des abgesetzten → Arnold I. Erzbischof von K¨oln und 1152 von Papst Eugen III. in Segni geweiht. Im selben Jahr nahm A.
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Arnold in Aachen die K¨onigskr¨onung von → Friedrich I. Barbarossa vor, der ihn 1155 zur Vorbereitung seiner Kaiserkr¨onung nach Rom schickte. Wie der mit ihm befreundete Abt → Wibald von Stablo galt A. als einer der einflußreichsten M¨anner im Reich. In seinem Erzbistum erh¨ohte er die Eink¨unfte durch die Wiedereinziehung entfremdeter Lehensg¨uter und bek¨ampfte erfolgreich das r¨auberische Fehdewesen im Rheinland, in Westfalen und Lothringen. Seine Schwester Hadwig veranlaßte er zur Gr¨undung des Benediktinerinnenklosters Schwarzrheindorf, in dem sich sein Grab befindet. C LexMA
Arnold (von Stapel), Bischof von Kulm, * um 1360 Pommerellen, † 31. 5. 1416. Als Notar und Kleriker der Di¨ozese Pomesanien wird A. erstmals urkundlich erw¨ahnt. Er studierte 1385-88 in Prag und 1392-96 als Deutschordenspriester auf Kosten des Hochmeisters in Bologna. 1394 vertrat er den Deutschen Orden bei der Kurie, wurde 1397 Kaplan des Hochmeisters → Konrad von Jungingen und Domherr in Kulmsee. 1402 gelang es dem Orden, den bisherigen Bischof von Kulm zu verdr¨angen und A. an seine Stelle zu setzen. Nach der Niederlage des Ordens bei Tannenberg 1410 unterwarf er sich wie die anderen preuß. Bisch¨ofe vorl¨aufig dem polnischen K¨onig, vertrat jedoch 1414 bei Waffenstillstandsverhandlungen mit Polen den Deutschen Orden. C Gatz 1 Arnold Westphal, Bischof von L¨ubeck, * 1399 / 1400 L¨ubeck, † 31. 1. 1466 L¨ubeck. A., Sohn eines L¨ubecker Ratsherrn, war 1430 Rektor der Univ. Erfurt, lehrte 1436 in L¨ubeck, 1443 / 44 in Rostock und war danach Prof. f¨ur Kanonisches Recht an der Juristischen Fakult¨at Leipzig. Sp¨ater war er Kanonikus und Domdechant in L¨ubeck. Als Bischof von L¨ubeck (seit 1450) unterst¨utzte er den letzten Herzog Adolf IX. von Schleswig aus dem holsteinischen Hause Schauenburg. Als das Herzogtum an den d¨anischen K¨onig → Christian I. fiel, griff A. vermittelnd ein. Dasselbe tat er 1462 in Reinfeld bei der Beendigung des „Pr¨alatenkriegs“ zwischen der Stadt L¨uneburg und den meist geistlichen Inhabern der Salinen. 1465 wirkte A. in Thorn als Vermittler zwischen dem Deutschen Ritterorden und Polen. C SHBL, Bd 4
Arnold (von Selenhofen), Erzbischof von Mainz, * zwischen 1095 und 1110 (?), † 24. 6. 1160. Der einem Mainzer Ministerialengeschlecht entstammende A. war, vermutlich nach dem Studium in Mainz, dort Domherr und erzbisch¨oflicher Stadtk¨ammerer. Außerdem wurden ihm die Propsteien Mainz, Aschaffenburg und Aachen verliehen. 1151 wurde A. Kanzler Kaiser → Konrads III. und von dessen Nachfolger Kaiser → Friedrich I. Barbarossa in dieser W¨urde best¨atigt. Die Ernennung zum Erzbischof von Mainz ohne die Zustimmung des dortigen Klerus, A.s Regierungsstil und die Erhebung einer Steuer f¨ur die Romz¨uge des Kaisers f¨uhrten zu einem offenen Aufruhr der Stadt und der adligen Lehenstr¨ager des Stifts. Als A. zu Verhandlungen mit den Aufst¨andischen erschien, wurde er bei dem vor den Toren von Mainz gelegenen St. Jakobskloster von einer Menge angegriffen und ermordet. C LexMA Arnold I., Erzbischof von Trier, † 25. 5. 1183. A., ein rheinischer Adliger, war Kanoniker in Aachen sowie Propst von St. Andreas in K¨oln und wurde 1169 auf Wunsch Kaiser → Friedrichs I. Barbarossa Erzbischof von Trier. Er galt als treuer Anh¨anger des Kaisers, diente ihm als Ratgeber und begleitete ihn auf vielen seiner Z¨uge nach Italien. Die Macht seiner eigenen Familie versuchte A. dadurch auszubauen, daß er seinem Verwandten Arnulf von Walecourt erlaubte, den in seinem Erzbistum liegenden verw¨usteten Burgberg von Soive (Schiff) mit der Festung Montclair zu
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bebauen. Dies f¨uhrte nach seinem Tod zu einem jahrhundertelangen Streit zwischen seiner Familie und den sp¨ateren Erzbisch¨ofen von Trier, der schließlich mit der Zerst¨orung der Festung Montclair endete. C ADB
Arnold II. (von Isenburg), Erzbischof von Trier, † 5. 11. 1259 Montabaur. A., Sohn des Grafen von Isenburg-Braunsberg, wurde 1217 Archidiakon, 1228 Dompropst in Trier und hatte als Erzbischof (seit 1242) großen Anteil an den politischen Auseinandersetzungen der ausgehenden Stauferzeit. Er z¨ahlte 1246 zu den Reichsf¨ursten, die → Heinrich Raspe zum Gegenk¨onig w¨ahlten. 1250 unterst¨utzte er den Gegenk¨onig → Wilhelm von Holland und begleitete ihn zum Papst nach Lyon. 1257 war A. an der Wahl von → Alfons von Kastilien zum r¨omischen K¨onig beteiligt, wurde aber bei Boppard in einer offenen Schlacht von Erzbischof → Gerhard von Mainz, einem der Anf¨uhrer der Gegenpartei, geschlagen. Von seinem Domkapitel mußte er im selben Jahr eine Klage wegen eigenm¨achtiger Besetzung von Stellen im Klerus hinnehmen. In seinem Erzstift in K¨ampfe mit Adel und Raubrittern verwickelt, ließ A. mehrere Burgen und Stadtbefestigungen errichten. In Trier wurden w¨ahrend A.s Herrschaft die fr¨uhgotische Liebfrauenkirche und St. Maximin gebaut. C Gatz 1
Arnold, Baumeister, † 25. 7. 1303 (?). A. war als zweiter K¨olner Dombaumeister Nachfolger des Meister → Gerhard. Sein Amtsantritt kann weit vor 1271 liegen, wahrscheinlich schon um 1260. Seine exakten Lebensdaten sind nicht bekannt, jedoch wird er in einer Schreinsurkunde von 1280 als „magister Arnoldus magister operis Ecclesiae maioris“ bezeichnet. A. vollendete am K¨olner Dom den Kapellenkranz, baute das Chor-Erdgeschoß bis zur Querhaus-Ostwand auf, errichtete das Triforium, den Obergaden und die Halle der Sakristei. Außerdem gestaltete A. vermutlich den Chor der Abteikirche M¨onchengladbach mit. Auch einige hervorragende Figuren aus Bronze, Stein und Holz werden ihm zugeschrieben. A.s Sohn → Johannes war ebenfalls als Dombaumeister t¨atig. C AKL
Arnold von Bruck, auch Brugk, Prugg, de Prugkh, von Prigkh, Arnoldus Brugensis, Komponist, Kapellmeister, * um 1490, † 6. 2. 1554 Linz. Seit 1510 Mitglied der Wiener Hofkapelle, wurde A. 1527 zu deren Kapellmeister ernannt. Daneben bezog er als Dechant Einkommen aus einer Pfr¨unde in Laibach und besaß ein Benefizium in Linz, das er nach seinem Eintritt in den Ruhestand 1546 wahrscheinlich als Wohnsitz w¨ahlte. A.s Schaffen war noch vom musikalischen Stil der Renaissance gepr¨agt. Er schrieb neben weltlichen vor allem geistliche Lieder und ver¨offentlichte lateinische Motetten, deutsche Chorals¨atze und bearbeitete luth. Kirchenlieder. C MGG
Arnold Immessen, Theologe, Dichter, erw¨ahnt 2. H¨alfte 15. Jh. A., der aus Einbeck oder Alfeld stammte, ist 1483 und 1486 als Dichter und gelehrter Theologe urkundlich belegt. Es wird vermutet, daß er dem Alexanderstift in Einbeck angeh¨orte und Pfarrer in Hameln und Alfeld war. A. verfaßte zwischen 1480 und 1490 den Wolfenb¨utteler S¨undenfall, ein geistliches Spiel in mittelniederdeutscher Sprache, das mit 3962 Versen zu den umfangreichsten religi¨osen Dramen des deutschen Mittelalters z¨ahlt. Es behandelt die Heilsgeschichte vom Einsetzen der Engelsch¨ore vor dem Sturz Luzifers bis zur Darstellung der dreij¨ahrigen Maria im Tempel. C Killy Arnold von L¨ubeck, Benediktiner, Chronist, * um 1150, † 27. 6. 1211 / 14. ¨ A. war Benediktinerm¨onch im Braunschweiger Agidienkloster und begleitete m¨oglicherweise 1172 → Heinrich den
Arnold L¨owen auf seiner Pilgerfahrt nach Pal¨astina. 1177 wurde er Abt des Johannisklosters in L¨ubeck. Mit seiner Chronica setzte er die Slavenchronik des → Helmold von Bosau von 1171 bis 1209 mit Berichten u¨ ber politische Ereignisse im Reich, besonders in Nordelbingen, u¨ ber das Leben Heinrichs des L¨owen, den 3. und 4. Kreuzzug und den Thronstreit zwischen → Philipp von Schwaben und → Otto IV. fort. Nach Beendigung der Chronik u¨ bersetzte A. das Gedicht Gregorius → Hartmanns von Aue ins Lateinische. C VL
Arnold von St. Emmeram, Benediktiner, Schriftsteller, * um 1000, † vor 1050. A., der dem Haus der Grafen von Vohburg angeh¨orte, trat fr¨uh in das Benediktinerkloster St. Emmeram in Regensburg ein. Er besch¨aftigte sich dort wissenschaftlich, las die Literatur der klassischen Antike und studierte die Kirchenv¨ater. Sein Vorhaben, die von Bischof → Arbeo von Freising verfaßte Vita des Heiligen Emmeram zu u¨ berarbeiten und sprachlich zu verbessern, stieß auf so heftigen Widerstand seiner Mitbr¨uder, daß A. f¨ur drei Jahre nach Magdeburg verbannt wurde. Dort bewegte er den Domscholaster → Meginfrid dazu, diesen Plan zu verwirklichen. Dessen De vita et virtutibus beati Emmerami (1030) f¨ugte A. nach seiner R¨uckkehr und Ernennung zum Propst von St. Emmeram (1030) eine Schrift De miraculis beati Emmerami und 1036 oder 1037 einen Dialog De memoria beati Emmerami et eius cultorum hinzu. C LexMA
Arnold von Tongern, auch Arnoldus Luyde a Tungris, Luydius, a Lude, kath. Theologe, * um 1470 Tongern bei Limburg (Belgien), † 28. 8. 1540 L¨uttich. Der einer Tongerner Patrizierfamilie entstammende Augustinerchorherr A. immatrikulierte sich 1486 in K¨oln (Magister 1489). Danach u¨ bernahm er die Erziehung des sp¨ateren Kardinals und Bischofs von L¨uttich, Erhard von der → Mark. 1491 wurde A. Prof. an der Artistenfakult¨at in K¨oln und 1494 zu deren Dekan berufen. 1509 erhielt er einen Lehrauftrag f¨ur Theologie, wurde 1510 / 11 Dekan der Theologischen Fakult¨at und war dreimal (1507 / 08, 1520 / 21, 1524 / 25) Rektor der Univ. K¨oln. 1513-35 war A. Kanonikus an der Stiftskirche St. Maria ad gradus in K¨oln, dann Kanonikus an der Kathedralkirche St. Lambert in L¨uttich und zuletzt Domherr in K¨oln. Mit einem Gutachten griff A. in den Streit um die judenfreundlichen Schriften des Humanisten Johannes → Reuchlin ein, was ihm den Spott Ulrich von → Huttens einbrachte. Im November 1520 betrieb er die Verbrennung → Lutherscher B¨ucher in K¨oln. Neben einigen theologischen Schriften verfaßte A. einen Kommentar zu JuC LThK venal.
Arnold von Westfalen, auch Arnd, Arndt, Arnolt Bestreling, Bestierling, Westfal, Westveling, Baumeister, * um 1425 Leipzig (?), † 1482. Vor 1459 war A. vermutlich als Steinmetz „Arnd“ in Calbe an der Saale am Bau der Stephanskirche und des erzbisch¨oflichen Schlosses beteiligt. Bis 1461 war er dann nachweislich als „Meister Arndt“ in Dresden besch¨aftigt. Nachdem er 1460-66 in Meißen an Br¨uckenaufbauten und an der Frauenkirche mitgearbeitet hatte, wurde er 1470 zum herzoglich s¨achsischen Baumeister ernannt, oberster Werkmeister und Leiter des Bauwesens der Meißner Lande. 1471 begann A. mit dem Bau der Albrechtsburg im Stil sp¨atgotischer Palastarchitektur. In Meißen wirkte er am Weiterbau des Doms mit und schuf die Westschauseite und das zweite Obergeschoß des Turms. Daneben erbaute A. in Sachsen u. a. Schloß Kriebstein, 1470-75 die Rochusburg, schuf den Plan f¨ur das Schloß in Torgau, den Umbauplan f¨ur das Leipziger Gewandhaus und leitete den Bau der Schl¨osser von Tharandt, Leipzig, Schweidnitz und Grimma und der
Schloßkapelle von Rochlitz. 1479 erwarb A. ein Rittergut, wodurch ihm offenbar das Adelspr¨adikat zustand. C AKL
Arnold, Arno, Sportmediziner, * 29. 1. 1897 Glatzen bei Marienbad (B¨ohmen), † 26. 3. 1963 Zwickau. A. wurde 1930 an der Univ. Leipzig Privatdozent der Medizin und 1936 erster deutscher o. Prof. der Sportmedizin. Daneben besch¨aftigte er sich mit Krankengymnastik, Massage sowie physikalischer Therapie und leitete die Staatsanstalt f¨ur Krankengymnastik und Massage in Dresden. A. verbreitete die Ergebnisse seiner Forschungen seit 1911 in etwa 140 wissenschaftlichen Publikationen und Aufs¨atzen. Er ver¨offentlichte u. a. Die sport¨arztliche Untersuchung (1933) und Lehrbuch der Sportmedizin (1956). Arnold, August, Schriftsteller, Lehrer, Redakteur, Philosophiehistoriker, * 13. 6. 1789 Jena, † 5. 12. 1860 Merseburg. Nach dem Studium in Heidelberg und G¨ottingen wurde A. 1811 Lehrer in Eisenach, 1813 Bibliothekar in Gotha, 1817 Oberlehrer in Bromberg und 1829 Direktor am Gymnasium von K¨onigsberg in der Altmark. 1835 u¨ bernahm er nebenbei die Redaktionsleitung der „Allgemeinen Preußischen Staatszeitung“ und wurde 1839 deren verantwortlicher Redakteur. 1840 legte er diese Stelle, 1848 die des Rektors nieder. Seine restlichen Lebensjahre verbrachte A. als Privatgelehrter in Berlin, Erfurt, Halle, Danzig sowie Merseburg und ver¨offentlichte zahlreiche Schriften zur P¨adagogik, Philologie, Geschichte, Geographie und zu den Staatswissenschaften. Besonders widmete er sich der Philosophie und verfaßte u. a. Plato’s Werke einzeln erkl¨art und in ihrem Zusammenhange dargestellt (3 Bde., 1835-58). C ADB Arnold, August, o¨ sterr. Pionier der Filmtechnik, * 12. 9. 1898 Werfen (Salzburg), † 7. 4. 1983 Stephanskirchen (Simssee). A., Sohn eines Forstmeisters, erhielt 1915-17 eine Ausbildung an der Ingenieurschule in Mittweida bei Chemnitz und gr¨undete 1917 zusammen mit Robert → Richter die Kamerafirma Arnold & Richter (ARRI) in M¨unchen. Sie waren in nahezu s¨amtlichen filmtechnischen Bereichen t¨atig, vom Kopierwerk u¨ ber Produktion und Verleih filmtechnischer Ger¨ate bis hin zur Produktion von Filmen. Hierzu geh¨orten vor allem Heimat- und Kulturfilme, seit den dreißiger Jahren als Tonfilme. Seit 1918 bauten A. und Richter Kopiermaschinen; 1937 ging mit der Arriflex 35 die erste serienm¨aßig hergestellte Spiegelreflexkamera in Produktion, auf deren Basis in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche fortschrittlichere Modelle entwickelt wurden. Nach Zerst¨orung der Produktionsanlage im Zweiten Weltkrieg bauten A. und sein Partner das M¨unchner Gesch¨aft wieder auf und erweiterten es u. a. durch ein Farbkopierwerk und ein Filmtheater sowie durch Zweigwerke in der Umgebung von M¨unchen. 1977 trat A. von der Gesch¨aftsf¨uhrung zur¨uck. Er war Vorsitzender des Verbandes technischer Betriebe f¨ur Film und Fernsehen (1951). Er erhielt u. a. den Academy Award f¨ur wissenschaftliche und technische Leistungen (1982). C Cinegraph Arnold, Carl, Musiker, Komponist, * 6. 5. 1794 Neunkirchen bei Mergentheim, † 11. 11. 1873 Christiania (Oslo). Nach dem Tod seines Vaters Johann Gottfried → A. 1806 kam A., der als Zehnj¨ahriger sein erstes Klavierkonzert gegeben hatte, in die Schule nach Offenbach, empfing dort auch Klavierunterricht und wurde 1812-15 von Johann Anton → Andr´e in Frankfurt / Main in der Kompositionskunde unterwiesen. Er erhielt ferner Klavier- und Kompositionsunterricht bei Carl Philipp Hoffmann, Aloys → Schmitt und Johann Georg Vollweiler. A. konzertierte seit 1815 als Pianist. Konzertreisen f¨uhrten ihn nach Leipzig, Berlin, Wien,
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Arnold Warschau und Krakau. 1819 ließ er sich als Klavierlehrer in St. Petersburg nieder und unternahm mit seiner Frau, der S¨angerin Henriette Kisting, Tourneen durch Rußland und Polen. Aus Gesundheitsgr¨unden u¨ bersiedelte das Ehepaar 1824 nach Berlin, wo A. wieder als Musiklehrer t¨atig war. Seit 1835 Musikdirektor in M¨unster, wurde er 1846 Musikdirektor der philharmonischen Gesellschaft und Organist der Kathedrale in Christiania (Oslo). Neben den Opern Irene (1826) und Der Liebe Macht (1834) komponierte A. Vokal-, Orgel- und Kammermusik, darunter zahlreiche Werke f¨ur Klavier. C MGG
Arnold, Carl, Chemiker, * 12. 3. 1853 Uffenheim (Bayern), † 25. 6. 1929 Hannover. A. erhielt 1879 nach dem Studium der Chemie in M¨unchen, T¨ubingen und Heidelberg eine Assistentenstelle an der Weinbauversuchsstation in W¨urzburg. 1880 wechselte er als Repetitor f¨ur Chemie und Physik an die Tier¨arztliche Hochschule in Hannover und wurde dort 1885 o. Prof. der Chemie. Neben seinen wissenschaftlichen Publikationen chemischen, pharmazeutischen und tiermedizinischen Inhalts verfaßte A., seit 1909 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, auch Ansbacher Jugenderinnerungen 1859-1871 (41930) und einige B¨ucher u¨ ber das Bergwandern.
Arnold, Christoph, evang. Theologe, Schriftsteller, * 12. 4. 1627 Hersbruck (Franken), † 30. 1. 1685 N¨urnberg. Der Sohn des Pfarrers Kaspar → A. bezog nach dem Schulbesuch in N¨urnberg die Univ. Altdorf. Seit 1645 geh¨orte er als „Leriander“ dem Pegnesischen Blumenorden an. Nach der Promotion 1649 in Altdorf besuchte er andere deutsche Universit¨aten und bereiste Holland und England. In Cambridge studierte A. in der Bibliothek alte Codices und gab in Leiden 1650 eine Lobrede auf N¨urnberg in Druck. Nach seiner R¨uckkehr wurde er in N¨urnberg 1653 Diakon der Marienkirche und Prof. der Geschichte, Rhetorik, Poesie und ¨ des Griechischen am Agidiengymnasium. Neben Kirchenliedern, einer Sammlung von Leichenreden und zahlreichen historischen und philologischen Werken verfaßte A. 1659 einen Kunstspiegel hochteutscher Sprache. C Killy Arnold, Christoph, Astronom, * 17. 12. 1650 Sommerfeld bei Leipzig, † 15. 4. 1695 Sommerfeld. A., der als Bauer in einem Dorf bei Leipzig lebte, brachte sich seine astronomischen Kenntnisse selber bei und stellte in einer selbstgebauten Sternwarte auf dem Dach seines Hauses regelm¨aßige Himmelsbeobachtungen an. F¨ur die Entdeckung eines großen Kometen am 15. 8. 1682 – acht Tage vor dem Danziger Astronomen Johannes → Hevelius – sowie f¨ur die Beobachtung des Merkurdurchgangs vor der Sonne 1686 u¨ berreichte ihm der Leipziger Magistrat ein Geldgeschenk und gew¨ahrte ihm Steuer- und Abgabenfreiheit auf Lebenszeit. A. beobachtete in seiner bis 1794 bestehenden Sternwarte haupts¨achlich Finsternisse und Verfinsterungen der Jupitermonde, die er auch vorausberechnen konnte. In G¨ottliche Gnadenzeichen, in einem Sonnenwunder vor Augen gestellt (1692) wie auch in anderen Ver¨offentlichungen wandte er sich gegen den Aberglauben und die seinerzeit verbreitete Furcht vor Kometen als Ungl¨ucksboten. C NDB
Arnold, (Johann) Christoph, Buchh¨andler, Verleger, * 10. 3. 1763 Hartmannsdorf bei Frauenstein (Sachsen), † 6. 8. 1847 Dresden. A., Sohn eines verarmten Bauern aus dem Erzgebirge, mußte seine 1778 begonnene Ausbildung am Gymnasium von Freiberg sowie ein Studium an der Bergakademie aus Geldmangel vorzeitig abbrechen. Er arbeitete als Schreiber und leitete dann f¨unf Jahre lang eine Buchhandlung in Schneeberg.
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1790 gr¨undete er dort die Arnoldische Buchhandlung mit angeschlossenem Verlag, 1795 in Dresden eine Leihbibliothek, 1798 einen Lesesaal namens „Literarisches Museum“ und 1802 den ersten Dresdner Journal-Lesezirkel. Seit 1803 besaß er auch eine Buchhandlung mit Verlag in Dresden und einer Zweigstelle in Leipzig. A. gab u. a. wissenschaftliche Werke und Kunstb¨ande heraus und verfaßte 1809 einen Bildband Das neue Dresden. Ideen zur Versch¨onerung dieser Stadt. 1804-06 gab er die literarische „Abendzeitung“, 1802-06 und 1827-36 den „Dreßdnischen Fragund Anzeigen“ heraus. 1838-42 vertrat A. als Mitglied des Stadtverordneten-Kollegiums die Richtung des gem¨aßigten Fortschritts. C Neuer Nekr, Jg. 25
Arnold, Eberhard, evang. Theologe, * 26. 7. 1883 Hufen bei K¨onigsberg (Ostpreußen), † 22. 11. 1935 Darmstadt. Nach dem Studium der Theologie, Philosophie und P¨adagogik in Breslau und Halle und der Promotion 1909 in Erlangen (Urchistliches und Antichristliches im Werdegang Friedrich Nietzsches) war A. als freier Schriftsteller t¨atig und verk¨undete, angeregt auch durch die Schriften des Schweizer Pfarrers Hermann → Kutter, christliche Soziallehren. Dabei propagierte er u. a. in seiner Schrift Lebensbeweise lebendiger Gemeinden (1914) das Ideal einer am Beispiel der urchristlichen Gemeinden und der Hutterischen Br¨uder (→ Huter) orientierten Lebens- und Arbeitsgemeinschaft. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs war A. Generaldirektor der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung und Mitbegr¨under des Furche-Verlags. 1920 gr¨undete er in Sannerz bei Schl¨uchtern in Hessen den ersten Bruderhof einer christlichen Gemeinschaft, zu dem ein Waisenhaus und ein Verlag geh¨orten. Dem Bruderhof bei Fulda (seit 1927) folgten weitere in Großbritannien und Paraguay. C BBKL Arnold, Engelbert, Ingenieur, Elektrotechniker, * 7. 3. 1856 Schlierbach (Kt. Luzern), † 16. 11. 1911 Karlsruhe. Nach dem Maschinenbaustudium an der Eidgen¨ossischen Polytechnischen Schule in Z¨urich war A., Sohn eines Landwirts, als Ingenieur in Leipzig und Offenbach t¨atig. 1880 wurde er Assistent am Polytechnikum in Riga, lehrte dort nach der Habilitation 1883 technische Mechanik sowie Elektrotechnik und z¨ahlte zu den Begr¨undern der Russischbaltischen elektrotechnischen Fabrik in Riga. 1891 wechselte er als Oberingenieur an die Maschinenfabrik Oerlikon bei Z¨urich, 1894 folgte er einem Ruf an die TH Karlsruhe und gr¨undete dort das Elektrotechnische Institut. Seine Untersuchungen zur Wechselstromtechnik und zu Gleichstrommaschinen faßte A. in seinem Hauptwerk Die Elektrischen Maschinen (8 Bde., 1900-11) zusammen. C Matschoß: Tech Arnold, Ferdinand (Christian Gustav), Jurist, Botaniker, * 24. 2. 1824 Ansbach, † 8. 8. 1901 M¨unchen. A., Sohn von Friedrich Christian → A., studierte in M¨unchen (1848-49) und in Heidelberg Rechtswissenschaften und legte 1853 in M¨unchen das Staatsexamen ab. Seine Laufbahn im Staatsdienst begann er 1850 in Ansbach, wurde 1857 Bezirksgerichtsassessor in Eichst¨att, avancierte 1864 zum Bezirksgerichtsrat und 1877 zum Appellationsgerichtsrat in M¨unchen, wo er bis zur Pensionierung 1896 am kgl. Oberlandesgericht t¨atig war. A. war noch bekannter als Botaniker und Spezialist f¨ur Moose und Flechten, die er in den Alpen und im Fr¨ankischen Jura sammelte. F¨ur seine wissenschaftlichen Publikationen ließ er sich Pflanzenproben aus ganz Europa schicken, die er u. a. in seinen seit 1859 herausgegebenen und bis zu seinem Tod in 1815 Nummern erschienenen Lichenes exsiccatae abbildete und beschrieb. C Grummann
Arnold Arnold, Ferdinand Philipp, S¨anger, * 18. 9. 1755 Wien, † November oder Dezember 1842 Riga. Der f¨ur den geistlichen Stand bestimmte A. wurde von Kaiser → Joseph II. als Tenor an die neugeschaffene Deutsche Oper in Wien geholt. Auf Wunsch seiner Mutter kehrte er jedoch nach einem Jahr in das Priesterseminar zur¨uck. Nach ihrem Tod setzte er seine Theaterlaufbahn auf den B¨uhnen in Br¨unn, Hamburg, Warschau und Wien fort. 1789 erhielt er ein Engagement in Riga, wo er alle großen Opernpartien sang und noch 1828 als Konzerts¨anger auftrat. C Kutsch
Arnold, Franz, eigentl. F. A. Hirsch, Schriftsteller, Schauspieler, * 28. 4. 1878 Znin bei Bromberg, † 29. 9. 1960 London. Nach einer Zeichenausbildung und Schauspielunterricht bei Arthur → Kraußneck in Berlin deb¨utierte A. 1897 in Eberswalde und erhielt Engagements in Wismar, Liegnitz, Beuthen und Magdeburg. Seit 1907 war er Komiker am Friedrich-Wilhelmst¨adtischen Theater in Berlin, von 1909 an am Lustspielhaus. Mit dem Schauspieler Ernst → Bach schrieb A. 1920-29 mehrere Schw¨anke und Operetten, u. a. Der keusche Lebemann (1921). 1933 sah er sich zur Emigration nach Großbritannien gezwungen, wo er zusammen mit englischen Schriftstellern seine B¨uhnenwerke bearbeitete. Nach dem Krieg reiste A. regelm¨aßig zu Auff¨uhrungen seiner St¨ucke und Drehbucharbeiten nach Deutschland. C Killy Arnold, Franz Xaver, kath. Theologe, * 10. 9. 1898 Aichelau (W¨urttemberg), † 21. 1. 1969 T¨ubingen. Nach dem Studium der Theologie kam A. 1924 als Vikar nach Reutlingen, wurde Pr¨azeptorkaplan in Biberach / Riß, 1926 Vikar und Studienassessor in Stuttgart und 1928 in Horb. In T¨ubingen wurde er Repetent am Wilhelmsstift, erhielt nach der Promotion 1932 eine Privatdozentur an der Universit¨at und war bis 1936 Studentenpfarrer. A. habilitierte sich f¨ur Moraltheologie und Sozialethik, wurde 1937 a. o., 1946 o. Prof. der Pastoraltheologie; 1966 wurde er emeritiert. A. war einer der f¨uhrenden kath. Pastoraltheologen des 20. Jahrhunderts. C TRE Arnold, (Philipp) Friedrich, Anatom, Physiologe, * 8. 1. 1803 Edenkoben (Pfalz), † 4. 7. 1890 Heidelberg. Zusammen mit seinem a¨ lteren Bruder Johann Wilhelm → A. studierte A. in Heidelberg Medizin, wurde dort 1826 nach der Promotion (Observationes nonnullas neurologicas de parte cephalica nervi sympathici in homine) Prosektor an der anatomischen Anstalt und 1833 a. o. Professor. 1835 wurde er als o. Prof. der Physiologie und Anatomie nach Z¨urich berufen, 1840 nach Freiburg / Breisgau. 1845 ging er nach T¨ubingen und lehrte 1852-73 wieder in Heidelberg. A. wurde 1860 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er widmete sich besonders Untersuchungen des menschlichen Nervensystems, ver¨offentlichte dazu ein Abbildungswerk, sorgf¨altig illustrierte anatomische Tafeln und in Zusammenarbeit mit seinem Bruder ein Lehrbuch der Physiologie des Menschen (4 Bde., 1836-42). Er war der Vater von Julius → A. Arnold, (Christian) Friedrich, Architekt, * 12. 2. 1823 Drebach / Erzgebirge, † 13. 6. 1890 Dresden. Der aus einer Bauernfamilie stammende A. studierte unter Gottfried → Semper Architektur an der Dresdner Akademie der K¨unste, gewann 1849 den großen Staatspreis und unternahm mit dem damit vergebenen Stipendium 1850-52 eine Studienreise durch S¨uddeutschland, Italien, Frankreich und Belgien. 1853 wurde er Lehrer f¨ur Baukunst und Bauwissenschaft und 1861 Prof. an der Dresdner Akademie. Er erbaute zahlreiche s¨achsische Dorfkirchen, leitete 1864-68 den Umbau der Dresdner Sophienkirche im Stil der Neugotik und
seit 1863 die Restaurierung des Doms und der Frauenkirche (1883-84) in Meißen. Nach seinen Pl¨anen entstanden die Kreuzschule in Dresden (1864-65), Schloß Eckberg an der Elbe und die Villa Souchay auf dem Albrechtsberg bei Loschwitz. 1856 / 57 ver¨offentlichte A. als Frucht seiner italienischen Reise zwei Werke u¨ ber den Herzogspalast von Urbino und das Baptisterium in Florenz. C AKL
Arnold, Friedrich Christian Ritter von, Jurist, * 2. 10. 1786 Hagenbach bei Ebermannstadt (Franken), † 31. 3. 1868 M¨unchen. Nach dem Studium der Rechte in Erlangen und Landshut trat A. 1818 als Protokollist beim Kreis- und Stadtgericht Bayreuth in den Staatsdienst, war seit 1821 Rat am Kreisund Stadtgericht Ansbach, dann Appellationsgerichtsrat in Eichst¨att und seit 1841 Oberappellationsrat in M¨unchen. 1848-52 war er Pr¨asident des protestantischen Oberkonsistoriums in Bayern und damit Reichsrat der bayerischen Krone. 1852 trat A. als Staatsrat im a. o. Dienst in den vorl¨aufigen Ruhestand. 1855 wurde er zum Pr¨asidenten des Appellationsgerichts f¨ur Mittelfranken ernannt. 1859 nahm er endg¨ultig seinen Abschied. A. war der Vater von Ferdinand → A. Arnold, Friedrich Wilhelm, Musikalienh¨andler, * 10. 3. 1810 Sontheim bei Heilbronn, † 12. 2. 1864. Nach dem Studium und der Promotion wurde A. 1832 Redakteur der „Rheinbl¨uten“ in K¨oln und 1833 Chordirektor der deutschen Oper in London. Nach der R¨uckkehr u¨ bernahm er in K¨oln 1835 die Leitung der Musikalienhandlung Eck und gr¨undete 1841 in Elberfeld ein eigenes Gesch¨aft. A. ver¨offentlichte zahlreiche musikwissenschaftliche Abhandlungen und 1864 selbstgesammelte Deutsche Volkslieder aus alter und neuer Zeit. C ADB
Arnold, Georg, o¨ sterr. Komponist, Musiker, getauft 23. 4. 1621 Feldsberg (Nieder¨osterreich, heute Valtice, Tschechische Republik), † 16. 1. 1676 Bamberg. A. ist 1640-47 als Organist an der Stadtpfarrkirche St. Markus in Wolfsberg nachgewiesen, dem Sitz des Vizedomus der K¨arntner Besitzungen des Hochstifts Bamberg. 1649 wurde er Hoforganist des F¨urstbischofs Melchior Otto → Voit von Salzburg in Bamberg, 1667 zus¨atzlich Hofkapellmeister. A. komponierte Messen, Requien, geistliche Konzerte und Instrumentalmusik. Die in Sacrarum cantionum (2 Bde., 1651-61) ver¨offentlichten Kompositionen lassen einen Einfluß von Andrea Gabrieli und Heinrich → Sch¨utz erkennen. A. war der Vater von Georg Adam → A. C MGG Arnold, Georg Adam, Musiker, * 4. 9. 1645 Wolfsberg (K¨arnten), † 12. 9. 1711 Bamberg. A., Sohn von Georg → A., wurde 1685 Nachfolger von Johann Baals als Hoforganist in Bamberg, wo er vorher bereits als Hofharfenist t¨atig gewesen war. 1662 wurde er an der Academia Ottoniana immatrikuliert und erwarb den Grad eines Magister artium. A. war auch ein talentierter Zeichner und Maler, der u. a. Theaterdekorationen, Ansichten der ¨ Stadt Bamberg, M¨unzentw¨urfe und Olgem¨ alde mit Innenansichten des Bamberger Doms schuf. C MGG
Arnold, (Johann) Georg Daniel, Jurist, Schriftsteller, * 18. 2. 1780 Straßburg, † 18. 2. 1829 Straßburg. Der Sohn eines Straßburger K¨ufnermeisters besuchte das Gymnasium in seiner Heimatstadt, trat 1795 eine Anstellung im Kriegsbureau des Departements Niederrhein an und studierte seit 1801 Rechtswissenschaften und Geschichte in G¨ottingen. 1803 machte er in Jena die Bekanntschaft → Goethes und → Schillers. Von Straßburg aus unternahm A. eine Reise nach Paris, 1804 nach Italien. 1806 wurde er Prof. des Zivilrechts an der Rechtsschule in Koblenz, war 1810 wieder Prof. der Geschichte in Straßburg, erhielt
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Arnold dort 1811 eine Professur f¨ur R¨omisches Recht und wurde 1820 Mitglied des Direktoriums der Augsburgischen Konfession und Pr¨afekturrat. Neben Elementa iuris civilis (1812) verfaßte A. einige Gedichte und ein Lustspiel in Straßburger Mundart (Der Pfingstmontag, 1816), das als alemannisches Sprachdenkmal auch die Anerkennung Goethes fand. C Killy
Arnold, Gottfried, Pseud. Christophorus Irenaeus, evang. Theologe, * 5. 9. 1666 Annaberg / Erzgebirge, † 30. 5. 1714 Perleberg. Der Sohn eines Lateinschullehrers erhielt nach dem Besuch des Gymnasiums in Gera seine akademische Ausbildung in Wittenberg, wandte sich aber bald von der orthodoxen Schultheologie ab und dem Pietismus zu. → Spener vermittelte A. Hauslehrerstellen in Dresden (1689-93) und in Quedlinburg (1693-96), wo er Muße zu kirchengeschichtlichen Arbeiten fand. Das Werk Die Erste Liebe, Das ist: Wahre Abbildung der ersten Christen (1696), in dem das Urchristentum als Idealbild und bleibende Norm vorgestellt wird, trug A. den Ruf auf die Geschichtsprofessur an der pietistischen Univ. Gießen ein, die er im Sp¨atsommer 1697 antrat. Als er, abgestoßen von dem „verweltlichten“ akademischen Leben und beeindruckt von radikalen Gesinnungsfreunden, schon Ende M¨arz 1698 sein Amt wieder aufgab, erregte sein Schritt weites Aufsehen (Apologie: Offenhertzige Bek¨antniß, sechs Drucke 1698 / 99). Ein bedeutendes Zeugnis pietistischer Lyrik sind A.s G¨ottliche LiebesFuncken (1698). Die reife Frucht seiner kirchenhistorischen Studien stellt die aus langj¨ahrigen Vorarbeiten erwachsene Unparteyische Kirchen- und Ketzer-Historie dar (1699-1700, 3 1729 [Neudr. 1967], 41740). Wieder in Quedlinburg, einem Zentrum mystisch-spiritualistischer Kreise, f¨uhrte A. ein von „Welt“ und Kirche abgesondertes Leben (1698-1701). Er vertiefte seine Besch¨aftigung mit der mittelalterlichen und fr¨uhneuzeitlichen Mystik; vor allem u¨ bten Jacob → B¨ohme und dessen Sch¨uler einen pr¨agenden Einfluß aus, der sich in der Schrift Das Geheimnis der g¨ottlichen Sophia (1700 [Neudr. 1963]) dokumentiert. A.s offener Separatismus (Erkl¨arung vom gemeinen Sectenwesen, Kirchen- und Abendmahlgehen, 1700) verwickelte ihn in kirchenpolitische Konflikte. Als der bislang aller „fleischlichen Ehe“ abholde A. sich 1701 mit Anna Maria Spr¨ogel verheiratete und der u¨ berzeugte Separatist ein kirchliches Amt als Schloßprediger in Allstedt (1702-05) antrat, gab er seine religi¨osen Grund¨uberzeugungen nicht auf, sondern modifizierte sie nur. Als Pfarrer und Inspektor wirkte er 1705-07 in Werben / Altmark, 1707-14 in Perleberg. W¨ahrend der Jahre im Pfarramt setzte A. seine schriftstellerische T¨atigkeit ungemindert fort; er gab Werke mystischer Theologen heraus und ver¨offentlichte u. a. eine pietistische Pastoraltheologie, mehrere Predigtb¨ande, Sammelbiographien und eine Historia et descriptio theologiae mysticae (1702, dt. 1703). Bereits durch Krankheit geschw¨acht, starb A. im Alter von erst 47 Jahren. A.s geistesgeschichtliche Bedeutung gr¨undet vor allem auf seiner Kirchen- und Ketzer-Historie, die in der Geschichte der kirchlichen Historiographie eine Etappe markiert. A. will „den gantzen [In-]Begriff der historischen Wahrheit“ suchen und nicht mehr aus der Sicht einer Religionspartei [Konfession], sondern „unparteiisch“ darstellen. Von einem spiritualistischen Verst¨andnis des Christentums aus kritisiert er jede Objektivierung und Institutionalisierung (Verfassung, dogmatische Systeme, Kirchenrecht, Kult) und sieht darin
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Zeichen des Verfalls, unter dem die Kirche seit Kaiser Konstantin stehe. Indem A. nicht mehr die konfessionelle Rechtgl¨aubigkeit, sondern die subjektive Fr¨ommigkeit zum Urteilskriterium machte, lenkte er das historische Interesse auf die Individualit¨at, Motive und Charakterz¨uge der historischen Gestalten und bahnte damit dem modernen geschichtlichen Denken den Weg. BIBLIOGRAPHIEN: Gerhard D¨unnhaupt: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. Bd. 1, Stuttgart 21990, S. 314-352. – Hans Schneider: Arnold-Literatur 1714-1993. In: Dietrich Blaufuß / Friedrich Niew¨ohner (Hrsg.): G. A. Wolfenb¨uttel 1995. – Volker Keding: Theologia experimentalis. Die Erfahrungstheologie beim sp¨aten G. A. M¨unster / Hamburg 2001. Hans Schneider
Arnold, Gustav, schweizer. Dirigent, Musiker, Komponist, * 1. 9. 1831 Altdorf (Kt. Uri), † 28. 9. 1900 Luzern. A., Sohn eines Landschreibers und Kanzleidirektors, erhielt nach der Ausbildung zum Pianisten eine erste Anstellung in Lancaster (England). 1854 wurde er Organist und Chordirektor in Manchester. Nach Gesangsunterricht trat er auch als Baritonsolist auf. 1865 kehrte A. in die Schweiz zur¨uck und ließ sich in Luzern nieder, wo er St¨adtischer Musikdirektor wurde, den C¨acilienverein betreute und an h¨oheren Lehranstalten unterrichtete. A., der Kontakt mit Richard → Wagner hatte, komponierte u. a. die Winkelriedkantate (1886) und die R¨utlikantate (1891). 1889 geh¨orte er der Jury der Musikabteilung bei der Weltausstellung in Paris an. A. war Mitglied des Großen Stadtrats von Luzern. C MGG Arnold, Heinrich Gotthold, Maler, * 4. 3. 1785 Lomnitz bei Radeberg (Sachsen), † 3. 5. 1854 Dresden. A. erlernte in Dresden die Kunst des Kupferstechens bei Christian Gottfried Schulze, wechselte 1803 zur Malerei u¨ ber und ließ sich von Johann David Schubert zum Portr¨atund Historienmaler ausbilden. Seit 1823 war er Prof. an der Akademie der K¨unste in Dresden. A. schuf Szenen aus dem Leben Catos, aus der griechischen Mythologie, Allegorien, Genreszenen (meist Biedermeierinterieurs mit Damen) und einige große Altarbilder. C AKL Arnold, Heinz, Regisseur, * 19. 6. 1906 Darmstadt, † 24. 7. 1994 Baden-Baden. A. studierte Musik- und Theaterwissenschaft an den Universit¨aten Frankfurt / Main, M¨unchen, Hamburg und Kiel. 1928-32 war er Regieassistent am Landestheater in Darmstadt, 1932-35 Oberregisseur an den St¨adtischen B¨uhnen Wuppertal, 1935-38 am Staatstheater in Braunschweig und 1938-50 an der Staatsoper Dresden. 1946-50 wirkte er als Prof. an der Musikhochschule in Dresden, seit 1959 als Prof. und Leiter der Opernabteilung der Musikhochschule in M¨unchen. 1950-59 war A. Oberspielleiter an der Bayerischen Staatsoper in M¨unchen. Als Gastregisseur war er u. a. an den Staatsopern in Berlin, Hamburg, Stuttgart und Wien sowie an der Deutschen Oper am Rhein D¨usseldorf-Duisburg t¨atig.
Arnold, Hermann, Maler, * 7. 5. 1846 M¨unchen, † 25. 4. 1896 Weimar. A. war Sohn eines Bankbeamten und Bruder von Hugo → A. Nach einer Ausbildung an der Zeichen- und Modellierschule M¨unchen 1860-62 bezog er 1863 die Kunstakademie in M¨unchen und studierte seit 1866 Malerei bei Johann von → Schraudolph. Dort schuf er ein Altarbild im Auftrag der F¨urstin Helene von → Thurn und Taxis und malte Portr¨ats von Mitgliedern des bayerischen K¨onigshauses und M¨unchner Gelehrten. Er verfaßte Gedichte und Balladen und trat in Privatvorstellungen sowie auf den Festen der M¨unchner K¨unstler als Schauspieler auf. In seiner sp¨ateren Schaffensperiode wandte er sich mehr der Historien-
Arnold und Genremalerei zu. Als Sekret¨ar der M¨unchner K¨unstlerGenossenschaft (1881-84) organisierte er u. a. eine große Ausstellung spanischer Malerei. 1885 wurde er als Prof. an die Kunstschule in Weimar berufen. 1896 erlag er den Sp¨atfolgen der Verwundungen, die er als Landwehrleutnant C Biogr Jahrb, Bd 1 im Krieg 1870 / 71 erlitten hatte.
Arnold, Hugo, Milit¨ar, Historiker, * 12. 5. 1842 M¨unchen, † 3. 10. 1904 M¨unchen. A., Bruder von Hermann → A., trat in das bayerische Kadettenkorps ein. Im Krieg von 1870 / 71 wurde er schwer verwundet, 1875 zum Hauptmann im 7. J¨agerbataillon bef¨ordert und 1887 aus Gesundheitsgr¨unden verabschiedet. Er wandte sich ethnographischen, anthropologischen, historischen und arch¨aologischen Studien im bayerischen Raum zu, leitete Ausgrabungen pr¨ahistorischer und r¨omischer Siedlungen und berichtete in zahlrichen Ver¨offentlichungen u¨ ber seine Forschungsergebnisse. Sein besonderes Interesse galt dem r¨omischen Milit¨arwesen im sp¨ateren Bayern. Seine Kriegserlebnisse schilderte A. in Unter General von der Tann (2 Bde., C Biogr Jahrb, Bd 9 1895 / 96).
Arnold, Igna(t)z Ferdinand, auch Theodor Ferdinand Kajetan A., Musiker, Schriftsteller, Jurist, * 4. 4. 1774 Erfurt, † 13. 10. 1812 Erfurt. Das Studium der Philosophie und das der Rechtswissenschaften in Erfurt schloß A., Sohn eines kurf¨urstlichen Kammerrats und Almosenkommissars, der auch Organist an St. Severi in Erfurt war, jeweils mit der Promotion ab. Er ließ sich dort als Advokat nieder, hielt als Privatdozent Vorlesungen und war auch als Universit¨atssekret¨ar t¨atig. Seine materielle Not versuchte A. durch Schreiben zahlreicher Romane abzuwenden. Kurz nach der Heirat mit Maria Anna Seehuber (1800) studierte er Medizin und hielt als Privatdozent ¨ Vorlesungen u¨ ber Erfahrungsseelenkunde, Politik, Asthetik und Poetik. Neben einigen Gedichten, Reiseberichten und historischen Beschreibungen Th¨uringens verfaßte er Schauerund R¨auberromane (u. a. Der schwarze Jonas, Kapuziner, R¨auber und Mordbrenner, 1805) und eine Reihe von Musikerbiographien (u. a. Mozarts Geist, 1803). Seit 1800 f¨uhrte A. als Organist an der Ursulinen- und sp¨ater an der Severinkirche in Erfurt u¨ ber 90 Messen auf. C MGG
Arnold, Johann Christian, Naturforscher, * 3. 2. 1724 Weißenfels (Sachsen), † 9. 7. 1765 Erlangen. A. studierte seit 1740 Theologie, Mathematik und Physik in Jena und in Leipzig, setzte das Studium der beiden letztgenannten F¨acher in Altdorf fort und wurde 1754 in Erlangen mit der Arbeit De viribus vivis earundemque mensura promoviert. 1755 wurde er dort a. o. Prof. der Mathematik und Physik und 1759 o. Prof. der Physik und als Ehrenmitglied in die „Erlangische teutsche Gesellschaft“ aufgenommen. Ne¨ ben eigenst¨andigen Schriften und Ubersetzungen fremdsprachiger Werke seines Fachgebiets ver¨offentlichte A. verschiedene naturwissenschaftliche Abhandlungen in der Zeitschrift „Fr¨ankische Sammlung“.
Arnold, Johann Christian, Fabrikant, * 1758 Engelrod (Oberhessen), † 1842 Kassel. Der hessische Pastorensohn A. lernte in der Kattunfabrik eines Freundes das Blaudrucken mit Hilfe von Formen kennen. Seit 1789 nutzte er in Kassel diese Technik f¨ur die industrielle Fabrikation von bedruckten Papiertapeten, deren Muster er selber entwarf. 1791 wurde A. in die B¨urgerrolle von Kassel aufgenommen. Sein wirtschaftlicher Erfolg brachte ihm 1818 die Ernennung zum kurf¨urstlich hessischen Kommerzienrat ein. A. war Mitglied des Stadtrats. Um 1823 gr¨undete er eine lithographische Anstalt in Kassel. C Leb Kurhessen, Bd 3
Arnold, Johann Gottfried, Musiker, Komponist, ¨ * 1. 2. 1773 Niedernhall bei Ohringen / Hohenloher Land, † 26. 7. 1806 Frankfurt / Main. A. erhielt Musikunterricht beim Stadtmusikus von L¨unzelsau und nahm in Wertheim Lektionen in Kompositionslehre. Seine eigenen Kompositionen trug er neben anderen Werken seit 1793 auf Konzertreisen als Cellovirtuose vor und bildete sich bei Aufenthalten in Berlin und Hamburg musikalisch weiter fort. 1797 erhielt er beim Theaterorchester in Frankfurt / Main eine Anstellung als Violinvirtuose. A. komponierte mehrere Violinkonzerte, ein Konzert f¨ur zwei Fl¨oten und Orchester, Variationen und verschiedene andere Musikst¨ucke, von denen mehrere im Offenbacher Musikverlag des Johann Anton → Andr´e erschienen. C NGroveD Arnold, Johann Wilhelm, Physiologe, * 10. 3. 1801 Edenkoben (Pfalz), † 9. 6. 1873 Heidelberg. A. studierte in Heidelberg Medizin (Promotion 1826, De salis ammoniaci vi et usu), war 1826 an der medizinischen Lehranstalt in Paris besch¨aftigt und 1827-35 Privatdozent an der Univ. Heidelberg. 1835 folgte er seinem Bruder Friedrich → A. als a. o. Prof. der Anatomie nach Z¨urich und verfaßte dort u. a. das Lehrbuch der pathologischen Physiologie des Menschen (1837-39), das den zweiten Teil des zusammen mit seinem Bruder erarbeiteten Werks Die Erscheinungen und Gesetze des lebenden menschlichen K¨orpers im gesunden und kranken Zustand darstellt. 1841 ließ A. sich in Heidelberg als praktischer Arzt nieder und ver¨offentlichte u. a. Abhandlungen zu pharmakologischen, physiologischen und pathologischen Untersuchungen, darunter Die Lehre von der Reflexfunction f¨ur Physiologen und Aerzte (1842).
Arnold, Jonas, Maler, Radierer, getauft 15. 9. 1609 Augsburg, † vor 7. 5. 1669 Ulm. A. stammte aus einer Augsburger Goldschmiedefamilie und erhielt seit 1622 eine Lehre bei Martin Rei(c)hert in Augsburg, anschließend außerhalb, eventuell in Paris. 1635-37 war er Hofmaler des Grafen Starhemberg in Linz, f¨ur den er u. a. ein Bildnis der Großherzogin Bianca von Toscana malte und 1635 und 1637 als Arrangeur und Kost¨umbildner der Festumz¨uge beim Karneval t¨atig war. 1640 erhielt A. das B¨urgerrecht in Ulm, wo er mit Josef → Furttenbach befreundet war. Neben Portr¨ats und Blumenbildern (u. a. 200 Mi¨ und Holzschnitten schuf A. zahlniaturen von Tulpen) in Ol reiche Radierungen (u. a. Das Ulmer M¨unster von Westen, 1666). C AKL ¨ o¨ sterr. Maler, * 13. (14. ?) 3. (7. 4.?) Arnold, Joseph d. A., 1788 Stans bei Schwaz (Tirol), † 23. 2. (1. ?) 1879 Innsbruck. Der Sohn eines Bergknappen erlernte das Anstreichergewerbe und begann auf Anregung des Benediktiners Eberhard Zobel aus Fiecht 1813 mit ersten Freskomalereien. Seit 1819 studierte er an der Akademie der K¨unste in Wien. A. schuf mehrere Altarbilder f¨ur Tiroler Kirchen und war seit 1825 wieder in seiner Heimat t¨atig. Nachdem er anfangs den Stil Heinrich → F¨ugers kopiert hatte, malte er seine sp¨ateren Altarbilder in der Manier von Joseph → Sch¨opf. Nach dessen Tod 1822 war A. der f¨uhrende Tiroler Maler im sakralen Bereich, in den er die Kunstauffassung und den Malstil der Nazarener einf¨uhrte. C AKL
Arnold, Julius, Pathologe, * 19. 8. 1835 Z¨urich, † 2. 2. 1915 Heidelberg. Das Studium der Medizin absolvierte A., Sohn von Friedrich → A., in Heidelberg, Prag, Wien und u. a. bei Rudolf → Virchow in Berlin. 1860 wurde er in Heidelberg mit einer Arbeit u¨ ber ein Thema der Augenheilkunde promoviert (Die Bindehaut der Hornhaut und der Greisenbogen) und ließ sich dann dort als praktischer Arzt nieder. Er habilitierte sich 1863, war zun¨achst Assistent am Anatomischen
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Arnold Institut und wurde 1866 a. o. Prof. und Direktor des Pathologischen Instituts der Univ. Heidelberg. Seit 1870 war A. a. o. Prof., 1888 Prorektor und geh¨orte mehrmals dem Engeren Senat der Univ. an. 1907 wurde A. mit dem Titel eines Wirklichen Geheimrats in den Ruhestand versetzt. Er ver¨offentlichte u. a. Das glatte Muskelgewebe (1870) und Beitr¨age zur Entwicklungsgeschichte des Auges (1874).
Arnold, Karl, Karikaturist, Zeichner, Maler, * 1. 4. 1883 Neustadt bei Coburg, † 29. 11. 1953 M¨unchen. Nach dem Besuch der Herzoglichen Industrie- und Gewerbeschule in Coburg begann A., dessen Vater eine Puppenmanufaktur betrieb, 1901 ein Studium an der M¨unchner Akademie der bildenden K¨unste, lieferte 1907 erste Karikaturen an den „Simplicissimus“ und z¨ahlte seit 1908 zu den Mitarbeitern der Zeitschriften „Jugend“ und „Lustige Bl¨atter“. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs zeichnete A. die Kriegsflugbl¨atter der Liller Soldatenzeitung und wurde 1917 als Nachfolger von Ferdinand von → Rezniˇcek Teilhaber und Redakteur des „Simplicissimus“. Daneben war er als Zeichner f¨ur mehrere Zeitungen und Zeitschriften t¨atig und schuf Buchillustrationen, u. a. zu den Turngedichten von Joachim → Ringelnatz. Seit 1936 hatte er einen Exklusivvertrag als Pressezeichner mit dem Ullstein-Verlag. A.s 1924 erschienene Berliner Bilder wurden 1938 auf die Liste des „sch¨adlichen und unerw¨unschten Schrifttums“ gesetzt. 1943 verließ er M¨unchen. Seine M¨unchner Wohnung und viele seiner Arbeiten wurden 1945 vernichtet. C AKL
Arnold, Karl, Politiker, * 21. 3. 1901 Herrlish¨ofen (heute zu Warthausen, bei Biberach), † 29. 6. 1958 D¨usseldorf. Von Beruf Schuhmacher, war A. 1921-33 in der christlichen Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung t¨atig, seit 1928 als Vorsitzender des nicht-sozialistischen Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). 1925-33 war er stellvertretender Vorsitzender der D¨usseldorfer Zentrumspartei und geh¨orte seit 1929 dem Stadtrat an. Sp¨ater wurde er Teilhaber eines Installationsunternehmens. Nach dem Attentat auf → Hitler am 20. 7. 1944 wurde A. verhaftet. 1945 engagierte er sich beim Wiederaufbau des Gewerkschaftsbundes, z¨ahlte zu den Begr¨undern der CDU und wurde einer der f¨uhrenden Politiker ihres linken Fl¨ugels; er war langj¨ahriger Leiter der Sozialaussch¨usse und stellvertretender Parteivorsitzender. 1946 wurde A. Oberb¨urgermeister von D¨usseldorf, war 1947-56 erster Ministerpr¨asident von Nordrhein-Westfalen und 1949 erster Pr¨asident des Bundesrats, sp¨ater auch Vorsitzender des Bundesratsauschusses f¨ur Ausw¨artiges. Nach seiner Abwahl 1954 wandte sich A. verst¨arkt der Parteiarbeit zu, u¨ bernahm die Leitung des auf seine Initiative hin gegr¨undeten Landespr¨asidiums der CDU und wurde zu einem der vier Stellvertreter des Parteivorsitzenden Konrad → Adenauer gew¨ahlt. 1957 / 58 geh¨orte A. dem Deutschen Bundestag an, wurde stellvertretender Fraktionsvorsitzender und in der Nachfolge Jakob → Kaisers Vorsitzender der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft. C MdB Arnold, Karl Heinrich, Fabrikant, * 17. 9. 1793 Kassel, † 1. 4. 1874 Kassel. A., Sohn von Johann Christian → A., erhielt eine Ausbildung an der Kunstakademie in Kassel, war in Paris Sch¨uler des Malers Jacques-Louis David und trat anschließend in das v¨aterliche Gesch¨aft ein. Dort fertigte er Mustervorlagen f¨ur Tapeten an und stellte Steindrucke her, u. a. nach Vorlagen von Sebastian → Weygandt. 1830 gr¨undete A. in Berlin eine zweite Tapetenfabrik und pflegte u. a. engen Kontakt zu Adolph von → Menzel. Seit 1839 leitete er zusammen mit seinem Bruder, nach dessen Tod 1847 allein das v¨aterliche Unternehmen in Kassel. C NDB
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Arnold, Kaspar, evang. Theologe, * 6. 1. 1599 Hersbruck (Franken), † 17. 5. 1666 N¨urnberg. Der Sohn eines Hersbrucker B¨urgers und Bierbrauers studierte seit 1615 evang. Theologie an der Univ. im nahen Altdorf, erwarb 1620 den Magistergrad und wurde 1623 Diakon, 1632 Pastor von Kirchensittenbach bei N¨urnberg. Von 1642 bis zu seinem Tod war er Diakon an der N¨urnberger Sebalduskirche. 1662 erschien seine Epistolische KirchenArbeit, oder Zusammenstimmung der Episteln und Evangelien. A. war der Vater von Christoph → A.
Arnold, Martin, evang. Theologe, P¨adagoge, * 3. 10. 1537 Gr¨unberg (Schlesien), † 28. 7. 1606 (?) Pirschau (B¨ohmen). Der aus a¨ rmlichen Verh¨altnissen stammende A. studierte in Frankfurt / Oder evang. Theologie und war danach in Fraustadt in Polen als Baccalaureus Kantor, Rektor, Diakon (seit 1562), zuletzt Pfarrer. Seine Lehr- und Seelsorget¨atigkeit setzte A. auch w¨ahrend einer Pestepidemie 1568 fort. 1589 gab er wegen Zwistigkeiten mit dem Magistrat der Stadt ¨ seine Amter auf und ging als Erzieher der Kinder eines Barons Rechenberg nach Pirschau in B¨ohmen, wo er wahrscheinlich 1606 an der Pest starb. A. gab das Rosenb¨uchlein von Valentin → Trotzendorf heraus und verfaßte Kurze Fragst¨ucke von der Beicht und heiligem Abendmahl (o. J.).
Arnold, Robert Franz, eigentl. Levisohn, o¨ sterr. Literarhistoriker, * 27. 11. 1872 Wien, † 24. 1. 1938 Wien. Der Sohn eines Großindustriellen studierte 1890-95 in Wien und Berlin Geschichte und Germanistik. A. trat 1893 aus der Israelitischen Gemeinde aus und ließ sich 1895 evangelisch taufen. Nach der Promotion in Wien (1895) war er bis 1913 Beamter, zuletzt Kustos der k. u. k. Hofbibliothek. 1900 habilitierte er sich f¨ur Neuere Deutsche Literaturgeschichte und wurde 1906 a. o. Prof., 1920 o. Prof. Nach der Zwangspensionierung 1934 lehrte er bis 1936 zweimal als Gastprofessor an der Stanford University (Kalifornien) und war danach bis zu seinem Tod Pr¨asident des Goethevereins. A. war mehrere Jahre als Buch- und Theaterkritiker t¨atig. Er gab 1925 den Sammelband Das deutsche Drama heraus und verfaßte neben Abhandlungen zur deutschen Literatur¨ und Geistesgeschichte und Ubersetzungen von d¨anischer Lyrik das bibliographische Werk Allgemeine B¨ucherkunde zur neueren deutschen Literaturgeschichte (1910; 4., neubearb. Aufl. 1966). C Lex dt-j¨ud Autoren Arnold, Samuel B´enedikt, Maler, * 1744 Dresden, † 1817 Dresden. A. ließ sich in Dresden bei verschiedenen Lehrern im Zeich¨ nen sowie in der Olmalerei ausbilden und schuf schon fr¨uh Portr¨ats in Aquarelltechnik. 1778 folgte er einem Ruf nach Bremen und Oldenburg, machte sich dort einen Namen als Freskenmaler und war in den folgenden f¨unf Jahren mit Auftr¨agen f¨ur Portr¨ats und Fresken in verschiedenen St¨adten Niedersachsens besch¨aftigt. 1783 kehrte er nach Dresden zur¨uck und wurde 1793 festbesoldeter s¨achsischer Hofmaler. Zu seinem Werk z¨ahlen u. a. die Fresken im neuen Fl¨ugel des Schlosses Pillnitz. Er stattete das Dresdner Palais mit Gem¨alden aus (u. a. Palais Max 1792) und beschickte allj¨ahrlich die Ausstellung der Akademie mit Basreliefs.
Arnold, Thea, Politikerin, * 11. 12. 1882 Fulda, † 26. 1. 1966 D¨usseldorf. Nach dem Besuch des Lehrerinnenseminars in Duderstadt unterrichtete A. seit 1902 an Volksschulen, mittleren und h¨oheren Schulen in K¨onigstein / Taunus, Bensheim / Bergstraße, Graach / Mosel, Trier und D¨usseldorf. Seit 1919 Direktorin einer Volksschule in D¨usseldorf, unternahm sie Studienreisen nach Großbritannien und Frankreich und besuchte p¨adagogische und psychologische Fortbildungsseminare an der Univ. K¨oln. A. war in Frauenaussch¨ussen und als Stadtverordnete in D¨usseldorf t¨atig. Nach Kriegsende 1945 trat
Arnoldi sie der wiedergegr¨undeten Zentrumspartei bei und zog 1949 in den Deutschen Bundestag ein. 1951 wechselte sie von der Zentrumspartei zur F¨oderalistischen Union und geh¨orte seit 1952 keiner Fraktion mehr an. A. engagierte sich im sozialpolitischen Bereich und trat durch ihre Stellungnahmen zu Frauenfragen, zur Bildungspolitik und zum Gesundheitswesen hervor. C MdB
Arnold, Walter, Bildhauer, * 27. 8. 1909 Leipzig, † 11. 7. 1979 Dresden. A., Sohn eines Steinmetzen, erhielt 1924-28 eine Ausbildung zum Holz- und Steinbildhauer in Leipzig und studierte 1928-32 bei Alfred → Thiele an der Leipziger Kunstgewerbeschule. 1932 / 33 war er dort Assistent und anschließend als freischaffender K¨unstler in Leipzig t¨atig. 1940-45 leistete A. Kriegsdienst, wurde 1946 Mitglied der SED und hatte 1946-49 eine Professur f¨ur fig¨urliches Zeichnen an der Hochschule f¨ur Graphik und Buchkunst in Leipzig inne. 1949 u¨ bernahm er die Leitung der Abteilung Plastik an der Hochschule f¨ur bildende Kunst in Dresden, wo er 1950 zum Prof. berufen wurde. Anschließend war er Prof. und Leiter der Abteilung Graphik an der Hochschule f¨ur Graphik und Buchkunst in Leipzig. Seit 1952 geh¨orte A. der Deutschen Akademie der K¨unste an. 1954-63 war er Kandidat des Zentralkomitees der SED und 1959-64 in der Nachfolge von Otto → Nagel Pr¨asident des Verbandes bildender K¨unstler Deutschlands. Seit 1974 leitete A. eine Meisterklasse an der Hochschule f¨ur bildende K¨unste in Dresden. Zu seinem k¨unstlerischen Schaffen z¨ahlen die Bronzeplastiken Die Jugend – Baumeister der Deutschen Demokratischen Republik, Portr¨atb¨usten von Felix → Mendelssohn Bartholdy, Carl Maria von → Weber und Rosa → Luxemburg sowie die Holzplastik Vietnam klagt an. C DDR Arnold, Wilhelm (Christoph Friedrich), Historiker, Jurist, * 28. 10. 1826 Borken bei Kassel, † 2. 7. 1883 Marburg / Lahn. A. studierte Rechtswissenschaften in Marburg, Heidelberg und Berlin, besch¨aftigte sich unter dem Einfluß Leopold von → Rankes mit der Rechtsgeschichte und habilitierte sich 1850 in Marburg f¨ur dieses Fach. A. publizierte Abhandlungen zur Verfassungsgeschichte, wurde 1855 o. Prof. der deutschen Rechtsgeschichte in Basel und lehrte von 1863 bis zu seinem Tod Naturrecht, Staatsrecht und National¨okonomie an der Univ. Marburg. A. trieb auch kulturhistorische Studien und schrieb u. a. u¨ ber Kultur und Rechtsleben (1865). In seinen sp¨ateren Lebensjahren befaßte er sich vor allem mit siedlungsgeschichtlichen und namenskundlichen Forschungen. Seine dabei entwickelte Ortsnamentheorie bildete die Grundlage f¨ur sp¨atere Untersuchungen in diesem Wissenschaftszweig. Seit 1881 war A. Abgeordneter der Konservativen in Reichstag. C Leb Kurhessen, Bd 4
Arnold, Wilhelm (Karl), Psychologe, * 14. 10. 1911 N¨urnberg, † 12. 12. 1983 M¨unchen. A., Sohn eines Bauoberinspektors, schloß das Studium der Mathematik, Physik, Psychologie, P¨adagogik, Philosophie und Wirtschaftsgeschichte in M¨unchen 1935 mit der Pro¨ motion ab (Uber die Wahrnehmbarkeit akustischer Signale). 1934-42 war er Wehrmachtspsychologe, seit 1942 Psychologe an der Univ. Erlangen. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg (1943-45) habilitierte er sich 1948 mit der Arbeit Das Raumerlebnis in der Naturwissenschaft und Erkenntnistheorie. 1945-52 war A. Leiter der Berufsberatung N¨urnberg sowie leitender Psychologe und Referent am Landesarbeitsamt Nordbayern, 1952 / 53 der Bundesanstalt f¨ur Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in N¨urnberg, wo er den psychologischen Dienst aufbaute. Seit 1953 lehrte A. als Prof. f¨ur Psychologie an der Univ. W¨urzburg; 1964-66 war er Rektor, 1966 / 67 Prorektor. 1964-66
war er Pr¨asident der Deutschen Gesellschaft f¨ur Psychologie; 1967 wurde er zweiter Vorsitzender der Hanns-SeidelStiftung. 1968-73 geh¨orte er dem Bayerischen Senat an. A. besch¨aftigte sich vor allem mit angewandter Psychologie, Pers¨onlichkeits- und Begabtenforschung. Er ver¨offentlichte u. a. Person, Charakter und Pers¨onlichkeit (1957, 41975).
Arnoldi, Albrecht Jakob, evang. Theologe, Orientalist, * 1. 10. 1750 Herborn, † 4. 9. 1835 Marburg. Der Sohn des Theologen Valentin → A. und einer Tochter des Leidener Orientalisten Albert Schultens studierte neben Theologie 1769-72 zun¨achst in Groningen und dann bei seinem Onkel Johann Jacob Schultens in Leiden auch orientalische Sprachen. 1775 wurde A. dort Kandidat der Theologie. 1778 nahm er am Gymnasium Illustre in Hanau eine Professur f¨ur orientalische Sprachen und Kirchengeschichte an. 1789 folgte er einem Ruf nach Marburg, wo er bis an sein Lebensende t¨atig war und 1792 zum Primarius der Theologischen Fakult¨at ernannt wurde. A. ver¨offentlichte u. a. Anmerkungen u¨ ber Stellen der Spr¨uche Salomos (1781). C Strieder
Arnoldi, Bartholom¨aus, auch Usingen(sis), kath. Theologe, Philosoph, * um 1465 Usingen (Hessen), † 9. 9. 1532 W¨urzburg. Das 1484 begonnene Studium an der Univ. Erfurt schloß A. 1491 mit dem Grad des Mag. art. ab, lehrte dann an der Artistischen Fakult¨at 30 Jahre lang Philosophie und wurde 1514 zum Doktor der Theologie promoviert. Unter dem Einfluß → Luthers, der 1501-05 bei ihm die Artes studiert hatte, trat A. 1512 in den Augustinerorden ein. Wie Luther verurteilte er Mißst¨ande in der Kirche, war jedoch sonst ein entschiedener Gegner der luth. Lehre. Er bek¨ampfte Luther in seinen Schriften, seit 1522 auch als Domprediger. Als A. 1525 zum Verlassen Erfurts gezwungen wurde, ging er als Berater des Bischofs Konrad von → Th¨ungen nach W¨urzburg. 1530 begleitete er diesen auf den Reichstag nach Augsburg, wo er mit anderen kath. Theologen mit der Pr¨ufung der Confessio C NDB Augustana betraut wurde.
Arnoldi, Daniel, P¨adagoge, * 21. 6. 1595 Bergedorf bei Hamburg, † 18. 6. 1651 Hamburg. A. schloß sein Studium in Jena 1621 mit dem Magistergrad ab und wurde 1622 Konrektor in L¨uneburg, 1623 am Johanneum in Hamburg. Seit 1641 war er dort Rektor und von 1631 an auch Pr¨abendarius der Kathedralkirche. Seine Hauptlehrf¨acher waren die lateinische und die griechische Sprache. Neben einer Unterrichtsschrift u¨ ber lateinische Sprichw¨orter verfaßte A. 1634 einen Nomenclator Latino-germanicus, h. e. Latinae linguae compendium in usum scholae.
Arnoldi, Ernst Wilhelm, Fabrikant, Versicherungs- und Wirtschaftspolitiker, * 21. 5. 1778 Gotha, † 27. 5. 1841 Gotha. Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung 1794-99 in Hamburg wurde A. Teilhaber des v¨aterlichen Gesch¨afts in Gotha, errichtete dort 1804 eine Farbenfabrik und 1809 eine Steingutfabrik in Elgersburg bei Ilmenau. 1819-21 gr¨undete er die „Gothaer Feuerversicherung“ und 1827 die „Gothaer Feuerversicherung auf Gegenseitigkeit“. So brach er das ausl¨andische Versicherungsmonopol und senkte mit dem damit in das deutsche Versicherungswesen eingef¨uhrte Prinzip der Gegenseitigkeit und Gewinnbeteiligung die Pr¨amien. A. gr¨undete Handelsschulen, 1817 die Innungshalle sowie 1818 in Gotha die erste deutsche Kaufmannschule. 1841 erreichte er einen Zusammenschluß der deutschen Zuckerfabrikanten und f¨orderte die Verbreitung des aus R¨uben gewonnenen Zuckers. Neben Friedrich → List, den er bei seinen Eisen-
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Arnoldi bahnpl¨anen f¨ur Th¨uringen unterst¨utzte, war A. f¨uhrend in der Bewegung des deutschen Zollvereins t¨atig. C Neuer Nekr, Jg. 19
Arnoldi, Franz, kath. Theologe, * Leisnig (Sachsen), † nach 1535. A. war Pfarrer in dem Meißen gegen¨uberliegenden Dorf C¨oln an der Elbe und f¨uhrte einen heftigen literarischen Kampf gegen Martin → Luther. Auch in den Streit Luthers mit Herzog → Georg von Sachsen griff er ein und gab dessen Schrift Widder des Luthers Warnung an die Deutschen (1531) heraus, die er mit einem Nachwort versah. 1531 verfaßte A. u. a eine Antwort Auff das Schmaeb¨uchlein, welchs Martin Luther widder den Meuchler zu Drezden hat lassen auszgehen. C LThK
Arnoldi, Friedrich Albert von, Jurist, * 24. 8. 1787 Dillenburg, † 19. 4. 1839 Wiesbaden. Nach dem Besuch der Akademie in Herborn studierte A., Sohn des nassauischen Staatsmanns und Historikers Johannes von → A., Rechtswissenschaften in T¨ubingen und Marburg. 1806 trat er in herzoglich nassauische Dienste, in denen er es bis zum geheimen Rat und Direktor der Rechnungskammer brachte. In Nassau war A. maßgeblich an der Gr¨undung des Vereins f¨ur Naturkunde 1830 beteiligt und z¨ahlte zu dessen Vorstandsmitgliedern. C Neuer Nekr, Jg. 17 Arnoldi, Johann Ludwig Ferdinand, evang. Theologe, P¨adagoge, * 25. 6. 1737 Gießen, † 29. 10. 1783. Das Studium der Theologie in Gießen schloß A. mit der Promotion ab und u¨ bernahm 1759 als Hauslehrer den Unterricht eines taubstummen Jungen, den er auch zur Konfirmation vorbereitete. 1762 ging er als Hofmeister eines jungen Adligen nach T¨ubingen, studierte dort mit ihm Rechtswissenschaften sowie Staatengeschichte und begleitete ihn 1767 weiter an die Univ. G¨ottingen. 1768 erhielt A. in Großenlinden bei Gießen eine Pfarrstelle und begann dort wieder mit dem Unterricht taubstummer Kinder, die er auch konfirmierte. Seine 1777 erschienene Practische Unterweisung, taubstumme Personen reden und schreiben zu lehren, und Zeitungsberichte u¨ ber seine Lehrerfolge machten A. weithin bekannt. C Strieder
Arnoldi, Johannes, kath. Theologe, * 24. 6. 1596 Warburg (Westfalen), † 11. 11. 1631 Visselh¨ovede (Niedersachsen). A. begann 1609 in Paderborn ein Studium der Theologie, trat 1617 in den Jesuitenorden ein und war dann in Kollegien seines Ordens in Fulda, Speyer und Bamberg t¨atig. 1623 / 24 unternahm er in Sinsheim in Baden, 1624-26 in Emmerich, 1626 / 27 in Bocholt, 1627 / 28 in Falkenhagen und seit 1629 in Verden / Aller Rekatholisierungsversuche. W¨ahrend 1631 nach dem Sieg Gustav Adolfs bei Leipzig die meisten kath. Geistlichen aus dem Bistum Verden flohen, blieb A. auf seinem Posten. 1631 wurde er in der N¨ahe des Dorfes Visselh¨ovede von protestantischen Bauern u¨ berfallen und ermordet. Daher gilt A. bei norddeutschen Katholiken als M¨artyrer.
Arnoldi, Johannes von, Staatsmann, Historiker, * 30. 12. 1751 Herborn, † 2. 12. 1827 Dillenburg. A., Sohn Valentin von → A.s, studierte 1770-73 in G¨ottingen Rechtswissenschaft und Geschichte, trat 1777 in die Dillenburger Landesverwaltung ein, wurde 1792 Mitglied der Landesregierung und 1796 Direktor des Landesarchivs. 1801 brachte er u. a. in Berlin die Entsch¨adigungsforderungen der Oranier vor, verkehrte mit Friedrich → Nicolai und schrieb Beitr¨age f¨ur die Allgemeine Deutsche Bibliothek. 1803 wurde er von Wilhelm Friedrich von Oranien und Fulda zum Legationsrat ernannt und in den Adelsstand
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erhoben. Seit 1805 auch Mitglied des Geheimratskollegiums, verließ A. nach der franz¨osischen Besetzung Fulda, ging 1813 im Gefolge der alliierten Truppen nach Dillenburg, u¨ bernahm dort die Regierung, wurde 1814 Geheimrat und 1815, bis die oranischen Gebiete an Preußen und Nassau fielen, Chef der obersten Landesstelle. Neben anderen historischen Studien ver¨offentlichte A. die Geschichte der Oranien-Nassauer L¨ander und ihrer Regenten (3 Bde., 1799-1816). C Neuer Nekr, Jg. 6
Arnoldi, Nikolaus, reformierter Theologe, * 1618 Lesna (Polen), † 1680. Als F¨unfzehnj¨ahriger erhielt A. von der polnischen Synode in Ostoroy eine Anstellung als Chorknabe, studierte dann in Danzig Philosophie und Rhetorik, leitete 1639-41 die Lateinschule in Jablonow in Podolien und diente gleichzeitig einer vornehmen Familie als Hausprediger. Ein Stipendium erm¨oglichte ihm 1641 die Immatrikulation an der Univ. Franeker in Holland, wo er vor allem calvinistische Theologie studierte. Nach einem Englandaufenthalt erhielt A. in Beetgum in Friesland eine Stelle als Prediger, wurde 1651 Prof. der Theologie in Franeker und 1656 Hofprediger. A. vero¨ ffentlichte neben anderen, meist dogmatischen und polemischen Schriften: Lux in tenebris, sive vindicatio locorum V. et N. T. quibus omnium sectarum adversarii ad stabiliendos errores suos abutuntur. C RE
Arnoldi, Valentin, reformierter Theologe, * 26. 1. 1712 Dillenburg, † 16. 4. 1793. A. erhielt nach dem an der Hohen Schule in Herborn absolvierten Studium der Theologie und der orientalischen Sprachen von seinem Landesherrn F¨urst Christian zu Dillenburg 1739 ein Stipendium f¨ur einen mehrj¨ahrigen Aufenthalt in Utrecht, Leiden und Den Haag, wo er teils studierte, teils selber lehrte. 1745 wurde A. Prof. der Theologie und erster Prediger in Herborn, 1755 Oberkonsistorialrat und nach Niederlegung seines geistlichen Amts Verwalter der akademischen Bibliothek. 1764 avancierte A. zum Inspektor aller Kirchen im F¨urstentum Nassau-Dillenburg und wurde 1770 zum ersten Professor der Theologischen Fakult¨at der Reformierten Hohen Schule erhoben. A.s S¨ohne waren der Theologe Albrecht Jacob → A. und der Staatsmann und Historiker Johannes von → A. C ADB
Arnoldi, Wilhelm, Bischof von Trier, * 4. 7. 1798 Badem / Eifel, † 7. 1. 1864 Trier. Nach dem Besuch des Priesterseminars und der Priesterweihe in Trier erhielt A. dort 1821 eine Professur f¨ur das Alte Testament und Homiletik. 1826 u¨ bernahm er eine Pfarrstelle in Laufeld, wurde 1831 Pfarrer und Dechant in Wittlich und 1834 Domkapitular und Domprediger in Trier. 1839 erfolgte A.s Wahl zum Bischof, doch kam es wegen erheblicher Probleme mit den staatlichen Stellen erst 1842 zur Inthronisation, wobei A. in der Frage der Mischehen unnachgiebig blieb und auch den Eid auf den Staat verweigerte. 1844 ließ er erstmals seit 1810 wieder den Heiligen Rock ausstellen, was zu einer heftigen publizistischen Auseinandersetzung um dessen Echtheit und in der Folge zur Formierung der deutsch-kath. Bewegung unter Johannes → Ronge f¨uhrte. A. z¨ahlte zu den Vertretern der kath. Restauration und zu den Verfechtern der v¨olligen Unabh¨angigkeit der Kirche von jeglicher staatlicher Einflußnahme. In Trier ließ A. den Dom restaurieren und gr¨undete ein Knabenkonvikt und einige Kl¨oster. C Gatz 4
Arnoldin von Clarstein, Mathias, Jurist, * um 1575 B¨ohmen, † 21. 1. 1649 Prag. A. trat 1599 in die Hofkanzlei Kaiser → Rudolfs II. ein, wurde geadelt, um 1605 zum kaiserlichen Appellationssekret¨ar und 1612 zum Hofkammersekret¨ar ernannt. 1618 folgte A.s Erhebung zum Hofkammerrat, 1626 zum ersten
Arnolf Sekret¨ar der Reichshofkanzlei und zum Protokollf¨uhrer des Geheimen Rats und 1628 zum Reichshofrat auf der Juristenbank. Auf dem Regensburger Reichstag von 1630 wurde ihm die Protokollf¨uhrung anvertraut. Bekannt wurde A. vor allem durch den Versuch der Bildung einer „Societas Defensionis Christianae“. 1619 schlug er Kaiser → Ferdinand II. vor, die Katholiken Europas zu einer direkten Abgabe f¨ur die Anwerbung kaiserlicher Truppen zur Verteidigung des Christentums zu bewegen. Trotz der 1620 erwirkten Erlaubnis kath. deutscher F¨ursten, freiwillige Spenden bei ihren Untertanen einzusammeln, scheiterte A.s Plan 1620 letztlich an deren Bedenken, dem Kaiser bei eigenen Mindereinnahmen zu mehr Macht zu verhelfen. C NDB
Arnoldson, Sigrid, verh. Fischhof, S¨angerin, * 20. 3. 1864 Stockholm, † 7. 2. 1943 Stockholm. Die Tochter des ersten Tenors der Kgl. Oper in Stockholm erhielt ihre Gesangsausbildung in Paris und Berlin, deb¨utierte 1888 in Moskau und stand als Primadonna auf den B¨uhnen von St. Petersburg und Covent Garden in London. 1889 trat sie in der Op´era comique in Paris und am Teatro Argentino in Rom auf, erhielt dann ein Engagement am Covent Garden und wurde auf Gastspielen in Berlin, St. Petersburg und Amerika als „neue schwedische Nachtigall“ und Nachfolgerin ihrer Landsm¨annin Jenny Lind gefeiert. 1907-09 war sie, seit 1888 mit Alfred Fischhof verheiratet, an der Dresdner Oper engagiert. A. wurden zahlreiche Auszeichnungen zuteil, u. a. erhielt sie den Titel einer großherzoglich hessischen Kammers¨angerin. 1922 bis zum Kriegsausbruch 1939 war A. als Gesangslehrerin in Wien t¨atig. C Kutsch
Arnoldt, Daniel Heinrich, evang. Theologe, Dichter, * 7. 12. 1706 K¨onigsberg (Ostpreußen), † 30. 7. 1775 K¨onigsberg (Ostpreußen). Der einer Kaufmannsfamilie entstammende A. studierte seit 1721 Theologie in K¨onigsberg, von 1724 an in Halle und legte dort 1728 das Magisterexamen ab. Nach der R¨uckkehr nach K¨onigsberg wurde A. 1729 zum Prof. der Philosophie ernannt, 1732 zum Dr. theol. promoviert, dann zum Konsistorialrat und 1733 zum Prof. der Theologie ernannt. 1763 u¨ bernahm er die Leitung des Collegium Fridericianum und der K¨onigsberger Armenschule, sp¨ater auch der litauischen und polnischen Theologischen Seminare. 1770 erfolgte seine Ernennung zum adjungierten und 1772 zum wirklichen Oberhofprediger. A. verfaßte eine Anleitung zur deutschen Poesie, mehrere theologische und philosophische Arbeiten, einige Werke zur ostpreußischen Geschichte und eine 1746 erschienene zweiteilige, sp¨ater erg¨anzte Ausf¨uhrliche und mit Urkunden versehene Historie der K¨onigsbergischen Universit¨at. C NDB
Arnoldt, Emil (Friedrich Traugott), Philosoph, * 6. 2. 1828 Plibischken bei K¨onigsberg (Ostpreußen), † 31. 5. 1905 K¨onigsberg. Der Pastorensohn studierte 1846-50 in K¨onigsberg Philosophie und Geschichte. Er schloß sich dort der „Freien evangelischen Gemeinde“ des Julius → Rupp, des Großvaters von K¨athe → Kollwitz, an. Wegen seines in Rupps „Volksboten“ erschienenen Artikels Die freien Gemeinden und die Regierungen wurde A. zu einer Gef¨angnisstrafe verurteilt und wegen seiner demokratischen Gesinnung 1852 aus K¨onigsberg ausgewiesen. Obgleich diese Anordnung 1859 aufgehoben wurde, konnte sich A. erst 1874 in K¨onigsberg habilitieren (Habilitationsvorlesung: Ueber Kants Idee vom h¨ochsten Gut) und eine Anstellung als Privatdozent f¨ur Philosophie erlangen. Als der Vorschlag, ihn zum o. Prof. zu berufen, in Berlin wiederholt abgelehnt wurde, gab er 1878 seine Lehrt¨atigkeit auf und lebte fortan als Privatgelehrter in K¨onigsberg. A.s Gesammelte Schriften, in denen er sich vor allem mit dem Werk Immanuel → Kants auseinandersetzte, erschienen 1906-11 (hrsg. v. Otto → Sch¨ond¨orffer)
in zehn B¨anden. Seine Einleitung in die Philosophie (Bd. 3 der Schriften) ist eigentlich eine Einleitung in die Philosophie Kants.
Arnoldus von C¨ollen, auch Arnoldt von C¨oln, de Colonia, Drucker, † vor 1498 Leipzig. Der Leipziger B¨urger und Inkunabeldrucker A. stellte in seiner Offizin zwischen 1492 und 1495 nachweislich 20 verschiedene Drucke her, von denen einige mehrere Auflagen erlebten. Nach seinem Tod f¨uhrte der zweite Ehemann seiner Witwe Catharina, der Inkunabeldrucker Wolfgang → St¨ockel, A.s Werkstatt weiter. C NDB
Arnoldus Saxo, Kleriker, 13. Jh. Neben Alexander Neckam war der nieders¨achsische Kleriker A. der erste Enzyklop¨adist des 13. Jahrhunderts. Seine zwischen 1225 und 1230 erarbeitete Enzyklop¨adie De finibus (Konjektur: floribus) rerum naturalium basiert auf fr¨uhmittelalterlichen und antiken Schriften. Eigengut des Verfassers sind die Prologe zu jedem der f¨unf Teile („De caelo et mundo“, „De naturis animalium“, „De virtute universali“, „De virutibus lapidum“, „De moralibus“). Dieses moralische und naturwissenschaftliche Fragen in f¨unf Abteilungen behandelnde Werk diente u. a. → Albertus Magnus, → Bartholom¨aus Anglicus und Vinzenz von Beauvais als Quelle. C LexMA
Arnoldus Vesaliensis, eigentl. Haldrenius, Haldrein, kath. Theologe, Humanist, * um 1484 Wesel, † 30. 10. 1534 K¨oln. Der nach seinem Geburtsort Wesel am Niederrhein benannte A. kam 1501 nach K¨oln, besuchte dort das Lorenz-Gymnasium und bezog 1516 die Artistenfakult¨at der K¨olner Universit¨at. Dort trat er durch besondere Kenntnis der klassischen Sprachen, v. a. des Griechischen, hervor. A. lehrte am Lorenz-Gymnasium, bis er 1531 zum Domherrn ernannt wurde. In seinen theologischen Schriften setzte er sich u. a. mit der protestantischen Kritik an der kath. Heiligen- und Reliquienverehrung auseinander (Consultatio quadruplex super confessione Augustana quorundam Protestantium, postum 1554). C LThK
Arnoldus Bergellanus, Johann, eigentl. J. Arnold, Korrektor, Dichter, * um 1500 Marktbergel (Franken), † nach 1541. A., der nach seinem Geburtsort Marktbergel den latinisierten Beinamen Bergellanus f¨uhrte, war um 1522 in Wittenberg und sp¨ater in Mainz als Korrektor t¨atig. Dort gab er in der Werkstatt des Druckers Franz → Behem sein Lobgedicht Poema encomiasticum de chalcographiae inventione heraus. Darin pries er die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes → Gutenberg und Mainz als Ursprungsort dieser Kunst. A. ging sp¨ater nach Basel, wo er f¨ur den korrekten Druck von Codices-Sammlungen sorgte. C NDB Arnolf, Bischof von Halberstadt, auch Arnulf, Arnold, † 7. 9. 1023. Von A., seit 996 Bischof von Halberstadt, ist ein vor dem 7. 5. 1008 geschriebener Brief an den Bischof → Heinrich I. von W¨urzburg erhalten, in dem er diesen um die Zustimmung zur Gr¨undung des Bistums Bamberg bittet. Das Schreiben stellt somit eines der wichtigsten Dokumente f¨ur die Entstehung des Bamberger Bistums dar, gibt aber auch Einblick in die damalige Behandlung der Frage des Widerstandsrechts. A. gew¨ahrte dies nur im Falle der Verleitung zur S¨unde und forderte auch einem gottlosen K¨onig gegen¨uber Gehorsam. Er war ein Vertrauter K¨onig → Heinrichs II., der ihm den des Landfriedensbruchs f¨ur schuldig befundenen Markgrafen Gunzelin von Meißen zur Haft u¨ berließ und ihn am 30. 1. 1018 in Bautzen am Friedensschluß mit Bolesław von Polen beteiligte. C NDB
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Arnpeck Arnpeck, Veit, auch Vitus, Chronist, * 1435 / 40 Freising, † Ende 1495. Nach dem Besuch der Schule in Amberg und einem Studium in Wien (1454-57) versah A., Sohn eines Schusters, Pfarrstellen in Amberg, Freising und Landshut. Daneben stellte er Forschungen zur bayerischen und o¨ sterr. Geschichte an. A., der als bedeutendster bayerischer Geschichtsschreiber seiner Zeit und Vorg¨anger des Johannes → Aventinus gilt, verfaßte zwischen 1491 und 1495 eine Chronica Baioariorum, von der er sp¨ater eine erweiterte deutsche Fassung anfertigte. Sie ist die wichtigste mittelalterliche Darstellung der bayerischen ¨ Landesgeschichte. A. gab auch eine Geschichte Osterreichs und eine Chronik des Bistums Freising heraus, die beide bis ins Jahr 1495 reichten. C VL Arnsberg, Paul, Politiker, Publizist, * 26. 12. 1899 Frankfurt / Main, † 10. 12. 1978 Frankfurt / Main. Nach dem Kriegsdienst 1917/18 studierte A., Sohn eines Kaufmanns, 1919-22 in Frankfurt / Main, Heidelberg und Gießen Rechtswissenschaften und geh¨orte 1917 zu den Begr¨undern der j¨udischen Studentenverbindung „Saronia“. In Frankfurt 1922-31 als Kaufmann t¨atig, gelangte er in der zionistischen Bewegung bis in den Landesvorstand und war Delegierter bei den Zionistischen Weltkongressen in Basel (1927) und Z¨urich (1929). 1933 enthob ihn das nationalsozialistische Regime seiner Stelle im Frankfurter Justizdienst (seit 1931) und zwang ihn zur Emigration nach Pal¨astina. Dort leitete A. die Zeitungs- und Buchvertriebsorganisation Pales Press-Company, saß 1954-56 im Beirat der Bank of Israel, geh¨orte der Landesleitung der General Zionists an und leitete deren Parteiorgan, in dem er zur deutsch-j¨udischen Verst¨andigung aufrief. Nach der R¨uckkehr nach Frankfurt 1958 war A. u. a. f¨ur die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und den Rundfunk t¨atig, wurde CDU-Mitglied und war 1966-69 Direktoriumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland. Er schrieb u. a. Die j¨udischen Gemeinden in Hessen (3 Bde., 1971-73) und Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Franz¨osischen Revolution (bearb. und vollendet durch Hans-Otto Schembs, 3 Bde., 1983, Neuaufl. 1992). C Frankf Biogr
Arnsburg, Friedrich Ludwig, eigentl. Jeremias, Schauspieler, * 1820 Dresden, † 23. 8. 1891. A. begann seine B¨uhnenlaufbahn 1839 in Br¨unn und erhielt dann Engagements in Danzig, Braunschweig und K¨oln. 1843 wurde er Mitglied des Theaterensembles in Riga, ging dann nach K¨onigsberg und folgte 1848 einer Gastspieleinladung des Hofburgtheaters nach Wien, wo er fest angestellt wurde. W¨ahrend A. auf der B¨uhne anfangs den Typ des Bonvivants oder Naturburschen verk¨orperte, verlegte er sich sp¨ater auf das komische Charakterfach. 1853 wurde er zum wirklichen Hofschauspieler ernannt. Arnschwanger, Johann Christoph, luth. Theologe, Kirchenlieddichter, getauft 28. 12. 1625 N¨urnberg, † 10. 12. 1696 N¨urnberg. Der Kaufmannssohn A. besuchte das Egidien-Gymnasium N¨urnberg und studierte Theologie in Altdorf, Jena und Helmstedt. 1651 begann er in N¨urnberg seine geistliche Laufbahn, wurde zun¨achst Stadtvikar, 1652 Diakon von St. Egidien, 1654 Fr¨uhprediger an St. Walpurgis, 1659 Diakon und 1690 sp¨ater Schaffer und Archidiakon an der Lorenzkirche. Er verfaßte an die 400 Kirchenlieder (u. a. Neue geistliche Lieder, 1659). Vom Rat der Stadt wurde A. mit der Abfassung offizieller Festschriften betraut. Wegen seines ungek¨unstelten und eher volkst¨umlichen Stils wurde er seit 1675 in der „Fruchtbringenden Gesellschaft“ unter dem Namen „Der Unschuldige“ gef¨uhrt. C MGG
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Arnsperger, Karl Philipp Friedrich, Beamter, * 17. 2. 1791 Heidelberg, † 1. 10. 1853 Heidelberg. Nach dem Besuch der Schule in Heilbronn, einem 1807 begonnenen Studium an der Univ. Heidelberg und einer privaten Forstlehranstalt wurde A. 1811 als badischer Forsttaxator mit der Sch¨atzung von W¨aldern f¨ur die Grundsteuerermittlung betraut. 1812 ernannte ihn die Murgschifferschaft von Gernsbach zu ihrem in Forbach residierenden Waldmeister, dem auch Fl¨oßereien und S¨agewerke unterstanden. 1820 wurde A. großherzoglicher Waldinspektor, 1827 landesherrlicher Revierf¨orster in Seehaus bei Pforzheim, Oberj¨ager und Forstinspektor, 1834 Forstrat in der Karlsruher Forstpolizeidirektion und Mitgestalter des neuen badischen Forstgesetzes. A. f¨uhrte u. a. ein neues Taxationssystem mittels der Fachwerksmethode ein und war seit 1842 auch Oberforstrat bei der Direktion der Forstdom¨anen und Bergwerke. 1848 leitete er als Oberforstmeister das Forstamt Bruchsal und seit 1849 die Forstinspektion Heidelberg. A. verfaßte mehrere Fachb¨ucher und war 1838 Mitbegr¨under der „Forstlichen Zeitschrift f¨ur Baden“. C Bad Bio
Arnstein, Benedikt David, auch Arnsteiner, Pseud. Arenhof, o¨ sterr. Kaufmann, Schriftsteller, * 15. 10. 1758 Wien, † 6. 1. 1841 Wien. Der Enkel Adam Isaak Arnsteiners, des Gr¨unders des Bankhauses Arnstein in Wien, erhielt eine kaufm¨annische Ausbil¨ dung und f¨uhrte seit der Ubernahme der k. k. privilegierten Großhandlung durch seinen Großvater die Gesch¨aftskorrespondenz. 1786 unternahm er eine Reise durch Deutschland, um die literarischen Gr¨oßen seiner Zeit pers¨onlich kennenzulernen. Besonders guten Kontakt kn¨upfte A. zu August von → Kotzebue und entwickelte sich u. a. unter dessen Einfluß zum Schriftsteller. Neben einzelnen Gedichten verfaßte A. mehrere Dramen und Lustspiele, die erfolgreich aufgef¨uhrt wurden. Als erstes Schauspiel ver¨offentlichte er 1782 Eynige j¨udische Familienscenen bey der Erblickung des Patente u¨ ber die freyheyt [. . .]. C Lex dt-j¨ud Autoren Arnstein, Fanny Frfr. von, eigentl. Franziska v. A., geb. Itzig, * 29. 11. 1758 Berlin, † 8. 6. 1818 Dreihaus (heute zu Wien). Schon in jungen Jahren mit dem Bankier und Großkaufmann Nathan Adam von Arnstein in Wien verheiratet, gr¨undete die Tochter des Bankiers Daniel → Itzig dort einen großb¨urgerlich-liberalen Salon nach heimischem Vorbild. Bald galt sie als erste Dame der sogenannten „zweiten Gesellschaft“ in Wien. W¨ahrend des Wiener Kongresses verkehrte der europ¨aische Hochadel bei ihr, und die großen Diplomaten wie Charles Maurice de Talleyrand, Arthur W. Wellington, Karl August F¨urst von → Hardenberg und Wilhelm von → Humboldt waren t¨aglich ihre G¨aste. Vor dem Hintergrund eines großen Verm¨ogens machte sich A. als großz¨ugige M¨azenatin und F¨ordererin von Kunst und Kultur und als Mitbegr¨underin der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien einen Namen. Ihr auf dem Wiener Kongreß zur Schau gestellter preuß. Patriotismus wurde in o¨ sterr. Regierungskreisen kritisiert. A. war die Mutter von Henriette → Pereira-Arnstein. C Dick Arnstein, Karl, Konstrukteur, * 24. 3. 1887 Prag, † 12. 12. 1974 Akron (Ohio, USA). A. studierte in Prag an der TH sowie Philosophie und Mathematik an der Deutschen Universit¨at, wurde Assistent und ver¨offentlichte erste Abhandlungen u¨ ber Statik und Festigkeitslehre. Er war als Konstrukteur am Bau großer Eisenund Eisenbetonbr¨ucken beteiligt; sein Entwurf der Lorrainebr¨ucke in Bern wurde preisgekr¨ont. In der Schweiz schuf A., seit 1911 Chefingenieur der Firma Z¨oblin in Straßburg, mit dem Langwieser Viadukt auf der Bahnstrecke Chur-Arosa
Arnulf die damals l¨angste Eisenbahnmassivbr¨ucke. 1915-24 entwickelte er als Chefingenieur der Zeppelin-Werke in Friedrichshafen die statischen und konstruktiven Grundlagen f¨ur den Bau von Luftschiffen und Metallflugzeugen. 1924 fuhr A. in einem der 66 von ihm gebauten Zeppeline in die USA, wo er danach als Chefingenieur der Goodyear-Zeppelin Co. arbeitete.
Arnswald, Bernhard von, Milit¨ar, Maler, * 1. 9. 1807 Weimar, † 27. 9. 1877 Wartburg bei Eisenach. A., Sohn eines Kammerherrn und Oberforstmeisters in Weimar, diente dort zun¨achst im Pagenkorps, wurde sp¨ater Offizier und setzte als erster Kommandeur der Wartburg (seit 1840) den Wiederaufbau der Burg durch Hugo von → Ritgen nach mittelalterlichen Idealvorstellungen der Romantik durch. Daneben machte sich A., dessen Zeichentalent schon → Goethe aufgefallen war, einen Namen als Maler von Portr¨ats, Landschaften und Genrebildern in Aquarelltechnik, Zeichnungen und Radierungen. Zu A.s engen Freunden z¨ahlten u. a. Joseph Viktor von → Scheffel und Moritz von → Schwind. C NDB
Arnswaldt, August Frh. von, Schriftsteller, Jurist, * 13. 8. 1798 Hannover, † 27. 6. 1855 Hannover. A., Sohn eines hannoverschen Staatsministers und Kurators der Univ. G¨ottingen, studierte 1816-20 in G¨ottingen Jura und gr¨undete dort mit seinem sp¨ateren Schwager August von → Haxthausen und anderen eine vom Geist der Romantik getragene poetische Vereinigung („Die poetische Schusterinnung an der Leine“), die die Zeitschrift „Die W¨unschelruthe“ herausgab. Zusammen mit Haxthausen hintertrieb A. die Beziehung von dessen Nichte Annette von → DrosteH¨ulshoff zu einem ihrer b¨urgerlichen und mittellosen Studienfreunde. In ihr Romanfragment Ledwina ging er als Graf Hollberg ein. Nach dem Studium setzte sich A. fr¨uh als Legationsrat zur Ruhe und bildete sich zum Laientheologen aus. Er wurde einer der profiliertesten Vertreter der norddeutschen Erweckungsbewegung und des Neuluthertums. C TRE Arnswaldt, Karl Friedrich Alexander Frh. von, Staatsmann, * 11. 9. 1768 Celle, † 27. 4. 1845. Nach dem Studium in G¨ottingen (1785-88) trat A. in den hannoverschen Staatsdienst, avancierte 1792 zum Kammerrat und 1803 zum geheimen Kammerrat. Als das K¨onigreich Westfalen gegr¨undet wurde, verließ A. den Staatsdienst. 1814 wurde er seinem Vater, dem ersten Kurator der Univ. G¨ottingen, beigeordnet und nach dessen Tod 1815 zum hannoverschen Staatsminister und zum zweiten, sp¨ater zum ersten Kurator berufen und blieb dies auch, als er 1828 sein Ministeramt niederlegte. Als 1837 die „G¨ottinger Sieben“ ihren Protest gegen die Aufhebung der Verfassung erhoben, geschahen die folgenden Strafmaßnahmen gegen diese Professoren ohne A.s Zutun. Als auch seine T¨atigkeit zunehmend behindert wurde, trat er 1838 zur¨uck. C Neuer Nekr, Jg. 23
Arntz, Aegidius Rudolph Nicolaus, Jurist, * 1. 9. 1812 Kleve, † 23. 8. 1884 Br¨ussel. Der Arztsohn A. begann 1830 in M¨unchen das Studium der Jurisprudenz und setzte es in Jena, Bonn und Heidelberg fort. Einer 1834 wegen burschenschaftlicher Machenschaften angeordneten Verhaftung entzog er sich durch die Flucht nach L¨uttich, wurde aber in Abwesenheit in Berlin zu 15 Jahren Festungshaft verurteilt. 1838 wurde A. in Br¨ussel auf den Lehrstuhl der Pandekten berufen, 1841 kam es zur Aufhebung des Urteils gegen ihn, 1848 vertrat er als Abgeodneter der Linken seine Heimatstadt Kleve in der Frankfurter Paulskirche und in der Zweiten Kammer in Berlin. Nach deren Aufl¨osung kehrte A. auf seinen Lehrstuhl in Br¨ussel zur¨uck. Er fertigte juristische Gutachten f¨ur den Staat an, erarbeitete
die Grundlagen der Verfassung des Kongo, war Mitglied der Akademie und seit 1877 des Instituts f¨ur V¨olkerrecht. Neben vielfacher publizistischer T¨atigkeit verfaßte er sein Hauptwerk, ein zweib¨andiges Lehrbuch f¨ur franz¨osisches Zivilrecht. C ADB
Arntz, Ger(har)d, Pseud. A. Dubois, A. van’t Hout, Graphiker, * 11. 12. 1900 Remscheid, † 8. 12. 1988 Den Haag. Schon w¨ahrend des 1919 begonnenen Kunststudiums in D¨usseldorf geh¨orte A. verschiedenen K¨unstlerzirkeln an, setzte sich politisch f¨ur die Linke ein und nahm am Arbeiteraufstand gegen den Kapp-Putsch teil. Als Graphiker geh¨orte er u. a. der Gruppe „Junges Rheinland“ an und leitete 1929-43 die Graphische Abteilung des Wiener Gesellschaftsund Wirtschaftsmuseums. A. war dort an der Entwicklung einer „Isotype“ genannten Methode der visuellen Erziehung, die er auch in Moskau vorstellte, beteiligt. 1934 emigrierte A. nach Den Haag, nahm dort Kontakt zu linken Gruppen auf und geh¨orte unter dem Pseudonym Dubois den „Artists against Fascism and War“ an. Er schuf Graphiken, Holzschnitte und Propagandamaterial gegen das nationalsozialistische Regime, aber auch Illustrationen zu literarischen Werken. 1943 wurde er zwangsweise zur Wehrmacht eingezogen, geriet in Frankreich in Gefangenschaft und kehrte 1946 nach Den Haag in seine vorherige Stellung zur¨uck. 1951-62 arbeitete er f¨ur die UNESCO auf dem Gebiet der Bildstatistik. C BHdE, Bd 2
Arnulf „von K¨arnten“, ostfr¨ankischer K¨onig, Kaiser, * um 850, † 8. 12. 899 vermutlich Regensburg. A., illegitimer Sohn des ostfr¨ankischen K¨onigs → Karlmann, bekam 876 von diesem zun¨achst K¨arnten und Pannonien u¨ bertragen. Mit anderen ostfr¨ankischen Adligen betrieb er die Entthronung K¨onig → Karls III. des Dicken. Nach dessen Abdankung wurde A. 882 alleiniger Herrscher u¨ ber das Ostfr¨ankische Reich, 885 u¨ ber das fr¨ankische Gesamtreich. Herzst¨uck seines Reichs war Bayern, und Regensburg die meiste Zeit seine Residenz. 891 besiegte A. die Normannen im heute belgischen L¨owen an der Dijle und f¨uhrte mehrmals K¨ampfe gegen Svatopluk von M¨ahren. Vom Papst gegen den italienischen K¨onig und r¨omischen Kaiser Wido zu Hilfe gerufen, zog er 894 zun¨achst erfolglos nach Italien. 895 aber gelang ihm die Erst¨urmung Roms, wo ihn Papst Formosus 896 zum Kaiser kr¨onte. A. war der letzte Karolinger auf dem r¨omisch-deutschen Kaiserthron. Sein einziger legitimer Sohn und Nachfolger als ostfr¨ankischer K¨onig war → Ludwig das Kind. C LexMA
Arnulf, Herzog von Bayern, † 14. 7. 937 Regensburg (?).
Nach dem Tod seines Vaters → Luitpold im Krieg gegen die Ungarn u¨ bernahm A. 907 die Herrschaft in Bayern. 919 in Bayern zum K¨onig erhoben, war er Gegenk¨onig → Heinrichs I., den er 921 gegen erhebliche Zugest¨andnisse letztlich anerkannte. In Salzburger Annalen, die dar¨uber berichten, wird der Terminus „deutsch“ erstmals im politischen Sinn gebraucht. Zur St¨arkung seiner Macht konfiszierte A. im großen Stil Kl¨osterg¨uter, die er seinen Vertrauten als Lehen u¨ berließ, weshalb ihn die Kirche mit dem Beinamen „der B¨ose“ belegte. 913 errang er einen Sieg u¨ ber die Ungarn, die sich daraufhin vertraglich verpflichteten, Bayern bis 927 nicht mehr anzugreifen. 933 mußte A. bei Bussolengo eine Niederlage hinnehmen, als er nach Verona zog, um f¨ur seinen Sohn → Eberhard die langobardische K¨onigskrone zu gewinnen. C LexMA
Arnulf II., Pfalzgraf von Bayern, † 22. 7. 954 vor Regensburg. Der Sohn Herzog → Arnulfs beteiligte sich 937 / 38 am Kampf gegen K¨onig → Otto I., der die Luitpoldinger zwar bezwang, A. jedoch zum Pfalzgrafen von Bayern ernannte. 953 schloß sich A. dem aufst¨andischen Herzog → Liudolf
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Aron von Schwaben an, zerst¨orte Augsburg und belagerte 953 / 54 → Ulrich in der Festung Schwabm¨unchen. A. wurde vor Regensburg eingeschlossen und bei einem Ausbruchsversuch C LexMA get¨otet.
Aron, Hans, Kinderarzt, Sportarzt, * 19. 8. 1881 Berlin, † 11. 12. 1958 Chicago (Illinois, USA). A. studierte seit 1899 Chemie in Berlin und M¨unchen. Nach der Promotion zum Dr. phil. 1903 in Berlin (Ueber Doppelverbindungen des vierwertigen Zinns) schloß er dort bis 1908 ein Medizinstudium an. 1908-12 im Auftrag der amerikanischen Regierung f¨ur den Aufbau und die Leitung des Departments of Physiology an der Philippine Medical School an der Manila University verantwortlich, widmete er sich zugleich Forschungen u¨ ber die Vitamin-Mangelkrankheit Beriberi. 1912-18 wirkte A. als Laborleiter an der Univer¨ sit¨atsklinik Breslau, habilitierte sich 1918 (Uber Wachstumsst¨orungen im Kindesalter) und erhielt 1920 eine a. o. Professur. 1919-35 war er Leiter der neu gegr¨undeten Kinderabteilung am J¨udischen Krankenhaus in Breslau. 1933 wurde ihm die Lehrerlaubnis entzogen. 1938 emigrierte A. in die USA und war dort zun¨achst Assistant Professor of Pediatrics an der Northwestern University Chicago. Sp¨ater hatte er dort eine Privatpraxis. 1943 erhielt er die amerikanische Staatsb¨urgerschaft. Seine wissenschaftlichen Arbeiten galten der S¨auglings- und Kinderern¨ahrung, Wachstumsst¨orungen des Kindes sowie der Ern¨ahrungstherapie bei Blut- und Nierenerkrankungen. A. ver¨offentlichte u. a. Biochemie des Wachstums des Menschen und der h¨oheren Tiere (1913) und Die N¨ahrsch¨aden des Kindes (1928). C Seidler Aron, Hermann, Physiker, Industrieller, * 1. 10. 1845 Kempen (Prov. Posen), † 29. 8. 1913 Homburg v. d. H¨ohe. Nach dem Studium der Mathematik und Physik in Berlin und Heidelberg war A., Sohn eines Kaufmanns, Assistent am Physikalischen Kabinett der Gewerbeakademie Berlin und wurde 1873 mit der Arbeit Das Gleichgewicht und die Bewegung einer unendlich d¨unnen, beliebiggekr¨ummten elastischen Schale promoviert. Danach unterrichtete er Physik an der Vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule, habilitierte sich 1876 an der Univ. Berlin, wurde dort Privatdozent und 1880 o. Professor. 1879 geh¨orte A. zu den Begr¨undern des Elektrotechnischen Vereins. 1884 konstruierte er einen Stromz¨ahler, den auf dem Pendelprinzip basierenden „Aronschen Elektrizit¨atsmesser“. Seine zweite, ebenfalls in seinen Aron-Werken Elektrizit¨ats GmbH selbst vermarktete Erfindung war die Zweiwattmeterschaltung f¨ur die Drehstrommessung. A.s weitere Forschungst¨atigkeit galt der Theorie des Mikrophons, der Influenz von Kabeln durch atmosph¨arische Elektrizit¨at und dem Bau elektrischer Uhren. Er vero¨ ffentlichte u. a. F¨unfundzwanzig Jahre Elektrizit¨atsz¨ahlerFabrikation (1909). C Matschoß: Tech Aron, Manfred, Industrieller, * 28. 8. 1884 Berlin, † n. e. A., Sohn von Hermann → A., studierte in Berlin einige Semester Physik, bevor er in einer Automobil- und Motorradfabrik eine praktisch-kaufm¨annische Ausbildung absolvierte. Im Alter von 25 Jahren u¨ bernahm er von seinem Vater die Leitung der Aron-Werke, die u. a. Elektrizit¨atsz¨ahler, elektrische Uhren und Radios der Marke „Nora“ herstellten. A. war Hauptaktion¨ar der Heliowatt AG in Charlottenburg und Mitglied zahlreicher Aufsichtsr¨ate. 1941 wurde er ausgeb¨urgert und emigrierte in die USA. C BHdE, Bd 1 Aron, Paul, Musiker, Dirigent, * 9. 1. 1886 Dresden, † 6. 2. 1955 New York. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in M¨unchen wechselte A. unter dem Einfluß seines Lehrers f¨ur Kla-
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vier und Komposition, Max → Reger, zur Musik und folgte diesem 1907 nach Leipzig, wo er auch von Robert → Teichm¨uller unterrichtet wurde. Reger und A. konzertierten dort h¨aufig vierh¨andig. A. war auch als Liedbegleiter t¨atig, u. a. von Elena → Gerhardt. Seit 1919 Klavierlehrer am Konservatorium in Dresden, setzte er sich besonders f¨ur die Etablierung der zeitgen¨ossischen Musik ein. 1933 ging A. nach Prag, dann nach Havanna und ließ sich 1941 in New York nieder, wo er haupts¨achlich als Klavierlehrer arbeitete. C MGG
Aronhold, Siegfried Heinrich, Mathematiker, * 16. 7. 1819 Angerburg (Ostpreußen), † 13. 3. 1884 Berlin. A. nahm 1841 das Studium der Mathematik in K¨onigsberg auf, das er nach vier Jahren in Berlin fortsetzte. Dort besch¨aftigte er sich mit der h¨oheren Algebra und begr¨undete ¨ mit seiner 1849 erschienenen Abhandlung Uber die homogenen Functionen dritter Ordnung von drei Ver¨anderlichen die Invariantentheorie. F¨ur diese Arbeit verlieh ihm die Univ. K¨onigsberg den Doktortitel. Aus seiner Invariantentheorie entwickelte A. sp¨ater zusammen mit Alfred → Clebsch eine Vorstufe der Tensorrechnung. In Berlin erteilte A. jungen Technikern privaten Mathematikunterricht, geh¨orte seit 1850 der Physikalischen Gesllschaft an, in deren Jahresberichten er u¨ ber Elastizit¨at und Festigkeitslehre schrieb. An der Bauakademie lehrte A. 1851-59 als a. o. Dozent, seit 1859 als o. Dozent Integralrechnung. 1852-54 unterrichtete er daneben an der Artillerie- und Ingenieurschule. Seit 1860 lehrte A. am Gewerbeinstitut, wo er 1863 zum Professor ernannt wurde. ¨ Er ver¨offentlichte u. a. Uber eine fundamentale Begr¨undung der Invariantentheorie (1863) und Kinematische Mittheilungen. Grundz¨uge der kinematischen Geometrie (1872). C ADB Arons, (Martin) Leo, Physiker, * 15. 2. 1860 Berlin, † 10. 10. 1919 Berlin. Der Bankierssohn A. studierte 1878-84 in Leipzig, W¨urzburg, Berlin und Straßburg Physik. Dort 1884 mit der Arbeit Bestimmung der Verdet’schen Constante in absolutem Maass promoviert, wurde er 1888 Privatdozent und erhielt 1890 eine Privatdozentur am Physikalischen Institut der Univ. Berlin. 1899 wurde A. vom Preuß. Kultusministerium wegen seines sozialpolitischen Engagements in der SPD mit Hilfe eines eigens geschaffenen „Arons-Gesetzes“ seiner Stelle enthoben. Er hatte sich u. a. um die Belange von Handwerksgesellen gek¨ummert, eine Arbeiter-Bildungsanstalt sowie ein Gewerkschaftshaus gegr¨undet und war f¨ur eine Bodenreform eingetreten. Als Physiker besch¨aftigte er sich u. a. mit elektrischen Wellen, elektrischen Konstanten leitender Fl¨ussigkeiten und Lichtb¨ogen. 1892 konstruierte A. eine Quecksilberbogenlampe, die „Aronsche Schwingungsr¨ohre“, und 1898 einen elektromagnetischen Saitenunterbrecher. Finanziell sicherte er das Erscheinen der „Sozialistischen Monatshefte“ und ver¨offentlichte 1905 Die preußische Volksschule und die Sozialdemokratie. C NDB
Aronstein, Philipp, auch Arnstein, Anglist, * 4. 12. 1862 Halver, † 1942 Konzentrationslager Theresienstadt. A. studierte in Berlin, Bonn und M¨unster Anglistik und wurde 1891 zum Dr. phil. promoviert (Benjamin Disraeli’s Dichtungen. I. Disraeli’s Leben und Jugendschriften). Er wurde 1902 Oberlehrer in Myslowitz, sp¨ater Studienrat und Prof. in Berlin. Außerdem schrieb er f¨ur die „Neue Deutsche Rundschau“. A. ver¨offentlichte u. a. Ben Jonson (1906), Grundz¨uge der englischen Sprache und Literaturgeschichte (1910), Methodik des neusprachlichen Unterrichts (1921 / 22) und Englische Wortkunde (1925). 1933 wurde A. mit Publikationsverbot belegt und 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert.
Arp Arp, Hans (Peter Wilhelm), auch Jean A., Maler, Bildhauer, Dichter, * 16. 9. 1886 Straßburg, † 7. 6. 1966 Basel. A., Sohn eines Zigarrenfabrikanten, besuchte 1900 / 01 die Kunstgewerbeschule in Straßburg, nahm Zeichenunterricht bei dem Maler Georges Ritleng, der ihn in den dortigen „St¨urmer“-Kreis um Ren´e → Schickele, Ernst → Stadler und Otto → Flake einf¨uhrte, studierte seit 1904 an der Kunstschule in Weimar und besuchte 1908 die Acad´emie Julian in Paris. Danach lebte er zur¨uckgezogen in Weggis in der Schweiz, deren Beh¨orden ihm die Verleihung der Staatsb¨urgerschaft mehrmals verweigerten, schuf erste abstrakte, sp¨ater zum gr¨oßten Teil zerst¨orte Kompositionen und gr¨undete 1911 in Luzern mit anderen die Malergruppe „Der moderne Bund“. Im selben Jahr nahm A. mit Wassily → Kandinsky und den K¨unstlern des „Blauen Reiters“ in M¨unchen Kontakt auf und beteiligte sich an dessen 2. Ausstellung 1912. Im folgenden Jahr gab er mit seinem Jugendfreund Lucien H. Neitzel das Buch Neue franz¨osische Malerei heraus. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs ging A. nach Paris, wo er mit Picasso, Apollinaire, Modigliani, Max → Jacob u. a. bekannt wurde. Aus Frankreich ausgewiesen, kehrte er 1915 in die Schweiz zur¨uck. In enger Zusammenarbeit mit Sophie → Taeuber, die er 1922 heiratete, entstanden streng geometrische Klebearbeiten, Stickereien und Wandteppiche. Neben Tristan Tzara, Richard → Huelsenbeck u. a. z¨ahlte A. 1916 zu den Gr¨undern der Dada-Bewegung in Z¨urich (Cabaret Voltaire). 1917 trug er dort zum ersten Mal o¨ ffentlich eigene Gedichte vor, darunter „weh unser guter kaspar ist tot“. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs unterst¨utzte A. die Gr¨undung einer Dada-Gruppe in Berlin, wo er El Lissitzky und Kurt → Schwitters kennenlernte, und gr¨undete 1919 mit Max → Ernst und Johannes Theodor → Baargeld in K¨oln die Dada-Gruppe „Zentrale W / 3“. Erste Holzreliefs, in denen die f¨ur A. charakteristische, organische Formensprache bereits ausgepr¨agt ist, nannte er Irdische Formen. A. illustrierte u. a. die Phantastischen Gebete (1916) von Huelsenbeck und die Vingt-cinq po`emes Tzaras mit abstrakten Holzschnitten. W¨ahrend eines Urlaubsaufenthalts in Tirol 1921 verfaßte er mit M. Ernst, Andr´e Breton und Tzara das Manifest Dada au grand air / Der S¨angerkrieg in Tirol. 1925 ging A. nach Paris, wo er sich an der ersten Surrealismusausstellung beteiligte, und erhielt 1926 die franz¨osische Staatsb¨urgerschaft. 1926-28 f¨uhrte er mit seiner Frau, nach deren Entw¨urfen 1928 in Meudon (heute Clamart) bei Paris ein Atelierhaus errichtet wurde (heute Sitz der Fondation Arp), und Theo van Doesburg die Ausgestaltung des Vergn¨ugungszentrums „Aubelle“ in Straßburg aus. Um 1930 entstanden die ersten Collagen aus zerrissenem Papier (Papiers dechir´es) sowie erste biomorphe Skulpturen („Konkretionen“). Um die R¨uckgewinnung des Sch¨opferischen bem¨uht und gegen u¨ berkommene Denkweisen und Sprachverfassungen revoltierend, folgte A. dem „Prinzip Zufall“ nicht nur bei seinen Experimenten in der Bildenden Kunst, sondern auch – kombiniert mit streng Arrangiertem – in der Dichtung. Gepr¨agt von der deutschen Romantik (A. besch¨aftigte sich fr¨uh mit → Novalis und Clemens → Brentano), ließ er sich auch von der deutschen und englischen Nonsenspoesie anregen („Ein Volksmund und ein Virtuos / erh¨angen die dressierte Laus“). 1920 erschienen in der Reihe „Die Silberg¨aule“ die beiden Gedichtb¨ande Der Vogel selbdritt und Die Wolkenpumpe. Bedingt durch den Tod seiner Mutter 1930, bekamen A.s Texte einen schwerm¨utig-elegischen
Ton (Tr¨aume vom Tod und Leben, 1932). 1929 wurde A. Mitglied von „Cercle et carr´e“, 1931 von „AbstractionCreation“; 1937 schloß er sich der schweizer. K¨unstlervereinigung „Allianz“ an. Kurz vor der Einnahme von Paris durch deutsche Truppen 1940 floh A. mit seiner Frau Sophie nach N´erac (Dordogne), dann weiter nach Grasse (Provence); 1942 gingen sie in die Schweiz. Sophies Tod 1943 l¨oste eine Schaffenskrise A.s aus, von der er sich erst gegen 1945 erholte. Seine Trauer um Sophie u¨ berh¨ohte A. in seiner Poesie. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte er nach Meudon zur¨uck. A., in dessen Sp¨atwerk sich anthropomorphe, vegetabile und kristalline Formen durchdringen, unternahm mehrmals Reisen ¨ in die USA, nach Griechenland, Mexiko, Agypten, Jordanien, Israel und Deutschland. 1950 u¨ bernahm er einen Auftrag f¨ur ein Wandrelief an der Harvard University (Cambridge); 1953 f¨uhrte er die Plastik Der Wolkenhirt f¨ur die Univ. Caracas aus. Nach seiner Heirat mit Marguerite Hagenbach 1959 lebte er vor allem in Solduno bei Locarno. Auf der Biennale von Venedig erhielt A. den Internationalen Preis f¨ur Skulptur, 1963 in Paris den Grand Prix National des Arts und 1964 in Pittsburgh (Pennsylvania) den Carnegie Prize. Im dichterischen Alterswerk (Sinnende Flammen, 1961) kam zunehmende Religiosit¨at zum Ausdruck. WEITERE WERKE: On my way. Poetry and essays 1912-1947. New York 1948. – Unsern t¨aglichen Traum . . . Erinnerungen, Dichtungen und Betrachtungen aus den Jahren 1914-1954. Z¨urich 1955. – Der gestiefelte Stern. Mit handschriftlichen Korrekturen von Jan Tschichold. Z¨urich 1978. – Ich bin in der Natur geboren. Hrsg. v. Hans Bollinger u. a. Z¨urich 1986. – Gesammelte Gedichte. 1903-1966. 3 Bde., Z¨urich 1963-84. LITERATUR: Aim´ee Bleikasten: A. Bibliographie. 2 Bde., London 1981-83. – Carola Giedion-Welcker: H. A. Teufen 1957. – Reinhard D¨ohl: Das literarische Werk H. A.s 1903-1930. Stuttgart 1967. – Eduard Trier: H. A. Skulpturen 1957-1966. Stuttgart 1968. – Stefanie Poley: H. A. Die Formensprache im plastischen Werk. Stuttgart 1978. – H. (J.) A. Das graphische Werk 1912-1966. L’œuvre grav´e. The Graphic Work. Bearb. v. Wilhelm F. Arntz. Haag / Obb. 1980. – Bernd Rau (Hrsg.): H. A. Die Reliefs. Œuvrekatalog. Stuttgart 1981. – H. / Jean A. Hrsg. v. Heinz Ludwig Arnold. M¨unchen 1986 (Text + Kritik, Heft 92). – Sophie Taeuber – H. J. A. K¨unstlerpaare, K¨unstlerfreunde / Dialogues d’artistes, r´esonances. Ausstellungskatalog. Hrsg. v. Sandor Kuthy. Freiburg (Schweiz) 1988. – Margherita Andreotti: The Early Sculpture of J. A. Ann Arbor / London 1989. – Carmen S. Weber: A. Sigmaringen 1994. Hartwig Fischer (Hrsg.): Schwitters – A. Ostfildern-Ruit 2004. Bruno Jahn
Arp, Philip, eigentl. Hermann Fischer, Schauspieler, Schriftsteller, * 27. 2. 1929 M¨unchen, † 17. 2. 1987 M¨unchen. A., Sohn eines Schuhmachermeisters, arbeitete nach dem Abbruch der Schule in verschiedenen Berufen und begann 1949 eine Schauspielausbildung am Seminar f¨ur Ausdrucksschulung in M¨unchen. Nach mehreren Jahren auf Tournee durch das In- und Ausland gr¨undete er 1969 gemeinsam mit Anette Spola in einem ehemaligen Brausebad das Theater am Sozialamt (TamS) in M¨unchen-Schwabing. Als Dichter, Darsteller und S¨anger folgte er seinem Vorbild Karl → Valentin und setzte dessen Situations- und Wortkomik in seinen eigenen Werken und „Valentinaden“ fort. A. ver¨offentlichte Keine Auskunft von P. A. Szenen, Geschichten, Gedichte und Collagen (1980). 1978 erhielt er den Schwabinger Kunstpreis und 1983 den Ernst Hoferichterpreis.
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Arpe Arpe, Peter Friedrich, Jurist, Historiker, * 10. 5. 1682 Kiel, † 4. 11. 1740 Schwerin. Der Sohn eines Kieler B¨urgermeisters studierte seit 1699 in Kiel und Kopenhagen die Rechte. Nachdem er einen jungen Adligen auf die Ritterakademie in Wolfenb¨uttel und auf der Kavalierstour begleitet hatte, kehrte er 1712 in seine Heimatstadt zur¨uck, hielt dort zun¨achst als Privatdozent Vor¨ lesungen und erhielt 1719 eine Professur f¨ur Offentliches und Vaterl¨andisches Recht, die er erst 1721 antrat. Meinungsverschiedenheiten mit Kollegen f¨uhrten 1724 zu seiner Entlassung. Um 1726 ließ er sich als Jurist und Schriftsteller in Hamburg nieder und war 1729-31 braunschweigischwolfenb¨uttelscher Legationsrat. 1733 folgte A. einem Ruf des Herzogs → Christian Ludwig von Mecklenburg an die Regierungskanzlei in Schwerin, wo er bis zu seinem Tod t¨atig war. Daneben trieb A. historische Studien und schrieb u. a. Themis Cimbrica, sive de Cimbrorum et vicinarum gentium antiquissimis institutis commentarius (1737). Arps, (Johann) Friedrich (Nikolaus), P¨adagoge, Lyriker, * 13. 10. 1780 Oldesloe (Holstein), † 28. 1. 1841 Segeberg (Holstein). A. studierte Theologie in Kiel, war einige Jahre Hauslehrer bei einer adligen Familie und wurde schließlich Stadtschuldirektor in Segeberg. In seinen Gedichten besch¨aftigte er sich mit zeitgen¨ossischen Ereignissen wie dem polnischen Aufstand von 1831 oder der Enth¨ullung eines SchillerDenkmals (Gedichte, 1836). C Neuer Nekr, Jg. 19
Arrest, Heinrich Louis d’, Astronom, * 13. 8. 1822 Berlin, † 14. 6. 1875 Kopenhagen. Der aus einer Berliner Hugenotttenfamilie stammende A. studierte in seiner Heimatstadt Astronomie und war dann als Assistent an der dortigen Sternwarte t¨atig. 1848 ging er als Observator nach Leipzig, habilitierte sich 1851 mit der ¨ Arbeit Uber das System der kleinen Planeten zwischen Mars und Jupiter und wurde 1852 zum a. o. und 1858 zum o. Prof. berufen. Sp¨ater wurde A. mit der Leitung der Universit¨atssternwarte in Kopenhagen betraut. Bei seinen Untersuchungen von Kometen- und Planetoidenbahnen entdeckte er selber vier Kometen. Er erarbeitete eine Bestandsaufnahme der Nachbarsterne des neuen Sterns von 1572 und f¨uhrte Ortsbestimmungen kosmischer Nebel und Sternhaufen durch, von denen er mehr als 200 bis dahin unbekannte entdeckte. A. ver¨offentlichte u. a. Nachricht von der Entdeckung und ersten Beobachtungen des Planeten Victoria, des Cometen von Bond und des dreizehnten Hauptplaneten (1850) und Siderum nebulosorum observationes Havnienses institutae in specula universitatis per tubum sedecimpedalem Merzianum ab a. 1861 ad a. 1867 (1867). C NDB Arresto, Christlieb Georg Heinrich, gen. Burchardi, Schauspieler, Schriftsteller, * 1768 / 69 Schwerin, † 22. 7. 1817 Doberan (Mecklenburg). A. sollte nach dem in G¨ottingen absolvierten Studium der Jurisprudenz urspr¨unglich seinem Vater, einem Schweriner Beamten, als Gehilfe zugeteilt werden, zog aber eine B¨uhnenlaufbahn vor. 1794 hatte er in Stuttgart seinen ersten Auftritt und spielte dann in Dresden, Hannover und am Stadttheater von Hamburg den jugendlichen Liebhaber. Sp¨ater erhielt A. ein Engagement in Reval und u¨ bernahm 1804 die Leitung des deutschen Theaters in St. Petersburg. Von dort kehrte er als Hofschauspieler in seine Heimat Mecklenburg zur¨uck und wurde sp¨ater zum Hofschauspieldirektor des herzoglichschwerinschen Theaters ernannt. A. ver¨offentlichte einige Schauspiele, von denen sich die erfolgreichsten wie Die Soldaten (1804; Fortsetzung 1805 als Der feindliche Sohn) lange in den Theaterrepertoires hielten.
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Arro, Elmar, Musikwissenschaftler, * 2. 7. 1899 bei Riga, † 14. 12. 1985 Wien. A. studierte seit 1922 Slawistik und Musikwissenschaft an der Univ. Berlin, dann bei Guido → Adler in Wien, wo er ¨ 1928 mit der Arbeit Uber das Musikleben in Estland im 19. Jahrhundert promoviert wurde. Danach lebte er in Tartu (Estland) und gab ein Jahr lang die Zeitschrift „Eesti muusika kuukiri“ heraus. Seit 1931 lehrte er am Luther-Institut, 1936-38 auch am Herder-Institut in Riga. A. erforschte die Musikgeschichte Estlands und Livlands und ver¨offentlichte u. a. Die Geschichte der Estnischen Musik (Bd. 1, 1933). Seit 1939 an der „Reichs-Universit¨at Posen im Aufbau“ t¨atig, erhielt er 1941 Berufs- und Publikationsverbot und wurde zum Kriegsdienst eingezogen. Nach sowjetischer Kriegsgefangenschaft ging er 1955 nach Freiburg, um den Ausbau eines Forschungszentrums f¨ur osteurop¨aische Musik zu unterst¨utzen, und lehrte seit 1968 an der Univ. Kiel (JohannGottfried-Herder-Forschungsstelle f¨ur Musikgeschichte). A. war Herausgeber der ersten vier B¨ande der Musik des Ostens (bis 1967) und der Musica slavica (1977). C MGG Arrodenius, Michael, kath. Theologe, Archivar, Historiker, † 1598 wahrscheinlich Colmar. A. geh¨orte 1570-85 dem Jesuitenorden an und lehrte seit 1582 Philosophie am Jesuitenkolleg in Dillingen. Zwischenzeitlich wurde er zum Doktor promoviert. Seit 1589 war er Priester im Bistum Augsburg. Im selben Jahr wurde A. durch Herzog → Wilhelm V. von Bayern mit der Aufgabe betraut, die von → Aventinus verfaßte Geschichte der bayerischen F¨ursten zu bearbeiten. Das Vorhaben galt als bedeutsam genug, daß der Papst A. durch eine Bulle erlaubte, ketzerische Schriften konsultieren zu d¨urfen. 1590 ernannte ihn der Herzog zu seinem Geheimen Archivar und Hofkaplan. Im Dienst Wilhelms erarbeitete A. 1590 / 91 eine Beschreibung des herzoglichen Geheimen Archivs und 1591 / 92 eine Regestensammlung der darin vorhandenen Urkunden. 1594 entließ der Herzog A. mit dem Vorwurf, er habe die Schl¨ussel des Archivs veruntreut. Nach dem Benefiziat (1595) wurde A. 1597 Pfarrer und Kanonikus in Straubing, 1598 Pfarrer in Colmar.
Arsten, Johann Heinrich, auch Arstenius, Ar(n)stein, evang. Theologe, * 11. 11. 1644 Hannoversch M¨unden, † 1698 Langula (Th¨uringen). Das Studium der evang. Theologie begann A. in Erfurt und setzte es in Gießen fort, wo er zum Poeten gekr¨ont wurde und 1668 den Magistergrad erwarb. Danach wurde er Schulrektor in Hannoversch M¨unden, Lehrer am Gymnasium von Gotha und 1674 Prediger in Buffleben. Wegen nachl¨assiger Amtsf¨uhrung und seiner h¨aufigen Abwesenheit kam es zu Beschwerden seiner Gemeinde. 1684 gab A. seinen Posten auf und bet¨atigte sich in Erfurt und Gießen einige Jahre als Privatlehrer f¨ur Poesie, Philosophie und Theologie. 1688 nahm er in Sehnen und dem ehemaligen Kloster Hirzenhain in Hessen wieder eine Pfarrstelle an und wurde 1697 nach Langula in Th¨uringen versetzt. A. war unter dem Namen „Der Betende“ oder „Der Erzschreinhalter“ Mitglied der 1643 von Philipp von → Zesen ins Leben gerufenen „Teutsch gesinnten Genossenschaft“. Neben einigen theologischen und poetologischen Schriften ver¨offentlichte A. 1691 eine Th¨uringische Landesbeschreibung. C Strieder
Artaria, August, Kunsth¨andler, Verleger, * 1807, † 14. 12. 1893 Graz. Der einer bedeutenden, urspr¨unglich aus Italien stammenden Familie von Kunsth¨andlern entstammende A. f¨uhrte seit 1833 zusammen mit seinem Vater Dominik → A. und nach dessen Tod (1842) allein die Wiener Firma Artaria & Comp. Er war Gr¨undungs- und 1865-67 Ausschußmitglied des Altertumsvereins zu Wien. Als F¨orderer der Musik geh¨orte
Arthaber er zu den Begr¨undern der „Gesellschaft der Musikfreunde“ in Wien und verlegte u. a. die Werke von Louis → Spohr und Gioacchino Rossini. Seine S¨ohne gaben 1894-1918 die ¨ Denkm¨aler der Tonkunst in Osterreich heraus. A. war ein großer Kunstsammler und f¨orderte u. a. die Maler Ferdinand Georg → Waldm¨uller und Friedrich → Gauermann. A.s Autographensammlung wurde 1897 nach Bonn verkauft und gelangte 1901 an die Preußische Staatsbibliothek in Berlin. 1931 wurde die Firma Artaria aufgel¨ost, der Kunstbesitz 1933 versteigert. Das Archiv ging an die St¨adtischen Sammlungen und die Albertina in Wien. C NDB
Artaria, Domenico, Kunsth¨andler, Verleger, * 22. 5. 1765 Blevio / Comersee (Italien), † 2. 1. 1823 Mannheim. Der Sohn eines Kunsth¨andlers und Mitbegr¨unders des Mannheimer Stammhauses der Familienfirma war bis 1793 Teilhaber der Kunsthandlung und des Verlags seiner Familie in Wien. Seit 1790 leitete er eine Filiale in Mainz, die er um eine Landkarten- und Musikabteilung erweiterte. 1791 verlegte A. seine Firma nach Mannheim und vereinigte sie mit der Buchhandlung seines Schwiegervaters 1819 zur Kunst- und Verlagsbuchhandlung „Artaria & Fontaine“. Diese Firma bestand bis 1867 und machte sich unter A.s S¨ohnen und Nachfolgern besonders durch die von ihr herausgegebenen Kupferstiche einen Namen. C NDB Artaria, Dominik, auch Domenico A., Kunsth¨andler, Musikverleger, * 20. 11. 1775 Blevio / Comersee (Italien), † 5. 7. 1842 Wien. A. u¨ bernahm von seinem Vater Franz → A. die Leitung von Kunsthandlung und Verlag und erwarb das Wiener Stammhaus der Familienfirma am Kohlmarkt zur¨uck. Er vereinigte seine Firma mit dem Musikverlag von Tranquillo → Mollo zur „Tranquillo Mollo & Co.“ und wurde 1804 deren alleiniger Inhaber. A. war gesch¨aftlich mit anderen Musikverlegern verbunden, n¨amlich 1805-16 mit Pietro Cappi und 1807-24 mit Carlo Boldrini. A. verlegte u. a. die Werke Franz → Schuberts und trug eine große Sammlung von Originalhandschriften von Joseph → Haydn, Schubert und Ludwig van → Beethoven zusammen. C NDB Artaria, Franz, auch Francesco A., Kunsth¨andler, Musikverleger, * 1744, † 1808. A., Mitglied einer weitverzweigten, urspr¨unglich aus Italien stamenden Familie von Kunsth¨andlern, gr¨undete 1770 zusammen mit seinem Vetter Karl → A. in Wien eine Filiale des Mainzer Stammhauses. In Wien handelten die Vettern zun¨achst mit Kupferstichen und er¨offneten dann einen Musikverlag, in dem sie die Werke der großen Komponisten der Wiener Klassik herausbrachten. Das Familienunternehmen nahm auch die Produktion von Landkarten auf und entwickelte sich im 19. Jahrhundert zu einer der weltweit gr¨oßten Kunst-, Musik- und Kartenverlage. C ADB
Artaria, Karl, auch Carlo A., Kunsth¨andler, Musikverleger, * 1747, † 1808. Zusammen mit einem Onkel gr¨undete A., Sohn eines Kunsth¨andlers, zun¨achst eine Kunsthandlung in Mainz, verließ die Firma jedoch 1766 und erwirkte 1769 in Wien das kaiserliche Privileg, dort mit seinem Vetter Franz → A. eine Kunsthandlung aufzubauen. Sie verf¨ugte u¨ ber einen großen Fundus italienischer, franz¨osischer und englischer Kunstbl¨atter. Sp¨ater brachte A. im eigenen Verlag auch Landkarten und Kupferstiche einheimischer K¨unstler heraus. Seit 1778 geh¨orte zu der Firma ein Musikverlag, der neben den Werken vieler anderer zeitgen¨ossischer Komponisten vor allem die Werke der Meister der Wiener Klassik, Christoph Willibald → Gluck, Joseph → Haydn und Wolfgang Amadeus → Mozart, herausgab. Seit 1793 verlegte A. die Kompositionen Ludwig van → Beethovens, darunter die Hammerklaviersonate. C NDB
Artaria, Matthias, Kunsth¨andler, Musikverleger, * 1793 Mannheim, † 22. 4. 1835 Wien. Der Sohn des Domenico → A. ging als Vertreter des Mannheimer Familienunternehmens nach Wien. 1814 / 15 erhielt er eine Ausbildung in Kupferstichkunde an der Albertina in Wien bei Adam von → Bartsch. 1818 erwarb er in Wien die Kunsthandlung seines Schwiegervaters und gr¨undete 1822 die noch bis 1853 bestehende Firma „Matthias Artaria“, zu der ein Musikverlag geh¨orte. A., der zum Freundeskreis Ludwig van → Beethovens z¨ahlte, stach 1826 dessen Quartett op. 30 und verlegte dessen Quartettfuge op. 133. Von Franz → Schubert brachte er die Lieder op. 52, die Klaviersonate op. 53 und das vierh¨andige Divertissement a` l’hongroise op. 54 heraus. C NDB Artelt, Walter, Zahnarzt, Medizinhistoriker, * 23. 7. 1906 Warmbrunn, † 26. 1. 1976 K¨onigstein / Taunus. A., Sohn eines Dentisten, wurde 1929 an der Univ. Freiburg / Breisgau zum Dr. med. dent. (Geschichte der Anatomie der Kiefer und der Z¨ahne bis zum Ausgang der Antike), 1934 an der Univ. Frankfurt / Main zum Dr. phil. (Die Quellen der mittelalterlichen Dialogdarstellung) promoviert, habilitierte sich 1935 an der Univ. Berlin (Studien zur Geschichte der Begriffe „Heilmittel“ und „Gift“) und erwarb dort 1939 auch den Titel eines Dr. med. (Christian Mentzel. Leibarzt des Großen Kurf¨ursten, Botaniker und Sinologe). 1938-71 war er Direktor des Senckenbergischen Instituts f¨ur Geschichte der Medizin in Frankfurt / Main, seit 1942 apl. und 1952-71 a. o. Prof. der Geschichte der Medizin an der dortigen Universit¨at. A., seit 1952 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, ver¨offentlichte u. a. Die a¨ ltesten Nachrichten u¨ ber die Sektion menschlicher Leichen im mittelalterlichen Abendland (1940), Medizinische Wissenschaft und a¨ rztliche Praxis im alten Berlin in Selbstzeugnissen (1948) und Einf¨uhrung in die Medizinhistorik (1949). ¨ Schlesien C Arzte Arthaber, Gustav Adolf Edler von, o¨ sterr. Pal¨aontologe, * 21. 10. 1864 Wien, † 29. 4. 1943 Wien. Der einer wohlhabenden Wiener Patrizierfamilie entstammende A. studierte in seiner Heimatstadt Geologie und Pal¨aontologie und wurde 1892 promoviert. Seit 1899 war er als Adjunkt am Pal¨aontologischen Institut der Univ. Wien besch¨aftigt, habilitierte sich 1897, wurde 1907 a. o. Prof., 1921 o. Prof. und 1933 emeritiert. Sein privates Verm¨ogen erm¨oglichte A. ausgedehnte Forschungsreisen in den Mittelmeerraum und nach Armenien. Besonders besch¨aftigte er sich jedoch mit dem Alpenraum. Sein Spezialgebiet war die Pal¨aontologie und Stratigraphie der Triasformation im Gebiet des fr¨uheren Tethysmeeres und die mesozoischen Cephalopoden. Seine Forschungen erstreckten sich auch auf pal¨aozoologisches Gebiet, u. a. auf fossile Reptilien und Flugsaurier. Dabei arbeitete er an der Schaffung einer Systematik der triadischen Ammoniten. In Wien war A. f¨ur die Geographische Gesellschaft t¨atig und 1908 Mitbegr¨under der Geologischen Gesellschaft.
Arthaber, Rudolf Edler von, Fabrikant, * 4. 9. 1795 Wien, † 9. 12. 1867 Oberd¨obling (heute zu Wien). Durch die Gr¨undung eines großen Kommissionslagers f¨ur die Produkte o¨ sterr. Manufakturen in Leipzig schuf A., Sohn eines Großkaufmanns, die Grundlage f¨ur einen Aufschwung der o¨ sterr. Textilindustrie. Weitere Handelsniederlassungen in Budapest, Venedig, Mailand und Rom f¨uhrten dazu, daß 1832 allein in Wien 8000 Textilarbeiter Besch¨aftigung fanden. 1833 geh¨orte A. zu den Begr¨undern des erst 1837 staatlich genehmigten Nieder¨osterreichischen Gewerbevereins, dem er sp¨ater vorstand. 1840-50 propagierte er in ¨ der Osterreichischen Landwirtschaftsgesellschaft den Weinbau und die Rebenveredelung. 1848 entstand unter A.s Ein-
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Arthopius fluß, der zu jener Zeit zu den f¨uhrenden liberalen Politikern in Wien z¨ahlte, die dortige Handelskammer. Er galt als großer Kunstkenner, legte eine umfangreiche Sammlung von Gem¨alden der Altwiener Schule des Biedermeier an, regte 1850 die Bildung des o¨ sterr. Kunstvereins an und war seit 1836 Ehrenmitglied der Akademie der bildenden K¨unste. C NDB
Arthopius, Balthasar, auch Artopius, Arthopaeus, Artocopus, eigentl. B¨acker, Musiker, Komponist, * nach 1480 Besigheim (W¨urttemberg), † 6. 8. 1534 Speyer. A. ist m¨oglicherweise mit einem Balthasar Pistorius (latinisiert f¨ur B¨acker) aus Besigheim identisch. Dieser immatrikulierte sich 1498 an der Univ. Heidelberg und war sp¨ater bis 1531 als Organist in Weißenburg, dann bis an sein Lebensende in Speyer t¨atig. Seine weltlichen und geistlichen Kompositionen erschienen in verschiedenen Sammelb¨anden, u. a. in einem 1536 in Straßburg bei Peter → Sch¨offer und Matthias → Apiarius gedruckten Buch F¨unfundsechzig teutscher Lieder. C MGG Arthus, Gotthard, Historiker, * 1568 Danzig, † 1628 / 30. Nach seiner Geburtsstadt Danzig trug A. den Beinamen Danticus. Nachdem er dort den ersten Unterricht empfangen hatte, bezog er die Univ. Jena, die er 1592 mit dem Magistergrad verließ. 1595 berief ihn der Rat der Stadt Frankfurt / Main an seine Stadtschule, 1618 wurde er deren Konrektor. Daneben trat er als Historiker hervor und ver¨offentlichte zahlreiche Werke zur zeitgen¨ossischen europ¨aischen sowie eine Abhandlung zur ostindischen Geschichte. A. setzte den Mercurius Gallo-Belgicus des Jansonius fort und behandelte dort in den Teilen 3-16 die Jahre 1603-26. C ADB
Articus, Ernst, Beamter, * 16. 10. 1876 Berlin, † n. e. A. studierte in Berlin und Breslau Rechts- und Staatswissenschaften, wurde 1899 Referendar, 1904 Gerichtsassessor und 1905 Regierungsassessor in der preuß. landwirtschaftlichen Verwaltung. 1911 avancierte er zum Regierungsrat und Hilfsarbeiter im preuß. Ministerium f¨ur Landwirtschaft, Dom¨anen und Forsten; 1914 wurde er Direktor der Landesgesellschaft „Eigene Scholle“ f¨ur das brandenburgische Siedlungswesen. Seit 1915 Geheimer Regierungsrat und Vortragender Rat im Landwirtschaftsministerium, erhielt A. 1918 das Pr¨asidentenamt des preuß. Oberlandeskulturgerichts. 1920 wurde er Ministerialdirektor im preuß. Landwirtschaftsministerium, 1929 Pr¨asident der Reichsschuldenverwaltung. Artin, Emil, Mathematiker, * 3. 3. 1898 Wien, † 20. 12. 1962 Hamburg. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Reichenberg in B¨ohmen und einem einsemestrigen Studium an der Univ. Wien zog A., Sohn eines Kunsth¨andlers, 1916 als Angeh¨origer eines o¨ sterr. Infanterieregiments in den Ersten Weltkrieg. 1921 schloß er sein 1919 in Leipzig begonnenes Mathematik-Studium mit der Promotion aufgrund der Arbeit Quadratische K¨orper im Gebiete der h¨oheren Kongruenzen ab, ging als wissenschaftlicher Assistent an die Univ. G¨ottingen und wechselte sp¨ater nach Hamburg. 1923 wurde er dort Privatdozent, 1925 a. o. und 1926 o. Prof. der Mathematik. 1937 sah er sich wegen der j¨udischen Herkunft seiner Ehefrau zur Emigration in die USA gezwungen, wo er 1938 an der Indiana University eine Professur antrat. 1946 folgte A. einem Ruf an die Univ. Princeton und kehrte 1958 als Prof. und Direktor des Mathematischen Seminars an die Univ. Hamburg zur¨uck. A.s Spezialgebiete waren moderne Algebra, die Zahlentheorie und algebraische Topologie. Er entwickelte auch eine Theorie der reellen K¨orper und die Klassenk¨orpertheorie. A. ver¨offentlichte u. a. Galois theory (1946, dt. Galoissche Theorie, 1959) und Vorlesungen u¨ ber algebraische Topologie (1964). C Wußing
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Artinger, Johann Peter, kath. Theologe, * 29. 6. 1668 Ingolstadt, † 2. 10. 1729 Ingolstadt. A., Sohn eines Fischers, studierte in seiner Heimatstadt, wurde in Rom zum Dr. theol. promoviert und trat in das Institut der Bartholom¨aer ein. 1701 war er als Generalprokurator der Weltpriestervereinigung vor¨ubergehend wieder in Bayern, kehrte endg¨ultig aber erst 1722 und nach seiner Ernennung zum apostolischen Protonotar, geistlichen Rat des bayerischen Kurf¨ursten sowie der Bisch¨ofe von Eichst¨att, Freising und Passau nach Ingolstadt zur¨uck, wo er Prof. der Heiligen Schrift wurde. Er war Pfarrer von St. Moritz, Prokanzler und 1724 / 25 Rektor der Univ. Ingolstadt. A. ver¨offentlichte Schriften zur Liturgie und Exegese (Plectro Davidico sive psalmodia practica et explanata, 1726; Officium divinum, sive methodus recitandi horas canonicas, 1727; Editio nova ac septima ceremonialis missae privatae, 1727) und gab eine Sammlung von Psalmen heraus (Ceremonialis Missae privatae). C LMU
Artmann, H(ans) C(arl), o¨ sterr. Schriftsteller, * 12. 6. 1921 Wien, † 4. 12. 2000 Wien. Schon sein Geburtsort war poetische Legende: Die Mystifikation, er sei bei „St. Achatz am Walde“ zur Welt gekommen, hielt sich hartn¨ackig neben A.s tats¨achlicher Herkunft aus dem 14. Wiener Gemeindebezirk, wo er als Sohn eines Schusters aufwuchs. Der Vorstadt und ihrer symbolischen Entsprechung – dem Randst¨andigen und Exzentrischen – blieb A. stets verpflichtet. Die Unabh¨angigkeit des in geographischen und in literarischen Peripherien weit Umherstreifenden war Fundament eines Erfindungsreichtums, welcher sich – gerade im R¨uckgriff auf bestehende Muster – in genuiner Originalit¨at formulierte. War der junge Mann – nach Verwundung, Desertion und Gefangenschaft – eine markante Gestalt der Wiener Nachkriegsboh`eme, wurden ihm die sechziger zu Wanderjahren zwischen Stockholm (1961), Berlin (1962, 1965, 1968), Lund bzw. Malm¨o (1963) und Graz (1966). Seit 1972 lebte er in Salzburg und Wien. Als „dichtersmann“ trat A. erstmals Ende der vierziger Jahre in der Zeitschrift „Neue Wege“ hervor, einem Forum junger Literatur. Mit Friedrich Achleitner, Konrad → Bayer, Gerhard R¨uhm und Oswald Wiener traf er auf jene Autoren, mit welchen ihn w¨ahrend einer etwa zehnj¨ahrigen Zusammenarbeit nicht nur der Wille verband, an die internationale Moderne anzuschließen, sondern auch ein eminent von Ludwig → Wittgenstein inspirierter Fokus auf das Sprachspiel. Mit spektakul¨aren Happenings machte die so genannte „Wiener Gruppe“ w¨ahrend der f¨unfziger Jahre ebenso von sich reden wie als Werkstatt experimenteller Poesie. Weniger an Theorie und konzeptueller Strenge orientiert als seine Freunde, beeinflußte A.s Affinit¨at zum Surrealismus, zu entlegenen Sprachen und Literaturen nicht unbetr¨achtlich den Wirkungsgrad des Kreises. A.s Kontur als k¨unstlerisches Individuum blieb dabei stets distinkt und setzt sich in seinem sp¨ateren Werk konsequent fort: von der Vorliebe f¨ur Barockdichtung (Von denen Husaren und anderen Seil-T¨anzern, 1959) bis hin zur Erprobung poetischer Ausdrucksforme(l)n außereurop¨aischer Kulturen. Die Inspiration an fremden Sprachen und Mythen verwob sich mit ¨ ¨ seiner Ubersetzungslust: Von den Ubertragungen aus dem Keltischen, Jiddischen und Spanischen bezog der Dichter ein reiches Sprach-, Motiv- und Formenrepertoire, desgleichen von seinen Eindeutschungen italienischer und franz¨osischer Kom¨odien. Carl von Linn´es Lappl¨andische Reise (1964) bot ihm ebenso Material f¨ur sp¨atere Anverwandlungen wie
Artopoeus H. P. Lovecrafts Phantastische Geschichten (1982) oder Fran¸cois Villons Baladn, die A. kongenial in Wiener Mundart u¨ bertrug (1968). Als poetischer Jongleur spielte A. mit Versatzst¨ucken vieler Zeiten und R¨aume, ging jedoch nie in ihnen auf. Was Klaus Reichert als „Raster“ und deren „Kontamination“ beschrieben hat, umspannt A.s Adaptierung trivialer Genres wie Gruselgeschichte, Abenteuer- und Detektivroman. Sein (von H. K. Gruber vertonter) Prosatext dracula dracula (1966) wurde nachgerade popul¨ar, desgleichen die von Moritaten und Menschenfressern bev¨olkerten Kinderreime des Bandes allerleirausch (1978). Im Drama – etwa der drastischen Kaffeehaus-Farce Erlaubent, Schas, sehr heiß bitte (Urauff¨uhrung 1984) – transponierte A. die Traditionen des Wiener Volkstheaters auf origin¨are Weise. Die o¨ sterr. Literatur verdankt A. jenen produktiven Kontaktschluß zwischen Volkssprache und avanciertem Kunstwollen, welcher den breiten Wiener Dialekt von der Beschaulichkeit → Weinheberscher Mundart l¨oste, um die depressivb¨osartigen Brustt¨one freizusetzen. Insbesondere A.s Dialektgedichte med ana schwoazzn dintn (1958) wurde zum – unerwarteten – Publikumserfolg: Das mit seinen makabren Poemen legend¨are B¨uchlein bot panoptische Projektionsfl¨achen f¨ur ein „anderes“ Wien. Entscheidend f¨ur das Verst¨andnis von A.s Lebenswerk und Werkleben, seine changierenden pers¨onlichen und poetischen Posen, bleibt die 1953 formulierte acht-punkteproklamation des poetischen actes, welcher zufolge „man dichter sein kann, ohne auch irgendjemals ein wort geschrieben oder gesprochen zu haben“. Unter der Pr¨amisse einer Aufhebung der Grenzen zwischen Literatur und Leben war A.s Dichtung nie „l’art pour l’art“, sondern ein Projekt moderner Universalpoesie. Mit dem Georg-B¨uchnerPreis wurde 1997 ein labyrinthisches Lebenswerk honoriert, dessen komplexe Konturen mit den in j¨ungster Zeit veranstalteten Sammelausgaben zu Tage treten. – Seit dem Jahr 2004 und dem Ankauf des literarischen Nachlasses vergibt die Stadt Wien zweij¨ahrlich einen nach dem Dichter benannten Preis „f¨ur herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Lyrik“. WEITERE WERKE: Gesammelte Prosa. Hrsg. v. Klaus Reichert. 4 Bde., Salzburg 1997. – S¨amtliche Gedichte. Hrsg. v. Klaus Reichert. Salzburg 2003. – die fahrt zur insel nantucket. theater. Neuwied 1969. – Wiener Vorstadtballade. Mit Fotografien v. Franz Hubmann. Salzburg 1991. – die zerst¨orung einer schneiderpuppe. poetisches theater. M¨unchen 1992. – 5 St¨ucke von Goldoni. Salzburg 2001. – Auf Todt & Leben. Eine barocke Bl¨utenlese. Hrsg. v. Klaus G. Renner. Z¨urich 2003. – Ich brauch einen neuen Wintermantel etz. Briefe an Herbert Wochinz. Hrsg. v. Alois Brandstetter. Salzburg 2005. – der herr norrrdwind. ein opernlibretto. St. P¨olten 2005. ¨ LITERATUR: Uber H. C. A. Hrsg. v. Gerald Bisinger. Frankfurt / Main 1972. – Die Wiener Gruppe. Hrsg. v. Gerhard R¨uhm. Reinbek 1985. – H. C. A. Hrsg. v. Gerhard Fuchs / R¨udiger Wischenbart. Graz 1992. – Michael Bauer: Verzeichnis der Schriften H. C. A.s von 1950 bis 1996. Wien 1997. – Die Wiener Gruppe. Ein Moment der Moderne 1954-1960. Katalog zur o¨ sterreichischen Ausstellung der Biennale Venedig 1997. Hrsg. v. Peter Weibel. Wien 1997. – Emily Artmann / Katharina Copony: der wackelatlas. sammeln und jagen mit H. C. A. Filmportrait. ORF 2001. – Lars Brandt: H. C. A. Ein Gespr¨ach. Salzburg 2001. – Kurt Hofmann: ich bin abenteurer und nicht dichter. Wien 2001. – Wieland Schmied: H. C. A. Erinnerungen und Essays. Aachen 2001. – Sonja Kaar / Kristian Millecker / Alexandra Millner: Donauweibchen, Dracula und Pocahontas. H. C. A.s Mythenspiele. Wien 2003. – Sonja Kaar:
H. C. A. Texte und Materialien zum dramatischen Werk. Wien 2004. – Karl Riha: H. C. A. In: KLG. Christiane Zintzen
Artner, Josefine von, eigentl. J. v. Artany, S¨angerin, * 10. 11. 1869 Prag, † 7. 9. 1932 Leipzig. A., Tochter eines o¨ sterr. Obersten und einer S¨angerin, studierte Klavier am Wiener Konservatorium und ließ sich dann im Gesang ausbilden. 1888 erhielt sie ein dreij¨ahriges Engagement am Stadttheater Leipzig, spielte 1890-93 am Hofoperntheater in Wien und geh¨orte 1893-1908 als Soubrette und jugendlich dramatische S¨angerin dem Ensemble des Hamburger Stadttheaters an. Daneben gab A. Gastspiele an den Opernh¨ausern von Berlin, Dresden, Leipzig, London und Wien. 1896 trat sie erstmals bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth auf, zu denen sie bis 1906 jedes Jahr verpflichtet wurde. 1910 ließ sich A. als Gesanglehrerin in Dresden nieder, sp¨ater in Leipzig. C Kutsch
Artner, Maria Theresia von, Pseud. Theone, Schriftstellerin, * 9. 4. 1772 Schintau (Komitat Neutra, Ungarn), † 25. 11. 1829 Agram (Zagreb). Die Tochter eines o¨ sterr. Generalmajors verbrachte ihre Ju¨ gend in Wien und Odenburg. Nach dem Tod des Vaters lebte sie auf den ungarischen Schl¨ossern der Dichterin Marie Elisabeth Gr¨afin Zay von Cs¨om¨or, sp¨ater bei ihrer Schwester Wilhelmine Romano in Agram. A., die u. a. mit Friedrich Heinrich → Jacobi, Karoline → Pichler und August Ernst Frh. von Scheibentesch befreundet war, schrieb Gedichte im Stil der antikisierenden Aufkl¨arungslyrik. Daneben verfaßte sie 1812 das Epos Die Schlacht von Aspern und ver¨offentlichte einige Schauspiele. Durch ihr Leben in Ungarn und Kroatien diente A. als Mittlerin zwischen der dortigen und der deutschen Kultur, wovon ihre 1830 erschienenen Briefe u¨ ber einen Theil von Croatien und Italien an Caroline Pichler zeugen. C NDB
Artomedes, Sebastian, auch Artomaeus, eigentl. Brotsorg, evang. Theologe, * 1544 Langenzenn (Franken), † 11. 9. 1602 K¨onigsberg (Ostpreußen). Nach dem 1567 mit dem Magistergrad abgeschlossenen Studium der Artes in Wittenberg ließ A. sich dort f¨ur einige Zeit nieder und ging 1569 als Schulrektor nach Crailsheim. 1572 ernannte ihn sein Landesherr Markgraf → Georg Friedrich von Ansbach zu seinem Hofdiakon und Beichtvater. 1578 begleitete er diesen, der auch Administrator des Herzogtums Preußen war, nach K¨onigsberg. Dort wurde A. das Pastorat des Doms angetragen, das er von 1579 bis zu seinem Tod innehatte. A. gab neben einigen theologischen Schriften zahlreiche Predigten im Druck heraus und schrieb Gedichte in lateinischer Sprache. Schon in seiner Jugend war A. zum Poeten gekr¨ont worden. Seine Gedichte und geistlichen Lieder wie Nachdem die Sonn beschlossen den tiefsten Winterlauf erschienen in verschiedenen Sammelb¨anden deutscher Dichtung. C NDB
Artopoeus, Johann Christoph, Jurist, * 1626 Straßburg, † 21. 6. 1702 Straßburg. A. studierte in Straßburg, lehrte am dortigen Gymnasium die Dichtkunst und wurde zum Prof. der Rhetorik an der Univ. und zum Kanonikus des Thomanischen Kapitels ernannt. 1682 wurde er zum Doktor der Rechte promoviert und Senior der Universit¨at. A.s erste Ver¨offentlichung war die 1665 erschienene Schrift De vera aetate Anti-Christi, der zahlreiche andere theologische, juristische, historische und philologische Abhandlungen folgten. Artopoeus, Johannes, eigentl. Becker, Jurist, Humanist, * 1520 Speyer, † 10. 8. 1566 Freiburg / Breisgau. Nach dem Studium der Philosophie in K¨oln versah A. die Stelle eines Hofmeisters bei dem kaiserlichen Vizekanzler
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Artopoeus Matthias → Held in Freiburg und nahm dort das Studium der Jurisprudenz auf. Er wurde 1544 Lehrer der Rhetorik, 1545 des Griechischen und wurde 1546 zum Doktor beider Rechte promoviert. Als Prof. des Kanonischen Rechts (seit 1561) war er dreimal Rektor der Univ. Freiburg / Breisgau. Daneben ver¨offentlichte A. Reden und allegorische, im antiken G¨otterhimmel angesiedelte Dialoge u¨ ber die Wissenschaft und die Endlichkeit des Lebens. Die Ankunft Kaiser → Karls V. in Deutschland 1543 feierte er mit Lobges¨angen und pries den Sieg u¨ ber die Protestanten. Nach dem Tod des Kaisers 1558 besang er ihn in Monodia dicta in funere Caroli V., und entsprechend pries A. Kaiser → Ferdinand I. nach dessen Tod. 1551 gab er in Freiburg die Parabeln des → Erasmus von Rotterdam heraus. C NDB
Artopoeus, Peter, eigentl. Becker, auch Petrus A., Reformator, * 1491 K¨oslin (Hinterpommern), † 29. 3. 1563 K¨oslin. A. kehrte nach dem Studium der Theologie in Wittenberg als Lehrer in seine Geburtsstadt K¨oslin zur¨uck, wurde aber vom dortigen Klerus verjagt und ging an eine Schule in R¨ugenwalde. Sp¨ater wurde er zum Rektor der Stadtschule nach Stettin berufen und zum Pastor Primarius an der Kirche des Marienstiftes ernannt. Als er Verd¨achtigungen, ein Anh¨anger der Lehre des Andreas → Osiander zu sein, trotz o¨ ffentlich geleisteter Abbitte nicht zerstreuen konnte, wurde A. seines Amtes enthoben. Neben einigen theologischen und philologischen Abhandlungen ver¨offentlichte er eine Grammatica Hebraica, Graeca & Latina. C NDB
Artˆot de Padilla, (Marguerite-Jos´ephine) D´esir´ee, geb. Montagney, S¨angerin, * 21. 7. 1839 Br¨ussel, † 3. 4. 1907 Wien. Die einer Musikerfamilie entstammende Mezzosopranistin und Koloraturs¨angerin A. de P. studierte auf den Konservatorien von Br¨ussel und Paris, wo sie u. a. Sch¨ulerin der S¨angerin Pauline Viardot-Garc´ıa war. Sie deb¨utierte 1857 in London und setzte ihre Laufbahn als dramatische S¨angerin in Paris, Br¨ussel und Mailand fort. Als sie 1859 als Primadonna nach Berlin kam, wurde sie von der Kritik zuerst k¨uhl empfangen, vom Publikum aber gefeiert. Sie bekam dort ein Engagement am Viktoriatheater und trat auch in der K¨oniglichen Oper auf. Nach Gastspielen in Deutschland, Rußland und Konzerten in London war A. de P. seit 1869 mit ihrem Ehemann, dem Bariton Mariano de Padilla y Ramos, fast nur noch an russischen und polnischen Theatern besch¨aftigt. 1884 u¨ bersiedelte das Ehepaar nach Berlin und ließ sich 1889 in Paris nieder. A. de P. war die Mutter von Lola → A. de P. C Kutsch Artˆot de Padilla, Lola, eigentl. Dolores de Padilla, S¨angerin, * 5. 10. 1876 S`evres (Frankreich), † 12. 4. 1933 Berlin. Ihre Gesangsausbildung empfing A. de P. bei ihrer Mutter, der S¨angerin Desir´ee → A. de P., und gab 1903 ihr Deb¨ut an der Op´era comique in Paris. Nach Gastspielen am K¨oniglichen Theater in Wiesbaden, an der K¨oniglichen Oper in Stockholm und der Philharmonie in Warschau hatte sie 1905-08 ein Engagement an der Komischen Oper in Berlin, wurde 1909 als Charaktersopran Mitglied des Ensembles des K¨oniglichen Opernhauses, der sp¨ateren Staatsoper, und erhielt den Titel einer k¨oniglich preuß. Kammers¨angerin. 1927 zog sich A. de P., die vor allem als → Mozart-Interpretin bekannt geworden war, vom Theater zur¨uck und war danach in Berlin als Gesangslehrerin t¨atig. C Kutsch
Artus, Jost, auch Jodocus A., Schriftsteller, † nach 1483. A., ein wahrscheinlich in Schwaben geb¨urtiger Lautenspieler und Bartscherer, unternahm 1483 mit Felix → Fabri eine Reise ins Heilige Land. Sein dar¨uber geschriebener Reisebericht, der Elemente eines Liebesromans enth¨alt, wurde
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in den in Weimar erschienenen Curiosit¨aten der physischliterarisch-artistisch-historischen Vor- und Mitwelt (o. J.) abgedruckt. C ADB
Artzt, Gottlob Friedrich, evang. Theologe, P¨adagoge, * 19. 9. 1769 Teichwolframsdorf / Vogtland, † 15. 1. 1827 Holdenstedt bei Sangerhausen (Sachsen). Den ersten Unterricht empfing A. im elterlichen Pfarrhaus, ging 1782 nach Schulpforta und begann 1788 ein Studium der Theologie, Mathematik und Physik in Wittenberg, das er mit dem Magistergrad abschloß. Nach dem Kandidatenexamen war A. zun¨achst in Dresdner Adelsfamilien als Hauslehrer t¨atig, bis er 1800 die Stelle des Vizerektors von Schulpforta u¨ bernahm. 1803 wurde er mit der Pfarrstelle von Holdenstedt bei Sangerhausen betraut, die er bis zu seinem Tod innehatte. Dort k¨ummerte A. sich auch um soziale Belange, verbesserte das Schulwesen und gab in Holdenstedt die Anregung zum Beginn des ertragreichen Braunkohleabbaus. C Neuer Nekr, Jg. 5 Arum¨aus, Dominikus, eigentl. von Arum, Jurist, Staatsmann, * Herbst 1579 Leeuwarden (Niederlande), † 24. 2. 1637 Jena. Der aus friesischem Adel stammende A. begann sein Studium 1593 in Franeker, setzte es in Oxford und Rostock fort und wurde 1599 Hofmeister beim B¨urgermeister von Jena. 1600 wurde er dort Doktor der Rechte, 1602 a. o., 1605 o. Prof., 1619 Senior und 1634 Ordinarius an der Juristischen Fakult¨at. Nach Henning → Bode, der 100 Jahre zuvor in Wittenberg als erster Jurist in Deutschland u¨ ber Staatsrecht gelesen hatte, galt A. als derjenige, der es in Deutschland zu einer eigenen juristischen Disziplin erhob (u. a. Discursus academici de iure publico, 5 Bde., 1617-23). Er wurde als „Stammvater der akademischen Publizisten“ bezeichnet. Der Herzog von Weimar betraute A. als Gesandten und Rat mit diplomatischen und politischen Aufgaben. C Kleinheyer Arx, Adrian von, schweizer. Schriftsteller, Beamter, Milit¨ar, getauft 28. 2. 1817 Olten (Kt. Solothurn), † 17. 3. 1859 Valencia (Venezuela). A., Sohn eines Notars und Prokurators, trat schon als Kollegiumsz¨ogling in Solothurn dem „Zolfinger-Verein“ bei und schrieb Lieder und Balladen. Seine Beamtenkarriere begann er als Kanzlist in Olten und war danach Aktuar der Amtsschreiberei Balsthal. A., liberaler Parteig¨anger Josef → Munzingers, war 1840-47 Sekret¨ar der kantonalen Departemente f¨ur Inneres und Erziehung. Er geh¨orte dem Solothurner Freischarenkomitee an und nahm an den Freischarenz¨ugen sowie am Sonderbundskrieg teil. 1847 wurde er Sekret¨ar des Eidgen¨ossischen Kriegskommissariats und 1848 des Eidgen¨ossischen Milit¨ardepartements. 1851 erlebte A., der auch Gedichte schrieb, in Basel die Urauff¨uhrung seines historischen Schauspiels Der Tag bei Laupen. Wegen seiner schriftstellerischen T¨atigkeit kritisiert, schied A. 1854 aus dem Staatsdienst aus. Im selben Jahr war A. als Major im Generalstab im Krimkrieg schweizer. Beobachter bei der t¨urkischen Balkanarmee und 1855 / 56 britischer Hauptmann der Swiss Legion in Izmir. 1856 wanderte er in die USA aus und war 1857 / 58 in New York Redakteur der „Deutschen Abendzeitung“ und der „New Yorker Staatszeitung und Herold“. 1858 ließ er sich vom venezolanischen General Jos´e Antonio P´aez anwerben. Kurz nach dessen feierlichem Einzug in Valencia starb A., der Vater von Adrian von → A. an Nervenfieber.
Arx, Adrian von, schweizer. Jurist, Politiker, Journalist, Schriftsteller, * 15. 11. 1847 Muri bei Bern, † 20. 9. 1919 Olten (Kt. Solothurn). A., Sohn von Adrian von → A., wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Z¨urich, Leipzig, Heidelberg und Genf 1871 solothurnischer F¨ursprech und Notar. 1872-76
Arzberger war er Stadtschreiber in Olten, wo er 1876-1919 eine Anwaltskanzlei f¨uhrte. 1881-1917 war A. freisinniger Kantonalrat in Solothurn (Pr¨asident 1892, 1902 und 1914), 1887 kantonaler Verfassungsrat und geh¨orte 1908-17 dem Nationalrat an. Er gr¨undete die liberalen Zeitungen „Der Unabh¨angige“ (1875-78) und „Montagszeitung“ (1881) und war Mitarbeiter der „Neuen Z¨urcher Zeitung“. A. bem¨uhte sich um eine Verbesserung der sozialen Verh¨altnisse der Arbeiter und um Verst¨andigung zwischen diesen und den Arbeitgebern. Im Ersten Weltkrieg wirkte er als Vermittler zwischen deutschen und welschen Schweizern. A. schrieb mehrere Festspiele (u. a. Die Dornacher Schlacht, 1899) und Gedichte. Er war der Vater von Adrian von → A. C NDB
Arx, Adrian von, schweizer. Jurist, Politiker, Dramatiker, * 25. 2. 1879 Olten (Kt. Solothurn), † 1. 1. 1934 Lausanne. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in M¨unchen, Heidelberg, Bern, Leipzig und Lausanne 1904 in Leipzig promoviert (Das Prokura-Indossament nach Art. 17 der allgemeinen deutschen Wechsel-Ordnung), wurde A. 1905 solothurnischer F¨ursprech und Notar und trat in die Oltener Anwaltskanzlei seines Vaters, des Nationalrats Adrian von → A., ein. 1907-15 war er gew¨ahlter Gerichtspr¨asident von Olten-G¨osgen. 1915-30 f¨uhrte er eine Anwaltspraxis in Olten. 1917-21 war er freisinniger Kantonalrat in Solothurn, 1919-30 Nationalrat und 1930-33 Bundesrichter. A., der 1911 in Olten einen nichtsozialistischen Arbeiterverein initiierte, war Gr¨under und Pr¨asident der der linksliberalen Solothurner Jungfreisinnigen (1917) und der Demokratischen Vereinigung (1919) mit dem Presseorgan „Schweizer Demokrat“ (1919-24). Er geh¨orte zu den Gr¨undern eines kantonalen allgemeinen Alters- und Invalidenfonds (1909) und eines Fonds zur Unterst¨utzung arbeitsloser Arbeiter (1910). Schon fr¨uh trat A. f¨ur betriebliche Mitbestimmung und -beteiligung der Arbeitnehmer und die Verbindlichkeit der Gesamtarbeitsvertr¨age ein. Im Nationalrat f¨uhrte er einen Kampf gegen die Todesstrafe. A. war auch schriftstellerisch t¨atig. Unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs entstand 1927 sein religi¨oses Drama Der Helfer.
Arx, Caesar von, schweizer. Dramatiker, Regisseur, * 23. 5. 1895 Basel, † 14. 7. 1949 Niedererlinsbach (Kt. Solothurn). Der Sohn eines Schriftsetzers errang 1914 als Abiturient mit seinem patriotischen St¨uck Laupen seinen ersten Theatererfolg. Nach dem Studium der Geschichte und der deutschen Literatur in Basel wurde er Inspizient am dortigen Stadttheater und 1920 Regieassistent in Leipzig, wo 1921 sein St¨uck Die rot Schwyzerin uraufgef¨uhrt wurde. Er war seit 1924 Oberregisseur am Schauspielhaus Z¨urich und lebte von 1926 an als Schriftsteller, bis 1929 in Lugano, dann in Niedererlinsbach bei Aarau. Seine f¨ur Monumentalauff¨uhrungen von Laiendarstellern geschriebenen patriotischen St¨ucke wie die staatliche Auftragsarbeit Bundesfeierspiel von 1941 sollten der „geistigen Landesverteidigung“ dienen. Theaterst¨ucke wie der Verrat von Novara (1934) machten A. zum erfolgreichsten schweizer. B¨uhnenautor der Zwischenkriegszeit. C Killy Arx, Ildefons von, eigentl. Urs Joseph Nicolaus v. A., schweizer. Benediktiner, Historiker, Bibliothekar, * 3. 10. 1755 Olten (Kt. Solothurn), † 16. 10. 1833 St. Gallen. Von seinen Eltern f¨ur den geistlichen Stand bestimmt, wurde A. in der Schule in Toggenburg von Benediktinern unterrichtet und trat 1774 unter dem Namen Ildefons im Kloster St. Gallen in den Orden ein. Dort besch¨aftigte er sich mit den Handschriften der Bibliothek und des Archivs. Mehrmals als Ordensgeistlicher an andere Orte entsandt, schrieb er 1789 als Pfarrer von Ebringen im Breisgau die Geschichte dieser Herrschaft. 1796 wurde A. die Leitung des Stiftsarchivs
von St. Gallen u¨ bertragen, das 1798 vor den Franzosen nach Deutschland in Sicherheit gebracht werden konnte. 1801 ging er als Pfarrer nach Lostorf, ordnete das Stadtarchiv von Olten und schrieb eine Geschichte seiner Heimatstadt. 1802 nach St. Gallen zur¨uckgekehrt, entstand dort 1810-13 A.s Hauptwerk, die Geschichte des Kantons St. Gallen (3 Bde.). Seit 1824 war er Leiter der Stiftsbibliothek und von 1825 an Domherr. C Neuer Nekr, Jg. 11
Arz von Straußenburg, Arthur Albert Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 16. 6. 1857 Hermannstadt (Siebenb¨urgen), † 1. 7. 1935 Budapest. Der einer siebenb¨urgischen Patrizierfamilie entstammende A. trat 1878 nach dem Jurastudium in die Armee ein, besuchte die Kriegsschule, gelangte als Oberleutnant in den Generalstab, wurde Chef des Direktionsb¨uros und Sektionschef im Kriegsministerium. 1914 kommandierte er als Feldmarschalleutnant die 15. Infanteriedivision, dann das 6. Korps und k¨ampfte im selben Jahr bei LimanowaLapanow. 1915 hatte er Anteil am Durchbruch bei GorliceTarn´ow und an der Einnahme von Brest-Litowsk. 1916 f¨uhrte A. an der rum¨anischen Front die 1. Armee bis an die Ostgrenze Siebenb¨urgens. 1917 wurde er als Nachfolger von Franz Graf → Conrad von H¨otzendorf zum Chef des Generalstabs ernannt. Er f¨uhrte die Abwehr gegen die Kerenskij-Offensive, den Durchbruch bei Flitsch-KarfreitTolmein, eroberte Venetien bis zum Piave und mußte am 3. 11. 1918 den Waffenstillstand schließen.
Arzberger, Johann, Physiker, Ingenieur, * 10. 4. 1778 Arzberg (Franken), † 28. 12. 1835 Wien. A., Sohn eines Wagners, erhielt nach einem naturwissenschaftlichen Studium in Coburg und Erlangen 1808 eine Anstellung als Direktor der Physikalisch-Mechanischen Instrumentenfabrik in Daubrawitz in M¨ahren. 1815 wurde er von deren Besitzer, dem Altgrafen Hugo zu Salm, mit der Leitung der Maschinenbauabteilung des Eisenwerks in Blansko bei Br¨unn betraut. 1816 u¨ bernahm er am Polytechnischen Institut in Wien den Lehrstuhl f¨ur Maschinenlehre und die F¨uhrung der Modellwerkstatt. Er f¨uhrte u. a. Versuche u¨ ber die Elastizit¨at des Wasserdampfs bei verschiedenen Temperaturen durch, u¨ ber die er in den Jahrb¨uchern seines Wiener Instituts berichtete. A.s Abhandlungen aus dem Bereich der Mechanik erschienen in den „Annalen der Physik“. C ADB Arzberger, Moritz, Erfinder, * 12. 1. 1827 Wien, † 14. 3. 1892 Triest. A. ergriff wie sein Vater Johann → A. den Ingenieurberuf, erfand 1872 eine Steindampfs¨age, 1873 eine Kettenschleppbahn f¨ur den Transport des geschlagenen Holzes aus den W¨aldern, 1874 ein Aneroidbarometer und ein Tiefenlot sowie 1879 einen Photoapparat. Eine von ihm konstruierte automatische Seeleuchte machte erstmals die Beleuchtung schwer zug¨anglicher Riffe, f¨ur die Schiffahrt gef¨ahrlicher Untiefen und Sandb¨anke m¨oglich. 1886 wurde die erste A.Seeleuchte auf der bei Orsera an der istrischen Westk¨uste gelegenen Klippe Marmi installiert. Sp¨ater wurde die ganze dalmatinische K¨uste an riskanten Stellen mit diesen automatischen Seeleuchten ausger¨ustet. Arzberger, Nikolaus Friedrich, evang. Theologe, P¨adagoge, * 2. 2. 1762 Thiersheim bei Bayreuth, † 10. 3. 1826 Markt Dietenhofen bei Bayreuth. Der Sohn eines Wagners gelangte 1778 auf das Gymnasium von Bayreuth; 1782 nahm er in Erlangen das Studium der alten Sprachen, der Philosophie und Theologie auf. Nach Hauslehrer- und Hilfspredigert¨atigkeit u¨ bernahm er 1785 den Unterricht der Kinder eines Bayreuther Kammerherrn und diente dem Hausherrn als Sekret¨ar. 1788 wurde A. zum Vikar von Bindlach ernannt und 1792 als Prediger an das
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Arzruni Zuchthaus St. Georgen versetzt. Im selben Jahr verlieh ihm die Philosophische Fakult¨at der Univ. Erlangen die Doktorw¨urde. 1793 wurde A. Pfarrer in Birk, 1804 in Dietenhofen. Neben mehreren Schriften zu theologischen und zeitgeschichtlichen Fragen ver¨offentlichte A. Aufs¨atze in Zeitungen, Gelegenheitsgedichte und 1801 Moralische Betrachtungen u¨ ber das Uebel in der Welt.
Arzruni, Andreas, Mineraloge, * 27. 11. 1847 Tiflis, † 22. 9. 1898 Hohenhonnef / Rhein. A., Sohn eines aus Armenien stammenden F¨urstengeschlechts, begann Anfang der sechziger Jahre des 19. Jh. an der Univ. in St. Petersburg ein naturwissenschaftliches Studium, das er in Heidelberg beendete. Nach einem Aufenthalt in Tiflis kehrte er nach Deutschland zur¨uck und wurde 1875 Assistent am Mineralogischen Museum in Straßburg. 1877 habilitierte er sich an der Berliner Univ. und war 1880-83 als Kustos am Mineralogischen Museum besch¨aftigt. Seit 1883 war er a. o. Prof. in Breslau und von 1884 an o. Prof. der Mineralogie und Geognosie an der TH Aachen. Zugleich wurde er mit der Leitung der mineralogisch-petrographischen Sammlungen und des mi¨ neralogischen Museums betraut. Uber seine VulkanismusForschungen in der Eifel, in Italien und Armenien, u¨ ber eine 1886 im Auftrag der Berliner Akademie unternommene Reise durch den Ural und eine Untersuchung s¨udamerikanischer Goldlagerst¨atten berichtete A. in zahlreichen Publikationen. Er verfaßte u. a. Physikalische Chemie der Krystalle (1893) und Die Mineralgruben bei Kussa und Miass (1897). C Biogr Jahrb, Bd 3
Arzt, Arthur (Georg), Politiker, Lehrer, * 9. 10. 1880 Reichenbach / Vogtland, † 22. 5. 1953 Wiesbaden. A. trat 1900 der Deutschen Lehrerunion bei, war Mitglied der Freisinnigen Vereinigung und nach dem Krieg seit 1918 der SPD. 1919-28 war er Abgeodneter im S¨achsischen Landtag, 1928-33 im Reichstag. 1923-27 Bezirksschulrat in Dresden, arbeitete er am s¨achsischen Schulgesetz mit. Anfang 1933 ging er ins tschechische Exil. Erst eine internationalen Pressekampagne erwirkte die Freilassung seiner Familie aus Gestapo-Geiselhaft, an deren Folgen A.s Frau 1935 starb. A. war 1936 Mitbegr¨under der Volkssozialistischen Bewegung und 1937 der Deutschen Front gegen das nationalsozialistische Regime. 1939 emigrierte er u¨ ber Polen nach Großbritannien, wurde dort 1940 interniert und versuchte mit einer Abgeordnetengruppe um Karl H¨oltermann 1943 / 44 vergeblich, die britische Deutschlandpolitik zu beeinflussen. Nach der R¨uckkehr 1946 leistete A. in Westfalen und Hessen Parteiarbeit f¨ur die SPD. C BHdE, Bd 1 Arzt, Leopold, o¨ sterr. Dermatologe, * 16. 3. 1883 Wien, † 20. 5. 1955 Wien. A. beendete das Studium der Medizin in seiner Heimatstadt Wien 1908 mit der Promotion und habilitierte sich 1915. Er war Assistent am Pathologischen Institut der Allgemeinen Poliklinik, an der Lehrkanzel f¨ur Pathologische Histologie und Bakteriologie und an der Universit¨atsklinik f¨ur Dermatologie und Syphilidologie in Wien. Seit 1919 / 20 an der Universit¨atsklinik f¨ur Dermatologie und Dermatologie und Syphilidologie in Innsbruck, wurde A. dort 1926 o. Prof. und Vorstand der Universit¨atsklinik f¨ur Haut- und Geschlechtskrankheiten; noch im selben Jahr ging er in derselben Funktion an die Wiener Universit¨atsklinik f¨ur Hautund Geschlechtskrankheiten. Wegen seiner offenen Gegnerschaft zum Nationalsozialismus verlor A., der 1936 / 37 Rek¨ tor der Univ. war, 1938 nach dem „Anschluß“ Osterreichs sein Amt, in das er 1945 wieder eingesetzt wurde (1945-47 Dekan). A. besch¨aftigte sich vor allem mit der Histopathologie. Eines der Hauptwerke seiner u¨ ber 250 Publikationen ist der von ihm mitverfaßte Atlas der Haut- und Geschlechtskrankheiten (1949 ff.). Seit 1945 gab er zusammen mit Paul
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¨ → H¨orbiger die Zeitung „Neues Osterreich. Organ der de¨ mokratischen Einigung“ heraus. C Arzte 2, 3
Arzt, Ulrich, auch Artzt, Arzat, Arceth, B¨urgermeister, schw¨abischer Bundeshauptmann, * um 1460 Augsburg, † Oktober 1527 Augsburg. Der einer wohlhabenden, aber nicht zum Augsburger Patriziat geh¨orenden Familie von Webern und Kaufleuten entstammende A. gelangte ebenso wie sein Schwager Jakob → Fugger zu großem Einfluß. Bereits 1495 geh¨orte er den Zw¨olfern der Augsburger Kaufleutezunft, 1498 dem Großen und 1500 dem Alten Rat der Stadt an, war Steuermeister, Zunftmeister der Kaufleute, Mitglied des Kleinen Rats und seit 1505 alle zwei Jahre B¨urgermeister. A. vertrat Augsburg auf den Reichstagen, bei Herzog → Wilhelm von Bayern, beim Kaiser in Wien und seit 1506 beim Schw¨abischen Bund, dessen St¨adtebank ihn zu ihrem Hauptmann w¨ahlte. Als solcher war A. u. a. 1519 am Feldzug gegen Herzog → Ulrich von W¨urttemberg, am Kampf gegen die aufst¨andischen Bauern und die Ausbreitung der protestantischen Lehre beteiligt. C Leb Bayer Schwaben, Bd 6
Asam, Cosmas Damian, Maler, Architekt, Zeichner, getauft 28. 9. 1686 Benediktbeuern, † 10. 5. 1739 M¨unchen. A. ist neben seinem Bruder Egid Quirin → A. der ber¨uhmteste Vertreter der bayerischen K¨unstlerfamilie Asam. Nach der Ausbildung bei seinem Vater Hans Georg → A., einem der ersten deutschen Maler großer Deckenbilder, ging er 1711-13 nach Rom, um an der Accademia di San Luca bei Carlo Maratti Malerei zu studieren. Anregungen empfing er auch von anderen bekannten italienischen Dekorationsmalern wie Pietro da Cortona, Andrea → Pozzo u. a. m. Am 23. 5. 1713 erhielt er den Preis der Akademie f¨ur eine Pinselzeichnung. 1713 zur¨uckgekehrt nach Bayern, entfaltete er nicht nur hier, sondern bald bis in die Schweiz, nach Schwaben, Baden, Tirol, Schlesien und B¨ohmen, oft in idealer Werkgemeinschaft mit seinem Bruder, eine fruchtbare T¨atigkeit. 1717 heiratete er Maria Anna M¨orl, Tochter des Hofratssekret¨ars Franz Anton M¨orl. 1724, als er zum Kammerdiener und Hofmaler des F¨urstbischofs von Freising ernannt wurde, erwarb er sein Wohnhaus „Asamisch-MariaEinsiedel-Thal“ in M¨unchen-Thalkirchen und versah es um 1730 mit Fassadenmalerei. Bereits um 1719 / 20 hatte er in Deckenfresken der Klosterkirchen Weingarten (selbst¨andig) und Aldersbach (zusammen mit dem Bruder, der bei den gemeinsamen Werken zumeist den Stuckdekor schuf) den italienischen Einfluß einer noch architekturgebundenen Perspektive u¨ berwunden zugunsten einer himmelw¨arts ge¨offneten, nicht mehr zentralperspektivisch auf den Betrachter bezogenen szenischen Illusionsmalerei, die nahtlos die reale Architektur fortsetzt. Bedeutende, allein von ihm freskierte Bauten sind die Schl¨osser Schleißheim (1721), Mannheim (1729 / 30) und Alteglofsheim (1730), die Klosterkirchen von Metten (um 1715), Weingarten (1718-20), F¨urstenfeldbruck (1722 / 23, 1731), Bˇrevnov (1727 / 28), Kladrau / B¨ohmen (heute Kladrury, 1726 / 27) und Walstatt / Schlesien (heute Legnickie Pole, 1733) dazu das Fr¨uhwerk der Dreifaltigkeitskirche in M¨unchen (1714 / 15) sowie der Landtagssaal des Landhauses in Innsbruck und der Kongregationssaal Maria de Victoria in Ingolstadt (beide 1734), wo er das mit 448 Quadratmetern bis dahin gr¨oßte deutsche Deckenbild malte. Zusammen mit seinem Bruder Egid Quirin A. – der wie er 1730 zum kurbayerischen Kammerdiener ernannt wurde, w¨ahrend die Ernennung zum kurpf¨alzischen Hofkammerrat C. D. A. allein betraf – entstanden im Sinne des barocken Gesamtkunstwerkes die Rokokoausstattungen weiterer Bauten. Neben der von ihm auch architektonisch konzipierten und freskierten Klosterkirche in Weltenburg an der Donau (1716-21) und der Ursulinenkirche in Straubing (1738 / 39)
Asbach schm¨uckten beide in idealer Arbeitsteilung u. a. die Klosterkirche in Michelfeld (1716-18), die Jakobskirche in Innsbruck (1722 / 23), die Stiftskirche in Einsiedeln / Schweiz (1724-26), in M¨unchen u. a. die Spitalkirche (1726 / 27, nach Kriegszerst¨orung 1970 nachgeschaffen) und St. Johannes Nepomuk (1733 / 34) sowie die Klosterkirche Osterhofen (1732). Bedeutsam sind auch die hervorragenden gemeinsamen Barockisierungen a¨ lterer Kirchen, wie die des Doms zu Freising (1723 / 24) und der Klosterkirche St. Emmeram in Regensburg (1731-33). Altarbilder von A. befinden sich u. a. in Kirchen von G¨unching, Landshut, Metten, Rohr und Straubing, Zeichnungen in der Staatlichen Graphischen Sammlung M¨unchen und dem Martin-von-Wagner-Museum in Wien. LITERATUR: Erika Hanfstaengl: C. D. A. M¨unchen 1939. – S. Schoener: Handzeichnungen von C. D. A. M¨unchen 1966. – Marlis Wienert: Die Klosterkirche zu Weltenburg. Diss. M¨unchen 1969. – Rita E. Penzlin: Stil und Motivquellen in Werken des C. D. A. Diss. Bonn 1983. – Bruno Bushart / Bernhard Rupprecht (Hg.): C. D. A. 1686-1739. Leben und Werk (Werkverzeichnis). M¨unchen 1986. – Helene Trottmann: C. D. A. Tradition und Invention im malerischen Werk. N¨urnberg 1986. – Klemens Unger (Hrsg.): Die Br¨uder A. Barock in Ostbayern und B¨ohmen. Regensburg 2000. G¨unter Meißner
Asam, Egid Quirin, Bildhauer, Stukkateur, Maler, Architekt, getauft 1. 9. 1692 Tegernsee, † 29. 4. 1750 Mannheim. Der j¨ungere Bruder des Cosmas Damian → A. lernte die Grundlagen der Malerei beim Vater Hans Georg → A. Danach absolvierte er die Bildhauerlehre beim M¨unchner Bildhauer Andreas → Faistenberger, vermutlich war er zwischen 1711 und 1713 zusammen mit seinem Bruder in Rom. Wenig sp¨ater, vielleicht schon 1714 in der Klosterkirche Ensdorf, begann die segensreiche Zusammenarbeit beider Br¨uder bei vielen Bauausstattungen, wobei der a¨ ltere die Fresken und der j¨ungere die Plastik, Stuckierung und zumeist auch Altargestaltung besorgte (vgl. Artikel C. D. A.). 1724 wurde er zum Kammerdiener und Hofstukkateur des F¨urstbischofs von Freising ernannt und 1730 zum kurbayerischen Kammerdiener. 1733 erwarb er ein Wohnhaus in M¨unchen, das „Asamhaus“, und versah es mit Fassadenschmuck. Gleichzeitig errichtete der zutiefst fromme K¨unstler in M¨unchen die als Grabst¨atte bestimmte Kirche St. Johannes von Nepomuk, wo sein Bruder die Fresken mit ihrer beider Bildnisse anbrachte. Er blieb zeitlebens unverheiratet. A. wurde als Stukkateur zun¨achst vom Carlone-Kreis in der Oberpfalz inspiriert, sp¨ater sind italienische Einfl¨usse von Bernini und Filippo Juvara sowie solche aus Frankreich sp¨urbar. Er steigerte die Ausdruckskraft der Figuren in Mimik und Gestik zu h¨ochstem Pathos und komponierte die Alt¨are als barocke Schaub¨uhnen, wobei das Licht (oft aus verdeckten Quellen) eine besondere Rolle spielt. Die Hauptbeispiele solcher barocken Gesamtkunstwerke sind die gemeinsam errichteten und geschm¨uckten Bauten der Benediktinerklosterkirche von Weltenburg an der Donau und die „Asam-Kirche“ in M¨unchen. In ihr erreicht der Zusammenklang bewegter architektonischer Formen mit einem reichen, durch Lichtstr¨ome dramatisch gesteigerten ornamentalen und fig¨urlichem Stuckwerk im Verein mit der Decken- und Altarmalerei bzw. -plastik einen nahezu vision¨aren H¨ohepunkt. Selbst¨andig stattete A. auch eine Reihe Kirchen mit Stuckierungen und Altarwerken aus, darunter die von ihm seit 1717 neu erbaute Stiftskirche von Rohr (Westturm und Fassade) mit mehreren Alt¨aren und dem 1723 geweihten Hochaltar mit der Figurengruppe der Himmelfahrt Mariae. In der Jesuitenkirche von Mannheim schuf er neben dem Stuck die Deckenfresken (1749 / 50 postum vollendet, kriegszerst¨ort). Altarwerke von ihm finden
sich heute noch in der Johanneskapelle des Doms zu Freising (1738-40), der Klosterkirche F¨urstenfeldbruck (1737, 1746) und der Schloß- und Pfarrkirche von Sandizell (1747). Zeichnungen verwahren die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin und die Staatliche Graphische Sammlung M¨unchen. Beide Br¨uder geh¨oren mit ihrem sinnenhaften, anmutig bewegten und zugleich volkst¨umlichen Werk zu den Mitbegr¨undern des sogenannten Bayerischen Rokoko. LITERATUR: Ottmar Endres: Untersuchungen zur Baukunst der Br¨uder A. Diss. M¨unchen 1939. – Herbert Brunner: Altar- und Raumkunst bei E. Q. A. Diss. M¨unchen 1951. – Erika Hanfstaengl: Die Br¨uder C. D. und E. Q. Asam. M¨unchen / Berlin 1955. – Gerhard Hojer: Die fr¨uhe Figurenplastik E. Q. A.s. Diss. M¨unchen 1964. – Bernhard Rupprecht: Die Br¨uder A. Regensburg 1980. – Heinz J. Sauermost. Die A. als Architekten. M¨unchen / Z¨urich 1986. G¨unter Meißner
Asam, Hans Georg, urspr. Georg A., Maler, * 10. 10. 1649 Rott / Inn, begraben 7. 3. 1711 Sulzbach / Oberpfalz. ¨ Uber die Ausbildung A.s, dessen Vater als Klosterbraumeister in der Benediktinerabtei Rott / Inn t¨atig war, ist wenig bekannt. Er arbeitete als Geselle bei dem Hofmaler Nikolaus → Prucker in M¨unchen. In den achtziger Jahren reiste er nach Italien, sicher nach Venedig, vielleicht auch nach Rom. Seit 1681 wirkte er in Bayern, malte Fresken und Tafelbilder. Seine bekanntesten Werke schuf er in der Klosterkirche Benediktbeuern (Szenen aus dem Leben Christi, Pfingstfest, J¨ungstes Gericht, 1683-86) und in der Klosterkirche zu Tegernsee (Szenen aus dem Leben Christi, Allerheiligen, 1688-94). A.s Arbeiten waren beeinflußt von der italienischen Kirchenmalerei. Er war der Vater von Cosmas Damian und Egid Quirin → A. C AKL Asbach, Hermann, Fabrikant, * 18. 3. 1894 R¨udesheim / Rhein, † 5. 5. 1966 R¨udesheim. A., Sohn Hugo → A.s, des Gr¨unders der „Export-Kompagnie f¨ur deutschen Cognac“ in R¨udesheim (Asbach & Co.), und Bruder Rudolf → A.s wurde zum Mitbesitzer des v¨aterlichen Unternehmens. Neben seinem Engagement in der Asbach & Co. wirkte er als Ehrenvorsitzender des Verbandes der Weinbrennereien sowie als Vizepr¨asident der Industrieund Handelskammer in Wiesbaden. Dar¨uber hinaus war er an der Erforschung der Geschichte des Weins sowie der R¨udesheimer Lokal- und Regionalgeschichte interessiert. F¨ur seine Initiativen und Aktivit¨aten als Unternehmer und Heimatforscher wurden ihm die Ehrenb¨urgerschaft der Stadt R¨udesheim und das Bundesverdienstkreuz verliehen. Asbach, Hugo, Fabrikant, * 1. 5. 1868 K¨oln, † 24. 7. 1935 Wiesbaden. Nach der Ausbildung zum Kaufmann erlernte A., Sohn eines Schreiners, in Frankreich das Verfahren zur Herstellung von Cognac. 1892 gr¨undete er die Firma Asbach & Co. in R¨udesheim / Rhein. Er wurde Vorsitzender des Aufsichtsrats der Schultz Gr¨unlack A. G., der Gebr. Macholl A. G. und Pr¨asident der Industrie- und Handelskammer Wiesbaden. A. war Vorstandsmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, seit 1917 Mitglied des Außenhandelsausschusses des Deutschen Industrie- und Handelstags. Es gelang ihm, die deutsche Weinbrandindustrie in kurzer Zeit zu einem expandierenden Wirtschaftszweig auszubauen. A. f¨uhrte den Begriff „Deutscher Weinbrand“ ein, der sp¨ater im Weingesetz vorgeschrieben wurde. C Reichshandbuch Asbach, Rudolf, Fabrikant, * 10. 12. 1899 R¨udesheim / Rhein, † 22. 8. 1971 R¨udesheim. Der Sohn Hugo → A.s und Bruder Hermann → A.s durchlief eine Lehre als Weinbrenner, studierte Volkswirtschaft
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Asbeck und trat in die v¨aterliche Firma ein. Neben seinem Wirken als Unternehmer war er als Gesch¨aftsf¨uhrer des in M¨unchen ans¨assigen Bitterschnapsherstellers vorm. Macholl t¨atig. Verdient machte sich A. auch durch sein Engagement als Heimatforscher. So ist die Gr¨undung der Gesellschaft zur F¨orderung der Rheingauer Heimatforschung 1956 seiner Initiative zu verdanken. A. geh¨orte zu den Begr¨undern des Museums f¨ur die Geschichte des Weins in R¨udesheim, das in ihm auch einen eifrigen F¨orderer fand. F¨ur seine Verdienste um R¨udesheim verlieh ihm die Stadt 1969 die Ehrenb¨urgerschaft, nachdem er bereits 1954 mit der Goethe-Plakette des Landes Hessen ausgezeichnet worden war.
Asbeck, Franz Wilhelm Friedrich Frh. von, Beamter, * 11. 8. 1760, † 22. 7. 1826 N¨urnberg. A. verbrachte seine Jugend als Edelknabe am Hof des F¨urstbischofs von Speyer, studierte Rechtswissenschaft und wurde 1783 Vizedom in Bruchsal. 1793 trat er als Hof- und Regierungsrat in kurk¨olnische Dienste und wurde nach dem Tod des Erzbischofs → Maximilian Franz von K¨oln 1802 kaiserlicher K¨ammerer. Als Geheimrat trat er in bayerische Dienste, wurde 1803 Pr¨asident des obersten Justizhofs in Franken und 1808 Pr¨asident der Ministerial- und Steuersektionen in M¨unchen. 1817 folgte seine Ernennung zum Staatsrat und Regierungspr¨asidenten des Untermainkreises und zum Kurator der Univ. W¨urzburg. C Neuer Nekr, Jg. 4
Asbrand, Johann Philipp Burkhard, Klassischer Philologe, evang. Theologe, * 19. 9. 1722 Marburg, † 20. 12. 1779 Rinteln. Der Sohn eines Justizbeamten studierte in Marburg und erlangte 1744 den Magistergrad. A. hielt dort Vorlesungen, bis er 1756 die ordentliche Professur der Griechischen Sprache und eine Predigerstelle bei der Reformierten Gemeinde in Rinteln u¨ bernahm. Er hinterließ einige Werke, darunter die Kurze Widerlegung der Schrift vom Zwecke Jesu und seiner J¨unger (1779), deren Abschluß durch seinen Tod unterbrochen wurde. C NDB Asch, Georg (Thomas) Frh. von, Milit¨ararzt, * 1729 St. Petersburg, † 23. 6. 1807 St. Petersburg. Der Sohn eines Postdirektors studierte in G¨ottingen Medizin und wurde 1750 bei Albrecht von → Haller promoviert (De primo pare nervor medullae spinalis). Nach Reisen in Westeuropa trat A. in den russischen Staatsdienst ein und war zweiter Stadtphysikus in St. Petersburg, Divisionsarzt in Finnland und Chefarzt im Seekadettenkorps. Im Siebenj¨ahrigen Krieg Generalstabsarzt, wurde er 1763 als erstes Mitglied in das neugeschaffene Medizinische Kollegium in St. Petersburg eingesetzt. 1768-75 war A. Generalstabsarzt der 1. Armee und hatte sich im Russisch-T¨urkischen Krieg mit einer Pestepidemie auseinanderzusetzen, die er durch Quarant¨anemaßnahmen, gesunde Ern¨ahrung und Essiganwendung bek¨ampfte (Anweisung zur Verhaltung bey der Pest). Von A. ist auch eine Idee zur passiven Immunisierung mit Pesterregern u¨ berliefert. Seit dem T¨urkenkrieg belieferte er die Univ. G¨ottingen mit Manuskripten, Karten, M¨unzen, Mineralien und anderen Materialien aus Rußland, dem Orient, Zentral- und Ostasien, womit dort ein Museum der russischen Kultur des 18. Jh. entstehen konnte. Nach dem Krieg wirkte er wieder im Medizinischen Kollegium in St. Petersburg und wurde 1779 Ehrenmitglied der KaiserlichRussischen Akademie der Wissenschaften. C M¨uller-Dietz Asch zu Asch auf Oberndorff, Adolf Frh. von, Milit¨ar, Staatsmann, * 30. 10. 1839 M¨unchen, † 18. 2. 1906 M¨unchen. A., Sohn eines Generalmajors, trat 1858 in die bayerische Armee ein, nahm 1866 als Oberleutnant am Mainfeldzug
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und am Krieg gegen Frankreich 1870 / 71 als zweiter Adjudant des Generals Ludwig von der → Tann teil. Der Versetzung in den bayerischen Generalstab 1874 und an die kriegsgeschichtliche Abteilung des Generalstabs nach Berlin folgte 1878 der Ruf ins Kriegsministerium. Seit 1889 Generalmajor, u¨ bernahm er 1893 das Kommando der 2. Division in Augsburg und wurde im selben Jahr bayerischer Kriegsminister. 1905 trat er im Rang eines Generals der Infanterie in den Ruhestand. C NDB
Aschaffenburg, Gustav, Psychiater, * 23. 5. 1866 Zweibr¨ucken, † 2. 9. 1944 Baltimore (USA). A. studierte Psychiatrie und Strafrecht in Heidelberg, W¨urzburg, Freiburg, Berlin und Straßburg, wo er 1890 promoviert ¨ wurde (Uber die Symptomatologie des Dilirium tremens). Zun¨achst arbeitete er in Wien unter Theodor → Meynert, war dann Assistent bei Emil → Kraepelin in Heidelberg und habilitierte sich dort 1895 f¨ur Psychiatrie (Experimentelle Studien u¨ ber Associationen). Seit 1900 war er a. o. Prof., 1904-34 o. Prof. in K¨oln (1929 / 30 Dekan der Medizinischen Fakult¨at) und Direktor der Irrenabteilung Lindenthal. A. besch¨aftigte sich mit forensischer Psychiatrie und der Beeinflussung psychischer Vorg¨ange durch Medikamente, Trinkerund Querulantenwahn, Delirien und verminderter Zurechnungsf¨ahigkeit. Seit 1904 zeichnete er als Herausgeber der „Monatsschrift f¨ur Kriminalpsychologie und Strafrechtsreform“, der Bibliothek der Kriminalistik und des Handbuchs f¨ur Psychiatrie. Aus politischen Gr¨unden emigrierte A. 1939 in die USA, erhielt eine Stelle als Research Professor an der Catholic University of America in Washington, war psychiatrischer Berater am Mount Hope Retreat in Baltimore und hielt Vorlesungen an der dortigen Johns Hopkins University. A. ver¨offentlichte u. a. Das Verbrechen und seine Bek¨amp¨ fung (1903, 31923, Nachdr. 1995), Uber die Stimmungsschwankungen der Epileptiker (1906) und Psychiatrie und ¨ Strafrecht (1928). C Arzte 2, 3 ¨ Ascharin, Andreas, P¨adagoge, Ubersetzer, * 24. 6. 1843 Pernau (Livland), † 24. 12. 1896 Riga. A. studierte seit 1865-74 Mathematik und Rechtswissenschaft an der Univ. Dorpat und wurde Mitarbeiter u. a. des „Herold“ und der „St. Petersburger Zeitung“. 1879 wurde er Lehrer der deutschen Sprache und Literatur am AlexanderGymnasium in Riga. Als Dichter deutscher Sprache war er Vermittler ost- und westeurop¨aischer Literatur. A. ver¨of¨ fentlichte russische Dichtung in deutscher Ubertragung (u. a. Dichtungen von Puschkin und Lermontoff, 1877). C Biogr Jahrb, Bd 1
Aschbach, (Gerhard) Joseph von, Historiker, * 29. 4. 1801 H¨ochst / Main, † 25. 4. 1882 Wien. Der Sohn eines Kaufmanns studierte in Heidelberg Philologie und Geschichte und wurde in Marburg promoviert. Er war seit 1823 Prof. der alten Sprachen am Kath. Gymnasium in Frankfurt / Main und erhielt 1842 eine ordentliche Professur f¨ur Geschichte in Bonn, 1853 in Wien. A. ver¨offentlichte zahlreiche Werke, u. a. eine Geschichte der Westgoten (1827), und war Herausgeber des Allgemeinen Kirchenlexikons (4 Bde., 1846-50). C Weber Aschenbrenner, Beda, Taufname: Franz Joseph, Benediktiner, Kanonist, * 6. 3. 1756 Ein¨odhof Vielreich bei Haselbach (Niederbayern), † 24. 7. 1817 Ingolstadt. Der Sohn eines Bauern und Hopfenh¨andlers war Sch¨uler der Bartholom¨aer in Erding und des Aufkl¨arers Benedikt → Werkmeister. 1774 trat er in den Benediktinerorden in Oberaltaich (Niederbayern) ein und nahm bald seine Lehrt¨atigkeit an den Gymnasien Neuburg an der Donau und Straubing auf. Seit 1786 lehrte er im Kloster Oberaltaich Kirchenrecht und Kirchengeschichte und wurde 1789 Prof.
Ascher des Kirchenrechts an der Juristischen Fakult¨at der Univ. Ingolstadt. Die Vorlesungen hielt er in deutscher Sprache. Von 1796 bis zur S¨akularisation 1803 war A. Abt seines Klosters. Neben Arbeiten zur kirchlichen Rechtsgeschichte und zum Staatskirchenrecht verfaßte A. Schriften zu Klosterreformfragen (u. a. Aufkl¨arungsalmanach f¨ur Aebte und Vorsteher katholischer Kl¨oster, 1784). C LMU
Aschenbrenner, Christian Heinrich, Musiker, * 29. 12. 1654 Alt-Stettin, † 13. 12. 1732 Jena. Den ersten Musikunterricht erhielt A. von seinem Vater, studierte seit 1668 Kompositionslehre bei Johann → Theile, der damals in Stettin lebte, und ging 1676 nach Wien, um bei Johann Heinrich → Schmelzer seine Ausbildung in Komposition und Violinspiel zu vervollkommnen. 1677 fand er eine Anstellung als Violinist in der herzoglichen Kapelle in Zeitz. Als der Herzog 1681 starb, wurde er brotlos. 1683 erhielt A. eine Stelle als erster Violinist an der Merseburger Hofkapelle und wurde 1695 Musikdirektor in Zeitz. Auf seinen Musikreisen spielte er 1692 und 1703 vor dem Kaiser in Wien. Nach der Ernennung zum Kapellmeister 1713 durch den Herzog von Merseburg blieb A. gleichzeitig Direktor in Zeitz. 1719 zog er sich nach Jena zur¨uck. C MGG
Aschenbrenner, Johann Baptist, Jesuit, Theologe, * 27. 9. 1843 Neunburg / Bayerischer Wald, † 4. 7. 1921 Feldkirch. A. studierte in Metten und Regensburg und wurde 1867 zum Priester geweiht. Nach dem Noviziat bei der Gesellschaft Jesu in Gorheim studierte er in M¨unster, Paderborn, Maria Laach und Ditton Hall. Im Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 war A. Feldseelsorger bei Metz und Paris. Er war 1879-82 Seelsorger in Preston (Großbritannien), dann zwei Jahre Volksmissionar unter den Deutschen der BuffaloMission (Nordamerika) und bei den Indianern des Staates Wyoming. Wieder in Deutschland, war A. als Volksmissionar und Exerzitienmeister t¨atig. Aschendorff, Anton Wilhelm, Verlagsbuchh¨andler, * 22. 10. 1735 M¨unster, † 25. 6. 1804 M¨unster. Nach dem Besuch des Gymnasiums, einer vierj¨ahrigen Lehrzeit und Auslandsreisen u¨ bernahm A. den v¨aterlichen Verlag und die Buchhandlung. Die Erlaubnis zum Bau einer Papierfabrik wurde ihm 1761 vom Domkapitel verweigert. 1762 erwarb er eine Druckerei und ver¨offentlichte ein Jahr sp¨ater mit f¨urstbisch¨oflicher Genehmigung das „M¨unsterische Intelligenz-Blatt“; 1785 folgte das „Gemeinn¨utzige Wochenblatt“. Die 1797 gegr¨undete Betriebskrankenkasse dokumentiert A.s soziale Gesinnung. Zu den bedeutendsten Ver¨offentlichungen des Verlags z¨ahlten die Schriften des Theologen und P¨adagogen Bernhard → Overberg. C NDB Aschenfeld, Christoph Karl Julius, auch Asschenfeldt, evang. Theologe, Liederdichter, * 5. 3. 1792 Kiel, † 1. 9. 1856 Flensburg. A. studierte in G¨ottingen Theologie. 1819 wurde er Pastor in Windbergen in S¨uderdithmarschen, 1824 Diakon und 1829 Hauptpastor in Flensburg. In den schleswig-holsteinischen K¨ampfen stand er auf seiten der d¨anischen Partei und wurde 1850 Propst der Propstei Flensburg und bald auch interimistischer Superintendent f¨ur den deutschsprachigen Teil des Herzogtums Schleswig. 1854 legte er sein Superintendentenamt nieder und wurde unter Beibehaltung seiner Flens¨ burger Amter zum Oberkonsistorialrat ernannt. A. schrieb etwa 150 Lieder. Ascher, Anton, Schauspieler, * 15. 7. 1820 Dresden, † 21. 4. 1884 Meran. Der Sohn wohlhabender Eltern erhielt ersten Schauspielunterricht von Ludwig → Tieck. Bis er 1839 an das
Hoftheater in Wiesbaden kam, spielte A. an verschiedenen Provinzb¨uhnen. Es folgten Engagements nach Dresden (1840-44), Hamburg und K¨onigsberg (seit 1845), Kassel (1848 / 49). Seit 1849 war er Oberregisseur am FriedrichWilhelm-Theater in Berlin. 1860 ging er nach Wien an das Kaitheater, das 1863 durch einen Brand zerst¨ort wurde. Anschließend spielte er am Carltheater in Wien, dessen Direktion er 1866 u¨ bernahm. Besonders begabt f¨ur die Rolle des Bonvivant, zog A. sich 1872 aus dem Berufsleben zur¨uck. Ende der siebziger Jahre u¨ bersiedelte er nach Meran. C Lex dt-j¨ud Autoren
Ascher, Leo, Komponist, * 17. 8. 1880 Wien, † 25. 2. 1942 New York. A. studierte 1898-1904 am Konservatorium in Wien Klavier bei Hugo Reinhold und Louis Thern, Komposition und Kontrapunkt bei Robert → Fuchs. 1904 wurde er an der Univ. Wien zum Dr. jur. promoviert. Anschließend nahm er ein Jahr Privatunterricht bei Franz → Schmidt. 1905-37 komponierte er 32 Singspiele und Operetten, dirigierte an Rund¨ funkh¨ausern in Deutschland, Osterreich und Großbritannien. A. emigrierte im November 1938 in die USA und war als auf Urheberrecht spezialisierter Rechtsanwalt in New York t¨atig. Zu seinen bekanntesten Werken z¨ahlen Hoheit tanzt Walzer (1912, Neufassung: Hochzeitswalzer, 1937) und Der Soldat der Marie (1915). A., der auch Lieder, Kabarettchansons und Filmmusik schrieb, war der Vater von Franzi → AscherNash. C BHdE, Bd 2 Ascher, Ludwig, auch Louis A., Sozialhygieniker, * 26. 12. 1865 Posen, † 24. 5. 1942 Litzmannstadt (Ł´od´z). Das Studium der Medizin schloß A. mit der Promotion ab und war 1918-31 Kreisarzt und Leiter des von ihm gegr¨undeten sozialhygienischen Untersuchungsamtes in Frankfurt / Main. Gleichzeitig nahm er einen Lehrauftrag an der Univ. Frankfurt wahr, den er 1933 auf eigenen Antrag zur¨uckzog. 1939 / 40 war er Vorsitzender der J¨udischen Gemeinde. A. ver¨offentlichte u. a. Planm¨aßige Gesundheitsf¨ursorge von der Jugend bis zur Milit¨arzeit (1913), Vorlesungen u¨ ber ausgew¨ahlte Kapitel der sozialen Hygiene (1921) und Beitr¨age zur k¨orperlichen Bet¨atigung der arbeitenden Bev¨olkerung (1926). 1941 wurde A. in das Getto Litzmannstadt depor¨ tiert. 2, 3 C Arzte Ascher, Saul, Pseud. Theodiskus, Auslachers, Erz¨ahler, Publizist, * 6. 2. 1767 Berlin, † 8. 12. 1822 Berlin. Der hochgebildete A. stammte aus einer wohlhabenden j¨udischen Familie, war bis 1811 Buchh¨andler in Berlin (Promotion in Halle / Saale 1810) und danach als freier Schriftsteller t¨atig. In seinen religionskritischen, politischen und geschichtsphilosophischen Schriften widmete er sich vor allem der gesellschaftlichen Emanzipation und der Integration des deutschen Judentums (Bemerkungen u¨ ber die b¨urgerliche Verbesserung der Juden, 1788). Gegen Johann Gottlieb → Fichte ver¨offentlichte A. die Streitschrift Eisenmenger der Zweite (1794) und wandte sich gegen jede Form der Deutscht¨umelei. Als philosophisches Hauptwerk gilt die Schrift Ideen zur nat¨urlichen Geschichte der politischen Revolutionen (1801). Als Parteig¨anger Napoleons (Napoleon oder u¨ ber die Fortschritte der Regierung, 1808) stand er im Gegensatz zu Romantikerkreisen wie der „ChristlichDeutschen Tischgesellschaft“. Seinen Gedichten und Romanen attestierte Heinrich → Heine in der Harzreise „Materialismus von reinstem Wasser“. Die sich gegen den Antisemitismus richtende Schrift Die Germanomanie (1815) wurde auf dem Wartburgfest 1817 verbrannt. A. begr¨undete mehrere, meist kurzlebige Zeitschriften (u. a. „Ephemeren“). C Killy
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Ascher-Nash Ascher-Nash, Franzi (Franziska), geb. Ascher, Schriftstellerin, Musikkritikerin, * 28. 11. 1910 Wien, † 1. 9. 1991 Millersville (Pennsylvania, USA). A.-N., Tochter Leo → Aschers, studierte an der Univ. und der Musikakademie in Wien. Seit 1934 war sie freie Mitarbeiterin verschiedener o¨ sterr. Zeitungen und Magazine und u¨ bersetzte Filmdialoge f¨ur die United Artists Agency. 1938 emigrierte A.-N. mit ihren Eltern nach Frankreich und ging dann u¨ ber die Schweiz in die USA. In New York schrieb sie seit Dezember 1939 Musikkritiken f¨ur die „Deutsche Volkszeitung“ und Kurzgeschichten f¨ur die „Austro-American Review“. Sie war auch f¨ur den „New York Herald“, den „Aufbau“ und die „New Yorker Staatszeitung“ t¨atig und gestaltete 1941 bei der Rundfunkstation WLTH die Sendung „A Viennese sees New York“. 1954-61 lehrte A.-N., die seit 1959 mit dem Komponisten und Musiker Edgar R. Nash verheiratet war, an der New School for Social Research Geschichte und Entwicklung der Oper und des Gesangs. 1962-64 moderierte sie die Rundfunksendung „The Story of the Art Song“. A.-N. ver¨offentlichte u. a. Gedichte eines Lebens (1976) und Die wahre Perspektive meines Lebens (1978). C Lex o¨ sterr Exillit
Ascherham, Gabriel, T¨aufer, * Sch¨arding bei Passau, † um 1545 Schlesien. A., der von Beruf K¨urschner war, wurde von fl¨uchtenden Schweizern f¨ur das T¨aufertum gewonnen. Mit seinen Anh¨angern, nach ihm Gabrieler genannt, zog er 1528 nach M¨ahren, 1544 nach Schlesien. Er gr¨undete die Gemeinden in Glogau, Breslau und Glatz, die von Jakob → Huter mit den T¨aufergemeinden in Austerlitz und Aussig vereinigt wurden. A. wurde deren Bischof, verlor aber wegen Streitigkeiten nach kurzer Zeit sein Amt. Seiner Schrift Unterschied g¨ottlicher und menschlicher Weisheit, in der er u. a. die Kindertaufe billigte, traten die Huterischen vehement entgegen. Man vermutet, daß A. die Wiedervereinigung der Gabrieler und der Huterischen 1545 noch erlebte. C NDB Ascherson, Ferdinand Moritz, Mediziner, * 29. 3. 1798 F¨urth, † 19. 2. 1879 Berlin. Der Sohn eines Kaufmanns studierte nach einer Ausbildung zum Goldschmied seit 1824 in Berlin Medizin, wurde 1827 mit der Dissertation De fungii venenatis promoviert und ließ sich 1828 als praktischer Arzt in Berlin nieder. 1832 habilitierte sich A. mit der Arbeit De fistulis colli congenitis, adjecta fissurarum bronchialium in mammalibus avibusque historia succincta. 1842 wurde ihm der Titel eines Sanit¨atsrats, 1862 der eines Geheimen Sanit¨atsrats verliehen. Neben seiner Praxis hielt A. als Privatdozent Vorlesungen u¨ ber Toxikologie, Verbandlehre und Akiurgie. 1831 gab er eine Pharmaceutische Botanik in Tabellform und eine Beschreibung tragbarer Dampfbad-Apparate. Im Auftrag der k¨onigl. Immediat-Commission zur Abwehr der Cholera heraus.
Ascherson, Paul (Friedrich August), Botaniker, * 4. 6. 1834 Berlin, † 6. 3. 1913 Berlin. A. studierte seit 1850 Medizin und Naturwissenschaften und wurde 1855 mit der Arbeit Studiorum phytographicorum de marchia Brandenburgensi specimen an der Univ. Berlin zum Dr. med. promoviert. Beeinflußt von Alexander → Braun, entdeckte er sein Interesse f¨ur die Botanik. A. war 1860-76 Assistent am Botanischen Garten. 1863 habilitierte er sich an der Univ. Berlin und war seit 1865 Assistent am Kgl. Herbarium. 1873 / 74 begleitete er Gerhard → Rohlfs auf der Expedition nach Libyen. 1876 leitete A. eine Studienreise ¨ nach Agypten in die Thomasw¨uste. Von A.s Hauptwerk (mit Peter Paul Graebner), der Synopsis der mitteleurop¨aischen Flora, erschienen von 1894 bis zu seinem Tod sieben B¨ande. C Grummann
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Aschhausen, Johann Gottfried von, F¨urstbischof von Bamberg und W¨urzburg, * 12. 8. 1575 Oberlauda, † 29. 12. 1622 Regensburg. A. wurde 1596 Domherr von Bamberg, 1600 von W¨urzburg und 1601 zum Priester geweiht. Seit 1604 war er Dekan und von 1611 an Propst des Ritterstifts Comburg. 1609 wurde der streng tridentische Katholik zum Bischof von Bamberg und 1617 von W¨urzburg gew¨ahlt. In beiden fr¨ankischen Bist¨umern setzte A. das Erneuerungswerk seiner Vorg¨anger, Julius → Echter von Mespelbrunn aus W¨urzburg und Johann Philipp von → Gebsattel aus Bamberg, fort. Er reformierte 1618 die Benediktinerkl¨oster beider Di¨ozesen, entwickelte das Schulwesen und die Justiz und gr¨undete die Universit¨atsbibliothek von W¨urzburg. A., der zu den bedeutendsten Kirchenf¨ursten der deutschen Gegenreformation z¨ahlt, starb w¨ahrend des F¨urstentags in Regensburg und wurde im Dom zu Bamberg beigesetzt. C Gatz 2 Aschheim, Selmar, Gyn¨akologe, * 1. 10. 1878 Berlin, † 15. 2. 1965 Paris. A. studierte Medizin an den Universit¨aten Berlin und Freiburg / Breisgau (Promotion 1902, Zur Kenntnis der Erythrocytenbildung). Nach seiner Assistentenzeit an mehreren Kliniken u¨ bernahm er 1908 die Leitung des Laboratoriums der Universit¨atsklinik der Charit´e in Berlin. Seit 1930 war er Lehrbeauftragter, von 1931 an Honorarprofessor an der Univ. Berlin. A. entdeckte den Hormongehalt des Harns schwangerer Frauen und erm¨oglichte dadurch die Analyse ¨ der Ostrogene. Gemeinsam mit Bernhard → Zondek entwickelte er die „Aschheim-Zondek-Reaktion“ (Die Schwangerschaftsdiagnose aus dem Harne, 1930, 21933). 1935 ¨ wurde A. aller Amter enthoben. Er emigrierte 1936 nach Frankreich und war bis 1957 am Centre National de la Recherche Scientifique in Paris besch¨aftigt. W¨ahrend der Zeit der deutschen Besatzung hielt sich A. im Untergrund verborgen. 1955 wurde er korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin. Sein Hauptinteresse galt der gyn¨akologischen Endokrinologie. C BHdE, Bd 2 Aschner, Bernhard, Gyn¨akologe, * 27. 1. 1883 Wien, † 9. 3. 1960 New York. A. studierte in Wien Medizin, wurde 1907 promoviert und war 1912-14 Assistent bei Johann → Veit an der Universit¨atsfrauenklinik in Halle / Saale, wo er sich 1914 f¨ur Ge¨ burtshilfe und Gyn¨akologie habilitierte (Uber Morphologie und Funktion des Ovariums unter normalen und pathologischen Verh¨altnissen). Am Ersten Weltkrieg nahm er als Regimentsarzt teil. 1918 wurde A. als Privatdozent an die Univ. ¨ Wien berufen. Nach dem Einmarsch → Hitlers in Osterreich emigrierte A. in die USA. In New York er¨offnete er eine Praxis und war Leiter einer Arthritis-Ambulanz der Stuyvesant Clinic und des Lebanon Hospital. Sein Hauptinteresse galt der inneren Sekretion sowie der Konstitutionslehre und -therapie in der Frauenheilkunde. A., der als Anh¨anger der Naturheilkunde galt, ver¨offentlichte Die Blutdr¨usenerkrankungen des Weibes (1918) sowie kritische Studien u¨ ber die moderne Medizin, darunter Die Krise der Medizin (1928, 7 1953) sowie Arzt als Schicksal! Wohn f¨uhrt die Medi¨ zin? (1939, engl. 1947, span. 1946); er gab eine Ubersetzung der Werke des → Paracelsus ins Hochdeutsche heraus (1926-32, Nachdr. 1993). Seit 1948 war A. Herausgeber der „Zeitschrift f¨ur biologische Heilweisen“ (sp¨ater „Arzt und ¨ Patient“). 2, 3 C Arzte
Aschoff, J¨urgen, Biologe, Physiologe, * 25. 1. 1913 Freiburg / Breisgau, † 12. 10. 1998 Freiburg / Breisgau. A., Sohn des Pathologen Ludwig → A., studierte Medizin an den Universit¨aten Bonn und Freiburg / Breisgau, wurde 1938 promoviert (Blutalkoholkurve und Gew¨ohnung) und habilitierte sich 1944 in G¨ottingen mit der Arbeit Grundlagen
Asher der physikalischen Temperatur-Regulation. 1947 wurde er kommissarischer Leiter des Physiologischen Instituts der Univ. W¨urzburg, 1949 apl. Prof. an der Univ. G¨ottingen und 1953 stellvertretender Direktor des Instituts f¨ur Physiologie am Max-Planck-Institut f¨ur medizinische Forschung in Heidelberg. Von 1958 bis zu seiner Emeritierung 1981 war er Abteilungsleiter am Max-Planck-Institut f¨ur Verhaltensphysiologie in Andechs und seit 1961 apl. Prof. an der Univ. M¨unchen. A. gilt mit Colin Pittendrigh als Begr¨under der Chronobiologie; er entdeckte 1955 die 24-StundenPeriodizit¨at als angeborene Eigenschaft von Lebewesen, erkannte die Abh¨angigkeit der circadianen Spontanperiodik von der Lichtst¨arke (Aschoffsche Regel) und f¨uhrte 1962 den Schlaf-Wach-Rhythmus auf eine innere Uhr zur¨uck. 1978 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und 1984 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Zu seinen zahlreichen Publikationen geh¨oren Exogene und endogene Komponenten bei Mensch und Tier (1955), Biological Rhythms (1981) und Leben nach der inneren Uhr (1994). C Jb BAW 1998
Aschoff, Ludwig, Pathologe, * 10. 1. 1866 Berlin, † 24. 6. 1942 Freiburg / Breisgau. A. studierte Medizin in Bonn und Straßburg, wurde in seinen pathologisch-anatomischen Studien stark von Friedrich von → Recklinghausen beeinflußt und 1889 promoviert (Ueber die Einwirkung des Staphylococcus pyogenes auf entz¨undetes Gewebe). Unter Johannes → Orth war er erster Assistent am Pathologischen Institut G¨ottingen, wo er sich 1894 habilitierte. 1903 als o. Prof. f¨ur Pathologische Anatomie nach Marburg berufen, folgte er 1906 dem Ruf an die Univ. Freiburg, wo er zum Direktor des Pathologisch-Anatomischen Instituts ernannt wurde; 1915 / 16 war er Rektor der Universit¨at. 1938-40 leitete er das Freiburger Institut f¨ur Geschichte der Medizin. A. dokumentierte seine wissenschaftliche Arbeit in u¨ ber 400 Schriften. Er erforschte u. a. das Reizleitungssystem des Herzens und entdeckte 1904 die nach ihm benannten Rheumakn¨otchen im Herzmuskel, 1906 zusammen mit seinem Sch¨uler Sunao Tawara den sogenannten Aschoff-Tawara-Knoten. 1909 erschien sein zweib¨andiges Lehrbuch Pathologische Anatomie (81936). Zu weiteren Werken geh¨oren u. a. Zur normalen und pathologischen Anatomie des Greisenalters (1938), Rudolf Virchow, Wissen¨ schaft und Weltgeltung (1940) sowie eine Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin (1898, 41940, neubearb. von Paul Diepgen und Heinz Goerke, 71960). A. wurde 1926 Mitglied, 1936 Ehrenmitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er war der Vater von J¨urgen → A. C Bad Bio N.F., Bd 2
Aschrott, Paul Felix, Jurist, * 13. 5. 1856 Kassel, † 31. 10. 1927 Berlin. A. studierte Jura an den Universit¨aten Heidelberg, Leipzig, Berlin und wurde zum Dr. jur. et phil. promoviert. Seit 1885 ver¨offentlichte er mehrere Abhandlungen u¨ ber Armengesetzgebung und Armenverwaltung, Arbeiterfragen, Ausbildung von Juristen, Gef¨angniswesen, Trusts – auch in England und den USA. Er besch¨aftigte sich mit Fragen der Behandlung verwahrloster und krimineller Jugendlicher und der F¨ursorgeerziehung Minderj¨ahriger. A. war an der Reform des Strafprozesses von 1895, 1906 und 1909 beteiligt und gab mit Franz von → Liszt Die Reform des Reichsstrafgesetzbuches (1910) heraus, mit Eduard → Kohlrausch Die Reform des Strafrechts (1926). Er war zuletzt Geheimer Justizrat und Landgerichtsdirektor in Berlin. A. z¨ahlte zu den ersten Mitgliedern der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung und viele Jahre zu ihrem Vorstand. C NDB
Aschrott, Sigmund, Fabrikant, Bankier, * 1826 Hochheim / Main, † 1915 Berlin. Der Sohn eines Weingutbesitzers und Leinenfabrikanten durchlief eine kaufm¨annische Lehre in Frankfurt / Main. Nachdem der Vater nach Kassel verzogen war, folgte A. ihm 1844 dorthin und u¨ bernahm dessen Gesch¨aft. Unter ihm nahm nicht nur der eigene Gesch¨aftsbetrieb, sondern die gesamte hessische Leinenfabrikation eine außergew¨ohnliche Entwicklung. Noch im fortgeschrittenen Alter erwarb A. in Berlin ein Bankhaus, das er erfolgreich f¨uhrte. W¨ahrend seiner Kasseler Zeit machte er sich auch durch sein M¨azenatentum einen Namen. 1907 wurde A. der Titel eines Geheimen Kommerzienrats verliehen. C Arnsberg Asclepius, Nikolaus (Hiltbrant Barbatus), Jurist, Philologe, P¨adagoge, † 21. 4. 1571 Marburg. Aus Kassel stammend, war A. zun¨achst Lehrer in Homburg. 1527 wurde er an der neugestifteten Univ. Marburg Prof. der lateinischen Sprache und war zugleich bis 1530 Rektor des P¨adagogiums. 1534 wurde er Vizerektor, 1535 Dekan der Philosophischen Fakult¨at. 1546 erhielt A. die Doktorw¨urde der Rechte, wurde 1547 nach W¨urzburg versetzt und im folgenden Jahr entlassen. Zun¨achst zum Kanzler des Stifts Hersfeld ernannt, war er seit 1553 Fiskal im Oberf¨urstentum Hessen. Asenijeff, Elsa, eigentl. E. Maria von Packeny, verh. Nestoroff, Erz¨ahlerin, Lyrikerin, * 1868 Wien, † 1941 Leipzig. Aus einer Familie hoher Milit¨ars und Beamter stammend, wurde A. durch ihre Mutter, einer gebildeten Malerin und Bildhauerin, fr¨uh mit Kunst und Wissenschaft bekannt. Sie besuchte die Lehrerinnenbildungsanstalt in Wien und heiratete 1890 den bulgarischen Ministerialbeamten Ivan Johann Nestonoff. Die Ehe wurde auf ihren Wunsch 1896 geschieden. Seit 1899 studierte A. an der Univ. Leipzig. Sie wurde Lebensgef¨ahrtin und Modell des Malers und Bildhauers Max → Klinger. Wegen finanzieller Schwierigkeiten trennten sie sich. A. schrieb f¨ur Zeitschriften und Zeitungen und ver¨offentlichte mehrere B¨ucher, u. a. das Tagebuch einer Emancipierten (1902, Neuausg. 2004). Sie wurde in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.
Asher, Adolf, auch Abraham Isaac A., Buchh¨andler, * 23. 8. 1800 Cammin (Pommern), † 1. 9. 1853 Venedig. Nach dem Besuch des Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin lebte A. als Kaufmann in England und sp¨ater als Juwelenh¨andler in Rußland, wo er in den Besitz einer Bibliothek gelangte. 1830 kehrte er nach Berlin zur¨uck und gr¨undete eine Verlags- und Sortimentsbuchhandlung. Er war Eink¨aufer f¨ur das British Museum und er¨offnete in London eine Filiale seiner Buchhandlung. A.s besonderes Interesse galt neuhebr¨aischer Literatur. Er trat mit einer Bibliographie der Reisewerke des Levin → Hulsius hervor und verfaßte u. a. Bibliographical essay on the Scriptores rerum Germanicarum (1843).
Asher, Carl Wilhelm, Jurist, National¨okonom, * 30. 11. 1798 Altona (heute zu Hamburg), † 29. 9. 1864 Hamburg. Der Sohn eines Kaufmanns j¨udischer Herkunft wurde 1810 Protestant, lebte 1820-34 als Rechtsanwalt in Hamburg und redigierter 1832 / 33 die „Neue Zeitung“. 1834-43 war er Untersuchungsrichter, seit 1835 Mitglied des Hamburger Komitees f¨ur Eisenbahnplanung. 1843-51 vertrat er den Hamburger Senat als Direktionsmitglied der Berlin-Hamburger Eisenbahn-Gesellschaft in Berlin. 1861 folgte seine Ernennung zum Staatssekret¨ar in Hamburg. Als Bef¨urworter des Freihandels nahm er am Br¨usseler Internationalen Freihandelskongreß von 1847 teil. A. war seit 1853 Gesandter
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Asher der Hansest¨adte Hamburg und L¨ubeck bei den Internationalen Statistischen Kongressen, Mitbegr¨under des Vereins f¨ur hamburgische Statistik (1853) sowie Mitglied der Statistischen Zentralkommission Belgiens und der Statistischen Gesellschaften in London und Frankfurt / Main. Er ver¨offentlichte u. a. Zur Frage vom Freihandel in seiner socialen und politischen Bedeutung. Vortr¨age und Abhandlungen (1851). C NDB
Asher, David, Philosoph, Neuphilologe, * 8. 12. 1818 Dresden, † 2. 12. 1890 Leipzig. Nach einer Lehre als Holzschneider und Vergolder ging A., Sohn eines Kantors, 1838 nach Großbritannien. Er wurde Lehrer an der j¨udischen Schule in Edmonton, danach Direktor der Hebrew Association School in Manchester. Das Studium der Philosophie und Philologie in Berlin schloß A. 1852 mit der Promotion ab und wurde Lehrer an der o¨ ffentlichen Handelsschule in Leipzig. Zu seinem Freundeskreis z¨ahlte Arthur → Schopenhauer, als dessen „aktiver Apostel“ er sich bet¨atigte. A. ver¨offentlichte u. a. Der religi¨ose Glaube. Eine psychologische Studie (1860), Arthur Schopenhauer. Neues von ihm und u¨ ber ihn (1871) und Das Endergebnis der Schopenhauer’schen Philosophie in seiner ¨ Ubereinstimmung mit einer der a¨ ltesten Religionen (1885). Er schrieb ferner eine Reihe B¨ucher u¨ ber den Unterricht moderner Fremdsprachen. C Lex dt-j¨ud Autoren
Asher, Leon, Physiologe, * 13. 4. 1865 Leipzig, † 8. 8. 1943 Bern. Der Sohn des Philologen David → A. studierte an der Univ. Leipzig Medizin und wurde 1890 promoviert. 1891-94 war er Assistent an der Universit¨atsklinik Heidelberg, 1894 Assistent am Physiologischen Institut in Bern und seit 1895 Privatdozent an der dortigen Universit¨at. 1906 erhielt er eine Professur f¨ur Medizin an der Univ. Bern und wurde zum Di¨ rektor des Physiologischen Instituts ernannt. Bei der Ubernahme des Rektorats 1930 hielt A. die Rede Allgemeinheit und Individualit¨at in den Lebenserscheinungen. Er unternahm Studienreisen nach Deutschland und Großbritannien; er hielt Vorlesungen in den USA, in Spanien und in den Niederlanden. Seit 1914 gab er die seit 1902 j¨ahrlich erscheinenden Ergebnisse der Physiologie heraus. A. war Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften und seit 1925 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, von deren Mitgliederliste er 1937 als „Nichtarier“ gestrichen wurde. Er ver¨offentlichte u. a. Notstand und Ern¨ahrungsfragen (1918) und Physiologie der inneren Sekretion (1936). ¨ 2, 3 C Arzte
Asher, Louis, auch Julius Ludwig Ascher, Maler, * 28. 6. 1804 Hamburg, † 7. 3. 1878 Hamburg. Der aus einer Bankiersfamilie stammende A., Bruder von Carl Wilhelm → A., war Sch¨uler am Johanneum in Hamburg und erhielt seinen ersten Zeichenunterricht bei Gerdt ¨ und Leo Lehmann. 1821 bezog er die → Hardorff d. A. Kunstakademie in Dresden, dann in D¨usseldorf und ging 1825 mit Peter von → Cornelius nach M¨unchen, um dort an der Ausmalung der Glyptothek mitzuwirken. Seit 1832 hielt sich A. mit Erwin → Speckter drei Jahre in Italien auf, 1839 noch einmal, diesmal mit Wilhelm von → Kaulbach, der ihn stark beeinflußte. Zur¨uckgekehrt, lebte er in Berlin, Hamburg und M¨unchen. A. schuf neben Historien- und Genrebildern und zahlreichen sogenannten „Beweinungsbildern“ (u. a. K¨onig Lear und Cordelias Leiche, 1854) Portr¨ats (u. a. von Jenny Lind). C AKL Asinger, Friedrich, Chemiker, * 26. 6. 1907 Freiland (Nieder¨osterreich), † 7. 3. 1999 Aachen. A., Sohn eines Betriebsleiters, studierte 1926-32 Chemie und andere naturwissenschaftliche F¨acher an der TH Wien und schloß seine Ausbildung mit der Zweiten Staatspr¨ufung und
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einer Promotion u¨ ber den Einfluß von Substituenten auf die Verseifungsgeschwindigkeit von Benzalchlorid ab. Seit 1932 außerplanm¨aßiger Assistent am Institut f¨ur Organische Chemie an der TH Wien, wechselte A., seit 1933 Mitglied der NSDAP, 1935 in die Industrie und nahm eine Stelle als Abteilungsleiter bei dem Unternehmen Kareska in Wien an, das chemisch pr¨aparierte Papiere herstellte. Weitere berufliche Stationen waren 1936 / 37 eine Anstellung bei der Vacuum Oil Company AG in Wien-Kagran und 1937 der Eintritt als Chemiker in das Versuchslabor des Ammoniakwerkes in Merseburg der Leuna-Werke. Dort hatte A. bald den Posten des Gruppenleiters im Versuchslabor inne, habilitierte sich 1943 an der Reichsuniversit¨at Graz (kumulative Habilitation) und lehrte seit 1944 Organisch-chemische Technologie an der Univ. Halle mit den Spezialgebieten fettfreie Waschmittel, sulfochlorierte Kohlenwasserstoffe und Aliphate. Nachdem die Werksleitung deportiert worden war, u¨ bernahm er 1945 die Leitung des Hauptlaboratoriums der Leuna-Werke; gleichzeitig erhielt er von der Univ. Halle die K¨undigung. 1946 wurde A. in die Sowjetunion verschleppt, wo er bis 1954 blieb und als wissenschaftlicher Leiter f¨ur das Ministerium f¨ur chemische Industrie der UdSSR in Dserschinsk (Nishni Nowgorod) t¨atig war. Nach seiner R¨uckkehr nach Deutschland arbeitete er erneut f¨ur die Leuna-Werk, erhielt 1955 eine volle Professur an der Univ. Halle und wechselte 1958 auf den Lehrstuhl f¨ur Organische Chemie der TH Dresden. 1959 folgte er einem Ruf an die TH Aachen. 25 Patente sind auf A.s Namen eingetragen worden, u. a. die Herstellung von Mersolat. Er ver¨offentlichte u. a. Chemie und Technologie der Paraffin-Kohlenwasserstoffe (1956, Nachdr. 1959) und Der heutige Stand der petrolchemischen Industrie (2 Tle., 1978 / 79). C Eberle
Askanazy, Max, Pathologe, * 24. 2. 1865 Stallup¨onen (Ostpreußen), † 23. 10. 1940 Genf. A. studierte Medizin an der Univ. K¨onigsberg und wurde 1890 promoviert (Zur Regeneration der quergestreiften Muskelfasern). Zun¨achst als Assistent am Pathologischen Institut in K¨onigsberg t¨atig, habilitierte er sich 1903 f¨ur allgemeine Pathologie, pathologische Mykologie und pathologische Anatomie. Im selben Jahr wurde A. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. 1905 erhielt er den Ruf als o. Prof. an die Univ. Genf und wurde dort zum Direktor des Pathologischen Instituts ernannt. 1928 war er Vorsitzender der Deutschen Pathologischen Gesellschaft, 1935 Mitgr¨under der Schweizerischen Gesellschaft f¨ur Pathologie. A. erforschte vor allem den Blutbildungsapparat, tierische Parasiten, die Knochenpathologie sowie die experimentelle und spontane Geschwulstbildung beim Menschen. Er verfaßte u. a. Die Dermoidcysten des Eierstocks, ihre Geschichte, ihr Bau und ihre Entstehung (1905) sowie wichtige Beitr¨age zu theoretischen Fragen der Medizin (Wesen der Krankheit, Kausalit¨at). Als „Nichtarier“ verlor A. 1938 seine Mitgliedschaft in der Deutschen Aka¨ demie der Naturforscher Leopoldina. 2, 3 C Arzte Askenasy, Eugen, Botaniker, * 5. 5. 1845 Odessa, † 24. 8. 1903 S¨olden (Tirol). A. besuchte das Gymnasium in Dresden und betrieb 1862 landwirtschaftliche Studien an der Akademie Hohenheim. Seit 1864 studierte er Botanik bei Julius → Sachs an der Univ. Heidelberg, wurde 1866 promoviert und habilitierte sich 1872 mit der Arbeit Botanisch-morphologische Studien. 1881 wurde er dort a. o. Prof., 1897 Honorarprofessor der Botanik. Sein Interesse galt der Physiologie des Wachstums, der Physik des Wassertransportes in den Pflanzen und der Algologie. Arbeiten u¨ ber das „Saftsteigen“ f¨uhrten 1895 zu seiner „Koh¨asionstheorie“, Grundlage f¨ur weiterf¨uhrende
Asmussen Forschungen der botanischen Physiologie. A. ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur Kritik der Darwin’schen Lehre (1872) und ¨ Uber das Saftsteigen (1895). C Bad Bio
Askin, Leon, eigentl. Leo (Lion) Aschkenasy, o¨ sterr. Schriftsteller, * 18. 9. 1907 Wien, † 3. 6. 2005 Wien. A., Sohn j¨udischer Eltern, erhielt Schauspielunterricht bei Hans → Thimig und Paul Johannes → Kalbeck, hatte sein B¨uhnendeb¨ut am Theater der Jugend in Wien und setzte seine Ausbildung an der „Neuen Schule f¨ur dramatischen Unterricht“ fort. Nach einer T¨atigkeit als Vertreter erhielt er 1928 ein Engagement als Schauspieler und Regisseur am D¨usseldorfer Schauspielhaus von Luise → Dumont; dort arbeitete er u. a. mit Lepold → Lindtberg und Erwin → Piscator zusammen. 1933 vor¨ubergehend verhaftet und interniert, emigrierte A. nach Paris, trat in politischen Kabaretts wie dem „Club Paris-Vienne“ auf und gr¨undete 1934 das Kabarett „Les Sans Culottes“. 1935 kehrte er nach Wien zur¨uck, wurde k¨unstlerischer Leiter der „ABC“-B¨uhne und wirkte als Regisseur und Schauspieler (am Landestheater in Linz, am ¨ Theater an der Wien und am Theater der Jugend / Osterreichische Volksb¨uhne). Zusammen mit Hans → Jaray floh A. 1938 u¨ ber die Schweiz nach Paris, arbeitete dort als Sekret¨ar von Erwin Piscator und machte, 1939 im Lager Meslay du Main interniert, Kabarett f¨ur die Lagerinsassen. Nach seiner Entlassung ging A. 1940 in die USA, war zun¨achst B¨uhnenarbeiter, u¨ bernahm dann die k¨unstlerische Leitung des Civic Theater in Washington, war 1942-46 Public Relations Officer bei der US-Army und gab die Wochenzeitschrift der Air Force, „The Orientation Digest“, heraus. 1946 gr¨undete A. mit anderen Schauspielern die Schauspielgruppe „Veterans Memorial Stage“ und wurde deren Pr¨asident. Sp¨ater inszenierte er zahlreiche Theaterst¨ucke, f¨uhrte einige davon auch am Broadway auf und gab 1952 sein Filmdeb¨ut in Hollywood, dem die Teilnahme an mehr als vierzig weiteren Hollywood-Produktionen folgte (u. a. in Billy → Wilders One, Two, Three und in Peter Ustinovs Hammersmith is Out). A. lehrte zudem am American Theatre Wing und an Piscators Dramatic Workshop. Seit 1955 trat er auch wieder auf deutschen und o¨ sterr. B¨uhnen (Hamburger Kammerspiele, Theater in der Josefstadt, Burgtheater) sowie in deutschsprachigen Filmproduktionen auf. 1993 verlegte er seinen Wohnsitz zur¨uck nach Wien. A., der zu den Begr¨undern des Austrian-American Council of the West geh¨orte, war Mitglied des Oscar-Auswahlverfahrens der Academy of Motion Picture Arts and Sciences und der American National Theatre and Academy. C Lex o¨ sterr Exillit Aslan, Raoul (Maria), Schauspieler, Regisseur, * 16. 10. 1886 Saloniki, † 18. 6. 1958 Litzlberg / Attersee (Ober¨osterreich). A., der armenischer Herkunft war, gastierte seit 1906 an B¨uhnen in Hamburg, Graz, Stuttgart (1911-17), Berlin und M¨unchen. Wieder in Wien, spielte er am Volkstheater. 1920 deb¨utierte er am Burgtheater als Orest in Iphigenie auf Tauris. A. avancierte zum Ersten Schauspieler des Hauses, war seit 1926 Kammerschauspieler und Regisseur und 1945-48 Direktor des Burgtheaters. Zu seinem Repertoire z¨ahlten die klassischen Helden und Charakterrollen; er galt als großer ¨ Bd 13 Shakespeare-Darsteller. C NOB,
Asmis, Rudolf, Diplomat, * 12. 6. 1879 Mesekenhagen (Pommern), † 13. 11. 1945. A., Sohn eines preuß Oberamtmanns, studierte an der Univ. Greifswald Jura, Staatswissenschaften, Geographie und Philosophie. Seit 1900 Gerichtsreferendar, wurde er 1906 ins Ausw¨artige Amt, in die Reichskolonialabteilung, berufen. 1912 u¨ bernahm A. das Konsulat Boma in Belgisch-Kongo, seit 1914 war er in der deutschen Zivilverwaltung f¨ur Belgien in Br¨ussel t¨atig. 1919 arbeitete er im Reichsministerium des Innern, von 1920 an wieder im Ausw¨artigen Amt.
1923 wurde er Botschaftsrat in Moskau, 1924 in Peking und 1925 bevollm¨achtigter Minister in Bangkok. 1932-39 war A., seit 1938 Mitglied der NSDAP, Generalkonsul in Sydney. Er ver¨offentlichte neben Arbeiten u¨ ber das Eingeborenenrecht und die Kolonialpolitik u. a. Als Wirtschaftspionier in Russisch-Asien. Tagebuchbl¨atter (1924). A. starb in sowjetischer Haft. C BHdDA
Asmis, Walter, Verbandsfunktion¨ar, * 22. 9. 1880 Mesekenhagen (Pommern), † n. e. Nach einer Landwirtschaftslehre studierte A. 1900-03 an der Univ. Berlin Land- und Volkswirtschaft, in Rostock und Erlangen, wo er 1909 mit der Arbeit Der landwirtschaftliche Arbeitsvertrag nach b¨urgerlichem und nach Gesinderecht promoviert wurde, Rechtswissenschaft. Er war in verschiedenen landwirtschaftlichen Verwaltungsstellen t¨atig und nahm am Ersten Weltkrieg teil. 1919 zog A. als gesch¨aftsf¨uhrender Direktor der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holsteins nach Kiel; in gleicher Position war er von 1928 bis zu seiner Entlassung 1933 f¨ur die Provinz Sachsen in Halle t¨atig. Als Direktor der Export Bau- und Handels GmbH in Berlin u¨ bernahm A. 1947 die Vizepr¨asidentschaft der neugegr¨undeten Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft in Frankfurt / Main und 1948 als gesch¨aftsf¨uhrendes Vorstandsmitglied die Leitung des Verbands der Landwirtschaftskammern. Er war Mitbegr¨under und Mitglied des Zentralausschusses der Deutschen Landwirtschaft.
Asmus, (Johann) Rudolf, Klassischer Philologe, * 25. 8. 1863 Steinen im Wiesenthal, † 15. 3. 1924 Freiburg / Breisgau. Der Sohn eines evang. Pfarrers erhielt nach Abschluß des Studiums der Klassischen Philologie (1882-87) in Freiburg und Bonn die Stelle eines wissenschaftlichen Hilfsarbeiters an der Universit¨atsbibliothek in Freiburg. Er wurde 1888 promoviert (Quaestiones Epicteae) und trat 1890 in den Schuldienst ein. 1892 f¨uhrte ihn eine Studienreise nach Griechenland und Kleinasien. Als Gymnasialprofessor ging er nach Freiburg und wurde 1917 Direktor in Offenburg, 1919 in Freiburg. A. forschte haupts¨achlich u¨ ber die politischen, philosophischen und religi¨osen Zust¨ande Griechenlands im ersten nachchristlichen Jahrhundert (u. a. Julian und Dion Chrysostomos, 1895) und besch¨aftigte sich mit Themen der deutschen Literaturgeschichte sowie mit der heimatlichen Sage und Kunst. C Bursian, Jg. 46
Asmussen, Anton Claus Christian, Maler, * 23. 3. 1857 Flensburg, † 12. 11. 1904 Hamburg. Nach der Aufnahme in die Hamburger Gewerbeschule studierte A. an der Kunstakademie M¨unchen (1884-86) und seit 1887 an der Kunstakademie Karlsruhe, wo er von Hermann → Baisch unterrichtet und Meistersch¨uler von Gustav → Sch¨onleber wurde. Seinen Studienreisen nach Tirol und Italien folgte ein kurzer Aufenthalt in Rothenburg / Tauber, bis er um 1890 nach Hamburg zur¨uckkehrte. A. malte zuerst Architekturbilder und Interieurs, u. a. das der Marienkirche in L¨ubeck, seit 1890 vor allem stimmungsvolle Heide- und Moorlandschaften. Er war Mitglied des Hamburger Kunstvereins und der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft. 1904 ertrank er.
Asmussen, Hans (Christian), evang. Theologe, * 21. 8. 1898 Flensburg, † 30. 12. 1968 Speyer. A., Sohn eines Schulrektors, studierte 1919-23 Theologie in Kiel und T¨ubingen. Er wurde Pastor an der Diakonissenanstalt in Flensburg, 1925 in Albersdorf / Dithmarschen und 1932 in Altona. 1934 seines Amtes enthoben, war er w¨ahrend des Kirchenkampfes mehrfach inhaftiert. A. war f¨uhrend in der Bekennenden Kirche t¨atig, Pr¨asidialmitglied der Bekenntnissynode und neben Karl → Barth und Thomas → Breit maßgeblich beteiligt an der Theologischen
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Aspelmayr Erkl¨arung zur gegenw¨artigen Lage der Deutschen Evangelischen Kirche, die die 1. Bekenntnissynode in Barmen 1934 verabschiedete. 1935 wurde er Gr¨undungsrektor der Kirchlichen Hochschule in Berlin. 1946-48 war er Pr¨asident der Kanzlei der Evangelischen Kirche in Deutschland, 1949-55 Propst von Kiel. C SHBL, Bd 9
Aspelmayr, Franz, auch Aspelmayer, Asplmeyer, Appelmeyr, o¨ sterr. Komponist, Musiker, getauft 2. 4. 1728 Linz, † 29. 7. 1786 Wien. Der Ballettkomponist und Hofmusiker A. war vermutlich Violinist am Deutschen Theater in Wien. Er komponierte im Stil der Wiener Vorklassik. Hervorzuheben in seinem Schaffen ist das Instrumentalwerk, vor allem die Divertimenti. A. schrieb Singspiele (u. a. Der Sturm, 1782), Ballettmusiken und komponierte die Oper Pygmalion nach der Vorlage von Rousseau. C MGG Asper, Hans, schweizer. Maler, Zeichner, * 1499 Z¨urich, † 21. 3. 1571 Z¨urich. Der Sproß eines alten Z¨urcher Ratsgeschlechts lebte und arbeitete in Z¨urich. Seine Arbeiten zeigen den Einfluß des Malers Hans → Leu. Als Stadtmaler von Z¨urich war A. f¨ur den Anstrich und das Ausmalen der o¨ ffentlichen Geb¨aude sowie die Bemalung der Schilde und Fahnen zust¨andig. Außerdem ¨ auf Holz, schuf A. etwa 30 Gem¨alde, u¨ berwiegend mit Ol drei illuminierte Titelbl¨atter f¨ur Amtsb¨ucher und zahlreiche Zeichnungen als Vorlagen f¨ur Holzschnitte. Zu seinen bekanntesten Werken z¨ahlen die Portr¨ats der Schweizer Reformatoren Huldrych → Zwingli und Heinrich → Bullinger. Zahlreiche seiner Kinder und Enkel waren ebenfalls als Maler oder Bildhauer t¨atig. C AKL
Asper, Hans Conrad, Bildhauer, Baumeister, * um 1588 Z¨urich, † 1666 Konstanz. A., Enkel von Hans → A., arbeitete in Konstanz und ging 1603 nach Wien. 1615 u¨ bersiedelte er nach Salzburg und schuf u. a. das Grabmal des Erzbischofs Markus → Sitticus von Hohenems, vier Engelsfiguren f¨ur den Dom und ein Sebastiansrelief f¨ur das Linzer Tor. Zur Ausschm¨uckung der Gnadenkirche wurde er 1615 / 17 und 1628 in das Stift Maria Einsiedeln berufen. 1635 erfolgte seine Ernennung zum Zeugmeister in Konstanz. Seit 1645 stand er als Festungsbaumeister in den Diensten des Kuf¨ursten → Maximilian in M¨unchen. A. erbaute 1654-60 dort Kirche und Kloster der Karmeliten. C AKL
Aspruck, Franz, auch Assbrugg, eigentl. Asbroe(c)k; Frantz, Franciscus, Goldschmied, Kupferstecher, * um 1570 / 80 Br¨ussel, † nach 1611. A. absolvierte eine Goldschmiedelehre in Br¨ussel und lebte zwischen 1598 und 1604 in Augsburg. Seit 1603 zahlte er Steuern, muß also B¨urger der Stadt gewesen sein. 1604 wollte er Augsburg verlassen, ohne sein B¨urgerrecht aufzugeben, und ging vermutlich nach Wien und Prag. Von seinen plastischen Werken ist u. a. eine kleine Reiterstatue Marc Aurels erhalten (Kunsthistorisches Museum Wien). In der graphischen Produktion entwickelte A. als gelernter Goldschmied eine neue Variante des Punzenstichs, die ihn zum Wegbereiter der Schabkunst machte. C NDB Asseburg, Rosamunde Juliane von, auch Assenburger, Mystikerin, * November 1672 Eigenstedt bei Aschersleben, † nach 1708. Aus altadeligem Geschlecht stammend, hatte A. im Alter von sieben Jahren die Vision einer auf sie zukommenden, herrlich geschm¨uckten Jungfrau. 15 Jahre alt, r¨uhmte sie sich besonderer Offenbarungen u¨ ber die Endzeit und das Tausendj¨ahrige Reich. Seit 1691 lebte A. im Haus des Superintendenten Johann Wilhelm → Petersen, der im selben Jahr ihre Visionen in seinem Send-Schreiben an einige Theologos ver¨offentlichte. Petersen mußte sich 1692, zusammen mit A., wegen chiliastischer Anschauungen auf dem Konsistorium in Celle verantworten und sein Amt niederlegen. A. ging nach Wolfenb¨uttel, dann nach Magdeburg und lebte seit 1708 in Berlin. Sie schrieb das Kirchenlied Bittet, so wird es euch gegeben. C RGG Assig, Hans von, auch Hannß von Aßig und Siegerdorff, Liederdichter, * 8. 3. 1650 Breslau, † 5. 8. 1694 Schwiebus. Der Sohn eines 1670 geadelten kaiserlichen Rats und Oberstadtsyndikus studierte Jura in Leipzig. A. trat 1674 in schwedische Dienste und k¨ampfte als Seeoffizier im Schwedisch-D¨anischen Krieg. Da er nach der R¨uckkehr 1676 in seine Heimat keine o¨ ffentliche Stellung fand, trat er in kurbrandenburgische Dienste, wurde 1692 Schloßhauptmann, Burglehns- und Kammeramtsdirektor in Schwiebus. 1719 erschienen seine gesammelten Schriften, die u. a. einen Lebenslauf, das M¨artyrerlied u¨ ber den sterbenden Stephanus So versiegelt der Gerechte sein Bekenntnis durch den Tod und das Schwiebuser Kirchweihlied Dreifaltig-Heilig-Großer Gott enthalten. C NDB Assing, David (Assur), bis 1813 D. Assur, Lyriker,
Br¨ussel, † 24. 5. 1850 Padua. 1806 trat A. in das Regiment des F¨ursten Carlos → Auersperg ein und wurde 1809 Oberleutnant im GeneralQuartiermeisterstab. Er nahm an allen Kriegshandlungen ¨ Osterreichs teil. 1840 wurde er Feldmarschalleutnant und Division¨ar in Italien, 1846 Kommandant des 2. Armeekorps im Venetianischen. Nach den K¨ampfen um Modena, Parma und Livorno blieb er als Repr¨asentant der obersten Zivilund Milit¨argewalt bis zum Frieden in Florenz. Als Kommandant des 6. Armeekorps ging er nach Padua, wo er nach wenigen Monaten starb. C Wurzbach
Mediziner, * 12. 12. 1787 K¨onigsberg (Preußen), † 25. 4. 1842 Hamburg. A. studierte in Halle, T¨ubingen, Wien Medizin und wurde 1807 in K¨onigsberg promoviert (Materiae alimentariae lineamenta, 1809). 1812 ließ er sich als Arzt in Hamburg nieder, nahm in preuß. Diensten an den Befreiungskriegen (1813-15) als Regimentsarzt teil und kehrte 1815 nach Hamburg zur¨uck. A. ver¨offentlichte seine Gedichte u. a. in den Almanachen seiner Freunde Adelbert von → Chamisso und Justinus → Kerner. A. war mit Rosa Maria → A., des verheiratet. 1840 ver¨offentlichte er Nenien nach dem Tode Rosa Marias (verm. Ausg. 1841). Die Schriftstellerin Ludmilla → A. war seine Tochter. C Killy
Aspre, Constantin Ghilain Karl Frh. von, Milit¨ar, * 1761 Gent, † 7. 7. 1809. Als junger Offizier nahm A. an den niederl¨andischen Kriegen 1789 / 90 teil und wurde zum F¨uhrer des deutschen Freij¨agerkorps ernannt. Nach kriegerischen Auseinandersetzungen in Italien 1799 / 1800 wurde A. zum Generalmajor bef¨ordert. 1805 geriet er bei G¨unzburg in Gefangenschaft und kam erst durch den Frieden von Preßburg frei. 1809 avancierte er zum Feldmarschalleutnant. Er wurde in der Schlacht von Wagram t¨odlich verwundet. C ADB
Assing, (Rosa) Ludmilla, Pseud. Achim Lothar, Talora, verh. Grimelli, Schriftstellerin, * 22. 2. 1821 Hamburg, † 25. 3. 1880 Florenz. A. lebte nach dem Tod ihres Vaters David → A. 1842-60 bei ihrem Onkel Karl August → Varnhagen von Ense in Berlin und unterhielt u. a. enge Beziehungen zu Alexander von → Humboldt, Friedrich → Hebbel und Bettine von → Arnim. Nach dem Tod Rahel → Varnhagens betreute sie deren Salon. Die in Preußen unerw¨unschte Herausgabe des Varnhagen-Nachlasses, besonders dessen Briefwechsels mit
Aspre, Constantin Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 18. 12. 1789
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Assum Alexander von Humboldt, f¨uhrte 1862 und 1864 zu A.s Verurteilung wegen Majest¨ats- und Beamtenbeleidigung in Abwesenheit; sie lebte seit 1861 in Italien. 1862 ließ sie sich in Florenz nieder, verkehrte in intellektuellen, demokratischen Kreisen und u¨ bersetzte Schriften von Mazzini, Cironi und Gianelli f¨ur deutsche Zeitungen. C Killy
Assing, Rosa Maria (Antoinette Pauline), geb. Varnhagen von Ense, Pseud. Rosa Maria, Lyrikerin, Erz¨ahlerin, * 28. 5. 1783 D¨usseldorf, † 22. 1. 1840 Hamburg. Die Tochter des pf¨alzisch-bayerischen Medizinalrats Johann Andreas Jakob Varnhagen von Ense und Schwester von Karl August → Varnhagen von Ense lebte zuerst mit ihrer Familie in Straßburg, dann bis zum Tod ihres Vaters 1799 in Hamburg, wo sie als Erzieherin in einem Patrizierhaus t¨atig war. 1815 verm¨ahlte sie sich mit David → A.; Ludmilla → A. war ihre Tochter. Ihr Mann gab 1840 ihren Poetischen Nachlaß heraus. C Killy Assmann, Arno, Schauspieler, Regisseur, * 30. 7. 1908 Breslau, † 30. 11. 1979 Seefeld / Starnberg. A. studierte Musik und Schauspielerei und wurde anschließend in Frankfurt / Oder engagiert. Sp¨ater gastierte er u. a. in G¨orlitz, L¨ubeck und Wiesbaden. Nach 1945 trat A. in Hamburg auf, sp¨ater an den M¨unchner Kammerspielen. 1964-68 war er Generalintendant in K¨oln, widmete sich dann zunehmend dem Medium Fernsehen, spielte u. a. bei der Verfilmung von Der Stechlin nach Theodor → Fontane mit und wurde als Regisseur von Fernsehspielen bekannt. Assmann, Herbert, Mediziner, * 25. 11. 1882 Danzig, † 27. 2. 1950 Oldenburg. Nach dem Studium der Medizin in K¨onigsberg, Freiburg und M¨unchen wurde A. 1905 in K¨onigsberg promoviert (Versuche u¨ ber den Wert des Aethylalkohols). Er spezialisierte sich in pathologischer Anatomie bei Max → Askanazy in Genf und in Innerer Medizin bei Ludwig → Lichtheim in K¨onigsberg. 1913 habilitierte er sich an der Univ. Leipzig (Erfahrungen u¨ ber die R¨ontgenuntersuchung der Lungen unter besonderer Ber¨ucksichtigung anatomischer Controllen) und wurde dort 1927 Ordinarius und Direktor der medizinischen Poliklinik. 1931 ging er in gleicher Stellung nach K¨onigsberg, wo er die Poliklinik bis zu deren Aufl¨osung 1945 leitete. Danach wurde er Leiter der Inneren Abteilung des Evangelischen Krankenhauses in Oldenburg, f¨orderte die R¨ontgendiagnostik in der Inneren Medizin, forschte zur Pathogenese der Tuberkulose („Assmann-Herd“) und der Knochen- und Gelenkerkrankungen. Zu seinen zahlreichen Ver¨offentlichungen z¨ahlt u. a. Die klinische R¨ontgendiagnostik der inneren Erkrankungen (2 Bde., 1921, 61949 / 50). A. war seit 1932 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und 1937 / 38 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft f¨ur Innere Medizin. 1939 gab er in vierter Auflage das von Gustav von → Bergmann u. a. begr¨undete Lehrbuch der inneren Medizin (2 Bde., 71949) heraus. ¨ C Arzte 2, 3
Assmann, Johann Baptist (Maria), kath. Theologe, * 26. 8. 1833 Branitz (Schlesien), † 27. 5. 1903 Ahrweiler. A. studierte Theologie an der Univ. Breslau und empfing 1860 die Priesterweihe. Er war 1861-64 Kooperator in Katscher, 1865-68 Missionspfarrer und Milit¨arseelsorger in Kolberg und dann bis 1882 Divisionspfarrer in Neisse. 1866 und 1870 / 71 wirkte er im Feld. 1882 erfolgte seine Ernennung zum Propst von St. Hedwig in Berlin. A. war f¨urstbisch¨oflicher Delegat f¨ur die Mark Brandenburg, Feldpropst der k¨oniglich preuß. Armee und der kaiserlichen Marine sowie Titularbischof von Philadelphia. Die Gr¨undung von etwa 20 Milit¨arpfarreien und Garnisonskirchen zeigt sein Verdienst um die Milit¨arseelsorge. C Saupe
Aßmann, Richard, Mediziner, Meteorologe, * 13. 4. 1845 Magdeburg, † 28. 5. 1918 Gießen. Nach dem Studium der Medizin (Promotion 1869, Die H¨amophilie) und der Teilnahme am Deutsch-Franz¨osischen Krieg war A. 15 Jahre praktischer Arzt in Freienwalde und Magdeburg und seit 1881 Leiter der „Wetterwarte“ der „Magdeburger Zeitung“. 1885 wurde er in Halle zum Dr. phil. promoviert (Die Gewitter in Mitteldeutschland) und zum Vorsteher des Preußischen Meteorologischen Instituts ernannt. Im selben Jahr habilitierte er sich mit der Arbeit Die Nachtfr¨oste des Monat Mai. A. konstruierte 1887 das „Aspirationspsychometer“, das Standardinstrument zur exakten Temperatur- und Feuchtemessung, und f¨orderte die wissenschaftliche Ballonfahrt. Durch die Einf¨uhrung des Gummiballons erreichte er Temperaturmessungen bis in 15 km H¨ohe. Er gr¨undete 1899 das Preußische Aeronautische Observatorium (seit 1904 in Lindenberg bei Berlin) und war bis 1914 dessen Direktor. A. ver¨offentlichte u. a. mit Arthur → Berson Wissenschaftliche Luftfahrt (3 Bde., 1899-1900). A., Mitbegr¨under der Aerologie, entdeckte 1902 zugleich mit L´eon Teisserenc de Bort die Stratosph¨are. 1888 wurde A. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. C NDB
Assmayr, Ignaz, auch Aßmayer, o¨ sterr. Musiker, Komponist, * 11. 2. 1790 Salzburg, † 31. 8. 1846 Wien. Unterrichtet von Michael → Haydn, wurde A. im Alter von 18 Jahren Organist an St. Peter in Salzburg. Er ging 1815 nach Wien und nahm bei Joseph von → Eybler weiteren Unterricht. 1824 wurde er Kapellmeister am Schottenstift, 1825 Hoforganist, 1838 unbesoldeter Vizehofkapellmeister und 1846 Nachfolger von Joseph → Weigl als zweiter Hofkapellmeister. A. war seit 1827 Mitglied des Haydn-Vereins und seit 1846 dessen Pr¨asident. Er komponierte zahlreiche Messen, Gradualien, Offertorien, Requien und Oratorien (u. a. Sauls Tod und David und Saul). Er geh¨orte dem Kreis um Franz → Schubert an. C MGG
Assmus, Robert, Illustrator, Maler, Graphiker, * 25. 12. 1837 Stuhm (Westpreußen), † 30. 5. 1904 Dießen / Ammersee. A. war zun¨achst Sch¨uler des Stillebenmalers Friedrich Wilhelm V¨olcker, mußte seine k¨unstlerische Ausbildung jedoch wegen des fr¨uhen Todes seiner Eltern abbrechen und erlernte daraufhin als Broterwerb den Beruf des Buchh¨andlers. In Berlin, Halberstadt und Prag, wo er sich haupts¨achlich mit Architekturzeichnungen besch¨aftigte, bildete er sich 1859-1862 autodidaktisch fort. Seit 1862 fertigte er in Prag Bilder und dazugeh¨orende Texte f¨ur „Die Gartenlaube“, „Daheim“ und die Leipziger „Illustrierte Zeitung“ an. Im Auftrag der letzteren bereiste er 1870 / 71 den franz¨osischen Kriegsschauplatz. Seit 1871 lebte A. in M¨unchen und arbeitete in den folgenden Jahren an dem Werk Bilder aus Elsaß-Lothringen. Außerdem malte A. vor allem historische Reiterdarstellungen und stimmungsvolle Landschaftsbilder, f¨ur die er durch ganz Deutschland, Norditalien, die Schweiz, das Elsass und in die USA reiste (1877 / 78). C AKL
Assum, Johann, evang. Theologe, * 1552 N¨urtingen / Neckar, † 14. 8. 1619 Weikersheim. A. besuchte die w¨urttembergischen Klosterschulen Murrhardt und Herrenalb und studierte seit 1571 in T¨ubingen. Nach Abschluß seiner Studien ging er als Klosterpr¨azeptor nach Adelberg und wurde 1576 Diakon in Stuttgart. Seit 1578 war er Pfarrer in Groß-Bottwar, von 1581 an, auf Empfehlung Jakob → Andre¨as, Hofprediger und Superintendent in Weikersheim. A. galt als frommer Eiferer, der sogar Graf Wolfgang von Hohenlohe vom Abendmahl ausschließen wollte, weil dieser zum Calvinismus zu tendieren schien. Durch die Vermittlung Jakob Andre¨as blieb ihm sein C ADB Amt erhalten.
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Ast Ast, Georg (Anton) Friedrich, Philosoph, Klassischer Philologe, * 29. 12. 1778 Gotha, † 31. 10. 1841 M¨unchen. A., Sohn eines Bedienten des Hofmarschalls von Frankenberg, studierte seit 1798 Philologie und Philosophie in Jena, u. a. bei Friedrich → Schlegel, → Fichte und → Schelling, wurde 1802 mit einer Abhandlung De primis artis Pulchri lineamentis zum Dr. phil. promoviert und hielt Vorlesun¨ gen u¨ ber Asthetik und Geschichte der Philosophie. 1805 wurde er Prof. der Klassischen Philologie an der Univ. Landshut, wo er sich dem Kreis der Romantiker um Johann Michael → Sailer und Friedrich Carl von → Savigny anschloß, und gab 1808-10 die „Zeitschrift f¨ur Wissenschaft und Kunst“ heraus. 1807 erschienen Grundlinien der Philosophie (21809) und der Grundriß einer Geschichte der Philosophie (21825). Seit 1825 war A. Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und von 1826 an Prof. an der Univ. M¨unchen. A. u¨ bersetzte das Gesamtwerk Platons ins Lateinische (Platonis opera, 9 Bde. und 2 Bde. Kommentar, 1819-32) und erlangte mit dem Lexicon Platonicum (3 Bde., 1834-39, 21908; Nachdr., 2 Bde., 1956) nachhaltige Bedeutung f¨ur die Platonforschung. In den Grundlinien der Grammatik, Hermeneutik und Kritik (1808) skizzierte er, basierend auf der Vorstellung eines allgemeinen menschlichen Geistes, eine universelle Hermeneutik, die vom historischen u¨ ber ein grammatikalisches Verst¨andnis des Textes zu einem Verst¨andnis des Geistes des Autors f¨uhrt. Sein Grundriß der Philologie erschien 1808 (Nachdr. 1979). C LMU
Ast, Johann Christian, Dramatiker, * 1730, † um 1780. A. studierte in Leipzig, war 1754-57 Theaterdichter der Truppe von Konrad → Ackermann und wechselte 1759 zur Truppe von Heinrich Gottfried → Koch. 1765 kehrte er zu Ackermann zur¨uck, als dieser ein festes Haus in Hamburg bezog. Im folgenden Jahr wurde A. von → Lessing abgel¨ost. Gegen 1770 war er f¨ur die Schuchsche Gesellschaft t¨atig. A. schrieb u. a. das St¨uck Ein Mißverst¨andnis aus dem anderen. C NDB Ast, Max, o¨ sterr. Komponist, Dirigent, * 8. 9. 1875 Wien, † 9. 4. 1964 Wien. A. studierte zun¨achst an der TH, 1907-10 Musikwissenschaft an der Univ. Wien und erhielt Kompositionsunterricht bei Robert → Fuchs. 1920-24 war er Kapellmeister und Chordirektor in Amerika und leitete die Sendestation Camp Bragg; daneben lehrte er Musiktheorie und Komposition. 1924-35 war er Programmdirektor f¨ur Musik des Senders ¨ Osterreichische Radio-Verkehrs-Aktiengesellschaft in Wien. A. komponierte u. a. zwei Opern (Abb´e Innocent, 1918; Die Blinde, 1927), das M¨archenspiel Die Goldmarie (1941) und ¨ Orchesterwerke. C OML Astel, Karl, Mediziner, * 26. 2. 1898 Schweinfurt (Unterfranken), † 4. 4. 1945 Jena. A., Sohn eines Polizeioffiziers, leistete 1916-18 Kriegsdienst, geh¨orte 1919 dem Freikorps Epp an, studierte seit 1919 Medizin und Philosophie in W¨urzburg und M¨unchen und wurde 1925 promoviert. 1925-33 leitete er die sport¨arztliche Untersuchungs- und Beratungsstelle in M¨unchen. A., der 1923 am Hitler-Putsch teilgenommen hatte und 1930 in die NSDAP eingetreten war, wurde 1932 Leiter des Rassenhygienischen Amtes in der Reichsf¨uhrerschule der SA, war 1933-45 Pr¨asident des Th¨uringischen Landesamtes f¨ur Rassewesen und ver¨offentlichte 1937 den Band Z¨uchterische Familienkunde. 1934 erhielt A. ohne regul¨ares Berufungsverfahren eine o. Professur f¨ur Menschliche Erbforschung und Rassewesen an der Univ. Jena, deren Rektor er 1939-45 war. 1939 wurde er Th¨uringischer Staatsrat, 1942 Dozentenbundf¨uhrer der Univ. Jena und Gaudozentenbundf¨uhrer von Th¨uringen. A. beging Selbstmord. C Th¨uhringen
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Asten, Friedrich Emil von, Astronom, * 26. 1. 1843 K¨oln, † 15. 8. 1878 St. Petersburg. A. schloß das Studium bei Friedrich Wilhelm → Argelander in Bonn mit der Promotion aufgrund der Arbeit Determinatio orbitae grandis cometae anni 1858 e cunctis observationibus ab. 1866-69 lebte er in K¨oln und ging dann nach Berlin. Er stand in loser Verbindung mit der Sternwarte Bonn und dem Rechen-Institut zu Berlin. 1870 folgte er einem Ruf des Hauptobservatoriums der Akademie der Wissenschaften Rußlands nach Pulkowo (St. Petersburg) und war dort Rechner bis zu seinem Tod. A. berechnete u. a. die Bahnen der Kleinen Planeten Terpsichore und Diana. In seinen grundlegenden Untersuchungen u¨ ber den Kometen Encke faßte er Beobachtungsergebnisse der Jahre 1819-75 zusammen. A. erforschte die Bahnelemente der Uranus-Trabanten, Oberon und Titania, die zu sicherer Bestimmung der Masse des Planeten Uranus f¨uhrten. Er ver¨offentlichte u. a. Untersuchungen u¨ ber die Theorie des Encke’schen Cometen (2 Bde., 1872-78). Aster, Ernst von, Philosoph, * 18. 3. 1880 Berlin, † 22. 10. 1948 Stockholm. A., Sohn eines Majors, studierte Naturwissenschaften und Philosophie in Berlin und M¨unchen und wurde 1902 bei ¨ Theodor → Lipps mit der Dissertation Uber Aufgabe und Methode in den Beweisen und Analogien der Erfahrung in Kants Kritik der reinen Vernunft (1903) promoviert. Nach der Habilitation 1905 in M¨unchen aufgrund seiner Untersuchungen u¨ ber den logischen Gehalt des Kausalgesetzes wurde er dort 1913 a. o. Prof. der Philosophie in M¨unchen. Von 1920 bis zur Entlassung 1933 war A. Ordinarius an der Univ. Gießen. Er war Mitglied der SPD und trat dem Weimarer Bund demokratischer Universit¨atsprofessoren bei. 1933 emigrierte A. nach Schweden und wurde 1936 auf den Lehrstuhl f¨ur Philosophie an die Univ. Istanbul berufen. A. verfaßte zahlreiche philosophiehistorische Werke (u. a. Geschichte der Philosophie, 1932; 18. Auflage, 1998, erg¨anzt von Ekkehard Martens) und versuchte eine Neubegr¨undung des Nominalismus (Prinzipien der Erkenntnislehre, 1913). Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen ferner Einf¨uhrung in die Geschichte der Psychologie (1915, 21919), Geschichte der neueren Erkenntnistheorie (von Descartes bis Hegel) (1921) und Naturphilosophie (1932). A. gab Große Denker (2 Bde., 1911, 21923) heraus. C Gießen
Aster, Ernst Ludwig von, Milit¨ar, * 5. 10. 1778 Dresden, † 10. 2. 1855 Berlin. Nach der Teilnahme am Rußlandfeldzug Napoleons (1812) im s¨achsischen Truppenverband stand A. seit 1816 in preuß. Diensten und war w¨ahrend des Feldzugs der Hundert Tage Chef des Generalstabs des II. preuß. Korps. 1837 wurde er Generalinspekteur der preuß. Festungen, 1838 Chef des Ingenieurkorps und Kurator der Artillerie- und Ingenieurschule Berlin. Als General der Infanterie nahm er 1849 seinen Abschied aus der Armee. Zu seinen Leistungen z¨ahlt der Ausbau der Befestigungsanlagen von Koblenz und Ehrenbreitstein (nach ihm Asterstein genannt), die er der entwickelten Kriegsf¨uhrung anpaßte.
Aster, Friedrich Ludwig, Milit¨ar, Ingenieur, * 1732 Dresden, † 1804 Dresden. A. lernte seit 1746 bei Philipp Daniel Lippert Zeichnen und studierte Ingenieurwissenschaft bei Johann Christoph Glaser. Er trat in das kurs¨achsische Ingenieurkorps ein und war seit 1780 Direktor der s¨achsischen Landesvermessung in Dres¨ den. Er ver¨offentlichte zahlreiche Texte (z. T. Ubersetzungen) u¨ ber den Festungsbau, u. a. Gesammelte Nachrichten von dem Verfahren der Holl¨ander, wenn sie wasserdichtes Mauerwerk machen (drei Sendschreiben, 1773). Von dem Zeichner A. sind Die Schlacht bei Torgau und Denkmal in der Annaburger Heide erhalten.
Athin Asth¨ower, Fritz, auch Asth¨ofer, H¨utteningenieur, * 21. 12. 1835 K¨oln, † 17. 10. 1913 Essen. Der Sohn eines Juweliers studierte 1853-57 an der Gewerbeakademie Berlin und war dann auf der Sayner H¨utte besch¨aftigt. Nach nur einj¨ahriger T¨atigkeit in der Firma Falkenroth, Kocher & Co. wurde A. 1860 Betriebsleiter in der Eisenbahnwerkst¨atte der K¨oln-Mindener-Eisenbahn in Dortmund. 1862 zu Falkenroth, Kocher & Co. zur¨uckgekehrt, wurde er 1866 Direktor der Steinhauser H¨utte in Witten, wo er bis 1875 blieb. Ende 1860 beteiligte er sich als Teilhaber am Bau eines Gußstahlwerkes in Annen, dessen technischer Direktor er 1875 und alleiniger Leiter 1876 wurde. Mit dem von A. entwickelten weichen und z¨ahen Stahlformguß konnte ein neuer Werkstoff f¨ur den Maschinenbau hergestellt werden. Nach dem Kauf des Werkes 1886 durch Alfred → Krupp war A. zehn Jahre Direktionsmitglied des Unternehmens in Essen. C Matschoß: Tech
Astl-Leonhard, Hugo, o¨ sterr. Schriftsteller, * 9. 6. 1870 Prag, † 31. 3. 1900 Wien. Nach dem Studium der Philosophie und der Naturwissenschaften in Wien leistete A.-L. seinen Milit¨ardienst und war dann als Schriftsteller t¨atig. Er war Redakteur des „Tagesboten f¨ur M¨ahren und Schlesien“, der „Modernen Dichtung“ und anderer Zeitschriften, f¨ur die er Feuilletons, Gedichte und Novellen schrieb. 1897 erschien das naturphilosophische Werk Die Natur als Organismus. A. beging Selbstmord. Astmann, Johann Paul, evang. Theologe, Liederdichter, * 24. 6. 1660 Unterleinleiter / Franken, † 20. 3. 1699 Berlin. A. wirkte als Hofprediger und Konsistorialrat in Bayreuth. 1695 wurde er Archidiakon an der St. Nikolaikirche in Berlin und f¨uhrte sein Amt im Geiste Philipp Jakob → Speners und Johann Caspar → Schades. A.s Bearbeitung des 126. Psalms Wenn endlich, eh es Zion meint, die h¨ochst erw¨unschte Stund erscheint, . . . wurde von Johann Anastasius → Freylinghausen in seinem Geistreichen Gesangbuch 1704 ver¨offentlicht und damit weit bekannt gemacht. Aston, Louise Franziska, geb. Hoche, verh. Meyer, Schriftstellerin, Frauenrechtlerin, * 26. 11. 1814 Gr¨oningen bei Halberstadt, † 21. 12. 1871 Wangen / Allg¨au. Die Tochter eines Historikers und Theologen verstand sich als Vork¨ampferin der deutschen Frauenbewegung. 1835 wurde sie an Samuel Aston, einen englischen Fabrikanten, verheiratet; die Ehe wurde 1838 geschieden. In der Zeit um die M¨arzrevolution trat A. in ihren Gedichten (Wilde Rosen, 1846) und Romanen (Aus dem Leben einer Frau, 1847; Lydia, 1848) f¨ur die Emanzipation der Frau ein. A., Geliebte des Dichters Rudolf → Gottschall, wurde 1846 wegen „Ansichten, welche f¨ur die b¨urgerliche Ruhe und Ordnung gef¨ahrlich seien“ und „frivolen und außergew¨ohnlichen Benehmens“ aus Berlin ausgewiesen. Danach lebte sie in K¨openick und pflegte Verwundete im schleswig-holsteinischen Feldzug (1848). A. wandte sich vor allem in der Schrift Meine Emancipation, Verweisung und Rechtfertigung (1846) strikt gegen die Institution der (Konvenienz-)Ehe. Sp¨ater kehrte sie nach Berlin zur¨uck und stand in Verbindung mit Friedrich Wilhelm → Held. 1848 gab A. die Zeitschrift „Freisch¨arler. F¨ur Kunst und soziales Leben“ heraus, die nach sieben Nummern verboten wurde. Nach ihrer erneuten Ausweisung im Dezember 1848 ging sie u¨ ber Frankreich nach Bremen, folgte ihrem zweiten Mann, dem Arzt Eduard Meyer, nach Rußland und schließlich nach Wangen / Allg¨au. A. ver¨offentlichte ferner Revolution und Conterrevolution (1849). C Demokr Wege
Astor, Johann Jakob, Unternehmer, * 17. 7. 1763 Walldorf bei Heidelberg, † 20. 3. 1848 New York. Der Sohn eines Metzgers verließ im Alter von 16 Jahren seine Familie und ging nach England. Von dort schiffte er
sich 1783 nach Amerika ein. Sein teils durch Pelzhandel, teils durch den Verkauf von Musikinstrumenten erworbenes Kapital erm¨oglichte den gezielten Ankauf von Grundst¨ucken in Manhattan. Der Grundstein f¨ur das Astor-Verm¨ogen war gelegt, der Immobilienwert stieg sprunghaft. Erfolgreich im Pelzhandel, vereinigte A. 1808 seine Firmen in der American Fur Company. Schwierigkeiten mit den Indianern sowie der Unabh¨angigkeitskrieg von 1812 verhinderten einen direkten Handelsaustausch mit dem Fernen Osten. Anleihen, die er 1814 der Bundesregierung gew¨ahrte, vergr¨oßerten sein Verm¨ogen betr¨achtlich. 1834 zog sich A. aus dem Pelzgesch¨aft zur¨uck und widmete sich mit seinem Sohn William ganz der Bewirtschaftung seines Grundbesitzes. C NDB
Asverus, Gustav, Jurist, * 23. 11. 1798 Jena, † 21. 5. 1843.
A. studierte in Jena und Heidelberg, folgte → Hegel nach Berlin und wurde 1821 in Jena promoviert. Er ließ sich als Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt nieder, habilitierte sich 1830 f¨ur Zivilprozeß und Prozeßpraktiken und wurde 1832 a. o. Professor. Um sich ganz der Lehre widmen zu k¨onnen, gab er seine Kanzlei auf und besch¨aftigte sich fortan mit der Geschichte des r¨omischen Zivilprozesses. Seit 1842 war er o. Prof. und Mitglied des Oberappellationsgerichts. Im folgenden Jahr erschien sein Hauptwerk Die Denunciation der R¨omer und ihr geschichtlicher Zusammenhang mit dem ersten proceßleitenden Decrete. ¨ Atabay, Cyrus, Schriftsteller, Ubersetzer, * 6. 9. 1929 Sadabad bei Teheran, † 26. 1. 1996 M¨unchen. Als Kind nach Deutschland gekommen, besuchte A. in Berlin die Schule und lebte nach dem Zweiten Weltkrieg in Persien, der Schweiz und seit 1951 wieder in Deutschland. Nach Abschluß des Literaturstudiums an der Univ. M¨unchen 1960 hielt sich A. an wechselnden Orten in Europa und zuletzt in Persien auf, von wo er als Neffe des gest¨urzten Schahs 1978 nach London floh. Seit 1983 lebte A. wieder in M¨unchen. Der u. a. von Gottfried → Benn und Max → Rychner gef¨orderte A. verfaßte in deutscher Sprache Gedichte und lyrische Prosa, in denen er westliche und o¨ stliche Element miteinander verband (Einige Schatten, 1956). Sein Werk ist in sprachlicher und inhaltlicher Hinsicht von der Ruhelosigkeit des Fl¨uchtlings und Einzelg¨angers gekennzeichnet (Prosperos Tagebuch, 1985). Erst sp¨at wandte sich A. seiner persischen Muttersprache zu und u¨ bersetzte in den sechziger Jahren iranische Lyrik ins Deutsche (Ges¨ange von Morgen, 1968). A. war Mitglied der Bayerischen Akademie der Sch¨onen K¨unste und der Deutschen Akademie f¨ur Sprache und Dichtung. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. 1957 den Hugo-Jacoby-Preis und 1990 den Adelbertvon-Chamisso-Preis der Robert-Bosch-Stiftung. C KLG
Athanasius von Dillingen, Kapuziner, Theologe, eigentl. Johann Hofacker, * 23. 1. 1635 Dillingen, † 7. 12. 1714 Augsburg. A., Sohn eines Wagners, studierte an der Univ. Wien und trat 1653 vermutlich in Schwaben in den Kapuzinerorden ein. Er war Hofprediger in G¨unzburg und 1668-76 Lektor der Philosophie und Theologie in Salzburg. Zwischen 1689 und 1696 brachte der als Kanzelredner gesch¨atzte A. vier Werke mit Predigten zum Druck, die in erster Linie als Handreichung f¨ur andere Prediger gedacht waren. C Killy Athin, Walther von, auch W. d’Athin, W. Dathyn, W. Datinus, Staatsmann, * Montegne´e bei L¨uttich, † 21. 5. 1457 L¨owen. A., beg¨unstigt vom Volk und den Bisch¨ofen → Johann von Bayern, → Johann Valenrode und Johann von Heinsberg, nutzte seine Stellung als Sch¨offe, B¨urgermeister und Obermajor in L¨uttich, um sein Verm¨ogen zu vergr¨oßern. Er intrigierte zwischen Volk und Kirche, bis sein Sohn in Schwie-
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Attems rigkeiten mit dem Kapitel geriet. Daraufhin veranlaßte er die Z¨unfte und Gewerke der Stadt, an die Geistlichen nichts mehr zu verkaufen. Obgleich der Papst dem Kapitel Vollmacht erteilte, den B¨urgermeister vorzuladen, wagte niemand, das Edikt zu vollziehen. Erst 1431 st¨urzte A. u¨ ber den Mißbrauch seiner Macht, und das Volk stellte sich gegen ihn. Kaiser → Siegmund best¨atigte 1437 das Verbannungsurteil. C ADB
Attems, Ferdinand Maria Graf von, o¨ sterr. Staatsmann, * 22. 1. 1746 Graz, † 23. 5. 1820 Graz. Seit 1771 Mitglied des Landtags der Steiermark, stand A. in Opposition zur Zentralisierungspolitik → Maria Theresias und → Josephs II. Nach dessen Tod gelang A. die Wiederherstellung einiger st¨andischer Rechte. W¨ahrend der franz¨osischen Invasion 1797 war er Mitglied der provisorischen Kommission zur Verwaltung des Landes. 1801 wurde er durch → Franz II. zum Landeshauptmann der Steiermark ernannt. A. war Mitgr¨under und 1. Kurator des Joanneums und initiierte den Bau einer st¨andischen Zeichenakademie und Galerie in Graz.
Attems, Ignaz Maria Graf von, o¨ sterr. Staatsmann, * 24. 2. 1774 Graz, † 17. 12. 1861 Graz. Der Sohn des Grafen Ferdinand von → A. studierte Jura in Graz und trat 1798 in den steierm¨arkischen Landtag ein. Als 1809 eine Zwangszahlung an die Franzosen nicht geleistet werden konnte, wurde er als Geisel in Haft genommen. Nach dem Tod seines Vaters erfolgte 1820 seine Ernennung zum Landeshauptmann der Steiermark. A. war ein F¨orderer der Wissenschaften und K¨unste, besonders verdient um die Erhebung des Grazer Lyzeums zur Universit¨at. Er unterst¨utzte die Gem¨aldegalerie und den Neubau des Grazer Theaters. Politisch k¨ampfte er 1848 an der Spitze des Landtags f¨ur das konstitutionelle Prinzip und schloß sich der liberalen Umgestaltung des Kaiserreichs an. A. trat 1852 in den Ruhestand und wurde mit der W¨urde der erblichen Mitgliedschaft im Herrenhaus des o¨ sterr. Reichstags ausgezeichnet.
Attems, Karl Michael Graf von, Erzbischof von G¨orz, * 1. / 4. 7. 1711 G¨orz, † 28. 2. 1774 G¨orz. Nach dem Studium der Theologie wurde A. Propst in Worms, sp¨ater Domkapitular und Domkustos in Basel. Seit 1750 Bischof in Partibus und apostolischer Vikar in Friaul, ¨ wurde er, infolge des zwischen Osterreich und Venedig getroffenen Vergleichs und der Aufhebung des Patriarchats von Aquileja, 1751 Erzbischof von G¨orz. 1766 erteilte ihm Kaiser → Joseph II. die W¨urde eines F¨ursten des Heiligen R¨omischen Reichs. Er errichtete ein Priester- und Leibhaus f¨ur die Armen in G¨orz. C Gatz 3
Attems, Ottokar Maria Graf von, F¨urstbischof von Seckau, * 18. 2. 1815 Schloß G¨osting bei Graz, † 12. 4. 1867 Graz. Nach dem Besuch der Theresianischen Ritterakademie in Wien studierte A. Rechtswissenschaften und wechselte 1833 an das Grazer Priesterseminar. 1837 zum Priester geweiht, wirkte er in Salzburg, seit 1840 / 41 als Kooperator in Ramingstein. 1841 wurde A. von F¨ursterzbischof → Schwarzenberg zum Hauptpfarrer und Dechanten der Di¨ozese Leoben ernannt, kehrte nach siebenj¨ahriger T¨atigkeit als Konsistorialrat und Kanonikus nach Salzburg zur¨uck und wurde 1850 zum Dr. theol. promoviert. 1853 erfolgte seine Ernennung zum F¨urstbischof von Seckau, die mit der Administration der Di¨ozese Leoben verbunden war. A. war Mitglied des o¨ sterr. Herrenhauses. C Gatz 4
Attems, Sigmund Graf von, Historiker, * 18. 6. 1708, † 19. 5. 1758 G¨orz. A. f¨uhrte die von seinem Großvater Sigmund Hermann von → A. begonnene Familiengeschichte weiter und vollendete
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sie (5 B¨ande Dokumente zur Familiengeschichte Attems). Er war K¨ammerer, Geheimer Rat und Landesverweser in kaiserlichen Diensten. A. verfaßte u. a. Rerum Forojuliensium Tomi duo. C Wurzbach
Attems-Petzenstein, Carl Graf von, o¨ sterr. Zoologe, * 13. 10. 1868 Graz, † 19. 4. 1952 Wien. A.-P. studierte Jurisprudenz an der Univ. Graz (Dr. jur.), dann Zoologie in Bonn und Wien (Promotion 1891). Nach mehrj¨ahriger Volont¨art¨atigkeit wurde er 1905 als wissenschaftlicher Assistent am Naturhistorischen Museum in Wien angestellt; seit 1912 war er Kustosadjunkt, 1919-38 Kustos. A.-P. unternahm zahlreiche Expeditionen in verschiedene Erdteile. Seine weit u¨ ber 100 wissenschaftlichen Abhandlungen zur Myriopodenfauna versah A.-P. mit exakten zoologischen Feder- und Bleistiftszeichnungen (u. a. Myriopoden vom Iran, 1951). Attemstett, Andreas, auch Adamstet, Adamstett, Adamstetter, Altenstetter, Athenstett, Attemstetter, Attenstett, Goldschmied, * um 1525 Groningen, † 22. 10. 1591 Augsburg. In Italien zum Goldschmied ausgebildet, kam A. 1562 nach M¨unchen und arbeitete f¨ur Herzog → Albrecht V. von Bayern. Es gelang ihm nicht, in die M¨unchner Zunft aufgenommen zu werden, weshalb er 1565 nach Friedberg bei Augsburg ging. 1582 erhielt er, nach F¨ursprache des Kaisers und des bayerischen Herzogs → Wilhelm, das B¨urgerrecht Augsburgs, fand aber auch da keine Aufnahme in die Zunft. So durfte er nur f¨ur den kaiserlichen und herzoglichen Hof arbeiten und seine St¨ucke nicht bezeichnen. Das erkl¨art, daß seine Arbeiten nicht eindeutig zu bestimmen sind. C AKL
Attenhofer, Adolf, schweizer. Schriftsteller, Philosoph, * 14. 5. 1879 Z¨urich, † 24. 12. 1950 Chur. A., Sohn eines B¨ackers, war Volksschullehrer in mehreren St¨adten der Schweiz, studierte dann Religionsgeschichte, Philosophie und orientalische Sprachen an den Universit¨aten Z¨urich, Genf, Paris, Berlin und M¨unchen. Er hielt in M¨unchen Vorlesungen u¨ ber altindische Texte, kehrte 1919 in die Schweiz zur¨uck und war dort als Privatgelehrter und Schriftsteller, gelegentlich als Bergf¨uhrer t¨atig. 1924 gr¨undete und leitete er die B¨undner Volkshochschule, 1924-28 die Zeitschrift „Arve“ und unterrichtete seit 1929 die F¨acher Hebr¨aisch, Deutsch und Latein. A.s Nachlaß gibt Zeugnis seiner dichterischen (Ephemeriden, 1910) und wissenschaftlichen T¨atigkeit (Logik, 1925). C Biogr Lex Aargau Attenhofer, August, schweizer. Maler, * 8. 8. 1828 Zurzach (Kt. Aargau), † 18. 9. 1862 Zurzach. A. studierte 1848 an der Kunstakademie in M¨unchen. H¨aufig krank, mußte er seine Ausbildung unterbrechen. 1853 reiste er nach M¨unchen, um bei Johann → Schraudolph Malunterricht zu nehmen, mit dem Schwerpunkt Portr¨atmalerei. W¨ahrend der M¨unchner Zeit malte A. zahlreiche Portr¨ats und Heiligendarstellungen. Um 1854 schuf er f¨ur die Kirche Unterendingen zwei große Altarbilder (Madonna, hl. Georg). Ein Altarbild des hl. Josef f¨ur eine Kirche im Kanton Schwyz konnte A., der nach langj¨ahriger Krankheit fr¨uhzeitig verstarb, nicht mehr vollenden. C Biogr Lex Aargau
Attenhofer, Elsie, eigentl. Elisabetta Fanny A., Pseud. Peter Imholz, schweizer. Schauspielerin, Kabarettistin, Diseuse, Dramatikerin, * 21. 2. 1909 Lugano, † 16. 6. 1999 Bassersdorf (Kt. Z¨urich). A., Tochter eines Hoteliers und einer Lehrerin, wuchs in Z¨urich auf, war nach dem Besuch der H¨oheren T¨ochterschule Sekret¨arin eines Neurologen und nahm neben Malunterricht in Paris und Flugstunden Schauspielunterricht bei
Atzberger Max Werner → Lenz. Nach ihrem Deb¨ut mit dem Chanson Das alkoholfreie M¨adchen geh¨orte sie 1934-42 mit Unterbrechungen zum Ensemble des von Walter → Lesch, Albert → Ehrismann u. a. gegr¨undeten „Cabaret Cornichon“. Sie spielte, vor allem unter den Regisseuren Walter Lesch, Leopold → Lindtberg und Leonard → Steckel, in verschiedenen Filmen mit, so in F¨usilier Wipf (1938), einem Werk der sogenannten „Geistigen Landesverteidigung“, das den S¨oldnerdienst von Schweizern in der SS anprangert und den Zuschauerrekord der gesamten schweizer. Filmproduktion h¨alt, ferner in den Kinoadaptionen von Gottfried → Kellers Mißbrauchten Liebesbriefen (1940) und Johanna → Spyris Heidi. 1940 heiratete sie den Germanisten, Politiker und Offizier Karl (Georg) → Schmid, der seit 1943 als Prof. an der ETH Z¨urich t¨atig war. Erfahrungen aus ihrer Hilfst¨atigkeit beim Roten Kreuz und Berichte u¨ ber Razzien der Nationalsozialisten im besetzten Paris regten sie zu dem Zeitst¨uck Anno 1943 an, das sie im Rahmen eines Wettbewerbs dem Schauspielhaus Z¨urich einreichte. Das Drama handelt von einem Schweizer Antisemiten, der – zu sp¨at – durch das Leid seiner mit einem Juden verheirateten und nach dessen Deportation mit dem Kind fl¨uchtenden Schwester bekehrt wird. Vorgeblich wegen der schweizerdeutschen Mundart, tats¨achlich aus politischen R¨ucksichten wurde das Werk von der Jury abgelehnt. Unter dem Titel Wer wirft den ersten Stein? konnte das St¨uck, das 1945 im Z¨urcher Artemis-Verlag erschien, im Oktober 1944 am Basler K¨uchlin-Theater uraufgef¨uhrt werden. Der erfolgreichen Premiere folgten zahlreiche Reprisen in der ganzen Schweiz. 1947 engagierte Werner → Finck sie an sein literarisches Kabarett „Mausefalle“ nach Stuttgart. Daneben trat A. seit 1949 als Chansonniere mit eigenen Liedern, aber auch mit so ber¨uhmten Cornichon-Nummern wie „Erotik in der Schweiz“ auf zahlreichen Tourneen auch außerhalb des deutschsprachigen Raums auf, u. a. in Schweden, den Niederlanden, Israel und Italien. 1978-80 war sie Mitglied des Ensemble des „Cabaret Sanduhr“; 1987 nahm sie ihren Abschied von der B¨uhne. 1958 brachte das Z¨urcher Schauspielhaus A.s Drama um Florence Nightingale Die Lady mit der Lampe, dessen deutsche Erstauff¨uhrung 1959 in Osnabr¨uck stattfand. A. schrieb 1969 das St¨uck Der gr¨une Eimer, gab 1975 den Erinnerungsband Cabaret Cornichon heraus und ver¨offentlichte 1981 das autobiographische Buch Der Flug um die goldene M¨ucke. Erlebte Geschichten mit Zeichnungen der Autorin. LITERATUR: R´eserve du Patron. Im Gespr¨ach mit K. Rothenh¨ausler. St¨afa 31959. – Kein einig Volk. 5 schweizerische Zeitst¨ucke 1933-1945. Hrsg. v. Ursula K¨aser-Leisibach / Martin Stern. Bern / Stuttgart / Wien 1993. – Klaus Budzinski / Reinhard Hippen: Metzler-Kabarett-Lexikon. Stuttgart / Weimar 1996, S. 14. Hans-Albrecht Koch
Attenhofer, Heinrich Ludwig, schweizer. Mediziner, * 2. 4. 1783 Sursee (Kt. Luzern), † 25. 6. 1856 Sursee. Nach dem Studium der Medizin (Promotion 1805) war A. Milit¨ar-, dann Spitalarzt in Wien. Die Berufung zum a. o. Prof. der Medizinalgeschichte in Wien lehnte er ab und reiste 1808 nach St. Petersburg. Dort sammelte er als leitender Arzt am Hospital f¨ur m¨annliche Geschlechtskrankheiten Material zur Syphilisforschung und verfaßte 1817 eine umfassende Beschreibung der medizinischen Verh¨altnisse der damaligen russischen Hauptstadt. Im Napoleonischen Krieg war er 1812 als Chirurg t¨atig. 1815 kehrte er in die Schweiz zur¨uck und wandte sich neben seiner T¨atigkeit als Mediziner der Politik – er war kantonaler Regierungsrat – und der Heimatpflege zu. A. ver¨offentlichte u. a. Lymphatologie (1808) und Natur und Heilung der Syphilis (1816). C NDB
Attenhofer, Karl, schweizer. Dirigent, Komponist, * 5. 5. 1837 Wettingen (Kt. Aargau), † 22. 5. 1914 Z¨urich. Der Sohn des Wirtschafters im Kloster Wettingen begann fr¨uh eine musikalische Ausbildung bei Daniel → Elster und ging auf dessen Rat 1857 an das Konservatorium nach Leipzig. Ein Jahr sp¨ater wurde er Gesang- und Musiklehrer in Muri im Aargau. Seit 1863 leitete er den Orchesterverein und die C¨aciliengesellschaft in Rapperswil (Kt. St. Gallen). 1866 an den M¨annerchor Z¨urich berufen, wurde er zuerst Stellvertreter Wilhelm → Baumgartners, dann Hauptdirigent. Seit 1870 war er auch Musikdirektor der Univ. Z¨urich, 1879-85 Organist an der christkatholischen Augustinerkirche und seit 1896 zweiter Direktor des Z¨uricher Konservatoriums. A. unterrichtete Gesangsmethodik, Chorgesang und Dirigieren; er trat auch als S¨anger hervor. Von seinen u¨ ber 800 Kompositionen wurden vor allem die M¨annerchorwerke bekannt. C Biogr Lex Aargau
Attenkofer, Josef Anton, auch Aettenkhover, Archivar, * 17. 2. 1711 M¨unchen, † 17. 8. 1776 M¨unchen. A., Sohn eines kurf¨urstlichen Hofratskanzlisten, wurde 1736 Schreiber beim kurf¨urstlichen Hofrat, bald darauf Adjunkt ¨ seines Bruders Ignaz Andreas A. im Außeren Archiv in M¨unchen. Seit 1737 Hofratssekret¨ar, folgte er 1742 seinem ¨ Bruder als Wirklicher Außerer Archivar nach. 1748 wurde er zum Rat ernannt. 1752 an das Reichskammergericht in Wetzlar delegiert, u¨ bernahm A. die Verantwortung f¨ur das sog. Speyersche oder Wetzlarsche Archiv. 1756 wurde er von Joseph Friedrich F¨urst von Hohenzollern-Sigmaringen zum Hofkammerrat, 1762 zum Hofrat und 1775 von Kurf¨urst → Maximilian III. Joseph zum Wirklichen Hofkammerrat ernannt. A. ver¨offentlichte eine Kurzgefaßte Geschichte der Herz¨oge von Baiern, von Herzog Otto dem Großen von Wittelsbach an, bis auf gegenw¨artige Zeiten (1767).
Attinghausen-Schweinsberg, Johannes Frh. von, Landammann von Uri, † 1358 / 59. A.-S. folgte seinem Vater Wernher von → A.-S. in die Politik. Er gewann Einfluß im Oberwallis und wurde durch K¨onig → Ludwig dem Bayern zum „rector Vallasiae“ ernannt. Mitverantwortlich f¨ur die Abschl¨usse der ewigen B¨unde der Waldst¨atte mit Luzern, Z¨urich, Glarus, Zug und Bern, sicherte er als Inhaber des Zolls zu Fl¨uelen Uris Gotthardpolitik. Es wird vermutet, daß der Landammann von Uri (1330-57) durch einen Aufstand wider sein selbstherrliches Regime um 1358 ums Leben kam. C NDB Atz, Karl, kath. Theologe, Kunsthistoriker, * 15. 10. 1832 Kaltern, † 1. 2. 1913 Terlan. Nach dem Studium der Theologie in Brixen und Trient wurde A. 1857 zum Priester geweiht und war danach bis 1910 mit kurzen Unterbrechungen Seelsorger in Terlan. Gleichzeitig besch¨aftigte er sich eingehend mit der christlichen Kunst. 1872 wurde er Vorstand des Bozener Kunstbzw. Museumvereins, 1875 Konservator f¨ur Kunst- und historische Denkmale. A. gab den „Kirchenfreund“ (1870-73) und den „Kunstfreund“ (1885-1901) heraus und ver¨offentlichte 1885 eine Kunstgeschichte von Tirol und Vorarlberg.
Atzberger, Leonhard, kath. Theologe, * 23. 6. 1854 Rinnberg bei Velden (Niederbayern), † 10. 3. 1918 M¨unchen. A. studierte Theologie, empfing 1879 die Priesterweihe und wurde 1880 in M¨unchen mit der Preisschrift Die Logoslehre des hl. Athanasius promoviert. 1882-1902 war er Universit¨atsprediger in M¨unchen. 1883 habilitierte er sich dort (Die Uns¨undlichkeit Christi, historisch-dogmatisch dargestellt). 1888 wurde er a. o. Prof. f¨ur Dogmatik und Apologetik, 1894 o. Prof. f¨ur Dogmatik an der Universit¨at M¨unchen. Der Sch¨uler Matthias Joseph → Scheebens erg¨anzte dessen Dogmatik durch eine Eschatologie (Die christliche Eschato-
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Atzel logie in den Stadien ihrer Offenbarung im Alten und Neuen Testamente, 1890). A.s Handbuch der katholischen Dogmatik (1898) erlebte mehrere Auflagen. C LThK
Atzel, Jacob, auch Azel, Johann Jacob A., Baumeister, * 1754 Winnweiler (Pfalz), † 1820 Stuttgart. A. war wahrscheinlich der Enkel des Kupferstechers Johann Azelt. Seit 1768 besuchte er die Karlsschule bzw. Milit¨arakademie in Stuttgart, belegte dort Zivilbaukunst bei Reinhard → Fischer und wechselte dann an die Kunstakademie Stuttgart. 1778 erhielt er einen Lehrauftrag an der Milit¨arakademie f¨ur Freihandzeichnen, geometrische Architektur und Perspektive. 1787 stand er als Bauinspektor in Ansbacher Diensten, war seit 1788 vorl¨aufiger Leiter des Hofbauamts und von 1801 an K¨oniglich W¨urttembergischer Landbaumeister in Stuttgart. Er f¨uhrte u. a. 1797 / 98 die Bauaufsicht u¨ ber den Innenumbau des Ansbacher Rathauses, baute das Jordanbad in Biberach und nach 1813 den Rundbau des „Kleinen Bazar“ in Stuttgart. C AKL
Atzenberger, Florian, auch Azenberger, Taufname: Franz Xaver, Benediktiner, Theologe, * 2. 12. 1766 Straubing, † 16. 4. 1841 Haselbach. A., Sohn eines kurf¨urstlichen Regierungsadvokaten, studierte 1784 an der Benediktineruniversit¨at Salzburg Logik, Metaphysik und Mathematik und erhielt 1785 den Grad eines Bakkalaureus. Im selben Jahr trat er in das Benediktinerkloster Oberaltaich ein. 1790 zum Priester geweiht, ging A. 1796 nach Salzburg und wurde 1801 als Prof. der Logik und Metaphysik an die dortige Benediktineruniversit¨at berufen. 1802 wurde er zum Dr. theol. promoviert und zum Pr¨ases der lateinischen Kongregation und erzbisch¨oflich-salzburgischen Rat ernannt. Seit 1804 war A. Privatdozent in Landshut, seit 1812 o. Prof. der Dogmatik am Lyzeum in Amberg. Im Mai 1825 u¨ bernahm er die Pfarrei in Haselbach. A. ver¨offentlichte u. a. Materia tentaminia ex lingua hebraica (1799) und Fragment eines Lehrgedichtes u¨ ber die Urwelt, zur Probe dargelegt (1810). C LMU
Atzenroth, Karl, Politiker, * 22. 9. 1895 K¨oln, † 18. 6. 1995 Koblenz. A., Sohn eines Maurers und Tischlers, studierte an der TH Charlottenburg Mathematik und Maschinenbau, nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg in K¨oln Betriebswirtschaftslehre und wurde mit der Dissertation Der Weg des Weichholzes zur rheinischen M¨obel-Fabrikation promoviert. Er u¨ bernahm er das 1919 in Metternich bei Koblenz gegr¨undete v¨aterliche Gesch¨aft, das er zu einer der f¨uhrenden M¨obelfabriken in Westdeutschland ausbaute. Seit 1939 wieder Soldat, gr¨undete er nach der R¨uckkehr aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft die Vereinigung der Wirtschafts- und Arbeitgeberverb¨ande Rheinland-HessenNassau und u¨ bernahm deren Vorsitz. A. wurde Pr¨asident der 1947 gegr¨undeten Vereinigung mittelrheinischer Unternehmerverb¨ande, war Vorsitzender des Aufsichtsrates der Drahtwerke C. S. Schmitt AG, Niederlahnstein, Vorsitzender des Landesverbandes Holzindustrie Rheinland-Pfalz und geh¨orte dem Verwaltungsrat des Landesausschusses Rheinland-Pfalz der Rhein-Main-Bank AG sowie dem Vorstand der Bundesanstalt f¨ur Arbeitslosenversicherung und -vermittlung an. 1949 schloß er sich der FDP an und wurde 1956 Mitglied des Bundesparteivorstandes sowie des Parteivorstandes des Landes Rheinland-Pfalz. 1949-65 geh¨orte A., jeweils u¨ ber die Landesliste Rheinland-Pfalz gew¨ahlt, dem Deutschen Bundestag an. 1953-56 war er stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses f¨ur Lastenausgleich, 1962-65 Vositzender des Ausschusses f¨ur Entwicklungshilfe. A. ver¨offentlichte u. a. Zu meiner Zeit (1980). C MdB
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Atzler, (Berthold) Edgar, Physiologe, * 22. 12. 1887 Potschappel (heute zu Freital), † 28. 9. 1938 Badenweiler. Nach dem Studium in Heidelberg (Promotion 1914, Beitr¨age zur Methodik Nernst’scher Gasketten in ihrer Anwendung auf serologische Fragen) war A. an der Poliklinik sowie am Physiologischen Institut in Greifswald t¨atig, wo er sich 1917 f¨ur Physiologie habilitierte. 1921 wurde er a. o. Prof., 1926 Honorarprofessor an der TH Charlottenburg und 1929 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts f¨ur Arbeitsphysiologie. A. war st¨andiges Mitglied des Ausschusses f¨ur Erm¨udungsforschung beim Internationalen Arbeitsamt in Genf und Herausgeber der Zeitschrift „Arbeitsphysiologie“. Zusammen mit Gunther Lehmann verfaßte er Bd. 3,1 des Handbuchs der Arbeitswissenschaft unter dem Titel Anatomie und Physio¨ logie der Arbeit (1930). 2, 3 C Arzte
Au, Andreas Meinrad von, auch Auw, Aw, Ow, Maler, * 22. 11. 1712 Sigmaringen, † 3. 1. 1792 Sigmaringen. A., Sohn eines Faßmalers, war 1735 an der Wiener Akademie f¨ur Malerei und bildende K¨unste immatrikuliert und ging sp¨ater vermutlich nach Augsburg zu Johann Georg → Bergm¨uller, dem dortigen Akademiedirektor. In den Jahren 1741-82 war er an der Freskenausmalung zahlreicher Kirchen beteiligt (z. B. Chor und Schiff der Schloßkirche St. Trinitatis in Haigerloch, 1748-51; Zyklus in der Bernhardskirche des Zisterzienserinnenklosters Wald, 1753). 1769 / 70 leitete er die Innenausstattung der Martinskirche in Meßkirch. Neben seinen Wandgem¨alden fertigte A. Altar¨ Federzeichnungen und Aquarelle. bilder, Entw¨urfe in Ol, Diese Arbeiten, in der staatlichen graphischen Sammlung M¨unchens und der Akademie in D¨usseldorf zu sehen, wurden fr¨uher irrt¨umlich als Arbeiten von Johann Evangelist → Holzer angesehen. A.s Stil war weitgehend dem Rokoko verpflichtet und n¨aherte sich gegen Ende seiner Schaffensperiode dem Klassizismus. C AKL Aub, Ernst Friedrich, Mediziner, * 30. 8. 1837 F¨urth, † 18. 3. 1900 M¨unchen. Der Sohn eines Kaufmanns studierte Medizin an der Univ. Erlangen. Seit 1862 Assistent am st¨adtischen Krankenhaus in F¨urth, ließ A. sich 1865 als Arzt in Unterdranningen (Mittelfranken) nieder. 1871 wurde er in den Landtag gew¨ahlt. Seit 1874 praktizierte A. in Feuchtwangen. Von 1877 an war er st¨andiger Vertreter des mittelfr¨ankischen Bezirksver¨ eins auf dem Deutschen Arztetag. 1879 wurde er Bezirksarzt in Feuchtwangen. 1886 zog er als Bezirks- und Polizeiarzt nach M¨unchen, wo er 1898 zum Regierungs- und Kreismedizinalrat f¨ur Oberbayern ernannt wurde. Seine Stellung als Landtagsabgeordneter nutzte A., um sich f¨ur die a¨ rztlichen Standesinteressen und die o¨ ffentliche Gesundheitspflege ein¨ zusetzen. Seit 1897 war er Pr¨asident des Deutschen Arztevereinsbundes. Aub, Hirsch, Rabbiner, * 10. 1. 1796 Baiersdorf (Mittelfranken), † 2. 6. 1875 N¨urnberg. A., Vetter von Joseph → A., erhielt seine Ausbildung an der Talmudhochschule in Prag; die Rabbinerpr¨ufung legte er vor der Regierung des Obermainkreises ab. 1826 / 27 studierte er an der Philosophischen Fakult¨at der Univ. M¨unchen. Seit 1826 Rabbiner an der j¨udischen Gemeinde in M¨unchen, vertrat er eine zur¨uckhaltende Auffassung gegen¨uber aktuellen Reformbestrebungen. Er behielt im wesentlichen den alten Ritus bei, machte jedoch Chorges¨ange zum Bestandteil des Gottesdienstes. Mehrere Jahre hatte er den Vorsitz des Unterst¨utzungsvereins f¨ur israelitische Ackerbau- und Handwerkslehrlinge in Bayern inne. A. setzte sich erfolgreich f¨ur die Emanzipation der Juden in Bayern ein.
Aub¨ock Aub, Joseph, Rabbiner, * 1805 Baiersdorf (Mittelfranken), † 22. 5. 1880 Berlin. A., Vetter von Hirsch → A., war als Rabbiner 1830-50 in Bayreuth, 1850-61 in Mainz und seit 1865 in Berlin t¨atig. Er geh¨orte zu den gem¨aßigten Bef¨urwortern einer j¨udischen Reformbewegung, arbeitete an der von Abraham → Geiger herausgegebenen „Wissenschaftlichen Zeitschrift f¨ur j¨udische Theologie“ und den „Rabbinischen Gutachten“ mit und hielt als einer der ersten Rabbiner seine Predigten auf deutsch. 1846 gr¨undete er die Wochenschrift „Sinai“, die aber aufgrund geringen Erfolgs bald wieder eingestellt wurde. A. ver¨offentlichte u. a. Grundlinien zu einem wissenschaftlichen Unterricht in der mosaischen Religion (1862, 311881) und Betrachtungen und Widerlegungen (2 Bde., 1839), ein Werk, in dem er die bayerische Verordnung zur Qualifikation von Rabbinern er¨orterte. Aub, Ludwig, Pseud. Alexander Berg, Schriftsteller, * 4. 8. 1862 M¨unchen, † 30. 9. 1926 M¨unchen. Der Sohn eines Justizrats erwarb das Hiller’sche Antiquariat in M¨unchen, mußte es wegen eines schweren Augenleidens jedoch wieder aufgeben. Er war als Schriftsteller und Herausgeber t¨atig. 1892 u¨ bersiedelte er nach N¨urnberg. A. schrieb u. a. Goethe und seine Religion (1900) und gab den „M¨unchner Kindl-Almanach“ (1890 / 91) heraus. C Lex dt-j¨ud Autoren
Auberlen, Karl August, evang. Theologe, * 19. 11. 1824 Fellbach, † 2. 5. 1864 Basel. Der Sohn eines Volksschullehrers studierte 1841-45 Theologie und Philosophie an der Univ. T¨ubingen und wurde Vikar. Seit 1849 war er Repetent in T¨ubingen, von 1851 an a. o. Prof. der Theologie in Basel. Seine theosophischen Theorien, beeinflußt von Johann Tobias → Beck und Johann Albrecht → Bengel, fanden Ausdruck in seinen Werken (u. a. Der Prophet Daniel und die Offenbarung Johannis, 1854). C RE
Auberlen, Samuel Gottlob, Komponist, Musiker, * 23. 11. 1758 Fellbach bei Stuttgart, † 23. 8. 1829 Ulm. A., Sohn eines Lehrers und Organisten, wurde zun¨achst von seinem Vater unterrichtet und arbeitete zun¨achst auch im Schuldienst. 1782 erweiterte er seine Ausbildung in Z¨urich, wo er 1783-89 als Kontrabassist t¨atig war. Vor¨ubergehend unbesoldeter Violinist in der Stuttgarter Hofkapelle, leitete er bis 1798 das Musikkollegium in Winterthur. Nach dem Einmarsch franz¨osischer Truppen in die Schweiz lebte A. in einigen s¨uddeutschen St¨adten, bis er 1807 Musikdirektor in Schaffhausen wurde. 1816 gr¨undete er dort eine „ChoralGesang-Anstalt“. Von 1817 bis zu seinem Tod war er Organist und Musikdirektor am Ulmer M¨unster. A. komponierte Vokalmusik, Orchesterwerke, darunter drei Symphonien, und Klaviermusik. 1824 erschien S. G. Auberlens [. . .] Leben, Meinungen und Schiksale, von ihm selbst beschrieben. C MGG
Aubert, Hermann (Rudolph), Physiologe, Zoologe, * 23. 11. 1826 Frankfurt / Oder, † 12. 2. 1892 Rostock. Nach dem Studium der Medizin und Zoologie in Berlin (Promotion 1850, Ducuntne salia alvum vi endosmotica?) wid¨ mete A. sich der Zoologie (u. a. Uber Wanderungen der Eingeweidew¨urmer, in: Jahrbuch der Schlesischen Gesellschaft 31, 1853). 1857 wurde er Prof. an der Univ. Berlin und besch¨aftigte sich dort mit physiologischer Optik, sp¨ater mit der Physiologie des Kreislaufs. 1865 folgte A. dem Ruf als o. Prof. der Physiologie an die Univ. Rostock, deren Rektor er 1870/71, 1876/77, 1888-90 war. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlt Innervation der Kreislauforgane, 1880 erschienen als Bd. IV,1 des von Ludimar → Hermann herausgegebenen ¨ Handbuchs der Physiologie. Schlesien C Arzte
Aubigny von Engelbrunner, Nina d’, eigentl. Jana Wynandine Gertraud A. v. E., geb. Engelbrunner, auch Engelbronner, Musikp¨adagogin, Komponistin, * 14. 4. 1770 Kassel, † 29. 1. 1848 Erko-Schl¨oßl, Nestelbach bei Graz. A. v. E., Tochter des Pagenhofmeisters, Prinzenerziehers und Legationsrats am Hof von Philipp von Hessen Johann Conrad Engelbrunner, wurde in Kassel in Fremdsprachen und Musik (Gesang, Klavier, Harfe) unterrichtet und 1787 / 88 von Pietro Pompeo → Sales in Koblenz im Gesang ausgebildet. 1790 / 91 ging sie nach B¨uckeburg und nahm als S¨angerin und Musiklehrerin unter der Leitung von Johann Christian Friedrich → Bach am musikalischen Leben der Residenzstadt teil. Sie schrieb Artikel f¨ur die „Leipziger Allgemeine Zeitung“ und komponierte u. a. 1797 Deutsche, franz¨osische und englische Ges¨ange. 1803 erschienen ihre Briefe an Natalie u¨ ber den Gesang als Bef¨orderung der h¨auslichen Gl¨uckseligkeit und des geselligen Vergn¨ugens (Nachdr. 1982). Im selben Jahr ging sie als Musiklehrerin nach England und hielt sich 1807 mit ihrer Schwester Emilie in Indien auf, wo sie in Kalkutta und am Hof des Nabobs von Bengalen Musik unterrichtete und als S¨angerin auftrat. 1818 kehrte A. v. E. nach London zur¨uck und ging nach Aufenthalten in Dresden und Frankfurt nach Wien. Der von ihr dort in den zwanziger Jahren er¨offnete Salon wurde u. a. von Franz → Grillparzer und Franz → Schubert besucht. 1828 zog sich A. v. E. auf das Erko-Schl¨oßl bei Graz zur¨uck. C MGG Aubin, Gustav (Karl Wilhelm), National¨okonom, * 13. 3. 1881 Reichenberg (B¨ohmen), † 15. 9. 1938 M¨unchen. Der Sohn eines Teppichfabrikanten und Bruder von Hermann → A. studierte Rechts- und Staatswissenschaft an den Universit¨aten Berlin, Leipzig, Freiburg und M¨unchen, wurde in beiden F¨achern promoviert (Die Entwickelung der richterlichen Unabh¨angigkeit im neuesten deutschen und o¨ sterreichischen Rechte, 1905; Die Entstehung und Entwicklung des grundherrlich-b¨auerlichen Verh¨altnisses in Frankreich, 1907) und habilitierte sich 1911 an der Univ. Erlangen. 1912 wechselte er als Privatdozent f¨ur Staatsb¨urgerkunde und Sozialversicherung an die Univ. Halle, war seit 1919 o. Prof. und lehrte von 1934 an wirtschaftliche Staatswissenschaften in G¨ottingen; 1930-32 hatte er das Amt des Rektors inne. Als Wirtschaftshistoriker lieferte er Beitr¨age zur Entwicklungsgeschichte der Agrarverfassung und zur Gewerbegeschichte in der Fr¨uhzeit des Kapitalismus. Die Bedeutung des kollektiven Lieferungsvertrags stellte A. in Leinenerzeugung und Leinenabsatz im o¨ stlichen Mitteldeutschland zur Zeit der Zunftk¨aufe (postum 1940) dar. C Eberle Aubin, Hermann (Carl William), Historiker, * 23. 12. 1885 Reichenberg (B¨ohmen), † 11. 3. 1969 Freiburg / Breisgau. Nach dem Studium der Geschichte in M¨unchen, Freiburg, Bonn und Wien wurde A., Bruder von Gustav → A., 1910 in Freiburg promoviert. 1911-13 bei der Gesellschaft f¨ur rheinische Geschichtskunde besch¨aftigt, habilitierte er sich 1916 in Bonn und wurde 1925 als Prof. nach Gießen berufen, 1929 nach Breslau. 1930-33 lebte A. in Kairo. 1946-54 lehrte er an der Univ. Hamburg u. a. Mittelalterliche Geschichte. A. war Gr¨under des Instituts f¨ur geschichtliche Landeskunde der Rheinlande 1919 in Bonn; er ver¨offentlichte u. a. Zur Erforschung der deutschen Ostbewegung (1939). C Historikerlex Aub¨ock, Carl, Architekt, Designer, * 6. 1. 1924 Wien, † 3. 2. 1993 Wien. A. studierte Architektur an der TH Wien und war 1952 Postgraduate am Massachusetts Institute of Technology (USA) im Bereich Prefabrication. Neben seiner T¨atigkeit als freier
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Aubry Architekt und Industriedesigner lehrte er seit 1969 als o. Prof. an der Hochschule f¨ur Angewandte Kunst in Wien. A. errichtete eine Reihe von Gesch¨afts- und Wohngeb¨auden, vor allem in Wien, darunter 1954 die „Musterhaussiedlung Wien 13“, das erste Beispiel einer vorfabrizierten Siedlung ¨ in Osterreich. Als Designer arbeitete A. gem¨aß seiner Auffassung, die Entwurfspraxis sollte in weitem Sinne verallgemeinert werden, in einer Vielzahl von Disziplinen; einen Schwerpunkt bildeten M¨obel und Haushaltsgegenst¨ande. Auf der Weltausstellung in Br¨ussel erhielt A. die Goldmedaille f¨ur sein Besteck 2060. C AKL
Aubry, Johann, auch Jean A., Drucker, Verleger, † 1600 oder 1601 Basel. Gemeinsam mit seinem Schwager Claude de Marne u¨ bernahm A. 1581 das Verlagshaus seines Schwiegervaters Andreas → Wechel, das sie unter dem Namen Wechelsche Erben J. Aubry u. Cl. de Marne weiterf¨uhrten. Durch seine Heirat wurde A. 1584 Frankfurter B¨urger und z¨ahlte 1594 zu den H¨ochstbesteuerten. Als Reformierter bekam er in Frankfurt Schwierigkeiten, so daß er 1597 einen Neubau in der Hanauer Neustadt in die Wege leitete, wo 1602 die Druckert¨atigkeit aufgenommen wurde; der Hauptsitz blieb in Frankfurt. A. selbst war 1596 nach Basel gegangen, wo er die B¨urgerrechte erhielt. Auch dort erschienen Druckwerke. Aus Frankfurt sind 56 Verlagswerke bekannt, u. a. Werke des Thukydides, Hippokrates, → Paracelsus, → Trithemius und Cujacius sowie die Bibel¨ubersetzung des Immanuel → Tremellius. Unter A.s S¨ohnen Daniel und David erbl¨uhte das Gesch¨aft weiter. In den Folgegeneration kam es dann zu einem erheblichen R¨uckgang des Gesch¨afts, bis es 1739 aufgegeben wurde. C NDB Auburtin, Victor, Journalist, * 5. 9. 1870 Berlin, † 28. 6. 1928 Partenkirchen (heute zu GarmischPartenkirchen). A. war der Sohn eines Hofschauspielers, der dann als Redakteur t¨atig war, und einer Hofschauspielerin. Nach dem Studium der Germanistik, Kunst- und Literaturgeschichte an den Universit¨aten Bonn, Berlin und T¨ubingen (Dr. phil.) schrieb er als Kunst- und Theaterkritiker f¨ur die „Berliner B¨orsen-Zeitung“ und den „Simplicissimus“. Von Theodor → Wolff zum „Berliner Tageblatt“ gerufen, arbeitete er zeitlebens f¨ur dieses Blatt. 1911-14 hielt er sich als Auslandskorrespondent in Paris auf. Als Spion verhaftet, war A. 1914-17 auf Korsika interniert. Nach einer T¨atigkeit als Berichterstatter in Bern, Madrid und Rom lebte er als Feuilletonist in Berlin. Neben Beitr¨agen f¨ur das Feuilleton (eine Auswahl erschien 1922 unter dem Titel Ein Glas mit Goldfischen) verfaßte A. Erz¨ahlungen und Dramen. C NDB
Auch, Jakob, Uhrmacher, Mechaniker, * 22. 2. 1765 Echterdingen (W¨urttemberg), † 20. 3. 1842 Weimar. Der Sohn eines B¨ackers war Sch¨uler des Pfarrers Philipp Matth¨aus → Hahn in Kornwestheim und Gehilfe des Physikers Johann Lorenz → B¨ockmann in Karlsruhe. Er restaurierte und erg¨anzte durch eigene Erfindungen besch¨adigte Kunstwerke. A. ist bis 1787 in Echterdingen nachweisbar, dann in Vaihingen und Seeberg. 1798 wurde er Hofmechanikus in Weimar und entwickelte zahlreiche Instrumente f¨ur → Goethes Beobachtungen auf der Bibliothek, auch astronomische Uhren f¨ur den Direktor der Gothaer Sternwarte, Franz Xaver von → Zach. Diese Arbeiten, seine Rechenmaschine und Zeitmeßinstrumente machten ihn u¨ ber die Landesgrenzen hinweg bekannt. A. verfaßte u. a. ein Handbuch f¨ur Land-Uhrmacher, deren Gehilfen und Lehrlinge (1827, 2 1858). C AKL
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Auctus, Matthias, auch Mathias A. (Przybylo) aus Krakau, Mathias Nicolai de Cracouia, Arzt, † 16. 5. 1543 Breslau. Der im Sommersemester 1503 an der Univ. Krakau immatrikulierte A. wurde 1506 Baccalaureus und Anfang 1510 Magister. Nach kurzem juristischen Studium wurde er Mediziner. Wo er das Doktorat erwarb, ist unbekannt; vielleicht wurde er in Padua promoviert. 1527 war er in Ungarn Arzt des Alexius Thurzo. Etwa von 1531 an lebte er in Breslau, wo er 1533 die Bestallung zum Stadtarzt erhielt. A. widmete sich dem Kampf gegen die Pest und verfaßte als einer der er¨ sten Arzte eine „Pestordnung“, eine Aufkl¨arungsschrift, die Maßnahmen zur Eind¨ammung der Krankheit empfahl. A., der mit Johann Henckel von Donnersmarck und Johannes → Crato von Krafftheim befreundt war, starb im Verlauf ei¨ ner Pestepidemie 1542 / 43. Schlesien C Arzte
Aucuparius, Thomas → Vogler, Thomas Heinrich Audorf, Jakob, Schriftsteller, Journalist, * 1. 8. 1835 Hamburg, † 20. 6. 1898 Hamburg. Der gelernte Schlosser wurde durch seinen Vater, einen Haartuchweber, fr¨uh mit den Ideen des Sozialismus vertraut. 1857 ging A. in die Schweiz und wurde 1858 Pr¨asident des deutschen Arbeitervereins Winterthur. 1861 zog er nach Paris, 1863 nach London und kehrte im selben Jahr nach Hamburg zur¨uck. A. war Delegierter der Gr¨undungsversammlung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins 1863 und wurde 1864 Vorstandsmitglied unter dem Pr¨asidium Ferdinand → Lassalles. F¨ur dessen Totenfeier schrieb er das Lied Wohlan, wer Recht und Wahrheit achtet. Diese sogenannte Arbeitermarseillaise, gesungen auf die Weise der Marseillaise, wurde zum popul¨arsten sozialdemokratischen Kampflied des 19. Jahrhunderts. A., der seit 1877 vier Jahre in Rußland lebte, muße 1881 infolge des Sozialistengesetzes erneut dorthin ins Exil gehen. Nach seiner endg¨ultigen R¨uckkehr 1887 arbeitete er als Redakteur beim „Hamburger Echo“. 1890 erschienen die Reime eines deutschen Arbeiters. C NDB
Auen, Euphrosyne, Schriftstellerin, * 3. 11. 1677 Kolberg, † 1715 Kolberg. A., Tochter eines Arztes, las bereits im Alter von zehn Jahren griechische und lateinische Texte. Sp¨ater verstand sie, in franz¨osischer und lateinischer Sprache mit den Intellektuellen ihrer Zeit zu korrespondieren. Eine Reihe ihrer lateinischen und deutschen Gedichte wurden gedruckt, u. a. in der Historischen Nachricht vom Pommerschen gelehrten Frauenzimmer. Ihre in lateinischen Versen geschriebene Lobrede auf K¨onig → Friedrich von Preußen durfte sie pers¨onlich u¨ berreichen. Auenbrugger, Johann Leopold Edler von, Mediziner, * 19. 11. 1722 Graz, † 17. 5. 1809 Wien. Der Sohn eines b¨urgerlichen Grazer Gastgebers (Gastwirt) studierte in Wien Medizin und wurde 1752 promoviert (Aphorismus Hippocratis). Zu seinen klinischen Lehrern geh¨orte u. a. der Leibarzt → Maria Theresias, Gerhard van → Swieten. Von 1751 bis 1762 war A. – zun¨achst als Sekundararzt, sp¨ater als Primarius – am k. k. Spanischen Milit¨ar- und Hl. Dreifaltigkeitsspital in Wien t¨atig; danach wirkte er als beliebter a¨ rztlicher Praktiker am gleichen Ort. Seine gesellschaftlichen Verdienste und wissenschaftlichen Leistungen fanden Anerkennung durch die Erhebung in den Adelsstand (1784)
Auer sowie seine Berufung in das Amt eines Gastpr¨ufers der Medizinischen Fakult¨at. In die Medizingeschichte fand A. Eingang durch die Ausweitung der im Bauchraum bereits praktizierten Methode der Perkussion. Die Perkussion (Beklopfung) beruhte auf der je nach Dichtegrad unterschiedlichen D¨ampfung des Klopfschalls. Mit dieser einfachen physikalischen Untersuchungsmethode war es dem Arzt m¨oglich, die Ausdehnung oder bestimmte Erkrankungen der Lunge grob zu diagnostizieren. Tats¨achlich wird dieser Idee das dem Gastwirtssohn A. durchaus gel¨aufige Beklopfen von Weinf¨assern zur Feststellung des F¨ullungsgrades zugrunde gelegen haben. In der a¨ rztlichen Praxis bem¨uhte sich A., klinische Befunde, wo immer m¨oglich, mit den durch Obduktion gewonnenen zu vergleichen. Auf diese Weise und im Experiment an der Leiche gelang es ihm, die Aussagekraft seiner Perkussionsmethode zu belegen. Die Kombination von Klinik, Pathologie und Experiment war durchaus innovativ, ihrer Zeit aber weit voraus. Einzig Maximilian → Stoll griff die Perkussionsmethode A.s auf. Erst f¨ur die zweite Wiener Schule im 19. Jh. sollte die Verbindung von klinischem und pathologisch-experimentellem Befund zur tragenden S¨aule werden. A. ver¨offentlichte seine Untersuchungsmethode 1761 in der Schrift Inventum novum ex percussione thoracis humani ut signo abstrusos interni pectoris morbos detegendi, der freilich kein großer Verbreitungsgrad beschieden sein sollte. Erst durch Jean Nicolas Corvisart des Marest (1755-1821) wurde ihre klinische Bedeutung in ih¨ rer ganzen Tragweite erkannt, und durch die Ubersetzung der Schrift A.s ins Franz¨osische (1808) gew¨urdigt. Wenig beachtet ist A.s Besch¨aftigung mit der Entstehung und Behandlung von Geisteskrankheiten. Sein besonderes Interesse galt hier der Manie und dem Selbstmord. WEITERE WERKE: Experimentum nascens de remedio specifico sub signo specifico in mania virorum. Wien 1776. – Von der stillen Wuth oder dem Triebe zum Selbstmorde. Dessau 1783. LITERATUR: Max Neuburger (Hrsg.): L. A.s Inventum Novum. Faksimile nach der ersten Ausgabe, begleitet von der ¨ franz¨osischen Ubersetzung Corvisarts, der englischen von Forbes und der deutschen von Ungar. Wien 1922. – Erich F. Podach: Jean Nicolas Corvisart (1755-1821) und die Begr¨undung der franz¨osischen klinischen Medizin. In: Die Medizinische 8 (1955) S. 193-301. – Erna Lesky: L. A. – Sch¨uler van Swietens. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift 84 (1959) S. 1017-22. – Dies.: A.s Kampferkur und die Krampfbehandlung der Psychosen. In: Wiener Klinische Wochenschrift, Nr. 17 (1959) S. 289-93. – Dies.: Meilensteine der Wiener Medizin. Wien 1981, 24-6. – Sonia Horn: ¨ J. L. v. A. In: Arztelexikon. Hrsg. v. Wolfgang U. Eckart / Christoph Gradmann. M¨unchen 1995, S. 27-28. Wolfgang U. Eckart
Auenbrugger, Marianna, eigentl. Anna Maria Simphorosa A., o¨ sterr. Musikerin, Komponistin, getauft 19. 7. 1733 Wien, † 25. 8. 1782 Wien. A., Tochter des Arztes Johann Leopold von → A., der das Libretto von Antonio → Salieris Singspiel Der Rauchfangkehrer schrieb, studierte bei Salieri Komposition. Ihre einzige bekannte Arbeit, die Sonata per il clavicembalo o forte piano (1781), ver¨offentlichte sie zusammen mit zwei Oden Salieris. A. und ihre Schwester Katharina, beide hervorragende Pianistinnen, waren mit → Haydn und der Familie Mozart bekannt. Haydn widmete ihnen sechs seiner Klaviersonaten. C NGroveD
Auer, Annemarie, eigentl. A. Zak, Literaturkritikerin, Schriftstellerin, * 10. 6. 1913 Neum¨unster (Holstein), † 7. 2. 2002 Berlin. Nach einer Buchh¨andlerlehre arbeitete A., Tochter eines Seemanns, bis 1943 als Buch¨andlerin in Berlin und arbeitete
anschließend als Kriegsdienstverpflichtete in der R¨ustungsindustrie. 1947-50 war sie Rundfunkredakteurin, 1950-52 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Akademie der K¨unste der DDR, studierte seit 1953 Germanistik an der HumboldtUniversit¨at Berlin und wurde danach Redakteurin der Zeitschrift „Neue deutsche Literatur“. Die seit 1960 als freie Schriftstellerin t¨atige A. ver¨offentlichte vor allem Essays, darunter Standorte, Erkundungen. Acht kritische Versuche (1967), Die kritischen W¨alder. Essay u¨ ber den Essay (1974) und Erleben, erfahren, schreiben. Werkprozeß und Kunstverstand (1977). 1987 erschienen Erz¨ahlungen unter dem Titel Morgendliche Erscheinung. C DLL, 20. Jh.
Auer, Anton, Porzellanmaler, * 4. 3. 1778 M¨unchen, † 25. 10. 1814 M¨unchen. A. wurde 1795-1801 in der Nymphenburger Porzellanmanufaktur bei Dominikus → Auliczek und Johann Peter → Melchior ausgebildet. Eine weitere achtmonatige Ausbildung erhielt er 1809 an der Akademie der K¨unste in Wien. 1810 wurde er zum Obermaler der Nymphenburger Porzellanmanufaktur ernannt. Kronprinz → Ludwig stellte A. die Aufgabe, Gem¨alde der kgl. Galerie f¨ur ein kostbares Service zu kopieren. A. starb vor Vollendung dieser Arbeit. ¨ Das Kopieren von Olgem¨ alden auf Porzellan entwickelte er zu einer neuen Schule der Porzellanmalerei. A. war der Vater von Max Joseph → A. C AKL
Auer, Erhard, Politiker, * 22. 12. 1874 Dommelstadl bei Passau, † 20. 3. 1945 Giengen / Brenz. Der Neffe von Ignaz → A. war als H¨utejunge, Handelsangestellter und sp¨ater als Kaufmann t¨atig. 1896 wurde er Privatsekret¨ar des sozialdemokratischen Politikers Georg Heinrich von → Vollmar und war 1907-33 Mitglied des bayerischen Landtags. Seit August 1914 Kriegsteilnehmer, blieb er jedoch Mitglied der bayerischen Abgeordnetenkammer und wurde 1918 Staatsminister des Innern. Er f¨orderte die Industrialisierung Bayerns durch den Bau des Walchenseewerks. Vom Januar 1919 bis zum Juni 1920 war A. Mitglied des Reichstags. Bei dem Attentat auf Ministerpr¨asident Kurt → Eisner 1919 wurde A. schwer verletzt und trat daraufhin von seinem Ministeramt zur¨uck. Er wurde 1. Vizepr¨asident des Bayerischen Landtags und blieb bis 1933 im Vorstand der bayerischen SPD. A. wurde von den Nationalsozialisten 1933 mehrmals verhaftet und mißhandelt. Nach der Beschlagnahme seines Verm¨ogens arbeitete er bis 1945 in einem Textilgesch¨aft. C Reichshandbuch Auer, Hans Wilhelm, schweizer. Architekt, * 26. 4. 1847 W¨adenswil (Kt. Z¨urich), † 29. / 30. 8. 1906 Konstanz. A. studierte 1865-68 am Eidgen¨ossischen Polytechnikum in Z¨urich bei Gottfried → Semper, seit 1869 an der Wiener Akademie der Bildenden K¨unste bei Theophil → Hansen, dessen Assistent er 1874-84 war. Als Prof. f¨ur die Bauf¨acher an der k. k. Staatsgewerbeschule in Wien (1885-88) t¨atig, baute er u. a. das Sanatorium Eder-F¨uhrt, einen renaissance¨ahnlichen Bau mit Kuppelvestib¨ul. 1890-1904 war er Prof. der Architekturgeschichte und Plastik an der Univ. Bern, seit 1891 Mitglied, 1897-99 Pr¨asident der Eidgen¨ossischen Kunstkommission. Hier entwarf und leitete er u. a. 1894-1902 den Bau des Mittel- und Ostteils des Bundeshauses im Stil der florentinischen Renaissance mit drei Kuppeln und Innentreppe. A. verfaßte u. a. Die Bedeutung der Triglyphen (1879).
Auer, Hermann, Physiker, * 1. 12. 1902 M¨unchen, † 24. 1. 1997 M¨unchen. A. studierte Physik, wurde 1925 an der Univ. Frankfurt / Main bei Walther → Gerlach mit der Dissertation Die Strahlungsemission im Vakuum promoviert und habilitierte sich 1936 an der Univ. M¨unchen mit der Arbeit Magnetische Suszeptibilit¨at und Zustands¨anderung des verg¨utbaren Systems
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Auer Aluminium-Kupfer. Anschließend lehrte er an der Univ. M¨unchen, seit 1943 als Professor. 1948-71 war A. wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Museums in M¨unchen; er hatte maßgeblichen Anteil am Wiederaufbau nach dem Krieg und der Einrichtung eines modernen und wegweisenden Ausstellungskonzepts. 1968-92 war A. Pr¨asident des International Council of Museums (Paris) und wurde dann zum Ehrenpr¨asidenten ernannt. Er ver¨offentlichte u. a. Sch¨atze im Deutschen Museum. Bildnisse und Werke von Naturforschern und Ingenieuren aus den Sammlungen des Deutschen Museums von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik in M¨unchen (1968, mit Friedrich → Klemm).
Auer, Ignaz, Politiker, * 19. 4. 1846 Dommelstadl bei Passau, † 10. 4. 1907 Berlin. In a¨ rmlichen l¨andlichen Verh¨altnissen aufgewachsen, erlernte A., Sohn eines Metzgermeisters, den Beruf des Sattlers und schloß sich als Wandergeselle der sozialdemokratischen Bewegung an. In Augsburg wurde er Vorsitzender des dortigen Arbeitervereins, 1872 des „Allgemeinen Deutschen Sattlervereins“ und arbeitete 1873 in der Verwaltung des Dresdner „Volksboten“. 1874 wegen seiner T¨atigkeit f¨ur die Sozialdemokratische Arbeiterpartei aus Sachsen ausgewiesen, wurde er in Berlin Gesch¨aftsf¨uhrer der „Berliner Freien Presse“, sp¨ater Sekret¨ar der Hamburger Organisation der Eisenacher Partei um August → Bebel. 1875 nahm er an der Vereinigung der beiden sozialdemokratischen Parteien in Gotha teil. 1877 wurde A. in den Deutschen Reichstag gew¨ahlt und in die Redaktion der „Berliner Freien Presse“ entsandt. 1878 aus Berlin und 1880 aus Hamburg ausgewiesen, lebte er seit 1883 als M¨obelh¨andler in Schwerin. 1886 zog er als Redakteur der Zeitung „Recht auf Arbeit“ nach M¨unchen; im selben Jahr wurde er mit Bebel wegen „Geheimb¨undelei“ zu neun Monaten Gef¨angnis verurteilt. Seit 1890 war A. wieder Reichstagsmitglied und neben Bebel und Wilhelm → Liebknecht im Vorstand der sozialdemokratischen Partei. In den letzten Jahren seines Lebens bekannte sich A. zum Revisionismus. Er ver¨offentlichte u. a. Nach zehn Jahren. Material und Glossen zur Geschichte des Sozialistengesetzes (1913). A. war der Onkel von Erhard → A. C Demokr Wege
Auer, Johann, kath. Theologe, * 15. 5. 1910 RegensburgSteinweg, † 17. 3. 1989 Regensburg. A. studierte Theologie und Philosophie in M¨unchen, wo er 1936 zum Dr. phil. promoviert wurde (Die menschliche Willensfreiheit im Lehrsystem des Thomas von Aquin und Johannes Duns Scotus). Im selben Jahr zum Priester geweiht, war er bis 1938 als Kaplan in Neunburg t¨atig. 1942 wurde er in M¨unster zum Dr. theol. promoviert (Entwicklung der Gnadenlehre in der Hochscholastik. Das Wesen der Gnade). Nach der R¨uckkehr aus der Kriegsgefangenschaft lehrte A. als Privatdozent f¨ur Dogmatik in M¨unchen (1947 / 48) und als a. o. Prof. in Freising (1948-50); 1951 wurde er o. Prof. in Bonn, 1968 in Regensburg. A. war als Gutachter f¨ur den Vatikan, die Deutsche Bischofskonferenz und den P¨apstlichen Nuntius in Deutschland t¨atig. Er schrieb u. a. Siehe, ich mache alles neu. Der Glaube an die Vollendung der Welt (1984) und gab eine Kleine Katholische Dogmatik (8 Bde., 1970-88, mit Joseph Ratzinger). C BBKL
Auer, Johann Paul, Maler, * 20. 9. 1638 (1636 ?) N¨urnberg, † 16. 10. 1687. A. durchlief 1654-58 eine Lehre bei Georg Christoph ¨ in Regensburg. Nach kurzem Aufenthalt → Eimmart d. A. in N¨urnberg, Augsburg und M¨unchen zog er 1660 zu seiner weiteren Ausbildung nach Venedig zu Pietro Liberti. Er lebte eine Zeit in Brescia, dann vier Jahre in Rom, reiste u¨ ber Florenz, Livorno, Genua und Mailand nach Lyon und Paris. 1670 kehrte er u¨ ber Straßburg und W¨urttemberg nach
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N¨urnberg zur¨uck. A. unternahm in der Folgezeit zahlreiche Reisen, die ihm vor allem als Portr¨atisten viele Auftr¨age einbrachten. Seine meist adeligen Auftraggeber sch¨atzten seine Portr¨ats, Historien- und Genrebilder. Im Goldenen Buch der N¨urnberger Malerakademie wurde A. als einer der Direktoren und Mitbegr¨under geehrt. C AKL
Auer, Judith, geb. Vallenthin, Widerstandsk¨ampferin, * 19. 9. 1905 Z¨urich, † 27. 10. 1944 Berlin. A. stammte aus einer deutsch-j¨udischen K¨unstlerfamilie. Nach dem Abbruch des Musikstudiums aus finanziellen Gr¨unden war sie als Stenotypistin t¨atig und wurde 1927 Mitglied der KPD. Mit ihrem Mann, dem Funktion¨ar Erich A., hielt sie sich ein Jahr in Moskau auf. 1937 trat sie als Eink¨auferin in das Kabelwerk Oberspree ein. Seit 1933 war A. im Widerstand gegen den Nationalsozialismus t¨atig und verwaltete 1943 / 44 die Widerstandsgruppe um Anton → Saefkow, Franz → Jacob und Bernhard → B¨astlein in Berlin. Nach der Aufdeckung der Gruppe durch die Gestapo wurde A. am 7. 7. 1944 verhaftet und sp¨ater im Gef¨angnis Berlin-Pl¨otzensee hingerichtet. C Widerstand Auer, Kuno Thassilo, Milit¨ar, * 28. 7. 1818 K¨onigsberg, † 24. 12. 1895 K¨onigsberg. A. trat 1835 als Musketier in das 3. Infanterieregiment ein, wurde 1843 zum Lehrinfanteriebataillon kommandiert und 1855 zum Hauptmann bef¨ordert. Als Kommandeur eines ¨ Infanterieregiments nahm er 1866 am Krieg gegen Osterreich teil und wurde 1868 als Chef der Abteilung f¨ur das Invalidenwesen in das Kriegsministerium versetzt. Noch im gleichen Jahr nahm er seinen Abschied, kehrte 1870 in den aktiven Dienst zur¨uck und erhielt 1872 den Charakter eines Generalmajors. Er war ein f¨uhrendes Mitglied der Konservativen Partei. C Priesdorff, Bd 8
Auer, Lambert, Jesuit, Theologe, * 1533 Tirol, † 4. 5. 1573 Rom. In der Bambergischen Grafschaft Tirol geboren, zog A. in fr¨uher Jugend nach Ingolstadt und wurde 1551 Mitglied der Gesellschaft Jesu. Er studierte in Rom Philosophie und Theologie. 1558 diskutierte er mit Benedikt Pererius vor der ersten Generalversammlung des Ordens o¨ ffentlich theologische S¨atze. Nach einem Aufenthalt in Wien wurde A. 1561 erster Rektor des neu errichteten Jesuitenkollegiums in Mainz. 1563 legte er ein vierfaches Gel¨ubde vor dem Erzbischof Daniel → Brendel von Homburg ab, dessen Gunst er l¨angst erworben hatte. 1573 wurde er f¨ur die Rheinische Provinz zur dritten Generalversammlung nach Rom entsandt, wo er pl¨otzlich verstarb. Auer, Leopold von (1895), Musiker, * 28. 5. / 7. 6. 1845 Veszpr´em (Ungarn), † 16. 7. 1930 Dresden. A. studierte am Konservatorium in Budapest bei Ridley Kohne, 1857 in Wien bei Jakob → Dont und 1858 bei Joseph → Joachim in Hannover. Im Alter von 14 Jahren unternahm er seine erste Konzertreise und erhielt 1864 eine Anstellung als Konzertmeister in D¨usseldorf. 1865 arbeitete er in Hamburg unter Julius → Stockhausen, bis er 1868 als Violinprofessor an das Konservatorium nach St. Petersburg berufen wurde. A. war 1887-92 Leiter der Symphoniekonzerte der Kaiserlich Russischen Musikgesellschaft. 1895 wurde er nobilitiert und 1903 zum Staatsrat ernannt. Seit 1911 lebte er in Dresden, kehrte 1914 nach St. Petersburg zur¨uck und reiste, von der Revolution vertrieben, 1918 nach Amerika. A.s autobiographisches Werk My Long Life in Music erschien 1924. C MGG
Auer, Ludwig, Pseud. Onkel Ludwig, P¨adagoge, * 11. 4. 1839 Laaber (Oberpfalz), † 28. 12. 1914 Donauw¨orth. A., Sohn eines Lehrers, unterrichtete seit 1857 an verschiedenen bayerischen Volksschulen. Er war 1867 Gr¨under und
Auer von Welsbach Vorstand des Katholischen Erziehungsvereins in Bayern, gleichzeitig Chefredakteur der „Katholischen Schulzeitung“. 1869 schied er aus dem Schuldienst aus, u¨ bersiedelte nach Regensburg und gr¨undete 1872 das „P¨adagogium“, sp¨ater „Cassianeum“ genannt, im Geist und zur F¨orderung der kath. P¨adagogik in Deutschland. Im Zentrum seiner Erziehungslehre stand die Familie und die Wahrung der Kindgem¨aßheit. Er gr¨undete u. a. die programmatische Zeitschrift „Pharus“, 1910-34 (seit 1947 „P¨adagogische Welt“) und ver¨offentlichte ¨ neben seinem Hauptwerk Altere Ziele – neue Wege (2 Bde., 1897-1908) unter dem Pseudonym „Onkel Ludwig“ zahlreiche volks- und jugendp¨adagogische Erz¨ahlungen. C LThK
Auer, Ludwig Kasimir von, Milit¨ar, * 2. 2. 1788 Labiau (Ostpreußen), † 18. 7. 1837 Teplitz (B¨ohmen). Nach dem Besuch des K¨onigsberger St¨adtischen Gymnasiums trat A. 1802 in das Milit¨ar ein. Er wurde in den Feldz¨ugen 1806 / 07 und 1812-15 mehrfach verwundet, 1812 mit dem Orden Pour le m´erite ausgezeichnet und 1815 in den Generalstab versetzt. F¨ur die Wiederherstellung der Marienburg warb er mit seiner Schrift Kriegsgeschichtliche Denkw¨urdigkeiten des Ordenshaupthauses und der Stadt Marienburg in Westpreußen (1824) und beschaffte die notwendigen Mittel durch eine Sammlung in Offizierskreisen. C Priesdorff, Bd 5 Auer, Max Joseph, eigentl. Maximilian J. A., Porzellanmaler, * 14. 7. 1795 (1805 ?) Nymphenburg, † 11. 5. 1878 M¨unchen. A. erhielt ersten Zeichenunterricht durch seinem Vater Anton → A. und setzte nach dessen Tod seine Ausbildung bei Hermann Joseph → Mitterer fort. 1923 wurde er in die Nymphenburger Porzellanmanufaktur aufgenommen und 1829 beauftragt, das von seinem Vater begonnene Tafelservice f¨ur K¨onig → Ludwig I. zu vollenden. Er kopierte nicht nur Tafelbilder der Alten Pinakothek auf Teller und Porzellanplatten, sondern arbeitete auch als Aquarellist und Glasmaler. In den Jahren 1833-44 war er eingetragenes Mitglied des M¨unchner K¨unstlervereins (seit 1841 als Staatspension¨ar). C AKL
Auer, Max Joseph, auch Maximilian Joseph A., Musikp¨adagoge, Musikwissenschaftler, * 6. 5. 1880 V¨ocklabruck (Ober¨osterreich), † 24. 9. 1962 Bad Ischl. A. absolvierte die Lehrerausbildung in Salzburg, studierte 1890-1900 Musik bei Joseph Friedrich → Hummel, dem Direktor des Mozarteums, und legte nach autodidaktischen Studien 1910 / 11 in Wien die Staatspr¨ufung f¨ur Musik ab. Seit 1900 lehrte er an Volksschulen, wurde 1920 wegen teilweiser Erblindung pensioniert. A. war Mitarbeiter an der Biographie August → G¨ollerichs u¨ ber Anton → Bruckner, die er nach dessen Tod 1921 fortf¨uhrte (Anton Bruckner. Leben und Schaffen, 1923). Er gr¨undete 1927 die „Internationale Brucknergesellschaft“, deren Pr¨asident er bis 1938 und 1946-54 war. Zu A.s umfangreichem Werk z¨ahlt u. a. Anton Bruckner als Kirchenmusiker (1927). C Biogr Lex Ober¨ost ¨ auch Nicol`o A., Maler, * 4. 12. 1690 Auer, Nikolaus d. A., Meran, † 19. 5. 1753 St. Martin im Passeier. A. wurde in Meran bei Sebastian (?) Berger und in Augsburg bei Johann Georg → Bergm¨uller ausgebildet. Seit 1719 in St. Martin im Passeier ans¨assig, gr¨undete er die Passeier Malschule, die zahlreiche ber¨uhmte Tiroler Maler hervorbrachte. A. malte vor allem Altarbilder, die, von J. G. Bergm¨uller beeinflußt, reich koloriert, ausdrucksfroh und derb in der Zeichnung waren. C AKL
Auer von Brennberg, Friedrich, B¨urgermeister von Regensburg, † 1356. A. v. B., Sohn eines Regensburger B¨urgermeisters, war wie sein Vater zeitweise Propst von Oberm¨unster (1328 / 29).
Seine Heirat mit Agnes von Brennberg verst¨arkte seinen Einfluß in der Stadt, deren B¨urgermeister er 1331-34 war. Grundlage von A. v. B.s Macht war eine 1330 geschlossene Eidgenossenschaft der Auer mit verb¨undeten Familien, Handwerkern und Kaufleuten. A. v. B. entwickelte diese „Schwureinung“ zu einem Friedensverband, der die Macht der an ihm beteiligten Gruppen festigen sollte. Auch f¨uhrte er die o¨ ffentliche Rechnungslegung des st¨adtischen Haushalts ein. Die Auer versuchten, die Privilegien des Adels und der M¨unzer zu restaurieren. Das r¨ucksichtslose Vorgehen der Familie verursachte in der Stadt Unruhen, weshalb die Amtszeit des A. v. B. auch als „Aueraufstand“ bezeichnet wird. Als er 1334 seine Amtszeit unzul¨assig verl¨angern wollte, wurde er abgesetzt und mit seiner Familie aus Regensburg vertrieben, worauf die Auer sich mit Kaiser → Ludwig IV. verb¨undeten und 1336 einen Dienstvertrag schlossen. A. v. B. zog sich auf die Burg Brennberg zur¨uck und bedr¨angte zusammen mit seiner Familie in einem Kleinkrieg die Regensburger Handelsrouten. 1336 begannen die Auer und die Stadt einen Waffenstillstand. Als es 1339 zu einer Einigung zwischen dem Kaiser und der Stadt kam, verloren die Auer ihr Propstgericht. 1343 zog sich der Kaiser g¨anzlich von der Familie zur¨uck, die nun in den Dienst Regensburgs trat. Im selben Jahr erhielt A. v. B. dort wieder das B¨urgerrecht; die Zeit des großen Einflusses der Auer war jedoch vor¨uber.
Auer von Welsbach, Alois Ritter, Direktor der Wiener Hof- und Staatsdruckerei, Romanist, * 11. 5. 1813 Wels, † 10. 7. 1869 Hietzing (heute zu Wien). Nach der Buchdruckerlehre wurde A. v. W., Sohn eines Zimmermanns und Fl¨oßers, Setzer, studierte nebenbei neuere Sprachen und legte 1836 an der Wiener Univ. die Lehramtspr¨ufung ab. 1837 unterrichtete er die italienische Sprache am Lyzeum in Linz und schrieb eine franz¨osische und italienische Sprachlehre. Um die ausl¨andische Typographie kennenzulernen, bereiste er 1839 Deutschland, Frankreich und England. 1841 wurde er Direktor der k. k. Hof- und ¨ Staatsdruckerei. A. v. W. war seit 1847 Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien. Er erfand 1853, zusammen mit Andreas Worring, den galvanoplastischen Naturselbstdruck, verwendete als erster in Europa Rollenpapier in der Buchdruckpresse und erfand ein Verfahren, Papier aus Maisbl¨attern herzustellen. Typen fast aller Sprachen, vor allem orientalischer, hatte er bis 1853 f¨ur die Staatsdruckerei gesammelt und f¨uhrte u. a. die Photographie, den Noten- und Blindendruck ein. 1860 wurde er ¨ nobilitiert. C OBL
Auer von Welsbach, Carl Frh., o¨ sterr. Chemiker, Erfinder, * 1. 9. 1858 Wien, † 1. 8. 1929 Schloß Welsbach bei Meiselding (K¨arnten). Nach dem Studium der Chemie in Wien bei Adolf → Lieben und in Heidelberg bei Robert → Bunsen wurde A. 1882 promoviert und widmete sich seinem wissenschaftlichen Lebenswerk, der Erforschung „Seltener Erden“. Mit dem Verfahren der fraktionierten Kristallisation gelang ihm 1885 die Spaltung des Didyms in zwei Elemente, die er Neodym und Praseodym nannte. 1905-07 isolierte er fast gleichzeitig mit Georges Urbain (Paris) das Seltenerdmetall Lutetium. Die praktische Umsetzung seiner Entdeckung gelang ihm 1885 mit der Erfindung des Gasgl¨uhlichts, das er bis 1892, zusammen mit Ludwig → Haitinger, durch die Entwicklung des „Auerstrumpfs“ perfektionierte. 1897 konstruierte er die elektrische Osmium-Metallfadenlampe und entdeckte das leicht z¨undende Cereisen („Auermetall“) f¨ur Feuersteine. Der Begr¨under neuer Industrien war Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien, Berlin und Stockholm und wurde 1901 nobilitiert. C Pollak
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Auerbach Auerbach, Adolf, S¨anger, * 15. 6. 1826 Karlsruhe, † Februar 1896 Frankfurt / Main. A. war an den Opernh¨ausern in Z¨urich, Mainz, Danzig und Frankfurt sowie an den Hofb¨uhnen in M¨unchen und Wien engagiert. Als Heldentenor bekannt geworden, war er der erste Lohengrins¨anger in Frankfurt und der erste Tannh¨auser in M¨unchen. Nach seinem Abschied von der B¨uhne wirkte A. seit 1862 als Theateragent in Frankfurt / Main. C Bad Bio
Auerbach, Alfred, Schauspieler, Schriftsteller, * 9. 6. 1873 Stuttgart, † 31. 1. 1954 Stuttgart. Nach der Ausbildung zum Kaufmann wandte sich A., Sohn eines Kaufmanns, dem Theater zu und besuchte seit 1895 das Hochsche Konservatorium in Frankfurt / Main, um Gesang und Deklamation zu studieren. 1898 vom Frankfurter Schauspielhaus engagiert, spielte er Charakter- und Komikerrollen und blieb Ensemblemitglied bis 1923. Daneben leitete er zeitweise das Schw¨abische Volkstheater. 1906-33 unterrichtete A. als Leiter der Theaterabteilung und Lehrer f¨ur Sprechtechnik und Mimik am Hochschen Konservatorium. Im Arbeiter-Theaterverlag Leipzig ver¨offentlichte er politische Texte. Zu seinen Arbeitersprechch¨oren z¨ahlen Europa (1926), Stimmen der Zeit (1926) und Tod der Phrase (1927). Vermutlich nach 1936 emigriert, lebte A. seit 1941 in den USA. In Chicago schrieb er f¨ur deutsche Radiosender, blieb als Schauspieler und Drehbuchautor jedoch erfolglos. In den f¨unfziger Jahren kehrte er nach Stuttgart zur¨uck und schrieb schw¨abisches Volkstheater f¨ur B¨uhne und Funk. In seinem 1948 erschienenen Buch Ein Schwabe studiert Amerika schildert A. seine Erfahrungen im Exil. C Exiltheater
Auerbach, Berthold, urspr. Moses Baruch Auerbacher, Pseud. Theobald Chauber, Erz¨ahler, Publizist, * 28. 2. 1812 Nordstetten / Schwarzwald, † 8. 2. 1882 Cannes (Frankreich). Der Sohn eines Kaufmanns und Vetter Jakob → A.s studierte 1832 Rechtswissenschaft in T¨ubingen, sp¨ater Philosophie in M¨unchen und Heidelberg. Als radikalliberaler Student – er war Mitglied einer Burschenschaft – wurde A. verurteilt und 1837 f¨ur einige Monate auf dem Hohenasperg in Haft genommen. Er war Mitarbeiter der Zeitschrift „Europa“ und lebte als freier Schriftsteller in Weimar, Leipzig, Dresden, Berlin, Breslau und Wien. In seinen Romanen spiegelt sich seine liberale Ideologie und sein Eintreten f¨ur die Emanzipation der Juden wider. 1836 ver¨offentlichte er Das Judenthum und die neueste deutsche Literatur und 1837 einen historischen Roman u¨ ber Spinoza. Seine Schwarzw¨alder Dorfgeschichten (4 Bde., 1843-54; Auswahl hrsg. von J¨urgen Hein, 1984) machten ihn zu einem der popul¨arsten Erz¨ahler seiner Zeit. A., der den Erfolg seiner Dorfgeschichten mit Erz¨ahlungen wie Barf¨ußele (1856) und einem Volkskalender (1861-65) fortsetzte, wurde von Zeitgenossen als „Apostel der Menschlichkeit“ (Tolstoi) und „Sch¨opfer der lebenwahren Idyllen“ (Friedrich Theodor → Vischer) bezeichnet. Bereits 1857 / 58 erschien bei Cotta eine 20 B¨ande umfassende Ausgabe seiner gesammelten Schriften (Neuausg. in 22 B¨anden, 1883 / 84). C Lex dt-j¨ud Autoren Auerbach, Erich, Romanist, * 9. 11. 1892 Berlin, † 13. 10. 1957 Wallingford (Connecticut, USA). A. studierte Jura an den Universit¨aten Berlin, Freiburg, M¨unchen und Heidelberg (Dr. jur. 1913, Die Teilnahme in den Vorarbeiten zu einem neuen Strafgesetzbuch), seit 1919 romanische Philologie in Berlin und Greifswald (Dr. phil. 1921, Zur Technik der Fr¨uhrenaissancenovelle in Italien und Frankreich). 1923 wirkte er als Bibliothekar an der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin, dann an der Universit¨atsbibliothek Marburg. A. habilitierte sich 1929 (Dante
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als Dichter der irdischen Welt) und wurde 1930 o. Prof. der romanischen Philologie in Marburg. Nach seiner Entlassung 1935 emigrierte er 1936 nach Istanbul und zog von dort 1948 in die USA. Er lehrte an der Pennsylvania State University, bis er 1950 als Prof. nach Yale gerufen wurde. Sein in mehrere Sprachen u¨ bersetztes Hauptwerk ist Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendl¨andischen Literatur (1946, 8 1988). C Lex dt-j¨ud Autoren
Auerbach, Erna, Malerin, Kunstwissenschaftlerin, * 1. 10. 1897 Frankfurt / Main, † 23. 6. 1975 London. Aus einer gebildeten j¨udischen Familie stammend – ihre Mutter war die Malerin Emma Kehrmann –, studierte A. Kunstgeschichte in Frankfurt, Bonn und M¨unchen (Promotion zwischen 1922 und 1924 in Frankfurt), 1917-22 Malerei bei Johann Vinzenz Cissarz an der Kunstgewerbeschule in Frankfurt. 1923-33 unterrichtete A. Kunstgeschichte am Frankfurter Volksbildungsheim. 1926 reiste sie nach Paris. 1929 / 30 nahm A. Privatunterricht bei Willi → Baumeister in Frankfurt. Nach der Macht¨ubernahme durch die Nationalsozialisten emigrierte A. im Herbst 1933 nach London. Seit 1945 studierte sie am Courtauld Institute of Art der University of London und wurde dort 1949 promoviert. 1946 erhielt sie die britische Staatsb¨urgerschaft und war 1947-75 Visiting Lecturer am City of London Polytechnical Institute. A. malte bis etwa 1955 und war dann vorwiegend als Kunsthistorikerin t¨atig. Sie schuf postimpressionistische Portr¨ats, ¨ oder aquarelliert. Landschaften und Blumenstilleben in Ol C BHdE, Bd 2 Auerbach, Felix, Physiker, * 12. 11. 1856 Breslau, † 26. 2. 1933 Jena. A. wurde 1875 bei Hermann → Helmholtz mit einer Arbeit u¨ ber die Natur der Vokalkl¨ange promoviert, war seit 1879 in Breslau Assistent von Oskar Emil → Meyer und besch¨aftigte sich mit Magnetismus. 1889 wurde er Prof. der theoretischen Physik in Jena. A. war ein vielseitiger Wissenschaftler, schrieb u¨ ber Hydrodynamik eine Preisschrift f¨ur die Venezianische Akademie der Wissenschaften und erforschte die H¨arte fester Stoffe. Es gelang ihm, 1890 ein Ger¨at zur absoluten H¨artemessung zu entwickeln. Daneben befaßte A. sich mit naturphilosophischen Themen und ver¨offentlichte u. a. Elektropismus oder die physikalische Theorie des Lebens (1910). Mit Wilhelm → Hort gab er das Handbuch der physikalischen und technischen Mechanik (7 Bde., 1927-31) heraus. Auerbach, Friedrich, Chemiker, * 23. 8. 1870 Breslau, † 4. 8. 1925 Berlin. Der Sohn des Mediziners Leopold → A. studierte 1888-93 Chemie, Physik und Mathematik an den Universit¨aten Leipzig und Breslau. 1893 wurde er in Breslau mit der Arbeit Ueber ein neues Collidin und eine Pipecolincarbons¨aure promoviert und war 1894-1903 in den Blaukalifabriken Edenkoben (Pfalz) und Krefeld in chemisch-technischer Stellung besch¨aftigt. 1903 / 04 wissenschaftlich t¨atig im physikalisch-chemischen Labor Richard → Abeggs, war A. seit 1904 f¨ur das Reichsgesundheitsamt Breslau als Regierungsrat, sp¨ater als Oberregierungsrat haupts¨achlich mit Verwaltungsaufgaben besch¨aftigt. Er zeichnete seit 1908 als Mitherausgeber von Abeggs Handbuch f¨ur anorganische Chemie und war nach dessen Tod 1910 alleiniger Herausgeber. A. ver¨offentlichte u. a. zahlreiche Abhandlungen u¨ ber Bleivergiftungen. Auerbach, Heinrich, eigentl. Stromer, Mediziner, * 1482 Auerbach (Oberpfalz), † 25. 11. 1542 Leipzig. A. studierte Medizin in Leipzig und wurde 1502 dort Magister, 1508 Rektor der Univ. und 1511 promoviert. 1523
Auerbach erfolgte die Ernennung zum Dekan der Medizinischen Fakult¨at. Er war Leibarzt des Kurf¨ursten → Joachim von Brandenburg, des Kurf¨ursten-Erzbischofs → Albrecht von Mainz, des Kurf¨ursten → Friedrich und des Herzogs → Georg von Sachsen. Seit 1520 wurde er wiederholt in den Rat der Stadt Leipzig gew¨ahlt. Sein Andenken in Leipzig ist namentlich durch „Auerbachs Keller“ (1519-30 erbaut) erhalten und in die Literatur eingegangen (→ Goethe, Faust). A. ver¨offentlichte u. a. Algorithmus linealis numerationem (1516), Regiment Henrichen Stromers v. A. der ertzney Doctors inhaltendt wie sich wider die Pestilentz zu bewaren [. . .] (1517) und Decreta aliquot medica (1537).
Auerbach, Hermann, Stenograph, * 21. 3. 1854 Crimmitschau, † 8. 5. 1899 K¨oln. A. wurde im elterlichen Gesch¨aft zum Kaufmann ausgebildet, war dann in Elberfeld besch¨aftigt und ging 1875 als B¨urochef eines großen Handelshauses nach K¨oln. Er f¨orderte die Verbreitung des Gabelsberger Systems und war seit 1890 Vorsitzender des Verbandes rheinisch-westf¨alischer Stenographen. Er ver¨offentlichte u. a. Winke zur raschen Erlernung und Verwerthung der Debattenschrift (1886, 61898). Die Hermann-Auerbach-Stiftung unterst¨utzte Hinterbliebene von Stenographen, die sich um das Gabelsberger System bem¨uht hatten. Auerbach, Jakob, j¨udischer Theologe, P¨adagoge, * 24. 11. 1810 Emmendingen (Baden), † 31. 10. 1887 Frankfurt / Main. Von seinem Vater unterrichtet und zum Rabbiner bestimmt, besuchte A. die Lateinschule seiner Heimatstadt. Seit 1825 studierte er den Talmud in Mannheim, von 1827 an in Karlsruhe. Mit seinem Vetter Berthold → A. verband ihn innige Freundschaft. 1832-35 studierte er in Heidelberg Theologie, Geschichte und Philosophie. Er war als Religionslehrer in Wiesbaden, sp¨ater in Frankfurt t¨atig und u¨ bernahm dort 1865 die Direktion des Flersheimschen Instituts. A. hinterließ eine Reihe von Schriften, u. a. Biblische Erz¨ahlungen f¨ur die israelitische Jugend (2 Bde., 1877). Er war Redakteur einiger j¨udischer Zeitschriften. C ADB
Auerbach, Johann Gottfried, auch Johann Gotfried A., John Gottfried A., Maler, * 28. 10. 1687 M¨uhlhausen (Th¨uringen), † 5. 8. 1743 Wien. A. begann seine K¨unstlerkarriere vermutlich in Berlin und siedelte sich 1716 in Wien an. Seinen ersten großen Auftrag, das Portr¨at des Abtes Anton Admont, erhielt er 1725 und genoß 1728 bereits so großes Ansehen, daß er die K¨opfe Kaiser → Karls VI. und Graf Gundacker von Althans f¨ur ein Gem¨alde von Francesco Solimena malen durfte. Mit seinen Portr¨ats des Kaisers und seiner Familienmitglieder avancierte er zu einem der bedeutendsten Repr¨asentationsmaler seiner Zeit. 1735 wurde er zum Hof-, 1741 zum Kammermaler ernannt und 1750, nach Vorlage eines Kaiserportr¨ats, in die Kaiserliche Akademie aufgenommen. Neben Portr¨ats widmete sich A. sakralen Motiven. C AKL Auerbach, Leopold, Histologe, Biologe, * 28. (27. ?) 4. 1828 Breslau, † 30. 9. 1897 Breslau. A., Sohn eines Kaufmanns, studierte Medizin in Berlin und Leipzig (Promotion 1849, De irritamentis nervorum studia critica) ließ sich dann als praktischer Arzt in Breslau nieder und widmete sich nebenbei histologischen und neuropathologischen Studien. 1863 habilitierte er sich an der Univ. Breslau und wurde dort 1872 a. o. Prof. der Histologie und Biologie. 1881 wurde A. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Seine wichtigsten Ergebnisse erzielte er mit der Entdeckung des sympathischen Plexus myentericus (1862), eines Nervengeflechts innerhalb der Magendarmwand, und der Beobachtung der Kernteilungsvorg¨ange am befruchteten Nematodenei (1874).
A. hinterließ ein umfangreiches Werk, darunter Organologi¨ sche Studien (2 Tle., 1874) und Uber den sexuellen Gegensatz in der Aromatophilie der Keimsubstanzen (1891). ¨ Schlesien C Arzte
Auerbach, Moses, Rabbiner, Schuldirektor, * 3. 2. 1881 Halberstadt, † April 1976 Petach Tikwah. Nach dem Besuch des Rabbinerseminars in Berlin studierte A. dort und in Straßburg Philosophie. 1905 promoviert, unterrichtete er bis 1909 am Lehrerseminar in K¨oln. Im gleichen Jahr emigrierte er nach Petach Tikwah in Pal¨astina und leitete bis 1917 das Schulwerk der Freien Vereinigung f¨ur die Interessen des orthodoxen Judentums. 1918 kehrte er nach Deutschland zur¨uck und war bis 1922 Lehrer an der Talmud-Thora-Lehranstalt in K¨oln, dann bis 1934 Dozent f¨ur Talmud und j¨udische Literaturgeschichte am Rabbinerseminar in Berlin. Gleichzeitig war er Vorstandsmitglied religi¨oser Jugend- und Studentenorganisationen in Deutschland. Seit 1935 lebte er in Petach Tikwah und war dort bis 1947 Direktor der Netzah-Jisrael-Schule. A. ver¨offentlichte Arbeiten in hebr¨aischer und deutscher Sprache (u. a. Zur politischen Geschichte der Juden unter Kaiser Hadrian, 1923). C Lex dt-j¨ud Autoren
Auerbach, Philipp, Politiker, * 8. 12. 1906 Hamburg, † 15. 8. 1952 M¨unchen. A., Sohn eines j¨udischen Exportkaufmanns und selbst gelernter Kaufmann und Industriechemiker, emigrierte 1934 nach Belgien, wo er einen chemischen Betrieb und Großhandel aufbaute. 1940 wurde er als „feindlicher Ausl¨ander“ verhaftet, wenige Tage sp¨ater nach Frankreich abgeschoben und 1942 der Gestapo u¨ bergeben, die ihn 1942 / 43 als Dolmetscher der Berliner Kriminalpolizei u¨ berließ. 1944 wurde A. in das Konzentrationslager Auschwitz, 1945 u¨ ber GroßRosen nach Buchenwald deportiert. Nach der Befreiung arbeitete er einige Monate als Lagerchemiker, bevor er in D¨usseldorf als Oberregierungsrat mit den Angelegenheiten der ehemaligen Verfolgten und der Fl¨uchtlinge in NordrheinWestfalen betraut wurde. A. setzte sich f¨ur den Wiederaufbau der j¨udischen Gemeinde ein. 1946 kam er als Staatskommissar f¨ur rassisch, religi¨os und politisch Verfolgte nach Bayern und wurde im selben Jahr Pr¨asident des bayerischen Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinde, 1950 Direktoriumsmitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland. Wegen zunehmender Differenzen mit dem bayerischen Justizminister Josef → M¨uller wurde er, um seine Kompetenzen zu beschneiden, 1948 zum Generalanwalt f¨ur Wiedergutmachung und 1949 zum kommissarischen Pr¨asidenten des Landesentsch¨adigungsamtes ernannt. Im selben Jahr wurde er in Erlangen mit der Arbeit Wesen und Formen des Widerstandes im 3. Reich promoviert. A., der sich in allen Gremien auf unb¨urokratische Weise f¨ur die Interessen vor allem der j¨udischen Verfolgten einsetzte, geriet zunehmend in Konflikt mit den bayerischen und den amerikanischen Beh¨orden. Der Korruption verd¨achtigt, wurde er 1951 verhaftet und 1952 zu einer Gef¨angnisstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie zu einer Geldstrafe verurteilt. Wenige Tage nach der Urteilsverk¨undung nahm sich A. das Leben. 1955 wurde er vollst¨andig rehabilitiert. C BHdE, Bd 1 Auerbach, Walter, Politiker, * 22. 7. 1905 Hamburg, † 23. 3. 1975 Bonn. Nach dem Studium in Hamburg, Freiburg und K¨oln (Dr. phil. 1928) war A. als Assistent f¨ur Zeitungskunde an der Univ. K¨oln t¨atig. Seit 1930 im Hauptvorstand des Gesamtverbands des o¨ ffentlichen Dienstes besch¨aftigt, wurde er im Mai 1933 entlassen und kurze Zeit inhaftiert. A. emigrierte nach Amsterdam und wirkte dort und in London bis 1946 im Generalsekretariat der Internationalen Transportarbeiter-F¨oderation. Ende 1940 initiierte er mit Hilfe des Foreign Office, mit Waldemar von → Knoeringen, Richard → L¨owenthal und Hilda
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Auernhammer → Monte den „Sender der europ¨aischen Revolution“, der bis Anfang 1942 eine r¨atesozialistische Neuordnung propagierte. Bis 1948 war er Vizepr¨asident des Zentralamts f¨ur Arbeit in der Britischen Zone, 1948-55 und 1957-69 Staatssekret¨ar im Arbeitsministerium von Niedersachsen und bis zu seiner Pensionierung 1971 Staatssekret¨ar im Bundesministerium f¨ur Arbeit und Sozialordnung. C BHdE, Bd 1
Auernhammer, Josepha Barbara von, auch Aurnhammer, o¨ sterr. Musikerin, Komponistin, * 25. 9. 1758 Wien, † 30. 1. 1820 Wien. A. war Sch¨ulerin von Georg Friedrich Richter, Anton → Koˇzeluch und seit 1781 von Wolfgang Amadeus → Mozart, der mit ihr mehrmals konzertierte und ihr mehrere Violinsonaten widmete. Sie u¨ berwachte auch den Druck von Werken Mozarts. Nach ihrer Hochzeit mit dem Magistratsbeamten Johann Bessenig wirkte sie weiterhin unter ihrem Geburtsnamen als Pianistin und Klavierlehrerin. Von 1794 an gab A. fast j¨ahrlich ein eigenes Konzert im Burgtheater. 1813 beendete sie ihre Konzertt¨atigkeit. A. komponierte Klaviersonaten und Klaviervariationen, darunter Variationen u¨ ber Der Vogelf¨anger bin ich ja aus Die Zauberfl¨ote von Mozart (1792) und u¨ ber La stessa, la stessissima von Antonio → Salieri (1799). C MGG Auernheimer, Raoul (Othmar), Pseud. R. Heimern, R. Othmar, Schriftsteller, Journalist, * 15. 4. 1876 Wien, † 7. 1. 1947 Oakland (Kalifornien). A., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1894 Jura an der Univ. Wien (Promotion 1900) und arbeitete dann als Gerichtsreferendar. 1906 wurde er, protegiert vom Cousin seiner Mutter, Theodor → Herzl, Redakteur bei der „Neuen Freien Presse“. A. verkehrte im literarischen Kreis „JungWien“ und leitete bis 1933 das Burgtheaterreferat. Seit 1922 ¨ war er Vizepr¨asident des Osterreichischen PEN-Clubs. Im M¨arz 1938 wurde A. in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Emil → Ludwig und der amerikanische Diplomat Prentiss Gilbert verwendeten sich f¨ur seine Freilassung. Noch im Herbst 1938 emigrierte A. in die USA, wo er An¨ fang 1940 zusammen mit Ernst → Lothar die „Osterreichische B¨uhne“ gr¨undete. Nachdem er ohne großen Erfolg in Hollywood als Drehbuchautor gearbeitet hatte, wurde A. 1944 Mitarbeiter der „Kulturbl¨atter“ sowie der „Kulturellen Schriftenreihe“ des Free Austrian Movement. Neben zahlreichen Kom¨odien und Novellen schrieb er u. a. den Roman Prince Metternich, Statesman and Lover (1940, dt. Metternich, Staatsmann und Kavalier, 1947). Seine Autobiographie Das Wirtshaus zur verlorenen Zeit erschien 1948. C Lex dt-j¨ud Autoren Auersperg, Adolf (Wilhelm Daniel) F¨urst von A., Herzog von Gottschee, o¨ sterr. Staatsmann, * 21. 6. / 24. 12. 1821 Prag, † 5. 1. 1885 Schloß Goldegg (Nieder¨osterreich). Der Bruder von Carlos von → A. diente nach dem Studium der Rechtswissenschaften aktiv als Kavallerieoffizier und ließ sich 1860 vom verfassungstreuen Großgrundbesitz in den b¨ohmischen Landtag w¨ahlen. 1867 wurde er zum Oberstlandmarschall von B¨ohmen, 1869 zum lebenslangen Mitglied des Herrenhauses ernannt. 1870 berief ihn der Kaiser als Landespr¨asidenten nach Salzburg und erkl¨arte ihn 1871 zum o¨ sterr. Ministerpr¨asidenten, der er bis 1879 blieb. Er reformierte das Wahlgesetz im liberalen Sinn der damaligen Monarchie. 1873 konstituierte sich der erste direkt gew¨ahlte Reichsrat. A. scheiterte an den innen- und außenpolitischen Schwierigkeiten, die durch die Okkupation Bosniens und der Herzegowina entstanden waren, und wurde 1879 Pr¨asident des Obersten Rechnungshofs.
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Auersperg, Prinz Alfred, o¨ sterr. Psychiater, * 2. 9. 1899 Salzburg, † 10. 9. 1968 Chile. Nach der Promotion 1929 in Wien war A. Assistent in der Psychiatrisch-Neurologischen Klinik der Univ. Wien und zugleich im Physiologischen Institut Innsbruck t¨atig. 1934 wurde er Assistent bei Viktor von → Weizs¨acker in der Nervenabteilung der Medizinischen Klinik Heidelberg. Seit 1935 wieder an der Psychiatrisch-Neurologischen Klinik in Wien, habilitierte er sich 1937 und war w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs zeitweilig Leiter der Nervenheilanstalt Maria Theresien-Schl¨ossel in Wien. 1848 u¨ bernahm er den Lehrstuhl f¨ur Psychiatrie an der Univ. Concepci´on (Chile) und die Leitung der Psychiatrischen Universit¨atsklinik. A. vero¨ ffentlichte u. a. Schmerz und Schmerzhaftigkeit (1963) und Von der Neuropathologie zur Ph¨anomenologie (mit Martin → Sack, 2002).
Auersperg, Andreas Frh. von, Milit¨ar, * 1557, † 1594. A. sammelte seine ersten milit¨arischen Erfahrungen im T¨urkenkrieg 1578. Von Kaiser → Rudolf II. 1589 mit dem Oberbefehl an der kroatisch-dalmatinischen Grenze betraut, hatte er die schwierige Aufgabe, die beweglichen t¨urkischen Streifkorps vom Inneren des Landes abzuhalten. A. gelang es, mit seinem kleinen Heer Hassan Paschas Angriff auf Sissek 1593 abzuwehren. Kurze Zeit sp¨ater wurde Sissek von einem anderen T¨urkenheer eingenommen. C R¨oßler / Franz
Auersperg, Anton Alexander Graf von → Grun, ¨ Anastasius
Auersperg, Carlos Wilhelm Philipp F¨urst von A., Herzog von Gottschee, o¨ sterr. Staatsmann, * 1. 5. 1814 Prag, † 4. 1. 1890 Prag. In Oppositon zu → Metternichs Politik k¨ampfte A. f¨ur die Erweiterung der Rechte des b¨ohmischen Landtags, dem er bis 1849 und 1861-83 (mit kurzen Unterbrechungen) angeh¨orte. 1861-67 war er Pr¨asident des o¨ sterr. Herrenhauses, 1867 / 68 setzte er sich als o¨ sterr. Ministerpr¨asident an die Spitze des B¨urgerministeriums, dem f¨uhrende Pers¨onlichkeiten des deutsch-¨osterr. Liberalismus angeh¨orten, und trat f¨ur die Aufhebung des Konkordats von 1855 ein. Er demissionierte wegen Meinungsverschiedenheiten mit Reichskanzler Graf Friedrich Ferdinand → Beust, dessen Ausgleichspolitik er fr¨uher unterst¨utzt hatte. Als Mitglied des Herrenhauses trat er f¨ur die liberale Politik des Kabinetts seines Bruders Adolf von → A. ein und zog sich 1883 aus dem o¨ ffentlichen Leben zur¨uck.
