Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand: Rahmenbedingungen, Erfolgsfaktoren, Umsetzung [1. Aufl.] 9783658301712, 9783658301729

M&A-Transaktionen sind deutlich komplexere Vorgänge als der bloße Kauf und Verkauf von Gütern - da können KMU schnel

386 124 6MB

German Pages IX, 149 [152] Year 2020

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Table of contents :
Front Matter ....Pages I-IX
Einleitung (Daniel Graewe)....Pages 1-2
Volkswirtschaftlicher Hintergrund (Hicham El Bakbachi, Thomas Knie, Sebastian Oliver Ziesel)....Pages 3-27
Zielunternehmen als Portfolio (Marion Schmidt, Thomas Knie)....Pages 29-47
Regulatorische Analyse (Matthias J. Annweiler)....Pages 49-64
Kulturelle Analyse (Anne Grohs, Mona Stechmann)....Pages 65-83
Ablauf von Unternehmensübernahmen (Florian Eutert, Kevin Royla, Michael Rüller, Stefan Staegemann)....Pages 85-109
Deutsch-chinesische Transaktionen (Florian Eutert, Philipp Lührs, Finn Vorburg)....Pages 111-129
Fallstudien (Ann-Kristin Thoms)....Pages 131-138
Leitfaden für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit chinesischem Geschäftspartner im M&A Geschäft (Philipp Waldenmeier, Batur Yar)....Pages 139-148
Back Matter ....Pages 149-149
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Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand: Rahmenbedingungen, Erfolgsfaktoren, Umsetzung [1. Aufl.]
 9783658301712, 9783658301729

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Daniel Graewe Hrsg.

Deutschchinesische M&A Transaktionen im Mittelstand Rahmenbedingungen, Erfolgsfaktoren, Umsetzung

Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand

Daniel Graewe (Hrsg.)

Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand Rahmenbedingungen, Erfolgsfaktoren, Umsetzung

Hrsg. Daniel Graewe Hamburg, Deutschland

ISBN 978-3-658-30171-2 ISBN 978-3-658-30172-9  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-30172-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Vivien Bender Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Geleitwort

China ist seit Mitte der 2010er Jahre Deutschlands wichtigster Handelspartner. Das deutsche Handelsvolumen mit der Volksrepublik erreichte im Jahr 2019 insgesamt 206 Mrd. Euro und damit fünfzehn Milliarden Euro mehr als mit den Niederlanden und den USA. Nicht nur als Absatzmarkt, sondern ebenso als Lieferant von Vorleistungen, Zwischenprodukten und Konsumgütern spielt China eine dominante Rolle für die deutsche Wirtschaft. Aber eigentlich liefert der Blick auf Handelsbilanzen eine Perspektive der Vergangenheit. Im Zeitalter von Globalisierung und Digitalisierung, Dienstleistungs- und Datenökonomie werden andere Verflechtungen wichtiger als der Warenhandel. Dazu gehören grenzüberschreitende Unternehmensbeteiligungen, Betriebsübernahmen und Fusionen. Mergers & Acquisitions sind die finanziellen Verbindungen jenseits der Güterproduktion, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts Volkswirtschaften enger als jemals zuvor miteinander vernetzen. M&A sind jedoch deutlich komplexere Transaktionen als Kauf und Verkauf von Gütern. Da betritt der Mittelstand dann doch recht schnell unbekanntes Terrain – ganz besonders, wenn es sich um vielschichtige Aktivitäten mit Akteuren aus völlig anderen Rechtskulturen handelt, wie beispielsweise bei chinesischen Unternehmensübernahmen in Deutschland. Entsprechend groß ist der Wissensbedarf in der ökonomischen Praxis. Genau hier setzt Professor Daniel Graewe an mit seinem sorgsam editierten Leitfaden „Deutsch-Chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand – Rahmenbedingungen, Erfolgsfaktoren, Umsetzung“. In allgemeinverständlicher Sprache und gut veranschaulicht mit konkreten Fallstudien werden in den nachfolgenden neun Kapiteln die Erfolgsfaktoren (in den verschiedenen Phasen des M&A-Prozesses) genauso wie mögliche Stolperfallen erläutert, die bei deutsch-chinesischen Unternehmensbeteiligungen zu beachten sind. Dabei reicht die Spannweite der behandelten Aspekte weit über das Juristische oder Ökonomische hinaus. Gerade der kulturellen Analyse wird ausgiebig Platz eingeräumt. Und neben den Aktivitäten chinesischer Investoren in Deutschland werden genauso die Chancen aber auch Schwierigkeiten des deutschen Mittelstands bei einer Expansion in die Volksrepublik China kompetent analysiert. V

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Geleitwort

Mit dem Leitfaden für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit chinesischem Geschäftspartner im M&A Geschäft liefert Daniel Graewe ein gut lesbares, klar strukturiertes und klug formuliertes Handbuch, das für den deutschen Mittelstand zur Pflichtlektüre wird, wenn er mit und in China erfolgreiche Geschäfte jenseits des Warenhandels machen will. Thomas Straubhaar

Vorwort

Deutschland und China, zwei globale wirtschaftliche Schwergewichte, die trotz aller historischen und aktuellen Herausforderungen in ihren Beziehungen in besonderer Weise genauso aufeinander angewiesen wie unterschiedlich sind. Diese Ambivalenz zeigt sich insbesondere bei chinesischen Unternehmensübernahmen in Deutschland. Hier treffen unterschiedliche Rechtsverständnisse, Governance-Vorstellungen und kulturelle Verhaltensweisen aufeinander. Wie schwierig zu managen eine M&A-Transaktion unter diesen komplexen Rahmenbedingungen ist, zeigt insbesondere die hohe Quote an gescheiterten Übernahmeversuchen; staatliche Interventionen, mediale Verurteilungen, Sprach- und Kulturbarrieren treten zu den schon normalerweise bestehenden Herausforderungen wie Finanzierung, Vertragsverhandlung und Integration. Weiter verschärft wird das Problem im Bereich der KMU, die über nur wenig Erfahrung und Struktur im Bereich von Unternehmensübernahmen, noch dazu im internationalen Rahmen verfügen. In diese Problembereiche versuchen die Autoren dieses Werkes praxisnah im Rahmen verschiedener Master-Projekte an der NORDAKADEMIE Hochschule der Wirtschaft vorzudringen. Dieses Buch ist eines von mehreren Werken, die im Rahmen des Forschungsprojekts „Deutschland und China: Investitionsbeziehungen unter komplexen Rahmenbedingungen“ am Institut für angewandtes Wirtschaftsrecht an der NORDAKADEMIE Hochschule der Wirtschaft entstanden ist. Das Projekt wurde maßgeblich gefördert von der gemeinnützigen NORDAKADEMIE Stiftung, ohne deren Engagement das Projekt nicht hätte durchgeführt werden können und der unser besonderer Dank gilt. Ebenso zu Dank verpflichtet sind wir Johanna Tensi, der verantwortlichen wissenschaftlichen Projektmanagerin. Ihre stetige Unterstützung und Ihr Blick für Details haben dieses Werk erst möglich gemacht. Hamburg im März 2020

Der Herausgeber Daniel Graewe

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Daniel Graewe 2 Volkswirtschaftlicher Hintergrund. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Hicham El Bakbachi, Thomas Knie und Sebastian Oliver Ziesel 3 Zielunternehmen als Portfolio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Marion Schmidt und Thomas Knie 4 Regulatorische Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Matthias J. Annweiler 5 Kulturelle Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Anne Grohs und Mona Stechmann 6 Ablauf von Unternehmensübernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Florian Eutert, Kevin Royla, Michael Rüller und Stefan Staegemann 7 Deutsch-chinesische Transaktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Florian Eutert, Philipp Lührs und Finn Vorburg 8 Fallstudien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Ann-Kristin Thoms 9 Leitfaden für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit chinesischem Geschäftspartner im M&A Geschäft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Philipp Waldenmeier und Batur Yar Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

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Einleitung Daniel Graewe

Im April 2013 stellte die deutsche Bundesregierung die Strategie „Industrie 4.0“ vor. Diese hat zum einen das Ziel die deutsche Industrie für die Zukunft zu rüsten und widmet sich zum anderen einer Reihe globaler Entwicklungsfragen. Zwei Jahre später stellte die Regierung der Volksrepublik China den strategischen Plan Made in China 2025 vor. Im Mittelpunkt dieser Strategie steht vor allem die Weiterentwicklung der heimischen Industrie, um diese international unabhängiger und konkurrenzfähiger zu machen. Obgleich diese beiden Strategien unterschiedliche Namen tragen und in ihrem Inhalt nicht deckungsgleich sind, so stellen sie doch einen Indikator für den ehrgeizigen Anspruch beider Länder dar, eine globale Vorreiterrolle mit Schwerpunkten in Weiterentwicklung der Fertigungsindustrie und der Stärkung der eigenen Wirtschaft einzunehmen (Shubin und Zhi 2016, S. 92). Besonders interessant aus deutscher Sicht ist in diesem Zusammenhang die Investitionsstrategie chinesischer Unternehmen in Europa und vor allem in Deutschland. China hat in den letzten rund fünfzehn Jahren etwa 385 Mrd. US$ (knapp 20 % der gesamten Investitionssumme) in europäische Staaten investiert. Damit ist Europa Spitzenreiter unter den Regionen der Welt (American Enterprise Institute und The Heritage Foundation 2019c). Innerhalb Europas ist Deutschland aktuell das Land, in welches das meiste chinesische Kapital fließt. Insofern erklärt es sich auch, dass von den 46,55 Mrd. US$, die im Jahr 2018 von China in Europa investiert wurden, mit 12,75 Mrd. US$ gute 27 % in die Bundesrepublik geflossen sind (American Enterprise Institute und The Heritage Foundation 2019b).

D. Graewe (*)  Hamburg, Deutschland E-Mail: [email protected] © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Graewe (Hrsg.), Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30172-9_1

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D. Graewe

Angesichts dieser Entwicklung und dem Umstand, dass der Kapitalfluss vor allem den Technologiesektor betrifft (American Enterprise Institute und The Heritage Foundation 2019a), steht der Aufgeschlossenheit über die Investitionen in hiesige Unternehmen die Sorge vor dem Ausverkauf des Know-hows in wichtigen Schlüsselindustrien der deutschen Wirtschaft gegenüber.

Literatur American Enterprise Institute & The Heritage Foundation (Statista, Hrsg.). (2019a). Höhe der Direktinvestitionen (FDI) von China in Europa aufgeschlüsselt nach Branchenanteilen im Jahr 2018 (in Milliarden US-Dollar), Statista GmbH. https://de.statista.com/statistik/daten/ studie/888652/umfrage/chinesische-direktinvestitionen-in-europa-nach-branchen-in-2018/. Zugegriffen: 14. Nov. 2019. American Enterprise Institute & The Heritage Foundation (Statista, Hrsg.). (2019b). Höhe der Direktinvestitionen (FDI) von China in Europa aufgeschlüsselt nach Staaten im Jahr 2018 (in Milliarden US-Dollar), Statista GmbH. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/888124/ umfrage/chinesische-direktinvestitionen-in-europa-nach-staaten-in-2018/. Zugegriffen: 14. Nov. 2019. American Enterprise Institute & The Heritage Foundation (Statista, Hrsg.). (2019c). Höhe der Direktinvestitionen (FDI) von China weltweit nach Regionen von Januar 2005 bis Juni 2019** (in Milliarden US-Dollar), Statista GmbH. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/459264/ umfrage/direktinvestitionen-fdi-von-china-weltweit-nach-regionen/. Zugegriffen: 14. Nov. 2019. Shubin, T., & Zhi, P. (2016). „Made in China 2025“ und „Industrie 4.0“ – Gemeinsam in Bewegung. In U. Sendler (Hrsg.), Industrie 4.0 grenzenlos (Xpert.press, S. 91–118). Berlin: Springer Vieweg.

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Volkswirtschaftlicher Hintergrund Hicham El Bakbachi, Thomas Knie und Sebastian Oliver Ziesel

2.1 Internationalisierung der chinesischen Wirtschaft als Teil der politischen Neuausrichtung Neben der Xinhai-Revolution im Jahr 1911, die zur Abdankung des letzten chinesischen Kaisers führte, und der kommunistischen Revolution im Jahr 1949 wird die Tagung des dritten Plenums des elften Zentralkomitees der kommunistischen Partei im Jahr 1978 als dritter Wendepunkt der chinesischen Geschichte des 20. Jahrhunderts bezeichnet (Wang und Wong 1999, S. 1). Auf dieser Tagung wurde offiziell der Wandel von Maos Klassenkampf zur wirtschaftlichen Öffnung und marktwirtschaftlichen Reformation beschlossen. Als Initiator dieser Politik galt Deng Xiaoping (Franz 2008). Mit seiner Öffnungspolitik gen Westen verfolgte er die Zielsetzung, das durch Planwirtschaft und Klassenkampf geschwächte China zu modernisieren und eine geordnete wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben (Spross 2018). Die Bezeichnung „kranker Mann des Ostens“ war nach dem Jahrzehnt der Kulturevolution von 1966–1976 zu einer gängigen Bezeichnung für China geworden (Franz 2008). Die wirtschaftliche Reformation begann zunächst mit einer Entkollektivierung der Landwirtschaft in ländlichen Gebieten, um eine stabile Grundlage für die kommenden

H. E. Bakbachi  Ratingen, Deutschland T. Knie  Hamburg, Deutschland S. O. Ziesel (*)  Laupheim, Deutschland © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Graewe (Hrsg.), Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30172-9_2

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industriellen Reformen zu schaffen (Wang und Wong 1999, S. 2). Die Bauern arbeiteten zuvor in Zwangsgemeinschaften unter Führung lokaler Parteikader. Festgelegte Anbauplätze und fixierte Preise lieferten kaum Anreize, um produktiver und effizienter zu arbeiten. Erst mit einer Übertragung der Produktionsverantwortlichkeit auf den Produzenten und der Möglichkeit über die Mindestproduktionsvorgabe produzierte Güter auf freien Märkten zu nicht fixierten Preisen zu verkaufen, führten zu einem Leistungsanreiz und zu einer Verbesserung des Wohlstands (Seitz 2006, S. 236–237). Gleiches wurde danach auch bei den Dorf- und Gemeinschaftsunternehmen durchgeführt. Produktionsbestimmungen wurden überwiegend abgeschafft und Gewinne durften größtenteils vereinnahmt werden (Seitz 2006, S. 242–244). Der Reformationsprozess war dabei geprägt von staatlicher Dezentralisierung. Die Reformen sollten zunächst auf lokaler Ebene erprobt werden, bevor sie im Erfolgsfall national eingeführt werden sollten (Gründer 2010, S. 25). Neben der Einführung marktwirtschaftlicher Komponenten war auch die außenwirtschaftliche Öffnung Chinas ein wichtiger Bestandteil Deng Xiaopings Politik. China sollte in die Weltwirtschaft integriert werden, da eine schnelle und erfolgreiche Modernisierung nur mit Exporteinnahmen, ausländischem Kapital und Technologien möglich sei (Seitz 2006, S. 257). So wurde im Jahr 1979 den Provinzen Guangdong und Fujian erlaubt, erste Handelsaktivitäten mit – dem damals noch zum britischen Empire gehörenden – Hong Kong aufzunehmen. Damit die großen Risiken der außenwirtschaftlichen Öffnung begrenzt werden konnten, wurden vier sog. Sonderwirtschaftszonen als Versuchsfelder in diesen zwei Provinzen gegründet. Mit der Zeit kamen immer weitere Sonderwirtschaftszonen hinzu mit dem Ziel, Exporte zu fördern. Innerhalb dieser geografisch abgegrenzten Gebiete gelten andere Wirtschafts- und Steuergesetzgebungen als im Rest des Landes. Unternehmen innerhalb dieser Bereiche genossen dabei einige Vorteile. Vorprodukte durften beispielsweise zollfrei importiert werden und Produkte, die zum Export hergestellt wurden, steuerfrei wieder ausgeführt werden (Cho 2005, S. 139). Die wirtschaftliche Reformation in den weiteren Jahren war geprägt von einer schrittweisen Einführung marktwirtschaftlicher Komponenten, um insbesondere auch Gegner des Reformprozesses mitzunehmen. Dies führte dazu, dass Reformen erst eingeführt und später teilweise wieder korrigiert oder zurückgenommen wurden. Es entstand eine Gemengelage, in der sich marktwirtschaftliche und sozialistische Elemente ergänzten, überschnitten und auch immer wieder ersetzten (Gründer 2010, S. 25). Insofern kann auch von einer sozialistischen Marktwirtschaft gesprochen werden (Sennewald o. D.), deren Aufbau auf dem 14. Parteitag der kommunistischen Partei im Jahr 1992 als wirtschaftspolitisches Ziel festgelegt wurde. Mit dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2001 und in der daraus folgenden theoretisch vollständigen wirtschaftlichen Öffnung, setzte die Volksrepublik ihren wirtschaftlichen Reformationsprozess fort. Doch die zunehmende

2  Volkswirtschaftlicher Hintergrund

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Abb. 2.1  Internationalisierung der chinesischen Wirtschaft als Ergebnis der politischen Neuausrichtung. (Eigene Darstellung)

Integration in die Weltwirtschaft führte zu einer stärkeren Abhängigkeit von Entwicklungen außerhalb Chinas, was insbesondere in der Finanzkrise ab dem Jahr 2009 sichtbar wurde. Chinas wichtigste Absatzmärkte waren nun von einer Wirtschaftskrise betroffen, was zu einem deutlichen Einbruch in der chinesischen Exportindustrie führte. Die chinesische Regierung legte ein milliardenschweres Investitionsprogramm auf, um dem Einbruch entgegen zu wirken (Kerwer und Röming 2018, S. 75). Dieses Investitionsprogramm gilt noch bis heute, allerdings mit einer veränderten Zielsetzung. Nunmehr soll die rasante wirtschaftliche Entwicklung auf das ganze Land ausgedehnt, die Lebensbedingungen der Chinesen verbessert und der Wohlstand Chinas weiter vergrößert werden. Doch damit eine solche wirtschaftliche Entwicklung nicht nur möglich, sondern auch nachhaltig wurde, benötigte China sowohl eine stabile Versorgung mit Rohstoffen als auch eine weltweite Infrastruktur in die globalen Import- und Exportmärkte (Dorloff 2018). Im Jahr 2013 rief das chinesische Staatsoberhaupt Xi Jinping daher den Infrastrukturplan der „Neuen Seidenstraße“ aus. Daneben hat China einen weiteren strategischen Schwerpunkt gesetzt – Made in China 2025. China möchte nicht mehr länger als „Werkbank“ der Welt dienen, was primär mit Niedriglöhnen und Umweltverschmutzung einhergeht. Es möchte zu den großen Industrienationen des Westens aufschließen – wenn nicht sogar diese überholen. Hierbei hat die chinesische Regierung zehn Branchen ausgewählt, in denen sie zum Technologieführer werden möchte. Automatisierung, Smart Factory, künstliche Intelligenz und „Industrie 4.0“ sind dabei die zentralen Schlagworte, um die mangelnde Produktivität in den chinesischen Unternehmen zu beseitigen, Umweltzerstörung zu reduzieren und eine neue gebildete Mittelschicht zu etablieren (Lee 2019).

2.1.1 Neue Seidenstraße Im Jahr 2013 hat der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping seine Pläne bezüglich einer „Neuen Seidenstraße“ erstmals vorgestellt, um das ehemalige mächtige Welt- und Kaiserreich wieder auf die Weltbühne zurückzubringen. 900 Mrd. US-Dollar sollen dabei in ein neues Handelsnetzwerk zwischen Afrika, Europa und Asien investiert werden (Dorloff 2018). Das Hauptziel der chinesischen Regierung ist es, den Warenverkehr zu

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H. E. Bakbachi et al.

Abb. 2.2   Geplante Land- und Wasserwege des Projekts „Neue Seidenstraße“. (Eder und Scherer 2019)

den Absatz- und Rohstoffmärkten deutlich zu beschleunigen und zu vereinfachen, die Rohstoffversorgung der chinesischen Wirtschaft sicherzustellen, sowie den politischen und militärischen Einfluss in der Welt zu erhöhen (Dorloff 2018). Neben dem Landweg entlang der historischen Handelsrouten soll auch eine maritime „Seidenstraße“ von der chinesischen Ostküste über den indischen Ozean nach Afrika mit dem Endziel Europa errichtet werden, wie in Abb. 2.2 dargestellt. Viele Staaten entlang der „Neuen Seidenstraße“ sind jedoch nicht in der Lage solche großen Investitionen in die Infrastruktur zu tätigen. China bietet diesen Anrainern daher entsprechende Kredite an – was allerdings gleichzeitig ein hohes Verschuldungsrisiko für diese Länder darstellt und den chinesischen Einfluss weiter vergrößern dürfte (Hurley et al. 2018).

2.1.2 Made in China 2025 Im Jahr 2015 wurde vom amtierenden Ministerpräsidenten Li Keqiang ein weiteres strategisches Vorhaben vorgestellt – Made in China 2025. Vorlage dafür war das strategische Konzept der deutschen Bundesregierung „Industrie 4.0“. Dieses Programm zielt darauf ab, die deutsche Industrie für die Produktion der Zukunft fit zu machen. Eine hohe Individualisierung der Produkte geht einher mit einer starken Flexibilisierung der Produktion. Die Kunden sind dabei eng in die Wertschöpfung und die Prozesse der Hersteller eingebunden. Durch intelligente Monitoringund Entscheidungsprozesse sollen ganze Wertschöpfungsprozesse in Echtzeit gesteuert und optimiert werden (Bundesministerium für Bildung und Forschung o. D.).

2  Volkswirtschaftlicher Hintergrund

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Ähnliche Ziele verfolgt hierbei auch China mit seinem Programm Made in China 2025. Hier liegt die Schwerpunktsetzung jedoch ein wenig anders. Die in China entwickelten und produzierten Hauptbestandteile eines Produkts sollen im Jahre 2020 auf 40 % und im Jahre 2025 auf 70 % erhöht werden. Anders ausgedrückt ist Made in China 2025 ein Fahrplan für die chinesische Wirtschaft, um die einheimischen Entwicklungen in bestimmten Schlüsselindustrien zu fördern. Sie soll dabei Chinas Kompetenz in der Hightech-Industrie stärken und eine höhere Wertschöpfung bei den produzierten Gütern des Landes ermöglichen (Goldkorn et al. 2018). In Abb. 2.3 sind die zehn Schlüsseltechnologien dargestellt, die China identifiziert hat und die maßgeblich gefördert und entwickelt werden sollen. China möchte nicht mehr länger Massenprodukte mit günstigen Arbeitskräften herstellen und damit Gefahr laufen, in die „Middle Income-Falle“ zu tappen (Goldkorn et al. 2018): Viele Länder, darunter auch viele asiatische Staaten, haben es nicht geschafft, von einem durch günstige Arbeitskräfte getriebenen Wachstum zu einem Wachstum aufgrund höherer Produktivität zu gelangen. Bei steigenden Löhnen sind die Hersteller im Laufe der Zeit oftmals nicht mehr in der Lage, auf den Exportmärkten mit günstigeren Produzenten, Beispielsweise in Afrika, zu konkurrieren. Gleichzeitig können diese Hersteller qualitativ aber auch nicht das leisten, was den Industrieländern der sog. „ersten Welt“ möglich ist (o. V. 2011). Wie auch schon beim deutschen Konzept der „Industrie 4.0“ soll die Produktion in der chinesischen Industrie daher zukünftig automatisiert und digitalisiert ablaufen, um auf der einen Seite die inländische Nachfrage decken zu können und auf der anderen Seite die Konkurrenzfähigkeit auf den internationalen Märkten spürbar zu erhöhen.

Abb. 2.3   Zehn Schlüsseltechnologien des Programms Made in China 2025. (Cyrill 2018)

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H. E. Bakbachi et al.

Um diesem Ziel näher zu kommen, hat die chinesische Regierung einige Maßnahmen auf den Weg gebracht, so auch die sog. „Supply-Side Structural Reform“. Diese zielt darauf ab, eine umweltfreundliche Hightech-Produktion zu fördern (Lee 2019).

Abb. 2.4  Hintergründe der chinesichen M&A Strategie. (Eigene Darstellung)

Abb. 2.5   Chinesische Direktinvestitionen in der EU von 2010–2018. (merics 2019, o.S.)

2  Volkswirtschaftlicher Hintergrund

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Parallel zu diesen politischen Maßnahmen erhöhen die chinesischen Unternehmen auch deutlich ihre ausländischen Direktinvestitionen, insbesondere in den USA und in Europa, um den Technologierückstand zu minimieren. Chinesische Direktinvestitionen in den Jahren 2015 bis 2017 liegen daher deutlich über den Investitionssummen vorheriger Jahre, was zum größten Teil dem Made in China 2025-Programm zuzuschreiben ist. Wie in Abb. 2.5 zu erkennen ist, erreichten die die Direktinvestitionen im Jahr 2018 wieder das Niveau aus dem Jahr 2015, was auf höhere Kapitalkontrollen und einer Verknappung von Liquidität in China zurückzuführen ist (merics 2019). Daneben spielten aber auch zusätzliche rechtliche Regularien bezüglich der Überprüfung von chinesischen Auslandsinvestitionen auf Sicherheitsrisiken in den unterschiedlichen Empfängerländern eine wichtige Rolle. Teilweise wurden hierdurch Investitionen verzögert oder gar verhindert (merics 2019).

2.2 Wirtschaftliche Faktoren für chinesische Investitionen in Deutschland Meistens verfolgen chinesische Investoren mit ihren Investitionen in deutsche Unternehmen im Wesentlichen die folgenden drei Ziele: Erstens möchten sie Zugang zum deutschen und dadurch indirekt zum europäischen Markt erlangen (Interview mit Cora Jungbluth, 18.10.2016, 0:28). Zudem ist seit der Brexit-Entscheidung im Juni 2016 eine Verlagerung weiterer Investitionen aus Großbritannien nach Deutschland wegen des Bedürfnisses des Zugangs zum europäischen Binnenmarkt wahrscheinlich (Welfens et al. 2017, S. 5). Zweitens möchten chinesische Investoren Produkte Made in Germany anbieten können, um auf diese Weise eine Art Qualitätssiegel zu erlangen (Interview mit Cora Jungbluth, 18.10.2016, 0:39). Drittens, und das ist die Hauptintention, hilft der Zugang zu Schlüsseltechnologien die internen Forschungs- und Entwicklungsprozesse zu beschleunigen (Interview mit Cora Jungbluth, 18.10.2016, 0:51). Dabei spielt Chinas Politik eine unterstützende Rolle: Um das politische Ziel der Weltmarktführerschaft in den Bereichen Medizintechnik, Robotik und energiesparender Fahrzeuge bis 2049 zu forcieren, unterstützt die chinesische Regierung Beispielsweise mit Hilfe von Staatsfonds die mit Know-how-Transfer verbundenen Direktinvestitionen im Ausland (Dreger et al. 2017, S. 265). Dies ist insofern problematisch, da zum einen der gewissermaßen unfreiwillige Technologietransfer den hierzulande wohlstandsgenerierenden Wettbewerbsvorteil verringert (Matthes 2017, S. 4). Zum anderen wird die indirekte Einmischung der chinesischen Regierung als Wettbewerbsverzerrung wahrgenommen (Matthes 2017, S. 4). Doch chinesische Investitionen in deutsche Unternehmen werden nicht nur negativ gesehen: Ein Vorteil der Investitionen liegt in der Erhöhung des Kapitalstocks, die wiederum das Wachstumspotenzial stärkt, u. a. dadurch, dass deutsche Unternehmen

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H. E. Bakbachi et al.

durch Zuflüsse von Investitionsmitteln mehr Ressourcen für Forschungs- und Entwicklungsarbeit aufwenden können (Matthes 2017, S. 4 f.). Auch könnte der Mittelzufluss u. U. in einer Ausweitung des Humankapitals resultieren, die zur gesteigerten Produktivität des Zielunternehmens führen kann. Zudem ist ein spill-over-Effekt auf die Zulieferer des übernommenen Unternehmens durchaus denkbar (Matthes 2017, S. 5). Ein weiterer Vorteil besteht im verbesserten Zugang zum chinesischen Heimatmarkt, durch den das Ausmaß an Exporten vergrößert werden kann (Welfens 2017, S. 11).

2.2.1 Markteintrittsformen Als Markteintrittsformen kann zwischen Mergers & Acquisitions (M&As) und Neugründungen (Greenfield Investments) unterschieden werden (Dreger et al. 2017, S. 267). Ist ein Markt von etablierten Unternehmen und einem hohen Wettbewerbsniveau gekennzeichnet, so wird der M&A-Kanal bevorzugt gewählt (Dreger et al. 2017, S. 267). Im Zeitraum 2000 bis 2014 waren etwa 82 % der chinesischen Direktinvestitionen in Deutschland M&As (Hanemann und Huotari 2015, S. 16). Eine hohe Informationsasymmetrie zwischen dem Investor und dem angepeilten Unternehmen fördert wegen hoher Überwachungskosten hingegen Greenfield Investmentsals Markteintrittsform (Dreger et al. 2017, S. 267). Greenfield Investments sind i. d. R. mit größerem Investitionsvolumen verbunden (Dreger et al. 2017, S. 267).

2.2.2 Deutschland als Schwerpunkt chinesischer Investitionen Der Großteil chinesischer Direktinvestitionen, mit ca. 70 % im Jahr 2017, fließt in Europa nach Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Im Jahr 2018 waren es hingegen nur noch 45 %, was auf die neuen Gesetzgebungen in London, Paris und Berlin zur Stärkung der Investitionsüberprüfungen zurückzuführen ist. Parallel stiegen die Investitionen, vor allem in den nördlichen Staaten Europas. Die Verteilung ist in Abb. 2.6 dargestellt. Deutschland verzeichnet hierbei vom Jahr 2017 auf das Jahr 2018 ein Plus von 400 Mio. auf eine Summe von insgesamt 2,1 Mrd. EUR. Gründe für das Interesse an deutschen Unternehmen sind insbesondere der hohe technologische Entwicklungsstand, der Ausbildungsstand und damit die Qualität deutscher Arbeitskräfte, die zentrale Lage innerhalb der EU, einen nachfragestarken Markt, Rechtssicherheit sowie die Ausstrahlungskraft des Labels Made in Germany (Sohm et al. 2009). In der Abb. 2.7 wird deutlich, dass der größte Anteil chinesischer Direktinvestitionen in Europa seit dem Jahr 2008 in den Transportbereich fließt – insbesondere in Infrastrukturprojekte entlang der „Neuen Seidenstraße“. Auch die Strategie Made in China 2025 spiegelt sich in den investitionsstarken Branchen wider.

2  Volkswirtschaftlicher Hintergrund

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Abb. 2.6   Chinesische Direktinvestitionen in Europa. (Hanemann und Huotari 2018, S. 31)

2.2.2.1 Sichtweise und Reaktion der deutschen Politik In der Bundesregierung steigt jedoch die Sorge vor chinesischen Investitionen, gerade in sensiblen Technologiebereichen und kritischer Infrastruktur. So führte die Übernahme des deutschen Roboterherstellers KUKA sowie der chinesische Einstieg bei Daimler zu kontroversen Diskussionen – auch in der Öffentlichkeit. Als Antwort darauf verschärfte die Bundesregierung die Außenwirtschaftsverordnung (AWV). Es gilt nun eine Meldepflicht für Unternehmensübernahmen in bestimmten Wirtschaftssektoren in kritischen Bereichen, wie beispielsweise in der Wasserversorgung. Des Weiteren wurde die Liste der Wirtschaftssektoren, bei denen eine Übernahme zustimmungspflichtig ist, um verschiedene Schlüsseltechnologien erweitert (Sprich 2019). Das Investitionsprüfverfahren einer Übernahme durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird durch das (AWG) und die AWV geregelt, wie in Abb. 2.8 dargestellt. Gewöhnlich findet bei einem Erwerb das so genannte sektorenübergreifende Investitionsprüfverfahren nach §§ 4 Abs. 1 Nr. 4, 5 Abs. 2 AWG, §§ 55 bis 59 AWV

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Abb. 2.7   Branchenanteile bei Direktinvestitionen. (American Enterprise Institute und The Heritage Foundation 2019)

Abb. 2.8   Ablauf der Investitionsprüfungen. (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie o. D., o.S.)

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Anwendung. Dies gilt unabhängig von der Größe und Branche des zu erwerbenden Unternehmens. Hierbei können alle Unternehmensübernahmen über 25 % der Anteile durch einen Investor außerhalb der Europäischen Union bzw. des EFTA-Raums überprüft werden. Erbringt das zu übernehmende Unternehmen sicherheitskritische Leistung nach § 55 Abs. 1 Satz 2 AWV gilt schon eine Schwelle von 10 % (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie o. D.). Für in besonders sicherheitsrelevanten Bereichen tätige Unternehmen, wie beispielsweise der Rüstungsindustrie, gelten noch einmal verschärfte Regelungen – auch für Investoren innerhalb der Europäischen Union. Die kritische Haltung der Behörden findet sich nicht nur in der Gesetzgebung wieder, sondern auch in deren Umsetzung und der Verhinderung von Übernahmen. So wurde beispielsweise der Einstieg chinesischer Investoren bei der Firma Cotesa im April 2018 erst nach mehrmonatiger Prüfung der Unterlagen freigegeben (Rusche 2019). Ein weiteres Beispiel war der geplante Einstieg der chinesischen State Grid Corporation beim deutschen Hochspannungsbetreiber 50Hertz, woraufhin die Kreditanstalt für Wiederaufbau sich mit 20 % an 50Hertz beteiligte, um einen chinesischen Einstieg zu verhindern. Auch beim Unternehmen Leifeld Metall Spinning wurde der Einstieg chinesischer Investoren verhindert. Nach der Ankündigung sicherheitspolitischer Bedenken gab der chinesische Investor sein Vorhaben auf. Die Transaktion wurde dennoch nachträglich von der Bundesregierung verboten (Heide 2018; o. V. 2018d).

2.2.2.2 Gesellschaftliche Vorbehalte und Erfahrungen mit chinesischen Investoren Mit Schlagzeilen, wie „Chinesische Investitionen: Aufkaufen und Ausschlachten“ (Naß 2018), „China: Investoren kaufen deutsches Wissen“ (o. V. 2018b) oder „Gut, dass Deutschland seine Naivität gegenüber China ablegt“ (Rusche 2019) bringen manche Medien ihre Bedenken gegenüber chinesischen Investitionen zum Ausdruck. Stets schwingen hier die Sorgen mit, dass insbesondere China von den M&A-Zukäufen profitiert. Technologie werde transferiert und Arbeitsplätze würden nach China verlagert. Doch gibt es auch positive Meinungen in der heimischen Presselandschaft, die auch die Vorzüge chinesischer Investitionen in Deutschland thematisieren „Deutsche Unternehmen profitieren von Rekordinvestitionen“ (o. V. 2018a) oder „Wie ein chinesischer Investor einen Mittelständler rettete“ (Sill 2019). Vonseiten der Gewerkschaften kommen vor allem kritische Stimmen gegenüber chinesischen Investoren. So äußerte sich Wolfgang Lemb, als geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG-Metall in einem Artikel der Wirtschaftswoche dahin gehend, dass die zunehmenden Übernahmen deutscher Unternehmen in Schlüsselindustrien gefährlich werden könnten. Des Weiteren merkte er an, dass die Gewerkschaften vermehrt feststellen würden, dass sich die Zusammenarbeit in Bezug auf Mitbestimmung und Tarifbindung mit chinesischen Investoren zunehmend schwieriger gestalten würde (o. V. 2018c). Auch vonseiten der Industrie werden kritische Stimmen laut, da sich China entgegen früherer Erwartungen nicht zu mehr Marktwirtschaft und Liberalismus hin entwickeln und durch staatliche Subventionen aktiv in die Märkte eingreifen würde, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen. So wird in einem Grundsatzpapier des Bundesverbandes der

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Deutschen Industrie (BDI) in Bezug auf Unternehmensübernahmen eine Subventionskontrolle gefordert, die staatlich finanzierte Übernahmen europäischer Technologieunternehmen untersuchen und notfalls verhindern soll (Sprich 2019). Entgegen dieser negativen Vorbehalte gegenüber chinesischen Investitionen sind die Erfahrungen meist eher positiv, wie Umfragen der gewerkschaftsnahen Hans-BöcklerStiftung oder der Universität Jena bei Unternehmen, bei denen chinesische Investoren eingestiegen sind, zeigen: 60 % der durch die Universität Jena untersuchten Unternehmen waren wirtschaftlich angeschlagen. Die chinesischen Investitionen halfen diesen Unternehmen, ihre Notlage zu überwinden. Ebenfalls würden chinesische Investoren mehr Kapital zur Verfügung stellen als deutsche Investoren, was neue Modernisierungs- und Forschungsmöglichkeiten schaffen würde. Auch in der Unternehmensstruktur ändere sich wenig, um möglichst kaum gesellschaftliche Aufmerksamkeit zu erregen. So wurde im Jahr 2012 der Betonpumpenhersteller Putzmeister durch einen chinesischen Baukonzern übernommen. Hierbei wurde eine Standortgarantie abgegeben und im Lauf der Jahre wurden neue Arbeitsplätze geschaffen (Lehner 2016). Ein Abbau oder eine Verlagerung von Arbeitsplätzen geht auch aus der Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung nicht hervor, bei denen die Betriebsräte betroffener Unternehmen befragt wurden. Unternehmen, bei denen Mitarbeiter nach dem Einstieg chinesischer Investoren Personal abgebaut hätten, hätten sich schon vor der Übernahme in einer wirtschaftlichen Notlage befunden. Des Weiteren wurde mehrfach sogar die lange Geduld chinesischer Investoren bei Unternehmenskrisen angesprochen, bevor die Gestaltungsmöglichkeit eines Personalabbaus ins Spiel gebracht wurde (Müller 2017, S. 19–21). Auch die Mitbestimmung wurde durch chinesische Investoren nicht infrage gestellt (Müller 2017, S. 19–21). Die befragten Betriebsräte entkräfteten auch die Angst vor einem Technologietransfer bzw. von einer Entwicklungsverschiebung nach China. Die Forschungsbudgets der betroffenen Unternehmen seien nicht gekürzt worden. Vielmehr hätten die chinesischen Investoren die Forschungs- und Entwicklungsausgaben sogar erhöht (Müller 2017, S. 19–21). Chinesische Investoren hätten erkannt, dass ein Unternehmen nicht einfach in ein anderes Land umgesetzt werden kann, um gleichbleibend erfolgreich zu sein, denn die Unternehmenskultur und die Mitarbeiter machen regelmäßig den Erfolg vieler deutscher Unternehmen aus. Was jedoch von den Betriebsräten kritisiert wird, sind die oftmals fehlenden interkulturellen Veranstaltungen zum gegenseitigen Kennenlernen und zum Aufbau eines gegenseitigen Verständnisses. Insbesondere die chinesische Kultur sowie deren Mentalität erscheinen oftmals fremd und sind für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar (Müller 2017, S. 21–22). Die chinesische Kultur ist dabei geprägt durch drei wesentliche Lehren – den Konfuzianismus, den Daoismus und den Buddhismus. Diese drei Lehren sind verantwortlich für ein hohes Bedürfnis nach Harmonie, Gesichtwahren, Indirektheit, großer Machtdistanz, einer hohen Bedeutung von Ritualen, Leistungsorientierung und Kollektivismus. Während die deutsche Kultur von Direktheit, geringer Machtdistanz und Individualität geprägt ist (College Contact o. D.).

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2.3 Wirtschaftliche Faktoren für deutsche Investitionen in China 2.3.1 Der Wirtschaftsstandort China Um die aktuelle wirtschaftliche Situation der Volksrepublik China beurteilen zu können, ist es notwendig die Entwicklung der Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten zu betrachten. Darauf aufbauend kann die aktuelle wirtschaftliche Lage analysiert und eingeordnet werden.