Auersperg, Gottfried Leopold Graf von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 19. 12. 1818 Judenburg (Steiermark), † 17. 4. 1893 Baden bei Wien. Nach dem Besuch der Grazer Kadettenschule trat A. 1833 in das Heer ein. 1848 / 49 nahm er an den K¨ampfen bei Venedig und – inzwischen zum Oberst bef¨ordert – an den Kriegen 1864 und 1866 teil. Danach in den Generalstab versetzt, avancierte er 1867 zum Generalmajor; 1869 u¨ bernahm er das Kommando der Truppen in S¨uddalmatien. Sp¨ater wurde er Kommandant der Armee-Sch¨utzenschule in Bruck. Als Feldzeugmeister trat er 1879 in den Ruhestand. C ADB Auersperg, Herbart VIII. Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 15. 6. 1528 Wien, † 22. 9. 1575 bei Budaˇcki (Kroatien). A. besuchte die Stadtschule in Wien und begann 1546 eine milit¨arische Laufbahn. Seit 1548 war er Hauptmann von Zengg. Als Auszeichnung f¨ur seine Verdienste in der T¨urkenschlacht bei Novi 1566 wurde er zum Landeshauptmann von Krain (1566-75) ernannt. A. f¨orderte die reformatorische Lehre und bem¨uhte sich, den gegenreformatorischen Bestrebungen des Grazer Hofes entgegenzuwirken. Er unterst¨utzte die Entstehung einer slowenischen Litera-
Auerswald tur. A., der 1569 zum General ernannt wurde, fiel 1575 bei der Sicherung der Grenze Kroatiens im Kampf gegen die C NDB T¨urken.
gen o¨ sterreichfeindliche polnische Kreise. A. lehnte jeden Verst¨andigungsfrieden ab und hielt am B¨undnis mit dem C NDB Deutschen Reich fest.
Auersperg, Johann Baptist Graf von, kath. Theologe,
Auersperg, Leopold (Wolfgang Albert) Graf von, o¨ sterr.
* 28. 2. 1745 Wien, † 3. 3. 1816 Olm¨utz. A., Sohn eines Geheimrats, studierte in Wien und wurde 1760 Domizellar, 1769 Mitglied des Geistlichen Rats und 1771 Domkapitular in Passau. Seit 1788 war er Propst des Stifts St. Salvator in Passau-Ilzstadt und von 1789 an Generalvikar und Offizial seines Bruders, des F¨urstbischofs von Passau Joseph Franz Anton Graf von → A. 1803 zum „Chef der geistlichen Di¨ozesegesch¨afte mit allgemeiner Vollmacht“ bestellt, wurde er faktisch Leiter des Bistums. Neben seinen theologischen Studien widmete er sich juristischen und volkswirtschaftlichen Fragen. Nach der S¨akularisation u¨ bersiedelte er wegen Unstimmigkeiten im Geistlichen Rat 1806 nach Olm¨utz, wo er eine Dompr¨abende innehatte. Bis zu seinem Tod blieb A. Generalvikar und Offizial. Er ver¨offentlichte zahlreiche Schriften, u. a. Katholische geistliche Gesetze (1800). A. wurde 1783 Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Auersperg, Johann Weikhart F¨urst von, o¨ sterr. Staatsmann, * 11. 3. 1615 Seisenberg, † 13. 11. 1677 Laibach. Der Erzieher und Obersthofmeister K¨onig → Ferdinands IV. wurde nach dessen Tod 1654 Oberhofmeister Kaiser → Ferdinands III. 1653 wurde er in den Reichsf¨urstenstand erhoben und 1654 mit den schlesischen Herzogt¨umern M¨unsterberg und Frankenstein belehnt. Unter Kaiser → Leopold I. erreichte er maßgeblichen Einfluß am Hof. 1668 schloß er den Geheimvertrag mit Frankreich zur Teilung der spanischen Monarchie. Papst Klemens IX. und die K¨oniginwitwe von Spanien sahen ihren Machtbereich gef¨ahrdet. Die folgende Verstimmung der beiden Linien des Hauses Habsburg und der Verdacht, A. habe hochverr¨aterische Verhandlungen mit Frankreich gef¨uhrt, um die Kardinalsw¨urde zu erlangen, f¨uhrten 1669 zu seinem Sturz. Er wurde zum Tod verurteilt, dann vom Kaiser auf seine G¨uter in Krain verbannt. C R¨oßler / Franz
Auersperg, Joseph Franz Anton Graf von, Kardinal, F¨urstbischof von Passau, * 31. 1. 1734 Wien, † 21. 8. 1795 Passau. Zun¨achst Malteserritter und Domherr zu Salzburg, wurde A., Bruder Johann Baptist von → A.s, 1763 Bischof von Lavant und 1772 F¨urstbischof von Gurk. 1783 w¨ahlte ihn das Rumpfbistum Passau zu seinem ersten Bischof. Er sollte mittels seiner diplomatischen Beziehungen den Kaiser veranlassen, die Pl¨ane, die o¨ sterr. Gebiete von der Passauer Di¨ozese zugunsten der Bist¨umer Linz und St. P¨olten abzutrennen, aufzugeben. Der Versuch mißgl¨uckte, A. verzichtete 1784 auf alle Di¨ozesanrechte in den o¨ sterr. Gebieten. Im Sinne der kath. Aufkl¨arung veranlaßte er Reformen in der Finanzund Justizverwaltung sowie im Bildungswesen und bem¨uhte sich um die Einf¨uhrung der Volkssprache in der Liturgie. A. war Bauherr und Kunstm¨azen; 1789 wurde er Kardinal. C Gatz 3 Auersperg, Karl Maria Alexander von, Herzog von Gottschee, o¨ sterr. Staatsmann, * 26. 2. 1859 Wien, † 20. 10. 1927 Wien. A. folgte seinem Oheim Carlos von → A. als Oberhaupt des Hauses Auersperg. Er vertrat 1894-1902 den verfassungstreuen Großgrundbesitz im nieder¨osterreichischen Landtag, war 1897-1907 Vizepr¨asident des o¨ sterr. Herrenhauses und F¨uhrer der Verfassungspartei, 1907-11 Reichratsabgeordneter. A. k¨ampfte f¨ur eine gesamtstaatliche L¨osung der Nationalit¨atenfrage und wehrte sich im Ersten Weltkrieg ge-
Beamter, Staatsmann, * 16. 5. 1855 Budapest, † 23. 2. 1918 Baden bei Wien. Als Bezirkshauptmann von Lilienfeld erm¨oglichte A. 1888 die Abhaltung des sozialdemokratischen Parteitags. 1890 wurde er Bezirkshauptmann von Baden, 1905 Sektionschef im Handelsministerium, dann dessen Leiter und war 1906 / 07 Ackerbauminister im Kabinett → Beck. 1907 wurde er Mitglied des Herrenhauses sowie Pr¨asident der Privatbeamtenversicherung und der Enzesfelder Munitions- und Metallwerke AG.
Auersperg, Maximilian (Anton Karl) Graf von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 20. 1. 1771 Wolfpassing (Nieder¨osterreich), † 30. 5. 1850 Wien. A. trat 1787 in das Heer ein und nahm am T¨urkenkrieg und an den Revolutionskriegen teil. In der V¨olkerschlacht bei Leipzig durchbrach er mit seinem Regiment das franz¨osische Zentrum, trug damit entscheidend zum Sieg bei und wurde zum Generalmajor bef¨ordert. 1829 avancierte er zum Feldmarschalleutnant, u¨ bernahm eine Division in B¨ohmen und wurde 1836 kommandierender General im Banat.
Auerswald, Alfred (Erwin Leonhard) von, Staatsmann, * 16. 10. 1797 K¨onigsberg (Preußen), † 3. 7. 1870 Berlin. A. nahm 1815 als Freiwilliger am franz¨osischen Feldzug teil, studierte nach seiner R¨uckkehr in K¨onigsberg und geh¨orte der deutschen Burschenschaft an. 1819 trat er in den preuß. Verwaltungsdienst, war 1830-44 Landrat des Kreises Rosenberg / Westpreußen, seit 1837 Abgeordneter der Ritterschaft im ostpreußischen Provinziallandtag, 1842 Teilnehmer der st¨andischen Aussch¨usse in Berlin und 1845-53 Generallandschaftsdirektor der Provinz Preußen. 1846 wurde er vom K¨onig zu Beratungen der evang. Generalsynode nach Berlin berufen. Auf dem Vereinigten Landtag 1847 forderte A. mit Georg von → Vincke die 1815 versprochene Verfassung. Nach der M¨arzrevolution wurde er zum Innenminister ernannt, trat aber bereits im Juni des gleichen Jahres zur¨uck. A. vertrat altliberale Politik und engagierte sich weiterhin in der Nationalversammlung, im Volkshaus des Erfurter Parlaments und bis 1870, mit Unterbrechungen, auch im preuß. Abgeordnetenhaus. C Unionsparl Auerswald, Fabian von, * 1462. A. lebte am Hof der s¨achsischen Kurf¨ursten und ver¨offentlichte 1537 in Wittenberg ein Ringerbuch, das die Ringkunst so darstellte, wie sie von den ber¨uhmten Ringmeistern des Kurf¨ursten Ernst gelehrt wurde. Es war dies das zweit¨alteste gedruckte Werk dieser Art und hatte den Titel Ringerkunst: f¨unff und achtzig st¨ucke zu ehren kurf¨urstlichen gnaden zu Sachsen uc. durch Fabian von Auerswald zugerichtet. C ADB Auerswald, Hans Adolf Erdmann von, Milit¨ar, Politiker, * 19. 10. 1792 Gut Faulen bei Rosenberg (Prov. Preußen), † 18. 9. 1848 Frankfurt / Main. A., Sohn Hans Jakob von → A.s, wurde als Generalmajor in die Frankfurter Nationalversammlung gew¨ahlt. Der konservative Abgeordnete schloß sich dem rechten Zentrum an und verfaßte einen Gesetzesentwurf f¨ur eine deutsche Wehrverfassung. 1848 wurde er zusammen mit F¨urst Felix → Lichnowsky bei den Frankfurter Septemberunruhen erschossen. C Frankf Nationalvers
Auerswald, Hans Jakob von, Beamter, * 25. 7. 1757 Plauth, † 3. 4. 1833 K¨onigsberg. Nach dem Milit¨ardienst und national¨okonomischen Studien in K¨onigsberg trat A. 1787 in den preuß. Staatsdienst ein.
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Auerswald An verschiedenen Stellen der Verwaltung eingesetzt, wurde er 1808-24 Oberpr¨asident von Ostpreußen, Westpreußen und Litauen. A. trat f¨ur die Befreiung des Bauernstandes und die Einbeziehung nichtadeliger Gutsbesitzer in den Landtag ein. 1806-19 war er Kurator der Univ. K¨onigsberg. Auf Anraten → Steins berief er im Januar 1813 ohne kgl. Genehmigung den Landtag ein, der die Errichtung der Landwehr und die Erhebung gegen Napoleon I. einleitete. Nach den Befreiungskriegen legte A. 1824 sein Pr¨asidentenamt nieder. Er war der Vater von Hans Adolf Erdmann von → A.
Auerswald, Rudolf (Ludwig C¨asar) von, Staatsmann, * 1. 9. 1795 K¨onigsberg, † 15. 1. 1866 Berlin. A., Sohn eines Landhofmeisters, wurde zusammen mit dem sp¨ateren K¨onig → Wilhelm I. erzogen. Nach der Teilnahme an den Befreiungskriegen widmete A. sich der Politik. Er war 1824-34 Landrat des Kreises Heiligenbeil, 1838-42 Oberb¨urgermeister von K¨onigsberg, 1842-48 Regierungspr¨asident in Trier, 1848 Oberpr¨asident von Ostpreußen, von Juni bis September 1848 preuß. Außenminister und 1850 / 51 Oberpr¨asident der preuß. Rheinprovinz. A. geh¨orte dem Staatenhaus des Deutschen Parlaments von 1850 an, dessen Pr¨asident er von Ende M¨arz bis Ende April war. Seit 1853 vertrat er die liberale Opposition im preuß. Abgeordnetenhaus, wurde 1858 als Staatsminister ohne Por¨ tefeuille in das „Ministerium der neuen Ara“ berufen und 1860 zum stellvertretenden Ministerpr¨asidenten ernannt. A. scheiterte an der von Wilhelm I. betriebenen Heeresreform, die den preuß. Verfassungskonflikt ausl¨oste, woraufhin er im M¨arz 1862 zur¨ucktrat. Der K¨onig ernannte ihn zum Oberburggrafen von Marienburg. C Unionsparl Auerswald, Wilhelm, o¨ sterr. Physiologe, * 11. 5. 1917 Wien, † 19. 10. 1981 Wien. Nach dem Studium der Medizin an der Univ. Wien wurde A. 1940 promoviert, trat 1944 als Assistent in das Physiologische Institut der Univ. Wien ein und habilitierte sich 1950. 1958 zum a. o. Prof. ernannt, war er seit 1968 o. Prof. der Physiologie an der Univ. Wien. A., Mitglied der ¨ Osterreichischen Akademie der Wissenschaften seit 1972, besch¨aftigte sich vor allem mit der Physiologie der Bluteiweißk¨orper, aber auch mit der angewandten, insbesondere der Ern¨ahrungsphysiologie. Er ver¨offentlichte u. a. Kleine Ern¨ahrungslehre (41981) und Analgesie und Anaesthesie in der Perinatologie (1978), gab Ist Akupunktur eine NaturWissenschaft? (2 Bde., 1982) heraus und u¨ bersetzte William Ganongs Lehrbuch der medizinischen Physiologie (31974). Auf der Maur, Anton, schweizer. Redakteur, Politiker, * 25. 1. 1879 Schwyz, † 4. 11. 1943 Luzern. A. d. M. studierte Rechtswissenschaften in Basel. 1908-26 war er Redakteur des „Basler Volksblatts“ und anschließend Auslandsredakteur beim „Vaterland“, dessen Chefredakteur er 1936 wurde. 1914-26 war er konservativer Großrat f¨ur Basel-Stadt, 1927-43 Mitglied des Großen Luzerner Stadtrats und 1934 / 35 Luzerner Großrat. A. d. M. wurde Obmann des Innerschweizer Heimatschutzes und Pr¨asident der schweizer. Caritas. Er war Mitglied der Vorst¨ande des Katholischen Volksvereins und des Bundesfeier-Komitees. A. d. M. ver¨offentlichte u. a. Wanderfahrten durch Ungarn, Polen und Belgien. Ein Blick auf die Nachkriegsprobleme (1929). Aufenstein, Konrad von, Marschall, Landeshauptmann von K¨arnten, † 18. 11. 1338. Aus einem Tiroler Adelsgeschlecht stammend, kam A. 1293 nach K¨arnten und beteiligte sich an der Niederschlagung der von Graf Ulrich von Heunburg gef¨uhrten Attacke gegen das Haus G¨orz. Noch im gleichen Jahr wurde ihm das Marschallamt und 1294 die Herrschaft u¨ ber Karlsberg verliehen.
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Seit 1299 war er Landeshauptmann und f¨uhrte f¨ur den Herzog → Heinrich die Regierungsgesch¨afte in K¨arnten. Durch den Kauf bedeutender Lehen begr¨undete er die Macht der K¨arntner Linie seines Hauses. Wachsende Opposition gegen sein hartes Regiment ersch¨utterte sein Ansehen. Nach einer blutigen Fehde mit dem Bistum Bamberg erkannte er 1335 die habsburgische Herrschaft an und wurde als Landeshauptmann abgesetzt. Er behielt das Marschallamt, woraufhin ihm → Margarete Maultasch sein Stammschloß und seine Familieng¨uter in Tirol entzog. A. stiftete das Klarissinnenkloster C NDB von St. Veit.
Auffarth, Friedrich (Fritz), Jurist, * 22. 1. 1918 Eschwege, † 17. 8. 2004 Bad Wildungen. A. studierte Rechtswissenschaft in M¨unchen, nahm am Zweiten Weltkrieg teil, war bis 1946 in Kriegsgefangenschaft und wurde 1948 in Marburg zum Dr. jur. promoviert (Das internationale Strafrecht Deutschlands und der ausw¨artigen Staaten unter besonderer Ber¨ucksichtigung des Personalit¨atsprinzips). 1950-54 war er Richter in Kassel, 1954-59 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesarbeitsgericht (BAG) sowie Referent im Bundesministerium f¨ur Arbeit und Sozialordnung und 1959-62 Oberverwaltungsgerichtsrat am Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel. 1963 wurde A. Richter am BAG, 1977 Vorsitzender Richter und 1980 Vizepr¨asident des BAG (bis 1986), an dem er zuletzt vor allem im 6. Senat t¨atig und mit dem Betriebsverfassungsrecht befaßt war. Seit 1968 nahm er einen Lehrauftrag und seit 1975 eine Honorarprofessur an der TU Braunschweig wahr. A. war Mitherausgeber des „Fitting“, eines Handkommentars zum Betriebsverfassungsgesetz (bis 17 1992), und ver¨offentlichte 1965 einen Kommentar zum Arbeitsgerichtsgesetz.
Auffenberg, Joseph Frh. von, Dramatiker, * 25. 8. 1798 Freiburg / Breisgau, † 25. 12. 1857 Freiburg / Breisgau. Der Sohn eines F¨urstenbergischen Hofmarschalls brach das Studium der Rechtswissenschaften ab, um als Philhellene an der Befreiung Griechenlands teilzunehmen. Er kam nur bis Italien, kehrte zur¨uck und wurde in Karlsruhe Gardeleutnant, 1822 Mitglied und sp¨ater Pr¨asident des badischen Hoftheaterausschusses, 1839 großherzoglicher badischer Hofmarschall und 1842 Intendant des Karlsruher Hoftheaters. 1849 ¨ wurde er wegen einer Taktlosigkeit seiner Amter enthoben. A.s Hauptwerk ist das nie aufgef¨uhrte „dramatische Gedicht“ in drei Akten Alhambra (3 Tle., 1829 / 30), das die Geschichte des Islam bis zum Ende der maurischen Herrschaft in Europa schildert, mit mehr als 50 000 Versen. C Killy
Auffenberg von Komarow, Moritz (Friedrich Joseph) Frh., o¨ sterr.-ungar. Milit¨ar, * 22. 5. 1852 Troppau (Schlesien), † 18. 5. 1928 Wien. Nach Absolvierung der Milit¨arakademie und der Kriegsschule wurde A. v. K. 1880 Hauptmann im Generalstab und 1910 General der Infanterie. Als Kenner der ungarischen und der s¨udslawischen Fragen geh¨orte er dem Beraterstab des Thronfolgers → Franz Ferdinand an und war seit 1911 Kriegsminister. W¨ahrend seiner Amtszeit wurden ein neues Wehrgesetz eingef¨uhrt und die schwere Artillerie ausgebaut. 1912 trat er auf Weisung des Thronfolgers zur¨uck und wurde Armeeinspektor. 1914 u¨ bernahm er das Kommando der 4. Armee und siegte am 26. August bei Komarow u¨ ber die Russen. Nach verlustreichen Schlachten wurde er Ende September seines Kommandos enthoben. Kurz nach der Nobilitierung 1915 wurde A. v. K. des Amtsmißbrauchs w¨ahrend seiner T¨atigkeit als Kriegsminister angeklagt, vom Kriegsgericht, nicht jedoch vom Ehrengericht, freigesprochen. Danach lebte er in Wien, schrieb politische und ge-
Aufricht schichtsphilosophische B¨ucher und Presseartikel, u. a. seine ¨ Autobiographie Aus Osterreich-Ungarns H¨ohe und Niedergang (1921). C DBJ, Bd 10
Auffm Ordt, Conrad Arnold, auch Auffmordt, Versicherungsfachmann, * 8. 11. 1789 Hamburg, † 9. 6. 1866 Hamburg. A. O., Sohn eines Kaufmanns, diente 1813 / 14 als Zahlmeister in der Hanseatischen Legion und widmete sich dann dem Versicherungsfach. Anfang 1830 gr¨undete er die „Neue Dritte Assecuranz-Compagnie“, deren Leitung er als Gesch¨aftsf¨uhrer bis zur Liquidation Ende 1859 innehatte. Seit 1841 war er Mitdirektor des ersten optischen, sp¨ater elektromagnetischen Telegraphen (zwischen Hamburg und Cuxhaven). A. O. entwickelte seit 1842 einen Entwurf f¨ur hamburgische Seeversicherungen, der von einer Kommission und dem „Verein der Hamburger Assecuradeurs“ beraten und am 1. 1. 1848 in Kraft gesetzt wurde. Die Bedeutung seines Entwurfs ging weit u¨ ber den Hamburger Versicherungsmarkt hinaus, die Assekuranzb¨orsen von L¨ubeck und Stettin sowie von Norwegen u¨ bernahmen den Plan, der bis zur Einf¨uhrung des Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs 1868 in Kraft blieb. C NDB Aufh¨auser, Martin, Bankier, * 26. 5. 1875 M¨unchen, † Februar (?) 1944 Los Angeles. A., Bruder von Siegfried → A., durchlief eine Banklehre in Frankfurt / Main und war seit 1891 Mitarbeiter im v¨aterlichen Bankhaus, von 1918 an pers¨onlich haftender Gesellschafter und Seniorchef. Er war Teilhaber des Bankhauses S. Bleichr¨oder in Berlin, Vorstandsmitglied der M¨unchner B¨orse und Handelskammer und Mitglied des Bezirksausschusses der Reichsbankhauptstelle in M¨unchen. 1938 wurde das Bankhaus im Zuge der Macht¨ubernahme der Nationalsozialisten „arisiert“ und als Bankhaus Seiler & Co. weitergef¨uhrt. A. emigrierte 1939 in die USA. C BHdE, Bd 1
Aufh¨auser, Siegfried, Bankier, * 11. 5. 1877 M¨unchen, † 27. 1. 1949 USA. Nach einer Bankausbildung ging A. 1901 als Bankier nach London. Seit 1922 war er gemeinsam mit seinem Bruder Martin → A. pers¨onlich haftender Gesellschafter des Familienbankhauses H. Aufh¨auser und Kommanditgesellschafter der Bank S. Bleichr¨oder in Berlin. Er war Aufsichtsratsmitglied der Bank f¨ur Brauindustrie und wurde 1923 zum Generalkonsul f¨ur Schweden ernannt. Nach der „Arisierung“ der Familienbank 1938 emigrierte er u¨ ber Großbritannien in die USA. C BHdE, Bd 1
Aufh¨auser, Siegfried, Unternehmer, Gewerkschafter, Politiker, * 1. 5. 1884 Augsburg, † 6. 12. 1969 Berlin. A., Sohn eines Fabrikanten aus wohlhabender j¨udischer Familie, gr¨undete 1908 zusammen mit Rudolf → Breitscheid u. a. die linksliberale „Demokratische Vereinigung“ und war nach einer kaufm¨annischen Lehre 1913-17 Redakteur beim Bund der technischen Angestellten und Beamten. 1919 wurde er dessen Gesch¨aftsf¨uhrer, 1920 gesch¨aftsf¨uhrender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverb¨ande (AfA) in Berlin. Seit 1917 Mitglied der USPD, wechselte er 1922 zum linken Fl¨ugel der SPD. A. wurde Wirtschaftsfachmann der Partei und propagierte eine einheitliche Wirtschaftspolitik der Gewerkschaften. Er war Aufsichtsratsmitglied und Vorsitzender zahlreicher Verb¨ande, Banken und Unternehmen. 1921-33 geh¨orte er dem Reichstag und dem Reichswirtschaftsrat an, 1928-33 als Sachverst¨andiger dem Internationalen Arbeitsamt in Genf. Aus Protest gegen die Kapitulationspolitik des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) trat A. im M¨arz 1933 als AfA-Vorsitzender zur¨uck und emigrierte im Mai u¨ ber Frankreich, die Tschechoslowakei (Mitglied des Exilvorstandes der SPD in Prag), die Niederlande und
Großbritannien in die USA. Er war in New York Mitglied, vor¨ubergehend auch Vorsitzender der German Labour Delegation, bis 1944 Redakteur des „Aufbau“, dann der „New Yorker Staatszeitung“ und des „Herold“. Er kehrte 1951 nach Deutschland zur¨uck und war 1952-59 Vorsitzender, seit 1959 Ehrenvorsitzender der Deutschen Angestelltengewerkschaft in Berlin. A. ver¨offentlichte u. a. Die freie Angestelltenund Arbeiterbewegung (1920), Gewerkschaften und Politik (1924) und An der Schwelle des Zeitalters der Angestellten (1963). C L¨osche
Aufhauser, Johann Baptist, kath. Theologe, * 7. 9. 1881 Moosham bei Regensburg, † 8. 8. 1963 Oelberg / Bayerischer Wald. Der Sohn eines Bauern studierte in Innsbruck und M¨unchen und wurde in Theologie und Philosophie promoviert. Er bereiste 1808 und 1809 Griechenland. 1911 habilitierte sich A. f¨ur Kirchengeschichte in M¨unchen. Er unternahm mehrere Studienreisen in Missionsgebiete Afrikas und des Ostens und wurde 1918 in M¨unchen zum Prof. der Missionswissenschaft ernannt. 1939-47 dozierte er an der Univ. W¨urzburg und erhielt 1949 einen Lehrauftrag f¨ur Religionsgeschichte mit besonderer Ber¨ucksichtigung Ostasiens an der Univ. M¨unchen. A. verfaßte u. a. Christentum und Buddhismus im Ringen um Fernasien (1922).
Aufrecht, (Simon) Theodor, Sanskritist, * 7. 1. 1822 Leschnitz (Oberschlesien), † 3. 4. 1907 Bonn. A. studierte in Berlin klassische Philologie und orientalische Sprachen, wurde 1847 in Halle promoviert und habilitierte sich 1850 f¨ur vergleichende Sprachwissenschaften in Berlin. 1852 gr¨undete er mit A. → Kuhn die „Zeitschrift f¨ur vergleichende Sprachforschung“ und ging noch im gleichen Jahr nach Oxford, um Max → M¨uller bei der Vorbereitung seiner großen Rigveda-Ausgabe mit S˜ayanas Kommentar zu helfen. Vor Vollendung der M¨ullerschen Ausgabe ver¨offentlichte A. 1861-63 den ganzen Rigveda in lateinischer Umschrift, erschienen als Band 6 und 7 von A. → Webers Indischen Studien. Mit dieser Arbeit beeinflußte er die Entwicklung der Sanskritstudien in Deutschland. Seine Katalogisierungen und Editionen von Sanskrithandschriften in Europa und Indien schafften die Grundlagen f¨ur eine Indische Literaturgeschichte. 1862-75 war er Prof. f¨ur Sanskrit und vergleichende Sprachwissenschaften in Edinburgh und 1875-89 in Bonn. C Lex dt-j¨ud Autoren Aufricht, Ernst Josef, Theaterdirektor, * 31. 8. 1898 Beuthen (Oberschlesien), † 26. (23. ?) 7. 1971 Cannes. A. war seit 1920 als Schauspieler in Dresden engagiert und ging 1923 als stellvertretender Leiter der Theatergruppe „Die Truppe“ nach Berlin, wo er auch als Schauspieler an der Volksb¨uhne und am Thalia-Theater auftrat. 1926 / 27 wurde er stellvertretender Theaterdirektor des dortigen Wallnertheaters. 1927-31 mietete A. das Theater am Schiffbauerdamm, an dem u. a. Die Dreigroschenoper, Giftgas u¨ ber Berlin und Pioniere in Ingolstadt inszenierte. 1931 gr¨undete er die Ernst-Josef-Aufricht-Produktion und u¨ bernahm 1932 die k¨unstlerische Leitung im Admiralspalast Berlin. A. emigrierte 1933 u¨ ber die Schweiz nach Frankreich und 1941 in die USA. 1950 produzierte er in New York mit Felix G. → Gerstman ein Kurt-Weill-Memorial. 1953 kehrte er nach Berlin zur¨uck. A. schrieb den autobiographischen Roman Erz¨ahle, damit du dein Recht erweist. Aufzeichnungen eines Berliner Theaterdirektors (1969). C BHdE, Bd 2 Aufricht, Hans, Jurist, Politikwissenschaftler, * 6. 6. 1902 Wien, † Juni 1973 Washington (D. C.). A., Sohn eines Kaufmanns, wurde 1926 zum Dr. rer. pol., 1937 in Wien zum Dr. jur. promoviert. 1939 emigrierte er in die USA, studierte 1940 / 41 als Carnegie-Stipendiat V¨olkerrecht an der Academy of International Law in Den Haag, war
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Aufricht-Ruda 1941-43 wissenschaftlicher Assistent bei der Commission to Study the Organisation of Peace und 1941-45 Dozent an der New York University. 1944 nahm er die US-amerikanische Staatsb¨urgerschaft an. 1946 / 47 war A. Sachverst¨andiger f¨ur internationale Organisationen im US-Außenministerium und seit 1947 UN-Beamter beim International Monetary Fund (IMF). 1949-51 war er daneben Dozent an der School of Social Science and Public Affairs der American University in Washington, D. C., und lehrte 1968-71 an der Juristischen Fakult¨at der George Washington University in Washington, D. C. A. ver¨offentlichte u. a. War, Peace, and Reconstruction. A Classified Bibliography (1943), World Organisation. An Annotated Bibliography (71946), The International Monetary Fund (1964) und The Fund Agreement. Living Law and Emerging Practice (1969). Er war Herausgeber von Central Banking Legislation. A Collection of Central Bank, Monetary and Banking Laws (2 Bde., 1961-67). C BHdE, Bd 1
Aufricht-Ruda, Hans, Schriftsteller, * 8. 1. 1899 Ruda (Oberschlesien), † 29. 9. 1970 Sacramento (USA). A., Sohn eines Holzgroßh¨andlers, war etwa zwei Jahre lang Schauspieler am Stadttheater in K¨onigsberg (Preußen), lebte nach einer Reise durch Italien in M¨unchen, danach einige Jahre bei Jakob → Wassermann und hielt sich anschließend in Strobl am Wolfgangsee und Z¨urich auf. 1933 emigrierte er nach Stockholm, wo er Psychologie studierte und sich zum Psychotherapeuten ausbilden ließ. In den USA war er zun¨achst als Lehrer und Berater sozial gef¨ahrdeter Jugendlicher t¨atig, f¨uhrte 1958-62 als Kinderpsychotherapeut eine Privatpraxis in Passadena (Kalifornien) und arbeitete seit 1964 an einem staatlichen Internat f¨ur verwahrloste Knaben. A.s einziger Roman Die Verhandlung gegen La Ronci`ere, angek¨undigt als Teil der Trilogie Der Jahrhundertbogen, erschien 1927 (Neudr. 1974) mit einem Nachwort von Wassermann. C DLL, 20. Jh Aufschl¨ager, Gustav (Moritz Adolf), Techniker, * 9. 2. 1853 Jahnishausen (Sachsen), † 9. 4. 1934 Hamburg. Nach dem Studium in Heidelberg wurde A., Sohn eines Hofg¨artners in Jahnishausen, Assistent an der TH Dresden. 1882 gr¨undete er die Dynamitfabrik Muldenh¨utten bei Freiberg, u¨ bernahm zwei Jahre sp¨ater die Leitung der Dresdner Dynamit AG und wurde 1889 als Generaldirektor in den Vorstand der Dynamit AG vormals Nobel & Co. berufen. A. schuf das Generalkartell f¨ur die Pulver- und Sprengstoffgruppe. Wegen der zahlreichen Bergwerksungl¨ucke besch¨aftigte er sich mit der Entwicklung von Sicherheitssprengstoffen. A. veranlaßte die Einrichtung der Zentralstelle f¨ur wissenschaftlich-technische Untersuchungen GmbH in Neubabelsberg, deren Weiterarbeit durch den Versailler Friedensvertrag verboten wurde. C NDB Aufschnaiter, Benedict Anton, auch Auffschneitter, Komponist, * 21. 2. 1665 Kitzb¨uhel (Tirol), begraben 24. 1. 1742 Passau (?). A. erhielt seine musikalische Ausbildung in Wien und wirkte danach an einigen Kl¨ostern und Kirchen. Nach Georg → Muffats Tod 1704 u¨ bernahm er dessen Kapellmeisterstelle an der Kathedrale zu Passau. Nach Zwistigkeiten mit dem F¨urstbischof in seiner Stellung als Hofkapellmeister komponierte A. ausschließlich Kirchenmusik, u. a. Dulcis fidium harmonia symphoniis ecclesiasticis concinnata (1703). A. verfaßte auch musiktheoretische Werke. C MGG
Aufseeser, Ernst, Maler, Graphiker, * 29. 5. 1880 N¨urnberg, † 12. 12. 1940 D¨usseldorf. Der Sohn eines Kaufmanns wurde in den Steglitzer Werkst¨atten in Berlin, an der University of London und der Slade School of Arts ausgebildet. Er unternahm Reisen in
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fast alle europ¨aischen L¨ander. Nach Deutschland zur¨uckgekehrt, arbeitete A. f¨ur die Industrie, entwarf Ausstellungsbauten und zeichnete u. a. Entw¨urfe f¨ur Textilien und Keramik. A. illustrierte B¨ucher, u. a. G. A. → B¨urgers Wunderbare Reise zu Wasser und zu Lande (1913). 1919 wurde er Prof. der angewandten Kunst an der Akademie in D¨usseldorf und Leiter der Abteilung Gebrauchsgraphik. Wegen seiner j¨udischen Herkunft wurde er 1933 aus seinem Amt entlassen. C Reichshandbuch
Aufseß, Hans (Philipp Werner) Frh. von, Historiker, * 7. 9. 1801 Schloß Oberaufseß (Oberfranken), † 6. 5. 1872 M¨unsterlingen bei Konstanz. A., Sohn eines preuß. Regierungsrats, studierte Jura in Erlangen und legte eine außergew¨ohnliche Sammlung von ¨ Altert¨umern an, die der Offentlichkeit zug¨anglich zu machen von K¨onig → Ludwig I. angeregt wurde. A., der seit 1847 / 48 in N¨urnberg lebte, plante ein „Germanisches Museum“, ein systematisches Verzeichnis aller Kunstgegenst¨ande, Archiv- und Bibliotheksbest¨ande deutscher Geschichte und gab den „Anzeiger f¨ur Kunde des deutschen Mittelalters“ heraus, der sp¨ater vom Germanischen Museum als „Anzeiger f¨ur Kunde der deutschen Vorzeit“ bis 1883 fortgesetzt wurde. Erst 1852, auf der Dresdner Versammlung der deutschen Geschichts- und Altertumsforscher, wurde seine Idee angenommen und das Museum gegr¨undet. Als erster Vorstand leitete A. die Stiftung zehn Jahre. Er verfaßte u. a. Das Germanische Museum und seine nationalen Ziele (1869). C Imhoff Aufseß, Jodokus Bernhard Frh. von, auch Jobst B. A., Aufsees, kath. Theologe, * 28. 3. 1671 Mengersdorf (Oberfranken), † 2. 4. 1738 W¨urzburg. A. konvertierte 1683 in Bamberg zur kath. Kirche, wurde dort Domizellar, 1686 in W¨urzburg und studierte 1689-92 in Rom. 1695 wurde er Kapitularkanoniker in Bamberg, 1714 in W¨urzburg. Seit 1710 war er Domkustos und seit 1723 auch Propst an St. Stephan in Bamberg. Sp¨ater wirkte er als Vizedom der Bamberger Besitzungen in K¨arnten, als Statthalter in Bamberg und als Pr¨asident des Universit¨atsrezeptorats in W¨urzburg. 1738 stiftete A. testamentarisch das heute noch bestehende „Aufseesianum“ in Bamberg, ein Studienseminar f¨ur arme Knaben der Hochstifte Bamberg und W¨urzburg. C NDB Augspurg, Anita (Johanna Theodora Sophie), Juristin, Frauenrechtlerin, * 22. 9. 1857 Verden / Aller, † 20. 12. 1943 Z¨urich. A., Tochter eines hannoverschen Obergerichtsanwalts, arbeitete zun¨achst als Lehrerin, 1881-85 als Schauspielerin in Meiningen, Augsburg und Amsterdam. Sie interessierte sich f¨ur die Frauenbewegung, initiierte mit anderen die Er¨offnung des ersten M¨adchengymnasiums in Karlsruhe und studierte seit 1893 Rechtswissenschaft in Z¨urich, wo sie 1897 mit der Arbeit Ueber die Entstehung und Praxis der Volksvertretung in England promoviert wurde. Sie schrieb f¨ur Minna → Cauers Zeitschrift „Die Frauenbewegung“, gr¨undete 1903 den deutschen Verband f¨ur Frauenstimmrecht und mit Lida Gustava → Heymann in M¨unchen das Photoatelier „Elvira“. Seit 1904 war A. stellvertretende Vorsitzende des Weltbundes f¨ur Frauenstimmrecht und gab bis 1914 in M¨unchen die „Zeitschrift f¨ur Frauenstimmrecht“ heraus. Sie initiierte 1915 den „Internationalen Frauenkongreß f¨ur einen dauernden Frieden“ in Den Haag und konstituierte 1919 in Z¨urich die „Internationale Frauenliga f¨ur Frieden und Freiheit“, deren deutscher Sektion sie bis 1933 vorstand. Im Rahmen der bayerischen R¨atebewegung engagierten sich A. und Heymann f¨ur die Schaffung von Frauenr¨aten; A. geh¨orte dem M¨unchner Revolution¨aren Zentral-Arbeiterrat an. 1919-33 war sie Mitherausgeberin der Zeitschrift „Die Frau im Staat“.
August 1932 an der Vorbereitung des Internationalen Kongresses gegen den imperialistischen Krieg beteiligt, ging A. 1933 nach Z¨urich ins Exil. Sie ver¨offentlichte u. a. Die ethische Seite der Frauenfrage (1894, Neuausg. 1984) und mit Lida Gustava Heymann die gemeinsamen Lebenserinnerungen Erlebtes – Erschautes (hrsg. von Margrit Twellmann, 1972). C Frauen ¨ Augspurger, August, Ubersetzer, Dichter, * 3. 3. 1620 Prag, † 14. 11. 1675 Weißenfels. A., Sohn eines kaiserlichen Hofbuchf¨uhrers, der nach der Flucht wegen der Protestantenverfolgungen in B¨ohmen 1625 am Hof in Dresden wieder eine Anstellung fand, immatrikulierte sich 1640 f¨ur ein Studium der Theologie und Jurisprudenz an der Univ. Leipzig, reiste jedoch noch im selben Jahr nach Paris. 1642 nach Dresden zur¨uckgekehrt, u¨ bernahm er Hofmeisterstellen, die ihn bis an den kgl. Hof in Kopenhagen und nach Polen f¨uhrten. Sp¨ater war er als Amtsschreiber in Leipzig und seit 1659 als Amtsvogt in Weißenfels t¨atig. Dem w¨ahrend eines Aufenthalts in Frankreich entstandenen ¨ Hauptwerk A.s (Reisende Clio, 1642) folgten Ubersetzungen von Werken von Diego de San Pedro und Antoine Montchrestien. C Killy
Augstein, Rudolf, Pseud. Jens Daniel, Moritz Pfeil, Journalist, Publizist, Verleger, * 5. 11. 1923 Hannover, † 7. 11. 2002 Hamburg. A. wuchs mit seinen sechs Geschwistern in einer gutb¨urgerlich-katholischen Familie in Hannover auf. Von seinem Vater, Inhaber eines Photogesch¨afts und Anh¨anger der katholischen Zentrumspartei, bekam schon der f¨unfzehnj¨ahrige Gymnasiast zu h¨oren, → Hitlers Politik f¨uhre zum Krieg und zum „Finis Germaniae“. Zwischen Abitur 1941 und Einziehung zur Wehrmacht 1942 durchlief A. ein Redaktionsvolontariat beim „Hannoverschen Anzeiger“. Er nahm am Krieg in Rußland teil, aus dem er als Leutnant der Reserve 1945 in seine Vaterstadt heimkehrte. Nach kurzer T¨atigkeit als Zeitungsredakteur in Hannover erhielt der Zweiundzwanzigj¨ahrige, gemeinsam mit zwei Kollegen, 1946 von den britischen Besatzungsbeh¨orden die Leitung einer neuen Zeitschrift mit dem Titel „Diese Woche“ u¨ bertragen, die nach dem Vorbild englischer und amerikanischer „news magazines“ konzipiert war. Nach wenigen Monaten gaben die Briten das Blatt unter dem von A. erfundenen neuen Titel „Der Spiegel“ ganz in deutsche Hand. Vom ersten Heft an (4. 1. 1947) war A. Herausgeber und Chefredakteur des Nachrichtenmagazins, das 1952 von Hannover nach Hamburg umzog. Schon fr¨uh verstand A. den „Spiegel“ als „Sturmgesch¨utz der Demokratie“. Zum Erfolg des Magazins trugen seine prinzipiell kritische Haltung und sein allgemeinverst¨andlicher und unterhaltsamer, oft sarkastischer Stil bei, vor allem aber seine Enth¨ullungsberichte u¨ ber F¨alle von Korruption und Machtmißbrauch, die nicht selten zum Sturz der angeprangerten Amtsinhaber f¨uhrten. Als Kommentator (zun¨achst unter dem Pseudonym Jens Daniel) attackierte A. die westorientierte Politik von Bundeskanzler Konrad → Adenauer, die seiner Meinung nach eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Teilstaaten unm¨oglich und die Bundesrepublik zu einem von „katholischer Heuchelei“ gepr¨agten „CDU-Staat“ machte. In gr¨oßeren Beitr¨agen befaßte sich A. vorzugsweise mit historischen und zeitgeschichtlichen Themen. Er f¨uhrte 70 „Spiegel-Gespr¨ache“ mit
Staatsm¨annern, Politikern, Philosophen und Schriftstellern (u. a. Kissinger, Gorbatschow, → Heidegger, Solschenizyn). Als Buchautor trat A. insbesondere mit zwei von aufkl¨arerischem Impetus getragenen historischen Studien hervor: Preußens Friedrich und die Deutschen (1968) und Jesus Menschensohn (1972). Neben Adenauer bek¨ampfte der Journalist A. besonders vehement den CSU-Politiker und Verteidigungsminister Franz Josef → Strauß, dem er u. a. das Eintreten f¨ur Atomwaffen vorwarf. Gereizt durch mehrere „Spiegel“-Artikel u¨ ber korruptionsverd¨achtige Gesch¨afte in seinem Umkreis, setzte Strauß im Oktober 1962 gegen den „Spiegel“ eine Aktion wegen Landesverrats in Gang. Anlaß war eine kritische Ti¨ telgeschichte u¨ ber die Bundeswehr. Uberfallartig besetzten und durchsuchten Polizisten und Staatsanw¨alte die Redaktion. A. und sieben Mitarbeiter wurden festgenommen. Die „Spiegel-Aff¨are“ wurde, auch international, als Anschlag auf die Pressefreiheit gewertet und l¨oste eine Welle von Protesten aus. Strauß mußte zur¨ucktreten. A. wurde nach 103 Tagen aus der Untersuchungshaft entlassen, der Verratsver¨ dacht entkr¨aftet. Die Aff¨are beschleunigte das Ende der Ara Adenauer, A. und seinem Magazin trug sie einen betr¨achtlichen Zuwachs an Ansehen und Auflage ein. 1972 kandidierte A., F¨ursprecher der sozialliberalen Koalition, im Wahlkreis Paderborn f¨ur die FDP zum Deutschen Bundestag. Auf sein u¨ ber einen Listenplatz errungenes Abgeordnetenmandat verzichtete er jedoch bereits nach zwei Monaten, um sich wieder ganz dem „Spiegel“ widmen zu k¨onnen. 1974, l¨angst Multimillion¨ar, schenkte er 50 Prozent des Unternehmens den Mitarbeitern. Seit Mitte der achtziger Jahre mehrten sich die o¨ ffentlichen Ehrungen des fr¨uher vielfach als destruktiv geschm¨ahten Publizisten. A. erhielt Ehrendoktortitel der Universit¨aten Bath (England) und Wuppertal sowie der Moskauer Hochschule f¨ur Ausw¨artige Beziehungen. Die Univ. Hamburg ernannte ihn zum Ehrensenator, die Stadt Hamburg zum Ehrenb¨urger; in der Begr¨undung hieß es, A. habe als „distanzierter, skeptischer Kommentator, ehrfurchtslos, aber nicht ohne Achtung, die demokratische Kultur in unserem Lande nachhaltig gef¨ordert“. Im Jahr 2000 verlieh das International Press Institute, Boston, A. den Titel „World Press Freedom Hero“. 2001 wurde er f¨ur sein publizistisches Lebenswerk mit dem Ludwig-B¨orne-Preis ausgezeichnet. LITERATUR: R. A. interviewt von Harry Pross und Fritz J. Raddatz. In: Interview mit der Presse. Hrsg. v. Roland H. Wiegenstein und Fritz J. Raddatz. Reinbek 1964. – David Schoenbaum: Ein Abgrund von Landesverrat. Die Aff¨are um den „Spiegel“. Wien 1968. – Hans-J¨urgen Jakobs / Uwe M¨uller: R. A. Ein Portr¨at. M¨unchen 1991. – Ralf Dahrendorf: R. A. Der Nationalliberale. In: Liberale und andere. Stuttgart 1994. – Ulrich Greiwe: Ein gewisses Doppelleben. Berlin 1994. – Leo Brawand: R. A. D¨usseldorf 1995. – Dieter Schr¨oder: A. Berlin 2004. Rolf Becker
August Wilhelm, Herzog von Braunschweig und L¨uneburg, Milit¨ar, * 10. 10. 1715 Braunschweig, † 2. 8. 1781 Stettin. A. diente als preuß. Offizier, nahm an den Schlesischen Feldz¨ugen teil und wurde 1743 Generalmajor, 1746 Kommandant und im folgenden Jahr Gouverneur von Stettin. Seit 1750 Generalleutnant, hatte er an den Schlachten von 1756 und 1757 bei Lobositz, Prag, Kolin und Breslau entscheidenden Anteil. Nach dem R¨uckzug aus B¨ohmen und dem Versagen des Prinzen von Preußen → August Wilhelm erhielt er den Oberbefehl u¨ ber das schlesische Heer. Er vermochte Breslau, Sachsen und Schlesien nicht gegen das u¨ berlegene o¨ sterr. Heer zu verteidigen, geriet in o¨ sterr. Gefangenschaft und wurde 1758 ausgetauscht. Nach dem Waffenstillstandsabkommen mit den Russen f¨uhrte er als General der In-
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August fanterie 1762 seine Truppen nach Schlesien und siegte bei Reichenbach. Nach dem Krieg wurde er Gouverneur von Stettin. C R¨oßler / Franz
August II., K¨onig von Polen → Friedrich August I.,
August d. J., Herzog von Braunschweig-Wolfenb¨uttel,
Kurf¨urst von Sachsen
Pseud. Gustavus Selenus, * 10. 4. 1579 Dannenberg, † 17. 9. 1666 Wolfenb¨uttel. A. studierte bis 1599 in Rostock und T¨ubingen. Nach Reisen durch Italien, Frankreich und England ließ er sich 1604 auf seinem Schloß Hitzacker nieder. Hier verfaßte A. u. a. sein Werk u¨ ber Geheimschriften Cryptomenices et cryptographiae libri IX (1624) und begann mit dem Aufbau einer umfangreichen Sammlung von B¨uchern und Handschriften. 1634 wurde A. als „der Befreyende“ in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. 1643 konnte er in seine Residenz Wolfenb¨uttel einziehen. A., der als einer der gelehrtesten F¨ursten seiner Zeit galt, zog zahlreiche Gelehrte und K¨unstler an seinen Hof. 1653 suchte er sein Territorium durch den Zusammenschluß des Welfenhauses im Hildesheimer Bund abzusichern. Die Bibliotheca Augusta umfaßte bei seinem Tod 135 000 Titel in 40 000 B¨anden. C Killy
August Wilhelm, Prinz von Preußen, Milit¨ar, * 9. 8. 1722 Berlin, † 12. 6. 1758 Oranienburg. Der Sohn K¨onig → Friedrich Wilhelms I. stieg rasch in der Armee auf. 1741 zum Generalmajor der Kavallerie ernannt, nahm er an beiden Schlesischen Kriegen teil und wurde 1744 als Prinz von Preußen pr¨asumtiver Thronfolger. 1746 u¨ berwarf er sich mit seinem kgl. Bruder → Friedrich dem Großen. A. w¨unschte die Scheidung, um sich mit der siebzehnj¨ahrigen Hofdame → Marie von Pannewitz zu verheiraten. Er opponierte gegen Friedrichs Ann¨aherung an England ¨ und seine Pr¨aventivkriegspolitik gegen Osterreich. Zum General der Infanterie avanciert, w¨unschte er ein eigenes Kommando und erhielt nach der Schlacht von Kolin den Oberbefehl u¨ ber einen Teil der preuß. Armee. Bei dem R¨uckzug aus B¨ohmen 1757 versagte er und brachte Friedrich in eine fast aussichslose Lage. Vom K¨onig kritisiert und entlassen, zog er sich nach Oranienburg zur¨uck, wo er ein Jahr sp¨ater starb. C NDB
August Wilhelm, Herzog von BraunschweigWolfenb¨uttel, * 8. 3. 1662, † 23. 3. 1731. Nach seiner Ausbildung reiste A. W. mit seinem Hofmeister von Falkenstein u¨ ber Genf nach Frankreich und in die Niederlande. Wieder in Wolfenb¨uttel lebte er, von seinem Vater → Anton Ulrich beeinflußt, in v¨olliger Abgeschiedenheit. 1714 u¨ bernahm er nominell die Regierung, deren Gesch¨afte der einflußreiche Kanzler Philipp Ludwig Probst von Wendhausen bis zu seinem Tod 1718 f¨uhrte. Den gr¨oßten Einfluß auf den Herzog u¨ bte sein G¨unstling Konrad Detlef von Dehn aus, der als eigentlicher Regent des Landes angesehen werden muß. A. W. f¨orderte die K¨unste, vor allem die Musik. C ADB August Friedrich, Herzog von Schleswig-HolsteinGottorf, Bischof von L¨ubeck, * 6. / 7. / 9. 5. 1646 Schloß Gottorf, † 2. / 3. 10. 1705 Eutin. A. bereiste 1662-64 Frankreich, die Schweiz, England und die Niederlande. 1666 wurde er als Nachfolger seines Bruders → Christian Albrecht Bischof von L¨ubeck, war 1671 an der Erneuerung des schwedisch-gottorfischen B¨undnisses beteiligt und trat 1672 in schwedische Dienste. 1673 wurde er zum General der schwedischen Reiterei in den deutschen Provinzen ernannt. 1674 begleitete er seinen Bruder nach Schweden, um an den Verhandlungen zur Sicherung Holstein-Gottorfs teilzunehmen. Seine schwedenfreundliche Haltung verwickelte auch sein Stift in den Konflikt seines Bruders mit Christian V. von D¨anemark. A. wurde im Dom zu L¨ubeck begraben. C NDB (Paul Friedrich) August, Großherzog von Oldenburg, * 13. 7. 1783 Schloß Rastede bei Oldenburg, † 27. 2. 1853 Oldenburg. A. studierte 1803-05 an der Univ. Leipzig und bereiste 1805-07 England und Schottland. 1808 nahm er mit seinem Vater am Erfurter F¨urstenkongreß teil und folgte ihm 1811 in die Emigration an den Petersburger Hof. Zar Alexander ernannte ihn zum Gouverneur von Estland. A. entwickelte ein Gesetz zur Bauernbefreiung, das 1816 vom Zaren genehmigt wurde. Seit 1816 nahm A. als Erbprinz an den oldenburgischen Regierungsgesch¨aften teil und folgte 1829 seinem Vater in der Herrschaft. Nach dem Zustandekommen des von ihm nicht gew¨unschten oldenburgischen Staatsgrundgesetzes 1848 trat er bis 1850 f¨ur eine starke Reichsgewalt ein. A.s Bem¨uhungen um Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft ist die Entwicklung der Landeshauptstadt Oldenburg zu einem kulturellen Mittelpunkt in Nordwestdeutschland zu verdanken. C NDB
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Kurf¨urst von Sachsen
August III., K¨onig von Polen → Friedrich August II.,
August, Prinz von Preußen, Milit¨ar, * 19. 9. 1779 Friedrichfelde, † 19. 7. 1843 Bromberg. A. befehligte im Alter von 24 Jahren ein Grenadierbataillon in Berlin, k¨ampfte 1806 bei Jena, wurde bei Prenzlau gefangengenommen, 13 Monate in Frankreich festgehalten und nach dem Tilisiter Frieden 1808 zum Generalmajor ernannt. Er nahm am Befreiungskrieg teil und bem¨uhte sich, seit 1814 General der Infanterie, als Generalinspekteur der Artillerie um deren umfassende Reorganisation. C Neuer Nekr, Jg. 21
August, Kurf¨urst von Sachsen, * 31. 7. 1526 Freiberg, † 12. 2. 1586 Dresden. Der Sohn → Heinrichs des Frommen und → Katharinas von Mecklenburg wurde durch seinen a¨ lteren Bruder → Moritz 1542 an den Hof K¨onig → FerdinandsI. entsandt. 1544 erhielt er die Administration des Hochstifts Merseburg. Nach der Heirat mit Anna von D¨anemark 1544 wurde ihm 1553 die Regierung Sachsens u¨ bertragen, dessen Kurf¨urst er nach Moritz’ Tod wurde. A. vergr¨oßerte sein Territorium um die Stifte Merseburg, Naumburg und Meißen, eroberte Gotha und erwarb das Vogtland. Seine Friedenspolitik richtete sich gegen den streitbaren Calvinismus der Kurpfalz. Seit 1574 verfolgte der Lutheraner die Anh¨anger → Melanchthons in Sachsen und setzte 1577 mit Annahme der Konkordienformel die luth. Orthodoxie in Kursachsen durch. A. f¨orderte die Wirtschaft (Leipziger Messen), organisierte die Verwaltung und die Gesetzgebung (Codex Augusteus) und gr¨undete die Dresdner Kunstsammlung. C R¨oßler / Franz
August, Herzog von Sachsen-Weißenfels, Erzbischof von Magdeburg, * 13. 8. 1614 Dresden, † 4. 6. 1680 Halle. Der zweite Sohn des Kurf¨ursten → Johann Georg von Sachsen wurde 1628 vom Magdeburger Domkapitel zum Erzbischof gew¨ahlt. Erst nach dem Prager Frieden 1635 und der Vertreibung der Schweden 1638 gelangte er in den Besitz des Erzbistums. Nach seiner Verm¨ahlung 1647 legte er die erzbisch¨ofliche W¨urde nieder und ließ sich im Westf¨alischen Frieden als Administrator auf Lebenszeit best¨atigen; nach seinem Tod fiel das Erzstift (nunmehr Herzogtum) an Kurbrandenburg. A. schloß der Stadt Weißenfels die mag¨ deburgischen Amter Querfurt, Burg, Dahme und J¨uterbog an, vergr¨oßerte sein Territorium um die Grafschaft Barby und wurde mit dem Herzogtum Sachsen-Weißenfels der Begr¨under dieses Hauses. A. stiftete der Stadt Weißenfels ein akademisches Gymnasium und erbaute die Augustusburg. C NDB
Augustin August Damian Philipp Karl, Reichsgraf von LimburgStyrum, F¨urstbischof von Speyer, * 16. 3. 1721 Schloß Hohen-Limburg an der Lenne (Westfalen), † 26. 2. 1797 Schloß Freudenhain bei Passau. Der Neffe der Kirchenf¨ursten Damian Hugo Philipp und Franz Georg von → Sch¨onborn war von fr¨uhester Jugend an f¨ur den geistlichen Stand bestimmt. 1729 empfing er die niederen Weihen und wurde 1730 Domizellar in Speyer. Nach der Schulausbildung und kurzem Theologiestudium (1742-44) in Rom und W¨urzburg erhielt er Kanonikate in M¨unster und Hildesheim und wurde 1755 Domdechant in Speyer. 1760-67 prozessierte er gegen Kapitel und F¨urstbischof und wurde trotzdem 1770, protegiert von Frankreich und der Kurpfalz, einstimmig zum Bischof gew¨ahlt. Beim Nuntiaturstreit und Emser Kongreß (1785-87) trat A. gegen die Erzbisch¨ofe auf, gegen¨uber Frankreich wahrte er die Rechte seines Territoriums. Von der Revolution 1795 vertrieben, versuchte er, seine Di¨ozese aus dem Exil in Veitsh¨ochheim, Freising und Freudenhain zu regieren. C Gatz 3 August, Prinz von W¨urttemberg, Milit¨ar, * 24. 1. 1813 Stuttgart, † 12. 1. 1885 Zehdenick (Brandenburg). Den Heeresdienst seines Heimatlandes verließ A., Neffe K¨onig → Wilhelms von W¨urttemberg, 1831 als Rittmeister und trat in preuß. Dienst ein. 1840 wurde er Kommandeur des Garde-K¨urassierregiments, 1857 kommandierender General des 3. Armeekorps, 1858 des Gardekorps. A. nahm am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 teil. 1878 erhielt er das Oberkommando in den Marken. 1882 schied er als Generaloberst auf eigenen Wunsch aus dem Dienst aus.
August, Ernst Ferdinand, Physiker, Meteorologe, * 18. 2. 1795 Prenzlau, † 25. 3. 1870 Berlin. A. studierte zun¨achst Theologie und Philologie, wurde 1821 Gymnasiallehrer in Berlin und 1823 mit einer Dissertation u¨ ber Kegelschnitte promoviert. Seit 1827 war er Direktor des neu errichteten Realgymnasiums in Berlin, das unter seiner Leitung humanistische Gymnasialbildung mit den neuen Sprachen der Realschulbildung vereinen sollte. Neben seiner p¨adagogischen Arbeit forschte er auf dem Gebiet der Hygrometrie und entwickelte das Psychrometer (Ueber das Psychrometer, 1825). Er baute Differentialbarometer, Spiralhygroskope sowie Heliostate und stellte 1830 die Dampfdruckformel des Wasserdampfs auf. A. ver¨offentlichte u. a. ¨ Uber die Fortschritte der Hygrometrie in der neuesten Zeit (1830), Handw¨orterbuch der Chemie und Physik (1842) und Vollst¨andige logarithmische und trigonometrische Tafeln (1846).
Augusta, deutsche Kaiserin, K¨onigin von Preußen, * 30. 9. 1811 Weimar, † 7. 1. 1890 Berlin. Die Tochter des Großherzogs Karl Friedrich von SachsenWeimar-Eisenach und der Großf¨urstin Maria Pawlowna heiratete am 11. 6. 1829 Prinz → Wilhelm von Preußen, den sp¨ateren Kaiser → Wilhelm I. Sie genoß ihre Erziehung an dem von → Goethe beeinflußten Weimarer Hof und brachte humanistische Bildung, musische Ideale und eine liberale Gesinnung an den Berliner Hof. Fr¨uhzeitig in Politik involviert, trat sie 1849 in der deutschen Frage f¨ur die kleindeutsche L¨osung ein. Sie lehnte → Bismarcks Politik, besonders den Krieg von 1866 entschieden ab und verurteilte als Protestantin den gegen die kath. Kirche gef¨uhrten Kulturkampf. A. engagierte sich auch in der Wohlfahrtspflege und gr¨undete den „Vaterl¨andischen Frauenverein“. Auguste Viktoria Luise Feodora Jenny, K¨onigin von Preußen, deutsche Kaiserin, * 22. 10. 1858 Dolzig (Niederlausitz), † 11. 4. 1921 Haus Doorn (Niederlande). Die Tochter von Herzog → Friedrich VIII. von SchleswigHolstein-Sonderburg-Augustenburg verm¨ahlte sich 1881 mit dem Prinzen Wilhelm von Preußen, dem sp¨ateren Kaiser
→ Wilhelm II. Durch ihr Interesse f¨ur die a¨ rmeren Schichten der Bev¨olkerung kam A. V. in Verbindung mit Adolf → Stoecker und Friedrich von Bodelschwingh. 1888 wurde unter ihrem Protektorat der Evangelisch-Kirchliche Hilfsverein zur Bek¨ampfung des religi¨os-sittlichen Notstands und 1899 die Frauenhilfe des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins gegr¨undet. 1918 folgte sie dem Kaiser nach Doorn (Niederlande). C DBJ, Bd 3
Auguste von Sachsen, auch A. Maria, A. Nepomucene, * 21. 6. 1782, † 14. 3. 1863. Als einziges Kind des Kurf¨ursten → Friedrich August III. von Sachsen wurde A. entsprechend der Konstitution vom 3. Mai 1791 zur Infantin von Polen und Erbin des polnischen Throns erkl¨art. Ihr Vater verzichtete auf den angebotenen Thron, so daß die Bestimmung f¨ur A. ohne praktische Wirkung blieb. Sie starb unverheiratet. C ADB Augusti, Bertha, geb. Sch¨oler, Schriftstellerin, * 2. 6. 1827 K¨oln, † 12. 12. 1886 Koblenz. A. heiratete 1849 und lebte mit ihrem Mann, der Richter am kgl. Landgericht war, in Koblenz. Nach dessen Tod 1858 war sie schriftstellerisch t¨atig. Das Leben ihrer Schwiegermutter bot den Stoff f¨ur die unter dem Titel Erinnerungsbl¨atter aus dem Leben einer deutschen Frau (1887) im Feuilleton der „K¨olnischen Zeitung“ erschienenen Artikel. A. ver¨offentlichte eine Reihe von Novellen, u. a. Ein Strahl im Dunkel, die zum gr¨oßten Teil in der Sammlung Feldblumen. Ein Novellenstrauß (1872) ver¨offentlicht wurden.
Augusti, Friedrich Albert, auch F. Albrecht A., Josua Ben Abraham Eschel, Herschel, Rabbiner, sp¨ater evang. Theologe, * 30. 6. 1696 Frankfurt / Oder, † 13. 5. 1782 Eschenbergen. Der Sohn j¨udischer Eltern war zun¨achst f¨ur den Kaufmannsstand bestimmt. Nach abenteuerlichen Reisen im Orient studierte er in Krakau und Prag die Bibel und den Talmud und ¨ wurde Rabbiner. Nach einem Uberfall, bei dem er schwer verletzt wurde, lernte er w¨ahrend der Rekonvaleszenz den Superintendenten Michael Heinrich Reinhard kennen, der ihn zum Christentum bekehrte. An Weihnachten 1722 wurde er getauft, seit 1727 studierte er Theologie in Jena, sp¨ater in Leipzig und wurde 1734 Pfarrer in Eschenbergen. Seine Aufsehen erregende Bekehrungsgeschichte wurde von seinem Sohn in einem Erbauungsbuch dargestellt. C ABD
Augusti, Johann Christian Wilhelm, evang. Theologe, Orientalist, * 27. 10. 1772 Eschenbergen bei Gotha, † 28. 4. 1841 Koblenz. A. studierte in Jena und habilitierte sich dort 1789 f¨ur orientalische Sprachen. Er war seit 1800 a. o., von 1803 an o. Prof. der orientalischen Sprachen in Jena, 1812-19 Prof. der Theologie in Breslau. 1819 wechselte er an die neugegr¨undete Univ. Bonn und wurde unter Beibehaltung seiner Professur 1828 Oberkonsistorialrat, 1835 Konsistorialdirektor. Der Schwerpunkt seiner Bedeutung liegt auf dem Gebiet der christlichen Altertumswissenschaft. Mit Martin Leberecht de → Wette arbeitete er an der 1809-14 in Heidelberg erschienenen Bibel¨ubersetzung. C RGG
Augustin, Christian Friedrich Bernhard, Theologe, Historiker, * 28. 11. 1771 Gr¨oningen (Sachsen), † 1. 9. 1856 Halberstadt. 1790 studierte A. Theologie und Geschichte an der Univ. Halle, war Lehrer, dann Domprediger und seit 1824 Oberdomprediger in Halberstadt. Zum Doktor der Theologie und Philosophie promoviert, wurde er Mitglied wissenschaftlicher Gesellschaften. Neben seinen theologischen und historischen Arbeiten erforschte A. die Geschichte Halberstadts und redigierte 1801-10 die landeskundlichen „Gemeinn¨utzigen Unterhaltungen“ sowie 1821 die „Halberst¨adtischen Bl¨atter“. C ADB
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Augustin Augustin, Elisabeth, geb. Glaser, Schriftstellerin, * 13. 6. 1903 Berlin, † 14. 12. 2001 Amsterdam. Nach vor¨ubergehender T¨atigkeit als Schauspielerin arbeitete A. beim Leipziger Rundfunk. 1933 nach Amsterdam emigriert, war sie als Literaturkritikerin t¨atig und schrieb Romane (Mirjam, 1938; Labyrint, 1955, dt. Auswege, 1988), Erz¨ahlungen und Gedichte (Das unvollendete Leben des Malcolm X, 1981) in holl¨andischer und deutscher Sprache. 1990 erschien die Autobiographie Het patroon, 1998 F¨unfundneunzig Jahre Elisabeth Augustin. Eine Zeugin des Jahrhunderts. A. wurde u. a. mit dem Georg-MackensenPreis (1977) und der Goethe-Medaille (Weimar, 1992) geehrt. Augustin, Friedrich Ludwig, Mediziner, * 3. 6. 1776 Berlin, † 23. 6. 1854. A. war nach dem Studium (Promotion 1797, De spina ventosa ossium) als praktischer Arzt t¨atig und wurde dann als Privatdozent und o. Prof. an das Collegium medicochirurgicum in Berlin berufen. Er interessierte sich besonders f¨ur den Galvanismus und seine Anwendung in der Medizin (Versuch einer vollst¨andigen systematischen Geschichte der galvanischen Elektricit¨at und ihrer medicinischen Anwendung, 1803). A. verfaßte Hand- und Lehrb¨ucher, u. a. ein Sammelwerk u¨ ber die neuesten Entdeckungen der Arzneikunde (1799-1805), eine Vollst¨andige Uebersicht der Geschichte der Medicin (1801, 21825), ein Lehrbuch der Physiologie des Menschen, mit vorz¨uglicher R¨ucksicht auf neuere Naturphilosophie und comparative Physiologie (2 Bde., 1809 / 10) und Die K¨oniglich preußische Medicinalverfassung (7 Bde., 1818-43), gab auch verschiedene kurzlebige medizinische Zeitschriften heraus. Ein von ihm angelegtes Herbarium von rund 25 000 Pflanzen ging nach seinem Tod in den Besitz der st¨adtischen Realschule in Potsdam u¨ ber.
Augustin, Karl Haymo Seneca, Montanist, * 15. 4. 1803 Halberstadt, † 7. 7. 1865 Eisleben. A., Sohn eines Oberdompredigers in Halberstadt, besuchte 1819 die Bergschule Eisleben, wurde Bergsekret¨ar und Haushaltsprotokollist am Mansfeldischen Bergamt in Eisleben. 1833-37 war er als nebenamtlicher Lehrer der dortigen Bergschule besch¨aftigt. In den Eisleben-Mansfeldschen Kupferschieferwerken war er Berggeschworener der Gewerkschaft und entwickelte den ersten Laugenprozeß zur Entsilberung von Kupferstein. Dieses Verfahren wurde 1843 in Mansfeld eingef¨uhrt, aber bald durch andere ersetzt. Nach dem Austritt aus der Mansfeldschen Gewerkschaft reiste er durch Tirol und Spanien und stellte den Laugenprozeß vor, der auch auf einigen ungarischen H¨utten bis Ende des 19. Jh. Anwendung fand. A. war sp¨ater Besitzer einer Kupfervitriolfabrik in Roßlau / Elbe. C NDB
Augustin, Maria von, geb. Maria von Thurnberg, Malerin, Schriftstellerin, * 23. 12. 1810 Verschetz (Banat), † 13. 2. 1886 Wien. Die Tochter eines Oberleutnants lebte seit 1815 in Wien. Seit 1828 widmete sie sich als Autodidaktin der Malerei. Seit 1833 entstanden eigene k¨unstlerische Werke, besonders Kirchenbilder (u. a. 14 Kreuzwegstationen f¨ur die Pfarrkirche in Phyra bei St. P¨olten) und u¨ ber 100 Portr¨ats. Nach ihrer Heirat mit Ferdinand Frh. von Augustin war A. verst¨arkt schriftstellerisch t¨atig. Nach dem Tod ihres Mannes 1861 lebte sie in Wien. A. ver¨offentlichte Novellen und Erz¨ahlungen, u. a. Der Jungfrau sch¨onstes Ziel (1844, 51882).
Augustin, Vinzenz Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 27. 3. 1780 Pest, † 6. 3. 1859 Wien. A. trat 1794 in die kaiserliche Armee ein, nahm an mehreren Feldz¨ugen teil und studierte seit 1801 an der Milit¨arakademie
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in Wiener Neustadt. Seit 1807 war er beim Generalquartiermeisterstab t¨atig; er konstruierte f¨ur die zweite Landesaufnahme und die sp¨atere Mappierung neue Basis-Meßinstrumente. 1814-38 war A. Kommandant und Organisator des o¨ sterr. Raketenkorps. Seit 1838 Feldmarschalleutnant, war er f¨ur die Einf¨uhrung von Waffenmeistern und Waffeninspektoren bei der Infanterie verantwortlich, deren Unterrichtung er u¨ bernahm. Die nach seinen Angaben verbesserten Perkussionsgewehre (Delavigne-Pontcharra-System) wurden 1841 in die Armee eingef¨uhrt. 1849 wurde A. Feldzeugmeister und General-Artillerie-Direktor.
Augustiny, Johann Rhode Friedrich, Pseud. Coelestinus, evang. Theologe, * 6. 4. 1803 Missunde, † 12. 10. 1880 Ulsnis. Nach dem Studium in Kiel wurde A. 1838 Prediger und Lehrer auf der Hallig Oland, zog 1844 als Prediger nach Hollingstedt und 1862 nach Ulsnis. A. hinterließ ein Werk eigener und ins Plattdeutsche u¨ bertragener Gedichte. Die heiligen Zeiten der evangelischen Kirche, eine Reihe christlicher Gedichte mit einem kurzen Anhang u¨ ber die Entstehung und Bedeutung der Sonn- und Festtage, erschien 1838. Augustiny, Waldemar, Schriftsteller, * 19. 5. 1897 Schleswig, † 26. 1. 1979 Osterholz-Scharmbeck. A., Sohn eines Postdirektors, studierte 1919-23 Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie in Kiel, Hamburg und Berlin. Nach einer T¨atigkeit als Lektor f¨ur verschiedene Verlage lebte er seit 1932 als freier Schriftsteller in Worpswede bei Bremen. Neben Erz¨ahlungen und Romanen (u. a. Die Fischer von Jarsholm, 1935), die vorwiegend im norddeutschen Raum spielen, schrieb er Biographien (u. a. Elise und Christine. Die beiden Frauen um Friedrich Hebbel, 1971). C Killy Auhagen, Otto (Georg Gustav Edwin), National¨okonom, * 10. 11. 1869 Hannover, † 25. 4. 1945 BerlinSchlachtensee. A. studierte in G¨ottingen, Berlin und Straßburg (Promotion 1894). 1897 wurde er a. o. Prof. der Staatswissenschaften in Breslau, 1905 o. Prof. an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. 1900-06 war er landwirtschaftlicher Sachverst¨andiger an der deutschen Boschaft in St. Petersburg, 1927-30 in Moskau. 1911-13 unternahm er mehrere Studienreisen nach Rußland. A. besch¨aftigte sich insbesondere mit agrarpolitischen Problemen. 1929 setzte er sich erfolgreich f¨ur etwa 10 000 deutsche Bauern ein, die wegen der bevorstehenden Kollektivierung die Ausreisegenehmigung der Sowjetregierung forderten. 1931-33 war er Direktor des Osteuropa-Instituts in Breslau, seit 1933 Honorarprofessor an der Univ. Berlin.
Auler, Wilhelm, Betriebswirtschaftler, * 3. 10. 1883 Simmern / Hunsr¨uck, † 21. 3. 1955 Gießen. Nach praktischer T¨atigkeit in Industrie- und Handelsbetrieben (1899-1909) studierte A. 1910-12 Wirtschaftswissenschaft an der Akademie f¨ur Sozial- und Handelswissenschaft in Frankfurt / Main, war dann zwei Jahre an der H¨oheren Handelsschule und Handelsakademie in Calw besch¨aftigt, erwarb 1915 das Abitur und 1916 das DiplomHandelslehrerexamen. 1918 / 19 studierte er an der Univ. Frankfurt und wurde zum Dr. rer. pol. promoviert. 1921 erhielt er einen Lehrauftrag an der TH Darmstadt. Nach der Habilitation f¨ur Betriebswirtschaftslehre (1922) lehrte A. 1923 / 24 an der H¨oheren Handelsschule Mannheim und wurde 1925 Extraordinarius an der Univ. Gießen. 1925-30 und seit 1937 nahm er einen Lehrauftrag an der Univ. Marburg wahr. Er besch¨aftigte sich u. a. mit Organisation und Rechnungswesen, Bilanzwesen und Finanzierung. A. war Mitherausgeber des Lexikons des kaufm¨annischen Rechnungswesens (1940 / 41).
Aurich Aulhorn, Elfriede, geb. Andreae, Ophthalmologin, * 8. 1. 1923 Hannover, † 14. 3. 1991 T¨ubingen. Das Medizinstudium schloß A., Tochter eines Verwaltungs¨ beamten, 1952 mit der Promotion (Uber Fixationsbreite und Fixationsfrequenz beim Lesen gerichteter Konturen) in G¨ottingen ab. 1961 habilitierte sie sich in T¨ubingen mit der Arbeit Die Beziehung zwischen Lichtsinn und Sehsch¨arfe f¨ur Augenheilkunde. 1963 wurde A. die außerordentliche, 1970 die ordentliche Professur f¨ur das Fach Pathophysiologie des Sehens und Neuroophthalmologie – als erster Ordinaria f¨ur Augenheilkunde an der Univ. T¨ubingen – verliehen. 1978 erhielt A. die Ehrenmitgliedschaft in der International Perimetric Society; 1985 wurde sie in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Die Schwerpunkte der Forschungen von A. lagen in der Pathophysiologie des Sehens und in der Neuroophthalmologie. Sie verfaßte u. a. Ophthalmologische Untersuchungsmethoden (1976) und gab Glaukoma (1978, mit Klaus Heilmann) heraus. Nach A. ist der von der Gesellschaft zur F¨orderung der Neuroophthalmologischen Forschung e. V. gestiftete Elfriede-Aulhorn-Preis benannt.
Auliczek, Dominikus von, auch Auliˇcek, Aulic˜zek, Oul´ıcˇ ek, Dominikus Jakob A., Bildhauer, Porzellanmodelleur, * 1. 8. 1734 Poliˇcka (B¨ohmen), † 15. 4. 1804 M¨unchen. A. studierte Theologie in Prag, wechselte dann zur Kunst und begann eine Ausbildung bei den Bildhauern Franz Patzak und Johann Georg Leitner. Sp¨ater studierte er an den Kunstakademien in Wien, Paris und London, 1756-59 an der Accademia di S. Luca in Rom bei dem Architekten Gaetano → Chiaveri. 1762 u¨ bersiedelte A. nach M¨unchen und trat zwei Jahre sp¨ater die Nachfolge Franz Anton → Bustellis als Modellmeister der Nymphenburger Porzellanmanufaktur an. 1772 wurde er Hofbildhauer, 1775 Hofstatuarius und 1782 Hofkammerrat. A. schuf G¨otterfiguren und Puttengruppen f¨ur den Nymphenburger Park. Seine Arbeiten waren beeinflußt vom r¨omischen Sp¨atbarock und lassen Anzeichen des beginnenden Klassizismus erkennen. C AKL Aulike, Matthias (Johannes Franciscus), preuß. Beamter, * 29. 5. 1807 M¨unster, † 22. 10. 1865 M¨unchen. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften sowie der Geschichte in G¨ottingen und Berlin, wo er u. a. bei → Savigny und → Schmalz h¨orte, trat A. 1827 in den Staatsdienst ein, wurde 1833 Assessor und 1837 in Kleve Landgerichtsrat. Von → Altenstein 1839 als Hilfsarbeiter ins Kultusministerium geholt, vermittelte A. 1840 im Mischehenstreit des Staates mit dem Erzbischof von Posen-Gnesen und wirkte seit 1841 in der dortigen Abteilung f¨ur katholische Kirchenangelegenheiten, die er von 1846 bis zu seinem Tod leitete. 1848 entsandte ihn seine Heimatstadt M¨unster in die Frankfurter Paulskirche. A. pflegte gute Beziehungen zu einflußreichen Pers¨onlichkeiten beider Konfessionen und war n¨aher befreundet mit Hermann von → Mallinckrodt, Julius von → Ficker und besonders mit Ignaz von → D¨olliger. Sein Interesse an Geschichte dokumentierte seine Mitgliedschaft im Verein f¨ur Geschichte und Altertumskunde Westfalens, im niederrheinischen Historischen Verein in K¨oln sowie in der Geographischen Gesellschaft in Berlin. C Preuß Staatsmin, Bd 3, 4
Aumann, Franz Josef, Franz Seraph Johann Leopold A., auch Aumonn, Aumon, Auman, Augustinerchorherr, Komponist, * 24. 2. 1728 Traismauer (Nieder¨osterreich), † 30. 3. 1797 St. Florian (Ober¨osterreich). Der Sohn eines Schulmeisters und Organisten trat 1753 in das Stift St. Florian ein. Noch vor Abschluß des Theologiestudiums wurde er zum Regens chori ernannt und blieb dies bis zu seinem Tod. Er widmete sich der Pflege geistlicher und weltlicher Musik im Stift und beeinflußte mit
seinen Kompositionen die o¨ sterr. Kirchenmusik. Er vertonte Psalmen, komponierte u. a. die Responsoria in festo Nativitatis, ferner heitere und ernste Singspiele, Lieder und Divertimenti. C MGG
Aumer, Joseph, Bibliothekar, * 18. 4. 1835 M¨unchen, † 28. 4. 1922 M¨unchen. Nach dem Studium der Philologie und Orientalistik war A. seit 1857 Praktikant und 1898-1909 Oberbibliothekar an der Hof- und Staatsbibliothek in M¨unchen. Er katalogisierte die arabischen, t¨urkischen und persischen Handschriften. Aumund, G¨unter-Claus, Jurist, Unternehmer, * 10. 12. 1912 Danzig, † 30. 7. 1984 Duisburg. A. studierte in Berlin Maschinenbau und Jura und trat 1949 in die Firma seines Vaters, eines Ingenieurs und Universit¨atsprofessors, ein. Das Unternehmen hatte sich auf die wirtschaftliche Umsetzung von eigenen Patenten auf dem Gebiet der F¨ordertechnik spezialisiert. Mit der Verlegung des Firmensitzes von Berlin nach Homberg / Niederrhein 1951 u¨ bernahm A. die Gesch¨aftsleitung und legte 1956 mit der Aumund-F¨ordererbau GmbH Rheinberg den Grundstein f¨ur das sp¨ater international t¨atige Unternehmen. Den Schwerpunkt der Produktion bildeten Plattenb¨ander, die vor allem in Zementwerken eingesetzt wurden, sowie Krananlagen. A. hatte wesentlichen Anteil an der Einrichtung eines der gr¨oßten u¨ berbetrieblichen und privaten Ausbildungszentren der Bundesrepublik Deutschland. Aurbacher, Ludwig, P¨adagoge, Schriftsteller, * 26. 8. 1784 T¨urkheim / Unterallg¨au, † 25. 5. 1847 M¨unchen. A., Sohn eines Nagelschmieds, war Chorknabe im Augustinerstift Dießen am Ammersee, trat 1796 in das Studienseminar M¨unchen und 1801 ins Benediktinerkloster Ottobeuren ein und u¨ bersiedelte nach dessen Aufl¨osung 1803 nach Wiblingen, 1804 nach Ulm. Nach seinem Austritt aus dem Benediktinerorden als Hauslehrer t¨atig, wirkte er ¨ 1809-34 als Prof. f¨ur Deutsch und Asthetik am Kadettenkorps in M¨unchen, wo er Joseph von → G¨orres kennenlernte. A. verfaßte p¨adagogische Schriften und redigierte die „Bl¨atter f¨ur Erziehung und Unterricht“ und die „Schulbl¨atter“ (1829-32). Er bearbeitete geistliche Lieder, Schw¨anke und Fabeln. Neben Gedichten, Erz¨ahlungen, dramatischen Versuchen und didaktischen Werken ver¨offentlichte er die Erz¨ahlsammlung Ein Volksb¨uchlein (2 Tle., 1827-29), die auf mittelalterlichen Legenden, Historien und Schw¨anken aufbaut (Abenteuer der sieben Schwaben, Spiegelschwaben, Geschichte des ewigen Juden). Die Historia von den Lalenb¨urgern und anderes Volkst¨umliches erschien 1898 (hrsg. von Joseph Sarreiter). C Killy
Aurich, Harald, Biochemiker, * 23. 4. 1932 Oberhohndorf, † 10. 4. 2005 Leipzig. Das Medizinstudium in Leipzig (1950-56) schloß A. mit der Promotion Versuche zur UV-Induktion einer carnitinbed¨urftigen Mutante von Neurospora crassa Shear et B. O. Dodge ab. 1957-67 wissenschaftlicher Assistent am Physiologischchemischen Institut der Univ. Leipzig, wurde er 1961 Facharzt und 1962 Oberarzt f¨ur Physiologische Chemie. 1964 ¨ habilitierte er sich f¨ur Physiologische Chemie (Uber die biologische Funktion unspezifischer Aminos¨aureoxydasen im N-Stoffwechsel des Ascomyceten Neurospora). Seit 1968 Prof. f¨ur Biochemie an der Universit¨at Leipzig, u¨ bernahm er 1976 eine Professur sowie die Leitung des PhysiologischChemischen Instituts in Halle / Saale. Der Medizinischen Fakult¨at stand er 1986, 1989 und 1990 als Dekan vor. 1983 wurde A. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1969-89 geh¨orte er dem Vorstand der Biochemischen Gesellschaft der DDR an, die er 1983-89
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Aurifaber leitete. 1991 wurde er zum Pr¨asidiumsmitglied der Gesellschaft f¨ur Biologische Chemie gew¨ahlt. A. besch¨aftigte sich vor allem mit der Enzymologie und Biochemie der Mikroorganismen. Er ver¨offentlichte u. a. Laboratorium des Lebens (1971, 21979, poln., tschech. und russ. 1973), Das Physiologisch-chemische Institut in Leipzig (mit Wolfgang Rotzsch, 1962), Physiologisch-chemisches Praktikum (mit Wolfgang Rotzsch u. a., 1966), Allgemeine Mikrobiologie (mit Heinz Weide, 1979) und Chemistry and biochemistry of proteins (mit J¨urgen Lasch, 1998).
Aurifaber, Andreas, eigentl. Goldschmid, evang. Theologe, Arzt, * 29. 11. 1513 (1514 ?) Breslau, † 12. / 13. 12. 1559 (1558 ?) K¨onigsberg (Preußen). Seit 1527 studierte A., Bruder von Johannes → A., Philologie und Theologie an der Univ. Wittenberg. 1539 u¨ bernahm er das Rektorat der Lateinschule in Danzig, 1541 das in Elbing. Mit einem Stipendium Herzog → Albrechts von Preußen nahm er 1542 in Wittenberg das Studium der Medizin auf und ging 1545 zur Vervollst¨andigung seiner Kenntnisse nach Padua. 1546 wurde er vom Herzog zum Leibarzt und zum Prof. der Medizin und der Physik an der 1545 neu gegr¨undeten Univ. K¨onigsberg ernannt. A. beriet den Herzog in theologischen Angelegenheiten und war f¨ur ihn diplomatisch an Universit¨aten und F¨urstenh¨ofen t¨atig. 1550 wurde er Schwiegersohn und Mitk¨ampfer des Pfarrers An¨ dreas → Osiander. Schlesien C Arzte Aurifaber, Johannes (Vratislaviensis), eigentl. Goldschmid, evang. Theologe, * 30. 1. 1517 Breslau, † 19. 10. 1568 Breslau. Der Bruder von Andreas → A. und Sch¨uler Philipp → Melanchthons bezog 1534 die Univ. Wittenberg. 1540 wurde er Mitglied, 1545 Dekan der Philosophischen Fakult¨at. Auf Melanchthons Empfehlung kam er 1550 als Prof. der Theologie und Pfarrer an St. Nicolai nach Rostock, wo er maßgeblich an der Ausarbeitung der Mecklenburgischen Kirchenordnung von 1551 / 52 beteiligt war. 1554 wurde A. Prof. der Theologie in K¨onigsberg und wenig sp¨ater Pr¨asident des Bistums Samland. Er bem¨uhte sich um die Beilegung des Osiandrischen Streits und war Mitverfasser der neuen Preußischen Kirchenordnung von 1558. In Breslau, wohin er sich 1567 zur¨uckzog, war A. Pfarrer an St. Elisabeth und Inspektor der Kirchen und Schulen. C RGG Aurifaber, Johannes, eigentl. Goldschmied, luth. Theologe, * 1519 Weimar, † 18. 11. 1575 Erfurt. Nach dem Studium in Wittenberg (1537-40) war A. Hauslehrer bei den Grafen von Mansfeld und diente als Feldprediger. 1545 wurde er Famulus Martin → Luthers. Seit 1550 war er Prediger am Weimarer Hof, den er wegen seiner streng luth. Haltung 1561 wieder verlassen mußte. Er wurde 1566 Pfarrer an der Predigerkirche in Erfurt, 1572 Senior des Erfurter Ministeriums. A. war maßgeblich an der Jenaer Lutherausgabe (1555-58) beteiligt. Er ver¨offentlichte Briefe, Reden und Predigten Luthers und gab 1566 die Tischreden oder Colloquia Doct. Martin Luthers heraus. C TRE
Aurnhammer, Philipp, kath. Theologe, P¨adagoge, * 14. 6. 1896 Stopfenheim (Kr. Weißenburg), † 13. 12. 1981 Eichst¨att. Der Sohn eines fr¨uh verstorbenen Baders besuchte seit 1918 die Handelshochschule in M¨unchen und studierte anschließend Theologie und Staatswissenschaften. 1923 erfolgte die Priesterweihe, 1924 die Promotion zum Dr. oec. publ. (Das kanonische Zinsproblem im Lichte o¨ konomischer Zweckm¨aßigkeit) und die Ernennung zum Kaplan an Heilig Geist in Neuburg / Donau. 1925 u¨ bernahm A. an den Hansaheimen Ernst → Adams die Stelle eines Heimleiters, nach einer o¨ konomischen Krise 1928 die wirtschaftliche und
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1929 die p¨adagogische Leitung. 1934 wurde er Religionslehrer am Alten Realgymnasium in M¨unchen und war nach der Teilnahme als Lazarettverwalter am Zweiten Weltkrieg 1947-63 Stiftungsdirektor des Studienseminars Neuburg, das unter seiner Leitung saniert und erheblich erweitert wurde. 1966-70 war A. Prokurator der Lachner-Klinik in M¨unchen.
Aurogallus, Matth¨aus, eigentl. Goldhahn, Hebraist, * um 1490 Komotau (B¨ohmen), † 10. 11. 1543 Wittenberg. A. war zun¨achst als Lehrer in seiner Heimat t¨atig, immatrikulierte sich 1512 in Leipzig und kam 1519 nach Wittenberg. Dort stand er in enger Verbindung mit Philipp → Melanchthon. 1521 wurde er zum Prof. der hebr¨aischen Sprache ernannt. A. k¨ampfte um die Anerkennung der Hebraistik als Universit¨atsdisziplin und dehnte seine Forschungen auf das Chald¨aische aus. Er stellte seine Wissenschaft in den Dienst ¨ der Theologie, beteiligte sich an der Ubersetzung des Alten Testaments durch Martin → Luther und machte ihm und Melanchthon wertvolle Handschriften zug¨anglich. 1525 gab er die Grammatica hebraicae-chaldaicae linguae heraus. Es folgten eine Chronik der Herz¨oge und K¨onige von B¨ohmen und ein hebr¨aisches historisch-geographisches Reallexikon (1526-39). 1542 wurde A. Rektor der Univ. Wittenberg. C BBKL Aurpach, Johannes, auch Aurbach, Auerbach, Beiname Altanus, Jurist, Dichter, * 5. 2. 1531 Niederaltaich, † 1582. A., Sohn eines Landwirts, studierte Jura in Ingolstadt, Pavia und Frankreich; 1562-65 stand er im Dienst der bayerischen Herz¨oge in Landshut und M¨unchen und war dann bisch¨oflicher Kanzler in Regensburg. 1554 erschienen seine Poematum libri quatuor, 1570 eine Sammlung anakreontischer Oden (Anacreonticorum Odae). C Killy Ausch, Karl (Michael), Deckname: Pelz u. a., o¨ sterr. Journalist, Wirtschaftsfachmann, * 8. 12. 1893 Wien, † 20. 6. 1976 Wien. ¨ A. war 1911-26 Angestellter der Osterreichischen L¨anderbank. 1919 trat er in die Sozialdemokratische Arbeiterpar¨ tei Osterreichs ein. 1927-34 war er Redakteur des „Kleinen Blatts“. 1934-38 geh¨orte A. den illegalen „Revolu¨ tion¨aren Sozialisten Osterreichs“ an und war 1936 / 37 leitender Redakteur von deren „Nachrichten-Dienst“. Im Mai 1938 ging er nach London, wo er als B¨uroangestellter t¨atig war. A. war 1940 Mitbegr¨under des Austrian Labour Club und seit 1941 Mitglied des Londoner B¨uros des o¨ sterreichischen Sozialisten in Großbritannien. Als dessen Wirtschaftsexperte verfaßte er eine planwirtschaftlich orientierte o¨ konomische Nachkriegskonzeption. A. war Mitarbeiter der BBC. Ende 1943 wurde er Mitglied der Wirtschaftskommission des Austrian Representative Committee. 1945 war A. Londoner Korrespondent und 1946-60 Wirtschaftsredakteur der „Arbeiter-Zeitung“ in Wien. Als Chefredakteur betreute er „Das Kleine Blatt“. Seit 1952 war er Mitglied des Generalrats der Oesterreichischen Nationalbank und 1960-63 stellvertretender Vorsitzender der Girozentrale der o¨ sterr. Sparkassen. A. ver¨offentlichte u. a. Austria. Conditions of prosperty (1944), Der Außenhandel in der wirtschaftlichen Ent¨ wicklung Osterreichs (1948), Erlebte Wirtschaftsgeschichte. ¨ Osterreichs Wirtschaft seit 1945 (1963) und Als die Banken fielen. Zur Soziologie der politischen Korruption (1968). 1974 erfolgte durch den Arbeitskreis Benedikt Kautsky die Stiftung des Karl-Ausch-Preises f¨ur Wirtschaftspublizistik. C BHdE, Bd 1 Ausl¨ander, Rose, geb. Rosalie Beatrice Scherzer, sp¨ater Ruth Scherzer, Pseud. Frau Ruth, Schriftstellerin, * 11. 5. 1901 Czernowitz (Bukowina), † 3. 1. 1988 D¨usseldorf. A., Tochter einer j¨udischen k. u. k.-Beamtenfamilie, studierte Literatur und Philosophie in Czernowitz und arbei-
Autenrieth tete 1921-31 als Bankangestellte und Journalistin in den USA. 1923 heiratete sie ihren Studienkollegen Ignaz A., von dem sie sich nach drei Jahren wieder trennte. Sie erwarb die amerikanische Staatsb¨urgerschaft, kehrte aber 1931 zur Pflege ihrer Mutter nach Czernowitz zur¨uck und arbeitete dort bis 1940 als Redakteurin und Englischlehrerin. Die Jahre 1941-44 u¨ berlebte sie in Czernowitz unter deutscher Besatzung im Ghetto, wo sie Paul Antschel (→ Celan) kennenlernte; 1943 / 44 mußte sie sich in Kellern verstecken. 1946 wanderte A. erneut nach Amerika aus, wo sie bis 1961 als Sekret¨arin einer New Yorker Speditionsfirma t¨atig war und Gedichte in deutscher und englischer Sprache schrieb. Der Tod ihrer Mutter 1947 bewirkte einen k¨orperlichen und psychischen Zusammenbruch, von dem sich A. nie wieder ganz erholte. Seit 1965 lebte sie in D¨usseldorf im Nelly-Sachs-Haus der j¨udischen Gemeinde. Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich zunehmend; seit 1978 war sie st¨andig bettl¨agrig. Ihre erste Sammlung von Gedichten, Der Regenbogen, ver¨offentlichte A. mit Hilfe von Alfred → Margul-Sperber 1939. Der Band enthielt sowohl fr¨uhe, romantische, noch in unselbst¨andigem Stil geschriebene Gedichte, als auch in New York entstandene Großstadtlyrik in kraftvoller, expressionistischer Sprache. 1945-56 schrieb sie keine Gedichte in deutscher, nur wenige in englischer Sprache. Erst seit 1961 konnte sie sich wieder auf ihr Werk konzentrieren; es entstanden zahlreiche Gedichtb¨ande, jetzt mit reimlosen Gedichten, deren eindr¨uckliche Sprache nahe am Alltagsgebrauch lag. A., die mit vielen Literaturpreisen ausgezeichnet wurde, schrieb auch Essays u¨ ber Spinoza, Platon und den j¨udisch-spinozistischen Philosophen Constantin → Brunner. C KLG
Auspitz, Heinrich, Dermatologe, * 2. 9. 1835 Nikolsburg (M¨ahren), † 23. 5. 1886 Wien. A. studierte an der Univ. Wien u. a. bei Ernst von → Br¨ucke, war dort seit 1863 Privatdozent f¨ur Dermatologie und Syphilidologie und wurde 1875 a. o. Professor. Seit 1872 war er Direktor der Poliklinik und von 1884 an Leiter der klinischen Station f¨ur Dermatologie und Syphilis am allgemeinen Krankenhaus. A. ver¨offentlichte u. a. Die Lehren vom syphilitischen Contagium und ihre tats¨achliche Begr¨undung (1866), System der Hautkrankheiten (1881) und Handbuch der Hautkrankheiten (2 Bde., 1883 / 84). Seit 1869 gab er die „Vierteljahresschrift f¨ur Dermatologie und Syphilis“ heraus. 1882 wurde A. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. C Wininger
Auspitz, Rudolf, o¨ sterr. Politiker, Unternehmer, * 7. 7. 1837 Wien, † 8. 3. 1906 Wien. Nach seinem Studium an der TH Wien reiste A., Sohn eines Bankiers, zu mathematischen und naturwissenschaftlichen Studien nach Berlin und Paris. Er war Gr¨under und Eigent¨umer der m¨ahrischen Zuckerfabriken in Bisenz und Rohatetz sowie Komiteemitglied des „Centralvereins f¨ur R¨ubenzuckerindustrie in der o¨ sterreichisch-ungarischen Monarchie“. Als Mitglied der liberalen Partei geh¨orte er seit 1871 dem m¨ahrischen Landtag, seit 1873 dem o¨ sterr. Abgeordnetenhaus an. A. spielte als Wirtschaftspolitiker eine bedeutende Rolle; er verfaßte die Untersuchungen u¨ ber die Theorie des Preises (1889). Er war ein Gegner des allgemeinen Wahlrechts und trat f¨ur die Besetzung Bosniens und ¨ Bd 8 der Herzegowina ein. C NOB,
Aussem, Cilly, Sportlerin, * 4. 1. 1909 K¨oln, † 22. 3. 1963 Portofino (Italien). Die Tennisspielerin gewann 1927 und 1930 internationale Meisterschaften, 1931 die Internationalen Meisterschaften von Frankreich und als erste deutsche Spielerin das Wimbledon-Turnier. Als sie 1934 deutsche Tennis-Meisterin wurde, zog sie sich aus dem aktiven Sport zur¨uck und heiratete den italienischen Baron Merdari Della Corte Brae.
Ausserer, Karl, auch Carl A., Historiker, Bibliothekar, * 28. 5. 1883 Schloß Lichtenwald (Steiermark), † 16. 5. 1950 Wien. A. studierte 1903-09 Hilfswissenschaften und Geschichte an der Univ. Wien (Promotion 1908). 1907-09 war er am Institut f¨ur o¨ sterreichische Geschichtsforschung besch¨aftigt, ¨ 1909 / 10 Mitglied des Osterreichischen Historischen Instituts in Rom. 1910 trat er in den Dienst der Wiener Hofbibliothek, wurde 1921 zum Kustos ernannt und sp¨ater Vorstand der Kartensammlung. Seit 1946 leitete er das Finanzund Hofkammerarchiv. A. widmete sich vor allem der Geschichte S¨udtirols und besch¨aftigte sich mit Heraldik, Genealogie, Turkologie und der mittelalterlichen Quellenedition.
Austerlitz, Friedrich, o¨ sterr. Journalist, Politiker, * 25. 4. 1862 Hochlieben (B¨ohmen), † 5. 7. 1931 Wien. A. arbeitete nach einer Kaufmannslehre 1879-87 als Handlungsgehilfe. Nach autodidaktischer Bildung war er seit 1888 vollberuflich journalistisch t¨atig. Victor → Adler konnte ihn f¨ur die „Arbeiter-Zeitung“ gewinnen. Als diese im Januar 1895 in ein Tagesblatt umgewandelt wurde, u¨ bernahm A. die Leitung der politischen Abteilung. Daneben war er jahrelang Korrespondent des Berliner „Vorw¨arts“. Als f¨uhrendes Mitglied der sozialdemokratischen Partei geh¨orte er ¨ 1919 der Konstituierenden Osterreichischen Nationalversammlung und 1920-31 dem Nationalrat an. A. war Mitglied des Staats- bzw. (seit 1919) Verfassungsgerichtshofs. Er setzte sich f¨ur das allgemeine, gleiche Wahlrecht und eine sozialistische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung ein. A. ver¨offentlichte u. a. Preßfreiheit und Pressrecht (1902). C Leser Autel, August Heinrich d’, eigentl. Dautel, evang. Theologe, P¨adagoge, * 1. 11. 1779 Heilbronn, † 30. 9. 1835. Nach dem Studium in Jena wirkte A. seit 1800 als Geistlicher in Heilbronn, setzte sich besonders f¨ur das Schulwesen ein und wurde 1808 von K¨onig → Friedrich von W¨urttemberg zum Hofkaplan und Assessor im Konsistorium von Stuttgart ernannt. Seit 1812 war er Hofprediger und Oberkonsistorialrat, seit 1814 Oberhofprediger und Pr¨alat des Ordens vom goldenen Adler. Als Vorstandsmitglied der kgl. Kommission f¨ur die Erziehungsh¨auser (seit 1826) f¨orderte er das Volksschulwesen, dessen liberale Organisation in W¨urttemberg sein Werk war. A. ver¨offentlichte theologische und p¨adagogische Schriften, u. a. Pr¨ufung des Werthes der Pestalozzi’schen Methode (1810). C Neuer Nekr, Jg. 13 Autenrieth, Edmund Friedrich von, Ingenieur, * 21. 2. 1842 T¨ubingen, † 15. 12. 1910 Stuttgart. A., Sohn Hermann Friedrich → A.s, studierte seit 1857 an der Polytechnischen Schule Stuttgart, der Univ. T¨ubingen und der Sorbonne in Paris. Nach praktischer T¨atigkeit beim w¨urttembergischen Eisenbahnbau war er 1866-71 Assistent und Privatdozent in Stuttgart. 1871 folgte er dem Ruf als o. Prof. f¨ur Br¨uckenbau und Baumechanik nach Br¨unn. Als Nachfolger Christian Otto → Mohrs lehrte er 1873-1907 als Prof. der Technischen Mechanik an der TH Stuttgart. A. vero¨ ffentlichte u. a. das Lehrbuch Technische Mechanik (1900) und wurde 1904 nobilitiert. C NDB Autenrieth, Hermann Friedrich, Mediziner, * 5. 5. 1799 T¨ubingen, † 9. 1. 1874 T¨ubingen. Nach dem Studium in T¨ubingen (Promotion 1821, De discrimine sexuali iam in seminibus plantarum dio¨ıcarum apparente) war A. Assistent und Privatdozent an der von seinem Vater Johann → A. geleiteten T¨ubinger Klinik. 1826 wurde er zum a. o. Prof., 1834 zum o. Prof. der Medizin und 1840 in den Vorstand der Poliklinik berufen. Seit 1821 geh¨orte er der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina an. Neben klinischen und pharmakologischen Arbeiten veranlaßte er 1829 die Quellfassung und Einrichtung
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Autenrieth des Schwefelbads Sebastiansweiler. F¨ur seine Abhandlung Die H¨angematte als zweckm¨aßiges Transportmittel verwundeter Soldaten (1836) wurde er von K¨onig → Friedrich Wilhelm III. mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. 1859 trat A. aus gesundheitlichen Gr¨unden in den Ruhestand.
Autenrieth, Jakob Friedrich, Beamter, * 29. 12. 1740 Stuttgart, † 28. 3. 1800 Stuttgart. A., Sohn eines herzoglichen Landzahlmeisters und Landschaftskommissars in Stuttgart, studierte Rechtswissenschaften in T¨ubingen, trat 1767 in die w¨urttembergische Verwaltung ein und lehrte seit 1777 zus¨atzlich Kameralwissenschaften an der Hohen Karlsschule in Stuttgart. Die Enthe¨ bung von allen Amtern 1787 durch Herzog → Karl Eugen wurde auch nach Protest der Landst¨ande nicht revidiert. 1794 wanderte er nach Nordamerika aus, kehrte nach einem Jahr zur¨uck und trat in die Dienste Herzog → Friedrich Eugens. A.s Abhandlungen zur Verwaltung des Landes (u. a. Die uneingeschr¨ankte Zertrennung der Bauerng¨uter oder Bauernlehen, 1780) hatten zu seiner Zeit grundlegenden Charakter. C NDB Autenrieth, Johann Heinrich Ferdinand von, Anatom, Chirurg, Internist, * 20. 10. 1772 Stuttgart, † 2. 5. 1835 T¨ubingen. Nach dem Studium der Medizin an der Hohen Karlsschule wurde A. 1792 in Stuttgart promoviert (Experimenta et observata quaedam de sanguine praesertim venoso). Dem anschließenden Aufenthalt in Padua folgte eine Reise nach Amerika, wo er das Gelbfieber erforschte. 1797 wurde er Prof. der Anatomie und Chirurgie in T¨ubingen. 1805 er¨offnete er die erste station¨are Klinik der Univ. T¨ubingen. Friedrich → H¨olderlin z¨ahlte zu seinen Patienten. A. wurde 1818 nobilitiert. Seine Ernennung 1819 zum Vizekanzler und 1822 zum Kanzler der Univ. T¨ubingen war mit einer Mitgliedschaft in der w¨urttembergischen Abgeordnetenkammer verbunden. In dieser Funktion verhinderte er u. a. 1826 die Verlegung der Univ. nach Stuttgart (Ueber die Verlegung der Universit¨aten in die Residenzen). A., seit 1821 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, geh¨orte zu den bedeutendsten Klinikern des ersten Drittels des 19. Jh.; ebenso groß sind seine Verdienste in der Gerichtsmedizin und der Leitung des Medizinalwesens in W¨urttemberg. Unter seinen Schriften seien vor allem genannt: Handbuch der empirischen menschlichen Physiologie (1801 / 02), Anleitung f¨ur gerichtliche Aerzte und Wund¨arzte (1806), Versuch f¨ur die praktische Heilkunde (1807 / 08), Ansichten u¨ ber Natur- und Seelenleben (1836). A. war der Vater von Hermann Friedrich → A. C Leb Schwaben, Bd 5 Autenrieth, Wilhelm, Pharmazeut, * 1. 4. 1863 Langensteinbach (Baden), † 25. 1. 1926 Freiburg / Breisgau. Nach dem Studium in Berlin und in Freiburg wurde A. 1888 in Erlangen promoviert (Zur Kenntnis der substituierten Crotons¨auren). 1896 habilitierte er sich an der Medizinischen Fakult¨at in Freiburg (Zur Kenntnis der Isomerieverh¨altnisse bei den unges¨attigten S¨auren), wurde 1900 a. o. Prof. der medizinischen und pharmazeutischen Chemie und war 1921-26 Leiter der Pharmazeutisch-Medizinischen Abteilung des Chemischen Instituts. Zusammen mit Johann Georg → K¨onigsberger entwickelte er f¨ur klinische Laboratorien das „Colorimeter“. 1892 erschien sein Werk Die Auffindung der Gifte und stark wirkender Arzneistoffe (51923). Autrum, Hansjochem, Zoologe, * 2. 2. 1907 Bromberg, † 23. 8. 2003 M¨unchen. A., der sich bereits als Sch¨uler mit der Formenvielfalt von Kleinlebewesen im Wasser besch¨aftigte, studierte seit 1925 Mathematik, Physik und Biologie in Berlin und wurde 1931 mit der zoologischen Arbeit Die Erregbarkeit und ihre Beziehung zur Struktur der Muskelzellen bei verschiedenen
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Variet¨aten von Hirudo medicinalis promoviert. 1938 habi¨ litierte er sich mit der Studie Uber Laut¨ausserungen und Schallwahrnehmung bei Arthropoden, nahm 1945 eine Assistentenstelle in G¨ottingen an und erhielt 1952 den Lehrstuhl f¨ur Zoologie in W¨urzburg. 1958 folgte er einem Ruf auf den Lehrstuhl f¨ur Zoologie in M¨unchen. Mit seinen Forschungen, besonders unter innovativer Anwendung physikalischer und physikochemischer Methoden auf zellul¨arem und neuronalem Niveau, geh¨orte A. zu den Begr¨undern der vergleichenden Sinnesphysiologie, die von seiner Schule erfolgreich weiterentwickelt wurde. Er ver¨offentlichte u. a. Sprechen und Verstehen im Tierreich (1955), Mensch und Tier (1968, 31973, engl. 1972), Humanbiologie (mit Ulrich Wolf, 1973, 21983), Foundations of sensory science (hrsg. v. William W. Dawson und Jay Martin Enoch, 1984) und Streifz¨uge durch die Verhaltensforschung (1986). 1987 gab er das Quellenwerk Von der Naturforschung zur Naturwissenschaft. Vortr¨age, gehalten auf Versammlungen der Ge¨ sellschaft Deutscher Naturforscher und Arzte (1822-1958) heraus. A. wurde 1957 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen und 1977 in den Orden Pour le M´erite gew¨ahlt. 1996 erschien seine Autobiographie Mein Leben. Wie sich Gl¨uck und Verdienst verketten. C Jb BAW 2003
Auvera, Jakob van der, auch Auwera, Bildhauer, * 17. 2. 1672 Mecheln (Brabant), † 26. 2. 1760 W¨urzburg. A. war seit etwa 1700 in W¨urzburg ans¨assig. Seit 1706 Hofbildhauer, leitete er die Plastikarbeiten am Bau der W¨urzburger Residenz. Er war auch am Dom (Chorgest¨uhl) und der Stiftskirche Neum¨unster (Westfassade, Orgelgeh¨ause, Dreik¨onigsaltar) in W¨urzburg t¨atig. A., einer der bedeutendsten Vertreter seiner Familie, war Lehrmeister mehrerer bekannter Bildhauer, darunter seiner S¨ohne Lukas Anton und Johann Wolfgang van der → A. C AKL Auvera, Johann Wolfgang van der, auch Auwera, Bildhauer, * 24. 10. 1708 W¨urzburg, † 27. 3. 1756 W¨urzburg. A., Sohn Jakob van der → A.s und Bruder Lukas Anton van der → A.s, reiste 1730-36 auf Veranlassung und Kosten des F¨urstbischofs Friedrich Karl → Sch¨onborn nach Wien, besuchte die Kunstakademie und lebte im Kreis um Johann Lucas von → Hildebrandt. Nach W¨urzburg heimgekehrt, u¨ bernahm A. die Werkstatt des Vaters. 1740 unternahm er zusammen mit Balthasar → Neumann Reisen bis nach Holland. Im selben Jahr wurde er Hofbildhauer und B¨urger zu W¨urzburg. Neben den rein dekorativen Plastiken f¨ur den Schloßpark schuf A. u. a. den Entwurf des Spiegelkabinetts der W¨urzburger Residenz (1945 zerst¨ort) und zahlreiche Skulpturen an W¨urzburger Kirchen. Er baute den Hochalter des Doms in Worms (1741) und den der Franziskanerkirche in Br¨uhl (1745). A. gilt als einer der Hauptmeister des fr¨uhen Rokoko in Franken. Seine Holzplastiken im W¨urzburger Stadtbereich sind 1945 alle verbrannt. C AKL
Auvera, Lukas Anton van der, auch Auwera, Bildhauer, * 11. 1. 1710 W¨urzburg, † 12. 11. 1766 W¨urzburg. Der Sohn von Jakob van der → A. arbeitete im gleichen Werkstattverband wie sein Bruder Johann Wolfgang van der → A., mit dem er nach 1746 den Prachtbrunnen im Abteigarten des Klosters Ebrach vollendete. A. nahm auch Bildhauerarbeiten am s¨udlichen Fl¨ugelbau und der Ostfassade der W¨urzburger Residenz vor und schuf das Epitaph des F¨urstbischofs Franz Konrad von Stadion in der Michaeliskirche W¨urzburg, m¨oglicherweise nach Entw¨urfen seines Bruders. C AKL Auwers, Arthur (Julius Georg Friedrich) von, Astronom, * 12. 9. 1838 G¨ottingen, † 24. 1. 1915 Berlin. A. studierte an den Universit¨aten G¨ottingen und K¨onigsberg (Promotion 1862, Untersuchungen u¨ ber ver¨anderliche Ei-
Avenarius genbewegungen), war Observator an der Sternwarte Gotha und zog 1866 als Astronom und Mitglied der Preuß. Akademie der Wissenschaften nach Berlin. Er untersuchte vorwiegend die Eigenbewegungen von Fixsternen. Bei dem von ihm entwickelten Projekt „Geschichte des Fixsternhimmels“ wurden 170 000 von 1753 bis 1900 beobachtete Stern¨orter katalogisiert. Unter seiner Leitung gelang den deutschen Expeditionen zur Beobachtung der Venusdurchg¨ange von 1874 (Luxor) und 1882 (Punta Arenas) die genaue Bestimmung der Sonnenparallaxe. Der mehrfach ausgezeichnete Wissenschaftler, seit 1882 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, war der Vater von Karl Friedrich von → A.; er wurde 1912 nobilitiert. C Krafft
Auwers, Karl Friedrich von, Chemiker, * 16. 9. 1863 Gotha, † 3. 5. 1939 Marburg. Nach seinem Studium in Heidelberg und Berlin (Promotion 1885, Ein Beitrag zur Kenntniss des Pseudocumols und des Pseudocumidins) war A., Sohn Arthur von → A.’, Assistent bei August Wilhelm von Hoffmann in Berlin und bei Victor → Meyer in G¨ottingen und Heidelberg. Er habilitierte sich dort 1890 mit der Arbeit Die Entwicklung der Stereochemie, wurde 1894 a. o. Prof., war Direktor des Chemischen Instituts in Greifswald (seit 1900) und in Marburg (1913-28). A., seit 1909 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, f¨uhrte Untersuchungen zur Stereochemie der Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen durch, besch¨aftigte sich mit Isomerie, mit der Spektrochemie und den Konstitutionsbestimmungen zur Strukturaufkl¨arung organischer Verbindungen. Er war Vizepr¨asident und Vorstandsmitglied der Deutschen Chemischen Gesellschaft und ¨ ver¨offentlichte u. a. Uber die Bildung von Chinon-imiden und Phenoxazonen aus o-Amino-phenolen (1924). Auwers, Otto (Artur Siegfried) von, Physiker, * 1. 7. 1895 Heidelberg, † 4. 11. 1949 Clausthal. Der Sohn von Karl Friedrich von → A. studierte in Heidelberg, M¨unchen und Marburg Naturwissenschaften, wurde dort 1920 als Sch¨uler von Franz → Richarz mit der Arbeit Magnetische Messungen an Heuslerschen AluminiumMangan-Broncen mit hochprocentigem Eisengehalt promoviert, war Assistent in Danzig und Greifswald, wirkte seit 1924 als Physiker in den Forschungslaboratorien der Siemens-Werke und habilitierte sich 1935 an der Univ. Berlin, an der er 1943 a. o. Prof. wurde. 1946 folgte seine Ernennung zum Ordinarius in Clausthal. A.s Forschungsgebiet waren lichtelektrische Effekte und ferromagnetische Werkstoffe. Er ver¨offentlichte u. a. den Beitrag Magnetische und elektrische Eigenschaften der legierten Werkstoffe in Leopold → Gmelins Handbuch der anorganischen Chemie (81937, Erg¨anzungsband).
Auzinger, Peter, Mundartdichter, * 18. 10. 1836 Athen, † 6. 2. 1914 M¨unchen. A., Sohn eines k¨oniglichen Milit¨aroboisten, der 1833 mit K¨onig → Otto nach Griechenland gegangen war, kehrte 1838 mit seinem kranken Vater nach M¨unchen zur¨uck und besuchte eine Armenschule. Zun¨achst war er Milit¨artrompeter, 1859-61 Feuerwerker. Nach seiner Entlassung aus dem Milit¨ar wurde A. Schauspieler, danach Sekret¨ar. Von Minister Johann von → Lutz wurde A. in seiner dichterischen Begabung gef¨ordert und erhielt 1881 eine Stelle im Kultusministerium. Mit dem St¨uck Da B¨uchs’nfranzl (1878) wurde er bekannt und lange Zeit am G¨artnerplatztheater in M¨unchen gespielt. C NDB Frau Ava, Dichterin, † um 1127. A. lebte in der ersten H¨alfte des 12. Jh. und war vermutlich identisch mit der am 7. Feburar 1127 bei Melk verstorbenen Klausnerin. Sie ist die erste namentlich bekannte deutsch schreibende Autorin. A. verfaßte, beraten von ihren beiden
geistlich gebildeten S¨ohnen, erz¨ahlende Gedichte in Reimversen, u. a. Johannes (446 Verse) und Leben Jesu (2418 Verse). Ihre bibelepischen Dichtungen sind in der „Vorauer Handschrift“ (ohne Johannes) und in einer seit 1945 verschollenen Handschrift des 14. Jh. u¨ berliefert. C VL
Avancini, Nicolaus, auch Avancinus, Jesuit, Theologe, Schriftsteller, * 1. 12. 1611 Brez bei Bozen, † 6. 12. 1686 Rom. Aus einer reichen Adelsfamilie stammend, besuchte A. das Gymnasium in Graz und trat 1627 in die Societas Jesu ein. Nach dem Studium in Graz (1629-33) und Wien (1637-40) wurde er 1641 Prof. der Rhetorik und Philosophie und 1646 der Theologie an der Univ. Wien. Seit 1664 hatte er verschie¨ dene h¨ohere Amter im Orden inne: Er war Rektor in Passau, Wien und Graz, Visitator f¨ur B¨ohmen (1675), 1676-80 ¨ Provinzial f¨ur Osterreich und seit 1682 Assistent des Ordensgenerals in Rom. Auf dem zum Hoftheater ausgebauten Ordenstheater wurde A.s Drama Pietas victrix (Der Sieg der Pietas, hrsg. von Lothar Mundt und Ulrich Seelbach, 2002) 1659 vor Kaiser → Leopold I. aufgef¨uhrt. Neben seinen rund 40 B¨uhnenst¨ucken verfaßte A. Predigten, Meditationen (Vita et doctrina Jesu Christi; u¨ ber 50 Auflagen) und die aus f¨unf B¨anden bestehende Lyrik-Sammlung Poesis lyrica (1659). C Killy Av´e-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt, Jurist, Schriftsteller, * 23. 5. 1809 L¨ubeck, † 20. 7. 1892 Marienfelde bei Berlin. Der Sohn eines Musiklehrers und Bruder von Robert Christian Berthold → A.-L. studierte seit 1830 Rechtswissenschaften in Jena, ließ sich 1835 als Anwalt in L¨ubeck nieder, wurde 1843 dort Obergerichtsprokurator und 1851 an das Polizeiamt berufen. Nach mehreren Abhandlungen zu Fragen der Polizeiorganisation (u. a. Die Krisis der deutschen Polizei, 1861) ver¨offentlichte er 1858-62 sein Hauptwerk Das deutsche Gaunertum (4 Bde.). Nach seiner Pensionierung zog er 1882 nach Berlin und schrieb Kriminalromane. C SHBL, Bd 9 Av´e-Lallemant, Robert Christian Berthold, Mediziner, * 25. 7. 1812 L¨ubeck, † 10. 10. 1884 L¨ubeck. Nach dem Studium der Medizin in Berlin, Heidelberg, Paris und Kiel (Promotion 1837, De lithotritia) ließ sich A.-L., Bruder des Juristen Friedrich Christian Benedikt → A.-L., 1837 als Arzt in Rio de Janeiro nieder. Er wurde dort Direktor des Gelbfieberhospitals und Mitglied des Gesundheitsrats f¨ur Brasilien. 1855 kehrte er nach Deutschland zur¨uck; dank der Empfehlung Alexander von → Humboldts nahm er an der o¨ sterr. Novara-Expedition nach Brasilien teil. Getrennt von der Gruppe bereiste er mit Unterst¨utzung der brasilianischen Beh¨orden weite Teile des Landes allein. Seine Forschungsergebnisse ver¨offentlichte er u. a. in Reise durch S¨udbrasilien (2 Bde., 1859) und Reise durch Nordbrasilien (2 Bde., 1860). Seit 1859 war A.-L. wieder als praktizierender Arzt in L¨ubeck ans¨assig. 1869 nutzte er eine Einladung zur Er¨offnung des Suezkanal f¨ur eine Reise auf dem Nil. C SHBL, Bd 9 Avenarius, Eduard (Ludwig Friedrich), Buchh¨andler, * 5. 10. 1809 Halberstadt, † 20. 2. 1885 Dresden. Zusammen mit den Br¨udern Friedrich und Heinrich → Brockhaus gr¨undete A., Sohn eines preuß. Kammerrats, die Firma Brockhaus & Avenarius, deren Ziel es war, deutsche und franz¨osische Literatur in beiden L¨andern zu verbreiten. Er leitete 1837-44 die Pariser Filiale und lebte dort im Kreise junger deutscher Intellektueller, unter ihnen Heinrich → Heine, Arnold → Ruge, August Heinrich → Hoffmann von Fallersleben, Heinrich → Laube und seit 1839 auch Richard → Wagner. 1850 trennte er sich von den
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Avenarius Br¨udern Brockhaus und gr¨undete drei Jahre sp¨ater mit Hermann Mendelssohn einen Verlag in Leipzig. 1855 teilten sie ihr Unternehmen. A. er¨offnete 1862 eine Filiale in Moskau, um den deutsch-russischen Literaturaustausch zu f¨ordern. A. war der Vater des Schriftstellers Ferdinand → A. C NDB
Avenarius, Ferdinand (Ernst Albert), Schriftsteller, * 20. 12. 1856 Berlin, † 21. 11. 1923 Kampen / Sylt. Der Sohn des Buchh¨andlers Eduard → A. und der j¨ungsten Stiefschwester Richard → Wagners studierte Naturwissenschaften in Leipzig und Philosophie, Literatur- und Kunstgeschichte in Z¨urich. Nach einem zweij¨ahrigen Aufenthalt in Italien ließ er sich 1882 als Schriftsteller in Dresden nieder und lebte seit 1906 vorwiegend in Kampen auf Sylt. 1887 gr¨undete er die von ihm bis 1923 herausgegebene Zeitschrift „Der Kunstwart“ und 1903 den „D¨urerbund“. Er f¨orderte Schriftsteller, u. a. Gottfried → Keller, Friedrich → Hebbel und Eduard → M¨orike, verfaßte Gedichte (u. a. Wandern und Werden, 1880) sowie Dramen und gab Anthologien heraus (u. a. Hausbuch deutscher Lyrik, 1902, Neuausg. 1952 unter dem Titel Lyrikbuch), die weite Verbreitung fanden. C Killy Avenarius, Johann, eigentl. J. Habermann, luth. Theologe, * 10. 8. 1516 Eger (B¨ohmen), † 5. 12. 1590 Zeitz. A., Sohn eines Kr¨amers, amtierte seit 1542 als luth. Prediger in Kursachsen, war seit 1571 Prof. der Theologie in Jena und seit 1574 in Wittenberg. Von 1576-90 wirkte er als Stiftssuperintendent in Naumburg-Zeitz. A. nahm teil an den Verhandlungen um die Einf¨uhrung des Konkordienbuchs, das er 1581 als kurf¨urstlicher Kommissar in Wittenberg vorlegte. A. ist ber¨uhmt durch sein außerordentlich verbreitetes, in mehrere Sprachen u¨ bersetztes „Betb¨uchlein“ Christliche Gebeth f¨ur allerly Noth und St¨ande der Christenheit (1567). C NDB
Avenarius, Johann, evang. Theologe, Liederdichter, * 6. 11. 1670 Steinbach-Hallenberg, † 11. 12. 1736 Gera. Nach dem Studium in Jena (seit 1688) wurde A., Sohn des Matth¨aus → A., Prediger in Berka, 1702 Diakon, 1704 Archidiakon in Schmalkalden und 1723 Superintendent von Gera. Er ver¨offentlichte einige, meist asketische Schriften, C ADB u. a. Erbauliche Liederpredigten (1714).
Avenarius, Johann Ernst Carl Friedrich, Landrat, * 15. 5. 1777 M¨ulhausen (Reg.-Bez. Erfurt), † 6. 12. 1846 Ehrenbreitstein. Nach der Schulbildung im Kloster Berge bei Magdeburg studierte A. 1796 / 97 in Halle. 1805 wurde er Obermagazinsrendant, 1806 Oberdivisionskommiss¨ar und 1809 Maire (B¨urgermeister) des Kantons Wolfhagen und Volkmarsen (Fulda-Departement). Zwischen 1813 und 1816 war Soldat, zuletzt Kapit¨an erster Klasse im f¨unften westf¨alischen Landwehr-Regiment in H¨oxter. 1817 wurde A. zum Landrat f¨ur den Kreis Daun ernannt. Wegen verz¨ogerter Ablieferung von Kassengeldern und dringenden Verdachts der Verwendung derselben wurde er 1835 zu einer Geldstrafe verurteilt C Romeyk und aus dem Dienst entlassen.
Avenarius, Matth¨aus, evang. Theologe, Liederdichter, * 21. 3. 1625 Eisenach, † 17. 4. 1692 Steinbach. Der Sohn eines Lederh¨andlers studierte Theologie in Coburg, Marburg und Leipzig. 1650 erhielt er auf Empfehlung des Superintendenten Glaß ein Kantorat an der Lutherischen Schule in Schmalkalden und blieb dort, bis er 1662 als Prediger nach Steinbach gerufen wurde. A., Vater von Johann und Philipp → A., wirkte 30 Jahre in seiner Gemeinde und schrieb Gedichte und geistliche Lieder, darunter die Abhandlung Musica.
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Avenarius, Philipp, Musiker, * um 1553 Lichtenstein, † um 1610. Der Bruder des Superintendenten Johann → A. war vermutlich Organist in Altenburg. Es gibt Hinweise, daß er in Falkenau bei M¨unchen ans¨assig war und einige Kompositionen (u. a. Cantiones sacrae 5 voc., 1572) ver¨offentlichte. C MGG Avenarius, Richard (Ernst Abund), Chemiker, Industrieller, * 9. 2. 1840 Koblenz, † 1. 2. 1917 Gau-Algesheim / Rhein bei Bingen. A., Sohn eines Garnisonsverwaltungsdirektors in Mainz, schied 1871 als Hauptmann a. D. und Invalide aus dem Milit¨ardienst aus und widmete sich seinen schon fr¨uher gepflegten chemischen Studien. Er entwickelte ein Verfahren, Weinbergspf¨ahle durch Tr¨anken mit Teer¨ol widerstandsf¨ahiger zu machen, und baute eine alte Schmiede zu einer Kreosotieranstalt um. Nach weiteren Experimenten gelang ihm die Herstellung des Holzschutzmittels „Carbolineum Avenarius“. Um dieses Mittel in großen Mengen produzieren zu k¨onnen, baute A. Fabriken, zuerst bei Berlin, dann in Amstetten (Nieder¨osterreich), Preßburg, St. Petersburg und in den USA. Aus dem „Avenariusbrunnen“, einer kohlensauren Quelle im Brohltal, exportierte er Wasser nach S¨udamerika. A. war f¨uhrendes Mitglied der nationalliberalen Partei Hessens. C NDB Avenarius, Richard (Heinrich Ludwig), Philosoph, * 19. 11. 1843 Paris, † 18. 8. 1896 Z¨urich. A., Sohn eines Verlegers, studierte Philosophie, Philologie und Physiologie in Z¨urich und Berlin, wurde 1868 in Leip¨ zig promoviert (Uber die beiden ersten Phasen des Spinozischen Pantheismus und das Verh¨altnis der zweiten zur ¨ dritten Phase. Nebst einem Anhang: Uber Reihenfolge und Abfassungszeit der a¨ lteren Schriften Spinozas, Nachdruck 1980) und habilitierte sich dort 1876 mit der Arbeit Philosophie als Denken der Welt gem¨aß dem Prinzip des kleinsten Kraftmaßes. Prolegomena zu einer Kritik der reinen Erfahrung (21903). 1877 wurde er Prof. der Philosophie an der Univ. Z¨urich und Herausgeber der „Vierteljahrsschrift f¨ur wissenschaftliche Philosophie“. In seinem Hauptwerk Kritik der reinen Erfahrung (2 Bde., 1888-90; 31921-28) ging A. von sogenannten empiriokritischen Axiomen aus, nach denen es keinen Unterschied zwischen innerer und a¨ ußerer Erfahrung gibt und nur die reine Erfahrung Grundlage der Wissenschaft sein kann. In seinem letzten Buch Der menschliche Weltbegriff (1891, 41927, Nachdruck 1996) suchte er zu zeigen, daß die Philosophie durch die Annahme einer inneren Welt bei anderen Menschen (Introjektion) in die Irre gef¨uhrt werde. A. war Mitbegr¨under des Empiriokritizismus, einer am Prinzip der Denk¨okonomie ausgerichteten Variante des Positivismus, die in Deutschland u. a. durch Joseph → Petzoldt Verbreitung fand. A.’ erkenntnistheore¨ tische Uberlegungen wurden von Ernst → Mach, Edmund → Husserl und im Wiener Kreis rezipiert. Den Einfluß seines Werks auf die russische Philosophie bek¨ampfte Lenin in Materialismus und Empiriokritizismus (1909). C Enz Phil Wiss Avenarius, Tony, Pseud. Antonius Hafermann, auch Haferkamp (?), Maler, Graphiker, * 17. 4. 1836 Bonn, † 31. 1. 1912 K¨oln. Der Sohn eines Oberbergrats studierte seit 1853 an der Kunstakademie M¨unchen und arbeitete in den M¨unchner Ateliers seiner rheinischen Landsleute Gisbert Fl¨uggen und Erich → Correns. 1861 ließ sich A. in K¨oln nieder und wurde Inhaber einer lithographischen Werkstatt. Er war zeitweilig Vizepr¨asident des damals weltber¨uhmten K¨olner M¨annergesangvereins und engagiert in der Laienspielgruppe „C¨acilia Wolkenburg“, f¨ur die er unter seinem Pseudonym zahlreiche Texte schrieb. A. illustrierte Kinderlieder, zeichnete den
Axen Mosaikfußboden der Krypta der St. Gereonskirche und dokumentierte mit 30 Aquarellen die Feier anl¨aßlich der Vollendung des K¨olner Doms 1880. C AKL
Aventinus, Johannes, eigentl. Turmair, Historiograph, * 4. 7. 1477 Abensberg, † 9. 1. 1534 Regensburg. Der in Abensberg, damals noch Hauptort einer Reichsherrschaft, geborene Wirtssohn erhielt seine schulische Grundausbildung bei den Karmelitern am Ort. Sie bef¨ahigte ihn zum Studium an den damals f¨uhrenden Hohen Schulen zu Ingolstadt, Wien (bei Konrad → Celtis), Krakau und Paris. Nachdem die in Aussicht gestellte Universit¨atslaufbahn nicht zustandekam, wurde A. zum Erzieher der S¨ohne Herzog → Albrechts IV. an den M¨unchner Hof berufen. Hier widmete er sich neben seinem Erzieheramt (Lateinische Grammatik, 1512ff.; Lehrbuch der Musik, 1516) historischen Studien (u. a. u¨ ber bayerische Kl¨oster und St¨adte), die entscheidende Voraussetzung seiner Berufung 1517 zum ersten amtlichen bayerischen Landeshistoriographen wurden. Zu diesem Zweck f¨uhrte A. 1517-19 planvolle Quellenstudien im gesamten Land durch, die ihm eine hervor¨ ragende Kenntnis auch der archivalischen und realen Uberlieferung verschafften. 1519-21 arbeitete er die lateinische Urfassung der Annales ducum Boiariae aus. Nach deren Abschluß machte er sich an eine – nicht mehr in gleicher Konzentration durchgef¨uhrte – Verdeutschung (Bayerische Chronik), eine Bearbeitung f¨ur breitere Zielgruppen. Beiden Werken wurde von den Auftraggebern die Druckgenehmigung versagt; seine Kritik an der herzoglichen Reichs- und Kirchenpolitik dr¨angte A. 1528 ins Exil in die Reichsstadt Regensburg ab. Nebenschriften besch¨aftigten sich mit einem in der Tradition der Germania Illustrata stehenden Werk u¨ ber Deutschland, der T¨urkengefahr und der Wehrverfassung des Reiches. Die Hauptwerke von A. f¨uhrten die Bem¨uhungen des vorausgehenden Jahrhunderts um eine Landeschronik auf einen ersten H¨ohepunkt. Das systematisch zusammengetragene Quellenmaterial wurde nach zukunftweisenden methodischen Prinzipien bearbeitet. Besonders bemerkenswert ist die eingehende Auseinandersetzung mit dem dokumentarischen Schrifttum sowie den Sachquellen (vor allem den M¨unzen). Zudem legte A. seine Darstellungen in einer literarischen Form nieder, die ihnen eine in der Folgezeit nie mehr erreichte Wirkung verschaffte. Die Bayerische Chronik geh¨ort wegen ihrer Sprachkraft zum Grundbestand bayerischer Literatur und trug ihm den Titel eines „Vaters der bayerischen Geschichte“ ein. WERKE: Johannes Turmair’s genannt A. S¨ammtliche Werke. 6 Bde., M¨unchen 1881-1908. LITERATUR: Gerald Strauss: Historian in an age of crisis. The life and work of J. A. Cambridge 1963. – Eberhard D¨unninger: J. A. Rosenheim 1977. Alois Schmid Averdieck, Elise, P¨adagogin, Schriftstellerin, * 26. 2. 1808 Hamburg, † 4. 11. 1907 Hamburg. Die Tochter eines Kaufmanns engagierte sich in jungen Jahren vor allem als Pflegerin, u. a. in ihrer Familie und 1832-37 in einer orthop¨adischen Anstalt. Anschließend gr¨undete sie in St. Georg eine Knabenschule, die sie leitete. Das 1856 gegr¨undete Diakonissen-Hospital „Bethesda“ leitete A. bis 1881; es wurde 1859 erweitert und 1860 in den Kaiserswerther Diakonissen-Verband eingegliedert. A. ver¨offentlichte zahlreiche Kinderb¨ucher wie Schulmeisters Spitz und seine Bekannten (1894), Lottchen’s Enkel oder Reise zu den
Großeltern (1894) und Ferien in S¨uderhaff (1903). Postum erschienen Lebenserinnerungen (1908), Elise Averdieck als Diakonissenmutter. Der Lebenserinnerungen 2. Teil (1912) und Fr¨ohlich, frisch und voll Frieden. Briefe und Bl¨atter aus dem Nachlaß (1910).
Averhoff, Johann Peter, Bankier, * 22. 10. 1723 Altona (heute zu Hamburg), † 4. 4. 1809 Hamburg. Der aus armen Verh¨altnissen stammende A. gr¨undete 1750 eine Handlung f¨ur Geld- und Wechselgesch¨afte in Hamburg. 1760 fusionierte er mit Ernst Friedrich van Scheven zur Firma Averhoff & van Scheven. Nach dessen Tod f¨uhrte A. das Unternehmen allein weiter und wurde aufgrund seiner Gewissenhaftigkeit und Sparsamkeit zu einem der f¨uhrenden Hamburger Bankiers. Er f¨uhrte vor allem Bankgesch¨afte f¨ur den schwedischen Hof. 1773 wurde er kgl. Schwedischer Agent, 1797 Generalagent. Die Zinsen seines Verm¨ogens dienten wohlt¨atigen Zwecken, ein Teil der Unterst¨utzung bed¨urftiger Familienangeh¨origer, der andere Teil ging an Witwen, Waisen, versch¨amte Arme und Studierende. 1909 wurde das Verm¨ogen der A.schen Familien- und Wohlt¨atigen Stiftung auf rund 4 700 000 Reichsmark beziffert. A. hatte umfangreiche wirtschaftliche Kenntnisse, umfassende europ¨aische Verbindungen und war zugleich Philantrop. Vom schwedischen K¨onig Gustav III. wurde er mit dem WasaC NDB Orden ausgezeichnet. Avianus, Johann, Dramatiker, Musikschriftsteller, * um 1550 Tonndorf bei Erfurt, † 23. 1. 1617 Eisenberg. A. wurde 1591 Schulrektor in Gera, 1594 Pfarrer in M¨unchen-Bernsdorf und 1614 Superintendent in Eisenberg. Er schrieb Trag¨odien (u. a. Der Pfarrer und der arme Lazarus, 1607), Kom¨odien und Gedichte. A. besch¨aftigte sich mit Musiktheorie. Seine Isagoge musicae poeticae (1581) er¨ortert in dreizehn kurzen Kapiteln die Grundlagen der C MGG Kompositionslehre. Avianus, Johann Jacob, Jurist, * 7. 7. 1635 Erfurt, † 4. 9. 1688 Speyer. A. bezog 1654 die Univ. Jena, studierte Jura und erhielt die Erlaubnis, an der Juristischen Fakult¨at private Vorlesungen zu halten. 1660 / 61 bereiste er Holland, England und Teile Frankreichs. Zur¨uckgekehrt, ernannte ihn der Rat der Stadt Erfurt zum Prof. der Rechte und u¨ bertrug ihm das Amt des Syndicus primarius. Wegen der Vierherrenwahl im Konflikt mit der B¨urgerschaft einerseits, dem kurf¨urstlichen Erzbischof von Mainz und den kaiserlichen Kommissaren andererseits, wollte A. gemeinsam mit dem B¨urgermeister und bewaffnetem Landvolk f¨ur Ruhe sorgen. 1663 mußte er fliehen. 1665 wurde er Prof. der Rechte in Jena. Im folgenden Jahr holte ihn Herzog → Ernst der Fromme nach Gotha, wo A. 1674 zum Konsistorialpr¨asidenten avancierte. Als Kanzler und Berater Herzog Albrechts zog er 1680 nach Coburg, 1686 an das kaiserliche Kammergericht in Speyer. Axen, Hermann, Politiker, * 6. 3. 1916 Leipzig, † 15. 2. 1992 Berlin. A., Sohn eines j¨udischen Handelsvertreters und KPDFunktion¨ars, besuchte in Leipzig das Realgymnasium und trat 1932 in den Kommunisten Jugendverband Deutschlands ein. Nach antifaschistischer T¨atigkeit wurde er 1934 verhaftet und zu drei Jahren Zuchthaus (Zwickau 1935-38) verurteilt. 1938 emigrierte er nach Frankreich, wurde 1940 im Lager Vernet interniert und 1942 an die Gestapo ausgeliefert, die ihn in das Konzentrationslager Auschwitz deportierte, wo er Leiter des heimlichen Lagerkomitees war; 1945 wurde er nach Buchenwald verlegt. Seit 1942 Mitglied der LagerKPD, trat A. 1946 in die SED ein. Im selben Jahr war er Mitbegr¨under der Freien Deutschen Jugend (FDJ). 1948 / 49
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Axen war er Mitglied des Volksrats und 1954-89 der Volkskammer der DDR. Von 1950 an geh¨orte A. dem Zentralkomitee (ZK) der SED an. 1956-66 leitete er als Chefredakteur das Parteiorgan „Neues Deutschland“ und wurde 1966 Sekret¨ar des ZK der SED und 1970 Vollmitglied des Politb¨uros. Seit 1971 war er zugleich Vorsitzender des Volkskammerausschusses f¨ur ausw¨artige Angelegenheiten. Im November 1989 wurde A. von seinen Partei- und Staats¨amtern entbunden, aus der SED ausgeschlossen und im Januar 1990 wegen Amtsmißbrauch und Korruption verhaftet. Aus gesundheitlichen Gr¨unden wurde er aus der Haft entlassen. Ausgew¨ahlte Reden und Aufs¨atze A.s erschienen 1981 unter dem Titel Starker Sozialismus – sicherer Frieden. C BHdE, Bd 1
Axen, Peter, Jurist, Historiker, * 16. 7. 1635 Husum, † 23. 2. 1707 Schleswig. Nach dem Studium der Rechte und der sch¨onen K¨unste in Leipzig und Jena begleitete A. seit 1665 als Hofmeister den Baron Friesen und als Sekret¨ar den Herzog von Holstein auf ihren Reisen durch Frankreich, Italien, die Niederlande und England. Seit 1670 als Advokat in Schleswig ans¨assig, war er auch als Philologe und Historiker t¨atig. Er schrieb u. a. Historia de vita et obitu Helenae a Kerssenburg (1657) und u¨ bersetzte Galeazzo Gualdos Historia pacis inter Ludovicum XIV. et Philippum IV. aus dem Italienischen in das Lateinische. Er gab die Fabeln des Ph¨adrus heraus (1671). C NDB
Axenfeld, Theodor, Augenarzt, * 24. 6. 1867 Smyrna (heute Izmir), † 29. 7. 1930 Freiburg / Breisgau. Nach dem Studium in Marburg und Berlin (Promotion 1890, Untersuchung mehrerer Marburger Schulen auf Kurzsichtigkeit) und der Habilitation (1895, Ein weiterer Beitrag zur Lehre von der eitrigen metastatischen Ophthalmie) in Marburg wurde A. 1897 Prof. der Augenheilkunde in Rostock, 1901 in Freiburg. Seine Forschungen galten der Histologie des Auges sowie der Entwicklung von Operationstechniken. Er schrieb u¨ ber Unfallsch¨adigungen des Auges und u¨ ber Blindsein und Blindenf¨ursorge (1905; 2., vermehrte Aufl. ¨ 1912). Bei seinen Untersuchungen zur Atiologie der Bindeund Hornhauterkrankungen entdeckte er mit Victor Morax den „Morax-Axenfeldschen Diplobazillus“. A. war Mitarbeiter an Graefe-Saemischs Handbuch der gesamten Augenheilkunde, Herausgeber der „Klinischen Monatsbl¨atter f¨ur Augenheilkunde“ und ver¨offentlichte u. a. Die Bakteriologie in der Augenheilkunde. (1907). C Bad Bio N.F., Bd 3
Axhausen, Georg, Chirurg, * 24. 3. 1877 Landsberg (Warthe), † 19. 1. 1960 Berlin. A. studierte Medizin an der Kaiser-Wilhelm-Akademie in Berlin (Antiseptik oder Aseptik im Felde, 1902) und war 1904-07 Assistent an der Chirurgischen Klinik in Kiel, 1908-24 Assistent und sp¨ater Oberarzt an der Chirurgischen Klinik der Charit´e in Berlin. Er habilitierte sich dort 1908 und wurde 1912 a. o. Prof., 1928 o. Prof. an der Univ. Berlin und Direktor des Zahn¨arztlichen Instituts an der Charit´e. 1934 wurde er Pr¨asident der Deutschen Gesellschaft f¨ur Zahn-, Mund- und Kiefernheilkunde. Aus politischen Gr¨unden beantragte A. 1939 seine Emeritierung und kehrte 1946 auf seinen Lehrstuhl zur¨uck. 1939-44 diente er als beratender Chirurg bei der Luftwaffe. A. besch¨aftigte sich u. a. mit der Pathologie und Chirurgie der Knochen und Gelenke, mit den histologischen Gesetzen der freien Knochen¨uberpflanzung und den freien Gelenkk¨orpern. Er pr¨agte den Begriff aseptische Nekrosis; eine Methode zur Schließung der Gaumenspalte wird Axhausen-Operation genannt. Zu A.s Publikationen geh¨oren Operations¨ubungen an der menschlichen Leiche und am Hund (1919, 21930), Beitr¨age zur Mundund Kieferchirurgie (1932) und Leitfaden der zahn¨arztlichen Chirurgie (1950).
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Axmann, Arthur, Politiker, Kaufmann, * 18. 2. 1913 Hagen (Westfalen), † 24. 10. 1996 Berlin. Der Arbeitersohn trat 1928 in die Hitlerjugend, 1931 in die NSDAP ein, studierte zwei Semester in Berlin Rechtsund Staatswissenschaften und wurde 1932 als Referent f¨ur die Fragen der Jungarbeiter hauptamtlicher Funktion¨ar in der Reichsleitung der NSDAP in M¨unchen. Seit 1933 als Direktor des Sozialen Amtes in der Reichsjugendf¨uhrung der NSDAP in Berlin t¨atig, war A. 1934-40 F¨uhrer des Hitlerjugend-Gebietes Berlin, 1936 / 37 Leiter des Reichsjugendamtes der Deutschen Arbeitsfront (DAF) und 1937-40 Leiter der Dienststelle „Berufswettkampf aller schaffenden Deutschen“ in der DAF. 1940-45 war er als Nachfolger von Baldur von → Schirach Reichsjugendf¨uhrer der NSDAP und Jugendf¨uhrer des Deutschen Reiches. Dem Reichstag geh¨orte er 1941-45 an. Im Zweiten Weltkrieg verwundet, wurde er 1945 nomineller Kommandeur der Panzerbrigade „Hitlerjugend“ des Deutschen Jungvolks. Anfang Mai 1945 floh er aus dem F¨uhrerbunker, tauchte als Kaufmann mit dem Namen Erich Siewert in Mecklenburg unter, wurde im selben Jahr verhaftet und 1949 als Hauptschuldiger zu drei Jahren und drei Monaten Arbeitslager verurteilt. Nach der Freilassung 1949 wurde er Vertreter f¨ur Kaffee in Gelsenkirchen und im Ruhrgebiet und war 1956-71 als Vertreter f¨ur Baumaschinen in der Einzelhandelsfirma seines Bruders t¨atig. 1958 wurde A. in einem S¨uhneverfahren wegen „Verhetzung der Jugend w¨ahrend der NS-Zeit“ zu einer Geldbuße verurteilt. 1971-76 war er Bevollm¨achtigter einer spanischen Firma zur Errichtung einer Freizeitanlage auf Gran Canaria, 1976-86 Angestellter der Wirtschafts- und Handelsauskunftei Creditreform. Er ver¨offentlichte u. a. Der Reichsberufswettkampf (1938) und „Das kann doch nicht das Ende sein.“ Hitlers letzter Reichsjugendf¨uhrer erinnert sich (1992, 21995). C Lilla, Statisten Axmann, Ferdinand, o¨ sterr. Maler, Graphiker, * 3. 11. 1838 Wien, † 15. 3. 1910 Wien. Der Sohn von Josef → A. besuchte die Akademie der bildenden K¨unste in Wien und die Meisterschule von Leopold → Kupelwieser und Carl → Rahl. Seit 1866 war er Prof. an der Staatsoberrealschule in Salzburg, 1876-97 an der Staatsoberrealschule in Wien. 1874 / 75 begab er sich auf eine Studienreise (Italien, Schweiz, Belgien, Frankreich, Niederlande, Deutschland). A. galt als technisch versierter Maler und Graphiker; er schuf Landschafts-, Historienund Altarbilder. Vor allem aber malte er Portr¨ats, u. a. von Adalbert → Stifter, Franz → Grillparzer und Erzherzog ¨ → Maximilian I. von Osterreich. C AKL Axmann, Hans, Radiologe, Dermatologe, * 30. 9. 1862 Erfurt, † 11. 1. 1934 Erfurt. A. ließ sich nach dem Studium der Medizin (Promotion 1890, Zur vaginalen Totalexstirpation des carcinomatoesen Uterus) in Erfurt als Arzt nieder. Nach sechsj¨ahriger Assistenz an der dortigen Frauenklinik gr¨undete er mit eigenen Mitteln die „Lupusheilst¨atte in Erfurt“. Als Direktor seiner Klinik besch¨aftigte er sich mit Radiologie und Dermatologie; er entwickelte Apparate und Methoden zur Strahlenbehandlung, z. B. die nach ihm benannte Axmannblende sowie einen Reflektor f¨ur ultraviolette Strahlenbehandlung. Zahlreiche Arbeiten dokumentieren seine Forschungen, u. a. Wundbehandlung mittels ultravioletten Lichtes (1905). C Reichshandbuch Axmann, Josef, o¨ sterr. Kupfer- und Stahlstecher, * 7. 3. 1793 Br¨unn, † 9. 11. 1873 Salzburg. A. erhielt ersten Zeichen- und Malunterricht bei Ignaz J. → Weidlich, setzte dann seine Ausbildung 1811 an der Kunstakademie in Wien fort. Die Kunst des Kupferstichs erlernte er bei Johann → Blaschke und erhielt f¨ur seinen Stich Macocha von den m¨ahrischen St¨anden ein sechsj¨ahriges Sti-
Ayrer pendium. 1820-25 war er in Pest t¨atig, danach in Wien. 1829 erfand er eine neue Technik der Hoch¨atzung auf Zink und Kupfer. 1843 versuchte er Daguerreotypen zu a¨ tzen. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied der Akademie der bildenden K¨unste Wien. 1866 ging er nach Salzburg. Eine umfangreiche Sammlung seiner Arbeiten (u. a. Portr¨ats, Landschaften, Illustrationen zu Werken seines Freundes Adalbert → Stifter) befindet sich in der Wiener Hofbibliothek und in der Albertina in Wien. A. war der Vater von Ferdinand → A. C AKL
Axt, Johann Konrad, Mediziner, Apotheker, * Arnstadt, † 1681. Aus a¨ rmlichen Verh¨altnissen stammend, studierte A., unterst¨utzt von seinen Lehrern Hermann → Conring und Heinrich → Meibom, Medizin in Helmstedt. Er ließ sich als Arzt in seiner Heimatstadt nieder, wo er sp¨ater Physikus und B¨urgermeister wurde. 1679 ver¨offentlichte er seine Hauptschrift Tractatus de arboribus coniferis et pice conficienda, die die Methode und Ger¨ate der Harz- und Teergewinnung schildert. Im Anhang befindet sich die Epistola ad amicum de antimonio, in dem er seine in der Praxis h¨aufigen Anwendungen des Antimons erkl¨art und verteidigt. Axter, Franz, Milit¨ararzt, Schriftsteller, * 25. 4. 1772 Bamberg, † 29. 7. 1808 Bamberg. A. studierte in Erfurt, Jena, Erlangen und W¨urzburg Medizin und wurde 1795 promoviert (De aeris atmosphaerici in corpus humanum influxu salubrio et noxio). Zur weiteren Ausbildung ging er nach Wien und trat als Milit¨ararzt in kaiserlich o¨ sterr. Dienste. 1800 kehrte er nach Bamberg zur¨uck und wurde, da er keine Anstellung als Arzt fand, Mitarbeiter politischer Zeitungen in W¨urzburg und M¨unchen. Seit 1807 war er Z¨ollner in Schnaittach. A. schrieb Gedichte, Romane und Theaterst¨ucke, u. a. Der Bund der Liebe (1806).
Ayblinger, Joseph Adam, Jurist, * 18. 3. 1664 Augsburg, † 21. 12. 1722 Salzburg. A. studierte in Dillingen und Salzburg, wo er im November 1697 promoviert wurde. Bereits zwei Monate vor seiner Promotion erhielt er einen Ruf als Prof. an die Univ. Dillingen und lehrte die Institutionen des R¨omischen Rechts. 1700 u¨ bernahm er das Lehramt der Institutionen in Salzburg und wurde 1709 zum hochf¨urstlichen salzburgischen Hofrat ernannt. 1717 erhielt er das Lehramt der Pandekten. Er verfaßte u. a. Usus fructus (1707). Ayndorffer, Kaspar → Kaspar Ayndorffer Ayrenhoff, Cornelius Hermann, o¨ sterr. Dramatiker, * 28. 5. 1733 Wien, † 15. 8. 1819 Wien. A., Sohn eines Kriegsagenten, nahm als o¨ sterr. Offizier am Siebenj¨ahrigen Krieg teil, wurde 1794 Feldmarschalleutnant und trat 1803 in den Ruhestand. Er schrieb Trag¨odien und Lustspiele, beeinflußt von Johann Christoph → Gottsched, Racine, Boileau und Moli`ere. Als Gegner der „regellosen“ St¨ucke Shakespeares schrieb er die Literaturkom¨odie Die gelehrte Frau (1775). A.s erfolgreichstes Lustspiel war Der Postzug oder die noblen Passionen (1769); zu seinen Trag¨odien z¨ahlt Hermann und Thusnelde (1768). C Killy
Ayrer, Ernst Ferdinand, Tiermediziner, * 30. 6. 1774 G¨ottingen, † 18. 11. 1832 Berlin. A. studierte seit 1793 Jura, widmete sich jedoch bald ausschließlich dem Studium der Mathematik, Mechanik, Anatomie und Physiologie der Tiere sowie der Kunst des Reitens. 1796 fand er eine Anstellung als Bereiter in G¨ottingen. 1800 reiste er, um sein K¨onnen zu vervollkommnen, nach Wien. Er besuchte die dortige Tierarzneischule, die Milit¨argest¨ute in Babolna (Oberungarn) und Mez¨ohegyes (Banat) und einige Privatgest¨ute. 1802 kehrte er nach G¨ottingen zur¨uck
und wurde nach dem Tod seines Vaters 1817 als Universit¨ats-Stallmeister angestellt. 1832 ging er als Stallmeister beim Hof-Marstall nach Berlin. 1813 erschien von A. eine Beschreibung der Rinderviehpest. C Neuer Nekr, Jg. 10
Ayrer, Georg Heinrich, Jurist, * 15. 3. 1702 Meiningen, † 23. 4. 1774 G¨ottingen. Der Sohn eines Hofkonditors studierte seit 1721 Jura in Jena und begleitete danach den jungen Edelmann von Forstern auf die Universit¨aten Leipzig und Straßburg. Anschließend bereisten sie gemeinsam Holland, Frankreich und Deutschland. 1736 in G¨ottingen promoviert, wurde A. noch im gleichen Jahr a. o. Prof. und Beisitzer der Juristischen Fakult¨at. Seit 1737 war er K¨oniglicher Rat und o. Prof. und wurde 1743 zum Hofrat ernannt. Die Philosophische Fakult¨at erteilte ihm 1745 die Magisterw¨urde. Seit 1755 Senior der Juristischen Fakult¨at, wurde er 1768 Geheimer Justizrat, 1769 Pr¨asident des Historischen Instituts und 1773 Ordinarius der Juristischen Fakult¨at. A. ver¨offentlichte zahlreiche Schriften, u. a. Opusculorum minorum varii argumenti sylloge nova (1752).
Ayrer, Gustav Heinrich, Jurist, Schriftsteller, * 14. 5. 1810 L¨uchow, † Dezember 1892 Celle. A., Sohn eines Arztes, studierte an der Univ. G¨ottingen Jura und wurde 1831 Amtsauditor, 1834 Amtsassessor in Harburg. Seit 1852 war er Obergerichtsrat am neugegr¨undeten Obergericht in Verden, 1859-79 Oberappellationsgerichtsrat in Celle. Neben einigen politischen Brosch¨uren (u. a. Die Braunschweiger Frage, 1885) ver¨offentlichte A. Gedichte und Dramen (u. a. Hannovers Fall, 1887). ¨ eigentl. Ei(e)rer, auch Ayerer, Airer, Ayrer, Jacob d. A., Dichter, * M¨arz 1544 N¨urnberg, † 24. 3. 1605 N¨urnberg. A. war kaiserlicher Notar und Gerichtsprokurator der Stadt N¨urnberg und schrieb u¨ ber 100 Dramen, Trag¨odien, Kom¨odien, Singspiele und Fastnachtsspiele, wovon 69 erhalten sind. Zun¨achst von Hans → Sachs und seinen Meistersingerdramen beeinflußt, zeigen seine Arbeiten zunehmenden Einfluß der englischen Kom¨odianten. In der Comedia von der sch¨onen Ph¨anicia bearbeitete A. Shakespeares Thema von Viel L¨arm um Nichts. 1618 erschien eine Sammlung seiner St¨ucke unter dem Titel Opus theatricum (6 Bde.). A. war der Vater von Jacob → A. d. J. C Killy
Ayrer, Jacob d. J., Jurist, getauft 30. 1. 1569 N¨urnberg, † Ende 1625 Amberg (Oberpfalz). ¨ studierte seit 1588 RechtsA., Sohn von Jacob → A. d. A., wissenschaft in Leipzig, ließ sich 1593 als Advokat in N¨urnberg nieder, wo er 1598 in den Großen Rat berufen wurde. Bald darauf verließ er die Stadt, ging nach Weiden und war dort 1600-07 Stadtschreiber und 1608 Advokat. Nach der R¨uckkehr nach N¨urnberg wirkte er dort bis 1614 als Advokat. A. verfaßte den Historischen Processus juris, eine an einem praktischen Beispiel gegebene Schilderung des gesamten Zivilprozeßverfahrens. C NDB Ayrer, Marcus, auch Marx A., Drucker, * um 1455 N¨urnberg, † nach 1506. A., Sohn eines Salzh¨andlers, f¨uhrte 1483-89 eine Druckerei in N¨urnberg, vor allem f¨ur kleinere deutschsprachige, volkst¨umliche Schriften. Auf Wanderschaft druckte er 1490 / 91 in Regensburg und 1492 / 93 in Bamberg. Vier seiner f¨unf Bamberger Drucke nennen Hans Bernecker als seinen Gesellschafter. Man vermutet, daß Bernecker, der Pergamenthandel betrieb, A.s Geldgeber war. Die Texte brachte er offenbar aus N¨urnberg mit (u. a. Die Legende von St. Sebald). 1496 / 97 war der Buchbinder und Universit¨atspedell Georg Wyrffel in Ingolstadt sein Teilhaber und 1498 in Erfurt Heidericus A., der vermutlich sein Sohn war. C NDB
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B Baacke, Dieter, Medienp¨adagoge, * 2. 12. 1934 Hannover, † 23. 7. 1999 Bielefeld. B. studierte Germanistik, Theologie, Sinologie, Philosophie und P¨adagogik in Marburg und G¨ottingen, wo er 1962 promoviert wurde (Das romantisch-allegorische Drama und Immermanns „Merlin“). Er wandte sich dann der P¨adagogik zu, habilitierte sich 1972 in Bielefeld (Kommunikation und Kompetenz) und wurde noch im selben Jahr o. Prof. f¨ur außerschulische P¨adagogik. B. besch¨aftigte sich vor allem mit Medienp¨adagogik, Kommunikations- und Rezipientenforschung, Jugend-, Erwachsenen- und Weiterbildung. Er entwickelte den heute g¨angigen Begriff „Medienkompetenz“. B. gab „mobile“ (1964-69), sp¨ater die Reihen „Kommunikation“ (seit 1973), „Medien in Forschung und Unterricht“ (seit 1980) und „Jugendforschung“ (seit 1985) heraus. Er war Mitbegr¨under (1984) und dann erster Vorsitzender der Gesellschaft f¨ur Medienp¨adagogik und Kommunikationskultur sowie Vizepr¨asident des Deutschen Kinderhilfswerks. Er geh¨orte dem Vorstand der Kulturpolitischen Gesellschaft Deutschland sowie der Deutschen Gesellschaft f¨ur Publizistik und Kommunikationswissenschaft an. B., der auch zu den Direktoren der Akademie f¨ur Medienp¨adagogik, Medienforschung und Multimedia in Bielefeld z¨ahlte, ver¨offentlichte u. a. eine Einf¨uhrung in die außerschulische P¨adagogik (1976, 21985) und Jugend und Musik (1997). 1998 / 99 gab er einen Grundriß der P¨adagogik (1998 / 99) heraus.
Gewerkschaftsbundes u¨ bernahm. 1929 wurde B. Kommissar der Reichsregierung bei der Deutschen Getreidehandelsgesellschaft, 1930 Vorsitzender der deutsch-polnischen Roggenkommission und 1930-33 Mitglied des Reichstags. Daneben lehrte er seit 1930 als Lehrbeauftragter an der Univ. Berlin. Nach seiner politisch motivierten Entlassung aus al¨ len Amtern wieder als Landwirt t¨atig, sah er sich 1935 zur Emigration in die T¨urkei gezwungen. Dort arbeitete er zun¨achst als Wirtschafts- und Landwirtschaftsberater f¨ur die t¨urkische Regierung, u¨ bernahm 1938 / 39 einen Lehrauftrag f¨ur landwirtschaftliche Marktfragen an der Univ. Ankara, mußte diese Funktionen allerdings nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges aufgeben und war 1944 / 45 interniert. Von einem anschließenden Aufenthalt in den USA kehrte er 1948 auf Wunsch Kurt → Schumachers nach Deutschland zur¨uck, u¨ bernahm das Ordinariat f¨ur Wirtschafts- und Staatswissenschaften in Kiel und leitete das dortige Institut f¨ur Weltwirtschaft, seit 1961 auch das Forschungsinstitut f¨ur Wirtschaftsfragen der Entwicklungsl¨ander. Nachdem B. bereits 1948 als Vertreter der Landes Schleswig-Holstein in den Verfassungsausschuß der Ministerpr¨asidentenkonferenz der westlichen Besatzungszonen berufen worden war, geh¨orte er 1949-65 f¨ur die SPD dem Deutschen Bundestag an. Er ver¨offentlichte u. a. Entwicklungsm¨oglichkeiten der europ¨aischen Landwirtschaft (1928), Weltern¨ahrungswirtschaft (1956) und Der C Hagemann Wettlauf zum Jahre 2000 (1960).
Baade, Brunolf, Ingenieur, * 15. 3. 1904 Berlin, † 14. 10. 1969 Dresden. Nach dem Ingenieurstudium in Berlin und M¨unchen (Dipl.-Ing. 1929) war B. Konstrukteur bei den Bayerischen Flugzeugwerken. 1930-36 hielt er sich zu Forschungsarbeiten in den USA auf und wurde nach seiner R¨uckkehr Leiter des B¨uros f¨ur Neukonstruktionen beim JunkersFlugzeugwerk in Dessau, wo er u. a. die JU 288 entwickelte. B. war seit 1945 Mitglied des Technischen Rats der Stadt Dessau und leitete dort zun¨achst den Wiederaufbau des Flugzeug- und Motorenwerks, bevor er 1946 mit der Demontage befaßt war und schließlich als Chefkonstrukteur in die Sowjetunion kam. Seit 1954 wieder in Deutschland, wurde B. 1958 Generalkonstrukteur der Luftfahrtindustrie der Deutschen Demokratischen Republik. Er war Mitbegr¨under der Ingenieurschule f¨ur Flugzeugbau und der Fakult¨at f¨ur Luftfahrt an der TH Dresden, wo er Dozent wurde. Ende der f¨unfziger Jahre arbeitete B. an der Konstruktion eines D¨usenverkehrsflugzeugs und war seit 1961 Direktor des neugegr¨undeten Instituts f¨ur Leichtbau in Dresden.
Baade, Knud Andreassen, Maler, * 28. 3. 1808 Skjold, † 24. 11. 1879 M¨unchen. B., Sohn eines Amtsrichters, war seit Sch¨uler eines Portr¨atmalers in Bergen, 1825-29 studierte er an der Kunstakademie Kopenhagen bei Christoffer Wilhelm Eckersberg, dessen Einfluß in seinen ersten Historienbildern mit Motiven aus der Mythologie erkennbar ist. 1836-39 und – nach einer durch ein Augenleiden bedingten Zwangspause – 1843-45 studierte er in Dresden bei Johan Christian Clausen → Dahl und siedelte dann nach M¨unchen u¨ ber. Neben ersten monumentalen Gem¨alden entstanden kleinformatige Portr¨ats und zunehmend Landschaften. B. unternahm zahlreiche Studienreisen durch Norwegen und Sachsen sowie seit 1845 in die Alpenl¨ander. 1849 hatte er mit einem dramatischen Mondscheinbild der norwegischen K¨uste großen Erfolg und war seit 1872 Mitglied der Akademie in Stockholm. C AKL
Baade, Fritz, Volkswirtschaftler, Politiker, * 23. 1. 1893 Neuruppin, † 15. 5. 1974 Kiel. B., Sohn einer Lehrerin und eines Seminardirektors, studierte Medizin und Volkswirtschaft in G¨ottingen, Berlin, Heidelberg und M¨unster. Seit 1915 SPD-Mitglied, war er 1918 / 19 Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrats sowie Stadtverordneter in Essen. Nach sechs Jahren als Landwirt und nach Abschluß des Studiums 1923 (Dr. rer. pol., Die Wirtschaftsform des Großbetriebes in vorkapitalistischer Zeit) arbeitete er zun¨achst als Berichterstatter f¨ur die Zeitschrift „Sozialistische Monatshefte“, bevor er 1925-29 auf Veranlassung Rudolf → Hilferdings die Leitung der Forschungsstelle f¨ur Wirtschaftspolitik der SPD und des Allgemeinen Deutschen
Baade, (Wilhelm Heinrich) Walter, Astronom, * 24. 3. 1893 Schr¨ottinghausen (Westfalen), † 25. 6. 1960 Bad Salzuflen. B., Sohn eines Lehrers, studierte seit 1912 in M¨unster und G¨ottingen (Dr. phil. 1919, Bahnbestimmung des spektroskopischen Doppelsterns Lyrae nach Spektrogrammen von Prof. Hartmann) und wurde wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Hamburger Sternwarte, 1927-31 Observator. 1920 entdeckte er den Planetoiden Hidalgo. Seit 1929 lehrte er an der Univ. Hamburg, wurde 1931 a. o. Prof., im folgenden Jahr Mitarbeiter des Mount Wilson Observatory, sp¨ater der Mount Wilson and Mount Palomar Observatories in Pasadena (California). B. arbeitete vor allem u¨ ber die Struktur von Spiralnebeln und Sternpopulationen (B.sche Populationen) und verbesserte ihre Entfernungsbestimmung. 1958 u¨ bernahm er eine Professur in G¨ottingen. C Wußing
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Baader Baader, Andreas (Bernd), * 6. 5. 1943 M¨unchen, † 18. 10. 1977 Stuttgart. B., Sohn eines Historikers, der vermutlich auf dem R¨ucktransport aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft ums Leben kam, wuchs in M¨unchen auf und ging 1963 nach Berlin. 1968 mit anderen wegen eines Kaufhausbrandes in Frankfurt / Main zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, trat er die Strafe nicht an, wurde 1970 in Berlin verhaftet, von Ulrike → Meinhof u. a. bei einer Ausf¨uhrung befreit und anschließend in einem Camp der El Fatah in Jordanien milit¨arisch ausgebildet. 1968-70 entstand unter F¨uhrung von B. und Ulrike Meinhof die „Rote Armee Fraktion“. 1972 in Frankfurt / Main erneut verhaftet, wurde B. mit anderen 1974 vor Gericht gestellt und 1977 zusammen mit Gudrun → Ensslin und Jan-Carl Raspe vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen vier Morden und 34 versuchten Morden zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach der Entf¨uhrung des Arbeitgeberpr¨asidenten Hanns-Martin → Schleyer und der gescheiterten Entf¨uhrung einer Lufthansamaschine mit dem Ziel, die Verurteilten freizupressen, ver¨ubten diese nach offizieller Darstellung Selbstmord in ihren Zellen. Baader, Ernst Wilhelm, Pathologe, * 14. 5. 1892 Berlin, † 1. 11. 1962 Hamm. B. war 1924-33 dirigierender Arzt des Kaiserin-AugusteViktoria-Krankenhauses in Berlin-Lichtenberg, anschließend bis 1945 Direktor des St¨adtischen Krankenhauses Neuk¨olln und des Instituts f¨ur Berufskrankheiten an der Univ. Berlin. 1946 wechselte er an das Knappschaftskrankenhaus in Hamm und war seit 1951 Prof. der Pathologie an der Klinik f¨ur Berufskrankheiten der Univ. M¨unster. B. war Mitglied zahlreicher internationaler Akademien und Gesellschaften sowie Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft f¨ur Rheumatologie. Er schrieb u. a. Grundlagen der Gewerbekrankheiten (1931, 41954). C Munzinger
Baader, Ferdinand Maria, Mediziner, Philosoph, Naturforscher, * 10. 2. 1747 Ingolstadt, † 4. 3. 1797 Augsburg. Nachdem B. seine Studien in Ingolstadt 1771 als Doktor der Arzneiwissenschaft abgeschlossen hatte, zog er als Stadtund Landphysikus nach Erding. 1776 ernannte ihn die Kurbayerische Akademie der Wissenschaften zu ihrem Mitglied und zum Prof. der Naturgeschichte. B. wurde 1777 Kurf¨urstlich wirklicher Medizinalrat und B¨ucherzensurrat, im folgenden Jahr Direktor der Physikalischen und der Philosophischen Klasse an der Akademie der Wissenschaften. Er ¨ schrieb u. a. Uber das Studium der Philosophie (1778).
Baader, (Benedikt) Franz (Xaver) von, Philosoph, * 23. 3. 1765 M¨unchen, † 23. 5. 1841 M¨unchen. Der dritte Sohn Joseph → B.s begann 1781 an der Univ. Ingolstadt das Studium der Medizin und der Naturwissenschaften, das er 1783 in Wien fortsetzte. Mit dem in seiner Dissertation Vom W¨armestoff, seiner Verteilung, Bindung und Entbindung (1786) formulierten Begriff der „Weltseele“ wurde B., der fr¨uh unter den Einfluß Johann Michael von → Sailers geriet, zu einem Wegbereiter der romantischen Naturphilosophie. Vor¨ubergehend war er als Assistenzarzt in der v¨aterlichen Praxis in M¨unchen t¨atig. Seit 1788 studierte er Bergbau in Freiberg. 1792-96 arbeitete er als Bergingenieur in England und Schottland; die Begegnung mit dem Elend des Proletariats und dem Fr¨uhsozialismus beeindruckte ihn zutiefst. Seit 1797 als Bergrat im bayerischen Staatsdienst, machte
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er sich vor allem um die Glasmacherei verdient; 1807 stieg er zum Oberstbergrat auf. 1808 wurde B. in die Bayerische Akademie der Wissenschaften aufgenommen und als Ritter des neueingerichteten Zivildienstordens geadelt. Im selben Jahr er¨offnete er in Lambach im Bayerischen Wald eine Glash¨utte, mit der er sp¨ater in Schulden geriet. Das Patent eines dort von ihm entwickelten neuen Verfahrens zur Glaserzeugung (Ersetzung der Pottasche durch Glaubersalz) wurde ihm 1811 von der o¨ sterr. Regierung f¨ur 12 000 Taler abgekauft. Seine Denkschrift zur Anmahnung einer gemeinsamen christlichen antinapoleonischen Politik (1815), ¨ die er den Monarchen von Osterreich, Preußen und Rußland sandte, beeinflußte die Entstehung der Heiligen Allianz. B. wurde 1820 im Rahmen einer Reorganisation in den Ruhestand versetzt. 1826 erhielt er eine Honorarprofessur f¨ur Religions- und Sozialphilosophie an der Univ. M¨unchen, die er jedoch 1838 aufgrund eines Erlasses der bayerischen Regierung verlor, nach dem Nichtklerikern das Halten von Vorlesungen u¨ ber theologische und religi¨ose Themen an bayerischen Universit¨aten untersagt war. B. besch¨aftigte sich mit mystischen und theosophischen Traditionen, neben Jacob → B¨ohme auch mit Louis Claude de Saint-Martin, die zu den wichtigsten Quellen seiner universalistischen Einheitsspekulationen wurden, denen die Idee eines urspr¨unglich harmonischen Verh¨altnisses von Geist und Natur zugrundelag. Sein Ziel sah B., der in engem Gedankenaustausch mit → Schelling stand, in der Vers¨ohnung von Wissenschaft und Christentum. Der g¨ottlichen Offenbarung r¨aumte er den Primat vor der menschlichen Vernunft ein. In dem auf einer Reise nach Rußland begonnenen Werk Fermenta cognitionis (Heft 1-5, 1822-24; Heft 6 unter dem Titel Proben religi¨oser Philosopheme, 1825; Neuausg. 1992) legte B., sich gegen die aufkl¨arerischen „Ultraalleswisser“ und die pietistischen „Ultranichtswisser“ wendend, seine Hauptgedanken einer religi¨osen Philosophie dar, die er in seinen Vorlesungen u¨ ber religi¨ose Philosophie im Gegensatze der irreligi¨osen a¨ lterer und neuerer Zeit (1827) weiterentwickelte. Er forderte die Einbeziehung („Einb¨urgerung“) des Proletariats in eine st¨andestaatliche Gesellschaftsordnung und trat f¨ur die Anerkennung eines solidarit¨atstiftenden „Christentums als Soziet¨ats-Prinzip“ ein. Eine der ersten Analysen des industriellen Fr¨uhkapitalismus in Deutsch¨ land bietet die Arbeit Uber das dermalige Mißverh¨altnis der Verm¨ogenslosen oder Proletairs zu den Verm¨ogen besitzenden Klassen der Soziet¨at in betreff ihres Auskommens [. . .] (1835). In seinen Schriften zur erotischen Philosophie (u. a. Vierzig S¨atze einer religi¨osen Erotik, 1831) vertrat er die Theorie von der „urspr¨unglich androgynen Natur des Menschen“. WEITERE WERKE: S¨ammtliche Werke. Hrsg. v. Franz Hoffmann, Julius Hamberger u. a. 16 Bde., Leipzig 1851-60. Neudr. Aalen 1963, 21987. – F. B. und sein Kreis. Ein Briefwechsel. Ausgew¨ahlt und hrsg. v. Fritz Werle. Leipzig 1924. – Schriften zur Gesellschaftsphilosophie. Hrsg. v. Johannes Sauter. Jena 1925. – Seele und Welt. F. B.’s Jugendtageb¨ucher. Eingeleitet und hrsg. v. David Baumgardt. Berlin o. J. [1928]. – Lettres in´edites. Hrsg. v. Eug`ene Susini. 4 Bde., Paris / Wien 1942-67. LITERATUR: David Baumgardt: F. v. B. und die philosophische Romantik. Halle 1927. – Hans Graßl: Aufbruch zur Romantik. Bayerns Beitrag zur deutschen Geistesgeschichte 1765-1785. M¨unchen 1968. – Friedrich Hartl: F. v. B. Graz u. a. 1971. – Gerhard Wehr: F. v. B. Zur Reintegration des Menschen in Religion, Natur und Erotik. Freiburg / Breisgau 1980. – Peter Koslowski (Hrsg.): Die Philosophie, Theologie und Gnosis F. v. B.s. Spekulatives Denken zwischen Aufkl¨arung, Restauration und Romantik. Wien 1993. – Marie-Elise Zovko: Natur und Gott. Das wirkungsgeschichtliche Verh¨altnis Schellings und B.s. W¨urzburg 1996. –
Baader Peter Koslowski: Philosophien der Offenbarung. Antiker Gnostizismus, F. v. B., Schelling. M¨unchen u. a. 2001. – Wilhelm Schmidt-Biggemann: Politische Theologie der Gegenaufkl¨arung. Saint-Martin, De Maistre, Kleuker, B. Berlin 2004. Bruno Jahn
Baader, Gustav Theodor, Forstwissenschaftler, * 4. 4. 1878 Alzey (Rheinhessen), † 10. 9. 1956 Gießen. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1899-1902 Forstwissenschaft an der Univ. Gießen. 1905 zum Forstassessor ernannt, arbeitete er bis 1914 im Forsteinrichtungsdienst in verschiedenen hessischen Forst¨amtern. 1912 in Gießen promoviert (Die Veranschlagung des Zuwachses bei Ertragsregelungen), habilitierte er sich dort 1914 (Das Fachwerk und seine Beziehungen zum Waldbau). Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg hessischer Forstmeister im Vogelsberg, wurde er 1921 auf das Ordinariat f¨ur Forsteinrichtung, Waldwertrechnung und Forstliche Statistik an der Forstlichen Hochschule in Eberswalde berufen und war seit 1922 Oberforstmeister und Leiter der hessischen F¨orsterschule in Schotten. 1929 wechselte B. als Leiter des Forstamtes nach Darmstadt, lehrte seit 1930 auch als Honorarprofessor an der dortigen TH und folgte 1931 einem Ruf auf eine o. Professur f¨ur Forstliche Betriebslehre an der Univ. Gießen, wo er zugleich mit der Leitung der Abteilung Ertragskunde der Hessischen Forstlichen Versuchsanstalt betraut wurde; 1937 / 38 war er Rektor der Universit¨at. 1938 folgte B. einem Ruf an die Forstliche Hochschule Hannoversch M¨unden, die 1939 in die Univ. G¨ottingen eingegliedert wurde; 1939-42 war er Dekan der Forstlichen Fakult¨at und wurde 1945 emeritiert. B., der 1934-42 zu den Herausgebern der „Allgemeinen Forstund Jagdzeitung“ geh¨orte, ver¨offentlichte u. a. Forsteinrichtung als nachhaltige Betriebsf¨uhrung und Betriebsplanung (1942, 21945).
Baader, Johann Michael, Maler, Radierer, * 1736
war, arbeitete B. in der Industrie und als Journalist beim „Hamburgischen Correspondenten“. Von den Nationalsozialisten zeitweise interniert, war er seit 1945 in Bayern ans¨assig und malte Stammtafeln seiner Familie. C Killy
Baader, Joseph (Franz von Paula), Mediziner, * 25. 9. 1733 Regensburg, † 16. 2. 1794 M¨unchen (?). B., Sohn eines Hof- und Kammerrats, studierte 1752 / 53 Theologie, dann Arzneiwissenschaft in Prag und Ingolstadt. Nach der Promotion 1758 kam er im folgenden Jahr als Stadtphysikus nach Amberg und wurde 1768 Hofmedikus des Herzogs Klemens in M¨unchen. Seit 1772 war B. Leibarzt des Kurf¨ursten → Maximilian III Joseph, wurde Medizinalrat und 1786 bayerischer Garnisonsarzt. B. ver¨offentlichte u. a. eine Abhandlung von einem balsamischen Seifensyrup (1785). Er war der Vater von Franz, Joseph und Klement → B. Baader, Joseph von, Ingenieur, * 30. 9. 1763 M¨unchen, † 20. 11. 1835 M¨unchen. Der Bruder von Franz und Klement → B. wandte sich nach der Promotion zum Dr. med. technischen F¨achern zu. Er hielt sich 1787-95 in England auf und trat 1798 als Direktor der Maschinen und des Bergbaus in bayerische Staatsdienste. B. baute in Schloß Nymphenburg das „Gr¨une Brunnenhaus“ (1803) und konstruierte die Wasserpumpwerke (1808 / 09). 1808 wurde er Geheimer Rat bei der Generaldirektion des Bergbaus und der Salinen, sp¨ater Oberbergrat und 1813 nobilitiert. Seit 1807 forderte er den Bau von Eisenbahnen, stellte 1818 ein funktionsf¨ahiges Modell, 1825 im Nymphenburger Park die erste Eisenbahn in vollem Maßstab her. Schon 1819 schlug er den Bau der Strecke N¨urnberg-F¨urth vor. Neben dem hydrostatischen Zylinder- und Kastengebl¨ase entwickelte er technische Neuerungen im Bereich der Salinenwirtschaft sowie ein U-Boot (1799) und verfaßte u. a. Neues System der fortschaffenden Mechanik (1822). C NDB
Eichst¨att, † 30. 11. 1792 Paris. B. erhielt seine Ausbildung zun¨achst bei Johann Georg → Bergm¨uller in Augsburg. Zum weiteren Studium ging er zu Anton Raphael → Mengs nach Rom, an die Wiener Akademie der K¨unste und nach Paris (1762-66). Dort schloß er Freundschaft mit dem Kupferstecher Johann Georg → Wille. 1764 erhielt er einen Akademiepreis f¨ur Zeichnen. 1775 wurde B. Mitglied der Acad´emie de Saint Luc, 1777 Mitglied der Wiener Akademie mit dem Aufnahmegem¨alde Tobias dankt f¨ur die Wiederherstellung seines Augenlichtes. Seit 1788 war B. Maler des Bischofs von Eichst¨att, in dessen Schl¨oßchen im f¨urstbisch¨oflichen Hofgarten er die Geschichte des Jephta schuf. Zu seinen Werken z¨ahlen auch Altarbl¨atter in der Pfarrkirche Gebelsee und Deckenfresken in der Pfarrkirche Schambach. 1776 wurden B.s Werke in Paris ausgestellt. C AKL
* 8. 4. 1762 M¨unchen, † 29. 3. 1838 M¨unchen. Der Bruder von Franz und Joseph → B. studierte Theologie in Ingolstadt und wurde nach der Priesterweihe 1786 Kanonikus zu St. Andreas in Freising. In seinen Schriften propagierte er kirchliche Reformen und S¨akularisation. B. wurde 1803 Oberschul- und Studienkommissar in M¨unchen, dann in Ulm, von wo er als Oberkirchenrat ins Ministerium des Inneren nach M¨unchen berufen wurde. Nach der Zeit als bayerischer Kreisschulrat in Salzburg war er seit 1817 Regierungs- und Schulrat in M¨unchen. B. ver¨offentlichte Das gelehrte Baiern (1804), von dem nur der erste Band (A-K) erschien, und ein Lexikon verstorbener Baierischer Schriftsteller des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts (2 Bde., 1824 / 25, Nachdr. 1971). C LThK
Baader, Johannes, Architekt, Schriftsteller, * 22. 6. 1875
Baader, Ottilie, Politikerin, * 30. 5. 1847 Frankfurt / Oder,
Stuttgart, † 15. 1. 1955 Adldorf (heute zu Eichendorf, Kr. Dingolfing-Landau). Der aus einer Handwerkerfamilie stammende B. erlernte in Stuttgart den Beruf des Steinmetzen (1892-94) und studierte daneben an der Staatlichen Baugewerkschule (1892-95), sp¨ater an der TH Stuttgart (1898 / 99). Seit 1899 war er in Magdeburg und Dresden t¨atig, wo er 1903 mit anderen K¨unstlern die Vereinigung bildender K¨unstler f¨ur monumentalen Grabmalsbau gr¨undete und bis 1905 Mitglied blieb (u. a. Entwurf zu einem Welttempel mit 1000 m Sockelbreite und 1500 m H¨ohe, 1906). Seit 1905 lebte B. in Berlin und war Mitarbeiter der Zeitschriften „Neue Jugend“, „Die freie Straße“ und „Der Dada“. Mit Raoul → Hausmann verfaßte er Dada-Manifestationen, schuf großformatige Collagen, gr¨undete 1919 die dadaistische Republik Nikolaisee und schrieb 1920 das HADO, Handbuch des Oberdada. Nachdem 1920 eine Bewerbung als Bauhauslehrer gescheitert
† 24. 7. 1925 Berlin. Aus einfachen Verh¨altnissen stammend, arbeitete B. nach vierj¨ahrigem Schulbesuch als Fabrikn¨aherin und Heimarbeiterin. Sie wurde Mitglied des b¨urgerlichen Arbeiterinnenvereins Lina → Morgensterns, schloß sich unter dem Eindruck der Schriften von Karl → Marx und August → Bebel der Sozialdemokratie an und u¨ bernahm in ihr bald Funktionen. 1885 wurde sie Schriftf¨uhrerin des Fachvereins der Berliner Manteln¨aherinnen, eine der ersten Branchengewerkschaften Deutschlands. Sie beteiligte sich an der Gr¨undung der Freien Volksb¨uhne, der Berliner Arbeiterbildungsschule und geh¨orte 1891 zur deutschen Delegation auf dem Br¨usseler Sozialistenkongreß. 1900-08 war sie als „Zentralvertrauensperson der Genossinnen Deutschlands“ f¨uhrend am Aufbau der sozialistischen Frauenbewegung beteiligt, zun¨achst ehrenamtlich, seit 1906 als Leiterin des Frauenb¨uros der SPD. Auf nationalen und internationalen Kongressen forderte sie
Baader, Klemens (Alois), kath. Theologe, Publizist,
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Baader Frauenstimmrecht, Frauen- und Kinderschutz und F¨orderung der Arbeiterinnenbildung. 1917 wurde sie als Gegnerin der Burgfriedenspolitik der SPD auf eine Stelle in der Parteikorrespondenz versetzt. 1921 erschien ihre Autobiographie Ein steiniger Weg (31979). C Demokr Wege
Baader, Theodor (Ludger Josef Anna Maria), Germanist, * 25. 4. 1888 M¨unster (Westfalen), † 16. 4. 1959 Hiltrup (heute zu M¨unster). Nach dem Studium an den Universit¨aten Bern und M¨unster ¨ (Promotion 1913, Historische Ubersicht des osnabr¨uckischtecklenburgischen Vokalismus, 1920) wurde B., Sohn eines Buchdruckers, 1920 Privatdozent (Habilitationsschrift: Zur Dialectographie Westfalens) an der Univ. seiner Heimatstadt und war 1923-44 Ordinarius f¨ur Germanische Philologie an der Univ. Nijmegen (Niederlande). Neben zahlreichen wissenschaftlichen Ver¨offentlichungen (u. a. Einf¨uhrung in die Lautschrift und instrumentale Sprachregistrierung, 1933) publizierte B. Gedichte (Aus holl¨andischer Landschaft, 1942) und eigene Kompositionen. 1950 begr¨undete er das Mundartenarchiv auf Tonband. C IGL
Baar, Hugo, o¨ sterr. Maler, * 3. 3. 1873 Neutitschein (M¨ahren), † 16. 6. 1912 M¨unchen. In seiner Heimatstadt erlernte B. 1889-91 das Weberhandwerk, nahm an der Wiener Kunstgewerbeschule Unterricht bei Josef von → Storck und Rudolf → Ribarz und studierte bei Gabriel von → Hackl und Heinrich → Knirr in M¨unchen. 1903 zog er wieder nach Wien, besaß seit 1907 ein eigenes Atelier in Neutitschein und war 1912 als Lithograph in M¨unchen t¨atig. 1904-12 geh¨orte er dem Hagenbund an, seit 1909 der Vereinigung deutsch-m¨ahrischer K¨unstler in Br¨unn. Er malte bevorzugt stimmungsbetonte Landschaften seiner Heimat (u. a. Weiden im Schnee, 1906). C AKL Baare, Fritz, Industrieller, * 9. 5. 1855 Bochum, † 10. 4. 1917 Bad Oeynhausen. Der Sohn Louis → B.s besuchte die TH in Berlin und in Karlsruhe und trat nach Studienaufenthalten in Großbritannien und Frankreich 1880 als Stellvertreter seines Vaters und Generalsekret¨ar in den Bochumer Verein f¨ur Bergbau und Gußstahlfabrikation ein. Als dessen Generaldirektor (seit 1895) ließ er ein Waggonwerk und eine Brikettfabrik errichten und erwarb einige neue Erzgruben. ¨ C DBJ, Uberleitungsband 2 Baare, Louis, Industrieller, * 12. 6. 1821 Minden, † 17. 5. 1897 Bochum. B., Sohn eines Tabakfabrikanten und Spediteurs, war G¨uterinspektor bei der K¨oln-Mindener Eisenbahn, war in der Hannoverschen Eisenbahndirektion und im Bremer Senat t¨atig und leitete in Zusammenarbeit mit der Bremer Handelskammer ein Amt f¨ur Zollangelegenheiten. Nach der Umwandlung des Bochumer Vereins f¨ur Bergbau und Gußstahlfabrikation in eine Aktiengesellschaft (1854) war er bis 1895 deren Generaldirektor. Mit Hilfe des f¨uhrenden Technikers und Erfinders des Stahlformgusses Jakob Mayer entstand unter B.s Leitung eines der gr¨oßten Werke der rheinisch-westf¨alischen Stahlindustrie; die Zahl der Besch¨aftigten stieg in dieser Zeit von 300 auf 9000. B. betrieb eine werkseigene Sozialpolitik, beriet Otto von → Bismarck bei der Ausarbeitung der Sozialversicherung und war am Kampf um Schutzz¨olle beteiligt. C Rhein-Westf Wirt, Bd 1 Baare, Willy, Industrieller, * 25. 9. 1857 Bochum, † 2. 7. 1938 Godesberg. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Heidelberg, Leipzig und G¨ottingen (Dr. jur.) erhielt B., Sohn des Louis → B., seine praktische Ausbildung in Paris, Br¨ussel und London. 1884 trat er als Generalsekret¨ar in das Direktorium des Bochumer Vereins f¨ur
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Bergbau und Gußstahlfabrikation ein, wurde stellvertretender Generaldirektor und sp¨ater Vorsitzender des Direktoriums, aus dem er sich 1922 zur¨uckzog. C Reichshandbuch
Baargeld, Johannes Theodor, eigentl. Alfred Ferdinand Gruenwald, weiteres Pseud. Zentrodada, Jesaias, Dichter, Graphiker, * 9. 10. 1892 Stettin, † vermutlich 18. 8. 1927 im Mont-Blanc-Gebiet. B., Sohn eines Generaldirektors, wuchs in K¨oln auf, studierte 1912-14 Rechts- und Staatswissenschaften in Oxford und Bonn, leistete Kriegsdienst, wurde 1923 in K¨oln mit der Arbeit Die Entwicklung der deutschen privaten Lebensversicherungsproduktion w¨ahrend des Krieges promoviert und war danach Beamter der K¨olnischen R¨uckversicherungsGesellschaft. B., seit 1919 Mitglied der USPD, gab die Satirezeitschrift „Der Ventilator“ heraus und war als „Zentrodada“ Protagonist der K¨olner Dadaisten. Neben dadaistischen Aktionen erkl¨arte B. Fundst¨ucke zu Kunstobjekten, schuf u. a. Collagen, Zeichnungen und schrieb Gedichte (Texte von Zentrodada, 1987, 21990). 1977 erschien Auf der Suche nach der Biographie des K¨olner Dadaisten Johannes Theodor Baargeld (hrsg. von Walter Vitt). B. verungl¨uckte in den franz¨osischen Alpen. C DLL 20. Jh. Baarova, Lida, eigentl. Ludmilla Babkov´a, o¨ sterr. Schauspielerin, * 16. 11. 1914 Prag, † 27. 10. 2000 Salzburg. Nach einer Schauspielausbildung am Staatlichen Konservatorium in Prag und Engagements am dortigen Nationaltheater spielte die Tochter eines Magistratsbeamten bereits im Alter von 17 Jahren in tschechischen Filmproduktionen. 1934 wurde sie von der Berliner Ufa unter Vertrag genommen und gelangte mit Filmen wie Barcarole (1935), Ein Teufelskerl (1935) und Die Stunde der Versuchung (1936) zu großem Ruhm. Ihr Partner in diesen Produktionen, die sie auf den Typus des exotischen Vamps festlegten, war Gustav → Fr¨ohlich. Als eine Aff¨are B.s mit Joseph → Goebbels ruchbar wurde, verbot eine Anordnung → Hitlers jede weitere Teilnahme B.s an deutschen Produktionen. B. kehrte nach Prag zur¨uck, wo sie in einigen Filmen spielte, jedoch nicht mehr an ihre fr¨uheren Erfolge ankn¨upfen konnte. Nach Kriegsende der Kollaboration mit den Deutschen bezichtigt, wurde sie vor¨ubergehend inhaftiert, konnte jedoch nach der Heirat mit Jan Kopecky 1946 ausreisen. Nach Aufenthalten ¨ in Osterreich und Argentinien spielte sie in den f¨unfziger Jahren in Italien und Spanien in einigen bedeutungslosen Produktionen, jedoch auch in Federico Fellinis fr¨uhem Meisterwerk Die M¨ußigg¨angerin (1953). Seit 1956 lebte B. in Salzburg. C Cinegraph Baas, Johann Hermann, Mediziner, Medizinhistoriker, * 24. 10. 1838 Bechtheim, † 10. 11. 1909 Worms. Nach der Promotion 1860 in Gießen (Die Resektion im Ellenbogengelenke) war B. in verschiedenen Orten Rheinhessens als praktischer Arzt und Augenarzt t¨atig. Mit der Erfindung der Phonometrie trug er zum Ausbau der physikalischen Diagnostik bei. Er verfaßte u. a. Grundriß der Geschichte der Medizin und des Heilenden Standes (1876) und ver¨offentlichte neben wissenschaftlichen Beitr¨agen in Fachzeitschriften zahlreiche popul¨armedizinische Aufs¨atze, u. a. in der „Gartenlaube“. C NDB
Baas, Karl, Opthalmologe, Medizinhistoriker, * 20. 8. 1866 Heßloch, † 6. 10. 1944 Freiburg / Breisgau. B. studierte Medizin in Freiburg / Breisgau und war nach der Promotion 1890 (Beitr¨age zur Spaltung der S¨aureEster im Darm) seit 1891 Assistent an der dortigen Universit¨ats-Augenklinik. 1893 habilitierte er sich f¨ur Augenheilkunde, war seit 1898 Extraordinarius und u¨ bernahm bis 1935 die Leitung der augen¨arztlichen Abteilung im VicentiusKrankenhaus in Karlsruhe. B. galt als einer der besten
Babinger Kenner der mittelalterlichen Stadthygiene. Er ver¨offentlichte u. a. Mittelalterliche Gesundheitsf¨ursorge im Gebiete des heutigen Rheinhessen (1931) und Mittelalterliche Gesundheitsf¨ursorge im Gebiet der heutigen hessischen Provinzen ¨ Starkenburg und Oberhessen (1933). 2, 3 C Arzte
Baasch, Ernst, Historiker, Bibliothekar, * 19. 11. 1861 Hamburg, † 29. 1. 1947 Freiburg / Breisgau. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte Geschichte in T¨ubingen, Berlin und Marburg, wo er 1887 zum Dr. phil. promoviert wurde (Die Steuer im Herzogtum Bayern bis zum 1. Landesst¨andischen Freiheitsbrief 1311). Er war seit 1888 Bibliothekar und 1889-1919 Direktor der Commerzbibliothek Hamburg. B. erwarb sich besondere Verdienste um die Erhaltung und Erweiterung der Bibliothek w¨ahrend des Ersten Weltkriegs. Er verfaßte zahlreiche Arbeiten zur hamburgischen Geschichte, darunter Beitr¨age zur Geschichte der Handelsbeziehungen Hamburgs mit Amerika (1892), Hamburgs Handel und Verkehr im 19. Jahrhundert (1901), Der Einfluß des Handels auf das Geistesleben Hamburgs (1909) und Geschichte Hamburgs 1814-1918 (1924 / 25). Hinzu kamen B¨ucher zur internationalen Wirtschaftsgeschichte, u. a. eine Holl¨andische Wirtschafts-Geschichte (1927).
Baatz, Hans, Gyn¨akologe, * 13. 9. 1906 Danzig, † 25. 6. 1996 Bad Pyrmont. B., Sohn eines Frauenarztes, studierte Medizin in K¨onigsberg, M¨unchen, Prag und Gießen (1925-30), wurde 1932 mit der Dissertation Erfolge mit Chininstoß bei febrilem Abort in Gießen promoviert, ging als Assistent an die Universit¨ats-Frauenklinik der Charit´e in Berlin (1933-37) und spezialisierte sich auf Frauenkrankheiten und Geburtshilfe (1936 Facharzt). Nach der Habilitation in Bonn 1938 wurde B. Leiter des Auslandsamtes der Dozentenschaft in Berlin und Sonderbeauftragter des Reichsdozentenf¨uhrers f¨ur die Auslands¨amter der Dozentenschaft an den deutschen Hochschulen. Seit 1939 Dozent f¨ur Geburtshilfe und Gyn¨akologie an der Univ. Berlin, hatte er dort 1942-45 die Leitung eines Instituts f¨ur experimentelle Krebsforschung inne. 1956 u¨ bernahm B. die Leitung des Balneologischen Instituts in Bad Pyrmont. C Gr¨uttner
Bab, Julius, Theaterkritiker, Dramaturg, Schriftsteller, * 11. 12. 1880 Berlin, † 12. 2. 1955 Roslyn Heights (New York). Der Kaufmannssohn studierte 1902-05 ohne Abschluß Germanistik, Philosophie und Geschichte in Berlin und Z¨urich und war dann in Berlin freier Schriftsteller, Dramaturg und Theaterkritiker zahlreicher Zeitungen und Zeitschriften. 1919-30 war er Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei. Er schloß sich der Volksb¨uhnenbewegung an, deren „Dramaturgische Bl¨atter“ er 1923-32 herausgab, und war Dozent u. a. an der Schauspielschule Max → Reinhardts. Seine Vortragst¨atigkeit f¨uhrte ihn durch ganz Deutschland und das deutschsprachige Ausland. B. geh¨orte 1933 zu den Gr¨undungsmitgliedern des „J¨udischen Kulturbunds“ und lei¨ tete bis zu dessen Aufl¨osung 1939 das Theaterressort. Uber Frankreich (Internierung bis 1940) emigrierte er in die USA, wo er 1945 eine Anstellung als Theater- und Filmkritiker bei der „New Yorker Staats-Zeitung“ fand. 1946 erhielt er die amerikanische Staatsb¨urgerschaft. B. ver¨offentlichte zur Theatergeschichte (u. a. Chronik des deutschen Dramas, 5 Bde., 1921-26, Nachdr. 1972), Schriftsteller- und Schauspielerbiographien, Lyrik-Anthologien und eigene Dramen. C Spalek 2,2
Babberger, August, Maler, Graphiker, * 8. 12. 1885 Hausen im Wiesental, † 3. 9. 1936 Altdorf (Schweiz). Seit 1895 in Basel ans¨assig, besuchte B. die dortige Kunstgewerbeschule und studierte seit 1908 bei Walter → Conz an der Karlsruher Kunstakademie; ein Stipendium erm¨oglichte
ihm einen zweij¨ahrigen Aufenthalt als Sch¨uler Augusto Giacomettis in Florenz. 1912-20 lebte B. in Frankfurt / Main, seit 1916 unterbrochen durch Sommeraufenthalte in den Alpen. Er folgte 1920 einer Berufung als Prof. der Wandmalerei an die Akademie in Karlsruhe, der er 1923-30 als Direktor vorstand. Von den Nationalsozialisten als „entarteter“ K¨unstler seines Lehramts enthoben, kehrte B. 1933 in die Schweiz zur¨uck. Neben Zeichnungen und Graphiken, die oft kalligraphisch-ornamentale Z¨uge tragen und von einer idealistischen Naturauffassung zeugen, schuf er u. a. Entw¨urfe f¨ur Mosaiken, Gobelins. Bekannt wurden besonders seine farbintensiven, stark stilisierenden Gem¨alde und Aquarelle, darunter Eiger, M¨onch und Jungfrau (1917). C AKL
Babel, Johann Baptist, Bildhauer, * 25. 6. 1716 Pfronten, † 9. 2. 1799 Einsiedeln. B. erlernte in Pfronten die Bildhauerei und war seit 1733 (vermutlich entlang der Donau) auf Wanderschaft, die ihn u¨ ber Nieder¨osterreich nach Wien und B¨ohmen f¨uhrte. Er arbeitete an Großauftr¨agen des h¨ofisch-internationalen Barocks mit und bildete sich vom Holz- zum Steinbildhauer und Stukkateur weiter. Großen Einfluß auf seine k¨unstlerische Entwicklung hatte Diego Francesco → Carlone, bei dem B. zwischen 1735 und 1740 gearbeitet hatte. 1742 lebte er in Mimmenhausen, seit 1747 in Einsiedeln, wo er f¨ur den F¨urstabt Nikolaus II. t¨atig war. 1777 schloß er die Arbeit an den Chorplastiken der Stiftskirche und den beiden Hofportalen ab und wurde in die Zunft zu Einsiedeln aufgenommen. Er konnte seinen Wirkungskreis bis nach Solothurn, Z¨urich und Luzern ausweiten und verkaufte haupts¨achlich Altarfiguren, zum Teil in Serie gefertigt. C AKL
Babenstuber, Ludwig, auch Pabenstuber, Benediktiner, Theologe, * 1660 Deining bei M¨unchen, † 5. 4. 1726 Ettal. Aus einfachen Verh¨altnissen stammend, trat B. 1681 in die Benediktinerabtei Ettal ein, studierte seit 1683 Philosophie und Theologie in Salzburg und wurde 1689 zum Priester geweiht. 1690-92 lehrte er in Salzburg, 1692-95 im Stift der regulierten Chorherren in Schlehdorf (Oberbayern) Philosophie, 1695-1716 Moraltheologie, Dogmatik und Exegese an der Univ. Salzburg, wo er Prokanzler, Vizerektor, Dekan der Theologischen Fakult¨at und Regens des theologischen Konvikts wurde. Als Religionsphilosoph vertrat B. den strengen Thomismus, als Moraltheologe einen gem¨aßigten Probabilismus. Mit seiner Philosophia Thomistica Salisburgensis (4 Bde., 1704) verfaßte er einen bedeutenden Beitrag zur Geschichte der thomistischen Philosophie. Zu seinen Hauptwerken geh¨ort auch Ethica supernaturalis Salisburgensis (1718, 2 1735). C NDB Babik, Adeodatus von, Mechitarist, * 5. 8. 1738 Neudjulfa bei Isfahan, † 18. 4. 1825 Wien. B. war Erzbischof von Etschmiadzin in Armenien und Mitglied im Orden der Mechitaristen von Venedig. Mit einem Teil seiner Kongregation u¨ bersiedelte er nach Triest, wo die ¨ Gruppe jedoch nach der Ubergabe der Stadt an Frankreich von der Aufl¨osung bedroht war. Mit der Erlaubnis Kaiser → Franz’ I. bezog er 1810 mit seinem Orden das ehemalige Kapuzinerkloster St. Ulrich in Wien. B. wurde Generalabt der Mechitaristen in Wien; er finanzierte den Unterhalt der Gemeinschaft u. a. durch den Unterricht armenischer Jugendlicher und durch den Druck orientalischer und westlicher Literatur. C Wurzbach
Babinger, Franz, Orientalist, * 15. 1. 1891 Weiden, † 23. 6. 1967 Durr¨es (Albanien). Nach dem Studium der orientalischen und Turksprachen sowie der orientalischen Geschichte und Literatur (Promotion 1914, Gotlieb Siegfried Bayer [1674-1738]) leistete B. bei der deutschen Milit¨armission in der T¨urkei Kriegsdienst. 1921 habilitierte er sich an der Univ. Berlin f¨ur Islamkunde
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Babo und wurde 1924 dort a. o. Professor. Nach der Entlassung durch die Nationalsozialisten 1935 war er Gastprofessor an der Univ. Bukarest und folgte im Jahr darauf einem Ruf als Ordinarius an die rum¨anische Univ. Jassy, wo er auch Direktor des Turkologischen Instituts war. 1948 erhielt er den neugegr¨undeten Lehrstuhl f¨ur Geschichte und Kultur des Nahen Orients und f¨ur Turkologie der Univ. M¨unchen, wo er das gleichnamige Institut gr¨undete und bis zur Emeritierung 1958 leitete. B. war Mitglied verschiedener Akademien der Wissenschaften und ver¨offentlichte u. a. Mehmed der Eroberer und seine Zeit (31959), Aufs¨atze und Abhandlungen zur Geschichte S¨udosteuropas und der Levante (3 Bde., 1962-76). C BHdE, Bd 2 ¨ Babo, August Wilhelm Frh. von, Onologe, * 28. 1. 1827 Weinheim, † 16. 10. 1894 Weidling bei Klosterneuburg. Der Sohn Lambert Joseph Leopold → B.s studierte Naturwissenschaften in Heidelberg und Freiburg / Breisgau, besuchte die landwirtschaftlichen Lehranstalten in HofGeisberg, Poppelsdorf und Eldena, betreute den landwirtschaftlichen Versuchsgarten der Polytechnischen Schule in Karlsruhe, habilitierte sich in Karlsruhe und war 1860-93 Direktor der von seinem Vater begr¨undeten Obst- und Wein¨ bauschule (sp¨ater Onologische und Pomologische Lehranstalt) in Klosterneuburg, die er zur ersten Forschungsst¨atte der o¨ sterreichisch-ungarischen Monarchie und ihrer Nachbarl¨ander ausbaute. In seinem Einflußgebiet erreichte er durch Umsetzung von in den USA gewonnenen Erkenntnissen die Vermeidung der Reblausgefahr im Weinbau. B. war Herausgeber der „Weinlaube“ (seit 1869) und des „Weinbaukalenders“ (seit 1872) und ver¨offentlichte u. a. das Handbuch des Weinbaues und der Kellerwirtschaft (2 Bde., 1881-83). C B¨ohm
Babo, Joseph (Marius Franz) von, Dramatiker, Theaterintendant, * 14. 1. 1756 Ehrenbreitstein (heute zu Koblenz), † 5. 2. 1822 M¨unchen. Nach dem Besuch des Koblenzer Jesuitenkollegs wurde B., Sohn eines kurtrierischen Hauptmanns, 1774 Sekret¨ar am Mannheimer Hoftheater, lebte seit 1778 in M¨unchen als freier Schriftsteller und war 1782 / 83 Mitherausgeber der Theaterzeitschrift „Der literarische Censor“. 1784 wurde er Sekret¨ar der Herzogin → Maria Anna und leitete 1789-99 die neuerrichtete Milit¨arakademie als Studien-Direktor. Daneben war er seit 1791 Zensor, seit 1792 Theaterkommissar und hatte 1799-1810 die administrative Leitung des Hoftheaters inne. B., der 1791 nobilitiert wurde, war ein erfolgreicher Dramatiker seiner Zeit; seine St¨ucke wurden unter → Goethes Leitung am Weimarer Hoftheater aufgef¨uhrt. Das Ritterdrama Otto von Wittelsbach (1782) steht in der Tradition des G¨otz von Berlichingen. Seine 1784 anonym erschie¨ nene Schrift Uber Freymaurer leitete mittelbar die Verfolgung des Illuminaten-Ordens ein. C Killy Babo, (Clemens Heinrich) Lambert Frh. von, Chemiker, * 25. 11. 1818 Landenburg, † 15. 4. 1899 Karlsruhe. Der Sohn Lambert Joseph Leopold → B.s studierte Medizin in Heidelberg und M¨unchen (Promotion 1842), dann Chemie bei Justus von → Liebig in Gießen und habilitierte sich 1845 an der Univ. Freiburg f¨ur Chemie. B. wurde 1854 in Freiburg a. o. Prof., 1859 o. Prof. und chemischer Sachverst¨andiger der großherzoglichen Hofgerichte. Er forschte zu den pflanzlichen Alkaloiden, zum Dampfdruck von Salzl¨osungen, zu Ozon und entwickelte verschiedene Laborger¨ate (u. a. den „Babo-Trichter“ zur gleichm¨aßigen Beheizung von Destillationskolben mit Heißluft) und verwendete als erster die Zentrifuge im chemischen Laboratorium (Zentrifugalkraft, 1852). C NDB
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Babo, Lambert Joseph Leopold Frh. von, Landwirt, * 26. 10. 1790 Mannheim, † 20. 6. 1862 Weinheim. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und der praktischen landwirtschaftlichen Ausbildung in der Schule Albrecht Daniel → Thaers u¨ bernahm B. einen Gutsbetrieb in Weinheim. Er war Mitglied der Zentralstelle des badischen landwirtschaftlichen Vereins, gr¨undete 1832 mit Metger in Heidelberg einen landwirtschaftlichen Vereinsgarten und begann dort mit der Produktion von S¨amereien und Edelreisern. Besonderes Anliegen waren ihm Versicherungen und Sparkassen im landwirtschaftlichen Bereich. B. publizierte wissenschaftliche und popul¨are Schriften u¨ ber Landwirtschaft und Weinbau (Der Weinbau, 1842, 21855) und war Herausgeber der „Allgemeinen Wochenschrift f¨ur Land- und Hauswirtschaft“ (1831-38), sp¨ater des „Badischen landwirtschaftlichen Wochenblatts“. C B¨ohm
Babor, Johann, kath. Theologe, * 8. 3. 1762 Radomischel (B¨ohmen), † 21. 11. 1846 Olm¨utz (?). B. begann die theologische Ausbildung in Passau, trat 1780 in das nieder¨osterreichische Benediktinerstift Seitenstetten ein und studierte seit 1783 an der Univ. Wien vor allem Kirchengeschichte, Exegese und orientalische Sprachen. Er wurde Repetitor der Kirchengeschichte, der hebr¨aischen Sprache und der neutestamentlichen Exegese im Priesterseminar. B. verließ den Orden und wurde 1787 zum Priester geweiht. 1789 / 90 lehrte B. am Olm¨utzer Lyzeum orientalische Sprachen und Exegese, wurde 1792 zum Dr. theol. promoviert, 1794 Rektor des Lyzeums und 1798 wegen seiner freisinnigen Ansichten seines Amtes enthoben. Er war Dekan in Sternberg, seit 1810 Pfarrer in Olschan und von 1818 an Direktor des theologischen Studiums an der Univ. ¨ Olm¨utz. B. ver¨offentlichte u. a. eine Ubersetzung des Neuen Testaments mit erkl¨arenden Anmerkungen, zum Gebrauche der Religionslehrer und der Prediger (3 Bde., 1805). Babst, Diederich Georg, Lyriker, * 24. 7. 1741 Schwerin, † 21. 4. 1800 Rostock. Nach dem Schulbesuch in Schwerin und L¨ubeck war der aus einer alteingesessenen Rostocker Kaufmannsfamilie stammende B. Hauslehrer. Seit 1765 studierte er Rechtswissenschaften in Rostock, war dort Notarius, seit 1781 / 82 Prokurator am st¨adtischen Niedergericht und von 1792 an Sekret¨ar des 2. Quartiers des Hundertm¨anner-Kollegiums. 1788 trat er erstmals mit einer Dichtung in gereimten plattdeutschen ¨ Alexandrinern an die Offentlichkeit (De Intog) und z¨ahlt damit zu den Neubegr¨undern der plattdeutschen Literatur. B.s Gelegenheitsgedichte spiegeln im Gegensatz zu denen seines Landsmanns Johann Heinrich → Voß weitgehend den gesprochenen Dialekt wieder (u. a. Allerhand schnaaksche Saken tum Tietverdriew, 3 Tle., 1788-90). Von seinem Zeitgenossen → Goethe ist der Tagebuchvermerk u¨ berliefert, er halte B.s Gedichte f¨ur „h¨ochst sch¨atzbar“. C Killy
Bach, Adolf (Lucian Philipp), Germanist, * 31. 1. 1890 Bad Ems, † 19. 4. 1972 Bad Ems. Nach dem Studium in Kiel, Gießen (Promotion 1914, Die Sch¨arfung in der moselfr¨ankischen Mundart von Arzbach[Unterwesterwaldkreis]), Oxford und Paris trat B., Sohn eines Posamentiers und Textilkaufmanns, in den h¨oheren Schuldienst ein. Er habilitierte sich 1924 an der TH Darmstadt und wechselte 1927 nach Bonn, wo er Prof. der deutschen Sprache und der Volkskunde an der Hochschule f¨ur Lehrerbildung war; zugleich lehrte er Deutsche Philologie an der dortigen Universit¨at. 1930 gr¨undete B. das Rheinische Flurnamenarchiv in Bonn, wurde 1931 zum a. o. Prof. an der Univ. Bonn ernannt und leitete die Abteilung f¨ur Mundartforschung und Volkskunde des Instituts f¨ur geschichtliche Landeskunde des Rheinlands. 1933 trat er in die NSDAP ein. 1941-45 Inhaber des Lehrstuhls f¨ur deutsche Philo-
Bach logie in Straßburg, wurde B. 1956 emeritiert. Er war u. a. Mitglied des International Committee of Onomastic Sciences. Zu Standardwerken wurden seine Deutsche Volkskunde (1937, 31960), die Geschichte der deutschen Sprache (1938, 8 1965) und die Deutsche Namenkunde (3 Bde., 1943-56, 2-3 1974-81). C IGL
Bach, Alexander Frh. von, o¨ sterr. Staatsmann, * 4. 1. 1813 Loosdorf (Nieder¨osterreich), † 12. 11. 1893 Schloß Sch¨onberg (Nieder¨osterreich). Nach dem Jurastudium war B., Bruder des Komponisten und Kapellmeisters Otto → B., neun Jahre im Staatsdienst t¨atig und u¨ bernahm 1843 die Anwaltskanzlei seines Vaters. Als Mitbegr¨under und f¨uhrendes Mitglied des liberalen „Juridisch-politischen Lesevereins“ unterst¨utzte er die M¨arzrevolution von 1848, wurde in den Wiener Gemeinderat und die Nationalversammlung gew¨ahlt und u¨ bernahm im Juli d. J. im Kabinett Doblhoff-Wessenberg die Leitung des Justizministeriums. Unter dem Eindruck der Radikalisierung der Wiener Revolution wandte er sich dem konservativen Lager zu, wurde daraufhin im Kabinett des F¨ursten Felix → Schwarzenberg Justizminister und f¨uhrte durch die Abl¨osung der Grundlasten und die Aufhebung der grundherrlichen Obrigkeitsrechte die Bauernbefreiung zu einem Ende. 1849 wurde er Innenminister in der Nachfolge des erkrankten Franz Graf → Stadion. Durch die Sylvesterpatente Kaiser → Franz Josephs I. 1851 wurden Verfassung, Grundrechte und Geschworenengerichte aufgehoben und ein Neoabsolutismus begr¨undet, der f¨ur ein Jahr¨ zehnt das politische Leben in Osterreich bestimmte. Nach dem Tod Schwarzenbergs u¨ bernahm der Kaiser 1852 selbst die Staatsf¨uhrung, B. wurde als Pr¨asident der Ministerkonferenz einflußreichstes Regierungsmitglied und schuf das als „Bachsches System“ bezeichnete zentralistische Verwaltungssystem unter Preisgabe konstitutioneller und freiheitlicher Elemente. 1854 wurde er in den Freiherrenstand erhoben. Im Konkordat von 1855 u¨ berließ er der kath. Kirche weitgehenden Einfluß, besonders im Schulbereich. Nach den Niederlagen von Magenta und Solferino im Italienischen Krieg 1859 war Kaiser → Franz Joseph gezwungen, vom neoabsolutistischen Regime abzuweichen, und entließ B. aus seinem Amt. Bis 1865 war er Botschafter beim Heiligen Stuhl in Rom, ehe er sich ins Privatleben zur¨uckzog. Sein vielfach befehdetes System bildete einerseits die Grundlage f¨ur die Neugestaltung des staatlichen Verwaltungsapparates, die bis zum Ende der Donaumonarchie (1918) wirksam blieb, anderseits versch¨arfte sein auf das Deutschtum gest¨utzter Zentralismus die Nationalit¨atenfrage. C Verwaltung Bach, Alois, Maler, Radierer, Lithograph, * 12. 12. 1809 Eschlkam (Landkreis K¨otzting), † 3. 6. 1893 M¨unchen. B. studierte seit 1827 an der M¨unchner Akademie Portr¨atmalerei. Er war Sch¨uler von Heinrich Maria von → Hess, wechselte jedoch bald von dessen religi¨oser Historienmalerei zur Landschafts-, Tier- und Genremalerei. In seinen fr¨uhen Arbeiten stand er unter dem Einfluß zeitgen¨ossischer Maler wie Albrecht → Adam, Heinrich → B¨urkel und Max Josef → Wagenbauer, hatte gleichzeitig aber auch Werke Philips Wouwermans und der niederl¨andischen Landschaftsund Genremalerei des 17. Jh. zum Vorbild. Seit 1845 geh¨orte B. dem Freundeskreis um Carl → Spitzweg, Dietrich → Langko, Christian → Morgenstern, Friedrich → Voltz und ¨ an. Mit letzterem arbeitete er zwanEduard → Schleich d. A. zig Jahre lang zusammen; einige Landschaftsbilder sind von beiden signiert. B.s Arbeiten nehmen h¨aufig Bezug auf die Landschaft um M¨unchen und lokalgeschichtliche Ereignisse. Sein Werk umfaßt auch Radierungen und Lithographien. C AKL
Bach, Anton, kath. Theologe, * 1762 Ottaker bei Kempten, † 23. 3. 1825 Altheim bei Linz. Neben Martin → Boos geh¨orte B. zu den F¨uhrern einer sogenannten bayerischen (oder Allg¨auer) Erweckungsbewegung, die unter dem Motto „Christus in uns und f¨ur uns“ eine Erneuerung und Vertiefung des Christentums anstrebte. Die Theologen dieser Bewegung waren fast alle Sch¨uler und Freunde Johann Michael → Sailers; sie verarbeiteten Einfl¨usse des Pietismus und des Protestantismus. Von der Amtskirche verfolgt, verließ B. 1798 seine Pfarrei Hellengerst, wandte sich zuerst ins Bistum Augsburg und war dann in verschiedenen Orten der Di¨ozese Linz t¨atig. 1811 sagte er sich (wahrscheinlich nur zum Schein) von Boos los. C NDB Bach, August, Politiker, Journalist, * 20. 8. 1897 Rheydt (heute zu M¨onchengladbach), † 23. 3. 1966. B. studierte 1918-22 Germanistik und Geschichte an den Universit¨aten Bern, Frankfurt und Berlin sowie an der dortigen Hochschule f¨ur Politik. Danach war er bis 1944 Mitherausgeber der „Berliner Monatshefte“, seit 1937 Inhaber des Quader-Verlags, Berlin. 1945 geh¨orte B. zu den Mitbegr¨undern des CDU-Landesverbandes Th¨uringen, in dem er Mitglied des Vorstandes und des Gesch¨aftsf¨uhrenden Ausschusses war. 1949 wurde B. Mitglied und Erster Vizepr¨asident des Th¨uringer Landtags, sp¨ater Abgeordneter und Vorsitzender der CDU-Fraktion (bis 1955) in der Volkskammer. 1955-58 war er Abgeordneter und Pr¨asident der L¨anderkammer der DDR, seit 1963 Mitglied des Pr¨asidiums der Volkskammer, von 1958 an auch Vorsitzender der CDU. Seit 1946 war er Verlagsleiter und (seit 1950) Chefredakteur des „Th¨uringer Tagblatts“ (bis 1958); 1948-66 stand er als Pr¨asident der Deutschen Schillerstiftung vor. Bach, August Wilhelm, Musiker, Komponist, * 4. 10. 1796 Berlin, † 15. 4. 1869 Berlin. B., zun¨achst von seinem Vater, der Sekret¨ar am Lotterieamt und Organist an der Dreifaltigkeitskirche in Berlin war, im Orgelspiel unterrichtet, studierte bei Karl Friedrich → Zelter, Ludwig → Berger und Carl Wilhelm → Henning. 1814 wurde er Organist an St. Gertraud, 1816 an der Marienkirche in Berlin. 1822 berief ihn Zelter als Lehrer an das neugegr¨undete K¨onigliche Institut f¨ur Kirchenmusik; 1832 wurde B. dessen Nachfolger als Direktor. Er lehrte auch an der Berliner Akademie der K¨unste und war Orgelsachverst¨andiger im preuß. Kultusministerium. 1858 erfolgte seine Ernennung zum Professor. B. komponierte Kirchenmusik und Klavierst¨ucke; sein Choralbuch f¨ur das Gesangbuch zum gottesdienstlichen Gebrauch f¨ur evangelische Gemeinden (1830) war damals weit verbreitet. Zu B.s Orgelsch¨ulern z¨ahlte u. a. Felix → Mendelssohn Bartholdy. C MGG
Bach, Carl von, Ingenieur, * 8. 3. 1847 Stollberg, † 10. 10. 1931 Stuttgart. Nach einer Schlosserlehre arbeitete B., Sohn eines Sattlers und Wagenbauers, als Mechaniker in Chemnitz. 1864 erreichte er die Aufnahme in die dortige H¨ohere Gewerbeschule, mußte jedoch aus finanziellen Gr¨unden in die Werkmeisterschule wechseln. Nach deren Abschluß 1866 studierte er am Dresdener Polytechnikum und an den Technischen Hochschulen Stuttgart und Karlsruhe (Dipl.-Ing. 1873). 1874 trat B. als Oberingenieur in eine Berliner Maschinenfabrik ein, wurde 1876 Direktor der A.-G. Lausitzer Maschinenfabrik in Bautzen und folgte 1878 einem Ruf als o. Prof. des Maschinenbauwesens an der TH Stuttgart. B. wandte erstmals die Elastostatik und die Festigkeitslehre im Maschinenbau an (Elastizit¨at und Festigkeit, 2 Bde., 1889 / 90). Auf seine Anregung hin wurde der Deutsche Verband f¨ur Materialpr¨ufungen der Technik gegr¨undet. 1926 erschien Mein Lebensweg und meine T¨atigkeit. C Raberg
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Bach Bach, Carl Daniel Friedrich, Maler, Graphiker, * Mai 1756 Potsdam, † 8. 4. 1829 Breslau. B., Sohn eines Kaufmanns, erhielt eine erste k¨unstlerische Ausbildung bei Andreas Ludwig → Kr¨uger in Potsdam und studierte an der Berliner Kunstakademie bei Blaise Nicolas Le Sueur. Gemeinsam mit anderen gr¨undete er die Gesellschaft f¨ur Aktzeichnen. Nach seinen ersten Erfolgen mit ¨ und Pastell kam B. 1780 in die Dienste eiPortr¨ats in Ol nes Warschauer Grafen. Seit 1784 unternahm er mit Graf Johann Potocki l¨angere Reisen durch Europa, auf denen er u. a. zahlreiche Werke Raffaels und Michelangelos kopierte und antike kunsthandwerkliche Gegenst¨ande zeichnete. Nach der R¨uckkehr nach Berlin 1789 veranstaltete er eine Ausstellung dieser Arbeiten. Seit 1791 war B. Direktor und Lehrer der neugegr¨undeten Kunstschule Breslau, wo er vor allem Vorlagen f¨ur die Fayenceproduktion in Proskau lieferte. 1796 / 97 gab er gemeinsam mit dem Schriftsteller Karl Friedrich → Benkowitz die Zeitschrift „Der Torso“ heraus. C AKL Bach, Carl Philipp Emanuel, der sogenannte „Berliner“ oder „Hamburger Bach“, Musiker, Komponist, * 8. 3. 1714 Weimar, † 14. 12. 1788 Hamburg. B. erhielt Unterricht in Klavierund Orgelspiel sowie Komposition von seinem Vater Johann Sebastian → B., der (seit Mitte 1723) als Thomaskantor eine f¨uhrende Rolle im Leipziger Musikleben einnahm. Obgleich B. eine Musikerlaufbahn anstrebte, nahm er am 1. 10. 1731 ein Jurastudium in Leipzig auf und wechselte 1734 an die Univ. Frankfurt / Oder. 1738 siedelte B. nach Berlin u¨ ber, wo Kronprinz → Friedrich von Preußen auf ihn aufmerksam wurde. Nach dessen Regierungsantritt 1740 wurde B. in die Hofkapelle, die sich unter Leitung von Carl Heinrich → Graun und Johann Friedrich → Agricola rasch zu einem der bedeutendsten Ensembles Deutschlands entwickelte, als Cembalist und Kammermusiker aufgenommen. Neben der Mitwirkung an den Soireen, bei denen Friedrich regelm¨aßig selbst Fl¨ote spielte, fand B. Zeit zu einer ausgedehnten Unterrichtst¨atigkeit, wovon eine Reihe didaktisch ausgerichteter Werke, hierunter der Versuch u¨ ber die wahre Art das Clavier zu spielen (2 Bde. und 18 Probest¨ucke in 6 Sonaten, 1753-62, Nachdr. 1957) zeugen. B. nahm im regen außerh¨ofischen Konzertleben Berlins als Komponist und Instrumentalist eine zentrale Rolle ein. Hierf¨ur schuf er die Mehrzahl seiner etwa 60 Konzerte und Sonatinen f¨ur ein oder zwei Cembali und Orchester, zahlreiche Kammermusikwerke und etwa ein Dutzend Sinfonien. In die Berliner Zeit fallen auch fast 160 Klaviersonaten, die in Drucken und Abschriften weite Verbreitung fanden. B. heiratete 1744 Johanna Maria Dannemann, Tochter eines Berliner Weinh¨andlers, und nahm nach dem Tod seines Vaters 1750 seinen Halbbruder Johann Christian → B. bei sich auf. Mehrere ausw¨artige Bewerbungen B.s (u. a. um das Thomaskantorat in Leipzig 1750 und 1755) mit dem Ziel, dem restriktiven Musikgeschmack des K¨onigs zu entgehen, schlugen fehl. Seit 1755 wandte sich B. verst¨arkt dem Kreis um → Anna Amalia von Preußen und ihrem Musiklehrer Johann Philipp → Kirnberger zu. Am 3. 10. 1767 wurde B. zum Nachfolger Georg Philipp → Telemanns als Musikdirektor der hamburgischen Hauptkirchen gew¨ahlt und trat sein neues Amt Ostern 1768 an. Anna Amalia ernannte ihn bei seinem Abschied aus Berlin zum Kapellmeister (ohne Dienstverpflichtungen). In Hamburg war B. f¨ur die gesamte Kirchenmusik an den f¨unf
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Hauptkirchen mit j¨ahrlich etwa 120 Veranstaltungen verantwortlich, die er teils mit eigenen Kompositionen, darunter die Oratorien Die Israeliten in der W¨uste (1769) und Die Auferstehung und Himmelfahrt Jesu (1774) sowie das Doppelch¨orige Heilig (um 1776?) – alle sp¨ater gedruckt –, teils mit Fremdwerken und Bearbeitungen bestritt. B. organisierte Abonnementskonzerte und setzte die Publikation von Orchester- und Kammermusik, geistlichen Liedern sowie Klavierwerken (darunter sechs Sammlungen von Klavierwerken „f¨ur Kenner und Liebhaber“ 1779-87) erfolgreich fort. WERKE: Briefe und Dokumente. Kritische Gesamtausgabe. Hrsg. v. Ernst Suchalla. G¨ottingen 1994. LITERATUR: Autobiographie. In: Carl Burney’s . . . Tagebuch ¨ seiner Musikalischen Reisen. Bd. 3. Ubers. v. Christoph Daniel Ebeling und Johann Joachim Christoph Bode. Hamburg 1773, S. 198 ff. – Verzeichniß des musikalischen Nachlasses des verstorbenen Capellmeisters C. P. E. B. Hamburg 1790 (Reprint New York 1981. Hilversum 1991). – Hans-G¨unter Ottenberg: C. P. E. B. Leipzig 21986, M¨unchen 1988. – Stephen L. Clark (Hrsg.): C. P. E. B.-Studies. Oxford 1988 (mit Bibliographie). – E. Eugene Helm: Thematic catalogue of the works of C. P. E. B. New Haven / London 1989. – Doris Bosworth Powers: C. P. E. B. A guide to research. New York / London 2002. Ulrich Leisinger
Bach, Christoph, Musiker, * 19. 4. 1613 Wechmar, † 14. 9. 1661 Arnstadt. Der Großvater von Johann Sebastian → B. lebte als f¨urstlicher Musiker am Hof des Herzogs in Weimar, zog um 1640 in das s¨achsische Prettin und wurde 1642 Mitglied der Musik-Kompanie in Erfurt. Seit 1653 oder 1654 war B. gr¨aflicher Hofmusikus und Stadtpfeifer in Arnstadt. Er war der Begr¨under der sp¨ater sogenannten „Fr¨ankischen Linie“ der Musikerfamilie Bach. C NGroveD
Bach, David Josef, o¨ sterr. Journalist, Musikkritiker, * 13. 8. 1874 Lemberg (Galizien), † 1. 2. 1947 London. Seit seiner Gymnasialzeit in Wien war B., Sohn eines Hutmachers und Buchhalters, eng mit Arnold → Sch¨onberg befreundet. Er studierte dort, in Berlin und Leipzig Vergleichende Sprachwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie und wurde 1897 mit einer Arbeit u¨ ber Hume promoviert. Als freier Journalist in Wien war er Mitarbeiter u. a. der „Arbeiter-Zeitung“, 1904 deren Musikreferent. Seit 1905 organisierte er die Arbeiter-Symphonie-Konzerte, aus denen sp¨ater die Freie Volksb¨uhne hervorging. 1918-22 gab er mit Julius → Bittner den „Merker“ heraus und leitete 1919-33 mit Josef Luitpold → Stern die Kunststelle der sozialdemokratischen Bildungszentrale. 1918-33 war B. Feuilletonchef der „Arbeiter-Zeitung“, 1926-33 Herausgeber der Zeitschrift „Kunst und Volk“. 1938 emigrierte er nach London, wo er 1940 die Vereinigung o¨ sterreichischer Journalisten in England mitbegr¨undete. B. schrieb u. a. Der Kugelmensch. Die Filmfl¨ache. Phantasien und Gedanken (1938). C Lex o¨ sterr Exillit
Bach, Eduard Frh. von, o¨ sterr. Staatsmann, * 1815 Wien, † 8. 2. 1884 Wien. B. trat nach rechtswissenschaftlichen Studien 1835 in den Dienst der kaiserlichen Verwaltung in Galizien und machte sich dort 1846 um die Beilegung von Unruhen verdient. 1849 / 50 war er Zivilkommissar in Siebenb¨urgen, 1854 in den Donauf¨urstent¨umern Moldau und Walachei. Als Statthalter in Ober¨osterreich (seit 1855) waren ihm die Verwaltung sowie das Verkehrs- und Schulwesen ein besonderes Anliegen. Wie sein Bruder Alexander von → B. wurde er 1854 in den Freiherrenstand erhoben.
Bach Bach, Ernst, Theaterdirektor, Dramatiker, * 10. 5. 1876 Eger (B¨ohmen), † 1. 11. 1929 M¨unchen. Als Schauspieler deb¨utierte B. 1899 am Wiener RaimundTheater. 1903 kam er an das Residenztheater Berlin, 1905 an das Lustspielhaus, wo er im folgenden Jahr Regisseur, 1908 Oberregisseur wurde. Seit 1909 war B. mit dem Schauspieler Franz → Arnold befreundet, mit dem er gemeinsam u¨ ber 20 Theaterst¨ucke, vor allem Schw¨anke und Operetten, schrieb. Zu den meist von Arnold stammenden Handlungsskizzen lieferte B. die Pointen und komischen Effekte (u. a. Hurra – ein Junge!, 1927). 1917 wurde B. Direktor des M¨unchener Volkstheaters. Er war Mitglied des Verwaltungsrats des Deutschen B¨uhnenvereins. C DLL, 20. Jh.
Bach, Ernst, Gyn¨akologe, * 20. 9. 1899 Mindelheim, † 11. 9. 1944 Marburg. B., Sohn eines Facharztes, leistete 1917 / 18 Kriegsdienst, geh¨orte 1919 / 20 den Freikorps Epp und Oberland an und studierte 1919-24 Medizin in M¨unchen. 1922 vor¨ubergehend Mitglied der NSDAP, nahm er 1923 am Hitler-Putsch in M¨unchen teil. 1926 wurde B. in M¨unchen promoviert, arbeitete 1926-30 zun¨achst als Volont¨ar-, sp¨ater als Assistenzarzt an der Universit¨ats-Frauenklinik in M¨unchen, 1930 / 31 als Facharzt f¨ur Geburtshilfe und Frauenheilkunde in Augsburg und seit 1931 als Oberarzt wieder an der Universit¨ats-Frauenklinik in M¨unchen. Seit 1931 erneut Mitglied ¨ der NSDAP, wurde B. 1933 Obmann des NS-Arztebundes im Gau M¨unchen-Oberbayern, habilitierte sich 1935 in M¨unchen f¨ur Gyn¨akologie und Frauenheilkunde und erhielt eine Dozentur. Im selben Jahr u¨ bernahm er die Leitung des Amtes f¨ur Volksgesundheit im Gau M¨unchen-Oberbayern der NSDAP und war 1936-39 Referent f¨ur die Medizinischen Fakult¨aten im Reichsministerium. 1938 wurde er zun¨achst zum Medizinalrat, dann zum nichtbeamteten a. o. Prof. ernannt. Seit 1940 hatte B. eine o. Professur f¨ur Frauenheilkunde an der Univ. Marburg inne, war 1941-44 auch deren Prorektor sowie 1941-43 Dekan der Medizinischen Fakult¨at. 1944 geh¨orte er dem F¨uhrerkreis der Reichsdozentenf¨uhrung an. C Gr¨uttner Bach, Ernst, Politiker, * 19. 9. 1902 Castrop-Rauxel, † 13. 3. 1965 Siegen. Der Sohn eines Bergmanns ergriff zun¨achst den Beruf seines Vaters und schloß sp¨ater eine kaufm¨annische Ausbildung ab. Seit 1923 war B. Gesch¨aftsf¨uhrer der Deutschnationalen Volkspartei f¨ur die Kreise Siegen, Wittgenstein und Olpe; 1930 wurde er Hauptgesch¨aftsf¨uhrer des Christlichen Volksdienstes in Westfalen. B. stand 1946-57 dem Stadtverband Siegen der CDU vor, war 1948-56 Oberb¨urgermeister von Siegen, 1950-59 Bundesschatzmeister seiner Partei und 1953-57 Pr¨asident der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe. B. geh¨orte von 1958 bis zu seinem Tod dem Landtag Nordrhein-Westfalens an. Bach, Franz Josef, Diplomat, Politiker, * 4. 2. 1917 Neuss, † 3. 8. 2001 Aachen. B. studierte seit 1938 Maschinenbau und Volkswirtschaft, schloß das Studium 1942 als Diplomingenieur ab, war 1942-45 Assistent am Aerodynamischen Institut der TU Aachen, Fachgebiet Gasdynamik, und wurde 1947 an der TH in Aachen mit der Dissertation Druckverteilungsmessungen an Geschossen zum Dr.-Ing. promoviert. Er arbeitete als Betriebsleiter und Wirtschaftsredakteur bei der „Aachener Volkszeitung“, studierte 1949 Politische Wissenschaften an der Univ. Charlottesville (Virginia, USA), besuchte 1950 / 51 die Diplomatenschule in Speyer und trat 1951 in den Ausw¨artigen Dienst ein. 1951-54 war B. zun¨achst Legationssekret¨ar, dann Gesandtschaftsrat in Sydney (Australien), 1954-57 Gesandtschaftsrat Erster Klasse in Washington. 1957 wurde er Leiter des Kabinettsreferats
f¨ur das Ausw¨artige Amt im Bundeskanzleramt, 1958 Ministerialrat, 1959 pers¨onlicher Referent des Bundeskanzlers → Adenauer. 1960 / 61 koordinierte B. den Bundestagswahlkampf zwischen der Parteileitung der CDU und dem Bundeskanzleramt. 1961-64 war er Generalkonsul in Hongkong und 1964-68 Botschafter in Teheran. 1969-72 geh¨orte B. f¨ur die CDU dem Deutschen Bundestag an. C MdB
Bach, Friedrich, Lyriker, Mediziner, * 13. 3. 1817 K¨oniggr¨atz, † 6. 9. 1865 Werschetz (Banat). B. studierte zun¨achst Geisteswissenschaften, wandte sich dann der Medizin zu und wurde 1842 promoviert. Er war Mitarbeiter der Zeitschrift „Ost und West“, deren Herausgeber Rudolf → Glaser ebenso zu seinen Freunden z¨ahlte wie die Schriftsteller Alfred → Meißner und Moritz → Hartmann. Seit 1847 lebte B. als Arzt, zuletzt Eisenbahnarzt im Banat. Er schrieb vor allem Lyrik, die er erstmals in dem Band Sensitiven (1839) ver¨offentlichte. C Leb Sudeten, Bd 3 Bach, Georg Christoph, Musiker, * 6. 9. 1642 Erfurt, † 24. 4. 1697 Schweinfurt. Der a¨ lteste Sohn von Johann Sebastian → B.s Großvater Christoph → B. erhielt seine musikalische Ausbildung in Arnstadt durch den Kantor Jonas de Fletin. Nach dem Tod seines Vaters 1661 blieb er zun¨achst noch in Arnstadt und wurde dann Lehrer in Heinrichs bei Suhl. 1668 ging er nach Themar bei Meiningen und wurde dort Kantor, 1688 in Schweinfurt. B. f¨uhrte die sogenannte „Fr¨ankische Linie“ der Musikerfamilie Bach weiter. C NGroveD Bach, Heinrich, Musiker, Komponist, * 16. 9. 1615 Wechmar, † 10. 7. 1692 Arnstadt. B. war der Begr¨under der sp¨ater sogenannten „Arnst¨adter Linie“ der Familie Bach; er war Großonkel Johann Sebastian → B.s. In Erfurt erhielt er von seinem a¨ lteren Bruder Johann → B. Unterricht im Orgelspiel, war Ratsmusikant in Schweinfurt und sp¨ater in der Musik-Kompanie in Erfurt. 1641 erhielt er eine Berufung als Organist und Stadtmusikus nach Arnstadt. B. war zu seiner Zeit ein gesch¨atzter Organist und Komponist von Kirchenmusik. C NGroveD
Bach, Johann, Musiker, * 26. 11. 1604 Wechmar, † 13. 5. 1673 Erfurt. Der Bruder von Johann Sebastian → B.s Großvater Christoph → B. war Spielmann u. a. in Suhl und Schweinfurt, wo er Organist wurde. F¨ur 1628 und 1634 ist sein Aufenthalt als Spielmann in Wechmar belegt. Seit 1635 war B. Direktor der Erfurter Ratsmusik und sp¨ater auch Organist an der dortigen Predigerkirche. Er war der Begr¨under der sp¨ater sogenannten „Erfurter Linie“ der Familie Bach. Auch seine S¨ohne waren hier Rats- oder Stadtmusiker. C NGroveD
Bach, Johann Ambrosius, Musiker, * 22. 2. 1645 Erfurt, † 20. 2. 1695 Eisenach. B., Sohn Christoph → B.s, kam als Neunj¨ahriger nach Arnstadt, wo er Violinunterricht erhielt und zum Stadtpfeifer ausgebildet wurde. 1667 trat er in die Erfurter Ratskompanie als Stadtpfeifer ein, er siedelte 1671 als Hof- und Ratsmusikus nach Eisenach u¨ ber, wo sein Sohn Johann Sebastian → B. geboren wurde. C NGroveD
Bach, Johann August, Rechtshistoriker, * 17. 5. 1721 Hohendorf, † 6. 12. 1758 Leipzig. B. wurde 1734 Sch¨uler der Leipziger Thomasschule, studierte seit 1741 an der Univ., wurde 1750 zum Dr. jur. promoviert und 1752 zum a. o. Prof. der „Rechtsaltert¨umer“ und zum Beisitzer beim geistlichen Konsistorium ernannt. Er gilt als Vorl¨aufer der historischen Rechtswissenschaft. B. ver¨offentlichte u. a. eine Geschichte des R¨omischen Rechts
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Bach (Historia jurisprudentiae Romanae, 1754), philologische Schriften und einen Band lateinischer Gedichte. C NDB
Bach, Johann Bernhard, Musiker, Komponist, * 23. 5. 1676 Erfurt, † 11. 6. 1749 Eisenach. B. war ein Enkel von Johann Sebastian → B.s Großonkel Johann → B. Er lebte als Organist in Erfurt, Magdeburg und seit 1703 in Eisenach, wo er zugleich herzoglicher Kammermusiker war. Von seinen Kompositionen sind vier Orchestersuiten, Chorkantaten sowie Orgel- und Klavierst¨ucke erhalten. C NGroveD Bach, Johann Christian, der sogenannte „Mail¨ander“ oder „Londoner Bach“, Musiker, Komponist, * 5. 9. 1735 Leipzig, † 1. 1. 1782 London. B. war der j¨ungste unter den musikalischen S¨ohnen des Leipziger Thomaskantors Johann Sebastian → B., der ihm auch ersten musikalischen Unterricht erteilte. Nach dem Tod des Vaters 1750 nahm ihn sein Halbbruder Carl Philipp Emanuel → B., Kammermusiker am preuß. Hof in Berlin, auf. Aus dieser Zeit datieren erste gr¨oßere Kompositionen, u. a. sechs Cembalokonzerte. 1755 unternahm B. eine Bildungsreise nach Italien, wo er zum kath. Glauben konvertierte und sp¨ater die Stellung eines Organisten am Mail¨ander Dom annahm. In seinen ersten italienischen Jahren widmete er sich unter dem Eindruck seines Mentors Giovanni Battista Martini in Bologna vorwiegend der lateinischen Kirchenmusik. Der Erfolg seiner ersten italienischen Opern verschaffte B. Auftr¨age f¨ur zwei neue Kompositionen f¨ur die Spielzeit 1763 am King’s Theatre London. B. erwarb sich rasch die Gunst des englischen Hofes, wurde Musikmeister der – in Deutschland geborenen – K¨onigin Charlotte und ließ sich entgegen urspr¨unglichen Planungen dauerhaft in London nieder. Neben weiteren Opernauftr¨agen u¨ bernahm B. zusammen mit Carl Friedrich → Abel die Leitung einer Serie von Subskriptionskonzerten, die bis 1782 bestanden, wof¨ur ihnen seit 1774 ein eigenes Konzerthaus am Hanover Square zur Verf¨ugung stand. F¨ur die Bach-Abel-Konzerte schuf B. zahlreiche Sinfonien, Konzerte und konzertante Sinfonien mit mehreren Solisten und Orchester, die zu einem großen Teil im Druck erschienen und sich durch Nachstiche rasch u¨ ber ganz Europa verbreiteten. Durch seine Kompositionen und Veranstaltungen, darunter zahlreiche Benefizkonzerte, nahm B. eine f¨uhrende Rolle im Londoner Musikleben ein und wurde zum großen Vorbild des damals achtj¨ahrigen Wolfgang Amadeus → Mozart, der sich 1764 / 65 in Begleitung von Vater und Schwester in London aufhielt. 1772 erging an B. die Einladung, zum Namenstag des Kurf¨ursten → Karl Theodor in Mannheim die Oper Temistocle zu schreiben; dieser Erfolg wiederholte sich 1776 mit dem gleichfalls f¨ur Mannheim komponierten Lucio Silla. Weitere Opernauftr¨age kamen aus Paris, von denen B. jedoch nur Amadis des Gaules (1779) ausf¨uhren konnte. 1778 besuchte ihn sein a¨ lterer Bruder Johann Christoph Friedrich → B., Konzertmeister in B¨uckeburg, der B. seinen Sohn Wilhelm Friedrich Ernst → B. zur weiteren Ausbildung anvertraute. Am Ende seines Lebens geriet B. in betr¨achtliche Geldschwierigkeiten. Seine Frau die S¨angerin Cecilia Grassi, kehrte nach B.s Tod nach Italien zur¨uck. Eine Auswahlausgabe in 48 B¨anden (Ernest Warburton, Hrsg.: The collected works of Johann Christian Bach. New York und London 1984 ff.) wurde 1999 abgeschlossen. LITERATUR: Charles Stanford Terry: J. C. B. London 1929, rev. 21967. – Stephen Roe: The keyboard music of J. C. B.
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New York 1989. – Ernest Warburton: J. C. B. In: Christoph Wolff u. a. (Hrsg.): Die Bach-Familie. Stuttgart / Weimar 1993 (mit Bibliographie und aktualisiertem Werkverzeichnis). Ulrich Leisinger
Bach, Johann Christoph, Komponist, Musiker, * 8. 12. 1642 Arnstadt, † 31. 3. 1703 Eisenach. Der Sohn von Johann Sebastian → B.s Großonkel Heinrich → B. war Sch¨uler seines Vaters, seit 1663 Organist an der Schloßkapelle in Arnstadt. 1665 wurde er als Organist an die Georgenkirche in Eisenach berufen, wo er zugleich Cembalist der herzoglichen Hofkapelle war und 1700 zum Kammermusiker bef¨ordert wurde. Er gilt als der bedeutendste Komponist der Familie vor Johann Sebastian B. Von seinen Kompositionen sind Kantaten, Motetten, Choralvorspiele f¨ur Orgel und eine Sarabande mit zw¨olf Variationen f¨ur Klavier erhalten. C NGroveD Bach, Johann Christoph, Musiker, * 16. 6. 1671 Erfurt, † 22. 2. 1721 Ohrdruf. Der a¨ lteste Bruder Johann Sebastian → B.s besuchte bis 1685 die Eisenacher Lateinschule und erhielt dann bei Johann → Pachelbel in Erfurt eine dreij¨ahrige musikalische Ausbildung. Siebzehnj¨ahrig wurde er f¨ur kurze Zeit Organist an der Erfurter Thomaskirche. Von 1690 bis zu seinem Tod war B. Organist zu St. Michael in Ohrdruf. C NGroveD
Bach, Johann Christoph Friedrich, Kapellmeister, Komponist, * 21. 6. 1732 Leipzig, † 26. 1. 1795 B¨uckeburg. B. war der erste u¨ berlebende und gesunde Sohn aus Johann Sebastian → B.s zweiter Ehe mit Anna Magdalena Wilcken. Er besuchte zun¨achst die Leipziger Thomasschule und studierte Rechtswissenschaften, trat aber nach dem Tod des Vaters als Kammermusiker in die B¨uckeburger Hofkapelle ein. Von 1758 an war B., auch „B¨uckeburger Bach“ genannt, Kapell- und Konzertmeister. Er komponierte Klaviersonaten, Kantaten, Quartette f¨ur Fl¨ote und Streichinstrumente sowie drei Oratorien auf Texte Johann Gottfried → Herders, der 1771-76 Hofprediger in B¨uckeburg war. Bach, Johann Ernst, Kapellmeister, Komponist, Musiker, * 28. 1. 1722 Eisenach, † 1. 9. 1777 Eisenach. B., Sohn von Johann Sebastian → B.s Vetter Johann Bernhard → B., besuchte die Thomasschule in Leipzig, studierte Rechtswissenschaften und war seit 1742 Amtsadvokat in Eisenach. 1748 wurde er Stellvertreter, im folgenden Jahr Nachfolger seines Vaters als Organist an der dortigen Georgskirche. 1756 erhielt er die Stelle des Kapellmeisters der f¨urstlichen Hofkapelle von Herzog Ernst August in Weimar. Als Komponist neigte er auch in der sakralen Musik zum galanten Stil. Er hinterließ Orgel- und Klavierst¨ucke, Sonaten f¨ur Violine und Klavier, ein Passionsoratorium und die Vertonung der Reimfabeln Christian F¨urchtegott → Gellerts (Sammlung auserlesener Fabeln und Melodeyen, 1749). C NGroveD
Bach, Johann Jakob, Musiker, * 9. 2. 1682 Eisenach, † 1732 Stockholm. Der Bruder Johann Sebastian → B.s besuchte die Eisenacher Lateinschule und erhielt bei dem Nachfolger seines Vaters eine zunftgerechte Ausbildung als Stadtpfeifer. Er wandte sich dann nach Polen und ließ sich 1706 in schwedische Dienste anwerben. Johann Sebastian B. schrieb zu seinem Abschied das Capriccio sopra la lontananza del suo fratello dilettissimo (1704). 1707 trat B. als Oboist in die Leibgarde des schwedischen K¨onigs ein, mit der er im Großen Nordischen Krieg durch halb Europa zog. In Konstantinopel nahm er Fl¨otenunterricht bei dem franz¨osischen Fl¨otisten und sp¨ateren Mitglied der Dresdener Hofkapelle Pierre Gabriel Buffardin. Seit 1712 lebte B. als Hofkapellmusiker in Stockholm. C NDB
Bach Bach, Johann Ludwig, Kapellmeister, Komponist, getauft 6. 2. 1677 Thal bei Eisenach, † begraben 1. 3. 1731 Meiningen. B., Vetter von Johann Sebastian → B., ging 1699 an den Meininger Hof (deshalb auch der „Meininger Bach“ genannt), wo er 1703 Kantor und Chormeister, 1711 Hofkapellmeister wurde. Die fr¨uher Johann Sebastian B. zugeschriebene Kantate Denn du wirst meine Seele nicht in der H¨olle lassen (BWV 15) stammt von B. Sein ber¨uhmter Vetter sch¨atzte B.s Kompositionen so hoch, daß er noch als Thomaskantor 18 seiner Kantaten kopierte und die Stimmen ausschrieb. Ferner sind eine Passion und 15 Motetten erhalten. C MGG Bach, Johann Michael, Musiker, Komponist, * 9. 8. 1648 Arnstadt, † 17. 5. 1694 Gehren. Der Sohn von Johann Sebastian → B.s Großonkel Heinrich → B. war seit 1673 Organist und Stadtschreiber in Gehren. Er komponierte vor allem Instrumentalmusik, Motetten, Kantaten und Choralvorspiele, von denen viele als verschollen gelten; er bet¨atigte sich auch als Instrumentenbauer. B.s j¨ungere Tochter Maria Barbara B. wurde 1707 die erste Frau Johann Sebastian B.s. C NDB
Bach, Johann Nikolaus, Musiker, * 10. 10. 1669 Eisenach, † 4. 11. 1753 Jena. Der Vetter Johann Sebastian → B.s aus der Arnst¨adter Linie besuchte die Lateinschule seiner Heimatstadt und erhielt eine musikalische Ausbildung bei seinem Vater Johann Christoph → B. und dem Stadtorganisten Johann Magnus Kn¨upfer in Jena. 1695 wurde er Universit¨atsorganist, 1716 Organist an der Stadtkirche in Jena. B. komponierte ein Singspiel, eine Kurzmesse in e-Moll und Choralbearbeitungen. Er galt als guter Instrumentenbauer. Die von B.s Sch¨uler Friedrich Erhardt Niedt verfaßte Generalbaß- und Kompositionslehre legte Johann Sebastian seinem Unterricht zugrunde. C NGroveD
Bach, Johann Philipp, Maler, * 5. 8. 1752 Meiningen, † 2. 11. 1846 Meiningen. Der Enkel des Meininger Hofkapellmeisters Johann Ludwig → B. erhielt seine k¨unstlerische und musikalische Ausbildung bei seinem Vater Gottlieb Friedrich B. Er wurde 1790 in Meiningen zum Hofmaler ernannt und erhielt gleichzeitig eine Anstellung als Hoforganist und Cembalist. B. war ein besonders produktiver Maler, allein von seinen Pastellen sind mehr als 1000 bekannt; er portr¨atierte auf Reisen adlige und b¨urgerliche Personen. Seine Arbeiten gliedern sich in drei Schaffensperioden, von denen die erste noch von einer stereotypen Behandlung des Hintergrunds bestimmt ist (Bildnis Carl Philipp Emanuel Bach, 1773), die zweite (seit etwa 1790) einen Stilwandel hin zur farbenfrohen Darstellung der Ausstattung zeigt und die dritte Periode schließlich eine Individualisierung der Bildnisse aufweist. C AKL Bach, Johann Sebastian, Musiker, Komponist, * 21. 3. 1685 Eisenach, † 28. 7. 1750 Leipzig. B. war der bedeutendste Sproß einer in Th¨uringen weit verbreiteten Musikerfamilie. Auch der Vater, Johann Ambrosius → B. war Musiker, seit 1671 Stadt- und Hofmusiker in Eisenach. Die Mutter Elisabeth, geb. L¨ammerhirt (1644-1694), war verwandt mit dem Weimarer Stadtorganisten Johann Gottfried → Walther (16841748), mit dem B. in Weimar regen Umgang pflegte. B. war das letzte von acht Kindern. Als er mit zehn Jahren verwaiste, nahm ihn sein a¨ ltester Bruder Johann Christoph → B. (Sch¨uler Johann → Pachelbels)
zu sich nach Ohrdruf. Mit R¨ucksicht auf dessen wachsende Familie reiste B. um Ostern 1700 mit seinem Freund Georg Erdmann (Empf¨anger zweier Briefe, von denen derjenige vom 28. 10. 1730 einen ausf¨uhrlichen Bericht B.s u¨ ber sein Leben und seine Familie enth¨alt) nach L¨uneburg und fand als Internatssch¨uler am Michaeliskloster Aufnahme. Dort empfing er wertvolle Anregungen durch den Johannisorganisten Georg → B¨ohm, durch Reisen nach Celle (Pflege franz¨osischer Musik) und Hamburg (Oper, norddeutsche Orgelkunst). Nach vergeblicher Bewerbung in Sondershausen – er wurde als zu jung abgewiesen – u¨ bernahm er Ostern 1703 eine Stelle als Kammermusikus beim Herzog Johann Ernst von Sachsen-Weimar, dem Mitregenten des regierenden Wilhelm Ernst, in dessen Dienste B. 1708 treten sollte; aber schon am 9. August 1703 erhielt er seine erste selbst¨andige Anstellung als Organist an der soeben fertiggestellten Orgel der Neuen (Bonifatius-)Kirche in Arnstadt. Daß man ihn bereits im Juli zur Orgelpr¨ufung herangezogen hatte, beweist, welchen Ruf der Dreiundzwanzigj¨ahrige schon als Orgelsachverst¨andiger genoß. Aus erhaltenen Protokollen (Bach-Dokumente II, 14, 16, 17) werden Charakterz¨uge erkennbar, die auch f¨ur den sp¨ateren B. typisch bleiben sollten: Eigenwilligkeit, Streitbarkeit und Beharren auf der eigenen Rechtsposition. So u¨ berschritt er einen Urlaub zur Jahreswende 1705 / 06, um Dietrich → Buxtehude (Marienorganist in L¨ubeck) zu h¨oren, um das vierfache; man warf ihm vor, zu lange gespielt zu haben, und auf entsprechende Vorhaltungen hin sei er ins entgegengesetzte Extrem verfallen; er habe die Gemeinde durch eigenwilliges Choralspiel verwirrt und weigere sich, mit dem Sch¨ulerchor Figuralmusik aufzuf¨uhren. Doch scheint es zu keiner dauerhaften Verstimmung gekommen zu sein, da er die Stellung bis zu seiner K¨undigung am 29. 6. 1707 behielt. Am 2. 12. 1706 war Johann Georg → Ahle, Organist an Divi Blasii zu M¨uhlhausen gestorben, und man hatte B. die Nachfolge angetragen. An Ostern 1707 hatte er das Probespiel abgeleistet – vielleicht mit Auff¨uhrung seiner Kantate Christ lag in Todes Banden, Bach-Werke-Verzeichnis (BWV) 4 –, und am 15. Juni unterzeichnete er den Anstellungsvertrag. Anders als in Arnstadt scheint er mit dem Rat auch die regelm¨aßige Auff¨uhrung von Kirchenkantaten vereinbart zu haben; doch sind aus dieser Zeit nur Gelegenheitswerke erhalten: Aus der Tiefen (BWV 131, Bußgottesdienst?), Gottes Zeit (BWV 106, Trauerfeier), Gott ist mein K¨onig (BWV 71, Ratswechsel). Am 17. 10. 1707 heiratete er seine Base Maria Barbara Bach (1684-1720). Am 25. 6. 1708 reichte er beim M¨uhlh¨auser Rat sein Entlassungsgesuch ein, da er eine Stellung als Organist und Kammermusikus am Weimarer Hof erhalten habe. Das K¨undigungsschreiben enth¨alt den vielzitierten Satz: „Wenn auch ich stets den Endzweck, nemlich eine regulirte kirchen music zu Gottes Ehren, und Ihren [des Rates] Willen nach, gerne auff¨uhren m¨ogen . . ., so hat sichs doch ohne wiedrigkeit nicht f¨ugen wollen.“ Diese „Widrigkeit“ bestand offenbar in dem in M¨uhlhausen heftig gef¨uhrten Streit zwischen Pietismus und Orthodoxie, wobei B.s Vorgesetzter, Superintendent Johann Adolph Frohne (1652-1713) die Abneigung des Pietismus gegen Figuralmusik im Gottesdienst geteilt zu haben scheint (dies die bisher nicht glaubw¨urdig widerlegte Meinung Philipp → Spittas). Doch schied B. auch von M¨uhlhausen nicht im Unfrieden: Er u¨ berwachte weiterhin den von ihm im Februar 1708 beantragten Orgelumbau und lieferte f¨ur die Ratswahl 1709 eine neue Kantate (verschollen). Am Weimarer Hof fand sein Orgelspiel großen Anklang; die meisten seiner Orgelkompositionen sind dort entstanden, so Choralbearbeitungen – das Orgelb¨uchlein und die sogenannten 18 Chor¨ale –, Pr¨aludien (Tokkaten, Fantasien) und Fugen. Wichtige Anregungen empfing B.
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Bach von dem musikalisch hochbegabten Weimarer Prinzen Johann Ernst, der von seiner Kavalierstour die damals epochemachenden Instrumentalkonzerte Antonio Vivaldis mitbrachte, von denen B. etliche f¨ur Orgel transkribierte. Im M¨arz 1714 ernannte ihn der Herzog zum Konzertmeister mit der Verpflichtung, zur Entlastung des kr¨ankelnden Kapellmeisters Johann Samuel Drese monatlich eine Kantate zu komponieren und aufzuf¨uhren. Beginnend mit Palmarum 1714 (Himmelsk¨onig, sei willkommen, BWV 182), entstand eine erste Reihe von Kantaten zum Kirchenjahr, bis B. nach dem Tod Dreses (1. 12. 1716), get¨auscht in der Hoffnung, dessen Nachfolger zu werden, die Kantatenkomposition einstellte und im Herbst 1717 trotz des Widerstands des Herzogs, der ihn „wegen seiner Halßstarrigen Beze¨ugung v. zu erzwingenden dimission“ vom 6. November bis zum 2. Dezember in Arrest nahm, als Kapellmeister in den Dienst des F¨ursten Leopold von Anhalt-K¨othen trat. In K¨othen widmete sich B. vorzugsweise der Orchesterund Kammermusik. So hat er die Brandenburgischen Konzerte zwar am 24. 3. 1721 dem Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg gewidmet; entstanden sind sie jedoch großenteils f¨ur den K¨othener Hof (zum Teil vielleicht gar in Weimar). Auch die meisten Bachschen Konzerte, Suiten und Sonaten d¨urften K¨othener Ursprungs sein, auch wenn sie heute – wie die meisten Instrumentalkonzerte – nur noch in Leipziger Handschriften u¨ berliefert sind, so daß ihre Datierung in der neueren Forschung kontrovers ist. Am 4. 7. 1720 war seine Frau Maria Barbara unerwartet gestorben; am 3. 12. 1721 heiratete er Anna Magdalena Wilcken (1701-1760), S¨angerin am K¨othener Hof und Tochter eines Hoftrompeters in Weißenfels. Etwa von dieser Zeit an beginnt auch sein Familienleben sich in seinen Kompositionen abzuzeichnen: F¨ur den Sohn Wilhelm Friedemann → B. legte er 1720 ein Clavier-B¨uchlein an, 1722 eines f¨ur die Gattin und ein weiteres 1725. Auch p¨adagogische Werke wie das Wohltemperirte Clavier I (1722) und die Inventionen und Sinfonien (1723) dienten der Unterweisung der Kinder wie der zahlreichen Sch¨uler. Als das Musikinteresse F¨urst Leopolds nachließ, hielt B. auch wieder nach anderen Aufgaben Ausschau. Eine Bewerbung in Hamburg 1720 blieb erfolglos (man erwartete eine Abl¨osesumme, die B. zu zahlen nicht bereit war). Als aber durch den Tod Johann → Kuhnaus (5. 6. 1722) das Kantorat an der Leipziger Thomasschule frei geworden war, nahm B. – → Telemann und → Graupner hatten abgesagt – die Stelle an, obwohl es ihm „anf¨anglich gar nicht anst¨andig seyn wolte, aus einem Capellmeister ein Cantor zu werden“. Am 7. 2. 1723 legte er die Probe ab und trat am 30. Mai desselben Jahres sein neues Amt an. Die ersten Leipziger Jahre galten vornehmlich der Schaffung eines Bestandes an Kirchenkantaten, wie sie in den Leipziger Hauptkirchen (St. Nikolai, St. Thomae) sonn- und festtags im Wechsel aufzuf¨uhren waren (außer am 2.-4. Advent und in der Fastenzeit). So entstanden 1723-26 drei Kantatenjahrg¨ange; zwei weitere (der Nekrolog nennt insgesamt f¨unf) sind weitgehend verschollen und nicht sicher datierbar. Von den f¨unf Passionen, die B. laut Nekrolog komponiert haben soll, d¨urfte eine erste, verschollene, nach neuen Forschungen A. Gl¨ockners 1717 f¨ur Gotha entstanden sein. Erhalten sind die JohannesPassion (BWV 245, 1724, Umarbeitungen 1725, 1728 oder 1732, 1749) und die Matth¨aus-Passion (1727 oder 1729, Umarbeitung 1736, kaum ver¨andert 1742). Zu einer MarkusPassion (BWV 247, 1731) ist der Text erhalten; die Musik ist nur in einigen Teilen rekonstruierbar. Eine weitere ist offenbar g¨anzlich verloren. Im Fr¨uhjahr 1729 u¨ bernahm B. die Leitung eines seinerzeit von Telemann gegr¨undeten Collegium Musicum (bis 1737 und von 1739 bis mindestens 1741), das in der Regel w¨ochentlich im Zimmermannschen
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Kaffeehaus, sommers im Kaffeegarten musizierte. Neben Kammermusik (Neukompositionen und Wiederauff¨uhrung von K¨othener Werken) entstand hierf¨ur eine betr¨achtliche Zahl an weltlichen Kantaten, so Gl¨uckwunschmusiken f¨ur das Dresdner Herrscherhaus, aber auch „b¨urgerliche“ Sujets wie die Kaffeekantate (BWV 211) oder Der Streit zwischen Phoebus und Pan (BWV 201). Aus ihnen hat B. vielfach S¨atze unter neuem Text (sogenannte Parodien) in Kirchenkantaten, das Weihnachts-Oratorium (BWV 248, 1734 / 35) und die h-Moll-Messe (BWV 232, 1733 bzw. um 1749) u¨ bernommen. Ein weiterer Schaffensschwerpunkt der mittleren und sp¨ateren Leipziger Jahre umfaßt Werke f¨ur Tasteninstrumente: Die vier Teile der Klavier¨ubung, das Wohltemperierte Klavier, Teil II und die Kunst der Fuge (letztes Lebensjahrzehnt, unvollendet u¨ berliefert). Ein Besuch am Potsdamer Hof → Friedrichs II. im Mai 1747 mit Improvisationen u¨ ber ein vom K¨onig gegebenes Thema veranlaßte B. zur Komposition eines Sammelwerkes von Fugen, Kanons und einer Triosonate, das er als Musikalisches Opfer im Druck ver¨offentlichte. Nachdem B. bereits 1730 Kritik an seiner (schulischen, nicht kirchlichen) Amtsf¨uhrung hatte hinnehmen m¨ussen, brach 1736 ein offener Streit mit Rektor Johann August → Ernesti aus, der vordergr¨undig um das Recht, Chorpr¨afekten einzusetzen, im Grunde aber um die Abwertung der Musikpflege durch die beginnende Aufkl¨arungszeit gef¨uhrt wurde. Im Fr¨uhjahr 1750 – nach einem mutmaßlichen Schlaganfall bereits 1749 – mußte sich der fast erblindete B. einer Augenoperation unterziehen, an deren Folgen er am 28. 7. 1750 verstarb. Stilistisch vertrat B. in seiner Jugend eine fortschrittliche Richtung: Er nutzte die Einf¨uhrung der temperierten Stimmung zu k¨uhnen Modulationen und zum Spiel in allen Tonarten (Wohltemperiertes Klavier), vollzog die formale Entwicklung von der Reihung kleingliedriger Abschnitte zum Formenpaar zweier in sich einheitlich ablaufender S¨atze wie Rezitativ-Arie, Pr¨aludium-Fuge und u¨ bertrug das konzertante Prinzip vom Instrumentalkonzert auf andere Kompositionsgattungen (Arie, Sonate, Pr¨aludium u. a.). Im Alter sah er sich dem Vorwurf mangelnder Annehmlichkeit durch ein „schw¨ulstiges und verworrenes Wesen“ (so Johann Adolph → Scheibe 1737) ausgesetzt, da er den Wandel vom hochbarocken strengen zum rokokohaften Galanten Stil nur in Ans¨atzen mitvollzogen hatte. W¨ahrend B.s Musik unter seinen Orgelsch¨ulern l¨angere Zeit lebendig blieb, begann eine allgemeine, bis heute wachsende BachRenaissance 1829 mit der Auff¨uhrung der Matth¨aus-Passion durch Felix → Mendelssohn Bartholdy. GESAMTAUSGABEN: J. S. B.s Werke. Hrsg. von der BachGesellschaft zu Leipzig. Leipzig 1851-99. – Neue Ausgabe s¨amtlicher Werke. Hrsg. vom J.-S.-Bach-Institut G¨ottingen und vom Bach-Archiv Leipzig. Kassel / Leipzig 1954 ff. (Abschluß um 2006 geplant). LITERATUR: Gesamtdarstellungen: Philipp Spitta: J. S. B. 2 Bde., Leipzig 1873-80 (grundlegend, veraltet). – Albert Schweitzer: J. S. B. Leipzig 1908. – Arno Forchert: J. S. B. und seine Zeit. Laaber 2000. – Martin Geck: B. Leben und Werk. Reinbek 2000. – Christoph Wolff: J. S. B. Frankfurt / Main 2000. – Bach-Jahrbuch. Hrsg. Neue Bachgesellschaft. Leipzig 1904 ff. – Nachschlagewerke: BachDokumente. Hrsg. v. Werner Neumann (Bd. 1, 2, 4) und Hans-Joachim Schulze (Bd. 1, 2, 3). 4 Bde., Kassel / Leipzig 1963-79. – S¨amtliche von J. S. B. vertonte Texte. Hrsg. v. Werner Neumann. Leipzig 1974. – Bach Compendium. Hrsg. v. Hans-Joachim Schulze und Christoph Wolff. Leipzig / Dresden 1985 ff. (erschienen Teil 1-4). – Bach-WerkeVerzeichnis (BWV). Hrsg. v. Wolfgang Schmieder. Wiesbaden 21990 (kleine Ausgabe 2a1998). – Einzeldarstellungen: Peter Williams: The organ music of J. S. B. 3 Bde., Cam-
Bach bridge 1980-84. – Alfred D¨urr: Die Kantaten von J. S. B. mit ihren Texten. Kassel / M¨unchen. 92005. – Emil Platen: Die Matth¨aus-Passion von J. S. B. Kassel / M¨unchen 21997. – Alfred D¨urr: Die Johannes-Passion von J. S. B. Kassel / M¨unchen 21992. – David Schulenberg: The keyboard music of J. S. B. New York 1992. – Konrad K¨uster (Hrsg.): Bach-Handbuch. Kassel / Stuttgart 1999. – Weitere Literatur in den Bibliographien des Bach-Jahrbuchs. Alfred D¨urr
Bach, Joseph von, kath. Theologe, * 4. 5. 1833 Aislingen, † 24. 9. 1901 M¨unchen. Seit 1852 studierte B. Theologie an der Univ. M¨unchen, wurde 1856 zum Priester geweiht und 1859 promoviert. Nach einem Jahr als Priester in Weilheim kehrte er an die Univ. M¨unchen zur¨uck und habilitierte sich 1865 f¨ur Religionsphilosophie und P¨adagogik. 1867 wurde er dort a. o. Prof. und Universit¨atsprediger (bis 1879), 1872 o. Prof. der P¨adagogik und der Philosophie, seit 1881 auch der Apologetik, Symbolik und Dogmengeschichte. B.s Hauptwerk Die Dogmengeschichte des Mittelalters vom christologischen Standpunkt oder die mittelalterliche Christologie (2 Bde., 1873-75) blieb unvollendet. C Biogr Jahrb, Bd 6
Bach, Karl Philipp Heinrich, Kartograph, * 30. 1. 1812 Großingersheim, † 15. 12. 1870 Stuttgart. B. trat 1827 in den w¨urttembergischen Milit¨ardienst ein, erhielt jedoch auf eigenen Wunsch 1833 seinen Abschied, um am Kgl. Statistisch-Topographischen B¨uro in Stuttgart, seit 1837 als Topograph, zu arbeiten. Hier war er am Großen Topographischen Atlas von W¨urttemberg beteiligt. Neben kleineren Karten und kartographischen Schriften (Theorie der Bergzeichnung in Verbindung mit der Geognosie, 1853) hinterließ B. eine als ungew¨ohnlich genau geltende Geo¨ graphische Ubersichtskarte von Deutschland (1855) in neun Bl¨attern.
Bach, Karl Theodor, auch Theodor B., o¨ sterr. Architekt, * 17. 11. 1858 Wien, † 18. 1. 1938 Prag. B. studierte an der TH Wien bei Heinrich von → Ferstel und Karl → K¨onig, war dort 1882-84 Assistent und wurde 1889 Chefarchitekt der Wiener Baugesellschaft. 1908 u¨ bernahm er den Lehrstuhl f¨ur Hochbau an der Deutschen Technischen Univ. Prag. Neben Kirchen und Arbeiterh¨ausern entwarf er zahlreiche Wohnbauten mit originellen Fassaden f¨ur die Wiener Baugesellschaft. Er gilt als Architekt des Wiener Historismus. B., seit 1893 Mitglied des K¨unstlerhauses Wien, ver¨offentlichte u. a. Aufgaben f¨ur Gegenwart und Zukunft (1910). C AKL Bach, (Richard) Ludwig, Augenarzt, * 31. 12. 1865 Frankweiler, † 11. 5. 1912 Marburg. Nach Abschluß der medizinischen Studien an den Universit¨aten M¨unchen, W¨urzburg und Berlin (Promotion ¨ 1889, Uber Antipyrin als Nervinum in subcutaner Injection) besch¨aftigte sich B., Sohn eines Winzers, in Berlin haupts¨achlich mit Bakteriologie, Chemie und vergleichender Anatomie. 1891-1900 war er Assistent bei Julius von → Michel an der Universit¨atsaugenklinik in W¨urzburg, ha¨ bilitierte sich 1893 (Uber den Keimgehalt des Bindehautsackes) und wurde 1900 Ordinarius und Direktor der Universit¨atsaugenklinik in Marburg. B.s Forschungen galten der Bakteriologie des Auges und dessen Innervation; er ver¨of¨ fentlichte u. a. Uber Pupillenlehre (1908). C NDB Bach, Max, Maler, Kunsthistoriker, * 17. 10. 1841 Stuttgart, † Februar 1914 Stuttgart. Seinen ersten Kunstunterricht erhielt B. bei seinem Vater Carl Philipp Heinrich → B. und dem Maler Caspar Obach. Seit 1858 studierte er Landschaftsmalerei bei Hein-
rich → Funk an der Kunstschule Stuttgart und 1864-66 technisches Zeichnen am Polytechnikum. 1868-70 hielt er sich in M¨unchen und N¨urnberg zum Studium der Kunstgeschichte und graphischer Techniken auf. 1871-73 unterrichtete B. an der Real- und der Handwerkerschule in Alzey, 1875 / 76 an der Zeichen- und Modellierschule in Basel, 1877-83 in Ulm; danach lebte er als freier Kunstschriftsteller in Stuttgart. 1889-91 war er am Statistischen Landesamt, seit 1904 im Verwaltungsausschuß der Sammlung Kunst- und Altertumsdenkmale t¨atig. B. schuf St¨adteansichten und Architekturprospekte, die er z. T. in Buchform publizierte (Bilder aus Alt-Stuttgart, 1895). C AKL
Bach, Max Hugo, Mediziner, * 22. 9. 1859 Kr¨ossuln (Kr. Weißenfels), † 12. 8. 1940 Dresden. Nach medizinischen Studien an den Universit¨aten Freiburg, Marburg und Breslau praktizierte B. seit 1886 in HohensteinErnstthal, sp¨ater mehrere Jahrzehnte als Badearzt in Bad Elster (bis 1928). Zwischendurch war er an den Universit¨aten Freiburg und Jena t¨atig. 1917 wurde er Geheimer Sanit¨atsrat. B. entwickelte, auf der von L. F. Kromeyer entwickelten Quecksilberdampf-Quarzlampe aufbauend, eine von ihm so genannte „K¨unstliche H¨ohensonne“ mit ringf¨ormigem Quarzbrenner und einem halbkugelf¨ormigen Reflektor aus Aluminium. Mit ihr wandte er die Ultraviolettlicht-Therapie erstmals nicht nur zur Lokal-, sondern auch zur Allgemeinbehandlung an. Er besch¨aftigte sich auch mit dem Problem der W¨unschelruten. B. ver¨offentlichte u. a. Anleitung und Indikationen f¨ur Bestrahlungen mit der Quarzlampe „K¨unstliche H¨ohensonne“ (1914). C NDB
Bach, Michael, P¨adagoge, Biologe, * 19. 3. 1808 Boppard, † 17. 4. 1878 Boppard. Seit 1824 besuchte B. das Lehrerseminar in Br¨uhl, wurde 1826 Lehrer an der M¨adchenschule in Boppard, 1830 Lehrer an der dortigen Stadtschule, die sp¨ater in ein Progymnasium umgewandelt wurde. 1835 war er Mitbegr¨under des Botanischen Vereins f¨ur den Mittel- und Niederrhein. Seit 1839 widmete sich B. der Entomologie und legte eine K¨afersammlung an; 1851-60 gab er die vierb¨andige K¨aferfauna f¨ur Nord- und Mitteldeutschland, 1866 ein erg¨anzendes Systematisches Verzeichnis der K¨afer Deutschlands heraus. B., seit 1864 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, wurde 1868 zum Leiter des neugegr¨undeten Lehrerseminars in Boppard bestellt. C Wienstein: P¨ad
Bach, Ottilie, Pseud. Otto Ulrichs, Schriftstellerin, * 6. 7. 1836 Hirschberg, † 27. 5. 1905 Berlin. In Berlin, wohin sie als Kind mit den Eltern gezogen war, besuchte B. das Lehrerseminar. Nach Jahren als Erzieherin und Lehrerin in Ungarn und Prag kehrte sie nach Berlin zur¨uck. Neben Beitr¨agen in verschiedenen Zeitschriften vero¨ ffentlichte B. mehrere Romane, u. a. Nationale Gegens¨atze (1875), Elfriede (1881, 21882) und Des Vaters Schuld (1881). Sie war Mitglied der Deutschen Schriftstellergenossenschaft und zweite Vorsitzende des Bundes deutscher Schriftstellerinnen.
Bach, Otto, o¨ sterr. Komponist, Kapellmeister, * 9. 2. 1833 Wien, † 3. 7. 1893 Wien. Der Bruder des Ministers Alexander von → B. studierte Musik bei Simon → Sechter in Wien, bei Adolph Bernhard → Marx in Berlin und bei Moritz → Hauptmann in Leipzig. Anschließend als Opernkapellmeister an verschiedenen B¨uhnen Deutschlands t¨atig, wurde er 1868 Direktor des Salzburger Mozarteums und Domkapellmeister; 1880 kam er als Kapellmeister an die Wiener Votivkirche. B. komponierte Opern (u. a. Die Liebesprobe, 1867), Theatermusiken, Kammermusik sowie geistliche Musik.
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Bach Bach, Otto, Politiker, * 22. 12. 1889 Stuttgart, † 28. 7. 1981 Berlin. Der Sohn eines Zimmermanns wurde nach einer Kaufmannslehre in Stuttgart 1920 wirtschafts- und sozialpolitischer Dozent an der Berliner Zweigstelle des Internationalen Arbeitsamts, bevor er zum stellvertretenden Leiter der Zweigstelle aufstieg. 1933 ging er in die Schweiz und arbeitete bis 1940 im Genfer Sekretariat des Internationalen Arbeitsamts, u. a. als Hauptschriftleiter und Chef du Compte-rendu. Seit 1941 war B. Vorstandsmitglied der deutschen Handelskammer in Paris. 1944 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Seit 1945 leitete B. das Berliner Hauptamt f¨ur Gesamtplanung und das Sekretariat f¨ur Wirtschaft im SPD-Zentralausschuß. 1946 wurde er Direktor der Elektro-Werke AG und Vizepr¨asident des Berliner Instituts f¨ur Wirtschaftsforschung. 1946-50 war er Berliner Stadtverordneter. 1949-51 betreute B. das außenpolitische Ressort des „Telegraf“. 1951-53 war er Berliner Senator f¨ur Sozialwesen und 1954-57 Wirtschaftsdirektor des Senders Freies Berlin. 1950-54 und 1958-67 geh¨orte er dem Berliner Abgeordnetenhaus an, dessen Pr¨asident er 1961 wurde. B. war Vizepr¨asident der deutschen EuropaUnion, Vorsitzender, dann Ehrenvorsitzender der Berliner Europa-Union, Berliner Landesvorsitzender der Deutschen Gesellschaft f¨ur die Vereinten Nationen und Vorsitzender der Lessing-Hochschule. Er ver¨offentlichte u. a. Ein Leben f¨ur soziale Gerechtigkeit (1959), eine Biographie seines Schwiegervaters, des Gewerkschafters und Politikers Rudolf → Wissell. Bach, Rudolf, Regisseur, Kritiker, Dramaturg, * 14. 9. 1901 M¨unchen, † 23. 3. 1957 M¨unchen. B. studierte an der Univ. M¨unchen Germanistik, Philosophie und Theaterwissenschaft und war in Hannover, M¨unchen, Weimar, Hamburg, D¨usseldorf und Berlin als Dramaturg und Regisseur t¨atig. 1945 wurde er Theater- und Musikkritiker bei der „S¨uddeutschen Zeitung“. 1946-48 f¨uhrte er mit Paul → Verhoeven das Bayerische Staatsschauspiel und u¨ bernahm sp¨ater die Leitung der M¨unchner Kammerspiele. Seit 1951 war B. Chefdramaturg der St¨adtischen B¨uhnen Frankfurt. Neben Essays zu Themen seiner beruflichen T¨atigkeit (Das Mary-Wigman-Werk, 1933; Die Frau als Schauspielerin, 1937) schrieb er Bearbeitungen klassischer Dramen (Faust II, 1943), Gedichte, Romane (Reich der Kindheit, 1963) und zwei von Hermann → Reutter vertonte Opernlibretti (u. a. Odysseus, 1942). 1946 ver¨offentlichte B. ein Tagebuch mit dem Titel Sizilianische Tage. C Killy
Bach, Wilhelm (Friedrich Ernst), Musiker, * 27. 5. 1759 B¨uckeburg, † 25. 12. 1845 Berlin. Der Enkel Johann Sebastian → B.s war Klaviersch¨uler seines Vaters Johann Christoph Friedrich → B. und erhielt eine weitere Ausbildung bei seinem Onkel Johann Christian → B. in London, wo er bis zu dessen Tod 1782 als Pianist und Musiklehrer t¨atig war. Danach konzertierte B. erfolgreich in Frankreich und in den Niederlanden. 1787 wurde er Musikdirektor in Minden, 1789 Hofpianist und -kapellmeister von K¨onigin Friederike in Berlin. Durch Vermittlung K¨onig → Friedrich Wilhelms II., dem B. zur Thronbesteigung eine Kantate widmete, trat er 1797 als Kapellmeister und Cellist in die Dienste der sp¨ateren K¨onigin → Luise von Preußen. In der Folge war B. Musikerzieher aller Prinzen und Prinzessinnen; er wurde nach dem Tod der K¨onigin 1810 pensioniert und lebte danach in Berlin. B. schrieb Chor- und Orchesterwerke (2 Symphonien), Kammer- und Klaviermusik. Nur wenige seiner Kompositionen liegen in gedruckter Form vor (u. a. das Singspiel Der Theaterprincipal, 1808). C MGG
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Bach, Wilhelm Friedemann, der sogenannte „Hallische Bach“, Musiker, Komponist, * 22. 11. 1710 Weimar, † 1. 7. 1784 Berlin. B. war der a¨ lteste Sohn Johann Sebastian → B.s, der zu jener Zeit Organist und Kammermusikus am Weimarer Hof war. B. erhielt seine musikalische Grundausbildung beim Vater, der 1720 f¨ur den Unterricht das sogenannte Klavierb¨uchlein vor Wilhelm Friedemann Bach anlegte. 1726 wurde B. f¨ur ein Jahr zu Johann Gottlieb → Graun in Merseburg, einem der ber¨uhmtesten Violinisten seiner Zeit, geschickt. Im M¨arz 1729 immatrikulierte sich B. an der Leipziger Univ. und studierte vier Jahre lang Philosophie und Mathematik. 1733 erhielt er die Organistenstelle an der Sophienkirche in Dresden. Von sechs Cembalosonaten, deren Drucklegung geplant war, konnte nur eine 1745 erscheinen, da die spieltechni¨ schen Anforderungen weit u¨ ber das Ubliche hinausgingen. Eine zweite, leichtere Sonate erlebte hingegen zwei Auflagen (1748 und 1763). Die beiden Sonaten und eine Sammlung von sechs Polonaisen (um 1765, sp¨ater erweitert zu zw¨olf Polonaisen) geh¨oren trotz ihrer außerordentlichen Anspr¨uche zu den in Abschriften meistverbreiteten Klavierwerken des 18. Jahrhunderts. B., der als genialer Klavier- und Orgelimprovisator galt, wirkte von 1746 bis 1764 als Organist an der Liebfrauenkirche zu Halle. Zu B.s Dienstpflichten geh¨orten regelm¨aßige Kantatenauff¨uhrungen, die er in zeit¨ublicher Praxis weitgehend mit Fremdwerken bestritt. Bei den Festgottesdiensten, die in Halle grunds¨atzlich in der Marienkirche stattfanden, bevorzugte B. Eigenkompositionen, von denen etwa 25 erhalten sind, oder verwendete Kompositionen seines Vaters. Die Adventskantate Lasset uns ablegen (1749) wurde umgekehrt noch zu Lebzeiten des Vaters in Leipzig, nach 1768 auch von seinem Bruder Carl Philipp Emanuel → B. in Hamburg aufgef¨uhrt. 1747 begleitete er seinen Vater bei dessen Konzertreise an den Hof → Friedrichs des Großen nach Berlin. Eine Berufung an den Hof in Hessen-Darmstadt scheiterte 1762, da B. sich nicht rasch genug zur Annahme der Stelle entscheiden konnte. Nach zunehmenden Spannungen mit der Kirchenbeh¨orde legte B. 1764 sein kirchenmusikalisches Amt nieder, blieb aber bis 1770 in Halle. 1767 widmete er ein Cembalokonzert der s¨achsischen Prinzessin → Maria Antonia Walpurgis; f¨ur eine Druckver¨offentlichung des Werkes fanden sich jedoch nicht gen¨ugend Subskribenten. Trotz eines Umzugs nach Braunschweig (mit Aufenthalten in G¨ottingen und Wolfenb¨uttel) erhielt B. keine erneute feste Anstellung. Aus der Zeit um oder nach 1770 stammen offenbar die meisten von B.s Fantasien, die zu den bedeutendsten Klavierwerken des 18. Jh. geh¨oren. 1774 u¨ bersiedelte B. nach Berlin, wo er durch Konzerte und Unterrichtst¨atigkeit ein k¨argliches Auskommen fand. Seine bedeutendste Sch¨ulerin und G¨onnerin war Sara Itzig (sp¨ater Levy), die Großtante Felix → Mendelssohn Bartholdys. B. gab in Berlin mehrfach Orgelkonzerte, bei denen er durch seine Improvisationen großes Aufsehen erregte. 1778 widmete er → Anna Amalia von Preußen acht Fugen, in der vergeblichen Hoffnung, die Stelle Johann Philipp → Kirnbergers als Musiklehrer der Prinzessin einnehmen zu k¨onnen. Eine Bewerbung um die Organistenstelle an St. Marien (1779) schlug fehl; ein Opernprojekt der Berliner Zeit, Lausus und Lydie, blieb unvollendet. B. starb v¨ollig verarmt in Berlin. LITERATUR: Martin Falck: W. F. B. Sein Leben und seine Werke. Leipzig 1917. Nachdr. Hildesheim 1977. – Christoph
Bachem Henzel: Zu W. F. B.s Berliner Jahren. In: Bach-Jahrbuch 1992, S. 107 ff. – Peter Wollny: Studies in the music of W. F. B. Sources and style. Mschr. Diss. Harvard University, Cambridge (Mass.) 1993 (mit Bibliographie und aktualisiertem Werkverzeichnis). – Marc Vignal: Die Bach-S¨ohne. W. F., Carl Philipp Emanuel, Johann Christoph Friedrich, Johann Christian. Laaber 1999. Ulrich Leisinger
Bach-Zelewski, Erich (Julius Eberhard) von dem, SS-F¨uhrer, * 1. 3. 1899 Lauenburg (Pommern), † 8. 3. 1972 M¨unchen. Der aus einem preuß. Junkergeschlecht stammende B.-Z. nahm als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil und schloß sich dann den Freikorps an. 1930 wurde er Mitglied der NSDAP, 1931 in die SA aufgenommen. 1932 / 33 geh¨orte er dem Reichstag an. Nach der nationalsozialistischen Macht¨ubernahme stieg B.-Z. schnell in hohe Positionen auf. ¨ Nach dem Uberfall auf die Sowjetunion 1941 wurde er H¨oherer SS- und Polizeif¨uhrer f¨ur Rußland-Mitte, SS-Obergruppenf¨uhrer und General der Polizei. 1942 war er als „Bevollm¨achtigter des Reichsf¨uhrers-SS f¨ur die Bandenbek¨ampfung“, 1943 als „Chef der Bandenkampfverb¨ande“ f¨ur die „S¨auberung“ der besetzten Gebiete zust¨andig. 1944 kommandierte B.-Z. als General die Truppen, die den Warschauer Aufstand niederschlugen. Nach Kriegsende bis 1951 in Haft, war er bei den N¨urnberger Prozessen Zeuge der Anklage. Seit Ende 1958 wieder in Haft, wurde er 1962 wegen Mordes in mehreren F¨allen zu lebensl¨anglichem Zuchthaus verurteilt. C Smelser
Bachem, Bele, eigentl. Renate Gabriele B., verh. B¨ohmer, Malerin, Zeichnerin, B¨uhnenbildnerin, Schriftstellerin, * 17. 5. 1916 D¨usseldorf, † 5. 6. 2005 M¨unchen. Die Tochter eines Malers studierte 1934-40 an der Kunstgewerbeschule in Gablonz und an den Vereinigten Staatsschulen f¨ur Freie und Angewandte Kunst in Berlin (u. a. bei Ludwig → Bartning) und wurde seit 1937 mit Illustrationen bekannt; sp¨ater erhielt sie Ausstellungs- und Ver¨offentlichungsverbot. Seit 1950 in M¨unchen ans¨assig, war B. 1954 Lehrerin an der Werkkunstschule Offenbach und 1950-60 k¨unstlerische Mitarbeiterin der Porzellanmanufaktur Rosenthal. Danach arbeitete sie vor allem als Grafikerin und Malerin. Als eine der erfolgreichsten K¨unstlerinnen im Deutschland der f¨unziger Jahre entwarf B. neben Plakaten auch Interieurs, Porzellan, Tapeten, Kost¨ume und B¨uhnenbilder sowie Filmausstattungen und die Vorspannillustrationen zu Das Wirtshaus im Spessart (1957 / 58) und Der Haustyrann (1958, mit Heinz → Erhardt). Sowohl in ihrer farbintensiven Malerei wie in der Graphik vom Surrealismus und dem Wiener phantastischen Realismus beeinflußt, wurde B. vor allem durch ihre verspielten, skurrilen Buchillustrationen, Bildgeschichten und provozierenden Zeichnungen bekannt, in denen sie h¨aufig mit feinem Strich gezeichnete weibliche Figuren in sexuell eindeutigen Posen darstellte. B. ver¨offentliche zudem surrealistisch-phantastische und sprachlich knappe Erz¨ahlungen mit autobiographischen Bez¨ugen (u. a. L¨acheln, aber lila, 1958; Ausverkauf in Wind. Geschichten und Zeichnungen, 1960; Rosenwasser ausverkauft, 1977; Adele lebt unstet. Erz¨ahlung mit vielen ¨ Zeichnungen, 1982; M¨ogliche Uberlegungen des Glockenschl¨agers von Venedig, 1994) und Essays (u. a. Magisches Taschentuch. Bilder und Worte von B. B., 1959, 21961; Fische. Ein Zyklus, 1986). C AKL
Bachem, Carl (Joseph Emil), Jurist, Politiker, * 22. 9. 1858 K¨oln, † 11. 12. 1945 Burgsteinfurt. Der Sohn Joseph → B.s und Bruder von Franz Xaver und Robert → B. ließ sich nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Bonn, Straßburg und Berlin in K¨oln als Rechtsanwalt nieder. Seit 1889 geh¨orte er als Mitglied der Deutschen Zentrumspartei dem preuß. Abgeordnetenhaus (bis
1904) und dem Reichstag (bis 1907) an. Er war u. a. an der Familiengesetzgebung des B¨urgerlichen Gesetzbuches und den Verhandlungen mit dem Vatikan zum Abschluß des Kulturkampfes beteiligt. Im Richtungsstreit innerhalb der Zentrumspartei seit 1906 nahm er die Position seines Cousins Julius → B. ein und bek¨ampfte in Opposition zu Matthias → Erzberger eine ausschließlich kath. Parteipolitik. Gemeinsam mit seinem Bruder war B. w¨ahrend des Ersten Weltkriegs f¨ur den betont nationalistischen Kurs der „K¨olner Volkszeitung“ verantwortlich. Er schrieb u. a. Vorgeschichte, Geschichte und Politik der Deutschen Zentrumspartei (9 Bde., 1927-32). C Haunfelder, Zentrumspartei
Bachem, Carl, Pharmakologe, * 26. 1. 1880 Weilerswist (Kr. Euskirchen), † 4. 1. 1935 Bonn. Der Sohn eines B¨urgermeisters studierte Medizin in Bonn und Berlin, wurde 1904 in Bonn promoviert (Untersuchungen u¨ ber die G¨ultigkeit des Phosphorsesquisulfids) und absolvierte seine Spitalsdienst- und Assistentenzeit in K¨oln und Bonn. 1906 f¨ur Pharmakologie und Toxikologie habilitiert, wirkte er als wissenschaftlicher Assistent und seit 1913 als a. o. Prof. am Pharmakologischen Institut der Universit¨at Bonn. B. ver¨offentlichte vor allem Arbeiten zu Arzneimitteln (u. a. Unsere Schlafmittel, 1908, 21909; Neuere Arzneimittel, 1913, 31925). Besonders weite Verbreitung fand seine Arzneitherapie des praktischen Arztes (1918, 71934). ¨ C Arzte 2, 3
Bachem, Erich, Ingenieur, Unternehmer, * 12. 8. 1906 M¨ulheim / Ruhr, † 25. 3. 1960 M¨ulheim / Ruhr. Als Sohn eines Drogisten geboren, studierte B. seit 1925 Maschinenbau an der TH Stuttgart und schloß das Studium 1930 als Diplomingenieur ab. Bereits als Student intensiv mit der Segelfliegerei befaßt, ließ sich B. im Anschluß an sein Studium in Berlin zum Flugbaumeister ausbilden. 1933 wurde er technischer Direktor der Fieseler-Werke in Kassel, 1938 Chef der dortigen Entwicklungsabteilung. In Fachkreisen machte er sich einen Namen mit einem Lehrbuch zum Segelflug sowie mit Ver¨offentlichungen u¨ ber die k¨unftige Rolle der Luftfahrt. 1942 gr¨undete B. zusammen mit dem Diplomingenieur Willy A. Fiedler in Bad Waldsee die BachemWerke GmbH, die bis 1944 vor allem Zulieferer f¨ur die Flugzeugindustrie war, u. a. f¨ur die Fieseler- und Dornier-Werke. An einer Ausschreibung des Reichsluftfahrtministeriums im Fr¨uhjahr 1944, einen Kleinstj¨ager zu entwickeln, beteiligte sich B. mit dem Projekt Ba 349 „Natter“. Nach der Ablehnung durch das Reichsluftfahrtministerium beauftragte das SS-Waffenamt die Bachem-Werke mit ihren inzwischen rund 300 Mitarbeitern, das Projekt „Natter“ kurzfristig zu realisieren. Die „Natter“, vorwiegend aus Holz gefertigt, war eine Kombination von Flugzeug, Rakete und Geschoß. Es handelte sich um den weltweit ersten einsatzf¨ahigen senkrecht startenden (und landenden) Teilverlustabfangj¨ager mit einer Steigzeit auf 12 000 Meter in 1,12 Minuten und einer Gipfelh¨ohe von 16 000 Metern. Die Reichweite lag bei 60-90 km. Am 1. 3. 1945 startete die erste „Natter“ (Ba 349 B) zu ihrem Jungfernflug. Bei dem mißgl¨uckten Unternehmen handelte es sich um den ersten bemannten und vertikal gestarteten Raketenflug. Zu Ende des Krieges waren von 36 fertigen Ger¨aten 22 flugerprobt worden. 14 noch vorhandene „Nattern“ wurden von amerikanischen Truppen in Kirchheim / Teck erbeutet. Sie dienten als Vorbild f¨ur die ersten US-Senkrechtstarter. Zu B.s Entwicklungen geh¨orte auch das ultraleichte Kleinflugzeug „Lerche“, vermutlich als Nahaufkl¨arer und Artilleriebeobachter konzipiert. 1946 gr¨undete B. in Bad Waldsee die Firma „Eriba. Ingenieurb¨uro f¨ur angewandte Technik“. 1948 ging er nach Argentinien, wo er Gitarren und Geigen produzierte. 1952 kehrte er nach Deutschland zur¨uck und wurde technischer
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Bachem Direktor der Ruhrtaler Maschinenfabrik Schwarz & Dyckerhoff in M¨ulheim. 1956 konstruierte B. f¨ur die Firma Alfons Hymer den ersten Wohnwagen. LITERATUR: Kurt Rohrbach: Das erste bemannte Raketenflugzeug der Welt – Bachem Natter. In: Kultur & Technik 1 (1977) S. 18-20. – Hans Grimm: Der Raketenpionier E. B. In: Im Oberland. Kultur, Geschichte, Natur. Beitr¨age aus Oberschwaben und dem Allg¨au 3 (1992) Heft 2, S. 43-52. – Horst Lommel: Der erste bemannte Raketenstart der Welt. Geheimaktion Natter. Stuttgart 1998. Konrad Fuchs
Bachem, Franz Xaver, Verleger, * 12. 7. 1857 K¨oln, † 7. 8. 1936 Bonn. Der a¨ lteste Sohn Joseph → B.s und Bruder von Carl und Robert → B. erhielt nach dem Schulbesuch seine praktische Ausbildung als Buchh¨andler in Bonn und Leipzig und trat 1881 in die v¨aterliche Firma ein. Unter seiner Leitung fand der Ausbau der „K¨olner Volkszeitung“ zu einer Tageszeitung mit t¨aglich drei Ausgaben statt. Er erweiterte den angeschlossenen Buchverlag. C Reichshandbuch
Bachem, Johann Peter, Buchh¨andler, Verleger, * 22. 1. 1785 Erpel / Rhein, † 9. 5. 1822 K¨oln. Nach einer Buchhandelslehre bei Hoffmann & Campe in Hamburg gr¨undete B. 1815 gemeinsam mit Markus → Du Mont in K¨oln die Buchhandlung, 1818 den Verlag J. P. Bachem. Mit seinem Bruder Lambert → B. rief er die kath. Tageszeitung „Rheinische Volkshalle“ (seit 1849 „Deutsche Volkshalle“; 1855 verboten) ins Leben. C ADB Bachem, Joseph (Wilhelm Peter), Verleger, * 21. 10. 1821 K¨oln, † 21. 8. 1893 Honnef. 1840 u¨ bernahm der Sohn von Lambert → B. die Leitung des v¨aterlichen Verlags und der Druckerei. 1846-48 lebte er in Paris, kn¨upfte Kontakte zu kath. Kreisen und bildete sich in Redaktionen und Druckereien fort. 1848 / 49 war B. Mitherausgeber der „Rheinischen Volkshalle“, die er seit 1849 als „Deutsche Volkshalle“ selbst¨andig leitete und zu einem der wichtigsten ultramontanen Medien Deutschlands entwickelte. 1854 zog er sich aus dem Zeitungsgesch¨aft zur¨uck und leitete den Familienbetrieb. 1860 gr¨undete B. die kath. Tageszeitung „K¨olnische Bl¨atter“ (seit 1869 „K¨olnische Volkszeitung“), die sich zum Organ der Zentrumspartei entwickelte; 1887 schloß er daran den kostenlos verteilten „K¨olner Lokal-Anzeiger“ an. Sein Sohn Carl → B. ver¨offentlichte die Biographie und Firmengeschichte Joseph Bachem. Seine Familie und die Firma J. P. Bachem in K¨oln (3 Bde., 1912-38). B. war auch der Vater von Franz Xaver und Robert → B. C Rhein-Westf Wirt, Bd 13 Bachem, Julius, Publizist, Politiker, * 2. 7. 1845 M¨ulheim / Ruhr, † 22. 1. 1918 K¨oln. B., dessen Großmutter eine Schwester des Verlagsgr¨unders Johann Peter → B. war, begann 1869 w¨ahrend seiner juristischen Ausbildung als Redakteur der „K¨olnischen Volkszeitung“ zu arbeiten. Sp¨ater wurde er gemeinsam mit Hermann → Cardauns, der wie B. Mitbegr¨under der G¨orresGesellschaft war, Leiter des Ressorts Innenpolitik (bis 1914). Sowohl als Zentrumspolitiker im preuß. Abgeordnetenhaus (1876-91) wie auch als politischer Schriftsteller propagierte er einen nichtkonfessionellen politischen Charakter der Partei und blieb vor allem im Rheinland in kath. Kreisen richtunggebend. Mit seiner Schrift Wir m¨ussen aus dem Turm heraus l¨oste er 1906 einen parteiinternen Streit aus, in dem er die als modernistisch geltende „K¨olner Richtung“ vertrat. B. gab vier Auflagen des Staatslexikons (5 Bde., 1886-1912) der G¨orres-Gesellschaft heraus und schrieb u. a. die Autobiographie Lose Bl¨atter aus meinem Leben (1910, Neuausg. 1913 unter dem Titel Erinnerungen eines alten Publizisten und Politikers). C DLL, 20. Jh.
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Bachem, Lambert (Joseph Franz), Buchh¨andler, Verleger, * 30. 10. 1789 K¨oln, † 10. 11. 1854 K¨oln. Nach dem fr¨uhen Tod seines Bruders, des Verlagsgr¨unders Johann Peter → B., u¨ bernahm B. 1821 ohne eine entsprechende Ausbildung die Leitung des Unternehmens, das aus Verlag, Druckerei und einer Leihb¨ucherei bestand. Er schuf dem Unternehmen eine solide finanzielle Basis und gab bevorzugt juristische Schriften heraus. Sein Plan, 1830 die Bl¨atter „Welt- und Staatsboten“ und „Verk¨undiger am Rhein“ miteinander zu verschmelzen und aus diesen eine gr¨oßere Zeitung zu gr¨unden, mißlang; beide Organe wurden 1839 von der „K¨olnischen Zeitung“ des Verlags Du Mont-Schauberg angekauft. Seit 1834 gab B. die „Rheinischen Provinzialbl¨atter“ heraus, in den seit 1836 auch politische Artikel erscheinen durften. Nachdem er 1840 das Verlagssortiment aufgegeben hatte, widmete er sich haupts¨achlich der Buchdruckerei. In der ersten H¨alfte der vierziger Jahre fand die Orientierung auf ein katholisch-theologisches, volkst¨umlich-kirchliches Verlagsprogramm statt. B. gr¨undete 1824 die erste Krankenkasse f¨ur Buchdrucker und Schriftgießer und installierte 1845 die erste Schnellpresse K¨olns; ¨ sein Sohn Joseph → B. hatte bei der Ubernahme der Verlagsleitung nach dem Tod des Vaters 1854 das Unternehmen bereits seit 20 Jahren mitgestaltet. C Rhein-Westf Wirt, Bd. 13 Bachem, Robert, Verleger, * 7. 6. 1863 K¨oln, † 7. 7. 1942 K¨oln. Der Sohn von Joseph → B. durchlief nach dem Abitur 1882 eine Lehre in einer K¨olner Bank und bildete sich in Holland und England kaufm¨annisch weiter. 1887 trat er in das v¨aterliche Unternehmen ein, das er sp¨ater als Prokurist und Teilhaber leitete. Bachem-Sieger, Minna, Politikerin, Publizistin, * 12. 11. 1870 K¨oln, † 15. 4. 1939 K¨oln. B.-S. war Mitbegr¨underin des Katholischen Deutschen Frauenbundes, 1903-21 dessen stellvertretende Vorsitzende und leitete 1913-17 als verantwortliche Redakteurin das Vereinsorgan „Der Katholische Frauenbund“. B.-S. wurde K¨olner Stadtverordnete und Vorsitzende des Frauenbeirats der Rheinischen Zentrumspartei. Sie ver¨offentlichte Aufs¨atze zur Frauenbewegung und einen Band Gedichte. C Reichshandbuch Bachenschwanz, Lebrecht, Schriftsteller, * 16. 7. 1729 Zerbst, † 14. 5. 1802 Dresden. B. studierte an den Universit¨aten Wittenberg, Halle und Leipzig Rechtswissenschaften, bevor er 1775 nach Dresden kam. 1776 wurde er dort Sekret¨ar des Gouverneurs General Graf von Baudissin. Nach dessen Tod lebte er als freier ¨ Schriftsteller in Dresden. B. ver¨offentlichte neben Ubersetzungen (vor allem Dantes) u. a. Geschichte und gegenw¨artiger Zustand der Kurs¨achsischen Armee (1783, aktualisierte Neuauflagen) und wurde damit zum Begr¨under der periodisch herausgegebenen „Namen- und Rangliste der s¨achsischen Armee“. Bacher, Bartholom¨aus, P¨adagoge, * 5. 4. 1773 Rott / Inn, † 29. 12. 1827 Trostberg (Oberbayerb). Seit 1785 hielt sich B., Sohn eines Chirurgen, zu humanistischen Studien in Salzburg auf. Nach der Priesterweihe 1796 Hilfsgeistlicher in Siegsdorf, wurde er 1808 Vikar, 1811 Pfarrer im benachbarten Ruhpolding, 1817 in Trostberg. Auf B.s Initiative hin wurden Musterschulen errichtet. Angeregt vor allem von Lorenz von → Westenrieder, entfaltete er eine schriftstellerische T¨atigkeit, durch die er zu seiner Zeit das bayerische Volksschulwesen stark beeinflußte. B. galt als gem¨aßigter Aufkl¨arer und nahm u. a. Gedanken von → Pestalozzi auf. Er geh¨orte zu den fr¨uhesten Autoren von Schulb¨uchern f¨ur M¨adchen (M¨adchenfreund,
Bacherer 1807, 31825). Als seine bedeutendste Ver¨offentlichung gilt das Praktische Handbuch f¨ur Schullehrer (1806). C NDB
Bacher, Eduard, o¨ sterr. Journalist, Verleger, * 7. 3. 1846 Postelberg (B¨ohmen), † 16. 1. 1908 Wien. Bereits w¨ahrend des Studiums der Rechtswissenschaften in Prag war B. Stenograph im B¨ohmischen Landtag. Er setzte diese T¨atigkeit sp¨ater im Reichsrat in Wien fort. Seit 1872 war er dort Parlamentsberichterstatter „Neuen Freien Presse“; nach dem Tod ihres Mitbegr¨unders Max → Friedl¨anders u¨ bernahm er das innenpolitische Ressort und vertrat eine zentralistische, antitschechische Politik. Nach dem Tod des zweiten Zeitungsgr¨unders, Michael → Etienne, wurde B. 1879 Chefredakteur, im folgenden Jahr Miteigent¨umer und Herausgeber der Zeitung. Politisch stand er der Deutsch-Liberalen Partei nahe. Er war als Berater ErzC Biogr Jahrb, Bd 13 herzog → Rudolfs t¨atig. Bach´er, Franz, Chemiker, * 21. 5. 1894 Kassel, † 15. 10. 1987 Berlin. B., Sohn eines Chemikers und stellvertretenden Werkdirektors sowie m¨utterlicherseits Nachfahre von Theodor → Storm, studierte seit 1914 in Marburg, Kiel und Rostock Chemie. 1914-18 nahm er am Ersten Weltkrieg und 1920 am Kapp-Putsch teil. 1921 an der Univ. Rostock promoviert, habilitierte er sich dort 1928, wurde 1933 nichtbeamteter a. o. Professor und war F¨uhrer der Dozentenschaft. 1933-45 wirkte er als o. Prof. an der TH Berlin, wo er zugleich die Leitung des Organisch-chemischen Instituts sowie 1934 die stellvertretende, 1935-37 die Leitung der Hochschulabteilung im Reichsministerium innehatte. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs entlassen, ging B. nach Ober¨osterreich, dann nach M¨unchen, erhielt 1953 / 54 einen Lehrauftrag an der TU Berlin und war dort 1954-59 erneut o. Prof. f¨ur Organische Chemie. Er ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch der biologischen Arbeitsmethode (1929). C Gr¨uttner
Bacher, Gideon, Baumeister, getauft 3. 12. 1565 Ulm, begraben 1. 10. 1619 Neuburg / Donau. Der Sohn des Maurers Peter → B. erlernte 1580-83 bei seinem Vater das Maurerhandwerk und f¨uhrte 1589 / 90 einen Auftrag des Markgrafen → Jakob von Baden in Emmendingen aus. 1591 bewarb er sich, vergeblich, um eine Werkmeisterstelle in Ulm und wurde noch im selben Jahr Hofbaumeister des Markgrafen → Georg Friedrich in Ansbach. Nach dessen Tod 1603 unternahm B. eine Studienreise durch Polen, Sachsen und die Mark und kehrte 1605 als Festungsbaumeister (bis 1615) nach Ulm zur¨uck. Unter anderem in Berlin war er als Gutachter und Berater f¨ur verschiedene Bauten t¨atig. Im Auftrag des Herzogs → Johann Casimir von Sachsen-Coburg baute er 1615 zwei Bastionen an der Veste Coburg und stand dann bis 1618 in Diensten des bayerischen Herzogs. 1619 erhielt er die Erlaubnis, sich in Neuburg anzusiedeln, wo er am Bau der Schanzen beteiC AKL ligt war. Bacher, Julius, Dramatiker, Erz¨ahler, Mediziner, * 8. 8. 1810 Ragnit (Ostpreußen), † 1889 Berlin. Nach dem Medizinstudium in K¨onigsberg ließ sich B. 1837 in Pobethen als praktischer Arzt nieder, siedelte 1845 nach K¨onigsberg u¨ ber, wo er bald die T¨atigkeit als Mediziner aufgab und sich ausschließlich seinen literarischen Arbeiten widmete. Anfangs Essayist und Dramatiker (u. a. Lucie, 1848), wandte B. sich sp¨ater haupts¨achlich dem historischen Roman zu (u. a. Napoleons letzte Liebe, 6 Bde., 1868). Seit 1857 lebte er in Berlin, von 1886 an in Charlottenburg. B. unternahm mehrere Reisen in die Schweiz und nach Frankreich.
Bacher, Karl, o¨ sterr. Schriftsteller, * 10. 2. 1884 Waltrowitz (M¨ahren), † 8. 7. 1954 Steyr. Der Sohn einer Handwerker- und Bauernfamilie studierte an der Univ. Wien, wurde 1911 zum Dr. phil. promoviert, 1912 Lehrer am Staats-Realgymnasium in Wien und erhielt den Professorentitel. B. war Mitglied des Ausschußrats der deutsch¨osterreichischen Schriftstellergenossenschaft und Vorsitzender des Reichsbunds deutscher Mundartdichter. Er schrieb, meist in s¨udm¨ahrischer Mundart, Gedichte (u. a. Herdfeuer vo dahoam, 1953), Erz¨ahlungen und Theaterst¨ucke (u. a. Drei auf einer Bank, 1931). C DLL, 20. Jh. Bacher, Peter, Maurer, * vor 1540 N¨urnberg (?), begraben 3. 11. 1610 Ulm. B. wurde 1563 in die Ulmer Schmiedezunft aufgenommen, arbeitete 1565 in der st¨adtischen Steinmetzh¨utte, zuletzt als Meister beim Ulmer M¨unsterbauamt. Sein Stil der Quaderung und der Verwendung von Sgraffitoputz war Vorbild f¨ur seinen Sohn Gideon → B. und f¨ur Caspar Schmid. B.s Bauten in Ulm (u. a. das Wohnhaus des Patriziers Jakob L¨ow, 1587) wurden 1944 zerst¨ort. Bis heute erhalten ist das B. zugeschriebene B¨ofinger Schl¨oßle (1586). C AKL
Bacher, Petrus, Jesuit, Theologe, * 1557 Antwerpen, † 1. 1. 1636 Alt¨otting. B. trat 1578 der Gesellschaft Jesu bei, war 1583-89 Prof. in Dillingen und wechselte im gleichen Jahr nach Ingolstadt, wo er Prof. der Philosophie wurde. Seit 1592 war er erneut in Dillingen und lehrte bis 1597 scholastische Theologie, sp¨ater Kasuistik; von 1613 bis mindestens 1620 war er dort Prof. der Heiligen Schrift. 1615-20 amtierte er als Vizekanzler der Univ. Dillingen. B. ver¨offentlichte verschiedene theologische und philosophische Abhandlungen, u. a. Disputatio metaphysica, physica, logica [. . .] (1586). Bacher, Rudolf, o¨ sterr. Maler, Bildhauer, * 20. 1. 1862 Wien, † 16. 4. 1945 Wien. B. studierte an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste bei Leopold Carl → M¨uller und wurde dort 1903 Professor. 1894 war er Gr¨undungsmitglied der Vereinigung bildender K¨unstler (Wiener Secession), seit 1939 geh¨orte er dem Wiener K¨unstlerhaus an. Anfangs schuf er Gem¨alde mit religi¨oser Thematik (Erl¨ost, 1886), Landschaften und Aquarelle, war jedoch auch plastisch t¨atig (Bronzeb¨uste einer Greisin, 1907); sp¨ater trat er vor allem als Portr¨atist hervor (M¨adchen im schwarzen Kleide, 1912). Josef Dobrowski, Ferdinand Kitt, Hans Witt u. a. waren seine Sch¨uler. C AKL Bacheracht, Therese von, geb. von Struve, verh. von L¨utzow, Schriftstellerin, * 4. 7. 1804 Stuttgart, † 16. 9. 1852 Cilacap (Java). Als Tochter eines russischen Diplomaten verkehrte die umfassend gebildete B. fr¨uh in den f¨uhrenden Gesellschaftsschichten Hamburgs. Seit ihrer Heirat 1825 unternahm sie l¨angere Reisen u. a. in die Alpenl¨ander, nach Rußland und in den Orient; unter dem Eindruck literarischer Vorbilder (z. B. Hermann → P¨uckler-Muskaus) bet¨atigte sie sich als Reiseschriftstellerin (Briefe aus dem S¨uden, 1841). Auf Anregung des mit ihr eng befreundeten Karl → Gutzkow schrieb sie Romane und Erz¨ahlungen (u. a. Lydia, 1844). Nach der Scheidung ihrer ersten Ehe und der Heirat mit dem in holl¨andischen Diensten stehenden L¨utzow lebte sie seit 1849 auf Java. C Killy Bacherer, Gustav, Schriftsteller, * 27. 2. 1813 M¨ullheim (Baden), † 4. 4. 1890 M¨ullheim. B. studierte in Freiburg / Breisgau und M¨unchen, unternahm Studienreisen durch die Schweiz, die Steiermark und das Elsaß und wurde nach mehrj¨ahriger T¨atigkeit als
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Bacherl freier Schriftsteller 1840 Redakteur der „Morgenzeitung“ in Braunschweig. Neben historischen Dramen (Elisabeth Cromwell, 1836) und Romanen ver¨offentlichte der zur politischen Rechten zu z¨ahlende B. Werke wie Salon deutscher Zeitgenossen (1838). C Killy
Bacherl, Franz, Schriftsteller, * 10. 6. 1808 Waldm¨unchen, † 21. 8. 1869 Columbus (Nebraska, USA). B. lebte als Lehrer in Pfaffenhofen am Starnbergersee. Nach der Auff¨uhrung des Dramas Die Fechter von Ravenna von Friedrich → Halm am Wiener Burgtheater erhob B. den Vorwurf, Halm habe sein eigenes (kurz zuvor vom Burgtheater abgelehntes) Drama Die Cherusker in Rom (1856) plagiiert. Der sich anschließende o¨ ffentliche Streit trug B. eine gewisse Ber¨uhmtheit ein. Seit 1857 versuchte er, sein Auskommen als freier Schriftsteller zu finden. Nachdem eine Milchhandlung in M¨unchen ebenfalls keine Existenz bot, wanderte er 1867 in die USA aus, wo er bis zu seinem Tod in Nebraska einer Schule vorstand. Bachlechner, Joseph, o¨ sterr. Bildhauer, Maler, * 28. 10. 1871 Bruneck, † 18. 10. 1923 Hall. Nach Abschluß der Fachschule f¨ur Bildhauerei in Bozen war B. 1888-96 Geselle bei Joseph Diechtl in Hall und studierte anschließend in Rom und bei Adolf → Eberle an der M¨unchener Kunstakademie; seit 1908 betrieb er in Hall eine eigene Altarbauwerkstatt. B., vor allem als Holzschnitzer t¨atig, gilt als letzter bedeutender K¨unstler der Neugotik in Tirol. Seine Bleistift- und Aquarellskizzen wirkten erneuernd auf die Tiroler Krippenbaukunst seiner Zeit; vereinzelt schuf er Fresken (u. a. Hl. Thomas, 1896 in Untermieming). Von seiner Hand sind der Hauptaltar mit Figuren und Reliefs ¨ in Kauns sowie ein in der Pfarrkirche des Hl. Jacobus d. A. Kruzifix (1903) in der dortigen Ged¨achtniskapelle. C AKL Bachmann, Adolf, o¨ sterr. Historiker, Politiker, * 27. 1. 1849 Kulsam bei Eger, † 31. 10. 1914 Prag. Nach Abschluß seiner Studien in Prag, G¨ottingen und Berlin war B. Gymnasiallehrer in Prag und Arnau. Er habilitierte sich 1874 an der Deutschen Univ. Prag und wurde dort ¨ 1880 a. o., 1885 o. Prof. f¨ur Osterreichische Geschichte und Leiter des Historischen Seminars. B. geh¨orte seit 1901 als Mitglied der Deutschen Fortschrittspartei dem B¨ohmischen Landtag an, seit 1907 auch dem o¨ sterr. Reichstag. Als Obmann seiner Partei in B¨ohmen (seit 1911) leitete er 1914 die deutsch-tschechischen Ausgleichsverhandlungen, vertrat die deutsch-b¨ohmischen Forderungen nach nationaler Abgrenzung und geriet damit in Gegensatz zur Regierungspolitik des Ministerpr¨asidenten Karl von → St¨urgkh. B. ver¨offent¨ lichte Arbeiten zur Geschichte B¨ohmens, Osterreichs und des Deutschen Reiches, u. a. Deutsche Reichsgeschichte unter Friedrich III. und Maximilian I. (2 Bde., 1884-94). C Weber
Bachmann, Albert (Johann), schweizer. Germanist, * 12. 11. 1863 H¨uttwilen (Kt. Thurgau), † 30. 1. 1934 Samedan (Kt. Graub¨unden). Aus einer Bauernfamilie stammend, studierte B. an der Univ. Z¨urich deutsche Philologie und wurde 1886 mit einer linguistischen Arbeit promoviert. Bis 1896 unterrichtete er an einem Gymnasium in Z¨urich, habilitierte sich 1891 und wurde 1896 a. o., 1900 o. Prof. f¨ur germanische Philologie in Z¨urich. Seit 1892 war B. als Redakteur mit dem Schweizerischen Idiotikon. W¨orterbuch der schweizerdeutschen Sprache befaßt, das er von 1896 an als Chefredakteur betreute. Er publizierte zur mittelhochdeutschen Literatur (Mittelhochdeutsches Lesebuch, 1892, 201978); sp¨ater widmete er sich ausschließlich der Dialektologie. B., der aus der junggrammatischen Schule kam, befaßte sich fr¨uh mit Dialektgeo-
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graphie. Als Erg¨anzung zum Idiotikon gab er seit 1910 die Dissertationenreihe Beitr¨age zur schweizerdeutschen GramC IGL matik (20 Bde.) heraus.
Bachmann, Alfred (August Felix), auch Alf B., Maler, * 1. 10. 1863 Dirschau bei Danzig, † zwischen 1. und 4. 11. 1956 Ambach (Oberbayern). B. studierte an der K¨onigsberger Akademie bei Maximilian → Schmidt, ließ sich 1891 in M¨unchen nieder und zog 1941 nach Ambach am Starnberger See. B. unternahm ausgedehnte Reisen, vor allem nach Skandinavien, Island, Gr¨onland, Spitzbergen und in die Mittelmeerl¨ander. 1920 / 21 reiste er im Auftrag der Univ. La Plata (Argentinien) durch Patagonien. B. malte bevorzugt Seest¨ucke, aber auch Moor¨ und Pastell (u. a. Hagelboe, und D¨unenlandschaften in Ol 1923). B. hinterließ als Manuskript Natur und Leben, ein Skizzenbuch des Malers (1948). C AKL Bachmann, Anton, Instrumentenbauer, * 1716 Berlin, † 8. 3. 1800 Berlin. Dreißigj¨ahrig war B. bereits k¨oniglich preuß. Hofinstrumentenmacher. 1778 stellte er seine Entwicklung der endlosen Schraubenwirbel zum Stimmen des Kontrabasses vor. B. erfand auch eine Tastengitarre, die jedoch erfolglos blieb. Er war der Vater von Carl Ludwig → B. Bachmann, Carl Ludwig, Musiker, Instrumentenbauer, * 1743 Berlin, † 26. 5. 1809 Berlin. Der Sohn von Anton → B. trat 1765 als Bratscher in die Kgl. Kapelle ein. 1770 gr¨undete er gemeinsam mit Ernst Friedrich → Benda die Berliner Liebhaberkonzerte, die er bis zum Tod des Partners als Gesch¨aftsf¨uhrer, dann als Dirigent und erster Geiger leitete. Als Hofinstrumentenmacher wurde er vor allem f¨ur seine Bratschen ger¨uhmt. B. war seit 1785 mit der Pianistin und S¨angerin Charlotte Caroline Wilhelmine → Bachmann verheiratet. C NGroveD Bachmann, Charlotte Caroline Wilhelmine, geb. St¨owe, S¨angerin, Musikerin, * 2. 11. 1757 Berlin, † 19. 8. 1817 Berlin. Die Tochter des Kammermusikers Wilhelm Heinrich St¨owe erhielt ihre musikalische Ausbildung durch den Vater; sie trat seit 1779 bei den Berliner Liebhaberkonzerten auf, die Carl Ludwig → Bachmann, den sie 1785 heiratete, 1770 gemeinsam mit Ernst Friedrich → Benda gegr¨undet hatte. B. war auch als Pianistin erfolgreich und komponierte Lieder mit Klavierbegleitung. Seit 1791 Mitglied der Berliner Singakademie, wurde sie dort eine der ersten Solistinnen und bet¨atigte sich als Gesanglehrerin. C Kutsch Bachmann, Franz Moritz, Jurist, * 28. 4. 1748 Heiligenstadt, † 8. 12. 1809. B. schloß das Studium als Dr. jur. an der Univ. Erfurt ab, wurde zum kurf¨urstlich mainzischen Regierungsrat ernannt und erhielt 1779 eine ordentliche Professur der Rechte an der Erfurter Universit¨at. Seit 1804 war er Kriegs- und Dom¨anenrat in Heiligenstadt und wechselte 1807 als Prof. der Rechte an die Univ. Aschaffenburg. B. ver¨offentlichte u. a. De iure imperantis circa revocationem privilegiorum ob salutem publicam (1792). Bachmann, Gottlob, Musiker, Komponist, * 28. 3. 1763 Bornitz bei Zeitz, † 10. 4. 1840 Zeitz. B. zog 1785 nach Leipzig, um dort Musik zu studieren, siedelte 1790 nach Dresden u¨ ber und wurde 1791 Organist an der Nikolaikirche in Zeitz. B. komponierte u. a. Singspiele (Orpheus und Euridice), Kammermusik und Klaviersonaten; er schrieb musikp¨adagogische Arbeiten wie die Allgemeine Musikschule nach der neuesten Methode (1833). C MGG
Bachmann Bachmann, Guido, schweizer. Musiker, Schriftsteller, * 28. 1. 1940 Luzern, † 19. 10. 2003 St. Gallen. B. wuchs seit 1945 in Bern auf und studierte dort Klavier und Theorie am Konservatorium sowie Musikgeschichte und Theaterwissenschaft an der Universit¨at. Er war dann u. a. als Pianist, Musiklehrer, 1973-77 als Musikrezensent und Essayist bei den „Basler Nachrichten“ sowie als Schauspieler t¨atig. Als Schriftsteller bekannt wurde B. 1966 durch seinen ersten Roman Gilgamesch (Neuausg. 1977), dessen explizit homoerotische Schilderungen einen Skandal ausl¨osten. Zusammen mit Die Parabel (1978) und Echnaton (1982) zur umfangreichen Trilogie ausgebaut, gilt Zeit und Ewigkeit mit seiner Vielfalt an literarischen Stilen und Techniken, der komplexen polyphonen Erz¨ahl- und Handlungsstruktur und dem R¨uckgriff auf zahlreiche Mythen als B.s poetisch-philosophisches Hauptwerk. Außerdem ver¨offentlichte er Romane, Novellen und Erz¨ahlungen (u. a. Wannsee, 1967, Neuausg. 1983; Die Klarinette. Eine Kriminalnovelle, 1969; Madeira. Erz¨ahlung, 1976), die sp¨ater vor allem Figuren aus der Trilogie aufgriffen (u. a. Der Basilisk, 1987; Dionysos, 1990; Die Wirklichkeitsmaschine, 1994; Sommerweide, 2002) und h¨aufig in einem „stream of consciousness“ durch Gewalt, Wahnsinn oder Alkoholexzesse ausgel¨oste Grenzerfahrungen darstellen. B.s Autobiographie erschien als lebensl¨anglich. Eine Jugend (1997) und bedingt entlassen (2000); ein dritter, unter dem Titel zum tode verurteilt geplanter Teil blieb unvollendet. C KLG Bachmann, Gustav, Milit¨ar, * 13. 7. 1860 Cammin bei Laage (Mecklenburg), † 30. 8. 1943 Kiel. B. trat 1877 als Kadett in die Kaiserliche Marine ein und ¨ nahm an einer Weltumsegelung sowie weiteren Uberseereisen teil. 1901-03 war er Stabschef des Kreuzergeschwaders in Ostasien, 1907-10 Chef der Zentralabteilung im Reichsmarineamt und enger Mitarbeiter des Admirals Alfred von → Tirpitz. Als Oberbefehlshaber der Aufkl¨arungsschiffe erarbeitete er eine Seekriegsanleitung f¨ur den Kreuzerdienst. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde B. Chef der Marinestation der Ostsee, 1915 Chef des Admiralsstabs im Großen Hauptquartier, nach heftigen Auseinandersetzungen mit dem Reichskanzler Ende 1915 in die vorherige Position versetzt. C Hildebrand
Bachmann, Hans, Naturforscher, * 2. 4. 1866 Lieli (heute zu Oberwil-Lieli), † 20. 2. 1940 Luzern. B., Sohn eines Lehrers, war nach dem Studium 1884 / 85 als Primarlehrer im Entlebuch, dann als Hauslehrer t¨atig, studierte sp¨ater Mathematik, Physik und Biologie in Basel und wurde 1895 zum Dr. phil. promoviert. 1892-1936 war er Lehrer f¨ur Naturgeschichte an der Kantonsschule Luzern. B. richtete ein Forschungslabor in Kastanienbaum (Gem. Horw) ein, war Pr¨asident der Hydrobiologischen Kommission der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft und Pr¨asident der Naturforschenden Gesellschaft Luzern. Er begr¨undete eine Seetypenlehre f¨ur die Schweiz, lieferte wesentliche Beitr¨age zur limnologischen Erforschung der Schweizer Seen und legte vergleichende Planktonstudien f¨ur Schottland, Rußland, Gr¨onland und Ostafrika vor. Bachmann, Hermann, Publizist, * 21. 12. 1856 Elbogen (B¨ohmen), † 16. 11. 1920 Berlin. Nach dem Studium an der Univ. Prag war B., Sohn eines Hauptschullehrers, 1878-81 als Gymnasiallehrer t¨atig, er trat dann in die Redaktion der deutschliberalen „Pilsener Zeitung“ ein, wo er bis 1888 besch¨aftigt war; danach geh¨orte er den Redaktionen der „Deutschen Zeitung Wien“ (bis 1890) und der „M¨unchener Allgemeinen Zeitung“ (bis 1892) an. 1892-1900 war B. Redakteur bei der „Vossischen Zeitung“, der er schließlich seit 1900 als Chefredakteur vorstand. B. schrieb Erz¨ahlungen, darunter Im Heidenhof (1904).
Bachmann, Ingeborg, o¨ sterr. Schriftstellerin, * 25. 6. 1926 Klagenfurt, † 17. 10. 1973 Rom. Aus einer Lehrerfamilie stammend, studierte B. seit 1945 in Innsbruck und Graz, von 1946 / 47 an in Wien Philosophie und Psychologie. Dabei wurde sie mit Str¨omungen der Existenzphilosophie und, besonders durch ihren Doktorvater Victor → Kraft, mit der sprachkritischen Philosophie Ludwig → Wittgensteins vertraut. Ihre Dissertation Die kritische Aufnahme der Existentialphilosophie Martin Heideggers (Wien 1950) sowie sp¨atere Essays, z. B. Ludwig Wittgenstein (1953), dokumentieren diesen Bildungsweg. Vor diesem theoretischen Hintergrund und im anregenden Kontakt mit den besonders von Hans → Weigel gef¨orderten jungen Autoren des NachkriegsWien (u. a. Ilse Aichinger, Paul → Celan, Gerhard → Fritsch) entwickelte B. ihr neuartiges poetisches Verfahren: ohne einseitig den dominierenden Tendenzen des „Kahlschlags“, der „hermetischen Poesie“ oder des sprachlichen Experiments zu folgen, suchte sie in einer genuinen Verbindung literarischen Traditionsguts mit moderner Artistik ihre im Kriegsund Nachkriegserleben gr¨undende negative Geschichtserfahrung bildhaft „anzudeuten“. Davon zeugte u. a. ihr als Lektorin beim amerikanischen Sender „Rot-Weiß-Rot“ (1951-53) verfaßtes H¨orspiel Ein Gesch¨aft mit Tr¨aumen (1952). Bekannt wurde sie jedoch 1952 mit ihrer Lyrik auf einer Lesung der „Gruppe 47“ in Niendorf / Ostsee, f¨ur die sie 1953 den „Preis der Gruppe 47“ erhielt. 1953-55 lebte B. als freie Schriftstellerin – u. a. vefaßte sie die R¨omischen Reportagen f¨ur Radio Bremen – in S¨uditalien und Rom. Damals wurden die beiden Gedichtzyklen Die gestundete Zeit (1953; 2., ver¨anderte Auflage 1957) und Anrufung des Großen B¨aren (1956) vollendet, zugleich begann ihre k¨unstlerische Zusammenarbeit mit dem Komponisten Hans Werner Henze, dokumentiert durch die Erstsendung des H¨orspiels Die Zikaden (1955) und die Textfassung zur Ballettpantomime Der Idiot (1955). Schon in den Lyrikzyklen legte B. ihre auch alle sp¨ateren Werke pr¨agende „Problemkonstante“ fest: Der fr¨uhere Kriegszustand sei von der restaurativen Gesellschaft bloß durch neue Gewaltmechanismen u¨ berdeckt worden, was sich als existentielle Krise zwischen Individuum und Umwelt sowie in der als Vermittlungsmedium korrumpierten Sprache a¨ ußere. 1957 erhielt sie den Literaturpreis der Freien Hansestadt Bremen und wurde 1958 zum korrespondierenden Mitglied der Deutschen Akademie f¨ur Sprache und Dichtung in Darmstadt gew¨ahlt. In dieser Zeit begann ihre bis 1963 w¨ahrende Beziehung zu Max → Frisch. In diesen Lebensabschnitt fallen die Verleihung des „H¨orspielpreises der Kriegsblinden“ (1959) f¨ur den Guten Gott von Manhattan (1958) mit der programmatischen Rede Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar und ihre Gastdozentur f¨ur Poetik an der Univ. Frankfurt am Main (1959 / 60) mit der ber¨uhmten Vorlesungsreihe. Weitere Werke dieser Periode sind die Textfassung zu H. W. Henzes ¨ Oper Der Prinz von Homburg (1960), die Ubersetzung von Gedichten Giuseppe Ungarettis (1961) und der Erz¨ahlband Das dreißigste Jahr (entworfen bereits seit 1956 / 57). 1961 erhielt B. den „Berliner Kritikerpreis“. Nach der Trennung von Max Frisch lebte sie bis 1965 in Berlin. Der aus der Dankrede zur Verleihung des Georg-B¨uchner-Preises (1964) entstandene Essay Ein Ort f¨ur Zuf¨alle (1965) sollte als Allegorese des krankhaften Geschichtszustands wirken. ¨ Reisen nach Prag, Agypten und in den Sudan lieferten Anregungen f¨ur die sp¨ate Lyrik und die schon damals begon-
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Bachmann ¨ nenen Todesarten-Texte. Außere H¨ohepunkte f¨ur B.s letzten Lebensabschnitt in Rom bildeten die Verleihung des ¨ „Großen Osterreichischen Staatspreises f¨ur Literatur“ (1968) und des „Anton-Wildgans-Preises“ (1972) sowie ihre Polenreise (1973). Von der in dieser Zeit bearbeiteten sp¨aten Prosa erschienen 1971 der Roman Malina und 1972 der Erz¨ahlband Simultan; der zeitweilig geplante Romanzyklus Todesarten wurde nach der Herausl¨osung des Malina-Teils vorerst zur¨uckgestellt; seine u¨ berlieferten Fragmente liegen seit 1995 als kritische Edition vor („Todesarten“-Projekt). In mehrfachen Variationen demonstriert das Sp¨atwerk die „Problemkonstante“ am Beispiel weiblicher Hauptfiguren, deren individuelle Selbstverwirklichung von den gesellschaftlich sanktionierten Machtanspr¨uchen der m¨annlichen Partner zerst¨ort wird. WEITERE WERKE: Werke. Hrsg. v. Christine Koschel / Inge von Weidenbaum / Clemens M¨unster. 4 Bde. M¨unchen / Z¨urich 1978. – Der junge Lord (Libretto). Mainz 1965. – Wir m¨ussen wahre S¨atze finden. Gespr¨ache und Interviews. Hrsg. v. Christine Koschel / Inge von Weidenbaum. M¨unchen / Z¨urich 1983. – Briefe an Felician. Hrsg. v. Isolde Moser. M¨unchen / Z¨urich 1991. – „Todesarten“-Projekt. Kritische Ausgabe. Unter Leitung von Robert Pichl hrsg. v. Monika Albrecht und Dirk G¨ottsche. 4 Bde., M¨unchen / Z¨urich 1995. – R¨omische Reportagen. Eine Wiederentdeckung. Hrsg. v. J¨org-Dieter Kogel. M¨unchen / Z¨urich 1998. – Letzte, unver¨offentlichte Gedichte, Entw¨urfe und Fassungen. Hrsg. v. Hans H¨oller. Frankfurt / Main 1998. – Ich weiß keine bessere Welt. Unver¨offentlichte Gedichte. Hrsg. v. Isolde Moser, Heinz Bachmann und Christian Moser. M¨unchen / Z¨urich 2000. – Hans Werner Henze, I. B.: Briefe einer Freundschaft. Hrsg. v. Hans H¨oller. M¨unchen 2004. – Ein Tag wird kommen. Gespr¨ache in Rom. Ein Portr¨at von Gerda Haller. Salzburg / Wien 2004. – Kritische Schriften. Hrsg. v. Monika Albrecht und Dirk G¨ottsche. M¨unchen / Z¨urich 2005. LITERATUR: Otto Bareiss / Frauke Ohloff: I. B. Eine Bibliographie (bis 30. 9. 1977). M¨unchen / Z¨urich 1978. Fortgesetzt als: I. B. – Bibliographie. In: Jahrbuch der GrillparzerGesellschaft 3. Folge, Bd. 15 (1983), Bd. 16 (1986), Bd. 17 (1991) sowie in: Robert Pichl / Alexander Stillmark (Hrsg.): Kritische Wege der Landnahme. Wien 1994 (bis 1993). – Text + Kritik. Sonderband I. B. 1984. – Hans H¨oller: I. B. Das Werk. Von den fr¨uhesten Gedichten bis zu den „Todesarten“-Zyklus. Frankfurt / Main 1987. – Kein objektives Urteil – nur ein lebendiges. Texte zum Werk von I. B. Hrsg. v. Christine Koschel / Inge von Weidenbaum. M¨unchen / Z¨urich 1988. – I. B. – Neue Beitr¨age zu ihrem Werk. Hrsg. v. Dirk G¨ottsche / Hubert Ohl. W¨urzburg 1993. – Kurt Bartsch: I. B. Stuttgart 21997. – Monika Albrecht / Dirk ¨ G¨ottsche (Hrsg.): Uber die Zeit schreiben. Literatur- und kulturwissenschaftliche Essays zu I. B.s „Todesarten“-Projekt. 3 Bde., W¨urzburg 1998-2004. – Irene Heidelberger-Leonard (Hrsg.): „Text-Tollhaus f¨ur Bachmanns¨uchtige?“ Lesarten zur Kritischen Ausgabe von I. B.s „Todesarten“-Projekt. Opladen 1998. – Sigrid Weigel: I. B. Hinterlassenschaften unter Wahrung des Briefgeheimnisses. Wien 1999. Neuausg. M¨unchen 2003. – Bernhard B¨oschenstein / Sigrid Weigel (Hrsg.): I. B. und Paul Celan. Poetische Korrespondenzen. Frankfurt / Main 22000. – Hans H¨oller: I. B. in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg 1999. – Jost Schneider: Die Kompositionsmethode I. B.s Erz¨ahlstil und Engagement in „Das dreißigste Jahr“, „Malina“ und „Simultan“. Bielefeld 1999. – Primus-Heinz Kucher / Luigi Reitani (Hrsg.): „In die Mulde meiner Stummheit leg ein Wort . . .“ Interpretationen zur Lyrik I. B.s. Wien u. a. 2000. – Joachim Hoell: I. B. M¨unchen 2001. – Einsam sind alle Br¨ucken. Autoren schreiben u¨ ber I. B. Hrsg. v. Reinhard Baumgart und Thomas Tebbe. M¨unchen 2001. – Monika Albrecht / Dirk G¨ottsche (Hrsg.): B.-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung.
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Stuttgart / Weimar 2002. – Joachim Eberhardt: „Es gibt f¨ur mich keine Zitate“. Intertextualit¨at im dichterischen Werk I. B.s. T¨ubingen 2002. – Gisela Brinker-Gabler / Markus Zisselberger (Hrsg.): „If we had the Word“. I. B. Views and Reviews. Riverside (California) 2004. – Robert Pichl / Barbara Agnese (Hrsg.): I. B. Rom 2004. Robert Pichl
Bachmann, Johann, evang. Theologe, Schriftsteller, * 21. 8. 1599 Zehren, † 1. 4. 1642 L¨uneburg. B. immatrikulierte sich 1615 in Leipzig, kam 1616 an die kurf¨urstliche Landesschule nach Grimma und begann 1620 in Leipzig, theologische und philosophische Vorlesungen zu h¨oren und Sprachen zu studieren. 1625 wurde er Magister, mit dem Dichterlorbeer ausgezeichnet, und hielt Vorlesungen an der Universit¨at. Seit 1626 wirkte B. als Pastor an der Michaeliskirche in L¨uneburg. Von ihm sind zwei Gelegenheitsschriften bekannt, darunter Microcosmographia Hiobiana (1635).
Bachmann, Johann Heinrich, Archivar, * 14. 1. 1719 Feuchtwangen, † 15. 7. 1786 Zweibr¨ucken. Nach Abschluß der Studien an der Univ. Jena 1741 kam B. als Hofmeister an den Hof in Zweibr¨ucken. 1744 wurde er Archivar, 1747 Regierungs- und evangelisch-lutherischer Oberkonsistorialrat, 1776 Geheimer Regierungsrat, 1778 wirklicher Geheimer Rat. B. war Mitglied der kurbayerischen Akademie der Wissenschaften; er ver¨offentlichte u. a. Pfalz-Zweibr¨uckisches Staatsrecht (1784). Bachmann, Johann Michael, kath. Theologe, Musiker, * 2. 12. 1699 Kitzingen, † 23. 10. 1757 W¨urzburg. Der Sohn eines Ratsdieners und K¨usters studierte Philologie in W¨urzburg, erhielt 1720 die Tonsur im Stift Haug und wurde 1722 Vikar. Nach der Priesterweihe 1723 war B. Lehrer f¨ur Choralgesang an der Univ. W¨urzburg. 1756 ver¨offentlichte er eine Anleitung zur Erlernung des Choralgesangs.
Bachmann, Johannes (Franz Julius), luth. Theologe, * 24. 2. 1832 Berlin, † 11. 4. 1888 Rostock. B., dessen Vater Prediger an der Luisenst¨adter Kirche, dann an St. Jakob und Oberkonsistorialrat in Berlin war, studierte Theologie u. a. bei August → Tholuck in Halle und bei Ernst Wilhelm → Hengstenberg in Berlin und habilitierte sich 1856 in Berlin. 1858 wurde er Konsistorialrat und Pfarrer an St. Jacobi in Rostock (Predigten an der St. Jacobikirche in Rostock gehalten, 1871). 1885 folgte er Michael → Baumgarten als Prof. des Alten Testaments an der Univ. Rostock nach. B. arbeitete zur Homiletik, Liturgie und Hymnologie (u. a. Geschichte des evangelischen Kirchengesanges in Mecklenburg, 1881). Als F¨orderer der Inneren Mission erreichte er den Anschluß des mecklenburgischen Hauptvereins an den 1849 gegr¨undeten „Centralausschuß f¨ur Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche“. C NDB
Bachmann, Joseph Siegmund Eugen, Klostername: Sixt(us), Pr¨amonstratenser, Musiker, Komponist, * 18. 7. 1754 Kettershausen (Kr. Illertissen), † 18. 10. 1825 Reutlingendorf (Kr. Ehingen). B., Sohn eines Lehrers, wurde in den Benediktinerkl¨ostern Fultenbach und Elchingen erzogen und bewies schon fr¨uh musikalische Begabung; bekannt wurde ein Orgelwettspiel mit Wolfgang Amadeus → Mozart 1766 in Biberach. 1771 trat B. in das Pr¨amonstratenserkloster Obermarchtal ein und legte 1773 die Gel¨ubde ab. 1782 wurde er dort Chorregent, Organist und schließlich Prof. der Theologie. Seit 1803 lebte er in der Pfarrei Reutlingendorf, in der er bereits vom Kloster aus t¨atig war. B. studierte Musiktheorie bei Franz Ignaz Kaa und bildete sich selbst anhand der Schriften Georg Joseph → Voglers. Seine Kompositionen zeichnen sich durch
Bachmann meisterliche Beherrschung des Satzes aus. Er schrieb u. a. Orgel- und Klaviermusik (Zwei Klaviersonaten, 1786), Messen, Sinfonien und Streichquartette. C NDB
Bachmann, Karl Otto, schweizer. Maler, Zeichner, Illustrator, * 25. 3. 1915 Z¨urich, † 18. 2. 1996 Ascona. B. besuchte die Kunstgewerbeschule in Luzern und arbeitete als Reklamezeichner und Graphiker in Z¨urich; in der Malerei bildete er sich autodidaktisch weiter. Studienreisen f¨uhrten ihn durch ganz Europa. Zeitweise versuchte er sich als Missionar der Mormonen in Deutschland. Als Zeichner und Illustrator stellte B. mythologische, historische und religi¨ose Motive (u. a. Versuchung des Hl. Antonius, Amazonenschlacht) in oft surrealistisch-phantastischer Weise dar. Er illustrierte u. a. → Goethes Faust (1943, 1983), den West¨ostlichen Divan (1982) und Die sch¨onsten Liebesgeschichten aus 1001 Nacht (2 Bde., 1955). C AKL Bachmann, Kurt, Journalist, Politiker, * 22. 6. 1909 D¨uren (Rheinland), † 23. 2. 1997 K¨oln. B., Sohn eines kaufm¨annischen Angestellten, war nach einer Gerberlehre als Ledersortierer in K¨oln, sp¨ater in Mecklenburg und Luxemburg t¨atig. 1929 wurde er Mitglied der Revolution¨aren Gewerkschaftsopposition, 1932 der KPD. 1938 emigrierte er nach Frankreich, wurde 1939 interniert und sp¨ater Mitarbeiter der KPD-Leitung in Toulouse. 1942 verhaftet, war er in mehreren Konzentrationslagern inhaftiert, zuletzt in Buchenwald. Nach Kriegsende wurde er Lizenztr¨ager und Mitherausgeber der „Volksstimme“ in K¨oln. B. war Mitgr¨under und bis 1971 Pr¨asidiumsmitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, 1949-56 Sekret¨ar des Parteivorstandes der KPD und Dozent an Parteischulen, nach dem Verbot der KPD 1956-59 Reprograph und 1965-68 Bonner Korrespondent der Wochenzeitung „Die Tat“. 1967 einer der Mitgr¨under des „Initiativausschusses f¨ur die Wiederzulassung der KPD“, geh¨orte er 1968 zu den Gr¨undern der DKP, wurde Sprecher ihres Bundesausschusses und war 1969-73 Parteivorsitzender, 1973-89 Mitglied des Parteivorstandes. B. schrieb u. a. Die Wahrheit u¨ ber Hitler (1-21978). C Munzinger Bachmann, (Gottlieb) Ludwig (Ernst), Klassischer Philologe, * 1. 1. 1792 Leipzig, † 15. 4. 1881 Rostock. Nach dem Studium an den Universit¨aten Leipzig (1812-16) und Jena (1817) war B. Lehrer am P¨adagogium in Halle, bis 1823 am Lyzeum in Wertheim. Danach trieb er in Leipzig private Studien, unternahm Studienreisen und wurde 1829 an der Univ. Leipzig zum Dr. phil. promoviert (Anecdota graeca e calicibus manuscriptis bibliothecae regiae Parisinae descr.). 1832 wurde B. als Direktor der großen Stadtschule nach Rostock berufen, wo er bis 1865 t¨atig war. Von 1833 bis zu seinem Tod hatte er im Nebenamt die Professur f¨ur Beredsamkeit an der Univ. Leipzig inne. B. ver¨offentlichte haupts¨achlich zur Altphilologie, darunter die mit einem umfangreichen kritischen Apparat versehene Ausgabe der Lycophronis Alexandra (1830). C ADB
Bachmann, Luise George, o¨ sterr. Musikhistorikerin, Schriftstellerin, * 20. 8. 1903 Wien, † 17. 6. 1976 Bad Ischl. B. schloß die Lehrerbildungsanstalt in Wien ab und studierte an der dortigen Musikhochschule. Bis 1938 war sie Professorin der Musikgeschichte am P¨adagogischen Institut der Stadt Wien und ging dann als freie Schriftstellerin nach Salzburg. Seit 1945 lebte sie abwechselnd im Stift St. Florian bei Linz und in Wien. B. schrieb vielgelesene K¨unstlerromane und -novellen (u. a. Der Thomas-Kantor, 1936), M¨archenspiele (u. a. Die gute und die b¨ose Tochter, o. J.) und H¨orspiele f¨ur den Rundfunk.
Bachmann, Moritz (Ludwig), Pseud. Freimund Waller, F. W. Philydor, Peregrin, Publizist, * 2. 11. 1783 Paderborn, † 12. 6. 1872 Paderborn. Nach Beendigung seiner rechtswissenschaftlichen Studien wurde B. Referendar am Reichskammergericht in Wetzlar, dann am Oberlandesgericht Paderborn; 1809 kam er als Friedensrichter nach Neuhaus bei Paderborn. Daneben besch¨aftigte er sich mit Literatur und Dichtung, ver¨offentlichte kleinere Arbeiten in Kalendern und Almanachen. 1832 und 1833 gab B. ein westf¨alisches Taschenbuch Gunloda heraus, an dem Ferdinand → Freiligrath mitarbeitete. Die 1836 gegr¨undete Zeitschrift „Nordlicht“, in der Friedrich Wilhelm → Weber seine ersten Schriften ver¨offentlichte, mußte im folgenden Jahr ihr Erscheinen wieder einstellen. B. publizierte sp¨ater weitere Taschenb¨ucher. C NDB Bachmann, Nikolaus Leodegar Franz Ignaz Frh. von, schweizer. Milit¨ar, * 27. 3. 1740 N¨afels, † 11. 2. 1831 N¨afels. Aus einer Offiziersfamilie stammend, wurde B. am Jesuitenkollegium Stella Matutina in Feldkirch und am Nazarenerinstitut in Rom ausgebildet. Seit 1756 stand er in franz¨osischen Solddiensten; von 1759 an f¨uhrte er eine eigene Kompanie und wurde 1779 Oberst. Nach dem Sturz der Monarchie 1792 wurde er 1794 Generalleutnant des K¨onigreichs Sardinien-Piemont, nach Ausrufung der Zisalpinischen Republik (1797) jedoch als Kriegsgefangener in die Schweiz gebracht. Seit 1799 war B. als Kommandant der schweizer. Emigrantenregimenter in o¨ sterreichisch-britischem Dienst, er verwendete erstmals das weiße Kreuz auf rotem Grund als Feldzeichen. 1802 erhielt er den Oberbefehl u¨ ber die konf¨oderierten Truppen, welche die helvetische Regierung st¨urzen sollten, und leitete 1815 die eidgen¨ossische Grenzbesetzung. C Glarner
Bachmann, Paul, Pseud. Amnicola, Zisterzienser, Abt, Theologe, * 1465 / 68 Chemnitz, † 1538 Altzelle bei Nossen. B. wurde in Altzelle Zisterzienser, studierte 1492 am Leipziger Ordenskolleg und wurde 1505 als Magister in die artistische Fakult¨at aufgenommen. Im Kloster Altzelle war er l¨angere Zeit Prokurator und Syndikus, bevor er 1522 zum Abt gew¨ahlt wurde. 1523 erhielt er vom Ordenskapitel die Oberaufsicht u¨ ber das Leipziger Kolleg, 1537 das Ordensvikariat B¨ohmen-M¨ahren-Lausitz u¨ bertragen. B. stand in engem Kontakt zu den Gegenreformatoren Hieronymus → Emser und Johannes → Cochl¨aus. Er verfaßte 16 z. T. derbe Streitschriften gegen Martin → Luther (darunter Wyder das wild Geyffernd Eberschwein Luthern, So ynn dem weingartten des Herren der krefften wuelet, grabet [. . .], 1524), in denen er in volkst¨umlicher Sprache die kath. Glaubenslehren der Zeit darlegte. C Killy Bachmann, Paul (Gustav Heinrich), Mathematiker, * 22. 6. 1837 Berlin, † 31. 3. 1920 Weimar. Der Bruder von Johannes → B. schloß die naturwissenschaftlichen Studien in Berlin und G¨ottingen 1862 mit der Promotion ab (De substitutionum theoria meditationes quaedam) und habilitierte sich 1864 mit der Arbeit De unitatum complexarum theoria an der Univ. Breslau, wo er 1867 a. o. Prof. wurde. Von 1875 bis zu seiner Emeritierung 1890 war er o. Prof. der Mathematik an der Kgl. Akademie (sp¨ater Universit¨at) M¨unster. Danach lebte B. als freier Wissenschaftler in Weimar und arbeitete vor allem zur niederen und h¨oheren Zahlentheorie (Zahlentheorie, Versuch einer Gesammtdarstellung [. . .], 6 Bde., 1872-1923). C NDB
Bachmann, Paul, Architekt, * 30. 5. 1875 Altenburg, † 1. 1. 1954 (USA). Nach einer Ausbildung an der Dresdener Kunstgewerbeschule und an der dortigen Akademie der K¨unste (zuletzt
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Bachmann als Meistersch¨uler Paul → Wallots10-730) war B. in verschiedenen Bauateliers in Dresden, Z¨urich und Leipzig t¨atig. 1903-37 lebte er in K¨oln als Lehrer (seit 1915 Prof.) f¨ur Entwurfzeichnen, Innenausbau und Architektur an der Kunstgewerbeschule. 1905-16 nahm er – oft in Zusammenarbeit mit Peter Recht und Hermann Foeth – an zahlreichen Wettbewerben teil (u. a. Villenkolonie Weiden-K¨oln, 1913; Arbeitersiedlungen). B. plante neben Wohnbauten vor allem o¨ ffentliche Geb¨aude wie Theater, Rath¨auser, Schulen und Kirchen (St. Paulus, Breslau, 1908 / 09). C AKL
Bachmann, Philipp (Georg Otto), luth. Theologe, P¨adagoge, * 13. 10. 1864 Geißlingen (Mittelfranken), † 18. 3. 1931 Erlangen. Nach dem Studium der klassischen Philologie und der Theologie in Erlangen 1882-87 war B., Sohn eines Volksschullehrers, Repetent f¨ur Neues Testament an der Theologischen Fakult¨at, dann Pfarrer in Urfersheim, seit 1892 Gymnasiallehrer in N¨urnberg. 1902 wurde er o. Prof. f¨ur systematische Theologie und neutestamentliche Exegese in Erlangen, 1912 Universit¨atsprediger. B. geh¨orte der Landessynode an, seit 1924 als deren Pr¨asident. In N¨urnberg war er als Schriftleiter f¨ur das „Evangelische Gemeindeblatt“, f¨ur das „Korrespondenzblatt f¨ur die evangelisch-lutherischen Geistlichen in Bayern“ und f¨ur das „Evangelische Schulblatt f¨ur Bayern“ t¨atig. F¨ur den evang. Religionsunterricht verfaßte B. Lehrb¨ucher und Einzeldarstellungen (u. a. Abriß der Kirchengeschichte, 1911, 141927). C BBKL
Bachmayr, Johann Nepomuk, o¨ sterr. Schriftsteller, * 28. 2. 1819 Neusiedl (Burgenland), † 23. 8. 1864 Wien. B. schloß das Studium der Rechtswissenschaften in Wien 1849 mit der Promotion ab und reiste im folgenden Jahr nach Deutschland, wo er u. a. in Berlin Gottfried → Keller kennenlernte. Von 1851 bis zu seinem ungekl¨arten Verschwinden am 23. 8. 1864 (es wird angenommen, daß er den Freitod in der Donau suchte) war er Konzipient in der Kanzlei eines Hof- und Gerichtsadvokaten in Wien. B.s lyrische Anf¨ange als Schriftsteller wurden in Wiener Zeitschriften und Alben publiziert; er schrieb u. a. das Volksdrama Der Trank der Vergessenheit (1851). C NDB Bachofen, Johann Caspar, schweizer. Komponist, * 26. 12. 1695 Z¨urich, † 23. 6. 1755 Z¨urich. Schon 1711 war B., Sohn eines Lehrers, Mitglied des Collegium musicum der Z¨urcher Chorherrenstube, 1715 auch desjenigen an der dortigen Deutschen Schule. 1720 bestand er das theologische Examen und wurde Kantor an den unteren Lateinschulen am Großm¨unster und am Frauenm¨unster. Seit 1742 war B. Kantor am Großm¨unster und u¨ bernahm im selben Jahr auch die Leitung des Collegium musicum der Chorherren. Seine umfangreiche Liedersammlung Musikalisches Halleluja, die zwischen 1727 und 1803 elfmal aufgelegt wurde, enth¨alt mehrheitlich dreistimmige Lieder. B. schrieb auch eine Passion Der f¨ur die S¨unden der Welt gemarterte und sterbende Jesus (1759) nach einem Text von Barthold Hinrich → Brockes. C MGG
Bachofen, Johann Jakob, schweizer. Rechtshistoriker, Bachmann, Traugott, Missionar der Herrnhuter Br¨udergemeine, * 25. 8. 1865 Caana bei Niesky (Oberlausitz), † 27. 2. 1948 Niesky. Der aus b¨auerlichen Verh¨altnissen stammende B. besuchte die Missionarsschule der Herrnhuter Br¨udergemeine, der er 1891 beitrat. 1892-1916 war er Missionar im Herrnhuter Missionsgebiet in Deutsch-Ostafrika, kehrte nach englischer Kriegsgefangenschaft 1919 nach Deutschland zur¨uck und lebte nach Diaspora-Arbeit in Wetzlar seit 1931 in Niesky. B. besch¨aftigte sich mit Sprache und Kultur der Nyika im Nyassa-Gebiet und u¨ bersetzte Teile der Bibel. Einheimische Traditionen bewertete er eigenst¨andig und bezog sie in die Missionspraxis ein. 1956 erschien Ich gab manchen Anstoß (nach den Aufzeichnungen B.s zusammengestellt, bearb. und hrsg. von Hans-Windekilde Jannasch). C RGG
Bachmann, Wilhelm (Eduard Paul), Chemiker, * 28. 12. 1885 Kassel, † 27. 11. 1933 Seelze. B. studierte in M¨unchen, dann bei Richard → Zsigmondy in G¨ottingen, wo er 1911 mit der Arbeit Untersuchungen u¨ ber die ultramikroskopische Struktur von Gallerten mit Hilfe des Spalt- und Kardioid-Ultramikroskops promoviert wurde. 1911-17 war er Assistent am G¨ottinger Institut f¨ur anorganische Chemie und habilitierte sich 1916. Im gleichen Jahr erfand er gemeinsam mit Zsigmondy die Membranfilter, die seit 1917 von einer Firma in Seelze serienm¨aßig hergestellt wurden. Dort entwickelte B. in den folgenden Jahren u. a. Neuerungen zu Leuchtfarben sowie zur Herstellung von Mesothor, Radium und Kolloidgraphit. Seit 1926 war B. Vorstand des wissenschaftlichen Laboratoriums der Ringgesellschaft chemischer Unternehmungen. Neben seiner industriellen T¨atigkeit lehrte er bis 1922 an der Univ. G¨ottingen, dann in Hannover, wo er 1928 a. o. Prof. wurde. Seit 1923 war er Gesch¨aftsf¨uhrer der Bunsen-Gesellschaft; von 1928 an redigierte er die Zeitschrift „Die Chemische Fabrik“. Bachmannn, Augustus Quirinus → Rivinus, August Quirinus
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Altertumswissenschaftler, * 22. 12. 1815 Basel, † 25. 11. 1887 Basel. B. entstammte einer Basler Patrizierfamilie, studierte Jura und Altertumswissenschaften in G¨ottingen und Berlin, wurde 1841 Prof. des r¨omischen Rechts in Basel und war dort 1842-61 – ehrenamtlich – Richter am Kriminalgericht und sp¨ater am Appellationsgericht in Strafsachen. Er ver¨offentlichte zun¨achst Schriften zum r¨omischen Recht, z. B. Das r¨omische Pfandrecht (1847), abweichend vom liberalen Geist des damaligen Pandektenrechts, n¨amlich rein antiquarisch und ohne Blick auf seine Verwendung als Recht der Gegenwart. 1859 schrieb er einen Versuch u¨ ber die Gr¨abersymbolik der Alten gegen die liberale positivistische Geschichtsschreibung seiner Zeit, mit einer gef¨uhlsbetonten und betont antirationalen Deutung antiker Religion und Mythologie. 1861 erschien in der gleichen Absicht und derselben Methode Das Mutterrecht. Eine Untersuchung u¨ ber die Gynaikokratie der alten Welt nach ihrer religi¨osen und rechtlichen Natur. Das schwer lesbare Riesenwerk wurde zun¨achst v¨ollig verst¨andnislos aufgenommen. B. plante eine r¨omische Geschichte gegen Theodor → Mommsen, begann dann aber, ermuntert durch die Best¨atigung seines Mutterrechts in ethnologischen Forschungen (Lewis H. Morgan, John F. McLennan), Untersuchungen u¨ ber antike Verwandtschaftsformen, von denen unter dem Titel Antiquarische Briefe nur die ersten beiden B¨ande erschienen sind (1880-86). Anders als seine Zeitgenossen sah er einen Fehler der damaligen Geschichtsschreibung darin, daß sie mit dem Anspruch exakter Genauigkeit angeblich nur Fakten sammelte, tats¨achlich aber weitgehend das Ger¨ust eigener Werturteile ausbaute. Seine Emp¨orung u¨ ber Mommsen – „Handels- und Capitalistengew¨asch [. . .] durchzieht das ganze Werk“ – war a¨ hnlich drastisch wie seine Kritik an einer Arch¨aologie, die nur Bestandsverzeichnisse anlegte, statt sich Gedanken zu
Bachrich machen u¨ ber die in den Denkm¨alern erkennbaren religi¨osen und mythologischen Vorstellungen der Alten, was ihm in seiner tiefen Fr¨ommigkeit besser gelang. Nach seinem Tod ist Das Mutterrecht eines der ber¨uhmtesten B¨ucher des 19. Jh. geworden. Seine Vorstellung vom Matriarchat als erster Kulturstufe der Menschheit, die erst sp¨ater vom Patriarchat abgel¨ost wurde, ist zun¨achst von der marxistischen Literatur rezipiert worden (Friedrich → Engels: Ursprung der Familie, 1884), fand Eingang in die große Literatur (Gerhart → Hauptmann, Rainer Maria → Rilke, Thomas → Mann), Psychologie (Sigmund → Freud), z. T. auch in die Geschichtswissenschaft (Ernst → Kornemann, Karl → Ker´enyi, Fritz → Schachermeyer) und in die Frauenbewegung. In der Ethnologie wandelte sich die Zustimmung auf Grund neuerer Forschungen zu matrilinearen Gesellschaften (Edvard Westermarck: History of Human Marriage, 1891) bald und bis heute in fast totale Ablehnung. B. hatte sich außer auf geniale Deutung antiker Mythen im wesentlichen gest¨utzt auf Herodots Bericht u¨ ber die matrilineare Struktur der Lyriker (Her. 1. 173). Der Schluß von matrilinearer Verwandtschaftsstruktur auf weibliche Dominanz ist jedoch unsicher, weil in vielen von Ethnologen beschriebenen matrilinearen Stammesgesellschaften m¨annliche Dominanz zu beobachten ist, nur selten – ber¨uhmtestes Beispiel: die Irokesen – weibliche. Das ganze ist bis heute umstritten. WERKE: Gesammelte Werke. 10 Bde., Basel. Hrsg. v. Karl Meuli. 1943-67. LITERATUR: Karl Meuli: B.s Leben. In: B.: Das Mutterrecht. 2. Bd., Basel 1948, S. 1012-1079. – Barbara HuberGreub (Hrsg.): J. J. B. (1815-1887). Eine Begleitpublikation zur Ausstellung im Historischen Museum Basel 1987. Basel 1987. – Lionel Gossmann: Basel in the age of Burckhardt. A study in unseasonable ideas. Chicago 2000. Uwe Wesel
Bachofen von Echt, Claudia, eigentl. Johanna Bernardine B. v. E., Generaloberin der Klemensschwestern, * 21. 1. 1863 M¨unster, † 6. 10. 1922 M¨unster. B. v. E. legte 1881 die Lehrerinnenpr¨ufung ab und war kurze Zeit Erzieherin bei Familien in Russisch-Polen und in Arnsberg. Um sich der Krankenpflege zu widmen, trat sie 1888 als Aspirantin in das Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern (Klemensschwestern) in M¨unster ein. 1889-95 war B. v. E. in der Provinzial-Augenklinik, bis 1902 als Operationsschwester im st¨adtischen Klemenshospital t¨atig, bevor sie als Assistentin der Generaloberin in das Mutterhaus zur¨uckberufen wurde. Seit 1907 war sie Novizenmeisterin, von 1911 bis zu ihrem Tod Generaloberin. C BBKL
Bachofen von Echt, Karl Adolf Frh., Industrieller, M¨unzsammler, * 12. 3. 1830 Oelde (Westfalen), † 22. 5. 1922 Wien. Aus einer limburgischen Familie stammend, kam B., Sohn ¨ eines F¨orsters, 1848 nach Osterreich-Ungarn und studierte bis 1853 an der Prager Univ. Technik und Chemie. 1865 ging er nach Wien und kaufte gemeinsam mit Verwandten die Brauerei Nußdorf, die sich in den folgenden Jahren unter seiner Leitung zu einer der bedeutendsten Brauereien Wiens entwickelte (seit 1908 Aktiengesellschaft). B., der 1906 in den Freiherrenstand erhoben wurde, wirkte als langj¨ahriger B¨urgermeister von Nußdorf. B. war Mitbegr¨under der Ornithologischen Gesellschaft, Mitglied der Numismatischen Gesellschaft und Ausschußmitglied der Gesellschaft zur F¨orderung der Medaillenkunst. Seine vielbeachtete Sammlung r¨omischer M¨unzen und Medaillen vermachte er dem Wiener M¨unzkabinett. C AKL
Bachoff von Echt, Johann Friedrich Frh., Beamter, Jurist, * 17. 2. 1643 Gotha, † 27. 10. 1726 Gotha. B. v. E. begann 1660 Rechtswissenschaften in Leipzig zu studieren, unterrichtete seit 1665 den Erbprinzen von Sachsen-
Gotha und begleitete ihn 1667 auf einer Reise durch Frankreich. 1673 zum Wirklichen Hofrat, 1680 zum Geheimrat ernannt, war B. v. E. seit 1698 Kanzler und Regierungsdirektor. 1691 wurde er zum Mitvormund der S¨ohne des Herzogs bestimmt. Von seinen Ver¨offentlichungen sind drei juristische Schriften bekannt, darunter Dissertatio de eo quod justum est circa commercia inter gentes (1730).
Bachoff von Echt, Ludwig Heinrich Frh., Diplomat, Dichter, * 16. 3. 1725 Gotha, † 16. 5. 1792 Gut Dobitschen bei Altenburg. Nach dem Studium in Leipzig (1742-45) trat B. v. E., Sohn von Johann Friedrich → B. v. E., in d¨anische Dienste, wurde Gesandter in Madrid, Regensburg und Dresden. Er war auf Reisen Freimaurer geworden und gr¨undete gemeinsam mit Bruder und Schwager 1742 in Altenburg die Loge „Archimedes zu den drei Reißbrettern“. B. v. E. ver¨offentlichte u. a. einen Versuch in geistlichen Oden und Liedern (1771). C BBKL Bachoff von Echt, Reiner, Beamter, * 1544 K¨oln, † 7. 2. 1614 Heidelberg. Von Beruf Kaufmann, studierte B. v. E. in Leipzig alte und neue Sprachen. Er wurde Ratsherr, 1585 Sch¨offe und 1588 B¨urgermeister. Unter Verdacht, dem Calvinismus anzuh¨angen, sollte er sich 1591 o¨ ffentlich zum luth. Glauben ¨ bekennen und wurde, als er sich weigerte, seiner Amter enthoben. Nach Unruhen 1593 verließ er Leipzig endg¨ultig und kam u¨ ber Zerbst nach Heidelberg, wo er bis zu seinem Tod in kurf¨urstlichen Diensten stand. B. v. E. hinterließ die Schrift Catechesis palatinatus testimoniis scripturae sententiis patrum. Bachoff von Echt, Reiner, Jurist, * 1575 Leipzig, † 1640 Heidelberg. Der Sohn des Leipziger Beamten gleichen Namens erhielt 1599 die Doktorw¨urde und war zuerst Prof. der Politik, dann der Rechtswissenschaften in Heidelberg. 1622 ging B. v. E. nach Heilbronn und kehrte im folgenden Jahr nach Heidelberg zur¨uck, um sich haupts¨achlich schriftstellerischen Arbeiten zu widmen. Seit 1626 weilte er in Straßburg und trat, nachdem die Univ. Heidelberg als katholische wieder ge¨offnet worden war, zum Katholizismus u¨ ber; 1629 wurde er dort Prof. und Rektor. Nach Eroberung der Stadt durch die Schweden 1633 bekannte er sich vor Notar und Zeugen erneut zum luth. Glauben. B. v. E. ver¨offentlichte u. a. Commentarii in institutiones (1628). C ADB Bachrach, Adolf von, o¨ sterr. Jurist, * 27. 12. 1853 Sternberg (M¨ahren), † 18. 4. 1932 Wien. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Wien, wo er Pr¨asident des gr¨oßten Studentenvereins „Akademische Lesehalle“ war, und der nachfolgenden praktischen Ausbildung ließ sich B. 1885 in Wien als Hof- und Gerichtsadvokat nieder. Er bet¨atigte sich als Strafverteidiger und war dann Rechtsbeistand von Mitgliedern des Kaiserhauses, des Hochadels sowie deutscher und o¨ sterr. Industriekonzerne; er geh¨orte dem Verwaltungsrat verschiedener Unternehmen an. Seine Kanzlei, die er seit 1902 gemeinsam mit seinem Schwiegersohn Paul → Abel f¨uhrte, geh¨orte zu den ber¨uhmtesten in Wien. 1915 wurde er nobilitiert. Neben Beitr¨agen in Zeitschriften und Arbeiten zum Eherecht ver¨offentlichte B. u. a. Recht und Phantasie (1912).
Bachrich, Sigmund, auch Sigismund B., o¨ sterr. Musiker, Komponist, * 23. 1. 1841 Zsambokreth (Ungarn), † 16. 7. 1913 Wien. Nach dem Besuch des Wiener Konservatoriums, wo er 1851-57 Violinsch¨uler B¨ohms war, arbeitete B. f¨ur einige Zeit als Kapellmeister an einem kleinen Wiener Theater, bevor er 1866 f¨ur drei Jahre nach Paris ging. Wieder in Wien,
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Bachschmidt wurde er Bratscher im Hellmesberger-, sp¨ater im Ros´eQuartett; seit 1869 war er Mitglied der Wiener Philharmoniker und des Hofopernorchesters sowie Prof. am Musikkonservatorium (bis 1899). Neben Liedern, Violinkonzerten und Kammermusik komponierte B. u. a. die komische Oper Muzzadin (1883). Sein nachgelassenes Manuskript Aus verklungenen Zeiten, Erinnerungen eines alten Musikers erschien 1914. C MGG
Bachschmidt, (Johann) Anton (Adam), Komponist, * 11. 2. 1728 Melk, † 29. 12. 1797 Eichst¨att. B., Sohn eines T¨urmermeisters, verließ Melk, wo er seit 1751 T¨urmermeister war, kam 1760 nach W¨urzburg und wurde Posaunist in der Hofkapelle. Noch im selben Jahr ging er nach Eichst¨att, wurde Mitglied des f¨urstbisch¨oflichen Orchesters, wo er schließlich haupts¨achlich Geige spielte. 1769 wurde B. zum Konzertmeister bef¨ordert, begann zu komponieren und erhielt die Mittel zu einer Studienreise nach Italien. Nach seiner R¨uckkehr wurde er zum f¨urstbisch¨oflichen Kapellmeister ernannt. B. komponierte Vokalmusik (Messen, Requien, Offertorien, Gradualien, Motetten, Vespern), B¨uhnenwerke (Singspiele, lateinische Schuldramen, italienische Opern) und Instrumentalmusik. C MGG
Bachstrom, Johann Friedrich, auch Bachstroem, Bachstrohm, luth. Theologe, Naturforscher, * 24. 12. 1688 Rawicz (Posen), † Juni 1742 Nieˇsvieˇz (Litauen). B., Sohn eines Goldschmieds, studierte 1710-13 in Jena Theologie und Philosophie, daneben Naturwissenschaften. Er wurde Hauslehrer in Schlesien, 1717 Lehrer in Thorn, 1720 Prediger in Wengrow (Wegr´ow) nord¨ostlich von Warschau. Nach der Promotion zum Dr. med. 1723 (Dissertatio de plica polonica) in Kopenhagen hielt er sich in Warschau auf, 1729-31 in Konstantinopel. B. betrieb medizinischphysikalische und theologische Studien in Breslau, G¨orlitz, Freiberg und Dresden sowie in den Niederlanden und in Großbritannien. Seit 1737 lebte er in Litauen auf den G¨utern Hieronymus Radziwills. B. starb als (zu Unrecht) Angeklagter im Kerker. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Observationes circa scorbutum ejusque indolem, causas, signa et curam (1734) und Tractatus de aphrodisiacis (1753). C NDB Back, Ernst (Emil Alexander), Physiker, * 21. 10. 1881 Freiburg / Breisgau, † 20. 6. 1959 M¨unchen. B. studierte 1902-06 Rechtswissenschaften in Straßburg, M¨unchen und Berlin und war 1907-09 bei der Justizverwaltung Elsaß-Lothringen t¨atig. 1909-13 studierte er Physik in T¨ubingen als Sch¨uler von Friedrich → Paschen, mit dem er sp¨ater den nach ihnen benannten, in starken magnetischen Feldern auftretenden Paschen-Back-Effekt entdeckte. 1913 mit der Arbeit Zur Prestonschen Regel promoviert, u¨ bernahm B. nach dem Ersten Weltkrieg die Direktion der Veifa-Werke in Frankfurt / Main. 1920 ging er als Assistent an die Univ. T¨ubingen, wurde 1926 a. o. Prof., 1929 o. Prof. an der Univ. Hohenheim und kehrte 1936 nach T¨ubingen zur¨uck, wo er bis zu seiner Pensionierung 1948 eine Professur innehatte. C DSB
Back, Friedrich Carl, evang. Theologe, * 12. 12. 1801 Ernsbach (W¨urttemberg), † 12. 2. 1879 Castellaun / Hunsr¨uck. B., Sohn eines H¨utteninspektors und Handelsmanns, wurde nach Abschluß des Studiums der Philologie und der Theologie an den Universit¨aten Heidelberg und Bonn 1823 Lehrer an der h¨oheren Stadtschule Simmern. Im folgenden Jahr kam er als Pfarrer nach Kirchberg, 1837 nach G¨odenroth; seit 1842 war er Pfarrer und Superintendent in Castellaun. B. engagierte sich f¨ur das Volksschulwesen im Hunsr¨uck und f¨orderte als Mitglied der Provinzialsynode die Entwicklung
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der evang. Kirche im Rheinland. Seine regionalgeschichtlichen Forschungen ver¨offentlichte er u. a. in Die evangelische Kirche im Lande zwischen Rhein, Mosel, Nahe und Glan bis zum Beginn des Dreißigj¨ahrigen Krieges (3 Bde., 1872-74). B. war der Vater des Straßburger B¨urgermeisters Otto → B. C NDB
Back, Josef, Volkswirt, * 28. 2. 1903 Flehingen, † 9. 1. 1974 Kirchzarten. B. schloß das Studium der Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaften und Philosophie 1926 in Freiburg mit der Promotion zum Dr. rer. pol. ab (Der Streit um die national¨okonomische Wertlehre). 1927 / 28 war er Assistent an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakult¨at der Univ. Freiburg, wo er sich 1928 habilitierte (Die Entwicklung der ¨ reinen Okonomie zur national¨okonomischen Wesenswissenschaft) und zum a. o. Prof. der Wirtschaftswissenschaften berufen wurde. 1929 / 30 hielt B. sich in Großbritannien und in den USA auf. 1936 ging er an die Handelshochschule K¨onigsberg und wurde dort 1937 a. o. Professor. B., der Mitglied der NSDAP war, folgte 1940 einem Ruf als Ordinarius der Volkswirtschaftslehre nach Innsbruck. 1950 wurde er gesch¨aftsf¨uhrendes Vorstandsmitglied des Erlanger Forschungsinstituts f¨ur Genossenschaftswesen, 1953 apl., 1957 o. Prof. f¨ur Genossenschaftswesen und Versicherungslehre an der dortigen Universit¨at. Er ver¨offentlichte u. a. Die Ent¨ wicklung der reinen Okonomie zur national¨okonomischen Wesenswissenschaft (1929). Back, Oskar, Musiker, * 9. 6. 1879 Wien, † 3. 1. 1963 Br¨ussel. B. studierte Violine bei Jakob → Gr¨un am Wiener Konservatorium, dann am Kgl. Konservatorium in Br¨ussel bei Eug`ene-Auguste Ysa¨ye und C´esar Thomson, deren Assistent er wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg ließ er sich in Amsterdam nieder, wo er 1921-62 Violinp¨adagoge am Konservatorium Muzieklyceum war. Zu seinen Sch¨ulern geh¨orten u. a. Herman Krebbers, Willem Noske und Theo Olof. B. war Jurymitglied bei zahlreichen internationalen Wettbewerben, u. a. beim Concours Internationale d’Ex´ecution Musique in Genf und beim Concours Musique Internationale Reine Elisabeth de Belgique. C MGG
Back, (Karl August Albert) Otto, B¨urgermeister, * 30. 10. 1834 Kirchberg (Kr. Simmern), † 5. 1. 1917 Straßburg. B., Sohn Friedrich Carl → B.s, studierte Theologie und Rechtswissenschaften, wurde 1867 / 68 preuß. Landrat in seinem Heimatkreis. 1872 wurde er Polizeidirektor von Straßburg, im folgenden Jahr kommissarischer B¨urgermeister, als welcher er u. a. mit der Niederhaltung der franz¨osischen Opposition befaßt war. 1887 geh¨orte er dem neugew¨ahlten Gemeinderat an und war seit Ende des Jahres endg¨ultig B¨urgermeister von Straßburg. Maßnahmen wie der Bau des Rheinhafens, der Ausbau der Wasserversorgung, die Erweiterung des Straßenbahnnetzes u. a. f¨orderten die Entwicklung Straßburgs zur Großstadt. Durch seine liberale Haltung erreichte B. eine Entspannung zwischen dem deutschen und dem franz¨osischen Bev¨olkerungsteil. 1910 wurde er Kurator der Univ. Straßburg. Seit 1911 war er Landtagspr¨asident von Elsaß-Lothringen. B. schrieb Aus Straßburgs j¨ungster Vergangenheit (1912). ¨ C DBJ, Uberleitungsband 2
Backe, Herbert, Politiker, * 1. 5. 1896 Batum, † 6. 4. 1947 N¨urnberg. B., Sohn deutscher Auswanderer, befand sich w¨ahrend des Ersten Weltkriegs in russischer Internierung. Er studierte Agrarwissenschaften an der Univ. G¨ottingen und arbeitete als Gutsverwalter. 1922 SA-Mitglied, trat er 1925 in die NSDAP ein. 1932 geh¨orte er dem Preußischen Landtag an.
Bacmeister 1933 war B. beim Rasse- und Siedlungshauptamt t¨atig und wurde Reichskommissar, dann Staatssekret¨ar im Reichsministerium f¨ur Ern¨ahrung und Landwirtschaft. 1936 u¨ bernahm er die Gesch¨aftsgruppe Ern¨ahrung im Rahmen des Vierjahresplans. Seit 1942 leitete er das Reichsern¨ahrungsministerium und wurde 1944 auch formal zum Minister ernannt. B. ver¨ubte in alliierter Haft in N¨urnberg Selbstmord.
Backhaus, Alexander, Agrarwissenschaftler, * 28. 7. 1865 Doberan, † 15. 6. 1927 Rostock. B. wurde 1891 Prof. der Landwirtschaft an der Univ. G¨ottingen, wo er u. a. ein Verfahren zur Herstellung k¨unstlicher Muttermilch entwickelte; seit 1896 war er Direktor des Landwirtschaftlichen Instituts der Univ. K¨onigsberg. 1904 / 05 leitete B. die Rieselg¨uter der Stadt Berlin, ließ sich 1906 beurlauben, um einem Ruf nach Montevideo zu folgen, wo er als landwirtschaftlicher Direktor das erste moderne Landwirtschaftliche Lehr- und Forschungsinstitut Uruguays errichtete. 1913 kehrte er als Prof. an die Univ. K¨onigsberg zur¨uck. Im Ersten Weltkrieg war er Referent im Kriegsministerium; seit 1919 betrieb er ein landwirtschaftliches Lehrgut. Neben milchwirtschaftlichen Forschungen publizierte B. u. a. Nordamerikanische Schweinezucht (1894). C NDB Backhaus, Hermann (Emil Wilhelm), Ingenieur, Physiker, * 10. 9. 1885 Berlin, † 2. 2. 1958 B¨uhl (Baden). B. studierte in Berlin (1904-08, Dipl.-Ing.) und Jena ¨ (1921-23, Dr. phil., Uber Siebketten und deren Anschluß an Leitungen), war seit 1921 wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Forschungslabors des Siemens-Konzerns und habilitierte sich 1928 an der Univ. Greifswald f¨ur angewandte Physik. 1932 folgte er einem Ruf als Ordinarius der Theoretischen Elektrotechnik und der Schwachstromtechnik an die TH Karlsruhe. B. arbeitete vor allem zur Akustik und Elektroakustik und ver¨offentlichte u. a. Nichtstation¨are Schallvorg¨ange (1937). Backhaus, Wilhelm, Musiker, * 26. 3. 1884 Leipzig, † 5. 7. 1969 Villach. Seit seinem zehnten Lebensjahr war B. Sch¨uler von Alois Reckendorf am Leipziger Konservatorium. Er besch¨aftigte sich neben dem Klavierstudium mit Violine und Kontrapunkt; fr¨uh trat er als Pianist auf. Von 1899 an studierte B. bei Eugen → d’Albert in Frankfurt / Main; sp¨ater folgte er einem Ruf als Prof. an das Royal College of Music in Manchester, wo er bis 1905 lehrte. Danach unternahm er zahlreiche Konzertreisen durch Europa, Amerika und Australien. Ber¨uhmt wurde B. durch technische Perfektion und subtile Interpretation vor allem in seinen → Beethoven- und → Brahms-Einspielungen. C NGroveD Backhaus, Wilhelm Emanuel, Pseud. Th. Neander, Kaufmann, Publizist, * 26. 3. 1826 Petershagen (Westfalen), † 27. 2. 1896 Bremen. B., Sohn eines Apothekers, war seit 1846 in Bremen ans¨assig; 1854 gr¨undete er ein eigenes Handelsunternehmen und war 1854-66 Mitglied der Gesetzgebenden K¨orperschaft der Hansestadt. B. war eine Gegner des politischen und wirtschaftlichen Liberalismus. 1859-64 gab er in Zusammenarbeit mit der Bremer Gewerbekammer die Zeitschrift „Norddeutsche Hansa“ heraus. B. ver¨offentlichte u. a. Schutz der Arbeit! Schutz der Freiheit! Ein Beitrag zur L¨osung der Gewerbefreiheit (1848), Schutt und Aufbau (1886), Vom rechten Staate (1894) und Literarische Essays (1895). C Brem Bio 1 Backhausen, Karl Wilhelm August, evang. Theologe, P¨adagoge, * 30. 7. 1869 Hattorf bei Fallersleben, † 13. 9. 1924 Arosa. B., Sohn eines Lehrers, trat 1899 in das Stephanstift bei Hannover ein. 1901 u¨ bernahm er als Pastor die Leitung der Erziehungsanstalt f¨ur verwahrloste m¨annliche Jugendliche im
Stift und gr¨undete 1915 das Erziehungsheim f¨ur m¨annliche Schulabg¨anger auf dem Kronsberg bei Hannover. 1912-24 war B. Vorsitzender des Allgemeinen F¨ursorgeerziehungstags (AFET), wo er die von Johann Hinrich → Wichern vorgegebene Richtung der evang. Anstaltserziehung weiterentwickelte und das traditionelle Mißtrauen gegen¨uber der Psychiatrie bek¨ampfte. Gemeinsam mit anderen ver¨offentlichte B. 1922 Die sogenannte Anstaltserziehung mit besonderer Ber¨ucksichtigung der F¨ursorgeerziehung. C NDB
Backofen, Johann Georg Heinrich, Musiker, * 6. 7. 1768 Durlach, † 10. 7. 1839 Darmstadt. B. kam 1780 nach N¨urnberg, wo er Musik, Kunst und Sprachen studierte. Seit 1789 unternahm er als Klarinettist Konzertreisen durch Spanien, Frankreich und Italien; 1794 kehrte er nach N¨urnberg zur¨uck und wurde erster Fl¨otist. 1802 folgte B. einem Ruf als Herzoglicher Kammermusiker und Direktor der Blasinstrumente nach Gotha, wechselte 1811 an die Darmst¨adter Hofkapelle, wo er neben der Fl¨ote auch Fagott und Harfe spielte; er galt als Virtuose auf dem Bassetthorn. B. gab u. a. Trios und Quintette f¨ur Harfe mit anderen Instrumenten und Klarinettenkonzerte heraus; er schrieb Schulwerke f¨ur Harfe (Anleitung zum Harfenspiel, mit eingestreuten Bemerkungen u¨ ber den Bau der Harfe, 1801), Klarinette und Bassetthorn. C MGG
Backoffen, Hans (Johannes), auch Backoff, Backoffenn, Backoiffen, Backofen, eigentl. von Sulzbach, Bildhauer, * um 1470 Sulzbach (wahrscheinlich bei Aschaffenburg), † 21. 9. 1519 Mainz. B. absolvierte wahrscheinlich eine Lehre bei Tilmann → Riemenschneider in W¨urzburg, wurde 1500 B¨urger von Mainz, f¨uhrte dort eine eigene Werkstatt und war Mitglied der Goldschmiedezunft. Unter Uriel von → Gemmingen und → Albrecht von Brandenburg war er erzbisch¨oflicher Hofbildhauer, erhielt 1515 und 1517 von letzterem Privilegien und Belobigungen; er war Mitglied der Bruderschaft des St. Stephanstifts. B. arbeitete haupts¨achlich in Stein. Sein Fr¨uhwerk war noch von Riemenschneider beeinflußt, sp¨ater entwickelte er eine eigene Figurenbehandlung. B. gilt als einer der bedeutendsten mittelrheinischen Repr¨asentanten des sogenannten sp¨atgotischen Barock; von ihm stammen u. a. die drei Grabdenkm¨aler f¨ur Erzbisch¨ofe im Mainzer Dom St. Martin und St. Stephan (1505, 1509 / 10 und 1515 / 16). C AKL Bacmeister, Adolf (Lucas), Pseud. Theobald Lernoff, Germanist, Schriftsteller, * 9. 7. 1827 Eßlingen, † 25. 2. 1873 Stuttgart. Seit 1845 studierte B., Sohn eines Stiftungsverwalters, Theologie, sp¨ater Philologie in T¨ubingen. 1848 schloß er sich der „Deutsch-Demokratischen Union“ Georg → Herweghs an, wurde festgenommen und war auf dem Hohenasperg und in Bruchsal inhaftiert. Nach Jahren als Erzieher in Deidesheim und Krefeld wurde er 1853 zum philologischen Examen zugelassen und war dann Lehrer in niederen Schulen, 1857-64 Gymnasiallehrer in Reutlingen. 1864 kam B. in die Redaktion der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ und war seit 1871 Schriftleiter der Zeitschrift „Ausland“. Von 1872 an ¨ lebte er als freier Feuilletonist; er ver¨offentlichte u. a. Ubersetzungen aus dem Lateinischen und dem Mittelhochdeutschen sowie eine Arbeit u¨ ber Ortsnamen der keltisch-r¨omischen Zeit (1867). Seine in Zeitungen erschienenen Aufs¨atze gab er 1870 unter dem Titel Germanistische Kleinigkeiten heraus. C Leb Schwaben, Bd 3
Bacmeister, Adolf, Lungenarzt, * 15. 7. 1882 Geestem¨unde, † 7. 12. 1945 St. Blasien. Nach dem Studium an den Universit¨aten G¨ottingen und M¨unchen (Dr. med. 1906, Die Methoden der H¨amoglobinbestimmung zum klinischen Gebrauch) ging B. als Assistent
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Bacmeister nach Wien, Berlin, Bonn und Freiburg. 1909 habilitierte er sich in Freiburg f¨ur Innere Medizin, wurde 1914 leitender Arzt des Lungensanatoriums St. Blasien / Schwarzwald und im folgenden Jahr a. o. Prof. an der Univ. Freiburg. W¨ahrend des Ersten Weltkriegs war er Oberassistenzarzt der Marine auf Helgoland. B. erhielt 1933 eine ordentliche Honorarprofessur in Freiburg; er war im wissenschaftlichen Beirat des Landesverkehrsverbandes Baden t¨atig. B. ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch der Lungenkrankheiten (1917) sowie Ern¨ahrung und Di¨at bei Tuberkulose (1932).
Bacmeister, Ernst, Pseud. Felix Montanus, Schriftsteller, * 12. 11. 1874 Bielefeld, † 11. 3. 1971 Singen. Seit 1893 studierte B., Sohn eines Verlegers und Buchh¨andlers, in Leipzig Neuere Sprachen, Philosophie und Psychologie. 1896 wurde er mit der Arbeit Die Flexion des rum¨anischen Substantivums im Singular promoviert und unternahm eine Studienreise nach Siebenb¨urgen. Danach lebte er als Hauslehrer in Berlin, Z¨urich und M¨unchen; 1907 ließ er sich als freier Schriftsteller in Wangen / Allg¨au nieder. B.s Dramen n¨aherten sich dem psychologisierenden Schauspiel und wurden von den Nationalsozialisten als Vorl¨aufer der „Hohen Trag¨odie“ begr¨ußt. Er selbst sah den Nationalsozialismus als Erf¨ullung religi¨oser Hoffnungen. B. ver¨offentlichte u. a. vier Dramen unter dem Titel Innenm¨achte (1922); seine Autobiographie Wuchs und Werk erschien 1939. C Westf Autoren, Bd 3
Bacmeister, Georg (Heinrich Julius Friedrich Karl Justus), Beamter, Politiker, * 15. 2. 1807 Tullamore (Irland), † 3. 8. 1890 G¨ottingen. B. studierte 1824-27 Rechtswissenschaften in G¨ottingen und trat 1828 in den Hannoverschen Staatsdienst ein. Anfangs war er Anh¨anger der Staatsverfassungspartei, nach dem Staatsstreich 1837 Mitglied der welfischen Partei; unter K¨onig → Ernst August war er Finanzrat, dann Referent im Justizministerium, schließlich Hausjurist der welfischen Krone (1841-51). W¨ahrend der Regentschaft → Georgs V. wurde er Kultusminister (1851 / 52), Finanz- und Handelsminister (1852 / 53). 1856-58 war B. Amtmann in Lehe, bis 1865 Landdrost in Ostfriesland. In den letzten Monaten vor dem Zusammenbruch des K¨onigreichs Hannover wurde ihm das Amt des Innenministers u¨ bertragen (1865 / 66). B. vero¨ ffentlichte u. a. Sendschreiben u¨ ber den Nachwuchs in der h¨oheren Verwaltung (1887). C Allg Hann Biogr, Bd 2 ¨ luth. Theologe, * 18. 10. 1530 Bacmeister, Lukas d. A., L¨uneburg, † 9. 7. 1608 Rostock. Der Sohn eines Brauers studierte seit 1548 in Wittenberg, verließ die Stadt wegen der Pest und kam als Erzieher der Prinzen an den Hof → Christians III. von D¨anemark. Seit 1555 setzte er das Studium der Rechtswissenschaften und der Theologie in Wittenberg fort und wurde 1559 Hofprediger der d¨anischen K¨oniginwitwe in Kolding, 1562 Superintendent und Prof. der Theologie in Rostock. Auf seine Veranlassung hin wurde 1577 das Rostocker Gesangbuch, 1601 das Choralbuch herausgegeben. F¨ur die 1602 erschienene Mecklenburger Kirchenordnung leitete er die Schlußredaktion. B. ver¨offentlichte Vom christlichen Bann, kurtzer und gr¨undlicher Bericht aus Gottes Wort und aus Dr. M. Lutheri Schriften, durch Diener der Kirche Christi von Rostock zusammengetragen (1565). B.s Sohn war Lukas → B. d. J. C NDB
Bacmeister, Lukas d. J., luth. Theologe, Dichter, * 2. 11. 1570 Rostock, † 12. 10. 1638 Rostock. ¨ studierte in Rostock RechtsDer Sohn von Lukas → B. d. A. wissenschaften, dann auf Wunsch des Vaters Theologie. Nachdem er 1593 zum Magister promoviert worden war, ging er zum Studium nach Wittenberg. B. war als Hauslehrer in Flandern und Brabant t¨atig, bevor er 1600 Prof.
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der Theologie in Rostock wurde. 1604 erfolgte seine Ernennung zum Superintendenten von Rostock, 1612 auch von G¨ustrow. B. trat vor allem als Dichter von Kirchenliedern und Festges¨angen hervor, von denen einige in der Vertonung Johann → Sebastianis im K¨onigsberger Preußischen neuverbesserten vollst¨andigen Kirchen-, Schul- und Hausgesangsbuch (1675) ver¨offentlicht wurden. C BBKL
Bacmeister, Matth¨aus, Mediziner, * 28. 9. 1580 Rostock, † 7. 1. 1626 L¨uneburg. ¨ studierte Medizin an der Der Sohn von Lukas → B. d. A. Univ. Rostock, unternahm 1599 eine Reise durch Deutschland, ging 1603 nach Kopenhagen und mit dem Reichskanzler Christ. Friesen nach England. Zur¨uckgekehrt, setzte B. seine Studien an den Universit¨aten Leiden, Leipzig, Jena, Frankfurt und Greifswald fort und wurde 1606 in Rostock zum Dr. med. promoviert. Er praktizierte bis 1612 in Kiel, ging dann nach Rostock, wo er medizinische und mathematische Vorlesungen hielt und an Disputationen teilnahm. 1616 folgte er einem Ruf als Physikus nach L¨uneburg, wo er 1621 auch Leibmedicus wurde. B. ver¨offentlichte u. a. 28 seiner Disputationen unter dem Titel Medicinae practicae generalis [. . .] (1614). Bacmeister, Walter, Verleger, Publizist, * 30. 4. 1877 Eisenach, † 14. 12. 1953 Essen. B. erhielt eine journalistische Ausbildung in Zeitungsredaktionen in Erfurt und Bremerhaven und trat 1897 in die Schriftleitung des „Essener Generalanzeigers“ ein. 1899 u¨ bernahm er die neugegr¨undete Duisburger Redaktion der „Rheinisch-Westf¨alischen Zeitung“ und wurde im folgenden Jahr Generalsekret¨ar der „Vereinigten nationalen Parteien“ in Essen-Ruhr. 1904 erwarb B. die „Elberfelder Zeitung“, die er 1905 in „Bergisch-M¨arkische Zeitung“ umbenannte, 1908 u. a. um eine Druckerei und einen Verlag erweiterte. Er wurde Landtagsabgeordneter und nationalliberales Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses. 1933 gr¨undete B. einen Buchverlag in Berlin, den er 1935 nach Essen, sp¨ater nach Potsdam verlegte. Bei der Abschiebung nach Essen 1948 mußte er den Bestand seiner 1945 gegr¨undeten Buchhandlung in Potsdam zur¨ucklassen. C Leb Industrie 1
Bacquehem, Oliver Marquis de, o¨ sterr. Politiker, * 25. 8. 1847 Troppau, † 22. 4. 1917 Wien. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften trat B. in den o¨ sterr. Staatsdienst ein. Er wurde 1882 Landespr¨asident von o¨ sterr. Schlesien, 1887 Handelsminister in der Regierung seines Onkels Graf → Taaffe, 1893 Innenminister und 1895 Statthalter der Steiermark. 1900 erfolgte seine Ernennung zum Senatspr¨asidenten, 1908 zum Ersten Pr¨asidenten des Wiener Verwaltungsgerichtshofs. B. schuf die gesetzlichen Voraussetzungen f¨ur die Durchf¨uhrung der Wiener Verkehrsanlagen (Wiener Stadtbahn, Donaukanal- und Wienflußregulierung) Ende des 19. Jh. und f¨ur die o¨ sterr. Binnenund Adriaschiffahrt.
Baczko, Ludwig (Franz Adolf Josef) von, Historiker, Schriftsteller, * 8. 6. 1756 Lyck (Ostpreußen), † 27. 3. 1823 K¨onigsberg. B., Sohn eines o¨ sterreichisch-ungarischen Offiziers, der in preuß. Dienste getreten war, studierte seit 1772 in K¨onigsberg Rechtswissenschaften, Geschichte, Philologie und Medizin. Nach einer Pockenerkrankung erblindet (seit 1777), setzte er seine historischen Studien in K¨onigsberg fort, habilitierte sich und entfaltete eine fruchtbare schriftstellerische T¨atigkeit. B. wurde 1799 Geschichtslehrer an der ArtillerieAkademie, 1816 Leiter eines Blindeninstituts. Als sein wissenschaftliches Hauptwerk gilt die Geschichte Preußens (6 Bde., 1792-1800); neben einem vielf¨altigen belletristischen Werk schrieb B. Autobiographisches (u. a. Geschichte meines Lebens, 3 Bde., postum 1824). C Killy
Bader Bade, Peter, Orthop¨ade, * 3. 6. 1872 Gremsm¨uhlen, † 23. 5. 1956 Malente-Gremsm¨uhlen. B. studierte seit 1892 an den Universit¨aten T¨ubingen, ¨ M¨unchen und Berlin Medizin (Promotion 1896, Uber Gummiknoten in der Lunge Erwachsener) und war dann Schiffsarzt beim Norddeutschen Lloyd. W¨ahrend seiner Assistenzzeit bei dem Chirurgen Max → Schede in Bonn sammelte er erste Erfahrungen mit der R¨ontgentechnik. B. bildete sich in W¨urzburg praktisch zum Orthop¨aden aus und gr¨undete 1900 eine eigene Klinik in Hannover. Im folgenden Jahr wurde ihm zus¨atzlich die fach¨arztliche Betreuung des Annastifts, eines Heims f¨ur k¨orperlich behinderte Kinder, u¨ bertragen. Im Ersten Weltkrieg hatte er 19 Lazarette fach¨arztlich zu versorgen; 1921 wurde er preuß. „Landeskr¨uppelarzt“. B., 1901 Gr¨undungsmitglied der Deutschen Orthop¨adischen Gesellschaft, verfaßte u. a. Angeborene H¨uftgelenksverrenkung (1907); 1946 ver¨offentlichte er seine Erinnerungen eines alten Orthop¨aden. C Leb Nieders, Bd 5 Badehorn, Leonhard, Jurist, * 6. 11. 1510 Meißen, † 1. 7. 1587 Leipzig. Bereits mit elf Jahren immatrikulierte sich B. an der Juristischen Fakult¨at der Univ. Leipzig. Er war zwei Jahre Schulleiter im s¨achsischen Annaberg, 1537 / 38 Rektor der Univ. Leipzig, 1538 Dekan der Artistenfakult¨at, 1538 / 39 Vizekanzler und seit 1538 zus¨atzlich Kollegiat des kleinen F¨urstenkollegs. Seit 1539 hielt er sich zu juristischen Studien in Italien auf und wurde 1544 in Padua promoviert. Wieder in Leipzig, u¨ bertrug man ihm 1545 / 46 erneut das Rektorat. B. wurde Beisitzer des Sch¨offenstuhls und des Oberhofgerichts, 1552 Senior der Juristischen Fakult¨at, Ratsassessor; in den Jahren 1562-71 war er viermal regierender B¨urgermeister. Er vertrat den Kurf¨ursten u. a. 1552 beim Trienter Konzil, war 1572 an der Abfassung der „Constitutionen“ und 1574 an der Reorganisation des Sch¨offenstuhls beteiligt. C NDB Baden, Torkel, Klassischer Philologe, Kunsthistoriker, * 27. 7. 1765 Friedrichsburg (D¨anemark), † 9. 2. 1849. B. war 1793 Prof. der Philologie in Kopenhagen, im folgenden Jahr wechselte er in gleicher Position an die Univ. Kiel, wo er 1795 auch zweiter Kustos der Universit¨atsbibliothek wurde. 1797 auf eigenen Wunsch entlassen, war er anschließend Gutsverwalter; 1804 wurde er Sekret¨ar der Kunstakademie Kopenhagen und Sekret¨ar der dortigen Gesellschaft der sch¨onen Wissenschaften. B. war korrespondierendes Mitglied der Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften in G¨ottingen und besch¨aftigte sich vor allem mit Altphilologie, zuletzt mit einer Ausgabe der Trag¨odien des Seneca, deren Handschriften er in Wien und Italien verglichen hatte. B. publizierte u. a. Von der Unbrauchbarkeit der nordischen Mythologie f¨ur die bildenden K¨unste (1822). Badenfeld, Eduard (Karl Franz Heinrich Eusebius Johann Sarkander) Frh. von, eigentl. Czeike von B., Pseud. Eduard Silesius, Schriftsteller, Popularphilosoph, * 14. 8. 1800 Troppau, † 6. 12. 1860 Schloß Hoditz. B., Sohn eines Großgrundbesitzers, studierte in Wien Rechtswissenschaften, trat 1826 in den Staatsdienst ein, wurde Kreiskommiss¨ar, 1840 Hofkonzipist und lebte sp¨ater im Ruhestand in Dresden. Er ver¨offentlichte – seit 1826 auch unter Pseudonym – literarische Beitr¨age in Wiener Zeitschriften und Almanachen, Novellen, Dramen, M¨archen, Reisebilder (u. a. Spaziergang durch die Alpen vom Traunstein zum Montblanc, 1844). Zu den popularphilosophischen Schriften von B., der ein entschiedener Gegner der Schule → Hegels war und als Vertreter einer sp¨aten nachkantischen Moralpsychologie angesehen werden kann, z¨ahlen u. a. Ein neues Buch von den g¨ottlichen Dingen oder die Philosophie eines
Weltmanns (1845), Anfangsgr¨unde der Psychologie f¨ur die nicht studirende Jugend und f¨ur a¨ ltere Freunde einer popul¨aren Lebensweisheit (1848) und Der moderne Materialismus in seiner Nichtigkeit und Erb¨armlichkeit; oder Karl Vogt, der Physiologe der Frankfurter Nationalversammlung, ein f¨ur allemal aus dem Tempel hinausgeworfen von Eduard Silesius (1849).
Badenhausen, Rolf, Dramaturg, Theaterwissenschaftler, * 26. 2. 1907 Emden, † 8. 4. 1987 M¨unchen. B. studierte an den Universit¨aten Berlin und M¨unchen (Promotion 1930) und kam 1931 als Assistent an das Theatermuseum in M¨unchen. 1935 / 36 war er Dramaturg an den M¨unchener Kammerspielen, 1936-45 Museumsleiter und Dramaturg am Preußischen Staatstheater. 1946 / 47 lehrte er an der Univ. M¨unchen. 1947-51 war er Chefdramaturg und stellvertretender Generalintendant der St¨adtischen B¨uhnen D¨usseldorf sowie Direktor am D¨usseldorfer Schauspielhaus. 1960-72 lehrte er als o. Prof. f¨ur Theaterwissenschaften an der Univ. K¨oln. B. war u. a. Mitherausgeber von Gustaf Gr¨undgens. Briefe, Aufs¨atze, Reden (1967).
Badeni, Kasimir Felix Graf von, o¨ sterr. Staatsmann, * 14. 10. 1846 Suroch´ow (Galizien), † 9. 7. 1909 Krasne (Galizien). Nach dem Studium in Krakau trat B. 1866 in die galizische Abteilung des o¨ sterr. Innenministeriums ein. 1888 wurde er Statthalter von Galizien, 1895 o¨ sterr. Ministerpr¨asident und Innenminister. In dieser Funktion f¨uhrte er 1896 eine Wahlrechtsreform durch, die den nichtdeutschsprachigen Bev¨olkerungsteilen und den Sozialdemokraten zugute kam. B. setzte eine Steuerreform durch und schloß erfolgreich die Ausgleichsverhandlungen mit Ungarn ab, scheiterte jedoch am Nationalit¨atenproblem: Seine Sprachverordnungen f¨ur B¨ohmen und M¨ahren 1897 f¨uhrten mit ihrem Zwang zur Doppelsprachigkeit in den Beh¨orden zu massiven Protesten des deutschsprachigen Bev¨olkerungsteils. In der sogenannten „Badeni-Krise“ erkl¨arte der Wiener B¨urgermeister Karl → Lueger, nicht mehr f¨ur die Sicherheit garantieren zu k¨onnen, so daß der Kaiser einen Demissionierungsantrag B.s annahm. Bader, August(in), T¨aufer, † 30. 3. 1530 Stuttgart. B. war K¨urschner in Augsburg, wo er sich den T¨aufern anschloß und 1526 mit seiner Frau taufen ließ. Er wurde 1527 verhaftet und, nachdem er widerrufen hatte, wieder auf freien Fuß gesetzt. Ende 1528 trennte sich B. von der Augsburger Gemeinde und wurde das Haupt einer kleinen chiliastischen Sekte. Er erkl¨arte seinen Sohn zum Messias und K¨onig eines Tausendj¨ahrigen Reichs, sich selbst zu dessen Stellvertreter. Mit Prachtgew¨andern und Insignien ausgestattet, ließ er sich 1529 mit seinen vier Anh¨angern in Blaubeuren nieder. Die w¨urttembergische Regierung f¨uhrte gegen ihn einen politischen Prozeß wegen vermeintlich revolution¨arer Bet¨atigung und ließ ihn schließlich enthaupten. B.s Frau entließ man aufgrund ihres Widerrufs und auf F¨ursprache u. a. Martin → Bucers und Wolfgang → Capitos in die Freiheit. C RGG Bader, Isaak, auch Baader, Pader, Baumeister, Stukkateur, † 5. 4. 1635 M¨unchen. B. stammte aus einer in Wessobrunn ans¨assigen Familie von Bauhandwerkern. Er ist seit 1610 als Meister in M¨unchen nachgewiesen. Seit 1615 wirkte er an Stukkaturen in der M¨unchner Residenz mit; 1616 wurde er am Hof angestellt. 1617-35 war er Hofmaurer und Hofbrunnenmeister. Daneben war B. ein gesuchter Gutachter, u. a. in W¨urzburg (1627), Polling (1628) und Beuerberg. Von ihm stammen eine Wallfahrtskirche bei Vilshofen (1628-31) und Entw¨urfe f¨ur die Burghausener Jesuitenkirche (1629). 1630-36 war B.
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Bader als Bauleiter f¨ur den Chor von St. Peter (M¨unchen) t¨atig. Um 1634 ist seine Mitarbeit an der Klosterkirche Vornbach / Inn bekannt. C AKL
Bader, Johannes, luth. Theologe, Reformator, * um 1470 Zweibr¨ucken, † 10. / 15. 8. 1545 Landau (Pfalz). 1509 wurde B. Prinzenerzieher, 1514 Kaplan in Zweibr¨ucken, 1518 Pfarrer in Landau, wo er seit 1522 offen Kritik an der r¨omischen Kirche u¨ bte. Beim Bischof deswegen verklagt, wurde er 1523 / 24 mehrmals vor das geistliche Gericht in Speyer geladen und schließlich exkommuniziert. Der Rat der Stadt Landau sch¨utzte ihn vor dem Zugriff des Bischofs, so daß er weiter in reformatorischem Sinne t¨atig sein konnte. B. schrieb 1526 einen der ersten evang. Katechismen (Eyn Gespr¨ach B¨uchlein vom Anfangk des christlichen Lebens mit dem jungen Volk zu Landaw), warnte vor den T¨aufern und stand in der Abendmahlslehre Martin → Bucer nahe; 1536 trat er der Wittenberger Konkordie bei. In seinen letzten Lebensjahren war er mit Kaspar von → Schwenckfeld befreundet. C RGG Bader, Josef, Historiker, Archivar, * 20. 12. 1805 Thiengen / Klettgau, † 7. 2. 1883 Freiburg / Breisgau. B. studierte Theologie, sp¨ater Rechtswissenschaften in Freiburg, bevor er wegen burschenschaftlicher Bet¨atigung relegiert wurde. Er widmete sich lokal- und regionalhistorischen Arbeiten (Badische Landesgeschichte, 1834-36) und trat in den Archivdienst ein. 1838 wurde er an der Univ. Freiburg promoviert. B. machte sich u. a. durch die Publikation der Archive des Klosters Salem verdient. 1839-44 und in neuer Folge 1859-64 gab er die von ihm gegr¨undete historische Zeitschrift „Badenia“ heraus. C ADB
Bader, Karl, Pseud. Balderich Frank, Publizist, Ingenieur, * 9. 12. 1796 Freiburg, † 19. 6. 1874 Freiburg. B. schloß in Freiburg das Medizinstudium mit der Promotion ab und studierte Ingenieurwissenschaften in G¨ottingen und Paris. 1832 wurde er Prof. der Wasser- und Straßenbaukunde am Karlsruher Polytechnikum, 1836 Mitglied des Komitees f¨ur Eisenbahnen und 1840 f¨ur f¨unf Jahre Direktor des Po¨ lytechnikums. Nach der Enthebung von seinen Amtern 1850 lebte B. als Publizist in Freiburg; er war Hauptmitarbeiter der „Historisch-politischen Bl¨atter“ und schrieb technische Arbeiten f¨ur die „Deutsche Viertel-Jahrsschrift“. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren u. a. Die katholische Kirche im Groß-Herzogtum Baden (1860) und Die Pflichten der Katholiken Deutschlands in ihrer Stellung zur deutschen Frage und zu der o¨ sterreichischen Verfassung (1862). C NDB Bader, Karl Adam, S¨anger, * 10. 1. 1789 Bamberg, † 14. 4. 1870 Berlin. B. wurde 1807 Nachfolger seines Vaters als Domorganist in Bamberg und ging 1811 auf Anraten des Bamberger Kapellmeisters E. T. A. → Hoffmann und des Theaterdirektors Franz von → Holbein zur B¨uhne. Mit wachsendem Erfolg sang er erst am Bamberger Theater, dann in M¨unchen (1812-16), Bremen, Hamburg (1816-20) und Braunschweig; 1820 wurde er als erster Tenor der Kgl. Oper in Berlin engagiert, deren gefeierter Star er bis 1840 war. Seit 1845 trat B. nicht mehr auf; er f¨uhrte noch bis 1849 Regie an der Oper und war dann Musikdirektor an der kath. Hedwigkirche in Berlin. Ber¨uhmt wurde B. u. a. als Heldentenor in den Opern des damaligen preuß. Generalmusikdirektors Gaspare → Spontini. C Kutsch Bader, Karl Siegfried, Jurist, Rechtshistoriker, * 27. 8. 1905 Waldau / Schwarzwald, † 13. 9. 1998 Z¨urich. B. studierte in T¨ubingen, Wien, Heidelberg und Freiburg / Breisgau Rechtswissenschaften und wurde 1928 promoviert. Seit 1930 war er als Gerichtsassessor, seit 1933 als Rechtsanwalt t¨atig. 1942 habilitierte er sich f¨ur Strafrecht und
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Rechtsgeschichte an der Univ. Freiburg. 1945 zum Oberstaatsanwalt ernannt, wurde er 1946 Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht Freiburg. Seit 1945 a. o. Prof. in Freiburg, folgte er 1951 einem Ruf auf den Lehrstuhl f¨ur Rechtsgeschichte und Kirchenrecht der Univ. Mainz und ging 1953 als o. Prof. der schweizer. und deutschen Rechtsgeschichte an die Univ. Z¨urich. B. war seit 1947 Mitherausgeber der „Juristenzeitung“, seit 1952 auch der „SavignyZeitschrift f¨ur Rechtsgeschichte“. Er ver¨offentlichte u. a. Das badisch-f¨urstenbergische Kondominat im Prechtal (1934), Das Freiamt im Breisgau und der freien Bauern am Oberrhein (1936), Die Zimmersche Chronik als Quelle rechtlicher Volkskunde (1942), Soziologie der deutschen Nachkriegskriminalit¨at (1949), Der deutsche S¨udwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung (1950) und Studien zur Rechtsgeschichte des mittelalterlichen Dorfes (3 Tle., 1957-73). ¨ Akad, Jg. 149 C Almanach Ost
Bader, Richard-Ernst, Mikrobiologe, * 20. 6. 1912 Pforzheim, † 19. 2. 1996 T¨ubingen. Nach dem Studium der Medizin 1932-37 in Heidelberg, Barcelona und Hamburg wurde B. 1939 in Heidelberg promoviert (Nachweis von Dick-Toxin-¨ahnlichem Gift in Filtraten verschiedener Bakterienkulturen). 1944 habilitierte er sich f¨ur Hygiene und Bakteriologie (Die Epidemiologie des Paratyphus C) und wurde 1949 zum apl. Prof., 1953 zum o. Prof. und zum Direktor des Hygiene-Instituts in T¨ubingen ernannt. 1973 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. B. widmete sich vor allem der Bakteriologie, Parasitologie, Immunbiologie, Serologie, Epidemiologie und Hygiene. In sp¨ateren Jahren wandte er sich der Magie der Volksmedizin zu. B. ver¨offentlichte u. a. Hepatitis epidemica (Epidemische Gelbsucht) in Deutschland (1937-1938) (mit Felix von Bormann, Herbert Deines und Karl Unholtz, 1943), Lehrbuch der Hygiene (mit Ernst → Rodenwaldt, 1951), Welt-Seuchen-Atlas (mit Rodenwaldt u. a., 3 Bde., 1951-61), Die Epidemiologie des Paratyphus (1953), Belebte Umweltfaktoren (Handbuch der allgemeinen Pathologie, Bd. 11, 1965) und Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der Universit¨at T¨ubingen 1871-1978 (1978).
Bader, Wilhelm (Johann), Maler, * 24. 7. 1855 Darmstadt, † 20. 1. 1920 Darmstadt. B. studierte seit 1873 an der Kunstakademie Berlin, seit 1874 in M¨unchen, u. a. bei Ludwig von → L¨offtz und Wilhelm von → Diez, und unternahm Studienreisen mit Max → Koner nach Tirol, nach Krain und Venedig. 1883 an der Ausmalung von Schloß Neuschwanstein beteiligt, kehrte er 1898 nach Darmstadt zur¨uck und wurde 1910 zum Prof. ernannt. B.s Werk, von Arnold → B¨ocklin und Anselm → Feuerbach beeinflußt, umfaßt Bildnisse, Figurenkompositionen und vor ¨ und Aquarelle mit hessischen Moallem Landschaften in Ol tiven. C AKL
Badewitz, Friedrich Gustav, Schauspieler, Theaterdirektor, * 1. 3. 1769 Weißenfels, † 1847 Wesselheim. B. war Mitglied der Daberschen Schauspielgesellschaft, bis er um die Jahrhundertwende selbst Direktor einer wandernden Theatertruppe wurde, mit der er sich 1804 / 05 in Wetzlar, Offenbach, K¨oln und Wiesbaden aufhielt. Er schrieb das Schauspiel Der gl¨uckliche Morgen (1795). Badia, Karl Augustin, auch Carlo Agostino Bad`ıa, Komponist, * 1672 Venedig, † 23. 9. 1738 Wien. B. wurde 1696 kaiserlicher Hofkompositeur in Wien. Er schrieb 27 Opern (u. a. Narciso, 1699), Serenaden, Oratorien und Solo-Kantaten (Cantate a` voce sola e Cembalo). C MGG
B¨achtold-St¨aubli Badius, Johannes, eigentl. Schumacher, reformierter Theologe, * 1548 / 49 R¨odingen bei J¨ulich, † 24. 1. 1597 Aachen. Nach der Ausbildung in D¨usseldorf, K¨oln und Heidelberg wurde B., Sohn eines Schuhmachers, 1573 ordiniert und Pfarrer an St. Peter in Heidelberg, 1575 Lehrer an der Hohen Schule in Selz. Seit 1578 war er Prediger bei der heimlichen deutschen reformierten Gemeinde in K¨oln und f¨uhrend bei der J¨ulicher Synode t¨atig. B. organisierte das Kirchenwesen im Bergischen Land und leitete 1589 die erste Synode von Neviges. 1590 wurde er w¨ahrend des Gottesdienstes verhaftet und schließlich der Stadt verwiesen; er fand ein neues Arbeitsgebiet in Aachen. Zu B.s Werken z¨ahlt u. a. Fastund Bettag (postum 1608). C NDB
Badt, Hermann, Beamter, Politiker, * 13. 7. 1887 Breslau, † September 1946 Jerusalem. B., Sohn eines Gymnasialprofessors, studierte 1905-08 Rechtswissenschaften in Breslau und M¨unchen (Promotion 1908). 1915-18 als Feldkriegsgerichtsrat eingesetzt, wurde er 1919 erster Regierungsassessor j¨udischen Glaubens im preuß. Verwaltungsdienst; seit 1920 war B. Regierungsrat im Außenministerium. 1922-26 Mitglied der SPD-Fraktion im Preußischen Landtag, war er 1927-32 Ministerialdirektor im Reichsministerium des Innern und Leiter der Rechtsund Verfassungsabteilung. 1926 zum hauptamtlichen Bevollm¨achtigten des Landes Preußen beim Reichsrat bestellt, vertrat er 1932 die preuß. Regierung nach dem Staatsstreich → Papens vor dem Staatsgerichtshof. B. war f¨uhrend in der deutschen zionistischen Bewegung t¨atig. 1933 aus dem Staatsdienst entlassen, wanderte er nach Pal¨astina aus. C BHdE, Bd 1 Badt, Kurt, Kunsthistoriker, * 3. 3. 1890 Berlin, ¨ † 22. 11. 1973 Uberlingen / Bodensee. B. studierte Kunstgeschichte und Philosophie an den Universit¨aten Berlin, M¨unchen und Freiburg (Dr. phil. 1914), wo er bei Wilhelm → V¨oge studierte. Aus einer j¨udischen Familie stammend, mußte er 1939 emigrieren und war dann bis zu seiner R¨uckkehr nach Deutschland 1952 am Warburg ¨ Institut in London t¨atig. Danach lebte B. in Uberlingen und hatte 1968-70 eine Honorar-Professur an der Univ. Konstanz inne. B. ver¨offentlichte methodologische Abhandlungen zur Kunstgeschichte (u. a. Eine Wissenschaftslehre der Kunstgeschichte, 1971), monographische Werke (u. a. Die Kunst C´ezannes, 1956) und kunsttheoretische Schriften. C BHdE, Bd 2 Badt-Strauß, Bertha, geb. Badt, Pseud. Bath Hillel, Bert Bast, Schriftstellerin, * 7. 12. 1885 Breslau, † 20. 2. 1970 Chapel Hill (North Carolina, USA). B.-S. studierte 1904-08 englische und deutsche Philologie an den Universit¨aten London, M¨unchen, Berlin und Breslau (Dr. phil. 1908, Annette von Droste-H¨ulshoff, ihre dichterische Entwicklung und ihr Verh¨altnis zur englischen Literatur). Seit 1912 hielt sie Vorlesungen an verschiedenen ¨ deutschen Universit¨aten und war als Ubersetzerin, Schriftstellerin und Journalistin (u. a. f¨ur die „Vossische Zeitung“ und das „Berliner Tageblatt“) t¨atig; sie engagierte sich in intellektuellen Zirkeln Berlins. B.-S. war Mitglied der Berliner Zionistischen Vereinigung, floh 1939 mit ihrer Familie nach Großbritannien und wanderte dann nach den USA aus. Sie ließ sich in Shreveport (Louisiana) nieder und schrieb f¨ur die deutsch-j¨udische Presse (u. a. „Aufbau“). C Spalek 3,3 Badurad, Bischof von Paderborn, † 17. 9. 862. Aus einer s¨achsischen Adelsfamilie stammend, geh¨orte B. bereits dem Klerus der Paderborner Kirche an, als er 815 zu ihrem zweiten Bischof ernannt wurde. B. war Bauherr des Paderborner Doms und einer Reihe von Pfarrkirchen
in seinem Bistum; er f¨orderte die Klostergr¨undungen Corvey, Herford und B¨oddeken. Am Paderborner Dom, in den er 836 die Reliquien des Bischofs Liborius von Le Mans u¨ berf¨uhren ließ, gr¨undete er das Domkloster und eine schon bald bedeutende Domschule. Als Berater und Freund Kaiser → Ludwigs des Frommen wurde er dessen Missus in Sachsen und hatte an wichtigen Reichsangelegenheiten Anteil. B. wurde seliggesprochen. C LThK
B¨achtold, Albert, schweizer. Schriftsteller, * 3. 1. 1891 Wilchingen (Kt. Schaffhausen), † 27. 10. 1981 Gr¨uningen (Kt. Z¨urich). B., Sohn eines Lehrers, war Dorfschullehrer und ging nach kurzer T¨atigkeit im Schuldienst 1913 nach Rußland, wo er Hauslehrer auf einem Gut bei Kiew wurde. Zeitweilig als Organist und Kaufmann in Moskau besch¨aftigt, zwang ihn die Revolution 1918 zur Heimkehr; er bereiste 1919 / 20 die USA und hielt Vortr¨age zugunsten der verarmten Rußlandschweizer. B. war – nach Z¨urich zur¨uckgekehrt – Vertreter f¨ur tragbare Filmprojektoren, verlor aber mit dem Aufkommen des Tonfilms sein Einkommen; der B¨orsenkrach 1929 brachte ihn um den Großteil seines Verm¨ogens. Nach erfolglosen Versuchen als Journalist und hochdeutscher Erz¨ahler, begann er 1937 auf Anregung Rudolf Jakob → Humms im Klettgauer Dialekt zu schreiben (erstmals De Tischtelfink, 1939). Seit 1940 erschien eine Serie von Mundartromanen, die B.s abenteuerlichen Lebensweg erz¨ahlerisch verarbeiten. C Killy
B¨achtold, Hermann, schweizer. Historiker, * 3. 2. 1882 Ramsen, † 4. 6. 1934 Basel. B. war 1901-04 als Primarlehrer t¨atig, bevor er an den Universit¨aten Neuchˆatel, Freiburg / Breisgau, Basel und Berlin studierte (1904-09). 1912 habilitierte er sich und wurde im gleichen Jahr Verwalter des Schweizer Wirtschaftsarchivs in Basel. 1915 folgte B. einem Ruf als a. o. Prof der mittleren und neueren Geschichte an die Univ. Basel; seit 1920 war er Ordinarius. Er besch¨aftigte sich speziell mit der Frage nach der Kriegsschuld (Die geschichtlichen Grundlagen des Weltkrieges, 1915), und mit dem Werk des Historikers Jacob → Burckhardt. Als Mitbegr¨under der Evangelischen Partei 1920 war B. vor allem um die Schaffung staatsfreier christlicher Schulen bem¨uht. Baechtold, Jakob, auch Jacob Bæchtold, B¨achtold, Baechthold, schweizer. Germanist, * 27. 1. 1848 Schleitheim bei Schaffhausen, † 8. 8. 1897 Z¨urich. Nach dem Studium an den Universit¨aten Heidelberg, M¨unchen und T¨ubingen war B., Sohn eines Arztes, Kriegsberichterstatter der „Neuen Z¨urcher Zeitung“ im DeutschFranz¨osischen Krieg 1870 / 71. Nach Studienaufenthalten in Paris und London wurde er 1878 Lehrer f¨ur Deutsch und Geschichte an der H¨oheren T¨ochterschule in Z¨urich; 1879-84 war er daneben Feuilletonredakteur der „Neuen Z¨urcher Zeitung“. B. habilitierte sich 1880 in Z¨urich, wurde 1887 a. o., 1888 o. Prof. der deutschen Literaturgeschichte. Als seine Hauptwerke gelten eine Geschichte der deutschen Literatur in der Schweiz (1892, Neuausg. 1919) und Gottfried Kellers Leben. Seine Briefe und Tageb¨ucher (3 Bde., 1894-97). C IGL
B¨achtold-St¨aubli, Hanns, schweizer. Volkskundler, * 27. 3. 1886 Schleitheim (Kt. Schaffhausen), † 10. 10. 1941 Basel. B.-S., Sohn eines M¨ullers und Weinh¨andlers, studierte Germanistik und Romanistik an den Universit¨aten Neuchˆatel und Basel (Promotion 1913, Die Verlobung im Volks- und Rechtsbrauch), war 1908-17 Lehrer an einer Basler Handelsschule, leitete 1917-21 die karitative Einrichtung Pro Juventute, war seit 1919 Sekret¨ar des Verbands der Arbeiter und
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Baeck Arbeitgeber der Basler Bandfabriken und bis 1937 des Sekretariats f¨ur Arbeiterfragen in Basel. B.-S. widmete sich der Brauchtumsforschung. Zusammen mit Eduard → HoffmannKrayer betreute er als Herausgeber das Handw¨orterbuch des deutschen Aberglaubens (10 Bde., 1927-42). C IGL
Baeck, Leo, auch B¨ack, Rabbiner, Religionswissenschaftler, * 23. 5. 1873 Lissa, † 2. 11. 1956 London. B., von Vater (Samuel B.) wie Mutter (Eva Placzek) her m¨ahrischen Rabbinerfamilien entstammend, wuchs in Lissa (heute Lszno, Polen) auf. Fr¨uh in Judaicis unterrichtet, erhielt er – wie der ihm lebenslang verbundene Jugendfreund Eugen → T¨aubler – am Gymnasium der Stadt eine gr¨undliche humanistische Ausbildung liberaler Pr¨agung. Der Wunsch, Rabbiner zu werden, f¨uhrte ihn 1891 nach Breslau an das konservative, „j¨udisch-theologische Seminar“, wo er noch Heinrich → Graetz h¨orte und durch dessen Nachfolger Marcus → Brann sowie den Talmudisten Israel Levy besonders gef¨ordert wurde. Daneben belegte er an der Univ. als Studienfach Philosophie. 1894 wechselte er nach Berlin, zum Rabbinatsstudium an die liberale „Lehranstalt f¨ur die Wissenschaft des Judentums“ unter Heymann → Steinthal, Martin Schreiner, Siegmund Maybaum und Eduard Baneth, zum Studium der Geschichte und Religionsphilosophie namentlich unter Wilhelm → Dilthey an die Universit¨at. 1895 wurde er mit einer Dissertation u¨ ber Spinozas erste Einwirkungen auf Deutschland zum Dr. phil. promoviert; 1897 erhielt er das Rabbinatsdiplom. Sein Weg als Rabbiner f¨uhrte ihn noch im selben Jahr ins schlesische Oppeln, wo er Nathalie Hamburger, die Enkelin seines Vorg¨angers Adolf Wiener, heiratete. 1907 wurde er nach D¨usseldorf berufen, 1913 nach Berlin. Dort wirkte er – unterbrochen durch den Ersten Weltkrieg, in dem er als Feldrabbiner an der West- und Ostfront t¨atig war – gleichzeitig als Dozent f¨ur „Homiletik und Midraschkunde“ an der „Lehranstalt“ und wurde, anerkannt in liberalen, zionistischen und orthodoxen Kreisen, zu einer der f¨uhrenden Gestalten des deutschen Judentums. Nach 1918 wuchsen ihm innerhalb und außerhalb der j¨udischen Gemeinde zahlreiche Aufgabenbereiche zu: Sachverst¨andiger f¨ur j¨udische Angelegenheiten im preuß. Kultusministerium, Vorsitzender des „Allgemeinen Deutschen Rabbinerverbands“ (1922), Großpr¨asident der „Bnei-BrithLoge“ in Deutschland (1924), Mitglied im Exekutivausschuß des „Centralvereins deutscher Staatsb¨urger j¨udischen Glaubens“ (1927) sowie im Verband des Pal¨astina-Grundfonds „Keren Hajessod“ (1920) und der „Jewish Agency“ (1929), Vorsitzender der „Zentralwohlfahrtstelle der deutschen Juden“, Mitglied des Vorstands der „Deutschen Liga f¨ur freie Wohlfahrtspflege“. Als 1933 nach der Machtergreifung der NSDAP sich die j¨udischen Verb¨ande und Gemeinden in der „Reichsvertretung der deutschen Juden“ zusammenschlossen, wurde B. einstimmig zum Pr¨asidenten gew¨ahlt. Als solcher bem¨uhte er sich, den staatlichen Maßnahmen zur Entrechtung und Ausbeutung der j¨udischen Bev¨olkerung in Deutschland zu begegnen und den Zusammenhalt der deutschen Judenheit zu f¨ordern. Trotz vorhandener Angebote nutzte er die M¨oglichkeiten zur Emigration nicht, sondern verharrte bei seiner Gemeinde. Anfang 1943 wurde er in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Obgleich inzwischen siebzigj¨ahrig, beteiligte er sich selbst dort an der inneren Widerstandsarbeit durch Predigten und Vortr¨age. Anders als vier seiner Schwestern u¨ berlebte er. Nach der Befreiung des Lagers durch die Rote Armee im Mai 1945 ließ er sich in Lon-
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don nieder. Auch hier u¨ bernahm er neue Aufgaben: Pr¨asident im „Council of Jews from Germany“ (seit 1945) und in der „World Union for Progressive Judaism“ (seit 1946), Begr¨undung des sp¨ater nach ihm benannten Instituts zur Erforschung der Geschichte des Judentums in Deutschland seit der Aufkl¨arung. Dar¨uber hinaus entfaltete er eine umf¨angliche Vorlesungst¨atigkeit in Großbritannien und den USA (seit Herbst 1948 regelm¨aßig im Winter am Hebrew Union College, Cincinnati), ferner in Israel sowie auch in Deutschland, wo er bereits 1948 die ersten Versuche eines neuen Gespr¨achs zwischen Christen und Juden begleitete. Mit ihm starb der letzte große Repr¨asentant des deutschen liberalen Judentums. B. hinterließ ein profiliertes literarisches Werk. Im Mittelpunkt stehen Judentum und j¨udisches Volk und die Gestaltwerdung seines Glaubens sowie sein Gegensatz und seine Beziehung zum Christentum. Die ersten Ver¨offentlichungen, mit denen er bekannt wurde, entstanden in Oppeln: 1901 eine kritische Rezension von Adolf von → Harnacks Vorlesungen u¨ ber das Wesen des Christentums und 1905 das als Gegenschrift konzipierte Buch u¨ ber Das Wesen des Judentums, in dem neben Diltheys Einfluß die Pr¨agung durch Hermann → Cohen erkennbar ist. 1922 wurde dieses Werk in einer v¨ollig umgearbeiteten und erweiterten, nun st¨arker apologetisch als polemisch ausgerichteten Fassung vorgelegt, 1926 in nochmals verbesserter Form. Bereits hier und noch st¨arker in einer Reihe danach verfaßter Aufs¨atze (1933 unter dem Titel Wege ins Judentum gesammelt) ist die Begegnung mit Martin → Buber sp¨urbar. Aus der Zeit der Verfolgung ragt insbesondere ein 1938 gedrucktes B¨uchlein u¨ ber Das Evangelium als Urkunde der j¨udischen Glaubensgeschichte heraus, in dem B. die Gestalt und Botschaft Jesu gegen damals unter Christen verbreitete Arisierungstendenzen als „St¨uck j¨udischer Geschichte“ und „Zeugnis j¨udischen Glaubens“ hervortreten ließ. Zu dem „in dunkler Zeit“ geschriebenen Buch Dieses Volk. J¨udische Existenz (1955 ver¨offentlicht) konnte er kurz vor seinem Tod einen zweiten Band vollenden (1957 postum herausgegeben) und damit nochmals zum Kernthema seines Lebens zur¨uckzukommen. WEITERE WERKE: Von Moses Mendelssohn zu Franz Rosenzweig. Typen j¨udischen Selbstverst¨andnisses in den letzten zwei Jahrhunderten. Franz Delitzsch Vorlesungen 1955. Stuttgart 1958. – Paulus, die Pharis¨aer und das Neue Testament. Frankfurt 1961. – Epochen der j¨udischen Geschichte. Stuttgart 1974. LITERATUR: Theodore Wiener: The Writings of L. B. A Bibliography. In: Studies in Bibliography and Booklore 1,3. Cincinatti 1954. – Eva G. Reichmann (Hrsg.): Worte des Gedenkens f¨ur L. B. Heidelberg 1959. – Reinhold Mayer: Christentum und Judentum in der Schau L. B.s. Stuttgart 1961. – Albert H. Friedl¨ander: L. B. Teacher of Theresienstadt. New York 1968 (dt.: L. B. Leben und Lehre. Stuttgart 1973. M¨unchen 21990). – Reinhold Mayer: L. B. In: TRE, Bd. 5, 1980, S. 112-115. – Leonard Baker: Days of Sorrow and Pain. New York 1978 (dt.: Hirt der Verfolgten. L. B. im Dritten Reich. Stuttgart 1982). – Werner Licharz (Hrsg.): Lehrer und Helfer in schwerer Zeit. Frankfurt 1983. – Walter Homolka: J¨udische Identit¨at in der modernen Welt – L. B. und der deutsche Protestantismus. G¨utersloh 1994. Berndt Schaller
B¨acker, Heimrad, o¨ sterr. Schriftsteller, * 9. 5. 1925 Kalksburg (heute zu Wien), † 8. 5. 2003 Graz. Nach dem Besuch der Arbeitermittelschule in Graz studierte B. Philosophie, Soziologie, V¨olkerkunde und Germanistik in Wien und wurde 1953 mit der Arbeit Die Frage nach Gemeinschaft bei Karl Jaspers promoviert. Nach dem Studium, w¨ahrend dessen er erste Gedichte in Literaturzeitschriften ver¨offentlicht hatte, ging er nach Linz, wo er als Referent f¨ur Geisteswissenschaften an der Volkshochschule
Baedeker t¨atig war. B., der die literarische Avantgarde und experimentelle Literatur f¨orderte, gab seit 1968 die Literaturzeitschrift „neue texte“ heraus und gr¨undete 1976 den Verlag „edition neue texte“, den er 1992 an den Droschl Verlag in Graz u¨ bergab. Er geh¨orte zu den Begr¨undern der Grazer Autorenversammlung, deren Pr¨asident er 1987-89 war. In seinem literarisches Lebenswerk nachschrift (1986) und nachschrift 2 (1997) isolierte B., der als einer der wichtigsten Vertreter der konkreten Poesie gilt, Teile von Dokumenten (u. a. Tabellen, Amts- und Privatschreiben der T¨ater und Opfer) aus der Zeit des Nationalsozialismus, wodurch die verschleiernde Verwendung von Sprache totalit¨arer Systeme offensichtlich wird. Zu seinen Werken geh¨oren auch Seest¨uck (1985), SGRA (1990) und das H¨orspiel Gehen wir wirklich in den Tod? H¨ortext nach dokumentarischen Quellen aus der Zeit 1933-1945 (Regie: Schuldt, 1989; auch als CD). B. wurde u. a. mit dem Staatsstipendium f¨ur Literatur des Bundesministeriums f¨ur Unterricht und Kunst (1974), dem F¨orderungspreis f¨ur Film- und Medienkunst des Kunstpreises der Akademie der K¨unste Berlin (1990) und dem Großen Kulturpreis des Landes Ober¨osterreich (1990) ausgezeichnet. C Lex dt-spr Gegenwartslit
Baecker, Paul (Wilhelm Erich), Journalist, Politiker, * 27. 10. 1874 Eberspark, † 23. 1. 1946 Berlin. B. studierte 1893-97 Naturwissenschaften, Geschichte und Volkswirtschaft an der Univ. Berlin und wurde anschließend Redakteur der „Deutschen Zeitung“ und der „Akademischen Bl¨atter“. 1907 wechselte er in die Redaktion der „Deutschen Tageszeitung“, deren Chefredakteur er 1917-24 war; danach leitete er den Parlamentsdienst der „Deutschen Tageszeitung“. B. geh¨orte f¨ur die Deutschnationale Volkspartei dem Preußischen Landtag und 1924-28 dem Reichstag an. 1922-28 war er Vorsitzender des Reichsverbandes der Deutschen Presse und wurde 1929 in den Vorl¨aufigen Reichswirtschaftsrat berufen. B. schrieb Die K¨ampfe um die akademische Freiheit einst und jetzt (1905). B¨ackler, Max, Stenograph, * 5. 12. 1856 Elbing, † 15. 7. 1924 Berlin. Aus einer Arbeiterfamilie stammend, begann B. 1874 in K¨onigsberg ein Studium der neueren Sprachen, ging 1876 nach Berlin und widmete sich der Stenographie. 1877 trat er in das parlamentarische B¨uro der „K¨olnischen Zeitung“ ein und wurde schließlich dessen stellvertretender Leiter. B. gr¨undete 1880 das „Magazin f¨ur Stenographie“ und redigierte es wie dessen Nachfolger „Der Deutsche Stenograph“ (1901, 1917-24). Seit 1892 war er Vorsitzender des Verbands Stolzescher Stenographenvereine. Dem 1897 von ihm ins Leben gerufenen parlamentarischen B¨uro stand B. auch ¨ nach dessen Ubernahme durch die Telegraphen-Union 1920 vor. Er setzte sich f¨ur die Schaffung einer deutschen Einheitskurzschrift ein (u. a. Die stenographischen Einheitsbestrebungen, 1908). Baedeker, Diedrich (Gottschalk), Verlagsbuchh¨andler, * 13. 7. 1850 Essen, † 3. 8. 1922 Essen-Bredeney. Der Sohn von Julius → B. studierte in Berlin und Leipzig Geschichte, Volkswirtschaft und Kunstgeschichte; 1872-75 lebte er in Griechenland und im Orient. 1876 / 77 war B. Redakteur bei der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ in Leipzig, 1877-80 bei der „Schlesischen Zeitung“ und 1880-95 Leiter des politischen Teils der „Rheinisch-Westf¨alischen Zeitung“. 1890 wurde er Teilhaber der Firma G. D. Baedeker in Essen und u¨ bernahm 1903 Sortiment und Verlag als alleiniger Besitzer. B. verlegte Schriften zur P¨adagogik, Ingenieurwissenschaft, Technik und zum Bergwesen; selbst schrieb er Alfred Krupp und die Entwicklung der Gußstahlfabrik in Essen (1889, 2., verm. Aufl. 1912). Er war Mitglied des Gesamtvorstands der Deutschen Kolonialgesellschaft.
Baedeker, Friedrich Wilhelm, evang. Laienprediger, * 3. 8. 1823 Witten, † 9. 10. 1906 Clifton (Großbritannien). Sechzehnj¨ahrig kam B. in eine kaufm¨annische Lehre, wurde 1848 nach einer Milit¨ar¨ubung als dienstuntauglich entlassen und begab sich 1851 auf Wanderschaft, die ihn u¨ ber England nach Tasmanien f¨uhrte, wo er zwei Jahre Lehrer f¨ur Deutsch und Franz¨osisch war. Nach einer Reise durch Australien kehrte er 1858 nach Witten zur¨uck, ging im folgenden Jahr erneut nach England und er¨offnete, nun englischer Staatsb¨urger, bei Bristol eine h¨ohere Schule. An der Univ. Freiburg wurde er zum Dr. phil. promoviert und studierte sp¨ater in Bonn. 1866 wurde B., urspr¨unglich nichtgl¨aubig, auf einer Evangelisationsveranstaltung in England bekehrt; danach zog er als Dolmetscher und selbst¨andig evangelisierend durch Deutschland. Seit 1877 lebte er in Rußland und zog von dort durch weite Teile Mittel- und Osteuropas. Mit einer Sondererlaubnis predigte er in den Strafanstalten und -kolonien vom Kaukasus bis Nordsibirien. Er gilt als Pionier des deutschen „Missionsbunds f¨ur S¨udosteuropa“. C BBKL Baedeker, Fritz, Verlagsbuchh¨andler, * 4. 12. 1844 Koblenz, † 9. 4. 1925 Leipzig. Der Sohn von Karl → B. studierte in Heidelberg und Berlin, wurde 1869 Mitbesitzer, 1878 alleiniger Eigent¨umer der von seinem Vater in Koblenz gegr¨undeten und 1872 von dort nach Leipzig verlegten Verlagsbuchhandlung, die durch die Edition von Reisehandb¨uchern in englischer, franz¨osischer und deutscher Sprache ber¨uhmt geworden war. Die Jahre zwischen 1870 und 1914 gelten als H¨ohepunkt in der Geschichte des Verlags. Neben vielen Neuauflagen und dem Angebot neuer B¨ande, u. a. u¨ ber Nordamerika und Indien, war die Vereinheitlichung der Reisef¨uhrer-Serie B.s besonderes Verdienst. C NDB Baedeker, Gottschalk Diedrich, Verlagsbuchh¨andler, * 13. 7. 1778 Essen, † 23. 3. 1841 Essen. Der Sohn einer Familie von Buchdruckern u¨ bernahm zwanzigj¨ahrig die v¨aterliche Druckerei sowie die Redaktion der dort produzierten „Essener Zeitung“, der sp¨ateren „Rheinisch-Westf¨alischen Zeitung“. Die von seinem Vater Zacharias B. 1775 begr¨undete Verlagsbuchhandlung mit Sortiment f¨uhrte er unter der Bezeichnung G. D. Baedeker weiter. B. verlegte von Anfang an haupts¨achlich p¨adagogische und technische Literatur; 1803 erweiterte er das kleine, dem Verlag angeschlossene Buchgesch¨aft durch Ankauf der Duisburger Universit¨atsbuchhandlung. Bald umfaßte der Verlag außer Sortiment und Druckerei auch die entsprechenden Zulieferbetriebe. B. engagierte sich im o¨ ffentlichen Leben vor allem f¨ur das Bildungswesen; er war f¨uhrend an der Gr¨undung des ersten gemischtkonfessionellen Gymnasiums in Essen beteiligt und verschenkte großz¨ugig B¨ucher aus seiner Produktion an Bildungseinrichtungen. B. war der Vater von Karl und Julius → B. C Neuer Nekr, Jg. 19 Baedeker, Julius, Verlagsbuchh¨andler, * 21. 8. 1821 Essen, † 22. 11. 1898 Essen. Der j¨ungste Sohn von Gottschalk Diederich → B. erlernte bei seinem Bruder Karl → B. in Koblenz den Beruf des Buchh¨andlers und u¨ bernahm 1844 gemeinsam mit einem weiteren Bruder, Eduard, das Buchhandlung, Verlag und Druckerei umfassende Gesch¨aft der Eltern. B. pflegte die p¨adagogischen und naturwissenschaftlichen Verlagszweige und redigierte die „Essener Zeitung“ (seit der Vereinigung mit der „Westf¨alischen Zeitung“ 1883 unter dem Titel „Rheinisch-Westf¨alische Zeitung“) in liberalem Sinn bis 1884. Die Leitung des Buchverlags behielt er bis 1894; seit 1890 stand ihm dabei sein Sohn Diedrich → B. als Teilhaber zur Seite. C Biogr Jahrb, Bd 3
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Baedeker Baedeker, Karl, Verleger, * 3. 11. 1801 Essen, † 4. 10. 1859 Koblenz. Der Sohn von Gottschalk Diederich → B. erlernte den Beruf des Buchh¨andlers in Heidelberg und Berlin; 1819 / 20 studierte er an der Philosophischen Fakult¨at der Univ. Heidelberg. B. gr¨undete 1827 eine Verlagsbuchhandlung, in der er u. a. Schulb¨ucher, eine theologische Zeitschrift und Landtagsprotokolle verlegte. 1832 ver¨offentlichte er die u¨ berarbeitete und erg¨anzte Fassung der Rheinreise von Mainz bis K¨oln von Johann August Klein, die mit dem Untertitel Handbuch f¨ur Schnellreisende erstmals 1828 erschienen war. Auf eigenen Reisen aufbauend, entwickelte B. den modernen Typus des Reisehandbuchs. 1836 verlegte er f¨ur englische Touristen The Traveller’s Manual of Conversations (121858). C Killy Baegert, Derick, Maler, * um 1440 Wesel, † kurz nach 1502 Wesel. Ein großer Teil von B.s Werks war lange den Br¨udern Viktor und Heinrich Duenwege zugeschrieben worden, z. B. der nun zweifelsfrei B. zugeordnete Dortmunder Altar (1470-75) in der Propsteikirche, der vermutlich seine fr¨uheste Arbeit ist. B. arbeitete 1477 an einem Altar f¨ur die erweiterte Mathenakirche in Wesel und erhielt 1493 vom Rat der Stadt den Auftrag zu einer Gerichtstafel (Eidesleistung). Wohl beeinflußt durch Robert Campin, Roger van der Weyden, Dirks Bouts und die Utrechter Buch- und Tafelmalerei, zeichnen sich seine Arbeiten durch eine große Palette von dargestellten Typen und Individuen, große kost¨umkundliche Kenntnisse und ein reiches Fl¨achenkolorit aus. B. gilt als eine der bedeutenden niederrheinischen Malerpers¨onlichkeiten der zweiten H¨alfte des 15. Jahrhunderts. C AKL B¨ahnisch, Theanolte, geb. Dorothea Nolte, Politikerin, Juristin, * 25. 4. 1899 Beuthen, † 9. 7. 1973 Hannover. B., Tochter eines Lehrers, studierte an der Univ. M¨unster Rechtswissenschaften und wurde 1926 als erste Referendarin zur preuß. Verwaltungslaufbahn zugelassen. 1926-30 war sie Regierungsassessorin und -r¨atin im Berliner Polizeipr¨asidium, ließ sich nach ihrer Heirat als Verwaltungsrechtsr¨atin in Merseburg nieder und gab seit 1931 im selbstgegr¨undeten „Freiheitsverlag“ politisch-kritische Schriften heraus. Gemeinsam mit ihrem Mann er¨offnete sie 1933 eine Rechtsanwaltskanzlei in Berlin und engagierte sich f¨ur aus rassischen und politischen Gr¨unden Verfolgte. B. wurde 1946 Regierungsvize- und noch im selben Jahr Regierungspr¨asidentin von Hannover. Sie gr¨undete 1946 den Club deutscher Frauen, 1947 den Frauenring der britischen Zone und war 1949-52 Vorsitzende des u¨ berparteilichen, u¨ berkonfessionellen Deutschen Frauenrings. 1959-64 leitete B. als Staatssekret¨arin die Vertretung des Landes Niedersachsen in Bonn. B. war Mitglied der SPD.
B¨ahr, Christian August, evang. Theologe, Kirchenliederdichter, * 25. 1. 1795 Atterwasch (Niederlausitz), † 23. 4. 1846 Weigsdorf bei Zittau. B., Sohn eines M¨ullers, studierte seit 1813 P¨adagogik und Theologie an der Univ. Leipzig, wurde 1816 Hilfslehrer an der dortigen B¨urgerschule und ging im folgenden Jahr nach Hofwil bei Bern, wo er Lehrer an der Erziehungsanstalt Philipp Emanuel von → Fellenbergs wurde. Seit 1819 wieder in Leipzig ans¨assig, war er zuerst Hauslehrer, seit 1820 Katechet und Nachmittagsprediger an der Universit¨atskirche. B. u¨ bernahm 1821 die Pfarrei Oppach in der Oberlausitz, 1834 die Pfarrei Weigsdorf. Er trat vor allem als Kirchenlieddichter hervor; die von ihm mitbegr¨undete Predigerkonferenz in Hirschfeld gab aus seinem Nachlaß Sechsundzwanzig geistliche Lieder (1846) heraus. C NDB
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B¨ahr, David Andreas, auch B¨ar, Sektenf¨uhrer, † Winter 1743 Bredstedt (Schleswig). B. stammte aus Frankenhausen, studierte um 1735 in Kiel Theologie und war in Bordelum Hauslehrer eines Kanzleirats. Gemeinsam mit dem Theologiestudenten Franz Borsenius aus Bargum bei Bredstedt, der hier bereits eine Gruppe von Anh¨angern um sich gesammelt hatte, und dem Handwerker Ernst Fischer aus L¨ubeck stand B. einer pietistischschw¨armerischen Sekte von 15-20 Personen vor, die die kirchliche Obrigkeit, die Sakramente und die Sonntagsruhe mißachtete und in sexueller Freiz¨ugigkeit lebte. 1739 mußte sich die sogenannte „Bordelumsche Rotte“ vor einer Kommission verantworten, deren Untersuchungsergebnis schließlich dazu f¨uhrte, daß die Leiter der Sekte von K¨onig Christian VI. zu Zuchthausstrafen verurteilt wurden. B. floh u¨ ber Friedrichstadt, Kiel und L¨ubeck nach Jena, wurde nach Holstein ausgeliefert und in Gl¨uckstadt inhaftiert. Wegen schlechter Haftbedingungen gel¨ahmt, entließ man ihn. C RGG
B¨ahr, (Johann) George, auch Beer, Behr, Baumeister, * 15. 3. 1666 F¨urstenwalde bei Lauenstein, † 16. 3. 1738 Dresden. Seit mindestens 1689 wird B. in Dresden als Zimmergeselle und unter anderen Berufsbezeichnungen (z. B. „K¨unstler“) erw¨ahnt. Als Dresdener Ratszimmermeister (seit 1705) war er u. a. an der steinernen Erneuerung der st¨adtischen Wohnbausubstanz beteiligt. Seine Sakralbauten, deren wichtigste Gestaltungselemente der Zentralbau und die bauliche Kombination von Altar, Kanzel, Orgel und Taufbecken sind, wirkten auf den Kirchenbau im s¨achsischen Barock (u. a. Forchheim / Erzgebirge, 1719-28). B. schuf mit der Dresdener Frauenkirche (1722-42; 1945 zerst¨ort), deren Sandsteinkuppel erstmals ohne Holzkonstruktion ausgef¨uhrt wurde, den bedeutendsten protestantischen Kirchenbau des Barock. C AKL
B¨ahr, Hans Walter, Publizist, * 7. 7. 1915 Hornberg, † 16. 4. 1995 T¨ubingen. B., Urenkel von Karl Wilhelm Christian Felix → B., studierte zun¨achst Rechtswissenschaften, dann Philosophie in Heidelberg und wurde 1939 promoviert. Seit 1946 war er Mitarbeiter, 1952-82 Herausgeber der Zeitschrift „Universitas“. 1959 gr¨undete er die Referatezeitschrift „Germanistik“. 1966 wurde ihm der Professorentitel verliehen. Im selben Jahr gr¨undete B. das Institut f¨ur wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Entwicklungsl¨andern in T¨ubingen, dessen Vorsitz er u¨ bernahm. Er ver¨offentlichte u. a. Kriegsbriefe gefallener Studenten 1939-1945 (1952), Stimme des Menschen. Briefe und Aufzeichnungen aus der ganzen Welt 1939-1945 (1963) und The Universal Community of Mankind (1995). B. war Herausgeber der Gesammelten Schriften Eduard → Sprangers und der Briefe Albert → Schweitzers. B¨ahr, Johann Carl, Maler, Schriftsteller, * 18. 8. 1801 Riga, † 29. 9. 1869 Dresden. Der Urenkel Georg → B.s studierte seit 1824 an der Dresdener Kunstakademie und – bald ausschließlich – bei Friedrich → Matth¨ai. 1827-29 lebte er in Italien, wo er u. a. mit Bertel Thorvaldsen und Joseph Anton → Koch in Kontakt kam. 1829-32 lebte B. als Portr¨atmaler in Riga. Er malte danach haupts¨achlich Historienbilder (Der Tod des Franz von Sickingen, 1865) und erhielt bei einem weiteren Italienaufenthalt 1834 / 35 u. a. von Peter von → Cornelius neue Anregungen. Von 1836 an endg¨ultig in Dresden ans¨assig, lehrte B. seit 1840 an der Kunstakademie, die Ernennung zum Prof. folgte 1846. Neben seiner Malerei besch¨aftigte er sich mit Naturwissenschaften sowie mit Literatur und ver¨offentlichte u. a. Der dynamische Kreis (2 Bde., 1860-68). C AKL
B¨alz B¨ahr, Johann Christian Felix, Klassischer Philologe, Bibliothekar, * 13. 6. 1798 Darmstadt, † 28. 11. 1872 Heidelberg. B., Sohn Johannes → B.s, studierte seit 1815 an der Univ. Heidelberg Philologie und wurde 1821 a. o., 1823 o. Prof. der Klassischen Philologie an der Univ. Heidelberg, 1838 Ephorus am dortigen Lyzeum. 1832-72 war B. Oberbibliothekar der Heidelberger Universit¨atsbibliothek, seit 1834 Chefedakteur der „Heidelberger Jahrb¨ucher der Litteratur“. 1845-68 leitete er das Philologische Seminar der Universit¨at. Neben Arbeiten zur Geschichte der Universit¨atsbibliothek (Die Entf¨uhrung der Heidelberger Bibliothek nach Rom im Jahre 1623, 1845) arbeitete B. haupts¨achlich u¨ ber griechische Geschichte (u. a. Plutarch, Alcibiades, Herodot) und u¨ ber r¨omische Literaturgeschichte (Geschichte der r¨omischen Litteratur, 2 Bde., 1828). C ADB B¨ahr, Johannes, evang. Theologe, * 28. 8. 1767 Heidelberg, † 4. 4. 1828 Karlsruhe. In Heidelberg und Halle studierte B. 1783-86 Theologie, war bis 1790 Hauslehrer, dann Pfarrer in Darmstadt. 1799 wechselte er an die Heiliggeistkirche in Heidelburg, wurde 1803 Inspektor der Di¨ozese Unterheidelberg, 1808 auch der Di¨ozese Ladenburg, wo er sich vor allem um die F¨orderung des Schulwesens bem¨uhte; er f¨uhrte u. a. Sonntagsschulen ein. Seit 1818 Superintendent von Heidelberg, nahm B. seit 1819 an den Vorbereitungen zu einer Vereinigung der beiden evang. Kirchen des neuen Großherzogtums Baden teil und wurde 1821 zum Mitglied der unierenden Generalsynode gew¨ahlt. 1822 folgte er einem Ruf als Ministerialrat bei der evang. Sektion des Innenministeriums nach Karlsruhe. Seit 1826 stand er der evang. Kirche des Großherzogtums Baden vor. B. war der Vater von Karl Wilhelm Christian Felix und Johann Christian Felix → B. C Neuer Nekr, Jg. 6 B¨ahr, Karl Wilhelm Christian Felix, evang. Theologe, * 25. 6. 1801 Heidelberg, † 15. 5. 1874 Offenburg. Der Sohn Johannes → B.s und Bruder von Johann Christian Felix → B. studierte Theologie in Heidelberg und Berlin; seit 1824 war er Diakon in Pforzheim, von 1829 an Pfarrer in Eichstetten. 1838 wurde er Ministerialrat bei der evang. Kirchensektion und Mitglied des Oberstudienrats, 1843-61 war er Oberkirchenrat. B. ver¨offentlichte neben liturgischen Schriften (Die neue Gottesdienstordnung f¨ur die evangelisch-protestantische Kirche im Großherzogtum Baden, 1858) Untersuchungen zum Alten Testament und zur fr¨uhchristlichen Kirche (Die Lehre der Kirche vom Tode Jesu in den ersten drei Jahrhunderten, 1832). Er war Mitarbeiter des von der Eisenacher Kirchenkonferenz 1855 herausgegebenen Gesangbuchs. C NDB B¨ahr, Otto, Jurist, Politiker, * 2. 6. 1817 Fulda, † 17. 2. 1895 Kassel. B. studierte 1834-37 Rechtswissenschaften und Kameralia in G¨ottingen, Marburg und Heidelberg; er wurde Obergerichtsrat in Kassel. Von dort 1851 nach Fulda versetzt, kehrte er 1856 nach Kassel zur¨uck, wurde 1863 Oberappellationsgerichtsrat und als solcher 1867 nach Berlin berufen; 1879-81 war er Reichsgerichtsrat in Leipzig. Neben Arbeiten zur Zivilprozeßordnung ver¨offentlichte B. vor allem Schriften zum Entwurf des B¨urgerlichen Gesetzbuchs, darunter einen Gegenentwurf zu dem Entwurf eines B¨urgerlichen Gesetzbuches f¨ur das Deutsche Reich (1891 / 92). Er vertrat als Mitglied der Nationalliberalen Partei Kassel 1867-79 im Landund 1867-80 im Reichstag. C Haunfelder, Lib Abg
Baehr, Paul, Schriftsteller, * 26. 9. 1855 Thorn, † 1. 8. 1929 Bad Oeynhausen. B. trat 1876 in die preuß. Armee ein, besuchte seit 1877 die Kriegsschule Neiße und wurde 1878 zum Leutnant bef¨ordert.
1881 mußte er nach einem Unfall, bei dem er sich ein schweres Beinleiden zuzog, die milit¨arische Laufbahn beenden und lebte danach als freier Schriftsteller in Bad Oeynhausen. Neben lokalhistorischen Schriften (Chronik von Bad Oeynhausen, 1909, Nachdr. 1967) schrieb er vor allem Lieder und Gedichte (u. a. Neues Buch der Lieder, 1885, 101922). Um die Jahrhundertwende geh¨orte B. zu den meistvertonten deutschsprachigen Liederdichtern. C Westf Autoren, Bd 3
Baehrens, Emil, Klassischer Philologe, * 24. 9. 1848 Bayenthal bei K¨oln, † 26. 9. 1888. B. studierte seit 1867 an der Univ. Bonn Philologie und wurde 1870 promoviert. 1871 / 72 hielt er sich zu weiteren Studien an der Univ. Leipzig auf und unternahm eine mehrmonatige Reise zu M¨unchner und italienischen Bibliotheken. Nach der Habilitation 1873 in Jena las B. u¨ ber lateinische Sprache und Literatur. 1874 besuchte er Bibliotheken in den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien. 1877 wurde er a. o. Prof. an der Univ. Jena, ging aber noch im gleichen Jahr als o. Prof. der lateinischen Sprache, Literatur und Antiquit¨aten nach Groningen. B. war als Herausgeber lateinischer Literatur t¨atig; in der Bibliotheca Teubneriana erschienen u. a. Poetae Latini minores (5 Bde., 1879-83). C Bursian, Jg. 13
B¨ahrens, Johann Christoph Friedrich, Mediziner, evang. Theologe, Lehrer, * 1. 2. 1765 Meinerzhagen, † 16. 10. 1833 Schwerte. Seit 1783 studierte B. in Halle Theologie und Philosophie (Dr. phil. 1786); daneben bildete er sich an der lateinischen Schule der Franckeschen Stiftungen zum Lehrer aus. 1786 gr¨undete er sein eigenes P¨adagogium („Pflanzgarten f¨ur k¨unftige Weltb¨urger“), mit dem er 1789 nach Schwerte umzog, wo ihm eine Pfarrerstelle angeboten wurde. Er widmete sich in Halle begonnenen medizinischen Studien, wurde 1797 zum Dr. med. promoviert (De acrimonia ventriculi acida) und war danach auch als Arzt t¨atig. B. publizierte eine große Zahl popul¨armedizinischer Schriften (u. a. Hilfsbuch f¨ur die Freunde der Gesundheit, 1798) und setzte sich f¨ur die Verbreitung der Pockenschutzimpfung, die Eind¨ammung der Cholera usw. ein. 1803 wurde er zweiter, 1822 erster Pfarrer. B. besch¨aftigte sich mit Wetterkunde und Alchemie, verfaßte Heimatchroniken und war Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. C B¨ohm
B¨ahring, Helmut Ernst, Verleger, * 12. 2. 1923 Weimar, † 30. 4. 2002 Leipzig. B., Sohn eines Lokf¨uhrers, durchlief eine Ausbildung zum Verlagskaufmann und erwarb im Fernstudium einen Hochschulabschluß in Wirtschaftswissenschaften. 1952-57 war er Leiter des Vordruckleitverlags in Magdeburg, seit 1957 des neugegr¨undeten Fotokinoverlags in Halle und 1962-76 der von ihm ins Leben gerufenen Edition Leipzig, die mit Faksimiledrucken und Rarit¨aten internationales Ansehen erlangte. 1976 u¨ bernahm B. die Gesamtleitung f¨ur die Verlage Bibliographisches Institut, Verlag Enzyklop¨adie, Max Niemeyer und Verlag f¨ur Buch- und Bibliothekswesen in Leipzig. 1978-84 geh¨orte er der Deutsch-Deutschen Kommission f¨ur die Erweiterung des Buchaustausches zwischen den beiden deutschen Staaten an. Seit 1988 im Ruhestand, kehrte er zwei Jahre sp¨ater zur Leipziger Verlagsunion zur¨uck, u¨ bernahm erneut die Verlagsleitung und f¨uhrte das inzwischen privatisierte Unternehmen in Zusammenarbeit mit den Verlagen Brockhaus und Langenscheidt.
B¨alz, Erwin Otto Eduard von, Mediziner, Anthropologe, * 13. 1. 1849 Bietigheim, † 31. 8. 1913 Stuttgart. Nach der Studien- und Assistenzzeit in T¨ubingen und Leipzig (Promotion 1872, Zur progressiven Bulb¨arparalyse) habilitierte sich B. 1876 f¨ur Innere Medizin und folgte noch
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B¨amler im selben Jahr einem Ruf als Ordinarius f¨ur Innere Medizin an die Kaiserliche Japanische Univ. Tokio, wo er schließlich kaiserlicher Leibarzt wurde. Er beeinflußte die Entwicklung der Inneren Medizin, der medizinischen Lehre und der Ostasien-Anthropologie in Japan u¨ ber Jahrzehnte. Seit 1904 lebte er in Stuttgart. Neben internistischen Arbeiten (Lehrbuch der Inneren Medizin, 1880, dt. 1900 / 01) vero¨ ffentlichte B. anthropologische (Die Menschenrassen Ostasiens, 1901) und tropenmedizinische Untersuchungen. Die Deutsche Tropenmedizinische Gesellschaft w¨ahlte B. bei ihrer Gr¨undung 1907 zum Vorsitzenden. 1911 wurde er in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Sein Sohn Erwin Toku B. ver¨offentlichte 1931 Tageb¨ucher, Briefe und Berichte seines Vaters unter dem Titel Erwin B¨alz. Das Leben eines deutschen Arztes im erwachenden Japan (31937). C Olpp
B¨amler, Johannes (Hans), auch Baemler, Bemler, B¨omler, Buchmaler, Drucker, * um 1425 / 30 Augsburg (?), † um 1503 Augsburg. B. ist in Augsburg f¨ur die Jahre 1453-76 nachgewiesen; er illuminierte und rubrizierte in den sechziger Jahren Drucke und Handschriften (u. a. Augustinus: De Civitate Dei, 1468). Seit der Zeit um 1472 bis zur ersten H¨alfte der achtziger Jahre war er wohl vor allem Buchdrucker vorwiegend deutschsprachiger Unterhaltungs- und Erbauungsliteratur (u. a. → Konrad von Megenberg: Buch der Natur, 1475, mit ersten naturkundlichen Holzschnitten). Der letzte seiner etwa 120 Drucke stammt aus dem Jahr 1495. 1504 ist seine Frau Witwe. Als Buchmaler z¨ahlt B. zu den herausragenden K¨unstlern der Inkunabelzeit. C AKL Baender, Paul, Politiker, * 30. 11. 1906 Rosdzin (Oberschlesien), † 18. 12. 1985 Berlin. B., Sohn eines Kaufmanns, erhielt 1922-24 eine kaufm¨annische Ausbildung und arbeitete als Verk¨aufer in G¨orlitz. 1927 trat er aus der j¨udischen Gemeinde aus, schloß sich der KPD an und wirkte als Agitator im Waldenburger Bergland (Schlesien), sp¨ater als KPD-Funktion¨ar und Instrukteur in Schlesien. 1933 emigrierte er nach Prag. 1937 aus der Tschechoslowakischen Republik ausgewiesen, lebte er seit 1938 in Bolivien. 1939-47 war er dort Vizepr¨asident der Freien Deutschen, leitete eine Volksfrontgruppe in Laz Paz und arbeitete bei Radio Libert´ad La Paz mit. 1943 geh¨orte er zu den Gr¨undern des Landesverbandes Alemania Democratica en Bolivia. 1947 nach Deutschland zur¨uckgekehrt, wurde er hauptamtlicher SED-Funktion¨ar und 1949 Hauptgesch¨aftsf¨uhrer und Leiter der Handelsorganisation (HO). 1950-52 war er Staatssekret¨ar im Ministerium f¨ur Handel und Versorgung. In Zusammenhang mit der Aff¨are um Paul → Merker wurde B. 1952 verhaftet, aus der SED ausgeschlossen und 1954 zu einer mehrj¨ahrigen Zuchthausstrafe verurteilt. 1956 begnadigt, entlassen und rehabilitiert, u¨ bernahm B. die Leitung der HO-Industriewaren Kreis K¨onigs Wusterhausen und wurde 1959 zum Leiter, 1960 / 61 zum Direktor des Kommunalen Großhandelsbetriebes Obst- und Gem¨use in Berlin ernannt. 1961 u¨ bernahm er die Leitung des HO-Warenhauses am Alexanderplatz in Berlin. 1967-71 war B. wissenschaftlicher Mitarbeiter des Ministeriums f¨ur Handel und Versorgung. C DDR
B¨anninger, Konrad, schweizer. Schriftsteller, * 15. 9. 1890 Enge (heute zu Z¨urich), † 25. 8. 1981 B¨ulach (Kt. Z¨urich). B., Sohn eines Lehrers, besuchte das Lehrerseminar in K¨usnacht, wurde 1915 Sekundarlehrer in Uster und lebte seit 1923 als freier Schriftsteller in Wien, Schottland und Z¨urich; er widmete sich altindischen Studien und arbeitete zeitweise als Bibliothekar. 1933-59 war er erneut als Lehrer in Z¨urich im Schuldienst t¨atig. Seit seinem Erstlingswerk, dem Lyrikband Stille Soldaten (1917) war B. einer
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der bekanntesten Lyriker der deutschsprachigen Schweiz; er schrieb auch Essays und Erz¨ahlungen und blieb formal dem C DLL, 20. Jh. Expressionismus verbunden.
B¨anninger, Otto Charles, schweizer. Bildhauer, * 24. 1. 1897 Z¨urich, † 15. 5. 1973 Z¨urich. Nach einer Bildhauerlehre bei Franz Wanger in Z¨urich studierte B. 1920 / 21 an der Acad´emie de la Grande Chami`ere in Paris und war dort 1921-29 Mitarbeiter des Bildhauers Antoine Bourdelle. Nach der R¨uckkehr von einer Reise durch Italien und Spanien vollendete er in Paris die bei Bourdelles Tod (1929) unvollendet gebliebenen Arbeiten. 1932 siedelte er nach Z¨urich u¨ ber, arbeitete aber noch bis Kriegsausbruch die meiste Zeit des Jahres in Paris. W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs lebte B. in Z¨urich und S¨udfrankreich. B. arbeitete in Stein (Marmor) und Metall (Bronze) vor allem fig¨urliche Plastik (Freundinnen, 1929), baugebundene Arbeiten (Remonte!, 1961) und Portr¨ats (Hermann Hesse, C AKL 1957).
Baensch, (Friedrich Robert) Emanuel, Drucker, * 13. 3. 1857 Magdeburg, † 11. 9. 1928 Magdeburg. Nach rechtswissenschaftlichen Studien an den Universit¨aten Bonn und Heidelberg erhielt B. eine praktische Ausbildung als Buchdrucker in Hannover (1876 / 77), bevor er 1878 die v¨aterliche Buchdruckerei u¨ bernahm. Unter seiner Leitung fand der Ausbau der Firma in einen graphischen Großbetrieb statt; seine wichtigsten Neuerungen waren der Druck von Autotypien (seit 1882), der Dreifarbendruck (seit 1890) sowie die Einf¨uhrung von Setzmaschinen und Rotationsdruck (1900). Bis 1914 kamen Schriftgießerei, Galvanoplastik, Lichtdruck, Musikaliendruck, mechanisierte Buchbinderei, Offset- und Tiefdruck hinzu; ferner wurde ein Buchverlag und ein Plakatinstitut angegliedert. B. war 1894-1919 Stadtverordneter in Magdeburg und Abgeordneter im Landtag der preuß. Provinz Sachsen. In seinem Betrieb f¨uhrte er 1888 Kranken- und Sterbegelder ein, sp¨ater eine Witwenkasse und C NDB errichtete 1903 ein Werkerholungsheim.
Baensch, Otto (Friedrich Bernhard), Ingenieur, * 6. 6. 1825 Zeitz, † 7. 4. 1898 Berlin. Nach Abschluß der vermessungstechnischen und mathematischen Studien in Halle (1842-47) besuchte B. die Berliner Bauakademie und trat in den Staatsdienst ein. Anfangs haupts¨achlich mit dem Bau von Kirchen in Pommern befaßt, war er seit 1855 Landbaumeister bei der Regierung in Liegnitz und seit 1858 mit der Bauleitung der Ruhr-Sieg-Bahn betraut. 1862-71 arbeitete B. als Wasserinspektor in Stralsund und K¨oslin, wo er sich mit Arbeiten u¨ ber den Hafenbau, das Leuchtfeuerwesen und den D¨unenbau hervortat. 1871 wurde er in das Reichsministerium f¨ur Handel, Gewerbe und o¨ ffentliche Arbeiten berufen und war u. a. mit der Stromregulierung von Elbe und Rhein, der Kanalisierung des Mains und Deichschutzbauten in Schleswig-Holstein befaßt. Seit 1866 hatte B. die oberste Bauleitung u¨ ber den NordOstsee-Kanal („Kaiser-Wilhelm-Kanal“, 1887-95) inne. Er ver¨offentlichte in der „Zeitschrift f¨ur Bauwesen“ u. a. Studien aus dem Gebiete der Ostsee (1872). C SHBL, Bd 1
Baensch, Wilhelm von, Verleger, * 25. 1. 1828 Magdeburg, † 27. 11. 1899 Dresden. Bei seinem Bruder in Magdeburg erlernte B. den Beruf des Buchh¨andlers. Er kaufte 1848 den seit 1817 bestehenden Verlag Ferdinand Rubach auf und siedelte mit ihm von Berlin nach Leipzig u¨ ber (1875 folgt die Verlegung des Betriebs nach Dresden). B. gliederte 1850 dem Verlag ein Kommissionsgesch¨aft an, das er bis 1867 f¨uhrte; er verlegte vor allem naturwissenschaftliche (u. a. botanische, zoologische) Werke. 1862 erwarb er eine Buchdruckerei, sp¨ater
Baer kamen Schriftgießerei, Stereotypie, Galvanoplastik, Hylographie und Buchbinderei dazu. 1880 nahm B. seinen a¨ ltesten Sohn Henry als Teilhaber auf, der die Zweigniederlassung Berlin nach der Gr¨undung u¨ bernahm; dessen Bruder William trat 1888 in den Betrieb ein. B. rief 1886 in Dresden die erste Buchdruckerinnung Deutschlands ins Leben und f¨uhrte mehrere Jahre ihren Vorsitz. Er war der Onkel von Emanuel → B. C Pfau 1
Baensch-Drugulin, (Egbert) Johannes, geb. Baensch, Buchdrucker, * 24. 6. 1858 Magdeburg, † 10. 9. 1945 Leipzig. Nach Abschluß einer Lehre als Buchh¨andler in Braunschweig und als Buchdrucker in Stuttgart und Metz wurde B.-D., Sohn eines Buchh¨andlers, 1879 von der Witwe des Wilhelm Eduard → Drugulin mit der F¨uhrung von dessen Buchdruckerei betraut. 1880 trat er als Gesch¨aftsf¨uhrer in den Leipziger Betrieb ein, wurde nach seiner Heirat mit einer Tochter Drugulins Teilhaber und f¨uhrte danach den Namen Baensch-Drugulin. B.-D. setzte die Tradition der Offizin fort und produzierte fremdsprachige, besonders orientalische Literatur. Der Betrieb trat vor allem mit der Edition der Marksteine aus der Weltliteratur in Originalschriften (1902) hervor. B.-D. druckte zeitweise die Zeitschriften „Pan“ und „Die Insel“ sowie B¨ucher f¨uhrender deutscher Verlage. Er war elf Jahre lang Vorsitzender des Deutschen BuchdruckerVereins, schloß 1896 den ersten Buchdruckertarif ab und geh¨orte 1898 zu den Begr¨undern der Leipziger BuchdruckerLehranstalt. 1903 verlieh im die Univ. Heidelberg die Ehrendoktorw¨urde. Seit 1918 war die Druckerei infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht mehr im Besitz der Familie. C NDB
Baentsch, Bruno (Johannes Leopold), evang. Theologe, * 25. 3. 1859 Halle / Saale, † 27. 10. 1908 Jena. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte in Halle Theologie und orientalische Sprachen (Dr. phil. 1883) und wurde 1886 Pfarrer in Rothenburg / Saale und 1888 Diakonus an der Erfurter Andreaskirche. Seit 1892 Lizentiat der Theologie, habilitierte er sich 1893 in Jena, wo er 1899 a. o., 1901 o. Prof. der alttestamentlichen Theologie wurde. Als B.s Hauptwerk gilt der Kommentar Exodus – Leviticus – Numeri (2 Tle., 1900-03). C Biogr Jahrb, Bd 13
Baer, Abraham Adolf, Mediziner, * 26. 12. 1834 Filehne, † 24. 2. 1908 Berlin. Nach dem Medizinstudium in Berlin, Wien und Prag (Promotion 1861, De electricitate in arte obstetricia adhibenda) ließ sich B. 1862 als Arzt in Naugard nieder und betreute seit 1866 auch die dortige Strafanstalt medizinisch. 1872-1904 war er leitender Arzt am Strafgef¨angnis Pl¨otzensee und Kreisarzt in Berlin. B. publizierte vor allem zu Fragen der Hygiene im Strafvollzug und zum Alkoholismus, darunter Die Gef¨angnisse, Strafanstalten und Strafsysteme, ihre Einrichtung und Wirkung in hygienischer Beziehung (1871), Der Alkoholismus, seine Verbreitung und Wirkung auf den individuellen und sozialen Organismus (1878) und Der Verbrecher in anthropologischer Beziehung (1893). C Wininger Baer, Christian (Maximilian), Maler, * 24. 8. 1853 N¨urnberg, † 31. 1. 1911 M¨unchen. B. erhielt ersten Unterricht bei Karl → Raupp an der N¨urnberger Kunstschule, wechselte 1874 an die M¨unchener Kunstakademie und studierte bei Alexander → Wagner und Wilhelm → Lindenschmit d. J. Bald fand er Anschluß an den Kreis um Wilhelm → Leibl, der sich dann allsommerlich in der Villa seines Schwiegervaters (sp¨ater in seinem eigenem Besitz) auf der Fraueninsel im Chiemsee traf. B. malte anfangs Jagdstilleben, oft f¨ur Schloßs¨ale, und Interieurs, wandte sich jedoch immer mehr der Genremalerei zu (u. a. Netzstrickender Chiemseefischer, 1883). C AKL
B¨ar, Franz Joseph, Beamter, * 16. 6. 1809 Konstanz, † 16. 8. 1890 Karlsruhe. B. studierte 1826-28 in Freiburg Philosophie, h¨ohere Mathematik und Naturwissenschaften, in Heidelberg Volkswirtschaft und Rechtswissenschaften. Nach Abschluß des kameralistischen Staatsexamens 1830 war er bei verschiedenen Dom¨anenverwaltungen besch¨aftigt. 1836 kam B. an die Kreisverwaltung Mannheim, 1839 in das badische Innenministerium und war seit 1842 Rat bei der Oberdirektion des Wasser- und Straßenbaus, deren Leitung er 1856 u¨ bernahm. Unter seiner Leitung entstanden mehrere neue Eisenbahnlinien, zwei Rheinbr¨ucken sowie Hafen- und Bahnanlagen. Er initiierte neue Straßengesetze, stand von 1878 an der Flurbereinigung und der Katastervermessung vor. B. ver¨offentlichte u. a. eine Chronik u¨ ber Straßenbau und Straßenverkehr im Großherzogtum Baden (1878). C Bad Bio
Baer, Fritz, eigentl. Friedrich August B., Maler, * 18. 8. 1850 M¨unchen, † 20. 2. 1919 M¨unchen. B., Sohn eines herzoglichen Hofrats, schloß seine rechtswissenschaftlichen Studien an der Univ. M¨unchen 1872 ab, widmete sich dann aber ausschließlich seiner k¨unstlerischen ¨ Ausbildung und erlernte bei Hermann → Baisch Olmalerei. 1876 wurde er Mitglied im M¨unchener Kunstverein. Eigenen Angaben zufolge war f¨ur ihn die Begegnung mit der Schule von Barbizon 1879 bedeutend. Bei der Gr¨undung der Sezession blieb B. zun¨achst in der K¨unstlergenossenschaft, redigierte 1893 / 94 deren „Anzeiger“, schloß sich dann aber der zweiten Sezession („Luitpoldgruppe“) an, deren Vorsitz er 1907 u¨ bernahm. An seinem letzten Wohnsitz Pasing (seit 1893) war er als liberaler Kommunalpolitiker t¨atig. B. malte Landschaften des Alpenvorlands, seit einer ersten Reise ins Berner Hochland 1900 zunehmend Motive aus dem Hochgebirge (Der große Eiger, 1901; Aufziehendes Gewitter, 1905). C AKL Baer, Gustav, schweizer. Radiologe, * 24. 6. 1865 Z¨urich, † 22. 6. 1925 Z¨urich. Der Sohn eines Eisenh¨andlers absolvierte nach dem Medizinstudium in Z¨urich (Promotion 1892, Tracheotomie und Intubation im Kinderspital Z¨urich) seine Assistenzzeit u. a. in Genf, Florenz und London; seine Praxis in Z¨urich war als erste mit einem eigenen R¨ontgenlabor ausger¨ustet. Er trat f¨ur Fernaufnahmen in der R¨ontgenologie ein und hat 1915 erstmals die Diagnose einer Tubarschwangerschaft mit lebensf¨ahiger Frucht durch R¨ontgendarstellung beschrieben. B. begr¨undete die Radiumstiftung Z¨urich. Er starb an den Folgen der Verstrahlungen seiner H¨ande und Arme. B¨ar, Hermann, eigentl. Johannes B., Zisterzienser, Historiker, * 1. 1. 1742 Oberolm bei Mainz, † 24. 10. 1814 Mainz. Der Sohn einer Bauernfamilie wurde 1760 Novize in der Zisterzienserabtei Eberbach und widmete sich im Kloster dem Studium der Theologie und Philologie. Er besch¨aftigte sich mit dem umfangreichen Klosterarchiv und schrieb u. a. eine Historia diplomatica monasterii Eberbacensis, 1787. Nach der Aufhebung des Klosters im Zuge der S¨akularisation lebte B. seit 1803 in Mainz. C Leb Nassau, Bd 3
Baer, Joseph (Abraham), Buchh¨andler, Antiquar, * 4. 12. 1767 Hanau, † 9. 1. 1851 Frankfurt / Main. B. siedelte 1785 von Bockenheim nach Frankfurt / Main u¨ ber. Da er als Jude dort kein Gesch¨aft er¨offnen durfte, gr¨undete er formell in Bockenheim das erste deutsche Antiquariat, das in der Frankfurter Judengasse (der sp¨ateren B¨ornestraße) beim Dominikanerkloster eine Niederlassung hatte, die aber das eigentliche Gesch¨aft war. Durch die Vermittlung einflußreicher Kunden und Freunde erhielt B. 1834 das B¨urgerrecht und konnte in besserer Gesch¨aftslage
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B¨ar seine nunmehr vergr¨oßerte „Altbuchhandlung“ er¨offnen. B.s S¨ohne Hermann Joseph und Leopold Joseph → B¨ar traten 1824 in das Gesch¨aft ein. C Frankf Biogr
B¨ar, Julius, bis 1897 Isaac B., Bankier, * 2. 1. 1857 Heidelsheim (Baden), † 9. 3. 1922 Riehen (Kt. BaselStadt). B., a¨ ltester Sohn einer in Heidelsheim bei Bruchsal beheimateten Familie, die vom Fellhandel lebte, lernte das Bankgesch¨aft bei August Gerstle in Augsburg, einem Finanzier der MAN und der Generalpresse, und wurde 1886 Partner bei Samuel Dukas & Co. in Basel. 1891 heiratete er Sophie Ulrich aus Harburg (Bayrisch Schwaben). 1896 wurde B. auf Vermittlung seines Schwippschwagers Ludwig Hirschhorn Partner der 1890 in Z¨urich gegr¨undeten Bank, die zun¨achst unter Hirschhorn, Uhl & B¨ar firmierte und nach dem Tod Ludwig Hirschhorns 1901 Julius B¨ar & Co. hieß. Devisenhandel und Kredit waren die wichtigsten Gesch¨aftszweige des Hauses, das sich seither von einer B¨orsenbank zu einem großen Verm¨ogensverwalter mit 200 Mitarbeitern entwickelte. 1907 wurde B. Z¨urcher B¨urger. Baer, Karl (Anton Ernst), Jurist, Politiker, * 24. 10. 1833 Bruchsal, † 8. 5. 1896 Montreux (Schweiz). B. studierte 1852-56 Rechtswissenschaften in Heidelberg und wurde nach T¨atigkeiten in Bruchsal und Rastatt 1864 Amtsrichter und Amtmann in Freiburg; 1867 ging er nach Waldshut, 1871 nach Mannheim. Bei der Verlegung des badischen obersten Gerichtshofs nach Karlsruhe wurde B. 1879 zum Oberlandesgerichtsrat ernannt. 1873-82 war er Abgeordneter f¨ur Bruchsal im Badischen Landtag, 1874-79 Mitglied des Deutschen Reichstags; er geh¨orte der Nationalliberalen Partei an und redigierte die „Badische Nationalliberale Korrespondenz“. 1891 war er Mitbegr¨under des „Vereins zur Abwehr des Antisemitismus“. B. ver¨offentlichte u. a. Geschichte und Kritik der Verfassungsrevisionsfrage sowie der gegenw¨artigen Parteiverh¨altnisse im Lande Baden (1892). C Haunfelder, Lib Abg
Baer, Karl Ernst von, Naturforscher, Anthropologe, * 28. 2. 1792 Gut Piep (Estland), † 28. 11. 1876 Dorpat. B., Edler von Huthorn, wurde auf dem Gut Piep im Kreis Jerwen in Estland als viertes von zehn Kindern des Magnus Johann von B. (1765-1825) und seiner Ehefrau Juliane Louise, geb. von B. (1764-1820), geboren. Nach Privatunterricht und Besuch der Ritter- und Domschule in Reval studierte B. Medizin in Dorpat und wurde 1814 mit einer Arbeit u¨ ber die unter Esten besonders verbreiteten Krankheiten promoviert (De morbis inter Esthonos endemicis, Neudr. 1938). In Wien, Berlin und W¨urzburg setzte B. sein Studium fort, durch Ignaz → D¨ollinger wurde er zu vergleichend anatomischen und embryologischen Studien angeregt. 1817 erhielt er in K¨onigsberg die Stelle eines Prosektors bei Karl Friedrich → Burdach und wurde 1819 zum Extraordinarius f¨ur Zoologie und 1822 zum Ordinarius f¨ur Naturgeschichte und Zoologie ernannt; gleichzeitig war er Direktor des Botanischen Gartens. In K¨onigsberg blieb B. bis 1834, wurde zum Dekan der Medizinischen Fakult¨at und auch zum Rektor der Universit¨at gew¨ahlt. Hier verheiratete er sich 1820 mit Auguste von Medem (1799-1864); eine Tochter und f¨unf S¨ohne wurden in dieser Ehe geboren. 1834 begab B. sich nach St. Petersburg, war ordentliches Mitglied f¨ur Zoologie an der Petersburger Akademie der Wissenschaften und von 1841 bis 1852 Prof. der Vergleichenden Anatomie und Physiologie an der dortigen Mediko-Chirurgischen
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Akademie. 1862 kehrte er nach Dorpat zur¨uck. 1827 entdeckte B. bei der Untersuchung der Eierst¨ocke einer H¨undin das Ei des S¨augetiers (De ovi mammalium et hominis genesi, 1827). Dar¨uber hinaus gelang ihm eine F¨ulle zoologischer und vor allem embryologischer Beobachtungen und Erkenntnisse, die insgesamt ein zusammenh¨angendes Bild von der embryonalen Entwicklung der Wirbeltiere entwerfen. War B. in fr¨uheren Jahren von der M¨oglichkeit u¨ berzeugt, daß Lebensformen unmittelbar aus anorganischer Materie entstehen k¨onnten, so schr¨ankte er sp¨ater diese Auffassung ein, ohne die M¨oglichkeit der Urzeugung aber generell auszuschließen. Seine Kritik am Darwinismus bedeutete keine ¨ absolute Gegnerschaft (Uber Darwins Lehre, 1876); Umwandlung der Arten soll nach ihm innerhalb gewisser Grenzen m¨oglich sein, ebenso aber auch Neubildung ohne lebendige Vorformen. Die Abstammung des Menschen vom Affen lehnte B. ab, ebenso verwarf er Darwins Selektionstheorie. In den sp¨ateren Jahren seines Lebens traten ethnographische, geographische und arch¨aologische Studien in den Vordergrund; B. gilt als Begr¨under der Anthropologie in Rußland. Zahlreiche wissenschaftliche Gesellschaften und Akademien w¨ahlten B. zu ihrem Mitglied, 1820 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina; eine Insel erhielt seinen Namen. WEITERE WERKE: Ueber die Entwickelungsgeschichte der Thiere. Beobachtung und Reflexion. Bd. 1-2, K¨onigsberg 1828, 1837. Bd. 3. Hrsg. v. Ludwig Stieda. K¨onigsberg 1888. Nachdruck Br¨ussel 1967, erneut Hildesheim 1999, franz¨osisch Paris 1836, russisch Moskau 1950 / 53. – Reden gehalten in wissenschaftlichen Versammlungen und kleinere Aufs¨atze vermischten Inhalts. Bd. 1-3, St. Petersburg 1864-76. Braunschweig 21886. – Nachrichten u¨ ber Leben und Schriften des Geheimraths Dr. K. E. v. B., mitgetheilt von ihm selbst. St. Petersburg 1866. Braunschweig 21886. Nachdruck Hannover 1872, russisch Moskau 1950, engl. Canton, Mass., 1986. LITERATUR: Boris E. Raikov: K. E. v. B. 1792-1876. Sein Leben und sein Werk. Aus dem Russischen (1961). Leipzig 1968. – Jane M. Oppenheimer: B., K. E. v. In: Dictionary of Scientific Biography. Hrsg. v. Charles C. Gillispie. Bd. 1, New York 1970, S. 385-389. – Hans Querner: Das wissenschaftliche Weltbild K. E. v. B.s. In: Verhandlungen der Anatomischen Gesellschaft, Nr. 72 (1978) S. 819-825. – Timothy Lenoir: Kant, v. B. und das kausal-historische Denken in der Biologie. In: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 8 (1985) S. 99-114. – B. and modern biology. Proceedings of the International Conference held in Tartu 29. 2. - 3. 3. 1992. Tartu 1993. – Erki Tammiksaar (Hrsg.): Findbuch zum Nachlass K. E. v. B. (1792-1876). Gießen 1999. – Elena Muzrukova: K. E. v. B. (1792-1876). In: Darwin & Co. Eine Geschichte der Biologie in Portraits. Hrsg. v. Ilse Jahn und Michael Schmitt. Bd. 1. M¨unchen 2001, S. 299-310. Dietrich von Engelhardt
Baer, Leo(pold Alfred), Buchh¨andler, Kunsthistoriker, * 7. 8. 1880 Frankfurt / Main, † 1948 Paris. Der Enkel von Leopold Joseph → B¨ar studierte Kunstgeschichte, Arch¨aologie und Philosophie an den Universit¨aten M¨unchen, Berlin, Straßburg und Heidelberg. Nach der Promotion 1902 trat er in die Buchhandlung Joseph Baer & Co. in Frankfurt ein. B., der seit 1911 Teilhaber des Sortiment und Antiquariat umfassenden Unternehmens war, bereiste Europa und Amerika (1911 und 1913). 1914-18 leistete er Kriegsdienst an der Westfront. B. war Mitarbeiter des Allgemeinen Lexikons bildender K¨unstler und ver¨offentlichte u. a. Die illustrierten Historienb¨ucher des 15. Jahrhunderts (1903). Nachdem die Nationalsozialisten 1934 das Unternehmen der j¨udischen Familie liquidiert hatten, mußte B. emigrieren. Er floh u¨ ber die Schweiz 1937 nach Paris, wo er im Buchhandel t¨atig war.
B¨arensprung B¨ar, Leopold Joseph, auch Baer, Buchh¨andler, Antiquar, * 23. 10. 1805 Bockenheim (heute zu Frankfurt / Main), † 31. 12. 1861 Frankfurt / Main. B. trat nach Abschluß des Gymnasiums 1820 in das Antiquariat seines Vaters Joseph → B. ein und leitete es seit 1824 gemeinsam mit seinem Bruder Hermann Joseph. W¨ahrend dieser sich auf Reisen befand, f¨uhrte B. das Frankfurter Gesch¨aft, das mit seinem reichen Bestand (¨uber 200 000 B¨ande) und den großen bibliographischen Kenntnissen des Besitzers vor allem in den Zeiten des Parlaments von 1848 zum Anziehungspunkt f¨ur Gelehrte wurde (u. a. Jacob → Grimm). B. machte sich besonders um die Ausstattung der o¨ ffentlichen Bibliotheken verdient. 1850 und erneut 1860 zog das Antiquariat in jeweils gr¨oßere Gesch¨aftsr¨aume um. Der russische Zar ernannte B. und seinen Bruder Hermann Joseph 1853 zu Hauptkommission¨aren der kaiserlich-¨offentlichen Bibliothek in St. Petersburg und des o¨ ffentlichen Museums in Moskau. C Frankf Biogr B¨ar, Ludwig, auch Ber, Berus, kath. Theologe, * 24. 5. 1479 (?) Basel, † 14. 4. 1554 Freiburg / Breisgau. Das Studium der Philosophie und Theologie in Paris schloß B., Sohn eines Kaufherrn, 1511 mit der Promotion zum Dr. theol. ab. 1513 erhielt er eine Professur an der Theologischen Fakult¨at der Univ. Basel, wo er 1515 und 1529 Dekan, 1514 und 1520 Rektor war. 1513 wurde er Chorherr, 1518 Propst am Kollegiatstift St. Peter, 1526 Domherr und Scholaster am M¨unster. Nach anf¨anglichem Wohlwollen trat B. vor allem bei der Disputation in Baden im Aargau (1526) als Gegner der Reformation hervor. Als 1529 der kath. Gottesdienst in Basel verboten wurde, siedelte B. gemeinsam mit → Erasmus von Rotterdam und anderen Humanisten und Mitgliedern des Domkapitels nach Freiburg / Breisgau u¨ ber, wo er einen Lehrauftrag an der Univ. wahrnahm. Er schrieb u. a. Pro salutari hominis ad felicem mortem praeparatione (1551). C NDB B¨ar, Max, Archivar, Historiker, * 21. 10. 1855 GroßTzschacksdorf (Kr. Sorau, Niederlausitz), † 15. 6. 1928 Koblenz. B. studierte in Leipzig und Jena Philologie, Geschichte und Hilfswissenschaften, wurde 1880 promoviert und trat in die preuß. Archivverwaltung ein. 1897 wurde er kommissarischer, sp¨ater Direktor des Staatsarchivs Osnabr¨uck, 1901 des Staatsarchivs f¨ur die Provinz Westpreußen in Danzig. Der von ihm entwickelte Arbeitsablauf erm¨oglichte die Bew¨altigung gr¨oßerer, besonders neuerer Aktenmassen. Seit 1912 leitete er das Staatsarchiv Koblenz. Er publizierte zahlreiche Akteneditionen, Aus der Geschichte der Stadt Koblenz 1814-1914 (1922) und Lebenserinnerungen (1920). C NDB Baer, Reinhold, Mathematiker, * 22. 7. 1902 Berlin, † 22. 10. 1979 Z¨urich. B., Sohn eines Fabrikanten, studierte Mathematik an der TH Hannover sowie an den Universit¨aten Freiburg, G¨ottingen und Kiel und wurde 1927 in G¨ottingen mit der Dissertation Zur Fl¨achentopologie. Kurven- und Abbildungstypen zum Dr. phil. promoviert. Nach einer Lehrt¨atigkeit an Schulen in Wyk auf F¨ohr und an der Odenwaldschule war er 1926-28 Assistent an der Univ. Freiburg, an der er sich 1928 mit der Arbeit Zur Theorie und Anwendung der Mischgruppen habilitierte. Im selben Jahr wechselte er mit einem Lehrauftrag f¨ur Analysis an die Univ. Halle. 1933 aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums beurlaubt, emigrierte B. nach England. Er war bis 1935 an der Univ. Manchester und nach seiner Ausreise 1935 in die USA bis 1937 am Institute for Advanced Study in Princeton t¨atig. An der University of North Carolina in Chapel Hill wurde er 1937 Assistant Prof., 1938 Associate Prof. an der
University of Illinois in Urbana, 1944 Full Professor. 1957 ging er als o. Prof. der Mathematik an die Univ. Frankfurt / Main. B. ver¨offentlichte Linear algebra und projective geometry (1952), war Mitherausgeber verschiedener Fachperiodika („American Journal of Mathematics“, 1950-56) und beeinflußte mit seinen Arbeiten die moderne Entwicklung der Algebra und der Gruppentheorie. C BHdE, Bd 2
B¨ar, Seligmann, Hebraist, * 18. 9. 1825 Mosbach (Baden), † 27. 2. 1897 Biebrich (heute zu Wiesbaden). B. war Lehrer an der j¨udischen Gemeindeschule in Biebrich, besch¨aftigte sich, angeregt durch den Publizisten Wolf Heidenreich, seit 1844 autodidaktisch mit dem Studium der ¨ Masora (der Uberlieferung des hebr¨aischen Bibeltextes). 1869-95 gab er (bis 1890 gemeinsam mit Franz → Delitzsch) die einzelnen B¨ucher des Alten Testaments (mit Ausnahme der B¨ucher Exodus bis Deuteronomium) als kritische Textausgaben heraus und erschloß dadurch den Text nicht zuletzt auch der christlichen Bibelwissenschaft. B. bet¨atigte sich auch als Herausgeber liturgischer Texte. B¨arbig, Kurt, Architekt, * 20. 3. 1889 Dresden, † 3. 9. 1968 Lubmin bei Greifswald. Nach Abschluß einer Zimmermannslehre und dem Besuch der Gewerbeschule studierte B. 1906-10 an der Dresdener Staatsbauschule, 1910-12 an der dortigen TH (u. a. St¨adtebau bei Cornelius → Gurlitt) und war gleichzeitig Bauf¨uhrer bei einem Architekturb¨uro. 1912-16 besuchte er die Akademie der bildenden K¨unste Dresden und war im dortigen Meisteratelier f¨ur Baukunst t¨atig. Seit 1913 f¨uhrte B. ein von ihm gegr¨undetes Architekturb¨uro. Nach dem Ersten Weltkrieg engagierte er sich f¨ur den sozialen Kleinwohnungsbau (Laubegast 1916 und 1920) und war seit 1918 im Vorstand des Bunds Deutscher Architekten; 1923 folgte die Berufung in die Deutsche Akademie f¨ur St¨adtebau. B. lebte 1934-39 in der Emigration in Brasilien. Seit 1946 hatte er den Lehrstuhl f¨ur Baukunst an der Dresdener Kunstakademie inne. C AKL
B¨arenklau zu Sch¨onreith, Johann Leopold Frh. von, Milit¨ar, * 1700 Kreuzberg, † 10. 8. 1746 Roddofreddo. Nachdem er das Vorhaben, in Prag zu studieren, aufgegeben hatte, trat B. in die o¨ sterr. Armee ein. Sechsunddreißigj¨ahrig war er bereits Oberst, zeichnete sich im Krieg gegen das Osmanische Reich 1737 aus und wurde als Chef des Generalstabs dem Oberbefehlshaber zugeteilt. Seit 1739 General¨ major, errang er 1742-44 im Osterreichischen Erbfolgekrieg vor allem auf bayerischem Gebiet mehrere Siege. Er fiel im Kampf gegen die spanisch-franz¨osischen Truppen. C Wurzbach Baerens, Bernhard Friedrich, Mediziner, * 4. 8. 1795 Riga, † 25. 9. 1863 Riga. B. studierte 1814 / 15 in Dorpat, anschließend in G¨ottingen, Berlin, Wien und T¨ubingen (Dr. med. 1819, Diss. inaug. sistens systematis lentis crystallinae monographiam physiol.pathologicam). 1820 ließ er sich in Riga nieder, wurde dort Stadt- und Polizeiarzt, Direktor und Oberarzt des Armenkrankenhauses; große Verdienste erwarb er sich w¨ahrend der Cholera-Epidemie 1830 (Beobachtungen und Erfahrungen u¨ ber die epidemische Cholera, 1831). B. war Mitbegr¨under des a¨ rztlichen Vereins in Riga. Sp¨ater widmete er sich dem Studium der Augenheilkunde. 1862 wurde er der erste Direktor der „Wittwe Reimer’schen Augenheilanstalt“ in Riga, deren Errichtung auf B. zur¨uckging. B¨arensprung, Friedrich Wilhelm Felix von, Dermatologe, * 30. 3. 1822 Berlin, † 26. 8. 1864 Kiel. Der Sohn des zeitweiligen Oberb¨urgermeisters von Berlin, Friedrich Wilhelm Leopold von → B., studierte seit 1840 an der Univ. seiner Heimatstadt, wechselte 1843 nach Halle, wo
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B¨arensprung er nach Abschluß der Studien (Promotion 1844, Observationes microscopiae de penitiore tumorum nonnullorum structura) 1845 Assistenzarzt an der Inneren Klinik wurde und auch nach der Habilitation f¨ur Dermatologie (1848, De transitu medicamentorum praesertim hydrargyri per tegumenta corporis externa) t¨atig war. B. f¨uhrte 1850-53 in Halle eine Privatklinik, folgte 1853 einem Ruf als Direktor der Syphilisabteilung der Berliner Charit´e und wurde 1856 zum a. o. Prof. ernannt sowie mit einer weiteren dermatologischen Abteilung betraut. B. geriet immer mehr ins wissenschaftliche Abseits (u. a. leugnete er die Forschungsergebnisse Rudolf → Virchows), seit 1863 mußte er sich in einer Psychiatrischen Klinik behandeln lassen. W¨ahrend einer vor¨ubergehenden Genesungsphase vollendete er seine Arbeit ¨ Uber heredit¨are Syphilis (1864). Viele seiner Arbeiten zeigen wissenschaftsgeschichtliches Interesse. Bleibendes Verdienst geb¨uhrt B. f¨ur die Einf¨uhrung der Temperaturmessung (Ueber die Folge und den Verlauf epidemischer Krankheiten, in: Archiv f¨ur Physiologie und Anatomie 1851 und 1852).
B¨arensprung, Friedrich Wilhelm Leopold von, Beamter, * 20. 8. 1777 / 79 Berlin, † 26. 6. 1841 Berlin. B. studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Erlangen und G¨ottingen, wurde 1802 Assessor und war schließlich als Regierungsrat in der Schuldenkommission t¨atig. 1814 erfolgte seine Wahl in den Berliner Magistrat, 1831 trat er das Amt des Oberb¨urgermeisters an, aus dem er 1834 auf eigenen Wunsch ausschied. Er war der Vater von Friedrich Wilhelm Felix von → B.
Baerensprung, Horst W., Jurist, Beamter, * 27. 3. 1893 Torgau / Elbe, † 29. 11. 1952 Braunschweig. Unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs, an dem er als Berufsoffizier teilnahm, bekannte sich B. zum Sozialismus. Er war 1918 Soldatenrat in Halberstadt, studierte anschließend Rechtswissenschaften in G¨ottingen und trat in die SPD ein. 1922 ließ er sich als Rechtsanwalt in Magdeburg nieder und geh¨orte 1924 zu den Gr¨undern des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“. B. war 1928 / 29 Landrat in Nordhausen und seit 1930 Polizeipr¨asident von Magdeburg, aus welchem Amt er von der Regierung Papen 1932 entlassen wurde. B. sah sich 1933 zur Emigration gezwungen, kam u¨ ber Polen in die USA, 1934 durch Vermittlung des V¨olkerbunds als Berater eines chinesischen Ministers nach Shanghai und war bis 1939 u. a. als Prof. f¨ur Kriminologie t¨atig. 1939-45 lehrte er preuß. Verwaltungsgeschichte an der Harvard University und hielt Ansprachen in amerikanischen Rundfunksendern f¨ur Deutschland. Nach seiner R¨uckkehr nach Deutschland war B. 1947-51 Polizeipr¨asident von Braunschweig. C BHdE, Bd 1
Baerholtz, Daniel, auch B¨arholz, Lyriker, * 5. 7. 1641 Elbing, † 25. 6. 1692 Elbing. Nach Schulen in Elbing und Stolp besuchte B. das Gymnasium in Danzig und studierte nach 1660 in K¨onigsberg und Wittenberg. Zun¨achst Hauslehrer in L¨ubeck, studierte er seit 1668 in Marburg, wo er ebenfalls als Hauslehrer arbeitete. Danach war er in verschiedenen Funktionen f¨ur die Stadt Elbing t¨atig: seit 1670 als Sekret¨ar, 1672 / 73 als Gesandter in Schweden, seit 1677 als 1. Sekret¨ar und seit 1685 als Ratsherr. B. schrieb Gelegenheitsgedichte und wurde zum Poeten gekr¨ont. Er war seit 1666 Mitglied des Elbschwanenordens, seit 1669 der Teutschgesinneten Genossenschaft und seit 1670 des Pegnesischen Blumenordens. B. beschrieb sein Leben in Des Chariclyts Denkw¨urdiger Wein-Morath (1670). C Killy B¨arlocher, August, schweizer. Redakteur, * 13. 9. 1887 Thal (Kt. St. Gallen), † 10. 11. 1968 Z¨urich. Der aus b¨auerlichen Verh¨altnissen stammende B. beendete das Studium der Germanistik in Rom und Freiburg
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(Schweiz) mit der Promotion zum Dr. phil. und trat 1917 als Redakteur in das katholisch-konservative „Aargauer Volksblatt“ ein, dessen Chefredakteur er zuletzt war. Als Konservativer hielt er im Aargau zahlreiche Reden. Seit 1925 war B. Mitglied, 1938-68 Pr¨asident der Direktionskommission des Schweizerischen Katholischen Preßvereins. Er bem¨uhte sich um die Reorganisation der Katholischen Internationalen C HLS Presseagentur.
B¨armann, Christian, Maler, Zeichner, Schriftsteller, * 24. 10. 1881 W¨urzburg, † 16. 2. 1924. Nach einer Schneiderlehre und einer Zeit als Seemann, die ihn bis S¨udamerika f¨uhrte, besuchte B. die Baugewerkschule in W¨urzburg, um Baumeister zu werden. Er brach die Ausbildung ab und besuchte die Kunstschule von Anton Aˇzb`e. B. stellte 1903 im M¨unchner Glaspalast eine Spessartlandschaft aus; die Zeitschriften „Simplicissimus“ und „Jugend“ erwarben Zeichnungen von ihm. Er erhielt den Rompreis der Martin-Wagner-Stiftung und lebte vier Jahre in Rom. Nach seiner R¨uckkehr betrieb B. vor allem Naturstudien, besonders von Kleintieren und Insekten. Er zog im Ersten Weltkrieg nach Burghausen, wo er als Illustrator fremder (Biene Maja, 1916) und eigener Geschichten (Die gute Kr¨ote Rockr¨ock, 1918) t¨atig war. B. schuf St¨adteansichten, vorwiegend von Burghausen und W¨urzburg. C AKL B¨armann, Georg Friedrich, auch Baermann, Mathematiker, * 1717 Leipzig, † 6. 2. 1769 Wittenberg. Seit 1730 studierte B. in Leipzig Theologie und Mathematik u. a. bei Johann August → Ernesti und wechselte sp¨ater zu Christian → Wolff nach Marburg, wo er 1734 Magister Artium und 1737 Magister Philosophiae wurde. Seit 1745 war er Prof. der Mathematik an der Univ. Wittenberg und Mitglied der Deutschen Gesellschaft in Leipzig; er stellte erstmals einen allgemeinen Beweis der Newtonschen Formel von den Potenzsummen der Gleichungswurzeln auf. Neben seinen mathematischen Arbeiten (u. a. De vectibus curvilineis, 1737) ver¨offentliche B. eine Ausgabe des Euklid (Elementorum Euclidis libri XV ad Graeci contextus fidem recensiti et ad usum tironium accomodati, 1744). C NDB ¨ B¨armann, Georg Nikolaus, Schriftsteller, Ubersetzer, * 19. 5. 1785 Hamburg, † 1. 3. 1850 Hamburg. B. war urspr¨unglich Sprach- und Handelslehrer in Hamburg, gr¨undete eine Privatschule, der er 1810-37 vorstand und ¨ lebte danach als freier Schriftsteller und Ubersetzer aus dem Englischen, Franz¨osischen und Spanischen; er war Theaterberichterstatter der „Hamburger Nachrichten“. 1820 erwarb er als Autodidakt den Dr. phil. an der Univ. Halle. Sein u¨ ber ¨ dreihundert Arbeiten umfassendes Werk enth¨alt neben Ubersetzungen hochsprachliche Dichtungen verschiedener Gattungen (u. a. das volkst¨umlich gewordene Lied Stadt Hamburg an der Elbe Auen) und niederdeutsche, mundartliche Schriften (u. a. Der l¨utje Plattd¨uu¨ tschmann, 1859), die ihn als Vorl¨aufer Klaus Johannes → Groths ausweisen. C NDB
B¨armann, Heinrich Josef, auch Baermann, Musiker, * 14. 2. 1784 Potsdam, † 11. 6. 1847 M¨unchen. Nach der Ausbildung in der Potsdamer Milit¨armusikerschule wurde B., Sohn eines Soldaten, Klarinettist bei der Kgl. Preußischen Leibgarde und (seit 1804) Musiker bei den Hauskonzerten des Prinzen. 1806 kam er als Erster Klarinettist an die M¨unchener Hofkapelle und unternahm von dort Konzertreisen durch Europa. Der mit ihm befreundete Carl Maria von → Weber begleitete ihn manchmal und komponierte f¨ur ihn Klarinettenkonzerte (op. 113 und 114). Mit seinem, dem franz¨osischen Clarinostil entgegenstehenden, Klarinettenstil entsprach B. den Anforderungen romantischer
B¨artle Kompositionen wie der Webers oder Louis → Spohrs. B., der 38 St¨ucke f¨ur Klarinette schrieb, war der Vater von Karl → B. C NDB
B¨armann, Johannes, Jurist, * 10. 5. 1905 Hof / Saale, † 13. 1. 1991 Albisheim / Pfrimm. B. studierte Rechtswissenschaften, wurde 1938 an der Univ. M¨unchen promoviert (Die Verfassungsgeschichte der Stadt M¨unchen im Mittelalter) und habilitierte sich 1942 an der Univ. Heidelberg (Die St¨adtegr¨undung Heinrichs des L¨owen). 1952 wurde er dort a. o. Prof. und wirkte 1954-57 als o. o¨ . Prof. der Rechts- und Verfassungsgeschichte in Mainz. B. ver¨offentlichte u. a. Typisierte Zivilrechtsordnung der Daseinsvorsorge (1948), Die Freiheit der europ¨aischen Binnenschiffahrt (1950), Gesetz u¨ ber das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz) (Kommentar, 1951; 7. vollst¨andig neubearb. Aufl. mit Eckhart Pick und Werner Merle, 1997) und Wohnungseigentumsgesetz (Kommentar, 1958; 141997, mit Eckhart Pick), Freiwillige Gerichtsbarkeit und Notarrecht (1968), Europ¨aische Integration im Gesellschaftsrecht (1970) und Wohnungseigentum (1991). C Juristen B¨armann, Karl, auch Carl Baermann, Musiker, * um 1782 Potsdam, † 19. 3. 1842 Berlin. Der Bruder von Heinrich Josef → B. erhielt eine erste musikalische Ausbildung in der Potsdamer Musikschule, trat in das Musikkorps der Kgl. Garde in Potsdam ein und wurde Fagottsch¨uler von Georg Wenzel Ritter. Nach einem Aufenthalt in Paris wurde er 1804 Kammermusiker und erster Fagottist in der Kgl. Kapelle in Berlin, der er bis kurz vor ¨ seinem Tod angeh¨orte. B. ver¨offentlichte Uber die Natur und Eigent¨umlichkeit des Fagotts (in: Leipziger musikalische Zeitung, Jg. 22, Nr. 36) und ein Konzert f¨ur Fagott. C MGG
B¨armann, Karl, auch Baermann, Musiker, * 24. 10. 1810 M¨unchen, † 24. 5. 1885 M¨unchen. B. wurde Nachfolger seines Vaters Heinrich Josef → B. als Erster Klarinettist an der M¨unchener Hofkapelle. Er gab (von ihm selbst einer Bearbeitung unterzogen) Carl Maria von → Webers Klarinettenkonzerte heraus und wurde besonders durch seine Vollst¨andige Clarinettschule (op. 63) bekannt, die jahrzehntelang Verwendung fand. B. komponierte Konzerte, Fantasien, Duos usw. f¨ur Klarinette. C NDB B¨arndorf von Bauerhorst, Auguste von, verwitwete Jaksch von Wartenhorst, Schauspielerin, * 11. 5. 1823 Berlin, † 8. 3. 1911 Rom. Sechzehnj¨ahrig bekam B. durch Vermittlung Charlotte von → Hagns Schauspielunterricht bei Auguste → Crelinger am Berliner Hoftheater und deb¨utierte 1846 als Philippine in Vor 100 Jahren. Im gleichen Jahr ging sie u¨ ber Oldenburg nach St. Petersburg, wo sie zehn Jahre lang als Kaiserliche Hofschauspielerin vor allem Liebhaberinnen spielte. 1858-68 geh¨orte B. dem Ensemble des Kgl. Hoftheaters in Hannover an, absolvierte Gastspiele in den USA und in Wien und zog sich 1870 von der B¨uhne zur¨uck.
Baernreither, Joseph Maria, o¨ sterr. Politiker, * 12. 4. 1845 Prag, † 19. 9. 1925 Teplitz. B., Sohn eines Fabrikanten und Großgrundbesitzers, studierte in Heidelberg und Prag (Dr. jur. 1871), wurde 1875 Ministerialvizedirektor im Wiener Justizministerium und verließ es 1885 unter Graf → Taaffe. Seit 1878 war B. Abgeordneter im B¨ohmischen Landtag, 1885-1907 im Reichsrat, wo er die Partei des „verfassungstreuen Großgrundbesitzes“ gr¨undete. 1898 zum Handelsminister im Kabinett Franz Thuns ernannt, trat er wenige Monate sp¨ater von diesem Amt zur¨uck. 1907 erfolgte seine Ernennung zum Mitglied des Herrenhauses. 1916 / 17 u¨ bernahm er ein Ministerium
ohne Portefeuille mit der Aufgabe, ein Volksgesundheitsministerium vorzubereiten. B. machte sich um die Justiz- und Sozialgesetzgebung verdient; seine Memoiren (u. a. hrsg. von J. Redlich als Fragmente eines politischen Tagebuches, 1928) bilden wertvolles Quellenmaterial. C Leb b¨ohm L¨ander
B¨arnreuther, Otto, Politiker, * 27. 8. 1908 N¨urnberg, † 21. 9. 1957 N¨urnberg. B. trat 1928 in die N¨urnberger Stadtsparkasse ein und qualifizierte sich f¨ur den gehobenen Verwaltungsdienst. Als Mitglied der SPD wurde er 1934 entlassen, bis er als Stadtamtmann in den st¨adtischen Dienst zur¨uckkehren konnte. 1946-52 war B. Direktor der Stadtsparkasse N¨urnberg, Mitglied des Stadtrats und amtierte 1952-57 als Oberb¨urgermeister von N¨urnberg.
B¨arsch, Georg Friedrich, Milit¨ar, Geschichtsschreiber, * 30. 9. 1778 Berlin, † 7. 1. 1866 Koblenz. B. war Buchh¨andler und trat 1806 in die preuß. Armee ein. In K¨onigsberg stand er in Kontakt mit der preuß. Reformpartei und war Mitglied des sogenannten Tugendbundes. Als Adjutant Ferdinand von → Schills nahm er am Aufstandsversuch gegen Napoleon teil, wurde vom Milit¨ar suspendiert, 1815 wieder aufgenommen, zum Milit¨argouverneur in Aachen ernannt und mit der Organisation der rheinischen Landwehr beauftragt. Seit 1816 im Verwaltungsdienst, war er Landrat in verschiedenen Kreisen und nahm 1848 als Geheimer Regierungsrat in Trier seinen Abschied. Er schrieb Erinnerungen aus meinem viel bewegten Leben (1857) und Arbeiten u¨ ber die Geschichte der Eifel (Eiflia illustrata, 8 Bde., 1842 ff). C NDB B¨arstecher, Johann Gottlieb, Pseud. M¨uller, Verlagsbuchh¨andler, Schauspieler, Kaufmann, * 17. 1. 1749 Herrenberg, † n. e. Der aus einer Kaufmannsfamilie stammende B. war 1770 Verlagsbuchh¨andler in Kleve mit einem Zweiggesch¨aft in D¨usseldorf (1773). Als Verleger gab er vor allem Zeitschriften heraus, u. a. eine „Sammlung gelehrter Nachrichten am Niederrhein“ (1772). 1774 begr¨undete er ein „Enzyklop¨adisches Journal“, das Christian Wilhelm → Dohm herausgab. Nach der Aufgabe seiner Buchhandlung 1776 geh¨orte B. bis 1781 der Doblerschen Theatergesellschaft an. Unter dem Pseudonym M¨uller schrieb er bis 1781 Theaterst¨ucke; gleichzeitig gab er ein Taschenbuch f¨ur Schauspieler und Schauspieltheater heraus. Anfang der achtziger Jahre gr¨undete B. einen Verlag und eine Druckerei in Kehl, in dem er u. a. die „Oberrheinischen Unterhaltungen f¨ur K¨unstler“ und das „Magazin f¨ur Frauenzimmer“ herausbrachte. Nach der Pacht des Gymnasiumsverlags in Karlsruhe wurde er badischer Hof- und Kanzleibuchdrucker. Seit 1784 brachte B. den „Oberrheinischen hinkenden Boten“ heraus und druckte 1785 Ernst Ludwig → Posselts „Magazin f¨ur Aufkl¨arung“. Unter dem Druck der Zensur nach dem Ausbruch der Franz¨osischen Revolution mußte B. Zeitschriften verkaufen; am 2. 2. 1789 wurden seine B¨ucher in Kehl beschlagnahmt. Anschließend Tabaksfabrikant und Kaufmann in Kehl, ging B. wegen der drohenden Kriegsgefahr nach Ulm, wo er Gesellschafter in einer Tabaksfabrik wurde. 1798 vertrat er Ulm am Rastatter Kongreß und in Paris, wo er sich f¨ur eine schw¨abische Republik mit Ulm als Mittelpunkt einsetzte. Nach der Beendigung seiner politischen Mission blieb B. in Frankreich und war im Getreidehandel t¨atig. B¨artle, Ugge, eigentl. Eugen, Bildhauer, * 12. 9. 1907 T¨ubingen, † 28. 8. 1990 T¨ubingen. Nach einer Steinmetzlehre studierte B., Sohn eines Architekten und einer Malerin, 1928-33 an der Kunstakademie M¨unchen bei Joseph → Wackerle und R. → Knecht; f¨ur
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B¨artling die realistische Großplastik Der J¨ungling auf der Schlange (1929 / 30) wurde er mit einem Reisestipendium ausgezeichnet. B. unternahm Reisen nach Italien (1929), Griechenland (1935) und Schweden (1950); er lebte 1937-51 in Hamburg, unterbrochen durch Kriegsdienst und -gefangenschaft. 1947 gr¨undete er die „Notgemeinschaft T¨ubinger-Reutlinger K¨unstler“, die ein Vorl¨aufer der K¨unstlervereinigung „Ellipse“ war. Seit 1951 wieder in T¨ubingen ans¨assig, begann B. seine fruchtbarste Arbeitsperiode: er schuf Kriegerdenkmale (u. a. in Bisingen, Entringen), die auf Heroisierung und Sentimentalit¨at verzichteten; er arbeitete vorwiegend in Bronze und Travertin. C AKL
B¨artling, (Theodor Carl Wilhelm) Richard, Geologe, * 17. 11. 1878 Hildesheim, † 7. 10. 1936 Berlin. B. studierte in M¨unchen an der Univ. und der TH sowie an der Bergakademie Clausthal (Promotion TH M¨unchen 1903, Die Molasse und das Glacialgebiet des Hohenpeißenberges und seiner Umgebung) und trat als Referendar in die Geologische Landesanstalt Berlin ein, wo er 1915 zum Bezirksgeologen, 1921 zum Bergrat und 1927 zum Landesgeologen ernannt wurde. 1909 hatte er sich an der Bergakademie Charlottenburg f¨ur praktische Geologie habilitiert und war seit 1922 a. o. Prof. an der TH Berlin. 1906 wurde B. die geologische Erfassung des Ruhrkohlebeckens u¨ bertragen, die er bis 1934 leitete. Seit 1935 stand er der Geologischen Forschungsstelle in Saarbr¨ucken vor. Neben der Kohlengeologie besch¨aftigte B. sich mit dem Deckgebirge des Ruhrgebiets. Er publizierte u. a. ein Geologisches Wanderbuch f¨ur den niederrheinisch-westf¨alischen Industriebezirk (1913).
Baerwald, Friedrich, National¨okonom, * 14. 10. 1900 Frankfurt / Main, † Oktober 1989 M¨unster (Westfalen). B. war Sohn j¨udischer Eltern und trat im Alter von 26 Jahren zum kath. Glauben u¨ ber. 1919-23 studierte er Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft in Freiburg / Breisgau, M¨unchen und Frankfurt / Main, dort u. a. bei Franz → Oppenheimer. 1923 wurde er zum Dr. jur. promoviert, nahm nach dem zweiten juristischen Staatsexamen eine Assessorenstelle an und war seit 1928 als Regierungsrat und Justitiar im westf¨alischen Arbeitsamt t¨atig. B. geh¨orte der Zentrumspartei an und war zeitweilig Assistent von Friedrich → Dessauer im Reichstag. 1934 gezwungen zu emigrieren, ging er in die USA, wo er 1935 an der Fordham University in New York eine erste Anstellung als Instructor fand. 1937 wurde er Assistant Professor, 1948 Associate Professor und hatte von 1955 bis zu seiner Emeritierung 1970 eine o. Professur inne. Anschließend kehrte er nach Deutschland zur¨uck. B.s wissenschaftliches Interesse galt Fragen des Arbeitsmarktes und -prozesses, der wirtschaftlichen Entwicklung und sp¨ater soziologisch-religi¨osen Grundlagenproblemen. Er war Mitherausgeber der Zeitschrift „Thought“ der Fordham University. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen u. a. Fundamentals of Labor Economics (1947, 21952), Economics System Analysis. Concepts and Perspectives (1960) und Economic Progress and Problems of Labor (1967, 21970). C Hagemann
Baerwald, Leo, Rabbiner, * 20. 9. 1883 Saaz (B¨ohmen), † 8. 4. 1970 New York. B. studierte 1905-11 an der Univ. Erlangen (Dr. phil.) und am J¨udisch-Theologischen Seminar in Breslau, wo er mit dem Rabbinerexamen abschloß. Er war 1914-17 Feldrabbiner, bis 1918 Hilfsrabbiner und 1918-40 dienst¨altester Rabbiner der liberalen Hauptsynagoge der M¨unchener Israelitischen Kultusgemeinde. Seit fr¨uher Zeit engagierte sich B. im Widerstand gegen den aufkommenden Nationalsozialismus, wurde 1933 von der SA entf¨uhrt und war Morddrohungen ausgesetzt. 1938 war er zeitweilig im Konzentrationslager Dachau interniert. Nach seiner Emigration in die USA 1940
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u¨ bernahm B. die Stelle des Ersten Rabbiners der j¨udischen Einwanderergemeinde Beth Hillel in New York (bis 1955). 1947-49 stand er der B’nai B’rith-Loge vor. B. schrieb u. a. Juden und j¨udische Gemeinden in M¨unchen vom 12. bis 20. Jahrhundert (in: Von Juden in M¨unchen, hrsg. von Hans Lamm, 1959). C BHdE, Bd 1
Baerwald, Richard, Psychologe, * 17. 12. 1867 K¨onigsberg, † 16. 5. 1929 Berlin. B. studierte Philologie und Philosophie und wurde 1893 promoviert. Er befaßte sich mit p¨adagogischen Problemen (Theorie der Begabung, 1896) und f¨uhrte Versuche mit neuen Methoden des Fremdsprachenunterrichts durch. B. besch¨aftigte sich zunehmend mit Psychologie, vor allem mit Suggestionsforschung (Psychologie der Selbstverteidigung in Kampf-, Not- und Krankheitszeiten, 1927). 1925 u¨ bernahm er die Redaktion der „Zeitschrift f¨ur kritischen Okkultismus und Grenzfragen des Seelenlebens“. B. war 27 Jahre Dozent f¨ur Psychologie und Pathologie des Seelenlebens an der Univ. Berlin. C Lex dt-j¨ud Autoren
Baerwald, Robert, Bildhauer, * 2. 12. 1858 Salwin bei Bromberg, † 11. 11. 1896 Wilmersdorf (heute zu Berlin). B. studierte 1880-84 bei Reinhold → Begas an der Kgl. Akademie in Berlin; seine neobarocke Denkmalsplastik war entscheidend von Andreas → Schl¨uter beeinflußt. Studienreisen f¨uhrten B. durch Deutschland, nach Italien, Paris, Br¨ussel und Antwerpen. Außer zahlreichen Kaiser-Wilhelm-Statuen (erstmals f¨ur Posen, 1886-88) sind einige Portr¨atb¨usten B.s bekannt (Heinrich-Schliemann-Denkmal, Schwerin, 1895). C AKL
Baerwind, Rudi, Maler, * 11. 2. 1910 Mannheim, † 12. 11. 1982 Mannheim. B. studierte u. a. bei Olaf → Gulbransson an der M¨unchner Kunstakademie, an der Hochschule der bildenden K¨unste in Berlin und an der Acad´emie Fernand L´eger in Paris. Seit 1932 hielt er sich immer wieder in Paris auf und beschickte dort bis 1942 die Ausstellungen der Ind´ependants und der Surind´ependants. Bei Kriegausbruch interniert, wurde B. nach dem deutschen Einmarsch in Frankreich zur Wehrmacht eingezogen (1942) und geriet in russische Kriegsgefangenschaft (1944 / 45). Er kehrte nach Mannheim zur¨uck; seit 1957 lebte er z. T. auch in Paris. 1968 gr¨undete B. in Mannheim das experimentelle „Symposion der K¨unste“, einen Ausstellungs- und Begegnungsort. Seine Malerei entwickelte sich vom deutschen Expressionismus u¨ ber eine surrealistische Phase hin zur abstrakten Kunst; in den siebziger Jahren befaßte er sich mit Mythologie. B. ver¨offentlichte Ich bin Maler und basta (1979). C AKL B¨arwinkel, Richard, evang. Theologe, * 3. 7. 1840 Dallmin bei Perleberg, † 12. 7. 1911 Erfurt. Nach Abschluß seiner Studien an den Universit¨aten Bonn und Halle wurde B. 1862 Hauslehrer, im folgenden Jahr Lehrer an einer Realschule (bis 1883) und schließlich Pfarrer an der Erfurter Reglerkirche (1863-1908). 1888-1911 war er Senior des Evangelischen Ministeriums der Stadt und Superintendent des Kirchenkreises Erfurt. W¨ahrend seiner Amtszeit wurden mehrere evang. Kirchen erbaut. B. war seit der Gr¨undung 1886 in Erfurt f¨uhrendes Mitglied des „Evangelischen Bundes“. Er ver¨offentlichte u. a. Moderne Theologie und moderne Weltanschauung (1907). C Leb Mitteldt, Bd 3
B¨aschlin, Carl Fridolin, auch Baeschlin, schweizer. Geod¨at, * 5. 8. 1881 Glarus, † 7. 12. 1961 Z¨urich. Nach Abschluß seines Studiums an der Eidgen¨ossischen Technischen Hochschule (ETH) in Z¨urich (Dipl.-Ing. 1904) trat B. in den Dienst der Eidgen¨ossischen Landestopographie in Bern ein. 1909-49 war er Ordinarius f¨ur Geod¨asie und
B¨astlein Topographie an der ETH Z¨urich, der er 1935-39 als Rektor vorstand. Seit 1911 war B. Mitglied, seit 1931 Pr¨asident der geod¨atischen Kommission der Schweizer Naturforschenden Gesellschaft, er leitete 1927 die internationale Kommission f¨ur die Grenzfestlegung zwischen der T¨urkei und dem Irak und war 1946-51 Vizepr¨asident sowie 1951-54 Pr¨asident der Internationalen Assoziation f¨ur Geod¨asie. B. ver¨offentlichte neben zahlreichen Einzeluntersuchungen das Standardwerk Lehrbuch der Geod¨asie (1948).
B¨aschlin, Heinrich Theophil, schweizer. Unternehmer, * 1845 Schaffhausen, † 1887 Schaffhausen. B. richtete 1870 auf dem von seinem Vater, einem gelernten B¨uchsenmacher und Pr¨aparator, erworbenen Fabrikgel¨ande in Schaffhausen eine Fabrik medizinischer Verbandstoffe ein und machte sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Brunscher Verbandswatte (Viktor von → Bruns) einen Namen. Das Gesch¨aft wurde bald durch andere Verbandmittel ausgeweitet, die u. a. die schweizer. sowie ausl¨andische Armeen, Spit¨aler und Eisenbahngesellschaften abnahmen. Der Vertrieb im In- und Ausland erfolgte durch Verkaufsgesch¨afte; Vertretungen gab es in Wien, Warschau, Bukarest und Barcelona. In Montpellier entstand eine Filialfabrik, in der auch orthop¨adische Ger¨ate und k¨unstliche Glieder hergestellt wurden. B. leitete das seit 1874 als Aktiengesellschaft eingetragene Unternehmen (Internationale Verbandstoff-Fabrik Schaffhausen) bis zu seinem Tod als Direktor. Baesecke, Georg, Germanist, * 13. 1. 1876 Braunschweig, † 1. 5. 1951 Halle / Saale. Nach Abschluß seiner altphilologischen und germanistischen Studien an den Universit¨aten G¨ottingen, Berlin und Heidelberg (Dr. phil. 1899) war B., Sohn eines Apothekers, 1902-04 Mitarbeiter der Weimarer Lutherausgabe. Er habilitierte sich 1905 an der Univ. Berlin f¨ur Deutsche Philologie, wurde 1913 a. o. Prof. und schließlich Lehrstuhlinhaber an der Univ. K¨onigsberg. 1921 wechselte er nach Halle, wo er bis an sein Lebensende (auch nach der Emeritierung 1948) lehrte. Bis 1932 Mitglied der Deutschen Volkspartei, wurde B. 1933 in die NSDAP aufgenommen; 1946 trat er in die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands ein. Nach Arbeiten zur Fr¨uhen Neuzeit besch¨aftigte sich B. mit mittelhochdeutscher Literatur (u. a. Der M¨unchener Oswald, 1907) und seit den zwanziger Jahren vor allem mit Metrik und althochdeutscher Literatur (u. a. Vor- und Fr¨uhgeschichte des deutschen Schrifttums, 2 Bde., 1940-50). C IGL
B¨asel, Friedrich, Journalist, Politiker, * 1. 5. 1907 Wiebelskirchen / Saar, † 17. 11. 1975 Saarbr¨ucken. Der Sohn eines H¨uttenarbeiters war seit 1921 im Eisenwerk in Neunkirchen / Saar t¨atig. Seit 1923 Gewerkschafter, wurde er 1924 Mitglied des Kommunistischen Jugendverbands Deutschlands, 1925 Jugendleiter des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes und 1929 Mitglied der KPD. 1931-35 geh¨orte er dem Gemeinderat von Wiebelskirchen an. 1931 wurde B. Volont¨ar, sp¨ater Redakteur der „Arbeiterzeitung“ (Saarbr¨ucken) und 1934 Parteisekret¨ar der SaarKPD. 1935 in das Konzentrationslager Dachau verschleppt, fl¨uchtete B. nach Frankreich und ging 1936 in die Schweiz, wo er an den „S¨uddeutschen Informationen“ (1936 / 37) und der „S¨uddeutschen Volksstimme“ (1938 / 39) mitwirkte. 1940-44 war er als illegaler Fl¨uchtling in der Schweiz interniert. Nach 1945 war B. Chefredakteur der „Neuen Zeit“, 1949 / 50 Stadtverordneter in Saarbr¨ucken, 1950-54 Leiter mehrerer KPD-Bl¨atter und 1954-57 Vorsitzender der SaarKPD. 1947-50 und 1955-61 geh¨orte er dem Saarl¨andischen Landtag an. C BHdE, Bd 1
B¨aßler, Arthur, Ethnologe, Forschungsreisender, * 6. 5. 1857 Glauchau, † 31. 3. 1907 Eberswalde. B. studierte an den Universit¨aten Heidelberg, M¨unchen und Berlin Naturwissenschaften, Geographie und Ethnologie (Promotion 1886, Das Hydrochinon und seine Derivate). Angeregt von Rudolf → Virchow und Adolf → Bastian, begann er eine ausgedehnte Reise- und Forschungst¨atigkeit. 1887-89 f¨uhrte ihn seine erste große Reise zu den hinterindischen Inseln, auf der er neben der Sammlung anthropologischer und ethnographischer Materialien u. a. ein W¨orterverzeichnis eines Negrito-Stammes erarbeiten konnte. B.s Reise in die S¨udsee, nach Australien und Neuguinea 1891-93 fand ihren Niederschlag in den S¨udseebildern (1895), die mehrere Abhandlungen sowie Bilder- und Kartenmaterial enthalten; 1896 / 98 erforschte er Ostpolynesien, Neuseeland und Peru. 1900 erschienen Neue S¨udsee-Bilder. B. errichtete eine Stiftung zur F¨orderung der Ethnologie Ozeaniens, seine reichen Sammlungen vermachte er vor allem den ethnographischen Museen in Berlin, Dresden und Stuttgart. C Biogr Jahrb, Bd 12 B¨aßler, Johann Leonhard, Theologe, Lehrer, * 19. 12. 1745 Memmingen, † 9. 10. 1811 Memmingen. B. war seit 1773 Pfarrer in Arlesried, von 1775 an in Volkratshofen. 1784 kam er nach Berg, wurde Pr¨azeptor am Lyzeum in Memmingen und war 1788-1804 dessen Rektor. B. ver¨offentlichte u. a. Geistliche Lieder f¨ur das Landvolk (1778). C ADB B¨aßler, Reinhold, Jurist, * 30. 1. 1913 Stammheim bei Ludwigsburg, † 21. 7. 1969 D¨usseldorf. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte 1931-35 Rechtswissenschaften in T¨ubingen, Berlin und M¨unchen. 1936 / 37 war er hauptamtlicher Referent beim SicherheitsdienstUnterabschnitt W¨urttemberg-Hohenzollern, 1937-42 Gaustudentenf¨uhrer von W¨urttemberg-Hohenzollern. Seit 1939 auch in der Reichsstudentenf¨uhrung t¨atig, u¨ bernahm er im selben Jahr die Leitung der Reichsf¨orderung des Reichsstudentenwerkes. 1940 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. 1941 in T¨ubingen promoviert und 1943 als Kriegsversehrter aus der Wehrmacht entlassen, wirkte B. 1943-45 als Leiter des Amtes f¨ur Politische Erziehung in der Reichsstudentenf¨uhrung. Seit 1949 war er im Versicherungswesen t¨atig, zun¨achst bei der Allianz-Versicherung, seit 1953 bei der Victoria-Feuer-Versicherungs-Aktiengesellschaft, dort zuerst als Prokurist und Direktor, seit 1963 als Vorstandsmitglied. B. geh¨orte auch dem Vorstand der Deutschen KernreaktorVersicherungs-Gemeinschaft an. C Gr¨uttner B¨astlein, Bernhard, Politiker, Journalist, Widerstandsk¨ampfer, * 3. 12. 1894 Hamburg, † 18. 9. 1944 Brandenburg-G¨orden. Der Sohn eines sozialdemokratischen Arbeiters erhielt eine Ausbildung zum Feinmechaniker und schloß sich 1912 der SPD und der Gewerkschaft an. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg wurde B. in den Soldatenrat gew¨ahlt. Er wechselte 1918 zur USPD, 1920 zur KPD. 1921 wurde B. Mitglied der Hamburger B¨urgerschaft, nahm in Hamburg an den M¨arzk¨ampfen teil und emigrierte anschließend in die UdSSR. Dort war er als Redakteur und Metallarbeiter t¨atig, kehrte nach einer Amnestie nach Deutschland zur¨uck und war 1923-31 Redakteur bei der „Westf¨alischen Arbeiterzeitung“ (Dortmund), zwischenzeitlich auch Chefredakteur der „Bergischen Volksstimme“ (Remscheid) und der „Solinger Bergischen Arbeiterstimme“. Danach leitete er die KPD Mittelrhein. 1932 wurde B. in den Preußischen Landtag und 1933 in den Reichstag gew¨ahlt. Im selben Jahr aus politischen Gr¨unden verhaftet, war er bis 1936 im Zuchthaus, anschließend im Konzentrationslager Esterwegen und bis 1940 im Konzentrationslager Sachsenhausen. Nach seiner Freilassung fand B. Arbeit als Chauffeur in Hamburg und stellte
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B¨ate Kontakte zu Oskar Reincke, Franz → Jacob und Robert → Abshagen her. Mit ihnen baute er eine Widerstandsorganisation in Hamburger Werften und Betrieben auf. Reincke und Jacob bildeten mit B. die Leitung der Gruppe, die in Unterbetriebsgruppen organisiert war. Sie wurde von der Gestapo entdeckt. 1942-44 erneut inhaftiert, konnte B. fl¨uchten und nahm Verbindung zur Widerstandsgruppe um Anton → Saefkow auf. Nach einer weiteren Festnahme wurde B. im Gef¨angnis G¨orden ermordet. C Dt Kommunisten
rat in Stettin, 1913 Studiendirektor in Bergen / R¨ugen; 1934 erhielt er einen Lehrauftrag in Leipzig. Im folgenden Jahr wurde er o. Prof. der Religionsgeschichte an die Univ. Leipzig; seit 1945 nahm er den Lehrstuhl f¨ur nordische Philologie wahr. B. arbeitete vor allem u¨ ber die literarischen Traditionen der Saga sowie u¨ ber Religion und Christianisierung der Germanen (u. a. Die Religion der Germanen in Quellenzeugnissen, 1937). C IGL
B¨ate, Ludwig, Schriftsteller, * 22. 6. 1892 Osnabr¨uck,
rich zur Linde, Otto Horn, Fels, o¨ sterr. Schriftsteller, Journalist, * 9. 4. 1786 Wien, † 20. 9. 1859 Basel. B. war einige Jahre im Staatsdienst, bevor er 1806-59 die „Wiener Theaterzeitung“ leitete. 1809-28 war er Sekret¨ar des Leopoldst¨adter Theaters in Wien und gr¨undete 1848 die Zeitschriften „Geißel“ und „Volksbote“ (sp¨ater „Wiener Telegraph“). B. schrieb eine große Zahl von Volkskom¨odien f¨ur das Wiener Volkstheater, darunter B¨urger in Wien (1813) mit der ber¨uhmt gewordenen Figur des Regenschirmmachers Staberl. Nach 1848 wandte sich B. der erz¨ahlenden Dichtung zu, publizierte Theaterromane und Kriminalgeschichten (Zahlheim, 5 Bde., 1856); seine (unvollendeten) Memoiren erschienen 1858. Er war der Vater von Friederike → B. C Killy
† 30. 4. 1977 Osnabr¨uck. B., Sohn eines Handwerkers, schloß 1912 seine Lehrerausbildung ab, war 1915-45 Lehrer an der h¨oheren Stadtschule in Melle und 1928 Realschulleiter in Osnabr¨uck; von den Nationalsozialisten wurde er mit Publikationsverbot belegt. Seit 1945 war B. Kulturdezernent und Stadtarchivar in Osnabr¨uck, zu deren Geschichte er mehrere Arbeiten publizierte (u. a. Osnabr¨ucker Theater, 2 Bde., 1930-32). Die Behandlung idyllisch-kleinst¨adtischer Themen in seinen belletristischen Schriften trug ihm die Bezeichnung „Spitzweg der Feder“ ein (u. a. Mond u¨ ber Nippenburg. Ein deutscher Idyllenkranz, 1924). B. schrieb u. a. die Biographie Justus M¨oser. Advocatus patriae (1961) und ver¨offentlichte Lebenserinnerungen unter dem Titel Der Weg zu ihr (1946) und Begegnungen (1947). C Westf Autoren, Bd 3
Baethgen, Friedrich (Wilhelm Adolf), luth. Theologe, * 10. 1. 1849 Lachem bei Hameln, † 5. 9. 1905 Rohrbach bei Heidelberg. B., Sohn eines Pastors, studierte in G¨ottingen und Kiel, wo er sich 1889 habilitierte und 1884 a. o. Prof. f¨ur Altes Testament wurde. 1888 wechselte er nach Halle und ging im folgenden Jahr als o. Prof. und Mitglied des pommerschen Konsistoriums nach Greifswald; seit 1895 war er Ordinarius in Berlin. B. f¨orderte besonders die historisch-kritische Arbeit auf dem Gebiet der philologischen und religionsgeschichtlichen Forschungen zum Alten Testament. Neben Beitr¨agen zur semitischen Religionsgeschichte (1888) ver¨offentlichte er u. a. Psalmen, u¨ bersetzt und erkl¨art (1892) und besorgte die Neubearbeitung von Eduard → Riehms Handw¨orterbuch des biblischen Altertums (2 Bde., 1893 / 94). Sein Sohn war der Historiker Friedrich (J¨urgen Heinrich) → B. C NDB
Baethgen, Friedrich (J¨urgen Heinrich), Historiker, * 30. 7. 1890 Greifswald, † 18. 6. 1972 M¨unchen. Der Sohn des Theologen Friedrich (Wilhelm Adolf) → B. studierte in Berlin und Heidelberg, wurde 1913 mit der Arbeit Die Anf¨ange der Regenschaft Papst Innozenz III. im K¨onigreich Sizilien promoviert und habilitierte sich 1920 in Heidelberg f¨ur mittelalterliche Geschichte (Der Anspruch des Papsttums auf das Reichsvikariat). 1924 wurde er dort a. o. Prof., 1927 Honorarprofessor an der Univ. Berlin und zweiter Sekret¨ar am Preußischen Historischen Institut in Rom. 1929 folgte B. einem Ruf als Ordinarius nach K¨onigsberg; seit 1939 war er o. Prof. in Berlin, seit 1948 Pr¨asident der Monumenta Germaniae Historica (bis 1959). B. besch¨aftigte sich vor allem mit dem Hoch- und Sp¨atmittelalter, besonders mit der Politik- und Geistesgeschichte dieser Zeit. Er wurde 1945 Mitglied der Deutschen, 1950 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, deren Pr¨asident er 1956-64 war. B. ver¨offentlichte u. a. Der Engelpapst (1943), Europa im Sp¨atmittelalter (1951) und Mediaevalia (2 Bde., 1960). C Historikerlex Baetke, Walter (Hugo Hermann), Germanist, Nordist, Religionshistoriker, * 28. 3. 1884 Sternberg (Neumark), † 15. 2. 1978 Leipzig. B., Sohn eines Polizeiangestellten und einer Lehrerin, wurde 1906 zum Dr. phil. promoviert (Kindergestalten bei den Zeitgenossen und Nachfolgern Shakespeares) und 1910 Studien-
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B¨auerle, Adolf, eigentl. Johannes Andreas, Pseud. Fried-
B¨auerle, Friederike, Pseud. Friedrich Horn, o¨ sterr.
¨ Schriftstellerin, Ubersetzerin, * 11. 12. 1820 Wien, † 17. 7. 1896 Urschendorf (Nieder¨osterreich). Die Tochter von Adolf → B. galt zu ihrer Zeit als eine der besten Musikdilettantinnen (Pianistin) in Wien; sie unternahm 1848 eine Reise durch Westeuropa und war danach ¨ schriftstellerisch t¨atig. B. war als Autorin und Ubersetzerin Mitarbeiterin ihres Vaters an der „Wiener Theaterzeitung“ (1850-53 unter Pseudonym). Sp¨ater schrieb sie f¨ur das „Belletristische Lese-Cabinet“, das Adolf → Hartleben herausgab. Gemeinsam mit Constant von → Wurzbach verfaßte B. zwei Serien von Blumenbriefen in der „Ostdeutschen Post“ (1853) und im „Salon“ (1854). Nach dem Tod ihres Vaters 1859 gab sie Bearbeitungen seiner nachgelassenen Erinne¨ rungen heraus (u. a. Der Herr Lorenz). C OBL
B¨auerle, Hermann, kath. Theologe, Musiker, * 24. 10. 1869 Ebersberg (W¨urttemberg), † 21. 5. 1936 Ulm. Nach dem Studium der Theologie, Philosophie und Philologie in T¨ubingen 1890-94 (Priesterweihe 1895) wurde B., Sohn eines Lehrers, 1897 Pfarrverweser in Eint¨urnenberg. 1898 verbrachte er einige Monate als Sch¨uler Franz Xaver → Haberls an der Kirchenmusikschule Regensburg. B. trat 1899 die Stelle des Hofkaplans des Hauses Thurn und Taxis in Regensburg an und lehrte 1901-08 an der dortigen Kirchenmusikschule Harmonie und Kontrapunkt. 1906 wurde er mit der Arbeit Musikphilologische Studie u¨ ber die „Sieben Bußpsalmen“ des Orlando di Lasso zum Dr. phil. promoviert, Ehrendomherr an der Kathedrale von Palestrina und erhielt 1907 den Titel P¨apstlicher Geheimk¨ammerer. Seit 1908 war er u. a. als Pfarrer in Reutlingendorf t¨atig, bevor er 1921 das sp¨atere Musikkonservatorium in Ulm gr¨undete, dessen Leitung er bis zu seinem Tod innehatte. B. gilt als wichtiger Erneuerer der kath. Kirchenmusik; er ver¨offentlichte u. a. ein Repetitorium der Harmonielehre (1902) und komponierte zahlreiche kirchliche Ges¨ange. C NDB
B¨auerle, Theodor, Bildungspolitiker, * 16. 6. 1882 Unterurbach, † 29. 5. 1956 Stuttgart. B. erhielt seine Ausbildung am Lehrerseminar Esslingen und an der Akademie f¨ur Sozial- und Handelswissenschaften in Frankfurt / Main. Er war 1918-36 Direktor des von ihm mitbegr¨undeten Vereins zur F¨orderung der Volksbildung in Stuttgart, seit 1919 Gesch¨aftsf¨uhrer des Vereins zur F¨orderung der Begabten, nach dessen erzwun-
B¨aumer gener Aufl¨osung 1936 Gesch¨aftsf¨uhrer der Markelstiftung und der Bosch-Jugendhilfe. 1942 und 1944 wurde B. wegen seiner Zugeh¨origkeit zur Widerstandsgruppe um Carl Friedrich → Goerdeler verhaftet. B. war nach 1945 Ministerialdirektor im baden-w¨urttembergischen Kultusministerium und 1947-51 Kultusminister des Landes. Er ver¨offentlichte zahlreiche Schriften zur Erwachsenenbildung, Sozialp¨adagogik und Volkskunde, darunter Volksheer und Volksbildung (1916). C BHE
B¨aumer, Arno Paul, Versicherungsmanager, * 2. 2. 1920 Hamburg, † 18. 8. 1997 M¨unchen. B., Sohn des Flugpioniers Paul → B., beendete das Studium der Rechtswissenschaften nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem 1. Staatsexamen, arbeitete bei der Allianz Versicherung in Hamburg und wurde 1953 Leiter ihrer Filiale in G¨ottingen. Seit 1958 in der Konzernzentrale in M¨unchen t¨atig, leitete er seit 1961 die Zweigniederlassung des Unternehmens in Berlin. 1970 in den Vorstand der Allianz Lebensversicherung berufen, hatte B. 1971-85 den Vorstandsvorsitz inne. Er war Pr¨asidiumsmitglied im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, 1975-79 dessen Pr¨asident und geh¨orte bis 1984 auch dem Pr¨asidium des Bundesverbandes der Privatversicherungen an. C Munzinger
B¨aumer, Eduard, Maler, * 13. 5. 1892 Castellaun / Hunsr¨uck, † 21. 1. 1977 M¨unchen. Nach einer Lehre als Dekorationsmaler in Frankfurt studierte B. seit 1908 bei Ludwig Heinrich → Jungnickel an der dortigen Kunstgewerbeschule und 1910-14 an der St¨adel-Schule, an die er 1919-22 als Meistersch¨uler zur¨uckkehrte. Seit 1924 besuchte er mehrfach Italien, hielt sich in Berlin (1927 / 28) und Paris (1930 / 31) auf; schließlich war er in Frankfurt und Berlin f¨ur den Ullstein-Verlag t¨atig. Als „entarteter“ K¨unstler mußte er 1933 nach Salzburg emigrieren, wo er f¨ur den Atlantis-Verlag arbeitete, bevor er mit Berufsverbot belegt wurde. Seit 1943 leistete B. Kriegsdienst, kam u¨ ber Z¨urich (1947) nach Wien, wo er seit 1948 die Meisterklasse f¨ur Malerei an der Wiener Akademie f¨ur angewandte Kunst leitete. B. wurde 1950 zum Prof. ernannt; er lebte seit 1964 in den Abruzzen. Neben Buchgestaltungen (u. a. Das Kinderpara¨ dies, 1925) schuf er farbintensive Landschaftsgem¨alde in Ol und Pastell (u. a. Wilde Natur, 1959). B. kam bei einem Unfall ums Leben. C AKL
B¨aumer, Gertrud, Politikerin, Schriftstellerin, * 12. 9. 1873 Hohenlimburg (Westfalen), † 25. 3. 1954 Bethel (heute zu Bielefeld). Nach der Ausbildung zur Lehrerin, dem Schuldienst in Kamen und Magdeburg und dem Studium der Germanistik, Sozialwissenschaften und Philosophie in Berlin (Dr. phil. 1905, Goethes Satyros) wurde B., Tochter eines Pfarrers, Schriftleiterin der Zeitschrift „Die Hilfe“ (mit Friedrich → Naumann) und Herausgeberin der Zeitschrift „Die Frau“ (mit Helene → Lange). Mit Lange gemeinsam gab sie seit 1901 auch das Handbuch der Frauenbewegung (5 Bde.) heraus. B., eine der f¨uhrenden Pers¨onlichkeiten der u¨ berkonfessionellen Frauenbewegung, war seit 1908 im Vorstand der liberalen Fortschrittlichen Volkspartei, 1910-19 Vorsitzende des Bundes deutscher Frauenvereine; sie hielt Vorlesungen an der sozialen Frauenschule und der Humboldtakademie in Berlin, war im Ersten Weltkrieg Mitbegr¨underin des „Nationalen Frauendienstes“ und gr¨undete 1917 die Soziale Frauenschule und das Sozialp¨adagogische Institut in Hamburg. 1919 / 20 Mitglied der Verfassunggebenden Nationalversammlung, geh¨orte sie bis 1932 dem Reichstag an und war 1919-30 Stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Demokratischen Partei. 1920-33 war sie als erste Frau Ministerialr¨atin in der kulturpolitischen Abteilung des Reichsinnenministeriums, wo sie sich verst¨arkt f¨ur Reformen der
Wohlfahrtspflege einsetzte. Seit 1926 war sie Deutsche Delegierte im V¨olkerbund in Genf. Trotz ihrer Entlassung 1933 hielt B. engen Kontakt zu Frauenf¨uhrerinnen des Nationalsozialismus. Nach 1934 ver¨offentlichte sie vor allem historische Romane (Die Macht der Liebe. Der Weg des Dante Alighieri, 1941) und lebte zun¨achst in Gießmannsdorf (Schlesien), nach Kriegsende in Bayern und zuletzt in Bad Godesberg, wo sie sich der CDU anschloß. B. ver¨offentlichte ferner Die Frauenbewegung und die Zukunft unserer Kultur (1909), Soziale Erneuerung. Reichstagsreden (1919) und Helene Lange (1933). C Westf Autoren, Bd 3
B¨aumer, Hans Otto, Jurist, Volkswirtschaftler, Politiker, * 26. 12. 1926 Velbert, † 24. 11. 1998 D¨usseldorf. B. studierte in W¨urzburg Volkswirtschaft und Rechtswissenschaft. 1959 wurde er Leiter der Abteilung Arbeitsrecht und -verwaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes f¨ur den Bezirk Nordrhein-Westfalen und war gleichzeitig bis 1962 Landesarbeitsrichter, 1962-67 Bundesarbeitsrichter. 1967-75 war er Regierungspr¨asident der Bezirksregierung D¨usseldorf und 1979-83 nordrhein-westf¨alischer Landwirtschaftsminister. 1961-67 geh¨orte B. dem Vorstand des NordrheinWestf¨alischen St¨adtebundes an, dessen Vorsitzender er 1967 wurde. 1956-67 und 1975-79 war B. Stadtverordneter in Velbert, 1961-67 dort auch B¨urgermeister. 1962-67 und 1975-85 geh¨orte er dem Landtag von Nordrhein-Westfalen an. C Munzinger
B¨aumer, Heinrich, Bildhauer, * 25. 2. 1836 Warendorf (Westfalen), † 27. 4. 1898 Dresden. B. bei seinem Vater den Beruf des Modelltischlers und kam in eine Bildhauerwerkstatt in M¨unster, wo er vor allem Heiligenbilder schnitzte. 1859 zog er nach Dresden und wurde Sch¨uler Wilhelm Schwencks. Nach einem Romaufenthalt 1866-68 lebte B. bis zu seinem Tod in Dresden und f¨uhrte zahlreiche Auftr¨age vorwiegend der Stadt Dresden (u. a. Justitia) aus. Er war an der Ausf¨uhrung Pforte des Freiberger Doms beteiligt. B. bearbeitete bevorzugt allegorische Themen, die er in klassizistischer Manier ausf¨uhrte. C AKL
B¨aumer, Ludwig, Lyriker, * 1. 9. 1888 Melle, † 29. 8. 1928 Berlin. B. begann in G¨ottingen ein Jurastudium, das er 1912 abbrach. Er lebte dann in der K¨unstlerkolonie Worpswede und schrieb Lyrik f¨ur „Die Aktion“. 1916-18 nahm er am Ersten Weltkrieg teil und engagierte sich danach in der KPD in Bremen, wo er 1919 dem Rat der Volksbeauftragten angeh¨orte. Auch an der M¨unchner R¨aterepublik war B. beteiligt. B. tendierte zum Syndikalismus, trat im Juni 1919 aus der KPD aus und zog sich entt¨auscht aus der Politik zur¨uck. Seit 1924 lebte er als freier Schriftsteller in Berlin und M¨unchen. B. publizierte den Lyrikband Das j¨ungste Gericht (1918) und die politische Arbeit Das Wesen des Kommunismus (1919). C Dt Kommunisten B¨aumer, Paul, Pilot, * 11. 5. 1896 Duisburg, † 15. 7. 1927 bei Kopenhagen. Von Beruf Zahntechniker, absolvierte B. eine zivile Pilotenpr¨ufung und trat 1914 als Kriegsfreiwilliger in die Armee ein; er erhielt in D¨oberitz eine Flugausbildung und war seit 1917 Jagdflieger. Nach dem Krieg gr¨undete er in Hamburg die B¨aumer-Aero G. m. b. H., die sich mit Flugzeugbau und Pilotenausbildung befaßte. B. verungl¨uckte bei der Erprobung eines neuen Flugzeuges.
B¨aumer, Remigius, kath. Theologe, Kirchenhistoriker, * 11. 12. 1918 Gevelsberg, † 26. 12. 1998 Kirchzarten bei Freiburg / Breisgau. B., Sch¨uler Hubert → Jedins, empfing 1948 die Priesterweihe, wurde 1956 in Bonn zum Dr. theol. promoviert, war 1957-65 Hauptschriftleiter des Lexikons f¨ur Theologie
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B¨aumer und Kirche und habilitierte sich 1967 an der Univ. Freiburg / Breisgau. 1968 wurde er Prof. der Kirchengeschichte in Paderborn, 1974 in Freiburg. B. ver¨offentlichte zahlreiche Werke zur Kirchengeschichte, vorwiegend des 15. / 16. Jh., insbesondere zum Konziliarismus, u. a. Nachwirkungen des konziliaren Gedankens in der Theologie und Kanonistik des fr¨uhen 16. Jahrhunderts (1971), Martin Luther und der Papst (1970, 51987), Kleine Papstgeschichte (1974, 41988) und Johannes Cochlaeus (1980). 1978 wurde er zum P¨apstlichen Ehrenpr¨alaten ernannt. C LThK
B¨aumer, Suitbert, Taufname: Adolf Heinrich, kath. Theologe, * 28. 3. 1845 Haus Leuchtenberg bei Kaiserswerth, † 12. 8. 1894 Freiburg. Der Sohn eines Landwirts studierte in Bonn und T¨ubingen Rechtswissenschaften und Theologie; 1865 trat er in das Benediktinerkloster Beuron bei Sigmaringen ein und wurde 1869 zum Priester geweiht. Neben seiner T¨atigkeit als Bibliothekar und Archivar im Kloster war er Kantor und Lektor f¨ur Kirchenrecht und Exegese. Bei der Aufl¨osung des Klosters w¨ahrend des Kulturkampfes 1875 wurde B. in das Kloster Maredsous nach Belgien versetzt, wo er – mit kurzer Unterbrechung Ende der siebziger Jahre, in der er im englischen Erdington Subprior war – bis zu seiner R¨uckkehr nach Beuron 1890 lebte. B. war liturgischer Berater der Druckerei Descl´ee in Tournai bei der Herausgabe der Vulgata von 1881, des Missale Romanum, des benediktinischen Missale und des Ordensbreviers (4 Bde., 1884). Seine bedeutendste eigene Ver¨offentlichung ist die Geschichte des Breviers (1895), die eine kurze Autobiographie enth¨alt. C LThK
B¨aumer, Wilhelm, Architekt, * 18. 4. 1829 Ravensburg, † 4. 11. 1895 Straßburg. Nach dem Studium am Stuttgarter Polytechnikum ging B. ´ 1854 nach Paris und besuchte die Ecole des Beaux-Arts. 1858 wurde er Prof. am Polytechnikum in Stuttgart, gab seit 1863 mit Julius → Schnorr von Carolsfeld die Zeitschrift „Gewerbehalle“ heraus und gr¨undete 1869 die Stuttgarter Kunstgewerbeschule. 1869-74 lebte B. in Wien, 1874-84 wieder in Stuttgart, wo er Vorstand der Baugewerbeschule war; nach dem Umzug nach Straßburg 1884 lehrte er an der dortigen Universit¨at. B. baute vor allem in historisierendem, z. T. der italienischen Renaissance verpflichtetem Stil. Neben Villen und Wohnh¨ausern in Wien und Stuttgart plante er o¨ ffentliche Bauten wie den Wiener Nordwest-Bahnhof (1870-73, zusammen mit Theodor Reuter). B. publizierte u. a. Das b¨urgerliche Wohnhaus der Stadt bei den Griechen und R¨omern [. . .] im 16.-19. Jahrhundert (1862). C AKL Baeumker, Adolf, Milit¨ar, * 14. 7. 1891 Breslau, † 4. 3. 1976 Bonn. B., Sohn eines Philosophieprofessors, trat 1908 in die preuß. Armee ein und erhielt seit 1909 eine Ausbildung an der Kriegsschule in Glogau. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg arbeitete er seit 1920 im Reichswehrministerium. Seit 1924 war B. dort Referent f¨ur technische Fragen der Aufr¨ustung im Fliegerstab des Truppenamtes und geh¨orte seit 1926 dem Deutschen Luftrat an. 1927 schied er aus dem Heeresdienst aus, wirkte 1927-32 als Referent f¨ur Forschung und Entwicklung der Luftfahrt im Reichsverkehrsministerium, wurde 1931 zum Oberregierungsrat ernannt und hatte 1933-41 die Leitung der Abteilung Forschung und Entwicklung im Technischen Amt des Reichsluftfahrtministeriums inne. 1937 wurde er Kanzler der Deutschen Akademie f¨ur Luftfahrtforschung, 1938 Ministerialdirigent, 1942 Vorsitzender der Luftfahrtforschungsanstalt M¨unchen. 1942-45 war er Mitglied der Forschungsf¨uhrung der Luftwaffe. 1944 in Freiburg / Breisgau promoviert, ging B. 1946 in die USA,
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beriet seit 1952 die United States Air Force in Baltimore in technischen Fragen und arbeitete seit 1958 im europ¨aischen Hauptquartier der amerikanischen Luftwaffe in Wiesbaden. Seit 1959 geh¨orte er dem Kuratorium der Deutschen Gesellschaft f¨ur Flugwissenschaften an. C Gr¨uttner
Baeumker, Clemens, Philosoph, * 16. 9. 1853 Paderborn, † 7. 10. 1924 M¨unchen. B., Sohn eines Gymnasialprofessors, studierte in Paderborn und M¨unster Philosophie, Philologie und Theologie, wurde 1877 zum Dr. phil. promoviert (Des Aristoteles Lehre von den a¨ ussern und innern Sinnesverm¨ogen) und war seit 1880 Gymnasiallehrer in M¨unster. 1883 wurde er o. Prof. der Philosophie in Breslau, 1900 in Bonn, 1903 als Nachfolger Wilhelm → Windelbands in Straßburg. 1891 gr¨undete B. die „Beitr¨age zur Geschichte der Philosophie des Mittelalters“, die er seit 1893 gemeinsam mit Georg von → Hertling herausgab, dessen Nachfolger er 1912 auf dem M¨unchener Lehrstuhl wurde. Er besch¨aftigte sich zun¨achst mit griechischer Philosophie (u. a. Das Problem der Materie in der griechischen Philosophie, 1890, Nachdr. 1963), sp¨ater vor allem mit der Geschichte der Philosophie im Mittelalter und erforschte die Einfl¨usse der griechischen und arabischen Philosophie auf die Scholastik. Als eines seiner bedeutendsten Werke gilt Witelo. Ein Philosoph und Naturforscher des 13. Jahrhunderts (1908). 1892-95 gab B. in 3 Teilen eine la¨ teinische Ubersetzung der Lebensquelle von Gabirol (Avencebrol) heraus (Fons vitae). C Geist Gestalt, Bd 1
Baeumker, Wilhelm (Friedrich), kath. Theologe, Musikhistoriker, * 25. 10. 1842 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 3. 3. 1905 Rurich bei Aachen. B., Sohn eines Anstreichermeisters, studierte in M¨unster und Bonn Theologie und Philologie. Nach der Priesterweihe 1867 wurde er 1868 Vikar in Alfter, 1869 Kaplan in Niederkr¨uchten, 1880 Schulinspektor und 1892 Pfarrer in Rurich. Seit seiner Zeit in Niederkr¨uchten besch¨aftigte sich B. mit Musiktheorie, Kunstgeschichte und Arch¨aologie, vor allem aber mit der Geschichte der Kirchenmusik (u. a. Palestrina. Ein Beitrag zur kirchenmusikalischen Reform des 16. Jahrhunderts, 1877). Als B.s herausragendste Arbeit gilt Das katholische deutsche Kirchenlied in seinen Singweisen von den fr¨uhesten Zeiten bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts (4 Bde., 1883-1911, Bd. 1 Neubearbeitung der Ausgabe von Karl Severin Meister, Bd. 4 hrsg. von Joseph Gotzen, Nachdr. 1962). C Fellerer, 9. Folge B¨auml, Albert, Leiter der Nymphenburger Porzellanmanufaktur, * 5. 6. 1855 Theusing bei Marienbad (B¨ohmen), † 9. 3. 1929 M¨unchen. Nach einer kaufm¨annischen Lehre in Pilsen und einer T¨atigkeit in einer Augsburger Textilfirma erhielt B., Sohn eines Meierhofp¨achters auf den G¨utern des Herzogs von Beaufort, die Stelle des Direktors der Nymphenburger Porzellanmanufaktur. Durch das technische und k¨unstlerische Ankn¨upfen an die Glanzzeit der Manufaktur im 18. Jh. gelang es ihm, den wirtschaftlich und k¨unstlerisch unbedeutend gewordenen Betrieb zu sanieren. In der Gestaltung baute er auf einer großen Vorbildersammlung aus dem 18. und 19. Jh. auf, verpflichtete aber auch zeitgen¨ossische K¨unstler (u. a. Joseph → Wackerle). B. gilt als der „Neubegr¨under“ der Nymphenburger Porzellanmanufaktur; die Wiederentdeckung des Nymphenburger Porzellanmodelleurs Franz Anton → Bustelli geht auf ihn zur¨uck. C NDB
B¨aumlein, Wilhelm Friedrich Ludwig von, Klassischer Philologe, Schulmann, evang. Theologe, * 23. 4. 1797 Langenburg, † 24. 11. 1865 Maulbronn. Nach der Ausbildung in Sch¨onthal, Maulbronn und T¨ubingen wurde B. 1820 Diakon und Pr¨azeptor in Langenburg,
Baeyer 1827 Gymnasialprofessor in Biberach, 1835 in Heilbronn und 1840 in Maulbronn, wo ihm 1845 auch das Ephorat u¨ bertragen wurde. Neben altphilologischen Arbeiten (Griechische Schulgrammatik, 1856) ver¨offentlichte B. theologische Studien und beteiligte sich in den vierziger Jahren des 19. Jh. an der Diskussion um den altphilologischen Schulunterricht (Die Bedeutung der classischen Studien f¨ur eine ideale Bildung, 1849). C ADB
Baeumler, Alfred, Philosoph, * 19. 11. 1887 Neustadt / Tafelfichte (Nordb¨ohmen), † 19. 3. 1968 Eningen unter Achalm (Baden-W¨urttemberg). B., Sohn eines Porzellanmalers und sp¨ateren Versicherungsbeamten, studierte in M¨unchen, Berlin und Bonn Philosophie, Geschichte und P¨adagogik und wurde 1914 mit der Arbeit Das Problem der Allgemeing¨ultigkeit in Kants ¨ Asthetik promoviert. Nach der Kriegsteilnahme 1915-18 war er als freier Schriftsteller t¨atig und gab u. a. Werke von → Bachofen und → Nietzsche heraus. 1924 habilitierte sich B. an der TH Dresden (Das Irrationalit¨atsproblem in der ¨ Asthetik und Logik des 18. Jahrhunderts bis zur Kritik der Urteilskraft, 1923, Neudruck 1967), wurde dort 1928 a. o., 1929 o. Prof. der theoretischen P¨adagogik und der Philosophie. Nach seinem Eintritt in die NSDAP 1933 wurde er auf den neuen Lehrstuhl f¨ur politische P¨adagogik der Univ. Berlin berufen. 1926-34 war er mit Manfred → Schr¨oter Herausgeber der Reihe „Handbuch der Philosophie“. Seit 1934 Leiter des Amtes (sp¨ater Hauptamtes) Wissenschaft im Amt → Rosenberg, wurde er 1935 Mitglied des Beirats des Reichsinstituts f¨ur Geschichte des neuen Deutschlands und 1942 Leiter der „Hohen Schule“ der NSDAP. B. bekannte sich seit 1933 engagiert zur nationalsozialistischen Ideologie, die er vor allem im R¨uckgriff auf Nietzsche als „heroischen Realismus“ philosophisch zu untermauern suchte. Nach seiner Verhaftung 1945 kritisierte er in Hitler und der Nationalsozialismus. Aufzeichnungen von 1945 (erschienen in: Der Pfahl 5, 1991) die Geistfeindschaft dieser Ideologie, wurde 1948 zu Arbeitslager verurteilt, sp¨ater jedoch freigesprochen. B. ver¨offentlichte u. a. Bachofen und Nietzsche (1929), Nietzsche, der Philosoph ¨ und Politiker (1931, 31937), Asthetik (1934), Politik und Erziehung. Reden und Aufs¨atze (1937, 41943), Studien zur deut3 schen Geistesgeschichte (1937, 1943), Bildung und Gemeinschaft (1942) und Weltdemokratie und Nationalsozialismus. Die neue Ordnung Europas als geschichtsphilosophisches Problem (1943). C DLL B¨aumler, Christian, Mediziner, * 13. 5. 1836 Buchau (Oberfranken), † 21. 11. 1933. B. studierte Medizin in Erlangen, T¨ubingen, Berlin, Prag und Wien (Promotion 1860, Beobachtungen und Geschichtliches u¨ ber die Wirkung der Zwischenrippenmuskeln); danach war er Assistent in F¨urth und an der Erlanger Poliklinik. 1863 ging er an das Deutsche Hospital in London, war seit 1866 auch an der Klinik f¨ur Brustkrankheiten im Victoria-Park t¨atig und folgte 1872 einem Ruf als a. o. Prof. der Klinischen Prop¨adeutik an die Univ. Erlangen. 1874 wechselte er nach Freiburg, wo er zun¨achst Direktor der Poliklinik und Prof. der Pharmakologie, 1876 Direktor der Medizinischen Klinik sowie Prof. der Speziellen Pathologie und Therapie wurde; B. versah sein Lehramt bis 1909. Er ver¨offentlichte u. a. den Artikel Syphilis in Hugo → Ziemssens Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie sowie Der sogenannte Magnetismus oder Hypnotismus (1894) und Die Entwicklung der Medizin einst und jetzt (1902); seine Autobiographie erschien in Medizin in der Gegenwart (Bd. 7, 1928). Seit 1893 war B. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.
Baeyer, Adolf (Johann Friedrich Wilhelm) Ritter von, Chemiker, * 31. 10. 1835 Berlin, † 20. 8. 1917 Starnberg. Als Sohn des Geod¨aten und preuß. Generals Johann Jakob → B. genoß B. eine weitgespannte Erziehung. 1853 begann er ein Studium der Mathematik und Physik in Berlin, ging 1856 nach Heidelberg zu Robert → Bunsen, dessen Forschungsschwerpunkt in der angewandten physikalischen Chemie lag. Da B.s Neigungen mehr auf die organische Chemie gerichtet waren, wechselte er 1857 in das Privatlabor von August → Kekul´e u¨ ber. Er wurde in Berlin mit einer Arbeit u¨ ber Arsenmethylverbindungen promoviert und folgte Kekul´e, der 1858 von Heidelberg nach Gent berufen worden war, dorthin. Zwei Jahre danach u¨ bernahm B. eine Dozentur am Gewerbeinstitut sowie an der Kriegsakademie in Berlin. In der Zeit bis zu seiner Berufung als Ordinarius an die Reichsuniversit¨at Straßburg (1872) fielen Untersuchungen u¨ ber die Harns¨auregruppe (1860 ff.), u¨ ber Kondensationsreaktionen (1864 ff.) und u¨ ber Phthaleine (1870), die ihn weithin bekannt machten. Nachdem B. in Straßburg ein Unterrichtslaboratorium aufgebaut und einen bedeutenden Sch¨ulerkreis um sich versammelt hatte, wurde er 1875 als Nachfolger Justus von → Liebigs nach M¨unchen berufen und u¨ bernahm hier, weil Liebig im Alter keinen praktischen Unterricht mehr erteilt hatte, wiederum die Aufgabe, eine umfassende Schule f¨ur den wissenschaftlichen und industriellen Nachwuchs ins Leben zu rufen. Unter B.s Forschungen geh¨ort die Synthese (1870, 1880 aus o-Nitrozimts¨aure) und Strukturaufkl¨arung (1883) des Indigo an die erste Stelle. Die industrielle Erzeugung von Indigo begann 1897, nachdem Karl → Heumann eine technischwirtschaftlich gangbare Methode zur Indigosynthese gefunden hatte. In a¨ hnlicher Weise hatten bereits 1869 B.s Sch¨uler Carl → Graebe und Carl → Liebermann Vorarbeiten ihres Lehrers (Methode der Zinkstaub-Destillation) f¨ur eine Farbstoffsynthese, n¨amlich die des Alizarin, genutzt. Neben B.s Untersuchungen des Indigo stehen u. a. Arbeiten u¨ ber Pyrrol und Pyridinbasen (1886 ff.), u¨ ber hydroaromatische Verbindungen und Terpene (1893-99), u¨ ber Peroxide und Oxoniumverbindungen (1899 ff.). Studien zur Konstitution des Benzols (seit 1885) f¨uhrten B. zu verschiedenen zentrischen Benzolformeln und zu seiner Spannungstheorie f¨ur zyklische Kohlenstoffverbindungen. Dennoch war B. stets vor allem Empiriker, ein Mann der „unmittelbaren Beobachtung“. B.s auch quantitativ eindrucksvolle wissenschaftliche Leistung wurde schon zu seinen Lebzeiten weithin anerkannt. So wurde er u. a. 1885 in den Adelsstand erhoben und erhielt 1905 den Nobelpreis f¨ur Chemie. WERKE: Gesammelte Werke. 2 Bde., Braunschweig 1905 (in Bd. 1: Erinnerungen aus meinem Leben 1835-1905). LITERATUR: Karl Schmorl: A. v. B. Stuttgart 1952. – James R. Partington: A History of Chemistry. Bd. 4. London 1964, S. 755 ff. Hans-Werner Sch¨utt Baeyer, Hans Ritter von, Orthop¨ade, * 28. 2. 1875 Straßburg, † 21. 1. 1941 D¨usseldorf. Der Sohn Adolf Ritter von → B.s und Bruder Otto von → B.s studierte Medizin in M¨unchen und Jena, wurde 1901 promoviert (Ueber Chroms¨aurevergiftung) und war Assistent bei Max → Verworn in G¨ottingen sowie von Ottmar Ritter von → Angerer und Fritz → Lange in M¨unchen. 1908 habilitierte er sich in M¨unchen f¨ur Orthop¨adie (Ueber Fremdk¨orper im Organismus) und wurde dort 1915 zum a. o. Prof., 1917 an der Univ. W¨urzburg zum o. Prof. ernannt. 1918 ging B. nach
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Baeyer Heidelberg, wo er seit 1919 ein Ordinariat innehatte. Seine wissenschaftlichen Arbeiten galten der Nervenphysiologie, der Mechanologie und der Orthop¨adie. 1934 wegen j¨udischer Vorfahren m¨utterlicherseits in den Ruhestand versetzt, betrieb B. 1934-41 eine orthop¨adische Praxis in D¨usseldorf. Als Sohn eines Nobelpreistr¨agers war B. nicht vom Publikationsverbot betroffen. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Der lebendige Arm (1930) und Grundlagen der orthop¨adi¨ schen Mechanik (1935). C Arzte 2, 3
Baeyer, Johann Jakob, Geod¨at, Milit¨ar, * 5. 11. 1794 M¨uggelheim (heute zu Berlin), † 11. 9. 1885 Berlin. Der Bauernsohn nahm noch als Sch¨uler des Joachimsthalschen Gymnasiums seit 1813 freiwillig an den Feldz¨ugen teil und trat 1815 als Leutnant in die Kriegsschule von Koblenz ein, wo er u. a. Sch¨uler von → Scharnhorst und → Clausewitz war und bald mit dem dortigen topographischen B¨uro → M¨ufflings in Verbindung kam. B. widmete sich der trigonometrischen Landesvermessung, zun¨achst in Koblenz, dann in Erfurt und schließlich in Berlin. Seit 1825 im Generalstab, durchlief er seit 1827 eine Laufbahn als Hauptmann bis hin zum Generalleutnant im Jahre 1857. Gemeinsam mit → Gneisenau, M¨uffling und → Bessel in unterschiedlichen Zusammenh¨angen t¨atig, f¨uhrte B. in verschiedenen Regionen Preußens und Mitteldeutschlands Grad- und K¨ustenvermessung durch. Verdienste erwarb er sich ferner bei der Verbesserung der Wasserversorgung Berlins sowie in der wissenschaftlichen Meteorologie. Seine 1856 verfaßte Denkschrift f¨ur einen Entwurf zur Anfertigung einer guten Karte von den o¨ stlichen Provinzen des preußischen Staates nach dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft wurde 1864 ver¨offentlicht. B. war Beauftragter f¨ur trigonometrische Landesvermessung (1863-67), Pr¨asident des „Zentralb¨uros der (mittel-)europ¨aischen Gradmessung“ und seit 1869 auch Ehrenpr¨asident des auf seine Anregung hin gegr¨undeten Geod¨atischen Instituts Berlin. Die K¨oniglich Preußische Akademie der Wissenschaften ernannte ihn zu seinem Eh¨ renmitglied. B. ver¨offentlichte u. a. Uber die Gr¨oße und Figur der Erde. Eine Denkschrift zur Begr¨undung einer Mitteleurop¨aischen Gradvermessung (1861) und Das Messen der sph¨aroiden Erdoberfl¨ache (1862). Er war der Vater des Chemikers Adolf von → B. C NDB Baeyer, Otto von, Physiker, * 12. 9. 1877 Reichenhall, † 15. 8. 1946 Tutzing. Der Sohn des Chemikers Adolf → B. studierte Physik in M¨unchen und Leipzig (Promotion 1905, Absorption elektrischer Schwingungen von 70 cm Wellenl¨ange) und kam als Assistent an die Univ. Berlin. 1908 habilitierte er sich an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, wurde 1910 a. o., 1921 o. Professor. B. ver¨offentlichte Struktur von Spektrallinien (in: Jahrbuch der Radioaktivit¨at und Elektronik 6, 1909); er arbeitete u. a. u¨ ber langsame Kathodenstrahlung und magnetische ß-Strahlen radioaktiver Substanzen. C NDB Baeyer, Walter Ritter von, Psychiater, * 28. 5. 1904 M¨unchen, † 26. 6. 1987 Heidelberg. Der Enkel Adolf von → B.s und Sohn eines Professors f¨ur Orthop¨adie studierte seit 1922 an den Universit¨aten M¨unchen, Berlin und Heidelberg (Dr. med. 1928, Zur Psychologie verkr¨uppelter Kinder und Jugendlicher) und wurde nach der Assistenzzeit in Breslau und Heidelberg 1934 / 35 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Genealogischen Abteilung der Deutschen Forschungsanstalt f¨ur Psychiatrie. Seit 1935 war er Sanit¨atsoffizier bei der Wehrmacht, zuletzt Oberstabsarzt und Gutachter f¨ur Kriegsgerichte. 1945 u¨ bernahm er die Leitung der Psychiatrischen und Nervenklinik des St¨adtischen Krankenhauses N¨urnberg. Er habilitierte sich 1947 f¨ur Neurologie und Psychiatrie und lehrte seit 1948 als
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apl. Prof. an der Univ. Erlangen. Seit 1955 Ordinarius und Direktor der Psychiatrischen Universit¨atsklinik in Heidelberg, war B. u. a. 1966-71 Vizepr¨asident der World Psychiatric Association. 1950-75 geh¨orte er zu den Herausgebern der Zeitschrift „Der Nervenarzt“. 1964 wurde er Mitglied des Vorstands des Deutschen Vereins f¨ur o¨ ffentlichte und private F¨ursorge. B. war Gr¨undungsmitglied des Fachausschusses VIII Psychobiologie (Katastrophenmedizin) der Schutzkommission beim Bundesminister des Innern. Er ver¨offentlichte u. a. gemeinsam mit Heinz H¨afner und Karl → Kisker die Studie Die Psychiatrie der Verfolgten (1964). C Munzinger
Bagdons, Friedrich, Bildhauer, * 7. 8. 1878 Kowarren (Ostpreußen), † 4. 3. 1937 Dortmund. Nach zweij¨ahriger Lehrzeit als Holzbildhauer in Gumbinnen kam B. nach Berlin, wo er bis 1902 an der Kunstgewerbeschule studierte. Bereits w¨ahrend seiner Studienzeit war er an der Kaiser-Wilhelm-Ged¨achtniskirche und an anderen Arbeiten beteiligt. 1905 wurde er als Lehrer der Bildhauerklasse an die neugegr¨undete Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Dortmund berufen, deren Leitung er 1914-18 stellvertretend u¨ bernahm. In den zwanziger Jahren entstanden Grab- und Denkm¨aler (u. a. Ehrenmal Grubenungl¨uck Dorstfeld, 1925) sowie Portr¨atb¨usten vor allem von Staatsm¨annern. 1933 wurde B., der in Berufsverb¨anden Kontakte zu im Dritten Reich unerw¨unschten K¨unstlern hatte, vor¨ubergehend mit Arbeitsverbot belegt, das jedoch, nachdem er 1934 eine Bronzeb¨uste von → Hitler angefertigt hatte, wieder aufgehoben wurde. C AKL Bagel, (Peter) August, Verleger, Unternehmer, * 2. 3. 1809 Wesel, † 6. 1. 1881 Wesel. Der Sohn eines Buchbinders und -h¨andlers wurde 1823-26 in Halle / Saale zum Buchh¨andler ausgebildet und leitete nach seiner R¨uckkehr nach Wesel die 1826 gegr¨undete Johann Bagel’sche Buchhandlung, der bald ein Verlag, 1831 eine Papierm¨uhle in Dorstem (1852 eine zweite in Eggerscheidt bei Ratingen), 1835 eine Steindruckerei und 1837 eine Buchdruckerei angegliedert wurden. Zun¨achst auf Schulb¨ucher spezialisiert, u¨ bernahm B. die Rheinische Schulbuchhandlung in Moers, gab seit 1836 mit Philipp Jakob Beumer den „Niederrheinischen Volkskalender“ heraus und erwarb 1841 den „Westf¨alischen Anzeiger“. Seit 1848 war er außerdem Papier- und Vordruckelieferant der rheinischen Postanstalten. 1873 wurde er zum Kommerzienrat ernannt. 1878 verlegte B. Verlag und Druckerei, die seit 1843 unter seinem Namen firmierten, nach D¨usseldorf. Im selben Jahr wurde sein Sohn August Inhaber der Firma. Die Weseler Buchhandlung erwarb Albrecht Schmithals. B. war Stadtverordneter in Wesel, zehn Jahre Vorsitzender der dortigen Handelskammer und gr¨undete einen Spar- und Vorschußverein. C Rhein-Westf Wirt, Bd 6
Bagge, Erich (Rudolf), Physiker, * 30. 5. 1912 Neustadt bei Coburg, † 5. 6. 1996 Kiel. B. studierte Physik an der TH M¨unchen, war seit 1937 Assistent am Institut f¨ur Theoretische Physik in Leipzig und wurde 1938 promoviert (Beitr¨age zur Theorie der schweren Atomkerne). 1941 wurde er wissenschaftlicher Assistent am Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur Physik in Berlin und G¨ottingen und habilitierte sich an der Univ. Leipzig (Kernzertr¨ummerungen und schwere Teilchen in der kosmischen Strahlung). 1943 zum Wehrdienst einberufen, wurde er zum Berliner Heereswaffenamt abgestellt. Seit 1948 war B. a. o. Prof. der Kernphysik an der Univ. Hamburg, gleichzeitig Abteilungsleiter am dortigen Physikalischen Staatsinstitut. 1957 gr¨undete er das Institut f¨ur reine und angewandte Kernphysik in Kiel, dessen Direktor er bis zu seiner Emeritierung 1980 blieb, und war daneben wissenschaftlicher Leiter der Reaktorstation Geesthacht. Seit 1956 geh¨orte er der Deutschen
Baginsky Atom-Kommission an. B. arbeitete vor allem zur Kernphysik und Reaktortechnik. 1941-43 entwickelte er eine Isotopentrennvorrichtung (die Isotopenschleuse) und 1954 / 55 eine elektronisch getriggerte Funkenkammer. Er ver¨offentlichte u. a. Von der Uranspaltung bis Calder Hall (1957, mit Kurt Diebner und Kenneth Jay), Die Entstehung der kosmischen Ultrastrahlung und das Expansionsph¨anomen der Welt (1966) und Welt und Antiwelt als physikalische Realit¨at (1990). C Munzinger
Bagge, Oskar, Pseud. Josias Nordheim, evang. Theologe, Schriftsteller, * 4. 2. 1814 Coburg, † 31. 3. 1873 Weißenbrunn bei Schalkau. B., Sohn eines Rektors der Lateinschule in Coburg und Bruder von Selmar → B., studierte 1833-36 in Jena Theologie und war dann Quartus an der Ratsschule seiner Heimatstadt. 1846 wurde er Pfarrer im fr¨ankischen Altershausen, 1851 in Nassach, wo er seine schriftstellerische T¨atigkeit begann. 1860 wechselte er als Pfarrer nach Watzendorf, 1869 nach Weißenbrunn. Als Schriftsteller zun¨achst polemisch gegen andersgesinnte Theologen agitierend, suchte er sp¨ater einen Ausgleich der Positionen (Die Lehre vom Reiche Gottes, 1869). Bedeutend war B. als Volksschriftsteller; unter Pseudonym ver¨offentlichte er Erz¨ahlungen (u. a. Stadt- und Dorfgeschichten, 1867).
Bagge, Selmar, Musikschriftsteller, Musiker, Komponist, * 30. 6. 1823 Coburg, † 16. 7. 1896 Basel. Der Bruder von Oskar → B. besuchte seit 1837 das Prager Konservatorium, war 1840-42 Cellist am Stadttheater in Lemberg und studierte 1844-48 bei Simon → Sechter in Wien. 1851-55 lehrte er Komposition am dortigen Konservatorium. Seit den f¨unfziger Jahren trat B. als kritischer, konservativer Musikschriftsteller hervor, so seit 1853 in den „Recensionen“ (sp¨ater „Monatsschrift f¨ur Theater und Musik“); 1859 war er Redakteur der „Deutschen Musikzeitung“, 1863-68 der „Allgemeinen musikalischen Zeitung“. B. wurde 1868 als Direktor an die neugegr¨undeten Musikschule in Basel berufen; seit 1876 hielt er musikhistorische Vorlesungen an der Universit¨at. 1880 erhielt er die Ehrendoktorw¨urde und 1893 den Professorentitel. B. komponierte Kammermusikwerke, eine Symphonie und Lieder. Zu seinen musikhistorischen Arbeiten geh¨oren u. a. Gedanken und Ansichten u¨ ber Musik und Musikzust¨ande in einer Reihe gesammelter Aufs¨atze (1860). C MGG
Baggesen, Jens Immanuel, Schriftsteller, * 15. 2. 1764 Korsør (Seeland), † 2. 10. 1826 Hamburg. Aus bescheidenen Verh¨altnissen stammend, hielt sich B. seit 1782 zum Studium der Theologie in Kopenhagen auf. Mit den Comiske Fortællinger (1785) hatte er sich bereits einen Namen in der d¨anischen Literatur gemacht, als er 1789 seine erste deutsche Dichtung (Alpenlied) ver¨offentlichte. 1811 verlieh ihm die Univ. Kiel die Professur f¨ur d¨anische Sprache und Literatur, die B. aber nie wahrnahm. Er bereiste die Schweiz und Frankreich, wo er begeisterter Anh¨anger der Revolution wurde und kam dann nach Weimar und Jena in den Kreis um → Wieland, Karl Leonhard → Reinhold und → Schiller. 1791 nahm B. – Ausdruck seiner fr¨uhen Orientierung an → Kant – den Beinamen Immanuel an. Er ver¨offentlichte u. a. Baggesen oder Das Labyrinth (3 Bde., 1793-95). B. war der Vater von Karl → B. C Killy
Baggesen, Karl (Albrecht Reinhold), schweizer. evang. Theologe, * 27. 9. 1793 Bern, † 10. 3. 1873 Bern. Der Sohn des Schriftstellers Jens Immanuel → B. und m¨utterlicherseits Urenkel Albrecht von → Hallers studierte in Bern und G¨ottingen Theologie und war seit 1825 am Berner M¨unster t¨atig, wo er schließlich die Pfarrstelle erhielt. Zun¨achst ein Bef¨urworter der modernen kirchlichen
Richtung, trat B. im Alter in Opposition zur kirchlichen Reformbewegung und wurde ein Wortf¨uhrer der positiven Partei. B. ver¨offentlichte Flugschriften, theologische Abhandlungen, Predigten und Lebensbilder, darunter Albrecht von Haller als Christ und Apologet (1865). Er gab den philosophischen Nachlaß seines Vaters und dessen poetisches Werk (gemeinsam mit seinem Bruder August) in deutscher SpraC Bern Bio, Bd 1 che heraus.
Bagier, Guido (Rudolf Georg), Publizist, Produzent, * 20. 6. 1888 Berlin, † 24. 1. 1967 Mainz. B., dessen Vater in Berlin eine Firma f¨ur Innenarchitektur betrieb, nahm als Sch¨uler Unterricht in Musiktheorie bei Felix → Draeseke. Er studierte an der Univ. Leipzig Musikwissenschaft, Geschichte, Philosophie und Bildende Kunst, daneben am Konservatorium Komposition bei Max → Reger, Orgel bei Karl → Straube sowie Cello und Klavier. 1910 wurde er mit einer Arbeit u¨ ber Johann Friedrich → Herbart promoviert, durchlief ein Volontariat am Stadttheater Leipzig und ging anschließend nach D¨usseldorf. Dort schrieb er Musikkritiken, u. a. f¨ur die „Frankfurter Zeitung“ und das „Berliner Tageblatt“, und gab seit 1918 die Kunstzeitschrift „Feuer“ heraus. Nachdem diese 1922 von den Franzosen aus politischen Gr¨unden eingestellt worden war, ging B. nach Berlin, arbeitete f¨ur die Universum-Film AG, leitete dort die Tonfilm-Experimente und geh¨orte zu den Gr¨undern der Gesellschaft „Neuer Film“. 1928 wurde B. in den Vorstand der Tonbild-Syndikat AG (Tobis AG) berufen, f¨ur die er 1929 als Tochtergesellschaft die Degeto (Deutsche Gesellschaft f¨ur Ton und Bild) f¨ur den kulturellen Tonfilm gr¨undete. Nach seinem Ausscheiden aus der Tobis AG 1932 rief er die Tofa Tonfilm-Fabrikations GmbH in Berlin ins Leben. Zusammen mit seiner Frau schrieb er Drehb¨ucher f¨ur die Ufa. 1936 wurde B. von den Nationalsozialisten mit Berufsverbot be¨ legt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Osterreich von den amerikanischen Besatzern als Treuh¨ander f¨ur die ¨ Verwaltung des reichseigenen Filmverm¨ogens in Osterreich ¨ eingesetzt, leitete B. die neugegr¨undete Ofa-Filmgesellschaft mit Sitz in Salzburg. Nach deren Aufl¨osung 1949 kehrte er nach D¨usseldorf zur¨uck und wurde Gesch¨aftsf¨uhrer der neu gegr¨undeten Degeto. Diese Position gab er 1956 auf und beriet Fernsehanstalten. B., der zu den Pionieren des Tonfilms in Deutschland geh¨orte, nahm eine wichtige Rolle als Vermittler zwischen den technischen Erfindern und den Vertretern der Filmindustrie ein. C Cinegraph Baginsky, Adolf, Kinderarzt, * 22. 5. 1843 Ratibor, † 15. 5. 1918 Berlin. Der Bruder von Benno → B. studierte in Berlin und Wien Medizin (Promotion 1866, Quibus caussis mors sectionem caesaream secuta tribuenda sit), ließ sich 1868 in Seehausen als praktischer Arzt nieder, wechselte 1870 nach Nordhausen und 1872 nach Berlin. 1881 habilitierte er sich in Berlin f¨ur Kinderheilkunde, wurde 1888 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen und u¨ bernahm 1890 die Direktion des von ihm gemeinsam mit Rudolf → Virchow gegr¨undeten Kaiser-und-KaiserinFriedrich-Kinder-Krankenhauses. 1892 erfolgte seine Ernennung zum a. o. Prof.; das Ordinariat blieb ihm als Juden versagt. B. engagierte sich f¨ur die Produktion einwandfreier S¨auglingsnahrung, f¨ur die Schaffung von Krippen, Asylen und Spielpl¨atzen; er f¨uhrte die a¨ rztlichen Schuluntersuchungen ein und initiierte das Reichsimpfgesetz. 1877 gr¨undete er die „Centralzeitung f¨ur Kinderheilkunde“, 1879 das „Archiv f¨ur Kinderheilkunde“, dessen Herausgeber er war. B. ver¨offentlichte u. a. das Lehrbuch der Kinderkrankheiten (1883, 8 1905) und Das Leben des Weibes. Di¨atetische Briefe (1874). ¨ Schlesien C Arzte
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Baginsky Baginsky, Benno, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, * 24. 5. 1848 Ratibor, † 1. 12. 1919 Berlin. Der Bruder von Adolf → B. studierte Medizin in Berlin, wurde 1870 promoviert (Syphilitische Affectionen der Extremit¨aten- und Sch¨adelknochen), nahm als Assistenzarzt am Feldzug 1870 / 71 teil und war seit 1872 Hals-Nasen-OhrenArzt in Berlin. B. habilitierte sich 1883 f¨ur sein Fachgebiet (Zur Physiologie der Geh¨orschnecke) und wurde 1897 zum Titularprofessor ernannt. Er ver¨offentlichte u. a. Die rhinoskopischen Untersuchungs- und Operationsmethoden ¨ (1879). Schlesien C Arzte Bahder, Karl von, Germanist, * 15. 7. 1852 Heidelberg, † 11. 6. 1932 Weinheim / Bergstraße. B., Sohn eines Pfarrers, studierte Germanistik u. a. bei Karl → Bartsch in Heidelberg (Promotion 1878, Der K¨onig vom ¨ Odenwalde), habilitierte sich 1880 (Uber ein vokalisches Problem des Mitteldeutschen) und wurde 1883 a. o. Prof. in Leipzig. 1906 von der Vorlesungspflicht entbunden, lebte er noch bis zu seiner Emeritierung 1918 in Leipzig und siedelte schließlich nach Darmstadt um. B. arbeitete vor allem sprachwissenschaftlich, wobei sein Hauptaugenmerk der Entwicklung der neuhochdeutschen Schriftsprache galt (u. a. Grundlagen des Neuhochdeutschen Lautsystems, 1890). Mit seiner Arbeit am 13. Band des Deutschen W¨orterbuchs erwies B. sich als der junggrammatischen Schule zugeh¨orig; er edierte mittelhochdeutsche und fr¨uhneuhochdeutsche Texte (Das Lalebuch, 1914). C IGL Bahlmann, Paul, Bibliothekar, Schriftsteller, * 19. 4. 1857 Neustadt (Oberschlesien), † 15. 9. 1937 M¨unster (Westfalen). B., Sohn eines Oberregierungsrats, studierte Naturwissenschaften und National¨okonomie an den Universit¨aten in Berlin und G¨ottingen, wurde 1882 Probekandidat und im folgenden Jahr wissenschaftlicher Hilfslehrer in Bitburg. 1884 kam er als Assistent an die Kgl. Bibliothek in Berlin, wurde 1886 Hilfsarbeiter, 1887 Kustos bzw. Bibliothekar an der Universit¨atsbibliothek in M¨unster. 1898 erfolgte seine Ernennung zum Prof.; von 1902 bis zu seiner Pensionierung 1922 war er Oberbibliothekar in M¨unster. B. publizierte zur Stadt- und Regionalgeschichte M¨unsters, zu Brauchtum und Erz¨ahlgut (u. a. Westf¨alischer Sagenkranz, 1897); er gab Schriften zum Universit¨ats- und Bibliothekswesen in M¨unster heraus und ver¨offentlichte 1909-12 eine Westf¨alische Bibliographie. C Westf Autoren, Bd 3 Bahlmann, Wilhelm, Jurist, Politiker, * 11. 9. 1828 Warendorf (Westfalen), † 25. 2. 1888. Seit 1847 studierte B. Rechtswissenschaften in Bonn, lebte seit 1856 in Oberschlesien und war zun¨achst Hilfsrichter, seit 1868 Kreisgerichtsdirektor in Neustadt. 1867-73 vertrat B. den Wahlkreis Falkenberg-Neustadt als Mitglied der Freikonservativen Fraktion im preuß. Abgeordnetenhaus. Er war seit 1873 Justitiar im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, von 1878 an Mitglied des Disziplinarhofs. Als B.s wichtigstes Werk gilt das Preußische Grundbuchrecht (1872). C ADB Bahlsen, Hermann, Unternehmer, * 14. 11. 1859 Hannover, † 6. 11. 1919 Hannover. Nach einer kaufm¨annischen Lehre in Genf war B. seit 1879 in verschiedenen Sparten in London und Hannover t¨atig. Er trat 1888 als Teilhaber in eine Keksfabrik in Hannover ein und gr¨undete 1889 mit zehn Mitarbeitern die „Hannoversche Cakesfabrik H. Bahlsen“. Seit 1893 produzierte er (mit nunmehr 100 Mitarbeitern) die „Leibniz-Cakes“, f¨ur die er mit einem kurzen Traktat des Philosophen warb und so seine ungew¨ohnlichen Werbemethoden begr¨undete. Nachdem er 1903 ein Patent zur besseren Verpackung erworben hatte, ¨ entwickelte B. mit einem Agyptologen aus der Hieroglyphe
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f¨ur das Wort TET, das „ewig, dauernd“ bedeutet, das neue Firmenlogo. Seit 1905 produzierte das Werk zum Teil mit Fließband-System. Die Idee einer von Bernhard → Hoetger geplanten TET-Stadt konnte B. nicht verwirklichen. C Leb Nieders, Bd 6
Bahlsen, Werner, Industrieller, * 28. 3. 1904 Hannover, † 21. 12. 1985 Bad Ragaz (St. Gallen). Der Sohn des Firmengr¨unders Hermann → B. absolvierte eine kaufm¨annische Lehre und trat nach l¨angeren Auslandsaufenthalten in Großbritannien, den Niederlanden und den USA 1927 in den elterlichen Betrieb ein. Gemeinsam mit seinen drei Br¨udern f¨uhrte er die Firma durch die Wirtschaftskrise und erweiterte das Warenangebot u. a. um Salzgeb¨ack, Fertigkuchen und Kartoffelchips. B. automatisierte die Herstellung und f¨uhrte ein modernes Warenverteilungssystem ein. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelte sich das Unternehmen zum gr¨oßten deutschen Dauerbackwarenhersteller. B. bet¨atigte sich als Kunstm¨azen und war u. a. Vorstandsmitglied des Stifterverbands f¨ur die deutsche Wissenschaft. C Munzinger Bahn, Roma (Anna Helena), verh. H¨aring, Schauspielerin, * 30. 10. 1896 Berlin, † 11. 1. 1975 Bonn. B. erhielt ihre Schauspielausbildung 1913 / 14 an der MaxReinhardt-Schule in Berlin und hatte 1914 / 15 ihr erstes Engagement in Frankfurt / Main. 1915-17 spielte sie am Deutschen Theater Berlin, bis 1919 gemeinsam mit ihrem ersten Mann, dem Schauspieler Karl-Heinz → Martin, am Hamburger Thalia-Theater. Max → Reinhardt holte sie 1919 zur¨uck nach Berlin, wo sie bis 1961 am Deutschen Theater, am Lessingtheater, an der Trib¨une, am Hebbeltheater und am Schillertheater auftrat. B.s breites Rollenrepertoire reichte von den Dramen → Schillers und Shakespeares u¨ ber die St¨ucke der Jahrhundertwende (Strindberg, → Wedekind) und der Zwischenkriegszeit (→ Toller) bis hin zu Anouilh und → D¨urrenmatt; sie spielte in Film- (u. a. Phantom des großen Zeltes) und Fernsehproduktionen (Ganze Tage in den B¨aumen). B. war seit 1958 Mitglied der Berliner Akademie der K¨unste und lehrte zeitweise an der Max-Reinhardt-Schule. C Munzinger
Bahn, Rudolf (Wilhelm), Politiker, Unternehmer, * 29. 5. 1837 Havelberg, † 12. 2. 1913 Sorau. Nach dem Abitur war B. in verschiedenen kaufm¨annischen Betrieben t¨atig; seit 1864 war er Mitinhaber einer Leinenfabrik in Sorau. 1895 wurde er Vorsitzender der Handelskammer f¨ur die o¨ stliche Niederlausitz und widmete sich seit 1898 hauptberuflich der Verwaltung seiner o¨ ffentlichen ¨ Amter. 1903 in den Reichstag gew¨ahlt, geh¨orte er dort bis 1912 der nationalliberalen Fraktion an. C Haunfelder, Lib Abg Bahner, (Christian Ernst) Dietrich, Unternehmer, Politiker, * 18. 9. 1913 Oberlungwitz, † 11. 3. 1987 Augsburg. Nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligte sich B. an der Augsburger Schuhfabrik Wessel und erweiterte das Unternehmen u. a. um die Dorndorf-Schuhwerke, Zweibr¨ucken; zugleich blieb er Inhaber der Schuhfabrik Leiser in Berlin. Politisch engagierte B. sich seit 1946 in der FDP; 1956 wurde er Bezirksvorsitzender in Schwaben und Mitglied des Landesvorstands, 1967-70 Landesvorsitzender. Er verließ die FDP und beteiligte sich an der Gr¨undung der „Deutschen Union“, deren Bundesvorsitzender er bis 1977 war. Seine 1975 ins Leben gerufene „Aktionsgemeinschaft vierte Partei“ (AVP), die bundesweit die Ziele der CSU vertreten wollte, blieb bedeutungslos. C Munzinger Bahner, Hermann, Maler, * 9. 6. 1867 Kaiserswerth, † 5. 7. 1938 Langen (Hessen). B. war Apothekerlehrling und studierte sp¨ater bei Olof → Jernberg an der Kunstakademie D¨usseldorf Malerei. Stu-
Bahr dienreisen f¨uhrten ihn 1888 / 89 nach Holland und Belgien, 1910 ans Mittelmeer. Seit 1901 lebte er in Bensheim / Bergstraße, f¨ur dessen Rathaus er 1905 das Kolossalgem¨alde AltBensheim im Jahre 1645 vollendete. B. war sp¨ater an verschiedenen Orten in Hessen t¨atig, u. a. 1912-16 in Schotten, 1916-19 in Oberursel und zuletzt wieder in Schotten. Er malte gem¨aßigt impressionistische Bilder mit holl¨andischen Motiven, Ansichten der Bergstraße, des Odenwaldes und seiner hessischen Lebensorte. C AKL
Hilfsprediger in Arolsen, 1878 Pfarrer an der St.-PhilippusApostelkirche in Berlin. Seit 1895 war er Oberkonsistorialrat, Generalsuperintendent des Herzogtums Coburg-Gotha und Oberpfarrer in Coburg, wo er Mitglied des Herzoglichen Staatsministeriums wurde. B.s vertrat einen durch → Schleiermacher und die T¨ubinger Schule bestimmten liberalen kirchlichen Standpunkt. Er ver¨offentlichte u. a. ein Sprachbuch f¨ur den evangelischen Religionsunterricht (1880).
Bahnmaier, Jonathan Friedrich, evang. Theologe, P¨adagoge, * 12. 7. 1774 Oberstenfeld bei Marbach, † 18. 8. 1841 Owen-Teck. Der Pfarrerssohn wurde nach dem Studium in T¨ubingen 1798 Vikar, 1802 Repetent am T¨ubinger Stift, 1806 Diakon in Marbach und 1810 in Ludwigsburg, wo er sich besonders um Kinder- und Jugendbetreuung k¨ummerte. Er leitete eine Lehranstalt f¨ur erwachsene T¨ochter. 1815 wurde B. Prof. der P¨adagogik und Homiletik an der Univ. T¨ubingen und begr¨undete das Homiletische Seminar. Nach dem Mord an August von → Kotzebue erregte er mit dem Rektoratsbericht zur Stimmung unter den Studenten den Unwillen des K¨onigs, der ihn 1819 als Dekan nach Kirchheim unter Teck versetzte. C NDB
Bahr, Benedikt, Jurist, Lehrer, * Anfang 17. Jh. Eutin,
Bahnsen, Christian August, evang. Theologe, Lehrer, * 8. 6. 1797 T¨ostrup, † 21. 5. 1864 Eckernf¨orde. B. studierte Theologie in Kiel und Berlin und wurde Lehrer an der Flensburgischen Gelehrtenschule. 1829 wechselte er an das Schullehrerseminar in Tondern und erhielt den Professorentitel. Seit 1856 war er Lehrer am Seminar in Eckernf¨orde. B. ver¨offentlichte u. a. eine Tabellarische ¨ Ubersicht der Geschichte des D¨anischen Staates (1828). Bahnsen, Julius Friedrich August, Philosoph, * 30. 3. 1830 Tondern, † 7. 12. 1881 Lauenburg (Pommern). Der Sohn von Christian August → B. bezog 1848 die Univ. Kiel, nahm als Freiwilliger an dem Feldzug f¨ur die Freiheit Schleswig-Holsteins teil, setzte 1851 seine geisteswissenschaftlichen Studien in T¨ubingen fort und wurde 1853 bei Friedrich Theodor → Vischer promoviert. Nach T¨atigkeiten als Hauslehrer in Eutin, Schwartau und Hamburg wurde er Lehrer an einer Privatschule in Altona und unternahm Reisen nach England (1854) und S¨uddeutschland (1856). 1858 kam er an das Gymnasium in Anklam, 1862 nach Lauenburg. B. bezeichnete sich als Nihilisten; in Umbildung der Lehre Arthur → Schopenhauers entwickelte er seine „Charakterologie“, in der er zwischen dem „Willen“ als Handlungsimpuls und den „Motiven“ als ausl¨osenden Faktoren unterschied (u. a. Zum Verh¨altnis zwischen Wille und Motiv. Eine metaphysische Voruntersuchung zur Charakterologie, 1870). ¨ Uber B. und Eduard von → Hartmann gewannen Schopenhauers Gedanken Einfluß auf → Freud. B. ver¨offentlichte Beitr¨age zur Charakterologie mit besonderer Ber¨ucksichtigung p¨adagogischer Fragen (2 Bde., 1867; neu hrsg. von Johannes Rudert, 1932), Zur Philosophie der Geschichte. Eine kritische Besprechung des Hegel-Hartmann’schen Evolutionismus aus Schopenhauer’schen Principien (1871) und Der Widerspruch im Wissen und Wesen der Welt. Princip und Einzelbew¨ahrung der Realdialektik (2 Bde., 1880-82, Nachdruck 1997). Rudolf → Louis gab 1905 aus B.s Nachlaß das autobiographische Manuskript Wie ich wurde, was ich ward heraus (neu hrsg. v. Anselm → Ruest, 1931). C Leb Pommern, Bd 4 Bahnsen, Wilhelm, evang. Theologe, * 31. 1. 1851 Tondern, † 16. 5. 1919 Coburg. Der Sohn von Christian August → B. und Stiefbruder von Julius Friedrich August → B. studierte in Kiel, Leipzig und Heidelberg Theologie und Philosophie. 1875 wurde er
† 15. 8. 1670. B. studierte mit einem Stipendium des Bischofs von L¨ubeck in Wittenberg Rechtswissenschaften und erreichte 1643 den Magistergrad. Er war bis 1655 Rektor des Gymnasiums in Stralsund. 1655 wurde er in Greifswald promoviert und in den Stralsunder Rat gew¨ahlt. Seit 1663 war er Camerarius und Provisor der Rechte an der Heilig-Geist-Kirche. B. vero¨ ffentlichte haupts¨achlich u¨ ber r¨omische Literatur und Geschichte (u. a. Orationes historicas ex Sallustio). C ADB
Bahr, Florian Joseph, Jesuit, Missionar, * 16. 8. 1706 Falkenberg (Oberschlesien), † 7. 6. 1771 Peking. Nach Beendigung seiner philosophischen Studien in Br¨unn wurde B., Sohn eines Organisten, 1726 Jesuit und Lehrer am Liegnitzer Kolleg. 1731-35 studierte er Theologie in Olm¨utz und trat anschließend mit einigen Ordensbr¨udern die Reise nach Peking an, das sie 1739 erreichten. B. war zun¨achst Musiklehrer am Kaiserhof und u¨ bernahm dann die Missionsstation Pao-si-hien. Der umfangreiche Briefwechsel mit der F¨orderin der Mission, Maria Theresia Gr¨afin Fugger, stellt eine wichtige missionsgeschichtliche Quelle dar. Um 1748 wurde B. an das Kolleg in Peking versetzt, wo er vor allem mit der Bearbeitung des deutschen Teils des von Kaiser Qian Long angeregten chinesischen W¨orterbuchs besch¨aftigt war. Er wurde 1755 Rektor des Pekinger Kollegs, 1762 „Visitator der beiden Provinzen China und Japan“ und 1768 Provinzial. C Leb Schlesien, Bd 4
Bahr, Hermann (Anastasius Alois), Pseud. Globe Trotter, o¨ sterr. Schriftsteller, Kritiker, * 19. 7. 1863 Linz, † 15. 1. 1934 M¨unchen. B., dessen Vater als Rechtsanwalt und Notar t¨atig war, im Gemeinderat von Linz saß und als Liberaler dem Landtag angeh¨orte, begann 1881 an der Univ. Wien das Studium der klassischen Philologie und der Philosophie, sp¨ater der Rechte und wechselte dann zur National¨okonomie. 1882 schloß er sich dem F¨uhrer der Deutsch¨ nationalen in Osterreich, Georg von → Sch¨onerer, an, wurde nach einer provokanten Rede im M¨arz 1883 bei einem Trauerkommers der Burschenschaften nach Richard → Wagners Tod von der Univ. Wien relegiert, studierte dann an der Deutschen Univ. in Czernowitz, die er im folgenden Jahr verließ, um dem drohenden Ausschluß wegen fortge¨ setzter antisemitischer und anti¨osterreichischer Außerungen zu entgehen, und setzte das Studium der National¨okonomie bei Adolph → Wagner in Berlin fort, ohne zu einem Abschluß zu kommen. Er war mit Arno → Holz befreundet und befaßte sich mit Henrik Ibsen. In Berlin schrieb B., der sich durch den Kontakt zu Victor → Adler und seiner Besch¨aftigung mit Karl → Marx zum Sozialisten wandelte, erste sozialkritische St¨ucke wie das Drama Die neuen Menschen (1887). W¨ahrend eines Aufenthalts in Paris 1888 und auf der sich anschließenden Reise nach S¨udfrankreich, Spanien und Nordafrika entstanden zahlreiche Feuilletons. In
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Bahr Paris, wo er das Werk Baudelaires kennenlernte und mit Maurice Barr`e („Zwillingsgeist“) bekannt wurde, gewann er Kriterien f¨ur seinen Begriff der Moderne. Wieder in Berlin, abeitete B. bis August 1890 an der „Freien B¨uhne f¨ur modernes Leben“ mit. Eine mehrw¨ochige Reise f¨uhrte ihn nach St. Petersburg (Russische Reise, 1891). 1892 ging B. als B¨uhnendichter und Theaterkritiker nach Wien, wo er 1894-99 das Feuilleton der von ihm mitgegr¨undeten Wochenschrift „Die Zeit“ leitete. 1898 wurde er Theaterkritiker des „Neuen Wiener Tagblatts“, 1908 des „Neuen Wiener Journals“. Nach einer T¨atigkeit als Regisseur bei Max → Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin (1906 / 07) zog B. 1912 nach Salzburg, war 1918 f¨ur ein halbes Jahr erster Dramaturg des Wiener Burgtheaters und ging 1922 mit seiner zweiten Frau Anna → Bahr-Mildenburg, mit der er seit 1909 verheiratet war, nach M¨unchen. Bekannt wurde B., der zu den einflußreichsten Pers¨onlichkeiten im Kulturleben Wiens um 1900 geh¨orte, zun¨achst mit seinen programmatischen Essays, die alle wichtigen Kunststr¨omungen vom Naturalismus bis zum Expressionismus begleiteten (Zur Kritik der Moderne, 1890, Neuausg. ¨ 2004; Die Uberwindung des Naturalismus, 1891, Neuausg. 2004; Der neue Stil, 1893; Expressionismus, 1916). Als „Moderner“ begriff er sich in a¨ sthetischen wie in sozialpolitischen Fragen als allem Neuen aufgeschlossen. Er propagierte die Abl¨osung der Abbildung a¨ ußerer Wirklichkeit („Sachenst¨ande“) zugunsten einer Erkundung der „Seelenst¨ande“. Mit seinem Pl¨adoyer f¨ur eine „nerv¨ose Romantik“ bzw. eine „Mystik der Nerven“, die die verleugneten psychischen Regungen zutage f¨ordern sollte, hatte er entscheidenden Einfluß auf die Literaten des sog. „Jung-Wien“ wie Richard → Beer-Hofmann. Hugo von → Hofmannsthal und andere. B. unterst¨utzte die 1897 gegr¨undete Wiener Secession um Gustav → Klimt und geh¨orte dem Beirat der Zeitschrift „Ver Sacrum“ an. Neben seinen kritischen und programmatischen Arbeiten schrieb B. mehr als 30 B¨uhnenwerke, vor allem Salon- und Konversationsst¨ucke in der Tradition der Wiener Kom¨odie (u. a. Wienerinnen, 1900; Der Krampus, 1902; Der Meister, 1904; Das Konzert, 1909). Von einem auf zw¨olf B¨ande an¨ gelegten Romanzyklus u¨ ber Osterreich, konnte B. nur sieben Romane abschließen (u. a. Der inwendige Garten, 1927; ¨ Osterreich in Ewigkeit, 1929); sie spiegeln seine Hinwendung zum Katholizismus wider. B., der heute wieder als Anreger und Vermittler der Moderne gesehen wird, war unter seinen Zeitgenossen umstritten. Seine weltanschauliche und intellektuelle Wandlungsf¨ahigkeit trug ihm u. a. die Bezeichnung „Mann von u¨ bermorgen“ (Maximilian → Harden) ein. WEITERE WERKE: Studien zur Kritik der Moderne. Frankfurt / Main 1894. – Renaissance. Berlin 1897. – Secession. Wien 1900. – Rede u¨ ber Klimt. Wien 1901. – Buch der Jugend. Essays. Wien 1908. – Vernunft und Wissenschaft. Innsbruck u. a. 1917. – Selbstbildnis. Berlin 1923. – Notizen zur neueren spanischen Literatur. Berlin 1926. – Labyrinth der Gegenwart. Essays. Hildesheim 1929. – H. B. Briefwechsel mit seinem Vater. Hrsg. v. Adalbert Schmidt. Wien 1971. – H. B. Prophet der Moderne. Tageb¨ucher 1888-1904. Ausgew¨ahlt und kommentiert v. Reinhard Farkas. Wien / K¨oln 1987. – Tageb¨ucher, Skizzenb¨ucher, Notizhefte. Hrsg. v. Moritz Cs´aky. Bd. 1-5. Wien u. a. 1994-2003. – Wien. Wien 2005. LITERATUR: Heinz Kindermann: H. B. Ein Leben f¨ur das europ¨aische Theater. Graz / K¨oln 1954 (mit Bibliogr. v. Kurt Thomasberger, S. 347-368). – Hermann Nimmervoll: Materialien zu einer Bibliographie der Zeitschriftenartikel von H. B. (1883-1910). In: Modern Austrian Literature 13 (1980) ¨ Nr. 2, S. 27-110. – Donald G. Daviau: Der Mann von Ubermorgen. H. B. 1863-1934. Wien 1984. – H. B. – Der Herr
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aus Linz. Hrsg. v. Georg Wacha. Linz 1984. – Reinhard Farkas: H. B. Dynamik und Dilemma der Moderne. Wien / K¨oln 1989. – Donald G. Daviau: Understanding H. B. St. Ingbert 2002. – Jeanne Benay: H. B., f¨ur eine andere Moderne. Frankfurt / Main 2004. Bruno Jahn
Bahr, Max, Fabrikant, Politiker, * 25. 10. 1848 Landsberg / Warthe, † 25. 9. 1930. Seit 1864 absolvierte B. eine kaufm¨annische Lehre in Potsdam, war bei einer Tuchgroßhandelsgesellschaft, sp¨ater in der v¨aterlichen Tuchhandlung besch¨aftigt. 1884 begr¨undete er eine eigene Planen- und Sackfabrik, der er 1903 eine Jutespinnerei und -weberei angliederte. B. engagierte sich in wohlt¨atigen Vereinigungen (Volksbibliothek, Volkswohlfahrt, Bauverein); f¨ur die Deutsche Demokratische Partei war er Mitglied der Nationalversammlung und des Reichstags (1919-24). Er ver¨offentlichte Eines deutschen B¨urgers Arbeit in Wirtschaft und Politik.
Bahr, Richard, Publizist, * 6. 4. 1867 Mitau (heute Jelgava, Lettland), † 22. 12. 1936 M¨odling (Nieder¨osterreich). Das Studium der National¨okonomie in Kiel und Berlin schloß B. 1904 in Heidelberg mit der Promotion ab. Er war Redakteur bei den „Berliner Neuesten Nachrichten“, der „T¨aglichen Rundschau“, Korrespondent des „Hannoverischen Kuriers“ und des „Leipziger Tageblatts“ sowie zeitweise Leiter der offiziellen nationalliberalen Korrespondenz. 1918 gr¨undete B. ein eigenes Zeitungsb¨uro, gab 1919 die Großdeutschen Beitr¨age und 1925-29 die von ihm gegr¨undete Halbmonatsschrift „Wille und Weg“ heraus. Unter seinen selbst¨andigen Ver¨offentlichungen befinden sich neben großdeutschen Pamphleten (Volk jenseits der Grenzen. Geschichte und Problematik der deutschen Minderheiten, 1933, 31938) Biographien (u. a. Clemens von Delbr¨uck. Staatssekret¨ar des Innern von 1909 bis 1916, 1916). Bahr, Robert, Schriftsteller, Jurist, * 2. 2. 1774 Patschkau (Schlesien), † 2. 9. 1842 Groß-Tinz (Schlesien). W¨ahrend der Studienzeit in Breslau (seit 1794) und Frankfurt / Oder (seit 1796) wurden bereits einzelne dramatische Versuche B.s aufgef¨uhrt (Der gl¨uckliche Morgen, 1799). Nach der Referendarzeit bei der preuß. Oberamtsregierung in Breslau kam er als Regierungsrat an das standesherrliche Gericht in Militsch. Er gr¨undete ein Liebhabertheater, schrieb Prologe zu dessen Auff¨uhrungen und kleinere Lustspiele. Aphorismen u¨ ber die Justizverfassung der Preußischen Staaten erschienen 1808. 1820 ließ B. sich an das Kgl. Oberlandesgericht in Breslau versetzen, an dem er bis zu seinem Tod Justizkommissar war.
Bahr-Mildenburg, Anna, geb. von BellschanMildenburg, o¨ sterr. S¨angerin, * 29. 11. 1872 Wien, † 27. (28. ?) 1. 1947 Wien. B.-M., Tochter eines k. k. Majors, erhielt ihre Ausbildung zur Sopranistin am Wiener Konservatorium u. a. bei Rosa → Papier-Paumgartner und deb¨utierte 1895 als Walk¨ure am Stadttheater Hamburg unter dem Dirigenten Gustav → Mahler. 1897 sang sie die Kundry bei den Bayreuther Festspielen und im selben Jahr als Gast die Br¨unnhilde an der Wiener Hofoper. Mahler, seit 1897 Direktor der Hofoper, engagierte B.-M. im folgenden Jahr an seinem Haus; 1901 erfolgte die Ernennung zur Hofoperns¨angerin, 1928 zum Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper. Seit 1921 war B.-M. o. Prof. an der M¨unchner Akademie der Tonkunst, 1921-26 B¨uhnendirektorin am Stadttheater in Augsburg und seit 1922 Spielleiterin an der Bayerischen Staatsoper in M¨unchen und inszenierte als Gastregisseurin am Nationaltheater den Ring des Nibelungen. Nach dem Tod Hermann → Bahrs, mit dem sie seit 1909 verheiratet war, kehrte sie 1934 als Lehrerin an der Musikakademie und am Konservatorium
Bahro nach Wien zur¨uck. B.-M. wurde als → Wagner-Interpretin ber¨uhmt; sie ver¨offentlichte Erinnerungen (1921), gemeinsam mit H. Bahr Bayreuth und das Wagner-Theater (1912). C Kutsch
1840) besaßen nur lokale Bedeutung, wohingegen einige Dramen wie die von Friedrich → Schiller beeinflußte Grabesbraut (in: Dramatische Dichtungen, 1834) zu seiner Zeit popul¨are St¨ucke waren. C NDB
Bahrdt, Carl Friedrich, evang. Theologe, P¨adagoge,
Bahrfeldt, Emil, Numismatiker, * 1. 1. 1850 Prenzlau,
Schriftsteller, * 25. 8. 1740 Bischofswerda, † 23. 4. 1792 Nietleben (heute zu Halle / Saale). B. studierte Theologie in Leipzig (Magister 1761), las Dogmatik als Repetent bei seinem Vater Johann Friedrich → B. und wurde Katechet an der Leipziger Petrikirche. Nach 1766 wurde er wegen seiner naturalistisch-neologistischen Schriften (Die neuesten Offenbarungen Gottes, 4 Tle., 1772-75) und seines Lebenswandel mehrerer Professuren in Leipzig, Erfurt und Gießen enthoben. Er war Direktor eines Philanthropins in Graub¨unden, Generalsuperintendent in D¨urkheim und bis 1786 Dozent in Halle. Ein bei Halle er¨offnetes Wirtshaus B.s wurde zum Zentrum der von ihm gegr¨undeten freimaurerischen „Deutschen Union“. Die zahlreichen gelehrten und belletristischen Schriften des radikalen Aufkl¨arungstheologen sowie die Geschichte seines Lebens, seiner Meinungen und Schicksale (4 Tle., 1790 / 91) erfahren heute neue Beachtung. C RGG
† 26. 3. 1929 Berlin. Der Bruder von Max Ferdinand → B. begann ein Studium der Landwirtschaft in Halle, war seit 1883 bei der Gothaer Feuerversicherungsbank t¨atig. 1888 wurde er in T¨ubingen zum Dr. phil. promoviert. 1898-1928 gab er die „Berliner M¨unzbl¨atter“ heraus, war seit 1902 Vorsitzender der Berliner numismatischen Gesellschaft und von 1906 an der numismatischen Abteilung des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. B. ver¨offentlichte eine Beschreibung der M¨unzen- und Medaillensammlung in der Marienburg (7 Bde., 1901-29), die er zusammengestellt hatte.
Bahrdt, Hans Paul, Soziologe, * 3. 12. 1918 Dresden, † 16. 6. 1994 G¨ottingen. Nach Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und Kriegsgefangenschaft begann B. 1945 ein Studium der Philosophie, Geschichte und Germanistik in G¨ottingen, das er 1952 mit der Promotion abschloß. Zusammen mit Heinrich Popitz u. a. ver¨offentlichte er 1957 an der Dortmunder Sozialforschungsstelle Werke zur Industriesoziologie (Das Gesellschaftsbild des Arbeiters). Nach einigen Jahren freier sozialwissenschaftlicher Mitarbeit in einem Industriekonzern habilitierte er sich 1958 in Mainz f¨ur Soziologie. 1962 kehrte er als Prof. an die Univ. G¨ottingen zur¨uck und war dort bis zu seiner Emeritierung 1985 Inhaber des soziologischen Lehrstuhls. Zu seinen Forschungsschwerpunkten dieser Zeit geh¨oren die Stadt- und die Wissenschaftssoziologie. 1968 gr¨undete er zusammen mit seinen Assistenten das Soziologische Forschungsinstitut (SOFI) in G¨ottingen, das er bis zu seinem Tod als Pr¨asident leitete. Bahrdt, Johann Friedrich, evang. Theologe, * 11. 6. 1713 L¨ubben, † 6. 11. 1775. B. studierte 1730-33 in Leipzig, anschließend in Wittenberg und bekleidete verschiedene Hofmeisterstellen. 1739 wurde er Diakon in Bischofswerda, 1741 Pfarrer in Sch¨onfeld bei Dresden (1741), 1745 Schloßprediger und Superintendent zu Dobrilug und 1747 Prediger und Katechet an der Leipziger Peterskirche. 1748 erfolgte seine Ernennung zum a. o. Prof. und Doktor der Theologie, 1750 zum Assessor des Konsistoriums. B. erhielt 1755 eine ordentliche Professur. 1757 wechselte er als Kanonikus nach Zeitz, wurde 1767 Subsenior und Scholarch, 1773 Pastor und Superintendent in Leipzig. B. ver¨offentlichte Predigten, theologische Abhandlungen und Erbauungsschriften, u. a. eine Lebensgeschichte Jesu (1772). Er war der Vater von Carl Friedrich → B.
Bahrdt, Johann Friedrich, Pseud. Faverius Barba, Schriftsteller, * 17. 7. 1789 Dargun (Mecklenburg), † 12. 2. 1847 Neustrelitz. B. kam zu einem Kaufmann, sp¨ater zu einem Apotheker nach Teterow in die Lehre, bevor er 1813 / 14 Soldat im L¨utzowschen Freikorps wurde. Danach war er Provisor in Neustrelitz, seit 1831 freier Schriftsteller und Redakteur des „Wendischen Boten“, 1833-37 Sekret¨ar des Ministers August Otto Ernst von Oertzen. Neben selbst¨andigen Arbeiten, auch satirischer Lyrik, schrieb B. haupts¨achlich Gelegenheitsgedichte, die er wohl zum Teil auf Bestellung schrieb. Seine dramatischen Festspiele (in: Erinnerungen,
Bahrfeldt, Max Ferdinand, Numismatiker, Milit¨ar, * 6. 2. 1856 Wilmine (Brandenburg), † 11. 4. 1936 Halle. B., Bruder von Emil → B., war Berufssoldat, besuchte 1882-85 die Kriegsakademie Berlin und avancierte bis 1915 zum General der Infanterie. Als Numismatiker besch¨aftigte sich B. haupts¨achlich mit r¨omischer M¨unzkunde und nieders¨achsischer M¨unz- und Geldgeschichte. Nach dem Ersten Weltkrieg leitete er das Roemer-Museum und das st¨adtische Archiv in Hildesheim; 1921 wurde er Honorarprofessor der M¨unzkunde an der Univ. Halle. B. publizierte u. a. Nachtr¨age und Berichtigungen zur M¨unzkunde der r¨omischen Republik (3 Bde., 1897-1918). C Eberle Bahrmann, (Carl F¨urchtegott) Hermann, Maler, * 3. 6. 1874 Elberfeld, † 4. 11. 1941 Wuppertal-Barmen. B. war in verschiedenen Berufen t¨atig, besuchte seit 1904 Abendkurse bei Max → Bernuth an der Kunstgewerbeschule Barmen und wurde 1914 Sch¨uler Hans → Baluscheks in Berlin. In den zwanziger Jahren war er Mitglied der Bergischen Kunstgenossenschaft Wuppertal und entwickelte sich in diesen Jahren zu einem erfolgreichen Portr¨atisten des gehobenen B¨urgertums (u. a. Buchbindermeister Kornacker). B. malte Stilleben, Landschaften, Genredarstellungen und Arbeiterportr¨ats im Stil des Realismus des sp¨aten 19. Jahrhunderts. Sein gesamter Nachlaß fiel 1943 einem Brand zum Opfer. C AKL Bahro, Rudolf, Sozialwissenschaftler, Schriftsteller, * 18. 11. 1935 Bad Flinsberg (Schlesien), † 5. 12. 1997 Berlin. B., Sohn eines Landwirts, kam als Fl¨uchtlingskind in die sp¨atere DDR, studierte 1954-59 Philosophie an der Humboldt-Universit¨at in Berlin (Ost), redigierte 1960-62 die Universit¨atszeitung in Greifswald, arbeitete 1962-65 als Referent beim Zentralvorstand der Gewerkschaft Wissenschaft in Berlin (Ost) und war dann bis 1967 stellvertretender Chefredakteur der Zeitschrift „Forum“. 1967-77 in der Industrie t¨atig, war er zuletzt Abteilungsleiter f¨ur wissenschaftliche Arbeitsorganisation im Berliner Gummi-Kombinat. Seine 1972-75 erarbeitete Dissertation u¨ ber die Effektivit¨at des Einsatzes von Hoch- und Fachschulkadern in sozialistischen Betrieben wurde abgelehnt. 1977 u¨ bte er mit der (in K¨oln erschienenen) Studie Die Alternative. Zur Kritik des real existierenden Sozialismus Kritik am wirtschaftlichen und politischen System der DDR. Noch vor Erscheinen des Buches verhaftet, wurde B. aus der SED ausgeschlossen und 1978 wegen „nachrichtendienstlicher T¨atigkeit“ zu acht Jahren Freiheitsentzug verurteilt, jedoch 1979 in die Bundesrepublik entlassen. 1979 geh¨orte er zu den Mitbegr¨undern der Partei „Die Gr¨unen“, deren Bundesvorstand er 1982-84 angeh¨orte; 1985 trat er aus der Partei aus. 1980 in Hannover zum Dr. phil. promoviert, habilitierte er sich dort
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Baier 1983. 1989 kehrte B. nach Berlin (Ost) zur¨uck, wurde 1990 rehabilitiert und war 1990-97 a. o. Prof. der Sozial¨okologie an der Humboldt-Universit¨at. B. verfaßte politisch-¨okonomische Schriften und Essays, schrieb aber auch Gedichte. Zu seinen Ver¨offentlichungen, in denen er die Vision einer anthropologischen Revolution entwarf, z¨ahlen Was da alles auf uns zukommt (2 Bde., 1980, mit Ernest Mandel und Peter von Oertzen), Elemente einer neuen Politik. Zum Verh¨altnis ¨ und Sozialismus (1980), Logik der Rettung. von Okologie Wer kann die Apokalypse aufhalten? Ein Versuch u¨ ber die Grundlagen o¨ kologischer Politik (1987) und Bleib mir der Erde treu! Apokalypse oder Geist einer neuen Zeit (1995). C Herzberg
Baier, Alwill, evang. Theologe, Philosoph, * 27. 9. 1811 Altenkirchen / R¨ugen, † 1. 9. 1892 Greifswald. B., Enkel des Schriftstellers Ludwig Theobul → Kosegarten und Sohn eines Pastors, studierte seit 1830 Theologie und Philosophie an den Universit¨aten Greifswald und Berlin. 1836 wurde er in Greifswald zum Lizentiaten promoviert, habilitierte sich im folgenden Jahr f¨ur Theologie und erhielt 1844 eine a. o. Professur. Da ihm wegen seiner freisinnigen Anschauungen ein theologisches Ordinariat verwehrt blieb, u¨ bernahm er schließlich 1856 den Lehrstuhl f¨ur spekulative Philosophie der Univ. Greifswald. Dort hatte man ihm 1854 f¨ur seine Schrift Symbolik der christlichen Konfessionen und Religionsparteien den Dr. theol. verliehen. B.s philosophische Schriften erschienen 1891 unter dem Titel Aus der VerC ADB gangenheit. Akademische Reden und Vortr¨age.
Baier, Ernst, Eiskunstl¨aufer, * 27. 9. 1905 Zittau, † 8. 7. 2001 Garmisch-Partenkirchen. B. gewann 1933-37 die deutschen Kunstlaufmeisterschaften im Einzellauf und war 1933 zweiter bei den Europameisterschaften. Zusammen mit seiner sp¨ateren Ehefrau Maxi B. bildete er ein a¨ ußerst erfolgreiches Team im Paarlaufen, das 1934-40 die nationale und internationale Eiskunstlaufszene dominierte (u. a. Gewinn von vier Welt- und f¨unf Europameisterschaften). W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs arbeitete B. als Architekt f¨ur große staatliche Bauprojekte. Nach 1945 vor¨ubergehend mit Berufsverbot belegt, wechselte das Paar Ende der vierziger Jahre zum Profisport, nahm an verschiedenen Schaul¨aufen teil und gr¨undete 1950 ein eigenes Eisballett, die „Berliner Eisrevue“, das bis 1964 Bestand hatte. Anschließend trat B. wieder allein bei Schaul¨aufen auf. C Munzinger
Baier, Ferdinand Jakob, Mediziner, * 13. 2. 1707 Altdorf, † 23. 10. 1788 Ansbach. Der Sohn von Johann Jakob → B. studierte in Weimar, Altdorf und W¨urzburg Medizin, unternahm anschließend eine Reise den Rhein entlang in die Niederlande und kehrte u¨ ber Hamburg, den Harz und Sachsen zur¨uck. 1730 wurde er in N¨urnberg promoviert, in das dortige Collegium Medicum eingef¨uhrt und 1750 dessen Dekan. B. war seit 1732 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, wurde 1736 deren Adjunkt und 1770 deren Pr¨asident. Seit 1773 lebte er als Markgr¨aflicher Rat in Ansbach. B. ver¨offentlichte neben Arbeiten seines Vaters (Introductio in medicinam forensem, 1748) u. a. Epistola itineraria (1765).
Baier, Johann Jakob von, Mediziner, Geologe, * 14. 6. 1677 Jena, † 14. 7. 1735 Altdorf. Der Sohn von Johann Wilhelm → B. studierte in Jena und Halle; 1704 wurde er Prof. der Medizin an der Univ. Altdorf. Seit 1708 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, wurde er 1731 deren Pr¨asident und verlegte sie nach Altdorf. B. ver¨offentlichte 1708 eine Gesteinskunde der N¨urnberger Gegend (Oryctographia Norica)
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und begr¨undete damit die Geologie und Pal¨aontologie Frankens. Er wertete den Botanischen Garten in Altdorf phar¨ mazeutisch aus und schrieb Arztebiographien (Biographiae professorum medicinae, qui in Academia Altorfiana unquam vixerunt, 1728). B. war der Vater von Ferdinand Jakob → B. C NDB
Baier, Johann Wilhelm, luth. Theologe, * 11. 11. 1647 N¨urnberg, † 10. 10. 1695 Weimar. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1664 an der Univ. Altdorf orientalische Philologie und Philosophie, seit 1669 in Jena bei seinem sp¨ateren Schwiegervater Johannes → Mus¨aus und wurde 1674 zum Dr. phil. promoviert. 1675 erhielt er in Jena eine theologische Professur, von wo er 1694 als Prof. und erster Prorektor an die neugegr¨undete Univ. Halle berufen wurde. Als orthodoxer Lutheraner geriet er in Konflikt mit pietistischen Kollegen, so daß er bereits 1695 nach Weimar wechselte und dort als Oberhofprediger und Generalsuperintendent t¨atig war. B. wurde durch sein Kompendium altlutherischer Dogmatik (Compendium theologiae positivae, 1686, elf weitere Auflagen bis 1750) bekannt, dessen Verdienst die Vermittlung der Orthodoxie (vor allem des Theologen Mus¨aus) bis in das 19. Jh. ist. Auch als Liederdichter (Wer ist der Herr, der alle Wunder tut?, 1699) trat B. hervor. Er war der Vater von Johann Jakob → B. C RGG
Baier, Lothar, Kritiker, Schriftsteller, * 16. 5. 1942 Karlsruhe, † 10. 7. 2004 Montr´eal (Kanada). B. studierte Germanistik, Philosophie und Soziologie. Er war Mitbegr¨under und Redakteur von „Text + Kritik“ und schrieb f¨ur „Transatlantik“. Er war Mitherausgeber der Gesammelten Werke. Schriften zur Literatur (8 Bde., 1986) JeanPaul Sartres und ver¨offentlichte u. a. Franz¨osische Zust¨ande. Berichte und Essays (1982, erw. Ausg. 1985), Jahresfrist (1985, Erz¨ahlung), Zeichen und Wunder. Kritiken und Essays (1988) und Was wird Literatur? (1993). 1982 erhielt B. den Jean Am´ery-Preis f¨ur Essayistik, 1989 den Johannes Merck-Preis und 1994 den Heinrich Mann-Preis. 1996 wurde er zum Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres ernannt. B., der zuletzt als Gastprofessor an der Univ. Montr´eal t¨atig war, beging Selbstmord. C DLL, 20. Jh.
Baier, Melchior, auch Bair, Bayr, Payer, Peuer, Pewer, Goldschmied, * um 1495, † 3. 8. 1577 N¨urnberg. In N¨urnberg wurde B. 1525 Goldschmiedemeister und B¨urger. Seit dem Ende der zwanziger Jahre sind Auftragsarbeiten f¨ur Adlige, Geistliche und B¨urger belegt. 1532-38 erlernte Heinrich → Lautensack bei ihm das Goldschmiedehandwerk. 1534-37 war B. Geschworener der Goldschmiede, f¨uhrte f¨ur den N¨urnberger Rat verschiedene Arbeiten aus (u. a. ein vergoldetes Trinkgeschirr, das Kaiser → Karl V. 1541 als Ehrengeschenk erhielt). Zu seinen Hauptwerken z¨ahlt der Silberaltar in der Jagellonenkapelle des Krakauer Doms (1538). Neben Wenzel → Jamnitzer und Hans → Petzold gilt B. als einer der f¨uhrenden RenaissanceGoldschmiede, die zum Ruf N¨urnbergs als europ¨aisches Goldschmiedezentrum beitrugen. C AKL ¨ Baierl, Helmut, Schriftsteller, Dramaturg, Ubersetzer, ˇ * 23. 12. 1926 Rumburg (CSR), † 12. 9. 2005 Berlin. B., Sohn eines Gymnasiallehrers, trat 1944 in die NSDAP ein, arbeitete nach seiner Aussiedlung aus der Tschechoslowakei zun¨achst als Landarbeiter, studierte 1949-51 Slawistik an der Univ. Halle und war danach Dozent f¨ur Russisch in der Erwachsenenbildung. 1955-57 schloß er ein Studium am Johannes R. Becher-Literaturinstitut an und war bis 1959 Cheflektor des Hofmeisterverlags in Leipzig, bis 1967 Autor und Dramaturg am Berliner Ensemble. Dort feierte B. 1958 seinen ersten B¨uhnenerfolg mit dem Drama Die Feststellung, das an die didaktischen Methoden der Lehrst¨ucke
Baisch Bertolt → Brechts ankn¨upfte. Als einer seiner gr¨oßten Publikumserfolge gilt die Urauff¨uhrung der Kom¨odie Frau Flinz (1961), deren Protagonistin als Gegenfigur zu Brechts Mutter Courage konzipiert war. Seit 1967 als freischaffender ¨ Autor und Ubersetzer fremdsprachiger B¨uhnentexte t¨atig, war B. seit 1968 als informeller Mitarbeiter vom Ministerium f¨ur Staatssicherheit erfaßt; 1969 wurde er Mitglied der SED-Bezirksleitung Berlin. Im selben Jahr fand er Aufnahme in die Akademie der K¨unste; 1970-74 war er Sekret¨ar in der Sektion Literatur und Sprachpflege und 1974-90 Vizepr¨asident der Akademie. Zu seinen B¨uhnenst¨ucken und Filmdrehb¨uchern geh¨oren auch Johanna von D¨obeln (1969), Der lange Weg zu Lenin (1970) und Das zweite Leben des F. G. W. Platow (1983). B. war seit 1982 Mitglied des PENZentrums DDR. 1961 und 1970 erhielt er den Nationalpreis der DDR, 1974 den Lessing-Preis und 1985 die JohannesC DDR R.-Becher-Medaille.
Baierl, Theodor, Maler, * 8. 11. 1881 M¨unchen, † 21. 5. 1932 M¨unchen. An der M¨unchener Kunstakademie studierte B. bei Martin → Feuerstein, Carl von → Marr, Hugo von → Habermann und Franz → Stuck. B.s Arbeiten weisen neben Einfl¨ussen der Altniederl¨ander und der italienischen Renaissance auch Jugendstil- und realistische Elemente auf. Er schuf ¨ Olgem¨ alde (Landschaften und Figurenkompositionen vor allem religi¨oser Thematik), Kirchenmalerei wie Decken- und Wandfresken, Altarbilder, Kreuzwege (im M¨unster in Villingen in Baden, 1908) und Entw¨urfe f¨ur Glasfenster (KriegsC AKL ged¨achtnisfenster in Wielle, vor 1920). Baierlein, Josef, Pseud. J. Baierlein v. Vilseck, Schriftsteller, * 21. 1. 1839 Waldsassen (Oberpfalz), † 19. 1. 1919 K¨oln. Nach dem Jurastudium war B. im Justizdienst besch¨aftigt, bevor er 1860 als Freiwilliger in die Armee K¨onig Franz’ II. von Neapel eintrat. Nach deren Aufl¨osung zog B. nach Malta und bereiste sp¨ater Europa, Nordafrika und Nordamerika. Er lebte seit 1874 in der Schweiz, zog 1890 nach Aschaffenburg und 1909 nach K¨oln-Nippes. B. schrieb Jugendliteratur und belletristische Arbeiten aus dem Bereich der Volkserz¨ahlung. Neben Themen seiner l¨andlichen Heimat (Oberpf¨alzische Geschichten, 1896) behandelte er u. a. Motive, die er auf seinen Reisen sammelte (Das Kastell in der Kilaobucht, 1909). C Killy Bail, Oskar, Mediziner, * 6. 12. 1869 Tillisch, † 30. 12. 1927 Prag. B. studierte an der Univ. Wien zun¨achst Naturwissenschaften, wechselte dann zur Medizin und wurde 1895 zum Dr. med. promoviert. Nach kurzer Besch¨aftigung am Krankenhaus Wien war er am Hygienischen Institut in Wien t¨atig, bevor er 1897 Assistent Ferdinand → Hueppes am Hygienischen Institut der Deutschen Univ. Prag wurde. 1899 habilitierte er sich in Prag f¨ur Hygiene, wurde 1903 a. o., 1912 o. Prof. der Hygiene an der Prager Universit¨at. Seit 1906 geh¨ort B. der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina an. Er arbeitete am „Archiv f¨ur Hygiene“ und an der „Zeitschrift f¨ur Immunit¨atsforschung“ mit und schrieb u. a. Das Problem der bakteriologischen Infektion (1910). C Leb Sudeten, Bd 2
Baildon, John, Unternehmer, * 11. 12. 1772 Larbert (Schottland), † 1. 8. 1846 Gleiwitz (Oberschlesien). B., Sohn eines Ingenieurs, kam 1793, nachdem Friedrich Wilhelm Graf von → Reden ihn gelegentlich einer Englandreise kennengelernt und f¨ur den preuß. Staatsdienst gewonnen hatte, nach Oberschlesien. Zun¨achst als Mitarbeiter Johann Friedrich → Weddings in Gleiwitz und K¨onigsh¨utte
t¨atig, baute er 1796 den ersten Koksofen auf dem europ¨aischen Festland und war an der Gestaltung privater Industriebetriebe beteiligt, so der Hohenloheh¨utte, Slawentzitz und Blechhammer. Auch machte er sich als Konstrukteur von Maschinen und Br¨ucken einen Namen. Die Sp¨atphase von B.s Wirken ist gekennzeichnet durch seine T¨atigkeit als selbst¨andiger Unternehmer bei der Eisengewinnung (1823 Bau des Eisenwalzwerks Baildon-H¨utte) sowie beim Galmeiabbau und bei der Zinkproduktion („Neue Helene“ in Scharley, Oberschlesien). Er war der Besitzer der G¨uter Belk und Ober-Lubie. C NDB
Bailleu, Paul, Historiker, Archivar, * 21. 1. 1853 Neustadt bei Magdeburg, † 25. 6. 1922 Charlottenburg. B. studierte an den Universit¨aten G¨ottingen und Berlin (Dr. phil. 1874), war 1873-76 Sekret¨ar Leopold von → Rankes und trat 1876 in die Berliner Archivverwaltung ein, wo er 1884 Geheimer Staatsarchivar, 1900 Geheimer Archivrat und 1906 stellvertretender Direktor des Staatsarchivs wurde. Die preuß. Archivverwaltung verdankt ihm die Einf¨uhrung des Provenienzenprinzips nach franz¨osischem Vorbild. B. besch¨aftigte sich in seinen Arbeiten vor allem mit der neueren preuß. Geschichte. Als eines seiner Hauptwerke gilt K¨onigin Luise. Ein Lebensbild (1908). Er war Vorsitzender des Gesamtvereins der deutschen Geschichtsund Altertumsvereine. C DBJ, Bd 4 Baisch, Hermann, Maler, Radierer, * 12. 7. 1846 Dresden, † 18. 5. 1894 Karlsruhe. B., Sohn eines Lithographen, studierte an der Kunstschule Stuttgart, 1868 in Paris und seit 1869 als Meistersch¨uler Adolf → Liers in M¨unchen. 1881 folgte er einem Ruf als Prof. der neugeschaffenen Klasse der Tiermalerei an die Kunstakademie Karlsruhe. Seit 1873 unternahm er regelm¨aßige Reisen in die Niederlande. Beeinflußt durch seinen Lehrer Lier und die Schule von Barbizon, die er in Paris kennengelernt hatte, malte B. bis zu seinem Umzug nach Karlsruhe haupts¨achlich Motive der oberbayerischen Landschaft (Viehmarkt in einem oberbayertischen Dorf, 1881), daneben Seest¨ucke, Strandszenen und Waldlandschaften, die er oft mit Tiergruppen als Staffage ausstattete (Abend am Meer bei Katawyk, 1890). Er illustrierte Schriften seines Bruders Otto → B. mit Radierungen oder Federzeichnungen (Lieder und Sinnspr¨uche, 1893). C AKL
Baisch, Karl, Gyn¨akologe, * 28. 1. 1869 Gaildorf, † 8. 1. 1943 Stuttgart. B., Sohn eines Gymnasialprofessors, studierte 1887-90 Theologie und Philologie in T¨ubingen, wechselte zum Studium der Medizin nach M¨unchen und wurde 1892 in Frei¨ burg zum Dr. med. promoviert (Uber die Natur der Kohlenhydrate des normalen Harns). 1895-1902 lebte er als praktischer Arzt in Dornham, wurde Assistent von Albert → D¨oderlein an der T¨ubinger Universit¨atsfrauenklinik und habilitierte sich 1904 f¨ur Gyn¨akologie und Geburtshilfe (Bakteriologische und experimentelle Untersuchungen u¨ ber Cystitis nach gyn¨akologischen Operationen). 1907 folgte er D¨oderlein nach M¨unchen, wurde Oberarzt an der Universit¨atsfrauenklinik und 1910 a. o. Professor. Seit 1913 war er Direktor der St¨adtischen Frauenklinik Stuttgart, wurde aber von den Nationalsozialisten 1933 aus politischen Gr¨unden seines Amts enthoben und war danach als Geburtshelfer und Frauenarzt in Stuttgart t¨atig. B. besch¨aftigte sich mit bakteriologischen Fragestellungen und war maßgeblich am Ausbau der operativen Gyn¨akologie beteiligt; er ver¨offentlichte u. a. einen Leitfaden der geburtshilflichen und gyn¨akologi¨ schen Untersuchung (1911, 41920). 2, 3 C Arzte
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Baisch Baisch, Otto, Publizist, Komponist, * 4. 5. 1840 Dresden, † 18. 10. 1892 Stuttgart. Der Bruder von Hermann → B. war in der lithographischen Anstalt des Vaters t¨atig, bevor er begann, Malerei und Kunstgeschichte in M¨unchen zu studieren. B. schrieb f¨ur verschie¨ dene Zeitschriften, besorgte Ubersetzungen aus dem Englischen und Franz¨osischen und komponierte u. a. Lieder. Nach einem kurzen Aufenthalt in Berlin lebte er seit 1884 in ¨ Stuttgart, wo er Schriftleiter der Zeitschrift „Uber Land und Meer“ wurde. B. ver¨offentlichte auch kunsthistorische Arbeiten (u. a. Gedenkbl¨atter und Studien u¨ ber die deutsche Kunst auf der D¨usseldorfer Ausstellung, 1880). C ADB
Baisch, Rudolf Christian, Bildhauer, * 20. 10. 1903 B¨oblingen, † 14. 12. 1990 Mettmann bei D¨usseldorf. Von Beruf Zahnarzt, studierte B. 1937-40 u. a. bei Edwin → Scharff und Alexander → Zschokke an der Staatlichen Kunstakademie D¨usseldorf. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs unternahm er als freischaffender K¨unstler zahlreiche Studienreisen und und war vor allem auf dem Gebiet der figurativen Plastik t¨atig. Neben Portr¨atb¨usten (Gustaf Gr¨undgens als Mephisto, 1970) entstanden Tierplastiken (Einhorn, 1951). Seit den sechziger Jahren schuf B. freigestaltete Keramikreliefs, Mitte der siebziger Jahre begann er, in einer von ihm erfundenen Mischtechnik abstrakte Bilder zu malen. Er ver¨offentlichte einen Band Gedichte (Wir haben die Leier den V¨ogeln geschenkt, 1975). C AKL
Baison, Jean Baptiste, Schauspieler, * 24. 10. 1812 Hattersheim bei Mainz, † 13. 1. 1849 Hamburg. Der Enkel eines franz¨osischen Emigranten wurde zun¨achst am Priesterseminar in Mainz unterrichtet, ging jedoch unter dem Namen „Fr¨uhling“ zu einer Theatertruppe und lebte einige Zeit als fahrender Kom¨odiant. Durch Vermittlung von Amalie → Haizinger erhielt er ein erstes Engagement in Halle, sp¨ater in Magdeburg und Danzig. 1835 kam er an das Stadttheater Hamburg, wo er u. a. den Hamlet spielte. Gastspiele f¨uhrten ihn an das Hoftheater Dresden und an das Stadttheater Frankfurt / Main. Am Wiener Burgtheater erreichte er 1844 mit einem Zyklus von Gastrollen (Don Carlos, Fiesko, Rustan u. a.) den Gipfel seiner Karriere. In seinen letzten Lebensmonaten leitete er das Hamburger Stadttheater. B. schrieb das Drama Die o¨ ffentliche Meinung (1845) und Biographien. C Hess Bio, Bd 1
Baiter, Johann Georg, schweizer. Philologe, Lehrer, * 31. 5. 1801 Z¨urich, † 10. 10. 1877 Z¨urich. B. studierte 1818 / 19 in T¨ubingen, sp¨ater in M¨unchen, G¨ottingen und K¨onigsberg; er wurde an der Univ. T¨ubingen promoviert. 1830 kam er als Vikar an das Collegium humanitatis in Z¨urich, war 1833-76 Griechischlehrer an der Z¨urcher Kantonsschule, 1833-49 a. o. Prof. an der dortigen Universit¨at. B. edierte (meist gemeinsam mit Johann Kaspar von → Orelli) Ausgaben antiker Klassiker, darunter eine kritische Gesamtausgabe der Werke Platons (2 Bde., 1839-42). C ADB
Bakfark, Valentin, auch Bakffark, Bakfarkh, Bacfarc, Bakfarc, Greff alias Bacfarc, Valentinus, Valentino, o¨ sterr. Musiker, Komponist, * zwischen 1526 und 1530 Kronstadt, † 22. 8. 1576 Padua. Der aus einer Lautenistenfamilie stammende B. kam als Knabe an den ungarischen Hof und wurde wahrscheinlich von Mathias Marigliano im Lautenspiel unterwiesen. Seit 1549 stand er im Dienst des polnischen K¨onigs Sigismund II. August in Krakau. 1551 machte B. die Bekanntschaft → Al¨ von Brandenburg, der ihn bis mindestens 1562 brechts d. A. großz¨ugig unterst¨utzte. 1552 begab sich B. nach Lyon, wo er seinen ersten Lautendruck Intabulatura Valentini Bacfarc [. . .] liber primus publizierte. Bis 1554 blieb B. im Dienst des Erzbischofs von Lyon, des Grafen Tournon, und
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spielte in dieser Zeit u. a. vor dem franz¨osischen K¨onig und dem Papst. Wieder in Polen, erlangte er große Popularit¨at. 1565 ging B. nach Wien, erhielt ein kaiserliches Druckprivileg f¨ur sein Lautenbuch Harmonia Musica und war 1566-69 Lautenist am Hof → Maximilians II. 1570 wurde er aus politischen Gr¨unden verhaftet. 1571-76 lebte B. in Padua, wo er 1576 an der Pest starb. C MGG
Bakof, Julius, Maler, Graphiker, * 23. 3. 1819 Hamburg, † 9. 11. 1897 Hamburg. Nach Studien in M¨unchen und Aufenthalten im bayerischen Hochgebirge 1839-47 kehrte B. nach Hamburg zur¨uck; 1849 / 50 war er Soldat und Kriegszeichner bei den schleswigschen Freischaren. 1852 ging er als Sch¨uler Alexandre Calames nach Genf, arbeitete bis 1860 in dessen Atelier und unternahm verschiedene Studienreisen durch die Schweiz, 1857 nach Barbizon und Paris. B. malte neben Gebirgsmotiven See- und Waldlandschaften, die er mit markanten Bauwerken, z. T. in romantischer Manier mit Ruinen, ausstattete (Abend, 1843); ferner schuf er Federzeichnungen und Radierungen. C AKL Balatka, Hans, Dirigent, * 5. 3. 1827 Hoffnungsthal bei Olm¨utz, † 17. 4. 1899 Chicago. B. war Sch¨uler von Simon → Sechter und Heinrich → Proch in Wien. Als Mitglied der Wiener Akademischen Legion mußte er nach dem Scheitern der o¨ sterr. Revolution fliehen; er emigrierte 1849 nach Amerika und u¨ bernahm die Leitung des Musikvereins in der deutschen Kolonie Milwaukee. 1860 folgte B. einem Ruf als Dirigent der Philharmonischen Gesellschaft nach Chicago, wurde vor allem als Dirigent des M¨annergesangsvereins (u. a. beim S¨angerfest in Chicago 1881) bekannt und machte sich um die Verbreitung deutscher Musik und die F¨orderung des Musikwesens im Westen der USA verdient. C NDB
Balck, Hans Joachim, Techniker, * 25. 2. 1862 Oberhausen / Rheinland, † 20. 11. 1933 Bad Pyrmont. Nach Abschluß der Studien an der TH Berlin-Charlottenburg war B. in zwei Firmen in Witten und Frankenthal / Pfalz t¨atig, bevor er 1894 die Firma Balck & Co. gr¨undete, um seine Erfindung der Nutzbarmachung der Abw¨arme und des Dampfausstoßes bei Dampfkraftwerken (darunter der erste Kamink¨uhler) zu vermarkten. 1905 wurde der Betrieb in eine AG umgewandelt und B. deren Generaldirektor. 1896 errichtete er die Pumpen- und Kompressorenfabrik MAG Balck, die u. a. seit 1908 rotierende Luftpumpen baute. B. war Stadtverordneter und Mitglied der Handelskammer Bochum. C NDB Balck, Hermann, Milit¨ar, * 7. 12. 1893 Danzig, † 29. 11. 1982 Asperg. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, in dem er mehrfach ausgezeichnet worden war, ging B. mit seiner Kompanie zum Grenzschutz Ost in Posen und wurde 1920 von der Reichswehr u¨ bernommen. 1938 wurde er als Stabsoffizier in das Oberkommando des Heeres versetzt. Er nahm am Westfeldzug 1940 teil, u¨ bernahm 1941 im Oberkommando des Heeres die Leitung des Kraftfahrzeugwesens und erhielt 1942 das Kommando u¨ ber eine Panzerdivision in Rußland. 1943 erfolgte seine Ernennung zum Kommandierenden General des XXX. Panzerkorps. B. hatte 1944 zun¨achst den Oberbefehl u¨ ber die 4. Panzerarmee, schließlich u¨ ber die Heeresgruppe C und wurde Ende des Jahres Oberbefehlshaber der nach ihm benannten „Armeegruppe Balck“, die die deutsche 6. und die ungarische 2. Armee umfaßte. 1945 f¨uhrte er seine Truppen zur¨uck und in amerikanische Gefangenschaft. Wegen eines Todesurteils wurde er sp¨ater zu drei Jahren Haft verurteilt, wovon er die H¨alfte verb¨ußte. C Mellenthin
Balde Balck, (Konrad Friedrich August Henry) William, Milit¨ar, * 19. 10. 1858 Osnabr¨uck, † 15. 6. 1924 Aurich. B. wurde 1876 Leutnant und besuchte 1889-92 die Kriegsakademie Berlin. 1900-04 Mitglied des Großen Generalstabs, wurde er 1910 Oberst und 1914 Inspekteur der Feldtelegraphie. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde er Gouverneur der Inseln Oesel, Moon und Dag¨o. Er schrieb ein Lehrbuch der Taktik (6 Bde., 1899-1903), das mehrere Auflagen ¨ und verschiedene Ubersetzungen erfuhr. C Leb Nieders, Bd 4
Baldacci, Anton Maximilian Frh. von, o¨ sterr. Staatsmann, * 14. 10. 1762 Wien, † 9. 7. 1841 Wien. B. besuchte das Theresianum in Wien, wurde 1807 Kabinettsreferent und 1810 Zweiter Vizekanzler der Vereinigten Hofkanzlei. Er arbeitete an einer Verwaltungs- und Staatsreform und wurde neben Johann Philipp Graf von → Stadion einer der einflußreichsten Berater von Kaiser → Franz. Er f¨orderte die Errichtung des Landsturms 1806-08 und unterst¨utzte – seit 1813 Armeeminister – den Frh. vom → Stein bei der Vorbereitung des Kriegs gegen Napoleon. Mit zunehmender Macht → Metternichs verlor B. an Einfluß. Als Pr¨asident des Generalrechnungsdirektoriums 1811-39 wurde er Begr¨under der offiziellen o¨ sterr. Statistik. Baldamus, (Max) Karl, Pseud. Eugen von St. Alban, Schriftsteller, * 14. 10. 1784 Roßla / Harz, † 13. 12. 1852 Wien. B. studierte Rechtswissenschaften an der Univ. Wittenberg (Promotion 1806), war B¨urgermeister in Bleckede / Elbe und wurde w¨ahrend der napoleonischen Besatzung in verschie¨ dene Amter eingesetzt. 1813 war er kurzfristig unter dem Verdacht, Mitglied der franz¨osischen Geheimpolizei zu sein, inhaftiert, ließ sich sp¨ater in L¨uneburg als Advokat nieder und lebte seit 1822 als freier Schriftsteller in Hamburg. 1825 konvertierte er in Leipzig zum Katholizismus, kehrte aber sp¨ater in die protestantische Kirche zur¨uck. 1836 ließ er sich in Wien nieder. B. ver¨offentlichte neben Romanen (u. a. Oskar und Theone, 2 Bde, 1815) Gedichte und Erz¨ahlungen, ¨ sowie Ubersetzungen aus dem Englischen. C Killy
Baldass, Ludwig, o¨ sterr. Kunsthistoriker, * 8. 2. 1887 Wien, † 20. 11. 1963 Wien. B. studierte Kunstgeschichte in Graz, Halle, M¨unchen und Wien (Promotion 1911) und kam dann an das Wiener Kunsthistorische Museum, dessen Kustos er 1918 wurde. 1926 habilitierte er sich in Wien f¨ur Kunstgeschichte; bis 1949 war er a. o. Prof. an der Univ. und Direktor der Gem¨alde-Galerie im Kunsthistorischen Museum. B.s Spezialgebiet war die abendl¨andische Malerei des 14. bis 17. Jh.; neben K¨unstlermonographien ver¨offentlichte er u. a. Der K¨unstlerkreis Kaiser Maximilians I. (1923) und Die Wiener Gobelinsammlung (1920).
Baldauf, Adam, auch Baldtauf, Paltauff, o¨ sterr. Bildhauer, * um 1570 Meran, † 1631 Wien. B. befand sich 1604 bei Bartholom¨aus → Steinle in Weilheim in der Lehre; 1609-13 war er dessen Mitarbeiter am Hochaltar f¨ur die Stiftskirche Stams. 1615-28 lebte B. in Brixen, bildete u. a. Johann Barat und Veit Stadler aus und schuf ¨ Arbeiten f¨ur Bozen, Meran, Lienz und Graz. Nach der Ubersiedlung nach Wien 1628 entstanden Alt¨are f¨ur die Jesuiten(Universit¨ats-)Kirche, die jedoch nicht erhalten sind. B. arbeitete in der Tradition der Weilheimer Schule; er gilt als Wegbereiter der alpenl¨andischen Schnitzkunst der zweiten H¨alfte des 17. Jahrhunderts. C AKL Baldauf, Ignaz, auch Baldauff, Pallauf, Maler, * 17. 10. 1715 Inchenhofen, † 7. 3. 1795 Inchenhofen. B. erhielt seine Ausbildung zun¨achst in der Werkstatt seines Vaters, sp¨ater im Zisterzienserkloster F¨urstenfeldbruck und
in Augsburg, dort wahrscheinlich bei Matth¨aus → G¨unther. Seit 1742 geh¨orte er in seinem Geburtsort der Leonhardibruderschaft an. 1749 erhielt er das B¨urgerrecht, 1759 wurde er Ratsmitglied. Seit 1754 stand B. als Hofmaler in Diensten des Augsburger F¨urstbischofs → Joseph Landgraf von Hessen Darmstadt. Er wirkte vor allem als Kirchenmaler im Bistum Augsburg. Die Himmelfahrt Mariae in der StadtPfarrkirche Aichach gilt als seine beste Arbeit. Zu seinen Werken z¨ahlen auch Altarbl¨atter in den Pfarrkirchen St. Peter in Sandizell (1740), St. Mang in K¨uhbach (1757) und St. Peter und Paul in Thierhaupten (1762 / 65); Fresken schuf er u. a. f¨ur die Pfarrkirchen von Altenbaindt (um 1785), F¨urstenfeldbruck (1764), Inchenhofen (1755-57), Sandizell (1757) und Schlehdorf (1781), f¨ur die Wallfahrtskirche in Maria Beinberg (1767) sowie f¨ur die Herrgottsruh-Kapelle in Greifenberg (1776). C AKL
Balde, Jakob, Jesuit, Dichter, Historiograph, * 4. 1. 1604 Ensisheim (Elsaß), † 9. 8. 1668 Neuburg / Donau. Nach Abbruch seines Jurastudiums in Ingolstadt trat B. 1624 das Noviziat in Landsberg / Lech an; 1633 wurde er zum Priester geweiht. Seit 1626 lehrte er an oberdeutschen Jesuitengymnasien Rhetorik und klassische Sprachen: 1626-28 in Landsberg und M¨unchen, 1628-30 in Innsbruck, 1635 in Ingolstadt, nach 1637 in M¨unchen. B. wurde hier Hofprediger und Hofhistoriograph von Kurf¨urst → Maximilian I., doch blieben seine geschichtlichen Werke nur Manuskript, weil er seine politischen Ansichten nicht der „despotischen Zensur“ beugen wollte. Seit 1654 arbeitete er als pfalzgr¨aflicher Hofprediger in Neuburg / Donau. B. setzte sich mit den politischen Ereignissen lyrisch auseinander, vermied jedoch bei aller Katholizit¨at konfessionelle Polemik. Seine kunstvolle, anspielungsreiche lateinische Lyrik fand in ganz Europa Bewunderung. B. stellte sich in die Horaz-Nachfolge, aber nicht im Sinne der humanistischen Nachahmung antiker Vorlagen. Er verlangte eine stilistisch und formal raffinierte „novitas“, die an antiker Dichtung geschult und im Christentum verankert ist. Von der deutschen Sprachreform durch → Opitz distanzierte sich B. auch in seinen wenigen deutschen Dichtungen. Aus den Werken seines lyrischen Jahrzehnts (1635-47) sind Lyricorum libri IV, Epodon liber unus und Sylvarum libri VII hervorzuheben. Die meisten elegischen und satirischen Versdichtungen entstanden nach 1654; einige wurden von der Ordenszensur beanstandet (Urania victrix). WERKE: Opera poetica omnia. 8 Bde., 1729. Nachdr. Frankfurt / Main 1990 (mit Bibliogr. in Bd. 1). – Deutsche Dichtung. Hrsg. v. Rudolf Berger. Amsterdam 1983 (Bibliogr.). – Ode nova dicta hecatombe de vanitate mundi. 1637. Nachdr. Amsterdam 1983. – Ehrenpreiß der Allerseligsten Jungfrawen und Mutter Gottes Mariae. 1640. Nachdr. Amsterdam 1983. – Odes. Livres I-II. (Lat. und frz.) Trad. Andr´ee Thill. Mulhouse 1987. – Spolia vetustatis. Hrsg. v. Andreas Heider. M¨unchen 1999. – Batrachomyomachia. Lat. und dt., hrsg. v. Veronika Lukas. M¨unchen 2001. – Liber Epodon. Hrsg. v. Ulrich Winter. M¨unchen 2002. – Panegyricus equestris. Lat. und dt., hrsg. v. Veronika Lukas. Augsburg 2002. – Urania Victrix. Liber I-II. Lat. und dt., hrsg. v. Lutz Claren. T¨ubingen 2003. – Dissertatio de studio poetico. Hrsg. v. Thorsten Burkhard. M¨unchen 2004. LITERATUR: Georg Westermayer: B., sein Leben und seine Werke. 1868. Mit aktualisierter Bibliographie, Neudr. Amsterdam 1998. – Jean-Marie Valentin (Hrsg.): Jacob B. und
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Baldemann seine Zeit. Bern u. a. 1986. – Beate Promberger: Die „Enthusiasmen“ in den lyrischen Werken B.s von 1643. M¨unchen 1998. – Eckard Lef`evre (Hrsg.): B. und Horaz. T¨ubingen 2002. – Wilfried Stroh: Baldeana. M¨unchen 2004. Marianne Sammer
Baldemann, Otto → Otto Baldemann Balden, Theo, bis 1935 Otto Koehler, Bildhauer, * 6. 2. 1904 Blumenau (Brasilien), † 30. 9. 1995 Berlin. Der Sohn eines Malers machte 1918-22 eine Lehre als technischer Zeichner, nahm 1923 / 24 an Kursen am Bauhaus in Weimar teil und bildete sich bei verschiedenen Bildhauern weiter. In Berlin wurde er 1926 Mitglied der Roten Hilfe und 1928 der KPD, beteiligte sich 1933 in einer K¨unstlergruppe am Widerstand und emigrierte 1935 nach Prag. B. wurde 1937 / 38 Vorsitzender des Oskar-Kokoschka-Bundes, ging 1939 nach London, wurde 1940 in Kanada interniert und ließ sich 1941 in Derby nieder. In der Exilzeit war er Mitbegr¨under des Freien Deutschen Kulturbundes. 1947 kehrte B. nach Berlin zur¨uck, arbeitete 1948-50 bei der Satirezeitschrift „Ulenspiegel“, 1950-58 als Dozent an der Hochschule f¨ur Bildende Kunst und danach als freischaffender K¨unstler in der DDR. B. war Mitglied der Akademie der K¨unste und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Sein Werk greift mit dem Hauptthema Verfolgung auf eigene Erfahrungen zur¨uck und umfaßt Gipsfiguren, Metallg¨usse, Skulpturen (Geschlagener Jude, 1943), Portr¨ats (E. Busch, 1955) und Graphiken. B. schuf auch Denkm¨aler (u. a. Karl-Liebknecht-Forum, Potsdam, 1984). C AKL
Baldensperger, Guilleaume, auch Wilhelm B., evang. Theologe, * 12. 12. 1856 M¨ulhausen (Elsaß), † 30. 7. 1936 Straßburg. Nach dem Studium der Sprachwissenschaft, Theologie und Kunstgeschichte in Straßburg, G¨ottingen und Paris wurde der aus einer angesehenen Fabrikantenfamilie stammende B. 1880 Pfarrverweser in Straßburg; 1882-84 war er Hilfspfarrer und Mitarbeiter am „Journal du Protestantisme fran¸cais“ (Paris). Dann als Pfarrverweser in Mundolsheim und in Straßburg t¨atig, wurde er dort 1887 Lizentiat, 1890 Privatdozent. Im selben Jahr folgte er einem Ruf als a. o. Prof. an die Univ. Gießen, wo er 1892-1914 Ordinarius war. 1917-19 lehrte B. in Lausanne und kehrte 1919 als Prof. f¨ur Neues Testament nach Straßburg zur¨uck. B. schrieb u. a. Das sp¨atere Judentum als Vorstufe des Christentums (1900). C Gießen Balderich von Florennes, Scholaster, * vor 1107 Florennes (Di¨ozese L¨uttich), † 1157 / 58. B. war M¨onch in L¨uttich, kam fr¨uh an den Hof des Papstes Eugen III. und besuchte 1147 in dessen Gefolge Paris, wo Erzbischof → Albero von Trier wegen seines außergew¨ohnlichen juristischen Wissens auf ihn aufmerksam wurde. Er folgte Albero nach Trier, u¨ bernahm im gleichen Jahr als Domscholaster die Aufsicht u¨ ber die Schulen und wurde sp¨ater Propst von St. Simeon. B. verfaßte 1152 Gesta AlC LexMA beronis Archiepiscopi.
Baldinger, Dorothea Friderika, geb. Gutbier, Schriftstellerin, * 9. 9. 1739 Großengottern, † Januar 1786 Kassel. Nach dem fr¨uhen Tod ihres Vaters, eines Großengotterner und Langensalzaer Pastors, im Jahr 1744 wuchs B. in einfachen Verh¨altnissen auf. Zu Besuch bei ihrer mit dem Torgauer Schulrektor verheirateten Schwester lernte B. 1761 Ernst Gottfried → Baldinger kennen, der als preuß. Milit¨ararzt an der Belagerung Torgaus im Zuge des Siebenj¨ahrigen Kriegs teilnahm. Nachdem sich dieser in Langensalza als Arzt niedergelassen hatte, heirateten sie 1764. Ernst Gott-
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fried machte als Prof. der Medizin in G¨ottingen (1773) und am Collegium Carolinum in Kassel (1782) sowie als Leibarzt des Landgrafen Friedrich von Hessen-Kassel Karriere. Dorothea befreundete sich und korrespondierte mit Abraham Gotthelf → K¨astner, Georg Christoph → Lichtenberg und Sophie von → La Roche, die B.s Versuch u¨ ber meine Verstandeserziehung 1791 als Lebensbeschreibung von ihr selbst verfaßt herausgab. Hierdurch ist B. bekannt geblieben. Sie verband die alten Muster der Frauenbildung mit der Kritik am Ausschluß der Frauen von der Gelehrsamkeit. B. war weniger freie Schriftstellerin, stilisierte sich vielmehr, dem Ideal des 18. Jh. folgend, als gebildete Gelehrtengattin. In einem Brief an Sophie von La Roche schrieb sie: „ich muste einmal f¨ur einen meiner Freunde die Geschichte meiner Verstandes Erziehung aufsetzen. Mein Mann der sie las vergoß h¨aufige Thr¨anen dabei, und schrieb mir einen brief dazu, welchen ich als die gr¨oste belohnung f¨ur meine bem¨uhung nur immer rechtschaffen zu sein, so lange ich lebe, als ein Heiligthum bewahre.“ WEITERE WERKE: Aufs¨atze in: Magazin f¨ur Frauenzimmer 2 (1783), 1, S. 179-186, 2, S. 99-103. LITERATUR: Magdalene Heuser: D. F. B. In: Dies. u. a. (Hrsg.): „Ich w¨unschte so gar gelehrt zu werden“. Drei Autobiographien von Frauen des 18. Jahrhunderts. Texte und Erl¨auterungen. G¨ottingen 1994, S. 185-204. Martin Gierl
Baldinger, Ernst Gottfried, Mediziner, * 13. / 18. 5. 1738 Groß-Vargula bei Erfurt, † 21. 1. 1804 Marburg. B. studierte in Erfurt, Halle und Jena (Dr. med. 1760, De caloris febrilis effectibus) und hielt in Jena private Vorlesungen. Nach der Teilnahme am Siebenj¨ahrigen Krieg als Milit¨ararzt ließ er sich 1763 als praktischer Arzt in Langensalza nieder. Wegen der Schrift De militum morbis (1763, dt. 1765, 21774) wurde er 1768 als o. Prof. an die Univ. Jena berufen und wechselte 1773 als Prof. der Medizin und Direktor der Klinik nach G¨ottingen. Seit 1770 geh¨orte B. der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina an. 1783 ernannte ihn Landgraf → Friedrich von Hessen-Kassel zum Dirigenten der Medizinalangelegenheiten des Landes und zu seinem Leibarzt. B. folgte 1785 einem Ruf an die Univ. Marburg, deren Medizinische Fakult¨at er ausbaute. Seit 1766 war er Herausgeber verschiedener Fachperiodika ¨ (u. a. „Magazin f¨ur Arzte“, 20 Bde., 1795-99) und ver¨offentlichte neben medizinischen Arbeiten (Epitome neurologiae physiologico-pathologiae, 1778; De magnetis fatis et viribus ad morbus sanandus, 1778; De epilepsia extumore, 1778) auch Schriften zur Botanik (u. a. Liter¨argeschichte der theoretischen und praktischen Botanik, 1794). Seine Bibliothek umfaßte 15 559 B¨ande (Catalogus bibliothecae medicophysiae Ern. Godfr. Baldingere, hrsg. von Johann Wilhelm Heinrich Conradi, 1805). Baldinger, Franz Heinrich, schweizer. Architekturzeichner, Graphiker, * 19. 9. 1827 Zurzach, † 8. 8. 1887 Stuttgart. Der Bauernsohn kam 1838 zu einem Onkel nach Wien, der ihm eine Ausbildung am Polytechnikum und an der Akademie der Wissenschaften (Malerei, Architektur) erm¨oglichte. Im Atelier des Dombaumeisters Leopold → Ernst war er bei den Arbeiten zur Wiederherstellung des Stephansdoms besch¨aftigt. 1859 kehrte er in seinen Heimatort zur¨uck, begegnete 1861 Wilhelm → L¨ubke in Z¨urich, f¨ur dessen Geschichte der Architektur (1870) er zahlreiche Illustrationen schuf. Gemeinsam mit L¨ubke ging B. 1866 nach Stuttgart, wo er seit 1869 Lehrer f¨ur Bauzeichnen an der Baugewerkeschule war. Er wurde vor allem als Architekturzeichner und Illustrator bekannt. C AKL
Baldung Baldner, Oswald, auch Baldinger, Baldtner, Baldun-
Balduin, Balthasar, evang. Theologe, * 5. 1. 1605
ger, Ballner, Baltner, Pallder, Palckner, Paldinger, Paldner, Paldtner, Palttner, B¨uchsenmeister, Gesch¨utzgießer, † um 1575 Wilna. B. wurde 1540 als fremder B¨urger st¨adtischer B¨uchsenmeister und B¨uchsengießer in N¨urnberg. F¨ur die vierziger Jahre sind einige Arbeiten B.s in N¨urnberg nachgewiesen. 1547 war er wegen Anwerbung von Rotschmieden inhaftiert, vermutlich arbeitete er in fremden Kriegsdiensten. Im selben Jahr verließ er N¨urnberg, kehrte 1549 zur¨uck und erhielt weiterhin B¨urgerrecht. 1559 wurde B. kgl. Gesch¨utzgießer in Krakau, ohne jedoch das N¨urnberger B¨urgerrecht aufzugeben; im folgenden Jahr siedelte er nach Wilna u¨ ber, 1567 wieder nach Krakau. C AKL
Dresden, † 29. 4. 1652 Regensburg. Siebzehnj¨ahrig bereits Magister, wurde B., Sohn Friedrich → B.s, 1630 Pastor in D¨obeln, das er in den Wirren des Dreißigj¨ahrigen Kriegs verlassen mußte. 1636 kam er als Superintendent nach Chemnitz, 1638 nach Zwickau, 1648 nach Regensburg. B. erhielt die Doktorw¨urde der Univ. Wittenberg; er ver¨offentlichte u. a. Gottes des Herrn Zebaoth Land-Umbkehrer [. . .]: Zwey Predigten (1651).
Baldov, Johann, evang. Theologe, * um 1602 Bayreuth, † November 1662 Nienburg. B. studierte seit 1629 an der Univ. Wittenberg, wurde Magister, Prof. der hebr¨aischen Sprache in Leipzig, 1639 Prof. der orientalischen Sprachen in Helmstedt und ging 1642 als Superintendent nach Nienburg. Er ver¨offentlichte u. a. Medulla grammaticae Ebraeae (1636).
Balduin, Christian Adolf, Publizist, * 29. 6. 1632 D¨obeln, † Dezember 1682 Großenhain. Der Sohn Balthasar → B.s studierte in Leipzig, Wittenberg und Altdorf Rechtswissenschaften und ließ sich als freier Schriftsteller in Regensburg nieder. B. siedelte 1654 nach D¨obeln um und trat 1673 die Stelle eines kurf¨urstlichen Amtmanns in Großenhain an. Er war Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (unter dem Namen „Hermes“) sowie der Societatis Collegii Regii Anglicani und ver¨offentlichte chemische Arbeiten, darunter Aurum Aurae [. . .] (1674). B. schrieb zahlreiche geistliche Lieder, die u. a. im Sch¨onburgischen Gesangbuch von 1703 publiziert wurden. C ADB
Baldov, Samuel, auch Baldovius, evang. Theologe,
Balduin, Friedrich, evang. Theologe, * 17. 11. 1575
Dichter, * 15. 11. 1646 Nienburg, † 6. 11. 1720 Stade. Der Sohn von Johann → B. studierte Theologie in Helmstedt und Leipzig, wurde 1672 Lehrer an der Domschule in Bremen und nahm nach der Ordination 1673 die Stelle des Hofpredigers bei Herzog → Ferdinand Albrecht von Braunschweig-L¨uneburg in Bevern an. Neben Predigten (Reise-B¨undlein unterschiedlicher Predigten, 1676) schrieb B. bei Hof und auf Reisen Gelegenheitsgedichte (Poetischer Geistlicher Lust-Garten [. . .] (1676 / 77). 1683 wurde er Pastor in Stade und schrieb noch bis zum Tod des Herzogs 1687 Gedichte f¨ur Bevern. Bei der d¨anischen Beschießung Stades 1712 verlor er seine Stelle und seinen Besitz; im folgenden Jahr ging er als Superintendent nach Verden, u¨ bte das Amt jedoch wegen einer Krankheit nie aus. C Killy
Dresden, † 1. 5. 1627. Aus armen Verh¨altnissen stammend, studierte B. mit einem Stipendium des Landesherrn seit 1593 in Wittenberg Theologie, Philosophie und Mathematik. Er nahm 1601 als Adjunkt an einem philosophischen Collegium in Regensburg teil, kam als Diakon nach Freiberg, war Prediger und Superintendent im Vogtland und kehrte 1604 nach Wittenberg zur¨uck, wo er Nachfolger von David Runge als Prof. der Theologie wurde. Im folgenden Jahr erwarb B. die theologische Doktorw¨urde, wurde 1607 Prediger, 1608 Assessor des Konsistoriums und begleitete 1610 den Kurf¨ursten als Oberhofprediger nach Prag. B. schrieb deutsche und lateinische Reden, Predigten und theologische Abhandlungen (u. a. Tractatus de casibus conscientiae, 1628). Er war der Vater von Balthasar → B. C RGG
Balduin II., auch Boldewin, Erzbischof von Bremen, * 1367 / 69, † 8. 7. 1441 L¨uneburg. B. war Prior, als er 1419 vom Papst zum Abt des Klosters St. Michaelis in L¨uneburg ernannt wurde. In dieser Position blieb er auch als Erzbischof von Bremen (seit 1435). Das in sich zerr¨uttete und tief verschuldete Erzstift wurde von ihm in geordnete Verh¨altnisse zur¨uckgef¨uhrt; er bereinigte Grenzstreitigkeiten mit dem benachbarten Bistum Verden. B. f¨orderte die K¨unste. W¨ahrend seiner Amtszeit begannen die K¨ampfe zwischen dem Erzstift und den freien Bauern des Landes Wursten. C Gatz 1 Balduin von Luxemburg, Erzbischof von Trier, * 1285, † 21. 1. 1354 Trier. Der j¨ungste Sohn des Grafen Heinrich III. von Luxemburg wurde f¨ur den geistlichen Stand bestimmt, studierte 1297-1302 und 1304-07 in Paris kanonisches Recht, Mathematik und Astronomie, u¨ bte sich in ritterlicher Tugend und kn¨upfte politische Kontakte. 1308 wurde er Erzbischof und Kurf¨urst von Trier und verwaltete 1328-37 das Erzstift Mainz, 1331-37 das Stift Speyer, 1331 und 1335-37 das Stift Worms. Er betrieb u. a. 1308 die Wahl seines Bruders → Heinrich VII. zum Kaiser und begleitete ihn auf seiner Fahrt nach Rom. 1346 setzte er die Absetzung → Ludwigs des Bayern und die Wahl seines Großneffen → Karls IV. zum deutschen K¨onig durch. B. nahm bestimmenden Einfluß auf die Geschicke des Reichs; in seinen staatstheoretischen Anschauungen stand er → Lupold von Bebenburg nahe. C LexMA
Baldung, Hans, genannt Grien, Maler, Zeichner, Holzschneider, * zwischen Juli 1484 und Juli 1485 wahrscheinlich Schw¨abisch Gm¨und oder Weyersheim, † September 1545 Straßburg. ¨ Uber Herkunft und Ausbildung von B. gibt es keine Nachrichten, doch war er der Sproß einer hochangesehenen Gelehrtenfamilie. 1503 trat der schon ausgebildete Geselle in die Werkstatt Albrecht → D¨urers in N¨urnberg ein, wo er wohl den Beinamen Grien (Gr¨un, Grun) erhielt. Hier schuf er Glasfensterentw¨urfe (erhalten das L¨offelholzfenster in der Lorenzkirche N¨urnberg, 1506), arbeitete an Buchillustrationen mit (z. B. dem Beschlossen Gart der Rosenkranzbruderschaft, 1505), fertigte Einzelholzschnitte mit bereits eigenen Stilmerkmalen und malte selbst¨andig 1506 / 07 f¨ur den Magdeburger Erzbischof → Ernst von Sachsen den Dreik¨onigsaltar (Berlin, Gem¨aldegalerie) und den Sebastiansaltar (N¨urnberg, Germanisches Nationalmuseum). 1507 ließ er sich in Straßburg nieder, erwarb im April 1509 das B¨urgerrecht, heiratete um diese Zeit Margaretha Herlin, gr¨undete eine Werkstatt und wurde 1510 Meister in der Zunft zur Steltz. Er erregte besonders Aufsehen mit seinen großen Farbholzschnitten (speziell zum Hexenthema), entwickelte mit profanen Allegorien (z. B. Die
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Baldung drei Lebensalter und der Tod, 1509 / 10, Wien, Kunsthistorisches Museum) eine neue Bildgattung und schnitt 1511 in Deutschland als erster in Holz ein Portr¨at (Markgraf → Christoph I. von Baden). 1512 ging B. nach Freiburg / Breisgau, um f¨ur die Stadtpfarrkirche „Unser lieben Frau“ (das heutige M¨unster) f¨ur 600 Gulden bis 1516 einen riesigen Staffelaltar zu malen, der mit seiner Farbexpression und realistischen Individualisierung zu den Hauptwerken deutscher Malerei der D¨urerzeit z¨ahlt. Daneben entstanden in Freiburg zahlreiche Holzschnitte, Malereien, u. a. erotische Akte, Risse f¨ur Glasfenster (u. a. f¨ur das M¨unster und die Kartause) sowie Portr¨ats und 1515 die Randzeichnungen zum Gebetbuch Kaiser → Maximilians. 1517 kehrte er nach Straßburg zur¨uck, mietete 1518 ein Haus, kaufte 1527 ein anderes, bekleidete als hochangesehener B¨urger seit 1533 st¨andig das Amt eines der 15 Sch¨offen seiner Zunft und wurde 1545 Ratsherr. Das Schaffen der Straßburger Zeit ist zun¨achst noch von renaissancistischer Monumentalit¨at bestimmt, zeigt aber namentlich nach der Einf¨uhrung der Reformation in der Stadt 1529 eine deutlichere Wendung zu manieristischer Figurenbildung und strenger K¨uhle. B. arbeitete f¨ur beide Kirchen, doch f¨uhrte der R¨uckgang kirchlicher Auftr¨age – er blieb mit einem Nachtst¨uck wie der Geburt Christi (1539, Kunsthalle Karlsruhe) oder der stimmungsvollen Landschaftssicht im Bild Christus als G¨artner (1539, Landesmuseum Darmstadt) kreativ – zur verst¨arkten Aufnahme profaner Themen. Neben antiken Historienmotiven spielten in der Sp¨atzeit besonders große Verg¨anglichkeitsallegorien mit weiblichen Akten (z. B. Die 7 Lebensalter der Frau, 1544, Museum der bildenden K¨unste Leipzig) eine Rolle. K¨unstlerisch bedeutsam ist vor allem auch der Zeichner B. Im Zeiturteil rangiert B. gleich hinter A. D¨urer, wenngleich er ein weniger theoretisch als sinnenhaft-visuell interessierter Bildsch¨opfer war, der voller Leidenschaft in seinem Werk die Spannungen des Epochenumbruchs vom Mittelalter zur Neuzeit reflektierte. LITERATUR: Hans Curjel: H. B. G. M¨unchen 1923. – Otto Fischer: H. B. G. M¨unchen 1939 (1943). – Carl Koch: Die Zeichnungen H. B. G.s. Berlin 1941. – Karl Oettinger / KarlAdolf Knappe: H. B. G. und Albrecht D¨urer in N¨urnberg. N¨urnberg 1963. – Marianne Bernhard: H. B. G. Handzeichnungen, Druckgraphik. M¨unchen 1978. – Matthias Mende: H. B. G. Das graphische Werk. Bildkatalog der Einzelholzschnitte, Buchillustrationen und Kupferstiche. Unterschneidheim 1978. – Gert von der Osten: H. B. G. Gem¨alde und Dokumente. Berlin 1983 (maßgebendes Werkverzeichnis). – Monika Boosen / Gabriele Holthuis: H. B. G.-Holzschnitte. Schw¨abisch Gm¨und 2000. – Saskia Durian-Ress: H. B. G. in Freiburg. Freiburg / Breisgau 2001. G¨unter Meißner
Baldung, Kaspar, Jurist, * Schw¨abisch Gm¨und, † 1540.
Der Bruder Hans → B.s immatrikulierte sich 1499 an der Univ. Freiburg, wurde 1502 Magister Artium sowie Lehrer der Philosophie und der sch¨onen Wissenschaften. 1515 wurde er zum Dr. jur. promoviert und war Mitglied der Juristenfakult¨at, seit 1521 Rektor. B. ließ sich sp¨ater als Advokat in Straßburg nieder und wurde Beisitzer am Kammergericht.
Baldus, Richard, Mathematiker, * 11. 5. 1885 Saloniki, † 28. 1. 1945 M¨unchen. B., dessen Vater Stationschef der anatolischen Eisenbahnen war, studierte 1904-09 an der Univ. und der TH M¨unchen, war 1909-19 Assistent an der Univ. Erlangen, wurde 1910 ¨ mit der Dissertation Uber Strahlensysteme, welche unendlich viele Regelfl¨achen zweiten Grades enthalten promoviert und habilitierte sich dort 1911 mit der Arbeit Zur Theorie der gegenseitig mehrdeutigen algebraischen Ebenentransformationen. 1916 wurde er a. o. Prof., 1919 o. Prof. der Geometrie an der TH Karlsruhe; 1932 folgte er einer Berufung an
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die TH M¨unchen, wo er zun¨achst die Professur f¨ur Geometrie, seit 1934 die f¨ur Mathematik innehatte. B. wurde 1929 in die Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 1935 in die Bayerische Akademie gew¨ahlt. Er besch¨aftigte sich haupts¨achlich mit geometrischer Grundlagenforschung (Nichteuklidische Geometrie, 1927, 41964). C NDB
Baldwein, Eber(har)dt, auch Baldewein, Baumeister, Mechaniker, Instrumentenbauer, * um 1525, † 1593 Marburg. Von Beruf urspr¨unglich Schneider, war B. zuerst am Hof → Wilhelms IV. in Kassel Instrumentenmacher, als welcher er u¨ ber Deutschland hinaus bekannt wurde. Mindestens seit 1558 lebte er in Marburg (B¨urger seit 1562), wo er als Lichtk¨ammerer des Schlosses und Leiter einer Werkstatt f¨ur astronomisches Ger¨at genannt wurde; 1567 / 68 reiste er nach Dresden, um ein Planetenwerk (1563-67) an den Kurf¨ursten → August von Sachsen zu liefern. Seit dieser Zeit war B. Baumeister → Ludwigs IV. in Marburg, leitete u. a. die Umbauten am Schloß (1568-80), den Bau des Schlosses Gr¨unberg (1576-82) und der Herrenm¨uhle in Marburg (1582 / 83). 1586-90 errichtete er im Auftrag Ludwigs das Zeughaus in Gießen. Als Ingenieur (vor allem von M¨uhlen und Br¨ucken) genoß er u¨ berregionalen Ruf. C AKL Balecke, Jakob Heinrich, Jurist, * 5. 8. 1731 Parchim, † 17. 9. 1778 Rostock. Nach dem Studium in Rostock und G¨ottingen (Dr. jur. 1752) wurde B. Advokat und Prokurator in Rostock. Der Magistrat der Stadt berief ihn im gleichen Jahr zum o. Prof. des Codex und Beisitzer der Juristenfakult¨at an die Universit¨at. 1764 wurde er als Nachfolger seines Schwiegervaters Rostocker B¨urgermeister, 1766 erster Syndikus. B. verfaßte das Rostocker Stadtrecht (1757), das er aus dem L¨ubecker Stadtrecht und Rostocker Rechtsgepflogenheiten entwickelte.
Balemann, Georg Gottlieb von, Jurist, * 1. 9. 1735 Eutin, † 17. 4. 1815 Wetzlar. B. studierte seit 1755 Rechtswissenschaften in G¨ottingen; 1760-1806 war er am Reichskammergericht in Wetzlar t¨atig, zun¨achst als Hilfsadvokat, seit 1767 als Sekret¨ar der sachsen-gothaischen Subdelegation. 1774 wurde er anhalt-brandenburgischer Subdelegat, 1778 Assessor und schließlich evang. Pr¨asident. B. verfaßte mehrere Schriften zur Reichskammergerichtsvisitation (1774-1804), darunter Beytr¨age zur Revision und Verbesserung der f¨unf ersten Kapitel des Konzepts der kaiserlichen Kammergerichtsordnung (1778), die als wichtige rechtshistorische Quellen gelten. B. wurde 1804 nobilitiert. C SHBL, Bd 3 Baletti, Rosa, auch Riccob, Elena, S¨angerin, * 6. 10. 1767 Stuttgart, † n. e. B. erhielt ihre musikalische Ausbildung bei den Kapellmeistern Ferdinando Mazzanti und Agostino Poli in Stuttgart und wurde 1786 erste Sopranistin der w¨urttembergischen Hofkapelle. 1788 gastierte sie in Paris in den Concerts Spirituels und erhielt daraufhin ein Engagement am Pariser Th´eaˆ tre Monsieur, wo sie vor allem Buffo-Rollen sang. Seit ihrer Heirat 1802 trat B. nicht mehr o¨ ffentlich auf. Sie lebte 1806 in Paris. C Kutsch Balhorn, Johann, auch Ballhorn, Drucker, * L¨ubeck, † M¨arz 1573. B. war 1527-73 in L¨ubeck t¨atig und erwarb dort 1541-54 mehrere Grundst¨ucke. Mit dem Druck u. a. der Kirchenordnungen von Minden (1530), L¨ubeck (1531) und Soest (1532) sowie zahlreicher Schriften → Luthers, → Bugenhagens und → Melanchthons trug er zur Verbreitung der Reformation bei. B.s Gesamtwerk umfaßt etwa 250 Drucke, davon 162 in niederdeutscher Sprache. 1574 u¨ bernahmen B.s Erben
Ball die Offizin; sein Sohn Johann B. d. J. f¨uhrte die Druckerei 1575-1603 und gab zahlreiche Werke in u¨ berarbeiteter Form heraus. Darauf bezieht sich der Ausdruck „verballhornen“ im Sinn von „schlimmbessern“, der um 1650 erstmals in der Literatur erschien. C NDB
Balk, Daniel Georg, Mediziner, * 23. 6. 1764 K¨onigsberg (Preußen), † 15. 1. 1826 Tula. B. begann 1780 mit dem Studium der Medizin in K¨onigsberg und Berlin, das er 1787 in K¨onigsberg mit der Promotion (De derivantibus) abschloß. Er arbeitete als praktischer Arzt in verschiedenen Mineralb¨adern in Kurland und Litauen und war seit 1796 Kreisarzt in Jakobstadt. 1802 wurde er als Prof. der Pathologie und Therapie an die neugegr¨undete Univ. Dorpat berufen, an der er seit 1803 der zweite Rektor war. Anfang 1804 gr¨undete er die Universit¨atsklinik. B.s Verdienste lagen vor allem in der Praxis, Lehre und Verwaltung der Universit¨at. Er ver¨offentlichte u. a. Ausz¨uge aus dem Tagebuche eines aus¨ubenden Arztes, u¨ ber verschiedene Gegenst¨ande der Arzneywissenschaft (2 Bde., 1791-96), Einige Worte u¨ ber die Krankheiten des hiesigen Bauren, f¨ur Gutsbesizzer und Prediger Kurlands bestimmt (1793), Beytr¨age zur deutlichen Erkenntniss und gr¨undlichen Heilung einiger am h¨aufigsten herrschenden langwierigen Krankheiten (1794, 2 1798), Wie k¨onnen Frauenzimmer gesunde und gl¨uckliche Gattinnen und M¨utter werden (1796), Commentatio medica, naturae virium vitalium disquisitionem ac febris pathologiam sistens (akademische Antrittsrede 1802) und Versuch einiger Umrisse der philosophisch-medicinischen Jurisprudenz. Als Leitfaden zu Vorlesungen (1803). Balk, Theodor, urspr. Fodor Dragutin, Pseud. T. K. Fodor, Schriftsteller, Mediziner, * 22. 9. 1900 Zemun (Ungarn), † 25. 3. 1974 Prag. Nach dem Medizinstudium in Zagreb und Wien (Promotion 1925) ließ sich B., Sohn eines Handelsagenten, als Arzt in Belgrad nieder, wo er auch Beitr¨age f¨ur die kommunistische Presse verfaßte. 1929 wanderte er aus politischen Gr¨unden nach Deutschland aus, wurde Mitglied der KPD und schrieb f¨ur die „Linkskurve“ und die „Rote Fahne“. 1933 u¨ ber Prag nach Paris emigriert, war er Mitarbeiter deutschsprachiger Exilperiodika, darunter „Internationale Literatur“, „Neue Deutsche Bl¨atter“ und „Das Wort“. Seit 1936 nahm B. als Bataillonsarzt der Internationalen Brigaden am Spanischen B¨urgerkrieg teil, kehrte 1939 nach Frankreich zur¨uck, wurde interniert und konnte 1941 nach Mexiko fliehen, wo er einer der f¨uhrenden Mitarbeiter der Zeitschrift „Freies Deutschland“ wurde. B. kehrte 1945 nach Jugoslawien zur¨uck und siedelte 1948 mit seiner Familie nach Prag um. Er schrieb vor allem Reportagen im Stil Egon Erwin → Kischs sowie Erz¨ahlungen; sein bekanntestes Werk ist Das verlorene Manuskript (1935). C Lex o¨ sterr Exillit
Balke, Hermann → Hermann Balke Balke, Siegfried, Chemiker, Politiker, * 1. 6. 1902 Bochum, † 11. 6. 1984 M¨unchen. B., Sohn eines Schneidermeisters, studierte Chemie an der TH M¨unchen, war seit 1924 Diplomingenieur und wurde ¨ 1925 promoviert (Uber den Reaktionsverlauf der Mercurierung aromatischer Amine). Seit 1925 arbeitete er als Chemiker. 1945-52 technischer Leiter und Direktoriumsmitglied einer chemischen Fabrik in M¨unchen, war er 1953-56 Bundesminister f¨ur das Post- und Fernmeldewesen, 1956 als Nachfolger von Franz Josef → Strauß Minister f¨ur Atomfragen, 1957-61 f¨ur Atomkernenergie und Wasserwirtschaft und 1961 / 62 f¨ur Atomkernenergie. Er trat in dieser Funktion vehement f¨ur die privatwirtschaftliche Nutzung der Kernenergie ein, geriet aber als entschiedener Gegner einer atomaren Bewaffnung der Bundesrepublik in heftigen Konflikt
mit → Adenauer. 1957-69 geh¨orte B. f¨ur die CSU dem Deutschen Bundestag an. 1963 wurde er in den gesch¨aftsf¨uhrenden Vorstand seiner Partei gew¨ahlt und war 1964-67 in der Privatwirtschaft t¨atig. 1956 wurde B. Honorarprofessor der Chemiewirtschaft an der Univ. M¨unchen und war 1962-64 Vorsitzender des Kuratoriums des Ifo-Instituts, 1964-69 Pr¨asident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverb¨ande. B. schrieb u. a. Vernunft in dieser Zeit (1962). C MdB
Balkow, Julius, Politiker, * 26. 8. 1909 Berlin, † 19. 7. 1973. Der Sohn einer Arbeiterfamilie war nach der Lehrzeit als Maschinenschlosser t¨atig und bestand 1931 das Examen als Ingenieur f¨ur allgemeinen Maschinenbau. Zun¨achst Mitglied der SPD, trat B. 1931 zur Sozialistischen Arbeiterpartei u¨ ber und war w¨ahrend des nationalsozialistischen Regimes im Widerstand (Anton-Saefkow-Gruppe Berlin) t¨atig. 1944 wurde er verhaftet und zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Kriegsende Mitglied der KPD, sp¨ater der SED, wurde B. 1945 Bezirksb¨urgermeister in Berlin, 1945 / 46 parit¨atischer SED-Kreisvorsitzender in Teltow. 1947-49 studierte er Gesellschaftswissenschaften in Leipzig. Seit 1951 war B. Mitarbeiter des Ministeriums f¨ur Außen- und Innerdeutschen Handel, 1956-61 stellvertretender Minister, 1961-65 Minister f¨ur Außen- und Innerdeutschen Handel, seit 1963 Mitglied des Zentralkomitees der SED und Abgeordneter der Volkskammer. 1965-67 war B. stellvertretender Vorsitzender des Ministerrats der DDR. C DDR
Ball, Ernst Friedrich, evang. Theologe, Publizist, * 20. 10. 1799 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 17. 12. 1885. Nach dem Studium in T¨ubingen, wo er sich mit Ludwig → Hofacker befreundete, wurde B. Kandidat in Repelen bei Moers, 1823 Pfarrer in H¨orstgen. 1838 kam er nach Radevormwald und wurde bald Superintendent der Synode Lennep. B. gab seit 1828 das „Missionsblatt“ der Missionsgesellschaft in Barmen heraus, war Mitverfasser des rheinischen Unionskatechismus und 1851 einer der Begr¨under der „Reformierten Kirchenzeitung“. Seit 1857 lebte er als Pfarrer in Kreuznach, 1862-73 als Konsistorialrat in Koblenz. B. verfaßte Beitr¨age antirationalistischen Inhalts f¨ur die Monatsschrift „Stimmen aus und zu der streitenden Kirche“. C BBKL Ball, Georg Adam, Schauspieler, * 1799 Lauterburg (Elsaß), † 6. 9. 1846 Innsbruck. B. geh¨orte seit 1819 der Kochschen Gesellschaft in Aachen an. In Helden- oder Charakterrollen trat er in zahlreichen deutschen St¨adten auf, u. a. 1822-25 in K¨oln, sp¨ater am Hoftheater in Mannheim, 1827-34 in Bremen, 1837-39 in N¨urnberg. Danach widmete sich B. schriftstellerischen Arbeiten. 1846 kehrte er in Innsbruck ein letztes Mal auf die B¨uhne zur¨uck. Neben Romanen und Novellen schrieb B. Schauspiele, darunter Das Kind der Garde. C Neuer Nekr, Jg. 24
Ball, Hugo, Schriftsteller, Journalist, * 22. 2. 1886 Pirmasens, † 14. 9. 1927 Sant’ Abbondio (heute zu Gentilino, Kt. Tessin). B., Sohn eines Schuhfabrikanten, brach 1910 sein Studium der Geisteswissenschaften in M¨unchen ab und wurde Dramaturg, u. a. an den M¨unchener Kammerspielen (1913 / 14). Er f¨orderte expressionistische Dramatiker und besch¨aftigte sich seit 1910 mit Anarchismus. 1914 zun¨achst kriegsbegeistert, war er bis 1915 in der Redaktion der „Aktion“ t¨atig und zog schließlich mit Emmy Hennings (→ Ball-Hennings) in die Schweiz (Heirat 1920). In Z¨urich gr¨undete B. 1916 mit anderen das „Cabaret Voltaire“, das zum Treffpunkt der pazifistischen Emigration wurde, sowie die „Galerie Dada“.
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Ball 1917-20 war er Mitarbeiter der Berner „Freien Zeitung“ und schrieb u. a. politische Kommentare. Sp¨ater wandte er sich dem Katholizismus zu. B. war eng mit Hermann → Hesse befreundet, dessen Biographie er 1927 ver¨offentlichte. Neben expressionistischen und dadaistischen Arbeiten schrieb B. u. a. Zur Kritik der deutschen Intelligenz (1919, Nachdr. 1980, 21991). Die Tagebuchnotizen der Jahre 1914-21 erschienen 1927 unter dem Titel Die Flucht aus der Zeit (Neuausg. 1992). C DLL, 20. Jh.
Ball, Kurt Herwarth, Schriftsteller, * 7. 9. 1903 Berlin, † 24. 4. 1977 Leipzig. Der Sohn eines Arbeiters war u. a. als Heizer und Hilfsarbeiter, seit 1930 auch als freier Schriftsteller t¨atig. Seit 1933 NSDAP-Mitglied, schrieb er f¨ur die „Braune Post“ und die SS-Zeitung „Das schwarze Korps“ und publizierte germanische Sagen (Germanische Sturmflut, 1936; Die Wege der Wolfss¨ohne, 1938). Nach 1945 lebte B. in der DDR, war 1949-52 Redakteur der „Leipziger National-Zeitung“ und verfaßte neben Unterhaltungsromanen auch Gesellschaftsromane wie Halle zwo (1949), Liebenrosa. Roman einer kleinen Stadt (1957) und Wie du und ich (1959). C DLL, 20. Jh.
Ball, Leo (Anton Carl) de, Astronom, * 23. 11. 1853 Lobberich (Rheinland), † 12. / 13. 12. 1916 Wien. Nach dem Studium an den Universit¨aten Berlin und Bonn (Promotion 1877, Untersuchungen u¨ ber die eigene Bewegung des Sonnensystems, abgeleitet aus Beobachtungen der Sternwarten Cap, Melbourne, Williamstown, St. Helena und Madras) war B., Sohn eines Kaufmanns, 1878-81 Assistent an der Sternwarte Gotha, 1881 / 82 Astronom an der Sternwarte Bothkamp und 1883-91 Pr´eparateur des Cours d’Astronomie et de G´eod´esie an der Univ. L¨uttich. 1891 zun¨achst an der Sternwarte Uccle in Br¨ussel t¨atig, wurde er Ende des Jahres Direktor der Kuffnerschen Sternwarte in Wien-Ottakring. B. entdeckte 1882 den Planetoiden Athamantis. 1895 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. B. ver¨offentlichte u. a. Refraktionstafeln (1906) und Lehrbuch der sph¨arischen Astronomie (1912).
Ball-Hennings, Emmy, geb. Cordsen, Pseud. Emmy Hennings, Charlotte Leander, Schriftstellerin, * 17. 1. 1885 Flensburg, † 10. 8. 1948 Sorengo (Kt. Tessin). Einer Seemannsfamilie entstammend, arbeitete B.-H. nach der Volksschule als Dienstm¨adchen, bevor sie achtzehnj¨ahrig heiratete und sich einer Wanderb¨uhne anschloß. Nach kurzer Ehe trennte sie sich von ihrem Mann und reiste als Vortragsk¨unstlerin durch Deutschland. Seit 1914 war B.-H. Mitarbeiterin des „Simplicissimus“ in M¨unchen, wo sie u. a. ihren sp¨ateren Mann Hugo → Ball (Heirat 1920) kennenlernte; 1915 emigrierten beide in die Schweiz. In Z¨urich wurde sie Mitbegr¨underin des „Cabaret Voltaire“ und der ¨ „Galerie Dada“. Nach dem Ubertritt zum Katholizismus gewann die Religion starken Einfluß auf B.-H.s Werk. Zuletzt lebte sie im Tessin und war eng mit Hermann → Hesse befreundet, der 1956 ihre Briefe an Hermann Hesse herausgab. B.-H. schrieb expressionistische Gedichte (Die letzte Freude, 1913), M¨archen- und Legendennacherz¨ahlungen (M¨archen am Kamin, 1943) sowie Erinnerungsliteratur an Hugo Ball, darunter Ruf und Echo. Mein Leben mit Hugo Ball (1953). C DLL, 20. Jh.
Balla, Emil, evang. Theologe, * 6. 2. 1885 Potsdam, † 11. 7. 1956 Marburg. B. studierte in Berlin, Marburg und Gießen, wurde in Kiel promoviert, habilitierte sich dort 1912 f¨ur alttestamentliche Theologie und ging 1914 als Privatdozent nach Marburg. 1915 wurde er a. o., 1921 o. Prof. an der Univ. M¨unster, 1924 in Leipzig, 1930 in Marburg. B. ver¨offentlichte neben
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Arbeiten u¨ ber die Propheten u. a. Der Erl¨osungsgedanke in der israelitisch-j¨udischen Religion (1925).
Ballasko, Viktoria von, Schauspielerin, * 24. 1. 1909 Wien, † 10. 5. 1976 Berlin. B. studierte an der Akademie f¨ur darstellende Kunst in Wien und spielte seit 1929 an B¨uhnen in Bern, Breslau, M¨unchen, Stuttgart und Berlin u. a. in der Rolle der Luise in → Schillers Kabale und Liebe. Nach T¨atigkeiten beim Rundfunk und als Synchronsprecherin kam sie zum Film und stand 1936 in Luis → Trenkers Der Kaiser von Kalifornien erstmals vor der Kamera. In den Produktionen der Universum Film AG (Ufa) verk¨orperte B. den Typus der verst¨andnisvoll-zur¨uckhaltenden Frau. Sie spielte nach Kriegsende u. a. in Georg Tresslers Die Halbstarken (1956). C Ufa Ballenberger, (Johann Georg) Karl, auch Balenberger, Maler, Radierer, Lithograph, * 24. 7. 1801 Ansbach, † 21. 9. 1860 Frankfurt / Main. Nach der Lehrzeit in einer Porzellanmanufaktur war B. als Anstreicher, Maurer und Steinhauer t¨atig. Er war 1822-31 Gehilfe (Bauzeichner und Polier) des Baurats Franz Xaver Keim in Ansbach, der ihn – zusammen mit dem Juristen Friedrich → Hoffstadt – mit gotischer Kunst, Restaurierung und Glasmalerei vetraut machte. 1831-33 wurde B. durch die Unterst¨utzung der beiden ein Studium an der M¨unchner Kunstakademie erm¨oglicht. Er folgte Hoffstadt 1833 nach Frankfurt, schloß sich dort dem Direktor der St¨adelSchule, Philipp → Veit, an und kam mit diesem 1843 an das Deutschordenshaus in Frankfurt-Sachsenhausen. B. schuf neben kleinen Bildern, oft in gotischer Architekturrahmung (Die Landgr¨afin Elisabeth von Th¨uringen teilt Almosen aus, 1849), vor allem Illustrationen (u. a. zu Hoffstadts Werken u¨ ber Architektur und Trachten des Mittelalters). C AKL
Ballenstedt, Johann Georg Justus, evang. Theologe, Geologe, * 11. 8. 1756 Sch¨oningen (Braunschweig), † 19. 12. 1840 Pabstdorf bei Sch¨oningen. B., Sohn eines Rektors, studierte Theologie u. a. bei Johann Friedrich Wilhelm → Jerusalem. 1796 wurde er Pfarrer in Schoppau, 1806 in Dobbeln, 1815 in Pabstdorf. Angeregt durch die Salinen- und Braunkohle-Bergwerke seiner n¨aheren Umgebung, befaßte er sich mit geologischen und pal¨aontologischen Studien. In verschiedenen Schriften versuchte er, die biblische Sch¨opfungsgeschichte in einen naturwissenschaftlichen Kontext zu stellen (u. a. Die Vorwelt und die Mitwelt, 2 Bde., 1824). C NDB
Baller, Adolph, auch Usiu B., Musiker, * 30. 7. 1909 Brody, † 22. 1. 1994 Palo Alto (USA). B. studierte nach dem Ersten Weltkrieg Musik und Klavier bei Malvine → Br´ee, A. Kessissoglu und Hugo → Kauder in Wien. Er gab Klavierkonzerte mit den Wiener Philharmonikern und den Wiener Symphonikern und trat bei den Salzburger Festspielen auf. 1931 setzte er sein Studium bei Alexander Borowsky in Berlin fort und kehrte 1933 nach Wien zur¨uck. 1938 wurde B. von SS- und SA-Leuten schwer gefoltert. Nach seiner Freilassung nach Budapest gefl¨uchtet, emigrierte er nach New York. Er gab zun¨achst Klavierkonzerte f¨ur die Radiostation WQXR und war dann als Begleitmusiker t¨atig, seit 1949 f¨ur Yehudi Menuhin. 1943 gr¨undete B. mit Gabor Rejto und Roman Totenberg das Alma-Trio, das bis 1970 mit Werken von B´ela Bart´ok und Franz → Schubert auftrat. B. lehrte an der Stanford University, deren Fakult¨atsmitglied er 31 Jahre lang war, am San Francisco Conservatory und am Dominican College in San Rafael.
Ballin Ballerstedt, Kurt, Jurist, * 24. 12. 1905 Hohensalza, † 25. 10. 1977 Bonn. B. wurde zum Dr. jur. promoviert, habilitierte sich 1947 an der Univ. Heidelberg und war seit 1949 Ordinarius in Kiel, von 1955 an o. Prof. des Handels-, Wirtschafts- und Arbeitsrechts an der Univ. Bonn. B. trat aus unternehmensrechtlicher Sicht f¨ur das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer ein. Er war Mitherausgeber der „Zeitschrift f¨ur das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht“ und publizierte ¨ u. a. Ubernationale und nationale Marktordnung (1955). Ballestrem, Carl Franz Graf von, Unternehmer, * 5. 5. 1750 Schloß Woischnik (Kr. Lublinitz), † 1822. B., dem 1790 das von Stechowsche Majoratserbe zugefallen war, wodurch er zu bedeutendem Land- und Industriebesitz gelangte, darunter die Brandenburg- und die Maximiliangrube, erg¨anzte den Kohlengrubenbesitz u. a. durch „Bessere Zukunft“ (1808), „Johannessegen“ (1808), „Gute Schiffahrt“ (1810) und „Catharina“ (1819). 1812 gr¨undete er die „Carls-H¨utte“ in Ruda, seinerzeit eine der gr¨oßten und modernsten Anlagen Oberschlesiens f¨ur die Zinkproduktion. Zu seinen Verdiensten geh¨ort die F¨orderung des „oberschlesischen Zink- und Kohlek¨onigs“ Karl → Godulla, den er 1808 zum Verwalter der Gr¨afl. Ballestremschen G¨uter und der Industrieunternehmen in Ruda bestellte. Ballestrem, Carl Ludwig Graf von, Unternehmer, * 19. 11. 1755 Rosenberg (Oberschlesien), † 1829. Nachdem B. 1802 als K¨urassier aus der preuß. Armee ausgeschieden war, nahm er seinen Wohnsitz in Ratibor (Oberschlesien). Nach dem Tod seines Bruders Carl Franz Graf von → B. 1822 fiel dem fast Siebzigj¨ahrigen das Ballestremsche Erbe zu. Gleichwohl widmete er sich mit großem Elan der Weiterentwicklung der Industrieunternehmen der von Ballestrem. So baute er die Carls-Zinkh¨utte zu einem modernen Großbetrieb aus, der richtungweisend f¨ur die gesamte Zinkindustrie Oberschlesiens wurde. Auf der Brandenburggrube veranlaßte er 1823 den Abbau der Steinkohle durch Tiefbau bzw. den Dampfmaschineneinsatz. Geleitet wurde der G¨uter- und Industriebesitz B.s durch Karl → Godulla. Ballestrem, Carl Wolfgang Graf von, Unternehmer, * 11. 3. 1801 Ratibor (Oberschlesien), † 20. 11. 1879 Biskupitz (Oberschlesien). Auf dem 3235 Morgen (1 Morgen = 2553,224 qm) großen Majorat Plawniowitz-Ruda-Biskupitz, umfassend das Kohlenrevier Ruda, das Carl Franz Graf von → B. 1799 als Agnat zum Preis von 22 000 Talern (1 Taler = 3 Mark) erworben hatte, entstanden unter B. die Kohlengruben „Wolfgang“ (1841), „Ehrenfried“ (1842), „Christoph“ (1843), „Ruda“ (1845), „Carl Ludwig“ (1845), „Carl Emanuel“ (1845), „Gute Hedwig“ (1852), „Hedwigswunsch“ (1853), „Berthawunsch“ (1853), „Maria Anna“ (1856), „Neue Veronika“ (1857), „Oscar“ (1857), „Leithold“ (1857) und „Castellengo“ (1857). 1856 wurde die „Bertha-Eisenh¨utte“ in Betrieb genommen. Zum Generalbevollm¨achtigten seiner Unternehmen berief B. nach Karl → Godullas Tod (1848) Anton Johann → Klausa, bisher B¨urgermeister von Tarnowitz. 1867 wurde der aus Paderborn stammende Andreas → V¨ullers zum Generalbevollm¨achtigten bestellt. Ballestrem, Franz (Karl Wolfgang Ludwig Alexander) Graf von, Grubenbesitzer, Politiker, * 5. 9. 1834 Plawniowitz, † 23. 12. 1910 Plawniowitz. B. studierte 1853-55 an der Univ. L¨uttich, trat anschließend in die preuß. Armee ein und nahm an den Kriegen von 1866 und 1870 / 71 teil. Den ererbten Montanbesitz baute B. weiter aus, vor allem durch die Erschließung der Castellengogrube 1898, die nach der Errichtung von mehreren Sch¨achten 1903 er¨offnet wurde. B. wurde dabei durch seinen Generaldirektor Franz → Pieler unterst¨utzt. 1909 erfolgte die Stillegung der
Carls-Zinkh¨utte des Besitzes. B. organisierte seit 1872 die Zentrumspartei in Schlesien. 1872-93 und 1898-1907 war er Mitglied, 1898-1906 Pr¨asident des Deutschen Reichstags; 1890 wurde er Fraktionsvorsitzender. Seit 1891 geh¨orte er dem preuß. Abgeordnetenhaus, seit 1903 als erbliches Mitglied dem preuß. Herrenhaus an. B. war f¨uhrend am Kulturkampf beteiligt. Er gr¨undete ein Realgymnasium in Ruda, errichtete die erste elektrische Straßenbeleuchtung in Oberschlesien, richtete Sparkassen ein und schuf ein Bergmannsund Kinderheim in Ziegenhals. C Haunfelder, Zentrumspartei
Ballestrem, Nikolaus Graf von, Unternehmer, * 29. 11. 1900 Obergl¨asersdorf (Schlesien), † 17. 2. 1945 Dresden. Der Sohn von Valentin Graf von → B. und der Gr¨afin Agnes, geb. Reichsgr¨afin Stolberg-Stolberg, studierte Jura. Als er 1920 die von Ballestremschen Unternehmen u¨ bernahm, war er zun¨achst bem¨uht, ihre seit der Teilung Oberschlesiens 1922 bei Deutschland verbliebenen Teile zu konsolidieren. Zu diesem Zweck wurde 1926 die „Abwehr-Grube“ gepachtet und 1927 die Gewerkschaft „Castellengo-Abwehr“ gegr¨undet. Sie u¨ bernahm 1937 die Aktien der „Vereinigten Oberschlesischen H¨uttenwerke A. G.“, die fast s¨amtliche der bei Deutschland verbliebenen Produktionsanlagen der oberschlesischen Eisen- und Stahlindustrie umfaßte. 1931 schuf B. den organisatorischen Rahmen f¨ur die Polen zugefallenen Gruben der Rudaer Steinkohlegewerkschaft, zu der die „Wolfganggrube“ zu Ruda, die „Friedensgrube“ zu Friedensh¨utte und die „Eminenzgrube“ zu Kattowitz geh¨orten.
Ballestrem, Valentin Graf von, Unternehmer, * 21. 12. 1860 Breslau, † 17. 5. 1920 Ruda (Oberschlesien). Nach Abschluß seines juristischen Studiums bet¨atigte sich B. zun¨achst als Mitarbeiter seines Vaters Franz Graf von → B., um sich so mit den Strukturen der von Ballestremschen Unternehmen vertraut zu machen. Von den vier g¨unstigen Friedensjahren 1910-14 abgesehen, war er ihr Leiter w¨ahrend der schwierigen Jahre des Ersten Weltkriegs sowie der noch schwierigeren Nachkriegsjahre. Zur Seite stand ihm als Generaldirektor der in Burbach (Siegerland) geborene Franz Pieler. Unter B. erfolgten der Bau des F¨orderschachtes der Graf Franzgrube (1913) sowie der Koksanstalt Wolfgang (1915 / 16) in Ruda, die 1918 erweitert wurden, außerdem des Kraftwerks Nikolaus (1917). Der Bau einer Sandbahn nach Sersno und die Gr¨undung einer Sandbahngesellschaft waren ebenfalls das Werk B.s. Ballhorn, Georg Friedrich, Mediziner, * 1. 8. 1770 Hannover, † 7. 8. 1805 Hannover. Der Sohn Ludwig Wilhelm B.s studierte in G¨ottingen (Dr. med. 1792, Quorundam phaenomenorum periodicorum in homine observabilium caussas probabiles), hielt dort bis 1794 Vorlesungen und war Mitglied der Physikalischen Gesellschaft. Nach mehrj¨ahrigen Studienreisen nach Wien und England ließ er sich um die Jahrhundertwende in Hannover nieder, wo er Armen- und Leibarzt wurde. Unter dem Titel Untersuchungen u¨ ber die Ursachen und Wirkungen der Kuhpocken (1799) u¨ bersetzte er Edward Jenners Schrift (1798) ¨ ins Deutsche und verfaßte selbst u. a. Uber Deklamation, in medizinischer und di¨atetischer Hinsicht (1802, 21836).
Ballin, Albert, Kaufmann, Reeder, * 15. 8. 1857 Hamburg, † 9. 11. 1918 Hamburg. 1874 trat B. in die von seinem Vater gegr¨undete Auswandererexpedition Morris & Co. ein und wurde bald deren Leiter; 1881 u¨ bernahm er die Passagevertretung f¨ur die Reederei Carr. Als sich nach einer neuen Erweiterung 1886 der Konkurrenzdruck auf die Hamburg-Amerikanische
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Balling Packetfahrt AG (Hapag) verst¨arkte, wurde er nach Verhandlungen zwischen den Unternehmen Leiter des Passagedienstes der Hapag. 1888 erfolgte seine Berufung in den Vorstand, 1899 seine Ernennung zum Generaldirektor der in Hamburg-Amerika-Linie umbenannten Gesellschaft. Unter seiner F¨uhrung wurde sie die gr¨oßte Reederei der Welt. B.s diplomatischem Geschick war u. a. der deutsch-amerikanische Schiffahrtsvertrag (1912) zu verdanken. Sein Versuch, seine Beziehungen zum Kaiserhaus zu einer deutsch-englischen Verst¨andigung zu n¨utzen, scheiterte. Unter dem Eindruck von Kriegsende und Revolution beging er 1918 Selbstmord. C NDB
Balling, Karl Albert Max, Montanist, * 14. 5. 1835 Prag, † 21. 4. 1896 Pˇribram. Nach Abschluß der Studien in Prag trat der Sohn von Karl Joseph Napoleon → B. 1858 in die o¨ sterr. Bergbauverwaltung ein, kam 1860 als Assistent an die Bergakademie Pˇribram und wurde 1871 H¨uttenmeister in Brixlegg in Tirol. 1872 kehrte er als H¨uttenverwalter nach Pˇribram zur¨uck, wurde 1873 Oberh¨uttenverwalter, 1874 Hauptprobierer bei der H¨uttenverwaltung und 1875 schließlich Prof. der Probier- und H¨uttenkunde an der dortigen Bergakademie. B. schrieb u. a. Die Probirkunde (1879).
Balling, Karl Joseph Napoleon, Chemiker, * 21. 4. 1805 Gabrielsh¨utten bei Saaz, † 17. 3. 1868 Prag. Nach Abschluß technischer Studien am Prager Polytechnikum (1820-23) war B. im Bergbau und im H¨uttenwesen t¨atig, wurde Adjunkt und 1835 Prof. der Chemie an der st¨andischen Technischen Lehranstalt in Prag. Er gr¨undete das erste Labor f¨ur analytische Chemie in B¨ohmen, erfand 1843 das Saccharometer, arbeitete auf dem Gebiet der Metallurgie und der Torfverwertung. B. gilt als Begr¨under der wissenschaftlichen G¨arungschemie, f¨ur die er ein wegweisendes Lehrbuch ver¨offentlichte (Die G¨arungschemie, 4 Bde., 1845-47). Er war der Vater von Karl Albert Max → B. C NDB
Balling, Michael Joseph, Bratscher, Dirigent, * 28. 8. 1866 Heidingsfeld, † 1. 9. 1925 Darmstadt. B., Sohn eines Lithographen, erhielt eine musikalische Ausbildung bei Hermann → Ritter in W¨urzburg und war als Bratscher t¨atig. Nach einem l¨angeren Aufenthalt in Australien und Neuseeland, wo er das Konservatorium in Nelson gr¨undete, begann er seine Dirigentenlaufbahn 1896 als Assistent bei den Bayreuther Festspielen. Er dirigierte in der Folge in Hamburg, L¨ubeck, Breslau und Karlsruhe. 1906-14 leitete er die Parsifal-Auff¨uhrungen in Bayreuth; 1911 u¨ bernahm er als Nachfolger Hans → Richters die F¨uhrung des Hall´e-Orchesters in Manchester. 1919 wurde B. Generalmusikdirektor des Landestheaters Darmstadt. Er leitete die Gesamtausgabe der Werke → Wagners. C MGG Ballmann, Johann Michael, Lehrer, Historiker, * 15. 12. 1765 Mediasch, † 6. 11. 1804 Mediasch. B. studierte seit 1790 Theologie und Philosophie in T¨ubingen und wurde 1792 Lehrer am Gymnasium in Mediasch. Seit 1793 fast taub, widmete er sich im Selbststudium zun¨achst der Weltgeschichte, sp¨ater haupts¨achlich der Siebenb¨urgener Geschichte und verfaßte u. a. Statistische Landeskunde Siebenb¨urgens im Grundrisse (1801). B. wurde 1803 Konrektor des Gymnasiums und lehrte danach auch Philosophie und Geographie. Ballowitz, Emil, Anatom, Zoologe, * 20. 11. 1859 Greifswald, † 13. 5. 1936 M¨unster. Bereits als Medizinstudent in Greifswald und Freiburg f¨uhrte B. Untersuchungen u¨ ber Tuberkelbazillen durch. Er ging nach der Promotion 1884 (Beitrag zur Symptomatologie der
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Leuk¨amie) als Prosektor an das Anatomische Universit¨atsinstitut in Rostock, im folgenden Jahr in gleicher Position nach Greifswald, habilitierte sich dort 1888 f¨ur Anatomie und wurde 1894 a. o. Professor. 1904 folgte er einem Ruf als a. o. Prof. der Zoologie nach M¨unster. 1905-26 war er dort Ordinarius, seit 1906 Direktor des Anatomischen und Zoologischen Instituts. B., der sich mit der vergleichenden Anatomie des Nervensystems sowie mit der Zellen- und Gewebelehre des niederen Tierreichs besch¨aftigte, ver¨offentlichte u. a. eine Entwicklungsgeschichte der Kreuzotter (1903). ¨ C Arzte 2, 3
Bally, Carl Franz, schweizer. Unternehmer, * 24. 10. 1821 Sch¨onenwerd, † 5. 8. 1899 Basel. Der Sohn von Peter → B. u¨ bernahm gemeinsam mit einem seiner Br¨uder 1849 die v¨aterliche Elastik- und Hosentr¨agerfabrik und begann 1851 mit der serienm¨aßigen Herstellung von Schuhen. Seit 1854 betrieb er eine eigene Schuhfabrik, exportierte vor allem derbes Schuhwerk nach S¨udamerika und begr¨undete durch die Lieferung feiner, modischer Schuhe nach England den Aufstieg seines Unternehmens. Durch den dezentralen Bau von Fertigungswerken in verschiedenen Gemeinden, durch die Einrichtung einer Krankenkasse (1855), einer Kantine (1879) und l¨andlicher Arbeitersiedlungen (seit 1867) schuf B. f¨ur seine Zeit vorbildliche soziale Arbeitsbedingungen. Er war Gemeinderat von Sch¨onenwerd, Kantonsrat und 1857-78 Nationalrat. B. war der Vater von Peter Eduard → B. C HLS Bally, Gustav, Psychiater, * 4. 12. 1893 Mannheim, † 29. 10. 1966 Z¨urich. Von 1913 bis 1920 studierte B. Medizin in Z¨urich und Heidelberg, wurde 1920 mit der Arbeit Psychologische Ph¨anomene im Bedeutungswandel promoviert und war anschließend als Assistent bei dem Psychiater Eugen → Bleuler am Burgh¨olzli in Z¨urich t¨atig. 1924 wechselte er zur weiteren Ausbildung nach Berlin an das Psychoanalytische Institut, er¨offnete 1932 eine Praxis als Lehranalytiker in Z¨urich und erhielt 1940 einen psychotherapeutischen Lehrauftrag an der Universit¨at. Von 1947 bis 1956 war er a. o. Prof. f¨ur Philosophie, Psychologie und P¨adagogik an der Handelshochschule St. Gallen, seit 1957 Titularprofessor an der Universit¨at Z¨urich, wo er sich 1960 mit der Studie Ordnung und Urspr¨unglichkeit, Zuwendung und Ziel in der Medizin habilitierte. Gemeinsam mit dem Psychiater Medard → Boss organisierte B. seit 1948 am Burgh¨olzli eine psychotherapeutische Weiterbildung f¨ur Mediziner. Martin → Heideggers Begriffe der „einspringend-beherrschenden“ und „vorspringend-befreienden F¨ursorge“ dienten ihm als Leitbegriffe der Psychotherapie der Psychosen. Zu seinen Ver¨offentlichungen, die stets dem Dialog von Medizin, Psychologie und Philosophie verpflichtet waren, z¨ahlen Psychologische Ph¨anomene im Bedeutungswandel (1924, Nachdr. 1970), Vom Ursprung und von den Grenzen der Freiheit (1945, unter dem Titel Vom Spielraum der Freiheit. Die Bedeutung des Spiels bei Tier und Mensch, 21966, span. 1958, Neuaufl. 1964, 21973), Der leidende Mensch (1960) und Einf¨uhrung in die Psychoanalyse Sigmund Freuds (1961, 12 1979, niederl. 1956, 101977). Mit Walter Br¨autigam, Viktor → Frankl und Paul → Christian gab B. Grundz¨uge der Neurosenlehre (2 Bde., 1972) heraus. Dietrich von Engelhardt Bally, Peter, schweizer. Unternehmer, * 10. 2. 1783 Sch¨onenwerd, † 23. 11. 1849 Sch¨onenwerd. Zw¨olfj¨ahrig trat B., Sohn eines Kaufmanns, als Arbeiter in eine Bandfabrik ein und erhielt dort durch die F¨ursprache des Fabrikbesitzers eine kaufm¨annische Ausbildung. 1805 u¨ bernahm er die v¨aterliche Bandkr¨amerei, baute sie aus und besuchte u. a. die Messen in Z¨urich, Bern und Luzern mit seinen Waren. Seit 1823 stellte er in Sch¨onenwerd selbst
Balser Bandwaren her, erweiterte sein Warenangebot und begann 1835 im badischen S¨ackingen mit mechanischer Bandweberei. B. war Mitglied der Freisinnigen Partei und geh¨orte dem Solothurner Kantonsrat an. 1835 gr¨undete er eine Sekundarschule in Sch¨onenwerd. B. war der Vater Carl Franz → B. C HLS
Bally, Peter Eduard, schweizer. Unternehmer, * 11. 8. 1847 Sch¨onenwerd, † 24. 7. 1926 Sch¨onenwerd. B., Sohn von Carl Franz → B. bildete sich 1870 / 71 in England, 1876 in den USA weiter. Er stellte Organisation und Produktion des von ihm geleiteten Familienbetriebs um. B. erschloß der Firma neben dem englischen auch den kontinental-europ¨aischen Markt und errichtete schließlich im Gegenzug zur Schutzzollpolitik der europ¨aischen Staaten nach dem Ersten Weltkrieg Fabrikationsanlagen und Ver¨ kaufsgesch¨afte in Frankreich, Osterreich und England, zuletzt auch in S¨udafrika und Nordamerika. 1907 wandelte er das Familienunternehmen in eine Aktiengesellschaft um, die sich 1921 in die Bally Schuhfabriken AG (Produktion) und die Holdinggesellschaft C. F. Bally AG teilte. B. war 15 Jahre lang Nationalrat, gr¨undete den solothurnischen Handels- und Industrieverein, f¨orderte das Schulwesen und f¨uhrte die sozialen Bestrebungen seines Vaters fort. F¨ur seine naturkundlichen Sammlungen baute er das Bally-PriorMuseum; er initiierte auch das Bally-Schuhmuseum. C NDB
Bally, Theodor Armand, schweizer. Maler, Graphiker, Bildhauer, * 16. 7. 1896 S¨ackingen, † 31. 7. 1975 B¨urgenstock (Kt. Nidwalden). B. begann 1916 zu malen, trotz Atelieraufenthalten bei Julius → Exter in M¨unchen, Johann Jakob → L¨uscher in Basel und Cuno → Amiet (1916 / 17) war er Autodidakt. 1922-38 stand er in Kontakt mit der Gruppe der Z¨urcher Konkreten und unternahm Studienreisen in die Niederlande, nach Tunesien, Spanien und Sizilien. Er malte gegenst¨andliche und abstrakte Bilder; 1939 vernichtete er selbst sein gesamtes Werk. Im gleichen Jahr zog er an den Genfer See, zuletzt nach Montreux. 1950-52 entstanden in der Art von Hans → Arp nach einer selbstentwickelten Methode Monotypien mit Druckfarben, 1951 / 53 eine Serie von aus Draht geflochtenen Plastiken, die er sp¨ater z. T. wieder zerst¨orte. Seit 1954 schuf B. in verschiedenen Werkgruppen Arbeiten in kombinierten Techniken (u. a. Collagen mit Bleistiftzeichnungen, 1955-58). C AKL
Balmer, Alois, schweizer. Maler, Graphiker, * 28. 11. 1866 Luzern, † 23. 12. 1933 Luzern. Der Sohn von Joseph → B. studierte seit 1887 an der M¨unchener Kunstakademie, 1888-91 an der Acad´emie Julian in Paris und 1892 / 93 an der Privat-Akademie von Rudolf → Seitz in M¨unchen. 1893 / 94 unternahm B. eine Studienreise nach Florenz; seit 1900 war er Mitglied des Kunstvereins. B. arbeitete in M¨unchen mit der Kgl. Hofglasmalerei Franz Xaver Zettler und der Glaskunstanstalt Karl Ule zusammen, denen er Entw¨urfe f¨ur Glasbilder (u. a. f¨ur die Peterskapelle in Luzern, 1910) lieferte. Vermutlich zu Beginn des Ersten Weltkriegs zog B. wieder nach Luzern. Neben Glasfenstern schuf er monumentale Fresken (u. a. in der Berner Dreifaltigkeitskirche), Exlibris und Buchillustrationen. C AKL
Balmer, Johann Jakob, schweizer. Mathematiker, Physiker, * 1. 5. 1825 Lausen (Kt. Basel-Land), † 12. 3. 1898 Basel. B., Sohn eines Richters, studierte in Basel, Karlsruhe und Berlin (Dr. phil. 1849). 1865 habilitierte er sich in Basel f¨ur deskriptive Geometrie und lehrte bis 1890 an der Universit¨at. Sein gleichzeitig ausge¨ubtes Lehramt an der T¨ochterschule in Basel nahm er auch sp¨ater noch wahr. B. stellte
1885 erstmals eine Serienformel f¨ur die bis dahin bekannten Spektrallinien des Wasserstoffs (in: Annalen der Physik und Chemie 25, 1885), die sp¨ater sogenannte Balmer-Serie, auf. Seine Arbeiten geh¨oren zu den Grundlagen der heutigen Atomphysik. Er besch¨aftigte sich mit Architekturgeschichte, Sozialhygiene und sozialem Wohnungsbau, ferner mit den gemeinsamen Grundfragen von Naturwissenschaft, Philosophie und Religion (Gedanken u¨ ber Stoff, Geist und Gott, 1891). C Wußing
Balmer, Joseph, schweizer. Maler, Graphiker, * 27. 11. 1828 Abtwil, † 21. 1. 1918 Luzern. B. erhielt eine erste Ausbildung bei Anton → B¨utler in Luzern, studierte 1850-56 an der D¨usseldorfer Kunstakademie, war im Atelier von Paul von → Deschwanden in Stans t¨atig und 1860 / 61 schließlich an der Kunstakademie Karlsruhe. Seit 1865 lebte er in Luzern, f¨uhrte haupts¨achlich sakrale Auftr¨age aus, malte Altar-, Wand- und Deckenbilder und schuf Entw¨urfe f¨ur Glasfenster. Als sein Hauptwerk gilt die Ausgestaltung der Marienkirche in Schaffhausen (1884-91). B. war bis in die siebziger Jahre als Illustrator t¨atig. 1898 wurde er Mitglied der Eidgen¨ossischen Kunstkommission. B. war der Vater von Alois → B. C AKL Balmer, (Paul Friedrich) Wilhelm, schweizer. Maler, Graphiker, Bildhauer, * 18. 6. 1865 Basel, † 1. 3. 1922 R¨orswil (Bern). Nach dem Abbruch einer Zimmermannslehre besuchte B. die Kunstgewerbeschule Basel und studierte 1884-89 an der Kunstakademie in M¨unchen vor allem bei Gabriel → Hackl (Zeichnen) und Ludwig → L¨offtz. Bildnisse, vor allem seiner Familie, geh¨oren zu B.s besten Arbeiten (Die drei Br¨uder, 1898). Er hielt sich mehrere Male in Paris auf (1888, 1889 / 90 und 1891 / 92), reiste durch Nordfrankreich, Belgien, die Niederlande, sp¨ater nach Großbritannien, Spanien und St. Petersburg. Im Sommer 1890 weilte er mit Malerfreunden auf der Insel Reichenau, wo er mit Pleinair-Malerei begann. 1892 ließ sich B. in Basel nieder, 1896 in M¨unchen; sp¨ater kehrte er in die Schweiz zur¨uck und lebte seit 1908 in R¨orswil, wo er zusammen mit Albert → Welti das Fresko Landsgemeinde (1914 vollendet) malte. C AKL Balsam, Paul Heinrich, Mathematiker, * 13. 11. 1827 Hirschberg, † 25. 8. 1881 Stettin. B. war seit 1847 Oberlehrer der Mathematik am Stettiner Gymnasium Marienstift und wurde 1866 zum Stadtschulrat ernannt. Er gab 1861 unter dem Titel Des Apollonius von Perga sieben B¨ucher u¨ ber Kegelschnitte nebst dem durch Halley wiederhergestellten achten Buche seine deutsche Bearbeitung dieses Werks heraus. F¨ur die nur arabisch erhaltenen B¨ucher f¨unf bis sieben des Apollonios legte er damit die erste deutsche Ausgabe der f¨ur die Entwicklung der modernen Mathematik grundlegenden Schrift vor. Balser, Ewald, Schauspieler, * 5. 10. 1898 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 17. 4. 1978 Wien. Nach Abschluß einer Lehre als Graveur und Ziseleur an der Elberfelder Kunstgewerbeschule nahm B. am Ersten Weltkrieg teil und trat erstmals am Stadttheater Elberfeld-Barmen als Odoardo in Emilia Galotti auf. Nach Engagements in Basel und D¨usseldorf gastierte er in K¨oln, Darmstadt und bei den Heidelberger Festspielen, bevor ihn Franz → Herterich 1928 an das Wiener Burgtheater holte. 1929-31 spielte er daneben an den M¨unchener Kammerspielen, 1932 an den Weimarer Kammerspielen. Seit 1933 war er durch Vertrag an die Berliner Volksb¨uhne, von 1935 an auch an das Deutsche Theater in Berlin gebunden. B. u¨ bernahm vornehmlich Hauptrollen des klassischen Theaters, darunter G¨otz von Berlichingen und Philipp II.; er f¨uhrte Regie und war beim Film t¨atig (u. a. Dr. Sauerbruch in Sauerbruch – Das war mein Leben, 1954). C Munzinger
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Balser Balser, Johann Christoph, Jurist, * 31. 1. 1710 Gießen, † 14. 6. 1750 Gießen. Im Alter von 15 Jahren begann B. an der Univ. seiner Geburtsstadt zun¨achst Natur-, sp¨ater Rechtswissenschaften zu studieren. Er wurde 1736 Lizentiat der Rechte, unternahm eine Reise an die Universit¨aten in Sachsen und nach G¨ottingen und hielt nach seiner R¨uckkehr rechtswissenschaftliche Vorlesungen an der Univ. Gießen. 1742 wurde B. Beisitzer der Juristischen Fakult¨at und a. o. Prof., 1744 o. Prof. der Rechtswissenschaften und 1747 zum Dr. jur. promoviert. Er ver¨offentlichte u. a. De forma testamenti iudicalis [. . .] (1745).
Baltenschwiler, Blasius, auch Baltenschweiler, schweizer. Baumeister, Konstrukteur, * 14. 12. 1751 Gurtweil bei Waldshut, † 21. 3. 1832 Rheinsulz. Bald nach 1782 ließ sich B. in Laufenburg nieder, pachtete 1791 die S¨age zu Rheinsulz und wurde sp¨ater deren Eigent¨umer. Mit der Erneuerung der beim Einfall der Franzosen in S¨uddeutschland (1796) und in die Schweiz (1799) zerst¨orten Br¨ucken gelangte B. zu seinem Ruf als hervorragender Konstrukteur und Br¨uckenbauer. Er errichtete u. a. 1803 die bis ins 20. Jh. bestehende Br¨ucke u¨ ber die Aare bei Olten. B. f¨uhrte Kirchenbauten nach Pl¨anen anderer Baumeister aus, darunter die Stadtkirche von Olten (1806 / 07). C Biogr Lex Aargau Baltensperger, (Hans) Walter, schweizer. Goldschmied, * 2. 8. 1885 Baden (Kt. Aargau), † 26. 1. 1931 Z¨urich. B. erlernte in der v¨aterlichen Werkstatt den Beruf des Goldschmieds (1901-04) und nahm Unterricht im Modellieren bei Joseph → Regl an der Z¨urcher Kunstgewerbeschule. Stu´ dienreisen f¨uhrten ihn an die Ecole des Arts et M´etiers in Paris (1904 / 05) und nach London. Nach weiteren Reisen durch Europa kehrte er in die v¨aterliche Werkstatt zur¨uck, die er seit 1908 zehn Jahre gemeinsam mit dem Bruder, dann allein f¨uhrte. B. stellte neben schlicht-elegantem Tafelgeschirr fig¨urlich ausgestaltete Fest- und Sportpokale sowie kirchliches Ger¨at her, zum Teil in Zusammenarbeit mit Architekten (z. B. Ausstattung der Kirche Flawil nach Pl¨anen von Karl → Moser, 1909-11). B. besch¨aftigte verschiedene Spezialisten, so daß bei den meisten seiner Werke vermutlich nur die Entw¨urfe aus seiner Hand sind. C AKL
Balthasar, Herzog von Schlesien-Sagan, † 15. 7. 1472 Priebus. Nach dem Tod des Vaters 1439 wurde B. gemeinsam mit seinem Bruder Rudolf Regent u¨ ber Sagan und Vormund f¨ur die j¨ungeren Br¨uder Wenzel und Johann II. Nach der Teilung des Herzogtums 1449 behielt er den Saganer Anteil gemeinsam mit Rudolf, der 1454 in der Schlacht bei Konitz f¨ur den Deutschen Orden fiel. B. selbst k¨ampfte 1455-58 im Deutschen Ordensheer, verweigerte dem zum b¨ohmischen K¨onig gew¨ahlten Hussiten Georg Podiebrad den Gehorsam und wurde in der Folge von seinem Bruder Johann und Georg Podiebrad vertrieben. 1467 konnte B. sein F¨urstentum zur¨uckgewinnen, wurde 1472 jedoch von Johann gefangengenommen und starb kurz darauf in der Haft angeblich den Hungertod. C NDB
Balthasar von Geyer, Zisterzienser, Theologe, 21. (?)7. 1515 begraben in Pforta. Der aus Geyer bei Annaberg im Erzgebirge stammende B. war M¨onch des Zisterzienserklosters Pforta, studierte seit 1483 Theologie an der Univ. Leipzig (Lizentiat 1487, Dr. theol. 1496) und war 1486 bis etwa 1498 / 99 Provisor des Bernhard-Kollegs in Leipzig. Die Errichtung eines ordentlichen philosophischen Lehrstuhls der Zisterzienser in Leipzig 1488 geht auf B. zur¨uck; er hielt dort Vorlesungen u¨ ber Aristoteles, dar¨uber hinaus theologische Vorlesun-
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gen am Bernhard-Kolleg. 1500 / 01 erfolgte seine Wahl zum 23. Abt von Pforta. Durch Visitationen, die er zum Teil auf p¨apstliche Anordnung durchf¨uhrte, nahm B. Einfluß auf das wirtschaftliche und religi¨ose Leben vieler s¨achsischer Kl¨oster, baute in Pforta das Refektorium um und erwarb sich Verdienste um die Mehrung des Klosterguts. B. publizierte mehrere, zum Teil weit verbreitete Schriften, darunter Canon sacratissimae missae [. . .] (1497). C NDB
Balthasar, Anna Christina Ehrenfried von, * 24. 1. 1737 Greifswald, † 5. 7. 1808 Richtenberg. Die Tochter August von → B.s erhielt eine akademische Erziehung und trat vierzehnj¨ahrig bereits mit zwei o¨ ffentlichen Reden anl¨aßlich der Einweihung von Universit¨atsund Bibliotheksgeb¨auden in ihrer Geburtsstadt auf. B. wurde Baccalaurea der Philosophie sowie Mitglied der deutschen Gesellschaften in Greifswald, K¨onigsberg und Jena. Mehrere Reden B.s, darunter die Rede bey ihrer Aufnahme in die K¨onigliche Deutsche Gesellschaft zu Greifswald [. . .] (1752), wurden ver¨offentlicht. Balthasar, August von, Jurist, Historiker, * 20. 5. 1701 Greifswald, † 20. 6. 1786. Der Bruder Jakob Heinrich → B.s und sp¨atere Vater Anna Christina → B.s studierte seit 1718 Geschichte und Philosophie in Greifswald, sp¨ater Rechtswissenschaften in Jena. Nach einer Studienreise durch Th¨uringen, die Rheinprovinzen und die Niederlande (1724-26) kehrte er nach Greifswald zur¨uck, wurde Lizentiat und habilitierte sich 1727 an der Juristischen Fakult¨at. Von 1734 an lehrte er als o. Prof. unter anderem Kirchen- und Lehnrecht und wurde 1745 Assessor, sp¨ater Direktor des Konsistoriums. 1763-78 war er Assessor und danach Vizepr¨asident des kgl. Tribunals in Wismar. B. publizierte Historische Nachricht von den Landesgesetzen (1740) und Rituale academicum (1742) sowie rechtswissenschaftliche Arbeiten (Ius ecclesiasticum pastorale, 1760). C ADB Balthasar, Augustin, evang. Theologe, * 23. 9. 1632 Anklam, † 26. 11. 1688 Greifswald. B. studierte in Greifswald die Artes, dann Theologie, setzte das Studium in Wittenberg fort (Dr. theol. 1656) und wurde dort a. o. Prof. der Logik und Metaphysik. B. kam sp¨ater als Diakon und Pfarrer nach Stralsund und folgte 1680 einem Ruf als Prof. der Theologie nach Greifswald, wo er auch Generalsuperintendent f¨ur Schwedisch-Vorpommern und R¨ugen wurde. B. ver¨offentlichte Predigten und Dissertationen, darunter Disputationes de aquis supracoelestibus. C ADB Balthasar, (Joseph Anton) Felix von, schweizer. Staatsmann, Historiker, * 11. 1. 1736 Luzern, † 8. 4. 1810 Luzern. Der Sohn Franz Urs von → B.s erhielt seine Ausbildung in Luzern und Lyon, war seit 1755 Mitglied des Großen Rats, seit 1763 des Kleinen Rats und 1775-84 S¨ackelmeister von Luzern. In der Zeit der Helvetik und Mediation war er Pr¨asident des Stadtrats seiner Heimatstadt (bis 1807). B. war ein f¨uhrendes Mitglied der aufgekl¨arten Bewegung in Luzern und geh¨orte 1761 zu den Begr¨undern der Helvetischen Gesellschaft. Als Historiker besch¨aftigte er sich mit luzernischer und schweizer. Geschichte und ¨ gab u. a. Topographische und Okonomische Merkw¨urdigkeiten des Kantons Luzern (1785-87) heraus. Mit seiner aufsehenerregenden rechtsgeschichtlichen Schrift De Helveticorum juribus circa sacra (1768) unterst¨utzte er die staatskirchlichen Forderungen des Kantons gegen¨uber Rom. Seine nachgelassene Helveticasammlung bildete den Grundstein der Luzerner B¨urgerbibliothek. B. war der Vater Joseph Anton von → B.s.
Baltischwiler Balthasar, Franz Urs von, schweizer. Staatsmann, * 8. 11. 1689 Luzern, † 30. 5. 1763 Luzern. Nach Abschluß seiner Ausbildung nahm B., Sohn eines Schultheißen, 1712 als Hauptmann am Zweiten Villmergerkrieg teil und trat im Jahr darauf in den Großen Rat des Kantons Luzern ein. 1723-27 war er Staatsschreiber, 1727 Mitglied des Kleinen Rats, 1735 Bauherr und 1745 Spitalherr. Er u¨ berwachte 1733 und 1744 die Maßnahmen Basels zum Schutz seiner Neutralit¨at und hatte wesentlichen Anteil an den staatskirchlichen Bestrebungen Luzerns im Udligenswilerhandel 1725 und im Beeidigungshandel 1747 / 48. B.s Schriften wurden nach seinem Willen erst postum ver¨offentlicht, mit Ausnahme der Patriotischen Tr¨aume eines Eydgenossen (1758), in denen er auf die 1761 gegr¨undete „Helvetische Gesellschaft“ vorausweist, deren Ehrenpr¨asident er sp¨ater war. Er war der Vater Felix von → B.s. C HLS Balthasar, Hans Urs von, schweizer. kath. Theologe, * 12. 8. 1905 Luzern, † 26. 6. 1988 Basel. B. studierte Germanistik, dann Philosophie und Theologie, trat 1929 in die Gesellschaft Jesu ein und wurde 1930 an der Univ. Z¨urich zum Dr. phil. promoviert (Geschichte des eschatologischen Problems in der modernen deutschen Literatur). Seit 1940 Studenten- und Akademikerseelsorger in Basel, trat er 1950 aus dem Jesuitenorden aus, gr¨undete ein S¨akularinstitut („Johannesgemeinschaft“) und widmete sich einer umfangreichen Publizistik und Vortragst¨atigkeit. Selbst aktiver Wegbereiter des Zweiten Vatikanischen Konzils, gewann B. durch seine wertkonservative Kritik an nachkonziliaren Entwicklungen internationale Bedeutung. Er begr¨undete den Johannes Verlag, in dem er die Visionen der Adrienne von → Speyr, die er als ihr langj¨ahriger Sekret¨ar dokumentiert hatte, ver¨offentlichte (Erster Blick auf Adrienne von Speyr, 1968). B. orientierte sich an den Kirchenv¨atern, großen Mystikern und Glaubenszeugen der Kirche. Bestimmender Einfluß ging von Erich → Przywara und Henri de Lubac aus. Als einer der ersten kath. Theologen setzte sich B. mit Karl → Barth auseinander (Karl Barth. Darstellung und Deutung seiner Theologie, 1951, 41976). Den Versuch einer christlichen Gesamtdeutung deutscher Dichtung, Philosophie und Theologie von → Lessing bis in die Gegenwart unternahm er in Apokalypse der deutschen Seele. Studien zu einer Lehre von letzten Haltungen (3 Bde., 1937-39; Bd. 1, 21947). Seine trinitarische Sendungstheologie, der schon Theologie der Geschichte (1950, 61979), Das Ganze im Fragment. Aspekte der Geschichtstheologie (1963, 21990) und Theologie der drei Tage (1969, 21983) verpflichtet waren, entfaltete B. in seinem theologischen Hauptwerk, das in der letzten Schaffensperiode entstand ¨ und die drei Teile Herrlichkeit. Eine theologische Asthetik (6 Bde., 1961-69), Theodramatik (5 Bde., 1973-83), Theologik (5 Bde., 1985-87) sowie einen Epilog (1987) umfaßt. B. starb zwei Tage vor seiner Erhebung zum Kardinal. C RGG Balthasar, Jakob Heinrich von, evang. Theologe, Historiker, * 1690, † 2. 1. 1763 Greifswald. Der Bruder August von → B.s war seit 1719 Prof. der Theologie und Pastor an St. Jacobi in Greifswald, erwarb 1722 die Doktorw¨urde und wurde 1729 Konsistorialassessor. In theologischen Streitigkeiten mit dem Mathematiker Jeremias Papke trug B., der einer gem¨aßigt pietistischen Richtung anhing, den Sieg davon. Er wurde 1746 Generalsuperintendent f¨ur Schwedisch-Vorpommern und R¨ugen. Neben einem Kirchen- und Hausgesangbuch ver¨offentlichte er u. a. Sammlungen zur Pommerschen Kirchenhistorie (2 Bde., 1723-25). C ADB
Balthasar, Joseph Anton von, schweizer. Staatsmann, Historiker, Bibliothekar, * 11. 3. 1761 Luzern, † 5. 6. 1837 Luzern. Der Sohn Felix von → B.s wurde nach seiner Ausbildung in London, Paris und Rom Ratsschreiber und war in der Zeit der Helvetik Bureauchef des helvetischen Großen Rats in Luzern. Als Bibliothekar war er zun¨achst an der Kantonsbibliothek in Aarau, sp¨ater an der Luzerner B¨urgerbibliothek t¨atig. B. war seit 1824 Mitglied des Großen Rats, seit 1826 des Kleinen Rats im Kanton Luzern. Er gr¨undete die historisch-politische Sammlung Helvetia (8 Bde., 1823-33) und gab deren erste drei B¨ande heraus. 1832 u¨ berschrieb er der Regierung von Luzern seine reiche Privatbibliothek. C ADB Balthasar, Karl, evang. Theologe, Musikwissenschaftler, * 9. 9. 1868 Zaschwitz bei Halle / Saale, † 14. 6. 1937 Halle / Saale. B., Sohn eines Lehrers und Organisten, studierte an der Univ. Halle sowie in Magdeburg, wo er 1893 und 1895 seine theologischen Examina ablegte; 1894-98 war er als Erzieher t¨atig. Bei Robert → Franz und Otto → Reubke in Halle studierte B. schließlich Musikwissenschaften; daneben war er Organist und Chorleiter der akademischen Singschule. 1898 wurde er Pfarrer in Ammendorf bei Halle, veranstaltete geistliche Auff¨uhrungen und Organistenkurse sowie kirchenmusikalische Konferenzen, gab die „Zeitschrift des evangelischen Kirchenmusikvereins“ heraus und war Mitarbeiter am Orgelvorspielbuch f¨ur die Provinz Sachsen. Seit 1919 Leiter des Kirchenmusikalischen und Theologischen Seminars der Univ. Halle, wurde er 1920 zum Prof. der Musikalischen Liturgik ernannt. 1931 u¨ bernahm er die Bearbeitung des neuen Gesangbuchs der Provinz Sachsen. Von April 1933 bis zu seinem Austritt aus pers¨onlichen Gr¨unden war B. Mitglied der NSDAP. Er schrieb u. a. Luther, der S¨anger des deutschen Volkes (1917). C Eberle Balticus, Martin(us), Schulmeister, Dichter, * um 1532 M¨unchen, † 1601 Ulm. B. stammte aus einer Familie niederen Standes und wuchs bei einem reformierten Pfarrer auf. Er studierte in Joachimsthal und Wittenberg und war Sch¨uler von Zacharias Weixner, Johannes → Mathesius und Philipp → Melanchthon, bevor er 1553 Leiter der lateinischen Poetenschule in M¨unchen wurde. 1559 ob seines luth. Bekenntnisses entlassen, war er 1559-92 Rektor der lateinischen Schule in Ulm, an der er sich f¨ur die Umgestaltung der Unterrichtspl¨ane einsetzte. Neben Gelegenheitsgedichten (Poematum libri III, um 1560) schrieb B. – angeregt von seinem M¨unchener Vorg¨anger Hieronymus → Ziegler – u. a. Schuldramen (Adelphopolae, 1556, Josephus, 1579), die er meist selbst ins Deutsche u¨ bersetzte. C Killy
Baltischwiler, Anna, schweizer. Medizinerin, * 11. 3. 1876 Rheinsulz, † 23. 2. 1952 Z¨urich. Nach dem Medizinstudium in Z¨urich (Staatsexamen 1900) volontierte B. bei Albert → D¨oderlein in T¨ubingen und wurde 1901 mit einer gyn¨akologischen Dissertation promoviert (Myome und deren Complicationen). 1901-19 war sie an der neuer¨offneten Schweizer Pflegerinnenschule in Z¨urich zun¨achst Assistenz¨arztin, u¨ bernahm 1906 die Leitung der Chirurgischen Abteilung und wurde 1910 Abteilungs¨arztin der von ihr begr¨undeten R¨ontgenabteilung. 1919-23 f¨uhrte B. eine Privatklinik in Z¨urich. Als Chef¨arztin der Pflegerinnenschule 1923-45 war sie die treibende Kraft f¨ur den Ausbau der Anstalt, die seit 1936 die Bezeichnung „Schweizer Pflegerinnenschule mit Krankenhaus“ f¨uhrt. C Biogr Lex Aargau
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Baltrusch Baltrusch, Georg Friedrich, Gewerkschafter, Politiker, * 7. 3. 1876 Waldhof (Ostpreußen), † 22. 4. 1949 Bad Wildungen. Von Beruf M¨obel- und Bautischler, arbeitete B., Sohn eines Landarbeiters, in gr¨oßeren Betrieben des Rheinlands und bildete sich durch Kurse in Fachzeichnen und Rechnen weiter aus. Nach der Milit¨ardienstzeit wandte er sich 1900 der Gewerkschaftsbewegung zu und wurde ehrenamtlicher Bezirksleiter des Christlichen Holzarbeiter-Verbands. Seit 1907 war er Gesamtverbandssekret¨ar der Christlichen Gewerkschaften, besuchte Vorlesungen der Handelshochschule K¨oln und naturwissenschaftliche Kurse des „Keplerbunds“ Godesberg. B. war Gesch¨aftsf¨uhrer und Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds, evang. Oberkirchenrat, Mitglied verschiedener Verwaltungsr¨ate und wurde von der Reichsregierung als Sachverst¨andiger zu den Weltwirtschaftskonferenzen 1922 und 1927 entsandt. Seit 1930 geh¨orte er als Abgeordneter der Staatspartei dem Reichstag an. 1934 wurde er aus politischen Gr¨unden als Gesch¨aftsf¨uhrer der Christlichen Gewerkschaften entlassen. Nach 1945 z¨ahlte B. zu den Begr¨undern der CDU in Waldeck. C Reichshandbuch Baltz, Johanna, Pseud. Helene Busch, Josef Bajovar, Schriftstellerin, * 23. 12. 1849 Arnsberg, † 31. 12. 1918 Arnsberg. B. verbrachte ihr ganzes Leben in ihrer Heimatstadt, schrieb zun¨achst Jugendliteratur und verfaßte sp¨ater auf Anregung Ferdinand → Hillers Opernlibretti. Ihr umfangreiches Werk umfaßt Erz¨ahlungen und Novellen, Dramen und Lyrik, am erfolgreichsten waren jedoch B.s patriotische Festspiele, darunter Auf roter Erde (1890). F¨ur ihre Verdienste um den Patriotismus zeichnete sie der Kaiser mit dem Frauen-Orden aus. C Westf Autoren, Bd 1
Baltz, Theodor Friedrich, Mediziner, * 15. 1. 1785 Bernau bei Berlin, † 24. 10. 1859. B. begann 1805 ein Studium am medizinisch-chirurgischen Kollegium in Berlin, er wurde im gleichen Jahr preuß. Lazarettchirurg in Hannover und nahm an der Schlacht bei Auerstedt teil. Nachdem er sich aus franz¨osischer Kriegsgefangenschaft befreit hatte, reiste er zu Fuß nach K¨onigsberg und Memel, wo er bis 1808 in Lazaretten t¨atig war. Danach studierte er an der Berliner Univ. und an der „Pepini`ere“, wo er 1812 Oberarzt wurde. Als Stabsarzt und Leiter eines fliegenden Lazaretts machte er den Feldzug 1815 mit. Im gleichen Jahr erhielt er f¨ur eine ophthalmologische Arbeit (De ophthamia catarrhali bellica), die er in einer sp¨ateren ¨ Preisschrift ausarbeitete (Uber die Entstehung, Beschaffenheit und zweckm¨aßige Behandlung der Augenentz¨undung, welche seit mehreren Jahren unter den Soldaten einiger europ¨aischer Armeen geherrscht hat, 1824), die Doktorw¨urde der Univ. Heidelberg. 1830 verließ B. die Armee und verfaßte u. a. Die phantastische und besonders die lebensgef¨ahrliche Seite der hom¨oopathischen Theorie und Curmethode (1833) sowie Erinnerungen zur rechten Zeit. Beitrag zur Geschichte der Medizinalreformen in Preußen (1847).
Baltzar, Thomas, auch Baltzer, Balthasar, Musiker, Komponist, * um 1630 L¨ubeck, † 24. 7. 1663 London. B., Sohn eines Posaunisten, war 1653 Kammerviolinist der K¨onigin Christine von Schweden und kam 1655 nach London, wo er 1661 in die kgl. Kapelle der 24 Violinisten Karls II. berufen wurde. Ber¨uhmt wurde B. durch seine Fertigkeit im zweistimmigen Geigenspiel, das damals in Mode kam. In seinen Kompositionen verwendete er den damals in England noch un¨ublichen Basso continuo; vier seiner Kompositionen wurden in John Playfords Sammelwerk The Division Violin (101685, 151695) ver¨offentlicht. C NDB
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Baltzer, Armin (Richard), Geologe, * 16. 1. 1842 Zwochau bei Merseburg, † 5. 11. 1913 Hilterfingen / Thunersee. B., ein Neffe Eduard Wilhelm → B.s, studierte 1860-63 Naturwissenschaften (vorwiegend Geologie) in Z¨urich. Nach der Promotion 1864 (De anatomia sphingidarum) in Berlin wurde er Assistent, 1869 Prof. und Rektor an der Industrieabteilung der Kantonsschule Z¨urich. B. habilitierte sich 1873 an der Univ. und TH Z¨urich und wurde 1884 Ordinarius der Mineralogie und Geologie in Bern. B.s Forschungsgebiet umfaßte die zentralalpinen Granitmassive (vor allem das Aarmassiv) sowie die eiszeitlichen Ablagerungen des Schweizer Mittellandes und der Alpens¨udseite. Er arbeitete u¨ ber vulkanologische Fragen, erkannte die tektonische Natur des Kontaktes Kalk zu Gneis und gilt als Wegbereiter der Deckentheorie der Alpen. B., der 1888 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen wurde, publizierte u. a. Beitr¨age zur geologischen Karte der Schweiz (1880-96).
Baltzer, Eduard Wilhelm, freigemeindlich-protestantischer Theologe, * 24. 10. 1814 Hohenleina (Reg.-Bez. Merseburg), † 24. 6. 1884 Durlach (heute zu Karlsruhe). Nach philologischen und theologischen Studien in Leipzig und Halle (1834-38) war B., Sohn eines Pfarrers und Kreisschulinspektors, seit 1841 Diakon in Delitzsch. 1845 in Halle sowie an der Kirche St. Nikolai in Nordhausen zum Pfarrer berufen, wurde er vom Konsistorium als Anh¨anger der „Protestantischen Freunde“ nicht best¨atigt. 1847 gr¨undete B. mit dem Kirchenkollegium von St. Nikolai in Nordhausen eine freireligi¨ose protestantische Gemeinde, der er bis 1881 angeh¨orte; 1859-81 war er Vorstand des Bundes freireligi¨oser Gemeinden. Als Stadtverordneter, im Frankfurter Vorparlament und in der preuß. Nationalversammlung war er politisch t¨atig, setzte sich f¨ur soziale Reform ein (u. a. gr¨undete er 1851 den ersten Kindergarten) und rief 1867 den ersten deutschen Vegetarierverein ins Leben; 1868-85 gab er dessen Vereinsblatt, die „Vegetarier-Zeitung“, heraus. B. ver¨offentlichte u. a Allgemeine Religionsgeschichte (1854), Das Leben Jesu (1860, 21860), Die nat¨urliche Lebensweise (4 Tle., 1867-72) und Ideen zur sozialen Reform (1873). Seine Erinnerungen wurden postum (1907) ver¨offentlicht. C Leb Mitteldt, Bd 4
Baltzer, Hans Adolf, Illustrator, Graphiker, * 29. 3. 1900 Berlin, † 17. 6. 1972 Berlin. Seit 1910 arbeitete B. als Fabrikarbeiter und Tierh¨uter, erhielt 1916-20 eine Ausbildung zum Stein- und Offsetdrucker und bildete sich als Autodidakt k¨unstlerisch weiter. Seit 1924 war er in einem Berliner Reklameatelier t¨atig, wo er auch politische Plakate gestaltete. Im Zweiten Weltkrieg wurde er als technischer Zeichner dienstverpflichtet. Seit 1946 lebte B. als freier K¨unstler in Berlin und leitete 1948-52 die Illustrationsklasse an der Meisterschule f¨ur Graphik und Buchkunst in Berlin (DDR). Studienreisen f¨uhrten ihn nach China (1957) und in die Mongolei (1963). Er stellte seit 1959 regelm¨aßig auf der Leipziger Buchmesse aus und erhielt 1966 in Leipzig den Professorentitel. Mit u¨ ber 70 illustrierten Kinderund Jugendb¨uchern, darunter Eva Strittmatters Vom Kater, der ein Mensch sein sollte (1960), geh¨ort B. zu den auch international erfolgreichen Illustratoren. Daneben schuf er Theater- und Filmplakate sowie Portr¨ats und Karikaturen. C AKL Baltzer, Johann Baptist, kath. Theologe, * 16. 7. 1803 Andernach, † 1. 1. 1871 Bonn. B. kam 1829 als Priester und Repetent an das katholischtheologische Konvikt in Bonn. Nach der Promotion in M¨unchen 1830 erhielt er die a. o. Professur, 1831 das Ordinariat f¨ur Dogmatik an der Univ. Breslau, 1846 erfolgte die
Bambamius Ernennung zum Domkapitular. B. bekannte sich zur Lehre Georg → Hermes’, sp¨ater zur Theologie Anton → G¨unthers, zu dessen Verteidigung gegen die Angriffe von Franz Jakob → Clemens er 1853 nach Rom reiste. Als er sich nach der Indizierung G¨unthers nicht der Entscheidung Roms unterwarf, wurde ihm 1860 die Lehrerlaubnis entzogen. An der Univ. Breslau w¨ahlte man ihn 1862 / 63 demonstrativ zum Dekan. Nachdem am Ersten Vatikanischen Konzil 1870 die p¨apstliche Unfehlbarkeit verk¨undet worden war, rebellierte B., doch geh¨orte er den Altkatholiken nicht mehr an. B. ¨ schrieb u. a. Uber die Anf¨ange der Organismen (1868). C Wetzer/Welte
Baltzer, Richard, Mathematiker, * 27. 1. 1818 Meißen, † 7. 11. 1887 Gießen. B. wurde nach dem Studium der Mathematik 1842 Oberlehrer, sp¨ater Prof. an der Kreuzschule in Dresden und folgte 1868 einem Ruf als o. Prof. der Mathematik an die Univ. Gießen. Er war Mitglied der S¨achsischen Gesellschaft der Wissenschaften in Leipzig und ver¨offentlichte neben zahlreichen Beitr¨agen in Fachperiodika u. a. Elemente der Mathematik (2 Bde., 1860-62).
Baluschek, Hans, Maler, Graphiker, Schriftsteller, * 9. 5. 1870 Breslau, † 27. 9. 1935 Berlin. B., Sohn eines Eisenbahningenieurs, studierte 1889-94 an der Berliner Akademie der K¨unste, blieb jedoch im wesentlichen Autodidakt. Als Mitbegr¨under der Berliner Sezession 1899 wurde er deren Schriftf¨uhrer und 1913 Vorstandsmitglied der „Freien Sezession“. B. trat 1920 in die SPD ein und wurde Mitglied der Deputation f¨ur Kunst und Bildungswesen der Stadt Berlin. Seit 1929 leitete er die j¨ahrliche Große Berliner Kunstausstellung. B. war Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften (u. a. „Das Narrenschiff“, 1898 / 99) und Illustrator (u. a. Gerdt von → Bassewitz: Peterchens Mondfahrt). Als Maler stellte er vor allem das Berliner Arbeiter- und Kleine-Leute-Milieu an der Peripherie der Stadt (Sommerfest in der Laubenkolonie, 1909 / 10) und sozial Deklassierte (Opfer, 1905 / 06) dar sowie Zyklen zum Thema Eisenbahn (Die Eisenbahn, 1898) und zu einzelnen Landschaften (Sylt, 1898). B. schrieb u. a. Großstadtgeschichten. C AKL Balz, Friedrich, Beamter, * 28. 3. 1848 Kleingartach, † 10. 7. 1922 Stuttgart. Nach rechtswissenschaftlichen Studien in T¨ubingen und Heidelberg trat B. 1871 in den w¨urttembergischen Justizdienst ein und wechselte 1879 als Kollegialmitglied der kgl. Eisenbahndirektion in den Verwaltungsdienst. 1881 erfolgte seine Berufung in die Verkehrsabteilung des Außenministeriums, wo er zun¨achst Finanzrat, sp¨ater Ministerialrat (bis 1890) wurde. 1893-1908 war B. Generaldirektor der w¨urttembergischen Staatseisenbahnen mit dem Pr¨adikat Exzellenz. Als nationalliberaler Abgeordneter vertrat er 1895-1912 den Bezirk Brackenheim im w¨urttembergischen Landtag. C Raberg Balzar-Kopp, Elfriede, Keramikerin, * 1. 6. 1904 Bendorf / Rhein, † 5. 1. 1983 H¨ohr-Grenzhausen. An der Staatlichen Ingenieur- und Werkschule f¨ur Keramik in H¨ohr-Grenzhausen erhielt B. 1924-26 ihre Ausbildung bei Eduard Berdel, Hermann Bollenbach und Alfred Kamp. 1926 / 27 war sie an der Majolikamanufaktur Karlsruhe t¨atig und gr¨undete 1927 eine eigene Werkstatt in H¨ohrGrenzhausen. Sie absolvierte 1937 die Meisterpr¨ufung und war 1943 Dozentin an der Werkschule f¨ur Keramik. B. arbeitete haupts¨achlich mit salzglasiertem Steinzeug und Dekoren in K¨olschbraun, Kobalt- und Mangansmalte und der aus dem Westerwald stammenden Red- und Kniebistechnik. Sie schuf Gef¨aße, seit den dreißiger und vierziger Jahren
Tierplastiken (Giraffe, um 1960), im Sp¨atwerk auch Frauenfiguren und Familiengruppen. B. erhielt u. a. den Ehrenpreis C AKL der Deutschen Keramik Gesellschaft 1965.
Balzer, Anton, auch Anton´ın Karel B., Kupferstecher, getauft 18. 8. 1771 Lys´a nad Labem, † 19. 12. 1807 Prag. Der Sohn und Sch¨uler Johann → B.s studierte zun¨achst an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste und bei Jakob → Schmutzer am Graphischen Institut, 1788 / 89 schließlich an der Kunstakademie Dresden. Dort machte er sich u. a. mit der Aquatinta-Technik bekannt, die er sp¨ater in B¨ohmen einf¨uhrte und verbreitete. Er besch¨aftigte sich besonders mit Landschaftsdarstellungen, bereiste – teils mit seinem Bruder – B¨ohmen, die Alpenl¨ander und Norditalien und ver¨offentlichte u. a. Eine Sammlung malerischer Gegenden von Ober¨osterreich, Salzburg, Berchtesgaden und einem Theile des venetianischen Gebietes (1804); daneben entstanden Tierstudien, Stiche nach Gem¨alden und Portr¨ats. B. bet¨atigte sich auch als Verleger und f¨uhrte gemeinsam mit dem Bruder ein Gesch¨aft in Star´y Ungelt. Als Anh¨anger des Naturkultes im Sinne von Jean-Jacques Rousseau wurde B. zum WegC AKL bereiter der b¨ohmischen Romantik. ¨ auch Jan Jiˇr´ı B., KupBalzer, Johann (Heinrich) d. A., ferstecher, getauft 6. 8. 1736 Choustn´ıkovo Hradiˇstˇe, † 14. 11. 1799 Prag. B. erhielt durch Unterst¨utzung Graf Franz Anton von → Sporcks seine Ausbildung bei Michael Heinrich Rentz. Nach Studienreisen zu verschiedenen Kunstakademien Deutschlands ließ er sich 1758 auf dem Herrensitz seines M¨azens, Lys´a nad Labem, nieder und wurde 1767 B¨urger und Hausbesitzer. Seit 1771 lebte B. in Prag und entfaltete eine rege k¨unstlerische und verlegerische T¨atigkeit; er gab u. a. Effigies virorum eruditorum [. . .], sp¨ater die erweiterte deutschsprachige Ausgabe von Franz Martin → Pelzel, Abbildungen b¨ohmischer und m¨ahrischer Gelehrter und K¨unstler (4 Bde., 1773-82) mit 90 eigenen Portr¨at-Stichen heraus. B. arbeitete kaum nach eigenen Entw¨urfen, sondern reproduzierte vor allem barocke Malerei und Graphik sowie Arbeiten seines Freundes, des Malers Norbert → Grund, und anderer Zeitgenossen. B. war der Vater Anton → B.s und wurde als Initiator der Werkstatt und des Verlags in Prag C AKL zum Stammvater der Kupferstecherfamilie.
Bamann, Eugen, Chemiker, * 14. 1. 1900 Gundelfingen, † 13. 2. 1981 M¨unchen. Das Studium der Chemie an den Universit¨aten M¨unchen und W¨urzburg schloß B. 1926 mit der Promotion bei Richard → Willst¨atter in M¨unchen ab (Zur Kenntnis der Hefemaltase). 1931 habilitierte er sich dort f¨ur organische und pharmazeutische Chemie und Toxikologie und war danach Privatdozent an der TH Stuttgart. 1935-41 a. o. Prof. an der Univ. T¨ubingen, folgte er dann einem Ruf als o. Prof. und Direktor des Pharmazeutischen Instituts der Deutschen Univ. in Prag. Nach Kriegsende war B. bis 1947 interniert, bevor er 1948-69 als Ordinarius f¨ur Pharmazie und Lebensmittelchemie an der Univ. M¨unchen lehrte. 1957 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. B. arbeitete vor allem zur Fermentforschung und zur Enzymchemie (Lyo- und desmo-Enzyme, 1938). C Layer
Bambamius, Johann, Jurist, * um 1650 Otterndorf, † 1699 Hamburg. B. studierte in Kiel Rechtswissenschaften, wurde 1675 promoviert und ließ sich als Advokat in Hamburg nieder. Unter seinen Schriften finden sich neben juristischen Abhandlungen (u. a. Considerationes logicae et metaphysicae super primariis quibusdam juris principiis, 1676) Untersuchungen zu Tacitus.
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Bamberg Bamberg, Albert von, Klassischer Philologe, Lehrer,
Bamberger, Eugen, Chemiker, * 19. 7. 1857 Berlin,
* 6. 5. 1844 Rudolstadt, † 24. 1. 1910 Gotha. Seit 1865 im Schuldienst t¨atig, wurde B. zum Dr. phil. promoviert, war Gymnasialdirektor in Eberswalde, seit 1883 Direktor des Gymnasium Ernestinum in Gotha und schließlich Geheimer Oberschulrat. B. f¨orderte den Zusammenschluß der deutschen evang. Landeskirchen und war Vorsitzender des Hauptvereins des Deutsch-Evangelischen Bunds f¨ur das Herzogtum Gotha. B. ver¨offentlichte zur griechischen Sprache, Literatur und zum Griechischunterricht (u. a. Homerische Formen, 1874) sowie zu kirchlichen Fragen (u. a. Der deutsch-evangelische Kirchenbund, 1898).
† 10. 12. 1932 Ponte-Tresa (Tessin). B. studierte zun¨achst Medizin, sp¨ater Chemie in Berlin und ¨ Heidelberg (Promotion 1881 Uber guanylirte Harnstoffe und Guanidine), war 1880 / 81 Assistent an der Berliner Gewerbeakademie, seit 1884 an der Univ. M¨unchen, wo er sich 1885 f¨ur Organische Chemie habilitierte. 1892 erhielt er dort eine Professur, folgte aber im Jahr darauf einem Ruf als o. Prof. der Chemie an das Eidgen¨ossische Polytechnikum in Z¨urich. Seit 1905 aus gesundheitlichen Gr¨unden emeritiert, f¨uhrte er seine Experimente privat weiter. B. publizierte etwa 430 wissenschaftliche Abhandlungen zur Organischen Chemie, vor allem zu den Guanidinderivaten und Diazoverbindungen. Er f¨uhrte Natrium und Amylalkohol als Reduktionsmittel ein und entdeckte u. a. Pyren und Reten. C DSB
Bamberg, Felix, Diplomat, Publizist, Historiker, * 17. 5. 1820 Unruhstadt, † 12. 2. 1893 Saint Gratien bei Paris. B. studierte Philosophie und Geschichte in Berlin und Paris, wo er seit 1844 mit Friedrich → Hebbel befreundet war. 1851 wurde er preuß. Konsul in Paris, 1867 Konsul des Norddeutschen Bunds in Frankreich und war als Otto von → Bismarcks unmittelbarer Berichterstatter t¨atig. 1870 / 71 war er Pressechef im Hauptquartier in Versailles und politischer Beirat des Befehlshabers der deutschen Besatzungsarmee, Edwin von → Manteuffel. B. wurde 1874 Konsul in Messina, 1881-88 Generalkonsul in Genua. Er verfaßte historische Schriften (Geschichte der orientalischen Angelegenheiten im Zeitraum des Pariser und des Berliner Friedens, 1888-92, in: Onckens Allgemeiner Geschichte IV / 5) und gab Hebbels Tageb¨ucher (2 Bde., 1885-87) sowie dessen Briefwechsel heraus. C NDB
Bamberg, G¨unther von, Jurist, * 27. 1. 1814, † 17. 1. 1868. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in G¨ottingen, Berlin und Jena trat B. in die Dienste des F¨ursten von Schwarzburg-Rudolstadt. Als Student rezensierte er f¨ur die Zeitschrift „Helios“ (1837-41), sp¨ater publizierte er vor allem Das Schwarzburg-Rudolst¨adtische Privatrecht (1843). 1850 wurde B. Appellationsgerichtsrat in Eisenach. Als Mitglied der Kirchen- und Schulabteilung des F¨urstlichen Ministeriums in Rudolstadt (seit 1851) gab er u. a. das Neue revidierte Gesangbuch heraus. B. erhielt 1864 die Berufung zum Pr¨asidenten des Konsistoriums, ließ sich aber 1867 von diesem Amt entbinden, um das Direktorium des Rudolst¨adter Kreisgerichts zu u¨ bernehmen, starb jedoch bald darauf. C ADB Bamberg, (Johann) Karl (Wilhelm Anton), Feinmechaniker, Fabrikbesitzer, * 12. 7. 1847 Kranichfeld, † 4. 6. 1892 Berlin. Bereits w¨ahrend seiner Mechanikerlehre bei Carl → Zeiss in Jena (1862-66) besuchte B., Sohn eines Uhrmachers und Eisenh¨andlers, Vorlesungen u¨ ber Mathematik und Physik und nahm 1867 mit einer Sondergenehmigung (er besaß kein Abitur) das Studium auf. Seit 1869 war er in der Berliner Firma Pistor und Martins, die astronomische Ger¨ate herstellte, t¨atig und setzte schließlich seine Universit¨atsstudien in Berlin fort. 1871 gr¨undete er seine eigene feinmechanische Werkstatt, die bald internationalen Ruf genoß. Mit seinen Instrumenten belieferte er Sternwarten, Laboratorien, Vermessungs¨amter und die Marine. Er entwickelte u. a. den Fluidkompaß, der die Genauigkeitseinbußen durch Vibrationen (z. B. auf Metallschiffen mit starken Motoren) verminderte. 1877 gr¨undete er mit P. D¨orffel den Fachverband Berliner Mechaniker, der sich besonders um Aus- und Weiterbildung des Nachwuchses k¨ummerte. Seit 1881 gab B. mit anderen die „Zeitschrift f¨ur Instrumentenkunde“ heraus. C NDB
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Bamberger, Fritz, Maler, Zeichner, * 17. 10. 1814 W¨urzburg, † 13. 8. 1873 Neuenhain bei Bad Soden / Taunus. Nach einer ersten Ausbildung 1828 bei Johann Gottfried → Schadow an der Berliner Kunstakademie nahm B., Sohn eines Musikers, Unterricht bei Wilhelm → Krause, seit 1830 bei dem kurf¨urstlichen Hofmaler Johann Georg Primavesi in Kassel. 1832-35 lebte er in M¨unchen, orientierte sich hier vor allem an Carl → Rottmann, kam 1835 nach Frankfurt / Main und bereiste Nordfrankreich und England. Dem Milit¨ardienst in W¨urzburg (1837-40) folgte eine Reise nach Spanien. B. ließ sich danach in M¨unchen nieder, das er in den f¨unfziger und sechziger Jahren zu weiteren Reisen nach Spanien verließ. B. malte vorwiegend spanische, aber auch englische und italienische Landschaften, die er mit besonderen Lichteffekten ausgestaltete (Abendgl¨uhen in der Sierra Nevada, 1863). In seinen Zeichnungen legte er besonderen Wert auf topographische Genauigkeit (Zeichnungen zu Ludwig → Braunfels’ Die Mainufer, 1835). B. schrieb um 1839 C AKL ein Studenten-Album (1976).
Bamberger, Fritz (Siegfried), Publizist, Philosoph, * 7. 1. 1902 Frankfurt / Main, † um 1984 New York. Nach dem Studium der Philosophie und Germanistik in Berlin (Promotion 1923, Untersuchungen zur Entstehung des Wertproblems in der Philosophie des 19. Jahrhunderts) war B., Sohn eines Metzgermeisters, bis 1933 Bibliothekar, dann bis 1938 Dozent f¨ur Philosophie an der Hochschule (Lehranstalt) f¨ur die Wissenschaft des Judentums in Berlin und leitete daneben die dortige j¨udische Lehrerbildungsanstalt. Nach der Emigration in die USA 1939 lehrte er bis 1943 Philosophie an zwei Chicagoer Colleges. B. lebte seit 1942 in New York, war u. a. 1942-48 Forschungsdirektor des „Esquire“, 1952-56 Chefredakteur des „Coronet“, 1962-78 Dozent f¨ur vergleichende Geisteswissenschaft sowie Assistent des Pr¨asidenten des Hebrew Union College Jewish Institute of Religion. Daneben war er seit 1955 ehrenamtlicher Mitarbeiter und schließlich Vizepr¨asident des New Yorker Leo-Baeck-Instituts. B. war Mitherausgeber u. a. von Moses → Mendelssohns Gesammelten Schriften (3 Bde., 1929-32) und ver¨offentlichte zuletzt Books are the Best Things (1962). C Lex dt-j¨ud Autoren
Bamberger, Gustav, o¨ sterr. Architekt, Maler, * 3. 12. 1861 W¨urzburg, † 30. 5. 1936 auf dem Zehenthof bei Scheibbs (Nieder¨osterreich). Im Anschluß an das Architekturstudium in D¨usseldorf, am Wiener Polytechnikum und an der dortigen Kunstakademie bei Friedrich von → Schmidt arbeitete B. 1884-91 in dessen B¨uro u. a. an dekorativen Arbeiten am Wiener Rathaus und am Dom in F¨unfkirchen (ungarisch P´ecs). Um 1900 siedelte er nach Krems um, wo nach seinen Pl¨anen o¨ ffentliche Geb¨aude (darunter das Historische Museum, 1912) und Wohnh¨auser errichtet wurden und Entw¨urfe zu Denkm¨alern
Bamberger entstanden. B. war seit 1893 Mitglied des Wiener K¨unstlerhauses und geh¨orte 1900 zu den Begr¨undern des Hagenbundes. Neben seinen zwischen Jugendstil und neueren Stilrichtungen angesiedelten Bauten schuf B. auch Landschafts¨ und Aquarell, u. a. Blick auf Krems und Stadtansichten in Ol von Osten (1910). C AKL
Bamberger, Heinrich von, o¨ sterr. Internist, * 27. 12. 1822 Prag, † 9. 11. 1888 Wien. B., dessen Vater als Generalagent in Prag t¨atig war, studierte in Wien und Prag (Dr. med. 1847) und wurde von seinem Lehrer Johann von → Oppolzer 1852 als Assistent nach Prag berufen. Seit 1854 war er Prof. der speziellen Pathologie in W¨urzburg und u¨ bernahm 1872 die Professur Oppolzers und seine Stelle als Chefarzt der Medizinischen Klinik in Wien. B. wurde zum Wegbereiter einer neuen kli¨ der Wiener medizinischen Schule. Auf seine nischen Ara Initiative hin wurde Hermann → Nothnagel 1882 zum Leiter der Skodaschen Klinik berufen. B. wurde 1886 Pr¨asident ¨ der Gesellschaft der Arzte und z¨ahlte 1887 zu den Gr¨undern der „Wiener klinischen Wochenschrift“, die sich bald zur f¨uhrenden medizinischen Zeitschrift Europas entwickelte. B. wurde 1864 nobilitiert. Er ver¨offentlichte u. a. das Lehrbuch der Krankheiten des Herzens (1857) und Ueber Bacon von Verulam (1865). C NDB
Bamberger, Johann Peter, evang. Theologe, * 1722 Magdeburg, † 4. 9. 1804. B. war zun¨achst Prediger einer reformierten Gemeinde in Berlin, sp¨ater Kirchenrat und Pastor an der Dreifaltigkeitskirche in Berlin-Friedrichstadt. 1780-99 lebte er als Hofprediger, Kirchenrat und Garnisonsprediger in Potsdam und f¨uhrte daneben die Aufsicht u¨ ber das dortige Waisen- und Predigerwitwenhaus. B. u¨ bersetzte zahlreiche, meist theologische Schriften aus dem Englischen (u. a. Brittische theologische Bibliothek, 2 Bde., 1774 / 75) und ver¨offentlichte Predigten (Predigten von protestantischen Gottesgelehrten, 6 Sammlungen, 1771-76). C D¨oring: Theol
Bamberger, Karl, Dirigent, * 21. 2. 1902 Wien, † 18. 7. 1987 New York. B. studierte 1918-20 Musiktheorie an der Univ. Wien, 1920-24 Klavier bei Heinrich Schneker und Cello bei Friedrich → Buxbaum. Er war 1924-27 Dirigent an der Danziger Oper, anschließend am Landestheater Darmstadt und lebte 1931-35 als Gastdirigent in der Sowjetunion. Nach verschie¨ denen Gastspielen (u. a. in Australien und Agypten) emigrierte er 1937 in die USA und war zun¨achst haupts¨achlich als Lehrer t¨atig. Am Mannes College / New York gr¨undete er 1938 ein Orchester, dessen Leitung er ebenso u¨ bernahm wie die der New School of Music / Philadelphia. B. dirigierte 1940-45 u. a. die New Choral Group of Manhattan und war 1942-50 musikalischer Direktor des Columbia Spring Festival. Er arbeitete mit amerikanischen und europ¨aischen Rundfunkorchestern, den New Yorker und Chicagoer Philharmonikern und seit 1952 regelm¨aßig mit der New York City Opera. B. widmete sich auch der Photographie und veranstaltete Ausstellungen; er schrieb The Conductor’s Art (1965).