2.3.1.1 Entwicklung der chinesischen Wirtschaft Die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft war seit der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 einem radikalen Wandel ausgesetzt, wobei die Zeit auch durch mehrmalige Paradigmenwechsel und Änderungen der wirtschaftlichen Strategie geprägt war (Taube 2014, S. 646). „Infolge dessen stellt sich der ökonomische Entwicklungsprozess der VRC während der vergangenen gut 60 Jahre über weite Strecken hinweg nicht als eine in sich schlüssige Sequenz von Entwicklungsschritten dar, sondern erweckt vielmehr den Eindruck einer erratischen Abfolge von Experimenten.“ (Taube 2014, S. 646). Dabei kann grob zwischen der Phase von 1949 bis 1978, mit einer zunehmenden Ausrichtung nach marktwirtschaftlichen Prinzipien, bzw. zwischen 1978 und 1986/1987 unterschieden werden. Zwischen 1978 und 1986/87 kam es zu einer Importsubstitution und der Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen (SWZ), wodurch die Zahl der zum Außenhandel zugelassenen Produkte stieg und sich erste ausländische Investoren in privilegierten Sonderwirtschaftszonen in Südchina und anderen Küstenstädten ansiedelten (Huotari 2018, S. 77). In der nächsten Phase, zwischen den Jahren 1987 und 1992, war eine vertiefte Exportorientierung festzustellen, die durch eine Abwertung der chinesischen Währung ebenso in Wettbewerbsvorteilen resultierte, wie die geringen Löhne in der arbeitsintensiven Produktion. In den Jahren 1992 bis 2001, welche die vierte Phase darstellen, wurde im Vorfeld des WTO-Beitritts der chinesische Markt weiter geöffnet. In dieser Zeit wurde eine Importsubstitutionspolitik für ausgewählte Bereiche betrieben und bestimmte Branchen wurden gefördert bzw. durch hohe Importzölle geschützt (Huotari 2018, S. 77). Den größten Einfluss auf die derzeitige wirtschaftliche Situation hatten jedoch die Änderungen seit dem WTO-Eintritt im Jahr 2001, sodass sich durch eine weitere Liberalisierung der Wirtschaftspolitik China zur führenden Exportnation entwickelt hat (Huotari 2018, S. 78). Seit Mitte der 2000er-Jahre hat sich darüber hinaus auch die Finanzwirtschaft, die bis zu diesem Zeitpunkt gegenüber den internationalen Märkten komplett abgeschottet war, international geöffnet. Doch bis heute wird der Wechselkurs der chinesischen Währung, stark von der chinesischen Regierung kontrolliert und bleibt an den U.S. Dollar gekoppelt (Huotari 2018, S. 78). Die weltweite Nutzung der chinesischen Währung hat jedoch zugenommen, was im Jahr 2016 zur Aufnahme des Renminbi als fünfte Währung in den

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Währungskorb des Internationalen Währungsfonds führte (Deuber 2016a). Auch beim Aktienmarkt ist eine Öffnung festzustellen, sodass chinesische Aktien seit 2017 im Aktienindex MSCI gehandelt werden (Lange 2017). Derzeit vollzieht sich in der chinesischen Wirtschaft erneut ein tief greifender Wandel, wodurch sich die Industrie weg von arbeitsintensiven Produkten, welche an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den südostasiatischen Ländern verloren haben, hin zu kapitalintensiven und hochwertigen Produkten entwickelt. Insbesondere sollen nun eigenständige Innovationen vorangetrieben werden, um eine Führungsrolle im Bereich der Zukunftstechnologien einzunehmen und die Weltmarktführerschaft zu erreichen. Dies ist beispielsweise in der Telekommunikationsindustrie bereits gelungen. Festgehalten ist dies in der Made in China 2025-Strategie, die eine Förderung bestimmter Technologien und eine Ersetzung ausländischer Technologien durch chinesische Technologien vorsieht (Deuber 2016b). Im Fokus stehen im Rahmen dieser Strategie insbesondere Hochgeschwindigkeitszüge, Nuklearreaktoren, Flugzeuge und (Elektro-)Autos. Die wirtschaftlichen Ziele für die nächsten Jahre wurden im 13. Fünfjahresplan (2016–2020) festgehalten, worin eine Verdoppelung der Einkommen und der Wirtschaftsleistung bis 2020 gegenüber 2010 mit einem jährlichen Wirtschaftswachstum von mindestens 6,5 % vorgesehen sind (Xinzhen 2016). Die Gründe für das aktuelle Wachstum resultieren unter anderem aus dem Ausbau der Infrastruktur und einem hohen Urbanisierungsgrad, der durch einen Urbanisierungsplan (Botschaft der Volksrepublik China in der Bundesrepublik Deutschland 2014), welcher zwölf Megastädte und eine Milliarde Menschen als Stadtbewohner vorsieht, gesteigert werden soll. Hinzu kommt der Effekt aus dem vorangegangenen Wachstum, wodurch das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen stark gestiegen ist, was in der Zukunft zu einem höheren Konsum innerhalb der chinesischen Bevölkerung führen soll. Betrachtet man die Bruttoinlandsprodukte in Abb. 2.9, so kann man feststellen, dass es insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten zu einem deutlichen Wachstum kam. Das chinesische Wachstum übersteigt das der führenden Weltwirtschaften deutlich. Es lag bei durchschnittlich ca. 10 %, was einer Verfünfzehnfachung des chinesischen BIP seit 1978 entspricht. Die Hochphase des Wachstums kann dabei in den 90er Jahren und zwischen 2004 und 2010 situiert werden: Damit hat sich China im Vergleich des kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukts zur größten Volkswirtschaft vor den USA mit einem BIP in Höhe von 2,3 Billionen Dollar im Jahr 2017 entwickelt, wie Abb. 2.10 zu entnehmen ist. Die Entwicklung der Wirtschaft in China kann damit nicht mehr isoliert betrachtet werden, sondern es bestehen weitreichende Abhängigkeiten zu den Entwicklungen in der Weltwirtschaft; insbesondere besteht eine Abhängigkeit vom Export. Damit wirken sich sowohl positive als auch negative Entwicklungen der chinesischen Wirtschaft auf die internationalen Märkte aus, woraus weitreichende Folgen für die Weltwirtschaft insgesamt resultieren.

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Abb. 2.9   BIP-Wachstum. (Zenglein und Wübbeke 2018, S. 64)

Abb. 2.10   Vergleich der Volkswirtschaften. (Huotari 2018, S. 76)

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Abb. 2.11   Entwicklung des BIP seit 2018. (PricewaterhouseCoopers 2018, S. 12)

Betrachtet man jedoch die letzten zehn Jahre in Abb. 2.11 bzw. die Zukunftsprognosen, zeigt sich, dass das Wachstum stagniert bzw. sogar rückläufig ist, wie ein Vergleich der Wachstumsraten zwischen den Jahren 2010 und 2017 verdeutlicht: Als Indikator für die Zukunftsausrichtung einer Volkswirtschaft können Investitionen in Forschung und Entwicklung herangezogen werden. Dies führt für China zu einer positiven Indikation, da die privaten Investitionen im Jahr 2018 183 Mrd. EUR, also 1,37 Billionen Yuan betrugen. Dies entspricht einer Steigerung von mehr als 13 % im Vergleich zum Vorjahr. Hinzu kommen die staatlichen Investitionen, die derzeit rund 2,1 % des Bruttoinlandsprodukts betragen. Die chinesische Wirtschaft ist in den vergangenen Jahren somit stark gewachsen und unterlag einem großen Wandel, wobei dieser Strukturwandel noch nicht abgeschlossen ist. Es handelt sich demnach insbesondere aufgrund der Marktgröße und der Wachstumsprognosen um einen für viele Unternehmen und Branchen interessanten Markt. Insgesamt bleibt jedoch festzuhalten, dass trotz der Liberalisierung die Präsenz des Staates in der Organisation der Wirtschaft mit tief greifenden Eingriffsmöglichkeiten weiterhin vorhanden ist. Für ausländische Unternehmen, die eine Investition in China planen, ergeben sich dadurch Besonderheiten und Einschränkungen, weshalb über die allgemeine wirtschaftliche Lage hinaus auch die Situation für ausländische Investitionen betrachtet werden muss.

2.3.1.2 Deutsche Investitionen in China Investitionen in China sind nicht uneingeschränkt möglich, weil ausländische Investitionen in China teilweise verboten sind und Beschränkungen unterliegen bzw. bei Investitionen häufig einheimische Partner in der Form eines Joint Ventures notwendig sind. Diese Beschränkungen wurden in den letzten Jahren zwar reduziert. Gleichwohl besteht noch immer eine Benachteiligung ausländischer Unternehmen gegenüber

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inländischen Unternehmen. Trotzdem war China im Jahr 2015 mit einem Zufluss von 128 Mrd. US$ das wichtigste Zielland ausländischer Direktinvestitionen. Dabei befinden sich deutsche Unternehmen unter den größten Investoren (Vereinigung der Bayrischen Wirtschaft e. V. 2017, S. 13–14). Der Bestand der deutschen Direktinvestitionen in China lag im Jahr 2014 bei rund 59 Mrd.  EUR und ca. 5200 deutschen Unternehmen, sodass Ende 2017 ca. 75 Mrd. EUR Direktinvestitionen vorlagen, wobei die jährlichen Investitionen in den Jahren seit 2014 gesunken sind (Vereinigung der Bayrischen Wirtschaft e. V. 2017, S. 13–14). Die Höhe der Neuinvestitionen nimmt also seit Jahren ab. Seit dem Jahr 2005 existiert ein bilaterales deutsch-chinesisches Investitionsschutzabkommen, welches die Rahmenbedingungen für beiderseitige Investitionen regelt und eine gleichberechtigte Investitionslage herstellen soll, wobei zwischen der EU und China seit dem Jahr 2013 versucht wird, ebenfalls ein umfassendes Investitionsabkommen abzuschließen, um zusätzlich den Marktzugang zu verbessern. Dabei haben sich in den letzten Jahren die Rahmenbedingungen nicht nur positiv verändert, sondern durch die steigenden Lohnkosten, von einem Durchschnittslohn von 62.029 Yuan im Jahr 2015 auf 82.502 Yuan im Jahr 2017, haben sich die Investitionsbedingungen deutlich verschlechtert (Conrad 2018, S. 75), was 67 % der Befragten bei einer Umfrage der deutschen Handelskammer in China als negativ bewertet haben (Viklenko 2017). Weitere Hemmnisse stellen die intransparente Gesetzgebung bzw. die Einschränkung von Daten- und Informationstransfer dar. Hinzu kommt, dass Sprache und Kultur als Hindernis empfunden werden. Diese Herausforderungen werden jedoch einerseits durch die Wachstumschancen und neue Technologie- und Logistikprojekte teilweise wieder aufgewogen und andererseits hat die chinesische Regierung in den letzten Jahren zahlreiche Beschränkungen gelockert und weitere Schritte in Richtung einer Gleichbehandlung von deutschen Unternehmen im Vergleich zu chinesischen angekündigt. Neben diesen Chancen und Herausforderungen, die bei ausländischen Investitionen bestehen, bestehen auch Herausforderungen aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung der Volkswirtschaft.

2.3.1.3 Wirtschaftsstandort China – Chancen und Risiken Die Perspektiven für die chinesische Wirtschaft und insbesondere für deutsche Unternehmen in China sind zwiegespalten. Die Volksbank konstatiert: „in keinem anderen Land der Welt gibt es für deutsche Unternehmen größere Wachstumsperspektiven, und doch ist die Stimmung unter deutschen Unternehmen in China nicht nur euphorisch. Nach einer Umfrage der AHK vom September 2016 wurde das Geschäftsjahr von den in China tätigen deutschen Unternehmen als das herausforderndste seit zehn Jahren wahrgenommen: Steigende Arbeitskosten, zunehmender Wettbewerb durch lokale chinesische Konkurrenten und zunehmender Wettbewerb um gute Talente erwiesen sich als besondere Herausforderungen.“ (DZ BANK AG und Deutscher Genossenschafts-Verlag eG 2017, S. 1).

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Als besondere Herausforderung für ausländische Unternehmen ist insbesondere die Made in China 2025-Strategie zu nennen, die dazu führen kann, dass der Know-how Transfer zum Ausbau der eigenen Industrie genutzt wird, um die ausländischen Unternehmen anschließend aus dem Land heraus zu drängen (Ketterer und Wiendieck 2019). „Wirklich offen für ausländische Investitionen ist Chinas Wirtschaft immer noch nur da, wo chinesische Firmen auf Technologietransfers angewiesen sind. Jedes fünfte Unternehmen spürt dort den Druck, technisches Know-how im Tausch gegen Marktzugang weitergeben zu müssen.“ (Deuber 2018). Dabei wird insbesondere der Diebstahl geistigen Eigentums von den Unternehmen als Gefahr angesehen. Hinzu kommen die immanenten Gefahren der chinesischen Wirtschaft. Insgesamt können fünf Gefahren für Chinas Wirtschaftswachstum festgehalten werden: Erstens besteht die Gefahr einer Immobilienblase aufgrund überteuerter Preise in den Großstädten. Zweitens stellen Schattenbanken eine Gefahr dar, weil damit zahlreiche nicht registrierte Geldinstitute existieren, die nicht vom Staat kontrolliert werden können. Drittens wird von einer großen Zahl an faulen Krediten ausgegangen, weil Banken ohne Prüfung Kredite ausgegeben haben. Als vierte Gefahr kommen die durch die Subventionen der Regierung entstehenden Überkapazitäten in der Produktion hinzu. Nicht außer Acht gelassen werden dürfen fünftens internationale Krisen, wie z. B. der Handelsstreit mit den USA (Mattheis 2015). Ein weiteres Problem stellt der Umweltschutz dar. Chinas CO2-Emissionen zählen zu den höchsten weltweit bzw. ein Viertel der globalen Emissionen werden von China verursacht. Hier sind somit nicht nur wegen der Einhaltung der Klimaziele, sondern auch aufgrund des Drucks durch die Bevölkerung Reformen notwendig, die ebenfalls die ansässigen Unternehmen belasten könnten (DZ BANK AG und Deutscher Genossenschafts-Verlag eG 2017).

2.3.2 Die chinesische Luftfahrtindustrie China stellt in der Luftfahrt inzwischen aufgrund des starken Wachstums der Passagierzahlen einen der wichtigsten Märkte dar. Daher besteht auf dem chinesischen Markt ein großes Potenzial für verschiedene Arten der ausländischen Beteiligung, wie Investitionen, Joint Ventures und M&A.

2.3.2.1 Bestandsaufnahme und Entwicklungschancen Die chinesische Luftfahrtindustrie erwartet für die nächste Zeit ein jährliches Wachstum von 10 bis 15 %. Airbus erwartet für das Jahr 2036 alleine auf Inlandsflügen 1,6 Mrd. Passagiere. Insbesondere dadurch werden weitere Flugzeuge benötigt, sodass Airbus von einem Bedarf um 6000 Flugzeuge und Boeing sogar von 7200 Flugzeugen innerhalb der nächsten 20 Jahre ausgeht, wobei im Jahr 2017 bereits 1440 Airbus-Flugzeuge im

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Abb. 2.12   Entwicklung der Fluggastzahlen. (Machemehl 2017)

Einsatz waren (Balser 2017). Entsprechendes wird in der Abb. 2.12 für die Entwicklung der Fluggastzahlen zwischen den Jahren 2011 und 2016 dargestellt: Als Grund für diese Tendenz kann die wirtschaftliche Entwicklung angesehen werden. Einerseits steigt die Kaufkraft aufgrund des steigenden Pro-Kopf-Einkommens weiter an. Andererseits ist die durchschnittliche Anzahl von Flügen in China mit 0,34 Flügen pro Jahr nur ein Drittel so hoch, wie bei Europäern.; bei Nordamerikanern ist der Durchschnitt sogar fünf Mal so hoch. Auf dem chinesischen Markt besteht ein großes Potenzial, das in Abb. 2.13 deutlich wird, denn aufgrund der hohen Bevölkerungszahl würden bei einem Durchschnitt von 1,23 Flügen pro Jahr, was gemäß der Schätzung von Airbus 2035 erreicht werden soll, 1,2 Mrd. zusätzliche Passagiere erwartet. Dies entspräche einem Zuwachs mit dem Faktor 3,5 innerhalb von 20 Jahren (Machemehl 2017). Neben den zusätzlichen Flugzeugen sind dadurch auch zusätzliche Flughäfen bzw. Investitionen in die bestehenden Flughäfen notwendig. Die bereits angestrebten Infrastrukturmaßnahmen können jedoch Engpässe bei der Flugsicherung oder bei den Piloten nicht verhindern, sodass diese Engpässe als Herausforderung für die Luftfahrtbranche angesehen werden können. Insgesamt handelt es sich zudem um einen durch die Civil Aviation Administration of China (CAAC) regulierten Markt. Die CAAC setzt einerseits die Vorgaben der Regierung um und kontrolliert andererseits die operativen Entwicklungen, wie z. B. die Genehmigung neuer Strecken oder Eingriffe bei der Preisgestaltung. Während die CAAC insofern zahlreichen Fluggesellschaften Rechte für eine bestimmte Inlandsstrecke gewährt, erlaubt sie nur eine chinesische Fluggesellschaft auf jeder Langstreckenstrecke. Die CAAC genehmigt auch den Erwerb von Großraumflugzeugen und gewährt das Recht, international zu fliegen. Darüber hinaus überwacht sie die Leistung einer Fluggesellschaft. Wenn es bei einer Fluggesellschaft

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Abb. 2.13   Flüge pro Einwohner in Relation zum BIP. (Machemehl 2017)

zu Unregelmäßigkeiten kommt, wie häufige Verspätungen, kann die Behörde weitere Wachstumschancen wie neue Strecken verweigern. Im schlimmsten Fall kann die CAAC sogar die Genehmigung zum Betreiben einer bestimmten Strecke entziehen (Nord LB 2017). Dies führt zu einer starken Beeinträchtigung bei der Entscheidungsfreiheit der Unternehmen. Hinzu kommt die Airline-Regulierung Rule96. Gemäß dieser dürfen neu gegründete Fluggesellschaften erst größere Flugzeuge kaufen, wenn sie 25 kleinere sog. „Cityhopper“ betreiben (aero.de 2018b). Dies führte dazu, dass es seit dieser Regelung in China nur zwei Neugründungen gab. Die chinesische Luftfahrtbranche ist zudem stark fragmentiert. Im Jahr 2015 existierten 55 Fluglinien (davon sieben Frachtfluglinien), wobei 88 % der gesamten Umsätze auf vier Luftfahrtkonzerne, die die Mehrzahl der Fluglinien in China mehrheitlich beherrschen, entfallen: China National Aviation Group (Air China), China Southern Air Holding Group, China Eastern Air Holding Group und Hainan Airlines Group. Die China National Aviation Corporation (CNAC) hält derzeit unter anderem die Mehrheit an Air China und wurde bereits im Jahr 1929 als China Airways gegründet (Björkell 2017). Die chinesischen Airlines erzielten im Jahr 2015 Umsätze in Höhe von umgerechnet 63 Mrd. EUR, was zu einem Ergebnis von knapp 5 Mrd. EUR und einer Ergebnismarge von 7 % beitrug, was unter der Annahme, dass die Angaben der chinesischen Behörden zutreffen, für einen profitablen Markt. Der überwiegende Anteil wird durch Inlandsflüge erwirtschaftet, nur 11 % der Umsätze entfallen auf Langstreckenflüge (Machemehl 2017). Insgesamt handelt es sich somit um einen stark wachsenden Markt, der für Investoren großes Potenzial bietet. Gleichzeitig darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich um einen stark regulierten Sektor einerseits handelt und andererseits

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für Investoren die Gefahr besteht, dass ein Markteintritt mit Know-how-Transfer verbunden ist und das eigentliche Interesse nicht in einer Zusammenarbeit sondern langfristig im Aufbau eines eigenen Marktes unter Nutzung des erworbenen Know-how liegt (Machemehl 2017).

2.3.2.2 Deutsche Investitionen in der chinesischen Luftfahrtindustrie Bisher waren für ausländische Investitionen im Bereich Luftfahrt chinesische Partner in Form eines Joint Ventures notwendig. Diese Regelung wurde jedoch im Jahr 2018 gelockert (aero.de 2018a). Als beispielhafte Zusammenarbeit zwischen deutschen und chinesischen Unternehmen ist das Engagement von Airbus in China zu nennen. Bereits im Jahr 2008 wurde eine Fertigung in Tianjin errichtet, in der der A320 montiert wurde mit Zulieferung von Teilen aus dem Ausland. Dieses Engagement soll weiter ausgebaut werden. Der Verfassungsschutz warnt hier vor der Gefahr der Industriespionage, welche entstehen kann, wenn den chinesischen Kooperationspartnern Einblick in die Konstruktion gewährt wird. Diese könnten die Informationen zum Bau eigener Flugzeuge nutzen. Auch im Forschungs- und Entwicklungsbereich ist eine engere Zusammenarbeit geplant. Airbus sieht zwar die Gefahren des Verlusts von Technologien, möchte aber auf das Potenzial des Marktes trotzdem nicht verzichten (Balser 2017). Im Jahr 2017 hatte Airbus darüber hinaus ein Ausstattungswerk für A330-Großraumjets zur Lackierung und Innenausstattung der Flugzeuge eröffnet, wobei als Partner die Aviation Industry Corporation of China (Avic) beteiligt ist (aero.de 2018a). Auch im Bereich Hubschrauber existiert eine Zusammenarbeit. Airbus Helicopters ging eine industrielle Partnerschaft mit einem chinesischen Konsortium in Form eines Joint Ventures ein, woraus die Montage von 300 Helikoptern in den kommenden zehn Jahren bzw. 1000 bis 2000 in den nächsten 20 Jahren resultieren soll. Weitere Kooperationen existieren daneben auch bei Luftfahrtzulieferunternehmen, wie Liebherr Aerospace, die an Programmen der chinesischen Luftfahrtindustrie erfolgreich beteiligt sind. Zusammenfassend gibt es somit bereits zahlreiche Beispiele für deutsche Investitionen in China. Die Unternehmen sind sich dabei der Gefahren bewusst, wollen aber nicht auf die Chancen des chinesischen Marktes verzichten. Durch die Erleichterungen der Investitionen durch die chinesische Regierung sind zunehmende Investitionen in Zukunft wahrscheinlich.

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3

Zielunternehmen als Portfolio Marion Schmidt und Thomas Knie

Das Institut für angewandtes Wirtschaftsrecht an der NORDAKADEMIE Hochschule der Wirtschaft in Hamburg betreibt eine der größten M&A-Datenbanken für den DACHRaum.1 Zudem hat eine Bertelsmann-Studie aus dem Jahr 2018 einige Daten hierzu analysiert (Jungbluth 2018). In Verbindung mit den Meldungen im Bundesanzeiger ist es damit möglich, insgesamt 227 Transaktionen mit chinesischer Beteiligung in Deutschland in den letzten zehn Jahren zu analysieren. In diesem Kapitel wird anhand der analysierten Daten ein umfassender Überblick über die M&A-Landschaft in Deutschland gegeben. Es werden die wichtigsten Bundesländer, Branchen und Unternehmensgrößen dargestellt, in denen Transaktionen mit chinesischen Investoren am häufigsten vertreten sind.

3.1 Die deutsche M&A Landschaft Das Portal Statista hat die Anzahl der M&A Deals in Deutschland im Zeitraum von 1991 bis 2018 ausgewertet, wie in Abb. 3.1 dargestellt.

1Anfragen

zum Einblick in die Datenbank unter www.wire-institut.de.

M. Schmidt (*)  Thedinghausen, Deutschland E-Mail: [email protected] T. Knie  Hamburg, Deutschland E-Mail: [email protected] © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Graewe (Hrsg.), Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30172-9_3

29

30

M. Schmidt und T. Knie

Abb. 3.1   Anzahl der M&A Deals in Deutschland von 1991 bis 2018. (Institute for Mergers, Acquisitions and Alliances 2019)

3  Zielunternehmen als Portfolio

31

Auffällig ist hierbei, dass im Jahr 2018 die Anzahl der Investitionen auf ein ähnliches Niveau wie im Jahr 2015 zurückgehen. Dieser Rückgang ist auf eine Kapitalkontrolle sowie eine Verknappung von Liquidität seitens Chinas zurückzuführen. Differenziert man für das Jahr 2015 die insgesamt 436 Transaktionen in Deutschland nach ihren Herkunftsländern, so ergibt sich in der Statistik, dass die USA auf Platz eins mit 114 Transaktionen mit Abstand Marktführer sind. China belegte im Jahr 2015 den neunten Platz mit 17 M&A Deals in Deutschland, wie in Abb. 3.2 dargestellt. Zu beachten ist hierbei, dass im Jahre 2015 das strategische Vorhaben Made in China 2025 erst vorgestellt wurde. Die Jahre 2014 bis 2017 weisen dabei insgesamt eine vergleichsweise höhere Transaktionsdichte im Vergleich zu den Vorjahren auf. Die Auswertung des statistischen Bundesamtes spiegelt eine ähnliche Tendenz der gesamten Deals in Deutschland wider. Dies wird auf die Einführung der chinesischen Strategie Made in China 2025 im Jahre 2015 zurückzuführen sein. Aufgrund chinesischer, aber auch der Verschärfung deutscher Regularien im Jahr 2018 lagen nur noch sieben Transaktionen in Deutschland vor.

Abb. 3.2   Ranking der weltweiten Herkunftsländer von M&A Deals in Deutschland im Jahr 2015 nach Anzahl der Transaktionen. (Oaklins Germany 2016)

32

M. Schmidt und T. Knie

Abb. 3.3   Chinesische Investoren in Deutschland. (Eigene Darstellung)

Die Abb. 3.3 enthält eine Darstellung der Aktivität chinesischer Investoren, die besonders intensiv in Deutschland investiert haben. Fosun International Limited liegt mit acht Transaktionen in Deutschland dabei an erster Stelle. Das Unternehmen ist in Privatbesitz und zählt nach eigenen Angaben zu den größten Konzernen in China. Wie Fosun sind auch die Unternehmen Joyson Automotive Electronic Holding Co. Ltd. und Zhongding Sealing Parts in Privateigentum. Um staatlich geführte Unternehmen handelt es sich hingegen bei der Aviation Industry Corporation (AVIC) sowie der Shanghai Electric Group (SEG). Bei der Betrachtung der Eigentumsverhältnisse in Abb. 3.4 liegen die privat geführten Unternehmen mit 52 % vorn. Unternehmen im Staatsbesitz sind in der Auswertung mit 21 % aufgeführt. Zu den restlichen Unternehmen existierten keine Angaben.

Abb. 3.4   Eigentumsverhältnisse. (Eigene Darstellung)

3  Zielunternehmen als Portfolio

33

3.2 Kernbranchen für chinesische Investitionen Die häufigsten M&A-Transaktionen entfallen auf die Branche Maschinenbau/Feinmechanik. Der Automobilbau liegt mit 19 % direkt hinter dem Maschinenbau/ Feinmechanik. Die strategischen Wirtschaftsbereiche Fahrzeugtechnik und Automatisierung der Made in China 2025-Strategie passen dementsprechend zu den analysierten Branchenfavoriten. Die Abb. 3.5 macht die Aufteilung deutlich. Eine weitere Auswertung von Statista in Abb. 3.6 zeigt die Anzahl der Unternehmen in Deutschland, aufgeteilt nach Wirtschaftszweigen. Das verarbeitende Gewerbe, zudem die Branchen Maschinenbau/Feinmechanik sowie Automobilbau zählen, liegen hier mit 234.310 Unternehmen an siebter Stelle.

3.3 Unternehmensgröße Für chinesische Investments sind in erster Linie kleine und mittlere Unternehmen interessant. Für die Kategorisierung als kleines und mittleres Unternehmen existieren dabei unterschiedliche Ansätze, die in der Tab. 3.1 dargestellt werden. So unterscheidet das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) zwischen Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a HGB), kleinen, mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften (§ 267 HGB). Eine Zuordnung in die jeweilige Größenklasse erfolgt nachfolgenden Einteilungen: Die genannten Schwellenwerte beziehen sich immer auf den letzten durchgeführten Jahresabschluss. Auch die Europäische Union hat mit der EU-Empfehlung 2003/361/EG eine Unterscheidung zwischen KMU und Großunternehmen entwickelt, die der des deutschen Handelsgesetzbuchs weitestgehend ähnelt. Sie wird in Tab. 3.2 dargestellt. Nach Artikel 2 der EU-Empfehlung 2003/361/EG werden Unternehmen wie folgt eingeteilt:

Abb. 3.5   M&A Deals China Deutschland nach Branchen. (Eigene Darstellung)

34

M. Schmidt und T. Knie

Abb. 3.6   Anzahl der Unternehmen in Deutschland nach Wirtschaftszweigen im Jahr 2017. (Statista 2019a)

Gemäß dieser KMU-Definition wurden im Jahr 2016 in Deutschland rund 3,46 Mio. Unternehmen den kleineren und mittleren Unternehmen zugerechnet. Das entspricht 99,4 % aller deutschen Unternehmen (IfM Bonn 2017). Der Bereich KMU liegt in Summe mit 131 Transaktionen (58 %) vor den Großunternehmen mit 94 Transaktionen (41 %), wie in Abb. 3.7 dargestellt. Dabei ist allerdings zu beachten, dass 99,3 % der deutschen Unternehmen zu den KMU zählen und nur 0,7 % zählen zu den Großunternehmen, wie in Abb. 3.8 deutlich wird.

3  Zielunternehmen als Portfolio Tab. 3.1   Unternehmenseinteilung Größenklassen (vgl. § 267 f. HGB)

35 nach

HGB

anhand

von

Unternehmenskennzahlen

Größenklasse

Bilanzsumme in Mio. EUR

Kleinstkapitalgesellschaft

Mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale werden nicht überschritten: 0,35

Kleine Kapitalgesellschaft

0,70

10

12,00

50

Mindestens zwei der drei vorstehenden Merkmale werden überschritten und zwei der drei nachfolgenden Merkmale werden nicht überschritten: 20,00

Große Kapitalgesellschaft

Anzahl der Arbeitnehmer

Mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale werden nicht überschritten: 6,00

Mittelgroße Kapitalgesellschaft

Umsatzerlöse in Mio. EUR

in

40,00

250

Mindestens zwei der drei vorstehenden Merkmale werden überschritten

Tab. 3.2   Unternehmenseinteilung in der EU anhand von Unternehmenskennzahlen in Größenklassen (vgl. Art. 2 der EU-Empfehlung 2003/361/EG) Größenklasse

Anzahl der Arbeitnehmer

Umsatzerlöse in Mio. EUR

Kleinstunternehmen

2,00

Oder

>2,00

Kleine Unternehmen

10,00

Oder

>10,00

Mittlere Unternehmen

50,00

Oder

>43,00

Bilanzsumme in Mio. EUR

3.3.1 KMU in Deutschland2 Im Jahr 2016 repräsentierten KMU mit knapp 2,5 Mio. Unternehmen der Wirtschaftszweige „B-N“ (außer „K“) und „S95“3 etwa 99,3 % der gesamten Unternehmen in Deutschland. Etwa vier von fünf KMU sind Kleinstunternehmen, 16 % kleine ­Unternehmen und 3 % Unternehmen mittlerer Größe. Der generierte Umsatz der KMU

2Soweit

nicht anders angegeben wurden die in diesem Kapitel wiedergegebenen statistischen Daten aus Auswertungen des Statistischen Bundesamt aus dem Jahr 2018 bezogen (Statistisches Bundesamt o. D.). 3Diese Kategorien umfassen die Wirtschaftstätigkeiten der gewerblichen Wirtschaft (Industrie, Bau, Handel und Dienstleistungen).

36

M. Schmidt und T. Knie

Abb. 3.7   Transaktionen nach Unternehmensgröße. (Eigene Darstellung nach Institut für Mittelstandsforschung o. D.)

Abb. 3.8   Verteilung der Unternehmen in Deutschland nach Unternehmensgröße im Jahr 2016. (Statista 2019b)

liegt bei 33,8 % des insgesamt generierten Umsatzes in den o. g. Wirtschaftsbereichen und damit bei ca. 2.094 Mrd. EUR im Jahr. Der Umsatz nach Unternehmensart wird in Abb. 3.9 dargestellt. Die o. g. Wirtschaftszweige umfassen die wesentlichen Wirtschaftsbereiche, mit Ausnahme von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Landund Forstwirtschaft (inkl. Fischerei), hoheitlichen Bereichen und Wirtschaftszweigen

3  Zielunternehmen als Portfolio

37

,

Abb. 3.9   Umsatz von Unternehmen, in Unternehmensarten unterteilt, in Mio. EUR. (Eigene Darstellung)

Abb. 3.10   Bruttowertschöpfung von Unternehmen, in Unternehmensarten unterteilt, in Mio. EUR. (Eigene Darstellung)

von erheblichem öffentlichem Interesse (z. B. Gesundheitswesen, Sozial-, Kultur- und Bildungseinrichtungen) sowie Unternehmensverbände. Die Bruttowertschöpfung der KMU ist in Abb. 3.10 zu sehen und lag bei ca. 790 Mrd. EUR und damit ca. 80 Mrd. EUR unterhalb der Bruttowertschöpfung von Großunternehmen.

38

M. Schmidt und T. Knie

,

Abb. 3.11   Bruttowertschöpfung je tätiger Person, unterteilt nach Unternehmensarten, in Mio. EUR. (Eigene Darstellung)

In den Wirtschaftsbereichen Handel- und Dienstleistungen sind KMU besonders stark vertreten. Hier machten sie im Jahr 2013 über 80 % des Umsatzes und über 80 % der Bruttowertschöpfung aus (Söllner 2016, S. 110). Die Bruttowertschöpfung je beschäftigter Person unterscheidet sich innerhalb der Unternehmensgruppen von KMU sowie von Großunternehmen wie in Abb. 3.11 dargestellt. Verglichen mit Großunternehmen nutzen Kleinst- und kleine Unternehmen personelle Ressourcen etwa nur halb so effizient (45 % bzw. 56 %), mittlere Unternehmen erreichen einen Nutzungsgrad von ca. 70 %.

3.3.2 Auslandskontrollierte Unternehmen in Deutschland Von den ca. 2,5 Mio. Unternehmen der Wirtschaftsbereiche „B-N“ (außer „K“) und „S95“ in Deutschland im Jahr 2016 waren ca. 32.500 Unternehmen auslandskontrolliert. Nach der Definition des Statistischen Bundesamtes handelt es sich dabei um Unternehmen, die von einer Muttergesellschaft im Ausland kontrolliert werden. Zwar entsprechen 32.500 Unternehmen nur ca. 1,3 % der gesamten Anzahl an Unternehmen in Deutschland im Jahr 2016, doch diese Unternehmen erwirtschafteten etwa 25 % der

3  Zielunternehmen als Portfolio

39

Abb. 3.12   Anzahl an auslandskontrollierten Unternehmen, unterteilt nach Wirtschaftsbereichen. (Eigene Darstellung)

Bruttowertschöpfung, investierten etwa 24 % der Bruttoinvestitionen und generierten einen Umsatz von ca. 24 % des Gesamtumsatzes deutscher Unternehmen.

3.3.2.1 Verwurzelung auslandskontrollierter Unternehmen Der überwiegende Anteil an auslandskontrollierten Unternehmen ist im europäischen Ausland verwurzelt (ca. 76 %). Nord- und Mittelamerika steht dabei an zweiter Stelle (ca. 14,5 %), gefolgt von Asien (ca. 8,5 %). Weniger als 1 % der auslandskontrollierten Unternehmen gehören zu Mutterunternehmen mit Sitz in Afrika, Australien, Ozeanien oder Südamerika. 3.3.2.1.1 Wirtschaftsbereiche auslandskontrollierter Unternehmen Die Zuordnung der auslandskontrollierten Unternehmen im Jahr 2016 ist der Abb. 3.12 zu entnehmen. Etwa 28 % der auslandskontrollierten Unternehmen befanden sich im Jahr 2016 im Bereich „Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“, 20 % im „verarbeitendem Gewerbe“ und 16 % in der „Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen“. Nur ca. 37 % der auslandskontrollierten Unternehmen konnten anderen Wirtschaftsbereichen zugeordnet werden.

3.4 Deutscher Arbeitsmarkt Die Bevölkerungszahl betrug in Deutschland Mitte des Jahres 2018 etwa 82,9 Mio. Einwohner. Davon sind im dritten Quartal 2018 45 Mio. Personen erwerbstätig gewesen. Die Erwerbstätigenquote, also die Quote von Menschen zwischen 20 und 64 Jahren,

40

M. Schmidt und T. Knie

Abb. 3.13   Beschäftigungsverteilung in KMU. (Eigene Darstellung)

die einer bezahlten Tätigkeit nachgehen, erzielte im Jahr 2017 mit 79 % nach Schweden den zweithöchsten Stand in der Europäischen Union. Im Jahr 2016 waren etwa 61,2 % der erwerbstätigen Personen bei KMU und 11 % bei auslandskontrollierten Unternehmen beschäftigt. Der Anteil des bei KMU beschäftigten Personals in Höhe von 61,2 % der Erwerbstätigen in Deutschland entspricht einer Personenzahl von ca. 29,1 Mio. Beschäftigten. Der Anteil an Beschäftigten in Kleinst-, Klein- und mittleren Unternehmen ist relativ gleich verteilt; unter den KMU beschäftigen mittlere Unternehmen ca. 38 %, Kleinstund Kleinunternehmen ca. 30 % bzw. 32 % der Erwerbstätigen. Die Beschäftigungsverteilung ist in Abb. 3.13. dargestellt.

3.4.1 Besonders relevante Branchen für chinesische Investitionen in Deutschland Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland decken eine große Bandbreite an Branchen ab, wobei der Fokus auf der Automobilindustrie sowie auf Informationsund Kommunikationstechnologien (IKT) liegt (Welfens 2017, S. 11). Daher werden diese Branchen in den folgenden Abschnitten näher beleuchtet.

3.4.1.1 Automobilindustrie in Deutschland Im Jahr 2016 erzielte die deutsche Automobilindustrie einen Umsatz in Höhe von 407 Mrd. EUR. Davon wurden etwa 257 Mrd. EUR (entspricht ca. 63 %) im

3  Zielunternehmen als Portfolio

41

­ usland erwirtschaftet. Es gab gut 1300 Betriebe von Unternehmen mit mindestens A 20 Beschäftigten, die an der Produktion von Kraftfahrzeugen beteiligt waren. Insgesamt haben in diesem Bereich knapp 830 Tsd. Personen mitgearbeitet. Damit waren ca. 11 % der Beschäftigten des Verarbeitenden Gewerbes im Bereich der Automobilindustrie tätig. Gemessen am Umsatz erzielte die Branche etwa 19,4 % des Umsatzes des Verarbeitenden Gewerbes. Da eine offizielle Statistik zu Umsatz und Beschäftigtenzahl für KMU für das Verarbeitende Gewerbe, nicht aber für die Automobilindustrie, vorliegt, wird anhand der o. g. Proportionen in Abb. 3.14 und 3.15 dargestellt, wie viele Beschäftigte in Kleinst-, Klein-, mittelgroßen und Großunternehmen im Jahr 2016 kalkulatorisch in der Automobilbranche tätig waren. Nach Berechnung beläuft sich der durch KMU generierte Umsatz in der deutschen Automobilindustrie auf etwa 80 Mrd. EUR im Jahr 2016, was einen Gesamtumsatzanteil von ca. einem Viertel ausmacht. Gemessen an der kalkulatorisch festgestellten Gesamtbeschäftigtenzahl in der Automobilbranche sind etwa 43 % der dort erwerbstätigen bei KMU beschäftigt. Im Zeitraum von 2000 bis 2017 waren 89 % der chinesischen Direktinvestitionen in der deutschen Automobilindustrie Mehrheitsbeteiligungen von mindestens 50 % (Hanemann und Huotari 2018, S. 21).