Bamberger, Ludwig, Bankier, Politiker, Publizist, * 22. 7. 1823 Mainz, † 14. 3. 1899 Berlin. B., Sohn eines Kaufmanns und Bankiers, studierte Rechtswissenschaft in Gießen, Heidelberg und G¨ottingen, konnte aber als Jude nicht in den Staatsdienst eintreten. 1848 / 49 war er als Berichterstatter f¨ur die „Mainzer Zeitung“ t¨atig. Er geh¨orte dem Vorparlament in Frankfurt an. Als Teilnehmer des pf¨alzischen Aufstands von 1848 / 49 wurde B. zum Tod verurteilt, floh in die Schweiz, ging nach England, wurde Bankier und kehrte u¨ ber Antwerpen, Rotterdam und Paris 1866 nach Deutschland zur¨uck. Seit 1868 war er Mitglied des Zollparlaments, 1871-93 des Reichstags, zun¨achst als
Abgeordneter der Nationalliberalen Partei. 1880 verließ er die Partei und gr¨undete die Sezession („Liberale Vereinigung“), die sich 1884 mit der Deutschen Fortschrittspartei zur Freisinnigen Partei vereinigte. Als finanzpolitischer Berater → Bismarcks war er u. a. an der Gr¨undung der Reichsbank und an der M¨unzreform beteiligt, stellte sich dann aber – selbst Vork¨ampfer des Freihandels – entschieden gegen Bismarcks Schutzzoll- und Kolonialpolitik und wurde dadurch zum Vertrauten → Friedrichs III. B.s Gesammelte Schriften (5 Bde.) erschienen 1894-98, seine Erinnerungen (2 Bde., hrsg. von Paul → Nathan) 1899. C Lex dt-j¨ud Autoren
Bamberger, Max (Georg Mathias), o¨ sterr. Chemiker, * 7. 10. 1861 Kirchbichl (Tirol), † 28. 10. 1927 Wien. B. studierte 1879-84 an der TH in Wien und war 1886-88 Assistent an der dortigen Hochschule f¨ur Bodenkultur sowie 1888-1900 Assistent, Pr¨aparator und Adjunkt an der TH. Der Promotion 1891 in Gießen folgte im Jahr darauf die Habilitation f¨ur organische Chemie. B. wurde 1900 a. o. und 1905 o. Prof. der anorganischen Chemie und der Enzyklop¨adie der technischen Chemie. Er war seit 1908 Mitglied des Patentgerichtshofs sowie 1913-17 Fachkonsulent des Technischen Museums f¨ur Handel und Industrie. Neben der Untersuchung von Naturstoffen, z. B. von Harzen, widmete sich B. der Entwicklung von Atemschutzger¨aten, Sprengmitteln; er erforschte die Radioaktivit¨at von Quellwasser und Gestein. Er war u. a. Mitglied der internationalen Kommission f¨ur die Erteilung des Nobelpreises aus der Chemie und seit 1912 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.
Bamberger, Salomon, Rabbiner, * 1. 5. 1835 Wiesenbronn, † 10. 3. 1918 W¨urzburg. B., Sohn von Seligmann B¨ar → B., bei dem er ersten Unterricht erhielt, wurde nach seiner Ausbildung an der Talmudischen Lehranstalt in W¨urzburg 1860 als Rabbiner autorisiert. Seit 1861 Rabbinerverweser in Haßfurt, wechselte er 1864 als Klausrabbiner nach Sulzburg. Nach Stationen in Lengnau und Endingen in der Schweiz (1872-80) und im els¨assischen Niederhagental (1880-87) war er seit 1887 Rabbiner in Sennheim (Elsaß). B. verfaßte lexikographische Erl¨auterungen zu verschiedenen Talmudtraktaten, die in mehreren Folgen unter dem Titel Limmud Aruch ver¨offentlicht wurden (1868-97). Das Werk More le-Sobechim seines Vaters u¨ bersetzte er ins Deutsche (21894).
Bamberger, Seligmann B¨ar, auch Isaak Dob ha-Levi, Rabbiner, * 6. 11. 1807 Wiesenbronn, † 10. 3. 1878 W¨urzburg. B. erhielt seine talmudische Ausbildung 1823-28 in F¨urth. Bei der Tagung der j¨udischen Gemeinden Unterfrankens 1834 vertrat er die „Toratreuen“. An der 1836 von der bayerischen Regierung einberufenen j¨udischen Notablenversammlung nahm er als Stellvertreter des W¨urzburger Rabbiners Abraham Bing teil und konnte mit seinen Ausf¨uhrungen Erfolge f¨ur die Orthodoxie erwirken. 1840 erfolgte gegen den Widerstand der Reformanh¨anger B.s Ernennung zum Distriktrabbiner von W¨urzburg. Er errichtete im selben Jahr eine Jeschiba, initiierte 1855 die Einrichtung einer j¨udischen Elementarschule und gr¨undete 1864 ein j¨udisches Lehrerseminar in W¨urzburg. B. a¨ ußerte sich literarisch zu j¨udischen Vorschriften, verfaßte Streitschriften gegen die Reformbewegung (u. a. Korebe Emeth, 1871) und rief mit anderen eine orthodoxe Bibelgesellschaft ins Leben, die eine neue Bibelausgabe veranstaltete und eine neue deutsche Bibel¨ubersetzung herausgab. Er war der Vater von Salomon → B.
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Bambus Bambus, Willi, Verbandsfunktion¨ar, * 21. 3. 1862 Berlin, † 3. 11. 1904 Berlin. Von Beruf Kaufmann, trat B. 1885 in den neugegr¨undeten Verein zur Unterst¨utzung ackerbautreibender Juden in Pal¨astina und Syrien „Esra“ ein und war seit 1886 in dessen Zentralkomitee t¨atig. 1886-88 war er Mitherausgeber der Zeitschrift „Serubabel“, Herausgeber des „Zion“, dar¨uber hinaus Generalsekret¨ar des „Comitees zur Abwehr antisemitischer Angriffe“ und Mitbegr¨under des „Vereins f¨ur j¨udische Geschichte und Literatur“ in Berlin sowie des „Hilfsvereins der deutschen Juden“. Als Anh¨anger der vorsichtigen Kolonisationsbestrebungen der Chowewe-Zion-Bewegung stand B. zun¨achst in krasser Opposition zu Theodor → Herzls Zionismus, n¨aherte sich ihm aber sp¨ater an. 1895, 1900 und 1904 unternahm B. Reisen nach Pal¨astina, deren erste in dem Band Pal¨astina. Land und Leute (1898) ihren Niederschlag fand. C Lex dt-j¨ud Autoren
Bamer, Alfred, o¨ sterr. Dirigent, Komponist, * 11. 1. 1917 St. Marien (Ober¨osterreich), † 15. 12. 1982 Salzburg. B. studierte 1936-38 Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Di¨ozesanlehranstalt Linz und 1938-40 Rechtswissenschaft an den Universit¨aten Innsbruck und Wien. Daneben bildete er sich an der Violine, am Klavier und an der Orgel aus, studierte Musiktheorie u. a. bei Franz Xaver → M¨uller und nahm Unterricht in Kompositionslehre. Nach dem Kriegsdienst (1940-45) wurde B. 1946 Chordirektor und Organist an der Karmelitenkirche Wien. Seit 1947 Sekret¨ar der Di¨ozesankommission f¨ur Kirchenmusik der Erzdi¨ozese Wien, wurde er 1955 wirkliches Mitglied und Referent der Kommission, dem heutigen Amt f¨ur Kirchenmusik. B. leitete bis 1971 kirchenmusikalische Auff¨uhrun¨ gen u. a. im Osterreichischen Rundfunk (seit 1948) und bei den Wiener Festwochen (seit 1952). Er war Mitarbeiter der Kirchenmusikzeitschriften „Musica divina“, „Chorbl¨atter“, „Musica orans“ und „Singende Kirche“ und komponierte u. a. die Missa „Fons pietatis“ f¨ur gemischten Chor a cappella (1956). C Biogr Lex Ober¨ost Bamm, Peter, eigentl. Curt Emmerich, Schriftsteller, Mediziner, * 20. 10. 1897 Hochneukirch (Sachsen), † 30. 3. 1975 Z¨urich. B. studierte 1919-23 Medizin und Sinologie in G¨ottingen, Freiburg und Frankfurt / Main (Dr. med.), lebte zeitweise in Paris und London; als Schiffsarzt fuhr er zur See. 1928 / 29 unternahm er im Auftrag einer Firma eine Reise nach China. 1938 ließ er sich als Chirurg in Berlin nieder. Im zweiten Weltkrieg war er Stabsarzt an der Ostfront. Seit 1947 lebte B. als freier Schriftsteller in Baden-Baden, sp¨ater in Zollikon. Seit den zwanziger Jahren schrieb er regelm¨aßig heiter-ironische Feuilletons f¨ur die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ und die „Deutsche Zukunft“. B.s literarischer Erfolg begann mit der Ver¨offentlichung von Kriegs- und Reiseerinnerungen Anfang der f¨unfziger Jahre. Sein vor allem im Roman Die unsichtbare Flagge (1952, 131994) postuliertes Kameradschaftsideal erregte Kritik. B.s Autobiographie Eines Menschen Zeit erschien 1972 (81974). C DLL, 20. Jh.
Bampi, Richard, Keramiker, * 16. 6. 1896 Amparo bei S˜ao Paulo, † 10. 7. 1965 Kandern. 1917 / 18 schuf B. Graphiken f¨ur die Zeitschriften „Die Aktion“ und „Orkan“ und studierte 1918 Architektur bei Theodor → Fischer an der TH M¨unchen, 1919 bei Walter → Gropius am Weimarer Bauhaus. Seit einer Studienreise in die Schweiz und nach Florenz 1920 widmete sich B. verst¨arkt bildhauerischen und keramischen Werken, 1923 entstanden in Wien auch Silberarbeiten. Nach dem Vorbild der Wiener Werkst¨atten gr¨undete B. 1924 in Rio de Janeiro die „Kunstwerkst¨atten Rio“, zu der eine Keramikwerkstatt („Arte Nacional de Ceramica“) geh¨orte. Im folgenden
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Jahr u¨ bernahm er das v¨aterliche Architekturb¨uro in Freiburg. 1927 folgte die Gr¨undung der „Fayence Manufaktur Kandern“, an der er seit den dreißiger Jahren (vor allem asiatische) Glasurtechniken erforschte und erprobte. Seit den f¨unfziger Jahren schuf er asymmetrische und vegetabilischorganische Formen sowie Baukeramik. C AKL
Banck, Karl, Musikkritiker, Komponist, * 27. 5. 1809 Magdeburg, † 28. 12. 1889 Dresden. B. erhielt eine musikalische Ausbildung in Berlin und Dessau. 1830-32 unternahm er eine Studienreise nach Italien, zog nach seiner R¨uckkehr nach Leipzig, wo ihn Robert → Schumann zur Mitarbeit an der neugegr¨undeten „Neuen Zeitschrift f¨ur Musik“ gewann, f¨ur die er in der Folge Skizzen aus Italien und Musikkritiken schrieb. Vor¨ubergehend nahm er unter dem Namen „Serpentius“ an den Zusammenk¨unften der „Davidsb¨undler“ teil, distanzierte sich jedoch 1836 und lebte danach in Jena und Rudolstadt, von 1840 an in Dresden als freier Komponist, Musiklehrer und -kritiker. 1945 / 46 unternahm er gemeinsam mit seinem Bruder Otto → B. eine zweite Italienreise, wurde sp¨ater Musikredakteur beim „Dresdener Tagblatt“ und schließlich beim „Dresdener Journal“, wo er fast 40 Jahre t¨atig war. B. komponierte vor allem Lieder, die er erstmals im Liederkreis aus Italien und Deutschland (1834) ver¨offentlichte. C ADB Banck, Otto (Alexander), Schriftsteller, Journalist, * 17. 3. 1824 Magdeburg, † 5. 5. 1916 Dresden. B. studierte seit 1842 Geschichte, Philosophie, Kunst- und Literaturgeschichte, bereiste seit 1845 gemeinsam mit seinem Bruder Karl → B. Italien und ließ sich schließlich in Dresden nieder, wo er Kunst-, Literatur- und Theaterkritiker der „Konstitutionellen Zeitung“ und des „Dresdner Tagblatts“ wurde. 1859-65 lebte B. in M¨unchen und unternahm Studienreisen in die Alpenl¨ander. Seit 1865 wieder in Dresden ans¨assig, wurde er 1871 Feuilletonredakteur des „Dresdner Journals“, 1885 Prof. der Literatur- und Kunstgeschichte und schließlich Chefredakteur des „Dresdener Journals“ (1886-94). B. ver¨offentlichte u. a. das Literarische Bilderbuch (3 Bde., 1866).
Band, Karl (Friedrich Heinrich), Architekt, * 8. 11. 1900 K¨oln, † 6. 10. 1995 K¨oln. Der Sohn eines Architekten studierte 1918-21 Kunstgeschichte in Bonn, 1921-24 Architektur an der TH Karlsruhe und arbeitete bis 1928 in verschiedenen Architekturb¨uros. Danach machte er sich in K¨oln selbst¨andig, bestand 1930 die Regierungsbaumeisterpr¨ufung und wurde Partner von Eduard Endler. Die erste von ihm selbst entworfene Kirche baute B. 1932 in Birlinghoven (St. Augustin). Nach Reisen durch Schweden und Italien 1949 / 50 ver¨anderte er radikal seinen Stil zur Moderne, bezog zunehmend Beton als Gestaltungsmittel ein und baute Kirchen mit u¨ bersichtlichen Innenr¨aumen als urbanen Kristallisationspunkten. Obgleich in erster Linie als Kirchenbaumeister und -restaurator bekannt, entwarf B. auch zahlreiche Wohn- und Gesch¨aftsh¨auser. Er war 1939-45 Mitglied der Reichskammer der Bildenden K¨unste, 1946-49 der Wiederaufbaugesellschaft K¨olns und geh¨orte 1961-77 dem Gutachterausschuß beim Regierungspr¨asidenten in K¨oln an. Zu seinen Kirchenbauten z¨ahlen St. Elisabeth in M¨ulheim (1951-53), St. Severin in Frechen (1956 / 57) und St. Franziskus in Bonn (1960-63). C AKL Band, Moritz, auch Moriz B., Pseud. Ego, Stephan Schrader, o¨ sterr. Schriftsteller, Journalist, * 8. 10. 1864 Wien, † 29. 7. 1932 Linz. B. trat nach der Gymnasialzeit als Sekrete¨ar in Adolf → Hartlebens Verlag ein, war 1894-1908 leitender Redakteur der Illustrierten „Wiener Bilder“ sowie st¨andiger Mitarbeiter des „Wiener Tagblatts“. 1908 wechselte er als Herausgeber
Bandl zur Wochenschrift „Der Fremdenverkehr“ und kehrte 1915 als Chefredakteur zu den „Wiener Bildern“ zur¨uck. Neben zu seiner Zeit vielgelesenen Romanen, Novellen und Humoresken ver¨offentlichte B. Libretti, kunst- und musikkritische Arbeiten, Reiseliteratur (Dalmatien. Land der Sonne, 1910) sowie Sportb¨ucher und eine Enzyklop¨adie des buchh¨andlerischen Wissens (1887). C DLL, 20. Jh.
Bandel, (Joseph) Ernst von, Bildhauer, Architekt, * 17. 5. 1800 Ansbach, † 25. 9. 1876 Neudegg bei Donauw¨orth. B. wurde 1817 in M¨unchen Sch¨uler bei Karl von → Fischer, 1819 Hofbauzeichner und schließlich mit einem kgl. Stipendium Student der Kunstakademie. Seine erste Italienreise unternahm er 1825-27, trat nach seiner R¨uckkehr in den Kreis der klassizistischen Bildhauer um K¨onig → Ludwig I. in M¨unchen und wurde 1832 Vorstandsmitglied des M¨unchener Kunstvereins. Nach einer erfolglosen Zeit in Berlin (1834-37) lebte er 1837-46 in Detmold, 1846-71 in Hannover. Seit 1834 verfolgte B. konsequent die Errichtung des von ihm Armins¨aule genannten Hermannsdenkmal auf der Grotenburg im Teutoburger Wald; 1871-75 lebte er auf dem Bauplatz. B., Vater von Heinrich von → B., gilt in seinen weiteren Arbeiten als durchschnittlicher sp¨atklassizistischer Bildhauer. Er hinterließ Erinnerungen aus meinem Leben (hrsg. von Adolf Gregorius, 1937). C AKL
Bandel, Heinrich von, Bildhauer, * 23. 6. 1829 M¨unchen, † 10. 10. 1864 London. Seine erste Ausbildung erhielt B. bei seinem Vater Ernst von → B. Die Begabung f¨ur Portr¨atgestaltung zeigte sich bereits im Kindesalter, 1849 fertigte er in London das Modell einer Portr¨atstatue f¨ur einen Bildhauer und in der Folge eine Reihe weiterer Arbeiten, meist nach antiken Motiven. 1853-61 stellte er an der Royal Academy aus. Im Londoner Bridgewater-House befinden sich 12 allegorische Reliefs aus B.s Hand. C AKL Bandel, Joseph Anton von, Publizist, * 1714 Villingen, † 7. 6. 1771 Konstanz. B. war an verschiedenen Orten Schreiber, sp¨ater Erzieher der Prinzen Ludwig und Friedrich zu W¨urttemberg und lebte schließlich als Privatier in Konstanz. 1750 ging er nach Rom, wo er in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen und zum Dr. beider Rechte und Comes Palatinus ernannt wurde. B. z¨ahlte zu den popul¨arsten kath. Polemikern des 18. Jh., er ver¨offentlichte u. a. Osterey mit zwey Dotter, das ist Sammlung der Bandelischen Controversschriften [. . .] (2 Bde., 1757). C ADB Bandemer, Susanne von, geb. von Franklin, Schriftstellerin, * 2. 3. 1751 Berlin, † 30. 12. 1828 Koblenz. B. war in erster Ehe mit dem preuß. Offizier Bandemer verheiratet, zu dem sie nach einer gescheiterten zweiten Ehe wieder zur¨uckkehrte. B. war mit Karl Wilhelm → Ramler, Anna Luise → Karsch, Christoph Martin → Wieland und Johann Gottfried → Herder befreundet und ver¨offentlichte u. a. im „Berliner Musenalmanach“ und im „Neuen teutschen Merkur“. B. stand im Ruf, eine gelehrte Dichterin zu sein, schrieb vor allem Lyrik und Dramen sowie kleinere Prosaformen, in die sie zum Teil antike oder mythologische Anspielungen einfließen ließ. Ihr empfindsamer Roman Klara von Bourg, eine wahre Geschichte (1798), der autobiographische Z¨uge tr¨agt, gilt als typischer Frauenroman des 18. Jahrhunderts. C Killy
Bandhauer, (Christian) Gottfried (Heinrich), Architekt, Konstrukteur, * 22. 3. 1790 Roßlau bei Zerbst, † 20. 3. 1837 Roßlau bei Zerbst. Nach Abschluß seiner Zimmermannslehre begab sich B. 1809 auf Wanderschaft durch S¨uddeutschland. Vermutlich
studierte er 1813-17 bei Georg → Moller an der Bauschule Darmstadt und war 1817 / 18 dort Lehrer. 1819 leitete er als Baukondukteur den D¨usseldorfer Kasernenbau. Seit 1820 war er herzoglicher Baurevisor f¨ur Kirchen und Schulbauten, 1822 erfolgte die Ernennung zum Bauinspektor, 1824 zum Baurat. Nach dem Einsturz einer von B. geplanten und 1825 gebauten Br¨ucke noch im gleichen Jahr wurden weitere statische Projekte nicht mehr verwirklicht. In dem Bestreben eine Grundform f¨ur o¨ konomische Wirtschaftsbauten zu entwickeln, schuf B. den sog. anhaltischen „Colonial Style“ mit meist quadratischem Grundriß und Zeltdach, den einer seiner Sch¨uler 1828-30 mit Erfolg in den s¨udrussischen Steppengebieten verwendete. Nachdem 1830 ein Kirchenbau B.s in K¨othen – wohl durch Fremdverschulden – eingest¨urzt war, wurde B. entlassen, verhaftet und 1833 verurteilt. C AKL
Bandhauer, Herbert, o¨ sterr. Gewerkschafter, Unternehmer, * 3. 9. 1925 Innsbruck, † 14. 9. 1979 St. Gallen. B. studierte Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an den Universit¨aten Innsbruck und Wien; er wurde in beiden F¨achern promoviert. Seit 1948 war B. bei der Creditanstalt Bankverein in Wien t¨atig, 1950-60 Sekret¨ar, zuletzt Stellvertreter des leitenden Sekret¨ars der Abteilung Industrie in ¨ der Privatangestellten-Gewerkschaft. 1960 kam B. zur Osterreichischen Elektrizit¨atswirtschafts-AG, war dort 1963-70 Prokurist der Verbund-Plan Ges. mbH, seit 1970 Prokurist der Verbundgesellschaft und Leiter der Abteilung Energiewirtschaft. 1978 wurde er Bundeslastverteiler, 1979 Vorstandsvorsitzender der Verbundgesellschaft. Er hatte zahlreiche Aufsichtsratsmandate inne und war Pr¨asident des Ver¨ bands der Elektrizit¨atswerke Osterreichs. C Munzinger Bandhauer, Mauritius Zacharias, Pr¨amonstratenser, Geschichtsschreiber, * 18. 10. 1585 Burg bei Magdeburg, † 24. 3. 1657 Chotieschau (B¨ohmen). B. trat 1609 in das Pr¨amonstratenserstift Tepl ein, wo er Subprior und Prior wurde und erfolgreich als Prediger f¨ur die Gegenreformation t¨atig war. B. bezog 1628 unter dem Schutz kaiserlicher Truppen das Liebfrauenkloster in Magdeburg und wurde zum Exekutor des Restitutionsedikts Kaiser → Ferdinands II. in Sachsen: er nahm die ehemaligen Pr¨amonstratenserkl¨oster Ilfeld und Jerichow in Besitz und wurde Propst in Jerichow. Von den Schweden 1631 vertrieben, kam B. erst nach der Eroberung durch Johann Tserclaes Graf von → Tilly wieder nach Magdeburg, wo er den Brand und die Pl¨underung der Stadt miterlebte. Sein Tagebuch u¨ ber die Ereignisse, das er 1633 niederschrieb (Diarium, in quo triplex rebellio et excidium civitatis Magdeburgensium continetur, a. Chr. 1631), ist die einzige zeitgen¨ossische Darstellung der Vorg¨ange aus katholisch-kaiserlicher Sicht. B. hielt sich 1635 in Holland auf und wurde 1639 Propst des Chorfrauenstiftes Chotieschau (B¨ohmen). C NDB Bandl, Ludwig, o¨ sterr. Gyn¨akologe, * 1. 11. 1842 Himberg (Nieder¨osterreich), † 26. 8. 1892 Wien. In Wien absolvierte B. seine medizinischen Studien bei Johann von → Dumreicher, Carl von Braun und Joseph → Hyrtl (Promotion 1867). Er wurde 1875 Privatdozent, 1878 Vorstand der Frauenklinik an der Poliklinik in Wien und 1880 a. o. Prof. der Geburtshilfe und Gyn¨akologie an der Univ. Wien. 1886 folgte B. einem Ruf als Ordinarius nach Prag, mußte jedoch noch im gleichen Jahr in die psychiatrische Klinik in D¨obling eingeliefert werden, wo er bis zu seinem Tod lebte. B.s Arbeiten wurden mehrfach ausge¨ zeichnet, er schrieb u. a. Uber das Verhalten des Collum uteri in der Schwangerschaft und w¨ahrend der Geburt (1878).
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Bandlow Bandlow, Heinrich (Johann Theodor), Schriftsteller,
Bandtke, Georg Samuel, Historiker, Sprachwissenschaft-
* 14. 4. 1855 Tribsees, † 25. 8. 1933 Greifswald. Der Sohn eines Tischlermeisters besuchte das Seminar in Franzburg, wurde 1876 Lehrer in Richtenberg, 1877 in Tribsees und lebte seit 1908 als Zeichenlehrer in Greifswald. B. schrieb zumeist in plattdeutschem Dialekt humoristische Erz¨ahlungen aus dem Dorf- und Kleinstadtleben seiner HeiC DLL, 20. Jh. mat, darunter Ut de Hiringslak (1904).
ler, * 24. 11. 1768 Lublin, † 11. 6. 1835 Krakau. Nach Studien in Halle und Jena war B. seit 1790 Erzieher, wurde 1798 Polnischlehrer am Breslauer Elisabethgymnasium und 1804 Rektor der Schule zum Heiligen Geist. Als Bibliothekar der Breslauer Bernhardinerbibliothek arbeitete er deren Katalog in eine alphabetische Kartei um. 1811 erfolgte seine Berufung als Bibliothekar und Prof. der Bibliographie an die Univ. Krakau. Neben Schriften zur a¨ lteren polnischen Bibliographie verfaßte B. Arbeiten zur Sprachdidaktik (Neue polnische Grammatik f¨ur Deutsche, 1808) und vor allem historische Untersuchungen, darunter Historisch-kritische Analekten zur Erl¨auterung der Geschichte des Ostens von Europa (1802) C Wurzbach
Bandmann, Eugen, Jurist, Politiker, * 7. 5. 1874 Breslau, † 20. 10. 1948 New York. Nach Abschluß seiner Studien in Breslau (Dr. jur.) ließ sich B. dort 1900 als Rechtsanwalt nieder. Er trat in die SPD ein, war 1919-33 zun¨achst Stadtverordneter in Breslau, sp¨ater Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung und Mitglied des Provinziallandtags Niederschlesien, Mitglied des Provinzrats und Vorstandsmitglied des Preußischen St¨adtetags. 1933 floh er vor der drohenden Verhaftung u¨ ber die Schweiz nach Prag und konnte 1938 in die USA emigrieren. B. war danach als Rechtsberater f¨ur Emigranten t¨atig und hielt Vortr¨age in amerikanischer B¨urgerkunde. Er war Mitarbeiter des „Aufbau“, Vorstandsmitglied des New World Club und Mitglied des Exekutivkomitees der von Albert → Grzesinski gegr¨undeten Association of Free Germans. C BHdE, Bd 1
Bandmann, G¨unter, Kunsthistoriker, * 10. 9. 1917 Duisburg, † 24. 2. 1975 Bonn. B. schloß das Studium der Kunstgeschichte 1942 mit der Promotion ab und war Assistent an der Univ. Bonn, wo er sich 1949 habilitierte und 1955 zum a. o. Prof. ernannt wurde. 1965-70 war er Ordinarius in T¨ubingen, danach in Bonn. B. besch¨aftigte sich vor allem mit mittelalterlicher Baukunst, aber auch mit kunst- und geschichtstheoretischen Problemen und betonte den Zusammenhang zwischen der allgemeinen gesellschaftlichen und der Entwicklung der Kunst. Er ver¨offentlichte u. a. Die Bauformen des Mittelalters (1949), das Standardwerk zur ArchitekturIkonologie Mittelalterliche Architektur als Bedeutungstr¨ager (1951, 101994) und Melancholie und Musik. Ikonographische Studien (1960). Seit 1970 war er Mitherausgeber der Beitr¨age zur Kunstgeschichte. C Metzler Kunsthistoriker
Bandmann, Hans-J¨urgen, Dermatologe, * 8. 10. 1923 Ratibor, † 1. 10. 1985 M¨unchen. Nach dem Medizinstudium in M¨unchen wurde B. an der dortigen Dermatologischen Klinik bei Alfred → Marchionini ausgebildet. 1971-73 war er Konrektor der Univ. M¨unchen, seit 1974 Chefarzt der Dermatologischen und Allergologischen Abteilung des Krankenhauses M¨unchen-Schwabing. B. besch¨aftigte sich mit Histopathologie, Ekzemforschung und berufsbedingten Hautallergien. Er ver¨offentlichte u. a. Epicutantestung (mit Sigfrid Fregert, 1973, 21982).
Bandorf, Melchior (Josef), Psychiater, * 12. 8. 1845 Weyhers bei Fulda, † 4. 12. 1901. B. schloß seine medizinischen Studien 1870 mit Approbation und Promotion an der Univ. W¨urzburg ab. Nach einiger Zeit zur weiteren Ausbildung in Wien, kam B. an die Heilanstalten St. Gilgenberg bei Bayreuth, Irsee und KarthausPr¨ull und war seit 1873 an der Kreisirrenanstalt in M¨unchen t¨atig. 1883 wurde er zum Direktor der neugegr¨undeten oberbayerischen Kreisirrenanstalt Gabersee berufen und leitete den Aufbau der Anstalt, der ein landwirtschaftlicher Betrieb und Werkst¨atten angeschlossen waren. B. bet¨atigte sich weniger als Psychiater, denn als geschickter Verwalter der Anstalt und verfaßte dar¨uber hinaus 1872-99 f¨ur die Allgemeine Deutsche Biographie mehrere Beitr¨age u¨ ber Fachkollegen. C Deutsche Irr
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Bang, Johann Heinrich Christian, evang. Theologe, * 14. 8. 1774 Goßfelden bei Marburg, † 2. 9. 1851 Haina. B. studierte 1793-96 Theologie und Philologie an der Univ. G¨ottingen und u¨ bernahm 1803 die Pfarrstelle seines Vaters in seinem Geburtsort. Er errichtete dort eine private h¨ohere Schule auf humanistischer Grundlage, die sich bald eines guten Rufs erfreute und an der u. a. Friedrich Carl von → Savigny Griechischunterricht genoß. In seinem Pfarrhaus traf sich der Romantikerkreis um Jacob und Wilhelm → Grimm, B.s Vettern Georg Friedrich und Leonhard Creuzer, Clemens und Bettine → Brentano und Achim von → Arnim. 1839 wurde B. Oberpfarrer in Haina. C Leb Kurhessen, Bd 2
Bang, Paul (Friedrich), Pseud. Wilhelm Meister, Spectator Germanicus, Paul Franz, Eckart Mach, Jurist, Politiker, * 18. 1. 1879 Meißen, † 31. 12. 1945 Hohenfichte bei Chemnitz. Von Beruf Jurist (1904 Dr. jur.) und Finanzbeamter, verließ B. 1919 aus politischen Gr¨unden als Oberfinanzrat den Staatsdienst. Er war Schriftleiter der „Deutschen Zeitung“ und gr¨undete 1924 die „Deutsche Industriellen-Vereinigung“ und den „Bund f¨ur Nationalwirtschaft und Werksgemeinschaft“. Als f¨uhrendes Mitglied des „Alldeutschen Verbands“ und der „Vaterl¨andischen Verb¨ande Deutschlands“ bek¨ampfte er vor allem in der Zeitschrift „Deutschlands Erneuerung“ die Finanzpolitik der Weimarer Republik. 1928-33 war B. f¨ur die Deutschnationale Volkspartei Mitglied des Reichstags, dem er 1933-45 als Gast der NSDAP angeh¨orte. 1933 von Alfred → Hugenberg als Staatssekret¨ar ins Reichswirtschaftsministerium berufen, nahm er an der Londoner Weltwirtschaftskonferenz teil, schied dann aber aus dem Amt und wurde wiederholt mit einer Anklage wegen Hochverrats bedroht. Neben zahlreichen Aufs¨atzen und Flugschriften publizierte er u. a. Geld und W¨ahrung (1932, 4., erweiterte Aufl. 1933). C Lilla, Statisten
Bang-Kaup, Willy, eigentl. Johann Wilhelm Max Julius B.-K., Sprachwissenschaftler, Turkologe, Anglist, * 9. 8. 1869 Wesel, † 8. 9. 1934 Darmstadt. B. studierte in Deutschland, in den Niederlanden, in Großbritannien, Frankreich sowie in L¨owen bei Charles de Harlez und wurde dort 1892 zum Studiendirektor an der Ecole des Langues Orientales ernannt. 1899-1914 war er in L¨owen Ordinarius f¨ur englische Philologie und gab in diesen Jahren 44 B¨ande der Reihe Materialien zur Kunde des a¨ lteren englischen Dramas (1902ff) heraus. B. folgte 1917 einem Ruf als Prof. der t¨urkischen Sprachwissenschaft nach Frankfurt, 1918 nach Berlin, wo er 1924-34 Ordinarius war. Nach verschiedenen Arbeiten u¨ ber Altpersisch, Mandschu und Mongolisch widmete sich B. haupts¨achlich den Turksprachen. Er publizierte u. a. Vom K¨okt¨urkischen zum Osmanischen (in: Abhandlungen der Berliner Akademie der Wissenschaften, 1919). C NDB
Bannenberg Bangemann, Oskar, Holzstecher, * 3. 2. 1882 Braunschweig, † n. e. B. erhielt 1896-1901 bei dem Holzstecher Probst in Braunschweig seine Ausbildung, war bis 1911 in Z¨urich und Wien t¨atig und arbeitete dann mangels Auftr¨agen in der Reichsdruckerei Berlin als Retuscheur und technischer Zeichner. 1912 machte er die Bekanntschaft Max → Slevogts, f¨ur den er in der Folge Holzstiche von Zeichnungen und Illustrationen fertigte. B. kam vom Ersten Weltkrieg schwerverwundet zur¨uck und erhielt durch Slevogts Vermittlung die Leitung der Holzschnittklasse des Kunstgewerbemuseums u¨ bertragen. 1924-42 lehrte er als Prof. an der Berliner Hochschule der Bildenden K¨unste und war bekannt f¨ur seine pr¨azisen Wiedergaben von Feder- und Kreidezeichnungen Slevogts, Max → Liebermanns (Selbstbildnis), Lovis → Corinths und anderer. Er schuf Schnitte nach eigenen Vorlagen, darunter zwei Bildnisse Paul von → Hindenburgs. C AKL
Bangert, Heinrich, Lehrer, Historiker, * 20. 3. 1610 S¨udeck bei Adorf, † 30. 6. 1665. Nach dem Studium der Theologie in Marburg und Gießen (1633 / 34) wurde B. 1635 Konrektor am Gymnasium in Minden und im Jahr darauf Rektor in Oldenburg. 1643 folgte er einem Ruf als Konrektor nach L¨ubeck und u¨ bernahm dort 1664 das Rektorat. Mit der Unterst¨utzung des L¨ubecker Rats gab B. 1659 die Slavenchronik des Helmold und Arnold heraus.
Bangert, Hugo, Fabrikant, * 16. 5. 1890 Jungenhengst (B¨ohmen), † 30. 9. 1972 Wetzlar. Der als Sohn eines Betriebsf¨uhrers und Obersteigers der Firma Buderus (Wetzlar) geborene B. studierte seit 1909 an den Universit¨aten Gießen, M¨unchen und Freiburg / Breisgau Volkswirtschaft und durchlief anschließend bei Buderus eine kaufm¨annische Lehre. 1919-30 wirkte er als Syndikus und Leiter der wirtschafts- und sozialpolitischen Abteilung der Buderus’schen Eisenwerke in Wetzlar. Der auch politisch engagierte B. war seit 1928 Stadtverordneter und von 1930 bis zu seiner aus politischen Gr¨unden erfolgten Amtsenthebung 1934 B¨urgermeister von Wetzlar. Seit 1939 war er f¨ur die Burger Eisenwerke t¨atig, deren Direktor er wurde. B. ver¨offentlichte Die Montanindustrie des Lahn- und Dillgebietes. Ihre geschichtliche Entwicklung, wirtschaftliche Lage und Bedeutung (1914).
Bangerter, Alfred, Ophthalmologe, * 22. 4. 1909 Biel (Kt. Bern), † 22. 3. 2002 St. Gallen. B., Sohn eines Chirurgen und Frauenarztes, studierte in Bern Medizin und wurde 1935 promoviert (Beitr¨age zur Kenntnis der Schilddr¨usenwirkung). 1936-41 war er Assistent, 1942-44 Oberarzt an der Universit¨ats-Augenklinik, habilitierte sich 1946 und wirkte 1946-74 als Chefarzt der Augenklinik des Kantonsspitals St. Gallen. An der dort 1946 etablierten Sehschule wurden seit 1956 auch Orthoptistinnen und Augenarztgehilfinnen ausgebildet. 1956 wurde B. Honorarprofessor an der Univ. Bern. 1961 er¨offnete er die Ostschweizerische Orthoptik- und Pleoptikschule, die 1987 der Augenklinik angeschlossen wurde. B. entwickelte neue Behandlungsmethoden, Instrumente und Apparate, vor allem in der plastischen Augenchirurgie und bei degenerativen Netzhauterkrankungen, und war ein Pionier in der Prophylaxe und Therapie der funktionellen Sehst¨orungen (Schwachsichtigkeit, Schielen). Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren u. a. Behandlung von Augenkrankheiten (1946, 21954), Amblyopiebehandlung (1953, 21955, span. 1954), Augen. Prop¨adeutik f¨ur Studenten (1969, unter dem Titel Augen. Einf¨uhrung in die Ophthalmologie, 21972). B. war Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und des Europ¨aischen Schielrats (1962). 1962 wurde er Vizepr¨asident und 1974 Ehrenmitglied des Concilium Europaeum strabismi.
Banhans, Anton Frh. von, o¨ sterr. Gutsverwalter, Politiker, * 8. 11. 1825 Michellob, † 26. 5. 1902 Wien. B. war nach rechtswissenschaftlichen Studien in Prag zun¨achst im o¨ sterr. Staatsdienst t¨atig, bevor er 1859 Zentraldirektor der G¨uter des Grafen Waldstein wurde. 1867 erfolgte seine Wahl in den b¨ohmischen Landtag und schließlich in den o¨ sterr. Reichstag, wo er sich der deutschliberalen Partei anschloß und entscheidenden Anteil an der Gesetzgebung hatte. Seit 1867 Sektionschef im Innenministerium, war B. 1870 vor¨ubergehend Ackerbau- und 1871-75 Handelsminister. W¨ahrend seiner Amtszeit wurde das metrische Maßsystem allgemein eingef¨uhrt; er schuf u. a. ein einheitliches Betriebsreglement f¨ur Eisenbahnen und sorgte f¨ur die Erweiterung des Schienennetzes. Als Gegner staatlich subventionierter Privatbahnen verhalf er der Idee o¨ sterr. Staatsbahnen zum Durchbruch. B. war 1880-87 Pr¨asident des nieder¨osterr. Gewerbevereins und seit 1890 Pr¨asident der Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft. C NDB Banhans, Karl Frh. von, o¨ sterr. Beamter, * 12. 6. 1861 Kloster (B¨ohmen), † 15. 7. 1942 Wien. Der Sohn Anton von → B.’ studierte in Wien (Dr. jur. 1884), trat 1883 in den Dienst der Staatsbahnen, war sp¨ater im Handels- und Eisenbahnministerium t¨atig und wurde 1906 Sektionschef und Generaldirektor der verstaatlichten KaiserFerdinands-Nordbahn, 1917 Eisenbahnminister. 1922 reorganisierte B. den Rechnungshof und war seit 1923 Vizepr¨asident, seit 1930 Pr¨asident der Verwaltungskommission der ¨ Osterreichischen Bundesbahnen. Banholzer, Johann, Jesuit, Theologe, * 27. 7. 1645 Konstanz, † 26. 2. 1725 M¨unchen. Nach Abschluß seiner philosophischen Studien in Ingolstadt (1666-69) kam B. nach M¨unchen, erhielt 1676 in Eichst¨att die Priesterweihe und wurde 1679 Prof. der Philosophie in Dillingen. 1681 trat B. in die Gesellschaft Jesu ein, wurde 1684 zum Dr. theol. promoviert und kam im gleichen Jahr als Prof. nach Freiburg, sp¨ater nach Ingolstadt und schließlich nach Innsbruck, wo er scholastische Theologie lehrte. 1695-98 war B. Rektor des Jesuitenkollegs in Konstanz, danach in Dillingen, wo er 1700 Rektor der Akademie wurde, schließlich 1708 in Amberg. B. schrieb u. a. Ethica Christiana seu de recta regula morum (1694). C LMU Banks, Edward, Jurist, Diplomat, * 28. 2. 1795 Hamburg, † 17. 12. 1851 Veytaux / Genfer See. B. wurde nach Studien in G¨ottingen, Berlin und Jena 1819 zum Dr. jur. promoviert und ließ sich als Advokat in Hamburg nieder. 1821 trat er als Angestellter des Gerichts in Ritzeb¨uttel in den Staatsdienst ein, wurde 1826 Senatssekret¨ar in Hamburg und 1837 Syndikus. Nach dem großen Brand 1842 war B. als Mitglied der Rats- und B¨urgerdeputation zum Wiederaufbau der Stadt u. a. an der Einf¨uhrung des Sielsystems beteiligt. Seit 1847 Leiter der ausw¨artigen Angelegenheiten und hamburgischer Bundestagsgesandter in Frankfurt, war B. u. a. 1848 Gesandter der deutschen Bundesversammlung im Streit um Schleswig-Holstein und vertrat die provisorische Zentralgewalt in London und Kopenhagen. C NDB Bannenberg, Wilhelm, Industrieller, * 11. 4. 1888 Harpen, † 9. 8. 1953 Essen. Nach dem Studium des H¨uttenwesens an der TH Aachen (Dipl.-Ing. 1913) war B. bei der K¨orting A. G. in Moskau t¨atig, wurde 1918 Direktor der K¨orting-Werke Budapest und war Ende des Ersten Weltkriegs technischer Delegierter der deutschen Waffenstillstandskommission. 1920 kam B. als Direktor der R. Wolf A. G. nach Aschersleben und wechselte 1925 in gleicher Position zur RAMAG nach
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Banniza von Bazan Dessau. 1933-35 leitete er die Donnersmarckh¨utte, die Gleiwitzer H¨utte und das Edelstahlwerk Malapane. B. kehrte 1935 in das Rheinisch-westf¨alische Industriegebiet zur¨uck und wurde Direktor bei Yale & Towne in Velbert. Seit 1945 stand er den Essener Eisenwerken Schnutenhaus & Linnmann vor; er war Mitglied verschiedener Verb¨ande, u. a. der Industrie- und Handelskammer Essen. C Nekrologe Industrie
Banniza von Bazan, Johann Peter, Jurist, * 4. 1. 1707 Aschaffenburg, † 11. 6. 1775 Wien. Im Anschluß an das Studium der Rechtswissenschaften in Mainz, Heidelberg und W¨urzburg (Lizentiat 1731) kam B. durch Vermittlung Friedrich Karl von → Sch¨onborns nach Wien und unternahm dann eine Bildungsreise durch Europa. 1734-55 war B. Prof. des Lehnsrechts sowie der Zivilund Kriminalpraxis in W¨urzburg. Als Bef¨urworter der kath. Aufkl¨arung erhielt er 1755 im Zuge der Universit¨atsreform → Maria Theresias einen Ruf nach Wien, wo er bis zu seinem Tod vor allem Pandekten- und Kriminalrecht lehrte; daneben u¨ bernahm B. 1758-73 ein Lehramt an der Theresianischen Ritterakademie in Wien. Er wurde zum nieder¨osterreichischen Regierungsrat ernannt und ver¨offentlichte u. a. eine Gr¨undliche Einleitung zu des Kaiserlichen und ReichsCammer-Gerichts-Processen (1740, 21769). B. war der Vater Joseph Leonhard → B.s; die Familie f¨uhrte seit etwa 1756 den Adelstitel. C Wurzbach
Banniza von Bazan, Joseph Leonhard, Jurist, * 29. 3. 1733 W¨urzburg, † 20. 12. 1800 Innsbruck. B. studierte in seiner Heimatstadt und ging mit seinem Vater Johann Peter → B. 1755 nach Wien, wo er seine Studien fortsetzte und zum Doktor beider Rechte promoviert wurde. 1762 wurde er nieder¨osterr. Regierungsrat und o. Prof. des gemeinen und besonderen o¨ sterr. Prozesses an der Univ. Wien. Seit 1768 lehrte er in Innsbruck b¨urgerliches und peinliches, seit 1782 auch geistliches und vaterl¨andisches Recht. B. wurde Dekan, sp¨ater Rektor der Univ. sowie Pr¨asident des akademisch-juristischen Konsistoriums; er ver¨offentlichte vor allem zu den Bereichen Zivil- und Kriminalrecht, darunter das Alphabetische Gesetzlexikon u¨ ber das allgemeine b¨urgerliche Gesetzbuch (1788).
Bansen, Hugo, H¨uttendirektor, * 5. 2. 1885 M¨ulheim (heute zu K¨oln), † 16. 6. 1945 B¨undheim bei Bad Harzburg. Nach dem Studium der Eisenh¨uttenkunde an der TH Charlottenburg und der Bergakademie Berlin war B., Sohn eines H¨utteningenieurs, seit 1910 zun¨achst Konstrukteur bei der Gewerkschaft Deutscher Kaiser in Hamborn, sp¨ater Betriebsingenieur f¨ur Energie- und Maschinenwesen bei den Mannstaedt-Werken in Troisdorf. Nach der Promotion zum Dr.-Ing. in Aachen 1920 u¨ bernahm er den Bereich Energieund W¨armewirtschaft der Friedrich-Alfred-H¨utte in Rheinhausen. Seit 1931 bei der Fried. Krupp AG Essen t¨atig, bearbeitete er hier die stoffwirtschaftlichen Angelegenheiten des Konzerns und koordinierte die Rohstoff- und metallurgischen Betriebe der Gesellschaft. B.s wissenschaftliches Interesse galt gleichermaßen der W¨armewirtschaft in der Eisenindustrie und der Stoffwirtschaft, er ver¨offentlichte neben zahlreichen Artikeln in Fachperiodika u. a. W¨armewertigkeit, W¨arme und Gasfluß, die physikalischen Grundlagen metallurgischer Verfahren (1930). B. fand in den Wirren des Kriegsendes einen gewaltsamen Tod. C Nekrologe Industrie
Bantzer, Carl (Ludwig Noah), auch Karl B., Maler, Graphiker, * 6. 8. 1857 Ziegenhain, † 19. 12. 1941 Marburg / Lahn. B. studierte 1875-80 an der Berliner Akademie, deren ordentliches Mitglied er 1911 wurde. Er zog 1880 nach Dres-
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den um, wurde 1881 Meistersch¨uler von L´eon → Pohle und war 1882 / 83 zur Ausf¨uhrung von Bildnisauftr¨agen in Paris t¨atig. Seit 1883 hielt sich B. regelm¨aßig in Goppeln bei Dresden auf, wo er Zeichnungen, seit 1889 auch Gem¨alde schuf. 1893 wurde er Vorsitzender der aus der Goppelner Schule hervorgegangenen „Freien Vereinigung Dresdener K¨unstler“, sp¨ater ausw¨artiges Mitglied der Berliner und der M¨unchener Secession. B. hielt sich seit 1887 wiederholt in der K¨unstlerkolonie Willingshausen / Schwalm auf, f¨uhrte Anfang der neunziger Jahre eine Damenmalschule und u¨ bernahm 1896 eine Malklasse an der Kunstakademie Dresden; 1897 wurde er zum Prof. ernannt. B. leitete 1918-23 die Kunstakademie Kassel. Neben Darstellungen von Genreszenen (Abendmahl in einer hessischen Dorfkirche, 1892) malte B. haupts¨achlich Landschaften und Bildnisse (¨uber 130 Portr¨ats). C AKL
Banwart, Jacob, Komponist, * 19. 5. 1609 Sigmaringen, † 20. oder 21. 12. 1651 Konstanz. B., Sohn eines Bierbrauers und Wirts, bekam ersten Musikunterricht wahrscheinlich vom Sigmaringer Hoforganisten Daniel → Bollius. 1629 begann er an der Univ. Dillingen das Studium der Artes liberales, das er 1631 mit dem Magistergrad abschloß. Im selben Jahr wurde er Organist an der Kollegiat- und Pfarrkirche St. Stephan in Konstanz, empfing 1632 die Priesterweihe und war 1632-41 zeitweise Mitglied der Hofkapelle des in Meersburg residierenden Konstanzer Bischofs Johannes Truchseß von Waldburg-Wolfegg. Diesem widmete B. 1641 seinen Liber primus sacrorum concentuum. 1639 wurde ihm vom Konstanzer Domkapitel die Leitung der S¨angerknaben der Domkantorei u¨ bergeben, und er erhielt die Benefizien am Konstanzer M¨unster. 1640 trat er die Nachfolge des Konstanzer Domkapellmeisters und Organisten Abraham → Megerle an. B. z¨ahlt zu den namhaftesten s¨uddeutschen Komponisten der ersten H¨alfte des 17. Jahrhunderts. Er schrieb u. a. geistliche Konzerte, weltliche Generalbaßlieder, Quodlibets, Messen, Ch¨ore und Motetten. C MGG
Banz, Heinrich → Heinrich Banz, Bischof von Lebus Bappert, Jakob (Joseph), Psychologe, * 11. 5. 1884 Lay bei Koblenz, † 21. 4. 1954. Das Studium in Rom schloß B. mit der Promotion zum Dr. phil. und zum Dr. phil. nat. ab. 1910-17 war er Dozent der Philosophie und Kirchenrat an der theologischen Lehranstalt in Limburg und anschließend bis 1919 (wie auch 1940-45) Psychologe im Lazarett Sommerhoff f¨ur Verwundete mit Gehirnverletzungen in Frankfurt / Main. B. war 1919-34 am Frankfurter Stadtgesundheitsamt t¨atig und f¨uhrte danach ein eigenes Heim f¨ur schwachbegabte Kinder und Jugendliche. Seit 1946 war er Lehrbeauftragter f¨ur Angewandte Psychologie an der Univ. Frankfurt, bis 1951 daneben a. o. Prof. am P¨adagogischen Institut Darmstadt. B. ver¨offentlichte neben zahlreichen Abhandlungen in Fachzeitschriften u. a. Die Berufsf¨ahigkeit der Hilfssch¨uler (1927).
Bapst, Michael, auch B. von Rochlitz, evang. Theologe, Mediziner, * 1540 Rochlitz, † 19. 4. 1603 Mohorn. B. studierte in Leipzig und wurde 1571 Pfarrer im s¨achsischen Mohorn bei Tharandt, wo er 1578 eine Pfarrschule gr¨undete. Er u¨ bersetzte Euripides sowie Terenz und gab u. a. eine T¨urkische Chronika (1595) heraus. Ber¨uhmt wurde er vor allem durch seine volkst¨umlichen medizinischen Schriften, in denen er eigene Beobachtungen und Exzerpte aus der a¨ lteren und der zeitgen¨ossischen Literatur aneinanderreihte. Seine weitverbreiteten und z. T. in mehreren Auflagen erschienenen Werke, darunter das Neue und n¨utzliche Arznei-, Kunst- und Wunderbuch, wie Menschen und Vieh geholfen werden kann (3 Teile, 1590-1607), sind vorwiegend von kulturhistorischem Wert. C NDB
Barandon Bapst, Valentin, auch Babst, Buchdrucker, † 1556 Leipzig. B. wurde 1541 Leipziger B¨urger, druckte in seiner Offizin neben Schul- und Erbauungsb¨uchern zahlreiche Reformationsschriften, darunter mehrere Ausgaben des Kleinen Katechismus, eine Ausgabe in lateinischer Sprache und eine Ausgabe des Großen Katechismus in deutscher Sprache, die er jeweils mit Holzschnitten und Zierleisten ausstattete. Sein pr¨achtigstes Werk ist der Druck des Lutherischen Gesangbuchs von 1545, das zu B.s Lebzeiten f¨unf weitere Auflagen erlebte und von dem der B¨arenreiter-Verlag in Kassel 1929 einen originalgetreuen Nachdruck veranstaltete. C NDB
Baptiste, Ludwig Albrecht Friedrich, auch Battista, Luigi Alberto Federigo, Musiker, Komponist, Tanzmeister, * 8. 8. 1700 Oettingen, † um 1764 Kassel. B., Sohn eines Tanzmeisters, erhielt in Darmstadt Tanzausbildung und Violinunterricht, kam 1717 nach Paris und unternahm dann eine l¨angere Vortragsreise durch Europa. Seit 1726 war er in Kassel ans¨assig, wo er die Stelle des ersten Violinisten und Tanzmeisters erhielt. B. komponierte u. a. sechs Sonaten f¨ur Querfl¨ote und Violine (1736). C MGG Bar, Georg Ludwig von, Schriftsteller, * 6. 1. 1701 Hannover, † 6. 8. 1767 Schloß Barenaue bei Osnabr¨uck. Der einer alten Adelsfamilie im F¨urstentum Osnabr¨uck entstammende B. war seit 1721 Domherr zu Minden, kurk¨olnischer Legationsrat, sp¨ater Domsenior und Erblanddrost des Stiftes Osnabr¨uck. Bekannt wurde er durch seine Dichtungen und Aufs¨atze in franz¨osischer Sprache wie die 1740 in London erschienenen Epˆıtres diverses sur des sujets diff´erens. C NDB Bar, Herbord Sigismund Ludwig von, Staatsmann, * 1. 11. 1763 Osnabr¨uck, † 20. 12. 1844 Osnabr¨uck. B., Enkel des Georg Ludwig von → B., trat nach dem Studium der Rechte in G¨ottingen 1785 als Auditor in die kurf¨urstliche Justizkanzlei in Hannover ein. Als Rat an der Osnabr¨ucker Kanzlei lernte B. den Staatsmann und Historiker Justus → M¨oser kennen, dessen schriftlicher Nachlaß sp¨ater z. T. an ihn u¨ berging. W¨ahrend des Bestands des K¨onigreichs Westfalen war B. als Staatsrat in der Justizsektion in Kassel t¨atig und 1807 Mitglied einer nach Paris entsandten Deputation von Stadt und Land Osnabr¨uck. Nach dem Ende der franz¨osischen Herrschaft kehrte B. auf seine Stelle als Osnabr¨ucker Kanzleirat zur¨uck und wurde 1816 Pr¨asident der kgl. Provinzialregierung, 1823 Landdrost von Osnabr¨uck. In der Osnabr¨ucker Ritterschaft bekleidete B. das seiner Familie zustehende Amt des Erblanddrosten; 1814-19 geh¨orte er dem hannoverschen Landtag an, der ihn zum Pr¨asidenten w¨ahlte. 1835 wurde B. zum Geheimrat ernannt. C ADB Bar, (Carl) Ludwig von, Jurist, * 24. 7. 1836 Hannover, † 20. 8. 1913 Folkestone (Großbritannien). Nach dem Studium der Rechte in G¨ottingen und Berlin war B. als Richter t¨atig. 1862 erarbeitete er als Sekret¨ar des Justizministers Ludwig → Windthorst den Entwurf einer neuen Hypothekenordnung f¨ur Hannover, habilitierte sich 1863 in G¨ottingen und wurde 1866 o. Prof. in Rostock, 1868 in Breslau und 1879 in G¨ottingen. Seit 1886 wirkte B. als liberaler Publizist und Kritiker der Bismarckschen Innenpolitik und war als Mitglied der Deutsch-Freisinnigen Partei 1890-93 Abgeordneter des Reichstags. Bekannt wurde B. f¨ur seine Arbeiten zum V¨olkerrecht und zum internationalen Privatrecht. Er geh¨orte dem internationalen Schiedshof in Den Haag an. Sein 1882 erschienenes Handbuch des Deutschen Strafrechts bot eine erste große Darstellung der Geschichte
des Strafrechts. B.s Lehre vom Kausalzusammenhang (1871) nahm die der ad¨aquaten Verursachung von J. von → Kries vorweg. C Haunfelder, Lib Abg
Barach, Moritz, Pseud. Dr. M¨arzroth, o¨ sterr. Schriftsteller, Journalist, * 21. 3. 1818 Wien, † 14. 2. 1888 Salzburg. Nach dem Studium in Wien war B. Arzt, seit 1837 Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften (u. a. der „Wiener Theaterzeitung“). 1846 / 47 gab er das humoristische Album Brausepulver heraus und gr¨undete u. a. die Zeitschriften „Die komische Welt“ und das „Wiener Feuilleton“. 1850 wurde sein Lustspiel Compromittiert in Prag uraufgef¨uhrt. 1860-70 schrieb ¨ er f¨ur die Zeitschrift „Uber Land und Meer“ die Wiener Croquis, die sich zu einer fortlaufenden Chronik des Wiener intellektuellen und literarischen Lebens entwickelten. Nachdem B. in Baden bei Wien und in Wien gelebt hatte, u¨ bersiedelte er 1869 nach Salzburg, wo er neben zahlreichen Humoresken und Schauspielen 1878 Gedichte im Salzburger Dialekt (Bitt’ gar sch¨o’ – Singa laß’n!, 2., verm. Aufl. 1883) ver¨offentlichte. C Wininger Barach, Rosa, geb. Gottlob, Pseud. Dr. Maria Lavera, o¨ sterr. Schriftstellerin, P¨adagogin, * 16. 5. 1841 Neuraußnitz (M¨ahren), † 22. 2. 1913 Wien. B., die einer Steinmetzfamilie entstammte, besuchte die H¨ohere T¨ochterschule in Br¨unn und wurde Gouvernante auf einem m¨ahrischen Gut. Sp¨ater legte sie die Lehrerinnenpr¨ufung ab, gr¨undete neben einer T¨ochterschule in Rudolfsheim bei Wien (1867) mehrere Wohlt¨atigkeitsund Bildungsvereine, das Kinderasyl Kahlenbergerdorf, eine Volksk¨uche und rief ein Frauenheim sowie den Wiener Schriftstellerinnenverband „Vorw¨arts“ ins Leben. Bekannt wurde sie durch ihre schriftstellerische und journalistische T¨atigkeit; sie schrieb u. a. die Erz¨ahlungen Aus eigener Kraft (1879) und Soldatenfritz (1881). Viele ihrer Gedichte wurden vertont. Barack, Karl August, Bibliothekar, * 23. 10. 1827 Oberndorf / Neckar, † 12. 7. 1900 Straßburg. Nach dem 1854 in T¨ubingen mit der Promotion abgeschlossenen Studium der kath. Theologie und der Philologie erhielt B. 1855 die Stelle eines ersten Konservators und Bibliothekars am Germanischen Nationalmuseum in N¨urnberg. 1860-71 war er Bibliothekar an der F¨urstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen, erfaßte dort den Bestand und gab einen gedruckten Katalog heraus. 1871 u¨ bernahm B. die Leitung der neuen kaiserlichen Landes- und Universit¨atsbibliothek in Straßburg und wurde 1872 zum Oberbibliothe¨ kar im Rang eines o. Prof. ernannt. Unter seiner Agide entwickelte sich die Straßburger Universit¨atsbibliothek zu einer der gr¨oßten im Deutschen Reich. Neben kulturgeschichtlichen Arbeiten gab B. 1895 ein Verzeichnis els¨assischlothringischer Handschriften und Handzeichnungen heraus. C Biogr Jahrb, Bd 5 Barandon, Paul, Diplomat, Jurist, * 19. 9. 1881 Kiel, † 15. 4. 1971 Wien. B., Sohn eines Admirals und promovierter Jurist, trat 1910 in den diplomatischen Dienst ein und wurde 1912 zum Vizekonsul in Rio de Janeiro ernannt. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg war er 1919 / 20 Rechtsanwalt und Notar in Kiel, bis 1926 deutscher Staatsvertreter beim DeutschEnglischen Gemischten Schiedsgericht in London; geh¨orte 1927-33 der Rechtsabteilung des V¨olkerbundssekretariats in Genf an. Seit 1933 leitete er die Rechtsabteilung des Ausw¨artigen Amts und wurde 1937 als Generalkonsul nach Valparaiso entsandt. 1942-44 in Kopenhagen Beauftragter des Ausw¨artigen Amts im Rang eines Gesandten, machte sich B. durch seinen Widerstand gegen die von den nationalsozialistischen Machthabern im besetzten D¨anemark angeordneten Gewaltmaßnahmen verdient. Seit 1947 lehrte B.
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Baranius V¨olkerrecht und Internationales Recht an der Univ. Hamburg, die ihn 1954 zum Honorarprofessor ernannte. Zu B.s Ver¨offentlichungen z¨ahlt Das Kriegsverh¨utungsrecht des C Munzinger V¨olkerbundes (1933).
Baranius, Henriette, geb. Husen, S¨angerin, Schauspielerin, * 20. 9. 1768 Danzig, † 5. 6. 1853 Berlin. B. war als S¨angerin und Schauspielerin Mitglied der Schuchschen Gesellschaft in Danzig. 1784-97 geh¨orte sie dem Ensemble des Berliner Hoftheaters an und entwickelte sich zu einer gefeierten K¨unstlerin. 1791 wurde ihr zu Ehren eine M¨unze mit der Aufschrift „Vivat Henriette Barania Formae Venus, Arte Minerva“ gepr¨agt. Nach ihrem R¨uckzug von der C Kutsch B¨uhne war B. in Berlin als P¨adagogin t¨atig.
B´ar´any, Robert, Mediziner, * 22. 4. 1876 Wien, † 8. 4. 1936 Uppsala (Schweden). Nach dem 1900 mit der Promotion an der Univ. Wien abgeschlossenen Studium der Medizin war B. an internistischen Kliniken in Frankfurt / Main, in Freiburg / Breisgau (1901-02) und seit 1902 als Operateur an der Chirurgischen Klinik in Wien t¨atig. Von 1905 an Demonstrator und 1905-11 Assistent an der Ohrenklinik, erhielt B. 1908 an der Univ. Wien die Lehrbefugnis f¨ur Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten. Seine das Grenzgebiet zwischen Ohren- und Nervenheilkunde betreffende Forschungsleistung fand in Wien wenig Anerkennung, wurde jedoch im Ausland mehrfach pr¨amiert. 1914 erhielt B. f¨ur seine Untersuchungen u¨ ber den Vestibular-Apparat des Ohres, reflektorisch ausgel¨osten, rhythmischen Nystagmus und seine Begleiterscheinungen (1906) den Nobelpreis. 1915 geriet er bei Przemysl in russische Gefangenschaft, kam auf Betreiben Prinz Karls von Schweden frei, lehrte seit 1917 an der Univ. Uppsala und wurde 1926 zum Prof. ernannt. Seine in verschiedenen Sprachen verfaßten Studien erschienen in Zeitschriften. C Pollak Barasch, Arthur, Kaufmann, * 28. 1. 1872 Steinau / Oder, † 6. 4. 1942 Konzentrationslager. Barasch, Georg, Kaufmann, * 5. 11. 1866 Steinau / Oder, † 1940 Quito (Ecuador). 1896 gr¨undeten A. und G. B. die Firma Gebr. Barasch in Breslau, ein Textilgesch¨aft. Das im Oktober 1904 in Breslau er¨offnete neue Warenhaus Gebr¨uder Barasch war bis zur Er¨offnung des Warenhauses Wertheim das gr¨oßte der Stadt und in ganz Schlesien bekannt. Ein moderneres Gesch¨aftshaus (dreißiger Jahre) der Gebr. B. gab es auch in Magdeburg, Filialen in Beuthen und Braunschweig. Die B.s waren Mitglieder der Breslauer Synagogengemeinde. 1936 mußte die Familie der Eigent¨umer aus Breslau fliehen. Baratier, Johann Philipp, Gelehrter, Wunderkind der fr¨uhen Aufkl¨arung, * 19. 1. 1721 Schwabach (Franken), † 5. 10. 1740 Halle / Saale. B., Sohn eines reformierten Predigers in Franken, beherrschte schon fr¨uh die lateinische und die franz¨osische Sprache, in seinem achten Lebensjahr auch das Griechische und das Hebr¨aische. Hinzu kamen das Chald¨aische, Syrische und Arabische, so daß er als Elfj¨ahriger seine erste Schrift Lettre sur une nouvelle e´ dition de la bible h´ebra¨ıque, chalda¨ıque & rabbinique ver¨offentlichen konnte. B. besch¨aftigte sich mit kirchengeschichtlichen, historischen und mathematischen Studien, deren Ergebnisse er den Akademien von London und Berlin zuschickte. 1735 wurde er in Berlin dem K¨onig vorgestellt. Als sein Vater in Halle eine Stelle als Prediger annahm, studierte B. dort Jurisprudenz und Geschichte, erhielt mit 14 Jahren die Magisterw¨urde und die Lehrbefugnis f¨ur Philosophie. Im Alter von 20 Jahren erlag er der Schwindsucht.
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Barbara von Cilli, deutsche Kaiserin, K¨onigin von B¨ohmen und Ungarn, * zwischen 1390 und 1395, † 11. 7. 1451 Melnik (B¨ohmen). Die Tochter des Grafen → Hermann II. von Cilli, die seit 1408 mit K¨onig → Siegmund von Ungarn verheiratet war, u¨ bte von Anfang an politische Macht aus. Sie u¨ bernahm mehrmals die Statthalterschaft in Ungarn, nutzte ihre guten Kontakte zu den Kurf¨ursten, um die Machtstellung ihres Gemahls zu st¨arken, und mehrte beider Verm¨ogen durch Finanzgesch¨afte u. a. mit den Reichsst¨adten. 1437 wurde B. zur K¨onigin von B¨ohmen gekr¨ont und zur Statthalterin berufen. Nach dem Tod Siegmunds im selben Jahr geriet sie in Konflikt mit ihrem Schwiegersohn, dem Habsburger und (seit 1438) deutschen K¨onig → Albrecht II., der sie gefangennehmen ließ und nach B.s Flucht nach Polen u¨ ber sie die Acht verh¨angte. In Polen bewegte sie Kasimir, den j¨ungeren Sohn des polnischen K¨onigs, dazu, sich in B¨ohmen als Gegenk¨onig gegen Albrecht aufstellen zu lassen. Als Albrecht 1441 starb, kehrte B. nach B¨ohmen zur¨uck und ließ sich in Melnik nieder. C NDB
Barbara, K¨onigin von B¨ohmen, * 30. 5. 1464 Ansbach, † 4. 11. 1515. Als Achtj¨ahrige wurde die Tochter des Kurf¨ursten → Albrecht Achilles von Brandenburg mit dem Herzog Heinrich XIV. (IX.) von Glogau-Freistadt verm¨ahlt. 1476 endete diese Ehe mit dem Tod des Herzogs, und B. wurde noch im selben Jahr mit K¨onig Wladislaw von B¨ohmen verheiratet. Der Kurf¨urst ließ seine Tochter jedoch wegen Streitigkeiten um Mitgift und Gebietsanspr¨uche nicht nach B¨ohmen ziehen, so daß B. ihren Ehemann nie zu Gesicht bekam. Als ihr Vater 1486 starb, u¨ bersiedelte sie zu ihren Br¨udern nach Franken. Als diesen 1492 ihre Einwilligung in die von Wladislaw gew¨unschte Scheidung und ihre Verlobung mit einem fr¨ankischen Adligen bekannt wurde, setzten sie B. auf der Plassenburg gefangen und zwangen ihren Verlobten 1495 zum Verzicht. B.s Ehe mit dem K¨onig von B¨ohmen wurde 1500 durch ein p¨apstliches Breve geschieden. C NDB Barbarossa, Christoph, eigentl. Rothbart, luth. Theologe, * 1562 Jever, † 1623. B. entstammte einer Theologenfamilie, die zu den Vork¨ampfern der Reformation in Oldenburg geh¨orte. Er bezog die Univ. Wittenberg und erlangte in Rostock die Magisterw¨urde. 1589 wurde er Prediger in Otterndorf, 1597 Hauptpastor an der Johanniskirche in L¨uneburg, 1599 Pastor in Altenbruch im oldenburgischen Land Hadeln. Sp¨ater lebte er in Hamburg und L¨ubeck. B. ver¨offentlichte zahlreiche Predigten, geistliche Traktate und einen Fluch- und Gottesl¨asterungs-Spiegel, wider diese erschrecklichen Laster (1617). Barbie, Klaus, auch Klaus Altmann, SS-F¨uhrer, * 25. 10. 1913 Bad Godesberg, † 25. 9. 1991 Lyon. Der Lehrerssohn B. meldete sich 1934 nach dem Abitur zum Arbeitsdienst und trat 1935 in die SS ein. Zuerst Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes in Berlin, war er seit 1936 im SS-Oberabschnitt West, danach im Abschnitt Dortmund und seit 1940 im Auslandseinsatz, 1941 / 42 bei der Sicherheitspolizei in Amsterdam und 1942-44 als Kommandeur der Sicherheitspolizei in Lyon t¨atig, zuletzt als Hauptsturmf¨uhrer (1944). Hier war B. f¨ur die Deportationen zust¨andig und veranlaßte grausame Hinrichtungen und Folterungen („Schl¨achter von Lyon“). Nach dem Krieg verhalf ihm der USGeheimdienst zur Flucht nach S¨udamerika, wo er Ende der sechziger Jahre in Bolivien als Klaus Altmann aufgesp¨urt wurde. Nachdem u¨ ber B. schon 1947 und 1952 in Lyon in Abwesenheit das Todesurteil ausgesprochen worden war, erfolgte seine Ausweisung nach Frankreich erst 1983. 1987 wurde er in Lyon zu lebensl¨anglicher Freiheitsstrafe verurteilt.
Barco Barbier, Adrian Nikolaus Frh. von, o¨ sterr. Staatsmann, * 10. 7. 1758 Br¨ussel, † 12. 10. 1840. B. trat 1777 in den o¨ sterr. Staatsdienst ein und avancierte 1791 zum Rechnungskammerrat, 1794 zum Dom¨anen- und Finanzrat. 1792 und 1794 gelang ihm die Rettung eines großen Teils des o¨ sterr. Staatsverm¨ogens in den Niederlanden. 1802 wurde B. zum Hofrat, nach seinen 1809 / 10 in Ofen erfolgreich gef¨uhrten Verhandlungen mit Frankreich zum Vizepr¨asidenten der allgemeinen Hofkammer und Wirklichen Geheimrat ernannt. 1815 nahm B. am Wiener Kongreß teil und war in Paris mit der Leitung der Kommissio¨ nen betraut, die die Privatforderungen Osterreichs und seiner Alliierten an Frankreich und die Kontributionen Frankreichs an die Siegerm¨achte regelten. Inzwischen in den Freiherrenstand erhoben, blieb B. bis 1822 in Paris und schloß am 5. 5. 1828 die Konvention von Br¨ussel. Nach seiner R¨uck¨ kehr wurde er Gouverneur der Osterreichischen Nationalbank. C Wurzbach Barblan, Otto, schweizer. Komponist, Musiker, * 22. 3. 1860 Scanfs (Kt. Graub¨unden), † 19. 12. 1943 Genf. Nach dem Besuch des Lehrerseminars in Chur und einer 1878-85 auf dem Stuttgarter Konservatorium absolvierten musikalischen Ausbildung kehrte B., dessen Vater Lehrer und Organist, sp¨ater F¨orster war, als Gesangslehrer an die Kantonsschule Chur zur¨uck. 1887 wurde er zum Organisten der reformierten Cath´edrale de St. Pierre in Genf berufen, leitete 1892-1938 die Soci´et´e de Chant-Sacr´e und lehrte Orgel und Kompositionslehre am Genfer Konservatorium. B., Gr¨undungsmitlied des Schweizer Tonk¨unstlervereins, machte sich als Komponist geistlicher Chor- und Orgelwerke und patriotischer Ges¨ange einen Namen. C NDB Barby, Johann Heinrich Christian, Klassischer Philologe, P¨adagoge, * 19. 11. 1765 Ermsleben bei Halberstadt, † 25. 3. 1837 Berlin. Nach dem Studium der alten Sprachen geh¨orte B. seit 1790 dem Seminar f¨ur gelehrte Schulen in Berlin an. 1794-97 hatte er die Stelle eines Oberlehrers am kgl. P¨adagogium der Realschule inne und wurde 1797 Prof. am kgl. FriedrichWilhelm-Gymnasium, 1803 Prof. der lateinischen Sprache an der Milit¨arakademie in Berlin. B. gab u. a. die Lebensbeschreibungen des Plutarch, eine r¨omische Gedichtsammlung f¨ur den Schulunterricht und eine Encyklop¨adie und Methodologie des humanistischen Studiums, oder die Philologie der Griechen und R¨omer (1805) heraus. C Neuer Nekr, Jg. 15
Barchusen, Johann Conrad, Chemiker, Mediziner, * 16. 3. 1666 Horn, † 2. 10. 1723 Utrecht (Niederlande). B. studierte in Berlin, Mainz, Wien und anderen Orten Pharmazie, Chemie und wohl auch Medizin, war nach verschiedenen Reisen in Deutschland, Ungarn und Italien f¨ur k¨urzere Zeit Leibarzt des venezianischen Generals Francesco Morosini und ließ sich 1694 in Utrecht nieder, wo er chemische Vorlesungen hielt, 1698 in Medizin promoviert und 1703 (Antrittsvorlesung: Acroamata) zum Prof. f¨ur Chemie ernannt wurde. Seine Forschungen behandelten pharmazeutische und chemische Themen sowohl in theoretischer wie praktischer Hinsicht, immer wieder auch mit Blick auf Alchemie und Medizin. B. war ein Anh¨anger der Korpuskulartheorie, kritisierte Robert Boyle und John Mayow in ihren chemischen Auffassungen und verfaßte eine Geschichte der Medizin (Historia medicinae, 1710, 21723) als Dialog mit lebenden Medizinern u¨ ber Positionen und Themen der Vergangenheit. C DSB
Barckhaus, Hermann, auch Barkhaus(en), luth. Theologe, * 21. 10. 1629 Herford, † 19. 4. 1694 Hannover. Das Studium in Helmstedt und Jena schloß B. 1655 mit dem Magistergrad ab und war Schulrektor in Lemgo, seit 1660 Prof. der Moral, dann der Theologie in Rinteln. Von 1666 an im Dienst des Bischofs von Osnabr¨uck Herzog → Ernst August, wurde B. Konsistorialrat, Hofprediger und Superintendent des Stiftes Osnabr¨uck, 1677 auch von Diepholz. ¨ Diese Amter behielt B. bei, als er dem Herzog 1680 nach Hannover folgte, wo er zum Hofprediger, Konsistorialrat und Generalsuperintendenten von Calenberg berufen wurde. B. wirkte in Hannover an den damaligen Unionsverhandlungen mit den Katholiken mit und war am Zustandekommen vieler toleranter Verf¨ugungen gegen¨uber Katholiken, Reformierten und Juden beteiligt. C Allg Hann Biogr, Bd 3
Barckhausen, Konrad Heinrich, auch Barckhusen, reformierter Theologe, getauft 3. 12. 1677 Detmold, † 5. 8. 1732 Berlin. B., Sohn eines Advokaten und Registrators, wurde Lehrer am Joachimsthalschen Gymnasium und 1715 Rektor des Friedrich Werderschen Gymnasiums in Berlin. Er machte sich durch sein Eingreifen in den anl¨aßlich des hundertj¨ahrigen Jubil¨aums der Confessio Sigismundi unter den reformierten Theologen Berlins 1713 / 14 gef¨uhrten Streit um die Pr¨adestinationslehre einen Namen. Gegen¨uber der unter den Pfarrern verbreiteten, abgemilderten Form des Pr¨adestinationsdogmas vertrat B. 1713 u. a. in der unter dem Pseudonym Pacificus sincerus erschienenen Schrift Amica collatio doctrinae de gratia quam vera reformata confitetur ecclesia den streng calvinistischen Standpunkt der Erw¨ahlung als Teil der Gnade. C NDB
Barckhusen, Hermann, Verleger, * um 1455 / 60 Warburg (Westfalen), † 1528 oder 1529 Rostock. B. immmatrikluierte sich 1480 an der Univ. Rostock, amtierte sp¨ater als Notar und seit 1500 als Rostocker Ratsschreiber. 1505-12 war er als Verleger t¨atig und gab u. a. 1509 das L¨ubecksche Recht und 1510 die Bambergische Halsge¨ richtsordnung in einer eigenen niederdeutschen Ubersetzung heraus. M¨oglicherweise geht auch die 1498 in L¨ubeck erschienene niederdeutsche Fassung des Reynke de Vos auf B. zur¨uck. C NDB
Barclay de Tolly, Michael Andreas F¨urst von, Milit¨ar, * 27. 12. 1762 Riga, † 13. 5. 1818 bei Insterburg (Ostpreußen). Der einer urspr¨unglich schottischem Adel entstammenden deutsch-baltischen Patrizierfamilie in Riga angeh¨orende B. nahm als junger russischer Offizier an den Kriegen gegen die T¨urken teil. 1807 bei Preußisch-Eylau schwer verwundet, erzwang er im Winter 1808 / 09 mit einem Marsch u¨ ber den zugefrorenen Bottnischen Meerbusen den Abzug der Schweden aus Finnland und wurde dessen erster russischer Generalgouverneur. Seit 1810 Kriegsminister, reorganisierte B. das russische Milit¨ar und erhielt 1812 nach dem Einmarsch Napoleons in Rußland das Oberkommando u¨ ber die I. Armee. Seine Taktik des Vermeidens einer offenen Schlacht, die die Franzosen zu immer tieferem Eindringen in das Innere Rußlands zwang, und nicht zuletzt seine deutsche Herkunft f¨uhrten in den national-russischen Kreisen St. Petersburgs zu Intrigen gegen B. Kurzzeitig seines Kommandos enthoben, berief ihn Zar Alexander I. 1813 zum Oberkommandierenden der russisch-preußischen Truppen und erhob ihn nach dem Einmarsch in Paris in den F¨urstenstand. C NDB
Barco, Vinzenz Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 1719 Verovitja (Slawonien), † 11. 3. 1797 Pest (heute zu Budapest). Der einer urspr¨unglich aus Spanien kommenden Familie entstammende B. trat 1731 in o¨ sterr. Milit¨ardienste. 1857 / 58 zeichnete er sich bei Komnitz und Hochkirch aus und wurde
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Bardeleben zum Oberst bef¨ordert. 1762 erfolgte seine Erhebung in den Freiherrenstand; 1771 wurde er General, 1773 Feldmarschalleutnant. 1778 k¨ampfte B. im Bayerischen Erbfolgekrieg in B¨ohmen gegen die Preußen, 1788-90 gegen die T¨urken. B. war Interimsgeneralkommandant in Galizien und Siebenb¨urgen, 1794 k. k. Kommissar beim siebenb¨urgischen Landtag und danach kommandierender General von Ungarn. C Baur
Bardeleben, Adolf von, Chirurg, * 31. 5. 1861 Greifswald, † 29. 8. 1914 Bochum. Wie sein Vater Heinrich Adolf von → B. schlug B. die medizinische Laufbahn ein (Promotion 1886, Beitr¨age zur Lehre von den Gelenkm¨ausen). Er spezialisierte sich auf die Chirurgie und war lange Zeit Oberarzt am Augusta-Hospital in Bochum. Bekannt wurde er durch die Erfindung der 1892 entwickelten „Bardelebenschen Brandbinde“ aus Wismut und St¨arke, die der Behandlung von Verbrennungen und Erfrierungen diente. Bardeleben, Heinrich (Karl Ludwig), Pseud. Heinrich Frohreich, Jurist, Politiker, * 9. 5. 1775 Spandau, † 23. 3. 1852 Frankfurt / Oder. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie wurde B. 1798 Gouverneur und Lehrer am Kadettenkorps in Berlin, studierte in Frankfurt / Oder Jurisprudenz und erhielt 1804 eine Anstellung als Regierungsassessor in Bromberg. Nach dem Tilsiter Frieden 1807 u¨ berreichte B. in K¨onigsberg dem Freiherrn vom → Stein seine anonyme Schrift Preußens Zukunft. An das Vaterland, in der er die Bildung eines Volksheeres gegen die franz¨osische Besatzungsmacht propagierte. Der 1808 mit Gleichgesinnten gebildete antinapoleonische „Tugendbund“ w¨ahlte ihn zum Zensor der Hauptkammer K¨onigsberg. 1809 wurde B. aus dem Bund ausgeschlossen, weil er beim K¨onig dessen Aufl¨osung beantragt hatte, die 1810 erfolgte. Er wurde Justizkommissar in Frankfurt / Oder, sp¨ater Justizrat und Notar. In den Befreiungskriegen 1813 / 14 diente B. als Hauptmann in der Landwehr. Er war der Vater von Heinrich Adolf von → B. C ADB
Bardeleben, Heinrich Adolf von, eigentl. Schwager, Chirurg, * 1. 3. 1819 Frankfurt / Oder, † 24. 9. 1895 Berlin. Nach dem Tod seiner Eltern 1822 von seinem Onkel Heinrich → B. adoptiert, studierte B. in Berlin, Heidelberg und Paris Medizin (Promotion 1841, Observationes microscopiae de glandularum ductu excretorio carentium structura, deque earundem functionibus experimenta), habilitierte sich 1843 / 44 in Gießen, lehrte dort als Extraordinarius und folgte 1849 einem Ruf an die Univ. Greifswald. Als o. Prof. wurde er Leiter der Chirurgischen Klinik und Direktor des von ihm mitbegr¨undeten Universit¨atskrankenhauses. B. baute eine eigenst¨andige deutsche Chirurgie auf, die er von der franz¨osischen Chirurgieschule l¨oste. 1868 folgte B. einem Ruf an die Univ. Berlin, war 1876 / 77 deren Rektor und wurde 1882 Geheimer Obermedizinalrat. Sein Ruf als Chirurg und die von ihm verbesserte antiseptische Wundbehandlung trugen ihm im Krieg 1866 die Ernennung zum konsultierenden Generalarzt ein. 1870 avancierte er f¨ur seine Leistungen im Lazarettwesen zum Generalarzt a` la suite des Sanit¨atskorps; 1887 wurde ihm der Rang eines Generalmajors verliehen. 1888 wurde er zur Behandlung des krebskranken Kaiser → Friedrich III. hinzugezogen. B. war Mitbegr¨under der Deutschen Gesellschaft f¨ur Chirurgie. Er ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch der Chirurgie und Operationslehre (4 Bde., 1857-60, 81879-82) sowie Ueber die Bedeutung wissenschaftlicher Studien f¨ur die Ausbildung der Aerzte (1877). Adolf und Karl von → B. waren seine S¨ohne.
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Bardeleben, Karl (Heinrich) von, Anatom, * 7. 3. 1849 Gießen, † 19. 12. 1918 Jena. Der Sohn des Chirurgen Heinrich Adolf → B. diente nach dem Studium der Medizin in Greifswald, Heidelberg, Berlin und Leipzig im Krieg 1870 / 71 als Feldassistenzarzt und Assistent seines Vaters im Barackenlazarett in Berlin. Nach der Promotion (Ueber das traumatische Aneurysma arteriosovenosum) ging er 1872 als Assistent an die Univ. Leipzig, 1873 als Prosektor nach Jena. Dort wurde er 1878 zum a. o., 1888 zum o. Prof. ehrenhalber und 1898 zum Hofrat ernannt. Als Oberstabsarzt I. Klasse der Reserve wurde B. 1898 a` la suite des K¨oniglich S¨achsischen Sanit¨atskorps gestellt und 1899 zum Generaloberarzt a` la suite bef¨ordert. Als Wissenschaftler besch¨aftigte sich B. vor allem mit der topographischen und vergleichenden Anatomie und Entwicklungsgeschichte, mit Anomalien und der Spermatogenese. Er verfaßte u. a. Die Anatomie des Menschen (6 Tle., 1908-13) und gab → Goethes anatomische Schriften heraus.
Bardeleben, Kurt (Ludwig Karl Heinrich) von, Politiker, * 24. 4. 1796 Rinau bei K¨onigsberg (Ostpreußen), † 13. 2. 1854 K¨onigsberg. B., Sohn eines Offiziers und Gutsbesitzers, nahm 1813-15 an den Befreiungskriegen teil, lebte als Gutsbesitzer in Ostpreußen und wurde 1837 Landrat. Seit 1834 geh¨orte B. als gem¨aßigter Liberaler dem preuß. Provinziallandtag an. 1840 mahnte er auf dem Huldigungslandtag f¨ur → Friedrich Wilhelm IV. dessen Versprechen einer allgemeinen Volksvertretung an. Auf dem Vereinigten Landtag von 1847 z¨ahlte B. zur liberalen Opposition. In der Frankfurter Nationalversammlung schloß er sich der Casino-Partei an, gab sein Mandat aber auf zugunsten seines Sitzes in der preuß. Nationalversammlung in Berlin. 1849-52 saß B. als Angeh¨origer der altliberalen Opposition in der Zweiten Kammer. C Frankf Nationalvers
Bardeleben, (Heinrich) Moritz (Albert) von, Verwaltungsbeamter, * 17. 11. 1814 Zerbst, † 8. 1. 1890 Berlin. Aus s¨achsischem Uradel stammend, studierte B., Sohn eines preuß. Generals und Gouverneurs von Koblenz und Ehrenbreitstein und Enkel des Chemikers Martin Heinrich → Klaproth, in Bonn und wurde in Berlin 1836 zum Dr. jur. promoviert. Nach dem einj¨ahrig-freiwilligen Milit¨ardienst wechselte er 1838 als Referendar an die Regierung Merseburg, 1842 als Assessor an die Regierung Koblenz. 1846 begann seine T¨atigkeit als Landrat des Kreises Bernkastel, bis er Ende Juni 1848 als Polizeipr¨asident nach Berlin berufen wurde. Mitte November 1848 u¨ bernahm er kommissarisch die Verwaltung des Pr¨asidiums der Regierung Arnsberg, wo er aber nach den Iserlohner Unruhen Mitte 1849 abberufen wurde. Von M¨arz bis Mai 1850 mit der Vertretung des Regierungspr¨asidiums Danzig beauftragt, wurde er anschließend als Vortragender Rat ins preuß. Ministerium des Innern berufen. Im Juli 1851 vertrat B. Preußen als Gesandter am Bundestag in Frankfurt / Main. F¨ur die Altliberalen geh¨orte er 1854-61 dem preuß. Abgeordnetenhaus an. Im Reaktionsjahrzehnt war B. im Umkreis der K¨onigin → Augusta zu finden. 1858 wurde er Regierungspr¨asident in Minden, 1866 in Aachen. Von 1872 bis zum krankheitsbedingten R¨uckzug 1889 war B. Oberpr¨asident der Rheinprovinz in Koblenz, wo er erst den Kulturkampf und dann dessen Abbau umzusetzen hatte. Im Zuge des Pairsschubs zur Durchsetzung der Kreisordnung wurde er Ende 1872 Mitglied des Preußischen Herrenhauses. C Romeyk
Bardenheuer, Franz Bernhard, Mediziner, * 12. 7. 1839 Lamersdorf bei D¨uren (Westfalen), † 13. 8. 1913 Lamersdorf bei D¨uren. Nach dem 1864 in Berlin mit der Promotion (De partu praematuro) abgeschlossenen Studium der Medizin und As-
Bardua sistentent¨atigkeiten bei verschiedenen Chirurgen und Ophthalmologen setzte B. seine Ausbildung in Paris, London und Wien fort. W¨ahrend des Deutsch-Franz¨osischen Kriegs 1870 / 71 dirigierender Arzt der chirurgischen Station des K¨olner Garnisonslazaretts, er¨offnete er 1872 in K¨oln eine augen¨arztliche Praxis. 1874-1913 war er Chefarzt der Chirurgischen Station am dortigen B¨urgerhospital und wurde 1884 zum Professor, 1895 zum Geheimen Sanit¨atsrat und 1905 zum Geheimen Medizinalrat ernannt. Seit der Gr¨undung der K¨olner Akademie f¨ur praktische Medizin (1904) bekleidete er bis 1907 die Stelle des ersten Gesch¨aftsf¨uhrenden Professors. B. machte sich u. a. mit der Einf¨uhrung der Antisepsis und als Verfasser bahnbrechender Werke u¨ ber die Frakturbehandlung (u. a. Die Technik der Extensionsverb¨ande bei der Behandlung der Frakturen und Luxationen der Extremit¨aten, 1905) einen Namen. C NDB
Bardenhewer, (Bertram) Otto, auch Bardenheuer, kath. Theologe, * 16. 3. 1851 M¨onchengladbach, † 23. 3. 1935 M¨unchen. Der Sohn eines Rechtsberaters schloß das 1868 an der Univ. Bonn begonnene Studium der Theologie und Orientalistik 1873 mit der Promotion zum Dr. phil. ab (In Hermetis Trismegisti qui apud Arabes fertur de castigatione animae libellum prolegomena [. . .]). 1875 empfing er die Priesterweihe, wurde 1877 in W¨urzburg zum Dr. theol. promoviert (Des heiligen Hippolytus von Rom Commentar zum Buche Daniel) und habilitierte sich in M¨unchen. Seit 1884 war er Prof. f¨ur alttestamentliche Exegese in M¨unster. 1886 kehrte er als Prof. f¨ur Hermeneutik und neutestamentliche Exegese an die Univ. M¨unchen zur¨uck und wurde 1924 emeritiert. Als Patrologe machte sich B. durch seine f¨unfb¨andige Geschichte der altkirchlichen Literatur (1903-32) einen Namen. Er gab u. a. die Biblischen Studien heraus und geh¨orte der p¨apstlichen Bibelkommission an. C LThK Bardey, Ernst, Mathematiker, * 21. 5. 1828 Muchow bei Neustadt (Mecklenburg), † 1. 4. 1897 Bad Stuer (Mecklenburg). Seit 1849 studierte der Sohn eines Pastors in Rostock und K¨onigsberg Theologie, wechselte zur Mathematik und Physik u¨ ber, mußte jedoch 1855 das Studium wegen eines zunehmenden Gelenkrheumatismus unterbrechen. W¨ahrend der folgenden f¨unf Jahre, in denen er fast vollst¨andig gel¨ahmt war, legte B. seine ersten Publikationen u¨ ber algebraische Gleichungen vor. Nach der Besserung seines gesundheitlichen Zustandes war B. als Hauslehrer, sp¨ater in Brandenburg als Privatlehrer t¨atig und wurde 1869 in Rostock promoviert. Seine 1871 erstmals erschienene Methodisch geordnete Aufgabensammlung u¨ ber alle Teile der Arithmetik galt neben anderen Lehrb¨uchern B.s als Standardwerk f¨ur den Mathematikunterricht. C Biogr Jahrb, Bd 2
Bardili, Burkhard, Jurist, * 11. 10. 1629 T¨ubingen, † 10. 4. 1692 T¨ubingen. B. wurde 1653 zum a. o., 1655 zum o. Prof. der Rechte an der Univ. T¨ubingen berufen und 1660 zum Rat und Hofgerichtsassessor ernannt. Er war Sch¨uler von Wolfgang A. → Lauterbach, mit dem zusammen er 1692 Conclusiones theoretico-practicae ad Pandectas herausgab. Sie beinhalten 30 von Lauterbach o¨ ffentlich verteidigte Conclusiones zu den ersten 17 B¨uchern der Pandekten. Schon 1663 hatte B. Conclusiones zu den B¨anden 25-50 verfaßt. Nach der Berufung Lauterbachs nach Stuttgart 1676 erarbeitete B. auf Wunsch des w¨urttembergischen Hofs Conclusiones zu Band 18-24 der Pandekten. Kurz vor seinem Tod erschienen sie zusammengefaßt in einem großen Sammelwerk. Andere juristische Schriften B.s wurden erst Mitte des 18. Jh. ver¨offentlicht. C ADB
Bardili, Christoph Gottfried, Philosoph, * 18. 5. 1761 Blaubeuren, † 5. 6. 1808 Mergelstetten. Der Pastorensohn und Vetter Friedrich Wilhelm Joseph → Schellings besuchte die Klosterschulen von Denkendorf und Maulbronn und widmete sich seit 1778 als Baccalaureus am T¨ubinger Stift dem Studium der Theologie, Philosophie und der Naturwissenschaften. 1783 ging B. als Vikar nach Kirchheim, in die Pfarrgemeinde seines Vaters, setzte jedoch seit 1787 in G¨ottingen und an anderen deutschen Universit¨aten das Studium der Philosophie fort; 1789 kehrte er als Repetent f¨ur Philosophie an das T¨ubinger Stift zur¨uck. 1790 wurde er Prof. der Philosophie an der Karlsschule, 1795 am Gymnasium in Stuttgart. In seiner Philosophie setzte sich B. haupts¨achlich mit → Kant auseinander. Er ver¨offentlichte u. a. Epochen der vorz¨uglichsten Begriffe (Teil 1, 1788), Allgemeine practische Philosophie (1795), Ueber die Gesetze der Ideenassoziation (1796) und Philosophische Elementarlehre mit best¨andiger R¨ucksicht auf die a¨ ltere Litteratur (2 Tle., 1802-06). B.s Hauptwerk Grundriß der Ersten Logik, gereiniget von den Irrth¨umern bisheriger Logiken u¨ berhaupt, der Kantischen insbesondere (1800) ist eine Darstellung seiner eigenen Identit¨atsmetaphysik. C NDB Bardo, Erzbischof von Mainz, * um 980 Oppershofen / Wetterau, † 10. / 11. 6. 1051 Dornloh. B., ein Verwandter der Kaiserin → Gisela, trat als M¨onch in das Kloster Fulda ein, wurde Dekan, Leiter der Klosterschule und sp¨ater Propst von St. Andreas am Neuenberg. Seit 1029 war er Abt von Werden, von 1031 an des Klosters Hersfeld. Mit Hilfe der Kaiserin erfolgte noch im selben Jahr seine Erhebung zum Erzbischof von Mainz und zum Erzkanzler. Machtpolitisch trat B. jedoch wenig hervor und nahm nur 1040 / 41 an den Feldz¨ugen gegen B¨ohmen teil. In Mainz war er in st¨andige Auseinandersetzungen mit Klerus und Adel verwickelt. W¨ahrend seines Episkopats wurde der Mainzer Dom vollendet, dessen Neubau 1036 im Beisein des Kaisers geweiht wurde. Zwei Viten B.s, von denen eine von seinem Zeitgenossen Vulkuld stammt, loben seine Fr¨ommigkeit, Bescheidenheit und Mildt¨atigkeit. Schon bald nach seinem Tod wurde er als Heiliger verehrt. C LexMA Bardua, (Marie) Caroline, Malerin, * 11. 11. 1781 Ballenstedt / Harz, † 7. 6. 1864 Ballenstedt / Harz. Die Tochter eines f¨urstlich anhaltinisch-bernburgischen Kammerdieners erhielt ihre erste k¨unstlerische Ausbildung u. a. bei dem Ballenstedter Hofmaler Karl → Kehrer und konnte ihre Studien 1805-07 auf Empfehlung Wilhelm → K¨ortes und → Goethes bei Heinrich → Meyer in Weimar fortsetzen. 1808-11 studierte sie in Dresden Malerei, zun¨achst bei Anton → Graff, dann bei ihrem F¨orderer Gerhard von → K¨ugelgen. Zu B.s Werken geh¨oren neben religi¨osen Historiendarstellungen und Genrebildern etliche Portr¨ats befreundeter Zeitgenossen wie Caspar David → Friedrich, Johann Wolfgang, Christiane und August von → Goethe und der Kinder der Bettine von → Arnim. B. war als Portr¨atistin u. a. in Halberstadt (1813-15), Halle (1815-17), Leipzig (1817 / 18), Berlin (1818-29), Heidelberg, Paris, Frankfurt (1829-32) und Krefeld t¨atig, verkehrte in Kunst-, Literatur- und Musikzirkeln und geh¨orte zum Freundeskreis bekannter Familien wie etwa der Mendelsohns oder Oppenheims. Seit 1852 lebte sie als anhaltinischbernburgische Hofmalerin wieder in Ballenstedt. Ihr k¨unstlerisches Schaffen erstreckt sich von streng klassizistischen Kompositionen u¨ ber romantisch-gef¨uhlvolle Arbeiten bis hin zu Werken im Stile der Nazarener und Deutschr¨omer. C Schmidt-Liebich
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Bar´enyi Bar´enyi, B´ela (Viktor Karl) von, Ingenieur, * 1. 3. 1907 Hirtenberg (Nieder¨osterreich), † 30. 5. 1997 B¨oblingen. B., Sohn eines Professors der Naturwissenschaften, zog mit seiner Familie 1914 nach Preßburg und erhielt nach dem Ersten Weltkrieg die tschechoslowakische Staatsb¨urgerschaft. 1924-26 studierte er am Technikum in Wien und entwickelte 1925 / 26 verschiedene Fahrzeugkonzepte, darunter „Der Kommende Volkswagen“. 1928 war er Konstrukteur bei der Steyr-Werke AG in Wien, 1928-31 im dortigen technischen B¨uro bei Austro-Fiat, 1934 bei Adler in Frankfurt / Main, 1934 / 35 und 1937 / 38 bei der Gesellschaft f¨ur technischen Fortschritt (Getefo) in Berlin und arbeitete 1935-37 bei der Soci´et´e Pendelastic bzw. Soprotec (Soci´et´e de Progr`es technique) in Paris. 1939 trat er in die DaimlerBenz AG ein. 1940 nahm B. die deutsche Staatsb¨urgerschaft an. 1948 wieder in die Daimler-Benz AG eingetreten, besch¨aftigte er sich als Entwicklungsingenieur vorwiegend mit Spezialuntersuchungen und Ausarbeitung von Konstruktionsvorschl¨agen grunds¨atzlicher Art auf dem Gebiet des Kraftfahrzeugbaus. 1955-72 war er Leiter der Abteilung Vorentwicklung im Werk Sindelfingen. B. entwickelte die „passive Sicherheit“ im Automobilbau mit Sicherheitslenkrad und Passagiersicherheitszelle. Er hielt u¨ ber 2500 Patente.
Barfus, Hans Albrecht Reichsgraf von, Milit¨ar, * 1631 M¨ogelin bei Rathenow (Brandenburg), † 27. 12. 1704 Kossenblatt bei Beeskow (Brandenburg). Wie schon sein Vater trat B. in brandenburgische Milit¨ardienste und stieg 1688 zum Generalleutnant und wirklichen Geheimen Kriegsrat auf. 1689 k¨ampfte er mit seinen Truppen am Rhein gegen die Franzosen und leistete 1691 dem Kaiser in Ungarn Beistand gegen die T¨urken. In Anerkennung seiner Verdienste avancierte B. 1698 zum Generalfeldmarschall, Gouverneur der Festung Spandau, Oberkriegspr¨asidenten, Kommandeur der Garde zu Fuß und Chef des Flemmingschen Regiments zu Pferde. Er wurde Haupt¨ mann der Amter Berlin und Ruppin, 1701 mit dem neugestifteten Schwarzen Adlerorden dekoriert und zum Gouverneur von Berlin ernannt. 1699 wurde B. von Kaiser → Leopold I. in den Reichsgrafenstand erhoben. Barfuß, Grischa, Musiker, Intendant, Theater- und Musikkritiker, * 1. 3. 1917 Wilna, † 28. 11. 1995 D¨usseldorf. Nach dem Studium der Theaterwissenschaften, Musik, Literatur und Geschichte an der Univ. K¨oln, an der er 1946 mit der Arbeit Theater der deutschen Romantik promoviert wurde, und der Ausbildung zum Konzertviolinisten war B. als Theater- und Musikkritiker t¨atig, ehe er 1953 Chefdramaturg an den Wuppertaler B¨uhnen wurde. 1955-57 war er Schauspieldirektor in D¨usseldorf, 1958-64 Generalintendant in Wuppertal und 1964-86 Generalintendant der Deutschen Oper am Rhein in D¨usseldorf-Duisburg, die unter seiner Leitung zu einem der f¨uhrenden Opernh¨auser Deutschlands wurde. W¨ahrend seiner Intendanz an der Rheinoper wurden mehr als 200 Inszenierungen realisiert, die B. in den Dienst der Stabilisierung der Oper als Ensembletheater stellte. 1973 erhielt er an der Musikhochschule Rheinland eine Professur f¨ur Theaterwissenschaft, Opern-Analyse und B¨uhnenbildnerei. B. war Herausgeber der Zeitschriften „Kunst und Gesellschaft“ und „Theater und Zeit“ (seit 1953) sowie der „Buchreihe des D¨usseldorfer Schauspielhauses“.
Barfuß, Paul, Kupferstecher, Stahlstecher, Lithograph, * 17. 8. 1823 Großgr¨undlach bei N¨urnberg, † 24. 3. 1895 M¨unchen. Die 1837 in N¨urnberg begonnene Ausbildung an der Kupferstichschule der Meyerschen Kunstanstalt und an der Kunstschule setzte B. 1844 in Leipzig, 1851 in M¨unchen fort. Er schuf zun¨achst Kupferstiche von Kirchenfresken von Julius
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→ Schnorr von Carolsfeld und Heinrich Maria von → Hess, farbige Portr¨ats historischer Personen und Szenen, sp¨ater zahlreiche, nach der Natur oder nach Photographien gestochene Portr¨ats bekannter Zeitgenossen und kleinere Bilder religi¨osen Inhalts. 1874 wurde B. zum Meister des Freien Deutschen Hochstifts in Frankfurt / Main ernannt. C AKL
Barg, Erhard, auch Barkh, Berg, Berrich, Bildhauer, * um 1544 Schw¨abisch-Gm¨und, zuletzt erw¨ahnt 1594 (?). B., eventuell identisch mit Erhard Barsch und Erhard Barth, die 1582 bzw. 1584 in W¨urzburg belegt sind, geh¨orte 1586 zu den Mitarbeitern von Simon → Schl¨or in Stuttgart. F¨ur Propst Erasmus von → Neustetter war er u. a. im Chorherrenstift Komburg t¨atig. Im fr¨ankischen Raum wurde er durch seine Grabdenkm¨aler und Epitaphien bekannt. Zu seinen Werken z¨ahlen das Epitaph f¨ur Philipp Graf zu Manderscheid in Wertheim, das Grabdenkmal f¨ur Eberhard und Margarete von Stetten in Kocherstetten, das Epitaph f¨ur den Domherrn Gottfried von Wirsberg in W¨urzburg sowie allegorische Figuren und Wappen f¨ur die Hauptt¨ur des Westportals der W¨urzburger Universit¨atskirche. C AKL
Bargatzky, Walter, Jurist, Beamter, Politiker, * 13. 4. 1910 Baden-Baden, † 4. 11. 1998 Bonn. B., Sohn eines Schuldirektors, studierte 1928-32 Rechtswissenschaft an den Universit¨aten Berlin und Heidelberg, war seit 1935 im badischen Justizministerium t¨atig und wechselte 1937 in das Reichsjustizministerium. 1941 wurde er zum I. Staatsanwalt und 1944 zum Landgerichtsdirektor ernannt. 1939 zum Milit¨ardienst eingezogen, war er 1940-44 Referent f¨ur v¨olkerrechtliche Fragen beim deutschen Milit¨arbefehlshaber in Frankreich und anschließend dort Leiter der „Gruppe Justiz“. 1945-48 Polizeidirektor, 1948-50 Direktor der Verwaltungsgerichte in Baden-Baden und Freiburg / Breisgau, war er danach bis 1962 im Bundesinnenministerium t¨atig. 1954 wurde er Leiter der Unterabteilung „Politische Verwaltung, Recht und Staatsschutz“. Als Leiter ¨ der Abteilung „Offentliche Sicherheit“ im Bundesinnenministerium (1955-58) hatte B. wesentlichen Anteil am Aufbau des Bundesgrenzschutzes; seit 1958 konzentrierte er sich auf den Sektor „Ziviler Bev¨olkerungsschutz“. 1963-66 war er Staatssekret¨ar im Bundesgesundheitsministerium. 1950 geh¨orte B. zu den Begr¨undern des Deutschen Roten Kreuzes in der Bundesrepublik Deutschland, war erster Vizepr¨asident, 1967-82 Pr¨asident und seit 1982 Ehrenpr¨asident. Er ver¨offentlichte u. a. Der Sinn der englischen Festlandpolitik (1939), Sch¨opferischer Friede (1946), Das Universum lebt. Gedanken u¨ ber den organischen Aufbau des Weltalls (1978) und Hotel Majestic. Ein Deutscher im besetzten Frankreich (1987). C Munzinger
Bargheer, Eduard, Maler, * 25. 12. 1901 Hamburg, † 1. 7. 1979 Hamburg. Urspr¨unglich Volksschullehrer, begann B. 1924 in Hamburg eine k¨unstlerische Ausbildung, erhielt 1925 ein Stipendium f¨ur eine Italienreise und besuchte 1926 erstmals Paris. 1927-40 war er zeitweise als Dozent an der Hamburger Kunstschule Koppel t¨atig. 1932 / 33 hielt er sich erneut in Paris auf. 1936 kam er erstmals nach Ischia, wo er sich 1939 niederließ. Seit 1950 lebte er, unterbrochen von Reisen in den s¨udlichen Mittelmeerraum und Lehrt¨atigkeiten u. a. in Rom, abwechselnd in Hamburg und auf Ischia. W¨ahrend in seinen fr¨uhen Landschaftsbildern eine eher d¨ustere Stimmung vorherrscht, entwickelte er seit der Bekanntschaft mit Paul → Klee und Werner → Gilles (seit 1936) vor allem in seinen Aquarellen einen hellen kristallinen Stil. C AKL
Barion Bargiel, (George Louis August) Woldemar, Komponist, Dirigent, * 3. 10. 1828 Berlin, † 23. 2. 1897 Berlin. B., Sohn eines Musiklehrers und Halbbruder von Klara Wieck (→ Schumann), sang schon als Kind im Berliner Domchor, erlernte Klavier, Orgel und Violine und erhielt Unterricht in Kontrapunkt und Kompositionslehre. 1846 bezog er auf Anraten seines Schwagers Robert → Schumann und durch Vermittlung von Felix → Mendelssohn Bartholdy das Leipziger Konservatorium. 1849 ließ sich B. als Musiklehrer in Berlin nieder und ver¨offentlichte 1850 seine erste Komposition, ein Charakterst¨uck f¨ur Pianoforte, denen noch etliche St¨ucke f¨ur Klavier und Streichinstrumente folgten. 1859 ging B. als Lehrer f¨ur Komposition und Kontrapunkt an die Musikschule von Ferdinand → Hiller nach K¨oln und u¨ bernahm 1865 die Leitung des Gesangvereins und der Musikschule in Rotterdam. 1874 kehrte er als Direktor der Kompositionsabteilung der Kgl. Hochschule f¨ur Musik nach Berlin zur¨uck. Sp¨ater wurde er in den Senat der Berliner Akademie der K¨unste aufgenommen. B. komponierte Orchesterwerke (u. a. Symphonie D-dur op. 30), Chorwerke und Kammermusik. Sein Klavierwerk orientierte sich an Robert Schumann, f¨ur den er einen vierh¨andigen Klavierauszug der Oper Genoveva anfertigte. C Fellerer Bargmann, Heinrich, Glockengießer, † nach 1510. B., B¨urger und Erzgießer in Hannover, goß 1510 im Auftrag des Domdechanten Heineke von Mandelsloh f¨ur den Dom von Verden die große Glocke „Maria“ und eine kleinere namens „C¨acilia“. F¨ur denselben Dom schuf B. vermutlich die Grabplatte des 1502 verstorbenen Administrators von Verden und Bischofs → Bertold von Hildesheim.
Bargmann, Wolfgang Ludwig, Anatom, * 27. 1. 1906 N¨urnberg, † 20. 6. 1978 Kiel. Nach dem Studium der Medizin und der Spezialisierung auf das Fach Anatomie (Promotion 1932, Ueber Struktur und Speicherungsverm¨ogen des Nierenglomerolus) erhielt B. 1937 eine Privatdozentur an der Univ. Z¨urich (Zur vergleichenden Histologie der Lungenalveole, 1935), ging 1938 als Prosektor und apl. Prof. nach Leipzig, 1941 als a. o. Prof. und Abteilungsvorsteher an die Univ. K¨onigsberg. 1945 folgte er einem Ruf an die Univ. G¨ottingen und wurde 1946 o. Prof. und Direktor des Anatomischen Instituts der Univ. Kiel. B. wurde 1951 und 1965 zum Rektor gew¨ahlt. Bei seinen anatomischen Studien entdeckte er den Zusammenhang der Struktur und Funktion von Gehirn und Hirnanhangsdr¨use und erkannte die Neurosekretion von Hormonen im Zwischenhirn. B. verfaßte u. a. ein Lehrbuch der Histologie (2 Bde., 1948-51, 51964) und war seit 1945 Herausgeber der „Zeitschrift f¨ur Zellforschung“. Baring, Daniel Eberhard, Historiker, Bibliothekar, Philologe, * 8. 11. 1690 Oberg bei Hildesheim, † 19. 8. 1753. Der Sohn eines Predigers studierte seit 1713 an der Univ. Helmstedt Theologie, wechselte zur Medizin u¨ ber und widmete sich schließlich dem Studium der Gelehrtengeschichte und des Bibliothekswesens. Seit 1719 versah B. in Hannover das Amt eines Unterbibliothekars. Er ver¨offentlichte geschichtliche und landeskundliche Abhandlungen u¨ ber das Kurf¨urstentum Hannover (u. a. Beytrag zur Hann¨overschen Kirchen- und Schulhistorie, 1748). Baring, Eberhard, Klassischer Philologe, Schulmann, * 6. 12. 1608 L¨ubeck, † M¨arz 1659. B., Sohn eines Predigers, erhielt nach dem Studium in Leipzig und Helmstedt 1629 die Erlaubnis, ein Privatkollegium f¨ur Hebr¨aisch zu halten. Im selben Jahr erteilte er in Marburg Griechischunterricht, ließ sich 1630 in Helmstedt zu den kaiserlichen Truppen anwerben und wurde nach einer schweren Verwundung Lehrer in Braunschweig, 1632 Hofmeister und Sekret¨ar beim schwedischen Gesandten. 1633
diente er f¨ur fast zwei Jahre in der pfalzgr¨aflich Birkenfeldischen Armee als Proviantmeister und Ingenieur. Nach einem Studienaufenthalt in Marburg, wo er eine Berufung zum Prof. der Geschichte ausschlug, wurde B. 1636 Konrektor in Lemgo und Erzieher der S¨ohne des Herzogs → Georg von Braunschweig-L¨uneburg-Celle. 1642 ging er als Konrektor nach Hannover, wo er 1643 Rektor wurde.
Baring, Franz, luth. Theologe, * 1. 2. 1522 Venlo (Niederlande), † 1589 L¨utau bei Lauenburg. B. trat 1540 in Geldern in den Karmeliterorden ein, war Meßpriester in K¨oln und Priester im L¨uneburgischen. Nach ¨ dem Ubertritt zum Protestantismus wurde er 1545 Diakon in Krempe in Holstein, 1550 in Buxtehude und u¨ bernahm 1558 das Amt des Diakons an St. Petri in Hamburg. Dort stieß er als Anh¨anger → Melanchthons auf Schwierigkeiten, was 1563 zu seiner Entlassung f¨uhrte. B. erhielt das Pastorat an der Maria-Magdalena-Kirche in Lauenburg und war seit 1564 Superintendent. Bei der Generalvisitation 1581 / 82 wurde ihm nachl¨assige Amtsf¨uhrung, Heterodoxie, das Leugnen der Allgegenwart Christi und die Behinderung der Einf¨uhrung der Konkordienformel im Herzogtum Lauenburg vorgeworfen. Des Superintendentenamts enthoben, erhielt er die Pastorenstelle in L¨utau bei Lauenburg, wo er seit 1589 Senior des Ministeriums war. C ADB
Baring, Georg (Konrad Ludwig) Frh. von, Milit¨ar, * 8. 3. 1773 Hannover, † 27. 2. 1848 Wiesbaden. B. trat 1787 in den hannoverschen Milit¨ardienst ein, nahm 1793 am Feldzug in den Niederlanden teil und wurde 1794 Premierleutnant. Nach der Aufl¨osung der hannoverschen Armee war er Werber f¨ur ein englisch-hannoversches Korps, wurde Kapit¨an der Englisch-Deutschen Legion, machte 1807 die Belagerung von Kopenhagen mit, k¨ampfte in Portugal und in den Niederlanden. 1814 wurde er Major, nach der Schlacht bei Waterloo Oberstleutnant in der neugebildeten hannoverschen Armee. Seit 1821 Fl¨ugeladjutant des K¨onigs von England, seit 1823 Oberst und Regimentskommandeur, wurde B. 1832 Kommandant der Residenzstadt Hannover und war seit 1846 Generalleutnant in Osnabr¨uck. 1834 wurde er in den hannoverschen Freiherrenstand erhoben.
Barion, Hans, kath. Theologe, Kanonist, * 16. 12. 1899 D¨usseldorf, † 15. 5. 1973 Bonn. B. studierte Theologie an der Univ. Bonn, empfing 1924 in K¨oln die Priesterweihe, wurde 1928 in Bonn mit einer rechtshistorischen Arbeit zum Dr. theol., 1930 an der P¨apstlichen Univ. Gregoriana zum Dr. jur. can. promoviert und habilitierte sich im selben Jahr in Bonn mit der Schrift Das fr¨ankisch-deutsche Synodalrecht des Fr¨uhmittelalters (1931, Nachdr. 1963) f¨ur Kirchenrecht. Seit 1931 Privatdozent an der Staatlichen Akademie in Braunsberg (Ostpreußen), wurde er 1933 o. Prof. des Kirchenrechts und Dozentenschaftsleiter, 1936 Rektor. 1933 trat er der NSDAP bei und bet¨atigte sich im Sinn ihrer politischen Ziele. Daraufhin war er ein Jahr lang von der Aus¨ubung der Weihegewalt suspendiert. Die ablehnende kirchliche Reaktion auf seine Ernennung zum Ordinarius f¨ur Kirchenrecht an der Univ. M¨unchen 1938 f¨uhrte zur Schließung der dortigen Katholisch-Theologischen Fakult¨at. Seit 1939 hatte B. als Nachfolger seines Lehrers Albert → Koeniger das kirchenrechtliche Ordinariat in Bonn inne und war bis 1945 Dekan der Theologischen Fakult¨at. Nach Kriegsende wurde ihm die Wiederaufnahme der Lehrt¨atigkeit verwehrt; er lebte seither als kanonistischer Privatgelehrter. Grundlegend f¨ur B.s Verst¨andnis von Kirchenrecht waren der von Rudolph → Sohm in bezug auf die kath. Kirche formulierte Kirchenbegriff, die Problematik einer Politischen Theologie im Anschluß an Carl → Schmitt und das ius divinum als Struk-
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Barion turprinzip der Kirche und damit des gesamten Kirchenrechts. Als „korrekter Kanonist“, dessen Aufgabe es sei, die dogmatisierten g¨ottlich-rechtlichen Grundlagen des kanonischen Rechts zu systematisieren, kritisierte B. fortschrittliche Str¨omungen des Zweiten Vatikanischen Konzils. Gesammelte Schriften B.s erschienen 1984 unter dem Titel Kirche und Kirchenrecht (hrsg. von Werner B¨ockenf¨orde). C H¨opfner
Barion, Jakob, Philosoph, * 23. 7. 1898 W¨uschheim, † 16. 2. 1996 Gummersbach. B. studierte Psychologie und Philosophie, wurde 1929 in Bonn promoviert (Die intellektuelle Anschauung bei J. G. Fichte und Schelling und ihre religions-philosophische Bedeutung) und habilitierte sich 1933. Zun¨achst Privatdozent in Bonn, wurde er 1938 o. Prof. an der Staatlichen Akademie in Braunsberg, 1947 Gastprofessor an der Univ. Bonn und war dort 1955-66 o. Professor. B. besch¨aftigte sich mit der Philosophie der Antike, dem Deutschen Idealismus, Rechtsund Staatsphilosophie. Er ver¨offentlichte u. a. Plotin und Augustinus. Untersuchungen zum Gottesproblem (1935), Recht, Staat und Gesellschaft (1949), Hegel und die marxistische Staatslehre (1963, 21970), Was ist Ideologie? Studie zu Begriff und Problematik (1964, 31974) und Grundlinien philosophischer Staatstheorie (1986).
Barkany, Marie, Schauspielerin, * 2. 3. 1862 Kaschau (Slowakei), † 26. 7. 1928 Berlin. B. wurde in Wien als Schauspielerin ausgebildet und deb¨utierte 1878 in Frankfurt / Main als junge Liebhaberin. Nach einem Engagement am Thalia-Theater in Hamburg kam sie 1881 an das K¨onigliche Schauspielhaus in Berlin. Sie gab Gastspiele in Rußland, Holland, Belgien und Amerika. 1900 gastierte sie mit einer eigenen Schauspieltruppe in Paris, wo sie St¨ucke der deutschen Klassiker in der Originalsprache auff¨uhrte und zum Officier d’Instruction der Franz¨osischen Akademie ernannt wurde. B. geh¨orte zu den Mitbegr¨undern der Genossenschaft deutscher B¨uhnenangeh¨origer.
Barkey, Nikolaus, reformierter Theologe, * 1. 9. 1709 Bremen, † 18. 6. 1788. B. wurde 1732 Vikar in Middelburg (Seeland), Prediger in Cleverskerk (Walcheren) und 1744 Prediger in Hulst (Flandern). 1751 kehrte er nach Middelburg zur¨uck und war seit 1754 Pastor an der Stephanikirche und Prof. der Theologie in Bremen. Nach der Promotion in Groningen ging B. 1765 als Pastor der deutschen Kirche nach Den Haag. Neben theologischen Schriften in lateinischer und holl¨andischer Sprache ver¨offentlichte er einige Predigten und Abhandlungen in deutscher Sprache (u. a. Die christliche Gelassenheit unter der heimsuchenden Hand Gottes, 1766). Barkhausen, Friedrich Wilhelm, Verwaltungsbeamter, * 24. 4. 1831 Misburg bei Hannover, † 31. 8. 1903 Breslau. Als Sohn eines hannoverschen Oberlandes¨okonomiekommissars studierte B. Jura an den Universit¨aten Heidelberg und G¨ottingen (dort Corps Hannovera). Als Referendar und Assessor war er in verschiedenen Stellen t¨atig, so seit 1865 in der Klosterkammer und im evang. Konsistorium Hannover. Nach der Besetzung des K¨onigreiches durch Preußen 1866 blieb B. der Kirchenverwaltung treu und wurde 1869 Direktor des Konsistoriums in Stade. Von dort berief ihn 1873 der liberale Kultusminister Adalbert → Falk in sein Ministerium nach Berlin, wo er die Kirchenfragen der 1866 erworbenen neuen Provinzen Preußens bearbeitete. Unter Kultusminister Gustav von → Goßler leitete B. als Ministerialdirektor 1881-90 die Geistliche Abteilung des Kultusressorts und war 1890 / 91 Unterstaatssekret¨ar. Danach
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wurde B. Pr¨asident des Evangelischen Oberkirchenrats; ferner u¨ bernahm er zahlreiche Neben¨amter in kirchlichen Gremien. B. geh¨orte seit 1894 als lebensl¨angliches Mitglied dem Preußischen Herrenhaus an. C NDB
Barkhausen, Heinrich Georg, Physiker, * 2. 12. 1881 Bremen, † 20. 2. 1956 Dresden. Nach einer praktischen Ausbildung in Eisenbahnwerkst¨atten studierte B., Sohn eines Bremer Landgerichtsdirektors, an der TH M¨unchen und an den Universit¨aten Berlin und G¨ottingen Physik. Dort war er 1906 / 07 als Assistent am Institut f¨ur angewandte Elektrizit¨at t¨atig und erhielt nach der Promotion 1907 (Das Problem der Schwingungserzeugung mit besonderer Ber¨ucksichtigung schneller elektrischer Schwingungen) eine Anstellung bei Siemens & Halske in Berlin. 1910 habilitierte er sich an der TH Charlottenburg und wurde 1911 als Prof. nach Dresden berufen, wo er das erste Institut f¨ur Schwachstromtechnik gr¨undete, das er nach 1946 zu f¨uhrenden Zentrum f¨ur Nachrichtentechnik und Elektronik in der DDR ausbaute. B. entdeckte 1919 den „Barkhausen-Effekt“. Er ver¨offentlichte grundlegende Arbeiten u¨ ber Elektronenr¨ohren, elektrische Schwingungen, Elektroakustik und Ferromagnetismus und gab eine Einf¨uhrung in die Schwingungslehre (1932, 61958) heraus. C DDR
Barkhausen, Heinrich Ludwig Willibald, Jurist, * 1742 Niederbarkhausen (Lippe), † 19. 6. 1813 Hayn (Stollberg). B. wurde 1764 an der Juristischen Fakult¨at der Univ. Halle promoviert. Zuerst Kriegs-, Dom¨anen- und Steuerrat in Ellrich, dann Kriegsrat in Magdeburg, wurde er schließlich Stadtpr¨asident und Kriegs- und Steuerrat in Halle. 1798 bat er um seine Entlassung und privatisierte danach in Ellrich. ¨ Uber B.s Leben ist weiter nichts bekannt. Seine aufkl¨arerischen Gesinnungen schlagen sich in seinen Schriften und seinem Handeln nieder. Vielleicht im Zusammenhang mit der G¨ottinger Preisfrage von 1772 u¨ ber die Anlegung o¨ ffentlicher Kornmagazine, veranlaßt durch die zeitgen¨ossischen Hungersn¨ote, befaßte sich B. mit dem Thema des Getreidehandels. Er ver¨offentlichte Briefe u¨ ber die Polizei des Kornhandels (1773) und u¨ bersetzte aus dem Franz¨osischen die entschieden antiphysiokratischen Dialoge u¨ ber die Regierungskunst, vornehmlich in R¨ucksicht auf den Getreidehandel (1770 bzw. 1777) des neapolitanischen Aufkl¨arers Ferdinando Galiani. Dreißig Jahre sp¨ater publizierte B. die Polizei des Getreidehandels (1804). Mit dem Finanz- und Steuerwesen hat er sich zeitlebens in Artikeln in f¨uhrenden zeitgen¨ossischen Zeitschriften besch¨aftigt. Mit dem Halleschen Philosophen Ludwig Heinrich → Jakob gab B. die kurzlebigen „Magdeburg-Halberst¨adtischen Bl¨atter“ heraus (1801). Nach dem Tod seines Bruders Viktor B., eines Lippischen Stadtrichters in Lemgo, ver¨offentlichte B. dessen Bemerkungen u¨ ber die Todesstrafe (1805), eine Sammlung von Aufs¨atzen, die in den siebziger Jahren im „Deutschen Museum“ erschienen waren und die Todesstrafe ablehnten. WEITERE WERKE: Statistische und politische Bemerkungen bei Gelegenheit einer Reise durch die Vereinigten Niederlande. Leipzig 1788 (vorher st¨uckweise im „Deutschen Museum“, 1781. Neudr. Leipzig 1805). – Ueber das sicherste Mittel, die Duelle, besonders auf hohen Schulen, zu verbieten. Lemgo 1790 (vorher anonym im „Teutschen Merkur“). – Nat¨urliche Moral in Briefen eines Vaters an seine Tochter. Lemgo 1792. Johan van der Zande
Barking, Herbert, Bergbaufachmann, Politiker, * 25. 7. 1912 Gelsenkirchen, † 20. 9. 1992 Zug (Schweiz). B., Sohn eines Bergwerkdirektors, studierte in Bonn Rechtswissenschaften und an der Bergakademie ClausthalZellerfeld das Bergfach. Nach dem Erwerb des Diploms 1938 sammelte er erste praktische Erfahrungen, u. a. in
Barlach belgischen und nordfranz¨osischen Bergbaubetrieben, legte 1942 das Bergassessorexamen ab und wurde 1949 an der TH Aachen mit der Arbeit Untersuchung von M¨oglichkeiten zur L¨osung des Sortenproblems der Ruhrkohle zum Dr.-Ing. promoviert. 1942-44 war B. im Staatsdienst und leistete 1944 / 45 Wehrdienst. 1945 trat er als Wirtschaftsingenieur in die Gesellschaft Walsum / Thyssensche Gas- und Wasserwerke GmbH ein. 1947 wurde er Betriebsdirektor, 1949 Bergwerksdirektor, 1951 Gesch¨aftsf¨uhrer, 1953 technisches Vorstandsmitglied der Bergwerksgesellschaft Walsum AG, 1969 der Bergbau AG Niederrhein und 1972 auch der Bergbau AG Oberhausen. B., seit 1950 Mitglied der CDU, geh¨orte dem Wirtschaftsrat der CDU seit dessen Gr¨undung an, war Mitglied der Wirtschaftsvereinigung der CDU des Rheinlandes und wurde 1973 Vositzender der Kreiswirtschaftsvereinigung der CDU des Kreises Dinslaken. 1967-70 und 1973-75 war er Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen. B. besch¨aftigte sich mit Staub- und Silikosebek¨ampfung und entwickelte ein Eisenkoks-Verfahren, das nach ihm und seinem Mitarbeiter Constanz Eymann benannt wurde. Sein weiteres Interesse und Engagement galt den M¨oglichkeiten zur Verfl¨ussigung von Kohle.
Barkow, August Friedrich, Jurist, * 28. 1. 1791 Trent / R¨ugen, † 4. 3. 1861. Nach einem Studium der alten Sprachen in Greifswald begann der Pastorensohn 1810 in G¨ottingen das Studium der Rechtswissenschaften, das er 1813 in Berlin beendete. Dann als Hauslehrer t¨atig, wurde B., Bruder von Hans Carl Leopold → B., 1817 in Berlin promoviert (Specimen editionis legis Romanae Burgundiorum [vulgo Papiani liber responsorum] ex fontibis juris Romani illustratae) und habilitierte sich noch im selben Jahr. Seit 1819 war B. a. o. Prof., von 1827 an o. Prof. des Strafrechts und des R¨omischen Rechts an der Univ. Greifswald. 1838 wurde er Geheimer Justizrat, 1839 Konsistorialrat und Mitglied des Konsistoriums.
Barkow, Hans Carl Leopold, Mediziner, * 4. 8. 1798 Trent / R¨ugen, † 23. 7. 1873 Breslau. B. studierte wie sein j¨ungerer Bruder August Friedrich → B. zun¨achst in Greifswald, wechselte 1816 in Berlin zur Anatomie u¨ ber und kehrte nach der Promotion 1821 (De monstris dublicibus verticiubus inter se junctis) als Prosektor an die Univ. Greifswald zur¨uck. 1822 wurde er dort zum Privatdozenten und 1826 zum a. o. Prof. und Prosektor an der Univ. Breslau ernannt. B. avancierte 1835 zum o. Prof., 1845 zum Direktor des Anatomischen Instituts. Er verfaßte zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen zur menschlichen und tierischen Anatomie sowie zur vergleichenden Physiologie (u. a. Comparative Morphologie des Menschen und der menschen¨ahnlichen Thiere (6 Bde., 1862-75; Bd. 1 po¨ stum 1875). C Arzte Schlesien
Barlach, Ernst, Bildhauer, Graphiker, Schriftsteller, * 2. 1. 1870 Wedel (Holstein), † 24. 10. 1938 Rostock. B., Sohn eines Landarztes, studierte 1888-91 an der Gewerbeschule Hamburg, 1891-95 an der Kunstakademie Dresden (seit 1902 Meistersch¨uler bei Robert → Diez) und 1895 / 96 in Paris u. a. an der Academie Julian. Nach Aufenthalten in Altona und Hamburg (1898 / 99), Berlin (18991901), Wedel (1901-04) und einer Lehrt¨atigkeit an der Keramik-Fachschule H¨ohr-Grenzhausen war er bis 1910 in Berlin ans¨assig. Er arbeitete in jenen Jahren als Karikaturist f¨ur die
„Jugend“ und den „Simplicissimus“ (1897-1908) und bewegte sich als Keramiker und Plastiker noch in den Grenzen von Jugendstil und Symbolismus, ehe er 1906 auf einer Sommerreise nach Rußland und in die Ukraine in seelisch ersch¨utterndem Erleben seinen eigenen expressiven, blockhaft-schweren, von psychischer Ausdruckskraft erf¨ullten Stil fand (z. B. Russische Bettlerin mit Schale, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen). 1907 begann mit der Arbeit am Drama Der tote Tag (1912 in der Pan-Presse mit 27 eigenen Lithographien ediert) seine T¨atigkeit als Schriftsteller, der in der Folgezeit mit weiteren Dramen und zwei Romanfragmenten (Seespeck, entstanden 1913 / 14; Der gestohlene Mond, entstanden 1936 / 37) ein seiner verinnerlichten, expressiven Bildkunst zwar verwandtes, aber nicht deckungsgleiches Ausdrucksmedium f¨ur die ihn bedr¨angenden Probleme kultivierte. 1909 erhielt er das Villa-RomanaStipendium f¨ur einen Florenzaufenthalt. Obgleich Mitglied der Berliner Sezession, seit 1914 der Freien Sezession, blieb B., der sich 1910 ins mecklenburgische G¨ustrow zur¨uckzog, innerhalb des deutschen Expressionismus ein Einzelg¨anger. W¨ahrend seine der Plastik verwandten Holzschnitte von lapidar-herber Ausdruckskraft erf¨ullt sind, sind die Lithographien und Zeichnungen mehr gestisch-dynamisch aufgefaßt, wobei in allen seinen Medien immer die religi¨os-ethische, oft auch gesellschaftskritische Humanit¨at des Mahners bestimmend blieb. Im unruhevollen Jahrzehnt des Ersten Weltkriegs, den B. selbst 1914 / 15 als Landsturmmann in Sonderburg erlebte, traten neben dem Kampfthema (1910-16 Holzskulpturenzyklus zum Berserker) verst¨arkt biblische Motive (seit 1911 zun¨achst in der Graphik vor allem zur Apokalypse, von 1917 an auch in der Plastik) auf. Das Nachkriegselend fand seinen Niederschlag z. B. in der Holzschnittfolge Kindertod (1919) und in Holzbildwerken wie Das Grauen (Essen, Folkwang-Museum). Mit der Aufnahme in die Preußische Akademie der K¨unste 1919 und den von Paul → Cassirer zwischen 1920 und 1929 verlegten Dramen (Die echten Sedemunds, 1920; Der Findling, 1922; Die S¨undflut, 1924; Der blaue Boll, 1928; Die gute Zeit, 1929) und Holzschnittzyklen Die Wandlungen, Walpurgisnacht und An die Freude fand B. als Bild- wie Wortk¨unstler bald breite Anerkennung. Der Dramatiker B. gestaltete dabei in bilderreicher Sprache vor allem im Schicksal und der Entwicklung introvertierter, gottsuchender Leidensfiguren den Kampf zwischen Gut und B¨ose, den Generationskonflikt namentlich zwischen Vater und Sohn, die Absage an das Diesseits zugunsten des Geistes und die Notwendigkeit der Heilsgewinnung. 1924 erhielt er den Kleistpreis. Seit 1926 begann er o¨ ffentliche Auftr¨age zu plastischen Antikriegs-Denkmalen zu realisieren: 1927 das Ehrenmal im G¨ustrower Dom und 1928 / 29 das im Magdeburger Dom, 1928 den Geistesk¨ampfer in Kiel, 1931 das Ehrenmal in Hamburg. Doch setzten schon Angriffe der Reaktion ein, so daß B. seine Denkmalsentw¨urfe f¨ur Malchin (1929) und Stralsund (1932) zur¨uckziehen mußte und der letzte Großauftrag des Figurenfrieses an der L¨ubecker Katharinenkirche unvollendet blieb (von 16 Figuren nur drei). 1931 bezog er sein neues Haus am Heidberg in G¨ustrow und wurde 1933 in die Friedensklasse des Ordens Pour le m´erite gew¨ahlt. Doch gleichzeitig begann die nationalsozialistische Verfolgung seiner Werke, die 1937 in der Beschlagnahme von 381 Arbeiten gipfelte. Letzte Werke wie Das schlimme Jahr 1937 oder Frierende Alte reflektieren das Erleben des Ausgestoßenseins. Erst nach dem Krieg wurde B. gew¨urdigt und sein Werk in verschiedenen Gedenkst¨atten (1953 und 1978 in G¨ustrow, 1956 Ratzeburg, 1962 Stiftung H. F. Reemtsma, Hamburg) gesammelt. Zahlreiche Werke befinden sich in der Kunsthalle Bremen. WEITERE WERKE: Ein selbsterz¨ahltes Leben. Berlin 1928. – Die Prosa. 2 Bde., M¨unchen 1958 / 59. – Die Briefe. 2 Bde.,
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Barlage M¨unchen 1968 / 69. – Das dichterische Werk. Hrsg. v. Friedrich Droß. 3 Bde., M¨unchen 1973-85. LITERATUR: E. B.-Bibliographie. Berlin 1972. – Willi Flemming: B., der Dichter. 1933. – Gerhard Lietz: Das Symbolische in der Dichtung B.s. Diss. Marburg 1937. – Friedrich Schult: E. B. Werkverzeichnis. Bd. 1: Plastik. Hamburg 1960. Bd. 2: Graphik. Hamburg 1958. Bd. 3: Zeichnungen. Hamburg 1971. – Carl Dietrich Carls: E. B. Das plastische, graphische und dichterische Werk. Berlin 1931 (Nachauflagen erweitert bis 1968, 1980 englisch). – Henning Falkenstein: E. B. Berlin 1978. – Ernst Piper: E. B. und die nationalsozialistische Kunstpolitik. M¨unchen / Z¨urich 1983. – Elmar Jansen: E. B. Berlin 1984. – Peter Paret: An artist against the Third Reich: E. B., 1870-1938. Cambridge u. a. 2003. – Andreas Fromm: B. und die Avantgarde. Frankfurt / Main 2004. G¨unter Meißner
Barlage, Heinrich, Politiker, * 6. 12. 1891 Nordhorn / Emsland, † 18. 4. 1968. B. durchlief 1905-07 eine kaufm¨annische Lehre im Textilgewerbe, arbeitete bis 1913 als Kaufmannsgehilfe und nach der R¨uckkehr aus dem Ersten Weltkrieg als Buchhalter. Seit 1924 selbst¨andiger Baustoffh¨andler, war B. 1929-43 Ratsherr in Nordhorn. 1945 gr¨undete er dort die CDU, wurde deren erster Vorsitzender in der Grafschaft Bentheim, Polizeichef und 1948-52 B¨urgermeister. Er war Mitbegr¨under und bis 1952 Vorstand des Nieders¨achsischen St¨adtebunds, geh¨orte dem Finanzausschuß des Deutschen St¨adtebunds an und zog 1953 f¨ur die CDU in den Bundestag ein. C Munzinger Barlog, Boleslaw, Regisseur, Intendant, * 28. 3. 1906 Breslau, † 17. 3. 1999 Berlin. Nach einer Buchh¨andlerlehre arbeitete B., Sohn eines Rechtsanwalts, 1930-33 als Regieassistent an der Berliner Volksb¨uhne, war 1936 / 37 im Olympiakomitee t¨atig, wurde 1937 Regieassistent bei der Ufa und f¨uhrte seit 1940 selbst Regie (u. a. in Unser kleiner Junge, 1941; Wenn die Sonne wieder scheint, 1943; Junge Herzen, 1944). 1945-72 war er Intendant des von ihm er¨offneten Schloßpark-Theaters in Berlin-Steglitz, 1951-72 Leiter des Schillertheaters in Berlin-Charlottenburg, das er 1959 um die „Werkstatt“ erweiterte. Als Generalintendant (1945-72) der Staatlichen Schauspielb¨uhnen Berlins pr¨agte B. das Westberliner Theaterleben. Er galt als Entdecker von Samuel Beckett (Warten auf Godot), Edward Albee (Wer hat Angst vor Virginia Woolf) und John Osborne (Blick zur¨uck im Zorn) f¨ur deutsche B¨uhnen. Unter ihm f¨uhrten u. a. Fritz → Kortner und Erwin → Piscator Regie. 1981 erschienen B.s Erinnerungen Theater lebensl¨anglich (erweiterte Ausgabe 1990). C Cinegraph
Barnack, Oskar, Mechaniker, * 1. 11. 1879 Lynow bei Luckenwalde (Brandenburg), † 16. 1. 1936 Bad Nauheim. Nach einer Mechanikerlehre in Berlin und der Gesellenzeit in Sachsen, Wien und Tirol trat B., Sohn eines Landwirts, 1911 bei der Firma Ernst Leitz in Wetzlar eine Stelle als Mechanikermeister an. Als Filmamateur suchte er nach einer m¨oglichst sparsamen Ausnutzung des Filmmaterials und entwickelte 1913 die „Ur-Leica“, eine Kleinbildkamera (24 x 36 mm), die die Verwendung von Kinofilm erm¨oglichte und 1925 als „Leica“ in Serie ging. B. machte sich auch durch seine k¨unstlerischen Photographien einen Namen; neben Genreszenen stammen von ihm die ersten Luftaufnahmen aus einem Zeppelin. C NDB Barnay, Ludwig, eigentl. Ludwig Weiß, Schauspieler, Theaterleiter, * 11. 2. 1842 Pest (heute zu Budapest), † 1. 2. 1924 Hannover. B. nahm Schauspielunterricht in Wien, deb¨utierte 1860 in Trautenau in B¨ohmen und trat u. a. in Budapest, Graz, Leip-
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zig (1867 / 68) und Wien als Heldendarsteller auf. Seit 1870 spielte er am Stadttheater in Frankfurt / Main. 1871 rief er in Weimar die „Genossenschaft Deutscher B¨uhnenangeh¨origer“ ins Leben. 1874 wechselte B. an das Meininger Ensemble, mit dem er auch Tourneen unternahm. Zusammen mit Adolph → L’Arronge gr¨undete er 1883 in Berlin das Deutsche Theater. 1887-94 leitete B. das Berliner Theater, geh¨orte bis 1897 dem Wiesbadener Theater an und war 1906-08 Intendant des K¨oniglichen Schauspielhauses in Berlin, 1908-11 des K¨oniglichen Hoftheaters in Hannover. 1903 erschienen seine zweib¨andigen Erinnerungen.
Barnay, Paul (Waldemar), o¨ sterr. Schauspieler, Regisseur, Theaterleiter, * 27. 3. 1884 Wien, † 13. 6. 1960 Wien. B. studierte Schauspielkunst in Wien und Berlin und war 1909-18 in Danzig, D¨usseldorf, Bremen und Wien als Schauspieler t¨atig. 1918 wurde er Leiter der Deutschen B¨uhnen in Kattowitz, 1921 Intendant an den Vereinigten B¨uhnen in Breslau. Er entdeckte und f¨orderte Marlene → Dietrich, Carola → Neher und Leopold → Lindtberg und inszenierte u. a. die Urauff¨uhrung von Erich → K¨astners Leben in dieser Zeit. 1933 wurde er von einem SA-Schl¨agertrupp mißhandelt; er verlor seine Stellung als Theaterleiter, sein Besitz wurde beschlagnahmt. Daraufhin floh er u¨ ber Prag nach Wien, leitete dort das Raimund-Theater und emigrierte 1936 in die ˇ CSR, wo er Leiter des Stadttheaters Reichenberg wurde. Angefeindet von der nationalsozialistischen sudetendeutschen Theaterkammer, wurde B. 1938 entlassen und emigrierte nach Budapest, wo er als Verlagslektor arbeitete und Theaterst¨ucke sowie Romane schrieb. In den letzten Kriegsjahren wurde er als Schanzarbeiter f¨ur die Ostfront zwangseingezogen. Nach dem Krieg kehrte B. nach Wien zur¨uck, war Regisseur und Schauspieler an verschiedenen Theatern und u¨ bernahm 1848 die Leitung des Volkstheaters Wien, an dem er das Abonnentensystem ausbaute. C Exiltheater Barner, Christoph von, Milit¨ar, * 2. 2. 1633 B¨ulow (Mecklenburg), 21. 10. 1711 begraben Kirchheim / Teck (W¨urttemberg). B. trat 1645 als Page in herzoglich mecklenburgische, 1656 als Leutnant in d¨anische und 1660 als Hauptmann in kaiserliche Dienste. Er nahm an den Feldz¨ugen gegen die T¨urken teil und verteidigte 1683 als Oberst der Artillerie die Stadt Wien. 1688 hatte er Anteil an der Eroberung Belgrads und wurde 1692 zum Generalfeldzeugmeister und Kommandeur der gesamten k. k. Artillerie erhoben. Im Gefolge des Prinzen → Eugen k¨ampfte er u. a. in Italien, unterst¨utzte 1703 Kaiser → Joseph I. bei der Eroberung der Festung Landau und nahm an der Seite des Markgrafen → Ludwig von Baden 1706 die els¨assischen Festungen Drusenheim und Hagenau C ADB ein. Barner, Klaus von, Milit¨ar, † 21. 9. 1553 Stederburg bei Wolfenb¨uttel. Der einer uradligen mecklenburgischen Familie entstammende B. galt als bedeutender Heerf¨uhrer seiner Zeit. 1546 zog er mit Herzog Georg von Mecklenburg nach Bayern und nahm 1550 an der Belagerung von Magdeburg teil. Sp¨ater trat er als Obrist in den Dienst des Markgrafen → Albrecht von Brandenburg und fiel 1553 in der Schlacht von StederC ADB burg.
Barnick, Johannes (Ferdinand), Schriftsteller, Philosoph, * 1. 6. 1916 Polenzig (Brandenburg), † 16. 8. 1987 Wangen / Allg¨au. Der Sohn eines Superintendenten studierte 1935-41 in Breslau, T¨ubingen, Berlin und Kiel Philosophie, Theologie, Geschichte, Germanistik und Sanskrit. Als Soldat erlitt B. schwere Verwundungen. 1945-49 war er wissenschaftlicher
Baron Assistent am Philosophischen Seminar der Univ. Kiel. Danach war er als freier Autor philosophischer und politischer Untersuchungen t¨atig. Aufsehen erregte sein Entwurf einer neuen Deutschlandpolitik Die deutschen Tr¨umpfe (1958). 1974 gr¨undete B. auf seinem Allg¨auer Ein¨odhof eine eigene philosophische Schule. Er ver¨offentlichte u. a. Vom Sinn des Ganzen (1952, Neuausgabe 1981) und Vierfaltigkeit in Logik und Welt oder Die vier B¨ucher vom Sinn des Ganzen (Buch 1, 1969). C Munzinger
Barnim I., Herzog von Pommern, * um 1217 / 19, 13. / 14. 11. 1278, begraben Stettin. B. u¨ bernahm 1220 unter der Vormundschaft seiner Mutter die Herrschaft im Land Stettin. Sein Vetter Wartislaw III. trat zur selben Zeit die Regierung des Landes Demmin an. 1227 entkam Pommern der d¨anischen Oberherrschaft, um 1234 / 36 mußten die Vettern jedoch die Lehnsherrschaft Brandenburgs u¨ ber ihre L¨ander anerkennen. Im Landiner Vertrag 1250 erreichte B. gegen Verzicht auf die Uckermark von Brandenburg die Belehnung. Nach Wartislaws Tod 1264 vereinigte B. das Stettiner mit dem Demminer Land. Durch das Heranziehen deutscher Ritter, Kaufleute, Handwerker und Bauern f¨uhrte er die Germanisierung Pommerns durch. Die u. a. von B. und dem Deutschen Ritterorden gestifteten Kl¨oster in Pommern warben weitere deutsche Kolonisten an. B. gr¨undete f¨ur die deutschen Neusiedler einige St¨adte (u. a. Greifenhagen, 1254), denen er wie mehreren seiner schon vorhandenen St¨adte (u. a. Prenzlau, Stettin, Pasewalk) magdeburgisches Recht verlieh. C LexMA Barnim III., Herzog von Pommern-Stettin, * vor 1300, † 24. 8. 1368. Als die brandenburgischen Askanier 1320 ausstarben, verb¨undeten sich die Herz¨oge von Pommern gegen Brandenburg und gegen die Gebietsanspr¨uche der Mecklenburger mit dem K¨onig von D¨anemark und nahmen von diesem ihre L¨ander o¨ stlich von Swine und Oder zu Lehen. B. trat als Mitregent seines Vaters Otto I. im selben Jahr die Herrschaft in Pommern-Stettin an. 1324 belehnte Kaiser → Ludwig der Bayer jedoch seinen gleichnamigen Sohn mit Brandenburg und Pommern. Die pommerschen Herz¨oge k¨ampften indessen untereinander um den Besitz von R¨ugen. Mecklenburgische Gebietsanspr¨uche auf Pommern konnten 1328 und endg¨ultig 1354 im Vertrag von Stralsund abgewehrt werden. Auf dem Frankfurter Reichstag von 1338 setzte B. die Lehnsunabh¨angigkeit von Brandenburg und die kaiserliche Anerkennung Pommerns als reichsunmittelbar durch. Unter B.s Herrschaft wurden in Stettin das Schloß und die Ottenkirche umgebaut und 1360 vor der Stadt die Kartause Gottesgnade, die sp¨atere Oderburg, errichtet. C LexMA
Barnim IX., Herzog von Pommern-Stettin, * 2. 12. 1501, † 2. 11. 1573 Oderburg bei Stettin. Wie seine Vorg¨anger hatte auch B., der 1523 mit seinem Bruder Georg die Regierung antrat, um die Lehnsunabh¨angigkeit seines Landes zu k¨ampfen, die Brandenburg 1529 im Vertrag von Grimmitz gegen die Zusicherung einer Eventualnachfolge schließlich anerkannte. Nach dem Tod seines Bruders erhielt B. 1532 Stettin und das Land o¨ stlich der Oder; 1569 dankte er zugunsten seiner Großneffen ab. B. f¨uhrte, unterst¨utzt von Johannes → Bugenhagen, auf dem Treptower Landtag von 1534 in seinem Landesteil die Reformation ein. 1536 trat Pommern dem Schmalkaldischen Bund bei, griff jedoch nicht aktiv in den Krieg ein; nach dem Sieg des Kaisers mußte es ein Bußgeld entrichten. B. f¨orderte Kunst und Kultur; 1543 verlieh er dem ersten Drucker in Stettin das herzogliche Privileg. C NDB
Barnim, Adalbert Frh. von, Forschungsreisender, * 22. 4. 1841, † 12. 7. 1860 Ar Ruseiris / Blauer Nil (Sudan). B., Sohn des Prinzen → Adalbert von Preußen, trat Anfang 1859 eine Expedition durch die Nill¨ander an, die naturwissenschaftlichen Forschungen dienen sollte. Schon im folgenden Jahr erlag B. jedoch am Blauen Nil im heutigen Sudan den Folgen des ungewohnten Klimas. Sein Reisebegleiter Robert Hartmann ver¨offentlichte 1863 eine mit Abbildungen und Landkarten versehene Beschreibung der Reise des Freiherrn Adalbert von Barnim durch Westafrika in den Jahren 1859 und 1860. C ADB Barnowsky, Viktor, eigentl. Isidor Abrahamowsky, Theaterleiter, Regisseur, Schauspieler, * 10. 9. 1875 Berlin, † 9. 8. 1952 New York. Sein Deb¨ut als jugendlicher Charakterdarsteller feierte B. 1893 am Berliner Residenztheater und trat dann in M¨unchen, Hamburg und Breslau auf. 1905 u¨ bernahm er als Nachfolger von Max → Reinhardt die Leitung des Kleinen Theaters Unter den Linden in Berlin. 1913-24 war er Direktor des Lessingtheaters, 1915-24 auch Leiter des Deutschen K¨unstlerTheaters Berlin, 1925-30 des Theaters an der K¨oniggr¨atzer Straße, des Kom¨odienhauses und bis 1926 der Trib¨une Berlin. B. inszenierte klassische Kom¨odien, aber auch St¨ucke von Frank → Wedekind und Henrik Ibsen. Als Schauspieler verk¨orperte B. in sp¨aterer Zeit zumeist den eleganten Bonvivant. 1933 emigrierte B. und gelangte 1937 u¨ ber Frankreich und Großbritannien in die USA. Er fand in Hollywood Besch¨aftigung als Drehbuchautor und Dramaturg. Seit 1941 in New York, spielte er in Emigrantenensembles und lehrte bis 1951 u. a. an der Fordham-University und am Hunter College Theaterwissenschaften. C Exiltheater Barnstorf, Eberhard, Mediziner, * 24. 4. 1672 Rostock, † 3. 1. 1712 Greifswald. B., Sohn eines Mediziners, studierte in Rostock, Helmstedt, Jena, Leipzig und Halle Medizin, wurde 1696 mit der Arbeit De amputatione membrorum sphacelatorum, eorumque secura medela promoviert, ließ sich dort als Arzt nieder und hielt mathematische und physikalische Vorlesungen. 1698 verlegte er seine a¨ rztliche Praxis nach Wismar und wurde 1699 Stadtphysikus von Anklam, 1703 Prof. und Stadtphysikus von Greifswald. Neben einigen lateinischen Schriften ver¨offentlichte B. 1709 ein Consilium praeservatorium oder wohlgemeinte Gedanken, wie man sich bey grassirender und herum schleichender Pestilenzialischer Contagion zu verhalten und zu verwahren habe. Baron, Ernst Gottlieb, Musiker, Komponist, Musiktheoretiker, * 17. 2. 1696 Breslau, † 12. 4. 1760 Berlin. Schon w¨ahrend seiner Schulzeit erhielt B., dessen Vater Posamentierer, dann K¨uster an der Kirche St. Barbara war, Unterricht im Lautenspiel. Seit 1715 studierte er in Leipzig, Halle und Jena Jurisprudenz und Philosophie, von 1722 an widmete er sich der Musik. Er zog einige Jahre als Lautenspieler durch S¨uddeutschland und Sachsen, trat 1728 als Hoflautenist in gothaische, 1732 in eisenachische Dienste. 1737 u¨ bersiedelte B. nach Berlin, wo ihn der damalige Kronprinz → Friedrich zum Kammertheorbisten an seinem Rheinsberger Hof ernannte. 1740 wurde er in die k¨oniglich preuß. Kapell- und Kammermusik aufgenommen. B. ver¨offentlichte neben musiktheoretischen Schriften eine Historisch-theoretisch und practische Untersuchung des Instruments der Lauten (1727). C MGG
Baron, Hans, Historiker, * 22. 6. 1900 Berlin, † 26. 11. 1988 Urbana (Illinois, USA). B., Sohn eines Arztes, studierte in Leipzig und Berlin und wurde 1922 zum Dr. phil. promoviert (Calvins Staatsanschauung und das Konfessionelle Zeitalter, gedruckt 1924).
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Barschel 1925-27 hielt er sich mit einem Forschungsauftrag der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft in Italien auf, habilitierte sich 1928 in Berlin (Leonardo Bruni Aretino und der florentiner B¨urgerhumanismus des Quattrocento) arbeitete 1928-33 bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und lehrte als Privatdozent an der Univ. Berlin. 1935 / 36 war er zu privaten Studien in Italien, ging 1936 nach London und emigrierte 1938 in die USA. 1939-42 war B. Dozent f¨ur Geschichte am Queens College in New York, 1942 / 43 Guggenheim Fellow, erhielt 1943 / 44 ein Forschungsstipendium der American Philosophical Society und geh¨orte 1944-48 dem Institute for Advanced Studies in Princeton an. Seit 1949 arbeitete er an der Newberry Library in Chicago, hatte Lehrauftr¨age an verschiedenen Universit¨aten in den USA und war 1963-68 Prof. an der Univ. Chicago. B. arbeitete vor allem u¨ ber das Renaissancezeitalter, besonders die Rolle von Florenz und den Einfluß sozialer und politischer Entwicklungen auf den Humanismus, und ver¨offentlichte The Crisis of the Early Italian Renaissance. Civic Humanism and Republican Liberty in an Age of Classicism and Tyranny (2 Bde., 1955, bearb. 1966), From Petrarch to Leonardo Bruni. Studies in Humanistic and Political Literature (1968) und B¨urgersinn und Humanismus im Florenz der Renaissance (1992, zuerst engl.). C Historikerlex
Barschel, Uwe, Politiker, * 13. 5. 1944 Glienicke bei Berlin, † 11. 10. 1987 Genf. B., promovierter Jurist und Politologe, seit 1962 Mitglied der CDU und 1967-71 Landesvorsitzender der Jungen Union in Schleswig-Holstein und von 1969 an stellvertretender Landesvorsitzender der CDU, wurde 1971 in den Landtag gew¨ahlt, 1973 zum Vorsitzenden der CDU-Fraktion und 1979 zum Finanzminister, dann zum Innenminister bestellt. Seit 1982 Ministerpr¨asident, gewann B. die Landtagswahlen von 1983 und wurde im Wahlkampf 1987, bei einem Flugzeugabsturz knapp dem Tod entronnen, von der CDU erneut zum Spitzenkandidaten gek¨urt. Als der „Spiegel“ B. als Urheber einer Rufmordkampagne gegen seinen SPDGegenkandidaten Bj¨orn Engholm enth¨ullte, stritt B. diesen Vorwurf mit einer Ehrenwortserkl¨arung ab. Einer immer dr¨uckenderen Beweislage gegen¨ubergestellt, trat B. zur¨uck. Ob er in einem Genfer Hotel Selbstmord ver¨ubte, ist bis heute nicht eindeutig gekl¨art. C Munzinger Barsig, Franz, Journalist, Rundfunkintendant, * 22. 2. 1924 Beuthen (Oberschlesien), † 20. 12. 1988 G¨ottingen. B., ein ausgebildeter Lehrer, war nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg kurzzeitig in Helmstedt im Schuldienst t¨atig. Ende 1945 wurde er Korrespondent der „Braunschweiger Zeitung“, wechselte zur kommunistischen „Hannoverschen Volksstimme“, 1947 als stellvertretender B¨uroleiter zur Deutschen Nachrichtenagentur in Hannover. 1948 u¨ bernahm B., inzwischen SPD-Mitglied, die Leitung der Ressorts Innen- und Wirtschaftspolitik beim Parteiorgan „Vorw¨arts“. 1954 wurde er Pressereferent der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion in Bonn, 1958 Sprecher des SPD-Parteivorstands. Seit 1965 war er Chefredakteur des „Aktuellen Programms“ und stellvertretender Intendant beim Deutschlandfunk, 1968-77 Intendant des Senders Freies Berlin. Von 1978 an lebte B. als freier Journalist in Bonn und ver¨offentlichte u. a. Die o¨ ffentlich-rechtliche Illusion – Medienpolitik im Wandel (1981). C Munzinger
Bart, Georg, evang. Theologe, * Osnabr¨uck, † 30. 9. 1595. B. war in Osnabr¨uck als Prediger t¨atig, hielt sich einige Zeit in Wittenberg auf und wurde noch vor 1552 Diakon ¨ an der Marienkirche in L¨ubeck, 1557 Prediger an der Agidienkirche. Neben einer der vertriebenen K¨onigin Christine von D¨anemark gewidmeten Schrift u¨ ber die Unsterblichkeit der Seele ver¨offentlichte er 1552 eine gegen Andreas
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→ Osiander gerichtete Gr¨undlike Declaration up Osiandri Boock van der Justification. 1575 gab er Ein schoen Geistlick Psalmbook der Euangelischen Historien heraus. C ADB
Barta, Joseph, auch Bartha, Bartta, o¨ sterr. Musiker, Komponist, * um 1746 Prag, † 13. 6. 1787 Wien. Zun¨achst Organist an St. Michael bei den Serviten und an St. Salvator bei den Paulanern in Prag, ging B. vor 1772 nach Wien. 1785 wurde er Mitglied der Freimaurer-Loge „Zur gekr¨onten Hoffnung“. B. komponierte vor allem Opere buffe (u. a. Der adeliche Tagl¨ohner, 1780) und Singspiele (u. a. Da ist nicht gut zu raten, 1778). An seinen Instrumentalwerken, darunter Symphonien und Sonaten f¨ur Cembalo und Klavier, ist eine oft schematische Sequenztechnik auffallend. Sein Oratorium Die donnernde Legion (1792) war eines der ersten deutschen, das im Singspielton komponiert wurde. B. gab auch Musikunterricht. C MGG
Bartels, Adolf (Hinrich Dietrich), Pseud. H. Dietrich, Literarhistoriker, Schriftsteller, * 15. 11. 1862 Wesselburen (Holstein), † 7. 3. 1945 Weimar. Der Sohn eines Schlossermeisters studierte 1885-87 in Leipzig Geschichte, Philosophie, Kunst- und Literaturgeschichte und ver¨offentlichte 1886 mit Peter Boje von Helse seine erste Erz¨ahlung aus der Dithmarscher Heimat. Nach l¨angeren Reisen durch Sachsen, S¨uddeutschland und Italien u¨ bernahm B. 1889 die Leitung der Redaktion der „Didaskalia“, der literarischen Beilage des „Frankfurter Journals“. 1895 ließ er sich als Schriftsteller in Weimar nieder. B., der der Heimatkunstbewegung anhing und 1900 mit Friedrich → Lienhard die Zeitschrift „Heimat“ gr¨undete, schrieb Gedichte, Romane (Die Dithmarscher, 1898) und Dramen. Er ver¨offentlichte ferner Dichterbiographien, Handb¨ucher zur deutschen Literatur und gab Anthologien heraus. Seine Geschichte der deutschen Literatur (2 Bde., 1901 / 02; 3 Bde., 1924-28) war wegen der v¨olkisch-rassistischen und antisemitischen Tendenz w¨ahrend der nationalsozialistischen Zeit eines der Standardwerke der Literaturgeschichte. B. gab „Deutsches Schrifttum. Betrachtungen und Bemerkungen“ (1909-17, 1920-33) und die Monatsbl¨atter „Die deutsche Not“ (1918 / 19) heraus. Zu seinen autobiographischen Schriften geh¨oren Kinderland. Erinnerungen an Hebbels Heimat (1914) und Meine Lebensarbeit (1932). B. trat 1925 in die NSDAP ein, deren Ehrenmitglied er 1942 wurde. 1933 erhielt er eine Professur in Jena. C Puschner Bartels, August Christian, evang. Theologe, * 9. 12. 1749 Harderode bei Braunschweig, † 16. 12. 1826 Wolfenb¨uttel. Der Sohn eines Pastors erhielt nach dem Studium der Theologie in Helmstedt und G¨ottingen 1773 eine Pfarrstelle in Einbeck. Seit 1778 war er Prediger an der Martinikirche in Braunschweig, von 1789 an herzoglich braunschweigischer Hofprediger und Abt des Klosters Riddagshausen. 1799 wurde er erster Geistlicher Rat des Landeskonsistoriums in Wolfenb¨uttel, 1821 dessen Vizepr¨asident, sp¨ater Direktor des Predigerseminars von Riddagshausen, Propst des ¨ Braunschweiger Kreuz- und Agidienklosters, Mitglied der Landst¨ande und des landst¨andischen Ausschusses. B. war an der Einf¨uhrung der Synodalordnung von 1801, der Verbesserung des Bildungswesens und der Gestaltung der Landesverfassung beteiligt. Neben zahlreichen Predigten verfaßte er u. a. Ueber Werth und die Wirkungen der Sittenlehre Jesu (2 Tle., 1788 / 89). B. war der Vater von Ernst → B. C D¨oring: Kanzelredner Bartels, Ernst (Daniel August), Mediziner, * 26. 12. 1778 Braunschweig, † 4. 6. 1838 Berlin. B., Sohn von August Christian → B., wurde 1801 in Jena zum Dr. med. promoviert (Diss. inaug. med. sistens cognita
Bartels quaedam de vita) und habilitierte sich nach einem Fortbildungsaufenthalt in W¨urzburg und Wien 1803 in Helmstedt (Physiologiae et anatomiae fines). Er war dort a. o. Prof. und Vorstand der Anatomischen Anstalt, seit 1805 Prof. der Medizin und Geburtshilfe in Erlangen, von 1810 an o. Prof. in Marburg. 1811 u¨ bernahm er die Leitung der Medizinischen Klinik Breslau, kehrte 1821 in gleicher Funktion nach Marburg zur¨uck und ging 1828 als Klinikdirektor und Mitglied der wissenschaftlichen Deputation f¨ur das Medizinalwesen nach Berlin. Neben Arbeiten zur Pathologie, Biologie, Chemie, Physik und Naturphilosophie ver¨offentlichte B. einen Leitfaden der Physiologie der menschlichen Lebensth¨atigkeit (1809) sowie Betrachtungen u¨ ber Religionsphilosophie und die wichtigsten Probleme derselben (1828). ¨ C Arzte Schlesien
Bartels, Ferdinand, Unternehmer, * 12. 2. 1834 G¨utersloh, † 2. 9. 1905 G¨utersloh. B., dessen Vater in G¨utersloh ein Tuchgesch¨aft gegr¨undet hatte, erhielt eine Ausbildung in einem Großhandelsgesch¨aft in Br¨ussel und lernte anschließend in einer Seidenweberei. Zusammen mit seinem Bruder Wilhelm → B., der nach dem Tod des Vaters dessen Tuchgesch¨aft u¨ bernommen hatte, gr¨undete B. 1857 in G¨utersloh eine Seidenweberei, die sich stetig entwickelte und in der 1880 beinahe 600 Handwebst¨uhle betrieben wurden. In den letzten beiden Jahrzehnten des ausgehenden Jahrhunderts f¨uhrte er mit gleichem Erfolg die Umstellung der Produktion auf mechanische Webst¨uhle durch.
Bartels, Friedrich, Politiker, * 28. 3. 1871 Loitz (Pommern), † 11. 11. 1931 Berlin. Der gelernte Maler, Sohn eines Arbeiters, war 1904-13 Mitglied der Hamburger B¨urgerschaft, 1905 / 06 als Gewerkschaftsangestellter f¨ur seinen Berufsverband, 1906-13 als SPD-Bezirksparteisekret¨ar f¨ur Schleswig-Holstein t¨atig. Seit 1913 geh¨orte er in Berlin dem Vorstand der sozialdemokratischen Partei an. 1919-31 war er zun¨achst Mitglied der Verfassunggebenden Preußischen Landesversammlung, dann der Preußischen Landtags und 1925-31 dessen Pr¨asident. C Schr¨oder Bartels, Hans von, Maler, * 25. 12. 1856 Hamburg, † 5. 10. 1913 M¨unchen. B., Sohn eines kaiserlich russischen Kollegienassessors, erhielt ersten Kunstunterricht bei dem Marinemaler Rudolf Hardorff in Hamburg, bildete sich in D¨usseldorf weiter fort und unternahm Studienreisen durch Norddeutschland und Italien. 1885 siedelte er nach M¨unchen u¨ ber, bereiste allj¨ahrlich die K¨usten Hollands, Englands und Frankreichs, wo er seine bevorzugten Sujets, einsame Str¨ande und bewegte See, fand. 1891 wurde B. zum k¨oniglich bayerischen Prof. ernannt. Er war der Vater von Wolfgang von → B. und Wera C AKL von → Bartels-Heimburg. Bartels, Heinz, Physiologe, * 21. 10. 1920 Friedrichshafen, † 18. 11. 2000 Wangen. Nach dem Studium der Medizin in M¨unchen, Straßburg und T¨ubingen, wo er 1947 promoviert wurde (Die durch Acetylcholin hervorgerufenen langsamen Potentialver¨anderungen des quergestreiften Froschmuskels), habilitierte sich B. 1951 in Kiel (Die Bedeutung der direkten Messung des Sauerstoffdruckes im Blut f¨ur die Physiologie der Atmung in Lunge und Gewebe). 1956 wurde er apl. Prof. in T¨ubingen und 1966 o. Prof. der Physiologie an der Medizinischen Hochschule in Hannover. In seinen Forschungen besch¨aftigte sich B. vor allem mit Fragen der vergleichenden Physiologie. Er ver¨offentlichte u. a. Lungenfunktionspr¨ufungen (mit Emil B¨ucherl u. a., 1959), Kurzgefaßtes Lehrbuch
der Physiologie (mit Wolf-Dieter Keidel, 1967, 61985), Prenatalrespiration (1970) und Perinatale Atmung (mit Klaus Riegel u. a., 1972).
Bartels, Johann Heinrich, Jurist, B¨urgermeister, * 20. 5. 1761 Hamburg, † 1. 2. 1850 Hamburg. Nach dem Abschluß des Theologiestudiums in G¨ottingen 1783 trieb der Hamburger Kaufmannssohn naturwissenschaftliche, geographische, vor allem arch¨aologische und kunsthistorische Forschungen in Italien. In G¨ottingen 1790 zum Dr. jur. promoviert, ließ sich B. in Hamburg als Advokat nieder und war seit 1798 Senator. W¨ahrend der napoleonischen Besetzung der Hansestadt u¨ bte er das Amt des Kammerpr¨asidenten beim Obertribunal aus. Nach Abzug der Franzosen hatte B. maßgeblichen Anteil an der Reorganisation des Stadtstaates und war von 1820 bis zu seinem Tod B¨urgermeister. Neben juristischen und politischen Abhandlungen ver¨offentlichte er Briefe u¨ ber Calabrien und Sicilien (3 Bde., 1787-92).
Bartels, Johann Martin Christian, Mathematiker, Jurist, * 12. 8. 1769 Braunschweig, † 18. / 19. 12. 1837 Dorpat. Schon als Vierzehnj¨ahriger war B. als Gehilfe an einer Braunschweiger Schreib- und Rechenschule t¨atig; er unterrichtete dort u. a. Carl Friedrich → Gauß. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und der Mathematik in Helmstedt wechselte er nach G¨ottingen, wo er auch bei Georg Christoph → Lichtenberg h¨orte. 1795 ging B. als Mathematiklehrer in die Schweiz, 1807 an die neugegr¨undete Univ. Kasan in Rußland, 1821 an die Univ. Dorpat. Er ver¨offentlichte u. a. Vorlesungen u¨ ber mathematische Analysis mit Anwendungen auf Geometrie, Mechanik und Wahrscheinlichkeitslehre (2 Bde., 1833-37). B. war Tr¨ager hoher russischer Auszeichnungen, Mitglied der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften und Lehrer bedeutender russischer Mathematiker wie Nikolaj I. Lobaˇcevskij.
Bartels, Josef, Schreiner, Unternehmer, * 20. 6. 1889, † 27. 7. 1958 D¨usseldorf. B., dessen Vater eine Schreinerwerkstatt f¨uhrte, lernte das v¨aterliche Handwerk und bildete sich 1910 / 11 in N¨urnberg weiter. 1913 u¨ bernahm er von seinem Vater die Leitung des Betriebs und begann 1919 mit ersten noch kleinen Serienproduktionen von M¨obelst¨ucken. In den folgenden Jahren konnte er das Gesch¨aft erheblich ausweiten, errichtete zus¨atzliche Werksanlagen und besch¨aftigte 1929 mehr als 300 Mitarbeiter. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg f¨uhrte B. das Unternehmen fort. Bartels, Julius, Geophysiker, * 17. 8. 1899 Magdeburg, † 6. 3. 1964 G¨ottingen. B., studierte Naturwissenschaften in G¨ottingen, wurde dort 1923 promoviert (Neue Methoden zur Berechnung und Darstellung der t¨aglichen Luftdruckschwankung bei starken unperiodischen Schwankungen), war 1927 Privatdozent in Berlin und lehrte bereits 1928 als Prof. f¨ur Meteorologie und Physik an der Forstlichen Hochschule in Eberswalde, bis er 1936 einen Ruf auf einen Lehrstuhl f¨ur Geophysik an der Univ. Berlin annahm. 1941 wurde B. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. 1945 u¨ bernahm er als Nachfolger von Gustav Heinrich → Angenheister die Leitung des Instituts f¨ur Geophysik in G¨ottingen und wurde 1956 auch Direktor des Instituts f¨ur Stratosph¨arenphysik am Max-Planck-Institut f¨ur Aeronomie. In seinen Forschungen besch¨aftigte sich B. vor allem mit dem Erdmagnetismus und der Physik der Atmosph¨are, setzte sich f¨ur statistische Verfahren in der Geophysik ein und gewann wichtige Erkenntnisse in den Strahlungsdifferenzen, der Auswirkung der Sonnenbewegung auf geomagnetische Ver¨anderungen und der Aktivit¨at der Sonnenoberfl¨ache. Zusammen mit Sydney Chapman ver¨offentlich-
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Bartels te er das zweib¨andige Standardwerk Geomagnetism (1940, Nachdr. 1951 und 1962) und entwickelte die Kennziffern der erdmagnetischen Aktivit¨at, die 1951 offiziell als internationale Maßzahlen anerkannt wurden. 1954-57 war B. Pr¨asident der International Association of Geomagnetism and Aeronomy, 1956-58 Pr¨asident der G¨ottinger Akademie der Wissenschaften. 1996 wurde er von der European Geophysical Society mit einer nach ihm benannten Medaille geehrt. C G¨ott Gel
Bartels, Karl Heinrich Christian, Mediziner, * 25. 9. 1822 Meilsdorf (Holstein), † 20. 6. 1876 Kiel. B., Sohn eines Landwirts, studierte seit 1844 Medizin in Kiel und Heidelberg. Im Schleswig-Holsteinischen Krieg diente er als Milit¨ararzt und wurde 1850 in Kiel mit der Dissertation De coniugatae verae pelvis introitus mensuris et mensurationibus promoviert. Anschließend Assistenzarzt, lehrte er nach der Habilitation 1851 physikalische Diagnostik. Im selben Jahr u¨ bernahm er vor¨ubergehend die Poliklinik und er¨offnete 1854 eine eigene Praxis. 1858 wurde ihm der Lehrstuhl f¨ur klinische Medizin und 1859 die Leitung der Klinik in Kiel anvertraut. Sein Hauptwerk ist das Handbuch der Krankheiten des Harnapparates (1875, span. 1887). B. vero¨ ffentlichte ferner Ratschl¨age f¨ur die Behandlung des Typhus im Felde (1870, 21872).
Bartels, Maximilian (Carl August), Mediziner, Anthropologe, * 26. 9. 1843 Berlin, † 22. 10. 1904 Berlin. B. ging nach dem Studium der Medizin in Berlin (Promotion 1867, Ueber die Bauchblasengenitalspalte, einen bestimmten Grad der sogenannten Inversion der Harnblase) zur Fortbildung nach Wien; 1869-72 war er Assistent seines Vaters, des Chefarztes von Bethanien in Berlin. 1872 er¨offnete er in Berlin eine eigene Praxis; 1903 erhielt er den Professorentitel. Unter dem Einfluß der von Rudolf → Virchow gegr¨undeten Anthropologischen Gesellschaft besch¨aftigte sich B. mit anthropologischen Fragen; er schrieb u. a. Die Medizin der Naturv¨olker (1893). Er war der Vater von Paul → B.
Bartels, Paul, Anatom, * 7. 12. 1874 Berlin, † 23. 1. 1914 K¨onigsberg (Ostpreußen). B., Sohn des Anthropologen Maximilian → B., studierte in Heidelberg und Berlin Medizin und hatte nach der Promo¨ tion 1897 (Uber Geschlechtsunterschiede am Sch¨adel) Volont¨arassistentenstellen an den Anatomischen Instituten der Universit¨aten Berlin und Greifswald inne. 1902 kehrte er als Assistent an die Berliner Anatomie zur¨uck. 1912 wurde er erster Assistent am Anatomischen Institut in Greifswald, wo er schließlich als Privatdozent mit Professorentitel lehrte. B.s anatomische Arbeiten basieren vor allem auf der Untersuchung von rund 15 000 Sch¨adeln. Er publizierte auch u¨ ber anthropologische Themen (z. B. Sch¨adel- und Skelettreste der Bronzezeit). Bartels, Petrus Georg, reformierter Theologe, Geschichtsforscher, * 19. 2. 1832 Emden, † 22. 10. 1907 Aurich. B., Sohn eines Schneiders, lehrte nach dem Studium der Theologie in G¨ottingen 1855 an verschiedenen Schulen in Ostfriesland und trat 1857 seine erste Pfarrstelle in Mitling-Mark an. 1864 wurde er Superintendent der vierten reformierten Inspektion, 1865 von Ostfriesland, Konsistoriumsmitglied und reformierter Prediger in Aurich. Er f¨orderte den Zusammenschluß der reformierten Gemeinden im Hannoverschen zu Beginn der achtziger Jahre und wurde zum Generalsuperintendenten der Gesamtkirche erhoben. B. besch¨aftigte sich mit der Geschichte der reformierten Kirche sowie mit der Landes-, Literatur- und Sprachgeschichte Ostfrieslands. C Leb Nieders, Bd 3
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Bartels, Wilhelm Burkhard, Unternehmer, * 25. 3. 1818 G¨utersloh, † 28. 9. 1892 G¨utersloh. B., der 1845 das G¨utersloher Tuchgesch¨aft seines Vaters u¨ bernahm, gr¨undete 1857 zusammen mit seinem Bruder Ferdinand → B. eine Seidenweberei, die sich in den folgenden Jahrzehnten erfolgreich entwickelte. 1861 richtete er die erste Betriebssparkasse in G¨utersloh f¨ur die Mitarbeiter der Seidenweberei ein. Bartels, Wolfgang von, Komponist, * 21. 7. 1883 Hamburg, † 21. 4. 1938 M¨unchen. B., Sohn des Malers Hans von → B., lebte nach dem Musikstudium in M¨unchen (1901-03) und Paris (1904-09) als Komponist in M¨unchen; er war als Musikkritiker f¨ur verschiedene deutsche Zeitungen t¨atig. Neben Kompositionen f¨ur Streichorchester, Liedern und dem Musikm¨archen Schneewittchen schuf B. Opern wie die 1917 im M¨unchner Schauspielhaus uraufgef¨uhrten Perser nach Aischylos (Libretto von Lion → Feuchtwanger).
Bartels, Wolfgang, Politiker, Publizist, * 11. 7. 1890 Hayn / Harz, † 24. 10. 1971 M¨unchen. B., Sohn eines F¨orsters, studierte in Berlin Journalismus und arbeitete anschließend f¨ur verschiedene Zeitungen, darunter „Nordischer Kurier“ (Itzehoe), „Krefelder Zeitung“, „Berliner Dienst“, „Deutscher Telegraph“ und „Frankfurter Zeitung“. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg wandte er sich der USPD zu und schrieb u. a. f¨ur die „Hamburger Volkszeitung“, die „Leipziger Volkszeitung“, die „Sozialistische Republik“ (K¨oln). Ende 1920 trat er zur KPD u¨ ber, war f¨ur die „Arbeiterzeitung“ (Saarbr¨ucken) t¨atig und wurde 1924 Chefredakteur der „Hamburger Volkszeitung“. Sp¨ater leitete er den Kommunistischen Pressedienst. 1924 vertrat B. die KPD im Reichstag und 1924-28 im Preußischen Landtag. Aus der Partei ausgeschlossen, wechselte er 1929 zur SPD und redigierte den „Sozialdemokratischen Pressedienst“ und den „Braunschweiger Volksfreund“. Nach der Gleichschaltung des Verlags 1933 wurde B. entlassen, dann verhaftet und 1935 im Konzentrationslager Dachau interniert. Seit 1939 lebte er als Angestellter in Kassel. 1945 wurde B. Redakteur und Mitherausgeber der „Hessischen Nachrichten“ (Kassel). 1955 begr¨undete er die Zeitschrift „Das Gewissen“, die er bis 1967 herausgab. C Dt Kommunisten
Bartels-Heimburg, Wera von, geb. Bartels, Modelleurin, Zeichnerin, * 4. 1. 1886 M¨unchen, † 22. 7. 1922 M¨unchen. Die Tochter des Malers Hans von → Bartels erhielt die erste k¨unstlerische Ausbildung bei ihrem Vater, war ansonsten Autodidaktin. B.-H. schuf Portr¨ats, wurde aber vor allem durch ihre aus Wachs geformten lebensgroßen Tiergruppen bekannt, die u. a. auf Ausstellungen in M¨unchen, Barcelona, bei „Tiffany“ in New York und 1906 in Paris gezeigt wurden. Sie wurde freie Mitarbeiterin der Porzellanfabrik Gebr¨uder Heubach in Lichte (Th¨uringen), um 1908 der Nymphenburger Porzellan-Manufaktur in M¨unchen. C AKL
Bartenstein, Johann Christoph Frh. von, o¨ sterr. Staatsmann, * 23. 10. 1690 Straßburg, † 6. 8. 1767 Wien. B., Sohn eines aus Th¨uringen stammenden Straßburger Professors, konvertierte nach dem Studium der Rechte zum kath. Glauben, um 1715 als Hofrat in o¨ sterr. Dienste treten zu k¨onnen. Zuerst in der Hofkanzlei t¨atig, wurde B. 1727 Protokollf¨uhrer der Geheimen Staatskonferenz und 1733 zum Freiherrn erhoben. Als außenpolitischer Berater → Maria Theresias trat er f¨ur eine kompromißlose Politik gegen¨uber Preußen nach dessen Bruch des Reichsrechts in Schlesien ein. 1752 durch Wenzel Anton von → Kaunitz verdr¨angt, wurde B. Vizepr¨asident des Direktoriums und Pr¨ases der illyrischen Hofkammer sowie des Sanit¨atswesens. Als Direktor des 1741 gegr¨undeten Geheimen Haus-, Hof- und Staatsarchivs mit den wichtigsten Quellen vertraut, schrieb er f¨ur den
Barth von ihm seit 1751 erzogenen sp¨ateren Kaiser → Joseph II. historische und staatsrechtliche Abhandlungen. C Wurzbach
Bartenstein, Lorenz Adam, Mathematiker, P¨adagoge, * 28. 8. 1711 Heldburg (Th¨uringen), † 25. 2. 1796 Coburg. Nach dem Studium der Theologie, Logik, Mathematik, Phy¨ sik und des Naturrechts trat B. in Osterreich eine Hauslehrerstelle beim evang. Grafen Auersperg an. 1743 erfolgte seine Berufung zum Stadtschuldirektor in Coburg. 1757 wurde B. Professor, 1783 Direktor des Coburger Gymnasiums und Konsistorialrat. B. ver¨offentlichte neben Zeitungsaufs¨atzen zu mathematischen Problemen und p¨adagogischen Schriften zahlreiche Programme f¨ur den Unterricht in Mathematik, Religion, Latein und eine Erleichterte Anweisung zur griechischen Sprache (1758). C Schlichtegroll 1
Barth, Adolf, Otologe, Phoniater, * 26. 11. 1852 Alsleben / Saale (Sachsen), † 28. 11. 1936 Leipzig. Das Studium der Medizin in Straßburg, Marburg und Bonn schloß B. 1879 in Bonn mit der Promotion ab (Toxikologische Untersuchungen u¨ ber Chilisalpeter) und war anschließend Assistent an der Chirurgischen Klinik in Rostock. Nach seiner Fachausbildung in Hals-Nasen-Ohrenheilkunde bei August → Lucae in Berlin ließ er sich als Hals-NasenOhrenarzt in Berlin nieder (1885-90). 1890 folgte B. einem Ruf als Extraordinarius und Direktor der Poliklinik an die Univ. Marburg. 1895 wechselte er als a. o. Prof. nach Breslau, im folgenden Jahr nach Leipzig (Habilitation 1899, Ueber den gegenw¨artigen Stand der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde), wo er 1912 zum Direktor der neu errichteten Klinik und Poliklinik f¨ur Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten ernannt wurde. 1919-24 war er dort auch o. Professor. B. widmete sich daneben der Ausbildung und Betreuung von S¨angern, Gesangslehrern und Chordirigenten. ¨ C Arzte 2, 3 Barth, Adolf Ambrosius, Buchh¨andler, * 20. 2. 1827 Leipzig, † 21. 9. 1869 Leipzig. Der Sohn von Wilhelm Ambrosius → B. studierte in Leipzig Naturwissenschaften. Der Tod seines Vaters zwang ihn, seine wissenschaftliche Karriere aufzugeben und den Familienverlag zu u¨ bernehmen. Er f¨uhrte bevorzugt naturwissenschaftliche Werke und Zeitschriften wie die „Poggendorffschen Annalen f¨ur Physik und Chemie“ in seinem Sortiment und gr¨undete die „Allgemeine deutsche Strafrechtszeitung“. C NDB
Barth, Alfred, kath. Theologe, Katechet, * 6. 2. 1907 Esslingen, † 12. 2. 1981 B¨obingen an der Rems. B. wurde nach dem Studium der Theologie 1937 Subregens und Lehrbeauftragter f¨ur Katechetik am Priesterseminar Rottenburg. 1947 ging er als Stadtpfarrer nach Tuttlingen. 1955 arbeitete er am Katholischen Katechismus der Bist¨umer Deutschlands mit. 1961 beauftragte ihn der Deutsche Katechetenverein M¨unchen mit der Vorbereitung der Gr¨undung des Instituts f¨ur Katechetik und Homiletik, dessen Direktor B. 1964 wurde. Er ver¨offentlichte u. a. Katechetisches Handbuch zum katholischen Katechismus (1955-57, 1960 / 61), Familienbuch zum Katechismus (1965) und Die Bibel im Religionsunterricht (1973). B. profilierte sich in seinen Schriften als Vertreter der Kerygma-Katechese mit Verbindungen zur T¨ubinger Schule. C LThK Barth, Andreas, Blechblasinstrumentenhersteller, * um 1797 M¨unchen, † 23. 7. 1868 M¨unchen. B. erwarb 1824 das B¨urgerrecht der Stadt M¨unchen und war seit 1831 offiziell als „Gold- und Silberstricker“ t¨atig. 1832 ließ er eine verbesserte Trompete patentieren, zu deren Herstellung er das Recht zugesprochen bekam. Seine Lizenz als Blechblasinstrumentenhersteller erhielt er 1835;
im darauffolgenden Jahr wurde er Mitglied des Polytechnischen Vereins. 1840 stellte B. wahrscheinlich als erster ein Ventilinstrument in Kontrabaßlage her; erst 1860 folgte Wilhelm Friedrich → Wieprecht mit der Kontrabaßtuba seinem Beispiel. Nach B.s Tod wurde seine Werkstatt zun¨achst von seiner Witwe und seit 1872 von seinem Sohn Johann Baptist weitergef¨uhrt. C MGG
Barth, (Johann) Carl, auch Karl B., Kupferstecher, Zeichner, Schriftsteller, * 12. 10. 1787 Eisfeld, † 11. 9. 1853 Kassel. B. absolvierte bei seinem Vater in Hildburghausen eine Goldschmiedelehre und lernte an den Kunstakademien von M¨unchen und Stuttgart das Kupferstechen. 1811 geh¨orte er in Frankfurt zum Kreis um Peter → Cornelius, lebte 1817-19 mit Friedrich → R¨uckert und Carl Philipp → Fohr in Rom und stellte seine Werke 1819 mit den anderen deutschen K¨unstlern im Palazzo Cafarelli aus. 1824 / 25 leitete B. die Kupferstichanstalt des Herder-Verlags in Freiburg. Als Portr¨atstecher am Bibliographischen Institut in Hildburghausen (seit 1830) schuf er etwa 400 Portr¨ats von Zeitgenossen, darunter auch von → Goethe. Er gab eine Anleitung zum Kupferstechen heraus und ver¨offentlichte 1834 und 1835 seine ersten Gedichte im „Musenalmanach“; 1855 erschienen postum seine Gesammelten Werke. C AKL Barth, (Magdalene Wilhelmine) Carola, Lehrerin, Theologin, Politikerin, * 24. 9. 1879 Bad Salzschlirf, † 17. 5. 1959 Frankfurt / Main. B., Tochter eines Rechtsanwalts, wurde 1907 in Jena als erste Frau an einer deutschen Univ. zur Lizentiatin der Theologie promoviert (Die Interpretation des Neuen Testaments in der Valentinianischen Gnosis). Nach der R¨uckkehr von einer Reise zu den großen Ausbildungsst¨atten der Mittelmeerl¨ander 1908 / 09 war sie bis 1921 Religionsp¨adagogin in Frankfurt und seit 1921 Schuldirektorin in K¨oln. 1934 wurde sie aus dem Schuldienst entlassen. B. wurde 1913 Vorstandsmitglied der International Union of Liberal Christian Women, war Vorsitzende des Vereins f¨ur religi¨ose Erziehung und geh¨orte den Vorst¨anden des Bundes f¨ur die Reform des Religionsunterrichts und des Reichsbundes f¨ur Religionsunterricht und religi¨ose Erziehung an. Seit 1919 war sie Fachvertreterin f¨ur den evang. Religionsunterricht im Deutschen Evangelischen Kirchenausschuß. B. setzte sich f¨ur einen entwicklungspsychologisch und religionsgeschichtlich begr¨undeten Religionsunterricht ein. 1919-21 geh¨orte sie als Abgeordnete der Deutschen Demokratischen Partei dem Frankfurter Stadtparlament an. Nach Kriegsende Mitglied des Frankfurter B¨urgerrats, war sie 1946-54 Stadtverordnete der CDU. C RGG Barth, Caspar von, auch Gasparus Barthius, Tarraeus Hebius, Humanist, * 22. 6. 1587 K¨ustrin, † 18. 9. 1658 Sellershausen bei Leipzig. B., Sohn des Kanzlers der Neumark Karl von → B., bezog 1607 die Univ. Wittenberg, wo er sich vor allem mit klassischer Literatur, besonders mit lateinischer Dichtung befaßte. Nach einem Studienaufenthalt begab er sich auf eine zehnj¨ahrige Bildungsreise durch Deutschland, Italien, Holland und Frankreich. Nach seiner R¨uckkehr lebte er als Privatgelehrter und -dozent in Leipzig, Halle und auf seinem s¨achsischen Gut; 1636 u¨ bersiedelte er nach Leipzig. B. schrieb zahlreiche neulateinische Gedichte (u. a. Amabilium libri IV, 1612), Abhandlungen u¨ ber r¨omische Dichtung ¨ und schuf Ubersetzungen erotischer Literatur aus dem Spanischen und Franz¨osischen. C Killy
Barth, Christian Gottlob, evang. Theologe, Schriftsteller, * 31. 7. 1799 Stuttgart, † 12. 11. 1862 Calw. B., Sohn eines Handwerkermeisters, studierte, ermuntert von Heinrich → Jung-Stilling, seit 1817 in T¨ubingen Theologie.
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Barth 1821 wurde er Vikar in Neckarweihingen, 1822 Pfarrverweser in Dornhan und Effringen, 1824 Pfarrer von M¨ottlingen bei Calw. Dort erschien 1828 seine erste Erz¨ahlung Der arme Heinrich. 1833 legte B. sein Pfarramt nieder und gr¨undete den Calwer Verlagsverein, der in der Folgezeit christliche Kinder- und Schulb¨ucher, Jugendbl¨atter und Schriften zur F¨orderung der a¨ ußeren und inneren Mission herausgab. B. vertrieb auch Missionsbl¨atter und nahm an Missionstagungen teil. Neben zahlreichen Jugendb¨uchern schrieb er u. a. eine Christliche Kirchengeschichte (1835, 24 1905) und eine Geschichte W¨urttembergs (1842, 61898). Seine 1832 erstmals erschienenen Zweymal zwey und f¨unfzig biblischen Geschichten f¨ur Schulen und Familien wur¨ den ein Bestseller mit 87 Ubersetzungen und bis 1945 fast 500 Auflagen. Mit Hilfe seiner weltweiten Missionsverbindungen trug B. eine große v¨olkerkundliche Sammlung zusammen, die sp¨ater in die Naturalienkabinette von M¨unchen und Stuttgart gelangte. C BBKL
Barth, Christian Karl, Historiker, * 1775 Bayreuth, † 8. 10. 1853 Erlangen. Nach dem Studium der Rechte trat B. in den Staatsdienst, kam als Regierungsrat in seine Geburtsstadt Bayreuth und avancierte 1817 zum Direktor des bayerischen Rheinkreises, 1818 zum Ministerialrat in M¨unchen. Er besch¨aftigte sich mit der deutschen Fr¨uhgeschichte und ver¨offentlichte seine Forschungsergebnisse in Schriften u¨ ber Kelten, Druiden und fr¨uhe Religionen auf deutschem Boden. Sein Hauptwerk ist Deutschlands Urgeschichte (2 Bde., 1818-20; 5 Bde., 1840-46). C ADB Barth, Christian Samuel, Musiker, Komponist, * 13. 1. 1735 Glauchau (Sachsen), † 8. 7. 1809 Kopenhagen. B., Sohn eines Kaufmanns, besuchte die Leipziger Thomasschule, als Johann Sebastian → Bach dort wirkte. Zum Oboisten ausgebildet, erhielt er 1753 seine erste Anstellung beim Hoforchester von Rudolstadt und wurde 1762 Kammermusiker in Weimar, 1768 in Hannover, 1772 in Kassel. Nach der Aufl¨osung des dortigen Hoforchesters wurde B. 1786 Mitglied der Hofkapelle von Kopenhagen. Er gilt als ein bedeutender Oboenvirtuose seiner Zeit. Seine zahlreichen Kompositionen (u. a. Potpourri concertant) sind nur im Manuskript erhalten. C MGG Barth, Emil, Schriftsteller, * 6. 7. 1900 Haan bei Solingen, † 14. 7. 1958 D¨usseldorf. B., Sohn schlesischer Handwerker, arbeitete nach dem Besuch der Mittelschule als Buchdrucker und Verlagsangestellter. 1924 ließ er sich als freier Schriftsteller am Niederrhein nieder. Verg¨anglichkeit und Erinnerung sind die Themen seiner Gedichte, Erz¨ahlungen und Essays. Der Entwicklungsroman Das verlorene Haus (1936) spiegelt eigenes Erleben wider. In seiner Lyrik (u. a. Xantener Hymnen, 1948) herrschen traditionelle Vers- und Strophenformen vor. Zu seinen Vorbildern z¨ahlten Friedrich → H¨olderlin und Georg → Trakl. C Killy Barth, Ferdinand, Bildhauer, Maler, * 11. 11. 1842 Partenkirchen (heute zu Garmisch-Partenkirchen), † 30. 8. 1892 Partenkirchen. B. begann seine k¨unstlerische Laufbahn als Schnitzer und Holzbildhauer und genoß seine weitere Ausbildung in N¨urnberg und M¨unchen, wo er an der Restaurierung der Frauenkirche teilnahm. Er war als Illustrator f¨ur die „Fliegenden Bl¨atter“ und den „M¨unchener Bilderbogen“ t¨atig. 1865 schuf er eine Radierungsfolge mit 25 Totentanzmotiven (Die Arbeit des Todes). B. malte verschiedene, meist heitere Genreszenen. Unter der Anleitung Karl von → Pilotys ging er zur Historienmalerei u¨ ber. Seit etwa 1870 entwarf er kunstgewerbliche Gegenst¨ande, Erzg¨usse, Glasfenster und
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Denkm¨aler. B. war Prof. an der M¨unchner Kunstgewerbeschule. In den achtziger Jahren entstanden Kartonvorlagen f¨ur Wandmalereien, u. a. f¨ur das Neue Rathaus in M¨unchen. C AKL
Barth, Franz Xaver, Maler, * 12. 2. 1821 Velden (Niederbayern), † 9. 2. 1894 M¨unchen. B. studierte in M¨unchen Malerei bei Peter von → Cornelius und Julius → Schnorr von Carolsfeld, dem er bei der Ausmalung des Nibelungenzyklus in der kgl. Residenz assistierte. Er war an der Ausf¨uhrung der von Wilhelm von → Kaulbach entworfenen Fassadenfresken der Alten Pinakothek beteiligt, schuf 1851 die Deckenfelder im Zuschauerraum des Hoftheaters, historisierende Wandbilder im Bayerischen Nationalmuseum sowie Wandmalereien in der Eremitage in St. Petersburg und im Hoftheater in Wien. V¨ollig selbst¨andige Werke B.s sind das Fresko Der auferstandene Christus (um 1868) am M¨unchner Nordfriedhof, mehrere Kirchen- und Altargem¨alde und das um 1870 im Auftrag von K¨onig → Ludwig II. entstandene Deckengem¨alde Die K¨unste huldigen der Landesg¨ottin in der Burg Trausnitz u¨ ber Landshut. B. zeichnete zahlreiche Entw¨urfe f¨ur Glasfenster. C AKL Barth, Friedrich, Pseud. Harding, Karl Barbarini, Schriftsteller, * 17. 7. 1794 Wiesbaden, † 5. 2. 1833 Breslau. B. nahm in Wittenberg das Studium der Rechte auf, trat aber schon im April 1813 als freiwilliger J¨ager in das 1. Schlesische Infanterieregiment ein. Unter Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von → Bl¨ucher nahm er an den Befreiungskriegen teil und kam nach Kriegsende mit seinem Regiment nach Breslau in Garnison. Seit 1820 Premierleutnant, unterrichtete er dort 1820-28 Geschichte an der Divisionsschule. 1831 wurde er zum Hauptmann bef¨ordert. B.s erster Gedichtband Menschengeist und Menschenherz erschien 1813. Er war Herausgeber der „Deutschen Bl¨atter f¨ur Poesie, Literatur, Kunst und Theater“ (1823) und der „Breslauischen Modenzeitung“ (1823, mit Reinhard Friedrich Sch¨one). C Neuer Nekr, Jg. 11 Barth, Friedrich Gottlieb, Schulmann, Philologe, * 5. 8. 1738 Wittenberg, † 6. 10. 1794 Schulpforta. Der B¨ackerssohn wurde nach dem Besuch der Univ. Wittenberg 1764 zum Konrektor der dortigen Stadtschule, 1765 als Lehrer an die kurf¨urstlich s¨achsische Landesschule zu Pforta berufen, wo er 1781 zum Konrektor, 1786 zum Rektor aufr¨uckte. B. lehrte neben dem Lateinischen und Griechischen orientalische Sprachen, Franz¨osisch, Italienisch, Englisch. Er gab Sprachlehrb¨ucher und 1778 eine Kurzgefaßte spanische Grammatik heraus. Bekannt wurde B. durch seine lateinischen Schriften und seine Ver¨offentlichungen u¨ ber den r¨omischen Elegiendichter Properz. C BBHS Barth, Fritz, schweizer. evang. Theologe, * 25. 10. 1856 Basel, † 25. 2. 1912 Bern. Der in einem Pfarrhaus in Basel aufgewachsene B. begann das Theologiestudium 1874 an der dortigen Universit¨at, wo ihn besonders Friedrich → Nietzsche und Jacob → Burckhardt beeindruckten. Nach der Fortsetzung des Studiums in Leipzig und T¨ubingen trat er 1879 eine Pfarrstelle in Reitnau (Aargau) an, erwarb 1881 den Lizentiatengrad und wurde 1886 als Lehrer f¨ur Kirchengeschichte und Neues Testament an die Predigerschule in Basel berufen. 1889 habilitierte er sich in Bern und wurde dort 1891 a. o. Prof., 1895 o. Prof. der Kirchengeschichte. B. war Mitglied des Synodalrats der bernischen reformierten Kirche. Er ver¨offentlichte u. a. Die Hauptprobleme des Lebens Jesu (1899, 5 1918). Er war der Vater von Heinrich und Karl → B. C Biogr Lex Aargau
Barth Barth, Gottfried, Jurist, * 12. 10. 1650 Leipzig, † 21. 6. 1728 Leipzig. B. studierte seit 1668 in Leipzig Medizin, danach Jurisprudenz zun¨achst ebenfalls in Leipzig, 1671 in Straßburg, 1673-75 wieder in Leipzig. Nach einer mehrj¨ahrigen T¨atigkeit als Hofmeister eines Grafen nahm B. das Studium der Rechte wieder auf, erwarb 1686 in Basel den Doktorgrad, ließ sich als Advokat in Leipzig nieder und war 1712 / 13 Beisitzer im Sch¨offenstuhl. Nebenbei hielt er juristische Vorlesungen. B. ver¨offentlichte mehrere juristische Schriften (u. a. Traktat von der Gerade, Morgengabe, Leibgedinge, Mußtheil und Heerger¨athe, 1721).
Barth, Gottlob Georg, Architekt, * 21. 6. 1777 Stuttgart, † 2. 1. 1848 Stuttgart. B., Sohn eines Stuttgarter Hofmaurers, wurde 1786 in die Hohe Karlsschule aufgenommen, besuchte 1799 / 1800 die Preußische Bauakademie in Berlin und bereiste zu Studienzwecken Holland und Norddeutschland. 1801 / 02 arbeitete er im Atelier von J. N. L. Durand in Paris. 1803 hielt er sich in Rom auf, wo er u. a. Bertel Thorvaldsen kennenlernte. Seit 1805 wieder in Stuttgart, wurde B. 1806 zum Hofbaukontrolleur ernannt. Im selben Jahr nahm er am Ausbau der Stuttgarter Residenz teil. 1811 wurde er Hofbaumeister, 1818 Oberbaurat im Finanzministerium. 1821-27 entstanden das Kgl. Haus- und Staatsarchiv und das K¨onigliche Naturalienkabinett. Seit 1835 war B. technischer Referent in Bausachen beim Kgl. Bergrat. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlen die Stuttgarter Staatsgalerie (1838-43) und die Bauten f¨ur die T¨ubinger Universit¨at. C AKL
Barth, Hans, Bibliothekar, * 8. 7. 1871 Basel, † 4. 9. 1926 Z¨urich. Nach dem mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Geschichtswissenschaften in Basel, G¨ottingen und Berlin war B. 1896-1901 als Assistent an der Universit¨atsbibliothek Basel besch¨aftigt. 1902 ging er als Stadtbibliothekar nach Winterthur; 1909 wechselte er als Bibliothekar an die Stadtbibliothek, 1916 an die Zentralbibliothek in Z¨urich. B. ver¨offentlichte u. a. eine Bibliographie der Schweizer Geschichte (3 Bde., 1914 / 15).
Barth, (Johann) Heinrich, Geograph, Ethnologe, * 16. 2. 1821 Hamburg, † 25. 11. 1865 Berlin. B., Sohn eines Schlachters, studierte in Berlin Geographie, Sprachwissenschaften und Altertumskunde (Promotion 1844, Corinthiorum commeraci et mercaturae historiae particula). 1845-47 bereiste er von Gibraltar aus Nordafrika, Pal¨astina, Kleinasien und Griechenland. 1848 habilitierte er sich. 1850 schloß er sich mit Adolf → Overweg der Expedition des Engl¨anders James Richardson durch das Innere Nordafrikas an. Nach beider Tod (1852) erforschte er allein die Sahara und den heutigen Sudan; er gewann neue ethnographische, geographische und sprachwissenschaftliche Erkenntnisse. Im Jahr der R¨uckkehr 1855 vollendete B. in London sein Hauptwerk Reisen und Entdeckungen in Nordund Central-Africa in den Jahren 1849 bis 1855 (5 Bde., 1857-58). Nach einer weiteren Kleinasienreise kehrte B. 1859 nach Berlin zur¨uck; 1863 wurde er dort Prof. der Geographie und Pr¨asident der Gesellschaft f¨ur Erdkunde. C Beck 2 Barth, Heinrich, Musiker, * 12. 7. 1847 Pillau bei K¨onigsberg (Ostpreußen), † 23. 12. 1922 Berlin. Seine Ausbildung zum Pianisten empfing B. in Potsdam und 1856-62 in Berlin bei Hans von → B¨ulow. 1868 begann er eine Lehrt¨atigkeit am Sternschen Konservatorium in Berlin. Seit 1871 unterrichtete er an der K¨oniglichen Hochschule f¨ur Musik; als Vorsteher von deren Klavierabteilung war er Mitglied des Senats der K¨oniglichen Akademie der K¨unste in
Berlin. B. geh¨orte mehreren Musikensembles an, veranstaltete Kammermusikkonzerte und spielte im In- und Ausland als Solist. Als Komponist trat er durch eine Violinsonate in D-Dur hervor. C NGroveD
Barth, Heinrich, Philosoph, * 3. 2. 1890 Bern, † 22. 5. 1965 Basel. B., Bruder von Karl → B. studierte Philosophie in Bern, Marburg und Berlin und wurde 1913 promoviert (Descartes’ Begr¨undung der Erkenntnis). 1920 habilitierte er sich in Basel, wo er 1928 zum a. o., 1942 zum o. Prof. der Philosophie ernannt und 1960 emeritiert wurde. B. vertrat zun¨achst einen kritischen Idealismus im Anschluß an den Marburger Neukantianismus. Unter dem Einfluß der Dialektischen Theologie entwickelte er eine christlich gepr¨agte Existenzphilosophie. Er ver¨offentlichte u. a. Philosophie der praktischen Vernunft (1927), Philosophie der Erscheinung. Eine Problemgeschichte (2 Bde., 1947-59; Bd. 2, 21966) und Erkenntnis der Existenz. Grundlinien einer philosophischen Systematik (1965). Barth, (Stanislaus) Hermann, Verleger, * 1812 Breslau, † 1862. F¨ur den beim Tod seines Vaters Johann August → B. noch minderj¨ahrigen B. f¨uhrte zun¨achst sein Schwager Karl Sigismund Z¨aschmar die Verlagsgesch¨afte. B. gr¨undete die „Breslauer Zeitung“ und f¨uhrte 1831 in Schlesien die erste Schnellpresse ein. Er verlegte u. a. ein großes Geographiewerk und baute eine Sortimentsbuchhandlung auf. Durch die rasche Expansion des Unternehmens in finanzielle Schwierigkeiten geraten, mußte B. die Verlagsbuchhandlung, 1855 auch die „Breslauer Zeitung“ an seinen Neffen Karl Z¨aschmar verkaufen. C ADB Barth, Jakob, Semitist, Arabist, * 3. 3. 1851 Flehingen (Baden), † 24. 10. 1914 Berlin. B. studierte semitische Philologie in Berlin, Leipzig und Straßburg, wurde 1874 in Arabistik promoviert und erhielt eine Dozentur f¨ur Hebr¨aisch, Bibelexegese und Religionsphilosophie am neugegr¨undeten Rabbinerseminar in Berlin. 1876 habilitierte er sich an der Berliner Univ., die ihn 1880 zum Prof. berief. 1876 wurde B. mit der Herausgabe der Leidener Ausgabe der Annalen des arabischen Historikers Tabari betraut, an der viele der seinerzeit f¨uhrenden europ¨aischen Orientalisten beteiligt waren. B. ver¨offentlichte Schriften zur Bibelexegese und sprachwissenschaftliche Untersuchungen (u. a. Nominalbildung in den semitischen Sprachen, 1891). C Enc Jud Barth, Johann Ambrosius, Buchh¨andler, Verleger, * 8. 6. 1760 Thalsch¨utz bei Bad D¨urrenberg (Sachsen), † 16. 6. 1813 Leipzig. B. u¨ bernahm 1789 die Haugsche Buchhandlung in Leipzig, die er unter seinem Namen weiterf¨uhrte. Er bekleidete die Stelle des Buchhandlungsdeputierten und geh¨orte dem Vorstand der Leipziger Armenanstalt, seit 1803 auch dem der Armenschule an. Als er 1813 am Lazarettyphus starb, u¨ bernahm sein Sohn Wilhelm Ambrosius → B. den Verlag. C NDB Barth, Johann August, Drucker, Verleger, * 1. 8. 1765 K¨onigswartha bei Bautzen, † 9. 9. 1818 Breslau. Nach einer Druckerlehre in Bautzen ging B. als Faktor nach Breslau, 1790 nach Berlin, auf Wanderschaft nach Kopenhagen, London, Holland und Halle, wo er das Notendrucken erlernte, und kehrte 1797 nach Breslau zur¨uck. 1799 erwarb er dort die Graßsche Stadtbuchdruckerei und vergr¨oßerte sie als Offizin Graß, Barth & Co. durch den Kauf der kath. Universit¨atsdruckerei. Er errichtete einen Verlag, eine Schriftgießerei, eine Noten- und die erste Steindruckerei in Schlesien. B. verbesserte die Notendruckpresse, die Haltbarkeit
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Barth der Farben und f¨uhrte das Ablaugen der Druckformen ein. Neben der Wochenschrift „Breslauische Erz¨ahler“ gab er zwei weitere Journale und Schriften zur schlesischen Landesgeschichte heraus. Bekannt wurde er vor allem durch den Druck eines typographisch aufwendig gestalteten Werks mit Gedichten auf den Sieg der Alliierten u¨ ber Napoleon. Der Verlag ging nach seinem Tod an seinen Schwiegersohn Karl Sigismund Z¨aschmar und seinen Sohn Hermann → B. C Pfau 1
Barth, Joseph, Ophthalmologe, Arch¨aologe, * 18. 10. 1745 La Valetta (Malta), † 7. 4. 1818 Wien. Das in Malta begonnene Studium der Anatomie setzte B. in Rom und Wien fort (Promotion 1772). Dort spezialisierte er sich auf die Augenheilkunde und lehrte dieses Fach seit 1773 an der Univ. Wien; 1774 wurde er o. Prof. und kaiserlicher Rat. Nach einer erfolgreichen Behandlung → Josephs II. zum kaiserlichen Leibokulisten ernannt, baute er aus eigenen Mitteln das erste Anatomische Amphitheater in Wien. B. galt als großer Philanthrop, behandelte Bed¨urftige kostenlos, unterst¨utzte die Armen und stiftete seine große medizinischchirurgische B¨uchersammlung einer o¨ ffentlichen Bibliothek. 1786 ver¨offentlichte er das Lehrbuch Anfangsgr¨unde der Muskellehre. B. betrieb arch¨aologische Studien, trug eine große Antikensammlung zusammen und entdeckte in Prag den bis dahin nicht als solchen erkannten antiken Torso des Ilioneus, den er 1815 dem sp¨ateren K¨onig → Ludwig I. von Bayern verkaufte. C Wurzbach
Barth, Karl von, Jurist, * 1547 Halle, † 6. 2. 1597 Halberstadt. B., der einer uradligen, urspr¨unglich aus Bayern stammenden Familie angeh¨orte, studierte wie sein Vater Caspar B., der Kanzler des Erzstiftes Magdeburg in Halle, die Rechte. Er lehrte als Prof. des B¨urgerlichen Rechts an der Univ. Frankfurt / Oder und war 1571 deren Rektor. Vom Kurf¨ursten von Brandenburg wurde B. sp¨ater zum Hofrat, Geheimen Rat und Kanzler der Neumark in K¨ustrin ernannt.
Barth, Karl, schweizer. evang. Theologe, * 10. 5. 1886 Basel, † 10. 12. 1968 Basel. Als a¨ ltester Sohn des pietistisch-konservativen Basler (sp¨ater Berner) Theologieprofessors Fritz → B. und seiner aus orthodox-reformierter Herkunft stammenden Frau wuchs B. seit 1889 in Bern auf. Dort begann er 1904 das Studium der Theologie, das er – nach Aufenthalten in Berlin, wo er in Adolf (von) → Harnack einen imponierenden Lehrer fand, und in T¨ubingen, wo ihn der Berner Vorg¨anger seines Vaters, Adolf → Schlatter, unbeeindruckt ließ – 1908 dort auch abschloß. Das folgende Jahr verbrachte er als Redaktionsgehilfe der „Christlichen Welt“ bei Martin → Rade in Marburg, einem Zentrum moderner, „liberaler“ Theologie. Die in dieser Zeit verfaßten ersten Aufs¨atze weisen B. als engagierten Vertreter dieser theologischen Richtung, namentlich als Sch¨uler des Marburger Systematikers Wilhelm → Herrmann, aus. Nach kurzer T¨atigkeit als Hilfsprediger in Genf (1909 / 10) war B. von 1911-22 Pfarrer in der Arbeiter- und Bauerngemeinde Safenwil / Aargau. 1913 heiratete er Nelly Hoffmann. 1915 wurde er Mitglied der sozialdemokratischen Partei der Schweiz, in ¨ der er bis zu seiner Ubersiedlung nach Deutschland mitarbeitete. In der Safenwiler Zeit vollzog sich ein theologischer Umbruch, der mit der Gewinnung der Position endete, die B.
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erstmals o¨ ffentliche Beachtung einbrachte. Ausl¨oser f¨ur diesen Wandel war das von B. empfundene Bed¨urfnis, die sozialen Spannungen in der Gemeinde ebenso wie die durch den Ersten Weltkrieg verursachten gesellschaftlich-politischen Verwerfungen explizit theologisch zu begreifen. Daf¨ur standen ihm verschiedene Traditionshintergr¨unde zur Verf¨ugung: Einmal die religi¨os-soziale Bewegung in der Schweiz, die f¨ur B. vor allem in der Person Hermann → Kutters bedeutsam wurde. Sodann die durch die schw¨abischen Theologen Johann Christoph → Blumhardt und dessen Sohn, Christoph → Blumhardt, vertretene Auffassung von der wirklichkeitsver¨andernden Kraft der Fr¨ommigkeit. Schließlich der neukantianische Konstruktivismus des Marburger j¨udischen Philosophen Hermann → Cohen. Diese Impulse ver¨anderten B.s Wahrnehmung der Bibel, die ihm nun als Dokument bewegender Gotteskraft galt, und zwar gerade in dem paradoxen Sinn, daß es die Ferne, die Andersheit Gottes gegen¨uber dem Menschen und seinem Glauben war, die als Ausdruck seiner N¨ahe zu Mensch und Welt zu deuten gefordert wurde. Der scheinbar tautologische Satz „Gott ist Gott“ bringt – als menschliche Aussage – diese Doppelheit exakt zum Ausdruck. Das Dokument, das diese Einsicht mannigfach variierte, war B.s R¨omerbrief (1919, schon Ende 1918 erschienen). Dieses Buch fand durch seine unmittelbare Verbindung der Gattungen Bibelkommentar und Gegenwartsdeutung, gef¨ordert durch den expressionistischen Sprachstil der Zeit, breite o¨ ffentliche Resonanz. Mit dieser Aktualit¨atsdiagnose im Gewand direkt religi¨oser Sprache erregte B. nicht nur starke Aufmerksamkeit in der geistigliterarischen Welt, sondern fand zumal, verst¨arkt durch eine Reihe von Vortr¨agen, Geh¨or in der Pfarrerschaft. Damit wurde er zum Wortf¨uhrer der seit 1922 so bezeichneten „Dialektischen Theologie“. Zusammen mit seinem pers¨onlichen Freund Eduard → Thurneysen in der Schweiz sowie Friedrich → Gogarten und Georg → Merz in Deutschland gab B. das Richtungsorgan der Schule „Zwischen den Zeiten“ (1922-33) heraus. In den Umkreis der Schule geh¨orten weiter Emil → Brunner und in gewisser Hinsicht auch Rudolf → Bultmann. Die B.-Forschung diskutiert heute die Alternative, ob es sich in dieser ersten theologischen Konzeption B.s um den Versuch handelt, eine (sozialistisch inspirierte) antidemokratische religi¨ose Gegenwelt aufzubauen, oder um die religi¨ose Deutung einer Moderne, die sich nicht mehr systematisch-begrifflich vereinheitlichen l¨aßt; dann w¨are darin eine Strategie gesucht, den Ambivalenzen der Moderne standzuhalten. Der R¨omerbriefkommentar – den B. in einer 1922 erschienenen zweiten Auflage einer gr¨undlichen Revision unterzog, die freilich trotz Ver¨anderung der leitenden Vorstellungskategorien nur den Grundgedanken von der absoluten N¨ahe des unendlich fernen Gottes verst¨arkte – brachte B. den Ruf auf die neuerrichtete Honorarprofessur f¨ur reformierte Theologie an der Univ. G¨ottingen, die er 1921 antrat. Der Wechsel ins akademische Lehramt, dem er bis zu seiner Emeritierung 1962 treu blieb, hatte f¨ur B. eine thematische Verbreiterung und eine historische Vertiefung seiner Theologie zur Folge, ohne indes eine positionelle Ver¨anderung n¨otig zu machen. In G¨ottingen sch¨arfte sich – in Abgrenzung vom dortigen, in sich uneinheitlichen Luthertum (Emanuel → Hirsch, Carl Stange) – das reformierte Profil der Theologie B.s. 1926 nahm er einen Ruf an die Univ. M¨unster an, die ihm bereits 1922 den Grad eines D. theol. verliehen hatte. In M¨unster, wo seit 1929 Charlotte von → Kirschbaum seine st¨andige Mitarbeiterin wurde, ver¨offentlichte er, seine G¨ottinger Vorlesungen u¨ ber die Dogmatik b¨undelnd, die Prolegomena der Christlichen Dogmatik im Entwurf (1927), den ersten Band einer dann abgebrochenen Gesamtdogmatik, gewissermaßen die dogmatische Letztgestalt der „dialektischen Theologie“.
Barth Mit dem Wechsel an die Univ. Bonn 1930 fiel eine wesentliche Revision der „dialektischen Theologie“ zusammen. Ihr entscheidendes Motiv ist die Einsicht, daß es unzureichend ist, die Bejahung der Andersheit Gottes haupts¨achlich in der Weise einer Verneinung des Menschlichen vorzubringen. Die fr¨uhere Aussage, Gott sei der „ganz andere“, wurde als durch die bloße Negation immer noch zu sehr vom Menschen her gedacht eingesehen. Statt dessen sollte nun gelten: Gerade der in der geschichtlichen Person Jesu Christi sich selbst (nicht-dialektisch) verendlichende Gott ist der wahre Gott. Erst mit diesem Gedanken erlangte die Theologie B.s die bereits anf¨anglich erstrebte Autonomie. Durch ihn wurde aber auch das geschichtliche Gegebensein der kirchlichen Verk¨undigung und der Heiligen Schrift methodisch („per analogiam fidei“, wie B. sagt) anschlußf¨ahig an den „ganz anderen“ Gott. Aus dieser Weichenstellung ging B.s monumentales, aber unvollendetes Hauptwerk Die Kirchliche Dogmatik (KD) hervor (4 Bde. in 13 Teilb¨anden, 1932-67). In der KD f¨uhrte B. den Grundgedanken von der wesentlichen Besonderung („Offenbarung“) Gottes in Jesus Christus als Prinzip aller ihrer Einzelaussagen durch (Prolegomena, KD I). Das Werk war scheinbar traditionell, n¨amlich nach der Trinit¨atslehre aufgebaut, doch gelangte B. in Wahrheit zu erheblichen Ver¨anderungen der christlichen Dogmatik. In der Gotteslehre (KD II), vor allem in der hier behandelten Pr¨adestinationslehre (KD II,2), legte B. dar, daß Gottes Selbstbestimmung schon immer seine Selbstbestimmung zum Menschen sei. In der Anthropologie (KD III,2) unterstrich er, daß menschliches Selbstsein wesentlich Selbstsein mit und vor Gott ist. In der Vers¨ohnungslehre (KD IV) machte er die prinzipielle Kraft der Besonderung Gottes unter dem Aspekt seiner Selbstaktualisierung zum Thema. Der ausgreifende Umfang der KD folgte konsequent ihrem einen und einzigen Thema; dieses wurde an jedem Ort von Anfang an, also in stets gleicher religi¨oser Unmittelbarkeit, zum Gegenstand geistlicher Meditation gemacht. Die systematisch pr¨agende Kraft des Grundgedankens verlangte mit prinzipiellem Gewicht nach einer nichtsystematischen, pluralen Darstellung. Damit f¨uhrte B. als erster den Typ einer nach-modernen Dogmatik herauf, deren Reichweite noch nicht abzusch¨atzen ist. Gleichzeitig sorgte die ¨ Offnung zur geschichtlichen Wirklichkeit der Kirche f¨ur eine in der Rezeption (wie auch in der heutigen B.-Forschung) andauernde Irritation; denn damit schienen eine theologische Rechtfertigung kirchlichen Bestandes und eine Untermauerung kirchlicher Bestimmungsw¨unsche der Gesellschaft verbunden zu sein. Dieser Eindruck wurde durch die religi¨os-traditionelle Sprache der KD gen¨ahrt. Es konnte der Anschein entstehen, als sei die religi¨ose Gegenwelt des R¨omerbriefs in der KD durch eine kirchliche Gegenwelt abgel¨ost worden. In welchem Maße B.s Theologie tats¨achlich kirchlich-praktische Folgen zeitigen konnte, erwies sich im „Dritten Reich“. Denn die Autonomie der Kirche ergab sich als konsequentes Postulat aus der Autonomie der Theologie im Sinne der KD. Als der Nationalsozialismus die Selbstbestimmung der evangelischen Kirchen aufzuheben trachtete, widersprach dem die wesentlich von B. formulierte Barmer Theologische Erkl¨arung von 1934, eine aktuell pointierte bekenntnisartige Lehrzusammenstellung, die als Kurzfassung der Theologie B.s gelten kann. Sein theologisches Schaffen und politisches Wirken – er war 1931 in die SPD eingetreten und geh¨orte ihr bis zu ihrem Verbot im Juni 1933 an – wurde seither ein (freilich intern kontroverser) Kristallisationspunkt des Kirchenkampfes der Bekennenden Kirche (BK). Dabei war die Frage strittig, ob die beanspruchte Autonomie der Kirche lediglich der Wahrung ihrer u¨ berkommenen Gestalt dienen oder eine Selbstver¨anderung der Kirche
einleiten sollte. B.s Theologie bewegte sich zwischen kirchlicher Bestandserhaltung und theologischer Kirchenkritik. Als B. sich weigerte, den Beamteneid auf Adolf → Hitler abzulegen, wurde er 1935 in den Ruhestand versetzt. Er verließ Deutschland und lebte und lehrte bis zu seinem Tod in seiner Heimatstadt. Auch von Basel aus behielt B. Kontakt zur BK in Deutschland. Als nach dem Zweiten Weltkrieg manche Sch¨uler B.s in wichtige kirchenleitende Positionen vor allem im Bereich der Evangelischen Kirche der Union einr¨uckten und andere bedeutende Lehrst¨uhle an den evang. Fakult¨aten einnahmen, offenbarte sich der kirchenpolitische Zwiespalt der Theologie B.s erneut, da dieselbe in der Fassung der Barmer Erkl¨arung als Fundament kirchlicher Gestaltung in Anspruch genommen wurde, diese konstruktive Funktion aber mit der theologischen Selbstkritik unvermittelt blieb. W¨ahrend des „Kalten Kriegs“ wandte sich B. in einer Vielzahl von aktuellen Beitr¨agen gegen eine neuerliche, nun auf die Einheit von Westorientierung und Antikommunismus eingestellte, ideologische Rolle der Kirche. Zeitweilig hatte er wohl, beide Seiten des Ost-West-Konflikts kritisierend, so etwas wie einen „dritten Weg“ im Auge. Intensiv beteiligte ¨ er sich an den Vorbereitungen zur Gr¨undung des Okumenischen Rates der Kirchen 1948 in Amsterdam; das war sein ¨ dem eigenen Grundimpuls entspringender Beitrag zur Uberwindung der konfessionellen Grenzen des Christentums. B.s Konzentration auf die Rolle der Kirche in der Nachkriegszeit war zwar theologisch schl¨ussig, trug ihm jedoch Gegnerschaft ein und bewirkte faktisch eine Einschr¨ankung seiner Wirksamkeit. Im Unterschied etwa zur Theologie Rudolf Bultmanns, die mit dem Programm der Entmythologisierung und der existentialen Interpretation der Bibel st¨arker in der Lage war, auf die Ver¨anderungen der Moderne geistesgeschichtlich zu reagieren, schien B.s Theologie antimodern befangen, neo-orthodox. So blieb der sich in Deutschland nach dem Krieg etablierenden Schule B.s – anders als seinerzeit dem Lehrer – eine in die Breite der Gesellschaft wirkende geistige und geistliche Interpretationskraft versagt. Zu einer sp¨aten kontroversen Debatte kam es noch einmal u¨ ber die Kindertaufe, deren theologische Legitimit¨at B. im letzten (Fragment-)Band der KD (IV,4), konsequent vom Gedanken geistlicher Selbstbestimmung der Kirche geleitet, in Frage stellte. B. erhielt eine Vielzahl akademischer Ehrungen, zuletzt kurz vor seinem Tod den Sigmund-Freud-Preis f¨ur wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie f¨ur Sprache und Dichtung. Nach dem Tod B.s spaltete sich seine Schule in einen „linken“, die gesellschaftlich-politische Genese seiner Theologie betonenden, und einen „rechten“, die innertheologische Logik akzentuierenden, Fl¨ugel. Eine Gesamtausgabe seiner Werke (ohne KD) ist im Erscheinen. Die wissenschaftliche Besch¨aftigung mit B. ist u¨ ber die Phase des Anschlusses bzw. des Widerspruchs hinaus zur Historisierung u¨ bergegangen. Die kath. B.-Deutung (Hans Urs von → Balthasar) hat diesem Interesse vorgearbeitet, indem sie B.s Werk vor dem Hintergrund des Deutschen Idealismus deutete. Heute wird das Augenmerk immer st¨arker auf die erw¨ahnten theologisch-politischen Irritationen gerichtet, die mit B.s autonom-theologischer Zeitdeutung verbunden sind. B.s Theologie besitzt in methodischem Sinn bleibende Zukunftsbedeutung, wenn es gelingt, die von ihm in Anspruch genommene Autonomie der Religion auch mit nichttheologischen Argumenten als zeitad¨aquat darzutun. B. bearbeitete wie kein anderer Theologe in diesem Jahrhundert die gesellschaftlich-politischen Umbr¨uche der Zeit mit autonom-theologischen Mitteln. Seine steten Abgrenzungen zur Philosophie und gegen¨uber der Moderne standen im Dienst dieser aktuellen Zeitwahrnehmung. In der Kirche gab er mit der Verselbst¨andigung der Theologie Anst¨oße zu kirchlich-gesellschaftlichen Ver¨anderun-
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Barth gen. In der Theologie vollendete er mit seiner exklusiv theologischen Begr¨undung der Selbst¨andigkeit der (christlichen) Religion faktisch den Methodenwechsel der Theologie, den Friedrich → Schleiermacher eingeleitet hatte. Dabei bildete seine Person (als „theologische Existenz“) exemplarisch den integrierenden Punkt von theologischen und poli¨ tischen Außerungen; auch das ist eine Folge seiner auf den Selbstvollzug des Glaubens eingestellten Theologie. LITERATUR: Hans Urs von Balthasar: K. B. Darstellung und Deutung seiner Theologie. (K¨oln und Olten 1951, K¨oln 1962) Einsiedeln 1976. – Eberhard Busch: K. B.s Lebenslauf. Nach seinen Briefen und autobiographischen Texten. M¨unchen 1975. G¨utersloh 51993. – Walter Kreck: Grundentscheidungen in K. B.s Dogmatik. Zur Diskussion seines Verst¨andnisses von Offenbarung und Erw¨ahlung. Neukirchen 1978. – Eberhard J¨ungel: B., K. In: TRE, Bd. 5, 1980, S. 251-268. – Ders.: B.-Studien. Z¨urich / K¨oln und G¨utersloh 1982. – Bibliographie K. B. Bd. 1: Ver¨offentlichungen von K. B. In Verbindung mit der UB T¨ubingen und dem Institut f¨ur Hermeneutik an der Univ. T¨ubingen hrsg. v. Hans-Anton Drewes. Z¨urich 1984. Bd. 2: Ver¨offentlichungen u¨ ber K. B. Z¨urich 1992. – Georg Pfleiderer: K. B.s praktische Theologie. Zu Genese und Kontext eines paradigmatischen Entwurfs systematischer Theologie im 20. Jahrhundert. T¨ubingen 2000. Dietrich Korsch
Barth, (Ernst Emil) Paul, Philosoph, P¨adagoge, * 1. 8. 1858 Baruthe bei Oels (Schlesien), † 30. 9. 1922 Leipzig. B., Sohn eines Lehrers, studierte 1875-81 in Breslau und Leipzig klassische Philologie, Geschichte und Philosophie und wurde 1881 promoviert. 1882-88 als Gymnasiallehrer t¨atig, habilitierte er sich 1890 in Leipzig mit der Arbeit Geschichtsphilosophie Hegel’s und der Hegelianer bis auf Marx und Hartmann (21925), war seit 1897 a. o. Prof. der Philosophie und P¨adagogik und wurde 1918 Honorarprofessor. Im Anschluß an → Hegel, Auguste Comte und Herbert Spencer entwickelte B. eine positivistische Geschichtsphilosophie. Philosophie und Erziehung waren f¨ur ihn gesellschaftlich und historisch bedingt. Er engagierte sich f¨ur einen zeitgem¨aßen Moralunterricht und berief 1921 den ersten Kongreß f¨ur Moralp¨adagogik ein. B. ver¨offentlichte u. a. Die Philosophie der Geschichte als Soziologie (1897, 41922), Die Elemente der Erziehungs- und Unterrichtslehre (1910, 10 1923) und Die Geschichte der Erziehung in soziologischer und geistesgeschichtlicher Beleuchtung (1911, 61925). Er gab 1899-1901 die „Vierteljahrsschrift f¨ur wissenschaftliche Philosophie“ und als neue Folge 1902-16 die „Vierteljahrsschrift f¨ur wissenschaftliche Philosophie und Soziologie“ heraus. C DBJ, Bd 4
Barth, Marquard (Adolph), Politiker, * 1. 9. 1809 Eichst¨att, † 23. 5. 1885 W¨urzburg. Nach dem 1832 in M¨unchen mit der Promotion (Beitr¨age zur Lehre vom Haupt-Eid im Civilprozesse) abgeschlossenen Studium der Rechte ließ sich B., dessen Vater in Augsburg das B¨urgermeisteramt innehatte, 1837 als Anwalt in Kaufbeuren nieder. 1848 in die Paulskirche gew¨ahlt, trat er dort f¨ur die kleindeutsche L¨osung ein, war zun¨achst Mitglied des linken Zentrumsfl¨ugels, geh¨orte dann zu den Begr¨undern der gem¨aßigt liberalen Fraktion des Augsburger Hofs. B. war einer der 32 Angeordneten, die K¨onig → Friedrich Wilhelm IV. von Preußen 1849 die Kaiserkrone antrugen. In der 2. bayerischen Kammer fungierte er als F¨uhrer der Fortschrittspartei. 1865 / 66 leitete er den bayerischen Gesetzgebungsausschuß; 1869-71 gab er den Kommentar zur neuen Zivilprozeßordnung f¨ur das K¨onigreich Bayern heraus. B. betrieb den Zusammenschluß der kleindeutschen b¨urgerlichen Liberalen in S¨uddeutschland; 1871-74 war er Reichstagsabgeordneter der Reichspartei. 1873 wurde er zum Rat am Reichsoberhandelsgericht in Leipzig ernannt. C Haunfelder, Lib Abg
Barth, Paul Basilius, schweizer. Maler, * 24. 10. 1881 Basel, † 23. 4. 1955 Riehen (Kt. Basel). B. studierte 1902-04 an der Kunstakademie M¨unchen, hielt sich 1904-06 in Florenz und Rom auf, seit 1906 in Paris. 1914 kehrte er in die Schweiz zur¨uck, lebte 1932-39 erneut in Paris, nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in Riehen (Kt. Basel). Seine fr¨uhen Bilder verraten in ihrer Hell-Dunkel-Malerei die Einwirkung Honor´e Daumiers. B.s sp¨ateren, unter dem Einfluß von Vincent van Gogh und Paul C´ezanne entstandenen Landschaften, Portr¨ats und Stilleben sind heller und farbiger. Mit den postimpressionistischen Sujets und Bildkompositionen dieser Schaffensperiode wandte er sich ab von der Landschaftsmalerei im Stil Arnold → B¨ocklins. C AKL
Barth, Max, Pseud. Mufti Bufti, Lyriker, Essayist, Journalist, * 22. 1. 1896 Waldkirch bei Freiburg / Breisgau, † 15. 7. 1970 Waldkirch bei Freiburg / Breisgau. In seiner Jugend engagierte sich B., Sohn eines Buchbinders, in der Wandervogel-Bewegung, war 1919 f¨ur kurze Zeit Volksschullehrer, dann freier Journalist. Seit 1924 arbeitete er f¨ur die Stuttgarter „Sonntags-Zeitung“, 1932 gr¨undete er die Wochenzeitung „Die Richtung“ (im selben Jahr konfisziert). Seine Gedichte erschienen unter dem Pseudonym Mufti Bufti (u. a. Kabif, 1930, Neuausg. 1996). Als Pazifist und (Ende 1933 ausgeschlossenes) Mitglied der KPD 1933 zur Emigration in die Schweiz, nach Frankreich und Prag gezwungen, arbeitete er f¨ur dortige und skandinavische Zeitungen und deutsche Exilpublikationen (u. a. „Die neue Weltb¨uhne“, „Der Kampf“). 1938 ging B. ins norwegische Exil, 1940 nach Schweden, wurde dort zeitweise interniert und emigrierte 1941 u¨ ber die UdSSR in die USA. Er lebte in New York und arbeitete an deutschen Exilzeitschriften mit. 1950 kehrte er nach Deutschland zur¨uck, war zun¨achst in Stuttgart, dann in Waldkirch ans¨assig und als freier Publizist t¨atig. B.s Exilerinnerungen Flucht in die Welt erschienen postum 1986. C Bad Bio N.F., Bd 3
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Barth, Richard, Dirigent, Komponist, * 5. 6. 1850 Großwanzleben bei Magdeburg, † 25. 12. 1923 Marburg. Nach dem Violinstudium in Magdeburg und 1863-67 bei Joseph → Joachim in Hannover war B., dessen Vater Porzellanmaler, sp¨ater Besitzer einer kleinen Porzellanfabrik war, als Konzertmeister in M¨unster, 1882 in Krefeld, 1887-94 als Universit¨atsmusikdirektor in Marburg t¨atig. 1895 wurde er zum Dirigenten der Philharmonischen Konzerte (bis 1904) und der Singakademie in Hamburg berufen. Er leitete verschiedene M¨annergesangvereine, mit denen er Konzertreisen unternahm. 1908 u¨ bernahm er die Direktion des Hamburger Konservatoriums. B. ver¨offentlichte Johannes Brahms und seine Musik (1904) und gab Johannes Brahms im Briefwechsel mit J. O. Grimm (1908) heraus. Er komponierte u. a. drei Violinsonaten und ein Klaviertrio. C NGroveD Barth, Theodor (Wilhelm), Pseud. Karl Walter, Politiker, Publizist, * 16. 7. 1849 Duderstadt / Harz, † 2. 6. 1909 Baden-Baden. Der Apothekerssohn B. begann seine Laufbahn als Advokat in Bremen, wurde 1872 Amtsassessor in Bremerhaven und war als Syndikus (1876-83) der Bremer Handelskammer 1879 Mitglied der Tabakenquete- und der Reichskommission f¨ur die Revision des Zolltarifs. Als Gegner des Bismarckschen Tabakmonopolplans trat B. 1883 zur¨uck; er gr¨undete in Berlin die Zeitschrift „Die Nation“, die sich zum f¨uhrenden Organ der Linksliberalen entwickelte. 1881 wurde B. in den Reichstag gew¨ahlt, trat der Liberalen Vereinigung
Barthel bei, die sich 1884 mit der Deutschen Fortschrittspartei zur Deutschen Freisinnigen Partei vereinigte. 1893 geh¨orte B. zu den Begr¨undern der wiederum von dieser abgespaltenen Freisinnigen Vereinigung. Als sich 1907 die Freisinnigen dem B¨ulowblock anschlossen, gab er seine Zeitschrift auf und wandte sich 1908 von seiner Partei ab. Zusammen mit Rudolf → Breitscheid und Hellmut von → Gerlach gr¨undete er im selben Jahr die „Demokratische Vereinigung“. B. vero¨ ffentlichte u. a. Neue Aufgaben des Liberalismus (1904) und Was ist Liberalismus? (1905). C Haunfelder, Lib Abg
Barth, Wilhelm Ambrosius, Buchh¨andler, Verleger, * 25. 8. 1790 Leipzig, † 1. 12. 1851 Leipzig. Nach dem Tod seines Vaters Johann Ambrosius → B. 1813 u¨ bernahm B. die elterliche Buchhandlung. Er verkehrte mit zahlreichen bedeutenden Gelehrten seiner Zeit, verlegte deren Werke und f¨orderte damit u. a. die Verbreitung der hom¨oopathischen Lehre des Arztes Samuel → Hahnemann. Er brachte u. a. Schriften Johann Gottfried → Herders heraus. F¨ur seine T¨atigkeit in der Leipziger Lokalpolitik wurde er 1850 mit dem s¨achsischen Albrechtsorden dekoriert. Nach B.s Tod f¨uhrte sein Sohn Adolph Ambrosius → B. das FaC NDB milienunternehmen weiter. Barth-Bartenheim, Johann Baptist Ludwig Ehrenreich Graf von, o¨ sterr. Beamter, Jurist, * 5. 3. 1784 Hagenau (Elsaß), † 22. 6. 1846 Wien. Nach dem Studium der Jurisprudenz in Freiburg und G¨ottingen trat B. 1804 in den o¨ sterr. Staatsdienst ein, in dem er zum nieder¨osterreichischen Regierungsrat aufstieg. Sein Verdienst als Verwaltungsfachmann lag in der u. a. durch statistische Erhebungen geleisteten Vorarbeit f¨ur die von der 1816 eingesetzten k. k. Kommerz-Hofkommission eingeleitete Reform des o¨ sterr. Handels- und Gewerbewesens. B., ein aufgekl¨arter B¨urokrat der josephinischen Schule, ver¨of¨ fentlichte eine Osterreichische Gewerbs- und Handelsgesetzkunde (9 Bde., 1819-21; 11 Bde., 21846). C ADB
Barth von Barthenau, Ludwig, Chemiker, * 17. 1. 1839 Rovereto (Italien), † 3. 8. 1890 Wien. B. v. B. unterbrach 1859 das bei Justus von → Liebig und Max von → Pettenkofer in M¨unchen begonnene Studium der Chemie, um als Freiwilliger der Akademischen Legion in Norditalien zu k¨ampfen. Nach der Promotion in Innsbruck (1860) war er als Universit¨atsassistent t¨atig und zog 1866 gegen Preußen erneut ins Feld. 1867 wurde B. v. B. als o. Prof. der Chemie nach Innsbruck, 1876 nach Wien berufen. Dort geh¨orte er der Akademie der Wissenschaften und dem Obersten Sanit¨atsrat an. B. v. B. z¨ahlte zu den Begr¨undern der „Monatshefte f¨ur Chemie“; er befaßte sich besonders mit den Benzolderivaten, erforschte die Einwirkung der Kalischmelze auf organische Substanzen und entdeckte das Resorzin. Barth von Harmating, Heinrich, * um 1446 M¨unchen, † vor 1519. Der einer alten, 1585 in den Freiherrenstand erhobenen M¨unchner Patrizierfamilie entstammende B. v. H. geh¨orte 1480-95 dem Inneren Rat der Stadt an. 1490 errichtete er auf eigene Kosten eine Bastion vor dem Neuhauser Tor. 1492-94 erbaute er im Auftrag Herzog → Albrechts IV. die Kesselbergstraße, die die betr¨achtliche H¨ohendifferenz zwischen Kochel- und Walchensee u¨ berwand, und verbesserte damit den Handelsweg nach Italien. 1507 gr¨undete er in Joch am Kochelsee ein Silber- und Quecksilberbergwerk, zu dem auch eigene Schmelz¨ofen geh¨orten. Das Werk wurde 1520 stillgelegt und an das Kloster Benediktbeuern verkauft. C NDB
Barth von Harmating, Hermann Frh., Geologe, Alpinist, Forschungsreisender, * 5. 7. 1845 Schloß Eurasburg (Oberbayern), † 7. 12. 1876 S˜ao Paolo de Loanda (Angola). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in M¨unchen wandte sich B. v. H. geologischen und pal¨aontologischen Forschungen zu. Sein besonderes Interesse galt dem bis dahin nahezu unentdeckten Karwendelgebirge. Auf zahlreichen Bergtouren durch die n¨ordlichen Kalkalpen f¨uhrte er die topographische und geologische Untersuchung dieses Gebirges durch. Von der portugiesischen Regierung zum Landesgeologen ihrer Kolonie Angola berufen, drang er im Juli 1876 von Loanda aus bis Duque de Braganza vor, dem o¨ stlichsten portugiesischen St¨utzpunkt. B. v. H. ver¨offentlichte u. a. Ostafrika vom Limpopo bis zum Somaliland (1875). C NDB Barth von Wehrenalp, Erwin, Verleger, Publizist, * 25. 9. 1911 Dresden, † 21. 4. 1996 Paris. B. v. W., Sohn eines Arztes, wuchs in Wien auf. 1927 / 28 war er Herausgeber der „Zeitschrift der neuen Jugend“, 1930-32 Lektor und Dramaturg des dortigen Deutschen Volkstheaters, 1932 / 33 des Deutschen Theaters in Berlin. Vor¨ubergehend mit Berufsverbot belegt, war er 1933-45 in der Wirtschaftsgruppe Chemische Industrie in Berlin t¨atig. 1949 wurde er Mitarbeiter der Zeitschrift „Chemische Industrie“; außerdem war er Verlagsleiter der Zeitschriften „Atomwirtschaft“ und „Die Absatzwirtschaft“. 1950 gr¨undete er gemeinsam mit der Verlag Handelsblatt GmbH in D¨usseldorf die Econ-Verlag GmbH und gab vor allem Literatur aus den Bereichen Wirtschaft, Politik, Naturwissenschaften und Technik heraus. Zu den erfolgreichen Sachb¨uchern des Verlags geh¨orten u. a. Werner → Kellers Und die Bibel hat doch recht und Rudolf → P¨ortners Mit dem Fahrstuhl in die R¨omerzeit. 1967 kaufte B. v. W. den Claassen Verlag und ¨ 1968 den Marion von Schr¨oder Verlag. Mit der Ubernahme der Anteile der Handelsblatt GmbH ging die Verlagsgruppe 1971 in sein Alleineigentum u¨ ber. 1977 erwarb die Hermann Schroedel Verlag KG, Hannover, die Kapitalmehrheit an der Econ-Verlagsgruppe, die 1981 von der Rheinisch-Westf¨alischen Verlagsgesellschaft erworben wurde, die schließlich alle Kapitalanteile u¨ bernahm, sie jedoch sp¨ater zur G¨anze an den Axel Springer-Verlag weiterver¨außerte. 1982 zog sich B. v. W. v¨ollig aus der Gesch¨aftsf¨uhrung der Verlagsgruppe ¨ zur¨uck. Er schrieb u. a. Deutschland greift u¨ ber den Aquator. Ein Buch von Deutschlands Kolonien einst und jetzt (1933), Farbe aus Kohle (1937), Lebensfrage des Mittelbetriebes (1937), Europa blickt nach Afrika (1937) und Man sollte es nicht f¨ur m¨oglich halten. Unglaubliches aus der Weltgeschichte (1988, 51996, mit Ulrich Dopatka). C Munzinger Barthel, Alexander, Schauspieler, * 18. 5. 1864 Braunschweig, † 19. 11. 1901 Frankfurt / Main. B., Sohn eines braunschweigischen Hofmalers, begann seine B¨uhnenlaufbahn am Celler Sommertheater. Er erhielt ein Engagement am Hoftheater in Braunschweig, stand auf der B¨uhne des Hamburger Stadttheaters und wurde schließlich als Heldendarsteller Mitglied des Ensembles des Meininger Hoftheaters. 1890 engagierte ihn Adolph → L’Arronge f¨ur sein Deutsches Theater in Berlin. Seit 1892 geh¨orte B. dem Schauspielhaus in Frankfurt / Main an, mit dem er mehrfach auf Tournee ging. Barthel, Ernst, Philosoph, Schriftsteller, * 17. 10. 1890 Schiltigheim (Elsaß), † 16. 2. 1953 Oberkirch (Baden). Nach dem Studium der Philosophie, Anglistik, Germanistik, Mathematik und Physik in Straßburg und Berlin 1913 promoviert (Elemente der transzendentalen Logik), unterrichtete B. w¨ahrend des Ersten Weltkriegs an Schulen in
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Barthel Straßburg und Bukarest. 1921 habilitierte er sich in K¨oln und gr¨undete 1924 die Zeitschrift „Ant¨aus. Bl¨atter f¨ur neues Wirklichkeitsdenken“. Wegen seiner pazifistischen Haltung wurde ihm 1940 die Lehrbefugnis entzogen. B. lebte danach als Privatgelehrter in Oberkirch (Baden). Er besch¨aftigte sich mit → Goethe und seinen naturwissenschaftlichen Theorien (u. a. Goethes Relativit¨atstheorie der Farbe. Nebst einer musik¨asthetischen Parallele, 1923; Goethe, das Sinnbild deutscher Kultur, 1930, 41948) und ver¨offentlichte Lebensphilosophie (1923), Die Welt als Spannung und Rhythmus. ¨ Erkenntnistheorie, Asthetik, Naturphilosophie, Ethik (1928), Vorstellung und Denken. Kritik des pragmatischen Verstandes (1931) und Mensch und Erde im Kosmos (1939).
wurde er dort zum Doktor beider Rechte promoviert. Seit 1727 wirkte er in W¨urzburg als Regens des Seminars St. Kilian und als Prof. des kanonischen Rechts an der Universit¨at. 1728 wurde er zum Bisch¨oflichen Geistlichen Rat ernannt, 1729 zum Dr. theol. promoviert. Seit 1738 Kanonikus beim Stift Haug in W¨urzburg, wurde er 1744 Geheimer Rat und 1754 Dechant dieses Stiftes. B. setzte sich u. a. in seiner Schrift De Concordatis Germaniae f¨ur das Konkordat und die Unabh¨angigkeit der Episkopate von der Kurie ein. An der Univ. f¨uhrte er eine neue Lehrmethode des kanonischen Rechts ein und ver¨offentlichte zahlreiche juristische C LThK und theologische Untersuchungen.
Barthel, (Johann Christian) Friedrich, Kupferstecher,
* 12. 6. 1898 Marktbreit / Main, † 14. 2. 1962 M¨unchen. Nach dem Studium der Germanistik in W¨urzburg, der historischen Hilfswissenschaften in M¨unchen und der Promotion (1921) trat B. in den h¨oheren Archivdienst ein und war von 1931 bis zu seiner Pensionierung als Staatsarchivrat in M¨unchen t¨atig. Seine Novellen und lyrischen Briefromane wie Die goldenen Spiele (1936) a¨ hneln im Stil denen des ihm freundschaftlich verbundenen Rudolf G. → Binding. Seine fr¨uhen Gedichte gelten haupts¨achlich der Liebe, Kindheit und Heimat. W¨ahrend B. 1933 noch politisierende, „vaterl¨andische“ Gedichte schrieb, wandte er sich in den Kriegsjahren der Stimmungs- und Naturlyrik zu. 1942 wurde ihm der M¨unchner Dichterpreis verliehen. In seinem Gedichtzyklus Liebe, du große Gef¨ahrtin (1944) spiegelt sich B.s Entwicklung von den Naturgedichten u¨ ber zeitlose Betrachtungen zur Klagedichtung angesichts des Kriegs wider. C Killy
* 14. 5. 1775 Leipzig, † 1846 Braunschweig. Urspr¨unglich f¨ur den geistlichen Stand bestimmt, ging B. bei einem Kupferstecher in die Lehre. Seine Kupferstiche stellen zumeist romantische Landschaften dar oder entleihen ihre Motive der griechischen Mythologie. Er schuf zahlreiche Vignetten und Buchillustrationen. Einige Zeit wandte sich B. der Malerei zu und schuf f¨ur das Braunschweiger Schloß einige Gem¨alde mit Motiven aus der griechischen Sagenwelt. Er besch¨aftigte sich mit Philosophie und Kunsttheorie (Eumorphea, oder die Anleitung zur Geschmacksbildung f¨ur die zeichnenden K¨unste, mit besonderer Hinsicht zur landschaftlichen Darstellung, 1807). C AKL
Barthel, Johann Christian, Musiker, Komponist, * 19. 4. 1776 Plauen, † 10. 6. 1831 Altenburg. B., Sohn eines Steuereinnehmers, spielte schon als Zw¨olfj¨ahriger in Leipzig Wolfgang Amadeus → Mozart vor und erfuhr als Sch¨uler der Leipziger Thomasschule eine weitere F¨orderung seines musikalischen Talents. Er spielte Geige und Klavier und war als Vierzehnj¨ahriger Organist seiner Schule. 1792 trat er die Stelle des Konzertdirektors und Musiklehrers am f¨urstlich Sch¨onburgschen Hof an, kehrte 1795 zum Studium der Kompositionslehre nach Leipzig zur¨uck und ging 1797 als Kantor und Musikdirektor nach Greiz. 1803 wurde B. zum Hoforganisten und Musikdirektor nach Altenburg berufen, wo ihm 1813 ein Orgelkonzert vor den versammelten Monarchen der alliierten M¨achte zahlreiche Auszeichnungen einbrachte. 1824 / 25 unternahm B. eine Konzertreise durch Norddeutschland, England, Holland und Skandinavien. B.s zahlreiche Kompositionen erschienen nur teilweise im Druck. C Neuer Nekr, Jg. 9 Barthel, Johann Karl Rudolph, kath. Theologe, * 2. 12. 1802 Breslau, † 26. 1. 1861 Breslau. Das Studium der Altphilologie an den Universit¨aten Breslau und Berlin gab B. zugunsten der kath. Theologie auf. An der Univ. Breslau wurde 1828 eine theologische Abhandlung B.s pr¨amiert. Auch als Kaplan in Neisse (1829-32) gewann B. mit seinen Arbeiten u¨ ber religi¨ose Fragen einige Preise; 1832 erhielt er die Pfarrei von Groß-Hartmannsdorf. 1833 wurde er Inspektor der kath. Schulen im Kreis Bunzlau, 1837 Direktor des Seminars in Paradies (Prov. Posen), 1840 des Seminars in Breslau, 1846 Regierungs- und kath. Schulrat in Liegnitz. B. verfaßte p¨adagogische Werke, u. a. ein Handbuch zur biblischen Geschichte f¨ur Katecheten und Lehrer (3 Bde., 1853-55). Barthel, Johann Kaspar, kath. Theologe, Kanonist, * 10. 6. 1697 Kitzingen (Franken), † 8. 4. 1771 W¨urzburg. B., Sohn eines Fischers, besuchte das Priesterseminar in W¨urzburg, empfing 1721 die Priesterweihe, wurde PagenHofmeister und 1723 Kaplan am Julius-Spital. Vom W¨urzburger F¨urstbischof zum Studium nach Rom geschickt,
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Barthel, Ludwig Friedrich, Erz¨ahler, Lyriker,
Barthel, Max, Pseud. Konrad Uhle, Schriftsteller, * 17. 11. 1893 Dresden, † 17. 6. 1975 Waldbr¨ol. Der Sohn eines Maurers trat als Vierzehnj¨ahriger in eine Fabrik ein, war als Gelegenheitsarbeiter t¨atig, f¨uhrte in Westund S¨udeuropa ein Wanderleben und schloß sich der sozialistischen Jugendbewegung an. Als Infanterist an der Westfront ver¨offentlichte B. 1916 seinen ersten pazifistischen Gedichtband Verse aus den Argonnen. Nach dem Krieg trat er in Stuttgart der KPD bei, war 1919 wegen seiner Teilnahme am Spartakusaufstand einige Zeit in Haft und machte sich in Berlin einen Namen mit klassenk¨ampferischer Arbeiterlyrik. B. war Mitbegr¨under der Jugend-Internationale in Wien und Delegierter bei Komintern-Kongressen in Moskau, trat aber 1923 aus der KPD aus. Als Journalist und freier Schriftsteller schrieb er Reiseberichte und Unterhaltungsromane. Begeistert vom Nationalsozialismus, wurde B. 1933 Mitarbeiter der nationalsozialistischen Zeitung „Der Angriff“, dann Reporter und Kriegsberichterstatter. 1950 erschien seine Autobiographie Kein Bedarf an Weltgeschichte. Geschichte eines Lebens. In den sechziger Jahren war B. Vorsitzender des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller in Rheinland-Pfalz. C Killy
Barthel, Melchior (Michele), auch Bartel, Bildhauer, * 10. 12. 1625 Dresden, † 12. 11. 1672 Dresden. B. ging zun¨achst bei seinem Vater, einem Dresdner Bildhauer, in die Lehre, nach dessen Tod 1640-45 bei Johann → B¨ohme in Schneeberg / Erzgebirge. W¨ahrend der Aufenthalte in Augsburg, Ulm, Venedig und Rom war er wahrscheinlich nicht nur als Bildhauer, sondern auch als Baumeister t¨atig. In Venedig war B. 17 Jahre lang besch¨aftigt und schuf dort u. a. in der Kirche Santa Maria de’ Frari ein monumentales Grabmal f¨ur den Dogen Giovanni Pesaro. 1670 kehrte er nach Dresden zur¨uck und wurde zum Hofbildhauer ernannt; f¨ur das dortige Gr¨une Gew¨olbe fertigte er Elfenbeinskulpturen und Figurengruppen nach antikem Vorbild an. C AKL
Bartholom¨ai Barthel, Thomas S., Ethnologe, * 4. 1. 1923 Berlin, † 3. 4. 1997 T¨ubingen. B., Sohn des Schriftstellers Max → B., wurde 1952 in Hamburg zum Dr. phil. promoviert (Studien zur Entzifferung astronomischer, augurischer und kalendarischer Kapitel in der Dresdner Mayahandschrift) und habilitierte sich dort 1957 mit der Arbeit Grundlagen zur Entzifferung der Osterinsel-Schrift (gedruckt 1958). Zun¨achst Privatdozent an der Univ. Hamburg, ging er 1959 als a. o. Prof. nach T¨ubingen und wurde 1964 o. Professor. Er schrieb auch Das achte Land (1974). Barthelmess, Christian, Photograph, * 11. 4. 1854 Klingenberg / Main, † 10. 4. 1906 Fort Keogh (Montana, USA). B., Sohn eines Gendarmerie-Brigadiers und Gerichtsschreibers, wanderte dreizehnj¨ahrig in die USA aus, lebte zun¨achst in New York, sp¨ater in Irontown (Ohio) und wurde 1876 Soldat. Nebenbei widmete er sich der Musik und der Photographie und dokumentierte Gebr¨auche und Sitten der Indianer, teilweise f¨ur die deutschsprachige Zeitung „Der Westen“ in Chicago. Die 1887 / 88 auf einer Grand Canyon Expedition gemachten Photographien wurden als Sensation aufgenommen. 1888 richtete B. in Fort Keogh ein Photostudio ein. Er starb bei Ausschachtungsarbeiten am dortigen Lazarett.
Barthelmess, Nikolaus (Georg), Kupferstecher, * 27. 6. 1829 Erlangen, † 29. 8. 1889 D¨usseldorf. Seine Ausbildung zum Kupferstecher erhielt B. in der Mayerschen Kunstanstalt und der Kunstschule in N¨urnberg. 1851 ging er an die Kunstakademie M¨unchen, 1852 an die Kellersche Schule an der D¨usseldorfer Akademie. Dort hatte B. seinen ersten Erfolg mit einem Christus am Kreuz. 1856 u¨ bersiedelte er nach Paris, wo seine ersten Genrebilder entstanden. Wieder in D¨usseldorf, schuf er Genreszenen wie Der Salontiroler nach → Defregger, die große Verbreitung fanden. C AKL Bartholdi, Christian Friedrich Frh. von, Politiker, Jurist, * 10. 12. 1668 Berlin, † 28. 8. 1714 Berlin. Der Jurist trat 1690 in den brandenburgischen Staatsdienst, wurde Kammergerichtsrat und 1698 brandenburgischer Gesandter in Wien. 1700-03 trug B. dort zur Erlangung der preuß. K¨onigskrone bei und wurde 1703 in den Freiherrenstand erhoben. Seit 1705 war er Wirklicher Geheimer Rat, seit 1706 Pr¨asident des Berliner Oberappellationsgerichts, des Collegium Medicinum, Generaldirektor der hugenottischen Kolonien und des Armenwesens. B. verfaßte 1711 ein Generalwerk f¨ur eine Justizreform, deren Durchf¨uhrung jedoch scheiterte. Nach der Thronbesteigung → Friedrich Wilhelms I. legte er 1713 eine Allgemeine Verordnung, die Verbesserung des Justizwesens betreffend vor. Eine folgenreiche Tat B.s war die Berufung des sp¨ateren Justizreformers Samuel von → Cocceji an das Oberappellationsgericht. C NDB
Bartholdy, Georg Wilhelm, P¨adagoge, Publizist, * 27. 8. 1765 Kolberg, † 26. 5. 1815 Stettin. Nach dem Studium in Halle und dem Besuch eines Lehrerseminars in Berlin erhielt B. 1790 eine Anstellung am dortigen Gymnasium, 1797 am Gymnasium von Stettin. Er ver¨offentlichte zahlreiche historische und politische Schrif¨ ten (u. a. Uber gesellschaftliches Elend, 1787). B. gab zwei das Zeitgeschehen behandelnde und die allgemeine Bildung f¨ordernde Wochenschriften (u. a. „W¨ochentliche Unterhaltungen u¨ ber die Charakteristik der Menschheit“, 1790-94) sowie das „Journal f¨ur Gemeingeist“ heraus. Bartholdy, Jakob Ludwig Salomo, eigentl. Levin Salomon, Diplomat, Kunstsammler, Schriftsteller, * 13. 5. 1779 Berlin, † 27. 7. 1825 Rom. Der Sohn eines Berliner Bankiers unternahm nach dem 1796 begonnenen Studium an der Univ. K¨onigsberg eine ausge-
dehnte Bildungsreise durch Europa und Kleinasien. 1805 trat er vom j¨udischen Glauben zum Protestantismus u¨ ber und nahm den Namen B. an. 1814 begleitete er den F¨ursten → Hardenberg nach Paris, London und zum Wiener Kongreß. 1815 wurde er zum preuß. Generalkonsul in Rom, 1818 auch zum Gesandten am Toskanischen Hof ernannt. B. schrieb Z¨uge aus dem Leben des Cardinals Hercules Consalvi. Er f¨orderte die Nazarener, indem er seine Casa Bartholdy 1816-18 von Peter → Cornelius, Franz → Overbeck, Philipp → Veit und Wilhelm → Schadow mit Fresken ausmalen ließ. Felix → Mendelssohn Bartholdy war sein Neffe. C Neuer Nekr, Jg. 3
Bartholmess, Christian, auch Bartholmeß, Philosoph, * 26. 2. 1815 Geiselbronn bei Hagenau (Elsaß), † 31. 8. 1856 N¨urnberg. B. studierte in Straßburg evang. Theologie und trat 1838 eine Hauslehrerstelle bei einem franz¨osischen Marquis an. In den Pariser Intellektuellenkreisen machte er sich durch eine preisgekr¨onte Schrift De la certitude (1848), eine zweib¨andige Monographie u¨ ber Giordano Bruno und eine Geschichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften einen Namen. 1853 wurde er auf den Philosophielehrstuhl des Protestantischen Seminars in Straßburg berufen. Dort ver¨offentlichte B. u. a. eine Histoire critique des doctrines C ADB religieuses de la philosophie moderne (1855).
Bartholomae, Christian, Iranist, Indogermanist, * 21. 1. 1855 Forst ob Limmersdorf bei Bayreuth, † 9. 8. 1925 Langeoog. Das Studium der Philologie in M¨unchen und Erlangen beendete B. 1877 mit der Promotion in Leipzig (Das Verbum im Avesta), habilitierte sich 1879 in Halle (Der gˆaθaˆ Dialekt) und wurde dort 1884 zum a. o. Prof. f¨ur Sanskrit und vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft ernannt. 1885 wechselte er in gleicher Funktion an die Univ. M¨unster, wurde 1898 als o. Prof. nach Gießen und 1909 nach Straßburg berufen. Noch im selben Jahr u¨ bernahm er den Lehrstuhl seines Fachs in Heidelberg, den er bis 1924 innehatte. Einen Namen als Indogermanist machte sich B. vor allem mit dem „Bartholomaeschen Aspiratengesetz“. Als grundlegend gelten seine zahlreichen Arbeiten u¨ ber das Iranische (u. a. Altiranisches W¨orterbuch, 1904). C Bursian, Jg. 48
Bartholom¨ai, Johann Christian, evang. Theologe, Bibliothekar, * 26. 2. 1708 Ilmenau (Th¨uringen), † 1. 2. 1776 Weimar. Nach dem Studium der Theologie in Jena unterst¨utzte B. seinen Bruder, den herzoglichen Hofprediger Wilhelm Ernst → B. in Weimar, bei dessen theologisch-historischen Arbeiten. 1750 erhielt er die Stelle eines herzoglichen Bibliothekars und arbeitete f¨unf Jahre an der Verbesserung des Nominalkatalogs; 1756 begann er mit der Erarbeitung des Realkatalogs. B. ver¨offentlichte einige theologische Schriften und setzte nach dem Tod seines Bruders dessen Werk fort; 1753-58 entstanden die Teile 96-120 der Acta historicoC ADB ecclesiastica.
Bartholom¨ai, Johann Daniel, Jurist, * 18. 1. 1729 Ulm, † 31. 10. 1790 Ulm. B., Sohn eines Buchh¨andlers in Ulm, h¨orte zun¨achst in seiner Heimatstadt o¨ ffentliche Vorlesungen, studierte seit 1747 an der Univ. Halle, ging 1749 nach G¨ottingen und wurde 1752 in Erlangen zum Doktor beider Rechte und der Philosophie promoviert (De furto qualificatio). 1756 zum Ulmer Ratskonsulenten berufen, unterrichtete er daneben Geschichte und Rechtswissenschaften am dortigen Gymnasium und wurde zum Hohenlohe-Schillingf¨urstlichen Hofrat, 1788
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Bartholom¨ai zum Stadtammann ernannt. B. ver¨offentlichte u. a. einen Kurzen Entwurf der innerlichen und a¨ ußerlichen Verfassung verschiedener Staaten von Europa (1752).
Bartholom¨ai, Wilhelm Ernst, evang. Theologe, * Ilmenau, † 26. 5. 1753. Zun¨achst Pastor in einigen kleineren Orten, wurde B. 1730 Stiftsprediger und zweiter Diakon an der Stadtkirche in Weimar, 1731 Hofdiakon, 1736 Hofprediger und 1739 Beisitzer am Oberkonsistorium. Im Zuge seiner wissenschaftlichen Arbeit f¨uhrte B. die von Johann Christoph → Coler begonnenen Fortgesetzten n¨utzlichen Anmerkungen u¨ ber allerhand Materien aus der Theologie, Kirchen- und Gelehrtengeschichte (1737-42) weiter. In der Nachfolge von Colerus setzte er auch dessen Acta historico-ecclesiastica fort, deren Herausgabe nach B.s Tod sein Bruder Johann Christian → B. betreute. Bartholom¨aides, Ladislaus, evang. Theologe, Historiker, * 16. 11. 1754 Klenovec (Klein-Honter Gesoan, Ungarn), † 18. 4. 1825 Ostina (Ungarn). Der einem evang. Pfarrhaus in Ungarn entstammende B. studierte 1781-83 an der Univ. Wittenberg Theologie. Nach seiner R¨uckkehr erhielt er 1783 in Ostina im G¨om¨orer Komitat eine Predigerstelle, wurde Dekan und Notar der evang. Fraternit¨at. In seinen in deutscher Sprache geschriebenen historischen und geographischen Ver¨offentlichungen befaßte sich B. vor allem mit seiner ungarischen Heimat; er schrieb auch sprachwissenschaftliche Studien (u. a. An nomina Ungaricum et Magyaricum apud veteres propria sint vel appellativa). C Wurzbach
Bartholom¨aus von Andlau, F¨urstabt von Murbach, * um 1400, † 1. 7. 1476 Murbach (Oberelsaß). Der einer alten els¨assischen Adelsfamilie entstammende B. erlangte an der Univ. Heidelberg den Magistergrad und trat als Konventuale in das Kloster Murbach ein. Seit 1457 F¨urstabt von Murbach, bem¨uhte sich B. um die Wahrung der Rechte seines Stiftes und dessen Erhaltung in den Zeiten der Burgunderkriege. Die Ziele der humanistisch gepr¨agten Reformbewegung suchte er durch die Wiederbelebung der Studien im Kloster, den Ausbau der Klosterbibliothek, Visitationen und Neugr¨undungen von Dominikanerkl¨ostern zu erreichen. C NDB Bartholom¨aus Anglicus, auch B. de Glanvilla, B. Sudovolgius, Franziskaner, Enzyklop¨adist, * gegen Ende des 12. Jh., † nach 1250. Der aus England stammende Minorit hielt sich seit 1225 in Paris auf, studierte dort und lehrte 1230 als Baccalaureus am Ordensstudium der Minoriten. 1231 ging er als Lektor nach Magdeburg. Um 1240 vollendete B. A. sein Lebenswerk, die Enzyklop¨adie De proprietatibus rerum (19 B¨ucher; u¨ berliefert in 100 Codices und 80 alten Druckauflagen; Erstdruck 1488; Nachdr. 1964), die bis ins 16. Jh. weite Verbreitung erfuhr und in zahlreiche Sprachen u¨ bersetzt wurde. B. A. selbst benutzte neben der Bibel zahlreiche patristische und mittelalterliche Quellen, mehrere arabische Quellen sowie profanantike Schriften (u. a. von Aristoteles und Plinius). Mit ihrer naturwissenschaftlichen Orientierung hat die Enzyklop¨adie selbst auf Theologie (→ Hugo von Straßburg), Predigt (→ Berthold von Regensburg) und Spiritualit¨at (Johannes Mauburnus) Einfluß gewonnen und diente auch im Bereich der Literatur (Dante, Shakespeare) als Quelle. C LexMA Bartholom¨aus von Bolsenheim, Dominikaner, † 1362. Nach dem Eintritt in das Straßburger Dominikanerkloster wurde B. von seinem Ordenskapitel an die Univ. Paris entsandt. 1354-62 leitete er die dominikanische Ordensprovinz Teutonia und f¨orderte den Mystiker → Heinrich Seuse.
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1357 verfaßte er zugunsten der Mendikanten eine gegen den Erzbischof Richard Fitzralph von Armagh gerichtete Streitschrift. In einem Dokument wird B. als Magister S. Palatii bezeichnet und taucht in einer Handschrift der Bibliothek Wolfenb¨uttel als „de Brisaco“ auf. C NDB
Bartholom¨aus (Fr¨owein), Abt von Ebrach, † 25. 7. 1430. Von seiner Abtei Ebrach wurde B., dessen Familienname wahrscheinlich Fr¨owein lautete, zum Studium der Theologie nach Wien entsandt und nach seiner R¨uckkehr von Bischof → Johann von Egloffstein zum Prof. der Theologie an der neugegr¨undeten Univ. W¨urzburg berufen. Dort las er um 1410 den „Liber sententiarum“, d. h. er lehrte Dogmatik. Als Kaiser → Sigismund den Abt von Ebrach zum Konzil von Konstanz einlud, z¨ahlte B. als gelehrter Theologe zu dessen Begleitern. In Konstanz geh¨orte er der Kommission an, die mit der Untersuchung der Lehre des Reformators Jan Hus betraut war. Nach dem Ende des Konzils ging B. mit dem Bischof von Worms auf Pilgerfahrt in das Heilige Land; 1426 w¨ahlten ihn seine Mitbr¨uder zum Abt des Klosters Ebrach. C VL
Bartholom¨aus von K¨oln, Klassischer Philologe, Philosoph, Humanist, * vor 1494, † Minden. B. studierte mit → Erasmus von Rotterdam in Deventer und lehrte dort selbst die griechische und lateinische Sprache. Um die Hebung des Lehrniveaus der Philosophie und der klassischen Sprachen, besonders des Lateinischen, bem¨uht, wirkte er in Zwolle, ging von dort aus nach K¨oln und wurde zum Rektor der Schule von Minden berufen. Er galt als bedeutender Gelehrter, der sich um die Verbesserung des Bildungswesens und der Wissenschaften am Niederrhein verdient gemacht hat. Neben lateinischen Gedichten und einem Lob der Philosophie gab B. u. a. eine Epistola mythologica, cum quorundam difficilium vocabulorum interpretatione (1501) heraus.
Bartholom¨aus von Maastricht, Kart¨auser, Theologe, * um 1380 Maastricht, † 4. (16. ?) 6. 1446 K¨oln. Nach dem Erlangen des Grades eines Magister Artium an der Univ. Heidelberg wurde B. dort zum Prof. der Philosophie berufen, hatte 1412-13 das Rektorat der Univ. inne und erhielt in den zwanziger Jahren einen Lehrstuhl der Theologie. Als Anh¨anger der konziliaren Theorie nahm er 1431-34 zeitweise am Konzil von Basel teil. 1434 trat er in die Kartause von Roermond ein, 1442 wurde er deren Prior; er war auch Visitator der rheinischen Provinz seines Ordens. 1438-44 lehrte B. nachweislich wieder in K¨oln Theologie; 1446 zog er sich in die dortige Kartause zur¨uck. C NDB
Barthscherer, Aegidius, Benediktiner, kath. Theologe, * 4. 7. 1730 Neumarkt / Oberpfalz, † 12. 11. 1799. B. trat 1748 in das Benediktinerkloster Michelfeld (Oberpfalz) ein, legte 1754 die Ordensgel¨ubde ab und lehrte in seinem Kloster und in Benediktbeuern Theologie. Sp¨ater Novizenmeister der Kongregation, wurde er 1783 zum Abt von Michelfeld gew¨ahlt. Eine seiner im Druck erschienenen Schriften war die Theologia dogmatica in sua theoremata per singulos tractatus divisa (1771). B. war auch als Violinvirtuose bekannt.
Bartisch, Georg, Augenarzt, * 1535 K¨onigsbr¨uck bei Dresden, † um 1607 Dresden (?). Urspr¨unglich Bader, eignete B. sich autodidaktisch Kenntnisse der Augenheilkunde an. Nach seiner Berufung zum kurs¨achsischen Hofokulisten ver¨offentlichte er 1583 eine lange als Standardwerk geltende Ophthalmologeia, d. i. Augendienst. Neuer und wohlbegr¨undeter Bericht von Ursachen und Erkenntnis aller Gebrechen, Sch¨aden und M¨angel der Augen und des Gesichtes (Neuauflage 1686). In diesem ersten Buch der Augenheilkunde in deutscher Sprache gibt er Anweisung f¨ur Operations- und Heilmethoden.
Bartram Bartl, Franz Konrad, Mathematiker, Instrumentenbauer, * 14. 7. 1750 Weypert (B¨ohmen), † 28. 10. 1813 Olm¨utz. Das 1771 in Prag begonnene Studium der Philosophie, der Jurisprudenz und der Mathematik beendete B. 1779 mit der Promotion. Schon seit 1775 unterrichtete er Arithmetik, Geometrie, Mathematik und Baukunst an der Normalschule in Prag. 1779 wurde er o. Prof. der Mathematik an der Univ. Prag, 1782 in Olm¨utz. Daneben widmete sich B. dem Harmonikaspiel und entwickelte die Tastenharmonika, indem er die Glasharmonika mit einer Klaviatur versah. Neben verschiedenen mathematischen Untersuchungen ¨ und Lehrb¨uchern schrieb B. Uber den Mechanismus meiner Tasten-Harmonika (1799).
Bartling, Eduard (Arnold), Industrieller, * 19. 6. 1845 Lenhausen (Westfalen), † 3. 8. 1927 Wiesbaden. Nach einer technischen und kaufm¨annischen Ausbildung leitete B. als Ingenieur ein Tiefbauunternehmen. Als selbst¨andiger Unternehmer errichtete er u. a. Festungsbauten, Bahn-, Kanal- und Hafenanlagen. Seit 1882 baute er im Inund Ausland Dampfziegeleien, Kalkbrennereien, Zellulose-, Papier- und Keramikfabriken. B. entwickelte Großbagger f¨ur den Tagebau in seinen Braunkohlerevieren und f¨uhrte eine neue Methode der Brikettherstellung ein. Als nationalliberaler Politiker geh¨orte er 1891-1900 dem Wiesbadener Stadtrat, seit 1903 dem Abgeordnetenhaus der Provinz HessenNassau, 1903-07 und 1912-18 dem Reichstag an. Bartling, Friedrich Gottlieb, Botaniker, * 9. 12. 1798 Hannover, † 19. 11. 1875 G¨ottingen. Schon w¨ahrend des Studiums der Naturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Botanik in G¨ottingen unternahm B. eine Forschungsreise nach Ungarn und an die dalmatinische K¨uste, deren Ergebnisse er 1820 in seiner Dissertation (De littoribus ac insulis maris Liburnici) festhielt. 1822 trat B. in G¨ottingen eine Privatdozentur f¨ur Botanik an und wurde 1837 o. Prof. der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens. 1843 wurde B. in die G¨ottinger Akademie der Wissenschaften, 1862 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Als sein Hauptwerk gelten die Ordines naturales plantarum eorumque characteres et affinitates adjecta generum enumeratione (1830), worin er kleinere Pflanzenfamilien zu Gattungen und Ordnungen zusammenfaßte. Dabei erwiesen sich seine Zuordnungen u. a. der Bromeliaceae auch nach den Entdeckungen Charles Darwins als g¨ultig. C G¨ott Gel Bartmann, Bernhard, kath. Theologe, * 26. 5. 1860 Madfeld (Westfalen), † 1. 8. 1938 Paderborn. Nach dem Besuch des Lehrerseminars unterrichtete B., Sohn eines Tagel¨ohners, 1880-82 in Bochum-Werne, holte das humanistische Abitur nach und studierte Theologie in M¨unster, W¨urzburg, Eichst¨att und Paderborn. 1888 empfing er die Priesterweihe, wirkte als Seelsorger und Religionslehrer in Hamm und Dortmund und wurde 1898 auf den Lehrstuhl der Dogmatik an der Bisch¨oflichen Philosophisch-Theologischen Fakult¨at in Paderborn berufen. B. war Mitarbeiter der Zeitschrift „Theologie und Glaube“ und ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch der Dogmatik (2 Bde., 1932, 81932). C LThK
Bartmann, Simon Wilhelm, Jurist, Politiker, * 13. 7. 1878 Brestovac (Banat), † 9. 11. 1944 Panˇcevo. Der einer donauschw¨abischen Familie entstammende Bauernsohn B. ließ sich nach dem Besuch des ungarischen Gymnasiums in Pantschowa (Panˇcevo) und dem Studium der Rechtswissenschaften in Klausenburg und Budapest 1906 als Rechtsanwalt in Panschowa nieder; 1919 wurde er Senatspr¨asident beim dortigen Landgericht. 1908 kandidierte er f¨ur die Ungarl¨andische Deutsche Volkspartei und war 1923-25
und 1927-29 Abgeordneter im Parlament in Belgrad. Wegen seines Engagements f¨ur die kulturelle Selbst¨andigkeit der Donauschwaben wurde B. 1920 kurzzeitig inhaftiert, jedoch rehabilitiert und als Senatspr¨asident wiedereingesetzt. 1941-44 war B. Notar des Gerichtsbezirks Panˇcevo.
Bartmuß, Richard, Komponist, Musiker, * 23. 12. 1859 Bitterfeld, † 25. 12. 1910 Dessau. Nach dem Besuch des Kgl. Instituts f¨ur Kirchenmusik und der Kompositionsschule der Akademie in Berlin wurde B., Sohn eines Organisten, zum Organisten der Dessauer Hauptkirche und 1890 zum Hoforganisten berufen. 1896 erfolgte seine Ernennung zum Kgl. Musikdirektor, 1902 die zum Professor. Neben diversen Orgelwerken komponierte B. das Oratorium Der Tag der Pfingsten, Kantaten, Motetten, Lieder, Frauen- und M¨annerchorwerke. Zusamen mit Julius → Smend gab er Liturgische Vespern zur Neugestaltung des C MGG protestantischen Gottesdienstes heraus. Bartning, Ludwig, Maler, * 30. 4. 1876 Hamburg, † Dezember 1956 Berlin. B. begann sein Kunststudium an der Privatschule Ludwig → Schmid-Reutte in M¨unchen, nahm Privatunterricht bei P. → Schultze-Naumburg und studierte in Rom und Karlsruhe. Bereits 1899 stellte er in der M¨unchner Sezession die Landschaftsbilder Pappeln und Herbst aus; 1901 siedelte er nach Berlin u¨ ber. Seit 1913 unterrichtete er, unterbrochen vom Ersten Weltkrieg, am Berliner Kunstgewerbemuseum und wurde sp¨ater Prof. an den Vereinigten Staatsschulen f¨ur Freie und Angewandte Kunst in Berlin. Als Maler wie als Graphiker spezialisierte sich B. vor allem auf Blumenmotive und schuf Illustrationen f¨ur Botanikb¨ucher. B.s Bruder war der Architekt Otto → B. C AKL
Bartning, Otto, Architekt, * 12. 4. 1883 Karlsruhe, † 20. 2. 1959 Darmstadt. Nach dem Studium an den Technischen Hochschulen Berlin und Karlsruhe ließ sich B., Bruder von Ludwig → B., 1905 als freier Architekt in Berlin nieder. Seinem ersten Kirchenbau (1906) f¨ur die Los-von-Rom-Gemeinde in Peggau in der Steiermark folgten Auftr¨age f¨ur Kirchen, Bet- und Gemein¨ deh¨auser vor allem in der protestantischen Diaspora Osterreichs und B¨ohmens. Bekannt wurde B. durch sein Werk Vom neuen Kirchenbau (1919) und sein Idealmodell einer „Sternkirche“ (1922). 1926-30 leitete er die Hochschule f¨ur Handwerk und Baukunst in Weimar; anschließend arbeitete er in Berlin und Darmstadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er u. a. Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten, 1955-59 st¨adtebaulicher Berater in Berlin (West). B. war ein bedeutender Erneuerer des evang. Kirchenbaus in der ersten H¨alfte des 20. Jahrhunderts. Er baute rund 150 Kirchen- und Gemeindezentren. C Bad Bio N.F., Bd 2
Bartram, Walter, Politiker, * 21. 4. 1893 Neum¨unster, † 29. 9. 1971 Latendorf. B., Sohn eines preuß. Kommerzienrats, studierte in Freiburg, Kiel und W¨urzburg Volkswirtschaft und Jura, wurde nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1919 promoviert und leitete ¨ seit 1921 Olfabriken in Bremen, Mannheim und Harburg. 1920-33 Mitglied der Deutschen Volkspartei, trat B. 1937 in die NSDAP ein und geh¨orte seit 1946 der CDU an. 1947 wurde er Inhaber einer Kraftfutterfabrik. 1950 / 51 war B. Ministerpr¨asident von Schleswig-Holstein, seit 1951 CDUVorsitzender und Kreisvorsitzender von Neum¨unster. 1952 wurde er Vorsitzender der Deutschen Olympischen Gesellschaft und zog im selben Jahr als CDU-Abgeordneter in den Deutschen Bundestag ein, dem er bis 1957 angeh¨orte. C MdB
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Bartsch Bartsch, (Johann) Adam Ritter von, o¨ sterr. Kupferstecher,
Bartsch, Karl (Friedrich Adolf Konrad), Germanist,
Schriftsteller, * 7. 8. 1757 Wien, † 21. 8. 1821 Wien. Seine Ausbildung zum Kupferstecher erhielt B. bei A. M. J. → Doman¨ock und an der Schmuzerschen Kupferstecherakademie in Wien. 1777 trat B. eine Stelle als Skriptor in der Kaiserlichen Bibliothek an, wurde von deren Pr¨afekten Gottfried van → Swieten mit der Betreuung der Kupferstichabteilung betraut und 1791 zu deren Direktor ernannt. B.s Verdienst lag in der erheblichen Vergr¨oßerung der Best¨ande und der Neuorganisation der Sammlung. Er ver¨offentlichte u. a. das Werkverzeichnis Le Peintre-graveur (21 Bde., 1803-21), das in modernisierter Form als The illustrated Bartsch (1978 ff.) in New York erschien. C AKL
Romanist, * 25. 2. 1832 Sprottau (Schlesien), † 19. 9. 1888 Heidelberg. B., Sohn eines preuß. Beamten, bezog 1849 die Univ. Breslau, wechselte von der Klassischen Philologie zum Studium der germanischen und romanischen Sprachen u¨ ber, studierte 1851 / 52 u. a. bei Wilhelm → Grimm in Berlin und wurde 1853 in Halle promoviert (De Otfridi arte metrica). Nach Studienaufenthalten in Großbritannien und Frankreich, wo er provencalische Handschriften erforschte, ging er 1855 als Kustos an die Bibliothek des Germanischen Nationalmuseums N¨urnberg. 1858 folgte er einem Ruf als o. Prof. der deutschen und romanischen Philologie an die Univ. Rostock und begr¨undete dort das erste Germanistische Institut in Deutschland; 1871-88 hatte er eine Professur in Heidelberg inne. Neben zahlreichen Untersuchungen zum Mittelhochdeutschen und Altfranz¨osischen, dem Nibelungenlied und Walther von der Vogelweide (1875) gab B. 1869-77 die germanistische Zeitschrift „Germania“ heraus. C Germanistik
Bartsch, Jakob, Mathematiker, Astronom, Mediziner, * 1600 Lauban (Oberlausitz), † 26. 12. 1633 Lauban. B. studierte Mathematik und Astronomie in Leipzig, Medizin in Padua und wurde 1630 zum Dr. med. promoviert. In Straßburg stellte er einige astronomische Werke vor, unter denen sich auch eine 1624 entstandene drehbare Scheibe befand, die eine Darstellung des Stands der Planeten und des Sternenhimmels in den verschiedenen Jahreszeiten erm¨oglichte. Darauf bildete B. auch neue Sternbilder und elf statt der bisherigen sechs Sterngr¨oßen ab. 1625 schuf er mit seinem Bruder Friedrich B. eine Himmelskugel und vollendete 1627 den Coelum stellarum Christianum des Julius → Schiller. 1628 gab B. ein aus vier Sternkarten bestehendes Planiglobium heraus und assistierte in der Folgezeit seinem Schwiegervater Johannes → Kepler bei astronomischen BeC NDB rechnungen. Bartsch, Johann Gottfried, Kupferstecher, erw¨ahnt um 1670-90 Schweidnitz (Schlesien). B., der 1674-84 in Berlin als Hofkupferstecher besch¨aftigt war, schuf vor allem Darstellungen von Ereignissen aus der brandenburgischen Geschichte und neben anderen Landschaftsbildern eine sechzehnbl¨attrige Sammlung von Ansichten aus Potsdam (1672). In den neunziger Jahren war er in Breslau t¨atig. C AKL Bartsch, Johann Leopold Gustav, Schauspieler, Dramatiker, * 6. 12. 1797 Rothsirben (Schlesien), † 18. 11. 1840 Berlin. Nachdem er schon in jungen Jahren seinem Vater im Amt eines Elementarschullehrers und Organisten nachgefolgt war und als Soldat an den Kriegen gegen Napoleon teilgenommen hatte, wurde B. 1817 Mitglied des Breslauer Theaterensembles. 1818 schloß er sich dem Tourneetheater der Boutenopschen Gesellschaft in Schweidnitz an. Seit 1823 hatte B. ein Engagement am K¨onigst¨adtischen Theater in Berlin, wo er bis zu seinem Tod „D¨ummlinge“ darstellte. Er bet¨atigte sich als Lithograph und schrieb verschiedene B¨uhnenst¨ucke, darunter Possen, komische Singspiele, Dramen und ein die Geschichte Kaspar → Hausers behandelndes Schauspiel Der Wahn und seine Schrecken (o. J.). Bartsch, Johann Wilhelm, Landschaftsdirektor, * 23. 2. 1750 Leipzig, † 16. 10. 1828. Nach dem Besuch der Thomasschule studierte B. in Leipzig Mathematik, Physik und Rechtswissenschaften; 1778 ging er als Lehrer der Mathematik an das Ruthenum in Gera. 1798 erbte er das Rittergut Zeulsdorf; 1813 zog er nach Gera, um sich dort seinen astronomischen und physikalischen Studien zu widmen. Als Besitzer eines anderen Ritterguts schon seit 1778 Landstand, wurde B. 1828 zum Landschaftsdirektor erhoben. Dem Gymnasium von Gera hinterließ er ein Legat f¨ur die Besoldung eines speziellen Lehrers f¨ur Mathematik, Physik und Naturwissenschaften. C Neuer Nekr, Jg. 7
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Bartsch, Rudolf Hans, o¨ sterr. Schriftsteller, * 11. 2. 1873 Graz, † 7. 2. 1952 Graz. B., Sohn eines Milit¨aroberarztes, wurde 1895 als Leutnant an das Kriegsarchiv in Wien beordert, geh¨orte 1901-03 als a. o. Mitglied dem Institut f¨ur o¨ sterreichische Geschichtsforschung an und trat 1911 als Hauptmann in den Ruhestand. 1914 reaktiviert, nahm er bis 1917 wieder seine Stelle im Kriegsarchiv ein und bet¨atigte sich seit 1918 als freier Schriftsteller. Nach ersten literarischen Erfolgen erzielte B. mit den 1908 erschienenen Zw¨olf aus der Steiermark und ¨ seinen sp¨ateren Romanen aus dem alten Osterreich Millionenauflagen. B.s Roman Schwammerl (1912), eine banalisierende Lebensgeschichte Franz → Schuberts, wurde 1916 von Heinrich → Bert´e als Operette Dreim¨aderlhaus vertont und sp¨ater auch verfilmt. C Killy
Bartsch, Zacharias, o¨ sterr. Formschneider, Drucker, Verleger, erw¨ahnt seit 1559, † vor 1588. Zun¨achst als Formschneider t¨atig, richtete B. 1563 mit Hilfe eines Darlehens der Landschaft und zusammen mit dem Drucker Tobias Lauterbach eine Druckerei in Graz ein. Nach dessen Tod 1566 f¨uhrte er die Presse allein weiter und wurde 1578 zum besoldeten „landschaftlichen Drucker“ ernannt, hatte aber schon vorher Verlautbarungen und amtliche Verordnungen der Landschaft gedruckt. Er schuf Kalender, Gratulationscarmina, Lobreden und neben anderen gr¨oßeren Druckwerken 1567 ein aufwendig gestaltetes, mit Holzschnitten versehenes Wappenbuch der Adligen, St¨adte und Herrschaften der Steiermark. 1578 kam B. wegen eines Verstoßes gegen die Zensur einige Zeit in Haft, 1579 entzog ihm die Landschaft seine Druckerei. C AKL
Bartsch von Sigsfeld, (Rudolf Max Wilhelm) Hans, Konstrukteur, * 9. 2. 1861 Bernburg (Anhalt), † 1. 2. 1902 Zwijndrecht bei Antwerpen. Nach dem Studium der Ingenieurwissenschaften in Berlin und einer bei Carl Opitz absolvierten Ausbildung zum Ballonfahrer f¨uhrte B., Sohn eines anhaltischen Forst- und Hofj¨agermeisters, mit einem selbstgebauten und nach seinem Urgroßvater m¨utterlicherseits „Herder“ benannten Ballon wissenschaftliche Untersuchungen durch. Ende des achtziger Jahre konstruierte er zusammen mit August von → Parseval und August → Riedinger in Augsburg und M¨unchen Drachenballone mit verbessertem Gleichgewicht, die als erste st¨andige Beobachtungsstationen wissenschaftlichen und milit¨arischen Zwecken dienten. 1896 trat B. in Berlin in die Luftschiffertruppe ein, avancierte zum Hauptmann, 1900 zum Lehrer an der Milit¨ar-Luftschifferschule und wurde 1901 in die erste milit¨arische Pr¨ufungskommission f¨ur lenkbare Luftschiffe und Flugapparate berufen. Er
Barwick war Mitkonstrukteur des lenkbaren Luftschiffs des Grafen Ferdinand → Zeppelin. Bei einer Ballonfahrt zur Messung der Elektrizit¨atsstreuung in Holland kam B. ums Leben. C NDB
Bartscherer, Franz, Konstrukteur, Unternehmer, * 1877, † 1960. B. studierte Maschinenbau an der TH M¨unchen und trat 1900 in die MAN ein, wo er zun¨achst als Konstrukteur von Dampfmaschinen und -turbinen im Werk N¨urnberg, sp¨ater im technischen B¨uro der Firma in D¨usseldorf t¨atig war. 1906 wurde er Leiter der Gaszentrale der Thyssen Stahl AG in Bruckhausen und stieg in der Folge im Unternehmen auf, bis er 1934 zum Vorstandsvorsitzenden der neu gegr¨undeten August Thyssen-H¨utte AG, in der alle H¨uttenwerke im Duisburger Raum zusammengefaßt waren, ernannt wurde. Bis zu seiner Pensionierung 1943 war B. damit Leiter des gr¨oßten H¨uttenwerks Europas (Rohstahlproduktion 1943: 3,2 Millionen Tonnen). Sein besonderes Verdienst war die Einf¨uhrung der Betriebswirtschaft als Kontrollinstrument im H¨uttenwesen. B. besch¨aftigte sich auch mit technischen Problemen wie der Verbesserung der Hochofentechnik, der Walzverfahren und der Stahlveredelungen und erwarb zahlreiche deutsche und ausl¨andische Patente. 1930 verlieh ihm die Bergakademie Freiberg (Sachsen) die W¨urde eines Dr.-Ing. E. h.
Bartzsch, Karl Friedrich, evang. Theologe, * 26. 10. 1767 Pirna (Sachsen), † 21. 3. 1832 Pirna. B. schloß das 1787 begonnene Studium der Theologie in Wittenberg 1789 mit der philosophischen Doktorw¨urde ab und nahm nach bestandenem Kandidatenexamen 1790 in Leipzig das Studium der neuen Sprachen auf. 1791-97 lebte er als Hauslehrer einer adeligen Familie u. a. in Dresden. 1798 erhielt er eine Stelle als Pfarrsubstitut in Marienberg und wurde 1807 dort, 1809 in Pirna zum Diakon berufen. 1816 erfolgte seine Ernennung zum Archidiakon von Pirna, 1823 wurde ihm interimistisch auch das Amt des Superintendenten anvertraut. B. engagierte sich im sozialen Bereich, in der Schul- und Armenpflege, geh¨orte der Marienberger „Gesellschaft der Volksfreunde“ zur Bek¨ampfung der Armut an und leitete Waisenversorgungsvereine in Pirna und Meißen. Neben Beitr¨agen zur Erkl¨arung der Bibel (1817) erschienen zahlreiche seiner Predigten im Druck. C Neuer Nekr, Jg. 10
Baruch, Jakob, Bankier, * 24. 10. 1763 Bad Mergentheim, † 19. 4. 1827 Frankfurt / Main. B., Sohn von Simon → B., ließ sich im Alter von achtzehn Jahren in Frankfurt / Main als Gesch¨aftsmann nieder, betrieb ein Bankgesch¨aft und war u. a. finanzieller Ratgeber des Hauses Habsburg und von Clemens → MetternichWinneburg. Besondere Verdienste erwarb er sich als Vertreter der Israelitischen Gemeinde Frankfurts, f¨ur die er zuerst auf dem Reichstag in Regensburg (1803), wenig sp¨ater auch in Wien eintrat; dort konnte er die Wiedereinf¨uhrung einer gegen Juden gerichteten Handelseinschr¨ankung auf Frankfurter Messen verhindern. Beim Wiener Kongreß (1814) setzte sich B. f¨ur die B¨urgerrechte der Mitglieder seiner Gemeinde ein. Seinem Verhandlungsgeschick war es zu verdanken, daß den Frankfurter Juden 1824 per Gesetz der Status „Israelitische B¨urger“ zuerkannt wurde. B. war der Vater von Juda L¨ob B., der nach der Taufe unter dem Namen Ludwig → B¨orne als Schriftsteller bekannt wurde. C Frankf Biogr Baruch, Simon, kurk¨olnischer Hofagent, * um 1716 Oedheim bei Neckarsulm, † 8. 10. 1802 Mergentheim. Als Sohn eines j¨udischen Bediensteten des Deutschen Ordens in Mergentheim aufgewachsen, avancierte B. dort zum Hoffaktor und trat sp¨ater in derselben Funktion in die Dienste des Kurf¨ursten von K¨oln. Er stieg zum Hofagenten auf,
dirigierte die Lieferungen an den Bonner Hof, war Brot- und Fouragelieferant der kurk¨olnischen und westf¨alischen Truppen und finanzierte u. a. die rege Baut¨atigkeit des K¨olner Kurf¨ursten → Clemens August. Sein Sohn Jakob → gr¨undete in Frankfurt / Main ein Bankhaus. Dessen Sohn L¨ob wiederum ließ sich taufen und wurde als Ludwig → B¨orne zu einem der bedeutendsten politischen Publizisten des 19. Jh. in Deutschland. C NDB
Barvitius, Johann Anton, auch Barwitz, Reichshofrat, * um 1555 Niederlande, † 1620 K¨oln. Nach dem Studium der Rhetorik und der Jurisprudenz war B. seit 1575 in K¨oln als Nachrichtenagent f¨ur die kath. F¨ursten und die Kurie t¨atig, seit 1581 in gleicher Funktion in bayerischen Diensten. 1588 erfolgte seine Ernennung zum ¨ bayerischen Hofrat. Nach dem Ubertritt in den Dienst Kaiser → Rudolfs II. 1589 zun¨achst Sekret¨ar der Prager Hofkanzlei, wurde B. 1593 Reichshofrat, 1595 in den Ritterstand erhoben, 1608 kaiserlicher Geheimer Rat. 1612 von Kaiser → Matthias in den Geheimen Rat u¨ bernommen, vertrat B. darin die streng katholische, Kardinal Melchior → Khlesl feindlich gesonnene Richtung. C NDB
Barvitius, (Anton) Viktor, auch Victor B., Maler, * 28. 3. 1834 Prag, † 9. 6. 1902 Prag. Seine k¨unstlerische Ausbildung begann B. an der Prager Kunstakademie und setzte sie 1865-68 in Paris fort. Dort widmete er sich vor allem der Genremalerei und spezialisierte sich schließlich auf die Tiermalerei. Als Hauptmotive w¨ahlte er Pferde in bretonischer und normannischer Landschaft. Einige dieser Bilder kaufte das o¨ sterr. Kaiserhaus an, der Großteil ging jedoch nach Amerika. Nach der R¨uckkehr nach Prag wurde B. zum Galerie-Inspektor der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde in B¨ohmen ernannt und mit der Aufgabe betraut, an der Prager Malerakademie Perspektive zu lehren. In Privath¨ausern und staatlichen Geb¨auden f¨uhrte er figurale Fresken aus. Neben einem Galerie-Katalog, einer kunsthistorischen Abhandlung u¨ ber Prag und einem Bildband u¨ ber die Donaumonarchie ver¨offentlichte B. u. a. Die Neuzeit auf dem Gebiete der Malerei und Plastik in B¨ohmen. C AKL
Barwich, Heinz, Physiker, * 22. 7. 1911 Berlin, † 10. 4. 1966 K¨oln. Der Sohn eines Buchhalters studierte 1929-32 an der TH Berlin-Charlottenburg Elektrotechnik und Physik, war 1932-34 Assistent bei Gustav → Hertz und wurde 1936 mit der Arbeit Die Trennung von Gasgemischen durch Diffusion in str¨omendem Quecksilberdampf promoviert. 1934-45 war B. wissenschaftlicher Mitarbeiter in der milit¨arischen Forschung und besch¨aftigte sich mit der Verbesserung von Torpedoz¨undern f¨ur die Marine. 1945-55 geh¨orte er einer deutschen Expertengruppe an, die in der UdSSR das f¨ur die Produktion von Kernwaffen wichtige Verfahren der Isotopentrennung von Uranisotopen durch Gasdiffusion entwickelte. ¨ Von 1955 bis zu seiner Ubersiedlung in die USA 1964 und die Bundesrepublik Deutschland 1965 besaß B. eine o. Professur f¨ur Kerntechnik an der TH Dresden und leitete das Zentralinstitut f¨ur Kernforschung in Rossendorf. 1961-64 war er Vizedirektor des Vereinigten Instituts f¨ur Kernforschung in Dubna bei Moskau. C DDR Barwick, Karl, Klassischer Philologe, * 14. 5. 1883 Oberndorf (Rheinpfalz), † 23. 3. 1965 Jena. B., Sohn eines Landwirts, begann ein Studium der Rechtswissenschaften in Straßburg, wechselte aber im folgenden Jahr nach M¨unchen, um Klassische Philologie, Arch¨aologie und Geschichte zu studieren. Er setzte seine Ausbildung bei Georg → G¨otz in Jena fort, wurde 1908 promoviert und unterrichtete anschließend am Gymnasium in Hildburghausen (Th¨uringen). 1912 habilitierte er sich in Jena, wurde dort
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Barwig 1919 zum a. o. Prof. und 1925 als o. Prof. zum Nachfolger seines Lehrers G¨otz ernannt. 1954 wurde B. emeritiert. Zu den zentralen Themen seiner wissenschaftlichen Arbeit z¨ahlten die antike Grammatik und Rhetorik (Remmius Palaemon und die r¨omische Ars grammatica, 1922; Der Dialogus de oratoribus des Tacitus, 1954; Das rednerische Bildungsideal Ciceros, 1963). Weitere Arbeiten galten den Schriften Caesars (u. a. Caesars Bellum civile, 1951) und der r¨omischen Poesie. Seit 1951 war B. ordentliches Mitglied der S¨achsischen Akademie der Wissenschaften.
Barwig, Franz, o¨ sterr. Bildhauer, * 19. 4. 1868 Sch¨onau bei Neutitschein (M¨ahren), † 15. 5. 1931 Wien. B. erhielt seine Ausbildung zum Bildhauer 1888-97 an der Wiener Kunstgewerbeschule und unterrichtete seit 1904 an der Holzbearbeitungsschule in Villach. 1909 wurde er Prof. und Leiter der Spezialklasse f¨ur Holzbildhauerei an der Kunstgewerbeschule. Seit 1921 arbeitete er als freier K¨unstler. Neben Schnitzereien und Skulpturen f¨ur Kirchen schuf B. Tierfiguren, Akte, Kinder- und Bauerngruppen aus Holz oder Bronze im Stil des Impressionismus. Er geh¨orte dem Hagenbund an und beteilgte sich als Mitglied der Wiener Sezession an deren Ausstellung von 1931. C Leb Sudeten, Bd 3
Bary, Alfred (Erwin Cajetan Maria) von, S¨anger, Neurologe, * 18. 1. 1873 La Valetta (Malta), † 13. 9. 1926 M¨unchen. Nach dem Studium der Medizin und der Naturwissenschaften in Leipzig und M¨unchen (Promotion 1897, Carcinim im jugendlichen Alter) war B., Sohn Erwin von → B.s, bis 1901 als Assistenzarzt an der Leipziger Universit¨ats-Irrenklinik besch¨aftigt. Nebenbei bildete er seine baritonale Tenorstimme aus und geh¨orte 1902-12 als Heldentenor dem Ensemble der Dresdner Hofoper an. 1912 wurde B. an der M¨unchner Hofoper engagiert; 1918 kehrte er zu seinem Arztberuf zur¨uck. Seit 1904 trat B. bei den Bayreuther Festspielen in den großen Heldenrollen auf. C Kutsch
Bary, Anton Heinrich de, auch Heinrich Anton de B., Botaniker, Mediziner, * 26. 1. 1831 Frankfurt / Main, † 22. 1. 1888 Straßburg. Der einer uradligen, im 17. Jh. in das Frankfurter Patriziat integrierten Hugenottenfamilie entstammende B., Sohn eines Arztes, studierte seit 1849 in Heidelberg und Marburg Medizin und wurde 1853 in Berlin promoviert (De plantarum generatione sexuali). Noch im selben Jahr habilitierte er sich in T¨ubingen f¨ur Botanik. 1855 wurde er a. o., 1859 o. Prof. an der Univ. Freiburg / Breisgau, 1878 in Halle, wo er auch Direktor des Botanischen Gartens war. 1872 nahm er eine an der neugegr¨undeten Univ. in Straßburg an, die ihn zu ihrem ersten Rektor w¨ahlte. B. galt als einer der wichtigsten Botaniker und als der bedeutendste Mykologe seiner Zeit. Er ver¨offentlichte u. a. Morphologie und Biologie der Pilze, Myzetozoen und Bakterien (1860). B. war der Entdecker der Flechtensymbiose, der Sexualit¨at der Pilze (1861) und der Monogamie der Farne. C Wußing Bary, Erwin von, Mediziner, Forschungsreisender, * 22. 2. 1846 M¨unchen, † Oktober 1877 Ghat (heute Libyen). Nach dem Studium der Medizin in Leipzig, Z¨urich und ¨ M¨unchen (Promotion 1869, Uber die Flexionen des Uterus) nahm B. als Milit¨ararzt am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 teil und war kurzzeitig als f¨urstlicher Leibarzt in Sondershausen t¨atig. 1872 siedelte er zur Vorbereitung einer Nordafrikareise nach Malta u¨ ber. 1875 unternahm er von Tripolis aus eine erste Tour durch das Goriangebirge und trat im Sommer 1876 eine Expedition in das Land der Tuaregs an, die ihn u¨ ber Ghat im S¨udwesten des heutigen Libyens bis nach A¨ır im heutigen Niger f¨uhrte. Nach der R¨uckkehr nach
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Ghat verstarb er unter ungekl¨arten Umst¨anden. Seine Reiseberichte f¨ur die „Berliner Zeitschrift f¨ur Erdkunde“ und sein Tagebuch erschienen 1898 als Le rapport d’un Europ´een sur Ghat et les Touareg de l’A¨ır in Paris. Er war der Vater von Alfred von → B. C Embacher
Bary, Heinrich Albert von, Unternehmer, * 26. 3. 1847 Barmen (heute zu Wuppertal), † 14. 12. 1929 Berlin. B., der einer im 16. Jh. aus Frankreich nach Deutschland u¨ bergesiedelten Adelsfamilie entstammte, erhielt in Argentinien eine kaufm¨annische Ausbildung. 1876 kehrte er als Vertreter eines argentinischen Bankhauses nach Europa zur¨uck und richtete in Antwerpen eine eigene Firma ein, die seit den achtziger Jahren bis zum Ende des Ersten Weltkriegs die Antwerpener Generalvertretung der Schiffahrtsgesellschaft Norddeutsche Lloyd wahrnahm. In den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jh. gr¨undete B. eine Reihe von Aktiengesellschaften, die u. a. der Viehzucht und der Herstellung von Fleischextrakt und Konserven in Argentinien galten. Seit 1900 vertrat er auch die Roland-Linie und die DeutschOstafrika-Linie. Seine alte Firma wandelte er in die Aktiengesellschaft „Compagnie Commerciale Belge“ um, die sich in eine gr¨oßere Anzahl weiterer Gesellschaften untergliederte – mit B. als Pr¨asidenten. 1911 durch K¨onig Leopold II. mit einer Sch¨urfkonzession in der Provinz Katanga im Kongo ausgestattet, gr¨undete er die Soci´et´e Anversoise pour la Recherche des Mines au Katanga, im selben Jahr die Soci´et´e Fonci`ere Belgo-Canadienne, die in Kanada Hypothekengesch¨afte betrieb, und 1912 den Cr´edit Belgo-Suisse du Mexique f¨ur Grundst¨ucks- und Hypothekengesch¨afte in Mexiko. Nach dem Ersten Weltkrieg war B. nicht mehr in Belgien t¨atig, gr¨undete 1919 jedoch erneut eine Reihe von Gesellschaften, u. a. die Disconto-Gesellschaft in Berlin, die Norddeutsche Bank in Hamburg, den A. Schaaffhausenschen Bankverein in K¨oln, die S¨uddeutsche Disconto-Gesellschaft in Mannheim und die Handels-Matschappij H. Albert de Bary & Co. in Amsterdam, wo er den Vorsitz im Verwaltungsrat innehatte. B. geh¨orte zu den wichtigsten F¨orderern der belgischen Wirtschaft vor dem Ersten Weltkrieg. F¨ur sein Engagement nahm er zahlreiche Auszeichnungen entgegen; er war u. a. Tr¨ager des Groß-Offiziers-Kreuzes der „Couronne du Congo“ (1907), Ehrenritter des Johanniterordens, italienischer Generalkonsul und f¨uhrte den Titel eines argentinischen Generalkonsuls „ad honorem“. 1893 wurde B. in den preuß. Adelsstand erhoben. Baryphonus, Henricus, eigentl. Heinrich Pipegrob, Musiktheoretiker, Kantor, Komponist, * um 1581 Wernigerode / Harz, begraben 7. 1. 1655 Quedlinburg. B., der die griechische Umschreibung seines niederdeutschen Familiennamens benutzte, immatrikulierte sich 1603 an der Univ. Helmstedt. 1606 trat er in Quedlinburg das Amt des Stadtkantors, Lehrers und Subrektors am dortigen Gymnasium an. Von seinen Kompositionen sind nur wenige St¨ucke, darunter ein Weihnachtsgesang, erhalten. B., der Kontakte zu den meisten der damals bekannten deutschen Komponisten unterhielt, wurde vor allem durch seine musiktheoretischen, zwischen alter und neuer Musikauffassung vermittelnden Schriften bekannt. Sein Hauptwerk Pleiades musicae (1615, 21630) ist eines der bedeutenden den Kontrapunkt behandelnden Lehrb¨ucher seiner Zeit. C MGG Basch, Alfred, Physiker, * 9. 10. 1882 Prag, † 26. 8. 1958 Wien. Nach dem Studium der Mechanik an der TH Wien und der Deutschen Univ. in Prag war B. 1907-11 als Konstrukteur an mechanisch-technischen Versuchsanstalten in Wien, Prag ¨ und Dresden besch¨aftigt (Promotion 1908, Uber den Einfluß lokaler Inhomogenit¨aten, insbesondere starrer Einschl¨usse auf den Spannungszustand in elastischen K¨orpern). 1911-23
Basedow arbeitete er, unterbrochen durch den Ersten Weltkrieg, bei der o¨ sterr. Normal-Eichungskommission und wurde 1923 Oberbaurat am Bundesamt f¨ur Eich- und Vermessungswesen. 1926 habilitierte sich B. und erhielt eine Dozentur f¨ur allgemeine Mechanik und praktische Mathematik an der TH Wien. 1938 aus politischen Gr¨unden entlassen, emigirierte er in die USA und lehrte dort an verschiedenen Universit¨aten, u. a. in Harvard. 1947 kehrte er an die TH Wien zur¨uck, die ihn 1948 zum o. Prof. der allgemeinen Mechanik berief. B. ver¨offentlichte zahlreiche Untersuchungen u¨ ber Mechanik, angewandte Mathematik, Meßtechnik und messende Physik. C BHdE, Bd 2
in Berlin, f¨uhrte er 1893 / 94 die ersten wissenschaftlichen Untersuchungen auf Ballonfahrten durch. Auf Betreiben des Geographen Ferdinand von → Richthofen gab B. bis 1912 die Bibliotheca Geographica der Berliner Gesellschaft f¨ur Erdkunde heraus. 1898 wurde er wissenschaftlicher Hilfsarbeiter und 1899 Kustos am Geographischen Institut der Univ. Berlin, an dem er 1903-30 als Prof. auch geographi¨ sche Ubungen abhielt. 1917 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit waren Untersuchungen der Erdoberfl¨ache, der Polarregionen und meteorologische und aeronautische Studien. C Reichshandbuch
Basch, Franz Anton, Politiker, * 13. 7. 1901 Hatzfeld
Baschwitz, (Siegfried) Kurt, Pseud. Casimir K. Visser,
(Banat), † 26. 4. 1946 Budapest. Unter Jakob → Bleyer entwickelte sich B. zu einem der f¨uhrenden Politiker der deutschen Volksgruppe in Ungarn; seit 1929 arbeitete er an dessen „Deutsch-Ungarischen Heimatbl¨attern“ (seit 1935 „Neuen Heimatbl¨attern“) mit. W¨ahrend Bleyer vor allem kulturelle Ziele verfolgte, strebte B. mit Unterst¨utzung des nationalsozialistischen Regimes in Deutschland eine politische Autonomie der Deutschen in Ungarn an (Das Deutschtum in Ungarn, 1926). Als diese durch den Wiener Schiedsspruch von 1938 erreicht war, wurde B. 1939 „Volksgruppenf¨uhrer“. Er organisierte die Ungarndeutschen nach dem Muster der NSDAP als Staat im Staat. Seine Politik f¨uhrte nach dem Zweiten Weltkrieg zur Vertreibung der Mitglieder von B.s „Volksbund der Deutschen in Ungarn“. B. selbst wurde zum Tod verurteilt und hingerichtet. C NDB
Zeitungswissenschaftler, * 2. 2. 1886 Offenburg (Baden), † 6. 1. 1968 Amsterdam. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte Staatswissenschaften in Heidelberg, Berlin und M¨unchen, wo er 1908 bei Lujo → Brentano mit der Arbeit Die Organisation des st¨adtischen Haus- und Grundbesitzes in Deutschland promoviert wurde. 1909-24 arbeitete er als Redakteur beim „Hamburger Fremdenblatt“, 1916-18 als dessen Korrespondent in Rotterdam. 1924-28 war er als Leitartikler bei der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ in Berlin t¨atig und u¨ bernahm 1929 die Leitung des „Zeitungs-Verlags“, des Organs des Vereins deutscher Zeitungsverleger. 1933 auf politischen Druck hin entlassen, emigrierte B. in die Niederlande und lehrte seit 1935 an der Univ. Amsterdam Zeitungswissenschaften. 1948-58 hatte er dort eine Professur inne und stand dem heute nach ihm benannten Instituut voor Perswetenschap der Univ. Amsterdam vor. Neben zeitungswissenschaftlichen Forschungen trieb B. vor allem massenpsychologische Studien. Er ver¨offentlichte u. a. Der Massenwahn. Seine Wirkung und seine Beherrschung (1923, 3., neubearb. Aufl. unter dem Titel Der Massenwahn. Ursache und Heilung des Deutschenhasses, Nachdr. 1999), Du und die Masse. Studien zu einer exakten Massenpsychologie (1938, 21951) und Hexen und Hexenprozesse. Die Geschichte eines Massenwahns und seiner Bek¨ampfung (1963). C Lex dt-j¨ud Autoren
Basch, Samuel Siegfried Karl Ritter von, Pathologe, * 9. 9. 1837 Prag, † 25. 4. 1905 Wien. Nach dem Medizinstudium in Prag und Wien war B. als Assistenz- bzw. Sekundararzt t¨atig. 1865 reiste er als a¨ rztlicher Begleiter mit Kaiser → Maximilian nach Mexiko, leitete dort das Milit¨arspital in Puebla und wurde zum Leibarzt des Kaisers ernannt. Nach dessen Erschießung 1867 kehrte B. nach Europa zur¨uck, wurde in den pers¨onlichen Adelsstand erhoben, habilitierte sich 1869 f¨ur experimentelle Pathologie und wurde 1878 als Extraordinarius dieses Fachs an die Univ. Wien berufen. 1900 wurde B. der Titel eines o. Prof. verliehen. Er war Abteilungschef der Wiener Poliklinik und wirkte im Sommer als Badearzt in Marienbad. Neben zahlreichen medizinischen Abhandlungen, u. a. u¨ ber die Physiologie des Kreislaufs, ver¨offentlichte B. 1868 Erinnerungen aus Mexico, Geschichte der letzten zehn Monate des Kaiserreichs.
Basch, Siegmund, evang. Theologe, * 3. 9. 1700 Juliusberg (Schlesien), † 2. 4. 1771 Weimar. B. studierte bis 1726 in Breslau, Jena und Leipzig Theologie, wurde Hauslehrer eines schlesischen Grafen, 1730 Pastor und Koinspektor in Christianstadt. Er diente dem Grafen zwei Jahre als Reiseprediger und war seit 1734 Archidiakon und Konsistorialassessor von Sorau. 1751 wurde er Konsistorialrat, Oberhofprediger und Generalsuperintendent von Hildburghausen. 1756 erfolgte B.s Bestallung als Oberkirchenrat, Oberhofprediger, Generalsuperintendent und Aufseher des Gymnasiums in Weimar. Neben einigen Predigten und theologischen Betrachtungen ver¨offentlichte B. 1754 Ein Gesangbuch, mit einer Vorrede von der Sprache des Herzens im Singen.
Baschin, Otto, Geograph, * 7. 4. 1865 Berlin, † 4. 9. 1933 Berlin. Nach einer abgebrochenen Apothekerlehre begann B. 1885 in Berlin ein Studium der Physik, Chemie, Meteorologie und Geographie. 1891 unternahm er eine Expedition an die Westk¨uste Gr¨onlands und studierte 1891 / 92 in Lappland das Polarlicht. Seit 1892 Assistent am Meteorologischen Institut
Basedow, Carl (Adolf) von, Mediziner, * 28. 3. 1799 Dessau, † 11. 4. 1854 Merseburg. Als zweiter Sohn eines Regierungspr¨asidenten geboren, studierte B., Enkel von Johann Bernhard → B., an der Univ. Halle, wo er 1821 promoviert wurde und 1822 die a¨ rztliche Approbation erhielt. Entscheidenden Einfluß auf seine sp¨atere, u¨ berwiegend chirurgische T¨atigkeit gewann sein Paris-Aufenthalt 1820-22. Hier nahm er an Operationen so bedeutender Chirurgen wie Dupuytren, Roux und Boyer teil. Noch Jahre nach seiner R¨uckkehr verstand sich B. als Ver¨ mittler und Ubersetzer der „Pariser Schule“, die in den ersten Jahrzehnten des 19. Jh. große Ausstrahlung besaß: Er publizierte Eindr¨ucke aus seinem Pariser Tagebuch und u¨ bersetzte u. a. Beitr¨age aus dem Dictionnaire des sciences m´edicales ins Deutsche. Im Herbst 1822 ließ sich B. als praktischer Arzt in Merseburg nieder. Er war seit 1823 verheiratet mit Louise Friederike Scheuffelhuth aus Halle. Aus der Ehe gingen mehrere Kinder hervor. 1848 erfolgte die Benennung zum Kreisphysikus. Neben seiner Praxist¨atigkeit ver¨offentlichte er zwischen 1824 und 1851 u¨ ber 60 Originalarbeiten, die sich durch exakte klinische Beobachtung auszeichnen. Ein umst¨andlicher und weitschweifiger Sprachstil sollte allerdings deren Rezeption erschweren. Bleibenden Ruhm erwarb sich B. 1840-48 durch die sorgf¨altige Beschreibung
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Basedow jenes Symptomenkomplexes, der als „Merseburger Trias“ in die Lehrb¨ucher eingegangen ist: Exophthalmus (Glotzauge), Struma (Schilddr¨usenvergr¨oßerung) und Tachykardie (Herzjagen). Die im deutschen Sprachraum gebr¨auchliche Bezeichnung „Basedowsche Krankheit“ tritt heute zur¨uck hinter der im anglo-amerikanischen Bereich u¨ blichen Bezeichnung „Graves Disease“. Tats¨achlich hatte der irische Arzt Robert Graves 1835 eine komplette Beschreibung des gleichen Krankheitsbildes geliefert, die B. offenbar verborgen geblieben war – ebenso u¨ brigens wie den einschl¨agigen Referatebl¨attern der Zeit. Besonders zu w¨urdigen ist der Umstand, daß B. bei zahlreichen Krankenberichten Sektionsbefunde mitteilte, so z. B. bei einem zweij¨ahrigen M¨adchen mit angeborener Blausucht oder bei „Herrn M.“, seinem Glotzaugen-Patienten von 1848. Als Praktiker nahm er offenbar noch im Hause der verstorbenen Patienten eine Obduktion vor, was ihn als modernen Vertreter seines Faches ¨ im Ubergang zur naturwissenschaftlichen Medizin ausweist. Bei einer solchen Sektion zog er sich eine septische Wundinfektion zu, der er am 11. 4. 1854 erlag. WERKE: Cyanosis congenita. In: Journal der praktischen Heilkunde 67 (1828) S. 78-80. – Exophthalmos durch Hypertrophie des Zellgewebes in der Augenh¨ohle. In: Wochenschrift f¨ur die gesammte Heilkunde 1840, Nr. 13, S. 197-204, ¨ 220-228. [Englische Ubersetzung in: Ralph H. Major: Classic Descriptions of Disease. Springfield 1932 / 1978]. – Die Glotzaugen. Ebd. 1848, Nr. 49, S. 769-777. Ebd. 1849, Nr. 26, S. 414-416. LITERATUR: Karl Sudhoff: C. A. v. B. In: M¨unchener Medizinische Wochenschrift 57 (1910), S. 749-750. – Rudolf Abderhalden: Morbus Basedow. In: Ders.: Die Innere Sekretion. Ciba-Zeitschrift 11 (1951) Nr. 124, S. 4579-4584. – Leo Norpoth: B., K. A. v. In: Neue Deutsche Biographie. Bd. 1, Berlin 1953, S. 620. – Liselotte Buchheim: C. A. v. B. In: Endokrinologie 31 (1954) S. 129-133. – [Editorial]: K. A. v. B. In: Journal of the American Medical Association 183 (1963) S. 884-885. – Selwyn Taylor: Robert Graves. London 1989. Peter Voswinckel
Basedow, Johann Bernhard, bis 1748 Johan Berend Bassedau, Pseud. Bernhard von Nordalbingen, P¨adagoge, getauft 11. 9. 1724 Hamburg, † 25. 7. 1790 Magdeburg. Nach dem Studium der Theologie in Leipzig war B., Sohn eines Per¨uckenmachers und Bleichers, Hauslehrer in Holstein und erwarb 1752 die Magisterw¨urde an der Univ. Kiel (Inusitata eademque optima honestioris juventutis erudiendae methodus). 1753 wurde er Prof. der Moral und Rhetorik, sp¨ater auch der Theologie an der Ritterakademie in Sorø auf Seeland. B. forderte Religionsfreiheit und eine konfessions¨ubergreifende, st¨andisch gegliederte Gesellschaftsordnung (Practische Philosophie f¨ur alle St¨ande, 2 Tle., 1758, 21777) und entwickelte eine allgemeine Religionsund Morallehre ohne Bindung an eine bestimmte konfessionelle Auffassung (Methodischer Unterricht der Jugend in der Religion und der Sittenlehre der Vernunft, 1764, Nachdr. 1985). Wegen seiner aufkl¨arerischen Schriften 1761 an das Gymnasium nach Altona versetzt, traf er hier auf den Widerstand orthodoxer Theologen um den Senior Johann Melchior → Goeze vom benachbarten Hamburg aus. 1767 wurde B. bei Beibehaltung seines Gehalts entlassen. Unter dem Einfluß von → Comenius, Locke und Rousseau wandte er sich gegen die M¨angel der damaligen Erziehung und verfaßte 1768 ein philanthropisches Erziehungsprogramm, in dem er ein lebensnahes, u¨ berkonfessionelles, unter staatlicher Aufsicht stehendes Bildungswesen forderte. 1771 von F¨urst → Leopold III. von Anhalt-Dessau nach Dessau berufen, errichtete er dort das „Philanthropinum“ (1774), eine Musterschule f¨ur Z¨oglinge vom 6. bis 18. Lebensjahr, der in Deutschland und der Schweiz bald zahlreiche a¨ hnliche
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Anstalten folgten. 1776 gab er die Leitung des Philanthropinums auf und war dann bis zu seinem Tod vor allem als theologischer Schriftsteller t¨atig. B. war Hauptvertreter des Philanthropismus und f¨uhrender Vertreter der P¨adagogik der Aufkl¨arung. Nach seiner Vorstellung an Menschenfreunde und verm¨ogende M¨anner u¨ ber Schulen und Studien und ihren Einfluß in die o¨ ffentliche Wohlfahrt (1768) ver¨offentlichte er 1774 sein Hauptwerk Das Elementarwerk (4 Bde.; kritische Bearbeitung in 3 B¨anden von Theodor Fritzsch, 1909), illustriert von Daniel → Chodowiecki, in dem er die Verlagerung des Bezugssystems von der objektiven Ordnung hin zur subjektiven Weltorientierung vollzieht. C SHBL, Bd 4
Baselt, Bernd, Musikwissenschaftler, * 13. 9. 1934 Halle / Saale, † 18. 10. 1993 Halle / Saale. B. studierte an der Hochschule f¨ur Musik und Theater in Halle / Saale (1953-55), zugleich Musikwissenschaft (bei Max → Schneider, Walther → Siegmund-Schultze, Werner Braun) und Philosophie an der dortigen Univ. und wurde 1963 mit der Dissertation Der Rudolst¨adter Hofkapellmeister Philipp Heinrich Erlebach (1657-1714) promoviert. 1975 habilitierte er sich mit der Arbeit Die B¨uhnenwerke Georg Friedrich H¨andels und wurde 1977 zum ordentlichen Hochschuldozenten, 1983 zum o. Prof. f¨ur Musikwissenschaft ernannt. B. hatte eine leitende Funktion bei der Edition der Hallischen H¨andel-Ausgabe inne. 1987-91 war er Vizepr¨asident und Wissenschaftlicher Sekret¨ar und seit 1991 Pr¨asident der Internationalen Georg-FriedrichH¨andel-Gesellschaft. 1989 u¨ bernahm er die Schriftleitung des „H¨andel-Jahrbuchs“, dessen Herausgeber er 1991-93 war. Er geh¨orte der Musikgeschichtlichen Kommission und dem Herausgebergremium der → Gluck-Gesamtausgabe an, nahm die Leitung der Strukturkommission der Gesellschaft f¨ur Musikforschung wahr und war Vorstandsmitglied der Internationalen Gesellschaft f¨ur Musikwissenschaft. B. besch¨aftigte sich vor allem mit Georg Friedrich → H¨andel und Georg Philipp → Telemann. Sein Hauptwerk ist das Thematisch-systematische Verzeichnis der Werke Georg Friedrich H¨andels (HWV, 3 Bde., 1978-86). C MGG
Baselt, Fritz, Chordirigent, Komponist, * 26. 5. 1863 Oels (Schlesien), † 16. 11. 1931 Frankfurt / Main. Anf¨anglich als Orchestergeiger besch¨aftigt, war B. bald nur noch als Komponist t¨atig, lebte in Leipzig und N¨urnberg und u¨ bernahm 1894 die Leitung der Liedertafel in Frankfurt / Main. Dort dirigierte er auch verschiedene andere Gesangsvereine, Ch¨ore und die Orchesterkonzerte des Philharmonischen Vereins. B. sammelte und bearbeitete Volkslieder und Madrigale; er war Inhaber eines Frankfurter Musik- und B¨uhnenverlags. Zu seinen Kompositionen z¨ahlen zahlreiche Chorwerke, Klavier-, Violin- und Orchesterst¨ucke, Opern, Ballette und Operetten wie der 1888 in N¨urnberg uraufgef¨uhrte F¨urst von Sevilla. C MGG
Baselwind, Diebold → Diebold Baselwind Bashuysen, Heinrich Jakob van, reformierter Theologe, Orientalist, * 26. 10. 1679 Hanau, † 31. 12. 1750 Zerbst. Der Sohn eines Predigers der niederl¨andischen Gemeinde in Hanau wurde nach dem Studium in Leiden und Franeker 1701 Prof. der orientalischen Sprachen, Kirchengeschichte und 1703 auch der Theologie am Hanauer Gymnasium. 1705 u¨ bernahm er die Predigerstelle in Steinau und die Leitung der Gelehrtenschule in Schl¨uchtern; 1707 kehrte er als zweiter Pfarrer der Marienkirche und Prof. der Theologie und geistlichen Philologie nach Hanau zur¨uck. Mit einem Privileg des Grafen von Hanau er¨offnete B. 1707 eine „Orientalische Druckerei“, in der er seltene hebr¨aische und arabische
Basse Werke herausbrachte. 1716 folgte er einem Ruf als Rektor und Theologieprofessor an das f¨urstliche Gymnasium in Zerbst. B., Mitglied der Berliner Akademie und Verfasser von etwa hundert wissenschaftlichen Untersuchungen (u. a. Institutiones gemarico-rabbinicae, 1718), galt als einer der bedeutendsten Orientalisten seiner Zeit.
Basil, Otto, Pseud. Markus H¨ormann, Camill Schmall, o¨ sterr. Schriftsteller, Journalist, * 24. 12. 1901 Wien, † 19. 2. 1983 Wien. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte ohne Abschluß in Wien und M¨unchen Germanistik und Pal¨aontologie. Er war als Barpianist und Bankangestellter t¨atig. 1918-20 ver¨offentlichte er erste an → Trakl und → Rilke orientierte Gedichte (u. a. in „Aufschwung“). 1919 erschien seiner erster Gedichtband Zynische Sonette. 1919-38 war er als freier Journalist u. a. f¨ur die „Frankfurter Zeitung“, die „Weltb¨uhne“ (Berlin), das „Prager Tagblatt“ und den „Wiener Tag“ t¨atig. 1923-25 schrieb er f¨ur die o¨ sterr. Zeitschrift „Das Wort“ Artikel u¨ ber literarische und politische Fragen. 1927-45 arbeitete er bei der Firma „Gebr. B¨ohler & Co. AG“ in Wien. 1937 geh¨orte B. zu den Begr¨undern der Zeitschrift „Plan“ f¨ur Literatur und Kunst, die wegen ihrer strikt antinationalistischen Rich¨ tung nach dem „Anschluß“ Osterreichs verboten wurde. B. war 1938-45 mit Schreibverbot belegt, konnte aber seine Gedichtsammlung Freund des Orients 1940 als Privatdruck herausgeben. 1945-48 erneut Herausgeber der avantgardi¨ stischen Zeitschrift „Plan“, machte B. in Osterreich u. a. den Surrealismus und junge, auch ausl¨andische Autoren bekannt. 1945 / 46 war er Dramaturg und Pressereferent des Volkstheaters in Wien, 1945-47 literarischer Leiter des Verlags Erwin M¨uller und seit 1948 Theaterkritiker und Kultur¨ redakteur am „Neuen Osterreich“. B. verfaßte Essays, Biographien und Romane (u. a. Wenn das der F¨uhrer w¨ußte, 1966). C Lex o¨ sterr Exillit Basilius Valentinus, Chemiker, Alchemist, 15. Jh. Die wahre Identit¨at des B. V., der fr¨uher als Benediktinerm¨onch und Alchemist des 15. Jh. galt, liegt im dunkeln. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Pseudonym f¨ur Johann Th¨olde, den Herausgeber der Werke des angeblichen B. V., eines K¨ammerers und Pfannenmeisters des Salzwerks in Frankenhausen. In den u. a. von → Paracelsus beeinflußten, zwischen 1599 und dem Beginn des 16. Jh. gedruckten Schriften des B. V. werden Anleitungen zur Herstellung von Medikamenten gegeben, chemische Reaktionen geschildert und Substanzen wie Wismut, Quecksilber und Antimon als Heilmittel empfohlen. Das Hauptwerk des B. V., als dessen Herausgeber wiederum Th¨olde firmiert, erschien 1604 unter dem Titel Triumphwagen des Antimonii, allen so den Grund der uralten Medicin suchen, auch zu der hermetischen Philosophie Beliebniss tragen, zu gut publiciret. Basilius, Leonhard, eigentl. Basler, evang. Theologe, P¨adagoge, * 1568, † 30. 8. 1613. Wie sein eigentlicher Name Basler besagt, stammte B. wohl urspr¨unglich aus der Schweiz. Er war seit 1593 Schulrektor im siebenb¨urgischen Hermannstadt und erhielt 1594 die Pfarrstelle von Petersdorf unter dem Walde. 1603 wurde er Oberseelsorger von Hammersdorf und 1605 Dekan des Kapitels. Er ver¨offentlichte u. a. Theses theologicae, de veris ecclesiae visibilis notis (1591).
Basler, Adolf, Physiologe, * 13. 5. 1878 Offenburg (Baden), † 24. 1. 1945 G¨orlitz. Der Sohn eines praktischen Arztes studierte seit 1907 in T¨ubingen, M¨unchen und Leipzig Medizin. 1902 promoviert (Ueber die Art des Absterbens verschiedener quergestreifter Muskeln bei erh¨ohter Temperatur), betrieb er 1902 / 03 mathematische Studien, war 1904 / 05 Mitarbeiter am Physiologischen Institut in Leipzig und habilitierte sich 1906 an
der Univ. T¨ubingen f¨ur Physiologie (Ueber Ausscheidung und Resorption in der Niere). 1911 wurde er zum a. o. Prof. ernannt. 1914-18 als Lazarettarzt in T¨ubingen, u¨ bernahm B. 1924 die Leitung des Rassenbiologischen Instituts in Leipzig. 1927 folgte er einem Ruf als Prof. f¨ur Physiologie und Vorstand des Physiologischen Instituts an die Univ. Kanton in China. Seit 1933 war er a. o. Prof. f¨ur Physiologie und Direktor des Arbeitsphysiologischen Instituts an der Univ. Breslau. B. verbesserte Apparate f¨ur physiologische Untersuchungen. Er ver¨offentlichte zahlreiche Fachpublikationen, insbesondere in den von ihm herausgegebenen „Abhandlungen der medizinischen Fakult¨at der Sun-YatSen-Universit¨at“ (u. a. Das Gehen, 1929; Der Schwerpunkt des lebenden Menschen, 1931; Zur Physiologie des Bergsteigens, 1933). Zu seinen weiteren Ver¨offentlichungen z¨ahlt eine Einf¨uhrung in die Rassen- und Gesellschaftsphysiologie (1925, 21926). 1932 ernannte ihn die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina zu ihrem Mitglied. ¨ C Arzte 2, 3
Basler, Otto (Victor Emanuel), Germanist, Volkskundler, Bibliothekar, * 8. 5. 1892 Kitzingen / Main, † 28. 5. 1975 Freiburg / Breisgau. Nach dem vom Kriegsdienst 1914-18 unterbrochenen, 1919 mit der Promotion beendeten Studium der Germanistik, Romanistik, Anglistik und Geschichte in Freiburg / Breisgau und Leipzig war B., Sohn eines Kaufmanns, als Bibliothekar an der Univ. Freiburg, seit 1925 an der Deutschen Heeresb¨ucherei in Berlin, 1936-45 an der Bayerischen Armeebibliothek in M¨unchen t¨atig. 1943 erhielt B. an der dortigen Univ. einen Lehrauftrag f¨ur Germanistik und Volkskunde und wurde 1947 zum a. o., 1952 zum o. Prof. ernannt. Nach der Emeritierung u¨ bersiedelte B. nach Freiburg / Breisgau, wo er seit 1959 eine Honorarprofessur innehatte. B. bearbeitete die 11. Auflage des Duden (1934) und gab 1947 die Deutsche Rechtschreibung (71952) heraus; er war Verfasser zahlreicher philologischer und volkskundlicher Studien. B. geh¨orte verschiedenen Kommissionen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften an und war wissenschaftlicher Leiter der W¨orterbuchkommission. C IGL Bass, Heinrich, Chirurg, * 6. 10. 1690 Bremen, † 5. 3. 1754 Halle. B., Sohn eines Bremer Wundarztes, begann 1713 in Halle das Studium der Medizin und wechselte 1715 nach Straßburg. Er besch¨aftigte sich dort und in Basel vor allem mit der Anatomie und der Chirurgie; 1718 wurde er in Halle promoviert (De fistula ani feliciter curanda). Im selben Jahr erhielt B. dort eine a. o. Professur der Anatomie und Chirurgie. Er galt in beiden F¨achern als einer der bedeutendsten deutschen Mediziner seiner Zeit. B. ver¨offentlichte u. a. ein chirurgisches Handbuch, eine von der Acad´emie de Chirurgie in Paris preisgekr¨onte Abhandlung u¨ ber Tumore und gab 1720 in einem Gr¨undlichen Bericht von Bandagen (41755) genaue, mit Kupferstichen illustrierte Anweisungen zum Behandeln und Verbinden von Wunden. Basse, Detmar Friedrich Wilhelm, Kaufmann, Politiker, * 6. 4. 1764 Iserlohn, † 19. 6. 1836 Mannheim. Als Teilhaber der Iserlohner Tuchhandlung seiner Eltern gr¨undete B. in Frankfurt / Main und Paris Zweigstellen. Als Ratsbevollm¨achtigter von Frankfurt schloß er einen Neutralit¨atsvertrag mit der franz¨osischen Republik; er vertrat 1797 bei Kontributionsverhandlungen in Paris die Stadt K¨oln, in Berlin, Den Haag und auf dem Rastatter Kongreß den Landgrafen → Wilhelm I. von Hessen. Nach dem Konkurs seines Unternehmens in Paris 1802 ging B. nach Nordamerika, gr¨undete in Pennsylvania die Orte Bassenheim und Zelianople, errichtete Eisenwerke und S¨agem¨uhlen. C Schulte
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Basse Basse, Gottfried, Pseud. Jocos Federkiel, Emilie Gleim, Ilsegarthe Klatschrose, Predig. Lachemann, Cyriac. Nießwurz, Gabr. Schlegel, Schriftsteller, Buchh¨andler, Verleger, * 1. 2. 1778 (1777 ?) Halberstadt, † 28. 10. 1826 Quedlinburg. Nach einer Buchdruckerlehre in Doelle bei Halberstadt und Goslar trat B. bei F. → Vieweg in Braunschweig eine Stelle als Faktor an und gr¨undete mit dessen Unterst¨utzung 1806 in Quedlinburg eine eigene Buchhandlung mit angeschlossenem Verlag. Mit seiner Produktion von historisch-romantischen Romanen, Schauer- und R¨aubergeschichten belieferte er vor allem Leihbibliotheken. Unter verschiedenen Pseudonymen verfaßte B. selber zahlreiche Gedichte, moralisierende Abhandlungen und Erz¨ahlungen; 1812 brachte er ein R¨auber-, Diebes- und Gaunerarchiv heraus. 1813 gr¨undete er die bis 1815 bestehende Zeitung „Neue Fackeln“ und gab sp¨ater ein Wochenblatt f¨ur Quedlinburg heraus (Neuausg. 1989 / 90). Einen der gr¨oßten finanziellen Erfolge hatte B., der seine B¨ucher zu Minimalpreisen vertrieb, mit den gesammelten Werken von Cervantes zu verzeichnen. C Neuer Nekr, Jg. 3
Basse, Wilfried, eigentl. Wilhelm-Friedrich Heinrich Hermann B., Regisseur, Kameramann, Produzent, * 17. 8. 1899 Hannover, † 6. 6. 1946 Berlin. Der aus einer Bankiersfamilie stammende B. begann ein Studium an der Kunstgewerbeschule in Stuttgart mit dem Berufsziel Maler, durchlief 1921 eine Lehre im Bankhaus seines Vaters und leitete das Unternehmen seit 1923. Nach der Entscheidung, das Bankgewerbe aufzugeben, war er 1927 Volont¨ar beim Kulturfilmer Hans → C¨urlis und produzierte seit 1929 selbst Dokumentarfilme f¨ur seine Produktionsfirma Basse-Film GmbH. Internationalen Erfolg hatte er mit Markt in Berlin (1929). Als H¨ohepunkt seines Schaffens gilt der Film Deutschland – zwischen gestern und heute (1932-34), f¨ur den er auf der Biennale in Venedig einen Sonderpreis erhielt. Nach der Macht¨ubernahme durch die Nationalsozialisten beschr¨ankte B. seine Produktion auf die Herstellung von Sachfilmen f¨ur Schulzwecke (u. a. Der Kohlenmeiler, 1935; Roggenernte, 1936). Als Kameramann wirkte er an Leni → Riefenstahls Olympia-Filmen (1936-38) mit. C Cinegraph Bass´ee, Nikolaus, auch Basse, Bassaeus, Drucker, Verleger, Buchh¨andler, † 1599 Frankfurt / Main. Der aus dem franz¨osischen Valenciennes eingewanderte B., Sohn eines Buchdruckers, erhielt 1561 als Buchbinder das Frankfurter B¨urgerrecht, war zwei Jahre in Worms t¨atig und kehrte 1564 nach Frankfurt zur¨uck. Bis 1576 gab er an die hundert Druckwerke heraus, neben popul¨aren praktischen Ratgebern den Till Eulenspiegel, Fabeln und → Luthers Katechismus. B. geh¨orte zu den wichtigsten Frankfurter Buchdruckern seines Jahrhunderts. Auf der Herbstmesse 1587 konnte er ein Sortiment von 142 haupts¨achlich deutschsprachigen Druckwerken vorlegen. 1592 brachte B. die sp¨ater mehrfach neubearbeiteten und erweiterten Willerschen Meßkataloge heraus. C NDB
Bassermann, Albert, Schauspieler, * 7. 9. 1867 Mannheim, † 15. 5. 1952 Z¨urich. Nach einem abgeschlossenen Studium der Chemie wechselte B. in das Schauspielfach, trat 1887 in Heidelberg erstmals auf, hatte Engagements in K¨oln, Bern, Aachen, Meiningen (1890-94) und Mannheim und kam 1895 an das Berliner Theater. 1900-09 geh¨orte er unter Otto → Brahm den Ensembles des Deutschen Theaters und des Lessingtheaters in Berlin an. Seit 1909 spielte B. unter Max → Reinhardt am Deutschen Theater und vollzog dabei den Wechsel von modernen zu den klassischen Rollen wie Mephisto und Nathan. Seit 1915 wieder am Lessing-Theater engagiert, gab B. vor
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allem Gastspiele an anderen deutschen B¨uhnen und trat in Filmen wie Alraune (1930) auf. Mit seiner als J¨udin verfolgten Frau, der Schauspielerin Else → B., emigrierte B. 1934 in die USA und geh¨orte dort Emigrantenensembles an. 1946 u¨ bersiedelte er in die Schweiz und gab dort, in Deutschland ¨ und in Osterreich zahlreiche Gastspiele. C BHdE, Bd 2
Bassermann, Alfred, Romanist, Italianist, * 9. 2. 1856 Mannheim, † 3. 5. 1935 K¨onigsfeld / Schwarzwald. Seine nach dem Studium der Rechte in Heidelberg, Berlin und Kiel angetretene Stellung im badischen Staatsdienst quittierte B. 1886 und begann w¨ahrend langer Aufenthalte ¨ in Italien mit Dante-Studien. Uber seine Forschungsergebnisse berichtete er in zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen in italienischen und deutschen Fachjournalen. 1892-1921 u¨ bersetzte er die G¨ottliche Kom¨odie in gereimte Terzinen und ver¨offentlichte Dantes Spuren in Italien (1897). Bassermann, Anton, Jurist, * 18. 10. 1821 Mannheim, † 22. 9. 1897 Mannheim. Seine Karriere im badischen Justizdienst begann B. 1856 als Amtsassessor in Heidelberg. 1857 wurde er Amtsrichter in Philippsburg, 1859 in Rastatt, 1864 Kreisgerichtsrat in Offenburg, 1869 Kreisgerichtsdirektor in Villingen, 1872 Vorsitzender Rat beim Kreis und Hofgericht in Mannheim. 1879 erfolgte die Berufung zum Direktor, 1889 die zum Pr¨asidenten des Landgerichts in Mannheim. B. war auch auf politischem Gebiet t¨atig und vertrat Villingen beim Landtag. Er war maßgebend am Einf¨uhrungsgesetz zu den Reichsjustizgesetzen f¨ur Baden beteiligt. Sp¨ater vertrat B. Mannheim in der Zweiten Kammer, wo er der nationalliberalen Fraktion angeh¨orte. C Bad Bio Bassermann, Dieter, Schriftsteller, Rilkeforscher, * 28. 9. 1887 Mannheim, † 8. 5. 1955 Sulzburg bei Staufen / Breisgau. B. studierte in M¨unchen, Leipzig und Heidelberg ohne Abschluß Literaturwissenschaften und lebte dann als Journa¨ list, Schriftsteller und Ubersetzer (u. a. von Charles Baudelaire und Andr´e Gide) in Berlin. 1925-29 war er Schriftleiter der Zeitschrift „Musik und Theater“, 1929-33 Kaufmann in Nordafrika, anschließend bis 1936 Mitarbeiter des Frankfurter Rundfunks und 1933-44 Hauslehrer in Pommern. Seit 1946 lebte er als freier Schriftsteller in Staufen / Breisgau. B. schrieb Cicero und Atticus. Ein imagin¨arer Dialog (1937) und Arabesken (1949). Als → Rilkeforscher ver¨offentlichte er u. a. Rilkes Verm¨achtnis f¨ur unsere Zeit (1946, 31974) und Der sp¨ate Rilke (1947). Gesammelte Schriften aus dem Nachlaß erschienen unter dem Titel Der andere Rilke (1961, hrsg. von H. M¨orchen). C DLL, 20. Jh. Bassermann, Else, geb. Elisabeth Schiff, Schauspielerin, * 14. 1. 1878 Leipzig, † 29. 5. 1961 Baden-Baden. B. nahm in Berlin Schauspielunterricht und wurde nach Engagements in Breslau, K¨oln und N¨urnberg 1895 in das Ensemble des Berliner Lessing-Theaters aufgenommen. 1908-14 spielte sie unter Max → Reinhardt, 1914-19 wieder am Lessingtheater. Nach Anstellungen an verschiedenen Berliner Theatern kehrte B. 1924 zu Reinhardt zur¨uck, war 1928 / 29 bei Heinz Saltenburg, 1930 am Berliner Theater, am Deutschen K¨unstlertheater und 1931 / 32 am Deutschen Theater in Berlin besch¨aftigt. In klassischen und modernen Rollen, teilweise auch beim Film, trat B. meistens zusammen mit ihrem Mann Albert → B. auf. Vor den National¨ sozialisten flohen beide 1933 nach Osterreich, dann u¨ ber die Schweiz und Prag 1939 in die USA. Dort geh¨orte B. j¨udischen Clubs an und trat in Emigrantenensembles auf. Mehrere Filmrollen brachten B. allerdings nur m¨aßigen Erfolg. Seit 1946 zun¨achst in der Schweiz ans¨assig, gab sie mit ihrem Mann zahlreiche Gastspiele in Deutschland und
Bassewitz ¨ Osterreich und war als Feuilletonistin u. a. f¨ur die Basler „National-Zeitung“ t¨atig. C BHdE, Bd 2
Bassermann, Ernst, Jurist, Politiker, * 26. 7. 1854 Wolfach / Schwarzwald, † 24. 7. 1917 Baden-Baden. B., Rechtsanwalt, juristischer Berater des Bankhauses Ladenburg, Aufsichtsrat verschiedener Industriebetriebe in Mannheim und wie sein Vater Anton → B. Mitglied der Nationalliberalen Partei, wurde 1893 in den Reichsvorstand und in den Reichstag gew¨ahlt, dem er bis an sein Lebensende angeh¨orte. Seit 1898 Fraktionsvorsitzender und von 1905 an Zentralvorstandsvorsitzender, wirkte er ausgleichend zwischen Agrariern, Industriellen und Freih¨andlern in der Partei und setzte sich f¨ur das politische Zusammenwirken des Gesamtliberalismus ein. Unter B.s Mitwirkung wurden im Reichstag das kleine Sozialistengesetz und die Zuchthausvorlage zu Fall gebracht, 1902 der Zolltarif verabschiedet. In der Gesetzgebungskoalition von 1906 versuchte er zugunsten Bernhard von → B¨ulows zwischen den Parteien zu vermitteln, scheiterte aber an den Konservativen. Er war maßgeblich am Sturz Theobald von → Bethmann Hollwegs 1917 beteiligt, betrieb jedoch vergeblich B¨ulows Wiedereinsetzung als Reichskanzler. C Bad Bio N.F., Bd 1 Bassermann, Friedrich Daniel, Buchh¨andler, Politiker, * 24. 2. 1811 Mannheim, † 29. 7. 1855 Mannheim. Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung und einem Studium der Philosophie und der Naturwissenschaften f¨uhrte der Bankierssohn B. in Mannheim eine Drogerie und gr¨undete 1843 mit Karl → Mathy die Bassermannsche Buchhandlung, in der die „Deutsche Zeitung“ von Georg Gottfried → Gervinus erschien. Seit 1841 geh¨orte er als F¨uhrer der liberalen Opposition dem Badischen Landtag an. Bekannt wurde B., als er dort am 12. 2. 1848 die Einsetzung einer deutschen Nationalvertretung forderte. Im M¨arz 1848 an den Bundestag nach Frankfurt entsandt, wurde B. Mitglied des Vorparlaments, geh¨orte in der Paulskirche der kleindeutschen, f¨ur ein Erbkaisertum eintretenden Partei an, war Vorsitzender des Verfassungsausschusses und von August 1848 bis Mai 1849 Unterstaatssekret¨ar des Inneren. Vom Unionsparlament in Erfurt 1850 entt¨auscht, kehrte B. nach Mannheim zur¨uck, wo er sp¨ater Selbstmord beging. C Unionsparl Bassermann, Heinrich, evang. Theologe, * 12. 7. 1849 Frankfurt / Main, † 29. 8. 1909 Samedan (Kt. Graub¨unden). B., Sohn des Politikers Friedrich Daniel → B., studierte in Jena, Z¨urich und Heidelberg Theologie, erhielt 1873 in Arolsen eine Stelle als Hilfsprediger und 1876 eine Privatdozentur in Jena. Noch im selben Jahr wurde er in Heidelberg a. o., 1880 o. Prof. der Praktischen Theologie. 1884 erfolgte die Berufung zum Universit¨atsprediger und Direktor des 1894 in das Badische Predigerseminar umgewandelten Theologischen Seminars. B. geh¨orte zu den Begr¨undern des Allgemeinen evangelisch-protestantischen Missionsvereins, war Mitglied des Protestantenvereins, der badischen Generalsynode (seit 1881) und zeitweise auch des Generalsynodalausschusses. B. ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch der geistlichen Beredsamkeit (1885); 1879-91 gab er mit Rudolph → Ehlers die „Zeitschrift f¨ur praktische Theologie“ heraus. C Bad Bio Bassermann-Jordan, Ernst von, Kunsthistoriker, Kunstkritiker, * 17. 7. 1876 Deidesheim, † 9. 10. 1932 M¨unchen. B.-J., Sohn eines Weingutsbesitzers und Enkel von Friedrich Daniel → Bassermann, studierte in M¨unchen Kunstgeschichte und Arch¨aologie; er nahm an Ausgrabungen in Orchomenos und Aigina in Griechenland teil. Als Prof. der Kunstgeschichte in M¨unchen ver¨offentlichte er zahlreiche kunsthistorische Untersuchungen, schrieb auch Schauspiele, Theater- und Kunstkritiken. B.-J. verfaßte eine Geschichte
der Zeitmessung (Teil 1, 1920). Er war Mitglied der Generalkommission der Kunstsammlungen des Bayerischen Staates, der Ankaufkommission der Alten Pinakothek, ferner griechischer Generalkonsul in Bayern. B.-J., der 1917 in den erblichen Adelsstand erhoben wurde, war der Bruder von Friedrich von → B.-J. C NDB
Bassermann-Jordan, Friedrich von, Winzer, Historiker, * 23. 3. 1872 Deidesheim, † 11. 7. 1959 Deidesheim. B.-J., Bruder des Ernst von → B.-J., u¨ bernahm nach dem Jurastudium in M¨unchen, Berlin, Heidelberg und Straßburg und einer Anstellung im Staatsdienst das elterliche Weingut. Von seinen zahlreichen Ehren¨amtern in Weinbau- und Landwirtschaftsverb¨anden (er war u. a. Pr¨asident des Bayerischen Weinbauverbandes) wurde er auf Druck des nationalsozialistischen Regimes 1933 entbunden. 1923 ver¨offentlichte er eine dreib¨andige Geschichte des Weinbaus und gab mit seinem Bruder Hermann 1926 unter dem Titel Denkw¨urdigkeiten von Friedrich Daniel Bassermann (1811-55) die Memoiren seines Großvaters heraus.
Bassewitz, Gerdt von, eigentl. Gerdt Bernhard von Bassewitz-Hohenluckow, Schriftsteller, * 4. 1. 1878 Allewind, † 6. 2. 1923 Berlin. Der Sohn eines Adligen im preuß. Staatsdienst war zun¨achst Leutnant in der preuß. Armee, bevor er ans Theater wechselte. Er bet¨atigte sich als Schauspieler, war Direktionsassistent am Stadttheater in K¨oln und lebte zuletzt als freier Schriftsteller in Berlin. B. schrieb zun¨achst expressionistische Dramen, mit denen er sich aber nicht etablieren konnte. Zu diesen St¨ucken, die oft orientalische Themen behandeln, z¨ahlen Schahrazade (1911), Judas (1911), Die Sunamitin (1912) und Das Ziel (1916). Erfolgreich war B. erst mit dem 1912 uraufgef¨uhrten M¨archenst¨uck Peterchens Mondfahrt, das bald zu einem Klassiker wurde. C DLL, 20 Jh. Bassewitz, Hans-Barthold von, Politiker, Jurist, * 11. 8. 1867 Gotha, † 25. 10. 1949 Gotha. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Rostock, Leipzig, Berlin und Marburg wurde B. 1898 Hilfsarbeiter im coburg-gothaischen Staatsministerium und 1901 Regierungsrat. 1905-11 war er Landrat des Kreises Ohrdruf, 1911-14 Staatsrat in Coburg, 1914-19 Staatsminister in Gotha, 1922-25 Stadtrat und Beigeordneter der Stadt Gotha. Seit 1927 geh¨orte er als Abgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei dem Th¨uringer Landtag an. B. schrieb einen Kommentar zum Coburg-Gothaischen Staatsgrundgesetz (1905). C Reichshandbuch Bassewitz, Henning Friedrich Graf von, Politiker, * 17. 11. 1680 Dalwitz (Mecklenburg), † 1. 1. 1749 Dobbertin (Mecklenburg). Der einem mecklenburgischen Adelsgeschlecht entstam¨ mende B. erwarb 1710 in Holstein die Amter Husum und Schwabstedt. Nach der Besetzung Holsteins durch D¨anemark 1713 wurde er von Herzog Karl Friedrich von Holstein in diplomatischer Mission nach Rußland gesandt, um die Wiederherstellung der Gottorpschen Herzogt¨umer, des Herzogs Thronfolge in Schweden und dessen Heirat mit einer Tochter Zar Peters I. zu betreiben. Die R¨uckgabe Holsteins gelang erst 1721 durch eine Intervention B.s beim Kaiser in Wien. B. wurde 1724 zum holsteinischen Minister ernannt und nach der Heirat Karl Friedrichs mit der Zarentochter Anna 1726 in den Reichsgrafenstand erhoben. Nach ¨ dem Kongreß von Soissons (1728) verlor er seine Amter in Holstein und zog sich, von Kaiser → Karl VI. 1730 zum Geheimen Rat ernannt, nach Mecklenburg zur¨uck. C SHBL, Bd 5
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Bassewitz Bassewitz, Magnus Friedrich Graf von, Oberpr¨asident Brandenburgs, * 17. 1. 1773 Sch¨onhoff (Mecklenburg), † 14. 1. 1858 Potsdam. Nach dem Studium der Rechte in Rostock und Jena wurde B. 1795 Referendar bei der kurm¨arkischen Kammer und 1798 Kriegs- und Dom¨anenrat. 1809 war er Erster Direktor und Vizepr¨asident der Regierungskollegien, 1810-24 Regierungspr¨asident in Potsdam und 1824-42 Oberpr¨asident der Provinz Brandenburg. 1831 wurde er zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Pr¨adikat Exzellenz und 1835 zum Ehrenb¨urger Potsdams ernannt. B. schrieb Die Kurmark Brandenburg im Zusammenhange mit den Schicksalen des Gesamtstaats Preußen w¨ahrend der Jahre 1809 und 1810 (aus dem Nachlaß hrsg. von Karl von Reinhard, 3 Bde., 1851-60). C Preuß Oberpr¨as Bassewitz, Sabine Elisabeth Gr¨afin von, Schriftstellerin, * 15. 12. 1717, † 7. 2. 1790 Rittergut Dalwitz (Mecklenburg). B. verbrachte den Großteil ihres Lebens auf den mecklenburgischen Besitzungen ihrer Familie und in ihrem Stadthaus in Rostock. Schon fr¨uh besch¨aftigte sie sich mit den Schriften von Gottfried Wilhelm → Leibniz und Christian → Wolff; sie f¨uhrte eine ausgedehnte Korrespondenz mit Voltaire, vor allem u¨ ber dessen Geschichte Karls XII. 1776 nahm sie → Goethe gegen die Vorw¨urfe derer in Schutz, die ihn f¨ur das Ausbrechen des „Werther-Fiebers“ verantwortlich machten. B. schrieb die Vorrede zu der poetischen ¨ Psalmen-Ubersetzung einer Frau von Grabow und hinterließ im Manuskript Frauenzimmergeschw¨atze nach Durchlesung des Ph¨adon von Moses Mendelssohn.
Bassewitz-Levetzow, Karl Graf von, Politiker, * 3. 3. 1855 Schwerin, † 23. 2. 1921 Bristow (Mecklenburg). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg, dem Milit¨ardienst und einer Orientreise widmete sich B.-L. der Verwaltung seiner G¨uter in der Altmark und in Mecklenburg-Schwerin. 1891 wurde er von der Ritterschaft des Wendischen Kreises in den Engeren Ausschuß gew¨ahlt. Seit 1899 war er Landrat des Herzogtums G¨ustrow, 1901-14 Mecklenburg-Schweriner Staatsminister.
Bassi, Luigi, S¨anger, * 4. 9. 1766 Pesaro (Italien), † 13. 9. 1825 Dresden. B. war Sch¨uler von Pietro Morandi in Senigallia und trat 1779 in Pesaro auf. Nach einer weiteren Ausbildung in Florenz erhielt er 1784 ein Engagement am Landestheater Prag, wo er als einer der besten Baritone galt. Besonderen Erfolg errang er als Don Giovanni in der gleichnamigen von → Mozart f¨ur ihn komponierten Oper (Urauff¨uhrung 1787). B. wirkte bis 1806 in Prag, trat dann in Wien in die Dienste des F¨ursten Lobkowitz, kam 1814 f¨ur eine weitere Saison nach Prag und ging schließlich 1815 an die Kgl. Italienische Oper in Dresden, wo er 1816 die Regief¨uhrung u¨ bernahm. C Kutsch
Bassus, Dominikus von, auch B. von Sandersdorf und Mendorf, Jurist, * 1643 Poschiavo (Kt. Graub¨unden), † 15. 8. 1704 Ingolstadt. B., dessen Vater Podest`a in Poschiavo war, wurde von seinem kinderlosen Onkel Johann Jakob → Lossius zum Studium nach Ingolstadt geholt, wo er 1668 zum Dr. jur. promoviert wurde. Seit 1671 lehrte er dort als a. o., seit 1674 als o. Prof. f¨ur die Institutionen, seit 1677 als Pandektist und u¨ bernahm 1689 die Kodexprofessur. B. war siebenmal Rektor der Universit¨at. 1675 wurde er Leiter des Universit¨atsarchivs und Advokat im Dienste der bayerischen Landschaft. Er war kurf¨urstlicher Rat von Haus aus und seit 1679 Oberlandschreiber des Landgerichts Hirschberg. Nach dem Tod von Lossius erbte B. 1675 die Hofmarken Sandersdorf und
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Mendorf und wurde geadelt. Als einer der ersten Juristen der Univ. Ingolstadt besch¨aftigte er sich auch mit dem bayerischen Landrecht. Er ver¨offentlichte u. a. Semicenturia controversiarum (1680). B. starb w¨ahrend der Belagerung Ingolstadts durch die kaiserlichen Truppen. C LMU
Bassus, Konrad (Maximilian Friedrich Maria) Frh. von, Ingenieur, * 31. 3. 1874 M¨unchen, † 28. 4. 1928 M¨unchen. Nach dem Studium in M¨unchen und einer Assistentenzeit bei Oskar von → Miller und Graf Ferdinand → Zeppelin besch¨aftigte sich B. als Privatgelehrter mit Aeronautik und Flugwesen. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen zu Fluggasen und Luftnavigation galten als entscheidend f¨ur die Entwicklung der Luftschiffe und der Luftfahrt allgemein. 1909 wurde er zum Vorstand der Zeppelin-Stiftung des Deutschen Volkes in Friedrichshafen ernannt, aus der die von B. mitinitiierte Motor-Luftschiff-Studiengesellschaft, die Gesellschaft Luftschiffbau Zeppelin und zuletzt der Zeppelin-Konzern hervorgingen, die B.s Forschungsergebnisse beim Bau von Luftschiffen praktisch umsetzten. C NDB Basta, Georg Graf von, Milit¨ar, Schriftsteller, * 30. 1. 1550 La Rocca bei Tarent (Italien), † 1612. B., Sohn eines albanischen Edelmanns, begann seine milit¨arische Laufbahn in den Niederlanden, trat in kaiserliche Dienste und wurde 1598 von Kaiser → Rudolf II. als Oberbefehlshaber gegen den aufst¨andischen Siegmund Bathory nach Siebenb¨urgen ins Feld geschickt. Nach seinem Sieg u¨ ber Bathory 1602 f¨uhrte B.s harte Herrschaft im wieder kaiserlichen Siebenb¨urgen zu einem Aufstand, der 1603 niedergeschlagen werden konnte. Seit 1604 k¨ampfte B. in Ungarn gegen die T¨urken, fiel aber, als er dem Kaiser 1606 vom Friedensschluß abriet, in Ungnade; er schrieb u. a. Governo della cavalleria leggiera (1612). Basta, Marie, geb. Schmidt, verh. Pascalides, Tavary, S¨angerin, * 4. 5. 1856 K¨oln, † n. e. Die Tochter eines Weimarer Operns¨angerpaares deb¨utierte 1872 in einer Soubrettenrolle am dortigen Hoftheater. B. erhielt Gesangsunterricht in Mailand, Wien sowie in Paris und wechselte dann ins ernste Fach und wurde 1874 Mitglied der Prager Oper. Nach einem Engagement in Hamburg und einer Tournee durch Skandinavien seit 1878 am Stadttheater in K¨oln besch¨aftigt, sah sie der Intendant des M¨unchner Hoftheaters in ihrer Paraderolle der Carmen und holte sie 1880 nach M¨unchen. Nach Aufl¨osung ihres Vertrags an der Bayerischen Hofb¨uhne (1888) nahm sie keine festen Engagements mehr an, gab jedoch noch zahlreiche Gastspiele auf europ¨aischen und amerikanischen B¨uhnen und trat auch als Konzertpianistin auf. C Kutsch Bast´e, Charlotte, verh. Wallner, Schauspielerin, * 28. 12. 1867 St. Petersburg, † 19. 5. 1928 Dresden. Von ihrem Vater, einem Schauspieler und Theaterdirektor, ausgebildet, trat B. in Bremen und am K¨oniglichen Schauspielhaus in Berlin schon fr¨uh in Kinderrollen auf und erhielt 1886 ein zweij¨ahrige Engagement in St. Petersburg. Nach einem erfolgreichen Gastspiel am Dresdner Hoftheater wurde sie in dessen Ensemble aufgenommen, spielte dort die großen klassischen Rollen und wechselte sp¨ater in das Fach der Salondamen u¨ ber. B. war mit dem Schriftsteller Franz → Wallner verheiratet.
Bastgen, Hubert, Ordensname: Beda, Benediktiner, Theologe, Kirchenhistoriker, * 21. 8. 1876 Cochem, † 4. 5. 1946 Sch¨aftlarn / Isartal. B. studierte in Trier, Bonn und Berlin, empfing 1900 die Priesterweihe und wurde 1906 in Breslau zum Dr. theol. (Die Entstehung der Trierer Archidiakonate), 1907 in Berlin zum Dr. phil. (Geschichte des Domkapitels zu Trier im Mittelalter) und 1908 in Rom zum Dr. jur. can. promoviert. 1910
Batsch habilitierte er sich in Straßburg. 1920-30 betrieb er Studien im Vatikanischen Archiv zur deutschen Kirchengeschichte der ersten H¨alfte des 19. Jahrhunderts. 1932 trat er in die Benediktinerabtei Sch¨aftlarn ein. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Die r¨omische Frage (3 Bde., 1917-19), Libri Carolini sive Caroli Magni capitulare de imaginibus (MGH, Concilia, 2 Suppl., 1924, Neudr. 1979), Forschungen und Quellen zur Kirchenpolitik Gregors XVI. (2 Bde., 1929), Bayern und der Heilige Stuhl in der 1. H¨alfte des 19. Jahrhunderts (2 Bde., 1940) und Die Besetzung der Bischofssitze in Preußen in der 1. H¨alfte des 19. Jahrhunderts (2 Bde., 1941, Neudr. 1978). C LThK
Bastian, (Philipp Wilhelm) Adolf, Ethnologe, * 26. 6. 1826 Bremen, † 3. 2. 1905 Port of Spain (Trinidad). Als Schiffsarzt kam der einer Kaufmannsfamilie entstammende B. 1851 nach Australien, reiste bis 1859 um die Welt und gab als Ergebnis seiner ethnologischen Beobachtungen 1860 sein dreib¨andiges Hauptwerk Der Mensch in der Geschichte heraus. 1868 gr¨undete er das Berliner V¨olkerkundemuseum, 1870 die „Berliner Anthropologische Gesellschaft“. Seit 1868 Dozent f¨ur V¨olkerkunde an der Univ. Berlin, u¨ bernahm er 1873 die Leitung der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland. B. schuf die Grundlagen f¨ur eine nach psychologischen Gesichtspunkten arbeitende V¨olkerkunde. C Killy Bastian, Gert, Milit¨ar, Politiker, * 26. 3. 1923 M¨unchen, † 1. 10. 1992 Bonn. Der Sohn eines Volkswirts meldete sich 1941 freiwillig zum Kriegseinsatz und war zuletzt Zug- und Kompanief¨uhrer. Nach dem Krieg durchlief B. 1946-48 eine Buchbinderlehre, arbeitete zun¨achst als selbst¨andiger Buchbinder und war seit 1950 bei einer Beh¨orde t¨atig. 1956 trat er als Oberleutnant in die Bundeswehr ein, in der er bis 1976 zum Generalmajor und Kommandeur der 12. Panzerdivision in Veitsh¨ochheim avancierte. Seit 1954 Mitglied der CSU, verließ er 1963 die Partei und neigte in der Folgezeit der SPD zu. 1980 bat er als Gegner des NATO-Doppelbeschlusses von 1979 um die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand. Danach einer der Vork¨ampfer der Friedensbewegung, war B., der 1954-63 der CDU angeh¨ort hatte, 1983 / 84 und 1986 / 87 Mitglied der Bundestagsfraktion der „Gr¨unen“ und des Verteidigungsausschusses. Aus unbekannten pers¨onlichen Gr¨unden erschoß B. seine Lebensgef¨ahrtin und Mitstreiterin Petra → Kelly und ver¨ubte dann Selbstmord. C MdB
Bastiani, Giovanni Battista, kath. Theologe, * 12. 12. 1714 Venedig, † 20. 11. 1786 Breslau. B. geh¨orte zu den von K¨onig → Friedrich II. von Preußen wegen ihrer Bildung und ihrer gesellschaftlichen Umgangsformen gesch¨atzten Italienern seiner Umgebung. 1747 / 48 verhandelte er im Auftrag des K¨onigs mit der Kurie in Rom erfolgreich um deren nachtr¨agliche Zustimmung zur Wahl des Grafen Philipp Gotthard → Schaffgotsch zum Bischof von Breslau. Von regelm¨aßigen Aufenthalten am Hof Friedrichs II. abgesehen, lebte B., mit eintr¨aglichen schlesischen Pfr¨unden versehen, in Breslau, wo er enge Kontakte zum aufgekl¨arten B¨urgertum pflegte, mit dem adligen Domkapitel jedoch h¨aufig in Konflikt geriet. C NDB Bastineller, Gebhard Christian, Jurist, * 15. 5. 1689 Halle, † 18. 10. 1755 Wittenberg. Nach dem Studium der Jurisprudenz in Halle hielt sich B. in Wien, Regensburg und Wetzlar auf und bet¨atigte sich als Hofmeister und Advokat, Notar und Verwalter einiger Erbgerichte in der Merseburger Gegend. 1711 wurde er in Halle promoviert, 1714 Prof. der Rechte an der Univ. Wittenberg, 1721 Assessor am Hofgericht und der Juristischen Fakult¨at, Beisitzer am Sch¨offenstuhl und im Konsistorium, 1723 kurs¨achsischer Hofrat. Zahlreiche seiner Vorlesungen
erschienen im Druck, darunter auch eine wirtschaftsrechtliche Dissertatio de jure creditorum litterarum Cambii cum vel sine clausula hypothecae in concursu (1713).
Batka, Richard W. A., auch Battka, Musikschriftsteller, * 14. 12. 1868 Prag, † 24. 4. 1922 Wien. Das Studium der Germanistik und Musik in Prag beendete B., Sohn eines Kaufmanns, mit der Promotion. 1896-98 gab er dort mit Hermann Teibler die „Neue musikalische Rundschau“ heraus, arbeitete als Musikfeuilletonredakteur f¨ur das „Prager Tagblatt“, die „Neue Revue“, seit 1897 auch f¨ur den „Kunstwart“. Er gr¨undete den Prager D¨urerbund, veranstaltete klassische und moderne Musikkonzerte und leitete 1906 die Prager Musikausstellung. 1908 u¨ bersiedelte B. nach Wien, war bis 1919 Musikritiker beim „Wiener Fremdenblatt“, dann bei der „Wiener Allgemeinen Zeitung“ und gab 1909-13 mit Richard → Specht die Theaterzeitung „Der Merker“ heraus. Seit 1909 lehrte er Musikgeschichte an der Wiener Akademie der Tonkunst. Zu seinen zahlreichen musikhistorischen Werken z¨ahlen Biographien von → Schumann (1891, 21922) und → Bach (1893, 1924) sowie eine Allgemeine Geschichte der Musik (3 Bde., 1906-15). B. schrieb bzw. u¨ bersetzte Libretti f¨ur moderne Opern. C MGG
Batocki-Friebe, Adolf (Max Johannes Otto) von, auch Tortilowicz von B., Landwirt, Politiker, * 31. 1. 1868 Bledau bei K¨onigsberg (Ostpreußen), † 22. 5. 1944 Bledau bei K¨onigsberg. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn und K¨onigsberg u¨ bernahm B.-F., Sohn eines kgl. preuß. Kammerherrn, die Bewirtschaftung der elterlichen G¨uter in Ostpreußen. 1900-07 war er Landrat des Kreises K¨onigsberg, 1907-15 Pr¨asident der Ostpreußischen Landwirtschaftskammer, wurde 1914 Oberpr¨asident von Ostpreußen und stand 1916 / 17 dem Kriegsern¨ahrungsamt in Berlin vor; 1919 trat er zur¨uck. 1927 u¨ bernahm er eine Honorarprofessur f¨ur Volkswirtschaft an der Univ. K¨onigsberg. B.-F. geh¨orte dem Verwaltungsrat der Deutschen Reichsbahn an. C NDB
Bats´anyi, Gabriele (Anna Maria Elisabeth Christine) von, auch Bacs´anyi, geb. von Baumberg, o¨ sterr. Schriftstellerin, * 24. 3. 1775 Wien, † 24. 7. 1839 Linz. B., die gebildete Tochter eines Beamten, verkehrte in Wien in literarischen Zirkeln, u. a. mit Karoline → Pichler; 1805 heiratete sie den ungarischen Schriftsteller J´anos Bacs´anyi. 1809 u¨ bersetzte er die Proklamation Napoleons an die Ungarn, wurde verfolgt und mußte nach Paris fliehen, wohin ¨ ihm B. folgte. Nach seiner Auslieferung an Osterreich und Inhaftierung lebte B. in Wien, von wo sie pl¨otzlich verschwand. Erst nach ihrem Tod wurde bekannt, daß sie sich bei ihrem Mann in Linz aufgehalten hatte. B. ver¨offentlichte u. a. S¨ammtliche Gedichte (1800). C Killy Batsch, August Johann Georg Karl, Naturforscher, Mediziner, * 28. 10. 1761 Jena, † 29. 9. 1802 Jena. Nach dem Studium der Naturwissenschaften und Medizin an der Univ. Jena (Promotion 1786, Dispositio generum plantarum Jenensium secundum Linnaeum et familias naturales) lebte B. einige Zeit in Weimar, wo er in → Goethe einen G¨onner fand. Nach Jena zur¨uckgekehrt, wurde er Magister der Philosophie, Privatdozent, 1786 Dr. med. und a. o. Prof. der Naturgeschichte, 1787 a. o. Prof. der Medizin und 1792 Prof. der Philosophie. Seit 1793 war er o. Prof. der Naturgeschichte und von 1793 an Direktor der von ihm ins Leben gerufenen Naturforschenden Gesellschaft zu Jena, von der Abhandlungen auch im Druck erschienen. B., der 1794 den Botanischen Garten Jenas begr¨undete und leitete, verfaßte zahlreiche Lehrb¨ucher, Tabellen der Naturgeschichte, Chemie, Botanik und Mineralogie sowie eine in viele Sprachen
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Batsch u¨ bersetzte Botanik f¨ur Frauenzimmer und Pflanzenliebhaber (1795, 41818). Als sein Hauptwerk gilt jedoch ein auf Detailstudien beruhendes nat¨urliches Pflanzensystem. C Grummann
Batsch, Karl Ferdinand, Milit¨ar, * 10. 1. 1831 Eisenach, † 22. 11. 1898 Weimar. B. trat 1848 als Matrose in die preuß. Kriegsmarine ein und avancierte 1852 zum Leutnant. 1856 bei einem Kommando der englischen Marine gewonnene Erkenntnisse nutzte er sp¨ater als Stabschef beim Oberkommando zum Aufbau der deutschen Kriegsflotte. 1875 wurde B. zum Konteradmiral bef¨ordert und 1876 nach der Ermordung des dortigen deutschen Konsuls mit der Leitung der Operation gegen Saloniki betraut. Nach dem Untergang des Panzerschiffs „Großer Kurf¨urst“ wurde B. vor ein Kriegsgericht gestellt, zu sechsmonatiger Festungshaft verurteilt, jedoch nach zwei Wochen begnadigt und 1880 zum Vizeadmiral und Direktor der Admiralit¨at bef¨ordert. C Hildebrand Batt, Kurt, Lektor, Kritiker, Essayist, * 11. 7. 1931 Hamburg, † 20. 2. 1975 Rostock. Der Sohn eines Buchdruckers studierte 1951-55 Germanistik in Leipzig, u. a. bei Ernst → Bloch. B. lehrte dann bis 1959 Germanistik am Rostocker Konservatorium und wurde 1958 in Leipzig zum Dr. phil. promoviert (Untersuchungen zur Auseinandersetzung zwischen Klaus Groth und Fritz Reuter). Anschließend war er Lektor, seit 1960 stellvertretender Verlagsleiter und seit 1961 Cheflektor im Hinstorff Verlag, den er zu einem wichtigen Verlag f¨ur DDR-Gegenwartsliteratur entwickelte. So gewann er u. a. Jurek → Becker und Ulrich Plenzdorf als Autoren. Daneben schrieb B. seit 1964 Beitr¨age f¨ur „Sinn und Form“ und gewann an Einfluß in der DDR-Verlagspolitik. Seit 1966 geh¨orte er, ohne Mitglied der SED zu sein, den Gremien f¨ur Verlagslenkung im DDRKulturministerium an und wurde auch Mitglied der Kreisleitung des Kulturbunds Rostock. 1973 habilitierte sich B. in Greifswald (Anna Seghers. Versuch u¨ ber Werdegang und Werke). Neben erz¨ahltheoretischen Texten in der Tradition von G. → Luk´acs (Die Exekution des Erz¨ahlers. Westdeutsche Romane zwischen 1968 und 1972, 1974) ver¨offentlichte er Studien wie Fritz Reuter. Leben und Werk (1967, Nachdr. 1990) und Revolte intern. Betrachtungen zur Literatur in der Bundesrepublik Deutschland (1975). B. gab ferner die Aphorismen G. C. → Lichtenbergs (1963, zuletzt 2003) und die Werke Fritz → Reuters (1966 / 67, Nachdr. 1990) heraus. 1974 erhielt er den Heinrich-Mann-Preis. C DLL, 20. Jh.
Berg betreffenden Urkunde Stephans I. von 1001 verteidigte. 1780 erfolgte B.s Berufung zum Bischof von Siebenb¨urgen, k. k. Geheimen Rat und Verantwortlichen f¨ur das dortige Bildungswesen. Er besch¨aftigte sich mit der ungarischen Kirchengeschichte und ver¨offentlichte 1785 Leges ecclesiasticae Hungariae. Als F¨orderer der Wissenschaften gr¨undete er in Karlsburg eine Sternwarte, ein Naturalienkabinett und ein Altertumsmuseum. C LThK
Batthyani, Karl Joseph F¨urst von, Milit¨ar, Diplomat, * 1697, † 15. 4. 1772. B. begann seine Laufbahn im o¨ sterr. Milit¨ar- und Staatsdienst 1716 unter Prinz → Eugen im Krieg gegen die T¨urken, geh¨orte seit 1719 der o¨ sterr. Gesandtschaft in Konstantinopel an und nahm 1734 am Krieg gegen Frankreich, 1737-39 gegen die T¨urken teil. Bis 1741 war er Gesandter in Berlin, 1742 Kommandeur der Kavallerie im Heer des Prinzen von Lothringen. 1745 erm¨oglichte sein Sieg bei Pfaffenhofen die Eroberung Bayerns. Nach dem Aachener Frieden von 1748 wurde B. in den F¨urstenstand erhoben, zum wirklichen Geheimen Rat, Ban von Kroatien und Obersthofmeister des sp¨ateren Kaisers → Joseph II. ernannt. Batthyani, Vinzenz Graf von, o¨ sterr. Politiker, Schriftsteller, * 28. 2. 1772 Gr¨atz, † 3. 12. 1827 Wien. In seiner Laufbahn in der o¨ sterr. und ungarischen Verwaltung war B. zun¨achst Hofrat bei der ungarischen Hofkanzlei, Administrator der Graner Gespanschaft, Referent bei der Commerz-Hofkommission in Wien, dann k. k. Geheimer Rat und K¨ammerer, Vizepr¨asident der allgemeinen Hofkammer und Obergespan der Honther Gespanschaft. Er ver¨offent¨ lichte Reiseberichte in Briefform, u. a. Uber das ungarische K¨ustenland (1805).
Battermann, Hans Felix Heinrich, Astronom,
Battier, Samuel, schweizer. Klassischer Philologe, Mediziner, * 23. 1. 1667 Basel, † 24. 4. 1744 Basel. Nach der Erwerbung des Magistergrads der Philosophie 1683 studierte B. in Basel Medizin, Mathematik und Klassische Philologie, besonders das Griechische; 1690 wurde er zum Dr. med. promoviert. 1696 trat er eine l¨angere Bildungsreise an, die ihn u. a. nach Paris f¨uhrte. 1704 erhielt B. das Vikariat am Lehrstuhl f¨ur das Griechische, 1706 die Professur; er f¨uhrte eine a¨ rztliche Praxis. 1711 wurde er Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft von Basel, Rektor der Baseler Univ. und 1727 Inspektor des Kollegiums. Unter seinen zahlreichen im Druck erschienenen Vorlesungen zur griechischen Sprache ist u. a. die Oratio de studii linguae Graecae utilitate atque commodis zu nennen.
* 20. 6. 1860 B¨uckeburg, † 15. 6. 1922 Blankenburg / Harz. B. beendete das Studium der Astronomie in Berlin 1881 mit der Promotion (Beitr¨age zur astronomischen Aberrationslehre), arbeitete ein Jahr an der Deutschen Seewarte in Hamburg und kehrte nach Berlin zur¨uck, wo er, unterbrochen 1888 durch eine neunmonatige T¨atigkeit an der Sternwarte G¨ottingen, bis 1904 blieb. In diesem Jahr folgte er einem Ruf als o. Prof. der Astronomie und Direktor der Sternwarte nach K¨onigsberg. Seine Forschungst¨atigkeit galt vor allem der Beobachtung und Bearbeitung von Sternbedeckungen. B. gab eine Triangulation der hellen Plejadensterne und einige Sternkataloge heraus. C NDB
Battig, Rudolf, Bergwerksdirektor, * 28. 6. 1883 Heidersdorf (Schlesien), † 12. 4. 1957 Essen. Der ausgebildete Bergassessor war Generaldirektor und Vorsitzender der Direktion der Gewerkschaft der Steinkohlezeche „Mont-Cenis“ und des Steinkohlebergwerks in Sodingen / Westfalen. Daneben Generaldirektor der dortigen Gasverarbeitungsgesellschaft, geh¨orte B. den Aufsichtsr¨aten der Maxh¨utte in Rosenberg / Oberpfalz, der Ruhrgas A. G. in Essen, der Chemischen Fabrik Fl¨orsheim A. G. und des Wasserwerks f¨ur das westf¨alische Kohlerevier in Gelsenkirchen an. C Leb Industrie 2
Batthyani, Ignaz Graf von, Bischof von Siebenb¨urgen, * 30. 7. 1741 Nemeth-Ujvar (Ungarn), † 17. 11. 1798 Karlsburg (Siebenb¨urgen). Der einer ungarischen Magnatenfamilie entstammende B. leitete nach dem Theologiestudium und der Priesterweihe in Gran einige Zeit die Bibliothek des Collegio Apollinare in Rom. Sp¨ater wurde er in Erlau Domherr und Propst. Dort erschien seine erste Ver¨offentlichung, in der er die Echtheit einer die Benediktinerabtei des Hl. Martin vom
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Battista, Ludwig, P¨adagoge, Volksschulreformer, * 12. 7. 1880 Atzgersdorf bei Wien, † 25. 5. 1951 Wien. Nach dem Besuch einer Lehrerbildungsanstalt war B. 1899-1905 Volks- und B¨urgerschullehrer in Wien, unterrichtete dann am Lehrerseminar und an der Lehrerakademie. Nach einem mit der Promotion abgeschlossenen Studium der P¨adagogik, Philosophie, Germanistik und Geographie wurde B. 1919 in das Unterrichtsministerium berufen, 1923 mit der Leitung der Abteilung f¨ur die p¨adagogischen
Batz Angelegenheiten des Volksschulwesens und der Lehrerbildung betraut; 1930 war er maßgeblich an der Reform der Volksschulen und der Schaffung der Hauptschulen beteiligt. 1938 aus politischen Gr¨unden in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, wurde B. 1945 zum Sektionschef ernannt, war Vizedirektor des P¨adagogischen Instituts der Stadt Wien und ¨ Berater des Osterr. Bundesverlags. Er ver¨offentlichte u. a. Der Sachunterricht in den Volksschulen (1928).
und Wittenberg (u. a. bei → Melanchthon) und erlangte 1558 den Magistergrad. 1560 wurde er Dozent der Mathematik, 1565 zum Inspektor der Fakult¨at der K¨unste. 1565 verließ P. der Pest wegen Rostock, wurde in Italien zum Dr. med. promoviert, kehrte 1566 zur¨uck und wurde 1568 zum f¨urstlichen o. Prof. berufen; er war ein Verfechter der Lehre des → Paracelsus (Epistolae aliquot medica tractantes, 1611).
Battke, Heinz, Maler, Graphiker, * 28. 11. 1900 Berlin,
† 12. 1. 847 / 48. B. war bayerischer Abstammung und studierte vermutlich mit → Hrabanus Maurus in Fulda. 817 wurde er Bischof von Regensburg und Abt von St. Emmeram. B. war Erzkaplan → Ludwigs des Deutschen und spielte bei der Umsetzung der karolingischen Reformen in Bayern eine wichtige Rolle. Er baute auch das Schriftwesen aus.
† 15. 1. 1966 Frankfurt / Main. B. erhielt seine k¨unstlerische Ausbildung in Berlin (1921-25), Paris (1927-29) und Florenz (1929-30). Nach einer Besch¨aftigung am Berliner Schloßmuseum (1934-35) u¨ bersiedelte er 1935 nach Florenz und unternahm Studienreisen in die Niederlande, nach Belgien und in die Schweiz. 1956 erfolgte seine Berufung an die St¨adelschule in Frankfurt, an der er die Leitung der Klasse f¨ur freie Graphik u¨ bernahm. Seit 1961 geh¨orte B. dem Vorstand des Deutschen K¨unstlerbundes an. Anfangs widmete er sich haupts¨achlich der Malerei, sp¨ater ging er zur Graphik u¨ ber. In seinen fr¨uhen Werken noch vom Expressionismus gepr¨agt, n¨aherte er sich in seinen h¨aufig bizarr verformten Strichzeichnungen dem Surrealismus. Seine Hauptsujets waren Hafen- und Stadtansichten, Sport- und Ballettszenen, Stilleben, Szenen aus der Mythologie, Portr¨ats und Selbstbildnisse. 1951 ver¨offentlichte B. Aufzeichnungen eines Malers. C AKL
Battonn, Johann Georg, kath. Theologe, Historiker, * 14. 5. 1740 Mainz, † 21. 4. 1827 Frankfurt / Main. B. wurde 1759 Kanonikus, sp¨ater Stiftsarchivar und 1802 Kustos des St. Bartholom¨ausstifts in Frankfurt / Main. Nach der S¨akularisation des Stifts lebte er als Pension¨ar in Frankfurt. Die siebenb¨andige, von Johann Carl von → Fichard ¨ weitergef¨uhrte und erg¨anzte Ortliche Beschreibung der Stadt Frankfurt a. M. von Johann Georg Battonn erschien 1861-75 im Druck. C Frankf Biogr
Battus, Abraham, evang. Theologe, * 1606 Greifswald, † 23. 9. 1674. B., Sohn von Bartholom¨aus → B., bezog 1625 die Univ. Rostock und setzte das Studium der Theologie und Philosophie in K¨onigsberg fort. 1632 wurde er auf den Lehrstuhl f¨ur Logik und Metaphysik an die Univ. Greifswald berufen; dort war er mehrmals Dekan, Rektor und Kanzler. 1650 wurde er Prof. der Theologie und Pfarrer an St. Jacobi. Als Generalsuperintendent von Schwedisch Pommern und R¨ugen (1662) k¨ampfte er gegen das Eindringen der calvinistischen Lehre; 1651 gab er neben anderen theologischen und philosophischen Betrachtungen eine Schrift De satisfactione Christi contra Papistas, Socinianos & Reformatos heraus. C ADB Battus, Bartholom¨aus, evang. Theologe, * 10. 9. 1571 Hamburg, † 3. 1. 1637 / 39 Greifswald. B. stammte aus einer wegen ihres luth. Glaubens aus Flandern vertriebenen Familie. Das Theologiestudium in Rostock beendete er 1594 als Magister, ging nach Wittenberg und bereiste Oberdeutschland. 1596 wieder in Rostock, wurde er von Herzog → Bogislaw XIII. von Pommern zum Prof. der Logik an der Univ. Greifswald ernannt, die ihn f¨unfmal zu ihrem Rektor w¨ahlte. 1599 erfolgte seine Berufung zum Prof. der Theologie und zum Pastor an der Jakobikirche. Nach der Promotion zum Dr. theol. (1600) war B. 1604-06 Generalsuperintendent von Pommern. Zahlreiche seiner theologischen Vorlesungen und Predigten erschienen im Druck. B. war der Vater von Abraham → B. C ADB Battus, Levin, Mediziner, Mathematiker, * Dezember 1545 Gent, † 11. 4. 1591 Rostock. B. floh wegen seines evang. Glaubens mit seiner Familie nach Deutschland, studierte an den Universit¨aten Rostock
Baturich, Bischof von Regensburg, * um 780,
Batz, August Friedrich von, Jurist, Diplomat, * 1757 Regensburg, † 10. 2. 1821 T¨ubingen. B. wurde 1773 in die herzogliche Milit¨arakademie in Stuttgart aufgenommen und absolvierte dort eine juristische Ausbildung. 1778 trat er als Sekret¨ar in den w¨urttembergischen Staatsdienst und wurde als Beobachter auf den Reichstag nach Regensburg entsandt. Seit 1783 war B. Prof. des R¨omischen V¨olker- und Kriegsrechts und der Deutschen Reichsgeschichte an der Hohen Karlsschule in Stuttgart. Er wurde herzoglich w¨urttembergischer Legationssekret¨ar in Regensburg und 1795 zum Legationsrat bef¨ordert. Sp¨ater war B. Leiter des kgl. Gerichtshofs in T¨ubingen. Er schrieb u. a. Entwicklung der Brandenburgischen Hausvertr¨age, in Hinsicht auf Theilung und Erbfolge (1794). Batz, Johann Friedrich, kath. Theologe, * 21. 11. 1770 Bamberg, † 14. 8. 1807 Baunach bei Bamberg. Seit 1788 Dr. phil., trat B. 1793 in das Priesterseminar in Bamberg ein, wurde 1794 zum Dr. theol. promoviert und zum Prof. der Kirchengeschichte ernannt. Seit 1800 war er Direktor des Universit¨atshauses, des Gymnasiums, der Philosophischen Fakult¨at, der Volksschulen, Beisitzer bei den Schulkommissionen, Wirklicher Geistlicher Rat und Prof. der Moraltheologie. 1805 ließ er sich aus gesundheitlichen Gr¨unden auf die Landpfarrei von Baunach versetzen. Neben Predigten, Religionsb¨uchern f¨ur Kinder und theologischen Betrachtungen ver¨offentlichte B. eine Christliche Religionsund Kirchengeschichte (Bd. 1, 1797). Eine Schrift u¨ ber den klerikalen Geist gab sein Bruder Johann Joseph → B. 1809 (31834) postum heraus. C LThK Batz, Johann Joseph, kath. Theologe, * 22. 6. 1775 Bamberg, † 12. 3. 1814 B¨uhl bei Lauf (Franken). Wie sein Bruder Johann Friedrich → B. trat B. in das Bamberger Priesterseminar ein, wurde 1797 Prof. der Philosophie und 1798 zum Priester geweiht. 1798-1802 gab er eigene philosophische Betrachtungen, die Aphorismi philosophici, heraus. 1805 wechselte B. auf den Lehrstuhl f¨ur dogmatische Theologie, 1809 als Prof. der Theologie an das Lyzeum von Bamberg. Sp¨ater wurde ihm die Pfarrstelle von B¨uhl bei Lauf zugewiesen. Neben einigen theologischen Schriften, deren kritischer Geist auf Ablehnung bei den Kirchenoberen stieß, ver¨offentlichte B. 1809 einen Kommentar zum neuen bayerischen Ehescheidungsgesetz. 1809 / 10 gab er die „Theologische Zeitschrift“ heraus. C LThK Batz, Simon van Homborch, Syndikus, Fr¨uhhumanist, † 3. 8. 1464 L¨ubeck. Der aus dem pf¨alzischen Homburg stammende B. erhielt 1444 den Titel eines Magister Artium und wurde Vizerektor der Univ. Erfurt. 1457 berief ihn die Hansestadt L¨ubeck zu ihrem Ratssyndikus. B. trug eine reiche Handschriftensammlung zusammen; seine Bibliothek, die in den Besitz
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Bauberger der Stadt L¨ubeck u¨ berging, enthielt die Werke des Ovid, Vergil, Euklid und Priscianus. B. gilt als der erste Humanist in L¨ubeck. C NDB
Bauberger, Wilhelm, Mediziner, Schriftsteller, * 3. 3. 1809 Thannhausen bei Augsburg, † 8. 2. 1883 Thannhausen. B. bezog 1826 die Univ. M¨unchen, studierte Medizin (Promotion 1830, Medicinisch-topographischer Ueberblick u¨ ber den Gerichtsbezirk Thannhausen an der Mindel und seine Umgebung) und ließ sich 1831 als Arzt in Thannhausen nie¨ der. Nach einer wissenschaftlichen Reise nach Osterreich, wo er die dort ausgebrochene Choleraepidemie studierte, praktizierte B. zehn Jahre in H¨ochst¨adt / Donau. 1841 erwarb B. ein Gut in Obermedlingen, praktizierte seit 1850 als Arzt in Augsburg und verbrachte die letzten Lebensjahre in Thannhausen, wo er sich ganz seiner schriftstellerischen T¨atigkeit widmete. B. galt als einer der bedeutendsten kath. Jugendschriftsteller seiner Zeit. Von seinen zahlreichen Erz¨ahlungen wurde vor allem das Erstlingswerk Die Beatush¨ohle (1839) ein großer Erfolg. C Wienstein: Kath Bauch, Andreas, kath. Theologe, * 28. 2. 1908 Ensfeld, † 24. 10. 1985 Eichst¨att. B., Sohn eines Landwirts, studierte Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Eichst¨att und an der Univ. W¨urzburg. 1932 zum Priester geweiht und 1934 zum Subregens ernannt, arbeitete er als Seelsorger und war 1934-48 f¨ur die wirtschaftlichen und organisatorischen Belange des Bisch¨oflichen Seminars Eichst¨att verantwortlich. 1946 promoviert, wurde er 1947 a. o., 1951 o. Prof. f¨ur Allgemeingeschichte und Geschichte der christlichen Kunst an der Hochschule in Eichst¨att. 1958-71 war er dort Prorektor, 1947-75 in nebenamtlicher Funktion Leiter der Staatsund Seminarbibliothek. 1950-71 hatte B. als Regens zugleich die Gesamtleitung des Bisch¨oflichen Seminars inne und war nach Zusammenlegung der P¨adagogischen Hochschule und der Philosophisch-Theologischen Hochschule 1972-75 erster Dekan der Theologischen Fakult¨at. Er ver¨offentlichte zahlreiche Werke zur Kulturgeschichte und Geschichte, insbesondere zur Di¨ozese Eichst¨att (u. a. Quellen zur Geschichte der Di¨ozese Eichst¨att, 1962). 1964 wurde B. zum P¨apstlichen Pr¨alaten ernannt.