3.4.1.2 IKT-Sektor Der IKT-Sektor deckt Güter und Dienstleistungen aus den Bereichen der Informationsund Kommunikationstechnologie sowie die damit verbundene Infrastruktur ab und ist für das Wirtschafts- und Produktivitätswachstum der Industrieländer seit etwa dem Jahr 1980 prägend (Welfens 2017, S. 12). In Anbetracht der Entwicklung der vierten

Abb. 3.14   Umsatz der deutschen Automobilindustrie. (Eigene Darstellung)

42

M. Schmidt und T. Knie

Abb. 3.15   Anzahl der Beschäftigten in der deutschen Automobilindustrie. (Eigene Darstellung)

Abb. 3.16   Umsatz in der IKT-Branche. (Eigene Darstellung)

industriellen Revolution findet eine zunehmende Verschränkung mit der Maschinenbaubranche statt, in der Deutschland international eine bedeutende Stellung hat (Welfens 2017, S. 12). Neben der oben genannten Motivation chinesischer Investoren Know-how weitentwickelter Technologien zu transferieren, nimmt auch die Größe des deutschen IKTAbsatzmarktes eine bedeutende Rolle ein (Welfens 2017, S. 13). Die Abb. 3.16 zeigt den Umsatz des deutschen IKT-Marktes und den durch KMU vereinnahmten Anteil. Im Jahr 2016 sind ca. 265 Mrd. EUR in der IKT-Branche umgesetzt worden (Statistisches Bundesamt 2008). Etwa ein Drittel des gesamten Umsatzes in der IKTBranche entfällt auf KMU.

3  Zielunternehmen als Portfolio

43

Deutschland ist dabei der Hauptzielort chinesischer Investitionen im europäischen IKT-Sektor (Welfens 2017, S. 13). Der Anteil an chinesischen Greenfield Investments im deutschen IKT-Sektor ist relativ hoch; etwa 13 % aller Greenfield Investments chinesischer Unternehmen in Deutschland entfallen auf den IKT-Sektor, wohingegen nur 6 % der M&As auf IKT-basierte, deutsche Unternehmen fällt (Welfens 2017, S. 13). Hier dürfte wohl ein Mangel an verfügbaren Kaufobjekten ursächlich sein.

3.4.2 Chinesische M&As in den verschiedenen Bundesländern Zwischen den Jahren 2000 bis 2017 konnten in Deutschland 20,6 Mrd. EUR an Direktinvestitionen verzeichnet werden (Hanemann und Huotari 2018, S. 32). Zwischen den Jahren 2000 bis 2014 waren es lediglich 6,4 Mrd. EUR, wobei die Höhe der Direktinvestitionen im Zeitraum 2011 bis 2014 stets 1–2 Mrd. EUR/Jahr betrugen ­ (Hanemann und Huotari 2015, S. 5). Nur 6 % der chinesischen EU 28-Direktinvestitionen gingen im Jahr 2017 jedoch nach Deutschland, im Jahr 2016 waren es hingegen noch 31 % (Hanemann und Huotari 2018, S. 31). Abgesehen von Bremen lassen sich in allen Bundesländern Unternehmensübernahmen und Unternehmensbeteiligungen im Zeitraum von 2010 bis 2017 nachweisen. Dabei konzentrieren sich die Investitionsaktivitäten chinesischer Investoren auf wenige Bundesländer. Etwa ein Drittel der chinesischen Investitionen entfallen auf Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Abb. 3.17 veranschaulicht die Investitionsaktivitäten in den verschiedenen Bundesländern:

Abb. 3.17   Anzahl chinesischer Direktinvestitionen in Deutschland zwischen 2010 und 2017. (Eigene Darstellung nach Rusche 2017)

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M. Schmidt und T. Knie

Von den insgesamt 190 M&A-Transaktionen fallen knapp drei Viertel auf die Bundesländer Baden-Württemberg (44), Nordrhein-Westfalen (44), Bayern (31) und Hessen (20) (Rusche 2017, S. 2). In der Regel korreliert die Anzahl der Unternehmensübernahmen stark mit der Anzahl der Unternehmen in den Bundesländern. In Abb. 3.18 wird deutlich, dass sich in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg mit einigem Abstand die meisten Unternehmen befinden. Obwohl es in Baden-Württemberg deutlich weniger Unternehmen als in NordrheinWestfalen gibt, können mehr chinesische Investitionsaktivitäten verzeichnet werden. Baden-Württemberg liegt nämlich in dem Bereich der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten (F&E) im Bundesvergleich vorne (Rusche 2017, S. 4). Die Bundesländer Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern sind die Länder, in denen im

Abb. 3.18    Anzahl der Unternehmen in Deutschland im Jahr 2017 nach Bundesländern. (Statistisches Bundesamt 2019)

3  Zielunternehmen als Portfolio

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Jahr 2017 im bundesweiten Vergleich die meisten Patente angemeldet wurden. Patentanmeldungen sind dabei nicht gleichzusetzen mit Innovationsfähigkeit, zeigen aber zumindest, dass an diesen Standorten F&E einen hohen Stellenwert genießt (Jungbluth 2018). Somit spiegelt sich auch in der Analyse der regionalen Verteilung die strategische chinesische Ausrichtung Made in China 2025 wider. Gemäß einer Bertelsmann Studie sind Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern auch die drei Bundesländer mit der höchsten Anzahl an sog. Hidden Champions in Deutschland. Es handelt sich dabei um in der Öffentlichkeit oft unbekannte mittelständische Unternehmen, die in ihren technologischen Nischen Weltmarktführer sind. Diese Art von Unternehmen steht bei chinesischen Unternehmensinvestitionen in Deutschland seit Jahren besonders im Fokus (Jungbluth 2018).

3.5 Gestaltung der Transaktionen Bei der Gestaltung der Transaktionen ist auffällig, dass die meisten Investoren eine Beherrschung der Zielunternehmen anstreben. So wurden in dem Bereich von 75–100 % der Gesellschaftsanteile insgesamt 127 Transaktionen getätigt. Absolute Mehrheiten (50–74,9 %) liegen mit 24 Transaktionen auf dem zweiten Platz. 20 % der

Abb. 3.19   Übernommene Anteile. (Eigene Darstellung)

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M. Schmidt und T. Knie

Abb. 3.20   Transaktionsvolumen. (Eigene Darstellung)

Daten enthalten keine Angaben zu den übernommenen Anteilen. Die Daten werden in der Abb. 3.19 dargestellt. Bei dem Transaktionsvolumen liegen 10 % zwischen 100,01 und 1000,0 Mio. EUR. 8 % der Unternehmenskäufe wurden unter 5,0 Mio. EUR abgewickelt. Im Bereich von über 1 Mrd. EUR befinden sich 3 % der Deals. Bei dieser Auswertung ist allerdings zu beachten, dass für die Mehrzahl der Transaktionen (61 %) keine Angabe zum Volumen vorliegt. Die Daten werden in Abb. 3.20 dargestellt.

Literatur Hanemann, T., & Huotari, M. (2015). Chinese FDI in Europe and Germany. Preparing for a new era of Chinese capital. https://rhg.com/wp-content/uploads/2015/06/ChineseFDI_Europe_Full. pdf. Zugegriffen: 18. Nov. 2019. Hanemann, T., & Huotari, M. (2018). EU-China FDI. Working towards reciprocity in investment relations (Merics Papers on China Nr. 3). https://www.merics.org/sites/default/files/201808/180723_MERICS-COFDI-Update_final.pdf. Zugegriffen: 18. Nov. 2019. IfM Bonn (Statistisches Bundesamt, Hrsg.). (2017). KMU in Deutschland gemäß der KMUDefinition der EU-Kommission. Sonderauswertung des Unternehmensregisters im Auftrag des IfM Bonn. https://www.ifm-bonn.org/fileadmin/data/redaktion/statistik/unternehmensbestand/ dokumente/KMU-D_2012-2016_EU-Def.pdf. Zugegriffen: 18. Nov. 2019. Institut für Mittelstandsforschung. (o. D.). KMU-Definition der Europäischen Kommission. https:// www.ifm-bonn.org/definitionen/kmu-definition-der-eu-kommission/. Zugegriffen: 14. Nov. 2019.

3  Zielunternehmen als Portfolio

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Regulatorische Analyse Matthias J. Annweiler

In diesem Kapitel werden im Rahmen der regulatorischen Analyse die gesetzlichen Regelungen dargestellt, die in Deutschland einerseits und in China andererseits Unternehmensübernahmen durch Staatsangehörige des jeweils anderen Staates bestimmen oder im unmittelbaren Zusammenhang von Bedeutung sind. Im Fokus der Betrachtung stehen ausländische Direktinvestitionen (foreign direct investment; FDI). Es werden die besonderen Anmelde- und Genehmigungspflichten beschrieben, welche in China einzuhalten sind, ebenso wie das deutsche Außenwirtschaftsrecht, das bei Investitionen in Deutschland zu beachten ist. Dieses Kapitel gibt einen umfassenden Überblick über alle wichtigen Regularien und Prüfverfahren.

4.1 Regulatorische Rahmenbedingungen für deutsche Investitionen in China Im Fokus der Betrachtung stehen ausländische Direktinvestitionen (foreign direct investment; FDI), d. h. Unternehmensbeteiligungen, die dadurch charakterisiert sind, dass der Investor direkten Einfluss auf das Unternehmen und seine Tätigkeiten ausüben möchte. Davon zu unterscheiden sind sog. Portfolioinvestitionen, bei denen i. d. R. weniger als 10 % des stimmberechtigten Gesellschaftskapitals eines Unternehmens übernommen werden und deren Hauptzweck in der Gewinnerzielung liegt (Cottier und Trinberg 2015). Unternehmensübernahmen in China unterliegen zahlreichen

M. J. Annweiler (*)  Dr. iur., M.A., Rechtsanwalt, Sidley Austin (CE) LLP, München, Deutschland E-Mail: [email protected] © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Graewe (Hrsg.), Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30172-9_4

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M. J. Annweiler

Beschränkungen sowie Anmelde- und Genehmigungserfordernissen, die sich nicht auf bestimmte „sensible“ Industriesektoren beschränken, sondern sehr umfassend ausgestaltet sind. Für ausländische Investoren kommt erschwerend hinzu, dass der Großteil der Regularien äußerst intransparent ist, weil diese nicht veröffentlicht bzw. zumindest ins Englische übersetzt werden. Trotz öffentlicher Bemühungen vonseiten der chinesischen Regierung sind deutsche Unternehmen bei Auslandsinvestitionen daher häufig auf Erfahrungswerte oder das learning by doing-Prinzip angewiesen.

4.1.1 Beteiligungsvoraussetzungen in China Direktinvestitionen in China sind einerseits hinsichtlich der Gesellschaftsform begrenzt, in die investiert werden kann, und andererseits hinsichtlich der Geschäftsfelder. Beide Voraussetzungen bedingen sich gegenseitig, weil beispielsweise das Geschäftsfeld einen Einfluss auf die Wahl der Gesellschaftsform haben kann.

4.1.1.1 Gesellschaftsformen Deutsche Investoren sind bei einer Unternehmensübernahme oder -beteiligung in China hinsichtlich der Gesellschaftsform des Zielunternehmens beschränkt, weil nicht jede Gesellschaftsform eine Beteiligung ausländischer Investoren zulässt. Die Gesellschaftsform des Zielunternehmens wird bestimmt von dem Tätigkeitsfeld und der Eigentümerstruktur: Wird eine 100 %-ige Eigentümerstellung bzw. eine Tätigkeit in bestimmten Industriesektoren angestrebt, sind bestimmte Gesellschaftsformen (und damit bestimmte Zielunternehmen) von vornherein ausgeschlossen. Andere Faktoren, wie z. B. Steuern und Haftung, richten sich dann zwangsläufig danach. Die Wholly Foreign Owned Enterprise (WFOE) kann im vollständigen Eigentum eines ausländischen Investors stehen und ermöglicht dadurch eine vollständige Kontrolle. Sie ist rechtsfähig und kann damit selbst am Rechtsverkehr teilnehmen und etwa Grundstücke halten. Die WFOE kann in nahezu allen Industriesektoren (Produktion, Dienstleistungen und Handel) tätig sein. Das Sino-Foreign Joint Venture (JV) ist ein Zusammenschluss zwischen einem ausländischen Investor und einem chinesischen Partner in einer eigenen, rechtsfähigen Gesellschaft. Der Zusammenschluss eröffnet dem ausländischen Investor eine Tätigkeit in ansonsten beschränkten Industriesektoren, die zwingend eines chinesischen Partners bedürfen. Nachteile, wie Aufteilung der Gewinne, Mithaftung und Kontrollverlust liegen auf der Hand. Die Foreign Invested Partnership (FIP) ist eine relativ neue Form der Auslandsinvestition (seit dem Jahr 2010), die keines Mindestkapitals bedarf. Sie bietet mehreren (ausländischen) Investoren die Möglichkeit, sich auf vertraglicher Basis für die Errichtung und den Betrieb eines Geschäfts zusammenzuschließen. Die FIP hat dementsprechend keine eigene Rechtspersönlichkeit.

4  Regulatorische Analyse

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4.1.1.2 Geschäftsfeldbeschränkungen Bereits seit dem Jahr 1995 geben die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform (National Development and Reform Commission; NDRC) und das chinesische Handelsministerium (Ministry of Commerce; MOFCOM) gemeinsam in unregelmäßigen Abständen den Catalogue of Industries for the Guidance of Foreign Investment (Katalog) heraus, um ausländische Investitionen zu lenken (MOFTEC 1995). Der Katalog ist aufgeteilt in drei Kategorien, namentlich geförderte, beschränkte und verbotene Bereiche für ausländische Investitionen. Im Jahr 2015 wurden der Katalog vereinfacht und es entstanden zwei sog. „Negativlisten“, welche nur noch die nicht zugelassenen Bereiche ausweisen: Die Special Management Measures for Foreign Investment Access (Negative List) gibt Richtlinien für Auslandsinvestitionen in ganz China heraus; wohingegen die Special Administrative Measures on Access to Foreign Investment in Free Trade Zones (Negative List) sich nur auf Investitionen in den Freihandelszonen bezieht (Ding 2015). Auslandsinvestitionen in nichtgenannten Geschäftsfeldern unterliegen keinem Verbot bzw. keiner gesonderten Prüfung, sondern nur den auch auf Inländer anwendbaren Anmeldepflichten (NDRC und MOFCOM 2017). Der Katalog, sowie die Negativlisten wurden seit ihrer Entstehung regelmäßig überarbeitet. Die neuste Version der (inbound) Negativliste wurde im Juli 2019 veröffentlicht. Die Anzahl der Zugangsbeschränkungen wurde auf 40 abgesenkt (Zhang 2019). Auslandsinvestitionen sind generell verboten in Verbindung mit Unternehmen, die in der Verarbeitung von radioaktiven Mineralien und der Produktion radioaktiver Betriebsstoffe tätig sind, sowie in Verbindung mit religiösen Erziehungseinrichtungen und bei den darstellenden Künsten. In der auf Weizen- und Maisanbau spezialisierten Landwirtschaft und in auf Leistungsprovisionen basierenden Agenturen der Sport- und Unterhaltungsindustrie sind Auslandsinvestitionen nur mit einer chinesischen Mehrheitsbeteiligung möglich. In der Automobilindustrie und in der Informationstechnologie bei Mehrwert-Telekommunikationsdienstleistungen darf das Eigentum des ausländischen Investors an dem Unternehmen nicht mehr als 50 % betragen. Diese Begrenzung soll in der Automobilindustrie voraussichtlich im Jahr 2020 für Nutzfahrzeuge und im Jahr 2022 für Personenkraftwagen abgeschafft werden. Nicht betroffen von den Eigentumsbegrenzungen sind Automobilhersteller im Hinblick auf sog. „special utility vehicle“ (SUV) oder Fahrzeuge mit regenerativen Antrieben (z. B. Strom, Brennstoffzelle) sowie Telekommunikationsdienstleistungen für den Online-Handel (e-commerce). Im Finanzdienstleistungssektor dürfen Unternehmen bei Termingeschäften, Wertpapierhandel und Lebensversicherungen bis zu maximal 51 % im Eigentum eines ausländischen Investors stehen. Damit ist zwar immer noch eine Verteilung der Gewinne erforderlich. Allerdings kann der deutsche Investor so zumindest im Tagesgeschäft die Kontrolle über das Unternehmen ausüben. Im Bergbausektor ist schließlich bei der Erkundung nach und Förderung von Öl und Gas ein Joint Venture zwischen dem ausländischen Investor und einem einheimischen chinesischen Unternehmen erforderlich (Ernst & Young 2018; Freshfields Bruckhaus Deringer 2018).

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M. J. Annweiler

Mit jeder neuen Version der Negativliste werden weitere Geschäftsfelder für ausländische Direktinvestitionen in China freigegeben bzw. diesbezügliche Beschränkungen verringert. Auffällig ist, dass die VRC Auslandsinvestitionen in jenen Industriesektoren stärkeren Beschränkungen unterwirft, in denen die chinesische Industrie noch nicht den Stand der westlichen Industrien erreicht hat, d. h. sich auf dem heimischen Markt im Wettbewerbsnachteil befindet (z. B. Automobilindustrie). Industriesektoren, in denen die VRC bereits äußerst wettbewerbsfähig ist, sind für Auslandsinvestitionen weniger stark oder gar nicht beschränkt (z. B. Elektrofahrzeuge oder elektronische Geräte).

4.1.2 Anmelde- und Genehmigungspflichten in China Auslandsinvestitionen in Bezug auf chinesische Unternehmen müssen in China bei der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform NDRC und beim Handelsministerium MOFCOM sowie bei deren jeweiligen lokalen Niederlassungen angemeldet und von diesen genehmigt werden. Denn das chinesische Unternehmen unterliegt mit der Übernahme durch einen Ausländer dem chinesischen Regime für Auslandsinvestitionen. Ob die Übernahme von Unternehmen einer Anmelde- und Genehmigungspflicht unterfällt, richtet sich nach dem Industriesektor, in dem das Unternehmen tätig ist. Dieser Industriesektor ist – soweit er anmelde- und genehmigungspflichtig ist – dem von der NDRC und dem Handelsministerium gemeinsam herausgegebenen der Negativliste zu entnehmen zu entnehmen. Für Übernahmen der Unternehmen, die in den dort genannten Industriesektoren tätig sind, sind für Ausländer ausnahmslos Anmeldung- und Genehmigung erforderlich. Der Katalog ist so umfassend wie detailliert und nennt 348 anmeldepflichtige Tätigkeiten, u. a. in den Industriesektoren Landwirtschaft, Fischerei, Bergbau, produzierendes Gewerbe, Energieversorgung (Strom, Gas und Wasser), Transport, Lagerhaltung, Postdienstleistungen, Groß- und Einzelhandel, wissenschaftliche Forschung, Altenpflege und Sportstätten.

4.1.3 Gründungs-/Akquisitionsfinanzierung und Sicherheiten Zum Zwecke der Kaufpreiszahlung im Rahmen einer Unternehmensübernahme oder -beteiligung in China muss der deutsche Investor finanzielle Mittel von Deutschland in die VRC transferieren. Dazu wird eine Genehmigung vom Staatlichen Devisenamt (State Administration of Foreign Exchange; SAFE) benötigt. Zur Absicherung deutscher Direktinvestitionen im Ausland gegen politische Risiken, übernimmt die Bundesregierung gegen ein Entgelt Garantien für diese Investitionen (sog. „Investitionsgarantien“). Deckungsfähig sind Beteiligungen an ausländischen Unternehmen, mithin (vollständige oder teilweise) Unternehmensübernahmen. Die Garantie umfasst z. B. Enteignungen, Krieg, terroristische Akte sowie Konvertierungsoder Transferbeschränkungen.

4  Regulatorische Analyse

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4.2 Regulatorische Rahmenbedingungen für chinesische Investitionen in Deutschland Die Überwachungs- und Beschränkungsmechanismen in Bezug auf chinesische Investitionen in Deutschland beziehen sich zumeist auf „sensible“ Tätigkeitsbereiche; im Übrigen sind Auslandsinvestitionen im Wesentlichen frei von Beschränkungen. Anders als bei Unternehmensübernahmen in China, spielen bei Auslandsinvestitionen chinesischer Unternehmen in Deutschland auch in erheblichem Maße die regulatorischen Bestimmungen Chinas zur Ausfuhr von Kapital und zum Geschäftsfeld der Investition eine Rolle.

4.2.1 Beteiligungsvoraussetzungen in Deutschland Im Hinblick auf die verschiedenen Gesellschaftsformen in Deutschland, sieht das deutsche Recht für die Beteiligung chinesischer Investoren an deutschen Gesellschaften grundsätzlich keine Beschränkungen vor. Eine Beteiligung ist damit handelsund gesellschaftsrechtlich unbegrenzt an sämtlichen Kapitalgesellschaften (z. B. UG (haftungsbeschränkt), GmbH oder AG) und Personengesellschaften (z. B. oHG, KG oder GmbH & Co. KG) möglich. Da für die vorgenannten Gesellschaften – anders als bei den Gesellschaftsformen in China – per se keine Geschäftsfeldbeschränkungen gelten, hängt die Wahl der Gesellschaftsform vornehmlich von Faktoren wie Haftung, Steuern und Veröffentlichungspflichten ab.

4.2.2 Anmelde- und Genehmigungspflichten in Deutschland Unternehmensübernahmen durch Ausländer unterliegen in Deutschland zwar nicht grundsätzlich, wohl aber in bestimmten Konstellationen, Anmelde- und Genehmigungspflichten gegenüber deutschen Behörden. Das Außenwirtschaftsrecht und das Kartellrecht bilden die wichtigsten regulatorischen Rahmenbedingungen für chinesische Investoren.

4.2.2.1 Außenwirtschaftsrecht Das Außenwirtschaftsrecht regelt den sog. Außenwirtschaftsverkehr, d. h. den Güter-, Dienstleistungs-, Kapital-, Zahlungs- und sonstigen Wirtschaftsverkehr mit dem Ausland, (vgl. § 1 Abs. 1 AWG) soweit nicht abweichende Erlaubnistatbestände eingreifen, die strenger (z. B. für Kriegswaffen) oder weniger streng (z. B. aufgrund der Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes oder sonstiger Freihandelszonen, vgl. § 1 Abs. 2 AWG) sind. Das Außenwirtschaftsrecht trifft dementsprechend Regelungen für ausländische Investitionen in Deutschland, die insbesondere im AWG und in der AWV niedergelegt sind. In Bezug auf ausländische Direktinvestitionen, d. h. den Erwerb eines deutschen

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M. J. Annweiler

Abb. 4.1   Schematische Darstellung der sektorspezifischen und sektorübergreifenden Prüfung des BMWi nach AWG/AWV. (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie o. D.)

Unternehmens durch einen ausländischen Investor, sieht das Außenwirtschaftsrecht in bestimmten Industriesektoren und bei Erreichen bestimmter Beteiligungsschwellen Meldepflichten des ausländischen Investors sowie Prüf- und Untersagungsmöglichkeiten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen der sog. „sektorübergreifenden Prüfung“ (vgl. §§ 55 ff. AWV) bzw. der sog. „sektorspezifischen Prüfung“ (vgl. §§ 60 ff. AWV) vor. Der Ablauf wird in Abb. 4.1 dargestellt. Ausgelöst durch vermehrte Unternehmensübernahmen in sensiblen Bereichen u. a. durch chinesische Investoren und die Angst vor einer Abwanderung deutscher Technologie, hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren zahlreiche Verschärfungen der AWV vorgenommen. Erwähnenswert ist die mit der zum Ende des Jahres 2018 in Kraft getretenen sog. „12. AWV-Novelle“ beschlossene Absenkung der Beteiligungsschwelle, ab der eine Prüfung durch das BMWi möglich ist, sowie die Erweiterung der in § 55 Abs. 1 S. 2 AWV enthaltenen Liste der als besonders sicherheitsrelevant eingestuften zivilen Unternehmen (sog. „sensible Unternehmen“) (Annweiler 2019; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2018). Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie zu Beginn des Jahres 2020 wurde der Kreis der sensiblen Unternehmen durch die im Juni 2020 in Kraft getretene sog. „15. AWV-Novelle“ erneut erweitert; zudem werden der Erwerb eines abgrenzbaren Betriebsteils sowie der Erwerb aller wesentlichen Betriebsmittel im Wege des asset deals nunmehr ausdrücklich erfasst (vgl. § 55 Abs. 1a AWV).

4  Regulatorische Analyse

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4.2.2.1.1 Sektor-übergreifende Prüfung Die sektorübergreifende Prüfung gem. §§ 55 ff. AWV dient dem BMWi als Instrument zur branchenunabhängigen Investitionskontrolle (Mausch-Liotta 2017, S. 541). Sie betrifft allerdings nur Investoren außerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und der Europäischen Freihandelsassoziation (European Free Trade Association; EFTA). Nach §  55 Abs.  4 AWV ist der Abschluss eines  schuldrechtlichen Vertrages zum Erwerb eines sensiblen Unternehmens i. S. d. § 55 Abs. 1 S. 2 AWV durch einen ausländischen Investor ab einer bestimmten Beteiligungsschwelle meldepflichtig. Dies ist der Fall, wenn eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung in Höhe von mindestens (i) 10 % der Stimmrechte an einem sensiblen Unternehmen oder (ii) 25 % der Stimmrechte an einem sonstigen Unternehmen erworben werden sollen. Ein sensibles Unternehmen liegt u. a. vor, wenn das Unternehmen Betreiber von Infrastruktur in den Sektoren Energie, Informationstechnik, Telekommunikation, Transport oder Verkehr ist (vgl. § 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AWV i. V. m. § 2 Abs. 10 des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG); sog. „kritische Infrastruktur“), Software für diesen Betrieb entwickelt (vgl. § 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AWV), Technik zur Überwachung von Telekommunikation herstellt bzw. hergestellt hat (vgl. § 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AWV), ein Unternehmen der Medienwirtschaft ist, das mittels Rundfunk, Telemedien oder Druckerzeugnissen zur öffentlichen Meinungsbildung beiträgt (vgl. § 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 AWV) oder persönliche Schutzausrüstungen oder für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung wesentliche Arzneimittel entwickelt oder herstellt (vgl. § 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 und 8 AWV). Bei der Bemessung der Beteiligungsschwelle werden faktische Stimmrechtsanteile, wie etwa indirekte Beteiligungen und Stimmrechtausübungsvereinbarungen (sog. „Stimmrechtspooling“ bzw. „Konsortialvereinbarungen“) hinzugerechnet (vgl. § 56 Abs. 2 und 3 AWV), wobei jedoch umgekehrt der rein schuldrechtliche Verzicht des Erwerbers auf die Stimmrechtsausübung für die Bemessung der Beteiligungsschwelle unberücksichtigt bleibt (Mausch-Liotta 2017, S. 560; Seibt und Wollenschläger 2009, S. 837). Gleiches gilt für Rechtspositionen, die noch nicht im Zeitpunkt des Erwerbs – aber ggf. in der Zukunft zur Stimmrechtsausübung berechtigen werden, wie etwa durch Call-Optionen, Cash Equity oder Total Return Swaps sowie Vorkaufs- und Vorerwerbsrechte und Treugeberstellungen (Mausch-Liotta 2017, S. 558). Zeitpunkt für die Vornahme der Meldepflicht gegenüber dem BMWi ist der Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages über den Erwerb: Der unmittelbare Erwerber muss den Vertragsschluss in Bezug auf ein sensibles Unternehmen unverzüglich melden (vgl. § 55 Abs. 4 S. 1 und 3 AWV). Damit löst bereits die Unterzeichnung des (Anteils-) Kaufvertrages und nicht erst der regelmäßig verzögert eintretende, weil durch bestimmte (Vollzugs-) Voraussetzungen bedingte, dingliche Vollzug des (Anteils-) Kaufvertrages die Meldepflicht aus. Im Hinblick auf die Genehmigung bzw. die Untersagung des Erwerbs sind zwei Wege für die Beteiligten möglich: Einerseits kann der Erwerber selbst eine sog. Unbedenklichkeitsbescheinigung beim BMWi beantragen, die zu erteilen ist, wenn

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M. J. Annweiler

dem Erwerb keine Bedenken im Hinblick auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der BRD entgegenstehen (vgl.§ 58 Abs. 1 S. 1 AWV). Der unbestimmte Rechtsbegriff „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ ist aus dem Unionsrecht übernommen (vgl. Art. 52 Abs. 1 und Art. 65 Abs. 1 lit. b) AEUV; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 16/1070730, 30.10.2008, S. 15) und wird als „tatsächliche und hinreichende Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“ verstanden (Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 16/1070730, 30.10.2008, S. 15; EuGH (Große Kammer), Urteil vom 22.05.2012 – C-348/09 (P. I./Stadt Remscheid). Im Allgemeinen wird eine entsprechende Gefährdung für sensible Versorgungsindustrien wie Telekommunikation, Elektrizität und Transport bejaht (Mausch-Liotta 2017, S. 549–550), wobei eine Gefährdung nach dem Gesetzeswortlaut insbesondere bei den vorgenannten sensiblen Unternehmen vorliegen kann (vgl. § 55 Abs. 1 S. 2 AWV). Nach dem Antrag kann das BMWi innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags ein solches Prüfungsverfahren eröffnen; wenn das BMWi innerhalb dieser Frist kein Verfahren eröffnet, gilt die Unbedenklichkeitsbescheinigung mit Ablauf als erteilt (Fiktion; vgl. § 58 Abs. 2 AWV). Andererseits kann das BMWi auch initiativ, d. h. ohne Antrag des Erwerbers, nach Kenntnis vom Vertragsabschluss ein Prüfungsverfahren eröffnen; die Eröffnung des Prüfverfahrens hat das BMWi dem unmittelbaren Erwerber innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis mitzuteilen, wobei eine Prüfung nach Fristablauf nicht mehr - wie nach früherer Rechtslage - ausdrücklich ausgeschlossen ist (vgl. § 55 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 AWV). Die Initiativprüfung betrifft auch Fälle, in denen eine Meldepflicht nicht besteht und das BMWi anderweitig Kenntnis erlangt (Grave 2018). Ohne Rücksicht auf eine etwaige Kenntniserlangung ist eine Prüfung nach mehr als fünf Jahren ausgeschlossen (vgl. § 55 Abs. 3 S. 6 AWV). In beiden Fällen, d. h. nach Antrag und auf eigene Initiative, kann das BMWi den Erwerb nur innerhalb weiterer vier Monate nach Eingang der vollständigen Unterlagen untersagen oder diesbezüglich Anordnungen erlassen (§ 59 Abs. 1 AWV). 4.2.2.1.2 Sektor-spezifische Prüfung Bei der sektorspezifischen Prüfung gem. §§ 60 ff. AWV ist der Erwerb durch einen ausländischen Investor generell (d. h. unabhängig davon, ob es sich um einen Erwerber aus einem Staat der EU/EFTA handelt) meldepflichtig, wenn dieser Erwerb ein inländisches Unternehmen zum Gegenstand hat, das u. a. Kriegswaffen oder andere militärische Schlüsseltechnologien herstellt oder entwickelt oder Produkte mit IT-Sicherheitsfunktionen zur Verarbeitung von staatlichen Verschlusssachen oder für die IT-Sicherheitsfunktion wesentliche Komponenten solcher Produkte herstellt oder hergestellt hat (vgl. § 60 Abs. 3 S. 1 AWV). Für die sektorspezifische Prüfung ist eine besondere zeitliche Verpflichtung im Hinblick auf die Meldung des Erwerbs zwar nicht vorgesehen, sodass diese grundsätzlich auch nach Vollzug des (Anteils-) Kaufvertrages erfolgen könnte. Allerdings ist dies auch nicht notwendig, weil der Erwerb bei der sektorspezifischen Prüfung – anders als bei der sektorübergreifenden Prüfung bis zur „Freigabe des Erwerbs“ (vgl. § 61 AWV)

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schwebend unwirksam ist (vgl. § 15 Abs. 3 AWG; Flaßhoff und Glasmacher 2017, S. 494). Durch die Freigabe wird der Schwebezustand behoben und der Erwerb wird wirksam. Die Beteiligungsschwelle für die Meldepflicht bzw. das Prüfrecht beträgt einheitlich 10 % für unmittelbare oder mittelbare Stimmrechtsanteile an dem Zielunternehmen (vgl. § 60a Abs. 1 AWV). Für die Bemessung der Beteiligungsschwelle gelten die gleichen Grundsätze wie bei der sektorübergreifenden Prüfung, wobei die Stimmrechtsausübungsvereinbarungen hier nunmehr ausdrücklich erfasst sind (vgl. § 60a Abs. 2 Nr. 2 AWV). Im Hinblick auf die Freigabe bzw. die Untersagung des Erwerbs kann die Prüffrist des BMWi – anders als bei der sektorübergreifenden Prüfung – nicht durch einen Antrag des Erwerbers verkürzt werden: Das BMWi prüft immer initiativ und kann innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eingang der Meldung ein solches Prüfungsverfahren eröffnen. Wenn das BMWi innerhalb dieser Frist kein Verfahren eröffnet, gilt die Freigabe mit Ablauf als erteilt (Fiktion; vgl. § 61 S. 2 AWV). Innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Unterlagen kann das BMWi den Erwerb untersagen oder diesbezüglich Anordnungen erlassen (vgl. § 62 Abs. 2 AWV), wobei etwaige Verhandlungen zwischen den am Erwerb Beteiligten und dem BMWi den Fristablauf hemmen (vgl. § 62 Abs. 2 AWV). In der Praxis fordert das BMWi regelmäßig Unterlagen schrittweise nach, sodass die Dreimonatsfrist ggf. verzögert zu laufen beginnt (Grave 2018). Alternativ gibt das BMWi den Erwerb frei, wenn diesem keine Bedenken im Hinblick auf „wesentliche Sicherheitsinteressen“ der BRD entgegenstehen (vgl. § 61 AWV). Der Begriff „wesentliche Sicherheitsinteressen“ ist wiederum dem Europarecht entlehnt (vgl. Art. 65 und 346 AEUV, Hindelang und Hagemeyer 2017) und umfasst z. B. Auseinandersetzungen militärischer Art, Waffenexporte sowie die Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen oder des friedlichen Zusammenlebens der Völker (Jaeckel 2018).

4.2.2.2 Fusionskontrolle Sofern der chinesische Investor vor der angestrebten Unternehmensübernahme bereits weitere Unternehmen in Deutschland bzw. einem anderen Mitgliedsstaat der EU erworben hat, könnte eine sog. „Fusionskontrolle“ durch die deutsche Wettbewerbsbehörde, das Bundeskartellamt (BKartA), erforderlich sein (auch „Zusammenschlusskontrolle“, vgl. §§ 35 ff. GWB). Im Rahmen der Fusionskontrolle werden Zusammenschlüsse von Unternehmen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Wettbewerb überprüft und ggf. untersagt, um die Entstehung einer übergroßen Marktmacht zu verhindern. Eine Unternehmensübernahme, bei der ein chinesischer Investor das Vermögen eines deutschen Unternehmens ganz oder zu einem wesentlichen Teil erwirbt, gilt als Zusammenschluss i. S. d. GWB (vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB). Das BKartA hat Zusammenschlüsse grundsätzlich zu untersagen, durch die ein wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, wobei dies insbesondere der Fall ist, wenn der Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt (§ 36 Abs. 1 S. 1 GWB). Es wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist,

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wenn es einen Marktanteil von mindestens 40 % hat (vgl. § 18 Abs. 4 GWB); mehrere Unternehmen gelten als marktbeherrschend, wenn sie zusammen einen Marktanteil von mindestens 50 % (für bis zu drei Unternehmen) bzw. zwei Dritteln (für bis zu fünf Unternehmen) erreichen (vgl. § 18 Abs. 5 GWB). Die materiell-rechtliche Beurteilung der erheblichen Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs ist allerdings nicht allein abhängig von Marktanteilen. Für jeden Einzelfall berücksichtigt das BKartA in einer Gesamtschau alle für den betroffenen Markt relevanten Merkmale, z. B. Ressourcen, Beschaffungs-/Absatzmärkte, Marktzutrittsbarrieren und der potenzielle Wettbewerb.1 Zusammenschlüsse sind vor dem Vollzug des (Anteils-)Kaufvertrages beim BKartA anzumelden (vgl. § 39 Abs. 1 S. 1 GWB). Im Falle des Erwerbs einer GmbH kann also der Anteilskaufvertrag bereits unterzeichnet werden, aber hinsichtlich der dinglichen Verfügung über die Geschäftsanteile besteht ein Vollzugsverbot (Grave 2018). Regelmäßig wird daher die Freigabe des BKartA bzw. der Ablauf der Prüffrist als Vollzugsvoraussetzung in den Anteilskaufvertrag aufgenommen. Die Anmeldeverpflichtung besteht immer dann, wenn im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss bestimmte Schwellenwerte in Bezug auf Umsatzerlöse überschritten wurden (vgl. § 35 GWB). Diese betragen beispielsweise 500 Mio. EUR aller beteiligten Unternehmen weltweit oder 25 Mio. EUR eines beteiligten Unternehmens im Inland und 5 Mio. EUR eines anderen beteiligten Unternehmens (vgl. § 35 Abs. 1 GWB). Die Anmeldepflicht besteht also unabhängig davon, ob der Zusammenschluss materiell als eine Behinderung des Wettbewerbs zu bewerten ist und auch dann, wenn das erwerbende chinesische Unternehmen zuvor noch gar nicht in Deutschland tätig war. Das BKartA muss innerhalb eines Monats in das sog. „Hauptprüfverfahren“ eintreten (vgl. § 40 Abs. 1 S. 1 GWB); tut es dies nicht, so gilt der Zusammenschluss als freigegeben. Das Hauptprüfverfahren muss innerhalb von vier Monaten durch Zustellung einer untersagenden bzw. freigebenden Verfügung abgeschlossen sein; erfolgt diese Zustellung nicht innerhalb der Frist, gilt der Zusammenschluss als freigegeben (vgl. § 40 Abs. 2 S. 2 GWB). In der Praxis werden Zusammenschlüsse nur selten untersagt, meistens wird unter Auflagen oder Bedingungen die Freigabe erteilt.

4.2.3 Anmelde- und Genehmigungspflichten in China Unternehmensübernahmen chinesischer Investoren in Deutschland unterliegen nicht nur in Deutschland bestimmten Regularien. Auch in China sind solche sog. „outbound investments“ in Abhängigkeit von der Art und dem Umfang der angestrebten Investition anmelde- bzw. genehmigungspflichtig (Jacobs et al. 2018), um dem Risiko eines unkontrollierten Kapitalflusses über die Grenze zu begegnen. Die chinesischen Regularien werden in unregelmäßigen Abständen und relativ häufig geändert. Eine

1s.

ausführlich Kahlenberg, in Loewenheim et al. (2016).

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teilweise fehlende Veröffentlichung befördert Intransparenz und erhöht das Risiko ungeahnter Fallstricke bei der Unternehmensübernahme. Regulierungsbehörden sind die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform NDRC und das chinesische Handelsministerium MOFCOM, die Kommission des Staatsrats zur Kontrolle und Verwaltung von Staatsvermögen (State-owned Assets Supervision and Administration Commission of the State Council; SASAC) und die Chinesische Regulierungsbehörde für Sicherheiten (China Securities Regulatory Commission; CSRC). Das Staatliche Devisenamt SAFE ist für die Kapitalausfuhr im Rahmen der Gründungs- bzw. Akquisitionsfinanzierung relevant und wird daher dort behandelt. Vor dem Hintergrund dieser großen Zahl an Regulierungsbehörden und der sich stetig ändernden Genehmigungserfordernisse sollte in der Praxis bei Unternehmensübernahmen unter Beteiligung chinesischer Unternehmen, insbesondere von staatseigenen Unternehmen, der mitunter erhebliche Zeitfaktor für die Einholung von Genehmigungen nicht vernachlässigt werden.

4.2.3.1 Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform und das chinesische Handelsministerium Die NDRC und das chinesische Handelsministerium müssen bei Auslandsinvestitionen in der Regel nur benachrichtigt werden, damit diese die Einhaltung der Regeln für Auslandsinvestitionen überwachen können. Die Antragsunterlagen sind für beide Regulierungs-behörden ähnlich. In Einzelfällen kann außerdem eine Genehmigung erforderlich werden, wenn z. B. entweder besondere Staaten oder Regionen, die ohne diplomatische Beziehungen zur VRC sind oder Sanktionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen unterliegen, oder besondere Industriesektoren, wie z. B. Waffen oder Nachrichtenmedien, betroffen sind. Die NDRC überprüft die beabsichtigte Auslandsinvestition dann anhand von Zielen, deren Erreichung von der VRC global angestrebt wird, z. B. den Plan Made in China 2025 (Jacobs et al. 2018). 4.2.3.2 Kommission des Staatsrats zur Kontrolle und Verwaltung von Staatsvermögen Staatseigene Unternehmen unterliegen zusätzlichen Regularien der SASAC. Ein staatseigenes Unternehmen (oder eines seiner Tochtergesellschaften), das beabsichtigt, ein ausländisches börsennotiertes Unternehmen zu erwerben (oder sich mit ihm zusammenzuschließen) oder andere wesentliche Auslandsinvestitionen zu tätigen, muss die beabsichtigte Transaktion bei der SASAC melden und ggf. um Genehmigung ersuchen. Dieser Anmelde- bzw. Genehmigungsprozess muss vor Aufnahme des Prozesses mit der NDRC abgeschlossen sein. Die SASAC hat Anfang 2017 eine sog. „Negativliste“ für unzulässige Auslandsinvestitionen durch staatseigene Unternehmen ausgegeben. Diese (outbound) Negativliste wurde nie offiziell veröffentlicht (De Brauw Blackstone Westbroek 2017, S. 2), sodass ihre Inhalte nur über Drittquellen erschlossen werden können. Danach unterliegen u. a. Auslandsinvestitionen ab 10 Mrd. US$ einem Genehmigungsvorbehalt der

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chinesischen Behörden; Auslandinvestitionen in den Bereichen Immobilien, Eisenerz, Erdöl und Buntmetalle sind generell verboten (De Brauw Blackstone Westbroek 2017, S. 1 f.; Jacobs et al. 2018),

4.2.3.3 Chinesische Regulierungsbehörde für Sicherheiten Unternehmen, die in China an der Börse notiert sind, müssen eine Genehmigung der CSRC einholen, wenn die Auslandsinvestition eine Restrukturierung der wesentlichen Vermögenswerte bedeutet. Bargeldtransaktionen stellen allerdings keine solche genehmigungspflichtige Restrukturierung dar und betreffen die überwiegende Zahl der Auslandsinvestitionen chinesischer börsennotierter Unternehmen (Jacobs et al. 2018).

4.2.4 Gründungs-/Akquisitionsfinanzierung und Sicherheiten Nach dem erfolgreichen Durchlaufen der zahlreichen Anmeldungs- bzw. Genehmigungsprozesse muss der chinesische Investor das Staatliche Devisenamt SAFE für den Transfer des Kaufpreises für die Transaktion kontaktieren. Denn nur über die vom Staatlichen Devisenamt zugelassenen Banken können Geldzahlungen ins Ausland erfolgen. Diese Banken wickeln den Geldtransfer nach Deutschland grundsätzlich selbstständig ab, werden aber bei ihren Tätigkeiten vom Staatlichen Devisenamt überwacht. Auszahlungen ab 5 Mio. US$ für Auslandsinvestitionen bedürfen allerdings generell der Erlaubnis des Staatlichen Devisenamts. Außerdem versuchen die lokalen Devisenämter durch Befragungen des Managements des chinesischen Unternehmens die Echtheit und Regeltreue der Zielgesellschaft sicherzustellen (Jacobs et al. 2018). Für börsennotierte und staatseigene Unternehmen, die im Ausland investieren wollen, gelten besondere Regelungen. In der Regel verlangt der Veräußerer zudem eine Bankbürgschaft des chinesischen Erwerbers, um die Kaufpreiszahlungen im Rahmen des Unternehmenserwerbs abzusichern. Bürgschaften sind für chinesische Investoren oftmals sehr teuer: Ihre Bonität wird aufgrund der schwierigen Möglichkeiten eines Rückgriffs der bürgschaftsgebenden Bank in der VRC schlechter bewertet, als die Bonität europäischer Investoren. Daher werden häufig chinesische Banken mit Niederlassungen in Deutschland als Bürgen eingesetzt.

4.2.5 Steuern Neben der Gewinnbesteuerung des Kaufpreises beim Veräußerer, ist auch der Erwerber durch eine Unternehmensübernahme einer zusätzlichen Steuerlast ausgesetzt. Sofern im Rahmen der Unternehmensübernahme das Unternehmen im Ganzen übereignet wird, haftet der Erwerber grundsätzlich für alle betrieblichen Steuern (vgl. § 75 AO). Dies

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betrifft die Gewerbe- und Umsatzsteuer und auch die mit der Veräußerung des Unternehmens selbst entstehenden Steuern. Dazu muss die Steuerschuld seit dem Beginn des letzten Kalenderjahres, das vor der Übereignung liegt, entstanden sein und bis zum Ablauf von einem Jahr (nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber) festgesetzt (§ 155 AO) oder angemeldet (§§ 167 f. AO) worden sein. Im Außenverhältnis gegenüber dem Finanzamt kann die Haftungsfolge des § 75 AO nicht etwa durch eine Freistellungsvereinbarung zwischen den Vertragsparteien abbedungen werden. Die Vertragsparteien werden daher im (Anteils-) Kaufvertrag regelmäßig eine Steuerfreistellung im Innenverhältnis regeln.2 Überdies ist es – sofern verhandelbar – ratsam, die Kaufpreiszahlung von der Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung seitens des Finanzamtes über Steuerrückstände abhängig zu machen.3

4.2.6 Arbeitnehmer Im Rahmen der Unternehmensübernahme sind Arbeitnehmer durch § 613a Abs. 1 BGB besonders geschützt, denn geht ein Betrieb (oder ein Betriebsteil) auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser neue Inhaber (z. B. der chinesische Investor) in die Rechte und Pflichten des bisherigen Inhabers ein: Die Arbeitsverhältnisse gehen folglich mit dem Betrieb auf den Erwerber über. Während dies beim Erwerb von Geschäftsanteilen an Gesellschaften (sog. „share deal“) mangels Betriebsübergang keine Anwendung findet, (Lipinski und Kaindl 2018, S. 246; Seel 2008, S. 875) gilt dies umso mehr für Unternehmensübernahmen im Wege eines carve-outs bzw. asset deals.4 Wird eine entsprechende Übernahmestruktur angestrebt, dann müssen der bisherige oder der neue Inhaber die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang über die Details der Unternehmensübernahme unterrichten (vgl. § 613a Abs. 5 BGB). Der jeweilige Arbeitnehmer kann dem Übergang dann innerhalb eines Monats widersprechen (vgl. § 613a Abs. 6 BGB). Dieses Widerspruchsrecht dürfte insbesondere bei solchen Unternehmensübernahmen relevant sein, bei denen es dem chinesischen Investor gerade auf die Übernahme des in den Mitarbeitern verkörperten Wissens und ihre Fähigkeiten ankommt (Know-how Transfer).5

2s.

ausführlich Specker in Pfirrmann et al. (2018). ausführlich Intemann, in Koenig (2014). 4s. ausführlich Jacques in Ettinger et al. (2017). 5zu entsprechenden Gestaltungsmöglichkeiten s.: Lipinski und Kaindl (2018, S. 245–247). 3s.

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4.3 Deutsch-chinesisches Investitionsschutzabkommen Das „Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen“ vom 01.12.2003 ist ein sog. „Bilateraler Investitionsschutzvertrag“ (Bilateral Investment Treaty; BIT), der den Schutz von Investitionen der Staatsangehörigen des einen Staats im jeweils anderen Staat bezweckt. In Bezug auf Unternehmensübernahmen schützt der BIT u. a. Gesellschaftsanteile (vgl. Art 1 Abs. 1 lit. b) BIT) und das Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen (vgl. Art 1 Abs. 1 lit. a) BIT), wie sie im Zuge eines asset deals übertragen werden. Der jeweilige Gaststaat ist verpflichtet den Investitionen des Ausländers den üblicherweise in Investitionsschutzverträgen vereinbarten Schutz zukommen zu lassen (Dolzer und Schreuer 2012, S. 130–132). Darunter fällt z. B. das Prinzip der fairen und gerechten Behandlung (fair and equitable treatment principle; vgl. Art. 3 Abs. 1 BIT), der Meistbegünstigungsgrundsatz (most favored nation principle; vgl. Art. 3 Abs. 3 BIT) und die ungehinderte Möglichkeit der Repatriierung von Erträgen der Kapitalanlage (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. b) BIT). Darüber hinaus ist der jeweilige Gaststaat im Falle von Enteignungen oder enteignungsgleichen Maßnahmen zu einer Entschädigung verpflichtet, die unverzüglich (prompt), in voller Höhe des Marktwerts (fair market value; FMV) der Investition (adequate) und in tatsächlich verwertbarer und konvertibler Währung (effective) zu leisten ist (sog. Hull Formula) (Schäfer 2016, S. 798). Der BIT ist zwar ein völkerrechtlicher Vertrag, d. h. seine Parteien sind Staaten. Er gewährt dem aus einem dieser Staaten stammenden Investor im Falle von Streitigkeiten allerdings einen unmittelbaren Anspruch (z. B. auf Entschädigung) gegen den Gaststaat. Diesen Anspruch kann der Investor vor einem Schiedsgericht, das nach den Regeln des bei der Weltbank ansässigen Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (International Centre for the Settlement of Investment Disputes; ICSID) entscheidet, geltend machen.6 Im Rahmen der Unternehmensübernahme ist der BIT prima facie nicht von unmittelbarer Relevanz. Allerdings kann es sich lohnen, die Übernahme eines Unternehmens in Deutschland bzw. China so zu strukturieren, dass – etwa im Falle einer Enteignung – der Auslandsinvestition der größtmögliche Schutz zukommt. Dazu kann entweder das Erwerbsvehikel selbst oder aber eine Holdinggesellschaft nach dem Recht solcher Staaten gegründet werden, die einen besonders komfortablen Investitionsschutzvertrag mit dem Gaststaat ausgehandelt haben (sog. Treaty Shopping) (Tekin 2017).

6zur

Zulässigkeit von Klagen nach ICSID-Regeln, siehe Lörcher (2005, S. 11–13).

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M. J. Annweiler

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5

Kulturelle Analyse Anne Grohs und Mona Stechmann

In diesem Kapitel werden die kulturellen Rahmenbedingungen, die für Transaktionen zwischen deutschen und chinesischen Unternehmen relevant sind, betrachtet. Eine ausführliche Analyse der Kulturdimensionen nach Hofstede, eine Betrachtung der Wertesysteme und deren Auswirkungen auf die Kommunikationsstile, verschiedene Aspekte der Unternehmensführung, sowie auf das Verhalten in Verhandlungen im Besonderen, eröffnet die Möglichkeit Transaktionen zwischen deutsch-chinesischen Partnern besser zu verstehen.

5.1 Chinesische Kultur Neben den wirtschaftlichen Faktoren spielen auch die kulturellen Elemente eine große Rolle. Dies gilt sowohl für die verschiedenen Verhandlungsphasen, als auch in der anschließenden Zeit der gemeinsamen Unternehmensführung oder Betriebsübernahme.

M. Stechmann (*)  Jork, Deutschland E-Mail: [email protected] A. Grohs  Berlin, Deutschland E-Mail: [email protected] © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Graewe (Hrsg.), Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30172-9_5

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A. Grohs und M. Stechmann

5.1.1 Kulturdimensionen Der Kulturwissenschaftler Geert Hofstede entwickelte basierend auf empirischen Daten das sog. Value Survey Model zur Analyse von Kulturen. Demnach unterscheiden sich Kulturen in der Ausprägung von sechs Dimensionen. Die Ausprägungen der Merkmale für Deutschland und China sind in Abb. 5.1 dargestellt.

5.1.1.1 Machtdistanz Die Machtdistanz zeigt den Grad der Toleranz einer wenig mächtigen Person gegenüber einer ungleichen Machtverteilung (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 39). Sie beschreibt inwiefern die allgemeine Ungleichheit von der Gesellschaft akzeptiert wird. Eine Kultur mit geringer Machtdistanz versucht die Ungleichheit der Individuen zu minimieren. Hingegen wird in Kulturen mit großer Machtdistanz die Ungleichheit als normal angesehen. China erreicht mit 80 Punkten einen hohen Wert für die Machtdistanz. Die Gesellschaft akzeptiert die vorherrschende Ungleichheit und lehnt sich nicht gegen Machtmissbrauch auf (Hofstede Insights o. D.). Zudem ist in der chinesischen Gesellschaft in vielen Lebensbereichen eine hierarchische Struktur vorzufinden (Dathe und Helmold 2018, S. 55–57). In Deutschland herrscht hingegen eine niedrige Machtdistanz (35 Punkte), welche sich durch einen hohen Grad an Dezentralisierung und einen ausgeprägten Mittelstand äußert (Hofstede Insights o. D.). 5.1.1.2 Individualismus vs. Kollektivismus Die Ausprägung dieser Kulturdimension ist davon abhängig, ob sich die Mitglieder der Gesellschaft als „Ich“ oder „Wir“ identifizieren (Hofstede Insights o. D.). Die wesentlichen Merkmale sind in der folgenden Tabelle gegenübergestellt (Tab. 5.1): Kollektivisten bilden sog. In-Groups wie z. B. Familie, Freunde, Arbeitskollegen, Studienkollegen, Lehrer/Schüler, aber auch Menschen, die man bei gemeinsamen Erlebnissen kennengelernt hat. Eine Person kann mehreren In-Groups angehören und wird

Abb. 5.1   Vergleich der Kulturdimensionen in China und Deutschland. (Hofstede Insights o. D.)

5  Kulturelle Analyse

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Tab. 5.1  Gegenüberstellung Individualismus und Kollektivismus. (Dathe und Helmold 2018, S. 57; Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 39) Individualismus

Kollektivismus

Individuen sorgen nur für sich selbst und enge Familienmitglieder

Hoher Stellenwert von Gruppenzugehörigkeit und Fürsorge unter den Mitgliedern

Wichtige Werte: individuelle Unabhängigkeit, Autonomie, Privatsphäre

Wichtige Werte: Soziale Normen und Teilnahme an gemeinschaftlichen Aktivitäten

Leistungen und Rechte des Einzelnen werden hervorgehoben

Leistungen der Gruppe zählen und Entscheidungen werden gemeinsam im Sinne des Gemeinwohls getroffen

Individuelle Ziele haben Vorrang vor Gruppenzielen

Persönliche Ziele werden dem Allgemeinwohl untergeordnet

von deren Bedürfnissen und Werten beeinflusst (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 42). Mit einem Wert von 20 Punkten ist die chinesische Kultur stark kollektiv geprägt (Hofstede Insights o. D.). Chinesen sehen sich selbst zuerst als Mitglied der Gruppe. Personen, die nicht ihrer In-Group angehören, sog. Out-Groups, stehen Chinesen jedoch eher gleichgültig bis feindlich gegenüber (Dathe und Helmold 2018, S. 57). Die deutsche Kultur ist mit 67 Punkten individualistisch orientiert (Hofstede Insights o. D.).

5.1.1.3 Maskulinität vs. Femininität Diese Kulturdimension beschreibt von welchen Werten sich die Menschen motivieren lassen. Ein hoher Wert bedeutet, dass die Gesellschaft von maskulinen Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen, Leistung und materiellem Erfolg getrieben wird. Ein niedriger Wert steht hingegen für Femininität und damit verbundene Fürsorge und Lebensqualität. Die entscheidende Frage dieser Dimension ist, ob es die Menschen motiviert der Beste zu sein (Maskulinität) oder zu tun was man mag (Femininität). Die deutsche Gesellschaft ist maskulin geprägt (66 Punkte). Der Leistungsgedanke wird schon früh deutlich, da Kinder bereits ab der vierten Klasse gemäß dem Leistungsniveau auf verschiedene Schulen aufgeteilt werden (Hofstede Insights o. D.). Mit einem Wert von 66 Punkten ist China ebenfalls von einer maskulinen und erfolgsorientierten Kultur geprägt. Dies äußert sich beispielsweise im Leistungsdruck chinesischer Studenten (Hofstede Insights o. D.). Obwohl beide Länder den gleichen Wert erreichen, besteht ein unterschiedliches Verständnis der Ausgestaltung dieser Dimension. In China wird zum Beispiel die Motivation der Kinder bereits im Vorschulalter durch ein öffentliches Ranking ihrer Leistungen gefördert. Der öffentliche Wettbewerb wird auch im Berufsleben fortgeführt (Dathe und Helmold 2018, S. 58). Dieses Vorgehen ist jedoch mit dem deutschen Wertesystem nicht vereinbar.

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5.1.1.4 Unsicherheitsvermeidung Der Grad der Unsicherheitsvermeidung spiegelt das Ausmaß der gefühlten Bedrohung durch Unklarheiten oder unbekannte Situationen wider (Hofstede Insights o. D.). Merkmale von Mitgliedern einer Kultur mit hoher Unsicherheitsvermeidung sind ausgeprägte Organisation und Anstreben von Sicherheit im Leben. Veränderungen werden vermieden und Fehler gefürchtet. Hingegen äußert sich Unsicherheitstoleranz durch die Akzeptanz von Ambiguitäten sowie ein höheres Maß an Flexibilität (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 45). Deutschland ist mit 65 Punkten eines der Länder mit der stärksten Unsicherheitsvermeidung. Dies wird durch den Wunsch nach Vorschriften und die prinzipielle Ablehnung von Veränderung deutlich. Die chinesische Kultur erreicht in dieser Dimension hingegen nur 30 Punkte (Hofstede Insights o. D.). Chinesen stehen Veränderungen offen und pragmatisch gegenüber. Auch mit der Mehrdeutigkeit von Informationen können Chinesen gut umgehen. Dies macht sich beispielsweise auch in Gesetzen und Vorschriften bemerkbar, die häufig dem Sachbearbeiter Spielräume für die Berücksichtigung der individuellen Umstände einräumen (Dathe und Helmold 2018, S. 58 f.). 5.1.1.5 Langzeit-Ausrichtung Die Langzeit-Ausrichtung beschreibt die Bereitschaft für Gewinne in der Zukunft auf Werte in der Gegenwart zu verzichten (Dathe und Helmold 2018, S. 59). Eine niedrige Ausprägung deutet darauf hin, dass bewährte Traditionen fortgesetzt und Veränderungen skeptisch angesehen werden. Hingegen zeigt eine hohe Ausprägung Bereitschaft zur Veränderung und Investition in Bildung als Zukunftsabsicherung (Hofstede Insights o. D.). Sowohl Deutschland (83 Punkte) als auch China (87 Punkte) sind pragmatisch orientiert. Die Gesellschaft ist der Auffassung, dass die Wahrheit stark situations-, zeitund kontextabhängig ist. Somit können Traditionen leicht den geänderten Rahmenbedingungen angepasst werden (Hofstede Insights o. D.). Obwohl sich beide Kulturen im Hinblick auf die Langzeit-Ausrichtung sehr ähnlich sind, sind chinesische Unternehmer in Verbindung mit der niedrigen Unsicherheitsvermeidung für eine langfristige geschäftliche Partnerschaft bereit tendenziell höhere Risiken einzugehen (Dathe und Helmold 2018, S. 59). 5.1.1.6 Indulgence vs. Restraint Diese Kulturdimension beschreibt das Ausmaß, mit dem Menschen versuchen ihre Wünsche und Impulse zu kontrollieren. Indulgence heißt, dass der Mensch nachgiebig in Bezug auf seine menschlichen Bedürfnisse ist, während Restraint für Zurückhaltung und Selbstbeherrschung steht. Kulturen mit einer hohen Nachgiebigkeit sind durch eine optimistische Grundstimmung, extrovertierte Persönlichkeiten und eine geringe moralische Disziplin geprägt. Zurückhaltende Kulturen zeichnen sich hingegen durch gegenteilige Eigenschaften aus: Sie sind pessimistisch bzw. zynisch geprägt, weisen viele introvertierte Persönlichkeiten und hohe moralische Disziplin sowie Arbeitsmoral

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auf. Zudem ist die Toleranz gegenüber ausländischen Kulturen bei zurückhaltenden Kulturen geringer (Dathe und Helmold 2018, S. 59). Sowohl die chinesische als auch die deutsche Kultur sind restraint (China 24 Punkte und Deutschland 40 Punkte) (Hofstede Insights o. D.). Allerdings sind die Dimensionen unterschiedlich ausgeprägt. In China steht das Berufsleben an erster Stelle. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation ist es üblich, dass chinesische Wanderarbeiter ihre Familie zurücklassen, um in einer Fabrik in einer entfernten Stadt zu arbeiten (Dathe und Helmold 2018, S. 60–61). Im Vergleich dazu ist Deutschland eher nachgiebig bzw. indulgenced.

5.1.2 Kulturelle Werte Die chinesische Kultur zeichnet sich durch die zentralen kulturellen Werte Hierarchieorientierung, Flexibilität, Orientierung am sozialen Status und kollektivistische Orientierung aus. Auch wenn einzelne Chinesen eher westlich geprägt wirken, ist ihre Kultur stark in ihnen verwurzelt. Daher ist es bedeutsam die chinesischen Werte zu kennen und anwenden zu können. Das Hierarchieprinzip, welches in Hofstedes Kulturdimension der Machtdistanz sichtbar wird, hat in China eine lange Tradition. Selbst der Kommunismus wurde dem Hierarchiegedanken angepasst. Jedes Mitglied der Gesellschaft erhält eine feste Rolle mit speziellen Rechten und Pflichten. Die gesellschaftliche Struktur ist geprägt durch Höherrangige (z. B. Führungskräfte, Lehrer, ältere Personen, Eltern) und Untergeordnete (z. B. Mitarbeiter, Kinder, jüngere Personen, Schüler). Recht hat immer der Höherrangige, dessen Entscheidungen auch nicht hinterfragt werden (Ma und Becker 2015, S. 15–16). Flexibilität äußert sich in der chinesischen Kultur in Form von Anpassungsfähigkeit, Pragmatismus und Gelassenheit (Ma und Becker 2015, S. 28). Wie bei Hofstede beschrieben, steht im Kollektivismus das Interesse der Gemeinschaft an erster Stelle. Individuelle Wünsche werden dem Gemeinwohl untergeordnet. Dementsprechend sind die zwischenmenschlichen Beziehungen wichtiger und die Netzwerke größer. Es wird durch Rücksichtnahme, Bescheidenheit und Höflichkeit ein harmonisches Umfeld angestrebt (Ma und Becker 2015, S. 19–20). Ein weiterer wichtiger Bestandteil der chinesischen Kultur ist auch die Orientierung am sozialen Status. Dieser setzt sich aus den zwei Konzepten Guanxi (Netzwerk) und Mianzi (Gesicht) zusammen. Der Status entsteht durch die Ansammlung von Mianzi bzw. durch das von anderen gezeigte Verhalten (z. B. Ehrerbietung, Respekt, Unhöflichkeit) (Vermeer 2015, S. 72). Das Konzept Mianzi bedeutet wörtlich das Gesicht oder die Oberfläche. Gemeint ist die Fremdwahrnehmung des eigenen Status. In der chinesischen Kultur ist man aufgefordert anderen Mianzi zu geben bzw. sein Mianzi nicht zu verlieren (Dathe und Helmold 2018, S. 66). Es bestehen Ähnlichkeiten zu den deutschen Begriffen „Gesichtsverlust“ oder „Gesicht wahren“. Jedoch beschreibt der chinesische Begriff

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darüber hinaus eine kulturelle Ursache von Verhaltensweisen (Dederichs 2018, S. 240). Das Konzept Mianzi umfasst außerdem moralische Verpflichtungen, die ergänzend zur Rechtsprechung das Leben der Chinesen prägen (Dathe und Helmold 2018, S. 66). Gesichtswahrung ist eine der wichtigsten chinesischen Kulturnormen und hat großen Einfluss auf die Kommunikation und das Zusammenleben. Durch das Gewinnen und Schenken von Mianzi entstehen Guanxi (Ma und Becker 2015, S. 24). Guanxi sind als das Netzwerk gegenseitiger Verpflichtungen und Ansprüche zu verstehen. Das chinesische Verständnis gegenseitiger Interdependenz geht jedoch über die westliche Auffassung hinaus: Chinesen definieren sich über ihre Beziehungen zu anderen Menschen und gehen dabei Verpflichtungen zur gegenseitigen Hilfe innerhalb verschiedener Gruppen ein. Der Kreis an Personen, denen man gegenüber Verpflichtungen eingeht und Ansprüche geltend machen kann, ist deutlich größer als nach dem deutschen Verständnis. Außerdem bleibt die Verpflichtung zur gegenseitigen Hilfe auch über Jahre noch bestehen, selbst wenn der Kontakt nicht mehr besteht. Die Bedeutung von Guanxi ist in China sehr hoch, was sich daran erkennen lässt, dass bei einer Investition Guanxi als Kapital eingebracht werden können und dies einer monetären Einlage gleich gewertet wird. Neben den Vorteilen der Guanxi ist zu erwähnen, dass dessen Pflege ein hoher Stellenwert eingeräumt wird. Außerdem sollte beachtet werden, dass Ansprüche auf Basis von Guanxi nicht verjähren und jederzeit eingefordert werden können (Vermeer 2015, S. 67–69).

5.1.3 Kommunikation und Verhalten in China Die Amtssprache in China ist Hochchinesisch, auch Mandarin genannt. Sie wird von den meisten Chinesen beherrscht, wohingegen Fremdsprachenkenntnisse wenig vorhanden sind. Die Kommunikation mit Chinesen läuft zumeist über übersetzende Begleitpersonen oder schlechtes Englisch. Doch auch wenn Übersetzer eingesetzt werden, liegt das Hauptaugenmerk der Chinesen auf der Beobachtung des Verhandlungspartners. Die Körpersprache, Tonlage, Kleidung und die Mimik werden genau beobachtet. Auch die Reaktionen auf das Verhalten der chinesischen Partner sind bedeutsam bei dem Aufbau einer Geschäftsbeziehung (Ma und Becker 2015, S. 25). Chinesen kommunizieren nur zu 30 % über die Sprache, der Rest muss aus dem Kontext erschlossen werden, wie beispielsweise der genannten Körpersprache (Ma und Becker 2015, S. 25–27).

5.1.3.1 Grundsätze in der Kommunikation Im westlichen Raum ist das Ziel der Kommunikation das Gegenüber zu überzeugen. Doch Chinesen wollen mit Kommunikation vor allem Harmonie herstellen. Auch aus diesem Grund ist die chinesische Kommunikation geprägt von Indirektheit, Anpassung an Kontext und Situation sowie dem Einsatz von Schweigen und Empathie (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 13). Die Kommunikation in China zeichnet

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sich außerdem durch die starke Hierarchieorientierung, das Schützen und Steigern des sozialen Gesichts sowie durch Einladungen und Geschenken aus. Viele dieser Punkte stellen Unterschiede zu der deutschen Kultur und somit Herausforderungen in der inter­ kulturellen Kommunikation dar. In Deutschland werden beispielsweise häufig klare Standpunkte kommuniziert, während in China eher schwammige und flexible Aussagen getroffen werden. Ebenso steht die chinesische indirekte Kommunikation einer direkten und eher offensiven Kommunikation gegenüber. Eine direkte Kommunikation steht dem Harmonie-Bestreben entgegen und würde das Gesicht des Gegenübers verletzen sowie die Hierarchie in Frage stellen. Zusätzlich entsteht ebenfalls ein Gesichtsverlust durch unhöfliches Verhalten, wie einer Ansprache auf Augenhöhe ohne Berücksichtigung der Hierarchie. Daher ist die vorausgehende Analyse der hierarchischen Position der Gesprächspartner, die Grundlage zum Aufbau einer Geschäftsbeziehung und der erste Schritt, um dem Gegenüber Respekt zu zeigen. Für die Chinesen sind die Inhalte des Gespräches wesentlich weniger von Bedeutung, als die Wahrung von Harmonie und Bescheidenheit. Dies kann durch die Demonstration von Interesse an dem Gesprächspartner als Privatperson und durch Ausstrahlung von Bescheidenheit erreicht werden (Ma und Becker 2015, S. 25–27).

5.1.3.2 Nonverbale Kommunikation Durch die sprachlich sehr vage Formulierung der Chinesen ist die nonverbale Übermittlung von Botschaften sehr ausgeprägt. Um sozial kompetent kommunizieren zu können, sind Aspekte wie der körperliche Abstand, Gesichtsausdruck, Blickverhalten und die Gestik bedeutsam. In China ist es üblich sehr nahen körperlichen Kontakt zu haben. Für viele Europäer fehlt hier die gewohnte Distanz. Allerdings ist der Körperkontakt ausschließlich bei gleichen Geschlechtern ausgeprägt. Körperkontakt zwischen Mann und Frau hingegen ist tabuisiert. Auch der Gesichtsausdruck weist deutliche Unterschiede zu anderen Kulturen auf. Der Gesichtsausdruck der Chinesen ist im geschäftlichen Kontext ein andauerndes Lächeln oder ein neutraler Ausdruck. Dieser wird auch nicht in kritischen Situationen oder Auseinandersetzungen verändert. Für westliche Partner kann es irritierend sein, dass Chinesen auch auf peinliche Situationen oder negative Ereignisse mit einem Lächeln reagieren (Ma und Becker 2015, S. 25–27). Da der Mund kaum für den Emotionsausdruck verwendet wird, achten Chinesen sehr stark auf die Augenpartie, um Emotionen des Gegenübers zu lesen. Chinesen meiden den Blick oder wenden ihn gar ab, wenn sie beleidigt oder verärgert sind. Außerdem vermeiden sie es, jemandem zu direkt in die Augen zu schauen, da dies als unhöflich, dominant oder bedrohlich verstanden werden könnte oder im Extremfall mangelnden Respekt zeigt (Ma und Becker 2015, S. 25–27). In westlichen Kulturen werden verbale Aussagen durch Mimik und Gestik unterstrichen, wohingegen dies in China nicht üblich ist. Ein weiterer Unterschied der nonverbalen Kommunikation ist das Kopfnicken. In westlichen Kulturen signalisiert es Zustimmung, in China hingegen lediglich ein aufmerksames Zuhören (Ma und Becker 2015, S. 26).

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5.1.3.3 Beziehungspflege In China ist es üblich nur mit denjenigen Personen Geschäfte zu machen, mit denen eine enge Beziehung vorliegt. Daher sind ein erfolgreicher Aufbau und die Pflege der Guanxi die Grundvoraussetzungen für geschäftlichen Erfolg. Hierbei sind das erste Kennenlernen und der Small Talk von besonderer Bedeutung. Es ist bedeutsam im Vorhinein herauszufinden, welchen Rang die Gesprächspartner haben, um keine Gesichtsverletzungen durch mangelnden Respekt zu riskieren. Small Talk hilft nützliche Informationen zu gewinnen sowie Beziehungen aufzubauen. Untergeordnete Personen sollten aufgrund der Hierarchieordnung weniger Fragen stellen (Ma und Becker 2015, S. 36–38). Einladungen sind ein wesentliches Element, um Geschäftsbeziehungen in China zu festigen. In China sind Einladungen alltäglich und werden schnell ausgesprochen, was für Deutsche ungewöhnlich ist. Hier ist es jedoch entscheidend herauszufiltern, ob es sich um eine Höflichkeit handelt oder die Einladung ernste Absichten hat (Ma und Becker 2015, S. 36–38). 5.1.3.4 Businesskultur Die wichtigsten kulturellen Unterschiede in Bezug auf Geschäftsbeziehungen und insbesondere bei Verhandlungen, können unter dem Oberbegriff „7 G“ zusammengefasst werden: In China ist es leicht Beziehungen zu schwächen, indem unbeabsichtigt das Gesicht des hochrangigen Gegenübers verletzt wird. Die Bedeutung des „Gesichtwahrens“ spielt hier eine besondere Rolle und wurde bereits näher ausgeführt. Zusammenfassend zu dieser Thematik soll hier nur noch festgestellt werden, dass es bedeutsam ist, die indirekte Kommunikation zu praktizieren. Chinesen lassen sich bei Geschäftsterminen zudem viel Zeit, bis sie den geschäftlichen Teil beginnen. Für sie ist es von großer Bedeutung, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, weswegen für die deutsche Delegation viel Geduld gefordert ist. Nach Abschluss des langen Small Talks, sollte zunächst kurz das eigene Unternehmen vorgestellt werden. Hierbei sollten aber die Geschäfts- und Kooperationserwartungen zunächst nicht preisgegeben werden, um dem Risiko zu entgehen, dass die chinesische Seite genau dies anbietet, obwohl es nicht ihrem Leistungsumfang entspricht (Wang und Wang 2014, S. 320–322). Als „Gege“ wird im chinesischen die Person verstanden, die nur aus dem Hintergrund agiert und die wesentlichen Entscheidungen trifft. Das Verhandlungsteam besteht meist aus jüngeren Teammitgliedern, welche zunächst prüfen, ob die Vorstellungen beider Parteien zu vereinbaren sind. Es sollte versucht werden herauszufinden, wer die Entscheidungsträger in dem chinesischen Team sind, um besonders auf dessen Vorschläge einzugehen. Häufig ist aber eben dieser erst in der letzten Verhandlungsrunde vertreten (Werkshage o. D.). Unter dem Begriff Guanxi wird ein Netzwerk gegenseitiger Verpflichtungen verstanden. Da dies bereits erläutert wurde, soll an dieser Stelle nur erwähnt werden,

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dass es wichtig ist, eine gute, freundschaftliche Beziehung zu dem Geschäftspartner zu entwickeln, welche langfristig ausgerichtet ist. Die richtigen Guanxi können Türöffner zu neuen Geschäften sein. Das gemeinsame Geschäftsessen ist in China von zentraler Bedeutung. Größere Geschäfte oder eine Geschäftsbeziehung ohne ein gemeinsames Essen sind in China nicht vorstellbar (Ma und Becker 2015, S. 42–44). Welche Bedeutung der Gastgeber dem Geschäftspartner beimisst, lässt sich bereits durch die Gestaltung des Essens erahnen. Indikatoren sind der Ort der Veranstaltung, Anzahl und Qualität der Gerichte, Teilnehmerkreis, Sitzordnung und eventuell die Kleidung der Beteiligten. Traditionell gehört es in China dazu, dass der Gastgeber seine Gäste häufig zum Trinken alkoholischer Getränke auffordert. Es wird auf Freundschaft, die Zusammenarbeit bzw. den Geschäftsabschluss getrunken. Hierzu gehört auch, dass mit steigendem Alkoholkonsum die Stimmung steigt und sich die Atmosphäre lockert (Dathe und Helmold 2018, S. 50–51). Solche Geschäftsessen werden meist mit Small Talk eröffnet, um Beziehungen aufzubauen, zu festigen und festgefahrene Verhandlungen neu aufzunehmen (Ma und Becker 2015, S. 42–44). Eine wichtige Funktion in Chinas Businesskultur haben Geschenke. Auch sie helfen geschäftliche Beziehungen aufzubauen und können beim ersten Kennenlernen, bei Einladungen oder auch bei späteren geschäftlichen Treffen eingesetzt werden. Bei Geschenken sollten immer die kulturellen Werte berücksichtigt werden, da sie eine Funktion der Wertschätzung und des Respekts haben. Die Geschenke werden meist öffentlich überreicht, weswegen das Aussehen, die Verpackung und die Marke enorm wichtig sind. Beispiele für Geschenke sind hochwertige Schreibgeräte, deutsche Süßwaren oder auch Werbegeschenke des Unternehmens. Auf keinen Fall sollten Verpackungen in tristen Farben (weiß, grau, schwarz) gewählt werden (Ma und Becker 2015, S. 36–38). Über den Geschäftserfolg kann die Wahl des richtigen gewogenen Dolmetschers entscheidend sein. Ein guter Dolmetscher ist nicht nur ein Übersetzer des Gesagten, sondern er vermittelt zugleich zwischen den Kulturen. Besonders wertvoll ist es, wenn der Dolmetscher auch über ein gewisses technisches Verständnis des verhandelten Produktes verfügt. Aus diesem Grund bedarf der Vorbereitung des Dolmetschers ausreichend Zeit. Er sollte über das Unternehmen, die Produkte bzw. die Dienstleistungen informiert sein (Vermeer 2015, S. 142–144).

5.1.4 Korruption und Bestechung Persönliche Beziehungen spielen in der chinesischen Businesskultur eine große Rolle. Es werden Geschenke gemacht, um Geschäftsbeziehungen aufzubauen und voranzutreiben. Viele Geschäftsleute in China begeben sich häufig in eine Grauzone, da die Grenze zwischen Bestechung und Beziehungspflege sehr verschwommen ist (Lorenz 2014, S. 75).

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Die Antikorruptionsgesetzgebung in China erscheint dabei zunächst undurchsichtig und kompliziert. Unterschiede zum deutschen Strafrecht sind insofern vorhanden, als dass das Strafgesetzbuch zwischen Bestechung und Vorteilsgewährung unterscheidet. Das chinesische Strafrecht hingegen nimmt diese Unterscheidung nicht vor. Weiter besteht in China ein bedeutender Ermessensspielraum der Behörden gegen wen strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet werden. Da China Maßnahmen ergriffen hat, um Gesetze deutlicher zu interpretieren, ist anzunehmen, dass die Beseitigung von Korruption als einer der wichtigsten Schritte angesehen wird, um das Land noch attraktiver für ausländische Investoren zu machen (Lorenz 2014, S. 82–83).

5.2 Verhandlungen Um erfolgreich mit chinesischen Unternehmen bzw. deren Vertretern zu verhandeln, ist es unerlässlich sich mit der chinesischen Verhandlungsführung auseinanderzusetzen. Für die westlichen Kulturen sind die Mehrdeutigkeit bzw. die unpräzisen Informationen der Kommunikation schwer zu verstehen. Um trotzdem zu einem gemeinsamen Erfolg zu kommen, hilft nur viel Geduld und Verständnis für die andere Kultur aufzubringen (Dathe und Helmold 2018, S. 52–53). Häufig werden die eigenen, kulturell geprägten Erwartungen enttäuscht, was zu Missverständnissen und Frustration führt. Wenn eine Partei glaubt, dass keine zufriedenstellende Einigung mehr erreicht werden kann, kann dies im schlimmsten Fall zu einem Abbruch der Transaktion führen. Daher ist es notwendig, über ein grundsätzliches Bewusstsein für interkulturelle Differenzen zu verfügen (Kirschner und Huang 2014).

5.2.1 Verhandlungsmerkmale Chinesische Verhandlungsdelegationen unterscheiden sich oftmals wegen der wesentlich größeren Teilnehmeranzahl von ihren deutschen Kollegen. Es ist nicht immer derjenige, der die Verhandlung führt, auch derjenige, der entscheidet. Die einzige Möglichkeit, den wahren Entscheider im Verhandlungsteam zu identifizieren, ist es, die Delegation hinsichtlich ihrer Körpersprache zu beobachten (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 110). Eine weitere Besonderheit von Verhandlungen mit Chinesen ist, dass diese immer wieder auf die gleichen Punkte zu sprechen kommen und dabei unterschiedliche Teilnehmer der deutschen Delegation ansprechen. Von dieser Kommunikationstechnik erhoffen sie sich, Informationen, nach dem Motto „was der eine nicht sagt, sagt der andere“, auszuweiten. Die nächste große Hürde in deutsch-chinesischen Verhandlungen, ist der Verhandlungsprozess selbst. Während die Deutschen eine festgelegte Abfolge präferieren, scheint der Ablauf bei den Chinesen unstrukturiert (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 110–111).