Bauch, Bruno (Arthur Kanut), Philosoph, * 19. 1. 1877 Groß-Nossen (Schlesien), † 27. 2. 1942 Jena. B., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften in Freiburg / Breisgau, Straßburg und Heidelberg und wurde 1901 bei Heinrich → Rickert promoviert (Gl¨uckseligkeit und Pers¨onlichkeit in der kritischen Ethik, 1902, 21931). Nach der Habilitation 1903 bei Hans → Vaihinger in Halle (Vom Princip der Moral bei Kant, erschienen unter dem Titel Luther und Kant, 1904) lehrte er dort als Privatdozent, seit 1910 als Titularprofessor und ging 1911 als o. Prof. nach Jena. 1911 (31920) ver¨offentlichte er seine erste, 1917 (41933) seine zweite historische Darstellung der Philosophie → Kants, jeweils unter dem Titel Immanuel Kant. 1903-16 war er Mitherausgeber der „Kant-Studien“ und 1917 Mitbegr¨under der Deutschen Philosophischen Gesellschaft und der „Beitr¨age zur Philosophie des Deutschen Idealismus“ (seit 1926 „Bl¨atter f¨ur Deutsche Philosophie“), seit 1934 deren Pr¨asident. Nach Kant am meisten von Hermann → Lotze beeinflußt, bem¨uhte sich B., Vertreter eines realistischen Kritizismus, um eine Synthese der Marburger und der s¨udwestdeutschen (badischen) Schule des Neukantianismus. Grundlegend sind seine Werke Wahrheit, Wert und Wirklichkeit (1923) und Die Idee (1926). C NDB
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Bauch, Kaspar, Goldschmied, † 28. 11. 1583. Der einer bedeutenden Goldschmiedefamilie entstammende B. erhielt 1541 das B¨urger- und Meisterrecht in N¨urnberg. 1554 und 1572 sind Verst¨oße gegen die Handwerksordnung verzeichnet. 1567-71 war B. als Geschworener t¨atig. 1553-83 arbeitete er f¨ur Kurf¨urst → August von Sachsen. Er schuf vor allem gebuckelte Pokale in sp¨atgotischer Tradi¨ tion. B. war der Vater von Meinrad → B. d. A. C AKL Bauch, Kurt (Wilhelm Hans Ludwig), Kunsthistoriker, * 25. 11. 1897 Neustadt (Mecklenburg), † 1. 3. 1975 Freiburg / Breisgau. B., Sohn eines Amtsrichters, studierte Kunstgeschichte in Rostock, Berlin und M¨unchen und wurde 1922 in Freiburg / Breisgau promoviert. Anschließend Volont¨ar am St. AnnenMuseum in L¨ubeck, hielt er sich 1925 / 26 als Mitarbeiter des Corpus Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holl¨andischen Maler des XVII. Jahrhunderts in den Niederlanden auf. 1927 habilitierte er sich in Freiburg (Die Kunst des jungen Rembrandt, 1933), war bis 1931 dort, 1932 in Frankfurt / Main Privatdozent und seit 1933 a. o., 1939-62 o. Prof. der Kunstgeschichte an der Univ. Freiburg. 1958 wurde er in die Heidelberger Akademie der Wissenschaften aufgenommen. B., Vertreter einer an der Ontologie → Heideggers orientierten Kunstauffassung, stellte methodologisch die „Einzelheit“ des Kunstwerks heraus. Er besch¨aftigte sich vor allem mit Rembrandt. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren u. a. Abendl¨andische Kunst (1952), Der fr¨uhe Rembrandt und seine Zeit (1960) und Das mittelalterliche Grabbild (postum 1976). C Metzler Kunsthistoriker ¨ Goldschmied, * 1547, Bauch, Meinrad d. A., † 22. 4. 1623. Der Sohn von Kaspar → B. war das bedeutendste Mitglied der N¨urnberger Goldschmiedefamilie; er ist erstmals 1547 nachgewiesen. Nach mehrfacher Zur¨uckweisung des Meisterst¨ucks wurde er schließlich 1575 Meister. 1609-13 war er Vorgeher seines Handwerks. B. ragt durch seine fig¨urlichen Scherzgef¨aße und Trinkspiele in naturalistischer Tiergestalt hervor. Er schuf u. a. einen silbervergoldeten Bacchus auf einem Faß aus Perlmutt f¨ur das Gr¨une Gew¨olbe in Dresden (um 1600). Er war der Vater von Meinrad → B. d. J. C AKL
Bauch, Meinrad d. J., Goldschmied, * 1583, † 9. 1. 1633.
¨ war seit 1612 GoldschmieB., Sohn von Meinrad → B. d. A., demeister in N¨urnberg. Er schuf wie sein Großvater Kaspar → B. vorwiegend gebuckelte Pokale. Sein Werk steht einer von Hans → Petzold gef¨uhrten expliziten Neogotik (um 1600) nahe. C AKL
Bauch, Robert, Botaniker, * 21. 3. 1897 Berlin, † 21. 6. 1957 Greifswald. Nach dem Studium der Botanik in Berlin und W¨urzburg, wo er 1922 mit der Arbeit Kopulationsbedingungen und sekund¨are Geschlechtsmerkmale bei Ustilago violacea promoviert wurde, ging B. 1923 als Assistent an das G¨arungsphysiologische Institut Weihenstephan. 1925 wurde er von der Univ. Rostock zum Privatdozenten und 1930 zum a. o. Prof. der Botanik ernannt. 1947 als o. Prof. der Botanik und Pharmakognosie an die Univ. Greifswald berufen, stand er auch dem Institut f¨ur Pflanzen¨okologie, der Biologischen Forschungsanstalt Hiddensee und der Leitenden Naturstelle f¨ur Mecklenburg vor. B. widmete sich haupts¨achlich der Genetik und der Physiologie der Sexualit¨at bei Kryptogamen sowie der Floristik; er publizierte u. a. u¨ ber Kulturrelikte in der Pflanzenwelt Mecklenburgs (1937). Ein Ergebnis seiner Forschungsarbeit war die Entdeckung der multipolaren Sexualit¨at bei Brandpilzen.
Baudissin Bauchwitz, Kurt, im Exil: Roy C. Bates, Schriftsteller, * 1890 Halle / Saale, † 18. 7. 1975 New York. B., Sohn j¨udischer Eltern, studierte mit Unterbrechung durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg Rechtswissenschaften in Grenoble, Paris, M¨unchen und Berlin. 1920 ver¨offentlichte er mit dem Gedichtband Das Lebendige ein Werk, das als B.’ wichtigstes gilt. 1921-38 arbeitete B. als Rechtsanwalt in Berlin mit dem Spezialgebiet Internationales Recht, zu dem er zahlreiche Aufs¨atze verfaßte. 1939 war er gezwungen, aus Deutschland zu emigrieren, ging zuerst nach Japan und im folgenden Jahr in die USA. In Tokio entstanden mehr als hundert Gedichte, die in ihrer Knappheit und sprachlichen Pr¨agnanz japanische Formen zum Vorbild haben. In den USA studierte B. in New York Bibliothekswissenschaft, war in der Redaktion des Funk and Wagnalls Verlag t¨atig und begann noch einmal ein Jurastudium, das er 1956 abschloß. Er er¨offnete eine Kanzlei und spezialisierte sich erneut auf Internationales Recht. Zeit seines Aufenthalts in den USA schrieb B. Gedichte in englischer Sprache, gr¨oßtenteils aphoristische Spr¨uche und Epigramme, von denen allerdings nur wenige in Zeitschriften ver¨offentlicht wurden. C Spalek 2,1
Bauck, Jeanna (Maria Charlotta), auch Jeanne, Zeichnerin, Malerin, P¨adagogin, * 19. 8. 1840 Stockholm, † 27. 5. 1926 M¨unchen. Die Tochter eines Komponisten studierte seit 1863 in Dresden und D¨usseldorf Malerei, seit 1866 in M¨unchen, wo sie auch selbst unterrichtete. Nach Aufenthalten in Venedig, Paris, Tirol und Schweiz arbeitete B. seit 1880 als Lehrerin an der Malschule des Berliner K¨unstlerinnenvereins. Sie u¨ berwarf sich jedoch mit der Direktorin der Schule und verließ Berlin. 1898 er¨offnet sie in M¨unchen eine eigene Frauenmalschule, die sich erfolgreich etablierte. B.s Werk umfaßt vor allem Portr¨ats und Landschaftsbilder, die sie ¨ f¨ur Auftraggeber wie → Luitpold von Bayern schuf. Uberliefert sind u. a. Berglandschaft (1867), Verschneiter Winterwald mit Reisigsammlerin (1872), Abendstimmung u¨ ber dem Land (1878) und Bodetal im Harz (1878). B., die sich auch an internationalen Ausstellungen beteiligte, erhielt 1878 die Silbermedaille der Londoner Kunstausstellung und 1910 die Goldene K¨onig-Ludwig-Medaille f¨ur Wissenschaft und Kunst. C Schmidt-Liebisch
Bauck, Matthias Andreas, Komponist, Musiktheoretiker, * 25. 5. 1765 Hamburg, † 6. 4. 1835 L¨ubeck. B. u¨ bersiedelte 1785 nach L¨ubeck, war dort zun¨achst als Organist der reformierten Gemeinde t¨atig, seit 1799 als Organist und Werkmeister der St. Jacobikirche. Er war lange der einzige Lehrer f¨ur Musiktheorie und Kontrapunkt in L¨ubeck. B. schrieb u. a. eine Anleitung zur Kenntnis der Harmonie (1814; vermehrt um Beispiele, 21818), gab 1821 in st¨adtischem Auftrag ein L¨ubeckisches Choral-Melodien-Buch heraus und komponierte Oratorien, Fugen und Kantaten. C Neuer Nekr, Jg. 13
Baucke, Florian → Paucke, Florian Bauder, Johann Friedrich, Unternehmer, * 8. 1. 1713 Hersbruck (Franken), † 31. 5. 1791. Zun¨achst Lebkuchenb¨acker, ließ sich B. 1734 in Altdorf nieder, handelte mit Eisenwaren, sp¨ater mit Hopfen und Wein. Er trieb geologische Studien und entdeckte den nach ihm benannten Bauderschen Marmor (Beschreibung eines bei Altdorf im N¨urnbergischen neuerlich gefundenen kostbaren und noch nie gesehenen Ammoniten- und Belemnitenmarmors, 1754). 1746 wurde er in den Altdorfer Stadtrat, 1770 zum a¨ ltesten B¨urgermeister gew¨ahlt. F¨ur seine Verdienste um die ¨ Wirtschaft wurde B. Mitglied der Okonomischen Gesellschaft in Burghausen und von Kurf¨urst → Maximilian III. Joseph von Bayern zum Kommerzienrat ernannt.
Baudis, Gottfried Leonhard, Jurist, * 4. 8. 1683 Liegnitz (Schlesien), † 8. 2. 1739 Merseburg. B. begann das Studium der Jurisprudenz 1701 in Halle, wechselte 1703 an die Univ. Leipzig, erhielt dort 1706 den Magistergrad und wurde 1707 Kollegiat am Frauenkolleg. 1709 wurde er in Jena promoviert, 1710 Advokat, 1713 Ratsherr in Leipzig, 1720 Oberaufseher der Stadtbibliothek, 1727 Stadtrichter, Syndikus, k¨oniglich polnischer und kurs¨achsischer Appellationsrat und Beisitzer am Konsistorium. Seit 1734 war B. in Merseburg Domherr, o. Prof. der Rechte an der Akademie und Decemvir. 1734 erschienen Programmata de scholis juridicis apud veteres Romanos im Druck. Baudisch, Hans, o¨ sterr. Techniker, * 27. 8. 1881 Salzburg, † 28. 11. 1948 Wien. Nach dem 1905 mit der Promotion beendeten Maschinenbaustudium an der TH Wien war B., Sohn eines Schulrats, bei der Leobersdorfer Maschinenfabrik, dem Turbinenbau J. Oser in Krems / Donau und der Maschinenfabrik Briegleb, Hansen & Co. in Gotha besch¨aftigt. 1910-46 unterrichtete er, unterbrochen von dem 1914-18 kriegsbedingten Dienst an der Seeflugstation in Pula, als Fachvorstand der Maschinenbauschule an der Technisch-gewerblichen Bundeslehranstalt in Wien. B. ist Autor von u¨ ber hundert Publikationen u¨ ber Turbinenbau, Hydro- und Aeromechanik und schrieb u. a. Die Saugstrahlturbine (1920) und Mechanik der fl¨ussigen K¨orper (1922). Baudisch, Paul, Pseud. George Mertens, Hans Mertens, Georges Roland, Schriftsteller, * 19. 6. 1899 Wien, † 17. 6. 1977 Dalar¨o (Schweden). B. studierte in Wien Naturwissenschaften und bet¨atigte sich dort seit 1918 als freier Autor; er schrieb Romane und Dramen wie die Familie M¨achtig oder Der Zeitgeist (1921). 1926 u¨ bersiedelte er nach Berlin, ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age in der Zeitschrift „Die Dichtung“, geh¨orte dem Vorstand des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller an und ¨ war Vorsitzender des Bundes Deutscher Ubersetzer. Wegen seines Engagements in der KPD politisch verfolgt, kehrte er 1933 nach Wien zur¨uck. Von dort emigrierte er 1938 u¨ ber Frankreich nach Schweden. 1957-67 lebte B. in M¨unchen. Er u¨ bersetzte zahlreiche, vor allem englischsprachige Autoren (u. a. Hemingway, Dos Passos, Robert Louis Stevenson und Upton Sinclair) ins Deutsche, verfaßte rund 60 Filmdrehb¨ucher und schrieb Schlagertexte. C DLL, 20. Jh. Baudissin, Adalbert Heinrich Graf von, Schriftsteller, * 25. 1. 1820 Hovedgaard (J¨utland), † 28. 3. 1870 Wiesbaden. B., Enkel von Heinrich Friedrich von → B., trat nach dem Besuch der Schleswiger Domschule und dem Studium an der Bergakademie in Freiberg 1841 in o¨ sterr. Staatsdienste und wurde 1843 Oberamtsassessor in Gmunden. 1848 kehrte er nach Schleswig zur¨uck, mahm am Aufstand gegen D¨anemark teil und wurde 1850 zum Premierleutnant bef¨ordert. Nach Kriegsende 1852 zum Verlassen Schleswigs gezwungen, bet¨atigte sich B. in Nordamerika als Farmer, Buchh¨andler, Journalist und Verwalter eines Bergwerks. Nach seiner R¨uckkehr ließ B. sich 1862 als Schriftsteller in Altona nieder. Nach dem zweiten Deutsch-D¨anischen Krieg 1864 wurde B. Landdrost von Pinneberg, 1865 Deichinspektor auf den Inseln. Seine Pl¨ane f¨ur eine Landverbindung zur Insel R¨om¨o und einen Nord-Ostseekanal scheiterten am Ausbruch des Deutsch-Franz¨osischen Kriegs 1870, den er als Zeitungskorrespondent mitmachte. Neben historischen Romanen (Christian VII. und sein Hof, 2 Bde, 1863/64) schrieb B. eine Geschichte des schleswig-holsteinischen Kriegs von 1848 (1861) und Schleswig-Holsteinische Soldatengeschichten (1863). C SHBL, Bd 4
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Baudissin Baudissin, Eva Gr¨afin von, geb. Tuerk, Pseud. Bernhard von Brandenburg, Freifrau von Eschenbach, Baronin von Marly, Schriftstellerin, * 8. 10. 1869 L¨ubeck, † 11. 2. 1943 M¨unchen. Die Tochter eines Stabsarztes legte 1888 das Lehrerinnenexamen ab und hielt sich l¨angere Zeit in England auf. 1891-1908 war sie mit dem Offizier und Schriftsteller Graf Wolf von → Baudissin verheiratet. B. lebte bis 1895 in Hamburg, danach in Schleswig und seit 1899 in Dresden, sp¨ater in Weimar und seit 1908 in M¨unchen. Sie schrieb Gesellschaftsromane, Novellen, Humoresken und Ratgeber mit Verhaltensregeln f¨ur den Sport und die vornehme Lebensart. B. u¨ bersetzte aus dem Englischen und D¨anischen. C DLL, 20. Jh. Baudissin, Friedrich Graf von, Milit¨ar, * 3. 4. 1852 Gut Schierensee bei Rendsburg (Holstein), † 5. 2. 1921 Berlin. B. trat 1867 als Kadett in die preuß. Marine ein. Als Kommandant des Kreuzers „Albatros“ annektierte er die pazifischen Karolinen-Inseln. B. war danach in Kiel und als Schiffskapit¨an t¨atig und wurde Fl¨ugeladjutant und Admiral a` la suite des Kaisers. 1902 erneut in Ostasien, wurde er 1905 zum Vizeadmiral bef¨ordert, 1907-09 Chef des Admiralstabs, 1909-13 Chef der Marinestation der Nordsee. C Hildebrand Baudissin, Heinrich Christoph Graf von, Milit¨ar, * 1709, † 4. 6. 1786. B., Sohn des in den Grafenstand erhobenen Wolf Heinrich von → B. avancierte in kurf¨urstlich s¨achsischen Milit¨ardiensten zum General der Infanterie und Gouverneur von Dresden und der Festung K¨onigstein. In Schleswig-Holstein geh¨orten ihm u. a. die Besitzungen Rantzau, Knoop und Rixdorf. Seine S¨ohne waren Heinrich Friedrich von → B. und Karl Ludwig von → B. C SHBL, Bd 4 Baudissin, Heinrich Friedrich Graf von, Milit¨ar, Diplomat, * 1. 12. 1753, † 1. 3. 1818. Der Sohn von Heinrich Christoph von → B. trat in d¨anische Dienste, wurde General, Geheimer Konferenzrat, Kammerherr und k¨oniglich d¨anischer Gesandter in Berlin. Seine Ehefrau war die Schriftstellerin Karoline Adelheid Cornelia von → B. C ADB Baudissin, Karl Ludwig Graf von, Milit¨ar, * 21. 8. 1756, † 1. 3. 1814. Wie sein Bruder Heinrich Friedrich von → B. stand B. in d¨anischen Diensten und stieg darin bis zum Generalleutnant und Gouverneur von Kopenhagen auf. B. war der Begr¨under ¨ der Rantzauer Linie seiner Familie und Vater des Ubersetzers C SHBL, Bd 4 Wolf Heinrich Friedrich Karl → B.
Baudissin, Karoline Adelheid Cornelia Gr¨afin von, geb. Gr¨afin Schimmelmann, Schriftstellerin, * 2. 1. 1759 Dresden, † 17. 1. 1826 Knoop (Holstein). B. war Tochter des d¨anischen Ministers Graf Heinrich Karl → Schimmelmann und Schwester der Gr¨afin Julia zu → Reventlow. Seit 1776 verheiratet mit dem k¨oniglich d¨anischen Kammerherrn, Konferenzrat und Gesandten in Berlin Heinrich Friedrich von → B. lebte sie in Berlin und sp¨ater auf dessen G¨utern in Holstein. Zu ihren Freunden z¨ahlten die Dichter Graf Friedrich Leopold zu → Stolberg-Stolberg und Friedrich Gottlieb → Klopstock. 1791 lernte sie in Karlsbad Johann Gottfried → Herder kennen, der ihr das Gedicht An Cornelia widmete. B. selber schrieb Erz¨ahlungen, Trauerspiele, 1779 Die Dorfgesellschaft, ein unterrichtendes Lesebuch f¨ur das Volk und ver¨offentlichte 1782 im „Teutschen Merkur“ Briefe an Agnes und Ida. C SHBL, Bd 4
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Baudissin, Otto Friedrich Magnus Graf von, Milit¨ar, * 5. 6. 1792, † Juni 1866. Wie sein Vater Karl Ludwig von → B., diente B. zun¨achst als Major in der d¨anischen Armee. 1848 schloß er sich mit seinem Eintritt in die schleswig-holsteinische Armee dem Aufstand gegen D¨anemark an. C SHBL, Bd 4
Baudissin, Wolf (Wilhelm Friedrich) Graf von, evang. Theologe, * 26. 9. 1847 Sophienhof bei Kiel, † 6. 2. 1926 Berlin. Das Studium der Theologie und Orientalistik in Erlangen, Heidelberg, Berlin und Kiel beendete B. 1870 mit der Promotion in Leipzig. 1874 wurde er Lic. theol., habilitierte sich f¨ur Alttestamentliche Wissenschaft, wurde 1876 a. o. und 1880 o. Prof. in Straßburg. 1881 u¨ bernahm B. in Marburg den Lehrstuhl f¨ur Alttestamentliche Exegese und folgte 1900 einem Ruf an die Univ. Berlin. Geschult von seinen Lehrern Franz → Delitzsch und Heinrich Leberecht → Fleischer und als Experte f¨ur semitische Sprachen vertrat B. in seiner Textund Literaturkritik des Alten Testaments konservative Positionen. B. geh¨orte der religionsgeschichtlichen Schule an und erforschte die Ber¨uhrungspunkte zwischen der Religion, vor allem der Gottesvorstellung, des Alten Testaments und der seiner Umwelt. C SHBL, Bd 4 Baudissin, Wolf Graf von, Pseud. Graf G¨unther von Rosenhagen, Freiherr von Schlicht, Milit¨ar, Schriftsteller, * 30. 1. 1867 Gut Schierensee bei Rendsburg (Holstein), † 4. 10. 1926 Weimar. Der Sohn des Schriftstellers und Deichgrafen Adalbert von → B. trat 1887 in die preuß. Armee ein, der er bis 1898 als Offizier angeh¨orte. Seit 1891 mit der Schriftstellerin Eva von → B. verheiratet, widmete sich B. von 1896 an der Literatur. 1899 ging er nach Dresden, 1907 nach Berlin und 1910 nach Weimar. In seinem erz¨ahlerischen Werk (u. a. Das Man¨overpferd und andere Milit¨arhumoresken, 1900, 41908) zeichnete B. eine humoristische Darstellung der Offizierswelt. Zusammen mit seiner ersten Frau Eva ver¨offentlichte er u. a. Spemans goldenes Buch der Sitte (1900). C SHBL, Bd 4 Baudissin, Wolf (Stefan Traugott) Graf von, Milit¨ar, Friedensforscher, * 8. 5. 1907 Trier, † 5. 6. 1993 Hamburg. Der Sohn eines preuß. Regierungspr¨asidenten aus meißnischem Uradel trat nach einigen Studiensemestern Jura und National¨okonomie 1926 in die Reichswehr ein, die er schon bald wieder verließ. 1930 schloß B. eine agrarwissenschaftliche Ausbildung an der TH M¨unchen ab, kehrte in den aktiven Dienst zur¨uck, wurde 1938 an die Kriegsakademie beordert und zu Beginn des Zweiten Weltkriegs Hauptmann im Generalstab. 1941 geriet er in Afrika in Gefangenschaft. Als f¨unfter ehemaliger Offizier trat B. in das „Amt Blank“, den Vorl¨aufer des Bundesverteidigungsministeriums, ein. Hier entwickelte er das mit seinem Namen verbundene Konzept der „Inneren F¨uhrung“ mit dem Leitbild des „Staatsb¨urgers in Uniform“. 1956 als Oberst in die neu geschaffene Bundeswehr u¨ bernommen, kommandierte er 1958-61 in G¨ottingen eine Kampfgruppe. Als erster deutscher Offizier wurde er stellvertretender Chef des Generalstabs f¨ur Operations and Intelligence im NATO-Hauptquartier, war 1963-65 Kommandeur des NATO-Defence College in Paris und, mit Bef¨orderung zum Generalleutnant, stellvertretender Planungschef im Oberkommando Europa („Shape“). Nach seinem Eintritt in den Ruhestand 1967 u¨ bernahm B. an der Univ. Hamburg einen Lehrauftrag f¨ur moderne Strategie, war Gr¨undungsdirektor des Instituts f¨ur Friedensforschung und Sicherheitspolitik (1971-84) und entwickelte ein Konzept der Friedenssicherung durch kooperative R¨ustungskontrolle, getragen von vertrauensbildenden Maßnahmen. Die Erkenntnisse seiner
Bauer milit¨arischen und akademischen Laufbahn faßte B. in Nie wieder Sieg! Programmatische Schriften 1951-1981 (1982) zusammen.
Baudissin, Wolf Heinrich von, Milit¨ar, Diplomat, * 1597 (1579 ?) Luppau (Oberlausitz), † 24. 6. 1646 Bellschwitz (Ostpreußen). Der einer alten Lausitzer Adelsfamilie entstammende B. wuchs am kaiserlichen Hof in Wien auf, trat 1615 in venezianische Dienste und nahm 1620 auf seiten → Friedrichs V. von der Pfalz an der Schlacht am Weißen Berg teil. Seit 1626 d¨anischer Reiteroberst, gelang ihm nach Niederlagen gegen → Wallenstein die R¨uckf¨uhrung seiner Truppen nach D¨anemark. 1627-33 stand B. in schwedischen Diensten, wurde 1631 Generalleutnant, 1632 schwedischer Oberbefehlshaber in Niedersachsen. 1633 durch seine Heirat in die holsteinische Ritterschaft aufgenommen, war B. seit 1635 kurs¨achsischer Generalleutnant. 1641 ging er als polnischer Gesandter nach Kopenhagen. C SHBL, Bd 4
Baudissin, Wolf Heinrich Graf von, Milit¨ar, Staatsmann, * 1. 9. 1671 Rixdorf (Holstein), † 24. 4. 1748. B., Enkel des Wolf Heinrich von → B., nahm als holsteinischer Offizier an Feldz¨ugen in Flandern und Brabant teil, k¨ampfte in kurs¨achsischen Diensten im Nordischen Krieg; 1714 avancierte er zum General der Kavallerie. 1733 wurde B. Kabinettsminister. 1736 u¨ bernahm er das Oberkommando u¨ ber die s¨achsische Armee und 1740 zum General en chef bef¨ordert. 1741 wurde B. in den Reichsgrafenstand erhoben. C SHBL, Bd 4 Baudissin, Wolf Heinrich (Friedrich Karl) Graf von, ¨ Ubersetzer, Diplomat, * 30. 1. 1789 Kopenhagen, † 4. 4. 1878 Dresden. Der Sohn des in d¨anischen Diensten stehenden Generals und Gouverneurs von Kopenhagen Karl Ludwig von → B. war nach dem Studium der Jurisprudenz in Kiel, G¨ottingen und Heidelberg als d¨anischer Legationssekret¨ar in Stockholm t¨atig. Nach einem halben Jahr Festungshaft (1813) wegen der Weigerung, ein B¨undnis zwischen Napoleon und D¨anemark herbeizuf¨uhren, und T¨atigkeiten an den d¨anischen Gesandtschaften in Paris und Wien, quittierte er den diplomatischen Dienst und unternahm ausgedehnte Reisen durch Italien, Frankreich, Griechenland und die T¨urkei. Seit 1827 in Dresden ans¨assig, pflegte er enge Freundschaft mit der Familie von Ludwig → Tieck und u¨ bertrug zusammen mit Dorothea ¨ → Tieck f¨ur die Schlegel-Tiecksche-Ubersetzung 13 Dramen ¨ Shakespeares ins Deutsche. Neben weiteren Ubersetzungen aus dem Englischen, Italienischen (Carlo Goldoni, C. Gozzi) ver¨offentlichte B. Moli`eres Werke (4 Bde., 1865 / 66) in reimlosen Jamben. C SHBL, Bd 4 Baudius, Karl Friedrich, Schauspieler, * 20. 11. 1796 Luckau (Brandenburg), † 12. 3. 1860 Leipzig. Nach einer T¨atigkeit als reisender H¨andler f¨ur Tabakwaren schloß sich B., Sohn eines Predigers, 1815 in Leipzig einer fahrenden Schauspielertruppe an. 1818 erhielt er in Stettin ein Engagement f¨ur die Rolle des ersten Liebhabers und jugendlichen Helden. 1820 ging er an das Dresdner Hoftheater und wechselte 1828 in Mainz in das komische Fach. Nach l¨angeren Reisen wieder in Dresden, bewegte ihn dort Ludwig → Tieck, sich auf ernste Rollen zu verlegen, in denen er erfolgreich in Dresden, 1834-43 in Leipzig, 1844-49 am Hoftheater in Wien, 1849-50 am Stadttheater in Prag und seit 1850 in Leipzig auftrat.
Baudler, Marianne, Chemikerin, * 27. 4. 1921 Stettin, † 14. 1. 2005 K¨oln. Das Studium der Chemie schloß B. 1946 mit der Promotion ab (Beitr¨age zur Kenntnis der Polyschwefelwasserstoffe auf
Grund pr¨aparativer und ramanspektroskopischer Untersuchungen). 1959 habilitierte sie sich mit der Arbeit Untersuchungen u¨ ber Di-Phosphors¨auren. Gleichzeitig ein Beitrag zur Kenntnis der Phosphor-Phosphor-Bindung und wurde 1963 zur a. o. Prof. und 1968 zur o. Prof. in K¨oln ernannt. 1982 wurde B. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Sie ver¨offentlichte u. a. Thioester der hypodiphosphorigen S¨aure (mit Alfons Moog, 1975) und Aktuelle Entwicklungstendenzen der Phosphorchemie (1986). B. war Mitverfasserin des Handbuchs der pr¨aparativen anorganischen Chemie (hrsg. v. Georg Brauer, 1953, 3 1975).
Baudrexel, Philipp Jakob, Komponist, kath. Theologe, * 2. 5. 1627 F¨ussen / Allg¨au, † 23. 3. 1691 Mainz. Vom Augsburger Domherrn und Dekan des Eichst¨atter Domstiftes protegiert, konnte der Sohn eines Schulmeisters in Rom studieren. Er trat 1644 als Alumnus in das Collegium Germanicum ein, widmete sich dort der Kirchenmusik und studierte Kompositionslehre. Nach der Promotion und der Priesterweihe 1651 wurde B. von seinem G¨onner J. R. von Rechberg an das Augsburger Domstift berufen. 1654 erhielt er die Pfarrei, 1655 das Dekanat Kaufbeuren. 1672 ernannte ihn der Fuldaer F¨urstabt → Bernhard Gustav von BadenDurlach zu seinem Hofkaplan. 1678 trat er als Pagenhofmeister in die Dienste des Mainzer Kurf¨ursten Karl Heinrich von Metternich, wurde dort 1679 Hofkaplan, Kapellmeister und von dessen Nachfolger als Musikdirektor des Mainzer Doms eingesetzt. B. galt zu seiner Zeit als ein bedeutender Komponist und Wegbereiter des r¨omischen Stils der Kirchenmusik in S¨uddeutschland. C Leb Bayer Schwaben, Bd 2
Baudri, (Peter Ludwig) Friedrich, Maler, Politiker, * 20. 4. 1808 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 5. 10. 1878 K¨oln. Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung, dem Besuch der Kunstakademie in M¨unchen und Studienreisen ließ sich B. 1847 als Historienmaler und Inhaber eines Ateliers f¨ur Glasmalerei in K¨oln nieder und war vor allem f¨ur den Klerus t¨atig. 1851 gr¨undete er die Zeitschrift „Organ f¨ur christliche Kunst“, die er bis 1865 leitete, und geh¨orte dem Vorstand des 1853 ins Leben gerufenen Christlichen Kunstvereins f¨ur das Erzbistum K¨oln an. Seit 1854 geh¨orte B. der K¨olner Stadtverordnetenversammlung, 1873 / 74 dem preuß. Abgeordnetenhaus und seit Januar 1874 dem Deutschen Reichstag an. 1871 war er Pr¨asident des Deutschen Katholikentags in Mainz und 1873 / 74 Mitglied und Vorsitzender des Zentralkomitees der rheinischen Zentrumspartei. C Haunfelder, Zentrumspartei
Bauer, Adolf, Historiker, * 5. 3. 1855 Prag, † 12. 2. 1919 Wien. B. studierte an der Univ. Wien Geschichte, Philosophie und Arch¨aologie, war nach der Promotion 1876 an den Universit¨aten Bonn und Berlin t¨atig und lebte 1877-79 als Privatlehrer o¨ sterr. Adelsfamilien in Kairo, Venedig und Wien. 1880 erhielt er an der Univ. Graz eine Privatdozentur f¨ur Alte Geschichte und wurde 1884 zum a. o., 1891 zum o. Prof. ernannt, 1916 folgte er einem Ruf an die Univ. Wien. Seine wissenschaftliche Arbeit erstreckte sich auf die Geschichte der Antike und des alten Orients; seine religionsgeschichtlichen Untersuchungen fanden u. a. in dem Werk Vom Griechentum zum Christentum (1910) ihren Niederschlag. C Weber
Bauer, Alexander Emil Anton, Chemiker, * 16. 2. 1836 Ungarisch Altenburg (Magyar Ov´ar, Ungarn), † 12. 4. 1921 Wien. B. studierte 1853-56 am Polytechnikum und an der Univ. Wien Naturwissenschaften und Mathematik, war Chemie-
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Bauer assistent am Polytechnikum und hielt sich 1859 zu Forschungszwecken in Paris auf; danach arbeitete er als Volont¨ar in einer Zuckerfabrik in M¨ahren. 1861 wurde er Privatdozent f¨ur organische Chemie, 1869 a. o. Prof. der chemischen Technologie, 1875 der allgemeinen Chemie und 1876 o. Prof. der analytischen Chemie am Wiener Polytechnikum (seit 1876 TH). 1890 zum Hofrat ernannt, geh¨orte er seit 1871 dem Wiener Gemeinderat an. 1892 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1871 entdeckte B. mit J. Schuler die Synthese der Pimelins¨aure; er betrieb Studien zur Chemie der Malerfarben, Quellenforschung zur Geschichte der Chemie und ¨ schrieb u. a. Chemie und Alchymie in Osterreich bis zum beginnenden 19. Jahrhunderts (1883). ¨ Akad, Jg. 71 C Almanach Ost
Bauer, Alfred Louis Heinrich, Verleger, * 14. 4. 1898 Hamburg, † 20. 5. 1984 Hamburg. B. trat nach einer Drucker- und Setzerlehre 1918 in die elterliche Druckerei ein, zu der seit 1903 auch die „Rothenburgsorter Zeitung“ geh¨orte, und gab die Sportzeitung „Extrablatt am Montag“ heraus. 1923 gr¨undete er in Hamburg eine neue Verlagsdruckerei, in der er seit 1926 die „RundfunkKritik“ (sp¨ater „Funk-Wacht“) herausgab, die eine Auflage von einer halben Million erreichte, 1942 wegen Papiermangels eingestellt wurde und seit 1949 wieder erschien. Nach 1945 entwickelte sich der Bauer-Verlag zu einem der gr¨oßten deutschen Verlagsunternehmen, in dem u. a. die Zeitschriften „TV H¨oren und Sehen“, „Quick“, „Praline“, „Neue Revue“, Erzeugnisse der Regenbogenpresse wie „Neue Post“ und Groschenhefte mit Trivial- und Landserromanen erscheinen. C Munzinger
Bauer, Andreas Friedrich, Unternehmer, Techniker, * 18. 8. 1783 Stuttgart, † 27. 2. 1860 Kloster Oberzell bei W¨urzburg. Nach dem mit der Promotion beendeten Studium der Philosophie und Mathematik in T¨ubingen ließ sich B. bei einem Mechaniker und Hersteller optischer und mathematischer Ger¨ate praktisch ausbilden. Zu weiteren technischen Studien ging er 1805 nach London, wo er den mit der Konstruktion einer maschinell betriebenen Druckerpresse besch¨aftigten Friedrich → Koenig aus Eisleben kennenlernte. Mit B.s Hilfe konnte das Projekt erfolgreich zu Ende gef¨uhrt werden. 1817 / 18 verlegten sie ihre Druckmaschinenfabrikation in das s¨akularisierte Kloster Oberzell bei W¨urzburg. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten konnten sie 1822 die ersten Schnellpressen nach Berlin liefern. Nach K¨onigs Tod 1833 f¨uhrte B. den Betrieb allein weiter. Bauer, Anton, Jurist, * 16. 8. 1772 Marburg, † 1. 6. 1843 G¨ottingen. B. begann 1787 in Marburg das Studium der Rechtswissenschaften, habilitierte sich dort 1793, wurde 1797 o. Prof., außerordentlicher und 1808 ordentlicher Beisitzer des Spruchkollegiums und Mitglied der Juristischen Fakult¨at. 1812 folgte er einem Ruf an die Univ. G¨ottingen, wurde 1816 Hofrat, 1819 Senior des Spruchkollegiums und 1840 Geheimer Justizrat. B. galt als einer der bedeutendsten Strafrechtler des 19. Jahrhunderts. Er war an der Umsetzung des Code Napoleon f¨ur die deutschen L¨ander beteiligt und geh¨orte 1824-26 der mit der Novellierung des Strafgesetzbuchs und der Strafgesetzordnung des K¨ongreichs Hannover beauftragten Kommission an. Seit 1829 lehrte er an der Univ. G¨ottingen Nassauische Staats- und Rechtsverfassung sowie Verwaltung. B., urspr¨unglich Anh¨anger der → Feuerbachschen Abschreckungstheorie, ver¨offentlichte 1830 Die Warnungstheorie, nebst einer Darstellung und Beurteilung aller Strafrechtstheorien. C Neuer Nekr, Jg. 21
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Bauer, Benedikt, kath. Theologe, Schriftsteller, * 12. 3. 1847 Waltersweier (heute zu Offenburg), ¨ † 9. 2. 1928 Uberlingen / Bodensee. Der Sohn eines Landwirts studierte in Freiburg Theologie und empfing 1870 die Priesterweihe. 1870-80 war er Vikar in Schliengen und Steben, 1880-90 Kurat in Schopfheim, 1890-1903 Pfarrer in Lichtental und 1903-26 in Wollmatingen. 1907 wurde er vom Landkapitel Konstanz zum Kammerer, 1919 zum Dekan gew¨ahlt. Neben Wallfahrten ins Heilige Land unternahm B. ausgedehnte Reisen durch Europa und Nordafrika; er ver¨offentlichte zahlreiche Reisebeschreibungen, u. a. Nach Spanien und Portugal (1905). B. schrieb die Geschichte einiger s¨udwestdeutscher Kl¨oster und eine Grammatik zum Kirchenlatein.
Bauer, Bernardin, Taufname: Erhard, kath. Theologe, Bibliothekar, * 2. 9. 1752 Burgwindheim (Franken), † nach 1817. Nach dem 1764 in Bamberg begonnenen Studium der Philosophie trat B. 1771 in die Zisterzienserabtei Ebrach in Franken ein, legte dort 1772 die Gel¨ubde ab und empfing 1776 die Priesterweihe. Seit 1775 studierte er Theologie, orientalische Sprachen und beide Rechte an der Univ. W¨urzburg, wo er 1779 zum Dr. theol. promoviert wurde. Von 1780 bis zur Aufl¨osung seiner Abtei bet¨atigte sich B. als Bibliothekar, Prof. der Philosophie, Dogmatik, Moraltheologie, der orientalischen Sprachen, des kanonischen Rechts und als Amtmann dreier zu Ebrach geh¨origer Amth¨ofe. Sp¨ater lebte er als Landpfarrer im fr¨ankischen Oberschwarzach. B. ver¨offentlichte eine Theologia universa dogmatica, historica, critica [. . .] (1786-92). C LThK Bauer, Bruno, evang. Theologe, Publizist, * 6. 9. 1809 Eisenberg (Sachsen), † 13. 4. 1882 Rixdorf bei Berlin. B., Sohn eines Porzellanmalers, studierte seit 1828 Theologie und Philosophie in Berlin; er war Sch¨uler → Hegels, der ihm 1829 den Gewinn einer Preisschrift zusprach (De pulchri principiis, hrsg. von Douglas Moggach und Winfried Schultze, 1996). 1834 habilitierte sich B. f¨ur Religionsphilosophie und Altes Testament. 1836 formulierte er Kritik am Leben Jesu von David Friedrich → Strauß und gr¨undete die „Zeitschrift f¨ur speculative Theologie“. 1839 ging er nach Bonn, wandte sich dem Linkshegelianismus zu und vertrat in seiner Philosophie des Selbstbewußtseins einen radikalen Atheismus (u. a. Die Posaune des J¨ungsten Gerichts u¨ ber Hegel den Atheisten und Antichristen. Ein Ultimatum, 1841, anonym; Neudr. 1969 und 1983). Seine Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker (3 Bde., 1841 / 42, 21846, Nachdr. 1974), in der er die Evangelien als Erfindungen ihrer Verfasser darstellte und die historische Existenz der Person Jesu bestritt, f¨uhrte zum Entzug der Lehrbefugnis. Seine Schrift Das entdeckte Christentum (1843, Neuauflage 1927) wurde durch die Zensur vernichtet. B. ließ sich dann in Berlin nieder, arbeitete als Historiker und politisch konservativer Publizist u. a. f¨ur die antisemitische „Berliner Revue“. Sein Sp¨atwerk beeinflußte u. a. Friedrich → Nietzsche, seine von den ehemaligen Sch¨ulern Karl → Marx und Friedrich → Engels verbreitete Schrift Christus und die C¨asaren. Der Ursprung des Christentums aus dem r¨omischen Griechentum (1877, 21879, Nachdr. 1968 und 1981) die Religionsauffassung des Marxismus. Zu den wichtigen Werken B.s z¨ahlen außerdem Denkw¨urdigkeiten zur Geschichte der neueren Zeit seit der franz¨osischen Revolution. Nach den Quellen und Original-Memoiren bearbeitet und herausgegeben (zusammen mit seinem Bruder Edgar→ B., 3 Bde., 1843 / 44) und Geschichte der Politik, Cultur und Aufkl¨arung des 18. Jahrhunderts (4 Bde., 1843-45; Neudr., 4 Tle. in 2 B¨anden, 1965). C Metzler Philosophen
Bauer Bauer, Christian Friedrich, evang. Theologe, * 27. 10. 1696 Hopfgarten bei Meißen, † 29. 9. 1752 Wittenberg. Nach dem Besuch der F¨urstenschule in Grimma studierte B. in Leipzig Philosophie und Theologie und hielt Vorlesungen und Predigten. 1724 wurde er zum Pfarrer von Friesdorf und Rammelburg in der Grafschaft Mansfeld ernannt. 1741 in Wittenberg zum Dr. theol. promoviert, wurde er zum Ephorus der k¨oniglichen und kaiserlichen Alumnen und zum Prof. der Theologie berufen. Neben zahlreichen theologischen Schriften ver¨offentlichte B. eine Einleitung zur hebr¨aischen Accentuation als einer mathematischen Abtheilungs- und Verbindungskunst (1742). Bauer, (Johann Friedrich) Christoph, evang. Theologe, Politiker, * 2. 5. 1803 Uffenheim, † 24. 1. 1873 Neustadt / Aisch. B., Sohn eines Volksschullehrers und Stadtkantors, studierte 1821-25 an der Univ. Erlangen. 1825 wurde er Vikar in Ergersheim, 1826 in W¨urzburg. Seit 1827 war er Pfarrer in Marktbreit, seit 1838 Stadtpfarrer, Dekan und Distriktschulinspektor in Bamberg, 1855-73 Stadtpfarrer und Dekan in Neustadt / Aisch. 1845-48 geh¨orte er der Abgeordnetenkammer der St¨andeversammlung des K¨onigreichs Bayern an. 1848 / 49 vertrat B. den Wahlkreis Windsheim in der Nationalversammlung, deren 1. Vizepr¨asident er 1849 wurde. Nach 1855 war er Landrat f¨ur Mittelfranken. B. ver¨offent¨ lichte u. a. Uber Choralmusik und Kirchengesang (1831), ¨ Uber die durch Calixt bewerkstelligte Trennung der Dogma¨ tik und Moral (1839) und Uber die Theilnahme der Geistlichen an der Armenpflege in ihren Gemeinden (1841). C Frankf Nationalvers Bauer, Clemens, Historiker, * 16. 12. 1899 Ehingen / Donau, † 1. 1. 1984 Freiburg / Breisgau. B. studierte in M¨unchen Geschichte, Philosophie und Germanistik. 1920 nahm er im Freikorps Haas am Ruhrkampf teil. Nach der Promotion (Die katholische Bewegung in W¨urttemberg 1833-1848) war er 1922 / 23 bei einem M¨unchner Verlag, 1923-28 am Hauptstaatsarchiv besch¨aftigt und studierte nebenbei Staatswissenschaften. Seit 1928 Assistent am Seminar f¨ur Wirtschaftsgeschichte der Univ. M¨unchen, habilitierte er sich 1932 und wurde 1933 auf den Lehrstuhl f¨ur Geschichte an der Univ. in Riga berufen. 1936 / 37 lehrte er an der Staatlichen Akademie in Braunsberg in Ostpreußen, wurde 1938 in Riga o. Prof. und wechselte im selben Jahr an die Univ. Freiburg / Breisgau, deren Rektor er 1962 wurde. B. besch¨aftigte sich vor allem mit Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie dem s¨udwestdeutschen Raum und schrieb u. a. Die Grundlagen der modernen Klassengesellschaft des 19. Jahrhundert (1954). C Bad Bio N.F., Bd 2
Bauer, Constantin (Hermann Sigismund), auch Konstantin, Literaturhistoriker, Schriftsteller, * 27. 7. 1883 Blasewitz (heute zu Dresden), † 14. 10. 1966 Bielefeld. Nach dem 1906 mit der Promotion abgeschlossenen Studium an den Universit¨aten Leipzig, Genf und Oxford ging B. 1907 als Lektor f¨ur neuere deutsche Literatur an die Univ. Dijon. Seit 1909 unterrichtete er am Gymnasium in Wolfenb¨uttel. Als Freund des im nahen Braunschweig lebenden Wilhelm → Raabe z¨ahlte er nach dessen Tod 1910 zu den Begr¨undern der Gesellschaft der Freunde Wilhelm Raabes (1911) und gab deren „Mitteilungen“ heraus. Neben mehreren Schriften u¨ ber Raabe, M¨archen und Sagen aus der Braunschweiger Gegend umd dem Harz und Erz¨ahlungen wie Das Meister¨ werk – Der Uberfall – Das Los (1927) publizierte B., der ¨ auch als Ubersetzer t¨atig war, in franz¨osischer und englischer Sprache.
Bauer, Edgar, Pseud. Martin von Geismar, Edgar Lange, Radge, Schriftsteller, Journalist, * 7. 10. 1820 Charlottenburg (heute zu Berlin), † 18. 8. 1886 Hannover. B., Sohn eines Porzellanmalers, studierte Theologie in Berlin und geh¨orte dort mit seinem Bruder Bruno → B. den radikalen Junghegelianern an; seit 1842 war er auch mit Friedrich → Engels bekannt. Wegen Geldschwierigkeiten 1842 exmatrikuliert, begann er im selben Jahr, unter dem Pseudonym Radge journalistische Beitr¨age f¨ur die „Deutschen Jahrb¨ucher“ zu verfassen. Er verteidigte seinen Bruder in der Schrift Bruno Bauer und seine Gegner (1842, 21844), wurde aber vor allem wegen der Publikation Der Streit der Kritik mit Kirche und Staat (1843, 21844, Nachdr. 1978) verhaftet und 1845 zu vier Jahren Festungshaft verurteilt, die B. in Magdeburg zum Teil verb¨ußte. Nach der M¨arzrevolution 1848 wurde er im Zuge einer Amnestie entlassen, geriet jedoch kurze Zeit sp¨ater wieder in den Verdacht radikaler Umtriebe. Um sich einem erneuten Haftbefehl zu entziehen, ging er in den Untergrund nach Wien, Hamburg und schließlich nach Altona, wo er bei der „Norddeutschen Freien Presse“ und der „Altonaer Zeitung“ arbeitete. Als er 1851 dennoch verhaftet wurde, gelang es ihm, nach England zu fliehen. Aus London, wo er im Hause → Marx verkehrte, schrieb er weiterhin f¨ur die „Altonaer Zeitung“, die nach 1856 unter dem Titel „Nordischer Courier und Altonaer Nachrichten“ erschien. Teils aus finanziellen, teils wohl auch aus privaten Gr¨unden arbeitete B. seit 1852 als Agent f¨ur die d¨anische Polizei, f¨ur die er zun¨achst sporadisch, nach 1856 regelm¨aßig Berichte u¨ ber Freunde und Genossen verfaßte. Als 1861 im Zusammenhang mit der Kr¨onung → Wilhelms I. eine Amnestie f¨ur politisch Gefangene erlassen wurde, konnte B. nach Berlin zur¨uckkehren, setzte seine Agentent¨atigkeit jedoch fort. Daneben arbeitete er f¨ur das „Preußische Volksblatt“, seit 1868 in Altona f¨ur den „Altonaer Mercur“. Wann genau sich B.s Wendung zum Religi¨osen vollzog, ist unklar, jedoch redigierte er seit 1870 die „Kirchlichen Bl¨atter“, die wegen Geldschwierigkeiten 1872 eingestellt werden mußten; es kam zum Bruch mit dem Bruder. 1871-76 arbeitete B. f¨ur das Kopenhagener „Dagbladet“, ging 1873 nach Hannover, wo er der „Deutschen Volkszeitung“ vorstand, geriet in Konflikt mit dem Herausgeberkomitee und wurde 1876 entlassen, wegen einer Streitigkeit in Hannover erneut verhaftet und zu einer geringen Gef¨angnisstrafe verurteilt. Von Kaiser Wilhelm I. begnadigt, begann B. 1880 mit der Herausgabe der „Hannoverschen Zeitung“, die 1882 jedoch den Konkurs anmelden mußte. Bauer, Erwin Heinrich, Journalist, Schriftsteller, * 9. 1. 1857 Techelfer bei Dorpat (Livland), † 9. 2. 1901 Annaberg (Sachsen). Der Sohn eines Gutsverwalters und -p¨achters war nach dem Studium der Geschichte, Literatur und slawischen Philologie in Dorpat und Moskau als Russischlehrer an der Revaler Domschule besch¨aftigt. 1883 ging er als Redakteur zur „Revalschen Zeitung“ und begr¨undete die „Nordische Rundschau“. 1885 u¨ bersiedelte B. nach Hamburg, rief 1890 die Zeitschrift „Das zwanzigste Jahrhundert“ ins Leben und wurde 1891 Chefredakteur des „Leipziger Tages-Anzeigers“. Er ver¨offentlichte u. a. Naturalismus, Nihilismus, Idealismus in der russischen Dichtung. Literar-historische und kritische Streifz¨uge (1890) und Das litterarische Berlin (1887-1892). Offenherzige Briefe an den Banquier Itzig Teiteles in Posen (1893, 31897).
Bauer, Ferdinand Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 7. 3. 1825 Lemberg, † 22. 7. 1893 Wien. B., Sohn eines Gastwirts, trat nach dem Besuch der Wiener Ingenieurakademie 1841 in das o¨ sterr. Heer ein, ging 1849 als Hauptmann zur Armee nach Ungarn, nahm 1859 am Italienfeldzug teil und machte 1866 die Schlacht von Custoza
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Bauer mit. 1879 wurde er Milit¨arkommandant in Siebenb¨urgen, 1881 als kommandierender General nach Wien berufen und 1888 Kriegsminister. B. bem¨uhte sich um die Verbesserung der Organisation, Ausr¨ustung und Bewaffnung der Armee. C ADB
Bauer, Ferdinand Lukas, o¨ sterr. Maler, Botaniker, * 20. 1. 1760 Feldsberg (Nieder¨osterreich), † 17. 3. 1826 Hietzing (heute zu Wien). Als Sohn eines f¨urstlich Liechensteinschen Hofmalers wurde auch B. ebenso wie sein Bruder Franz Andreas → B. zum Maler ausgebildet. In Wien spezialisierte er sich unter dem Einfluß des Botanikers Nicolaus Joseph von → Jacquin auf die Pflanzenmalerei. Seine Bekanntschaft mit englischen Botanikern, darunter Robert Brown, f¨uhrten ihn 1800 nach London. Mit letzterem trat er 1801 eine Weltumseglung an, gelangte nach Rio de Janeiro und Neuholland, blieb bis 1803 in Botany Bay bei Sidney, malte die dortige Flora und trieb botanische Studien. F¨ur seine Verdienste wurde ein neuentdecktes Kap nach ihm benannt. 1804 / 05 hielt er sich auf der Insel Norfolk in der Tasman-See auf, wo er den 1833 ver¨offentlichten Prodomus Florae Norfolgicae bearbeitete. 1806 kehrte B. nach London, 1812 nach Wien zur¨uck. Seine nicht in B¨uchern ver¨offentlichten Zeichnungen gelangten ebenso wie seine Pflanzensammlung an das Naturhistorische Museum in Wien. C AKL Bauer, Franz Andreas, o¨ sterr. Maler, * 14. 3. 1758 Feldsberg (Nieder¨osterreich), † 11. 12. 1840 Kew / London. Wie seim Bruder Ferdinand Lukas → B. spezialisierte sich B. auf die Pflanzenmalerei. Zun¨achst Blumenmaler im Dienst des F¨ursten Liechtenstein, reiste er 1788 mit dem Botaniker Josef von → Jacquin nach England und erhielt eine Anstellung am Botanischen Museum von Kew Gardens. Seine Verdienste um die Pflanzenmalerei, wie die Tafeln zu Aitons Delineations of exotiques plants cultivated in the royal garden at Kew, f¨uhrten zu seiner Ernennung zum Hofmaler und zur Aufnahme in die Royal Society. Seit 1816 legte B. Darstellungen der menschlichen Physiologie und Anatomie vor. C AKL Bauer, Franz Nikolaus, kath. Theologe, Schriftsteller, * 5. 12. 1764 W¨urzburg, † 20. 12. 1836 W¨urzburg. Nach Beendigung seiner schulischen Ausbildung trat B. als Novize in die Zisterzienserabtei Ebrach ein, die er jedoch, ohne das Gel¨ubde abgelegt zu haben, bald wieder verließ. 1788 wurde er in W¨urzburg zum Domvikar ernannt und zum Priester geweiht. 1794-99 ver¨offentlichte er anonym zweib¨andige Blicke in das Innere der Pr¨alaturen oder Klosterceremonien im 18. Jahrhundert, seine erste kritische Schrift u¨ ber den Klerus. B. setzte sich u. a. mit seiner 1803 gegr¨undeten Zeitschrift „Argus, eine Zeitschrift f¨ur Franken“ f¨ur die S¨akularisation ein. W¨ahrend des Bestehens des Großherzogtums W¨urzburg kurzzeitig in das Franziskanerkloster auf dem Kreuzberg verbannt, kehrte B. unter der bayrischen Regierung wieder an den W¨urzburger Dom zur¨uck. Daneben bet¨atigte sich B. als Schriftsteller, nahm Stellung zu Fragen der Zeit und u¨ bersetzte Il Principe von Machiavelli. C Neuer Nekr, Jg. 14 Bauer, Fritz, Jurist, * 16. 7. 1903 Stuttgart, † 1. 7. 1968 Frankfurt / Main. B. studierte 1921-27 Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, trat nach der Promotion in Heidelberg (Die rechtliche Struktur der Truste) in den Justizdienst ein und war 1930 der j¨ungste Amtsrichter Deutschlands. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 wurde B., der mit Kurt → Schumacher befreundet war, als Jude und Sozialdemokrat aus dem Staatsdienst entlassen und in ein Konzentrationslager eingeliefert. 1936 emigrierte er nach D¨anemark, wurde nach dem Einmarsch der deutschen Truppen erneut
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verhaftet, konnte aber nach Schweden entkommen. Als Assistent an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakult¨at der Univ. Stockholm war B. mit volkswirtschaftlichen Studien befaßt. Nach Kriegsende in der Finanzverwaltung D¨anemarks t¨atig, kehrte er 1949 nach Deutschland zur¨uck, wurde Landgerichtsdirektor, 1950 Generalstaatsanwalt in Braunschweig und 1956 Hessischer Generalstaatsanwalt. B. war u. a. auch Ankl¨ager im Auschwitz-Prozeß und Vork¨ampfer f¨ur eine Strafrechts- und Strafvollzugsreform. Er ver¨offentlichte u. a. Das Verbrechen und die Gesellschaft (1957). C Streitb Jur
Bauer, Fulgentius, auch F. Agricola, o¨ sterr. Naturforscher, * 1735 Enzersdorf (Nieder¨osterreich), † 3. 3. 1765 Wien. Nach dem Eintritt in den Piaristenorden 1751 erteilte B. als Lehrer und Vizerektor des L¨owenburgischen, sp¨ater des herzoglich Savoyischen Kollegiums in Wien adligen Sch¨ulern Unterricht in Philosophie und Mathematik. B. widmete sich besonders der Pflege der lateinischen und der deutschen Sprache und verfaßte eine Abhandlung u¨ ber die Vorz¨uge des Deutschen bei naturkundlichen Er¨orterungen. Seine Studien zur Mineralogie, Botanik und Physik, eine Schrift u¨ ber die Elektrizit¨at und sein Entwurf einiger vortrefflicher Lehren aus der Naturkunde und Gr¨oßenlehre (1764) machten B. zu ¨ einem auch u¨ ber die Grenzen Osterreichs hinaus bekannten Gelehrten.
Bauer, Georg Lorenz, evang. Theologe, * 14. 8. 1755 Hilpoltstein bei N¨urnberg, † 12. 1. 1806 Heidelberg. B., Sohn eines Pfarrers, schloß sein 1772 an der Univ. Altdorf begonnenes Studium der Theologie und der orientalischen Sprachen 1775 als Magister ab, war Hofmeister in adliger Familie und seit 1776 Fr¨uhprediger an St. Margarethen auf der N¨urnberger Burg. 1786 wurde er Lehrer, 1787 Konrektor der Schule von St. Sebald. 1789 u¨ bernahm B. den Lehrstuhl f¨ur Rhetorik, morgenl¨andische Sprachen und Moral an der Univ. Altdorf; 1805 folgte er einem Ruf an die Univ. Heidelberg. Er ver¨offentlichte u. a. Hebr¨aische Mythologie des alten und neuen Testaments, mit Parallelen aus der Mythologie anderer V¨olker, vorz¨uglich der Griechen und R¨omer (2 Bde., 1802 / 03). C RGG
Bauer, Gustav (Conrad), Mathematiker, * 18. 11. 1820 Augsburg, † 3. 4. 1906 M¨unchen. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte Mathematik in Erlangen, Wien und Berlin und wurde 1842 in Erlangen mit der Arbeit Von der Theorie der W¨arme promoviert. 1842 / 43 setzte er seine Studien in Paris fort und war nach vergeblichem Bem¨uhen um eine Anstellung im Schuldienst 1845-53 als Erzieher im Haus des F¨ursten Ghica im heutigen Rum¨anien t¨atig. 1857 hielt sich B. drei Monate in England auf, habilitierte sich nach seiner R¨uckkehr an der Univ. M¨unchen und wurde dort 1865 zum a. o. und 1869 zum o. Prof. der Mathematik berufen. 1900 erfolgte seine mit der Ernennung zum Geheimrat verbundene Emeritierung. B., seit 1871 auch Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften sowie seit 1884 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, besch¨aftigte sich vor allem mit geometrischen Problemen, Kugelfunktionen, Kettenbr¨uchen und ver¨offentlichte u. a. Vorlesungen u¨ ber Algebra (1903). C Biogr Jahrb, Bd 13 Bauer, Gustav (Adolf), Politiker, * 6. 1. 1870 Darkehmen (Ostpreußen), † 16. 9. 1944 Berlin. B., Sohn eines Gerichtsvollziehers, war B¨urogehilfe in einer K¨onigsberger Anwaltskanzlei, gr¨undete 1895 den Verband der B¨uroangestellten und u¨ bernahm 1908 die Leitung des Zentral-Arbeiter-Archivs der Freien Gewerkschaften in Berlin. 1908 wurde B. zweiter Vorsitzender der Generalkommission der Gewerkschaften, geh¨orte als Abgeordneter
Bauer der SPD seit 1912 dem Reichstag an und wurde 1918 als Staatssekret¨ar in das Reichsarbeitsministerium berufen. 1919 war B. Reichsarbeitsminister im Kabinett → Scheidemann, wurde nach dessen R¨ucktritt Reichskanzler und bildete die Weimarer Koalition, die den Versailler Vertrag unterzeichnete. 1920 nach dem Kapp-Putsch zur¨uckgetreten, war B. 1921 in den Regierungen Hermann → M¨uller und Joseph → Wirth Vizekanzler, Reichsschatz- und Verkehrsminister. Er geh¨orte bis 1928 dem Reichstag an, wurde 1925 im Zuge des Barmat-Prozesses aus der SPD ausgeschlossen, sp¨ater jedoch rehabilitiert. B. war hauptamtlicher Gesch¨aftsf¨uhrer einer gemeinn¨utzigen Wohnungsbaugesellschaft. C Kanzler
Bauer, Heinrich, Schriftsteller, * 29. 3. 1896 Helmstedt,
Bauer, Hans (Johannes), Semitist, * 16. 1. 1878 Grasmannsdorf (Oberfranken), † 6. 3. 1937 Halle / Saale. Der einer Bauernfamilie entstammende B. studierte an der Gregoriana in Rom Theologie, empfing 1903 die Priesterweihe und ging 1904 als Kurator an das Bamberger Krankenhaus. 1906-10 studierte er in Berlin und Leipzig semitische Sprachen, wurde in Berlin promoviert (Die Tempora im Semitischen, ihre Entstehung und ihre Ausgestaltung in den Einzelsprachen), habilitierte sich 1912 in Halle (Die Dogma¯ nach dem II. Buche seines Hauptwerkes), tik al-Ghaz¯ali’s wurde dort 1922 zum a. o. und noch im selben Jahr zum o. Prof. der semitischen Sprachen ernannt. B. machte sich einen Namen als Begr¨under einer neuen Lehre vom semitischen und hebr¨aischen Verbum und wurde bekannt durch die Entzifferung der neu entdeckten ugaritischen Keilschrift von Ras Schamra im Norden Syriens. B. schrieb u. a. Der Ursprung des Alphabets (1937). Er war der Vater von Wolfgang → B. C NDB
Bauer, Heinrich, Klassischer Arch¨aologe, Bauforscher,
Bauer, Hans, Schauspieler, Regisseur, * 16. 8. 1914 Berlin, † 4. 11. 1970 Binningen (Kt. Basel-Land). B. wurde 1935-37 an der Schauspielschule des Berliner Staatstheaters ausgebildet. 1937-39 als Regisseur und Schauspieler in Schleswig t¨atig, war er 1945 / 46 am Staatstheater Braunschweig engagiert und spielte danach u. a. am ThaliaTheater in Hamburg. 1949-51 wirkte er als Regisseur in Baden-Baden, 1951-53 in Bonn und 1953-61 vorwiegend in K¨oln und Hannover. 1961-65 war er Oberspielleiter am Theater in Darmstadt, inszenierte aber auch an den Wuppertaler B¨uhnen und in Basel. B. trat vor allem mit Inszenierungen moderner St¨ucke hervor, h¨aufig des Surrealistischen und des Poetischen Theaters (u. a. August Strindberg, Federico Garc´ıa Lorca, Jean Giraudoux) und machte sich 1958 mit der ersten Auff¨uhrung seit 1933 von Die Wupper um die Wiederentdeckung von Else → Lasker-Sch¨uler als Dramatikerin verdient.
Bauer, Heinrich, Journalist, Schriftsteller, * 9. 2. 1838 Stuttgart, † 8. 7. 1902 Berlin. Sein in T¨ubingen begonnenes Studium der Theologie brach B. 1859 ab, als er bei Ausbruch des Kriegs in Italien zum w¨urttembergischen Milit¨ar eingezogen wurde. Nach seiner Milit¨arzeit wandte er sich dem Journalismus zu, arbeitete bei w¨urttembergischen Lokalbl¨attern und verfocht als Publizist und Gegner des w¨urttembergischen Partikularismus die Bildung eines deutschen Nationalstaats unter preuß. F¨uhrung. Seit 1866 war er bei Zeitungen in Hannover, Straßburg, Breslau und Posen t¨atig, trat 1884 in die Redaktion der nationalliberalen Berliner „National-Zeitung“ ein, bearbeitete dort vor allem Auslandsthemen und u¨ bernahm 1897 die Chefredaktion des gerade gegr¨undeten „Berliner Herold“. Nach dessen Eingehen schrieb B., der 1886 schon die Burleske Der verzauberte Apfel oder: Hugendubels Leiden (41904 unter dem Titel Hunger und Liebe) ver¨offentlicht hatte, Beitr¨age f¨ur belletristische Zeitschriften. C Biogr Jahrb, Bd 7
† 24. 12. 1975 Berlin. B. studierte Geschichte, Kunst- und Literaturgeschichte in G¨ottingen und M¨unchen und wurde zum Dr. phil. promoviert. 1923-26 war er Herausgeber und Chefredakteur von „Der Aufbau“. B. schrieb historische Romane im Geist des Nationalsozialismus, in denen sich der Kult des Nordischen und klischeehafter Antisemitismus vermischten. Vor dem Zweiten Weltkrieg entstanden Werke wie Geburt der Nation (1932), Schwert im Osten (1932), G¨otter k¨ampfen (1936) und Der ewige Soldat (1940). Sp¨ater verlegte sich B. auf Biographien, darunter Kaiser Friedrich Barbarossa (1954, 2 1955) und Prinz Eugen (1955). C DLL, 20. Jh. * 17. 9. 1935 Falkenau, † 14. 2. 1993 auf dem Monte Cagno bei Rocca di Cambio (Italien). B. studierte zun¨achst Rechtswissenschaften und wechselte sp¨ater zur Arch¨aologie. In seiner Dissertation Korinthische Kapitelle des 4. und 3. Jahrhunderts, mit der er 1967 in Marburg bei Heinrich → Drerup promoviert wurde, gelangen ihm wichtige Rekonstruktionen, u. a. der Kapitelle des Apollo-Palatinus-Tempels in Rom und des Lysikratesdenkmals in Athen. B. widmete sich sp¨ater vor allem der Bauaufnahme und Rekonstruktion antiker Bauten. Zentrale Objekte seiner Forschungsarbeiten waren die Basilika Aemilia am Forum Romanum, die Kaiserforen (ausgehend von der „Porticus Absidata“) sowie die unterirdische Kanalisation Roms, zu der er eine Gesamtaufnahme durchf¨uhrte. B. starb auf einer Bergwanderung in den Abruzzen.
Bauer, Heinrich Gottfried, Jurist, * 1733 Leipzig, † 4. 5. 1811. Wie sein Vater, der Jurist Johann Gottfried → B., studierte B. in Leipzig und wurde 1759 zum Dr. phil., 1760 zum Dr. jur. utr. promoviert. Im selben Jahr erfolgte seine Ernennung zum Oberhofgerichts- und Konsistorialadvokaten, 1776 die zum Appellationsrat. 1763 wurde er Kollegiat des kleinen F¨urstenkollegs. 1764 wurde er Prof. und Beisitzer der Juristischen Fakult¨at. B. ver¨offentlichte u. a. 1794-96 dreizehn Schriften zu den kurs¨achsischen Decisionen von 1764. Bauer, Heinz, Mathematiker, * 31. 1. 1928 N¨urnberg, † 15. 8. 2002 Erlangen. B. studierte Mathematik und Physik an den Universit¨aten Erlangen-N¨urnberg und Nancy. 1953 mit der Dissertation Regul¨are und singul¨are Abbildungen eines distributiven Verbandes in einen vollst¨andigen Vektorverband, welche der Funktionalgleichung f (xy) + f (xy) = f (x) + f (y) gen¨ugen ¨ promoviert, habilitierte er sich dort 1956 mit der Arbeit Uber die Beziehungen einer abstrakten Theorie des RiemannIntegrals zur Theorie Radonscher Maße. 1956 / 57 war er Attach´e de Recherches am Centre National de la Recherche Scientifique in Paris, nahm 1960 / 61 Lehrstuhlvertretungen an den Universit¨aten M¨unchen und Hamburg wahr und wurde 1961 auf den Lehrstuhl f¨ur Versicherungsmathematik und Mathematische Statistik in Hamburg berufen. 1965 kehrte er an das Mathematische Institut in Erlangen zur¨uck. B., seit 1986 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, arbeitete vor allem auf den Gebieten Potentialtheorie, Maß- und Integrationstheorie, Wahrscheinlichkeitstheorie und Funktionsanalysis. Mit seinem Namen sind u. a. die Begriffe „Bauersche harmonische R¨aume“ und „Bauersches Maximumprinzip der konvexen Analysis“ ver¨ Akad, Jg. 153 bunden. C Almanach Ost
Bauer, Hermann, Politiker, P¨adagoge, * 12. 1. 1884 Deutenheim bei Scheinfeld / Steigerwald (Franken), † n. e. B. studierte in M¨unchen und Straßburg Philologie und Volkswirtschaft und trat 1914 ins h¨ohere Lehramt ein. Nach dem
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Bauer Ersten Weltkrieg Mitbegr¨under der Vereinigten Vaterl¨andischen Verb¨ande und 1922 deren Pr¨asident, versuchte er 1924 im Auftrag Gustav von → Kahrs vergeblich, den nach einem fehlgeschlagenen Putsch in Untersuchungshaft einsitzenden → Hitler gegen eine Niederschlagung des Verfahrens zum Verzicht auf politische Bet¨atigung zu bewegen. 1924-33 geh¨orte B. als Abgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei dem Bayerischen Landtag an und war in M¨unchen als Gymnasiallehrer und Prinzenerzieher im Hause Wittelsbach t¨atig. 1933 lehnte er das Angebot Hitlers ab, das Amt des bayerischen Ministerpr¨asidenten zu u¨ bernehmen, zog sich auf sein Rittergut im Harz zur¨uck und wurde 1944 von der Gestapo verhaftet. Nach Kriegsende 1945 Landrat von Gandersheim, trat B. der Deutschen Partei (DP) bei, kehrte 1951 nach Bayern zur¨uck und wurde 1953 Landesvorsitzender der DP. C Munzinger
Bauer, Hermann Theodor, Bischof der Herrnhuter Br¨udergemeine, * 1. 1. 1850 Rixdorf (heute BerlinNeuk¨olln), † 20. 12. 1919 Herrnhut. Der Sohn eines Predigers der Br¨udergemeinen Rixdorf empfing seine schulische Ausbildung u. a. am P¨adagogium der Br¨udergemeine in Niesky in der Oberlausitz. Dorthin kehrte B. nach dem Besuch des Seminars in Gnadenfeld 1873 als Lehrer zur¨uck. 1885 u¨ bernahm er die Leitung des Nieskyer P¨adagogiums, das er zusammen mit Theobald → Wunderling und Charles → Buchner wesentlich bestimmt hat. Sein Bildungsideal war die klassische Bildung, verbunden mit patriotischem Denken und pietistischen Elementen. Durch eine weitgehende Angleichung an die staatlichen Lehrpl¨ane erreichte er die offizielle Anerkennung und Gleichberechtigung seiner Lehranstalt. Als Mitglied (seit 1899) der deutschen Unit¨atsdirektion und Bischof der Br¨udergemeine galt B. als einer der bedeutenden Herrnhuter seiner Zeit. Neben seinen theologischen und p¨adagogischen Schriften gab B. 1896-1919 auch die Zeitschrift „Bethania, Sonntagsgruß der Br¨udergemeine“ heraus. C NDB Bauer, (Karl) Hugo (Friedrich), Pharmazeut, * 16. 10. 1874 Stuttgart, † 8. 8. 1944 Leipzig. B. studierte nach einer Apothekerlehre an der TH Stuttgart, dann an den Universit¨aten W¨urzburg und Leipzig Phar¨ mazie und wurde 1902 in W¨urzburg mit der Arbeit Uber Cyanurs¨aurederivate promoviert. 1909 erhielt er in Stuttgart die Approbation als Nahrungsmittelchemiker, habilitierte sich dort 1910 und wurde 1919 a. o. Professor. 1926 berief ihn die Univ. Leipzig zum a. o. und 1937 zum o. Prof. der Pharmazeutischen Chemie. Seine auch f¨ur die theoretische Medizin bedeutsamen Studien betrafen vor allem ¨ Fette, Ole, Harze und Alkaloide. B. ver¨offentlichte zahlreiche Einzeluntersuchungen, eine Geschichte der Chemie (1928), war Herausgeber der „Pharmazeutischen Zentralhalle f¨ur Deutschland“ und geh¨orte dem wissenschaftlichen Hauptausschuß der Gesellschaft deutscher Naturforscher und ¨ Arzte an. Bauer, Jeremias Christoph, evang. Theologe, Chronist, * 13. 10. 1655 Wiesenbach bei Crailsheim (W¨urttemberg), † 31. 7. 1729 Satteldorf bei Crailsheim. B., Sohn eines Pfarrers, u¨ bernahm 1685 das Pfarramt von Degersheim, 1692 von Satteldorf. Auf einer anonymen, 1623 erschienenen, heute verschollenen Beschreibung der Stadt aufbauend, schrieb B. eine Chronik Crailsheims, die bis 1722 reicht und von seinen Nachfahren bis 1812 weitergef¨uhrt wurde. C NDB Bauer, Johann Christian, Stempelschneider, Schriftgießereibesitzer, * 15. 11. 1802 Hanau, † 25. 5. 1867 Frankfurt / Main. Nach einer Schlosserlehre ließ sich B., Sohn eines Zeugmachers, in einer Schriftgießerei zum Stempelschneider f¨ur
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Buchdruckschriften ausbilden. 1833 wurde B. in die Frankfurter B¨urgerschaft aufgenommen und gr¨undete eine Schriftschneiderei und eine mechanische Werkst¨atte. 1839 verlegte er seinen Betrieb nach Edinburgh, arbeitete dort zun¨achst mit einheimischen Schriftgießern zusammen und errichtete 1845 mit zwei schottischen Fachkollegen die Firma Bauer, Ferguson & Huie. 1847 kehrte B. nach Frankfurt zur¨uck, weitete seinen Betrieb aus und machte sich vor allem mit seinen selbstgeschnittenen Schriften einen Namen. Die von B. 1859 entwickelte „Schnell-Typen-Gießmaschine“ trug maßgeblich zur Mechanisierung seines Gewerbes bei. B.s Bem¨uhungen, Druckschriften gesetzlich gegen galvanische Nachahmung zu sch¨utzen, blieben weitgehend erfolglos. C AKL
Bauer, Johann Gottfried, Jurist, * 20. 2. 1695 Leipzig, † 2. 3. 1763. Der einer Familie von s¨achsischen Juristen entstammende B. begann 1711 in Leipzig das Studium der Jurisprudenz, setzte es in Wittenberg fort und wurde 1718 in Altdorf promoviert. Er ließ sich in Leipzig als Advokat und Dozent nieder und wurde 1739 zum o. Prof. und Beisitzer der Juristischen Fakult¨at berufen. 1746 erfolgte B.s Ernennung zum k¨oniglich polnischen und kurf¨urstlich s¨achsischen Appellationsrat, sp¨ater die zum Beisitzer des Oberhofgerichts, Domherrn des Stiftes Merseburg, Decemvirn der Univ., Dekan und Ordinarius (1751) der Juristischen Fakult¨at. B. besch¨aftigte sich u. a. mit zivilrechtlichen Fragen, dem Lehnsrecht und dem s¨achsischen Erbrecht. Seine gesammelten juristischen Er¨orterungen wurden von seinem Sohn Heinrich Gottfried → B. 1787-92 unter dem Titel Opuscula academica (2 Bde.) herausgegeben.
Bauer, Johann Jakob, Buchh¨andler, Schriftsteller, * 16. 9. 1706 Straßburg, † 29. 1. 1772 N¨urnberg. B., Sohn eines Straßburger Weinh¨andlers, war seit 1728 als Buchh¨andler in N¨urnberg t¨atig. Er begann mit der Anlage eines nach ihm benannten Verzeichnisses gedruckter Rarit¨aten, der Bibliotheca librorum rariorum universalis (1770). 1748 ver¨offentlichte B. Einf¨altige Gedanken u¨ ber den Verfall des Buchhandels und dessen Wiederherstellung, wobey erwiesen wird, wie in einer jeden Handelsstadt alle Buchhandlungen eine einzige vorstellen und doch in ihren Gliedern separirt seyn k¨onnen. Eine weitere Betrachtung B.s u¨ ber die Probleme des Buchhandels erschien postum im Druck.
Bauer, Johannes (Christian Ludwig August), evang. Theologe, * 12. 9. 1860 Wiesloch (Baden), † 10. 1. 1930 Heidelberg. B., dessen Vater als Kirchenrat, Dekan und Stadtpfarrer in Lahr t¨atig war, studierte Theologie in Erlangen, Leipzig, Basel und Heidelberg und war 1882-92 als Vikar t¨atig. Er ging 1892 als Privatdozent f¨ur praktische Theologie an die Univ. Marburg und wurde dort 1900 a. o., 1907 o. Prof. an der Univ. K¨onigsberg. 1910 folgte er einem Ruf als Prof. und Direktor des Praktisch-Theologischen Instituts an die Univ. Heidelberg. 1919 geh¨orte er der Verfassunggebenden Landessynode und seit 1920 auch der Evangelischen Kirchenleitung in Baden an. B. besch¨aftigte sich vor allem mit Person und Werk Friedrich → Schleiermachers (u. a. Schleiermachers Konfirmandenunterricht, 1909). B.s 1912 verfaßtes und der Generalsynode 1914 vorgelegtes Kirchenbuch f¨ur die evangelisch-protestantische Landeskirche im Großherzogtum Baden bildete die Grundlage f¨ur das 1930 endg¨ultig verabschiedete Kirchenbuch in Baden. C NDB Bauer, Josef Friedrich, kath. Theologe, * 14. 3. 1745 Forchheim, † 12. 5. 1817 Redwitz bei Lichtenfels. B. trat 1765 in das Benediktinerkloster Banz ein, wurde 1769 zum Pr¨ases der Konferenzen u¨ ber Theologie ernannt und wirkte seit 1792 als Inspektor der Stiftsapotheke. Nach der
Bauer S¨akularisation seines Klosters lebte er in Uetzing bei Lichtenfels. B. ver¨offentlichte u. a. Das Buch Tobias, zum Nutzen der Eltern und Kinder nach der Vulgata, mit Zuziehung der ¨ orientalischen Ubersetzungen verteutschet, erl¨autert und mit sittlichen Anmerkungen versehen (1781).
Bauer, Josef Martin, Schriftsteller, * 11. 3. 1901 Taufkirchen / Vils (Bayern), † 15. 3. 1970 Dorfen bei Erding (Bayern). B., Sohn eines B¨ackers, trat nach dem Abitur 1920 in Freising in das Priesterseminar ein, das er jedoch vorzeitig verließ. Er war als Land- und Fabrikarbeiter t¨atig, bis er 1927 Schriftleiter der Lokalzeitung in Dorfen wurde. 1930 erhielt er den Jugendpreis deutscher Erz¨ahler. Zu seinen fr¨uhen konservativ-katholischen Heimatromanen z¨ahlen Achtsiedel (1931), Die Nothafften (1931), Die Salzstraße (1932, Neuausg. 1939, Nachdr. 1986) und B¨auerliche Anabasis (1933, Neuausg. 1954). Seit 1935 konnte B. als freier Schriftsteller leben. Seine mit Unterst¨utzung der Wehrmacht ver¨offentlichten Erlebnisberichte vom Rußlandfeldzug erschienen unter dem Titel Die Kraniche der Nogaia. Tagebuchl¨atter aus dem Feldzug im Osten (1942, Neuausg. 1977). B.s gr¨oßter Erfolg war der vielfach verfilmte und in elf Sprachen u¨ bersetzte Roman So weit die F¨uße tragen (1955). In dem Roman Kranich mit dem Stein (1958) erf¨ahrt der Held ein Schicksal, das teilweise mit demjenigen von Kardinal → Faulhaber u¨ bereinstimmt. B. schrieb auch zahlreiche ungedruckte H¨orspiele. C DLL, 20. Jh.
Bauer, Joseph Anton, Musiker, Komponist, * 17. 6. 1725 Elnbogen, † 30. 8. 1808 W¨urzburg. B. entstammte einer Familie st¨adtischer Musiker und wurde von seinem Vater ausgebildet. Seit 1748 war er Hoftrompeter des Augsburger F¨urstbischofs Joseph, Landgrafs von → Hessen-Darmstadt. Da von den dortigen Hof- und Feldtrompetern seine Ausbildung durch st¨adtische Musiker nicht anerkannt wurde, hatte er eine abermalige Lehrzeit bei einem f¨urstlichen Trompeter zu durchlaufen. Unzufrieden u¨ ber seine Stellung, suchte sich B. 1764 ohne Erlaubnis eine neue Anstellung am Hof des F¨urstbischofs Adam Friedrich von → Seinsheim in W¨urzburg. Dort machte er sich nicht nur als Trompeter, sondern auch als Pianist einen Namen. B., der Trompeten- und Klavierunterricht gab, komponierte vorwiegend St¨ucke f¨ur Klavier. C MGG
Bauer, Julius, Internist, * 14. 8. 1887 Nachod (B¨ohmen), † 8. 5. 1979 Beverly Hills (Kalifornien, USA). Sein Medizinstudium beendete B. 1911 in Wien und war bis 1918 nacheinander als Assistenzarzt am dortigen Neurologischen Institut, in der Medizinischen Klinik Innsbruck und der Poliklinik Wien t¨atig. 1919 habilitierte B. sich und wurde 1926 a. o. Prof. der Inneren Medizin. 1928 u¨ bernahm er die Leitung der Medizinischen Abteilung der Poliklinik in Wien. B.s Spezialgebiete waren Innere Medizin, Konstitutionspathologie und Vererbungslehre, vor deren Mißbrauch durch das nationalsozialistische Regime er warnte. B.s 1935 in der „Schweizer Medizinischen Wochenschrift“ erschienener Artikel Gef¨ahrliche Schlagworte auf dem Gebiete der Erbbiologie f¨uhrte zu seinem Ausschluß aus der Deutschen Gesellschaft f¨ur Innere Medizin. 1938 entlassen, emigrierte B. u¨ ber Paris in die USA, erhielt eine Professur an der Louisiana State University, lehrte 1940-61 an der Loma Linda University in Riverside (Kalifornien) und seit 1968 an der University of Southern California in Los Angeles. Zu seinen Publikationen geh¨oren Die konstitutionelle Disposition zu inneren Krankheiten (1917, engl. 1942, 21945), The person behind the disease (1956, dt. 1958) und Medizinische Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts im Rahmen einer ¨ Autobiographie (1964). 2, 3 C Arzte
Bauer, Julius Isaac, Kinderarzt, * 29. 11. 1879 Frankfurt / Main, † 4. 7. 1969 Blackburn (England). B. studierte Medizin in M¨unchen, Berlin und Straßburg und wurde 1903 promoviert (Beitr¨age zu den Folgeerscheinungen der Uterusmyome). Nach seiner Spitals- und Assistentenzeit bei Adolf → Baginsky am Kaiser-und-KaiserinFriedrich-Kinder-Krankenhaus in Berlin (1903-06) sowie als Mitarbeiter in den Laboren von Paul → Ehrlich in Frankfurt / Main und Emil von → Behring in Marburg war er seit 1907 Assistent und 1910-18 Oberarzt an der von Arthur → Schloßmann geleiteten Kinderklinik in D¨usseldorf. 1911 habilitierte sich B. f¨ur Kinderheilkunde und Serologie, war seit 1915 a. o. Prof. in D¨usseldorf und 1918-34 leitender Arzt am Hamburger S¨auglingsheim. Wegen seiner j¨udischen Herkunft entlassen, betrieb er eine Privatpraxis, wurde 1938 vor¨ubergehend im Konzentrationslager Sachsenhausen in „Schutzhaft“ genommen und emigrierte 1939 u¨ ber die Niederlande nach England. Dort zun¨achst interniert, war er seit 1942 als Assistent, seit 1948 wieder als Arzt t¨atig. B.s wissenschaftliche Schwerpunkte galten der Serologie, der Klinik der Infektionskrankheiten, der Gesundheitsf¨ursorge, der Kindertuberkulose und der Milchuntersuchung. Neben zahlreichen Aufs¨atzen und Beitr¨agen in Handb¨uchern ver¨offentlichte er u. a. Klinische und experimentelle Studien zur Pathologie und Therapie der Tuberkulose des Kindesalters (1909, zusammen mit Stefan → Engel) und Die Methodik der biologischen Milchuntersuchung (1913). C Seidler
Bauer, Karl von, Milit¨ar, * 28. 12. 1777 Ludwigsburg (W¨urttemberg), † 31. 3. 1847 M¨unchen. B. diente zun¨achst der Helvetischen Republik als Artillerieoffizier, trat 1806 in die bayerische Armee ein, wurde Lehrer im Kadettenkorps, nahm 1809 am Feldzug in Tirol teil und wurde 1813 in den Generalstab versetzt. An den Verhandlungen u¨ ber die Festungen des deutschen Bundes beteiligte B. sich als bayerischer Bevollm¨achtigter. 1840 erfolgte seine Ernennung zum Generalquartiermeister. 1812 ver¨offentlichte B. Der Krieg in Tirol 1809, dem Abhandlungen u¨ ber die deutsche Westgrenze und die Bundesfestungen folgten. C NDB
Bauer, Karl (Konrad Friedrich), Maler, Graphiker, * 7. 7. 1868 Stuttgart, † 6. 5. 1942 M¨unchen. B. studierte seit 1886 an der Kunstakademie Stuttgart, wechselte an die M¨unchner Akademie, wo er u. a. die Malklasse von Wilhelm von → Lindenschmit besuchte, ging 1893 an die Acad´emie Julian in Paris und nahm 1895 Wohnsitz in ¨ und TemM¨unchen. B. war als Portr¨atmaler t¨atig, schuf Olperagem¨alde, Pastellzeichnungen, Lithographien, Radierungen mit Portr¨ats bekannter Zeitgenossen und historischer Pers¨onlichkeiten, darunter mehrere Bildnisse → Goethes. Er illustrierte u. a. → Heines Buch der Lieder und lieferte zahlreiche Titelbilder f¨ur die Zeitschrift „Jugend“, deren Mitarbeiter er seit 1896 war. B. f¨uhrte auch Wandmalereien f¨ur die Dreifaltigkeitskirche in G¨orlitz und das Ulmer M¨unster aus. C AKL
Bauer, Karl, Intendant, * 20. 7. 1900 Karlsruhe, † 1982 Augsburg. Neben dem Studium der Literatur, Theater- und Kunstgeschichte an den Universit¨aten Freiburg / Breisgau und M¨unchen (Promotion 1923) nahm er Schauspielunterricht. 1924 wirkte er als Schauspieler, Dramaturg und Regisseur an der Bayerischen Landesb¨uhne M¨unchen, 1925 in W¨urzburg und war seit 1926 Dramaturg und Regisseur an den St¨adtischen B¨uhnen Hannover. 1927-29 Intendant der S¨udwestdeutschen B¨uhne Frankfurt, ging B. 1930 nach Aachen, anschließend nach G¨ottingen und u¨ bernahm 1940 die Intendantenstelle an den St¨adtischen B¨uhnen Essen. Dort f¨uhrte er trotz der Zerst¨orung der B¨uhne im Krieg den Theaterbetrieb
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Bauer mit Schauspiel- und Opernauff¨uhrungen weiter. Nach 1947 fanden u. a. seine Inszenierungen von Die Hochzeit des Figaro und Kabale und Liebe allgemeine Beachtung. B. schied 1958 aus seinem Amt. C Munzinger
Bauer, Karl Gottfried, evang. Theologe, * 24. 8. 1765 Leipzig, † 15. 12. 1842 Leipzig. Der Sohn des Juristen Heinrich Gottfried → B. schloß 1786 in Leipzig das Studium der Theologie, Philosophie, Mathematik und Medizin mit der Promotion zum Dr. phil. ab, u¨ bernahm die Pfarrstelle von Frohburg und wurde 1809 zum Archidiakon der Nicolaikirche in Leipzig ernannt. Dort wurde er zum Dr. theol. promoviert und erhielt eine Dozentur f¨ur theologische Moral, Homiletik und Pastoraltheologie. Seit 1836 war B. auch Pastor an St. Nicolai. Neben einigen Sammlungen von Predigten ver¨offentlichte B. zahlreiche Schriften p¨adagogischen Inhalts, darunter Philosophische Versuche u¨ ber Gegenst¨ande der Moral und P¨adagogik (1797). C Neuer Nekr, Jg. 20 Bauer, Karl Heinrich, Chirurg, * 26. 9. 1890 Schw¨arzdorf (heute zu Mitwitz bei Kronach, Oberfranken), † 7. 7. 1978 Heidelberg. B., Sohn eines Landwirts, studierte an den Universit¨aten Erlangen, Heidelberg, M¨unchen und W¨urzburg Medizin (Promotion 1918, Die zentrale Leberruptur und ihre Folgen), absolvierte nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg an der Univ. G¨ottingen seine Ausbildung zum Chirurgen, wurde dort 1923 Privatdozent und 1926 a. o. Prof. der Chirurgie. Seit 1932 war er o. Prof. und Direktor der Medizinischen Universit¨atsklinik in Breslau und folgte 1943 einem Ruf an die Univ. Heidelberg, deren Rektor er 1945 wurde (Vom neuen Geist der Universit¨at); bis zu seiner Emeritierung 1962 wirkte er als Direktor der Chirurgischen Universit¨atsklinik. B.s Spezialgebiete waren zun¨achst Vererbungsund Konstitutionslehre. 1926 schrieb er u¨ ber Rassenhygiene; 1936 erschien Die Praxis der Sterilisationsverfahren. Er war Herausgeber der „Zeitschrift f¨ur menschliche Vererbungsund Konstitutionslehre“ und Mitglied des Beirats der 1943 gegr¨undeten Deutschen Gesellschaft f¨ur Konstitutionsforschung. Im chirurgischen Bereich trat er besonders als Unfallmediziner hervor. Mit seiner Mutationstheorie der Geschwulstentstehung (1928) wurde B. auch als Krebsforscher bekannt. 1949 erschien sein Hauptwerk Das Krebsproblem (21963). B. war Mitbegr¨under und Leiter des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg im Jahr 1972. Er wurde in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (1952) und in die Heidelberger Akademie der Wissenschaften aufgenommen. 1952 und 1958 war B. Pr¨asident der Deutschen Gesellschaft f¨ur Chirurgie. C Bad Bio N.F., Bd 3 Bauer, Karl Josef von, Mediziner, * 1. 10. 1845 Erlhammer bei Erbendorf (Oberpfalz), † 9. 5. 1912 M¨unchen. B., Sohn eines Hammergutsbesitzers, studierte seit 1864 an der Univ. M¨unchen (Promotion 1870), habilitierte sich 1873 bei Josef von → Lindwurm f¨ur Innere Medizin und wurde 1876 a. o., 1885 o. Professor. 1892 u¨ bernahm er als Nachfolger seines Schwiegervaters Hugo von → Ziemssen die Leitung der I. Medizinischen Klinik und des Krankenhauses links der Isar. Er f¨uhrte die von Carl von → Pfeufer eingeleitete pathologisch-physiologische Ausrichtung der M¨unchner Klinik und deren chemische Forschung weiter und nutzte die Stoffwechselphysiologie Karl von → Voits in der Praxis. 1870 erschien seine gekr¨onte Preisschrift Ge¨ schichte der Aderl¨asse. Mit seiner Untersuchung Uber Krankenern¨ahrung und di¨atetische Therapie (1883) begr¨undete B. eine neue Form der Krankendi¨at. Er war Leibarzt des bayrischen Prinzregenten → Luitpold und erhielt f¨ur seine Verdienste 1901 den pers¨onlichen Adel. C NDB
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Bauer, Karl Ludwig, Klassischer Philologe, P¨adagoge, * 13. 7. 1730 Leipzig, † 3. 9. 1799 Hirschberg (Schlesien). Nach dem Studium der Klassischen Philologie an der Univ. Leipzig erhielt B. dort 1753 eine Dozentur. 1756 wurde er zum Rektor der Ratsschule in Lauban (Schlesien) berufen, u¨ bernahm 1766 das Rektorat des Lyzeums in Hirschberg und f¨uhrte dort 1776 eine spezielle Pr¨ufung ein, die sp¨ater als Abiturientenexamen f¨ur alle preuß. Gymnasien gesetzlich vorgeschrieben wurde. B. ver¨offentlichte Schriften zu Thukydides, ein deutsch-lateinisches Lexikon und theologische Abhandlungen. C ADB
Bauer, Karoline (Philippine Auguste), verh. Gr¨afin Bro¨el-Plater, auch Gr¨afin Montgomery, Schauspielerin, * 29. 3. 1807 Heidelberg, † 18. 10. 1877 Villa Bro¨elberg bei Z¨urich. Die Tochter eines bei Aspern gefallenen badischen Rittmeisters deb¨utierte 1822 als jugendliche Liebhaberin am Karlsruher Thater, wechselte 1824 an das K¨onigst¨adtische Theater nach Berlin und geh¨orte f¨unf Jahre dem Ensemble des Hoftheaters an. Anl¨aßlich ihrer morganatischen Heirat mit Prinz Leopold von Coburg verließ sie 1829 die B¨uhne und lebte unter dem Titel einer Gr¨afin Montgomery in London und Paris. Nach der Erhebung Leopolds zum ersten K¨onig der Belgier wurde die Ehe 1831 geschieden. B. erhielt im selben Jahr ein Engagement am Deutschen Theater in St. Petersburg und geh¨orte seit 1835 dem Ensemble des Dresdner Hoftheaters an. Nach ihrer zweiten Heirat mit dem polnischen Fl¨uchtling Graf Ladislaus von Bro¨el-Plater zog sich B. 1844 endg¨ultig von der B¨uhne zur¨uck. Sie ver¨offentlichte 1871 Erinnerungen Aus meinem B¨uhnenleben, sp¨ater erschienen private Memoiren und Briefe aus ihrm Nachlaß im Druck. Bauer, Klara, Pseud. Karl Detlef, Schriftstellerin, Musikerin, * 23. 6. 1836 Swinem¨unde, † 29. 6. 1876 Breslau. B., Tochter des Hafendirektors von Swinem¨unde und sp¨ateren Landrats von Krotoschin in der Provinz Posen, absolvierte in Breslau ein Lehrerinnenseminar und ließ sich in Dresden von Friedrich → Wieck zur Pianistin ausbilden. Als solche erhielt sie eine Anstellung in der Familie eines russischen Generals deutscher Herkunft, lebte in Orel und St. Petersburg, wo sie u. a. im Haus des damaligen preuß. Gesandten Otto von → Bismarck verkehrte. Aus gesundheitlichen Gr¨unden zur¨uckgekehrt, ließ sich B. als Musiklehrerin in Dresden nieder. Die Erlebnisse ihrer in Rußland verbrachten Jahre verarbeitete sie zu ihrem ersten, 1868 erschienenen Roman Bis in die Steppe.
Bauer, Leopold, o¨ sterr. Architekt, * 1. 9. 1872 J¨agerndorf, † 7. 10. 1938 Wien. B. besuchte die Staatsgewerbeschule in Br¨unn und die Akademie in Wien, wo er sich vor allem bei Otto → Wagner ausbildete. Nach einer Reise durch Italien, Deutschland und Frankreich war er seit 1900 Mitglied der Wiener Secession, 1902/03 leitender Redakteur der Zeitschrift „Ver Sacrum“. 1913 wurde er Nachfolger Wagners an der Spezialschule f¨ur Architektur an der Akademie in Wien, bat jedoch 1919 nach Differenzen mit seinen H¨orern und zunehmender Kritik an ¨ Wagner um Abberufung. B. erbaute u. a. die OsterreichischUngarische Bank und soziale Wohnbauten (Vogelweidhof, 1962) in Wien. C AKL
Bauer, Leo(pold), Journalist, Politiker, * 18. 12. 1912 Skalat bei Tarnopol (Rußland), † 18. 9. 1972 Bonn. B., Sohn eines Handwerkers, studierte in Berlin Jura und National¨okonomie, wurde als KPD-Mitglied 1933 verhaftet, war nach der Flucht in Paris 1934 in Emigrantenorganisationen und 1936-39 in Genf als Sekret¨ar des Hochkommissars f¨ur deutsche Fl¨uchtlinge t¨atig. 1939 in Frankreich interniert, floh B. 1940 in die Schweiz, wurde 1942 der Milit¨arspionage f¨ur die UdSSR angeklagt, freigesprochen, jedoch wegen Ver-
Bauer letzung der Schweizer Neutralit¨at interniert. Nach Kriegsende 1945 war B. Mitarbeiter der „Frankfurter Rundschau“, stellvertretender Landesvorsitzender und Landtagsabgeordneter der hessischen KPD. Nach einem Unfall in der DDR an der Ausreise gehindert, wurde B. als ehemaliger Westemigrant 1950 verhaftet, 1952 zum Tode verurteilt, in der UdSSR zu 25 Jahren Zwangsarbeit begnadigt und 1955 in die BRD entlassen. Er war publizistisch und u. a. als Berater Willy → Brandts f¨ur die SPD t¨atig. 1963 schrieb B. Das Ende einer Utopie. C DDR
Bauer, Lorenz Georg, kath. Theologe, * 16. 10. 1880
Geologie in K¨onigsberg ernannt und folgte 1884 einem Ruf als o. Prof. der Mineralogie und Petrographie an die Univ. Marburg. B., der 1883 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen wurde, besch¨aftigte sich mit der Untersuchung der Schlagfiguren und Bruchlinien im Glimmer und anderen Mineralien, des hessischen Basalts und des Laterits und kartierte in der Rh¨on und in Th¨uringen. B. ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch der Mineralogie (1886) und redigierte neben anderen Fachpublikationen auch das „Neue Jahrbuch f¨ur Mineralogie, Geologie und Pal¨aontologie“.
Unterpleichfeld bei W¨urzburg, † 1. 11. 1969 Unterpleichfeld. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie (1903-07) war B. zun¨achst in der Seelsorge und seit 1911 als Assistent und Dozent am Bisch¨oflichen Klerikalseminar in W¨urzburg t¨atig. 1919 wurde er dort zum Domvikar berufen und 1921 zum Prof. der Dogmatik und Apologetik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Dillingen ernannt, wo er bis 1948 t¨atig war. Thema etlicher Publikationen war die Liturgik; so erschien 1950 die Abhandlung u¨ ber Das heilige Meßopfer im Lichte der Grunds¨atze des heiligen Thomas u¨ ber das Opfer.
Bauer, Max Hermann, Milit¨ar, * 31. 1. 1869 Quedlinburg,
Bauer, Ludwig Amandus, evang. Theologe, Schriftsteller,
Bauer, Melchior, Konstrukteur, * 19. 10. 1733 Lehnitzsch
¨ P¨adagoge, * 15. 10. 1803 Orendelsall bei Ohringen (W¨urttemberg), † 22. 5. 1846 Stuttgart. Der einem w¨urttembergischen Pfarrhaus entstammende B. trat 1821 in das T¨ubinger Stift ein und pflegte enge Freundschaft mit Eduard → M¨orike und Wilhelm → Waiblinger. ¨ 1825 erhielt er die Pfarrstelle von Ernsbach bei Ohringen, wurde 1831 als Lehrer an die Erziehungsanstalt Stetten / Remstal, 1835 als Prof. an das Stuttgarter Katharinenstift und 1838 an das dortige Obergymnasium berufen. Nach einer Trilogie u¨ ber Alexander den Großen ver¨offentlichte B. das historische Drama Barbarossa (1842). Daneben verfaßte er eine sechsb¨andige Weltgeschichte, redigierte 1842 die Zeitschrift „Schwaben, wie’s war und ist“ und hinterließ weitere Dramen und zwei Lustspiele. C Leb Schwaben, Bd 5
Bauer, Ludwig C¨olestin, Schulmann, Schriftsteller, * 19. 5. 1832 Ingolstadt, † 3. 8. 1910 Augsburg. B., Sohn eines Lehrers, studierte in W¨urzburg und M¨unchen, unterrichtete als Hauslehrer in W¨urzburg, sp¨ater als Schullehrer in Miltenberg und Kitzingen und u¨ bernahm 1872 die Stelle eines Schulrats in Augsburg. Besondere Verdienste erwarb er sich bei der Neuordnung des gesamten Schulwesens, wurde aber f¨ur sein Engagement f¨ur die Simultanschule auch angefeindet. F¨ur die „Augsburger Abendzeitung“ schrieb er Theater- und Musikkritiken; als Schriftleiter war er verantwortlich f¨ur die „Jugendlust“. B. ver¨offentlichte Gedichte (Fliegender Sommer, 1874; Stimmen der Zeit 1895), Natur-, Liebes- und Trinklieder, vaterl¨andische Ges¨ange (u. a. O Deutschland hoch in Ehren), Geschichten f¨ur die Jugend und Operntexte (u. a. Die Nazarener in Pompeji, 1864). C NDB Bauer, Max Hermann, Mineraloge, * 13. 9. 1844 Gnadenthal bei Schw¨abisch Hall (W¨urttemberg), † 4. 11. 1917 Marburg. B., ein w¨urttembergischer Pastorensohn, besuchte das Polytechnikum in Stuttgart, studierte Naturwissenschaften in T¨ubingen und Paris, wurde 1867 in T¨ubingen mit der Dissertation Die Brauneisenstein-G¨ange von Neuenb¨urg promoviert, setzte seine Studien in Berlin fort und habilitierte sich 1871 in T¨ubingen mit der Arbeit Krystallographische Untersuchung des Scheelits f¨ur Geologie und Mineralogie. Im selben Jahr wirkte er an den Kartenaufnahmen der Geologischen Landesanstalt in Berlin mit, erhielt dort 1872 eine Privatdozentur, wurde 1875 zum o. Prof. der Mineralogie und
† 6. 5. 1929 Shanghai. Der Artillerieoffizier B. wurde 1908 als Referent in den Großen Generalstab berufen. Als Mitarbeiter → Ludendorffs und → Hindenburgs verfolgte er einen harten Kriegskurs. 1920 nahm er am Kapp-Putsch teil, floh nach dessen Schei¨ tern nach Osterreich, schloß sich der dortigen HeimwehrBewegung an und folgte 1923 einer Einladung in die Sowjetunion. B. bet¨atigte sich als Luftfahrtberater in Spanien, als Organisator von Sch¨adlingsbek¨ampfungsmaßnahmen in Argentinien (1925) und seit 1927 als Milit¨arberater in China. C DBJ, Bd 11 bei Altenburg (Sachsen), † n. e. Bekannt wurde B., Sohn eines G¨artners, durch eine f¨unfzehnseitige, an den Grafen Heinrich XI. Reuss gerichtete und mit sieben Konstruktionszeichnungen versehene Flugzeughandschrift. Darin beschrieb er seine Erfindung eines f¨ur den geringen Preis von kaum zehn Talern zu bauenden Flugzeugs aus Tannenholz, Messingdraht, gewirkter Seide und Papier; er entwickelte als erster die Kombination aus Drachenprinzip und Motor. C NDB
Bauer, Moritz (Max), Musikwissenschaftler, * 8. 4. 1875 Hamburg, † 31. 12. 1932 Frankfurt / Main. Urspr¨unglich Mediziner, wandte sich B. nach dem Dienst als Einj¨ahrig-Freiwilliger und Milit¨ararzt in Leipzig dem Studium der Musik zu, das er 1904 in Z¨urich mit der Promotion abschloß. Er setzte seine musikalische Ausbildung in Frankfurt / Main fort, unterrichtete 1906-26 am dortigen ¨ Dr. Hochschen Konservatorium Musikgeschichte und Asthetik, habilitierte sich 1914 mit der Arbeit Beitr¨age zur Kenntnis der Lieder Franz Schuberts an der Univ., wurde 1918 zum a. o. Prof., gr¨undete das Musikwissenschaftliche Seminar und wurde als dessen Leiter 1924 zum Universit¨atsMusikdirektor ernannt. B. war Vorsitzender der Frankfurter Bach-Gemeinde, Verfasser einiger musikwissenschaftlicher Werke (u. a. Die Lieder Franz Schuberts, 1915) und vertonte als Liedkomponist u. a. den 28. Psalm. C Frankf Biogr
Bauer, Oswald, Physiker, * 31. 1. 1876 Goldingen (Kurland), † 2. 8. 1936 Berlin. Nach Erwerb des Diploms eines Eisenh¨utten-Ingenieurs an der Bergakademie Freiberg / Sachsen war B. 1902 dort und 1903 am Metallpr¨ufungsamt in Berlin-Dahlem als Assistent besch¨aftigt. Seit 1905 fest angestellt, habilitierte sich f¨ur Metallographie an der TH Berlin-Charlottenburg, erhielt 1908 den Professorentitel, wurde 1918 Abteilungsvorsteher am Materialpr¨ufungsamt und folgte 1920 einem Ruf als Prof. der Eisenh¨uttenkunde an die TH Breslau. Nach Berlin zur¨uckgekehrt, avancierte er 1923 zum stellvertretenden Direktor des dem Metallpr¨ufungsamt angegliederten Kaiser-Wilhelm-Instituts f¨ur Metallforschung, 1927 zum Direktor und 1934 zum stellvertretenden Pr¨asidenten des Staatlichen Metallpr¨ufungsamts. B. besch¨aftigte sich u. a. mit Metallegierungen und Korrosionserscheinungen. C Reichshandbuch
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Bauer Bauer, Otto, Pseud. Karl Mann, Heinrich Weber, Heinrich Schulze u. a., o¨ sterr. Politiker, Publizist, * 5. 9. 1881 Wien, † 5. 7. 1938 Paris. Der aus einer Fabrikantenfamilie stammende B. studierte seit 1901 Rechtswissenschaften an der Univ. Wien, wo er 1906 promoviert wurde. 1907 wurde er Sekret¨ar der sozialdemokratischen Reichsratsfraktion und Redakteur der „Arbeiter-Zeitung“. Seit demselben Jahr gab er zusammen mit Karl → Renner und Adolf → Braun die theoretische Zeitschrift „Der Kampf“ heraus. In seiner ersten großen Arbeit Die Nationalit¨atenfrage und die Sozialdemokratie (1907, 21924) entwickelte B., der f¨uhrende Theoretiker des „Austromarxismus“, einen organisch-historischen Nationsbegriff. Die „nationale Frage“ wollte er „als soziales Problem“ begriffen wissen. In den ersten Kriegstagen zur Armee einger¨uckt, geriet B. Ende November 1914 in russische Kriegsgefangenschaft. Im September 1917 kehrte er im Rahmen eines Austausches zur¨uck und war bis Kriegsende in der kriegswissenschaftlichen Abteilung des Reichskriegsministeriums t¨atig. Er kritisierte Renners Konzeption eines „¨ubernationalen Staates“ und vertrat eine radikale nationalstaatliche L¨osung f¨ur Europa. Nach dem Tod Victor → Adlers, unter dem er zun¨achst als Pr¨asidialchef arbeitete, war B., der eine Abtretung S¨udtirols zu verhindern suchte und sich f¨ur einen Anschluß Deutsch¨ Osterreichs an das Deutsche Reich einsetzte, von November 1918 bis zu seinem R¨ucktritt im Juli 1919 Staatssekret¨ar des ¨ Außeren (Acht Monate ausw¨artiger Politik, 1919) und von M¨arz bis Oktober 1919 Pr¨asident der Staatskommission f¨ur Sozialisierung. In der von G. D. H. Coles Gildensozialismus beeinflußten Schrift Der Weg zum Sozialismus (1919, 12 1921) lehnte B. den Staatssozialismus als einen „b¨urokratischen Sozialismus“ ab, demgegen¨uber er einen demokratischen Sozialismus als „die wirtschaftliche Selbstverwaltung des ganzen Volkes“ propagierte. 1919 / 20 geh¨orte B. der konstituierenden Nationalversammlung, 1920-33 dem o¨ sterr. Nationalrat an. Er war in der Zwischenkriegszeit einer der einflußreichsten Politiker der So¨ zialdemokratischen Arbeiterpartei Osterreichs (SDAP), deren stellvertretenden Vorsitz er 1918-34 aus¨ubte. B. war Wortf¨uhrer bei der Verteidigung der russischen Revolution, wandte sich aber gegen eine Generalisierung der bolschewistischen Transformationsmethoden (Bolschewismus oder Sozialdemokratie?, 1920). Er war Mitglied der Exekutive der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Parteien (1921-23) und geh¨orte dem B¨uro und der Exekutive der 1923 gegr¨undeten Sozialistischen Arbeiter-Internationale (SAI) an. B. arbeitete Leits¨atze zur Agrarpolitik (1921) aus und stellte in Der Kampf um Wald und Weide (1925) die ¨ Geschichte der Grundbesitzverteilung in Osterreich dar. Sowohl das Agrarprogramm der SDAP von 1925, in dem er die Aufhebung des b¨auerlichen Grundeigentums und damit die Zwangskollektivierung ablehnte, als auch im „Linzer Programm“ der Partei von 1926, das die 1901 modifizierte Prinzipienerkl¨arung von Hainfeld abl¨oste, wurden maßgeblich von B. gestaltet. Sozialismus sei nur m¨oglich „in den Formen und und unter allen B¨urgschaften der Demokratie“; „Diktatur“ der Arbeiterklasse seit nur legitim, wenn es der Konterrevolution gel¨ange, die politische Demokratie zu beseitigen, und wenn das Kapital den Aufbau der Demokratie z. B. mit Gewalt bek¨ampfte. Nach der Machtergreifung der Austrofaschisten und dem Scheitern des Aufstandes der Arbeiter im Februar 1934 floh
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B., der mitverantwortlich war f¨ur die Defensivpolitik der Parteif¨uhrung gegen¨uber dem autorit¨aren Kurs der Regierung seit 1933, in die Tschechoslowakei. In Br¨unn wurde er Mitbegr¨under und Vorsitzender des Auslandsb¨uros der o¨ sterr. Sozialisten, eines Hilfsorgans f¨ur Fl¨uchtlinge und zur Unterst¨utzung der illegalen sozialistischen Bewegung nach dem Verbot der SDAP. B. besch¨aftigte sich mit der Geschichte der illegalen Bewegungen seit Beginn des 19. Jh. ¨ und versuchte eine Aktualisierung f¨ur Osterreich (Die illegale Partei, postum 1939). Im Anschluß an eine Untersuchung der Probleme der internationalen Arbeiterbewegung ¨ entwickelte er zur Uberwindung ihrer Spaltung die Konzeption eines „integralen Sozialismus“ (Zwischen zwei Weltkriegen? Die Krise der Weltwirtschaft, der Demokratie und des Sozialismus, 1936). B. forderte eine energische Politik der SAI gegen Faschismus und Politik (Manifest Die Internationale und der Krieg, 1935, mit Theodor Dan und Jean Zyromski), eine gemeinsame Politik mit den Kommunisten und die Verteidigung der Sowjetunion im Falle eines Krieges mit Deutschland. Wenige Wochen nach dem Einmarsch ¨ deutscher Truppen in Ostertreich verlegte B. im Mai 1938 das Auslandsb¨uro der SDAP nach Paris, wo er nach wenigen Wochen starb. WEITERE WERKE: Die o¨ sterreichische Revolution. Wien 1923. Nachdr. Wien 1965. – Kapitalismus und Sozialismus nach dem Weltkrieg. Erster Band: Rationalisierung – Fehlrationalisierung. Wien 1931. – Werkausgabe. Hrsg. von der ¨ Arbeitsgemeinschaft f¨ur die Geschichte der Osterreichischen Arbeiterbewegung. 9 Bde., Wien 1975-80. – Fedor I. Dan und O. B. Briefwechsel (1934-1938). Hrsg. v. Hartmut R¨udiger Peter. Frankfurt / Main, New York 1999. LITERATUR: Hans Mommsen: Die Sozialdemokratie und die Nationalit¨atenfrage im habsburgischen Vielv¨olkerstaat. Wien 1963. – Otto Leichter: O. B. Trag¨odie oder Triumph? Wien u. a. 1970. – Detlev Albers / Josef Hindels / Lucio Lombardo Radice (Hrsg.): O. B. und der „dritte“ Weg. Die Wiederentdeckung des Austromarxismus durch Linkssozialisten und Eurokommunisten. Frankfurt / Main, New York 1978. – Peter Kulemann: Am Beispiel des Austromarxismus. Sozial¨ demokratische Arbeiterbewegung in Osterreich von Hainfeld bis zur Dollfuß-Diktatur. Hamburg 1979. – Raimund L¨ow: O. B. und die russische Revolution. Wien 1980. – Detlev Albers: Versuch u¨ ber O. B. und Antonio Gramsci: Zur politischen Theorie des Marxismus. Berlin 1983. – Ders. / Horst Heimann / Richard Saage (Hrsg.): O. B.: Theorie und Politik. Berlin 1985. – Erich Fr¨oschl / Helge Zoitl (Hrsg.): O. B. (1881-1938). Theorie und Praxis. Wien 1985. – Richard Saage: O. B. (1881-1938). In: Walter Euchner (Hrsg.): Klassiker des Sozialismus. Bd. 2. M¨unchen 1991, S. 166-180, 300-302. – Hermann B¨ohm: Die Trag¨odie des Austromarxismus am Beispiel von O. B. Ein Beitrag zur Geschichte des o¨ sterreichischen Sozialismus. Frankfurt / Main u. a. 2000. Bruno Jahn
Bauer, Richard, o¨ sterr. Internist, * 12. 4. 1879 Wien, † 3. 9. 1959 Wien. Das Medizinstudium in Wien schloß B. 1903 mit der Promotion ab. Anschließend Hilfsarzt und Assistent bei Edmund von → Neusser an der II. Medizinischen Universit¨atsklinik in Wien, habilitierte er sich 1912 f¨ur Innere Medizin in Wien und war seit 1917 Primararzt am Krankenhaus Wieden. Seit 1926 auch Titularprofessor, mußte er seine Stelle 1938 aufgeben und erhielt einen Ruf an das Manhattan Hospital in New York. 1955 kehrte er nach Wien zur¨uck. B. forschte vor allem auf dem Gebiet der Serologie und der Leberkrankheiten. Er ver¨offentlichte u. a. Lues und innere Medi-
Bauer zin. 1920-38 wirkte er als Herausgeber des „Wiener Archivs f¨ur Innere Medizin“. 1947 ernannte ihn die Gesellschaft der ¨ ¨ Arzte Wiens zu ihrem Ehrenmitglied. C Arzte 2, 3
Bauer, Roger, Komparatist, * 4. 12. 1918 Seebach (Elsaß), † 18. 6. 2005 M¨unchen. B., Sohn eines Gesch¨aftsmanns, studierte 1936-39 und 1942 / 43 Sprachen in Straßburg, 1944-46 in Paris. 1939-41 und 1944 geh¨orte er der franz¨osischen Armee an. 1946 Deutschlehrer in Saint-Quentin, arbeitete B. 1946-48 in der Kulturabteilung des Franz¨osischen Hochkommissariats in Wien. Er lehrte 1948 / 49 an der Univ. M¨unster, 1949-56 an der Univ. K¨oln Franz¨osische Sprache und Literatur und leitete 1955-62 das Institut Fran¸cais in Bonn, wo er auch als Universit¨atsdozent wirkte. 1965 wurde er in Paris u¨ ber La R´ealit´e, Royaume de Dieu promoviert. B. war 1962-65 o. Prof. f¨ur Komparatistik in Saarbr¨ucken, 1965-69 Prof f¨ur Deutsche Sprache und Literatur in Straßburg und anschließend bis 1987 o. Prof. f¨ur Germanistik und Komparatistik an der Univ. M¨unchen. Er befaßte sich u. a. mit der neueren o¨ sterr. Literatur und dem europ¨aischen Theater des 17. bis 19. Jahrhunderts. Zu seinen Publikationen z¨ahlen Das Bild des Deutschen in der franz¨osischen und das Bild des Franzosen in der deutschen Literatur (1969, 2 1977), Das Treibhaus oder der Garten des B¨osen (1979) und Die sch¨one D´ecadence. Geschichte eines literarischen Paradoxons (2001). B. war seit 1962 Mitherausgeber der Zeitschrift „Euphorion“, 1969-92 der „Revue d’Allemagne“ und 1969-93 von „Arcadia“. Er wurde 1978 Mitglied der Deutschen Akademie f¨ur Sprache und Dichtung und 1982 Vizepr¨asident der Association Internationale de Litt´erature Compar´ee. 1988 erhielt er das Kommandeurskreuz des Ordre des Palmes acad´emiques. C IGL
Bauer, Rudolf, Maler, Karikaturist, * 11. 2. 1889 Lindenwald (Schlesien), † 18. 11. 1953 Deal (New Jersey, USA). B. arbeitete zun¨achst als Karikaturist u. a. f¨ur das „Berliner Tageblatt“ und die „Fliegenden Bl¨atter“, begann 1905 ein Studium an der Berliner Kunstakademie und schloß sich 1912 der Berliner K¨unstlervereinigung „Der Sturm“ an. 1921 gr¨undete er mit Otto → Nebel und dessen Partnerin, der Malerin Hilla von → Rebay, die Gruppe „Der Krater“. Er schuf 1930 die Graphikmappe „Geistreich“ und gr¨undete in Berlin ein ein gleichnamiges privates Museum f¨ur abstrakte Kunst. 1937 wurden Werke B.s in der Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt. B. wurde 1939 verhaftet, konnte aber in die USA emigrieren. Seit 1931 hatte Hilla von Rebay, Direktorin der Guggenheim-Stiftung, Werke B.s aufgekauft, die zusammen mit denen → Kandinskys den Grundstock f¨ur das von ihr 1939-52 geleitete Guggenheim-Museum in New York bildeten. C AKL Bauer, Stephan, National¨okonom, Politiker, * 20. 5. 1865 Wien, † 15. 11. 1934 Basel. Der in Wien, Frankreich, Großbritannien und den USA ausgebildete Jurist besch¨aftigte sich fr¨uh mit sozialen Fragen, vor allem mit dem Arbeiterschutz. Er war 1892-99 seit 1893 als Dozent an der dortigen TH t¨atig, erhielt 1899 eine Professur in Chicago und wurde im selben Jahr als a. o. Prof. f¨ur National¨okonomie an die Univ. Basel berufen. 1901-20 leitete B. das Internationale Arbeitsamt und war 1901-25 Generalsekret¨ar der Internationalen Vereinigung f¨ur gesetzlichen Arbeiterschutz. Nach der offiziellen Best¨atigung des Internationalen Arbeitsamts durch den V¨olkerbund wurde B. zum Direktor der Vereinigung f¨ur sozialen Fortschritt ernannt. Neben sozialpolitischen Schriften (u. a. Der Weg zum Achtstundentag, 1909) gab B. bis 1932 die „Vierteljahresschrift f¨ur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte“ heraus.
Bauer, Walter (Felix), evang. Theologe, * 8. 8. 1877 K¨onigsberg (Ostpreußen), † 17. 11. 1960 G¨ottingen. Schon als Kind mit seinen Eltern von K¨onigsberg nach Marburg u¨ bergesiedelt, studierte der Professorensohn dort, in Berlin und Straßburg bei Heinrich Julius → Holtzmann Theologie sowie Klassische und Orientalische Philologie. 1902 habilitierte er sich in Marburg, wurde 1913 als a. o. Prof. an die Univ. Breslau und 1916 nach G¨ottingen berufen, wo er von 1918 bis zu seiner Emeritierung 1946 als o. Prof. Neues Testament lehrte. Einen Namen machte sich B. mit der Kommentierung der Schriften des Johannes, der Erforschung des fr¨uhen Christentums, des neutestamentlichen Griechisch und der Sprache des Urchristentums. In seinem Buch Rechtgl¨aubigkeit und Ketzerei im a¨ ltesten Christentum (1934, 21964, hrsg. von Georg → Strecker) entwarf er ein neues Bild von der fr¨uhen Kirchengeschichte. Sein Griechisch-deutsches W¨orterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der u¨ brigen urchristlichen Literatur (1925-28, 51958; engl. 1979; v¨ollig neu bearb. Aufl., hrsg. von Kurt und Barbara Aland, 61988) gilt als Standardwerk der neutestamentlichen Forschung. C TRE
Bauer, Walter, Schriftsteller, * 4. 11. 1904 Merseburg, † 23. 12. 1976 Toronto (Kanada). Nach seiner Ausbildung zum Volksschullehrer und einer ¨ Wanderung (1925) durch Deutschland und Osterreich, die ihn bis nach Italien f¨uhrte, studierte B. in Halle einige Semester Germanistik und war 1929-39 in verschiedenen s¨achsischen Orten als Lehrer besch¨aftigt. Zugleich war er schriftstellerisch t¨atig. In seinen Anthologien und in seinem ersten Roman Ein Mann zog in die Stadt (1931) trat er f¨ur die Aufrechterhaltung der Menschenw¨urde und Humanit¨at in der modernen Arbeitswelt ein. 1933 wurde B. das Schreiben verboten, er selber 1939 zur Wehrmacht eingezogen. Nach Kriegsende lebte B. zun¨achst als freier Schriftsteller in Stuttgart, wanderte aber 1952, entt¨auscht von der gesellschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland nach Kanada aus, studierte in Toronto Modern Languages and Literature und wurde Lektor f¨ur deutsche Sprache und Literatur. Nach 1945 schrieb B. Essays, H¨orspiele, Kinderb¨ucher, Biographien und ver¨offentlichte 1963 die Erz¨ahlung Fremd in Kanada. C Killy
Bauer, (Sebastian) Wilhelm (Valentin), Konstrukteur, Erfinder, * 23. 12. 1822 Dillingen / Donau, † 18. 6. 1876 M¨unchen. Der ausgebildete Drechsler, Sohn eines Korporals in einem Chevaulegersregiment, nahm 1849 als bayerischer Artillerieoffizier am Krieg des Deutschen Bundes gegen D¨anemark in Schleswig-Holstein teil. Dort konstruierte er das erste Tauchboot, den nach dem Prinzip moderner Minen-U-Boote arbeitenden und der K¨orperform des Seehunds nachempfundenen „Brandtaucher“. B. entwickelte eine Vorrichtung zur Hebung gesunkener Schiffe, 1856 ein lenkbares propellergetriebenes Luftschiff und 1866 einen Flugapparat. C Wieninger Bauer, Wilhelm, o¨ sterr. Historiker, * 31. 5. 1877 Wien, † 23. 11. 1953 Linz. B. studierte in Wien Geschichtswissenschaften, wurde 1902 promoviert und habilitierte sich 1907 f¨ur Allgemeine Neuere Geschichte. 1917 wurde er a. o., 1930 o. Prof. und geh¨orte seit 1931 der Wiener Akademie der Wissenschaften an. B. besch¨aftigte sich mit der o¨ sterr. Geschichte, mit Problemen der Kulturgeschichte und der Entwicklung der Publizistik; als erster hielt er an der Univ. Wien zeitungskund¨ liche Vorlesungen und Ubungen. 1944 erhielt er ein eigenes Institut f¨ur die Geschichte des Postwesens. B. schrieb u. a. f¨ur das „Neue Wiener Tagblatt“, den „Wiener Mittag“, die Wiener „Neuesten Nachrichten“, das „Neue Grazer Tagblatt“ und die „Deutsch¨osterreichische Tageszeitung“. Die
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Bauer von ihm 1917 gegr¨undete historisch-politische Zeitschrift ¨ „Osterreich“ erschieb bis 1919. B. ver¨offentlichte u. a. Die o¨ ffentliche Meinung und ihre geschichtlichen Grundlage. Ein Versuch (1914) und Die o¨ ffentliche Meinung in der Weltgeschichte (1930). C Weber
Bauer, Wolfgang, Klassischer Philologe, P¨adagoge, * 8. 1. 1828 M¨unchen, † 31. 12. 1880 M¨unchen. B. studierte in M¨unchen klassische Philologie und Jurisprudenz, war Lehrer in verschiedenen Orten Bayerns, wurde 1872 Rektor des Gymnasiums in Landshut und u¨ bernahm 1873 die Leitung des Wilhelmsgymnasiums in M¨unchen. B. brachte Schulausgaben der antiken Klassiker heraus und vero¨ ffentlichte 1869 eine Schrift Zur Reform der bayerischen Gymnasien. C Bursian, Jg. 3 Bauer, Wolfgang, Sinologe, * 23. 2. 1930 Halle / Saale, † 14. 1. 1997 M¨unchen. B., Sohn des Semitisten Hans → B., studierte Sinologie an der Univ. M¨unchen und wurde 1953 promoviert (Chang Liang und Ch’en P’ing, zwei Politiker aus der Gr¨undungszeit der Han-Dynastie). Nach der Habilitation 1958 und einer mehrj¨ahrigen T¨atigkeit als Gastdozent in den USA, Australien und Japan kehrte er nach M¨unchen zur¨uck. 1963 wurde er o. Prof. der Sinologie in Heidelberg, 1966 in M¨unchen. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren u. a. Der chinesische Personenname (1959), China und die Hoffnung auf Gl¨uck (1971), Das Bild in der Weissage-Literatur Chinas (1973) und Das Antlitz Chinas. Die autobiographische Selbstdarstellung in der chinesischen Literatur von ihren Anf¨angen bis heute (1990). Er gab u. a. Die goldene Truhe. Chinesische Novellen aus zwei Jahrhunderten (1959, erw. Neuausg. 1988) heraus. B. war seit 1985 Mitglied der Bayerischen und seit 1990 auch der Rheinisch-Westf¨alischen Akademie der Wissenschaften. C Jb BAW 1996 Bauer, Wolfgang, o¨ sterr. Schriftsteller, * 18. 3. 1941 Graz, † 27. 8. 2005 Graz. B., Sohn eines Gymnasiallehrerehepaars, studierte 1959-66 ohne Abschluß Rechtswissenschaft, Romanistik, Geographie, Philosophie, V¨olkerkunde und Theaterwissenschaft in Graz und Wien. 1961 wurde er Mitglied im Grazer Forum Stadtpark und 1973 der Grazer Autorenversammlung. 1965 verk¨undete er gemeinsam mit dem befreundeten Dichter und Soziologen Gunter → Falk das 1. Manifest der Happy Art & Attitude. Nach vom „absurden Theater“ gepr¨agten Einaktern (u. a. Der Schweinetransport) und Mikrodramen (1964) gelang ihm als Dramatiker der internationale Durchbruch mit den St¨ucken Magic Afternoon (1968) und Change (1969), in denen er wie in Silvester oder Das Massaker im Hotel Sacher (1971) und Gespenster (1974) unter Verwendung normverletzender Umgangssprache Ausbruchsversuche aus Rollenzw¨angen thematisierte. Ab dem „Kriminalst¨uck“ Magnetk¨usse (1976) wandte sich B. der dramatischen Darstellung von Tr¨aumen, Halluzinationen u. a¨ . zu; zunehmend wird die Aufhebung der Zeit, mit der eine Aufl¨osung der r¨aumlichen Koordinaten einhergeht, zur dramaturgischen Methode (u. a. Memory Hotel). Neben Schauspielen, von denen 2001 Caf´e Tamagotschi und zuletzt 2004 Foyer uraufgef¨uhrt wurden, und dem Roman Der Fieberkopf (1967) schrieb er Gedichte (Das stille Schilf. Ein schlechtes Meisterwerk, 1969, erw. Neuausg. 1985; Das Herz, 1981), Kurzprosa, Essays, Kritiken sowie Arbeiten f¨ur Film, Rundfunk und Fernsehen. B. war auch als Regisseur und Maler t¨atig. 1988 wurde er ¨ mit dem „manuskripte“-Preis, 1994 mit dem Großen Osterreichischen Staatspreis f¨ur Literatur und 2004 mit dem PeterRosegger-Preis des Landes Steiermark geehrt. B.s literarisches Œuvre liegt in einer Werkausgabe (9 Bde., 1986-2004, hrsg. von Gerhard Melzer) vor. C KLG
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Bauer-Mengelberg, K¨athe, National¨okonomin, * 23. 5. 1894 Krefeld, † 22. 4. 1968 New York. B.-M. studierte National¨okonomie und Soziologie in M¨unchen und Heidelberg und wurde 1918 bei Samuel Paul → Altmann mit der Arbeit Finanzpolitik der sozialdemokratischen Partei promoviert. 1923 habilitierte sie sich mit der Studie Zur Theorie der Arbeitsbewertung, wurde Privatdozentin am Volkswirtschaftlichen Seminar der Handelshochschule Mannheim und u¨ bernahm um 1930 eine Professur am Staatlichen Berufsp¨adagogischen Institut in Frankfurt / Main. 1934 aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in den Ruhestand versetzt, emigrierte B.-M. 1939 in die USA, wo sie nacheinander am Iowa State College of Agriculture and Mechanic Arts, an der New York University und am New Jersey College for Women der Rutgers University t¨atig war. Von 1946 bis zur ihrer Emeritierung 1964 hatte sie eine Stelle als Professorin f¨ur Soziologie am Upsala College in East Orange (New Jersey) inne. B.-M., die zu den Vertretern der Heidelberger Schule geh¨orte, besch¨aftigte sich mit Fragen nach grundlegenden sozial¨okonomischen Zusammenh¨angen, mit Analysen der sozialdemokratischen Wirtschafts- und Gesellschaftstheorie, mit soziologischer Begriffsbildung und mit Fragen der Agrarpolitik. C Hagemann Bauerband, Johann Joseph, Jurist, * 15. 6. 1800 Wipperf¨urth, † 18. 9. 1878 Bonn. B., Sohn eines Gerbereibesitzers, studierte in Bonn zun¨achst kath. Theologie, wechselte zur Jurisprudenz und war nach Beendigung des Studiums als Friedensrichter und Advokat in K¨oln t¨atig. 1844 wurde er an der Univ. Bonn Ordinarius f¨ur das dort bis zum Inkrafttreten des preuß. Rechts immer noch g¨ultige rheinisch-franz¨osische Privat- und Prozeßrecht. 1848 wurde B. in die preuß. Nationalversammlung gew¨ahlt, wo er dem linken Zentrum angeh¨orte. 1852 wurde B. Geheimer Justizrat, 1854 Kronsyndikus und Mitglied der Ersten Kammer. Er ver¨offentlichte u. a. Institutionen des franz¨osischen, in den deutschen Landen des linken Rheinufers [. . .] geltenden Civilrechtes (1873). C Unionsparl Bauereisen, Adam, Gyn¨akologe, Geburtshelfer, * 27. 10. 1875 Heilsbronn (Bayern), † 11. 2. 1961 Bad Sachsa. B. studierte Medizin in T¨ubingen und Erlangen und wirkte nach der Promotion 1901 (Die Nabelschnurrestbehandlung der Neugeborenen) 1902-05 als Assistent an der Frauenklinik. 1908 / 09 Frauenarzt in M¨unchen, habilitierte er sich 1909 in Marburg f¨ur Geburtshilfe und Gyn¨akologie (Die Beziehungen zwischen dem Eiweiss der Frauenmilch und dem Serumeiweiss von Mutter und Kind) und ging als Privatdozent und Assistent an die Frauenklinik in Kiel. Seit 1915 war er Titularprofessor, seit 1918 Oberarzt an der Frauenklinik. 1921 u¨ bernahm B. die Leitung der St¨adtischen Frauenklinik Magdeburg-Sudenburg; 1952 wechselte er in den Ruhestand. Er ver¨offentlichte zahlreiche Fachbeitr¨age auf al¨ len Gebieten der Gyn¨akologie. 2, 3 C Arzte
Bauerle, Karl Wilhelm Friedrich, Maler, * 5. 6. 1831 Endersbach / Remstal (W¨urttemberg), † 26. 10. 1912 Aichelberg / Schwarzwald. Als Kind mit seinen Eltern nach Amerkia ausgewandert, kehrte B. erst im Alter von 26 Jahren nach W¨urttemberg zur¨uck, bezog 1859 die Stuttgarter Kunstschule und setzte seine k¨unstlerische Ausbildung 1863 u. a. bei Karl von → Piloty in M¨unchen fort. Nach einer Italienreise ließ er sich 1864 in Stuttgart als Portr¨atmaler nieder. Der Erfolg zweier Portr¨ats des F¨urstenpaares von Hohenlohe-Langenburg ebneten ihm 1869 den Weg nach England und sichertem ihm Auftr¨age des englischen K¨onigshauses. Er schuf auch Genreszenen und meist lebensgroße Kinderbilder. C AKL
Bauersfeld Bauernfeind, Carl Maximilian von, Geod¨at, Ingenieur, * 28. 11. 1818 Arzberg (Oberfranken), † 3. 8. 1894 Feldafing / Starnberger See. B., Sohn eines Schmiedemeisters, studierte an der M¨unchner Univ. Mathematik und Naturwissenschaften, Bauwesen an der Ingenieurschule und wurde 1853 in Erlangen promoviert. Seit 1844 unterrichtete er als Lehrer, seit 1846 als Prof. in M¨unchen Ingenieurwissenschaften und Vermessungskunde. Daneben war er als Baurat und Referent bei der Obersten Baubeh¨orde im Eisenbahn- und Br¨uckenbau, u. a. beim Bau der Fichtelgebirgsbahn, t¨atig. B. z¨ahlte 1868 zu den Mitbegr¨undern der M¨uchner TH und f¨uhrte dort die Geod¨asie als eigene wissenschaftliche Disziplin ein. Sein Lehrbuch Elemente der Vermessungskunde (1856) gilt als Standardwerk. F¨uhrend an der europ¨aischen Gradmessung beteiligt, entwickelte B., der 1873 in den Adel erhoben wurde, das Bayerische Pr¨azisions-Nivellement. C Leb Franken, Bd 3 Bauernfeind, Gustav, Maler, * 4. 9. 1848 Sulz / Neckar, † 24. 12. 1904 Jerusalem. Der Apothekersohn studierte am Stuttgarter Polytechnikum Bauwesen und schuf auf einer Reise durch die Schweiz seine ersten, durch Darstellungen des Volkslebens bereicherten Architekturzeichnungen. Nach einer in M¨unchen absolvier¨ ten Ausbildung zum Koloristen entstanden große Olgem¨ alde italienischer St¨adteansichten (u. a. Piazza d’Erbe Verona, 1876). Die Eindr¨ucke einer 1880-82 unternommenen Reise ¨ durch Agypten, Pal¨astina und Syrien verarbeitete B. nach seiner R¨uckkehr nach M¨unchen zu großen Darstellungen orientalischer Straßenszenen. 1888 hielt er sich in Damaskus auf und entwarf Darstellungen der Ruinen von Palmyra. 1898 siedelte B. nach Jerusalem u¨ ber. C AKL
Bauernfeind, Hans, o¨ sterr. Musikp¨adagoge, Komponist, Musiker, * 1. 9. 1908 Klein-Stetteldorf (Nieder¨osterreich), † 19. 3. 1985 Wien. B. besuchte die Lehrerbildungsanstalt und studierte 1927-32 Komposition bei Josef → Lechthaler und Joseph → Marx an der Musikakademie in Wien; außerdem wurde er im Orgelspiel, Dirigieren und Schulgesang unterwiesen. Seit 1930 unterrichtete er an der Lehrerbildungsanstalt WienStrebersdorf und an verschiedenen h¨oheren Schulen in Wien. Daneben war er als Organist und Chordirigent an mehreren Kirchen t¨atig. Der sp¨atromantischen Richtung verbunden, komponierte B. Messen, Motetten, Singspiele, Lieder, Kammermusik, Klavier- und Orgelmusik. 1962 wurde er mit dem F¨orderpreis, 1974 mit dem Kulturpreis des Landes Nieder¨osterreich ausgezeichnet. C MGG Bauernfeind, Otto, evang. Theologe, * 14. 1. 1889 Behrenhoff bei Greifswald, † 26. 12. 1972 T¨ubingen. Der einer alten Pastorenfamilie entstammende B. studierte Theologie in T¨ubingen, Berlin, Marburg und Greifswald und besuchte anschließend das Predigerseminar in Wittenberg. Bei Kriegsausbruch 1914 meldete er sich als Freiwilliger und tat seit 1916 Dienst als Marinepfarrer. Seit 1920 war er an der Univ. Greifswald, von 1928 an als Prof. des Neuen Testaments. 1931 folgte er einem Ruf an die Univ. T¨ubingen. Nach einem aus politischen Gr¨unden erfolgten Entzug der Lehrerlaubnis zwischen 1939 und 1945 wurde er dort 1946 erneut zum Prof. berufen und 1957 emeritiert. B. war ein konservativer Exeget, der u. a. einen Kommentar zur Apostelgeschichte verfaßte (1939). Er war Mitherausgeber von Flavius Josephus, De bello Judaico (3 Bde., 1960-69). Bauernfeld, Eduard von, Pseud. Rusticocampius, Feld, o¨ sterr. Schriftsteller, * 31. 1. 1802 Wien, † 9. 8. 1890 Wien. Nach dem Studium der Philosophie und Jurisprudenz trat der Wiener Arztsohn 1826 als Konzeptspraktikant in den o¨ sterr.
Verwaltungsdienst ein, in dem er es bis zum Leiter des Lottogef¨alles brachte. B., ein Freund von Moritz von → Schwind, Franz → Schubert und Franz → Grillparzer, war fr¨uh literarisch t¨atig und errang 1831 den ersten Erfolg mit seinem ¨ Lustspiel Leichtsinn aus Liebe. Am Ubergang vom Biedermeier zum Vorm¨arz stehend, schuf er das moderne deutsche Salon- und Konversationslustspiel Wiener Pr¨agung. Bis 1889 schrieb er 43 St¨ucke, die am Burgtheater u¨ ber tausend Auff¨uhrungen erlebten. B., der in seinen St¨ucken b¨urgerliches Streben nach privatem Gl¨uck aristokratischem Standesdenken gegen¨uberstellte, kritisierte die politischen Zust¨ande des Vorm¨arz und setzte sich f¨ur die Schaffung einer Konstitution ein; seine Wahl in die Frankfurter Nationalversammlung konnte er aus Gesundheitsgr¨unden nicht annehmen. C Hahnl
Bauernschmid, Karl Eduard, o¨ sterr. Beamter, Politiker, Journalist, * 20. 5. 1801 Himberg (Nieder¨osterreich), † 6. 5. 1875 Wien. B., Sohn eines Syndikus, studierte Rechtswissenschaften in Wien, trat in den o¨ sterr. Staatsdienst ein und arbeitete bis 1848 als B¨ucherzensor. Zudem war er Sekret¨ar des Wiener Gemeinderats und 1848 linkes Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung. B. ver¨offentlichte u. a. die Flugschriften ¨ Der 26. Mai 1848 in Wien und Osterreicher! Brudergruß von den deutsch gesinnten M¨annern Eurer Wahl in Frankfurt. 1849 wurde er Redakteur der „Presse“. B. berichtete f¨ur o¨ sterr. Zeitungen von den Weltausstellungen 1851 (London), 1854 (M¨unchen) und 1855 (Paris). Er war auch Sekret¨ar der Wiener Handelskammer. C Frankf Nationalvers
Bauerreiss, Johann Romuald, Benediktiner, Kirchenhistoriker, * 6. 11. 1893 M¨unchen, † 22. 6. 1971 M¨unchen. B., Sohn des Leibdieners des Grafen Adolf Friedrich von → Schack, trat nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1918 in den Benediktinerorden ein. Er studierte Theologie, Philosophie und Geschichte an der Univ. M¨unchen. 1921 wurde er zum Priester geweiht. 1923-26 und 1937-66 war er Stiftsbibliothekar in St. Bonifaz, 1957-61 und 1967-71 Subprior. 1926-66 hatte er die Schriftleitung der „Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige“ inne. B. nahm Lehrauftr¨age f¨ur Kirchengeschichte an der Philosophischen Hochschule bei St. Stephan in Augsburg (1959) und an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Eichst¨att (1962 / 63) wahr. Er ver¨offentlichte u. a. eine Kirchengeschichte Bayerns (7 Bde., 1949-70, Nachdr. 1973-77). Bauerschubert, Joseph, kath. Theologe, * 15. 11. 1766 Birnfeld bei Hofheim (Franken), † 24. 9. 1797 W¨urzburg. B. begann 1785 in W¨urzburg das Studium der Philosophie, trat nach dem Magisterexamen in das dortige Priesterseminar ein, studierte Theologie und wurde nach der Priesterweihe Vizepr¨afekt im Adligen Seminar. Als Anh¨anger der Aufkl¨arung ver¨offentlichte er 1793 ein Erbauungsbuch f¨ur Katholiken, die eine reine und vern¨unftige Andacht lieben und Volkspredigten; er schrieb Aufs¨atze und Rezensionen f¨ur verschiedene Periodika (u. a. „Oberdeutsche Literaturzeitung“) und besch¨aftigte sich in einer Abhandlung mit dem wegen der Revolution emigrierten franz¨osischen Klerus. 1792 wurde er in eine Landpfarrei zwangsversetzt. Bauersfeld, Walther, Ingenieur, Physiker, * 23. 1. 1879 Berlin, † 28. 10. 1959 Heidenheim / Brenz. Der in Berlin 1904 promovierte Maschinenbauingenieur war 1905-45 Konstruktionsingenieur und Mitglied der Gesch¨aftsleitung bei der Firma Carl Zeiss in Jena. 1907 / 08 war B. Beauftragter der Jubil¨aumsstiftung der deutschen Industrie f¨ur das Studium des modernen Fliegens und hatte 1927-45 eine a. o. Professur f¨ur Sondergebiete der technischen Physik an der Univ. Jena inne. Nach dem Zweiten Weltkrieg geh¨orte er
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Bauhin dem Vorstand der Firma Zeiss-Opton in Oberkochen (W¨urttemberg) an und wurde 1949 von der TH Stuttgart zum Honorarprofessor f¨ur Feinmechanik ernannt. W¨ahrend seiner T¨atigkeit bei der Firma Zeiss konstruierte B. ein Projektionsplanetarium, einen Stereoplanigraphen zur Herstellung von Landkarten nach Luftaufnahmen und erfand etliche weitere Neuerungen auf dem Gebiet der Photogrammetrie, Kinotechnik und angewandten Mechanik. Zusammen mit Franz → Dischinger arbeitete er seit 1922 an der Entwicklung der Zeiss-Dywidag-Methode f¨ur den Schalenbau.
M¨ompelgard (heute Montb´eliard) gerufen, wo er einen Botanischen Garten anlegte. 1650 / 51 erschien postum seine Historia plantarum universalis nova et absolutissima, in der er, auf der Grundlage fr¨uherer Beschreibungen, 5000 Pflanzen, darunter etwa 120 noch nie vorher besprochene Arten, verzeichnete. Im Auftrag des Herzogs von W¨urttemberg schrieb B. 1598 eine Geschichte der Heilquellen von Boll, in der er die gesamte dortige Natur einer eingehenden Untersuchung unterzog.
Bauhin, Caspar, eigentl. Gaspard B., schweizer. Anatom,
* 12. 3. 1606 Basel, † 14. 7. 1685. B., Sohn des Caspar → B., wurde nach Studien in Paris, England und Leiden 1628 in Basel zum Dr. med. promoviert. Seit 1629 war er Prof. der Anatomie und Botanik. 1640 wurde er Leibarzt des Markgrafen von Baden, 1648 des Herzogs von W¨urttemberg und 1659 K¨onig Ludwigs XIV. von Frankreich. 1658 brachte B. das von seinem Vater begonnene Theatrum botanicum heraus.
Botaniker, * 17. 1. 1560 Basel, † 5. 12. 1624 Basel. B., Sohn des Arztes Jean → B., begann 1576 in Basel das Studium der Medizin, studierte in Padua Anatomie und Botanik, in Paris Chirurgie und wurde 1581 in Basel zum Dr. med. promoviert. Seit 1582 war er in Basel Prof. der griechischen Sprache, von 1588 an erster Prof. der Botanik und Anatomie. 1596 wurde er wie sein Bruder Johann → B. Leibarzt des Herzogs von W¨urttemberg, 1614 Prof. der Medizin und Stadtphysikus von Basel. B. gab zahlreiche medizinische Werke (u. a. einen Sammelband u¨ ber Gyn¨akologie) heraus, schuf die neuere anatomische Nomenklatur und beschrieb die nach ihm benannte Bauhinsche Klappe. In der Botanik begr¨undete er mit der Differenzierung von Gattung und Art die bin¨are Nomenklatur und erm¨oglichte durch die Aufstellung von Synonymen eine Identifikation der Pflanzen. W¨ahrend B.s Lehrt¨atigkeit in Basel wurden dort ein Anatomisches Theater und ein Botanischer Garten errichtet. C Killy
Bauhin, Hieronymus, Mediziner, Botaniker, * 26. 2. 1637, † 23. 1. 1677. Der Sohn des Johann Caspar → B. unternahm nach dem Studium der Medizin eine Studienreise nach Italien und Frankreich. 1660 wurde er an der Univ. Basel zum Prof. der Anatomie und Botanik, 1664 zum Prof. der Theoretischen Medizin berufen. Neben mehreren medizinischen Abhandlungen ver¨offentlichte er wie schon sein Großvater Caspar → B. eine Neuausgabe von Jakob → Theodors Kr¨auterbuch (1664). Bauhin, Jean, Mediziner, * 24. 8. 1511 Amiens (Frankreich), † 1582. B., Leibarzt der K¨onigin Katharina von Navarra, wandte ¨ sich 1532 nach der Lekt¨ure der lateinischen Ubersetzung des Neuen Testaments von → Erasmus von Rotterdam von der kath. Kirche ab, floh vor religi¨oser Verfolgung nach England und wirkte dort drei Jahre als Arzt und Chirurg. Nach seiner R¨uckkehr nach Paris wurde er verhaftet, zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt, vor der Vollstreckung des Urteils jedoch von seiner Patientin, der K¨onigin Margarete von Navarra, der Schwester Franz I. von Frankreich, gerettet und zu ihrem Leibarzt ernannt. Auf Anraten Margaretes vor einer drohenden abermaligen Verhaftung nach Antwerpen geflohen, wurde B. dort bald von der spanischen Inquisition verfolgt; u¨ ber Deutschland kam er 1542 nach Basel. Dort war er bis zur Aufnahme in die Medizinische Fakult¨at der Univ. als Korrektor des Druckers Hieronymus → Froben t¨atig. B.s S¨ohne waren Caspar und Johann → B.
Bauhin, Johann, auch Jean B., Joannes B., Mediziner, Botaniker, * 12. 2. 1541 Basel, † 27. 10. 1613 Montb´eliard / M¨ompelgard bei Belfort (Frankreich). Der Bruder Caspar → B.s studierte Medizin in Basel, T¨ubingen und Z¨urich, wurde 1562 in Montpellier promoviert, unternahm in Oberitalien botanische Studien und gr¨undete 1563 in Lyon einen privaten Botanischen Garten. Nach praktischer a¨ rztlicher T¨atigkeit in Yverdon und Genf wurde er 1566 an der Univ. Basel Prof. der Rhetorik und 1570 als Leibarzt des Herzogs → Friedrich I. von W¨urttemberg nach
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Bauhin, Johann Caspar, Mediziner, Botaniker,
Bauknecht, Bernhard, Politiker, Landwirt, * 31. 3. 1900 Ravensburg, † 23. 10. 1985 Albertshofen (heute zu Ravensburg). Der einer Bauernfamilie entstammende B. baute nach einem Landwirtschaftsstudium in Hohenheim, das er aufgrund des Todes seines Vaters vorzeitig abbrechen mußte, das elterliche Anwesen zu einem Musterbetrieb aus. Er engagierte sich im Genossenschaftswesen, war nach seinem Beitritt zur Zentrumspartei 1927 Mitbegr¨under der Zentrumsjugend Oberschwaben und von 1931 bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 Gemeinderat in Ravensburg. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde B. Vizepr¨asident der Landwirtschaftlichen Genossenschaft W¨urttemberg und rief den Landesbauernverband W¨urttemberg-Hohenzollern ins Leben, dem er 1947-73 vorstand. Als Mitbegr¨under der Ravensburger CDU geh¨orte er 1946 der Beratenden Landesversammlung von S¨udw¨urttemberg-Hohenzollern, 1947-52 dem Landtag von W¨urttemberg-Hohenzollern und 1949-69 dem Deutschen Bundestag an, in dem er als Vorsitzender des Ausschusses f¨ur Ern¨ahrung, Landwirtschaft und Forsten entscheidenden Einfluß auf die Agrargesetzgebung nahm. B. war seit 1953 zeitweise Mitglied des CDU-Bundesvorstands; 1953-59 leitete er den Deutschen Bauernverband und war bis 1969 dessen Vizepr¨asident. Er geh¨orte zudem dem land- und forstwirtschaftlichen Forschungsrat der Bundesrepublik an und war Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Agrarexporte. C MdB Bauknecht, Gottlob, Unternehmer, * 30. 4. 1892 Neckartenzlingen, † 1976. B., der 1919 in Tailfingen eine elektrotechnische Werkstatt gr¨undete, besch¨aftigte sich neben der Lieferung und Reparatur zunehmend mit der Weiterentwicklung des Elektromotors. Nach der Entwicklung eines speziellen N¨ahmaschinenmotors er¨offnete er 1924 in Stuttgart sein erstes Verkaufsb¨uro, dem 1928 eine Reparaturwerkstatt angegliedert wurde. 1930 begann B. mit der eigenen Fabrikation von verkapselten Elektromotoren und brachte seinen EinheitsElektromotor auf den Markt. Im Zuge der allgemeinen Umstellung von Gleichstrom auf Drehstrom in den dreißiger Jahren und dem damit verbundenen Austausch der Motoren wuchs Bauknecht zu einem Industrieunternehmen, das 1933 mehr als 100 Mitarbeiter besch¨aftigte. Im Zweiten Weltkrieg mußte f¨ur die R¨ustung produziert werden. Nach der teilweisen Zerst¨orung von Werk I in Stuttgart 1943 und der fast vollst¨andigen Vernichtung des Werks in Welzheim kurz vor Kriegsende konnte die Herstellung von Elektromotoren 1945 relativ schnell wieder aufgenommen werden. Das Unternehmen, das 1947 1000 Mitarbeiter besch¨aftigte, expandierte in neue M¨arkte im Ausland und produzierte seit 1948 Ger¨ate
Baum f¨ur K¨uche und Haushalt (u. a. die R¨uhrhilfe „Allfix“). 1951 kam der erste Bauknecht-K¨uhlschrank auf den Markt. 1952 arbeiten 2000, 1962 8500 und 1969 (Jahresumsatz 622 Millionen DM) 12 000 Besch¨aftigte f¨ur das Unternehmen, das seit Anfang der f¨unfziger Jahre einen eigenen Kundendienst betreibt. Seit 1965 wurden auch Bauknecht-Komplettk¨uchen, ¨ Herde und Ofen hergestellt. 1970 kam zu den zw¨olf Fertigungsst¨atten in Europa ein Spezialwerk f¨ur Sp¨ulmaschinen in Neunkirchen (Saarland) hinzu. 1974 u¨ berschritt die in mehr als 60 L¨ander exportierende Bauknecht-Gruppe die Milliarden-Umsatz-Grenze. In B.s Sterbejahr 1976 wurde im Werk Spielberg der millionste Elektromotor gefertigt. Die Leitung des Familienunternehmens ging an B.s S¨ohne Gert und G¨unther.
Baule, Bernhard, Mathematiker, * 4. 5. 1891 Hannoversch-M¨unden, † 5. 4. 1976 Graz. B., Sohn des Mathematikers und Geod¨aten Anton B., studierte Mathematik und Physik in Kiel, M¨unchen und G¨ottingen (Promotion 1914, Theoretische Behandlung der Erscheinungen in verd¨unnten Gasen). Nach der R¨uckkehr aus dem Ersten Weltkrieg wieder Assistent, habilitierte er sich 1920 ¨ an der Univ. Hamburg mit der Arbeit Uber Kreise und Kugeln im Riemannschen Raum und folgte 1921 einem Ruf als o. Prof. der Mathematik an die Technische und Montanistische Hochschule in Graz. 1938 aus politischen Gr¨unden inhaftiert, war B. nach seiner Entlassung 1939-45 am KaiserWilhelm-Institut f¨ur Physik, Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem und am Spannungsoptischen Labor der TH M¨unchen t¨atig. Nach Kriegsende kehrte B. an die TH Graz zur¨uck und war 1945-48 deren Rektor. Neben zahlreichen Abhandlungen in mathematischen, physikalischen und biologischen Fachzeitschriften verfaßte B. ein Werk u¨ ber Die Mathematik des Naturforschers und Ingenieurs (7 Bde., 1942-48). C B¨ohm
Baum, Fritz, Bergdirektor, * 21. 10. 1879 Essen, † 2. 8. 1955 Baden-Baden. Nach dem Studium des Bergfachs an der Univ. Heidelberg und der TH Aachen wurde B. 1904 Bergreferendar. 1909 schied er als Bergassessor aus dem Staatsdienst, ging als Bergwerksdirektor zur Gewerkschaft Admiral in H¨orde, wechselte dann zur Niederrheinischen BergwerksGesellschaft in Neunkirchen und zur AG Friedrich-Heinrich. Bis 1927 war er Direktor und Vorstandsmitglied der Rheinischen Stahlwerke AG, seit 1928 Direktor und Vorstandsmitglied der Ruhrgas AG in Essen. B. geh¨orte den Aufsichtsr¨aten der Rheinisch-Westf¨alischen Sprengstoff AG, der Maschinenfabrik Forster AG, der Maschinenfabrik Westfalia, der Gustav Genschow & Co AG in Berlin und der DEMAG AG Duisburg an. Ferner war er Mitglied des Verwaltungsrats der Rheinisch Westf¨alischen Elektrizit¨atswerke AG Essen und des Vorstands des Vereins f¨ur die bergbaulichen Interessen. W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs z¨ahlte B. zu den „Wehrwirtschaftsf¨uhrern“. C Leb Industrie 2
Baum, Gustav, Industrieller, Milit¨ar, * 2. 6. 1892 Erndtebr¨uck (Westfalen), † 26. 3. 1976 Freetown (Sierra Leone). B. trat 1910 als Fahnenjunker in die Armee ein und avancierte im Ersten Weltkrieg zum Hauptmann. 1919 wurde er in den Großen Generalstab nach Berlin berufen und anschließend in das Reichswehrministerium u¨ bernommen. 1920 zum Gesch¨aftsf¨uhrer der Fachgruppe Holzverarbeitender Industrie im Reichsverband der Deutschen Industrie gew¨ahlt, wurde B., fr¨uh Mitglied der SA, 1934 Gesch¨aftsf¨uhrer der Wirtschaftsgruppe Holzverarbeitender Industrie. W¨ahrend des Kriegs war er Mobilisierungsbeauftragter und Hauptgesch¨aftsf¨uhrer des Produktionsausschusses Holzverarbeitung t¨atig. Seit 1948 war B. erneut Gesch¨aftsf¨uhrer des Hauptverbandes der Deutschen Holzverarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige.
Baum, Herbert, Elektriker, Widerstandsk¨ampfer, * 10. 2. 1912 Moschin (Posen), † 11. 6. 1942 Berlin. B., Sohn eines Buchhalters, wuchs in Berlin auf, wurde 1927 Mitglied der Deutsch-J¨udischen Jugendgemeinschaft und trat 1931 dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands bei. 1935 wurde er wegen seiner j¨udischen Herkunft von den Kursen zur Vorbereitung auf eine Ingenieurausbildung ausgeschlossen, 1940 zur Zwangsarbeit in den Siemens-Werken verpflichtet. 1941 ging die Baum-Gruppe, der rund 35 Mitglieder angeh¨orten, in den organisierten Widerstand. 1942 verhaftet, beging B. in der Untersuchungshaft vermutlich Selbstmord. Er war mit Marianne → B. verheiratet. C Widerstand
Baum, Hermann, Veterin¨armediziner, * 25. 12. 1864 Plauen / Vogtland, † 13. 3. 1932 Leipzig. B. studierte an der Tier¨arztlichen Hochschule in Dresden, an der Univ. Leipzig und wurde in Erlangen promoviert (Die Arterienanastomosen des Hundes und die Bedeutung der Collateralen f¨ur den thierischen Organismus). Seit 1891 als Prosektor am Anatomischen Institut der Tier¨arztlichen Hochschule in Dresden besch¨aftigt, war er engster Mitarbeiter Wilhelm → Ellenbergers. 1897 wurde er zum a. o., 1898 zum o. Prof. und 1915 zum Geheimen Medizinalrat ernannt. Nach der Umwandlung der Hochschule in eine Fakult¨at der Univ. Leipzig (1923) wurde B. 1924 deren erster Dekan, 1930 / 31 Rektor. B.s Spezialgebiet war die Anatomie der Haustiere und deren Lymphgef¨aßsystem. Seine Forschungsergebnisse beeinflußten maßgeblich die von Veterin¨aren vorgenommene Fleischbeschau. In Zusammenarbeit mit Ellenberger gab B. ein vielfach wiederaufgelegtes Handbuch der vergleichenden Anatomie der Haustiere (1900) heraus. C Reichshandbuch Baum, Johann Wilhelm, evang. Theologe, * 7. 12. 1809 Flonheim / Rheinhessen, † 29. 10. 1878 Straßburg. Nach dem Studium der Theologie und Philologie in Straßburg erhielt B. 1834 eine Dozentenstelle am dortigen Collegium Wilhelmitanum und leitete 1836-44 das Thomasstift. 1839 wurde er a. o., 1860 o. Professor der alten Literatur am Protestantischen Seminar. Er war Vikar, seit 1847 Pfarrer von St.Thom¨a in Straßburg. 1864 wurde er o. Prof. f¨ur Homiletik am Protestantischen Seminar, 1872 Prof. der Praktischen Theologie an der gerade gegr¨undeten KaiserWilhelm-Univ. Straßburg. B.s spezielles Forschungsgebiet war die Geschichte der Reformation in Straßburg (Capito und Butzer, Straßburgs Reformatoren, 1860, Nachdr. 1980). B. trug eine Stoffsammlung u¨ ber die Reformation in Frankreich zusammen und wirkte mit an der Gesamtausgabe der Werke Calvins im „Corpus Reformatorum“. C NDB Baum, Joseph, Kaufmann, * 1. 9. 1876 Wiesbaden, † 26. 3. 1917 Wiesbaden. Der Inhaber der 1840 in Wiesbaden gegr¨undeten Firma „Nassauische Leinen-Industrie J. M. Baum“, deren Geschichte in der anl¨aßlich der Er¨offnung ihres neuen Gesch¨aftshauses 1907 erschienenen Schrift 67 Jahre der Fa. Nass. Leinen-Industrie J. M. Baum zu Wiesbaden geschildert wird, war maßgeblich im sozialen Bereich engagiert. 1911 gr¨undete er die Deutsche Gesellschaft f¨ur Kaufmannserholungsheime, deren Vorsitzender er bis zu seinem Tod war. 1912 / 13 wurde auf seine Initiative hin ein Kaufmannserholungsheim am Taunus bei Wiesbaden errichtet.
Baum, Julius, Kunsthistoriker, Museumsdirektor, * 9. 4. 1882 Wiesbaden, † 27. 10. 1959 Stuttgart. B. studierte Kunstgeschichte in M¨unchen, Berlin und T¨ubingen und war, unterbrochen vom Ersten Weltkrieg, 1909-23 Assistent und Konservator am W¨urttembergischen Landesmuseum in Stuttgart. 1911 erhielt er eine a. o. Professur f¨ur mittelalterliche Kunstgeschichte an der TH Stuttgart
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Baum und u¨ bernahm 1923 die Leitung des Museums der Stadt Ulm. 1933 vom nationalsozialistischen Regime entlassen und 1938 in das Konzentrationslager Welzheim eingewiesen, gelang B. 1939 die Flucht in die Schweiz. 1946 kehrte er zur¨uck und leitete 1947-52 das W¨urttembergische Landesmuseum in Stuttgart. B. besch¨aftigte sich vor allem mit mittelalterlichen Plastiken des alemannischen Sprachraums; er ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch der Kunstwissenschaft, Mittelalterliche Malerei und Plastik (1930). C BHdE, Bd 2
Baum, Kurt, S¨anger, * 15. 3. 1908 Prag, † 27. 12. 1989 New York. B., Sohn eines Gesch¨aftsmannes, studierte seit 1927 Medizin an der Univ. Prag, seit 1930 an der Musikakademie Berlin, dann Gesang bei Edoardo Garbin in Mailand und bei Ermelinda Scolari in Rom. 1933 deb¨utierte er als Pao in Der Kreidekreis von Alexander von → Zemlinsky am Opernhaus in Z¨urich. 1935-39 war er am Deutschen Theater Prag engagiert und wirkte 1938 an der Urauff¨uhrung der Oper Karl V. von Ernst → Krenek mit. 1939 emigrierte B. in die USA und sang bis 1941 an der Oper in Chicago. 1941-67 geh¨orte er der Metropolitan Opera in New York an, an der er vor allem in → Wagner-Rollen erfolgreich war. Gastspiele f¨uhrten ihn u. a. 1947 / 48 an die Mail¨ander Scala, 1950 als Partner von Maria Callas nach Mexiko City, 1953 und 1957 an die Covent Garden Opera in London und 1953 zu den Festspielen von Verona. An der Metropolitan Opera war B. auch als Gesanglehrer t¨atig. C Kutsch
Baum, Marianne, geb. Cohn, Widerstandsk¨ampferin, * 9. 2. 1912 Saarburg, † 18. 8. 1942 Berlin-Pl¨otzensee. M. wuchs im Elsaß auf, lernte ihren sp¨ateren Mann Herbert → B. um 1928 in der Deutsch-J¨udischen Jugendgemeinschaft kennen und trat 1931 dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands bei. 1940 wurde sie zur Zwangsarbeit in der Judenabteilung des Siemens-Elektromotorenwerks verpflichtet. Im Mai 1942 verhaftet, wurde B. von einem Sondergericht beim Landgericht Berlin zum Tod verurteilt und hingerichtet. C Widerstand
Baum, Marie, Sozialwissenschaftlerin, Politikerin, * 23. 3. 1874 Danzig, † 8. 8. 1964 Heidelberg. Das Studium der Chemie in Z¨urich schloß die aus einer Medizinerfamilie stammende B. 1897 mit der Promotion ab; 1897-1902 war sie als Assistentin am Eidgen¨ossischen Polytechnikum und in der chemischen Industrie in Berlin, 1902-07 als Gewerbeinspektorin in Karlsruhe t¨atig. 1907-16 leitete sie den Verband f¨ur S¨auglingsf¨ursorge und Kinderpflege in D¨usseldorf, 1917-19 die Soziale Frauenschule in Hamburg. Als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei geh¨orte sie 1919 der Verfassunggebenden Nationalversammlung und 1920 / 21 dem Reichstag an. 1919-26 war B. Oberregierungsr¨atin im badischen Ministerium f¨ur Arbeit und erhielt 1928 eine Dozentur f¨ur soziale Fragen an der ¨ Univ. Heidelberg. 1933 als „Viertelj¨udin“ ihrer Amter enthoben, arbeitete sie in der evang. Kirche und verhalf vielen Juden zur Flucht. 1946 kehrte sie an die Univ. zur¨uck; sie schrieb u. a. einen R¨uckblick auf mein Leben (1950) und eine Biographie Ricarda → Huchs. C Knorr
Baum, Oskar, Musikp¨adagoge, Schriftsteller, * 21. 1. 1883 Pilsen (B¨ohmen), † 20. 3. 1941 Prag. Im Alter von elf Jahren nach einem Unfall erblindet, kam B. an das Israelitische Blindeninstitut nach Wien, wo er eine Ausbildung zum Organisten und Pianisten erhielt. 1902 ließ er sich als Organist und Musikp¨adagoge in Prag nieder, schrieb seit 1921 Musikkritiken und geh¨orte dem Kreis um Max → Brod und Franz → Kafka an. Als Schriftsteller trat B. 1909 durch seine Autobiographie Das Leben im Dunkeln
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und einen Roman u¨ ber das Schicksal Blinder hervor. In seinen Essays und Glossen (u. a. in der „Weltb¨uhne“) setzte sich B. mit sozialen Fragen auseinander. Das Drama Das Wunder wurde 1920 am Deutschen Landestheater in Prag uraufgef¨uhrt. B. starb kurz vor der Deportation nach Theresienstadt an den Folgen einer Operation. C Lex o¨ sterr Exillit
Baum, Paul, Maler, * 22. 9. 1859 Meißen, † 18. 5. 1932 San Gimignano (Italien). Seine k¨unstlerische Laufbahn begann B., Sohn eines Elbschiffahrtskapit¨ans, 1876 als Maler an der Porzallanmanufaktur in Meißen und studierte dann an der Dresdener Kunstakademie und bei Theodor → Hagen in Weimar. 1884 und 1886 unternahm er Reisen in die Niederlande, hielt sich in M¨unchen, 1888-89 in der K¨unstlerkolonie in Dachau auf und geriet 1890 in Paris unter den Einfluß der franz¨osischen Freilichtmalerei. In Belgien 1898 mit den neoimpressionistischen Gem¨alden Georges Pierre Seurats und Paul Signacs bekannt geworden, wandte sich B. von seinem impressionistischen Malstil ab und entwickelte sich zu einem Pionier des Pointilismus in Deutschland. Nach Reisen durch S¨udfrankreich und Italien l¨oste er sich vom Pointilismus und ging ¨ und Aquarelltechnik zur Nutbei seinen Landschaften in Ol zung reiner Farben u¨ ber. B. arbeitete in Kassel und Marburg, sp¨ater zumeist in San Gimignano. C AKL Baum, (Johann) Peter, Schriftsteller, * 30. 9. 1869 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 6. 6. 1916 bei Keckau bei Riga. Der einer Fabrikanten- und Theologenfamilie entstammende B. brach eine Kaufmannslehre ab, wurde Teilhaber einer Buchhandung in Leipzig und ließ sich nach einem Kunstund Literaturstudium als freier Schriftsteller in Berlin nieder. Dort geh¨orte er dem 1910 von Herwarth → Walden gegr¨undeten „Sturm“-Kreis an, in deren gleichnamiger Zeitschrift er publizierte. B. war u. a. mit Stefan → Zweig und Rudolf → Steiner befreundet und der engste Vertraute der Dichterin Else → Lasker-Sch¨uler. 1902 erschien sein der „abstrakten Lyrik“ zuzurechnender Gedichtband Gott. Und die Tr¨aume, 1905 der phantastische Roman Spuk und 1908 seine von Max → Slevogt illiustrierte Novellensammlung Im alten Schloß. Bei Kriegsausbruch 1914, kurz nach seiner Eheschließung mit der S¨angerin und Schriftstellerin Jenny Boese, meldete sich B. als Freiwilliger und fiel 1916 bei Riga. C Wuppertal Bio, Folge 4 Baum, Peter Rudolf von, Industrieller, * 3. 10. 1851 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 11. 6. 1941 Sonnborn bei Wuppertal. B., ein Vetter des Dichters Peter → B. und Nachfahre des Fabrikanten und Erfinders des Bandwebstuhls, Heinrich Bockm¨uhl, trat 1868 als Buchhalter in die elterliche Kattundruckerei Schlieper & Baum in Elberfeld ein. Als Einj¨ahrig-Freiwilliger des 2. Garde-Ulanen-Regiments nahm er 1870 / 71 am Krieg gegen Frankreich teil. 1872 / 73 war B. in Textilfirmen in Manchester und Paris t¨atig und unternahm eine Gesch¨aftsreise nach Italien. Nach dem Tod seines Vaters 1874 u¨ bernahm er die Leitung des Familienunternehmens. B. geh¨orte der Elberfelder Handelskammer, dem Aufsichtsrat des Barmer Bankvereins und dem Landesausschuß Westdeutschland der Commerzbank an. 1912 erfolgte B.s Ernennung zum Geheimen Kommerzienrat, 1913 die Erhebung in den erblichen Adelsstand. In seiner Heimatstadt bet¨atigte sich B. als Kunstm¨azen, setzte Ausbildungstipendien aus und vermachte dem Elberfelder Museum etliche Gem¨alde aus seiner Sammlung. C Wuppertal Bio, Folge 11
Baumann Baum, Richard, Musikwissenschaftler, * 8. 4. 1902 Esslingen / Neckar, † 6. 9. 2000 Kassel. B. studierte 1920 / 21 in T¨ubingen, danach in M¨unchen Musikwissenschaft (bei Adolf → Sandberger), Literaturwissenschaft und P¨adagogik und wurde 1926 mit der Arbeit Joseph W¨olfl (1773-1812). Leben, Klavierwerke, KlavierKammermusik und Klavierkonzerte promoviert. Im selben Jahr trat er in den Augsburger B¨arenreiter Verlag ein (seit 1927 in Kassel), dessen Cheflektor er bis 1971 war. B. hatte die Schriftleitung der Zeitschriften „Musik und Kirche“ (1929-41) und „Hausmusik“ (seit 1933, sp¨ater „Practica“) inne und war Mitherausgeber der Zeitschrift „Musica“ (1962-71). 1933 geh¨orte er mit Karl → V¨otterle zu den Begr¨undern der Kasseler Musiktage. 1933-71 war B. Erster Vorsitzender des Internationalen Arbeitskreises f¨ur Musik (bis 1969 Arbeitskreis f¨ur Haus- und Jugendmusik), 1947-77 Mitglied des Vorstandes der Gesellschaft f¨ur Musikforschung und 1955-75 Erster Vorsitzender der LandgrafMoritz-Stiftung. C MGG
Baum, Theodor, Drucker, † 1586. Das erste der neun bekannten, fr¨uhen Druckwerke des 1556-85 in K¨oln t¨atigen Buchdruckers waren die D. Aurelii Augustini de libero arbitrio libri tres. Seine 1568-71 in Zusammenarbeit mit Johann → Birkmann geschaffenen Werke weisen als Druckerzeichen eine Darstellung der Opferung Isaaks auf, seine 1751-86 allein hergestellten Drucke tragen als Signet eine Darstellung des verbotenen Baums mit Adam, Eva und der Schlange. Aus dieser Schaffensperiode sind 27 Drucke, darunter zwei deutsche, bekannt. Nach B.s Tod f¨uhrte seine Witwe die Werkstatt bis 1596 weiter und brachte noch drei Druckschriften heraus. C ADB
Baum, Vicki, urspr. Hedwig, Redakteurin, Schriftstellerin, * 24. 1. 1888 Wien, † 29. 8. 1960 Hollywood. Die aus einer Beamtenfamilie stammende B. besuchte das P¨adagogium in Wien und wurde 1904-10 an der dortigen Hochschule f¨ur Musik als Harfenistin ausgebildet. Sie arbeitete journalistisch mit ihrem ersten Mann, Max → Prels, zusammen und war als Harfenistin im Symphonieorchester des Wiener Konzertvereins t¨atig, bis sie 1916 ein Engagement in Darmstadt annahm. Nach der Heirat mit dem Mannheimer Generalmusikdirektor Richard → Lert 1916 war sie ausschließlich schriftstellerisch und journalistisch t¨atig, lebte in Kiel, Hannover und Mannheim. 1926-31 war B. Redakteurin beim Ullstein-Verlag in Berlin (u. a. „Berliner Illustrierte Zeitung“, „Die Dame“). Sie machte sich einen Namen als Autorin von Gesellschaftsromanen im Stil der „Neuen Sachlichkeit“ und verzeichnete mit ihren 1929 erschienenen und 1931 mit Greta Garbo verfilmten Menschen im Hotel ihren gr¨oßten internationalen Erfolg. 1932 ließ sie sich als Drehbuchautorin in Hollywood nieder. 1933 wurden ihre B¨ucher in Deutschland verboten. 1938 nahm B. die amerikanische Staatsb¨urgerschaft an. Sie unternahm ausgedehnte Reisen u. a. nach Europa, Mexiko, Ostasien und Indonesien. B., die seit etwa 1937 fast ausschließlich in englischer Sprache schrieb, geh¨orte zu ihren Lebzeiten zu den meistgelesenen Autoren der Welt. 1962 erschien ihre Autobiographie Es war alles ganz anders. C Lex dt-j¨ud Autoren
Baum, Werner von, Industrieller, * 25. 5. 1886 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 1963. B., Sohn des Textilfabrikanten Peter Rudolf von → B., durchlief nach dem Abitur eine Lehre im Bankhaus von der Heydt-Kersten & S¨ohne in Elberfeld und sammelte Berufserfahrung in den USA und in Kanada. Nach der R¨uckkehr aus dem Ersten Weltkrieg wurde B., Teilhaber der familieneigenen Textilfirmen, in den Aufsichtsrat des GerlingKonzerns und der Rheinischen Assekuranz AG berufen. Er geh¨orte dem Vorstand der Vereinigung der Fabrikanten und Großh¨andler der Textil- und verwandten Branchen
an, die ihn sp¨ater auch zum Vorsitzenden w¨ahlte. Nach dem Zweiten Weltkrieg war B. u. a. Mitglied des Pr¨asidialausschusses des Gerling-Konzerns, des Aufsichtsrats der Gerling-Konzern R¨uckversicherungs-AG und Aufsichtsrats der Gerling-Konzern Lebensversicherungs-AG.
Baumann, Alexander (Moritz), o¨ sterr. Schriftsteller, Komponist, * 7. 2. 1814 Wien, † 26. 12. 1857 Graz. Nach dem Studium trat B. in den o¨ sterr. Staatsdienst ein und war zuletzt als Archivbeamter des Reichsrats in Wien besch¨aftigt. Er schrieb und komponierte Gedichte, Romanzen und Lieder in nieder¨osterr. Mundart. Es entstanden mehrere Lustspiele in seinem heimatlichen Dialekt, dem er wie in dem 1849 erschienenen B¨uhnenst¨uck Der Freiherr als Wildsch¨utz gelegentlich den Berliner Jargon entgegenstellte. B. war ein bekannter Zitherspieler; seine Kompositionen f¨ur dieses Instrument erschienen unter dem Titel Gebirgsbleameln. C Wurzbach
Baumann, Christian, auch Bauman, Jesuit, Theologe, Philosoph, * Februar 1588 Efrizweiler / Bodensee, † 6. 5. 1635 Ingolstadt. B. trat 1607 in den Jesuitenorden ein, studierte 1610-13 Philosophie und 1617-20 Theologie in Ingolstadt. Nach einem kurzen Aufenthalt in Eichst¨att wurde er 1620 Prof. der Logik in Freiburg / Breisgau, lehrte 1624-27 Philosophie in Dillingen und erhielt 1627 einen Lehrstuhl f¨ur Philosophie in Ingolstadt. B. ver¨offentlichte u. a. Angelus Custos. Schutzengel, das ist Summarischer Inhalt der Comoediae von dem Schutz und Gutthaten der lieben H. Engel gegen den Menschen (1620). Seine 1627 in Dillingen aufgef¨uhrten Tragoediae et Commoediae sind nur im Manuskript erhalten. Als Philosoph besch¨aftigte sich B. besonders mit aristotelischer Naturphilosophie (u. a. Commentarii in universam Aristotelis philosophiam). Unter seinem Vorsitz wurden rund 20 Disputationen zu diesem Thema gehalten. C LMU Baumann, Eberhard, reformierter Theologe, * 27. 5. 1871 L¨ubbenow bei Prenzlau (Brandenburg), † 1. 2. 1956 Pl¨on (Holstein). B., Sohn eines reformierten Pfarrers, studierte in T¨ubingen, Leipzig und Berlin Theologie (Promotion 1897, Die Verwendbarkeit der Pesita zum Buch Ijob f¨ur die Textkritik). Nach einer Pal¨astinareise, einem Vikariatsjahr in den Kaiserswerther Anstalten und dem Besuch des Berliner Domkandidatenstifts erhielt er 1899 in Politzig (bei Meseritz, Prov. Posen) seine erste Pfarrstelle. 1901-07 war B. als Religionslehrer am Pl¨oner Prinzenhaus, dazwischen 1905 / 06 am Deutschen Evangelischen Institut f¨ur Altertumswissenschaften in Jerusalem t¨atig. 1907 erfolgte seine Ernennung zum Schloß- und Domprediger in Halle / Saale. Den Ersten Weltkrieg machte er als Feldprediger mit, wurde 1923 zum reformierten Konsistorialrat und Pfarrer in Stettin berufen. Nach 1933 geh¨orte B. der Bekennenden Kirche an, leitete deren Bruderrat in Pommern und war stellvertretender Leiter des Moderamens des Reformierten Bundes. C BBKL
Baumann, Edith, gesch. Honecker, Politikerin, * 1. 8. 1909 Berlin, † 7. 4. 1973 Berlin. Die Tochter eines Maurers und ausgebildete Stenotypistin engagierte sich seit 1925 im Zentralverband der Angestellten und in der Sozialistischen Arbeiterjugend, in deren Hauptvorstand sie 1930 gew¨ahlt wurde. 1927-31 Mitglied der SPD, seit 1931 der Sozialistischen Arbeiterpartei und deren Jugendorganisation, wurde B. nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 verhaftet und zu drei Jahren Gef¨angnis verurteilt. 1945 Mitglied der SPD, seit 1946 der SED, war B. Mitunterzeichnerin des Gr¨undungsbeschlusses der Freien Deutschen Jugend (FDJ), 1946-49 deren Generalsekret¨arin und stellvertretende Vorsitzende. 1946-73 geh¨orte sie dem Parteivorstand der SED bzw. dem Zentralkomitee
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Baumann (ZK) an. 1949-73 war sie Abgeordnete der Volkskammer, 1950-53 Mitglied des Sekretariats des ZK der SED, 1955-60 Leiterin der Abteilung Frauen im ZK, 1958-63 Kandidatin des Politb¨uros, 1961-63 Sekret¨arin des ZK der SED und 1963-73 Stadtverordnete in Berlin. 1949-53 war B. mit Erich → Honecker verheiratet. C Michalski
Baumann, Emma, geb. Schubotz, S¨angerin, * 7. 4. 1855 Erfurt, † 3. 2. 1925 Leipzig. B. erhielt in Breslau eine Gesangsausbildung, unterrichtete B. am Wallensteinschen Konservatorium in Darmstadt, deb¨utierte 1878 am Stadttheater Dortmund und wurde als Koloratursopran an die Krollsche Oper in Berlin verpflichtet. Nach ihrer Heirat mit dem Bassisten Caspar Baumann gab sie zun¨achst ihre Karriere auf, kehrte 1882 in Dortmund auf die B¨uhne zur¨uck und folgte 1884 einem Ruf an die Oper in Leipzig, der sie bis 1903 angeh¨orte. Dort sang sie u. a. in Urauff¨uhrung von Carl Maria von → Webers Oper Die drei Pintos in der Neufassung von Gustav → Mahler. 1893 wurde sie von Herzog → Alfred von Sachsen-Coburg-Gotha zur Kammers¨angerin ernannt. B. beendete 1903 ihre B¨uhnenlaufbahn und erhielt 1907 einen Lehrauftrag am Leipziger Konservatorium. C Kutsch Baumann, Ernst, Beamter, * 1871 Brieg (Schlesien), † 4. 9. 1895 K¨oln. Nach dem mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Naturwissenschaften trat B. in die Kolonialabteilung des Ausw¨artigen Amts ein. Er untersuchte die Flora und Fauna der deutschen Kolonie Togo und trug eine große zoologische, botanische und ethnographische Sammlung zusammen. Deren wissenschaftliche Aufarbeitung wurde unterbrochen, als er 1893 zum Antritt seines Milit¨ardienstes nach Deutschland zur¨uckkehren mußte. Unterwegs in Madrid erkrankte B. an Malaria; nach seiner Ankunft starb er in einem K¨olner Hospital. C ADB Baumann, Eugen (Albert), Chemiker, Mediziner, * 12. 12. 1846 Cannstatt, † 3. 11. 1896 Freiburg / Breisgau. Nach dem 1867 beendeten Studium am Polytechnikum in Stuttgart war B. als Apothekergehilfe in L¨ubeck und Gothenburg t¨atig. 1870-72 studierte er in T¨ubingen Chemie ¨ und Pharmazie, wurde 1872 nach der Promotion (Uber einige Venylverbindungen) Assistent von Felix → HoppeSeyler, folgte diesem an die Univ. Straßburg, wo er sich 1876 f¨ur Chemie habilitierte und zum Dr. med. promoviert wurde. 1877 u¨ bernahm er die Leitung der Chemischen Abteilung des Physiologischen Instituts in Berlin. 1882 wurde er dort a. o., 1883 o. Prof. der Medizinischen Chemie an der Univ. Freiburg / Breisgau. Bekannt wurde B., seit 1884 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, durch seine Entdeckung der gepaarten Schwefels¨auren im Harn und die Auffindung des organisch gebundenen Jods in der Schilddr¨use. Er erforschte Cyanverbindungen, die physiologische Chemie der Benzolderivate und organische Schwefelverbindungen. C Asimov
Baumann, Franz Ludwig von, Archivar, Historiker, * 8. 6. 1846 Leutkirch (W¨urttemberg), † 2. 10. 1915 Adelholzen / Chiemgau. Da dem u¨ berzeugten Katholiken in der Zeit des Kulturkampfes ein akademisches Lehramt verwehrt blieb, nahm er 1872 die Stelle des f¨urstlich F¨urstenbergischen Archivars in Donaueschingen an. Seit 1895 war er im Allgemeinen Reichsarchiv in M¨unchen t¨atig, wurde 1896 Reichsarchivrat und 1903 Direktor des Reichsarchivs. B. geh¨orte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften an; er wurde 1908 geadelt. Er schrieb u. a. u¨ ber die Verfassungsgeschichte des fr¨uhen Mittelalters, die Bauernkriege in Oberschwaben und ver¨offentlichte eine Geschichte des Allg¨aus (3 Bde., 1883-94). C Bad Bio N.F., Bd 3
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Baumann, Friedrich, o¨ sterr. Schauspieler, * 1763 Wien, † 12. 4. 1841 Wien. B. kam schon sehr jung zum Theater, war zusammen mit seinem Bruder Anton, der sich ebenfalls auf das komische Rollenfach spezialisiert hatte, seit 1787 am Leopoldst¨adter Theater in Wien engagiert; seit 1795 stand er auch auf den B¨uhnen des Hofburgtheaters und des K¨arntnertortheaters. B., der als letzter Schauspieler am Hofburgtheater viele seiner Rollen noch im Wiener Dialekt sprach, galt als einer der beliebtesten Komiker des einheimischen Publikums. 1822 verabschiedete er sich, inzwischen zum k. k. Hofschauspieler ernannt, in seiner Paraderolle des Matz im Intermezzo (August von → Kotzebue) von der B¨uhne.
Baumann, Fritz (C¨asar), schweizer. Maler, Graphiker, * 3. 5. 1886 Basel, † 9. 10. 1942 Basel. Nach einer Malerlehre in Basel besuchte B. die dortige Gewerbeschule, 1906 / 07 die Kunstakademie in M¨unchen und studierte dann in Rom, Paris und Karlsuhe Malerei. 1911-13 pflegte er in Paris Kontakt zu C´ezanne, Picasso und Henri Rousseau, dessen naiven Malstil er in seinen eigenen Bildern mit dem des Expressionismus verband. 1913 schloß B. sich in Berlin der expressionistischen K¨unstlergruppe „Sturm“ an, unterrichtete seit 1914 an der Frauenarbeitsschule, seit 1915 an der Gewerbeschule in Basel Farbe und Form; 1916 wurde er Mitglied des Werkbunds. 1918 gr¨undete er die aus K¨unstlern verschiedener Richtung bestehende Gruppe „Das neue Leben“ und unterzeichnete 1919 das Manifest der Z¨urcher Dada-Gruppe „Radikale K¨unstler“. B. schuf Landschaften, vor allem des Tessins, Portr¨ats ¨ Aquarelle, Kaltnadelradierungen, Karikaturen, Graphiin Ol, ken, Illustrationen; er entwarf Plakate, Wandbilder, Stickereien und Kunstgewerbeobjekte. C AKL
Baumann, Georg, Drucker, † 1597. B., einer der bedeutendsten Drucker der zweiten H¨alfte des 16. Jh. in Erfurt, unterhielt seine Werkstatt zun¨achst im Haus „Zum bunten L¨owen bei St. Paul“, verlegte sie 1568 „Zu der Schweinsklawen bei St. Paul“ und 1574 an den „Fischmarkt“. Zu seinen u¨ ber hundert Druckwerken z¨ahlen theologische Schriften, Neue Zeitungen, Prognostika, die Querfurtische Chronica von → Spangenberg und eine Historiae Thuringiae descriptio. C NDB
Baumann, Georg, Drucker, * 4. 11. 1592 Breslau, † 1. 1. 1650. Nach Beendigung seiner 1606 bei dem Liegnitzer Drucker Nikolaus Schneider angetretenen Lehre ging B. auf Wanderschaft in die Niederlande. 1613 kehrte er nach Breslau zur¨uck und arbeitete in der nach dem Tod seines Vaters 1607 von seiner Mutter gef¨uhrten Druckerei, die er 1618 u¨ bernahm und sp¨ater seinem Schwiegersohn Kaspar Klosemann vererbte. Von den von B. hergestellten Drucken sind 84 bekannt. C NDB
Baumann, Guido, schweizer. Journalist, Schauspieler, * 15. 1. 1926 Romanshorn, † 23. 12. 1992 M¨unchen. Schon w¨ahrend des Studiums der Germanistik, Anglistik und Theaterwissenschaft in Z¨urich war B. freier Mitarbeiter bei Radio Z¨urich. 1957-62 war er vor allem beim Westdeutschen Rundfunk in K¨oln t¨atig, dann bis 1964 beim Bayerischen Rundfunk in M¨unchen und wurde 1969 Leiter der Abteilung Unterhaltung bei Radio Z¨urich. Als Drehbuchautor von Professor Columbus erhielt er 1970 den Bundesfilmpreis. Seit 1972 trat er als Moderator verschiedener Quizsendungen und Talkshows im Fernsehen auf und wurde vor allem als „Ratefuchs“ in Robert → Lembkes Quiz Was bin ich? bekannt. 1973-78 Unterhaltungschef beim Schweizer Radio, war B. danach als Fernsehmoderator, seit 1984 auch als Filmschauspieler t¨atig. 1990 startete er eine Unterhaltungsshow unter dem Titel Heiter weiter. C Munzinger
Baumann Baumann, Hans, Schriftsteller, Chronist, Drucker, * um 1510 Rothenburg / Tauber, † 1570. B. besuchte wahrscheinlich die Univ. Erfurt, machte eine Buchdruckerlehre und nahm als „Diener und Trabant“ im Gefolge des Herzogs Ferdinand von Alba am Schmalkaldischen Krieg teil. 1548 ging er mit dem Verweser des Erzstiftes Salzburg, Herzog → Ernst von Bayern, nach Salzburg und gr¨undete eine Druckerei. Er brachte u. a. einen Lobspruch auf Salzburg von Hans → Sachs heraus und schrieb eine bis 1561 reichende Chronik von Salzburg. Nach der ¨ Ubersiedlung nach W¨urzburg wurde er Hofbuchdrucker. C NDB Baumann, Hans, Beamter, * 5. 3. 1888 Landsberg / Warthe, † 1967. B. studierte Ingenieurwesen an der TH Hannover, dann Staatswissenschaft und Volkswirtschaft in Halle, war nach der doppelten Promotion zun¨achst als Regierungsbauf¨uhrer bei der Preußisch-Hessischen Staatseisenbahnverwaltung t¨atig und trat als Regierungsbaumeister in den Dienst der Preußischen Staatseisenbahnverwaltung. 1921 als Hilfsarbeiter in das Reichsverkehrsministerium berufen, avancierte B. in kurzer Zeit zum Reichsbahndirektor und Mitglied der Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahngesellschaft, zum Leiter des Reichsbahn-Pressedienstes und zum Privatdozenten f¨ur Verkehrswesen an der TH BerlinCharlottenburg. B. war Verfasser u. a. der Studien Energiewirtschaft auf der Braunkohle Mitteldeutschlands (1922) und Kraftquellen und Verkehr als bestimmende Faktoren; seit 1927 gab er den Deutschen Reichsbahnkalender heraus. Baumann, Hans, Pseud. Hans Westrum, Schriftsteller, Komponist, * 22. 4. 1914 Amberg (Oberpfalz), † 17. 11. 1988 Murnau / Staffelsee. Zum Volksschullehrer ausgebildet, war der Sohn eines Berufssoldaten etwa ein Jahr lang in seinem Beruf in einer Dorfschule im Bayerischen Wald t¨atig. Er verbrachte zwei Jahre als Soldat in Potsdam und G¨ottingen, unternahm Wanderreisen ins Baltikum, nach Siebenb¨urgen und nach Italien und wurde 1934 Referent in der Reichsjugendf¨uhrung in Berlin. B. trat mit propagandistischen Liedern (u. a. Macht keinen L¨arm, 1933; Unser Trommelbube, 1934; Horch auf, Kamerad, 1935), chorischen Dichtungen, Sprechch¨oren, Kantaten, Prosatexten, Gedichten und Dramen (u. a. Kampf um die Karawanken, 1938; Alexander, 1940) hervor und bet¨atigte sich auch als Komponist. Sein Lied Und heute geh¨ort uns Deutschland und morgen die ganze Welt – in Anlehnung an die erste Verszeile auch unter dem Titel Es zittern die morschen Knochen bekannt – war eines der meistgesungenen Lieder im „Dritten Reich“. B. nahm am Zweiten Weltkrieg teil und gab 1939 im Auftrag des Oberkommandos der Wehrmacht das Soldatenliederbuch Morgen marschieren wir heraus. Nach der Entlassung aus sowjetischer Gefangenschaft 1945 als freier Schriftsteller zun¨achst in Penzberg, dann in Iffeldorf und zuletzt in Murnau ans¨assig, schrieb er vor allem Kinder- und Jugendb¨ucher sowie Abenteurerromane, oft mit historischer Thematik, die auch international erfolgreich waren, und u¨ bersetzte aus dem Russischen. B. wurde u. a. mit dem Dietrich-Eckart-Preis (1941), dem Gerst¨acker-Preis (1956) und dem New York Herald Tribune Award (1958) ausgezeichnet. C Sarkowicz Baumann, Heinrich Carl, Ingenieur, * 30. 1. 1871 Bretten (Baden), † 17. 10. 1949 Konstanz. Nach der Erlangung des Ingenieurdiploms an der TH Karlsruhe trat B., Sohn eines T¨unchers, 1894 als Praktikant in die Generaldirektion der Badischen Staatsbahnen in Karlsruhe ein, stieg dort zum Regierungsbaumeister und 1909 zum maschinentechnischen Dezernenten auf. Bekannt wurde er durch seine Lehrt¨atigkeit an der TH Karlsruhe und seine
wissenschaftliche Arbeit. B., langj¨ahriger Leiter des Lokomotivausschusses im Verein mitteleurop¨aischer Eisenbahnverwaltungen, besch¨aftigte sich vor allem mit der Weiterentwicklung des Lokomotivbaus, der Dampf- und Fahrzeugtechnik und trug zur Entwicklung des Vogel-BaumannVerfahrens bei, das das Roysche Verfahren zur Feststellung der Bogeneinstellung von Fahrzeugen abl¨oste. Er befaßte sich mit Konstruktion und Bauart von Schienenfahrzeugen und publizierte u. a. Bewegungen der Lokomotiven in geraden Strecken und in Bogen (1912) und Die Ermittlungen der Tr¨agheitsmomente durch Schwingungsversuche (1936). F¨ur seine Verdienste wurde B. mit der Aufnahme in die Preußische Akademie der Wissenschaften geehrt. C Bad Bio N.F., Bd 3
Baumann, Hermann, Ethnologe, * 9. 2. 1902 Freiburg / Breisgau, † 30. 6. 1972 M¨unchen. Nach dem 1925 mit der Promotion (Die Kultur der Mangbetu und Azande) abgeschlossenen Studium der V¨olkerkunde in Freiburg, Berlin und Leipzig war B. 1928-41 als Chefredakteur der „Zeitschrift f¨ur Ethnologie“ und 1934-39 als Kustos am Museum f¨ur V¨olkerkunde in Berlin t¨atig. 1936 erhielt er eine Privatdozentur an der Univ. Berlin und leitete bis 1940 die Berliner Gesellschaft f¨ur Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. Danach war er Prof. f¨ur V¨olkerkunde an der Univ. Wien und in Mainz, 1955-67 Prof. f¨ur V¨olkerkunde und Afrikanistik an der Univ. M¨unchen. B., der 1930 und 1954 Forschungsreisen nach Angola unternahm, war Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft f¨ur V¨olkerkunde und wissenschaftlicher Beirat des Bundesministeriums f¨ur wirtschaftliche Zusammenarbeit. Er ver¨offentlichte u. a. Sch¨opfung und Urzeit des Menschen im Mythus der afrikanischen V¨olker (1936, Nachdr. 1965), V¨olker und Kultur Afrikas (1940) und Das doppelte Gesicht. Studien zur Bisexualit¨at in Ritus und Mythos (1955, Neuausg. 1986). C DLL, 20. Jh. Baumann, Ida, schweizer. Malerin, * 12. 3. 1864 Herisau, † 24. 8. 1932 Riehen bei Basel. B. begann ihre k¨unstlerische Ausbildung an der Kunstgewerbeschule in St. Gallen, nahm 1884 / 85 in Darmstadt Unterricht beim Hofmaler Heinrich Reinhard Kr¨oh und bei der Malerin Maria Schefer; 1885-89 studierte sie an der Acad´emie Colarossi in Paris bei Raffael Collin und Gustave Courtois. Seit 1889 war sie auf verschiedenen englischen Landsitzen als Portr¨at- und Miniaturmalerin t¨atig und richtete sich 1891 in London ein eigenes Atelier ein. 1896 kehrte sie aus Gesundheitsgr¨unden in die Schweiz zur¨uck, verbrachte die Jahre 1897 / 98 zumeist in Kurorten, ging 1899 nach Paris und ließ sich 1900 endg¨ultig in Basel nieder. F¨ur ihre Leistungen in der Miniaturmalerei wurde B. 1899 in die Soci´et´e des beaux-arts du Champ-de-Mars aufgenommen. C AKL
Baumann, Joachim, evang. Theologe, * 9. 1. 1712 Deutsch-Krottingen bei Memel (Ostpreußen), † 1. 1. 1759. Der Sohn eines K¨onigsberger Oberinspektors wuchs bei Verwandten im kurl¨andischen Libau auf, studierte in Halle Theologie, kehrte 1733 nach Kurland zur¨uck und trat in Gramsden seine erste Pfarrstelle an. 1734-41 war B. Pfarrer in Neuenburg, Annenhof und Blieden, danach u¨ bernahm er das lettische Pastorat in Libau. 1745 ging er als Pfarradjunkt des deutschen Pastors nach Durben, wurde 1746 Propst von Grobin und 1747 Superintendent und Fr¨uhprediger der kurl¨andischen Hauptstadt Mitau. B. verfaßte u. a. auf Veranlassung der Regierung einen Vorschlag zur Verbesserung der Kirchenordnung; er gab eine lettische Kirchenagende und eine Lettische Biblische Geschichte (1756) heraus.
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Baumann Baumann, Joachim Moritz Wilhelm, Jurist, Politiker, * 28. 12. 1766 Leipzig, † 21. 4. 1849 Trebsen / Mulde (Sachsen). B. schloß das Studium der Jurisprudenz in Leipzig und G¨ottingen 1792 mit der Promotion ab und ließ sich als Konsistorialadvokat in Leipzig nieder. Als Gutsbesitzer auch Patronatsherr, legte er besonderen Wert auf die Auswahl der Pastoren und Lehrer. 1821 vom s¨achsischen K¨onig zum Landstand ernannt, nahm er als Mitglied der Ritterschaft an den landst¨andischen Verhandlungen teil, geh¨orte dem Engeren Ausschuß und auf dem ersten Landtag nach dem Erlaß der Konstitution der Ersten Kammer an. C Neuer Nekr, Jg. 27 Baumann, Johann Adolf, Klassischer Philologe, P¨adagoge, * 7. 9. 1836 Gesees bei Bayreuth, † 4. 1. 1892 Augsburg. B. studierte 1854-59 in Erlangen und Berlin Klassische Philologie, neue Sprachen, Arch¨aologie und Philosophie, trat in Memmingen seine erste Stelle als Lehramtsverweser an, wurde Inspektor der Alumnen in Ansbach und Sudienassistent in Erlangen. 1865 ging er als Studienlehrer und Subrektor nach Hersbruck, 1867 als Studienlehrer an das St.-Anna-Gymnasium in Augsburg, wo er auch die franz¨osische Sprache unterrichtete. 1875 wurde er als Gymnasialprofessor nach Landau in die Pfalz, 1884 nach Ansbach versetzt und kehrte 1884 an das Augsburger St.-Anna-Gymnasium zur¨uck. B. gab eine Neuauflage der lateinischen Stil¨ubungen von Karl Friedrich von → N¨agelsbach heraus und schrieb neben einem Kommentar Kritische und exegetische Bemerkungen zu Platos Ph¨ado (1889). C Bursian, Jg. 16 Baumann, Johann Friedrich, Maler, * 13. 5. 1784 Gera, † 29. 3. 1830 Dresden. B., Sohn eines Bildhauers, studierte an der Dresdener Kunstakademie Historienmalerei, bildete sich selber zum Portr¨atmaler aus und war als solcher einige Jahre in der Oberlausitz, im s¨achsischen Erzgebirge und w¨ahrend der Sommersaison auch in Karlsbad t¨atig. 1816 ließ er sich in Dresden nieder, wo er 1826 zum Unterlehrer an der Malerakademie ernannt wurde. C AKL Baumann, Johann Friedrich Theodor von, Oberpr¨asident Posens, * 24. 6. 1768 Bodenteich (Herzogtum L¨uneburg), † 4. 10. 1830 Posen. Nach dem Studium in G¨ottingen wurde B. 1789 Auskultator beim Altm¨arkischen Obergericht, 1793 Assessor am westpreußischen Hofgericht in Bromberg und 1795 Rat bei der s¨udpreußischen Regierung in Thorn. 1796 ging er mit diesem Kollegium nach Warschau, wo er zugleich als Oberrichter der Lotterie t¨atig war. 1806 wurde B. zum Geheimen Justizrat ernannt. Seit 1808 Dirigent und Stadtrichter in der Neumark, wurde er 1810 Geheimer Regierungsrat und Justitiarius in Liegnitz, 1813 Generalcommissarius f¨ur die Einrichtung der Landwehr und 1816 Direktor der ersten Abteilung der Regierung zu Posen mit dem Titel eines Vizepr¨asidenten. Seit 1818 war B. Regierungspr¨asident in K¨onigsberg und 1824-30 Oberpr¨asident des Großherzogtums Posen. 1828 wurde er nobilitiert. C Preuß Oberpr¨as Baumann, Johann Heinrich, Maler, * 9. 2. 1753 Mitau (heute Jelgava, Lettland), † 19. 7. 1832 Klein Jungfernhof bei Riga. Der Sohn des Mitauer Superintendenten Joachim → B. besuchte 1773-76 die Univ. Erfurt, gab sein Studium aber zugunsten einer Ausbildung bei dem Tiermaler Jakob Samuel Beck auf. Nach seiner R¨uckkehr lebte er in Kurland und Livland auf dem Lande und wurde 1790 in die Petersburger Akademie der K¨unste aufgenommen. B.s Werk umfaßt ¨ 1713 Olgem¨ alde, die mit Ausnahme einiger Portr¨ats, fast nur
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Tierst¨ucke und Jagdszenen darstellen. Er ver¨offentlichte eine Sammlung von Jagdanekdoten und Erz¨ahlungen in lettischer Sprache. C AKL
Baumann, Johannes, schweizer. Mediziner, Schriftsteller, * 1805 Ettiswil (Kt. Luzern), † 22. 1. 1847 Luzern. B. studierte Naturwissenschaften in Genf und begab sich, versehen mit einem Stipendium, 1826 zum Studium der Medizin nach M¨unchen. Von dort unternahm er eine 1839 beschriebene Fußreise durch Italien und Sicilien. Nach der R¨uckkehr setzte er sein Studium in Berlin und Wien fort, wanderte durch Deutschland und Frankreich und lebte einige Zeit in Paris und London; 1831 ließ er sich als Arzt und Lehrer f¨ur Naturgeschichte in Luzern nieder. Aus politischen Gr¨unden wurde B. 1842 aus dem Schuldienst entlassen. Seine Erz¨ahlungen Bilder aus der Heimat erschienen 1830, seine popul¨aren Darstellungen der Natur wurden wiederholt aufgelegt. Baumann, Johannes, schweizer. Politiker, * 27. 11. 1874 Herisau, † 8. 9. 1953 Herisau. Nach dem Studium der Jurisprudenz in Basel, Bern, Leipzig und Z¨urich amtierte B., Sohn eines Kaufmanns, als Richter, wurde 1900 in den Kantonsrat, 1904 in den Regierungsrat von Appenzell-Außerrhoden gew¨ahlt und nahm bis zu seinem R¨ucktritt 1931 viermal das Amt des Landammanns wahr. 1911-34 geh¨orte B. dem St¨anderat an, dem er 1920 / 21 vorstand. 1934 wurde er als Mitglied der Freisinnigen in den Bundesrat gew¨ahlt, leitete das Justiz- und Polizeidepartement und wurde 1938 Bundespr¨asident. Als Bundesrat vollendete er das 1938 eingef¨uhrte Strafgesetzbuch und gr¨undete die Bundespolizei. Gegen¨uber den Verfolgten des nationalsozialistischen Regimes pflegte er eine restriktive Handhabung des Asylrechts. C Schweiz Bundesr¨ate Baumann, Josef, Agrarwissenschaftler, * 23. 1. 1877 Fleischwangen bei Saulgau (W¨urttemberg), † n. e. B. besuchte 1911-12 die H¨ohere Obst- und Gartenbauschule in Reutlingen und verwaltete anschließend mehrere Obstbaubetriebe. Seit 1912 propagierte er bei zahlreichen Lehrg¨angen und Vortr¨agen im In- und Ausland die in Deutschland bis dahin unbekannte g¨arungslose Fr¨uchteverwertung. 1927 gr¨undete er die Lehr- und Versuchsanstalt f¨ur g¨arungslose Fr¨uchteverwertung in Ober-Erlenbach bei Friedberg (Hessen), die 1934 die staatliche Anerkennung erhielt. B. entwickelte neue Ger¨ate, Maschinen und Verfahren der Obstverwertung. Er schrieb u. a. ein Handbuch des S¨ußmosters (1939) und gab 1933-53 die Zeitschrift „Fl¨ussiges Obst“ heraus.
Baumann, J¨urgen, Jurist, Politiker, * 22. 6. 1922 Essen, † 26. 11. 2003 T¨ubingen. Der Sohn eines Kaufmanns studierte nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg 1946-49 Jura und Volkswirtschaft in M¨unster, wo er 1950 zum Dr. jur. promoviert wurde (Die Narkoanalyse). Seit 1953 als Rechtsanwalt t¨atig, habilitierte er sich 1955 mit der Arbeit Der strafrechtliche Schutz bei den Sicherungsrechten des modernen Wirtschaftsverkehrs. Anschließend zun¨achst Privatdozent in M¨unster, folgte er 1959 einen Ruf als o. Prof. f¨ur Materielles Strafrecht und Strafprozeßrecht nach T¨ubingen. Seit 1976 auf Vorschlag der FDP Justizsenator von Berlin, trat B. im Zuge der Terroristenbefreiungsaktion in Moabit 1978 zur¨uck. In der FDP wirkte er im Bundesfachausschuß f¨ur Rechts- und Innenpolitik mit. Zu B.s zahlreichen Publikationen z¨ahlen Standardwerke wie Grundbegriffe und System des Strafrechts (1965, 51979) und Einf¨uhrung in die Rechtswissenschaft (1967, 71984), ferner Strafrecht im Umbruch (1977).
Baumann Baumann, (Johann) Julius, Philosoph, * 22. 4. 1837 Frankfurt / Main, † 14. 8. 1916 G¨ottingen. B. wurde 1863 in Berlin mit der Arbeit Doctrina Cartesiana de vere et falso explicata et examinata zum Dr. phil. promoviert. Er war Prof. der Philosophie an der Univ. G¨ottingen. B., Sch¨uler Hermann → Lotzes, vertrat einen Idealrealismus, nach dem die Welt der Wahrnehmung nur durch die Setzung einer absoluten Realit¨at begriffen werden kann. Er ver¨offentlichte u. a. Geschichte der Philosophie nach Ideengehalt und Beweisen (1890, 2. Aufl. unter dem Titel: Gesamtgeschichte der Philosophie, 1903), Handbuch der Moral, nebst einem Abriß der Religionsphilosophie (1879), Philosophie als Orientierung u¨ ber die Welt (1872), Elemente der Philosophie. Logik, Erkenntnistheorie und Metaphysik, Moral (praktische Psychologie) (1891), Realwissenschaftliche Begr¨undung der Moral, des Rechts und der Gotteslehre (1898) und Die grundlegenden Tatsachen zu einer wissenschaftlichen Welt- und Lebensansicht. Ein Boden der Gemeinsamkeit im Streit der Weltanschauungen (1894, 21901). Baumann, Ludwig, o¨ sterr. Architekt, * 5. 11. 1853 ¨ Seibersdorf (Osterr. Schlesien), † 6. 2. 1936 Wien. Nach dem 1870-74 u. a. bei Gottfried → Semper am Polytechnikum Z¨urich absolvierten Studium der Architektur war B. 1875-77 bei dem Wiener Architekten Heinrich von → Ferstel besch¨aftigt. Zun¨achst entwarf er Innenausstattungen (u. a. der deutschen Botschaft in Wien und der kgl. Residenz in Sofia). Nach der Er¨offnung eines eigenen Architekturb¨uros errichtete er zahlreiche dem Barock nachempfundene repr¨asentative Geb¨aude, Kirchen, Denk- und Grabm¨aler, 1914 das Konzerthaus in Wien. 1907 wurde B. Bauleiter der Wiener Hofburg, 1918 Bauberater der Wiener Burghauptmannschaft und stand 1908-15 dem Zentralverband der Architekten vor. F¨ur den zusammen mit seiner Frau 1914 in Sarajevo ermordeten Erzherzog → Franz Ferdinand schuf er Schloß und Grabmal in Artstetten. C AKL Baumann, Ludwig Adolph, Historiker, Geograph, * 1734, † 20. 5. 1802 Treplitz (Brandenburg). Der bis 1781 am Lyzeum der Neustadt Brandenburg als Konrektor t¨atige B. verfaßte eine große Anzahl Kompendien und Schulb¨ucher f¨ur Geographie, Geschichte und Naturwissenschaften (u. a. Kurzer Entwurf der Geographie f¨ur Anf¨anger, 1768, 31790). Er schrieb einen Abriß der amerikanischen Verfassung, 1796 eine an den preuß. K¨onig gerichtete Ab¨ handlung Uber die M¨angel in der Verfassung des platten Landes der Kurmark Brandenburg. Baumann, Max (Georg), Komponist, * 20. 11. 1917 Kronach (Oberfranken), † 17. 7. 1999 Berlin. Zun¨achst von seinem Vater, einem Musiklehrer, unterrichtet, studierte B. in Halle und bei Otto Dunkelberg in Passau. 1939-43 war er Kompositionssch¨uler von Konrad Friedrich → Noetel, Boris → Blacher und Hugo → Distler an der Staatlichen Hochschule f¨ur Musik in Berlin. Seit 1946 Dozent f¨ur Klavier, ging er 1947 als Kapellmeister nach Stralsund und kehrte zwei Jahre sp¨ater an die Hochschule f¨ur Musik in Berlin zur¨uck, an der er 1946 / 47 Klavier und 1949-78 Komposition und Tonsatz lehrte; 1960 wurde er zum Prof. ernannt. Seit 1963 unterrichtete er in der Schulmusikabteilung, dessen Collegium musicale er bis 1980 leitete. B. war auch als Dirigent und Chorleiter t¨atig. Zu seinen in der Tradition von Max → Reger und Paul → Hindemith stehenden Kompositionen geh¨oren Volks- und Hausmusiken, Schulopern und geistliche Werke (u. a. Passion nach Texten der Heiligen Schrift und der Liturgie op. 62, Auferstehung op. 94). C MGG Baumann, Nikolaus, Jurist, Schriftsteller, * um 1450 Emden (?), † April 1526 Rostock. B. war zun¨achst Rat des Herzogs von J¨ulich, kam 1507 als Sekret¨ar an den Hof Herzog → Magnus II. in Meck-
lenburg und wurde 1520 Prof. der Geschichte in Rostock. Er wurde lange mit dem 1498 in L¨ubeck in niederdeutscher Sprache erschienenen Reinecke Vos in Verbindung gebracht, der laut Vorwort jedoch von Heinrich von Alkmar, einem Erzieher des Herzogs von Lothringen, aus dem Franz¨osischen u¨ bersetzt worden war. Georg → Rollenhagen bezeichnete in der Vorrede zu seinem satirischen Tierepos Froschmeuseler (1595) B. als den Autor, der im Reinecke Vos die gegen ihn gerichteten Intrigen am J¨ulicher Hof beschrieben habe. Sp¨ater galt der mit B. befreundete Rostocker Stadtschreiber und Buchdrucker Hermann Barkhusen als der Verfasser des Reinecke Vos, bei dem es sich aber wohl um eine aus dem Altfranz¨osischen u¨ bernommene Parodie auf das h¨ofische Leben handelt.
Baumann, Oskar, o¨ sterr. Geograph, Afrikaforscher, * 25. 6. 1864 Wien, † 12. 10. 1899 Wien. B., Sohn eines Bankangestellten, war nach dem Studium der Geographie und Naturwissenschaften in Wien zun¨achst am Milit¨argeographischen Institut t¨atig, erforschte 1883 und 1889 die Durmotorgruppe in Montenegro und kartierte als Teilnehmer der o¨ sterr. Kongoexpedition von 1885 den unteren Kongolauf. Aus Gesundheitsgr¨unden zur R¨uckkehr gezwungen, besuchte er auf der Heimreise die Insel Fernando P´oo und studierte deren Urbev¨olkerung, die Bube. 1888 wurde er in Leipzig mit der Arbeit Versuch einer Monographie von Fernando P´oo promoviert. Im selben Jahr reiste er mit Hans → Meyer nach Usambara, dessen Erforschung er 1890 auf einer zweiten Reise im Auftrag der DeutschOstafrikanischen Gesellschaft abschließen konnte (Usambara und seine Nachbargebiete, 1891), was zur wirtschaftlichen Erschließung dieser Gegend f¨uhrte. 1891-93 befaßte B. sich mit dem s¨udlichen Viktoriasee, entdeckte eine Quelle des Kagera-Nils, auf dem R¨uckweg auch den Wemberegraben und bereiste 1894-96 Pemba, Mafia und Sansibar, wo er 1896 o¨ sterr. Konsul wurde. C Killy Baumann, Paul, Physiker, Industrieller, * 13. 12. 1897 Pforzheim, † 29. 3. 1967 Pforzheim. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte der Sohn eines Stadtobersekret¨ars seit 1919 Chemie in Karlsruhe und Physik in Heidelberg. 1923 wurde er mit der Untersuchung Diffusion langsamer Kathodenstrahlen in Gasen promoviert. Im September desselben Jahres trat B. in die Badische Anilin- und Sodafabrik AG in Oppau ein. 1928, nachdem das Unternehmen in der I.G.-Farbenindustrie AG aufgegangen war, u¨ bernahm er die Leitung einer Versuchsanlage zur Erzeugung von Acetylen aus Kohlenwasserstoffen nach dem Lichtbogenverfahren. Zwischen 1930 und 1935 war B. im Rahmen einer Zusammenarbeit der I.G.-Farbenindustrie AG mit der Standard Oil of New Jersey (ESSO) in Baton Rouge (Louisiana) t¨atig, um das Lichtbogenverfahren großtechnisch zu entwickeln. 1938 wurde er Leiter der Produktion der Chemischen Werke H¨uls GmbH, Marl. Dieses Werk war von der I.G.-Farbenindustrie AG zusammen mit der Bergwerksgesellschaft Hibernia neu gegr¨undet worden, um synthetischen Kautschuk (Buna) nach dem Lichtbogenverfahren herzustellen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs rettete B. das Werk vor der Zerst¨orung durch die Briten und stellte es auf eine neue Produktionsgrundlage. Als 1953 im Rahmen der Entflechtung der I.G.-Farbenindustrie AG die Chemische Werke H¨uls AG gegr¨undet wurde, u¨ bernahm B. den Vorsitz des Vorstands, den er bis zu seiner Pensionierung 1965 innehatte. Unter seiner Leitung wurde die Produktion in Waschrohstoffe, Polyvinylchlorid, Lackrohstoffe, Polyolefine u. a¨ . diversifiziert. B. war u. a. Vorsitzender der Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie sowie der Bunsen-Gesellschaft, Mitglied des Vorstands der Gesellschaft Deutscher Chemiker, der Deutschen Gesellschaft f¨ur Fettchemie und der DECHEMA.
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Baumann Baumann, Richard (Wilhelm), Ingenieur, Metallograph, * 24. 10. 1879 Heilbronn, † 20. 6. 1928 Stuttgart. Der 1903 an der TH Stuttgart diplomierte Maschinenbauingenieur arbeitete 1904-06 als Assistent von Carl von → Bach an der Einrichtung der von diesem ins Leben gerufenen Materialpr¨ufungsanstalt, wurde 1913 deren stellvertretender Leiter, 1924 deren Direktor. Nach der Habilitation wurde B. 1910 a. o. Prof. an der TH Stuttgart. Er befaßte sich in erster Linie mit den Festigkeitseigenschaften von Metallen bei verschiedenen Temperaturen und der Verarbeitung von Kesselblechen (Versuche zur Klarstellung des Einflusses der Spannungen, welche durch die Nieten im Blech hervorgerufen werden, 1922). B. erfand den Schlagh¨artepr¨ufer und nutzte f¨ur die Ermittlung von Schadensursachen schon fr¨uh die Erkenntnisse der Metallographie. C DBJ, Bd 10 Baumann, Rudolf, o¨ sterr. Tiermediziner, * 10. 2. 1897 Wien, † 24. 12. 1961 Wien. Nach dem 1923 mit der Promotion abgeschlossenen Studium an der Tier¨arztlichen Hochschule in Wien war B. als Veterin¨arkommiss¨ar am Landwirtschaftsministerium, an der Bundesanstalt f¨ur Tierseuchenbek¨ampfung und als Abteilungsleiter an der Impfstoffgewinnungsanstalt in M¨odling t¨atig. 1930 erfolgte seine Habilitation, 1935 seine Ernennung zum a. o. Prof. der Pathologischen Anatomie und Gerichtliche Tierheilkunde der Haustiere. 1942 wurde er von der Tier¨arztlichen Hochschule in Wien zum o. Prof. der Allgemeinen Pathologie, Pathologischen Anatomie und Bakteriologie berufen. B. war Verfasser zahlreicher Einzeluntersuchungen und Mitherausgeber eines Lehrbuchs der Allgemeinen Pathologie der Haustiere (1949). Baumann, Rudolf, Mediziner, * 19. 8. 1911 D¨usseldorf, † 19. 6. 1988 Berlin. B., Sohn eines Versicherungsdirektors, studierte Medizin an den Universit¨aten Bonn, M¨unchen, Berlin und Rostock, wurde 1936 promoviert (Wachstum und Differenzierung papill¨arer Dr¨usencarcinome) und ließ sich am St¨adtischen Krankenhaus Neuk¨olln zum Internisten ausbilden. 1941-44 war er Lazarettarzt. 1945 wurde B. Chefarzt des St¨adti¨ schen Krankenhauses und war 1948-51 Zweiter Arztlicher ¨ Direktor, 1951-57 Chefarzt und Arztlicher Direktor des St¨adtischen Krankenhauses Berlin-Buch. 1951-78 war er Prof. der Inneren Medizin, 1958-78 Direktor des Instituts f¨ur Pathologie und Therapie der Deutschen Akademie der Wissenschaften bzw. der Akademie der Wissenschaften der DDR (seit 1972 Zentralinstitut f¨ur Herz-KreislaufRegulationsforschung) in Berlin-Buch. Seit 1966 ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften, war er 1975-88 Vorsitzender ihrer Klasse f¨ur Medizin. B. erforschte Ursachen und Entstehungsmechanismen der arteriellen Hypertonie sowie des Diabetes mellitus. Er begr¨undete die zerebroviszerale Regulationsforschung als neue wissenschaftliche Richtung in der DDR. B. ver¨offentlichte u. a. Physiologie des Schlafes und Klinik der Schlaftherapie (1953) und Coma diabeticum (1959). C SBZ / DDR Baumayer, Marie, o¨ sterr. Musikerin, * 12. 7. 1851 Cilli, † 23. 1. 1931 Wien. B. erhielt ihre Ausbildung zur Pianistin bei Carl → Evers in Graz, bei Julius → Epstein am Wiener Konservatorium und bei Clara → Schumann. Durch sie trat B. in engen Kontakt zu Johannes → Brahms, dessen Klavierkonzert in B-Dur sie in Graz erstmals o¨ ffentlich spielte und zu dessen musikali¨ schen Wegbereitern in Osterreich sie z¨ahlte. Sie trat auch als Kammermusikerin auf und unterrichtete am Neuen Konservatorium in Wien.
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Baumbach, Adolf, Jurist, * 15. 5. 1874 Bad Homburg v. d. H., † 25. 3. 1945 Bernau / Chiemsee. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Leipzig, Marburg und Rostock, wo er 1898 mit der Arbeit Das Recht des Gemeingebrauches promoviert wurde, trat B. in den h¨oheren Justizdienst ein, gelangte u¨ ber verschiedene Richter¨amter an das Kammergericht in Berlin und wurde 1927 als Senatspr¨asident pensioniert. Einen Namen machte sich B. vor allem durch seine zahlreichen Fachpublikationen, seine Kommentare (u. a. zum Handelsgesetzbuch, zum Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht) und ein Elementarbuch des Zivilprozesses (1936, 21941). C Juristen Baumbach, Friedrich August, Komponist, Musiker, * 12. 9. 1753 Gotha, † 30. 11. 1813 Leipzig. Um das Jahr 1778 war B. als Musikdirektor am Theater in Hamburg, 1782-83 am Theater in Riga t¨atig und ließ sich sp¨ater als Musiklehrer in Leipzig nieder. Dort erschien 1794 sein vierb¨andiges Kurz gefaßtes Handw¨orterbuch u¨ ber die sch¨onen K¨unste. B. machte sich als Komponist von Sonaten und Klavierst¨ucken mit Gesangsbegleitung einen Namen. Dabei nahm er h¨aufig Bezug auf aktuelle Anl¨asse, vertonte u. a. die Klage der Tochter → Marie Antoinettes u¨ ber den tragischen Tod ihrer Mutter zu einer Kantate und schuf 1794 La Fayettes Traum, ein musikalisches Gemaehlde f¨ur Pianoforte mit Deklamation. C MGG Baumbach, Johann Christoph, evang. Theologe, Philologe, * 31. 5. 1742 Mitau (heute Jelgava, Lettland), † 19. 8. 1801. Der Sohn eines Schneiders studierte seit 1758 in Rostock und Helmstedt Theologie und kehrte 1762 nach Kurland zur¨uck. In Mitau nahm B. bei einem Pastor Unterricht im Lettischen. 1763 u¨ bernahm er dort das Amt eines Diakons f¨ur die Letten, wurde 1769 deutscher Prediger in Durben (Kurland), 1771 zugleich Propst von Grobin. Wie mehrere andere deutsch-baltische Pastoren seiner Zeit trug auch B. mit ¨ seinen lettischen Ubersetzungen theologischer Schriften zur Schaffung einer lettischen Schriftsprache und zur allm¨ahlichen Alphabetisierung der Letten bei. Er war Mitarbeiter der lettischen Zeitschrift „Gadda Grahmata“, ver¨offentlichte u. a. ein lettisches Gesangbuch und hinterließ das Manuskript eines lettischen W¨orterbuchs.
Baumbach, Karl Adolf, Politiker, Jurist, * 9. 2. 1844 Meiningen, † 21. 1. 1896 Danzig. Der Sohn eines Meiningischen Hofarztes und Bruder Rudolf → B.s trat nach dem in Jena, Leipzig, Heidelberg und Berlin absolvierten Studium der Staats- und Rechtswissenschaften in den Meiningenschen Justizdienst ein und wurde 1878 Landrat von Sonneberg. 1880 als Abgeordneter der Nationalliberalen in den Reichstag gew¨ahlt, geriet er wegen der Wiederwahl seines Parteifreundes Eduard → Lasker gegen Herbert von → Bismarck in Konflikt mit dessen Vater Otto von → Bismarck, schloß sich 1881 den Sezessionisten seiner Partei und 1884 mit diesen der Fortschrittspartei an. 1890-93 war B. Zweiter Vizepr¨asident des Reichstags, seit 1890 Oberb¨urgermeister von Danzig; er geh¨orte dem westpreußischen Provinziallandtag und dem Herrenhaus an. B. gab 1882 das Staatslexikon heraus, betreute den juristischen Teil von Meyers Konversationslexikon und war Mitarbeiter der „Nation“. Er ver¨offentlichte u. a. Frauenarbeit und Frauenschutz (1889) und Der Deutsche Reichstag (1890). C Haunfelder, Lib Abg Baumbach, (Johann) Max, Bildhauer, * 28. 11. 1859 Wurzen (Sachsen), † 4. 10. 1915 Berlin. Seine Ausbildung zum Bildhauer erhielt B. 1881-84 an der Schule des Berliner Kunstgewerbemuseums und in verschiedenen K¨unstlerateliers. Auf der Berliner Ausstellung von ¨ 1885 trat er erstmals an die Offentlichkeit, wurde u. a. 1892
Baumblatt in M¨unchen und auf der Weltausstellung in Chicago 1893 vielfach pr¨amiert. Sein erstes, 1884 geschaffenes Werk war eine Ob’s noch reicht betitelte Halbfigur eines durstigen Zechers. Neben solchen eher genrehaften Darstellungen gingen aus B.s Werkstatt vor allem heroische Herrscherstatuen hervor wie die Doppelgruppe von Johann I. und Otto III. f¨ur die Berliner Siegesallee oder die Bronzestandbilder protestantischer F¨ursten f¨ur die Protestationskirche in Speyer. Anl¨aßlich der Enth¨ullung einer Kolossalstatue Kaiser Friedrichs bei W¨orth f¨ur das Reichstagsgeb¨aude in Berlin 1895 erfolgte B.s Ernennung zum Professor. C AKL
Baumbach, Moritz von, Politiker, * 23. 2. 1789 Maastricht, † 15. 6. 1871 Kassel. B. trat nach dem Studium der Jurisprudenz in Marburg im napoleonischen K¨onigreich Westfalen eine Stelle beim Distrikttribunal in Hersfeld an, wurde 1810 nach Kassel versetzt und 1813 Staatsrat-Auditor. Nach dem Krieg gegen Frankreich avancierte B. im Justizdienst des Kurf¨urstentums Hessen-Kassel, wurde 1825 Appellationsrat und geh¨orte 1830 / 31 zu den Mitgestaltern der neuen hessischen Gesetzgebung. Nach der Umgestaltung des Oberappellationsgerichts durch den Justiz- und Innenminister Ludwig → Hassenpflug als Obergerichtsdirektor nach Rinteln zwangsversetzt, wurde B. von der dortigen Ritterschaft mehrmals in den Landtag gew¨ahlt. 1848 wurde er Justizminister, 1850 Obergerichtspr¨asident in Marburg. 1863 trat B. aus Protest gegen die St¨andepolitik Hassenpflugs zur¨uck. C ADB Baumbach, Rudolf, Pseud. Paul Bach, Schriftsteller, * 28. 9. 1840 Kranichfeld / Ilm bei Weimar, † 21. 9. 1905 Meiningen. B., Bruder Karl Adolf → B.s, studierte 1860-64 in Leipzig, W¨urzburg und Heidelberg Naturwissenschaften. Nach der Promotion war er als Lehrer in Graz und Br¨unn, dann als Hauslehrer in G¨orz und Triest t¨atig. Seit 1881 lebte er dort als freier Schriftsteller, kehrte 1885 nach Meiningen zur¨uck, arbeitete als Bibliothekar und erhielt 1888 den Titel eines Hofrats. Auf Dr¨angen von Freunden gab B. 1870-81 in Triest die humoristische Alpenvereinszeitung „Enzian. Ein Gaudeamus f¨ur Bergsteiger in Poesie und Satyre“ heraus. Den großen Durchbruch als Schriftsteller erlebte er 1877 mit dem sp¨ater als Oper vertonten Versepos Zlatorog, eine Alpensage. Seine romantisierenden Lyrik- und Prosatexte machten ihn neben Joseph Viktor von → Scheffel und Julius → Wolff zu einem der beliebtesten Autoren der Zeit. Zu seinen heute noch bekannten volkst¨umlichen Liedern z¨ahlt Hoch auf dem gelben Wagen. C Killy Baumbach-Freudenthal, Karl Friedrich von, Geograph, Historiker, Beamter, * 21. 5. 1777 Freudenthal bei Homberg (Hessen), † Fr¨uhjahr 1825. B.-F. lernte in der adligen Milit¨arschule in Kassel neben den Kriegswissenschaften das Pl¨anezeichnen, Geographie und Geschichte. 1796-1806 diente er als Offizier in der hessischen Armee und wurde 1808 im K¨onigreich Westfalen Postkontrolleur und -kommissar. 1813 nach Kurhessen zur¨uckgekehrt, erhielt B.-F. 1818 eine Anstellung als Oberpostmeister, wurde jedoch 1819 von Kurf¨urst → Wilhelm I. von Hessen-Kassel verbannt, weil er eine Berufung zum Prof. der Statistik, Mathematik und Kriegswissenschaft nach Rinteln abgelehnt hatte. Er gab Privatunterricht, schrieb historische und geographische Abhandlungen, ver¨offentlichte Kartenwerke und Statistische Tabellen u¨ ber den deutschen Bundesstaat Kurhessen im Jahr 1819.
Baumberger, Ernst, schweizer. Geologe, * 6. 9. 1866 Leuzigen, † 5. 11. 1935 Basel. Als Gymnasiallehrer mehrfach versetzt, untersuchte B. die geologischen Gegebenheiten seines jeweiligen Wirkungs-
orts. Dabei erforschte er die Kreideformationen des Jura, vor allem die Ammonitenfaunen der unteren Kreide, beschrieb die Bohnerzvorkommen der Schweiz und besch¨aftigte sich ¨ nach seiner Ubersiedlung nach Basel haupts¨achlich mit dem Jungterti¨ar. Seine pal¨aontologischen Studien trugen wesentlich zur stratographischen und tektonischen Erforschung des Alpenvorlands in der Schweiz bei. W¨ahrend seiner T¨atigkeit am Naturhistorischen Museum in Basel publizierte er u¨ ber Unterkreidefaunen auf Sumatra und in Mexiko sowie u¨ ber Terti¨arfaunen in Griechenland. Als Angeh¨origer der Schweizerischen Geologischen Kommission erforschte B. die Gegend um den Vierwaldst¨atter See, entdeckte die durchgehende Aufschiebung der subalpinen Molasse und lieferte einen Beitrag zur Kenntnis der Terti¨arflora aus dem Gebiet des Vierwaldst¨attersees (1914). C NDB
Baumberger, Georg, Pseud. Klaus Schweizer, schweizer. Journalist, Schriftsteller, Politiker, * 8. 3. 1855 Zug, † 21. 5. 1931 Z¨urich. Zun¨achst Inhaber eines Spezereigesch¨afts in Speicher (Kt. Appenzell-Außerrhoden), begann B. seine journalistische Laufbahn 1881 als Redakteur beim „Appenzeller Tagblatt“ (seit 1882 „Appenzeller Nachrichten“). 1886 u¨ bernahm er die Chefredaktion der Zeitung „Die Ostschweiz“ in St. Gallen und leitete 1904-19 die „Neuen Z¨urcher Nachrichten“. In St. Gallen geh¨orte er als Mitglied der ChristlichSozialen Partei dem Verfassungsrat, dem Kantons- und Erziehungsrat und dem Katholischen Kollegium, nach seiner ¨ Ubersiedlung nach Z¨urich dem dortigen Kantonsrats und dem Großen Stadtrat an; 1919 wurde er in den Nationalrat gew¨ahlt, dem er bis 1931 angeh¨orte. Er verfaßte historische und politische Schriften, Reisebilder aus Tirol, der Schweiz und dem Mittelmeerraum sowie Erz¨ahlungen und B¨uhnenst¨ucke. C DLL, 20. Jh.
Baumberger, Otto, schweizer. Maler, Graphiker, B¨uhnenbildner, * 21. 5. 1889 Z¨urich-Altstetten, † 26. 12. 1961 Z¨urich-Weiningen. Nach einer Ausbildung zum Lithographen und dem Besuch der Z¨urcher Kunstgewerbeschule studierte B. in M¨unchen (1908-10), Berlin, London und Paris (1913-14) Malerei. 1914-19 arbeitete er als Lithograph in Z¨urich und schuf 1920 in Berlin seine ersten, noch betont expressionistischen B¨uhnenbilder, u. a. f¨ur den Urfaust am Deutschen Theater unter Max → Reinhardt. Im selben Jahr wurde er als Lehrer f¨ur Lithographie und Zeichnen nach der Natur an die Kunstgewerbeschule Z¨urich berufen. 1932-59 wirkte B. als Prof. der Farbgestaltung, des Schrift- und Landschaftszeichnen an der ETH. 1912-18 war er Wegbereiter des Expressionismus in der Schweiz. Neben Landschaften und Stilleben w¨ahlte B. religi¨ose Sujets, n¨aherte sich mit seinen sozialkritischen Motiven 1925-35 der Neuen Sachlichkeit und schuf nach 1948 abstrakte und surreale Malerei. Wichtig ist sein Beitrag zur modernen Plakatgestaltung. C AKL Baumblatt, Luitpold Jakob, Pseud. Friedrich Haller, Philologe, Schriftsteller, * 1806 Thalheim (Unterfranken), † 16. 2. 1877 Kaiserslautern. Urspr¨unglich zum Rabbiner bestimmt, bezog B. 1820 die J¨udische Hohe Schule in F¨urth, brach sein Studium jedoch 1825 ab und absolvierte in N¨urnberg eine kaufm¨annische Ausbildung. Nach T¨atigkeiten in F¨urther und M¨unchner Handelsh¨ausern trat er 1835 in W¨urzburg eine Stelle als Franz¨osischlehrer an und er¨offnete 1839 in Landau eine private Handelsschule. 1850 wurde er Lehrer der Handelswissenschaften an der sp¨ater zur Realschule umgewandelten Kgl. Kreis-Gewerbeschule in Kaiserslautern und unterrichtete seit 1867 auch an der dortigen Technischen Fortbildungsschule. Daneben war B. schriftstellerisch t¨atig, schrieb mehrere Novellen und historische Romane (u. a. Judith,
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Baumeister ¨ oder: Die Franzosen in Worms, 1857). Nach seinem Ubertritt zur Katholischen Kirche 1839 ver¨offentlichte er eine Abhandlung u¨ ber Katholizismus und Judaimus.
troversa (3 Tle., 1738-66), Historia doctrinae controversae de mundo optimo (1741) und Elementa philosophiae recentioris (1747). C BBHS
Baumeister, (Karl) August, P¨adagoge, Schriftsteller, * 24. 4. 1830 Hamburg, † 22. 5. 1922 M¨unchen. B., Sohn eines Unternehmers, studierte 1848-52 in G¨ottingen und Erlangen Philologie, bereiste 1853-55 Italien, Frankreich, Griechenland und Kleinasien, trat 1855 in den h¨oheren Schuldienst ein und unterrichtete in Dresden, 1856 am Coll`ege Fran¸cais in Berlin, dann in Elberfeld, L¨ubeck, Gera und Halberstadt. 1871 als Regierungsrat nach Straßburg berufen, organisierte B. das h¨ohere Schulwesen in Elsaß-Lothringen nach deutschem Vorbild. Als der Statthalter Edwin von → Manteuffel 1882 einen Oberschulrat einsetzte, wurde B. zur Disposition gestellt und u¨ bersiedelte nach M¨unchen. Sein Handbuch der Erziehungs- und Unterrichtslehre f¨ur h¨ohere Schulen (4 Bde., 1894-98) trug zur didaktischp¨adagogischen Reform der h¨oheren Schulen bei. B. publizierte u¨ ber Geschichte, Kunst und Architektur der Antike und gab ein dreib¨andiges Abbildungswerk der Denkm¨aler der klassischen Antike (1884-88) heraus. C NDB
Baumeister, Johann Wilhelm, Tiermediziner, Maler, * 27. 4. 1804 Gm¨und (W¨urttemberg), † 4. 2. 1846 Stuttgart. Der in Augsburg und M¨unchen zum Kunstmaler ausgebildete B., Sohn eines Zeichners und Malers, studierte 1825-27 in Stuttgart Tiermedizin und ließ sich in seinem Geburtsort Gm¨und in W¨urttemberg als Tierarzt nieder. 1831 erhielt er an der Land- und Forstwirtschaftlichen Akademie in Hohenheim eine Anstellung als Lehrer f¨ur Viehzucht und Tierheilkunde; 1839 wurde er Prof. an der Kgl. Tierarzneischule in Stuttgart. Zu B.s zahlreichen Publikationen z¨ahlen selbstillustrierte Werke u¨ ber das Rinderskelett, die Zucht von Hausund Nutztieren und ein 1844 zusammen mit seinem Kollegen Friedrich Martin → Duttenhofer herausgegebenes Encyklop¨adisches Handbuch der gesamten Thierheilkunde. In seinen Gem¨alden stellte er neben heiteren Marktszenen vor allem Tiere im Stall und auf der Weide dar. C AKL
Baumeister, Bernhard, eigentl. Baum¨uller, Schauspieler, * 28. 9. 1828 Posen, † 26. 10. 1917 Baden bei Wien. Mit seinem a¨ lteren Bruder Wilhelm → B. stand B. schon als F¨unfzehnj¨ahriger auf der B¨uhne des Schweriner Hoftheaters. 1849 erhielt er ein Engagement am Hoftheater in Hannover und spielte 1850-52 die Rollen jugendlicher Helden und Liebhaber am Großherzoglichen Theater in Oldenburg. 1852 folgte er einem Ruf Heinrich → Laubes an das Wiener Burgtheater, dessen Ensemble B. 65 Jahre angeh¨orte. Dort verk¨orperte er zuerst den Typ des Naturburschen wie den Wachtmeister Werner in Minna von Barnhelm und wechselte sp¨ater ins tragische Rollenfach. Seit 1874 war der k. k. Hofschauspieler B. als Lehrer am Wiener Konservatorium ¨ Bd 1 t¨atig. C NOB,
Baumeister, (Franz) Carl, Maler, * 24. 1. 1840 Zwiefalten (W¨urttemberg), † 24. 12. 1932 Untermarschthal. B. war zun¨achst als Lithograph in Ulm t¨atig, studierte u. a. bei Philipp → Foltz an der M¨unchner Kunstakademie und schuf 1866 sein erstes großes popul¨ares Gem¨alde Der Erdenpilger. Er beschr¨ankte sich fast ausschließlich auf religi¨ose Motive, malte Fresken und Fenster in Kirchen, Altarbilder und Votivtafeln im Stil der Nazarener. Zu seinen Hauptwerken z¨ahlt die im Auftrag der F¨urstin Sophie von Waldburg zu Wolfegg und Waldsee 1875 entstandene Gr¨undung des Jesuitenordens. B. arbeitete viel f¨ur den kath. s¨uddeutschen Adel und stattete etliche Schl¨osser und Schloßkirchen mit Fresken und Votivbildern aus. C AKL Baumeister, Friedrich Christian, Philosoph, P¨adagoge, * 17. 7. 1709 Großenk¨ornern (F¨urstentum Gotha), † 8. 10. 1785 G¨orlitz. Der Gothaer Pastorensohn bezog 1727 die Univ. Jena, wo er beim Studium der Philosophie mit den Schriften Christian → Wolffs in Ber¨uhrung kam. 1729 wechselte er an die Univ. Wittenberg, wurde dort 1730 Magister der Philosophie und 1736 Adjunkt der Philosophischen Fakult¨at. Im selben Jahr wurde er Rektor des Gymnasiums von G¨orlitz. Trotz mehrmals ergangener Rufe auf Lehrst¨uhle der Philosophie und Theologie blieb er dort bis an sein Lebensende. B., der wesentlich zur Verbreitung der Wolffschen Philosophie beitrug, ver¨offentlichte u. a. Philosophia definitiva h. e. definitiones philosophiae ex systemate Wolfii in unum collectae (1733), Institutiones philosophiae rationalis, methodo Wolfiana conscriptae (1736, dt.: Denkungswissenschaft, mit Anmerkungen von Johann Christian Messerschmidt, 1765), Institutiones metaphysicae (1736), Philosophia recens con-
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Baumeister, Joseph Anton Ignaz Edler von, o¨ sterr. Jurist, Schriftsteller, * 20. 11. 1750 Wien, † 6. 10. 1819 Wien. B., Sohn eines Hofkammerbeamten, studierte an der Univ. Wien die Rechte und wurde als Zwanzigj¨ahriger mit einer Dissertation u¨ ber die Staatsgeschichte der Steiermark promoviert. 1788 gab er in seiner eigenen Druckerei Die Welt in Bildern f¨ur den Unterricht heraus. 1792 betraute ihn Kaiser → Franz II. mit der Erziehung seiner Br¨uder, der Erzherz¨oge Ludwig und Rudolf; 1808 wurde er mit dem Titel eines Regierungsrats in den Ruhestand versetzt. B. hinterließ eine Chronologie der Weltgeschichte und Stammtafeln des Hauses Habsburg. C Wurzbach Baumeister, Karl August, Bischof der Br¨udergemeine, Liederdichter, * 21. 8. 1741 G¨orlitz, † 8. 8. 1818 Herrnhut. Nach dem Studium der Theologie in Wittenberg, Leipzig und K¨onigsberg erhielt B. eine Anstellung am Gymnasium von G¨orlitz und wurde 1774 Hilfsprediger in Taubenheim. Bei einer T¨atigkeit als Hauslehrer in K¨onigsberg kam er mit der Br¨udergemeine in Kontakt, der er 1779 beitrat. Im selben Jahr wurde er als Schloßprediger und Prof. an das Br¨uderseminar in Barby berufen, ging 1789 als Prediger nach Niesky, 1792 nach Kleinwelke (Oberlausitz) und war seit 1814 Bischof der Br¨udergemeine. C BBKL
Baumeister, Reinhard, Ingenieur, * 19. 3. 1833 Hamburg, † 11. 2. 1917 Karlsruhe. B.s Vater war 1848 / 49 Pr¨asident der konstituierenden Versammlung Hamburgs, 1853 zeitweilig Pr¨asident der hamburgischen B¨urgerschaft und wurde 1876 Pr¨asident des Oberlandesgerichts. B. bezog 1849 die TH Hannover, wechselte 1851 an die Polytechnische Hochschule in Karlsruhe und legte 1853 die badische Staatspr¨ufung f¨ur Ingenieure ab. Anschließend war er am Polytechnikum als Assistent und Dozent f¨ur Wasser- und Straßenbau t¨atig und wurde 1862 zum o. Prof. berufen. Im Dienst des badischen Staats arbeitete er an Wasserbauten am Rhein, vor allem aber am Eisenbahnbau, entwarf 1868 die Murgtalbahn Rastatt-Weisenbach, 1870 / 71 die Strecke Freiburg-Breisach, 1876 den Abschnitt Appenweiler-Oppenau der Renchtalbahn. B., der auch Krankenh¨auser in Karlsruhe baute, erkannte fr¨uh den Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Fortschritt und zunehmenden sozialen und hygienischen Problemen der schnell wachsenden St¨adte der Gr¨underzeit (u. a. Stadterweiterungen, 1876); er geh¨ort zu den Mitbegr¨undern des auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden modernen St¨adtebaus. C NDB
Baumg¨artel Baumeister, Wilhelm, eigentl. Baum¨uller, Schauspieler, Regisseur, * 22. 11. 1810 Posen, † 6. 4. 1875 G¨orlitz. Nach dem Willen seiner Eltern in Berlin zun¨achst zum Offizier ausgebildet, nahm B. seinen Abschied und schloß sich unter ge¨andertem Namen einer fahrenden Schauspielertruppe an. Sein erstes festes Engagement als jugendlicher Held und Liebhaber fand er am Hoftheater in Oldenburg, spielte 1834-36 in Leipzig, dann in N¨urnberg und geh¨orte nach einem Gastspiel in Frankfurt 1837 / 38 dem Ensemble des Stadttheaters Hamburg an. 1839-48 stand B. auf der B¨uhne des Hoftheaters in Schwerin, an dem sein j¨ungerer Bruder Bernhard → B. 1843 seine schauspielerische Laufbahn begann. Seit 1848 wirkte B. als Schauspieler und Regisseur am Stadttheater Breslau, als Oberregisseur am Stadttheater Hamburg und am Hoftheater Kassel. 1857 erfolgte seine Aufnahme in das Ensemble des Berliner Hoftheaters. 1870 nahm B. Abschied von der B¨uhne.
Baumeister, Willi, Maler, B¨uhnenbildner, * 22. 1. 1889 Stuttgart, † 31. 8. 1955 Stuttgart. W¨ahrend seiner Ausbildung an der Akademie in Stuttgart war B. auch in Paris und in der Schweiz k¨unstlerisch t¨atig. 1928 erhielt er an der Kunstgewerbeschule in Frankfurt / Main eine Dozentur u. a. f¨ur Gebrauchsgraphik, wurde 1933 als „entarteter Maler“ entlassen und 1941 mit Ausstellungsverbot belegt. 1939-44 arbeitete B. am Institut f¨ur Malstoffkunde der Farbenfabrik Herberts in Wuppertal. 1946 wurde er an die Akademie Stuttgart, 1951 zu deren Vizedirektor berufen. B., der 1950 in den „Darmst¨adter Gespr¨achen“ die moderne Kunst verteidigte, gilt als einer der f¨uhrenden deutschen abstrakten Maler und geh¨orte seit 1930 der Pariser K¨unstlergruppe Cercle de Carr´e an. Ausgehend von konstruktivistischen Mauerbildern (1919), ging B. seit 1930 zu „Ideogrammen“ organischer Urformen, nach 1942 zu archaischen und exotischen Motiven, 1944 zu „metaphysischen Landschaften“ u¨ ber und schuf zuletzt von schwarzen Fl¨achen dominierte Serien. B. arbeitete an verschiedenen Theatern als B¨uhnenbildner und Intendant; er entwarf das Layout der Zeitschrift „Das Neue Frankfurt am Main“ und schrieb u. a. Das Unbekannte in der Kunst (1947). C AKL Baumer, Johann Wilhelm, Mediziner, Mineraloge, * 10. 9. 1719 Rehweiler bei Castell (Franken), † 4. 8. 1788 Allendorf / Lumda bei Gießen. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie 1739-41 in Halle und Jena trat B. 1742 eine Pfarrstelle in Krautheim in seiner heimatlichen Grafschaft Castell an. 1746 begann er in Halle das Studium der Medizin, wurde 1748 mit der Arbeit De haempoptoe promoviert und ließ sich als Arzt in Erfurt nieder. Er wurde dort kurf¨urstlicher Rat, o. Prof. der Arzneikunde und der Philosophie sowie Assessor am Medizinischen Kollegium. 1764 folgte er einem Ruf als Prof. der Medizin nach Gießen, wurde Oberamtsphysikus und Bergrat. B. besch¨aftigte sich in seinen Schriften mit medizinischen, philosophischen und philologischen Themen. Vor allem aber trat er als Mineraloge hervor, verteidigte die nach chemischphysikalischen Gesichtspunkten vorgenommene Klassifizierung der Mineralien und ver¨offentlichte 1763 eine Naturgeschichte des Mineralreichs mit besonderer Anwendung auf Th¨uringen. B. war der Vater von Johann Wilhelm Christian → B.
Baumer, Johann Wilhelm Christian, Geburtshelfer, * 1752 Gießen, † 1828 Riga. Wie sein Vater Johann Wilhelm → B. schlug B. die medizinische Laufbahn ein, wurde 1777 in Gießen promoviert (De meningibus), dort 1778 zum a. o. Prof. und 1785 zum Physikus von Nidda ernannt. F¨ur seine Verdienste als Geburtshelfer erfolgte 1787 seine Erhebung zum Hofrat. 1809 nahm er einen Ruf nach Rußland wahr, praktizierte zun¨achst
in St. Petersburg, dann in Mogilew am Dnjestr, seit 1813 in Bobruyrsk in Litauen und verlebte, inzwischen zum kaiserlich russischen Staatsrat und damit in den russischen Dienstadel erhoben, seine letzten Jahre in Riga. B. schrieb u. a. Obduction eines heimlich geborenen ermordeten Kindes und der Reste von 6 schon l¨anger verscharrt gewesenen Kinder (1809). B. war der Vater von Karl Friedrich Albrecht → B.
Baumer, Karl Friedrich Albrecht von, Milit¨ar, Ingenieur, * 15. 2. 1787 Nidda (Hessen), † 18. 10. 1839 Tiflis. Der Sohn des Mediziners Johann Wilhelm Christian → B. studierte in Gießen Rechtswissenschaften, Mathematik und Physik, u¨ bersiedelte mit seinen Eltern 1809 nach St. Petersburg und wurde dort in das adlige Kadettenkorps aufgenommen. 1815 wurde er Ingenieuroffizier, Bibliothekar und Aufseher des Modellsaals der Offiziersschule in St. Petersburg und erlangte 1818 die philosophische Doktorw¨urde der Univ. Gießen. Im russischen Milit¨ardienst avancierte B. zum Oberstleutnant. 1831 nahm er an der Niederschlagung des polnischen Aufstands teil, wurde Oberst, 1832 Chef des Geniewesens der kaukasischen Armee und 1839 Generalmajor. Baumert, Georg, Chemiker, * 13. 3. 1852 Hirschberg (Schlesien), † 30. 10. 1927 Halle. Nach dem Studium der Chemie in Halle (Promotion 1878, Derivate des Diacetonalkamin’s und des Acetophenon’s) war B. als Assistent am technischen Laboratorium des Polytechnikums in Karlsruhe, an der agrikulturchemischen Versuchsanstalt und am chemischen Universit¨atslaboratorium in Halle t¨atig. 1881 habilitierte er sich mit der Arbeit Das Lupinin. Ein Beitrag zur Kenntnis der Lupinenalkaloide war seitdem Privatdozent und wurde er 1891 Vorsteher des Versuchslaboratoriums des Landwirtschaftlichen Instituts der Univ., 1904 Leiter des Universit¨atslaboratoriums f¨ur Nahrungsmittelchemie. 1910 erfolgte B.s Berufung zum a. o. Prof. der Chemie, 1921 seine Emeritierung. B. ver¨offentlichte zahlreiche Untersuchungen zur Nahrungsmittelchemie (u. a. zu den Lupinen) und ver¨offentlichte 1893 ein mehrfach wiederaufgelegtes Lehrbuch der gerichtlichen Chemie. Baumert, (Friedrich) Moritz, Chemiker, * 26. 12. 1818 Hirschberg (Schlesien), † 14. 9. 1865 Berlin. B., Sohn eines Kaufmanns, begann 1838 in Breslau das Studium der Medizin und Chemie, wurde 1842 in Berlin mit der Dissertation De rheumatismo musculari uteri et hysteralgia rheumatica promoviert und ließ sich als Arzt in Breslau nieder. 1852 habilitierte er sich mit der Arbeit Chemische Untersuchungen u¨ ber die Respiration des Schlammpeizgers (Cobitio fossilis) an der dortigen Univ. f¨ur Chemie, zum Privatdozent und 1855 in Bonn a. o. Professor. Zu seinen ¨ Publikationen z¨ahlen u. a eine Abhandlung Uber das Vorkommen des Zuckers im thierischen Organismus (1850) und mehrere Schriften u¨ ber das Ozon. Bei der Arbeit an seiner Habilitationsschrift u¨ ber die Respiration des Cobitis fossilis nutzte B. schon fr¨uh die Gasanalyse f¨ur physiologische Un¨ tersuchungen. C Arzte Schlesien
Baumg¨artel, Friedrich Johannes, evang. Theologe, * 14. 1. 1888 Plauen / Vogtland, † 11. 6. 1981 Erlangen. B. studierte Theologie an den Universit¨aten Greifswald, Bonn, Leipzig und Berlin (Lic. theol. 1914), wurde 1914 von der Univ. Leipzig zum Dozenten und 1921 zum a. o. Prof. des Alten Testaments ernannt. 1922 erhielt er eine o. Professur an der Univ. Rostock, wechselte 1928 nach Greifswald, 1937 nach G¨ottingen und 1941 nach Erlangen. Dort hatte er bis zu seiner Emeritierung (1956) den Lehrstuhl f¨ur Alttestamentliche Theologie inne. Zu B.s Publikationen z¨ahlen neben etlichen Schriften u¨ ber das Alte Testament (u. a. Verheißung. Zur Frage des evangelischen Verst¨andnisses des Alten Testaments, 1950) ein Hebr¨aisches W¨orterbuch zur Genesis (1938).
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Baumg¨artel Baumg¨artel, Johann Christian, Fabrikant, * 16. 12. 1748 Plauen, † 23. 12. 1800 Plauen. Der einer alten Plauener Tuchmacher- und Schleierh¨andlerfamilie entstammende B. war zu seiner Zeit der f¨uhrende Baumwollmanufakturbesitzer des Vogtlands. Zwar scheiterten seine Bem¨uhungen, auf einer 1790 / 91 unternommenen Studienreise durch England eine moderne Spinnmaschine zu erwerben; die dort gemachten Beobachtungen reichten jedoch aus, um in seinen heimischen Manufakturen die Maschinen und Arbeitsabl¨aufe soweit zu verbessern, daß er mit den mit Hilfe modernster Technik erzeugten Baumwollwaren aus England konkurrieren konnte. Die so erreichte europ¨aische Wettbewerbsf¨ahigkeit bewirkte einen erheblichen Aufschwung der gesamten vogtl¨andischen Textilindustrie. Durch die Handelshemmnisse und den wirtschaftlichen Niedergang w¨ahrend der Napoleonischen Kriege kamen die Gesch¨afte B.s, der wegen seines Reichtums den Beinamen „F¨urst von Plauen“ trug, allerdings weitgehend zum Erliegen. Sein 1781-89 entstandenes fr¨uhklassizistisches Palais beherbergt heute das Vogtl¨andische Heimatmuseum. C NDB Baumg¨artel, Karl Emmerich, Pseud. Erich Schardenberg, o¨ sterr. Journalist, Schriftsteller, * 3. 11. 1889 Mauer bei Wien, † 27. 8. 1958 Linz. Nach dem Studium in Graz und Wien war B. Sekret¨ar des Landesbildungsamts in Ober¨osterreich, seit 1926 Bibliothekar der Stadtb¨ucherei und sp¨ater als Chefredakteur in Linz t¨atig. B. schrieb Romane, Novellen, H¨orspiele und Lyrik (u. a. Die Gedichte des Knaben, 1926). 1943 erhielt er den Schrifttumspreis der Stadt Linz. C DLL, 20. Jh. Baumg¨artner, Adam Friedrich Gotthelf, Verlagsbuchh¨andler, Schriftsteller, * 15. 9. 1759 Schneeberg (Sachsen), † 29. 11. 1843 Leipzig. Den Beruf eines Advokaten in Leipzig gab der einer N¨urnberger Patrizierfamilie entstammende B. auf und gr¨undete eine Verlagsbuchhandlung und ein „Industriecomptoir“. Er schrieb neben einigen Romanen Gustav Adolf, K¨onig der Schweden, als Freund und Liebender (1801) und gab u. a. 1803-10 „Das Magazin aller neuen Erfindungen“, 1805-10 das „Magazin zur Bef¨orderung der Industrie“ heraus. B. stellte Spielkarten her und belieferte mit seiner Kartenfabrik in Berlin auch das Hauptstempelamt des preuß. Finanzministeriums. F¨ur seine wirtschaftlichen Verdienste wurde er 1810 zum preuß. Generalkonsul im K¨onigreich Sachsen, 1820 zum preuß. Geheimen Hofrat ernannt. B. geh¨orte zahlreichen Gelehrten Gesellschaften und u. a. dem Polytechnischen Verein in M¨unchen an. C ADB
Baumg¨artner, Albrecht Heinrich, Historiker, Beamter, * 5. 5. 1743 Erlangen, † 26. 9. 1809 Erlangen. B., Sohn eines Hoftapezierers, studierte in Erlangen Philosophie, Geschichte, Theologie, Kameralistik und Altertumskunde, wirkte 1760-69 als Hauslehrer in Regensburg und Ansbach, sp¨ater als Lotto-Sekret¨ar in Ansbach. Er u¨ bersetzte antike Schriften u¨ ber das Kriegswesen und gelangte an die Hofbibliothek in M¨unchen. 1779 gab er eine Vollst¨andige Sammlung aller Kriegs-Schriftsteller der Griechen, sowohl strategischen als taktischen Inhalts heraus. 1783 wurde B. Amtmann in Baiersdorf, Markgr¨aflicher Kammerrat, 1786 Kgl. Preuß. Kriegsrat und Resident im Fr¨ankischen Kreis, 1797 Kammeramtmann in Frauenaurach. Baumg¨artner, Georg August, Pseud. Georg Agi, August Georges, Journalist, * 30. 8. 1869 Biberach (W¨urttemberg), † n. e. Seine journalistische Laufbahn begann B. beim „Oberschw¨abischen Anzeiger“. 1896 ging er als wissenschaftlicher Korrektor an die Deutsche Verlagsanstalt Union in Stuttgart, wechselte 1896 an die „Allgemeine Zeitung“ in
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M¨unchen und war 1902-20 Redakteur der „M¨unchener Neuesten Nachrichten“. B. war u. a. Vorsitzender der Theatergemeinde und des Festausschusses bei der Er¨offnung des Deutschen Museums, leitete 1925 die Ausstellung „Bayerisches Kunsthandwerk“ und die „Deutsche Verkehrsausstellung“, ferner die Ausstellung „Heim und Technik“ (1927) und den Wiederaufbau des Tierparks Hellabrunn. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete B. in der Kriegsinvalidenf¨ursorge und gr¨undete mehrere gemeinn¨utzige Organisationen. C Reichshandbuch
Baumg¨artner, Hieronymus, auch Paumg¨artner, Baumgartner, Reformator, * 9. 3. 1498 N¨urnberg, † 8. 12. 1565 N¨urnberg. Der dem N¨urnberger Patriziat entstammende B., Sohn eines Ratskonsulenten, studierte die Artes sowie Jurisprudenz in Ingolstadt, Leipzig und Wittenberg, wo er mit Philipp → Melanchthon und Martin → Luther verkehrte. 1478 wurde er dort o. Professor. Nach N¨urnberg zur¨uckgekehrt, wurde er 1498 Ratskonsulent, 1525 Ratsmitglied, 1533 a¨ lterer B¨urgermeister, 1549 Mitglied des Septemvirats und 1558 des Triumvirats. B. vertrat N¨urnberg auf den Reichstagen von Speyer (1529) und Augsburg (1530) sowie 1536 in Schmalkalden. Wegen eines Streits des Schw¨abischen Bundes mit N¨urnberg 1544 auf der R¨uckkehr vom Reichstag in Speyer von Albrecht von Rosenberg gefangengenommen, kam B. erst 1545 gegen eine L¨osegeldzahlung frei. Als Vork¨ampfer der Reformation nahm er 1525 am N¨urnberger Religionsgespr¨ach teil, u¨ ber das er einen eingehenden Bericht verfaßte. B. war an der Umwandlung der N¨urnberger Schule St. Aegidien in ein Gymnasium sowie am Ausbau der Ratsbibliothek beteiligt und stand in engem Briefverkehr mit Melanchthon und Luther. C NDB Baumg¨artner, Johann Baptist, auch Baumgartner, Musiker, Komponist, * 1723 Augsburg, † 18. 5. 1782 Eichst¨att. B., Sohn eines Hoffl¨otisten, machte sich in Wien und Hamburg einen Namen als Violoncellist, war 1776 in Amsterdam t¨atig und folgte einem Ruf an die Kgl. Hofkapelle nach Stockholm. Wegen des Klimas erkrankt, kehrte er nach Deutschland zur¨uck und erhielt eine Anstellung als Hofmusikus des F¨urstbischofs von Eichst¨att. B. gab eine Instruction de Musique th´eorique et practique, a l’Usage du Violoncell (o. J.) heraus und komponierte u. a. vier Konzerte f¨ur Violoncello und Begleitung. C MGG Baumg¨artner, Karl Heinrich, Schriftsteller, Mediziner, * 21. 10. 1798 Pforzheim, † 11. 12. 1886 Baden-Baden. Das Medizinstudium begann B. 1815 in T¨ubingen und setzte es 1816-18 in Heidelberg fort. 1818-20 hospitierte er in Kliniken in Wien und Berlin, wurde Regimentsarzt eines J¨agerregiments in Rastatt und 1822 zur Artilleriebrigade nach Karlsruhe versetzt. Nach dem Besuch von Hospit¨alern in London und Paris wurde B. 1824 von der Univ. Freiburg auf den Lehrstuhl der Pathologie und Medizinischen Klinik berufen und 1857 zum Prorektor gew¨ahlt. Er ließ in Freiburg ein neues Spital bauen und gr¨undete die dortige Poliklinik. B. war Autor zahlreicher medizinischer B¨ucher, stellte eine Theorie der Zellbildung nicht nur in kleinsten Organismen, sondern auch im Weltall auf und schrieb u¨ ber Die Embryoanlagen durch Keimspaltung (1855). In seinen Publikationen besch¨aftigte sich B. auch mit der Sch¨opfungsgeschichte, den Naturreligionen; er schrieb Gedichte, Trauerspiele und eine Dramatische Schriften u¨ ber das Leben (1865 / 66) betitelte Geschichte der Staufer. C Bad Bio Baumg¨artner, Roman, Benediktiner, Schriftsteller, * 3. 11. 1762 Riedensheim bei Neuburg / Donau, † 2. 5. 1812 Handzell bei Aichach. B. trat 1785 in das Benediktinerkloster Andechs ein und wurde 1803 zum Prof. am Lyzeum von Amberg ernannt.
Baumgarten Er bet¨atigte sich als Erbauungsschriftsteller, ver¨offentlichte einige Gebet-, Beicht- und Kommunionb¨ucher, Gedichte und mehrmals neuaufgelegte Reden an J¨unglinge u¨ ber moralisch-religi¨ose Gegenst¨ande zur Veredlung sittlicher Gef¨uhle (2 Bde., 1808).
Baumgardt, David, Philosoph, * 20. 4. 1890 Erfurt, † 21. 7. 1963 Long Beach (New York). Nach dem Milit¨ardienst im Ersten Weltkrieg studierte B. in Berlin, M¨unchen, Freiburg / Breisgau, Wien und Heidelberg Philosophie und wurde 1920 in Berlin promoviert (Der Begriff der objektiven M¨oglichkeit in der Kritik der reinen Vernunft und in der modernen Ph¨anomenologie und Gegenstandstheorie). 1924-31 war er dort Privatdozent, seit 1932 a. o. Professor, wurde jedoch 1935 aufgrund der N¨urnberger Rassengesetze entlassen. B. emigrierte nach Großbritannien, trat 1935 eine Gastprofessur an der Univ. Birmingham an und floh bei Kriegsausbruch 1939 in die USA. Dort unterrichtete er bis 1941 an einer Qu¨akerschule in Pennsylvania, arbeitete 1941-54 als Berater f¨ur Philosophie und politische Ideologien in der Library of Congress und war 1955 / 56 Gastprofessor an der Columbia University. In seinen Schriften besch¨aftigte sich B. u. a. mit → Kant, Spinoza, Moses → Mendelssohn, der Philosophie der Romantik und der modernen Ethik. Er ver¨offentlichte u. a. Franz von Baader und die philosophische Romantik (1927), Der Kampf um den Lebenssinn unter den Vorl¨aufern der modernen Ethik (1933), Bentham and the Ethics of Today (1952, Nachdruck mit unpublizierten Bentham-Manuskripten, 1966) und Great Western Myths (1961). Eine Zusammenfassung der philosophischen Vorstellungen B.s erschien 1977 postum in Jenseits von Machtmoral und Masochismus. Hedonistische Ethik als kritische Alternative. C BHdE, Bd 2 Baumgart, Expeditus, Musiker, Philologe, * 13. 1. 1817 Glogau, † 14. 9. 1871 Bad Warmbrunn (Schlesien). B. studierte an der Univ. Breslau Philologie und Musik; nach der Promotion 1842 (De Q. Fabio Pictore, antiquissimo Romanorum historico) machte er eine l¨angere Italienreise. Zur¨uckgekehrt, wurde er 1843 Lehrer f¨ur Theorie und Orgelspiel am Kgl. Institut f¨ur Kirchenmusik in Breslau und wechselte 1853 an das dortige St. Matthias-Gymnasium. Mit seinen Schriften leistete er einen Beitrag zur Kenntnis der Werke → Bachs und → H¨andels; die mit eigenen Erkl¨arungen versehenen Sonaten f¨ur Kenner und Liebhaber von Carl Philipp Emanuel → Bach gab er neu heraus. B. selber komponierte etliche, zumeist humoristische Lieder f¨ur M¨annerch¨ore. C ADB
Baumgart, Hermann, Germanist, Literaturhistoriker, * 24. 5. 1843 Elbing, † 8. 6. 1926 K¨onigsberg (Ostpreußen). Der einer Elbinger Patrizierfamilie entstammende B., Sohn eines Kaufmanns und Stadtrats, brach seine 1859 angetretene kaufm¨annische Lehre ab, holte das Abitur nach und studierte in K¨onigsberg Klassische Philologie und Geschichte. Anschließend wandte er sich dem Studium der Neueren Deutschen Literaturgeschichte zu, wurde 1874 promoviert und unterrichtete sieben Jahre am Kgl. Friedrichskolleg in K¨onigsberg. 1877 habilitierte sich B. an der dortigen Univ. (Lessing und Hamann), wurde 1880 erster a. o. Prof. der Neueren Deutschen Literaturgeschichte, 1890 Ordinarius. In seinen a¨ sthetischen Untersuchungen befaßte er sich vor allem mit der Katharsis-Auffassung sowie der Verbindung von ethischem und a¨ sthetischem Prinzip in der Trag¨odie. Im Mittelpunkt seiner Auseinandersetzung mit der neueren deutschen Literatur stand → Goethe (u. a. Goethes Faust als einheitliche Dichtung, 2 Bde., 1893-1902). C IGL
Baumgart, Johann, auch Pomarius, luth. Theologe, Schriftsteller, * 24. 6. 1514 Meißen, † 18. 3. 1578 Magdeburg. B. war in Wittenberg Sch¨uler → Luthers, → Melanchthons und Georg → Majors, wirkte nach dem Studium zun¨achst als Lehrer in Naumburg, wurde als Konrektor nach Meißen berufen und 1540 Pastor der dortigen Hl.-Geist-Kirche. Als Anh¨anger Luthers war B. Verfasser zahlreicher polemischer und katechetischer Schriften. Er schrieb 1561 das Schuldrama Das Gericht Salomonis, das eine Satire auf das zeitgen¨ossische Justizwesen darstellte. C NDB
Baumgart, Reinhard, Kritiker, Literaturwissenschaftler, * 7. 7. 1929 Breslau, † 2. 7. 2003 Sal`o (Gardasee). B., Sohn eines Arztes, fl¨uchtete mit seinen Eltern 1945 ins bayerische Allg¨au, studierte seit 1948 Geschichte, Germanistik und Anglistik in M¨unchen, Glasgow und Freiburg / Breisgau und wurde 1953 mit der Dissertation Das Ironische und die Ironie in den Werken Thomas Manns promoviert. 1953 / 54 war er Lektor f¨ur Deutsch an der Univ. Manchester, 1955-62 Lektor im Piper-Verlag in M¨unchen, wo er danach als freier Schriftsteller, Theater-, Film- und Kulturkritiker t¨atig war. 1967 wurde B. Gastdozent f¨ur Poetik an der Univ. Frankfurt / Main, 1990 o. Prof. f¨ur Deutsche Literaturwissenschaft an der TU Berlin. Seit 1982 geh¨orte er dem Vorstand des deutschen Literaturfonds an und war 1987 / 88 Fellow am Wissenschaftskolleg in Berlin. B. schrieb u. a. den Roman Der L¨owengarten (1961), Hausmusik. Ein deutsches Familienalbum (1962) und Panzerkreuzer Potjomkin (1967, Erz¨ahlungen). Seit Ende der sechziger Jahre ver¨offentlichte er nahezu ausschließlich Essays sowie Theater-, Film- und Literaturkritiken, die u. a. in Zeitungen und Zeitschriften wie der „Spiegel“, „Die Zeit“ und „S¨uddeutsche Zeitung“ erschienen. Seit 1978 trat B. vor allem als Autor dramatischer Arbeiten, zum Teil nach epischen Vorlagen hervor, von denen einige f¨ur das Fernsehen verfilmt wurden (Goethes Wahlverwandtschaften, 1978; Wahnfried, Bilder einer Ehe, 1985). B. wurde 1987 mit dem Johann-HeinrichMerck-Preis f¨ur literarische Kritik und Essay, 1988 mit dem Adolf-Grimme-Preis und 1991 mit dem Heinrich-MaerkerPreis f¨ur Essayisten ausgezeichnet. C KLG
Baumgarten, Alexander Gottlieb, Pseud. Aletheophilus, Philosoph, * 17. 6. 1714 Berlin, † 26. 5. 1762 Frankfurt / Oder. Der Sohn des Theologen Jakob → B. besuchte das Franckesche P¨adagogium in Halle, studierte dort seit 1730 die sch¨onen Wissenschaften und machte sich an der Univ. Jena mit der Philosophie Christian → Wolffs vertraut. B. lehrte dann an der Schule des Waisenhauses Poetik und Logik, erwarb mit der Arbeit Meditationes de nonnullis ad poema pertinentibus (1735, Neudruck 1983) die Magisterw¨urde, war seit 1737 an der Univ. Halle t¨atig und wurde 1740 Prof. der Weltweisheit und der sch¨onen Wissenschaften in Frankfurt / Oder. Der vor allem vom Rationalismus Wolffs beeinflußte B. begr¨undete – ankn¨upfend an Georg Bernhard → Bilfingers Dilucidationes philosophicae [. . .], in denen dieser eine Logik der Einbildungskraft monierte, und → Bodmers und → Breitingers Gedanken einer philosophischen Poetik aufnehmend – mit Aesthetica (2 Bde., 1750-58, ¨ Nachdr. 1961) die wissenschaftliche Asthetik als eigene philosophische Disziplin, die er als Wissenschaft von der sinnlichen Erkenntnis („scientia cognitionis sensitivae“, Aisthesis) verstand und zusammen mit der Logik (Acroasis logica. In Christianum L. B. de Wolff, 1761, Nachdruck 1973) der Er¨ kenntnislehre (Gnoseologie) zuordnete. Das Ziel der Asthetik, gleichzeitig Wissenschaft und Kunst, sah er in der Vervollkommnung der sinnlichen Erkenntnis als solcher, womit er Sch¨onheit meinte. Seine Theorie der Dichtkunst wirkte u. a. auf → Schiller und → Kant, der B.s Metaphysica (1739,
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1779, Nachdruck 1963; ins Deutsche u¨ bertragen und hrsg. v. Georg Friedrich → Meier: Metaphysik, 1776, 21783) auch seinen Vorlesungen zugrundelegte. Auf Physik und Metaphysik, also die theoretische Philosophie, folgt bei B. die praktische (Ethica philosophica, 1740, 31763), die Rechtsphilosophie, die Lehre vom Anstand (Prepologie) und vom Ausdruck (Emphaseologie). C Enz Phil Wiss
Baumgarten, Arthur, Jurist, * 31. 3. 1884 K¨onigsberg, † 27. 11. 1966 Berlin. B. studierte Rechtswissenschaft in T¨ubingen, Genf, Berlin und Leipzig. Noch im Jahr seiner Promotion zum Dr. jur. 1909 (Die Lehre von der Idealkonkurrenz und Gesetzeskonkurrenz) wurde er a. o. Prof. des Strafrechts in Genf, 1920 o. Prof. des Strafrechts und der Rechtsphilosophie in K¨oln, 1923 in Basel, wo er daneben zeitweise Richter am Strafgericht und am Appellationsgericht (1929 / 30) war. Seit 1930 Ordinarius in Frankfurt / Main, emigrierte er 1933 aus politischen Gr¨unden in die Schweiz und erhielt an der Univ. Basel eine Professur. Auf einer Reise durch die Sowjetunion 1935 nahm er Kontakt zur KPD auf; er war 1944 Mitbegr¨under der Schweizer Partei der Arbeit und der Schweizerisch-Sowjetischen Gesellschaft. Nach Gastprofessuren 1945 an den Universit¨aten Leipzig und Berlin, siedelte B. 1949 in die Deutsche Demokratische Republik u¨ ber und lehrte bis zur Emeritierung 1953 als o. Prof. des Rechts an der Humboldt-Universit¨at in Berlin; 1952-60 war er Pr¨asident der Deutschen Akademie f¨ur Staats- und Rechtswissenschaften „Walter Ulbricht“. B. ver¨offentlichte u. a. Die Wissenschaft vom Recht und ihre Methode (2 Bde., 1920-22), Erkenntnis, Wissenschaft, Philosophie. Erkenntniskritische und methodologische Prolegomena zu einer Philosophie der Moral und des Rechts (1927), Rechtsphilosophie (in: Handbuch der Philosophie, 1929), Grundz¨uge der juristischen Methodenlehre (1939), Die Geschichte der abendl¨andischen Philosophie. Eine Geschichte des geistigen Fortschritts der Menschheit (1945) und Bemerkungen zur Erkenntnistheorie des dialektischen und historischen Materialismus (1957). C Diestelkamp Baumgarten, Eduard, Philosoph, Soziologe, * 26. 8. 1899 Freiburg / Breisgau, † 15. 6. 1982 Frankfurt / Main. Nach der Promotion bei seinem Onkel Max → Weber an der Univ. Heidelberg (1924, Innere Formen der Vergemeinschaftung. Material-soziologische Untersuchung zur Deutung einer gegenw¨artigen Kulturbewegung) war B. 1926-31 als Instruktor sowie seit 1927 als Prof. der Philosophie an der University of Wisconsin t¨atig. Als Abraham Lincoln Fellow wechselte er 1929 an die Univ. Freiburg / Breisgau, erhielt 1933 an der Univ. G¨ottingen einen Lehrauftrag f¨ur Amerikakunde, lehrte nach der Habilitation 1936 dort auch englische und amerikanische Philosophie. 1940 wurde B., der 1937 in die NSDAP eingetreten war, als o. Prof. und Direktor des Philosophischen Instituts nach K¨onigsberg berufen. Nach der Flucht aus Ostpreußen erhielt er 1948 eine Gastprofessur f¨ur Soziologie an der Univ. Freiburg und folgte sp¨ater einem Ruf nach Mannheim. B., ein Enkel des Historikers Hermann → B., vertrat eine auf breiter historischer und geisteswissenschaftlicher Basis stehende Philosophie und Soziologie. Er ver¨offentlichte u. a. Die geistigen Grundlagen des amerikanischen Gemeinwesens (2 Bde., 1936-38), Der Pragmatismus: Emerson, James, Dewey (1938) und Max Weber. Werk und Person (1964) und war Mitherausgeber eines Teils des Nachlasses Webers. Baumgarten, Ernst Georg August, Konstrukteur, * 21. 1. 1837 Johanngeorgenstadt / Erzgebirge, † 23. 6. 1884 Colditz. B., Sohn eines Grenzzollaufsehers, studierte 1857-59 in Tharandt Forstwissenschaften, erhielt 1869 eine Stelle als
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Oberf¨orster in Pleißa und u¨ bersiedelte 1871 nach Gr¨una bei Chemnitz. Schon in Pleißa konstruierte er das erste Modell eines ein Meter langen zigarrenf¨ormigen, starren Lenkballons. Es folgten von dampfgetriebenen Propellern bewegte Versuchsballons und der Bau eines 20 Meter langen eif¨ormigen, von gummiertem Baumwollstoff umh¨ullten Ballons. 1879 stellte B. in einer Patentschrift sein „Fl¨ugelluftschiff mit Lenkvorrichtung“ vor, unter dessen Gondel vier mit Handkurbeln bewegte Fl¨ugel f¨ur vertikale Bewegung sorgten. Nach dem Verlust seines Verm¨ogens von dem Leipziger Verlagsbuchh¨andler H. W¨olfert unterst¨utzt, baute B. 1880 in Leipzig einen 26 Meter langen, aus drei Gondeln bestehenden und mit Gas gef¨ullten Ballon. Trotz Mißerfolgen und vergeblichen Bem¨uhungen um staatliche F¨orderung f¨uhrte B.s Beispiel 1881 zur Gr¨undung des Berliner Vereins zur Bef¨orderung der Luftfahrt. C NDB
Baumgarten, Franziska, verh. Tramer, Psychologin, * 27. 9. 1889 Lodz, † 1. 3. 1970 Bern. Nach dem Studium der Psychologie in Krakau, Bonn und Z¨urich habilitierte sich B. 1929 an der Univ. Bern, wurde dort Privatdozentin und 1953 Honorarprofessorin der Psychologie und Psychotechnik. B. war Ehrensekret¨arin des Internationalen Verbands f¨ur Psychotests und Mitherausgeberin der „Psychotechnischen Zeitschrift“. Seit 1958 geh¨orte sie als erste Frau dem leitenden Ausschuß des Internationalen Instituts zur Erforschung der menschlichen Arbeit an. Zur Arbeitspsychologie ver¨offentlichte sie u. a. die Untersuchung Psychologie der Menschenbehandlung im Betriebe (1952). Sie entwickelte Charakter- und Eignungstests f¨ur Erwachsene und Kinder, neue Methoden der moralischen Erziehung und besch¨aftigte sich u. a. mit der L¨uge und der Entstehung von Haßgef¨uhlen bei Kindern und Jugendlichen.
Baumgarten, Gotthilf von, Musiker, Komponist, Milit¨ar, * 12. 1. 1741 Berlin, † 1. 10. 1813 Groß Strehlitz (Schlesien). Seine milit¨arische Karriere begann B. 1761 als Fahnenjunker im Tauentzienschen Infanterieregiment in Breslau. Er nahm am bayerischen Erbfolgekrieg teil, avancierte zum Stabskapit¨an, mußte den Dienst jedoch wegen einer Nervenkrankheit quittieren. 1780 trat er das Amt des Landrats des Kreises Groß Strehlitz in Schlesien an, das er 1783 ebenfalls aus Gesundheitsgr¨unden aufgeben mußte. In Breslau gab B. seit 1773 die Wochenzeitschrift „Beobachtungen in der Moralischen und Literarischen Welt zur Aufnahme des guten Geschmacks in Schlesien“ heraus. Bekannt wurde er vor allem als Komponist der romantisch-komischen Oper Zemire und Azor (1775) und von drei weiteren Singspielen. Baumgarten, Hans, Jurist, Journalist, * 4. 1. 1900 Berlin, † 24. 3. 1968 K¨onigstein / Taunus. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin und Freiburg / Breisgau und der Promotion zum Dr. jur. war B. zun¨achst als Referendar am Amtsgericht Berlin-Wedding t¨atig. Mit einem Volontariat bei der Korrespondenz Gelb in Berlin wechselte er in den Journalismus. Seit 1923 Redakteur beim „Berliner B¨orsen-Courier“, stieg er zum Leiter des Wirtschaftsressorts auf und wurde im April 1933 Chefredakteur. 1934-43 war er Chefredakteur der Fachzeitschrift „Der deutsche Volkswirt“. Nach dem Krieg geh¨orte er zu den Begr¨undern der „Wirtschafts-Zeitung“ (1946) in Stuttgart und der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (1949), als deren Mitherausgeber er bis 1965 zeichnete. Daneben hatte er an der Univ. Mainz einen Lehrauftrag f¨ur Publizistik inne. B. ver¨offentlichte u. a. Moritz von Sachsen, der Gegenspieler Karls V. (1941).
Baumgarten Baumgarten, Hermann (Carl August Hermann), Historiker, Politiker, * 28. 4. 1825 Lesse bei Wolfenb¨uttel, † 19. 6. 1893 Straßburg. B., Sohn eines evang. Pastors, begann das Studium der Philologie und Geschichte 1842 in Jena, wechselte nach Halle, wurde dort wegen burschenschaftlicher Umtriebe der Univ. verwiesen, konnte sein Studium aber 1848 in Bonn abschließen. 1848-52 redigierte er in Braunschweig die „Deutsche Reichszeitung“. 1853 ging er zu dem des Hochverrats angeklagten Historiker Georg Gottfried → Gervinus nach Heidelberg, ver¨offentlichte eine Verteidigungsschrift zu dessen Gunsten und arbeitete mit an dessen Geschichte des 19. Jahrhunderts. Seit 1855 in M¨unchen ans¨assig, befaßte er sich dort mit der spanischen Geschichte. 1859 u¨ bersiedelte B. als Publizist nach Berlin, ver¨offentlichte 1861 sein Werk Zur Geschichte Spaniens zur Zeit der Franz¨osischen Revolution und folgte einem Ruf auf den Lehrstuhl f¨ur Geschichte und Literatur am Polytechnikum in Karlsruhe. 1872 wurde er Prof. an der Univ. Straßburg. B. war ein liberaler Verfechter der preuß. F¨uhrungsrolle in Deutschland, verteidigte aber auch die Rechte des S¨udens. Er war der Vater von Otto → B. C Weber Baumgarten, Jakob, evang. Theologe, Liederdichter, * 1668 Wolmirstedt, † 29. 6. 1722 Berlin. Nach Abschluß seines 1693 in Halle begonnenen Studiums der Theologie diente B. 1697-1701 als Inspektor des Franckeschen P¨adagogiums in Halle und wurde zum Adjunkten der Theologischen Fakult¨at der Univ. ernannt. Zwischenzeitlich Compastor in Wolmirstedt bei Magdeburg, ging B. 1713 als Garnisonsprediger nach Berlin und wurde sp¨ater Pfarrer in Friedrichswerder und Dorotheenstadt. Neben einigen Predigten und theologischen Betrachtungen vero¨ ffentlichte B. mehrere, in die verschiedensten evang. Gesangb¨ucher eingegangene Kirchenlieder wie Keuscher Jesu hoch von Adel. B. war der Vater des Philosophen Alexander Gottlieb → B. und des Theologen Siegmund Jakob → B.
Baumgarten, Johann Christian Gottlob, Mediziner, Botaniker, * 7. 4. 1756 Luckau (Niederlausitz), † 29. 12. 1843 Sch¨aßburg (Siebenb¨urgen). B., Sohn des B¨urgermeisters von Luckau, bezog 1784 das Medizinisch-Chirurgische Kollegium in Dresden und wechselte 1785 an die Univ. Leipzig, wo er sich auch mit Botanik befaßte. 1790 wurde er zum Dr. phil., 1791 zum Dr. med. (De corticis ulmi campestris natura viribus usuque medico) promoviert. Von einem der Fortbildung dienenden Aufenthalt in Wien reiste B. weiter nach Siebenb¨urgen, ließ sich 1793 in Hermannstadt nieder und wurde 1794 Kreisarzt von Leschkirch, 1801 von Sch¨aßburg. 1807 legte B. dieses Amt nieder, um sich mit Unterst¨utzung des Grafen Johann → Haller von Hallerstein ganz seinen botanischen Studien zu widmen. 1819-41 hatte B. erneut das Physikat von Sch¨aßburg inne. Mit seiner 1816 herausgegebenen dreib¨andigen Enumeratio stirpium in magno principato Transsilvaniae praeprimis indigenarum schuf er die erste Beschreibung der Flora Siebenb¨urgens. Den vierten Band gab nach B.s Tod der Verein f¨ur siebenb¨urgische Landeskunde 1846 heraus. Baumgarten, Johann Christoph Friedrich, P¨adagoge, Schriftsteller, evang. Theologe, * 8. 9. 1773 Magdeburg, † 16. 7. 1847 Magdeburg. Der Sohn eines Schankwirts wurde Lehrer, 1797 Schulrektor in Dodendorf, 1803 Leiter der Gewerbschule und Vikar des Domkapitels in Magdeburg und 1823 Rektor der Volkst¨ochterschule. Daneben unterrichtete B. 1823-35 am Schullehrerseminar. Neben Baumgarten’s orthographischen Vorlegebl¨attern (1807) ver¨offentlichte er zahlreiche Schulb¨ucher
und didaktische Schriften, darunter Anleitungen zum Abfassen von Briefen und zum richtigen Gebrauch von Synonymen, Anweisungen f¨ur den Religions- und Hauswirtschaftsunterricht sowie Grammatik- und Rechen¨ubungen. C Neuer Nekr, Jg. 25
Baumgarten, Karl Friedrich, auch Carl F. B., Musiker, * um 1740 L¨ubeck, † 1824 London. B. erlernte bei Johann Paul → Kunzen in L¨ubeck das Orgelspiel, wanderte dann nach England aus und ließ sich um 1758 in London nieder, wo er als Musiklehrer, Geiger und Organist seinen Lebensunterhalt bestritt. Aufgrund seiner Begabung im Geigenspiel wurde er in verschiedenen Orchestern zum Kapellmeister bestimmt: 1763 am Haymarket Theatre in London, 1764 in Dublin, 1780-94 am Covent Garden Theatre in London und vor¨ubergehend in der Kapelle des Herzogs von Cumberland. B. war auch als ausgezeichneter Lehrer bekannt, der sich zudem f¨ur Astronomie und Mathematik interessierte. C MGG
Baumgarten, Konrad, auch Baumgartner, Bomgharten, Pomeranius, Drucker, erw¨ahnt 1498-1509 Rothenburg / Tauber. Der aus Rothenburg / Tauber stammende B. geh¨orte zu den zahlreichen Wanderdruckern seiner Zeit. 1498-99 schuf er in Danzig drei, 1500-02 in Olm¨utz neun Druckwerke, darunter eine Verteidigungsschrift des Heinrich → Institoris gegen die B¨ohmischen Br¨uder. Seit 1503 B¨urger und seit 1506 Hausbesitzer in Breslau, gab er dort u. a. 1504 eine mit Holzschnitten versehene Hedwigslegende heraus. 1506 immatrikulierte sich B. an der gerade gegr¨undeten Univ. Frankfurt / Oder und wurde zu deren ersten Drucker ernannt. Neben verschiedenen Schriften ihrer Professoren druckte er dort 1506 die prunkvolle Festschrift zur Gr¨undung der Univ., die Ulrich von → Huttens Gedicht Carmen in Marchiam enthielt. 1509 verkaufte B. die Druckerei seinem Gesellen Johann Hanau. Sein weiterer Werdegang liegt im dunkeln. C NDB
Baumgarten, Maximilian von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 26. 2. 1820 M¨ahrisch Neustadt, † 26. 3. 1898 Wien. B. absolvierte die Theresianische Milit¨arakademie, trat 1839 in das o¨ sterr. Heer ein und nahm 1846 an der Bek¨ampfung des polnischen Aufstands, 1848 / 49 an den Feldz¨ugen in Italien und Ungarn und 1864 am Krieg gegen D¨anemark teil. 1879 nahm B. als Division¨ar und Feldmarschalleutnant seinen Abschied. C Biogr Jahrb, Bd 3 Baumgarten, Michael, luth. Theologe, Politiker, * 25. 3. 1812 Haseldorf bei Hamburg, † 21. 7. 1889 Rostock. Der Sohn eines Bauern und Deichgrafen studierte in Kiel und Berlin Theologie, wurde 1839 Privatdozent in Kiel und 1846 Pastor an der Michaelskirche in Schleswig. Dort setzte er sich 1848 f¨ur die deutsche Sache ein, mußte 1850 fliehen und wurde von der Univ. Rostock zum Prof. der Theologie berufen. Pietistisch gepr¨agt, trat B. f¨ur eine auf Freiheit des Glaubens beruhende Volkskirche und gegen eine Staatskirche ein. Dies f¨uhrte 1856 zu seiner Entlassung aus der theologischen Pr¨ufungskommission und 1858 zum Verlust seines Lehrstuhls. Gegen die Anklage der Bek¨ampfung der Kirchenlehre und des Eidbruchs begann B. 1858 mit seiner Schrift Eine kirchliche Krisis in Mecklenburg einen jahrzehntelangen vergeblichen Kampf um Rehabilitierung, der ihm Geld- und Gef¨angnisstrafen einbrachte. B. war vor¨ubergehend Mitglied des Protestantenvereins und geh¨orte 1874-81 als Abgeordneter der Fortschrittspartei dem Reichstag an, wo er u. a. f¨ur die Zivilehe eintrat. C SHBL, Bd 1
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Baumgarten Baumgarten, Otto, evang. Theologe, * 29. 1. 1858 M¨unchen, † 21. 3. 1934 Kiel. B., Sohn des Historikers Hermann → B., stand nach dem Studium der Theologie in Straßburg, G¨ottingen und Z¨urich 1882-87 im badischen Kirchendienst. Er habilitierte sich 1888 in Halle, u¨ bernahm eine Predigerstelle in Berlin und erhielt 1890 eine a. o. Professur in Jena. 1894-1926 wirkte B. als o. Prof. der Praktischen Theologie und als Universit¨atsprediger in Kiel. 1898 geriet er wegen seines Eintretens f¨ur streikende Hafenarbeiter in Konflikt mit dem Kaiser. B. z¨ahlte zu den F¨uhrern des linken Protestantismus, war Mitbegr¨under und 1912-25 Vorsitzender des EvangelischSozialen Kongresses. 1919 geh¨orte er der deutschen Friedensdelegation an und setzte sich nach 1918 als Mitglied der Demokratischen Partei u. a. f¨ur die Neugestaltung der kirchlichen Verh¨altnisse ein. Als Gegner des Nationalsozialismus schrieb er 1926 Kreuz und Hakenkreuz. C RGG Baumgarten, Otto Nathanael, Jurist, Schriftsteller, * 24. 8. 1744 Berlin, † 2. 11. 1802 Berlin. Der Sohn eines Predigers und Beichtvaters der preuß. K¨onigin, Enkel des Theologen und Liederdichters Jakob → B., trat nach dem Studium in den preuß. Justizdienst ein. Dort avancierte er zum Kammergerichtsrat, 1783 zum Geheimen Obertribunalrat in Berlin und 1798 zum Geheimen Oberjustizrat. Er geh¨orte ferner der Gesetz- und ImmediatExaminationskommission an und war Mitverfasser eines 1781 erschienenen Briefwechsels u¨ ber die Justizreform in den Preußischen Staaten. Literarisch war B. bereits 1766 mit der Ver¨offentlichung seines Trauerspiels Karl von Drontheim hervorgetreten.
Baumgarten, Paul, Architekt, * 25. 6. 1873 Schwedt / Oder, † nach 1953. Seine Ausbildung begann B. an der Bau- und Gewerbeschule in Hamburg, setzte sie 1898-1901 an der TH BerlinCharlottenburg fort und ließ sich in Berlin als Architekt nieder. Bekannt wurde er vor allem durch den Bau von Industriellenvillen und Schl¨ossern. 1909 errichtete er in Berlin die Villa Max → Liebermann, 1914 die Villa Minoux, den Schauplatz der Wannseekonferenz 1942. Seit 1934 wurde B. als bevorzugter Theaterarchitekt → Hitlers u. a. mit den Umbauten des Berliner Schiller-Theaters, des Deutschen Theaters in M¨unchen und des Weimarer Nationaltheaters betraut. 1935 erhielt er von → Goebbels den Auftrag f¨ur das „Gautheater Saarpfalz“ in Saarbr¨ucken im Stil des von Paul → Schultze-Naumburg begr¨undeten „deutschen Bauens“. In Berlin leitete B. den Umbau des Schlosses Bellevue zum „G¨astehaus des Reichs“ und war 1938 / 39 am Bau der Neuen Reichskanzlei beteiligt. C AKL
Baumgarten, Paul Clemens von, Pathologe, * 28. 8. 1848 Dresden, † 10. 7. 1928 Dresden. B., Sohn eines Arztes, studierte in Leipzig und K¨onigsberg Medizin und erhielt 1873 nach der Promotion eine Assistentenstelle am Anatomischen Institut der Univ. Leipzig. 1874 wechselte er als Prosektor an das von Ernst Neumann geleitete Pathologisch-Anatomische Institut nach K¨onigsberg. 1877 wurde er nach der Habilitation dort zum Privatdozenten und 1881 zum a. o. Prof. der Pathologischen Anatomie berufen. Von 1889 bis zu seiner Emeritierung war B. Ordinarius seines Fachs in T¨ubingen. B. befaßte sich mit der Bakteriologie, der Immunit¨atsforschung und der Tuberkulose und entdeckte 1882 zeitgleich mit Robert → Koch den Tuberkelbazillus. Daneben erforschte er die Histogenese des tuberkul¨osen Prozesses und entwickelte einen Impfstoff gegen die Rindertuberkulose. B. berichtete in zahlreichen Publikationen u¨ ber seine Forschungsergebnisse und verfaßte u. a. ein Lehrbuch der pathogenen Mikroorganismen (1911). 1925 wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina verliehen.
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Baumgarten, Siegmund Jakob, evang. Theologe, * 14. 3. 1706 Wolmirstedt, † 4. 7. 1757 Halle / Saale. Der vom Pietismus gepr¨agte Sohn Jakob → B.s und Bruder Alexander Gottlieb → B.s unterrichtete am Franckeschen Waisenhaus in Halle und war seit 1732 Magister und Adjunkt der dortigen Theologischen Fakult¨at der Universit¨at. 1734 erfolgte B.s Promotion und seine Ernennung zum o. Prof. der Theologie. 1744 wurde er zum Direktor des Theologischen Seminars und zum Ephorus der kgl. Freitische ernannt. Da er, von der luth. Orthodoxie abweichend, eine von Christian → Wolff beeinflußte, gem¨aßigt aufgekl¨arte Theologie lehrte, geriet B. zeitweise in kirchliche Konflikte. B., einer der angesehensten Theologen der fr¨uhen Aufkl¨arung und von Voltaire „die Krone deutscher Gelehrter“ genannt, verfaßte zahlreiche theologische Abhandlungen in lateinischer und deutscher Sprache. Viele seiner Vorlesungen, wie Unterricht vom rechtm¨aßigen Verhalten eines Christen oder theologische Moral, zum akademischen Vortrage ausgefertigt (1762), erschienen in mehreren Auflagen im Druck. C RGG Baumgarten-Crusius, Gottlob August, evang. Theologe, * 1. 4. 1752 Penig bei Chemnitz, † 15. 12. 1816 Merseburg. B.-C., der nach dem Tod seines Vaters als zweiten Namen den seines Stiefvaters Christoph Crusius f¨uhrte, besuchte 1764-69 die F¨urstenschule in Grimma. Seit 1769 studierte er in Leipzig, u. a. bei seinem Stiefvater, Theologie. 1780 legte er das Kandidatenexamen ab, war Diakon der Dresdner Kreuzkirche und seit 1787 Stiftssuperintendent, Konsistorialassessor und Inspektor des Gymnasiums von Merseburg. 1789 wurde B.-C. promoviert und 1816 nach der Einverleibung Merseburgs durch Preußen zum Regierungsund Konsistorialrat und Mitglied der Regierung in Magdeburg ernannt. B. ver¨offentlichte eine Geschichte Europas, eine Satire, zahlreiche theologische Abhandlungen und 1779 einen Unterricht vom Eide und Warnung f¨ur Meineid. Er war der Vater von Karl Wilhelm und Ludwig Friedrich Otto → B.-C. C ADB
Baumgarten-Crusius, (Detlev) Karl Wilhelm, P¨adagoge, evang. Theologe, Schriftsteller, * 24. 1. 1786 Dresden, † 12. 5. 1845 Meißen. Nach dem Besuch der F¨urstenschule in Grimma und dem 1803 an der Univ. Leipzig begonnenen Studium der Theologie und Philologie war B.-C., Sohn des Gottlob August → B.-C., zun¨achst Choralis an der Domkirche von Merseburg. 1810 wurde er zum Konrektor der Domschule ernannt und wechselte, nachdem Merseburg an Preußen gefallen war, 1817 als Konrektor an die Kreuzschule nach Dresden. 1832 u¨ bernahm er das Rektorat der Landesschule in Meißen. B. ver¨offentlichte p¨adagogische Schriften, mit Kommentaren versehene Ausgaben der Odyssee und der Werke Suetons, schrieb Artikel f¨ur die „Deutschen Bl¨atter“ und den „Merkur“ und 1816 Vier Reden an die deutsche Jugend u¨ ber Vaterland, Freiheit, deutsche Bildung und das Kreuz. C ADB
Baumgarten-Crusius, Ludwig Friedrich Otto, luth. Theologe, * 31. 7. 1788 Merseburg, † 31. 5. 1843 Jena. B.-C., Sohn von Gottlob August → B.-C., besuchte die F¨urstenschule in Grimma und studierte in Leipzig Theologie und Philologie. Dort erlangte er 1808 den Magistergrad und wurde 1809 Mitglied des einst von August Hermann → Francke gegr¨undeten Collegium Philobiblicum. Er habilitierte sich im selben Jahr an der Philosophischen Fakult¨at, wurde 1810 zum Fr¨uhprediger an der Universit¨atskirche, 1812 zum a. o. und 1817 zum o. Prof. der Theologie an der Univ. Jena berufen. B.-C. geh¨orte der Lateinischen Gesellschaft in Jena, der Historisch-theologischen Gesellschaft in
Baumgartner Leipzig und der Gesellschaft zur Verteidigung des Christentums in Den Haag an. Als Theologe war er gleichermaßen Gegner der protestantischen Orthodoxie wie eines strikten Rationalismus. Als sein Hauptwerk gilt das zweib¨andige Kompendium der Dogmengeschichte (1840-46). C RGG
Baumgarten-Crusius, Moritz August, Mediziner, * 17. 12. 1810 Merseburg, † 2. 10. 1835 Halle / Saale. Der Enkel des Merseburger Stiftssuperintendenten Gottlob August → B.-C. bezog 1827 die Univ. Halle und studierte dort Medizin, Philosophie und Naturwissenschaften. Nach der Promotion zum Dr. med. 1831 in Berlin (De gastroet entero-malacia infantum) ging er auf eine wissenschaft¨ liche Reise durch Deutschland und Osterreich und nahm in Wien an der 10. Versammlung deutscher Naturforscher und ¨ Arzte teil. 1833 habilitierte er sich in Halle f¨ur Pathologie, Therapie, Psychiatrie und Syphilologie (Fragmenta physionomices medicae). Daneben f¨uhrte er eine a¨ rztliche Praxis und verfaßte Beitr¨age und Rezensionen f¨ur die „ErschGrubersche Enzyklop¨adie“. Zur Erlangung einer Professur schrieb er eine 1836 postum erschienene Periodologie, oder die Lehre von den periodologischen Ver¨anderungen im Leben des gesunden und kranken Menschen. C Neuer Nekr, Jg. 13 Baumgartner, Albert, auch Paumgartner, Taufname: Bernhard, Benediktiner, Musiker, * 27. 6. 1677 St. Leonhard am Forst (Nieder¨osterreich), † 16. 3. 1730 Melk. B. kam als Chorknabe in das Benediktinerstift Melk, wo er bei Joseph Mercklin Orgel- und vermutlich auch Kompositionsunterricht erhielt. 1692 nahm er die vakant gewordene Stelle des Organisten ein und erwarb den Titel eines „Compositor musices“. 1697 legte er das Gel¨ubde ab, wurde 1702 ordiniert und war seitdem Lehrer der Novizen f¨ur gregorianischen Gesang. 1711 wurde er von Abt Berthold von → Dietmayr zum Kapellmeister von Melk ernannt. B. geh¨orte zu den beherrschenden Pers¨onlichkeiten des Melker Musiklebens in der ersten H¨alfte des 18. Jahrhunderts. Er komponierte eine Messe, drei Offertorien, zwei Miserere, ein Salve Regina, f¨unf Motetten sowie Musik zu vier Benediktinerdramen. C MGG Baumgartner, Alexander, Jesuit, Literaturhistoriker, * 27. 6. 1841 St. Gallen, † 5. 10. 1910 Luxemburg. Nach seinem Eintritt in die Gesellschaft Jesu (1860) studierte B. in M¨unster und an den Jesuitenlehranstalten Feldkirch, Maria Laach und Ditton Hall (England) Theologie und Philosophie und wirkte seit 1867 als Sprachlehrer in Feldkirch, seit 1873 in Stonyhurst. Danach war er in den großen H¨ausern der deutschen Ordensprovinz in Holland und seit 1899 im Schriftstellerheim in Luxemburg als Mitarbeiter der „Stimmen aus Maria-Laach“ t¨atig. Einen Namen machte sich B. als Literaturhistoriker und Autor u. a. eines dreib¨andigen Werks u¨ ber → Goethes Leben und Werk und einer siebenb¨andigen Geschichte der Weltliteratur. Er schrieb Sonette, ein allegorisches Festspiel, Reisebilder aus Nordeuropa und eine politische Biographie seines Vaters Gallus Jakob → B. In seinen Publikationen wies sich B. als erkl¨arter Gegner des „l’art pour l’art“-Prinzips in der Literatur aus und rief damit den „katholischen Literaturstreit“ hervor. C LThK Baumgartner, Andreas Frh. von, Naturwissenschaftler, o¨ sterr. Staatsmann, * 21. 11. 1793 Friedberg (B¨ohmen), † 30. 7. 1865 Wien-Hietzing. B., Sohn eines B¨ackermeisters, war nach Promotion an der Univ. Wien (1810) als Assistent an den Lehrst¨uhlen f¨ur Philosophie, Mathematik und Physik besch¨aftigt. 1817 wurde er zum Prof. der Physik an das Gymnasium von Olm¨utz und 1823 an die Univ. Wien berufen. B. ver¨offentlichte Unter-
suchungen zur Mechanik, zu Dampfkesseln und -maschinen und gab 1826-37 die „Zeitschrift f¨ur Physik und verwandte Wissenschaften“ heraus. Nach seiner Lehrt¨atigkeit leitete B. Porzellan- und Tabakfabriken und 1846-48 die Errichtung der elektrischen Telegraphen. 1847 wurde er zum Hofrat bei der Allgemeinen Hofkammer, zum Leiter des Eisenbahnwesens und 1848 zum Minister der o¨ ffentlichen Arbeiten ernannt. 1851 erfolgte B.s Berufung zum Handels- und Finanzminister, seine Erhebung in den Freiherrenstand und die Wahl zum Pr¨asidenten der Akademie der Wissenschaften in Wien. Nach dem R¨ucktritt von seinen Minister¨amtern geh¨orte B. dem Staatsrat und seit 1861 dem o¨ sterr. Herrenhaus an. 1860 wurde er in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. C Wurzbach
Baumgartner zu Deutenkofen und Hundspoint, Augustin, auch Baungartner, Paumgartner, bayerischer Regierungskanzler, * um 1528 M¨unchen, † 18. 4. 1599 Landshut. B. stand seit 1557 als Regimentsrat und 1577-92 als Regierungskanzler in den Diensten des Herzogs → Albrecht V. von Bayern in Landshut. Bekannt wurde er durch die Rede, die er als Vertreter des Herzogs am 27. 6. 1562 auf dem Konzil von Trient hielt. Darin f¨uhrte er offen Klage u¨ ber die bei den Visitationen von 1558-60 zutagegetretenen Mißst¨ande beim bayerischen Klerus und forderte dringende Reformen, darunter die Priesterehe und die Gew¨ahrung des Abendmahls in beiderlei Gestalt. C NDB Baumgartner, David von, auch Paumgartner, Baumg¨artner, kaiserlicher Rat, * 1521, † 18. 4. 1567 Gotha. Der einem in N¨urnberg und Augsburg ans¨assigen Patriziergeschlecht entstammende B. war wie sein Vater Hans von → B. d. J. Mitglied des Geheimen Rats in Augsburg, gab sein B¨urgerrecht jedoch auf und lebte als kaiserlicher Rat am kaiserlichen Hof. Dort betrieb er f¨ur Kaiser → Karl V. die Unterwerfung der schw¨abischen Reichsst¨adte und hob 1551 in Kaufbeuren das Zunftregiment zugunsten einer aristokratischen Verfassung auf. Als Gl¨aubiger in Konkurs gegangener Augsburger Handelsh¨auser verlor B. sein Verm¨ogen, verlegte sich auf die Alchemie und schloß sich zur R¨uckgewinnung seines Besitzes in Hohenschwangau der Adelsverschw¨orung unter dem fr¨ankischen Ritter Wilhelm von → Grumbach an. Seit 1566 in der Reichsacht, geriet er bei der Erst¨urmung der Burg Grimmenstein durch Kurf¨urst → August von Sachsen in Gefangenschaft und wurde zum Tod auf dem Schafott verurteilt. C NDB Baumgartner, Eugen, Politiker, Jurist, * 21. 8. 1879 Freiburg / Breisgau, † 12. 4. 1944 Freiburg / Breisgau. Das Studium der Geschichte, Philosophie, Germanistik und der Rechtswissenschaften an der Univ. Freiburg / Breisgau beendete B. mit der Promotion zum Dr. phil. (1901) und zum Dr. jur. (1906). 1908-11 war er Prof. an der Lehrerbildungsanstalt in Ettlingen und 1911-19 Kreisschulrat in Stopfheim und Emmendingen. 1919 wurde er als Ministerialrat in das badische Kultusministerium berufen. Seit 1920 Mitglied des badischen Landtags und stellvertretender Vorsitzender der badischen Zentrumspartei, war B. 1923-31 Landtagspr¨asident. 1930 erfolgte seine Ernennung zum Pr¨asidenten des badischen Rechnungshofs und die Wahl zum Vorsitzenden der badischen Zentrumspartei. Seit 1931 badischer Minister f¨ur Kultus und Unterricht, wurde er 1933 vom nationalsozialistischen Regime zwangspensioniert. Publizistisch trat B. als Verfasser juristischer und staatswissenschaftlicher Abhandlungen, einer Kurzen Einf¨uhrung in die Staatslehre (1921) und der Denkschrift Das Reich und die L¨ander (1924) hervor. C Bad Bio N.F., Bd 2
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Baumgartner Baumgartner, Gallus Jakob, schweizer. Politiker, Publizist, * 18. 10. 1797 Altst¨atten (Kt. St. Gallen), † 12. 7. 1869 St. Gallen. Nach Studien in der Schweiz bezog B. 1816 die Univ. Wien, wurde als Mitglied einer schweizer. Studentenverbindung verhaftet und 1820 ausgewiesen. In St. Gallen wurde er 1823 Staatsarchivar, 1825 Mitglied des Großen Rats, 1826 erster Stadtschreiber und 1827 Legationsrat in der Eidgen¨ossischen Tagsatzung. B. schuf nach der Julirevolution eine neue Verfassung und berief, seit 1831 erster Regierungsrat, 1834 die Badener Konferenz zur Beilegung des zwischen Kirche und Staat bestehenden Konflikts um die Aufhebung des Bistums Chur-St. Gallen ein. Zun¨achst F¨uhrer der Liberalen, als Gegner des Aargauer Klostersturms seiner Partei aber entfremdet, trat er 1841 ab, kehrte jedoch 1843 mit Hilfe der Konservativen in den Regierungsrat zur¨uck. Seit 1848 war B. als Advokat und Publizist t¨atig, von 1853 an Direktor der S¨ud-Ost-Bahn, wurde Landammann und nahm 1864 Abschied von der Politik. B. begr¨undete die „Schweizer Zeitung“. Er ver¨offentlichte u. a. Die Schweiz in ihren K¨ampfen und Umgestaltungen von 1830-1850 (4 Bde., 1853-66, Neuausg. 1868) und Geschichte des schweizerischen Freistaates und Kantons St. Gallen (3 Bde., 1868-90). ¨ auch Johann B., Kaufherr, Baumgartner, Hans d. A., * 29. 2. 1456 N¨urnberg, † zwischen 10. 9. und Oktober 1527 Augsburg. Der einer N¨urnberger Kaufherren- und Patrizierfamilie entstammende B. u¨ bersiedelte 1485 nach Augsburg. Dort gelangte er durch sein Engagement im Großhandel, durch Silbervertr¨age beim Tiroler Bergbau und durch Darlehen an den Kaiser zu großem Verm¨ogen und Einfluß. 1502 wurde er von Kaiser → Maximilian zum kaiserlichen Rat und Pfleger von Ehrenberg bei F¨ussen ernannt. Er war der Vater von Hans → B. d. J. C NDB
Baumgartner, Hans d. J., Frh. von, Kaufherr, kaiserlicher Ratgeber, * 1488 Augsburg, † 20. 9. 1549 Schwabm¨unchen (?). Schon 1507-15 unternahm B. f¨ur seinen Vater, den Kauf¨ Gesch¨aftsreisen nach Italien, Engherrn Hans → B. d. A., land, Frankreich und Portugal. Als einer der Hauptgewerker im Tiroler Bergbau und seit 1520 als Alleininhaber der Firma entwickelte sich B. zur f¨uhrenden Figur im Metallhandel Tirols. Wie sein Vater Geldgeber der Habsburger, finanzierte er die Kriege der Kaiser → Karl V. und → Ferdinand I., t¨atigte aber auch Finanzgesch¨afte mit dem franz¨osischen K¨onig. Seit 1530 legte er sich ausgedehnten Grundbesitz im Allg¨au zu und ließ sich im 1535 erworbenen Hohenschwangau einen prachtvollen Neubau errichten. Als Gegner der Reformation und Berater Karls V. wirkte B., seit 1537 Freiherr, im Schmalkaldischen Krieg an der Unterwerfung der oberdeutschen St¨adte mit. In Augsburg setzte er 1548 die Errichtung einer patrizischen Stadtregierung durch und geh¨orte dem Geheimen Rat an. Neben Anton → Fugger galt B. als der reichste Mann des Deutschen Reichs. Er war der Vater von David von → B. C NDB Baumgartner, Hans, schweizer. Photograph, * 10. 9. 1911 Altnau (Kt. Thurgau), † 28. 12. 1996 Frauenfeld. B., Sohn eines Polizisten, trat 1927 in das Lehrerseminar in Kreuzlingen ein, studierte an der Univ. Z¨urich, war 1937-69 Sekundarlehrer in Steckborn und unterrichtete 1969-77 Naturwissenschaften an der Schule f¨ur Pflegeberufe in Frauenfeld. Seit 1935 arbeitete er als Photograph, insbesondere von Reportagen, f¨ur zahlreiche schweizer. Zeitschriften (u. a. „F¨ohn“, „Du“, „Camera“). B. ver¨offentlichte Erlebnis, Ergebnis, Ereignis (1996). 1986 erhielt er den Kulturpreis des Kantons Thurgau. C HLS
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Baumgartner, Hans Michael, Philosoph, * 5. 4. 1933 M¨unchen, † 11. 5. 1999 Berg (Kr. Starnberg). B., Sohn eines Amtsrats, studierte Philosophie, Psychologie, Theologie und Mathematik an den Universit¨aten M¨unchen, Frankfurt / Main und G¨ottingen, wurde 1961 mit der Arbeit Die Unbedingtheit des Sittlichen. Eine Auseinandersetzung mit Nicolai Hartmann (gedruckt 1962) zum Dr. phil. promoviert und war anschließend bis 1968 Assistent in Saarbr¨ucken. 1971 habilitierte er sich in M¨unchen (Kontinuit¨at und Geschichte. Zur Kritik und Metakritik der historischen Vernunft, gedruckt 1972, Nachdr. 1997), war danach Prof. der Philosophie in M¨unster, seit 1976 in Gießen und 1985-98 an der Univ. Bonn. Er war Mitglied der SchellingKommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und 1986-92 Pr¨asident der Internationalen SchellingGesellschaft. B. besch¨aftigte sich vor allem mit der Geschichte der Philosophie, insbesondere mit → Kant, dem Deutschen Idealismus und der Philosophie des 20. Jh., Transzendentalphilosophie, Geschichtsphilosophie und Theorie der Geschichtswissenschaften. Er ver¨offentlichte u. a. eine Johann Gottlieb Fichte-Bibliographie (1968, mit Wilhelm G. Jacobs), Philosophie in Deutschland 1945-1975. Standpunkte, Entwicklungen, Literatur (1978, 41986, mit HansMartin Sass), Kants „Kritik der reinen Vernunft“. Anleitung zur Lekt¨ure (1985, 41996), Endliche Vernunft. Zur Verst¨andigung der Philosophie u¨ ber sich selbst (1991) und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1996, mit Harald Korten). B. war Mitherausgeber des Handbuchs philosophischer Grundbegriffe (3 Bde., 1973 / 74), seit 1976 der historischkritischen → Schelling-Ausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1978-88 der „Zeitschrift f¨ur Philosophische Forschung“ und seit 1989 des „Philosophischen Jahrbuchs“. Baumgartner, Heinrich, schweizer. P¨adagoge, kath. Theologe, * 24. 5. 1846 Cham (Kt. Zug), † 13. 10. 1904 Zug. B. studierte kath. Theologie am Collegio Borromeo in Mailand, an der Univ. T¨ubingen und der Theologischen Lehranstalt in Luzern. 1869 trat er in das Priesterseminar von Solothurn ein, empfing 1870 die Priesterweihe und diente zun¨achst als Kaplan in Steinhausen. 1871 erhielt er eine Stelle als Gymnasiallehrer in Zug und gr¨undete dort 1874 mit befreundeten Religionslehrern das aus einer Realschule und einem Internat bestehende Kollegium St. Michael. 1879 gab B. den Anstoß f¨ur die Bildung eines dem Kollegium angeschlossenen freien kath. Lehrerseminars und wurde dessen Leiter. Als Mitglied (seit 1887) und langj¨ahriger Vorsitzender des kantonalen Erziehungsrats, als Schulinspektor und Pr¨asident der Lehrmittelkommission f¨ur die Volksschulen erreichte B. eine Verbesserung des Schulwesens im Kanton Zug. Daneben war er Herausgeber verschiedener Fachzeitschriften wie der „P¨adagogischen Bl¨atter“ und schrieb u. a. einen Leitfaden der Seelenlehre oder Psychologie (1884). C Biogr Jahrb, Bd 9 Baumgartner, Johann Wolfgang, Maler, Zeichner, * 1709 Kufstein (?), † 7. 9. 1761 Augsburg. Nach einer Schmiedelehre und einer in Salzburg absolvierten Ausbildung zum Hinterglasmaler ging B. auf Wanderschaft ¨ durch Italien, Osterreich, B¨ohmen und Ungarn. 1733 ließ er sich als privilegierter Hinterglasmaler in Augsburg nieder, erhielt 1746 das B¨urgerrecht, wurde Mitglied der Malerzunft und nahm 1750 / 51 an der Gr¨undung der Societas Artium Liberalium teil. Unter dem Einfluß der Augsburger Akademie und von K¨unstlern wie Johann Baptist Bergm¨uller ging B. von der Darstellung von Landschaften und St¨adten in Hinterglastechnik zur Fertigung von Ornamentgraphiken ¨ und Wandmalerei im Rokokostil u¨ ber. Er schuf und zur Olu. a. Fresken f¨ur die Kirchen von Gersthofen, Eggenhausen
Baumgartner und Peilenhausen in Schwaben und Deckengem¨alde f¨ur den Bisch¨oflichen Palast in Meersburg. Daneben zeichnete B. Vorlagen f¨ur Kupferstecher und Verleger, f¨ur Kalender und religi¨ose Schriften und entwarf mehr als 400 Figuren von Monatsheiligen und große, mit Rokokoumrahmungen versehene „Staatskalender“ f¨ur Solothurn. C AKL
Baumgartner, Joseph, Politiker, * 16. 11. 1904 Sulzemoos bei Dachau, † 21. 1. 1964 M¨unchen. B., Sohn eines Kleinbauern, studierte Geschichte, Philosophie und National¨okonomie in M¨unchen und wurde 1929 zum Dr. rer. pol. promoviert (Der landwirtschaftliche Kredit im heutigen Bayern r. d. Rh.). Zun¨achst Volont¨ar beim Oberbayerischen Christlichen Bauernverein, wurde er 1929 stellvertretender Generalsekret¨ar der Bayerischen Christlichen Bauernvereine und war nach dem Verlust seiner Stellung 1933 als Versicherungsangestellter t¨atig. 1942 wurde er f¨ur zwei Monate inhaftiert und war dann Soldat. 1945 wurde er Personalreferent beim bayerischen Landesamt f¨ur Ern¨ahrung und Landwirtschaft. Seit 1948 lehrte er an der Landwirtschaftlichen Hochschule Weihenstephan, wo er 1950 Honorarprofessor wurde. B. geh¨orte zu den Begr¨undern des Bayerischen Bauernverbandes und der CSU. Im ersten Kabinett → Hoegner (1945 / 46) und in der nachfolgenden Regierung → Ehard hatte er bis zu seinem R¨ucktritt im Januar 1948 infolge heftiger Konflikte mit bizonalen Beh¨orden das Amt des bayerischen Landwirtschaftsministers inne. Nach ¨ seinem Ubertritt zur Bayernpartei (BP) wandelte er sich zum erkl¨arten Gegner der CSU. Bei der Debatte u¨ ber das Grundgesetz forderte er dessen Ablehnung und trat f¨ur ein selbst¨andiges Bayern in einer losen deutschen F¨oderation ein. 1946-62 war er Mitglied des Bayerischen Landtags (bis 1948 CSU, seit 1950 BP), 1949-51 Mitglied des Bundestags (BP). Er ver¨offentlichte u. a. Freies Bayern, aber preußische Provinz (1949). 1954 forcierte er die Bildung einer Landesregierung ohne die CSU und geh¨orte als Staatsminister f¨ur Ern¨ahrung, Landwirtschaft und Forsten und stellvertretender Ministerpr¨asident bis zu seinem R¨ucktritt im Oktober 1957 dem zweiten Kabinett Hoegner (Viererkoalition) an. Im Juli desselben Jahres u¨ bernahm er den Bundesvorsitz der F¨oderalistischen Union. 1959 legte B. den Vorsitz der Bayernpartei (1948-52 und seit 1953) nieder, nachdem infolge der bayerischen Spielbankenaff¨are Anklage gegen ihn erhoben worden war. Wegen Meineids im parlamentarischen Untersuchungsausschuß wurde er 1959 vom Landgericht M¨unchen zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Obgleich der Bundesgerichtshof dieses Urteil aufhob, kam es wegen Verhandlungsunf¨ahigkeit B.s zu keiner Neuaufnahme des Verfahrens. C MdB Baumgartner, Leopold, Botaniker, * 26. 1. 1835 Oberbergen / Kaiserstuhl, † 14. 4. 1897 Freiburg / Breisgau. Nach der Ausbildung am Lehrerseminar in Meersburg und Anstellungen an verschiedenen Schulen in Baden geh¨orte B. von 1868 bis zu seinem Tod dem Lehrk¨orper der Oberrealschule in Freiburg / Breisgau an. Einen Namen machte sich B., der als der beste Kenner der Breisgauer Flora galt, als Botaniker. Er war Mitbegr¨under und langj¨ahriger zweiter Vorsitzender des Badischen Botanischen Vereins. Auf B.s Initiative geht die Schaffung eines Landesherbariums zur¨uck, das er betreute und erweiterte. Als Konservator des D¨ollschen Herbariums sortierte und ordnete er dessen Best¨ande. C Bad Bio Baumgartner auf Breitebach, Martin Ritter von, auch Baumgarten, o¨ sterr. Bergwerksbesitzer, * 11. 11. 1473 Kufstein, † 1535 Kufstein. B., der einem in Wasserburg und Kufstein ans¨assigen geadelten Kaufmannsgeschlecht angeh¨orte, vergr¨oßerte den Bergwerksbesitz seiner Familie durch neue Bauten in Rattenberg (1494) und Lienz (1510). Trotz der Unterst¨utzung durch
die Regierung in Innsbruck konnte er seinen Besitz nicht halten, mußte 1509 seine Gruben in Schwaz aufgeben und 1522 den restlichen Besitz seinen Gl¨aubigern, den Fuggern, u¨ berlassen. B. veranlaßte einen Kufsteiner Schulmeister und sp¨ateren Kart¨auserprior namens Georg, einen Bericht ihrer 1507 / 08 gemeinsam unternommenen Pilgerreise ins Heilige Land zu schreiben, der 1594 im Auftrag von B.s Sohn unter dem Titel Martini a Baumgarten in Breitenbach peregrinatio in Aegyptum, Arabiam, Palaestinam et Syriam in N¨urnberg erschien. B., der nach dem Verlust seines Verm¨ogens das Amt des obersten Tiroler Bergmeisters aus¨ubte, wandte sich um 1522 dem Protestantismus zu und nahm eine Korrespondenz mit Martin → Luther auf. C NDB
Baumgartner, Matthias, Philosoph, * 20. 2. 1865 Schretzheim (heute zu Dillingen / Donau), † 22. 6. 1933, begraben in Schretzheim. Das Studium der Philosophie und der Naturwissenschaften in M¨unchen und Breslau beendete B. 1892 mit der Promotion in M¨unchen (Beitr¨age zur Psychologie und Erkenntnislehre des Wilhelm von Auvergne). 1896 habilitierte er sich dort mit der Arbeit Die Philosophie des Alanus de Insulis, im Zusammenhange mit den Anschauungen des 12. Jahrhunderts dargestellt f¨ur Philosophie und wurde 1897 als Ordinarius an die Univ. Freiburg / Breisgau berufen. 1901 erhielt er eine o. Professur in Breslau, die er bis zu seiner Emeritierung (1924) innehatte. B. befaßte sich vor allem mit der Geschichte der Philosophie des Mittelalters, u. a. mit dem Wahrheitsbegriff und der Erkenntnistheorie des Thomas von Aquin. Er vero¨ ffentlichte u. a. einen Grundriß der Metaphysik (1908) und war Mitherausgeber der „Beitr¨age zur Geschichte der Philosophie des Mittelalters“ (seit 1908). C Layer Baumgartner, Max, schweizer. Jurist, Zollfachmann, * 17. 3. 1912 Z¨urich, † 23. 9. 1975. B. studierte in Z¨urich Jura mit den Schwerpunkten Zoll- und Staatsrecht, war nach der Promotion als Anwalt t¨atig und trat 1939 in die Eidgen¨ossische Oberzolldirektion ein. Dort avancierte er zum Chef des Rechtsdienstes und zum Sekret¨ar der Zollrekurskommission. 1957 wurde er mit der Leitung der Rechtsabteilung betraut und 1974 zum stellvertretenden Direktor der Eidgen¨ossischen Zollverwaltung ernannt. Als solcher nahm B. an zahlreichen Staatsvertragsverhandlungen teil und war bis zu seinem Tod Pr¨asident der internationalen juristischen Kommission f¨ur die HAFRABA (Autostraße Hansest¨adte – Frankfurt – Basel). Daneben war B. seit 1945 als Dozent f¨ur Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Hochschule von St. Gallen t¨atig und erhielt 1967 den Titel eines Professors. Neben Arbeiten u¨ ber das Zollrecht ver¨offentlichte B. 1949 die Untersuchung Die Beziehungen des Legislative zur Exekutive eines h¨oheren Gemeinwesens. C Biogr Verstorb Schweiz, Bd 8 Baumgartner, Paul, Musiker, Musikp¨adagoge, * 21. 7. 1903 Altst¨atten (Kt. St. Gallen), † 19. 10. 1976 Locarno. Nach dem Studium in M¨unchen und in K¨oln bei Walter → Braunfels und Eduard → Erdmann war B. 1927-35 Klavierlehrer an der Rheinischen Musikschule in K¨oln. 1937 wurde er zum Ersten Musiklehrer an die Musikakademie Basel berufen und 1960 mit der Leitung der Meisterklasse betraut. Daneben leitete er 1953-62 die Meisterklasse f¨ur Klavier an der Nieders¨achsischen Hochschule f¨ur Theater und Musik in Hannover. Als Pianist machte sich B. besonders durch seine Konzerte mit zyklischen Darstellungen der Klavierwerke Ludwig van → Beethovens, Franz → Schuberts und Robert → Schumanns einen Namen. Er spielte Kompositionen von B´ela Bart´ok, Paul → Hindemith, Arnold → Sch¨onberg sowie Ernst → Krenek und trat als Klavierbegleiter u. a. von Pablo Casals, Pierre Fournier und S´andor V´egh auf. C NGroveD
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Baumgartner Baumgartner, Peter, auch Pawgarten, Pawngarttner, Jurist, bayerischer Kanzler, * um 1450 Wasserburg, † 4. 12. 1524. B., Sohn eines Getreideh¨andlers, der an der Reichenhaller Salzgewinnung beteiligt war, wurde 1478 Prof. des kanonischen Rechts in Ingolstadt. 1479 und 1482 war er Rektor der Universit¨at. Als Rat des Herzogs → Georg des Reichen von Bayern-Landshut wurde er mit diplomatischen Missionen betraut und u. a. an den Wormser Reichstag von 1495 entsandt. Nach dem Tod Georgs wurde B. 1503 zum Kanzler gew¨ahlt. Im Landshuter Erbfolgekrieg stand B. auf der Seite von Herzog → Albrecht IV., von dem er 1508 die Herrschaften Frauenstein und Erding erwarb. 1514 w¨ahlte ihn die Landschaft als Kanzler ab. 1523 war er noch nachweislich als Gesandter in herzoglich bayrischen Diensten t¨atig, danach verlieren sich seine Spuren. B. setzte m¨oglicherweise die Bayerische Chronik des Ulrich → Fuetrer fort. C NDB Baumgartner, Rudolf, Musiker, Dirigent, * 14. 9. 1917 Z¨urich, † 22. 3. 2002 Toskana. B. studierte am Konservatorium in Z¨urich Geige bei Stefi → Geyer (1936-41), Carl → Flesch (1942-44) und Wolfgang → Schneiderhan (1944-50) sowie Musiktheorie bei Paul → M¨uller (1936-38). Zu weiteren Studien hielt er sich in Paris und Wien auf. Er wirkte in verschiedenen kammermusikalischen Ensembles mit, u. a. 1941-45 im StefiGeyer-Quartett, 1945-54 im Z¨urcher Streichtrio und 1943-52 im Z¨urcher Kammer-Trio. 1955 / 56 gr¨undete er mit Schneiderhan das Festival Strings Lucerne, mit dem er bis 1998 weltweit konzertierte und zahlreiche Schallplatten einspielte. 1954-98 war B. Dozent am Konservatorium in Luzern, 1960-87 dessen Direktor. 1969-80 hatte er die k¨unstlerische Leitung der Internationalen Musikfestwochen in Luzern inne. B. gab Barockmeister heraus und bearbeitete mehrere Werke von → Bach, → Bruckner und Schostakowitsch. C MGG
Baumgartner, Walter, schweizer. evang. Theologe, * 24. 11. 1887 Winterthur, † 31. 1. 1970 Basel. B. begann 1906 in Z¨urich ein Studium der Geschichte und wechselte dann zur semitischen und klassischen Philologie u¨ ber. Nach der Promotion 1912 setzte er seine Studien in Marburg und Gießen bei Hermann → Gunkel fort. Seit 1915 war B. in Marburg Lektor f¨ur Hebr¨aisch, nach der Habilitation 1916 Dozent f¨ur das Alte Testament und von 1920 an a. o. Professor. 1928 wurde er als o. Prof an die Univ. Gießen und 1929 an die Univ. Basel berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung (1958) t¨atig blieb. B., der dort neben dem Alten Testament auch die hebr¨aische Sprache lehrte, ver¨offentlichte u. a. ein Hebr¨aisches und aram¨aisches Lexikon zum Alten Testament (mit Johann Jakob → Stamm, 4 Bde., 31967-90). Er war seit 1947 Ehrenmitglied der British Society for Old Testament Studies. C BBKL
Baumgartner, Wilhelm (Franz Joseph), schweizer. Komponist, Dirigent, * 15. 10. 1820 Rorschach (Kt. St. Gallen), † 17. 3. 1867 Z¨urich. B., Sohn eines Gastwirts, nahm in Z¨urich Musikunterricht bei Alexander M¨uller und ließ sich 1842 als Klavierlehrer in St. Gallen nieder. Im Winter 1844 / 45 ließ er sich in Berlin auf Anraten Felix → Mendelssohn Bartholdys von Wilhelm → Taubert in Klavier und Kompositionslehre unterweisen. 1845 siedelte B. nach Z¨urich u¨ ber, wirkte dort als Pianist, Klavierlehrer und Dirigent verschiedener Ch¨ore und wurde 1859 zum Musikdirektor der Univ. ernannt. Zu B.s Freunden z¨ahlte neben Richard → Wagner und Jacob → Burckhardt vor allem Gottfried → Keller, dessen Gedicht O mein Vaterland er vertonte. B. komponierte Lieder, Klavierst¨ucke und Chorwerke wie das seinerzeit popul¨are Noch sind die Tage der Rosen . . . C MGG
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Baumhauer, Heinrich (Adolph), Mineraloge, Chemiker, * 26. 10. 1848 Bonn, † 1. 8. 1926 Freiburg (Schweiz). Nach der Promotion bei August → Kekul´e in Bonn mit der Arbeit Die Einwirkung von Brom- und Chlorwasserstoff auf Nitrobenzol ging B. an die Univ. G¨ottingen, wo er 1870 unabh¨angig von Dmitrij I. Mendelejew und Lothar → Meyer ein nach steigendem Atomgewicht um einen Mittelpunkt aus Wasserstoff spiralf¨ormig angeordnetes periodisches System der Elemente aufstellte. Nach Lehrt¨atigkeiten in Frankenberg (Sachsen) und in Hildesheim unterrichtete er 1873-96 an der Landwirtschaftsschule in L¨udinghausen (Westfalen). 1895 folgte B. einem Ruf an die Univ. Freiburg (Schweiz), an der er bis 1925 Mineralogie (bis 1907 auch anorganische ¨ Chemie) lehrte. Seit 1869 untersuchte er die Atzfiguren an Kristallen, erforschte seit 1891 Mineralien aus dem Dolomit des Walliser Binnentals und beschrieb Rathit (1896), Seligmannit (1901) und Arsenoferrit (1913) als neue Mineralien. 1879 erzeugte B. k¨unstlich Calcit-Zwillinge und erkannte die Ellipsenform der Umlagerung. B., seit 1926 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, ist Namensgeber des von Solly entdeckten Baumhauerits. C NDB Baumhuter, ¨ Peter, Unternehmer, * 24. 8. 1846 Batenhorst (heute zu Rheda-Wiedenbr¨uck), † 25. 4. 1920. Der aus einer alten Landwirtsfamilie stammende B. wurde zum Seiler ausgebildet. 1863 errichtete er auf dem Hof seines Vaters in Batenhorst einen Seilerbetrieb. Nach einem Brand 1897 und dem Wiederaufbau des Unternehmens spezialisierte er sich auf die Herstellung von Antriebsschn¨uren f¨ur Zentrifugen und produzierte nach der Jahrhundertwende Erntebindegarn f¨ur M¨ahbinder. Nach dem Ersten Weltkrieg war die Verarbeitung von aus Deutsch-Ostafrika eingef¨uhrtem Sisal ein wichtiger Herstellungszweig des Unternehmens, das nach B.s Tod von dessen Sohn fortgef¨uhrt wurde. Baumkircher, Andreas Frh. von, S¨oldnerf¨uhrer, * um 1420 Wippach (Krain) (?), † 23. 4. 1471 Graz. B. k¨ampfte in zahlreichen Gefechten an der Seite Kaiser → Friedrichs III. 1452 wehrte er bei Wiener Neustadt die Ungarn ab und wurde daf¨ur zum Freiherrn erhoben und zum Obergespan des Preßburger Komitats ernannt. 1460 verteidigte B. Cilli gegen den Grafen von G¨orz und 1461 die Wiener Burg gegen → Albrecht VI. 1462 rettete B. den in der Wiener Burg belagerten Kaiser. Nachdem sich B. f¨ur diesen finanziell v¨ollig verausgabt hatte, verb¨undete er sich mit dem ungarischen K¨onig → Matthias Corvinus, dessen Untertan er durch seine ungarischen Besitzungen war, gegen den Kaiser. 1471 bat B. den Kaiser in Graz um eine Unterredung, wurde trotz der Zusicherung des freien Geleits gefangengenommen und enthauptet. C LexMA Baumstark, (Carl) Anton (Joseph Maria Dominikus), Orientalist, * 4. 8. 1872 Konstanz, † 31. 5. 1948 Bonn. B., Sohn von Reinhold → B., wurde nach dem Studium der Klassischen und Orientalischen Philologie in Heidelberg, Freiburg und Leipzig 1894 in Leipzig promoviert. 1898 habilitierte er sich an der Univ. Heidelberg f¨ur beide F¨acher und wirkte dort f¨ur kurze Zeit als Privatdozent. 1899 ging er zu Studienzwecken nach Rom, wo er 1901 die Zeitschrift „Oriens Christianus“ gr¨undete. Nach Forschungsaufenthal¨ ten in Pal¨astina und Agypten (1904 / 05) unterrichtete B. 1905-21 an einer kath. Privatschule in Sasbach (Baden). 1921 wurde er als Honorarprofessor nach Bonn, 1923 als a. o. Prof. der Semitistik und Vergleichenden Liturgiewissenschaften nach Nimwegen und 1926 als Prof. f¨ur Arabisch und Islamkunde nach Utrecht berufen. Seit 1930 war B. Ordinarius der Orientalistik in M¨unster. Zun¨achst Mitglied der Christlichen Volkspartei in Baden, trat er 1932 in die
Baur NSDAP ein. 1935 wurde er unter dem Vorwurf der Homosexualit¨at emeritiert. B. war einer der Begr¨under der liturgievergleichenden Forschung (Vom geschichtlichen Werden der Liturgie, 1923) und Spezialist f¨ur syrische Literatur. C Heiber, Univ I
Baumstark, Eduard, Staatswissenschaftler, * 28. 3. 1807 Sinzheim (Baden), † 8. 4. 1889 Greifswald. Aus kath. Kleinb¨urgertum Badens stammend, studierte B. seit 1825 in Heidelberg Jura sowie Kameralwissenschaften, wurde 1828 promoviert und habilitierte sich 1829. Als ¨ Ubersetzer von David Ricardos Hauptwerk Grundgesetze der Volkswirtschaft (1837) machte er sich einen Namen und wurde 1838 als Prof. f¨ur Staats- und Kameralwissenschaften nach Greifswald berufen. B. leitete seit 1843 die staatswissenschaftlich-landwirtschaftliche Akademie Eldena bis zu deren Aufl¨osung 1876 und war Ausschußmitglied des Centralvereins f¨ur das Wohl der arbeitenden Klassen. 1848-52 war der altliberale B. in der Nationalversammlung bzw. der Ersten Kammer Preußens, 1850 im Erfurter Unionsparlament und 1867 im Norddeutschen Reichstag politisch t¨atig. Im Preußischen Herrenhaus, dem er seit 1859 f¨ur die Univ. Greifswald angeh¨orte, f¨uhrte er eine minorit¨are liberale Fraktion und verteidigte Verfassung wie Rechtsstaat gegen adelskonservative Angriffe. Als Musikliebhaber gab er Volkslieder heraus und komponierte selbst. C B¨ohm Baumstark, Reinhold, Pseud. Lukianos Dendrosthenes, Klementine Beck, Stabilis, Politiker, Jurist, Publizist, * 24. 8. 1831 Freiburg / Breisgau, † 29. 1. 1900 Mannheim. Nach dem Studium der Rechte trat B., Sohn eines klassischen Philologen, in den badischen Justizdienst ein, in dem er vom Amtsrichter (1857) zum Landgerichtspr¨asidenten in Waldshut (1894) und in Mannheim (1897) avancierte. Urspr¨unglich Protestant, konvertierte B. 1869 zum Katholizismus und trat 1869 / 70 als Abgeordneter der Katholischen Volkspartei in der 2. badischen Kammer vor allem f¨ur die Angelegenheiten der Kirche ein. Im Zuge der Reichsgr¨undung wandelte sich B. vom Großdeutschen zum Bismarck-Anh¨anger und Gegner des Zentrums, dessen „politischen Katholizismus“ er u. a in seinen pseudonym erschienenen Fegefeuergespr¨achen (1872) bek¨ampfte. 1879 zog B. erneut f¨ur die Katholische Volkspartei in den Badischen Landtag ein, in dem er maßgeblich an der Wiederherstellung der kath. Seelsorge und der Beilegung des Kulturkampfes (1897) in Baden mitwirkte. 1883 erschien seine Autobiographie Plus ultra! Schicksale eines deutschen Katholiken 1864-82. B. war der Vater von Anton Joseph Maria Dominikus → B. C NDB
Baur, Albert, Maler, * 13. 7. 1835 Aachen, † 7. 5. 1906 D¨usseldorf. Das Medizinstudium brach B. zugunsten einer k¨unstlerischen Ausbildung 1854 ab, studierte 1855-56 an der D¨usseldorfer Akademie, nahm Privatunterricht und ging nach dem Milit¨ardienst 1861 zu Moritz von → Schwind nach M¨unchen. 1863 ließ er sich als Maler in D¨usseldorf nieder, wo er 1866 sein in M¨unchen begonnenes, heute ver¨ schollenes Bild Die Uberf¨ uhrung der Leiche Ottos III. von Italien nach Deutschland vollendete. 1867 wurde ihm eine Professur an der Kunstschule in Weimar angeboten, die er erst 1872 nach Studienreisen nach Frankreich, Holland und Italien annahm. Seit 1874 lebte B. wieder in D¨usseldorf. F¨ur das dortige Rathaus und andere o¨ ffentliche Geb¨aude im Rheinland schuf B. etliche monumentale Fresken historischen und allegorischen Inhalts. Er w¨ahlte auch antike und religi¨ose Motive (z. B. Christlicher M¨artyrer aus der r¨omischen Kaiserzeit, 1870). C AKL
Baur, Benedikt, Erzabt von Beuron, * 9. 12. 1877 Mengen (W¨urttemberg), † 10. 11. 1938 Beuron. B. trat 1897 in das Benediktinerkloster Beuron ein, studierte dort und in Maria-Laach Theologie und Philosophie und wurde in S. Anselmo in Rom zum Dr. theol. promoviert. Anschließend Prof. der Dogmatik und Klerikerpr¨afekt in Beuron, wurde B. 1912 von Papst Pius X. zum Rektor des Griechischen Kollegs in Rom berufen. Seit 1919 war B. auch Spiritual am Benediktinerkolleg in Salzburg, Prof. der Philosophie in Engelberg in der Schweiz und Prof. der Dogmatik in Beuron und S. Anselmo in Rom. 1938 wurde B., Verfasser des viel verwendeten liturgischen Betrachtungsbuchs Werde Licht, zum Erzabt von Beuron gew¨ahlt. C Munzinger Baur, Christian Jakob, Anatom, * 16. 2. 1786 T¨ubingen, † 2. 3. 1862 T¨ubingen. Der Sohn eines Chirurgen ging 1799-1802 bei seinem Vater in die Lehre und wurde 1805 von Hermann Friedrich → Autenrieth provisorisch und 1812 fest als Prosektor angestellt. 1817 wurde er zum Ehrendoktor und 1818 zum a. o. Prof. ernannt. B. ver¨offentlichte anatomische und physiologische Arbeiten, u. a. Tractatus de nervis anterioris superficiei trunci humani, thoracis raesertim, abdominisque (1818) und Anatomische Abhandlung u¨ ber das Bauchfell des Menschen (1835). Baur, Emil, Chemiker, * 4. 8. 1873 Ulm, † 14. 3. 1944 Z¨urich. B. studierte Chemie in M¨unchen und Berlin, wurde 1897 in M¨unchen mit der Arbeit Bestimmungen von Umwandlungspunkten, Affinit¨atsgr¨ossen, Dissoziationsw¨armen etc. auf elektrischem Wege promoviert, ging 1898 als Hilfslehrer nach Hof und war 1899 als Chemiker in New York t¨atig. 1900 trat er an der TH M¨unchen eine Stelle als Assistent und Privatdozent an, wechselte 1904 an die Univ. Leipzig und 1905 als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an das Reichsgesundheitsamt in Berlin. 1907 berief ihn die TH Braunschweig zum a. o. Prof. der Physikalischen Chemie. 1911 folgte B. einem Ruf als o. Prof. der Chemie an die ETH in Z¨urich. Die Ergebnisse seiner Forschungen auf dem Gebiet der physikalischen und der Elektrochemie publizierte B. in mehreren gr¨oßeren Einzeluntersuchungen und in zahlreichen Beitr¨agen f¨ur Fachzeitschriften. Baur, Erwin, Genetiker, Botaniker, * 16. 4. 1875 Ichenheim (Baden), † 2. 12. 1933 Berlin. B., Sohn eines Apothekers, schloß das Studium in Heidelberg, Freiburg / Breisgau und Kiel mit der Promotion in ¨ Medizin (1900, Uber complicierende Buchfelltuberkulose bei Lebercirrose) und in Botanik (1904, Untersuchungen u¨ ber die Entwickelungsgeschichte der Flechtenapothecien) ab. Nach Besch¨aftigungen als Schiffsarzt und Assistenzarzt in Kiel habilitierte sich B. 1904 in Berlin f¨ur Botanik. 1911 wurde er zum Ordinarius f¨ur Botanik an die Landwirtschaftliche Hochschule in Berlin berufen und erhielt dort 1914 den ersten Lehrstuhl f¨ur Vererbungslehre. Nach seiner R¨uckkehr von einer Austauschprofessur in Madison (USA) gr¨undete B. 1914 in Friedrichshagen das erste Institut f¨ur Vererbungslehre, 1922 ein gr¨oßeres Institut in Berlin-Dahlem und war seit 1927 Direktor des KaiserWilhelm-Instituts f¨ur Pflanzenz¨uchtung und Vererbungsforschung in M¨uncheberg (seit 1938 Erwin-Baur-Institut). Der von B. mit Eugen Fischer und Fritz Lenz verfaßte Grundriß der menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene (1921, 41936, engl. 1931, schwed. 1925) gilt als Klassiker der eugenischen Bewegung. Er besch¨aftigte sich vor allem mit Pflanzengenetik, unternahm Bastardisierungsversuche an verschiedenen Arten des L¨owenm¨aulchens (Antirrhinum), untersuchte deren Erbfaktoren und z¨uchtete u. a. die
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Baur S¨ußlupine. B., seit 1925 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, gr¨undete 1908 die „Zeitschrift f¨ur induktive Abstammungs- und Vererbungslehre“, 1929 die Zeitschrift „Der Z¨uchter“ und war mit Carl → Correns und Richard → Goldschmidt Begr¨under der Deutschen Gesellschaft f¨ur Vererbungswissenschaft (1921). C B¨ohm
Baur, Ferdinand, Bergmann, Geologe, * 19. 12. 1812 Essen, † 13. 6. 1871 Essen. Der Sohn eines Bergamtsdirektors war zun¨achst in der preuß. Staatsbergverwaltung t¨atig und diente zuletzt als Bergmeister beim Bergamt in D¨uren. 1847 erhielt B. die Stelle des Bergwerksdirektors des Eschweiler Bergwerksvereins, der a¨ ltesten, 1838 gegr¨undeten preuß. Bergbau-Aktiengesellschaft. B. gelang es, die durch die belgische Konkurrenz entstandenen Schwierigkeiten zu beheben. Er ließ die Gruben im Inde-Revier, vor allem die zum Eschweiler Kohlberg geh¨orende Zeche Centrum, das a¨ lteste und seinerzeit ertragreichste Werk, systematisch ausbauen. Sp¨ater erwarb er die Grube Anna bei Alsdorf (Wurm-Revier), die sich zur gr¨oßten Grube in der Umgebung von Aachen entwickelte. Damit legte B. den Grundstein f¨ur den Ausbau des Eschweiler Bergwerksverein zum bedeutendsten Unternehmen des Aachener Steinkohlereviers. Die Ergebnisse seiner geologischen Studien ver¨offentlichte B. in zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen. C NDB
Baur, Ferdinand Christian, evang. Theologe, * 21. 6. 1792 Schmiden bei Stuttgart, † 2. 12. 1860 T¨ubingen. Der a¨ lteste Sohn des Schmidener Pfarrers Jakob Christian B. wurde nach dem Studium in T¨ubingen 1809-14 und kurzer T¨atigkeit als Vikar und Repetent 1817 Prof. an dem der w¨urttembergischen Theologenausbildung dienenden „Niederen Seminar“ in Blaubeuren, wo er 1821 Emilie Becher, die Tochter eines Stuttgarter Arztes, heiratete (1802-1839, zwei S¨ohne, drei T¨ochter). Hier begr¨undete er als Lehrer der alten Sprachen seine umfassende Gelehrsamkeit. Von 1826 bis zu seinem Tod wirkte er als Prof. der Kirchen- und Dogmengeschichte an der evangelisch-theologischen Fakult¨at der Univ. T¨ubingen. Seine Forschungen galten zun¨achst der antiken Religionsgeschichte. Unter dem Einfluß → Schleiermachers entstand noch in Blaubeuren das Erstlingswerk Symbolik und Mythologie oder die Naturreligion des Alterthums (1824 / 25). In T¨ubingen verfaßte B. Untersuchungen zur j¨udischen und griechischen Religion, u¨ ber Antike und Christentum, Das manich¨aische Religionssystem (1831) und Die christliche Gnosis (1835). Auf die Symbolik seines kath. T¨ubinger Kollegen Johann Adam → M¨ohler antwortete er mit der Schrift Der Gegensatz des Katholizismus und Protestantismus nach den Prinzipien und Hauptdogmen der beiden Lehrbegriffe (1833). Seine neutestamentlichen Arbeiten, in denen er die historisch-kritische Betrachtungsweise konsequent durchf¨uhrte und die traditionelle Zuschreibung einzelner Schriften an bestimmte Verfasser verwarf (Evangelium des Johannes, alle Paulusbriefe außer R¨omer, Galater, 1. / 2. Korinther), riefen heftige Anfeindungen hervor. Doch anders als sein Sch¨uler David Friedrich → Strauß (Leben Jesu, 1835 / 36) begn¨ugte sich B. nicht ¨ mit der Destruktion der Uberlieferung, sondern entwickelte aus der „Tendenz“ der Quellen ein neues Bild des Urchristentums. Umfangreichen Monographien zur Geschichte der Vers¨ohnungslehre sowie der Trinit¨atslehre und Christologie folgte 1847 ein knappes Lehrbuch der christlichen Dogmengeschichte. Schließlich ging aus seinen Vorlesungen eine
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f¨unfb¨andige Gesamtdarstellung der Kirchengeschichte bis zu B.s Zeit hervor, von der allerdings zu seinen Lebzeiten nur zwei B¨ande erschienen sind, vorbereitet durch die programmatischen Epochen der kirchlichen Geschichtsschreibung (1852). Durch seine konsequent historische Geschichtsbetrachtung wurde B. zum Begr¨under einer heftig umk¨ampften evang. „j¨ungeren T¨ubinger Schule“, deren w¨urttembergischen Mitgliedern die theologischen Fakult¨aten durchweg verschlossen blieben. Obgleich einzelne Ergebnisse seiner Arbeit durch die neuere Forschung u¨ berholt sind, ist seine kritische Konsequenzen einschließende Arbeitsweise f¨ur die folgende historische Theologie vorbildlich geworden. Auch wenn seine seit den dreißiger Jahren durch → Hegel beeinflußte Geschichtsschau schon bei den Zeitgenossen nicht auf ungeteilte Zustimmung stieß, hat er die Geschichtsdarstellung zur ¨ Uberwindung einer bloß antiquarischen oder pragmatischmoralisierenden Betrachtung durch Rekonstruktion innerer Zusammenh¨ange angeleitet. Seine Sch¨uler (vor allem Eduard → Zeller und Albert → Schwegler) machten seine Arbeitsweise u¨ ber die Theologie hinaus besonders in Alter Geschichte und Philosophiegeschichte fruchtbar. WEITERE WERKE: Ausgew¨ahlte Werke in Einzelausgaben. Hrsg. v. Klaus Scholder. 5 Bde., Stuttgart-Bad Cannstatt 1963-75. – Briefe. Hrsg. v. Carl E. Hester. Teil 1: Die fr¨uhen Briefe (1814-1835). Sigmaringen 1993 (Contubernium 38). LITERATUR: Peter C. Hodgson: The Formation of Historical Theology. A Study of F. C. B. New York 1966. – Horton Harris: The T¨ubingen School. Oxford 1975. – Klaus Scholder: B., F. C. In: TRE, Bd. 5, 1980, S. 352-358. – Ulrich K¨opf: F. C. B. als Begr¨under einer konsequent historischen Theologie. In: Zeitschrift f¨ur Theologie und Kirche 89 (1992) S. 440-461. – Ders. (Hrsg.): Historisch-kritische Geschichtsbetrachtung. F. C. B. und seine Sch¨uler. Sigmaringen 1994 (Contubernium 40). Ulrich K¨opf
Baur, Franz (Adolf Gregor) von, Forstwissenschaftler, * 10. 3. 1830 Lindenfels / Odenwald, † 2. 1. 1897 M¨unchen. Nach dem Studium der Forstwissenschaften in Gießen trat B., Sohn eines Oberf¨orsters, 1851 in den hessischen Forstdienst ein und wurde 1855 zum Prof. der forstmathematischen Disziplinen an die Forstlehranstalt Weißwasser in B¨ohmen berufen. 1864-78 war B. als Prof. an der Land- und Forstwirtschaftlichen Akademie in Hohenheim t¨atig, leitete seit 1872 die W¨urttembergische Forstliche Versuchsanstalt und wurde 1878 zum o. Prof. an der Univ. M¨unchen ernannt. B. nahm entscheidenden Einfluß auf die Gr¨undung und Weiterentwicklung von forstlichen Versuchsanstalten und verteidigte die Waldreinertragslehre gegen die aufkommende Bodenreinertragslehre. Neben etlichen anderen Fachpublikationen verfaßte B. ein Handbuch der Waldwertrechnung (1868), erarbeitete Ertrags-, Formzahl- und Massentafeln und gab 1869-97 das „Forstliche Centralblatt“ heraus. 1877 wurde er f¨ur seine Verdienste um die Forstwissenschaft geadelt. B.s Br¨uder waren die Theologen Gustav Adolph Ludwig und Wilhelm → B. C NDB Baur, Franz, Meteorologe, * 14. 2. 1887 M¨unchen, † 20. 11. 1977 Bad Homburg v. d. H¨ohe. B. strebte zun¨achst eine milit¨arische Karriere an, trat in das Bayrische Kadettenkorps ein, besuchte die Kriegs- und die Artillerieschule, war bei Kriegsbeginn 1914 Oberleutnant und avancierte 1917 zum Hauptmann. 1919 begann er in M¨unchen das Studium der Meteorologie und wurde 1921 in Freiburg / Breisgau promoviert. 1919-26 leitete er die Wetter- und Sonnenwarte St. Blasien und war 1926-29 beim Preußischen Meteorologischen Institut in Berlin besch¨aftigt. 1929 wurde B. zum Direktor des Instituts f¨ur langfristige Wettervorhersage in Bad Homburg v. d. H¨ohe, zum Lehr-
Baur beauftragten an der Univ. Frankfurt und 1930 zum Honorarprofessor ernannt. B., mehrfach ausgezeichnetes Mitglied internationaler wissenschaftlicher Organisationen, erarbeitete Grundlagen f¨ur die Großwetterkunde sowie f¨ur langfristige Wettervorhersagen und forschte zur medizinischen Klimatologie. Er schrieb u. a eine Einf¨uhrung in die Großwetterforschung (1937, 21942) und war dem von Franz → Linke herausgegebenen Meteorologischen Taschenbuch (1939). C Munzinger
Baur, Friedrich, Unternehmer, * 11. 5. 1890 Stadtsteinach / Oberfranken, † 30. 10. 1965 Kulmbach. B., Sohn eines Notars, war als Kaufmann u. a. einige Jahre in Fernost t¨atig, gr¨undete 1924 in Burgkunstadt / Main eine Schuhfabrik, der ein Versandgesch¨aft angeschlossen war. Mit den g¨unstigen Angeboten der von ihm erfundenen Sammelbestellungen und der M¨oglichkeit der Ratenzahlung gewann er vor allem Kleinverdiener als Kunden. B. erweiterte sein Angebot allm¨ahlich auf andere Waren des t¨aglichen Bedarfs. 1953 brachte er zusammen mit seiner Frau Katharina den Baur-Versand in die Friedrich-Baur-Stiftung ein, die zu einem F¨unftel der K¨unstlerhilfe, zu vier F¨unftel der Medizinischen Fakult¨at der Univ. M¨unchen, der Bek¨ampfung der spinalen Kinderl¨ahmung und etlichen karitativen Einrichtungen zugute kam. C Munzinger Baur, Friedrich Wilhelm, auch Bauer Milit¨ar, * 4. 1. 1731 Bieber bei Hanau, † 15. 2. 1783 St. Petersburg. Als Hessen-Kasselscher Artillerieoffizier k¨ampfte B., Sohn eines Oberf¨orsters, im Siebenj¨ahrigen Krieg in Westdeutschland und avancierte im Dienst Herzog → Ferdinands von Braunschweig zu dessen Adjutanten, Generalquartiermeister und Chef eines Husarenregiments. Nach Ende des Kriegs ins Zivilleben zur¨uckgekehrt, schrieb B. milit¨arhistorische Studien, trat 1769 als Generalmajor in russische Dienste, k¨ampfte gegen die T¨urken und schuf die erste genaue Karte der Moldau und Walachei. B. wurde mit der Reorganisation des Generalstabs und 1780 als Generalingenieur mit der Leitung der Hafen-, Festungs-, Straßen- und Kanalbauten und des Salinenwesens betraut, gr¨undete ein eigenes „Hydraulisches Korps“ f¨ur den Wasserbau und war technischer Berater → Katharinas II. Er ver¨offentlichte M´emoires historiques et C NDB geographiques sur la Valachie (1778).
Baur, Fritz, Jurist, * 6. 7. 1911 Dillingen / Donau, † 2. 5. 1992 T¨ubingen. B. studierte Rechtswissenschaften, wurde 1935 an der Univ. T¨ubingen promoviert (Entwicklung und Reform des Schadensersatzrechts), habilitierte sich dort 1940 (Die Bindung an Entscheidungen) und wurde 1942 a. o. Prof. in Gießen. 1948-52 im Justizministerium von W¨urttembergHohenzollern und als Landgerichtsrat t¨atig, wurde er 1954 Prof. des b¨urgerlichen Rechts und Prozeßrechts in Mainz und wirkte 1956-77 als o. Prof. an der Univ. T¨ubingen. Seit 1958 war er Mitherausgeber der „Juristenzeitung“, seit 1967 der „Zeitschrift f¨ur Zivilprozeß“. B. ver¨offentlichte u. a. Grundst¨ucksrecht (1948), Justizaufsicht und richterliche Unabh¨angigkeit (1954), Freiwillige Gerichtsbarkeit (Bd. 1: Allgemeines Verfahrensrecht, 1955), Lehrbuch des Sachenrechts (1960; 171999, mit J¨urgen F. Baur und Rolf St¨urner), Wege zu einer Konzentration der m¨undlichen Verhandlung im Prozeß (1966), Grundbegriffe der freiwilligen Gerichtsbarkeit (1973, 21980, mit Manfred Wolf), Einf¨uhrung in das Recht der Bundesrepublik Deutschland (1974, 61992, mit Gerhard Walter), Zivilprozeßrecht (1976, 91997, mit Wolfgang Grunsky) und Konkurs- und Vergleichsrecht (21983, ab 3 1991 bearb. von Rolf St¨urner unter dem Titel InsolvenzC Juristen recht).
Baur, Georg, Agrarwissenschaftler, Politiker, * 2. 4. 1895 Trugenhofen bei Heidenheim (W¨urttemberg), † 1. 4. 1975 Rottweil. B. studierte an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim; nach der Promotion 1920 (Geschichte und Z¨uchtung des Dinkels mit besonderer Ber¨ucksichtigung von „Steiner’s rotem Tiroler Dinkel“) wurde er dort 1922 zum beamteten Abteilungsvorstand, 1925 zum Lehrbeauftragten und nach der Habilitation (Das Gr¨unland in Lehre und Forschung) 1930 zum Privatdozenten f¨ur Acker-, Pflanzenbau und Pflanzenz¨uchtung ernannt. 1940 verließ er aus politischen Gr¨unden die Hochschule und u¨ bernahm bis 1949 die Verwaltung der gr¨aflich Rechenbergschen G¨uter in Donzdorf. 1946 gr¨undete B. die CDU in Donzdorf, wurde als deren Vorsitzender noch im selben Jahr in den G¨oppinger Kreistag und 1948 vom Baden-W¨urttembergischen Landtag in den Wirtschaftsrat gew¨ahlt. 1949-53 geh¨orte er dem Deutschen Bundestag, 1959 / 60 dem Landtag von BadenW¨urttemberg an. 1947 berief ihn die Landwirtschaftliche Hochschule Hohenheim zum apl. Prof. f¨ur Pflanzenbau und Pflanzenz¨uchtung und 1949 zum o. Prof. f¨ur Wirtschaftslehre des Landbaus. B. war Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Ausschusses von Nord-W¨urttemberg. C B¨ohm
Baur, Gustav Adolph Ludwig, evang. Theologe, * 14. 7. 1816 Hammelbach / Odenwald, † 22. 5. 1889 Leipzig. B., Bruder von Franz Adolf Gregor → B. und Wilhelm → B., studierte in Gießen Theologie und orientalische Sprachen, bezog nach dem ersten theologischen Examen 1838 das Predigerseminar in Friedberg und wurde 1840 zum Dr. phil. und Lizentiaten der Theologie promoviert. 1841 habilitierte sich B. in Gießen, war seit 1847 a. o., von 1849 an o. Prof. der Theologie und 1856 Rektor. 1861 wurde er Hauptpastor von St. Jakobi in Hamburg, 1870 o. Prof. der Praktischen Theologie, Direktor des Predigerkollegiums und Universit¨atsprediger in Leipzig, 1874 Rektor der Universit¨at. B. war Mitglied der Landessynode und engagierte sich im Gustav-AdolfVerein und in der Inneren Mission. B.s wissenschaftliche Hauptarbeitsgebiete waren neben der Praktischen Theologie das Alte Testament und die P¨adagogik. Zu seinen Publikationen z¨ahlen etliche Predigten und eine Geschichte der alttestamentlichen Weissagung (1861). C RE Baur, Hermann, schweizer. Architekt, * 25. 8. 1894 Basel, † 20. 12. 1980 Binningen (Kt. Basel). Nach der Ausbildung an der Gewerbeschule in Basel (1910-16) und praktischer T¨atigkeit im Architekturb¨uro von Rudolf → Linder studierte B. 1918 / 19 an der ETH Z¨urich bei Karl → Moser. Danach arbeitete er im Elsaß und er¨offnete 1928 ein eigenes B¨uro in Basel. 1938-44 war B. Pr¨asident des Bundes Schweizer Architekten, 1950-62 Leiter der Redaktionskommission der Zeitschrift „Das Werk“, 1970-74 Stiftungsrat des Registers f¨ur Architekten und Mitbegr¨under des Congr`es international de l’Architecture moderne. In seinen Entw¨urfen von der avantgardistischen Architektur der zwanziger Jahre gepr¨agt, baute B. in den dreißiger Jahren Siedlungs-, Wohn- und Schulh¨auser, darunter 1937-39 die Basler Bruderholzschule als Prototyp des Pavillonsystems. Neben seinen Spital- und Industriebauten gelten vor allem B.s Kirchen wie die Allerheiligenkirche in Basel (1951) mit ihrem nicht mehr getrennten Chor- und Gemeinderaum als bedeutender Beitrag zur Entwicklung der modernen Architektur. C AKL
Baur, Johann Jakob, evang. Theologe, Klassischer Philologe, Orientalist, * 20. 6. 1729 Genkingen bei Pfullingen (W¨urttemberg), † 5. 11. 1776 T¨ubingen. B. schloß sein Studium in T¨ubingen 1749 mit dem Magistergrad ab und wurde dort nach einer ausgedehnten Studienreise
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Baur durch Deutschland, Holland und Frankreich 1760 a. o. Prof. der Philosophie und der orientalischen Sprachen. Nach der Promotion 1770 wurde er Prof. der Theologie und der griechischen und orientalischen Sprachen. 1772 erhielt B. eine o. Professur der Philosophie, der Rhetorik und der Poesie. B. war Ehrenmitglied der Theologisch-Philologischen Gesellschaft in Basel, der Societas literarum elegantiorum in Leipzig und der Lateinischen Gesellschaft in Jena. Fast alle seine Publikationen zur Theologie, Philosophie und Philologie verfaßte B. in lateinischer Sprache. Zu den wenigen Abhandlungen in deutscher Sprache z¨ahlen 1769 erschienene Gedanken von der patriarchalischen Religion und Aufs¨atze f¨ur die Zeitschrift „Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit“ von Johann Christoph → Gottsched.
Baur, Johann Wilhelm, auch Bauer, Radierer, Maler, * 31. 5. 1607 Straßburg, † Januar 1640 Wien. In Straßburg von Friedrich → Brentel zum Miniaturmaler ausgebildet, war der aus einer angesehenen Straßburger Goldschmiedefamilie stammende B. seit 1626 in Italien t¨atig und schuf 1631 in Neapel eine radierte Darstellung eines großen Vesuvausbruchs. 1633 u¨ bernahm er im Auftrag des Herzogs von Bracciano in Rom die Illustration zu dem Werk De bello Belgico des Jesuiten Famiano Strada. Dem Herzog lieferte B. auch eine Sammlung von Radierungen von V¨olkertrachten, Vedute di giardini (1636) und Schlachtenszenen. B., als Reger oder Reyger Mitglied der niederl¨andischen Malerzunft Schilderbent in Rom, radierte auch italienische Straßenszenen, Landschaften und Pal¨aste. 1637 u¨ bersiedelte B. nach Wien, wo er u. a. 1639-41 Illustrationen zu den Metamorphosen des Ovid schuf, die vier Auflagen erlebten. F¨ur Kaiser → Ferdinand III. malte B. etliche figurenreiche Miniaturveduten. W¨ahrend B.s Fr¨uhwerk noch vom Stil Jacques Callots gepr¨agt war, orientierte er sich sp¨ater an niederl¨andischen und italienischen Vorbildern. C AKL Baur, Karl, Verleger, * 27. 11. 1898 M¨unchen, † 27. 2. 1984 M¨unchen. Nach einer Maurerlehre und einem Architekturstudium an der TH M¨unchen (1923 / 24) arbeitete B. als Bautechniker. 1925 / 26 war er als Volont¨ar bei Jakob → Hegner (Hellerau) und Ernst → Rowohlt (Berlin) t¨atig. 1926 trat er in den von Georg D. W. → Callwey gegr¨undeten Verlag ein und heiratete Elsbeth Callwey; 1930 u¨ bernahm er die Verlagsleitung, die er bis 1976 innehatte. Seit demselben Jahr war er auch pers¨onlich haftender Gesellschafter des Verlags B. G. Teubner (Leipzig) und der Druckerei Kastner & Callwey (M¨unchen). B., von 1930 an Mitglied der NSDAP, wurde 1933 Vorsteher des Deutschen Verlegervereins, 1935 Leiter der Fachschaft Verlag innerhalb des „Bundes reichsdeutscher Buchh¨andler“, 1938 Pr¨asident des Internationalen Verleger-Kongresses Leipzig-Berlin. 1941 wurde er seiner ¨ Amter enthoben. 1949 begann er den Wiederaufbau von Verlag und Druckerei. B.s Autobiographie erschien 1968 unter dem Titel Wenn ich so zur¨uckdenke . . . Ein Leben als Verleger in bewegter Zeit.
Baur, Ludwig, kath. Theologe, * 9. 4. 1871 Oberdettingen bei Biberach (W¨urttemberg), † 14. 1. 1943 Starnberg. Der Sohn eines Lehrers studierte an der Univ. T¨ubingen kath. Theologie und war nach der Priesterweihe als Repetent am dortigen Konvikt, seit 1897 als Privatdozent an der Univ. t¨atig. 1903 wurde er a. o. Prof. an der Katholisch-Theologischen Fakult¨at der Univ. T¨ubingen und unternahm Studienreisen nach Rom, Paris, London, Oxford und Cambridge. 1914-16 war er Feldgeistlicher. 1919 geh¨orte er als Mitglied des Zentrums der Verfassunggebenden Landesversammlung W¨urttembergs und bis 1925 dem w¨urttembergischen Landtag an. 1921 wurde er o. Prof. an der Univ. T¨ubingen, 1925 in Breslau. Zu B.s Ver¨offentlichungen z¨ahlen Die Philosophie des Robert Grosseteste, Bischofs von Lincoln (1917),
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Metaphysik (1922, 31935), P¨apstliche Enzykliken und ihre Stellung zur Politik (1923, mit Karl Rieder), Logik und Erkenntnislehre (1930) und Psychologie (31930). C Raberg
Baur, Renward, auch Bauer, Jesuit, * 13. 11. 1823 Muri (Kt. Aargau), † 10. 6. 1883 Kirchrath (Niederlande). B., Sohn des kath. Politikers, Sonderb¨undlers und Arztes Johann Baptist B., trat als Zwanzigj¨ahriger in den Jesuitenorden ein. Nach der Niederlage der Katholiken und Konservativen im Sonderbundskrieg 1847 mußte er aus seinem Kolleg in Freiburg (Schweiz) nach Savoyen fliehen und gelangte von dort aus mit 40 Mitbr¨udern nach Amerika. Nach einer T¨atigkeit als Mathematiklehrer in Washington kehrte B. zur Vollendung seiner Studien nach Europa zur¨uck. Er lehrte dann an den Ordensh¨ausern in Bonn und Maria Laach Kirchengeschichte und widmete sich in Koblenz, Aachen und K¨oln der Seelsorge. In Maria Laach trug B. eine Privatbibliothek zusammen, die als eine der gr¨oßten und sch¨onsten in Deutschland galt. Nach der Vertreibung des Jesuitenordens aus Deutschland wirkte er 1873-81 als Prof. der Kirchengeschichte in L¨owen. B. war Mitbegr¨under und Mitarbeiter der „Stimmen aus Maria Laach“ und des Kirchenlexikons. C Biogr Lex Aargau
Baur, Samuel, evang. Theologe, Schriftsteller, * 31. 1. 1768 Ulm, † 25. 5. 1832 Albeck bei Ulm. Schon w¨ahrend seines 1791 begonnenen Studiums der Theologie in Jena und T¨ubingen besch¨aftigte sich B., der Sohn eines Ulmer Geldwechslers, intensiv mit Geschichte und Literatur. Seit 1794 hatte er eine Pfarrstelle in W¨urttemberg inne und wurde 1811 zum Dekan des Oberamts Albeck bei Ulm berufen. B. verfaßte rund 150 religi¨ose und p¨adagogische Schriften, Erbauungsb¨ucher, Geschichtswerke, Biogra¨ phien und Ubersetzungen aus dem Franz¨osischen, darunter eine Charakteristik des Frauenzimmers f¨ur J¨unglinge und M¨adchen, die das Gl¨uck ihres Lebens fest gr¨unden wollen (1789), und ein Neues historisch-biographisch-literarisches Handw¨orterbuch (7 Bde., 1807-16). C Neuer Nekr, Jg. 10 Baur, Valentin, Politiker, * 19. 12. 1891 Augsburg, † 26. 6. 1971 Augsburg. B., Schlosser und seit 1911 SPD-Mitglied, war bis 1933 Betriebsratsvorsitzender bei MAN in Augsburg, Reichsbeirat beim Deutschen Metallarbeiterverband in Berlin und Stadtrat in Augsburg. 1933 floh er u¨ ber in die Schweiz, arbeitete dort f¨ur den Widerstand und trat f¨ur ein Aktionsb¨undnis mit der KPD ein. 1939 erhielt B. wegen konspirativer T¨atigkeit von den Schweizer Beh¨orden den Ausreisebefehl und wurde 1940 wegen Paßvergehens verhaftet. Vor der Ausweisung bewahrt, wurde er im Sonderinternierungslager f¨ur sog. Linksextremisten in Malvaglia (Tessin) gefangengehalten. Seine Kontakte u. a. zu Wilhelm → Hoegner verhalfen B. 1945 zur Entlassung. Unter der Milit¨arregierung zun¨achst Leiter des Wohnungsamts von Augsburg, wurde B. 1946 Vorsitzender der SPD Schwaben, Parteivorstand, 1946 ¨ Mitglied des Bayerischen Landtags und geh¨orte dem OTVHauptvorstand, 1947-49 dem Wirtschaftsrat f¨ur das Vereinigte Wirtschaftsgebiet, 1949-61 dem Deutschen Bundestag und dem Deutschen Rat der Europ¨aischen Bewegung an. C MdB
Baur, (Friedrich) Wilhelm, evang. Theologe, * 16. 3. 1826 Lindenfels / Odenwald, † 18. 4. 1897 Koblenz. B., Bruder von Franz Adolf Gregor → B. und Gustav Adolph → B., studierte in Gießen Theologie, besuchte das Predigerseminar in Friedberg und war seit 1848 in Adelsfamilien als Hauslehrer t¨atig. 1852-65 versah B. in verschiedenen hessischen Gemeinden die Pfarrstelle, wirkte seit 1865 an der St. Anscharkapelle in Hamburg und diente 1866 als Feldprediger bei der Mainarmee. 1872 wurde er zum Hof- und
Bausback Domprediger in Berlin ernannt, avancierte 1879 zum Oberkonsistorialrat und Mitglied des Evang. Oberkirchenrats und 1883 zum Generalsuperintendenten der Rheinprovinz in Koblenz. B. geh¨orte dem Zentralausschuß der Inneren Mission an und betrieb die Verbreitung des schweizer. „Vereins der Freundinnen junger M¨adchen“, dessen deutschen Zweig seine Frau Meta von Betaz leitete. B. verfaßte u. a. Das evangelische Pfarrhaus (1878) und war Mitbegr¨under des Jahrbuchs „Neue Christoterpe“ (1879). C Esselborn
Baur, Wilhelm, Verlagsleiter, Parteifunktion¨ar, * 17. 4. 1905 M¨unchen, † April 1945. B. trat 1920 in die NSDAP ein und war seit demselben Jahr im Eher Verlag in M¨unchen t¨atig; 1933 wurde er Leiter des Buchverlags Franz Eher Nachf. GmbH (Zentralverlag der NSDAP). 1934 auf Vorschlag der Reichsschrifttumskammer zum Vorsteher des B¨orsenvereins der Deutschen Buchh¨andler zu Leipzig gew¨ahlt, hatte er dieses Amt bis Kriegsende inne. 1934 wurde B. auch Hauptamtsleiter beim NSDAPReichsleiter f¨ur die Presse, Max → Amann. B. war Vorsteher des 1934 gegr¨undeten Bundes Reichsdeutscher Buchh¨andler. 1935 wurde er Mitglied des Pr¨asidialrats der Reichsschrifttumskammer, 1937 ihr Vizepr¨asident. B. unterzeichnete 1937 den Liquidationsbefehl an j¨udische Verleger und Buchh¨andler. Er geh¨orte 1922 / 23 und 1928-30 der SA an. Nach seiner Aufnahme in die SS 1938 stieg er zum SSStandartenf¨uhrer und 1945 zum SS-Obersturmf¨uhrer auf. B. beging Selbstmord.
Baur von Breitenfeld, Fidel (Karl Friedrich), Milit¨ar, * 8. 4. 1805 Rottweil, † 20. 3. 1882 Ludwigsburg. B., Sohn eines Milit¨ars, bezog 1821 die Offiziersbildungsanstalt in Ludwigsburg. 1825 wurde er f¨ur ein zweisemestriges Studium der Staats- und Naturwissenschaften in T¨ubingen beurlaubt. Seit 1828 unterrichtete B. an der Kriegsschule und geh¨orte seit 1835 dem Generalquartiermeisterstab an. 1849 wurde er zum w¨urttembergischen Kriegsminister (bis 1850) und Generalmajor ernannt. Seit 1851 war B. Generalquartiermeister, Kommandant des Generalstabs, Mitglied der Kammer der Standesherren und von 1853 an Bevollm¨achtigter bei der Bundesmilit¨arkommission, Kommandant der Artillerie und Gouverneur von Ludwigsburg. Im Krieg von 1866 war B., inzwischen zum Generalleutnant avanciert, Generalstabschef des 8. Bundeskorps; 1867 nahm er seinen Abschied. Bei der Ausbildung des Offizierkorps war B. um ein auf schw¨abischem Pietismus und Idealismus beruhendes Bildungsniveau bem¨uht. C Raberg Baur von Eysseneck, Johann Martin, Stadtschultheiß, * 13. 7. 1577 Frankfurt / Main, † 5. 8. 1634 Frankfurt / Main. Als Nachfolger seines Vaters u¨ bernahm B. 1598 das Amt des Amtskellers des Weißfrauenklosters in Frankfurt. 1612 geh¨orte er zu den Anf¨uhrern des Aufstands der B¨urgerschaft gegen den patrizischen Rat. Im neuen Rat war B. bem¨uht, die weitergehende Rebellion unter dem Lebkuchenb¨acker Vinzenz → Fettmilch einzud¨ammen, nahm diesen 1614 gefangen und leitete damit eine Restauration der politischen Verh¨altnisse ein. 1616 wurde B. vom Kaiser in den Adelsstand erhoben, zum Stadtschultheißen von Frankfurt und 1619 zum Geheimen Rat ernannt. F¨ur seine Verdienste wurde B. 1622 in die patrizische Gesellschaft Alten-Limburg aufgenommen. Nach der Einnahme Frankfurts durch die Schweden stand B. weiterhin auf der Seite des Kaisers. C NDB
Bauriegel, Johann Christoph, P¨adagoge, * 21. 8. 1773 Kesselshain bei Borna (Sachsen), † August 1850. Aus armen Verh¨altnissen stammend, war B. zun¨achst als Diener bei einem Leipziger Prof. besch¨aftigt, mit dessen Hilfe er sich zum Lehrer ausbilden ließ. 1786 erhielt er in Medewitzsch seine erste Stelle, ging 1803 an die Schule von
Pulgar und gr¨undete dort 1810 ein Lehrerseminar, das er neben seinem Schulamt bis 1841 leitete. Mit verschiedenen Schriften bem¨uhte sich B. um die F¨orderung des Volksschulwesens und verfaßte Mein Leben und Wirken (1847). C ADB
Baurmeister, Tobias von, auch Paurmeister a Kochstedt, Jurist, Kanzler, * 1555 Kochstedt bei Halberstadt, † 17. 8. 1616 Halberstadt. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg und Freiburg wurde B. 1581 Syndikus des Domkapitels ¨ von Halberstadt und von der Abtissin von Quedlinburg zu ihrem Kanzleidirektor ernannt. Er gewann wichtige Prozesse und wurde von F¨urstbischof → Heinrich Julius Herzog von Braunschweig-L¨uneburg 1592 und 1594 in diplomatischer Mission nach Wien entsandt und vom F¨urstbischof zum Geheimen Rat und Kanzler ernannt. B. erwarb die Gunst Kaiser → Rudolfs II., der ihn zum Pfalzgrafen ernannte und mit seiner Familie als B. von Kochstedt in den Adelsstand erhob. Neben einer Halberst¨adter Kanzleiordnung und einem politisch-juristischen Kommentar ver¨offentlichte B. 1616 das in den sp¨ateren zwei Jahrhunderten oft zitierte Werk De iurisdictione imperii Romani libri II. C ADB Baurschmidt, Karl Gustav Wilhelm, evang. Theologe, * 1. 4. 1806 Hohne bei Celle, † 21. 12. 1864 L¨uchow. B. war nach dem Studium der Theologie in G¨ottingen und einer T¨atigkeit als Hauslehrer in Frankfurt / Main zun¨achst Gehilfe seines Vaters, des Superintendenten von Osterode. 1838 erhielt er die Stelle eines Archidiakons in L¨uchow. Als 1862 durch kgl. Dekret der Hannoversche Landeskatechismus durch den st¨arker in konfessionelle Bahnen lenkenden Neuen Katechismus ersetzt wurde, legte B. mit seiner Schrift Pr¨ufet alles! als erster Geistlicher Protest ein. Damit initiierte er eine von Demonstrationen und Pressekampagnen begleitete allgemeine Widerstandsbewegung, die letztlich die R¨ucknahme des Neuen Katechismus und die Einleitung einer Reform der Kirchenverfassung in Hannover zur Folge hatte. 1862 berief B. die Celler Pastoralkonferenz ein, die den K¨onig an einen Verfassungsparagraphen erinnerte, ¨ der vor der Anderung der Kirchenverfassung eine Beratung der staatlichen Stellen mit der Kirche vorsah. 1863 wurde dies gesetzlich verankert. B.s Werk Vom Frieden zum Kampf (o. J.) enth¨alt seine Autobiographie. C ADB
Bausback, Friedrich, Schriftsteller, kath. Theologe, * 13. 9. 1811 Gremsdorf (Oberfranken), † 11. 6. 1836 W¨urzburg. B., Sohn Johann Georg → B.s, genoß eine sorgf¨altige Erziehung und widmete sich schon w¨ahrend seiner Schulzeit auf dem Bamberger Gymnasium der Dichtung und der Musik. Vom Studium der Medizin und Philologie in W¨urzburg ging B. zur Theologie u¨ ber, empfing die Priesterweihe und widmete sich in Bamberg der Seelsorge. Doch erlag er schon fr¨uh einem Lungenleiden. Von B.s lyrischem Schaffen zeugen ein 1829 ver¨offentlichtes Gedicht zur Feier der R¨uckkehr K¨onig → Ludwigs I. aus Italien und weitere, in verschiedenen Zeitschriften erschienene Gedichte, die 1840 postum als Sammlung der vorz¨uglichsten Gedichte, herausgegeben von B.s Vater, gedruckt wurden. C Neuer Nekr, Jg. 14
Bausback, Johann Georg, Jurist, * 29. 3. 1780 Kitzingen, † August 1851. Der w¨ahrend des Studiums der Rechtswissenschaften f¨ur seine Leistungen mehrfach ausgezeichnete B. begann seine juristische Laufbahn 1806 als Landgerichtsaktuar in Sulzheim. Danach diente er als Assessor in Ebrach und Gremsdorf, wurde 1818 als Ziviladjunkt nach Hof und im selben Jahr als Stadtgerichtsassessor nach Bamberg versetzt und
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Bausch dort sp¨ater zum Rat bef¨ordert. Eine w¨ahrend der Napoleonischen Kriege von B. veranstaltete Sammlung zugunsten Verwundeter trug ihm 1807 eine offizielle Belobigung ein. In seinen juristischen Abhandlungen und Artikeln war B. besonders um Erkl¨arungen schwieriger rechtlicher Sachver¨ halte bem¨uht. 1805 ver¨offentlichte er eine Denkschrift Uber den einzig richtigen Gesichtspunkt der Vertragslehre. Zu den postum erschienenen Gedichten seines Sohns Friedrich → B. schrieb B. dessen Biographie. C Neuer Nekr, Jg. 29
Bausch, Hans, Publizist, Intendant, * 23. 12. 1921 Waldshut am Hochrhein, † 23. 11. 1991 Baden-Baden. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg studierte B. Geschichte, Politische Wissenschaften, Philosophie und Kunstgeschichte an der Univ. T¨ubingen, wo er 1955 mit der Arbeit Der Rundfunk im politischen Kr¨aftespiel der Weimarer Republik 1923-1933 zum Dr. phil. promoviert wurde. 1948-50 war er Redakteur der „Schw¨abischen Post“ in Aalen, 1950-52 Leiter des Landespolitischen Ressorts und stellvertretender Leiter des S¨udwestfunk-Studios T¨ubingen, 1952-56 Stuttgarter Korrespondent des S¨udwestfunks, 1956-58 f¨ur die CDU Mitglied des Landtags von Baden-W¨urttemberg und seit 1958 Intendant des S¨uddeutschen Rundfunks (SDR) in Stuttgart. 1959-89 war B. Mitglied des Aufsichtsrats der Bavaria-Atelier GmbH in M¨unchen / Geiselgasteig und Gesch¨aftsf¨uhrer der SDR Werbung GmbH, 1960-73 Vorsitzender von Vorstand und Kuratorium der Deutschen Journalistenschule in M¨unchen, 1961 / 62, 1974 / 75 und 1988 Vorsitzender der ARD, 1961-64 Mitglied des Verwaltungsrats der Europ¨aischen Rundfunkunion UER / EBU, 1962-71 und 1986-91 Vorsitzender der Historischen Kommission der ARD, 1966-80 Mitglied der Fernsehprogramm-Kommission der UER / EBU, 1967-89 Vorsitzender der ARD / ZDFKommission f¨ur Fragen der Programm- und Medienforschung, 1971-81 stellvertretender Vorsitzender, danach bis 1989 Vorsitzender des Verwaltungsrats des Deutschen Rundfunkarchivs. B. machte sich um den Aufbau der Eurovision verdient. 1969-88 gab er das „ARD-Jahrbuch“, 1985-89 die Zeitschrift „ARD-Magazin“ heraus. B. war auch Herausgeber der Reihe Rundfunk in Deutschland und Autor der beiden B¨ande u¨ ber die Rundfunkpolitik von 1945 bis 1979 (1980). 1971 wurde er Honorarprofessor an der Univ. Hohenheim.