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Es sollte zumeist damit gerechnet werden, dass die Verhandlungen in China stattfinden. Chinesen sind gerne Gastgeber und können die Verhandlung dann nach ihren Vorstellungen stattfinden lassen. Zudem sollte mit deutlich längeren Verhandlungen gerechnet werden, als es in Deutschland üblich ist. Dies ist u. a. der langen Eröffnungsphase einer Verhandlung sowie dem ausgiebigen Essen geschuldet (Wang und Wang 2014, S. 320). Des Weiteren sollten während der Verhandlung Protokolle von beiden Seiten geführt werden und möglichst am Ende einer jeden Verhandlungsrunde abgestimmt und von beiden Seiten abgezeichnet werden (Werkshage o. D.).

5.2.2 Strategien während der Verhandlung Chinesen setzen, ebenso wie bei der Kommunikation, eher auf indirekte, nicht konfrontative und passive Verhandlungstaktiken. Dies ist durch ihre starke Beziehungsorientierung begründet. Dabei haben sich eine gute persönliche Beziehung, Aufrichtigkeit, eine gute Vorbereitung, die technische Expertise eines Unternehmens, Geduld sowie Kenntnisse der chinesischen Businesspraxis als vorteilhaft bei chinesisch-deutschen Verhandlungen erwiesen (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 113). Aus chinesischer Sicht sollten die jeweiligen Ziele einer Verhandlung nicht zu Beginn benannt werden, sondern erst im Verlauf der Verhandlung definiert werden. Dies soll dazu führen, dass das eigene Anliegen von dem Verhandlungspartner verstanden wird und diesem eher zugestimmt wird (Vermeer 2015, S. 152–153). Eine Taktik, die gern von den Chinesen angewandt wird, ist, aus „einer Mücke einen Elefanten“ zu machen. Wenn sich der Verhandlungspartner unkooperativ verhält, greifen Chinesen gerne einen Fehler des anderen auf und blähen ihn enorm auf. Es ist wichtig dem gegenzuhalten, aber keinesfalls die Beherrschung zu verlieren. Auch hier ist das Stichwort der Geduld wiederzufinden. In Verhandlungen setzen Chinesen das Schweigen gezielt ein und bringen damit ihren Verhandlungspartner in Deutungsschwierigkeiten. Die Funktion des Schweigens lässt sich im Einzelfall nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Situation deuten, da es sowohl positive als auch negative Gründe haben kann (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 114).

5.2.3 Verhandlungsphasen Eine Verhandlung wird in China und Deutschland grundsätzlich unterschiedlich aufgebaut. In Deutschland kommen das Wichtigste sowie noch offene und strittige Punkte zuerst. In China hingegen beginnt die Verhandlung mit dem Positiven, Angenehmsten und Abgeschlossenen. Die eigentlichen Verhandlungsthemen und strittige Punkte folgen zum Schluss (Waldkirch 2015, S. 132). Bei Eintritt in eine Verhandlungsrunde

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sind die deutschen Verhandlungsparteien ergebnis- und problemlösungsorientiert. Sie haben einen Plan mit den abzuarbeitenden Punkten sowie einen Zeitplan vorbereitet. Probleme, die sich während der Verhandlung ergeben, werden sofort behandelt, wohingegen die Chinesen dies gerne aufschieben und zu einem späteren Zeitpunkt erneut thematisieren (Kirschner und Huang 2014).

5.2.3.1 Vorbereitungsphase Für Chinesen beginnt die Verhandlung lange bevor sie am Verhandlungstisch sitzen. Sie bemühen sich im Vorfeld der Verhandlung möglichst viel über ihren Geschäftspartner herauszufinden. Die Informationsgewinnung bezieht sich auf das Unternehmen selbst, die Position am Markt aber auch auf bereits vorhandene Aktivitäten am chinesischen Markt. Wenn der Chinese seinen Verhandlungspartner kennt, kann er auch eine Beziehung zu ihm aufbauen und erahnen, welche Strategien er wahrscheinlich verfolgen wird (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 108–109). Zu der Vorbereitungsphase gehört auch die Wahl und Vorbereitung eines passenden Dolmetschers (Waldkirch 2015, S. 120). 5.2.3.2 Eröffnungsphase Zu Beginn des ersten Zusammentreffens werden die Visitenkarten der jeweiligen Parteien ausgetauscht. Bei der Reihenfolge des Austausches ist auf die hierarchische Stellung zu achten. Die Visitenkarte wird bei der Übergabe mit beiden Händen oben an den Ecken angefasst und dem Partner dann mit einer kleinen Verbeugung übergeben. Bei Entgegennahme einer Visitenkarte ist darauf zu achten, dies auch mit beiden Händen zu tun. Für Chinesen hat die Visitenkarten die Bedeutung von einem Stück Persönlichkeit (Ma und Becker 2015, S. 37). Deutsche Geschäftspartner bevorzugen es, nach einem kurzen Small Talk direkt in den Verhandlungsprozess einzusteigen. Chinesen hingegen nehmen sich für die Eröffnungsphase deutlich mehr Zeit. Es wurde bereits deutlich, dass der Beziehungsaspekt für Chinesen die Grundvoraussetzung für eine Geschäftsbeziehung ist. Daher dient auch die Eröffnungsphase in erster Linie dazu, den deutschen Geschäftspartner kennen zu lernen. Hier findet Small Talk statt, in dem durchaus sehr private Fragen gestellt werden. Gespräche zu persönlichen Themen im Rahmen des Small Talks können beispielsweise Familie, Hobbys oder die Anerkennung der chinesischen Küche sein. Keinesfalls aber sollte über Themen wie Politik, Sexualität oder Menschenrechte gesprochen werden (Waldkirch 2015, S. 122–123). Ein gelungener Einstieg in die Verhandlung wäre außerdem die Übergabe eines Geschenkes. Aus vorigen Abschnitten ist bekannt, dass es hier besonders auf die Verpackung und Marke ankommt. Auch hier sollte die Hierarchie beachtet werden: je höher die Position ist, desto teurer sollte auch das Geschenk ausfallen (Waldkirch 2015, S. 123–124). Der Chinese versucht während der Eröffnungsphase herauszufinden, ob sich eine Geschäftsbeziehung lohnt und das nötige Vertrauen für diese aufgebaut werden kann.

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Wird das Gegenüber als vertrauenswürdig wahrgenommen, können die eigentlichen Verhandlungen beginnen (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 109).

5.2.3.3 Weiterer Verhandlungsverlauf Ein weiterer wichtiger Unterschied in dem Verhandlungsablauf bei Chinesen ist, dass die Ergebnisse einer Verhandlung vor Unterzeichnung des Vertrages vorläufig sind und oft zu einem späteren Zeitpunkt erneut aufgegriffen und verhandelt werden. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es zu empfehlen, die Ergebnisse nach jeder Verhandlungsrunde möglichst klar festzuhalten. Leider ist auch dies kein Garant dafür, dass diese Punkte letztlich Bestand haben. Dieses Vorgehen hängt auch damit zusammen, dass die chinesischen Verhandlungsteams häufig nur Verhandlungsbefugnis haben, jedoch keine Entscheidungsbefugnis. Somit muss erneut verhandelt werden, wenn das Ergebnis nicht von der höheren Entscheidungsebene angenommen wird (Kirschner und Huang 2014).

5.2.4 Konflikte Im deutsch-chinesischen Business-Alltag treten häufig Irritationen und Missverständnisse auf. Regelmäßig führen Bemühungen, die Irritationen zu ignorieren, nicht zu dem gewünschten Erfolg und es entsteht ein Konflikt. Fehlinterpretationen können vermieden werden, indem Wissen über die fremde Kultur und deren prägende Werte und Standards vorliegt (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 40–42). Auch aus diesem Grund ist die kulturelle Analyse vor Aufnahme von Verhandlungen von hoher Bedeutung.

5.2.5 Häufige Fehler bei internationalen Verhandlungen Häufig sind es die gleichen Fehler an denen deutsch-chinesischen Verhandlungen scheitern (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 107–108): • Mangelnde Berücksichtigung der Unterschiede in den Entscheidungsprozessen (z. B. Entscheidungskriterien, zeitliche Abläufe, Relevanz des Harmoniebestrebens sowie von Zusagen und Unterschriften). • Unzureichende Fähigkeit die Mimik und Gestik des Gegenübers aufgrund fehlender Kulturkenntnisse zu lesen. • Fehlendes Verständnis von lokalen Gepflogenheiten; und • Unzureichende Anpassung von Verhandlungstaktiken (z. B. Planung und Struktur).

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5.3 Unternehmensführung 5.3.1 Unternehmenskultur Die Unternehmenskultur ist ein Wertesystem, das sowohl sichtbare Aspekte wie das Arbeitsumfeld, Arbeitsbekleidung und das Unternehmenslogo, als auch die Formulierung von Regeln, Belohnungsmechanismen, Machtverteilung und Verantwortlichkeiten der Mitarbeiter umfasst (Ma 2014a, S. 150). Grundsätzlich ist festzustellen, dass deutsche Arbeitnehmer einen hohen Selbsterfüllungsanspruch an ihre Aufgaben haben (Hofstede Insights o. D.). Auch chinesische Mitarbeiter arbeiten sehr hart. Die durchschnittliche Arbeitszeit ist höher als in fast jedem anderen Land der Welt. Dies bezieht sich sowohl auf Fabrikarbeiter als auch auf Büroangestellte (Ma 2014b, S. 213). Trotzdem betonen chinesische Mitarbeiter ihre Leistung im Vergleich zu deutschen Mitarbeitern nicht öffentlich. In der chinesischen Kultur wird dieses Verhalten eher als aufdringlich und angeberisch gewertet. Aus chinesischer Sicht ist ein zurückhaltendes Verhalten angemessener. Die eigenen Bemühungen werden zwar betont, die Bedeutung des Erfolgs allerdings durch Abstreiten relativiert. Folgt jedoch kein Lob oder Bestätigung durch Dritte, kann der Mitarbeiter gekränkt sein, auch wenn er dies nicht offen zeigt (Dathe und Helmold 2018, S. 44). Chinesische Mitarbeiter sind kollektiv, haben aber Schwierigkeiten sich kooperativ zu verhalten. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass viele Kollegen nicht der In-Group angehören, sodass es schwieriger ist mit ihnen zu kooperieren. Auch im Umgang mit ausländischen Arbeitskollegen lässt sich dieses Verhalten beobachten (Ma 2014b, S. 212). In Bezug auf die Auswirkung des Kollektivismus auf den Unternehmenserfolg herrschen unterschiedliche Meinungen: Einerseits wird argumentiert der Kollektivismus reduziere die Motivation zu individuellen Leistungen und andererseits heißt es durch den Kollektivismus ließe sich eine höhere Teamleistung aufgrund von Gruppenharmonie erreichen (Dathe und Helmold 2018, S. 41). Die Kommunikation in deutschen Unternehmen ist sehr direkt. Damit wird dem Gegenüber die Möglichkeit gegeben aus Fehlern zu lernen (Hofstede Insights o. D.). Hingegen ist es in China von Bedeutung das Gesicht zu wahren. Dies spiegelt sich auch in der Unternehmensführung wider. Chinesische Unternehmen sind bestrebt ein positives Image aufrechtzuerhalten und gute Vorbilder zu sein (Reisach 2018, S. 18). Die deutsche Kultur ist geprägt durch einen hohen Grad der Unsicherheitsvermeidung. In Kombination mit der geringen Machtdistanz führt dies dazu, dass Entscheidungen nicht auf Basis der Verantwortung von Vorgesetzten getroffen werden, sondern versucht wird sich auf eine Expertise zu verlassen (Hofstede Insights o. D.). Das geringe Ausmaß der Unsicherheitsvermeidung führt in chinesischen Unternehmen dazu, dass neue Technologien und Veränderungen schneller angenommen werden. Hingegen werden Vorschriften oft nicht sehr genau verfolgt (Dathe und Helmold 2018, S. 42). Die flexible Auslegung von Qualitätsstandards, Regeln und Vorschriften, lässt sich auch auf die Flexibilität der chinesischen Kultur zurückführen. Die Flexibilität hat jedoch auch

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den positiven Effekt, dass chinesische Mitarbeiter in kritischen Situationen gelassen reagieren (Ma und Becker 2015, S. 20). Die chinesische Kultur weist hingegen eine hohe Machtdistanz auf, welche sich in der Orientierung an Autoritäten und vertikalen Strukturen widerspiegelt. Alters-, Geschlechts- und Statusunterschieden wird ein großer Stellenwert eingeräumt. Daraus resultiert, dass Führungskräfte mehr Macht und Privilegien zugesprochen bekommen, während von Mitarbeitern Unterordnung erwartet wird (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 29). In chinesischen Unternehmen stellen Mitarbeiter die Macht formeller Autoritäten nicht in Frage. Auch Unternehmensregeln werden nicht angezweifelt, da die Manager als Entscheidungsträger für das Allgemeininteresse angesehen werden. Die Entscheidungsfindung erfolgt ohne Einbeziehung der Mitarbeiter. In Meetings werden Aussagen der Führungskräfte nicht hinterfragt und auch statusbedingte ungleiche Entlohnungen werden akzeptiert (Dathe und Helmold 2018, S. 41).

5.3.2 Organisation Organisation dient dazu Prozesse effizient zu koordinieren sowie an die Besonderheiten des Marktes abzustimmen. Sie hat somit einen großen Einfluss auf den Erfolg der Unternehmensübernahme. In Bezug auf eine effiziente Form der Aufbau- und Ablauforganisation bestehen zwischen chinesischen und deutschen Unternehmen große Unterschiede. Chinesische Unternehmen haben eine starke Hierarchieorientierung und sind auch stark mit dem politischen und sozialen Umfeld des Landes verbunden (Holtbrügge und Puck 2008, S. 165). Die ausgeprägte Machtdistanz kommt in der Organisation chinesischer Unternehmen in Form von stark zentralistischen Organisationsformen mit klaren Zuständigkeiten und Hierarchiestufen zum Ausdruck (Holtbrügge und Puck 2008, S. 47–48). Hingegen sind in Deutschland eher flache Hierarchien erkennbar (Micholka-Metsch und Metsch 2015, S. 24). Des Weiteren besteht im Kontext der Organisation die Frage nach der optimalen Steuerung der chinesischen Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft. Entscheidungen der Tochtergesellschaft sollten die gesamte Unternehmensstrategie widerspiegeln, aber auch die Besonderheiten des chinesischen Marktes berücksichtigen (Holtbrügge und Puck 2008, S. 165).

5.3.3 Strategie Im Zusammenhang mit chinesischer Strategie ist der Meister der Kriegskunst Sun Tzu (ca. 500 v.Chr.) zu nennen, welcher ein Handbuch zur Strategie, Planung und Durchführung entwickelte, das heute auch in westlichen Ländern Anwendung findet. In Bezug auf die Strategie einer Unternehmensübernahme ist das EPRG-Modell zu erwähnen. Es unterscheidet vier verschiedene Strategien: Ethnozentrisch, polyzentrisch,

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regiozentrisch und geozentrisch. Die gewählte Strategie hat Einfluss darauf, wie weit sich die Kultur des Stammhauses bzw. der ausländischen Tochtergesellschaft auf die multinationale Organisation auswirkt (Dathe und Helmold 2018, S. 85–86).

5.3.4 Personalmanagement Das Personalmanagement ist ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmensübernahmen in China. In einer Studie gaben 53 % der deutschen Manager die Verfügbarkeit und Ausbildung chinesischer Mitarbeiter als wichtigstes Erfolgskriterium ihrer Auslandsaktivität an (Holtbrügge und Puck 2008, S. 179). Aus diesem Grund werden die Besonderheiten des Personalmanagements in China im Folgenden erläutert.

5.3.4.1 Rekrutierung von Mitarbeitern Aktuelle Studien belegen, dass 92 % der befragten Unternehmen mit einem hohen Anteil an Ingenieuren Schwierigkeiten bei der Rekrutierung geeigneter Mitarbeiter haben. Dies lässt sich u. a. darauf zurückführen, dass der chinesische Arbeitsmarkt durch planwirtschaftliche Strukturen geprägt ist (Holtbrügge und Puck 2008, S. 180). Als grundlegendes Merkmal der Personalauswahl in China im Vergleich zu Deutschland zum einen der familiäre Hintergrund sowie soziale und berufliche Kontakte aufgrund der Guanxi von größerer Bedeutung (Holtbrügge und Puck 2008, S. 184–185). Zum anderen kommt aufgrund des Kollektivismus der sozialen Kompetenz im Vergleich zur fachlichen Kompetenz in China eine größere Bedeutung bei der Auswahl von Mitarbeitern zu (Ma und Becker 2015, S. 13). Aufgrund der hohen Personalfluktuation ist darauf zu achten, dass Bewerber nicht regelmäßig den Job wechseln, um lediglich das Gehalt zu verbessern. Hingegen sind Weiterbildungsmöglichkeiten ein Anreiz für Chinesen in einem ausländischen Unternehmen tätig zu werden (Holtbrügge und Puck 2008, S. 185). Der Unternehmenserfolg wird durch die Besetzung von Schlüsselpositionen beeinflusst. Grundsätzlich bestehen bei der Personalauswahl verschiedene Möglichkeiten (Vermeer 2015, S. 106–108; Waldkirch 2015, S. 13–14): • • • • •

Deutsche Mitarbeiter aus dem Stammhaus Deutsche, chinaspezifisch ausgebildete Hochschulabsolventen Nicht-chinesische Asiaten/Auslandschinesen In China ausgebildete Chinesen In Deutschland ausgebildete Chinesen.

5.3.4.2 Bindung von Mitarbeitern Arbeitszufriedenheit wird in China stark von der Sicherheit des Arbeitsplatzes und den beruflichen Aussichten im Unternehmen beeinflusst (Dathe und Helmold 2018, S. 43). Um Status zu gewinnen, sind Chinesen sehr um einen Aufstieg im Beruf bemüht und

5  Kulturelle Analyse

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bereit dafür starke Unannehmlichkeiten wie z. B. die langjährige Trennung von der Familie und eine hohe Arbeitsbelastung zu akzeptieren. Als Instrument zur Mitarbeiterbindung sind daher Weiterbildungsangebote geeignet. Außerdem ist es hilfreich die Bildung von Kindern der Mitarbeiter zu unterstützen (Ma und Becker 2015, S. 17). Bei hoch qualifizierten Stellen liegt die Fluktuationsrate bei 15–20 %. Bereits aufgrund geringer Gehaltsunterschiede sind Chinesen bereit den Job zu wechseln. Daher sollte das Gehalt wettbewerbsfähig sein (Ma und Becker 2015, S. 23). Dieses wird in China an die individuelle Leistung, den Erfolg des Gesamtunternehmens sowie den Erfolg im Vergleich mit konkurrierenden Unternehmen gekoppelt (Holtbrügge und Puck 2008, S. 190). Aufgrund der hohen Fluktuationsrate ist es zudem sinnvoll eine Redundanz im Personalbestand aufzubauen (Ma und Becker 2015, S. 23). Instrumente, um Mitarbeiter zu binden sind also Angebote zur Qualifizierung, flexible, monetäre Anreizsysteme und ein Wir-Gefühl. Es ist insgesamt ein ausgeglichenes Verhältnis der drei Instrumente notwendig (Waldkirch 2009, S. 88).

5.3.4.3 Weiterbildung In Bezug auf die Weiterbildung als Maßnahme zur Mitarbeiterbindung ist anzumerken, dass die Methoden der Wissensvermittlung aufgrund kultureller Unterschiede angepasst werden sollten. Die Rollen von Lehrenden und Lernenden unterscheiden sich deutlich. In Deutschland ist das Verhältnis partnerschaftlich und durch einen kritischen Dialog geprägt, während in China die hierarchische Orientierung deutlich wird (Holtbrügge und Puck 2008, S. 187). Zudem ist eine Analyse des chinesischen Lernverhaltens notwendig, um ein ideales Schulungs- und Fortbildungsmodell abzuleiten (Waldkirch 2009, S. 73). 5.3.4.4 Zusammenarbeit Die kulturellen Unterschiede wirken sich stark auf die Zusammenarbeit sowohl zwischen Mitarbeitern und Führungskräften, als auch unter Kollegen aus. Bei der Zusammenarbeit zwischen Führungskräften und Mitarbeitern ist insbesondere die indirekte Art der Kommunikation der Chinesen zu beachten: Mitarbeiter stimmen zu, auch wenn sie etwas nicht verstanden haben, da eine Nachfrage den Eindruck erwecken würde, dass der Vorgesetze nicht gut erklärt hat und dies wiederum zu einem Gesichtsverlust führen würde. Daher ist es oft sinnvoller einen Mittelsmann einzuschalten, der die Informationen an die Mitarbeiter weitergibt (Vermeer 2015, S. 104). Hat ein Vorgesetzter aufgrund seines Verhaltens sein Gesicht verloren, wird er von den Mitarbeitern nicht mehr ernst genommen (Vermeer 2015, S. 74). Die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern ist durch die Bildung von inoffiziellen Personengruppen im Unternehmen geprägt. Mitglieder dieser Gruppen helfen sich untereinander. Dies führt dazu, dass bei Problemen nicht die Zuständigen kontaktiert werden, sondern bekannte Personen in der Nähe des Zuständigen. Aus deutscher Sicht lässt sich das Verhalten nicht nachvollziehen (Dathe und Helmold 2018, S. 42).

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A. Grohs und M. Stechmann

Der Kollektivismus spielt auch bei der Teamarbeit eine wichtige Rolle. Während es in individualistisch geprägten Kulturen häufig zu Problemen bei der Teamarbeit kommt, da die Teammitglieder nur ihre eigenen Ziele verfolgen, ist in China der Fokus auf zwischen-menschlichen Beziehungen problematisch (Qiu 2014, S. 293). Da der Kollektivismus nur in der In-Group gelebt wird, ist Zusammenhalt und Kooperation in künstlich zusammengestellten Arbeitsteams nur schwer zu erreichen. Es ist notwendig, dass sich das Team durch Teambuilding-Maßnahmen zu einer In-Group entwickelt, um eine erfolgreiche Zusammenarbeit sicherzustellen (Ma und Becker 2015, S. 13). Erschwerend kommt hinzu, dass das Wissen und die Fähigkeiten in Bezug auf die Gestaltung von Teamarbeit bei chinesischen Mitarbeitern und Führungskräften mangelhaft ausgeprägt sind (Qiu 2014, S. 293).

5.3.4.5 Führungsstil Studien belegen, dass 80 % der Probleme in den ersten zwölf Monaten einer M&ATransaktion im Bereich der Führungskräfte der ersten und zweiten Ebene liegen. Zur Vermeidung dieser Probleme wird vorgeschlagen bereits im Rahmen der Due Diligence eine gründliche Untersuchung der Persönlichkeiten im Unternehmen durchzuführen (Bönig 2014). Es bestehen unterschiedliche Anforderungen an den Führungsstil in chinesischen und deutschen Unternehmen. Während in Deutschland Fachkompetenz, eine klare Führung der Mitarbeiter und eine Trennung von Beruf und Privatleben gefordert wird, sind in China soziale Kompetenz, Rücksichtnahme auf das Gesicht des Mitarbeiters sowie Interesse für familiäre Angelegenheiten von Bedeutung (Vermeer 2015, S. 117). In Deutschland versuchen Führungskräfte ihre Mitarbeiter einzubeziehen. Es wird eine Gleichberechtigung aller Mitarbeiter angestrebt (Dathe und Helmold 2018, S. 39). Die Mitbestimmungsrechte in deutschen Unternehmen sind vergleichsweise stark ausgeprägt. Die Kommunikation und der Besprechungsstil sind partizipativ. Ein kontrollierender Führungsstil ist hingegen nicht gern gesehen. Stattdessen wird von den Führungskräften Fachwissen erwartet, damit diese entscheidend und bestimmt handeln können (Hofstede Insights o. D.). In chinesischen Unternehmen ist hingegen ein hierarchischer und patriarchalischer Führungsstil vorzufinden. Mitarbeiter werden als Teil einer Familie betrachtet, für die es zu sorgen gilt. Sie fragen daher ihre Führungskraft auch bei persönlichen Belangen um Rat, wenn diese Auswirkungen auf den Beruf haben. Außerdem erwarten sie, dass die Führungskraft alle Entscheidungen trifft (Holtbrügge und Puck 2008, S. 193–194). Ein gleichberechtigter Führungsstil stößt aufgrund der Hierarchieorientierung bei Chinesen auf Unverständnis. Der Versuch Mitarbeiter einzubeziehen wird als Schwäche gewertet. Der Führungsstil ist in dieser Hinsicht eher als autoritär zu beschreiben und umfasst direkte Anweisungen sowie Kontrolle (Ma und Becker 2015, S. 7–9).

5  Kulturelle Analyse

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Literatur Bönig, O. (23. Juni 2014). Die Führungskultur in Europa ist extrem gegensätzlich zu China. E-Mag M&A China/Deutschland. https://www.investmentplattformchina.de/diefuehrungskultur-in-europa-ist-extrem-gegensaetzlich-zu-china/. Zugegriffen: 18. Nov. 2019. Dathe, T., & Helmold, M. (2018). Erfolgreich im Chinageschäft. Strategien und Handlungsempfehlungen für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU). Wiesbaden: Springer Gabler. Dederichs, A. (2018). Kulturelle Differenzierung in Wirtschaftskooperationen. Deutsche und chinesische Entsendenarrative und diskursive Einflüsse. Wiesbaden: Springer VS. Hofstede Insights. (o.  D.). Country Comparison. https://www.hofstede-insights.com/countrycomparison/china,germany/. Zugegriffen: 18. Nov. 2019. Holtbrügge, D., & Puck, J. F. (2008). Geschäftserfolg in China. Strategien für den grössten Markt der Welt (2., überarb. u. erw. Aufl.). Berlin: Springer. Kirschner, O., & Huang, Q. (20. Juni 2014). Kulturelle Besonderheiten bei Verhandlung und Transaktionsmanagement. Investmentplattformchina.de. https://www.investmentplattformchina. de/kulturelle-besonderheiten-bei-verhandlung-und-transaktionsmanagement/. Zugegriffen: 18. Nov. 2019. Lorenz, M. (2014). Investment in der Volksrepublik China. Das Rechts- und Steuerhandbuch für den Praktiker (2., überarb. u. aktualisierte Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler. Ma, L. (2014a). Corporate Culture. In Z.-X. Zhang & J. Zhang (Hrsg.), Understanding Chinese firms from multiple perspectives (S. 149–176). Heidelberg: Springer. Ma, L. (2014b). Employee Characteristics and Management. In Z.-X. Zhang & J. Zhang (Hrsg.), Understanding Chinese firms from multiple perspectives (S. 199–226). Heidelberg: Springer. Ma, X., & Becker, F. (2015). Business-Kultur in China. China-Expertise in Werten, Kultur und Kommunikation. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden. Micholka-Metsch, J., & Metsch, M.-C. (2015). Strategien für die deutsch-chinesische Geschäftsbeziehung. Erfolgreich verhandeln und Konflikte lösen. Wiesbaden: Gabler. Qiu, J. (2014). Work Teams in Chinese Enterprises. In Z.-X. Zhang & J. Zhang (Hrsg.), Understanding Chinese firms from multiple perspectives (S. 281–305). Heidelberg: Springer. Reisach, U. (2018). Unternehmensführung nach Übernahme durch chinesische Investoren. ChinaContact, 22(1/2), 17–18. https://files.ulrike-reisach.webnode.com/2000013391e5711f50c/CC_01-02-18_Beitrag%20Prof.%20Reisach_short.pdf. Zugegriffen: 20. Nov. 2019. Vermeer, M. (2015). China.de. Was Sie wissen müssen, um mit Chinesen erfolgreich Geschäfte zu machen (3 Aufl.). Wiesbaden: Gabler . Waldkirch, K. (2009). Erfolgreiches Personalmanagement in China. Rekrutierung, Mitarbeiterführung, Verhandlung. Wiesbaden: Gabler. Waldkirch, K. (2015). Erfolgreiches Personalmanagement in China. Rekrutierung, Mitarbeiterführung, Verhandlung (2 Aufl.). Wiesbaden : Springer Fachmedien Wiesbaden. (Imprint; Springer Gabler). Wang, M., & Wang, X. (2014). When the East meets the West. A Retrospect on China’s Negotiation with Foreigners. In Z.-X. Zhang & J. Zhang (Hrsg.), Understanding Chinese firms from multiple perspectives (S. 307–332). Heidelberg: Springer. Werkshage, A.-C. (o. D.). Interkulturelle Aspekte des China-Geschäfts. 29206. https://www.pfalz. ihk24.de/international/Greater_China/China/Basisinformationen_zu_China/Interkulturelle_ Aspekte_des_China_Geschaefts/1286452. Zugegriffen: 18. Nov. 2019.

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Ablauf von Unternehmensübernahmen Florian Eutert, Kevin Royla, Michael Rüller und Stefan Staegemann

In diesem Kapitel wird der Ablauf von Unternehmensübernahmen anhand eines Prozessmodells dargestellt. Die drei Phasen Pre-Akquisitionsphase, Transaktionsphase und Integrationsphase werden umfassend beschrieben inkl. aller anzustellenden Überlegungen und Vorbereitungen.

6.1 Der M&A Prozess Im Zuge einer prozessorientierten Betrachtung von Unternehmensübernahmen, lässt sich der Ablauf von der ersten Überlegung bis hin zur erfolgreichen Abwicklung in drei Phasen unterteilen, deren Ziel es ist, jeweils einen eigenen Wertschöpfungsbeitrag zu leisten. In der Literatur hat sich dabei eine Unterteilung in Pre-Akquisitionsphase, Transaktionsphase und Integrationsphase durchgesetzt (Binder et al. 2016, S. 208), die in Abb. 6.1 zu sehen ist. Im Normalfall werden diese drei Phasen nacheinander durchlaufen, sodass am Ende des Prozesses die erfolgreich abgewickelte Unternehmensübernahme steht. Kommt

F. Eutert · K. Royla  Hamburg, Deutschland E-Mail: [email protected] M. Rüller  Lübeck, Deutschland S. Staegemann (*)  Appen, Deutschland © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Graewe (Hrsg.), Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30172-9_6

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F. Eutert et al.

Abb. 6.1   M&A-Prozess. (Eigene Darstellung)

es während einer der Phasen allerdings zu Problemen, kann auch in einen vorherigen Prozessschritt zurückgesprungen bzw. die Transaktion ganz beendet werden.

6.2 Pre-Akquisitionsphase Da M&A-Transaktionen bis zum Midcap-Bereich in der Regel von der Öffentlichkeit unbemerkt stattfinden, wird häufig der Umfang und die Komplexität des M&A-Prozesses unterschätzt, da häufig nur am Ende eine Pressemeldung erfolgt. Die professionelle Durchführung eines solchen Prozesses setzt dementsprechend eine detaillierte ­Pre-Akquisitionsphase voraus, wenn sichergestellt werden soll, dass die Unternehmensziele erreicht werden. Die Pre-Akquisitionsphase ist dabei die erste Hauptphase des ­M&A-Prozesses. Sie ist in Abb. 6.2 dargestellt. Sie umfasst alle Tätigkeiten von der Vorbereitung der Akquisition bis zum erstmaligen Kontakt (Binder et al. 2016, S. 234). Innerhalb dieser Phase stehen strategische Analysen und die Konzeptionierung im Mittelpunkt. Dort werden alle Grundlagen für eine Akquisition und deren spätere Integration geschaffen. Dabei gilt es primär zu klären, welche generelle strategische Stoßrichtung das Unternehmen verfolgen soll. Somit setzt der Prozess zunächst an der Strategieentwicklung an. Auf Grundlage der Unternehmensstrategie wird dann die Akquisitionsstrategie festgelegt. Steht die Akquisitionsstrategie fest, müssen

Abb. 6.2   Pre-Akquisitionphase. (Eigene Darstellung)

6  Ablauf von Unternehmensübernahmen

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Organisation und Steuerung des Akquisitionsprozesses geklärt werden (Binder et al. 2016, S. 234). Bevor allerdings der Erstkontakt stattfinden kann, ist zuletzt jedoch noch die Selektion potenzieller Akquisitionsobjekte notwendig (Wirtz 2014, S. 183). Auch beim Verkauf von Unternehmen bzw. Unternehmensanteilen stehen strategische Analysen und die Konzeptionierung im Zentrum. So basiert auch der Verkauf auf einer strategischen Entscheidung. Allerdings muss beim Verkauf die Strategie zunächst implementiert werden, bevor der Verkauf stattfinden kann; während beim Kauf die Transaktion und Integration die Implementation der Strategie darstellt. Der Verkauf muss organisiert und gesteuert werden.

6.2.1 Strategieentwicklung M&A-Transaktionen sind kein Selbstzweck, sondern immer abhängig von der Unternehmens-strategie. Daher findet auch der M&A-Prozess seinen Ursprung in der ­ Strategieentwicklung. Häufig ist es hier fehlende Planung und Vorbereitung, die eine Akquisition zum Scheitern bringen. Eine gewissenhafte Vorbereitung des Akquisitionsprojektes erhöht daher die Erfolgswahrscheinlichkeiten der Transaktion erheblich und kann zugleich als Basis für die nachfolgende Transaktions- und Integrationsphase genutzt werden. Innerhalb der Strategieentwicklung müssen diejenigen Unternehmensstrategien identifiziert und ausformuliert werden, die für die Erreichung der übergeordneten strategischen Ziele den größten Erfolg versprechen. Die strategischen Ziele basieren dabei auf der Vision bzw. der Mission des Unternehmens. Aus den strategischen Zielen sind dann wiederum konkrete Ziele zu spezifizieren, die beispielsweise über eine Akquisitionsstrategie erreicht werden können. Voraussetzung hierfür ist eine Untersuchung der Umwelt sowie die detaillierte Analyse des eigenen Unternehmens. Basierend auf den Analyseergebnissen findet in der Folge ein Abgleich der marktseitigen Chancen und Risiken mit den unternehmensspezifischen Stärken und Schwächen statt. Bei der Identifizierung von strategischen Lücken im Rahmen des Abgleichs müssen diese durch geeignete Strategien geschlossen werden (Bergau 2015, S. 27).

6.2.2 Festlegung der Akquisitionsstrategie Die Entwicklung einer Akquisitionsstrategie ist nur eine von vielen Möglichkeiten, um eine strategische Lücke zu schließen. Sie wird in der Regel dann präferiert, wenn der Aufbau eigener Kompetenzen zu ressourcenintensiv ist, das Akquisitionsobjekt nicht unangemessen überbewertet und das Integrationsrisiko überschaubar ist. Bevor jedoch endgültig die Entscheidung zu einer Akquisitions- bzw. Buy-Strategie getroffen wird, sollte in jedem Fall geprüft werden, ob eine Make- bzw. Kooperationsstrategie nicht

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F. Eutert et al.

die gleichen Resultate liefern kann. Denn entscheidet sich das Unternehmen für eine Akquisitionsstrategie zur Erreichung der strategischen Unternehmensziele, hat es sich gleichzeitig für einen anspruchsvollen und risikobehafteten Weg entschieden. Weitere Strategien werden in Abb. 6.3 dargestellt. Steht der Entschluss zur Akquisition fest, weist das weitere Vorgehen zur Entwicklung von Akquisitionsstrategien methodisch eine hohe Ähnlichkeit zu dem Prozess der allgemeinen Strategieentwicklung auf. Eine M&A-Transaktion soll dabei die „schnellere“ Lösung bringen, als diese intern zu entwickeln. Allerdings wird nicht das eigene Umfeld bzw. Unternehmen analysiert, sondern das potenzielle Akquisitionsobjekt. Bei der Akquisitionsanalyse muss abschließend ein Anforderungsprofil erstellt werden. Die Erstellung des Anforderungsprofils ist die Grundlage für das Screening, auf dessen Basis Akquisitionskandidaten selektiert werden. Das Anforderungsprofil dient dabei als Eingrenzung für eine systematische Such- bzw. Identifikationsstrategie. Ziel ist es, Unternehmen zu identifizieren mit einer möglichst hohen Übereinstimmung mit dem erstellten Anforderungsprofil. Der Schritt der Festlegung der Akquisitionsstrategie ist abgeschlossen, sobald eine ausformulierte Akquisitionsstrategie vorliegt und diese mit der zuständigen Leitungsebene abgestimmt wurde. Auf Grundlage der Akquisitionsstrategie kann dann über die Organisation und Steuerung des Akquisitions-prozesses entschieden werden bevor die Akquisitionsphase einsetzt. Beim Verkauf wird hingegen keine Akquisitionsstrategie benötigt. Stattdessen wird eine Strategie entwickelt, wie das Unternehmen bzw. die Geschäftseinheit bei möglichst kleinem Ressourceneinsatz möglichst attraktiv für potenzielle Käufer gestaltet werden kann. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, die Geschäftseinheit vorab aus der Unternehmensstruktur zu separieren (sog. carve out) und ggf. eine Trennung der Marken vorzunehmen. Darüber hinaus kann auch der Käufermarkt analysiert werden, um das Unternehmen gezielt anbieten zu können. Alternativ kann das Unternehmen in eine Unternehmensbörse eingetragen werden und wird dadurch für Interessenten sichtbar. Für den Verkauf endet die Pre-Akquisitionsphase dann mit der beidseitigen Unterschrift einer unverbindlichen Absichtserklärung in Form eines sog. Letter of Intent (LoI) ausgehend vom kaufenden Unternehmen.

Abb. 6.3   Alternativen zur Akquisition. (Wirtz 2014, S. 167)

6  Ablauf von Unternehmensübernahmen

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6.2.3 Organisation und Steuerung des Akquisitionsprozesses Da es sich bei Akquisitionen bezüglich ihrer Ausgangssituation, Zielsetzung und Umsetzung von Natur aus um komplexe Projekte handelt, ist es ratsam die Organisation und Steuerung des Akquisitionsprozesses im Vorfeld zu planen. So erfordern derartige Projekte bei der Durchführung in jeder Einzelphase Spezialwissen und den Einbezug der wichtigsten Stakeholder. Möglichst am Anfang des Akquisitionsvorhabens sollten für den vollständigen Prozess die Dauer, Personalstärke und der Budgetrahmen festgelegt und parallel ein Akquisitionsteam mit klarer Aufgaben- und Kompetenzzuteilung aufgebaut werden. Mit der Planung des Akquisitionsteams sollte dann auch über den Einsatz externer Dienstleister (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, ­M&A-Berater, Banken etc.) entschieden werden. Zur Steuerung und Überwachung des Akquisitionsprozesses ist allgemein eine leistungsfähige und flexible Organisation erforderlich. Die bekannteste Form der Steuerung von M&A-Transaktionen ist die Steuerung durch eine Projektorganisation. Aber auch die Steuerung durch die Unternehmensleitung, Fachabteilungen, operative Bereiche oder spezielle M&A-Abteilungen ist nicht unüblich. Oftmals ist die Steuerung abhängig von der Bedeutung und Häufigkeit der Akquisition sowie der Größe des Kaufinteressenten (Meckl 2006, S. 407–409). Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen kann der Einsatz spezialisierter, externer Berater wesentlich zum Erfolg bei Akquisitionsprojekten beitragen, insbesondere wenn Kapazitätsengpässe oder mangelndes Fachwissen vorliegen. Dementsprechend ist auch das Ausmaß externer Unterstützung vom vorhandenen Know-how, dem Transaktionsvolumen und der geografischen Ausrichtung abhängig. Je größer und komplexer das Akquisitionsprojekt, desto höher ist auch die Bedeutung des Akquisitionscontrollings innerhalb des Projekts. Ziel des Controllings ist dabei, anhand kontinuierlicher Überwachung sicherzustellen, dass die strategischen Unternehmensziele mit dem Akquisitionsprojekt erreicht werden. Neben der gängigen Methodik im Projektcontrolling von Projektstrukturplänen, Action-Item-Listen und Soll-Ist-Vergleichen sollten auch Umwelt-veränderungen überwacht werden. Denn im Rahmen des Akquisitionsprojekts kann es vorkommen, dass neben den Umweltveränderungen auch der (vorläufige) Kenntnisstand über das Akquisitionsobjekt eine Strategieanpassung erfordert. Das Akquisitionscontrolling beinhaltet somit auch die kontinuierliche Überprüfung der Gültigkeit der zugrunde liegenden Prämissen sowie die Kontrolle der Konsistenz der Strategie. Ähnliches gilt auch für den Verkauf von Unternehmen. Meist ist es bei KMU eine Abteilung, die sich mit der Strategie und der Geschäftsentwicklung auseinandersetzt, die die strategischen Schwächen identifiziert bzw. die strategischen Maßnahmen für den Verkauf festlegt. Genau wie auch beim Kauf von Unternehmen muss sich mit der Einbindung externer Dienstleister auseinandergesetzt werden, da diese auch dem zu verkaufenden Unternehmen beratend beistehen können. Ein aktives Controlling speziell

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F. Eutert et al.

für den Verkauf muss nicht betrieben werden. Oftmals sind das pauschale Controlling anhand der Balanced Scorecard und die Soll-Ist-Vergleiche bei der Strategieimplementierung ausreichend.