Bausch, Johann Lorenz, auch Johann Laurentius B., Mediziner, * 30. 9. 1605 Schweinfurt, † 17. 11. 1665 Schweinfurt. B., dessen Vater Stadtphysikus und zweimal B¨urgermeister in Schweinfurt war, studierte an verschiedenen deutschen Universit¨aten Medizin, unternahm eine zweij¨ahrige Studienreise durch Italien und wurde 1630 an der Univ. Altdorf promoviert (Disputatio de phthisi). 1634 ließ er sich in seiner Heimatstadt Schweinfurt als Arzt nieder, wurde zum Stadtund Gerichtsarzt berufen und in den Rat der Stadt gew¨ahlt. B. gr¨undete 1652 eine der ersten naturwissenschaftlichen Gesellschaften Europas, die „Academia naturae curiosorum“ zur F¨orderung von Medizin und Naturwissenschaften, die sp¨ater Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina genannt wurde, und war deren erster Pr¨asident. Bausch, Paul (Traugott), Politiker, * 27. 5. 1895 Korntal (W¨urttemberg), † 1. 9. 1981 Korntal. B., Sohn eines Lehrers, war im gehobenen w¨urttembergischen Verwaltungsdienst t¨atig. Als Mitglied der evang. Bewegung Christlich-Sozialer Volksdienst und entschiedener Gegner der NSDAP geh¨orte er 1928-32 dem W¨urttembergischen Landtag, von September 1930 bis Juli 1932 und von November 1932 bis November 1933 dem Reichstag an. Seit 1932 Rechnungsrat in Korntal, wurde er 1933
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zum Oberrechnungsrat im w¨urttembergischen Finanzministerium, 1945 zum Personalberichterstatter und Kanzleidirektor bef¨ordert. 1946-50 war er CDU-Abgeordneter des Landtags von Baden-W¨urttemberg, 1949-65 des Deutschen Bundestags. Er geh¨orte dem Fraktionsvorstand seiner Partei ¨ sowie dem Altestenrat des Bundestags an und war 1952 / 53 Vorsitzender des Ausschusses f¨ur Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films. C Raberg
Bausch, Peter Carl, Unternehmer, Politiker, * 11. 9. 1812 Herborn, † 11. 6. 1879 Herborn. B. gr¨undete in Herborn eine B¨ackerei und eine Brauerei, die sich dadurch auszeichnete, daß sie auf der Grundlage moderner, d. h. bayerischer Produktionsverfahren arbeitete und sich daher erfolgreich entwickelte. Die aus seiner unternehmerischen T¨atigkeit resultierende materielle Unabh¨angigkeit er¨offnete ihm die M¨oglichkeit, sich als Liberaler politisch zu engagieren. B. geh¨orte zu den Vork¨ampfern des liberalen Lagers von 1848. 1865 wurde er als Vertreter der Liberalen in die Zweite Kammer des nassauischen Landtags gew¨ahlt. Bausch, Theodor, Bildhauer, * 19. 12. 1849 Stuttgart, † 23. 3. 1928 Stuttgart. Nach einer Lehre als Holzbildhauer und einem Studium an der Kunstakademie Stuttgart bei Theodor von → Wagner war B. 1875-81 als Meistersch¨uler und Gehilfe von Johannes → Schilling in Dresden t¨atig, den er u. a. bei der Arbeit am Niederwald-Denkmal unterst¨utzte. 1883 ließ er sich in Stuttgart nieder, unternahm 1888 eine l¨angere Studienreise durch Italien und Frankreich und wurde 1897 Prof. an der Stuttgarter Kunstakademie. B.s Entw¨urfe, wie die f¨ur ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal und ein Karl-Olga-Denkmal, wurden mehrfach pr¨amiert. B. schuf zahlreiche Grabmonumente, Statuen, Brunnen und dekorative Plastiken, wie die Bekr¨onung des kgl. Hoftheaters in Wiesbaden. Zu B.s Bronzeb¨usten geh¨oren Portr¨ats von Otto von → Bismarck und Joseph Viktor von → Scheffel. C AKL
Bauschek, Kaspar Johann, Pr¨amonstratenser, Bibliothekar, Schriftsteller, * 24. 4. 1757 Gastdorf (B¨ohmen), † 5. 6. 1828 Raudnitz. B., Magister der Philosophie, trat 1776 im Prager Stift Strachow in den Pr¨amonstratenserorden ein, legte 1781 das Ordensgel¨ubde ab und empfing 1782 die Priesterweihe. Er war einige Jahre Chorregens an St. Benedikt in Prag und Tenor in der Kirche seines Stifts. Seit 1787 war B. dort auch als erster Bibliothekar t¨atig. 1801 u¨ bernahm er die Leitung der Bibliothek des F¨ursten Joseph Ferdinand von Lobkowitz in Raudnitz und wurde 1811 zum erzbisch¨oflichen Notar ernannt. B. verfaßte eine Beschreibung der Bibliotheken B¨ohmens, eine Geschichte des Hauses Lobkowitz und ver¨offentlichte altdeutsche Gedichte, die er in seinen B¨ucherbest¨anden entdeckt hatte. Dazu z¨ahlen in der Bibliothek von Strachow aufgefundene Fragmente eines epischen Gedichts: Wilhelm von Brabant, aus dem schw¨abischen Zeitalter, von Rudolph Dienstmann von Montfort (1796). C Wurzbach Bauschinger, Johann, Physiker, Techniker, * 11. 6. 1834 N¨urnberg, † 25. 11. 1893 M¨unchen. B., Sohn eines Kammachermeisters, unterrichtete nach dem Studium der Mathematik und Physik an Schulen in F¨urth und M¨unchen. 1868 erhielt er eine o. Professur der Technischen Mechanik und Graphischen Statik an der TH M¨unchen. B., der in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen wurde, untersuchte Festigkeitseigenschaften von Eisen, Stahl und Zement und entwickelte Materialpr¨ufverfahren. Seine Forschungen gelten als maßgebend f¨ur die moderne Werkstoffpr¨ufung und f¨uhrten zur Festsetzung bestimmter Richtlinien und Normen f¨ur Konstruktion und Festigkeit, die seit 1884 in „Bauschinger-Konferenzen“
Baußnern vereinbart wurden. 1886 entdeckte er den „BauschingerEffekt“, bei dem die plastische Verformung eines Werkstoffs (z. B. durch Walzen) dessen Elastizit¨at in entgegengesetzter Richtung verringern kann. B. war der Vater von Julius → B. C Matschoß: Tech
Bauschinger, Julius, Astronom, * 28. 1. 1860 F¨urth, † 21. 1. 1934 Leipzig. B., Sohn Johann → B.s, nahm nach dem Studium der Astronomie in M¨unchen und Berlin 1882 in Hartford (Connecticut) an der Expedition zur Erforschung des Venusdurchgangs teil und wurde 1883 bei Hugo von → Seeliger in M¨unchen ¨ promoviert. B. habilitierte sich dort 1888 (Uber die Biegung von Meridianfernrohren) und ging 1896 als Ordinarius der Theoretischen Astronomie und Direktor des Astronomischen Recheninstituts nach Berlin. 1909 wurde er zum Direktor der Universit¨atssternwarte und Prof. der Astronomie nach Straßburg berufen und war 1920-30 Ordinarius der Astronomie und Direktor der Universit¨atssternwarte in Leipzig. B. verfocht als einer der letzten seines Fachs die auf den Arbeiten von Isaac Newton, Carl Friedrich → Gauß und Friedrich Wilhelm → Bessel beruhende „klassische Astronomie“. Durch seine theoretisch-rechnerischen Ver¨offentlichungen wie die Tafeln zur theoretischen Astronomie (1901) galt B. als anerkannter Fachmann f¨ur die Bahnbestimmung von Planeten und Kometen. C NDB Bauschke, Moritz Gustav, Pseud. Moritz B. Schauke, Gustav Moritz, Buchh¨andler, Schriftsteller, * 3. 1. 1808 Breslau, † 24. 7. 1851 Reudnitz (heute zu Leipzig). Nach dem Abitur in Breslau ging B. 1828 an die Kgl. Bauakademie in Berlin, wurde dort 1830 als Kondukteur vereidigt, war aber vor allem literarisch t¨atig. 1832 verließ er Berlin, unternahm eine Bildungsreise durch Deutschland und gr¨undete 1833 in seiner Heimatstadt den „Breslauer Boten“, „eine Zeitschrift f¨ur heitere und ernste Unterhaltung“. Seine zweite Gr¨undung war ein Verlagscomptoir mit angeschlossener Bibliothek und einem Journalzirkel. Unter dem Pseudonym Moritz B. Schauke, das er seit 1828 als Mitarbeiter mehrerer, meist humoristischer Zeitschriften nutzte, ver¨offentlichte B. 1834 seine erste Erz¨ahlung Bilder aus der Wirklichkeit. Ebenfalls unter Pseudonym oder anonym erschienen einige Brosch¨uren B.s wie seine Aufforderung an unsere lieben Mitb¨urger zur Errichtung einer allgemeinen Versicherungs-Anstalt in Krankheitsf¨allen (1831). C Neuer Nekr, Jg. 29
Bause, Johann Friedrich, Kupferstecher, * 3. 1. 1738 Halle / Saale, † 5. 1. 1814 Weimar. Der einer Hallenser Patrizierfamilie entstammende B. begann seine Laufbahn als Kupferstecher in seiner Heimatstadt, wo er Vignetten und andere Buchverzierungen an Verleger lieferte. 1759 ging er zur weiteren Ausbildung zu Johann Jakob → Haid nach Augsburg. Dort lernte er u. a Anton → Graff kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Nach seiner R¨uckkehr nach Halle 1760 widmete er sich unter dem Einfluß franz¨osischer Vorbilder v. a. ¨ dem Stechen von Portr¨ats nach Olgem¨ alden. 1766 wurde B. durch die Vermittlung von Adam Friedrich → Oeser als Kupferstichlehrer an die Leipziger Akademie berufen und 1786 zum Ehrenmitglied der Akademie der K¨unste Berlin, 1796 der Akademie der Sch¨onen K¨unste Stockholm ernannt. Wegen der franz¨osischen Besetzung u¨ bersiedelte B. 1813 nach Weimar, wo er bald darauf starb. B. schuf zahlreiche Portr¨ats ber¨uhmter Zeitgenossen, F¨urstlichkeiten, Gelehrter und K¨unstler. C AKL
Bausenwein, Julius, Bildhauer, * 4. 4. 1913 Rimpar (Franken), † 12. 11. 1962 W¨urzburg. Der Sohn eines Bildhauers und Dirigenten studierte zun¨achst am Bayerischen Staatskonservatorium Kontrabaß. Er wech-
selte jedoch bald zur Bildhauerei, die er bei Ludwig Sonnleitner in W¨urzburg, sp¨ater bei Hermann → Hahn und Joseph → Wackerle an der M¨unchner Akademie erlernte. B. war Mitglied der M¨unchner Sezession. Nach mehrj¨ahriger T¨atigkeit in M¨unchen studierte er bei Charles Despiau in Paris, wo er Kontakt zu Aristide Maillol pflegte. Eine lebenslange Freundschaft verband ihn mit Georg → Kolbe. Studienreisen f¨uhrten B. u. a. nach Italien, Holland, Spanien, Nordafrika ¨ und Agypten. Nach 1945 lebte und er in Franken. B.s Werk zeigt Einfl¨usse alt¨agyptischer Kunst. Seine Sakralplastiken in Bronze, Holz und Stein sind zumeist schlicht gestaltete, doch monumentale Figuren mit stilisierten Gesichtern. 1951 schuf er das Gefallenen-Denkmal Trauernde Mutter in Rimpar, 1952 das Oegg-Denkmal in der W¨urzburger Residenz und 1961 den Rh¨onsch¨afer an der Saalebr¨ucke in Aschach. Zahlreiche Werke B.s in Kirchen entstanden in Kooperation mit dem W¨urzburger Di¨ozesanbaumeister Hans → Sch¨adel. B. kam bei einem Unfall ums Leben. C AKL
Bauser, Adolf, P¨adagoge, * 11. 12. 1880 Entringen bei T¨ubingen, † 16. 11. 1948 Stuttgart. Nach einer T¨atigkeit als Volks- und Realschullehrer studierte B. 1910-12 an den Universit¨aten T¨ubingen und Lausanne P¨adagogik, Philosophie, Germanistik, Geschichte und Franz¨osisch; seit 1913 unterrichtete er am Lehrerseminar in Nagold. Nach dem Ersten Weltkrieg gr¨undete B. in Stuttgart die Volksrechts-Zeitung „Selbsthilfe“ und war Vorsitzender der 1926 gebildeten Volksrechtspartei, die ihn 1929-32 in den W¨urttembergischen Landtag und 1932 (Juli bis November) in den Reichstag entsandte. Er rief die S¨uddeutsche Sparerbank ins Leben. 1928 wurde B. Oberstudiendirektor am Lehrerseminar in Nagold, 1931 Oberschulrat in Stuttgart und 1939 von den Nationalsozialisten des Amtes enthoben. Nach Kriegsende reaktiviert, wurde B. Direktor des P¨adagogischen Instituts Stuttgart, Vorsitzender des Bundes der Sparer und Fliegergesch¨adigten und erneut Herausgeber der „Selbsthilfe“. 1946-48 geh¨orte er f¨ur die CDU dem Landtag von W¨urttemberg-Baden an. C Raberg
Bausewein, Kaspar, S¨anger, * 15. 11. 1838 Aub bei Ochsenfurt (Bayern), † 18. 11. 1903 M¨unchen. B., Sohn eines Schneiders, besuchte in W¨urzburg das Lehrerseminar, sang, nachdem man dort seine Baßstimme entdeckt hatte, dem Intendanten des M¨unchner Hoftheaters vor und wurde sofort in den Opernchor aufgenommen. Daneben ließ sich B. zum Solisten ausbilden und erhielt 1858 ein Engagement an der M¨unchner Oper, der er bis an sein Lebensende verbunden blieb. B. sang in den Urauff¨uhrungen mehrerer Opern Richard → Wagners, spielte andere ernste Rollen und wechselte nach einer Stimmb¨andererkrankung in das Fach des Baßbuffo u¨ ber. F¨ur seine Verdienste erhielt B. den Titel eines bayerischen Kammers¨angers. C Kutsch
Bausner, Bartholom¨aus, evang. Theologe, * 1629 Reps (Siebenb¨urgen), † 15. 4. 1682. B., Sohn eines siebenb¨urgischen Pastors, begann 1652 ein Theologiestudium an der Univ. Wittenberg, das er in Leiden fortsetzte. 1656 zwang ihn die Pest zur R¨uckkehr nach Siebenb¨urgen. Im selben Jahr wurde er Diakon von Sch¨aßburg, dann Pfarrer von Radesch, 1661 Pfarrer von Reichersdorf; seit 1667 war B. Generaldechant, von 1679 an Superintendent der s¨achsischen Kirchen Siebenb¨urgens. Zu seinen im Druck erschienenen Schriften z¨ahlt eine noch in den Niederlanden verfaßte dreib¨andige Abhandlung De consensu partium humani corporis (1656). Baußnern, Waldemar Edler von, auch Baussnern, Bausznern, Komponist, * 29. 11. 1866 Berlin, † 20. 8. 1931 Potsdam. B. kehrte 1879 nach dem Tod seines Vaters, eines k. k. Rechnungsoffizials, von Siebenb¨urgen nach Berlin zur¨uck, wo er
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Bautz 1882-88 bei Friedrich → Kiel und Waldemar → Bargiel an der Kgl. Hochschule f¨ur Musik studierte. 1891 wurde er als Dirigent des Musik- und Lehrergesangvereins nach Mannheim berufen und 1895 mit der Leitung verschiedener Gesangvereine in Dresden betraut. 1903 ging B. als Lehrer an das K¨olner Konservatorium und wurde 1908 Direktor und Prof. an der Großherzoglichen Musikschule in Weimar. 1916 berief ihn der Magistrat von Frankfurt / Main zum Direktor des Hochschen Konservatoriums. Seit 1923 war er als Sekret¨ar der Akademie der K¨unste und Lehrer f¨ur Komposition an der Akademie f¨ur Kirchen- und Schulmusik in Berlin t¨atig. B. trat als Komponist von Opern wie D¨urer in Venedig (1901), Chorwerken, Liedern, Orchester- und Kammermusik in von Johannes → Brahms beeinflußter tonal-polyphoner Manier hervor. Von seinen neun Symphonien ist die f¨unfte unter dem Titel Es ist ein Schnitter, heißt der Tod (1922) dem Andenken der gefallenen Soldaten gewidmet. C MGG
Bautz, Josef, kath. Theologe, * 20. 11. 1843 Keeken bei Kleve, † 19. 3. 1917 M¨unster. B., seit 1874 Lic. theol. in M¨unster, habilitierte sich dort 1877 und wurde 1892 zum a. o. Prof. der Dogmatik und Apologetik ernannt. Einen Namen machte er sich als Verfasser mehrerer, von scholastischen Vorstellungen gepr¨agter Werke u¨ ber das Jenseits. Er verfaßte u. a. Weltgericht und Weltende, im Anschluß an die Scholastik und die neuere Theologie dargestellt (1886). Daneben gab B. Grundz¨uge der christlichen Apologetik (1887) und Grundz¨uge der katholischen Dogmatik (4 Bde., 1888-93) heraus. C LThK Bavendamm, Werner, Botaniker, * 27. 11. 1898 Berlin, † 20. 10. 1981 Reinbek bei Hamburg. Nach dem an der Univ. Berlin 1923 mit der Promotion (Ueber Oekologie, Physiologie und Systematik der farblosen und roten Schwefelbakterien des S¨uss- und Salzwassers) abgeschlossenen Studium der Botanik war B. zun¨achst als Assistent beim Forschungsinstitut f¨ur Bastfasern der Deutschen Leinenindustrie in Sorau (Niederlausitz) und seit 1925 an der Forstlichen Hochschule Tharandt und der TH Dresden besch¨aftigt. 1928 erhielt er eine Privatdozentur an der TH Dresden und 1934 eine a. o. Professur der Angewandten Botanik. B., dessen Fachgebiete auch Mikrobiologie, Pflanzenpathologie, Forstbotanik und Holzschutz umfaßten, war nach 1945 als freier Wissenschaftler u. a. in der Champignonzucht t¨atig. 1947 ging er an die Zentral- bzw. Bundesanstalt f¨ur Forst- und Landwirtschaft nach Reinbek bei Hamburg, wurde dort 1950 zum Abteilungsleiter und von der Univ. Hamburg zum a. o. Prof. der Botanik ernannt.
Bavier, Simeon, schweizer. Politiker, * 16. 9. 1825 Chur, † 27. 1. 1896 Basel. Der aus einer einflußreichen Churer Speditions- und Bankiersfamilie stammende B. bildete sich an den Polytechnika in Karlsruhe und Stuttgart zum Tiefbauingenieur aus, kehrte 1844 nach Chur zur¨uck und bet¨atigte sich fortan im ¨ Straßenbau. Seit seiner Ubersiedlung nach Fideris (Kt. Graub¨unden) 1852 konzentrierte er sich auf den Eisenbahnbau ¨ und u¨ bernahm erste politische Amter. 1863 wurde B., der als gem¨aßigter Liberaler galt, in den Nationalrat gew¨ahlt, wo er parteilos blieb; 1879 w¨ahlte man ihn in den Bundesrat. Als Leiter des Post- und Eisenbahndepartements (1880 / 81) bem¨uhte er sich besonders um eine Vereinheitlichung unter den 24 verschiedenen Eisenbahnverwaltungen. Als Bundespr¨asident er¨offnete B. 1882 die Gotthardbahn; im folgenden Jahr reichte er seine Demission als Bundesrat ein und wurde Gesandter am italienischen Hof. Diese T¨atigkeit u¨ bte er bis zu seinem gesundheitlich bedingten Ausscheiden aus dem Staatsdienst 1894 aus. C Schweiz Bundesr¨ate
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Bavink, Bernhard, Naturwissenschaftler, Philosoph, * 30. 6. 1879 Leer (Ostfriesland), † 27. 6. 1947 Bielefeld. B., Sohn eines mennonitischen Fabrikanten, aber Lutheraner wie seine Mutter, studierte in Bonn (1897 / 98) und G¨ottingen (1898-1902) Chemie, Mathematik (bei David → Hilbert) und Physik (bei Woldemar → Voigt). Nach Staatsexamen (1902) und Promotion (1904) trat er 1905 in G¨ottingen eine Stelle als Oberlehrer an. 1912-44 unterrichtete er an der AugusteViktoria-Schule in Bielefeld, die heute seinen Namen tr¨agt. 1936 wurde B. in den wissenschaftlichen Ausschuß der Ge¨ sellschaft Deutscher Naturforscher und Arzte berufen. 1944 ernannte ihn die Univ. M¨unster zum Ehrenb¨urger, 1947 zum Prof. der Naturphilosophie. B., auch Herausgeber der Zeitschrift „Unsere Welt“ des 1907 gegr¨undeten „Keplerbundes zur F¨orderung der Naturerkenntnis“, der den antimetaphysischen Monismus → Haeckels bek¨ampfte, verfocht in seinen Schriften einen kritischen Realismus gegen¨uber materialistischen und positivistischen Auffassungen. Beeinflußt von Eduard von → Hartmann, Oswald → K¨ulpe und Erich → Becher, war es sein Anliegen, die Kluft zwischen naturwissenschaftlichem Szientismus und religi¨oser Weltanschauung zu u¨ berbr¨ucken. Er arbeitete auch auf dem Gebiet der Eugenik (Organische Staatsauffassung und Eugenik, 1933; Eugenik als Forschung und Forderung der Gegenwart, 1934). Neben seinem Hauptwerk Allgemeine Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaft. Eine Einf¨uhrung in die moderne Naturphilosophie (1914, 101954) ver¨offent¨ lichte B. u. a. Das Ubel in der Welt vom Standpunkt der Wissenschaft und Religion. Kritische Betrachtung von Leid, Tod und S¨unde (1925, 21947), Die Naturwissenschaft auf dem Wege zur Religion. Leben und Seele, Gott und Willensfreiheit im Licht der heutigen Naturwissenschaft (1933, 71948) und Was ist Wahrheit in den Naturwissenschaften? (1947). C Leb Nieders, Bd 5 Baxa, Jakob, o¨ sterr. Jurist, Schriftsteller, * 15. 2. 1895 Wien, † 10. 11. 1979 M¨odling (Nieder¨osterreich). Nach dem mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Jurisprudenz, dem Kriegsdienst (1916-18) an der Italienfront und einer kurzen Gerichtspraxis trat B. 1920 eine Stelle in der Zuckerindustrie an, die er 1949 wegen Ertaubung aufgeben mußte. Daneben lehrte er seit 1923 als Privatdozent und seit 1932 als a. o. Prof. Gesellschaftslehre an der Univ. Wien. Er verfaßte u. a. Gesellschaft und Staat im Spiegel deutscher Romantik (1924) und besch¨aftigte sich in zahlreichen Schriften mit dem Staats- und Gesellschaftstheoretiker Adam von → M¨uller. Daneben trat B. als Verfasser von Erz¨ahlungen, Romanen, Gedichten und Schauspielen wie Der Gerber Kleon (1954) hervor. C DLL, 20. Jh. Baxmann, Ernst Valentin Rudolf, evang. Theologe, Schriftsteller, * 22. 2. 1832 Stendal, † 2. 7. 1869 Bonn. W¨ahrend seines Studiums der Theologie und Philosophie in Berlin besch¨aftigte sich B. vor allem mit dem Werk von → Schleiermacher und → Hegel. Besonders war ihm an ei¨ ner Uberbr¨ uckung des Gegensatzes von Religion und Wissenschaft gelegen. Nach einer zweij¨ahrigen Hauslehrert¨atigkeit in Th¨uringen und dem Besuch des Predigerseminars in Wittenberg erhielt B. dort 1857 seine erste Pfarrstelle. 1861 wurde er zum Stellvertreter des preuß. Gesandtschaftspredigers in Lissabon ernannt. Von 1862 bis zu seinem Tod war B. in Bonn als Privatdozent der Theologie, Inspektor des Evang. Stifts und Gymnasiallehrer t¨atig. Neben einigen anderen gr¨oßeren Werken verfaßte B. eine mehrmals aufgelegte Biographie Friedrich Schleiermacher (1868). C ADB Baxmann, Hein d. J., Bildschnitzer, * um 1580, † 1647. ¨ B., Hamburger Schnitzer und seit 1627 auch Altermann des Amts wie sein Vater, schuf vor allem Ausstattungen
Bayer f¨ur die Kirchen in der Umgebung der Stadt. Seine Arbeiten sind in dem um 1600 in Norddeutschland u¨ blichen, niederl¨andisch beeinflußten Renaissancestil gehalten. B.s Alt¨are in Allerm¨ohe, Moorfleth, Ochsenw¨arder, Beidenfleth und Siek weisen einen Mittelteil wie die Klappalt¨are der Gotik auf, sind aber mit Renaissanceaufbauten und Ornamenten umrahmt. Besonders trat B. durch seine Rankenfriese hervor. C AKL
Inventarisierung er maßgeblich beteiligt war. Im selben Jahr wurde B. mit der Leitung der Karlsruher Altertumssammlung betraut. Seine eigenen, auf koloristische Wirkung und Lichteffekte bedachten Bilder sind im Stil der christlichnationalem Romantik mit einer Vorliebe f¨ur die Sp¨atgotik gehalten. Seine bevorzugten Sujets waren dabei Innenr¨aume sakraler Bauten wie das Interieur der Franziskanerkirche in Salzburg (Neue Pinakothek, M¨unchen). C AKL
Bay, David Ludwig, schweizer. Politiker, * 31. 7. 1749
Bayer, Carl, Chirurg, Schriftsteller, * 7. 6. 1854 Polna (B¨ohmen), † 25. 7. 1930 Chot´ebor bei Prag. Nach der 1879 erfolgten Promotion zum Dr. med. an der Univ. Prag war B. als Demonstrator am dortigen Pathologisch-anatomischen Institut und als Assistenzarzt an der Deutschen Chirurgischen Klinik t¨atig. 1886 erfolgte B.s Habilitation an der Univ. Prag, 1892 seine Berufung zum a. o. Professor. 1887-1918 leitete er die Chirurgische Abteilung des Deutschen Kinderspitals, ferner 1892-1929 das Spital der Barmherzigen Br¨uder und bis 1918 auch das von ihm mitbegr¨undete Sanatorium des Roten Kreuzes. Zur Verl¨angerung verk¨urzter Sehnen entwickelte B. ein sp¨ater weltweit angewandtes Verfahren, den Z-Schnitt. Zu seinen rund 130 wissenschaftlichen Publikationen geh¨oren ein Lehrbuch Chirurgische Operationstechnik (1894) und Arbeiten u¨ ber die Regeneration der Lymphdr¨usen, angeborene Leistenbr¨uche, Mißbildungen des R¨uckenmarks und Mastdarm-Neubildungen. Daneben ver¨offentlichte B. eine Anzahl Gedichtb¨ande, u. a. Wege des Lebens (1910).
Bern, † 5. 12. 1832 Bern. Der Berner Patriziersohn B. ließ sich nach dem Studium der Jurisprudenz in Marburg in seiner Heimatstadt als Advokat nieder. 1798 wurde er in den helvetischen Senat, dann in das F¨unfer Vollzugsdirektorium in Aarau gew¨ahlt. Durch sein Eintreten f¨ur Berner Interessen in Gegensatz zu den „Patrioten“ und den franz¨osischen Kommiss¨aren geraten, mußte B. ein Vierteljahr sp¨ater das Direktorium verlassen. 1799 wurde er erneut Mitglied des Senats und 1799 erneut in das Direktorium gew¨ahlt. Nach den Staatsstreichen von Januar und August 1800 geh¨orte B. dem gesetzgebenden Rat und der Partei der „F¨oderalisten“ an. Von der an Einfluß gewinnenden Partei der „Unitarier“ aus der Politik verdr¨angt, widmete sich B. seit 1802 in Bern wieder der juristischen Praxis. Nach der Verfassungsreform 1831 in den Berner Großen Rat gew¨ahlt, war B. dessen Alterspr¨asident.
Bayer, Albrecht, evang. Theologe, * 1. 2. 1751 Gingen / Fils, † 16. 1. 1819 Ansbach. Der Sohn eines Pfarrers studierte seit 1776 Theologie, Philologie, Geschichte, Philosophie und Mathematik in Erlangen. Er wurde in das „Institut f¨ur Moral und sch¨one Wissenschaften“ Georg Friedrich → Seilers aufgenommen. Seit 1779 Magister der Philosophie, war er in Erlangen als Erzieher, daneben auch als Dozent und Prediger t¨atig. 1785 wurde B. a. o. Prof. der Philosophie an der dortigen Universit¨at. 1785-94 war er Redakteur der aufkl¨arerischen „Erlanger Realzeitung“. Seit 1791 o. Prof., ging er 1794 als Stadtkaplan nach Ansbach. 1798 wurde er Assessor am dortigen Konsistorium, 1801 Stiftsprediger und Konsistorialrat. Nach der Aufl¨osung des Ansbacher Konsistoriums 1806 u¨ bernahm B. die Leitung der kirchlichen Angelegenheiten des neugebildeten Rezatkreises. 1808 wurde er Kreisschulrat, 1809 Kreiskirchenrat und 1817 1. Rat des Ansbacher Generaldekanats. B. ver¨offentlichte u. a. Predigten f¨ur die Bed¨urfnisse unserer Zeit (1784 und 1793). Bayer, Aloys, S¨anger, * 3. 7. 1802 Sulzbach (Oberpfalz), † 7. 7. 1862 Grabenst¨att / Chiemsee. Von seinem Vater, einem Lehrer und Chorregenten, zum Geistlichen bestimmt, bezog B. 1821 das M¨unchner Lyzeum. Nachdem man dort seine Tenorstimme entdeckt hatte, erhielt B. eine Ausbildung zum Operns¨anger. 1823 feierte er sein Deb¨ut am M¨unchner Hoftheater und erhielt ein Engagement als Tenor und Schauspieler. 1826 wurde B. zum „wirklichen Operns¨anger“ ernannt und sang seit 1828 die großen Tenorpartien. Dazwischen gab er Gastspiele in Wien und am K¨onigst¨adtischen Theater in Berlin. 1843 trat B., der auch als Lieders¨anger auftrat und Gesangsunterricht erteilte, aus Gesundheitsgr¨unden von der B¨uhne ab. C Kutsch
Bayer, August von, schweizer. Maler, * 3. 5. 1803 Rorschach (Kt. St. Gallen), † 2. 2. 1875 Karlsruhe. In Z¨urich, Karlsruhe und Paris zum Architekten ausgebildet, ging B. 1828 zum Erlernen der Architekturmalerei bei Friedrich von → G¨artner und Georg Wilhelm → Issel nach M¨unchen, wo er seit 1830 dem Kunstverein angeh¨orte. 1839 u¨ bersiedelte er nach Baden-Baden, gr¨undete 1844 den Badischen Altertumsverein und wurde zu dessen Pr¨asidenten gew¨ahlt. 1852 wurde er zum Hofmaler und 1853 zum Landeskonservator der Kunstdenkm¨aler Badens ernannt, an der
Bayer, Ernst, Chemiker, * 24. 3. 1927 Ludwigshafen, † 31. 1. 2002 T¨ubingen. B. studierte 1947-52 Chemie an den Universit¨aten Heidelberg und Freiburg / Breisgau und ging 1954 an das MaxPlanck-Institut in Heidelberg. 1958 bei Richard → Kuhn promoviert, wurde er zum Abteilungsleiter an die Bundesforschungsanstalt Geilweilerhof in der Pfalz berufen und erhielt eine Dozentur am Institut f¨ur Organische Chemie an der Univ. Karlsruhe. 1962 folgte er dem Ruf auf eine Professur an der Univ. T¨ubingen, wechselte 1967 auf den Robert A. Welch-Lehrstuhl an der University of Texas in Houston (USA) und kehrte 1971 als Ordinarius und Direktor des Instituts f¨ur Organische Chemie nach T¨ubingen zur¨uck. Unter seiner Leitung erwarb sich das Institut mit Untersuchungen zur Chromatographie, zur Spektroskopie, zur Peptid- und Nukleins¨aurechemie sowie zur Umweltforschung einen herausragenden internationalen Ruf. B. machte zahlreiche chemische Entdeckungen, u. a. zu Weinaromastoffen und zur Strukturaufkl¨arung des blauen Farbstoffs der Kornblume. Er ver¨offentlichte u. a. Gaschronomatographie (1959).
Bayer, Franz Rudolph, Schauspieler, * 30. 11. 1780 Wien, † Mai 1860 Prag. B. trat nach dem Studium der Philosophie in Wien eine Praktikantenstelle in der Hofbuchhaltung im M¨unz- und Bergwesen an und diente dann dem herzoglich s¨achsischgothaischen Bevollm¨achtigten in Wien als Sekret¨ar. Daneben unternahm B. auf Privatb¨uhnen seine ersten schauspielerischen Versuche. 1802 feierte er am St¨adtischen Theater in Prag sein offizielles Deb¨ut und unternahm in der Folgezeit etliche erfolgreiche Gastspielreisen. B.s Tochter war die Schauspielerin Maria → Bayer-B¨urck. C Wurzbach Bayer, Friedrich, Industrieller, * 6. 6. 1825 Barmen (heute zu Wuppertal), † 6. 5. 1880 W¨urzburg. Der einer Familie von Seidenbandwirkern entstammende B. trat als Vierzehnj¨ahriger eine Lehre in einem Barmer Handelshaus f¨ur chemische Produkte an. Bald begann er einen selbst¨andigen Handel mit Chemikalien und Farbstoffen f¨ur die Textilindustrie, importierte Farbh¨olzer und vertrieb sie in ganz Deutschland und den Nachbarl¨andern. B. verkaufte auch selbst hergestellte Farbextrakte und entwickelte seit
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Bayer 1861 im Laboratorium in der Waschk¨uche seines Hauses Teerfarbstoffe, die bis dahin nur in England und Frankreich produziert wurden. Mit Friedrich → Weskott, der die Farbstoffe in seiner F¨arberei in der Praxis erprobte, gr¨undete B. in der N¨ahe von Barmen die Firma Friedr. Bayer & Comp. Dort und in einem 1866 in Elberfeld gegr¨undeten neuen Werk wurden Farbstoffe wie Nachtblau, Seegr¨un, Viktoriaviolett, Azofarbstoffe sowie Alizarin- und Anilinfarben hergestellt. Bei B.s Tod verf¨ugte die Firma bereits u¨ ber 400 Angestellte und einen Kundenstamm in aller Welt. C NDB
Bayer, Friedrich, Chemiker, Industrieller, * 13. 10. 1851 Barmen (heute zu Wuppertal), † 21. 6. 1920 Leverkusen. Der Sohn von Friedrich → B. trat nach einigen Studiensemestern Chemie in Bonn und einer praktischen Ausbildung als Dreiundzwanzigj¨ahriger in die v¨aterliche Firma ein. 1877 wurde B. Teilhaber, geh¨orte seit der 1881 erfolgten Umwandlung der Firma in die IG Farbenindustrie AG Leverkusen dem Vorstand an und wechselte 1912 in den Aufsichtsrat. Im selben Jahr wurde B. f¨ur seine Verdienste um den raschen Aufbau der deutschen Teerfarbenindustrie zum Geheimen Kommerzienrat ernannt. C DBJ, Bd 4 Bayer, Gottlieb Siegfried, auch Theophil Siegfried B., Historiker, Orientalist, Bibliothekar, * 5. 1. 1694 K¨onigsberg (Ostpreußen), † 21. 2. 1738 St. Petersburg. B. studierte Theologie und Philologie in K¨onigsberg, Berlin, Frankfurt / Oder, Halle und Leipzig, wo er ein Verzeichnis der orientalischen Handschriften der Stadtbibliothek anfertigte. 1718 wurde er in K¨onigsberg zum Ratsbibliothekar, 1720 zum Konrektor, 1721 zum Prorektor der Domschule ernannt und hielt 1718-26 Vorlesungen u¨ ber die griechischen Klassiker. 1728 folgte B. einem Ruf als Professor der klassischen Altert¨umer nach St. Petersburg, wurde in die dortige Akademie aufgenommen und mit der Oberaufsicht u¨ ber das Akademische Gymnasium betraut. B. verfaßte Abhandlungen zur Geschichte Ostpreußens, zur Geschichte und Geographie Rußlands und schuf mit dem Museum Sinicum (St. Petersburg 1730) eine Zusammenfassung der Chinakenntnis seiner Zeit. Im Sinne der Aufkl¨arung befaßte er sich mit der Geschichte diverser V¨olker und u. a. mit der koptischen, syrischen und tibetanischen Sprache. Als erster erkannte B. die skandinavische Herkunft der War¨ager in Rußland und der Waranger in Byzanz.
Bayer, Gustav, o¨ sterr. Experimentalpathologe, * 10. 6. 1879 Wien, † 14. 3. 1938 Innsbruck. Das Medizinstudium schloß der Sohn eines Beamten 1904 mit der Promotion ab und absolvierte seine praktischen Jahre am Wiener Physiologischen Institut und am Innsbrucker Institut f¨ur experimentelle Pathologie. 1910 in Innsbruck f¨ur allgemeine und experimentelle Pathologie habilitiert, war er seit 1915 a. o., seit 1922 o. Prof. am Institut f¨ur allgemeine und experimentelle Pathologie in Innsbruck, dessen Leitung er zugleich u¨ bernahm. Zu B.s Forschungsschwerpunkten geh¨orten die Hormonforschung sowie Untersuchungen zur physiologischen und pharmakologischen Wirkung des Adrenalins. Er ver¨offentlichte u. a. Klinisches Lehrbuch der Inkretologie und Inkretotherapie (1927, zusammen mit Reinhard von den → Velden) und Physiologie des Nebennierenmarkes (1938). Die Association for Internal Secretion in Los Angeles ernannte ihn 1929 zu ihrem Mitglied. B. starb ¨ durch Selbstmord. 2, 3 C Arzte Bayer, Hans, o¨ sterr. National¨okonom, * 3. 2. 1903 Wien, † 5. 5. 1965 Rom. Nach der Promotion zum Dr. rer. pol. (1924) und zum Dr. jur. (1929) in Innsbruck war B. Privatdozent f¨ur politische ¨ Okonomie an der Univ. Wien. Daneben war er seit 1930 als Rechtskonsulent im nieder¨osterr. Gewerbeverein, als Ge¨ neralsekret¨ar des Zentralverbands der Hoteliers Osterreichs
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und seit 1934 als Sekret¨ar der Kammer f¨ur Arbeiter und Angestellte in Wien t¨atig. 1937 berief ihn die Univ. Innsbruck zum a. o. Prof. der Rechts- und Staatswissenschaften, stellte ihn jedoch 1938 aus politischen Gr¨unden außer Dienst. 1945 trat B. in das Bundesministerium f¨ur soziale Verwaltung ein und wurde 1946 Honorarkonsulent der Arbeiterkammer. 1945 von der Univ. Innsbruck auf den Lehrstuhl f¨ur National¨okonomie berufen, wurde B. 1946 Vorstand des wirtschaftswissenschaftlichen Instituts und 1948 o. Professor. Er verfaßte u. a. Sozialisierung und Planwirtschaft (1947).
Bayer, Herbert (Wilhelm), Maler, Photograph, Graphiker, * 5. 4. 1900 Haag am Hausruck (Ober¨osterreich), † 30. 9. 1985 Montecito (Kalifornien, USA). B. arbeitete in Architekturb¨uros in Linz und Darmstadt und studierte seit 1921 am Weimarer Bauhaus u. a. Wandmalerei bei Wassily → Kandinsky. Nach der Gesellenpr¨ufung als Wandmaler u¨ bernahm er 1925 die Leitung der Werkstatt f¨ur Druck und Reklame am Bauhaus in Dessau. 1928 ließ sich B. in Berlin als Werbegraphiker nieder. 1938 emigrierte er nach New York, zog 1946 nach Aspen / Colorado und 1974 nach Montecito / Kalifornien. B.s fr¨uhe Plakate und Wandmalereien weisen in Prim¨arfarben gehaltene geometrische Grundformen auf. Die typographischen Werke sind beeinflußt vom russischen Konstruktivismus. Am Bauhaus f¨uhrte B. die Kleinschrift sowie die DIN-Normen ein und entwickelte die Bayer-Type. Zu seinen Photomontagen geh¨ort ein Selbstportr¨at von 1932. In den USA ging B. von anf¨anglich surrealistischer zur abstrakten Malerei u¨ ber und begann u. a. 1959 die Serie Linear structure paintings. Mit dem Earthwork-Environment von 1955 nahm er die LandArt vorweg. C AKL
Bayer, Hieronymus (Johannes Paulus) von, Jurist, Schriftsteller, * 21. 9. 1792 Rauris (Salzburg), † 13. 7. 1876 M¨unchen. Der Sohn eines salzburgischen Landrichters begann 1810 an der Hochschule in Landshut das Studium der Rechtswissenschaften und der Philosophie. Nach der Promotion in beiden F¨achern, Besch¨aftigungen am Landshuter Landgericht und in einer M¨unchner Kanzlei wurde B. an der Univ. in Landshut 1818 Privatdozent, 1819 a. o. und 1822 o. Prof. der Jurisprudenz. Nach der Verlegung der Univ. nach M¨unchen (1826) bekleidete B. dort f¨unfmal die Rektorenstelle. Seit 1832 Hofrat, wurde B. 1842 geadelt, 1843 Akademiemitglied, 1851 Geheimrat und 1853 Reichsrat. 1839 w¨ahlte ihn die Univ. in die 2. Kammer, wo er u. a. 1843 die Vorlage eines bayerischen Zivilgesetzbuches beantragte und 1844 der Zivilgesetzgebungskommission angeh¨orte. Zu B.s Ver¨offentlichungen z¨ahlen vielfach aufgelegte Vortr¨age u¨ ber den gemeinen ordentlichen Civilprozeß (1828) und lateinische, u. a. in einem Poematum libellus (1866) zusammengefaßte Gedichte. Daneben trat B. als Radierer und Liedkomponist hervor. C LMU Bayer, Jakob, Jesuit, Klassischer Philologe, Lexikograph, * 13. 2. 1670 Steinwiesen bei Kronach, † 3. 8. 1750 W¨urzburg. Nach seinem Eintritt in den Jesuitenorden (1690) studierte B. in Fulda Philosophie, unterrichtete sechs Jahre am Gymnasium von Mainz und ein Jahr in W¨urzburg. Dort studierte er noch Theologie, lehrte dann Philosophie und Theologie in Heidelberg und wirkte l¨angere Zeit als Prediger und Seelsorger in Mainz. Anschließend war er Rektor der Jesuitenkollegien in Ettlingen, Mainz, Bamberg und W¨urzburg. Einen Namen machte sich B. als Verfasser eines Lehrbuchs der griechischen Sprache und eines griechisch-lateinischen W¨orterbuchs. Mit dem Lehr- und W¨orterbuch Paedagogus latinus Germaniae juventutis, sive Lexicon Germanico-
Bayer latinum et Latino-germanicum (1724, 121819) schuf B. eine wesentliche Grundlage f¨ur den Lateinunterricht im kath. Deutschland.
Bayer, Johann, Astronom, Jurist, * 1572 Rain / Lech, † 7. 3. 1625 Augsburg. Der in Augsburg als Advokat lebende B. trat vor allem als Astronom und Verfasser des ersten, 1603 herausgegebenen und 51 Sterne umfassenden Sternenatlas namens Uranometria, omnium asterismorum continens schemata, nova methoda delineata hervor. Darin waren erstmals die Positionen der Sterne des s¨udlichen Himmels korrekt verzeichnet. Die Sterne jedes Sternbilds katalogisierte B. nach ihrer Helligkeit, wobei er die Buchstaben des griechischen Alphabets benutzte. B.s Sternenatlas war fast zwei Jahrhunderte in Gebrauch. C Krafft Bayer, Johann, Botaniker, Beamter, * 20. 3. 1802 Groߨ Kroße bei Troppau (Osterr. Schlesien), † 14. 2. 1870 Steyr (Ober¨osterreich). B. trat nach dem Studium der Philosophie in Olm¨utz und der Medizin, Astronomie und Technik in Wien 1838 eine Stelle bei der Kaiser-Ferdinand-Nordbahn an. 1845 wurde er zum Chef der Administration in Prag ernannt, sp¨ater in gleicher Funktion nach Pest und 1855 als Generalinspektor der o¨ sterr. Staatseisenbahn-Gesellschaft nach Wien versetzt. 1864 trat er in den Ruhestand. Neben seiner beruflichen T¨atigkeit machte sich B. als Botaniker, vor allem durch seine Untersuchungen zu Brombeerstr¨auchern und Linden einen Namen. B.s 1869 in den „Verhandlungen“ der k. k. Pomologischen-botanischen Gesellschaft erschienene Monographie der Gattung Tilia galt seinerzeit als deren ausf¨uhrlichste Beschreibung. Ferner ver¨offentlichte B. einen F¨uhrer durch die Flora des Wiener Praters und 1869 ein Botanisches ¨ Excursionsbuch f¨ur das Erzherzogthum Osterreich. C ADB Bayer, Johann Christoffer, auch Baijer, J. Christoph, Maler, * 7. 9. 1738 N¨urnberg, † 20. 12. 1812 Kopenhagen. Der einer Familie von fr¨ankischen Fayence- und Glasmalern entstammende B. war nach einer Ausbildung bei Johann Christoph → Dietzsch in Leipzig zun¨achst als Blumenmaler in der Meißener Porzellanmanufaktur t¨atig. 1768 u¨ bersiedelte er nach Kopenhagen. Seine dort geschaffenen Blumen- und Fruchtaquarelle f¨ur die kgl. Kupferstichsammlung verhalfen ihm zu einer Anstellung in der kgl. Porzellanfabrik (1770-1804). Dort bemalte B. 1790-97 in staatlichem Auftrag ein umfangreiches Tafelservice als Geschenk f¨ur Zarin → Katharina II. Als Vorlage f¨ur dieses mit Motiven aus der Botanik dekorierte, aus 1802 Teilen bestehende „Flora-Danica“-Service nahm B. das gleichnamige botanische Prachtwerk von Georg Christian → Oeder zur Vorlage, an dem sp¨ater sein Sohn Johann Theodor als Stecher arbeitete. B. selber schuf Illustrationen f¨ur Botanikb¨ucher und ein C AKL großes Werk u¨ ber Pilze. Bayer, Johann Georg, evang. Theologe, P¨adagoge, * 10. 9. 1695 Laubgrund bei Goldberg (Schlesien), † 31. 5. 1779. Nach dem Besuch des Lyzeums in Lauban und der Univ. Leipzig und Wittenberg war B. einige Jahre als Hauslehrer in adligen und b¨urgerlichen schlesischen Familien t¨atig. Sp¨ater wirkte er als Mittagsprediger in Gottesberg und wurde 1743 Diakon und Rektor der Stadtschule Bolkenhain. Außer einem Gebetbuch und einem evang. Katechismus ver¨offentlichte B. eine Predigt u¨ ber das Verhalten gegen¨uber verungl¨uckten Mitchristen und stellte angesichts wiederholter Naturkatastrophen in Schlesien Betrachtungen u¨ ber Die starke Hand Gottes u¨ ber, auf und in der Erde (1757) an.
Bayer, Johann Philipp, Maler, * November 1729 Kronach (Oberfranken), † 15. 4. 1798 N¨urnberg. Seine k¨unstlerische Ausbildung erhielt B. bei Johann Peter Weyh in Kemnath in der Oberpfalz und bei dem Bamberger Hofmaler Marquard → Treu. Seit 1761 lebte er in N¨urnberg, wo er zur evang. Kirche u¨ bertrat. Zu B.s Werken z¨ahlen die Deckenfresken in der Pfarrkirche von Artelshofen bei ¨ in der Kirche von N¨urnberg und zwei Altargem¨alde in Ol Ebersdorf bei Coburg. C AKL Bayer, Johann Wolfgang, auch Wolfgang B., Jesuit, Missionar, * 11. 2. 1722 Scheßlitz bei Bamberg, † 10. 6. 1794 Scheßlitz. Nach dem 1741 beendeten Studium der Philosophie in Bamberg und dem Eintritt in den Jesuitenorden lehrte B., Sohn eines Administrators am Elisabethenhospital in Scheßlitz, in W¨urzburg die Poesie. 1749 von seinen Ordensoberen als Missionar nach Peru geschickt, schiffte er sich 1750 in Genua ein, gelangte 1750 nach Teneriffa, 1751 u¨ ber Panama nach Lima und 1752 nach Jul´ı am Titicacasee. 1766 wurde B. zum Synodalexaminator des Bistums Santa F´e (Bogot´a) berufen, 1768 aber wie alle seine Ordensbr¨uder ausgewiesen. Nach einer Reise u¨ ber Chile, Kap Horn und C´adiz traf er 1770 in Bamberg ein, wo besonders die Edelsteine, die er anstelle von Kn¨opfen an seiner Kleidung trug, beeindruckten. B.s Reiseaufzeichnungen wurden von Christoph Gottlieb von → Murr 1775 / 76 im N¨urnberger „Journal zur Kunstgeschichte und allgemeinen Literatur“ und 1809 in den „Nachrichten aus verschiedenen L¨andern“ ver¨offentlicht. B. befaßte sich auch mit der Erforschung von Indio-Sprachen und verfaßte eine (verschollene) Grammatik der AymaraSprache. C NDB Bayer, Josef, o¨ sterr. Komponist, * 6. 3. 1852 Wien, † 12. 3. 1913 Wien. B. absolvierte zun¨achst eine Ausbildung an der Handelsakademie, besuchte dann das Konservatorium und erhielt 1870 ein Engagement als Geiger im Orchester der Wiener Hofoper. 1883 wurde er zum Hofballettdirektor berufen. B. machte sich als Komponist von Operetten und von 22 Balletten einen Namen; der Wiener Walzer (1885) und vor allem die Puppenfee (1888) werden noch heute aufgef¨uhrt. Bayer, Josef, Anthropologe, Pal¨aontologe, * 10. 7. 1882 Ober-Hollabrunn bei Wien, † 23. 7. 1931 Wien. Nach der Promotion bei dem Pr¨ahistoriker Moriz → Hoernes trat B. 1907 eine Stelle am Naturhistorischen Museum in Wien an und habilitierte sich 1913. Als Hauptmann im Ersten Weltkrieg u. a. an die Gazafront kommandiert, entdeckte er dort eine nach ihrem Fundort Askalon benannte jungpal¨aolithische Faustkeilkultur. 1918 wurde B. mit der Leitung der Anthropologisch-ethnographischpr¨ahistorischen Abteilung des Wiener Naturhistorischen Museums betraut und war daneben als Privatdozent und Konservator des Bundesdenkmalamts t¨atig. Als Gr¨under und Leiter des Instituts f¨ur Eiszeitforschung machte er sich weltweit einen Namen. Bei Grabungen in Nieder¨osterreich stieß B. auf die ber¨uhmt gewordene Kalksteinstatuette der Venus von Willendorf. Zugleich entlarvte er die Venus von Wisternitz als F¨alschung. B.s Aufs¨atze erschienen u. a. in der von ihm seit 1924 herausgegebenen Zeitschrift „Die Eiszeit“. Bayer, Josef August, Schriftsteller, Milit¨ar, * 20. 3. 1821 ¨ Pest, † 11. 6. 1864 Gleichenberg (Osterr. Schlesien). B., ein Neffe des Schauspielers Franz Rudolph → B. und Vetter der Schauspielerin Marie → Bayer-B¨urck, begann seine milit¨arische Laufbahn 1833 mit dem Eintritt in die Ingenieurakademie in Wien. Seit 1839 Leutnant im 11. Infanterieregiment, unterrichtete B. bis 1843 an der Kadettenschule in Neuhaus. 1844-46 lebte B. als Schriftsteller
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Bayer ¨ in Wien und Pest. Er ver¨offentlichte Osterreichische Fl¨uchtlinge. Politische Gedichte und schloß sich dem Schweizer Freisch¨arlerzug an. 1848 hielt er sich, ohne politisch t¨atig zu werden, in Berlin auf und trat dann in Pest in die ungarische Insurgentenarmee ein. 1849 avancierte B. dort zum Oberst und Generalstabschef von Art´ur G¨orgey und leitete u. a. die Belagerung von Pest. Von den Russen gefangengenommen, wurde er am 1. November vom o¨ sterr. Kriegsgericht zum Tode verurteilt, zu 18 Jahren Festungshaft begnadigt und 1850 amnestiert. Danach lebte er als Publizist in Pest. C Wurzbach
an den Auff¨uhrungen des „literarischen cabarets“ der „Wiener Gruppe“ beteiligt. 1962 redigierte er die avantgardistische Zeitschrift „edition 62“ (nur zwei Ausgaben erschienen). Das einzige zu B.s Lebzeiten erschienene Buch war der stein der weisen (1963); im selben Jahr las er im Berliner Rundfunk der kopf des vitus bering (herausgekommen 1965). B.s Roman der sechste Sinn erschien als Fragment postum 1966 (Neuausg. 1969 und 1993), Das Gesamtwerk (hrsg. von G. R¨uhm) 1977 (erw. Neuausg. in 2 B¨anden unter dem Titel S¨amtliche Werke, 1985; u¨ berarb. Neuausg. 1996). C KLG
Bayer, Karl, Philosoph, P¨adagoge, Politiker, * 2. 4. 1806
Bayer, Otto, Chemiker, * 4. 11. 1902 Frankfurt / Main,
Ansbach, † 28. 12. 1883 Schweinfurt. B., Sohn eines Theologen, studierte seit 1825 Philosophie und Theologie in Erlangen und Berlin, u. a. bei → Schleiermacher und → Hegel, und wurde 1829 zum Dr. phil. promoviert. Nach T¨atigkeiten als Gymnasiallehrer in Erlangen und N¨urnberg ging er 1835 als Subrektor der Lateinschule nach Hersbruck. 1838 wurde er nach Erlangen, 1857 nach Hof und 1862 nach Schweinfurt versetzt und 1876 pensioniert. Im Vorm¨arz vertrat B. einen entschiedenen Liberalismus. Seine im Erlanger B¨urgerverein gehaltenen Reden erschienen 1848 unter dem Titel Der Sieg der Freiheit und die deutsche Volksbildung im Druck. 1849-55 vom Wahlkreis Erlangen-F¨urth in den bayerischen Landtag gew¨ahlt, schloß er sich den Linken an und setzte sich f¨ur die Emanzipation der Juden ein. Neben seinem philosophischen Hauptwerk Betrachtungen u¨ ber den Begriff des sittlichen Geistes und u¨ ber das Wesen der Tugend (1839) ver¨offentlichte er u. a. Zu Fichte’s Ged¨achtnis (1835) und Die Idee der Freiheit und der Begriff des Gedankens (1837). C Bursian, Jg. 6
† 1. 8. 1982 Burscheid bei Bonn. B. studierte Chemie in Bonn, wurde 1925 an der Univ. Frankfurt / Main mit der Arbeit I. Die Darstellung einiger seltener Monosacharide mittels Diphenylmethandimethyldihydrazin. II. Zur Kenntnis der katalytischen Hydrierung des Indolkomplexes promoviert, war dort bis 1927 Assistent und trat 1927 als Chemiker in das Werk „Mainkur“ der IG Farbenindustrie AG ein. 1931 wurde er dort zum Abteilungsvorstand ernannt, 1933 mit der Leitung des wissenschaftlichen Hauptlaboratoriums der IG Farbenindustrie AG Leverkusen betraut, 1934 zum Prokuristen und 1939 zum Direktor der Firma bef¨ordert. 1944 erhielt er eine Honorarprofessur an der Univ. K¨oln. 1949 wurde B. in den Deutschen Forschungsrat, 1951 in den Vorstand der neugegr¨undeten Farbenfabriken Bayer AG und 1957 in den Verwaltungsrat des Stifterverbandes f¨ur die deutsche Wissenschaft berufen. B.s Hauptarbeitsgebiete waren Farbstoffe, vollsynthetische Fasern, Pestizide, Kautschuk, aliphatische Verbindungen, Lacke und Kunststoffe wie die von ihm erschlossene Polyurethan-Chemie. B. war Inhaber von etwa 400 in- und ausl¨andischen Patenten.
Bayer, Karl Emmerich Robert von, Pseud. Robert Byr,
Bayer, Paul Ignaz, auch Pavel Ign´ac Payer, Baumeister, * 1656 Iglau (M¨ahren), begraben 26. 12. 1733 Prag. B., dessen Biographie weitgehend im dunklen liegt, erbaute 1690-95 die Kastuluskirche in Prag und schuf 1697-99 die Fassade der Jesuitenkirche St. Ignaz in der Prager Neustadt. 1700 schloß er mit dem Abt der Zisterzienserabtei Sedletz bei Kuttenberg (B¨ohmen) einen Vertrag u¨ ber den Wiederaufbau der in den Hussitenkriegen zerst¨orten großen Kirche. 1701 wurde B. als Nachfolger von Christoph → Dientzenhofer zum Festungsbaumeister von Eger ernannt. 1709 entwarf er einen Brunnen f¨ur den Schloßhof von Wittingau (S¨udb¨ohmen), errichtete 1712 / 13 f¨ur F¨urst Adam → Schwarzenberg das Jagdschloß Ohrada bei Budweis und schuf 1722 den Entwurf f¨ur den Neubau des Wasserturms von Jungbunzlau. Heute werden ihm auch die Clemens-Kirche, das Salvator- und Galluskloster und die Karl-Borrom¨aus-Kirche in Prag zugeschrieben. In B.s Barockbauten wird der Einfluß seiner ebenfalls in B¨ohmen wirkenden Zeitgenossen Jean Baptiste → Mathey, Guarino Guarini und Dientzenhofer deutlich. C AKL
Schriftsteller, * 15. 4. 1835 Bregenz, † 30. 6. 1902 Baden bei Wien. B. absolvierte die Theresianische Milit¨arakademie und nahm 1859 als Generalstabsoffizier des Kavallerie-Korps „F¨urst Liechtenstein“ am o¨ sterr. Feldzug in Italien teil. 1862 ließ er sich beurlauben und bet¨atigte sich fortan als freier Schriftsteller. In seinen Romanen, Novellen und Erz¨ahlungen wie Ein deutsches Grafenhaus (1866) und Eine geheime Depesche (1880) schilderte B. vor allem das Leben der h¨oheren Gesellschaft und des Milit¨ars.
Bayer, Karl Josef, Chemiker, * 4. 3. 1847 Bielitz, † 4. 10. 1904 Rietzdorf bei Cilli (heute Celje, Slowenien). Nach dem Studium der Chemie in Heidelberg bei Robert Wilhelm → Bunsen und der 1871 erfolgten Promotion war B. zun¨achst bei diesem, dann an der TH Br¨unn als Assistent besch¨aftigt. Von dort u¨ bersiedelte B. als Leiter der chemischen Fabrik Tentelew nach St. Petersburg. Er erfand u. a. den Aufschluß von Bauxit mittels Natronlauge und eine Methode des Ausr¨uhrens von Tonerdehydrat. Daneben entwickelte er Verfahren zur gleichzeitigen Darstellung von Alkalichloraten und Zinnchlorid und Verfahren zur Erzeugung ¨ von k¨unstlichem Kryolith. In Osterreich erschloß B. die ersten Bauxitlager, errichtete eine Fabrik in Rietzdorf bei Cilli und weitere in Rußland und den USA.
Bayer, Konrad, o¨ sterr. Schriftsteller, * 17. 12. 1932 Wien, † 10. 10. 1964 Wien. B. arbeitete zun¨achst als Bankangestellter (bis 1957). Mit H. C. → Artmann, Gerhard R¨uhm und Oswald Wiener war er Mitglied im 1951 gegr¨undeten „artclub“. Ein Psychologiestudium brach er nach kurzer Zeit ab und war als Leiter der Galerie des Malers Ernst Fuchs, als Jazzmusiker, Darsteller und Autor von Experimentalfilmen t¨atig. 1958 / 59 war B.
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Bayer, (Franz) Thadd¨aus Edler von, o¨ sterr. Mediziner, * 7. 10. 1737 Herrnbaumgarten (Nieder¨osterreich), † 9. 9. 1808 Wien. Der Sohn eines Baders studierte in Nikolsburg und Wien Medizin, wurde 1760 Feldmedikus, 1767 Milit¨arphysikus und Lehrer der Pathologie in Prag. 1772 ernannte ihn → Maria Theresia zum Vizedirektor der medizinischen Fakult¨at und zum wirklichen Sanit¨atsrat, 1776 war B. Rektor der Universit¨at. 1778-85 diente er Kaiser → Joseph II. als FeldProtomedikus. Danach wurde B. zum Landes-Protomedikus von B¨ohmen und Oberdirektor der von ihm eingerichteten Armenversorgungsanstalten ernannt. 1791 erhob ihn Kaiser → Leopold II. f¨ur seine Verdienste um die Eind¨ammung von Epidemien in B¨ohmen und die Gr¨undung und Leitung dreier
Bayr Krankenh¨auser in den Adelsstand. Kaiser → Franz II. berief B. 1795 als Beisitzer in die Milit¨arsanit¨atskommission. B. machte sich um die Einf¨uhrung der Kuhpockenimpfung verdient. Zu den von ihm verfaßten medizinischen Lehrb¨uchern z¨ahlt ein Grundriß der allgemeinen Hygiene und Therapeutik (1788).
Bayer-Burck, ¨ Marie, geb. Bayer, verh. Frfr. von Falkenstein, Schauspielerin, * 31. 10. 1820 Prag, † 7. (oder 10.) 2. 1910 Dresden. Die Tochter des Schauspielers Franz Rudolph → Bayer und Cousine des Schriftstellers Josef August → Bayer begann ihre B¨uhnenlaufbahn 1836 in Prag und wechselte 1839 an das kgl. Theater in Hannover. 1841 holte sie Ludwig → Tieck an das Hoftheater in Dresden, dessen Ensemble sie bis zu ihrem Tod angeh¨orte. 1850-58 folgte sie mehrmals Einladungen Heinrich → Laubes an das Wiener Burgtheater. Dort trat sie auch in St¨ucken von Franz → Grillparzer auf und verhalf besonders dessen Trauerspiel Des Meeres und der Liebe Wellen zum Erfolg. B., deren Repertoire von der Sentimentalen u¨ ber die Heroine bis zur Salondame reichte, spielte alle großen klassischen Hauptrollen. Sie heiratete 1849 den Schriftsteller August B¨urck und nach dessen Tod 1863 den Oberstleutnant Julius Freiherrn von Falkenstein. C Biogr Jahrb, Bd 15
Bayerlein, Fritz, Maler, * 9. 1. 1872 Bamberg, † 19. 6. 1955 Bamberg. Seine erste k¨unstlerische Ausbildung empfing B. am Porzellanmalinstitut von Karl Schmidt und 1889-93 an der Kunstgewerbeschule in N¨urnberg. 1893-97 studierte er an der Kunstakademie in M¨unchen, wo er bis zu seiner R¨uckkehr nach Bamberg 1943 ans¨assig war. Von hier aus un¨ ternahm B. zahlreiche Studienreisen nach Osterreich, Italien und in die Schweiz. Seine bevorzugten Motive waren Landschaften, vor allem Mainfrankens, und Interieurs von Schl¨ossern und Kirchen. In seinem von der Malerei des Sp¨atrokoko und der Romantik gepr¨agten Stil schuf er auch Historiengem¨alde. Wie sein Gem¨alde Winter im Park zu Nymphenburg 1914 in Wien wurden etliche andere Werke B.s auf internationalen Ausstellungen pr¨amiert. C AKL
Bayerlein, Fritz, Milit¨ar, * 14. 1. 1899 W¨urzburg, † 30. 1. 1970 W¨urzburg. B. trat 1917 in das bayerische Heer ein, wurde nach Kriegsende in die Reichswehr u¨ bernommen, erhielt eine Ausbildung zum Generalstabsoffizier und nahm 1939 am Einmarsch in Polen teil. Bei der Bildung des deutschen Afrikakorps in eine Stabsstelle versetzt, wurde B. mit der Planung ¨ der Offensive Erwin → Rommels in Agypten betraut. Kurz vor der Kapitulation in Tunis wurde B. Kommandeur einer Panzer-Lehrdivision an der Ostfront, mit der er im Winter 1944 an der Ardennen-Offensive teilnahm. Als kommandierender General geriet B. 1945 in amerikanische Gefangenschaft. 1950 gab er zusammen mit der Witwe Rommels unter dem Titel Krieg ohne Haß dessen nachgelassene Aufzeichnungen heraus. C Munzinger
Bayern, Konstantin Prinz von, Journalist, Politiker, * 15. 8. 1920 M¨unchen, † 30. 7. 1969 bei Hechingen (Baden-W¨urttemberg). Der Enkel des Augenarztes Ludwig Ferdinand von Bayern wurde 1939 zum Wehrdienst eingezogen und 1941 wie alle Mitglieder ehemals regierender H¨auser als „wehrunw¨urdig“ entlassen. 1942-44 studierte er in Freiburg / Breisgau Rechtswissenschaften und war anschließend am Oberlandesgericht Karlsruhe t¨atig. Nach dem Attentat auf → Hitler am 20. 7. 1944 in „Sippenhaft“ genommen, wurde B. 1945 von den Amerikanern befreit. 1947 begann er eine journalistische Laufbahn, war bei der „Neuen Revue“, der „S¨uddeutschen Zeitung“ und seit 1963 bei der „Bunten“ besch¨aftigt;
er besaß Anteile am Bankhaus Louis Hagen & Sohn und war Vorstandsmitglied der Gesellschaft f¨ur Auslandskunde. Er verfaßte Der Papst, eine Biographie Pius’ XII., und Ohne Macht und Herrlichkeit. Seit 1961 Mitglied der CSU, zog er 1962 in den Bayerischen Landtag und 1965 in den Bundestag ein; 1967 wurde er Bezirksvorsitzender der CSU M¨unchen. Kurz nach Erscheinen seines politischen Werks Die Zukunft sichern kam B. bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. C MdB
Bayersd¨orfer, Michael, Mediziner, Politiker, * 10. 7. 1867 Bellheim (Pfalz), † 20. 3. 1940 M¨unchen. Nach dem Studium der Medizin in W¨urzburg, Heidelberg und M¨unchen (Promotion 1892, Zur Aetiologie der Blepharitis) ließ sich B., Sohn eines Drechslermeisters, 1892 in Neustadt / Haardt als Arzt nieder. 1905-18 zun¨achst Mitglied der Zentrumspartei, wurde B. nach Gr¨undung der Bayerischen Volkspartei 1919 deren erster Vorsitzender in der bayerischen Pfalz. Seit 1920 war B. auch stellvertretender Vorsitzender des Pf¨alzischen Kreistags. Als solcher bek¨ampfte er 1923 / 24 franz¨osische Bestrebungen, eine vom Reich und von Bayern unabh¨angige Pfalz zu gr¨unden. Die Aufforderung der interalliierten Rheinlandkommission, anstelle der ausgewiesenen pf¨alzischen Provinzialregierung selber die Gesch¨afte zu u¨ bernehmen, schlug er aus. Seit 1924 geh¨orte B. f¨ur zwei Legislaturperioden dem Reichstag an und war zeitweise Vorsitzender des Ausschusses f¨ur die besetzten Gebiete. C NDB
Bayersdorfer, Adolph, Kunsthistoriker, * 7. 6. 1842 Erlenbach bei Aschaffenburg, † 21. 12. 1901 M¨unchen. B., Sohn eines Revierf¨orsters, lebte nach dem Studium der Philosophie und Kunstgeschichte als freier Schriftsteller, Rezensent und Theaterkritiker u. a. der „M¨unchener Bl¨atter“, der „S¨uddeutschen Presse“ und der Wiener „Neuen Freien Presse“ in M¨unchen. Er hielt engen Kontakt zu K¨unstlern, vorwiegend zu Arnold → B¨ocklin. 1874-80 lebte B. in Florenz im Verkehr mit Hans von → Mar´ees und Adolf von → Hildebrand und beteiligte sich dort an der Gr¨undung des deutschen Kunsthistorischen Instituts. 1880 wurde er zum Konservator der Gem¨aldegalerie in Schleißheim, 1884 der Pinakothek in M¨unchen ernannt. Bekannt wurde B. vor allem durch seine a¨ sthetisch-philosophischen Schriften und eine Abhandlung u¨ ber die Holbein-Madonnen in Dresden und Darmstadt, in der er die letztere als die echte bezeichnete. B. trat u. a. f¨ur die Malerei Gustave Courbets und des Kreises um Wilhelm → Leibl ein und war ein Gegner Richard → Wagners. B. war Pr¨asident der M¨unchener Gesellschaft f¨ur wissenschaftliche Psychologie. C Biogr Jahrb, Bd 6
Bayl, Johann Georg, Jurist, B¨urgermeister, * 18. 4. 1776 Bamberg, † 8. 4. 1834 Bamberg. B., Sohn eines Bamberger Kunsthandwerkers, studierte in seiner Heimatstadt Philosophie und Rechtswissenschaften. 1802 wurde er dort zum a. o. Prof. ernannt. Nach der bald erfolgten Aufhebung der Univ. Bamberg trat B. als Hofgerichtsrat in den bayerischen Justizdienst. 1808 wurde er zum Appellationsgerichtsrat des Obermainkreises bef¨ordert. 1812 w¨ahlte ihn die Stadt Bamberg zum ersten B¨urgermeister. W¨ahrend seiner dreizehnj¨ahrigen Amtszeit gr¨undete B. in Bamberg u. a. ein Waisenhaus, eine Gewerbeschule und eine o¨ ffentliche Sparkasse. Zu seinen zahlreichen juristischen Schriften geh¨oren die Beitr¨age zum Kriminalrecht (1813, 21824). C Neuer Nekr, Jg. 12 Bayr, Rudolf, o¨ sterr. Schriftsteller, * 22. 5. 1919 Linz, † 17. 10. 1990 Salzburg. B., Sohn eines Oberrechnungsrats, studierte 1937-40 Philo¨ sophie, Psychologie, Asthetik, Germanistik und Musikwissenschaft in Wien (Dr. phil.). Seit Sommer 1940 war er
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Bayrer Schriftleiter in Ausbildung beim „V¨olkischen Beobachter“. Nach der Promotion 1943 aufgrund der Arbeit Zur Pro¨ blematik des k¨unstlerischen Ubersetzens war er als freier Schriftsteller t¨atig. 1948-51 gab B. die Zeitschrift „Wiener Literarisches Echo“ heraus. Seit 1955 leitete er die Literaturabteilung von Radio Salzburg, sp¨ater die Abteilung Kultur und Wissenschaft des ORF; 1975-84 war er Intendant des Landesstudios Salzburg. B. u¨ bersetzte aus dem Altgriechischen (u. a. O Attika, Ges¨ange der Hellenen, 1948) schuf Nachdichtungen altgriechischer Dramen (nach Sophokles: Oedipus auf Kolonos, 1949; Antigone, 1961; Elektra, 1963; nach Aischylos: Agamemnon, 1948), schrieb eigene Dramen (u. a. Agamemnon muß sterben, 1952), Lyrik (Kalendarium, 1952; Der Wolkenfisch, 1964; Flugsand und Schlaf, 1988), Erz¨ahlungen (Das ungewisse Haus, 1946; Der Zehrpfennig, 1961; Ein Loch im Leben, 1981) und Essays (Zur Psychologie des dichterischen Schaffens 1945; Essays u¨ ber Dichtung, 1947). 1947 erschien sein Buch Karl-Heinrich Waggerl, Leben und Werk. B. wurde u. a. mit den GrillparzerPreis (1953), dem Theodor-K¨orner-Preis (1959) und dem ¨ Osterreichischen Staatspreis f¨ur H¨orspiel (1960) ausgezeichnet. C DLL, 20. Jh.
Bayrer, Leonhard, Jesuit, P¨adagoge, * 22. 6. 1749 Augsburg, † 26. 4. 1802 Augsburg. Nach seinem Eintritt in den Jesuitenorden (1764) verbrachte B. das Noviziat in Landsberg / Lech und studierte drei Jahre Philosophie in Ingolstadt. In der Folge war er als Gymnasiallehrer in Hall in Tirol, Eichst¨att und Dillingen t¨atig, wo er eine theologische Ausbildung erhielt. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens unterrichtete B. am Lyzeum St. Salvator in Augsburg Kirchenrecht und -geschichte. 1776 wurde er zum Priester geweiht, war bis 1800 Lehrer am kath. Gymnasium und wurde 1801 zum Augsburger Domprediger ernannt. B. ver¨offentlichte u. a. Catechetische Predigten u¨ ber die V Hauptst¨ucke des katholischen Christenthums (5 Bde., 1788-92) und eine Kurzgefaßte Geschichte von Augsburg, ein Lesebuch f¨ur den B¨urger und dessen Abk¨ommlinge (1785).
Bayrhammer, Gustl, Schauspieler, * 12. 2. 1922 M¨unchen, † 24. 4. 1993 Krailling bei M¨unchen. B., Sohn eines M¨unchner Hofschauspielers, besuchte nach einer Ausbildung zum Kaufmann die Schauspielschule des Berliner Schillertheaters und deb¨utierte im Herbst 1945 in Sigmaringen. Es folgten Engagements in T¨ubingen, Augsburg, Karlsruhe und Salzburg. 1967-71 geh¨orte B. dem Ensemble der M¨unchner Kammerspiele an. Im Verlauf von 20 Jahren stand B. mehr als f¨unftausendmal in großen klassischen Rollen auf der B¨uhne und wirkte in mehr als 250 Fernseh- und Theaterproduktionen mit. In seinen Dialektrollen im Fernsehen, im Kom¨odienstadl, dem K¨oniglichBayerischen Amtsgericht oder als Kommissar Veigl in der Tatort-Reihe verk¨orperte B. den Typ des „bayerischen Mannsbilds“, einer Mischung aus Schl¨aue, Dickk¨opfigkeit und Charme. B.s letzte große Fernsehrolle war die des Schreinermeisters Eder in der Kinderserie Pumuckl. F¨ur sein schauspielerisches K¨onnen vielfach ausgezeichnet, wurde ihm 1983 der Bayerische Filmpreis verliehen. C Huber
Bayrhoffer, Karl Theodor, Philosoph, Politiker, * 14. 10. 1812 Marburg / Lahn, † 3. 2. 1888 Town Jordan (Wisconsin, USA). B. wurde wurde 1834 in Marburg mit der Arbeit De natura et formis variis animantium terrae simulque de vita universali (ver¨offentlicht 1835) promoviert. 1845 zum o. Prof. der Philosophie an die Univ. Marburg berufen, wurde er 1846 suspendiert. 1848 geh¨orte B. den St¨anden von Frankenberg, 1849 und 1850 denen von Marburg an und entwickelte sich zum F¨uhrer der radikalen Demokraten. 1850 zum Pr¨asidenten der hessischen St¨andekammer gew¨ahlt, lehnte er die
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von den Konstitutionellen veranlaßte Steuerverweigerung ab. Nach der endg¨ultigen Niederschlagung der Revolution floh B. nach Z¨urich, wanderte in die USA aus und ließ sich als Farmer in Wisconsin nieder. B., der sich von einem Anh¨anger zu einem Kritiker → Hegels wandelte, ver¨offentlichte u. a. Die Grundprobleme der Metaphysik (1835), Die Idee des Christenthums im Verh¨altnisse zu den Zeitgegens¨atzen der Theologie (1836), Die Idee und Geschichte der Philosophie (1838) und Beitr¨age zur Naturphilosophie (2 Tle., 1839 / 40). C Leb Kurhessen, Bd 1
Bayros, Franz Marquis von, o¨ sterr. Maler, Illustrator, * 18. 5. 1866 Agram (Zagreb), † 3. 4. 1924 Wien. Der v¨aterlicherseits einer spanischen Adelsfamilie entstammende B. begann seine k¨unstlerische Ausbildung 1882 an der Wiener Akademie bei Christian → Griepenkerl, setzte sie 1887-89 an der M¨unchner Akademie fort und war dann als Illustrator und Portr¨atmaler in Wien t¨atig. 1897 arbeitete er bei Heinrich → Knirr in M¨unchen und bei Adolf → H¨olzel in Dachau. 1904-05 war B. k¨unstlerischer Leiter der Zeitschrift „Die Auster“, fertigte seine ersten Exlibris an und besch¨aftigte sich mit Werbegraphik. Als Maler verlegte er sich vor allem auf Damenportr¨ats und bevorzugte auch bei seinen mit Bleistift, Feder oder Tusche gezeichneten Exlibris die Darstellung eleganter Damen. Neben Illustrationen zu Almanachen schuf B. vor allem f¨ur den Amalthea-Verlag zahlreiche dieser Exlibris. Etliche seiner im Privatdruck erschienen Illustrationen zu erotischen und pornographischen Romanen wurden seinerzeit als skandal¨os empfunden und l¨osten einige Gerichtsverfahren gegen B. aus. C AKL Baysen, Hans von, Ordensritter, * um 1390, † 11. 9. 1459 Marienburg (Ostpreußen). Am Hof des Hochmeisters auf der Marienburg erzogen, war B. seit 1412 im diplomatischen Dienst des Deutschen Ordens t¨atig. Dabei nahm er an Gesandtschaften nach England (1412), nach D¨anemark (1431) und an Verhandlungen mit den Hussiten (1433) teil. 1440 trat B. dem preuß. „Bunde wider Gewalt“ von Rittern und St¨adten bei. Nach vergeblichen Bem¨uhungen, den Hochmeister Konrad von → Erlichshausen gegen eine Aufl¨osung des Bundes zu Zugest¨andnissen gegen¨uber den St¨anden zu bewegen, wandte sich B. vom Orden ab. Zu Beginn des Aufstands des Preuß. Bundes 1454 u¨ bernahm B. dessen F¨uhrung, verhandelte mit K¨onig Kasimir von Polen, dem er die Herrschaft u¨ ber Preußen anbot, und wurde von diesem zum Gubernator von Preußen ernannt.
Baysen, Stibor von, Ordensritter, † 1480. B. wird erstmals 1433 als Vertreter der preuß. St¨ande bei den Friedensverhandlungen zwischen dem Deutschen Orden und Polen in Brsesz erw¨ahnt. 1442 war er Vogt des Bischofs von Pomesanien. Seit 1440 Mitglied des Preuß. Bundes, nahm er beim Abfall der St¨ande vom Orden wie sein Bruder Hans von → B. eine f¨uhrende Stellung ein. Trotz seines Mißerfolgs bei dem Angriff auf die Marienburg und des Verlustes der ihm u¨ bertragenen Woiwodschaft K¨onigsberg w¨ahlten ihn die St¨ande 1459 nach dem Tod seines Bruders Hans zu ihrem F¨uhrer. K¨onig Kasimir von Polen best¨atigte B. als Statthalter und Anwalt der Lande Preußen, nicht aber als Gubernator. Schwierigkeiten innerhalb des Bundes und im Verh¨altnis zu Polen ließen B. mehrmals mit R¨ucktritt drohen. Nach dem Thorner Frieden (1466) bewilligte ihm Polen bei Beibehaltung seiner alten Funktionen nur noch den Titel eines Obersten Landeshauptmanns. 1472 erhielt er die Woiwodschaft Marienburg, jedoch ohne das Schloß, mit Residenz in Stuhm.
Bazille, Helmut, Politiker, * 19. 11. 1920 Stuttgart, † 5. 5. 1973 Bonn. Nach dem Tod seines Vaters, des w¨urttembergischen Staatspr¨asidenten Wilhelm → B., mußte B. 1934 das Gym-
Beatus nasium vorzeitig verlassen, absolvierte eine Mechanikerlehre und war zuletzt als technischer Zeichner besch¨aftigt. Im Krieg schwer verwundet, wurde B. Mitbegr¨under des Verbands der Kriegsbesch¨adigten in Baden-W¨urttemberg, 1947 gesch¨aftsf¨uhrender Sekret¨ar der Arbeitsgemeinschaft der K¨orperbesch¨adigten in der US-Zone und war 1948-53 Bundessekret¨ar und Hauptgesch¨aftsf¨uhrer des Verbands der Kriegs- und Zivilbesch¨adigten, Sozialrentner und Hinterbliebenen (VdK). 1949-69 geh¨orte B. als SPD-Mitglied dem Deutschen Bundestag an; 1961-65 war er Vorsitzender des Ausschusses f¨ur Kriegsopfer und Verfolgungssch¨aden. C MdB
Bazille, Wilhelm (Friedrich), Politiker, * 25. 2. 1874 Esslingen / Neckar, † 1. 2. 1934 Stuttgart. Der Sohn eines nach W¨urttemberg eingewanderten Savoyers, der als Werkmeister arbeitete, studierte in T¨ubingen und M¨unchen Rechts- und Staatswissenschaften. 1899 ging er als Amtmann nach Mergentheim, 1900 nach Stuttgart und wurde dort 1911 als Regierungsrat an das Landesgewerbeamt versetzt. 1914-18 hatte B. die Stelle des Pr¨asidenten der Zivilverwaltung der besetzten belgischen Provinz Limburg inne. Vor dem Ersten Weltkrieg bereits F¨uhrer der w¨urttembergischen Jungliberalen, gr¨undete B. 1919 die W¨urttembergische B¨urgerpartei (Deutschnationale) und zog im selben Jahr in den Landtag ein. 1920-30 geh¨orte B., ein entschiedener F¨oderalist, als Abgeordneter der Deutschnationalen auch dem Reichstag an. In W¨urttemberg bekleidete er 1924-28 das Amt des Staatspr¨asidenten, des Kultus- und Wirtschaftsministers, 1928-33 das des Kultusministers. Zu B.s juristischen Ver¨offentlichungen geh¨oren Arbeiten u¨ ber Verfassung und Staatsrecht in W¨urttemberg und u¨ ber das Staatsangeh¨origkeitsrecht. B. beging Selbstmord. C Raberg
Bea, Augustinus, Jesuit, Kurienkardinal, * 28. 5. 1881 Riedb¨ohringen / Schwarzwald, † 16. 11. 1968 Rom. B. wurde 1912 zum Priester geweiht, 1913 zum Dr. theol. promoviert und studierte dann orientalische Sprachen. 1917 folgte er dem Ruf als Prof. der alttestamentlichen Exegese nach Valkenburg. 1921 wurde er Provinzial der Oberdeutschen Provinz des Jesuitenordens. B. gr¨undete zahlreiche neue Ordensniederlassungen. 1924 legte er den Grundstein f¨ur das Berchmannskolleg in Pullach bei M¨unchen. Ende 1924 zog er nach Rom, leitete das Studienheim der Doktoranden, u¨ bernahm einen Lehrstuhl an der Gregorianischen Universit¨at und war 1930-49 Rektor des P¨apstlichen Bibelinstituts. 1959 wurde er zum Kurienkardinal ernannt und leitete seit 1960 das Sekretariat f¨ur die Einheit der Christen. Zu B.s Hauptwerken z¨ahlen De Pentateucho (1928) und Einheit in Freiheit (1965). 1966 erhielt B. gemeinsam mit Willem A. Visser’t Hooft, dem ehemaligen Generalsekret¨ar des ¨ Okumenischen Kirchenrats, den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. C Bad Bio N.F., Bd 1 Beatrix von Burgund, Kaiserin, * 1140 / 44, † 15. 11. 1184 Jouhe bei Dˆole. Die Tochter und Erbin Reinalds III., des letzten Pfalzgrafen von Burgund, wurde 1156 die zweite Gemahlin → Friedrichs I. Mit dieser Heirat kamen Savoyen, Hochburgund und die Provence an das staufische Haus. Am 1. 8. 1167 wurde B. in Rom zu Kaiserin gekr¨ont. Sie f¨orderte die franz¨osische Kultur am deutschen K¨onigshof und regierte zeitweilig selbst¨andig in Burgund, wie zahlreiche in ihrem Namen ausgestellte Urkunden bezeugen. B. ist die Mutter der K¨onige → Heinrich VI. und → Philipp von Schwaben, der Herz¨oge → Friedrich V. von Rothenburg und → Konrad von Schwaben und des Pfalzgrafen → Otto von Burgund. C LexMA
Beatrix von Falkenburg, * um 1253, † 17. 10. 1277 Oxford. B. wurde sehr jung mit dem deutschen Gegenk¨onig → Richard von Cornwall, damals schon sechzigj¨ahrig, verheiratet. Er hielt sich im September 1268 in Aachen auf; vermutlich begleitete B. ihn auf seiner weiteren Reise zum Wormser Reichstag im Januar 1269, um ihn anschließend in Kaiserslautern zu heiraten. Anfang August kehrte Richard mit seiner Gemahlin auf seine englischen Besitzungen zur¨uck, wo er 1272 starb. C NDB ¨ von Schwaben, * nach 1198, † 11. 8. 1212 Beatrix (d. A.) vermutlich Nordhausen. Die Tochter K¨onig → Philipps von Schwaben wurde 1203 dem Pfalzgrafen → Otto von Wittelsbach, dem sp¨ateren ¨ M¨order ihres Vaters, versprochen. Nach dessen Achtung 1208 wurde B. auf Anraten der F¨ursten mit → Otto IV. verlobt und nach dem unerwarteten Auftreten → Friedrichs 1212 in Nordhausen verm¨ahlt. Nur drei Wochen sp¨ater starb B. pl¨otzlich. C NDB
Beatus Rhenanus, eigentl. Beat Bild, Humanist, * 22. 8. 1485 Schlettstadt (Elsaß), † 20. 7. 1547 Straßburg. B. R., Sohn eines Metzgermeisters, studierte an der Univ. Paris, erlernte die Druckkunst und war als Korrektor und Herausgeber zeitgen¨ossischer Texte in Straßburg t¨atig. 1511 zog er nach Basel, vertiefte seine Griechischkenntnisse und fand eine Stellung in der Amerbach-Frobenschen Druckerei. Angeregt von → Erasmus von Rotterdam und Conrad → Peutinger, befaßte er sich seit 1515 mit der Herausgabe von Werken antiker Autoren sowie der Kirchenv¨ater, der Erforschung deutscher Vorzeit und fr¨uher Geschichte. Er war enger Vertrauter des Erasmus. Infolge der Reformation in Basel kehrte er 1527 nach Schlettstadt zur¨uck. Als einer der ersten deutschsprachigen Humanisten formulierte er die Prinzipien wissenschaftlicher Textkritik; bedeutend sind seine Nachrufe auf Erasmus. Trotz seiner Verbindung zu den Reformatoren und seiner Neigung zur Kirchenreform blieb B. R. Katholik. Er ver¨offentlichte u. a. 1519 einen Kommentar zur Germania des Tacitus. C Historikerlex ¨ Beatus, Georg, Buchdrucker, Ubersetzer, * 21. 7. 1580, † nach 1632. B., der 1592 als Kommissionsh¨andler und Salzschreiber beurkundet wird, u¨ bernahm nach dem Tod seines Vaters Romanus → B. das v¨aterliche Gesch¨aft in Frankfurt und leistete dort 1602 den B¨urgereid. 1601 / 02 brachte er zw¨olf Drucke heraus, u. a. den Wendunmuth von Hans Wilhelm → Kirchhof, und war zusammen mit Johann → Spieß verle¨ gerisch t¨atig. Nach 1602 wirkte B. als Kompilator und Ubersetzer, zeichnete als Verfasser und Bearbeiter des Tomus 16 (1626-28) des Mercurius Gallobelgicus, der von Michael ab Isselt begonnen und von Gotthard → Arthus fortgef¨uhrt worden war. Zwischenzeitlich arbeitete B. als Drucker in Offenbach. C NDB
Beatus, Romanus, eigentl. Seliger, Buchdrucker, begraben 30. 7. 1600. B. wurde 1567 B¨urger der Stadt Frankfurt / Main. Der gelernte Buchdrucker war „Castendiener“ und Zinsheber, w¨ahrend der Buchmessen in Frankfurt als Ladendiener bei dem Verleger und Buchh¨andler Sigmund → Feyerabend besch¨aftigt, dessen Haus „Zum Rendel“ er 1582 erwarb. Drei Drucke aus dem Jahr 1599, darunter das Kunstb¨uchlein von Jost → Ammann, lassen vermuten, daß B. in den letzten Jahren seines Lebens eine Presse in Betrieb genommen hat. Er war der Vater von Georg → B. C NDB
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Beauclair Beauclair, Gotthard de, Pseud. Hermann Gotthard, Buchgestalter, Typograph, Schriftsteller, Verleger, * 24. 7. 1907 Ascona (Schweiz), † 31. 3. 1992 Freiburg / Breisgau. B. begann 1923 eine Lehre bei dem Schriftgestalter Rudolph → Koch, arbeitete nach einer Lehre bei der dortigen Schriftgießerei Klingspor in der Offizin Haag-Drugulin in Leipzig und war daneben Hospitant der Akademie f¨ur graphische K¨unste und Buchgewerbe. Seit 1928 war er im Insel-Verlag Leipzig t¨atig, wo er sich um die Ausstattung der InselB¨ucherei verdient machte. Nach 1945 zun¨achst freischaffend, zeitweise in Zusammenarbeit mit Richard → Scherpe, war B. 1950-62 erneut f¨ur den Insel-Verlag buchk¨unstlerisch t¨atig. Seit 1951 war er daneben k¨unstlerischer Leiter der Schriftgießerei D. Stempel, leitete die von ihm begr¨undete Trajanus-Presse in Frankfurt / Main und gr¨undete dort 1962 den Verlag Ars librorum f¨ur bibliophile illustrierte Editionen. Als Lyriker ver¨offentlichte B. u. a. Der Sonnenbogen (1937), Bild und Inbild (1942), Das verborgene Heil (1946), Bl¨uhendes Moos (1953), Sinnend auf den Stufen der Zeit ¨ (1956), Zeit, Uberzeit (1977), Lichtgewinn (1980) und Sang im Gegenwind (1983). C DLL, 20. Jh.
Beauharnais, Eug`ene de → Leuchtenberg, Eugen, Herzog von
Beaulieu, Gertraud Chˆalet de, Schriftstellerin, * 17. 3. 1846 Frankfurt / Oder, † 22. 12. 1902 Spandau. Die Tochter eines Oberjustizrats, der einer aus der Touraine eingewanderten franz¨osischen Familie entstammte, ließ sich in Berlin in Musik ausbilden, wandte sich jedoch bald literarischer T¨atigkeit zu. Sie u¨ bersetzte f¨ur den Melbourner „Argus“ und die Londoner „Hour“ politische Korrespondenzen und bearbeitete sp¨ater eine Reihe englischer Romane f¨ur die „Post“, die „Trib¨une“ und das „Berliner Tageblatt“. 1874-78 bereiste sie Italien, schrieb mehrere Serien italienischer Reisebriefe f¨ur deutsche Zeitungen, bis sie 1880 eine große Reise nach S¨udfrankreich, Sizilien, Griechenland und die Schweiz unternahm. 1883 bereiste sie Spanien und schrieb ihr erstes Buch Spanische Fr¨uhlingstage (1885, 31890). C Biogr Jahrb, Bd 7 Beaulieu-Marconnay, Eugen Karl Theodor Levin Frh. von, Jurist, * 16. 2. 1815 Nizza (Frankreich), † 23. 8. 1898 Oldenburg. Nach seinem Jurastudium (1832-36) in Berlin und G¨ottingen trat B. 1837 in den oldenburgischen Staatsdienst ein. Seit 1842 war er Assessor am Landgericht in Ovelg¨onne und wurde 1844 an das Landgericht Jever, 1845 nach Oldenburg versetzt. Von 1852 an der Justizkanzlei als Hilfsrichter zugeteilt, folgte 1856 seine Ernennung zum Obergerichtsrat. 1858 wurde er zum Oberappellationsrat, 1874 zum Vizepr¨asidenten des Oberappellationsgerichts bef¨ordert und war seit 1878 dessen Pr¨asident, 1879-92 Pr¨asident des Oberlandesgerichts, der Nachfolgebeh¨orde. 1878-92 saß er dem Evangelischen Oberschulkollegium vor. B. war mit dem Dichter Julius → Mosen befreundet, wurde 1859 in die Literarische Gesellschaft aufgenommen und verfaßte eine Reihe regionaljuristischer Schriften (u. a. Das Grundbuchrecht des Herzogtums Oldenburg, 1876) C Oldenburg Beaulieu de Marconnay, Jean Pierre Baron, auch Johann Peter Beaulieu, o¨ sterr. Milit¨ar, * 25. 10. 1725 Namur, † 22. 12. 1819 Linz. B. trat 1743 in die o¨ sterr. Armee ein und f¨uhrte 1793 / 94 ein Korps gegen Frankreich. 1796 folgte seine Bef¨orderung zum Feldzeugmeister und Oberbefehlshaber des austrosardischen Heeres in Italien. Bei Monte Notte, Millesimo und Lodi von Napoleon geschlagen, zog er sich nach Tirol zur¨uck und gab im Juni 1796 den Oberbefehl ab. Danach lebte B. auf seinem Landgut bei Linz. C ADB
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Beausobre, Isaak de, reformierter Theologe, * 8. 3. 1659 Niort (Poitou), † 5. 6. 1738 Berlin. Nach dem Studium in Saumur wurde B. 1683 Pfarrer in Chˆatillon-sur-Indre, floh aber wegen der Aufhebung des Edikts von Nantes 1685 in die Niederlande. Seit 1686 war er als reformierter Pfarrer in Dessau t¨atig, wurde 1694 Hofprediger in Oranienbaum, sp¨ater Pfarrer der franz¨osischen Kirche in Berlin, dann kgl. Kabinettsprediger, Konsistorialrat, Inspektor der franz¨osischen Schulen und schließlich Superintendent aller franz¨osischen Kirchen des Berliner Bezirks. Am preuß. K¨onigshof hoch angesehen, wurde B. mit diplomatischen Aufgaben betraut; er vermittelte u. a. 1704 beim Austausch der reformierten Galeerensklaven gegen franz¨osische Gefangene aus der Schlacht von H¨ochstedt. B. vero¨ ffentlichte u. a. D´efense de la doctrine des R´eform´es sur la Providence, la pr´edestination, la grˆace et l’eucharistie (1693). C BBKL Beauvais, Peter (Ernst Rudolf), Regisseur, * 9. 9. 1916 Franken (heute zu Weißenstadt, Kr. Wunsiedel), † 17. 12. 1986 Baden-Baden. B., der Sohn eines j¨udischen Fabrikanten, emigrierte 1936 in die USA, verdiente seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten, bis er 1943 als Schauspieler Besch¨aftigung fand. 1946 kehrte er nach Deutschland zur¨uck und war Dolmetscher bei den N¨urnberger Prozessen. 1950 / 51 spielte er in Werner → Fincks Kabarett „Die Mausefalle“ in Stuttgart und wurde an verschiedenen B¨uhnen in Hannover engagiert. 1954 begann seine Fernseharbeit beim S¨udwest Funk BadenBaden. 1958-60 f¨uhrte er f¨ur die UFA Regie und arbeitete dann als freier Regisseur, neben gelegentlichen Theater- und Operninszenierungen, vor allem f¨ur das Fernsehen. Zu seinen bekanntesten Fernseharbeiten z¨ahlt der Film Sechs Tage im Leben der Br¨uder G. (1974). C Exiltheater
Bebber, Wilhelm Jakob van, Meteorologe, * 10. 7. 1841 Grieth bei Emmerich, † 1. 7. 1909 Altona (heute zu Hamburg). ¨ B. wurde 1871 in Jena mit der Arbeit Uber die strengen europ¨aischen Winter vom Jahre 1829 bis 1871 zum Dr. phil. promoviert und fand eine Anstellung an den h¨oheren Schulen in Kleve und Kaiserslautern. 1875 ging er als Rektor der Realschule in Weissenburg nach Bayern, bis er 1879 zum Vorstand der Abteilung f¨ur Wettertelegraphie der Seewarte in Hamburg ernannt wurde. Er besch¨aftigte sich vor allem mit terrestrischer Meteorologie, Sturmwarnungen und Wetterprognosen. B., seit 1887 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, verfaßte eine Reihe von Werken, darunter Die Wettervorhersage (1891, 21898).
Bebel, (Ferdinand) August, Mitbegr¨under und F¨uhrer der deutschen Sozialdemokratie, * 22. 2. 1840 in der Kasematte Deutz bei K¨oln, † 13. 8. 1913 Passugg (Kt. Graub¨unden). B., Sohn eines preuß. Unteroffiziers und eines aus einer Wetzlarer Kleinb¨urgerfamilie stammenden Dienstm¨adchens, war seit 1844 Halb-, von 1853 an Vollwaise. Er besuchte die Armen- und B¨urgerschule in Wetzlar, absolvierte 1854-57 eine Lehre als Drechsler und war seit 1858 auf Wanderschaft, die ihn durch S¨uddeutschland, die Schweiz, ¨ Osterreich und schließlich im Mai 1860 nach Leipzig f¨uhrte. Von 1860 bis 1890 spielte Sachsen eine entscheidende Rolle im Leben B.s: in Leipzig Eintritt in die Arbeiterbewegung, fr¨uher Kontakt zur b¨urgerlich-demokratischen Frau-
Bebel enbewegung, 1864 Niederlassung als selbst¨andiger Drechslermeister, 1866 Ehe mit der Putzmacherin Julie Otto, seit 1876 Teilhaber einer Dampfdrechslerei, von 1888 an Berufspolitiker. 1861 trat B. in den unter b¨urgerlich-liberalem Einfluß stehenden Gewerblichen Bildungsverein zu Leipzig ein (seit 1865 Arbeiterbildungsverein, dessen Erster Vorsitzender B. bis 1872 war). Am 23. 5. 1863 nahm B. an der Gr¨undungsversammlung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) teil, lehnte aber die politischen Bestrebungen Ferdinand → Lassalles zun¨achst ab. Im Juni 1863 war B. Delegierter des ersten Vereinstags Deutscher Arbeitervereine in Frankfurt / Main, auf dem ein loser Dachverband (anfangs Vereinstag, sp¨ater Verband Deutscher Arbeitervereine – VDAV) als Gegengr¨undung zum ADAV gebildet wurde. In Frankfurt erfolgte die Wahl B.s zum Vizepr¨asidenten und zum Mitglied des St¨andigen Ausschusses, 1867 wurde er Pr¨asident des VDAV. Aktives Wirken im Verband f¨uhrte B. 1863 mit Julius → Motteler, 1864 mit Friedrich Albert → Lange und als Teilnehmer des ersten deutschen Frauenkongresses 1865 mit Luise → Otto-Peters zusammen. 1865 schloß B. Freundschaft mit Wilhelm → Liebknecht, einem Anh¨anger der Ideen von Karl → Marx und Friedrich → Engels. B. lernte Marx und Engels pers¨onlich 1880 in London kennen; mit Engels f¨uhrte B. einen historisch bedeutsamen Briefwechsel und wurde 1895 gemeinsam mit Eduard → Bernstein Erbe des literarischen Nachlasses von Engels. B. und W. Liebknecht gr¨undeten in Chemnitz 1866 die S¨achsische Volkspartei; B. wurde als ihr Kandidat 1867 in den Reichstag des Norddeutschen Bundes gew¨ahlt. 1868 beschloß der VDAV in N¨urnberg auf Antrag B.s den Anschluß an das Programm der Internationalen Arbeiterassoziation (IAA), B. war seit 1866 Mitglied. 1869 fand in Eisenach der Gr¨undungskongreß der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei statt. B. und W. Liebknecht waren die Parteigr¨under, B. entwarf Programm und Statuten der SDAP. Politisch hatte sich B. seit Mitte der sechziger Jahre vom Liberalismus gel¨ost, gegen Ende der sechziger Jahre wurde er unter dem Einfluß der Schriften von Lassalle, Marx und Engels nach dem Bruch mit den b¨urgerlichen Demokraten zum Sozialisten. B. war 1867-81 und 1883-1913 Mitglied des Deutschen Reichstags und 1881-90 des s¨achsischen Landtags. In den Reichstag gew¨ahlt, um Arbeiterinteressen zu vertreten, war B. von Beginn an Kontrahent der → Bismarckschen Politik, griff vehement den preuß. Militarismus und die gewaltsame L¨osung der deutschen Frage an. W¨ahrend des Deutsch-Franz¨osischen Kriegs 1870 / 71 verweigerten B. und W. Liebknecht nach Ausrufung der franz¨osischen Republik die Zustimmung zur Bewilligung weiterer Kriegskredite, forderten einen gerechten Frieden ohne die Annexion von Elsaß-Lothringen. B. bekannte sich 1871 zur Pariser Kommune. Wegen dieser Haltung wurden die Parteif¨uhrer im Leipziger Hochverratsprozeß (M¨arz 1872) zu zweij¨ahriger Freiheitsstrafe verurteilt. (Insgesamt wurde B. 57 Monate wegen politischer Vergehen eingesperrt; Zeit, in der er sich autodidaktisch weiterbildete.) Aus der Haft entlassen, begr¨ußte er trotz programmatischer Bedenken die Vereinigung von ADAV und SDAP auf dem Parteitag in Gotha im Mai 1875. Im Kampf und schließlichen Sieg u¨ ber das Sozialistengesetz (1878-90) pr¨agte B. maßgeblich die revolution¨are Politik, Taktik und Organisation der Sozialistischen Arbeiterpartei. F¨uhrendes Mitglied der legal gebliebenen Reichstagsfraktion, die die Leitung der verbotenen Partei u¨ bernahm, war B. 1878-92 Kassierer. 1881 wurde er sozialistengesetzlich aus Leipzig ausgewiesen, wechselte den Wohnort nach Borsdorf und 1884 nach Dresden, Sitz des s¨achsischen Landtags. 1882 / 83 und 1886 / 87 verb¨ußte B. wegen Geheimb¨undelei eine insgesamt einj¨ahrige letzte Haft.
Im September 1890 zog er nach Berlin, das Sitz der zentralen Parteileitung wurde; zum zweiten Wohnsitz w¨ahlte B. seit den neunziger Jahren Z¨urich. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) nahm auf dem Parteitag in Halle 1890 ihren neuen Namen und ein neues Statut an, das auf einem Entwurf B.s fußte. An der Ausarbeitung des Erfurter Parteiprogramms der SPD 1891, das auf marxistischer Grundlage beruhte, war B. beteiligt. 1892 wurde er neben Paul → Singer einer der beiden Vorsitzenden der SPD, die sich zur w¨ahlerst¨arksten und Massenpartei entwickelt hatte. B. war ein bedeutender Parlamentarier, einer der besten Redner der SPD. In u¨ ber vierzigj¨ahriger Parlamentsarbeit verband er sein Wirken f¨ur Arbeiterinteressen mit dem Ringen um gesellschaftlich-politischen Fortschritt. Anklagen gegen Polizeiwillk¨ur, Klassenjustiz und Kolonialgreuel, Abwehr erneuter Repressivversuche im Wilhelminischen Kaiserreich gegen die sozialdemokratische Arbeiterbewegung (Umsturzvorlage 1895, Zuchthausvorlage 1899), entschiedene Opposition gegen die aggressive imperialistische Weltmacht- und Kolonialpolitik (Milit¨ar- und Flottenvorlagen 1892 / 93 und 1900, 1906, China-Intervention 1900, Unterdr¨uckung der Herero 1904) sowie gegen Militarismus, Nationalismus und Weltkriegsgefahr (Marokkokrisen 1905 und 1911, Balkankriege 1912 / 13) kennzeichneten B.s politische Arbeit. B. war an der Gr¨undung der II. Internationale im Juli 1889 in Paris und ihrem ber¨uhmten Beschluß beteiligt, k¨unftig f¨ur den Kampf um den Achtstundenarbeitstag in allen L¨andern eine 1. Maikundgebung zu organisieren. Außer 1900 und 1910 nahm er f¨uhrend an allen Kongressen teil. H¨ohepunkt auf dem Amsterdamer Sozialistenkongreß 1904 bildete das Rededuell B.s mit Jean Jaur`es in der Revisionismusdebatte – von Bernstein 1898 ausgel¨ost, dessen Marxismuskritik B. auf den Parteitagen der SPD 1898 und 1903 zur¨uckgewiesen hatte. B. begr¨ußte die Revolution 1905 in Rußland. Auf dem Sozialistenkongreß 1907 in Stuttgart u¨ bte sein Resolutionsentwurf zur Stellung der Arbeiterbewegung bei Kriegsgefahr entscheidenden Einfluß aus. Von 1904 bis 1913 geh¨orte B. dem Internationalen Sozialistischen B¨uro (ISB) an. Nach 1900 war er die f¨uhrende Autorit¨at der II. Internationale. Die Frau und der Sozialismus, B.s theoretisches Hauptwerk, erschien 1879 in Leipzig. B. stellte darin die Rolle der Frau in der Geschichte dar, bek¨ampfte Vorurteile gegen die soziale Gleichberechtigung und Gleichstellung der Frau mit dem Mann. Die Frauenfrage als eine Seite der allgemeinen sozialen Frage betrachtend, entwarf er eine Sozialismusutopie, die Arbeiterinteressen und Fortschritt, Freiheit und Demokratie verband. Einerseits wirkte B.s Buch als Popularisierung des Sozialismus, andererseits bahnbrechend f¨ur die Frauenbewegung; mehrfach u¨ berarbeitet und erweitert, kam es zu seinen Lebzeiten in 53 Auflagen heraus und wurde in 20 Sprachen u¨ bersetzt; es war bis 1913 das meistgelesene politisch-theoretische Buch der Sozialdemokratie. Entscheidendes trug B. dazu bei, daß die SPD 1891 als erste Partei die Forderung nach der Gleichberechtigung der Frau programmatisch verankerte. Praktisch-parlamentarisch wirkte er f¨ur Arbeiterinnen- und Frauenschutzgesetze, pl¨adierte als erster und einziger Reichstagsabgeordneter f¨ur die Zulassung der Frauen zum Universit¨atsstudium (11. 3.1891) und votierte auch als erster und einziger Abgeordneter f¨ur das Frauenstimmrecht (13. 2.1895), f¨ur das er seit 1875 eingetreten war und das erst nach seinem Tod, 1919, durchgesetzt wurde. B. schrieb seit Ende 1862 u¨ ber Arbeiterfragen, publizierte in den zentralen Bl¨attern der Sozialdemokratie, 1886-90 auch f¨ur die o¨ sterreichischen, verfaßte u¨ ber 100 Artikel f¨ur die „Neue Zeit“, das theoretische Organ der Partei unter Karl → Kautskys Redaktion. Seit den siebziger Jahren war B. ein erfolgreicher Schriftsteller; seine erste selbst¨andige Schrift Unsere Ziele (1870, 141913). In Anwendung des hi-
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Bebel storischen Materialismus schrieb B. zu Fragen der Religion (Glossen zu Yves Guyot’s und Sigismond Lacroix’s Schrift: Die wahre Gestalt des Christenthums, 1878), zu kulturhistorischen Themen (Der deutsche Bauernkrieg mit Ber¨ucksichtigung der haupts¨achlichsten sozialen Bewegungen des Mittelalters, 1876; Die Mohamedanisch-Arabische Kulturperiode, 1884) und beeinflußt von den Ideen Charles Fouriers, schrieb er 1888 die Biographie des franz¨osischen Utopisten. B. verfaßte sozialpolitische Schriften u¨ ber die Lage der Weber und B¨acker (1880 und 1890), Agitationsschriften wie Sozialdemokratie und Antisemitismus (1894), Akademiker und Sozialismus, Attentate und Sozialdemokratie (1898) und Gewerkschaftsbewegung und politische Parteien (1900) sowie antimilitaristische Schriften wie Nicht stehendes Heer, sondern Volkwehr! (1898) u. v. m.; die Arbeiten ¨ erlebten mehrere Auflagen und Ubersetzungen. B.s unvollendet gebliebene Lebenserinnerungen (Aus meinem Leben, 3 Bde., 1910-14) stehen hinsichtlich der Verbreitung, auch international, nach seinem Frauenbuch an zweiter Stelle. WEITERE WERKE: A. B. Schriften 1862-1913. 2 Bde., Frankfurt / Main und Wien 1981. – A. B. Ausgew¨ahlte Reden und Schriften. Hrsg. v. Horst Bartel / Rolf Dlubek / Heinrich Gemkow / Ursula Herrmann / Gustav Seeber. Bd. 1, Berlin 1970. Bd. 2, Berlin 1978. Bd. 6, Berlin 1983. Nachdr. M¨unchen u. a. 1995. Bd. 3-5 (Endredaktion Anneliese Beske und Eckhard M¨uller), M¨unchen u. a. 1995. Bd. 7-9 (bearb. v. Anneliese Beske und Eckhard M¨uller), M¨unchen u. a. 1997. Bd. 10 (bearb. v. Anneliese Beske und Eckhard M¨uller), M¨unchen u. a. 1996. LITERATUR: Victor Adler. Briefwechsel mit A. B. und Karl Kautsky [. . .]. Hrsg. v. Friedrich Adler. Wien 1954. – A. B.s Briefwechsel mit Friedrich Engels. Hrsg. v. Werner Blumenberg. London u. a. 1965. – A. B.s Briefwechsel mit Karl Kautsky. Hrsg. v. Karl Kautsky jr. Assen 1971. – Ernst Schraepler (Hrsg.): A.-B.-Bibliographie. D¨usseldorf 1962. – William Harvey Maehl: A. B. Shadow Emperor for the German Workers. Philadelphia 1980. – Brigitte Seebacher-Brandt: B. – K¨under und K¨arrner im Kaiserreich. Berlin / Bonn 1988. – Ursula Herrmann, Volker Emmrich, Rolf Dlubek, Hartmut Henicke, Wilfried Henze, Eckhard M¨uller: A. B. Eine Biographie. Berlin 1989. – Francis L. Carsten: A. B. und die Organisation der Massen. Berlin 1991. Anneliese Beske
Bebel, Johann, Drucker, † um 1550. Seit 1523 war der wohl aus dem romanischen Sprachgebiet stammende B., auch Welschhans genannt, als Buchdrucker in Basel t¨atig und erwarb am 20. 6. 1524 das B¨urgerrecht der Stadt. Wegen einer zusammen mit Thomas Wolff herausgebrachten Schrift von → Karlstadt wurde er 1524 zu einer kurzen Gef¨angnisstrafe verurteilt. Zu seinen rund 100 Drucken z¨ahlen eine Proklos-Ausgabe von 1531, eine hebr¨aische Bibel (1534 / 35) und eine Aristoteles-Ausgabe in ¨ deutscher Ubersetzung (1550). B. druckte zahlreiche Klassiker im Original. Hans → Holbein d. J. schuf f¨ur ihn vier Druckermarken. C NDB
Bebermeyer, Gustav (Heinrich Friedrich), Germanist, Volkskundler, * 16. 10. 1890 Groß Salze (Kr. Kalbe, heute Bad Salzelmen), † 19. 6. 1975 T¨ubingen. Der Sohn eines Ziegeleibesitzers studierte seit 1910 Germanistik und Geschichte an den Universit¨aten M¨unchen und G¨ottingen, wurde 1913 mit der Arbeit Murnerus pseudepigraphus promoviert und nahm am Ersten Weltkrieg teil. 1921 habilitierte sich B. in T¨ubingen f¨ur Germanistik (Die deutsche Dicht- und Bildkunst im ausgehenden Mittelalter). Seit 1925 a. o. Prof., lehrte er dort 1933-45 als o. Professor. Bis 1933 geh¨orte er dem Alldeutschen Verband und der Deutschnationalen Volkspartei, seit 1933 der NDSAP an. 1933 wurde er zweiter Vorsitzender des Hochschulverbandes und Obmann des Nationalsozialistischen Lehrerbundes in T¨ubingen. 1945 vor¨ubergehend verhaftet und suspendiert, wurde er im Oktober desselben Jahres entlassen und 1949 in den Ruhestand versetzt. 1954-74 war er wieder als Hochschullehrer t¨atig. B. arbeitete vor allem zur fr¨uhneuhochdeutschen Sprache und Literatur und ver¨offentlichte u. a. T¨ubinger Dichterhumanisten (1927). Zu seiner umfangreichen Herausgebert¨atigkeit geh¨oren: Thomas → Murner: Die M¨uhle von Schwindelsheim und Gredt M¨ullerin Jahrzeit (1923), Heinrich → Bebel: Facetien (1931), Schlesisch-b¨ohmische Briefmuster aus der Wende des 14. Jahrhunderts (1926, mit Konrad → Burdach), Deutsche Literaturdenkm¨aler des 16. Jahrhunderts (1933). Seit 1928 war B. Herausgeber der C IGL Weimarer Luther-Ausgabe.
Bebie, Hermann, schweizer. Stenograph, * 22. 4. 1857 Bebel, Balthasar, luth. Theologe, * 1632 Straßburg, † 2. 10. 1686 Wittenberg. B. studierte in Leipzig und Wittenberg. 1661 erhielt er eine Prediger- und Professorenstelle in Straßburg und wurde dort 1662 zum Dr. theol promoviert. Seit 1686 war er Professor und Generalsuperintendent in Wittenberg. Er galt als Anh¨anger der luth. Orthodoxie, als Gegner der Union und des Synkretismus. C ADB
Bebel, Heinrich, Humanist, * 1472 Gut Bewinden bei Justingen (heute zu Schelklingen), † 1518 T¨ubingen. Der Sohn eines oberschw¨abischen Bauern und Schultheißen bezog nach dem Besuch der Lateinschule mehrere Universit¨aten. Seit 1492 war er an der Univ. Krakau, wo erste lateinische Gedichte entstanden. 1495 zog er nach Basel, fand dort Anschluß an den Kreis um Sebastian → Brant. 1495 / 96 ging er nach T¨ubingen und wurde zum Prof. der Rede- und Dichtkunst ernannt. F¨ur seine historisch-politischen Schriften kr¨onte ihn Kaiser → Maximilian I. 1501 in Innsbruck zum poeta laureatus. B. war Bildungsreformer (Comoedia de optimo studio iuvenum, 1501), Lyriker und Kritiker (u. a. Triumphus Veneris, 1509). 1508 brachte er Proverbia germanica collecta atque in Latinum traducta (1508) heraus, eine Sammlung von 600 Spr¨uchen des deutschen Sprachguts. C Killy
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Wetzikon bei Z¨urich, † 21. 7. 1946. B. war Fabrikarbeiter, trat 1877 dem Stenographenverein Wetzikon bei und u¨ bernahm 1882 als Nebenverdienst die B¨uchervertriebsstelle des Allgemeinen Schweizerischen Stenographen-Vereins. 1878 gr¨undete er das „Illustrierte Schweizerische Unterhaltungsblatt“, dessen Redaktion er u¨ ber 35 Jahre leitete; seit 1887 gab er den „Schweizer Stenografen“ heraus. Von 1892 an widmete B. sich ausschließlich der Stenographie und baute den B¨ucherverlag aus.
Becanus, Martin, eigentl. Schellekens, auch Verbeeck, van der Beeck, Jesuit, Theologe, * 6. 1. 1563 Hilvarenbeek (Nordbrabant), † 24. 1. 1624 Wien. B. besuchte das Tricoronatum in K¨oln und erlangte den Magistergrad. Im M¨arz 1583 wurde er Mitglied der Gesellschaft Jesu und studierte Theologie. Er lehrte Philosophie in K¨oln, dann 22 Jahre Theologie in K¨oln, W¨urzburg, Mainz und Wien. Als Beichtvater → Ferdinands II. (1620-23) verteidigte er dessen zeitweilige Duldung des Augsburgischen Bekenntnisses. Seine Streitschriften gegen die Calvinisten, die Lutheraner und die Anglikaner machten ihn neben Robert Bellarmin zum bekanntesten gegenreformatorischen Theologen seiner Zeit. Seine Schrift Controversia Anglicana de potestate regis et pontificis (1613) stand zeitweilig auf dem Index. C LThK
Becher Becanus, Syvert, Karmeliter, * um 1270 Beek bei Nimwegen (?), † 29. 12. 1332 K¨oln. 1280 trat B. in den Karmeliterorden in K¨oln ein. 1306 stiftete er das Kloster in Geldern, dem er 1308-10 als Prior vorstand. Anschließend studierte er in Paris, war dann Prior in Geldern und K¨oln und seit 1317 Provinzial der Niederdeutschen Ordensprovinz, die 1327 mit der Oberdeutschen Provinz zusammengelegt wurde. Seit 1316 Magister der Theologie, war er 1317 / 18 Regens des Studiums in Paris. B. ver¨offentlichte Arbeiten u¨ ber die Geschichte und die Liturgie seines Ordens und schrieb u. a. einen Sentenzenkommentar. C NDB
Beccau, Joachim, Dichter, Librettist, * 12. 7. 1690 Guttau bei Gr¨omitz (Holstein), † 16. 9. 1754 Neum¨unster. Seit 1707 in Kiel immatrikuliert, studierte B., Sohn eines Organisten, der sp¨ater Stadtsekret¨ar und Ratsherr in Burg (Fehmarn) wurde, Theologie und schrieb erste Gedichte und einen ersten Operntext. Anschließend lebte er in verschiedenen St¨adten Schleswigs und Holsteins und vermutlich seit 1713 in Hamburg, wo er als Librettist und Dichter seine Hauptschaffenszeit verbrachte. 1719 wurde er Hauslehrer ¨ in Flensburg, 1720 Rektor der Offentlichen Pfarrschule in Neum¨unster, 1724 Diakon, 1725 Archidiakon an der Pfarrkirche St. Bartholom¨ai. Obgleich B. nach Beginn seines kirchlichen Amtes als Dichter nicht mehr hervortrat, vero¨ ffentlichte er ein beachtliches Werk, u. a. das Hochzeitsgedicht Die Liebes-Druckerey (1715) und das Opernlibretto Belsazar (1723; Musik von Georg Philipp → Telemann). C Killy
Becce, Giuseppe, Komponist, * 3. 2. 1877 Lonigo (Vicenza, Italien), † 5. 10. 1973 Berlin. B., Sohn eines Wasserw¨achters, studierte in Padua Fl¨ote und Cello sowie Philologie und Geographie und ging 1900 nach Berlin, um das Musikstudium bei Leopold → Schmidt, Ferruccio → Busoni und Arthur → Nikisch fortzusetzen. 1913 kam er in Kontakt mit dem Filmpionier Oskar → Messter, schrieb f¨ur dessen Film Richard Wagner die Filmmusik und u¨ bernahm auch die Hauptrolle. Seitdem arbeitete B. haupts¨achlich als Kinomusiker und war auf diesem Gebiet einer der wichtigsten Wegbereiter in Deutschland. FilmOriginalkompositionen schrieb er u. a. f¨ur Friedrich Wilhelm → Murnaus Der letzte Mann (1924) und Tart¨uff (1925). Seit 1919 ver¨offentlichte er eine mehrb¨andige Sammlung von Musikst¨ucken zur Filmillustration und gab seit 1921 das „Kinomusikblatt“ heraus, das nach 1926 unter dem Titel „Film-Ton-Kunst“ erschien. Er verfaßte außerdem mehrere Romane und arbeitete zusammen mit Hans Erdmann an einem Allgemeinen Handbuch der Film-Musik (1927). Mit Beginn der Tonfilmzeit komponierte B. Musik f¨ur Filme aller Genres, bevorzugt f¨ur Natur- und Bergfilme, seit 1949 f¨ur zahlreiche Produktionen von Luis → Trenker. C Cinegraph
Bech, Fedor (Wilhelm), Germanist, * 30. 3. 1821 Rettgenstedt bei K¨olleda, † 6. 10. 1900 Zeitz. B. studierte in Halle, wurde 1848 promoviert (Callimachi Aetia. Fragmenta collegit et disposuit) und war Gymnasiallehrer in Halberstadt, Magdeburg und seit 1853 in Zeitz. Er besch¨aftigte sich mit der lexikalischen Erforschung des Mit¨ telhochdeutschen, ver¨offentlichte u. a. Uber Johannes Rothe (1861), Beitr¨age zu Vilmars Idioticon von Kurhessen (1868) und gab → Hartmann von Aue mit Erl¨auterungen heraus (3 Bde., 1870-91). C IGL Bechem, August (Johann Friedrich), Ingenieur, Fabrikant, * 13. 5. 1838 Emmerich, † 13. 10. 1873 Duisburg. Der Sohn eines Weinh¨andlers erhielt eine technische Ausbildung an der Gewerbeschule in Hagen, fand eine Stelle als Ingenieur in den Isselburger H¨utten, wo er f¨ur die Montage der Maschinen zum Ausbaggern des Dollart verantwortlich war,
und wechselte als technischer Leiter zur Firma „Funcke & Elbers“ in Hagen. B. reiste nach England, um die Kleineisenindustrie zu studieren, und gr¨undete mit Theodor → Keetman 1862 die Fabrik Bechem & Keetman. Sie produzierten vor allem Walzen, hydraulische Winden und Pufferh¨ulsen und betrieben eine Messinggießerei. 1872 wurde das Werk zur „Duisburger Maschinen AG“ umgewandelt und durch den Ankauf der Maschinenfabrik und Eisengießerei „R. Berkmann & Thissen“ erheblich vergr¨oßert. C NDB
Becher, Alfred Julius, Musikkritiker, Komponist, Politiker, * 27. 4. 1803 Manchester (Großbritannien), † 23. 11. 1848 Wien. Als Kind deutscher Eltern in England geboren, studierte B. in Deutschland Rechtswissenschaft, arbeitete kurze Zeit als Rechtsanwalt in Elberstadt und wandte sich dann musikalischen Studien zu. Er wirkte als Redakteur in K¨oln und D¨usseldorf, sp¨ater als Prof. der Musikwissenschaften in Den Haag und seit 1840 an der K¨oniglichen Musikakademie in London. Mit der F¨uhrung eines Prozesses betraut, kam er 1845 nach Wien, widmete sich bald ganz der Kunst und bet¨atigte sich als Kritiker des Wiener Musiklebens seiner Zeit. 1848 redigierte er das Blatt „Der Radikale“ und war f¨uhrend an der Wiener Revolution beteiligt. Er komponierte vor allem Lieder und Klaviermusik. Ende Oktober 1848 wurde B. verhaftet, wegen Hochverrats verurteilt und standrechtlich hingerichtet. C Fellerer Becher, Bruno, Politiker, * 12. 12. 1898 Wendlingen bei Wissen / Sieg, † 21. 4. 1961 Mayen. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an der Univ. Bonn wirkte B. seit 1926 als Gerichtsassessor in Aachen und Mayen; er war Syndikus des IndustrieVerbandes „Steine und Erden“. Von 1927 an war B. als Rechtsanwalt in Mayen t¨atig. Als FDP-Mitglied geh¨orte er seit 1949 deren Hauptausschuß und von 1951 an dem Landtag von Rheinland-Pfalz an, dessen Justizministerium er bis 1959 verwaltete. Becher, Erich, Philosoph, Psychologe, * 1. 9. 1882 Reinshagen bei Remscheid, † 5. 1. 1929 M¨unchen. B., Sohn eines Volksschullehrers, studierte 1901-04 Mathematik, Naturwissenschaften und Sozialwissenschaften in Bonn, vor allem bei Benno → Erdmann, und wurde zum Dr. phil. promoviert (Experimentelle und kritische Beitr¨age zur Psychologie des Lesens bei kurzen Expositionszeiten). 1907 habilitierte er sich mit der Arbeit Philosophische Voraussetzungen der exakten Naturwissenschaften. Seit 1909 war er o. Prof. an der Univ. M¨unster, wo er auch p¨adagogische Vorlesungen hielt, 1916-25 in M¨unchen als Nachfolger von Oswald → K¨ulpe. Von einem kritischen Realismus ausgehend, u¨ bte B. Kritik an der Lehre des psychophysischen Realismus und vertrat die psychovitalistische Hypothese eines „¨uberindividuellen Seelischen“. In seinen Schriften behandelte er besonders psychologische, naturphilosophische, erkenntnistheoretische und ethische Probleme. B. ver¨offentlichte u. a. Die Grundfrage der Ethik. Versuch einer Begr¨undung des Prinzips der gr¨oßten allgemeinen Gl¨uckseligkeitsf¨orderung (1907), Naturphilosophie (= Die Kultur der Gegenwart, hrsg. von Paul Hinneberg, III. Teil, 7. Abt., 1. Bd., 1914), Weltgeb¨aude, Weltgesetze, Weltentwicklung. Ein Bild der unbelebten Natur (1915), Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften. Untersuchungen zur Theorie und Einteilung der Realwissenschaften (1921), Die fremddienliche Zweckm¨aßigkeit der Pflanzengallen und die Hypothese eines u¨ berindividuellen Seelischen (1917) und Einf¨uhrung in die Philosophie (1926, 21949). Zusammen mit Aloys → Fischer gab er die Reihe „Philosophische und p¨adagoC Enz Phil Wiss gische Arbeiten“ heraus.
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Becher Becher, Ernst Siegfried, Zoologe, * 2. 7. 1884 Reinshagen bei Remscheid, † 1. 4. 1926 Breslau. B., Sohn eines Lehrers, studierte seit 1902 Naturwissenschaften mit Schwerpunkt Zoologie an der Univ. Bonn. Zu seinen Lehrern geh¨orten Hubert → Ludwig, der auch sein Doktorvater war, und Alexander → Koenig. 1907 promoviert (Rhabdomolgus ruber und die Stammform der Holothurien) ging er als Assistent von Wilhelm → Spengel an das Zoologische Institut der Univ. Gießen und habilitierte sich dort 1908 f¨ur Zoologie (Die Stammesgeschichte der Seewalzen). 1914 folgte B. einem Ruf auf das Ordinariat f¨ur Zoologie an der Univ. Rostock. 1921 kehrte B. als Nachfolger Spengels zur¨uck nach Gießen und nahm 1925 eine Professur in Breslau an, wo er 1926 an den Folgen einer Tuberkuloseerkrankung starb. In seinen wissenschaftlichen Forschungen und den aus ihnen resultierenden Ver¨offentlichungen widmete sich B., seit 1916 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, insbesondere polarisationsoptischen Untersuchungen am Kalkskelett der Stachelh¨auter, der entwicklungsmechanischen Analyse der Ontogenese von Anker und Ankerplatte der Synapta sowie der Untersuchung der Ultraviolettwahrnehmung bei den Daphnien. Bedeutende Ergebnisse erzielte er auch bei seiner Besch¨aftigung mit der Echtf¨arbung von Zellkernen (Untersuchungen u¨ ber Echtf¨arbung der Zellkerne mit k¨unstlichen Beizenfarbstoffen und die Theorie des histologischen F¨arbeprozesses mit gel¨osten Lacken, 1921). Bei seinen Arbeiten mit der Mikrotechnik entstanden Verbesserungen, die sich u. a. in einem Patent f¨ur ein Polarisationsmikroskop niederschlugen (1915). Zusammen mit Reinhard → Demoll verfaßte er eine Einf¨uhrung in die mikroskopische Technik f¨ur Naturwissenschaftler und Mediziner (1913). Becher, Erwin (Friedrich), Internist, * 10. 8. 1890 Remscheid, † 4. 9. 1944. B. studierte in Bonn, M¨unster, Marburg und in Gießen, wo er 1913 zum Dr. phil. (Statische Strukturen im Echinoideenskelett), 1914 zum Dr. med. (Beitrag zur Histogenese und Morphogenese der Uterusmyome) promoviert wurde. Seine Assistentenzeit verbrachte er in Gießen, Halle / Saale, M¨unchen, Heidelberg und Frankfurt / Main, habilitierte sich 1925 in Halle f¨ur Innere Medizin und erhielt 1928 in Frankfurt einen Lehrauftrag als a. o. Prof. f¨ur Prop¨adeutik der Inneren Medizin. B., Mitglied der NSDAP und f¨orderndes Mitglied der SS, wurde 1935 o. Prof. in Danzig, kehrte aber im selben Jahr auf eine Oberarztstelle an der Medizinischen Klinik in Frankfurt / Main zur¨uck. B. besch¨aftigte sich vor allem mit Blutchemie, Liquorforschung und Nierenkrankheiten. Zusammen mit Franz → Volhard ver¨offentlichte er Die klinischen Methoden der Nierenfunktionspr¨ufung (1929), sein Lehrbuch der speziellen pathologischen Physiologie von 1934 erschien 1945 in 7. Auflage und wurde ab 91955 von Ludwig Heilmeyer herausgegeben. B. war korrespondierendes Mitglied der Physikalisch-Medizinischen Akademie in ¨ Florenz. C Arzte 2, 3
Becher, Hellmut, Anatom, Histologe, * 30. 4. 1896 Remscheid, † 12. 7. 1976 M¨unster (Westfalen). Zun¨achst studierte B., Sohn eines Lehrers, an der Univ. M¨unster Zoologie (Dr. phil. 1917), dann Medizin in Bonn, M¨unchen und Gießen (Dr. med. 1921, Die Entwicklung des Mesoplacentariums und die Placenta bei Aguti). 1920-27 war er Assistent und 2. Prosektor am Anatomischen Institut der Univ. M¨unster. 1922 habilitierte er sich in M¨unster f¨ur Anatomie, wurde 1927 a. o. Prof. in Gießen und 1933 o. Prof. und Institutsdirektor. 1933 / 34 war B., der seit 1933 der SA angeh¨orte, Dekan der Medizinischen Fakult¨at. 1936 ging er als o. Prof. nach Marburg, trat in die NSDAP ein und war 1937-39 Dekan der Medizinischen Fakult¨at, 1939 / 40 Prorektor der Univ. Marburg. 1941 kehrte er nach M¨unster
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zur¨uck und war Dekan der Medizinischen Fakult¨at. 1941-45 stand er dem Gaudozentenbund Westfalen-Nord vor. 1945 verhaftet und entlassen, wurde er 1947 als „Mitl¨aufer“ eingestuft und 1948 mit der Wiederaufnahme seines Lehrstuhls beauftragt. 1949 als „entlastet“ eingestuft, wurde er erneut o. Prof. f¨ur Anatomie in M¨unster (Rektor 1955 / 56, Auge und Zwischenhirn) und war 1953-57 Direktor der Deutschen Anatomischen Gesellschaft. B. ver¨offentlichte zahlreiche Arbeiten u¨ ber Anatomie, Histologie und Embryologie, u. a. Zur Kenntnis der Placenta von Bradypus tridactylus (in: Zeitschrift f¨ur Anatomie und Entwicklung, 1921).
Becher, Johann Joachim, Mediziner, Chemiker, Wirtschaftstheoretiker, * 6. 5. 1635 Speyer, † Oktober 1682 (1685 ?) London. Nach Lehr- und Studienjahren in Schweden, Holland und ¨ Osterreich u¨ bernahm B., Sohn eines Pfarrers, 1657-64 eine Professur der Medizin in Mainz, trat zum Katholizismus u¨ ber und war seit 1660 Leibarzt des Kurf¨ursten von Mainz, Johann Philipp von → Sch¨onborn. Seit 1664 Leibarzt und Berater in bayerischen Diensten, gr¨undete er die erste Seidenmanufaktur in M¨unchen und schrieb 1667-69 sein naturwissenschaftliches (Physica subterranea) und sein philosophisch-p¨adagogisches Hauptwerk (Methodus didactica); 1674 erschien Psychosophia. Im Politischen Diskurs (1667) trat B. f¨ur eine St¨anderegierung und die Entwicklung des Gewerbes ein. Seine merkantilistischen Ideen, darunter ein Rhein-Donau-Kanal und Kolonialpl¨ane, trafen auf wenig Verst¨andnis. In der Chemie gelang ihm die Gewinnung von Leuchtgas und Teer aus Steinkohle; seine Kenntnis u¨ ber Verbrennungsvorg¨ange bildeten die Grundlage der Phlogistontheorie, die von der Sauerstofftheorie im ausgehenden 18. Jh. abgel¨ost wurde. Daneben war B. auch als Dichter t¨atig. C Killy
Becher, Johann Philipp, Bergrat, * 26. 12. 1752 Kupferh¨utte bei Dillenburg, † 26. 4. 1831 Wiesbaden. B. studierte mit Unterst¨utzung des Landesherrn bergm¨annische Wissenschaften. Eine Studienreise f¨uhrte ihn nach Hessen, in den Harz, das Siegerland und nach Freiberg. 1775 trat er in den Dienst der Dillenburger Berg- und H¨uttenkommission und entwickelte den Plan f¨ur eine naussauische Bergwerksgeschichte. In kurzer Zeit stieg B. zum Oberbergrat auf. Er verfaßte u. a. eine Mineralogische Beschreibung der Oranien-Nassauischen Lande, nebst Geschichte des Siegen’schen H¨utten- und Hammerwesens (1789). C Leb Siegerland Becher, Johannes R(obert), Schriftsteller, Politiker, * 22. 5. 1891 M¨unchen, † 11. 10. 1958 Berlin. B., Sohn eines Landgerichtsdirektors, studierte in M¨unchen, Berlin und Jena Medizin, Literatur und Philosophie, setzte sich seit 1919 f¨ur die Ziele der KPD ein, war Mitbegr¨under und erster Vorsitzender des Bundes proletarischrevolution¨arer Schriftsteller und wurde 1925 wegen „literarischen“ Hochverrats angeklagt. 1933 emigrierte er u¨ ber die Tschechoslowakei und Frankreich nach Moskau, redigierte dort 1935-45 die Zeitschrift „Internationale Literatur, Deutsche Bl¨atter“ und kehrte 1945 nach Berlin zur¨uck. Dort gr¨undete B. den „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“, den Aufbau Verlag, die kulturpolitische Monatsschrift „Aufbau“, die Wochenzeitung „Sonntag“ und die Literaturzeitschrift der Akademie der K¨unste der DDR, „Sinn und Form“ (1949, mit Paul → Wiegler). 1952-56 war er Pr¨asident der Deutschen Akademie der K¨unste und 1954-58 erster Minister f¨ur Kultur der DDR. Sein Eintre¨ ten f¨ur eine kulturpolitische Offnung seines Landes ließ ihn 1957 jeden politischen Einfluß verlieren. In seinem umfangreichen lyrischen Werk zeigte er sich zun¨achst als expressionistischer Neuerer (Verfall und Triumph, 1914, Neudr. 1973),
Becherer der sich sp¨ater dem sozialistischen Realismus zuwandte (Abschied, 1940). B. schrieb den Text der Nationalhymne der DDR („Auferstanden aus Ruinen . . .“, 1949, Musik Hanns → Eisler). C Killy
Becher, Karl Anton Ernst, evang. Theologe, * 6. 5. 1741 Hildburghausen (Th¨uringen), † 30. 7. 1802 Oldisleben (Th¨uringen). B. wurde nach Abschluß des Studiums Pfarrer in Schweickershausen bei Heldburg (Franken), 1775 Pfarrer und Adjunkt in Oldisleben (Th¨uringen). In seinen theologischen Schriften wird seine Verehrung f¨ur den luth. Theologen und Schriftsteller Philipp → Nicolai deutlich, f¨ur dessen Theorien er aufkl¨arend zu wirken versuchte. Eine seiner Hauptschriften erschien 1781: Ueber Toleranz und Gewissensfreyheit, und die Mittel, beyde in ihre geh¨orige Gr¨anzen zu weisen, den Bed¨urfnissen unsrer Zeit gem¨aß. C ADB
Becher, Lilly, Schriftstellerin, Publizistin, Funktion¨arin, * 27. 1. 1901 N¨urnberg, † 20. 9. 1978 Berlin. Die Tochter eines Ingenieurs studierte 1918 / 19 neuere Sprachen in Heidelberg. Nach einem Redaktionsvolontariat arbeitete sie 1920 / 21 als Stenotypistin im Delphinverlag (M¨unchen), dann im Ullstein-Verlag und bei der Zeitung „Die Rote Fahne“ (Berlin). Seit 1919 Mitglied der KPD, war sie 1922 / 23 stellvertretende Leiterin f¨ur Politik und Frauen der KPD Berlin-Neuk¨olln und gr¨undete 1924 die Zeitung „Die Arbeiterin“. Seit 1926 war sie Lektorin und Redakteurin, seit 1927 Leiterin der kulturpolitischen Redaktion des Neuen Deutschen Verlags. 1932 / 33 Chefredakteurin der „Arbeiter Illustrierte-Zeitung“, arbeitete B. 1934-36 in Paris f¨ur den Verlag Editions du Carrefour. 1936-45 lebte sie mit ihrem zweiten Ehemann Johannes R. → Becher in Moskau, ¨ wo sie sich als Ubersetzerin beim Staatsverlag bet¨atigte und f¨ur die Zeitschrift „Internationale Literatur“ schrieb. 1942-45 war sie Mitarbeiterin der deutschen Abteilung des Moskauer Rundfunks „Inoradio“ und 1945-50 Chefredakteurin der „Neuen Berliner Illustrierten“. 1958 u¨ bernahm B., die Mitglied der SED war, die Leitung des Johannes R. BecherArchivs an der Ostberliner Akademie der K¨unste. C DDR
Becher, Siegfried, National¨okonom, * 28. 2. 1806 Plan bei Tachau (B¨ohmen), † 4. 3. 1873 Wien. B. studierte in Prag und Wien, trat 1831 in den Staatsdienst und wurde 1835 als Prof. f¨ur Geschichte und Geographie an das Wiener Polytechnische Institut berufen. Nach der Wiener M¨arzrevolution wurde er mit Aufgaben im Handelsministerium betraut und im Juni 1848 zum Generalsekret¨ar ernannt. Vom September 1848 bis 1852 war er Ministerialrat, danach in der Privatwirtschaft t¨atig. B. ver¨offentlichte u. a. Organisation des Gewerbewesens (1851).
Becher, Theodor, Ingenieur, * 18. 11. 1876 Boston (USA), † 29. 4. 1948 Ellwangen / Jagst. Der Sohn eines Kammermusikers immatrikulierte sich an der TH Darmstadt und kam im Alter von 22 Jahren zur Maschinenfabrik Augsburg-N¨urnberg AG (MAN) nach N¨urnberg. Zun¨achst als Br¨uckenbauer t¨atig, wechselte er 1901 zum Gustavsburger Werk der MAN, u¨ bernahm dort die Leitung der Wehrbau-Abteilung und entwickelte u. a. das 1898 erfundene Carstanjensche Walzenwehr weiter. C NDB Becher, Ulrich, Schriftsteller, * 2. 1. 1910 Berlin, † 15. 4. 1990 Basel. Der Sohn eines Rechtsanwalts und einer Schweizer Pianistin war 1927 Graphiksch¨uler von George → Grosz und seit 1928 Student der Rechtswissenschaften in Berlin und Genf. Seine erste Ver¨offentlichtung, die Erz¨ahlungen M¨anner machen Fehler (1932, erw. Ausg. 1958), fiel als „entartet“ der nationalsozialistischen B¨ucherverbrennung zum Opfer.
B. emigrierte 1933 nach Wien, arbeitete dort als Zeitungs¨ korrespondent und ging nach dem „Anschluß“ Osterreichs 1938 in die Schweiz, 1941 u¨ ber Frankreich und Spanien nach Brasilien, wo er verschiedene Emigrantenzeitungen herausgab. 1944 zog er nach New York, kehrte 1948 nach Wien zur¨uck und lebte seit 1954 als freier Schriftsteller in Basel. Er schrieb Dramen, Gedichte, Romane, Novellen und publizistische Beitr¨age f¨ur Exil- und Schweizer Zeitungen (u. a. „National-Zeitung“, Basel; „Volksstimme“, St. Gallen; „Freies Deutschland“, Mexiko). In der tragischen Posse Der Bockerer (1946) setzte er sich mit dem Nationalsozialis¨ mus in Osterreich auseinander; der autobiographische Roman Murmeljagd erschien 1969. B. wurde 1955 mit dem Dramatikerpreis des Deutschen B¨uhnenvereins und 1976 mit dem Preis der Schweizerischen Schiller-Stiftung ausgezeichnet. C KLG
Becher, Walter, Politiker, * 1. 10. 1912 Karlsbad, † 25. 8. 2005 M¨unchen. Der Sohn eines Treuh¨anders studierte Staatswissenschaften in Prag und Wien; 1936 wurde er dort zum Dr. rer. pol. promoviert (Platon und Fichte. Die k¨onigliche Erziehungskunst). Er war anschließend bis 1939 als Schriftleiter in Prag, Reichenberg und Dresden t¨atig, u. a. als Feuilletonredakteur bei dem Organ „Die Zeit“ der Sudetendeutschen Partei. 1940 vor¨ubergehend inhaftiert, nahm er anschließend am Zweiten Weltkrieg teil und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft. B. baute seit 1945 die M¨unchner Hilfsstelle f¨ur Fl¨uchtlinge aus den Sudetengebieten mit auf, war seit 1947 Generalsekret¨ar des Sudetendeutschen Rates, Vorsitzender des Witiko-Bundes und 1968-82 Vorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft. 1952 schloß er sich der Deutschen Gemeinschaft und 1954 dem Gesamtdeutschen Block / Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten an. Er geh¨orte 1950-62 dem Bayerischen Landtag (Fraktionsvorsitzender) und 1965-80 u¨ ber die CSU-Landesliste dem Deutschen Bundestag an. Dort wandte er sich gegen → Brandts Ostvertr¨age und den deutsch-tschechischen Vertrag von 1974. B. ver¨offentlichte u. a. Reden zum Sudetendeutschen Tag 1968-1979 (1979) und die Autobiographie Zeitzeuge. Ein Lebensbericht (1990). C MdB Becherer, Friedrich, auch Christian Friedrich B., Architekt, Ingenieur, * 20. 9. 1746 (1747 ?) Spandau bei Berlin, † 6. 12. 1823 Berlin. B. wurde seit 1757 von den Architekten Johann Gottfried B¨uring, Carl Ludwig Hildebrandt, Heinrich Ludewig → Manger und Carl von → Gontard in Potsdam ausgebildet. 1767 zog er nach Berlin und war unter der Leitung Gontards bis 1776 ausf¨uhrender Baumeister am Potsdamer Baucomtoir, avancierte 1778 zum Bauinspektor, Geheimen Oberbaurat und Mitglied der Zentralbeh¨orde des OberhofBauamts. Seit 1780 leitete B. die Architekturklasse der Berliner Kunstakademie, wurde 1798 Mitglied der Kommission zur Gr¨undung der Bau-Akademie, an der er 1799-1809 lehrte, und war 1810-16 Direktor der Baugewerkschule. Er errichtete in Potsdam Privatbauten, in Berlin u. a. die Alte B¨orse am Lustgarten (1801-05). C AKL Becherer, Gerhard, Physiker, Mineraloge, * 15. 6. 1915 Vogtland, † 14. 7. 2003 Rostock. B. studierte seit 1935 in Halle Physik und war seit 1942 Forscher im Carl-Zeiss-Werk in Jena. 1942 promoviert (Messungen der Viskosit¨at kristalliner Fl¨ussigkeiten nach der Helmholtzschen Methode), nahm er nach dem Zweiten Weltkrieg eine Assistentenstelle am Physikalischen Institut in Halle an, ¨ wo er sich 1953 mit der Arbeit Uber Feinstrukturuntersuchungen zur Kl¨arung des Haftens von Kohleschichten an Porzellan habilitierte. 1958 folgte er einem Ruf an das Physikalische Institut in Rostock. B. f¨uhrte die R¨ontgenstruktur-
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Bechert analyse zur Aufl¨osung nichtkristalliner Materialien ein. Mit ¨ Helmut H¨ulle publizierte er 1952 Uber die Bestimmung der Fehler-Ekennbarkeit in der R¨ontgenmikroskopie.
Bechert, Emil, Beamter, * 9. 7. 1843 Mosbach, † 6. 8. 1898 Karlsruhe. B. studierte an den Universit¨aten Heidelberg, Berlin und Freiburg / Breisgau Rechtswissenschaften und trat in den badischen Verwaltungsdienst. Nach mehrj¨ahriger T¨atigkeit als Polizeibeamter in Pforzheim wurde er 1869 nach Karlsruhe versetzt, wo er sich eingehend mit wirtschaftlichen Fragen befaßte und 1875-78 als Abgeordneter in die Zweite Kammer gew¨ahlt wurde. 1870 zur Verwaltung der Kreisdirektion Farstein, sp¨ater Schlettstadt bestellt, wurde er 1874 als Rat in das badische Innenministerium berufen, schließlich zum Landeskommissar der Kreise Karlsruhe und Baden ernannt. C Biogr Jahrb, 1900
Bechert, Karl, Physiker, Politiker, * 23. 8. 1901 N¨urnberg, † 1. 4. 1981 Weilm¨unster (Hessen). B. studierte Physik, Mathematik und Chemie in M¨unchen (Promotion 1925, Die Struktur des Nickelspektrums), wo er 1926-33 als Assistent am Institut f¨ur Theoretische Physik t¨atig war. Er habilitierte sich 1930, wurde 1933 Ordinarius und Direktor des Instituts f¨ur Theoretische Physik an der Univ. Gießen und lehrte 1946-69 an der Univ. Mainz. Er war seit 1956 SPD-Mitglied und 1957-72 Abgeordneter des Deutschen Bundestags. Als Vorsitzender des Ausschusses f¨ur Atomenergie und Wasserwirtschaft sprach er sich o¨ ffentlich gegen Atomwaffenversuche aus und mahnte zu gr¨oßter Vorsicht bei der Entwicklung und friedlichen Nutzung der Atomkraft. Er geh¨orte zudem als Mitglied des kulturpolitischen Ausschusses dem Parteivorstand der SPD an und war Beauftragter f¨ur Hochbegabtenf¨orderung bei der FriedrichEbert-Stiftung. 1963 wurde er ausw¨artiges Mitlied der Norwegischen Akademie der Wissenschaften. B. ver¨offentlichte eine Reihe wissenschaftlicher Arbeiten, u. a. mit Christian → Gerthsen Atomphysik I-IV (2 Bde., 1938). C MdB
Bechhold, Heinrich (Jakob), Chemiker, * 13. 11. 1866 Frankfurt / Main, † 19. 2. 1937 Frankfurt / Main. Nach dem Studium in Freiburg / Breisgau, Straßburg, Berlin und Heidelberg wurde B. 1889 in Berlin mit der Arbeit Beitr¨age zur Kenntniss der Amidophenole zum Dr. phil. promoviert und bereiste anschließend Lappland, Italien, Nordafrika und Spanien. 1897 gr¨undete er „Die Umschau“, eine Wochenschrift u¨ ber die Fortschritte in Wissenschaft und Technik, deren Herausgeber er vier Jahrzehnte war. Seit 1903 Mitglied des Instituts f¨ur experimentelle Therapie in Frankfurt / Main, habilitierte er sich 1917 f¨ur medizinische und allgemeine Physiko-Chemie und wurde Direktor des Instituts f¨ur Kolloidforschung. Er besch¨aftigte sich mit der Chemie der Lebensvorg¨ange, der medizinischen Chemie und mit physikalisch-chemischen Problemen. Sein besonderes Interesse galt der Kolloidforschung (u. a. Die Kolloide in Biologie und Medizin, 1912, 51929). B. war Mitglied vieler wissenschaftlicher Gesellschaften, seit 1932 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, und korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Zaragossa. 1935 wurde ihm die Lehrbefugnis entzogen. Zunehmenden Diffamierungen ausgesetzt, nahm sich B. das Leben. ¨ 2, 3 C Arzte Bechmann, (Georg Carl) August Ritter von, Jurist, * 16. 8. 1834 N¨urnberg, † 11. 7. 1907 M¨unchen. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte Rechtswissenschaft in M¨unchen und Berlin, wurde 1860 in Erlangen promoviert und habilitierte sich 1861 in W¨urzburg. Er wurde Prof. in Basel (1862), Marburg und Kiel (1864), Erlangen (1870), Bonn (1880) und M¨unchen (1888). Seit 1891 war er Reichsrat. Die Nachfolge Bernhard → Windscheids in Leipzig anzutreten,
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lehnte B. 1892 ab. Seine monographischen Arbeiten u¨ ber Das r¨omische Dotalrecht (2 Bde., 1863-67) und u¨ ber den Kauf nach gemeinem Recht (2 Bde., 1865-84) machten ihn zu einem der bedeutendsten deutschen Rechtsdogmatiker des 19. Jh., der, die positive Rechtsauslegung vertretend, entscheidenden Einfluß auf das B¨urgerliche Gesetzbuch nahm. C Geist Gestalt, Bd 1
Bechmann, Friedemann, luth. Theologe, * 26. 5. 1628 Elleben (Th¨uringen), † 9. 3. 1703 Jena. Nach dem Studium in Jena und der Erlangung des Magistergrades 1651 wurde B. 1656 Prof. der Philosophie, 1668 Prof. der Theologie. Er z¨ahlte zu den bekanntesten luth. Kasuisten des 17. Jahrhunderts. B. schrieb zahlreiche Disputationen u¨ ber exegetische und dogmatische Fragen (u. a. Adnotationes ad Hutteri Compendium, 1690). C ADB Bechstedt, Johann, Jurist, Schriftsteller, * 5. 7. 1572 Eisleben, † 27. 8. 1635 Eisenach. Nach Studien in Marburg und Heidelberg, wo er 1600 die W¨urde eines Doktors beider Rechte erwarb, wurde B. in Coburg Hofgerichtsadvokat und 1604 Hofrat; 1612-17 war er Amtmann in Eisfeld. Seit dem Tod seiner Frau, die 1622 f¨unfunddreißigj¨ahrig starb, bet¨atigte sich B. als Autor; in einer Sammlung lateinischer Gedichte verlieh er dem Schmerz um den Tod seiner Frau Ausdruck (Noctes viduales, 1624). Neben verschiedenen juristischen Fachschriften verfaßte er in rascher Folge einen Leitfaden zu den Gebr¨auchen des Christentums (Viaticum Christianum, 1626), einen Gr¨undlichen Bericht von Ursachen, Krieg zu f¨uhren (1628), einen Discours vom geistlichen Gebrauch des B¨uchsenschießen (1629) sowie ein Trostb¨uchlein wider Anliegen bei schwangern und geb¨ahrenden Weibspersonen (1630). Anfang Oktober 1632 geriet B. in die Gefangenschaft → Wallensteins, aus der er erst im April des folgenden Jahres in Wien entlassen wurde und die er als Relatio historica captivitatis (1633) in lateinischen Versen schilderte. B. starb auf der Flucht vor den Kaiserlichen in Eisenach, bevor er Coburg wieder erreichen konnte. Bechstein, (Friedrich Wilhelm) Carl, Fabrikant, * 1. 6. 1826 Gotha, † 6. 3. 1900 Berlin. Zum Klavierbauer ausgebildet, leitete B., Sohn eines Friseurs und Per¨uckenmachers, 1848-52 als Gesch¨aftsf¨uhrer die Fa. G. Perau in Berlin, begab sich dann auf Studienreise nach London und Paris, um 1853 in Berlin mit bescheidenen Mitteln eine eigene Firma zu gr¨unden. In k¨urzester Zeit etablierte sich die Fabrik, namhafte Pianisten zeigten Interesse an Bechstein-Fabrikaten, so daß sich B., besonders durch Hans von → B¨ulow angeregt, dem Bau großer Konzertfl¨ugel zuwandte. Auf der Londoner Industrieausstellung 1862 wurde er mit der großen englischen Preismedaille ausgezeichnet. 1894 nahm B. seine S¨ohne Edwin, Carl und Johannes als Teilhaber auf. 1897 wurde die vierte Fabrik gebaut; etwa 1100 Arbeiter produzierten j¨ahrlich 4700 Fl¨ugel C Schulz und Pianos.
Bechstein, Johann Matth¨aus, Zoologe, * 11. 7. 1757 Waltershausen bei Gotha, † 23. 2. 1822 Meiningen. Urspr¨unglich zum Theologen bestimmt, widmete sich B. den Naturwissenschaften und ging nach dem Studium 1785 als Lehrer der Naturgeschichte und Mathematik nach Schnepfenthal. Er gr¨undete nach Hans Dietrich → Zanthier und Heinrich → Cotta 1795 eine Forstlehranstalt auf dem Gut Kemnate bei Waltershausen, der er bei ihrer Verlegung nach Dreißigacker bei Meiningen als Direktor vorstand. B., der 1800 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen wurde, ver¨offentlichte eine Reihe forstwissenschaftlicher Arbeiten, besch¨aftigte sich mit Insekten
Bechtolsheim und besonders mit V¨ogeln. Seine Naturgeschichte der Stubenv¨ogel (1795, 51879) erschien 1825 in englischer, 1829 in franz¨osischer Sprache. C NDB
Bechstein, Lothar, schweizer. Maler, * 18. 8. 1884 Solothurn, † 28. 11. 1936 M¨unchen. B. studierte bei Peter → Halm und Angelo → Jank an der Kunstakademie in M¨unchen. Studienreisen f¨uhrten ihn nach Wien, Paris und Algerien. Wieder in M¨unchen, heiratete er die Witwe seines Freundes Matthias May. B.s erste Arbeiten zeigen impressionistische Tendenzen. Nach 1914 malte er großformatig, in ruhigen Farben und klaren Formen. Neben Auftragsarbeiten w¨ahrend eines Lazarettaufenthalts im Ersten Weltkrieg schuf er seit 1929 Wandbilder (u. a. Arkadische Idyllen f¨ur das Dampfschiff „Europa“), ferner Fresken und kleine Landschaften. C AKL Bechstein, Ludwig, auch C. Bechstein, eigentl. Louis Clairant Hubert B., Schriftsteller, Bibliothekar, * 24. 11. 1801 Weimar, † 14. 5. 1860 Meiningen. Nach einer Apothekerlehre studierte B. in Leipzig und M¨unchen Philosophie, Geschichte und Literatur. Er kehrte nach Meiningen zur¨uck und erhielt eine Bibliothekarsstelle an der herzoglichen Bibliothek, gr¨undete den Hennebergischen altertumsforschenden Verein und u¨ bernahm 1848 die Leitung des Archivs. B. schrieb Gedichte, historische Romane und Novellen (Fahrten eines Musikanten, 3 Bde., 1836 / 37). Bekannt wurde er vor allem als Sammler und Herausgeber von Sagen und M¨archen (u. a. Deutsches M¨archenbuch, 1845). C Killy
Bechstein, Reinhold (Ludwig Bernhard Matth¨aus), Germanist, * 12. 10. 1833 Meiningen, † 5. 10. 1894 Rostock. Der Sohn von Ludwig → B. studierte Germanistik und Geschichte an den Universit¨aten Leipzig, M¨unchen, Jena und Berlin (Promotion 1858, Die Aussprache des Mittelhochdeutschen) kehrte nach Meiningen zur¨uck und bereitete sich unter Anleitung seines Vaters auf die Bibliothekars- und Archivarslaufbahn vor. B. war 1858 / 59 im Archiv des Germanischen Museums in N¨urnberg besch¨aftigt, vertrat 1860 seinen Vater in Meiningen, zog 1861 zu weiteren Studien nach Leipzig und habilitierte sich 1866 in Jena f¨ur Germanistik (Das Spiel von den zehn Jungfrauen). 1871 folgte er dem Ruf als o. Prof. der deutschen und neueren Literatur an die Univ. Rostock. B. edierte etliche Werke und schrieb u. a. Tristan und Isolt in deutschen Dichtungen der Neuzeit (1876). C IGL Bechtel, Friedrich, Sprachwissenschaftler, * 2. 2. 1855 Durlach (Baden), † 9. 3. 1924 Halle. B. studierte seit 1873 in Heidelberg, G¨ottingen und Straßburg vergleichende Sprachwissenschaft. Nach der Promotion (1876) und der Habilitation (1878) in G¨ottingen wurde er dort 1884 a. o. Prof., 1896 o. Prof. in Halle. Er widmete sich der Erforschung beinahe aller indogermanischen Sprachen, am intensivsten der der griechischen Sprache. B. ver¨offentlichte u. a. ein dreib¨andiges Werk u¨ ber Die griechischen Dialekte (1921-24). C Bursian, Jg. 46 Bechtel, Heinrich, Wirtschaftswissenschaftler, * 4. 1. 1889 Halle / Saale, † 16. 12. 1970. B. studierte Architektur, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften an der TH Danzig und der Univ. Greifswald (Promotion 1917, Posens Aufbau und Grundrentenbildung). Er war Regierungsbauf¨uhrer bei der staatlichen Hochbauverwaltung und Eisenbahndirektion in Posen und habilitierte sich 1921 in Breslau f¨ur National¨okonomie und Finanzwissenschaft. Seit 1925 lehrte er an der Univ. G¨ottingen, 1928-33 wieder in Breslau. 1933 wurde er o. Prof. der Wirtschaftswissenschaft an der Univ. Gießen, 1936 an der Univ. M¨unchen. W¨ahrend der Zeit des Nationalsozialismus war
er Pr¨asident des Vereins deutscher Wirtschaftswissenschaftler. B. besch¨aftigte sich mit Wirtschaftsgeschichte, Sozial-, Agrar- und Verkehrspolitik sowie mit finanzwissenschaftlicher Statistik. Er schrieb u. a. Wirtschaftsstil des deutschen Sp¨at-Mittelalters (1930).
Bechteler, Theodor, Bildhauer, * 8. 2. 1903 Immenstadt / Allg¨au, † 22. 6. 1993 Augsburg. B. absolvierte eine Bildhauerlehre in Oberammergau, bevor er 1926-34 als Meistersch¨uler von Ludwig → Gies an den Vereinigten Staatsschulen f¨ur freie und angewandte Kunst in Berlin studierte. Unter dem nationalsozialistischen Regime hatte er Ausstellungsverbot. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte er in Immenstadt und schuf Holz- und Steinplastiken. 1956 zog B. nach Augsburg; 1959 hielt er sich als Preistr¨ager der Villa Romana in Florenz auf, 1974 als Ehrengast der Villa Massimo in Rom. Zu seinen Hauptwerken geh¨oren kleinformatige Raumplastiken aus Bronze oder Zinn (u. a. Artiste, 1957). C AKL Bechtermunze, ¨ Heinrich, auch Bechtolfm¨unzer, Drucker, † 13. / 15. (?)7. 1467 Eltville. ¨ Uber das Leben der Br¨uder Heinrich und Nikolaus → B. ist nur wenig bekannt. Sie stammen aus einem alten Mainzer Patriziergeschlecht (erstmalig 1321 urkundlich erw¨ahnt). Vermutlich war Heinrich der a¨ ltere der beiden Br¨uder. 1467 gr¨undeten sie eine der a¨ ltesten typographischen Werkst¨atten der Welt in Eltville. Heinrich begann mit dem Druck eines lateinisch-deutschen W¨orterbuches Vocabularius ex quo, starb aber vor Vollendung seines Werkes. C Leb Nassau, Bd 3
Bechtermunze, ¨ Nikolaus, auch Bechtolfm¨unzer, Drucker, * 15. Jh., † nach 1488 Eltville (?). Der Bruder von Heinrich → B. vollendete dessen Werk Vocabularius ex quo zusammen mit Wiegand Spieß von Ortenberg 1467. Er f¨uhrte die Druckerei bis 1476 allein weiter, ver¨offentlichte bis dahin noch vier kleine Drucke; drei waren weitere Ausgaben des Vocabularius ex quo aus den Jahren 1469, 1472 und 1476, der vierte eine Neuauflage von Thomas von Aquins Summa de articulis fidei et ecclesiae sacramentis. Nicht bekannt ist, warum B. 1476 die Druckerei aufgab, letztmalig urkundlich erw¨ahnt wurde er als Eltviller B¨urger 1488. C Leb Nassau, Bd 3
Bechtold(t), Heinrich, Publizist, Politikwissenschaftler, * 28. 1. 1911 Frankfurt / Main, † 23. 3. 1990. B. studierte an den Universit¨aten Frankfurt / Main und Hamburg Sprachen, Geschichte und Soziologie, wurde 1934 promoviert und war bis 1936 Lektor f¨ur deutsche Sprache in Lyon. Seit 1936 arbeitete B. als Journalist und Publizist u. a. f¨ur die „Europ¨aische Revue“ (sp¨ater „Außenpolitik. Zeitschrift f¨ur Internationale Fragen“), war seit 1958 deren Herausgeber und Chefredakteur. 1965 nahm B. den Ruf auf den neugeschaffenen Lehrstuhl der Politikwissenschaft an der Univ. Hohenheim an und lehrte als Honorarprofessor in Stuttgart. Sein besonderes Interesse galt den Beziehungen von Sowjetunion und China, den Staaten Asiens und Afrikas (Indien oder China – Die Alternative in Asien, 1961). C Munzinger
Bechtolsheim, Clemens (Wenzeslaus Nikodemus Alexander Maria) Frh. von Mauchenheim, gen. B., Ingenieur, * 15. 9. 1852 M¨unchen, † 4. 7. 1930 M¨unchen. B., Sohn eines Ministerialrats, studierte bei Philipp von → Jolly und Carl von → Linde Maschinenbau am Polytechnikum in M¨unchen. Der Alfaseparator, 1886 von ihm entwickelt, erm¨oglicht durch ver¨anderte Tellereins¨atze in der Scheidetrommel der Milchzentrifuge bedeutend mehr Rahmabscheidung. Seine Erfindung stieß in Deutschland auf nur geringes Interesse, so daß B. 1889 nach Schweden ging.
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Bechtolsheim Seit 1904 baute er den Separator, der bereits auf der ganzen Welt eingesetzt wurde, in der eigenen Fabrik in Gauting bei M¨unchen. C M¨anner Nahrung
Bechtolsheim, Julie Frfr. von, auch Bechtoldsheim, geb. von Keller, Pseud. Psyche, Schriftstellerin, * 21. 6. 1751 Gut Stedten bei Erfurt, † 12. 7. 1847 Eisenach. Die Tochter eines Staatsministers war bekannt mit Christoph Martin → Wieland, der sie wegen ihres feinen Wesens seine „Psyche“ nannte. Sie heiratete jung, widmete sich zun¨achst ganz der Erziehung ihrer S¨ohne, studierte dann Germanistik, Geschichte, Philosophie und Kunst. Sie verlor fr¨uh Mann und drei S¨ohne und begann intensiv zu schreiben. B.s Hauptwerk Hesperion und Athenais, oder die Liebe eines K¨unstlerpaars aus dem 15. Jahrhundert, ein romantisches Gedicht, blieb unvollendet. Viele kleinere Gedichte sind in verschiedenen Sammlungen ver¨offentlicht. C Neuer Nekr, Jg. 25
Beck, Adolf, Germanist, * 1. 5. 1906 Ludwigsburg, † 18. 4. 1981 T¨ubingen. Nach der Promotion zum Dr. phil. 1935 war B., Sohn eines Kaufmanns, Assistent an der Univ. Berlin, ging 1937 als Lektor nach Amsterdam und leistete 1939-43 Wehrdienst. 1943 wurde ihm die Leitung des H¨olderlin-Archivs u¨ bertragen. Er habilitierte sich 1946 in T¨ubingen f¨ur deutsche Philologie, wurde 1949 a. o. Prof. und 1955 o. Prof. der deutschen Sprache und Literatur in Hamburg. B. ver¨offentlichte u. a. Griechisch-deutsche Begegnung. Das deutsche Griechenerlebnis im Sturm und Drang (1947) und H¨olderlins Weg zu Deutschland. Fragmente und Thesen (1982) und war Mitherausgeber der Stuttgarter → H¨olderlin-Ausgabe (1954-58). C IGL Beck, Adolf Franz, Chemiker, * 2. 12. 1892 Chicago, † 10. 3. 1949 Bad Elster. B. kam mit seinen Eltern, die deutscher Abstammung waren, 1893 aus den USA nach Berlin. Er erhielt dort seine erste Ausbildung im Labor der Fa. Borsig und fand nach kurzer T¨atigkeit bei der AEG eine Stelle im Versuchslabor der Abteilung Elektrometall der Chemischen Fabrik Griesheim-Elektron. Seit 1915 forschte B. f¨ur die Elektrochemischen Werke in Bitterfeld. Er besch¨aftigte sich vor allem mit der technischen Verwendung und der Entwicklung von Verfahren zum Vergießen von Magnesium. 1941 gab er die Leitung der Leichtmetall-Abteilung Bitterfeld auf und suchte nach M¨oglichkeiten, den anfallenden Leichtmetallschrott technisch nutzbar zu machen. B., der nach dem Zweiten Weltkrieg Direktor des Kombinats Bitterfeld war, machte sich mit 65 Patenten um die Leichtmetallindustrie verdient. Beck, Anton August, Kupferstecher, * 1713 Braunschweig, † 1787 Braunschweig. Der Sohn und Sch¨uler von Johann Georg → B. war seit 1765 in Braunschweig als Hofkupferstecher besch¨aftigt. Zu seinen Werken z¨ahlen Stadt- und Architekturansichten, Almanachund Kalenderillustrationen sowie Exlibris. Er schuf die Illustrationen zu dem 1742 erschienenen Sammelband des Naturforschers Franz Ernst → Br¨uckmann und den Stich f¨ur die Helmstedter Gesellenbriefe von 1785. C AKL Beck, Bernhard Oktav von, Milit¨ararzt, * 27. 10. 1821 Freiburg / Breisgau, † 10. 9. 1894 Freiburg / Breisgau. B. studierte in Freiburg und Heidelberg Medizin und wurde ¨ 1844 in Freiburg promoviert (Uber den Seiten-Steinschnitt mit dem Stromeyerischen doppelgedeckten Steinmesser). Nach der Habilitation 1845 wurde er Prosektor des Anatomischen Instituts und Assistent der Chirurgischen und Gyn¨akologischen Klinik in Freiburg. Als 1848 in Baden die Revolution ausbrach, trat er in die Armee ein und r¨uckte bis zum Generalarzt I. Klasse auf. Er nahm an den Feldz¨ugen von 1848 / 49, 1866 und 1870 / 71 teil und bildete als erster 1866
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eine Sanit¨atskompanie aus. B wurde 1884 geadelt und erhielt 1893 den Rang eines Generalmajors. Er arbeitete vor ¨ allem auf dem Gebiet der Kriegschirurgie (u. a. Uber die Wirkung moderner Gewehrprojektile, insbesondere der Lorenz’schen verschmolzenen Panzergeschosse auf den thierischen K¨orper, 1885).
Beck, Carl, Verleger, * 25. 2. 1817 N¨ordlingen, † 7. 12. 1852 N¨ordlingen. B., Sohn von Carl Heinrich → B., f¨uhrte seit 1846 selbst¨andig den 1763 gegr¨undeten Verlag. Er k¨ummerte sich besonders um den theologischen und juristischen Bereich. Zusammen mit Karl → Brater gr¨undete er die „Bl¨atter f¨ur administrative Praxis“ und legte die großen Gesetzesausgaben und -kommentare seines Unternehmens an. Nach seinem fr¨uhen Tod wurden die Gesch¨afte von Ernst → Rohmer, der die Witwe von B. heiratete, gef¨uhrt. B. war der Vater von Oscar → B. C Leb Bayer Schwaben, Bd 9 Beck, Carl Gottlob, Verleger, * 20. 4. 1733 Johanngeorgenstadt (Sachsen), † 20. 12. 1802 N¨ordlingen. Der Sohn eines Waffenschmieds kaufte im September 1763 die Mundbachsche Buchdruckerei in N¨ordlingen und baute die Buchhandlung aus, die Grundlage der sp¨ateren C. H. Beck’schen Verlagsbuchhandlung. B. gab dem Unternehmen eine wissenschaftliche Ausrichtung; er druckte p¨adagogische, theologische, medizinische, volkswirtschaftliche und historische Literatur. Er war der Vater von Carl Heinrich → B. Beck, Carl Heinrich, Antiquar, Drucker, Verleger, * 23. 8. 1767 N¨ordlingen, † 13. 2. 1834 N¨ordlingen. B. u¨ bernahm den von seinem Vater Carl Gottlob → B. gegr¨undeten Verlag und gab ihm den Namen „C. H. BeckVerlag“. Zu dem von ihm konsolidierten Betrieb geh¨orten eine Buchdruckerei, eine Sortimentsbuchhandlung, ein Antiquariat und eine lithographische Anstalt. Er war der Vater von Carl → B. C Leb Bayer Schwaben, Bd 9 Beck, Carl Richard, Geologe, * 24. 11. 1858 Niederpfannenstiel bei Aue / Erzgebirge, † 18. 8. 1919 Freiberg. Nach dem Studium der Geologie und Botanik an den Universit¨aten Freiburg / Breisgau (1879) und Leipzig (1879-83) fand B. im Jahr der Promotion eine Stelle bei der S¨achsischen Geologischen Landesanstalt und kartierte dort 15 Bl¨atter. 1895 wurde er als Nachfolger Alfred Wilhelm → Stelzners auf den Lehrstuhl der Geologie, Versteinerungslehre und Lagerst¨attenkunde der Bergakademie Freiberg berufen. Er verwandte 1907 zum Nachweis der magmatischen Ausscheidungen des uralischen Platins als einer der ersten das Metallmikroskop. Auf seinen Reisen nach Rußland und Finnland (1897), S¨udamerika und Kanada (1913) sammelte er Material f¨ur seine Arbeit und die pal¨ao-botanische Sammlung des neuen Instituts f¨ur Mineralogie und Geologie in Freiberg. B. publizierte ein umfangreiches Werk, u. a. eine Lehre von den Erzlagerst¨atten (1901, 31909). Beck, Christian August Frh. von, Jurist, * 1720 Langensalza (Th¨uringen), † 1781 / 83 Wien. B. studierte Rechtswissenschaften in Leipzig und wurde Sekret¨ar des kaiserlichen Ministers am fr¨ankischen Kreis Frh. von Wiedmann. 1748 folgte seine Ernennung zum Wirklichen k. k. Hofrat und Prof. des Staats- und Lehnsrechts an der K¨oniglich Theresianischen Ritterakademie in Wien. B. unterrichtete den Kronprinzen und sp¨ateren Kaiser → Joseph II. in deutschem Staatsrecht. 1764 wurde er in den Freiherrenstand erhoben und k. k. Geheimer Referendar. B. ver¨offentlichte u. a. Versuch einer Staatspraxis oder Kanzley¨ubung aus der Politik, dem Staats- und V¨olkerrechte ¨ (1754). 1766 legte er alle Amter nieder und privatisierte zu Lun´eville in Lothringen.
Beck Beck, Christian Daniel, Klassischer Philologe, Historiker, * 22. 1. 1757 Leipzig, † 13. 12. 1832 Leipzig. Nach dem Besuch der Thomasschule studierte B. alte Sprachen, Theologie und Geschichte. 1779 habilitierte er sich, lehnte 1780 einen Ruf als a. o. Prof. der Rechte nach G¨ottingen ab und wurde 1782 a. o., 1785 o. Prof. der r¨omischen und griechischen Literatur an der Univ. Leipzig. Seit 1809 war B. Direktor des neugegr¨undeten K¨oniglich Philologischen Seminars. 1819 u¨ bernahm er den Lehrstuhl f¨ur Geschichte und kehrte 1825 zu seiner fr¨uheren Professur zur¨uck. B., der Universit¨atsbibliothekar war, ver¨offentlichte u¨ ber 200 Schriften, u. a. eine Anleitung zur Kenntnis der allgemeinen Welt- und V¨olkergeschichte (4 Bde., 1787-1807). C ADB Beck, Conrad, schweizer. Komponist, * 16. 6. 1901 Lohn (Kt. Schaffhausen), † 31. 10. 1989 Basel. Nach dem Studium an der ETH Z¨urich und privatem Musikunterricht wechselte B. an das Konservatorium, zog 1924 nach Paris und bildete sich, angeregt von Nadia Boulanger, Arthur → Honegger und anderen, weiter aus. Mit Freunden ´ gr¨undete er die „Ecole de Paris“. 1933 ließ er sich in Basel nieder und war seit der Urauff¨uhrung seiner 3. Symphonie in Boston 1928 international bekannt. 1939-66 setzte sich B. als Leiter der Musikabteilung des Landessenders Berom¨unster f¨ur die Verbreitung zeitgen¨ossischer Musik ein und widmete sich nach 1966 ausschließlich der Komposition. Sein vom franz¨osischen Neoklassizismus gepr¨agter Stil tendiert zu Klarheit und Linearit¨at, in dem polyphone Elemente eine wichtige Rolle spielen. B. schrieb sieben Symphonien, ferner konzertante Werke, Kammermusik, Oratorien und Chorwerke. C Schweiz Komp Beck, Franz (Ignaz Aloys), Komponist, Kapellmeister, Musiker, * 20. 2. 1734 Mannheim, † 31. 12. 1809 Bordeaux. B., Sohn eines Oboisten der Mannheimer Hofkapelle, wuchs am Hof des Kurf¨ursten → Karl Philipp auf und war nach 1741 Sch¨uler bei Johann → Stamitz. Wegen eines Duells soll er seine Heimatstadt verlassen haben. 1748-57 hielt er sich als Sch¨uler bei Baldassare Galuppi in Venedig auf. B. lebte vermutlich in Paris, seit 1762 als Konzertmeister in Marseille. Als Konzertdirigent wirkte er in Bordeaux, wo er 1767 die Oper La belle jardini`ere komponierte. Zu seinem Werk z¨ahlen u. a. neben etwa 30 Sinfonien ein Stabat mater (1783 in Paris uraufgef¨uhrt). C MGG
Beck, (Christian) Friedrich, Schriftsteller, Publizist, * 21. 6. 1806 Ebersberg bei M¨unchen, † 30. 8. 1888 M¨unchen. B., Sohn eines Landgerichtsvorstands, besuchte 1824-26 das Philologische Seminar Friedrich → Thierschs in M¨unchen, verdiente seinen Lebensunterhalt durch Privatunterricht und wandte sich der Dichtkunst zu. 1829 erschien sein erster Band Gedichte. Seit 1836 im Schuldienst t¨atig, wurde er 1860, inzwischen Professor, wegen eines Augenleidens pensioniert. 1839-46 schrieb B. f¨ur die „M¨unchner Politische Zeitung“, 1857 / 58 f¨ur die „Neue M¨unchener Zeitung“. Er war Mitbegr¨under der Gesellschaft zu den drei Schilden, aus der sp¨ater der Historische Verein von Oberbayern und das Germanische Nationalmuseum in N¨urnberg hervorgingen. C Killy Beck, Georg, Maschinenbauingenieur, * 28. 1. 1901 Westgaste bei Norden (Ostfriesland), † 4. 11. 1943 Zeuthen. B., Sohn eines Brauereibesitzers, studierte 1919-29 Maschinenbau in Darmstadt und Hannover. Er geh¨orte dem Freikorps Oberland und dem Bund Wiking an und war 1919-25 zudem Mitglied des Jungdeutschen Ordens. Seit 1928 Hilfsassistent an der TH Hannover, hatte B. 1933-36 die Leitung der Kraftfahrzeugtechnischen Versuchsstation des Heereswaffenamtes in Kummersdorf inne. 1935 an der TH
Hannover promoviert, folgte er 1936 einem Ruf auf eine o. Professur f¨ur Kraftfahrzeug und Leichtmotoren an der TH Dresden, mit der die Leitung des Instituts f¨ur Kraftfahrtwesen verbunden war. 1937 auch Prorektor der TH Dresden und seit 1939 Gaudozentenbundf¨uhrer von Sachsen, wechselte B. 1941 auf eine o. Professur f¨ur Kraftfahrzeuge und Fahrzeugmotoren an der TH Berlin. Er ver¨offentlichte u. a. Spektraluntersuchung des Verbrennungsvorgangs (1936), Korrosion durch Kraftstoffe (1939) und Zylinderund Kolbenringverschleiß (1939). B. kam bei einem Autounfall ums Leben. C Gr¨uttner
Beck, Gustav Kurt, o¨ sterr. Maler, Graphiker, * 28. 4. 1902 Wien, † 1983 Wolfsburg. B. besuchte 1913-17 die Milit¨arakademie Fischou, 1920 / 21 die Akademie in Rotterdam, 1923-26 die Kunstgewerbeschule Wien als Sch¨uler von Berthold → L¨offler und Adolf B¨ohm. Bis 1938 schuf er vorwiegend Gebrauchsgraphik. Nach ausgedehnten Reisen durch Europa, Nordafrika und die T¨urkei emigrierte B. 1938 / 39 nach S¨udtirol, Kroatien und zuletzt nach Italien. Hier besch¨aftigte er sich intensiv mit Malerei, wurde 1945 Mitbegr¨under des „Art-Club“ in Rom und nach seiner R¨uckkehr nach Wien 1947 Mitbegr¨under des o¨ sterr. „Art-Club“, dessen Vizepr¨asident er bis 1951 blieb. Nach Reisen in die USA und nach Brasilien wurde er 1960 ¨ Mitglied der Wiener Secession und des Osterr. Werkbunds. 1961 u¨ bernahm er die Leitung der Druckwerkstatt im Schloß Alt-Wolfsburg. C AKL Beck, Hans-Georg, Byzantinist, * 18. 2. 1910 Schneizlreuth (Oberbayern), † 25. 5. 1999 M¨unchen. B. wurde 1936 zum Dr. theol. promoviert (Vorsehung und Vorherbestimmung in der theologischen Literatur der Byzantiner), war seit 1950 Privatdozent an der Univ. M¨unchen, seit 1956 apl. Prof. und wirkte dort 1960-75 als o. Prof. der Byzantinistik und neugriechischen Philologie. Er arbeitete auf den Gebieten allgemeine byzantinische Geschichte, byzantinische Theologie, Kirchen- und Geistesgeschichte, Literaturgeschichte und Verwaltungsgeschichte von Byzanz. B. ver¨offentlichte u. a. Kirche und theologische Literatur im byzantinischen Reich (1959), Geschichte der byzantinischen Volksliteratur (1971), Das Byzantinische Jahrtausend (1978), Geschichte der orthodoxen Kirche im byzantinischen Reich (1980), Byzantinisches Erotikon (1984) und Kaiserin Theodora und Prokop (1986). Seit 1962 war B. ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. C Jb BAW 2000
Beck, Heinrich, Franziskaner, Verfasser einer Passionshistorie, † 1523 Heilbronn. B. stammte wahrscheinlich aus Bregenz. Zun¨achst Kapellan an der Stadtkirche St. Johann in Schaffhausen, schloß er sich um 1496 den Franziskanern an. Danach war er als Prediger ¨ in mehreren Niederlassungen des Ordens t¨atig. Uberliefert ist B. als Autor einer wahrscheinlich nach lateinischer Vorlage verfaßten Passionsgeschichte. Darin verwendet B. vor allem Johannes Chrysostomus, Augustinus und Beda als Autorit¨aten. Der Schwerpunkt des Werks liegt auf der theologischen Exegese der Passion, weniger auf ihrer emotionalen Schilderung. C VL Beck, Heinrich, Schauspieler, Dramatiker, * 19. 2. 1760 Gotha, † 7. 5. 1803 Mannheim. Der Sohn eines s¨achsischen Hofbeamten begann seine B¨uhnenkarriere, gemeinsam mit Johann David → Beil und August Wilhelm → Iffland, 1777 am Gothaer Hoftheater unter Conrad → Ekhof. Nach Aufl¨osung des Schauspielhauses wechselte er 1779 an das Mannheimer Nationaltheater, dessen Leitung er 1796 von Iffland u¨ bernahm. Seit 1782 mit → Schiller befreundet, spielte B. als erster den Kosinsky in
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Beck dessen R¨aubern und den Ferdinand in Kabale und Liebe. Von seinen Lustspielen wurde u. a. Die Schachmaschine (1785) h¨aufig aufgef¨uhrt. C Killy
Beck, (Johann) Heinrich, Maler, * 18. 12. 1788 Dessau, † 6. 3. 1875 Dessau. Der Sohn eines Schuhmachers studierte bei Ferdinand → Hartmann an der Kunstakademie in Dresden (1806-18) mit einem Stipendium der F¨urstin Luise von Anhalt. Seit 1818 als Hofmaler und Konservator der herzoglichen Kunstsch¨atze in Dessau besch¨aftigt, begab B. sich 1824 auf Reisen durch Deutschland und Italien, wurde mit Peter von → Cornelius bekannt und kehrte 1828 als Zeichenlehrer an die Hauptschule nach Dessau zur¨uck, wo er bis zu seiner Pensionierung 1868 blieb. Er wurde 1827 Mitglied der Akademie Berlin, 1828 der Allgemeinen Deutschen K¨unstlerVereinigung N¨urnberg. B. malte vor allem Portr¨ats (u. a. Medizinalrat Olberg, 1840), vereinzelt Historiengem¨alde. Er war der letzte besoldete Hofmaler in Dessau. C AKL Beck, Heinrich, Techniker, * 20. 9. 1878 Bad Salzungen, † 17. 8. 1937 Meiningen. Am Polytechnikum Hildburghausen und an der TH Charlottenburg ausgebildet, besch¨aftigte B., Sohn eines Pfarrers, sich mit dem elektrischen Lichtbogen. Zur industriellen Ausnutzung seiner selbstregulierenden Flammenbogenlampe gr¨undete er in Frankfurt / Main die Deutsche BeckBogenlampen-Gesellschaft. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs hielt sich B. in Amerika auf, wurde interniert und verlor den Schutz seiner Patente. C NDB Beck, Heinrich, Verleger, * 28. 2. 1889 N¨ordlingen, † 25. 4. 1973 M¨unchen. B., Sohn von Oscar → B., studierte seit 1908 Philosophie, Germanistik und Geschichte an den Universit¨aten M¨unchen, Paris, Berlin und Leipzig und wurde dort zum Dr. phil. promoviert. 1919 trat er in die C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung ein, deren Alleininhaber er 1924 wurde. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Unternehmen als f¨uhrender juristischer Verlag Deutschlands weiter. Verlagsgebiete sind ferner Theologie, Philosophie, Altertumswissenschaft, Literaturgeschichte, Germanistik, Geschichte und Politik. 1934-67 bestand eine Niederlassung in Berlin; 1946 wurde eine Filiale in Frankfurt / Main eingerichtet und der Biederstein-Verlag als Tochterunternehmen gegr¨undet. Unter B.s Leitung wurde der Verlag zum bedeutendsten und gr¨oßten juristischen Verlag im deutschsprachigen Raum. C Leb Bayer Schwaben, Bd 9
Beck, Heinrich Valentin, Kantor, Komponist, * 4. 4. 1698 Maar (Hessen), † 15. 4. 1758 Frankfurt / Main. B. war zun¨achst Kantor in Lauterbach und Hanau, seit 1738 in Frankfurt / Main besch¨aftigt. Mit den angesehensten Familien der Stadt befreundet, fand er Unterst¨utzung durch Johann Friedrich von → Uffenbach. Bis 1775 unterrichte er Frau Rat → Goethe auf dem Klavier. Von seinen Kompositionen werden vor allem die Kantaten erw¨ahnt. Beck, Hermann, Musikwissenschaftler, * 20. 7. 1929 M¨unchen, † 7. 10. 1980 Regensburg. Neben praktischer Ausbildung in Klavier, Orgel und Dirigieren studierte B. in Erlangen, Freiburg / Breisgau und Basel Musikwissenschaft (bei Rudolf → Steglich, Wilibald → Gurlitt und Jacques → Handschin), Kunstgeschichte und Philosophie. 1954 wurde er in Erlangen mit der Arbeit Studien u¨ ber das Tempoproblem bei Beethoven promoviert und u¨ bernahm einen Lehrauftrag f¨ur Musikwissenschaft an der Univ. W¨urzburg, wo er sich 1958 mit Studien zu Adrian Willaerts Messen und ihrer Stellung in der Geschichte der Kirchenmusik habilitierte. Im selben Jahr wurde er dort Dozent,
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1964 apl. Prof. und war von 1968 bis zu seinem Tod Professor am musikwissenschaftlichen Institut der Univ. Regensburg. B. war Herausgeber der Studien zur Musikgeschichte der Stadt Regensburg (1979). C MGG
Beck, Jacob Sigismund, Philosoph, * 6. 8. 1761 Liessau bei Marienburg (Westpreußen), † 29. 8. 1840 Rostock. B., Sohn eines Predigers, studierte Mathematik und Philosophie in K¨onigsberg, wo Christian Jakob → Kraus, Johann → Schultz und Immanuel → Kant seine Lehrer waren. Nach Beendigung des Studiums trat er eine Gymnasiallehrerstelle in Halle an, habilitierte sich dort 1791 (Dissertatio de Theoremate Tayloriano, sive de lege generali, secundum quam functionis mutantur, mutatis a quibus pendent variabilibus) und wurde a. o. Prof. der Philosophie. Seit 1799 war er Ordinarius f¨ur Metaphysik an der Univ. Rostock, 1823 / 24 deren Rektor. B. besorgte einen Erl¨auternden Auszug aus den critischen Schriften des Herrn Prof. Kant auf Anrathen desselben (3 Bde., 1793-96, Nachdruck 1968 und 1975). Der dritte Band Einzig-m¨oglicher Standpunct, aus welchem die critische Philosophie beurtheilt werden muß ging in wesentlichen Punkten u¨ ber Kant hinaus und wurde von diesem abgelehnt, wohingegen das Werk von → Fichte empfohlen wurde. B. ver¨offentlichte u. a. Grundriß der critischen Philosophie (1796, Nachdruck 1970), Commentar u¨ ber Kant’s Metaphysik der Sitten (Teil 1, 1798; Nachdruck 1970) und Prop¨adeutik zu jedem wissenschaftlichen Studio (1799). C NDB Beck, Jakob Christoph, Theologe, Historiker, * 1. 3. 1711 Basel, † 18. 5. 1785 Basel. B. studierte seit 1725 in Basel, wurde 1729 in Philosophie, 1744 in Theologie promoviert, dozierte systematische Theologie und wurde 1759 Prof. des Alten Testaments, im gleichen Jahr erster Lektor des neugegr¨undeten „FreyGryn¨aischen Instituts“, das Theologiestudenten zus¨atzlichen Unterricht anbot. B. war seit 1748 Universit¨atsbibliothekar. Er verfaßte zahlreiche historische und theologische Arbeiten, u. a. Ungrund des Separatismus (1753). C ADB
Beck, Johann Baron von, Milit¨ar, * 1588 Luxemburg, † 1648 Arras (Frankreich). Der Sohn eines reitenden Boten trat jung in den Milit¨ardienst ein. 1618 erhielt er in Prag Kenntnis von Pl¨anen gegen den Kaiser Matthias und erwarb sich durch deren Aufdeckung dessen Gunst, die ihm schnelle Bef¨orderung in der kaiserlichen Armee eintrug. Er war an der Aufhebung der Belagerung von Ingolstadt beteiligt. Diedenhofen befreite er 1640 von franz¨osischer Belagerung, wurde 1642 zum Generalmajor und Zivil- und Milit¨argouverneur von Luxemburg und Chiny ernannt. 1648 kommandierte er in Nordfrankreich und starb an den Folgen einer Verwundung. C ADB Beck, Johann, Herrnhuter Missionar, * 7. 6. 1706 Kreuzendorf (Oberschlesien), † 19. 3. 1777 Lichtenfels (Gr¨onland). B., dessen Vorfahren den evang. Traditionen verbunden waren, wurde gegen seinen Willen im kath. Glauben erzogen. Er erfuhr eine Erweckung und gelangte nach mancherlei Drangsalen in die Br¨udergemeine Herrnhut. Hier bewegte er sich im Kreis um Ernst Julius von → Seidlitz und zog im M¨arz 1734 in die Mission nach Gr¨onland. C NDB Beck, Johann Ferdinand, Schauspieler, Theaterdirektor, * vor 1700 Sachsen, † nach 1743. B. trat 1715 als Prinzipal der „Hochteutschen S¨achsischen Comoedianten“ in K¨oln auf und war gleichzeitig als Zahnarzt t¨atig. Er bereiste Deutschland, die Schweiz und die Niederlande. Seit 1731 durfte sich seine Truppe „HochF¨urstliche Waldeckische privilegierte Hochteutsche S¨achsische Hof-Comoedianten“ nennen. Nach 1743 ist B. zuletzt
Beck in Mainz nachgewiesen, wo er ein h¨olzernes B¨uhnenhaus errichtete. Die von Joseph Anton → Stranitzky geschaffene Gestalt des Hans Wurst machte er in ganz Deutschland beC NDB kannt.
Beck, Johann Georg, auch B¨ack, Kupferstecher, * 24. 4. 1676 Augsburg, † 7. 8. 1722 Braunschweig. B. arbeitete in Augsburg, Ulm, Leipzig und Wolfenb¨uttel und ließ sich 1706 als Hofkupferstecher in Braunschweig nieder. Neben vier großformatigen Portr¨atstichen (u. a. K¨onig Georg I. von England) schuf er etliche Miniaturbildnisse. Seit 1709 ver¨offentlichte er Taschenkalender mit Ansichten der Stadt und des Herzogtums Braunschweig. Zu seinen Einzelbl¨attern mit topographischen Motiven z¨ahlt u. a. Schloß Wolfenb¨uttel mit Bibliothek und Zeughaus (1711). Seine Witwe heiratete Johann Georg → Schmidt, der sein C AKL Nachfolger als Hofkupferstecher wurde. Beck, Johann Gottlieb, schweizer. Journalist, Politiker, * 28. 5. 1852 Schaffhausen, † 22. 4. 1937 Bern. Nach dem Besuch des Lehrerseminars Muristalden in Bern erwarb B., Sohn eines Nadlers, 1871 ein Patent als Primarlehrer. Er arbeitete als Lehrer am Seminar Muristalden und studierte Chemie und Zoologie in Bern, wo er 1878 promoviert wurde. 1872-1908 war B. Gymnasiallehrer in Bern, dann bis 1925 Chefredakteur des „Berner Tagblatts“. 1882 war er Mitbegr¨under und bis 1884 Pr¨asident der Berner C HLS Volkspartei, 1889-1910 Stadtrat in Bern. Beck, Johann Jobst, Jurist, * 20. / 29. 12. 1680 / 84 Altdorf, † 2. 4. 1744 N¨urnberg. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und der Theologie 1703-06 in Altdorf, Jena, Leipzig und Halle ließ sich B. als Rechtsanwalt in N¨urnberg nieder. Er wurde 1716 zum hochgr¨aflichen Hohenlohe-Neusteinischen und Giechischen Rat, 1720 zum a. o. Prof. und 1728 zum o. Prof. an der Juristischen Fakult¨at in Altdorf ernannt. Im folgenden Jahr wurde B. Konsulent der Reichsstadt N¨urnberg, 1739 erster Assessor seiner Fakult¨at. Er ver¨offentlichte u. a. Animadversiones ad Hoppium (1708). Beck, Johann Ludwig Wilhelm, Jurist, * 27. 10. 1786 Leipzig, † 14. 2. 1869 Leipzig. Der Sohn des Altphilologen Christian Daniel → B. studierte Rechtswissenschaften, wurde unter des Vaters Dekanat 1805 promoviert, habilitierte sich 1809 an der Philosophischen Fakult¨at und lehrte seit 1812 als o. Prof. der Rechte an der Univ. K¨onigsberg. Von den Kriegsunruhen vertrieben, kehrte er im gleichen Jahr zur¨uck und wurde 1813 als Regierungsrat Mitglied der Landesregierung in Weimar. 1814 wieder in Leipzig, war er fast 50 Jahre als Richter t¨atig. Nach der Aufl¨osung des Sch¨offengerichts wurde B. 1835 Erster Rat des neuerrichteten Appellationsgerichts, dessen Pr¨asident er 1837-63 war. Seit 1819 war er Prof. der Rechte an der LeipC ADB ziger Hochschule. Beck, Johann Nepomuk, S¨anger, * 5. 5. 1828 Pest (heute Teil von Budapest), † 9. 4. 1904 Preßburg. In Wien entdeckt, deb¨utierte B. nach kurzer Ausbildung am Pester deutschen Volkstheater, vollendete seine Ausbildung zum Bariton in Wien und gab sein professionelles Deb¨ut an der Wiener Hofoper als Sprecher in → Mozarts Zauberfl¨ote. Danach sang er an den Opernh¨ausern in Hamburg, Bremen, K¨oln, D¨usseldorf, Mainz, W¨urzburg, Wiesbaden und Frankfurt / Main. Seit 1853 fest an der Wiener Hofoper engagiert, wurde er 1862 zum Kammers¨anger ernannt. B., ein gefeierter Interpret der Opern Mozarts und Verdis, lebte nach seinem Abschied von der B¨uhne 1885 in Preßburg. C Kutsch
Beck, Johann Tobias, evang. Theologe, * 22. 2. 1804 Balingen (W¨urttemberg), † 28. 12. 1878 T¨ubingen. Der Sohn eines Seifensiedermeisters studierte in T¨ubingen und wirkte 1827-29 als Pfarrer in Waldthann, dann als Stadtpfarrer und Oberpr¨azeptor in Bad Mergentheim. 1836 wurde B. als a. o. Prof. nach Basel berufen. Auf Ferdinand Christian → Baurs Bem¨uhungen hin wurde er 1843 o. Prof. der Systematischen Theologie und Fr¨uhprediger in T¨ubingen. Neben Johann Albrecht → Bengel und Friedrich Christoph → Oetinger z¨ahlt B. zu den bedeutendsten Theologen des schw¨abischen Pietismus und des „Biblizismus“. Er ver¨offentlichte u. a. Einleitung in das System der christlichen Lehre oder prop¨adeutische Entwicklung der christlichen Lehrwissenschaft (1837, 21870) und Umriß der biblischen Seelenlehre (1843, 31871). C TRE Beck, Joseph, kath. Theologe, P¨adagoge, * 28. 10. 1858 Sursee (Kt. Luzern), † 10. 9. 1943 Sursee. Nach theologischen Studien am Priesterseminar in Luzern und an den Universit¨aten Innsbruck und L¨owen wurde B., Sohn eines Landwirts, Großrats des Kantons Luzern und Nationalrats, 1884 zum Priester geweiht, 1885 Vikar in Basel. Seit 1888 war er Prof. der Moral- und Pastoraltheologie am Priesterseminar in Luzern, 1891-1934 Prof. der Pastoraltheologie, Liturgik und P¨adagogik an der Univ. Freiburg (Schweiz). Er trat als Wortf¨uhrer der katholischkonservativen Volkspartei auf und war Mitbegr¨under des schweizerischen Arbeiterbundes. Als F¨orderer der Frauenbildung gr¨undete er 1903 ein M¨adchengymnasium, dessen ¨ Direktor er seit 1907 war. B. ver¨offentlichte u. a. Uber Sozialp¨adagogik (1911). C NDB Beck, Karl, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, * 4. 3. 1880 Bonndorf (Baden), † 6. 3. 1942 Heidelberg. Der Sohn eines Amtmanns und sp¨ateren B¨urgermeisters von Mannheim studierte in Heidelberg, M¨unchen, Straßburg und Berlin Medizin. 1905 mit Ein Beitrag zur Lehre des akuten neurotischen Oedems promoviert, verbrachte er seine Spitalsdienst- und Assistentenzeit am Deutschen Hospital in London, bei Paul → Ehrlich am Institut f¨ur Experimentelle Therapie in Frankfurt / Main und am Pathologischen Institut in Heidelberg. Nach einer T¨atigkeit als Oberarzt der Landwehr beim Reiterregiment in M¨unchen war er seit 1908 Assistent an der Universit¨ats-Hals-Nasen-Ohrenklinik in Heidelberg. 1913 habilitierte er sich f¨ur Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (Experimentelle Untersuchungen u¨ ber den Einfluss von Bakterientoxinen und Giften auf das Geh¨ororgan). 1919 wurde er zum a. o. Prof., 1920 zum Oberarzt sowie 1931 zum o. Prof. ernannt. Zugleich u¨ bernahm er die Leitung der Heidelberger Klinik in der Nachfolge von Werner → K¨ummel. Sein besonderes Engagement galt den Taubstummen; auf seine Initiative ging die Einrichtung einer Abteilung f¨ur Stimm- und Sprachst¨orungen an der Klinik zur¨uck. W¨ahrend des Zweiten Weltkriegs arbeitete B. in einem Reservelazarett. Seit 1936 war er Mitherausgeber des „Archivs f¨ur Ohren-, Nasen- und Kehlkopfheilkunde“. Besondere wissenschaftliche Verdienste erwarb er sich durch die von ihm weiterentwickelte Methodik der diagnostischen und therapeutischen Stirnh¨ohlenpunktion. B. ver¨offentlichte u. a. L¨armarbeit und Ohr. Eine klinische und experimentelle ¨ Untersuchung (1929). 2, 3 C Arzte Beck, Karl Isidor, Schriftsteller, Journalist, * 1. 5. 1817 Baja (Ungarn), † 9. 4. 1879 W¨ahring (heute zu Wien). Der Sohn eines j¨udischen Kaufmanns studierte seit 1833 Medizin in Wien, von 1835 an Philosophie in Leipzig. Er brach beide Studien ab und wandte sich seinen literarischen Interessen zu. Er begab sich auf Reisen, verkehrte in Weimar im Haus von Ottilie von → Goethe und lernte 1839 Karl → Gutzkow und Ludolf → Wienbarg kennen. 1848 kehrte
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Beck er nach Wien zur¨uck und u¨ bernahm die Feuilletonleitung des „Pester Lloyd“. Seit 1868 in Pension, erhielt er Zuwendungen aus der deutschen Schillerstiftung. Die Lieder vom armen Mann (1846, 41848) geben Zeugnis seiner sozialkritischen Einstellung. B. schrieb den Text zu dem Walzer An der sch¨onen blauen Donau von Johann → Strauß. C Killy
Beck, Karl Joseph, Chirurg, Augenarzt, * 27. 6. 1794 Gengenbach (Baden), † 15. 6. 1838 Freiburg / Breisgau. Der Sohn eines Arztes studierte Medizin in Freiburg / Breisgau und T¨ubingen, war bei Ausbruch des Napoleonischen Krieges 1813 als Regimentsarzt im Feldhospital in Sch¨uttern t¨atig und leitete seit 1815 als Regimentsarzt ein Feldhospital in Hagenau. 1816 promoviert, unternahm er 1817 mit seinem Freund Maximilian Joseph von → Chelius eine wissenschaftliche Reise nach Wien, Berlin, G¨ottingen, W¨urzburg und Paris. Seit 1818 war er a. o. Prof. an der chirurgischgeburtshilflichen Klinik in Freiburg. 1819 zum Ordinarius und Kreishebearzt mit der Aufgabe der Lehre und Beaufsichtigung des Hebammenwesens ernannt, erhielt er 1829 die Leitung der Chirurgischen Klinik in Freiburg. Mit Hilfe weiterer Kollegen konnte er 1832 die Schließung der Univ. verhindern. B. besch¨aftigte sich vor allem mit Chirurgie und Augenheilkunde und erwarb sich Verdienste als hervorragender Operateur und chirurgischer Lehrer. Sein Handbuch der Augenheilkunde (1823, 21832) und seine Abbildungen von Krankheitsformen aus dem Gebiete der Augenheilkunde (1835) gewannen weite Beachtung. B. ver¨offentlichte ferner Arbeiten auf dem Gebiet der vergleichenden Anatomie und experimentellen Physiologie. Beck, Karl Theodor, Jurist, Schriftsteller, * 4. 11. 1767 Lustenau (Schwaben), † 17. 2. 1830 Aichach (Bayern). B. studierte Rechtswissenschaften in W¨urzburg, trat 1790 in bayerische Dienste und wurde Pfleger des MaltheserComptoirs in Eberberg. 1809-15 war er Landrichter in Tirol, dann in gleicher Stellung in Neuburg und Aichach (Bayern). B. ver¨offentlichte neben einer Reihe juristischer und national¨okonomischer Schriften Lieder und Gedichte (Ernst, Gef¨uhl und Laune, 1784). Beck, Kaspar Achatius, Jurist, * 22. 12. 1685 Berolzheim bei Ansbach, † 28. 11. 1733 Jena. Der Sohn eines Predigers studierte 1705 Rechtswissenschaft, Philosophie und Geschichte in Jena, Halle und Wittenberg, wurde 1709 in Jena Lizentiat, 1710 zum Dr. jur. promoviert und 1711 Hofgerichts-Advokat. 1718 folgte seine Ernennung zum a. o. Prof. und Beisitzer des Sch¨offenstuhls, 1726 zum o. Prof. sowie zum Assessor im Hofgericht und in der Juristischen Fakult¨at. 1731 wurde B. f¨urstlich s¨achsischer Hofrat, Vorstand seiner Fakult¨at und des Sch¨offenstuhls sowie erster Beisitzer der b¨urgerlichen Bank des Hofgerichts. Karl Friedrich Zepernick ver¨offentlichte 1779 eine Sammlung seiner Schriften unter dem Titel De Novellis Leonis Augusti et Philosophi earumque usu et auctoritate. Beck, Konrad August, evang. Theologe, Bischof der Br¨udergemeine, * 19. 10. 1835 Herrnhut, † 24. 2. 1908 Herrnhut. Nach dem Studium der Theologie (1853-56) im Seminar der Br¨uderkirche in Gnadenfeld (Oberschlesien) unterrichtete B. sechs Jahre, bis er 1863 zum Pfarrvikar der evang. Gemeinde in Rosendorf berufen wurde, deren Mitglieder Beziehungen zur Br¨udergemeine in Herrnhut unterhielten. 1876 ging B. als Prediger nach Gnadenfeld und wurde 1886 zum Mitglied der Deutschen Unit¨ats-Direktion gew¨ahlt. 1888 empfing er die Bischofsweihe der Evangelischen Br¨uderkirche. B. war Direktionsmitglied der kirchlichen Beh¨orde des deutschen
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Zweigs der Br¨uderkirche und geh¨orte innerhalb der Direktion der Abteilung f¨ur Kirchen- und Schulangelegenheiten an. C Biogr Jahrb, Bd 13
Beck, Leonhard, auch Lienhard B., L. B¨ock, Maler, Zeichner, * um 1475 / 80, † 1542 Augsburg. B., Sohn eines Malers und Illuminators, war 1501 zusammen mit Sigmund → Holbein in Frankfurt / Main ans¨assig; beide waren vermutlich an der Ausf¨uhrung des Hochaltars der ¨ Dominikanerkirche 1501 / 02 durch Hans → Holbein d. A. beteiligt. Seit 1503 Meister in Augsburg, bildete er zwischen 1505 und 1538 mindestens f¨unf Sch¨uler aus. Kaiser → Maximilian I. beauftragte ihn und andere K¨unstler mit der Herstellung von Holzschnittb¨uchern (77 Bl¨atter f¨ur den Theuerdank, 120 f¨ur den Weißkunig, 1512-18). C AKL Beck, Ludwig, Metallurg, Industrieller, * 10. 7. 1841 Darmstadt, † 23. 7. 1918 Biebrich (heute zu Wiesbaden). B., Sohn eines Geheimen Ministerialsekret¨ars im Kriegsministerium in Darmstadt, studierte an der Univ. Heidelberg Chemie, Physik und Mineralogie, arbeitete im Bunsenschen Laboratorium und wurde 1861 zum Dr. phil. promoviert. Am Eisenh¨uttenwesen interessiert, studierte er 1861-63 in Freiberg und Leoben und besuchte 1864 / 65 die Royal School of Mines in London. Nach seiner R¨uckkehr 1865 arbeitete er bis 1867 als Hochofeningenieur. 1869 u¨ bernahm er die Rheinh¨utte bei Bieberich und gr¨undete die Fa. Ludwig Beck & Co. Er verfaßte u. a. eine Geschichte des Eisens in technischer und kultureller Beziehung (5 Bde., 1884-1903). B. war der Bruder des Industriellen Theodor → B. und Vater von Wilhelm → B. und des Generalobersten Ludwig → B. C Leb Nassau, Bd 6
Beck, Ludwig (August Theodor), Milit¨ar, * 29. 6. 1880 Biebrich (heute zu Wiesbaden), † 20. 7. 1944 Berlin. Er sei der letzte legitime Generalstabschef Deutschlands gewesen, heißt es von B., und Zeitgenossen stellten ihn auf eine Stufe mit H. von → Moltke. B. entstammte einer Offiziersfamilie, nur sein Vater Ludwig → B., Metallurg und Eisenh¨uttenunternehmer, hatte mit der Tradition brechen m¨ussen. B. trat 1898 nach dem Abitur als Offiziersanw¨arter in das Feldartillerie-Regiment 15 (Straßburg) ein. Im folgenden Jahr erhielt er sein Leutnantspatent. 1908 bezog der als hochbegabt eingesch¨atzte Oberleutnant die Kriegsakademie. Im Fr¨uhjahr 1912 wurde er zum Großen Generalstab kommandiert, 1913 als Hauptmann in diesen u¨ bernommen. Im Ersten Weltkrieg war B. in Stabsstellen an der Westfront, im Winter 1916 / 17 wurde er der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz zugewiesen. Am Kriegsende war B. Major. Er trat in die Reichswehr ein und leistete Stabs- und Truppendienst. Von 1929 bis 1931 war er Chef des Artillerie-Regiments 5 in Fulda. In diese Zeit, zum Generalmajor bef¨ordert, fiel sein Auftritt als Zeuge im „Ulmer Reichswehrprozeß“ gegen → Ludin und → Scheringer. B. kritisierte die Tatsache politischer Propaganda in der Truppe, stellte sich aber sch¨utzend vor seine Offiziere und dachte an Abschied vom Dienst. Seit dem 1. 10. 1932 kommandierte er die 1. Kavallerie-Division in Frankfurt / Oder; im folgenden Jahr wurde er Chef des Truppenamtes im ReichswehrMinisterium. Seit dem Sommer 1935 war er Chef des Generalstabs des Heeres. Am 1. 10. desselben Jahres avancierte er zum General der Artillerie. B. hatte zwar als Generalstabschef seinen h¨ochsten Rang erreicht, besaß aber nicht mehr die Immediatstellung seiner Vorg¨anger im Kaiserreich.
Beck Vom Staatsoberhaupt (seit 1934 Adolf → Hitler) trennten ihn Reichskriegsminister (Werner von → Blomberg) und Oberbefehlshaber des Heeres (Werner von → Fritsch). Schon anl¨aßlich der Vereidigung der Truppe auf den „F¨uhrer“ am 2. 8. 1934 soll B. seinen R¨ucktritt erwogen haben. Sein tats¨achlicher vollzog sich in Etappen. Die „FritschKrise“ von Januar / Februar 1938 d¨urfte den ersten Anstoß gegeben haben. Im Sommer 1938 entwickelte B. gegen¨uber Walter von → Brauchitsch (neuer Oberbefehlshaber des Heeres) Vorstellungen u¨ ber ein gemeinsames Vorgehen der Generalit¨at gegen offensichtliche Kriegspl¨ane Hitlers. Auf einer Kommandeurstagung in Berlin (4. 8.) konnte B. seinen Vorschlag vortragen und erhielt mehrheitlich Zustimmung. Brauchitsch lehnte ab. Hitler, der u¨ ber die Vorg¨ange seit Anfang August informiert war, entwickelte am 15. 8. in einer ˇ Rede konkrete Pl¨ane u¨ ber einen Angriff auf die CSR. Drei Tage sp¨ater reichte B. seinen R¨ucktritt ein. Am 27. 8. wurde B. von Franz → Halder abgel¨ost. Am 30. 9. kam es zum M¨unchener Abkommen. Ende Oktober, nachdem er noch zum Oberbefehlshaber der 1. Armee im Westen ernannt worden war, wurde B. als Generaloberst aus der Wehrmacht verabschiedet. Die Zeit seines Ruhestandes nutzte B. einerseits zu kriegswissenschaftlichen Arbeiten, andererseits engagierte er sich mit wachsender Intensit¨at im b¨urgerlich-zivilen und milit¨arischen Widerstandskreis um Carl Friedrich → Goerdeler. Es ist gesagt worden, so wie Goerdeler das „Herz“, so sei B. der „Kopf“ der Bewegung gewesen. Er, der zum Staatsoberhaupt eines vom Nationalsozialismus befreiten Deutschlands vorgesehen war, war die intellektuell und charakterlich bedeutendste Pers¨onlichkeit unter den M¨annern des 20. Juli. Er hatte der Weimarer Republik loyal gedient, das Prinzip der Volkssouver¨anit¨at indessen hatte kaum sein Einverst¨andnis gefunden. B.s Widerstandswille gegen eine nach urspr¨unglicher Zustimmung mit zunehmendem Argwohn betrachtete Obrigkeit fußte auf einer strengen Auffassung von den Pflichten des Staatsmannes und Milit¨ars gegen¨uber seinem Vaterland. Nicht die autorit¨are Staatsf¨uhrung als solche lehnte B. ab; der verantwortungslose Umgang mit der politischen Macht, das leichtfertige Spiel mit dem Krieg machten B. zum Frondeur. So waren es Gewissen und n¨uchterne Logik seines konservativen Denkens, die ihn zum Widerstand zwangen. B. starb am sp¨aten Abend des 20. 7. 1944 nach dem Scheitern des Tyrannenmords nicht von eigener Hand; ein Feldwebel der Wehrmacht erschoß den (nach zwei Selbstmordversuchen) Schwerverletzten. LITERATUR: Andreas Hillgruber: L. B. 1880-1944. In: Nassauische Lebensbilder. Bd. 6, Wiesbaden 1961, S. 334 ff. – Klaus-J¨urgen M¨uller: L. B., Probleme seiner Biographie. In: Milit¨argeschichtliche Mitteilungen, 1972, S. 167 ff. – Ders.: General L. B. Studien und Dokumente zur politisch-milit¨arischen Vorstellungswelt und T¨atigkeit des Generalstabschefs des deutschen Heeres 1933-1938. Boppard / Rhein 1980. Peter Schumann
Beck, Ludwig Joseph, kath. Theologe, * 13. 11. 1738 Gernsheim / Rhein, † 3. 3. 1816 Limburg / Lahn. Nach dem Studium an der Univ. Mainz empfing B. 1761 die Priesterweihe und war Hauskaplan beim Frh. von Eltz-R¨ubenach zu Eltville, seit 1770 Pfarrer in Kempenich. 1779 wurde er Kanoniker in Trier, 1780 Geheimer Rat und Staatsreferendar in der Geheimen Konferenz. 1782 zum Offizial beim Erzbisch¨oflichen Kommissariat Koblenz bestellt, wurde er 1786 auch Propst von St. Martin in Oberwesel. Im gleichen Jahr leitete er in Vertretung des Erzbischofs den Emser Kongreß und verfaßte die „Emser Punktation“. 1794 wurde ihm die Jurisdiktion f¨ur das Erzstift Trier in dessen rechtsrheinischem Teil mit Sitz in Limburg / Lahn u¨ bertragen. Seit 1803 war er Generalvikar in Limburg, von 1807 an Kommissar des Archidiakonats Dietkirchen. C NDB
Beck, Maria Paula, schweizer. Philanthropin, * 6. 5. 1861 Sursee, † 12. 6. 1908 Menzingen. Die Schwester des Theologen und Politikers Joseph → B. trat als Lehrerin 1887 dem Orden der Lehrschwestern vom Heiligen Kreuz in Menzingen bei. 1901-08 u¨ bernahm sie als Generaloberin die Leitung des Stifts. Auf der Grundlage christlicher Lehre war B. eine Pionierin des wissenschaftlichen Frauenstudiums in der kath. Schweiz. Sie gr¨undete zusammen mit ihrem Bruder 1904 die Akademie Heiligkreuz in Freiburg (Schweiz) mit dem Ziel, Frauen auf leitende Positionen in Kl¨ostern, Krankenh¨ausern und sozialen Berufen vorzubereiten. Die Ausbildungsst¨atte wurde nach der Zulassung der Frauen zum Studium an der Univ. Freiburg 1905 zum ersten kath. M¨adchengymnasium umgewandelt.
Beck, Matthias Friedrich, evang. Theologe, Orientalist, * 27. 5. 1649 Kaufbeuren (Schwaben), † 2. 2. 1701 Augsburg. B. studierte seit 1668 in Jena Geschichte und orientalische Literatur. 1670 zum Magister promoviert, setzte er 1673 seine Studien in Jena mit einem Stipendium der Stadt Augsburg fort; zu seinen Lehrern z¨ahlte Johann → Frischmuth. Seit 1677 wieder in Augsburg, wurde er 1678 Prediger und 1696 Pastor an der Hl.-Geist-Kirche. B. u¨ bersetzte hebr¨aische Schriften ins Lateinische (u. a. Targum in 1. et 2. librum Chronicorum, 1680-83).
Beck, Max Wladimir Frh. von, o¨ sterr. Staatsmann, * 6. 9. 1854 Wien, † 20. 1. 1943 Wien. Der Sohn des Direktors der Wiener Staatsdruckerei Anton Ritter von B. studierte in Wien, wurde 1878 zum Dr. jur. promoviert und trat in den o¨ sterr. Staatsdienst ein. 1880-1906 im Ackerbauministerium, wurde er 1898 Ministerialrat, 1900 Sektionschef. B. unterrichtete Erzherzog → Franz Ferdinand in den Rechts- und Staatswissenschaften. Als o¨ sterr. Ministerpr¨asident (1906-08) f¨uhrte er 1906 / 07 das allgemeine Wahlrecht ein. Sein sozialpolitisches Programm und die Ausgleichsverhandlungen mit Ungarn 1907 standen im Gegensatz zu den politischen Intentionen des Thronfolgers, der B.s Entlassung durchsetzte. B. war 1907-18 Mitglied des Herrenhauses des o¨ sterr. Reichsrats, 1915-34 Pr¨asident des Obersten Rechnungshofs. C Pollak, Bd 3
Beck, Oscar, Verleger, Buchdrucker und -h¨andler, * 18. 11. 1850 N¨ordlingen, † 22. 1. 1924 M¨unchen. B., Sohn von Carl → B., war seit 1884 alleiniger Leiter des bis dahin von seinem Stiefvater Ernst → Rohmer gef¨uhrten Unternehmens, das damals aus Verlag, Buchdruckerei, Sortiment und Antiquariat bestand. 1889 verlegte er den inzwischen bedeutendsten juristischen Verlag Deutschlands nach M¨unchen; die Druckerei blieb in N¨ordlingen. Er pflegte neben dem Recht besonders die klassischen Altertumswissenschaften, die Germanistik und die P¨adagogik. B. war der Vater von Heinrich → B. C Juristen
Beck, Otto, Politiker, * 19. 5. 1846 Karlsruhe, † 30. 3. 1908 Mannheim. Der Sohn eines Volksschullehrers studierte in Heidelberg, wurde zum Dr. jur. promoviert und war seit 1873 Verwaltungsbeamter in Karlsruhe, Baden-Baden, Bonndorf, Waldkirch und Rostock. 1891 zum Oberb¨urgermeister der Stadt Mannheim bestellt, ließ er den Industrie- und Rheinauhafen anlegen, f¨orderte die Ansiedlung von Industrie und Unternehmen und vergr¨oßerte durch Eingemeindungen das Stadtgebiet. Er unterst¨utzte die Reform der Realschulen, das kaufm¨annische Bildungswesen und den Bau der Handelsschule (heute Wirtschaftshochschule). C Bad Bio
Beck, Philipp Levin Frh. von, o¨ sterr. Milit¨ar, * um 1700 / 20, † 23. 1. 1768. Der Sohn b¨urgerlicher Eltern trat 1739 in die o¨ sterr. Armee ein, nahm am T¨urkenkrieg, den Schlesischen Kriegen, 1745
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Beck am Feldzug am Rhein und an den K¨ampfen in den Niederlanden teil. Seit 1755 Generalmajor, wurde 1758 Feldmarschalleutnant, 1763 Feldzeugmeister und kommandierender General der Warasdiner Grenze. 1766 erfolgte seine Nobilitierung.
Beck, Reinhard, Drucker, † Anfang 1522. 1511 zum B¨urger von Straßburg ernannt, trat B. als Teilhaber von Johann Pr¨uss d. J. in die Druckerei seines Schwiegervaters ein. Nach dem baldigen Ausscheiden des Schwagers f¨uhrte B. die Druckerei allein. Wegen der Pest zog er im Winter 1511 mit seiner Presse nach Baden-Baden, im M¨arz des folgenden Jahres zur¨uck nach Straßburg. B. druckte u. a. theologische und humanistische Werke sowie Editionen klassischer Autoren. Er besch¨aftigte den Holzschnittk¨unstler Hans → Wechtlin. C NDB Beck, Sebastian, schweizer. reformierter Theologe, * 1. 10. 1583 Basel, † 9. 3. 1654 Basel. Nach dem Studium in Basel war B. 1612-18 Prof. des Alten Testaments, 1618-54 Prof. des Neuen Testaments an der dortigen Universit¨at. 1618 / 19 vertrat er Basel auf der Dordrechter Synode und machte sich auf Reisen durch England und Frankreich mit den jeweiligen reformierten Kirchen bekannt. Er hinterließ zahlreiche gedruckte Dissertationen. C Prof Basel Beck, Theodor, Industrieller, Schriftsteller, * 3. 6. 1839 Darmstadt, † 30. 7. 1917 Darmstadt. Nach einem praktischen Jahr beim Schlossermeister Carl Schnabel studierte B., Bruder des Metallurgen Ludwig → B., 1857-59 am Polytechnikum in Karlsruhe. Er war in mehreren Firmen t¨atig und wurde 1867-85 Teilhaber der Maschinenfabrik Kleyer & Beck, sp¨ater Beck & Rosenbaum in Darmstadt. Seit 1885 widmete er sich wissenschaftlichen Arbeiten und habilitierte sich an der TH Darmstadt. B. ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur Geschichte des Maschinenbaues (1899, 2 ¨ 1900). C DBJ, Uberleitungsband 2 Beck, Wilhelm (Vilmos), Illustrator, Schriftsteller, * 17. 5. 1824 Baja (Ungarn), † 24. 9. 1864 Pest (heute zu Budapest). B. studierte 1844-46 an der Akademie der Bildenden K¨unste in Wien, u. a. bei Theodore Alconiere und Franz → Eybl. Seit 1846 gab er das illustrierte Witzblatt „Der Zeitgeist“ und 1848 / 49 neben Sigmund Engl¨ander den „Charivari“ heraus. Auf Betreiben der Zensur 1849 / 50 in Pest interniert, arbeitete er danach f¨ur zahlreiche satirische und humoristische ¨ Bl¨atter und Illustrierte in Deutschland und Osterreich. B. galt als bedeutender Vertreter der ungarischen Biedermeiermalerei. C AKL Beck, Wilhelm, Fabrikant, * 16. 5. 1881 Biebrich (heute zu Wiesbaden), † 10. 7. 1963 Wiesbaden. B., Sohn des Industriellen Ludwig → B., erhielt nach dem Besuch des Realgymnasiums in Biebrich und des Humanistischen Gymnasiums in Wiesbaden, auf dem er 1899 die Reifepr¨ufung bestand, eine praktische Ausbildung in Kassel und in den USA. Anschließend studierte er Ingenieurwissenschaft an den Technischen Hochschulen Darmstadt und Charlottenburg. 1908 wurde er Leiter der Rheinh¨utte zu Biebrich, zu deren Gesch¨aftsf¨uhrer und Besitzer er 1919 aufstieg. B. war auch Stadtverordneter in Biebrich und Wiesbaden. Beck von Mannagetta und Lerchenau, G¨unther, o¨ sterr. Botaniker, * 25. 8. 1856 Preßburg, † 23. 6. 1931 Prag. Aus einer alten o¨ sterr. Beamtenfamilie stammend, volontierte B. nach seiner Promotion 1878 im Botanischen Hofkabinett, der heutigen Botanischen Abteilung des Naturhistorischen Museums in Wien. Seit 1889 wirklicher Kustos, lei-
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tete er 1885-99 die Botanische Abteilung und war besonders um die Einrichtung des Herbariums bem¨uht. Er wurde 1894 Privatdozent, 1895 a. o. Prof. in Wien und war 1899-1921 o. Prof. der systematischen Botanik und Leiter des Botanischen Gartens der Deutschen Univ. Prag; hier vollendete er die von Richard von → Wettstein begonnene Gestaltung des Botanischen Instituts. B. war Mitbegr¨under der Gartenbauschule in Eisgrub, Redakteur der „Wiener Illustrierten Gartenzeitung“ und ver¨offentlichte u. a. einen Grundriß der Naturgeschichte des Pflanzenreiches (1903, 31908). C Grummann
Beck-Rzikowsky, Friedrich Graf von, o¨ sterr. Milit¨ar, * 21. 3. 1830 Freiburg / Breisgau, † 9. 2. 1920 Wien. B.-R. trat 1846 in die o¨ sterr. Armee ein und zeichnete sich bei den Feldz¨ugen in Ungarn und Italien 1848 / 49 aus. Als Mitglied der Generaladjutantur geh¨orte er seit 1863 der unmittelbaren Umgebung des Kaisers → Franz Joseph an. Seine Ernennung zum Vorstand der kaiserlichen Milit¨arkanzlei 1867 sicherte ihm Einfluß auf die Personalpolitik der Armee. 1870 setzte er sich f¨ur die Neutralit¨at im DeutschFranz¨osischen Krieg ein und wurde 1875 Generaladjutant des Kaisers, 1881 Chef des Generalstabs. Auf Dr¨angen → Franz Ferdinands u¨ bergab er 1906 sein Amt an → Conrad von H¨otzendorf. 1916 wurde B.-R. Generaloberst. C R¨oßler / Franz
Becke, Franz Karl Frh. von, o¨ sterr. Politiker, Jurist, * 31. 10. 1818 Hollinetz (B¨ohmen), † 15. 1. 1870 Wien. ¨ Zun¨achst im Konsulardienst Osterreichs in Galatz und Konstantinopel t¨atig, war der promovierte Jurist 1856-61 Delegierter bei der Donaukommission in Galatz, Vizepr¨asident der Seebeh¨orde in Triest, 1867 Leiter des Finanzministeriums der Regierung → Belcredi, dann Finanzminister der Regierung → Beust und nach dem Ausgleich mit Ungarn 1867-70 erster gemeinsamer Finanzminister. B. vero¨ ffentlichte u. a. Die Siebenb¨urger Eisenbahnfrage aus dem Gesichtspunkte des o¨ sterreichischen ausw¨artigen Handels (1864).
Becke, Friedrich Johann, Mineraloge, * 31. 12. 1855 Prag, † 18. 6. 1931 Wien. Nach dem Studium der Naturwissenschaften in Wien bei Gustav → Tschermak wurde B., Sohn eines Buchh¨andlers, 1878 dessen Assistent, 1880 promoviert und habilitierte sich 1881 f¨ur Petrographie. 1882 f¨uhrte ihn ein Lehrauftrag nach Czernowitz, 1890 nach Prag; 1898-1927 hatte er als Nachfolger Tschermaks eine o. Professur in Wien inne. Seit 1899 gab er Tschermaks „Mineralogische und Petrographische Mitteilungen“ heraus. 1903 stellte B. die pazifische und atlantische Sippe der Eruptivgesteine auf; er entwickelte die Petrographie und Mineraloptik weiter. Er war Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien, 1911-29 deren Generalsekret¨ar. C DSB
Becke, Johann Karl von der, Jurist, * 27. 5. 1756 Iserlohn, † 21. 8. 1830 Gotha. B. studierte 1772 Rechtswissenschaften in G¨ottingen, wurde nach einer Studienreise nach Wetzlar, Wien und Regensburg 1776 promoviert (De die decretio pace Westphalica posito maxime ad paragr. 25 et 26 art. 5 instrumenti Osnabrugensis) und Beisitzer der Juristischen Fakult¨at. Seit 1782 war er Regierungsrat in Gotha, wo er zusammen mit Regierungsrat J. G. → Geißler von Herzog → Ernst II. testamentarisch bestimmt wurde, dessen hinterlassene Papiere zu sichten, zu ordnen und teilweise zu vernichten. B. war unter Herzog → August bis 1823 Kanzler der Landesregierung und seit 1814 Mitglied des geheimen Ministeriums. C Neuer Nekr, Jg. 8
Becker Beck´e, (Karl Alfred) Waldemar, Politiker, * 15. 12. 1878 Harburg (heute zu Hamburg), † 16. 5. 1947 Bremerhaven. B. studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Leipzig und G¨ottingen, wurde als Gerichtsassessor in den preuß. Justizdienst u¨ bernommen und war sp¨ater im Kommunaldienst der Stadtverwaltung Hannover-Linden t¨atig. 1908 wurde er Ratsassessor der Stadt Bremerhaven, kommissarischer Leiter der Stadtverwaltung, 1909 Stadtsyndikus und 1911 besoldeter Stadtrat. Seit 1913 Stadtdirektor, erfolgte 1922 seine Wahl zum Oberb¨urgermeister von Bremerhaven. 1933 wurde B. aus dem Amt entlassen. ¨ Beckedorff, Georg Philipp Ludolf von, Staatsmann, Okonom, * 14. 4. 1778 Hannover, † 27. 2. 1858 Gut Gr¨unhof bei Regenwalde (Hinterpommern). Der Sohn eines Konsistorialbeamten studierte in Jena Theologie und in G¨ottingen Medizin (Dr. med.). Als Erzieher unterrichtete er 1810 den Kronprinzen von Hessen und 1811-18 den Erbprinzen von Anhalt-Bernburg. Seit 1819 Mitglied des Preußischen Oberzensurkollegiums und 1821-27 Vortragender Rat f¨ur das Seminar- und Volksschulwesen im Kultus¨ ministerium in Berlin, wurde er 1827 wegen seines Ubertritts zum kath. Glauben entlassen. → Friedrich Wilhelm IV. rehabilitierte und nobilitierte ihn und ernannte ihn zum Pr¨asiden¨ ten des neuen Landes-Okonomie-Kollegiums. 1849 zog B. in den Preußischen Landtag ein. Neben p¨adagogischen und wirtschaftlichen Arbeiten ver¨offentlichte er Das Verh¨altnis von Haus, Staat und Kirche zueinander (1849).
Beckel, Albrecht, P¨adagoge, Politiker, * 3. 2. 1925 Emmerich / Rhein, † 21. 1. 1993 M¨unster. Der promovierte Jurist leitete 1954-88 die KatholischSoziale Akademie des Bistums M¨unster, das FranzHitze-Haus. 1954 u¨ bernahm er den Vorsitz der Landesarbeitsgemeinschaft f¨ur katholische Erwachsenenbildung in Nordrhein-Westfalen und wurde Pr¨asident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Er war an der Gr¨undung des Maximilian-Kolbe-Werks beteiligt, das sich vor allem um in Polen lebende Opfer des Nationalsozialismus k¨ummert. 1964-72 war B. Oberb¨urgermeister von M¨unster und geh¨orte 1970-90 als Abgeordneter der CDU dem Nordrhein-westf¨alischen Landtag an. C Munzinger Beckenhub, Johann, auch Beckenhaub, Bekenhub, Drucker, * um 1440 Mainz, † nach 1491. B. geh¨orte dem Klerus der Mainzer Di¨ozese an, studierte in Heidelberg und war bei Georg Husner in Straßburg Druckergehilfe, Korrektor und, 1473 erstmals namentlich erw¨ahnt, Herausgeber (Speculum judiciale). 1479 zusammen mit Georg → Reyser an der Einf¨uhrung des Buchdrucks in W¨urzburg, sp¨ater mit Johann → Sensenschmidt in Regensburg maßgeblich beteiligt, erwarb er 1487 das Regensburger B¨urgerrecht. 1489-91 war B. Mitarbeiter Anton → Kobergers C NDB in N¨urnberg.
Beckenkamp, Jakob, Mineraloge, * 20. 2. 1855 Horchheim bei Koblenz, † 12. 1. 1931 W¨urzburg. B., Sohn eines Lehrers, studierte in Bonn und Straßburg Mathematik und Naturwissenschaften und wurde 1881 mit der ¨ Arbeit Uber die Ausdehnung monosymmetrischer und asymmetrischer Krystalle durch die W¨arme promoviert. An den geologischen Aufnahmen Elsaß-Lothringens beteiligt, war er 1882 / 83 Lehrer am Lyzeum in Straßburg und an einer Mittelschule in M¨uhlhausen. 1885 habilitierte er sich f¨ur Mineralogie in Freiburg / Breisgau, wurde 1891 Prof. der Physik ´ und der Mineralogie an der Ecole de Chimie in M¨uhlhausen, 1897 Prof. der Mineralogie an der Univ. W¨urzburg. 1898 erfolgte die Aufname in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. B.s wissenschaftliches Interesse galt
vor allem der Ergr¨undung der Kristallstruktur und der Eigenschaften der Kristalle; er ver¨offentlichte u. a. einen Leitfaden der Kristallographie (1919). C NDB
Becker, Adalbert (Georg Wilhelm Adolf), Schulmann, * 3. 5. 1836 Schotten, † 28. 12. 1899 Darmstadt. Seit 1854 studierte B., Sohn eines Rektors, Theologie, sp¨ater klassische Philologie an der Univ. Gießen, besch¨aftigte sich daneben mit Sanskrit und Arabisch und wurde 1859 promoviert. Er unterrichtete an Gymnasien in Darmstadt, Saarbr¨ucken und B¨udingen. 1866 wurde B. Direktor der Realschule von Alzey, 1873 des Gymnasiums von Worms, wo er 1874 eine h¨ohere T¨ochterschule er¨offnen konnte. 1883 ging er als Direktor des Georg-Ludwig-Gymnasiums nach Darmstadt. C Esselborn Becker, Albert, auch Ernst Albert B., Maler, * 22. 2. 1830 Berlin, † 1. 9. 1896 Berlin. An der Akademie in Berlin zun¨achst in der Bildhauerklasse eingeschrieben, studierte B. 1848 Malerei bei August von → Kl¨ober, dessen Mitarbeiter er bis 1860 blieb. Nach einem Studienaufenthalt in Paris assistierte er 1862 Kl¨ober bei der Ausmalung der Fresken in der Berliner B¨orse. Dann besch¨aftigte sich B. vor allem mit der Tier- und Landschaftsmalerei. Seine naturalistischen Rinderdarstellungen brachten ihm den Beinamen „Kuh-Becker“ ein. C AKL Becker, Albert (Ernst Anton), Dirigent, Komponist, * 13. 6. 1834 Quedlinburg, † 10. 1. 1899 Berlin. B. war zuerst Sch¨uler von Hermann B¨onicke, 1853-56 von Siegfried → Dehn in Berlin. 1861 wurde von der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien eine Sinfonie in g-Moll preisgekr¨ont. 1867 ging er nach Ohlau (Schlesien), seit 1869 wirkte er als Musiklehrer in Berlin. 1881 wurde er dort Kompositionslehrer an Scharwenkas Konservatorium, 1891 Dirigent des Berliner Domchors. 1892 lehnte er die ihm angebotene Nachfolge Wilhelm → Rusts als Thomaskantor in Leipzig auf Wunsch Kaiser → Wilhelms II. ab und wurde Mitglied der K¨oniglichen Akademie der K¨unste in Berlin. Aufmerksamkeit erregten seine Lieder aus Julius → Wolffs Rattenf¨anger von Hameln und Wildem J¨ager (1877). 1878 entstand B.s große Messe in b-Moll. C MGG Becker, Art(h)ur, Politiker, * 14. 5. 1905 Remscheid, † 16. 5. 1938 Burgos (Spanien). Seit seinem 14. Lebensjahr aktiv in der proletarischen Jugendbewegung t¨atig, fand B. wegen seiner Teilnahme an den Ruhrk¨ampfen 1920 nach Abschluß seiner Dreherlehre keine Arbeit. 1922 trat er in die KPD ein und geh¨orte dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) seit seiner Gr¨undung an. 1930 war er j¨ungstes Reichstagsmitglied. Im Fr¨uhjahr 1932 f¨ur Fehlschl¨age des KJVD verantwortlich gemacht und aus dessen Zentralkomitee ausgeschlossen, wurde er im November 1932 rehabilitiert. Nach der nationalsozialistischen Macht¨ubernahme trat B. auf antifaschistischen Konferenzen in ganz Europa auf und organisierte Unterst¨utzungsaktionen f¨ur das spanische Volk. Am 3. 4.1938 wurde er bei K¨ampfen am Ebro verwundet, durch Truppen Francos gefangengenommen und im Lager Burgos erschossen. C BHdE, Bd 1
Becker, August, evang. Theologe, Journalist, * 1814 Hochweisel (Hessen), † 26. 3. 1871 Cincinnati (USA). Der Pastorensohn mußte das 1829 in Gießen begonnene Studium der Theologie nach dem Tod seines Vaters 1832 abbrechen. 1832 / 33 zun¨achst Hauslehrer, schloß er sich der Oppositions-Gruppe Friedrich Ludwig → Weidigs an, dessen Vertrauter er bald wurde, und lernte Georg → B¨uchner kennen, mit dem er 1834 den Kern der Gesellschaft der Menschenrechte bildete. 1835-39 war B. in Haft, weil er den „Hessischen Landboten“ verteilt hatte, emigrierte
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Becker dann in die Schweiz und gr¨undete mit L. Weizel den Deutschen Gewerbestandsverein. 1841 wurde er Mitarbeiter der „Deutschen Volkshalle“, schrieb aber auch Beitr¨age f¨ur die „Rheinische Zeitung“, die „Mannheimer Abendzeitung“ und den „Vorw¨arts“ (Paris). B. arbeitete eng mit Wilhelm → Weitling zusammen, zun¨achst seit 1842 im Bund der Gerechten und seit 1843 im Volkst¨umlichen Gewerbestandsverein Lausanne. B. gab 1845 vor¨ubergehend „Die fr¨ohliche Botschaft“ heraus und gr¨undete dann in Z¨urich mit Johann Jakob → Treichler den Noth- und Hilfsverein f¨ur Z¨urcher Arbeiter und Handwerker, dessen Organ „Allgemeines Nothund H¨ulfsblatt“ er redigierte. 1846 ausgewiesen, agitierte B. 1848 / 49 in Hessen zusammen mit Carl → Vogt und B¨uchners Br¨udern, war 1848 Mitbegr¨under des Republikanischen Vereins in Gießen, Mitglied des Hessischen Landtags und beteiligte sich an der Gr¨undung von „Der j¨ungste Tag“ (seit 1849 „Wehr Dich!“). 1850 ging er in die Schweiz, 1852 in die USA, wo er f¨ur Weitlings „Republik der Arbeiter“, f¨ur den „Baltimore Wecker“ und seit 1857 f¨ur den „Cincinnati Republikaner“, die „Abendzeitung“ und den „New Yorker Demokrat“ schrieb. Als Feldprediger und Korrespondent am B¨urgerkrieg beteiligt, war B. danach Redakteur beim „Baltimore Wecker“, seit 1865 beim „Cincinnati Volksblatt“ und seit 1869 beim „Cincinnati Courier“. Er war Mitherausgeber der Politisch-socialen Gedichte von Heinz und Kunz (1844) und schrieb selbst eine Geschichte des religi¨osen und atheistischen Fr¨uhsozialismus (1847). B. forderte demokratische Rechte f¨ur das gesamte Volk, allgemeine Wahlen und ein Volksparlament. C Demokr Wege
Becker, August, Schriftsteller, * 27. 4. 1828 Klingenm¨unster (Rheinpfalz), † 23. 3. 1891 Eisenach. Im protestantischen Dorfschulhaus von Klingenm¨unster aufgewachsen, ging B. zu historischen Studien nach M¨unchen. Er wurde Mitarbeiter an den „Fliegenden Bl¨attern“ und an → Cottas „Allgemeiner Zeitung“. 1859-64 war er Redakteur der liberalen „Isar-Zeitung“ in M¨unchen. Ersten Erfolg feierte er mit dem sp¨atromantischen Versepos Jung Friedel der Spielmann (1854). Sp¨ater schrieb er vor allem Unterhaltungsromane und Dorfgeschichten. Als sein Hauptwerk gilt die kulturhistorische Monographie Die Pfalz und die Pf¨alzer (1858, 21913, Neuaufl. 1961, 1986). 1868 zog B. nach Eisenach. C Killy Becker, Benno, Maler, * 3. 4. 1860 Memel (Litauen), † 1938 M¨unchen. Bei Otto → Fr¨olicher an der Kunstakademie in M¨unchen studierte B. 1884 / 85 Kunstgeschichte und Arch¨aologie. 1886 unternahm er seine erste Reise nach Italien. B. war Gr¨undungsmitglied der M¨unchner Sezession (1892), geh¨orte dem st¨adtischen Kunstbeirat und der K¨unstlergesellschaft „Allotria“ an. 1890-1900 publizierte er in den Zeitungen „Pan“ und „Freie B¨uhne“; 1898 schrieb er ein Festspiel f¨ur das M¨unchner Fest der Arkaden. B. malte Landschaften in zarten Farben und schwachen Kontrasten, beeinflußt von Arnold → B¨ocklin und Camille Corot. Seine Werke sind u. a. in der Neuen Pinakothek M¨unchen zu sehen. C AKL Becker, Bernhard, schweizer. reformierter Theologe, * 21. 3. 1819 Ennetb¨uhl (Kt. Glarus), † 2. 8. 1879 Linthal (Kt. Glarus). B. studierte seit 1842 Theologie in Z¨urich und Basel, wurde 1848 in Heidelberg promoviert und u¨ bernahm im gleichen Jahr eine Pfarrstelle in Linthal, die er bis zu seinem Lebensende bekleidete. Der sozialpolitisch engagierte Prediger und Publizist – nach seiner Predigt anl¨aßlich der Schlachtenfeier von N¨afels 1858 bekannt geworden – forderte eine Arbeitszeitbegrenzung auf zw¨olf Stunden pro Tag, Kinderarbeitsverbot und Kontrollen der Fabriken durch den Staat. B. initiierte damit das „Glarner Fabrikgesetz“ von 1864. Er
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schrieb als Berichterstatter der Glarner Landgemeinde f¨ur die „Basler Nachrichten“ und verfaßte zahlreiche Arbeiten zur Verbesserung der Lage der Arbeiter, f¨ur das Schulwesen und den Heimatschutz sowie drei St¨ucke u¨ ber seine Heimat (u. a. Die N¨afelser Fahrt, 1852). C Glarner
Becker, Bernhard, Theologe der Br¨udergemeine, * 20. 6. 1843 Herrnhut, † 15. 12. 1894 Gnadenfeld. Nach dem Studium in Niesky Gnadenfeld und T¨ubingen wurde B., Sohn eines Pfarrers, 1872 Dozent f¨ur Kirchen- und Br¨udergeschichte, 1886 Leiter des Theologischen Seminars in Gnadenfeld. Er f¨uhrte die historisch-kritische Methode im Seminar der Br¨udergemeine ein. B. ver¨offentlichte u. a. Die christliche Volksunterweisung, ein Bindeglied zwischen Reformation und Pietismus (1891). C RGG
Becker, Carl, Klassischer Philologe, * 15. 10. 1925 Leipzig, † 2. 6. 1973 M¨unchen. Der Sohn eines Stadtverwaltungsinspektors studierte an den Universit¨aten Leipzig (1944-47) und Frankfurt / Main (1947-49) Klassische Philologie, Germanistik und Philosophie. Nach der Promotion bei Karl → Reinhardt mit der Dissertation Studien zum sophokleischen Chor (1950) arbeitete er als Assistent am Seminar f¨ur Klassische Philologie der Univ. M¨unchen. 1953 habilitierte er sich mit der Schrift Tertullians Apologeticum. Werden und Leistung, wurde Privatdozent und 1955 o. Prof. der Klassischen Philologie (Latinistik) an der Univ. Marburg. 1963 ging er als o. Prof. nach M¨unchen. B. besch¨aftigte sich vor allem mit Vergil und Horaz; er ver¨offentlichte u. a. Das Sp¨atwerk des Horaz (1963). Seit 1965 war er ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Pr¨asident der Internationalen Kommission f¨ur den Thesaurus Linguae Latinae. Becker, Carl Ferdinand, Musiker, Musikschriftsteller, * 17. 7. 1804 Leipzig, † 26. 10. 1877 Plagwitz bei Leipzig. Der Sohn eines Arztes und Schriftstellers besuchte die Thomasschule in Leipzig. B. war 1820-33 Violinist im Gewandhausorchester, seit 1825 Organist an der Peterskirche und seit 1837 an der Nikolaikirche. Gemeinsam mit Felix → Mendelssohn Bartholdy und Robert → Schumann, f¨ur dessen „Neue Zeitschrift f¨ur Musik“ er seit 1834 schrieb, z¨ahlte B. 1843 als Dozent f¨ur Orgel und Musikgeschichte zu den ersten Lehrern des neugegr¨undeten Konservatoriums. 1856 gab er seine Stellungen auf, vermachte der Stadt seine Bibliothek (Beckersche Stiftung) und lebte fortan zur¨uckgezogen in Plagwitz. B. ver¨offentlichte u. a. eine Systematisch-chronologische Darstellung der musikalischen Literatur von der fr¨uhesten bis auf die neueste Zeit (1836; Nachtrag und Anhang: Choralsammlungen aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert, 1839). C MGG Becker, Carl Heinrich, Politiker, Orientalist, * 12. 4. 1876 Amsterdam, † 10. 2. 1933 Berlin. Der Sohn eines Bankiers studierte in Lausanne, Heidelberg und Berlin, habilitierte sich 1902 und wurde 1908 in Hamburg Prof., 1913 in Bonn Ordinarius f¨ur Orientalische Philologie. Er gilt als Mitbegr¨under einer modernen Islamwissenschaft in Deutschland. 1916 kam er als Vortragender Rat ins preuß. Kultusministerium und wurde 1919 Staatssekret¨ar. 1921 und 1925-30 war er parteiloser preuß. Kultusminister. B. f¨orderte die Hochschulreform, rief die ersten P¨adagogischen Akademien in Bonn, Elbing und Kiel sowie die Deutsche Dichterakademie ins Leben und setzte sich f¨ur eine weitgehende Gleichstellung der Technischen Hochschulen mit den Universit¨aten ein. Seit 1930 war er Prof. in Berlin und Herausgeber der Zeitschrift „Der Islam“ (1910-33). B. war maßgeblich am Abschluß des Konkordats zwischen Preußen und dem Hl. Stuhl beteiligt. Er ver¨offentlichte u. a. Das Erbe der Antike in Orient und Okzident (1931). C Leb Berlin 3
Becker Becker, Christian August, Mediziner, * 24. 8. 1792 M¨uhlhausen (Th¨uringen), † 27. 8. 1869 M¨uhlhausen. B. studierte seit 1812 Medizin in G¨ottingen, wurde 1819 in Berlin mit der Dissertation De medicamentorum acrium vegetabilium classificatione promoviert und ließ sich als praktischer Arzt in M¨uhlhausen nieder. 1832-66 war er KreisPhysikus. B. wurde zum Sanit¨ats- und Geheimen Sanit¨atsrat ernannt. Die Arbeit an seiner Schrift Der mineralische Magnetismus und seine Anwendung in der Heilkunst von 1829 f¨uhrte zur Besch¨aftigung mit → Paracelsus. B. interessierte sich ferner f¨ur Hom¨oopathie und ver¨offentlichte u. a. Der geheime Weingeist der Adepten, Spir. Vini Lulliani (1862, 2 1868) und Der Boracit, das Geheimmittel des Paracelsus gegen den Stein (1868).
Becker, Christian Gottfried, Fabrikant, * 2. 9. 1770 Oberlichtenau (Oberlausitz), † 23. 10. 1820 Chemnitz. Der Sohn eines Pfarrers lernte in Dresden den Kaufmannsberuf, zog in den fr¨uhen neunziger Jahren nach Chemnitz, machte sich dort 1795 selbst¨andig und er¨offnete 1797 gemeinsam mit dem Kaufmann Tr¨oger eine Handlung f¨ur halbseidene T¨ucher und Baumwollgarne. Einige Jahre sp¨ater beteiligte er sich auch an einer Kattundruckerei. 1804 wurde er Mitbesitzer der Firma Becker & Schraps und baute 1811 eine wasserbetriebene Spinnerei mit sieben großen S¨alen. B. besch¨aftigte etwa 3000 Arbeiter. Er gr¨undete Schulen, ließ Lehrlingen Musik- und Kunstunterricht erteilen, gew¨ahrte Stipendien und reiste im Teuerungsjahr 1816 / 17 nach Polen, um Getreide f¨ur die Armen seiner Stadt zu kaufen. C ADB
Becker, Christiane, auch C. Luise Becker-Neumann, Schauspielerin, * 15. 12. 1778 Crossen / Oder, † 22. 9. 1797 Weimar. Die Tochter des Schauspielers Johann Christian Neumann wurde von Corona → Schr¨oter ausgebildet. Seit 1791 war B. Ensemblemitglied des Hoftheaters in Weimar. → Lessings Emilia und Minna, → Schillers Amalia und Shakespeares Ophelia geh¨orten zu ihren besten Rollen. Becker, Claus, Journalist, Politiker, * 15. 8. 1900 Oberkirn / Nahe, † 18. 4. 1965 Saarbr¨ucken. Seit 1928 als Journalist t¨atig, emigrierte B. 1935 u¨ ber Frankreich und Belgien in die Schweiz. Er nahm am Spanischen B¨urgerkrieg teil, wurde 1939 in Paris interniert, meldete sich zur franz¨osischen Fremdenlegion in Marokko und wurde nach dem Krieg von der franz¨osischen Milit¨arregierung im Saargebiet als Landrat eingesetzt. Er war Mitbegr¨under des „Mouvement pour le Rattachement de la Sarre a` la France“ (MRS) und bis 1955 Pr¨asident des Internationalen Presseclubs an der Saar. B. war 1946-52 Chefredakteur der MRSOrgans „Die Neue Saar“, 1952-55 des Nachfolgeorgans „Die Neue Woche“. 1960-65 geh¨orte er dem Saarl¨andischen Landtag an. C BHdE, Bd 1 Becker, Clemens, Jesuit, kath. Theologe, * 24. / 25. (?) 7. 1724 W¨unnenberg bei Paderborn, † 15. 11. 1790 M¨unster (Westfalen). B. trat 1741 in die Gesellschaft Jesu ein und lehrte in Paderborn, dann als Prof. der Moraltheologie und des Kanonischen Rechts an der Univ. M¨unster. Zu seinem umfangreichen Werk z¨ahlen u. a. Dogmatica et moralia selecta (1766) und Historia ecclesiastica practica (7 Bde., 1782-87). C ADB
Becker, Cornelius, luth. Theologe, Liederdichter, * 24. 10. 1561 Leipzig, † 2. 5. 1604 Leipzig. Nach dem Studium unterrichtete B., Sohn eines Handelsmanns, an der Thomasschule in Leipzig, ging f¨ur ein halbes Jahr als Archidiakon nach Rochlitz und wurde 1592 Diakon,
1594 Pfarrer an St. Nikolai in Leipzig. Als u¨ berzeugter Lutheraner bek¨ampfte er den Kryptocalvinismus in so scharfer Form, daß er 1601 vor¨ubergehend von seinem Amt suspendiert wurde. 1602 erschien Der Psalter Davids gesangweis (bis 1712 mehr als 25 Auflagen). Seine Arbeit sollte die Dichtung von Ambrosius → Lobwasser verdr¨angen. Kurf¨urst → Johann Georg IV. veranlaßte, den Psalter B.s in allen Kirchen und Schulen seines Landes einzuf¨uhren. Sethus → Calvisius und Heinrich → Grimm schufen vierstimmige Tons¨atze, Valentin Cremcovius u¨ bersetzte ihn ins Lateinische. Lieder von B. (z. B. Wohl denen, die da wandeln vor Gott in Heiligkeit) werden noch heute gesungen. C MGG
Becker, Dietrich, auch Bekker, B¨akker, Diedrich, Komponist, Musiker, * um 1623 Hamburg, † 12. (?) 5. 1679 Hamburg. In Hamburg ausgebildet, ging B. 1645 als Organist nach Ahrensburg, sp¨ater als Violinist nach Celle. 1662 kehrte er nach Hamburg zur¨uck, erhielt noch im gleichen Jahr das B¨urgerrecht, wurde Ratsmusikus und 1667 Leiter der Ratsmusik. Anl¨aßlich dieser Ernennung schrieb er der Stadt seine Musikalischen Fr¨uhlingsfr¨uchte. Die Nachfolge Christoph → Bernhards antretend, wurde er 1674 Musikdirektor am Dom. B. war einer der ersten, der die Kammersonate italienischer Provenienz in Deutschland pflegte. C NDB Becker, Edmund, Ordensname: Christophorus, Salvatorianer, Missionar, Ethnograph, * 22. 10. 1875 Elsoff bei Frankfurt / Main, † 30. 3. 1937 W¨urzburg. B. trat fr¨uh in die Societas Divini Salvatoris ein, empfing 1898 die Priesterweihe und wurde 1905 zum Apostolischen Pr¨afekten von Assam (Vorderindien) mit Sitz in Shillong ernannt. Er wurde im Ersten Weltkrieg verhaftet und kehrte 1916 in die Heimat zur¨uck. 1922 gr¨undete er das missionsa¨ rztliche Institut in W¨urzburg, dessen Direktor er bis 1937 war. 1924 erhielt er einen Lehrauftrag und wurde 1928 Honorarprofessor der Missionswissenschaft an der Univ. W¨urzburg. B. ver¨offentlichte ein umfangreiches Werk (u. a. Missions¨arztliche Kulturarbeit, 1928). C NDB
Becker, Eduard, Ingenieur, Fabrikant, * 17. 12. 1832 Klein-Glienicke bei Potsdam, † 30. 6. 1913 Elsenau / Werbellinsee. Nach kurzer Ausbildung in einer Fabrik und Eisengießerei in Berlin studierte B., Sohn eines Baumeisters, 1853-56 am Kgl. Gewerbeinstitut. Auf einer Studienreise durch England arbeitete er in der Industrie. 1860 wurde er leitender Ingenieur der Maschinenfabrik M. Weber in Berlin; 1866 gr¨undete er seine eigene Fabrik. Um 1879 gelang B. die Entwicklung grundlegender Konstruktionen der Zentrifugal- und Lastdruckbremse. Auf der Ausstellung f¨ur Unfallverh¨utung f¨uhrte er 1889 den ersten elektrisch betriebenen Gießereidrehkran vor. C NDB Becker, Enno (Franz August), Jurist, * 17. 5. 1869 Oldenburg, † 31. 1. 1940 M¨unchen. B. studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Freiburg / Breisgau und Berlin, wurde 1896 Hilfsarbeiter im Justizministerium, 1898 Gerichtsassessor und 1899 Amtsrichter in Cloppenburg, im folgenden Jahr in Brake. Seit 1901 Landrichter in Oldenburg, ging er 1906 als Hilfsrichter an das Oberlandesgericht, war seit 1907 Oberlandesgerichtsrat, von 1911 an Mitglied des Oberverwaltungsgerichts. 1918 wurde B. nach Berlin in das Reichsschatzamt (sp¨ater Reichsfinanzministerium) berufen und beauftragt, einen Gesetzesentwurf u¨ ber das allgemeine Steuerrecht zu erarbeiten. Im November 1919 wurde sein Vorschlag von der Nationalversammlung (Reichsabgabenordnung) angenommen. 1920 ging B. als Reichsfinanzrat nach M¨unchen, wurde 1922 Senatspr¨asident und f¨uhrte bis 1935 den Vorsitz im Senat f¨ur
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Becker Einkommensteuersachen. Er setzte sich f¨ur die wissenschaftliche Autonomie des Steuerrechts in der Rechtswissenschaft ein. C Oldenburg
Becker, Ernst (Emil Hugo), Astronom, * 11. 8. 1843 Emmerich / Rhein, † 6. 8. 1912 Freiburg / Breisgau. B. studierte seit 1862 Astronomie in Berlin, wurde 1869 mit der Arbeit Nova elementa amphitrites planetae ex observationibus duodecim oppositionum annorum MDCCCLIVMDCCCLXVIII deducta et cum observatione Besseliana anni MDCCCXXV conciliata. Sunt additae tabulae motum planetae heliocentricum usque ad annum MDCCCC exhibentes promoviert und fand eine Stelle in der Redaktion des „Berliner astronomischen Jahrbuchs“. Seit 1870 als Observator der Sternwarte in Leiden besch¨aftigt, ging er 1871 als Hilfsastronom nach Neuchˆatel, 1874 als erster Observator nach Berlin. Im gleichen Jahr nahm B. an der VenusExpedition in Ispahan teil. 1883 wurde er Direktor der Sternwarte in Gotha, 1887 o. Prof. der Astronomie an der Univ. Straßburg und leitete zugleich die dortige Sternwarte. 1883 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Seit 1896 gab B. die „Annalen der Universit¨ats-Sternwarte Straßburg“ heraus. Becker, (Karl G¨unther Ernst) Felix, Kunsthistoriker, * 27. 9. 1864 Sondershausen, † 23. 10. 1928 Leipzig. Nach dem Studium in Leipzig und Bonn ging B. auf Reisen und ließ sich sp¨ater in Leipzig als Privatgelehrter nieder. 1907 gr¨undete er mit Ulrich → Thieme das Allgemeine Lexikon der bildenden K¨unstler von der Antike bis zur Gegenwart und war Mitherausgeber der ersten vier B¨ande (1907-11). C NDB Becker, Ferdinand Wilhelm, Mediziner, * 24. 4. 1805 Berlin, † 22. 6. 1834 Berlin. B. studierte Medizin in Glasgow, Edinburgh und Berlin, wo er 1826 promoviert wurde (De glandulis thoracis lymphaticis atque thymo specimen pathologicum). Nach einem dreij¨ahrigen Aufenthalt in Schottland, Frankreich und Italien ließ er sich 1829 als Arzt in Berlin nieder. Neben seiner praktischen T¨atigkeit lehrte er seit 1830 als Privatdozent an der Univ. Berlin (De historica medicinae explicatione). B. u¨ bersetzte ausl¨andische Werke in die deutsche Sprache und ver¨offent¨ lichte zahlreiche Arbeiten im In- und Ausland, u. a. Uber die Behandlung der Syphilis ohne Quecksilber, mit Ber¨ucksichtigung der in Grossbritannien angestellten Beobachtungen (in: Neues Archiv f¨ur medicinische Erfahrungen, 1826).
Becker, Fridolin, schweizer. Topograph, Kartograph, Reliefmodelleur, * 24. 4. 1854 Linthal (Kt. Glarus), † 24. 1. 1922 K¨usnacht (Kt. Z¨urich). Nach dem Studium am Polytechnikum in Z¨urich und praktischer T¨atigkeit im topographischen B¨uro Berns habilitierte B. sich 1887 f¨ur Topographie und Geod¨asie in Z¨urich. Dort lehrte er 1901-21 als o. Prof. f¨ur Topographie, Plan- und Kartenzeichnen. Er schuf zahreiche Karten f¨ur Schul- und Exkursionszwecke und entwickelte die Reliefkartenzeichnung mit der von ihm geschaffenen Technik des hypsometrischen Farbaufbaus von Karten, d. h. der Farbabstufung nach H¨ohenstufen. B., der kleinere Reliefs von Schweizer Landschaften herstellte, ver¨offentlichte Arbeiten kartographischen, historischen und touristischen Inhalts. Becker, Friedrich (Eberhard), Astronom, * 12. 6. 1900 M¨unster, † 25. 12. 1985 M¨unchen. B., Bruder von Wilhelm → B., studierte an den Universit¨aten M¨unster und Berlin, wurde 1924 mit der Arbeit Der ver¨anderliche Stern zeta geminorum promoviert und arbeitete bis 1926 an der Sternwarte des Vatikans in Rom. 1926-28 war er Assistent und Leiter der deutschen astronomischen Station in La Paz (Bolivien) und bis 1930 Assistent am Astrophysikalischen Observatorium in Potsdam.
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1930 kam er als Observator an die Universit¨atssternwarte in Bonn, habilitierte sich dort 1931 und wurde 1947 o. Prof. der Astronomie und Direktor der Sternwarte. B., 1939 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen, erforschte ver¨anderliche Sterne, interstellare Materie, Sternspektren und den Aufbau des Sternensystems; er schrieb u. a. eine Einf¨uhrung in die Astronomie (1944, 6 1971).
Becker, Gustav (Johann Eduard), Fabrikant, * 2. 5. 1819 Oels (Schlesien), † 14. 9. 1899 Berchtesgaden. Der Sohn des Hof- und Stadtmusikus Johann B. erlernte das Uhrmacherhandwerk in deutschen, o¨ sterr. und schweizer. Werkst¨atten. 1847 er¨offnete er im schlesischen Freiburg einen Uhrmacherbetrieb. Als er wegen mangelnden Betriebskapitals zu scheitern drohte, stellte ihm das preuß. Handelsministerium unentgeltlich Maschinen und Drehb¨anke zur Verf¨ugung sowie ein zinsloses Darlehen zum Erwerb eines eigenen Hauses. Dies erm¨oglichte B. den Durchbruch. Eine erhebliche Ausweitung des Unternehmens gestattete die Unterst¨utzung durch den „Verein zur Hebung der Uhrenfabrikation in Schlesien“. Zu sehen sind die Bem¨uhungen des Vereins ebenso wie die regierungsseitigen Anstrengungen zum Aufbau einer Uhrenindustrie im Zusammenhang mit den Versuchen, der Not des Webereigewerbes in und um Freiburg entgegenzuwirken. Arbeitsteilung bei der Uhrenfertigung sowie ein ansprechendes Design des Produkts verhalfen dem Unternehmen zu einem steilen Aufstieg; 1875 konnte die hunderttausendste und 1885 die f¨unfhunderttausendste Uhr von inzwischen 600 Besch¨aftigten hergestellt werden. Parallel zu dieser Entwicklung waren in der Umgebung Freiburgs weitere Uhrenfabrikationsbetriebe durch ehemalige Mitarbeiter B.s gegr¨undet worden. 1899 schloß sich die Mehrzahl der in der Freiburger Region bestehenden Uhrenfabriken einschließlich der Beckerschen zur „Vereinigten Freiburger Uhrenfabriken inkl. vorm. Gustav Becker“ zusammen. Die S¨ohne B.s gr¨undeten im b¨ohmischen Braunau ein florierendes Zweigwerk. C NDB Becker, Gustav August Adolf, S¨anger, * 7. 10. 1805 Potsdam, † 24. 3. 1841 Dessau. 1824 studierte B. an der Kgl. Gesangschule Berlin unter Anleitung von Antonio Benelli und war seit 1827 in Nebenrollen an der dortigen Hofoper t¨atig. 1834 kam er nach Posen, 1835 nach N¨urnberg, 1839 nach Bremen, wo er sich auf das Buffofach spezialisierte. Zuletzt gastierte er am K¨onigst¨adtischen Theater in Berlin. Gesundheitliche Gr¨unde zwangen ihn, seine S¨angerkarriere fr¨uh aufzugeben und 1840 als Regisseur an das Hoftheater Dessau zu gehen. B. schrieb mehrere Opernlibretti (u. a. Die Freibeuter). C Kutsch Becker, Heinrich, Politiker, * 5. 6. 1877 Holten / Niederrhein, † 13. 1. 1964 Burg (Hessen). Seit 1891 Bergmann im Ruhrgebiet, trat B. 1905 in die SPD ein und engagierte sich in der Gewerkschaft. 1924 wurde er in den Kreistag Dillenburg / Hessen und f¨ur HessenNassau in den Reichstag gew¨ahlt. 1933 emigrierte er in das Saargebiet und stand dort in enger Verbindung mit Max → Braun, Richard Kirn und Emil Kirschmann. Nach R¨uckgliederung des Saargebiets in das Deutsche Reich ging er 1935 nach Frankreich und war Mitglied des „Arbeiterausschusses zur Vorbereitung einer Volksfront f¨ur das Saargebiet“. Nach dem Sieg u¨ ber Frankreich wurde er 1941 verhaftet, in Saarbr¨ucken verurteilt und bis zu seiner Befreiung 1945 im Zuchthaus Brandenburg interniert. C BHdE, Bd 1 Becker, Heinrich, Bibliothekswissenschaftler, * 25. 5. 1891 Berlin, † 28. 7. 1971 Markkleeberg. B., Sohn eines preuß. Staatsbeamten, studierte 1910-14 Geschichte, Philosophie, Germanistik und Theologie an den
Becker Universit¨aten Berlin und Marburg, leistete 1914-16 Kriegsdienst und verbrachte 1916-20 in franz¨osischer Kriegsgefangenschaft. 1920-24 war er Mitarbeiter der P¨adagogischen Abteilung der Deutschen Liga f¨ur den V¨olkerbund und der deutschen Sektion im Weltbund f¨ur die Erneuerung der Erziehung sowie Mitarbeiter der p¨adagogischen Zeitschrift „Das werdende Zeitalter“. 1923 trat er in die SPD ein. 1924-26 arbeitete B. f¨ur den Qu¨aker-Verlag und seit 1926 f¨ur die Deutsche Zentralstelle f¨ur volkst¨umliches B¨uchereiwesen in Leipzig (zuletzt als Erster Gesch¨aftsf¨uhrer). 1930-32 war er Ministerialrat f¨ur Bibliotheks- und Volksschulwesen im Preußischen Ministerium f¨ur Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. Nach seiner Entlassung 1933 lebte er in Bad Freienwalde. 1936-45 war er als Katalogbearbeiter, sp¨ater als Leiter der Verlagsabteilung der Verlagsbuchhandlung Otto Harrassowitz in Leipzig t¨atig. 1945 / 46 hatte er die kommissarische Leitung der Stadtbibliothek und der St¨adtischen B¨ucherhallen Leipzig und die Leitung der Abteilung Buch- und Bibliothekswesen im St¨adtischen Volksbildungsamt inne. 1946 in die SED eingetreten, wirkte B. 1946-60 als Gesch¨aftsf¨uhrer und Leiter des VEB Bibliographisches Institut Leipzig und seit 1956 auch als Leiter des VEB Verlag Enzyklop¨adie. Zugleich engagierte er sich im B¨orsenverein der Deutschen Buchh¨andler zu Leipzig (zuletzt als Erster Vorsteher). B., dem 1956 von der Univ. Leipzig die Ehrendoktorw¨urde verliehen wurde, ver¨offentlichte Zwischen Wahn und Wahrheit (1972). C DDR
Becker, Heinrich Valentin, Theologe, Mathematiker, * 27. 7. 1732 Rostock, † 15. 12. 1796 Rostock. B. wurde 1756 Magister der Philosophie und 1757 Privatdozent der Philosophischen Fakult¨at der Univ. Rostock. Ende 1758 folgte seine Ernennung zum Archidiakon der dortigen Jakobikirche. 1762 nahm B. seine Berufung zum o. Prof. der Mathematik an der Univ. Rostock an und war seit 1773 Pastor der Jakobikirche. Er besch¨aftigte sich u. a. mit der Bestimmung der Geschwindigkeit von K¨orpern in geradliniger Bewegung und ver¨offentlichte 1762-65 Beitr¨age in der „Rostocker Gelehrten Zeitung“. 1797 gab sein Sohn Johann Georg B. eine Sammlung seiner Predigten heraus. Becker, Hellmut, Jurist, Soziologe, * 17. 5. 1913 Hamburg, † 16. 12. 1993 Berlin. Der Sohn von Carl Heinrich → B. studierte Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Freiburg / Breisgau, Berlin und Kiel, war nach dem Krieg als Anwalt t¨atig und trat als j¨ungster Verteidiger vor franz¨osischen und amerikanischen Milit¨argerichten sowie bei den N¨urnberger Prozessen auf. 1949 verlegte B. seinen Schwerpunkt auf rechtliche und kulturpolitische Beratung f¨ur freie Schulen, Forschungsinstitute und kulturelle Institutionen. 1956-74 war er Pr¨asident des Deutschen Volkshochschulverbandes, geh¨orte 1958 dem Beirat „Innere F¨uhrung“ im Verteidigungsministerium an und bereitete seit 1960 die Gr¨undung des MaxPlanck-Instituts f¨ur Bildungsforschung vor, dessen Direktor er 1963-81 war. B. lehrte als Honorarprofessor der Soziologie des Bildungswesens an der Univ. Berlin und war 1966-75 Mitglied der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrats. C RGG
Becker, Hermann, Jurist, * 13. 4. 1719 Rostock, † 26. 2. 1797 Greifswald. B. studierte 1736-39 Rechtswissenschaft an der Univ. Rostock, war 1739-41 Hofmeister im Hause Kamptz auf Koppelow bei G¨ustrow und begleitete die Br¨uder Gosmann an den Universit¨aten Halle und Leipzig. In Jena setzte er sein juristisches Studium fort, wurde 1746 in Rostock promoviert und habilitierte sich im folgenden Jahr. Er lehrte an der von Rostock nach B¨utzow verlegten Univ., bis er 1768 als Prof.
und Direktor des Konsistoriums nach Greifswald ging. B. besch¨aftigte sich vornehmlich mit Kirchenrecht und ver¨offentlichte u. a. Erl¨auterungen u¨ ber das Kirchenrecht (1772).
Becker, Hermann (Heinrich), Politiker, Publizist, * 15. 9. 1820 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 9. 12. 1885 K¨oln. Nach dem Studium der Rechte redigierte B. 1849 / 50 die „Westdeutsche Zeitung“, in der er sich scharf gegen die preuß. Reaktionspolitik wandte. Im K¨olner „Kommunistenprozeß“ wurde er zu f¨unf Jahren Festungshaft verurteilt. B. schloß sich der Fortschrittspartei an und wurde 1862 in das preuß. Abgeordnetenhaus, 1867-74 in den Norddeutschen Reichstag gew¨ahlt. Nach Gr¨undung des Deutschen Reichs verließ er die Partei, war seit 1871 Oberb¨urgermeister von Dortmund und 1875-85 Oberb¨urgermeister von K¨oln. Seit 1874 Mitglied im Herrenhaus, wurde er 1884 in den Staatsrat berufen. C Haunfelder, Lib Abg
Becker, Hugo, Musiker, * 13. 2. 1864 Straßburg, † 30. 6. 1941 Geiselgasteig bei M¨unchen. B. studierte bei seinem Vater Jean → B., dann bei den großen Cellovirtuosen seiner Zeit: Kanut K¨undinger , Friedrich → Gr¨utzmacher, Karl Heß, Alfredo Piatti und Jules de Swert. 1884-86 war er Solocellist am Frankfurter Opernhaus, 1890-1906 Mitglied des „Heermann-Quartetts“, Lehrer am Hochschen Konservatorium in Frankfurt / Main und seit 1901 Solist der Londoner Montagskonzerte. 1896 zum kgl. preuß. Prof. ernannt, wurde B. 1902 in die Kgl. Schwedische Akademie Stockholm aufgenommen und 1909 Lehrer an der Kgl. Hochschule f¨ur Musik in Berlin. Als Solist sehr gesch¨atzt, war B. auch als Kammermusiker bekannt. Gemeinsam mit dem Arzt D. Rynar entwickelte er eine neue, auf physiologischer Grundlage aufbauende Methode des Cellospiels. C MGG Becker, Jakob, Maler, Radierer, Lithograph, * 15. 3. 1810 Dittelsheim bei Worms, † 22. 12. 1872 Frankfurt / Main. Eine erste Ausbildung als Zeichner erhielt B. bei dem nicht n¨aher bekannten Maler Franz Nikolaus Jung in Worms. 1827-33 als Lithograph in der Vogelschen Kunstanstalt in Frankfurt / Main besch¨aftigt, schuf er sein erstes großes Werk, eine pr¨azise Darstellung des Rhein-Panoramas von Mainz bis K¨oln. 1833 bezog er die Kunstakademie D¨usseldorf, lernte bis 1841 bei Johann → Schirmer und Wilhelm von → Schadow. Seit 1842 lehrte er als Prof. der Genre- und Landschaftsmalerei am St¨adelschen Kunstinstitut in Frankfurt und schuf dort 1844 sein Hauptwerk Der vom Blitz erschlagene Sch¨afer. B. war in Frankfurt auch als Portr¨atmaler gesch¨atzt. C AKL
Becker, Jean, Musiker, * 11. 5. 1833 Mannheim, † 10. 10. 1884 Mannheim. B.s Vater war Handwerker, sp¨ater Milit¨armusiker und Tanzkapellenleiter. Zun¨achst Konzertmeister am Nationaltheater in Mannheim, gab B. die Stelle 1858 auf und unternahm ausgedehnte Konzertreisen. 1866 zog er nach Florenz und gr¨undete das „Florentiner Quartett“ (zweite Violine: Enrico Masi, Bratsche: Luigi Chiostri, Friedrich Hilpert), das bis 1880 bestand und Weltruf erlangte. Mit seinen Kindern Jeanne, Hans und Hugo → B. bildete er ein Familienquartett. C MGG Becker, Johan, auch Jans B., Unternehmer, * 2. 2. 1796 Greven, † 25. 8. 1865. B., dessen Vater in Greven einen Bauholzhandel und ein Handelsgesch¨aft mit „Ellenwaren, Spezereien und Frankfurter Waaren“ betrieb, u¨ bernahm 1824 das v¨aterliche Unternehmen, weitete das Gesch¨aft in den folgenden Jahren erheblich aus und entwickelte sich zu einem „Universalkaufmann“: Im Seefrachtverkehr beteiligte er sich an mehreren
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Becker Segelschiffen, er investierte in den Bergbau, nahm den Handel mit Hopfen, Holz und Tuch auf und kaufte in Laer bei Altenberge eine Windm¨uhle. Seine Unternehmungen und Gesch¨aftsverbindungen erstreckten sich bis zum Mittelmeergebiet, zum Schwarzen Meer, zum Atlantik und nach Nordamerika. 1855 geh¨orte B. zusammen u. a. mit Franz Anton → Biederlack zu den Gr¨undern und Teilhabern der „Grevener Baumwollen Spinnerey“. C Rhein-Westf Wirt, Bd 16
Becker, Johann (Baptist), Politiker, Unternehmer, * 3. 2. 1869 Ludwigsh¨ohe bei Mainz, † 17. 10. 1951 Ludwigsh¨ohe. Der Sohn eines Bauunternehmers und Weingutbesitzers studierte in Gießen, Leipzig, M¨unchen und Berlin (Dr. jur.). 1896 trat er in den hessischen Verwaltungsdienst ein, in dem er rasch aufstieg. 1916-18 amtierte er als Finanzminister und geh¨orte 1920-30 als Mitglied der Deutschen Volkspartei dem Reichstag an. 1920-23 war er Vorstandsmitglied der Rheinischen Stahlwerke Duisburg-Meiderich. Er widmete sich der Reform der hessischen Staatssteuern und dem Ausbau des Eisenbahnwesens. C NDB Becker, Johann Hermann, Badearzt, * 5. 6. 1770 Schwerin, † 7. 1. 1848 Parchim. B., Sohn des Leibarztes Hermann Ludwig B., studierte in Rostock, wo er 1798 mit der Dissertation An phthisi pulmonali exulceratae conveniant remedia tonica promoviert wurde. 1794 ließ er sich in Altona nieder. Nach dem Umzug nach Parchim (1797) wurde er 1810 Hofrat, 1815 großherzoglicher Leibarzt, 1826 Geheimer Medizinalrat, 1833 zweiter und 1837 erster Badearzt in Doberan. B. ver¨offentlichte u. a. Versuch einer allgemeinen und besonderen Nahrungsmittelkunde (1810-22), Anweisung zu einem zweckm¨aßigen Verhalten vor und bei dem Ausbruch der Cholerakrankheit (1831) und Einige Bemerkungen u¨ ber den Einfluß der Witterung auf den menschlichen Organismus u¨ berhaupt und insbesondere auf die Anwendung der Seeb¨ader in Dobberan (1835). Becker, Johann Nikolaus, Jurist, * 25. 9. 1773 Beilstein / Mosel, † 17. 12. 1809 Simmern (Hunsr¨uck). Ein Stipendium des Reichsgrafen Franz Georg Karl von → Metternich-Winneburg erm¨oglichte B., Sohn eines Kellermeisters, das Studium der Rechtswissenschaften in Mainz und G¨ottingen (Promotion 1794). Ein Praktikum am Reichskammergericht in Wetzlar und einen Aufenthalt in Wien 1797 verarbeitete er mit seinen Studienerfahrungen in dem autobiographischen Werk Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798). B., der Anh¨anger der Franz¨osischen Revolution war, sprach in einer Ver¨offentlichung zum Rastatter Frieden seinem Landesherrn Metternich die F¨ahigkeit, diesen Kongreß zu leiten, ab und wurde ohne Verhandlung in W¨urzburg inhaftiert. Zehn Monate sp¨ater gelang ihm die Flucht in das franz¨osische RheinMosel-Departement. Seit 1801 diente er der franz¨osischen Justiz und war seit 1803 als Ermittlungsbeamter in Simmern maßgeblich an der Verhaftung der Schinderhannes-Bande beteiligt. B. ver¨offentlichte eine Reihe von politischen und juristischen Schriften. C Killy Becker, Johann Philipp, Politiker, Publizist, * 19. 3. 1809 Frankenthal (Rheinpfalz), † 7. 12. 1886 Eaux-Vives (heute zu Genf). Unter dem Eindruck der Franz¨osischen Revolution engagierte sich B., Sohn eines Schreiners und gelernten B¨urstenbinders, politisch als u¨ berzeugter Republikaner. 1832 nahm er am Hambacher Fest teil. 1838 emigrierte er in die Schweiz und ließ sich als Tabakh¨andler und -fabrikant in Biel nieder. B. war Sekret¨ar des eidgen¨ossischen Generalstabs im Sonderbundskrieg und organisierte 1848 die Deutsche Legion
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und den Centralausschuß der Deutschen in der Schweiz. Im selben Jahr gr¨undete er die sofort verbotene Zeitschrift „Die Revolution“. 1849 aus dem Kanton Bern ausgewiesen, war B. in Genf als Journalist, Handelsvertreter und Cafetier t¨atig. W¨ahrend des dritten Aufstands im Großherzogtum Baden kommandierte er eine Division. 1852 kurzzeitig aus Genf ausgewiesen, gr¨undete er 1853 das Handelsblatt „Le Messager“. 1856-60 hielt er sich in Paris, danach wieder in Genf auf. B. stand in enger Beziehung zu Ferdinand → Lassalle. 1860 unterst¨utzte er Garibaldi, war 1864 Mitbegr¨under der Ersten Internationale in London und gab 1866-71 die Monatsschrift „Der Vorbote“ heraus. 1876-82 war er Redakteur der Wochenzeitung „Le Pr´ecurseur“. B. ver¨offentlichte u. a. Geschichte der s¨uddeutschen Mai-Revolution des Jahres 1849 (1849) und Wie und wann? Ein ernstes Wort u¨ ber die Frage und Aufgaben der Zeit (1862). C Meyer
Becker, Johann Rudolph, Historiker, Jurist, * 28. 3. 1736 Rostock, † 18. 12. 1815 L¨ubeck. Der Sohn des Theologen Johann Hermann B. wurde 1768 in Greifswald zum Dr. jur. promoviert. Seit 1769 verwaltete er das Amt eines Sekret¨ars der Stadtk¨ammerei von L¨ubeck. B. schrieb von der Berliner Akademie und der Jablonowskyschen Gesellschaft der Wissenschaften in Leipzig preisgekr¨onte Abhandlungen und sammelte Material f¨ur sein Werk Umst¨andliche Geschichte der Stadt L¨ubeck (1782-84), dessen erste beiden B¨ande bis zum Westf¨alischen Frieden reichen. Der dritte, das 18. Jh. behandelnde Band erschien ¨ aus Angstlichkeit der Beh¨orden, die das Ratsarchiv verschlossen hielten, erst 1805. Becker(-Arnsberg), Johannes, Politiker, * 8. 2. 1875 Elspe (Westfalen), † 22. 5. 1955 Ludwigshafen. Der Sohn eines Schneidermeisters war zun¨achst Fabrikarbeiter, wurde 1902 Arbeitersekret¨ar in Hagen (Westfalen) und 1906 Redakteur der „Westdeutschen Arbeiterzeitung“. 1908-13 lebte er als freier Schriftsteller in Berlin. 1913 wurde er Gesch¨aftsf¨uhrer des Gesamtverbands der Krankenkassen Deutschlands und war 1919-25 als Beirat im Reichsarbeitsministerium in der Stellung eines parlamentarischen Staatssekret¨ars t¨atig. B. geh¨orte 1907-33 als Zentrumsmitglied dem Reichstag an; 1919 / 20 war er stellvertretender Vorsitzender der Fraktion der Zentrumspartei in der Deutschen Nationalversammlung, 1920-26 im Reichstag. C Haunfelder, Zentrumspartei
Becker, Joseph, Bibliothekar, * 15. 8. 1883 Undenheim / Rheinland, † 17. 8. 1949 Berlin. B. studierte Geschichte, Philosophie, Germanistik und Philologie in Freiburg und M¨unchen (Promotion 1906). Er lehrte bis 1915 im h¨oheren Schuldienst in Posen und Rogasen und leistete dann bis 1918 Kriegsdienst. Seit 1919 im Bibliotheksdienst Marburg, folgte 1925 seine Ernennung zum stellvertretenden Direktor der Staats- und Universit¨atsbibliothek Breslau, 1935 zum Direktor der Universit¨atsbibliothek G¨ottingen. Er war 1935-45 Direktor der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin. B. organisierte bei Kriegsbeginn die Auslagerung der Best¨ande dieser Bibliothek und betreute den beschlagnahmten B¨ucherbestand in der Tschechoslowakei. Seit 1948 leitete den Wiederaufbau und die Reorganisation der zerst¨orten Universit¨atsbibliothek der TU in Berlin.
Becker, Julius Maria, Dramatiker, * 29. 3. 1887 Aschaffenburg, † 26. 7. 1949 Aschaffenburg. B., Sohn eines Vergolders, lebte seit 1911 als Lehrer in Aschaffenburg und ließ sich 1931 in den Ruhestand versetzen. 1920 wurde seine Passion Das letzte Gericht in Darmstadt uraufgef¨uhrt. F¨ur das St¨uck Der Br¨uckengeist. Ein Spiel vom Tode (1929) wurde er mit dem Preis des Berliner B¨uhnenvolksbunds ausgezeichnet. C Fr¨ank Leb, Bd 14
Becker Becker, Jurek, Schriftsteller, * 30. 9. 1937 Ł´od´z, † 14. 3. 1997 Berlin. Nach den im Ł´od´zer Ghetto und im Konzentrationslager verbrachten ersten Lebensjahren kam B. 1945 mit den Eltern nach Berlin, wo er Deutsch lernte, das Abitur ablegte und Philosophie studierte. Seit 1957 Mitglied der SED, war er seit 1960 als freier Schriftsteller in Berlin (Ost) t¨atig, wurde 1976 aus der Partei ausgeschlossen und trat 1977 aus Protest gegen die Haltung der Partei aus dem Schriftstellerverband der DDR aus. Seit Ende des Jahres lebte er im Westen, vorwiegend in Berlin. Nach l¨angeren Aufenthalten als Gastprofessor in den USA, an der Gesamthochschule Essen (1978) und in Augsburg (1981) u¨ bernahm B. 1989 die Poetikdozentur an der Univ. Frankfurt / Main (Warnung vor dem Schriftsteller, 1990). In seinem 1970 erschienenen, erfolgreichen ersten Roman Jakob der L¨ugner schilderte B. die tragikomische Geschichte eines im Warschauer Ghetto Internierten, der durch aufmun¨ ternde L¨ugen den Uberlebenswillen seiner Leidensgenossen st¨arken will. B.s Schicksal, Opfer und Sohn eines Opfers des Nationalsozialismus zu sein, ebenso wie individuelles Gl¨ucksverlangen ist ein Grundthema in allen seinen Werken, so in den Romanen Irref¨uhrung der Beh¨orden (1973) und Der Boxer (1976). Sp¨ater schilderte B. in Aller Welt Freund (1982) seine pers¨onlichen Schwierigkeiten, die er ¨ nach der Ubersiedlung in den Westen zu u¨ berwinden hatte, indem er die Unsicherheit der pers¨onlichen Lebensperspektive problematisierte und damit vor allem in den Augen der DDR-Literaturkritik das Private politisierte. Zu seinen weiteren Romanen geh¨oren Bronsteins Kinder (1986) und Amanda herzlos (1992). B. trat seit den sechziger Jahren auch als Drehbuchautor in Erscheinung, adaptierte einige seiner Romane f¨ur den Film und schrieb zahlreiche Folgen f¨ur die Fernsehserie Liebling Kreuzberg, wof¨ur er 1986 den Adolf-Grimme-Preis in Gold erhielt. Er wurde auch mit dem Heinrich-Mann-Preis (1971), dem Charles-Veillon-Preis (1971), dem Literaturpreis der Freien Hansestadt Bremen (1974) und dem Nationalpreis der DDR (1975) ausgezeichnet. B. war Mitglied der Akademie der K¨unste in Berlin. C KLG Becker, Karl (Martin Ludwig), Statistiker, * 2. 10. 1823 Strohausen, † 20. 6. 1896 Charlottenburg (heute zu Berlin). B., Sohn eines Arztes, war zun¨achst Berufsoffizier, studierte seit 1851 Staatswissenschaften an den Universit¨aten G¨ottingen und Berlin und kam 1853, mit der Einrichtung des „Statistischen B¨uros“ betraut, nach Oldenburg. Er stand dem Amt seit der Er¨offnung 1855 vor, von 1863 an als Ministerialrat. Von großer Bedeutung waren die von ihm entwickelten Grundlagen f¨ur die versicherungstechnische Umgestaltung der staatlichen „Witwen-, Waisen- und Leibrentenkasse von 1779“. 1872 ging B. als Direktor des „Kaiserlichen Statistischen Amts“ nach Berlin, war mit den Landeserhebungen der Bereiche Bev¨olkerungsbewegung, Binnenschiffahrt, Montanindustrie und Außenhandel betraut und f¨uhrte u. a. die Kriminal- und Krankenversicherungsstatistik ein. Von dem f¨ur die Statistiker bedeutenden Quellenwerk Statistik des Deutschen Reichs erschienen unter B.s Leitung 106 B¨ande. C Oldenburg
Becker, Karl, Milit¨ar, * 14. 12. 1879 Speyer, † 8. 4. 1940 Berlin. B., Sohn eines Finanzkommissars, trat 1898 in das Milit¨ar ein, besuchte 1906-09 die Milit¨artechnische Akademie Berlin, wo er 1909-11 Assistent war, und geh¨orte 1911-18, mit Unterbrechung durch einen Fronteinsatz 1914-16, der Artilleriepr¨ufungskommission an. Nach dem Ersten Weltkrieg zun¨achst Referent f¨ur Ballistik in der Inspektion f¨ur Waffen und Ger¨at der Reichswehr, studierte er 1919-22 Chemie an der TH Berlin und arbeitete nach seiner Promotion
zum Dr.-Ing. 1922 f¨ur das Reichswehrministerium, Abteilung Inspektion f¨ur Waffen und Ger¨ate. Als Sch¨uler und Mitarbeiter von Carl Julius → Cranz besch¨aftigte er sich mit den Gesetzen der a¨ ußeren und inneren Ballistik, die der Verbesserung von Schießverfahren und der Entwicklung neuer Waffen dienten. Seit 1926 leitete er die ballistische Abteilung und die Munitionsabteilung des Heereswaffenamtes, seit 1932 das Heereswaffenamt-Pr¨ufwesen und war zugleich Honorarprofessor an der Univ. Berlin. Seit 1933 war er o. Prof. f¨ur Wehrtechnik, Physik und Ballistik an der TH Berlin und Dekan der Wehrtechnischen Fakult¨at. B. wurde 1933 Generalmajor, 1934 Generalleutnant, 1936 General der Artillerie, 1937 Pr¨asident des Reichsforschungsrats und 1938 Chef des Heereswaffenamtes. Seit 1935 war er Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften und seit 1933-40 Senator der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. B. beging 1940 in seinem Haus bei Anwesenheit der Gestapo Selbstmord. C NDB
Becker, Karl Albin, Politiker, * 19. 11. 1894 Hannover, † 1. 12. 1942 Berlin. B. wurde 1909 Mitglied der Sozialistischen Jugend und trat 1912 der SPD bei. Als einer der f¨uhrenden K¨opfe der „Internationalen Kommunisten Deutschlands“ (IKD), wurde er 1917 wegen antimilitaristischer Propaganda verhaftet. Seit 1919 aktiver KPD-Funktion¨ar, arbeitete er 1921-24 als Chefredakteur der „Hamburger Volkszeitung“, 1927 / 28 als Chefredakteur der Gewerkschaftszeitung „Der Kampf“ und war Mitglied des Zentralkomitees seiner Partei, in das er 1929 nicht mehr gew¨ahlt wurde, weil er f¨ur eine Vers¨ohnung mit der SPD eintrat. 1928-32 geh¨orte er dem Preußischen Landtag an und war 1931-33 Landessekret¨ar des „Bunds der Freunde der Sowjetunion“. Seit 1933 illegal t¨atig, emigrierte B. 1934 in die Niederlande, 1936 nach Frankreich. 1942 wurde er vom Vichy-Regime an Deutschland ausgeliefert, zum Tod verurteilt und hingerichtet. C BHdE, Bd 1 Becker, Karl Ferdinand, Mediziner, Philologe, Grammatiker, * 14. 4. 1775 Lieser / Mosel, † 4. 9. 1849 Offenbach. B., Sohn eines Beamten und Leiters eines Eisenhammers, war 1792-99 Priesteramtskandidat und Lehrer in Hildesheim und studierte dann Medizin in G¨ottingen. Nach dem Abschluß 1803 arbeitete er als Naturwissenschaftler und als Arzt, nach Dienst in Lazaretten seit 1815 in Offenbach. 1848 nahm er teil am politischen Aufbruch, er war bekannt u. a. mit Ernst Moritz → Arndt und Ludwig → Uhland. Seit 1820 unterrichtete er zu Hause, zun¨achst junge Ausl¨ander; es entstand ein Erziehungsinstitut. Fragen des Sprachunterrichts er¨orterte er mit Lehrern der Gegend und war seit 1824 Mitglied des von Georg Friedrich → Grotefend gegr¨undeten Frankfurter Gelehrtenvereins f¨ur Deutsche Sprache. Im Gespr¨ach vor allem mit Simon → Herling und unter Auswertung der historischen Sprachforschung (vor allem Jacob → Grimm) entwarf B. einen neuen Plan der Grammatik, nach welchem nicht die Form, sondern die Bedeutung des Wortes im Mittelpunkt steht. So entstand insbesondere eine zusammenh¨angende, reichgegliederte Lehre vom einfachen und zusammengesetzten Satz. Bahnbrechend war er mit seinem Organism der Sprache (Wilhelm von → Humboldt gewidmet, 1827) und seiner Deutschen Grammatik (1829). Mit diesen und weiteren Werken f¨uhrte B. eine Umgestaltung der Grammatiken aller Sprachen herbei, die bis heute wirkt. Seine Leistung wird untersch¨atzt; zahlreiche Fehlurteile gehen auf die Schrift Geschichte und Kritik der Lehre von den Satzgliedern in der deutschen Grammtik zur¨uck (Hans Glinz, 1947). C IGL Becker, Karl Ludwig Friedrich, auch Carl B., Maler, * 18. 12. 1820 Berlin, † 20. 12. 1900 Berlin. B. studierte 1837-40 an der Berliner Akademie, dann bei August von → Kloeber. Nach seinem Studienaufenthalt bei
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Becker Heinrich Maria → Hess in M¨unchen wirkte er an der Ausmalung der Bonifazius-Basilika mit. F¨ur sein Bild Der ge¨ blendete Odipus verflucht Polyneikes erhielt er 1842 ein Stipendium, das ihm erlaubte, 1843 in Paris und 1844-47 in Rom zu studieren. In Rom bereitete er die Wandgem¨alde f¨ur den Niobidensaal des Neuen Museums in Berlin vor und war Gr¨undungsmitglied des dortigen Kunstvereins. Nach seiner Venedigreise 1853 spezialisierte er sich auf geschichtliche Darstellungen, malte nach Renaissance- und RokokomotiC AKL ven.
Becker, Konrad, luth. Theologe, * um 1530, † 1588 Braunschweig. B. erwarb 1552 in Wittenberg den Magistertitel, studierte weiter in Rostock und kehrte als Dozent nach Wittenberg zur¨uck. 1555 wurde der strenge Lutheraner als Prediger nach G¨ustrow gerufen, ging im folgenden Jahr als Rat und Hauptprediger nach Stade und wurde anschließend in Wittenberg promoviert. 1562 wurde er Superintendent in G¨ustrow. Als einer der sechs landesherrlichen Superintendenten nahm er am Aufbau der Kirchenorganisation Mecklenburgs teil. Er geriet in Streit mit dem Magistrat von G¨ustrow und wurde schließlich 1578 von Herzog Ulrich dimittiert. Nach verschiedenen kurzfristigen T¨atigkeiten wurde er 1582 Superintendent von Hildesheim, doch 1586 auch da wegen KateC ADB chismusstreitigkeiten entlassen. Becker, Kurt, Journalist, * 31. 3. 1920 Hamburg, † 10. 5. 1987 Hamburg. Der ausgebildete Exportkaufmann erhielt, aus dem Krieg zur¨uckgekehrt, 1946 eine Dolmetscherstelle bei der damals britischen Besatzungszeitung „Die Welt“, wechselte ins Ressort Innenpolitik und pr¨agte die Berichterstattung, der 1953 in den Axel Springer-Verlag u¨ bergegangenen Zeitung, bis 1965. B. ging zur „Zeit“, war 1971-75 Chefredakteur des „K¨olner Stadtanzeigers“ und kehrte danach als stellvertretender Chefredakteur zur „Zeit“ zur¨uck. B., der parteilos blieb, wurde als Nachfolger Klaus B¨ollings Ende 1980 zum Leiter des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung nach Bonn bestellt. Im April 1982 im Zuge einer Kabinettsumbildung entlassen, zog er sich zun¨achst ins Privatleben zur¨uck und schrieb dann wieder f¨ur „Die Zeit“.
lung der Westeurop¨aischen Union nach 1955. 1956 wurde er Vorsitzender des hessischen Landesverbandes, 1957 der C MdB Bundestagsfraktion der FDP.
Becker, Nikolaus, Lyriker, * 8. 10. 1809 Bonn, † 28. 8. 1845 H¨unshoven bei Geilenkirchen. B., Sohn eines Kaufmanns, wurde nach dem Studium der Rechte Auskultator am K¨olner Landgericht und nahm 1840 eine Gerichtsschreiberstelle in Geilenkirchen an. Unter dem Einfluß der deutsch-franz¨osischen Spannungen schrieb er 1840 sein Gedicht Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein, das ihm Ehrengaben des preuß. und bayeriC Killy schen K¨onigs einbrachte.
Becker, Oskar (Joachim), Philosoph, Mathematiker, * 5. 9. 1889 Leipzig, † 13. 11. 1964 Bonn. B. studierte 1908 / 09 in Oxford Physik, Chemie und Psychologie, danach in Leipzig u. a. Mathematik, theoretische Physik und Philosophie, wechselte dann nach Freiburg / Breisgau zu → Husserl und wurde 1914 in Leipzig promoviert ¨ (Uber die Zerlegung eines Polygons in exklusive Dreiecke auf Grund der ebenen Axiome der Verkn¨upfung und Anordnung). 1922 habilitierte er sich in Freiburg mit der Arbeit Beitr¨age zur ph¨anomenologischen Begr¨undung der Geometrie und ihrer physikalischen Anwendungen, wurde 1927 apl. Prof. in Freiburg und lehrte 1931-45 als o. Prof. der Geschichte der Mathematik in Bonn. B., ein Vertreter der ph¨anomenologischen Methode, besch¨aftigte sich mit der mathematischen Behandlung der Modalgesetze und der Geschichte der Mathematik. Dem Nationalsozialismus zustimmend wandte B., der sich schon vor 1933 mit rassenpsychologischen Fragen befaßt hatte, die „Rassenseelenkunde“ von Ludwig Ferdinand Clauß auf die Philosophie an. Er ver¨offentlichte u. a. Mathematische Existenz. Untersuchungen zur Logik und Ontologie mathematischer Ph¨anomene (1927), Einf¨uhrung in die Logistik, vorz¨uglich in den Modalkalk¨ul (1951), Geschichte der Mathematik (1951, mit Joseph Ehrenfried → Hofmann), Untersuchungen u¨ ber den Modalkalk¨ul (1952), Grundlagen der Mathematik in geschichtlicher Entwicklung (1954, 21964) und Gr¨oße und Grenzen der mathematischen Denkweise (1959). C Enz Phil Wiss Becker, Otto, Ophthalmologe, * 3. 5. 1828 Domhof bei
Becker, Marie Luise, verh. Kirchbach, Strube, Schriftstellerin, * 28. 12. 1871 Eberswalde, † 8. 1. 1960 Berlin. Seit 1896 arbeitete B. bei der „Illustrierten Frauen Zeitung“ und redigierte Kataloge einer Sammlung alter Kost¨ume, Spitzen und Stickereien. Sie schrieb u¨ ber Mode, Handarbeiten, kunstgewerbliche Ausstellungen, ferner Berichte u¨ ber ihre Reisen nach Italien und Frankreich. Seit dem Erfolg der Gedichtb¨ande Sonnenkinder (1901), Schl¨osser (1911) und ihres Erstlingsromans Kanalkinder (1905) war B. als freie Schriftstellerin t¨atig. C Reichshandbuch
Becker, Max, Politiker, * 25. 5. 1888 Kassel, † 29. 7. 1960 Bad Hersfeld. B. studierte 1906-09 Rechtswissenschaften und National¨okonomie an den Universit¨aten Grenoble, Berlin, Halle und Marburg (Dr. jur. 1910, Die Untreue des Rechtsbeistandes). 1913 wurde er Rechtsanwalt, 1921 Notar in Hersfeld. 1909 wurde B. Mitglied der jungliberalen Bewegung, sp¨ater der Deutschen Volkspartei. 1919-21 war er Kreistagsabgeordneter in Hersfeld, 1922-33 Mitglied des Kommunallandtags f¨ur Kassel und des Provinziallandtags Hessen-Nassau. 1945 trat er in die Liberale Partei Deutschlands ein, wurde 1946 erneut Kreistagsabgeordneter in Hersfeld und geh¨orte 1948 / 49 dem Parlamentarischen Rat, 1949-60 dem Deutschen Bundestag – 1956-60 als Vizepr¨asident – an. B. war Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarats 1950 und der Versamm-
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Ratzeburg, † 10. 2. 1890 Heidelberg. B. studierte in Berlin und Wien Medizin und widmete sich bald der Augenheilkunde. 1859 wurde er promoviert, 1868 o. Prof. der Ophthalmologie in Heidelberg. Er ver¨offentlichte Zur Anatomie der gesunden und kranken Linse (1883) und Pathologie und Therapie der Linse (als Bd. 5 des von Alfred → Graefe und Edwin Theodor → S¨amisch herausgegebenen Handbuchs der gesamten Augenheilkunde, 1876). 1887 gr¨undete B. das Graefe-Museum in Heidelberg. C Weber
Becker, Otto, Historiker, * 17. 7. 1885 Malchow (Mecklenburg), † 17. 4. 1955 Kiel. B. studierte an den Universit¨aten Heidelberg, Freiburg / Breisgau und Berlin, wurde 1909 promoviert und lehrte seit 1912 als Dozent an der japanischen Staatshochschule in Okajama. Bei der Verteidigung Tsingtaos geriet er in japanische Kriegsgefangenschaft. 1920-27 f¨uhrte er die Gesch¨afte des Stifterverbands der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, habilitierte sich 1924 in Berlin f¨ur mittlere und neuere Geschichte und wurde 1927 Ordinarius an der Univ. Halle, 1931 an der Univ. Kiel. B. besch¨aftigte sich vor allem mit der Franz¨osischen Revolution, mit → Bismarck und mit der ¨ wilhelminischen Ara; er ver¨offentlichte u. a. Bismarcks Ringen um Deutschlands Gestaltung, hrsg. und erg¨anzt von A. Scharff (1958).
Becker Becker, Peter, B¨urgermeister, * um 1385, † um 1455 Zerbst. B. war seit 1413 Mitglied der Kaufmannsinnung der Gewandschneider in Zerbst. Zum B¨urgermeister der Stadt ernannt, k¨ampfte er f¨ur den Erhalt der st¨adtischen Privilegien gegen die Machtanspr¨uche des Landesf¨ursten, trat aber auch den nach Einfluß strebenden Handwerksinnungen entgegen. Er galt lange als Autor der Zerbster Ratschronik (1259-1445), die nach neueren Untersuchungen jedoch einem unbekannten Stadtschreiber zugeordnet werden muß. C NDB Becker, Peter, Maler, * 10. 11. 1828 Frankfurt / Main, † 18. 8. 1904 Soest. B. genoß eine Ausbildung bei Jakob → Becker und Friedrich Maximilian → Hessemer am St¨adelschen Kunst-Institut Frankfurt / Main, beeinflußt vom Nazarener-Kreis um Eduard → Steinle. Wechselnd in Frankfurt, Oberwesel, Altweilnau und Eppstein / Taunus lebend, unternahm er Wanderungen durch das Rhein-Main-Gebiet und Hessen, 1880 durch Westfalen. B. bevorzugte St¨adtebilder, sp¨atromantische Landschaften und Ansichten alter Baudenkm¨aler; er schuf Zeichnungen, vor allem aquarellierte Kohlezeichnungen. 1889 erhielt er mit dem Architekten M. Mechel den 1. Preis f¨ur den Entwurf zur Giebelgestaltung des R¨omer in Frankfurt; im gleichen Jahr wurde er zum preuß. Prof. ernannt. C AKL
Becker, Peter Emil, Neurologe, Humangenetiker, * 23. 11. 1908 Hamburg, † 7. 10. 2000 G¨ottingen. B., Sohn eines Kaufmanns, schloß das Studium der Medizin 1934 in Hamburg mit der Promotion ab (Das Zeichnen Schizophrener). Seit 1943 Privatdozent an der Univ. Freiburg, ging er 1951 als apl. Prof. f¨ur Neurologie und Psychiatrie nach G¨ottingen, wo er 1957 a. o. Prof. wurde und von 1962 bis zu seiner Emeritierung 1975 o. Prof. sowie Direktor des Universit¨atsinstituts f¨ur Humangenetik war. Er ver¨offentlichte u. a. Dystrophia musculorum progressiva (1953), Paramytonia congenita (1970), Zur Geschichte der Rassenhygiene. Wege ins Dritte Reich I (1988) und Sozialdarwinismus, Rassismus, Antisemitismus und V¨olkischer Gedanke. Wege ins Dritte Reich II (1990). B. gab das Handbuch Humangenetik (5 Bde., 1968-76) heraus und war Mitherausgeber der Zeitschrift „Humangenetik“ (1964-75). Becker, Philipp August, Romanist, * 1. 6. 1862 M¨ulhausen (Elsaß), † 21. 11. 1947 Leipzig. Nach dem Studium der Theologie sowie der romanischen und germanischen Philologie (Promotion 1888) wurde B. Lektor f¨ur Franz¨osisch an der Univ. Freiburg / Breisgau. Dort habilitierte er sich 1890 / 91 f¨ur romanische Philologie. Seit 1893 als Prof. der franz¨osischen Literatur in Budapest t¨atig, von 1905 an in Wien, lehrte er 1917-30 romanische Philologie in Leipzig. 1930-34 war er Honorarprofessor in Freiburg / Breisgau, 1945-47 las er als Professor emeritus in Leipzig. B. besch¨aftigte sich u. a. mit der franz¨osischen Rennaissancedichtung (Mellin de Saint-Gelais, 1924) und mit dem h¨ofischen Epos. C NDB Becker, Philipp Jakob, Maler, Zeichner, * 15. 7. 1759 Pforzheim, † 13. 8. 1829 Erlenbad (Baden). Wahrscheinlich erhielt B. seinen ersten Unterricht von K. F. Authenrieth in Karlsruhe und studierte 1777 mit einem badischen Stipendium in Rom bei Anton Raphael → Mengs. Nach Studienreisen 1783 / 84 nach Florenz, Venedig und Neapel wurde er in Karlsruhe Hofmaler, Verwalter des markgr¨aflichen Gem¨aldekabinetts und 1803 Galeriedirektor. Seit 1785 f¨uhrte er die Karlsruher Zeichenschule und befreundete sich 1788 auf einer Reise nach Dresden mit Anton → Graff. B.s Werk umfaßt vor allem Zeichnungen,
¨ die den Ubergang zum Klassizismus veranschaulichen (besonders die Zeichnungen aus Italien). Er zeichnete selten reine Landschaften, mitunter Figurenkompositionen, zart kolorierte Pflanzenstudien und Bildnisse. C AKL
Becker, Reinhold, Komponist, * 11. 8. 1842 Adorf (Sachsen), † 7. 12. 1924 Dresden. Eigentlich Violinist, zwang ihn 1870 ein Muskelleiden, sich vom Musizieren zur¨uckzuziehen. B. widmete sich der Komposition, leitete 1884-94 die Dresdener Liedertafel und wurde 1898 zum Kgl. Prof. ernannt. Er komponierte vor allem Lieder und M¨annerch¨ore (u. a. Choral von Leuthen), aber auch Instrumentalwerke, eine sinfonische Dichtung (Der Prinz von Homburg) und Opern (u. a. Frauenlob, 1892).
Becker, Richard (Arnold), Industrieller, Politiker, * 10. 10. 1884 Saarbr¨ucken, † 11. 4. 1969 Saarbr¨ucken. Der Sohn eines Kaufmanns trat 1905 in das Familienunternehmen, die Textilfirma C. A. Becker & Co., ein. Er setzte sich gegen die franz¨osischen Saarpl¨ane ein und wurde 1920 Mitglied des Zentrums. Nach der R¨uckgliederung des Saargebiets trat B. der NSDAP bei. Seit 1945 bem¨uhte er sich um den Wiederaufbau der Firma und engagierte sich gegen die „Europ¨aisierung“ der Saar. Seit 1949 war B. Vorsitzender der Demokratischen Partei Saar (DPS), bis diese 1951 verboten wurde. Als 1955 das Saarabkommen inkrafttrat und sich die DPS neu konstituierte, wurde B. zum Ehrenpr¨asidenten auf Lebenszeit gew¨ahlt und zog in den Saarl¨andischen Landtag ein. Eine Wahl in den Deutschen Bundestag im Januar 1957 nahm er nicht an. Becker, Richard, Physiker, * 3. 12. 1887 Hamburg, † 16. 3. 1955 G¨ottingen. B. wurde 1910 an der Univ. Freiburg / Breisgau mit der zoologischen Arbeit Zur Kenntnis der Mundteile und des Kopfes der Dipteren-Larven promoviert, wechselte dann zur Physik und wurde 1926 als o. Prof. und Institutsleiter an die TH Berlin berufen; 1936 wechselte er nach G¨ottingen. B. erforschte vor allem den Magnetismus, besonders den Ferromagnetismus, besch¨aftigte sich mit den Problemen der Quantentheorie, der Thermodynamik, der Plastizit¨at und der Stoßwellen. Er ver¨offentlichte u. a. Ferromagnetismus (1939). 1952-55 war B. Pr¨asident des Akademie der Wissenschaften in G¨ottingen. C G¨ott Gel
Becker, Rudolf Zacharias, Publizist, Journalist, Verleger, * 9. 4. 1752 Erfurt, † 28. 3. 1822 Gotha. B., Sohn eines M¨adchenschullehrers, studierte Theologie in Jena, wurde Hauslehrer bei der Familie von Dacher¨oden in Erfurt und ging 1782 f¨ur ein Jahr an das Philanthropin nach Dessau. 1782-86 ver¨offentlichte er w¨ochentlich die „Dessauische Zeitung f¨ur die Jugend und ihre Freunde“, 1784-87 in Gotha die „Deutsche Zeitung f¨ur die Jugend und ihre Freunde“. Die Ank¨undigung f¨ur sein Noth- und H¨ulfs-B¨uchlein f¨ur Bauersleute (2 Bde., 1788 / 89) und eine schon 1785 erschienene Leseprobe brachten dem Volksaufkl¨arer bis 1788 28 000 Vorbestellungen ein. F¨ur den gebildeten Leser gab er seit 1784 die „Deutsche Zeitung“ (seit 1796 „Nationalzeitung der Teutschen“) heraus. 1797 gr¨undete B. die Beckersche Buchhandlung, in der seine eigenen Aufkl¨arungsschriften und seit 1799 die verschiedenen Auflagen des Mildheimischen Lieder-Buchs von 518 lustigen und ernsthaften Ges¨angen u¨ ber alle Dinge in der Welt [. . .] (81837) erschienen. 1802 wurde er zum f¨urstlichschwarzburg-sonderhausischen Hofrat ernannt. 1811 gab B. das Allgemeine Choral-Buch f¨ur die protestantische Kirche heraus. Unter dem Vorwurf der Verschw¨orung gegen Frankreich wurde er im selben Jahr verhaftet und 17 Monate in Festungshaft genommen. Danach f¨uhrte B. seine publizisti-
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Becker sche und verlegerische T¨atigkeit fort, konnte jedoch unter der Einwirkung der politischen Restauration nicht an alte Erfolge ankn¨upfen. C Killy
Becker, Theophilus Christian, Jurist, * 1709 Wanfried / Werra, † 22. 2. 1780 Wanfried / Werra. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Halle ließ B. sich in G¨ottingen als Rechtsanwalt nieder. 1747 zog er nach Marburg, wurde zum Doktor der Rechte promoviert, 1763 zum Kommissionsrat ernannt und u¨ bernahm die Aufsicht u¨ ber die Fabriken und Manufakturen der Gegend von Wanfried und Eschwege. 1766 avancierte er zum Reservat¨ kommissar dieser Distrikte. Neben seinen Amtern stand er in den Diensten einiger adliger Gerichtsstellen. B. ver¨offentlichte eine Sammlung merkw¨urdiger Rechtsf¨alle (1772-79). C Strieder
Becker, Valentin Eduard, Komponist, Dirigent, * 20. 11. 1814 W¨urzburg, † 25. 1. 1890 W¨urzburg. Im Hauptberuf st¨adtischer Beamter, zuletzt bis 1855 als Stadtk¨ammerer t¨atig, widmete B., Sohn eines Armenpflegschaftssekret¨ars, sich der Musik. Er gr¨undete und leitete mehrere Gesangsvereine in W¨urzburg. Als Komponist zahlreicher, teilweise preisgekr¨onter Chor- und Studentenlieder (u. a. das Frankenlied Wohlauf, die Luft geht frisch und rein) war er auch im Ausland bekannt. Ferner schuf er Instrumentalst¨ucke, Kirchenkompositionen und Opern (Die Bergknappen, 1837). C Leb Franken, Bd 4 Becker, Walther, Diplomat, * 30. 5. 1894 Weidenau an der Sieg (Westfalen), † 8. 3. 1973 Bad Godesberg. B. studierte Wirtschafts- und Staatswissenschaften an den Universit¨aten Jena, M¨unchen und T¨ubingen, wurde 1920 promoviert und 1921 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter im Ausw¨artigen Amt. Bis zur Ernennung zum Botschaftsrat in Madrid 1943 war er in New York, Washington und Rio de Janerio t¨atig. Nach Kriegsende lebte er bis 1951 als Syndikus in Hamburg, trat erneut in den Dienst des Ausw¨artigen Amts, wurde 1952 zum Gesandten und 1954 zum Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Kairo ernannt. B. trat 1959 in den Ruhestand. Becker, Wilhelm von, Politiker, * 12. 6. 1835 Tangerm¨unde, † 11. 1. 1924 K¨oln. B. wurde 1868 B¨urgermeister von Halberstadt, 1875 Oberb¨urgermeister von Dortmund und 1876 von D¨usseldorf. 1886-1907 war er Oberb¨urgermeister der Stadt K¨oln; w¨ahrend dieser Zeit wurde die Eingemeindung der Vororte durchgef¨uhrt. Seit 1868 geh¨orte er dem Herrenhaus an, dessen Vizepr¨asident er von 1908 an war. 1911 wurde B. nobilitiert. C Spenkuch Becker, Wilhelm, Astronom, * 3. 7. 1907 M¨unster, † 20. 11. 1996 Binningen (Kt. Basel-Land). B., Bruder von Friedrich → B., studierte Astronomie, Mathematik und Physik an der Univ. M¨unster, seit 1928 an der Univ. Berlin, wo er 1932 promoviert wurde (Lichtelektrische Farbenindices von 738 Sternen). 1933-41 Assistent am Astrophysikalischen Observatorium in Potsdam, habilitierte er sich 1941 an der Univ. Berlin und war 1941-45 wissenschaftlicher Rat an der Univ. Wien und Dozent an der Univ. G¨ottingen. 1946 wurde er apl., 1948 a. o. Prof. an der Univ. Hamburg, war bis 1953 Observator an der dortigen Universit¨atssternwarte und wirkte 1953-77 als Ordinarius f¨ur Astronomie an der Univ. Basel. B. besch¨aftigte sich vor allem mit galaktischen Sternhaufen und der interstellaren Materie. Er war Begr¨under der Dreifarbenphotometrie des Rot-Gr¨un-Ultraviolett-Systems der Helligkeiten. B. ver¨offentlichte u. a. Materie im interstellaren Raum (1938) und Sterne und Sternsysteme (1942, 21950). 1968 wurde er
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als korrespondierendes Mitglied in die Akademie der Wis¨ senschaften und der Literatur in Mainz, 1984 in die Osterreichische Akademie der Wissenschaften gew¨ahlt. B. war ferner Mitglied der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft und Associate der Royal Astronomical Society ¨ Akad, Jg. 147 in London. C Almanach Ost
Becker, Wilhelm Adolf, Klassischer Arch¨aologe, * 1796 Dresden, † 30. 9. 1846 Meißen. Der Sohn Wilhelm Gottlieb → B.s immatrikulierte sich 1816 f¨ur Theologie und Philologie an der Univ. Leipzig, erhielt nach Abschluß des Studiums 1822 eine Konrektorenstelle in Zerbst und wurde 1828 Prof. an der Landesschule in Meißen. 1836 folgte B. einem Ruf als a. o. Prof. der klassischen Arch¨aologie an die Univ. Leipzig, wo er 1852 eine o. Professur erhielt. Er besch¨aftigte sich intensiv mit dem griechischen und r¨omischen Altertum, untersuchte u. a., wieweit r¨omische Komiker ihre griechischen Originale nachahmten, oder erg¨anzte zum Verst¨andnis alter Dichter n¨otige Erl¨auterungen zur Arch¨aologie. In seinem Werk Gallus oder r¨omische Szenen aus der Zeit Augusts (1838) er¨orterte er r¨omische Privataltert¨umer. Im Winter 1838 begab sich B. f¨ur drei Monate nach Rom, um Material f¨ur sein letztes Werk, eine mehrb¨andige Topographie der Stadt, zu sammeln. C ADB Becker, Wilhelm Gottlieb, Schriftsteller, Kunsthistoriker, * 4. 11. 1753 Callenberg, † 3. 6. 1813 Dresden. ¨ B., fr¨uh verwaister Sohn eines Okonomieinspektors, studierte 1773-76 Rechtswissenschaften und Philosophie in Leipzig, nahm 1777 eine Stelle als Lehrer am Philanthropin in Dessau an und begab sich bald auf Reisen durch Deutschland, Frankreich, Oberitalien und die Schweiz. 1780 wieder in Leipzig, wurde er 1782 Prof. der Moralphilosophie und Geschichte an der Ritterakademie in Dresden, 1795 Inspektor der dortigen kurf¨urstlichen s¨achsischen Antikengalerie und des M¨unzkabinetts, erhielt 1805 die Aufsicht u¨ ber das „Gr¨une Gew¨olbe“ und den Titel eines kgl. s¨achsischen Hofrats. B. schrieb Lyrik (Gedichte an Elisen, 1775), u¨ bersetzte u. a. Dandr´e Bardons Costume der a¨ ltesten V¨olker (4 Hefte, 1776 / 77) und war Herausgeber einiger Periodika, darunter 1794-1814 des Taschenbuchs zum geselligen Vergn¨ugen. Er war ein Verfechter des englischen Landschaftsgartens in Deutschland. Sein kunstgeschichtliches Hauptwerk Augusteum. Dresden’s antike Denkm¨aler enthaltend (3 Bde.) erschien 1804-11. C Killy Becker-Gundahl, Carl Johann, eigentl. Becker, Maler, Zeichner, * 4. 4. 1856 Ballweiler (Saarland), † 16. 11. 1925 M¨unchen. An der M¨unchner Kunstakademie seit 1875 eingeschrieben, studierte B.-G. bei Georg → Hiltensperger, Ferdinand → Barth, Wilhelm von → Diez und Gabriel → Max. Er war Mitglied der K¨unstlerkolonie Osternberg / Innviertel. 1890 arbeitete er in M¨unchen, 1891 in Paris, dann wieder in M¨unchen. 1892 war er Gr¨undungsmitglied der M¨unchner Sezession, bis etwa 1900 Mitarbeiter der „Fliegenden Bl¨atter“. Seit 1899 in Solln bei M¨unchen ans¨assig, wurde B.-G. 1910 Prof. f¨ur dekoratives Zeichnen, 1916-23 f¨ur Monumentalmalerei an der Kunstakademie M¨unchen. Er schuf Monumentalkompositionen, malte Fresken in M¨unchner (u. a. Wandbilder f¨ur St. Anna im Lehel), Augsburger und N¨urnberger Kirchen. C AKL Beckerath, Alfred von, Komponist, Schriftsteller, Musikp¨adagoge, * 4. 10. 1901 Hagenau (Elsaß), † 7. 1. 1978 M¨unchen. Nach fr¨uhem Kompositionsunterricht bei Gustav → Kogel in Frankfurt / Main studierte B. seit 1920 bei Wilibald → Gurlitt in Freiburg / Breisgau und seit 1922 bei Moritz Max → Bauer in Frankfurt / Main, wo er bei Alexander Lippay auch eine
Beckerich kompositorische Ausbildung erhielt. 1923-25 setzte er seine Studien bei Joseph → Haas in M¨unchen fort. Als Kapellmeister, Theaterkomponist und B¨uhnenbildner war B. seit 1925 in Halberstadt, 1927 in Wiesbaden und seit 1928 in Berlin t¨atig, wo er sich bei Karol → Rathaus nochmals in Komposition weiterbildete und als Musikberater der „Tobis“ zur Entwicklung des Tonfilms beitrug. Seit 1933 lebte B. als Komponist, Musiklehrer, Schriftsteller und Organist in M¨unchen. B. komponierte Vokalmusik, B¨uhnenwerke und Instrumentalmusik, darunter drei Symphonien. C MGG
des rheinischen Provinziallandtags, seit 1847 des Vereinigten Landtags. B. vertrat die Forderung nach einem allgemeinen, aber nicht gleichen Wahlrecht. 1848 / 49 geh¨orte er der Frankfurter Nationalversammlung an, war Mitglied des Verfassungsausschusses und von August 1848 bis Mai 1849 Reichsfinanzminister. Im Erfurter Parlament und in der preuß. Zweiten Kammer, der er 1849-52 angeh¨orte, unterst¨utzte er die Unionspolitik. Auf dem Deutschen Handelstag 1862 in M¨unchen f¨uhrte er die Freihandelspartei. C Unionsparl
Beckerath, Erwin von, Wirtschaftswissenschaftler, * 31. 7. 1889 Krefeld, † 23. 11. 1964 Basel. B., Vetter von Herbert von → B., studierte Geschichte und National¨okonomie in Freiburg / Breisgau, Berlin und G¨ottingen, wurde 1912 mit einer Arbeit bei Gustav → Schmoller in Berlin promoviert und wissenschaftlicher Assistent an der Univ. Leipzig. 1918 habilitierte er sich f¨ur National¨okonomie, wurde 1920 a. o. Prof. in Rostock, 1922 o. Prof. der Wirtschaftlichen Staatswissenschaften in Kiel, 1924 in K¨oln und war seit 1939 an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakult¨at der Univ. Bonn t¨atig. Er leitete die Arbeitsgemeinschaft Volkswirtschaftslehre der Akademie f¨ur Deutsches Recht. B. war seit 1948 Mitglied, sp¨ater Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats bei der Verwaltung f¨ur Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebiets (sp¨ater Bundesministerium f¨ur Wirtschaft). Er besch¨aftigte sich mit der Dogmen- und Methodengeschichte der National¨okonomie und der Finanzwissenschaft, der Soziologie wirtschaftspolitischer Entscheidungen und den wirtschaftspolitischen Strukturen Italiens (Convegno „Volta“, 1931). C Bonn 3
Beckerath, Moritz von, Maler, * 2. 5. 1838 Krefeld,
Beckerath, Herbert von, Wirtschaftswissenschaftler, * 4. 4. 1886 Krefeld, † 10. 3. 1966 Washington, D. C. (USA). Der Sohn eines Kaufmanns und Vetter von Erwin von → B. studierte zun¨achst Rechtswissenschaft, sp¨ater Volkswirtschaftslehre in Freiburg / Breisgau, wurde 1911 promoviert (Die Kartelle der deutschen Seidenweberei-Industrie) und habilitierte sich 1914 mit der Arbeit Kapitalmarkt und Geldmarkt (gedruckt 1916) f¨ur Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft an der Univ. Freiburg / Breisgau. B. wurde dort Privatdozent und 1920 o. Prof. der Staatswissenschaften in Karlsruhe. Seit 1922 lehrte er Volkswirtschaftslehre in T¨ubingen; 1925 wurde er als o. Prof. der Staatswissenschaften und als Direktor des Instituts f¨ur Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften nach Bonn berufen. 1933 emigrierte B. in die USA, war Gastdozent am Bowdoin College in Brunswick (Maine), seit 1935 Full Professor an der Univ. North Carolina in Chapel Hill. 1938 wechselte er an die Duke University in Durham (North Carolina) und lehrte dort bis zu seiner Emeritierung 1955. 1956 f¨uhrte ihn eine Gastprofessur vor¨ubergehend zur¨uck an die Univ. Bonn. B. besch¨aftigte sich vor allem mit verschiedenen Aspekten der industriellen Organisation und mit Fragen des Wiederaufbaues der deutschen Volkswirtschaft, wobei die Auseinandersetzung mit den Unw¨agbarkeiten und Unberechenbarkeiten des Wirtschaftslebens seine wissenschaftlichen Arbeiten pr¨agte. Er ver¨offentlichte u. a. Der moderne Industrialismus (1930), In defense of the West. A political and economic study (1942), Großindustrie und Gesellschaftsordnung (1954) und Wirtschaftspolitik, Machtpolitik und der Kampf um die Weltordnung (1963). C Hagemann Beckerath, Hermann von, Politiker, Bankier, * 13. 12. 1801 Krefeld, † 12. 5. 1870 Krefeld. B., dessen Vater Seidenweber, seit 1807 Gerichtsvollzieher war, f¨uhrte seit 1838 sein eigenes Bankhaus und war, den gem¨aßigten Liberalismus vertretend, seit 1843 Mitglied
† 17. 9. 1896 M¨unchen. B., verwandt mit dem Maler Willy von → B., studierte in D¨usseldorf, zog 1859 nach M¨unchen, war dort kurz bei Moritz von → Schwind und dann selbstst¨andig t¨atig. 1864 / 65 und 1886 / 87 weilte er in Rom. B. malte bevorzugt dramatische Situationen aus der Geschichte des Mittelalters (u. a. Alarichs Bestattung im Flußbett des Busento). Mit Karl Christian → Andreae malte er 1882-91 den umgebauten Dom zu P´ecs (F¨unfkirchen) aus. C AKL
Beckerath, Rudolf von, Orgelbauer, * 19. 2. 1907 M¨unchen, † 20. 11. 1976 Hamburg. B., Sohn Willy von → B.s und einer Pianistin, brach eine Maschinenbaulehre (1922-24) ab und erlernte autodidaktisch die Grundlagen des Orgelbaus. 1925-28 erhielt er an der Landeskunstschule Hamburg eine Ausbildung als Kunstund M¨obeltischler, durchlief 1929 bei Victor Gonzales in Chˆatillon-sous-Bagneux eine Orgelbaulehre und arbeitete 1930 / 31 bei Theodor Frobenius in Lyngby (D¨anemark), vor allem als Intonateur (u. a. Frauenkirche Kopenhagen). 1932-36 war er Teilhaber der Firma Gonzales, richtete die Eigenproduktion von Labial- und Lingualstimmen ein und wirkte als Konstrukteur. 1936 kehrte B. nach Deutschland zur¨uck, wurde u. a. mit Planung und Bauaufsicht der SauerOrgel f¨ur die Christuskirche in Hamburg-Othmarschen betraut und war 1938-41 Sachverst¨andiger beim Reichs- und Preußischen Ministerium f¨ur die kirchlichen Angelegenheiten. Beim Neubau der Orgel zu St. Elisabeth in Breslau u¨ bernahm er die Intonation. 1941 eingezogen und 1947 aus der Kriegsgefangenschaft zur¨uckgekehrt, f¨uhrte B. 1947 die Inventarisierung historischer Orgeln im Auftrag der Hannoverschen Landeskirche durch und stellte 1948 die SchnitgerOrgel in Steinkirchen wieder her. Nach der Meisterpr¨ufung 1949 gr¨undete er eine eigene Firma, die nach einem Jahrzehnt bereits Weltgeltung errungen hatte. B. baute u. a. die Orgel in der Musikhalle in Hamburg (1951), in der St. Paul’s Cathedral in Pittsburgh (Pennsylvania, 1962) und in der Cultural Hall in Narashino (Japan, 1971). C MGG
Beckerath, Willy von, Maler, Zeichner, Kunstgewerbler, * 29. 9. 1868 Krefeld, † 10. 5. 1938 Irschenhausen / Isartal. Der mit Moritz von → B. verwandte B. studierte 1886-99 in D¨usseldorf, dann in M¨unchen und schloß Bekanntschaft mit Rudolph Czapek und Alexej von → Jawlensky. 1902 war er Mitbegr¨under der M¨unchner Werkst¨atten f¨ur Handwerkskunst, 1907-30 Prof. der Monumentalmalerei an der Kunstgewerblichen Lehranstalt des Gewerbemuseums in Hamburg. Neben Portr¨ats, Landschaften, Glas- und Wandmalereien schuf er Kleinplastiken. Der Wandzyklus Die ewige Welle (8 Gem¨alde, Paraphrasen zur Entwicklung der Kultur, 1912-18) gilt als sein Hauptwerk; bekannt wurde B. mit den Bildnissen von Johannes → Brahms und Max → Reger. Er war der Vater von Rudolf → B. C AKL Beckerich, Ferdinand Theodor, kath. Theologe, * 11. 6. 1772 Altenberge, † 28. 4. 1827 Werlte. Nach dem Studium der Theologie an der Univ. M¨unster wurde B. 1795 zum Priester geweiht. Er unterrichtete als Hofmeister, bis man ihn als Kurat an die Liebfrauenkirche
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Beckers von M¨unster berief. B. wurde bald Offiziant am Dom, sp¨ater Vizekurat in Albachten und Kooperator in Lipperamsdorf. Seit 1803 war er Kaplan in Werlte im Kreis Meppen. B. schrieb Gedichte, die er in Sammelwerken und Zeitschriften ver¨offentlichte.
Beckers, Hubert (Karl Philipp), Philosoph, * 4. 11. 1806 M¨unchen, † 10. 3. 1889 M¨unchen. B., Sohn eines Oberappellationsgerichtsrats und nachmaligen Geheimrats, studierte Rechtswissenschaft, dann Philosophie an der Univ. M¨unchen, vor allem bei → Schelling, und ¨ wurde 1830 mit der Arbeit Uber das Wesen des Gef¨uhles promoviert. 1831 habilitierte er sich (Dissertatio de Cartesii tractatu de methodo recte utendi ratione et veritatem in scientiis investigandi) und wurde 1832 Prof. der Philoso¨ phie in Dillingen, 1847 in M¨unchen (Antrittsrede: Uber die Stellung und Aufgabe der Philosophie in der Gegenwart). B. ver¨offentlichte u. a. Das geistige Doppelleben in einer seiner reinsten und merkw¨urdigsten Erscheinungen (1856), Ueber die Bedeutung der Schelling’schen Metaphysik. Ein Beitrag zum tiefen Verst¨andnis der Potenzen- oder Principienlehre Schelling’s (1861), Die Unsterblichkeitslehre Schelling’s im ganzen Zusammenhange ihrer Entwicklung (1865). Seine Privatbibliothek, der handschriftliche Nachlaß sowie seine Sammlung von Chor¨alen und geistlichen Liedern sind in den Besitz der Univ. M¨unchen u¨ bergegangen. C ADB
Beckert, Theodor, Gewerbeschulrat, Eisenh¨uttenfachmann, * 17. 11. 1851 Oberlungwitz bei Chemnitz, † 27. 3. 1924 Hannover. Nach dem Studium der Berg- und H¨uttenkunde sammelte B., Sohn eines Bleichbesitzers, Erfahrung in verschiedenen H¨utten- und Hochofenbetrieben. 1882 u¨ bernahm er die Leitung der Rheinisch-Westf¨alischen H¨uttenschule in Bochum und sp¨ater in Duisburg. 1903-05 war er Leiter der Kgl. H¨oheren Maschinenbauschule, bis 1912 Dezernent f¨ur das gewerbliche Schulwesen in der Regierung Schleswig, anschließend f¨ur die Regierungen in L¨uneburg und Stade. B. ver¨offentlichte Lehrb¨ucher, u. a. einen Leitfaden zur Eisenh¨uttenkunde (1885, 21898-1900). C NDB Beckh, August Ludwig von, Ingenieur, * 13. 1. 1809 Hofen, † 6. 5. 1899 Stuttgart. Nach der Ausbildung zum Steinmetzen arbeitete B. seit 1834 im Straßenbau. 1838 schloß er das Studium mit dem Staatsexamen in Hoch-, Br¨ucken- und Wasserbau ab und war seit 1841 Straßenbauinspektor in Reutlingen, sp¨ater Inspektor f¨ur Bahnbauten in Stuttgart und f¨ur die Linie Aulendorf-Friedrichshafen. 1853 wurde B. Oberingenieur der Nordostbahn. Er leitete den Bau der Strecke Z¨urichRomanshorn, des Hafens Romanshorn und der Bahn BadenAarau-Waldshut. 1860 kehrte er nach Stuttgart zur¨uck, war als Gutachter t¨atig, entwarf 1862 mit Robert → Gerwig eine Trasse f¨ur die Gotthardbahn, erarbeitete ein Gutachten zur Westbahn und 1870 / 71 den Entwurf f¨ur die B¨ozberglinie Brugg-Stein-S¨ackingen. B. leitete bis 1881 das Eisenbahnbauamt in B¨oblingen. Er wurde f¨ur seine Verdienste nobilitiert.
Beckh, Christoph Eugen Hermann, Religionswissenschaftler, Orientalist, * 4. 5. 1875 N¨urnberg, † 1. 3. 1937 Stuttgart. B., Sohn eines Fabrikanten, studierte seit 1893 National¨okonomie und Jura in M¨unchen, dann Sanskrit und tibetische Sprachen in Berlin und Kiel. 1907 in Berlin promoviert (Ein Beitrag zur Textkritik von K¯alid¯asas Meghad¯uta), habilitierte er sich 1910 an der Univ. Berlin f¨ur orientalische Sprachen und wurde dort a. o. Prof. f¨ur Religionswissenschaft. Sein Werk Buddhismus (1916) machte ihn bekannt. Eine Begegnung mit Rudolf → Steiner brachte ihn zur Anthroposophie.
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1922 konvertierte B. zur Christengemeinschaft, empfing die Priesterweihe und war als Prof. am Priesterseminar dieser Gemeinschaft in Stuttgart t¨atig. C NDB
Beckh, Hermann, Jurist, Politiker, * 15. 10. 1832 N¨urnberg, † 1. 4. 1908 N¨urnberg. B. studierte 1849-54 Rechtswissenschaften in Erlangen, G¨ottingen und Berlin, war Mitglied der Burschenschaft „Germania“ in Erlangen und 1862 an der Gr¨undung des Fr¨ankischen und des Deutschen S¨angerbunds beteiligt. Zun¨achst an verschiedenen Gerichtsh¨ofen Bayerns besch¨aftigt, ließ er sich 1870 als Rechtsanwalt in N¨urnberg nieder. Als Mitbegr¨under der Bayerischen Fortschrittspartei vertrat er diese in der bayerischen Abgeordnetenkammer und geh¨orte 1893-1903 dem Deutschen Reichstag an. C Haunfelder, Lib Abg
Beckh, Johann Joseph, auch Beck, Bekh, Bekkh, Schriftsteller, getauft 29. 3. 1635 Straßburg, † nicht vor 1692 Kiel (?). B. besuchte seit 1645 das Gymnasium in Straßburg und studierte dort seit 1655 zun¨achst die Artes, dann Jura. Er lebte wohl 1660-64 als Dichter in S¨uddeutschland; 1664 schrieb er in Regensburg ein Gedicht auf den bayerischen Kurf¨ursten. B. hielt sich dann bis etwa 1668 in Dresden auf, wurde dort 1666 zum Dichter gekr¨ont und erhielt nach weiteren Stationen 1671 eine Stelle als Stadtsekret¨ar in Eckernf¨orde. Seit 1681 ist er als Schreiber in Kiel nachgewiesen und war zuletzt nach eigenen Angaben kaiserlicher Notar. B. bet¨atigte sich zwischen 1660 und 1671 als Autor von Romanen, Dramen und Erbauungsschriften. Seine im luth. Geist verfaßten Schriften sind religi¨os-belehrend und greifen Katholiken ebenso an wie Calvinisten. Neben dem Drama Schauplatz des Gewissens (1666) entstanden der pastoralallegorische Roman Elbianische Florabelle (1667, Nachdr. 1997), das Erbauungsbuch Sichtbare Eitelkeit und unsichtbare Herrlichkeit (1671), ferner Apollo triumphans (1664), Dolor Germanicae, Oder das Schmerz-empfindende Teutschland (1664) und Germania Exultans, Oder das wieder erfreuete Teutschland (1665). C Killy Beckh¨auser, Eduard, Industrieller, * 1. 2. 1886 Neunkirchen / Saar, † 26. 7. 1954 Dortmund. Nach dem Besuch der Handelshochschule in K¨oln arbeitete B. zur Vervollkommnung seiner franz¨osischen Sprachkenntnisse in einem Exportgesch¨aft in Moulins s. Allier. 1911 trat er als technischer Korrespondent und Direktionsassistent in die Spezialwerkzeugmaschinenfabrik Heinrich Erhardt AG in D¨usseldorf ein und ging 1918 als Prokurist der Werkzeugmaschinenfabrik Wagner & Co. nach Dortmund. Seit 1930 leitete B. die Firma als verantwortlicher Gesch¨aftsf¨uhrer. 1947-51 war er Vorstandsmitglied des Dortmund-H¨orderH¨uttenvereins, 1952 Pr¨asident der Dortmunder Industrieund Handelskammer und von 1953 bis zu seinem Tod deren Vizepr¨asident. B. trug nach 1945 maßgeblich zum wirtschaftlichen Wiederaufbau des Dortmunder Bezirks bei. C Leb Industrie 1 Beckhaus, Mauritz Johann Heinrich, reformierter Theologe, * 3. 4. 1768 D¨usseldorf, † 22. 2. 1845 Marburg / Lahn. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1784 Theologie in Marburg und wurde 1788 Prediger in M¨ulheim / Ruhr, 1789 in Bergisch Gladbach, 1806 in Iserlohn. Als o. Prof. der Theologie, Konsistorialrat und Inspektor der reformierten Kirchen des Kurf¨urstentums Hessen ging er 1815 zur¨uck nach Marburg. 1793 legte er eine Arbeit u¨ ber Die Integrit¨at der prophetischen Schriften des Alten Bundes vor und wurde mit der Goldmedaille der Haagschen Gesellschaft zur Verteidigung des Christentums ausgezeichnet. Sein Lebenswerk, die seit 1787 geplante Gelehrten- und Schriftstellergeschichte der Provinzen des Niederrheinisch-Westf¨alischen
Beckmann Kreises bis zum 18. Jahrhundert, blieb Manuskript, das er 1844 der Landesbibliothek D¨usseldorf vermachte. C NDB
Beckher, Daniel, Mediziner, * 13. 12. 1594 Danzig, † 14. 10. 1655 K¨onigsberg. B. studierte in Deutschland und Kopenhagen (De effectu hypochrondriaca), habilitierte sich 1623 f¨ur Physik und Chemie an der Univ. K¨onigsberg und erhielt dort 1638 eine o. Professur f¨ur Medizin. Er ver¨offentlichte u. a. einen Bericht De cultrivoro Prussiano observatio et curatio (1636). C ADB Becking, Gustav (Wilhelm), Musikwissenschaftler, * 4. 3. 1894 Bremen, † 8. 4. 1945 Prag. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte bei Hugo → Riemann in Leipzig und bei Johannes → Wolf in Berlin Musikwissenschaft und wurde 1920 mit der Dissertation Studien zu Beethovens Personalstil. Das Scherzothema zum Dr. phil. promoviert. 1922 habilitierte er sich mit der Arbeit Das rhythmische Detail als Quelle musikwissenschaftlicher Erkenntnis an der Univ. Erlangen, wo er bis zu seiner Berufung an die Deutsche Univ. Prag 1930 lehrte. Dort wurde er Vorstandsmitglied der „Deutschen Akademie f¨ur Musik und darstellende Kunst“ und Leiter der Musikabteilung der „Deutschen Akademie der Wissenschaften und K¨unste in ˇ der CSR“. B. ver¨offentlichte u. a. Der musikalische Rhythmus als Erkenntnisquelle (1928); er gab E. T. A. Hoffmanns musikalische Werke (1923 ff.) heraus. C NDB
Beckler, Hermann, Mediziner, Naturforscher, Forschungsreisender, * 28. 9. 1828 H¨ochst¨adt, † 10. 12. 1914 Fischen. B. studierte seit 1848 Medizin in M¨unchen und wanderte nach der Promotion 1855 (Ueber die Uterinblennorrhoe) nach Australien aus. 1856 richtete er in Ipswich, westlich von Brisbane, eine kleine Arztpraxis ein und erforschte Flora, Fauna, Geologie und Klima Australiens. 1859 zog er nach Melbourne. 1860 / 61 nahm B. an Robert O’Hara Burkes Expedition zur Durchquerung des Kontinents teil. ¨ Uber die Erlebnisse schrieb er ein ausf¨uhrliches und bislang unver¨offentlichtes Manuskript. 1862 kehrte er nach Deutschland zur¨uck und ließ sich als Landarzt in Bayern, zun¨achst in Hindeland, um 1870 in Fischen, nieder. C Leb Bayer Schwaben, Bd 3 Beckmann, Eberhard, Rundfunkintendant, * 8. 1. 1905 Rheine (Westfalen), † 3. 1. 1962 Gießen. B. studierte Germanistik und Kunstgeschichte an den Universit¨aten M¨unster und Frankfurt / Main. Seit 1928 schrieb er als freier Journalist Theaterkritiken, Feuilletons und Reiseberichte f¨ur Frankfurter Zeitungen und war seit 1928-33 Rundfunkreporter. Seit 1929 lehrte er Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte an der St¨adtischen Schauspielschule Frankfurt. Im Herbst 1945 er¨offnete B. als zust¨andiger Dezernent die St¨adtischen B¨uhnen; 1946 wurde er Intendant von Radio Frankfurt, sp¨ater des Hessischen Rundfunks. Er f¨uhrte den Vorsitz der Arbeitsgemeinschaft o¨ ffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD) und war Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission. Beckmann, Emmy, Lehrerin, Frauenrechtlerin, Politikerin, * 12. 4. 1880 Wandsbek (heute zu Hamburg), † 24. 12. 1967 Hamburg. B., Tochter eines Oberlehrers und Schwester Heinrich → B.s, schloß das Studium an den Universit¨aten Paris, Heidelberg und G¨ottingen (1906-10) mit dem Oberlehrerinnenexamen ab und trat 1911 in den Hamburger Staatsdienst ein. 1921 zog sie in die Hamburger B¨urgerschaft ein. Im selben Jahr u¨ bernahm sie den Vorsitz des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenverbands, in den sie 1914 eingetreten war, und vertrat 1925 den Bund Deutscher Frauenvereine in Washington. B.
wurde 1926 Direktorin der Helene-Lange-Schule in Hamburg, 1927 Oberschulr¨atin f¨ur das H¨ohere M¨adchenschulwesen. 1933 ihres Amtes enthoben, war sie seit 1945 wieder als Oberschulr¨atin t¨atig. 1947 gr¨undete B. den Hamburger Frauenring und die Arbeitsgemeinschaft f¨ur M¨adchen- und Frauenbildung, 1948 den Hamburger Akademikerinnenverein. 1949-57 war sie f¨ur die FDP erneut Mitglied der Hamburger B¨urgerschaft.
Beckmann, Erich (Adolf Georg Louis), Techniker, * 4. 2. 1874 Hannover, † 2. 1. 1945 Hannover. B. schloß 1898 das Studium an der TH Hannover als Dipl.Ing. ab und wurde im gleichen Jahr Assistent am dortigen Elektrotechnischen Institut. Seit 1901 Dozent f¨ur Elektrotechnik und 1902 promoviert, lehrte er elektrotechnische Meßkunde, Teilgebiete des Elektromaschinenbaus, elektrische Apparate und Elektrizit¨atsz¨ahler. 1907 habilitierte er sich in Hannover und war 1908-20 zugleich wissenschaftlicher Mitarbeiter der Telephon- und Telegraphenwerke Mix & Genest A.G. in Berlin. B. wurde 1921 a. o. Prof. der Fernmeldetechnik, 1925 Vorstand des Meßtechnischen Laboratoriums, des heutigen Instituts f¨ur Fernmeldetechnik und elektrische Meßtechnik, und 1937 o. Prof. seiner Lehrgebiete. Er ver¨offentlichte in Fachbl¨attern Arbeiten u. a. u¨ ber Wirbelstrombremsen und elektrische Schaltapparate. Beckmann, Ernst Otto, Chemiker, * 4. 7. 1853 Solingen, † 12. 7. 1923 Berlin-Dahlem. Seit 1875 an der Univ. Leipzig eingeschrieben, wurde B., Sohn eines Fabrikbesitzers, 1878 mit der Arbeit Die Oxydationsprodukte der Dialkylsulfide bei Hermann → Kolbe promoviert. Er war Assistent des Toxikologen Robert Otto an der TH Braunschweig und habilitierte sich 1882 mit der Arbeit Untersuchungen u¨ ber die Aluminate und basischen Halo¨ıdsalze des Bariums sowie Notizen u¨ ber Barythydrat und die Halo¨ıdsalze des Bariums f¨ur Chemie und Pharmazie; 1883 kehrte er zu Kolbe nach Leipzig zur¨uck. 1891 nach Gießen berufen, wurde er im folgenden Jahr o. Prof. und Direktor der staatlichen Untersuchungsanstalt f¨ur Nahrungsund Genußmittel. 1890 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1897 ging er nach Leipzig; 1912 wurde er Direktor des Kaiser-WilhelmInstituts f¨ur Chemie in Berlin-Dahlem und Ordinarius an der Univ. Berlin. Sein Hauptinteresse galt den Oximen; er entwickelte eine Methode zur Umwandlung von Ketoximen in S¨aureamide („Beckmann-Umlagerung“), verbesserte die Molekulargewichtsbestimmung durch die Gefrierpunktserniedrigung und Siedepunktserniedrigung von L¨osungen und entwickelte das „Beckmann-Thermometer“ mit ver¨anderlicher Skala. C Wußing
Beckmann, Franz, Historiker, Philologe, * 10. 4. 1810 Sch¨onholthausen bei Arnsberg (Westfalen), † 27. 8. 1868 Sch¨onholthausen. B. studierte seit 1831 klassische Philologie und Geschichte in Bonn und Berlin. 1844 promoviert, habilitierte er sich 1850 in Braunsberg f¨ur Geschichte und deutsche Literatur, wurde dort 1852 Prof. und dozierte seit 1854 auch klassische Philosophie. B. war Mitbegr¨under des Vereins f¨ur die Geschichte und Altertumskunde Ermlands und ver¨offentlichte u. a. Bemerkungen zum Prolog und zur Parodos des a¨ schyleischen Agamemnon (1867). C ADB
Beckmann, Friedrich, Schauspieler, Dramatiker, * 13. 1. 1803 Breslau, † 7. 9. 1866 Wien. Gegen den Willen seines Vaters, eines T¨opfermeisters, wurde B. Schauspieler. Er deb¨utierte 1820 in Breslau, war 1824-44 am K¨onigst¨adtischen Theater in Berlin engagiert und trat 1846 als Charakterkomiker und Regisseur in das Ensemble des Wiener Hofburgtheaters ein. Die Posse Der Eckensteher
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Beckmann Nante im Verh¨or (1833, 491880) brachte B. gr¨oßte Erfolge als Schauspieler und machte ihn als Autor bekannt. C Killy
Beckmann, Fritz, Wirtschaftswissenschaftler, * 31. 5. 1888 Hilbeck (Westfalen), † n. e. Nach dem Abschluß der Studien an der Handelshochschule K¨oln und den Universit¨aten M¨unster, Heidelberg und Freiburg / Breisgau absolvierte B. eine zweij¨ahrige kaufm¨annische Lehre, unternahm Auslandsreisen und habilitierte sich 1914 an der Handelshochschule in K¨oln, wo er 1919 zum o. Prof. der Staatswissenschaften berufen wurde. Seit 1923 lehrte er als Ordinarius f¨ur Volkswirtschaftslehre an der Landwirtschaftlichen Hochschule Bonn-Poppelsdorf, zugleich als Honorarprofessor an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakult¨at der Univ. Bonn. B. ver¨offentlichte zahlreiche Abhandlungen u¨ ber Agrar- und Handelspolitik sowie u¨ ber Kreditfragen (Kreditpolitik und Kreditlage der deutschen Landwirtschaft seit der W¨ahrungsstabilisierung, 1926) und war u. a. Mitarbeiter der „K¨olnischen Zeitung“. Beckmann, (Wilhelm) Gustav, Musiker, * 16. 1. 1865 Bochum, † 8. 8. 1939 Essen. B. besuchte das Kgl. Institut f¨ur Kirchenmusik in Berlin, wurde 1893 Gymnasiallehrer, 1894 Leiter des Essener Bachvereins und 1896 Organist an der Kreuzeskirche in Essen. 1899 gr¨undete er den Evangelischen Organistenverein f¨ur Rheinland und Westfalen, dessen Vorsitzender er seit 1904 war. An der Leipziger Univ. belegte er 1907 Vorlesungen u¨ ber Stimmphysiologie, gr¨undete im folgenden Jahr den Verband evangelischer Kirchenmusiker Preußens in Berlin und gab seit 1915 die Zeitschrift „Der evangelische Kirchenmusiker“ heraus. B. ver¨offentlichte u. a. Schulb¨ucher f¨ur Gesang, gemeinsam mit Albert Hackenberg und Karl Klingemann Orgelkompositionen. Grunds¨atze und Richtlinien f¨ur Pfarrer und Organisten (1911). C Reichshandbuch Beckmann, Gustav, Musikwissenschaftler, Dirigent, * 28. 2. 1883 Berlin, † 14. 11. 1948 Berlin. B. studierte klassische Philologie, erhielt 1906-11 eine bibliothekarische Ausbildung an der Berliner Staatsbibliothek und trat anschließend in den Dienst der Berliner Universit¨atsbiliothek. Er studierte Musikwissenschaft bei Johannes → Wolf und Hermann → Kretzschmar an der Berliner Universi¨at. B. wurde 1916 mit der Dissertation Das Violinspiel in Deutschland vor 1700 promoviert. F¨ur die Zeitschriften der Internationalen Musikgesellschaft (IMG) und der Deutschen Musikgesellschaft (DMG) redigierte er die „Musikalische Zeitschriftenschau“ und gab 1917 → Glucks Oden heraus. B.s wissenschaftliches Interesse galt vor allem der Musikbibliographie. Als Dirigent der Berliner KammerkonzertVereinigung machte er sich um die Pflege alter Musik verdient. C MGG Beckmann, Heinrich (Jakob Hartwig), auch Heinz B., evang. Theologe, * 8. 6. 1877 Wandsbek (heute zu Hamburg), † 12. 8. 1939 S¨ulzhayn / S¨udharz. Nach dem Studium der Theologie und dem Vikariat in Schleswig-Holstein war der Bruder Emmy → B.s zun¨achst Hilfsredakteur der liberalprotestantischen Zeitschrift „Christliche Welt“, 1910-20 Pastor an der Marktkirche in Wiesbaden und von 1920 bis zu seinem Tod Hauptpastor an der St. Nikolaikirche in Hamburg. Er engagierte sich in Schulangelegenheiten sowie in der Theologenausbildung, lehrte seit 1921 an der Univ. Hamburg (1931-34 Lehrauftrag f¨ur Altes Testament) und setzte sich f¨ur die Gleichberechtigung von Theologinnen in der Kirche ein. 1924-33 war er Herausgeber der „Hamburgischen Kirchenzeitung“. Bei der Bischofswahl von 1933 wurde er entgegen der Tradition der Anciennit¨at aufgrund seiner liberalen Haltung u¨ bergangen; 1934 verlor er auch seinen Lehrauftrag. C BBKL
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Beckmann, Hermann, Physiker, Ingenieur, * 29. 7. 1873 Echem (L¨uneburg), † 14. 7. 1933 Blankenburg / Harz. B., Sohn eines Lehrers, studierte an der TH Charlottenburg Maschinenbau und an den Universit¨aten Berlin und T¨ubingen Naturwissenschaften und wurde 1898 in T¨ubingen mit der Arbeit Abh¨angigkeit der Strahlungsintensit¨at des „schwarzen K¨orpers“ von der Temperatur, untersucht f¨ur einen bestimmten Strahlungskomplex zum Dr. rer. nat. promoviert. Im selben Jahr wurde er Physiker und technischer Leiter der Accumulatoren-Werke in Witten, 1905 Oberingenieur und 1908 Vertreter des Werks in Mailand. Seit 1909 f¨uhrte er als Abteilungsvorstand das Zentralb¨uro in Berlin. 1926 habilitierte B. sich an der TH Hannover f¨ur Akkumulatorentechnik und wurde 1930 a. o. Professor. C NDB Beckmann, Joachim, evang. Theologe, * 18. 7. 1901 Wanne-Eickel (heute zu Herne), † 18. 1. 1987 D¨usseldorf. Nach der Promotion 1923 war B. seit 1926 Pfarrer in Wiesbaden, von 1928 an in Soest und 1933-48 in D¨usseldorf. Er gr¨undete im Sommer 1933 die rheinische Pfarrbruderschaft und geh¨orte zu den f¨uhrenden Geistlichen der rheinischen Bekennenden Kirche. 1945 trat er in die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland ein und wurde Dozent, 1951 Prof. der systematischen und praktischen Theologie an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. Seit 1961 lehrte er als Honorarprofessor der Kirchenkunde der Gegenwart in Bonn. 1949-58 war er Oberkirchenrat und Theologischer Dirigent des Landeskirchenamts, 1958-71 Pr¨ases der Evang. Kirche im Rheinland. Zu seinem publizistischen Hauptwerk z¨ahlt Im Kampf der Kirche des Evangeliums (1961). C RGG ¨ Beckmann, Johann, Okonom, * 4. 6. 1739 Hoya / Weser, † 3. 2. 1811 G¨ottingen. B., Sohn eines Postmeisters, studierte seit 1759 in G¨ottingen Theologie, Mathematik und Naturwissenschaften. 1762 reiste er nach Holland und nahm 1763 einen Ruf an das St.-Peter-Gymnasium in St. Petersburg an. 1765 bereiste er Schweden, wo er Carl von Linn´e begegnete, erhielt 1766 eine Professur der Philosophie in G¨ottingen und wurde 1770 ¨ dort o. Prof. f¨ur Okonomie. B. z¨ahlte zu den wichtigsten Repr¨asentanten der kameralistischen Schule der Landwirtschaftswissenschaft, sein Lehrbuch Grunds¨atze der deutschen Landwirtschaft (1769, 61806) zu den meistverbreiteten dieser Zeit, in dem erstmals bei der Beschreibung der Kulturpflanzenarten auch deren lateinische Namen nach Linn´e erw¨ahnt wurden. 1767 f¨uhrte B. in der programmatischen Schrift Gedanken von der Einrichtung oekonomischer Vorlesungen den Begriff „Pflanzenbau“ f¨ur das Lehrgebiet vom Anbau der Kulturpflanzen ein, 1769 den Begriff „Technologie“ als Wissenschaft, die die Verarbeitung der Naturalien lehrt. 1768 legte er zu Lehrzwecken den ersten pflanzenbaulichen Demonstrationsgarten einer deutschen Universit¨at an, den „oeconomischen Garten“ vor den Toren G¨ottingens. 1780-1805 erschienen B.s Beytr¨age zur Geschichte der Erfindungen. C B¨ohm
Beckmann, Johann Friedrich Gottlieb, Musiker, Komponist, * 6. 10. 1737 Celle, † 25. 4. 1792 Celle. B., Sohn eines Schulmeisters, war Organist an der neuen Kirche von Celle und genoß den Ruf eines hervorragenden Pianisten. Er verband freie Phantasie mit der Kunst des doppelten Kontrapunkts. Sp¨ater tendierte er mehr zur Musik eines Johann Christian → Bach. B. war ein gesuchter Dirigent und Musikp¨adagoge. Von seinen Kompositionen wurden die Klavierwerke ver¨offentlicht, u. a. Sechs Sonaten mit Fl¨ote (1790). Die Oper Lucas und Hannchen wurde 1782 in Hamburg aufgef¨uhrt. C MGG
Beckmann Beckmann, Konrad, auch Conrad B., Maler, Illustrator, * 21. 6. 1846 Hannover, † 3. 1. 1902 M¨unchen. Zum Dekorationsmaler ausgebildet, studierte B. bei Friedrich Wilhelm → l’Allemand und August Klemme in Hannover, lebte dann in der Malerkolonie Willingshausen und war 1868-71 an der Akademie in M¨unchen Sch¨uler von Karl von → Piloty. Die Genremalerei liebend, zeichnete er auch f¨ur die „Fliegenden Bl¨atter“, die „M¨unchener Bilderbogen“ und die „Gartenlaube“. Mit dem figurenreichen Bild Der Sch¨utzenk¨onig (1876) wurde B. bekannt. Es folgten Portr¨ats und Familienbildnisse f¨ur das Schloß Wernigerode. 1878 ver¨offentlichte er einen Grisaille-Zyklus mit 30 Kartonzeichnungen zu Charakteren des Dichters Fritz → Reuter; sp¨ater illustrierte er Dickens’ Heimchen am Herd. C AKL
Beckmann, Lukas, Jurist, * 1570 / 71 Hamburg, † 7. 2. 1624. B. studierte Rechtswissenschaften und Politik an den Universit¨aten Helmstedt, Rostock, Leiden, Oxford, Wittenberg (1594) und Leipzig. 1596 wurde er in Basel zum Dr. der Rechte promoviert, 1599 als a. o. Prof. der Rechte an die Univ. Wittenberg berufen und dort bald zum o. Prof. ernannt. 1603, 1609 und 1619 war er Rektor der Univ., zugleich Oberappellationsrat des Kurf¨ursten → Christian II. von Sachsen in Dresden, Assessor mehrerer Gerichte, Kanzler bei Hedwig von D¨anemark und bei Magdalena, der Witwe des Herzogs von Anhalt. B. ver¨offentlichte eine Reihe juristischer Arbeiten, u. a. Centuria controversiarum ex jure (1596).
Beckmann, Kurt, Internist, * 25. 1. 1891 Stuttgart, † 3. 2. 1956 Stuttgart. B. studierte in T¨ubingen, Kiel und M¨unchen Medizin und ¨ ¨ war nach der Promotion 1915 (Uber Anderungen in der Atmungsregulation durch psychische und pharmakologische Einfl¨usse) Assistent an der I. Medizinischen Klinik in M¨unchen. Anschließend wechselte er als Oberarzt an die Medizinische Poliklinik in Halle, 1923 an die Medizinische Klinik und Poliklinik in Greifswald, wo er sich f¨ur Innere Medizin habilitierte. 1927 wurde er zum Extraordinarius ernannt. Danach Direktor der Inneren Abteilung des Katharinen-Hospitals in Stuttgart, wurde er 1934 aufgrund politischer Intrigen entlassen; seine NSDAP-Mitgliedschaft ruhte f¨ur ein Jahr. B. wirkte vor¨ubergehend am Diakonissenhaus Bethesda. Seit 1936 war er Leiter der Inneren Abteilung des St¨adtischen Krankenhauses Bad Cannstatt und w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs Beratender Internist (zuletzt im Range eines Oberst-Arztes). B. ver¨offentlichte u. a. Das S¨aurebasengleichgewicht und seine Bedeutung f¨ur die Therapie (1931), Hepatitis epidemica (1944), Arzneitherapie innerer Krankheiten (1949) und Die Leberkrankheiten (1957). Seit 1939 gab er die Reihe „Vortr¨age [seit 1952 Beitr¨age] aus der praktischen Medizin“, seit 1946 die „Deutsche Medizinische Wochenschrift“ heraus. Nach B. wurde ein Provokationsph¨anomen benannt, das die Herabsetzung der osmotischen Resistenz der Erythrozyten durch Milzmas¨ sage und -bestrahlung bezeichnet. 2, 3 C Arzte
Beckmann, Max, Maler, Graphiker, Schriftsteller, * 12. 2. 1884 Leipzig, † 27. 12. 1950 New York. B. wurde als drittes Kind eines seit 1878 in Leipzig ans¨assigen Gesch¨aftsmannes geboren. 1900-03 absolvierte er ein Studium an der Großherzoglichen Kunstschule in Weimar bei Otto → Rasch und Fritjof Smith. 1903 / 04 war er ein halbes Jahr in Paris, 1904 u¨ bersiedelte er nach Berlin, heiratete 1906 Minna Tube (→ Beckmann) und baute sich 1907 in Berlin-Hermsdorf ein eigenes Wohn-Atelierhaus, wo am 31. 8.1908 der Sohn Peter geboren wurde. Seit 1906, als er das Villa-Romana-Stipendium f¨ur einen halbj¨ahrigen Aufenthalt in Florenz erhielt, war er Mitglied der Berliner Sezession. In jenen Jahren bewegte B. sich in allen traditionellen Bildgattungen im Umfeld eines expressiv modifizierten Impressionismus der Berliner Sezession, den er freilich besonders in vielfigurigen Schreckensbildern wie Das Erdbeben von Messina (1909) oder Der Untergang der Titanic (1912 / 13, beide in St. Louis, City Art Museum) u¨ berschritt. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete er sich freiwillig als Sanit¨atssoldat, brach aber im Sommer 1915 in Flandern psychisch zusammen und kam im Herbst 1915 zur Spezialbehandlung nach Frankfurt / Main, wo er – 1917 vom Milit¨ar entlassen – einen zweiten Wohnsitz nahm. Das Erleben des Kriegs brachte eine tiefgreifende protestlerische weltanschauliche und stilistische Wende, deren kantig-splittrige Formen dem Expressionismus nahe stehen. In Gem¨alden wie Die Nacht (1918 / 19, D¨usseldorf, Kunstsammlungen Nordrhein-Westfalen) und vor allem großen radierten bzw. lithographischen Mappenwerken wie Gesichter (1915 / 19), Die H¨olle (1919) oder Stadtn¨achte (1920) ¨ spiegeln sich in exaltierter H¨arte Brutalit¨aten und Angste der Nachkriegszeit. 1925 von der ersten Frau geschieden, heiratete er noch im gleichen Jahr Mathilde Kaulbach (Quappi) und u¨ bernahm ein Meisteratelier an der vereinigten St¨adelschule in Frankfurt / Main. Gleichzeitig beruhigte sich seine Bildsprache, wurde lapidar, blieb aber mehrdeutig „verschl¨usselt“ (unter Einbeziehung von Geheimlehren wie der Theosophie, Kabbala, Gnosis usw.), um tiefsinnigumfassend Existenzfragen des Menschen im „Welttheater“ zu reflektieren. In der Weimarer Republik hoch anerkannt (z. B. 1928 Reichsehrenpreis Deutscher Kunst), aber von der Reaktion schon angegriffen, mußte der bald als „entartet“ gebrandmarkte K¨unstler 1933 sein Frankfurter Lehramt niederlegen und arbeitete noch bis 1937 in Berlin weiter, ehe er am 19. 7.1937 nach Amsterdam emigrierte. Bereits 1932 / 33 hatte B. mit dem Triptychon Abfahrt (Departure, New York, Museum of Modern Art) die Folge seiner neun gewaltigen, vielschichtig mythologisch verbr¨amten Zeitsinnbilder
Beckmann, Liesel, Betriebswirtschaftlerin, * 28. 10. 1914 Limburg / Lahn, † 22. 7. 1965 M¨unchen. B. studierte an der Univ. Bonn, kam nach der Promotion 1938 als Assistentin an die TH M¨unchen und lehrte seit 1941 als Privatdozentin. 1946 wurde sie als erste Frau in Deutschland a. o. Professorin f¨ur Betriebswirtschaftslehre, war ehrenamtliche Stadtr¨atin und seit 1946 kommissarische, von 1956 an o. Professorin der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre an der Univ. M¨unchen. B. war Kuratoriumsmitglied der Hochschule f¨ur Politische Wissenschaften und stellvertretende Leiterin des Deutschen Handwerksinstituts. Sie ver¨offentlichte u. a. Stellung des Handwerks in der Betriebswirtschaftslehre (1942) und Die betriebswirtschaftliche Finanzierung (1949). Beckmann, Ludwig, Maler, Zeichner, Schriftsteller, * 21. 1. 1822 Hannover, † 1. 8. 1902 D¨usseldorf. Zuerst als Wagenbauer besch¨aftigt, f¨uhrte ihn seine Jagdleidenschaft zur Tiermalerei und Tierillustration. Besonders englische Kunstfreunde kauften B.s B¨aren- und Eberjagdszenen. Bekannter wurde er jedoch durch Holzschnittzeichnungen f¨ur Zeitungen, f¨ur die er manchnmal auch den Text schrieb. B. war Mitarbeiter des 1851 gegr¨undeten „Dorfbarbiers“ und schrieb unter dem Pseudonym „Revierf¨orster Holster“ Jagdhumoresken (u. a. Idiotismus venatoris, 1858). C AKL
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Beckmann in Triptychonform begonnen, die mit den Argonauten von 1949 / 50 (Washington, National Gallery) als Botschaft der Hoffnung und Jugend sein Sp¨atwerk kr¨onen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte B. nicht mehr nach Deutschland zur¨uck, sondern nahm 1947 eine Professur an der Art School der Washington Univ. in St. Louis / Missouri an, seit September 1949 an der Art School der Brooklyn Univ. in New York. 1950 wurde er Ehrendoktor der Univ. von St. Louis. B. war zeitlebens auch publizistisch t¨atig, schrieb u. a. Dramen (z. B. Ebbi, Das Hotel) und schuf sporadisch Plastik. Keiner Richtung zuordenbar, blieb B. als Ethiker der figurativen Kunst verpflichtet und z¨ahlt zu den bedeutendsten deutschen K¨unstlern des 20. Jahrhunderts. Wesentliche Werkteile befinden sich im St¨adel Institut Frankfurt / Main, dem Wallraf-Richartz-Museum K¨oln, in den Bayerischen Staatsgem¨aldesammlungen M¨unchen und dem City Art Museum in St. Louis. WEITERE WERKE: Die Realit¨at der Tr¨aume in den Bildern. Aufs¨atze und Vortr¨age. Aus Tageb¨uchern, Briefen, Gespr¨achen 1903-50. Hrsg. v. Rudolf Pillep. Leipzig 1984. – ´ Ecrits M. B. Mit Einleitung von Philippe Dagen. Paris 2002. LITERATUR: Bibliographie u¨ ber M. B. In: Erhard und Barbara G¨opel: M. B. Katalog der Gem¨alde. Bd. 2., Bern 1976. – Peter Beckmann: M. B. Leben und Werk. Stuttgart / Z¨urich 1982. – Mathilde Q. Beckmann: Mein Leben mit M. B. M¨unchen / Z¨urich 1983. – Klaus Gallwitz (Hrsg.): M. B. in Frankfurt. Frankfurt / Main 1984. – G¨unter Busch: M. B. M¨unchen / Z¨urich 1989. – James Hofmaier: M. B. Catalog of his prints. 2 Bde., Bern 1990. – Rudolf Pillep: M. B. – Leben und Werk. Neue Forschungen. Habilitationsschrift. Halle 1992. – Stephan Reimertz: M. B. Biographie. M¨unchen 2003. – Christiane Zeiller: M. B. Die fr¨uhen Jahre (1899-1907). Weimar 2003. G¨unter Meißner
Beckmann, Minna Frieda Helene, auch BeckmannTube, geb. Tube, Malerin, S¨angerin, * 5. 6. 1881 Metz, † 30. 7. 1964 Gauting (Oberbayern). B. erhielt seit 1899 Malunterricht in den Damenateliers von Frithjof Smith in Weimar und von Heinrich → Knirr in M¨unchen sowie der Damenakademieklasse von Christian → Landenberger. 1902 / 03 besuchte sie die Naturklasse der Großherzoglich S¨achsischen Kunstschule in Weimar, seit 1904 in Berlin das Damenatelier von Lovis → Corinth. Nach der Heirat mit Max → B. 1906 gab sie das Malen auf Verlangen ihres Mannes auf. Sie bildete darauf ihre Stimme zum hochdramatischen Sopran aus und sang Titelpartien in Wagneropern 1915 / 16 in Elberfeld, 1916 / 17 in Dessau, 1917 / 18 in Chemnitz und bis 1925 in Graz. Nach der Scheidung und dem Ende der Gesangskarriere lebte sie mit Sohn Peter wieder in Berlin-Hermsdorf und begann erneut zu malen, u. a. Bildnis der Großmutter Tube mit dem dreizehnj¨ahrigen Peter (1921) und Peter Beckmann mit Manuskript (1933). B.s Fr¨uhwerk ging 1945 in Berlin zum großen Teil verloren. C AKL Beckmann, Nikolaus, Jurist, * 1634 Heide (Kr. Dithmarschen), † 7. 4. 1689 Graz. B. studierte Philologie in K¨onigsberg, ging als Lehrer des Grafen Gustav Adolf von Oxenstierna nach Stockholm und begleitete diesen 1662 nach Helmstedt, Marburg und 1665 nach Frankreich. B. wurde 1666 in Orl´eans promoviert und erhielt 1667 eine Professur des r¨omischen Rechts an der neugegr¨undeten Univ. Lund. Er fiel u. a. wegen Steuerangelegenheiten in Ungnade und wurde 1670 durch Samuel von → Pufendorf ersetzt. 1673 versuchte B. erfolglos, Pufendorf durch ein anonym ver¨offentlichtes Pamphlet zu diskreditieren, forderte ihn sogar schriftlich zum Duell und wurde daf¨ur vom akademischen Senat der Univ. Lund vom Lehrstuhl ausgeschlossen. Unterdessen konvertierte B. zur kath. Kirche und wurde Kanzleidirektor des Klosters St. Michael bei
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Bamberg. 1677 oder 1678 wurde er zum kaiserlichen Rat ernannt, 1680 zum inner¨osterreichischen Regimentsrat (mit Sitz in Graz) und 1685 in den Ritterstand erhoben. Zu B.s Schriften z¨ahlt u. a. Doctrina juris (1676). C SHBL, Bd 9
Beckmann, Otto, Humanist, * um 1476 Warburg (Westfalen), † 1556 M¨unster. B., Sohn eines Stadtrats in Warburg, immatrikulierte sich 1500 in Leipzig, ging 1507 nach Wittenberg und wurde dort 1508 Magister und Prof. der Eloquenz; 1514 erhielt er ein Kanonikat am Allerheiligenstift. Die zun¨achst enge Verbindung zu → Luther, → Melanchthon und → Karlstadt zerbrach, als Luther gebannt wurde. 1523 u¨ bernahm B. die Neustadt-Pfarrei in Warburg, schrieb seit 1525 gegen die Reformation und wurde 1527 Propst an St. Aegidien in M¨unster. Er nahm am Augsburger Reichstag von 1530 teil. Sein Amt in M¨unster verlor er w¨ahrend der T¨auferherrschaft. B. ver¨offentlichte u. a. eine Precatio Dominica contra impios C NDB et seditiosos Lutheranorum errores (1525).
Beckmann, Wilhelm, Maler, * 3. 10. 1852 D¨usseldorf, † 17. 3. 1942 Berlin. Seit 1868 an der D¨usseldorfer Akademie eingeschrieben, schloß B. sich einem Sch¨ulerkreis um den Historienmaler Eduard Julius Friedrich → Bendemann an und war unter dessen Leitung an der Ausf¨uhrung der Wandbilder im Corneliussaal der Berliner National-Galerie beteiligt. 1880 hatte B. Anteil an der Gestaltung des Festzugs anl¨aßlich der Einweihung des K¨olner Doms und arrangierte 1883 f¨ur die Stadt Eisleben einen Festzug zum vierhundertj¨ahrigen Luther-Jubil¨aum. 1890 unterrichtete er in der Portr¨atund Malklasse des Vereins Berliner K¨unstlerinnen; er war 1891 Gr¨undungsmitglied des rheinischen Clubs in Berlin und geh¨orte dem Verein Berliner K¨unstler an. B. nahm an den Kr¨onungsfeierlichkeiten des Zaren Nikolaus II. in Moskau teil. C AKL Beckmann-Muzzarelli, Adele, geb. Muzzarelli, S¨angerin, T¨anzerin, * 4. 6. 1816 Venedig, † 3. 11. 1885 Paris. B. entstammte einer seit Generationen dem Theater verbundenen Familie – ihr Großvater war Ballettmeister der Wiener Oper, ihr Vater der italienische Tenor Muzzarelli und ihre Mutter Primaballerina am Teatro Fenice in Venedig. Sie erhielt fr¨uh Tanz- und Gesangsunterricht, stand im Alter von f¨unf Jahren auf der B¨uhne und ließ sp¨ater in Wien bei Giuseppe Ciccimarra ihre Stimme ausbilden. Sie begann dort ihre Karriere als Choristin am Theater am G¨artnertor, deb¨utierte 1830 in Br¨unn und nahm 1832 ein Engagement am Deutschen Opernhaus in Budapest an. Nach einer durch den Verlust ihrer Stimme bedingten Pause trat sie als Soubrette am Carl-Theater in Wien und 1835-43 am K¨onigst¨adtischen Theater in Berlin auf. Nach der Heirat mit Friedrich → Beckmann gab sie bald ihre Karriere auf und lebte nach dessen Tod zumeist in Frankreich. B. gr¨undete die „Friedrich-Beckmann-Stiftung“, u. a. zur Unterst¨utzung bed¨urftiger o¨ sterr. B¨uhnenangeh¨origer. C Kutsch
Beckmesser, Sixt, auch Sixtus Peckmesser, Meistersinger, * um 1500, † vor 1539. B. wird in Hans → Sachs’ Meistergesang Ich kam v¨ur einen garten wolgezirt (1527) als einer der zw¨olf alten N¨urn¨ berger Meister erw¨ahnt. Uber sein Leben ist N¨aheres nicht bekannt. Von seinen Werken ist außer einem Gedicht auf Maria, Freut euch, ir werden christenleut, nichts erhalten. In Richard → Wagners Oper Die Meistersinger tr¨agt die komische Figur eines philisterhaften Kritikers den Namen B., soll aber den Wiener Musikkritiker Eduard → Hanslick darC NDB stellen.
Bederke Beckurts, Heinrich, Pharmazeut, Mediziner, * 23. 8. 1855 Braunschweig, † 15. 9. 1929 Braunschweig. Nach dem Studium in Braunschweig und Greifswald wurde B. 1876 in Jena promoviert. Er war Assistent am Chemischen Institut der Univ. Greifswald und am ChemischPharmazeutischen Labor der TH Braunschweig. 1879 / 80 bereiste er die Schweiz und Italien, habilitierte sich 1881 in Braunschweig und wurde Herausgeber des „Jahresberichts der Pharmazie“. Seit 1887 o. Prof. der Pharmazeutischen und Analytischen Chemie, wurde er 1899 Mitglied des Landesmedizinalkollegiums, 1902 Geheimer Medizinalrat und war 1900-04 Direktor der herzoglichen TH in Braunschweig. B., seit 1888 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, schrieb seit 1890 f¨ur das „Archiv der Pharmazie“ und ver¨offentlichte u. a. Analytische Chemie f¨ur Apotheker (1896, 21908).
Beckurts, Karl Heinz, Physiker, Manager, * 16. 5. 1930 Rheydt (heute zu M¨onchengladbach), † 9. 7. 1986 Straßlach bei M¨unchen. B., Enkel von Heinrich → B. und Sohn eines Industriekaufmanns, studierte seit 1949 Physik an der Univ. G¨ottingen, arbeitete 1954-58 am dortigen Max-Planck-Institut f¨ur Physik und wurde 1956 mit der Dissertation Nichtstation¨are Neutronenfelder promoviert. Seit 1958 leitete er die experimentelle Abteilung des Instituts f¨ur Neutronenphysik und Reaktortechnik am Kernforschungszentrum in Karlsruhe. 1961 habilitierte er sich an der dortigen TH mit der Arbeit Messung des asymptotischen Neutronenspektrums. 1963-70 war B., der 1964 zum apl. Prof. ernannt wurde, Direktor des Instituts f¨ur Angewandte Kernphysik am Kernforschungszentrum in Karlsruhe, wechselte 1970 als wissenschaftlichtechnischer Gesch¨aftsf¨uhrer an die Kernforschungsanlage J¨ulich und hatte 1974-80 den Vorstandsvorsitz der Kernforschungsanlage J¨ulich GmbH inne. Von 1980 an Vorstandsmitglied von Siemens, u¨ bernahm er 1981 die Leitung der Abteilung Forschung und Technik; er war maßgeblich mit dem „Mega-Projekt“ befaßt. B. arbeitete eng mit der deutschen Regierung im Bereich Forschungspolitik zusammen; er war auch mitbestimmend an den europ¨aischen Forschungsprogrammen „Eureka“ und „Esprit“. Er ver¨offentlichte u. a. Neutron physics. B. fiel einem Anschlag der Roten-Armee-Fraktion (RAF) zum Opfer.
Becmann, Christian, evang. Theologe, Lehrer, * 20. 9. 1580 Steinbach (Meißen), † 17. 3. 1648 Zerbst. B. studierte seit 1599 in Leipzig, wurde 1608 Schulrektor in Naumburg, dann in M¨uhlhausen und Amberg. 1625 von dort vertrieben, fl¨uchtete er nach Bernburg. Zuletzt war er Superintendent und Gymnasiallehrer der Theologie in Zerbst. B. schrieb philologische und logische Lehrb¨ucher, ferner theologische Streitschriften (u. a. Anatomia universalis triumphans, 1619). Er war der Vater von Johann Christoph → B. C ADB Becmann, Gustav Bernhard, Jurist, * 25. 12. 1720 Dewitz (Mecklenburg), † 4. 4. 1783. B. wurde 1747 in Halle zum Dr. jur. promoviert und hielt dort juristische und philosophische Vorlesungen. Er wurde 1749 Dozent in G¨ottingen, 1753 a. o. Prof. der Rechte, 1759 o. Prof. der Philosophie. Seit 1761 war B. Mitglied der Juristischen Fakult¨at und erhielt 1770 den Titel Hofrat. Neben den Rechtswissenschaften lehrte er Mathematik. Gemeinsam mit seinem Bruder Otto David Heinrich → B. ver¨offentlichte er u. a. Gedanken vom Reformieren des Rechts (1747). C ADB
Becmann, Johann Christoph, Historiker, evang. Theologe, * 1641 Zerbst, † 6. 3. 1717 Frankfurt / Oder. Nach dem Studium in Frankfurt / Oder u¨ bernahm B., Sohn von Christian → B., 1667 eine Professur der griechischen Li-
teratur an der Univ. Frankfurt. 1670 wurde er Prof. der Geschichte, 1690 der Theologie. Sein Ruf als Historiker gr¨undet auf Arbeiten u¨ ber den Johanniterorden, die Stadt Frankfurt / Oder und ihre Universit¨at. Im Auftrag Johann Georgs von Anhalt verfaßte er eine Historie des F¨urstentums Anhalt (2 Bde., 1710). C NDB
Becmann, Otto David Heinrich, Jurist, * 29. 6. 1722 Dewitz (Mecklenburg), † 19. 3. 1784. B. wurde zusammen mit seinem Bruder Gustav Bernhard → B. 1747 in Halle zum Dr. jur. promoviert, hielt juristische und philosophische Vorlesungen und war seit 1749 Dozent in G¨ottingen. 1753 wurde er a. o. Prof., 1759 o. Prof. der Philosophie. Seit 1770 Hofrat, lehrte B. neben kanonischem Recht Lehnsrecht, Logik, Metaphysik, Kosmologie und Pneumatologie. Er ver¨offentlichte nach dem Tod des Bruders die gemeinsam verfaßten Rechtsgutachten (Becmannorum fratrum consilia et responsa, 1784). C ADB
Becsi, Kurt, o¨ sterr. Schriftsteller, * 30. 5. 1920 Wien, † 10. 1. 1988 Wien. B. durchlief eine Lehre als Buchdrucker, nahm am Zweiten Weltkrieg teil und wurde 1948 in Wien mit der Ar¨ beit Die ausw¨artige Pressepolitik Osterreichs von Saint Germain bis Berchtesgaden promoviert. Danach trat er als Autor von oft expressionistischen, utopischen oder sozialkritischen Dramen und Essays hervor. 1967 wurde er a. o. Prof. an der Wiener Hochschule f¨ur Musik und darstellende Kunst, sp¨ater Generalsekret¨ar der o¨ sterr. UNESCO-Kommission und Rat des o¨ sterr. Auslandskulturdienstes. Zu seinem literarischen Werk z¨ahlen u. a. Das verlorene Reich der Sterne (1969), ¨ Faust in der Sonne (1987) und Osterreichische Trilogie (1987). B. schrieb auch Sachb¨ucher (Aufmarsch zur Apokalypse. Große Allianz oder Dritter Weltkrieg?, 1971; Der Kosmos auf der B¨uhne. Das galaktische Weltbild des k¨unftigen Theaters, 1977) und gab mehrere Reihen heraus, darunter „Orient-Okzident“ (1957-64) und „Dramatiker, St¨ucke, Perspektiven“ (seit 1979). 1955 erhielt B. den Dramatikerpreis ¨ der o¨ sterr. Liga der Vereinten Nationen, 1961 den Osterreichischen Staatspreis f¨ur Literatur. C DLL, 20. Jh.
Beczwarzowsky, Anton Franz, auch Beˇcvaˇrovsk´y, Anton´ın Frantiˇsek, Komponist, Musikp¨adagoge, * 9. 4. 1754 Jungbunzlau (B¨ohmen), † 15. 5. 1823 Berlin. B., Sohn eines Seifensieders, studierte 1767-74 am Pianistenkollegium in Kosmonosy, wo er 1767 bei der Auff¨uhrung des Schuldramas Virtus er vitium partizipierte, sp¨ater bei Johann Baptist → Kucharˇz in Prag Musik. Um 1777 war er Organist an der St. Jakobskirche, 1779-96 an der Hauptkirche in Braunschweig und herzoglich braunschweigischer Kapellmeister. Nach einigen Jahren in Bamberg, wo er als Privatmann lebte, ging er 1799 nach Berlin. Er wurde dort als Komponist in der „Allgemeinen musikalischen Zeitung“ (16 / Spalte 653) aufgef¨uhrt, war jedoch wahrscheinlich haupts¨achlich als Klavierlehrer t¨atig. Er schrieb instruktive Kompositionen f¨ur Anf¨anger; seit 1803 benutzte er Klaviersonaten von → Beethoven, → Dussek und → Cramer f¨ur seine Lehrzwecke. Am bedeutendsten war B. als Liedkomponist, der eine Vorliebe f¨ur Texte von → Goethe und → Schiller u. a. hatte. C MGG Bederke, Erich, Geologe, * 3. 6. 1895 Gr¨unberg (Schlesien), † 19. 4. 1978 G¨ottingen. B. studierte seit 1913 Naturwissenschaften an der Univ. Breslau, wurde 1918 promoviert (Serpentinverwitterung im Zobtengebiet und ihre Altersstellung) und war Assistent am dortigen Geologischen Institut. 1923 habilitierte er sich, unternahm 1925 eine Forschungsreise nach Norwegen, wurde 1928 a. o. Prof. und wirkte 1931-45 als o. Prof. f¨ur Geologie und Pal¨aontologie an der Univ. und der TH Breslau. Seit 1946 war er o. Prof. an der Univ. G¨ottingen. B. besch¨aftigte
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Bedeus von Scharberg sich vor allem mit der Geologie und Lagerst¨attenkunde Schlesiens und der Sudeten, sp¨ater mit der Metamorphose und Tektonik des Rheinischen Schiefergebirges, des Odenwalds und des Spessarts. Er ver¨offentlichte u. a. Das Devon in Schlesien und das Alter der Sudetenfaltung (1924), Die varistische Tektonik der mittleren Sudeten (1929) und Atlas zur Geologie (1969). 1946 wurde er in die G¨ottinger Akademie der Wissenschaften, 1961 in die Deutsche Akademie C G¨ott Gel der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt.
Bedeus von Scharberg, Josef Frh., Politiker, Historiker, * 12. 2. 1782 Hermannstadt (Siebenb¨urgen), † 6. 4. 1858 Hermannstadt. Der Sohn eines Regierungsrats studierte in Klausenburg Jura und trat 1802 in den Dienst der siebenb¨urgischen Regierung. 1837-53 Oberlandeskommiss¨ar in Siebenb¨urgen, bem¨uhte B. v. S. sich um die Autonomie der Siebenb¨urger Sachsen. Er befaßte sich mit der Geschichte Siebenb¨urgens und vero¨ ffentlichte u. a. Die Verfassung des Großf¨urstenthums SieC NDB benb¨urgen (1844).
Bednarik, Karl, o¨ sterr. Maler, Schriftsteller, * 18. 7. 1915 Wien, † 14. 1. 2001 Wien. Nach dem Besuch der B¨urgerschule durchlief B. eine Lehre als Buchdrucker, arbeitete u. a. als Buchdrucker, Schweißer und Flugmotorenpr¨ufer und widmete sich als Autodidakt der Malerei. 1945 / 46 studierte er an der Akademie f¨ur bildende K¨unste in Wien und schuf seit den f¨unfziger Jahren Mosaiken und Sgraffitos f¨ur Wiener Gemeinde- und Genossenschaftsbauten sowie Illustrationen und Teppichentw¨urfe. 1975-80 leitete B., Gr¨undungsmitglied des Neuen Hagenbunds, die Galerie Alte Schmiede in Wien. Außerdem war er als Journalist, 1954-56 als Lektor f¨ur den Sender „Rot-WeißRot“ und vor allem als Schriftsteller t¨atig. Neben mehr als 200 Fernsehdrehb¨uchern und Filmmonographien, zumeist u¨ ber K¨unstler, ver¨offentlichte B. Essays (u. a. Der junge Arbeiter von heute – ein neuer Typ, 1953; An der Konsumfront – Zwischenbilanz des modernen Lebens, 1957; Die Entdecker des Weltraums. Biographische Essays, 1967) sowie zeit- und sozialkritische Romane, in denen er sich h¨aufig mit den Folgen einer zunehmend technisierten Arbeitswelt auseinandersetzte (u. a. Zwischenfall in Wien, 1951; Der Tugendfall, 1953; Omega Fleischwolf, 1954, 1959 unter dem Titel Der Schrei von der Br¨ucke; Die Aplatas und die HeiC DLL, 20. Jh. ligkeit des Lebens, 1987). Beeck, Peter von, Geschichtsschreiber, † 23. 2. 1624 Aachen. Erstmals 1603 als Student an der Univ. Herborn erw¨ahnt, erhielt B., dessen Vater Sch¨offe und B¨urgermeister von J¨ulich war, 1604 ein Kanonikat am Aachener M¨unsterstift; 1612 wurde er zum Subdiakon geweiht. Bis 1622 Inhaber der Michaeliskapelle des gleichen M¨unsters, wurde er 1617 Propst des Adalbertstifts in Aachen. B. schrieb eine Geschichte der Reichs- und Kr¨onungsstadt Aachen (Aquisgranum, 1620), die von Johann Nopp bearbeitet und erweitert 1632 in deutscher Sprache erschien. C NDB
Beecke, (Notger) Ignaz (Franz) von, auch Beck´e, Musiker, Komponist, * 28. 10. 1733 Wimpfen / Neckar, † 2. 1. 1803 Wallerstein bei N¨ordlingen. B., Sohn eines Beamten, schlug die Soldatenlaufbahn ein, zun¨achst in kurbayerischen, dann in preuß. und wallersteinschen Diensten (1792 Major). Autodidaktische Studien f¨orderten sein musikalisches K¨onnen so weit, daß er 1774 von F¨urst Kraft Ernst zu → Oettingen-Wallerstein zum Hofmusikintendanten ernannt wurde. Auf zahlreichen Kunstreisen, die ihn nach Paris und Wien f¨uhrten, begegnete er den großen Musikern seiner Zeit, mit Christoph Willibald
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→ Gluck verband ihn Freundschaft. B., der als virtuoser Pianist galt, komponierte vor allem Klavierkonzerte und Sinfonien. C Leb Bayer Schwaben, Bd 1
Beeckmann, Wilhelm von, B¨urgermeister, † 29. 1. 1631 L¨uttich. B. f¨uhrte die demokratisch-nationale Partei L¨uttichs gegen Bischof Ferdinand und den Herzog von Bayern. Auch die Aufhebung der st¨adtischen Verfassung durch Bischof Ferdinand 1613 und kaiserlicher Druck konnten den Widerstand der B¨urgerschaft nicht brechen, so daß B. bei den B¨urgermeisterwahlen von 1629 das Amt als Administrator u¨ bernahm. 1630 wurde er gegen den bisch¨oflichen Kandidaten erneut gew¨ahlt. C ADB
Beeg, Johann Kaspar, Lehrer, * 4. 10. 1809 N¨urnberg, † 26. 1. 1867 N¨urnberg. B. war nach dem Studium am Seminar in Altdorf Lehrer in N¨urnberg und M¨unchen. 1834 ging er in der Position eines Schul- und Seminarinspektors nach Griechenland. Er bereiste die T¨urkei und kehrte 1835 nach Deutschland zur¨uck. Bis 1838 war er Privatsekret¨ar und Hauslehrer bei Joseph Ludwig Graf von → Armansperg auf Schloß Egg bei Regensburg. 1839 an der Univ. M¨unchen immatrikuliert, unterrichtete er 1840-44 bei Aloys Franz Xaver Graf von → Rechberg und Rothenl¨owen in Donzdorf (W¨urttemberg) und seit 1844 an der Gewerbeschule in F¨urth, deren Direktor er bald wurde. B. war Mitbegr¨under des N¨urnberger Gewerbemuseums und seit 1858 Herausgeber der F¨urther „Gewerbzeitung“. Er ver¨offentlichte u. a. Die Reformfrage des Gewerbemuseums in Baiern (1860). C Imhoff Beeger, Julius, P¨adagoge, * 24. 10. 1829 Großgrabe (Oberlausitz), † 2. 6. 1899 Niederpoyritz bei Dresden. B. besuchte das Dresdener Volksschullehrerseminar, wurde 1850 Schulvikar in Hermsdorf, im folgenden Jahr Lehrer in Dippoldiswalde, 1857 in Leipzig. 1862 legte er die Reifepr¨ufung am Gymnasium ab und h¨orte danach Vorlesungen an der Universit¨at. B. war Mitglied des Deutschen Lehrervereins und Mitbegr¨under des Deutschen Lehrertags. Anl¨aßlich der Feiern zum 200. Todestag Johann Amos → Comenius’ 1871 regte er die Einrichtung einer p¨adagogischen Zentralbibliothek als „Comenius-Stiftung“ an, die unter seiner Leitung bis zu einem Bestand von 60 000 B¨anden anwuchs. B. war Mitbegr¨under (1892) und dann Vorstandsmitglied der Comeniusgesellschaft, redigierte seit 1885 die „P¨adagogische Revue“ (Leipzig) und ver¨offentlichte u. a. Die p¨adagogischen Bibliotheken, Schulmuseen und Lehrmittelausstellungen der Welt (1893). Beeking, (Franz) Joseph, kath. Theologe, Politiker, * 6. 9. 1891 Recklinghausen, † 18. 11. 1947 Freiburg / Breisgau. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg (1915 / 16) studierte der Sohn eines Schreinermeisters in M¨unster und Freiburg Theologie und Staatswissenschaften. 1920 / 21 war er Kaplan in Bork, u¨ bernahm dann das Referat der Jugendf¨ursorge der Caritas in Freiburg und habilitierte sich dort 1926 f¨ur Caritaswissenschaft. B. schrieb u. a. Karitas und Jugendamt (1924) und gab Die katholische karitative Anstaltserziehung (1925) heraus. C Bad Bio N.F., Bd 1
Beer, Adolf, o¨ sterr. Historiker, Politiker, * 27. 2. 1831 Proßnitz (M¨ahren), † 7. 5. 1902 Wien. B. studierte in Berlin, Heidelberg, Prag und Wien Geschichte, Philologie und Volkswirtschaft, arbeitete seit 1853 als Gymnasiallehrer in Czernowitz, Wien und Prag und konvertierte 1852 zum Katholizismus. Seit 1868 war er Prof. der Allgemeinen und Handelsgeschichte an der TH Wien. 1869 verfaßte er als Ministerialrat im Unterrichtsministerium den Entwurf zum Reichsvolksschulgesetz. 1870 wurde
Beer er Reichsratsabgeordneter, 1897 in das Herrenhaus berufen. B. ver¨offentlichte u. a eine Geschichte des Welthandels (5 Bde., 1860). C Weber
Beer, August, Physiker, * 31. 7. 1825 Trier, † 18. 11. 1863 Bonn. Nach dem Studium der Mathematik und Naturwissenschaften in Trier wurde B. Assistent bei Julius → Pl¨ucker, dessen Einfluß ihn der Physik n¨aherbrachte. Er wurde 1848 in Bonn mit der Arbeit De situ axium opticorum in crystallis biaxibus promoviert, habilitierte sich dort 1850 und erhielt 1855 eine a. o. Professur. Sein besonderes Interesse galt der Optik (Lichtabsorption und Photometrie), der Elastomechanik und der Elektrostatik. B. stellte das „Beersche Gesetz“ auf, das die Schw¨achung von Licht beim Durchgang durch Fl¨ussigkeiten beschreibt. C NDB
Beer, Bernhard, Schriftsteller, * Juli 1801 Dresden, † 1. 7. 1861 Dresden. B. gr¨undete 1824 den „Verein junger Juden zum Studium der Bibel und der hebr¨aischen Sprache“, 1829 den „Mendelssohn-Verein zur F¨orderung der Wissenschaft, Kunst und des Gewerbes bei der israelitischen Jugend“. Er er¨offnete in Dresden die erste j¨udische Schule und hielt erstmalig Predigten in deutscher Sprache; 1833 und 1837 forderte er vom s¨achsischen Parlament die b¨urgerliche Gleichstellung der Juden. B. ver¨offentlichte ein umfangreiches Werk, u. a. Das Buch der Jubil¨aen und sein Verh¨altnis zu den Midraschim (1856) und Das Leben Abrahams nach der Auffassung der j¨udischen Sage (1859). C NDB
Beer, Eduard Friedrich Ferdinand, Orientalist, Pal¨aograph, * 15. 6. 1805 Bautzen, † 5. 4. 1841 Leipzig. Der Sohn eines Schneidermeisters habilitierte sich in Leipzig f¨ur orientalische Philologie und besch¨aftigte sich mit semitischer Epigraphik. B. deutete die schon l¨anger bekannten Inschriften auf der Sinaihalbinsel und schuf die Grundlage der semitischen Pal¨aographie (Inscriptiones veteres litteris et linguis huiusque incognitis ad montem Sinai magno numero servatae, Fasc. 1: Inscriptionum centuria litteris hebraicis transcripta, 1840). C NDB
Beer, Franz Edler von Blaichten, o¨ sterr. Baumeister, * 1. 4. 1660 Au (Vorarlberg), † 21. 1. 1726 Bezau (Vorarlberg). B. absolvierte 1677-80 eine Lehre; die Ledigsprechung erfolgte durch seinen Vetter Michael → Thumb. Seit 1683 ist er in der Zunft von Au nachweisbar, jedoch bis 1705 nicht sicher von Franz B. (1659-1722) zu unterscheiden. B. baute nach dem von Thumb beeinflußten M¨unsterschema die Klosterkirchen in Irsee (1699-1702) und Rheinau (1705-11). Abweichend davon errichtete er die Kirchen in Obersch¨onenfeld (1721-23) und W¨orishofen (1719-22). B. hatte seinen Wohnsitz in Konstanz, wurde dort 1711 Mitglied des Großen und 1722 des Innern Rats. C AKL Beer, Franz Anton, o¨ sterr. Baumeister, * 3. 11. 1688 Bregenz, † 1749 Bregenz. Aus einer Vorarlberger Baumeisterfamilie stammend, errichtete B. den gr¨oßten Kirchenbau nach dem Vorarlberger M¨unsterschema, die Klosterkirche Mehrerau (Baubeginn 1740, abgebrochen 1808). Seine Umbauten an der Pfarrkirche in Bregenz waren Vorbild f¨ur die Kirchen Johann Ferdinand → B.s. C AKL
Beer, Friedrich Salomon, auch Fr´ed´eric B., o¨ sterr. Bildhauer, * 1. 9. 1846 Br¨unn, † 17. 10. 1912 Florenz. B. studierte 1865-70 an der Akademie in Wien bei → Radnitzky und Franz Bauer und erhielt im Abschlußjahr f¨ur seine Arbeit Achilles und Penthesilea ein RomStipendium. Das u. a. dort entstandene Portr¨at Admiral → Tegetthoffs kaufte 1872 der o¨ sterr. Kaiser. 1875 in Wien
ans¨assig, zog B. 1876 nach Paris und war zun¨achst bei Jean Baptiste Carpeaux t¨atig; er etablierte sich vor allem durch Bildnisb¨usten, z. B. des Malers Mih´aly von → Munk´acsy. 1877 gestaltete er Statuen f¨ur das Naturhistorische Museum in Wien. C AKL
Beer, Georg, auch Behr, G¨org, Architekt, * B¨onni(n)gheim (Kr. Ludwigsburg), † 15. / 17. 7. 1600 Stuttgart. B. wurde 1575 als Nachfolger von Aberlin Tretsch Baumeister des Herzogs → Ludwig von W¨urttemberg, f¨ur den er 1583-93 das damalige „Neue oder Große Lusthaus“ im Tiergarten in Stuttgart baute. Das Lusthaus, das zu den Hauptwerken der deutschen Renaissancepalastbauten z¨ahlte, wurde 1845 von K¨onig → Wilhelm abgerissen; erhaltene Teile sind im Stuttgarter Schloßgarten zu sehen. 1586 errichtete B. sein Wohnhaus in der Calwerstraße, 1588-93 das „Collegium illustre“ in T¨ubingen. 1590 wurde er mit der Planung des Wiederaufbaus der durch Feuer zerst¨orten Stadt Schiltach im Schwarzwald beauftragt. B. quittierte vermutlich seinen Dienst als f¨urstlicher Oberbaumeister nach dem Tod des Herzogs. C AKL Beer, Georg Joseph, o¨ sterr. Augenarzt, * 23. 12. 1763 Wien, † 11. 4. 1821 Wien. Der Sohn des vom Judentum konvertierten Verwalters eines Wiener Klosters war von seinen Eltern zun¨achst f¨ur den geistlichen Stand vorgesehen, zeigte aber schon als Kind Interesse an Medizin und Anatomie. Vom 13. bis zum 19. Lebensjahr war B. Zeichner und Demonstrator im Institut des Augenarztes und Anatomen Joseph → Barth, wo er offensichtlich, ohne studiert zu haben, ein beachtliches ophthalmologisches Wissen erwarb. Seine dort angefertigten Schautafeln und Illustrationen schm¨uckten wichtige anatomische und augen¨arztliche Lehrb¨ucher des 19. Jahrhunderts. Tiefgreifende Divergenzen mit Barth beendeten 1782 die Kooperation. Nach einem dreij¨ahrigen Medizinstudium ließ sich B. 1785 in Wien als Augenspezialist nieder. 1786 folgte die Promotion sowie die Gr¨undung einer ophthalmologischen Privatklinik in einer Wiener Wohnung, die bis 1806 B.s berufliche Wirkungsst¨atte blieb. Wegen seiner unentgeltlichen Behandlung Armer wurde B. 1798 und 1805 von der nieder¨osterreichischen Landesregierung o¨ ffentlich ausgezeichnet. 1806 wurde ihm demonstrativ, gegen eine j¨ahrliche Verg¨utung von 400 Gulden, die Stelle des Stadtarmen-Augenarztes u¨ bertragen, die die konsiliarische Betreuung aller Augenkranken im Allgemeinen Krankenhaus, im Findel- und Waisenhaus sowie in den Gef¨angnissen einschloß. Im gleichen Jahr verf¨ugte → Franz I. die Umwandlung der B.schen Privatklinik in eine o¨ ffentliche Heilanstalt f¨ur Augenkranke. 1798 schlug B. – zu diesem Zeitpunkt noch vergeblich – die Einrichtung einer Augenklinik mit Krankenzimmern und H¨orsaal vor. Dennoch hatte B., der sich 1802 habilitierte, bis ¨ 1803 289 angehende Arzte in dem neuen Lehrfach unterrichtet, dessen Akzeptanz u¨ berw¨altigend war. Trotz m¨achtiger akademischer Gegner (darunter der kaiserliche Protomedicus Joseph von → Stifft) erhielt er 1812 den ersten Wiener (und a¨ ltesten heute in Europa erhaltenen) Lehrstuhl f¨ur Ophthalmologie. 1818 erfolgte die Ernennung zum Ordinarius. Seit 1819 durch einen Schlaganfall behindert, starb B. siebenundf¨unfzigj¨ahrig in Wien. Erstmals in Europa wurde die Augenheilkunde unter B. medizinischer Pr¨ufungsstoff. Wiener Studenten konnten durch
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Beer Teilnahme an zwei Semesterkursen und nach Durchf¨uhrung einer Staroperation den sp¨ateren Zusatztitel eines Augenarztes erwerben. Unter B.s Einfluß emanzipierte sich die Ophthalmologie um 1800 von einem Teilgebiet der Chirurgie zu einem selbst¨andigen medizinischen Fach. Seine Schule zeichnete sich u. a. durch die technische Fortentwicklung der Linsenextraktion – sie war erstmals 1745 in Paris durch Daviel durchgef¨uhrt worden – und neue Operationstechniken wie die Iridodialyse aus. Differentialdiagnose und Nomenklatur der Augenkrankheiten wurden geradezu revolutio¨ niert. Wie viele zeitgen¨ossische Wiener Arzte waren B. und seine Sch¨uler vom Brownianismus, der „romantischen Medizin“ und naturphilosophischen Vorstellungen beeinflußt und vetraten ganzheitsmedizinische Vorstellungen. In Padua (Anton von → Rosas), Pavia (Francesco Flarer), Neapel (Giovanni Battista Quadri), Prag (Nepomuk Fischer), Heidelberg (Maximilian Josef von → Chelius), Glasgow (William MacKenzie), G¨ottingen (Konrad → Langenbeck), W¨urzburg (Kajetan von → Textor), Berlin (Ferdinand Graefe), Budapest (Johann Gottlieb Fabini) und Baltimore (Georg Frick) entwickelten B.s Sch¨uler seine Ideen weiter. Unter B.s wissenschaftlichen Werken sind folgende Titel erw¨ahnenswert: Lehre von den Augenkrankheiten (1792, Neuauflage 1813), Methode, den grauen Star mit der Kapsel auszuziehen (1799) und Bibliotheca Ophthalmica (1799 / 1800). LITERATUR: Biographisches Lexikon der hervorragenden ¨ Arzte aller Zeiten und V¨olker. Hrsg. v. Franz H¨ubotter. Bd. 1. Berlin / Wien 21929, S. 423 f. – Huldrych M. Koelbing: G. J. B.s „Lehre von den Augenkrankheiten“ (Wien 1813 / 1817) in Zusammenhang mit der Medizin seiner Zeit. In: Clio Medica 5 (1970) S. 225-248. – Erna Lesky: Die Wiener Medizinische Schule im 19. Jahrhundert. Graz / K¨oln 1965, S. 79-86. – Wolfgang M¨unchow: Geschichte der Augenheilkunde. Leipzig 21983, S. 347-367. Klaus Bergdolt
a. o. Prof. f¨ur Baustatik 1940 und f¨ur Stahlbau 1946 war B. 1949-52 als Gastprofessor an der argentinischen NationalUniversit¨at Tucum´an t¨atig. Von 1953 bis zu seiner Emeritierung 1972 hatte er an der TH Graz das Ordinariat f¨ur Baustatik und Stahlbau (sp¨ater Stahlbau, Holzbau und Fl¨achentragwerke) inne. B. besch¨aftigte sich mit verschiedenen Problemen des Stahl(wasser)baus und Br¨uckenbaus, u. a. mit H¨angebr¨ucken, der Zellenbauweise, Modellmessungen an Talsperren, r¨aumlichen Systemen, Tr¨agerrosten, Stabilit¨atsproblemen und Verbundkonstruktionen. Seit 1960 war ¨ er Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaf¨ Akad, Jg. 123 ten. C Almanach Ost
Beer, Gottfried Ludwig, Archivar, Schauspieler,
Beer, Johann, auch Behr, B¨ar, B¨ahr, Pseud. Jan Rebhu, Hanss Guck in die Welt, Wolffgang von Willenhag, Ein lebendiger Mensch, Der neue Ehemann, Franciscus Sambelle, Komponist, Dichter, * 28. 2. 1655 St. Georgen (Ober¨osterreich), † 6. 8. 1700 Weißenfels. Als Gymnasiast schrieb B., dessen Vater Gastwirt in St. Georgen, sp¨ater Wachtschreiber in Regensburg war, seine ersten Kom¨odien und Kompositionen. Er belegte 1676 mit einem Stipendium der Stadt Regensburg Theologie in Leipzig, wurde noch im gleichen Jahr Altist der Hofkapelle in Halle und zog 1680 mit dem F¨urstenhof nach Weißenfels. Dort avancierte er 1685 zum Konzertmeister und wurde zudem 1697 herzoglicher Bibliothekar. B., der sich als Berufsmusiker verstand, bekannte sich nie o¨ ffentlich zu seinen Romanen und wurde erst um 1930 als begabter Erz¨ahler und Sa¨ tiriker entdeckt. Uber 20 Romane und Erz¨ahlungen handeln in seiner Heimat oder in satirischer Weise von deutschen Kleinst¨adten (u. a. Der politische Bratenwender, 1682). Er verfaßte Streitschriften gegen die pietistische Musikauffassung. C Killy
* 20. 12. 1763 Ansbach, † 25. 4. 1794 Regensburg. Als Ansbach-Bayreuthischer Archivsekret¨ar gab B. 1789 / 90 das „Magazin f¨ur die Brandenburg-Bayreuthische Geschichte“ heraus. Er verließ diese Stelle 1790, ging nach Regensburg, um Schauspieler zu werden, und trat unter dem Namen Berlau auf.
Beer, Hans, auch Ber, Baumeister, Steinmetz, 15. Jh. B.s Name ist 1481 in einem Amtsregister verzeichnet, das die f¨ur den N¨urnberger Rat t¨atigen Maurermeister nennt. Als sein Hauptwerk gilt die Augustiner-Klosterkirche St. Veit (1479-85) in N¨urnberg; Entwurf und Bauleitung werden ihm zugeschrieben. Einen Eindruck von der 1816 wieder abgebrochenen dreischiffigen, mit einem Netzgew¨olbe versehenen Hallenkirche vermitteln allein noch Zeichnungen von Georg Christian → Wilder. B. wird auch die Kapelle St. Maria im ehemaligen Ebracher Hof (des sp¨ateren Rentamts) in der N¨urnberger Karolinenstraße zugewiesen, die ein a¨ hnliches Gew¨olbe besaß. Der Bau wurde 1901 abgebrochen und 1917 / 18 in den Neubau des Germanischen Nationalmuseums integriert. C AKL
Beer, Hermann, o¨ sterr. Techniker, * 6. 9. 1905 Graz, † 20. 7. 1972 Graz. Nach dem an der TH Graz absolvierten Studium des Bauingenieurwesens erhielt B., Sohn eines Lehrers, 1929 eine Assistentenstelle am Lehrstuhl f¨ur Br¨uckenbau und folgte seinem Lehrer Georg → Kapsch im selben Jahr an die TU M¨unchen. 1933 trat er als Statiker in die Stahlbauabteilung der Firma Humboldt-Deutz-Motoren AG in K¨oln ein. Seit 1936 als Oberingenieur in Stettin t¨atig, wurde er 1937 an der TH Graz mit der Arbeit Festigkeits- und Stabilit¨atsuntersuchungen der Portale oben offener Br¨ucken zum Dr. techn. promoviert. Nach seiner Ernennung zum
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Beer, Hermann Hieronymus, o¨ sterr. Gerichtsmediziner, Psychologe, * 13. 9. 1798 Trebitsch (M¨ahren), † 13. 11. 1873 Wien. B. schloß das Studium der Medizin in Wien 1829 mit der Promotion ab und war anschließend in Znaim als Stadt- und Gerichtsarzt angestellt. 1832 siedelte er nach Br¨unn u¨ ber, war als Choleraarzt in M¨ahren, Galizien und der Lombardei t¨atig und ließ sich 1834 als praktischer Arzt in Wien nieder. 1844-48 Dozent f¨ur gerichtliche Medizin und Psychologie bei der Juristischen Fakult¨at, wurde B. 1848 zum a. o. Prof. und 1866 zum o. Prof. ernannt. Von den Justiz-, Innen- und Unterrichtsministerien wurden ihm mehrfach wissenschaftliche Missionen ins Ausland und zum Studium der Sanit¨atsund Irrenanstalten, Gef¨angnisse und der Irrengesetzgebung anvertraut. B. ver¨offentlichte u. a. Beitr¨age zur Diagnostik dunkler Krankheitszust¨ande des Hirnes nebst Sectionsbefunden nach Beobachtungen im k. k. Allg. Krankenhause (in „Oesterreichische medicinische Wochenschrift“, 1841) und Zur Entwicklungsgeschichte der gerichtlichen Psychologie (in „Vierteljahrsschrift f¨ur Psychiatrie“, 1868). 1837-40 gab er die „Gesundheitszeitung“, seit 1872 mit Theodor → Meynert das „Psychiatrische Centralblatt“ heraus.
Beer, Johann Christoph, Pseud. Amadeus von Fri(e)dleben, Schriftsteller, * 17. 9. 1638 N¨urnberg, † 25. 11. 1712 N¨urnberg. Der aus einer Theologenfamilie stammende B. studierte in Altdorf und Jena Theologie und arbeitete nach 1660 am St. Salvator-Seminar bei N¨urnberg, verlor jedoch seine Stelle, weil er unorthodoxe Positionen vertrat. Da er aus gesundheitlichen Gr¨unden keine Lehrt¨atigkeit u¨ bernehmen konnte, arbeitete B. als Korrektor und Schriftsteller in N¨urnberg. Neben mehreren Gebets- und Erbauungsb¨uchern wie Geistlicher Seelen-Garten (1673) und Die and¨achtiggottergebne Jungfer (1687) schrieb er Reisef¨uhrer (Der getreue Reiß-Gefert, 1686), Pamphlete, geographische Beschreibungen und historische Abhandlungen. B. versuchte
Beer sich mit „Das Neueste von der Zeit“ (1703-08) auch als Zeitungsmacher, gab Liedsammlungen wie Sonnt¨agliche Seelen-Freude (1668) heraus und war als Kompi¨ lator, Ubersetzer und Bearbeiter t¨atig, u. a. des Simplicissimus (1670 / 71) und der Gesamtausgabe der Werke → Grimmelshausens (1683-99). C Killy
Beer, Johann Christoph, Schriftsteller, * 13. 4. 1690 Wien, † 26. 8. 1760 Gottmannshofen (Bayern). B. studierte 1704-15 in Dillingen Theologie, wurde 1711 Magister und 1715 Lizentiat der Theologie. Danach zum Priester geweiht, ist er seit 1728 als Pfarrer in Gottmannshofen nachweisbar. B. schrieb vor allem religi¨os-erbauliche Schriften wie Das Gericht der Elteren (1751), Die Kluge Hauß-Frau (1757) und Der G¨ottliche Willen (1755). Seine Predigten erschienen in Der in Eyl bereitete Prediger (1757, 4 1766). In Der h¨ollische Intelligenz-Zettul (1753) kritisierte er die Aufkl¨arung, der er eine Neigung zur Mystik entgegensetzte. 1753 erschien seine Bearbeitung der Johannes vom ¨ Kreuz-Ubersetzung des Modestus. C Killy
Beer, Johann Ferdinand, o¨ sterr. Architekt, * 19. 10. 1731 Au (Vorarlberg), † 1789 Au. B. arbeitete zu Beginn seiner Laufbahn mit seinem Onkel Johann Michael → B. und erbaute 1767-69 die „Neue Pfalz“, heute Regierungsgeb¨aude im Stiftsbereich von St. Gallen. 1769 entstand St. Gallus in Libingen, 1770 Maria Einsiedeln bei Sch¨onenwegen, 1776-78 der Zentralbau von St. Johannes Baptist in Bernhardzell; 1784 erfolgte die Wiederherstellung von Heiligkreuz, eines Baus von Johann Michael B. in Kirchberg. C AKL Beer, Johann Friedrich, Radierer, Zeichner, * 10. 3. 1741 Eisfeld (Th¨uringen), begraben 7. 11. 1804 Frankfurt / Main. Seit 1760 in Frankfurt t¨atig, erhielt B. 1767 das B¨urgerrecht dieser Stadt. Er malte Miniaturbildnisse und schuf vor allem Radierungen aktueller Ereignisse, z. B. den Aufstieg des Luftschiffs Blanchard. Als eine seiner wichtigsten Arbeiten wird der Entwurf f¨ur ein Monument auf den Frieden von Teschen in Gestalt eines vergoldeten o¨ sterr. Adlers angesehen (1779). C AKL
Beer, Johann Michael, o¨ sterr. Architekt, * 20. 5. 1696 Au (Vorarlberg), † 3. 7. 1780 Bildstein (Vorarlberg). B., genannt Baumeister zu Bildstein, schien erst Mitte des 18. Jh. selbstst¨andige Arbeiten auszuf¨uhren. Er verwendete das in der Vorarlberger Baukunst seltene Motiv einer dreikonchenartigen Ostanlage. B. erbaute das Schiff und den Chor der Pfarrkirche Heiligkreuz in Kirchberg, im Auftrag des Klosters Rheinau 1749 / 50 die Schloßkapelle Mammern und 1761 / 62 St. Michael in Niederb¨uren. 1761-69 leitete er den Bau der Ostfassade und des M¨onchschors der ehemaligen Stiftskirche von St. Gallen. C AKL
Beer, Johann Michael Edler von Blaichten, o¨ sterr. Baumeister, * 17. 8. 1700 Bezau (Vorarlberg), † 26. 8. 1767 Mainz. Nach Studienreisen in Italien arbeitete B. zun¨achst bei seinem Vater Franz → Beer von Blaichten in St. Urban und bei seinem Schwager Peter → Thumb in Rheinau. 1729 entstanden die Entw¨urfe f¨ur das Damenstift in Lindau, 1732-35 erbaute er nach abge¨anderten Entw¨urfen seines Vaters die Klosterkirche in Katharinental bei Deißenhofen / Rhein, 1740-42 den Portalbau der Stiftsanlage St. Blasien. 1738 nahm B. als kaiserlicher Ingenieur-Hauptmann am T¨urkenfeldzug in Ungarn teil. 1754 wurde er kurf¨urstlich Mainzischer Ingenieuroberst. C AKL
Beer, (Johann) Joseph, auch B¨ahr, Baehr, B¨ar, Baer, Behr, Paer, Musiker, Komponist, * 18. 5. 1744 Gr¨unwald (B¨ohmen), † 28. 10. 1812 Berlin. Nach erstem Instrumentalunterricht (Horn, Trompete) bei seinem Vater wurde B. in seinem 14. Lebensjahr Feldtrompeter beim o¨ sterr. Heer. 1771 trat er in franz¨osische Dienste u¨ ber und wurde in Paris Mitglied der Garde du corps, deren Leitung er sp¨ater u¨ bernahm. Hier erlernte er auch das Klarinettenspiel. 1767-77 stand er als Klarinettist in den Diensten des Herzogs von Orl´eans und war 1771-79 bei seinen Auftritten im Concert Spirituel in Paris erfolgreich. Ende 1779 reiste B. u¨ ber Berlin und Warschau nach St. Petersburg und begann im Herbst 1780 mit Konzerten in H¨ausern russischer Adliger. Seit 1782 im Dienst → Katharinas II., wurde er 1783 Konzertmeister des Orchesters des kaiserlichen Theaters. 1792 ging er nach Berlin, wo er im selben Jahr eine Anstellung als preuß. Kammermusikus erhielt. B. war einer der bedeutendsten Klarinettenvirtuosen seiner Zeit. Ihm wird zugeschrieben, der Klarinette die 5. Klappe gegeben zu haben. C MGG
Beer, Leopold, o¨ sterr. Mediziner, * 1800 GroßMeseritsch, † 13. 11. 1881 Br¨unn. Das Studium der Medizin in Wien schloß B. 1826 mit der Dissertation De febribus nervosis secundariis ab und begab sich im selben Jahr mit Joseph → Frank auf eine Reise, auf der er die medizinischen Anstalten und Professoren von Mailand und Pavia kennenlernte. 1828 ließ sich B. in GroßMeseritsch, Teltsch und Iglau als Arzt nieder. Seit 1838 in Br¨unn, wurde er dort 1841 Polizei- und Bezirksarzt, 1851 Mitglied der st¨andigen Medizinalkommission f¨ur M¨ahren und 1871 Vorsitzender des Landessanit¨atsrats f¨ur M¨ahren. B., der sich w¨ahrend der Choleraepidemien von 1849 und 1855 besonders intensiv in der Pflege und Therapie engagierte, ver¨offentlichte entsprechende Schilderungen und legte eine Beschreibung der Schwefelquellen von Trentschin vor (Les bains sulfureux de Trentschin, proprement dits de Teplitz, 1836, dt. Die Trentschiner B¨ader, 1839). Beer, Max, Journalist, * 8. 6. 1886 Wien, † 27. 10. 1965 New York. Nach dem Studium in M¨unchen, Lausanne, Paris, Kiel und W¨urzburg (Promotion 1910) arbeitete B. 1910-14 als Korrespondent deutscher Zeitungen in Paris. Er war publizistisch in Bern f¨ur die Mittelm¨achte und die deutsche Botschaft t¨atig, seit 1920 als Korrespondent f¨ur das „Wolff’sche Telegraphen Bureau“ und die „K¨olnische Zeitung“ in Genf. 1926-31 war er deutscher Konsul in der Informationsabteilung des V¨olkerbunds und unterhielt pers¨onliche Beziehungen zu Außenminister Gustav → Stresemann. Seit 1931 V¨olkerbundberichterstatter, wurde er aus rassischen Gr¨unden 1933 entlassen. B. emigrierte in die Schweiz, 1939 nach Paris, arbeitete f¨ur das franz¨osische Informationsministerium und ging 1940 in die USA. Zun¨achst als Dozent in New York besch¨aftigt, wurde er bald UNO-Mitarbeiter, 1950 UNOKorrespondent der „Neuen Z¨urcher Zeitung“. Er ver¨offentlichte u. a. Zar Poincarew. Die Schuld am Kriege (1914), Die Reise nach Genf (1932) und Die ausw¨artige Politik des Dritten Reiches (1934). C DLL, 20. Jh.
Beer, Max Josef, o¨ sterr. Komponist, Beamter, * 25. 8. 1851 Wien, † 26. 11. 1908 Wien. B. besuchte das Wiener Konservatorium und erhielt vom k. k. Unterrichtsministerium Stipendien. Er schrieb u. a. lyrische Klavierst¨ucke, eine preisgekr¨onte parodistische Operette Das Stelldichein auf der Pfahlbr¨ucke und einige Opern (u. a. Der Streik der Schmiede, 1897). B. war k. k. Rechnungsrat in Wien.
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Beer Beer, Michael, o¨ sterr. Baumeister, * um 1605 Au (Vorarlberg), † 30. 5. 1666 Au. B. z¨ahlt zu den Begr¨undern der Vorarlberger Bauschule. Er erhielt den gr¨oßten Bauauftrag im oberdeutschen Raum, die Kirche des Benediktinerstifts in St. Lorenz in Kempten im Allg¨au (1651-54), und schuf als erster deutscher Baumeister eine Doppelturmfassade im s¨udwestdeutschen Raum. B. leitete den Umbau der Schl¨osser Sigmaringen (1658 / 59) und Haigerloch (1662). Christian und Michael → Thumb z¨ahlen zu seinen Sch¨ulern. Auf der Heimreise von der Grundsteinlegung des Jesuitenklosters in Ebersberg verungl¨uckte B. in der Bregenzer Aache t¨odlich. Er war der Vater von Franz → Beer von der Blaichten. C AKL
Beer, Michael, Dramatiker, * 19. 8. 1800 Berlin, † 22. 3. 1833 M¨unchen. Durch K¨unstler und Schauspieler, die in seinem Elternhaus verkehrten, kam B., Sohn eines Bankiers, fr¨uh mit der Kunst in Ber¨uhrung. Er war 19 Jahre alt, als sein Trauerspiel Klytemnestra, an → Goethes Iphigenie angelehnt, an der Berliner Hofb¨uhne uraufgef¨uhrt wurde. Nach dem Philosophie- und Geschichtsstudium lebte B. in Berlin, Paris, Italien, Wien und M¨unchen. Er wurde am Hof → Ludwigs I. von Bayern gef¨ordert und war mit Eduard von → Schenk befreundet. Mit seinem Einakter Der Paria (1825) setzte er sich f¨ur die Emanzipation der Juden ein und wurde mit dem Trauerspiel Struensee (1829) bekannt, zu dem sein Bruder Giacomo → Meyerbeer die Musik schrieb. C Killy
Beer(-Dom), Nat(h)alie, Pseud. Ursula Berngath, o¨ sterr. Schriftstellerin, * 17. 6. 1903 Au / Bregenzer Wald, † 31. 10. 1987 Rankweil (Vorarlberg). Nach dem Besuch der Handelsschule war B. in verschiedenen Berufen t¨atig, u. a. als Hotelangestellte, Verk¨auferin und Handarbeitslehrerin. Mit Erfolg ver¨offentlichte sie 1941 Erz¨ahlungen unter dem Titel Kleine Kindheit, 1942 den Roman Schicksal auf V¨ogin und 1943 den Roman Der Urahn (21946). 1938-45 war sie Mitarbeiterin des nationalsozialistischen „Vorarlberger Tagblatts“ und 1939-44 der nationalsozialistischen Wochenzeitung „Vorarlberger Landbote“. Nach 1945 publizierte B. Gedichte, Dramen, Romane und Novellen in zahlreichen weiteren B¨uchern (u. a. An die Großen der Welt, 1955; Prophet und Sibylle, 1956, seit 1959 mehrere Auflagen unter dem Titel Wenn die Sterne dunkeln). 1983 erschienen ihre Lebenserinnerungen unter dem Titel Der brennende Rosenbusch. C DLL, 20. Jh. Beer, Otto F(ritz), Pseud. K. Murr, Erik Ronnert, o¨ sterr. Journalist, Schriftsteller, * 8. 9. 1910 Wien, † 22. 4. 2002 Wien. B., Sohn eines Musikp¨adagogen, besuchte das Wiener Konservatorium und wurde 1932 mit der Arbeit Mozart und das Wiener Singspiel zum Dr. phil. promoviert. 1937 / 38 war er Feuilletonredakteur des „Neuen Wiener Journals“ und geh¨orte 1938-40 der Redaktion des „Neuen Wiener Tagblatts“ an. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg wurde er 1945 Chefredakteur der „Salzburger Nachrichten“, 1948 der „Welt am Abend“ (Wien). 1949-52 leitete er die Kulturredaktion der Wochenzeitung „Der Standpunkt“ in Me¨ ran, 1952-67 der Zeitschrift „Neues Osterreich“ in Wien. B. war auch freier Mitarbeiter des ORF und Kulturkorrespondent f¨ur verschiedene deutsche Zeitungen in Wien, u. a. f¨ur die „S¨uddeutsche Zeitung“. Neben seiner T¨atig¨ keit als Musik- und Theaterkritiker sowie als Ubersetzer aus dem Englischen, Franz¨osischen und Italienischen schrieb B. Romane (u. a. Wiedersehen in Meran, 1952, auch als Kom¨odie und Operette, 1960; Ich, Rodolfo, Magier, 1965), Kom¨odien (u. a. Don Juan ist nicht gestorben, 1954, als Ope¨ rette 1960) und Erz¨ahlungen. 1989 erhielt er den Osterreichischen Staatspreis f¨ur Kulturpublizistik. C DLL, 20. Jh.
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Beer, Rudolf, Literaturhistoriker, * 5. 12. 1863 Bielitz (Schlesien), † 13. 12. 1913 Wien. In Schlesien geboren, zog B. fr¨uh mit seinen Eltern nach Wien, wo er sp¨ater klassische Philologie studierte und promoviert wurde. Er war Kustos und Leiter der Handschriftenabteilung der k. k. Hofbibliothek und Lektor f¨ur romanische Sprachen an der Univ. Wien. B. ver¨offentlichte in lateinischer, spanischer und deutscher Sprache Werke u¨ ber Pal¨aographie, Sammlungen mittelalterlicher Manuskripte sowie klassische und altspanische Literaturgeschichte; 1892-96 gab er die Monumenta conciliorum generalium heraus. C Bursian, Jg. 36 Beer, Wilhelm, Astronom, Bankier, * 4. 1. 1797 Berlin, † 27. 3. 1850 Berlin. Der Bruder des Dramatikers Michael → B. und des Komponisten Jakob Meyer, genannt → Meyerbeer, wurde Bankier in Berlin. Seiner Neigung zur Astronomie entsprechend, richtete er im Berliner Tiergarten eine Privatsternwarte ein. Gemeinsam mit dem Astronomen Johann Heinrich → M¨adler beobachtete B. Mars und Mond; er lieferte zu seiner Zeit grundlegende selenographische Arbeiten (Mondbeschreibungen), u. a. die erste vollst¨andige Karte des sichtbaren Teils der Mondscheibe (Mappa selenographica totam Lunae hemisphaeram visibilem complectens observ., 1836; Der Mond nach seinen kosmischen und individuellen Verh¨altnissen, oder allgemeine vergleichende Selenographie, 2 Bde., 1837). C Asimov
Beer, Wilhelm Amandus, Maler, * 9. 8. 1837 Frankfurt / Main, † 19. 1. 1907 Frankfurt / Main. Eine erste Ausbildung erhielt B. bei seinem Großonkel Anton → Radl. Bis 1852 studierte er am St¨adelschen Kunstinstitut in Frankfurt / Main bei Jakob → Becker und Eduard → Steinle, dessen Mitarbeiter er 1861 bei der Ausf¨uhrung der Fresken im Wallraf-Richartz-Museum in K¨oln und 1879 / 80 an der Ausstattung des Frankfurter Opernhauses war. Studienfahrten durch den Taunus und Aufenthalten in Kronberg folgten Reisen nach M¨unchen, Wien und in die Alpen. Seit 1870 in Frankfurt / Main ans¨assig, wurde er 1897 Leiter des Meister-Ateliers am St¨adelschen Kunstinstitut und 1899 Professor. B. malte Landschaften aus dem Taunus; nach Skizzen seiner Rußlandreisen (1867-70, 1877 ¨ und 1902) entstanden Olbilder und Aquarelle mit Genreszenen des russischen Volkslebens, wof¨ur er den Beinamen „Russen-Beer“ erhielt. C AKL
Beer-Hofmann, Richard, bis 1884 Beer, o¨ sterr. Schriftsteller, * 11. 7. 1866 Rodaun (heute zu Wien), † 26. 9. 1945 New York. Der Sohn eines j¨udischen Rechtsanwalts studierte in Wien und wurde 1891 zum Dr. jur. promoviert. Finanziell unabh¨angig, lebte er als freier Schriftsteller in seiner Heimatstadt, eng befreundet mit den Autoren des sog. „Jungen Wien“, vor allem mit Arthur → Schnitzler und Hugo von → Hofmannsthal. Gemeinsame Theaterarbeit verband ihn fr¨uh auch mit Max → Reinhardt. B.-H. geh¨orte zu den wichtigen Vertretern des Jungen Wien, die regelm¨aßig im Caf´e Griensteidl verkehrten. Neben fr¨uher Prosa (etwa der Erz¨ahlung Der Tod Georgs [1899 / 1900], in der Prozesse introspektiver Selbstanalyse thematisiert werden und die Technik des inneren Monologs begegnet) und dramatischen Werken wie dem von Philipp Massinger und Nathaniel Field angeregten St¨uck Der Graf
Beethoven von Carolais (1905) und Arbeiten f¨ur das Theater (so dem 1918 als Vorspiel einer geplanten biblischen Trilogie unter dem Titel Die Historie von K¨onig David [1918-34] erschienenen St¨uck Ja´akobs Traum) schrieb B.-H. einige Gedichte, die zur bedeutendsten Lyrik seiner Generation geh¨oren, so das ber¨uhmte „Schlaflied f¨ur Mirjam“, seine Tochter. Lange hatte er das Leben eines Dandy gef¨uhrt, ehe er in der Begegnung mit der jungen Paula Lissy, die er 1897 heiratete, eine vollst¨andige Wandlung erfuhr, durch die er fortan zum Dichter von j¨udischer Fr¨ommigkeit, Gerechtigkeit, Ehe und dem Mysterium der Vaterschaft wurde. Die Begegnung mit seiner Frau und die Zeit der Ehe schildert das postum 1949 in New York erschienene Fragment Paula. Die Gedichte, die „nur durch sie wurden“, vereinigte B.-H. zu dem Band Verse (1941). 1936 hatte B.-H. Pal¨astina besucht, die geplante Emigration mußte er wegen der Herzschw¨ache seiner Frau verschieben; erst 1939 konnte das Ehepaar nach Z¨urich ausreisen, wo Paula verstarb. Im Oktober 1939 emigrierte der Dichter nach New York. WERKE: Gesammelte Werke. Frankfurt / Main 1963. – Große Richard Beer-Hofmann-Ausgabe in 6 B¨anden. Hrsg. v. G¨unter Helmes, Michael M. Schardt und Andreas Thomasberger. Paderborn 1996. Suppl.-Bde. 1998 (Bd. 8 = Der Briefwechsel mit Paula 1896-1937. Hrsg. v. Richard M. Sheirich). – Hugo von Hofmannsthal / R. B.-H.: Briefwechsel. Hrsg. v. Eugene Weber. Frankfurt / Main 1972. – R. B.-H. / Arthur Schnitzler: Briefwechsel. Hrsg. v. Konstanze Fliedl. Wien 1992. LITERATUR: Gabriella Rovagnati: Spleen e artificio. Poeti ¨ minori della Vienna di fine secolo. Napoli 1994. – Uber R. B.-H. Hrsg. v. S¨oren Eberhardt. Paderborn 1996. – ¨ B.-H. Zwischen Asthetizismus und Judentum. Hrsg. v. Dieter Borchmeyer. Paderborn 1996. Hans-Albrecht Koch
Beer-Walbrunn, Anton, Komponist, Musikp¨adagoge, * 29. 6. 1864 Kohlberg bei Weiden (Oberpfalz), † 22. 3. 1929 M¨unchen. B.-W., Sohn eines Lehrers und Kantors, erhielt von seinem Vater den elementaren Klavier-, Orgel- und Violinunterricht. 1877 bezog er die Pr¨aparandenanstalt in Regensburg, studierte 1880 am Lehrerseminar in Eichst¨att und wechselte Ende desselben Jahres an das Lehrerseminar in Amberg. Zun¨achst Hilfslehrer in verschiedenen oberpf¨alzischen Orten, unterrichtete er seit 1886 am Seminar in Amberg, sp¨ater in Eichst¨att, wo er auch als Domorganist t¨atig war. B.-W. ließ sich dann an eine M¨unchner Schule versetzen und wurde Hospitant an der Akademie der Tonkunst. Nach Aufgabe des Lehrerberufs widmete er sich ganz dem Studium, u. a. der Komposition bei Joseph Gabriel → Rheinberger. Seit 1901 war B.-W. Lehrer f¨ur Klavier, Harmonielehre, Kontrapunkt und Komposition an der Akademie der Tonkunst in M¨unchen; 1908 wurde er zum Prof. ernannt. Zu seinen Sch¨ulern z¨ahlte Wilhelm → Furtw¨angler. Graf Adolf Friedrich von → Schack f¨orderte B.-W. und erm¨oglichte die Ver¨offentlichung seiner ersten Kompositionen. B.-W.s Werk umfaßt Lieder, eine Violinfantasie, ein Klavierquartett, eine Cellosonate, ein Chorwerk Mahomets Gesang und vier Opern (u. a. Don Quixote, 1908). C MGG
Beermann, Friedrich, Politiker, Milit¨ar, * 9. 10. 1912 Moskau, † 24. 11. 1975 Kiel. Zun¨achst deutsch-national eingestellt, trat B., Sohn eines Kaufmanns, 1934 in die Wehrmacht ein. 1947 schloß er sich der SPD an, studierte 1948-51 Rechtswissenschaften und ließ sich als Anwalt in Hamburg nieder. B. wurde 1955 milit¨arischer Berater der SPD-Bundestagsfraktion, geh¨orte seit 1959 der Bundeswehr an und ging als Mitarbeiter der deutschen Vertretung der NATO-Kommission nach Washington. Er wurde Milit¨arattach´e der Deutschen Botschaft in Neu
Delhi und 1968, inzwischen Brigadegeneral, deutscher Bevollm¨achtigter der NATO-Gruppe Nord in M¨onchengladbach. Bei den Bundestagswahlen von 1969 und 1972 bewarb B. sich erfolgreich als Kandidat der SPD. C MdB
Beermann, Johann Heinrich, Jurist, * 28. 2. 1767 Homberg (Hessen), † n. e. Vom Vater zum Milit¨ar bestimmt, widmete sich B. nach dessen Tod 1780 dem Studium der Rechtswissenschaften und immatrikulierte sich 1784 an der Univ. Marburg. Nach Abschluß seiner Studien wurde B. Auditeur und Quartiermeister bei einem Regiment in Marburg, sp¨ater in Hersfeld, kam 1792 als Regierungssekret¨ar nach Rinteln und war seit 1798 Oberschultheiß in Karlshafen. Von 1799 an Rat, wurde er 1804 als Oberschultheiß und Kriminalrichter nach Kassel berufen und war seit 1814 k¨oniglich preuß. Regierungsrat. B. schrieb u. a. Grunds¨atze des heutigen deutschen Kriegsrechts (1795). C Strieder Beese, Amelie Hedwig, verh. Beese-Boutard, Pilotin, * 13. 9. 1886 Laubegast bei Dresden, † 22. 12. 1925 Berlin. B., die Bildhauerin werden wollte, besuchte die Kgl. Akademie der freien K¨unste in Stockholm und arbeitete dann in M¨unchen und Dresden. Sie wandte sich jedoch von der Kunst ab, entwickelte ein Flugboot und erlernte 1910 / 11 bei R. von Mossner und Hellmuth → Hirth in Johannisthal das Fliegen. 1911 erhielt sie als erste Frau in Deutschland den Flugschein. 1912 gr¨undete sie mit dem Franzosen Charles Boutard in Johannisthal eine Flugschule, sp¨ater eine Flugzeugfabrik. Wegen der Herkunft ihres Mannes von der „Nationalflugspende“ ausgeschlossen, wurden beide bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs interniert. Nach dem gescheiterten Versuch, ihre Flugzeugf¨uhrerpr¨ufung erneut abzulegen, nahm sich B. das Leben. C NDB Beeth, Lola, S¨angerin, * 23. 11. 1860 / 62 / 64 Krakau, † 18. 3. 1940 Berlin. B. begann ihre musikalische Ausbildung in Lemberg, wurde Sch¨ulerin von Marie Louise → Dustmann-Meyer in Wien, studierte bei Pauline Viardot-Garc´ıa in Paris, bei Francesco Lamperti in Mailand und bei Rosa Deruda in Berlin. 1882 deb¨utierte sie als Elsa im Lohengrin an der Berliner Hofoper und blieb bis 1888 Ensemblemitglied. 1888-95 trat sie an der Wiener Hofoper auf, gastierte 1895 an der Grand Op´era von Paris und sang 1895 / 96 an der New Yorker Metropolitan Opera. Es folgten Gastspiele in London, St. Petersburg, Moskau, Warschau und Monte Carlo, 1898-1901 ein Engagement an der Wiener Hofoper. Sp¨ater lebte B. in Berlin, gab Konzerte und war als Gesangsp¨adagogin t¨atig. C Kutsch
Beethoven, Ludwig van, Komponist, getauft 17. 12. 1770 Bonn, † 26. 3. 1827 Wien. Als Sohn des Hoftenoristen Johann van B. (und Enkel des Hofkapellmeisters Ludwig van ¨ wuchs B. im UmB. d. A.) kreis der Hofmusik an der kurk¨olnischen Residenz Bonn auf; seit 1784 war er neben seinem Lehrer Christian Gottlob → Neefe, unter dessen Anleitung er seit 1782 erste Kompositionen in Druck gegeben hatte, zweiter Hoforganist. In Bonn allgemein gesch¨atzt, ergingen auch aus der B¨urgerschaft Auftr¨age an ihn, etwa f¨ur eine Kantate auf den Tod Kaiser → Josephs II. 1790. Der K¨olner HabsburgerErzbischof → Maximilian Franz finanzierte 1787 eine erste Wien-Reise B.s, der seit 1792 eine zweite, ausgedehntere
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Beethoven folgte, ebenso auf Kosten des Hofs und besonders unterst¨utzt von Ferdinand Graf → Waldstein. B.s Lehrer in Wien war zun¨achst Joseph → Haydn (sp¨ater auch Johann Georg → Albrechtsberger, Johann → Schenk, Antonio → Salieri); 1794 mußte der Bonner Hof unter dem Druck der Revolutionskriege die Zahlungen an B. einstellen. Die Finanzierung zielte unstrittig auf seine R¨uckkehr an den Bonner Hof ab; erst nach dessen faktischer Aufhebung blieb B. auf Dauer in Wien, das er nur f¨ur einige Reisen verließ (und wo er notorisch h¨aufig umzog). Neben dem Unterricht komponierte er weiterhin (Klaviertrios op. 1, Klaviersonaten op. 2, zahlreiche Variationenzyklen) und konzertierte seit 1795 o¨ ffentlich als Pianist, zuvor schon im Haus seines F¨orderers Karl F¨urst Lichnowsky, der mit Graf Waldstein verschw¨agert war (B.s Wiener G¨onnerkreis ergab sich wesentlich durch Verwandtschaftsbeziehungen in diesem Zirkel). Lichnowsky unterhielt ein Streichquartett, das der Geiger Ignaz → Schuppanzigh anf¨uhrte; dieser wurde zu einem der wichtigsten fr¨uhen Interpreten von B.s Werken und eine Schl¨usselfigur f¨ur dessen Streichquartett-Komposition. Lichnowsky veranlaßte u. a. eine Konzertreise B.s 1796 nach Prag, Dresden, Leipzig und Berlin (zu K¨onig → Friedrich Wilhelm II.). Aus dem ersten Jahrzehnt in Wien stammen Klaviersonaten wie die Path´etique oder die Mondschein¨ Sonate (Titel von Ludwig → Rellstab), daneben Uberarbeitungen von Werken aus Bonner Zeit (z. B. Klavierkonzert Nr. 2 op. 19, a¨ lter als Nr. 1 op. 15), Werke in zukunftsweisenden Gattungen (Lied Adelaide, 1796) sowie B.s erste Streichquartette (op. 18 Nr. 1-6, 1798 / 1800, gewidmet Franz Joseph F¨urst → Lobkowitz) und seine ersten beiden Sinfonien (C-Dur, D-Dur, 1800 / 02). Seine Verzweiflung angesichts einer einsetzenden Ertaubung pr¨agte 1802 das Heiligenst¨adter Testament. In der Zeit der napoleonischen Kriege (1799-1815), die f¨ur B. oftmals als „zweite Schaffensperiode“ charakterisiert wird, nimmt er mit manchen Kompositionen Anteil an „heroischen“ Zeitstr¨omungen und erschloß mit seinen Werken (Stoffe, Widmungen) ein weites europ¨aisches Spektrum. Seine 3. Sinfonie (Es-Dur op. 55, Eroica, 1803 / 04) konzipierte er aus Bewunderung f¨ur Napoleon als Konsul, r¨uckte aber von ihr nach dessen Kaiserkr¨onung 1804 ab. Wenig sp¨ater schrieb er die drei Rasumowsky-Quartette op. 59 f¨ur den russischen Gesandten Andreas Graf Rasumowsky (Lichnowskys Schwager), offenbar strikter NapoleonGegner, widmete Prinz → Louis Ferdinand von Preußen das 3. Klavierkonzert (c-Moll op. 37, Druck 1804) und schrieb Klaviervariationen u¨ ber englische Nationalhymnen. Auch o¨ sterr. Bindungen B.s werden deutlich, etwa mit den Widmungen an Erzherzog → Rudolf (beginnend mit dem 4. Klavierkonzert G-Dur op. 58), der seit 1803 / 04 sein Klaviersch¨uler war und 1809 gemeinsam mit Lobkowitz und Ferdinand F¨urst Kinsky eine Jahresrente (4000 Gulden) f¨ur B. aussetzte; diese erm¨oglichte es ihm, einen Ruf als Kapellmeister an den Hof J´erˆome Bonapartes nach Kassel abzulehnen. Somit bezog B. allgemein eine Position zu nationalen Str¨omungen, ohne daß sie sich auf Frankreich und Napoleon konzentrieren ließe. Auf franz¨osischen Quellen basierend, trat B. 1805 / 06 mit zwei gleichermaßen gl¨ucklosen Fassungen der Oper Leo¨ nore an die Offentlichkeit (1814, umgearbeitet als Fidelio, ein großer Erfolg). Die Titelfigur l¨aßt sich, als Mann verkleidet, als Gehilfe des W¨arters in dem Gef¨angnis anstellen, in dem ihr Mann Florestan zu Unrecht festgehalten wird; sie kann schließlich verhindern, daß dieser durch den Gouverneur Pizarro ermordet wird. Weitere Werke B.s mit a¨ hnlich freiheitlichen und „heroischen“ Stoffen sind die Ouvert¨ure zu Heinrich Joseph von → Collins Schauspiel Coriolan (1807; gegen¨uber Shakespeare als Held idealisiert) und die Schauspielmusik zu → Goethes Egmont (1809 / 10).
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Auch die „Schicksalssinfonie“ (Nr. 5 c-Moll, 1807 / 08) scheint in diese Richtung zu zielen; daß das „Heroische“ sein Schaffen nicht restlos beherrschte, zeigt die direkt benachbarte 6. Sinfonie (Pastorale, F-Dur), in der B. beim H¨orer musikalisch Naturempfindungen zu wecken versucht. Weitere Werke der Zeit sind etwa das Tripelkonzert und das Violinkonzert sowie Klavierwerke wie die Waldstein-Sonate oder die Appassionata. In der Es-Dur-Klaviersonate op. 81a thematisiert er 1809 den Abschied von Erzherzog Rudolf, der mit der kaiserlichen Familie vor den einr¨uckenden Franzosen aus Wien flieht (daher der Titel Les Adieux f¨ur das Gesamtwerk); 1810 wurden die S¨atze „Abwesenheit“ und „Das Wiedersehn“ hinzukomponiert. 1811 und 1812 unternahm B. Reisen in die b¨ohmischen B¨ader, vor allem nach Teplitz; von dort aus kam es 1812 zu den ber¨uhmten Begegnungen mit Goethe in Karlsbad. Außerdem entstand B.s undatierter Brief an die „unsterbliche Geliebte“ w¨ahrend des Sommeraufenthalts 1812. Er bezieht sich auf Antonie Brentano, die mit dem Kaufmann Franz Brentano verheiratet war (M. Solomon); mit der Familie hatte B. zuvor in Wien engen Kontakt gehabt. Im Sommer 1812 vollendete er seine Sinfonien Nr. 7 (A-Dur) und 8 (F-Dur), letztere in Linz bei seinem Bruder Johann. Bei der Urauff¨uhrung der 7. Sinfonie 1813 wurde auch Wellingtons Sieg oder Die Schlacht bei Vittoria erstmals musiziert, eines von B.s umstrittensten Werken: Er hatte von Johann Nepomuk → M¨alzel, dem Metronomerfinder, den Auftrag erhalten, f¨ur dessen „Panharmonicon“ (einen Musikautomat) eine Siegesmusik zu schreiben; die maßgeblich erweiterte, orchestrierte Fassung wurde zu einem der erfolgreichsten Werke B.s unter den Zeitgenossen. Es begr¨undete eine herausgehobene Stellung B.s auch in der Zeit des Wiener Kongresses; da es eine komponierte Schlacht enth¨alt, wurde dieses (im Kompositorischen durchaus bemerkenswerte) Werk bald abgelehnt. Die Zeit nach 1815 gilt als eine Schaffenskrise B.s, die maßgeblich damit erkl¨art wird, daß sich B., zeitlebens unverheiratet, um die Vormundschaft f¨ur seinen Neffen Karl (geb. 1806, Sohn von B.s Bruder Carl) bem¨uhte und sie gerichtlich gegen dessen Mutter Johanna van B. durchzusetzen versuchte. In mehreren Prozessen und Revisionen wurde das Kind bald seiner Mutter, bald seinem Onkel zugesprochen. 1818 stellte sich heraus, daß B.s Namensbestandteil „van“ kein Adelstitel ist; das Verfahren wandte sich zugunsten der Mutter, doch letztlich setzte sich B. durch. 1826 reagierte Karl auf seine Situation mit einem (mißgl¨uckten) Selbstmordversuch. Ein quantitativer Schaffensr¨uckgang B.s nach 1815 l¨aßt sich aber auch musikalisch erkl¨aren. Offenbar experimentierte er mit neuen klanglichen M¨oglichkeiten; sie pr¨agen Werke wie die e-Moll-Klaviersonate op. 90 oder das Quartetto serioso f-Moll op. 95, die somit eine gesteigerte Komplexit¨at des Arbeitsprozesses spiegeln. Die fast v¨ollige Ertaubung behinderte B. (als erfahrenen Musiker, der beim Komponieren nicht auf ein Instrument angewiesen war) somit nur im Kontakt zur Außenwelt; Versuche, o¨ ffentlich zu musizieren, scheiterten, und Gespr¨ache konnte er nur u¨ ber „Konversationshefte“ f¨uhren, in die seine Gespr¨achspartner ¨ ihre Außerungen eintrugen. Eine neue Intensit¨at erhielt B.s Schaffen („dritte Periode“) von der Klaviersonate her: 1817 / 18 entstand die Hammerklavier-Sonate op. 106 (schon f¨ur die Vorg¨angerSonate op. 101 hatte er im Titel das Instrument deutsch statt italienisch benannt, so daß jenes Werk seinen Beinamen eher zuf¨allig erhielt); es schlossen sich die drei letzten Klaviersonaten op. 109-111 an (1820-22). Um die gleiche Zeit arbeitete B. an der Missa solemnis, zun¨achst geplant zur Inthronisation Erzherzog Rudolfs als Erzbischof von Olm¨utz 1820, aber erst 1822 / 23 vollendet. Ihre Urauff¨uhrung fand 1824 in St. Petersburg in konzertantem Rahmen statt; er hatte zu-
Begas vor Abschriften des Werks zur Subskription angeboten, und eine erwarb der russische Adlige Nikolai Borissowitsch Galitzin, der durch Vermittlung des Geigers Schuppanzigh B. mit der Komposition von Streichquartetten beauftragt hatte. Deren Komposition ging noch die Entstehung der 9. Sinfonie (d-Moll op. 125) voraus, 1824 vollendet; ihr ber¨uhmtester Satz ist der Schlußchor u¨ ber → Schillers An die Freude, ein Gedicht, f¨ur das sich B. schon in seiner Bonner Zeit begeistert hatte und nach dessen Muster er zahlreiche Jubelch¨ore konzipierte (z. B. Chorfantasie op. 80). Der Galitzin-Auftrag wurde mit den ersten drei der „sp¨aten“ Quartette B.s erf¨ullt (op. 127, 130, 132); B. setzte die Quartettkomposition noch fort (op. 131, 135), l¨oste aus dem Quartett op. 130 den Schlußsatz als Große Fuge op. 133 heraus und schrieb f¨ur jenes Werk ein Ersatzfinale. B.s Begr¨abnis am 29. 3.1827 war, privat organisiert, eine gewaltige Kundgebung von Vertretern breiter Kunstkreise, a¨ ußerlich einem Staatsakt vergleichbar; zahlreiche K¨unstler (u. a. Franz → Schubert) wirkten als Sarg- oder Fackeltr¨ager. Franz → Grillparzer verfaßte eine ber¨uhmte Grabrede. B.s Wirkung strahlte zun¨achst auf die deutsche Romantik aus (vgl. Aufs¨atze Ernst Theodor Amadeus → Hoffmanns u¨ ber B.s Musik, 1810-13, in denen er einerseits als Romantiker, andererseits neben Haydn und → Mozart in einem „klassischen Dreigestirn“ dargestellt wird). Eine besondere Funktion u¨ bernahm Franz → Liszt („Sinfonische Dichtung“) und Richard → Wagner (indem dieser die Theorie des Musikdramas von B.s Musik herleitete, besonders von der 9. Sinfonie). J¨ungeren Komponisten galt B. auch als Vorbild, das ein eigensch¨opferisches Vorgehen behindern k¨onne (vgl. Johannes → Brahms in seinen Problemen, eine erste Sinfonie zu schreiben); anderen konnte die Neunzahl der Sinfonien als Schicksals-Norm erscheinen (Anton → Bruckner, Gustav → Mahler). Die epochale Funktion B.s wurde auch literarisch aufgegriffen (vgl. vor allem den Beethoven-Roman Jean-Christophe von Romain Rolland, 1904-12). LITERATUR: Maynard Solomon: B. Biographie. Frankfurt / Main 1987 (New York 1979). – Barry Cooper: Das Beethoven-Kompendium. M¨unchen 1992 (London 1991). – Joseph Kerman / Alan Tyson: B. Stuttgart 1992 (London 1980). – Konrad K¨uster: B. Stuttgart 1994. – Albrecht Riethm¨uller u. a. (Hrsg.): B. Interpretationen seiner Werke. Laaber 1994. Konrad K¨uster
Beetschen, Lucie, Pseud. Anna Burg, schweizer. Schriftstellerin, * 2. 6. 1875 Aarburg (Kt. Aargau), † 25. 10. 1950 Aarburg. B. verbrachte ihre Jugend in Aarburg, heiratete den Schriftsteller und Redakteur Alfred Beetschen und lebte einige Jahre in M¨unchen und Berlin. Unter Pseudonym ver¨offentlichte sie in Zeitschriften und in Buchform Novellen, Erz¨ahlungen und Gedichte, u. a. das M¨adchentagebuch Fernen Feuers Widerschein (1917). Walter → M¨uller von Kulm, Direktor des Konservatoriums von Basel, vertonte einige ihrer Gedichte. 1952 erschien ihre Biographie Im Jahrbuch der Ernte. C DLL, 20. Jh. Beetz, (Friedrich) Wilhelm (Hubert) von, Physiker, * 27. 3. 1822 Berlin, † 22. 1. 1886 M¨unchen. Nach der Promotion (De cobalti oxydis, eorumque connubiis nonnullis) zun¨achst als Prof. der Physik am Kadettenkorps, an der Artillerieschule und an der Seekadettenschule in Berlin besch¨aftigt, erhielt B., Sohn eines Lehrers am Kadettenkorps, 1856 eine Professur an der Univ. Bern und wurde Direktor der dortigen Sternwarte. 1859 folgte er einem Ruf nach Erlangen, 1868 an das Polytechnikum in M¨unchen. B. war seit 1869 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und seit 1872 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1876 wurde er in den Adelsstand erhoben. B. ver¨offentlichte u. a. einen Leitfaden der Physik
(1846, 111893) und Grundz¨uge der Elektrizit¨atslehre (1878). 1882 stand er als Pr¨asident der Elektrischen Ausstellung in M¨unchen vor. C NDB
Beetz, Wilhelm, Bibliothekar, * 26. 2. 1882 Kiel, † 14. 7. 1966 Wien. B. studierte an der Univ. Wien Kunst-, Musik- und neuere Geschichte. Er wurde 1906 Sekret¨ar der k. u. k. FamilienFideikommiß-Bibliothek, nahm am Ersten Weltkrieg teil und ¨ war seit 1921 Bibliothekar der Osterreichischen Nationalbibliothek. 1934 erfolgte seine Ernennung zum Oberstaatsbibliothekar. 1932-47 war B. Direktor der Portr¨atsamm¨ lung der Osterreichischen Nationalbibliothek. Er hinterließ ein umfangreiches Werk, u. a. Die Portr¨atsammlung der National-Bibliothek in ihrer Entwicklung (1935). ¨ bis 1825: Begasse, Maler, Begas, Karl (Joseph) d. A., * 30. 9. 1794 Heinsberg (Bez. Aachen), † 23. 11. 1854 Berlin. Der Sohn eines hohen Justizbeamten wurde von Clemens August Philippart in Malerei unterrichtet und 1815 f¨ur eine Raffael-Kopie von K¨onig → Friedrich Wilhelm III. mit einem Stipendium gef¨ordert. B. setzte seine Studien in Paris fort, wo er bis 1821 blieb und Anh¨anger der romantischen Historienmalerei war. Beeindruckt von der Gem¨aldesammlung der Br¨uder → Boisser´ee in Stuttgart und den Fresken von Giotto in Padua, wandte er sich, 1822-24 Stipendiat in Italien, den Nazarenern zu. 1924 erhielt er eine Professur an der Kgl. Kunstakademie in Berlin; zu seinen Sch¨ulern z¨ahlten sein Sohn Oskar → B., Eduard → Holbein. 1830 wandte sich B. der deutschen Romantik, etwa 1840 dem Realismus zu. Er malte Historien- und Genrebilder sowie Portr¨ats. B. war der Vater von Karl d. J. und Reinhold→ B. C AKL
Begas, Karl d. J., Bildhauer, * 23. 11. 1845 Berlin, † 21. 2. 1916 K¨othen (Anhalt). B. erhielt eine erste Ausbildung von seinem Vater, dem Ma¨ studierte 1862-64 an der Kgl. Kunstler Karl → B. d. A., akademie in Berlin und sp¨ater im Atelier seines Bruders Reinhold → B. Unter dem Bildhauer Louis → SussmannHellborn arbeitete er an den Denkm¨alern f¨ur → Friedrich den Großen und → Friedrich Wilhelm III. Seit 1866 selbst¨andig, begab er sich 1869 auf eine Studienreise nach Rom, kehrte f¨ur drei Jahre nach Berlin zur¨uck und lebte weitere f¨unf Jahre in Rom. B. dem Kreis um Hans von → Mar´ees nahe. In Berlin arbeitete er h¨aufig an o¨ ffentlichen Auftr¨agen mit seinem Bruder zusammen. 1890-98 wurde B. Professor an der Kunstakademie Kassel undd war anschließend wieder in Berlin t¨atig. C AKL Begas, Oskar, Maler, * 31. 7. 1828 Berlin, † 10. 11. 1883 Berlin. ¨ malte schon als Kind Der a¨ lteste Sohn von Karl → B. d. A. hochbezahlte Bildnisse, studierte 1847-49 an der Kgl. Kunstakademie in Berlin, 1850 / 51 in Dresden und gewann mit dem Bild Untergang Pompejis den ersten Preis und damit ein Romstipendium der Berliner Akademie. 1852-54 in Italien, malte er f¨ur St. Michael in Berlin eine Kreuzabnahme. 1854 u¨ bernahm B. das Atelier seines Vaters, wurde Mitglied im Verein Berliner K¨unstler und 1866 zum Prof. ernannt. Kurzen Reisen nach Frankreich und Grßbritannien folgte 1876 / 77 ein Aufenthalt in Italien. B. war f¨ur seine genauen Bildnisse bekannt; er malte auch historische, mythologische und religi¨ose Darstellungen. C AKL Begas, Reinhold, Bildhauer, * 15. 7. 1831 Berlin, † 3. 8. 1911 Berlin. ¨ und Bruder von Karl Der Sohn des Malers Karl → B. d. A. → B. d. J. und Oskar → B. war nach dem Studium an der Kgl. Kunstakademie in Berlin von 1848 bis etwa 1855 im Atelier von Christian Daniel → Rauch besch¨aftigt. 1856-58
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Beger mit einem Stipendium in Rom, lebte er im Kreis um Franz → Lenbach, Arnold → B¨ocklin und Anselm → Feuerbach. 1861 wurde B. an die Kunstschule von Weimar berufen; 1865 kehrte er nach Berlin zur¨uck. Beeindruckt von den Werken Michelangelos und Giovanni Lorenzo Berninis, fand er zu einem antik-klassizierenden Stil mit barocken Einfl¨ussen. Der Neptunbrunnen in Berlin (1886-91) z¨ahlt zu seinem Hauptwerk. C AKL
Beger, Eusebius, Jurist, * 31. 10. 1721 Reutlingen, † 10. 4. 1788 Ulm. B. studierte seit 1743 Rechtswissenschaften in T¨ubingen, war seit 1748 Lizentiat und danach Ratskonsulent in Ulm. Sp¨ater wurde er mit dem Amt eines B¨ucherzensors betraut und zum Sublevations- und schw¨abischen Kreisdeputierten ernannt. An der Diskussion um eine Neuordnung des R¨omischen Rechts beteiligte er sich u. a. mit der Schrift Conspectus corporis juris Romani ad ordinem institutionum systematice dispositi [. . .] (1764). Beger, (Paul) Johannes, Mineraloge, * 11. 12. 1886 Elstra, † 5. 3. 1970 Hannover. B. leistete 1914-18 Kriegsdienst und ging 1919 als Assistent an das Mineralogische Institut der Univ. T¨ubingen. Im selben Jahr wurde seine Dissertation von 1914 (Beitr¨age zur Kenntnis der Kalkalkalireihe der Lamprophyre im Gebiete des Lausitzer Granitlakkolithen) in Leipzig angenommen und B. zum Dr. phil. promoviert. Seit 1920 war er Privatdozent der Mineralogie und Petrographie an der Univ. T¨ubingen. 1925 wurde er zun¨achst a. o. Prof. und Vorstand des Mineralogisch-Petrographischen Instituts der dortigen Univ., dann an die Univ. Rostock berufen und im November Ordinarius an der Univ. T¨ubingen. 1927 ging B. als Prof. der Mineralogie und Geologie sowie als Vorstand des Mineralogisch-Geologischen Instituts der TH nach Hannover, wo er 1955 emeritiert wurde. Er ver¨offentlichte u. a. einen Geologischen F¨uhrer durch die Lausitz (1914).
Beger, Lorenz, Numismatiker, Bibliothekar, * 19. 4. 1653 Heidelberg, † 20. 2. 1705 Berlin. Nach rechtswissenschaftlichen Studien wurde B. 1675 von Kurf¨urst → Karl Ludwig von der Pfalz zum Bibliothekar ernannt und mit der Betreuung der numismatischen Sammlung betraut. B. publizierte die Sammlung 1685 und folgte einer Berufung als kurf¨urstlich-brandenburgischer Rat, Bibliothekar und Verwalter der Antiken-Sammlung nach Berlin. 1693 u¨ bertrug man ihm die Oberaufsicht u¨ ber die kurf¨urstliche „Kunst- und Rarit¨atenkammer“, deren Exponate er unter dem Titel Thesaurus Brandenburgicus in drei B¨anden (1696-1701) ver¨offentlichte. C ADB
Begert, (Christoph Johannes) Jakob, auch Baegert, Jesuit, Missionar, * 22. 12. 1717 Schlettstadt, † 29. 9. 1772 Neuburg / Donau. Der Sohn einer Handwerkerfamilie trat nach philosophischen Studien in Mainz 1736 in den Jesuitenorden ein und lehrte seit 1740 am Mannheimer Kolleg. 1743-47 absolvierte er das Studium der Theologie in Molsheim, wurde zum Priester geweiht und war dann in Hagenau, Bockenheim und Kassel t¨atig, bevor er 1751 nach Amerika reiste. Auf der mexikanischen Halbinsel Niederkalifornien widmete sich B. neben seiner T¨atigkeit als Missionar landeskundlichen und ethnographischen Studien, die er in den erstmals 1772 erschienenen Nachrichten von der amerikanischen Halbinsel Niederkalifornien (engl. 1952, Observations in Lower California) ver¨offentlichte. Nach seiner Vertreibung 1767 kehrte B. u¨ ber Spanien, wo er acht Monate inhaftiert war, nach Deutschland zur¨uck und lebte seit 1770 als Lehrer an der Lateinschule, Beichtvater und Spiritual in Neuburg / Donau. C NDB
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Beginnen, Ortrud (Elsa Elisabeth), Schauspielerin, Chansonniere, Schriftstellerin, * 5. 2. 1938 Hamburg, † 18. 1. 1999 Stuttgart. B., Tochter einer S¨angerin, wurde zur Buchh¨andlerin ausgebildet. 1964 ging sie nach Berlin, wo sie 1965 als Schauspielerin deb¨utierte und u. a. 1969-74 f¨ur das „Reichskabarett“ t¨atig war. Danach reiste sie mit dem eigenen „Fronttheater“ durch die Bundesrepublik und geh¨orte 1976-80 dem Stuttgarter, anschließend dem Bochumer Schauspielhaus an, wo ihre St¨ucke Minna oder wie man dazu gemacht wird (1983) und Minna II oder die Magd des Schicksals (1985) uraufgef¨uhrt wurden. Seit 1989 Ensemblemitglied des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, kehrte sie 1993 an das Staatstheater in Stuttgart zur¨uck. B., die 1975 mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet wurde, trat auch als persiflierende Interpretin von deutschem Liedgut und mit eigenen Kabarettprogrammen hervor und war f¨ur das Fernsehen t¨atig (u. a. in Jimmy Orpheus, 1976; Martha, 1974). Sie vero¨ ffentlichte u. a. Guck mal, schielt ja! Manuskripte aus dem C Munzinger Katastrophenkoffer (1975, 21994).
Begnudelli Basso, Franz Anton, auch Begundello, kath. Theologe, * um 1644 Trient, † 9. 10. 1713 Freising. B. B. studierte Theologie und wurde zum Dr. theol. promoviert. Seit 1675 war er Generalvikar in Trient; 1679 erhielt er eine Dompr¨abende in Freising, wurde dort 1690 Domkapitular, 1696 Generalvikar und Domscholastiker. Er u¨ bergab die Freisinger Studieranstalt den Benediktinern. B. B. ver¨offentlichte, m¨oglicherweise schon 1707 in K¨oln, sicher jedoch 1712 in Freising, seine Bibliotheca iuris canonicocivilis practica. C Gatz 3
Begrich, Joachim, evang. Theologe, * 13. 6. 1900 Predel (Kr. Zeitz), † 26. 4. 1945 Dussoi bei Belluno (Italien). B. studierte bis 1923 orientalische Philologie und Theologie in Leipzig und Halle; er besuchte das Predigerseminar in Stettin. Am Alttestamentlichen Seminar in Halle 1926 promoviert, habilitierte er sich 1928 in Marburg und wurde 1930 a. o. Prof. des Alten Testaments an der Univ. Leipzig. Seit 1932 im Kirchenvorstand von St. Petri in Leipzig, u¨ bernahm er Aufgaben des Bruderrats der Bekennenden Kirche. B. f¨uhrte die gattungs- und formgeschichtlichen Arbeiten seines Lehrers Hermann → Gunkel fort, vollendete dessen Einleitung in die Psalmen (1933) und besch¨aftigte sich mit Fragen der Textherstellung und Textkritik (Die Chronologie der K¨onige von Israel und Juda, 1929). C NDB
Beguelin, Heinrich von, Beamter, * 8. 8. 1765 Berlin, † 7. 10. 1818 Potsdam. Nach dem Jurastudium in K¨onigsberg (1783-85) trat B. 1789 in das Generaldirektorium ein und wurde 1803 Geheimer Oberfinanzrat und Sekret¨ar des Frh. vom → Stein. Er beteiligte sich an der Staatsreform und wurde 1810 als Mitglied der Finanzkommission zu Verhandlungen u¨ ber die Kriegskontribution nach Paris entsandt. Auf dem Wiener Kongreß trat B. f¨ur die R¨uckkehr des F¨urstentums Neuchˆatel an Preußen ein und war nach den Friedensschl¨ussen Chefpr¨asident der Zweiten Abteilung der Oberrechnungskammer in Potsdam. Beguelin, Nikolaus von, Jurist, Lehrer, Naturforscher, * 25. 6. 1714 Biel (Kt. Bern), † 9. 2. 1789 Berlin. B. entstammte einer angesehenen Schweizer Familie, war Doktor der Rechte und Rechtsanwalt. Er wurde Beamter am Reichskammergericht in Wetzlar, sp¨ater Erzieher des Kronprinzen → Friedrich Wilhelm von Preußen und Direktor der Philosophischen Klasse der Akademie der Wissenschaften in Berlin. B. hatte zeitweise großen Einfluß am Hof und wurde 1786 nobilitiert.
Behaim Behaghel, Otto (Wilhelm Maximilian), Germanist, * 3. 5. 1854 Karlsruhe, † 9. 10. 1936 M¨unchen. B., Sohn eines Oberkirchenrats, studierte 1873-76 in Heidelberg und G¨ottingen, habilitierte sich 1876 f¨ur Philologie an der Univ. Heidelberg (Ueber die Entstehung der abh¨angigen Rede und die Ausbildung der Zeitfolge im Altdeutschen) und war dort seit 1882 a. o. Professor. 1883 wurde er o. Prof. in Basel, 1888 in Gießen. B., f¨uhrender Junggrammatiker, bech¨aftigte sich vor allem mit Sprachgeschichte und Syntax. Er ver¨offentlichte u. a. Die deutsche Sprache (1891, 12 1928). Er war 1888-92 Herausgeber der Zeitschrift „Germania“ und bis zu seinem Tod Mitherausgeber des 1880 von ihm mitbegr¨undeten „Literaturblatts f¨ur germanische und romanische Philologie“. B. war Vorsitzender des Oberhessischen Geschichtsvereins und Vorstandsmitglied des r¨omischgermanischen Zentralausschusses. C IGL
Behaghel, Wilhelm Jakob, Jurist, * 25. 4. 1824 Elberfeld, † 18. 5. 1896 Freiburg / Breisgau. Nach dem Jurastudium war B. bis 1861 Richter und Rat am Hofgericht Mannheim, sp¨ater o. Prof. des franz¨osischen und badischen Zivil- und Prozeßrechts an der Univ. Freiburg / Breisgau. Er ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch des badischen b¨urgerlichen Rechts und des Code Napol´eon (1866, 4 1892). Seit 1863 geh¨orte er der Zweiten badischen Kammer an, sp¨ater vertrat er die Freiburger Univ. in der Ersten Kam¨ mer. B. gr¨undete die Freiburger Sektion des Deutsch-Osterreichischen Alpenvereins und war Pr¨asident des Schwarzwaldvereins. C ADB
Behaim von Behaiming, Albert → Albert Behaim von Behaiming ¨ auch Beheim(b), Beham, Behaym, Behaim, Hans d. A., Peheim, Peha(e)m, Steinmetz, Baumeister, * um 1450 / 60 wahrscheinlich Sulzbach, † 25. / 26. 8. 1538 N¨urnberg. B., Sohn eines Steinmetzen, genoß eine Ausbildung zusammen mit Adam → Kraft im Bauhof der Peunt in N¨urnberg. 1496 erhielt er das Meisterrecht, 1500 die Ernennung zum Stadtmeister sowie zum Werkmeister der Steinmetzen und Stadtbaumeister. B. war 1503-38 Anschicker und Buchhalter auf der Peunt, 1502 Genannter des Gr¨oßeren Rats der Stadt N¨urnberg. Seine o¨ ffentlichen Bauten entstanden im Auftrag des Rats. Merkmal seines Stils sind hohe D¨acher mit mehreren B¨oden. B. war als Berater t¨atig, z. B. 1512 in Hof / Saale, 1519 in Augsburg und Regensburg. 1521-23 vollendete er den sp¨atgotischen Chor von St. Gumbertus in Ansbach und baute 1522-28 die hohenzollersche Wasserburg in Ansbach. Die meisten seiner sp¨atgotischen Bauwerke wurden im Zweiten Weltkrieg zerst¨ort. B. war der Vater von Paulus → B. C AKL
Behaim, Hans Wilhelm (Johann), auch Beham, Beheim, B¨oheim, Kunstschreiner, Architekt, getauft 2. 11. 1570 N¨urnberg, † 17. 11. 1619 N¨urnberg. ¨ Uber das Leben B.s ist wenig bekannt; er war der Sohn des N¨urnberger Schreiners Heinrich Beheim und erhielt seine Ausbildung vermutlich in Italien. Einziges Zeugnis seiner Architektenlaufbahn ist ein 1611 datierter und signierter Bauplan f¨ur den Herrensitz einer Patrizierfalmilie bei N¨urnberg. 1613-16 schuf er im Auftrag des Rats von N¨urnberg ein Stadtmodell mit Wehranlagen, baute aber haupts¨achlich M¨obel. B., wegen seiner Kenntnisse in Mathematik und Architektur bekannt, u¨ bersetzte 1617 das Werk Giacomo Barozzi di Vignolas Regola delli cinque ordini d’architettura, das grundlegend f¨ur die Entstehung der Barockarchitektur war. C AKL
Behaim, Lorenz, Humanist, * um 1457 N¨urnberg, † 11. 4. 1521 Bamberg. Nach dem Theologiestudium in Ingolstadt und Leipzig ging B., Sohn eines B¨uchsengießers und Beckenschl¨agers und
¨ 1480 nach Italien, erwarb dort Neffe von Hans → B. d. A., den Grad eines Doctor decretorum und war f¨ur 22 Jahre Haushofmeister und „magister machinarum“ des Kardinals Rodrigo Borgia, des sp¨ateren Papstes Alexander VI. B. galt als Vertrauter von Cesare Borgia. Seit 1492 leitete er als Festungsbaumeister das p¨apstliche Gesch¨utzwesen und wurde 1496 Kanonikus des Kollegiatstifts St. Stephan in Bamberg. Mit Willibald → Pirckheimer f¨uhrte er einen umfangreichen Briefwechsel. B. hinterließ eine Sammlung r¨omischer Inschriften. C NDB
Behaim, Lukas Friedrich, Bergwerksverwalter, Ratsherr, * 17. 7. 1587, † 22. 6. 1648 N¨urnberg. Nach dem Studium lebte B. l¨angere Zeit in Frankreich und reiste 1611 / 12 u¨ ber Italien nach Pal¨astina. Zur¨uckgekehrt, u¨ bernahm er die Verwaltung der Bergwerke in Kitzb¨uhel; 1614 wurde er Stadtgerichtsassessor, 1622 Geheimer Rat und Kirchenpfleger der Reichsstadt N¨urnberg. Von seiner Korrespondenz ist ein Briefwechsel mit Ludwig → Camerarius, dem schwedischen Gesandten in Haag, erhalten (Ein politischer Briefwechsel u¨ ber den Verfall des Reiches 1636-1648, hrsg. von Anton Ernstberger, 1961). C NDB
Behaim, Martin, auch B. von Schwarzbach, Kaufmann, Reisender, Astronom, * 6. 10. 1459 N¨urnberg, † 29. 7. 1507 Lissabon. Der aus einem N¨urnberger Patriziergeschlecht stammende B., dessen Vater Tuchh¨andler und Ratsherr war, kam als Handlungsreisender 1476 in die Niederlande, vor allem nach Flandern. 1482 / 83 war er bereits in die „Junta dos mathematicos“, ein vom portugiesischen K¨onig Johann II. berufenes Gelehrtengremium zur Erforschung der Navigationsmethoden auf der s¨udlichen Hemisph¨are, aufgenommen worden; 1484 ging er nach Lissabon. Vermutlich begleitete er als Astronom die zweite Entdeckungsreise des Diego C˜ao an die Westk¨uste Afrikas. 1491-93 lebte B. in N¨urnberg, konstruierte 1492 den „Erdapfel“, den a¨ ltesten heute noch er¨ haltenen Globus (mit Gradeinteilung auf dem Aquator, den beiden Wendekreisen und Zodiaq zur Orientierung), kehrte 1494 nach Lissabon zur¨uck und starb dort verarmt 1507. C LexMA
Behaim, Paulus, auch Beheim, Behem, Beheym, Peham, Peheim, Steinmetz, Baumeister, * um 1496 N¨urnberg, † 5. 9. 1561 N¨urnberg. Aufgewachsen auf der „Peunt“, dem st¨adtischen Bauhof in N¨urnberg, erhielt B. eine Ausbildung bei seinem Vater, ¨ 1520 / 21 erbaute er die dem Steinmetzen Hans → B. d. A. St. Rochus-Kapelle in N¨urnberg, den letzten gotischen Bau der Stadt. Seit 1523 / 24 in den Diensten der Stadt, wurde B. 1541 als Nachfolger seines Vaters Stadtbaumeister. 1525 war er mit dem Umbau der Burg Kaiser → Karls IV. in Lauf / Pegnitz und 1528 mit dem Neubau des Torhauses beauftragt. 1527 vom Rat nach Venetien entsandt, studierte er dort Festungsbauten und war seit 1532 Berater des Pfalzgrafen → Otto Heinrich von Neuburg, auch der Regierenden von Hanau, Augsburg, Coburg und Schwarzenberg. C AKL Behaim, Paulus (I.), Handelsherr, Diplomat, * 25. 1. 1519, † 22. 8. 1568 N¨urnberg. B., Sohn eines Rats- und Kriegsherrn, erlernte in Krakau den Kaufmannsberuf und trat in die Handelsgesellschaft der ihm verwandten „Endres Imhoff und Gebr¨uder“ ein, deren Teilhaber er sp¨ater wurde. 1556 machte er sich selbst¨andig, wechselte zum Geldgesch¨aft und gab kleine Darlehen an die Stadt Antwerpen und den K¨onig von Frankreich. 1551 wurde
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Behaim B. Buchhalter in der Kriegsstube. Als Gesandter N¨urnbergs unterzeichnete er auf dem Naumburger Tag 1561 die Confessio Augustana. B. war ein bedeutendes Mitglied des Geheimen Rats. C NDB
Behaim, Paulus (II.), Handelsherr, Ratsherr, * 8. 10. 1557 N¨urnberg, † 13. 12. 1621 N¨urnberg. B., Sohn Paulus (I.) → B.s, studierte Rechtswissenschaften in Leipzig und Padua und trat in die Dienste Maximilians Freiherrn von Ilsung, Landvogts in Schwaben, ein. 1583 war er Gerichtsassessor. Sp¨ater wurde er in N¨urnberg Mitglied des Geheimen Rats, Oberster Losunger und Reichsschultheiß. Zusammen mit dem Herzog von Bayern besaß und betrieb B. die Silber-, Blei- und Kupferbergwerke in Oberbayern, S¨udtirol, der Steiermark und B¨ohmen. C NDB
Beham, Barthel, auch Beheim, Peham, Maler, Kupferstecher, * 1502, † 1540. Unterrichtet von seinem Bruder Hans Sebald → B. und orientiert am Stil Albrecht → D¨urers ver¨offentlichte B. im Alter von 18 Jahren erste Stiche in seiner Heimatstadt. 1525 wurde er mit seinem Bruder und dem Kupferstecher Georg → Pencz wegen deistischer Ansichten und ihrer Sympathien mit dem Theologen Thomas → M¨untzer angeklagt und aus N¨urnberg verbannt. Seit 1527 Hofmaler des Herzogs → Wilhelm IV. in M¨unchen schuf er u. a. F¨urstenportr¨ats (Pfalzgraf → Otto Heinrich, 1535) und 92 Kupferstiche. Von der italienischen Malerei und der Antike beeinflußt, gelang B. besonders in der Kreuzauffindung eine Synthese deutscher und oberitalienischer Elemente. C AKL Beham, Georg, auch Pecham, Peham, J¨org B¨ohm, Maler, Zeichner, * um 1568 M¨unchen, † 1604 M¨unchen. B. war Sch¨uler von Johann Melchior → Bocksberger, mit dem er vermutlich in Salzburg und 1585 in Regensburg zusammenarbeitete. 1593 in M¨unchen als Meister angenommen und von Herzog → Wilhelm V. zum Hofmaler ernannt, wirkte er 1594 in Graz an einer gr¨oßeren Folge von Radierungen mit, die die Festlichkeiten anl¨aßlich des Todes Erz¨ herzog → Karls von Osterreich darstellten. 1594 schuf B. die Fassadenmalerei am Pfeiffelmannschen Haus in Augsburg und war 1595 / 96 in der B¨urgerspitalkirche in Salzburg t¨atig. Weitere Orte seines Wirkens waren Vigaun (1597), Hall in Tirol (1600) und Rosenheim (1594 / 95). Stilistisch orientierte sich B. an den Werken seines Lehrers, aber auch an Arbeiten venezianischer K¨unstler wie Jacopo Palma il Giovane und Lodewyk Toeput. Seine Zeichnungen und Radierungen mit meist mythologischen Themen sind in mehreren deutschen Kunstsammlungen vertreten. C AKL Beham, Hans Sebald, auch Behaim, Beheim, Beheym, B¨ohm, Peham, Maler, Kupferstecher, * 1500 N¨urnberg, † 22. 11. 1550 Frankfurt / Main. B. war ein Sch¨uler Albrecht → D¨urers. 1525 wurde er mit seinem Bruder, dem Maler Barthel → B., und dem Kupferstecher Georg → Pencz wegen deistischer Ansichten verurteilt und aus N¨urnberg verbannt, kehrte jedoch im selben Jahr zur¨uck. 1528 geriet er wegen eines Plagiats aus Teilen von D¨urers nachgelassenem Proportionswerk erneut in Konflikt mit dem Rat und floh nach Ingolstadt. 1529 zur¨uck in N¨urnberg, ging B. 1530 nach M¨unchen und stand 1531 / 32 in Diensten des Kardinals → Albrecht von Brandenburg in Mainz und Aschaffenburg. Seit 1532 in Frankfurt ans¨assig (seit 1540 B¨urger), arbeitete er f¨ur den Verleger Christian → Egenolff. B.s Werke zeigen Einfluß der K¨unstler → Altdorfer und → Holbein d. J. Er z¨ahlt zu den vielseitigsten der N¨urnberger „Kleinmeister“; B. schuf u¨ ber 1300 Bl¨atter. C AKL
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Beheim, Michel, auch Beham Michael, Behamere, Behem, Behn, Meistersinger, * 27. 9. 1416 S¨ulzbach bei Weinsberg (W¨urttemberg), † um 1474 S¨ulzbach bei Weinsberg. Nach einer Weberlehre trat B., Sohn eines Webers, um 1439 als Kriegsknecht und S¨anger in die Dienste des kaiserlichen Reichserzk¨ammerers → Konrad von Weinsberg. 1450 reiste er als fahrender S¨anger bis Skandinavien, stationierte wiederholt bei Markgraf → Albrecht von Brandenburg und war seit 1447 S¨anger bei Herzog → Albrecht III. von Bayern, 1456 / 57 bei K¨onig → Ladislaus von B¨ohmen, 1459-65 am Hof Kaiser → Friedrichs III. und bis 1472 bei Pfalzgraf → Friedrich von der Pfalz. Zuletzt wurde er Schultheiß in S¨ulzbach, wo er vermutlich 1474 erschlagen wurde. B. schrieb u¨ ber 400 Lieder, teils religi¨osen und politischen, teils autobiographischen Inhalts, ferner drei Reimchroniken, darunter das Buch von den Wienern (um 1462). C Killy
Beheim-Schwarzbach, Martin, Pseud. Ulrich Volkmann, ¨ Christian Corty, Schriftsteller, Ubersetzer, * 27. 4. 1900 London, † 7. 5. 1985 Hamburg. B. wuchs in Hamburg auf, war nach dem Notabitur 1918 Soldat, erhielt eine kaufm¨annische Ausbildung und arbeitete in seinem Beruf, war aber auch als Schriftsteller, Bienenz¨uchter, Schauspieler und Filmjournalist t¨atig. 1939 emigrierte er nach England und arbeitete in einer Fabrik und als Journalist bei der BBC. 1946 kehrte er nach Hamburg zur¨uck, wo er als Control Officer des Feuilletons der „Welt“ ¨ und danach als freier Schriftsteller und Ubersetzer t¨atig war. Sein Novellenband Die Runen Gottes (1927) und der Roman Die Michaelskinder (1930) machten auf ihn aufmerksam. B. schrieb von Heiligen und Abenteurern, von Mystischem und M¨archenhaftem, ver¨offentlichte Alltagsgeschichten, Biographien (Novalis, 1939) und u¨ bersetzte Margaret Mitchells Vom Winde verweht (1937). 1964 erhielt er den Alexander-Zinn-Preis, 1980 die Biermann-Ratjen-Medaille. C DLL, 20. Jh. Behem, Franz, auch B¨ohem, Bohemius, Drucker, * 1500 Dippoldiswalde bei Meißen, † 9. 6. 1582. 1539 / 40 nach Mainz gezogen, baute B. mit seinem Onkel Johannes → Cochl¨aus im St. Viktorstift (zwischen Mainz und Weisenau) eine Druckerei auf, die 1552 von den S¨oldnerscharen des → Albrecht Alcibiades zerst¨ort wurde. Nach Mainz zur¨uckgekehrt, war B. seit 1556 als Besitzer der Druckerei „Zum Maulbaum“ bekannt, erhielt 1555 ein kaiserliches Privileg f¨ur Reichsdrucksachen und gr¨undete mit den Mainzer B¨urgern Theobald Spengel und Nikolaus Geyer eine Verlagsgesellschaft. 1565 war er Hausmeister bei Hartmut von Kronberg und er¨offnete erneut eine kleine Gesell¨ schaft. Uber 100 Drucke verließen seine Pressen, darunter Schriften von Georg → Witzel und Michael → Helding. C NDB Behl, Carl Friedrich Wilhelm, auch Karl Wilhelm B., Jurist, Schriftsteller, * 3. 3. 1889 Berlin, † 26. 2. 1968 M¨unchen. B. studierte Jura, Literatur- und Kunstgeschichte und wurde 1911 zum Dr. jur. promoviert (Die Organisation der Kirchengemeinden der evangelischen Landeskirchen Preussens im Vergleich mit der Organisation der politischen Gemeinden). 1917-23 war er Staatsanwalt in Berlin, wechselte ins Ausw¨artige Amt und war bis 1929 Dezernent beim DeutschEnglischen Gemischten Schiedsgerichtshof in Berlin und London. 1920-28 geh¨orte er zu den Herausgebern der Berliner Zeitschrift „Der Kritiker“. Wieder in Berlin, war er Richter und Leiter der „Pr¨ufstelle f¨ur Schund- und Schmutzschriften“ und seit 1930 Dezernent f¨ur Theater- und Kunstsachen im Berliner Polizeipr¨asidium. 1932 wegen seiner liberalen Gesinnung versetzt, wurde er 1935 zwangspensio¨ niert. B. lebte fortan als freier Schriftsteller und Ubersetzer
Behm englischer Literatur. 1941 betraute ihn Peter → Suhrkamp mit der Redaktion von Gerhart → Hauptmanns Gesammelten Werken (17 Bde., 1942). Auf B.s Veranlassung gelangte das Hauptmann-Archiv von Niederschlesien nach Kabitz / Oberpfalz. 1946 in den Staatsdienst zur¨uckgekehrt, war er bis 1955 Pr¨asident des Landgerichts in Schweinfurt und lebte fortan in M¨unchen als Theater-, Kunst- und Literaturkritiker. C DLL, 20. Jh.
Behla, Robert, Mediziner, * 2. 6. 1850 Luckau (Niederlausitz), † 22. 1. 1921 Berlin-Charlottenburg. B. studierte in Leipzig, Berlin, Prag und Wien, wurde 1874 in Berlin promoviert (Ueber Resectionen in der Continuit¨at beim difformen Callus mit Bezug auf einen vom Verfasser beobachteten Fall) und ließ sich als Arzt in seiner Vaterstadt nieder. 1883 zum Kreiswundarzt, 1901 zum Kreisarzt ernannt, wurde er 1902 st¨andiger Hilfsarbeiter der Regierung in Potsdam, 1905 Sanit¨atsreferent in Stralsund und sp¨ater Leiter der Medizinalabteilung im preuß. Statistischen Landesamt. Wissenschaftlich war er mit der Erforschung der Protozoen, der akuten Exantheme und der Krebserkrankung, auch mit Hygienefragen und pr¨ahistorischen Themen besch¨aftigt. B. ver¨offentlichte u. a. Der tats¨achliche Krebserreger, sein Zyklus und seine Dauersporen, 1907. Behlen, Ludwig Philipp, kath. Theologe, Weihbischof von Mainz, * 2. 5. 1714 Duderstadt, † 22. 6. 1777 Mainz. B. war seit 1746 Prof. des kanonischen Rechts an der Univ. Mainz, sp¨ater kurf¨urstlicher Rat, Subregens des Seminars und zuletzt Weihbischof von Mainz. Er ver¨offentliche eine Reihe von Schriften, darunter De causis saecularisationum illegitimis et legitimis, 1746. C Gatz 3
Behlen, Stephan, Forstwissenschaftler, Schriftsteller, * 5. 8. 1784 Fritzlar, † 9. 2. 1847 Aschaffenburg. B., Sohn eines kurf¨urstlichen Stadtschultheißen, wurde an der Rechtsschule in Aschaffenburg (1800-02) ausgebildet, trat in den Justizdienst ein und erhielt 1803 eine Stelle als Landeskommissar in einer landwirtschaftlichen Abordnung, die unter der Leitung Carl Theodor → Dalbergs stand. 1804 wurde er zum Forstkontrolleur im Spessart ernannt. Nach weiteren beruflichen Stationen als Forstmeister im Amt Lohr (1808) und k¨oniglich-bayerischer Forstmeister in Rothenbuch (1819) u¨ bernahm B. 1821 eine Professur f¨ur Naturgeschichte an der Forstschule in Aschaffenburg. Nach deren Schließung 1832 zun¨achst pensioniert, wurde er 1833 Rektor der Gewerbeschule, ein Amt, das er bis 1835 wahrnahm. B. verfaßte rund zwanzig forst- und jagdwissenschaftliche Werke, darunter die erste topographische Arbeit zum Spessart (Der Spessart. Versuch einer Topographie dieser Waldgegend, 1823). 1823-46 gab er die „Zeitschrift f¨ur das Forstund Jagdwesen“ heraus und gr¨undete 1825 die „Allgemeine Forst- und Jagdzeitung“. C Grummann Behler, Ernst, Literaturwissenschaftler, * 4. 9. 1928 Essen, † 16. 9. 1997 Seattle (USA). B., Sohn eines Ministerialrats, studierte Philosophie und vergleichende Literaturwissenschaft an den Universit¨aten Mainz, M¨unchen, Bonn und Paris und wurde 1951 in M¨unchen promoviert (Friedrich Schlegel. Weltanschauungskritiker, Historiker, Philosoph). 1961 habilitierte er sich in Bonn (Die Ewigkeit der Welt. Problemgeschichtliche Untersuchungen zu den Kontroversen um Weltumfang und Weltunendlichkeit im Mittelalter, Teil 1: Die Problemstellung in der arabischen und j¨udischen Philosophie des Mittelalters, 1965), wurde 1963 Visiting Professor an der Washington University in St. Louis und 1965 Full Professor f¨ur vergleichende Literaturwissenschaft und Philosophie an der University of Washington in Seattle. B. besch¨aftigte sich vor allem mit der Philosophie und der Poetik der Romantik und ihrer Wirkung auf die Moderne, insbesondere auf Friedrich
→ Nietzsche. Er war Herausgeber der Kritischen FriedrichSchlegel-Ausgabe (1958 ff.) und der Kritischen Ausgabe der Vorlesungen August Wilhelm → Schlegels (1989 ff.), Mitherausgeber von „Modern Language Quarterly“ (seit 1972), den „Michigan Germanic Studies“ (seit 1974) und den „Nietzsche-Studien“ (seit 1977). B. ver¨offentlichte u. a. Friedrich Schlegel (1966, neubearb. Ausg. 1983), Klassische Ironie, Romantische Ironie, Tragische Ironie. Zum Ursprung dieser Begriffe (1972), Die Zeitschriften der Br¨uder Schlegel. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Romantik (1983), Derrida – Nietzsche, Nietzsche – Derrida (1988), Studien zur Romantik und zur idealistischen Philosophie (2 Bde., 1988-93), Unendliche Perfektibilit¨at. Europ¨aische Romantik und franz¨osische Revolution (1989), Fr¨uhromantik (1992), German Romantic Literary Theory (1993) und Ironie und literarische Moderne (1997). C DLL, 20. Jh.
Behling, Lottlisa, Kunsthistorikerin, * 15. 7. 1909 Neustettin (Pommern), † 1989 M¨unchen. Nach dem Studium der Botanik und Kunstgeschichte an den Universit¨aten Greifswald, Halle und M¨unchen war B. 1937-39 wissenschaftliche Assistentin am Kupferstichkabinett des Staatlichen Museums in Berlin. 1940 setzte sie ihre museale Ausbildung am Germanischen Nationalmuseum in N¨urnberg und 1941-44 am Danziger Stadtmuseum fort. B. u¨ bernahm 1946-58 die Leitung des Kunsthistorischen Instituts der Univ. Jena, habilitierte sich 1948 und hatte seit 1958 den Lehrstuhl f¨ur Kunstgeschichte inne. 1960 wurde sie an die Univ. M¨unchen berufen. Ihr Hauptinteresse galt der Geschichte der Ornamentik und dem Grenzgebiet mittelalterlicher Naturwissenschaft und Kunst (Die Pflanze in der mittelalterlichen Tafelmalerei, 1957).
Behm, Alexander (Karl Friedrich Franz), Physiker, * 11. 11. 1880 Sternberg (Mecklenburg), † 22. 1. 1952 Tarp (Kr. Flensburg). Seit 1904 Assistent am Physikalischen Institut der TH Karlsruhe, war B. sp¨ater Leiter einer physikalisch-technischen Versuchsanstalt in Wien. Er befaßte sich, angeregt durch die „Titanic“-Katastrophe, mit Schallortungsverfahren und erfand 1912 das Echolot f¨ur Wasser- und Luftfahrzeuge. 1920 gr¨undete er zur Vervollkommnung der Verfahren die BehmEcholot-Gesellschaft in Kiel. C NDB
Behm, Christian Ludwig Johann, Jurist, * 28. 7. 1728 Neustadt (Mecklenburg), † 21. 7. 1804 Rostock. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften ließ sich B. in Rostock als Advokat nieder, wurde kaiserlicher Hofpfalzgraf, Ratsherr und Prokurator bei der herzoglichen Justizkanzlei und war seit 1796 B¨urgermeister der Stadt. B. vero¨ ffentlichte neben einer juristischen und einer medizinischen Dissertation u. a. Der Unterschied zwischen dem Richteramt eines akademischen Rektors und einer anderen obrigkeitlichen Person (1752). Behm, Eduard, Komponist, * 8. 4. 1862 Stettin, † 6. 2. 1946 Bad Harzburg. Der Sohn eines Arztes studierte in Berlin, war in Wien und Stettin Rezensent und Dirigent, unterrichtete an der Akademie der Tonkunst in Erfurt und war bis 1901 Direktor des Schwantzerschen Konservatoriums in Berlin; 1917 wurde er zum Kgl. Prof. ernannt. B. komponierte u. a. eine Sinfonie, ein Klavierkonzert, zwei Violinsonaten, ein Klarinettenquintett und Opern (u. a. Der Schelm von Bergen, 1899). Behm, Ernst, Geograph, * 4. 1. 1830 Gotha, † 15. 3. 1884 Gotha. B. studierte in Jena, Berlin und W¨urzburg Medizin (Promotion 1854, Ueber die Physiologie der Milz) und entdeckte beim Studium von Reiseliteratur seine Liebe zur
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Behm Geographie. 1856 u¨ bernahm er die Leitung der „Geographischen Mitteilungen“ des Geographischen Instituts von Gotha. 1866 gr¨undete B. das „Geographische Jahrbuch“ ¨ und sammelte Ubersichten u¨ ber die Bev¨olkerung der Erde, die er zusammen mit Hermann → Wagner seit 1872 in dem politisch-geographisch-statistischen Quellenwerk Die Bev¨olkerung der Erde herausgab. 1883 wurde B. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen.
Behm, Heinrich (Martin Theodor), luth. Theologe, * 30. 3. 1853 Thelkow (Mecklenburg), † 11. 3. 1930 Schwerin. Nach dem Studium in Leipzig und Rostock unterrichtete B. als Gymnasiallehrer in Doberan, wurde 1883 Pfarrer in Schlieffenberg, 1887 in Parchim, 1897 Domprediger in G¨ustrow, 1900 Superintendent in Doberan und 1909 in Schwerin. Seit 1921 war B. Landesbischof von Mecklenburg-Schwerin. Er ver¨offentlichte u. a. Zur Frage der Weltanschauung (1919). C BBKL Behm, Johann, luth. Theologe, * 23. 6. 1578 K¨onigsberg, † 27. 4. 1648 K¨onigsberg. B. studierte seit 1596 in K¨onigsberg, Leipzig und Wittenberg und erhielt 1612 eine o. Professur der Theologie in K¨onigsberg. Anfangs calvinistischer Tendenzen verd¨achtigt, z¨ahlte er zu den eifrigsten Gegnern der Reformierten und der zum Calvinismus konvertierten Kurf¨ursten → Johann Sigismund und → Georg Wilhelm von Brandenburg. Neben zahlreichen theologischen Schriften gab er das Handbuch Chronologica manuductio (1619) heraus. C BBKL Behm, Johannes, luth. Theologe, * 6. 6. 1883 Doberan (Mecklenburg-Schwerin), † 13. 10. 1948 Berlin. Der Sohn des Landesbischofs Heinrich → B. wurde 1911 in Erlangen promoviert (Die Handauflegung im Urchristentum) und habilitierte sich dort 1912 f¨ur Neues Testament (Der Begriff Diatheke im Neuen Testament). Seit 1913 Privatdozent in Breslau, erhielt er 1916 eine a. o., 1920 eine o. Professur in K¨onigsberg. B. folgte 1923 einem Ruf nach G¨ottingen und lehrte seit 1935 in Berlin. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lebte und arbeitete er als freier theologischer Forscher und Schriftsteller in Berlin und ver¨offentlichte u. a. Die Offenbarung des Johannes (1935, 71956). C BBKL Behm, (Charlotte) Margarethe, Gewerkschafterin, Politikerin, * 3. 5. 1860 Lehndorf (Kr. Liebenwerda), † 28. 7. 1929 Berlin. Die Tochter eines Gutsp¨achters, seit 1879 Lehrerin in Berlin, besch¨aftigte sich fr¨uh mit den Problemen der Heimarbeit. B. war 1900 Mitbegr¨underin des Gewerkvereins „Heimarbeiterinnen Deutschlands“, gab seit 1901 die Zeitung „Die Heimarbeiterin“ heraus und f¨uhrte 1905-29 den Vorsitz. 1911 erreichte sie das erste deutsche Hausarbeitsgesetz und leitete, seit 1918 im Vorstand der Deutschnationalen Volkspartei, den Reichsfrauenausschuß. Als Mitglied der Verfassunggebenden Nationalversammlung und des Reichstags (1919-28) nahm B. entscheidenden Einfluß auf die Ausdehnung des Kranken- und Invalidenversicherungsgesetzes auf Hausgewerbetreibende (1922) und setzte 1923 das Heimarbeiterlohngesetz durch. Behm, Martin, auch Behem(b), B¨ohm(e), B¨oheim, Boheimius, Bohemus, evang. Theologe, Liederdichter, * 16. 12. 1557 Lauban (Oberlausitz), † 5. 2. 1622 Lauban. B., Sohn eines Verwalters der st¨adtischen Fuhrwerke und Felder in Lauban, wurde zeitweise bei einem Verwandten in Wien erzogen und kam 1576 an die Univ. Straßburg. Nach dem Tod des Vaters 1580 in die Heimatstadt zur¨uckberufen, wurde B. im folgenden Jahr Schulgehilfe an der Stadtschule, kurze Zeit sp¨ater Diakon an der Stadtkirche und erhielt 1586
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das Pastorat, das er bis an sein Lebensende innehatte. Neben Predigtb¨uchern, die eine große Zahl von Kirchenliedern enthalten, ver¨offentlichte B. u. a. Die drei großen Landplagen Krieg, Teuerung, Pestilenz (1601). Einige seiner Lieder (z. B. Wie lieblich ist der Maien) werden noch heute gesungen. C Killy
Behm, Michael, evang. Theologe, Liederdichter, * 29. 9. 1612 K¨onigsberg (Preußen), † 31. 8. 1650 K¨onigsberg. B., dessen Vater Pfarrer an der Schloßkirche und seit 1612 Prof. der Theologie in K¨onigsberg war, wurde nach dem Studium 1639 Adjunkt und 1640 a. o. Prof. an der Theologischen Fakult¨at in K¨onigsberg. Er tendierte zu den Theorien des Georg → Calixt und nahm 1645 am Thorner Religionsgespr¨ach teil. B. geh¨orte dem K¨onigsberger Dichterbund um Simon → Dach an; die bekanntesten seiner Lieder sind Danklied f¨ur den lieben Frieden und Dankt Gott an allen Enden. C NDB Behmann, Heinrich, Mathematiker, * 10. 1. 1891 Aumund (heute zu Bremen), † 3. 2. 1970 Bremen. B., Sohn eines Maurermeisters, studierte 1909-14 Mathematik und Physik in T¨ubingen, Leipzig und G¨ottingen. 1914 war er Kriegsfreiwilliger; 1915 schwer verwundet, wurde er 1916 als dauernd kriegsunf¨ahig entlassen. 1918 bei David → Hilbert mit der Dissertation Die Antinomie der transfiniten Zahl und ihre Aufl¨osung durch die Theorie von Russell und Whitehead promoviert, legte B. 1919 die Pr¨ufung f¨ur das h¨ohere Lehramt ab und war dann als Lehrer t¨atig. 1921 habilitierte er sich mit der Arbeit Beitr¨age zur Algebra der Logik, insbesondere zum Entscheidungsproblem f¨ur Mathematik. Nach einer T¨atigkeit als Assistent am Institut f¨ur angewandte Mathematik an der Univ. G¨ottingen (1922-25), einem Lehrauftrag f¨ur angewandte Mathematik an der Univ. Halle (seit 1925) und einem Aufenthalt als Rockefellerstipendiat in Rom (1926 / 27) lehrte B. seit 1938 als nichtbeamteter a. o. Prof. f¨ur Mathematik in Halle. Im Oktober 1945 wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP (seit 1937) entlassen, wurde er im November desselben Jahres mit der Verwaltung der Bibliothek des dortigen Mathematischen Instituts beauftragt, kehrte jedoch bald darauf nach Bremen zur¨uck. B.s Forschungsinteresse galt der Pr¨adikatenlogik und den mengentheoretischen Antinomien; hier entwickelte er den nach ihm benannten Behmannschen L¨osungsversuch. Er ver¨offentlichte u. a. Mathematik und Logik (1927). C Enz Phil Wiss
Behmer, Friedrich Ehrenreich von, Jurist, * 1721 Berlin, † 26. 4. 1776 St. Petersburg. B. war unter → Friedrich II. Tribunals- und Oberappellationsgerichtsrat in Berlin, Direktor der obersten Revisionsinstanz, der Examinationskommission und des Baugerichts sowie oberster Lotterierichter. 1772 wurde er als Vizepr¨asident des livl¨andischen und finnischen Justizkollegiums nach St. Petersburg berufen, wo er am Aufbau der Justiz und an einem Gesetzbuch mitwirkte. Als B.s Hauptwerk gilt Novum jus controversum [. . .] (1771), in dem er anhand von Pr¨azedenzf¨allen aus der Gerichtspraxis das zeitgen¨ossische (vor allem das b¨urgerliche) Recht Preußens kommentierte. Behmer, Hermann, Maler, Zeichner, * 13. 11. 1831 Merzien bei K¨othen, † Juli 1915 Weimar. Nach einer zweij¨ahrigen Maschinenbaulehre studierte B. seit 1853 in Berlin bei Carl → Steffeck und 1855 an der Kunstakademie in der Zeichenklasse von Eduard → Holbein. Seit 1856 in Paris bildete er sich bei Thomas Couture und ´ 1857-61 bei Hippolyte Flandrin (Ecole des Beaux-Arts) aus. ¨ B. lebte nach Studienaufenthalten in Italien, Agypten und Pal¨astina (1866-68) in Berlin, seit 1873 in Weimar. 1906
Behne l¨oste er mit einem Schm¨ahartikel in der „Weimarischen Landeszeitung Deutschland“ den sogenannten Rodin-Skandal von Weimar aus. B. schuf Landschaften, Interieurs, Genreszenen und Portr¨ats. Er war der Vater von Marcus → B. C AKL
Behmer, Marcus (Michael Douglas), Zeichner, Radierer, Illustrator, * 1. 10. 1879 Weimar, † 12. 9. 1958 Berlin. Der Sohn von Hermann → B. war Autodidakt und begann um 1899 k¨unstlerisch zu arbeiten. 1901 zog B. nach M¨unchen, zeichnete f¨ur den „Simplicissimus“ und die M¨unchner Vereinigten Werkst¨atten (Ornamententwerfer), war dann f¨ur den Insel Verlag, sp¨ater u. a. f¨ur die Verlage S. Fischer, Ernst Rowohlt als Buchgestalter t¨atig und arbeitete f¨ur die Zeitschriften „Die Insel“, „Jugend“ und „Ver Sacrum“. Mit seinen Entw¨urfen zu Oscar Wildes Salome nahm er an der Ausstellung der Berliner Sezession teil. Zun¨achst zeigte sich B. von Aubrey Beardsley beeinflußt (Zeichnungen f¨ur die „Insel“, 1899-1901), sp¨ater von irischen Ornamenten und persischen Miniaturen. C AKL
Behn, Fritz, Bildhauer, * 16. 6. 1878 Klein Grabow (Mecklenburg), † 26. 1. 1970 M¨unchen. An der Kunstakademie M¨unchen eingeschrieben, studierte B. bei Wilhelm von → R¨umann und schloß sich dem Kreis um Adolf von → Hildebrand an. Nach zwei ausgedehnten Ostafrikareisen (1907-10) meldete er sich 1914 als Kriegsfreiwilliger und arbeitete nach 1919 auf deutschen Soldatenfriedh¨ofen in Belgien und Frankreich. 1923-25 hielt er sich in Buenes Aires auf, kehrte nach M¨unchen zur¨uck und wurde Mitglied der M¨unchner Sezession und Prof. an der Kunstakademie. B. wurde 1937 Mitglied der Wiener Sezession, 1939 Direktor der Wiener Akademie. 1945 vom Dienst suspendiert und des Ateliers verwiesen, gr¨undete B. eine Bildhauerschule in Ehrwald / Tirol und kehrte 1951 nach M¨unchen zur¨uck. Er schuf Tiermonumente, Plastiken (u. a. Tanzender Massai, vor 1915) und B¨usten (u. a. Oswald Spengler, vor 1928). C AKL Behn, Heinrich Theodor, Staatsmann, * 15. 2. 1819 L¨ubeck, † 28. 2. 1906 L¨ubeck. Der Sohn eines Arztes studierte in G¨ottingen (Dr. jur.) und ließ sich 1842 als Advokat in L¨ubeck nieder. 1848 f¨orderte er die eingef¨uhrte Repr¨asentativverfassung der Stadt und wurde in das neue Parlament gew¨ahlt, wo er seit 1851 Wortf¨uhrer der B¨urgerschaft und des B¨urgerausschusses war. 1858 wurde er zum Senator und seit 1871 siebenmal zum B¨urgermeister gew¨ahlt. C NDB
Behn, Hermann, Komponist, Musikwissenschaftler, * 11. 11. 1859 Hamburg, † 27. 11. 1927 Hamburg. B. wurde 1881 in Heidelberg zum Dr. jur. promoviert, wandte sich dann jedoch der Musik zu, wurde Sch¨uler Anton → Bruckners in Wien, Joseph Gabriel → Rheinbergers in M¨unchen und Hermann → Zumpes in Hamburg. Seit 1887 lebte er in Hamburg, hielt seit 1897 im Auftrag der Oberschulbeh¨orde o¨ ffentliche Vorlesungen u¨ ber Musikgeschichte und wurde 1917 vom Hamburger Senat zum Prof. ernannt. B. komponierte Lieder und eine Klaviersonate.
Behn, Siegfried, Psychologe, Philosoph, P¨adagoge, * 3. 6. 1884 Hamburg, † 27. 12. 1970 Bonn-Bad Godesberg. B. studierte in M¨unchen und Heidelberg, wo er 1908 mit der Arbeit Die Systembildung des dogmatischen Rationalismus im Lichte von Kants Amphibolien der Reflexionsbegriffe dargestellt promoviert wurde. Seit 1913 Privatdozent f¨ur Philosophie und experimentelle Psychologie, wurde er 1922 a. o. Prof. in Bonn und war 1931-50 o. Professor. 1933 wurde B., seit 1927 Mitglied der Zentrumspartei, auf die Liste der nicht tragbaren Dozenten gesetzt, behielt aber seine Stellung; seit 1935 durfte er keine p¨adagogischen Vorlesungen
mehr halten. W¨ahrend des Krieges arbeitete er als Heerespsychologe. B. besch¨aftigte sich besonders mit Metaphysik ¨ und Asthetik. Er ver¨offentlichte u. a. Kritik der p¨adagogischen Erkenntnis (1923), Die Wahrheit im Wandel der Weltanschauung. Eine kritische Geschichte der metaphysischen Philosophie (1924), Sein und Sollen. Eine metaphysische Begr¨undung der Ethik (1927), Allgemeine Geschichte der P¨adagogik in problementwickelnder Darstellung (2 Bde., 1928 / 29, 21961), Philosophie der Werte als Grundwissenschaft der p¨adagogischen Zieltheorie (1930), Sch¨onheit und Magie. Ein Versuch (1932, 21964) und Einleitung in die Metaphysik (1933). C H¨opfner
Behn, Wilhelm Friedrich Georg, Anatom, Zoologe, * 25. 12. 1808 Kiel, † 14. 5. 1878 Dresden. B. studierte seit 1828 in G¨ottingen und Kiel Medizin, wurde 1833 Privatdozent an der Kieler Universit¨at und nach einer gr¨oßeren wissenschaftlichen Reise, u. a. nach Paris 1837, zum a. o. Prof. sowie Direktor des anatomischen Theaters und zoologischen Museums und 1848 zum o. Prof. der Anatomie und Zoologie in Kiel ernannt. Tropische V¨ogel, die er von einer Forschungsreise 1845-48 nach Indien und Amerika mitbrachte, befinden sich heute im Zoologischen Museum der Universit¨at Kiel. B. vertrat die Universit¨at in der Schleswig-Holsteinschen St¨andeversammlung. 1870 wurde er zum 14. Pr¨asident der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt, deren Reorganisation er bis 1878 durch die Einf¨uhrung moderner Statuten und Arbeitsformen betrieb. 1875 gr¨undete er einen Verein f¨ur hilfsbed¨urftige Naturforscher und deren Hinterbliebene. B. gab Georges Cuviers Briefe an C.H. Pfaff aus den Jahren 1783-1792, naturhistorischen, politischen und literarischen Inhalts (1845) heraus. Zu seinen wenigen Ver¨offentlichungen geh¨ort die anonyme Schrift Die Hensler’sche Stiftung f¨ur junge Aerzte in den Herzogth¨umern Schleswig und Holstein (1863). B.s Bericht u¨ ber seine Reiseerlebnisse blieb ungedruckt.
Behn-Eschenburg, Hermann, Anglist, * 14. 2. 1814 Stralsund, † 23. 1. 1873 Z¨urich. B. studierte an der Univ. Greifswald, wurde im Zuge der Demagogenverfolgung verhaftet und zu sechs Jahren Festungshaft verurteilt. Nach drei Jahren Haft in Graudenz wurde er begnadigt, versuchte vergeblich seine Ausbildung in Greifswald wiederaufzunehmen und ging schließlich nach Bonn, wo er Philologie und Philosophie studierte. B. war zun¨achst als Hauslehrer t¨atig, lebte einige Zeit in London und gr¨undete nach seiner R¨uckkehr 1844 in Dresden ein Erziehungsinstitut f¨ur junge Engl¨ander. Nach der Niederwerfung der Revolution 1848 zog er in die Schweiz und wurde Dozent an der Univ. und am Polytechnikum in Z¨urich. B. ver¨offentlichte u. a. eine Englische Grammatik (1854). Er war der Vater von Hans → B.-E.
Behncke, Paul, Milit¨ar, * 13. 8. 1866 S¨usel bei L¨ubeck, † 4. 1. 1937 Berlin. Aus einer Kaufmannsfamilie stammend, ging B. 1883 zur kaiserlichen Marine, wurde 1908 zum Kapit¨an, 1914 zum Konteradmiral bef¨ordert und bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs zum Chef des Admiralstabs ernannt. Er war 1916 als Chef des III. Geschwaders an der Skagerrakschlacht, 1917 an der Besetzung der baltischen Inseln beteiligt. Nach dem Krieg war er erster Chef der Marineleitung. Seine Interessen galten der meereskundlichen Forschung. 1924 u¨ bernahm er den Vorsitz der Gesellschaft f¨ur Erdkunde und war Pr¨asident der Deutsch-Japanischen Gesellschaft. C Hildebrand Behne, Adolf, Architekt, Kunsthistoriker, Schriftsteller, * 13. 7. 1885 Magdeburg, † 22. 8. 1948 Berlin. Der Sohn des Architekten Carl B. studierte Architektur und sp¨ater Kunstgeschichte in Berlin, war Mitglied des Deutschen Werkbunds und 1918-21 Mitbegr¨under und Schrift-
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Behnke leiter des Arbeitsrats f¨ur Kunst in Berlin. Er wurde Dozent an der Humboldt-Hochschule, 1933 von den Nationalsozialisten entlassen, war Redakteur der englischen Kunstzeitung „The Studio“ und Autor von Kunstb¨uchern in Deutschland und erhielt 1945 eine Professur an der Hochschule f¨ur bildende Kunst in Berlin. Der moderne Zweckbau (1923-25) lieferte die erste Analyse der architektonischen Entwicklung Anfang des 20. Jahrhunderts. Mit seiner Schrift Entartete Kunst (1947) trat er gegen die Diffamierungen durch die Nationalsozialisten auf. C DLL, 20. Jh.
Behnke, Heinrich, Mathematiker, * 9. 10. 1898 Hamburg, † 10. 10. 1979 M¨unster. B. studierte in Hamburg, G¨ottingen und Heidelberg und ¨ wurde 1923 mit der Arbeit Uber analytische Funktionen und algebraische Zahlen promoviert. 1924 habilitierte er sich in Hamburg (Analytische Zahlentheorie) und wurde 1927 o. Prof. der Mathematik, Direktor des Ersten Mathematischen Instituts der Univ. M¨unster und Direktor des Seminars f¨ur Didaktik der Mathematik. Seit 1936 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, erfolgte 1952 die Ernennung zum Secretarius, 1954-58 zum Pr¨asidenten der Internationalen Mathematischen Unterrichtskommission. Neben seinem Hauptarbeitsgebiet der komplexen Analysis (Funktionentheorie) setzte sich B. f¨ur eine Verbesserung der mathematischen Didaktik und eine enge Verbindung von Schule und Universit¨at ein. 1955 ver¨offentlichte er mit Friedrich Sommer Theorie der analytischen Funktionen einer komplexen Ver¨anderlichen. Behr, Burkhard Christian von, Jurist, * 17. 7. 1714 Stelichte (F¨urstentum Celle), † 26. 12. 1772. Nach Abschluß seiner rechtswissenschaftlichen Studien in Gießen und G¨ottingen (Promotion 1738) wurde B. kurbraunschweigischer Hofgerichtsassessor, sp¨ater Appellationsrat in Celle und kaiserlicher Reichshofrat in Wien und kurbraunschweigischer Staatsminister in Hannover. Seit 1771 war er Kurator der Univ. G¨ottingen. Er schrieb u. a. Disputatio de justitia et jure (1738).
Behr, Christian August, evang. Theologe, * 12. 1. 1752 Gera, † 22. 6. 1829 Gera. B. studierte seit 1770 Theologie an der Univ. Leipzig und widmete sich daneben philosophischen, altphilologischen, historischen, juristischen und medizinischen Studien. 1776 wurde er Katechet an der St. Salvator-Kirche in Gera, 1779 Diakon und 1784 Archidiakon in Saalburg. 1790 kam B. als Prediger an die St. Salvator-Kirche in Gera zur¨uck, erhielt im folgenden Jahr das Diakonat und 1800 das Archidiakonat. Seit 1801 Assessor des Konsistoriums und Aufseher des Gymnasiums, wurde er 1827 Konsistorialrat, lehnte aber die Ernennung zum Superintendenten ab. B. redigierte ein neues Gesangbuch f¨ur Gera, ver¨offentlichte theologische und philologische Arbeiten (u. a. Warum blieb das Christentum nicht ¨ in seiner Reinheit und Einfalt?, 1799) sowie Ubersetzungen aus dem Franz¨osischen. C Neuer Nekr, Jg. 7 Behr, Georg Anton, Jurist, * 21. 3. 1711 Kitzingen, † 28. 1. 1780 W¨urzburg. B., Sohn eines Pastetenb¨ackers, wurde 1737 in W¨urzburg zum Dr. jur. promoviert, 1740 Konsulent des Kaiserlichen Landgerichts zu W¨urzburg, 1745 Assessor des Polizeigerichts, 1746 Sekret¨ar des f¨urstlich w¨urzburgischen Hofs, 1750 Hofrat und W¨urzburger Syndikus, dann 1758 Hauptkonsulent des Universit¨ats-Rezeptorats, 1759 Ratgeber von Kardinal Franz Christoph von Hutten und 1774 W¨urzburger Rat. Er wurde vor allem bekannt als Verfasser des „W¨urzburger Stadtbaurechts“. 1769 gr¨undete B. die Feuer- und Brandgew¨ahrunggesellschaft und war Urheber der 1777 errichteten Witwengesellschaft. C NDB
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Behr, Heinrich, Theaterdirektor, S¨anger, Schauspieler, * 2. 6. 1821 Rostock, † 13. 3. 1897 Leipzig. B. ließ sich in Berlin bei Eduard → Mantius und Theodor Teschner im Gesang ausbilden. Auf Empfehlung von → Meyerbeer und Felix → Mendelssohn Bartholdy erhielt er 1843 ein Engagement an der Berliner Hofoper, ging 1846 an das Stadttheater Leipzig, dessen Leitung er 1858 u¨ bernahm. 1860 wurde B. Direktor des Bremer Stadttheaters, war 1864 / 65 Oberregisseur am Deutschen Opernhaus in Rotterdam und 1866-69 Direktor des Stadtheaters Mainz. 1869-71, zusammen mit Heinrich → Laube, wieder Operndirektor am Theater in Leipzig, geh¨orte er seit 1871 dem Direktorium des Viktoriatheaters in Berlin, seit 1872 dem des K¨olner Stadttheaters an. B. trat u. a. 1849 in der Urauff¨uhrung der Oper Rolands Knappen von → Lortzing auf. C Kutsch Behr, Isa(s)char Falkensohn, Milit¨ararzt, Lyriker, * 1746 Salaty (Litauen), † 1781 (?) Hasenpoth (Kurland) (?). Aus armen Verh¨altnissen stammend, scheiterte B.s Versuch, in K¨onigsberg zu studieren. 1768 konnte er sich mit Unterst¨utzung der j¨udischen Gemeinde in Berlin bilden und sp¨ater in Halle Medizin studieren. Nach seiner Promotion 1772 ging er nach Breslau, Hasenpoth (Kurland) und Mohilew (Weißrußland), konvertierte dort 1782 zur griechischorthodoxen Kirche und praktizierte als Milit¨ararzt in St. Petersburg. Die Gedichte von einem pohlnischen Juden erschienen anonym 1772.
Behr, Johann von der, Ostindienreisender, * um 1615 Leipzig, † um 1692. B. zog 1641 nach Hamburg und wurde Schreiber in Tettnau (Holstein). 1644 ließ er sich von der Ostindischen Compagnie anwerben; von Batavia aus f¨uhrte ihn sein Weg nach Goa (Vorderindien), nach Ceylon, an die Malabark¨uste, nach Persien und wieder nach Ceylon. 1650 kehrte B. in die Heimat zur¨uck. Seine Reiseaufzeichnungen erschienen 1668 unter dem Titel Diarium oder Tag-Buch einer neunj¨ahrigen Reiße zu Waßer und zu Lande, meistentheils im Dienst der Ost-Indian. Compagnie, besonders in derselbigen L¨andern. C NDB
Behr, Johann August Heinrich von, Staatsmann, * 13. 11. 1793 Freiberg (Sachsen), † 20. 2. 1871 Dresden. Nach dem Studium der Rechte trat B. in den s¨achsischen Staatsdienst, wurde 1849 Geheimrat im Ministerium des Innern und im selben Jahr Finanzminister, 1858 Justizminister. W¨ahrend seiner Amtszeit wurde das B¨urgerliche Gesetzbuch von 1861 eingef¨uhrt. B. wurde 1859 nobilitiert. Behr, Johann Heinrich, Baumeister, Ingenieur, * 1647 Schleiz (Th¨uringen), † 1717 Berlin. Zun¨achst als Ingenieur in s¨achsischen Diensten, trat B. 1680 als Hauptmann in kurbrandenburgische Dienste und nahm 1685 als Befestigungs-Ingenieur an den T¨urkenfeldz¨ugen teil. Seit 1691 Assistent und seit 1695 Direktor des Stadtbauamts in Berlin, wurde er 1707 zum Hofbau-Direktor und Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften ernannt. B. war an der Planung und Ausf¨uhrung repr¨asentativer Straßenz¨uge im Barockstil beteiligt, so seit 1691 am Bau der Friedrichstadt, seit 1696 der Franz¨osischen und der nach ihm benannten Behrenstraße; er war Bauleiter der Instandsetzung von Schloß Grunewald. C AKL Behr, Marquard von, Kart¨auser, † Oktober 1553 Arensb¨ok. Der aus einer adligen Familie Mecklenburgs und Pommerns stammende B. trat 1517 in Marienehe bei Rostock in den Kart¨auserorden ein und wurde 1525 Prior des Konvents. Seine Amtszeit war durch den Kampf gegen die Reformation in Rostock gekennzeichnet, dessen Rat 1531 alle papistischen Gottesdienste verboten hatte. Durch geschickte
Behrend Verhandlungen erlangte B. von Herzog → Heinrich V. von Mecklenburg-Schwerin die Best¨atigung der Rechte und Privilegien des Klosters. 1549 erkl¨arte dessen Nachfolger Herzog → Johann Albrecht I. f¨ur die mecklenburgischen Herzogt¨umer die luth. Lehre zur Landesreligion und befahl die Aufl¨osung aller kath. Kl¨oster sowie die Vertreibung der Kart¨auserm¨onche (1552). Von Schleswig-Holstein aus protestierte B., wenn auch vergeblich, gegen diese Maßnahmen. C ADB
(1911 / 12) und der Teilnahme am Ersten Weltkrieg lebte er als Pianist und Musikp¨adagoge in Berlin (1919 zun¨achst am Konservatorium Ochs-Eichelberg, danach bis 1949 am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium). Der dem Stil der Romantik zuneigende B. komponierte u. a. sieben Opern, sieben Symphonien, mehrere Streichquartette, Klavierst¨ucke und Lieder sowie Fastnachtsspiele und Pantomimen. C MGG
Behr (-Negendank), Ulrich Graf von, Großgrundbesitzer,
(Pommern), † 27. 4. 1925 Berlin. B. studierte in Berlin und wurde 1870 promoviert (Studien u¨ ber das breite Condylom). Seit 1871 Privatdozent f¨ur Dermatologie und Syphilis, wurde er 1891 Leiter und 1897 a. o. Prof. der St¨adtischen Station f¨ur Geschlechtskrankheiten in Berlin. Er besch¨aftigte sich mit Haarkrankheiten, kongenitaler Syphilis, Arznei- und vakzinalen Hautausschl¨agen. B. initiierte die Einrichtung einer Krankenstation f¨ur Prostituierte. 1879 erschien seine Arbeit Die Hautkrankheiten, die 1883 in zweiter Auflage unter dem Titel Lehrbuch der Hautkrankheiten ver¨offentlicht wurde.
Verwaltungsbeamter, * 9. 5. 1826 Semlow (Kr. Franzburg), † 8. 9. 1902 Semlow. Als Sproß einer beg¨uterten vorpommerschen Adelsfamilie studierte B. an den Universit¨aten Heidelberg, Genf und Berlin Rechtswissenschaft. Er war nicht auf den Brotberuf als Beamter angewiesen, sondern bewirtschaftete seit 1851 seine rund 4600 Hektar Besitz. 1861 wurde B. in den Grafenstand erhoben. 1867 u¨ bertrug man ihm das – damals noch nebenamtlich verwaltbare – Landratsamt seines Heimatkreises Franzburg und nach zweij¨ahriger Bew¨ahrung 1869 das Regierungspr¨asidium in Stralsund. 1883-91 war B. Oberpr¨asident der Adelsdom¨ane Pommern. Finanziell unterst¨utzte er die Freikonservative (Reichs-)Partei in Vorpommern. Als reformwilliger Adliger geh¨orte er f¨ur diese Gruppierung 1871-74 und 1881-83 dem Reichstag an. Seit 1868 nahm er auch den mit seinem Familienfideikommiß verbundenen erblichen Sitz im Preußischen Herrenhaus (Neue Fraktion) wahr. Er gab eine Geschichte der Familie von Behr heraus. C Oberpr¨as Pommern
Behr, (Michael) Wilhelm Josef, Politiker, Jurist, * 26. 8. 1775 Sulzheim (Unterfranken), † 1. 8. 1851 Bamberg. Seit 1799 Prof. f¨ur Lehns- und Staatsrecht in W¨urzburg, f¨uhrte B., Sohn eines Justizbeamten, die liberale Opposition auf dem ersten Bayerischen Landtag von 1819. Nach seiner Wahl zum Ersten B¨urgermeister W¨urzburgs (1821) wurde er von der Regierung als Hochschullehrer in den Ruhestand zu versetzt. Trotz mehrmaliger Wahl zum Abgeordneten der unterfr¨ankischen St¨adte im Landtag, wurde er an der Wahrnehmung seines Mandats durch die Regierung gehindert, 1831 des B¨urgermeisteramts enthoben und wegen Majest¨atsbeleidigung und versuchten Hochverrats zu lebenslanger Festungshaft verurteilt. 1848 wurde er rehabilitiert und entsch¨adigt. Als Abgeordneter im Frankfurter Parlament trat er nicht mehr hervor. 1810 erschien sein dreib¨andiges Werk System der allgemein angewandten Staatslehre oder Staatskunst. C Frankf Nationalvers Behrend, Friedrich Jakob, Mediziner, * 12. 6. 1803 Neustettin (Pommern), † 30. 5. 1889 Berlin. Urspr¨unglich f¨ur den Kaufmannsstand bestimmt, war B. 1819-21 in einer K¨onigsberger Handlung besch¨aftigt, studierte dann Medizin und wurde 1826 in K¨onigsberg promoviert (De chymosi pars prior). Nach einer zweij¨ahrigen Studienreise ließ er sich 1829 in Berlin nieder, wurde Oberarzt der Sittenpolizei und erhielt 1876 den Titel Geheimer Sanit¨atsrat. B. ver¨offentlichte eine Reihe medizinischer Sammlungen, war Herausgeber von Fachbl¨attern und schrieb u. a. Ikonographische Darstellung der Beinbr¨uche und Verrenkungen (1845) sowie Die Prostitution in Berlin und die gegen die Syphilis zu nehmenden Massregeln (1850). C ADB
Behrend, (Gustav) Fritz, Komponist, Musikp¨adagoge, * 3. 3. 1889 Berlin, † 29. 12. 1972 Berlin. B. war 1907-11 Klaviersch¨uler von Rudolf → Breithaupt und studierte Komposition bei Heinrich Robert van → Eyken und Engelbert → Humperdinck in Berlin. Nach vor¨ubergehender T¨atigkeit als Korrepetitor am Hoftheater in Braunschweig
Behrend, Gustav, Dermatologe, * 10. 1. 1847 Neustettin
Behrend, Hilde, Wirtschaftswissenschaftlerin, Wirtschaftssoziologin, * 13. 8. 1917 Berlin, † 11. 1. 2000 Buckinghamshire. B., Tochter j¨udischer Eltern, emigrierte als 19-j¨ahrige nach Großbritannien, wo sie zun¨achst als Sekret¨arin arbeitete. 1941-44 studierte sie an der London School of Economics und wurde anschließend Lehrerin f¨ur Deutsch und Franz¨osisch an einer Grammar School. 1949 nahm sie eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft und Forschungsassistentin an der Univ. Birmingham an, wo sie ihr Studium fortsetzte und 1951 mit der Arbeit Absence under full employment promoviert wurde. 1954 wechselte B. als Assistentin an das Social Sciences Research Center der Univ. Edinburgh und hatte von 1973 bis zu ihrer Emeritierung 1983 eine Stelle als Professor f¨ur Industrial Relations am Department of Business Studies inne. Ihre Arbeitsschwerpunkte lagen bei der Analyse menschlicher Verhaltensweisen und Entscheidungsprozesse im Rahmen des Arbeitsprozesses, bei Problemen der industriellen Beziehungen und der Inflationsforschung. B. war eine der ersten Frauen, die einen Personal Chair an der Univ. Edinburgh erhielten. Sie ver¨offentlichte u. a. Normative factors in the supply of labour (1955), How to monitor the absence of work (1978), Problems of labour and inflation (1984) und die Autobiographie Across the sea (1986). C Hagemann
Behrend, Jakob Friedrich, Jurist, * 13. 9. 1833 Berlin, † 9. 1. 1907 Berlin. Der 1861 aufgrund der Arbeit Observationes de actione simplici (schlichte Klage) juris germanici zum Dr. jur. promovierte B. habilitierte sich 1864 in Berlin, wurde 1870 a. o. Prof. und 1873 o. Prof. der Rechte in Greifswald. 1880 folgte seine Berufung zum Reichsgerichtsrat in Leipzig. Er redigierte die „Zeitschrift f¨ur Gesetzgebung und Rechtspflege in Preußen“, deren Fortsetzung unter dem Titel „Zeitschrift f¨ur deutsche Gesetzgebung“ erschien (1871-75). Sein wissenschaftliches Interesse galt der Rechtsgeschichte und dem Handelsrecht; er ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch des Handelsrechts (1880-96). Behrend, Paul Gerhard, Chemiker, * 24. 5. 1853 J¨aschkenthal bei Danzig, † 2. 4. 1905 Danzig. Der Sohn eines Kommerzienrats studierte Chemie an den Universit¨aten Heidelberg (1872 / 73) und Leipzig (1873-76), ¨ wurde 1876 mit der Arbeit Uber Sulfurylchlorid und sein Verhalten gegen Alkohole promoviert und fand eine Assistentenstelle an der Agrikulturchemischen Versuchsstation in Halle. 1881 lehnte er einen Ruf an die Landwirtschaftliche Hochschule Komaba bei Tokio ab und habilitierte sich
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Behrend im selben Jahr an der Univ. Halle (Studien u¨ ber die Einwirkung der wichtigsten Pflanzenn¨ahrstoffe auf das Leben einiger Culturpflanzen nach Versuchen von Lawes und Gilbert in England). 1882 als o. Prof. der Chemie und Technologie an die Landwirtschaftliche Akademie Hohenheim bei Stuttgart berufen, entwickelte B. das LandwirtschaftlichTechnologische Institut. 1893 wurde er Mitglied der Kgl. w¨urttembergischen Zentralstelle f¨ur Gewerbe und Handel, 1904 o. Prof. f¨ur Nahrungsmittelchemie und landwirtschaftliches Gewerbe an der TH Danzig. B. ver¨offentlichte u. a. Zur Kenntnis des Stoffumsatzes bei der Malzbereitung und Spiritusfabrikation (1884). C B¨ohm
Behrend, (Anton Friedrich) Robert, Chemiker, * 17. 12. 1856 Harburg, † 15. 9. 1926 Hannover. Nach dem Studium in Freiburg (1876 / 77) wurde B. 1882 in Leipzig mit der Dissertation Ueber substituirte Sulfamide und Amidosulfonchloride promoviert und Assistent am dortigen Physikalisch-Chemischen Institut. 1885 habilitierte er sich mit der Arbeit Versuche zur Synthese von K¨orpern der Harns¨aurereihe f¨ur Chemie, war seit 1889 Prof. in Leipzig, erhielt er 1897 eine Professur der organischen und physikalischen Chemie an der TH Hannover und wurde dort Vorstand des Organisch-Chemischen Laboratoriums. 1890 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. B.s Hauptinteresse galt der Stereochemie der Stickstoffverbindungen, der Isomerie der Benzaldoxime und der Synthese der Schleim- und Zuckers¨aure. Die Synthese der Harns¨aure z¨ahlt zu seinen bedeutendsten Leistungen (1885-88). C NDB
Behrend, Siegfried, Musiker, Komponist, * 19. 11. 1933 Berlin, † 22. 9. 1990 Hausham (Oberbayern). Der Sohn eines Musiklehrers konzertierte im Alter von 17 Jahren das erste Mal. Er studierte am KlindworthScharwenka-Konservatorium in Berlin Dirigieren, Klavier und Kompositionslehre. In den sechziger Jahren f¨uhrten ihn Tourneen um die ganze Welt, und er wurde als einer der f¨uhrenden Gitarristen gefeiert. B. komponierte weit u¨ ber tausend Werke, vornehmlich f¨ur Gitarre (Air del sacro monte, 1968). Bis zu seinem Tod gab er in seinem Wohnort Wall (N¨ahe Tegernsee) Meisterkurse im klassischen Gitarrenspiel. B. brachte zahlreiche Schallplatten heraus. C MGG
Behrend, (Michael Wilhelm) Theodor, Unternehmer, * 21. 2. 1789 Liessau / Weichsel, † 30. 6. 1851 Berlin. Aus einfachen Verh¨altnissen stammend, kam B. 1805 in einen Danziger Kaufmannsbetrieb in die Lehre. Er schloß sich 1807 als Sekret¨ar den franz¨osischen Truppen an, kam nach Paris und war dort Gehilfe eines Weinh¨andlers. 1812 wurde er als „chancelier du consulat“ am franz¨osischen Konsulat in Potsdam eingestellt. Seit 1814 bereiste er im Auftrag seines fr¨uheren Danziger Lehrherrn Holland, England und Schweden und er¨offnete danach in Danzig mit einem Partner eine Handelsfirma. Seit 1828 betrieb B. unter dem Namen „Theodor Behrend und Co.“ das haupts¨achlich Getreide und Holz exportierende Unternehmen auf eigene Rechnung, installierte die erste Dampfmaschine und die erste Dampf¨ uhle. 1845 u¨ bernahm er die Danziger Gewehrfabrik, die Olm¨ Eisengießerei und Maschinenfabrik. B. geh¨orte dem Berliner Freihandelsverein an und wurde 1848 als stellvertretendes Mitglied in das Frankfurter Parlament entsandt. C Neuer Nekr, Jg. 29
Behrend-Brandt, Magdalena, S¨angerin, * 1828 Wien, † 25. 1. 1895 M¨unchen. In Wien von Giovanni Gentiluomo ausgebildet, begann B.-B.s Karriere an der Budapester Oper. Sie wechselte an die Oper Leipzig, 1850-54 nach Frankfurt / Main und gastierte so erfolgreich als Donna Anna in Don Giovanni an der Hofoper
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in M¨unchen, daß sie engagiert wurde. Seit 1865 auf Gastspielreisen, nahm B.-B. kein festes Engagement mehr an. Ende der sechziger Jahre ließ sie sich als Gesangsp¨adagogin in M¨unchen nieder. C Kutsch
Behrends, Ernst, Schriftsteller, * 19. 5. 1891 Gudow bei Lauenburg, † 9. 7. 1982 L¨ubeck. Der Sohn eines Lehrers und Organisten besuchte das Lehrerseminar in Ratzeburg und war 1911-33 an der Mittelschule in M¨olln t¨atig. B., der fr¨uh zu schreiben begann, legte 1921 seinen ersten Roman (Erich Pflugers Weg zur Welt), 1923 erste Gedichte (Ewige Fr¨uhe) vor und schrieb f¨ur Jahrb¨ucher, Kalender und Zeitungen. Er erhielt 1971 den DichtersteinSchild Offenhausen und 1974 den Ehrenring der deutschen Literatur. 1977 erschien Freundesgabe, eine Publikation mit Leseproben aus seinem Werk und Abhandlungen zu seiner Person. C DLL, 20. Jh.
Behrends, Peter Wilhelm, evang. Theologe, * 27. 6. 1773 Neuhaldensleben, † 27. 10. 1854 Alvensleben. Nach dem Studium der Theologie an der Univ. Halle 1792-95 war B. Privatlehrer in seiner Heimatstadt. Er wurde Mitglied des Schulkollegiums und kam 1796 als Rektor an die Stadtschule in Oebisfelde. 1800 u¨ bernahm er das Pastorat der Gemeinden Volkmarsdorf und Nordsteimke im Herzogtum Braunschweig und wechselte 1807 an die Pfarre Nordgermersleben im Magdeburgischen. Neben theologischen Arbeiten, darunter Schriften zur Einf¨uhrung in die altchristliche Liturgie und Gottesdienstordnung, ver¨offentlichte B. u. a. ein Leben des heiligen Ludger (1843). C ADB
Behrendt, Johann, evang. Theologe, * 18. 1. 1667 Insterburg, † 14. 4. 1737 Insterburg. Nach dem Theologiestudium in K¨onigsberg wurde B. 1692 ordiniert und 1693 Pfarrer an der neuerbauten Kirche in Mehlkehmen. Seit 1708 Pfarrer in Enzuhnen, folgte 1711 seine Ernennung zum Erzpriester von Insterburg. Mit der litauischen Sprache vertraut, bearbeitete er f¨ur Johann Joachim → Quantz die litauische Bibel¨ubersetzung und u¨ bersetzte Kirchenlieder f¨ur das litauische Gesangbuch. C NDB
Behrendt, Richard Fritz Walter, National¨okonom, Soziologe, * 6. 2. 1908 Gleiwitz, † 17. 10. 1972 Basel. B. stammte aus einer Industriellenfamilie, zu deren engeren Verwandten der Afrikaforscher → Emin Pascha geh¨orte. Er studierte in N¨urnberg und K¨oln und wurde 1931 in Basel mit der Arbeit Die Schweiz und der Imperialismus zum Doktor der Staatswissenschaften promoviert. Edgar → Salin und Leopold von → Wiese waren als Lehrer pr¨agend f¨ur seinen weiteren wissenschaftlichen Lebensweg. B., der aufgrund seiner j¨udischen Herkunft gezwungen war, Anfang der dreißiger Jahre aus Deutschland zu emigrieren, gelangte u¨ ber die Schweiz und Großbritannien 1935 nach Amerika. In Panama beteiligte er sich an der Gr¨undung der Univ. und wurde Direktor der Forschungsstelle f¨ur Wirtschaftsund Sozialwissenschaften. 1945 erhielt er eine Stelle als Full Professor an der Colgate University in Hamilton (USA), war seit 1949 Regierungsberater in Peru und wurde 1950 Sachverst¨andiger der International Bank for Reconstruction and Development in Washington. Als Berater war er außerdem 1951 f¨ur die Regierung von Puerto Rico und seit 1952 f¨ur die Vereinten Nationen t¨atig. 1953 ging B. als Lehrstuhlinhaber f¨ur Soziologie an die Univ. Bern und gr¨undete dort das Institut f¨ur Soziologie und sozio¨okonomische Entwicklungsfragen, bis er 1965 einem Ruf an die Freie Univ. in Berlin folgte. B.s wissenschaftliches Interesse galt vor allem sozialen und wirtschaftspolitischen Fragestellungen im Hinblick auf die Entwicklungsl¨ander. Er ver¨offentlichte u. a. Eine freiheitliche Entwicklungspolitik f¨ur materiell zur¨uck-
Behrens gebliebene L¨ander (1956), Dynamische Gesellschaft (1963) und Soziale Strategie f¨ur Entwicklungsl¨ander (1965). C Hagemann
Behrendt, Walter, Politiker, * 18. 9. 1914 Dortmund, † 23. 7. 1997 Dortmund. B., Sohn eines Bergmanns, war nach einer kaufm¨annischen Lehre als Buchhalter und kaufm¨annischer Abteilungsleiter t¨atig. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg arbeitete er 1949-54 als Handlungsbevollm¨achtigter und Industriekaufmann und wurde 1954 Redakteur der Werkzeitschrift „Westfalenh¨utte“ in der Pressestelle der Hoesch AG in Dortmund. Seit 1932 Mitglied der SPD, engagierte sich B. nach dem Krieg bei den Jungen Sozialisten, war Stadtbezirksverordneter in Dortmund, 1952-54 Vorsitzender der SPD von GroßDortmund und 1952-57 Ratsmitglied der Stadt Dortmund. Seit 1957 geh¨orte er dem Deutschen Bundestag an, war 1961-67 Vorsitzender des Ausschusses f¨ur Arbeit, 1963-72 der SPD-Fraktion und zog 1967 in das Europaparlament ein, dessen Pr¨asident er als erster Sozialdemokrat 1971-73 war. In beiden H¨ausern widmete er sich vor allem Fragen des Arbeitsrechts und des Arbeitsschutzes. C MdB
Behrens, Christian, Bildhauer, * 12. 5. 1852 Gotha, † 14. 10. 1905 Breslau. B. studierte seit 1870 an der Kunstakademie Dresden, war 1872-77 Meistersch¨uler bei Ernst Julius → H¨ahnel, 1880 / 81 bei Karl → Kundmann und Edmund von → Hellmer in Wien. 1872 / 73 wurde er durch die Kolossalstatue Hagen bekannt und erhielt in den siebziger Jahren erste Auftr¨age der Stadt Dresden. Seit 1886 zum Vorsteher des Meisterateliers f¨ur Bildhauer an das Breslauer Museum berufen, schuf B. u. a. das Denkmal Kaiser Wilhelm I. (1889 / 90, zusammen mit Hugo → Licht). In den neunziger Jahren arbeitete er auch in Berlin; es entstanden u. a. Marmorstatuen (Kaiser Wilhelm I., Friedrich III.) f¨ur den Sitzungssaal des Berliner Rathauses. C AKL
Nach dem Ersten Weltkrieg war er in Berlin Korrespondent f¨ur die Basler „National-Zeitung“. Sp¨ater informierte B. ¨ die Schweizer Offentlichkeit in zahlreichen Vortr¨agen und Publikationen u¨ ber die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland und rief zum Widerstand gegen demokratiefeindliche Bewegungen in der Schweiz auf. Er wurde 1935 aus Deutschland ausgewiesen und gr¨undete mit Fritz → Lieb und Hans → Schwarz die Wochenzeitschrift „SZ am Sonntag“ (Schweizer Zeitung). Die kompromißlose Haltung gegen den Nationalsozialismus brachte dem Blatt eine dreimonatige Sperre und damit den Bankrott. B. schrieb danach f¨ur die Wochenzeitung „Die Nation“. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen u. a. Der tanzende Papst. Stimmungen auf Reisen durch Italien, London und Paris (1905) und Das kriegerische Frankreich. Erlebnisse und Betrachtungen (1915).
Behrens, Elieser, genannt Leffmann, Hof- und Kammeragent, * 1634 Bockum, † 30. 1. 1714 Hannover. B.s Familie wanderte aus den Niederlanden nach Hannover ein. Dort gr¨undete B., dessen Vater Kaufmann war, eine Handelsfirma und avancierte zum Finanzier der Welfen, Wettiner, Hohenzollern, Habsburger und zahlreicher F¨ursten, der Bisch¨ofe von M¨unster und Paderborn. Er vermittelte Subsidien in Millionenh¨ohe aus Frankreich und Holland, finanzierte Hannovers Erhebung zur Kurw¨urde, war an der Beschaffung der Mittel zum Erwerb der preuß. K¨onigskrone und vor allem, zusammen mit Behrend → Lehmann, an der Wahl → Friedrich Augusts I. zum K¨onig von Polen beteiligt. B. finanzierte die Kriege der Habsburger. Gegen judenfeindliche Tendenzen machte er seinen Einfluß geltend. 1698 wurde er zum Hof- und Kammeragenten ernannt. C NDB Behrens, Franz, Gewerkschafter, Politiker, * 2. 2. 1872
† 12. 6. 1992 Karlsruhe. Nach der Promotion 1954 in Greifswald (Die Oxydation der Thiazolyl-2-hydrazine) war B. bis 1956 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bonn-Bad Godesberg, dann bis 1959 f¨ur die Gesellschaft Deutscher Chemiker t¨atig und wurde 1960 zum Gesch¨aftsf¨uhrer der Deutschen Gesellschaft f¨ur chemisches Apparatewesen ernannt. 1974 erfolgte seine Berufung zum Honorarprofessor der Fakult¨at f¨ur Chemieingenieurwesen an die Univ. Karlsruhe. B. war Mitherausgeber der Fachbl¨atter „Werkstoffe und Korrosion“ (1963-74) und des „AchemaJahrbuchs“ (seit 1963) und Herausgeber der „DechemaWerkstoff-Tabelle“ und „-Monographien“.
Marienhof (Mecklenburg-Strelitz), † 3. 9. 1943 AltLandsberg. Seit 1895 Gesch¨aftsf¨uhrer des Allgemeinen Deutschen G¨artnervereins, war B. 1903-05 Arbeitersekret¨ar in Berlin, bis 1913 Generalsekret¨ar des Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter Deutschlands, Vorsitzender des Gesamtverbands christlicher Gewerkschaften, Vorsitzender des Reichsverbandes l¨andlicher Arbeitnehmer und des Gesamtverbands der Krankenkassen Deutschlands. 1907-18 in den Reichstag gew¨ahlt, geh¨orte er 1919 der Weimarer Nationalversammlung und wieder dem Reichstag an, zun¨achst f¨ur die Deutschnationale Partei, sp¨ater f¨ur verschiedene christlich-nationale Parteien. Als Mitglied des Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses nahm er 1926 an der Weltkirchenkonferenz von Stockholm teil. 1933 verlor B. im nationalsozialistischen ¨ Deutschland seine Amter. C Reichshandbuch
Behrens, Dietrich, Romanist, * 12. 1. 1859 Sophiengroden
Behrens, Franz Richard, Pseud. Erwin Gepard, Peter
Behrens, Dieter, Chemiker, * 3. 5. 1926 Stralsund,
bei Jever, † 18. 12. 1929 Gießen. B. war kurz a. o. Prof. der romanischen Sprachen an der Univ. Jena, von 1891 bis zu seinem Tod Ordinarius in Gießen. Sein wissenschaftliches Interesse galt der altfranz¨osischen Sprache; der dritte Teil seiner altfranz¨osischen Grammatik enth¨alt eine Zusammenstellung lautlicher Eigent¨umlichkeiten der altfranz¨osischen Dialekte. Seit 1885 war er Mitherausgeber, von 1891 an alleiniger Herausgeber der „Zeitschrift f¨ur franz¨osische Sprache und Literatur“. C Gießen
Behrens, Eduard, Pseud. Gottlieb Kr¨ahenb¨uhl, Journalist, Schriftsteller, * 20. 4. 1884 Biel (Kt. Bern), † 14. 2. 1944 Minusio (Kt. Tessin). B., Sohn eines Arztes studierte in Bern und seit 1905 in Berlin und schrieb f¨ur deutsche und schweizer. Zeitungen Artikel aus Rom, Paris, Konstantinopel und London.
Mohr, Schriftsteller, Dramaturg, Journalist, * 5. 3. 1895 Braschwitz bei Halle / Saale, † 30. 4. 1977 Berlin. Nach der Ausbildung zum Volksschullehrer arbeitete der Sohn eines christlichen Gewerkschaftsf¨uhrers seit 1913 als Journalist, war 1914-18 Soldat und schrieb 1915-17 Kriegsreportagen (Feldpostbriefe) f¨ur die Zeitschrift „Flugsport“. Neben zahlreichen Ver¨offentlichungen in der literarischen Zeitschrift „Der Sturm“ (bis 1922) kam sein einziger Gedichtband Blutbl¨ute 1917 heraus. Nach Kriegsende erschienen unter Pseudonym zahlreiche Filmdrehb¨ucher, u. a. zu dem mit Asta → Nielsen verfilmten Hamlet. B. arbeitete bis 1935 als Filmdramaturg, Sportberichterstatter und Lokalredakteur. 1945-61 schrieb er als Peter Mohr Sportkolumnen f¨ur den Berliner „Abend“. Nach dem Bau der Berliner Mauer verlor er seine Arbeit und verbrachte den Rest seines Lebens unbekannt und nahezu mittellos in Ost-Berlin. C Killy
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Behrens Behrens, Friedrich, Wirtschaftswissenschaftler, * 20. 9. 1909 Rostock, † 19. 7. 1980 Berlin (Ost). B. absolvierte eine Maschinenbaulehre, studierte 1931-35 Volkswirtschaftslehre und Statistik an der Univ. Leipzig (Dr. rer. pol. 1935) und habilitierte sich 1946 f¨ur Politische ¨ Okonomie. Seit 1947 Prof. und Direktor des Instituts f¨ur Wirtschaftswissenschaft und Statistik an der Univ. Leipzig, ging er 1956 nach Berlin (Ost). Er war Leiter des Statistischen Zentralamts der Deutschten Demokratischen Republik. 1956 / 57 wurde er wegen Revisionismus gemaßregelt. B. ver¨offentlichte u. a. Die Arbeitsproduktivit¨at (1953). 1990 wurde er von der PDS-Schiedskommission postum rehabili¨ tiert. C Okonomen
Behrens, Gustav, Arch¨aologe, * 18. 10. 1884 Birkenfeld / Nahe, † 20. 8. 1955 Mainz. B. studierte an den Universit¨aten Marburg, Bonn, Berlin und G¨ottingen und habilitierte sich f¨ur Deutsche Vor- und Fr¨uhgeschichte. Er besch¨aftigte sich vor allem mit r¨omischgermanischer Forschung und wurde der erste Direktor des R¨omisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz. B. vero¨ ffentlichte u. a. Aus der fr¨uhen V¨olkerwanderungszeit des Mittelrheins (1924).
Behrens, Heinrich, Jesuit, * 16. 12. 1815 Munstadt, † 14. 10. 1895 Buffalo (USA). 1832 in den Jesuitenorden eingetreten, studierte B. in Freiburg Philosophie und Theologie, empfing 1842 die Priesterweihe und wurde sp¨ater Generalpr¨afekt im Kolleg Freiburg (Schweiz). Mit 43 Ordensleuten reiste er 1848 nach Nordamerika (Maryland, Missouri), kehrte 1850 zur¨uck, wurde Novizenmeister und 1851 Rektor in M¨unster. B. war 1856-59 Provinzial der deutschen Ordensprovinz, Instruktor im Terziat in Paderborn und Organisator des Lazarettdienstes der Jesuiten im Deutsch-Franz¨osischen Krieg. 1872 reiste er ein zweites Mal nach Amerika und gr¨undete die Buffalomission und die ersten Kollegien der deutschen Jesuiten in den Vereinigten Staaten. 1872-76 und 1886-92 leitete er als Oberer die Mission. C BBKL
Behrens, Heinrich, Chemiker, * 23. 1. 1842 B¨usum, † 13. 1. 1905 Delft. B. studierte seit 1861 an der Univ. Kiel Naturwissenschaften, wurde 1868 promoviert und unterrichtete 1869 / 70 an der dortigen Seekadettenanstalt; seit 1869 war er Privatdozent der Naturwissenschaften und Assistent am Physiologischen Institut der Universit¨at. 1875 folgte er dem Ruf als Prof. der Bergbaukunde an das Polytechnikum in Delft und u¨ bernahm 1898 das von ihm angeregte Ordinariat f¨ur Mikrochemie. Es gelang ihm unter Ber¨ucksichtigung der Forschungsergebnisse von Ferdinand → Zirkel und des Niederl¨anders Pieter Harting, eine mikrochemische Methode zur Analyse kleinster, optisch nicht mehr erfaßbarer Mineralien zu erarbeiten; er f¨uhrte damit die Anwendung mikrochemischer Analysen in die Mineralogie, Petrographie und Metallkunde ein (Essai d’une m´ethode d’analyse qualitative microchimique, 1890). C SHBL, Bd 3
Behrens, Helmut, Chemiker, * 30. 5. 1915 Elsfleth, † 4. 3. 2000 Erlangen. B. studierte seit 1933 in Freiburg / Breisgau Chemie, wechselte noch im selben Jahr an die TH M¨unchen und wurde 1940 bei Walter → Hieber mit der Dissertation Zur Kenntnis der Entstehungsweise von Nickel- und Kobaltcarbonylen promoviert. Nach Heirat der Tochter des Rechtsanwalts und Schriftstellers Wilhelm → Dieß, die zum Teil j¨udischer Herkunft war, mußte B. seine Anstellung als Assistent bei Hieber aufgegeben, blieb jedoch weiter mit Forschungsaufgaben besch¨aftigt und habilitierte sich 1948 mit der Schrift Chemie der Metallcarbonyle in fl¨ussigem Ammoniak. Anschließend
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war er als Privatdozent und Konservator im Anorganischchemischen Labor an der TH (seit 1970: TU) M¨unchen t¨atig, lehrte seit 1960 als a. o. Prof. und folgte 1962 einem Ruf als o. Prof. und Vorstand des Instituts f¨ur Anorganische Chemie an die Univ. Erlangen-N¨urnberg. Dort hatte er maßgeblich Anteil am Neubau der chemischen Fakult¨at. B. gilt als Pionier auf dem Gebiet der Chemie der Metallcarbonyle in fl¨ussigem Ammoniak und zeichnete verantwortlich f¨ur mehr als zweihundert Ver¨offentlichungen zu Themen der Anorganischen Chemie. B.s autobiographische Erinnerungen erschienen unter dem Titel Wissenschaft in turbulenter Zeit 1933-1953.
Behrens, J¨urgen (Franz), Literaturwissenschaftler, * 18. 3. 1935 L¨ubeck, † 30. 1. 2005 L¨ubeck. Der Sohn eines Studienrats studierte nach einer Schriftsetzerlehre seit 1956 Deutsche Philologie, Philosophie und Theologie an den Universit¨aten Hamburg, G¨ottingen, Basel und Kiel, wo er 1961 mit der Arbeit Briefwechsel zwischen Klopstock und den Grafen Christian und Friedrich Leopold zu Stolberg bei Erich → Trunz promoviert wurde. 1964-96 war B. am Freien Deutschen Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum t¨atig, zun¨achst als wissenschaftlicher Mitarbeiter, seit 1966 als Kustos und Leiter der Handschriftenabteilung; 1975-81 war er stellvertretender Direktor. Verdient machte er sich vor allem um die Bearbeitung der Korrespondenz Friedrich Leopold → Stolbergs (Briefe, 1966) und die Herausgabe der Historisch-kritischen Frankfurter → Brentano-Ausgabe (1975 ff.), deren Mitbegr¨under er war. B. gab auch → Goethes Briefe an Auguste Gr¨afin zu Stolberg (1968) und ein Verzeichnis s¨amtlicher Briefe (1968, mit Ingeborg Behrens) Friedrich Leopold zu Stolbergs heraus.
Behrens, Karl, Konstrukteur, Widerstandsk¨ampfer, * 18. 11. 1909 Berlin, † 13. 5. 1943 Berlin. B., Sohn eines Arbeiters, war gelernter Schlosser. Er schloß sich 1929 der NSDAP und der SA an, trat aber 1931 nach der Stennes-Revolte wieder aus und wurde 1932 Mitglied der KPD. In den folgenden Jahren baute er Kontakte zu verschiedenen regimekritischen Kreisen auf, u. a. den Harnacks. 1932-37 besuchte er das Abendgymnasium und studierte nach dem Abitur Maschinenbau. Seit 1938 arbeitete er als Werkzeug-Konstrukteur bei der AEG. Im selben Jahr wurde B. wegen der Verteilung politischer Flugbl¨atter angeklagt, doch wegen Mangels an Beweisen freigelassen. 1939 wurde er inhaftiert, weil er den Taufschein seines j¨udischen Schwagers manipuliert hatte. 1942 zum Kriegsdienst eingezogen, wurde er an der Ostfront verhaftet und sp¨ater hingerichtet. C Widerstand
Behrens, Karl-Christian, Betriebswirt, * 30. 6. 1907 Hamburg, † 19. 10. 1980 Berlin. B. habilitierte sich 1947 f¨ur Betriebswirtschaftslehre an der Freien Univ. Berlin und war seit 1950 Direktor des dortigen Instituts f¨ur Markt- und Verbrauchsforschung. Er ver¨offentlichte u. a. Demoskopische Marktforschung (1961, 21966) und gab ein Handbuch der Werbung (1970) und ein Handbuch der Marktforschung (2 Bde., 1974-76) heraus.
Behrens, Peter, Architekt, Kunstgewerbler, * 14. 4. 1868 Hamburg, † 27. 2. 1940 Berlin. B., Sohn eines Gutsbesitzers, studierte zun¨achst Malerei, war seit 1889 in M¨unchen ans¨assig und geh¨orte 1892 zu den Gr¨undungsmitgliedern der M¨unchner Sezession. 1897 gab er die Malerei auf, wurde 1899 an die Darmst¨adter K¨unstlerkolonie berufen und stellte sich auf der Ausstellung „Ein Dokument Deutscher Kunst“ erstmals als Architekt vor. Im Sinn eines Gesamtkunstwerks entwarf er den Bauk¨orper und die Innenarchitektur. 1907 von Emil → Rathenau als k¨unstlerischer Beirat und Architekt der AEG (Allgemeinen Elektrizit¨ats Gesellschaft) nach Berlin geholt, entwarf er neben
Behrisch Plakaten, Industriedesign (Bogenlampe, Uhren) u. a. die Turbinenhalle der AEG. Seit 1922 Prof. an der Akademie der bildenden K¨unste in Wien, leitete er, trotz des Mißfallens der Nationalsozialisten, seit 1936 die Architekturabteilung der Akademie in Berlin. Walter → Gropius und Le Corbusier z¨ahlten u. a. zu seinen Mitarbeitern. C AKL
Behrens, (Georg) Wilhelm Julius, Botaniker, * 9. 2. 1854 Braunschweig, † 24. 12. 1903 G¨ottingen. Nach dem Studium in G¨ottingen (Promotion 1880, Untersuchungen u¨ ber den anatomischen Bau des Griffels und der Narbe einiger Pflanzenarten) war B., Sohn eines Gold- und Silberschmieds, Assistent bei Julius → Sachs in W¨urzburg; sp¨ater ließ er sich als Privatgelehrter in G¨ottingen nieder. Sein wissenschaftliches Interesse galt den Nektarien (Die Nektarien der Bl¨utenflora, 1879). B. war Herausgeber der „Zeitschrift f¨ur wissenschaftliche Mikroskopie und mikroskopische Technik“ und publizierte mehrfach aufgelegte allgemeine Darstellungen der Botanik. C NDB
Behring, Emil von, Serologe, * 15. 3. 1854 Hansdorf (Westpreußen), † 31. 3. 1917 Marburg / Lahn. Dem f¨unften Sohn eines Dorfschullehrers erm¨oglichte von 1874 bis 1878 die Pepini`ere (Charit´e) – wie vor ihm → Helmholtz, → Virchow, → Leyden, → Gaffky, → L¨offler – das Studium der Medizin an der Univ. Berlin gegen eine neunj¨ahrige milit¨ara¨ rztliche Dienstverpflichtung. Nach der Promotion 1878, Approbation 1880 veranlaßte eine Diphtherieepidemie in Schlesien den Truppenarzt, sich mit der Bek¨ampfung von Infektionskrankheiten zu befassen. 1887 unter Ernennung zum Stabsarzt an das pharmakologische Institut der Univ. Bonn kommandiert, wurde er von Karl → Binz in die neue Forschungsrichtung der Bakteriologie eingef¨uhrt, die darauf abzielte, gegen die Infektionskrankheiten mit chemischen Mitteln (Chemotherapie) vorzugehen. B.s Idee der passiven Immunisierung, die Infektions¨ erreger durch Ubertragung des im Tierk¨orper in der Abwehr gegen die Bakterien erzeugten nat¨urlichen Gegengifts (Antitoxin) zu bek¨ampfen, bildete den Ausgangspunkt der „¨atiologischen oder Blutserumtherapie“. 1889 als Assistent an das Hygieneinstitut Robert → Kochs in Berlin kommandiert, erzielte er 1890 mit Erich → Wernicke die ersten wirksamen Heilseren gegen Diphtherie und mit Shibasaburo Kitasato gegen den Wundstarrkrampf. Bis zum erfolgreichen Versuch 1893 am Menschen, der erst durch die von Paul → Ehrlich entwickelten Anreicherungs-, Meß- und Pr¨ufverfahren des Serums m¨oglich wurde, starben in Deutschland an Diphtherie j¨ahrlich mehr als 50 000 Kinder, d. h. jedes zweite Kind. 1893 Titularprofessor, 1894 ohne Habilitation von seinem Schutzherrn im Kultusministerium Friedrich → Althoff als unbesoldeter a. o. Prof. der Hygiene und Leiter des Hygienischen Instituts nach Halle versetzt, wurde B. 1895 in gleicher Eigenschaft der Marburger Fakult¨at aufgezwungen und dort zum o. Prof. und Geheimen Medizinalrat unter Verabschiedung aus dem Sanit¨atskorps ernannt. Zur Lehrentlastung stellte ihm das Ministerium einen a. o. Prof. zur Seite. Die durch Althoff vermittelte Zusammenarbeit mit den Hoechster Farbwerken und zwei Geldpreise der Pariser Akademien erm¨oglichten die Errichtung privater Forschungsanlagen. Aus ihnen ging 1904 unter Investition der 150 800 Schwedenkronen (2 Mio. DM) des Nobelpreises und staatlicher Gelder die „Behring-Werk oHG“ hervor. 1914 „Behringwerke GmbH“, 1920 AG., 1929 Eingliederung in die IG Farben, 1952 Neugr¨undung als Tochter von Hoechst, sind
die „Behringwerke AG.“ heute das finanzst¨arkste Unternehmen Marburgs. Der „Retter der Kinder“ wurde 1901 in den preuß. Adelsstand erhoben und erhielt im selben Jahr den ersten Nobelpreis der Medizin. Besessen von der Idee, nach den gleichen Prinzipien ein Heilserum gegen die Tuberkulose zu entwickeln, f¨uhrten die n¨achtelange Laborarbeit, Konflikte und Anfeindungen nach physischen und psychischen Zusammenbr¨uchen 1907 zu einem dreij¨ahrigen Sanatoriumsaufenthalt. Eine neue Phase erstaunlicher Produktivit¨at gipfelte 1913 in der Bekanntgabe des Impfstoffes TA (Toxin-Antitoxin-Gemisch) f¨ur die vorbeugende aktive Diphtherie-Schutzimpfung. Den Siegeszug des Tetanus-Antitoxins im Weltkrieg in Form der prophylaktischen Injektion hat B. noch erlebt. Vor dem Triumph der aktiven Immunisierung beendete der Tod das Wirken des mit Auszeichnungen u¨ berh¨auften Ehren- oder korrespondierenden Mitglieds von 35 wissenschaftlichen Gesellschaften und Akademien von St. Petersburg bis Mexiko. Der Ehe des zweiundvierzigj¨ahrigen umfassend gebildeten und philosophisch beschlagenen Forschers mit der zwanzigj¨ahrigen Else Spinola (1876-1936), Tochter des Verwaltungsdirektors der Charit´e und seiner Frau j¨udischer Herkunft, entsprossen sechs S¨ohne. → Hitler erkl¨arte sie 1934 zu „Edelariern“, nachdem man B. wegen „Verunreinigung germanischen Bluts“ verleumdet hatte. LITERATUR: Bibliographie in: Behringwerk-Mitteilungen 10 (1940). – Heinz Zeiss und Richard Bieling: B. Gestalt und Werk. Berlin 1940, 21941. – Arthur S. MacNalty: E. v. B. In: British Medical Journal (1954), S. 668-70. – Dokumente aus Hoechster Archiven 37 (1968). – Ernst B¨aumler: Paul Ehrlich. Frankfurt / Main 1979, 21980. – Die hagiographische Literatur der nationalsozialistischen Zeit (Unger 1940, Gerhardt 1941, Schaaf 1944) ist durch Unterschlagen der Anteile Ehrlichs nur bedingt brauchbar. Bernhard vom Brocke
Behringer, Edmund, P¨adagoge, Schriftsteller, * 22. 5. 1828 Babenhausen (Schwaben), † 13. 11. 1900 Aschaffenburg. B. war der Sohn eines f¨urstlich Fuggerschen Herrschaftsrichters und studierte seit 1847 Rechtswissenschaften, dann Philosophie und Philologie in M¨unchen. 1851 legte er die Staatspr¨ufung f¨ur das Lehramt ab, vertiefte seine germanistischen Studien in Bonn, lehrte an verschiedenen Instituten, bis er 1855 eine Anstellung in W¨urzburg erhielt und 1871 Direktor des kgl. Gymnasiums in Aschaffenburg wurde. 1854 ver¨offentlichte B. als erste seiner Dichtungen Das Felsenkreuz. Er wurde vor allem als religi¨oser Epiker bekannt; ¨ 1887 wurde ihm die Ubersetzung der Inschriften und Gedichte des Papstes Leo XIII. u¨ bertragen. C Biogr Jahrb, Bd 6
Behrisch, Ernst Wolfgang, P¨adagoge, * 1738 Gut Naunhof bei Dresden, † 21. 10. 1809 Dessau. Nach Vollendung seiner Studien nahm B., Bruder von Heinrich Wolfgang → B., eine Hofmeisterstelle im gr¨aflich Lindenauschen Haus in Leipzig an. In dieser Zeit war er mit → Goethe befreundet und beeinflußte ihn als sein Mentor. 1767 ging B. als Erzieher von Franz von Waldersee und sp¨ater des Erbprinzen nach Dessau. Außer einem Opernlibretto und einigen Gedichten ist seine Mitarbeit an einem Teutsch-franz¨osischen W¨orterbuch der J¨agersprache [. . .] bekannt. C Killy
Behrisch, Heinrich Wolfgang, Schriftsteller, * 1744 Gut Naundorf bei Dresden, † 8. 2. 1825 Dessau. Der j¨ungere Bruder von Ernst Wolfgang → B. studierte 1760-66 Rechtswissenschaften an der Univ. Leipzig, besch¨aftigte sich jedoch vor allem mit franz¨osischer Literatur. Nach dem Tod seines Vaters 1768 versuchte er sich (er-
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Behrle folglos) in der Verwaltung der Familieng¨uter. Sein Schriftstellerleben f¨uhrte ihn durch Europa. 1783 / 84 ver¨offentlichte er das Allgemeine Wiener Verzeichnis neuer B¨ucher und 1784 das bio-bibliographische Lexikon Die Wiener Autoren. ¨ Ein Beytrag zum gelehrten Deutschland. Uber 40 Werktitel sind bekannt, darunter Das blaue Buch oder Nonsens ein allegorisches Gem¨alde (1776). C Killy
Behrle, Rudolf, kath. Theologe, Dramatiker, * 15. 4. 1826 Herbolzheim (Baden), † 18. 11. 1902 Freiburg / Breisgau. Seit 1847 an der Univ. Freiburg / Breisgau f¨ur Theologie immatrikuliert, trat B. 1850 in das erzbisch¨ofliche Seminar ein und empfing 1851 die Priesterweihe. Als Pfarrverwalter in Geisingen hatte B. w¨ahrend des badischen Kirchenstreits eine schwierige Stellung. Bis 1872 war er in verschiedenen Pfarreien t¨atig und wurde 1873 Domkapitular in Freiburg / Breisgau. Papst Leo XIII. verlieh ihm die W¨urde eines p¨apstlichen Geheimk¨ammerers. B. schrieb kleine Schauspiele, u. a. Joseph und seine Br¨uder (1857, 51904). C Biogr Jahrb, Bd 7 Behrmann, (Friedrich) Georg, Dramatiker, Postmeister, * 12. 2. 1704 Hamburg, † 28. 11. 1756 Hamburg. Der aus einer Kaufmannsfamilie stammende B. wurde selbst Kaufmann, war Mitglied verschiedener b¨urgerlicher Deputationen und seit 1735 Verwalter des Postverkehrs nach Amsterdam („Holl¨andische Post“). Befreundet mit Friedrich von → Hagedorn, wurde er von diesem zu eigener literarischer T¨atigkeit angeregt. B. schrieb vor allem Trauerspiele, deren Vorbild die klassische franz¨osische Trag¨odie war. Die Horazier, von Caroline → Neubers Truppe in Hamburg 1733 uraufgef¨uhrt, sind eine freie Bearbeitung des Horace von Corneille. C Killy Behrmann, (Christian Conrad) Georg, evang. Theologe, * 15. 11. 1846 Hamburg, † 10. 7. 1911 Hamburg. Nach dem Studium der Theologie und der Orientalistik in Halle und T¨ubingen wurde B., Sohn eines Schlossermeisters, 1870 Pastor in Curslak, 1872 an St. Michaelis in Hamburg, 1873 an St. Nicolai in Kiel und kehrte 1886 als Hauptpastor an St. Michaelis nach Hamburg zur¨uck. Als Senior (seit 1894) vertrat er die Hamburgische Landeskirche auf der Eisenacher Kirchenkonferenz und die drei Hansest¨adte im Deutschen Evangelischen Kirchenausschuß. B. ver¨offentlichte u. a. Die Bergpredigt (1882). C NDB
Behrmann, Walter, Geograph, * 22. 5. 1882 Oldenburg, † 3. 5. 1955 Berlin. ¨ B. wurde 1906 an der Univ. G¨ottingen mit der Arbeit Uber die niederdeutschen Seeb¨ucher des 15. und 16. Jahrhunderts (Nachdr. 1978) promoviert. Er war dort sowie an den Universit¨aten Leipzig und Berlin als Assistent t¨atig. Seit 1914 Privatdozent, war er seit 1922 a. o. Prof. und Mitarbeiter am Kartographischen Institut f¨ur Meereskunde. 1923 wurde er o. Prof. an der Univ. Frankfurt / Main, 1945 Direktor des Instituts f¨ur Geomorphologie und Kartographie der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Seit 1948 war er Prof. an der Freien Univ. Berlin. B., seit 1940 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, ver¨offentlichte u. a. Morphologie der Erdoberfl¨ache (1936). Behrndt, Gottfried, auch Behrnd, Behrendt, Pseud. Bernander, Jurist, Beamter, Dichter, * 21. 3. 1693 Ebersbach (Oberlausitz), † 1. 3. 1743 Eichenbarleben. B., Sohn des Organisten David B., studierte seit 1716 Rechtswissenschaft in Halle / Saale. 1719 wurde er Hofmeister bei Gebhard Johann von Alvensleben in Eichenbarleben (Magdeburg) und dort 1724 Amtmann sowie Justitiar f¨ur die Gerichte Eichenbarleben und S¨upplingen. B., Mitglied der Deutschen Gesellschaft, war Korrespondent → Gottscheds und Mitarbeiter der „Beytr¨age zur critischen Historie der
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deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“ und der „Acta eruditorum“. Er besch¨aftigte sich mit literarischen, historischen und genealogischen Fragen und ver¨offentlichte u. a. die Gedichtsammlungen Poetische Sonn- und Fest-TagsBetrachtungen u¨ ber die verordneten Evangelia durch das gantze Jahr, In so genandten Oratorien bestehend [. . .] (1731, enth¨alt Textvorlagen f¨ur Kantaten von Georg Philipp → Telemann), die unter dem Pseudonym Bernander herausgegebene Sammlung Verirrter Musen Darinnen Theils zerstreute Theils noch gantz ungedruckte Jedoch auserlesene Gedichte Verschiedener ber¨uhmten und geschickten Persohnen Nebst eigenen enthalten (1732-35) und die Sammlung von Lob-, Gl¨uckw¨unschungs-, Trauer-, vermischtengeistlichen und weltlichen Gedichten, welche theils verschiedene geschickte Personen, theils er selbst verfertigt hat (1746).
Beich, Joachim Franz, Maler, Radierer, * 15. 10. 1665 Ravensburg, † 16. 10. 1748 M¨unchen. Vermutlich von seinem Vater Daniel B. unterrichtet, zog B. mit seiner Familie 1674 nach M¨unchen und erhielt 1702 den ersten Auftrag von Kurf¨urst → Maximilian II. Emanuel, dessen „kurf¨urstlicher Kammerdiener und Hofmaler“ er 1704 ¨ wurde. Nach der Besetzung Bayerns durch die Osterreicher (1704) ging B. ins Exil nach Italien. In Rom mit den Malern Johann → Kupezky und Christoph Ludwig → Agricola bekannt, unterrichtete er in Livorno Nicola Bonito und in Neapel u. a. Bernardo de Dominici. B. kehrte 1714, gleichzeitig mit dem Kurf¨ursten, der ihm neue Auftr¨age verschaffte, nach M¨unchen zur¨uck. Nach dem Tod Max Emanuels (1726) malte er f¨ur Adel und B¨urgertum. B., vor allem als sp¨atbarocker Landschaftsmaler bekannt, schuf auch Schlachtenbilder, Veduten und biblische Szenen. C AKL
Beichling, Wolf Dietrich Graf von, Staatsmann, * 28. 9. 1665 Zschorna bei Wurzen, † 28. 9. 1725 Zschorna. Der Sohn von Gottfried Hermann Graf von → B. war seit 1693 mit der a¨ lteren Schwester der Maitresse → Johann Georgs IV. verm¨ahlt und wurde fr¨uh Hof-, Justiz- und Legationsrat. Schon vor 1694 stand er Kurf¨urst → Friedrich August nahe. 1700 wurde B. zum Oberstkanzler und bald zum Reichsgrafen erhoben. Als Premierminister zog er sich wegen seiner Ablehnung der Beteiligung am Nordischen Krieg und auch wegen Finanzmachenschaften Feinde zu, denen es gelang, ihn im Fr¨uhjahr 1703 zu st¨urzen und anzuklagen. Bis 1709 befand er sich in Haft. C NDB
Beickler, Ferdinand, Industriemanager, * 2. 11. 1922 Mainz, † 24. 9. 1998 K¨onigstein / Taunus. B. wurde 1937 Werkzeugmacherlehrling beim Stammwerk Opel in R¨usselheim, wohin er nach Maschinenbaustudium, Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft zur¨uckkehrte. In den fr¨uhen sechziger Jahren an der Konzeption der Bochumer Opel-Werke beteiligt, war er dort als Produktionsleiter t¨atig, wurde 1964 mit der Leitung s¨amtlicher technischer Bereiche betraut und war 1966-70 Gesamtleiter der Opel-Werke in Bochum. 1970 wurde B. zun¨achst Gesamtwerksleiter der Adam Opel AG, geh¨orte dann auch dem Vorstand an und war seit 1979 Vizepr¨asident der General Motors Corp. und Generaldirektor der Vauxhall Motors Ltd. in Luton (Großbritannien). 1982-86 war er Vorstandsvorsitzender der Adam Opel AG, 1986 / 87 Pr¨asident von „General Motors Europa – Passenger Cars“ in Z¨urich und u¨ bernahm 1987 den Vorsitz im Aufsichtsrat der Adam Opel AG. C Munzinger
Beidtel, Ignaz, o¨ sterr. Jurist, * 15. 1. 1783 Hof (M¨ahren), † 15. 5. 1865 Troppau. B. studierte in Teschen und Olm¨utz, wurde 1806 zum Dr. jur. promoviert, 1807 Lyzealprofessor, sp¨ater Appellationsge¨ richtsrat. Seit 1810 lehrte er R¨omisches Zivil- und Osterreichisches Kirchenrecht an der Univ. Lemberg, war 1816
Beigel Rat beim Ziviltribunal der 1. Instanz in Venedig und seit 1848 Abgeordneter des Frankfurter Parlaments. B. ver¨offentlichte u. a. Untersuchungen u¨ ber einige Grundlagen der Strafgesetzgebung (1840).
Beier, Adrian, Jurist, * 29. 1. 1634 Jena, † 7. 9. 1698 Jena. B. studierte Jura, wurde 1658 in Jena promoviert und 1670 Hofgerichtsadvokat. 1678 zum Syndikus der Stadt Jena ernannt, folgte 1681 seine Ernennung zum a. o. Prof., 1693 zum o. Prof. der Institutionen und Pandekten. Gleichzeitig Assessor im Sch¨oppenstuhl und am Hofgericht, verfaßte er neben seinen Arbeiten zum gemeinen Recht Werke zum Handwerksrecht und technologische B¨ucher (¨uber Werkzeug, Werkst¨atten, Waren). 1722 erschien postum ein Allgemeines Handlungs-, Kunst-, Berg- und Handwercks-Lexikon. C NDB Beier, Franz, Kapellmeister, Komponist, * 18. 4. 1857 Berlin, † 25. 6. 1914 Kassel. B. studierte in Berlin und Rostock, wurde 1883 mit einer Arbeit u¨ ber J. J. Froberger und seine Suiten promoviert, 1884 Chordirektor am Aachener Theater und 1885 in Kassel. 1884 leitete er vor¨ubergehend die Hofkapelle von Weimar. Seit 1899 kgl. Kapellmeister in Kassel, u¨ bernahm er die Leitung der Abonnementskonzerte, zeitweise des Oratorienvereins und wurde 1908 zum kgl. Prof. ernannt. B. komponierte die Operetten Der Gaunerk¨onig und die Parodie Der Posaunist von Speikingen; seine Bearbeitung der Oper Die Kreuzfahrer von Louis → Spohr wurde 1899 in Kassel aufgef¨uhrt. Beier, Friedrich-Karl, Jurist, * 9. 4. 1926 Berlin, † 13. 11. 1997 M¨unchen. B. studierte 1947-50 Rechtswissenschaft sowohl an der Humboldt-Universit¨at als auch an der Freien Univ. in Berlin und wurde in M¨unchen 1960 promoviert (Die Entstehung und Aufrechterhaltung des Markenrechts in Frankreich). 1965 habilitierte er sich dort, wurde 1966 a. o. Prof. und war seit 1969 o. Prof. des gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheber, Handels- und Wirtschaftsrechts. Seit 1973 war B. Direktor am Max-Planck-Institut f¨ur ausl¨andisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht in M¨unchen. Er ver¨offentlichte u. a. Der Schutz geographischer Herkunftsangaben in Deutschland (1963), Recht des unlauteren Wettbewerbs in der EG (Bd. 1 und 3, 1966 und 1968), Schutz wissenschaftlicher Forschungsergebnisse (1982), Europ¨aische Patent¨ubereinkommen (1984 ff.), Markenrechtliche Abhandlungen (1986) und Wettbewerbsrechts und Verbraucherschutz in Mittel- und Osteuropa (1992). Beier, Karl (Friedrich Adam), Klassischer Philologe, Philosoph, * 30. 5. 1790 Ankuhn (heute zu Zerbst), † 16. 4. 1828 Leipzig. B. studierte seit 1809 an der Univ. Leipzig haupts¨achlich Philologie und Philosophie, wurde 1813 promoviert, habilitierte sich 1815 an der Philosophischen Fakult¨at in Leipzig (De formis cogitandi disjunctivis) und war seit 1819 a. o. Prof., von 1825 an Collegiat. Als B.s Hauptwerke gelten zwei Ausgaben von Werken Ciceros, die mit einem gelehrten Kommentar versehene von De officiis (1820 / 21) und der Band Ciceronis orationum pro Tullio etc. fragmenta (1825). C Neuer Nekr, Jg. 6 Beier, Peter, evang. Theologe, * 5. 12. 1934 FriedebergL¨owenberg (Schlesien), † 10. 11. 1996 D¨usseldorf. B., Sohn eines Landwirts, lebte nach der Vertreibung 1945 in Grevenbroich im Rheinland und studierte 1955-59 evang. Theologie in Heidelberg, Bonn und Wuppertal. 1962 wurde er in Duisburg-Hamborn ordiniert, war 1963-69 Pfarrer in D¨uren, seit 1969 Mitglied der Landessynode der Evange-
lischen Kirche im Rheinland, 1972-89 Superintendent des Kirchenkreises J¨ulich und wurde 1985 in die Kirchenleitung berufen. Seit 1980 geh¨orte B. auch der Synode der Evangelischen Kirche der Union (West) an und war Mitglied der Kammer f¨ur Theologie der Evangelischen Kirche in Deutschland. 1989 wurde er Pr¨ases der Evangelischen Kirche im Rheinland sowie Mitglied des Rats der Evangelischen Kirche der Union, dessen Vorsitz er 1990 / 91 und seit 1993 innehatte. 1994 u¨ bernahm B. die Pr¨asidentschaft der C Munzinger Leuenberger Kirchengemeinschaft.
Beierlein, Johann Peter, Numismatiker, * 21. 12. 1802 Landshut, † 13. 8. 1878 M¨unchen. Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung in M¨unchen trat B. 1822 in die v¨aterliche Weinhandlung in Landshut ein und widmete sich danach unter der Anleitung des Universit¨atsbibliothekars Maurus Harter numismatischen Studien. Seine Schriften publizierte er haupts¨achlich im „Archiv des historischen Vereins von Oberbayern“, dem er seit 1848 angeh¨orte (u. a. Die bayerischen M¨unzen des Hauses Wittelsbach [. . .] C ADB 1180-1550, 1868). Beiersdorf, Paul Carl, Pharmazeut, * 26. 3. 1836 Neuruppin, † 17. 12. 1896 Berlin. Nach l¨angerem Auslandsaufenthalt wurde B. Teilhaber einer optischen Firma in Berlin, bis er 1880 die Merkur-Apotheke in Hamburg u¨ bernahm. Mit physiologischen und nahrungsmittelchemischen Untersuchungen besch¨aftigt, nahm er die Herstellung dermatologischer Produkte auf und f¨uhrte die aus Amerika kommenden Kautschukpflaster ein. Gemeinsam mit dem Mediziner Paul Gerson → Unna entwickelte er Heilpflaster. 1882 trennte er die Pflasterherstellung von der Apotheke. 1890 verkaufte B. die Firma Beiersdorf, deren Namen durch das Leukoplast weltbekannt wurde. C NDB Beigel, Georg Wilhelm Siegmund, Bibliothekar, * 25. 9. 1753 Ippesheim (Franken), † 25. 1. 1837 Dresden. B. studierte Jura in Altdorf und Leipzig, wurde promoviert und erhielt 1786 eine Stelle als Legationssekret¨ar in kurs¨achsischen Diensten, der M¨unchner Gesandtschaft zugeteilt. 1802 nach Dresden zur¨uckgekehrt, begleitete er seit 1804 als Geheimer Kabinettssekret¨ar den Kurf¨ursten auf Reisen, bis ¨ er 1813 zum Oberbibliothekar der Dresdener Offentlichen Bibliothek ernannt wurde. Ein Geh¨orleiden und Ged¨achtnisschw¨ache f¨uhrten 1826 zu seiner Pensionierung. B. ver¨offentlichte u. a. in → Bodes „Astronomischen Jahrb¨uchern“. C ADB
Beigel, Hugo George, Psychologe, Sexualwissenschaftler, Regisseur, Schauspieler, * 17. 2. 1897 Wien, † 16. 8. 1978 New York. B. studierte nach dem Ersten Weltkrieg Psychologie in Wien (Promotion 1925) und war als Schauspieler an verschiedenen o¨ sterr. und schweizer. B¨uhnen t¨atig. 1925-31 inszenierte er an den Stadttheatern Gablonz und Ulm, der Mitteldeutschen B¨uhne Kassel und der S¨ud-Westdeutschen B¨uhne in Frankfurt / Main. Daneben bildete er sich 1927-29 am Institut f¨ur geistig Behinderte in Berlin als Therapieassistent weiter und leitete danach ein Leipziger Familien- und Eheberatungszen¨ emigrierte der seit trum. Nach dem „Anschluß“ Osterreichs 1936 in Wien lebende B., der j¨udische Vorfahren hatte, u¨ ber Großbritannien 1939 in die USA. Er praktizierte zun¨achst privat, 1943 / 44 an der Grove School in Madison, 1945 / 46 am Office of War Information, lehrte 1946 / 47 am Keystone Jr. College in Plume und war danach Dozent am Institut f¨ur Psychologie an der Long Island University, New York. B. gab bis 1977 das „Journal of Sex Research“ heraus und schrieb u. a. Sex from A to Z (1961). C BHdE, Bd 2
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Beil Beil, Johann Adam, Unternehmer, * 2. 11. 1790 Frankfurt / Main, † 10. 6. 1852 Frankfurt / Main. B. erlernte das K¨uferhandwerk, lebte einige Jahre als Handlungsreisender und stand 1813 / 14 in preuß. Milit¨ardiensten. 1815 gr¨undete er eine Weinhandlung in Frankfurt, wurde 1825 in die st¨andige B¨urgerrepr¨asentation, im folgenden Jahr in den Senat gew¨ahlt und schließlich zum Direktor der 1840 er¨offneten Taunusbahn ernannt. B. schrieb neben belletristischen Versuchen u. a. ein Technologisches W¨orterbuch der deutschen, franz¨osischen und englischen Sprache, das postum 1853 ver¨offentlicht wurde. Beil, Johann David, Schauspieler, Dramatiker, * 11. 5. 1754 Chemnitz, † 12. 8. 1794 Mannheim. B., Sohn eines Tuchmachers, studierte zun¨achst Jura, schloß sich, seiner Theaterleidenschaft nachgebend, 1776 aber einer Wandertruppe an. 1777 wurde er am Gothaer Hoftheater engagiert, befreundete sich mit Heinrich → Beck und August Wilhelm → Iffland und ging mit beiden 1779 an das Mannheimer Nationaltheater. An dieser B¨uhne blieb er bis zu seinem fr¨uhen Tod, spielte Charakter- und Chargenrollen, zeichnete sich als vielseitiger, besonders als komischer Darsteller aus. Seine gr¨oßten Rollen waren der Thoringer in Agnes Bernauer, Antonius in Julius C¨asar und Odoardo in Emilia Galotti. Von seinen eigenen St¨ucken wurden Der Spieler (1785) und Die Schauspielerschule (1785) h¨aufig gespielt. C NDB
Beilhack, Johann Georg, Lehrer, * 22. 4. 1802 Ruhpolding (Bayern), † 21. 10. 1864 M¨unchen. Nach einer Tischlerlehre und kurzer T¨atigkeit als K¨ohler bestand B. 1822 das Abitur in M¨unchen und studierte Physik und Medizin in Landshut und sp¨ater Philologie in M¨unchen. Seit 1830 unterrichte B. als Lehrer, wurde zum Dr. phil. promoviert und ging 1935 als Prof. nach Landshut. Wieder in M¨unchen, lehrte er seit 1836 am Alten Gymnasium, von 1849 an am Maxgymnasium, dessen Rektor er seit 1856 war. B. war Mitglied des Dichterbunds „Krokodil“ und Mitarbeiter der „Deutschen Bl¨atter f¨ur Literatur und Leben“ und der „Charitas“. Er schrieb Schulb¨ucher f¨ur den Deutschunter¨ richt und war Herausgeber der Kurzen Ubersicht der sprachlichen und literarischen Denkm¨aler des deutschen Volkes (1837).
Beilke, Irma, S¨angerin, * 24. 8. 1904 Berlin, † 20. 12. 1989 Berlin. Von Gertrud Wirthschaft ausgebildet, deb¨utierte B. 1926 an der St¨adtischen Oper Berlin, trat 1929 / 30 am Landestheater Oldenburg, 1930-35 am Opernhaus von Leipzig auf; von 1936 bis zum Ende ihrer B¨uhnenkarriere war sie Mitglied der St¨adtischen Oper Berlin. 1941-45 war sie auch Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper. Gastspielreisen f¨uhrten sie nach London, Paris, Br¨ussel und Mailand. Seit 1954 unterrichtete sie an der eigenen Gesangsschule in Berlin. 1958 zog B. sich von der B¨uhne zur¨uck und lehrte bis 1969 als Professorin an der Musikhochschule von Berlin. Zu ihren Glanzrollen geh¨orten das Blondchen in der Entf¨uhrung aus dem Serail und die Despina in Cos`ı fan tutte. C Kutsch Beilschmidt, Curt (Ludwig Hermann), Komponist, Musikp¨adagoge, * 20. 3. 1886 Magdeburg, † 1962 Leipzig. Nach erstem Klavier- und Theorieunterricht bei Fritz Kauffmann in Magdeburg studierte B. 1905-09 am Leipziger Kgl. Konservatorium bei Stephan → Krehl, Adolf → Ruthardt, Richard → Hofmann und Hans → Sitt. Seit 1909 war er in Leipzig als Lehrer f¨ur Theorie und Klavier, Musikschriftsteller und Komponist t¨atig. 1923 gr¨undete B. den „Orchesterverein f¨ur Musikfreunde“, dessen o¨ ffentliche Konzerte er leitete. 1911 und wieder seit 1923 war er Chormeister des Chorvereins „Orpheus“. B. komponierte u. a. Klavierwerke, Kammermusik, Ch¨ore, Lieder und B¨uhnenwerke, darunter
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das Tanzspiel Das Abenteuer im Walde (1918), die Musikkom¨odie Meister Innocenz und das Sch¨aferspiel Der schlaue Armor (1921).
Beilschmied, Carl Traugott, Botaniker, * 19. 10. 1793 Langen¨ols (Schlesien), † 6. 5. 1848 Herrnstadt (Schlesien). B. erlernte seit 1807 in Beuthen den Beruf eines Apothekergehilfen, war von 1814 an in Breslau, 1818 in Beuthen, 1819 in Berlin und 1820 in Bonn t¨atig. Ein kgl. Stipendium erm¨oglichte ihm anschließend akademische Studien und einige Reisen, bevor er 1822 Provisor an der Mendeschen Apotheke in Ohlau wurde, die er 1826 erwarb. Danach besch¨aftigte sich B. vor allem mit Botanik, u¨ bersetzte und kommentierte zahlreiche botanische Abhandlungen, darunter s¨amtliche Jahrg¨ange der botanischen Jahresberichte der k¨oniglich schwedischen Akademie der Wissenschaften, die er in den „Annalen der Erdkunde“, sp¨ater der „Flora“ und zuletzt als Sonderausgabe der „Flora“ (1845 / 46) publizierte. B. wurde in die K¨onigliche Botanische Gesellschaft in Regensburg (1823), in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (1838) und in die Royal Society of Edinburgh aufgenommen. C Neuer Nekr, Jg. 26 Beilstein, Friedrich (Konrad), Chemiker, * 17. 2. 1838 St. Petersburg, † 18. 10. 1906 St. Petersburg. ¨ Nach der Promotion 1858 in G¨ottingen (Uber das Murexid) und seiner Assistenz bei Friedrich → W¨ohler wurde B. 1865 als a. o. Prof. an die Univ. G¨ottingen berufen. 1866 ging er an das Technologische Institut von St. Petersburg und wurde 1881 Mitglied der dortigen Akademie. Er war 1880-83 Herausgeber des Handbuchs der organischen Chemie, das 1918-44 unter dem Titel Beilsteins Handbuch der organischen Chemie (hrsg. v. Deutsche Chemische Gesellschaft) erschien und seit 1951 vom Beilstein-Institut f¨ur Literatur der organischen Chemie in Frankfurt / Main ver¨offentlicht wird. C Wußing Beimler, Hans, Politiker, * 2. 7. 1895 M¨unchen, † 1. 12. 1936 Madrid. Der aus einer Landarbeiterfamilie stammende B. war nach einer Schlosserlehre auf einer Werft in Hamburg t¨atig, bevor er am Ersten Weltkrieg teilnahm, wurde 1918 Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats in Cuxhaven und trat 1919 der KPD bei. 1921 zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt, arbeitete er nach seiner Entlassung in einer Lokomotivfabrik in M¨unchen. B. wurde Betriebsratsmitglied, u¨ bernahm den Vorsitz der KPD-Organisation in Nymphenburg und war 1928-32 Sekret¨ar des Unterbezirks S¨udbayern der KPD. 1929 wurde er in den Stadtrat von Augsburg, 1932 in den Bayerischen Landtag und den Reichstag gew¨ahlt. Im April 1933 inhaftiert, gelang ihm die Flucht aus dem Konzentrationslager Dachau in die Schweiz. B. leitete 1934 das KPDB¨uro in Prag und 1935 / 36 in Z¨urich die „Rote Hilfe f¨ur das illegale Deutschland“. Im Verband der Internationalen Brigaden nahm er als politischer Kommissar des Th¨almannBataillons und Divisionskommandeur seit August 1936 am Spanischen B¨urgerkrieg teil; er fiel vor Madrid. C BHdE, Bd 1
Beims, Hermann, Politiker, * 26. 4. 1863 Haverlah bei Goslar, † 10. 12. 1931 Magdeburg. B., Sohn eines Webers, legte 1892 die Tischlermeisterpr¨ufung ab, arbeitete 1896 / 97 als Krankenkassenrendant in Goslar, 1897-99 als Hilfsarbeiter im Zentralb¨uro des Holzarbeiterverbands in Stuttgart und 1899-1902 als Gemeindevertreter in Osterode. In Magdeburg war er 1902-06 Arbeitersekret¨ar, bis 1919 Bezirksparteisekret¨ar der Sozialdemokratischen Partei, 1905-17 Stadtverordneter und 1917-19 ehrenamtlicher Stadtrat. 1919-31 f¨uhrte er die Geschicke dieser Stadt als Oberb¨urgermeister und vertrat sie gleichzeitig
Beißel als SPD-Abgeordneter im Reichstag. B. war 1920-27 Vorsitzender des Provinziallandtags und -ausschusses der Provinz Sachsen, 1925-29 Mitglied des Preußischen Staatsrats. 1919-24 und 1928-31 geh¨orte er dem Reichstag an. C Schr¨oder
Bein, Peter, Baumeister, * 21. 5. 1736 Hittisau (Vorarlberg), † 17. 11. 1818 Frauenfeld (Kt. Thurgau). B. erhielt seine Ausbildung wahrscheinlich in der Schweiz. 1767-69 wirkte er als Bauleiter der Maurer- und Stuckarbeiten an der 1938 abgebrochenen alten Pfarrkirche in Triesenberg / Liechtenstein, baute 1769 / 70 die Eggm¨uhle in Herdern und 1770-72 die Synagoge und Schule in Hohenems. Seit 1772 arbeitete B. in Frauenfeld, errichtete vermutlich die Bauten am Bankplatz (u. a. Luzernerhaus, Haus zur Palme, Haus zur Krone) und erhielt 1774 das B¨urgerrecht der Stadt. Obgleich er kein Einheimischer war, wurde er 1776 zum Landrichter des Thurgaus gew¨ahlt. C AKL
Beindorff, Fritz, Fabrikant, * 29. 4. 1860 Essen, † 2. 6. 1944 Gut Auerm¨uhle u¨ ber Celle. F¨ur die Farben- und Tintenfabrik „G¨unther Wagner“ in Hannover bereiste B., Sohn eines Obersteigers, beinahe ganz Europa, wurde 1894 Teilhaber und 1895 Alleininhaber des Unternehmens. Unter seiner F¨uhrung entwickelte sich die Firma, die den Pelikan als Schutzmarke tr¨agt, zu einem weltweit erfolgreichen Unternehmen. Er reduzierte das TintenSortiment (besonders bekannt die Pelikan Sorte 4001 als haltbare Eisengallus-Tinte) und f¨uhrte den Pelikan-F¨ullhalter mit feststehender Feder, den sogenannten Selbstf¨uller, in Deutschland ein. B. zeichnete sich auf dem Gebiet betrieblicher Sozialleistungen aus; so besch¨aftigte er bereits 1900 eine Sozialpflegerin, deren Aufgabe es war, sich auch um außerbetriebliche Sorgen der Mitarbeiter zu k¨ummern. C NDB ¨ auch Beynhart, Beinhardt, BenBeinhart, Jacob d. A., hart, Maler, Bildhauer, * um 1460 (?) Geißlingen, † 1525 Breslau. B. wurde 1483 B¨urger in Breslau, bald danach Meister, sp¨ater Maler¨altester und mehrmals Geschworener der Innung. Er starb als hochangesehener Leiter einer großen Werkstatt, die zahlreiche Lehrlinge ausbildete und nicht nur in Breslau t¨atig war. Hauptarbeiten waren reich ausgestattete Altarretabel. Wahrscheinlich schuf B. f¨ur den Eckstrebepfeiler der Sakristei an der Nordseite der Kirche St. Maria Magdalena in Breslau eine Statue der Maria mit Kind in Sandstein, deren Darstellung wohl von der Krakauer Schule des Veit → Stoß beeinflußt war. C AKL
Beinl von Bienenberg, Anton Johann, o¨ sterr. Milit¨ararzt, Chirurg, * 1749 Wien, † 12. 6. 1820 Wien. B. v. B. war Milit¨ararzt und Prof. der Geburtshilfe an der Medizinisch-Chirurgischen Akademie in Wien (Promotion 1788). Seit 1789 Prof. f¨ur Chirurgie und substituierter oberster Feldarzt der kaiserlichen Armee, wurde er 1801 als Edler von Bienenberg in den Adelsstand erhoben. Seit 1806 war er wirklicher oberster Feldarzt der Armee und Direktor der Josephsakademie. B. v. B. ver¨offentlichte u. a. Von einer eigenen Art Lymphgeschwulst (1801) und Versuch einer milit¨arischen Staatsarzneikunde, in R¨ucksicht auf die o¨ sterreichische k. k. Armee (1804). C ADB
Beireis, Gottfried Christoph, Polyhistor, Mediziner, * 28. 2. 1730 M¨uhlhausen (Th¨uringen), † 18. 9. 1809 Helmstedt. Zun¨achst an der Juristischen Fakult¨at immatrikuliert, wechselte B. bald zur Medizin, Chemie und Physik u¨ ber. Um seine medizinischen Studien zu vollenden, reiste er 1756 nach Helmstedt, wurde 1759 Dozent der Physik und Nachfolger von Johann Gottlob → Kr¨uger; seine Promotion holte
er sechs Wochen sp¨ater nach. 1762 wurde er zum Dr. med. promoviert (De paralysi gravissima femorum crurumque sanata) und zum Prof. der Medizin ernannt, 1768 zum Prof. der Chirurgie sowie zum Rektor der Universit¨at. B. lehrte in sieben Disziplinen und legte f¨ur praktische Demonstrationen eine umfangreiche Sammlung u. a. von physikalischen Apparaten und technischen Ger¨aten an. Daneben war er weiC NDB terhin als praktischer Arzt t¨atig.
Beirer, Hans, o¨ sterr. S¨anger, * 23. 6. 1911 Wien, † 24. 6. 1993 Berlin. Von der Wiener Musikhochschule zun¨achst abgelehnt, begann B., Sohn eines Universit¨atsprofessors, ein Medizin- und Chemiestudium. Sp¨ater wurde er Sch¨uler von Tino Pattiera und Paul Neuhaus an der Musikhochschule. 1936 deb¨utierte er am Landestheater in Linz / Donau und war 1937-39 an den Stadttheatern Basel und St. Gallen t¨atig. 1945 erhielt er ein Engagement an der Deutschen Oper in Berlin, wo er als Wagnertenor bekannt wurde. Seit 1958 war B. Mitglied der Hamburger Oper und wurde bei Gastspielen u. a. in London, Paris, Mailand sowie bei den Bayreuther Festspielen gefeiert. B. wirkte u. a. bei → Wagner-Opern, in Alban → Bergs Wozzeck und in Kabale und Liebe von Gottfried von → Einem mit. C Kutsch Beisbarth, Carl Friedrich, Architekt, Restaurator, * 30. 1. 1808 Stuttgart, † 25. 11. 1878 Stuttgart. Der Sohn eines Stuttgarter Zimmermanns und StadtWerkmeisters lernte bei seinem Vater und wurde nach dessen Tod Assistent des w¨urttembergischen Kreisbaurats Friedrich Bernhard Adam Groß. 1830 / 31 im Pariser Atelier von Charles Edouard Isabelle t¨atig, studierte B. 1832 bei Friedrich G¨artner an der Akademie der K¨unste in M¨unchen. Eine Studienreise f¨uhrte ihn 1833 nach Bozen und Rom, 1834 nach Sizilien. 1837 wieder in Stuttgart, scheiterte B. an der Staatspr¨ufung f¨ur Architekten. Statt Baubeamter zu werden, ließ er sich als freier Architekt nieder, wurde trotzdem von Hochbaubeamten als Zeichner und Bauf¨uhrer f¨ur o¨ ffentliche Geb¨aude in Stuttgart besch¨aftigt (u. a. Alte Staatsgalerie, 1840 / 41; Hoftheater 1844 / 45). B. entwarf neugotische Kirchenausstattungen und machte sich als Restaurator sakraler Architektur einen Namen. C AKL Beisler, Hermann (Philipp Joseph) Ritter von, Politiker, * 21. 3. 1790 Bensheim / Bergstraße, † 15. 10. 1859 M¨unchen. Der Sohn eines Stadtvogts studierte Jura. Zun¨achst in herzoglich frankfurtischen Diensten, trat er 1815 in den bayerischen Staatsdienst. B. erarbeitete f¨ur Johann Adam von → Aretin ein Gutachten u¨ ber die Milit¨arverfassung des Deutschen Bundes, das erweitert 1822 als Betrachtungen u¨ ber Staatsverfassung und Kriegswesen erschien. Er war Regierungsrat, 1838-43 Regierungspr¨asident von Niederbayern, 1843-59 Pr¨asident des Obersten Rechnungshofs, 1847 Verweser des Justizministeriums, 1848 / 49 Innenminister und Mitglied des Frankfurter Parlaments. B. vertrat eine liberale, antiklerikale, großdeutsch-f¨oderative Haltung. C Frankf Nationalvers
Beißel, (Georg) Conrad, Komponist, * 1. 3. 1691 Eberbach / Neckar, † 6. 3. 1768 Ephrata (Pennsylvania, USA). Wegen seines religi¨osen Separatismus der Stadt verwiesen, wanderte B., ein Heidelberger B¨ackergeselle, 1720 nach Amerika aus. Er schloß sich in Pennsylvania der Sekte der Tunker an, war zeitweise deren F¨uhrer und gr¨undete 1724 die Sekte der Siebent¨ager und das Kloster Ephrata in Lancaster County. Hinter Klostermauern verfaßte er mystische Schriften und relig¨ose Lieder. 1739 erschien sein Zyonitischer Weyrauchs-H¨ugel. C MGG
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Beissel Beissel, Jodokus, Jurist, Schriftsteller, † 1514. B. studierte in L¨owen, wurde 1466 zum Dr. jur. promoviert und Geheimer Rat → Maximilians I. Verwickelt in einen Prozeß gegen den Aachener und L¨utticher Domherrn Johann Pail, zog er sich 1494 an den brabantischen Hof in Antwerpen, 1495 / 96 nach Br¨ussel zur¨uck. Zu dieser Zeit erschien in Antwerpen sein Werk Rosacea tria coronamenta in honorem Annae, Mariae et Jesu versu elegiaco. 1496 f¨uhrte ihn der Prozeß nach Rom, und erst 1505 agierte er wieder an der Seite Maximilians auf dem Reichstag in K¨oln. B., als Redner, Dichter und religi¨oser Schriftsteller bekannt, stand mit bedeutenden M¨annern seiner Zeit in Verbindung. C NDB Beissel, (Karl Christian) Stephan (Hubert), Jesuit, Kunsthistoriker, * 21. 4. 1841 Aachen, † 31. 7. 1915 Valkenburg (Niederlande). Nach dem Theologiestudium in Bonn und M¨unster empfing B. 1864 in K¨oln die Priesterweihe. 1871 trat er in die Gesellschaft Jesu ein, hielt sich 1877-80 in Frankreich und England auf, lebte aber haupts¨achlich in Holland. Seit 1880 war er Mitarbeiter an den „Stimmen aus Maria-Laach“. Zuerst mit der Baugeschichte, 1887 mit der Ausstattung der Kirche zum hl. Viktor in Xanten befaßt (Die Baugeschichte der Kirche des hl. Victor zu Xanten, 1883), erforschte B. die Verehrung der Heiligen (besonders Marias) im mittelalterlichen Deutschland (Die Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien in Deutschand, w¨ahrend des Mittelalters, 1890-92). C NDB Beißner, Friedrich (Wilhelm Ludwig), Germanist, * 26. 12. 1905 Hameln, † 29. 12. 1977 T¨ubingen. B., Sohn eines Eisenbahnbeamten, lehrte als Dozent der Germanistik seit 1940 an der Univ. Jena, seit 1942 in T¨ubingen. 1944 folgte er dem Ruf als a. o. Prof. nach Gießen, 1945 nach T¨ubingen, wo er seit 1946 eine o. Professur wahrnahm. B., der 1933 in die SA eintrat und auch Mitglied der NSDAP war, wurde in einem Urteil der Spruchkammer f¨ur den Lehrk¨orper der Univ. T¨ubingen 1949 als „entlastet“ eingestuft. Er besch¨aftigte sich vor allem mit neuerer Lite¨ raturgeschichte. Er ver¨offentlichte u. a. H¨olderlins Ubersetzungen aus dem Griechischen (1933, 21962), Geschichte der deutschen Elegie (1941), Klopstocks vaterl¨andische Dramen (1942), Kafka der Dichter (1958) und H¨olderlin heute. Der lange Weg des Dichters zu seinem Ruhm (1962). F¨ur die Ausgabe der Werke Friedrich → H¨olderlins (Stuttgarter Ausgabe, 8 Bde., 1944-46) entwickelte B. eine neue, editionsphilologisch bahnbrechende Methode, die auf die Darstellung der Textgenese zielt. Er war auch Mitherausgeber der → Schiller-Nationalausgabe sowie 1947-54 des „H¨olderlinJahrbuchs“. C IGL
Beit, Sir Alfred, Bankier, Kaufmann, * 15. 2. 1853 Hamburg, † 16. 7. 1906 Tewin Water in Tewin (Cty. Hertfordshire). Einer holl¨andisch-portugiesischen Familie entstammend, verbrachte B. seine Lehrzeit in einer Import- und Exportfirma in Hamburg. Beruflich in Amerika besch¨aftigt, wurde er Cecil Rhodes’ Freund und Berater, begleitete ihn auf Forschungsreisen nach Kimberley (S¨udafrika), beteiligte sich mit ihm an s¨udafrikanischen Minen und wurde so Hauptaktion¨ar der „de Beers Consolidated Mines Ltd.“. 1875-88 war B. an der Erschließung Rhodesiens (heute Zimbabwe) und dem Gold- und Diamantenhandel f¨uhrend beteiligt. Aus Afrika zur¨uckgekehrt, lebte er in London; er hinterließ eine bedeutende Kunstsammlung und Stiftungen. C NDB
Beit, Ferdinand, Chemiker, * 27. 7. 1817 Hamburg, † 1. 4. 1870 Hamburg. B. studierte Medizin in M¨unchen und wurde 1838 mit der Arbeit Quanti momenti sit chemia in medicinam promo-
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viert. Als Teilhaber der Fa. R. L. Beit & Co. nahm er seine chemisch-technische Arbeit auf und gr¨undete mit seinem Bruder Siegfried B. die Chemie- und Farbenwerke Beit & Co. (mit Chemikaliengroßhandel). In seiner Forschungsarbeit befaßte er sich mit Verbesserungen des Affinationsverfahrens, mit dem Ziel der Rationalisierung und Vermeidung sch¨adlicher Nebenwirkungen der Schwefels¨aure. So erreichte B. eine gr¨oßere Wirtschaftlichkeit im Gold- und Silberscheideverfahren. C NDB
Beitter, Hermann, Generaldirektor, * 4. 6. 1856 Duisburg, † 25. 2. 1944 D¨usseldorf. Nach Abschluß seiner kaufm¨annischen Lehre in Belgien und beim Hoerder Bergwerks- und H¨uttenverein in Hoerde arbeitete B. f¨ur dieses Unternehmen in Frankfurt / Main. 1897 wurde er in den Vorstand der Rheinischen Metallwaren- und Maschinenfabrik in D¨usseldorf berufen und war bis 1921 Generaldirektor von Rheinmetall. Dar¨uber hinaus war B. in der Deutschen Stahlgemeinschaft, dem Stahlflaschenverband sowie dem Radsatz- und Bandagenverband t¨atig. C Nekrologe Industrie Beitz, Wolfgang, Ingenieurwissenschaftler, * 30. 6. 1935 Berlin, † 23. 11. 1998 Berlin. B. studierte Maschinenbau an der TU Berlin, wo er 1961 promoviert wurde (Untersuchung der elastischen und d¨ampfenden Eigenschaften drehelastischer Kupplungen und ihrer Dauerfestigkeit). 1962-65 war er Konstrukteur, seit 1965 Konstruktionsleiter und stellvertretender Entwicklungschef f¨ur elektrische Großmaschinen bei AEG-Telefunken in Berlin. 1968 wurde er o. Prof. und Leiter des Instituts f¨ur Konstruktionstechnik an der TU Berlin, wo er dreißig Jahre lang Generationen von Studenten ausbildete und zahlrei¨ che Amter innerhalb und außerhalb der Univ. aus¨ubte, u. a. 1987-89 als Staatssekret¨ar beim Senator f¨ur Wissenschaft und Forschung. 1993 war er Gr¨undungsmitglied der BerlinBrandenburgischen Akademie der Wissenschaften. B. beriet und lehrte auch an chinesischen Universit¨aten und war Ehrenprofessor an der Zhejiang Univ. in Hangzhou. Er geh¨orte zu den Pionieren der rechnerunterst¨utzten Konstruktionsmethodik und -entwicklung. Neben rund 180 Ver¨offentlichungen in Fachzeitschriften trat er durch ein mehrfach aufgelegtes und u¨ bersetztes Lehrbuch zur Konstruktionslehre. Methoden und Anwendung (1977, mit Gerhard Pahl) hervor, gab seit 1974 die Zeitschrift „Konstruktion“ und seit 1981 ¨ in zahlreichen Auflagen und Ubersetzungen das DubbelTaschenbuch f¨ur Maschinenbau heraus.
Beitzke, Heinrich, Milit¨ar, Politiker, * 15. 2. 1798 Muttrin (Pommern), † 10. 5. 1867 K¨oslin. B. nahm 1815 als Freiwilliger am Feldzug gegen Frankreich teil, blieb in der Armee, war mehrere Jahre als Landvermesser im Generalstab und seit 1828 als Lehrer der Geographie in Stargard t¨atig. 1845 nahm er als Major seinen Abschied und lebte als freier Schriftsteller in K¨oslin. 1858-62 f¨ur den Wahlkreis Anklam, danach f¨ur Hamm-Soest Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, nahm B. auf seiten der Fortschrittspartei u. a. regen Anteil an der Reorganisation des Heeres. Er verfaßte u. a. die Geschichte der deutschen Freiheitskriege in den Jahren 1813 und 1814 (3 Bde., 1854 / 55, 4 1881-83). C ADB Beitzke, Hermann, Pathologe, * 21. 6. 1875 Tecklenburg (Westfalen), † 8. 6. 1953 Graz. Nach dem Medizinstudium an den Universit¨aten Lausanne, Bonn, M¨unchen und Berlin wurde B. 1899 in Kiel promoviert (Ueber Beeinflussung der Leuk¨amie durch complicierende Krankheiten). Er war 1900 / 01 Assistent am Hygienischen Institut in Halle / Saale, bis 1902 am Pathologischen Institut in G¨ottingen und bis 1906 in Berlin, wo er sich 1905 f¨ur allgemeine Pathologie und Pathologische
Bekker Anatomie habilitierte. 1911 wurde er Prof. an der Univ. Lausanne, 1916 an der Medizinischen Akademie in D¨usseldorf und lehrte 1922-40 an der Univ. Graz, zu deren Rektor er 1929 / 30 gew¨ahlt wurde (Rede 1929, Der Mensch und das Licht). 1937 wurde er Vorsitzender der Deutschen Pathologen-Gesellschaft. B. besch¨aftigte sich vor allem mit der Pathologie der Infektionskrankheiten. Er war Mitherausgeber der Ergebnisse der gesamten Tuberkuloseforschung und ver¨offentlichte u. a. eine Pathologisch-anatomische Diagnostik (1926).
Bek-Gran, Hermann, bis 1894: Bek, Maler, Graphiker, * 20. 9. 1869 Mainz, † 9. 7. 1909 N¨urnberg. B.-G. erhielt eine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule in N¨urnberg und an der M¨unchner Akademie bei Gabriel → Hackl und Wilhelm → Lindenschmit. Nach freiberuflicher T¨atigkeit in M¨unchen wurde er 1905 Prof. f¨ur Freie und Angewandte Graphik an der N¨urnberger Kunstgewerbeschule. 1902 geh¨orte er zu den Gr¨undungsmitgliedern des Bundes Zeichnender K¨unstler in M¨unchen. B.-G. zeichnete Plakate f¨ur Ausstellungen und Firmen, u. a. f¨ur den Oldenbourg-Verlag, und gestaltete Ball-, Wein- und Speisekarten, Exlibris und Vignetten. Er arbeite gestalterisch an den M¨unchner „Jugendbl¨attern“ (1902-05), der N¨urnberger „Jugendlust“ (1904-09), der Darmst¨adter Zeitschrift „Kind und Kunst“ (1904) und der Zeitschrift „Kunst und HandC AKL werk“ (1897, 1904) mit.
Beke, Gert von der, B¨urgermeister, † 10. 7. 1430 Danzig. B., seit 1411 Ratsherr in Danzig, wurde 1412 in den Landesrat berufen und 1413 erstmals zum B¨urgermeister gew¨ahlt. Als P¨achter der Ordensm¨unze zog er wegen der zu geringen Geldmenge den Zorn der Danziger Gewerke in ihrem Aufstand von 1416 auf sich. Sein Haus und die M¨unze wurden erst¨urmt, er mußte aus der Stadt fliehen. Nach der Niederschlagung des Aufstands kehrten die Ratsherren zur¨uck, B. blieb in seinem Amt und stand sich gut mit den Hochmeistern Michael K¨uchmeister und → Paul von Rusdorf. Bekk, Adolf, o¨ sterr. Lehrer, Schriftsteller, * 16. 6. 1831 Baden (Nieder¨osterreich), † 17. 9. 1906 Bad Gastein. B. studierte Medizin in Leipzig, dann Philosophie und Literatur an den Universit¨aten Graz, Jena und M¨unchen. 1856 habilitiert, unterrichtete er an Realschulen und Gymnasien, war 1869 Hauptlehrer an der Lehrerbildungsanstalt St. P¨olten und 1870 in Salzburg, deren Direktor er 1872 wurde. 1879 erhielt er den Titel eines k. k. Schulrats, unterrichtete die Kinder des Großherzogs von Toskana und z¨ahlte zu den F¨uhrern des geistigen Lebens in Salzburg. Als Schriftsteller ver¨offentlichte B. Gedichte (Ranken, 1898) und literarhisto¨ 1898). rische Arbeiten (Das ist mein Osterreich,
Bekk, Johann Baptist, Staatsmann, Jurist, * 29. 10. 1797 Triberg / Schwarzwald, † 22. 3. 1855 Bruchsal. Der Sohn eines Dom¨anenverwalters und Amtsschreibers studierte in Freiburg / Breisgau Jura und war Mitglied verschiedener Burschenschaften. Er ließ sich zun¨achst als Rechtsanwalt nieder und trat 1829 in den badischen Verwaltungsdienst ein. 1831 in die Zweite Badische Kammer gerufen, wurde B. 1846 Leiter des Innenministeriums und 1849 infolge der Revolution verabschiedet. Bis zu seiner Ernennung zum Hofgerichtspr¨asidenten von Bruchsal (1851) war B. Mitglied des Erfurter Parlaments und des badischen Landtags. Er war Gr¨under und Redakteur der „Annalen der badischen Gerichte“ (1832-44) und ver¨offentlichte eigene Schriften, darunter Die Bewegung in Baden von Ende Februar 1848 bis Mai 1849 (1850; 1851 um einen Nachtrag gegen den konservativen F¨uhrer Heinrich Frh. von Andlaw erweitert). C Unionsparl
Bekker, Ernst Immanuel, Jurist, * 16. 8. 1827 Berlin, † 29. 9. 1916 Heidelberg. B., zun¨achst im allgemeinen Justizdienst besch¨aftigt, habilitierte sich in Halle 1853 f¨ur r¨omisches Recht (De emptione venditione quae Plauti fabulis fuisse probetur), wurde dort 1855 a. o. Prof., bis er 1857 als o. Prof. nach Greifswald und 1874 nach Heidelberg berufen wurde. In seinem wissenschaftlichen Werk finden sich neben Arbeiten seines Fachs (u. a. Die prozessuale Consumption im alten r¨omischen Recht, 1853; Grundbegriffe des Rechts und Mißgriffe der Gesetzgebung, 1910) philosophische Abhandlungen und naturwissenschaftliche Betrachtungen. H. war Herausgeber des „Jahrbuchs des gemeinen deutschen Rechts“. C Bad Bio N.F., Bd 1
Bekker, Georg, Zoologe, Forstwirt, * 22. 9. 1770 Darmstadt, † 24. 8. 1836 Darmstadt. Nach Abschluß des Gymnasiums bildete sich B. autodidaktisch vor allem in Natur- und Forstwissenschaften weiter und erhielt 1797 die Inspektion des landgr¨aflich-hessischen Naturalienkabinetts und sp¨ateren zoologischen Museums in Darmstadt u¨ bertragen. B. wurde 1804 an der Univ. Jena zum Dr. phil. promoviert und 1806 unter Ernennung zum Rat in das Großherzogliche Oberforstkolleg berufen. Er war Mitglied mehrerer gelehrter Gesellschaften, ver¨offentlichte u. a. eine Anleitung zum Ausstopfen und Aufbewahren der V¨ogel und S¨augetiere (1799) und war Mitherausgeber der „Deutschen Ornithologie“ (1800-12).
Bekker, (August) Immanuel, eigentl. August Emanuel B., Klassischer Philologe, Romanist, * 21. 5. 1785 Berlin, † 7. 6. 1871 Berlin. Der Sohn eines Schlossermeisters studierte Philologie in Halle und schrieb nach seiner Promotion 1806 f¨ur die „Jenaer Literatur-Zeitung“. 1810 als a. o. Prof. an die neugegr¨undete Univ. Berlin berufen, erhielt B., seit 1812 o. Prof., 1813 ein Stipendium zur Handschriftenvergleichung in Paris. Seit 1815 Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften erforschte er in deren Auftrag Handschriften, u. a. f¨ur seine Aristoteles-Ausgabe (4 Bde., 1831-36, Nachdr. 1960-87). B., der sieben Sprachen beherrschte, war auf dem Gebiet der Klassischen Philologie (zweite Homer-Ausgabe, 1858) t¨atig, besorgte Ausgaben bisher unedierter altfranz¨osischer sowie altitalienischer Werke und befaßte sich mit vergleichender Quellenkritik. Sein unerreichtes Lebensziel, die Erarbeitung eines griechischen Lexikons, f¨uhrte zur Herstellung daf¨ur notwendiger kritischer Textfassungen. B. zeichnet f¨ur insgesamt 145 B¨ande als Herausgeber, wobei bedeutende und unbekannte Autoren bearbeitet wurden. C Killy Bekker, (Max) Paul (Eugen), Musikschriftsteller, Musikkritiker, * 11. 9. 1882 Berlin, † 7. 3. 1937 New York. B., Sohn eines Schneiders, studierte Violine, Klavier und Musiktheorie, wurde Violinist bei den Berliner Philharmonikern und ging dann als Dirigent nach Aschaffenburg und G¨orlitz. Seit 1906 arbeitete er als Musikschriftsteller, wurde Kritiker der „Berliner Neuesten Nachrichten“, der „Berliner Allgemeinen Zeitung“ und war 1911-25 erster Musikkritiker der „Frankfurter Zeitung“. Nach dem Ausscheiden aus dem Pressedienst ging er als Generalintendant an das Kassler Theater, 1927 in gleicher Eigenschaft nach Wiesbaden. Sein Buch Das deutsche Musikleben. Versuch einer soziologischen Musikbetrachtung (1916, 31922) z¨ahlt zu den ersten wesentlichen Beitr¨agen zur Soziologie der Musik. B. war als F¨orderer der „Neuen Musik“ und Vork¨ampfer f¨ur Gustav → Mahler, Ernst → Krenek, Arnold → Sch¨onberg im Deutschland der Nationalsozialisten unerw¨unscht, wurde 1933 entlassen und emigrierte u¨ ber Frankreich („Pariser Tageblatt“) 1934 in die USA, arbeitete dort als Musikkritiker und Publizist. C MGG
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Bel Bel, Karl Andreas, Literaturwissenschaftler, Bibliothekar, * 13. 7. 1717 Preßburg, † 5. 4. 1782 Leipzig (?). B. studierte an den Universit¨aten Altdorf, Jena und Straßburg und ging 1741 nach Leipzig, wo er a. o. Prof. der Philosophie und 1756 o. Prof. der Dichtkunst, Universit¨atsbibliothekar und Hofrat wurde. B. gab die „Leipziger gelehrte Zeitung“ und wirkte als letzter Herausgeber der „Acta eruditorum“. Er ver¨offentlichte u. a. De vera origine et epocha Hunnorum, Avarum, Hungarorum in Pannonia commentatio historicocritica (1757, Neuausg. 1996), De migrationibus litterarum e causis politicis (1781) und Sapientia apud Graecos (2 Tle., 1781 / 82). C ADB Bˇelaˇr, Karl, Zytologe, * 14. 10. 1895 Wien, † 24. 5. 1931 Victorville (Kalifornien, USA). B., der sich bereits in seiner Jugend mit Untersuchungen zu Flagellaten besch¨aftigte, studierte seit 1913 in Wien und beendete seine Ausbildung 1919 – nach Unterbrechung durch Teilnahme am Ersten Weltkrieg – mit der Promotion; seine Dissertation erschien als Teil II seiner Protozoenstudien. Als Assistent am Kaiser-Wilhelm-Institut f¨ur Biologie in BerlinDahlem arbeitete er anschließend bei Max → Hartmann, 1924 erhielt er in Berlin die Lehrbefugnis, 1928 wurde er zum Wissenschaftlichen Mitarbeiter am Kaiser-WilhelmInstitut f¨ur Biologie ernannt. 1930 verlieh ihm die Univ. Berlin den Titel eines nicht-beamteten a. o. Prof. der Philosophischen Fakult¨at. Reisen f¨uhrten ihn in den zwanziger Jahren an die zoologischen Stationen von Neapel (1924) und Messina (1926) sowie an die John Innes Horticultural Institution in Merton, London (1928). 1929 ging B. als Research Associate des California Institute of Technology in Pasadena in die USA, wo er bis zu seinem Tod blieb. Seine Forschungsschwerpunkte galten den Protozoen, zu denen er drei umfangreichere Zeitschriftenbeitr¨age ver¨offentlichte, der Nematodenkaryologie, den Geschlechtschromosomen bei Bl¨utenpflanzen sowie dem Mechanismus der Kernteilung der Vielzelligen; eine ebenfalls als Zeitschriftenbeitrag erschienene Untersuchung Der Formwechsel der Protistenkerne (1926) gilt als grundlegend bei der Erforschung der Zytologie der Protozoen und einzelligen Pflanzen. Belcredi, Richard Graf von, o¨ sterr. Staatsmann, * 12. 2. 1823 Ingrowitz bei Zwittau (M¨ahren), † 3. 12. 1902 Gmunden (Ober¨osterreich). Nach dem Studium in Prag und Wien wurde B. 1855 Kreishauptmann in Znaim, 1860 Mitglied des M¨ahrischen Landtags und des o¨ sterr. Reichsrats, 1862 Landespr¨asident von ¨ Osterreichisch-Schlesien und 1864 Statthalter von B¨ohmen. Als Ministerpr¨asident (seit 1865) suchte B., eine f¨oderalistische Organisations des Habsburgerreichs durchzusetzen. Er wollte das Reich in seine f¨unf historischen Ge¨ biete (Deutsch-Osterreich, B¨ohmen-M¨ahren-Schlesien, Ungarn, Polen-Ruthenien und S¨udslawien) mit je eigenen Landtagen aufteilen, der Reichsrat sollte den Zusammenhalt des Staates sichern. Sein Plan scheiterte vor allem am Widerstand der Ungarn, die die Realisierung des dualistischen Ausgleichs forderten. B. trat 1867 zur¨uck, wurde 1881 Mitglied des o¨ sterr. Herrenhauses und war bis 1895 Pr¨asident des Verwaltungsgerichtshofs.
Belderbusch, Anton Frh. von, eigentl. von der Heyden, genannt Belderbusch, Landrat, * 1. 6. 1758 Heerlen, † 28. 9. 1820 Heimerzheim bei Bonn. Der Sohn eines kurpf¨alzischen Kammerherrn und Bruder Karl Leopold → B.s war in napoleonischer Zeit Maire, nach 1814 Oberb¨urgermeister und Landrat in Bonn. B. war maßgeblich an der Erbauung der preuß. Univ. in Bonn beteiligt. In zweiter Ehe war er mit Babette Koch, einer Jugendfreundin Ludwig van → Beethovens, verheiratet. C NDB
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Belderbusch, Karl Leopold Graf von, eigentl. von der Heyden, genannt Belderbusch, Politiker, Publizist, * 1749 Montzen bei Aachen, † Januar 1826 Paris. B. war Geheimer Rat, Hof- und Regierungspr¨asident des Kurf¨ursten von K¨oln, vertrat seinen Bruder Anton → B. als dessen Gesandter in Paris. Nachdem ihn die Revolution 1790 aus Frankreich vertrieben hatte, bewirtschaftete er seine G¨uter bei Aachen. Nach der Vereinigung Belgiens mit Frankreich vertrat B. die neuen Provinzen. Durch Napoleon wurde er zum Pr¨afekten des Departements Oise ernannt, unter K¨onig Ludwig XVIII. als Franzose naturalisiert. Als Verfasser politischer Schriften ver¨offentlichte er u. a. La paix du continent (1797). Belderbusch, Kaspar Anton Frh. von, Minister, * 5. 1. 1722 Montzen bei Aachen, † 2. 1. 1784 Bonn. Nach seinem Studium in Aachen, Bonn und L¨owen trat B. in den Deutschritterorden, dessen sp¨aterer Landkomtur der Ballei Altenbiesen er war. Seit 1756 Hofkammerpr¨asident des Kurf¨ursten → Clemens August von K¨oln, wurde er unter dessen Nachfolger Maximilian Friedrich von → K¨onigsegg und Rothenfels 1766 Premier-, Hof- und Staatsminister. B. war einer der bedeutendsten Anh¨anger des aufgekl¨arten Absolutismus am Niederrhein. C NDB
Beler, Johannes, Chronist, B¨urgermeister, * um 1482 Crimmitschau (Sachsen), † 18. 1. 1539 K¨onigsberg. B. studierte in Leipzig und ist seit 1507 als Ratsschreiber der Altstadt in K¨onigsberg nachweisbar. Er nahm 1507, 1511 und 1525 an den Hansetagen in L¨ubeck und 1520 in Thorn an den Verhandlungen des Hochmeisters → Albrecht von Brandenburg mit Polen teil. Seit 1519 f¨uhrte B. ein Memorialbuch, das, 1523-27 von Kaspar Platner fortgesetzt, als Beler-Platnersche Chronik bekannt wurde und ein von B. verfaßtes Gedicht auf die Einnahme Braunsbergs (1520) enth¨alt. Vermutlich 1523 legte er sein Amt nieder, wurde Großkaufmann, gegen 1528 Ratsherr und etwa 1532 B¨urgermeister der Altstadt K¨onigsberg. B. geh¨orte dem humanistischen Freundeskreis um den Reformator Johann → Poliander an. C NDB Beling, Ernst von, Jurist, * 19. 6. 1866 Glogau (Schlesien), † 18. 5. 1932 M¨unchen. Nach seiner Habilitation 1893 an der Univ. Breslau erhielt B., Sohn eines Landgerichtsdirektors, 1895 die venia legendi f¨ur internationales Privatrecht. 1897 zum a. o., 1898 zum o. Prof. in Breslau ernannt, folgte er 1900 einem Ruf nach Gießen, 1902 nach T¨ubingen und 1913 nach M¨unchen. B. war Mitbegr¨under der Deutschen Strafrechtlichen Gesellschaft. Er stand der klassischen Strafrechtsschule nahe, war ein entschiedener Anh¨anger der Vergeltungsstrafe und besch¨aftigte sich vor allem mit der Lehre vom strafrechtlichen Tatbestand (Die Lehre vom Verbrechen, 1906; Die Lehre vom Tatbestand, 1930). C Leb T¨ubingen Bell, August, schweizer. Industrieller, * 1814 Luzern, † 6. 11. 1870 Kriens (Kt. Luzern). B. arbeitete nach Abschluß einer Goldschmiedelehre in Aarau und Genf, gab seinen Beruf auf und besch¨aftigte sich mit der Konstruktion von Maschinen. Es gelang ihm, einen Flechtstuhl so umzubauen, daß die mechanische Produktion von Schn¨uren und B¨andern aus Pferdehaar f¨ur die Hutindustrie m¨oglich wurde. 1845 kaufte er Land in Kriens, richtete eine Roßhaarflechterei ein und baute 1855 eine mit eigener Wasserkraft betriebene Maschinenwerkstatt. Seit 1860 konstruierte die Firma u. a. Werkzeugmaschinen f¨ur die Industrie und Eisenbahnwerkst¨atten, Dampfmaschinen, -heizungen und -kessel, baute Wasserr¨ader, Turbinen und Papiermaschinen. 1860 expandierte B. im Textilbereich mit dem Bau einer Seidenspinnerei.
Bellin Bell, Johannes (Hans), Politiker, Jurist, * 23. 9. 1868 Essen, † 21. 10. 1949 W¨urgassen (heute zu Beverungen). Der Sohn eines Ingenieurs studierte 1886-89 Jura und Staatswissenschaften in T¨ubingen, Leipzig und Bonn und ließ sich 1889 als Referendar in Werden, 1893 als Assessor und 1894 als Rechtsanwalt in Essen nieder. 1908 wurde B. f¨ur die Zentrumspartei in das preuß. Abgeordnetenhaus gew¨ahlt und geh¨orte 1912-18 und dann 1920-33 dem Deutschen Reichstag an. 1919-20 war er Mitglied der Nationalversammlung, seit 1919 Reichskolonialminister sowie Reichsverkehrsmini¨ ster und f¨uhrte die Ubernahme der Eisenbahnen in Reichsbesitz durch. 1919-21 geh¨orte er der Verfassunggebenden Landesversammlung an. 1920-26 Vizepr¨asident des Reichstags, wirkte er 1926-27 als Reichsjustizminister. 1919 unterzeichnete er mit Reichsaußenminister Hermann → M¨uller den Versailler Vertrag. B. verfaßte u. a. Zentrum und Werdegang (1920) und Deutsche und o¨ sterreichische Strafrechtsreform (1930). C Haunfelder, Zentrumspartei Bellac, Paul, Journalist, * 16. 9. 1891 Wien, † 5. 12. 1975 Bern. Nach dem Studium an der TH Wien arbeitete B. in der v¨aterlichen Uhrenfabrik in La Chaux-de-Fonds. Wieder in Wien, schrieb er f¨ur den Rundfunk, kehrte aber wegen der be¨ ginnenden nationalsozialistischen Bewegung in Osterreich zur¨uck in die Schweiz. Dort u¨ bernahm B. die Leitung des Dokumentationsdienstes der Schweizerischen Radiogesellschaft (SRG) und bereitete 1947 die Einf¨uhrung des Fernsehens in der Schweiz vor. Er war wesentlich an der Bestimmung der europ¨aischen Fernsehnorm von 625 Bildzeilen / Sekunde beteiligt. Bellegarde, Heinrich Graf von, o¨ sterr. Milit¨ar, Staatsmann, * 29. 8. 1756 Dresden, † 22. 6. 1845 Wien. Der Sohn des aus Savoyen stammenden s¨achsischen Kriegsministers Johann Franz von B., trat 1771 in den o¨ sterr. Milit¨ardienst und nahm 1788 / 89 am T¨urkenfeldzug und als Generalmajor 1793 / 94 am Feldzug in den Niederlanden teil. 1796 zum Feldmarschalleutnant bef¨ordert, wurde er in der napoleonischen Zeit Erzherzog → Karls Berater. 1809 avancierte er zum Feldmarschall, war seit 1810 Pr¨asident des Hofkriegsrats in Wien und ging als Generalgouverneur nach Venetien. Nach 1816 war B. Oberhofmeister des sp¨ateren Kaisers → Ferdinand und 1820-25 erneut Pr¨asident des Hofkriegsrats und Konferenzminister. Bellermann, Christian Friedrich, evang. Theologe, Arch¨aologe, * 8. 7. 1793 Erfurt, † 24. 3. 1863 Bonn. B., der Sohn von Johann Joachim → B., studierte in Berlin und G¨ottingen. 1818-25 wirkte er als Pfarrer der deutschen evang. Gemeinde in Lissabon, 1827-35 als Prediger der preuß. Gesandtschaft und der deutsch-franz¨osischen evang. Gemeinde in Neapel, danach bis 1858 als Pfarrer an der St. Paulskirche in Berlin. Seine Erfahrungen und Entdeckun¨ gen in S¨udeuropa ver¨offentlichte er u. a. in dem Werk Uber die a¨ ltesten christlichen Begr¨abnisst¨atten, besonders die Katakomben zu Neapel mit ihren Wandgem¨alden (1839). C BBKL
Bellermann, (Johann Gottfried) Heinrich, Musikwissenschaftler, Komponist, * 10. 3. 1832 Berlin, † 10. 4. 1903 Potsdam. Der Sohn von Johann Friedrich → B. besuchte in Berlin das K¨onigliche Institut f¨ur Kirchenmusik und war Privatsch¨uler von August Eduard → Grell, dessen Vorliebe f¨ur A-capellaKompositionen er u¨ bernahm. 1866 wurde B. als Nachfolger von Adolph Bernhard → Marx Prof. der Musik an der Berliner Universit¨at. Er verfaßte Die Mensuralnoten und Taktzeichen des 15. und 16. Jahrhunderts (1858; 4., erweiterte Aufl., hrsg. von Heinrich Husmann, 1893) und das Lehrbuch Der Contrapunkt (1862, 41901). C MGG
Bellermann, Johann Friedrich, Musikhistoriker, * 8. 3. 1795 Erfurt, † 4. 2. 1874 Berlin. Seit 1819 Lehrer und 1847-68 Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin, zeichnete sich B., Vater von Heinrich → B., als erster großer Erforscher altgriechischer Musik aus. In der Abhandlung Die Tonleitern und Musiknoten der Griechen (1847) erl¨autert er das Notensystem der Griechen; die kleineren Schriften wie Die Hymnen des Dionysios und Mesomedes (1840) bearbeiten die wenigen ¨ damals bekannten Uberreste altgriechischer Musik. C MGG
Bellermann, Johann Joachim, evang. Theologe, Arch¨aologe, * 23. 9. 1754 Erfurt, † 25. 10. 1842 Berlin. B. studierte in seiner Vaterstadt und in G¨ottingen, wurde 1782 in Erfurt Privatdozent und Prof. der Theologie. 1804-28 leitete er als Direktor das Berliner Gymnasium zum Grauen Kloster und wurde nach Gr¨undung der dortigen Univ. 1816 auch a. o. Prof. der Theologie und Konsistorialrat. Er setzte die Wiedereinf¨uhrung des Gesangunterrichts an Preußens Schulen durch. In Bemerkungen u¨ ber Rußland (1788) behandelte B. die Musikverh¨altnisse in Rußland, sein Werk ¨ Uber die Gemmen der Alten mit dem Abraxasbilde erschien 1817-19. Er war der Vater von Christian Friedrich → B. C BBKL
Belli, Joseph, Schriftsteller, * 11. 1. 1849 Rammersweier (Baden), † 19. 8. 1927 Gengenbach (Baden). Der Sohn eines Weinbauern arbeitete als Knecht und Schuhmacher, bildete sich dann autodidaktisch weiter und begab ¨ sich auf Wanderschaft durch Deutschland, Osterreich, Elsaß-Lothringen und die Schweiz. 1869 trat B. in Heidelberg der Sozialdemokratischen Partei bei und k¨ampfte 1870 / 71 als Soldat in Frankreich. 1877 lebte er in Kreuzlingen bei Konstanz und organisierte 1879 den Vertrieb des in Z¨urich erscheinenden illegalen Zentralorgans der deutschen Sozialdemokratie, „Der Sozialdemokrat“. Erst 1890 kehrte er aus Frankreich zur¨uck und war bis 1919 in leitender Stellung beim Dietz Verlag in Stuttgart besch¨aftigt. B. beschrieb in seinen Memoiren Die rote Feldpost unterm Sozialistengesetz (1912) die Sozialdemokraten im politischen Widerstand zur Zeit der Sozialistengesetze (1878-90). C Killy Belli-Gontard, Maria, geb. Gontard, Schriftstellerin, * 30. 4. 1788 Frankfurt / Main, † 1. 2. 1883 Frankfurt / Main. Aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie stammend, verheiratete sich B. 1810 mit dem Kaufmann Belli. Nach einer Europareise ver¨offentlichte sie einen Reisebericht. B.-G. besch¨aftigte sich mit der Geschichte ihrer Heimatstadt und gab mehrmals Zusammenstellungen historischer Zeitungsartikel u¨ ber lokale Vorkommnisse und Pers¨onlichkeiten heraus, zuletzt unter dem Titel Vor mehr als hundert Jahren (1870). 1872 erschienen ihre Lebenserinnerungen. C Frankf Biogr
Bellin, Johann, Schriftsteller, * 11. 6. 1618 Großensch¨onfeld (Pommern), † 21. 12. 1660 Wismar. Nach dem Besuch verschiedener Schulen in Pommern und Brandenburg kam B., Sohn eines Bauern, auf das von Christian → Gueinz gef¨uhrte Gymnasium in Halle. 1639 in Wismar und 1641 als Hauslehrer in Hamburg, nahm B. 1643 sein Studium in Wittenberg auf, das er 1645 mit dem Magistergrad abschloß. Ein Jahr sp¨ater nahm ihn Philipp von → Zesen, ein ehemaliger Mitsch¨uler, in die Teutschgesinnete Genossenschaft auf. Seit 1650 war er Rektor in Parchim, von 1654 an in Wismar. Bereits 1642 ver¨offentlichte B. eine Teutsche Orthographie Oder Rechte Schreibe-Kunst und edierte die Briefe von und an Zesen, dessen Reformen in der Hoch-deutschen Rechtschreibung (1657, Nachdruck 1973) Ausdruck finden. C Killy
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Belling Belling, Rudolf, Bildhauer, * 26. 8. 1886 Berlin, † 9. 6. 1972 Krailling bei M¨unchen. Zum Modelleur, Kleinplastiker und Kunstgewerbler ausgebildet, gestaltete B. seit 1909 Theaterdekorationen und plastische Modelle f¨ur die B¨uhne Max → Reinhardts, studierte 1911-24 an der Kunstakademie Berlin und war 1918 Mitglied im Arbeiterrat Kunst. Seit 1921 verband ihn Freundschaft mit Alexander Archipenko. B. wurde 1931 Mitglied der Preuß. Akademie der K¨unste Berlin. Seit 1933 wurde B. boykottiert und viele seiner Werke unter dem nationalsozialistischen Regime eingeschmolzen. 1935 unterrichtete er in New York, 1936 als Prof. und Leiter der Bildhauerklasse an der Kunstakademie Istanbul. 1937 erfolgte sein Austritt aus der Preuß. Akademie der K¨unste und die Emigration (vermittelt durch Hans → Poelzig) nach Istanbul. Nach 1920 beeinflußten Futurismus und russischer Konstruktivismus seine Formensprache (Organische Formen, 1921), nach 1949 arbeitete B. haupts¨achlich abstrakt. Erst 1966 kehrte er nach Deutschland zur¨uck. C AKL Belling, Wilhelm Sebastian von, Milit¨ar, * 15. 2. 1719 Paulsdorf (Ostpreußen), † 28. 11. 1779 Stolp (Pommern). Seit 1737 in der Armee zeichnete sich B. in den Schlachten des Siebenj¨ahrigen Kriegs aus, besonders bei Kunersdorf. Er wurde gemeinsam mit General von → Zieten Organisator der preuß. Husarentruppe, mit der er im sogenannten Detachementkrieg in Pommern (1759-61) die dreifache ¨ schwedische Ubermacht u¨ ber ein Jahr am Vorgehen hinderte. B. wurde 1762 zum Generalmajor und 1776 zum Generalleutnant bef¨ordert. C NDB Bellingrath, Ewald, Unternehmer, * 18. 4. 1838 Barmen, † 22. 8. 1903 Dresden. Nach seinem Studium war B., Sohn eines Kaufmanns und Fabrikanten, in den rheinischen Maschinen- und Gußstahlfabriken besch¨aftigt, ging 1860 nach Dresden und gr¨undete 1868 die Elbschiffahrtsgesellschaft „Kette“. Er erfand das Kettengreifrad und den hydraulischen Wagen zum Schiffstransport (an einer in der Elbe versenkten Kette liefen die Transportdampfer, im Volksmund „Kettenschlepper“ genannt). Der Fracht- und Stapelverkehr f¨ur Dresden stieg etwa um das Zehnfache. In den achtziger Jahren des 19. Jh. kaufte ¨ die „Kette“ eine eigene Schiffswerft in Dresden-Ubigau und B. baute von Gustav → Zeuner konstruierte Turbinenschiffe. Die bedeutende Entwicklung der Binnenschiffahrt auf Saale, Main und Neckar ist B.s Mitwirkung zu verdanken. C NDB
Bellino, Karl, Assyriologe, * 21. 1. 1791 Rottenburg, † 13. 11. 1820 Mossul (Irak). B. studierte orientalische Sprachen in Wien, begleitete als Sekret¨ar den Assyriologen Claudius J. Rich, dolmetschte und stand als Offizier im Dienst der East India Company. Er besch¨aftigte sich wenig mit Quellenerschließung, kopierte vielmehr mit erstaunlicher F¨ahigkeit Keilschriftinschriften, um dieses Material der Wissenschaft zug¨anglich zu machen. C NDB
Bellmann, Hans, schweizer. Architekt, Designer, * 25. 9. 1911 Turgi (Kt. Aargau), † 26. 10. 1990 Muri (Kt. Aargau). Nach einer Bauzeichnerlehre (1927-30) studierte B. 1931-33 am Bauhaus in Dessau und bei Ludwig → Mies van der Rohe in Berlin, in dessen Atelier er 1933 / 34 arbeitete. Bis 1945 war er in verschiedenen Schweizer Architekturb¨uros besch¨aftigt, fertigte seine ersten Entw¨urfe f¨ur Serienm¨obel und ließ sich 1945 f¨ur zwei Jahre in Gebenstorf (Kt. Aargau) nieder, wo er seit 1936 das B¨urgerrecht besaß, um selbst¨andig zu arbeiten. B. unterrichtete 1948-54 an der Kunstgewerbeschule und 1958-62 an der Allgemeinen Gewerbeschule von Z¨urich. 1964 / 65 ging er als Dozent in die
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USA, um an der University of Washington, Seattle und der Harvard University, Cambridge / Mass. zu lehren. B. baute Wohnh¨auser, schuf Ladeneinrichtungen und entwarf u. a. Serienm¨obel und Armaturen (Waschbecken „Carina“, 1956). C AKL
Bellmer, Hans, Zeichner, Maler, Bildhauer, * 13. 3. 1902 Kattowitz (Oberschlesien), † 24. 2. 1975 Paris. 1920-23 in einem Stahl- und Kohlebergwerk besch¨aftigt, brach B. 1924 sein Ingenieurstudium ab, bildete sich autodidaktisch und befreundete sich in Berlin mit George → Grosz, John → Heartfield und Rudolf → Schlichter. B. illustrierte u. a. f¨ur den Malik-Verlag, richtete 1927 ein Werbeb¨uro ein und war 1930-33 Gasth¨orer am Bauhaus (1931-33 Reisen nach Italien und Tunesien). 1933 gab er seine Berufst¨atigkeit auf, kn¨upfte 1935 Kontakte zu den Pariser Surrealisten und emigrierte 1938 nach Paris. Bei Kriegsausbruch 1939 interniert (mit Max → Ernst), gab B. nach seiner Entlassung 1941 die deutsche Staatsb¨urgerschaft auf. Die 1933 begonnene Konstruktion einer fetischartigen Plastik diente als Motiv zahlreicher Photos, die er 1934 (Die Puppe) und 1949 (Die Spiele der Puppe) ver¨offentlichte. C AKL
Bellomo, Joseph, eigentl. Joseph Edler von Zambiasi, Theaterdirektor, * 16. 3. 1754 Tajo (Prov. Trient), † 18. 10. 1833 Graz. Zun¨achst als Schauspieler in Graz, Dresden und Prag engagiert, u¨ bernahm B. 1783 die Direktion im Linckeschen Bade vor dem Schwarzen Thor in Dresden und gastierte mit seiner Truppe in Erfurt. Vom Weimarer Hof unterst¨utzt, u¨ bernahm B. 1784 die Leitung des Theaters im Redoutengeb¨aude in Weimar. Er inszenierte bevorzugt italienische Singspiele und Opern, verließ wegen heftiger Angriffe 1791 Weimar und kehrte als Schauspieldirektor nach Graz zur¨uck. Dort inszenierte und spielte er, bis das Theater durch franz¨osische Truppen im April 1797 geschlossen wurde. B. schrieb Libretti und Schauspiele. C NDB
Beloch, (Karl) Julius, Althistoriker, * 21. 1. 1854 Petschkendorf (Kr. L¨uben, Niederschlesien), † 1. 2. 1929 Rom. Ein Bronchialleiden zwang B., Sohn eines Rittergutsbesitzers, von Jugend an zum Aufenthalt in Italien. Seine akademische Ausbildung genoß er in Palermo und Rom (1875 Promotion, 1877 Habilitation). Seit 1897 als Prof. f¨ur Alte Geschichte in Rom, versuchte B. das Bild des Altertums auf quantitativer Grundlage zu entwickeln, wobei er die Bev¨olkerungszahl eines Staates als „Gradmesser f¨ur die politische Macht“ verstand. Seine Arbeit steht f¨ur die Ausrichtung der Geschichtsschreibung am methodischen Ideal der Naturwissenschaften, u. a. dokumentiert in seinem Werk Die Bev¨olkerung der griechisch-r¨omischen Welt (1886). C Historikerlex Below, Ernst von, Hygieniker, Schriftsteller, * 31. 5. 1845 Posen, † 1. 11. 1910 Hannover. B. wurde 1870 in Greifswald promoviert (Untersuchung eines Falls von Lithop¨adion beim Schaaf), nahm am Feldzug von 1870 / 71 teil, reiste nach New York und Mexiko, legte 1882 dort das Staatsexamen ab und erhielt den Professorentitel. Seit 1888 wieder in Deutschland, erhielt er 1889 die Approbation f¨ur Deutschland, blieb in Berlin und wurde 1898 Chefarzt der Lichtheilanstalt „Rotes Kreuz“. B. besch¨aftigte sich mit tropenhygienischen Studien, forderte 1890 im Reichstag die Gr¨undung eines Welthygieneverbands und 1895 eine tropenhygienische Zentralstelle. Seit 1889 erforschte er die Lichttherapie und gr¨undete die „Zeitschrift ¨ f¨ur Lichttherapie“. Uber seine Reisen publizierte B. Aufs¨atze und Skizzen. C Olpp
Beltz Below, Fritz Theodor Karl von, Milit¨ar, * 23. 9. 1853 Danzig, † 23. 11. 1918 Weimar. Der aus einer preuß. Soldatenfamilie stammende B. besuchte die Kadettenh¨auser in Wahlstadt, Culm und Berlin, trat 1873 in das Milit¨ar ein und wurde 1906 Generalquartiermeister im Großen Generalstab. 1915 f¨uhrte er erfolgreich den rechten Fl¨ugel der Winterschlacht in Masuren, bew¨ahrte sich mit der 2., 1. und 9. Armee an der Westfront in den K¨ampfen um St. Quentin, Cambrai und an der Aisne. Er entwickelte Ausbildungsvorschriften f¨ur die Fußtruppen, die von der Reichswehr u¨ bernommen wurden. Below, Georg (Anton Ludwig) von, Wirtschafts- und Sozialhistoriker, * 19. 1. 1858 K¨onigsberg, † 20. 10. 1927 Badenweiler. Der Sohn eines ostpreuß. Rittergutsbesitzers studierte in K¨onigsberg, Bonn und Berlin Geschichte, daneben Geographie, Germanstik, Klassische Philologie, Theologie und National¨okonomie. 1883 zum Dr. phil. promoviert, habilitierte er sich 1886 in Marburg, lehrte seit 1888 in K¨onigsberg und war dort seit 1889 a. o. Prof. der Geschichte. 1891 wurde er o. Prof. in M¨unster, 1897 in Marburg, 1901 in T¨ubingen und 1906 in Freiburg / Breisgau. Zun¨achst vor allem mit der Entwicklung der Territorialverfassung und des St¨adtewesens ¨ besch¨aftigt, suchte B. in der Ubertragung moderner Rechtsbegriffe den staatlichen Charakter des Reichs im Mittelalter nachzuweisen (Der Deutsche Staat des Mittelalters, Bd. 1, 1914). In der Auseinandersetzung mit Werken von Max → Weber, Gustav von → Schmoller, Karl → Lamprecht u. a. bem¨uhte sich B., von einer deutsch-nationalen Grundhaltung gepr¨agt, die Wirtschafts- und Sozialgeschichtsforschung zu einer selbst¨andigen Disziplin zu machen. Er ver¨offentlichte ferner Territorium und Stadt (1900, 21923), Probleme der Wirtschaftsgeschichte (1920) und gab seit 1903 die „Vierteljahrsschrift f¨ur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte“ heraus. C Historikerlex
Below, Gustav (Friedrich Eugen(ius) von, Milit¨ar, * 7. 3. 1791 Trakehnen (Preußen), † 30. 11. 1852 K¨onigsberg. B., Sohn eines Landstallmeisters, diente in verschiedenen Kavallerieregimenten, besuchte die Milit¨arakademie in Berlin und nahm 1812 als Adjutant des Generals von → Massenbach am Rußlandfeldzug teil. 1816 vor¨ubergehend Adjutant des K¨onigs, diente er bis 1833 im Generalstab in Berlin. B. war Mitglied des ostpreuß. Provinziallandtags. 1838 als 2. Adjutant des Kronprinzen nach Berlin berufen, diente B. seit 1840 → Friedrich Wilhelm IV. als Berater und Diplomat. 1842 zum Generalmajor und General a` la suite ernannt, kommandierte er in den M¨arztagen 1848 das Berliner Schloß. In der ersten Kammer einen rein preuß. Standpunkt vertretend, legte er 1851 sein Mandat nieder, lehnte das Amt des preuß. Kriegsministers ab und nahm aus gesundheitlichen Gr¨unden ein Jahr sp¨ater im Rang eines Generalleutnants seinen Abschied. C Unionsparl Below, Otto (Ernst Vinzent Leo) von, Milit¨ar, * 18. 1. 1857 Danzig, † 9. 3. 1944 Besenhausen bei G¨ottingen. Nach dem Besuch der Kriegsakademie 1884-87 war B. Oberst und Kommandeur des 19. Infanterieregiments. 1909 zum Generalmajor, 1912 zum Generalleutnant bef¨ordert, f¨uhrte er bei Kriegsausbruch 1914 das 1. Reservekorps und wurde noch im August 1914 zum General der Infanterie ernannt. Er f¨uhrte den Oberbefehl der 8. Armee in Masuren und Kurland, 1916 / 17 an der Salonikifront und der 14. Armee 1917 in Italien (er erzwang den Durchbruch bei Tolmein); 1917 / 18 stand B. mit der 6., 17. und 1. Armee in Flandern und bei Arras. 1919 war er kommandierender General des XVII. Armeekorps in Danzig. C NDB
Below-Hohendorf, Alexander Ewald von, Politiker, Gutsherr, * 3. 2. 1801 Noistfer (Estland), † 3. 9. 1882 Hohendorf (Ostpreußen). B.-H. studierte an der Univ. Dorpat 1818-21 Philosophie und Naturwissenschaften, bewirtschaftete seit 1822 das Gut seines Vetters Gustav von B.-H. in Pommern und zog nach dessen Tod 1843 nach Gut Hohendorf am Drausensee, das ihm und Hauptmann von Pirch von Graf Paul D¨onhoff vermacht wurde. 1856 erbte B. das Lehngut Saleske, baute auch dieses erfolgreich aus und u¨ berließ es als Fideikommiß seinem Neffen Nikolaus Georg Andreas von B. Streng konservativ gesonnen, vertrat B. ein Staatsverh¨altnis im christlichmonarchischen Sinne, suchte durch einen permanenten Ausschuß Einfluß auf die Behandlung landwirtschaftlicher Fragen im Parlament zu gewinnen, wurde 1851 Mitglied der 1. Kammer und zog 1855 in das Herrenhaus ein. B. bek¨ampfte 1867 im verfassungberatenden Norddeutschen Reichstag die Einf¨uhrung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts.
Belser, Johann Evangelist von, kath. Theologe, * 30. 10. 1850 Villingendorf bei Rottweil, † 20. 10. 1916 Villingendorf. B., Sohn eines Fl¨oßers und Holzh¨andlers, studierte in T¨ubingen, wurde 1875 in Rottenburg / Neckar zum Priester ordiniert, war kurze Zeit im Kirchendienst t¨atig, 1876-89 Gymnasiallehrer und sp¨ater Prof. in Ellwangen. Seit 1889 lehrte er in T¨ubingen als o. Prof. der neutestamentlichen Exegese. B. wurde 1906 nobilitiert. In konservativ kirchlichem Sinn besch¨aftigte er sich in seinen Arbeiten und als Lehrer mit philologisch-historischer Bibelerkl¨arung und wurde durch die Annahme einer einj¨ahrigen o¨ ffentlichen Wirksamkeit Jesu bekannt. Dazu ver¨offentlichte er u. a. Abriß des Lebens Jesu von der Taufe bis zum Tod (1916). C NDB Belthle, Friedrich (Fritz) Christian, Mechaniker, Unternehmer, * 27. 2. 1829 Bebenhausen, † 9. 5. 1869 Wetzlar. B. war zun¨achst als Mechanikergehilfe bei Carl → Kellner t¨atig, der 1849 in Wetzlar ein „Optisches Institut“ gegr¨undet hatte, das zur Keimzelle der Optische Werke E. Leitz werden sollte. Nach Kellners Tod wurde B. dessen Nachfolger in der Leitung des „Optischen Instituts“, dem er bis zu seinem Tod vorstand. Es ging dann an Ernst → Leitz u¨ ber, nachdem dieser bereits seit 1863 dessen Teilhaber gewesen war.
Beltz, Julius, Verleger, Drucker, * 4. 7. 1880 Langensalza, † 3. 9. 1965 Weinheim. Der Enkel des Unternehmers und Verlagsgr¨unders Julius B. durchlief eine Ausbildung zum Buchdrucker und u¨ bernahm 1903 von seiner verwitweten Mutter das in Langensalza angesiedelte Familienunternehmen. Die 1909 eingef¨uhrte Zeitschrift „Die Volksschule“ trug zur raschen Etablierung der Firma als P¨adagogik-Verlag bei. Nach 1933 mußte B. jedoch die T¨atigkeit des Verlags einschr¨anken und sich aus politischen Gr¨unden auf Lohndruck konzentrieren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Firma in Langensalza enteignet. B. emigrierte 1949 nach Westdeutschland und begr¨undete in Weinheim / Bergstraße die Julius Beltz oHG Verlag und Offsetdruckerei. 1960 f¨uhrte er in seinem Unternehmen als eines der ersten in Deutschland den Photosatz ein. Beltz, Matthias, Kabarettist, Schriftsteller, * 31. 1. 1945 Wohnfeld, † 27. 3. 2002 Frankfurt / Main. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte seit 1964 an der Univ. Marburg Rechtswissenschaften und legte 1969 an der Univ. Frankfurt / Main das Erste Staatsexamen ab. Er beriet die „Republikanische Hilfe“ in juristischen Fragen und arbeitete 1972-78 bei der Automobilfirma „Opel“ in R¨usselsheim. 1976 gr¨undete B. das „Karl Napps Chaos Theater“, aus dem 1982 unter der Beteiligung von zwei Mitspielern das
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Beltz „Vorl¨aufige Frankfurter Front-Theater“ hervorging. Gemeinsam mit Johnny Klinke richtete B. 1988 mit dem „Tigerpalast“ in Frankfurt / Main das erste moderne Variet´etheater in Deutschland nach dem Krieg ein. Neben dem Zusammenspiel mit Kollegen trat B. seit 1989 auch in Soloprogrammen auf. F¨ur das Fernsehen entwickelte er eine Satire-Talk-Show sowie Sendungen, in denen er u. a. aktuelle gesellschaftliche und politische Themen aufgriff und parodistisch verarbeitete. 1993 wurde er mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. Im Frankfurter Theater am Turm veranstaltete B. 1995-97 mit der „Montagabendgesellschaft“ eine Gespr¨achsrunde mit geladenen G¨asten; f¨ur den Hessischen Rundfunk moderierte er seit 1997 die Sendung „Meridian“. B. war Autor einer Reihe von B¨uchern (u. a. Schwarze Politik, 1987; Gute Nacht Europa, wo immer du auch bist, 1998) und verfaßte das Drehbuch f¨ur den Kinofilm Deckname Dennis. C DLL, 20. Jh.
Beltz, Robert, Historiker, * 14. 3. 1854 Nordhausen (Th¨uringen), † 19. 5. 1942 Schwerin. Nach dem Besuch des Gymnasiums in seiner Heimatstadt studierte B. Philologie, Philosophie und Arch¨aologie an den Universit¨aten G¨ottingen und Berlin. 1877-1913 unterrichtete er am Schweriner Gymnasium. Er leitete ehrenamtlich (1880-1930) die vorgeschichtliche Abteilung des dortigen Landesmuseums und geh¨orte zu den ersten Erforschern der mecklenburgischen Vorgeschichte (Die vorgeschichtlichen Altert¨umer von Mecklenburg und Schwerin, 1910). B. war langj¨ahriger Vorsitzender der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft und Mitarbeiter am Reallexikon der Vorgeschichte. 1906-33 gab er die Zeitschrift „Mecklenburg“ heraus. C Reichshandbuch Belwe, Georg, Graphiker, Schriftk¨unstler, * 12. 8. 1878 Berlin, † 12. 5. 1954 Ronneburg (Th¨uringen). B. war gelernter Lithograph, studierte seit 1898 mit Fritz Helmuth → Ehmcke bei Emil → D¨opler in der Unterrichtsklasse des Kunstgewerbemuseums in Berlin und war Mitbegr¨under (1900) der nur kurz bestehenden „Steglitzer Werkstatt“. 1906 ging er als Leiter der Satz- und Druckabteilung der Akademie f¨ur Buchgewerbe und graphische K¨unste nach Leipzig. B. beeinflußte vor allem durch seine Satzschriften (u. a. die Zierschrift „Wieland“) und Buchgestaltungen (Einband, Typograhie, Vignetten), darunter der Briefwechsel von Conrad Ferdinand → Meyer und Gottfried → Keller, die Entwicklung der modernen Gebrauchsgraphik in Deutschland. B. entwarf Plakate und Signets, fertigte Illustrationen, Exlibris und Radierungen. C AKL
Belzner, Emil, Schriftsteller, Journalist, * 13. 6. 1901 Bruchsal, † 8. 8. 1979 Heidelberg. B. stammte aus einer schw¨abischen Handwerker- und Winzerfamilie, ver¨offentlichte als Gymnasiast seine ersten Gedichtb¨ande (Letzte Fahrt, 1918) und war nach 1924 als Journalist in Karlsruhe, Mannheim und Stuttgart besch¨aftigt. Der Antikriegsroman Marschieren – nicht tr¨aumen. Zerst¨orte Erinnerung (1931, Neuausg. 1966) wurde kontrovers diskutiert, der historische Roman Ich bin der K¨onig (1940) gar von der Reichsschrifttumskammer auf den Index verbotener Literatur gesetzt. 1946 wurde B. vom sp¨ateren Bundespr¨asidenten Theodor → Heuss zur „Rhein-Neckar-Zeitung“ nach Heidelberg geholt und war dort Feuilletonleiter bis 1969. 1949 erhielt er den Heinrich-Heine-Preis. C Sch¨utz Bemmann, Hans, Pseud. Hans Martinson, Schriftsteller, * 27. 4. 1922 Groitzsch bei Leipzig, † 1. 4. 2003 Bonn. Der Sohn eines Pastors wuchs in Grimma, Leipzig, Wiesbaden und Wien auf und begann 1940 das Studium der Medizin. Nach der R¨uckkehr aus dem Zweiten Weltkrieg studierte er Germanistik und Musikwissenschaft an der Univ.
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Innsbruck und wurde 1949 promoviert. Seit 1954 Lektor ¨ beim Osterreichischen Borrom¨auswerk, 1956-87 beim Borrom¨ausverein in Bonn, war er 1971-83 auch Dozent an der P¨adagogischen Hochschule Bonn und unterrichtete bis 1993 am dortigen Bibliothekar-Lehrinstitut. B., der zun¨achst unter Pseudonym ver¨offentlichte (J¨ager im Park, 1961; L¨astiger Besuch, 1963) wurde 1983 mit dem m¨archenhaften Roman Stein und Fl¨ote, und das ist noch nicht alles bekannt. Zu seinen weiteren Werken, die meist der modernen M¨archen- und Fantasy-Literatur zuzurechnen sind, z¨ahlen Erwins Badezimmer oder die Gef¨ahrlichkeit der Sprache (1984), Stern der Br¨uder (1984) und die Trilogie Die Verzauberten (Die besch¨adigte G¨ottin, 1990; Die G¨arten der L¨owin, 1993; Massimo Battisti. Von einem, der das Zaubern lernen wollte, 1998). Er war auch Herausgeber von Der klerikale Witz (1970) und Das große Hausbuch deutscher Dichtung (1982) sowie von Cembalo-Musik (u. a. von Michel Corrette, Johann Philipp → Kirnberger und Pietro Domenico Paradies). C DLL, 20. Jh.
Bemmel, Carl Sebastian von, Maler, * 1. 4. 1743 Bamberg, † 27. 11. 1796 N¨urnberg. B., Enkel von Peter von → B., studierte Landschaftsmalerei bei seinem Vater Christoph von B. und sp¨ater bei seinen Verwandten in N¨urnberg. 1765 konvertierte er zum luth. Glauben und erhielt 1766 das N¨urnberger B¨urgerrecht. Er wech¨ selte dann von der Olmalerei zur Aquarelltechnik, war mit seinen Landschaften vor allem auf dem englischen Kunstmarkt erfolgreich und trug damit entscheidend zur Popularisierung der deutschen Landschaftsmalerei bei. C AKL Bemmel, Georg Christoph Gottlieb von, Maler, Zeichner, * 28. 7. 1738 N¨urnberg, † 4. 2. 1794 N¨urnberg. B., Enkel Johann Georg von → B.s und Neffe Joel Paul von → B.s, erhielt eine erste Ausbildung bei seinem Vater und bei Georg Martin → Preißler. Seit 1755 studierte er an der N¨urnberger Malerakademie, die zu dieser Zeit von Johann Justin → Preißler geleitet wurde. Seit 1758 als selbst¨andiger Maler t¨atig, wurde B. zu einem gefragten Portr¨atmaler. Sp¨ater schuf er auch Schlachtenbilder, Ansichten von N¨urnberg und Radierungen mit Ansichten von N¨urnberger Befestigungswerken. Nachweisbar sind außerdem staatswissenschaftliche, genealogische und heraldische Studien. C AKL Bemmel, Joel Paul von, Maler, * 25. 2. 1713 N¨urnberg, † n. e. B., Sohn von Johann Georg von → B., ging an der N¨urnberger Akademie bei den Malern Johann Daniel → Preißler und Johann Martin → Schuster in die Lehre. 1734-37 diente er im preuß. Heer. Anschließend als Landschafts- und Historienmaler in Rheinsberg t¨atig, fertigte er f¨ur einen General, den er auch auf einer Reise nach K¨oln, Bonn, Neuss und Kaiserswerth begleitete, mehr als hundert Zeichnungen und Aquarelle mit Landschaften an. Aufgrund von Differenzen mit dem General verließ B. Rheinsberg 1740, um in seinen Geburtsort zur¨uckzukehren, wurde jedoch in Frankfurt / Main von einem Freund u¨ berredet, in die kaiserliche Armee einzutreten. Von seinem weiteren Lebensweg ist nichts bekannt. C AKL Bemmel, Johann Georg von, Maler, * 30. 11. 1669 N¨urnberg, † 29. 7. 1723 N¨urnberg. B., Bruder von Peter von → B., wurde von seinem Vater Wilhelm von → B. in Landschaftsmalerei und von Johann Philipp → Lemke in Tiermalerei unterrichtet. Er schuf Landschaften, Tierbilder, Schlachten- und Marketenderszenen sowie die Staffage der Landschaftsbilder seines Vaters. Bekannt sind zwei seltene Radierungen mit Darstellungen eines sich aufb¨aumenden Pferdes (1687) und eines Reiterkampfes. B. war der Vater von Joel Paul von → B. C AKL
Benary Bemmel, Peter von, Maler, * 18. 8. 1685 N¨urnberg, † 1754 Regensburg. B. war Sohn und Sch¨uler Wilhelm von → B.s. Er reiste u. a. an die f¨urstlichen H¨ofe von Bamberg und W¨urzburg, malte f¨ur seine Auftraggeber Franz Konrad von Stadion und Thannhausen und den F¨urstbischof von Bamberg. Landschaften (mit einer Vorliebe f¨ur Birkenb¨aume) sowie Gewitter- und Winterst¨ucke sind belegt, die Staffage wurde oft von seinem Bruder Johann Georg von → B. oder seinem Neffen Johann Noah B. ausgef¨uhrt. F¨ur die Galerie des Herzogs von Braunschweig in Schloß Salzdahlum bei Wolfenb¨uttel malte er eine Landschaft mit Kirchenruine (1715) und eine mit Br¨ucke. C AKL Bemmel, Wilhelm von, auch Willem B., Maler, * 10. 6. 1630 Utrecht, † 20. 12. 1708 W¨ohrd (heute zu N¨urnberg). Der Stammvater der N¨urnberger K¨unstler- und Malerfamilie von B. lernte bei Hermann (oder Cornelis?) Saftleven in Utrecht (auch von Jan Both beeinflußt), bereiste 1647-53 Italien mit l¨angeren Aufenthalten in Venedig, Rom und Neapel. Nach einer Englandreise stand er sechs Jahre in Kassel im Dienst des Landgrafen Wilhelm VI. in Kassel und wurde 1653 f¨ur sieben Landschaften bezahlt. 1654 ver¨offentlichte B. eine Serie von Landschaftsradierungen. Er zog 1662 nach N¨urnberg, befreundete sich mit Johann Philipp → Lemke und Johann Franciscus → Ermels, die beide neben Johann → Murrer, Johann Heinrich → Roos und B.s Sohn Johann Georg von → B. an der Staffage mitarbeiteten. B.s Landschaften nehmen zum Teil die Formensprache des 19. Jh. vorweg. Er war auch der Vater von Peter von → B. C AKL
Ben-Chorin, Schalom, bis 1937: Fritz Rosenthal, Pseud. Norbert Franz, Schriftsteller, Religionsphilosoph, Journalist, * 20. 7. 1913 M¨unchen, † 7. 5. 1999 Jerusalem. Einer j¨udischen Kaufmannsfamilie entstammend, studierte B.-C., 1926-31 Mitglied der zionistischen Bewegung Kadimah, 1931-34 an der Univ. M¨unchen Germanistik, Philosophie, vergleichende Religionswissenschaft und Judaistik. Nach der Macht¨ubernahme durch die Nationalsozialisten mehrfach verhaftet, emigrierte er 1935 nach Pal¨astina, wo er als freier Schriftsteller und Journalist u. a. f¨ur die Zeitung „Jedioth Chadaschoth“ und „Die neue Weltb¨uhne“ t¨atig war. B.-C. wurde ein Sch¨uler Martin → Bubers. Wie dieser ein Deuter der j¨udischen Mystik und ein reformfreudiger Erneuerer jenseits der Orthodoxie, gr¨undete er 1958 in Jerusalem eine erste reformierte Gemeinde, die Har-El-Synagoge, deren Rabbiner er wurde. Er war ein Vork¨ampfer und bedeutender Vertreter des christlich-j¨udischen Dialogs. 1961 geh¨orte er zu den Begr¨undern der „Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen“ beim Evangelischen Kirchentag. 1970-82 war er Gastdozent an den Universit¨aten in Jerusalem, M¨unchen und T¨ubingen. B.-C. schrieb anfangs von Stefan → George und Rainer Maria → Rilke beeinflußte Gedichte (Die Lieder des ewigen Brunnens, 1934), sp¨ater vor allem Essays (Juden und Christen, 1960; J¨udische Ethik, 1983). Mit Ich lebe in Jerusalem (1972) und Jugend an der Isar (1974) ver¨offentlichte er zwei autobiographische Werke. Zu seinen Publikationen z¨ahlen ferner die Trilogie Die Heimkehrer (Bruder Jesus. Der Nazarener in j¨udischer Sicht, 1967; Paulus. Der V¨olkerapostel in j¨udischer Sicht, 1970; Mutter Mirjam. Maria aus j¨udischer Sicht, 1971), J¨udischer Glaube – die Tafeln des Bundes – das Zehnwort vom Sinai und Beten des Judentums (1975, 32001) und Die Erw¨ahlung Israels (1993). C Killy
Ben-Haim, Paul, urspr. Frankfurter, Komponist, Musiker, Dirigent, * 5. 7. 1897 M¨unchen, † 14. 1. 1984 Tel Aviv. B.-H., Sohn eines Juristen, studierte seit 1915 an der M¨unchener Akademie der Tonkunst Klavier und Kompo-
sition (bei Anton → Beer-Walbrunn). Nach einem Kriegseinsatz 1916 wurden Friedrich → Klose und Walter → Courvoisier seine Lehrer. 1920 ging er als Korrepetitor an die M¨unchner Oper und 1924 als Kapellmeister an die Oper in Augsburg, wo er u. a. neue Werke von Paul → Hindemith, Franz → Schreker und Max → Ettinger dirigierte. 1933 floh B.-H. nach Pal¨astina und begann 1939 eine mehr als zehn Jahre dauernde Zusammenarbeit mit dem jemenitischen S¨anger Bracha Zephira. Seit 1946 lehrte er an der Music Academy in Jerusalem und am Music Teachers’ College in Tel Aviv Musiktheorie und Komposition. B.-H. komponierte Lieder, Kammermusik, Werke f¨ur Chor und Orchester (u. a. das Oratorium Joram, 1933) und geistliche C MGG Chor¨ale.
Benario, Leo, Zeitungswissenschaftler, * 5. 7. 1875 Obernbreit (Unterfranken), † 19. 8. 1947 Nizza. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums in W¨urzburg betrieb B. neben einer kaufm¨annischen T¨atigkeit in einer N¨urnberger und Berliner Bank national¨okonomische und philosophische Studien. 1905-17 war er Wirtschaftsredakteur der „Frankfurter Zeitung“ und seit 1919 Dozent an der N¨urnberger Handelshochschule. Seit 1922 hatte B. dort einen Lehrauftrag f¨ur Zeitungskunde und gr¨undete 1923 das von ihm geleitete Institut f¨ur Zeitungskunde an der N¨urnberger Hochschule. Er ver¨offentlichte u. a. Alte N¨urnberger Zeitungen von 1515-1747 (1928). 1933 wurde B. beurlaubt; er emigrierte nach Italien und Frankreich. C Lex dt-j¨ud Autoren Benary, (Karl Albert) Agathon, Klassischer Philologe, * 17. 1. 1807 Kassel, † 5. 12. 1860 Berlin. B. studierte 1824-27 Klassische Philologie in G¨ottingen und Halle, wurde dort promoviert und ging als Gymnasiallehrer nach Berlin. Nach Fortsetzung des Studiums fand er 1833 eine Anstellung am Realgymnasium in K¨oln und lehrte auch als Privatdozent an der Universit¨at. B. z¨ahlte zu den ersten Sprachwissenschaftlern, die die klassischen Sprachen nach den Grunds¨atzen der vergleichenden Grammatik untersuchten. Er ver¨offentlichte Aufs¨atze in den Jahrb¨uchern f¨ur wissenschaftliche Kritik und in → Kuhns „Zeitschrift f¨ur vergleichende Sprachforschung“; sein Werk Die r¨omische Lautlehre sprachvergleichend dargestellt (Bd. 1, 1837) blieb C ADB unvollendet.
Benary, Ernst, Botaniker, * 10. 11. 1819 Kassel, † 19. 2. 1893 Erfurt. B. erlernte 1835-38 den Gartenbau. Wanderjahren durch Deutschland, Frankreich und England folgte 1843 die Gr¨undung einer G¨artnerei und Samenhandlung in Erfurt. Das Unternehmen entwickelte sich rasch zu einer Weltfirma. B. wurde durch zahlreiche Neuz¨uchtungen, Verbesserungen an Blumen- und Gem¨usearten bekannt. Er besch¨aftigte auf der ganzen Welt etwa 100 Z¨uchter; in Erfurt arbeiteten 14 selbst¨andige Betriebe f¨ur ihn. Neben seinen dreisprachigen Katalogen ver¨offentlichte B. Die Erziehung der Pflanzen aus Samen im Gartenbau (1887, 31923). C NDB
Benary, Franz Simon Ferdinand, evang. Theologe, Orientalist, * 22. 3. 1805 Kassel, † 7. 2. 1880 Berlin. Der Bruder Agathon → B.s studierte seit 1824 in Bonn und Halle, seit 1827 in Berlin Theologie und orientalische Sprachen. B., der einer j¨udischen Familie entstammte, konvertierte 1829 zum Christentum und habilitierte sich im selben Jahr f¨ur orientalische Sprachen an der Univ. Berlin. 1830 ver¨offentlichte er eine Ausgabe des sanskritischen Gedichts Nalodaya. Den Ruf als Prof. der orientalischen Sprachen nach St. Petersburg lehnte er ab und entschied sich f¨ur eine a. o. Professur f¨ur alttestamentliche Exegese an der Berliner
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Benatzky Universit¨at. Neben der Exegese befaßte sich B. mit semitischen Sprachen und Epigraphik. F¨ur die 1835 ver¨offentlichte Arbeit De Hebraeorum leviratu wurde ihm von der Univ. Halle die theologische Doktorw¨urde verliehen. C Lex dt-j¨ud Autoren
Benatzky, Ralph, eigentl. Rudolf Franz Josef B., Komponist, * 5. 6. 1884 M¨ahrisch-Budwitz, † 16. 10. 1957 Z¨urich. Nach dem Besuch der Milit¨arakademie in Wien studierte B., Sohn eines Volksschullehrers, Germanistik (Promotion 1910, Rosa Maria Assing) und Musik an den Akademien in Prag, Wien und M¨unchen, u. a. bei Felix → Mottl. 1910 / 11 war er musikalischer Leiter des Kleinen Theaters, 1912-14 des Kabaretts „Bonbonniere“ in M¨unchen, 1914 Autor und Komponist am Wiener Kabarett „Simplicissimus“. Nach dem Ersten Weltkrieg holte ihn Max → Reinhardt ans Deutsche Theater in Berlin. Mit seiner Frau Josma Selim trat er in Kabaretts von M¨unchen, Berlin und Wien auf. Er schrieb Chansons und Wienerlieder (u. a. Draußen in Sch¨onbrunn, Ich muß einmal wieder in Grinzing sein, Ich weiß auf der Wieden ein kleines Hotel) und komponierte Operetten und musikalische Lustspiele. Nach zahlreichen erfolgreichen Revuen gelang ihm mit der Operette Im weißen R¨oßl, die 1930 am Großen Schauspielhaus in Berlin uraufgef¨uhrt und 1935 erstmals verfilmt wurde, ein Welterfolg. Es folgten musikalische Lustspiele wie Axel an der Himmelst¨ur (1936). 1938 emigrierte B. u¨ ber die Schweiz in die USA, ging 1940 nach Hollywood und lebte seit 1948 vorwiegend in Z¨urich. Er schrieb mehr als 2000 Lieder und Chansons, etwa 110 B¨uhnenwerke und f¨ur rund 220 Filme die Musik. Sein autobiographischer Roman In Dur und Moll erschien 1953. C BHdE, Bd 2
Bildhauer → Friedrichs des Großen. Nachweisbar sind u. a. sechs Marmorstatuen vor der Bildergalerie in Sanssouci. C AKL
Benckiser, Nikolas, Journalist, Schriftsteller, * 30. 10. 1903 Sinzheim bei Baden-Baden, † 12. 10. 1987 Baden-Baden. Der Sohn eines Winzers studierte Politologie und Wirtschaftswissenschaften und wurde 1928 in Freiburg zum Dr. rer. pol. promoviert (Das Problem der staatlichen Organisation der Weltwirtschaft). 1928-43 war er Korrespondent der „Frankfurter Zeitung“ in London, Rom, Berlin und Budapest. Das Kriegsende erlebte er 1944 / 45 in Gestapo-Haft. Nach 1945 zun¨achst Paris-Korrespondent f¨ur die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung“ (Stuttgart), ging er 1957 als Auslandsredakteur zur „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, deren Mitherausgeber er 1966-74 war. B. ver¨offentlichte u. a. Das dritte Rom. Vom Kirchenstaat zum Kaiserreich (1938), Tage wie Schwestern (1958) und Gute Welt, du gehst so stille (1971). Unter den Titeln Im Gespr¨ach mit der Sprache (1959), Kritik aus dem Glashaus (1961) und Sprache, Spiegel der Zeit (1964) gab er Sprachglossen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ heraus. B. war auch Herausgeber der Werke Zeitungsschreiber. Politiker, Dichter und Denker schreiben f¨ur den Tag. 81 Profile (1966) und Zeitungen in Deutschland. 56 Portr¨ats von deutschen Tageszeitungen (1968).
† 13. 5. 1968 Rostock. B., 1931 zum Dr. phil., 1935 zum Dr. theol. promoviert, wurde 1932 Pfarrer in Sch¨onow (Neumark), 1935 in Breslau. W¨ahrend des Kirchenkampfs war B. ein profilierter Anh¨anger der Bekennenden Kirche, er erhielt 1936 / 37 Aufenthaltsverbot f¨ur die Provinz Schlesien und eine Haftstrafe in Schneidem¨uhl. 1945 wieder im Amt, war B. bis 1955 Pfarrer in Erfurt. 1955 folgte er dem Ruf als Prof. der Systematischen Theologie an die Univ. Rostock. Er ver¨offentlichte u. a. Der Begriff des Glaubensaktes (1935). C BBKL
Benda, Arthur, Photograph, * 23. 3. 1885 Berlin, † 7. 9. 1969 Wien. Nach einer Photographenlehre 1899-1902 im Atelier von Nicola → Perscheid in Leipzig war B. seit 1902 in verschiedenen Ateliers t¨atig. 1906 wurde er Assistent bei Perscheid in Berlin und erlernte die Methode des PinatypieFarbverfahrens. W¨ahrend dieser Zeit wurde er mit Dora → Kallmus (Madame d’Ora) bekannt, ging mit ihr nach Wien und gr¨undete 1907 das Atelier d’Ora. Seit 1907 Mitarbeiter, wurde er 1921 Teilhaber des Ateliers. B. experimentierte mit Platin-, Pigment- und mehrfarbigen Brom¨ol- und Gummidrucken, nahm 1913 an einer gemeinsamen Ausstellung von Farbarbeiten in Berlin teil und entwickelte 1916 eine Speziallinse f¨ur Weichzeichnereffekte, die f¨ur seine Photographien charakteristisch wurden. Da die Bilder im Wiener Atelier meist gemeinsam von B. und D. Kallmus signiert wurden, konnten eigenst¨andige Arbeiten B.’s erst nach ¨ der Ubernahme des Wiener Ateliers 1927 entstehen. 1921 gr¨undete er ein Sommeratelier in Karlsbad, 1923 ein Ateliers in Paris, das 1925 als Atelier d’Ora er¨offnet wurde. Im selben Jahr trennte er sich von D. Kallmus, kaufte 1927 das Wiener Atelier, das er bis 1965 unter dem Namen d’Ora-Benda weiterf¨uhrte. B. wurde bekannt f¨ur seine Portr¨ataufnahmen, Mode- und Aktphotographien sowie f¨ur Werbeaufnahmen und Stilleben. Er geh¨orte zu den bedeutendsten Vertretern der Kunstphotographie und leistete vor allem im Bereich der Farbtechnik (Brom¨oldrucke) Pionierarbeit. C AKL
Benckert, Johann Peter, auch Benkert, Bildhauer, * 11. 9. 1709 Neustadt / Saale, † 14. 12. 1769 (1765 ?) Potsdam. Der Sohn eines Pfannenschmieds erhielt Unterricht bei Kaspar Eygen in Eichst¨att und bildete sich dann selbst¨andig in M¨unchen weiter. 1735 fand B. seinen ersten gr¨oßeren Wirkungskreis am f¨urstbisch¨oflichen Hof von Bamberg. Er schuf u. a. f¨ur die Kirche des jetzigen B¨urgerspitals kolossale, aus Holz gearbeitete Figuren Kaiser → Heinrichs II. und seiner Frau → Kunigunde. 1746 zog B. nach Potsdam, arbeitete zun¨achst als Stukkateur unter Johann August → Nahl, half dann bei der Ausf¨uhrung der Gruppe des Neptun im Potsdamer Lustgarten und avancierte zum meistbesch¨aftigsten
Benda, Carl, Pathologe, * 30. 12. 1857 Berlin, † 24. 5. 1932 Turin. B. studierte in Berlin, Heidelberg, Wien und Paris und wurde 1880 in seiner Heimatstadt promoviert (Zur Statistik der Conjunctivitis blennorrhoica). Er war Assistent an den Pathologischen Instituten in Halle / Saale und G¨ottingen, sp¨ater Prosektor der Pathologischen Institute der Berliner Krankenh¨auser am Urban (1894-1907) und Moabit (1908-25). Seit 1888 f¨ur normale und pathologische Histologie habilitiert, folgte 1899 seine Ernennung zum Titularprofessor und 1921 zum Honorarprofessor. B. forschte vor allem auf dem Gebiet der normalen Histologie; besonders erfolgreich waren seine Untersuchungen u¨ ber Spermatogenese und feinste
Bencard, Johann Caspar, Drucker, Verleger, * W¨urzburg (?), † Februar 1721 Augsburg. B., Sohn eines Buchh¨andlers, ging vermutlich Ende 1669 von Frankfurt / Main nach Dillingen, wo er die der Univ. geh¨orende akademische Druckerei zun¨achst pachtete, sp¨ater zusammen mit der angeschlossenen Buchhandlung erwarb. Erste Druckwerke erschienen 1670. 1675 erhielt B. das Druckprivileg f¨ur alle Werke der Dillinger Jesuiten. 1694 u¨ bersiedelte er nach Augsburg. B. verlegte theologische und geographische Werke sowie Musikaliendrucke. C NDB
Benckert, Heinrich, evang. Theologe, * 5. 9. 1907 Berlin,
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Benda Zellstrukturen. In der Pathologie besch¨aftigte er sich vorwiegend mit Tuberkulose, Blutgef¨aßerkrankungen und der Syphilis. Neben zahlreichen Publikationen in Fachbl¨attern vero¨ ffentlichte B. mit Paula G¨unther den Histologischen Handatlas (1895). Er war ausw¨artiges Mitglied der Soci´et´e Ana¨ tomique de Paris. 2, 3 C Arzte
Benda, Clemens Ernst, Neuropsychiater, * 20. 5. 1898 Berlin, † 18. 4. 1975 M¨unchen. 1919-21 in Rostock, Jena und Heidelberg immatrikuliert, wurde B. 1922 zum Dr. med. in Berlin promoviert. 1922 / 23 arbeitete er als Assistent an der psychiatrischen Universit¨atsklinik in Heidelberg, u¨ bersiedelte in die Schweiz und war 1924-27 Assistent an der psychiatrischen Klinik von Ludwig → Binswanger in Kreuzlingen. In Hamburg 1927 / 28 in der neurologischen Abteilung der Hamburg-Barmbeck Klinik und bis 1929 an der Univ. besch¨aftigt, ging B. an die Charit´e Berlin. 1929-35 leitete B. die neurologische Abteilung des Rot-Kreuz-Krankenhauses und der Augusta-Heilanstalt in Berlin und war in dieser Zeit Herausgeber des Fachblatts „Medizinische Welt“. 1936 emigrierte er nach Amerika, war Direktor verschiedener psychiatrischer Abteilungen und Kliniken, lehrte an der Clark University, Worcester (Massachusetts) und praktizierte als Psychotherapeut. B., der sp¨ater als Gastprofessor der Psychiatrie nach M¨unchen kam, hinterließ ein umfangreiches Werk, darunter Mongolism and Cretinism (1946, 21949). C BHdE, Bd 2
Benda, (Johann) Ernst Friedrich, Musiker, Dirigent, getauft 10. 10. 1749 Berlin, † 24. 2. 1785 Berlin. Der Sohn von Joseph → B. war seit 1766 Konzertmeister in Berlin. 1770 initiierte und dirigierte er dort das Liebhaberkonzert. C ADB
Benda, Franz, eigentl. Frantiˇsek B., Musiker, Komponist, * 25. 11. 1709 Alt-Benatek (B¨ohmen), † 7. 3. 1786 Neuendorf bei Potsdam. Der erste Sohn des Stammvaters Hans Georg B., der der Leineweberzunft in Alt-Benatek vorstand und als Tanzmusiker t¨atig war, wurde Chorknabe der Nikolauskirche in Prag, verließ heimlich die Stadt und ging zu den Jesuiten nach Dresden. Hier begann B. das Violinspiel. 1726-30 lebte er in Wien und erhielt eine Konzertmeisterstelle in Warschau. B. trat gegen 1730 zum Protestantismus u¨ ber. 1733 wieder in Dresden, wurde er mit Unterst¨utzung seines Freundes Johann Joachim → Quantz Mitglied der Kapelle des Kronprinzen → Friedrich von Preußen in Ruppin. Er studierte bei seinem Konzertmeister Carl Heinrich → Graun weiter Violine und Komposition und zog mit dem Hof nach Rheinsberg und Potsdam. 1771 erhielt er die Konzertmeisterstelle der kgl. Kapelle in Berlin. B. komponierte vor allem Violinsonaten und -konzerte, die in ihrem Stil der „Berliner Schule“ zugerechnet werden. Seine Autobiographie wurde in der „Neuen Berliner Musikzeitung“ (Jahrgang 10, S. 32) ver¨offentlicht. C Schulz Benda, Friedrich Ludwig, Komponist, Musiker, getauft 4. 9. 1750 (anderen Angaben zufolge 1746 oder 1752) Gotha, † 20. oder 27. 3. 1792 K¨onigsberg. B. war der Sohn des aus der Musikerfamilie stammenden Georg Anton → B. Er war Musikdirektor in Hamburg, seit 1783 in mecklenburgischen Diensten und von 1789 an Konzertmeister in K¨onigsberg. B. komponierte f¨ur die B¨uhne u. a. das Narrenballett (1787) und drei Violinkonzerte (Tre Concerti per il Violino principale, due Corni, due Oboi & e. Lipsia). C MGG
Benda, Friedrich Wilhelm Heinrich, Komponist, Musiker, * 15. 7. 1745 Potsdam, † 19. 6. 1814 Potsdam. Der a¨ ltere Sohn des Musikers Franz → B. war Sch¨uler des Berliner Musiktheoretikers Johann Philipp → Kirnberger.
Als Violinist und Pianist gesch¨atzt, war er 1765-1810 Kammermusiker in Potsdam. B. komponierte Opern, Singspiele und Kammermusik. Er ver¨offentlichte u. a. die Kantate Pygmalion (1784) und die deutsche Oper Orpheus (1787). C MGG
Benda, Georg Anton, eigentl. Jiˇr´ı Anton´ın B., Komponist, * 30. 6. 1722 Alt-Benatek (B¨ohmen), † 6. 11. 1795 K¨ostritz (Th¨uringen). B. begann 1742 als Violinist in der kgl. Kapelle → Friedrichs II. in Berlin und bildete sich weiter zum Pianisten und Oboisten aus. 1750 wurde er Konzertmeister, 1770 Hofkapellmeister des Herzogs → Friedrich III. in Gotha. Mit einem herzoglichen Stipendium bereiste B. 1765 / 66 sechs Monate lang Italien. Nach der Niederlegung des Hofmeisteramtes 1778 hielt er sich in Hamburg, Wien, Gotha, Paris und Mannheim auf. Von seinem vorwiegend instrumental orientierten Bruder Franz → B. unterschied sich B., dessen Kompositionsstil durch die italienische und Berliner Schule gepr¨agt war, durch seine Neigung zu vokal-dramatischer Musik. So schrieb er neben Klaviermusik und Kantaten vor allem Melodramen (Ariadne auf Naxos, 1775; 1781 in Paris uraufgef¨uhrt) und Singspiele (Der Dorfjahrmarkt, 1775; Der Holzbauer, 1778), die durch ihre Tonmalerei und Affektgestaltung auf die Entwicklung der zeitgen¨ossischen deutschen Oper großen Einfluß nahmen. C MGG Benda, Hans (Robert Gustav) von, Dirigent, * 22. 11. 1888 Straßburg, † 13. 8. 1972 Berlin. Der sp¨ate Nachkomme Franz → B.s studierte am Sternschen Konservatorium in Berlin sowie an den Universit¨aten Berlin und M¨unchen Musik und Violine. 1926 wurde er zum Leiter der Berliner Funkstunde ernannt. Er war maßgeblich am Aufbau des deutschen Rundfunks beteiligt. 1935-39 hatte B. die k¨unstlerische Leitung des Berliner Philharmonischen Orchesters inne, dazu die Leitung des 1936 mitgegr¨undeten Berliner Kammerorchesters. 1948-52 dirigierte B. das Symphonieorchester Valencia (Spanien), zuletzt mit Gastauftritten in Argentinien. 1952 wieder in Berlin, setzte er seine Arbeit mit dem Kammerorchester fort, konzertierte in Europa, S¨ud- und Mittelamerika sowie im Fernen Osten. B. leitete 1954-58 die Abteilung Musik des Senders Freies Berlin. Benda, Johann (Georg), Musiker, getauft 30. 8. 1713 AltBenatek (B¨ohmen), † 1752 Potsdam. B. bildete sich zum Violinisten aus und hielt sich um 1733 in Dresden auf. Sein j¨ungerer Bruder Franz → B. holte ihn 1734 nach Rheinsberg, unterrichtete ihn weiter und verschaffte ihm eine Stelle in der kgl. Kapelle. Von B.s Werken sind drei Violinkonzerte im Manuskript bekannt. C MGG Benda, Johann Wilhelm Otto, auch Otto B., Schriftsteller, Beamter, * 30. 10. 1775 Berlin, † 28. 3. 1832 Oppeln. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Halle wurde der Sohn des Musikers Ernst Friedrich → B. 1809 B¨urgermeister in Landshut und 1816 preuß. Regierungsrat in Op¨ peln. Durch seine Shakespeare-Ubersetzung (Bd. 1-8, 1825, Bd. 9-16, 1826) wurde er bekannter als durch seine eigenen literarischen Arbeiten wie Romantische Erz¨ahlung (1807). C ADB Benda, Joseph, Musiker, * 7. 3. 1724 Alt-Benatek (B¨ohmen), † 22. 2. 1804 Berlin. B. wurde als Nachfolger seines Bruders Franz → B. kgl. preuß. Konzertmeister in Berlin. Er z¨ahlte zu den begabtesten Violinisten der Bendaschen Familie. C MGG Benda, Karl Hermann Heinrich, Musiker, * 2. 5. 1748 Potsdam, † 15. 3. 1836 Berlin. B., von seinem Vater Franz → B. unterrichtet, wurde 1766 in die kgl. Kapelle aufgenommen. Seit 1802 war er Konzertmeister. B. wirkte als Korrepetitor beim Ballett der kgl.
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Benda Oper Berlin. Der Violinvirtuose war auch als Klavierlehrer sehr gesch¨atzt; K¨onig → Friedrich Wilhelm III. z¨ahlte zu seinen Sch¨ulern. C MGG
Benda, Ludwig, auch Louis B., Chemiker, * 30. 1. 1873 F¨urth, † 22. 7. 1945 Z¨urich. B. zog mit seiner Familie in die Schweiz, studierte in Z¨urich und wurde 1897 zum Dr. phil. promoviert (Beitr¨age zur Kenntnis der Tartrazine). 1897-99 in der chemischen Industrie von Lyon (Frankreich) besch¨aftigt, arbeitete er 1899 mit Leopold → Cassella. Sp¨ater, bei der IG-Farbenindustrie AG (H¨ochst), war er seit 1907 enger Mitarbeiter von Paul → Ehrlich und seit 1925 stellvertretender Direktor, dann Direktor der pharmazeutischen Abteilung. B. lehrte seit 1931 als Honorarprofessor an der Univ. Frankfurt. Zahlreiche Entdeckungen auf dem Gebiet der Arzneimittelchemie und der Chemotherapie brachten ihm einige Patente (Salvarsan und Trypaflavin). Er wurde im nationalsozialistischen Deutsch¨ land 1934 aller Amter enthoben und emigrierte 1939 in die Schweiz. B. ver¨offentlichte u. a. Die Beziehung zwischen chemischer Konstitution und der Wirkung der Chemotherapeutika (1933).
Benda, Robert von, Politiker, * 18. 2. 1816 Liegnitz, † 16. 8. 1899 Berlin-Rudow. Als Urenkel des Musikers Franz → B. studierte der 1825 nobilitierte B. 1834-37 Jura in M¨unchen und Berlin. Er begann die Laufbahn eines Regierungsbeamten und verbrachte die Jahre seit 1843 als Assessor am prestigetr¨achtigen Regierungspr¨asidium Potsdam. Im Gefolge der Revolution 1848 / 49, f¨ur die Sympathien gehegt zu haben man B. vorwarf, nahm er seinen Abschied vom Staatsdienst. 1853 kaufte er das Rittergut Rudow bei Berlin und bewirtschaftete es erfolgreich. In viele Netzwerke der Liberalen verflochten, war er seit 1859 Landtagsabgeordneter. Nach 1867 war B. einer der wichtigsten Repr¨asentanten der neugegr¨undeten Nationalliberalen Partei, geh¨orte deren Zentralvorstand seit 1877 an und stand dem Parteif¨uhrer Rudolf von → Bennigsen nahe. F¨ur diese Gruppierung saß der Honoratiorenpolitiker B. 1867-98 ununterbrochen im Preußischen Abgeordnetenhaus (dort 1880-93 Vizepr¨asident) sowie (mit kurzer Unterbrechung) im Reichstag. Er war der Großvater des Dirigenten Hans von → B. C Haunfelder / Pollmann Bendavid, Lazarus, Philosoph, Mathematiker, * 18. 10. 1762 Berlin, † 28. 3. 1832 Berlin. Traditionell j¨udisch gebildet, wandte sich B. fr¨uh den mathematischen Wissenschaften zu. Er besuchte die Universit¨aten G¨ottingen und Halle und hielt als Privatgelehrter und Anh¨anger → Kants philosophische Vorlesungen in Wien (1793-97). Wieder in Berlin, war er politischer Redakteur der „Haude- und Spenerschen Zeitung“ und leitete 1806-26 als ehrenamtlicher Direktor die von David → Friedl¨ander und Isaak Daniel → Itzig gegr¨undete j¨udische Freischule. Seit 1822 war B. Mitglied des Vereins f¨ur Cultur und Wissenschaft der Juden. Neben mathematischen Abhandlungen (u. a. Versuch einer logischen Auseinandersetzung des mathematischen Unendlichen, 1789) verfaßte er Schriften, mit denen er Kants Philosophie zu popularisieren versuchte (u. a. Versuch u¨ ber das Vergn¨ugen, 2 Tle., 1794). 1798 erschienen seine Vorlesungen u¨ ber die metaphysischen Anfangsgr¨unde der Naturwissenschaft, 1799 sein Versuch einer Geschmackslehre (Nachdr. 1970). B.s Selbstbiographie (1804) schildert seinen Bruch mit der j¨udischen Tradition. C Lex dt-j¨ud Autoren Bendel, Franz, Komponist, Musiker, * 23. 3. 1832 Sch¨onlinde (Bez. Rumburg, B¨ohmen), † 3. 7. 1874 Berlin. Der Sohn eines Volksschullehrers erhielt Unterricht von Josef → Proksch, der ihn an Franz → Liszt in Weimar empfahl. 1848 ging B. als Musiklehrer zu Graf Otto von Westphal
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und zog 1862 nach Berlin. Er unterrichtete an der dortigen Akademie f¨ur Tonkunst und konzertierte u. a. 1863 in Prag. B. komponierte Klavierst¨ucke, eine Violinsonate, Messen, Lieder und Stimmungsbilder, die er teilweise mit kurzer Inhaltserkl¨arung begleitete (Schweizer Bilder, op. 137). Bereits 1855 wurde zur kirchlichen C¨acilienfeier der Prager Musikbildungsanstalt durch Josef Proksch eine Messe von B. aufgef¨uhrt. C ADB
Bendel, Hans (Sigmund), schweizer. Illustrator, Zeichner, Maler, * 18. 10. 1814 Schaffhausen, † 28. 11. 1853 Schaffhausen. Der Bruder des Bildschnitzers Jakob B. erhielt seinen ersten Zeichenunterricht bei Hans Jakob Beck in Schaffhausen, ging 1834 als Vergolder nach M¨unchen und studierte an der M¨unchner Akademie bei Josef → Schlotthauer und Wilhelm von → Kaulbach. 1837 bereiste B. Tirol und begleitete ein Jahr sp¨ater Kaulbach nach Italien. Zun¨achst wandte er sich der monumentalen Historienmalerei (lokalhistorische und eidgen¨ossische Themen) zu und arbeitete sp¨ater vorwiegend als Kartonzeichner und Illustrator, u. a. als Illustrator der Cotta-Ausgaben der Werke → Schillers und → Goethes. 1851 entstand der Freskenzyklus zur Schweizer Geschichte im Ostpavillon der Villa Charlottenfels in Neuhausen am Rheinfall. Ein 1848 / 49 gezeichneter TotentanzZyklus lehnte sich eng an eine Bilderfolge von Felix H¨olzl in der Kapelle des Petersfriedhofs in Straubing an. C AKL
Bendeler, Johann Philipp, Musiktheoretiker, getauft 20. 11. 1654 Riethnordhausen bei Erfurt, † 26. 12. 1709 Quedlinburg. Seit 1681 Collega nonus am Gymnasium in Quedlinburg, r¨uckte B., dessen Vater zun¨achst Feldprediger, seit 1649 Pfarrer war, 1687 zum Collega quintus und Kantor auf und blieb bis zu seinem Tod in diesem Amt. B., der v. a. als Orgeltheoretiker bekannt wurde, besch¨aftigte sich mit der Mensur der Orgelpfeifen und dem Temperaturproblem (Organopoeia, um 1690). Er trat f¨ur eine Verteilung des Kommas auf drei Quinten ein, ein Verfahren, f¨ur das er besonders von Georg Andreas → Sorge kritisiert wurde. Sein Werk Directorium musicum (1706) dokumentiert die Streitfragen zur Abgrenzung der Befugnisse des Rektors und Kantors an den Lateinschulen. C MGG Bendemann, Eduard Friedrich, Aeronaut, * 19. 1. 1874 Berlin, † 14. 12. 1923 Potsdam. Nach dem Studium und den Assistentenjahren an der TH Charlottenburg wirkte B. als Konstruktionsingenieur des dortigen Maschinenbaulabors. 1910-12 arbeitete er im Aeronautischen Laboratorium der Gesellschaft f¨ur Flugtechnik in Lindenberg an Luftschrauben. Mit seinem Assistenten, dem sp¨ateren Konstrukteur und Flieger Karl Grulich, unternahm er Gleitfl¨uge. 1912 gr¨undete B. die Deutsche Versuchsanstalt f¨ur Luftfahrt in Berlin-Adlershof und schuf die technischen Grundlagen der deutschen Flugzeugindustrie. Unter seiner Leitung fand 1912 / 13 der erste KaiserpreisMotorenwettbewerb statt. B. f¨orderte die Entwicklung von Meßger¨aten und die Normierung industrieller Produkte f¨ur die Luftfahrt. Nach dem Ersten Weltkrieg leitete er mit Ludwig → Prandtl den wissenschaftlichen Teil der „Zeitschrift f¨ur Flugtechnik und Motorluftschiffahrt“. C NDB Bendemann, Eduard Julius Friedrich, Maler, * 3. 12. 1811 Berlin, † 27. 12. 1889 D¨usseldorf. Der Sohn einer angesehenen j¨udischen Bankiersfamilie nahm 1826 ersten Malunterricht bei Wilhelm → Schadow, dem er 1827 an die D¨usseldorfer Akademie folgte. Beide hielten sich 1829 bis Anfang 1831 in Rom auf. B. widmete sich vornehmlich der szenischen Darstellung des Alten Testaments und der Antike; sein erstes großes Werk
Bender Die trauernden Juden entstand 1831 / 32. Der junge Maler galt als große Hoffnung der D¨usseldorfer Schule und wurde 1836 / 37 mit Julius → H¨ubner als Prof. und 1838 als Leiter eines Malerateliers an die Dresdener Akademie berufen. In dieser Zeit malte B. die Wandgem¨alde des Schlosses (1839-55) und seine besten Portr¨ats. Nach W. Schadows R¨ucktritt vom Amt des Direktors der D¨usseldorfer Akademie 1859 u¨ bernahm B. die Leitung, bis er 1867 u. a. aus gesundheitlichen Gr¨unden resignierte. Sein Haus war Anziehungspunkt bedeutender Pers¨onlichkeiten, unter ihnen Clara → Schumann. Felix Robert E. E. → B. und Rudolf Christian Eugen → B. waren seine S¨ohne. C AKL
Bendemann, Felix Robert Eduard Emil von, Milit¨ar, * 5. 8. 1848 Dresden, † 31. 10. 1915 Berlin-Halensee. B., Sohn von Eduard Julius Friedrich → B., trat 1864 in die preuß. Marine ein, nahm am Deutsch-Franz¨osischen Krieg teil und besuchte in den Wintermonaten 1872 / 73 und 1873 / 74 die Marineakademie in Kiel. Zum Kapit¨anleutnant ernannt, begleitete B. eine wissenschaftliche Expedition in die S¨udsee. 1880 wurde er in den Admiralsstab versetzt und der Artilleriepr¨ufungskommission zugeteilt. Seit 1887 Kapit¨an zur See und Kommandant der 1. Werftdivision, wurde B. Chef des Kommandostabs der Ostseemarinestation und ¨ der Ubungsflotte, 1894 Inspekteur des Torpedowesens, 1895 Konteradmiral, 1898 Stabschef im Marineoberkommando und 1899 Vizeadmiral. 1900-02 befehligte er das ostasiatische Kreuzergeschwader im Boxerfeldzug. 1903 folgte seine Ernennung zum Admiral und Chef der Nordseemarinestation. B. wurde 1905 nobilitiert und trat 1907 in den Ruhestand. Bendemann, Rudolf Christian Eugen, Maler, * 11. 11. 1851 Dresden, † Mai 1884 Pegli bei Genua. Der Sohn und Sch¨uler des Malers Eduard Julius Friedrich → B. besuchte 1870-72 die Akademie in D¨usseldorf und 1877-79 in M¨unchen. B. arbeitete dann in D¨usseldorf vor allem als Genre- und Historienmaler (Wirtshausszene in Oberbayern, 1880). Als Mitarbeiter seines Vaters war er an der Ausf¨uhrung der Skulpturens¨ale und einer der Cornelius-S¨ale der National-Galerie in Berlin beteiligt. Seine h¨aufig krankheitsbedingten Reisen in den S¨uden f¨uhrten ihn u. a. nach ¨ Italien und Agypten. So entstanden Werke mit orientalischen Motiven (Ausgang einer Moschee in Kairo, 1882) und W¨usten- und Karawanenbilder. C AKL Bender, (Friedrich) August, Eisenh¨uttenmann, * 16. 4. 1847 Weinheim / Bergstraße, † 13. 5. 1926 Kupferdreh (heute zu Essen). B., dessen Vater an der Gr¨undung einer fortschrittlichen Erziehungsanstalt in Weinheim beteiligt war, studierte, wurde in T¨ubingen promoviert und war bis zum Ausbruch des Deutsch-Franz¨osischen Kriegs Chefchemiker eines H¨uttenwerks in Frankreich. Wieder in Deutschland, arbeitete er bei Robert Wilhelm → Bunsen, dann im Siemens-Martin-Werk I der Fa. Friedrich Krupp Essen, dessen Leitung er sp¨ater u¨ bernahm. Mit seinem Schwager Theodor Gustav → Narjes entwickelte er ein Verfahren zur „Entphosphorung“ von Roheisen, auf das Krupp 1877 ein Patent erhielt. Narjes beobachtete 1880 an zerfallener Hochofenschlacke dem Portlandzement a¨ hnliche Eigenschaften. Erfolgreiche Versuche beider Chemiker, aus Hochofenschlacke Portlandzement herzustellen, veranlaßten sie 1883, eine Portlandzementfabrik in Kupferdreh zu gr¨unden, die mit der 1897 erworbenen Zementwarenfabrik zu einem erfolgreichen Unternehmen expandierte. B. und seinem Schwager war es gelungen, die als l¨astiges Abfallprodukt betrachtete Schlacke in ein hydraulisches Bindemittel zu verwandeln. C NDB
Bender, Blasius Columban Frh. von, auch Johann Blasius B., Milit¨ar, * 1713 Gengenbach (Baden), † 20. 9. 1798 Prag. B. k¨ampfte 1734 unter Prinz → Eugen, 1737 gegen die T¨urken, im ersten Schlesischen Krieg und im Siebenj¨ahrigen Krieg. Als Oberst des Infanterieregiments Colloredo nahm ¨ er 1758 am Uberfall des Grafen Andreas von → Hadik auf Berlin teil. Seit 1785 Feldzeugmeister und Kommandant von Luxemburg, gelang es B. bei Ausbruch der belgischen Unruhen 1790 den g¨arenden Aufstand der Luxemburger zu kontrollieren und einen Anschluß an das „vereinte Belgien“ zu verhindern. Von Kaiser → Leopold II. 1791 / 92 zum Oberkommandierenden Belgiens ernannt, erlebte B. 1792 bei ¨ Jemappes den ersten franz¨osischen Sieg. Das von den Osterreichern gehaltene Luxemburg mußte nach fast siebenmonatiger Belagerung unter B. 1795 kapitulieren. C NDB Bender, Georg, Politiker, * 31. 12. 1848 K¨onigsberg, † 2. 2. 1924 Breslau. Karl Ludwig → B.s Sohn studierte 1868-72 Jura in Jena und K¨onigsberg. Nach seiner Teilnahme am Deutsch-Franz¨osischen Krieg und der Referendarszeit wurde B. 1887 Assistent und Kreisrichter in Marggrabowa (Ostpreußen). 1878 zum Stadtrat und Syndikus, 1880 zum zweiten und 1888 zum ersten B¨urgermeister der Stadt Thorn (Westpreußen) gew¨ahlt, wurde er 1891-1912 Oberb¨urgermeister der Stadt Breslau. B. reorganisierte die Verwaltung beider St¨adte, baute gemeinn¨utzige Anlagen und Einrichtungen (u. a. Schulen, Elektrizit¨atswerke, Schlacht- und Viehh¨ofe), besch¨aftigte sich mit der Thorner Stadtgeschichte (Die Geschichte der st¨adtischen Krankenanstalten, 1891) und erforschte Nikolaus → Kopernikus’ Familiengeschichte. B. war Mitglied des preuß. Herrenhauses und stellvertretender Vorsitzender des schlesischen Provinziallandtags und Provinzialausschusses. C Leb Schlesien, Bd 2
Bender, Hans, Parapsychologe, * 5. 2. 1907 Freiburg / Breisgau, † 7. 5. 1991 Freiburg / Breisgau. B. habilitierte sich 1940 an der Univ. Bonn und war 1942-44 a. o. Prof. f¨ur Psychologie an der Univ. Straßburg. 1950 gr¨undete er das Institut f¨ur Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg / Breisgau und lehrte seit 1952 als a. o. Prof., 1967-75 als o. Prof. der Psychologie und Grenzgebiete der Psychologie an der dortigen Universit¨at. Paranormalen Erscheinungen ging er dokumentierend und experimentell nach und verstand Telepathie, Psychokinese, auch Spukph¨anomene als Schl¨ussel zu einer erweiterten Ordnung der Natur und der Stellung des Menschen darin (1971). B. trug wesentlich zur akademischen Integration der Parapsychologie in Deutschland bei und stellte seine Arbeit einer ¨ breiten Offentlichkeit vor (Unser sechster Sinn. Telepathie, Hellsehen, Spuk, 1971). C Munzinger
Bender, Hedwig, Philosophin, Schriftstellerin, * 22. 2. 1834 Luxemburg, † 13. 4. 1928 Erfurt. Die Tochter eines preuß. Offiziers und Cousine von Marie Luise von → Fran¸cois verbrachte den gr¨oßten Teil ihrer Kindheit in Glatz (Schlesien). Nach dem Lehrerinnenexamen 1872 versuchte sie sich als Malerin, fand aber, durch → Goethe und → Herder angeregt, ihr Lebensziel im Studium der Philosophie. B. war in der Frauenbewegung engagiert. Seit 1877 lebte sie in Eisenach. In ihren philosophischen Arbeiten versuchte B., der Transzendentalphilosophie einen „gem¨aßigten Idealismus“ entgegenzusetzen. ¨ Sie ver¨offentlichte u. a. Uber das Wesen der Sittlichkeit und den nat¨urlichen Entwicklungsprozeß des sittlichen Gedankens (1891), Die Frauenbewegung in Deutschland. Ihr gegenw¨artiger Stand und ihre Bedeutung (1891) und Philosophie, Metaphysik und Einzelforschung. Untersuchung u¨ ber das Wesen der Philosophie im Allgemeinen und u¨ ber
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Bender die M¨oglichkeit der Metaphysik als Wissenschaft und ihr Verh¨altnis zur Naturwissenschaftlichen Forschung im Besonderen (1897).
Bender, Hermann, Klassischer Philologe, * 13. 6. 1835 Ilsfeld (W¨urttemberg), † 21. 4. 1897 Kirchheim unter Teck. B. studierte Theologie und Philologie und entschied sich f¨ur das humanistische Lehrfach. Nach kurzer T¨atigkeit als Hauslehrer in K¨onigsberg wurde B. 1859 Repetent am Uracher Seminar, 1865 Pr¨azeptor in Geislingen und 1868 Prof. am T¨ubinger Gymnasium. Dazu nahm er seit 1877 einen Lehrauftrag f¨ur Gymnasialp¨adagogik an der Univ. T¨ubingen wahr. 1881 ging er als Rektor an das Gymnasium in Ulm und war 1885-95 Mitglied der Pr¨ufungskommission f¨ur humanistische Lehr¨amter. Der Altphilologe war vor allem Latinist und ver¨offentlichte eine Reihe von Arbeiten zum r¨omischen Altertum (Rom und r¨omisches Leben im Altertum, 1880). C Biogr Jahrb, 1898 Bender, Johann Heinrich, Jurist, * 29. 9. 1797 Frankfurt / Main, † 6. 9. 1859 Frankfurt / Main. B. studierte Rechtswissenschaften an der Univ. in Gießen, wurde promoviert und lehrte dort nach der Habilitation 1819 (Grundriß der deutschen Staats- und Rechtsgeschichte) bis 1823 als Privatdozent. 1823 wurde er Hofgerichtsadvokat und Prokurator, zog 1831 mit seiner Familie nach Frankfurt / Main und praktizierte dort bis 1836 als Rechtsanwalt. Als Frankfurt im gleichen Jahr dem Deutschen Zollverein beitrat, wurde B. Mitglied der Zolldirektion und wirkte dort als Zolldirektionsrat bis zu seinem Tod. Er trat f¨ur die Gleichberechtigung aller Staatsangeh¨origen, insbesondere der Juden, und f¨ur die Verbesserung der Gesetzgebung und Justiz ein. B. ver¨offentlichte neben Aufs¨atzen in den Frankfurter Jahrb¨uchern und anderen Fachbl¨attern u. a. Grunds¨atze des deutschen Handlungsrechts (2 Bde., 1824-29). C Frankf Biogr
Bender, Joseph, Historiker, * 31. 7. 1815 Meschede (Westfalen), † 8. 12. 1893 Braunsberg (heute Braniewo, Polen). Nach dem Studium der Geschichte und Philologie in Bonn (Dr. phil. 1840) und einer T¨atigkeit im h¨oheren Schuldienst in Arnsberg, Paderborn, Konitz (Westpreußen) und seit 1846 in Braunsberg, wurde B. 1863 als o. Prof. der Geschichte und Literatur an das Lyzeum Hosianum berufen. Seine wissenschaftliche T¨atigkeit galt vor allem der preuß. und besonders der erml¨andischen Geschichte. Seiner Initiative ist die Gr¨undung des „Vereins f¨ur die Geschichte und Altertumskunde Ermlands“, dessen Vorsitzender er seit 1886 war, zu verdanken. B. publizierte in der „Altpreußischen Monatsschrift“ und in der von ihm geleiteten Zeitschrift des erml¨andischen Geschichtsvereins. 1872 erschien Ermlands politische und nationale Stellung innerhalb Preußens.
Bender, Julius, evang. Theologe, Landesbischof, * 30. 8. 1893 Michelfeld, † 19. 1. 1966 Karlsruhe. B. studierte an den Universit¨aten T¨ubingen und Kiel evang. Theologie und wurde nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg Vikar in Hasfeld, St. Georgen und Schopfheim. Er u¨ bernahm die Pfarrei in Meßkirch und stand 1928-40 dem evang. Diakonissenhaus Nonnenweier in Baden vor. Auf der Landessynode der Evangelischen Kirche Badens im Dezember 1945 wurde er zum Landesbischof von Baden gew¨ahlt. B. trat 1964 in den Ruhestand.
Bender, Karl, Schauspieler, * 29. 4. 1864 Wiesbaden, † 10. 10. 1910 Coburg. B. war ein Sch¨uler des kgl. preuß. Hofschauspielers Max K¨uchy und von Franz Bethge. Er deb¨utierte 1883 am Stadttheater Dortmund als K¨onig Claudius in Hamlet. Es folgten
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Engagements am Stadttheater L¨ubeck, am Wiener Volkstheater, am Deutschen Theater Berlin, am Hoftheater in Dessau und an B¨uhnen in Oldenburg, Bremen, New York. 1900 / 01 spielte B. am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und war seit 1901 Mitglied des Verbands des Hoftheaters CoburgGotha. B. war auch als Rezitator bekannt, vor allem in seiner Bearbeitung des St¨ucks Renaissance von Graf Arthur von Gobineau.
Bender, Karl Ludwig, Politiker, * 9. 2. 1811 K¨onigsberg, † 31. 8. 1893 Gumbinnen bei K¨onigsberg. Der Sohn eines Tischlers studierte klassische Philologie in K¨onigsberg, wurde Hauslehrer, 1841 Oberlehrer in K¨onigsberg. 1847-51 war B. Stadtverordneter und Verfasser demokratischer Schriften. 1851 nahm er seinen Abschied und kaufte den Katharinenhof im Kreis Preußisch-Eylau. Er geh¨orte zu der damals großen Zahl der ostpreußischen liberalen Großgrundbesitzer und war 1861-85 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses. B. z¨ahlte zur Gr¨undergruppe („Jung-Litauen“) der Deutschen Fortschrittspartei und vertrat mit Leopold Frh. von → Hoverbeck die linksliberale demokratische Opposition gegen die Regierung → Bismarck. A. → Oehlke ver¨offentliche 1913 B.s Jugenderinnerungen eines alten Achtundvierzigers.
Bender, Paul (Friedrich Gustav), S¨anger, * 28. 7. 1875 Driedorf (Westerwald), † 27. 11. 1947 M¨unchen. B., Sohn eines Pfarrers, studierte zun¨achst Medizin in Berlin, nahm dann Gesangsunterricht bei Luise Ress und Baptist → Hoffmann. 1900 deb¨utierte er am Opernhaus von Breslau, blieb bis 1903 im Ensemble und ging dann als erster Bassist f¨ur die n¨achsten 30 Jahre an die M¨unchner Hofoper. Dort gab er u¨ ber 2000 Vorstellungen, sang verschiedene Urauff¨uhrungen, u. a. 1906 Die vier Grobiane von Ermanno → WolfFerrari und 1939 Der Mond von Carl → Orff. B. feierte auf Gastspielreisen in aller Welt sowie bei den Bayreuther und Salzburger Festspielen große Erfolge. Neben seiner B¨uhnenkarriere wurde er als Konzert- und Lieders¨anger, besonders als Balladeninterpret bekannt. Als Gesangsp¨adagoge unterrichtete er u. a. Josef → Greindl und Hans → Hopf. Seit 1931 nahm er eine Professur an der M¨unchner Akademie der Tonkunst wahr. C Kutsch
Bender, Traugott, Politiker, * 11. 5. 1927 T¨ubingen, † 5. 2. 1979 Karlsruhe. Der Sohn des badischen Landesbischofs Julius → B. studierte Theologie und Rechtswissenschaften, wurde 1953 zum Dr. jur. promoviert und ließ sich 1956 als Rechtsanwalt in Karlsruhe nieder. B. war seit 1964 Mitglied des badenw¨urttembergischen Landtags, zuletzt stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU. Nach den Landtagswahlen von 1972 und 1976 geh¨orte er dem Kabinett Filbinger als Justizminister an. Im Zusammenhang mit dem Tod von RAFTerroristen in der Vollzugsanstalt Stammheim trat B. im Oktober 1977 von seinem Ministeramt zur¨uck. Bender, Wilhelm (Friedrich Christian Franz Gottlieb), evang. Theologe, Philosoph, * 15. 1. 1845 M¨unzenberg (Hessen), † 8. 4. 1901 Bonn. Nach dem fr¨uhen Tod des Vaters, eines Pfarrers, wurde B. von seinen Onkeln, die Gymnasiallehrer bzw. Oberhofprediger waren, erzogen. Er studierte in G¨ottingen bei Hermann → Lotze und Albrecht → Ritschl Philosophie und Theologie, schloß sein Studium in Gießen ab und besuchte das Predigerseminar in Friedberg. B. besch¨aftigte sich mit Immanuel → Kants und Friedrich → Schleiermachers Lehren und entdeckte dabei sein Interesse an der Religionsphilosophie. Er wurde 1868 mit der Arbeit Schleiermachers philosophische Gotteslehre promoviert und zog im selben Jahr als Hilfsprediger und Religionslehrer nach Worms. 1876 folgte B. dem Ruf als o. Prof. der Systematischen Theologie nach Bonn.
Bendl Seine Lutherrede von 1883, in der er Orthodoxie und Pietismus angriff, f¨uhrte zu literarischen Protesten und zum Bruch mit Ritschl (Ein Nachwort zu meiner Lutherrede, 1884). 1888 trat B. in die philosophische Fakult¨at u¨ ber, wo er eine Professur der allgemeinen Religionswissenschaft u¨ bernahm. Er ver¨offentlichte u. a. Schleiermachers Theologie mit ihren philosophischen Grundlagen dargestellt (2 Bde., 1876-78), Das Wesen der Religion und die Grundgesetze der Kirchenbildung (1886) und Mythologie und Metaphysik. Grundlinien einer Geschichte der Weltanschauungen (Bd. 1: Die Entstehung der Weltanschauungen im griechischen Altertum, 1899). C NDB
Bendix, Bernhard, P¨adiater, * 27. 5. 1863 Groß-M¨uhlingen (Anhalt), † Sommer 1943 Kairo. B. studierte Medizin an den Universit¨aten Berlin, Leipzig und Freiburg / Breisgau, wurde 1888 promoviert (Multiple eitrige Gelenksentz¨undung nach Diphtheria faucium) und war an der Kinderpoliklinik des Vereins f¨ur h¨ausliche Gesundheitspflege, 1891-94 als Assistent an der Orthop¨adischchirurgischen Universit¨atsklinik sowie 1894-99 als Oberarzt an der Universit¨atskinderklinik in Berlin t¨atig. 1901 habilitierte er sich f¨ur P¨adiatrie, lehrte als Privatdozent und seit 1907 als a. o. Prof. an der Univ. Berlin. 1918 folgte seine Ernennung zum Geheimen Sanit¨atsrat. Er war zudem Leiter der Waldschule f¨ur kr¨ankliche Kinder in Berlin-Charlottenburg. 1933 verlor B. seine Lehrbefugnis und wanderte um 1937 ¨ nach Agypten aus. Er besch¨aftigte sich u. a. mit dem Stoffwechsel sowie der Ern¨ahrungsphysiologie und -pathologie im S¨auglingsalter. B. hinterließ zahlreiche Ver¨offentlichungen, u. a. das Lehrbuch der Kinderheilkunde (1899, 81923, ital. 1905 und 1926 / 27, russ. 1920, span. 1911 und 1914). ¨ C Arzte 2, 3 Bendix, Ludwig, Pseud. Heinrich Huckarde, Baruch Boker, A. Hozer, Reversus, Jurist, Schriftsteller, * 28. 6. 1877 Dorstfeld (Westfalen), † 3. 1. 1954 Oakland (Kalifornien, USA). Neben Jura studierte B. 1897-1902 Philosophie bei Wilhelm → Dilthey sowie National¨okonomie bei Gustav → Schmoller, wurde 1902 in G¨ottingen promoviert (Die rechtliche Natur der sogenannten Oberhoheit in den deutschen Schutzgebieten) und ließ sich 1907 als Rechtsanwalt und sp¨ater als Notar in Berlin nieder. Er war Mitbegr¨under der Zeitschrift „Die Justiz“. 1933 wurde B. wegen Zusammenarbeit mit Kommunisten f¨ur vier Monate inhaftiert, war nach seiner Entlassung als Rechtsberater t¨atig, wurde 1935 erneut verhaftet und bis 1937 in Lichtenburg und Dachau interniert. Nach seiner Entlassung emigrierte er nach Pal¨astina, arbeitete als freier Schriftsteller und Justizkritiker (Ich war in Dachau. Aus einem Tagebuch aus Konzentrationslagern in Deutschand, 1946) und wanderte 1947 in die USA aus. Manfred Weiß ver¨offentlichte 1968 Ausz¨uge aus B.s Gesamtwerk (Zur Psychologie der Urteilst¨atigkeit des Berufsrichters und andere Schriften). C DLL, 20. Jh.
Bendix, Paul, Unternehmer, * 29. 1. 1878, † 30. 4. 1932 M¨unster. B., dessen Vater 1873 in D¨ulmen eine mechanische Weberei gegr¨undet hatte, war 1895 / 96 Volont¨ar in einem Frankfurter Bankhaus, absolvierte 1897 / 98 eine technische Ausbildung in einer englischen Maschinenfabrik und ging auf die Webfachschule in Bury / Lancashire (England). Nachdem er f¨ur kurze Zeit in M¨unchen studiert hatte, leistete er seit 1898 seinen Milit¨ardienst ab und war seit 1902 Leutnant der Reserve (seit 1911 Oberleutnant, seit 1915 Rittmeister). Seit 1904 war B. im Unternehmen seines Vaters besch¨aftigt und u¨ bernahm nach dessen Tod 1905 die Gesch¨aftsf¨uhrung. Um selbst Baumwolle herstellen zu k¨onnen, erwarb er 1907 die Genehmigung f¨ur die Errichtung einer Spinnerei; gleichzeitig erweiterte er die Weberei um die Aufstellung moderner
Webst¨uhle. B. nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil und f¨uhrte weitere Um- und Neubauten in seinem jetzt auch nach ihm benannten Unternehmen durch, dem nunmehr gr¨oßten der Stadt mit etwa 1100 Mitarbeitern (1927). C Rhein-Westf Wirt, Bd 16
Bendix, Reinhard, Soziologe, * 25. 2. 1916 Berlin, † 28. 2. 1991 Berkeley (Kalifornien). Bis er 1933, kurz nach der ersten Verhaftung seines Vaters Ludwig → B. von der Schule verwiesen wurde, wuchs B. im Milieu assimilierter Juden auf, in dem Antisemitismus ignoriert wurde. 1935 schloß er sich der Widerstandsgruppe „Neu Beginnen“ und der linksorientierten zionistischen Organisation „Hashomer Hatzair“ an, emigrierte 1938 in die USA und studierte in Chicago Soziologie. Seine akademische Karriere startete B. 1941 als wissenschaftlicher Assistent und Dozent an der Univ. Chicago. 1947 an die Univ. Berkeley / Kalifornien berufen, wurde er 1951 Associate Professor, 1956 Prof. der Soziologie und war 1958-61 Vorsitzender des Soziologischen Fachbereichs. Er hielt Vorlesungen u¨ ber Max → Weber und ver¨offentlichte 1960 die Studie Max Weber. An Intellectual Portrait. Er war Mitglied der American Sociological Association, 1963 / 64 und 1969 / 70 deren Pr¨asident, 1968-70 Direktor des Univ. California Study Center in G¨ottingen und seit 1972 Prof. der Politologie an der Univ. Berkeley / Kalifornien. B. setzte sich mit einem der Grundkonflikte dieses Jahrhunderts, dem Außenseitertum, der marginalen Existenz der Juden und Intellektuellen – dem Problem der partiellen Gruppenzugeh¨origkeit – auseinander. Die Ambivalenz unaufhaltsamer Modernisierung sowie u¨ berkommene politische Kultur und einen eben nicht gleichzeitigen Wandel der Mentalit¨at w¨ahlte er zum Thema großer, vergleichender Studien (Nation Building and Citizenship, 1964). B. verband die Methoden vergleichender Sozialforschung der Chicago School mit der Tradition angels¨achsischer Sozialwissenschaft. Er blieb Deutschland als Gastpro¨ fessor verbunden und wurde einer breiteren Offentlichkeit durch die Biographie seines Vaters, die zugleich Autobiographie ist, bekannt (Von Berlin nach Berkeley. Deutschj¨udische Identit¨aten, 1984). C BHdE, Bd 2 Bendixen, Friedrich, National¨okonom, * 30. 9. 1864 San Francisco (Kalifornien, USA), † 29. 7. 1920 Hamburg. B. kam als Kind mit seinen Eltern nach Hamburg, studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg und Leipzig, wurde dort promoviert und war seit 1891 Vorstandsmitglied des Stempel-Comptoirs in Hamburg. Er wurde Reichsstempelrevisor der Stadt. Seit 1895 geh¨orte er als Direktor dem Vorstand der Hypothekenbank an. B. befaßte sich vor allem mit dem Pfandbriefgesch¨aft. Beeinflußt von Georg Friedrich → Knapps Theorien, entwickelte er sich zu einem der wichtigsten deutschen Geldtheoretiker. Er betonte die Tauschmittelfunktion des Geldes und definierte es vom Standpunkt der Volkswirtschaft aus als eine „Legitimation zum Empfang von Gegenleistungen auf Grund von Vorleistungen“. B. verfaßte u. a. Das Wesen des Geldes (1908). C NDB
Bendl, Ehrgott Bernhard, auch Bendel, Pendel, Pendl, Ehregott Bernard, Bildhauer, Elfenbeinschnitzer, Stukkateur, * um 1660 Osterhofen (Baumgarten ?) bei Pfarrkirchen (Niederbayern), † 31. 1. 1738 Augsburg. B., Enkel von Jakob → B., lernte vermutlich bis 1678 in der Werkstatt seines Vaters Johann Christoph → B. und ging dann einige Jahre auf Reisen. Dabei kam er wahrscheinlich auch nach Prag und Wien, denn eine Verwandtschaft zu dem Prager Bildhauer Johann Georg B. und dem Wiener Bildhauer Ignaz Innocent B. sowie seine Mitarbeit in Ateliers beider St¨adte wird angenommen. 1684-87 war B. in Johann Jakob Rills Werkstatt in Augsburg besch¨aftigt und erhielt dort 1687 das Meister- und B¨urgerrecht. 1701 / 02 und
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Bendl 1706 / 07 war er Vorsteher und 1715 Kornpropst der Augsburger Bildhauerzunft. Er z¨ahlte zu den f¨uhrenden Augsburger Bildhauern des sp¨aten Barock und war in S¨uddeutschland und in der Schweiz t¨atig. B. war ein gefragter Goldund Silbermodelleur sowie Stukkateur (Wallfahrtskirche in Gartlberg). Sein gr¨oßter Auftrag waren sechs Pfeilerfiguren (Paulus, Vier Evangelisten, Gottvater) f¨ur die Klosterkirche St. Georg in Augsburg (Germanisches Nationalmuseum N¨urnberg). C AKL
Bendl, Jakob (Christoph), auch Bendel, Bendell, Bendtl, Pendell, Pendl, Pentl, Bildhauer, * um 1585, † um 1655 / 60 Pfarrkirchen. Der vermutlich einer Tiroler Bildhauerfamilie entstammende B. war nach 1610 f¨ur die Truchsessen Froben-Waldburg-Zeil und das Chorherrnstift in Waldsee t¨atig. Seit 1617 war er zusammen mit seinem Bruder Melchior wegen Unredlichkeit (f¨ur Meistertitel zu kurze Lehrzeit) in einen Rechtsstreit mit der Stadt Waldsee verwickelt. Erst 1631 erhielt er das kaiserliche Privileg. B. ließ sich 1640 in Baumgarten bei Pfarrkirchen, 1647 in Pfarrkirchen nieder. Er schuf Chorgest¨uhle in B¨arenweiler und Zeil sowie einen Hochaltar in der Stiftskirche Waldsee. In Bayern geriet er unter den Einfluß der Plastik des Manierismus (Altar- und Vesperbild f¨ur die Gnadenkapelle der Wallfahrtskirche Sammerei). Unter Mitarbeit seines Sohns Johann Christoph → B. entstand die Kirchenausstattung des Zisterzienserstifts Aldersbach. C AKL Bendl, Johann Christoph, auch Bendel, Bendtl, Pendl, Bildhauer, getauft 5. 3. 1624 Waldsee (W¨urttemberg), † 1690 Pfarrkirchen. Nach einem Aufenthalt in Prag erwarb B. 1644 das B¨urgerrecht in Pfarrkirchen, wo er seit 1651 mehrere kommunale ¨ ¨ Amter innehatte; er war Außerer und Innerer Rat, Vizekammerer und zweiter B¨urgermeister. Er schuf Werke u. a. f¨ur die Wallfahrtskirchen Gartlberg und K¨oßlarn, die Pfarrkirchen in Pfarrkichen und Postm¨unster und arbeitete vermutlich unter seinem Vater Jakob → B. an der Ausstattung der Wallfahrtskirche Sammarei und der Kirche des Zisterzienserstifts Aldersbach mit. B. war der Vater von Ehrgott Bernhard → B. C AKL
Bendrat, Arthur, Maler, Lithograph, * 22. 4. 1872 Danzig, † 2. 3. 1914 Coswig bei Dresden. Der Sohn eines Schiffskapit¨ans sollte urspr¨unglich Theologe werden, wandte sich aber der Kunst zu, besuchte 1892 / 93 die Kunstgewerbeschule in Dresden, studierte 1895 an der Kunstakademie bei Friedrich → Preller und war 1898-1902 Meistersch¨uler von Gotthardt → Kuehl. 1905 stellte er mit Erfolg auf der Großen Kunstausstellung in Berlin aus, blieb in Dresden ans¨assig und war Mitbegr¨under der K¨unstlergruppe „Die Elbier“. B. nahm an zahlreichen Ausstellungen teil, arbeitete auch als Illustrator, z. B. f¨ur das Kinderbuch Danziger Bilder von K. Schirrmacher (1908). Er schuf Fresken auf Schloß Obernitz in Th¨uringen und im Dresdner St¨andehaus. Vor allem aber malte und lithographierte er Landschafts- und Stadtansichten in einer Melange aus Realismus und Impressionismus. Seine Motive suchte er bevorzugt in seiner Heimatstadt. C AKL Bene, Franz Ritter von, Mediziner, * 12. 10. 1775 Pest (heute zu Budapest), † 2. 7. 1858 Pest. Nach seinem Studium in Pest und Wien wurde B. 1798 zum Dr. med. promoviert, bildete sich in Johann Peter → Franks Klinik in Wien weiter und ließ sich dann als Arzt in Pest nieder. 1802 erhielt er den Lehrstuhl f¨ur Staatsarzneikunde, 1803 f¨ur Gerichtliche Medizin. 1816 wurde er Prof. der Speziellen Pathologie und Therapie, war Direktor des Medizinisch-Chirurgischen Instituts und wurde 1825 zum k. k. Rat ernannt. B. f¨uhrte 1801 die Kuhpockenimpfung in Ungarn ein und initiierte 1841 die erste Versammlung
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¨ der Naturforscher und Arzte in Pest. Er ver¨offentlichte seine Arbeiten in deutscher, ungarischer und lateinischer Sprache, u. a. Institutiones medicinae theoreticae et practicae, politiae medicae et medicinae forensis (1811) und Kurzer Abriß des medizinischen Unterrichts (2 Bde., 1812 / 13).
Benecke, Berthold Adolph, Mediziner, Zoologe, * 27. 2. 1843 Elbing (Ostpreußen), † 27. 2. 1886 K¨onigsberg. B., Sohn eines Gymnasialdirektors, studierte in K¨onigsberg Medizin, wurde 1866 mit der Arbeit De vi acidi picronitrici physiologica promoviert und war seit 1870 Privatdozent und Prosektor am dortigen Anatomischen Institut. Er u¨ bersetzte Albert Moitessiers Werk aus dem Franz¨osischen unter dem Titel Die Photographie als H¨ulfsmittel mikroskopischer Forschung (1868) und konstruierte verbesserte Apparate. B. stellte anatomisch-embryologische Untersuchungen an und verbesserte die Mikroskopie durch Einf¨uhrung der Photographie. Nach seiner Teilnahme am Deutsch-Franz¨osischen Krieg erforschte er die Entwicklung des Eies (Die ersten Entwicklungsvorg¨ange am Ei der Reptilien, 1878, mit Karl → Kupffer). 1877 wurde er a. o. Prof. an der Univ. K¨onigsberg. B. besch¨aftigte sich mit der k¨unstlichen Fischzucht, lieferte genaue Beschreibungen aller in Ost- und Westpreußen vorkommenden Fische und ihrer Lebensweise. Er u¨ bernahm die Schriftf¨uhrerstelle des 1876 gegr¨undeten Fischerei-Vereins f¨ur Ost- und Westpreußen. 1885 veranlaßte er zusammen mit Walter Johann Christian Herwig die Gr¨undung der Sektion f¨ur K¨usten- und Seefischerei im Deutschen Fischerei-Verein. 1885 / 86 arbeitete er in der zoologischen Forschungsstation von Neapel. B. ver¨offentlichte u. a. Fische, Fischerei und Fischzucht in Ost- und Westpreußen (1881). Benecke, Christian Daniel, Kaufmann, * 7. 5. 1768 M¨onchsroth (Bez. Dinkelsb¨uhl), † 5. 3. 1851 Hamburg. B., Sohn eines Oberamtmanns, genoß eine kaufm¨annische Ausbildung in Augsburg und hielt sich in Amsterdam und Nantes (Frankreich) auf. Er nahm als Offizier an der Franz¨osischen Revolution teil, gab seinen Plan, nach Amerika zu gehen, auf und zog nach kurzem Aufenthalt in C´adiz (Spanien) 1796 nach Hamburg. B. gr¨undete die Firma Benecke & Co., eine Niederlassung f¨ur Amsterdamer Freunde. 1806 wurde er B¨urger der Freien Hansestadt. 1810 trennte er sich von den Holl¨andern, firmierte 1815 mit Carl Sillem unter Sillem, Benecke & Co., bis er sich 1827 auch aus diesem Gesch¨aft zur¨uckzog. Seit 1815 war B. Armenpfleger, seit 1814 Munizipalratsmitglied, Mitglied der Handelskammer und des Handelsgerichts. Nach Hamburgs Befreiung wurde er in den Senat und 1835 zum B¨urgermeister gew¨ahlt. Ein Drittel seines Nachlasses bestimmte er f¨ur wohlt¨atige Stiftungen. C NDB Benecke, Ernst Wilhelm, Geologe, * 16. 3. 1838 Berlin, † 6. 3. 1917 Straßburg. Zun¨achst studierte B. das Bergfach, dann Geologie und Naturwissenschaften, wurde in Heidelberg promoviert und arbeitete unter Albert → Oppels Leitung in der pal¨aontologischen Sammlung M¨unchens. 1865 ging er als Privatdozent an die Univ. Heidelberg, wurde 1869 a. o., 1872 o. Prof. in Straßburg und Direktor der geologischen Landesuntersuchung von Elsaß-Lothringen. 1892 gr¨undete er die dortige Landesanstalt, dessen Leitung er mit Hugo → B¨ucking u¨ bernahm. Neben der Erforschung und Kartierung von ElsaßLothringen besch¨aftigte sich B. mit den s¨udlichen Kalkalpen. Er gab 1865-76 die Schriftenreihe Geognostisch-pal¨aontologische Beitr¨age und das „Neue Jahrbuch f¨ur Mineralogie, Geologie und Pal¨aontologie“ heraus und verfaßte u. a. eine ¨ Ubersicht der geologischen Verh¨altnisse von Elsaß-Lothringen (1900). C NDB
Benedict Benecke, Georg Friedrich, Anglist, Germanist, * 10. 6. 1762 M¨onchsroth (Kr. Ansbach), † 21. 8. 1844 G¨ottingen. B., Sohn eines Oberamtmanns, studierte seit 1780 in G¨ottingen Theologie und klassische und englische Literaturgeschichte. Auf Christian Gottlob → Heynes Vorschlag erhielt er 1789 eine Stelle an der G¨ottinger Universit¨atsbibliothek, wo er sein Leben lang wirken sollte. 1805 erfolgte seine Ernennung zum a. o. Prof. der Anglistik und 1814 zum o. Prof. der Anglistik und Germanistik. B. ver¨offentlichte Arbeiten zur mittelhochdeutschen Literatur, die nicht mehr auf intuitiver Adaptionstechnik beruhten, sondern philologischer Genauigkeit und kritischer Methodik verpflichtet waren (Beytr¨age zur Kenntniß der altdeutschen Sprache und Litteratur, 2 Bde., 1810-32). Er hielt als erster Philologe Vorlesungen u¨ ber mittelhochdeutsche Literatur, lexikalisch und grammatisch fundierte Vortr¨age und begr¨undete die klassische Editionsphilologie. B. leistete die Vorarbeiten zum Mittelhochdeutschen W¨orterbuch (1854-66) und war ein langj¨ahriger F¨orderer und Freund der Br¨uder Jacob und Wilhelm → Grimm. 1830 wurde B. in die G¨ottinger Akademie der Wissenschaften aufgenommen. C Germanistik
Benecke, Wilhelm, Kaufmann, * 17. 8. 1776 Hannover, † 1837 Heidelberg. Nach einer kaufm¨annischen Lehre besch¨aftigte sich B. mit Versicherungen und der Beleihung oder Verpf¨andung von Schiffen. Seine Schriften dazu wurden in der Wirtschaft mit Interesse aufgenommen. Die Besetzung Hamburgs durch die Franzosen 1813 zwang B. zur Flucht nach England. Er gr¨undete in Deptford eine Fabrik, die er etwa 15 Jahre f¨uhrte. In dieser Zeit befaßte sich B. mit Fragen der Seeversicherung und ver¨offentlichte dazu A treatise on the principles of indemnity in marine assecurance (1823). Schon fr¨uh stand er in Kontakt zu mystisch-religi¨os orientierten Personen, u¨ bergab 1828 das Gesch¨aft seinem Sohn und zog nach Heidelberg. B. widmete sich fortan theologischen Studien und dem Versuch, seine mystischen Anschauungen wissenschaftlich zu fundieren. C ADB
Benecke, Wilhelm, Botaniker, * 23. 9. 1868 Heidelberg, † 14. 2. 1946 Soldorf (Westfalen). B. schloß das Studium an den Universit¨aten Straßburg, Jena und Berlin 1892 mit der Promotion ab (Die Nebenzellen der Spalt¨offnungen). Er spezialisierte sich auf Pflanzenphysiologie, Bakteriologie und Pharmakognosie. 1896 habilitierte er sich, ging im Wintersemester 1898 / 99 an die Univ. Basel, 1900 als Titularprofessor nach Kiel und erhielt dort 1907 eine a. o. Professur. 1909 wechselte er nach Bonn, 1911 nach Berlin, wo er seit 1914 eine o. Professur wahrnahm. Von 1916 bis zu seiner Emeritierung war B. an der Univ. M¨unster t¨atig, wurde zum Direktor des Botanischen Instituts und Gartens ernannt.
Beneckendorf, Carl Friedrich von, Agronom, * vermutlich 1713 Blumenfelde (Kr. Friedeberg, Neumark), † 1788 vermutlich Blumenfelde. Nach seinem Studium in Halle war B. seit 1735 Kammergerichtsrat in Berlin und 1742 Pr¨asident der Oberamtsregierung in Breslau. 1752 wurde er wegen Unterschlagungen zu zehn Jahren Festungshaft verurteilt und nach sieben Jahren begnadigt. Fortan widmete sich B. der Reorganisation und Bewirtschaftung seines Ritterguts Blumenfelde, das er zu einem Mustergut entwickelte. Der preuß. Bauernbefreiung vorgreifend, schaffte er die gutsherrlich-b¨auerlichen Dienste ab und wandelte Gutsland in Pachtland um. B. ver¨offentlichte seine o¨ konomischen und agrarpolitischen Erfahrungen, u. a. in Oeconomia forensis (8 Bde., 1775-84). In der dogmenhistorischen Literatur des 19. Jh. wird B. f¨alschlicherweise als Reaktion¨ar beschrieben. C NDB
Benedek, Ludwig August Ritter von, o¨ sterr. Mi¨ lit¨ar, * 14. 7. 1804 Odenburg (heute Sopron, Ungarn), † 27. 4. 1881 Graz. B., der aus einem alten luth. Geschlecht Ungarns stammte und Sohn eines Arztes war, trat 1822 in die o¨ sterr. Armee ein. Er k¨ampfte 1848 / 49 in Italien und Ungarn und zeichnete sich 1859 in der Schlacht von Solferino aus. Er wurde 1860 Chef des Generalstabs, sp¨ater Oberbefehlshaber in Venetien und den Alpenl¨andern und 1861 lebensl¨angliches Mitglied des Herrenhauses. 1866 u¨ bernahm B. das Kommando der Nordarmee in B¨ohmen, die er bei der Niederlage von K¨oniggr¨atz f¨uhrte. Die kriegsgerichtliche Untersuchung wurde auf Befehl Kaiser → Franz Josephs eingestellt. 1904 gab Heinrich → Friedjung B.s Nachgelassene C NDB Papiere heraus. Benedek, Therese, Psychiaterin, Psychoanalytikerin, * 8. 11. 1892 Eger (Ungarn), † 27. 10. 1977 Chicago (USA). Nach ihrer Promotion zum Dr. med. an der Budapester Univ. 1916 assistierte B. bis 1917 an der p¨adiatrischen Abteilung des st¨adtischen Krankenhauses und bis 1918 an der Universit¨atskinderklinik Pozsony (heute Bratislava). 1920 emigrierte sie nach Deutschland und war 1920-25 Assistentin an der Psychiatrischen Universit¨atsklinik Leipzig. 1925-32 lehrte B. im Rahmen der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft und war Direktorin der Niederlassung in Leipzig. Im April 1936 emigrierte sie mit ihrer Familie in die USA; bis zu ihrer Emeritierung 1970 war sie Mitglied des Lehrk¨orpers und der wissenschaftlichen Abteilung des Chicago Psychoanalytical Institute. B. besch¨aftigte sich mit psychosexuellen Problemen der Frau, Problemen der Unfruchtbarkeit und dem Klimakterium. Sie ver¨offentlichte eine Reihe von Arbeiten, wie Psychosexual Functions in Women (1952) und war Mitglied verschiedener psychoanalytischer Vereinigungen. C BHdE, Bd 2 Benedetti, Thomas, o¨ sterr. Kupferstecher, * 1. 5. 1797 London, † 16. 2. 1863 Wien. Als f¨unfj¨ahriger Junge kam B. nach Wien. Dort ließ ihn der Mediziner und Kunstsammler Joseph → Barth ausbilden, seine Sammlung katalogisieren und in Kupferstichen herausbringen. Als Barth starb, wurden die Platten bis auf eine zerst¨ort, da f¨ur eine so kostspielige Publikation keine Hoffnung mehr bestand. B. begleitete dann den Direktor des M¨unzkabinetts Steinb¨uchel auf einer Italienreise, die u¨ ber Rom bis nach Sizilien f¨uhrte. Wieder in Wien, arbeitete er viel mit dem Grabstichel und schuf neben Landschaften vorwiegend Portr¨ats (u. a. Maria Ruthuen nach Anthonis van Dyck, dem Kanzler Klemens Wenzel F¨urst von → Metternich gewidmet). C AKL
Benedict, Sir Julius, Dirigent, Komponist, * 27. 11. 1804 Stuttgart, † 5. 6. 1885 London. B., Sohn eines Bankiers, studierte bei Ludwig → Abeille in Stuttgart, 1819 bei Johann Nepomuk → Hummel in Weimar und anschließend bei Carl Maria von → Weber in Dresden, der ihm 1823 eine Dirigentenstelle am K¨artnertortheater in Wien verschaffte. 1825 wurde B. Dirigent am Teatro San Carlo in Neapel, ging 1834 ging nach Paris und lebte von 1835 bis zu seinem Tod in England. 1836 wurde er Musikdirektor der von John Mitchell im Lyceum Theatre gegr¨undeten Opera Buffa und wirkte am Theatre Royal Drury Lane unter Alfred Bunn. 1848 dirigierte er Jenny Linds ersten Auftritt in Felix → Mendelssohn Bartholdys Elias, und 1850 begleitete er sie nach Amerika. 1852 wurde er Dirigent an Her Majesty’s Theatre, dann wiederum am Drury Lane. 1848-80 leitete B. die Liverpool Philharmonic Society. 1871 wurde er geadelt. Von Carl Maria von Weber beeinflußt,
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Benedict komponierte B. mehrere Opern (u. a. The Gypsy’s Warning, 1838; The Lily of Killarney, 1862) mit dem Ziel einer englischen Nationaloper. C MGG
Benedict, Moses, Maler, Bankier, * 21. 2. 1772 Stuttgart, † 8. 7. 1852 Stuttgart. B., Sohn einfacher und unverm¨ogender Eltern, erhielt seit 1785 an der Hohen Karlsschule Stuttgart eine Ausbildung in Bildhauerei. Er befreundete sich mit dem Malerkollegen Gottlieb → Schick, konnte aber aus finanzieller Not nicht an der gemeinsam geplanten Studienreise nach Italien teilnehmen. Mit Portr¨atmalerei verdiente er seinen Unterhalt. Gegen Ende des Jahrhunderts gr¨undete B. das Bankhaus „Fa. Gebr. Benedict“, das er zun¨achst allein, sp¨ater mit seinem Bruder f¨uhrte. C Neuer Nekr, Jg. 30 Benedict, Traugott Wilhelm Gustav, Ophthalmologe, * 9. 7. 1785 Torgau, † 11. 5. 1862 Breslau. Der Sohn eines Rektors studierte 1802 in Leipzig und wurde 1809 zum Dr. med. promoviert (De morbis humoris vitrei in oculo humano). B. praktizierte in Chemnitz, bis er 1812 einem Ruf an die Univ. Breslau folgte. Zum o. Prof. der Chirurgie ernannt, leitete er das Augen¨arztliche Institut der Universit¨atsklinik. B. ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch der praktischen Augenheilkunde (5 Bde., 1822-25). ¨ Schlesien C Arzte Benedikt von Aniane, eigentl. Witiza, Benediktinerabt, * um 750 S¨udfrankreich, † 11. 2. 821 Kornelim¨unster. Der Sohn des Grafen Aigulf von Maguelone leistete unter K¨onig Pippin III. und → Karl dem Großen Kriegsdienst, zog sich 773 nach dem tragischen Tod seines Bruders als M¨onch zur¨uck und errichtete 779 auf v¨aterlichem Besitz am Bach Aniane ein kleines Kloster, das sich der Benediktinerregel unterstellte. B. wurde Berater K¨onig → Ludwigs des Frommen, 814 Abt von Maursm¨unster, 815 / 16 der Musterabtei Kloster Inden (Kornelim¨unster) und war Abt f¨ur alle Kl¨oster des Fr¨ankischen Reiches. Auf den Aachener Synoden von 816 und 817 erreichte er die Festlegung einer f¨ur das Frankenreich einheitlichen benediktinischen Observanz, so daß er der eigentliche Begr¨under des Benediktiner-„Ordens“ wurde. C TRE Benedikt, Edmund, o¨ sterr. Jurist, * 10. 6. 1851 Wien, † 1. 2. 1929 Wien. B. studierte Geschichte und Rechtswissenschaft an der Univ. Wien, wurde 1874 zum Dr. jur. promoviert und ließ sich 1880 als Rechtsanwalt nieder. 1890-1908 wurde er in den Ausschuß der Anwaltskammer und in die Pr¨ufungskommission der Juristischen Fakult¨at bestellt. B. war vor¨ubergehend Wiener Gemeinderat und nieder¨osterreichischer Landtagsabgeordneter der liberalen Partei. 1907-09 geh¨orte er der Kommission zur Begutachtung des neuen Strafgesetzentwurfs und der Reform der Strafprozeßordnung an. B. trat als Verteidiger in ber¨uhmten Strafprozessen auf, z. B. 1900 im Prager R¨ohrprozeß und 1909 in der Friedjung-Aff¨are. 1890-1904 gab B. die „Juristischen Bl¨atter“ heraus, in denen er selbst als Autor rechtsvergleichender Artikel zeichnete, und ver¨offentlichte eine Reihe von Werken (u. a. Die Advokatur unserer Zeit, 1903 41912). Nach 1919 wirkte er als Pr¨asident der Staatsschuldenkommission und Verwaltungsrat mehrerer Industrieunternehmen.
Benedikt, Ernst Martin, Pseud. Erich Major, Ernst Marliss, Ernst Martin, Journalist, * 20. 5. 1882 Wien, † 28. 12. 1973 Wien. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften und Philosophie in Wien arbeitete B. seit 1906 als Journalist und war 1920-34 als Nachfolger seines Vaters Moriz → B. Herausgeber und Chefredakteur der „Neuen Freien Presse“ in Wien. Er schrieb f¨ur Zeitungen in ganz Europa, war
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¨ 1937 / 38 Dozent der Osterreichischen Presseakademie und geriet 1938 / 39 in Gestapohaft. Nach seiner Entlassung emigrierte B. im Mai 1939 u¨ ber Großbritannien nach Schweden. Dort ver¨offentlichte er Beitr¨age zu Zionismus und o¨ sterr. Dichtung, hielt Interviews mit Staatsm¨annern (z. B. Herbert C. Hoover) und war zeitweise unter Bruno → Kreisky Vor¨ standsmitglied der „Osterreichischen Vereinigung in Schweden“. 1946 wurde B. in Stockholm Korrespondent der Ta¨ geszeitung „Die Presse“ (Wien) und kehrte 1962 nach Osterreich zur¨uck. C Lex dt-j¨ud Autoren
Benedikt, Heinrich, o¨ sterr. Historiker, * 30. 12. 1886 Wien, † 26. 12. 1981 Wien. Der aus einer j¨udischen Familie stammende B., Sohn eines Chemikers, wurde 1911 zum Dr. jur. promoviert. Er nahm als Offizier am Ersten Weltkrieg teil und arbeitete sp¨ater in der Landwirtschaft und Industrie. Daneben studierte er Geschichte (Promotion 1930) und ver¨offentlichte u. a. Das K¨onigreich Neapel unter Kaiser Karl VI. (1927). B. sah sich 1939 zur Emigration nach Großbritannien gezwungen und kehrte 1946 nach Wien zur¨uck. 1947 habilitierte er sich, u¨ bernahm den Lehrstuhl f¨ur Neue Geschichte (1950-58) und die Leitung des Zeitungswissenschaftlichen Instituts (1959-62). B. wurde durch die Herausgabe des 1954 erschienenen grundlegenden Werkes Geschichte der Repu¨ blik Osterreich (Nachdr. 1977) zum Initiator zeitgeschicht¨ licher Forschung u¨ ber Osterreich. C Weber
Benedikt, Moritz, o¨ sterr. Neurologe, * 6. 7. 1835 Eisenstadt, † 14. 4. 1920 Wien. B. studierte Medizin an der Univ. Wien, wurde 1859 promoviert und war seit 1861 Dozent. Seit 1868 nahm er eine Professur f¨ur Nervenpathologie und Elektrotherapie an der Medizinischen Fakult¨at in Wien wahr und war seit 1874 Leiter der Neurologischen Abteilung der Poliklinik in Wien. Neben seinen beiden Spezialgebieten besch¨aftigte sich B. mit anthropologischen, ophthalmologischen und otiarischen Fragen (Psychophysik der Moral, 1874; Seelenkunde des Menschen, 1895) und publizierte auch u¨ ber das Thema „Verbrechergehirn“ (Anthropologie der Verbrecher, 1875). Seine zahlreichen neuropathologischen Arbeiten ver¨offentlichte er vor allem in der „Wiener medizinischen Presse“ und der „Wiener klinischen Wochenschrift“. B.s Autobiographie erschien 1906 unter dem Titel Aus meinem Leben, Erinnerungen und Er¨orterungen.
Benedikt, Moriz, auch Moritz B., Journalist, * 27. 5. 1849 Kwassitz (M¨ahren), † 18. 3. 1920 Wien. Nach seinem juristischen und volkswirtschaftlichen Studium in Wien unternahm B. weite Reisen. Wieder in Wien, leitete er seit 1872 den volkswirtschaftlichen Teil der Tageszeitung „Neue Freie Presse“, war seit 1881 Mitherausgeber und seit 1908 Chefredakteur des Blatts. Politisch trat ¨ er f¨ur die deutsch-liberale Partei des alten Osterreich ein. B. war 1903 als Berater der Rentenkonvertierung t¨atig und fand 1907 in der nach ihm benannten „Benediktinischen Formel“ die L¨osung im Ausgleich mit Ungarn. Sein Einfluß als Publizist auf die Innenpolitik war besonders in wirtschaftlichen Fragen groß. B. wurde 1917 in das Herrenhaus berufen. Er ver¨offentlichte u. a. Politische Betrachtungen eines Unabh¨angigen (1883) sowie die Autobiographie Aus meinem Leben (1906). Er war der Vater von Ernst → B.
Benedikt, Rudolf, o¨ sterr. Chemiker, * 12. 7. 1852 Wien, † 7. 2. 1896 Wien. B. studierte an der TH Wien, habilitierte sich 1877 und wurde 1890 a. o. Prof., 1894 o. Prof. der analytischen Chemie. 1893-96 stand er als Dekan der Chemischen Fachschule Wien vor. Er war seit 1888 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle und wurde als
Beneke Autorit¨at f¨ur die Chemie der Fette 1892 nach Schweden, 1894 nach England berufen. B. ver¨offentlichte u. a. eine Analyse der Fette und Wachsarten (1886, 41903).
Benedix, Peter, bis 1933: Peter Jerusalem, Schriftsteller, * 19. 7. 1877 Kassel, † 6. 3. 1954 Irschenhausen bei M¨unchen. Der Sohn eines Redakteurs schloß sich als Jugendlicher einem Zirkus an, weil er Seilt¨anzer werden wollte, und studierte sp¨ater u. a. Medizin und Philosophie. Daneben bet¨atigte er sich als Maler, Bildhauer und Schriftsteller. Zu seinen Werken z¨ahlen Gedichte und Dramen. B. war auch Herausgeber von Sammlungen wie Deutsche Volksb¨ucher (1912) und Alte deutsche Liebeslieder (1919) sowie der Erz¨ahlungen von Jeremias → Gotthelf (1924). 1940 erschien die Biographie seiner Sekret¨arin und sp¨ateren Ehefrau Lena → Christ: Der Weg der Lena Christ (zuletzt 1950). Der Roman Auf der Landstraße (1941, zuletzt 1948) schildert mit autobiographischer Tendenz das Leben von Artisten. C Killy
Benedix, (Julius) Roderich, Schriftsteller, Schauspieler, Intendant, * 21. 1. 1811 Leipzig, † 26. 9. 1873 Leipzig. B., Sohn eines Großkaufmanns, ging 1831 zum Theater, zog zwei Jahre mit der Bethmannschen Truppe durch Mitteldeutschland, trat seit 1833 als Tenor an westf¨alischen und rheinl¨andischen B¨uhnen auf; 1838 wurde er Regisseur am Wintertheater Wesel. Sein erstes St¨uck Das bemooste Haupt (1840) war ein großer Erfolg. Er wurde Redakteur der Zeitschrift „Der Sprecher“ in Wesel, ging 1842 nach K¨oln und u¨ bernahm 1844 / 45 die technische Leitung des Theaters Elberfeld. 1847 kehrte B. nach K¨oln zur¨uck und wurde technischer Direktor des Stadttheaters. 1849 wechselte er als Dozent f¨ur Literatur und Deklamation an das Konservatorium. 1855-59 hatte er die Intendanz des Aktien-Stadttheaters Frankfurt / Main inne. 1861 u¨ bersiedelte er nach Leipzig und ver¨offentlichte 1871 seine Autobiographie in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“. B. schrieb mehr als 100 Lustspiele (u. a. Dr. Wespe) Volksweisen, Erz¨ahlungen und Romane. C Killy
Beneke, Ferdinand, auch Benecke, Jurist, Politiker, * 1. 8. 1774 Bremen, † 1. 3. 1848 Hamburg. Nach dem Studium stand B., Sohn eines Kaufmanns, 1793-95 als Referendar der Regierung Minden in preuß. Dienst, wurde zum Dr. jur. promoviert und ließ sich 1796 als Rechtsanwalt in Hamburg nieder. 1813 k¨ampfte er unter den F¨uhrern der B¨urgerbewaffnung Hamburgs gegen Napoleon. Er wurde 1816 Oberaltensekret¨ar und Konsulent der C ADB B¨urgerschaft. B. war der Vater von Otto → B.
Beneke, Friedrich Eduard, Philosoph, * 17. 2. 1798 Berlin, † 1. 3. 1854 Berlin. B. studierte Theologie und Philosophie in Halle und Berlin; 1820 habilitierte er sich an der Univ. Berlin f¨ur Philosophie (De veris philosophiae initiis). Er stand dem Deutschen Idealismus ablehnend gegen¨uber und verlor, nachdem er bereits mit Erkenntnislehre nach dem Bewußtsein der reinen Vernunft in ihren Grundz¨ugen (1820) und Erfahrungsseelenlehre als Grundlage alles Wissens in ihren Hauptz¨ugen (1820) zwei antihegelianische Werke ver¨offentlicht hatte, mit seiner empiristisch-relativistischen Grundlegung zur Physik der Sitten. Ein Gegenst¨uck zu Kants Grundlegung der Metaphysik der Sitten (1822) die Lehrerlaubnis. Erst nach → Hegels Tod erhielt er 1832 eine Professur. Beeinflußt von Jakob Friedrich → Fries, deutete B. → Kant psychologistisch um und sah – a¨ hnlich wie Fries und → Herbart – in der induktiven Psychologie die Grundlage aller philosophischen Disziplinen. Zu seinen wichtigen Ver¨offentlichungen z¨ahlen
Psychologische Skizzen (2 Bde., 1825-27), Lehrbuch der Logik als Kunstlehre des Denkens (1832), Lehrbuch der Psychologie als Naturwissenschaft (1833, 41877), Grundlinien des nat¨urlichen Systems der praktischen Philosophie (3 Bde., 1837-41), System der Metaphysik und Religionsphilosophie, aus den nat¨urlichen Grundverh¨altnissen des menschlichen Geistes abgeleitet (1839), System der Logik als Kunstlehre des Denkens (2 Tle., 1842) und Pragmatische Psychologie oder Seelenlehre in der Anwendung auf das Leben (2 Bde., 1850). B. gab 1851-53 das „Archiv f¨ur die pragmatische Psychologie oder die Seelenlehre in der Anwendung auf das Leben“ heraus. C Enz Phil Wiss
Beneke, Friedrich Wilhelm, Pathologe, * 27. 3. 1824 Celle, † 16. 12. 1882 Marburg / Lahn. B. studierte 1842-46 in G¨ottingen, nach der Promotion zum Dr. med. (De ortu et causis monstrorum disquisitio) noch ein Semester in Prag und ließ sich als praktischer Arzt in Celle nieder. Als hannoverscher Milit¨ararzt nahm er 1848 am schleswig-holsteinischen Feldzug teil. 1849-51 war er Hausarzt des deutschen Hospitals in London, dann praktischer Arzt in Hannover und seit 1853 Leibarzt des Großherzogs in Oldenburg. 1855 ging er als erster Brunnenarzt nach Nauheim, erhielt eine Lehrbefugnis an der Univ. Marburg, wurde 1858 Direktor des Pathologisch-Anatomischen Instituts, 1863 a. o. Prof. und 1867 o. Prof. der Pathologischen Anatomie und Allgemeinen Pathologie. 1880 wurde B. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er ver¨offentlichte ein umfangreiches wissenschaftliches Werk verschiedener medizinischer Bereiche, u. a. Grundlinien der Pathologie des Stoffwechsels (1874), Balneologische Briefe zur Pathologie und Theraphie der constitutionellen Krankheiten (1876) und Constitution und constitutionelles Kranksein des Menschen (1881). C Leb Kurhessen, Bd 1
Beneke, Johann Heinrich Friedrich, Chemiker, * 29. 6. 1774 Hannover, † 20. 2. 1841 Goslar. Der Sohn eines Kaufmanns und Wachstuchfabrikanten studierte Chemie und gr¨undete 1800 mit seinem j¨ungeren Bruder ein Gesch¨aft in Hamburg. Zur Zeit der franz¨osischen Besetzung als Premierleutnant dienend, wurde er verhaftet, konnte jedoch aus Hamburg fliehen. In England baute er eine Gr¨unspanfabrik, produzierte Holzs¨aure und gewann aus Kieselsteinen Schwefels¨aure. Wieder in Deutschland, wurde er Vitriolmeister in Goslar. Nach seiner R¨uckkehr aus Rußland, wo er 1830 eine Gr¨unspanfabrik gr¨undete, griff die Regierung B.s Vorschlag auf, die Fabrikation von Schwefels¨aure aus kiesigen Erzen einzuf¨uhren. Er baute eine Fabrik, die mit von ihm entwickelten Verfahrenstechniken arbeitete, und erm¨oglichte so die Herstellung arsenfreier Schwefels¨aure. C Neuer Nekr, Jg. 19
Beneke, Otto, Jurist, Archivar, * 5. 10. 1812 Hamburg, † 9. 2. 1891 Hamburg. Der Sohn von Ferdinand → B. studierte zun¨achst Medizin; 1833 wechselte er nach Berlin, sp¨ater nach Heidelberg, um Rechtswissenschaften zu studieren. 1836 wurde er in Heidelberg promoviert und ließ sich in Hamburg als Rechtsanwalt nieder. Seit 1840 war er im Hamburger Archiv t¨atig. B. machte sich verdient um den Wiederaufbau nach dem Brand von 1842. 1863 trat er die Nachfolge → Lappenbergs als Senatssekret¨ar und Archivar an. B. ver¨offentlichte eine Reihe regional- und kulturhistorischer Arbeiten (u. a. Von unehrlichen Leuten, 1863) und Biographien. C ADB
Beneke, Paul, Milit¨ar, * um 1440 Danzig, † um 1480 Danzig. 1469 wird B. als Danziger Schiffshauptmann im Hansekrieg gegen England erw¨ahnt. 1471 gelang ihm die Festnahme des Lord Mayor von London. 1472 erhielt B. das Kommando
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Beneke u¨ ber den Großen Kraweel „Peter von Danzig“, das damals gr¨oßte Schiff der n¨ordlichen Gew¨asser. Ihm vor allem verdankt die Hanse, daß Eduard IV. von England im Frieden von Utrecht 1474 den „Stalhof“ wieder er¨offnete.
Beneke, Rudolf, Anatom, Pathologe, * 22. 5. 1861 Marburg, † 1. 4. 1945 Marburg. Der Sohn von Friedrich Wilhelm → B. studierte an den Universit¨aten T¨ubingen, Leipzig, Marburg und Straßburg, wo er 1884 promoviert wurde (Zur Lehre von der hydralinen [wachsartigen] Degeneration der glatten Muskelfasern). Nach seiner Assistentenzeit an der Medizinischen Klinik und dem Pathologischen Institut in Leipzig habilitierte er sich 1888 f¨ur Pathologische Anatomie, war 1890-93 Prosektor am Herzoglichen Krankenhaus in Braunschweig und habilitierte sich 1893 in G¨ottingen f¨ur allgemeine Pathologie. 1897 gr¨undete er mit Rudolf → Virchow die Deutsche Pathologische Gesellschaft. 1903 wurde B. als o. Prof. der Pathologischen Anatomie nach K¨onigsberg, 1906 nach Marburg berufen und lehrte von 1911 bis zu seiner Emeritierung 1928 in Halle. Arbeiten u¨ ber Mißbildungen, Tumore, Harn- und Geschlechtsorgane ver¨offentlichte er in Fachbl¨attern. 1921 erschien von ihm Rud. Virchow. Ein Gedenkblatt zur 100. Wiederkehr seines Geburtstages und 1934 Johann Friedrich ¨ Meckel der J¨ungere. C Arzte 2, 3
Beneken, Friedrich Burchard, evang. Theologe, Komponist, * 13. 8. 1760 Wennigsen (Deister), † 22. 9. 1818 W¨ulfinghausen. B. studierte Theologie in G¨ottingen, wurde nach der Vikarzeit bei seinem Vater in Wennigsen 1790 Zweiter Geistlicher in Ronnenberg und u¨ bernahm 1802 das Pfarramt in Kloster W¨ulfinghausen. Wahrscheinlich eignete sich B. seine musikalische Ausbildung autodidaktisch an. Anregungen erhielt er aus dem Umgang mit den Familien der Freiherren von Knigge in Leveste und Bredenbeck, bei denen er als Hauslehrer t¨atig war. B. komponierte haupts¨achlich Lieder mit empfindsamen Melodien. Seine 77 Melodien zu den Liedern f¨ur Volksschulen des Reformers August Ludwig Hoppenstedt erlangten Bedeutung. C MGG Benesch, Franz, o¨ sterr. Tierarzt, * 7. 1. 1892 Neuthal (B¨ohmen), † 15. 2. 1974 Wien. B. studierte an der Milit¨ar-Veterin¨ar-Akademie in Wien, leistete 1913-19 Milit¨ardienst und ging als Adjunkt an die Tier¨arztliche Hochschule Wien. Er habilitierte sich 1921, wurde 1923 a. o. Prof., 1925 o. Prof. der Geburtshilfe und Sterilit¨at der Haustiere. 1926 begab er sich auf eine Studienreise in die USA. 1937-42 stand er der Tier¨arztlichen Hochschule Wien als Rektor vor. 1939 wurde B. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er ver¨offentlichte u¨ ber 100 Arbeiten in Fachbl¨attern und schrieb Die Geburtshilfe bei Rind und Pferd (1933, 41947). Benesch, Fritz, o¨ sterr. Jurist, Alpinist, Photograph, * 12. 4. 1868 Mißlitz (M¨ahren), † 29. 6. 1949 Wien. B. studierte Jura und Naturwissenschaften (Dr. jur. 1898). 1902 arbeitete er in der Universit¨atsbibliothek, 1903-19 im Fremdenverkehrsreferat des o¨ sterr. Eisenbahnministeriums. 1920-28 war er Chefredakteur einer alpinen Zeitschrift, 1929-40 k¨unstlerischer und literarischer Berater der o¨ sterr. Tabakindustrie. Als alpiner Schriftsteller befaßte sich B. vor allem mit den Wiener Hausbergen (F¨uhrer auf die Rax-Alpe, 1894, 91950) und machte sich als Landschaftsphotograph einen Namen. Er f¨uhrte die Landschaftsaufnahme in der Fremdenverkehrswerbung ein. C AKL Benesch, Otto, o¨ sterr. Kunsthistoriker, * 29. 6. 1896 Ebenfurth (Nieder¨osterreich), † 16. 11. 1964 Wien. B. studierte Kunstgeschichte bei Max → Dvorak in Wien und wurde 1921 promoviert. Mit Gustav → Gl¨uck arbeitete
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er in der Gem¨aldegalerie des Kunsthistorischen Museums Wien. Seit 1923 war er in der Graphischen Sammlung der Albertina t¨atig, wurde 1937 Kurator und nach dem „An¨ ¨ schluß“ Osterreichs 1938 seiner Amter enthoben. Im gleichen Jahr emigrierte B. nach Frankreich, u¨ ber die Niederlande nach Großbritannien, 1940 in die USA. Dort erhielt er Lehr- und Forschungsauftr¨age, u. a. an der Harvard Univ. und am Guggenheim Museum. Von 1947 an wieder in Wien, u¨ bernahm B. die Direktion der Albertina, habilitierte sich im gleichen Jahr und wurde 1949 a. o. Professor. Das Schwergewicht seiner Ausstellungen lag bei der Pr¨asentation der Werke des 20. Jahrhunderts. B. ver¨offentlichte u. a. A critical and chronological catalogue of Rembrandt’s drawings C BHdE, Bd 2 (6 Bde., 1954-57).
Benfey, Anna, geb. Schuppe, Komponistin, Schriftstellerin, * um 1860 Landeck (Schlesien), † 27. 5. 1903 Weimar. B. studierte Musik und arbeitete als Musiklehrerin in Glogau. In Breslau und Berlin setzte sie ihre Studien fort und komponierte Chor- und Orchesterwerke. Ihre Musik zu Shakespeares Romeo und Julia wurde am Hoftheater in Gotha und am Stadttheater Breslau uraufgef¨uhrt. B. war einige Zeit als Musiklehrerin in Ungarn, Wien und Dresden t¨atig. 1879 heiratete sie den j¨udischen Schriftsteller Rudolf B. und lebte mit ihm in Weimar, Graz, Wien, Dresden und Jena; nach seinem Tod 1892 ging sie nach Weimar. Wegen zunehmender Schwerh¨origkeit gab sie ihre musikalische Arbeit auf und widmete sich der Schriftstellerei. B. schrieb vor allem Kinder- und Jugendliteratur (Die Freundinnen und andere Erz¨ahlungen f¨ur junge M¨adchen, 1896). C Biogr Jahrb, Bd 8
Benfey, Theodor, Sanskritist, * 28. 1. 1809 N¨orten (heute zu N¨orten-Hardenberg, Kr. Northeim), † 26. 6. 1881 N¨orten. B., Sohn eines Kaufmanns und Talmudgelehrten, genoß h¨auslichen Hebr¨aischunterricht und studierte 1824-28 in G¨ottingen und M¨unchen Klassische Philologie (Promotion 1828). 1829 / 30 war er Dozent in G¨ottingen, seit etwa 1832 lebte er in Heidelberg. 1834 kehrte er nach G¨ottingen zur¨uck, habilitierte sich f¨ur Sanskrit und vergleichende Sprachwissenschaften, konvertierte zum Christentum und lehrte, seit 1862 o. Prof. an der Univ. G¨ottingen, bis 1881 orientalische Philologie. B. ver¨offentlichte ein umfangreiches Werk zur Sanskritsprache sowie eine Geschichte der Sprachwissenschaft und orientalischen Philologie in Deutschland (1869). ¨ Bekannt wurde er durch die zu seiner Ubersetzung des Pantschatantra (1859) geh¨orenden Einleitung, mit der er die Grundlage vergleichender M¨archenforschung schuf. 1862-66 gab er die Zeitschrift „Orient und Occident“ heraus und war seit 1864 ordentliches Mitglied der G¨ottinger Akademie der Wissenschaften. C Lex dt-j¨ud Autoren Bengel, Ernst Gottlieb, evang. Theologe, * 3. 11. 1769 Zavelstein bei Calw, † 23. 3. 1826 T¨ubingen. Der Enkel von Johann Albrecht → B. wurde nach dem Theologiestudium 1792 Bibliothekar am T¨ubinger Seminar. Er begab sich auf Reisen, hielt sich 1796 / 97 in G¨ottingen auf und war seit 1800 Diakon in Marbach. 1806 wurde er a. o. Prof., 1810 o. Prof. der Kirchen- und Dogmengeschichte an der Univ. T¨ubingen. Seit 1820 Pr¨alat, z¨ahlte B. zu den einflußreichsten T¨ubinger Theologen seiner Zeit und als Sch¨uler von Gottlob Christian → Storr zu den Anh¨angern der „¨alteren T¨ubinger Schule“. Er versuchte, mit der Philosophie → Kants den rationalistischen Supranaturalismus zu vertiefen (Reden u¨ ber Religion und Offenbarung, 1831). Theologischen Neuans¨atzen wie demjenigen → Schleiermachers C RGG gegen¨uber blieb B. ablehnend.
Benigni Bengel, Johann Albrecht, evang. Theologe, * 24. 6. 1687 Winnenden bei Stuttgart, † 2. 11. 1752 Stuttgart. B., Sohn eines Diakons, studierte 1703-06 am T¨ubinger Stift und war 1711-13 Stadtvikar in Stuttgart. Nach einer Studienreise durch Deutschland u¨ bernahm er 1713 das Pr¨azeptorat der Klosterschule in Denkendorf und bildete dort in 28 Jahren u¨ ber 300 Theologen aus (u. a. Friedrich Christoph → Oetinger). 1741 wurde er Pr¨alat von Herbrechtingen, 1749 von Alpirsbach und Konsistorialrat in Stuttgart. Bei seinen exegetischen Arbeiten am Neuen Testament gab B. der grammatisch-historischen Auslegungsweise den Vorzug vor der dogmatischen. Von ihm stammt der erste kritische Text des griechischen Neuen Testaments (Novum Testamentum Graecum, 1734). Mit seinem Hauptwerk Gnomon Novi Testamenti (1742) schuf er einen bedeutenden Wortf¨ur-Wort-Kommentar zum Neuen Testament. B.s biblischapokalyptische Zeitrechnung (Ordo temporum, 1741) bot die Grundlage f¨ur sp¨atere Voraussagungen des Weltendes. C TRE
Benger, Johann Michael, Redemptorist, kath. Theologe, * 17. 8. 1822 Verberg bei Krefeld, † 27. 2. 1870 Vilsbiburg (Bayern). Der aus einer alteingesessenen Bauernfamilie stammende B. studierte in Bonn Philosophie und Theologie, im Priesterseminar in K¨oln Kirchenrecht und Pastoraltheologie. 1845 empfing er die Priesterweihe, wurde Vikar in Erkelenz, 1847 Sekret¨ar des Erzbischofs Johannes von → Geissel und Domvikar in K¨oln. 1848-54 war er Prof. der Pastoraltheologie am dortigen Priesterseminar. Nach seinem Eintritt in den Redemptoristenorden 1854 lehrte er 1855-67 am Ordensseminar Vilsbiburg und Alt¨otting. 1859 wurde B. Oberer seines Ordens, nach 1867 auch Volksmissionar. Er ver¨offentlichte u. a. eine Pastoraltheologie (3 Bde., 1861-63, 21890). C LThK Benger, Wilhelm (Friedrich), Fabrikant, * 28. 5. 1818 Degerloch bei Stuttgart, † 4. 9. 1864 Stuttgart. Nach der Ausbildung zum Strumpfwirker machte B., Sohn eines Strumpfwebers, sich selbst¨andig. Unter dem Eindruck der Londoner Weltausstellung von 1851 ließ die W¨urttembergische Zentralstelle f¨ur Gewerbe und Handel Rundst¨uhle f¨ur Strumpfwirker bauen und bot f¨ur deren Erwerb Pr¨amien an. B. nahm als erster Unternehmer diese Maschine in Betrieb, erwarb bald noch einen Rundwirkstuhl f¨ur Wollgarne und installierte bis 1856 f¨unf dieser Maschinen. Eine N¨ahmaschine, die aus den USA eingef¨uhrt wurde, erm¨oglichte ihm die Herstellung von Trikot-Unterw¨asche. C NDB Bengraf, (Johann) Joseph, Komponist, * 20. 7. 1745 Neustadt / Saale, † 4. 6. 1791 Pest (heute zu Budapest). Nach dem Tod von Joseph Ernst Pospischl, Regens chori der st¨adtischen kath. Hauptkirche in Pest, bewarb sich B. um dessen Nachfolge, die er 1784 antrat. Sein 1786 zusammengestellter Katalog von dem Chor der Pester Kirche zugeh¨origen Instrumenten und Noten vermittelt das Bild einer auf hohem Niveau stehenden Musikpraxis. B. komponierte geistliche und weltliche Vokalmusik sowie Instrumentalwerke. Musikhistorisch wichtiger als seine deutschen Werke sind seine ungarischen Kompositionen, darunter das Ballet hongrois (1784), das fr¨uheste gedruckte Dokument des sich in der zweiten H¨alfte des 18. Jh. entwickelnden neuen ungarischen Musikstils, des Verbunkos. C MGG
Bengsch, Alfred, kath. Theologe, Kardinal, * 10. 9. 1921 Berlin, † 13. 12. 1979 Berlin. Der Sohn eines Postbeamten studierte, unterbrochen vom Kriegsdienst, 1940-50 in Fulda und Neuzelle Theologie. Bis 1954 war er Kaplan in Ostberlin, studierte weitere zwei Jahre
in M¨unchen und war Seminarassistent am PhilologischTheologischen Studium in Erfurt (Promotion 1956). B. lehrte seit 1957 Dogmatik und Homiletik in Neuzelle, wurde 1959 Regens des Priesterseminars Erfurt und 1961 zum Bischof von Berlin-Brandenburg geweiht. 1962 erhielt B. den pers¨onlichen Titel eines Erzbischofs und wurde 1967 zum Kardinal ernannt. Seit 1976 war B. Vorsitzender der Berliner Bischofskonferenz f¨ur die Deutsche Demokratische Republik. C Gatz 5
Bengtson, Hermann, Althistoriker, * 2. 7. 1909 Ratzeburg, † 2. 11. 1989 M¨unchen. B. studierte 1930-35 an den Universit¨aten M¨unchen, Hamburg und Pisa Klassische Philologie und Altorientalistik. 1935 wurde er bei Walter → Otto in M¨unchen promoviert und habilitierte sich dort 1939 f¨ur Alte Geschichte. 1939-41 leistete er Kriegsdienst, wurde 1940 Privatdozent in Heidelberg lehrte 1942-45 als a. o. Prof. f¨ur Alte Geschichte in Jena. 1944 / 45 war er Kriegstagebuchf¨uhrer. Seit 1949 apl. Prof. in M¨unchen, folgte B. 1952 einem Ruf als o. Prof. an die Univ. W¨urzburg, deren Rektor er 1959 / 60 war, wechselte 1963 nach T¨ubingen und kehrte 1966 nach M¨unchen zur¨uck, wo er 1978 emeritiert wurde. Er war Mitglied der Kgl. Wissenschaftlichen Gesellschaft in Lund (1962), der Kgl. Akademie der Wissenschaften, Literatur und Sch¨onen K¨unste von Belgien (1965) und der Bayerischen Aakdemie der Wissenschaften (1968). B., universalhistorischer Tradition verpflichtet, u¨ bernahm von Otto die Herausgabe des Handbuchs der Altertumswissenschaft (1953 ff.) und begr¨undete eine mit sechs Habilitationen besonders fruchtbare pragmatische Schule der Alten Geschichte. Er ver¨offentlichte ein umfangreiches Werk, u. a. Die Strategie in der hellenistischen Zeit. Ein Beitrag zum antiken Staatsrecht (3 Bde., 1937-52), Einf¨uhrung in die Alte Geschichte (1949, 71975), Griechische Geschichte von den Anf¨angen bis in die r¨omische Kaiserzeit (1950, 81994, italien. 1985, span. 1986, engl. 1988), Großer historischer Weltatlas (mit Vladimir Milojcic, 1953 u. o¨ .), Die Staatsvertr¨age des Altertums (2 Bde., hrsg. mit Robert Werner, 1962, 21965) und Grundriß der r¨omischen Geschichte mit Quellenkunde (1967). B. verfaßte auch zahlreiche f¨ur ein breiteres Publikum gedachte Biographien (Herrschergestalten des Hellenismus, 1975; Marcus Antonius, 1977; Alkibiades, 1979; Kaiser Augustus, 1981; Gestalten der antiken Geschichte, 1989). C HBAW 1990 Benigna Maria, Gr¨afin von Reuß-Ebersdorf, Liederdichterin, * 15. 12. 1695 Ebersdorf, † 1. 8. 1751 Pottiga bei Lobenstein. B. M. wurde von dem Hofmeister Ulrich Bogislav von → Bonin unterrichtet und lernte Latein, Griechisch und Hebr¨aisch. Nach dem Tod ihrer Eltern zog sie sich vom Hof ihres Bruders nach Pottiga in die Herrschaft Lobenstein zur¨uck. Seit 1722 war sie mit Graf Nikolaus Ludwig von → Zinzendorf verschw¨agert. B. M.s Lieder erschienen teils im Wernigeroder und Herrnhuter Gesangbuch von 1735, teils im Ebersdorfer Gesangbuch von 1742. Sie lehnte die Br¨udergemeine ab, war aber von der herrnhutischen Liederdichtung beeinflußt. Bekannt wurde ihr Loblied Das ist mir lieb, daß meine Stimm und Flehen mein treuer Gott nicht pfleget zu verschm¨ahen. Benigni, Josef Heinrich, auch B. von Mildenberg, o¨ sterr. Journalist, Historiker, * 21. 1. 1782 Wien, † 11. 3. 1849 Hermannstadt (Siebenb¨urgen). B. war 1813-34 Feldkriegssekret¨ar in Hermannstadt, dann Redakteur des „Siebenb¨urger Boten“ und der Hermannst¨adter „Transsylvania“; er lehrte als a. o. Prof. des o¨ sterr. Rechts an der Hermannst¨adter Rechtsakademie. B. ver¨offentlichte u. a. ein Handbuch der Statistik und Geo-
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Beninde graphie des Großherzogthums Siebenb¨urgen (3 Bde., 1837). Als 1849 ungarische Truppen die Stadt einnahmen, wurde ¨ B. get¨otet. C OBL
Beninde, Max, Hygieniker, * 6. 1. 1874 Woiselwitz bei Strehlen, † 3. 10. 1949 Rondorf bei K¨oln. B. studierte in Breslau und Kiel Medizin (Promotion 1898, Beitrag zur Kenntnis der nat¨urlichen Verbreitungsweise der Phthise), war Assistent am Hygienischen Institut der Univ. Breslau und sp¨ater Kreisassistenzarzt in Carolath (Bez. Liegnitz). Nach einer Kreisarztstelle in Liebenwerda (Bez. Merseburg) trat er in die Regierung Breslaus ein, wurde Regierungs- und Medizinalrat in Frankfurt / Oder und u¨ bernahm 1917 die Leitung der Landesanstalt f¨ur Wasser-, Boden- und Lufthygiene in Berlin-Dahlem. 1923-34 stand er dem Institut als Pr¨asident vor und war Mitglied des Reichsgesundheitsrats. B., der 1934 auf eigenen Wunsch in den Ruhestand versetzt wurde, zog sich auf das Familiengut in Grochau (Schlesien) zur¨uck; 1946 wurde er von den polni¨ schen Beh¨orden ausgewiesen. 2, 3 C Arzte
Bening, (Daniel) Heinrich (Ludwig), Volkswirt, Politiker, * 5. 2. 1801 Neuenhaus, † 7. 3. 1895 Hannover. Zun¨achst als Rechtsanwalt in Bentheim ans¨assig, wurde B., Sohn eines Landphysikus, Kanzlei- und sp¨ater Regierungsrat im Innenministerium in Hannover. Bis 1854 betreute er die zur F¨orderung der Agrarreform gegr¨undete Landeskreditanstalt. Nach der Revolution 1848 u¨ bernahm B. das Generalsekretariat im Kultus- und Gesamtministerium, sp¨ater im Staatsrat und Innenministerium. Als Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses (seit 1866) machte er sich um die hannoversche Agrarreform verdient. Er publizierte u. a. Hannover bei seiner Vereinigung mit Preußen (1866). C NDB Beninga, Eggerik, Beamter, Chronist, * 1490 Osterburg bei Grimersum, † 19. 10. 1562 Grimersum. B. trat fr¨uh in den Dienst seines Landesherrn → Edzard d. Gr. von Friesland und wurde 1525 Drost der Grenzfeste Leerort. B. war Anh¨anger der luth. Lehre und nach dem Erhalt der Propsteiw¨urde von Weener seit 1533 Berater von Graf → Enno II. Nach dessen Tod 1540 wurde er von Gr¨afin → Anna von Ostfriesland in den ritterb¨urtigen Regentschaftsrat berufen. Seine Chronyk van Oostfrielant (hrsg. v. Antonius Matthaei, 1706) ist die a¨ lteste dieser Art. C NDB
Benjamin, Erich, Kinderarzt, * 23. 3. 1880 Berlin, † 22. 4. 1943 Baltimore (USA). Nach dem Medizinstudium an den Universit¨aten Heidelberg, Leipzig und Berlin wurde B. 1905 in Leipzig promoviert (Die Beziehungen der Milz zu den Lymphocyten des kindlichen Blutes). Seine Assistentenzeit verbrachte er in Wien, Berlin, D¨usseldorf und 1909-20 an der Universit¨atskinderklinik in M¨unchen, wo er sich 1914 f¨ur Kinderheilkunde habilitierte (Der Eiweißn¨ahrschaden des S¨auglings) und als Privatdozent lehrte. 1914-17 nahm er am Ersten Weltkrieg teil. 1921-35 war B. Direktor der Kinderklinik Ebenhausen / Isartal; 1923 wurde er a. o. Professor. Nach seiner Amtsenthebung 1935 und dem zwangsweisen Verkauf der Kinderklinik emigrierte er 1938 in die USA, wo er Forschungs- und Lehrauftr¨age an verschiedenen Universit¨aten erhielt. B., der sich auf psychosomatische St¨orungen in der Entwicklung der Kinder spezialisierte, ver¨offentlichte u. a. Die Leuk¨amie im Kindesalter (1907), Grundlagen der Entwicklungsgeschichte der kindlichen Neurose (1930) und Die Krankheit der Zivi¨ lisation (1934). 2, 3 C Arzte Benjamin, Georg, Kinderarzt, * 10. 9. 1895 Berlin, † 26. 8. 1942 Konzentrationslager Mauthausen. Der Bruder des Philosophen Walter → B. begann 1914 mit dem Studium der Mathematik, wechselte nach dem Kriegseinsatz als Soldat 1916 zur Medizin nach Berlin und trat
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1922 in die KPD und 1923 in den Verein sozialistischer ¨ Arzte ein. 1923 schloß er das Studium mit der Disserta¨ tion Uber Ledigenheime ab. Anschließend als Schularzt im Berliner Wedding t¨atig, engagierte er sich im Verein sozia¨ listischer Arzte, widmete sich sozialen Aufgaben in den Armenquartieren und war Mitgr¨under einer eigenen Gesundheitsbewegung. Seit 1926 war er mit Hilde → B. verheiratet. Aufgrund seines politischen Engagements als kommunistischer Sozialpolitiker und seiner j¨udischen Herkunft wurde er 1931 vom Bezirksamt Wedding entlassen, er¨offnete 1932 eine eigene Praxis, in der er vor allem Arme behandelte und erhielt 1933 Berufsverbot. Nach einer ersten Verhaftung arbeitete er an der illegalen Leitung der KPD mit und beteiligte sich am Widerstand gegen das NS-Regime. 1935 zum zweiten Mal verhaftet, wurde B. zu sechs Jahren Haft in Brandenburg-G¨orden verurteilt und anschließend 1942 im Konzentrationslager Mauthausen ermordet. C Seidler
Benjamin, Hilde, geb. Lange, Juristin, Politikerin, * 5. 2. 1902 Bernburg / Saale, † 18. 4. 1989 Berlin. B., Tochter eines Prokuristen und Direktors, studierte 1921-24 Rechtswissenschaften an den Universit¨aten Berlin, Heidelberg und Hamburg und war Mitglied des Sozialistischen Studentenbundes. Als Rechtsanw¨altin ließ sie sich in Berlin nieder, trat 1927 der KPD bei und erhielt 1933 Berufsverbot. 1934-39 war sie juristische Beraterin der sowjetischen Handelsgesellschaft in Berlin. 1945 wurde B. Staatsanw¨altin in Berlin-Lichterfelde, 1947 Personalreferentin der „Deutschen Zentralverwaltung f¨ur Justiz“, 1949 Vize-Pr¨asidentin des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik und Vorsitzende in zahlreichen Schauprozessen, u. a. gegen die Zeugen Jehovas. 1953-67 war sie Justizministerin, 1954-89 Mitglied des Zentralkomitees der SED. 1967 u¨ bernahm B. einen Lehrstuhl f¨ur Geschichte der Rechtspflege an der Deutschen Akademie f¨ur Staats- und Rechtswissenschaften „Walter Ulbricht“ in Potsdam-Babelsberg. C DDR Benjamin, Walter, Pseud. Detlef Holz, Philosoph, Kritiker, Schriftsteller, * 15. 7. 1892 Berlin, † 27. 9. 1940 Port Bou (Prov. Gerona, Spanien). B. entstammte einer großb¨urgerlich-j¨udischen Berliner Familie, studierte Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte, engagierte sich in der Freien Studentenschaft und wurde 1919 an der Univ. Bern mit der Dissertation Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik promoviert. Als eine hieran anschließende, exemplarisch ausgearbeitete Kunstkritik verfaßte er seinen großen Essay Goethes Wahlverwandtschaften (1925 von → Hofmannsthal verlegt), der zugleich auch den Zerfall seiner Ehe reflektiert. Den spekulativen Horizont des Fr¨uhwerks B.s, der in dieser Zeit vor allem mit Gershom → Scholem, Ernst → Bloch und Florens Christian Rang in Auseinandersetzung stand, bildete eine → Kants Erkenntnistheorie theologisch radikalisierende Kritik der Sprache, des ¨ Rechts und der Politik (u. a.: Uber die Sprache u¨ berhaupt und u¨ ber die Sprache des Menschen, 1916, zu Lebzeiten unpubliziert; Zur Kritik der Gewalt, 1921). Die Habilitationsschrift u¨ ber das deutsche Barock-Trauerspiel, in der B. die Wiederentdeckung der verkannten Kunstform der Allegorie mit der Kritik am neuzeitlichen Subjektbegriff verband, wurde 1925 von der Univ. Frankfurt am Main unter Vorw¨anden abgewiesen.