6.2.4 Screening Bevor der Erstkontakt stattfinden kann, ist die Selektion potenzieller Akquisitionsobjekte notwendig. Der Prozess der Auswahl des Akquisitionsobjekts wird als Screening bezeichnet. Unter diesem Begriff wird die systematische Suche und Auswahl potenzieller Akquisitionskandidaten in Abhängigkeit von den unternehmensspezifischen Anforderungen verstanden. Beim Screening wird für die Vorgehensweise typischerweise ein Dreischritt gewählt (Wirtz 2014, S. 183 ff., 407 ff.). Das Screening kann ebenso beim Verkauf für die Selektion potenzieller Käufer angewendet werden. Der Prozess ist in Abb. 6.4 dargestellt. Ausgangspunkt des Screening Prozesses ist die Erstellung der so genannten Long List, auf der alle potenziellen Akquisitionskandidaten aufgeführt sind, die geeignet erscheinen, die strategischen Ziele des Unternehmens zu erreichen (Strategic Screening). Beim Strategic Screening wird im ersten Schritt auf Basis des im Rahmen der Akquisitionsstrategie erstellten Anforderungsprofils eine Grundmenge potenzieller Akquisitionskandidaten ermittelt. Die Kandidaten werden in der Long List gesammelt und ggf. schon dort verdichtet. Zu diesem Zeitpunkt ist es von Vorteil, eine große Anzahl geeigneter Kandidaten zu identifizieren, da jede Auswahl nur so gut ist wie die beste Alternative.

Abb. 6.4   Screening Prozess. (Wirtz 2014, S. 184)

6  Ablauf von Unternehmensübernahmen

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Im Anschluss sollen im First Screening ungeeignete Kandidaten anhand weniger, grober Filterkriterien frühzeitig eliminiert und die verbleibenden Unternehmen auf einer Short List verdichtet werden. Die Unternehmen der Short List müssen dann detaillierter analysiert werden. Damit irrelevante Akquisitionsobjekte schnell von relevanten Objekten differenziert werden können, müssen klare Anforderungskriterien definiert werden, die als Ausschlusskriterien dienen. Abschließend werden die Kandidaten der Short List dann noch einmal selektiert. Um die Short List auf ein Minimum zu reduzieren, ist es im Rahmen des Second Screening notwendig, detaillierte Informationen zu den verbliebenen Unternehmen einzuholen. Am Ende dieses letzten Selektionsschrittes sollten idealerweise nur noch diejenigen Kandidaten verbleiben, mit denen in vorvertragliche Verhandlungen eingetreten werden soll (Wirtz 2014, S. 184).

6.3 Transaktionsphase Sobald ein geeigneter Kandidat im Rahmen des Pre-Akquisitionsprozesses identifiziert werden konnte, endet die Pre-Akquisitionsphase und die technische Abwicklung der Transaktion steht im Fokus. Dazu gehören insbesondere die Due Diligence, die Unternehmensbewertung, die Finanzierung sowie die Vertragsverhandlung (Binder et al. 2016, S. 211). Bevor diese Aspekte jedoch geklärt werden können, muss die erste Kontaktaufnahme stattfinden. Der Prozess ist in Abb. 6.5 dargestellt.

6.3.1 Kontaktaufnahme Die erste Kontaktaufnahme geschieht für gewöhnlich mit einer Absichtserklärung, einem sog. Letter of Intent (LoI). Zu Anfang der Kontaktphase herrschen ein hohes Maß unvollkommener Informationen und ein starkes Misstrauen. Daher ist es aus Sicht des Käufers erforderlich, die Ernsthaftigkeit des Angebots zu demonstrieren, um zumindest das Misstrauen zunächst zu senken. Dies geschieht über den LoI. Für gewöhnlich repräsentiert der LoI eine unverbindliche Absichtserklärung mit Vorvertragscharakter. Um zusätz-

Abb. 6.5   Transaktionsphase. (Eigene Darstellung)

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F. Eutert et al.

lich Missverständnisse auszuräumen, sollten grundsätzlich ergänzende vorvertragliche Vereinbarungen festgehalten werden. So hat es sich allgemein etabliert, eine vertragliche Geheimhaltungs- und Unterlassungsvereinbarung in Form eines Non Disclosure Agreement (NDA) abzuschließen. Weiterhin ist es nicht unüblich, noch weitere Optionen mit in den LoI aufzunehmen wie beispielsweise die Form und den Zeitplan der Durchführung der Transaktion oder Exklusivitätsvereinbarungen und ggf. Vertragsstrafen. Mit der beiderseitigen Unterzeichnung des LoI ist der Weg für die folgende Unternehmensprüfung (Due Diligence) geebnet (Wirtz 2014, S. 196).

6.3.2 Due Diligence Die Due Diligence stellt einen zentralen Punkt der gesamten Transaktion dar und ist gleichzeitig der letzte Schritt im Informationsgewinnungsprozess. Der aus dem Englischen stammende Begriff Due Diligence, lässt sich mit „gebotener Sorgfalt“ übersetzen und umfasst eine möglichst detaillierte Unternehmensanalyse des potenziellen Zielunternehmens, um daraus für die Akquise alle entscheidungsrelevanten Informationen zu ermitteln (Rockholtz 1999, S. 60). Werden vorab definierte Abbruchkriterien, sog. Deal Breaker, identifiziert oder ergeben sich während der Prüfung unüberwindliche Probleme, kann eine Due Diligence zu einem Abbruch der Transaktion führen. Auch können die Erkenntnisse zu einem abweichenden Suchfokus führen, was in der Regel zu einem Schritt zurück in die Pre-Akquisitionsphase führt. Wie aus dem Namen abgeleitet werden kann, ist neben der Informationsfunktion einer Due Diligence allerdings auch die Exkulpationsfunktion für das Management der beteiligten Unternehmen relevant. So kann sie als Nachweis herangezogen werden, dass das Target umfangreich auf etwaige Risiken geprüft und somit die gebotene Sorgfaltspflicht durch das Management eingehalten wurde. Eine Due Diligence beleuchtet verschiedene Aspekte wie beispielsweise die Finanzkennzahlen des Zielunternehmens, da diese auch eine wesentliche Rolle bei der Unternehmensbewertung spielen. Obwohl diese, sog. Financial Due Diligence, häufig im Vordergrund steht, erstreckt sich die umfassende Unternehmensanalyse auch auf andere Bereiche wie beispielsweise die Aspekte Tax, Legal und Technology und ggf. auch Culture (Binder et al. 2016, S. 211). Die daraus gewonnen Erkenntnisse dienen als Grundlage für die Vorbereitung der späteren Integration des Targets. Neben der Analyse des Targets durch den potenziellen Käufer, auch als Buy Side Due Diligence bezeichnet, kann auch eine umfassende Selbstanalyse des Zielunternehmens, sog. Vendor Due Diligence, durchgeführt werden. Die daraus identifizierten Stärken und Schwächen können vom Target als Vorbereitung auf spätere Verhandlungen genutzt werden, um auf dieser Basis einen möglichst hohen Kaufpreis zu verhandeln. Unter Umständen kann das zu verkaufende Unternehmen für die Akquisition überhaupt erst fit gemacht werden.

6  Ablauf von Unternehmensübernahmen

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6.3.3 Unternehmensbewertung Die größte Herausforderung bei der Kaufpreisfindung ist, dass Unternehmen keinen objektiven Wert haben (Ballwieser und Hachmeister 2016, S. 1) und sich der Preis allein aus subjektiven Werteinschätzungen von Käufer und Verkäufer ergibt. Als Hilfsmittel für die Kaufpreisfindung wird daher in der Regel auf verschiedene Unternehmensbewertungsmethoden zurückgegriffen, die dazu dienen sollen einen möglichst objektivierten Wert, auch Stand-alone-Wert genannt, zu ermitteln. Dieser kann er als Grundlage für die Preisobergrenze aus Käufersicht bzw. Preisuntergrenze aus Verkäufersicht dienen. Dabei ist unter dem Stand-alone-Wert der Wert des Unternehmens ohne käuferseitige Integrationseffekte zu verstehen. Das heißt ohne jegliche Synergieeffekte, die der Käufer durch die Unternehmensübernahme erzielen möchte und somit unabhängig von den individuellen Gegebenheiten des Käufers. Aus dem ­Stand-alone-Wert ergibt sich zusammen mit den geplanten Synergien und reduziert um die Transaktions- und Integrationskosten eine Preisobergrenze aus Käufersicht bis zu der ein Kauf für ihn wirtschaftlich vorteilhaft ist. Auf der anderen Seite steht die Sicht des Verkäufers. Aus Verkäufersicht ist der Grenzpreis die Preisuntergrenze. Auf den Grenzpreis müssen der Stand-alone-Wert, der Verlust von Synergien sowie etwaige Transaktions- und Segregationskosten addiert werden, um den Preis zu ermitteln, ab dem die Transaktion für ihn vorteilhaft ist. Aus den so, zumindest inhaltlich, definierten Grenzpreisen ergibt sich ein Verhandlungsbereich, in dem sich ein möglicher Kaufpreis bewegen muss, um für beide Seiten einen Mehrwert darzustellen (Lucks und Meckl 2015, S. 359–361). Da Synergien, Transaktions-, Integrations- und Segregationskosten in der Regel von den individuellen Gegebenheiten der jeweiligen Unternehmen abhängen, sollen hier nur die wesentlichen Bewertungsverfahren, in die folgenden Kategorien unterteilt, dargestellt werden: Die Gesamtbewertungsverfahren basieren auf der Investitionstheorie und betrachten Unternehmen als Investitionsobjekte. Gemäß dieser Betrachtungsweise erzeugen Unternehmen Zahlungsmittelzuflüsse für den Eigentümer, die den Wert des Unternehmens bestimmen. Berücksichtigt werden dabei nur zukünftige Zahlungsströme, da die Vergangenheit keinen Einfluss auf den zukünftigen Wert hat. Die dafür benötigten Daten sind in der Regel aus der Financial Due Diligence bekannt. Da gemäß der Investitionstheorie ein Geldzufluss an Wert verliert je weiter er in der Zukunft liegt, müssen die prognostizierten Zahlungsströme auf den aktuellen Stichtag diskontiert werden. Die Summe aller diskontierten Zahlungsströme ergibt dann einen Bruttokapitalwert, auch Ertragswert oder Discounted Cash Flow genannt, der den Gesamtwert des Unternehmens repräsentiert. Der Gesamtwert gibt dementsprechend nicht den Saldo aus sämtlichen Vermögensgegenständen und Schulden an, sondern den finanziellen Nutzen, den ein Eigentümer aus dem Unternehmen zukünftig ziehen kann. Da die Berechnung auf der Erwartung zukünftiger Zahlungsströme basiert, liegt dem

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Verfahren die Annahme zugrunde, dass der Käufer beabsichtigt, das Unternehmen fortzuführen (Ballwieser und Hachmeister 2016, S. 8–10). Ist eine Zerschlagung des Zielunternehmens geplant, muss hingegen auf andere Bewertungsverfahren zurückgegriffen werden. Ein weiterer wichtiger Faktor, der bei der Anwendung von Gesamtbewertungsverfahren beachtet werden muss, ist der Einfluss von Steuern und der Verschuldungsgrad. So führt beispielsweise die Privilegierung von Fremdkapital im deutschen Steuersystem dazu, dass der Verschuldungsgrad und die individuelle Steuerlast durch ein sog. Tax Shield einen Wertvorteil ergeben können (Ballwieser und Hachmeister 2016, S. 141). Dies ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass Zinsen im deutschen Steuerrecht bis zur sog. Zinsschranke zu den abzugsfähigen Betriebsausgaben gehören und somit die Steuerlast reduzieren. Einzelbewertungsverfahren hingegen basieren auf der Einzelbewertung von Vermögensgegenständen und Schulden. Dabei ist bezüglich der Absicht der zukünftigen Nutzung des Unternehmens zu differenzieren. Ist nicht von einer Fortführung des Unternehmens auszugehen, kann ein sog. Liquidationswert ermittelt werden, der sich aus den Einzelveräußerungspreisen aller Vermögensgegenstände, vermindert um die mit der Veräußerung verbundenen Aufwände und der Schulden des Unternehmens ergibt. Da bei diesem Wertansatz Nutzenpotenziale vernachlässigt werden, bildet er den geringsten Wertansatz eines Unternehmens ab und definiert somit eine Preisuntergrenze für den Verkäufer. Ist jedoch eine Fortführung des Unternehmens geplant, kann ein Substanzwert ermittelt werden. Für diesen Wertansatz wird ein Nachbau des betrachteten Unternehmens in der gleichen Struktur unterstellt. Das heißt mit den gleichen Vermögenswerten und Schulden. Dieser auch als Reproduktionswert bezeichnete Wertansatz bildet dementsprechend den Preis ab, der zu bezahlen wäre, um ein identisches Unternehmen zu bilden. Demnach kann dieser Wert aus Sicht des Käufers als Wertobergrenze herangezogen werden, da er sich das Unternehmen für diesen Preis auch selbst bilden könnte. Bei Mischverfahren ergibt sich der Unternehmenswert aus der Kombination von Substanz- und Ertragswert. Sie werden daher auch Kombinationsverfahren genannt und verbinden somit die Gesamt- und Einzelbewertungsverfahren. Zu den einfachsten Mischverfahren gehört beispielsweise das Mittelwertverfahren, bei dem lediglich der Mittelwert aus ermitteltem Substanz- und Ertragswert berechnet wird (Ballwieser und Hachmeister 2016, S. 206). Die letzte Klasse der Bewertungsverfahren bilden die Überschlagsrechnungen. Sie beruhen auf Preisschätzungen, die anhand von Marktdaten abgeleitet werden. Der Grundgedanke dahinter ist, dass ähnliche Vermögensgegenstände zu ähnlichen Preisen gehandelt werden und dass somit über bereits abgewickelte Transaktionen vergleichbarer Unternehmen ein Unternehmenswert abgeleitet werden kann. Beispielsweise kann über die Umsätze und die erzielten Kaufpreise vergleichbarer Unternehmen ein Umsatzmultiplikator ermittelt werden, mit dessen Hilfe der Wert des zu bewertenden Unternehmens ermittelt werden kann (Ballwieser und Hachmeister 2016, S. 216). In Ermangelung verlässlicher Daten kommen solche Verfahren häufig auch bei der

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Bewertung von Startups zum Einsatz. Dabei wird der Unternehmenswert über operative Multiplikatoren, wie beispielsweise Clickrates, Traffic oder Likes ermittelt (Tschöpel 2017). Welches Bewertungsverfahren konkret für die Bewertung eines Unternehmens herangezogen wird, ist immer vom Einzelfall und der Betrachtungsweise abhängig. Es empfiehlt sich jedoch, den Wertansatz des betrachteten Unternehmens über verschiedene Ansätze zu ermitteln und so die Schwächen der einzelnen Bewertungsverfahren auszugleichen (Binder et al. 2016, S. 217). Ein in Deutschland anerkannter Standard für Unternehmensbewertungen ist der vom Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) veröffentliche Standard „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ IDW S1. Dieser, vor allem auf dem Ertragswertverfahren basierende Ansatz, gibt allgemeine Grundsätze zur Ermittlung eines Unternehmenswertes vor, der von Art und Größe des Unternehmens unabhängig ist. Zusätzlich geht er auf Besonderheiten von KMU, wachstumsstarker und wachstumsschwacher Unternehmen ein und bietet so einen möglichen Leitfaden für Unternehmensbewertungen (Nestler 2012).

6.3.4 Finanzierung Sobald der Unternehmenswert bestimmt wurde, stellt sich für das akquirierende Unternehmen die Frage, wie es den Kaufpreis aufbringen soll. Dazu bieten sich in der Regel drei mögliche Finanzierungsquellen an, die jeweils verschiedene Vor- und Nachteile mit sich bringen. Zum einen kann der Kaufpreis durch Eigenkapital finanziert werden. Voraussetzung dafür ist entweder, dass ausreichende liquide Mittel im Unternehmen zur Verfügung stehen, oder dass Eigenkapital über einen (neuen) Investor beschafft werden kann. Dabei ist zu unterscheiden, welches Interesse vom möglichen Investor verfolgt wird. Handelt es sich dabei beispielsweise um einen renditeorientierten Private Equity-Fund, ist zu beachten, dass mit solchen Investitionen häufig hohe Renditeforderungen verbunden sind und entsprechend hohe Erwartungshaltungen herrschen. Im Gegensatz dazu bringen strategische Investoren, wie beispielsweise Business Angels, zusätzlich Know-how, Kontakte und Branchenkenntnis mit ein und bieten so einen zusätzlichen Mehrwert, zu i. d. R. akzeptablen Konditionen. Aber unabhängig davon, ob auf internes oder externes Eigenkapital zurückgegriffen wird, ist die Finanzierung durch Eigenkapital generell die teuerste Art der Finanzierung. Außerdem kann der Leverage-Effekt nicht zum Tragen kommen, was einen Einfluss auf die Eigenkapitalrendite hat. Neben der Möglichkeit, eine Akquisition über Eigenkapital zu finanzieren, kann auch auf das klassische Darlehen (durch Banken oder institutionelle Fremdkapitalgeber) zurückgegriffen werden. Dieses ist, unter anderem durch die steuerliche Privilegierung von Fremdkapital, in der Regel die günstigste Art der Finanzierung. Allerdings binden Darlehen durch feste Zins- und Tilgungszahlungen zukünftige Cashflows. Außerdem birgt ein Darlehen das Risiko der vorzeitigen Kündigung oder Verschlechterung der

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Konditionen im Krisenfall. Dafür ist jedoch mit einem Darlehen, abgesehen von den üblichen Covenants, kein Einflussrecht auf Gesellschafterebene verbunden. Allerdings können Darlehen in der Regel nicht in unbegrenztem Umfang aufgenommen werden, da Fremdkapitalgeber normalerweise Höchstgrenzen definieren. Zusätzlich zu diesen beiden Varianten bietet sich auch die Möglichkeit zur Finanzierung über Mezzanine-Kapital an. Dabei handelt es sich um eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital. Bilanziell wird es zwar dem Fremdkapital zugeordnet, allerdings weist es beispielsweise durch sog. Equity Kicker, die dem Mezzanine Kapital-Geber eine Option auf Eigenkapitalanteile geben, auch Ähnlichkeiten zum ­ Eigenkapital auf. In der Regel ist eine Mezzanine-Finanzierung günstiger als eine Eigenkapitalfinanzierung aber teurer als eine Fremdkapitalfinanzierung. Als maßgeblicher Nachteil ist die Komplexität der Abwicklung zu nennen, die sich auch durch die Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten ergibt. Welche der genannten Finanzierungsarten für eine konkrete Akquisition am vorteilhaftesten ist, hängt stets von den individuellen Rahmenbedingungen der jeweiligen Transaktion ab und kann somit nicht generell beantwortet werden. In der Praxis hat sich allerdings eine Betrachtungsweise durchgesetzt, bei der Kosten, Unabhängigkeit und Sicherheit im Fokus stehen. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren, kann eine möglichst günstige Finanzierung ermittelt werden.

6.3.5 Vertragsverhandlungen Die Verhandlungsphase ist ein wesentlicher Teil der Transaktionsphase und beginnt in der Regel mit der Abgabe des LoI und knüpft somit nahtlos an die ­Pre-Akquisitionsphase an. In dieser gilt es konkrete Sachverhalte zwischen Käufer und Verkäufer abzustimmen und in Form eines Vertrages zu fixieren. Übliche Vertragsbestandteile sind dabei die Festlegung des Kaufgegenstands, des Kaufpreises und seiner Anpassungen, aufschiebende Bedingungen für den Vollzug, der Zeitpunkt von Vertragsunterzeichnung und -vollzug, Garantien und Freistellungen, Haftungsregelungen und Wettbewerbsverbote. Dies kann mehrere Wochen, bei großen Transaktionen sogar Monate in Anspruch nehmen. Beendet wird die Verhandlungsphase durch die Unterzeichnung des Vertrages, auch Signing genannt und gefolgt vom sog. Closing, mit dem die Umsetzung der festgelegten Vertragsbedingungen und der Übergang der Verfügungsmacht verbunden ist (Vollzug). Während der Prozess für den Verkäufer nach dem Closing endet, steht für den Käufer die Integration des akquirierten Unternehmens an (Binder et al. 2016, S. 218).

6.3.6 Öffentlich-rechtliche Implikationen Bei einigen Transaktionen müssen zwischen Signing und Closing öffentlich-rechtliche Zustimmungen eingeholt werden. Hier sind insbesondere Implikationen des deutschen

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und europäischen Kartellrechts (Fusionskontrolle) zu nennen, sowie deutsche/europäische Vorschriften für Transaktionen mit Auslandsbezug oder wenn sensible Branchen (z. B. Rüstung, Hochtechnologie) oder Länder (z. B. China) involviert sind. Nach Abschluss der öffentlich-rechtlichen Prüfung kann die Transaktion bei einer Erlaubnis entweder vollzogen, oder muss bei einer Verweigerung der Erlaubnis abgebrochen werden.

6.4 Integrationsphase Die Integrationsphase wird in Abb. 6.6 dargestellt und kann auch als Vernetzungs- oder Zusammenführungsphase bzw. als Post Merger Integration (PMI) bezeichnet werden. Sie ist von fundamentaler Bedeutung, da innerhalb der Integrationsphase die umfassende Transaktionsplanung umgesetzt wird. Dabei gilt es, die unterschiedlichen, heterogenen Unternehmungen zu einer Einheit zusammenzuführen und die Integration in Abhängigkeit der angestrebten und zuvor festgelegten Ziele zu gestalten (BusinessDictionary o.D.). Das Integrationsmanagement vereint dabei mehrere Disziplinen. In der ersten Disziplin, der Integrationsstrategie, muss eine Strategie entwickelt werden, an der sich die Integration orientiert. In der Strategiephase werden die Erkenntnisse der vorherigen Phasen in die Gestaltung der Integration mit einbezogen. Daraus folgend entsteht das Integrationsdesign, welches die Rahmenbedingungen des Prozesses vorschreibt. Abschließend werden die Ziele der gewählten Integration festgelegt. Im Weiteren folgt darauf die Integrations-konzeptionierung, in der die operative Planung von Prozessen und der Aufbau eines Projekthauses stattfinden, welches das für die Integration zuständige Projektteam enthält. Hierbei werden auch die notwendigen Instrumente etabliert. Im dritten Schritt, der Integrationsdurchführung, geht es um die Umsetzung der Strategie und der vorherigen Konzeptionierung. An dieser Stelle müssen sowohl Randbedingungen der Organisation als auch der Informations- und Kommunikationstechnologien sowie des Marktes berücksichtigt werden. Zur Steuerung der Durchführung und zur Überprüfung der Strategie und Ziele wird darüber hinaus ein Integrationscontrolling aufgesetzt. Die Überprüfung des Verlaufs ist entscheidend, um möglichen unerwarteten Entwicklungen entgegen steuern zu können (Feix et al. 2017, S. 16–21).

Abb. 6.6   Integrationsphase. (Eigene Darstellung)

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6.4.1 Integrationsstrategie Im Rahmen der Strategieentwicklung werden, basierend auf den Ergebnissen der vorgeschalteten M&A-Phasen und deren Prozessschritte, die zentralen Integrationsziele, die Integrationsvision und das -design hin zum gewünschten operativen Vorbild festgelegt. Dabei ist eine Priorisierung der Integrationsmaßnahmen sowie die Festlegung der Integrationstiefe und -geschwindigkeit von hoher strategischer Bedeutung. Denn im weiteren Verlauf gibt dies vor, wie stark das übernommene Unternehmen mit dem übernehmenden Unternehmen verbunden werden soll und beeinflusst damit die Ansprüche an das Change-Management (Dörrenbächer und Witzmann 2015). Die Priorisierung der Integrationsmaßnahmen ist notwendig aufgrund der komplexen Aufgabenstellung einer Integration. So umfasst die Integration eine Vielzahl von unterschiedlichen Themenfeldern, wie Beispielsweise strategische, strukturelle, personelle oder kulturelle Problemstellungen, mit denen sich je nach Ausgangssituation der Unternehmensübernahme im Rahmen der Integration mehr oder weniger intensiv auseinandergesetzt werden muss. Somit ist die Festlegung des Integrationsablaufs individuell abhängig von der unternehmensspezifischen Ausgangssituation (Wirtz 2014, S. 301). Allgemein lassen sich zwei Einflussfaktoren bestimmen, von denen der Integrationsablauf maßgeblich abhängt. So korrelieren vor allem Integrationsgrad und -geschwindigkeit mit der strategischen Interdependenz und der organisatorischen Autonomie. Bei der strategischen Interdependenz geht es um den Umfang von Wertschöpfungspotenzialen. Die Interdependenz steigt mit den realisierbaren Synergieeffekten. Allgemein gilt, dass mit zunehmender strategischer Interdependenz das akquirierte Unternehmen zunehmend stärker in den Unternehmensverbund integriert wird bzw. die unsichtbaren Grenzen zwischen den Unternehmensteilen zunehmend schwinden. Unter der organisatorischen Autonomie ist der Grad der Unabhängigkeit bzw. die Handlungsbefugnis des Unternehmens zu verstehen. Obwohl bei Unternehmensübernahmen das Überschreiten von Unternehmensgrenzen unumgänglich ist, muss die Bedeutung der Autonomie für das akquirierte Unternehmen berücksichtigt werden. Denn mit zunehmender Autonomie des akquirierten Unternehmens geht die Identifikationskraft der Stakeholder mit „ihrem“ Unternehmen verloren, was eine ungewollte Abnahme der Motivation und Leistungsbereitschaft bis hin zu einem Verlassen des Unternehmens zur Folge haben kann. Unter diesen Gesichtspunkten muss sich mit der Gestaltung des Integrationsdesigns, bzw. der Festlegung des Grades und der Geschwindigkeit der Integration, intensiv auseinandergesetzt werden. Hinsichtlich der Bestimmung des Integrationsgrades kann, abhängig von dem angestrebten Grad der organisatorischen Autonomie des erworbenen Targets und dem Ausmaß der strategischen Interdependenzen, zwischen Erwerbs- und Zielgesellschaft zwischen vier unterschiedlichen Integrationsansätzen unterschieden werden: Erhaltung, Holding, Absorption und Symbiose (Dörrenbächer und Witzmann 2015). Diese sind auch in Abb. 6.7 zu finden.

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Abb. 6.7   Integrationsansätze. (Eigene Darstellung nach (Wirtz 2014))

Bei der Erhaltungs-Strategie sind die Bedürfnisse nach organisatorischer Autonomie hoch und nach strategischer Interdependenz gering. Folglich sind die Synergien gering, weshalb die bisherigen Organisationsstrukturen und Aktivitäten des erworbenen Unternehmens problemlos beibehalten werden können. Im Fall einer Holding-Strategie sind die Bedarfe nach organisatorischer Autonomie und nach strategischer Interdependenz gering und weisen somit Charakterzüge einer Portfolioinvestition auf, wodurch Integrationsmaßnahmen eine geringe Relevanz haben. Bei der ­Absorptions-Strategie sind die strategischen Interdependenzen eher stark und der Bedarf nach Autonomie eher gering. Dies erfordert Integrationsaktivitäten, da mit Problemen in unterschiedlichen Bereichen und mit Widerstand vonseiten der Mitarbeiter zu rechnen ist. Die ­Symbiose-Strategie stellt die größte Herausforderung dar, da der Bedarf nach strategischer Interdependenz hoch und gleichzeitig der Wunsch nach größtmöglicher Autonomie gegeben ist. Bei umfassender Zusammenführung der Unternehmen soll die bisherige Unabhängigkeit erhalten bleiben. Diese Strategie ist hochambitioniert, weshalb umfangreiche Integrationsaktivitäten einzuplanen sind. Die Festlegung der Integrationstiefe in der frühen Phase der Integration ist entscheidend, da von ihr das weitere Vorgehen abhängt und von ihr der Kostenrahmen und die Komplexität der Integration abgeleitet werden. Dementsprechend ist auch die Integrationsgeschwindigkeit, also in welchem zeitlichen Rahmen die Integration ablaufen soll, höher (Advice Partners 2019).

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Bei der Bestimmung der Integrationsgeschwindigkeit kann generell zwischen evolutionärem und revolutionärem Vorgehen unterschieden werden, die jeweils ihre Vorund Nachteile mit sich bringen. Die Kosteneffekte werden in Abb. 6.8 dargestellt. Dabei ermöglicht eine schnelle Integration eine zügige Realisierung von Synergien und hält die damit verbundenen Opportunitätskosten gering. Darüber hinaus werden Unsicherheiten, vor allem bezüglich des Verhältnisses der Unternehmen, vermieden. Allerdings birgt eine schnelle Integration das Risiko überstürzter Entscheidungen, die im Nachhinein nur schwer revidierbar sind und Mitarbeiter überfordern, was wiederum die Integrationskosten erhöht. Daher gilt es hier oftmals so schnell wie möglich, aber so langsam wie notwendig vorzugehen, abhängig von der Komplexität des Integrationsprozesses und der Integrationstiefe. Bezüglich der Kosten können zusätzlich die Kosten-Nutzen-Effekte analysiert werden. Dabei ist die optimale Integrationsgeschwindigkeit die Schnittstelle zwischen den Integrationskosten und den Opportunitätskosten durch nicht genutzte Wertsteigerungspotenziale. Für die Definition der Ziele kann auf den Planungen der Pre-Akquisitionsphase angeknüpft werden. Der zusätzliche Informationsgewinn, resultierend aus dem Fortschritt der Transaktionsphase, ermöglicht jedoch eine klarere Definition der Ziele. Somit ist es erforderlich für die Integrationsphase die Ziele noch einmal neu zu definieren. Die Detailierung beziehungsweise Ergänzung der Ziele erfordert unter Umständen eine Überarbeitung der Planung und Konzeptionierung (Feix et al. 2017, S. 16–21).

6.4.2 Integrationskonzeption Innerhalb der Integrationskonzeption erfolgt eine spezifische Festlegung des Integrationsprogramms, das die Organisation und Steuerung des Integrationsprozesses beschreibt. Dabei gilt es, aus den Zielen der PMI-Strategie ein spezifisches Integrationsprogramm abzuleiten. Die klassischen Bestandteile sind die strategische, finanzielle, operative, organisatorische, managementseitige sowie die kulturelle Integration (Feix et al. 2017, S. 18–25). Erste grundlegende Notwendigkeit dafür ist die Zusammenstellung eines kompetenten und dedizierten Integrationsteams. Weitere Aufgaben sind der Abb. 6.8   Kosteneffekte der Integrationsgeschwindigkeit. (Wirtz 2014, S. 305, 308)

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Aufbau eines Projekthauses und die Festlegung der Instrumente für die Gesamtsteuerung des Integrationsprojekts. Auch die Organisation und Steuerung des Integrationsprozesses kann dabei auf den Planungen der Pre-Akquisitionsphase aufsetzen. Bei der Zusammenstellung des Integrationsteams ist es nicht unbedingt notwendig, ein komplett neues Team zu bilden, jedoch ist es sinnvoll, das Team zumindest um weitere Mitglieder aus dem akquirierten Unternehmen zu ergänzen. Die Integration von Mitarbeitern des übernommenen Unternehmens führt zur Erhöhung der Akzeptanz der vom Integrationsteam vorzunehmenden notwendigen Maßnahmen. Auch für die Integration kann die Beauftragung von externen Beratern den Integrationsprozess unterstützen. Genauso sollten die Aktivitäten und Aufgaben in einer Integrationsplanung detailliert ausgearbeitet werden. Die Planung ergibt sich dabei aus den Integrationszielen und kann durch den Aufbau des Projekthauses unterstützt werden (Wirtz 2014, S. 311). In der Praxis hat sich eine Integrationsorganisation dem Muster in Abb. 6.9 bewährt. Ein solches Projekthaus besteht aus einem übergeordneten Integrationssteuerkreis, der übergreifende Ziele definiert, Verantwortungen festlegt und das Integrationsprogramm leitet. Das Integrationsbüro bricht die Ziele auf die verschiedenen Aufgabenbausteine eines Integrationsprogramms herunter und ermöglicht so beispielsweise eine Synergierealisierung. Dem untergeordnet sind die Aufgabenbausteine Integrationsteams, Zieldefinition und Controlling, Personal und Organisation sowie Kommunikation (Bäzner und Picot 2012, S. 33–35).

Abb. 6.9   Projekthaus einer typischen Integrationsorganisation. (Bäzner und Picot 2012, S. 33–34)

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6.4.3 Integrationsdurchführung Um ein strukturiertes Vorgehen innerhalb der Integrationsphase zu ermöglichen, werden die notwendigen Aktivitäten und Tätigkeiten der Integrationsdurchführung zu übergeordneten Themenbereichen zusammengefasst. Beim Integrationsprozess wird hierbei häufig zwischen strategischer, struktureller, personeller und kultureller Integration unterschieden. Dieser recht akademische Ansatz sollte aber zugunsten eines eher praxisorientieren Ansatzes, der nach organisations-, informations- und marktorientierten Gesichtspunkten differenziert, zurückhaltend angewendet werden. Daher gilt auch, dass wie und in welcher Reihenfolge die einzelnen Aspekte im Detail umgesetzt werden, jeweils abhängig von der unternehmensspezifischen Ausgangssituation ist. Die organisationsorientierte Integration umfasst die gemeinsame strategische Ausrichtung, die Aufbau- und Ablauforganisation und die Unternehmenskultur. Die gemeinsame strategische Ausrichtung ist der Aufsatzpunkt für die Aufbauorganisation. So kann nach der gemeinsamen Erarbeitung des neuen Unternehmensleitbildes eine integrierte geschäftsfeldbezogene Strategie entwickelt, das Produktportfolio neu geordnet und Ressourcen sowie Kompetenzen ausgetauscht werden. Die nächste Herausforderung besteht darin, eine geeignete Organisationsstruktur für das Unternehmen zu finden und zu implementieren. Mit der Gestaltung der Aufbauorganisation können die größten Synergiepotenziale gehoben werden. Daher ist es von hoher Wichtigkeit, dass bei der Umsetzung alle in der Pre-Akquisitionsphase identifizierten Synergiepotenziale berücksichtigt werden. Dabei müssen vor allem der Grad der Zentralisierung und die Organisation der Abteilungen definiert werden. Auf dieser Grundlage wird in der Folge auch die Ablauforganisation angepasst. Innerhalb der Ablauforganisation werden Prozesse gestaltet, die der Koordination innerhalb sowie außerhalb der Abteilungsstrukturen dienen (Wirtz 2014, S. 315, 323 ff.). Bezüglich der Besetzung von Führungspositionen des neu entstandenen Unternehmensteils muss der Auswahlprozess fair und transparent gestaltet werden, um eine möglichst hohe Akzeptanz zu erzielen. Dabei werden zunächst die Positionen auf Ebene der Geschäftsleitung personell besetzt. Die neue Geschäftsführung benennt dann nach Maßgabe der Aufgabenverteilung im Leitungsgremium die entsprechend nächste Ebene (Feix et al. 2017, S. 26). Im Weiteren muss die Unternehmenskultur harmonisiert werden, um Spannungen durch abweichende Verhaltensweisen, Wertvorstellungen oder Einstellungen zu vermeiden. Für die Harmonisierung der Kultur muss ein effektives Change ­Management-Programm aufgestellt werden. Um einen wirkungsvollen Change Management-Ansatz zu erarbeiten, muss zunächst eine Ist- und Soll-Analyse zur Unternehmenskultur angestellt werden. Die Ist-Analyse hat das Ziel der Bewusstmachung kultureller Unterschiede. An die Ist-Analyse schließt sich die Soll-Analyse an, innerhalb der die ­Soll-Ausprägungen der gemeinsamen Unternehmenskultur bestimmt werden. Allgemein handelt es sich bei der Veränderung der Unternehmenskultur um einen evolutionären Prozess, der nur schwer geplant und gesteuert werden kann. Möglichkeiten

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zur Beeinflussung bieten sich aber durch kommunikations- und personalpolitische sowie organisatorische Maßnahmen an. Beispielsweise können eine neue Unternehmensphilosophie basierend auf einer neuen Vision und Mission oder Veranstaltungen den Change Prozess positiv beeinflussen. Darüber hinaus können auch nonverbale kommunikative Maßnahmen wie z. B. die Einführung eines neuen Unternehmenslogos helfen. Auf der organisatorischen Seite können neben einem effizienten Integrationsteam auch interkulturelle Workshops veranstaltet werden (Wirtz 2014, S. 337–339). Die kulturelle Integration von unterschiedlichen Unternehmen oder unterschiedlichen Unternehmensteilen wird bei der Integration häufig unterschätzt, ist jedoch besonders bei KMU ein zentraler Faktor für den Erfolg. Dabei gibt es kein vordefiniertes einheitliches Vorgehen, um technisch wie auch kulturell unterschiedlich gewachsene Strukturen zu einem effektiven Unternehmen zu formen. Diese Arbeitskulturen sind meist mit Orientierung an dem Wachstum der jeweiligen Unternehmen entstanden und können sich daher stark unterscheiden. Abhängig sind Unternehmenskulturen von KMU meist von regionalen Situationen und gehen oft einher mit einem ausgeprägten Wertesystem. Zu diesem gehören u. a. Traditions- und Verantwortungsbewusstsein, das Ziel unternehmerischer Unabhängigkeit und eine konservative Geschäftsführungspolitik. Aus diesen Faktoren entsteht eine einzigartige Firmenkultur, mit der sich Mitarbeiter identifizieren. Besonders Eigentümer von KMU entwickeln eine emotionale Verbundenheit, die nicht unterschätzt werden sollte. Die richtige Beurteilung und die aktive Rücksichtnahme auf kulturelle Unterschiede, gerade bei einer Integration von KMU, ist daher eine herausfordernde Aufgabe im Rahmen des Integrationsprogramms, die notwendigerweise bedacht werden muss. KMU sind mehr als Konzerne von Schlüsselpersonen innerhalb der Organisation abhängig. Hierbei ist es nötig, einen strukturierten aber auch flexiblen Change-Prozesses zu fördern, der die Integration vonseiten des Personals steuert, ohne dabei Unsicherheit im Unternehmen entstehen zu lassen oder die Kontinuität der Geschäftsprozesse zu gefährden. Durch derartige Probleme in der Integrationsphase kann auch, gegenteilig zum Ziel der Integration, eine Verringerung der Effektivität auftreten (Stich et al. 2016). Die informationsorientierte Integration verfolgt das Ziel der Sicherstellung eines effizienten Informations- und Kommunikationssystems zur Realisierung der angestrebten Synergieeffekte. Dieses bietet zugleich die Chance, veraltete Systeme zu modernisieren. Am Ende der Integration der Informationen und Kommunikation sollte eine einheitliche IT-Infrastruktur in einem gemeinsamen Kommunikationsnetzwerk bereitstehen. Dies kann auf unterschiedliche Weise erreicht werden. So kann ein komplett neues System entwickelt, eine neue Standardsoftware oder Mischsysteme eingeführt, die Systemwelt eines der Unternehmen vollständig übernommen oder teilweise um weitere Funktionalitäten ergänzt werden. In diesem Rahmen muss eine Systementscheidung über die Zielsoftware und -hardware getroffen werden, eine Umsetzungsstrategie des IT-Vorhabens erarbeitet, eine Übergangslösung bereitgestellt und die Daten in das Zielsystem migriert werden (Wirtz 2014, S. 362).