Benkowitz Als freier Autor und Kritiker in Berlin lebend (mit Aufenthalten in Paris, Moskau, Ibiza), publizierte B. in der „Literarischen Welt“ (Willy → Haas) und der „Frankfurter Zeitung“ (Siegfried → Kracauer), verfaßte grundlegende Essays zur klassischen und zur zeitgen¨ossischen Literatur (→ Kafka, → Kraus, Proust, → Brecht, franz¨osischer Surrea¨ lismus), zahlreiche Arbeiten f¨ur den Rundfunk sowie Ubersetzungen aus dem Franz¨osischen. 1928 erschien bei Rowohlt Berlin die abgewiesene Habilitationsschrift Ursprung des deutschen Trauerspiels und die neue Darstellungsformen erprobende Einbahnstraße, in der sich B.s Wendung zur zeitdiagnostischen Konkretion und zu einem eigenwillig anverwandelten Marxismus manifestierte. In dieser Zeit entstand die produktive Freundschaft mit Brecht und die f¨ur die Exilzeit h¨ochst bedeutsame Freundschaft mit Gretel und Theodor W. → Adorno. 1933 mußte B., seiner Arbeitsm¨oglichkeiten beraubt, emigrieren. Im Pariser Exil arbeitete er die Berliner Kindheit um 1900 aus, einen Zyklus literarisch-philosophischer Prosast¨ucke, der das autobiographische Gegenst¨uck zu dem als Hauptwerk geplanten Buch Paris, die Hauptstadt des XIX. Jahrhunderts darstellte, f¨ur das B. eine riesige Zitatsammlung aus der Biblioth`eque Nationale zusammentrug. Dieses aus dem Nachlaß publizierte Passagen-Werk sollte die kollektiven Phantasmagorien der vergangenen Großstadtwelt dem Vergessen entreißen und lesbar machen. Zur Buchpublikation gelangte nur die kommentierte Briefsammlung Deutsche Menschen, die das Erbe der zerst¨orten b¨urgerlichen Humanit¨at festh¨alt (1936, unter Pseudonym Detlef Holz). Die wichtigste Arbeits- und Publikationsm¨oglichkeit des Exils war f¨ur B. die Zugeh¨origkeit zu Max → Horkheimers „Zeitschrift f¨ur Sozialforschung“, in der u. a. seine Essays u¨ ber Gide, Eduard → Fuchs, Baudelaire erschienen, ebenso Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (1936), eine bahnbrechende medientheoretisch¨ kulturpolitische Analyse. B.s letzte Arbeit Uber den Begriff der Geschichte (1940) entwirft in eindringlichen Denkbildern, gegen den nationalsozialistischen Triumph gerichtet, die Aufgabe eines messianisch-revolution¨aren Aufsprengens der Katastrophengeschichte. 1940 setzte B., von Auslieferung an Deutschland bedroht, im spanischen Grenzort ¨ Port Bou mit einer Uberdosis Morphium seinem Leben ein Ende. B.s ganz außerordentliche, weit u¨ ber den deutschen Sprachraum hinausreichende Wirkungsgeschichte begann erst in den sechziger Jahren. 1993 wurde ihm in Port Bou eine Gedenkst¨atte errichtet. WEITERE WERKE: Gesammelte Schriften. Hrsg. v. Rolf Tiedemann / Hermann Schweppenh¨auser. 7 Bde. in 14 Einzelb¨anden. Frankfurt / Main 1974-89. – Gesammelte Briefe. Hrsg. v. Theodor W. Adorno Archiv durch Christoph G¨odde und Henri Loritz. 6 Bde., Frankfurt / Main 1995-2000. LITERATUR: Reinhard Markner / Thomas Weber (Hrsg.): Literatur u¨ ber W. B. Kommentierte Bibliographie 1983-1992. Hamburg 1993. – Momme Brodersen: W. B. Eine kommentierte Bibliographie. Morsum / Sylt 1995. – Bernd Witte: W. B. Reinbek 1985. – Hans Puttnies / Gary Smith: Benjaminiana. Gießen 1991. – Uwe Steiner (Hrsg.): W. B. 1892-1940. Zum hundertsten Geburtstag. Bern 1992. – Bernd Kiefer: Rettende Kritik der Moderne. Studien zum Gesamtwerk W. B.s. Bern u. a. 1994. – St´ephane Mos`es: Der Engel der Geschichte. Franz Rosenzweig – W. B. – Gershom Scholem. Frankfurt / Main 1994. – Klaus Garber / Ludger Rehm (Hrsg.): Global B. Internationaler W. B. Kongreß 1992. 3 Bde., M¨unchen 1997. Burkhardt Lindner
Benk, Johannes, o¨ sterr. Bildhauer, * 27. 7. 1844 Wien, † 12. 3. 1914 Wien. B. studierte an der Akademie der bildenden K¨unste Wien bei Franz Bauer, ging nach Dresden zu Ernst Julius → H¨ahnel
und bezog 1872 nach einem Studienaufenthalt in Rom (1870 / 71) ein eigenes Atelier in Wien. Die Reihe seiner monumentalen Werke f¨ur die Stadt begann mit acht Statuen f¨ur das Mittelportal der Votivkirche. 1873 erhielt B. den kaiserlichen Auftrag, eine Kolossalgruppe Austria zwischen der geistigen und materiellen Kultur f¨ur Theophil von → Hansens Waffenmuseum im Arsenal herzustellen. Er bekam zahlreiche Auftr¨age f¨ur die Wiener Ringstraße. Von B. stammt u. a. das Denkmal des Malers Friedrich von → Amerling im Wiener Stadtpark und das monumentale Deutschmeisterdenkmal in Wien (1907). C AKL
Benkard, Georg, Jurist, * 17. 1. 1881 Frankfurt / Main, † 20. 11. 1955 Karlsruhe. B., Sohn eines Notars, studierte Rechtswissenschaften in Leipzig, Straßburg und Freiburg / Breisgau und wurde 1905 promoviert (Das Stadtschuldbuch der Stadt Frankfurt am Main. Seine Grundlagen nach Verwaltungs- und Privatrecht). Seit 1906 Assessor, wurde er sp¨ater Rechtsanwalt, 1925 auch Notar in Frankfurt / Main und war seit 1927 beim Reichsgericht in Leipzig t¨atig. 1946-50 Notar und Rechtsan¨ walt am Landgericht Leipzig, wurde er nach der Ubersiedlung in die Bundesrepublik 1951 an den Bundesgerichtshof in Karlsruhe berufen. B. besch¨aftigte sich mit dem gewerblichen Rechtsschutz und war seit 1935 Mitherausgeber der Zeitschrift „Markenschutz und Wettbewerb“. Er ver¨offentlichte u. a. Patentgesetz und Gebrauchsmustergesetz (1936, ab 91993 fortgef¨uhrt von Karl Bruchhausen). C Juristen
Benkert, Franz Georg, kath. Theologe, Historiker, * 25. 9. 1790 Nordheim / Rh¨on, † 26. 5. 1859 Coburg. 1816 zum Priester geweiht, wurde B. 1821 Subregens, 1832 Regens des Priesterseminars in W¨urzburg; er setzte sich f¨ur die Wiederbelebung und Pflege des kath. Lebens in Deutschland ein. Er war 1822-27 Herausgeber der Zeitung „Religionsfreund f¨ur Katholiken“, 1827-34 der pastoraltheologischen Zeitschrift „Athanasia“. 1838 wurde B. Domkapitular und Domdechant in W¨urzburg. Er besch¨aftigte sich mit deutscher Literatur und der a¨ lteren Geschichte Nordfrankens. C Wetzer/Welte
Benkhoff, Fita, Schauspielerin, * 1. 11. 1901 Dortmund, † 26. 10. 1967 M¨unchen. Nach ihrer Ausbildung bei Emil Binder deb¨utierte B. am Stadttheater Dortmund, spielte 1925-28 in L¨ubeck und bis 1931 in D¨usseldorf. Es folgten Engagements an das LobeTheater in Breslau (1931 / 32) und an die Kammerspiele in Wien (1932 / 33), wo sie neben Hans → Moser und K¨athe ¨ spielte und dabei von der „Ufa“ f¨ur → Gold in Essig und Ol den Film entdeckt wurde. Neben der Arbeit f¨ur den Film (u. a. Boccaccio, 1936) spielte B. weiter Theater und feierte 1937 am Deutschen Theater in Berlin als Klara in → Hebbels Maria Magdalena ihren gr¨oßten Erfolg. Nach Kriegsende arbeitete sie am Thalia-Theater in Hamburg, trat 1948 an der Trib¨une in Berlin auf und spielte 1950 an den Kammerspielen in M¨unchen. B. blieb nach dem Tod ihres Mannes, des Kaufmanns Wilhelm Strohn, in M¨unchen und widmete sich der Malerei, bis sie 1966 / 67 ein letztes Engagement im Theater an der Leopoldstraße annahm.
Benkowitz, Karl Friedrich, Schriftsteller, Publizist, * 1764 Uelzen, † 19. 3. 1807 Glogau. B., Sohn eines K¨usters, studierte Theologie, ver¨offentlichte 1788 erste literarische Werke und arbeitete als Redakteur. 1796 zog er nach Breslau und gab mit dem Leiter der dortigen Kunstschule Carl Daniel Friedrich → Bach die Kunstzeitschrift „Der Torso“ (1796 / 97) heraus. 1801 reiste er aus gesundheitlichen Gr¨unden f¨ur zwei Jahre nach Italien, wo er haupts¨achlich in Sorrent und Neapel lebte (Reise von Glogau nach Sorrent, 3 Bde., 1803 / 04). 1804 erhielt B. eine Anstellung als kgl. preuß. Kammersekret¨ar in Glogau. Er
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Benn starb unter ungekl¨arten Umst¨anden nach einem Sturz aus seiner Wohnung. B. geh¨orte der politisch-literarischen Opposition Preußens und der „Franzosenfreunde“ um Friedrich von → C¨olln an (Hat Preußen in dem Kriege am Ende des Jahres 1805 weise gehandelt?, 1806). C Killy
Benn, Gottfried, Dermatologe, Schriftsteller, * 2. 5. 1886 Mansfeld (Kr. Westprignitz), † 7. 7. 1956 Berlin. Als Sohn eines protestantischen Pfarrers wuchs B. in Sellin (Neumark) auf. Von 1896 bis 1903 besuchte er das Friedrichs-Gymnasium in Frankfurt / Oder, wo er Freundschaft mit dem Dichter → Klabund schloß. Nach abgebrochenem Studium der Theologie und Philologie in Marburg und Berlin wandte sich B. 1905 dem Medizinstudium an der Kaiser-Wilhelm-Akademie f¨ur das milit¨ar¨arztliche Bildungswesen in Berlin zu. 1910 erhielt er den ersten Preis der Medizinischen Fakult¨at der Univ. Berlin f¨ur seine Schrift ¨ u¨ ber Die Atiologie der Pubert¨atsepilepsie. Im Anschluß ¨ an seine Promotion 1912 (Uber die H¨aufigkeit des Diabetes mellitus im Heer) erfolgte die Approbation als Arzt in Berlin; gleichzeitig erschien die Morgue und andere Gedichte als „lyrisches Flugblatt“ im Verlag A. R. Meyer. Der mit sezierender Sch¨arfe und sachlicher K¨uhle vorgetragene neue Lyrikstil und vor allem die Wahl eines poetischen Sujets (Leichenschauhaus, Seziersaal; vgl. Saal der kreißenden Frauen), das allen traditionellen spottete, l¨oste einen Sturm der Entr¨ustung, aber auch begeisterte Zustimmung aus. In diese Zeit fiel die Freundschaft mit Else → Lasker-Sch¨uler. B. fand, trotz tiefer Abneigung gegen alles Gesellschaftliche, Einlaß in den Kreis der Literaten des Expressionismus (Carl → Einstein, Paul → Zech, Herwarth → Walden). Von einer Reise aus New York zur¨uckgekehrt – B. arbeitete als Schiffsarzt der Hapag –, heiratete er 1914 bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs die Schauspielerin Edith Osterloh. Er nahm als Milit¨ararzt an den K¨ampfen in Belgien teil. 1915 wurde seine Tochter Nele geboren. 1916 kam es zur Ver¨offentlichung der R¨onne-Prosa Gehirne, im folgenden Jahr erschienen unter dem Titel Fleisch die gesammelten Gedichte. 1917 ließ sich B. als Facharzt f¨ur Haut- und Geschlechtskrankheiten in Berlin nieder und f¨uhrte hier seine Praxis bis 1935. Von 1924 an pflegte er Freundschaft mit dem Verleger Erich → Reiss, mit George → Grosz, Alfred → Flechtheim, Tilly → Wedekind und Heinz → Ullstein. Es folgten weitere Ver¨offentlichungen: Schutt (1924), Bet¨aubung (1925), Spaltung (1925), am 21. 11. 1931 die Urauff¨uhrung von Paul → Hindemiths Oratorium Das Unaufh¨orliche, zu dem B. die Textvorlage geschrieben hatte. Zum Mitglied der Preußischen Akademie der K¨unste wurde er 1932 berufen. Von 1933 bis 1934 geriet B. vor¨ubergehend in den Bannkreis der nationalsozialistischen Ideologie (Der neue Staat und die Intellektuellen, 1933), kehrte sich aber kurz darauf angewidert ab. Um den Verleumdungen und Nachstellungen der nationalsozialistischen Schergen zu entgehen (u. a. wurde der Band Ausgew¨ahlte Gedichte [1936] scharf attackiert), trat er in den Milit¨ardienst ein. 1938 erhielt B. Publikationsverbot. Im selben Jahr heiratete er Herta von Wedemeyer, die 1945 Suizid beging. Seine letzte Ehe schloß B. 1946 mit Ilse Kraul; zwei Jahre sp¨ater begann mit der Ver¨offentlichung der Statischen Gedichte das umfangreiche Sp¨atwerk. 1951 wurde ihm der B¨uchner-Preis in Darmstadt verliehen. Im Sch¨opferischen, in der k¨unstlerischen Form, sah B. ein letztes Aufbegehren gegen einen total gewordenen, alle Wertsetzungen aufhebenden, Materialismus. So zielte B.s „Fanatismus zur Transzen-
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denz“ auf die Rettung des Ichs ohne R¨uckgriff auf abgelebte Sinnstiftungsversuche und zwar einzig durch Kunst als der eigentlichen Aufgabe des Lebens. WEITERE WERKE: S¨amtliche Werke. In Verbindung mit Ilse Benn hrsg. v. Gerhard Schuster (6-7,2: Holger Hof). Stuttgart 1986-2002. – Gedichte. Frankfurt / Main 1982. – Prosa und Autobiographie. Frankfurt / Main 1984. – Essays und Reden. Frankfurt / Main 1989. – Briefe an Friedrich Wilhelm Oelze. 3 Bde., Frankfurt / Main 1979-82. – Briefe Bd. 1 ff. Wiesbaden, sp¨ater Stuttgart 1977 ff. – G. B.s Briefe an Ursula Ziebarth. Mit . . . einem Kommentar von Jochen Meyer. G¨ottingen 2001. – G. B. und Thea Sternheim: Briefwechsel und Aufzeichnungen. Hrsg. v. Thomas Ehrsam. G¨ottingen 2004. LITERATUR: Edgar Lohner: Passion und Intellekt. Die Lyrik G. B.s. Neuwied 1961. – Bruno Hillebrand (Hrsg.): G. B. Darmstadt 1979. – Bruno Hillebrand: B. Frankfurt / Main 1986. – Ich bin nicht innerlich. Ann¨aherungen an G. B. Hrsg. v. Jan B¨urger. Stuttgart 2003. – B.-Jahrbuch 1 ff. 2003 ff. Andreas Hochholzer
Benndorf, Friedrich Kurt, Schriftsteller, Musikwissenschaftler, * 27. 5. 1871 Chemnitz, † 26. 2. 1945 Dresden. B. studierte Musik, Philosophie und Germanistik in Heidelberg, Berlin und Leipzig, wurde 1894 zum Dr. phil. promoviert und ging 1895 als Lehrer an die Musikschule von Richard Ludwig → Schneider nach Dresden. 1897-1904 verwaltete B. die Musiksammlung der S¨achsischen Landesbibliothek, ver¨offentlichte mehrere Hefte Chorges¨ange, schrieb musikalische Aufs¨atze in Fachzeitungen und besorgte die Neuausgabe von Johann → Kuhnaus Roman Der musikalische Quacksalber (1899). Seit 1905 lebte er als freier Schriftsteller und ließ sich nach Reisen durch Europa 1911 in Dresden nieder. 1900 erschien seine Hymnen an Zarathustra und andere Gedichtkreise. Mit musikalischen Beigaben des Verfassers. C DLL, 20. Jh.
Benndorf, Hans (Friedrich August), Physiker, * 13. 12. 1870 Z¨urich, † 11. 2. 1953 Graz. B., Sohn des Arch¨aologen Otto → B., studierte in Wien, Heidelberg und Berlin und wurde 1895 in Wien promoviert. Als Assistent von Franz → Exner widerlegte er 1899 dessen Theorie von der Entstehung des luftelektrischen Feldes. Er habilitierte sich im selben Jahr, wurde 1904 a. o. Prof. der Physik, 1910 o. Prof. an der Univ. Graz, deren Rektor er 1932-34 war. 1936 in den Ruhestand versetzt, lehrte er 1945-47 als Honorarprofessor erneut an der Univ. Graz. Er erforschte die Luftelektrizit¨at (Atmosph¨arische Elektrizit¨at, in: Handbuch der Experimentalphysik, Bd. 25, 1928) und arbeitete auf dem Gebiet der Seismologie. Der „Benndorfsche Satz“ erm¨oglichte es, durch Messungen an der Erdoberfl¨ache auf gr¨oßere Anormalit¨aten im Untergrund zu schließen.
Benndorf, (Friedrich August) Otto, Arch¨aologe, * 13. 9. 1838 Greiz / Vogtland, † 2. 1. 1907 Wien. Nach seinem Studium der Philologie und Arch¨aologie in Erlangen und Bonn (Dr. phil. 1862) unternahm B. 1864-68 eine arch¨aologische Forschungsreise nach Griechenland und Italien. 1868 / 69 lehrte er als Privatdozent an der Univ. G¨ottingen, 1869-71 als a. o. Prof. in Z¨urich. 1871 hielt er sich in M¨unchen auf und war seit 1872 Ordinarius an der Univ. Prag, 1877-98 in Wien. 1898 wurde er Direktor des neu¨ gegr¨undeten Osterreichischen Arch¨aologischen Instituts; er gilt als Gr¨under der o¨ sterr. Arch¨aologenschule. Er organisierte die o¨ sterr. arch¨aologischen Forschungen im eigenen Land (Carnuntum), auf der Balkanhalbinsel und in Kleinasien. B. erforschte Samothrake, Lykien (er brachte das lykische F¨urstengrab von Gj¨olbaschi nach Wien) und Karien (Reisen in Lykien und Karien, 1884). 1895 begann er mit den Ausgrabungen von Ephesos. B., der 1905 zum Sektionschef ernannt wurde, war der Vater von Hans → B.
Bennhold Benndorf, Werner, Pseud. Werner Treydte, Erz¨ahler, ¨ Ubersetzer, * 24. 6. 1912 Leipzig, † 18. 7. 1945 Leipzig. B. studierte orientalische Sprachen und Religionsphilosophie in Leipzig, bereiste die Mittelmeerl¨ander und lebte ein Jahr in Marokko. Wieder in Leipzig arbeitete er als Lektor und ¨ Ubersetzer f¨ur Franz¨osisch, Spanisch und T¨urkisch bei verschiedenen Verlagen. B. ver¨offentlichte eine Reihe eigener Erz¨ahlungen (Eine andalusische Nacht, 1940) und die Anthologie Das Mittelmeerbuch (1940). Er starb nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft durch einen Autounfall. C DLL, 20. Jh. Benndorf, Wolfgang, Pseud. Peter Welf, o¨ sterr. Bibliothekar, Lyriker, * 21. 5. 1901 Wien, † 27. 4. 1959 Graz. Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte an den Universit¨aten Graz, M¨unchen und Bonn (Dr. phil. 1924, ¨ Beitr¨age zur Asthetik der Trag¨odie) war B., Sohn eines Physikers, wissenschaftlicher Bibliothekar in Graz, Klagenfurt und Salzburg. 1933 erschien unter Pseudonym der Band Ge¨ dichte, 1937 die deutsche Ubersetzung von Fran¸cois Villons Großem Testament. Nach der Entlassung aus dem Staatsdienst 1939 und dem Verbot jeder schriftstellerischen T¨atigkeit arbeitete er als Buchhalter, Korrektor und Sprachlehrer in Graz, Frankfurt / Main und Wien. 1945 wurde B. Direktor der Universit¨atsbibliothek Graz. C DLL, 20. Jh.
Bennecke, Erich, Chirurg, * 17. 9. 1864 Karlsberg bei
Benner, Paul, schweizer. Komponist, Dirigent, * 7. 11. 1877 Neuchˆatel, † 29. 3. 1953 Neuchˆatel. B. war Kunstdrechsler und widmete sich autodidaktisch musiktheoretischen Studien. Unterst¨utzt von Emile Lauber ging er nach Frankfurt / Main und studierte drei Jahre am Konservatorium bei Iwan → Knorr und Bernhard → Scholz. 1901 kehrte er nach Neuchˆatel zur¨uck und wurde dort Organist, Leiter des Chorvereins und Dozent f¨ur Kompositionslehre am Konservatorium. Neben Kammermusik schrieb B. Chorwerke.
Bennewitz, Fritz, Regisseur, * 20. 1. 1926 Chemnitz, † 12. 9. 1995 Weimar. B. studierte an der Univ. Leipzig Germanistik und am Deutschen Theaterinstitut in Weimar (1950-53). 1953 / 54 war er ¨ Dozent f¨ur Asthetik und Schauspiel an der Theaterhochschule in Leipzig, 1955-60 Oberspielleiter in Meiningen, wo er 1958 seinen ersten großen Erfolg mit der Erstauff¨uhrung von Bertolt → Brechts und Kurt → Weills Dreigroschenoper in der DDR feierte. 1960-75 war B. Schauspieldirektor, danach Regisseur am Deutschen Nationaltheater in Weimar, Berater des Dritte-Welt-Komitees des Internationalen Theaterinstituts und arbeitete an Theatern und Schauspielschulen in Indien, Sri Lanka, auf den Philippinen, in Venezela und den USA. Neben Brecht inszenierte er vor allem Dramen von Shakespeare und → Goethe. C Sucher
Mansfeld, † 2. 8. 1904 Berlin. Nach dem Studium der Medizin in Halle, Marburg und Berlin promoviert (Zur Genese der Kiefercysten), wurde B. 1890 Assistent in Marburg, sp¨ater in G¨ottingen bei Franz → K¨onig, mit dem er 1895 nach Berlin ging. 1899 zum Direktor der Chirurgischen Poliklinik der Charit´e ernannt, habilitierte er sich im gleichen Jahr f¨ur Chirurgie und wurde 1902 a. o. Professor. B. publizierte Arbeiten u¨ ber gonorrhoische Gelenkentz¨undungen, den feineren Bau der Kiefergeschw¨ulste und Unterleibshernien. Zu Unterrichtszwecken schrieb er einen Leitfaden der Chirurgie (Operations¨ubungen an der Leiche, 1903).
¨ auch Beenewitz von Bennewitz von L¨ofen, Karl d. A., Loefen, Maler, * 15. 11. 1826 Thorn, † 31. 8. 1895 Eutin. B., Sohn eines preuß. Milit¨ars und urspr¨unglich selbst Offizier, wandte sich 1848 der Kunst zu. Er studierte bei August Wilhelm Ferdinand → Schirmer in Berlin, sp¨ater bei Albert → Zimmermann in M¨unchen. Werke der modernen franz¨osischen Landschaftsmaler beeinflußten und f¨uhrten ihn zur Darstellung schlichter Landschaften. Neben Alpenmotiven malte er sp¨ater auch die Umgebung Berlins und die Mark Brandenburg. 1864 entstand das Gem¨alde Am Vietziger See in Pommern (Kunsthalle Hamburg). C AKL
Bennecke, Wilhelm, Schriftsteller, * 11. 12. 1846 Kassel,
Bennhold, Fritz, Bergrat, Jurist, * 22. 4. 1865 G¨orlitz (Schlesien), † 6. 1. 1949 Halle (Westfalen). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Breslau 1883-87 war B. Gerichtsreferendar in Schlesien, 1891 Gerichtsassistent. 1892 / 93 wurde er Hilfsarbeiter am Kgl. Oberbergamt von Breslau, 1893 in Dortmund und 1899 zum Oberbergrat bef¨ordert. 1907 nach Halle / Saale versetzt, wurde er 1911 Vortragender Rat in Berlin. 1921 wurde B. Berghauptmann des Oberbergamts Halle / Saale und Gesch¨aftsf¨uhrer des Reichskohlenrats. Er ver¨offentlichte das Allgemeine Berggesetz f¨ur die preußischen Staaten (1914). C Nekrologe Industrie
† 6. 1. 1906 Kassel. B., der fr¨uh seinen Vater verlor, verdiente seit dem 18. Le¨ bensjahr seinen Unterhalt u. a. mit Ubersetzungen aus dem Franz¨osischen. 1867 wurde er Sekret¨ar und Bibliothekar des kurhessischen Hoftheaters. Mit seinem K¨unstlerroman Malerleben (1869) deb¨utierte er als Schriftsteller; Novellen und Gedichte folgten. 1878 bat er aus gesundheitlichen Gr¨unden um seine Pensionierung. 1883 verm¨ahlte er sich mit der T¨anzerin Katharina Heß-Degent. Unter dem Pseudonym „Vom Kasseler Spazierg¨anger“ ver¨offentlichte B. Wilhelmsh¨ohe oder Der Winterkasten (1899). Seit 1900 arbeitete er als Schriftleiter der Zeitschrift „Hessenland“. C Leb Kurhessen, Bd 2
Bennek, Hubert, Eisenh¨uttendirektor, * 1. 2. 1903 Ratibor (Oberschlesien), † 25. 10. 1944 Essen. Nach dem Studium der Eisenh¨uttenkunde an den Technischen Hochschulen in Breslau und Berlin-Charlottenburg wurde B. 1928 Assistent an der Versuchsanstalt der Friedrich Krupp AG in Essen. F¨ur etwa ein Jahr in den Stahlwerken der Friedrich-Alfred-H¨utte besch¨aftigt, wurde er 1939 mit der Leitung der Versuchsanstalt betraut – 1940 erhielt er Prokura. Mit seiner Ernennung zum Abteilungsdirektor 1941 stand B. den Essener Forschungsanstalten und seit 1944 der gesamten Forschung des Krupp-Konzerns vor. B. hat rund 60 wissenschaftliche Arbeiten zur Eisenh¨uttentechnik vorlegt, z. B. Untersuchungen u¨ ber die Ausbildungsform von Sulfiden bei verschiedener Legierung und W¨armebehandlung oder u¨ ber die Kerbz¨ahigkeitsbestimmung bei tiefen Temperaturen (die sog. Bennekprobe).
Bennhold, Hans-Hermann, Internist, * 11. 9. 1893 Freiburg (Schlesien), † 26. 4. 1976 T¨ubingen. B. studierte an den Universit¨aten Halle und Freiburg / Breisgau Medizin, wurde 1920 promoviert und war zun¨achst Assistent am Allgemeinen Krankenhaus St. Georg in Hamburg, dann an der Universit¨atsklinik in M¨unchen. 1925 erm¨oglichte ihm ein Rockefeller-Stipendium die Arbeit am Physikalisch-Chemischen Institut der Univ. Leipzig. 1931 wieder in Hamburg, lehrte er als Privatdozent der dortigen Univ., wurde 1934 leitender Oberarzt der Medizinischen Poliklinik und der II. Medizinischen Abteilung. 1939 folgte seine Ernennung zum a. o. Prof., 1942 der Ruf als Ordinarius f¨ur Innere Medizin und als Direktor der Universit¨ats- und Poliklinik nach T¨ubingen. B. besch¨aftigte sich vor allem mit der Funktion der Serumeiweißk¨orper und innerer Sekretion; er war u. a. Mitherausgeber von Die Eiweißk¨orper des Blutplasmas (1938). Seit 1956 war B. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. C Munzinger
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Bennigsen Bennigsen, Alexander Levin Graf von, Politiker, * 21. 7. 1809 Zakret bei Wilna, † 27. 2. 1893 Banteln bei Hildesheim. B., Sohn des Grafen Levin August Gottlieb → B., war nach dem Jurastudium in G¨ottingen im hannoverschen Staatsdienst t¨atig (1830-40), seit 1841 Schatzrat und Mitglied der Ersten Kammer. 1848 wurde er von K¨onig → Ernst August zum Ministerpr¨asidenten berufen; den Oppositionsf¨uhrer Johann Carl Bertram → St¨uve nahm er in sein „M¨arzministerium“ auf. Unstimmigkeiten mit dem K¨onig u¨ ber Verwaltungsreform und Milit¨arpolitik f¨uhrten im Oktober 1850 zu seiner Entlassung. B. wurde Pr¨asident der Ersten Kammer, jedoch wegen seiner Haltung in der Frage der Ausscheidung der Dominal-G¨uter 1857 aus der Kammer ausgeschlossen; seit 1864 war er Vorsitzender der Zweiten Kammer. 1881-84 geh¨orte B. dem Deutschen Reichstag an. C Haunfelder, Zentrumspartei
Bennigsen, Levin August Gottlieb Graf von, Milit¨ar, * 10. 2. 1745 Braunschweig, † 3. 12. 1826 Banteln bei Hildesheim. B. trat 1773 in russische Dienste und nahm an den Kriegen gegen die T¨urken und Perser teil; 1798 wurde er zum Generalleutnant bef¨ordert. 1801 war er an der Ermordung des Zaren Paul I. beteiligt. Als Oberbefehlshaber der preußischrussischen Truppen siegte er 1807 bei Preußisch Eylau, erlitt aber bei Friedland eine Niederlage. 1812 nahm er als Chef des Generalstabs unter Michail I. Kutusow an der Schlacht bei Borodino teil. 1813 befehligte er die in Polen gebildete Reservearmee, die an der V¨olkerschlacht bei Leipzig entscheidenden Anteil hatte. Nach dem Ende der Freiheitskriege u¨ bernahm er das Kommando der in Bessarabien und an der t¨urkischen Grenze stationierten S¨udarmee. 1818 verabschiedet, zog er sich auf sein Gut Banteln zur¨uck. B. war der Vater von Alexander Levin Graf von → B. Bennigsen, Rudolf (Karl Wilhelm) von, Politiker, * 10. 7. 1824 L¨uneburg, † 7. 8. 1902 Gut Bennigsen (heute zu Springe). Nach einem Studium der Rechtswissenschaften in G¨ottingen und Heidelberg trat B. 1846 in den hannoverschen Staatsdienst ein. 1855 verließ er das Richteramt, als ihm die hannoversche Regierung den Urlaub zum Eintritt in die dortige St¨andeversammlung verweigerte. 1859-67 hatte B. den Vorsitz des von ihm mitbegr¨undeten „Deutschen Nationalvereins“ inne. Er trat f¨ur die Einigung Deutschlands unter preuß. F¨uhrung ein, war 1856-66 Mitglied und F¨uhrer der liberalen Opposition in der hannoverschen Zweiten Kammer, ¨ wo er 1866 vergeblich versuchte, das B¨undnis mit Osterreich zu verhindern. 1867-83 geh¨orte er dem preuß. Abgeordnetenhaus (1873-79 als Pr¨asident) an und unterst¨utzte als Vorsitzender der nationalliberalen Fraktion im Norddeutschen Reichstag (1867-83, 1887-98) → Bismarcks Politik. Er nahm maßgeblich Einfluß an der Gr¨undung und inneren Gestaltung des Reichs (1874 Festlegung der Heeresfriedensst¨arke, 1876 Justizgesetzgebung), bis es in der Debatte u¨ ber Schutzzollpolitik und Sozialistengesetze zum Bruch mit Bismarck und zur Spaltung der Nationalliberalen Partei kam. B. legte 1883 sein Mandat nieder, u¨ bernahm 1887 erneut den Vorsitz der Fraktion. Er war seit 1884 Mitglied des Preußischen Staatsrats und 1888-98 Oberpr¨asident der preuß. Provinz Hannover. C Verwaltung ¨ Bennigsen, Rudolph Christian von, Okonom, Jurist, * 21. 4. 1712 Leipnitz (Sachsen), † 3. 2. 1783 Merseburg. B. lebte nach dem Studium in Leipzig auf dem v¨aterlichen Gut. 1741 kaufte er das Gut Crannichau, verlor es im Siebenj¨ahrigen Krieg; er trat in k¨oniglich polnische und kurf¨urstlich s¨achsische Dienste am Hofgericht in Wittenberg. B. besch¨aftigte sich neben der Landwirtschaft mit Rechts-
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wissenschaft, Geschichte und Wirtschaftsfragen. Er wurde einer der ersten Mitarbeiter der 1750 gegr¨undeten „Oeconomischen Nachrichten“ und nachfolgenden „Oeconomischphysikalischen Abhandlungen“. Frh. von Hohenthal beauftragte ihn 1763 mit der Einrichtung des „Intelligenzcomtoir“ (Nachrichtenb¨uro) in Leipzig. Er wurde noch im selben Jahr zum Appellationsrat von Dresden ernannt und war seit 1783 Stiftskanzler in Merseburg. Neben o¨ konomisch-juristischen Arbeiten ver¨offentlichte B. Biblische Zeitrechnung des Alten und Neuen Testaments (1778).
Bennigsen-Foerder, Rudolf von, Industrieller, * 2. 7. 1926 Berlin, † 28. 10. 1989 D¨usseldorf. Schon als Jurastudent war B.-F. Mitarbeiter des Staatssekret¨ars im Bundesfinanzministerium unter Alfred → Hartmann. 1950 u¨ bernahm er die Leitung des Aufsichtsratsb¨uros der Vereinigten Elektrizit¨ats- und Bergwerks AG (VEBA), die damals Eigentum des Bundes war (bis 1987). Er war als Regierungsassessor und Referent f¨ur Bundesbeteiligungen im Bundesfinanzministerium t¨atig, wechselte 1959 zur VEBA und wurde 1965 Generalbevollm¨achtigter, 1969 Vorstandsmitglied, 1971 Vorstandsvorsitzender. 1983 sicherte ¨ B.-F. den Mineral¨olbereich vor Olversorgungsrisiken durch eine vertraglich vereinbarte Kooperation mit der staatlichen „Gesellschaft Petroleos de Venezuela“.
Benninghoff, Alfred, Anatom, * 21. 5. 1890 Emmelsum bei Wesel, † 18. 2. 1953 Marburg. B. studierte seit 1909 in Heidelberg – zwischendurch ein Semester in M¨unchen – Medizin, wurde 1919 promoviert (Ueber relative incontinentia urinae und ihre Behandlung mit Blasen- und Harnr¨ohrenraffung) und folgte seinem Lehrer Ernst → G¨oppert nach Frankfurt / Main, 1919 / 20 als 2. Prosektor nach Marburg. 1921 habilitierte er sich f¨ur Anatomie, ging 1924 als 1. Prosektor an das Anatomische Institut Kiel und wurde dort 1924 a. o., 1927 o. Professor. B. erforschte vor allem die funktionellen Systeme, die Kreislauforgane und das St¨utzgewebe. Durch „Spaltlinien“ ließen sich Strukturen von Knochen und Knorpeln, besonders an Gelenken, sichtbar machen. 1941 kehrte er an die Univ. Marburg zur¨uck, deren Rektor er 1950-52 war. 1942 wurde B. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. 1949 z¨ahlte er zu den Gr¨undungsmitgliedern des Deutschen Forschungsrats. Er ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch der Anatomie des Menschen (3 Bde., 1939-42, 111975, 15. Aufl. unter dem Titel Makroskopische Anatomie, Embryologie und Histologie des Menschen, hrsg. von Detlev ¨ Drenckhahn). 2, 3 C Arzte Benno, Bischof von Meißen, † 16. 6. 1106. B. entstammte wahrscheinlich einer s¨achsischen Grafenfamilie bei Goslar, war Stiftsherr und kgl. Kapellan des Pfalzstiftes St. Simon und Judas in Goslar. Er wurde 1066 zum Bischof von Meißen ernannt und trotz seiner Zur¨uckhaltung im Sachsenkrieg von → Heinrich IV. 1075 / 76 inhaftiert. Er floh, schloß sich den Gregorianern an, beteiligte sich an der Wahl → Rudolfs von Rheinfelden und wurde 1085 auf der Synode von Mainz exkommuniziert. Nach dem Tod Gregors VII. unterwarf sich B. Papst Clemens III. ¨ und erhielt daraufhin sein Bistum zur¨uck. Die Uberlieferungen u¨ ber sein Wirken als Missionar der Wenden gestatten kein Urteil u¨ ber seine Bedeutung. Die Landesherren und das Meißner Domkapitel strebten seit 1497 die Heiligsprechung an, die schließlich 1524 im Zeichen der Abwehr der Reformation stattfand und gegen die sich → Luther mit seiner Schrift Wider den neuen Abgott zu Meißen aussprach. Die Reliquien ruhen seit 1580 im M¨unchner Dom. C LexMA
Bense Benno II., Bischof von Osnabr¨uck, * um 1020 / 25 L¨ohningen (Schwaben), † 27. 7. 1088 Kloster Iburg bei Osnabr¨uck. B. besuchte die Domschule in Straßburg und die Klosterschule auf der Reichenau, wo → Hermann der Lahme sein Lehrer war. Anfang der vierziger Jahre begleitete er Bischof Wilhelm von Straßburg auf einer Pilgerfahrt. Zur¨uckgekehrt, lehrte er an der Domschule von Speyer, zog 1048 mit → Heinrich III. nach Goslar, leitete die Domschule in Hildesheim, wurde Dompropst, sp¨atestens 1063 zugleich kgl. Vizedominus (Verwalter) der Pfalz Goslar und 1067 Vizedominus des Erzbischofs von K¨oln. → Heinrich IV. ernannte ihn 1068 zum Bischof von Osnabr¨uck. Im Sachsenaufstand mußte B. sein Bistum verlassen. Als Anh¨anger Heinrichs IV. geh¨orte er zu den gebannten kgl. R¨aten, vermittelte u. a. den Ausgleich von Canossa und erreichte 1079, Gregor VII. zur Neutralit¨at zwischen Heinrich IV. und → Rudolfs von Rheinfelden zu bewegen. Nach dem Tod Rudolfs 1080 kehrte er in sein Bistum zur¨uck. B. gr¨undete das Benediktinerkloster auf der Iburg; er bem¨uhte sich um die Hebung der Landwirtschaft. Bekannt wurde er auch als Urkundenf¨alscher im Zehntstreit mit den Abteien Corvey und Herford. C LexMA
Benrath, Alfred, Chemiker, * 4. 5. 1878 D¨uren, † 18. 1. 1969 Neuendettelsau (Kr. Ansbach). Der Neffe des Kirchenhistorikers Karl → B. studierte seit 1897 in Z¨urich, Berlin-Charlottenburg und Heidelberg, wo er 1902 mit der Arbeit Ueber die Umsetzung von Metallverbindungen des Dibenzoylhydrazins mit Jod und halogenhaltigen Substanzen promoviert wurde. 1905 habilitierte B. sich in K¨onigsberg, lehrte dort als Privatdozent und wurde 1908 Abteilungsvorsteher des Chemischen Instituts, 1910 a. o. Professor. 1913 wechselte er in gleicher Eigenschaft an die Univ. Bonn und nahm von 1923 bis zu seiner Emeritierung 1945 eine o. Professur f¨ur Anorganische Chemie und Elektrochemie an der TH Aachen wahr. Neben der anorganischen Chemie z¨ahlte die Photochemie zu seinem Hauptforschungsgebiet; er ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch der Photochemie (1912). Benrath, Henry, eigentl. Albert Heinrich Rausch, Schriftsteller, * 5. 5. 1882 Friedberg (Hessen), † 11. 10. 1949 Magreglio / Comer See (Italien). Der Sohn eines Großkaufmanns studierte Germanistik, romanische Philologie und Geschichte an den Universit¨aten Gießen, Paris, Berlin und Genf. Finanziell unabh¨angig, befand sich B. fast immer auf Reisen, hielt sich vorwiegend in Frankreich und Italien auf, ehe er sich 1940 am Comer See in Oberitalien niederließ. B.s Arbeiten waren beeinflußt von August von → Platen und dem George-Kreis. Er suchte eine geistige Synthese von Antike und indischer Kultur (Apollo / Buddha). 1932 erhielt er den Georg-B¨uchner-Preis. Seit diesem Jahr ver¨offentlichte Rausch unter dem Pseudonym B. Er schrieb Gedichte, Novellen, Reisebeschreibungen und zeitkritische, biographisch angelegte Romane (u. a. Die Mutter der Weisheit, 1933). Die Kaiserin Konstanze (1934) war der erste der drei Kaiserinnenromane; es folgten Die Kaiserin Galla Placidia (1937) und Die Kaiserin Theophano (1940). C Killy
Benrath, Karl, evang. Theologe, * 10. 8. 1845 D¨uren, † 21. 7. 1924 K¨onigsberg. B. studierte 1863-66 in Bonn, Berlin und Heidelberg, unterrichtete seit 1867 am Realgymnasium in D¨uren und reiste 1871-75 zu Studienzwecken nach Rom, Florenz, Venedig und Siena. Als Korrespondent der „K¨olnischen Zeitung“ berichtete er u¨ ber das neugeeinte Italien. Er habilitierte sich 1876 in Bonn und nahm seit 1879 eine a. o., 1890-1921 eine o. Professur f¨ur Kirchen- und Dogmengeschichte in
K¨onigsberg wahr. Sein Hauptinteresse galt der Reformationsgeschichte, vor allem der italienischen (Geschichte der Reformation in Venedig, 1887). B. war Mitbegr¨under des Vereins f¨ur Reformationsgeschichte und des Evangelischen Bundes. C BBKL
Benrath, Martin, Schauspieler, Regisseur, * 9. 11. 1926 Berlin, † 31. 1. 2000 Herrsching / Ammersee. B., Sohn eines leitenden Angestellten, nahm 1946 privaten Schauspielunterricht bei Maria Loya in Berlin, hatte dort auch erste Theaterengagements und ging 1953 an das Schauspielhaus D¨usseldorf. Dort war er in zahlreichen großen Hauptrollen des klassischen Repertoires unter der Regie von Gustaf → Gr¨undgens und dessen Nachfolger Karl-Heinz → Stroux zu sehen. 1961 wechselte B. an das Bayerische Staatsschauspiel und die Kammerspiele nach M¨unchen und arbeitete seit 1968 als Schauspieler ohne festes Engagement. 1998 nahm B. als einer der bedeutendsten deutschen Charakterdarsteller der Nachkriegszeit seinen Abschied von der B¨uhne. Neben dem Theater war er seit 1953 auch in Film und Fernsehen eine feste Gr¨oße, spielte u. a. zusammen mit Marlon Brando in Bernhard → Wickis Kriegsfilm Morituri (1964 / 65), neben Curd → J¨urgens und unter der Regie von Ingmar Bergmann im Film Aus dem Leben der Marionetten (1980) und den alten Konsul im Fernsehmehrteiler Die Buddenbrocks (1979) nach Thomas → Mann. B. war seit 1972 Mitglied der Akademie der K¨unste Berlin und der Bayerischen Akademie der Sch¨onen K¨unste. 1999 wurde er mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. C Cinegraph Benscheidt, Carl (August), Unternehmer, * 17. 1. 1858 Othmaringhausen (Westfalen), † 31. 8. 1947 Alfeld / Leine. Nach Abschluß des Technikums in Mittweida trat B., Sohn eines Landwirts, als Angestellter in eine Naturheilanstalt in Veldes (Bled) bei Laibach ein. Das Studium der Medizin konnte er wegen fehlender Mittel nicht beginnen. Durch Beobachtung von Fußleiden in Veldes wurde er zu einer Brosch¨ure u¨ ber die M¨angel der zeitgen¨ossischen Schuhe angeregt und forderte die Herstellung von Schuhen u¨ ber einballig geschnittene Leisten. In Hannover richtete B. eine Leistenmacherei ein, der er eine Schusterei angliederte. Sp¨ater setzte er seine Erkenntnisse in der Leistenfabrik Behrens in Alfeld ein, deren Teilhaber er wurde. 1911 gr¨undete B. das Fagus-Werk, dessen Fabrikbauten Walter → Gropius entwarf. 1899 rief B. den gemeinn¨utzigen Wohnungsbauverein ins Leben, der u. a. die Gartenstadt „Am Rodenkamp“ in Alfeld baute. C Leb Nieders, Bd 3 Bense, Max, Pseud. Dr. Karl Zink, Philosoph, Schriftsteller, Mathematiker, * 7. 2. 1910 Straßburg, † 29. 4. 1990 Stuttgart. B., Sohn eines Feldwebels und sp¨ateren Stabsintendanten, studierte Physik, Mathematik, Geologie und Philosophie in Bonn, K¨oln und Basel, wurde 1937 promoviert (Quantenmechanik und Daseinsrealit¨at. Eine Untersuchung u¨ ber die Prinzipien der Quantenmechanik und ihre Beziehung zu Schelers Lehre von der Daseinsrealit¨at der Gegenstandsarten) und arbeitete dann als Physiker in der Industrie. Nach Kriegsende einige Monate B¨urgermeister von Georgenthal, wurde er im September 1945 Kurator der Univ. Jena, wo er sich 1946 habilitierte und anschließend philosophische Vorlesungen hielt. 1948 ging er nach Boppard und lehrte von 1949 bis zu seiner Emeritierung 1978 an der TH (seit 1964 Univ.) Stuttgart; 1963 wurde er zum pers¨onlichen Ordinarius ernannt. B. vertrat einen exakten Philosophiebegriff (Geist der Mathematik. Abschnitte aus der Philosophie der Arithmetik und Geometrie, 1939). Entschiedenen Rationalismus verband er mit einer existentiellen Grundanschauung („existentieller Rationalismus“). Seine Hauptthese, daß Wissenschaft und Kunst nicht ohne Mathematik geschaffen und
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Bensef erkl¨art werden k¨onnen, legte B. zum ersten Mal in Konturen einer Geistesgeschichte der Mathematik (2 Bde., 1946-49) dar. Seit Anfang der f¨unfziger Jahre konzentrierte er sich auf ¨ die Asthetik und begr¨undete gegen die „Rezeptions¨asthetik“ ¨ eine objektive Asthetik, die Informations¨asthetik als eine Wissenschaft von den naturwissenschaftlichen Grundlagen der Kreativit¨at (Aesthetica, 4 Bde., 1954-60; ver¨anderte und erw. Bearbeitung, 1965; 2., erw. Aufl. 1982; Einf¨uhrung in ¨ die informationstheoretische Asthetik. Grundlegung und Anwendung in der Texttheorie, 1969, 31971). Neben der Informationstheorie war die Semiotik wegweisend auf dem ¨ Weg zu einer Theorie der semiotischen Asthetik (Zeichen ¨ und Design. Semiotische Asthetik, 1971; Die Unwahrschein¨ lichkeit des Asthetischen und die semiotische Konzeption der Kunst, 1979). Bestimmt von der Idee des Experiments und seine Texttheorie konkretisierend, schuf B. auch poetische Texte, u. a. Bestandteile des Vor¨uber. D¨unnschliffe, Mischtexte, Montagen (1961) und Entwurf einer Rheinlandschaft (1962). Er beeinflußte die deutsche „konkrete Poesie“, so die Vertreter der Stuttgarter Schule (u. a. Helmut → Heißenb¨uttel), aber auch Eugen Gomringer und Franz Mon. 1955-60 gab B. die kulturkritische Zeitschrift „augenblicke“, 1960-76 die Reihe „rot“, 1960-90 die Zeitschrift ¨ „Semiosis. Internationale Zeitschrift f¨ur Semiotik und Asthetik“ und die „Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft“ heraus. 1957 gr¨undete er in Stuttgart die Studiengalerie des Studium generale. C KLG
Bensef, Juda L¨ow, auch Besew, Hebraist, Buchdrucker, * 18. 8. 1764 Lelow / Biala (Galizien), † 12. 3. 1811 Wien. Von den Eltern zum Rabbiner bestimmt, kam B. achtj¨ahrig nach Pinczow zur Ausbildung. Seit seinem 15. Lebensjahr reiste er durch Polen, Ungarn, Schlesien und Preußen, erreichte 1785 Berlin und gr¨undete sp¨ater in Breslau die Grassische hebr¨aische Buchdruckerei. B. ver¨offentlichte 1796 in der eigenen Buchdruckerei seine hebr¨aische Sprachlehre, die mehrere Auflagen erfuhr. Seit 1800 in Wien ans¨assig, wurde er Korrektor bei der Hraschanskischen, sp¨ater bei der Schmidschen Buchdruckerei. Als einer der ersten wandte er westliche wissenschaftliche Methoden zur Erforschung der ¨ hebr¨aischen Sprache an. B. verfaßte neben Ubersetzungen, Kommentaren, Religions- und Leseb¨uchern ein hebr¨aischdeutsches W¨orterbuch (Ozar ha-Schoraschim, 1807 / 08). C Wurzbach
Bensel, Carl (Gustav), Architekt, * 3. 4. 1878 Iserlohn, † 10. 11. 1949 Iserlohn. B. studierte Philosophie, Kunstgeschichte und Architektur an den Universit¨aten Berlin, M¨unchen und Dresden, war seit 1906 bei der Eisenbahndirektion K¨oln t¨atig und ließ sich 1911 als selbst¨andiger Architekt in D¨usseldorf nieder. 1913 zog er nach Hamburg, 1919 nach Altona-Rissen. Gemeinsam mit Johann Kemps (seit 1929 auch mit Heinrich Amsinck) plante B. u. a. Kontorh¨auser im typischen Hamburger Kontorhausstil, darunter das Phillips-Levante-Haus (1912 / 13). Er f¨uhrte auch industrielle Zweck- und Sozialbauten, Villen und Siedlungsbauten aus. Seit 1925 war B. Vorsitzender des Landesbezirks Norden des Bunds Deutscher Architekten. Er ¨ schrieb u. a. Uber die Bildungsgrundlage der Bau-K¨unstler (in: Die Bauwelt 16, 1925). C AKL Benseler, Gustav Eduard, Klassischer Philologe, Historiker, * 28. 2. 1806 Freiberg, † 1. 2. 1868 Leipzig. Aus einfachen Verh¨altnissen stammend, studierte B. seit 1824 Philologie an der Univ. Leipzig, kam 1831 als Hilfslehrer in seine Heimatstadt und wurde dort ordentlicher Lehrer. 1848 stand er an der Spitze des Freiberger Vaterlandsvereins, wurde zum Abgeordneten gew¨ahlt, nach der Niederschlagung der Revolutionsbewegung verhaftet und zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nachdem die Strafe teilweise
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ausgesetzt worden war, lebte B. seit 1855 als freier Schriftsteller und Lehrer in Leipzig. Er ver¨offentlichte zur griechischen Philologie (W¨orterbuch der griechischen Eigennamen, 2 Bde., 1863-70) und zur Lokalgeschichte (Geschichte Freibergs und seines Bergbaus, 2 Bde., 1853). C ADB
Bensen, (Carl) Daniel (Heinrich), Jurist, * 28. 10. 1761 Einbeck, † 30. 3. 1805 W¨urzburg. B., Sohn eines Lohgerbers, studierte seit 1778 Theologie und Kameralwissenschaften, sp¨ater Rechtswissenschaften in G¨ottingen (Promotion 1794), wurde 1795 Magister und hielt danach Vorlesungen u¨ ber Kriminal-, Polizei- und Kameralrecht. 1797-1804 lehrte er als o. Prof. der Philosophie und Kameralwissenschaften und a. o. Prof. der Rechte in Erlangen, anschließend als o. Prof. der Kameralwissenschaften an der Univ. W¨urzburg. Auf der von → Hardenberg reformierten preuß. Verwaltung aufbauend, erarbeitete B. ein System des Staats- und Verwaltungsrechts, bem¨uhte sich um die Bildung des Beamtennachwuchses und besch¨aftigte sich mit staats- und rechtsphilosophischen Fragen. B. publizierte u. a. Materialien zur Polizey-, Kameral- und Finanzpraxis [. . .] (3 Bde., 1800-03). C NDB
Bensinger, Amalia, Malerin, * 28. 3. 1809 Bruchsal, † 16. 11. 1889 Insel Reichenau. Die Tochter eines Advokaten studierte seit 1835 in D¨usseldorf an der Akademie und in privaten Ateliers Malerei und wurde dort u. a. von Wilhelm von → Schadow gef¨ordert. Nach ihrem Studium lebte sie an wechselnden Orten, so in Mannheim, Stuttgart und Karlsruhe, 1851 / 52 in Florenz und 1852-58 in Rom, Albano Laziale und Olevano. Seit 1859 engagierte sie sich im K¨unstlerverein in M¨unchen. 1860 konvertierte B. zum Katholizismus und gr¨undete 1864 in der Abtei Beuron eine Kunstschule. Ihr Versuch, auf der Insel Reichenau ein Damenstift zu gr¨unden, mißlang. B. malte in jungen Jahren mehrere Portr¨ats, u. a. von Felix → Mendelssohn Bartholdy, nach ihrer Konversion zuneh¨ mend historische und religi¨ose Sujets. Uberlieferte Werke B.s sind u. a. Rebecca am Brunnen (1840), Ophelia (1846) und B¨ußende Magdalena (1851). Hinzu kamen Bilder in Kirchen und Kl¨ostern, darunter ein Petrus-Paulus-Altarbild in Bonndorf im Schwarzwald (1860). C Schmidt-Liebich Bente, Hermann, Wirtschaftswissenschaftler, * 22. 6. 1896 Hessisch Lichtenau, † 23. 11. 1970 Kiel. B. sammelte zun¨achst sieben Jahre praktische Erfahrungen in der Landwirtschaft und im Bankwesen. Das Studium an den Universit¨aten Berlin, Hamburg und Kiel schloß er 1923 mit der Promotion zum Dr. sc. phil. ab. 1923-33 hatte er die Redaktionsleitung des „Weltwirtschaftlichen Archivs“ in Kiel inne, habilitierte sich dort 1930 f¨ur Rechtsund Staatswissenschaften und erhielt 1933 seine Berufung zum Ordinarius der Wirtschaftswissenschaften. Seine Fachgebiete waren Theoretische Volkswirtschaftslehre, Agrarpolitik, Außenwirtschaftspolitik und Wirtschaftsplanungspolitik. Er ver¨offentlichte eine Reihe von Arbeiten, u. a. Organisatorische Wandlungen in Außenwirtschaft und Weltwirtschaft (1941).
Benteler, Carl, Unternehmer, * 7. 1. 1853 Paderborn, † 31. 3. 1910 Bielefeld. Ausgangspunkt des Unternehmens Benteler war ein Eisenwarengesch¨aft in Bielefeld, das B. 1876 k¨auflich erwarb. Der Verkauf von Eisenwaren und „Wirtschaftsutensilien“ gestaltete sich von Anfang an derart erfolgreich, daß bereits im ersten Gesch¨aftsjahr mit sechs Mitarbeitern ein Umsatz von 87 566,83 Reichsmark erwirtschaftet werden konnte. Die weitere steile Aufw¨artsentwicklung des Gesch¨afts f¨uhrte dazu, daß B. 1888 ein ger¨aumiges Bielefelder Gesch¨aftshaus erwarb. Bald wurde der Eisenwarenverkauf durch die Produktion von Schl¨ossern und Baubeschl¨agen, dann auch
Bentinck von Wagen und Wagenbeschl¨agen erg¨anzt. Dadurch wurde B. zum Stammvater des Unternehmens Benteler, das sein Sohn Eduard 1908 mit 20 Mitarbeitern u¨ bernahm und trotz der durch den Ersten Weltkrieg, die Nachkriegszeit und die Weltwirtschaftskrise verursachten Widrigkeiten zu einem seit 1922 mit Stammsitz in Schloß Neuhaus bei Paderborn ans¨assigen erfolgreichen Betrieb entwickelte. 1942 z¨ahlte der Betrieb 2000 Besch¨aftigte. Produziert wurden nahtlos gezogene und geschweißte Rohre. Die Unternehmensleitung ging 1942 auf Erich und Helmut B. u¨ ber. Die Zerst¨orungen w¨ahrend der Kriegszeit sowie die Kriegsfolgen machten einen v¨olligen Neuanfang erforderlich, mit dem 1947 begonnen wurde. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich Benteler zu einem bedeutenden Zulieferer der Automobilindustrie. 1976, dem Jahr des hundertj¨ahrigen Bestehens, erwirtschafteten mehr als 9000 Mitarbeiter einen Umsatz von mehr als 1 Milliarde DM. Das Kerngesch¨aft war und blieb die Herstellung von Rohren, nachdem zwischenzeitlich auch eine Reihe anderer Erzeugnisse, darunter K¨uhlschr¨anke und Automobile, produziert worden waren. 1991 u¨ bernahm Hubertus B. den Firmenvorsitz. Unter ihm wurde der Paderborner Betrieb zur gr¨oßten Kaltzieherei f¨ur nahtlose Stahlrohre in Europa ausgebaut. Seit Mitte der neunziger Jahre geh¨orten zum Unternehmen Benteler 21 Produktionsbetriebe, davon knapp die H¨alfte im Ausland. 2001 war Benteler eine Unternehmensgruppe mit weltweit 17 000 Mitarbeitern und einem Umsatz von sechs Milliarden DM.
Benteli, (Emanuel) Albert, schweizer. Mathematiker, Naturwissenschaftler, * 10. 4. 1843 Schwarzenegg, † 10. 11. 1917 Bern. B. studierte seit 1860 am Z¨uricher Polytechnikum, wurde 1863 Diplom-Bauingenieur und war seit 1867 Mathematiklehrer an den Kantonsschulen in Solothurn, Aarau und Bern. 1874 habilitierte er sich f¨ur darstellende und praktische Geometrie an der Univ. Bern und kam 1880 an die Real- und Handelsschule des st¨adtischen Gymnasiums in Bern, deren Rektor er 1889 wurde. Seine Ernennung zum a. o. Prof. der darstellenden Geometrie an der Univ. Bern erfolgte 1902. B. war Mitglied der Bernischen und der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft. Er arbeitete vor allem zur Perspektive, zur Hydrometrie (erste Niederschlagskarte der Schweiz) und Meteorologie und ver¨offentlichte u. a. Die ebenen Schnitte der Strahlenfl¨achen (1875).
Bentheim, (Georg) Ferdinand von, Milit¨ar, * 11. 1. 1807 Soldau, † 23. 10. 1884 Wiesbaden. B. begann 1819 in Kulm seine milit¨arische Laufbahn, war Kompaniechef im d¨anischen Feldzug 1848, 1864 Brigadef¨uhrer bei der Erst¨urmung der D¨uppelstellung und 1866 Generalleutnant und Divisionskommandeur. B. nahm 1870 an den K¨ampfen um Metz teil, f¨uhrte das 1. Armeekorps, wurde 1871 Generalgouverneur von Metz und 1873 als General der Infanterie zur Disposition gestellt. B. schrieb den Leitfaden zum Unterricht in den Kriegswissenschaften.
Bentheim, Heinrich Ludolf, Pseud. Placentius de Verona, Pacificus Verinus, Irenicus Philalethes, luth. Theologe, * 2. 11. 1661 Celle, † 9. 7. 1723. B. studierte in Helmstedt und Jena; Studienreisen f¨uhrten ihn nach Holland und England. 1689 wurde er Archidiakon in Dannenberg, 1692 Superintendent in Bardowick. Nach einer weiteren Reise nach Holland war er seit 1704 Superintendent in Uelzen, bis er 1710 als Generalsuperintendent und Konsistorialrat nach Harburg berufen wurde. B. schrieb historisch-statistische Werke u¨ ber Holland und England, insbesondere zum Kirchen- und Schulwesen. Ferner ver¨offent¨ lichte er Ubersetzungen und eigene theologische Schriften (u. a. Media, quibus Roma papalis condita, 1688), zum Teil unter Pseudonym. C ADB
Benthem, L¨uder von, auch Bentheim, Steinhauer, * nach 1550 Bremen, † 1612 / 13 Bremen. B., Sohn eines Steinhauermeisters, wurde 1579 Bremer B¨urger und u¨ bernahm 1580 das Gesch¨aft seines Vaters. 1581 und 1583 war er mit Befestigungsarbeiten besch¨aftigt, baute 1587 / 88 an der Stadtwaage und seit 1591 am Kornhaus. B. handelte mit Werksteinen, dem sogenannten „Bremer Stein“, der bei B¨uckeburg gebrochen wurde. Er schloß 1595 mit dem Leidener Magistrat einen Vertrag auf Lieferung von Werksteinen f¨ur das neue Rathaus, an dem seine T¨atigkeit als Steinhauer belegt, seine gestaltende Mitarbeit wahrscheinlich ist. B.s Hauptwerk, der Umbau des Bremer Rathauses, entstand 1609-12; neben der gesicherten Mitwirkung als Lieferant und Steinhauer wird ihm auch der Entwurf zugeschrieben. Der Bau gilt als herausragendes Werk der Weserrenaissance. C AKL
Benthin, Walther, Gyn¨akologe, * 18. 12. 1882 K¨oritz bei Neustadt, † 3. 12. 1950 Rheydt (heute zu M¨onchengladbach). B. studierte an den Universit¨aten Berlin und Freiburg / Breisgau Medizin, wurde 1908 in Kiel promoviert (Mortalit¨at und Morbidit¨at nach abdominalen Laparatomien) und ging als Assistent an die Frauenkliniken Berlin, Frankfurt / Main und K¨onigsberg, wo er sich 1913 f¨ur Geburtshilfe und Gyn¨akologie habilitierte. 1914-18 diente er als Stabsarzt, wurde 1918 als a. o. Prof. und Oberarzt an die Universit¨atsfrauenklinik in K¨onigsberg berufen. Seit 1925 war er Direktor der Gyn¨akologischen Abteilung des St¨adtischen Krankenhauses in K¨onigsberg und Mitglied der a¨ rztlichen Pr¨ufungskommission. 1945 zog er nach Rheydt, er¨offnete eine Praxis und hielt als Gast- und Honorarprofessor Vorlesungen an der Univ. Bonn. B. ver¨offentlichte u. a. Diagnose und Differentialdiagnose der Frauenkrankheiten (1930) und Frauenheil¨ kunde. Ein Leitfaden f¨ur Studierende und Arzte (1948). ¨ C Arzte 2, 3 Bentinck, Charlotte Sophie Gr¨afin von, geb. von Aldenburg, Schriftstellerin, * 5. 8. 1715 Varel (?), † 5. 2. 1800 / 06. Die Tochter und Erbin des Grafen Anton II. von Aldenburg wurde 1733 mit dem Reichsgrafen William → B. verheiratet. Nach dem Tod ihres Vaters trennte sich B. von ihrem Ehemann und u¨ bernahm die Regierung in den ererbten Herrschaften Varel und Kniphausen. Seit 1738 reiste sie an die großen europ¨aischen H¨ofe, hielt sich 1750-54 in Berlin auf und war mit → Friedrich dem Großen und Voltaire bekannt. Mit William B. um das aldenburgische Erbe streitend und hoch verschuldet, war sie 1757 gezwungen, zugunsten ihrer S¨ohne auf die Herrschaft zu verzichten. 1761 zog B. auf Schloß Jever; 1768 ließ sie sich in Hamburg nieder und f¨uhrte dort einen politischen und kulturellen Salon. C Oldenburg
Bentinck, Wilhelm Gustav Friedrich Reichsgraf von, Milit¨ar, * 21. 7. 1762 Den Haag, † 22. 10. 1835 Varel. B. studierte an den Universit¨aten Leiden, Lausanne und G¨ottingen. 1787 u¨ bernahm er das Regiment der ererbten Herrschaften Varel und Kniphausen. Als Mitglied der holl¨andischen Ritterschaft stand er zur Zeit der Franz¨osischen Revolution auf seiten der Oranier-Partei; nach der Besetzung Hollands durch die Franzosen wurde B. vier Jahre in Woerden gefangengehalten. W¨ahrend er zwischen 1804 und 1807 Handel und Schmuggel betrieb, wurden Varel und Kniphausen von K¨onig Ludwig von Holland besetzt. B. ließ sich 1810 zum Maire von Varel ernennen, wurde aber des Aufruhrs verd¨achtigt und 1813 erneut verhaftet. 1814 von den Alliierten befreit, k¨ampfte er um die Souver¨anit¨at seiner inzwischen von Oldenburg besetzten Herrschaften. 1825 erhielt er Kniphausen, 1830 Varel zur¨uck und u¨ bernahm wieder die Verwaltung und niedere Gerichtsbarkeit. C Oldenburg
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Bentinck Bentinck, William Reichsgraf von, auch Wilhelm von B.,
Bentz, Melitta, geb. Liebscher, Unternehmerin,
Diplomat, * 6. 11. 1704 Whitehall (London), † 13. 10. 1774 Zogvliet (Den Haag). B. stammte aus einer niederl¨andischen Familie. 1733 heiratete er Charlotte Sophie, die Tochter des Grafen Anton II. von Aldenburg und Erbin von Varel und Kniphausen. Vom Kaiser zum Reichsgrafen ernannt, regierte er zusammen mit seiner Frau die Grafschaften, bis sie sich 1740 von ihm trennte. Als niederl¨andischer Diplomat hielt er sich bis 1750 an verschiedenen europ¨aischen H¨ofen auf. 1747 f¨uhrte ihn eine Sondermission nach England, im folgenden Jahr nahm er am Aachener Kongreß teil. B.s Aufzeichnungen u¨ ber seine diplomatische Mission in Wien 1749 / 50 wurden 1871 unter dem Titel Aufzeichnungen u¨ ber Maria Theresia ver¨offentlicht. C Oldenburg
* 31. 1. 1873 Dresden, † 29. 6. 1950 Holzhausen (heute zu Porta Westfalica). Zun¨achst Hausfrau, kam B. 1908 auf die Idee, aus einfachen Mitteln einen Kaffeefilter herzustellen, um die Bitterkeit des Kaffees abzumildern. Sie meldete ihre Erfindung als Patent an, verfeinerte das Filtersystem um einen Wasserverteiler und Filterpapier und gr¨undete noch 1908 in Dresden die Firma M. Bentz. Ihr Filterapparat erhielt 1910 auf der Hygieneausstellung Dresden mehrere Auszeichnungen. Mitte der zwanziger Jahre besch¨aftigte B. bereits 80 Mitarbeiter in ihrem Unternehmen. 1929 u¨ bergab sie die Firma, die inzwischen nach Minden umgezogen war, an ihren Sohn.
Bentlage, Margarete zur, auch Zur Bentlage bzw. Schiestl-Betlage, verw. Schiestl, verh. List, Schriftstellerin, * 24. 3. 1891 Menslage / Emsland, † 16. 2. 1954 GarmischPartenkirchen. B. kam 1915 an die N¨urnberger Kunstschule und heiratete im folgenden Jahr ihren Lehrer, den Maler Rudolf → Schiestl. Ihre schriftstellerische T¨atigkeit intensivierte sie nach dem Tod ihres Mannes 1931. Im selben Jahr zog sie nach Markkleeberg bei Leipzig und ging bald eine Ehe mit dem Verleger Paul W. → List ein, dessen Verlag ihre ersten Erz¨ahlungen Unter den Eichen: aus dem Leben eines deutschen Stammes (1933) ver¨offentlichte. Ihre Erz¨ahlungen und Romane (Das blaue Moor, 1934) spielen im l¨andlichen Milieu der norddeutschen Moor- und Heidelandschaft und kamen der nationalsozialistischen Ideologie entgegen. B. lebte nach Kriegsende im Zillertal (Tirol), in M¨unchen und Garmisch. C Killy
Benton, Jos´e Antonio, eigentl. Hans Elsas, Pseud. Helmut Graupp-Turgis, Klassischer Philologe, Schriftsteller, * 1. 3. 1894 Straßburg (Stuttgart ?), † 1986 Niter´oi bei Rio de Janeiro. B. studierte Klassische Philologie und wanderte Anfang der dreißiger Jahre nach Brasilien aus. Nach seiner Habilitation f¨ur Gr¨azistik in S˜ao Paulo hatte er dort bis 1963 einen Lehrstuhl inne. Daneben publizierte er literarische Werke wie Tarpan (1938, 21962), Die S¨ohne Tamangos (1948), Cambresische Hochzeit (1950) und Calangro oder das Friedensfest der Tiere (1954). B. war Mitglied der Bayerischen Akademie der Sch¨onen K¨unste. C DLL, 20. Jh.
Bentz, Alfred, Geologe, * 26. 7. 1897 Heidenheim / Brenz, † 11. 6. 1964 bei Stratford. Nach dem Studium der Naturwissenschaften in T¨ubingen und M¨unchen, das er 1922 mit der Promotion abschloß ¨ (Uber Dogger und Tektonik der Bopfinger Gegend), wurde B. Assistent an der T¨ubinger Universit¨at. 1923 erhielt er eine Stelle an der Geologischen Landesanstalt in Berlin, wo er 1930 die Leitung der Abteilung Erd¨ol u¨ bernahm. B., der seit 1935 auch an der TH Hannover lehrte, war 1936-40 Landesgeologe an der Preußischen Geologischen Landesanstalt in Berlin. Seit 1940 hatte er die Direktion des dortigen Reichsamts f¨ur Bodenforschung inne und war Beauftragter des Ministerpr¨asidenten Hermann → G¨oring f¨ur die F¨orderung der Erd¨olgewinnung. 1945 wurde er Direktor des Amts f¨ur Bodenforschung in Hannover und wirkte 1958-62 als erster Pr¨asident der Bundesanstalt f¨ur Bodenforschung. B., seit 1952 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, war maßgeblich an der Erforschung der Erd¨ollagerst¨atten Nordwestdeutschlands beteiligt (Erd¨ol und Tektonik in Nordwestdeutschland, 1949).
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Bentzel-Sternau, Anselm Franz Frh. von, Beamter, * 28. 8. 1738 Mainz, † 7. 3. 1786 Emmerichshofen. B.-S., Sohn eines Reichshofrats und kurmainzischen Hofkanzlers (1725), wurde 1756 zum Hof- und Regierungsrat, 1763 zum Staatsreferendar, 1771 zum Hofvizekanzler, 1773 zum Hofkanzler in Mainz ernannt. Seit 1773 war er Mitglied der Kommission, die mit der Aufhebung des Jesuitenordens im kurmainzischen Gebiet beauftragt war. B.-S. setzte sich im Sinne der Aufkl¨arung f¨ur die Losl¨osung des Schulwesens vom Kirchenregiment ein. Nach dem Tod des Kurf¨ursten Emmerich Joseph von → Breidbach 1774 wurde er entlassen. 1782 von Kurf¨urst Friedrich Karl von → Erthal als Kurator der Universit¨aten Mainz und Erfurt eingesetzt, tat sich B.-S. vor allem in Mainz bei der Neugestaltung des Lehrplans hervor. Er war der Vater von Christian Ernst Graf von → B.-S. C NDB
Bentzel-Sternau, (Karl) Christian Ernst Graf von, Pseud. Horatio Cocles, Staatsmann, Schriftsteller, * 9. 4. 1767 Mainz, † 13. 8. 1849 Mariahalden / Z¨urichsee. Der Sohn des kurmainzischen Beamten Anselm Franz → B.-S. wurde nach rechtswissenschaftlichen Studien 1791 Regierungsrat und Gerichtsassessor in Erfurt. 1803 berief man ihn zum kurmainzischen Staatsrat. Seit 1806 stand B.-S. in badischen Diensten, bis er 1811 Staats- und Finanzminister im Großherzogtum Frankfurt wurde. 1825-28 war er Mitglied der bayerischen St¨andekammer. Als Publizist gab B.-S. 1808-11 die antiromantische Zeitschrift „Jason“ heraus und arbeitete bei den Zeitschriften „Der Protestant“ und „Baiernbriefe“ mit. In seiner schriftstellerischen T¨atigkeit an → Jean Paul orientiert, schrieb er ironisch-satirische Erz¨ahlungen und Romane (u. a. Der alte Adam, 1819). C Killy
Bentzel-Sternau, Johann Baptist Graf von, o¨ sterr. Beamter, * 12. 5. 1755 Mainz, † 1829 Wien (?). B.-S. war bis 1777 am Reichskammergericht in Wetzlar t¨atig, wurde anschließend kurf¨urstlicher Hof- und Regierungsrat in Mainz, 1786 k. k. Kreiskommissar in Istrien und der Kraina, 1788 Landesverteidigungskommissar in Fiume. Seit 1790 war B.-S. Gubernialrat in Triest und Landvogt der vorder¨osterreichischen Grafschaften Nieder- und Oberhohenberg. Er wurde w¨ahrend des bayerischen Reichsvikariats in den Reichsgrafenstand, sp¨ater in den o¨ sterr. Grafenstand erhoben und war seit 1799 Oberst der schw¨abischo¨ sterreichischen Landmiliz.
Benya, Anton, o¨ sterr. Gewerkschafter, Politiker, * 8. 10. 1912 Wien, † 5. 12. 2001 Wien. B., Sohn eines B¨ackers, erhielt 1927-30 eine Ausbildung zum Elektromechaniker und engagierte sich bereits w¨ahrend seiner Lehrzeit in der Gewerkschaftsbewegung – als Schriftf¨uhrer der Metallarbeiter-Lehrlingssektion und Funktion¨ar des Metallarbeiterverbands. 1929 trat er der So¨ ¨ bei. Er arbeizialdemokratischen Partei Osterreichs (SPO) tete bei einer Wiener Radiofirma, wurde zum Betriebsrat gew¨ahlt. Wegen seiner Mitarbeit in einer illegalen Be-
Benz triebsgruppe der „Freien Gewerkschaft“ mußte er 1934 und 1937 Haftstrafen verb¨ußen. Im Zweiten Weltkrieg in einem R¨ustungsbetrieb t¨atig, nahm B. nach Kriegsende wieder die Arbeit bei der Radiofirma auf, wurde Betriebsobmann, Obmannstellvertreter der Metallarbeiter-Ortsgruppe Ottakring-Hernals und Mitglied des Zentralvorstandes der Gewerkschaft der Metall- und Bergarbeiter. 1948 wechselte ¨ er als hauptamtlicher Organisationssekret¨ar in den Oster¨ reichischen Gewerkschaftsbund (OGB), war 1956-59 stellvertretender Generalsekret¨ar und wurde 1959 Vizepr¨asident ¨ des OGB sowie stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Metall- und Bergarbeiter, deren Vorsitz er 1962-77 ¨ innehatte. 1963-87 war B. Pr¨asident des OGB, 1971-86 Pr¨asident des Nationalrats, dem er seit 1956 als Mitglied ¨ angeh¨orte. Er war ferner Vorsitzender der Konder SPO sumgenossenschaft Wien, Vorstandsmitglied der International Metal-Workers Federation und Ehrenpr¨asident des Fußballvereins „Rapid Wien“.
Benz, Albert, schweizer. Musiktheoretiker, Komponist, * 10. 9. 1927 Marbach (Kt. Luzern), † 21. 3. 1988 Luzern. B. studierte Musik am Konservatorium von Luzern, war dort seit 1960 Lehrer der Musiktheorie und Leiter der Klasse f¨ur Blasmusik. 1962 wurde ihm die Leitung des Luzerner Stadtorchesters u¨ bertragen, 1971 folgte seine Ernennung zum Mitglied der Kommission des Eidgen¨ossischen Musikverbandes und 1977 zum Inspektor der schweizerischen Milit¨arspiele sowie zum Leiter des Schweizer Armeespiels. B. komponierte u¨ ber 80 Werke f¨ur Blasmusik und ver¨offentlichte das Lehrbuch Blasmusikkunde – Probenmethodik (1987). Benz, Emilie, schweizer. Lehrerin, Philanthropin, * 25. 8. 1863 Z¨urich, † 18. 6. 1928 Z¨urich. B. absolvierte 1879-83 das Lehrerinnenseminar in Z¨urich und unterrichtete an der Schweizer-Schule in Neapel. 1886 kehrte sie nach Z¨urich zur¨uck und wurde 1894 an die neu¨ gegr¨undete Ubungsschule der T¨ochterschule in Z¨urich berufen. Dort gr¨undete sie mit Kolleginnen den Lehrerinnenverein Z¨urich, dem sie bis 1914 und 1918-20 vorstand. B. veranlaßte den Anschluß des Vereins an den schweizer. Lehrerinnenverband, in dessen Zentralvorstand sie jahrelang mitarbeitete. Neben zahlreichen Ver¨offentlichungen zur Geschichte der Frauenbewegung in Sammelwerken publizierte B. Handarbeiten in Schule und Haus (1917). Benz, Ernst (Wilhelm), evang. Theologe, * 17. 11. 1907 Friedrichshafen, † 29. 12. 1978 Meersburg. B., Sohn eines Reichsbahningenieurs, studierte Klassische Philologie und Arch¨aologie, sp¨ater evang. Theologie an den Universit¨aten T¨ubingen, Berlin und Rom und habilitierte sich 1932 f¨ur Kirchen- und Dogmengeschichte an der Univ. Halle. Er war Sch¨uler Erich → Seebergs. 1933 wurde er Mitglied der SA, 1937 der NSDAP. 1934 / 35 lehrte er an der Luther-Akademie in Dorpat und folgte 1935 einem Ruf als a. o. Prof. an die Univ. Marburg, wo er 1937-73 Ordinarius der Kirchen- und Dogmengeschichte war. 1948 wurde B. Mitherausgeber der „Zeitschrift f¨ur Religions- und Geistesgeschichte“. Er ver¨offentlichte Ecclesia spiritualis. Kirchenidee und Geschichtstheologie der franziskanischen Reformation (1934, Nachdr. 1964) sowie Geist und Leben der Ostkirche (1957). Sp¨atere Arbeiten B.s besch¨aftigten sich u. a. mit asiatischen Religionen. C Eberle Benz, Eugen, Industrieller, Ingenieur, * 1. 5. 1873 Mannheim, † nach 1953. B. studierte an der TH Darmstadt, trat 1896 als Betriebsingenieur in die Firma seines Vaters Karl Friedrich → B. ein und nahm im gleichen Jahr an der spektakul¨aren Autofernfahrt Paris-Marseille-Paris mit einem „Benz-vis-`a-vis“ teil. Nach kurzer T¨atigkeit bei schweizer. Motoren- und Maschinenbaufirmen kehrte er zu Benz & Co. zur¨uck und entwickelte
u. a. die ersten in Deutschland gebauten Sauggasmotoren. B. wurde Prokurist der 1899 in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Firma und gr¨undete den Rheinischen AutomobilClub, dessen erster Vorsitzender er viele Jahre war. 1903 schied B. aus der Fa. Benz & Co. AG aus und gr¨undete mit seinem Vater die Fa. C. Benz S¨ohne in Ladenburg am Neckar.
Benz, Gustav, schweizer. evang. Theologe, * 2. 8. 1866 Fischingen, † 25. 1. 1937 Basel. Nach dem Studium in Marburg, Basel, Berlin und Z¨urich wurde B. Pfarrer in Wagenhausen bei Stein am Rhein und 1897 an der Matth¨auskirche in Basel, wo er eine Industrieund Arbeitergemeinde betreute. Theologisch an Wilhelm → Herrmann orientiert, besch¨aftigte er sich fr¨uh mit der Arbeiterbewegung und engagierte sich in der sozialen F¨ursorge. Seit 1894 leitete er das Sekretariat des kurz zuvor gegr¨undeten evang. Arbeitervereins in Basel. B.s zahlreiche Predigtsammlungen (u. a. In der Gewalt Jesu, 1905, 111925) fanden u¨ ber die Grenzen der Schweiz hinaus Beachtung.
Benz, Karl Friedrich, Ingenieur, Erfinder, Unternehmer, * 25. 11. 1844 Karlsruhe, † 4. 4. 1929 Ladenburg. B.s Vater war einer der ersten Lokomotivf¨uhrer in Deutschland. Da er fr¨uh starb, hat B. ihn kaum kennengelernt, aber die Begeisterung f¨ur das „Fahren ohne Pferde“ teilte B. Obgleich die Familie nicht beg¨utert war, konnte B. das Lyzeum in Karlsruhe besuchen. Mit 17 Jahren wechselte er dort zur polytechnischen Schule. Der Fahrzeugbau, Vision und Maxime seines ganzen Lebens, besch¨aftigte ihn mit Konstruktionspl¨anen schon zu dieser Zeit. „Meine Lieblingsidee war, die Lokomotive auf die Straße zu stellen. Ich wollte sie aus Ihrer Zwangsl¨aufigkeit befreien.“ Vorerst trat B. f¨ur zwei Jahre als Arbeiter in eine Karlsruher Maschinenfabrik ein. Danach wechselte er zu anderen Maschinenfabriken sowohl in praktischer als auch in kaufm¨annischer T¨atigkeit. 1871 gr¨undete er mit A. Ritter in Mannheim eine mechanische Werkst¨atte. Die Partnerschaft zerfiel bald; aber Bertha Ringer, die Braut von B., half aus, indem sie ihre Mitgift noch vor der Hochzeit zur Auszahlung von Ritter zur Verf¨ugung stellte. Beides war f¨ur viele Jahre kennzeichnend: die wirtschaftlich unsichere Situation wie auch die unbedingte Unterst¨utzung B.s durch seine Frau. Obgleich die Werkstatteinrichtung gepf¨andet wurde, gelang es ihm 1879, einen Gasmotor herzustellen. Es handelte sich um einen Zweitakter, weil der Viertaktmotor noch durch die Otto-Patente gesch¨utzt war. Aufgrund dieses Erfolges konnte B. Kapitalgeber interessieren und eine Aktiengesellschaft gr¨unden. Sein Anteil betrug aber nur f¨unf Prozent und B. wurde auch nicht Direktor. Als ihm auch noch Auflagen f¨ur seine Konstruktionen gemacht wurden, schied B. schon drei Monate nach Unternehmensgr¨undung wieder aus. Mit anderen Kapitalgebern gr¨undete er 1883 in Mannheim die Firma Benz & Co. Rheinische Gasmotorenfabrik f¨ur den Bau seiner ortsfesten Zweitaktmotoren. Er bekam f¨ur den Motor kein Patent. Trotzdem gelang es ihm, wichtige Konstruktionsteile, wie die Schmierung und die Drosselung, zu sch¨utzen. Er setzte einen elektrischen Z¨under ein, der seinen Motor Konkurrenzprodukten u¨ berlegen machte. Wirtschaftlich gest¨arkt nahm B. seine Arbeit am Motorwagen wieder auf. Das Problem war bekannt: Die zur Verf¨ugung stehenden Motoren waren zu schwer f¨ur ein Fahrzeug; um eine ausreichende Leistung zu erhalten, mußte ein
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Benz schnellaufender Motor entwickelt werden. Hierf¨ur war eine Vielzahl von konstruktiven und materialtechnischen Problemen zu u¨ berwinden. B. entschied sich f¨ur den Ottomotor, dessen Patentschutz inzwischen abgelaufen war. Er entwickelte einen Wasserk¨uhler, eine elektrische Z¨undung und den Masseausgleich an der Kurbelwelle, Konstruktionsprinzipien, die bis heute G¨ultigkeit haben. Schon 1885 konnte B. das erste funktionst¨uchtige Automobil vorstellen. Im folgenden Jahr wurde seine Erfindung durch Patente in allen wichtigen L¨andern anerkannt und gesch¨utzt. Trotz des technischen Triumphs blieb der wirtschaftliche Erfolg vorerst aus. Den ersten Wagen konnte B. erst 1887 an Emile Roger, der eine kleine mechanische Werkstatt in Paris besaß, verkaufen. Wieder wurden B.s Gesch¨aftspartner unruhig, weil er sich in ihren Augen zu sehr auf den Motorwagen und zu wenig auf das laufende Gesch¨aft mit den Gasmotoren konzentrierte. Jedoch schied dieses Mal nicht B. aus der Firma aus, sondern seine Partner wechselten 1890. Am Motorwagen war insbesondere noch das Problem der Lenkung zu l¨osen. B. hatte sie bisher als Dreir¨ader konstruiert und dadurch das Problem umgangen. 1893 baute er die Achsschenkellenkung, die ein vierr¨adriges Fahrzeug erlaubte. Weitere Innovationen folgten. Seit 1896 stellte die Firma auch mehrzylindrige Motoren her. Zwecks Expansion wurde die Firma 1899 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, an der B. zu einem Drittel beteiligt war. Auch der wirtschaftliche Erfolg hatte sich eingestellt. 1900 wurden 603 Wagen verschiedener Typen gebaut. Jedoch fuhren andere Automobile, insbesondere die von → Daimler, ¨ schneller. B. stand mit seiner Uberzeugung, „50 km / h sind genug“, bald allein; der Absatz der Firma sank bis 1903 auf ein Drittel. Daraufhin stellte der kaufm¨annische Direktor, ohne B. zu informieren, eine Gruppe junger Ingenieure aus Frankreich ein, die neue Konstruktionen verwirklichen sollten. B. empfand dies als Affront und verließ 1903 den Vorstand seines Unternehmens. Die neuen Konstruktionen – u. a. wurde erstmals auf den Kettenantrieb zugunsten der Kardanwelle verzichtet – bew¨ahrten sich im Modell „Parsifal“. Das Unternehmen expandierte wieder. Auch B.s Zorn war verraucht, er u¨ bernahm 1904 einen Sitz im Aufsichtsrat, den er bis zu seinem Tod innehatte. Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurde B. hoch geehrt. F¨ur seine „wunderbare Errungenschaft“ erhielt er den Titel eines Doktor-Ingenieurs ehrenhalber von der TH Karlsruhe. Er erlebte die weltweite Verbreitung seiner Erfindung ebenso, wie die Fusion seines Unternehmens mit dem des Erzrivalen Daimler zur DaimlerBenz AG. WERK: Lebensfahrt eines deutschen Erfinders. Leipzig 1925. M¨unchen / Berlin 2001. LITERATUR: Paul Siebertz: C. B. Stuttgart 1950. – Friedrich Schildberger: K. B. In: Vom Motor zum Auto. F¨unf M¨anner und ihr Werk. Stuttgart 1968, S. 147-203. – Max Kruk / Gerold Lingnau: 100 Jahre Daimler-Benz. Das Unternehmen. Mainz 1986, S. 1-87. – Manfred Barthel / Gerold Lingnau: 100 Jahre Daimler-Benz. Die Technik. Mainz 1986, S. 1-90. – Wilfried Feldenkirchen: „Vom Guten das Beste“. Von Daimler und Benz zur DaimlerChrysler AG. Bd. 1: Die ersten 100 Jahre (1883-1983). M¨unchen 2003. Harm G. Schr¨oter
Benz, Ottomar, Politiker, Bankier, * 7. 6. 1880 Sonneberg (Th¨uringen), † 20. 1. 1960 Berlin. Nach juristischen und volkswirtschaftlichen Studien an den Universit¨aten M¨unchen, Berlin und Jena und der Promotion 1903 wurde B., Sohn eines Oberforstrates, Landratsamtsassessor in Saalfeld, dann B¨urgermeister von Hildburghausen. Er war 1913-15 Kreisassessor in Meiningen, 191417 Landrat in Sonneberg, 1915-18 Regierungsrat und 191821 Staatsrat in Meiningen. 1919 wurde er Staatsrat und
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1920 th¨uringischer Finanzminister. Seit 1922 stand B. der Bank f¨ur Th¨uringen vor und wurde 1926 in die Direktion der Disconto-Gesellschaft bzw. der Deutschen Bank und Disconto-Gesellschaft in Berlin berufen. C Th¨uringen
Benz, Richard (Edmund), Literatur-, Musik- und Kulturhistoriker, * 12. 6. 1884 Reichenbach / Vogtland, † 9. 11. 1966 Heidelberg. B., Sohn eines Dresdner Hofpredigers, studierte Germanistik und Philosophie an den Universit¨aten Heidelberg, Leipzig und M¨unchen, wurde 1907 mit der Arbeit M¨archen und Aufkl¨arung im 18. Jahrhundert. Eine Vorgeschichte zur M¨archen-Dichtung der Romantiker promoviert und lebte danach als freier Wissenschaftler und Publizist in Heidelberg. In seinem umfangreichen Werk befaßte er sich mit der Literatur-, Musik- und Kulturgeschichte verschiedener Epochen und richtete sein wissenschaftliches Interesse u. a. auf die gegenseitige Durchdringung von Dichtung, Musik und Philosophie (Die Stunde der deutschen Musik, 2 Bde., 1923-27; 31943-49). Auf literaturwissenschaftlichem Gebiet besch¨aftigte sich B. vor allem mit der deutschen Romantik und gab sp¨ater u. a. Epochenmonographien und sp¨atmittelalterliche Literatur (Die deutschen Volksb¨ucher, 6 Bde., 1911-24) heraus. B. war Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. C IGL Benz, Severin, schweizer. Maler, * 14. 3. 1834 Marbach (Kt. St. Gallen), † 2. 11. 1898 M¨unchen. B. war zun¨achst als Kunstschlosser t¨atig, besuchte das M¨unchener Polytechnikum und studierte seit 1854 an der dortigen Kunstakademie, 1857-65 bei Karl von → Piloty. Er widmete sich bevorzugt der religi¨osen Malerei, war als Assistent Pilotys u. a. an dem Fresko Kaiser Ludwig gr¨undet das Kloster Ettal am Maximilianeum beteiligt und ist mit dem eigenst¨andigen Gem¨alde Belagerung Carmagnolas durch den bayerischen Kurf¨ursten Max Emanuel (1865) in der Historischen Galerie des Bayerischen Nationalmuseums vertreten. Ferner schuf er Genredarstellungen, Portr¨ats und Landschaftsaquarelle. C AKL Benzenberg, Johann Friedrich, Naturforscher, Publizist, * 5. 5. 1777 Sch¨oller bei Elberfeld, † 7. 6. 1846 Bilk bei D¨usseldorf. B. studierte Theologie in Marburg, sp¨ater Naturwissenschaften bei Georg Christoph → Lichtenberg (Promotion 1800) in G¨ottingen. 1805 wurde er Lehrer der Naturwissenschaften am Lyzeum in D¨usseldorf und Leiter der Landesvermessung des Herzogtums Berg, organisierte das Katasterwesen neu und regte Fortbildungsmaßnahmen der Mitarbeiter an. Zun¨achst ein Bewunderer Napoleons, zog B. 1810 aus Opposition gegen ihn in die Schweiz. Er gab 1817 / 18 den „Deutschen Beobachter“ in Hamburg heraus und schrieb verfassungspolitische und volkswirtschaftliche Beitr¨age, u. a. f¨ur den „Rheinischen Merkur“. B. galt als einer der ersten rheinischen Liberalen und vertrat gem¨aßigt-konstitutionelle Ansichten. 1844 gr¨undete er ein privates Observatorium in Bilk. Neben politischen Schriften (u. a. W¨unsche und Hoffnungen eines Rheinl¨anders, 1815, 21816) ver¨offentlichte B. geod¨atische und astronomische Arbeiten, darunter das Vollst¨andige Handbuch der angewandten Geometrie [. . .] (3 Bde., 1810-13). C NDB Benziger, August, amerikanischer Maler schweizer. Herkunft, * 2. 1. 1867 Einsiedeln, † 13. 4. 1955 New York. B., Enkel Nikolaus → B.s, studierte in Br¨ussel, M¨unchen, Wien und bei L´eon Bonnat in Paris. Seit seiner ersten Ausstellung 1895 in Z¨urich erhielt er zahlreiche Bildnisauftr¨age, sp¨ater vor allem von Pers¨onlichkeiten der internationalen Politik (u. a. Pr¨asident William McKinley), der Wirtschaft, des Klerus (u. a. Papst Leo XIII.) und von Milit¨ars. Er bereiste
Bequignolles Italien und die USA, lebte seit 1898 abwechselnd im schweizerischen Brunnen – er stiftete dort die Theresiakirche –, in Paris und New York und wurde 1951 amerikanischer Staatsb¨urger. C AKL
Benziger, Carl Josef, schweizer. Diplomat, Historiker, * 23. 6. 1877 Einsiedeln, † 26. 4. 1951 Tartegnin (Kt. Waadt). B., Sohn eines Richters, studierte in Innsbruck, Freiburg (Schweiz), Paris, M¨unchen und Bern und wurde 1909 zum Dr. phil., 1916 zum Dr. rer. pol. promoviert. 1904-06 arbeitete er als Kantonsarchivar in Schwyz, 1907-16 als Bibliothekar an der Stadt- und Hochschulbibliothek in Bern. 1917-19 an der schweizer. Gesandtschaft in Wien t¨atig, war er 1920-31 Chef des eidgen¨ossischen Konsulardienstes in Bern, 1931-34 im Auftrag des V¨olkerbundes Pr¨asident des Internationalen Hafenrats in Danzig und 1934-44 zun¨achst Generalkonsul, dann Gesch¨aftstr¨ager in Dublin. B. geh¨orte dem Verwaltungsrat des Verlagshauses Benziger an. Er verfaßte zahlreiche buchgewerbliche, (kunst)historische und wirtschaftspolitische Arbeiten.
Benziger, (Joseph) Karl, schweizer. Verleger, Staatsmann, * 16. 10. 1799 Einsiedeln, † 4. 5. 1873 Einsiedeln. Sechzehnj¨ahrig trat B. in die v¨aterliche Buch- und Devotionalienhandlung ein und u¨ bernahm sie 1833 gemeinsam mit seinem Bruder Nikolaus → B. Er war 1832 / 33 Statthal¨ ter des Außern Landes Schwyz und 1850-52 Landammann seines Kantons. Er regte die Errichtung des Spitals Einsiedeln an. C NDB
Benziger, (Joseph) Nikolaus, schweizer. Kaufmann, * 22. 3. 1808 Einsiedeln, † 5. 12. 1864 Einsiedeln. Gemeinsam mit seinem Bruder Karl → B. u¨ bernahm B. 1833 vom Vater die Leitung der Gesch¨aftes f¨ur Wallfahrtsartikel in Einsiedeln. W¨ahrend Karl sich bevorzugt mit Politik besch¨aftigte, u¨ bernahm B. die Leitung der Firma „Gebr¨uder Karl und Nikolaus Benziger“. 1833 errichtete er eine eigene Buchdruckerei, die er bis 1849 durch den Ankauf von mehreren Druckereien vergr¨oßerte. 1835 f¨uhrte er eine lithographische und Kolorieranstalt ein und pflegte seit 1834 Handelsbeziehungen mit Amerika. 1840 wurde erstmals ein Vertreter in die USA entsandt, 1853 das erste Gesch¨aft in New York gegr¨undet. B. gab kath. Zeitschriften, Andachtsund Meßb¨ucher heraus und f¨orderte die kath. Erbauungsund Unterhaltungsliteratur. 1860 u¨ bergaben die Br¨uder die Leitung des Verlags an ihre S¨ohne, die weitere Zweignie¨ derlassungen in Europa und Ubersee gr¨undeten. C NDB Benzing, Josef, Bibliothekar, * 4. 2. 1904 Neuses (Hessen), † 18. 5. 1981 Mainz. B. studierte neuere Sprachen und wurde 1929 mit der Arbeit Zur Geschichte von Ser als Hilfszeitwort bei den intransitiven Verben im Spanischen promoviert. 1933 wurde er in den Wissenschaftlichen Dienst der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin u¨ bernommen, dem er bis 1945 angeh¨orte. 1946-66 war er an der Universit¨atsbibliothek Mainz t¨atig. B.s Hauptinteresse galt der Geschichte des deutschen Buchdrucks, vor allem des 16. Jahrhunderts. Er betrieb historische und typologische Grundlagenforschung als eine Voraussetzung f¨ur einen Gesamtkatalog der Drucke des 16. Jh. im deutschen Sprachraum. Er ver¨offentlichte u. a. ein Buchdruckerlexikon des 16. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet (1952). C Habermann 2
Benzinger, Immanuel (Gustav Adolf), evang. Theologe, Arch¨aologe, * 21. 2. 1865 Stuttgart, † 12. 3. 1935 Riga. B. studierte 1883-88 in T¨ubingen (Dr. theol. und Dr. phil), wurde 1894 Pfarrer in Neuenstadt am Kocher, habilitierte sich 1898 f¨ur Altes Testament an der Univ. Berlin und war
seit 1902 Lehrer in Jerusalem, u. a. an den Schulen des Hilfsvereins der Deutschen Juden. 1906 u¨ bernahm er dort zus¨atzlich das Amt des Vizekonsuls der Niederlande. B. folgte 1912 einem Ruf als Prof. der Klassischen Philologie an die Univ. Toronto und war 1915-18 Prof. des Alten Testaments an der Univ. Meadville in Pennsylvania, seit 1921 in gleicher Funktion an der Univ. Riga. Mit seinem Hauptwerk Hebr¨aische Arch¨aologie (1892) erwies sich B. als Anh¨anger der → Wellhausenschen Schule, schloß sich aber in sp¨ateren Auflagen den sogenannten „panbabylonistischen“ Anschauungen Hugo → Wincklers an. 1897-1902 gab er die Zeitschrift des deutschen Pal¨astinavereins heraus. C BBKL
Benzinger-Wahlmann, Eleonore, o¨ sterr. Schauspielerin, * 11. 4. 1843 Klagenfurt, † 18. 7. 1900 T¨ubingen. Die Tochter Joseph Wahlmanns kam bereits als Kind zur B¨uhne, erhielt Unterricht von Emil → Devrient und deb¨utierte 1862 als tragische Liebhaberin in Linz. B. trat in Amsterdam und Graz auf, wurde von Heinrich → Marr an das Hamburger Thalia-Theater berufen und war seit 1866 am Hoftheater Stuttgart engagiert, wo sie als Maria Stuart erstmals auftrat. B. spielte das klassische Repertoire ebenso wie moderne Figuren Ibsens und Gerhart → Hauptmanns.
Benzler, Johann Lorenz, Publizist, * 19. 2. 1747 Lemgo, † 3. 4. 1817 Wernigerode. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Leipzig wurde B. Sekret¨ar eines Buchh¨andlers in Lemgo. Als Redakteur des „Lippischen Intelligenzblatts“ (1773-83) versuchte er volksaufkl¨arerisch zu wirken. Er war seit 1780 Stolbergischer Rat, von 1783 an Bibliothekar in Wernigerode. B. ¨ gab zahlreiche Ubersetzungen aus dem Englischen (darunter Werke Laurence Sternes und Jonathan Swifts) und Franz¨osischen heraus, sammelte Fabeln (Fabeln f¨ur Kinder aus den besten Dichtern, 1770, 21773) und schrieb u. a. Der Mann von Gef¨uhl (1802).
Benzler, Willibrord, Taufname: Karl, Benediktiner, Bischof von Metz, * 16. 10. 1853 Niederhemer bei Iserlohn, † 16. 4. 1921 Baden-Baden. B. absolvierte seine theologischen Studien in Innsbruck und Beuron, trat 1874 in den Benediktinerorden ein und wurde 1877 zum Priester geweiht. 1880 kam er in das Kloster Emaus in Prag und war seit 1883 Prior des Klosters Seckau, von 1887 an in Beuron. 1893 wurde B. Abt des Klosters Maria-Laach, 1901 Bischof von Metz. Er verzichtete 1919 auf das franz¨osisch gewordene Bistum und wurde vom Papst in den Ruhestand entlassen. B. schrieb Erinnerungen aus meinem Leben, die Pius Bihlmeyer postum (1922) herausgab. C Schulte
Benzmann, Hans, Schriftsteller, * 27. 9. 1869 Kolberg (Pommern), † 7. 1. 1926 Berlin-Steglitz. B. studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin, trat 1895 in den Dienst des statistischen Amts und war seit 1904 Sekret¨ar im Reichsamt des Innern, sp¨ater im Deutschen Reichstag, zuletzt als Reichstagsarchivar. Daneben widmete er sich geisteswissenschaftlichen, vor allem literaturhistorischen Studien und wurde 1912 in Greifswald zum Dr. phil. promoviert. Seit 1922 lebte er im Ruhestand als freier Schriftsteller. B. publizierte Balladen- und Liedersammlungen, schrieb literaturgeschichtliche und volkskundliche Beitr¨age sowie Monographien (Detlev von Liliencron, 1904). Seine Gedichte gab er in mehreren B¨anden (u. a. F¨ur Kaiser und Reich!, 1915) heraus. C Leb Pommern, Bd 1 Bequignolles, Hermann d’Artis von, Intendant, Dramaturg, * 24. 9. 1825 Liegnitz, † 22. 12. 1867 Wiesbaden. Der Sohn eines preuß. Generals studierte seit 1846 in Breslau Rechts- und Literaturwissenschaften, wurde 1855 Leiter
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Beradt des Stadttheaters seiner Heimatstadt und ging im folgenden Jahr als Dramaturg nach G¨orlitz. Sp¨ater erneut in Liegnitz t¨atig, war B. 1860-64 Dramaturg und Co-Direktor am Stadttheater Breslau und wurde 1866 schließlich Intendant des Hoftheaters Wiesbaden. Er schrieb Gedichte und Dramen, darunter die dramatische Studie Hilario (1849).
seit 1903 als Professor, erhielt. Er besch¨aftigte sich vor allem mit der Entwicklung von Methoden zur astronomischen Bahnbestimmung kleiner Planeten und Kometen. 1905-09 war er Herausgeber des „Astronomischen Jahresberichts“, seit 1899 des offiziellen astronomischen Literaturberichts. C NDB
Beradt, Martin, Pseud. Marsyas, Beatus, Jurist, Schrift-
Berberich, Joseph, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, * 20. 5. 1897 Großkrotzenburg, † 3. 6. 1969 New York. Nach dem Medizinstudium in Frankfurt / Main und Berlin (Promotion 1919, Nachuntersuchungen von Gastroenterostomien wegen Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni) verbrachte B. seine Assistenzzeit am Rudolf-Virchow-Hospital in Berlin und am Senckenberg-Institut in Frankfurt. Er habilitierte sich 1927 in Frankfurt f¨ur Hals-, Nasen-, Ohrenkunde (Das Mittelohrcholesteatom) und wurde Oberarzt an der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik der Frankfurter Universit¨at. 1930 erschien die Behandlung der Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten in der Allgemeinpraxis, 1932 das Lehrbuch der Mund- und Rachenkrankheiten. 1932 zum a. o. Prof. ernannt, wurde er 1933 wegen seiner j¨udischen Herkunft entlassen. Bis 1938 praktizierte er als niedergelassener Arzt, emigrierte dann nach London, wo er am Pathologischen Institut des Archways Hospitals besch¨aftigt war. 1940 ging er nach New York und er¨offnete dort 1941 eine Praxis. 1952 wurde er als Fakult¨atsmitglied an der Univ. Frankfurt wiedereingesetzt und war 1959-63 o. Professor. B. widmete sich besonders ¨ radiologischen Fragen. C Arzte 2, 3
steller, * 26. 8. 1881 Magdeburg, † 26. 11. 1949 New York. Nach dem Jurastudium an den Universit¨aten Berlin, M¨unchen und Heidelberg (Promotion 1906), war B., Sohn eines orthodoxen j¨udischen Lederh¨andlers, seit 1909 am Berliner Kammergericht, sp¨ater als Rechtsanwalt in Berlin t¨atig, wo er u. a. Ernst → Toller vertrat. Schon 1909 ver¨offentlichte er seinen ersten Roman Go. B., der mit Oskar → Loerke befreundet war, wurde 1915 f¨ur ein Jahr zum Kriegsdienst eingezogen (Erdarbeiter – Aufzeichnungen eines Schanzsoldaten, 1919). Sein schriftstellerisches Werk besch¨aftigte sich u. a. mit Zeit- und Gesellschaftskritik und erregte vor allem die Kritik nationalistischer Gruppierungen. 1933 wurde B. mit Berufsverbot belegt; er emigrierte 1939 zun¨achst nach London, 1940 nach New York. Sein Roman u¨ ber das Leben Berliner Juden, Die Straße der kleinen Ewigkeit, erschien postum 1965. C Spalek 2,1
Beraz, Joseph, Mediziner, * 1803 Aschaffenburg, † 7. 6. 1869. Das Studium der Medizin in M¨unchen schloß B. 1828 mit der Promotion ab. Er wurde Prof. an der chirurgischen Schule in Bamberg und an der Baderschule in Landshut. Seit 1844 a. o. Prof. der Medizin an der Univ. W¨urzburg, seit 1848 an der Univ. M¨unchen, wurde er dort 1854 zum o. Prof. der allgemeinen Naturgeschichte ernannt. B. ver¨offentlichte u. a. Der Mensch nach Leib, Seele und Geist (2 Bde., 1836-41). Berber, (Karl Heinrich) Felix, Musiker, * 11. 3. 1871 Jena, † 2. 11. 1930 M¨unchen. B., Sohn eines Kaufmanns, trat schon im Alter von neun Jahren o¨ ffentlich auf und war zun¨achst Sch¨uler am Dresdner, seit 1884 am Leipziger Konservatorium, u. a. bei Adolf → Brodsky. 1891-96 war er Konzertmeister in Magdeburg, ging dann einige Zeit auf Konzertreisen, bis er 1898-1902 unter Arthur → Nikisch Konzertmeister beim Leipziger Gewandhausorchester war. 1904 folgte er einem Ruf als Violinlehrer an die Kgl. Akademie der Tonkunst in M¨unchen, 1907 an das Hochsche Konservatorium in Frankfurt / Main. 1908 wurde er Nachfolger Henri → Marteaus am Konservatorium in Genf. Seit 1920 hatte B. eine Professur an der Akademie in M¨unchen inne und war gleichzeitig Primarius eines Streichquartetts. C NDB Berber, Friedrich (Joseph), V¨olkerrechtler, * 27. 11. 1898 Marburg, † 23. 10. 1984 Kreuth. Nach der Studium der Rechte wurde B. Landgerichtsrat. 1936-44 war er stellvertretender Leiter des Instituts f¨ur Ausw¨artige Politik in Hamburg. Seit 1937 Mitglied der NSDAP und Prof. in Berlin, nahm er 1954 eine Professur in M¨unchen an und leitete bis 1968 das Institut f¨ur V¨olkerrecht, Rechts- und Staatsphilosophie der Univ. M¨unchen. B. arbeitete vor allem u¨ ber Kriegsverh¨utung und internationales Wassernutzungsrecht. Als Rechtsberater der indischen Regierung war er an den Vertr¨agen u¨ ber die Nutzung des Indus (mit Pakistan, 1960) und des Ganges (mit Bangladesh, 1977) beteiligt. B. ver¨offentlichte u. a. ein Lehrbuch des V¨olkerrechts (3 Bde., 1960-64). C Juristen Berberich, Adolf (Joseph), Astronom, * 16. 11. 1861
¨ Uberlingen, † 27. 4. 1920 Berlin. B., Sohn eines Postschaffners, studierte 1880-84 Astronomie in Straßburg und trat dann als Hilfsarbeiter in das Astronomische Institut in Berlin ein, wo er 1897 eine feste Anstellung,
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Berberich, Ludwig, Dirigent, Komponist, * 23. 2. 1882 Biburg (Oberbayern), † 23. 2. 1965 Neubiberg bei M¨unchen. B. wurde nach dem Studium in Freising 1907 zum Priester geweiht und war dann als Kaplan in Ruhpolding t¨atig. Seit 1910 besuchte er die Kirchenmusikschule in Regensburg, u. a. als Sch¨uler Franz Xaver → Haberls und von 1912 an die Akademie f¨ur Tonkunst in M¨unchen. 1910-16 war er Chordirigent der B¨urgersaalkirche, seit 1919 als Nachfolger von Eugen W¨ohrle Leiter des Domchors der M¨unchener Frauenkirche. 1921 nahm er eine Professur f¨ur kath. Kirchenmusik an der Akademie M¨unchen an. 1932 wurde er Ehrenmitglied der Internationalen Bruckner-Gesellschaft, 1935 p¨apstlicher Geheimk¨ammerer mit dem Titel Monsignore. B. komponierte neben zahlreichen Motetten auch Messen und ein Requiem.
Berblinger, Albrecht Ludwig, auch „der Schneider von Ulm“, Flugpionier, * 24. 6. 1770 Ulm, † 28. 1. 1829 Ulm. Im Ulmer Waisenhaus zum Schneider ausgebildet und sp¨ater Meister mit einer eigenen Werkstatt, entdeckte B. um die Jahrhundertwende sein Interesse f¨ur Mechanik. 1808 stellte er Prothesen f¨ur Beinamputierte her und konstruierte 1811 in Anlehnung an die Flugmaschine Jakob → Degens einen halbstarren H¨angegleiter. Der Flugversuch von der Adlerbastei u¨ ber die Donau am 31. 5. 1811 in Anwesenheit des K¨onigs mißlang jedoch. Dem allgemeinen Spott ausgesetzt, begann damit B.s wirtschaftlicher Abstieg, der in dem gerichtlichen Verkauf seines Wohnhauses 1816 seinen Abschluß fand. C NDB Berblinger, Walther, Pathologe, * 13. 7. 1882 Karlsruhe, † 10. 4. 1966 Muri bei Bern. B. studierte 1900-06 an den Universit¨aten Heidelberg, M¨unchen und Straßburg, wo er 1908 promoviert wurde (Ueber die Sporenbildung und Auskeimung des Bacillus mesentericus ruber) und am Bakteriologischen Institut t¨atig war. Sp¨ater am St¨adtischen Krankenhaus in Karlsruhe und an den Pathologischen Instituten in Z¨urich, Marburg und Kiel besch¨aftigt, habilitierte er sich 1912 in Marburg, wurde 1916 Titularprofessor, 1920 a. o. Prof. in Kiel und folgte 1922 einem Ruf als o. Prof. der allgemeinen Pathologie an
Berchthold die Univ. Jena. Wegen der j¨udischen Abstammung seiner Frau wurde B. 1937 entlassen und emigrierte noch im selben Jahr in die Schweiz, wo er bis 1954 Leiter des Schweizerischen Forschungsinstitutes f¨ur Tuberkulose in Davos war. Nach Kriegsende war er Gastprofessor an den Universit¨aten Hamburg, Erlangen und Jena, lehnte aber Rufe an diese Universit¨aten ab. Er war Herausgeber des „Zentralblatts f¨ur allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie“, der Zeitschrift „Endokrinologie“ und der „Acta Davosiana“. B. vero¨ ffentlichte u. a. Pathologie und pathologische Morphologie der Hypophyse des Menschen (1932) und Formen und Ursachen der Herzhypertrophie bei Lungentuberkulose (1947). ¨ 2, 3 C Arzte
Berchelmann, Johann Philipp, Mediziner, * 3. 6. 1718 Darmstadt, † 13. 8. 1783. B. studierte in Coburg Philosophie und die Sch¨onen Wissenschaften, sp¨ater in Hamburg, Gießen und Jena Medizin, Pharmazie und Chemie. 1751 kehrte er nach Gießen zur¨uck, wurde promoviert (De liene) und ließ sich dort als Arzt nieder; seit 1752 war er nebenbei Garnisonsphysikus. 1764 wurde er Hessen-Darmst¨adtischer Hofmedikus. B. verfaßte u. a. eine Abhandlung vom Krebs, worinnen die Ursachen desselben untersucht und zwey bisher geheim gehaltene Mittel zu dessen Heilung bekannt gemacht werden (1756, 21764). Berchem, Egon (August) Frh. von, Verlagsbuchh¨andler, Heraldiker, * 2. 4. 1876 Stuttgart, † 1. 12. 1946 Ober¨olkofen (Kr. Ebersberg). Seit 1901 als selbst¨andiger Buchh¨andler in Waldheim t¨atig, erwarb B. 1911 „Max Kellerers Hofbuchhandlung“ in M¨unchen. Als Heraldiker und Sphragistiker geh¨orte er zum Kreis um Otto → Hupp, dessen engster Mitarbeiter und Verleger er war. B. gab eine Neubearbeitung von Eduard von → Sackens Heraldik (1920) in seinem Werk Siegel (Bibliothek f¨ur Kunst- und Altertumssammler, Bd. 11, 1923) heraus. C NDB
Berchem, Maximilian (Franz Joseph) Graf von, Staatsmann, * 14. (18. ?) 5. 1702 Burghausen, † 18. 12. 1777 M¨unchen. B., Sohn eines kurbayerischen Regierungsrats, studierte Kameralwissenschaften in Ingolstadt und war seit 1729 Rentmeister in Burghausen. Von 1741 an leitete er das Heeres¨ verpflegungswesen im Osterr. Erbfolgekrieg und wurde 1742 zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt. Er f¨uhrte eine Sanierung der bayerischen Finanzen durch, vor allem durch die Gr¨undung von staatlichen Manufakturen (Nymphenburger Porzellanmanufaktur, Gobelinmanufaktur). C NDB Berchem, Maximilian (Sigismund Rudolf) Graf von, Politiker, * 23. 9. 1841 M¨unchen, † 13. 4. 1910 M¨unchen. Nach dem Studium in M¨unchen und Heidelberg trat B. 1867 in den bayerischen diplomatischen Dienst ein. 1870 wurde er mit der politischen und milit¨arischen Berichterstattung im Großen Hauptquartier betraut. Seit 1871 im Reichsdienst, wurde er 1873 erster Botschaftssekret¨ar in St. Petersburg, 1878 in Wien, danach Generalkonsul in Budapest. 1885 wurde B. Direktor der handelspolitischen Abteilung im Berliner Ausw¨artigen Amt, 1886 Unterstaatssekret¨ar. C NDB
Bercher, Emil, auch E. Bercher-Liniger, schweizer. Architekt, * 29. 4. 1883 Basel, † 25. 7. 1964 Basel. Nach dem Studium an der TH Stuttgart (1905-09) bei Theodor → Fischer und Paul → Bonatz war B. seit 1912 als selbst¨andiger Architekt in Stuttgart t¨atig und gr¨undete 1915 zusammen mit Ernst Eckenstein ein Architekturb¨uro in Basel. Seit 1916 war B. Gesch¨aftsf¨uhrer des gemeinsamen B¨uros mit Eugen Tamm. B. besch¨aftigte sich vor allem mit st¨adtebaulichen Entw¨urfen. C AKL
Bercht, Gottlob Friedrich August, Publizist, * 30. 7. 1790 Niederwerbig bei Treuenbrietzen (Brandenburg), † 29. 5. 1861 Darmstadt. Nach der Promotion in Leipzig zun¨achst als Erzieher in Berlin t¨atig, war B. sp¨ater preuß. Offizier, Redakteur der „Teutschen Feldzeitung in Paris“ und Mitarbeiter beim „Rheinischen Merkur“. Sp¨ater a. o. Prof. f¨ur Philosophie, leitete er 1816-19 die staatseigene „Bremer Zeitung“. Ein 1817 von B. ver¨offentlichter Beitrag, der sich mit der Behandlung des Artikels XIII der Bundesakte besch¨aftigte und irrt¨umlich als offizielle Verlautbarung verstanden wurde, beeinflußte die Bundestagsdebatte und somit die Verfassungbestrebungen in Bayern und W¨urttemberg; dies f¨uhrte letztlich zu B.s Entlassung. 1823-43 war er als Privatlehrer t¨atig, gab 1830-35 zusammen mit Friedrich Christoph → Schlosser das „Archiv f¨ur Geschichte und Literatur“ heraus und war 1844-48 Herausgeber des „Rheinischen Beobachters“ in K¨oln. C NDB Bercht, Julius Ludwig, Schauspieler, S¨anger, Schriftsteller, * 4. 5. 1811 Pr¨otel bei Leipzig, † 6. 5. 1897 Braunschweig. B. begann, Medizin zu studieren, entschied sich dann jedoch f¨ur den Beruf des Schauspielers. Sein erstes Engagement trat er 1827 am K¨onigst¨adtischen Theater in Berlin an und ging 1829 nach Memel. 1830 / 31 in Danzig engagiert, war er 1832-36 am Hoftheater in Berlin t¨atig. B. spielte in erster Linie komische und Charakterrollen, so z. B. den Wirt in Minna von Barnhelm oder den Adam im Zerbrochenen Krug. Eine sp¨ater begonnene Gesangskarriere als Bariton verlief ebenfalls erfolgreich; er sang u. a. die Partie des Figaro und des Papageno. Nach Engagements in Amsterdam, D¨usseldorf und Breslau hielt er sich seit 1843 in Braunschweig auf. Als Dichter ver¨offentlichte B. den Band Der goldene Mai (1861). C Kutsch Berchthold von Engelberg, Benediktiner, Abt, † 3. 11. 1197. ¨ Uber den ersten Teil von B.s Leben sind keine Daten bekannt. 1178 wurde er als Nachfolger → Frowins Abt von Kloster Engelberg. B. machte nach eigenem Zeugnis eine Pilgerfahrt nach Rom, doch ist deren Zeitpunkt unsicher. In Engelberg erweiterte er die Bibliothek des Klosters und f¨orderte wie sein Vorg¨anger die Schreibkunst. Unter ihm arbeitete im Skriptorium der sog. Engelberger Meister (auch B.-Meister) als Kalligraph und Miniaturenmaler. Von B. selbst hat sich eine Handschrift erhalten, die Apologia contra errorem Burchardi abbatis S. Joannis in Thurtal (hrsg. von S. Cavelti, in: Angelomontana, 1914, S. 1-175), in der er die kirchliche Lehre u¨ ber den Aufenthalt aller vor Jesu Tod verstorbenen Gerechten in der H¨olle verteidigt. B. wurde nach seinem Tod als Seliger verehrt. C VL Berchthold von Kremsm¨unster, Benediktiner, Historiograph, * vor 1270, † vor November 1326. B. schloß sich wohl zwischen 1280 und 1290 den Benediktinern in Kremsm¨unster an und wirkte seit 1290 als Diakon in Passau. Seit 1292 arbeitete er im Skriptorium von Kremsm¨unster, zun¨achst als Schreiber und Korrektor, sp¨ater wahrscheinlich als Leiter der Schreibschule. 1300 wurde er zum Priester geweiht und dann mit dem Amt des Kustos der Stiftskirche betraut. Um 1319 hielt er sich in Avignon auf. Von B. sind verschiedene Handschriften u¨ berliefert, u. a. eine Agapitus-Legende. Um 1315 begann er die Geschichtsquellen von Kremsm¨unster, die durch ihre Kataloge der bayerischen Herz¨oge und der Passauer Bisch¨ofe von Bedeutung sind. In der Historia Cremifanensis schildert B. die Geschichte seines Klosters von dessen Gr¨undung bis zu Abt Friedrich von Aich. Zur speziellen Geschichte Kremsm¨unsters verfaßte B. auch die gleichzeitig
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Berchtold architektonisch-beschreibende wie allegorische Narratio de ecclesia Cremsmunstrensi. Sein Werk diente als Quelle f¨ur Veit → Arnpeck und (indirekt) → Aventinus. C LexMA
Berchtold, Joseph, Jurist, * 20. 9. 1833 Murnau, † 23. 10. 1894 M¨unchen. Nach dem Studium in M¨unchen wurde B. dort 1867 Prof. der Rechte; 1868-73 war er zus¨atzlich Prof. des Staats- und V¨olkerrechts an der Kriegsakademie. Seit dem ersten Vatikanischen Konzil 1870 war B. Altkatholik. Er ver¨offentlichte u. a. Die Unvereinbarkeit der neuen p¨apstlichen Glaubensdekrete mit der bayerischen Staatsverfassung (1871). C ADB
Berchtold, Leopold Graf von, o¨ sterr. Politiker, * 18. 4. 1863 Wien, † 21. 11. 1942 Schloß Peresznye bei Csepreg (Ungarn). B. studierte Rechtswissenschaften in Wien, war Statthaltereibeamter in Br¨unn und trat in den diplomatischen Dienst ein. 1894 an der o¨ sterreichisch-ungarischen Botschaft in Paris, 1899 in London, wurde er 1906 Botschafter in St. Petersburg. Seit 1911 war er als Nachfolger Aloys → Aehrenthals ¨ o¨ sterreichisch-ungarischer Minister des Außeren und Vorsitzender des gemeinsamen Ministerrats. B. trat 1915 zur¨uck und wurde 1916 Obersthofmeister, sp¨ater Oberstk¨ammerer Kaiser → Karls I.
Berchtold, Walter, schweizer. Unternehmer, * 1. 10. 1906 Winterthur, † 23. 12. 1986 W¨adenswil (Kt. Z¨urich). B., Sohn eines Lehrers, studierte Rechtswissenschaften und National¨okonomie an der Univ. Z¨urich und wurde 1930 zum Dr. jur. promoviert. Im selben Jahr trat er eine Stellung bei der Staatlichen Schweizer Bahn (SBB) an, wechselte 1938 zur „Neuen Z¨urcher Zeitung“, bei der er u. a. den Bereich Verkehr und Energie betreute, und kehrte 1945 zur SBB zur¨uck. Seit 1949 als Verwaltungspr¨asident der Swissair t¨atig, war B. maßgeblich verantwortlich f¨ur die Umgestaltung und den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg. Unter seiner Leitung wurden 1951 der Langstreckenverkehr nach Nord-, sp¨ater auch S¨udamerika und Asien aufgenommen, ein zeitgem¨aßes Management eingesetzt sowie die Flugzeugflotte erheblich erweitert und auf moderne Maschinen, auf Strahlflugzeuge anstelle der veralteten Kolbenflugzeuge, umgestellt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen blieb B. der Swissair bis 1977, der Charterfluggesellschaft Balair bis 1983 als Mitglied des Verwaltungsrats verbunden. Er ver¨offentlichte Durch Turbulenzen zum Erfolg. 22 Jahre am Steuer der Swissair (1981).
Berck, Tidemann, B¨urgermeister, * L¨ubeck, † 7. 7. 1521 L¨ubeck. Seit 1486 Mit¨altermann des Londoner Kontors der Hanse, wurde B. 1489 in den L¨ubecker Rat gew¨ahlt und f¨uhrte 1498 die Verhandlungen mit den Russen in Narwa wegen der Wiederer¨offnung des Kontors in Nowgorod. Seit 1501 B¨urgermeister von L¨ubeck, schloß er 1504 mit Hamburg und L¨uneburg den M¨unzvertrag ab, wodurch die Großsilberpr¨agung des wendischen M¨unzvereins eingeleitet wurde. 1507 war B. in Nyk¨oping an den Friedensverhandlungen mit dem d¨anischen K¨onig beteiligt. C NDB
Berckelmann, Theodorus, evang. Theologe, Schriftsteller, * 9. 11. 1576 Neustadt / R¨ubenberge (Niedersachsen), † 30. 7. 1645 G¨ottingen. Seit 1598 studierte B. in Helmstedt; 1602 wurde er Magister und Rektor der Klosterschule in Riddagshausen. 1605 ging er nach T¨ubingen, um seine Studien fortzusetzen, unternahm eine l¨angere Studienreise und wurde nach seiner R¨uckkehr 1609 Prof. der Theologie in Helmstedt. Befreundet mit Georg → Calixt, versuchte er im Streit um dessen
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Ideen zu vermitteln, wurde dann jedoch in die Auseinandersetzungen verwickelt, als er zumindest eine Einigung zwischen Calvinisten und Lutheranern gegen die kath. Kirche vorschlug. 1625-29 hielt B. sich in der Abtei Amelungsborn auf, mußte aber wegen des Restitutionsedikts fliehen; 1630 wurde er erster Stadtprediger und Generalsuperintendent in G¨ottingen. Neben theologischen Schriften verfaßte er lateiC ADB nische Gedichte.
Bercken, Erich von der, Kunsthistoriker, * 17. 12. 1885 Lennep (Rheinprovinz), † 1942. Nach dem Studium in Berlin, M¨unchen und Freiburg / Breisgau, (Promotion 1912, Untersuchungen zur Geschichte der Farbengebung in der venezianischen Malerei) war B. seit 1913 wissenschaftlicher Assistent am Bayerischen Nationalmuseum, von 1915 an in gleicher Eigenschaft an der Pinakothek in M¨unchen. 1920 wurde er Konservator an der Staatsgem¨aldesammlung in M¨unchen und war dort seit 1928 Hauptkonservator. B. verfaßte einige kunsthistorische Schriften, u. a. Geschichte der Farbengebung in der veneC Reichshandbuch zianischen Malerei (1914).
Bercker, Edmund, Verleger, * 3. 5. 1905 Kevelaer, † 4. 12. 1988 Kevelaer. Nach einem Studium der Betriebswirtschaft und praktischer Ausbildung im In- und Ausland trat B. 1930 in dritter Generation in die Gesch¨aftsf¨uhrung des in Familienbesitz befindlichen Verlags katholisch christlicher Literatur mit angegliedertem Druckbetrieb in Kevelaer (Kr. Kleve) ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg erweiterte er den Gesch¨aftsbereich des Unternehmens um den Bereich religi¨oser Gebrauchsgegenst¨ande, die in eigenen Fabriken und Kunstwerkst¨atten hergestellt werden. Außerdem besorgte B. die Modernisierung des graphischen Betriebs sowie der Buchbinderei. Den Schwerpunkt des Verlagsgesch¨afts bildet heute nach wie vor religi¨ose Literatur; ein unter B.s Regie entstandenes Jugendgebetbuch erreichte eine Auflagenh¨ohe von 1,2 Millionen Exemplaren. B. geh¨orte er zu den Begr¨undern der internationalen katholischen Verlegerorganisation „Engagement“.
Berckheim, (Karl) Christian Frh. von, Politiker, * 12. 8. 1774 L¨orrach, † 1. 3. 1849 Karlsruhe. Das Jurastudium absolvierte B. in Erlangen und Freiburg / Breisgau und trat 1797 in den badischen Staatsdienst ein. 1812 wurde B. Staatsrat und 1813 Minister des Innern. Er nahm am Wiener Kongreß teil und war seit 1817 Gesandter am Bundestag. Streng konservativ gesinnt und ein u¨ berzeugter Verfechter der Souver¨anit¨at der F¨ursten, war er seit 1821 wieder badischer Minister des Innern. Beim Regierungwechsels 1831 schied er aus und wurde zum Großhofmeister ernannt; er war Mitglied der Ersten badischen Kammer und bek¨ampfte jegliche Ausdehnung der Rechte der Volksvertretung. C NDB Berckmann, Johann, luth. Theologe, Historiker, * vermutlich Stralsund, † 12. 3. 1560. Zun¨achst Pr¨adikant in Stralsund, trat B. nach 1520 zur Reformation u¨ ber, heiratete und ging nach Neubrandenburg, wo er als Prediger t¨atig war. Nachdem sich die Reformation in Stralsund durchgesetzt hatte, kehrte B. vermutlich Ende 1524 dorthin zur¨uck, um das Kirchenwesen zu organisieren; er war an der Abfassung der ersten Schul- und Kirchenordnung in Stralsund 1525 beteiligt. 1527-55 war er als Prediger an der Marienkirche t¨atig, bis 1556 auch als Seelsorger bei den Brigittinnen. 1548-60 verfaßte B. die Stralsundische Chronik, die Aufschluß u¨ ber das Reformationszeitalter und die Ausbreitung des Protestantismus in Norddeutschland gab und als wertvolles Zeugnis der niederdeutschen Mundart gilt. C ADB
Berend Berdau, Johann Christoph, Prediger, Schulrat, * 8. 2. 1754 Mohrungen, † 5. 10. 1844 Marienwerder. B. studierte seit 1772 Theologie und h¨orte Vorlesungen bei → Kant. 1785 wurde er Feldprediger in Elbing. Seit 1795 Prediger in Marienwerder, war er als Schulrat im Konsistorium t¨atig und machte sich in dieser Funktion besonders um das Landschulwesen verdient.
Berdell´e, Johann Baptist, Maler, * 15. 5. 1813 Mainz, † 19. 7. 1876 M¨unchen. B. wurde an der D¨usseldorfer Kunstakademie bei Johann Gottfried → Schadow ausgebildet und ging anschließend nach M¨unchen. Um 1840 war er in Paris, hielt sich 1845 in Oberitalien und Venedig auf und kehrte dann nach M¨unchen zur¨uck, wo er 1850 eine Privatschule gr¨undete. Zu seinem k¨unstlerischen Hauptwerk wird auch der aus 14 Bildern bestehende Mythenzyklus im M¨unchner Polytechnikum gez¨ahlt. B. beging Selbstmord. C AKL Berdrow, Otto, Schriftsteller, Lehrer, * 26. 5. 1862 Stralsund, † 6. 2. 1903 Stralsund. Nach dem Besuch des Lehrerseminars in Franzburg, war B. seit 1882 Lehrer in Wangen bei Greifswald, sp¨ater in Richtenberg und seit 1886 in Giebichenstein bei Halle / Saale. Von 1888 an war er Lehrer in Stralsund. Schriftstellerisch besch¨aftigte B. sich zun¨achst mit Literaturgeschichte und Biographien (Frauenbilder aus der deutschen Literaturgeschichte, 1895); sp¨ater ver¨offentlichte er auch Gedichte (Still und bewegt, 1903).
Berend, Alice, Pseud. A. Hertz, Schriftstellerin, * 30. 6. 1878 Berlin, † 2. 4. 1938 Florenz. B., Tochter eines Fabrikanten und Schwester von Charlotte → B., lebte seit 1906 in Italien, wo ihre ersten erfolgreichen Romane (Die Reise des Herrn Sebastian Wenzel, 1911; Frau Hempels Tochter, 1912) entstanden. Sp¨ater hielt sie sich in Berlin, M¨unchen, Oberstdorf, 1921-24 in Konstanz, dann in Berlin auf. J¨udischer Abstammung, emigrierte sie 1935 nach Italien. Ihre Romane, die gr¨oßtenteils im b¨urgerlichen Berliner Milieu spielen, brachten ihr den Namen „Die kleine Fontane“ ein. B. war Mitglied des PEN-Clubs. C DLL, 20. Jh. Berend, Charlotte, verh. Berend-Corinth, Malerin, * 25. 5. 1880 Berlin, † 10. 1. 1967 New York. Die Schwester von Alice → B. studierte u. a. an der Schule des Berliner Kunstgewerbemuseums und war seit 1901 Sch¨ulerin Lovis → Corinths, den sie 1903 heiratete. 1906 wurde sie Mitglied der Berliner Sezession. Als Corinth 1925 starb, verwaltete sie seinen Nachlaß, gr¨undete 1927 eine eigene Schule in Berlin; 1933 emigrierte sie nach Italien, 1937 in die Schweiz, wo sie sich der Malerei widmete. Sp¨ater in Ausstellungen in den USA erfolgreich, ging sie 1939 nach New York, wo sie 1943 erneut eine Malschule er¨offnete. 1946 und 1947 hielt B. sich in der Schweiz und in der Bundesrepublik Deutschland auf, 1956 fand ihre erste Ausstellung in Deutschland nach dem Krieg statt (Kunstamt BerlinReinickendorf). 1958 ver¨offentlichte sie Mein Leben mit Lovis Corinth und einen Werkskatalog zu Corinths 100. Geburtstag. C BHdE, Bd 2
Bereit, Johannes, auch Bayerr¨ut, Birrit, von J¨uterbog, Stadtschreiber, * um 1400 vermutlich J¨uterbog, † 1472 G¨orlitz. Aus J¨uterbog kommend, wurde B. 1427 an der Univ. Leipzig promoviert. Im Mai 1433 ist er als Schreiber im Dienst der Stadt G¨orlitz nachgewiesen. Durch Tuch-, Woll- und Waidhandel ein wohlhabender Mann, wurde B. Ratsherr, Sch¨offe und 1469 B¨urgermeister von G¨orlitz. Seine G¨orlitzer Annalen, 1448. In: Scriptores rerum Lusaticarum, Bd. 1, 1837) schildern die Stadtgeschichte seiner Zeit. C NDB
Berek, Max, Physiker, * 16. 8. 1886 Ratibor, † 15. 10. 1949 Freiburg / Breisgau. B. studierte Naturwissenschaften, besonders Mineralogie und Physik, in Berlin und wurde 1912 bei dem Kristallographen Theodor → Liebisch mit der Arbeit Die Bestimmung von Ausl¨oschungsrichtungen doppeltbrechender inaktiver Kristallplatten mit Hilfe von Halbschattenvorrichtungen im einfarbigen Licht promoviert. 1912 trat er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in die Firma E. Leitz, Optische Werke, Wetzlar ein, wo er optische und mineralogische Instrumente erfand, z. B. die Leica-Optik, f¨ur die er auf der Pariser Weltausstellung 1938 ausgezeichnet wurde. Seit 1925 war B. Honorarprofessor der technischen Optik in Marburg. C NDB Berenberg, Johann, Kaufmann, * 12. 3. 1718 Hamburg, † 2. 3. 1772 Hamburg. Aus einer hamburgischen Kaufmanns- und Bankiersfamilie stammend, setzte B. die Gesch¨afte seiner Familie fort. Er f¨uhrte Kolonialwaren ein, exportierte deutsche Fabrikate und trieb Handel mit Italien, Griechenland, der T¨urkei und Rußland. Weitere Gewinne hatte das Unternehmen durch Seeversicherungen, Beteiligung an Schiffen und Geldgesch¨afte. Selbst als 1763 eine Handelskrise infolge des Hubertusburger Friedens ausbrach, die die meisten Handelsh¨auser in gr¨oßere Schwierigkeiten brachte, konnte B.s Unternehmen das Jahr mit Gewinn abschließen. C NDB
Berend, Eduard, Germanist, * 5. 12. 1883 Hannover, † 23. 9. 1973 Ludwigsburg. B., Sohn eines Rechtsanwalts und Notars und Bruder von Fritz → B., studierte Naturwissenschaften an der TH Hannover, seit 1903 Germanistik in M¨unchen und Berlin und wurde 1907 promoviert. Nach einer Zeit unabh¨angiger Forschungst¨atigkeit, speziell auf dem Gebiet der klassischen und romantischen Literatur, nahm er 1915-18 am Ersten Weltkrieg teil. 1923 ließ er sich in Berlin nieder, wo er zun¨achst als Bibliothekar t¨atig war. 1922-26 gab er die Briefe → Jean Pauls heraus und wurde 1927 von der Preußischen Akademie der Wissenschaften beauftragt die Gesamtausgabe von dessen Werken zu leiten. Nach seiner Entlassung 1938 wurde B. im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert; 1939 emigrierte er in die Schweiz. 1948 beendete er die Gesamtausgabe der Werke Jean Pauls. B. kehrte 1957 in die Bundesrepublik Deutschland zur¨uck, wurde Leiter des Jean-PaulArchivs im Schiller-Nationalmuseum in Marbach / Neckar und Professor. C IGL Berend, Fritz, Dirigent, * 10. 3. 1889 Hannover, † 29. 12. 1955 London. B., Bruder von Eduard → B., studiete 1907-13 Jura, dann Philosophie und Musikwissenschaft und vollendete seine musikalische Ausbildung an der Akademie f¨ur Tonkunst in M¨unchen. 1914 war er Dirigent in Freiburg / Breisgau, leistete 1915-18 Wehrdienst und war seit 1920 in Kaiserslautern, seit 1924 in Hagen als Dirigent t¨atig. 1926-33 war B. Theaterdirektor und Dirigent am Stadttheater Osnabr¨uck, 1932 / 33 K¨unstlerischer Leiter und Verwaltungsdirektor der Theater in M¨unster. Seit 1933 Dirigent am J¨udischen K¨unstlertheater in Berlin, emigrierte er 1937 nach Italien, 1939 nach Großbritannien. Dort war er Operndirigent und Musiklehrer an der University of London, dirigierte Matineen der National Gallery of Art, London und organisierte Konzerte f¨ur Exilk¨unstler. 1953 / 54 wirkte B. als Musikdirektor an der Welsh National Opera in Cardiff / Wales. C BHdE, Bd 2
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Berend Berend, Heimann Wolf, Orthop¨ade, * 1809 Landsberg / Warthe, † 25. 6. 1873 Berlin. B. studierte Medizin an der Univ. Berlin, wurde 1832 promoviert (De cancero labiali additis observationibus tribus), ließ sich 1834 endg¨ultig in Berlin nieder und war 1837-40 Assistent bei Johann Friedrich → Dieffenbach. 1840 gr¨undete er ein gymnastisch-orthop¨adisches Institut und war dessen Direktor. Seit 1842 verfaßte er in zweij¨ahrigen Abst¨anden Berichte u¨ ber die Arbeit an seinem Institut. Zusammen mit Moritz Michael → Eulenburg ver¨offentlichte er Situs s¨ammtlicher Eingeweide der Sch¨adel-, Brust- und Bauchh¨ohle (1833). Berendes, Julius, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, * 2. 3. 1907 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 13. 1. 2001 Weinheim / Bergstraße. B., Sohn eines Chemikers, beendete das Medizinstudium in Heidelberg, Kiel und M¨unchen 1932 mit der Dissertation Zur Chemie der Immunbiologie des Scharlach-Ausl¨oschph¨anomens und habilitierte sich 1938 in Heidelberg (Spastische Dysphonie. Untersuchung u¨ ber das Krankheitsbild und seine Entstehung). 1945 wurde er Chefarzt der Hals-Nasen-OhrenAbteilung an den St¨adtischen Krankenanstalten Mannheim, ¨ war seit 1951 deren Arztlicher Direktor und ging 1957 als o. Prof. und Direktor der Universit¨atsklinik f¨ur Hals-NasenOhren-Heilkunde nach Marburg. Die Forschungen von B., der eine besondere musikalische Begabung besaß und sich in seinem Fach dem programmatischen Ziel „HNO: ein harmonischer Dreiklang“ verpflichtet f¨uhlte, galten vor allem der Physiologie und Pathologie des Kehlkopfes sowie der Sprachheilkunde, aber auch speziellen Themen wie der nonverbalen Kommunikation, der Sprache der H¨ande oder der historisch-symbolischen Bedeutung des Einhorns, der Schlange und des Adlers. 1966 wurde B. zum Mitglied, 1968 zum Senator der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gew¨ahlt. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen Einf¨uhrung in die Sprachheilkunde (1953, 91971), Anleitung zur Funktionspr¨ufung des Ohres (1945, 31957) und Lehrbuch der Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde (mit Horst Ganz, 1970). Berendes, Julius Dominikus, Pharmazeut, Medizinhistoriker, * 24. 3. 1837 Paderborn, † 6. 7. 1914 Goslar. B. brach das Studium der Sprachwissenschaften in Innsbruck ab und studierte Pharmazie in Bonn. 1865-77 war er in Ahaus t¨atig; sp¨ater arbeitete er als Apotheker in Goslar und Hameln. 1887 zog er sich v¨ollig aus dem Berufsleben zur¨uck und widmete sich historisch-pharmazeutischen Forschungen. Sein besonderes Interesse galt der mittelalterlichen Medizin und Pharmazie (Physika der heiligen Hildegard von Bingen, 1896 / 97) sowie der Entwicklungsgeschichte des Apothekenwesens (Das Apothekenwesen, seine Entstehung und geschichtliche Entwicklung bis zum 20. Jahrhundert, 1907). C Zekert Berends, Johann Bernhard Jakob, Mediziner, * 15. 12. 1769 Frankfurt / Main, † 3. 1. 1823 Frankfurt / Main. B. studierte in Mainz, wo er aufsehenerregende Dissertationes qua demonstratur cor nervis carere (1792) ver¨offentlichte, setzte die Studien in W¨urzburg unter Karl Kaspar von → Siebold fort und habilitierte sich sp¨ater in Frankfurt / Main. Dort war er seit 1811 als Arzt am Waisenhaus t¨atig und hielt Vorlesungen in Anatomie am SenckenbergInstitut. B. verfaßte eine Beschreibung und Abbildung knolliger Ausw¨uchse der H¨ande und F¨uße des Lorenz Ruff (postum 1825). C ADB
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Berends, Karl August Wilhelm, Mediziner, * 19. 4. 1759 Anklam, † 1. 12. 1826 Berlin. B. wurde 1780 in Frankfurt / Oder promoviert (Vomitoriorum historiae periculum), habilitierte sich dort und war seit 1786 Kreisphysikus in Lebus. Von 1788 an o. Prof. der Medizin, ging er 1811 nach Breslau, wohin die Frankfurter Univ. verlegt wurde, war dort Prof. an der Medizinischen Klinik und ging 1815 in gleicher Funktion nach Berlin. Seit 1793 geh¨orte B. der Deutschen Akademie der Naturforscher Leo¨ poldina an. Er ver¨offentlichte u. a. Uber den Unterricht jun¨ ger Arzte am Krankenbette (1789) und besch¨aftigte sich mit der antiken Medizin, vor allem mit Hippokrates (Lectiones in Hippocratis aphorismas, Operum postumorum, Bd. 1, 1829). Nach seinem Tod gab Carl Heinrich Wilhelm → Sundelin B.s Vorlesungen u¨ ber die praktische Arzneiwissenschaft (9 Bde., ¨ 1827-29) heraus. C Arzte Schlesien
Berendsohn, Walter Arthur, Pseud. Bernhard Florian, Germanist, * 10. 9. 1884 Hamburg, † 31. 1. 1984 Stockholm. B., Sohn eines Kaufmanns, studierte Germanistik und Philosophie in Berlin, Freiburg / Breisgau, M¨unchen und Kiel, wo er 1911 promoviert wurde. Seit 1914 war er Assistent am Germanistischen Seminar der Univ. Hamburg, von 1920 an Privatdozent f¨ur Skandinavische Literatur und Leiter des Skandinavischen Instituts. 1926 wurde er Prof. der Literaturwissenschaft an der Univ. Hamburg. Im selben Jahr wurde er ¨ Mitglied der SPD. 1933 aus seinen Amtern entlassen, emigrierte B. nach D¨anemark, 1943 nach Schweden. 1943-70 war er Archivar der Nobel Bibliothek der Schwedischen Akademie und seit 1952 Dozent f¨ur Deutsche Literatur an der Univ. Stockholm. Er war Begr¨under der Stockholmer Koordinationsstelle zur Erforschung der deutschsprachigen Exilliteratur. B.s Werk Die humanistische Front (1947) galt als grundlegend f¨ur die Erforschung deutscher Exilliteratur. C IGL
Berendt, Georg Karl, Mediziner, Naturforscher, * 13. 7. 1790 Danzig, † 4. 1. 1850 Danzig. Seine Studienzeit verbrachte B. seit 1809 in K¨onigsberg und G¨ottingen (Promotion 1813, De atmosphaera nervorum sensitiva) und ließ sich als Arzt in Danzig nieder. Er u¨ bernahm die Bernsteinsammlung seines Vaters und baute sie zu einer der gr¨oßten Sammlungen dieser Art aus (4216 Exponate). Eine Beschreibung seiner Sammlung erschien in zwei B¨anden (1845-54). B., der 1830 die Studie Die Insecten im Bernstein ver¨offentlichte, war seit 1845 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. C ADB Berendt, Gottlieb (Michael), Geologe, * 4. 1. 1836 Berlin, † 27. 1. 1920 Schreiberhau (Schlesien). Nach dem Studium der Geologie ver¨offentlichte B. zusammen mit seinem ersten Werk Die Diluvialablagerungen der Mark Brandenburg (1863) die erste geologische Karte dieser Gegend. Seit 1873 a. o. Prof. in K¨onigsberg, war er 1875-1904 Landesgeologe, Leiter der Flachlandes-Abteilung an der Geologischen Landesanstalt und Prof. an der Bergakademie in Berlin. B., seit 1882 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, war ein Vork¨ampfer der Glazialtheorie und besch¨aftigte sich mit Fragen des norddeutschen Diluviums, speziell mit den Endmor¨anen und Urstromt¨alern. B. regte die ersten Tiefbohrungen in Ostpreußen an. C Wininger
Berendt, Joachim Ernst, Musikschriftsteller, * 20. 7. 1922 Berlin, † 4. 2. 2000 Hamburg. B., Sohn eines evang. Pfarrers, studierte ein Jahr lang Physik an der TH Karlsruhe und wurde 1941 zum Milit¨ardienst eingezogen. Seit 1945 war er Redakteur des S¨udwestfunks in Baden-Baden, 1950-87 Leiter der Jazzabteilung. Er produzierte zahlreiche Schallplatten und Filme und arbeitete an
Berens mehreren in- und ausl¨andischen Zeitungen und Zeitschriften mit. In den sechziger Jahren gr¨undete B. mehrere JazzFestivals, darunter die Berliner Jazz-Tage, die er 1964-71 leitete. Er schrieb Das Jazzbuch (1953), das in zahlreichen ¨ erweiterten Auflagen und Ubersetzungen erschien. Zu seinen Ver¨offentlichungen z¨ahlen ferner Nada Brahma. Die Welt ist Klang (1983, u¨ berarb. Neuausg. 1985), Das dritte Ohr. Vom H¨oren der Welt (1985) und und die Erinnerungen Das Leben – ein Klang. Wege zwischen Jazz und Nada Brahma (1996). B. wurde 1952 mit dem Bundesfilmpreis und 1979 mit dem polnischen Kulturpreis ausgezeichnet; 1983 erhielt er den Professorentitel ehrenhalber. B. starb an den Folgen eines Verkehrsunfalls. C DLL, 20. Jh.
Berendt, Karl Hermann, Anthropologe, Sprachwissenschaftler, * 12. 11. 1817 Danzig, † 12. 4. 1878 GuatemalaStadt. Nach dem Medizinstudium in K¨onigsberg, Bonn und Heidelberg (Promotion 1842, De mulierum eclampsiae pathologia) ließ B. sich in Rheden als Arzt nieder, war jedoch wegen seiner Beteiligung an der Revolution von 1848 gezwungen, 1851 in die USA auszuwandern. 1853 ging er nach Nicaragua, 1855 nach Veracruz, wo er sein Interesse f¨ur die vorkolumbischen Verh¨altnisse Mexikos entdeckte. 1858 unternahm B. eine Studienreise nach Yukatan, vornehmlich um die Sprache der Mayas zu studieren. Nachdem er 1862 seine Praxis aufgegeben hatte, machte er 1866 im Auftrag des Smithsonian Institute weitere Forschungsreisen durch Guatemala und Yukatan. Neben einer profunden Kenntnis der Indianersprachen S¨udmexikos – speziell der Mayadialekte, die ihn zu einem der Begr¨under der mittelamerikanischen Sprachwissenschaft machten – gelang ihm die Erhaltung alter Mayachroniken (u. a. der B¨ucher des Chilam Balam). Berengar I., Kaiser, Markgraf von Friaul, * um 850 / 53, † 7. 4. 924 Verona. B., der Sohn des Markgrafen Eberhard von Friaul und m¨utterlicherseits Enkel → Ludwig des Frommen, trat 874 die Herrschaft der Mark Friaul an. Als Parteig¨anger der Karolinger k¨ampfte er 883 f¨ur → Karl III. gegen den Markgrafen Wido von Spoleto. 888 wurde B. zum K¨onig von Italien gekr¨ont, unterlag dann jedoch Wido, der die K¨onigsund Kaiserw¨urde f¨ur sich beanspruchte und 892 seinen Sohn → Lambert von Spoleto zum Mitkaiser kr¨onen ließ. Erst nach Widos (894) und Lamberts Tod (898) ging das Amt des K¨onigs von Italien wieder auf B. u¨ ber. Nach dem Einfall der Ungarn unterlag er mit seinem Heer an der Brenta, woraufhin es Ludwig von Burgund gelang, 900 zum K¨onig von Italien und 902 zum r¨omischen Kaiser gekr¨ont zu werden. 905 schlug B. Ludwig in Verona, erhielt so die italienische K¨onigsw¨urde zur¨uck und wurde schließlich 915 von Papst Johann X. zum Kaiser gekr¨ont. 924 wurde B. in Verona ermordet. C LexMA
Berengar, Bischof von Passau, † 1045. Vermutlich B¨urgersohn aus Passau, verf¨ugte B. u¨ ber Kontakte zu den Kaisern → Heinrich II. und → Konrad II., die ihm Privilegien verschafften. 1037 weihte er die Klosterkirche in Niederalteich. 1043 wurde seine Di¨ozese um ein Gebiet zwischen dem Wienerwald und der Leitha erweitert. B. erwarb sich Verdienste um die Reform der S¨akularkanoniker, die er auf die Regel des hl. → Chrodegang verpflichtete.
Berenger, (Joseph Maria) Adolf von, Forstwissenschaftler, * 28. 2. 1815 Ebenau bei M¨unchen, † 3. 3. 1895 Rom. Nach dem Studium in M¨unchen und Mariabrunn trat B., dessen Vater bayerischer Offizier und Besitzer des Gutes Ebenau war, 1836 in die Direktion der Forsten des Herzogtums Parma ein. Sp¨ater in venezianischen Diensten, war er u. a. in Montello und Cansiglio t¨atig. Seit 1867 Generalforstinspektor im Landwirtschaftsministerium in Florenz, initiierte er
1869 die Gr¨undung des Forstinstituts in Vallombrosa, dessen Direktion er u¨ bernahm. Wegen seines Widerstands gegen das neue Forstgesetz von 1877 wurde er 1878 vorzeitig pensioniert. Danach verfaßte B. zahlreiche forstwissenschaftliche Arbeiten (u. a. Trattato di selvicultura, 1887), die sich mit dem Waldbau, der Physiologie und Pathologie der Holzarten, der Holztechnologie usw. besch¨aftigen. C NDB
Berengoz, Abt von Trier, † 24. 9. 1125 / 26 Hasel¨unne. Seit etwa 1105 Abt des Klosters St. Maximin bei Trier, gelang es B., einen Großteil der von → Heinrich IV. eingezogenen kl¨osterlichen G¨uter wiederzuerlangen. Von seinen Schriften ist besonders zu erw¨ahnen De mysterio ligni Dominici et de luce visibili et invisibili, per quam antiqui patres olim meruerunt illustrari, ein Werk, das sich mit dem Verh¨altnis und den Zust¨andigkeiten von Staat und Kirche befaßt. C LexMA
Berenhorst, Adolf (Leopold Heinrich) von, Milit¨ar, * 6. 8. 1820 Dessau, † 18. 4. 1903 Dessau. Nach dem Eintritt B.s 1838 in das 12. Husarenregiment wechselte er 1840 als Sekondeleutnant in das anhaltischdessauische F¨usilierbataillon. 1846 zum Premierleutnant und 1848 zum Kompaniechef bef¨ordert, war B. seit 1852 pers¨onlicher Adjutant des Herzogs von Anhalt. 1860 wurde er Major und Fl¨ugeladjutant des Herzogs, 1865 Oberstleutnant. In dieser Position trat er 1867 in die preuß. Armee u¨ ber, wurde im folgenden Jahr Oberst und nahm 1877 im Rang eines Generalmajors seinen Abschied. C Priesdorff, Bd 9 Berenhorst, Georg Heinrich von, Milit¨ar, * 6. 10. 1733 Sandersleben, † 30. 10. 1814 Dessau. B. trat zun¨achst in die preuß. Armee ein und nahm am Siebenj¨ahrigen Krieg teil. 1762 wurde er Prinzenerzieher in Dessau und Verwalter des f¨urstlichen Hausverm¨ogens. Seit ¨ 1790 von allen Amtern befreit, widmete B. sich milit¨arwissenschaftlichen Studien. Anonym ver¨offentlichte er 1797 Betrachtungen u¨ ber die Kriegskunst. C NDB Berens, (Johann) Hermann, Komponist, Kapellmeister, * 7. 4. 1826 Hamburg, † 9. 5. 1880 Stockholm. B., Sohn eines Milit¨armusikdirektors, war Sch¨uler von Karl Gottlieb → Reissiger in Dresden, lebte mit der italienischen Altistin Marietta Alboni in Hamburg und ging 1847 nach Stockholm. 1849 wurde er Musikdirektor beim Husaren¨ regiment in Orebro, 1860 Kapellmeister, sp¨ater Hofkapellmeister am Mindretheater in Stockholm. Seit 1861 war er Dozent, seit 1868 Prof. f¨ur Komposition am dortigen Konservatorium. Bekannt wurde B. durch seine Neueste Schule der Gel¨aufigkeit (Klavieret¨uden). Er komponierte eine Oper (Violetta), drei Operetten (Ein Sommernachtstraum, Lully und Quinault, Riccardo), Klavier- und Kammermusikwerke. C NGroveD Berens, Johann Christoph, Politiker, * 7. 10. 1729 Riga, † 19. 11. 1792 Riga. Aus einer Rigaer Patrizierfamilie stammend, studierte B. in K¨onigsberg und G¨ottingen; er hielt sich eine Zeitlang am Hof Ludwigs XV. von Frankreich auf und wurde nach seiner R¨uckkehr nach Riga 1766 Ratsherr und Pr¨asident des Handelsgerichts. Zeitweilig vertrat er Riga am Hof in St. Petersburg. Der Bruch mit den historischen Landesrechten durch die neue Statthalterschaftsverfassung bewegte B. dazu, sich zur¨uckzuziehen. In seinem Haus verkehrten u. a. → Kant, → Hamann, → Herder und Johann Friedrich → Hartknoch. C NDB
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Berens Berens, Josefa, genannt Berens-Totenohl, Schriftstellerin, Malerin, * 30. 3. 1891 Grevenstein / Sauerland, † 6. 6. 1969 Meschede. Nach dem Besuch des Lehrerinnenseminars in Arnsberg war B., Tochter eines Schmieds, 1914-23 als Lehrerin und w¨ahrend des Ersten Weltkriegs als Lazarettschwester t¨atig und studierte daneben Malerei in D¨usseldorf. Seit 1923 war sie als Malerin in H¨oxter-G¨odelheim ans¨assig; 1925 ließ sie sich in Totenohl / Sauerland nieder. Nach der Begegnung mit Richard → Euringer wandte sie sich der Literatur zu. Sie trat 1932 in die NSDAP ein und arbeitete seit 1936 im nationalsozialistischen Kulturbund mit. Ihre Bauernromane Der Femhof (1934) und Frau Magdalene (1935) sind der Blutund Bodenliteratur zuzurechnen. Das nationalsozialistische Frauenbild propagierte sie u. a. auch in der Rede Die Frau als Sch¨opferin und Erhalterin des Volkstums (1938). B., deren Werke noch in den f¨unfziger Jahren aufgelegt wurden, geh¨orte 1955 zu den Gr¨undern des westf¨alischen Dichterkreises. C Westf Autoren, Bd 3 Berens, Reinhold, Mediziner, Naturforscher, * 12. 1. 1745 Riga, † 28. 10. 1823 Riga. B. studierte seit 1764 Theologie in Leipzig, sp¨ater Medizin in Berlin und G¨ottingen, wo er 1770 promoviert wurde (De dracone arbore clusii). Von 1771 an lebte er in St. Petersburg und erhielt dort die venia practicandi. 1773 wurde er Generalstabs-Chirurg in Sibirien, 1775 Oberarzt des Sibirischen Korps in Omsk. B. war 1780-84 als praktizierender Arzt in Moskau, danach in Riga t¨atig. Sein Interesse galt auch der Botanik und der Mineralogie; seit 1784 war er Ehrenmitglied der Berliner Gesellschaft der Naturforschenden Freunde. B. schrieb u. a. eine Geschichte der seit einhundertf¨unfzig Jahren in Riga einheimischen Familie Berens aus Rostock (1812).
Berent, Margarete, Juristin, * 9. 7. 1887 Berlin, † 23. 6. 1965 New York. B. war Lehrerin an der Sozialen Frauenschule Berlin; sie studierte Rechtswissenschaften in Berlin und Erlangen (Promotion 1914, Die Zugewinnstgemeinschaft der Ehegatten). 1925-33 war sie als erste Rechtsanw¨altin Preußens t¨atig, u. a. als Rechtsbeistand der AEG f¨ur Arbeitsrecht und Spezialistin f¨ur Scheidungsrecht. Sie wurde Pr¨asidentin der International Organization of Women Lawyers und hatte Anteil an der Gr¨undung des Deutschen Akademikerinnenbundes 1925. Nach ihrem Ausschluß aus der Anwaltschaft 1933 war sie u. a. Rechtsberaterin der j¨udischen Gemeinde K¨oln, Vorstandsmitglied des J¨udischen Frauenbundes und des Preußischen Landesverbandes j¨udischer Gemeinden. 1939 emigrierte B. nach Chile und ging 1941 in die USA, wo sie an der New Yorker Universit¨at studierte und 1949 zur dortigen Anwaltskammer zugelassen wurde. C Dick Berentzen, Hans, Unternehmer, * 18. 6. 1927 Hasel¨unne, † 14. 8. 2005 Hasel¨unne. Nach einem Studium der Volkswirtschaftslehre, das er 1949 mit dem Diplom abschloß, trat B. 1950 als Prokurist in die elterliche Alkoholikafirma ein. 1954 u¨ bernahm er nach dem Tod seines Vaters gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich die Leitung des Unternehmens. 1958 gr¨undete er eine Tochterfirma f¨ur alkoholfreie Getr¨anke und u¨ bernahm zwei Jahre sp¨ater die Konzession f¨ur die Herstellung von PepsiCola in Deutschland. Unter seiner Verantwortung fand 1988 die Fusion mit einem Konkurrenzunternehmen und die Umwandlung in eine AG statt. Den Vorsitz im Aufsichtsrat der Berentzen-Gruppe hatte B. bis zu seinem Ausscheiden aus Altersgr¨unden im Jahr 2000 inne. Danach wurde das Unternehmen von seinem Sohn Jan-Bernd weitergef¨uhrt. 1976 entwickelte B. gemeinsam mit seinem Bruder den Apfel-
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korn, der das Unternehmen international bekannt machte. 1989-91 war B. Pr¨asident der Industrie- und Handelskammer Osnabr¨uck-Emsland. F¨ur die CDU geh¨orte er dem Stadtrat Hasel¨unne und den Kreistagen der Landkreise Meppen und Emsland an. ¨ Bereska, Henryk, Lektor, Ubersetzer, * 17. 5. 1926 Kattowitz, † 11. 9. 2005 Berlin. B., der zweisprachig aufwuchs, durchlief 1941-44 eine Verwaltungslehre und 1944 / 45 eine Fliegerausbildung bei der Luftwaffe. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er zun¨achst als Werft-, Land- und Waldarbeiter im Weserland, bevor er 1948-52 Polonistik, Germanistik und Slawistik an der Humboldt-Universit¨at Berlin studierte. 1953-55 war er Lektor beim Aufbau-Verlag in Berlin, anschließend freibe¨ ruflicher Ubersetzer aus dem Polnischen. B. widmete sich sowohl der Lyrik als auch der Prosa und den Dramen und setzte sich vor allem f¨ur polnische Autoren wie R´oz˙ ewicz, Bryll, Stachura, Zagajewski oder Goerke ein, deren Werke in Deutschland noch unbekannt waren. In den siebziger und achtziger Jahren wandte er sich verst¨arkt der satirischen und grotesken Literatur von Redli´nski, Choroma˜nski und Madej zu und machte sich auch als Herausgeber polnischer Literatur einen Namen. B. u¨ bersetzte u. a. Kraszewskis Tagebuch eines jungen Edelmannes (1955), Brezas Das Bronzetor (1965) und Lems Provokation (1985) und ver¨offentlichte eigene Gedichtsammlungen (Berliner Sp¨atlese, 1991; Auf einem Berg aus Sand. M¨arkische Gedichte, 1996). C DLL, 20. Jh.
Berg, Adam, auch Montanus, Drucker, † 1610 M¨unchen. B., der wohl nicht aus M¨unchen stammte, erwarb dort 1564 die Druckerei des Andreas Schobser. Stark gef¨ordert von Herzog → Albrecht V. und dessen Sohn → Wilhelm V., wurde B. Hofbuchdrucker und geh¨orte zu den bedeutendsten Druckern der Gegenreformation in S¨uddeutschland. Neben offiziellen Verordnungen und Erlassen des Hofs und der Regierung, dem Index der verbotenen B¨ucher (1564), zeitgeschichtlichen Berichten und religi¨oser Literatur in weitestem Sinne erschienen bei ihm Werke von Albertinus Aegidius. Nahezu ebenso bedeutend war B.s Musikalien-Druckerei, in der u. a. Werke Orlando di → Lassos verlegt wurden. C NDB Berg, Alban (Maria Johannes), o¨ sterr. Komponist, * 9. 2. 1885 Wien, † 23. / 24. 12. 1935 Wien. B. entstammte einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie, die sich seinen musikalischen und literarischen Ambitionen gegen¨uber aufgeschlossen zeigte. Der entscheidende Grund f¨ur den geradlinigen Verlauf von B.s Lebensweg lag jedoch weniger in dieser f¨ur einen k¨unstlerisch veranlagten jungen Menschen g¨unstigen Voraussetzung, als vielmehr in der Begegnung mit Arnold → Sch¨onberg, dessen k¨unstlerische und menschliche Autorit¨at es ihm erst erm¨oglichte, seine eigentliche Bestimmung zu erkennen und zur vollen Entfaltung zu bringen. B. war vom Herbst 1904 bis zum Sommer 1911 Sch¨onberg-Sch¨uler und blieb es bis an sein Lebensende, versteht man unter Sch¨ulerschaft nicht nur das Lehrer-Sch¨uler-Verh¨altnis im engeren Sinne, sondern ¨ dar¨uber hinaus die geistige Verbundenheit, die Ubereinstimmung in den k¨unstlerischen Idealen und das bedingungslose Eintreten f¨ur diese Ziele. In diesem Sinne bilden Sch¨onberg und B. zusammen mit Anton → Webern den Kern der „Wie-
Berg ner Schule“, mit der aufgrund jahrzehntelanger Lehrt¨atigkeit die Namen zahlreicher weiterer Komponisten und Musikerpers¨onlichkeiten wie Hanns → Eisler und B.s Sch¨uler Theodor W. → Adorno verbunden sind. Im Gegensatz zu Sch¨onberg und Webern war B. bereits zu Lebzeiten ein außerordentlicher Erfolg beschieden, der sich vor allem mit seiner ersten, nach → B¨uchners Dramenfragment 1917-1922 entstandenen Oper Wozzeck verband, die am 14. 12. 1925 an der Preußischen Staatsoper Unter den Linden in Berlin von Erich → Kleiber uraufgef¨uhrt wurde. Bis dahin hatte sich B. seinen Lebensunterhalt vor allem durch Unterricht und durch Arbeiten f¨ur die Wiener Universal Edition verdient. Im Mittelpunkt stand dabei fast immer das Werk seines verehrten Lehrers, f¨ur das er sich u. a. als Klavierausz¨ugler und als Verfasser von Einf¨uhrungstexten einsetzte. An eigenen Werken entstanden noch w¨ahrend des Unterrichts die Sonate f¨ur Klavier op. 1 (1909), die Vier Lieder op. 2 (1908-10) sowie seine erste ganz unabh¨angig konzipierte Komposition, das Streichquartett op. 3 (1910). Neue Wege beschritt B. in seinen F¨unf Orchesterliedern nach Ansichtskarten-Texten von Peter Altenberg op. 4 (1912). Die aphoristisch verdichteten Prosaskizzen → Altenbergs werden mit einer Vielzahl ungewohnter Klangmittel und neuer Orchesterfarben nuancenreich ausgeleuchtet und mit musikalischen Mitteln zu einer zyklischen Einheit verschmolzen. Zwei der Lieder verursachten bei ihrer Urauff¨uhrung in Wien 1913 einen der gr¨oßten Publikumsskandale u¨ berhaupt. Die Komposition des Wozzeck, der in seiner Vielfalt an musikalischen Charakteren bereits in den 1915 abgeschlossenen Drei Orchesterst¨ucken op. 6 vorgebildet erscheint, reicht in ihren Skizzen in das Jahr der Wiener Erstauff¨uhrung des Woyzeck-Dramas (1914) zur¨uck. Die Arbeit kam jedoch durch B.s Einberufung (1915) und sp¨ater durch die zeitraubende T¨atigkeit in Sch¨onbergs Verein f¨ur musikalische Privatauff¨uhrungen sowie durch die Mitarbeit an der Redaktion der „Musikbl¨atter des Aufbruch“, zu denen er seine bedeutendsten Aufs¨atze (Die musikalische Impotenz der „neuen ¨ Asthetik“ Hans Pfitzners, 1920; Warum ist Sch¨onbergs Musik so schwer verst¨andlich, 1924) beisteuerte, nur langsam voran. Die teils bedr¨uckende, teils groteske Darstellung des milit¨arischen Milieus wurde von B.s eigenen Kriegserlebnissen inspiriert. Pers¨onliche Erlebnisse waren auch in der Folgezeit eine wichtige Inspirationsquelle. Mit dem Kammerkonzert f¨ur Klavier und Geige mit 13 Bl¨asern (1923-25) etwa setzte er seiner Freundschaft mit Sch¨onberg und Webern ein Denkmal. Die Lyrische Suite f¨ur Streichquartett (1925 / 26) dagegen entstand vor dem Hintergrund einer Liebesbeziehung. Einigen S¨atzen bzw. Satzteilen dieses Werks legte B. erstmals die von Sch¨onberg entwickelte „Zw¨olftonmethode“ zugrunde. Die mit dem anhaltenden Erfolg des Wozzeck verbundene Anerkennung f¨uhrte zu einer grundlegenden Verbesserung von B.s materieller Situation, die jedoch durch die nationalsozialistische Verfemungspolitik ein j¨ahes Ende fand. Auch offizielle Ehrungen blieben nicht aus: 1924 wurde ihm der Kunstpreis der Stadt Wien verliehen, 1930 wurde er Mitglied der Preußischen Akademie der K¨unste. Zudem war er als Juror u. a. f¨ur den Allgemeinen Deutschen Musikverein und f¨ur die Internationale Gesellschaft f¨ur Neue Musik gefragt. Auch trat man jetzt mit lukrativen Kompositionsauftr¨agen an ihn heran, aus denen die Konzertarie Der Wein (1929) und das Violinkonzert (1935) hervorgingen. Die letzten Jahre seines Lebens widmete B. haupts¨achlich der Komposition seiner zweiten Oper Lulu, deren Stoff er nach l¨angerer Suche in Frank → Wedekinds Dramen Erdgeist und Die B¨uchse der Pandora gefunden hatte. B. hat sein letztes Werk nicht mehr vollenden k¨onnen. Zwar war zum Zeitpunkt seines Todes die Komposition selbst abgeschlossen, nicht aber die Instrumentation, so daß Lulu lange Zeit nur als entstellter zweiaktiger
Torso gespielt werden konnte. Die Urauff¨uhrung der von dem Wiener Komponisten Friedrich Cerha nach B.s Pl¨anen komplettierten Oper fand erst 1979, drei Jahre nach dem Tod von B.s Witwe, die eine Fertigstellung bis zuletzt untersagt hatte, in Paris statt. Mit Ausnahme der Sommermonate verbrachte B. sein gesamtes Leben in Wien. Sp¨atere Reisen vor allem anl¨aßlich der zahlreichen Wozzeck-Premieren f¨uhrten ihn u. a. nach Berlin, Leningrad (St. Petersburg), Z¨urich, Cambridge, Br¨ussel und Florenz. B.s Tonsprache legt ein ebenso klares Bekenntnis zur Neuen Musik ab, wie sie in der Klangwelt des ausgehenden 19. Jh. verwurzelt ist. Trotz hoher konstruktiver Gebundenheit und reichster Ausdifferenzierung im Detail wirkt sie doch immer im Ausdruck und Tonfall ganz frei. Insofern hat B. es stets verstanden, in seiner Musik das scheinbar Unvereinbare zu vereinen. WERKAUSGABE: S¨amtliche Werke. Im Auftrag der Alban Berg Stiftung hrsg. v. Rudolf Stephan unter Mitarbeit von Regina Busch. Wien 1984 ff. LITERATUR: Hans Ferdinand Redlich: A. B. Versuch einer W¨urdigung. Wien 1957. – Willi Reich: A. B. Leben und Werk. Z¨urich 1963. – Theodor W. Adorno: B. Der Mei¨ ster des kleinsten Ubergangs. Wien 1968. – Volker Scherliess: A. B. in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek 1975. – Douglas Jarman: The Music of A. B. London 1979. – Rudolf Stephan: A. B. In: Ders.: Vom musikalischen Denken. Gesammelte Vortr¨age. Hrsg. v. R. Damm / A. Traub. Mainz 1985, S. 186-198. – Juliane Brand / Christopher Hailey / Donald Harris (Hrsg.): The Berg-Schoenberg Correspondence. Houndmills u. a. 1987. – Ulrich Kr¨amer: A. B. als Sch¨uler Arnold Sch¨onbergs. Quellenstudien und Analysen am Fr¨uhwerk. Wien 1996. – Theodor W. Adorno / A. B.: Briefwechsel 1925-1935. Frankfurt / Main 1997. Ulrich Kr¨amer
Berg, Carl, Industrieller, Erfinder, * 4. 2. 1851 L¨udenscheid, † 26. 5. 1906 Bonn. Nach dem Maschinenbaustudium an der TH Karlsruhe u¨ bernahm B. 1871 das von seinem Vater gegr¨undete Hammerwerk in Eveking, das f¨ur die im Entstehen begriffene Elektroindustrie zu einem der wichtigsten Lieferanten wurde. 1894 entwickelte er den Kupferbronze- und den Doppelbronzedraht, mit dem sein Werk zu einem der ersten und gr¨oßten Lieferanten der deutschen Post wurde. 1895 folgte die Erfindung des Victoria-Aluminiums, einer Legierung mit besonderem H¨artegrad, woraufhin B. 1896 die Victoria-Aluminium-Werke GmbH L¨udenscheid gr¨undete. Sp¨ater folgten die Gr¨undungen der Kupferwerke Deutsch¨ land AG Berlin, der Kupferwerke Osterreich AG und der Carlswerk AG Drahtseil- und Kabelwerk K¨oln-M¨ulheim. F¨ur den Luftschiffbau war B. nicht nur als Materiallieferant und Finanzier, sondern auch als Erbauer des ersten Luftschiffs des Grafen → Zeppelin von besonderer Bedeutung. C Schulte Berg, Christian, evang. Theologe, * 30. 3. 1908 Wesenberg (Mecklenburg), † 5. 5. 1990 Berlin. B. wurde 1933 Pfarrer in Boizenburg / Elbe, 1934 in Basse (Mecklenburg), 1937 vom Berliner Jerusalemverein an die Evangelische Gemeinde Haifa (Pal¨astina) geschickt und war 1939-45 Pfarrer in Kirchheim / Teck. 1945 wurde er stellvertretender, 1947 Generalsekret¨ar des Hilfswerks der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), war 1949-61 Leiter des Zentralb¨uros-Ost des Evangelischen Hilfswerks, zugleich seit 1956 kommissarischer Leiter des Zentralb¨uros ¨ und 1957-61 Leiter der Okumenischen Abteilung der Hauptgesch¨aftsstelle des Werks Innere Mission und Hilfswerk der EKD. 1956 / 57 geh¨orte er dem Hilfswerk-Ausschuß des Hilfswerks und dem Diakonischen Beirat der EKD an. B. war 1959 Mitbegr¨under und erster Leiter der Aktion „Brot
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Berg f¨ur die Welt“, 1962-71 Direktor der Goßnermission in Berlin. Er ver¨offentlichte u. a. Vom Hilfswerk zum Diakonat der Kirche. Predigten, Reden, Rufe (1950). B. war Herausgeber ¨ von Okumenische Diakonie (1959) und Brot f¨ur die Welt (1962).
Aufkl¨arung, stand dem System → Kants kritisch gegen¨uber und war ein Gegner der Identit¨atsphilosophie → Schellings. Er ver¨offentlichte u. a. Sextus, oder u¨ ber die absolute Erkenntnis von Schelling. Ein Gespr¨ach (1804) und Epikritik der Philosophie (1805). C RGG
Berg, Claus, Bildschnitzer, * um 1475 L¨ubeck, † um 1535. Von B., der seit etwa 1512 in L¨ubeck t¨atig war, sind eigenh¨andige Werke nicht erhalten. 1504-32 arbeitete er auch f¨ur den d¨anischen Hof. Als Leiter einer Werkstatt in Odense war er verantwortlich f¨ur die Ausf¨uhrung des Hochaltars der dortigen Franziskanerkirche, der Grabkirche der K¨oniginwitwe Christine. Vermutlich verließ B. D¨anemark wegen der sich ausbreitenden Reformation. Er ist zu den Meistern der deutschen Sp¨atgotik zu rechnen. C AKL
Berg, Friedrich, Drahtfabrikant, * 21. 7. 1823, † 18. 4. 1890. B. gr¨undete mit Friedrich D¨usterloh 1853 die Fa. Berg & D¨usterloh, um Eisendr¨ahte herzustellen. Sie pachteten einen Anteil an der im Rahmedetal bei Altena gelegenen „Lutterrolle“, wie die Altenaer Drahtziehereien genannt wurden. Da sich die Firma im Aufschwung der f¨unfziger Jahre g¨unstig entwickelte, konnten B. und D¨usterloh 1855 Anteile, 1861 die restlichen Anteile sowie die benachbarte „Supprolle“ kaufen und eine Beteiligung am Drahtwerk Brotterode in Th¨uringen erwerben, die 1879 wieder abgestoßen wurde. 1860 benutzten sie als eine der ersten in Altena eine Dampfmaschine. In der Gr¨underkrise der 1870er Jahre geriet die Firma in Schwierigkeiten, so daß die Partner sich trennten und die Firma 1885 liquidiert werden mußte. B. war der Vater von Wilhelm und Großvater von Fritz → B.
Berg, Conrad Matthias, Komponist, Musikp¨adagoge, Musiker, * 27. 4. 1785 Colmar, † 13. 12. 1852 Straßburg. 1806 / 07 Sch¨uler am Pariser Konservatorium, ließ B., Sohn eines Musiklehrers an der Milit¨arakademie in Colmar, sich sp¨ater als Pianist in Straßburg nieder und hielt u. a. 1842-44 Vorlesungen. Er war als Konzertpianist und Klavierlehrer t¨atig. B. komponierte Quartette, Sonaten und Opern; er schrieb einige musiktheoretische Aufs¨atze (u. a. Ideen zu einer rationellen Lehrmethode f¨ur Musiklehrer u¨ berhaupt, mit besonderer Anwendung auf Clavierspiel). C MGG Berg, Edmund Frh. von, Forstwissenschaftler, * 30. 11. 1800 G¨ottingen, † 20. 6. 1874 Schandau. Nach dem Besuch der Forstakademie Dreißigacker 1815-17 studierte B. bis 1818 Natur- und Rechtswissenschaften an der Univ. G¨ottingen, wo er 1820 die forstliche Staatspr¨ufung ablegte. 1820 trat er als Auditor (Gerichtsbeisitzer) in die Dienste des Forstamtes Clausthal und war dort seit 1821 Hilfslehrer an der neuerrichteten Forstschule. 1824 wurde B. Forstschreiber, 1830 Oberf¨orster, erster Referent und Expedient in Forstsachen, behielt jedoch sein Lehramt bei, bis er 1833 als Oberf¨orster und Chef der Forstinspektion nach Lauterberg versetzt wurde, wo er eines forstliche Privatlehranstalt gr¨undete. 1844 wurde er von den Harzer Bergst¨adten zum Deputierten f¨ur die zweite Kammer der St¨andeversammlung gew¨ahlt. 1845 ging er in der Nachfolge Heinrich → Cottas als kgl. s¨achsischer Oberforstrat und Direktor der Akademie nach Tharandt. B. war Mitglied der Forstexaminationskommission und Mitgr¨under des Harzer (1843) und des S¨achsischen Forstvereins (1847). Er ver¨offentlichte u. a. das Handbuch Die Staatsforstwirtschaftslehre (1850), P¨urschgang im Dickicht der Forst- und Jagdgeschichte (1869) und Geschichte der deutschen W¨alder bis zum Schlusse des Mittelalters. Ein Beitrag zur Culturgeschichte (1871). C ADB
Berg, Emil, Meteorologe, * 5. 4. 1862 Dorpat, † 6. 3. 1925 Leningrad. Nach dem Studium in Dorpat war B. seit 1885 Leiter der Abteilung f¨ur Hydrometeore am Physikalischen Zentralobservatorium in St. Petersburg. Zu seinen Verdiensten geh¨orte vor allem die Organisation des Niederschlagsmeßnetzes des russischen Reiches, das bis 1914 aus 2000 Stationen bestand. Die Ergebnisse dieser Messungen, von B. publiziert, waren vor allem wegen der Ausdehnung des Meßnetzes von globaler Bedeutung. C NDB Berg, Franz, kath. Theologe, Philosoph, * 31. 1. 1753 Frickenhausen, † 6. 4. 1821 W¨urzburg. Nach dem Besuch des Klerikalseminars in W¨urzburg empfing B. 1777 die Priesterweihe und war als Kaplan der dortigen Dompfarrei t¨atig. 1785 wurde er a. o., 1789 o. Prof. der Patrologie, 1811 Prof. der Universalgeschichte an der Juristischen Fakult¨at. B. war ein Anh¨anger der radikalen
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Berg, Friedrich (Wilhelm Bernhard) von, Verwaltungsbeamter, * 20. 11. 1866 Markienen (Ostpreußen), † 9. 3. 1939 Markienen. Der Sohn eines Rittergutsbesitzers begann 1884 das Jurastudium in Bonn, trat 1885 in das 1. Garderegiment zu Fuß ein, verließ den Milit¨ardienst 1892 und setzte sein Studium bis 1894 in Leipzig und Breslau fort. 1896 wurde er Referendar bei der Regierung Danzig, 1900 Regierungsassessor beim Landratsamt Niederbarnim, 1904 Landrat im ostpreußischen Kreis Goldap. Auf Jagden lernte ihn Kaiser → Wilhelm II. kennen und berief ihn 1906 als Referent in sein Zivilkabinett. 1909 nahm B. die Wahl zum Landeshauptmann des Provinzialverbandes Ostpreußen an; 1916 wurde er als Nachfolger von Adolf von → Batocki-Friebe Oberpr¨asident seiner Heimatprovinz und Mitglied des Preußischen Herrenhauses. Von Januar bis Oktober 1918 war er Chef des Zivilkabinetts und unterst¨utzte die Politik der Milit¨arf¨uhrung um → Hindenburg und → Ludendorff. 1921-27 wirkte der konservative Monarchist B. als Generalbevollm¨achtigter des entthronten Hauses Hohenzollern. 1919 wurde er zum Vorsitzenden des Provinziallandtags von Ostpreußen, 1920 auch zum Pr¨ases der Provinzialsynode gew¨ahlt. Als Pr¨asident der Deutschen Adelsgenossenschaft hat B. 1920 nicht verhindert, daß ein ArierParagraph in deren Satzung eingef¨ugt wurde; radikal-v¨olkische Adlige entzogen ihm 1932 den Vorsitz. C Altpreuß Biogr Berg, Friedrich Wilhelm Rembert Graf von, Milit¨ar, Politiker, * 26. 5. 1794 Schloß Sagnitz (Livland), † 18. 1. 1874 St. Petersburg. B. studierte 1810-12 in Dorpat und nahm an den Befreiungskriegen 1813 / 14 und am T¨urkenkrieg 1828 / 29 teil. Er war beteiligt an der Niederwerfung des Polenaufstands 1830-32, an der russischen Intervention im Ungarnaufstand 1848 / 49 und verteidigte w¨ahrend des Krimkriegs Reval gegen die englische Flotte. 1855-61 war B. Generalgouverneur von Finnland, seit 1863 Statthalter von Polen und wurde 1866 Generalfeldmarschall und Mitglied des Reichsrats. Am Zarenhof geh¨orte er zu den Bef¨urwortern der Neutralit¨at Rußlands im Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71, lehnte panslawistische oder revolution¨are Str¨omungen ab und unterzeichnete im Namen Rußlands die Deutsch-Russische Milit¨arkonvention von 1873. C Priesdorff, Bd 8
Berg, Fritz, Industrieller, * 27. 8. 1901 Altena (Westfalen), † 3. 2. 1979 K¨oln. Nach dem Studium in K¨oln und einem dreij¨ahrigen Aufenthalt in den USA und in Kanada trat B. 1928 in die Firma
Berg seines Vaters, die Fa. Wilhelm Berg, Altena (Stahl-, Eisenund Metallwaren), ein. Er wurde sp¨ater Prokurist, 1934 Teilhaber, 1940 Alleininhaber des Unternehmens. 1945 war B. B¨urgermeister der Stadt Altena. 1948 wurde er Pr¨asident der S¨udwestf¨alischen Industrie- und Handelskammer Hagen, 1949 des Bundesverbandes der Deutschen Industrie ¨ in K¨oln. Beide Amter hatte er neben zahlreichen anderen Ehren¨amtern in deutschen und europ¨aischen Verb¨anden bis 1971 inne. Als Vertreter vor allem der mittelst¨andischen Industrie griff er oft in die Debatte und Gestaltung der Wirtschaftspolitik ein und erwarb sich besondere Verdienste um die Berlin-F¨orderung nach dem Chruschtschow-Ultimatum und dem Mauerbau.
Berg, Georg Ernst Wilhelm, Geologe, * 13. 8. 1878 Dresden, † 13. 11. 1946 Berlin. B. studierte 1896-1900 in Freiberg, 1901 / 02 in Leipzig und war u. a. Sch¨uler von Ferdinand → Zirkel. 1903 wurde er in Leipzig mit der Arbeit Die Magneteisenerzlager von Schmiedeberg im Riesengebirge promoviert und trat eine Stelle als Landesgeologe an der Preußischen Geologischen Landesanstalt an. Sp¨ater nahm er eine Professur an der Reichsstelle f¨ur Bodenforschung in Berlin an. 1946 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. B.s Interesse galt vor allem der Petrographie und Lagerst¨attenkunde. Er verfaßte u. a. Die mikroskopische Untersuchung der Erzlagerst¨atten (1915). Berg, G¨unther Heinrich von, Politiker, Jurist, * 27. 11. 1765 Schwaigern bei Heilbronn, † 9. 9. 1843 Schwaigern bei Heilbronn. B. studierte seit 1783 in T¨ubingen, war sp¨ater Sekret¨ar des Grafen Leopold Joseph Johann Nepomuk von Neipperg und wurde 1792 a. o. Prof. der Rechtswissenschaft in G¨ottingen. 1800-10 war er Hofrat in der Justizkanzlei und Konsulent des Ministeriums in Hannover. Als Regierungspr¨asident des Landes Schaumburg-Lippe (seit 1811) unterzeichnete er die Bundesakte vom 9. 6. 1815. Sp¨ater Pr¨asident des Oberappellationsgerichts und Bundestagsgesandter f¨ur Oldenburg, wurde er 1823, unter Beibehaltung des Pr¨asidentenamtes, Geheimer Rat und Mitglied des Staats- und Kabinettsministeriums. 1842 wurde er zum Staats- und Kabinettsminister ernannt. C Oldenburg
Berg, Hans Heinrich, Internist, R¨ontgenologe, * 19. 11. 1889 Itzehoe, † 16. 12. 1968 Hamburg. Nach dem Studium der Medizin in Freiburg / Breisgau, Edinburgh und M¨unchen, der Assistentenzeit am St¨adtischen Krankenhaus in Altona (seit 1914) und der Teilnahme als Truppenarzt am Ersten Weltkrieg wurde B. 1920 in Marburg promoviert (Beitrag zur Klinik der Haemochromatose). Im selben Jahr u¨ bernahm er eine Assistentenstelle an der Inneren Klinik in Marburg. 1920 wechselte er auf eine Assistentenstelle in Frankfurt / Main, 1927 an die Berliner Charit´e. Bereits 1926 in Frankfurt f¨ur Innere Medizin und R¨ontgenologie habilitiert, wurde B. 1929 in Berlin zum a. o. Prof. ernannt. 1930 ging er als Chefarzt der Inneren Abteilung der St¨adtischen Krankenanstalten nach Dortmund, 1934 u¨ bernahm er die Leitung der I. Medizinischen Universit¨atsklinik in Hamburg-Eppendorf. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zum Beratenden Internisten des Generalkommandos ernannt, gab er wehrmedizinische Kurse in Eppendorf. Die Ern¨ahrungssituation in russischen Gefangenenlagern nahm er zum Anlaß f¨ur Untersuchungen u¨ ber das Hunger¨odem. Nach Kriegsende vor¨ubergehend suspendiert, war B. 1947-60 erneut Direktor der Universit¨atsklinik in Hamburg-Eppendorf. Er publizierte insbesondere zur R¨ontgendiagnostik des Verdauungskanals (R¨ontgenuntersuchungen am Innenrelief des Verdauungskanals, 1930, 21931). B. war Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft f¨ur In-
nere Medizin und Mitherausgeber von Fachzeitschriften wie „R¨ontgenpraxis“ und „Archiv f¨ur Verdauungskrankheiten“. ¨ 2, 3 C Arzte
Berg, Hans Walter, Journalist, * 20. 10. 1916 Varel, † 7. 11. 2003 Unteruhldingen. Der Sohn eines Ingenieurs studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft in M¨unchen, wo er 1939 zum Dr. phil. promoviert wurde (Studien zu Problemen der amerikanischen Neutralit¨atspolitik). 1938 / 39 unternahm er eine Studienreise durch Ostasien und den Nahen Osten. Am Zweiten Weltkrieg nahm er als Kompanief¨uhrer teil. 1949-52 war B. Politredakteur und Ressortleiter des Bremer „Weserkurier“, 1952-70 Asien-Korrespondent f¨ur die ARD und verschiedene Tageszeitungen. 1962-67 leitete er das ARDStudio in Neu Delhi, 1967-70 in Hongkong und war seit 1970 als freier Journalist und Sonderkorrespondent f¨ur den Sender t¨atig. Besondere Bekanntheit erlangte B. seit 1957 als Autor und Produzent der Sendereihen Gesichter Asiens und Asiatische Miniaturen. Berg, Jimmy, eigentl. Symson Weinberg, Pseud. Otto Forst-Berg, Helmut Raabe, Raimund Danberg, Komponist, Musiker, Kabarettautor, * 23. 10. 1909 Kolomea (Polen), † 4. 4. 1988 New York. B., Sohn eines Kaufmanns, begann bereits w¨ahrend seiner Schulzeit am J¨udischen Gymnasium in Wiener Neustadt mit dem Komponieren. Seit 1931 arbeitete er als Texter f¨ur die Marks Music Corporation und Irving Berlin Inc. f¨ur die deutsche Version amerikanischer Pop-Lieder. 1933 floh B. nach Paris, kehrte im darauffolgenden Jahr nach Wien zur¨uck, wo er unter Pseudonym verschiedene Lieder herausbrachte. 1935 wurde er musikalischer Direktor der Kabarett-Gruppe „ABC im Regenbogen“, schrieb einige Texte mit Jura → Soyfer und komponierte die Musik zu dessen St¨ucken Weltuntergang, Astoria und Broadway-Melodie 1492. 1938 emigrierte B. u¨ ber die Schweiz und England in die USA, wo er zun¨achst freiberuflich t¨atig war, u. a. als Mitglied der Show „From Vienna“ der Refugee Artists Group in New York, als Schauspieler in verschiedenen Rollen in der „Arche“ und im „Vienna Cafe“ sowie als Kabarett-Texter. 1947-74 war er Journalist bei der „Voice of America“. Seit den f¨unfziger Jahren trat B. nur noch selten auf der B¨uhne auf. C Spalek 2,2 Berg, Johann vom, auch Perg, Montanus, Musikdrucker, Verleger, * Gent (Belgien), † 7. 8. 1563 N¨urnberg. Seit 1541 N¨urnberger B¨urger, war B. jedoch vermutlich schon vorher dort ans¨assig. Seine fr¨uhesten Drucke sind ein Gesangbuch (1531) und Luther und Melanchthon (1532). Um 1550 ging er eine Gesch¨aftsverbindung mit Ulrich → Neuber ein. B. gilt als wichtiges Bindeglied zwischen der Bl¨utezeit des N¨urnberger Musikaliendrucks und sp¨ateren Massenproduktionen. C NGroveD Berg, Johann Christoph, Bildhauer, Stukkateur, getauft 12. 1. 1729 N¨urnberg, † 7. 1. 1808 Ansbach. B., Sohn eines Bildhauers und Bruder von Johann Jakob → B., heiratete 1756 die Tochter des Bamberger Bildhauers Georg Mutschele und wurde dadurch Schwager von Josef Bonaventura → Mutschele. Er arbeitete als Bildhauer in N¨urnberg und schuf 1756 / 57 f¨ur die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen die gesamte Außenplastik. 1763 / 64 ist B. als Zierbildhauer f¨ur die Residenz belegt. Er vermittelte Auftr¨age f¨ur die Verzierung von Tischen, St¨uhlen und Spiegelrahmen an Bamberger Bildhauer. Vermutlich Anfang der siebziger Jahre ging B. nach Ansbach, wo er zum zweiten Mal heiratete. Als weiteres seiner Werke ist allein die Statue des Bernhard von Clairvaux in der ehemaligen Propstei von Vierzehnheiligen u¨ berliefert. C AKL
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Berg Berg, Johann Jakob, auch Berck, Bildhauer, Architekt, Stukkateur, * 1727 N¨urnberg, † 1787 N¨urnberg. Der Bruder von Johann Christoph → B. ging zun¨achst bei seinem Vater in die Lehre, erhielt eine Zeichenausbildung an der N¨urnberger Akademie und trat in die Dienste des Markgrafen von Brandenburg. Vor allem auf Reisen scheint er sich Kenntnisse im Stuckieren erworben zu haben. 1760 wurde er Hofbildhauer und Stukkateur des F¨urstbischofs von Eichst¨att. In N¨urnberg muß B. Anfang der sechziger Jahre an Privath¨ausern Stuckarbeiten ausgef¨uhrt und dabei die Rechte eines heimischen Bildhauers verletzt haben, woraufhin ihm der N¨urnberger Rat diese T¨atigkeit in der Stadt verbot. Seit 1783 wirkte B. dann aber auch in N¨urnberg als Stukkateur; sein Eichst¨atter Amt behielt er. Zu seinen Werken z¨ahlen Stuckarbeiten im ehemaligen f¨urstbisch¨oflichen Jagdschloß in Hirschberg (u. a. zwergenhafte Bedienstete als Nischenfiguren, um 1760) und in der Eichst¨atter Residenz (u. a. im Treppenhaus, um 1767 / 68). Als Architekt entwarf B. den Zentralbau der Katholischen Kirche St. Maria in Simbach (1765). C AKL Berg, Johann Peter, evang. Theologe, Historiker, Orientalist, * 3. 9. 1737 Bremen, † 3. 3. 1800 Duisburg. Nach Studien in Leiden ging B. 1762 als Prof. der griechischen und orientalischen Sprachen nach Bremen. 1763 wechselte er an die Univ. Duisburg und lehrte vorwiegend Theologie. B. verfaßte u. a. eine Reformationsgeschichte der L¨ander J¨ulich, Cleve, Berg, Mark (1826). C ADB
Berg, Karl, o¨ sterr. kath. Theologe, Erzbischof von Salzburg, * 27. 12. 1908 Radstadt (Salzburg), † 1. 9. 1997 Mattsee (Salzburg). Der Sohn eines Steueramtsdirektors studierte an der P¨apstlichen Univ. Gregoriana in Rom und wurde 1930 zum Dr. phil., 1935 zum Dr. theol. (Caesarius von Arles) promoviert. 1933 empfing er die Priesterweihe. Nach kurzer seelsorgerischer T¨atigkeit seit 1937 Subregens des Salzburger Priesterseminars, wurde er 1945 mit dessen Leitung betraut. 1949 in das dortige Domkapitel berufen, geh¨orte er als Wirklicher Konsistorialrat dem Beratungsgremium des Erzbischofs an, war als Di¨ozesandirektor f¨ur die P¨apstlichen Missionswerke zust¨andig und leitete die Di¨ozesankommission f¨ur Kirchenmusik. 1961 wurde er Ordinariatskanzler, 1969 Generalvikar und 1972 Domdekan. 1973-88 war B. Erzbischof, 1988 / 89 Apostolischer Administrator von Salzburg. C Gatz 5
Berg, Karl Ernst von, evang. Theologe, * 18. 4. 1773 Zwickau, † 23. 12. 1833 Dresden. B. studierte 1791-95 Philologie und Theologie in Leipzig, war 1796 / 97 Lehrer an der Stadtschule in Zwickau und seit 1797 Hauslehrer in Riga. 1799 wurde er Pastor in Tarwast, 1807 in Hallist-Karkus, 1811 Propst des pernauschen Sprengels. Seit 1819 war er Konsistorialrat, von 1827 an Generalsuperintendent von Livland. B. war Mitgr¨under und Direktor der pernau-fellinschen Bibelgesellschaft und Ehrenmitglied der lateinischen Gesellschaft in Jena. Er wurde kurz vor seinem Tod 1833 zum Vizepr¨asidenten des Livl¨andischen Provinzial-Konsistoriums ernannt.
Berg, Karl Heinrich Edmund Frh. von, Forstwissenschaftler, * 30. 11. 1800 G¨ottingen, † 20. 6. 1874 Schandau. Nach dem Besuch der Forstakademie Dreißigacker 1815-17 studierte B. Natur- und Rechtswissenschaften an der Univ. G¨ottingen, legte 1820 die forstliche Staatspr¨ufung ab, trat als Auditor (Gerichtsbeisitzer) in die Dienste des Forstamtes Clausthal und war dort seit 1821 Hilfslehrer an der neuerrichteten Forstschule. 1824 wurde er Forstschreiber, 1830 Oberf¨orster, erster Referent und Expedient in
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Forstsachen, behielt jedoch sein Lehramt bei, bis er 1833 als Oberf¨orster und Chef der Forstinspektion nach Lauterberg versetzt wurde, wo er eine forstliche Privatlehranstalt gr¨undete. 1844 wurde B. von den Harzer Bergst¨adten zum Deputierten f¨ur die zweite Kammer der St¨andeversammlung gew¨ahlt. 1845 ging er in der Nachfolge Heinrich → Cottas als kgl. s¨achsischer Oberforstrat und Direktor der Akademie nach Tharandt. B. geh¨orte zu den Gr¨undern des Harzer (1843) und des S¨achsischen Forstvereins (1847). Er vero¨ ffentlichte u. a. das Handbuch Die Staatsforstwirtschaftslehre (1850), P¨urschgang im Dickicht der Forst- und Jagdgeschichte (1869) und Geschichte der deutschen W¨alder bis zum Schlusse des Mittelalters. Ein Beitrag zur Culturgeschichte (1871). C ADB
Berg, Leo, Pseud. Dr. Pascal, Ludwig Gorel, Monitor, Literatur- und Theaterkritiker, * 29. 4. 1862 Zempelburg, † 12. 7. 1908 Berlin. Schon w¨ahrend des Geschichts- und Philosophiestudiums in Berlin (1884-87) arbeitete B., Sohn eines Kaufmanns, bei der „Deutschen Studenten-Zeitung“, der „Deutschen Akademischen Zeitung“ und der „Allgemeinen Deutschen Universit¨ats-Zeitung“ als Redakteur. 1886 war er Mitbegr¨under, sp¨ater auch Vorsitzender der literarischen Vereinigung „Durch!“, der u. a. die sp¨ateren Naturalisten Gerhart → Hauptmann und Arno → Holz angeh¨orten. Er gab die „Litterarischen Volkshefte“ (zusammen mit Eugen → Wolff, 1887-89) sowie die Zeitschrift „Der Zuschauer“ heraus. In der 1892 erschienenen Schrift Der Naturalismus. Zur Psychologie der modernen Kunst distanzierte B. sich vom Naturalismus. C Killy
Berg, Marquard vom, Bischof von Augsburg, * 1528 ¨ Opfingen bei Ulm, † 28. 1. 1591 Dillingen. B. studierte in Ingolstadt, erlangte 1545 den Magistergrad und setzte seine Studien 1548 in Padua, 1552 in Bologna fort. 1553 wurde er in Bologna Prokurator der deutschen Nation und im folgenden Jahr promoviert. Sp¨ater in Bamberg ans¨assig, wurde er 1559 Dompropst, kurz darauf Domdekan. 1557-69 vertrat er h¨aufig Bamberg auf Reichstagen und auf den Bundestagen des Landsberger Bundes. Seit 1559 war B. auch Dompropst des Augsburger Kapitels; 1576 wurde er zum Bischof geweiht. C Gatz 2 Berg, Max (Paul Eduard), Architekt, * 17. 4. 1870 Stettin, † 22. 1. 1947 Baden-Baden. Nach dem Studium an der TH Charlottenburg war B. unter Franz → Adickes Hochbauamtsleiter in Frankfurt / Main und 1909-25 Stadtbaurat von Breslau. Sp¨ater war er in Berlin und Baden-Baden t¨atig. Bekannt wurde er durch die Errichtung der Jahrhunderthalle in Breslau 1912 / 13, an der er exemplarisch neue Konstruktionsm¨oglichkeiten wie Stahlbetonskelettbau und Schleuderbetonmasten vorf¨uhrte. Es wird ihm als Verdienst zugeschrieben, daß → Hitler 1944 Rom zur offenen Stadt erkl¨arte, um es vor Zerst¨orung zu bewahren. C AKL Berg, Otto Karl, Pharmakognost, Botaniker, * 18. 8. 1815 Stettin, † 20. 11. 1866 Berlin. Nach einer Apothekerlehre studierte B. in Berlin Pharmazie, wurde 1848 promoviert und habilitierte sich im folgenden Jahr. Seit 1856 war er Mitglied der Oberexaminationskommission, von 1862 an a. o. Prof. der Botanik und Pharmakognosie. B. verhalf nicht nur der Pharmakognosie als selbst¨andigem Wissenschaftszweig zu gr¨oßerer Bedeutung, er erkannte auch die Bedeutung der Mikrochemie f¨ur dieses Gebiet und konnte durch seine botanischen Forschungen vor allem die Kenntnis der s¨udamerikanischen Flora erweitern. B. verfaßte u. a. ein Handbuch der pharmazeutischen Botantik (1845, 51866).
Bergauer Berg, Philipp von, Politiker, * 1815, † 13. 3. 1866 M¨onchen-Gladbach. B. studierte Geschichte und neuere Sprachen in Berlin, sp¨ater Theologie in Bonn. Seit 1843 wirkte er als Priester u. a. in J¨ulich und K¨oln. 1848 / 49 war er als Abgeordneter f¨ur J¨ulich Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung und einer der F¨uhrer des linken Zentrums. Nachdem er f¨ur die Steuerverweigerung gestimmt hatte, wurde er wegen Anstiftung zum Aufruhr angeklagt, jedoch 1850 freigesprochen. 1860 geh¨orte er, inzwischen parteilos, dem preuß. Abgeordnetenhaus an. B. trat f¨ur eine freiheitlich-demokratische Verfassung und die Erhaltung des Kirchenstaates ein; er bef¨urwor¨ tete 1859 ein Eingreifen Deutschlands auf seiten Osterreichs gegen Italien. Berg, Ragnar, Ern¨ahrungsphysiologe, * 1. 9. 1873 G¨oteborg, † 31. 3. 1956 Borstel bei Oldesloe (SchleswigHolstein). B. kam nach seinem Studium der Naturwissenschaften 1896 nach Deutschland, arbeitete 1927-32 als physiologischer Chemiker am Stadtkrankenhaus Friedrichstadt in Dresden und setzte seine Laboranalysen nach Schließung des Krankenhauslaboratoriums im Naturheilsanatorium Weißer Hirsch in Dresden fort. Von 1934 bis zur Schließung 1943 u¨ bernahm er die Leitung der ern¨ahrungsphysiologischen Abteilung der neu eingerichteten Naturheilklinik am St¨adtischen Krankenhaus Johannstadt in Dresden. Nach dem Luftangriff auf Dresden ging B. 1945 zur¨uck nach Schweden, wo er zun¨achst als Farmer, 1946-51 in einem Privatlaboratorium im St.-G¨oran-Krankenhaus in Stockholm t¨atig war. B. geh¨orte neben Maximilian Oskar → Bircher-Benner zu den wichtigsten Forschern auf dem Gebiet der naturheilkundlichen Ern¨ahrung. 1943 wurde er mit der Goethe-Medaille f¨ur Kunst und Wissenschaft, 1956 mit der Hufeland-Medaille ¨ des Zentralverbandes der Arzte f¨ur Naturheilverfahren ausgezeichnet. Zu B.s Ver¨offentlichungen z¨ahlen Die Nahrungs5 und Genussmittel (1913, 1929, Nachdr. 1982), Dictionary of foods (1932, Nachdr. 1970), Die N¨ahrsalze und ihre Bedeutung f¨ur Gesunde und Kranke (1932, 21936) und Die Ern¨ahrung des kleinen Kindes (1931, 31954). ¨ 2, 3 C Arzte Berg, Werner, Maler, * 11. 4. 1904 Elberfeld (heute zu Wuppertal), † 7. 9. 1981 St. Veit (Jauntal, K¨arnten). B. studierte an den Universit¨aten K¨oln, Bonn und Wien sowie an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste und zog sich um 1930 auf einen Einschichthof im K¨arntner Unterland ¨ zur¨uck. In seinen expressionistischen Olbildern und Holzschnitten ist der Einfluß u. a. Emil → Noldes und Edvard Munchs zu erkennen. Die Sujets in B.s Werken stammen meist unmittelbar aus seinem l¨andlichen Umfeld. C AKL Berg, Wilhelm, Drahtfabrikant, * 31. 5. 1854, † 30. 8. 1918. Der Sohn Friedrich → B.s f¨uhrte die von seinem Vater gegr¨undete Drahtzieherei seit 1885 unter seinem eigenen Namen weiter und nahm die Fabrikation von Drahterzeugnissen auf, besonders Speichen f¨ur Kinderwagen und Fahrr¨ader, aber auch Nippeln f¨ur Fahrr¨ader, Motorr¨ader und Kraftfahrzeuge, die zum Teil in den Export gingen. 1897 begann er mit der Produktion von Stahldrahtmatratzen, die seit 1905 auch in einem Betrieb in Berlin hergestellt wurden, w¨ahrend eine der beiden urspr¨unglichen Drahtziehereien abgerissen wurde. Die Speicherfabrik erhielt einen Neubau und zum Antrieb der Werkzeugmaschinen eine Lokomobile und eine Dynamomaschine, 1911 eine neue Dampfkraftanlage. 1917 kaufte B. das Drahtwerk „Kronprinz“. 1908 nahm er seinen Neffen Friedrich Ernst Hohage in die Firma auf und machte ihn 1917 zum Teilhaber. Hohage f¨uhrte die Firma nach dem
Tod B.s 1918 zusammen mit dessen Witwe weiter. B. war der Vater von Fritz → B., der 1928 in die Firma Wilh. Berg eintrat.
Berg-Schrimpf, Elsa (Elisabeth) von, Ordensgr¨underin, * 30. 8. 1874 N¨urnberg, † 26. 10. 1905 M¨unchen. Als a¨ lteste Tochter des K¨oniglichen Revisors und Leutnants Maximilian von B., genannt Schrimpf, engagierte sich B.-S. nach dem Besuch der Volksschule und eines Privatinstituts vier Jahre unentgeltlich im „Frauenverein vom Roten Kreuz“. Soziale Mißst¨ande in den M¨unchner Vorst¨adten, vor allem die Not weiblicher Lohnarbeiterinnen, veranlaßten sie 1901 mit 17 Frauen ein Komitee einzuberufen, das sich zun¨achst „Bayerische Schwestern vom Pfennigverein“ nannte und sich zum Ziel gesetzt hatte, kath. M¨adchen f¨ur den Pflegedienst auszubilden und den Bau einer kath. Krankenanstalt zu betreiben. 1903 wurde in Haidhausen eine „Kostkinderstation“ eingerichtet, aus der das erste S¨auglingsheim S¨uddeutschlands hervorging und 1905 durch ein Kinderheim erg¨anzt wurde. Im selben Jahr gr¨undeten die Schwestern einen eigenen Verein und nannten sich fortan „Bayerische Schwestern vom Blauen Kreuz“. B.-S. wurde zur Oberin gew¨ahlt, starb aber bereits wenige Wochen sp¨ater an Tuberkulose. C BBKL
Bergammer, Friedrich, eigentl. F. Glueckselig, Schriftsteller, Kunsth¨andler, * 19. 12. 1909 Wien, † 9. 10. 1981 New York. B., Sohn eines Kunsth¨andlers und international bekannten Auktionators, ver¨offentlichte mit siebzehn Jahren seinen ersten Gedichtband (Aus meiner Einsamkeit). 1935 war er, zusammen u. a. mit Hermann → Broch und Robert → Musil, in der Anthologie Patmos. Zw¨olf Lyriker mit weiteren Gedichten vertreten und beteiligte sich auch an der Zeitschrift „das silberboot“. 1938 gezwungen zu emigrieren, ging er mit seinem Vater nach New York, der dort seine Kunsthandlung weiterf¨uhrte. Nach dem Tod des Vaters u¨ bernahm B. dessen Gesch¨aft. In den USA entstandene Gedichte, die seine Erfahrungen mit der alten und der neuen Heimat zum Thema haben, wurden u. a. in den B¨anden Von Mensch zu Mensch (1955) und Fl¨ugelschl¨age (1971) ver¨offentlicht. In seinem Band Momentaufnahmen (1981), der als H¨ohepunkt seines Werks gilt, zeichnen sich die Gedichte durch eine auf das wesentliche konzentrierte Wortwahl aus. B. wurde 1980 mit dem Theodor-K¨orner-Preis geehrt. C Spalek 2,1
Bergander, Rudolf, Maler, * 22. 5. 1909 Meißen, † 10. 4. 1970 Dresden. B. studierte 1929-33 bei Otto → Dix und Richard → M¨uller an der Dresdner Akademie der bildenden K¨unste und war seit 1934 als freischaffender Maler in Meißen t¨atig. 1940-45 nahm er am Zweiten Weltkrieg teil und war nach Kriegsende vor allem auf kulturpolitischem Gebiet t¨atig. 1947 wurde er Mitglied der Dresdener K¨unstlergemeinschaft „Das Ufer“. Seit 1949 war B. in Dresden zun¨achst Dozent, von 1951 an Prof. an der Akademie der bildenden K¨unste. 1961 wurde er Mitglied der Akademie der K¨unste Berlin. B. arbeitete im Stil des sozialistischen Realismus (z. B. Hausfriedenskomitee, 1952, Galerie Neue Meister, Dresden). C AKL Bergauer, Josef, o¨ sterr. Schauspieler, * 26. 1. 1880 Laa / Thaya (Nieder¨osterreich), † 20. 7. 1947 Wien. Nach dem Jurastudium als Justizbeamter t¨atig, entschied B. sich f¨ur eine B¨uhnenkarriere und war seit 1907 als Schauspieler, S¨anger und Vortragsk¨unstler t¨atig. Mit Ausnahme des Burgtheaters hatte er Auftritte an nahezu allen B¨uhnen in Wien. B. galt als hervorragender → Nestroy-, → Raimundund → Anzengruber-Interpret. Sp¨ater war er h¨aufig f¨ur den Rundfunk t¨atig. B. komponierte Lieder f¨ur Chor- und Orchestermusik und schrieb u. a. Das klingende Wien (1941).
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Bergbohm Bergbohm, Karl Magnus, Jurist, * 18. 9. 1849 Riga, † 12. 11. 1927 Bonn. B. studierte in Dorpat, seit 1875 / 76 in Berlin und Leipzig, erlangte 1876 in Dorpat den Magistergrad und wurde 1877 zum Dozenten ernannt. 1882-84 war er Syndikus der Universit¨at, wurde 1884 promoviert (Die bewaffnete Neutralit¨at 1780-83. Eine Entwicklungsphase des V¨olkerrechts im Seekriege) und vom Senat zum Prof. des Staats- und V¨olkerrechts ernannt. Als die Regierung seine Ernennung nicht best¨atigte, wurde er lediglich mit der Verwaltung der Professur beauftragt und hielt seit 1889 als Dozent Vorlesungen u¨ ber V¨olkerrecht, allgemeines Staatsrecht, Kirchenrecht und Rechtsphilosophie. 1893 folgte er einem Ruf als a. o. Prof. nach Marburg, 1895 als o. Prof. nach Bonn. B. war ein Verfechter des Gesetzespositivismus, suchte den naturrechtlichen Gedanken aus der Rechtswissenschaft zu vertreiben und hielt die empirische Erfahrung des Rechts f¨ur ausschlaggebend (u. a. Jurisprudenz und Rechtsphilosophie, Bd. 1, 1892). C NDB
Berge, Elisabeth von, Schriftstellerin, * 12. 3. 1838 Oberullersdorf bei Sorau, † 1. 1. 1909 Bernried / Starnberger See. Die aus einer altadligen Gutsbesitzerfamilie stammende B. besuchte eine h¨ohere T¨ochterschule und besch¨aftigte sich in Privatstudien mit Literatur, Geschichte, Altphilologie und Philosophie. Sp¨ater war sie in erster Linie als Dramatikerin t¨atig. B. lebte seit 1880 auf der Marxburg bei Braubach / Rhein, seit 1901 in Bernried / Starnberger See. Sie schrieb u. a. das Trauerspiel Heinrich von Kleist (1902). ¨ Berge, Ernst Gottlieb von, Ubersetzer, Geograph, * 1649 Bernburg, † 1722 Berlin (?). Der Sohn eines Richters aus anhaltinischem Adel besuchte seit 1667 das Gymnasium in Zerbst. 1670-78 lebte er in Rußland und anschließend in London, wo er sich mit dem ¨ Milton-Ubersetzer Theodor → Haak und anderen MiltonKennern anfreundete. 1680 ging B. nach Berlin und war ¨ seit 1682 als Ubersetzer f¨ur den preuß. Hof und den Berliner Magistrat t¨atig. 1722 wird er zuletzt erw¨ahnt. B. legte 1682 ¨ eine Ubersetzung von Miltons Paradise Lost vor, die auf Haaks Vorarbeiten beruhte. Sie wurde jedoch wegen ihrer ¨ Blankverse kritisiert und bald von → Bodmers Ubersetzung verdr¨angt. Daneben schrieb B. auch eine kaum beachtete ¨ Ubersetzung von John Edwards’ Der Socinianische Glaube (1719). Andere Texte B.s, wie seine Beschreibung Sibiriens, wurden zu seinen Lebzeiten nicht ver¨offentlicht. C Killy
Berge, Joachim vom, Diplomat, * 23. 3. 1526 Herrendorf, † 8. 3. 1602. Nach dem Studium in Wittenberg, Leipzig und Frankfurt / Oder unternahm B. Reisen in Europa. Bei einem Aufenthalt in Wien wurde er zum Reichshofrat ernannt. Seit 1560 war er Gesandter → Maximilians II. an H¨ofen in Deutschland und in Kopenhagen. Zu seinen Freunden z¨ahlten u. a. → Melanchthon, → Bugenhagen und Johannes → Sturm. C ADB Bergeat, Alfred (Edmund), Mineraloge, Geologe, * 17. 7. 1866 Passau, † 30. 7. 1924 Kiel. Nach dem Studium und der Promotion (1891) in M¨unchen war B. 1892-95 Assistent Alfred Wilhelm → Stelzners an der Bergakademie in Freiberg, seit 1896 Dozent f¨ur Mineralogie und Geologie an der Univ. M¨unchen. 1899 wurde er Prof. der Lagerst¨attenkunde in Clausthal, 1909 Prof. der Mineralogie in K¨onigsberg und nahm 1921-24 eine Professur in Kiel wahr. B. besch¨aftigte sich mit den Zusammenh¨angen zwischen Vulkanismus und Lagerst¨attenbildung; es gelang ihm u. a., am Granodiorit von Concepci´on del Oro die Kontaktmetamorphose durch Stoffzufuhr aus dem Magma nachzuweisen. Zu seinen Leistungen geh¨ort die Unterscheidung von peri- und apomagmatischen Lagerst¨atten.
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Bergel, Bernd, Komponist, Musiker, * 24. 11. 1909 Hohensalza (heute Inowrazlaw, Polen), † 2. 3. 1967 Tel Aviv. B. studierte 1926-31 an der Hochschule f¨ur Musik in Berlin, 1930-33 an der Akademie der K¨unste Berlin (u. a. zusammen mit Paul → Hindemith und Arnold → Sch¨onberg). 1931-38 war er als Komponist und Pianist in Berlin t¨atig; er z¨ahlte zum Kreis um Bertolt → Brecht und Hanns → Eisler. Seit 1934 mit Berufsverbot belegt, ver¨offentlichte B. seine Werke unter dem Namen seines Lehrers Walter → Gronostay. 1938 emigrierte er nach Pal¨astina, wo er haupts¨achlich in Tel Aviv und Haifa lebte und t¨atig war. B. komponierte u. a. die M¨archenoper Die Wurzelprinzessin (um 1921) und die Oper Jaakobs Traum (1924) nach dem gleichnamigen St¨uck von Richard → Beer-Hofmann. C BHdE, Bd 2 Bergemann, Johann Gottfried Georg, Apotheker, * 30. 11. 1783 L¨owenberg, † 1. 11. 1837. Nach einer Apothekerlehre war B. in der Hofapotheke in Glogau t¨atig, 1806-09 Feldapotheker und sp¨ater Provisor in Kreutzburg. 1812 kehrte er nach L¨owenburg zur¨uck und gr¨undete einen Spezerei- und Parf¨umerie-Waren-Handel. 1813 / 14 war er auch Inspektor des dortigen Feldlazaretts. Sp¨ater Stadtverordneter und seit 1818 Stadtverordneten¨ Vorsteher und Ratmann, gab er 1827 seine Amter, kurz darauf auch sein Gesch¨aft auf. Danach widmete B. sich vor allem dem Sammeln und Ausarbeiten von Chroniken. Er verfaßte u. a. eine Beschreibung und Geschichte von Warmbrunn und seiner Heilquellen (1828).
Bergemann, Paul, P¨adagoge, * 20. 10. 1862 L¨owenberg (Schlesien), † 8. 10. 1946 Kohlfurt (Schlesien). Nach dem Studium in Berlin, Halle und Jena 1891 mit der Arbeit Ernst Platner als Moralphilosoph und sein Verh¨altnis zur Kant’schen Ethik promoviert, war B. zun¨achst Lehrer am Progymnasium in Goldberg und an der M¨adchenschule der Franckeschen Stiftungen in Halle und leitete dann bis ¨ 1904 Ubungen am P¨adagogischen Seminar der Univ. Jena. Er war Gr¨under und erster Leiter der Jenaer „volkst¨umlichen Hochschulkurse“; großen Anteil hatte er an der Einrichtung o¨ ffentlicher Lesehallen in Jena. Wegen seiner Auseinandersetzungen mit Paul → Natorp mußte B. seine Universit¨atskarriere aufgeben und war 1904-30 Direktor des von ihm gegr¨undeten Privatlyzeums in Striegau. Er ver¨offentlichte u. a. Soziale P¨adagogik auf erfahrungswissenschaftlicher Grundlage und mit Hilfe der induktiven Methode als universalistische oder Kultur-P¨adagogik dargestellt (1900), Lehrbuch der p¨adagogischen Psychologie (1901) und Ethik als Kulturphilosophie (1904). Bergen, Claus, Maler, Illustrator, * 18. 4. 1885 Stuttgart, † 4. 10. 1964 Lenggries (Oberbayern). B. wurde bei seinem Vater, einem Illustrator, bei Otto → Str¨utzel und Hans von → Bartels sowie an der M¨unchener Akademie bei Carl von → Marr ausgebildet. Zun¨achst schuf er Illustrationen zu Reiseerz¨ahlungen Karl → Mays. Seit 1916 Kriegsmaler, illustrierte er Die deutsche Marine im Weltkrieg (1918). 1918 wurde B. der bayerische Professorentitel verliehen. 1922 trat er der NSDAP bei und unterhielt enge Beziehungen zur F¨uhrung der Kriegsmarine. Seine den Kampf verherrlichenden Bilder wurden 1945 von amerikanischer Seite beschlagnahmt. Nach Kriegsende wandte sich B. vor allem Darstellungen historischer Motive, der Segelschiffahrt und Landschaftsmotiven zu. C AKL
Bergen, (Carl-Ludwig) Diego von, Diplomat, * 30. 10. 1872 Bangkok, † 7. 10. 1944 Wiesbaden. Seit 1895 Dr. jur., war B. im diplomatischen Dienst in Guatemala, Peking, Br¨ussel, Madrid und beim Vatikan t¨atig. 1911 wurde er in das Ausw¨artige Amt versetzt, wo er 1917-19 die Politische Abteilung leitete. 1920 ging er als Botschafter
Bergengruen beim Vatikan nach Rom und war seit 1930 Doyen des dort akkreditierten diplomatischen Korps. C NDB
Bergen, Karl August von, Mediziner, * 11. 8. 1704 Frankfurt / Oder, † 7. 10. 1759 Frankfurt / Oder. B. wurde 1731 zum Dr. med. promoviert (De nervo intercostali), 1732 a. o. Prof. der Anatomie, 1738 als Nachfolger seines Vaters Johann Georg von B. o. Prof. der Botanik und Anatomie. 1744 u¨ bernahm er die Professur der Pathologie und Therapie. B. wurde 1752 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er ver¨offentlichte u. a. Elementa anatomiae experimentalis (1758).
Bergen, Konrad von, Milit¨ar, * 17. 2. 1830 Posen, † 22. 11. 1908 Berlin. B. trat 1848 in den preuß. Milit¨ardienst ein und wurde 1852 Ingenieuroffizier. Sp¨ater Adjutant bei der 1. Festungsinspektion, wurde er 1859 zum Adjutanten der Generalinspektion des Ingenieur- und Pionierkorps und der Festungen ernannt, 1862 zum Hauptmann bef¨ordert. B. nahm am Krieg von 1866 und am Deutsch-Franz¨osischen Krieg 1870 / 71 teil. Als Major war er 1871-73 bei der Besatzungsarmee in Frankreich stationiert, wurde 1881 Oberst, 1887 Generalmajor und nahm 1891 als Generalleutnant seinen Abschied. Bergen, Sebastian von, Jurist, Politiker, * 1554 Hamburg, † 24. 10. 1623. B. studierte in Rostock und Wittenberg, wurde 1582 promoviert und Prof. der Rechtswissenschaften in Wittenberg. 1585 ging er als Ratssekret¨ar nach Hamburg, war seit 1601 Ratsherr und wurde 1614 zum B¨urgermeister gew¨ahlt. Bei der Losl¨osung Hamburgs von der deutschen Hanse f¨uhrte B. die Verhandlungen mit den niederl¨andischen, englischen und portugiesischen Kaufleuten. Er war beteiligt an der Abfassung des Stadtrechts von 1603. C NDB Bergengruen, Hermann, evang. Theologe, * 20. 6. 1872 Riga, † 22. 5. 1919 Riga. B. war erster Inspektor der 1901 gegr¨undeten Stadtmission in Riga und seit 1907 Pastor der deutschen Stadtgemeinde im livl¨andischen Wenden. Da er Deutscher und evang. Pfarrer war, wurde er 1915 nach Sibirien verbannt und konnte erst 1918, nach der Befreiung Livlands durch die deutschen Truppen, nach Wenden zur¨uckkehren. Noch im selben Jahr fl¨uchtete er mit einem großen Teil seiner Gemeinde in das vermeintlich sichere Riga und war dort bis zu seiner Verhaftung 1919 als Pastor der Petrigemeinde t¨atig. B. wurde von Bolschewiken am Tag der Befreiung Rigas erschossen. C BBKL ¨ Bergengruen, Werner, Erz¨ahler, Lyriker, Ubersetzer, * 16. 9. 1892 Riga, † 4. 9. 1964 Baden-Baden. B. entstammt einer baltendeutschen Arztfamilie, die wegen des Russifizierungsprogramms des Zarenreichs Riga bald verließ. Nach seiner Gymnasialzeit in L¨ubeck und Marburg studierte er bis 1914 in Marburg, M¨unchen und Berlin Jura, Geschichte, Theologie und Germanistik. Im Ersten Weltkrieg k¨ampfte B. als Freiwilliger im deutschen Heer; seit 1919 nahm er an den Nachkriegsk¨ampfen der Baltischen Landwehr gegen die Rote Armee teil. Verheiratet mit Charlotte Hensel, arbeitete er als
Journalist zun¨achst in Tilsit und Memel, dann in Berlin, wo er seit 1922 die Zeitschrift „Ost-Informationen“ leitete und 1925 den „Baltischen Bl¨attern“ als Hauptschriftleiter vorstand. Von 1927 an lebte er als freier Schriftsteller in Berlin. 1936 konvertierte er zum Katholizismus und zog nach M¨unchen. Die letzten Kriegsjahre verbrachte er in Tirol; 1946 holten ihn Freunde nach Z¨urich. Sein R¨omisches Erinnerungsbuch (1949) spiegelt seinen Aufenthalt in Rom (1948 / 49) wider. Seit 1958 lebte er in Baden-Baden. B.s Œuvre ist einem ausgepr¨agten Traditionsbewußtsein und idealistisch-christlichen Wertvorstellungen verpflichtet. Seine Aufgabe als Dichter sah er im „Offenbarmachen ewiger . . . Ordnungen“; er beanspruchte, „Tr¨oster“ und „Beunruhiger“ zugleich zu sein. Den Nationalsozialismus lehnte er entschieden ab. Sein Roman Der Großtyrann und das Gericht (1935), als verschl¨usselte Kritik an der nationalsozialistischen Herrschaft lesbar, und sein zun¨achst anonym erschienener Gedichtzyklus Der ewige Kaiser (1937) f¨uhrten 1937 zu B.s Ausschluß aus der Reichsschrifttumskammer. Formal und sprachlich steht seine Lyrik in der Nachfolge → Goethes. Seine zahlreichen Gedichtb¨ande machten B. neben Rudolf Alexander → Schr¨oder und Hans → Carossa zu einem der beliebtesten Lyriker der Nachkriegszeit, bis Ende der sechziger Jahre B.s Harmonisierungstendenz auch gegen¨uber zeitgeschichtlichen Erfahrungen einer ideologiekritischen Interpretation unterzogen wurde. Auch in seiner Epik bringt er seine Grundanschauung von der Gewißheit der g¨ottlichen Vorsehung und von der Einbindung des Menschen in die von Gott vorgegebene Ordnung zum Ausdruck. Das epische Geschehen spielt oft in historisch l¨angst vergangenen Zeiten. Vor allem im Fr¨uhwerk l¨aßt er in der Erz¨ahlweise und Thematik den Einfluß der Romantiker erkennen; u¨ ber E. T. A. → Hoffmann hat er eine Biographie verfaßt (1939) und von ihm (1947 / 48) wie auch von ¨ → Eichendorff (1956) eine Werkauswahl ediert. Seine Ubersetzungen einiger Romane von Dostojewskij, Tolstoj und Turgenjew haben seinen Roman Der goldene Griffel (1931) beeinflußt. In seinen zahlreichen Novellen, unter denen Die drei Falken (1937) vielleicht die bekannteste ist, orientiert B. sich insofern an den u¨ berkommenen Gattungskonventionen, als auch er von einer „unerh¨orten Begebenheit“ ausgeht und das Geschehen in einer pr¨agnanten Szene seinen Wendepunkt finden l¨aßt. B.s in zehn Sprachen u¨ bersetztes Werk mit sehr hoher Gesamtauflage verschaffte ihm großes Ansehen; er wurde mehrfach ausgezeichnet (u. a. 1951 WilhelmRaabe-Preis; Orden Pour le m´erite; 1961 Schillerpreis) und war Mitglied verschiedener Akademien. WEITERE WERKE: Lyrik: Die Rose von Jericho. Berlin 1934. – Dies irae. Z¨urich 1946. – Lobgesang. Basel 1946. – Die heile Welt. Z¨urich 1950. – Herbstlicher Aufbruch. Z¨urich 1965. – Romane: Das Gesetz des Atum. M¨unchen 1923. – Der Starost. Hamburg 1938. – Das Kaiserreich in Tr¨ummern. Leipzig 1927. – Herzog Karl der K¨uhne oder Gem¨ut und Schicksal. M¨unchen 1930. – Das Feuerzeichen. M¨unchen 1949. – Novellen und Erz¨ahlungen: Das Brauthemd. Frankfurt / Main 1925. – Die Ostergnade. Berlin 1933. – Der Teufel im Winterpalais. Leipzig 1933. – Das Beichtsiegel. Innsbruck 1946. – Die Flamme im S¨aulenholz. Passau 1952. – Zorn, Zeit und Ewigkeit. Z¨urich 1959. – Die sch¨onsten Novellen. Z¨urich 1965. – Dichtergeh¨ause. Z¨urich 1966 (Autobiographie). – Schriftstellerexistenz in der Diktatur. Aufzeichnungen zu Politik, Geschichte und Kultur 1940-1963. Hrsg. v. Frank-Lothar Kroll. M¨unchen 2005. ¨ LITERATUR: Carl Jacob Burckhardt: Uber W. B. Z¨urich 1968. – Werner Wilk: W. B. Berlin 1968. – Hans B¨anzin4 ger: W. B. Weg und Werk. Bern / M¨unchen. 1983. – FrankLothar Kroll / Alfred Schmidt: Dichtung als Kulturvermittlung. Der Schriftsteller W. B. Filderstadt 1996. Dietmar Peil
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Bergenroth Bergenroth, Gustav Adolf, Historiker, Politiker, * 26. 2. 1813 Marggrabowa (Treuburg; heute Olecko, Polen), † 13. 2. 1869 Madrid. B. studierte Rechtswissenschaften in K¨onigsberg. Er nahm an der Revolution von 1848 als Mitglied des demokratischen Klubs Anteil und verließ nach dem Scheitern der Revolution den Staatsdienst. Sein Versuch, in Kalifornien eine freiheitliche Niederlassung zu gr¨unden, mißgl¨uckte. 1856 ließ er sich in London nieder und wurde von der englischen Regierung als Mitarbeiter des Calendar of State Papers angestellt. Er gab Letters, Despatches and State Papers relating to the negotiations between England and Spain preserved in the Archives of Simancas and elsewhere (3 Bde., o. J.) heraus. Berger, Albrecht Ludwig von, Jurist, * 5. 11. 1768 Oldenburg, † 10. 4. 1813 Bremen. B. studierte 1786-90 Rechtswissenschaften in G¨ottingen, war Referendar beim Landgericht in Oldenburg und seit 1792 Regierungsassessor in Eutin. 1797 wurde er Landgerichtsassessor mit dem Titel Kanzleirat in Oldenburg, 1808 als Landvogt Vorsitzender des Landgerichts. Nach der franz¨osischen Besetzung gab er sein Amt auf. B., der zahlreiche Reisen unternahm, verfaßte Reiseberichte (u. a. Studien und Umrisse meist auf Reisen gezeichnet, 1812-16). C Oldenburg
Berger, Alfred (Maria Julius) Frh. von, o¨ sterr. Theaterintendant, Dramaturg, * 30. 4. 1853 Wien, † 24. 8. 1912 Wien. B., Sohn von Johann Nepomuk → B., studierte Jura in Wien und wurde 1886 Privatdozent f¨ur Philosophie an der Wiener Universit¨at. 1887-90 war er artistischer Sekret¨ar des ¨ Burgtheaters und 1894-99 a. o. Prof. der Asthetik. Er folgte dann einem Ruf als Direktor des neugegr¨undeten Deutschen Schauspielhauses nach Hamburg und wurde schließlich 1909 Direktor des Wiener Burgtheaters. B., verheiratet mit der Schauspielerin Stella Freifrau von → Hohenfels-Berger, war als Dramatiker (Oenone, 1873), Erz¨ahler und philosophischer Schriftsteller t¨atig und schrieb u. a. Meine Hamburgische Dramaturgie (1910). C DLL, 20. Jh. Berger, Alfred, o¨ sterr. Versicherungsmathematiker, * 16. 2. 1882 Br¨unn, † 10. 3. 1942 Wien. Nach dem Physik- und Mathematikstudium (1901-06) in Wien, M¨unchen und G¨ottingen wurde B. 1906 in Wien promoviert; seit 1928 war er dort Privatdozent der Mathematik der Privatversicherung und mathematischen Statistik; 1933 wurde er a. o. Professor. B. entwickelte u. a. den sogenannten Verschiebungssatz, der besagt, daß das Quadrat der mittleren Pr¨amienreserve gleich der Summe der Quadrate der durchschnittlichen Pr¨amienreserve und des mittleren Risikos ist. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨ort u. a. Prinzipien der Lebensversicherungstechnik (2 Bde., 1923 / 25). C NDB
Berger, Arthur, Pseud. C. H. A. Palmi´e, Schriftsteller, * 3. 11. 1871 Merseburg, † 28. 3. 1947 Berlin. Nach dem Studium an den Universit¨aten Heidelberg, Erlangen und Kiel (Promotion 1899) unternahm B. zahlreiche Expeditionen, z. B. 1899-1900 nach Norwegen und zum n¨ordlichen Eismeer, 1905-06 in den Sudan, 1908-09 nach Ostafrika, Uganda und Kongo. Seine Erfahrungen verarbeitete er literarisch in Form von Reisebeschreibungen (Eine Welt- und Jagdreise, 1908), popul¨ar-naturwissenschaftlichen Schriften und Jugendb¨uchern. C DLL, 20. Jh.
Berger, Carl (Ludwig), Industrieller, * 22. 9. 1794 Bommern bei Witten / Ruhr, † 21. 3. 1871 Witten / Ruhr. Nach Abschluß einer kaufm¨annischen Lehre in Amsterdam wandte sich B., Sohn eines Gutsbesitzers und Mitbesitzers
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mehrerer Steinkohlenzechen, der Stahlerzeugung zu und betrieb eine Zeitlang ein Puddel- und Walzwerk. Der Versuch, einen dem Sheffielder Stahl ebenb¨urtigen Stahl herzustellen, war 1853 von Erfolg gekr¨ont (Schweißeisen mit einem kleinen Prozentsatz K¨oln-M¨usener Spiegeleisen), was 1854 die Gr¨undung der Gußstahlfabrik Carl Berger & Co. in Witten m¨oglich machte. 1848 gr¨undete B. den Konstitutionellen Verein in Witten und war 1855-58 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses. Der Ausbau mehrerer Eisenbahnstrecken ist seiner Initiative zu verdanken. C NDB
Berger, Christian Gottlieb, Mediziner, * 21. 9. 1741 Wohlau (Schlesien), † April 1795 Graudenz (Westpreußen). B. studierte 1759-65 Medizin an der Univ. Leipzig und wurde 1770 in Halle promoviert (De causa proxima febrium intermittentium). Er war dann Praktikus in Altenburg (Sachsen), seit 1772 in Berlin t¨atig und von 1777 an Physikus des Culmischen Kreises in Graudenz (Westpreußen). B. verfaßte gr¨oßtenteils religi¨ose Schriften wie z. B. Gr¨undliche faßliche und u¨ berzeugende Belehrung von der Religion (1780).
Berger, Christoph Heinrich von, Jurist, * 18. 3. 1687 Wittenberg, † 15. 7. 1737. Seit 1710 promovierter Jurist, wurde B. 1714 Beisitzer im Landgericht der Niederlausitz und Mitglied der Juristenfakult¨at. Seit 1719 war er o. Prof., Assessor am Hofgericht und im Sch¨oppenstuhl. 1723 zum Hof- und Justizrat ernannt, wurde er 1725 Mitglied des Appellationsgerichts in Dresden. Seit 1727 war er als kurs¨achsischer Kommissarius in Aurich mit der Aufgabe betraut, die Auseinandersetzungen zwischen ostfriesischen F¨ursten und Landst¨anden beizulegen. 1733 wurde er Nachfolger seines Vaters Johann Heinrich → B. im Reichshofrat. C ADB
Berger, Daniel, auch Gottfried Daniel B., Kupferstecher, * 25. 10. 1744 Berlin, † 17. 11. 1824 Berlin. B. wurde zun¨achst von seinem Vater ausgebildet, sp¨ater von Georg Friedrich → Schmidt, dessen Mitarbeiter er seit 1764 war. Bei B. N. Le Sueur studierte B. Zeichnen an der Akademie in Berlin. Seit 1778 war er Mitglied der Akademie in Berlin, von 1787 an Lehrer f¨ur Kupferstich, sp¨ater bis zu seinem Tod Vizedirektor. Als B.s Hauptwerk gilt die Reproduktion der Arbeiten von Daniel → Chodowiecki. Neben Illustrationen f¨ur Romane und Almanache stach B. Portr¨ats und Schlachtenszenen. C AKL Berger, Emil, Ophthalmologe, * 1. 8. 1855 Wien, † M¨arz 1926 Montreux. Nach dem Medizinstudium in Wien spezialisierte B. sich bei Eduard J¨ager (Wien), Albrecht von → Graefe (Halle) und Julius → Hirschberg (Berlin) auf Augenheilkunde; 1883-87 war er als Dozent in Graz t¨atig. 1887 ging er zu wissenschaftlichen Studien nach Paris, wo er 1896 promoviert wurde und sp¨ater eine Augenklinik gr¨undete, an der er auch Vorlesungen hielt. B. verfaßte u. a. die von der Pariser Akademie der Wissenschaften preisgekr¨onte Schrift Anatomie normale et pathologique de l’œil (1889, 21893) und Beitr¨age zur Psychologie des Sehens (1925). Nach ihm wurde das Bergersche Zeichen benannt, die Pupillendeformit¨at bei beginnender Tabes.
Berger, Emil, Jurist, * 5. 3. 1902 Oppeln (Oberschlesien), † 9. 11. 1975 Bonn. B. schloß das Studium der Rechtswissenschaften in Breslau und T¨ubingen 1926 mit der Promotion ab (Das Wesen der Einziehung nach dem StGB f¨ur das Deutsche Reich und den Nebengesetzen), trat 1930 in Beuthen in die Reichsfinanzverwaltung ein und lehrte seit 1940 an der Reichsfinanzschule in W¨ollershof. Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft war er bei der Oberfinanzdirektion N¨urnberg t¨atig,
Berger wo er zum Finanzgerichtsdirektor aufstieg. 1957 wurde er Richter am Bundesfinanzhof und war 1968-70 Senatspr¨asident. B. war seit 1962 Schriftleiter der Zeitschrift „Deutsches Steuerrecht“. Er ver¨offentlichte u. a. Die Reichsabgabenordnung mit Steuerstrafrecht und Steuerstrafverfahren in Frage und Antwort (1951, 21955), Die Reichsabgabenordnung nach ihren Schwerpunkten f¨ur die Praxis der Besitzund Verkehrssteuern (1952) und Der Steuerprozeß (1954). C Juristen
Berger, Erna, S¨angerin, * 19. 10. 1900 Cossebaude bei Dresden, † 14. 6. 1990 Essen. Aufgewachsen in Dresden und in Paraguay, wo sich ihre Eltern als Siedler niedergelassen hatten, war B. seit 1923 wieder in Deutschland ans¨assig, studierte Gesang bei Hertha Boeckel und Melitta Hirzel in Dresden und deb¨utierte 1926 an der Dresdener Staatsoper. Im folgenden Jahr sang sie dort die Titelrolle in der Urauff¨uhrung von Hanneles Himmelfahrt von Paul → Graener. Es folgten Gastspiele u. a. in Bayreuth (1930) und an der St¨adtischen Oper Berlin (1932). 1934-46 war B. Mitglied der Berliner Staatsoper, danach gab sie ausschließlich Gastspiele, u. a. an der Metropolitan Opera in New York (1949-51). Nachdem sie sich 1953 von der B¨uhne zur¨uckgezogen hatte, war B. seit 1959 Professorin an der Staatlichen Hochschule f¨ur Musik in Hamburg und seit 1971 an der Folkwang-Schule in Essen. B.s Memoiren erschienen 1988 unter dem Titel Auf Fl¨ugeln des Gesangs. C MGG Berger, Ernst, o¨ sterr. Maler, * 3. 1. 1857 Wien, † 30. 4. (4. 5. ?) 1919 M¨unchen. Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung studierte B. 1874-81 an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste, seit 1882 an der Akademie in M¨unchen. 1876-79 war er im Meisteratelier August → Eisenmengers, 1879-81 bei Hans → Makart t¨atig. Nach Abschluß seiner Studien ließ er sich als Maler in M¨unchen nieder. Er schuf meist Genrebilder mit orientalischen Sujets und besch¨aftigte sich seit 1893 mit Rekonstruktionsversuchen der antiken Enkaustik und r¨omischpompejanischer Wandmalerei. Von seinen zahlreichen kunsttheoretischen Schriften sind die Beitr¨age zur Entwicklungsgeschichte der Maltechnik (4 Bde., 1893) zu erw¨ahnen. B. war Herausgeber der „M¨unchener kunsttechnischen Bl¨atter“. B. wurde w¨ahrend der M¨unchner Unruhen nach Gr¨undung C AKL der R¨aterepublik erschossen.
Berger, Ernst Hugo, Historiker, * 6. 10. 1836 Gera, † 27. 9. 1904 Leipzig. B. studierte seit 1856 in Leipzig Theologie, sp¨ater Altphilologie und Germanistik. Sein Hauptforschungsgebiet war die wissenschaftliche Geographie der Griechen. 1899 folgte er einem Ruf als Prof. der historischen Geographie an die Univ. Leipzig. B. ver¨offentlichte u. a. eine Geschichte der wissenschaftlichen Erdkunde der Griechen (1887-93). C Bursian, Jg. 29
Berger, Franz, o¨ sterr. Schulmann, * 23. 9. 1874 Ried im Innkreis (Ober¨osterreich), † 6. 3. 1959 Linz. B. studierte Theologie an der Philosophisch-Theologischen Di¨ozesanlehranstalt in Linz sowie Geschichte und Geographie an den Universit¨aten Innsbruck und M¨unchen. 1897 wurde er zum Priester geweiht und 1903 promoviert. 1901-23 war er Gymnasialprofessor der Geschichte und Geographie in Urfahr, Ried und Linz; 1924-33 hatt er das Amt des Landesschulinspektors inne. B. war Mitgr¨under und Sekret¨ar der 1918 entstandenen Ober¨osterreichischen Landeskommission f¨ur Kinderschutz und Jugendf¨ursorge, 1920 Gr¨under und erster Leiter des Landesjugendamtes. Er war engagierter F¨orderer zeitgen¨ossischer Schriftsteller (u. a. Enrica → Handel-Mazzetti). C Biogr Lex Ober¨ost
Berger, Fritz, Geologe, * 20. 5. 1903 Breslau, † 21. 4. 1983 Aachen. B., Sohn eines B¨ackermeisters, studierte 1921-30 Chemie und Geologie in Breslau. 1923 / 24 war er Mitglied der Brigade Ehrhardt, hatte 1927 / 28 die Leitung der Hochschulgruppe Breslau des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds inne und war 1927 / 28 Mitglied der NSDAP. 1931 in Breslau mit der Arbeit Diluviale Stratigraphie und Tektonik im Gebiet der oberen Neiße und der Steine promoviert, wirkte er 1931-34 als apl. Assistent in Breslau und erhielt 1934 eine Assistentenstelle am Geologischen Institut der Univ. Freiburg / Breisgau. Dort habilitierte er sich 1936 mit der Studie Zur terti¨aren Entwicklungsgeschichte Schlesiens und wurde 1937 Dozent f¨ur Geologie und Pal¨aontologie an der Univ. Freiburg. 1938-40 war er Dozentenbundf¨uhrer und Leiter der Dozentenschaft. 1941-45 geh¨orte B. als Geologe der Wehrmacht an und lehrte seit 1941 als Dozent, seit 1943 als apl. Prof. f¨ur Geologie und Pal¨aontologie an der Reichsuniversit¨at Posen. 1945 / 46 befand er sich in britischer Kriegsgefangenschaft und Internierungshaft. Seit 1951 apl. Prof. an der TH Aachen, wurde er dort 1966 zum Akademischen Rat ernannt und erhielt 1966 eine o. Professur f¨ur Geologie der festen Brennstoffe. C Gr¨uttner Berger, Gisela (Maria Johanna), o¨ sterr. Schriftstellerin, * 12. 12. 1878 Wien, † 26. 1. 1961 Wien. B., Enkelin von Johann Nepomuk → B. und Nichte des Burgtheaterdirektors Alfred Frh. von → B., begann schon fr¨uh, sich schriftstellerisch zu bet¨atigen (Die Schlange, die Geschichte einer Ehe, 1907). Sp¨ater arbeitete sie als Hauslehrerin, Sekret¨arin und 1929-30 als Redakteurin der Zeitschrift „Wiener Mode“. 1931-39 war sie in Wien in der Theatersammlung der Nationalbibliothek, bis 1945 als Leiterin der Pressestelle im „Haus der Mode“ und bis 1949 als Cheflektorin des Ring-Verlags t¨atig. F¨ur den Roman Die t¨orichte Geschichte der Terpsichore Liebenreich (1919) wurde sie mit dem Ebner-Eschenbach-Preis ausgezeichnet. C DLL, 20. Jh.
Berger, Gottlob, Chef des SS-Hauptamtes, * 16. 7. 1896 Gerstetten, † 5. 1. 1975 Stuttgart. B., Sohn eines S¨agewerksbesitzers, wurde in N¨urtingen zum Lehrer ausgebildet und war nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1919-34 in W¨urttemberg in seinem Beruf t¨atig. Mitglied der NSDAP seit 1931, der SA 1931-33 und der SS seit 1936, war er seit 1938 im SS-Hauptamt verantwortlich f¨ur Leibeserziehung und wurde 1940 dessen Chef und SSObergruppenf¨uhrer. 1943-45 als Staatsekret¨ar → Himmlers Verbindungsmann im Reichsministerium f¨ur die besetzten Ostgebiete, wurde er 1944 als Deutscher General in der Slowakei mit der Niederschlagung des Aufstandes beauftragt und war anschließend Chef des Kriegsgefangenenwesens. 1949 zu 25 Jahren Haft verurteilt, wurde er vom amerikanischen Hochkommissar zu 10 Jahren begnadigt und 1951 entlassen. C Smelser
Berger, Hans, Neurologe, Psychiater, * 21. 5. 1873 Neuses an den Eichen (heute zu Großheirath), † 1. 6. 1941 Jena. Nach dem Medizinstudium wurde B. 1897 in Jena promoviert (Degenerationen der Vorderhornzellen des R¨uckenmarks bei Dementia paralytica). Er habilitierte sich 1901 (Zur Lehre von der Blutzirkulation in der Sch¨adelh¨ohle des Menschen) und war seit 1905 a. o., seit 1919 o. Prof. der Psychiatrie und Neurologie sowie Direktor der Universit¨atsnervenklinik in Jena, 1927 / 28 Rektor und 1935-38 Prorektor der Universit¨at. 1937 wurde B. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Als erstem gelang ihm 1924 die Ableitung des Hirnstrombildes von der unversehrten Kopfhaut (Elektroenzephalographie). Nach der
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Berger Emeritierung 1938 war B. in seinem Privatsanatorium in Bad Blankenburg t¨atig. 1938 / 39 war er Richter am Erbgesundheitsgericht und 1939 stellvertretender Direktor der Universit¨atsklinik f¨ur Psychiatrie und Neurologie. Er war Mitherausgeber des „Archivs f¨ur Psychiatrie“ und ver¨offentlichte u. a. Trauma und Psychose (1915), Physiologische Begleiterscheinungen psychischer Vorg¨ange (1937) und Die Psyche ¨ (1940). B. beging Selbstmord. 2, 3 C Arzte
Berger, Hans, Jurist, Diplomat, * 29. 10. 1909 K¨oln, † 6. 3. 1985 Bad Honnef. Nach dem Jurastudium in K¨oln (Promotion 1936, Zur Frage des Mißbrauchs der Vertretungsmacht) war B. dort 1937-39 Gerichtsassessor, 1939-44 Referent beim Reichskommissar f¨ur Preisbildung. Er hatte Verbindung zur Bewegung des 20. Juli. 1945 war er Amtsgerichtsrat in K¨oln, 1946 Oberlandesgerichtsrat, 1947 Ministerialrat und Leiter der Gesetzgebungsabteilung des Justizministeriums in NordrheinWestfalen, 1948 / 49 Richter am Obersten Gerichtshof der britischen Zone in K¨oln und 1949-53 Landgerichtspr¨asident in D¨usseldorf. 1954 trat er als Leiter der Rechtsabteilung und Stellvertreter des Staatssekret¨ars Walter → Hallstein ins Ausw¨artige Amt u¨ ber. Seit 1955 als Botschafter in Wien akkreditiert, wurde er 1959 Botschafter in D¨anemark, 1963 in Den Haag, 1965 Chef des Bundespr¨asidialamtes und war 1969-71 Botschafter im Vatikan.
Berger, Joe, eigentl. Alfred Berger, o¨ sterr. Schriftsteller, * 22. 10. 1939 Kaltenleutgeben (Nieder¨osterreich), † 30. 5. 1991 Wien. B. studierte bis 1958 Chemie, war danach als Chemiker t¨atig und lebte seit 1963 als freier Schriftsteller in Wien und Kaltenleutgeben. Er arbeitete im Umfeld des Wiener Aktionismus und wurde 1973 Mitglied der Grazer Autorenversammlung. B. ver¨offentlichte M¨archen f¨ur Konsumkinder (1977), Ironische Zettel (1980), Pl¨adoyer f¨ur den Alkohol (1984) und M¨archen f¨ur die Satten und Irren (1990). 1978 erhielt er den Theodor-K¨orner-Preis, 1979 den F¨orderungspreis des ¨ Wiener Kunstfonds und 1985 das Osterreichische Dramatikerstipendium. C DLL, 20. Jh.
Berger, Johann August von, Jurist, * 27. 8. 1702 Wittenberg, † 7. 7. 1770. B., Sohn von Johann Heinrich → B., studierte Rechtswissenschaften in Halle und Leipzig; er ließ sich dann in Wien nieder, wo er als f¨urstlicher Gesandter am kaiserlichen Hof t¨atig war. 1723 wurde er Geheimer Legationsrat von HessenDarmstadt, 1729 Hof- und Kanzleirat in Celle. Seit 1749 war er zus¨atzlich k¨oniglich großbritannischer Geheimer Justizrat, von 1759 an ordentlicher Beisitzer am Hofgericht Celle. C ADB
Berger, Johann Baptist, Pseud. Gedeon von der Heide, kath. Theologe, Schriftsteller, * 19. 12. 1806 Koblenz, † 6. 1. 1888 Boppard. Mit dem Ziel, Missionar zu werden, studierte B. 1825-29 am Collegium Urbanum de Propaganda Fide in Rom. Nach der Priesterweihe 1830 in Koblenz war er Kaplan in Vallendar, sp¨ater in Boppard. 1832 Administrator der Pfarrei Boppard und 1833 Kantonspfarrer, wurde B. 1861 Definitor der ersten Definition des Dekanats St. Goar und war seit 1870 Dekan in Boppard. B. ver¨offentlichte vor allem Lieder und Gedichtb¨ande (u. a. Der Sieg der Wahrheit, 1853).
Berger, Johann Erich von, Philosoph, Astronom, * 1. 9. 1772 Faaborg (Insel F¨unen, D¨anemark), † 22. 2. 1833 Kiel. Nach Abschluß des Jurastudiums in Kopenhagen kam B., Sohn eines Milit¨ars, 1791 nach Hamburg; sp¨ater studierte er Geschichte, Staatswissenschaften, Naturwissenschaften, Mathematik und Philosophie an den Universit¨aten G¨ottingen,
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Kiel und Jena, wo er Mitbegr¨under der literarischen „Gesellschaft der freien M¨anner“ war. In Kiel wurde er mit Henrik → Steffens bekannt. 1800 kehrte B. nach Kopenhagen zur¨uck, wurde Referendar der Rentenkammer, ließ sich jedoch bald auf seinem Gut Seekamp bei Kiel nieder, um sich privaten Studien zu widmen. 1814 zum o. Prof. der Astronomie an der Univ. Kiel berufen, wurde er 1815 in der Philosophischen Fakult¨at promoviert und 1826 zum o. Prof. der Philosophie ernannt, der er sich nach dem Tod Karl Leonhard → Reinholds ausschließlich widmete. 1821 und 1832 war B. Rektor der Universit¨at. Er ver¨offentlichte u. a. Philosophische Darstellung der Harmonien des Weltalls (Teil 1, 1808). In seinem philosophischen Hauptwerk Allgemeine Grundz¨uge zur Wissenschaft (4 Bde., 1817-27) entwickelte er nach dem Vorbild → Hegels ein System der gesamten Wissenschaften. Friedrich Adolf → Trendelenburg z¨ahlt zu B.s Sch¨ulern. C SHBL, Bd 2
Berger, Johann Gottfried von, Mediziner, * 11. 11. 1659 Halle, † 2. 10. 1736 Wittenberg. Nach dem Medizinstudium wurde B. 1682 in Jena promoviert (De circulatione lymphae et catarrhis); sp¨ater habilitierte er sich in Leipzig, wo er zum a. o. Prof. ernannt wurde. Er folgte einem Ruf als o. Prof. der Medizin nach Wittenberg. Von K¨onig → August von Polen wurde er zum Hofarzt ernannt und in den Adelsstand erhoben. B., seit 1690 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, war ein entschiedener Gegner des → Stahlschen Animismus (Dissertatio de natura, morborum medico, 1702) und des Galenismus. Er schrieb u. a. das Lehrbuch Physiologia medica sive de natura humana (1702, erneut 1737). C ADB
Berger, Johann Gottfried Immanuel, Schriftsteller, * 27. 7. 1773 Ruhland (Oberlausitz), † 20. 5. 1803 oder 20. 3. 1804 Schneeberg / Erzgebirge. Der Sohn eines Pfarrers besuchte das Gymnasium in Meißen und studierte danach in Wittenberg, Jena und G¨ottingen Theologie. Nach einer T¨atigkeit als Repetitor in G¨ottingen wurde er 1802 Oberpfarrer in Schneeberg. Daneben war er journalistisch und schriftstellerisch t¨atig. B. verfaßte Beitr¨age f¨ur die „G¨ottinger Bibliothek“, die „Beitr¨age zur Philosophie und Geschichte der Religion“ sowie f¨ur das „Journal zur Veredelung des Prediger- und Schullehrerstandes“. Haupts¨achlich publizierte er aber religi¨os-aufkl¨arerische Schriften, teilweise mit aphoristisch-satirischer Tendenz, darunter Aphorismen zu einer Wissenschaftslehre der Religion (1796), Moralische Einleitung in das Neue Testament (1797-1801) und Praktische Einleitung in das Alte Testament (1799-1808). 1800 erschien seine Geschichte der Religionsphilosophie. Gegen → Nicolai polemisierte B. in Briefen u¨ ber die allerneuste prophetische Guckkastenphilosophie des ewigen Juden (1797). C Killy
Berger, Johann Heinrich Edler von, Jurist, * 27. 1. 1657 Gera, † 25. 11. 1732 Wien. B. studierte Rechtswissenschaften in Jena und Leipzig, wo er 1682 promoviert und sp¨ater Beisitzer am Konsistorium wurde. 1685 folgte er einem Ruf als o. Prof. nach Wittenberg und war seit 1694 Rat am Dresdener Appellationsgericht. Die 1699 den kurs¨achsischen St¨anden vorgelegte und v¨ollig u¨ berarbeitete Prozeß- und Gerichtsordnung war zum großen Teil sein Werk und wurde 1724 als Gesetz verabschiedet. 1707 wurde B. Ordinarius an der Wittenberger Juristenfakult¨at, Direktor des Konsistoriums und Wirklicher Kurs¨achsischer Rat, 1711 s¨achsischer Delegierter im Reichsvikariatsgericht und 1713 evang. Reichshofrat auf der Gelehrtenbank. Als B.s Hauptwerk gilt die Oeconomia juris ad usum hodiernum adcomodati (1712), in der ihm, mit Ausnahme des Staatsrechts, eine zusammenfassende Darstellung des gesamten Rechtsstoffs gelungen ist. C NDB
Berger Berger, Johann Nepomuk, o¨ sterr. Politiker, Publizist,
Berger, Julius Victor von, Maler, * 20. 7. 1850 Neutitschein (M¨ahren), † 17. 11. 1902 Wien. B. studierte an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste bei Eduard von → Engerth und setzte seine Studien mittels eines Hofreisestipendiums 1874-77 in Italien fort. 1881 wurde er Prof. der dekorativen Malerei an der Kunstgewerbeschule, 1887 Professor an der allgemeinen Malerschule der Akademie der bildenden K¨unste in Wien. Neben sei¨ nen Olgem¨ alden sind Deckengem¨alde (z. B. im Goldsaal des Kunsthistorischen Museums Wien) und Stoffmalereien zu erw¨ahnen. C AKL
Volont¨ar und seit 1931 Bibliotheksrat an den Stadtbibliotheken Berlin-Lichtenberg und Friedrichshain. Gleichzeitig lehrte er an der Berliner Volkshochschule, verfaßte Beitr¨age f¨ur den H¨orfunk und Zeitschriften und war als Berater f¨ur das Zentralinstitut f¨ur Erwachsenenbildung und Unterricht t¨atig. Wegen seiner SPD-Mitgliedschaft 1933 aus allen Funktionen entlassen, emigrierte B. u¨ ber das Saarland nach Paris und arbeitete zeitweise als Bibliotheksassistent an der Biblioth`eque Nationale, als Sekret¨ar f¨ur den Nobelpreistr¨ager Charles Richet und als Journalist. 1936-39 lehrte er an der Freien Deutschen Hochschule in Paris, besch¨aftigte sich mit dem wissenschaftlichen Nachlaß seines Doktorvaters Geiger und war seit 1939 in verschiedenen Lagern interniert. 1941 in die USA emigriert, fand B. 1943 eine Anstellung an der Northwestern University in Evanston (Illinois), zun¨achst als Visiting Instructor, sp¨ater als Lecturer. 1945 wechselte er als Prof. f¨ur Kunstgeschichte an die Univ. der US-Army in Biarritz und geh¨orte 1946 zu den Mitarbeitern des Monuments and Fine Arts Office der US-Milit¨arregierung in Bayern. 1947 kehrte B. in die USA zur¨uck und lehrte am Art History Department der University of Kansas in Lawrence, seit 1958 als Prof. und zugleich Direktor des Spencer Art Museum der University of Kansas. Eine Gastprofessur f¨uhrte ihn 1954 an die Univ. K¨oln (1954). Seit 1970 lebte er wieder in Paris. In seinen kunsthistorischen Forschungen verfolgte B. einen stilgeschichtlichen Ansatz. Sein besonderes Interesse galt der franz¨osischen Kunst des 19. Jahrhunderts. Zu seinen wichtigsten Ver¨offentlichungen z¨ahlen G´ericault und sein Werk (1952, frz. 1954, engl. 1955) und Japonismus in der westlichen Malerei (1980, engl. 1992). B. wurde in Frankreich als Chevalier de l’Ordre des Palms Acad´emique geehrt.
Berger, Karl Heinz, Pseud. K. Heinz, Charles P. Henry,
Berger, Liselotte, Politikerin, * 13. 11. 1920 Berlin,
Schriftsteller, * 28. 7. 1928 K¨oln, † 25. 11. 1994 Berlin. Der Angestelltensohn studierte seit 1947 Germanistik, Anglistik und Geschichte an der Humboldt-Universit¨at Berlin. 1952-57 war er Lektor in einem Ostberliner Verlag und studierte 1957 / 58 am Johannes R. Becher-Institut in Leipzig. Danach arbeitete er als freier Lektor und Autor. Neben biographischen Romanen wie Johann Gottlieb Fichte (1953) und Gotthold Ephraim Lessing (1956) publizierte er Kriminalromane, Kinderb¨ucher und Historienromane, darunter Der Aufstand der Giganten (1963) und Robin Hood, der R¨acher von Sherwood (1968, zuletzt 1989). B. u¨ bersetzte Texte M. Twains sowie J. F. Coopers und gab Sammlungen deutscher Balladen, Satiren und Erz¨ahlungen sowie Schauspiel- und Romanf¨uhrer heraus. C DLL, 20. Jh.
† 26. 9. 1989 Berlin. B. arbeitete 1937-47 zun¨achst als B¨uroangestellte und Dolmetscherin. 1948 geh¨orte sie zu den Begr¨undern der Freien Univ. Berlin, an der sie bis 1954 Soziologie, Philosophie und Publizistik studierte. Seit 1950 journalistisch und als Mitarbeiterin im Gesamtdeutschen Referat des Verbandes Deutscher Studenten t¨atig, trat sie 1958 der CDU bei und wurde Referentin der Landesgesch¨aftsstelle Berlin; 1960-63 war sie pers¨onliche Referentin des Berliner B¨urgermeisters Franz → Amrehn, sp¨ater Leiterin des Ausstellungsreferats im Berliner Presse- und Informationsamt. 1960 u¨ bernahm sie den Vorsitz der CDU-Landes-Frauenvereinigung. 1962-73 geh¨orte sie dem Vorstand der Bundes-Frauenvereinigung und seit 1965 dem Berliner Landesvorstand der CDU an. 1971-89 war B. Mitglied des Deutschen Bundestags. 1973 wurde sie stellvertretende Landesvorsitzende der Berliner CDU und 1987 als Nachfolgerin von Peter → Lorenz Parlamentarische Staatssekret¨arin im Bundeskanzleramt und Bevollm¨achtigte der Bundesregierung in Berlin. C MdB
* 16. 9. 1816 Proßnitz (M¨ahren), † 9. 12. 1870 Wien. B., Sohn eines F¨urstlich-Liechtensteinischen Administrators, studierte Jura in Olm¨utz und Wien (Promotion 1841) und war schriftstellerisch t¨atig, vor allem f¨ur Zeitschriften. 1848 wurde B. als Abgeordneter des Wahlkreises Sch¨onberg (M¨ahren) Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, wo er zur Fraktion der a¨ ußersten Linken z¨ahlte. Seit 1849 war er Rechtsanwalt in Wien, seit 1863 Abgeordneter (Deutsch-liberale Partei) im o¨ sterr. Reichsrat. 1867-70 geh¨orte er dem sog. B¨urgerministerium als Leiter der Regierungspresse und Sprechminister an. 1870 war er einer der Mitunterzeichner des sogenannten MinderheitsProgramms, das den Forderungen der nationalen Minderhei¨ ten in Osterreich Rechnung tragen sollte, jedoch von der Mehrheit der Deutschliberalen abgelehnt wurde und einen Regierungswechsel zur Folge hatte. B. ver¨offentlichte u. a. Die Preßfreiheit und das Preßgesetz (1848), Zur L¨osung der o¨ sterreichischen Verfassungsfrage (1861) und Ueber die Todesstrafe (1864). C Frankf Nationalvers
Berger, Karl Philipp, eigentl. K. P. Lattner, S¨anger, Schauspieler, Schriftsteller, * 31. 12. 1793 Alt¨otting (Bayern), † 10. 6. 1853 Alt¨otting. B. war seit 1815 Musiklehrer in M¨unchen und trat 1818 ein Engagement als Tenor am M¨unchner Hoftheater an. Sp¨ater gastierte er an verschiedenen B¨uhnen Deutschlands, u. a. in Braunschweig, Berlin, Schwerin und Bremen. Als Dramatiker verfaßte er u. a. Bruder und Schwester, oder: Die Stimme des Herzens (1836). B. war mit Wilhelmine → B. verheiratet.
Berger, Klaus, Kunsthistoriker, * 24. 3. 1901 Berlin, † 13. 2. 2000 Paris. B., Sohn eines Lehrerehepaars, studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Philologie in M¨unchen, Berlin, Heidelberg und G¨ottingen. Zu seinen Lehrern z¨ahlten Heinrich → W¨olfflin und Adolph → Goldschmidt. 1925 wurde B. in G¨ottingen bei Moritz → Geiger mit der Dissertation Das Problem der Entwicklung in der modernen Kunstwissenschaft. Erster Teil: W¨olfflins Formauffassung und ihr Umkreis promoviert. 1926-28 war er Assistent an der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg in Hamburg, seit 1928
Berger, Lore, eigentl. Lenore B., schweizer. Schriftstellerin, * 17. 12. 1921 Basel, † 14. 8. 1943 Basel. B., Tochter eines Lehrers, studierte seit 1939 in Basel Germanistik und Romanistik. Seit 1940 / 41 publizierte sie Erz¨ahlungen in den „Basler Nachrichten“ und schrieb Beitr¨age f¨ur die „Schweizer Hausfrau“. Sie meldete sich 1941 freiwillig zum milit¨arischen Frauenhilfsdienst und hatte bis 1943 eine Ordonnanzstelle in einem Territorialgericht inne. B.s wichtigstes Werk ist der 1943 beendete Roman Der barmherzige H¨ugel. Eine Geschichte gegen Thomas, der 1944 postum erschien. B. selbst beging am titelgebenden Schauplatz ihres Romans, dem Basler Bruderholz, Selbstmord, bevor man sie von der Publikationsempfehlung einer Jury f¨ur ihr Buch benachrichtigen konnte. Der Roman wurde 1981 erneut publiziert (zuletzt 1999) und erlangte erst dann gr¨oßere Bekanntheit. C DLL, 20. Jh.
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Berger Berger, Louis (Constanz), Industrieller, Politiker, * 28. 8. 1829 Witten / Ruhr, † 9. 8. 1891 Horchheim bei Koblenz. B., Sohn Carl (Ludwig) → B.s und Schwiegersohn Friedrich → Harkorts, entwickelte 1856 als erster eine Herstellungstechnik f¨ur Gußstahlgewehrl¨aufe. 1873 wurde seine Firma, an der auch sein Bruder Carl beteiligt war, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Bald danach zog er sich aus dem Gesch¨aftsleben zur¨uck, war Mitgr¨under des Vereins zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen im Rheinland und in Westfalen und trat dem Deutschen Nationalverein bei. Als Mitglied der Fortschrittspartei geh¨orte er 1865-81 dem Preuß. Landtag, 1874-81 dem Reichstag an. C Haunfelder, Lib Abg
Berger, (Carl) Ludwig (Heinrich), Musiker, Komponist, Musikp¨adagoge, * 18. 4. 1777 Berlin, † 16. 2. 1839 Berlin. B. erhielt Fl¨oten- und Klavierunterricht in Frankfurt / Oder und wurde seit 1799 in Berlin in Komposition unterwiesen. Als Pianist war er seit 1804 Sch¨uler Muzio Clementis, dem er nach St. Petersburg folgte. 1812 floh er vor Napoleons Armee u¨ ber Finnland und Schweden nach London, wo er im Freundeskreis Clementis Johann Baptist → Cramer kennenlernte. Seit 1815 war er wieder in Berlin ans¨assig, wo er als Musikp¨adagoge und Komponist arbeitete. B. komponierte Klavierwerke und Lieder. Zusammen mit Bernhard → Klein, Gustav Reichardt und Ludwig → Rellstab gr¨undete er die Berliner Liedertafel. C MGG
Berger, Ludwig (Gottfried Heinrich), eigentl. Bamberger, Regisseur, Schriftsteller, * 6. 1. 1892 Mainz, † 18. 5. 1969 Schlangenbad / Taunus. Nach dem Musik- und Kunstgeschichtestudium in M¨unchen und Heidelberg wurde B. 1914 promoviert und meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst. Nach seiner Entlassung aus der Armee wurde er Lehrer f¨ur Zeichnen, Gesang und Geschichte und arbeitete am Kunstgewerbemuseum in Stuttgart. 1916-18 war er als Regisseur am Theater in Mainz und Hamburg, seit 1919 an Max → Reinhardts Deutschem Theater in Berlin und seit 1920 an den Preußischen Staatstheatern t¨atig. In den folgenden Jahren arbeitete er zunehmend als Filmregisseur f¨ur die Ufa und f¨ur Paramount (Hollywood). 1933 emigrierte B. u¨ ber die Niederlande und die Schweiz nach Großbritannien und f¨uhrte dort u. a. 1939 / 40 Regie bei dem Film The Thief of Baghdad. Aufgrund des Kriegsausbruchs und drohender Internierung in London kehrte B. in die Niederlande zur¨uck, wo er untertauchte. Seit 1945 arbeitete er wieder als Filmschaffender in London und Paris und kehrte nach Gastinszenierungen in Berlin, New York und Luxemburg 1952 nach Deutschland zur¨uck. In den f¨unfziger Jahren war B. Regisseur an verschiedenen deutschen B¨uhnen und bei Fernsehproduktionen, 1956-58 Leiter der Abteilung Darstellende Kunst der Akademie der K¨unste Westberlin. Er schrieb Biographien (u. a. Vom Menschen Johannes Brahms, 1959) und Erz¨ahlungen. C Lex dt-j¨ud Autoren
Berger, Matthias, Architekt, * 24. 4. 1825 M¨unchen, † 30. 4. 1897 M¨unchen. B. war seit 1838 bei Friedrich von → G¨artner in M¨unchen t¨atig und arbeitete u. a. bei der Erbauung des WittelsbacherPalais und des Siegestores mit. Nach dem Tod G¨artners 1847 machte er sich selbst¨andig. Zu den von ihm entworfenen und ausgef¨uhrten Bauten z¨ahlen die Pfarrkirche in Haidhausen (M¨unchen), die Kirchen in Gaimersheim (bei Ingolstadt) und Partenkirchen; er restaurierte die M¨unchner Frauenkirche (teilweise in Zusammenarbeit mit Moritz von → Schwind, der die Fl¨ugelbilder des Hochaltars schuf) und die Herzogspital-Kirche in M¨unchen. B. errichtete zahlreiche Zweckbauten (Bahnh¨ofen, Kasernen) und Privath¨auser. C AKL
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Berger, Michael, Mediziner, * 2. 6. 1944 Schmalkalden, † 18. 8. 2002 D¨usseldorf. Der Sohn eines Juristen studierte Medizin in W¨urzburg, M¨unchen, Galway (Irland) und D¨usseldorf. 1970 zum Dr. med. promoviert (Untersuchungen zur Lipolyse am menschlichen Fettgewebe in vitro), war er Wissenschaftlicher Assistent an der Universit¨atsklinik in D¨usseldorf, 1972 / 73 auch Research Fellow in Harvard und arbeitete nach der Habilitation 1976-78 am Institut f¨ur klinische Biochemie in Genf. Seit 1978 war er Prof. f¨ur Innere Medizin und bis 1985 auch Oberarzt, stellvertretender Abteilungsleiter und danach Direktor der D¨usseldorfer Universit¨atsklinik. B. geh¨orte zu den Wegbereitern der evidenzbasierten Medizin und war ein international renommierter Diabetologe. Er erarbeitete Konzepte, die den Patienten in die Lage versetzen sollten, aktiver und bewußter am eigenen Behandlungsprozeß teilzunehmen. Er war 1981 / 82 Vizepr¨asident der European Society for Clinical Investigation, 1989 / 90 Pr¨asident der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, 1990-94 Vizepr¨asident der Deutschen Diabetes-Union, 1994-2000 Vizepr¨asident der International Diabetes Federation und 1995-98 Pr¨asident der Europ¨aischen Diabetes-Gesellschaft. 1983-88 gab er die Zeitschrift „Diabetologia“ heraus und war Mitherausgeber der Zeitschriften „Clinical Physiology“, „American Journal of Physiology“ und „Diabetes und Stoffwechsel“. B. wurde u. a. 1971 mit dem F¨orderpreis der Deutschen Diabetes-Gesellschaft und 1999 mit dem Rifkin Award geehrt. Berger, Oscar, Neurologe, * 24. 11. 1844 M¨unsterberg (Schlesien), † 19. 7. 1885 Salzbrunn (Schlesien). Nach dem Medizinstudium in Breslau, Berlin und Wien wurde B. 1867 in Berlin promoviert (Zur Pathologie der epileptoiden Zust¨ande nach 25 Beobachtungen der kgl. Charit´e zu Berlin) und war seit 1869 in Breslau als Arzt f¨ur Nervenkrankheiten t¨atig. Er habilitierte sich dort 1873 (Die L¨ahmung des Nervus thoracicus longus) und wurde 1878 a. o. Prof., 1877 leitender Arzt des Breslauer st¨adtischen Armenhauses. B. war als Neuropathologe der erste Privatdozent f¨ur Nervenheilkunde an der Univ. Breslau und galt als Spezialist f¨ur Elektrotherapie; in seinen sp¨ateren Jahren besch¨aftigte er sich auch mit Hypnotismus. Er war u. a. Mitherausgeber des Erlenmeyerschen „Centralblatts f¨ur Nervenheilkunde“, Mitarbeiter an → Eulenburgs Enzyklop¨adie der gesamten Heilkunde und verfaßte u. a. Die L¨ahmung des ¨ Schlesien C Arzte Nervus thoracicus longus (1873). Berger, Raimund, o¨ sterr. Schriftsteller, * 31. 3. 1917 Hall (Tirol), † 21. 1. 1954 Innsbruck. B., Sohn eines Notars und lebenslang durch eine L¨ahmung beeintr¨achtigt, besuchte Schulen in Melk, Admont und Innsbruck. Seit 1949 schrieb er mehrere Dramen, darunter 1951 ¨ die Kom¨odie Zeitgenossen, die mit dem Osterreichischen Staatspreis ausgezeichnet wurde. 1952 wurde B. H¨orspiellektor beim Sender Tirol. Zu seinen weiteren Werken z¨ahlen Jupiter und Jo (1952), Ballade vom nackten Mann (1953), Das Reich der Melonen (1955) und Die Helden von Albeville (1960). C DLL, 20. Jh.
Berger, Rudolf, S¨anger, * 17. 4. 1874 Br¨unn (M¨ahren), † 27. 2. 1915 New York. Ausgebildet u. a. von Adolf → Robinson, deb¨utierte B., Sohn eines Fabrikanten, 1896 als Bariton am Stadttheater in Br¨unn. Bis 1897 war er am Stadttheater Olm¨utz engagiert, seit 1898 an der Hofoper Berlin. 1906-08 sang B. bei den Festspielen von Bayreuth u. a. den Amfortas, Gunther und Klingsor; er gab Gastspiele an der Wiener Hofoper, in Paris und Prag. 1909 wandte er sich dem Tenorfach zu und trat seit 1912 an der New Yorker Metropolitan Opera auf. C MGG
Berger-Voesendorf Berger, Siegfried, Schriftsteller, Lehrer, * 20. 12. 1891 Merseburg, † 27. 3. 1946 Merseburg. B. studierte an den Universit¨aten T¨ubingen, Berlin, Halle und Marburg Theologie, Philosophie, Germanistik und Geschichte; 1918 wurde er in Marburg promoviert. Nach kurzer T¨atigkeit als Journalist trat er in den Schuldienst ein und wurde sp¨ater Landesrat f¨ur Denkmalpflege. Neben wissenschaftlichen, vornehmlich philosophischen Publikationen schrieb B. zahlreiche Erz¨ahlungen (u. a. Die Schwedenorgel, 1937) und Romane (u. a. Schlote wachsen im Land, 1938). C DLL, 20. Jh.
Berger, Thadd¨aus Edler von, o¨ sterr. Industrieller, Bankier, * 18. 8. 1774 Wien, † 27. 6. 1842 Penzing (heute zu Wien). B. studierte an der Univ. Wien, trat 1791 in das Großhandelshaus seines Vaters ein, wurde 1800 Teilhaber und u¨ bernahm das Gesch¨aft 1806 ganz. B. machte sich besonders um den Aufbau der Seidenbandfabrik in Penzing verdient und gr¨undete u. a. zusammen mit Baron Georg von Gina eine Maschinenflachs- und Hanfspinnerei. B. war an ¨ der Gr¨undung der Osterreichischen Nationalbank beteiligt, dann deren Direktor und wurde 1819 f¨ur seine Verdienste ¨ um die industrielle Entwicklung Osterreichs in den Adelsstand erhoben.
in Boston t¨atig war. B. komponierte schon in seiner Jugend Lieder und Klavierwerke; 1878-82 studierte er an der Kgl. Hochschule f¨ur Musik in Berlin als Sch¨uler von Ernst → Rudorff und Friedrich → Kiel. Seit 1888 Lehrer am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium und Dirigent der Musikalischen Gesellschaft in Berlin, war B. auch als Konzertpianist t¨atig. 1903 wurde er Prof. und Mitglied der Kgl. Akademie der K¨unste, im selben Jahr Hofkapellmeister in Meiningen. Als Komponist geh¨orte er zum Kreis der sogenannten Berliner Akademiker, die sich vor allem der → Brahmsschen Tradition verpflichtet f¨uhlten. B. komponierte Chorwerke (u. a. nach Texten → Goethes), Sinfonien, Kammermusik und Klavierwerke. C MGG
Berger, Wilhelm, Internist, * 9. 5. 1889 Wilten (heute zu
Berger, Theodor, Jurist, Historiker, Lehrer, * 1683 Lauter bei Coburg, † 20. 11. 1773 Coburg. B. studierte Rechtswissenschaften in Halle, erlangte dort 1712 den Magistergrad und hielt Vorlesungen in Geschichte und Philosophie. Sp¨ater als Hofmeister t¨atig, unternahm er mit seinen Sch¨ulern zahlreiche Reisen, bis er 1735 am Akademischen Gymnasium in Coburg eine Stelle als Prof. der Rechte und Geschichte antrat. Von seinen Ver¨offentlichungen ist zu erw¨ahnen eine Synchronistische Universalhistorie der vornehmsten europ¨aischen Reiche und Staaten (1743, 5 1781, fortgef¨uhrt von Wolfgang → J¨ager). C Krieg, Bd 1
Innsbruck), † 17. 3. 1969 Abano (Italien). Nach dem Studium der Medizin an den Universit¨aten Innsbruck und M¨unchen wurde B. 1913 in Innsbruck promoviert. Er volontierte dort bei Rudolf → Schmidt und arbeitete 1914-18 am Innsbrucker Milit¨arkrankenhaus f¨ur Infektionskrankheiten. 1920 / 21 Assistent am Hygienischen Institut in Basel, habilitierte sich B. 1923 in Innsbruck f¨ur Innere Medizin und forschte 1924-28 zu allergischen Krankheiten, insbesondere zu Fieber und Asthma. 1927 wurde er zum a. o. Prof. an der Universit¨at Innsbruck ernannt. 1928-31 wirkte er an einem Innsbrucker Krankenhaus und ging 1931 als o. Prof. und Leiter der Medizinischen Universit¨ats-Klinik nach Graz. 1939 emigrierte B. u¨ ber die Schweiz in die Vereinigten Staaten, erwarb den amerikanischen Doktortitel und erhielt eine Anstellung als Forschungsassistent an der Columbia University. 1945-59 Professor an der New York University School of Medicine, betrieb er eine Konsiliarpraxis in New York. B. besch¨aftigte sich auch mit Infektionskrankheiten, Bakteriologie und Immunit¨atsforschung. Er ver¨offentlichte u. a. Das heutige Bild der Grippe (1934), Allergie. Lehrbuch in Vorlesungen (1940, 31957) und war 1938-40 Mitherausgeber der ¨ „M¨unchner Medizinischen Wochenschrift“. C Arzte 2, 3
Berger, Theodor, o¨ sterr. Komponist, * 18. 5. 1905 Trais-
Berger, Wilhelmine, geb. Pichler, Schauspielerin,
mauer (Nieder¨osterreich), † 21. 8. 1992 Wien. B. studierte an der Wiener Musikakademie Komposition und ging 1932 nach Berlin, wo ihn Wilhelm → Furtw¨angler ¨ f¨orderte; 1939 kehrte er nach Osterreich zur¨uck. Seine musikalischen Vorbilder waren Maurice Ravel, Alban → Berg und vor allem Igor Strawinsky. B. komponierte Chor- und Kammermusik, ein Ballett sowie Film- und Fernsehmusik. Zu seinen zahlreichen Orchesterwerken z¨ahlt die symphonische Dichtung Legende vom Prinzen Eugen. 1960 erhielt B. ¨ den Großen Osterreichischen Staatspreis. C MGG
* 22. 2. 1805 Bayreuth, † 16. 10. 1837 Bremen. B., die Tochter des Theaterdirektors August Pichler, wurde von ihrem Vater und August → Klingemann ausgebildet und war 1822-32 am Hoftheater in Braunschweig als Jugendliche Heldin engagiert. Nach ihrer Heirat mit dem Schauspieler und S¨anger Karl Philipp → B. 1824 folgte ein kurzes Engagement am K¨onigst¨adtischen Theater in Berlin. Sp¨ater war sie am Theater in Breslau t¨atig. Zu ihren großen Rollen z¨ahlte u. a. das Kl¨archen, Maria Stuart, Julia und Griseldis.
Berger, Wilhelm, Schriftsteller, Kaufmann, * 21. 1. 1833
¨ * 1768 Mattersburg (Burgenland), † 2. 4. 1864 Odenburg. B. trat 1786 als Kadett in das o¨ sterr. Heer ein und wurde 1793 Leutnant, 1813 Oberst und Regimentskommandeur. Seit 1824 Generalmajor, war er Brigadier in Cremona, 1827 Brigadier in Wien und seit 1830 Brigadier und Milit¨arkommandant von Tirol. Von 1833 an 2. Inhaber des Infanterieregiments Erzherzog Karl Ferdinand, wurde er 1837 Festungskommandant von Temesvar, 1844 Festungskommandant von Arad. Seit 1849 war er Feldzeugmeister und Geheimer Rat. B. wurde 1815 mit dem MariaTheresia-Orden ausgezeichnet und 1816 zum Freiherrn von der Pleiße geadelt. C ADB
Barmen (heute zu Wuppertal), † 2. 2. 1901 Bremen. Nach einer kaufm¨annischen Ausbildung in einer Bremer Reederei wanderte B. 1853 nach New York aus, gr¨undete 1855 in Cincinnati eine Musikalienhandlung und wurde zwei Jahre sp¨ater Leiter eines Musikverlags in Boston. Infolge des amerikanischen B¨urgerkriegs kehrte er 1862 nach Bremen zur¨uck und war kaufm¨annisch t¨atig. Seit 1878 widmete B. sich ausschließlich der Schriftstellerei. Neben einem Versepos (Von den Inseln und aus See, 1882) und einem Lustspiel (Das Trauerspiel, 1884) schrieb er zahlreiche Novellen und Romane (u. a. Ziele des Lebens, 1885). Er war der Vater des Musikers und Komponisten Wilhelm → B. C Brem Bio 1
Berger, Wilhelm (Reinhard), Komponist, Musiker, Dirigent, * 9. 8. 1861 Boston (Massachusetts, USA), † 15. 1. 1911 Jena. B. war der Sohn des Kaufmanns und sp¨ateren Schriftstellers Wilhelm → B., der zeitweilig als Musikalienh¨andler
Berger von der Pleiße, Johann Frh., o¨ sterr. Milit¨ar,
Berger-Voesendorf, Alfred Victor, Finanzwissenschaftler, Wirtschaftshistoriker, * 9. 1. 1901 Wien, † Mai 1980 Washington, D. C. (USA). B.-V., Sohn eines Industriellen, studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Wien, Graz, Berlin und Breslau, wurde 1922 in Berlin zum Dr. iur. utr. (Das geltende Steuerrecht in seinen Wirkungen auf die Produktion im Deutschen Reich
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Berger-Waldenegg der Nachkriegszeit) und 1924 in Wien zum Dr. rer. pol. (Der leitende Wirtschaftsbeamte. Die Funktion¨are der Unternehmung in volkswirtschaftlicher, privatwirtschaftlicher, rechtlicher und soziologischer Betrachtung) promoviert. 1928 ließ er sich als Rechtsanwalt und Wirtschaftsberater in Wien nieder, wurde Assistent an der dortigen Hochschule f¨ur Welthandel und arbeitete nebenberuflich als Wirtschaftsjournalist. B., der Mitglied verschiedener austrofaschistischer ¨ Verb¨ande war, floh beim „Anschluß“ Osterreichs 1938 u¨ ber die Tschechoslowakei und die Niederlande nach London und wurde 1940-44 als sogenannter „enemy alien“ auf der Isle of Man, sp¨ater in Kanada interniert. Nach dem Zweiten Weltkrieg war B.-V. Berater der polnischen Exilregierung in London und Lecturer for International Trade an der Univ. Oxford, bevor er auf Vermittlung der Society for the Protection of Science and Learning zun¨achst eine befristete Anstellung an der a¨ gyptischen Faruk University und 1948 schließlich einen Vertrag als Visiting Professor an der Gonzaga University in Spokane (Washington, USA) erhielt. Nach kurzem Aufenthalt an der Universidad de los Andes in Bogot´a lehrte B.-V. bis zu seiner Emeritierung 1968 an verschiedenen Colleges und Universit¨aten in den USA. Er ver¨offentlichte u. a. Die Entwicklungstendenz der modernen Handelspolitik (1932), The Pathology of Foreign Trade. A Systematic Survey on Modern Foreign Trade Policy (1947) und An Analysis of the Mixed Economy, using the Sub-Model Technique (1952). C Hagemann
Berger-Waldenegg, Egon (Maria Eduard Oskar Thadd¨aus) Frh. von, o¨ sterr. Diplomat, Politiker, * 14. 2. 1880 Wien, † 12. 9. 1960 Graz. Das Studium der Staats- und Wirtschaftswissenschaften schloß B.-W. mit der Promotion ab und trat in den diplomatischen Dienst ein. 1907 war er Sekret¨ar der o¨ sterreichischungarischen Delegation beim Zweiten Friedenskongreß im Haag und bis 1908 an der o¨ sterreichisch-ungarischen Gesandtschaft in Dresden, 1914 an der Gesandtschaft in Albanien t¨atig. 1917 noch Mitglied der o¨ sterreichischungarischen Delegation bei den Friedensverhandlungen in Brest-Litovsk, verließ B. 1918 den diplomatischen Dienst. 1931 wurde er Kreisf¨uhrer und 1933 Landesf¨uhrer des Heimatschutzes der Steiermark. Im Kabinett Dollfuß und Schuschnigg war er Justizminister (1935) und Außenminister (1934-36) und 1936-38 o¨ sterr. Gesandter in Rom. Nach dem „Anschluß“ 1938 blieb B.-W. als italienischer Staatsb¨urger in Rom und kehrte erst 1945 nach Graz zur¨uck. C BHdE, Bd 1
Bergese, Hans, Musikp¨adagoge, * 24. 5. 1910 Freiburg / Breisgau, † 10. 7. 2000 Berlin. B. erhielt ersten Klavier- und Kompositionsunterricht bei Julius → Weismann, besuchte 1928 / 29 das von Erich → Doflein und Erich → Katz neu gegr¨undete Privatmusiklehrerseminar in Freiburg, studierte 1930 / 31 Vergleichende Musikwissenschaft bei Curt → Sachs in Berlin und schloß sein Klavierstudium 1931 bei Egmond Siegmund ab. Im Herbst desselben Jahres setzte er seine Studien an der G¨unther-Schule in M¨unchen fort, an der er 1932-34 und wieder seit 1938 unterrichtete; 1934-38 war er an der G¨untherSchule in Berlin t¨atig. 1932 erschienen als erste Hefte des ¨ Orff-Schulwerks Elementare Musik¨ubung B.s Ubung f¨ur Schlagwerk: Handtrommel und seine Spielst¨ucke f¨ur kleines Schlagwerk. 1939 wurde B. zur Wehrmacht eingezogen. Nach der R¨uckkehr aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft baute er mit Anneliese Schmolke an der Sporthochschule K¨oln die Abteilung „Musische Erziehung“ auf. Von 1951 bis zu seiner Emeritierung 1976 war B. Prof. f¨ur Musikerziehung an der Hochschule f¨ur Musik in Berlin.
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Bergh, Simon van den, Fabrikant, * 26. 10. 1819 Geffen, † 6. 4. 1907 Rotterdam. B. trat fr¨uh in das v¨aterliche Gesch¨aft im niederl¨andischen Geffen ein, wo er Kolonialwaren gegen Butter tauschte, die er im niederl¨andischen Inland und in England absetzte. Als B. von der Erfindung der Margarine durch den Chemiker Hippolyte M´ege-Mouri´es 1869 erfuhr, informierte er sich vor Ort in Paris u¨ ber das Herstellungsverfahren und kopierte dieses in einer 1872 in Oss gegr¨undeten Margarinefabrik. Nach der Verlegung des Betriebs nach Rotterdam 1890 und der Er¨offnung einer weiteren Fabrik in Br¨ussel 1896 verlagerte B. vor dem Hintergrund der neuen SchutzzollGesetzgebung der Regierung → Bismarck die Produktion ins deutsche Kleve. Von hier aus lieferte er schwerpunktm¨aßig an Grossisten in Hamburg, Dortmund und K¨oln. Zwei Jahre sp¨ater besch¨aftigte das Unternehmen bereits 570 Mitarbeiter und verf¨ugte u¨ ber eine eigene Molkerei sowie die rechtlich selbst¨andige „Niederrheinische Fastagenfabrik, Arnold J. van den Bergh GmbH“, die Beh¨alter ausschließlich f¨ur das Klever Werk produzierte. B.s Unternehmen bildete sp¨ater einen der Grundsteine des 1929 gegr¨undeten UnileverKonzerns.
Berghaus, Heinrich (Karl Wilhelm), Kartograph, Geograph, * 3. 5. 1797 Kleve, † 17. 2. 1884 Stettin. Seit 1821 war B. Lehrer an der Bauakademie Berlin und seit 1824 dort Prof. der angewandten Mathematik. 1836 ging er nach Potsdam, wo er bis 1848 eine private Geographische Kunstschule zur Ausbildung von Kartographen leitete. Angeregt von Alexander von → Humboldt, schuf B. den Physikalischen Atlas in 90 Blatt (1838-48), der als der erste thematische Weltatlas gilt. Berghaus, Hermann, Kartograph, * 16. 11. 1828 Herford, † 3. 12. 1890 Gotha. Der Neffe von Heinrich → B. arbeitete als Kartograph in Justus → Perthes’ Geographischer Anstalt in Gotha, war Mitherausgeber von Stielers Handatlas und gab den Physikalischen Atlas seines Onkels neu bearbeitet heraus (1886-92). Berghaus, Ruth, Regisseurin, Theaterleiterin, * 2. 7. 1927 Dresden, † 25. 1. 1996 Zeuthen (Kr. Dahme-Spreewald). B., die 1944 in die NSDAP eingetreten war, studierte seit 1947 Tanz, Tanzregie und Tanzp¨adagogik an der PaluccaSchule in Dresden und legte 1950 die Pr¨ufung f¨ur Tanzregie ab. 1951-53 war sie Meistersch¨ulerin an der Deutschen Akademie der K¨unste bei Gret → Palucca und Wolfgang → Langhoff. 1958-63 wiederholt choreographisch f¨ur die Palucca-Schule t¨atig, war sie 1964-67 Regieassistentin und Choreographin, 1967-70 Regisseurin am Berliner Ensemble. 1971 wurde sie als Nachfolgerin von Helene → Weigel dessen Intendantin und war seit 1977 Regisseurin an der Deutschen Oper. Seit 1971 geh¨orte B. der Ostberliner Stadtverordnetenversammlung an. 1978-86 war sie Mitglied des Pr¨asidiums und Sekret¨arin der Sektion Darstellende Kunst der Akademie der K¨unste, an der sie 1986 zur a. o. Prof. berufen wurde. Seit 1982 arbeitete sie auch an der Oper in Frankfurt / Main. B., bekannt f¨ur avantgardistische Operninszenierungen, gastierte an zahlreichen westeurop¨aischen B¨uhnen und feierte u. a. in Frankfurt / Main (Die Entf¨uhrung aus dem Serail, 1981; Rheingold, 1985), Br¨ussel (Lulu, 1988) und Hamburg (Tristan und Isolde, 1988) große Erfolge. Bekannt wurde sie auch mit Inszenierungen von Werken Paul → Dessaus, mit dem sie seit 1954 verheiratet war (u. a. Urauff¨uhrungen von Puntila, 1966; Einstein, 1974). C SBZ / DDR Berghe von Trips, Wolfgang Graf, Rennfahrer, * 4. 5. 1928 K¨oln, † 10. 9. 1961 Monza (Italien). Schon w¨ahrend seines Landwirtschaftsstudiums fuhr B. v. T. Motorradrennen; 1954 stieg er auf Rennwagen um. Noch
Bergius im gleichen Jahr beendete er sein Studium und begann als Volont¨ar bei einer M¨unchner Bank zu arbeiten, widmete sich jedoch bald ganz dem Autorennsport. Nachdem B. v. T. u. a. das 12-Stunden-Rennen von Sebring in Florida und die 24 Stunden von Le Mans gewonnen hatte, war er seit 1956 Formel-1-Reservefahrer f¨ur Ferrari. Sein erstes Grand PrixRennen fuhr er 1957 in Argentinien. 1961 gewann B. v. T. den Großen Preis von Holland und von England und war Zweiter der Weltmeisterschaft, als er beim Großen Preis von Italien in Monza t¨odlich verungl¨uckte.
Berghoeffer, Christian (Wilhelm), Bibliothekar, * 28. 12. 1859 Rauschenberg (Kr. Kirchhain), † 28. 3. 1938 Frankfurt / Main. Nach dem Studium der Altphilologie, Arch¨aologie und Germanistik in G¨ottingen, Berlin und Bonn und volontierte B. an der Murhardschen Bibliothek in Kassel. 1887 wurde er mit der Einrichtung der Freiherrlichen Carl von Rothschildschen Bibliothek in Frankfurt / Main beauftragt. Seit 1904 war er dort 1. Bibliothekar, 1907-28 Direktor. B. arbeitete seit 1891 am Aufbau eines Sammelkatalogs wissenschaftlicher Bibliotheken des deutschen Sprachgebiets, der schon 1925 mehrere Millionen Katalogzettel umfaßte. Der Sammelkatalog wurde 1950 vom Hessischen Zentralkatalog u¨ bernommen, jedoch nicht weitergef¨uhrt. C Reichshandbuch Berghofer, Amand, o¨ sterr. Schriftsteller, Lehrer, * 1. 12. 1745 Grein / Donau, † 7. 2. 1825 Graz. B., Sohn eines Rechtspflegers, studierte an der Univ. Wien und war sp¨ater als Hauptschuldirektor in Steyr t¨atig. Nach Aufenthalten in Deutschland und der Schweiz zog er sich zun¨achst in ein Landhaus in Baden (bei Wien) zur¨uck, ging wieder in die Schweiz und nahm schließlich eine Stelle als Zensor und Lehrer in Prag an. Seinen Ruhestand verbrachte B. in Graz. Neben literarischen verfaßte er vor allem popul¨ar-philosophische und didaktische Schriften. B.s gesammelte Werke erschienen 1787 unter dem Titel Berghofers Schriften. C Hahnl
Bergholz, Paul, Meteorologe, * 27. 7. 1845 Greifswald, † 3. 1. 1909 Bremen. B. studierte 1862-65 in Bremen Chemie und Naturwissen¨ schaften, wurde 1871 in G¨ottingen mit der Arbeit Uber die Entsilberung des Werkbleies mittelst Zink promoviert und trat im selben Jahr seine erste Stelle als Lehrer an der Realschule in Stralsund an. Seit 1878 am Gymnasium in Bremen t¨atig, unterrichtete er dort Naturwissenschaften und Mathematik. 1890 wurde B. erster Direktor der Meteorologischen Station in Bremen. Er war Herausgeber des „Deutschen Meteorologischen Jahrbuchs“ und schrieb u. a. Die Orkane des fernen Ostens (1900). C Brem Bio 1 Bergius, C. C., eigentl. Egon-Maria Zimmer, Schriftsteller, * 2. 7. 1910 Buer (Westfalen), † 22. 3. 1996 Vaduz. B., Sohn eines Fabrikanten, machte seit 1930 eine Lehre als Exportkaufmann, wurde 1933 Pilot und war Fluglehrer, dann Wetterflieger im Spanischen B¨urgerkrieg, Testpilot und seit 1941 Flugkapit¨an. Nach Kriegsende gr¨undete B. den Verlag Zimmer & Herzog, war schriftstellerisch t¨atig und verfaßte zahlreiche Romane, vor allem historische und Abenteuerromane (u. a. Blut und Bl¨uten f¨ur Dschingis-Chan, 1951; Der F¨alscher, 1961; Heißer Sand, 1962; Sand in Gottes M¨uhlen, 1964; Nebel im Fjord der Lachse, 1972); sie wurden in viele Sprachen u¨ bersetzt und zum Teil verfilmt. C Killy
Bergius, Friedrich (Karl Rudolf), Chemiker, * 11. 10. 1884 Goldschmieden (heute zu Breslau), † 31. 3. 1949 Buenos Aires. Nach dem Studium in Breslau und Leipzig (Promotion 1907, ¨ Uber absolute Schwefels¨aure als L¨osungsmittel) war B., dessen Vater Direktor der chemischen Fabrik in Goldschmieden
war, Assistent u. a. bei Walther → Nernst in Berlin und bei Fritz → Haber in Karlsruhe; 1909 habilitierte er sich mit der Arbeit Die Anwendung hoher Drucke bei chemischen Vorg¨angen und eine Nachbildung des Entstehungsprozesses der Steinkohle an der TH Hannover. 1911-13 war er dort Privatdozent f¨ur reine und angewandte physikalische Chemie. 1910 gr¨undete er ein Privatlabor zur Erforschung der Kohle und betrieb Studien u¨ ber Reaktionen unter hohem Druck; 1911 konnte er ein Verfahren zur direkten Kohlehydrierung entwickeln. 1913 trat B. als Leiter des wissenschaftlichen Labors der Th. Goldschmidt AG in Essen ein. Sp¨ater auch als Vorstandsmitglied der Firma t¨atig, errichtete er 1916 ein Kohleforschungslabor in Mannheim-Rheinau. B. war Vorstandsmitglied verschiedener in- und ausl¨andischer Betriebe ¨ und Kohlewirtschaft. der chemischen Industrie sowie der Ol1931 wurde er zusammen mit Carl → Bosch mit dem Nobelpreis f¨ur Chemie ausgezeichnet. C Wußing
Bergius, Johann Heinrich Ludwig, National¨okonom, * 1718 Laasphe, † 20. 7. 1781 Wittgenstein. B. war Gr¨aflicher Sayn-, Hohen- und Wittgensteinischer Hofkammerrat zu Laasphe und machte sich durch seine Publikationen auf den Gebieten des Polizei-, Rechts-, Finanzund Wirtschaftswesens einen Namen. 1765 ver¨offentlichte er die Kameralisten-Bibliothek, oder vollstaendiges Verzeichnis derjenigen Buecher, Schriften und Abhandlungen, welche von der Oekonomie, dem Polizey-, Finanz- und Cameralwesen handeln. 1767-73 gab er das achtb¨andige „Polizeyund Cameral-Magazin“, 1775-80 das „Neue Polizey- und Cameralmagazin“ heraus. 1780 / 81 erschien seine Sammlung auserlesener deutscher Landesgesetze, welche das Polizeyund Cameralwesen zum Gegenstand haben. Bergius, Johannes (Peter), reformierter Theologe, * 24. 2. 1587 Stettin, † 19. 12. 1658 Berlin. B., Sohn eines Stadtpredigers in Stettin, studierte seit 1601 in Wittenberg, 1605 in Straßburg und erlangte 1608 in Cambridge den Magistergrad. 1614 wurde er a. o., 1617 o. Prof. der Theologie in Frankfurt / Oder, 1619 Rektor. 1620 folgte er einer Berufung durch Kurf¨urst → Georg Wilhelm als Hofprediger nach K¨onigsberg (Preußen), gab 1622 seine Professur auf und war seit 1623 Hofprediger in Berlin. Als Verfechter der brandenburgischen Kirchenpolitik, die die Union bef¨urwortete, nahm er 1631 an den Leipziger Religionsgespr¨achen teil, 1645 am Religionsgespr¨ach in Thorn. 1637 wurde B. Oberhofprediger und Konsistorialrat. Er stand mit Georg → Calixt in freundschaftlicher Beziehung. Zu seinen Schriften z¨ahlt Der Wille Gottes von aller Menschen Seligkeit (1653). C Leb Berlin 5
Bergius, Karl Julius, National¨okonom, Jurist, * 14. 12. 1804 Berlin, † 28. 10. 1871 Berlin. Nach dem Studium in Berlin und anschließender Promotion (1828) in Erlangen war B. als Referendar in Potsdam, dann in verschiedenen Provinzen Preußens t¨atig, bis er als Regierungsrat nach Breslau versetzt wurde. Dort war er seit 1851 Privatdozent und von 1861 an a. o. Prof. der Staatswissenschaften. B. verfaßte eine wissenschaftliche Darstellung preußischen Staatsrechts (Preußen in staatsrechtlicher Beziehung, 1838, 21843) und ver¨offentlichte u. a. Grunds¨atze der Finanzwissenschaft mit besonderer Beziehung auf den preußischen Staat (1865, 21871). C ADB
Bergius, Konrad, auch Berg, evang. Theologe, * 25. 7. 1592 Stettin, † 12. 8. 1642 Bremen. Der Bruder von Johannes → B. studierte Philosophie und Theologie in Danzig und trat 1624 als Nachfolger seines Bruders die Professur in Frankfurt / Oder an. Seit 1628 war er an St. Ansgarii in Bremen t¨atig. Als Verfechter eines m¨oglichen Ausgleiches zwischen den Konfessionen wurde er vor allem von dem L¨ubecker Superintendenten Nikolaus
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Bergius → Hunnius der papistischen Beg¨unstigung und von Matthias → Ho¨e von Ho¨enegg der Indifferenz und Gottlosigkeit beschuldigt. B. schrieb u. a. Grund- und Hauptsumma des wahren Christentums (1627, erg¨anzt 1633 und 1659). C NDB
¨ schen Staats- und Gesellschaftstheorie im Ubergang zur Moderne. Frankfurt / Main 1992, S. 243-281. – Vanda Fiorillo: Die politische Revolution als moralische Pflicht im jakobinischen Kantianismus von J. A. B. In: Der Stand 41 (2002) S. 100-128. Hans Erich B¨odeker
Bergius, Rudolf, Psychologe, * 22. 4. 1914 Carlshof bei Rastenburg, † 9. 3. 2004 Starnberg. B. studierte seit 1932 Psychologie, Germanistik, Philosophie und Anglistik in Halle (Saale) und Berlin und wurde 1939 mit der Dissertation Ablenkung von der Arbeit durch L¨arm und Musik und ihre strukturtypologischen Zusammenh¨ange promoviert. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er zun¨achst als psychologischer Berater f¨ur Verwaltungseinrichtungen t¨atig, erhielt 1950 eine Stelle als Assistent bei Oswald → Kroh am Psychologischen Institut an der Freien Universit¨at Berlin und habilitierte sich 1955 mit der Schrift Formen des Zukunftserlebens. Seit 1959 apl. Prof., seit 1960 a. o. Prof. in M¨unchen und wechselte B. 1964 auf eine o. Professur an der Univ. T¨ubingen, wo er maßgeblich zum Wiederaufbau des Psychologischen Instituts beitrug. Zuletzt Direktor des Instituts, wurde er 1979 emeritiert. B. verfaßte eine Reihe grundlegender Handbuchbeitr¨age vor allem zur Entwicklungs- und Pers¨onlichkeitspsychologie sowie zur Denk- und Lernpsychologie. Zur Stereotypenforschung ver¨offentlichte er zusammen mit Kripal S. Sodhi den Band Nationale Vorurteile (1953). Zuletzt besch¨aftigte sich B. auch mit Umweltthemen.
Bergk, (Wilhelm) Theodor von, Klassischer Philologe,
Bergk, Johann Adam, Privatgelehrter, Publizist, Buchh¨andler, * 1769 (1773 ?) Hainichen bei Zeitz, † 27. 10. 1834 Leipzig. ¨ Uber B.s Herkunft, Jugend und Ausbildung ist nichts bekannt. Seit Ende des 18. Jh. trat er, Doktor der Philosophie und der Rechte, als a¨ ußerst fruchtbarer, erfolgreicher ¨ Schriftsteller und Ubersetzer in Leipzig auf. Er ver¨offentlichte zahlreiche Schriften zur Popularphilosophie, zur Kantischen Philosophie, zur Psychologie und zur Religionsphi¨ losophie. B. war außerdem als Ubersetzer zahlreicher Reisebeschreibungen t¨atig. Oftmals publizierte er anonym oder unter Pseudonym; u¨ berdies galt er als Fachmann f¨ur Buchhandel und Verlagswesen. Neben seinen j¨ungst wieder aufgelegten Schriften Die Kunst, B¨ucher zu lesen (1799, Nachdr. 1971) und Die Kunst, zu denken (1802, Nachdr. 1973) ragen die Weiterf¨uhrungen der Kantischen Philosophie heraus. Seine politiktheoretisch radikale demokratische Kantkritik f¨uhrte zur Konzeption einer demokratischen Republik, einer repr¨asentativen Demokratie. B. wirkte nicht nur als Autor, sondern vielfach als Herausgeber und Redakteur ganz unterschiedlicher Zeitschriften, von denen „Der europ¨aische Aufseher“ (1805 / 06 und 1814-23) die langlebigste war. Als freier Schriftsteller verstand B. etwas vom Buchhandel (Der Buchh¨andler, 1825) und vom Verlagswesen. Die letzten Monate seines Lebens war B. nebenberuflich Redakteur des „B¨orsenblatts f¨ur den deutschen Buchhandel“. WEITERE WERKE: Untersuchungen aus dem Natur-, Staatsund V¨olkerrecht. Leipzig 1796. Nachdr. Leipzig 1975. – Briefe u¨ ber Immanuel Kants „Metaphysische Anfangsgr¨unde der Rechtslehre“. Leipzig 1797. – Reflexionen u¨ ber Immanuel Kants „Metaphysische Anfangsgr¨unde der Tugendlehre“. Leipzig 1798. – Die Theorie der Gesetzgebung. Leipzig 1802. – Philosophie des peinlichen Rechts. Meißen ¨ 1802. – Thierseelenkunde. Leipzig 1805. – Uber das Geschworenengericht. Leipzig 1827. – Was hat der Staat und was hat die Kirche f¨ur einen Zweck? Leipzig 1827. – Die wahre Religion. Leipzig 1828. – Vertheidigung der Rechte der Weiber. Leipzig 1829. LITERATUR: J¨orn Garber: Liberaler und Demokratischer Republikanismus. Kants Metaphysik der Sitten und ihre radikaldemokratische Kritik durch J. A. B. In: Ders.: Sp¨atabsolutismus und b¨urgerliche Gesellschaft. Studien zur deut-
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* 22. 5. 1812 Leipzig, † 20. 7. 1881 Ragaz. Nach dem Philologiestudium war B. Inspektionslehrer am Waisenhaus in Halle, seit 1838 Lehrer am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, 1840-42 am Gymnasium in Kassel. Dann bis 1852 als o. Prof. der Klassischen Literatur in Marburg t¨atig, wurde er Mitarbeiter und Leiter der „Zeitschrift f¨ur die Alterthumswissenschaft“. Seit 1852 war B. o. Prof. und Direktor des Philologischen Seminars in Freiburg / Breisgau, 1854-57 auch Oberbibliothekar der Universit¨atsbibliothek und nahm 1857 eine Professur der Eloquenz in Halle an. 1869 zog er sich als Privatgelehrter nach Bonn zur¨uck. 1884 erschienen postum seine Kleinen philologischen Schriften (hrsg. von R. Peppm¨uller). C Leb Kurhessen, Bd 2
Bergl, Johann Baptist Wenzel, auch Bergel, Pergl, o¨ sterr. Maler, Zeichner, * 23. 9. 1718 K¨onigshof bei Beraun (B¨ohmen), † 15. 1. 1789 Wien. Zun¨achst ausgebildet von seinem Vater, besuchte B. seit 1749 die Akademie der bildenden K¨unste in Wien und war dort Sch¨uler von Karl Aigen, Josef → Mildorfer und Paul → Troger. Er ließ sich als Maler in Wien nieder und erhielt seit 1760 vom k. k. Hofbauamt in Wien Auftr¨age f¨ur Landschaftsveduten in den kaiserlichen Schl¨ossern. Er war u. a. in Ober-St.-Veit (1762-63) und Laxenburg (Blauer Hof, 1776) t¨atig. Seit etwa 1765 u¨ berwogen religi¨ose Motive in B.s Malerei. Er schuf zahlreiche Altar-, Wand- und Deckengem¨alde, u. a. f¨ur die Benediktinerkl¨oster Melk (Gartenpavillion und Bibliothekssaal) und Dreieichen; er arbeitete auch f¨ur den ungarischen Orden der Pauliner in Budapest. Neben Franz Anton → Maulbertsch, mit dem er befreundet war, ist B. zu den bedeutenden o¨ sterr. Freskomalern des sp¨aten Rokoko zu z¨ahlen. C AKL
Berglar-Schr¨oer, (Hans) Peter, Schriftsteller, Mediziner, Historiker, * 8. 2. 1919 Kassel, † 10. 11. 1989 K¨oln. B. war seit 1939 Soldat, wurde 1944 in Frankfurt / Main ¨ zum Dr. med. promoviert (Uber die operative Behandlung der Knochen- und Gelenktuberkulose) und war bis 1966 als Facharzt f¨ur innere Medizin t¨atig. 1946-49 war er Redakteur bei den „Frankfurter Heften“, 1949 / 50 Mitherausgeber der Monatsschrift „Die Aussprache“ in Mainz. Seit 1950 lebte er in K¨oln. Nach der Promotion zum Dr. phil. 1969 (Dissertation ver¨offentlicht unter dem Titel Walther Rathenau. Seine Zeit, sein Werk, seine Pers¨onlichkeit, 1970) habilitierte er sich 1970 an der Univ. K¨oln f¨ur mittlere und neuere Geschichte und wirkte dort seit 1971 als Professor. Nach Lyrik (Terra nova, 1948) und Romanen (u. a. Das Salz der Erde, 1955; Meine Johanna, 1958) schrieb er essayistische, biographische und geistesgeschichtliche Werke, u. a. Die gesellschaftliche Evolution der Menschheit (1965), Annette von Droste-H¨ulshoff (1967), Wilhelm von Humboldt (1970), Matthias Claudius (1972), Fortschritt zum Ursprung. Die Geschichtsneurose des modernen Menschen (1978), Die Stunde des Thomas Morus. Einer gegen die Macht (1978, 21979), Opus Dei (1983, 31992) und Geschichte als Tradition – Geschichte als Fortschritt (1984). C DLL, 20. Jh. ¨ auch Pergler, o¨ sterr. Bildhauer, Bergler, Joseph d. A., * 1718 bei Windischmatrei / Pustertal, † 9. 6. 1788 Passau. Nach einer Bildhauerlehre in Lienz war B. zun¨achst Geselle bei Joseph Anton → Pfaffinger in Salzburg, wo er die Leidensstationen auf dem Salzburger Kalvarienberg selbst¨andig
Bergmann anfertigte; er studierte dann an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste bei Jakob Christoph → Schletterer. Gef¨ordert von Joseph Maria Graf von → Thun und Hohenstein, folgte er diesem nach der Ernennung zum F¨urstbischof nach Gurk, 1762 nach Passau. Dort war B. auch unter Thuns Nachfolger Kardinal Leopold Ernst Graf von → Firmian als Hofbildhauer t¨atig. Zu B.s bedeutenden Werken geh¨ort u. a. die Ausstattung der Passauer Residenz, besonders die Fassade und das Treppenhaus (1768-71). Er war der Vater von Joseph → B. d. J. C AKL
Bergler, Joseph d. J., auch Pergler, o¨ sterr. Maler, * 1. 5. 1753 Salzburg, † 25. 6. 1829 Prag. ¨ ausgebildet, Anfangs durch seinen Vater Joseph → B. d. A. studierte B. unterst¨utzt vom Passauer F¨urstbischof 1776-81 in Mailand unter Martin → Knoller. 1781-86 hielt er sich in Rom auf und wurde dort von dem Maler Anton → Maron unterrichtet. B. schuf mehrere Altarbilder f¨ur italienische Kirchen und Kl¨oster, z. B. f¨ur Fabriano und Marino bei Albano. Nach seiner R¨uckkehr nach Passau 1786 wurde er zum Truchseß und Kabinettsmaler ernannt. Sp¨ater folgte er einem Ruf als Prof. des historischen Fachs an die Akademie der K¨unste in Prag, deren Direktor er 1800 wurde. Zu B.s Sch¨ulern z¨ahlten dort u. a. Joseph von → F¨uhrich, Anton´ın → M´anes und Johann Gruß. C AKL Bergler, Stephan, Klassischer Philologe, * um 1680 Kronstadt (Siebenb¨urgen), † nach 1738. B. studierte seit 1700 an der Univ. Leipzig Griechische Philologie. 1705 ging er nach Amsterdam, wo er f¨ur die Wetsteinsche Druckerei eine Ausgabe des Onomasticon (1706) von Pollux und der Werke Homer (1707) betreute. In Hamburg war er beteiligt an der Herausgabe der Bibliotheca graeca des Johann → Fabricius. Nach Leipzig zur¨uckgekehrt, edierte er 1715 das Werk des griechischen Rhetors Alkiphron. Dann als Sekret¨ar des F¨ursten Alexander Maurokordatos nach Bukarest berufen, erteilte er u. a. Privatunterricht in Griechisch und legte f¨ur den F¨ursten eine Bibliothek an, die dieser sp¨ater der Patriarchalkirche von Konstantinopel schenkte. C ADB
Bergmann, Benjamin F¨urchtegott Balthasar, evang. Theologe, Ethnologe, * 17. 11. 1772 Arrasch bei Wenden (Livland), † 16. 8. 1856 Gut Blussen bei Wenden. B. studierte seit 1791 in Leipzig, seit 1793 in Jena und war dann einige Jahre als Hauslehrer in Riga t¨atig. 1798 ging er als Lehrer nach Moskau und brach 1802 zu einer Forschungsreise auf, um die Kalm¨ucken zu studieren. Nach seiner R¨uckkehr 1803 wurde er zum Gouvernementssekret¨ar ernannt und war seit 1804 als Pastor in Rujen t¨atig. B. schrieb u. a. Nomadische Streifereien unter den Kalm¨ucken in den Jahren 1802 und 1803 (4 Bde., 1804 / 05). Seit 1817 war er Ehrenmitglied der „Societas Latina“ in Jena.
Bergmann, Carl (Georg Lucas Christian), Anatom, Physiologe, * 18. 5. 1814 G¨ottingen, † 30. 4. 1865 Genf. B. studierte Medizin in G¨ottingen, wurde 1838 promoviert (De placentae foetalis resorptione) und habilitierte sich im folgenden Jahr. Seit 1840 Assistent bei Rudolf → Wagner in G¨ottingen, wurde er dort 1843 a. o. Prof., 1852 o. Prof. in Rostock. Dort war er Direktor des Anthropotomischen Museums und des Zootomisch-Physiologischen Instituts sowie Mitglied der Medizinal-Kommission (1859 Rektoratsrede: Zur Kenntnis des Tarsus der Wiederk¨auer). 1861 wurde B. zum Obermedizinalrat ernannt, 1864 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Er besch¨aftigte sich mit vergleichender Anatomie und betrieb anatomisch-physiologische Untersuchungen. B. entwickelte die sogenannte Bergmann-Regel, die besagt, daß in n¨ordlichen Regionen lebende Individuen einer Art gr¨oßer sind als
die im S¨uden lebenden Individuen derselben Art. Er publizierte zusammen mit Rudolf → Leuckart eine Anatomisch¨ physiologische Ubersicht des Thierreiches (1852).
Bergmann, Carl, Dirigent, * 12. 4. 1821 Ebersbach (Sachsen), † 10. 8. 1876 New York. In Breslau war B., Sohn eines Webers, u. a. Sch¨uler bei Adolf Friedrich → Hesse und 1842-48 als Dirigent in Wien, Budapest, Warschau und Venedig t¨atig. Seine Teilnahme an der Revolution von 1848 zwang ihn zur Emigration in die USA, wo er zun¨achst als Cellist auftrat. Sp¨ater Dirigent der Germania Society New York, stand er 1852-54 der H¨andelund Haydn-Gesellschaft in Boston vor. Nach Aufl¨osung der Germania Society 1854 ging er nach Chicago und lebte seit 1858 in New York, wo er – zun¨achst zusammen mit Theodor Eisfeld, seit 1862 allein – die New York Philharmonic Society dirigierte. Die zunehmende Popularit¨at von Komponisten wie → Wagner, → Liszt, Berlioz, Rubinstein und → Brahms in den USA wird gr¨oßtenteils als sein Verdienst angesehen. B. dirigierte u. a. die New Yorker Erstauff¨uhrungen von → Beethovens Fidelio 1856 und Wagners Tannh¨auser 1859. C MGG
Bergmann, Ernst von, Chirurg, * 16. 12. 1836 Riga, † 25. 3. 1907 Wiesbaden. B. entstammte einer livl¨andischen Pastorenfamilie. Nach der h¨oheren Schulbildung, die ihm in der humanistischen Lehranstalt Birkenruh bei Wenden (Livland) zuteil wurde, studierte er zwischen 1854 und 1860 in Dorpat Medizin. Im Anschluß an die Promotion (1860, De balsamo copaivae cubebarumque in urinam transitu) war er als Assistent an der Chirurgischen Klinik Dorpats t¨atig, wo er sich 1864 unter Georg von → Adelmann ¨ und G. von Ottingen habilitierte (Ueber Fettembolie). Als Privatdozent f¨ur Chirurgie blieb er, unterbrochen durch eine l¨angere Studienreise (K¨onigsberg, Breslau, Wien, M¨unchen, Heidelberg, Hannover, Leipzig, Berlin), bis 1878, seit 1871 in der Nachfolge seines Lehrers von Adelmann als o. Prof. der Chirurgie, in Dorpat. Nachdem er 1878 zun¨achst einem Ruf nach W¨urzburg gefolgt war, u¨ bernahm er 1882 in Berlin den Lehrstuhl Bernhard von → Langenbecks sowie das Direktorat der I. Chirurgischen Klinik. 1884 wurde B. in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. B. muß zweifellos den gr¨oßten Chirurgen seiner Zeit zugerechnet werden. Besonders in der Kriegschirurgie hatte er ¨ als Teilnehmer des Preußisch-Osterreichischen (1866), des Deutsch-Franz¨osischen (1870 / 71) und des Russisch-T¨urkischen Kriegs (1877) reiche Erfahrungen sammeln k¨onnen. Bahnbrechend war seine Methode der streng konservativen Behandlung der Verletzungen des Kniegelenks, die er nicht mehr operativ behandelte, sondern nach Bandage mit dem Listerschen Wundverband im Gipsverband (Pirogoff) ruhigstellte. Auf diese Weise ließen sich die t¨odlichen Verl¨aufe dieser Verletzung dramatisch reduzieren. Zun¨achst der Listerschen Methode der Antisepsis durch Bespr¨uhen mit Karbols¨aure zugewandt, die er seit 1875 an seiner Dorpater Klinik praktizierte, ersetzte er bald dieses gef¨ahrliche Verfahren durch den Einsatz trockener Sublimatgaze, um schließlich 1886 die chemische Antisepsis ganz zu verlassen. Zusammen mit seinem Berliner Sch¨uler → Schimmelbusch wandte er sich statt dessen der Verwendung dampfsterilisierter Verbandsmaterialien zu.
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Bergmann B. entwickelte viele operative Methoden neu oder weiter, ¨ so u. a. die der Appendektomie, der operativen Osophagusund Hydrozelenbehandlung. Zu den wichtigsten Publikationen B.s geh¨oren seine Arbeiten u¨ ber Die Behandlung der Schußwunden des Kniegelenkes im Kriege (1878), Die Lehre von den Kopfverletzungen (1880) und Die chirurgische Behandlung der Hirnkrankheiten (1888). Zugezogen war der Chirurg bei der b¨osartigen Kehlkopferkrankung Kaiser → Friedrichs III. Als international und national bekannte Pers¨onlichkeit engagierte sich B. neben seiner a¨ rztlichen T¨atigkeit auch im kulturellen Leben der Metropole Berlin. Er war der Vater des Internisten Gustav von → B. LITERATUR: Arend Buchholtz: E. v. B. Leipzig 1911. – Magnus Schmid: B., E. v. In: NDB, Bd. 2, 1955, S. 88 f. – Wolfgang Genschorek: E. v. B. In: Wegbereiter der Chirurgie 2. Leipzig 1984, S. 114-213. – Peter Schneck: E. v. B. ¨ In: Arztelexikon. Hrsg. v. Wolfgang U. Eckart / Christoph Gradmann. M¨unchen 1995, S. 54. Wolfgang U. Eckart
Bergmann, Ernst David, Chemiker, * 18. 10. 1903 Karlsruhe, † 1975 Jerusalem. Nach dem Chemiestudium wurde B. 1925 an der Univ. Berlin mit der Arbeit Untersuchungen u¨ ber Natrium-Addition an Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen promoviert und war bis 1928 Assistent am dortigen Chemischen Institut. Dann Privatdozent in Berlin und Montpellier (Frankreich), mußte er 1933 nach Großbritannien emigrieren, war kurz als wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Featherstone Laboratories t¨atig und wanderte 1934 nach Pal¨astina aus. 1934-51 war B. wissenschaftlicher Direktor des Daniel Sieff-Forschungsinstituts in Revohot (seit 1951 WeizmannInstitut) und w¨ahrend des Zweiten Weltkriegs Mitarbeiter des franz¨osischen R¨ustungsministeriums und des britischen Versorgungsministeriums. 1952-75 Prof. der organischen Chemie an der Univ. Jerusalem, war B. u. a. Direktor der Forschungs- und Planungskommission des israelischen Verteidigungsministeriums, 1953-66 erster Vorsitzender der israelischen Atomenergiekommission und Mitglied des israelischen Nationalrats f¨ur Forschung und Entwicklung. C BHdE, Bd 1
Bergmann, Friedrich Christian, Jurist, * 29. 9. 1785 Hannover, † 28. 2. 1845 G¨ottingen. B. studierte seit 1802 an der Univ. G¨ottingen zun¨achst Theologie und Philologie, sp¨ater Rechtswissenschaften (Dr. jur. 1805). 1806 wurde er Beisitzer der Juristenfakult¨at, 1808 a. o., 1811 o. Prof. der Rechte. 1823 zum Hofrat ernannt, wurde er 1840 Geheimer Justizrat, 1841 a. o. Mitglied des Staatsrats und 1844 Ordinarius des Spruchkollegiums. B. ver¨offentlichte u. a. einen Grundriß einer Theorie des deutschen Civilprozesses (1827). C ADB
Bergmann, Friedrich Wilhelm, Philologe, Sprachphilosoph, * 9. 2. 1812 Straßburg, † 14. 11. 1887 Straßburg. Nach dem Studium in G¨ottingen, Berlin und Paris wurde B. 1838 Prof. f¨ur fremde Sprachen an der Facult´e des lettres in Straßburg. Mit Gr¨undung der Deutschen Univ. in Straßburg 1872 trat er in diese u¨ ber, ließ sich jedoch schon f¨unf Jahre sp¨ater emeritieren. B. besch¨aftigte sich nicht nur mit neueren, sondern auch altnordischen, indogermanischen und semitischen Sprachen; er geh¨orte zu den ersten in Frankreich, die Vorlesungen u¨ ber Sanskrit hielten. Er schrieb u. a. R´esum´e d’´etudes d’Ontologie g´en´erale et de linguistique g´en´erale (o. J.), eine Zusammenfassung seiner sprachphilosophischen Studien. C NDB
Bergmann, Gottlob Heinrich, Psychiater, * 12. 6. 1781 Erichshagen bei Nienburg / Weser, † 29. 10. 1861. B. studierte in G¨ottingen, wo er 1804 promoviert wurde (Primas lineas pathologiae comparatae); im selben Jahr trat er eine Stelle als Armen- und Gef¨angnisarzt in Celle an. Seit
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1810 Arzt am Zucht- und Tollhaus in Celle, verbesserte er die dortigen Einrichtungen, versuchte modernere therapeutische Maßnahmen einzuf¨uhren, erreichte die Trennung von Kriminellen und Geistesgest¨orten und ließ neue Anstalten im K¨onigreich Hannover bauen. Er wurde Hofarzt und Direktor der 1827 gegr¨undeten Irren-, Heil- und Pflege-Anstalt im St.-Michaelis-Kloster in Hildesheim, 1832 Medizinalrat, sp¨ater Obermedizinalrat. Seit 1844 geh¨orte B. der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina an. Er war seit 1854 Mitherausgeber des „Korrespondenzblatts der deutschen Gesellschaft f¨ur Psychiatrie und gerichtliche Psychiatrie“. Von seinen zahlreichen, meist in Zeitschriften erschienenen Publikationen sind u. a. Neue Untersuchungen u¨ ber die innere Organisation des Gehirns (1831) zu nennen.
Bergmann, Gustav, evang. Theologe, * 28. 3. 1749 Neuerm¨uhlen bei Riga, † 30. 6. 1814 Rujen. Der Bruder von Liborius → B. studierte 1767-70 Theologie in Leipzig, war seit 1771 Prediger in Arrasch bei Wenden, 1780 in Salisburg und 1785 in Ruien. Seit 1807 war er Assessor des livl¨andischen Oberkonsistoriums. W¨ahrend seiner Amtszeit setzte er sich besonders f¨ur die Blatternimpfung, speziell der l¨andlichen Bev¨olkerung, ein. 1806 wurde B. Ehrenmitglied der Naturforschenden Gesellschaft in Moskau. Bergmann, Gustav von, Internist, * 24. 12. 1878 W¨urzburg, † 16. 9. 1955 M¨unchen. B. war der Sohn des Chirurgen Ernst von → B. Seine a¨ rztliche Ausbildung erhielt er vor allem in Straßburg, wo er 1903 ¨ promoviert wurde (Die Uberf¨uhrung von Cystin in Taurin im tierischen Organismus) und unter Franz → Hofmeister am Physiologisch-Chemischen Institut besch¨aftigt war, in Frankfurt / Main unter Paul → Ehrlich, in Innerer Medizin in Basel (Friedrich von M¨uller) sowie 1903-12 an der II. Medizinischen Klinik der Berliner Univ. unter Friedrich → Kraus. Nach der Habilitation (1908) f¨ur Innere Medizin durfte er seit 1910 den Titel Prof. f¨uhren. 1916 folgte er einem Ruf als o. Prof. der Inneren Medizin und Direktor der Medizinischen Klinik nach Marburg, wechselte 1920 nach Frankfurt / Main, 1927 an die II. Medizinische Klinik der Charit´e nach Berlin und schließlich 1946-53 nach M¨unchen. B. wurde 1932 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. B. besch¨aftigte sich in den zwanziger Jahren mit den pathophysiologischen Zusammenh¨angen zwischen Psyche und Soma des Menschen (Seele und K¨orper in der Inneren Medizin, 1922); hieraus erwuchs sein Interesse an den psychosomatisch bedingten Erkrankungen des Magens (1926) sowie an den St¨orungen des vegetativen Nervensystems (Das vegetative Nervensystem und seine St¨orungen, 1926). Besondere Verdienste um die Pathophysiologie sowie um die ganzheitliche Betrachtung der Pathogenese erwarb er sich als Mitherausgeber des Handbuchs der normalen und pathologischen Physiologie (1925-32) und durch seine Funktionelle Pathologie (1932). In ihr vertrat er die Auffassung, daß der Krankheitsprozeß von einer gest¨orten Funktion, nicht aber von der Strukturl¨asion ausgehe. B. geh¨ort zu den Mitbegr¨undern des funktionellen Denkens in der Inneren Medizin und hat grundlegende Beitr¨age zur Pathogenese der vegetativen Erkrankungen des Magendarmtraktes (Dyskinesien, spasmogene Ulcera, besonders Magengeschw¨ur) vorgelegt. LITERATUR: B., G. v. In: Biographisches Lexikon der her¨ vorragenden Arzte der letzten f¨unfzig Jahre. Hrsg. v. Isidor Fischer. Bd. 1. M¨unchen / Berlin 31962, S. 101 f. – Herbert
Bergmann Schwiegk: G. v. B. In: Klinische Wochenschrift 33 (1955) S. 1063 f. – Justus Krause: G. v. B. Berlin 1993. – Helmut ¨ Siefert: G. v. B. In: Arztelexikon. Wolfgang U. Eckart / Christoph Gradmann (Hrsg.): M¨unchen 1995, S. 54 f. Wolfgang U. Eckart
Bergmann, Gustav, Mathematiker, Philosoph, Jurist, * 4. 5. 1906 Wien, † 21. 4. 1987 Iowa City (Iowa, USA). B. studierte Mathematik an der Univ. Wien und wurde 1928 aufgrund der Dissertation Beitr¨age zur metrischen Differentialgeometrie zum Dr. phil. promoviert. 1927-31 nahm er an Treffen des „Wiener Kreises“ teil. 1929 / 30 war er Lehrer an einer Wiener Realschule, hielt sich 1930 / 31 als Mitarbeiter Walther → Mayers in Berlin auf und war bis 1936 als Privatlehrer in Wien t¨atig. Das Studium der Rechtswissenschaft an der dortigen Univ. schloß B. 1936 mit der Promotion ab. Er war dann Juniorpartner in einer Wiener Rechtsanwaltskanzlei und bis zu seiner Emigration in die USA 1938 f¨uhrendes Mitglied des sogenannten „Fleischer-Kreises“, einer Diskussionsrunde von Wiener Wissenschaftlern, Sozialarbeitern und Rechtsexperten. 1939 wurde B. Research Assistant im Child Welfare Department bei Kurt → Lewin an der Iowa State University, wo er seit 1950 als Prof. der Philosophie und Psychologie lehrte. 1968 wurde er Pr¨asident der American Philosophical Association. B. schrieb u. a. Philosophy of science (1957), Meaning and existence (1959), Logic and reality (1964) und Realism. A critique of Brentano and Meinong (1964). C Stadler
Bergmann, Hugo, seit Anfang der vierziger Jahre Bergman, Bibliothekar, Philosoph, * 25. 12. 1883 Prag, † 18. 6. 1975 Jerusalem. B., Sohn eines Handlungsreisenden, studierte Naturwissenschaften (Chemie, Mathematik, Physik) und Philosophie an der Deutschen Univ. in Prag, war Sch¨uler von Anton → Marty und wurde 1905 promoviert (Die Atomtheorie im 19. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Problemgeschichte der Philosophie). 1906-19 war er Bibliothekar an der Deutschen Universit¨at. B. nahm als Offizier am Ersten Weltkrieg teil und war 1919 Mitglied des Nationalrats der tschechoslowakischen Republik. 1920 ging er nach Jerusalem und war dort Gr¨under und erster Direktor der Nationalbibliothek, die er bis 1935 leitete. Seit 1924 war er zusammen mit Hayyim Herman → Pick Herausgeber der Vierteljahresschrift f¨ur hebr¨aische Bibliographie „Kirjath Sefer“. 1925 geh¨orte er zu den Gr¨undern von „Brith Schalom“, der Vereinigung f¨ur j¨udisch-arabische Verst¨andigung in Jerusalem. 1928 wurde B. Dozent, 1935 Prof. der Philosophie an der Hebr¨aischen Univ. in Jerusalem, deren Rektorat er 1935-38 innehatte. 1960 war er Gr¨undungsmitglied der Israel Academy of Science and Humanities. B. befaßte sich in seinen Schriften vorwiegend mit ethischen und erkenntnistheoretischen Themen. Er ver¨offentlichte u. a. Das philosophische Werk Bernhard Bolzanos (1909), Das Unendliche und die Zahl (1913), Jawne und Jerusalem (1919) und Der Kampf um das Kausalgesetz in der j¨ungsten Physik (1929). C Lex dt-j¨ud Autoren
Bergmann, Gustav Adolf, Bankier, Politiker, * 6. 5. 1816 Straßburg, † 20. 5. 1891 Straßburg. B. erwarb seine kaufm¨annische Ausbildung in einer Reederei und war seit 1841 in Straßburg t¨atig, wo er mehrere Kreditund Bankinstitute gr¨undete. Seit 1877 geh¨orte er als Mitglied der els¨assischen Autonomistenpartei dem Deutschen Reichstag an und trat vor allem f¨ur eine bundesstaatliche Verfassung des Reichslandes und eine gem¨aßigte Schutzzollpolitik ein. B. wurde 1880 Mitglied im Staatsrat f¨ur ElC NDB saß-Lothringen.
Bergmann, Johann Gottfried, S¨anger, * 10. 3. 1765 Reichenbach (Oberlausitz), † 4. 7. 1831 Dresden. Ausgebildet in Dresden durch Johann Aloys → Miksch und Joseph Anton → Christ, war B. als Tenor 1816-31 Mitglied der Hofoper von Dresden. Er sang in der Antrittsvorstellung Carl Maria von → Webers den Titelhelden der Oper Joseph. Zu seinen erfolgreichen Partien geh¨orten u. a. der Max im Freisch¨utz, Belmonte in der Entf¨uhrung aus dem Serail und Florestan im Fidelio. C Kutsch
Bergmann, Hermann von, o¨ sterr. Architekt,
Lusdorf bei Friedland (B¨ohmen), † 20. 2. 1932 Eger (B¨ohmen). B., Priester des Kreuzherrenordens, war seit 1900 Propst des Wallfahrtsortes Mariakulm bei Eger. Er schrieb Sinngedichte und Spr¨uche, wirkte bei Daniel → Sanders’ Citatenlexikon (1899) mit und ver¨offentlichte u. a. den Gedichtband Kleine Leute (1881).
* 14. 10. 1817 Prag, † 26. 5. 1886 Wien. Nach dem Studium in M¨unchen bei → Ohlm¨uller, → Klenze und → G¨artner, an der Polytechnischen Anstalt in Prag und an der Wiener Akademie der K¨unste war B. seit 1844 mit dem Bau des Altst¨adter Rathauses in Prag beauftragt. Seit 1851 in Wien ans¨assig, erbaute er u. a. die Kirche in Bruneck und die Elisabethkirche in Wien. 1860 wurde B. zum Oberingenieur im Ministerium des Innern ernannt, 1872 zum Baurat, 1874 zum Oberbaurat. Seit 1875 geh¨orte er der Zentralkommission f¨ur Erhaltung und Erforschung der Baudenkm¨aler des o¨ sterr. Kaiserstaates an. B. war Mitglied der Wiener Akademie der bildenden K¨unste und Vorsitzender des Baukomitees der Wiener Universit¨at. C AKL
Bergmann, Hilda, geb. Kohner, Schriftstellerin,
˚ * 9. 11. 1878 Prachatitz (B¨ohmen), † 22. 1. 1947 Astorp (Schweden). B. lebte urspr¨unglich als Lehrerin in Wien, bevor sie sich mit Regionallyrik u¨ ber ihre b¨ohmische Heimat einen Namen machte. Ihre Lyrik, die oft an Volkslieder erinnert, erschien in Die stummen Dinge (1933) und Z¨und’ Lichter an (1936). Eigene Nachdichtungen von M¨archen und Sagen publizierte sie in den Sammlungen Von Wichtelm¨annchen und anderen kleinen Leuten (1928) und M¨archen aus Wiese und Wald (1938). 1938 emigrierte B. nach Schweden, wo sie als ¨ Ubersetzerin von schwedischen Erz¨ahlungen hervortrat, so von Jeanna Oterdahls Vogel ohne Schwingen (1945, zuletzt 1955). C Lex o¨ sterr Exillit
Bergmann, Josef, Kreuzherr, Schriftsteller, * 22. 10. 1847
Bergmann, Joseph Ritter von, o¨ sterr. Historiker, * 13. 11. 1796 Hittisau (Vorarlberg), † 29. 7. 1872 Graz. Nach dem Philosophie- und Jurastudium in Wien wurde B. 1826 Gymnasiallehrer in Cilli, 1828 Kustos am M¨unz- und Antiken-Kabinett der Ambraser Sammlung in Wien, dem er seit 1863 als Direktor vorstand. 1831-44 war er Geschichtsund Lateinlehrer der S¨ohne des Erzherzogs → Albrecht. B. befaßte sich haupts¨achlich mit historischen und numismatischen Studien und verfaßte u. a. eine Darstellung mehrerer Systeme f¨ur Anordnung von Sammlungen von M¨unzen (1865). C Wurzbach
Bergmann, Julius von, Milit¨ar, * 4. 8. 1834 Merseburg, † 20. 11. 1908 Wiesbaden. B. trat 1853 in den preuß. Milit¨ardienst ein und war seit 1866 als Hauptmann beim Generalstab t¨atig. Seit 1871 Direktor der Kriegsschule in Neisse, seit 1881 Kommandeur eines Regiments, wurde er 1885 Chef des Generalstabs des 5. Armeekorps, 1887 Inspekteur der Infanterieschulen und in den Adelsstand erhoben. 1892 war er Gouverneur von Straßburg und trat 1896 als General der Infanterie in den Ruhestand.
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Bergmann Bergmann, Julius (Friedrich Wilhelm Eduard), Philosoph, * 1. 4. 1839 Opherdicke (Westfalen), † 24. 8. 1904 Marburg. B., Sohn eines Pastors, studierte 1859-61 Philosophie, Mathematik und Physik in G¨ottingen, wurde 1862 in Berlin zum Dr. phil. promoviert (Ueber den Werth und die M¨oglichkeit einer reinen Vernunftwissenschaft) und habilitierte sich dort 1872. Er war Mitglied der hegelianischen Philosophischen Gesellschaft, gab zusammen mit Karl Ludwig → Michelet die Zeitschrift „Der Gedanke“ heraus und gr¨undete 1868 „Die Philosophischen Monatshefte“ (seit 1895 zusammengelegt mit dem „Archiv f¨ur Philosophie“). Nach der Habilitation wurde B. als Nachfolger Friedrich → Ueberwegs o. Prof. in K¨onigsberg und folgte 1874 einem Ruf an die Univ. Marburg, deren Rektor er 1883 / 84 war. Er ver¨offentlichte u. a. Grundlinien einer Theorie des Bewußtseins (1870), Allgemeine Logik (Bd. 1: Reine Logik, 1879), Sein und Erkennen. Eine fundamental-philosophische Untersuchung (1880), Vorlesungen u¨ ber Metaphysik mit besonderer Beziehung auf Kant (1886), Geschichte der Philosophie (2 Bde., 1892 / 93), Untersuchungen u¨ ber die Hauptpunkte der Philosophie (1900) und System des objectiven Idealismus (1903). C Enz Phil Wiss
Bergmann, Julius (Hugo), Maler, * 28. 2. 1861 Nordhausen (Th¨uringen), † 15. 1. 1940 Karlsruhe. B. studierte 1879-83 als Sch¨uler Heinrich → Hasselhorsts am St¨adelschen Kunstinstitut in Frankfurt / Main und anschließend an der Kunstakademie Karlsruhe unter Hermann → Baisch. Er wandte sich vor allem der Landschafts- und Tiermalerei zu; seine Studienreisen f¨uhrten ihn u. a. nach Ungarn, Holland und Nordschottland. 1897 nahm er eine Berufung als Prof. der Tier- und Landschaftsmalerei an der D¨usseldorfer Kunstakademie an. Schon 1903 gab er die Professur wieder auf, um sich in der N¨ahe von Straßburg der Malerei widmen zu k¨onnen. 1905 wurde er als Nachfolger von Viktor → Weishaupt Prof. in Karlsruhe. B. war Mitglied der Sezession in M¨unchen und des K¨unstlerbundes in Karlsruhe. C AKL Bergmann, Karl Friedrich Emmanuel, evang. Theologe, Philologe, * 3. 2. 1805 G¨orlitz, † 3. 4. 1835 G¨orlitz. B. studierte Theologie und Philologie in Leipzig und Berlin, wurde 1827 Mitglied des philologischen Seminars der Univ. Berlin und bestand 1829 das Lehrerexamen. Sein Probejahr als Schulamtskandidat verbrachte er am Gymnasium in G¨orlitz, von dem er als Lehrer u¨ bernommen wurde. 1832 / 33 unternahm er eine Studienreise nach Italien, um sich dann endg¨ultig als Lehrer in G¨orlitz niederzulassen. Neben einigen Gedichten verfaßte B. u. a. Pauca de Orestea Aeschyli (1834).
Bergmann, Liborius von, evang. Theologe, * 3. 9. 1754 Neuerm¨uhlen bei Riga, † 14. 7. 1823 Riga. B., Bruder von Gustav → B. begann 1774 mit dem Theologiestudium in Leipzig, war dann ein Jahr auf Studienreise und kehrte 1779 nach Livland zur¨uck. Dort zun¨achst Hauslehrer, wurde er nach einem Jahr Diakon an der Domkirche in Riga, 1781 Archidiakon an der Peterskirche. Seit 1788 war er Wochenprediger, von 1790 an Oberwochenprediger und wurde 1800 Pastor am Dom in Riga, Assessor des Stadtkonsistoriums und noch im gleichen Jahr Oberpastor an St. Petri und Senior des rigaischen Stadtministeriums. B. besch¨aftigte sich mit Forschungen zur Geschichte Rigas (Versuch einer kurzen Geschichte der Rigaischen Stadtkirchen [. . .], 1792) und war aktiv in der Armenf¨ursorge t¨atig.
Bergmann, Max, Maler, * 2. 12. 1884 F¨urstenberg / Oder, † 17. 10. 1955 Haimhausen (Oberbayern). Nach erstem Zeichenunterricht (1902) und dem Studium an der Akademie in Berlin (1902-04), u. a. bei Julius
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→ Ehrentraut, setzte B. seinen Ausbildung 1906-13 an der M¨unchner Akademie bei Heinrich von → Z¨ugel fort. 1909 / 10 besuchte er die Malschule La Palette in Paris, bildete sich in der Aktmalerei weiter und machte Bekanntschaft mit Marcel Duchamp und dem Schrifsteller Roger Le Baron. 1912 ließ er sich in Haimhausen nieder, nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil und richtete 1925 eine eigene Malschule ein. Die Sommermonate verbrachte er mit seinen Malsch¨ulern regelm¨aßig zu Tierstudien in W¨orth, wo er 1949 zum Ehrenb¨urger ernannt wurde. B. malte und zeichnete Tiere, Landschaften, Portr¨ats, Akte und Stilleben. Anfangs teilweise gepr¨agt von seinem Lehrer Z¨ugel (Malpause, 1912; Pierette, 1912) und auch von Lovis → Corinth (Salome-Motive, 1926; Maler vor der Staffelei, 1928), entwickelte er seit Mitte der zwanziger Jahre in seinen Akten, Stilleben, Portr¨ats und Landschaftsdarstellungen einen expressiveren Stil. C AKL
Bergmann, Michael, luth. Theologe, * 17. 8. 1633 Pirna (Meißen), † 6. 5. 1675 Woltin (Vorpommern). Nach dem Besuch von Schulen in Meißen und wahrscheinlich Zittau studierte B. in Wittenberg Theologie. Nach seiner Ordination wurde er Pfarrer in Woltin. Er ver¨offentlichte ein verbreitetes Lexikon von Tropen und rhetorischen Figuren, Deutsches Aerarium Poeticum (1662, Nachdr. 1973), ferner ein Lexikon biblischer Umschreibungen auf der Basis der Sprache → Luthers, die B. bewunderte (Aerarium biblicum, 1665). C Killy
Bergmann, Michael Adam von, Historiker, Politiker, * 15. 8. 1733 M¨unchen, † 20. 5. 1783 M¨unchen. B. studierte Rechtswissenschaften in Ingolstadt und erregte mit seiner Dissertation De ducum Bojoariae jure regio Aufsehen, indem er dem Landesf¨ursten weitgehende Befugnisse auch in kirchlichen Fragen einr¨aumte. Die Akademie der Wissenschaften nahm B. 1759 als Mitglied auf. Seit 1762 Stadtoberrichter, wurde er sp¨ater B¨urgermeister von M¨unchen.
Bergmann, Paul, kath. Religionsp¨adagoge, * 3. 12. 1859 Blumberg (Sachsen), † 4. 3. 1931 Dresden. B. unterrichtete 1879-1924 als Volksschullehrer in Dresden und seit 1929 als Dozent an der TH Dresden. Er ver¨offentlichte Biblisches Leben aus dem Neuen Testament (1920), Neugestaltung des Biblischen Geschichtsunterrichtes f¨ur die Oberstufe der Volksschule (1925) und Das heilige Meßopfer mit seinen Weltanschauungen- und Lebenswerten, seelenerzieherisch behandelt (1928). B. war Anh¨anger der sog. M¨unchner Katechetischen Methode und Vertreter einer psychologisierenden Bibeldeutung. Sein besonderes Interesse galt der Religionsp¨adagogik. Einer von B. bearbeiteten Schulbibel (1927) gelang es jedoch nicht, sich als Standardwerk zu etablieren. C LThK
Bergmann, Peter (Gabriel), Physiker, * 24. 3. 1915 Berlin, † 19. 10. 2002 Seattle (Washington, USA). B., Sohn eines Biochemikers, studierte Physik an den Universit¨aten Dresden und Freiburg / Breisgau, war gezwungen, aus Deutschland zu emigrieren, und wurde 1936 an der Univ. Prag zum Dr. rer. nat. promoviert. Noch im selben Jahr in die USA ausgewandert, war er als Assistent bzw. Dozent an mehreren Universit¨aten t¨atig, u. a. bei Albert → Einstein am Institute for Advanced Study der Princeton University. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt B. eine Anstellung an der physikalischen Fakult¨at der Syracuse University in New York, war 1947-57 Professor am Polytechnic Institute of Brooklyn und nahm Gastdozenturen u. a. in Deutschland, England und Schweden wahr. Sein Forschungsinteresse galt vor allem der theoretischen Physik, speziell den relativistischen Feldtheorien einschließlich der Quantifizierung sowie der Streutheorie. B. ver¨offentlichte u. a. Introduction to the
Bergner theory of relativity (1942, 31976), Basic theories of physics. Heat and quanta (1949, 31962) und Principles of electrodynamics and relativity (1962).
Bergmann von Olpe, Johann, auch J. Bergmann,
Groß-Baudiß (Schlesien), † 5. 2. 1961 Wiesbaden. B. studierte 1901-05 in Breslau, 1905-09 in Berlin (bei Alfred Wittenberg und Issay Barmas) und 1910-12 Sch¨uler am Budapester Konservatorium. 1913 / 14 war er als stellvertretender Konzertmeister an der Neuen Oper Hamburg besch¨aftigt, nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde Musiklehrer und Konzertviolinist in Breslau, sp¨ater Konzertmeister beim Kurorchester in Wiesbaden. 1933 emigrierte er in die Niederlande, wo er sich in Arnheim niederließ. Nach seiner Auswanderung 1936 nach Israel wurde er dort Konzertmeister des Symphonieorchesters. 1954 kehrte B. in die Bundesrepublik Deutschland zur¨uck. C BHdE, Bd 2
Drucker, * um 1455 Olpe / Sauerland, † um 1532. Nach dem Studium in Basel war B. Priester und Kaplan des Domstiftes in Basel (nachgewiesen seit 1482) wie auch Bevollm¨achtigter in weltlichen Angelegenheiten. Seit 1487 bisch¨oflicher Kollektor, war er von 1497-1504 Archidiakon am M¨unster in Granfeld an der Birs und seit 1509 Dechant der Bruderschaft von St. Johanns Kapellen auf der Burg. Auch war er von 1483-1524 Pfarr-Rektor in Sewen im Elsaß und veranlaßte den Bau der dortigen Kirche. 1494-1500 war B. Druckherr, sp¨ater nur noch Verleger, und gab als solcher u. a. die Schriften seines Freundes Sebastian → Brant (Das Narrenschiff, 1494, 1495, 1499; Varia carmina, 1498) wie auch Werke von Conrad → Celtis, Jakob → Locher, Johannes → Reuchlin und Jakob → Wimpfeling heraus. Die Zeichnungen zu einigen Holzschnitten im Ritter zum Turn (1493) und Brants Narrenschiff werden → D¨urer zugeschrieben. C NDB
Bergmann, (Leonhard) Sigmund (Ludwig), Techniker,
Bergmeister, Hermann, o¨ sterr. Maler, Graphiker,
Industrieller, * 9. 6. 1851 Tennstedt (Kr. Erfurt), † 7. 7. 1927 Berlin. Ausgebildet in einer Brooklyner Werkstatt, war B., Sohn eines Lohgerbermeisters, sp¨ater Mitarbeiter bei Thomas Edison, bis er sich 1877 selbst¨andig machte und eine eigene Fabrik gr¨undete. Die Beziehung zwischen ihm und Edison blieb jedoch bestehen. B. produzierte Ferndruck- und Telephonapparate, die f¨ur Edisons Gl¨uhlampe erforderlichen Schalter, Sockel und Fassungen und entwickelte Edisons Phonographen weiter. Außerdem gelang B. die Entwicklung des „Bergmann-Rohres“, einer Isolierung f¨ur Drahtleitungen, und die Konstruktion des ersten Motorz¨ahlers. 1891 ging B. zur¨uck nach Deutschland und gr¨undete in Berlin die S. Bergmann & Co.AG, spezialisiert auf Elektroinstallation, und 1893 die Bergmann Elektromotoren- und Dynamowerke AG. 1900 wurden beide Firmen zusammengelegt zu den Bergmann-Elektrizit¨atswerken AG, Berlin. Zu den erfolgreichen Produkten der Firma geh¨orten auch Schiffsturbinen, bekannt unter dem Namen Bergmann-Turbinen. C NDB
* 7. 7. 1869 Bregenz, † 20. 10. 1938 Graz. B. studierte zun¨achst unter Julius → Berger und August → Eisenmenger an der Wiener Akademie der bildenden K¨unste und sp¨ater in M¨unchen. Er unternahm zahlreiche Studienreisen und war auch als Lehrer t¨atig. B. schuf gr¨oßtenteils impressionistische Landschaften und Stimmungsbilder, jedoch auch einige Radierungen und Illustrationen. Mehrere Jahre stand er der Genossenschaft bildender K¨unstler Steiermark vor und war Mitglied der Sezession Graz. Mehrfach ausgezeichnet erhielt er 1934 auch den Staatspreis f¨ur Malerei. C AKL
Bergmann, Rudolf (Alexander), Musiker, * 7. 2. 1892
Bergmann-Michel, Ella, geb. Bergmann, Malerin, Photographin, Filmemacherin, * 20. 10. 1896 Paderborn, † 10. 8. 1971 Vockenhausen / Taunus. Die Tochter eines Drogisten studierte 1915-18 an der Großherzoglich S¨achsischen Hochschule f¨ur Bildende Kunst in Weimar. 1919 heiratete sie Robert → Michel, der wie sie dem K¨unstlerkreis um Henry van de → Velde angeh¨orte, lebte seit dem folgenden Jahr auf der Schmelzm¨uhle bei Eppstein / Taunus und bezog 1929 in Frankfurt / Main ein Atelier f¨ur Werbegraphik und Reklamephotographie. 1930 u¨ bernahm sie gemeinsam mit Paul Seligmann die Leitung der „Arbeitsgemeinschaft f¨ur neuen Film / Liga f¨ur unabh¨angigen Film“. Seit 1933 Einsch¨uchterungsmaßnahmen der Polizei ausgesetzt, zog sich B.-M. bei Kriegsbeginn auf die Schmelzm¨uhle zur¨uck, wo sie landwirtschaftlich arbeitete. 1937-39 unterhielt sie ein Sommeratelier in London. 1949 gr¨undete sie in Frankfurt das „Film Studio“ und hielt in der Folge Vortr¨age zu Themen moderner Kunst. B.-M.s k¨unstlerisches Werk, das Einfl¨usse des Dadaismus und der Bauhaus-Schule zeigt, ist gepr¨agt von der Aufl¨osung traditioneller Bildschemata und dem Experimentieren mit neuen Bildelementen. Zun¨achst vor allem im Bereich Holzschnitt arbeitend, wandte sie sich um 1917 der Collage zu. Seit 1923 setzte sich B.-M. in ihren sog. Sph¨arenbildern mit den physikalischen Grundlagen des Lichts auseinander. Sp¨ater befaßte sie sich vor allem mit Photographie und dem neuen Medium Film; neben experimentellen Arbeiten drehte sie auch sozialkritische Dokumentarfilme. C Cinegraph
Bergmuller, ¨ Johann Georg, auch Bergmiller, Berckhm¨uller, Perckhm¨uller, Maler, * 15. 4. 1688 T¨urkheim, † 30. 3. 1762 Augsburg. Unterst¨utzt von Herzog → Maximilian Philipp von Bayern wurde B., Sohn eines Kistlers und Altarbauers, bei Andreas → Wolff in M¨unchen ausgebildet, unternahm dann eine Studienreise in die Niederlande und war seit 1713 Meister in Augsburg. Seit 1730 war er Direktor der dortigen StadtAkademie. Neben Altarbildern und Kupferstichen schuf B. vor allem Fresken, wie z.B. die 4 Deckenbilder in der Pollheimschen Kapelle des Augsburger Doms, die Deckenbilder in der Stiftskirche von Diessen am Ammersee (1736) und in der Pr¨amonstratenserklosterkirche Steingaden (1741-51). B. verfaßte auch einige kunsttheoretische Schriften, darunter Anthropometria (1723). C AKL Bergner, Elisabeth, eigentl. Ella Ettel, Schauspielerin, * 22. 8. 1897 Drohobycz (¨osterr. Galizien, heute Drogobyˇc, Ukraine), † 12. 5. 1986 London. Fast neunzigj¨ahrig starb B. 1986 in ihrer Londoner Wohnung. Ein Jahr sp¨ater erhielt die Akademie der K¨unste, Berlin, den k¨unstlerischen und pers¨onlichen Nachlaß der Schauspielerin. Sie kehrte so gewissermaßen nach Berlin zur¨uck, in die Stadt, in der sie schon zu Lebzeiten zum „Mythos“, zur Kultfigur geworden war: Seit 1922 auf der B¨uhne am Deutschen Theater in der Regie eines Max → Reinhardt, seit 1924 im Film durch die Zusammenarbeit mit ihrem sp¨ateren Gatten Paul → Czinner. B., die durch die politischen Ereignisse der beiden Weltkriege zu einer Heimatlosen wurde, verbrachte ihre Jugend in Wien. Von 1912 bis 1915 studierte sie gemeinsam mit Anna H¨ollering an der K. u. K. Akademie f¨ur Musik
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Bergobzoomer und darstellende Kunst. Beide waren damals bekannt mit dem Schriftsteller, Arzt und Theaterexperimentator J. Levy → Moreno. Erste B¨uhnenengagements hatte sie u. a. in Innsbruck (1915 / 16), Z¨urich (1916-18) und an den M¨unchner Kammerspielen (1920-22). In der Rolle der schwedischen K¨onigin Christine in dem gleichnamigen Schauspiel von August Strindberg gelang ihr im Dezember 1922 der Durchbruch in der Berliner Theaterszene. In knapp einem Jahr – von der Premiere des Vatermord im Mai 1922 (Regie Berthold → Viertel) bis zu ihrer Glanzrolle als Rosalinde in Wie es euch gef¨allt im April 1923 (Regie Victor → Barnowsky) – wurde sie zum gefeierten B¨uhnenstar. 1924 drehte Paul Czinner den ersten Film mit B.: die AlltagsTragikom¨odie Nju. Ihre Film- und B¨uhnenpr¨asenz geben einen Einblick in die Film- und Theatergeschichte der Weimarer Republik. Die B. war ein Idol der zwanziger und fr¨uhen dreißiger Jahre. Ihr Erscheinungsbild verk¨orperte jenen knabenhaft-androgynen Typus, der erotische Symbolkraft und weibliches Emanzipationsstreben in sich vereinigte. M¨annliche Attribute – wie Krawatte, Anzug, Reitkost¨um und Zigarre – kontrastierte sie mit ihrer verschatteten Augensprache und ihrer somnambul-unber¨uhrt wirkenden Verkl¨artheit und entsprach damit dem Bed¨urfnis nach Entsexualisierung und Bannung der Schreckfigur des m¨annerfressenden Vamps. Vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten ging sie ins Exil nach Großbritannien, begleitet von Paul Czinner, den sie 1933 in London heiratete. Abgesehen von ihrem B¨uhnenerfolg als Gemma Jones in Margret Kennedys Escape Me Never (1933, Opera House Manchester) und ihrer Rolle in dem Film The Rise of Catherine the Great (1933 / 34) gelang es ihr nur schwer, sich den neuen Umst¨anden anzupassen. Anfang 1935 war B. Gast der Theatre Guild in New York. Sie blieb dort als Exilantin. Die Jahre des Exils waren von den Ereignissen im nationalsozialistischen Deutschland, von finanziellen Schwierigkeiten und k¨unstlerischen Niederlagen u¨ berschattet. K¨unstlerisch erfolgreich war sie vor allem in den St¨ucken The Two Mrs. Carrolls von Martin Vale am Broadway und in der Reinhardtschen Fledermaus-Bearbeitung Rosalinda in New York. In Komitees und Organisationen unterst¨utzte sie viele emigrierte Freunde. 1950 kehrten B. und Paul Czinner nach London zur¨uck. 1954 trat sie erstmals wieder in Deutschland in einem Theaterst¨uck auf (Tiefe blaue See von Terence Rattigan, Kom¨odie am Kurf¨urstendamm, Berlin). Sie spielte u. a. die Mary Tyrone in Eugene O’Neills Eines langen Tages Reise in die Nacht am D¨usseldorfer Schauspielhaus. Zahlreiche Preise (u. a. Friedrich-Schiller-Preis der Stadt Mannheim 1963, Deutscher Filmpreis 1963 f¨ur die beste Hauptdarstellerin in Die gl¨ucklichen Tage der Thorwalds) und Ehrungen best¨atigten ihre Erfolge. 1973 stand sie im Londoner Green¨ wich Theater als Mrs. Orban in Istav Orkenys Catplay ein letztes Mal auf der B¨uhne. 1978 erschien ihr Memoirenband Bewundert viel und viel gescholten – Elisabeth Bergners unordentliche Erinnerungen. LITERATUR: Adolf Opel: Ewig jung bleibt nur die Phantasie. Videoportrait. Wien 1981. – Helga Belach: E. B. Berlin 1983. – Klaus V¨olker: Das Leben einer Schauspielerin. Berlin 1990. – Dagmar W¨unsche: E. B. Dokumente ihres Lebens. Berlin 1990. – Unsere schwarze Rose – E. B. Ausstellungskatalog des Historischen Museums der Stadt Wien. Wien 1993. – Beate Hochholdinger-Reiterer: Vom Erschaffen der Kindfrau. E. B. – ein Image. Wien 1999. Brigitte Marschall
Bergobzoomer, Johann Baptist, auch Bergopzoomer, o¨ sterr. Schauspieler, Schriftsteller, * 9. 9. 1742 / 44 Wien, † 12. 1. 1804 Wien. Zun¨achst Buchdrucker, nahm B. als Soldat am Siebenj¨ahrigen Krieg teil und war seit 1764 als Schauspieler in Wien,
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seit 1765 bei der Kurzschen Gesellschaft in M¨unchen engagiert. Er besuchte Vorlesungen von → Sonnenfels in Wien, war 1771-74 Direktor des Prager Theaters und trat dann wieder in Wien auf, wo er u. a. in der Rolle Richard III. große Erfolgte feierte. 1784 u¨ bernahm er die Direktion des Theaters in Br¨unn und sp¨ater des Lemberger Theaters. Seit 1791 war er wiederum Mitglied des Hoftheaters in Wien. B. war auch B¨uhnenschriftsteller und verfaßte meist Lustspiele wie auch das Trauerspiel Die ungl¨uckliche Heirat (1769). Er war mit der Operns¨angerin Katharina → B. verheiratet.
Bergobzoomer, Katharina, auch Bergopzoomer, geb. Leitner, S¨angerin, * 1753 Wien, † 18. 6. 1788 Prag. B. trat unter dem Namen ihre Adoptivvaters Schindler 1770 als Piramus in Piramus und Thysbe im Schloßtheater Laxenburg auf und war dort bis 1774 t¨atig. Nach einer Gastspielreise durch Deutschland, Italien und England war sie 1776-82 an der Wiener Hofoper engagiert, 1782 / 83 an der italienischen Oper in Braunschweig und 1783-88 am Nostitz’schen Theater in Prag. Seit 1777 war sie mit dem Schauspieler Johann Baptist → B. verheiratet. C Kutsch
Bergson, Josef, Internist, * 9. 11. 1812 Warschau, † 13. 9. 1902 Berlin. B. studierte in Breslau und Berlin, wo er Sch¨uler des Neurologen Moritz Heinrich → Romberg war, und wurde 1837 promoviert (De prosopodysmorphia sive nova atrophiae facialis specie). Seit 1841 als niedergelassener Arzt in Berlin t¨atig, habilitierte er sich 1861 f¨ur Innere Medizin an der Berliner Universit¨at. Von seinen Schriften ist Das krampfhafte Asthma (1849, 1853 ins Franz¨osische u¨ bersetzt) zu C Biogr Jahrb, 1905 erw¨ahnen. Bergstr¨asser, Arnold, Verleger, Politiker, * 1. 10. 1841 Schloß Breuberg / Odenwald, † 5. 1. 1897 Darmstadt. B., Sohn eines Rentamtmannes, trat 1857 in hessischen Milit¨ardienst ein, besuchte 1858 / 59 die Kriegsschule und war seit 1863 zum Generalstab abkommandiert. 1865 studierte er an der TH Z¨urich Ingenieurwissenschaften und nahm nach dem Krieg 1866 seinen Abschied. 1869 u¨ bernahm er die Sortimentsbuchhandlung seines Schwiegervaters in Darmstadt und gr¨undete sp¨ater einen Verlag, der vor allem auf technische Wissenschaften spezialisiert war. B. geh¨orte dem Vorstand des Deutschen Buchh¨andler-B¨orsenvereins an. Er trat f¨ur die Interessen der nationalliberalen Partei ein und war Mitglied der Hessischen Kammer und Stadtverordneter von Darmstadt. B. war der Vater von Arnold → B. C Hess Bio, Bd 2
Bergstraesser, Arnold, Politologe, Soziologe, * 14. 7. 1896 Darmstadt, † 24. 2. 1964 Freiburg / Breisgau. Nach dem Studium in T¨ubingen, Berlin, M¨unchen und Heidelberg wurde B., Sohn von Arnold → B., 1923 in Heidelberg promoviert (Die wirtschaftlichen M¨achte und die Bildung des Staatswillens nach der deutschen Revolution) und habilitierte sich 1928 f¨ur Politische Wissenschaften. Zun¨achst Dozent an der Hochschule f¨ur Politik in Berlin, seit 1932 a. o. Prof. der Staatswissenschaften in Heidelberg, wurde er 1935 entlassen, emigrierte 1937 in die USA, wo er bis 1944 Prof. f¨ur deutsche und europ¨aische Kulturgeschichte in Kalifornien, dann an der Univ. Chicago war. 1950 als Gastprofessor in Frankfurt / Main und 1952-53 in Erlangen, kehrte B. 1954 endg¨ultig in die Bundesrepublik Deutschland zur¨uck und u¨ bernahm eine Professur der Politischen Wissenschaften und Soziologie an der Univ. Freiburg / Breisgau. B. war 1955-59 Direktor der Deutschen Forschungsgesellschaft f¨ur ausw¨artige Politik, 1960-64 Pr¨asident der deutschen UNESCO. Er verfaßte u. a. Die Macht als Mythos und als Wirklichkeit (1965). C BHdE, Bd 2
Bering Bergstr¨aßer, Gotthelf, Orientalist, * 5. 4. 1886 Oberlosa bei Plauen, † 16. 8. 1933 Watzmann (Berchtesgadener Alpen). B., Sohn eines Pfarrers, studierte Philosophie, Sprachwissenschaft, klassische und semitische Philologie in Leipzig, wurde 1910 promoviert (Die Negationen im Kur’¯an), war mehrere Jahre als Lehrer t¨atig und habilitierte 1912 f¨ur semitische Philologie an der Univ. Leipzig (Die bisher ver¨ o¨ ffentlichten arabischen Hippokrates- und Galen-Ubersetzungen). 1914 trat er als Socin-Stipendiat eine Studienrei¨ se nach Konstantinopel, Syrien und Agypten an und wurde 1915 als o. Prof. nach Konstantinopel berufen. 1919 folgte er einer Berufung als a. o. Prof. nach Berlin und nahm im selben Jahr eine o. Professur in K¨onigsberg an. 1922 war er dann in Breslau t¨atig, 1923 in Heidelberg und seit 1926 in M¨unchen. 1925 nahm ihn die Heidelberger, 1929 die M¨unchener Akademie der Wissenschaften als Mitglied auf. Neben semitischer Philologie galt B. auch als Spezialist f¨ur islamisches Recht (Grundz¨uge des islamischen Rechts, hrsg. von J. Schacht, 1935). C NDB
Bergstr¨asser, Heinrich Wilhelm, Jurist, * 25. 1. 1765 Hanau, † 1814 bei Epinal (Frankreich). B. studierte Rechtswissenschaften in G¨ottingen und war dann 1788 als Praktikant am Reichsgericht in Wetzlar und Wien t¨atig. 1789 folgte er einem Ruf als Rat in das Regierungskolleg des Grafen Christian zu Erbach-Sch¨onberg. Kurz darauf zum Hof- und Regierungsrat ernannt, war er seit 1794 wirklicher Kanzleidirektor und Leiter der Gesch¨afte des gesamten Hauses Erbach. Nach dem Tod des Grafen Christian wurde B. 1801 von dessen Nachfolger Karl zu Erbach-Sch¨onberg entlassen. Sp¨ater Rat bei der vereinigten General-Intendantur der alliierten M¨achte, nahm B. 1814 am Feldzug gegen Frankreich teil und fiel bei Epinal.
Bergstr¨asser, Johann Andreas (Benignus), P¨adagoge, Naturforscher, * 21. 12. 1732 Idstein, † 24. 12. 1812 Hanau. B., Sohn eines Ratschreibers, studierte seit 1751 in Jena und Halle Theologie und Philosophie; 1756-58 war er Lehrer am Waisenhaus in Halle. 1760 trat er das Amt des Rektors am evangelisch-lutherischen Gymnasium in Hanau an, wo er 1775 Prof. und sp¨ater Konsistorialrat wurde. B. erfand einen optischen Telegraphen (1784), um zwischen Leipzig und Hamburg eine Signalpost einf¨uhren zu k¨onnen (F¨unf Sendungen u¨ ber sein Problem einer Correspondenz in ab- und unabsehbaren Weiten oder u¨ ber Synthematographik, 1785). Er verfaßte p¨adagogische und entomologische Schriften, darunter Real-W¨orterbuch u¨ ber die classischen Schriftsteller (7 Bde., 1772-81) und Nomenclatur und Beschreibung der Insekten in der Grafschaft Hanau-M¨unzenberg (3 Bde., 1777-79). C ADB
Bergstr¨aßer, Ludwig, Historiker, Politiker, * 23. 2. 1883 Altkirch (Elsaß), † 23. 3. 1960 Darmstadt. Das Geschichtsstudium in Heidelberg, M¨unchen, Leipzig und Paris schloß B., Sohn eines Amtsgerichtsrats, 1906 mit der Promotion in Heidelberg ab (Christian Friedrich Pfeffels politische T¨atigkeit im franz¨osischen Dienste 1758-1784). Seit 1910 Privatdozent, wurde er 1916 Prof. der neueren Geschichte in Greifswald, wechselte 1919 an die TU Berlin und war er seit 1920 in der Forschungsabteilung des Reichsarchivs t¨atig. 1924-28 war er f¨ur die Deutsche Demokratische Partei Mitglied des Reichstags, trat sp¨ater der SPD bei und nahm 1928 eine a. o. Professur in Frankfurt / Main an. 1933 aus politischen Gr¨unden entlassen, hielt er sich 1934-45 in Darmstadt auf, wo er seit 1935 mit ausl¨andischen Emigrantengruppen in Verbindung stand. 1945-49 war B. Regierungspr¨asident in Darmstadt, 1946-49 Mitglied des hessischen Landtags und 1949-53 Mitglied des Bundestags, außerdem Mitglied des Parlamentarischen Rates und Vorsitzender des Verfassungsausschusses und Honorarprofessor
der Politik in Frankfurt / Main. Er schrieb u. a. Geschichte der politischen Parteien in Deutschland (71952). C MdB
Bergstr¨aßer, Nikolaus, evang. Theologe, * 28. 1. 1810, † 27. 1. 1845. B. studierte Theologie in Leipzig, wurde 1833 promoviert und war 1834 Hauslehrer in Grimma. 1835 wurde er Pfarrer in Strauch, 1839 an der Landesgef¨angnisanstalt Hubertus¨ burg. Er verfaßte u. a. Uber die s¨achsischen Strafanstalten, namentlich zu Hubertusburg, mit besonderer R¨ucksicht auf das amerikanische P¨onitenziarsystem (1844). Bergt, (Christian Gottlob) August, Organist, Komponist, * 17. 6. 1772 Oederan bei Freiberg, † 10. 2. 1837 Bautzen. B. studierte 1791-94 in Leipzig, war anschließend Hauslehrer, bis er 1802 eine Stelle als Organist an der Hauptkirche in Bautzen antrat und sp¨ater auch Musiklehrer am dortigen Seminar wurde. Neben Kirchenmusik komponierte er Instrumentalst¨ucke und zahlreiche Operetten. C MGG
Bergt, Walther (Adolf), Mineraloge, * 16. 6. 1864 Burgst¨adt (Sachsen), † 28. 2. 1941 Leipzig. Das Studium der Naturwissenschaften in Leipzig und Heidelberg schloß B. 1888 mit der Promotion (Beitrag zur Petrographie der Sierra Nevada des Santa Marta und der Sierra de Perij´a in S¨ud-Amerika) und dem Staatsexamen 1890 ab. 1891 wurde er Lehrer am Vitzthumschen Gymnasium in Dresden, 1892 Assistent am Mineralogisch-Geologischen Museum und habilitierte sich 1895 f¨ur Mineralogie und Geologie an der TH Dresden. Dort 1899 zum a. o. Prof. ernannt, ging B. 1906 als Direktor des Museums f¨ur L¨anderkunde nach Leipzig, wo er seit 1911 Privatdozent der Mineralogie und Petrographie der Universit¨at war. Zu seinen Publikationen geh¨oren Die a¨ lteren Massengesteine, krystallinen Schiefer und Sedimente in Republik Colombia (1899). C Reichshandbuch
Bergwitz, Karl (Friedrich August), Physiker, * 7. 11. 1875 Wolfenb¨uttel, † 14. 11. 1958 Braunschweig. B. studierte seit in Berlin, G¨ottingen und Rostock, wurde dort 1899 mit der Dissertation Das doppelt angewandte Kerr’sche Ph¨anomen als Hilfsmittel f¨ur die Vergleichung von Kapacit¨aten und Selbstinduktionen promoviert und war dann Assistent an der TH Darmstadt. 1910 habilitierte er sich an der TH Braunschweig mit der Arbeit Die G-Strahlung des Erdk¨orpers und ihr Anteil an der spontanen Ionisierung der Atmosph¨are und war dort 1915-46 a. o. Prof. der Physik und gleichzeitig bis 1945 Oberstudiendirektor am Staatlichen Reform-Realgymnasium. 1916 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. B.s besonderes Interesse galt der atmosph¨arischen Elektrizit¨at und der Radioaktivit¨at. Er verfaßte zahlreiche Aufs¨atze f¨ur Fachzeitschriften und war Mitautor von Feststellungen zur Geschichte und Erforschung der kosmischen Strahlung (1928).
Bering, Friedrich, Dermatologe, * 2. 2. 1878 Fr¨ondenberg (Westfalen), † 10. 6. 1950 K¨oln. Nach dem Medizinstudium in T¨ubingen, Bonn, Berlin, Marburg und Kiel wurde B., Sohn eines Arztes, 1903 promoviert (Supramalleolare L¨angsfracturen der Fibula). 1903-05 war er an der Universit¨ats-Haut-Poliklinik Kiel unter Ernst von → D¨uring t¨atig, bis 1906 an der Inneren Abteilung des St¨adtischen Krankenhauses in Dortmund. 1907 habilitierte er sich in Kiel (Die Verwendung von Lichtstrahlen in der Dermatologie, mit besonderer Ber¨ucksichtigung des Lupus vulgaris) und war kurzzeitig am Krankenhaus „Bergmannsheil“ in Bochum unter Carl L¨obker besch¨aftigt. Noch im selben Jahr trat B. als Privatdozent eine Stelle an der Hautklinik Kiel an, wo er 1912 Titularprofessor wurde und bis
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Bering zu seiner Berufung als Chefarzt der St¨adtischen Hautklinik Essen 1914 t¨atig war. Seit 1931 o. Prof. f¨ur Haut- und Geschlechtskrankheiten an der Univ. K¨oln, war er dort auch Dekan der Medizinischen Fakult¨at (1933-35), Direktor der Hautklinik und 1942-44 Rektor. Bis 1931 Mitglied der DVP, trat er 1933 in die NSDAP ein. Nach einem Nervenzusammenbruch verließ B. 1944 K¨oln. 1946 wurde B. entlassen, 1947 als „entlastet“ eingestuft und 1948 bis zur Emeritierung 1949 mit der vorl¨aufigen Wahrnehmung seines fr¨uheren Lehrstuhls beauftragt. C Reichshandbuch
Universit¨ats-Nervenklink, 1934 zum Prof. f¨ur Psychiatrie und Neurologie und Direktor der Psychiatrischen und Nervenklinik in Freiburg / Breisgau ernannt. W¨ahrend der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft versteckte B. Patienten in der Universit¨atsklinik, um sie vor der Ermordung im Rahmen des Euthanasieprogramms zu retten. Er war Mitherausgeber der Monatsschrift „Der Nervenarzt“. F¨ur Oswald → Bumkes Handbuch der Geisteskrankheiten (Bd. 4, Teil 5, 1932) verfaßte B. „Die Erblichkeit der Schizophrenie“ (S. 34-69).
Bering, Johannes, Philosoph, * 17. 12. 1748, † 3. 6. 1825
Beringer, Maternus, Kantor, Musiktheoretiker,
Marburg. Nach dem Studium in Marburg war B. Hauslehrer, dann Repetent der Stipendiaten, akademischer Lehrer der Philosophie und seit 1779 o. Prof. der Philosophie an der Univ. Marburg. 1789 wurde er zum Universit¨atsbibliothekar und 1815 zum Hofrat ernannt. A. besch¨aftigte sich vor allem mit der Philosophie → Kants und ver¨offentlichte u. a. Philosophischer Beweis f¨ur das Dasein Gottes (1780) und De regressu successivo (1785).
* 17. 3. 1580 Weißenburg, † nach 1632. B., Sohn eines Steinmetzen und Stadtmeisters, wurde 1600 Schuldiener in Weißenburg und u¨ bernahm 1601 das Kantorat. 1611 ging er als Diakon nach Pappenheim. Bis 1631 ist er in verschiedenen Pfarrstellen der Grafschaft Pappenheim nachweisbar. B.s Traktat aus dem Jahr 1610 ist eine u¨ berarbeitete und um ein Exempel-B¨uchlein erweiterte Neufassung der Musica von 1605; sie st¨utzt sich weitgehend auf Johann Magirus’ Artis musicae methodice legibus logicis informatae libri duo (1596). C MGG
Beringer, auch Bernger, Berengar, Benediktiner, Abt von Formbach (Vornbach), † 29. 10. 1108 Formbach. Zun¨achst M¨onch im Kloster M¨unsterschwarzach (W¨urzburg), wurde B. durch Graf → Ekbert II. zum Abt von Formbach berufen und im Dezember 1094 durch Bischof → Ulrich von Passau geweiht. Der als reformerisch gesinnt geltende B. legte besonderen Wert auf Askese und Armenhilfe. Er erlangte die libertas der freien Abtwahl f¨ur sein Kloster und begann mit dem Anlegen des Formbacher Traditionsbuchs. C LThK
Beringer, Franz, Jesuit, * 30. 5. 1838 Mainz, † 23. 1. 1909 Rom. B. studierte 1858-65 am Germanicum in Rom, war als Kaplan in Bingen und sp¨ater Sekret¨ar des Bischofs von → Ketteler in Mainz. Gleichzeitig war er dort Konrektor, seit 1868 Rektor des bisch¨oflichen Knabenseminars. Seit 1883 war B. wieder in Rom zun¨achst als Mitarbeiter, dann Nachfolger Joseph → Schneiders und seit 1888 als Konsultor der Ablaßkongregation. B. war Mitherausgeber eines Aristoteleskommentars von Silvester Maurus (1885 / 86) und ver¨offentlichte unter dem Titel Die Abl¨asse, ihr Wesen und Gebrauch (2 Bde., 1860) eine Fortsetzung und Neubearbeitung des Maurel-Schneiderschen Handbuchs der Abl¨asse.
Beringer, Johann Bartholom¨aus Adam, Mediziner, Pal¨aontologe, * um 1667, † 1738. B. war Leibarzt des F¨urstbischofs von W¨urzburg, Prof. an der W¨urzburger Univ. und als Pal¨aontologe t¨atig. Er verfaßte 1726 unter dem Titel Lithographia Wirceburgensis, ducentis lapidum figuratorum etc. imaginibus orn. specimen primum eine Abhandlung mit Abbildungen u¨ ber von ihm in der Gegend von W¨urzburg gesammelte Fossilien (engl. 1963). Es stellte sich jedoch heraus, daß ihm von seinen Studenten gef¨alschte Fossilien (sp¨ater auch Beringer’sche Figuren oder L¨ugensteine genannt) unterschoben worden sind. Ein Versuch, das Werk zu unterdr¨ucken, hatte wenig Erfolg.
Beringer, Kurt, Psychiater, Neurologe, * 24. 6. 1893
¨ Uhlingen / Schwarzwald, † 11. 8. 1949 Freiburg / Breisgau. Das Studium der Medizin in Heidelberg schloß B. 1919 mit der Promotion Die Sacralan¨asthesie ab, war seit 1920 Assistent in der Psychiatrischen und Neurologischen Klinik in Heidelberg und nahm an einer wissenschaftlichen Expedition in die Burjato-Mongolei teil. Mit seiner Habilitationsarbeit von 1927 Der Mescalinrausch. Seine Geschichte und Erscheinungsweise, die noch heute als Standardwerk gilt, wurde er zum Pionier der Drogenforschung. 1932 wurde B. zum a. o. Prof., 1933 zum Oberarzt an der M¨unchner
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Beringer, Oskar, Musiker, * 14. 7. 1844 Furtwangen (Baden), † 21. 2. 1922 London. B. studierte 1865-66 am Leipziger Konservatorium als Sch¨uler von Ignaz → Moscheles, dann in Berlin unter Carl → Tausig. Seit 1871 in London ans¨assig, gr¨undete er dort eine Akademie f¨ur Klavierspiel und war seit 1885 Klavierlehrer an der Royal Academy of Music. B. komponierte Lieder und Klavierwerke, u. a. ein „Concert-Allegro“ f¨ur Klavier und Orchester. Er schrieb 150 Years Experience of Pianoforte Teaching and Playing (1907). C MGG
Berke, Hubert, Maler, Bildhauer, * 22. 1. 1908 Buer (heute zu Gelsenkirchen), † 29. 11. 1979 K¨oln. B. studierte Kunstgeschichte und Philosophie, sp¨ater Kunst an der Akademie K¨onigsberg und als Sch¨uler Paul → Klees an der Akademie D¨usseldorf. 1948 ausgezeichnet mit dem Cornelius-Preis, geh¨orte er zu den K¨unstlern, die sich sowohl mit abstrakter als auch gegenst¨andlicher Kunst besch¨aftigten. B. war auch als Bildhauer und Illustrator t¨atig; er geh¨orte der ZEN-Gruppe und dem Deutschen K¨unstlerBund an. C AKL Berkefeld, Wilhelm, Erfinder, Industrieller, * 29. 5. 1836 L¨uneburg, † 8. 4. 1897 Celle. Zun¨achst Kaufmann in einer Papierfabrik, erwarb B., Sohn eines Kaufmanns, 1869 das Ausbeutungsrecht f¨ur die Kieselgurerde der L¨uneburger Heide. Nachdem ihm die Entwicklung einer W¨armeschutzmasse aus Kieselgur gelungen war, gr¨undete er 1879 eine Fabrik, von der auch Alfred Nobel durch Schl¨ammen gereinigte Gur zur Dynamitherstellung bezog. B.s Entdeckung, daß Kieselgurerde offensichtlich gut zur Filtrierung zu verwenden sei, f¨uhrte Jahre sp¨ater zur Entwicklung der sogenannten Berkefeld-Filterkerzen. Es folgten Berkefeld-Filter, -Apparate und -Zylinder. 1892 gr¨undete B. die Berkefeld-Filter-Fabrik in Celle. C Olpp Berkenkopf, Paul, Wirtschaftswissenschaftler, * 17. 9. 1891 Vlotho / Weser, † 15. 12. 1962 K¨oln. 1921-24 studierte B. Geschichte und Volkswirtschaft an den Universit¨aten M¨unster und Hamburg. Nach der Promotion 1924 war er seit 1925 Assistent am Seminar f¨ur National¨okonomie, von 1928 an Privatdozent an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakult¨at der Univ. Hamburg. 1933 folgte er einem Ruf als o. Prof. der Wirtschaftswissenschaft nach K¨onigsberg und ging 1934 in gleicher Eigenschaft an die Univ. M¨unster. Seit 1939 Prof. an der Univ. K¨oln, war er dort auch Direktor des Instituts f¨ur Verkehrswissenschaften der Universit¨at, sp¨ater Vorsitzender des Wissenschaftlichen
Berlage Beirats des Bundesverkehrsministeriums. B. war Herausgeber der Zeitschrift f¨ur Verkehrswissenschaft und verfaßte u. a. Die Auflockerung der Industriestandorte und der Anteil der Verkehrspolitik (1935).
Berkhan, Karl Wilhelm, Politiker, * 8. 4. 1915 Hamburg, † 8. 3. 1994 Hamburg. B. durchlief eine Maschinenschlosserlehre und war nach der Weiterbildung an der Technischen Lehranstalt Hamburg als Maschinenbauingenieur in der Industrie t¨atig. Nach dem Krieg arbeitete B. vor¨ubergehend als Kriminalbeamter; er war als Gewerbelehrer und nach einem p¨adagogischen Studium als Studienrat t¨atig. B., seit 1945 Mitglied der SPD, war 1953-57 Mitglied der Hamburger B¨urgerschaft und von 1957 an Bundestagsabgeordneter. 1969 wurde er Parlamentarischer Staatssekret¨ar im Verteidigungsministerium und war 1975-85 Wehrbeauftrater des Deutschen Bundestags. B. geh¨orte dem Fernsehrat beim Zweiten Deutschen Fernsehen an. C MdB Berkhan, Oswald, Psychiater, * 19. 3. 1834 Blankenburg / Harz, † 15. 2. 1917 Braunschweig. Nach dem Studium in G¨ottingen, W¨urzburg, Prag und Wien wurde B. 1856 in W¨urzburg promoviert und war 1858 / 59 Hilfsarzt an der Privat-Irrenanstalt von Adolf Albrecht Erlenmeyer in Bendorf bei Koblenz. 1861 ließ er sich als Arzt in Braunschweig nieder, wo er u. a. f¨unf Jahre als Arzt an der st¨adtischen Irrenanstalt war. B.s besonderes Interesse galt den Sprachst¨orungen. Er f¨uhrte 1881 die erste wissenschaftlich eingerichtete Hilfsschule f¨ur Schwachsinnige ein und initiierte 1883 Sprachheilkurse f¨ur Stotterer und Stammler an den Volksschulen in Braunschweig. Zu seinen Ver¨offentlichungen geh¨oren Beitr¨age zur Geschichte der Psychiatrie, Heft 1: Das Irrenwesen der Stadt Braunschweig in den ¨ fr¨uheren Jahrhunderten (1863), Uber St¨orungen der Sprache und Schriftsprache (1889) und Ueber den angeborenen und fr¨uh erworbenen Schwachsinn. F¨ur Aerzte und Lehrer dargestellt (1899, 21904). Berkmeyer, Heinrich, Bischof von Ratzeburg, * Hamburg, † 2. 10. 1524 L¨ubeck. Der aus einfachen Verh¨altnissen stammende B. war zun¨achst Domherr in Ratzeburg und wurde 1511 Bischof. In den als „Ablagerstreit“ bekanntgewordenen Auseinandersetzungen versuchte er, die Rechte des Stifts gegen Herzog → Magnus I. von Lauenburg, dessen Kanzler er gewesen war, zu behaupten, doch scheiterte er daran. Der sp¨atere ¨ Ubergang Ratzeburgs an das Herzogtum MecklenburgSchwerin war eine Folge dieser Niederlage. B., der vergeblich um kaiserlichen Schutz geworben hatte, lebte jahrelang mit dem Kapitel als Fl¨uchtling in Bremen und Celle. C Gatz 2
Berkowitz, Michael, auch M. Berkowicz, j¨udischer Theologe, Schriftsteller, * 3. 2. 1865 Boryslaw (Galizien), † 19. 7. 1935 Stschiki (Schlesien). B. studierte in Wien semitische Sprachen und besuchte seit 1893 das dortige Rabbinerseminar. Von 1894 an Sekret¨ar des Verbandes Zion, u¨ bersetzte er Theodor → Herzls Werk Der Judenstaat (1896) ins Hebr¨aische (Medinat ha-Jejudim, 1896), wurde dessen Sekret¨ar sowie des Exekutivkomitees. B. war Redakteur der von Herzl 1898 gegr¨undeten Wochenzeitung „Der Jud“ in Krakau, sp¨ater der „Welt“. Seit 1903 wieder in Wien ans¨assig, wurde er dort 1906 promoviert, war dann Mitarbeiter an den Monumenta Judaica und seit 1912 Religionsprofessor am Gymnasium in Bielitz (Schlesien). B. verfaßte das Werk Der Strophenbau in den Psalmen (1910).
Berl, Ernst, Chemiker, * 7. 7. 1877 Freudenthal (Schlesien), † 16. 2. 1946 Pittsburgh. Sein Chemiestudium absolvierte B. 1894-1901 an den Technischen Hochschulen Wien und Z¨urich. 1901 wurde
er mit der Arbeit Untersuchungen u¨ ber KobaltammoniakVerbindungen promoviert, war Assistent und seit 1904 Privatdozent. 1910-14 arbeitete er als Chefchemiker an einer Kunstseidefabrik in Tubize (Belgien). 1914-18 leitender Chemiker am k. k. Kriegsministerium Wien, war er seit 1919 o. Prof. der Technischen Chemie und Elektrochemie und Direktor des Chemisch-Technischen Instituts an der TH Darmstadt. 1933 entlassen, emigrierte er noch im selben Jahr in die USA und war bis 1944 als Prof. am Carnegie Institute of Technology in Pittsburgh t¨atig. B.s Forschungen betrafen vor allem den Bleikammerprozeß, die Stickoxyd-Oxydation, die Chemie der Cellulose und die Adsorptionstechnik. Er war u. a. Herausgeber und Mitautor der Chemisch-technischen Untersuchungsmethoden (5 Bde., 1931-38, 8. Aufl.). C BHdE, Bd 2
Berl, Heinr