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Darüber hinaus muss die interne und externe Kommunikation organisiert werden, damit Mitarbeiter über Neuerungen benachrichtigt werden können und kommunikationsbedingte Probleme, Konflikte und Missverständnisse einfach beseitigt werden können. Die Zielsetzung der Informations- und Kommunikationspolitik ist die Kommunikation der Sinnhaftigkeit des Zusammenschlusses sowie die Offenlegung der Auswirkungen auf alle betroffenen Parteien. In der Regel führt schon allein die Ankündigung von Fusionen und Akquisitionen zu Verunsicherungen aufseiten der Mitarbeiter. Nicht selten hat dies zur Folge, dass Leistungsträger Abwanderungsgedanken entwickeln. Erfolgreiches Integrationsmanagement bindet daher diesen Personenkreis rechtzeitig an das Unternehmen. Es gilt hier, den Leistungsträgern konkrete und klare Perspektiven aufzuzeigen und ihnen ihre zukünftige Rolle im neuen Unternehmen zu verdeutlichen. Nicht zuletzt kann die aktive Einbindung in den Integrationsprozess die Bindung von Mitarbeitern an das Unternehmen stärken. Die Kommunikationspolitik sollte allgemein auf die Kommunikationsrichtlinien ausgerichtet sein. So sollten kommunizierte Inhalte stets die innere Konsistenz zwischen unterschiedlichen Quellen bzw. Kanälen wahren und verständlich aufgebaut sein. Darüber hinaus ist es wichtig, dass Kongruenz zwischen Information und tatsächlichem Handeln bestehen (Gerds und Schewe 2014, S. 66). Damit jedoch die Auswirkungen der Unternehmensübernahme kommuniziert werden können, sind vorab Medienkanäle festzulegen, mittels derer die Kommunikation stattfinden soll. Gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung bieten sich zunehmend Online-Medien wie z. B. Intranets und Social Media an. Aber auch die traditionellen Medien wie Newsletter oder Workshops bleiben weiterhin effektiv (Wirtz 2014, S. 366– 368). Die Unterstützung der Geschäftsführung ist dabei von entscheidender Bedeutung. Denn nur durch das hierarchische Potenzial der Geschäftsführung können mögliche, von dem Personal ausgehende Widerstände bewältigt werden. Darüber hinaus muss es gelingen, im Rahmen einer erfolgreichen Integration Kernpersonal und somit operatives Know-how zu sichern (Gerds und Schewe 2014, S. 66). Aufgrund der hohen Gefahr vor Verlusten von implizitem Wissen und der zugleich geringen Transparenz von explizitem Wissen im Rahmen des Integrationsprozesses, ist es wichtig, den Wissenstransfer sowie den Erhalt von Know-how sicherzustellen. Denn der Integrationsprozess bringt oftmals Spannungen mit sich und wirkt sich negativ auf die Mitarbeiterfluktuation aus. Daher sind Anreizsysteme für den Mitarbeiterverbleib sinnvoll. So können beispielsweise zusätzliche monetäre Anreize durch die Erhöhung der Lohn- und Gehaltsbezüge bei der Übernahme von integrativen Aufgaben durch die Mitarbeiter gesetzt werden. Zusätzlich können Erfolgsbeteiligungen des Personals abhängig vom Erfolg der Integrationsmaßnahmen in Aussicht gestellt werden. Darüber hinaus können auch Angebote insbesondere von Schulungen für Sozial- und Integrationskompetenz zielführend sein, um wichtige Eigenschaften zur weiteren Übernahme von Führungsverantwortung auszubilden (Schewe 2019). Neben den Anstrengungen zum Verbleib der Mitarbeiter muss vorhandenes Wissen gesichert werden. Dabei muss das Wissen zuerst identifiziert, im Anschluss gesammelt und gebündelt werden. Innerhalb einer Wissensanalyse muss das Wissen in der Folge strukturiert und bewertet werden,

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um auf dieser Basis das Wissen selektieren und dokumentieren zu können. Anschließend muss das Wissen zugänglich gemacht und geteilt werden, indem Datenbanken aufgebaut werden und der Wissensaustausch organisiert und systematisiert wird. Somit kann im letzten Schritt das Wissen von allen genutzt werden. Bei der marktorientierten Integration steht die Integration des Marken- sowie des Kundenmanagements im Mittelpunkt. So müssen bei Veröffentlichung des Unternehmenszusammenschlusses das Marken- und das Kundenintegrationskonzept bereits in groben Zügen ausgearbeitet sein, damit in der Öffentlichkeit keine falsche Assoziation bzw. Verwirrung bei den Kunden entsteht (Wirtz 2014, S. 315, 382 ff.). In Anbetracht der Marke beinhaltet dies auch die Wahl des Markentypus. Den Ausgangspunkt hierbei bildet der Eintritt in die Verhandlungen mit einem potenziellen Kaufobjekt, da dort erst genügend Details vorliegen, um ein integriertes Markenkonzept auszuarbeiten. Für die Wahl des Markentypus stehen grundsätzlich drei Strategieansätze zur Verfügung. So kann zwischen den drei Optionen Mono-, Dach- und Neumarkenstrategie ausgewählt werden, wie in Abb. 6.10 dargestellt. Diese Strategien unterscheiden sich danach, ob die beteiligten Marken jeweils fortgeführt oder aufgegeben werden. Die Entscheidung für eine der Strategien hängt dabei von der Mission, dem Inhalt und der Ausrichtung der jeweiligen Marke im erweiterten Markenportfolio ab. Bei der Monomarkenstrategie wird nach dem

Abb. 6.10   Markenmanagementansätze. (Eigene Darstellung nach (Wirtz 2014))

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Unternehmenszusammenschluss nur eine Marke fortgeführt, auf die alle Marketingmaßnahmen konzentriert werden. Allerdings muss auch die Auflösung der anderen Marken kommuniziert werden, um Verunsicherung bei den Kunden zu vermeiden. Die Strategie hat den Vorteil, dass die aufgegebene Marke von der Identität und Bekanntheit der fortgeführten Marke profitieren kann. Auf der anderen Seite hingegen besteht das Risiko, dass die Identität durch die Vermischung verwässert. Bei der Dachmarkenstrategie werden die beteiligten Unternehmensmarken zu einer Dachmarke fusioniert und die originalen Marken darunter fortgeführt. Die Unternehmensmarke fungiert als Konzernname, während die ursprünglichen Marken als Untermarken separat bestehen bleiben. Wesentlicher Vorteil dieser Strategie ist eine taktische Flexibilität, da mit mehreren Marken ein größerer Marktanteil abgedeckt werden kann. Allerdings bedeuten mehr Marken auch höhere Marketingausgaben für die Pflege der Marken. Bei einer Neumarkenstrategie findet eine Verschmelzung von Unternehmensmarken statt zu einer neuen eigenständigen Marke, wobei die ursprünglichen Unternehmensmarken aufgegeben werden. Die Neumarkenstrategie ist immer dann sinnvoll, wenn der Zusammenschluss der vorhandenen Marken aufgrund mangelnder Übereinstimmung oder Relevanz der Markenidentität mit dem neuen Unternehmen nicht möglich ist. Vorteil ist, dass Verwässerungseffekte vermieden werden; jedoch bedarf die neue Marke umfassender Marketingmaßnahmen, um überhaupt Aufmerksamkeit zu erregen. Da für den Kunden aufgrund der Notwendigkeit der Umstellung eine Übernahme oft zumindest kurzfristig mit Nachteilen verbunden ist, ist eine hohe Kundenfluktuation nicht unüblich. Um die Fluktuation möglichst gering zu halten, müssen anhand eines proaktiven Kundenmanagements Kundenbelange frühzeitig angegangen werden. So muss im Vorfeld geklärt sein, welche Geschäftseinheit welche Kundengruppe mit welchen Systemen zukünftig betreuen soll, um die Veränderung für den Kunden möglichst gering zu halten. Basis dafür ist eine gezielte Kundenanalyse und die Migration der Kundendaten, in der alle Kundendaten des Unternehmenszusammenschlusses zusammengeführt werden. Begleitend ist aber auch persönlicher Kontakt zu den Kunden hilfreich, sodass der Kunde in persönlichen Gesprächen rechtzeitig über Veränderungen informiert wird und somit die Chance besteht, die Kundenwahrnehmung zu beeinflussen. (Wirtz 2014, S. 397 ff., 410 ff.).

6.4.4 Integrationscontrolling Das Integrationscontrolling dient hauptsächlich der Analyse der wirtschaftlichen und strategischen Zielerreichungsgrade der Unternehmensübernahme. Anfangs gilt es, schnell ein effizientes und repräsentatives Reporting zur Bestimmung der Finanz und Ertragslage des neu entstandenen Unternehmens sicherzustellen. Dabei werden zunächst Reporting-Standards für beispielsweise unternehmensinterne Buchungsrichtlinien, Kontenrahmen, Budgetierungsgrundsätze oder Prozesse erstellt, damit eine gleichgesetzte

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und vergleichbare Basis von Informationen entsteht. Dieser Vorgang stellt für KMU eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Synergiesteuerung ist ein weiterer essenzieller Faktor des Integrationscontrolling (Biberacher 2003, S. 292–295), welches der Unternehmensführung eine Hilfestellung bei der Erreichung der gesetzten Ziele bietet. Für den Erfolg der Integration ist eine IT-gestützte Projektleitung entscheidend. ­Projektcontrolling-Tools mit Ampelanalysen und geringen elementaren KPIs können dazu dienen, Fortschritte von Projekten darzustellen und Soll-Ist-Abweichungen in den einzelnen Themen rechtzeitig kenntlich zu machen. Eine zusätzliche Aufgabe des Integrationscontrollings ist das Programmmanagement, das eine Übersicht über alle zu erfüllenden Aktionen liefert und prüft, ob diese Aktionen mit der entsprechenden Qualität bearbeitet wurden. Immer häufiger wird im Rahmen von M&A-Projekten auch die Nutzung der Balanced Scorecard gewählt, da sie ermöglicht, das Integrationscontrolling von einer beschränkten Analyse der Finanz-KPIs auf weitere entscheidende betriebliche Faktoren auszudehnen, um so eine nachhaltigere Komplexitätsbeherrschung des M&A-Prozesses sicherzustellen. Die Unterscheidung nach den vier Elementen Finanzen, Lessons Learned, Kunden sowie interne Prozesse (Boersch und Elschen 2007) mit den abgeleiteten KPIs bietet sich das Integrationscontrolling an (Kaplan und Norton 1997, S. 76–78). Neben den üblichen Instrumenten zum Controlling bedarf es beim Integrationscontrolling auch einer Überwachung des Integrationsklimas. Die Planung findet zwar ebenfalls bereits in der Pre-Akquisitionsphase statt, das Controlling selbst kann jedoch erst bei Beginn der Integration beginnen. Ziel dabei ist es, Widerstände und potenzielle Reibungspunkte frühzeitig aufzudecken und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten. Ein beliebtes Instrument für den Kulturwandel ist das Radardiagramm, das den Soll- und Ist-Zustand der Kultur abbildet. Die jeweiligen Ausprägungen der Zustände lassen sich mittels Analysen zur Grundhaltung der Mitarbeiter wie z. B. über Fragebögen, Einzelgespräche oder Workshops quantifizieren. Zusätzlich sollte aber auch das Integrationsklima der übrigen Stakeholder überwacht werden, um ungeahnte Folgen zu vermeiden. Zusätzlich zum Radardiagramm können aber auch normale Kennzahlen wie Absenzen oder die Fluktuationsquote ausgewertet werden (Wirtz 2014, S. 419). Für die Sicherstellung des langfristigen Integrationserfolgs ist ein permanentes Monitoring und Controlling der Integration notwendig. Auf der Basis von Frühindikatoren und Härtegraden kann das Management bei Abweichungen vom geplanten Integrationsverlauf frühzeitig gegensteuern, indem Gegenmaßnahmen eingeleitet bzw. Ziele angepasst werden (Jung 2017). Abschließend sollte auch eine ­Ex-post-Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des gesamten M&A-Projekts Teil des Projektcontrollings sein. Dabei werden die ursprünglichen Annahmen wie z. B. definierte Synergiepotenziale, erwartete Wertsteigerungen oder angesetzte Preisprämien (Schäfer 2001) den tatsächlich realisierten Ergebnissen der Unternehmensübernahme gegenübergestellt. Eine Abweichungsursachendiagnose und Lessons Learned bilden den Abschluss der Erfolgskontrolle (Davis 2012).

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Deutsch-chinesische Transaktionen Florian Eutert, Philipp Lührs und Finn Vorburg

Seit über zehn Jahren investieren chinesische Unternehmen regelmäßig in Deutschland. Die Strategie der chinesischen Regierung, angefangen mit der außenpolitischen Öffnung und ersten marktwirtschaftlichen Komponenten ab dem Jahr 1978 und weitergeführt nach der Finanzkrise seit den Jahren 2009 in Form großer Investitionsprogramme, legt die Vermutung nahe, dass es in den vergangenen Jahren viele erfolgreiche Transaktionen gab. Diese kommen allerdings nicht in der Vielzahl vor, wie es die wirtschaftspolitische Strategie Chinas zunächst erwarten lassen würde. Investitionen chinesischer Unternehmen in Deutschland stehen unter starker öffentlicher Beobachtung und sind präsenter in der öffentlichen Wahrnehmung, als Investments aus anderen Ländern. Wichtige Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren werden für die einzelnen Phase einer Transaktion beschrieben und die Faktoren intensiv diskutiert.

F. Eutert · F. Vorburg (*)  Hamburg, Deutschland E-Mail: [email protected] F. Eutert E-Mail: [email protected] P. Lührs  Buxtehude, Deutschland E-Mail: [email protected] © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Graewe (Hrsg.), Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30172-9_7

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Abb. 7.1   Entwicklung der Bayer-Aktie im vergangenen Jahr. (finanzen.net o.D.)

7.1 Erfolgsfaktoren Die Übernahme von Monsanto durch den Chemie- und Pharmakonzern Bayer war die kapitalintensivste Übernahme durch ein deutsches Unternehmen aller Zeiten. Obwohl die Transaktion juristisch erfolgreich abgeschlossen – also vollzogen – werden konnte, stellt sich dennoch die Frage, ob diese auch ökonomisch als Erfolg zu bewerten ist, kam es doch im Nachhinein zu einem massiven Verfall des Börsenkurses von Bayer und zu einer Vernichtung von Milliardenwerten, wie in Abb. 7.1 zu erkennen. Ein Teil der Diskussion um die Frage der Erfolgsbewertung von ­M&A-Transaktionen umfasst auch die Thematik, ob nicht sog. Broken Deals, also ­M&A-Transaktionen, die im laufenden Prozess abgebrochen werden, ohne dass es zu einem Signing bzw. Closing kommt, unter Umständen ebenfalls als Erfolg bezeichnet werden können, weil etwa kein überhöhter Kaufpreis gezahlt werden muss, weil sich keine unerwarteten Risiken realisieren, die sich nicht aus der Due Diligence ergeben haben, weil man sich nicht auf unkalkulierbare kulturelle Unterschiede im internationalen Umfeld einstellen muss oder weil die Größe und Komplexität der Post M ­ erger-Integration den Großteil der erhofften Synergien wieder neutralisiert. Dabei kommt es überproportional häufig im Small- und Midcap-Bereich von Unternehmenstransaktionen zu Broken Deals.

7.2 Kritische Erfolgsfaktoren in der Pre-Akquisitionsphase Die Pre-Akquisitionsphase hängt von drei kritischen Erfolgsfaktoren ab.

7.2.1 Problemidentifikation, Lösungsstrategie und bewusste Kaufentscheidung Die Erfahrung zeigt, dass es sich nur bei 55 % der Transaktionen um eine bewusste Kaufentscheidung handelt. Die übrigen 45 % können als rein zufällig charakterisiert werden. Dies stellt in der Hinsicht auf die Erfolgsaussichten von Unternehmensübernahmen einen kritischen Faktor dar. Denn wenn Transaktionen rein zufälliger Natur sind, entfallen viele essenzielle Schritte des M&A-Prozesses. Beispielsweise besteht die Gefahr, dass zwar kurzfristig ein Erfolg erzielt wird, weil das Unternehmen seine

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Wachstumsziele erreicht, langfristig die beiden Strategien der Unternehmen aber nicht zueinander passen. Ferner kann es dazu kommen, dass Alternativen, die im Rahmen eines Screening Prozesses beleuchtet worden wären, gar nicht in Betracht kommen, weil das Unternehmen sich von Anfang an auf ein bestimmtes Target festlegt. Durch diesen zufälligen Prozess kann dementsprechend nicht sichergestellt werden, dass die beste Entscheidung für das Unternehmen getroffen wird. Daher muss zunächst das strategische Problem identifiziert und eine Strategie festgelegt werden, um das Problem zu lösen und anschließend eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen. Zur Entwicklung einer geeigneten Strategie ist die Verwendung eines Strategieprozesses empfehlenswert, der auf gängige Tools aufgebaut ist. Zuerst müssen Umwelt und Unternehmen analysiert werden. Innerhalb der Umweltanalyse müssen die Rahmenbedingungen, unter denen das Unternehmen operiert, identifiziert und die Entwicklung prognostiziert werden. Dabei gibt es mehrere Ebenen der Analyse. So kann mit der PESTEL-Analyse das globale Umfeld analysiert werden, mit den Porters 5 Forces die Branche bzw. die aufgabenspezifische Umwelt und zuletzt können auch spezifische Wettbewerber- oder Kundenanalysen anhand von Checklisten erstellt werden. Trotz des hohen Aufwandes ist eine gründliche Analyse empfehlenswert. Hinsichtlich der Unternehmensanalyse müssen die Schlüsselfaktoren identifiziert werden, auf denen Erfolg beruht. Hilfreich ist dabei die Analyse der Wertschöpfungskette, anhand der Schlüsselfaktoren abgeleitet werden können. Während im nächsten Schritt die Ergebnisse der Umweltanalyse zur Erstellung eines C ­ hancen-Risiken-Profils verwendet werden, fließen die Ergebnisse aus der Unternehmensanalyse in das Stärken-SchwächenProfil ein. Beim Stärken-Schwächen-Profil findet hauptsächlich ein Abgleich der Stärken und Schwächen mit dem Wettbewerb auf Grundlage der Wertschöpfungskette statt. Daher ist auch für das Stärken-Schwächen-Profil eine Wettbewerbsanalyse hilfreich. Im letzten Schritt des Strategieentwicklungsprozesses werden die beiden erstellten Profile in der SWOT-Analyse zusammengeführt und der Strategic Fit überprüft bzw. marktseitige Chancen und Risiken mit dem unternehmensspezifischen S ­tärken-Schwächen-Profil abgeglichen. Die Integration der beiden Analysen hilft dem Unternehmen dabei, strategische Probleme zu identifizieren und anschließend eine Strategie zu definieren, um das Problem zu lösen. Damit wird die Chance auf eine zufällige M ­ &A-Transaktion reduziert und eine bessere Entscheidungsgrundlage geschaffen. Auch aus Verkäufersicht können diese Analysen hilfreich sein, um zu identifizieren, ob ein Verkauf des Unternehmens in die langfristige Strategie passt, oder es sich eher um einen Zufall handelt, der im Zweifelsfall zum Scheitern der Übernahme führen kann.

7.2.2 Anforderungsprofil und Screening Viele Unternehmen verfügen über keinen systematischen M&A-Prozess. Hierbei handelt es sich allerdings um einen kritischen Erfolgsfaktor. Gerade in der ­Pre-Akquisitionsphase ist es essenziell sich an einen wissenschaftlichen bzw. gut geplanten M&A-Prozess zu

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orientieren. Bereits nachdem man sich für eine bewusste Transaktion entschieden hat, ist es nach den typischen M&A-Prozessen wichtig, das Anforderungsprofil des Targets zu definieren. Das Anforderungsprofil muss alle Rahmenbedingungen beinhalten, die das Zielunternehmen erfüllen muss, um in die Strategie der Unternehmensübernahme zu passen. Nur durch dieses konkrete Anforderungsprofil kann sichergestellt werden, dass das richtige Target identifiziert und später ein Strategic Fit erreicht wird. Auch für den darauffolgenden Screening-Prozess ist das Anforderungsprofil ausschlaggebend. Im Rahmen des Screening-Prozesses werden geeignete Kandidaten anhand des Anforderungsprofils auf dem Unternehmensmarkt identifiziert. Diese werden vorerst im Rahmen einer Long List geführt und durch die verschiedenen Faktoren bewertet. Durch eine umfassende Analyse der einzelnen Unternehmen kann die Long List anschließend in eine sog. Short List überführt werden, welche nur noch die engere Auswahl an Kandidaten enthält. Durch eine weitere Spezifizierung der Anforderung und der dahin gehenden Prüfung der Kandidaten können dann passende Akquisitionskandidaten ausgesucht werden. Für diesen Prozessschritt ist zu empfehlen, ein sog. Screening-Template zu führen. Darin werden neben dem Anforderungsprofil alle potenziellen Targets geführt. Nur so kann gewährleistet werden, dass allen Unternehmen die gleiche Beachtung geschenkt wird und kein Unternehmen in Vergessenheit gerät. Dazu ist zu jedem Zeitpunkt eine Übersicht vorhanden, die alle restlichen potenziellen Kandidaten aufführt. Darüber hinaus ist auch die Verwendung eines Radardiagramms hilfreich, indem alle definierten Kriterien bewertet werden und übersichtlich mit dem Anforderungsprofil hinsichtlich des Strategic Fit oder mit anderen Kandidaten verglichen werden können. Das Anforderungsprofil und der Screening-Prozess können in diesem Zusammenhang auch von einem Verkäufer durchgeführt werden. Dies würde bedeuten, dass der Prozess umgekehrt auf einen potenziellen Käufer abzielt. Auch hierfür verspricht das beschriebene Template den dazugehörigen Nutzen.

7.2.3 Einsatz externer Berater Zwar sind M&A-Transaktionen schon längst keine Einzelereignisse mehr, jedoch werden die meisten Unternehmensübernahmen von Großkonzernen durchgeführt. Explizit in Bezug auf einzelne mittelständische Unternehmen, haben diese oft keine Erfahrung mit M&A-Transaktionen und auch keine eigene M&A-Abteilung. Im Mittelstand kann insoweit also von außergewöhnlichen Ereignissen gesprochen werden. Dies hat zur Folge, dass eine sehr heterogene Erfahrung mit Unternehmensübernahmen vorliegt, sowohl innerhalb eines Unternehmens, als auch zwischen zwei Unternehmen. Gerade in den Bereichen Legal, Financial und Tax können externe Berater mit ihrem Expertenwissen eine entscheidende Rolle spielen. Es ist daher dringend anzuraten, zu prüfen, ob für die Unternehmensübernahme externe Berater eingeschaltet werden sollten, oder ob das benötigte Know-how, Zeit

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Abb. 7.2   Kompetenzbereich externer Berater. (Wirtz 2014, S. 175)

und Personal für eine M&A-Transaktion im Unternehmen vorhanden sind. Anschließend muss entschieden werden, welche Form von Beratern benötigt wird, da die Beratungsunternehmen verschiedene Schwerpunkte anbieten. Eine Übersicht wird in Abb. 7.2 gegeben. Es werden optimaler Weise die eigenen Schwächen analysiert und der entsprechende Berater als Experte auf diesem Fachgebiet beauftragt. Gleiches gilt an dieser Stelle auch aus Verkäufersicht. Gibt es beispielsweise Probleme, den eigenen Unternehmenswert zu ermitteln, sollte das passende Know-how über Berater aufgebaut werden, um in der anschließenden Kaufpreisverhandlung eine gute Verhandlungsposition zu haben.

7.2.4 Besondere Erfolgs- & Misserfolgsfaktoren bei chinesischer Beteiligung 7.2.4.1 Erfolgsfaktoren Bei einer M&A-Transaktion mit chinesischer Beteiligung ist die Kenntnis und der zielgerichtete praktische Umgang mit den gesetzlichen/behördlichen Rahmenbedingungen als besondere Herausforderung, aber auch Erfolgsfaktor anzusehen. Während in Deutschland für ausländische und inländische Investoren grundsätzlich gleiche Bedingungen herrschen, z. B. bei der Beschaffung von Krediten oder der Inanspruchnahme von Beratungsangeboten (besonders in den ostdeutschen Bundesländern werden starke Bemühungen unternommen, um ausländische Investoren zu werben) (Jungbluth 2018, S. 8; Xu et al. 2012, S. 33–34), ist dies in China nicht selbstverständlich. Dort wurde zwar, im Rahmen von Liberalisierungsmaßnahmen und der strategischen Ausrichtung zur Förderung von Auslandsinvestitionen, das Genehmigungsverfahren für Auslandsinvestitionen kontinuierlich vereinfacht (Xu et al. 2012, S. 16–18). Die chinesische Regierung unterstützt zudem Unternehmen auch vielfältig und versucht den Bürokratieaufwand stetig zu mindern. Allerdings bestehen gleichzeitig schnell wechselnde politische Förderrichtungen und es kann zu bürokratischen Hindernissen auf den unterschiedlichen politischen Ebenen kommen.

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7.2.4.2 Misserfolgsfaktoren 7.2.4.2.1 Rechtliche Hürden Obgleich der kontinuierlich positiven Entwicklung, hin zu einer unterstützenden Funktion, existieren auch weiterhin zahlreiche gesetzliche/behördliche Hemmnisse in China und Deutschland. So sind etwa die deutschen Rechtsvorschriften ohne Vorkenntnisse nur schwer zu verstehen. Für chinesische Investoren stellen sich dabei das Arbeitsrecht, das Steuerrecht, Baugenehmigungen und Genehmigungen für Unternehmensgründungen als die größten Hindernisse dar. Das Verständnis- und Verständigungsproblem wird oftmals durch eine fehlende Strategie und schlechte Vorbereitung verstärkt (Otto 2013, S. 37). Auch werden die vorhandenen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen nicht immer effizient genutzt. Eine detaillierte Planung gilt jedoch als Erfolgsbaustein für eine chinesisch-deutsche Unternehmenstransaktion. Weiter ist festzuhalten, dass es im Grad der Planung Unterschiede zwischen großen Unternehmen und KMU existieren. Das bedeutet, dass KMU eher gefährdet sind, durch eine mangelnde Planung und unstrukturierte Herangehensweise die bürokratischen Hürden zu einem entscheidenden Faktor anwachsen zu lassen. 7.2.4.2.2 Transaktionsvorbereitung und Due Diligence In der Praxis ist immer wieder festzustellen, dass die von chinesischer Seite durchgeführte Due Diligence aus deutscher Sicht teilweise unstrukturiert und schlecht vorbereitet wirkt. Für weitere Irritationen sorgt es, wenn Umstrukturierungs- und Integrationsplanungen für nicht ausreichend erachtet werden (Otto 2013, S. 37). Die Integrationsplanung sollte dabei bereits in der Pre-Merger Phase beginnen, um in der Post-Merger Phase einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen. Eine so aufgestellte Integrationsplanung ist jedoch nur in der Minderzahl der Fälle vorhanden. Dies bedeutet ein hohes Risiko für die Transaktion in allen Phasen. Häufige negative Konsequenzen sind, dass zu wenige Ressourcen für ein passendes Transaktions-Team bereitgestellt und Synergien nicht optimal ausgeschöpft werden (Otto 2013, S. 34). Auch mit den chinesischen Genehmigungs-verfahren waren die Investoren nicht immer vertraut (Otto 2013, S. 31–33). Es zeigt sich hier, dass chinesische Investoren nicht viel Erfahrung im Bereich deutscher M&A-Transaktionen besitzen (Otto 2013, S. 37). 7.2.4.2.3 Verhandlungen Während der Pre-Merger Phase erfolgen erste Treffen der Parteien, es findet ein Austausch zu diversen Themen statt und erste Verhandlungen starten. Dabei spielen Kultur und Sprache eine elementare Rolle. Für die Pre-Merger Phase gilt dabei, dass insbesondere KMU, die keine Erfahrung in M&A Fragen haben, mit den Verhandlungen oftmals überfordert sind. Kritisch ist es, wenn die Mitarbeiter beider Seiten wenig interkulturelle Kompetenzen vorweisen und sich diese auch nicht aneignen können oder wollen (Müller 2017, S. 21–23). Es herrscht damit eine entsprechend hohe Ausfallquote bei angesprochenen Investoren. Zu konkreten Verhandlungen kommt es nur in 5–10 % der Fälle. Vor allem erste abgegebene Angebote stellen sich als unverbindlich heraus und insgesamt ergibt sich ein langwieriger Prozess auf der chinesischen Seite (Habdank 2016).

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7.3 Kritische Erfolgsfaktoren in der Transaktionsphase Die Transaktionsphase hängt von vier kritischen Erfolgsfaktoren ab.

7.3.1 Sorgfältige Due Diligence und Deal Breaker Die Due Diligence stellt mit dem letzten Schritt des Informationsgewinnungsprozesses einen entscheidenden Faktor der gesamten Transaktion dar. Wichtig dabei ist die möglichst frühzeitige Definition von Abbruchkriterien, die sog. Deal Breaker. Diese können auch durchaus im Einvernehmen mit dem Target definiert werden, sodass die Vertrauensbasis gestärkt wird. Es ist jedoch essenziell, dass beide Unternehmen im Rahmen der Transaktionen ihre Konsequenzen aus dem Auftreten der Deal Breaker ziehen, nicht einfach im „Transaktionsfieber“ über diese hinwegsehen und die Transaktion trotzdem durchführen. Gerade im Mittelstand haben die Abbruchkriterien eine besondere Stellung, da bereits kleine Unterschiede in den Bereichen Personalkosten, Finanzierung und Kultur einen erheblichen Unterschied im Erfolg der Transaktion ausmachen können.

7.3.2 Akkurate Unternehmensbewertung für die Kaufpreisfindung Das Thema Kaufpreisfindung ist eine der am meisten diskutierten Themenstellungen bei M&A-Transaktionen. Das Hauptproblem liegt darin, dass Unternehmen keinen objektiven Wert besitzen. Es muss also auf unterschiedliche Bewertungsverfahren zurückgegriffen werden, um einen möglichen Kaufpreis zu ermitteln. Wie allerdings schon oben dargestellt, können die verschiedenen Bewertungsverfahren zu teilweise sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Dabei besteht zusätzlich ein ökonomischer Grundsatzkonflikt zwischen Käufer und Verkäufer. Während der Käufer einen möglichst geringen Kaufpreis erzielen möchte, um seine Profitabilität zu steigern, zielt der Verkäufer auf einen möglichst hohen Verkaufspreis ab. Nicht ohne Grund stellt die Höhe des Kaufpreises das mit Abstand häufigste Abbruchkriterium bei M&A-Transaktionen dar. Daher kann nur empfohlen werden, im Vorfeld verschiedene Bewertungsverfahren für die Kaufpreisfindung zu nutzen. So können die verschiedenen Schwachstellen der Bewertungsverfahren ausgeglichen und sich immer mehr an einen möglichst objektiven Wert angenähert werden. Beispielsweise können Daten aus den Gesamtbewertungsverfahren und der Einzelbewertung mit Daten aus der Überschlagsrechnung, also aktuellen Marktdaten, abgeglichen und anschließend zusammengeführt werden, sodass die klassische Bewertung durch verhältnismäßige, aktuelle Preise adjustiert wird. Auch hier ist die Empfehlung für den Verkäufer auszusprechen, eine eigene Unternehmensbewertung durchzuführen. Dies stärkt seine Verhandlungsposition, da schon eine eigene fundierte Vorstellung des Verkaufspreises vorliegt. Zudem wird das Konfliktpotenzial

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zwischen den beiden Parteien erheblich reduziert, wenn beide Unternehmen verschiedene Verfahren der Bewertung nutzen. So kann gewährleistet werden, dass die Vorstellungen nicht zu sehr voneinander abweichen.

7.3.3 Gute Verhandlungsführung Eine entscheidende Rolle in der Transaktionsphase spielt die Verhandlungsphase. Dort werden die wesentlichen Vertragsdokumente verhandelt, die die aufschiebenden Bedingungen enthalten, den Kaufpreis und dessen Berechnungsmethode sowie Anpassungsmechanismen, den Garantiekatalog und die Folgen bei Garantieverletzungen. Um den Gesprächen einen institutionellen Rahmen zu geben, sollte vorab gemeinsam mit der Gegenseite ein Verhandlungsfahrplan festgelegt werden, der als zeitlicher Gradmesser der Verhandlungen dient. Da auf der einen Seite eine konstruktive Arbeitsatmosphäre wichtig ist, auf der anderen Seite aber auch mit einer unbedachten Äußerung wirtschaftliche Nachteile einhergehen können, ist es wichtig, mit einem erfahrenen Berater- und Verhandlungsteam zu arbeiten, die ggf. auch über Erfahrung mit interkulturellen Verhandlungen haben. Sowohl das Beraterteam, als auch der Prinzipal sollten sich vor Beginn der Verhandlungen über die Motive der Gegenseite klar werden, insbesondere auch deren Nebenziele und verdeckte Motive, wie zum Beispiel Garantien, Zahlungsmodalitäten, Arbeitsplatzzusagen, IP-Nutzungen etc., die für Kompromissfindungen wichtig werden können.

7.3.4 Realistischer Finanzierungsplan Überlegungen zur Finanzierung einer Übernahme bilden einen festen Bestandteil der Transaktionsphase. Generell ist gerade bei mittelständischen Unternehmen festzuhalten, dass eine M&A-Transaktion in nur wenigen Fällen ohne eine der vorgestellten Formen der Finanzierung vollzogen werden kann und dass Überlegungen zur Finanzierung im Großteil den Käufer betreffen. Der Verkäufer kann lediglich beraten oder durch geeignete Finanzierungsmodelle helfen. Dennoch hat auch der Verkäufer ein Interesse daran, dass der Käufer die Übernahme finanzieren kann, um beispielsweise den eigenen Mehrwert der Transaktion zu sichern, oder den Beschäftigten einen sicheren Arbeitsplatz zu gewährleisten. Im Normalfall kann sich der Käufer an folgende Finanzierungspräferenzen orientieren: Auch wenn es durch individualisierte Problemstellungen Abweichungen von diesem Schema geben kann, sollte Fremdkapital in der Regel die erste Wahl sein. Denn Fremdkapital gibt es zu sehr günstigen Konditionen und die zu bezahlenden Zinsen sind steuerlich absetzbar, sodass der Leverage-Effekt hier große Vorteile bieten kann. Als nächster Schritt sollte das interne Eigenkapital verwendet werden. Dieses bietet die größte Unabhängigkeit und die eigene Kreditwürdigkeit bleibt unangetastet. Allerdings sind

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die Kosten bereits höher als beim Fremdkapital. Als nächster Schritt kann Mezzaninkapital folgen. Es ist noch günstiger als externes Eigenkapital, geht jedoch je nach Ausgestaltung zulasten der Liquidität oder Unabhängigkeit. Nur als letzter Schritt sollte sog. externes Eigenkapital verwendet werden. Dieses ist die mit Abstand teuerste Finanzierungsvariante und hat durch unterstützende Investoren wie Business Angels ebenfalls die größte Auswirkung auf die Unabhängigkeit des Unternehmens.

7.3.5 Besondere Erfolgs- & Misserfolgsfaktoren bei chinesischer Beteiligung 7.3.5.1 Erfolgsfaktoren Chinesische Käufer sind häufig strategische Investoren (Otto 2013, S. 24). Es handelt sich daher nur in Ausnahmefällen um Finanzinvestoren, sondern überwiegend Industrieunternehmen (Otto 2013, S. 39). Die Strategie der Investoren ist dementsprechend langfristig angelegt (Müller 2017, S. 23). Die Motivation chinesischer Investoren wird in Abb. 7.3 dargestellt.

Abb. 7.3   Motivation chinesischer Investoren (Sohm et al. 2009, S. 136–137)

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Betreffend die Transaktionsfinanzierung kann bei chinesischer Beteiligung zudem ein im Durchschnitt hohes Transaktionsvolumen festgestellt werden. Ein Vorteil für die Investoren ist, dass sie bei der Kapitalbeschaffung auf staatliche Unterstützung zurückgreifen können (Voegeli 2017). Für die deutsche Seite lässt sich in der Mehrheit der Fälle ein hoher Verkaufspreis realisieren (Haberstock und Schmitt 2018). Vor diesem Hintergrund ist zu beobachten, dass der Kaufpreis die Unternehmensbewertung durchaus übersteigen kann, denn die Investoren erhoffen sich von dem Kauf mehr als finanzielle Vorteile. Chinesen sind insbesondere an Technologieerwerb, Patenten, Verfahrenstechniken und Mitarbeiter Know-how interessiert (Jungbluth 2013, S. 47–48). Ziel ist es, die Qualität der bestehenden Produkte zu erhöhen und zukünftig innovative Produkte selbst zu entwickeln. Die Motive der deutschen Transaktionspartner liegen hingegen hauptsächlich in der Kapitalbeschaffung, im Einfluss auf die Wettbewerbssituation und in Kostenvorteilen (Jungbluth 2013, S. 75). In den meisten Fällen ist die finanzielle Situation von deutschen Unternehmen ausschlaggebend und ein finanzstarker Investor ist damit nicht unbedingt unerwünscht. Nicht selten retten chinesische Investoren auch deutsche Unternehmen vor der Insolvenz. Laut einer Studie aus dem Jahr 2013 (Otto 2013) trifft diese „Notlage“ bei etwa der Hälfte der Unternehmen zu. Die anderen übernommenen Unternehmen befanden sich nach eigener Aussage in einer ökonomisch guten bis sehr guten Situation, oft mit positiver Zukunftsaussicht mit guter Marktpositionierung (Otto 2013, S. 20). Die Kenntnis dieser typischen Positionierung der Transaktionspartner ist mitentscheidend für den Erfolg in der Merger Phase.

7.3.5.2 Misserfolgsfaktoren 7.3.5.2.1 Finanzierung Bei deutsch-chinesischen Unternehmensübernahmen kann im Durchschnitt ein höheres Transaktionsvolumen festgestellt werden, u. a. weil bei den meisten M&A Transaktionen ein gesamtwirtschaftliches Interesse vorliegt und von staatlicher chinesischer Seite bei finanziellen Fragen Unterstützung gewährleistet ist (Haberstock und Schmitt 2018). Diese hohen Transaktionsvolumina stellen aber auch einen häufigen Grund für das Scheitern von Transaktionen dar, wenn die Finanzierung der chinesischen Seite aus politischen Gründen nicht zu Stande kommt, wobei eine privatwirtschaftliche Finanzierung bestehen bleiben würde. 7.3.5.2.2 Übernahme oder Beteiligung Bei der Gestaltung von Deals streben chinesische Firmen eine vollständige Beherrschung und damit Übernahme an, im Gegensatz zu einer reinen Beteiligung (Jungbluth 2013, S. 47–48). Dieser Anspruch kann für deutsche Unternehmen ein Problem darstellen. Eine Beherrschung kann zu Ängsten bei den Stakeholdern führen und Vorbehalte bestätigt sehen, wie z. B. ein Ausverkauf der deutschen Hochtechnologie oder den Wegfall von Arbeitsplätzen.

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7.3.5.2.3 Kaufpreis Bei der Kaufpreisverhandlung beharrt die chinesische Seite oftmals auf ihre Unternehmensbewertung. Das kann dann zu Problemen führen, wenn die angewandte Methodik unübersichtlich und intransparent ist. In der Berechnung werden in einigen Fällen steuerliche Vorteile und Synergieeffekte nicht in dem Maße einbezogen, wie es bei der Unternehmensbewertung der deutschen Seite der Fall ist. Der Grund für die starr wirkende Verhandlungsmethodik lässt sich kulturell begründen. Chinesen halten sich an Entscheidungen und Vorgaben, die sie von höheren Hierarchieebenen erhalten haben. Es fehlt ihnen dadurch Spielraum bei den Verhandlungen (Otto 2013, S. 30). Bei Entscheidungen spielt der Staat eine entscheidende Rolle und behält sich Mitbestimmungsrechte vor. Zusätzlich werden viele Personen in höheren Hierarchieebenen bei entscheidenden Fragen informiert und entscheiden mit, was den Prozess verlangsamen (Otto 2013, S. 23) und zu einem Scheitern der Transaktion führen kann.

7.4 Kritische Erfolgsfaktoren in der Integrationsphase 7.4.1 Erfolgsfaktoren Die Integrationsphase hängt von drei kritischen Erfolgsfaktoren ab.

7.4.1.1 Sorgfältige Integrationsplanung Bereits in der Situationsanalyse wurde deutlich, welche Schlüsselrolle die Integration für den Erfolg bzw. Misserfolg der Unternehmensübernahme spielt. Typischerweise liegt die Hauptursache für das Scheitern der Transaktionen in der Integrationsphase. Gerade in mittelständischen Unternehmen scheint oftmals die Übernahme für das Management schon nach der Transaktionsphase abgeschlossen zu sein. Dabei stellen sich die folgenden zwei Punkte besonders deutlich für den Mittelstand heraus. Die Integration bindet mehr Managerkapazitäten als in Großunternehmen und die kulturelle Integration wird im Gegensatz zu operativen Aspekten deutlich zurückgestellt. Dabei geht es erst in der Integrationsphase darum, das Target bestmöglich in das Käuferunternehmen zu integrieren, sodass die erwünschten strategischen Ziele schnellstmöglich erreicht werden können. Die Integrationsphase stellt somit einen Schlüsselfaktor für erfolgreiche Unternehmensübernahmen dar, der aber gleichzeitig eine sehr hohe Komplexität aufweist und viel Zeit benötigt. Es ist insofern wichtig, bereits bevor die Integrationsphase selbst beginnt, einen detaillierten Plan zu entwerfen, welche Bereiche die Integration umfassen soll und welche Schritte dafür notwendig sind. Dabei sind gerade die Faktoren Integrationstiefe und Integrations-geschwindigkeit von hoher Bedeutung. Empfehlenswert ist es, eine sog. Planungs-Roadmap zu erstellen. Diese kann in verschiedene Bereiche wie beispielsweise Organisation, Recht, Personal, Produktion, Kultur und IT eingeteilt werden. Für

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jeden dieser Bereiche können anschließend konkrete Ansprechpartner und verantwortliche Personen festgelegt werden. Im gleichen Zuge sollte eine Strategie je Integrationspunkt festgelegt werden, die mit einem zu messenden Ziel beschrieben wird. Die Ziele können dabei in kurzfristige, mittelfristige und langfristige Ziele unterschieden werden, um eine bessere Übersicht zu gewährleisten oder Meilensteine zu definieren. Denn nur durch die vorab stattfindende Festlegung von Zielen kann anschließend eine Überprüfung stattfinden, ob die Integration wie gewünscht stattgefunden hat, oder noch Nacharbeitsbedarf besteht. Zusätzlich sollten die Ziele vorab priorisiert werden, da aufgrund der oftmals sehr umfangreichen Integrationsmaßnahmen nicht alle Maßnahmen sofort durchgeführt werden können. Für die Priorisierung können die Ergebnisse des Strategic Fit sehr wertvoll sein. Genauso sollte die Planung so gewählt werden, dass Quick Wins einfach realisierbar sind, da so die Vorteile einer Übernahme den Stakeholdern gegenüber besser darzustellen sind. Zuletzt sollte auch darauf geachtet werden, dass auch Mitarbeiter aus dem zu übernehmenden Unternehmen mit im Integrationsprojektteam involviert sind, um die Akzeptanz der notwendigen Entscheidungen innerhalb des Kollegiums zu erhöhen. Auch aus der Sicht des Verkäufers kann es sinnvoll sein, sich an der ­Planungs-Roadmap zu beteiligen, um einen reibungslosen Übergang der Gesellschaft und für die Mitarbeiter zu gewährleisten. Im Normalfall ist es sogar notwendig, dass Know-how des Verkäufers bzw. seiner Mitarbeiter zu nutzen, damit der Integrationsbedarf definiert werden kann.

7.4.1.2 Dezidiertes Integrationscontrolling Zwar ist die Planung der Integration von großer Bedeutung, um den Erfolg der Unternehmensübernahme sicherzustellen. Allein die Planung der Integration ist allerdings nicht ausreichend. Spätestens wenn die Integrationsphase selbst eintritt, muss sichergestellt werden, dass der aufgestellte Plan auch in die Tat umgesetzt wird. Um die Umsetzung des Plans sicherzustellen, ist es notwendig, ein dediziertes Controlling für die Integrationsphase aufzusetzen. Aufgaben des Controllings sind dabei insbesondere neben dem finanziellen Berichtswesen und der Synergiesteuerung die Analyse des Integrationsklimas und der Überwachung der Einhaltung des Integrationsplans. Eine zusätzliche Aufgabe des Controllings kann in diesem Zusammenhang die Analyse der weiteren Rahmenbedingungen sein. Sind die Rahmenbedingungen für die Integrationsphase richtig betrachtet worden und haben den erwarteten Effekt, oder muss nachträglich gegengesteuert werden. In diesem Zusammenhang kann auch von einem Frühwarnsystem des Controllings gesprochen werden. Konkret kann für das Controlling die Balanced Scorecard dienen. Die Balanced Scorecard stellt ein Managementsystem zur Messung, Steuerung und Dokumentation von Unternehmensaktivitäten hinsichtlich der Strategie dar. Neben finanziellen Kennzahlen wird die Balanced Scorecard durch die Perspektiven Kunde, interne Geschäftsprozesse und Lernen & Entwicklung ergänzt. Da es sich bei einer Integration von Unternehmen nicht nur um Steigerung von Finanzkennziffern wie Umsatz handelt, dient die Balanced Scorecard als gute Ergänzung des Controllings. So kann beispielsweise

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die Perspektive interne Geschäftsprozesse mit verschiedenen KPI untermauert werden, welche die Synergieeffekte, die durch die Unternehmensübernahme entstanden sind, messen können. Exemplarische KPI hierfür sind Stückkosten in der Produktion oder Entwicklungszyklen für Produkteinführungen. Wenn im Rahmen der Integrationsplanung für diese KPI ein Ziel gesetzt worden ist, kann das Controlling anschließend prüfen, ob die Ziele durch die Transaktion erreicht worden sind, um somit Transparenz über den Erfolg bzw. Misserfolg der Transaktion sicherzustellen und rechtzeitig gegensteuernde Maßnahmen zu ergreifen. Auch der Verkäufer kann seine Attraktivität steigern, in dem bereits ein gewisser Grad an Transparenz über ein Controlling sichergestellt wird. So ist es einfacher für den Käufer, Synergieeffekte zu bewerten und einen Plan bzw. Ziele für die Integration zu entwerfen.

7.4.1.3 Kommunikation und Kultur An einem M&A-Prozess beteiligte Unternehmen werden in der Regel unterschiedliche (Unternehmens-)Kulturen pflegen. Dies gilt umso mehr, wenn Unternehmen aus unterschiedlichen Ländern oder gar Kulturen involviert sind. Die Unterschiede sind dabei sehr vielfältig. Typischerweise liegen diese in den Arbeitsbedingungen, der Arbeitsweise, der Kommunikation, aber auch in dem Empfinden der Mitarbeiter in spezifischen Situationen. Auch aus der Situationsanalyse lässt sich schließen, welchen relevanten Einflussfaktor die Kultur auf Unternehmensübernahmen hat. Aus diesen Gründen sollte sich das übernehmende Unternehmen um eine einheitliche Unternehmenskultur bemühen. Es wird in der Regel jedoch sehr schnell deutlich werden, wie schwierig es ist, die Kulturen vollständig aufeinander abzustimmen. So werden beispielsweise die Arbeitsbedingungen bezüglich Urlaub oder Arbeitszeiten durch eine Übernahme nicht zwingenderweise angepasst. Darum soll es aber auch im Kern nicht gehen. Es geht vielmehr darum, eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre zwischen den zu integrierenden Unternehmen zu schaffen, in welcher eine hohe Transparenz über Diskrepanzen vorliegt. So sollen sich die Mitarbeiter über die Unterschiede in der Kultur bewusst sein und ein Verständnis für die Kollegen entwickeln. Der Schlüssel um diese Atmosphäre herzustellen, heißt Kommunikation. Es kann dabei jedoch kein konkretes Kommunikationsinstrument vorgeschlagen werden, da die Möglichkeiten der Kommunikation vielfältig sind. So muss jedes Unternehmen bei jeder Transaktion selbst entscheiden, welches Kommunikationsinstrument verwendet werden soll. Ob die Kommunikation persönlich oder schriftlich, in welchem Umfang und in welchen Rhythmen geschieht, hängt dann von der jeweiligen Situation der Transaktion – beispielsweise freundliche oder feindliche Übernahme, interkulturelle Übernahme – ab. Ungeachtet des Kommunikationsweges ist es entscheidend möglichst früh hohe Transparenz zu schaffen, um die Kulturen bestmöglich aufeinander abzustimmen. Auch der Verkäufer sollte frühzeitig über bevorstehende Änderungen informieren, sodass die Mitarbeiter sich auf die neue Situation einstellen können und es nicht zu Unzufriedenheit in der Belegschaft kommt.

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7.4.2 Besondere Erfolgs/Misserfolgsfaktoren bei chinesischer Beteiligung 7.4.2.1 Erfolgsfaktoren Bei der Analyse erfolgreicher Transaktionen zeigt sich, dass eine ausführliche Planung der Integration ein entscheidender Erfolgsaspekt ist. Häufig können chinesische Investoren bereits einen konkreten Plan für das bestehende Personal vorweisen, ebenso für das Heben von Synergiepotenzialen in den Bereichen Vertrieb und Einkauf (Otto 2013, S. 49–50). Positiv wird insofern das entgegengebrachte Vertrauen der chinesischen Seite bei der entsprechenden Umsetzung bewertet und nur selten wird eine Einengung im eigenen Handeln empfunden (Otto 2013, S. 78). Dies setzt freilich eine enge Abstimmung der Transaktionsparteien voraus, was sich bei chinesischen Transaktionen auch als etwas zeitaufwendiger erweisen kann. Manager deutscher Unternehmen, in denen chinesische Unternehmen investiert haben, berichten in der Nachbetrachtung jedoch tendenziell eher positiv über ihre Investoren (Otto 2013, S. 61). 7.4.2.2 Misserfolgsfaktoren 7.4.2.2.1 Kultur In der Post-Merger Phase ist ein Hauptfaktor für einen Misserfolg einer Transaktion der Unterschied auf der kulturellen Ebene. Dieser findet in der Planung einer Integration im Verhältnis zu dem Einfluss auf einen nachhaltigen Erfolg oft zu geringe Beachtung (Emons 2015, S. 9–11). Unternehmenskulturen gelten als Spiegel der Gesellschaft. In Deutschland liegt eine Low Context Gesellschaft vor. Das bedeutet, die Kommunikation findet auf einer direkten Ebene statt und Aussagen werden nicht über den Kontext transportiert. In China findet sich hingegen eine High Context Gesellschaft. Hier werden Ansagen, Aufgaben und Wünsche nicht direkt mitgeteilt, sondern müssen aus dem Zusammenhang erschlossen werden (Otto 2013, S. 70). Ein Problem daraus ergibt sich u. a. bei Konflikten. In Deutschland werden Konflikte offen angesprochen. In China existiert eine Scheu vor direkten Aussprachen (Emons 2015, S. 12–13). Diese Unterschiede gilt es zu verstehen und damit umzugehen, da ansonsten eine erfolgreiche Integration gefährdet werden kann. In China ist auch das hierarchische Denken deutlich ausgeprägter (Bian 2015, S. 14). Weiter spielt Seniorität eine entscheidende Rolle. Es kommt zu längeren Entscheidungsprozessen und einer höflichen Zurückhaltung gegenüber deutschen Kollegen (Otto 2013, S. 50–51). Diese Faktoren können zu Irritationen führen, da Entscheidungen langsam und intransparent ausfallen können. 7.4.2.2.2 Sprachbarriere Auch die Sprache erschwert die Zusammenarbeit (Otto 2013, S. 62). Es herrscht fast immer eine hindernde Mehrsprachigkeit (Deutsch, Englisch, Chinesisch) im Tagesgeschäft, da im Regelfall weder im Zielunternehmen noch aufseiten des Investors beide Sprachen beherrscht werden. Dies sorgt für Informationsasymmetrien zwischen den Unternehmen und Mitarbeitern (Jungbluth 2013, S. 75–76).

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7.4.2.2.3 Qualitätsbewusstsein In Deutschland und China existieren offensichtliche Unterschiede im Qualitätsbewusstsein, dazu kommt eine unterschiedliche Herangehensweise an Aufgaben. In Deutschland ist diese eher zögerlich und vorsichtig, während in China nach schnellem Wachstum gestrebt wird. In Deutschland soll Gewinn durch Qualität, in China durch Quantität entstehen (Otto 2013, S. 50–51). Allgemeine Erfolgs-/Misserfolgsfaktoren bei chinesischer Beteiligung

7.4.3 Erfolgsfaktoren 7.4.3.1 Politische Rahmenbedingungen Die bereits mehrfach thematisierte Strategie der chinesischen Regierung lässt die Folgerung zu, dass die chinesische, internationale Wirtschaftspolitik als Erfolgsfaktor für das Land gewertet werden kann. Die Regierung gilt als Treiber für Auslandsinvestitionen und manifestiert ihre Going out-Strategie stetig. Konkret unterstützt die Politik anstehende Deals, z. B. finden bei Staatstreffen mit (deutschen) Politikern Verhandlungen und Vertragsabschlüsse statt. Im Gegensatz zu dieser globalen Strategie für eigene Investitionen, steht die chinesische Regierung in der Kritik, für den zurückhaltenden Umgang mit Auslandsinvestitionen im eigenen Land. In Deutschland wird hingegen diplomatischer versucht, in Form formeller Dialoge, das Gleichgewicht zwischen den wirtschaftlichen Interessen und der Wahrung der liberalen Werte, zu gewährleisten. Ein Problem stellt jedoch die wirtschaftliche Abhängigkeit dar. China ist zugleich Partner und Konkurrent des deutschen Wirtschaftssystems (Poggetti und Shi-Kupfer 2018, S. 49–50). Dennoch strebt die deutsche Politik im Allgemeinen eine investorenfreundliche Wirtschaftspolitik an. Die bereitwilligen behördlichen Unterstützungen gegenüber ausländischen Investoren bekräftigen dies. Aktuell lässt sich jedoch eine dynamische Entwicklung, mit negativer Tendenz, in der politischen Haltung gegenüber chinesischen Investoren beobachten. Sollte sich der Trend der letzten Jahre verschärfen, kann die weltoffene deutsche Wirtschaftspolitik nicht mehr als Erfolgsfaktor gelten. Die Jahre 2017 und 2018 sind zunehmend gekennzeichnet durch staatliche Eingriffe. Zum Beispiel wurden die Übernahmen von Aixtron und Leifeld Metall Spinning verboten, die Übernahme von 50 Hz verhindert und der Deal mit Cotesa erst nach langen Verhandlungen freigegeben. 7.4.3.2 Deutsche Unternehmenslandschaft Vorrangig technologische Branchen (Maschinenbau, Automobil, Chemie/Pharma) sind die Ziele chinesischer Unternehmen. Diese sind in Deutschland stark vertreten. Deutsche Unternehmen weisen in diesen Branchen häufig einen Wettbewerbsvorteil auf. Somit deckt sich die deutsche Unternehmenslandschaft mit der chinesischen Investitionsstrategie. Diese Übereinstimmung kann als allgemeiner Erfolgsfaktor betrachtet werden. Gleiches gilt für Regionen, die vergleichsweise viele Hidden Champion und

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Patentanmeldungen aufweisen. Beides spricht für eine Innovationskraft der Regionen. Diese Unternehmenslandschaft und die innovativen Zielunternehmen passen gut zu der chinesischen Akquisitionsstrategie.

7.4.3.3 Mitarbeitereinbindung Die Einflussnahme chinesischer Investoren auf übernommene deutsche Unternehmen wird in den meisten Fällen als sehr gering beurteilt, wie in Abb. 7.4 dargestellt. Chinesischen Unternehmen fehlt es an operativem Know-how, Erfahrungen auf dem deutschen Markt und juristischer Expertise, was zu einem Vertrauensgewinn zugunsten der deutschen Mitarbeiter führt. Dieses Vertrauen und die Einbindung der Mitarbeiter sorgt für eine einfachere Integration und Akzeptanz (Jungbluth 2013, S. 75). In den unteren, operativen Ebenen fanden nur selten Veränderungen und Einflussnahmen statt. Der Grad der Einflussnahme hing dabei insbesondere von der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen ab (Restrukturierungssituationen). Die chinesischen Investoren besetzten hingegen häufig Posten in der Geschäftsführung oder im Aufsichtsrat. Die neuen chinesischen Kollegen wurden insgesamt als hilfsbereit und engagiert beschrieben (Otto 2013, S. 42). Die deutliche Distanz sorgte bei einigen Befragten jedoch auch für Irritationen (Otto 2013, S. 43). Sie wunderten sich, dass die Chinesen so wenig Einfluss nehmen wollten. Die Professionalität der Investoren wurde unterschiedlich bewertet. Oft irritierten auch nicht nachvollziehbare Entscheidungen die deutsche Seite (Otto 2013, S. 44–45). All diese Erkenntnisse zeigen, dass es bei erfolgreichen Transaktionen wichtig war die Mitarbeiter rechtzeitig „abzuholen“. Es gilt, Angst vor Qualitätsabfluss, Standortschließung und ähnlichen Vorbehalten mit einer guten Kommunikation und maximaler Transparenz entgegenzutreten (Jungbluth 2013, S. 75). 7.4.3.4 Einbindung von Gewerkschaften In der chinesischen Kultur gelten der Erhalt und Aufbau von Arbeitsplätzen als ein bedeutendes Ziel (Müller 2017, S. 23). Investoren mindern die Mitbestimmungsrechte in der Regel daher nicht, bauen diese aber auch nicht aus. Auch die Rolle von

Abb. 7.4   Einflussnahme durch den Investor. (Otto 2013, S. 40)

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­ rbeitnehmervertretern scheint verstanden und akzeptiert. ArbeitnehmerverA treter werden zwar als Partner angesehen (Müller 2017, S. 13–14), es fehlt jedoch die Erfahrung im Umgang mit diesen. Wichtig sind daher eine rechtzeitige Einbindung und die regelmäßige Kommunikation mit den Arbeitnehmervertretern (Müller 2017, S. 13–14).

7.4.4 Misserfolgsfaktoren 7.4.4.1 Staatliche Kontrolle Ein signifikanter Teil der chinesischen Unternehmen befindet sich in staatlicher Hand oder wird von dieser kontrolliert. Gegen diese Akteure bestehen größere Vorbehalte als gegenüber privaten Investoren (Jungbluth 2018, S. 18–19), da neben der Angst vor staatlicher Einflussnahme, hier oftmals lange Abstimmungswege eingehalten werden müssen und das Handeln aus deutscher Sicht besonders bürokratisch erscheint. 7.4.4.2 Gesellschaftliche und politische Stimmung Das Engagement chinesischer Investoren in China sehen Kritiker teilweise als Ausverkauf deutscher Schlüsselbranchen und des deutschen Mittelstands, da vor allem Hochtechnologie-unternehmen und Hidden Champions bei chinesischen Investoren auf besonderes Interesse stoßen. Damit einhergehend fürchtet man auch um die Werthaltigkeit des Claims Made in Germany. Insbesondere für familiengeführte KMU ist das eigene Image ein wesentlicher Erfolgsfaktor (Otto 2013, S. 21), der bei einem Engagement chinesischer Investoren gefährdet werden könnte. Diese Vorbehalte können zu einer negativen Gesamteinstellung führen, welche in allen Phasen einer M&A Transaktion hinderlich sein können. Hinzutritt, dass Forderungen nach stärkeren Regulierungen zunehmen und zum Teil bereits umgesetzt worden sind. So sind etwa Meldepflichten verschärft und kritische Wirtschaftssektoren um eine Zustimmungspflicht erweitert worden. In den letzten Jahren haben sich dabei Interventionen durch die deutsche Politik verstärkt. 7.4.4.3 Verschlossenheit des chinesischen Marktes Die ungleichen Bedingungen in China und Deutschland, insbesondere bei der Handhabung von ausländischen Investitionen, stößt ebenfalls vermehrt auf Kritik. Die häufigste Forderung lautet, dass China sich bei Engagements ausländischer Unternehmen weiter öffnen muss. Ein Indikator für Offenheit von Investoren stellt der FDI Index dar (FDI Regulatory Restrictiveness Index o.D.). Dieser misst vier Bereiche: Foreign equity limitations; Screening or approval mechanisms; Restrictions on the employment of foreigners as key personnel und Operational restrictions, e.g. restrictions on branching and on capital repatriation or on land ownership. Die Skala geht von 0 (offen) bis 1 (geschlossen). Laut FDI Index ist Deutschland im Jahr 2018 offen gegenüber ausländischen Investoren (0,023) und China im Vergleich dazu eher verschlossen

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(0,251), der OECD Schnitt betrug 0,065. Jedoch ist für China eine Verbesserung des Scores und damit eine weitere Öffnung zu erwarten. Dennoch werden in China weiterhin chinesische Unternehmen klar bevorzugt, u. a. bei staatlichen Ausschreibungen, Kreditvergaben und der Vergabe von Grund und Boden (Jungbluth 2013, S. 17–20). Daher üben vermehrt Stimmen aus der Industrie Kritik an der langsamen Marktöffnung und dem staatlichen Eingreifen Chinas (Bundesverband der deutschen Industrie 2017).

Literatur Bian, S. (2015). Was chinesische Investoren und deutsche Mitarbeiter übereinander wissen sollten. In Hans Böckler Stiftung & NRW.INVEST (Hrsg.), Chinesische Übernahmen in Europa und Deutschland. Erfahrungen mit und von chinesischen Investoren (S. 12–15). Düsseldorf. https:// www.nrwinvest.com/fileadmin/user_upload/downloads/DE-Broschueren/NI_MA-Brosch_ DE_20150825_RZ_web.pdf. Zugegriffen: 14. Nov 2019. Bundesverband der deutschen Industrie (Hrsg.). (2017, 01. August). Anforderungen an ein bilaterales Investitionsabkommen zwischen der EU und China (Positionspapier), Berlin. https:// bdi.eu/publikation/news/anforderungen-an-ein-investitionsabkommen-zwischen-der-eu-undchina/. Zugegriffen: 14. Nov. 2019. Emons, O. (2015). Übernahmen: Erfahrungen mit chinesischen Investoren in Deutschland. In Hans Böckler Stiftung & NRW.INVEST (Hrsg.), Chinesische Übernahmen in Europa und Deutschland. Erfahrungen mit und von chinesischen Investoren (S. 6–11). Düsseldorf. https:// www.nrwinvest.com/fileadmin/user_upload/downloads/DE-Broschueren/NI_MA-Brosch_ DE_20150825_RZ_web.pdf. Zugegriffen: 14. Nov. 2019. (o.D.). FDI Regulatory Restrictiveness Index. https://www.oecd.org/investment/fdiindex.htm. Zugegriffen: 14. Nov. 2019. finanzen.net. (o.D.). Bayer Aktie. https://www.finanzen.net/aktien/bayer-aktie. Zugegriffen: 22. Nov. 2019. Habdank, P. (Finance Magazin, Hrsg.). (2016, 07. Juni). M&A in China: So gelingt die Übernahme. https://www.finance-magazin.de/deals/ma/ma-in-china-so-gelingt-die-uebernahme-1381294/. Zugegriffen: 14. Nov. 2019. Haberstock, P. & Schmitt, M. (2018). Chinesische Direktinvestitionen im deutschen Mittelstand. Ausverkauf der deutschen Wirtschaft? Finanzierung, Leasing, Factoring (FLF) 3, 134–137. http:// steinbeis-finance.de/fileadmin/content/pdf/Presse/FLF03-18_134_137_Haberstock_Schmitt-final. pdf Zugegriffen: 14. Nov. 2019. Jungbluth, C. (2013). Aufbruch nach Westen. Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland (Bertelsmann Stiftung, Hrsg.), Gütersloh. https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/ user_upload/Aufbruch_nach_Westen.pdf. Zugegriffen: 14. Nov. 2019. Jungbluth, C. (2018). Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? Chinesische Firmenbeteiligungen in Deutschland im Kontext von “Made in China 2025” (Bertelsmann Stiftung, Hrsg.) (GED Studie), Gütersloh. https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/ Publikationen/GrauePublikationen/MT_Made_in_China_2025.pdf. Müller, W. (2017). Chinesische Investoren und Auswirkungen auf Arbeitsbeziehungen und Mitbestimmung (Hans Böckler Stiftung, Hrsg.), Düsseldorf. https://www.boeckler.de/pdf/p_mbf_ report_2017_36_ci_mueller.pdf. Zugegriffen: 14. Nov. 2019. Otto, J.-P. (2013). Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren. Die Prozesse der Übernahme (PricewaterhouseCoopers, Hrsg.). https://www.pwc.de/de/internationale-

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Fallstudien Ann-Kristin Thoms

Anhand von vier kurzen Fallstudien werden beispielhafte unterschiedliche Abläufe bei deutsch-chinesischen Transaktionen dargestellt.

8.1 Joint Venture Trimet Automotive Holding GmbH Im August 2018 gründeten Trimet Aluminium SE und Bohai Automotive Systems Co., Ltd. gemeinsam das Joint Venture Trimet Automotive Holding GmbH. Die Trimet Aluminium SE („Trimet“) entwickelt und produziert als mittelständisches Familienunternehmen an acht Produktionsstandorten Leichtmetallprodukte aus Aluminium. Laut Jahresabschluss 2017/2018 hat das Unternehmen einen Umsatz von 1,3 Mrd. EUR mit 1619 Mitarbeitern erwirtschaftet. Die Bilanzsumme belief sich auf 655,5 Mio. EUR (TRIMET Aluminium SE 2018). Die Bohai Automotive Systems Co., Ltd. („Bohai“), vormals Shandong Binzhou Bohai Piston Co., Ltd., ist ein chinesischer Kolbenhersteller für die internationale ­Automobil-, Landmaschinen- und Schiffsindustrie. Größte Anteilseigner sind die Beijing Hainachuan Automotive Parts Co., Ltd. und die Beijing Automotive Group Co., Ltd. Das Unternehmen ist an der Shanghaier Börse gelistet und verfügt über ca. 3700 Arbeitnehmer (Bloomberg 2019). Nachdem durch einen gemeinsamen Geschäftspartner der Kontakt zwischen den beiden Unternehmen hergestellt werden konnte, begannen die Verhandlungen über eine Übernahme einer Tochtergesellschaft von Trimet. Am 14.12.2017 veröffentlichte Trimet

A.-K. Thoms (*)  Rostock, Deutschland © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Graewe (Hrsg.), Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30172-9_8

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die Pressemitteilung „TRIMET richtet Automotive- Bereich international aus“. Hierin gab das Unternehmen bekannt, dass am 13.12.2017 ein Joint Venture mit der Bohai Automotive Systems Co., Ltd. abgeschlossen wurde. Der chinesische Automobilzulieferer erwarb somit die Mehrheit der Anteile der Trimet Automotive Holding GmbH nach Genehmigung der Transaktion durch die Aufsichtsbehörden (Nübold 2017). Die Tochtergesellschaft, die Trimet Automotive Holding GmbH, wurde im Jahr 2016 durch Ausgliederung der Automobilzulieferersparte von Trimet gegründet. Der Unternehmenssitz ist in Harzgerode, Sachsen-Anhalt. Neben der Herstellung von Aluminiumdruckgusskomponenten gehören auch Erforschung, Entwicklung und Berechnung neuer Aluminiumteile dazu (o.V. 2018a, S. 22). Nach Abschluss des Kaufvertrages beantragte Bohai beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) im Februar 2018 eine Unbedenklichkeitsbescheinigung. Das BMWi prüfte daraufhin, ob die Transaktion ein Risiko für die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Deutschland bedeutet (o.V. 2018b, S. 24). Nach Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung und Entfall der weiteren ­Vollzugsbedingungen des Kaufvertrages konnte am 07.08.2018 Bohai 75 % der Anteile an der Tochtergesellschaft Trimet Automotive Holding GmbH übernehmen. Die verbleibenden 25 % wurden weiterhin von der Trimet Aluminium SE gehalten (Nübold 2018). Trimet selbst hat als Zielstellung für das Joint Venture formuliert: „Ziel […] ist die Stärkung der internationalen Ausrichtung des Automobilbereichs als Systemlieferant der global agierenden Automobilhersteller, für die China ein besonders wichtiger Wachstumsmarkt ist. Mit dem Joint Venture stärkt Trimet seine ­Automotive-Standorte in Harzgerode und Sömmerda nachhaltig und macht die Arbeitsplätze zukunftsfähig.“ (Nübold 2017). Für Bohai waren wiederrum die sehr gute Aufstellung in der Technologie und die entwickelten Produktionsprozesse die Motivation für die Gründung eines Joint Ventures (o.V. 2018b, S. 24). Als Fazit der Übernahme der Trimet Automotive Holding GmbH bleibt festzuhalten, dass trotz der hohen gesetzlichen Hürden in Deutschland die Verhandlung und der Vollzug einer unkritischen Transaktion innerhalb weniger Monate möglich sind. Vor allem die Unterstützung der Parteien durch erfahrene Berater trug wesentlich zum Erfolg der Transaktion bei.

8.2 Übernahme von KUKA AG durch Midea Group Im Jahr 2016 verursachte die Übernahme der KUKA AG durch die Midea Group öffentliche Zweifel, insbesondere bei der Politik, im Hinblick auf einen Technologieausverkauf in Deutschland. Midea Group Co., Ltd. („Midea“) ist ein international tätiger Technologiekonzern mit ca. 240 Mrd. EUR Gesamtumsatz im Jahr 2017. (Midea Group 2018) Midea bietet

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sowohl Verbrauchergeräte, wie Kühlschränke, Waschmaschinen und verschiedene Kleingeräte, sowie Heizungs-, Lüftungs- und Klimageräte an. Außerdem ist Midea seit dem Kauf der Kuka AG auch im Bereich der Robotik tätig. Das Unternehmen wurde im Jahr 1968 in Guangdong, China gegründet und betreibt inzwischen 200 Tochtergesellschaften und 60 Auslandsniederlassungen. Die KUKA AG („KUKA“) wurde im Jahr 1898 in Augsburg gegründet. KUKA entwickelt und plant Robotersysteme, Fertigungsmaschinen und Produktionsanlagen. Im Geschäftsbericht 2017 weist KUKA rund 3,5 Mrd. EUR Umsatz aus, der von 14.200 Mitarbeitern erwirtschaftet wurde (KUKA AG 2018). Anfang des Jahres 2016 wurde erstmals berichtet, dass Midea seine Anteile an KUKA bereits im Februar mit einer Investition in Höhe von ca. 380 Mio. EUR von 5,4 % auf 10,2 % erhöht hatte. Die Überschreitung der 10 %-Schwelle verpflichtete Midea nach § 43 WpHG zur Mitteilung der verfolgten Ziele. Midea veröffentlichte nur, dass mit der Transaktion „strategische Ziele“ verfolgt würden. Innerhalb der Branche hielt man es zu diesem Zeitpunkt noch für unwahrscheinlich, dass Midea eine Übernahme von KUKA plant (o.V. 2016b). Aber schon im Mai 2016 veröffentlichte Midea eine Pressemitteilung, die diese Annahme widerlegte. Das Unternehmen gab bekannt, dass es die Erhöhung der Beteiligung an KUKA durch ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot plant. (Midea Group 2016b) Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Übernahmeangebotes hielt Midea bereits 13,5 % der Anteile an KUKA. Im öffentlichen Übernahmeangebot bot MECCA International (BVI) Limited, als 100 % Tochtergesellschaft der Midea, 115,00 EUR je Aktie der KUKA AG (Mecca International (BVI) Limited 2016). Das Angebot sorgte vor allem in der deutschen Politik für Aufruhr. Nach Aussagen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel „[…] gibt [es] die Bemühungen, ein alternatives Angebot zu formulieren.“ Vor allem lösten die Übernahmeabsichten der Midea Bedenken über einen Technologieabfluss nach China aus, da KUKA auch strategisch bedeutend für die deutsche Industrie sei (o.V. 2016c). Nach Ende einer ersten Annahmefrist und einer weiteren Nachfrist wurde das Übernahmeangebot für rund 81 % der KUKA-Aktien angenommen, sodass nach Abschluss der Transaktion Midea 95 % der Anteilsscheine an KUKA hielt und damit neuer Hauptaktionär wurde (Midea Group 2016a). Während der Annahmefrist verhandelten und unterzeichneten Midea und KUKA eine Investorenvereinbarung mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2023. Für KUKA war dies insbesondere zum Schutz der Interessen des Unternehmens, der Aktionäre, Kunden und Mitarbeiter wichtig. So konnte vertraglich unter anderem eine Standort- und Jobgarantie, eine Abschirmungsvereinbarung für Daten der Geschäftspartner und erhöhte Investitionen in Forschung und Entwicklung festgehalten werden (KUKA AG 2016a). Zur Abwicklung der Transaktion war für die Parteien eine Vielzahl regulatorischer Hürden zu nehmen. Es mussten Investitionskontrollverfahren in der EU, den USA, der VRC, Russland, Brasilien, Mexiko und Deutschland durchlaufen werden. Für die Erfüllung der Anforderungen der US-Behörden CFIUS und DDTC war beispielweise im

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Dezember 2016 der Verkauf der USA-Flugzeugsparte „KUKA Systems Aerospace Nordamerika“ notwendig, da diese im militärischen und sicherheitsrelevanten Bereich der USA tätig ist (KUKA AG 2016b). Am 06.01.2017 konnte das Übernahmeangebot schließlich abgewickelt werden. Diese Transaktion war eine der Größten eines chinesischen Investors in Deutschland (Siyuankuner 2017). Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass trotz vieler regulatorischer Hürden und der Größe der Transaktion der Verkauf der Anteilsscheine der KUKA an Midea zügig abgewickelt werden konnte. Zwischen dem Ende der Annahmefrist und dem Closing des Deals lagen weniger als fünf Monate. Der Abschluss der Investorenvereinbarung zeigte zudem, dass die chinesischen Investoren eine langfristige Investition planten, die sich erst im Laufe der Zeit rechnen soll. Ausschlaggebend für Midea war – neben dem Know-how – vor allem die starke „KUKA“-Marke und der weltweite Marktauftritt. Auf der anderen Seite erhoffte sich KUKA zusätzliche Chancen zum Vertrieb und der Erschließung weiterer Marktsegmente in China (o.V. 2016a, S. 14).

8.3 Übernahme der Leifeld Metal Spinning AG durch Yantai Taihai Group Die Leifeld Metal Spinning AG („Leifeld“) entwickelt und produziert mit rund 200 Mitarbeitern Werkzeugmaschinen zur spanlosen Metallumformung für die Branchen Automotive, Energie sowie Luft- und Raumfahrt. Manior Industries („Manior“) ist ein internationales Metallverarbeitungsunternehmen, welches in den Bereichen Petrochemie, Nuklearindustrie, Öl- und Gasindustrie, Tiefbau, Verteidigung, Schwerlastkraftwagen, Traktoren sowie Luft- und Raumfahrt tätig ist. Manior wird von der chinesischen Yantai Taihai Group kontrolliert. Yantai Taihai ist ein staatliches Unternehmen der Lokalregierung von Yantai in der Shandong Provinz. Über das Unternehmen selbst ist nur wenig öffentlich bekannt (Siyuankuner 2018a). Im Juli 2017 wurde bekannt, dass Manior den Erwerb von Leifeld plant. Um frühzeitig Rechtsicherheit zu erlangen, beantragte Manior eine Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 58 Abs. 1 AWV beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Die Unbedenklichkeitsbescheinigung sollte bestätigen, dass dem Erwerb von Leifeld keine Bedenken hinsichtlich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aus Sicht des BMWi entgegenstehen. Daraufhin eröffnete das BMWi ein formelles Prüfverfahren nach § 58 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 AWV. Ende Juli 2018 wurde bekannt, dass die Untersagung des Erwerbes geplant ist, da das BMWi nach eingehender Prüfung ein behördliches Veto empfahl. Die Bundesregierung sollte die erforderliche Zustimmung für die Untersagung am 01.08.2018 erteilen (Dammann de Chapto et al.

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2018, S. 412). Allerdings hatte Manior bereits vor der Kabinettssitzung den Rücktritt von der Übernahme erklärt. Die Bundesregierung hat in der Kabinettssitzung die Übernahme dennoch vorsorglich untersagt (o.V. 2018c). Diese Entscheidung kam für die Parteien überraschend, da Yantai Taihai Anfang des Jahres 2018 bereits die Duisburg Tubes Production AG, welche Hüllrohre für die Nuklearindustrie herstellt, ohne regulatorische Hindernisse erwerben konnte und das obwohl der sensible Nuklearbereich betroffen war (Krause und Kleve 2018, S. 37). Ein Einzelfall ist Leifeld allerdings nicht. Kurz zuvor wurde die State Grid Corporation of China (SGCC) von der Bundesregierung daran gehindert eine Minderheitsbeteiligung von 20 % an 50 Hz zu übernehmen. Die Transaktion blieb unter der 25 %-Schwelle, ab der die Bundesregierung ausländische Transaktionen prüfen und im Einzelfall untersagen kann. Das BMWi entschied daher die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit dem Kauf der Anteile zu beauftragen, um so die Transaktion zu verhindern. Hintergrund für diese umstrittene Verfahrensweise war der Schutz kritischer deutscher Energiestrukturen (Siyuankuner 2018b). Die Auswirkungen der Entscheidungen der Bundesregierung in den Fällen „Leifeld“ und „50 Hz“ sind weitreichend. Vor allem das Vertrauen der chinesischen Investoren wurde dabei auf die Probe gestellt, da diese die Bestrebungen zur Verschärfung der Investitionskontrolle in Deutschland und Europa ganzheitlich betrachten. Dabei sind die fehlende Transparenz und die schwer abzuschätzende Dauer des Kontrollverfahrens die größten Kritikpunkte aus chinesischer Sicht. Durch eine weitere Verschärfung der Investitionskontrollen entstehen insbesondere für nicht europäische Investoren Wettbewerbsnachteile durch zunehmende Auflagerisiken. Gleichzeitig können Wachstumspotenziale von deutschen und europäischen Unternehmen nicht genutzt werden (o.V. o.V 2018a, S. 48). Aber auch die Interessenlage der Bundesregierung ist zu betrachten. Für diese steht der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Fokus, aber auch der Schutz der eigenen Wirtschaft vor dem Abfluss von Spitzentechnologien scheint immer mehr an Bedeutung zu gewinnen (Krause und Kleve 2018, S. 37).

8.4 Erwerb des Parchim International Airport durch Jonathan Pang Yuliang „Jonathan“ Pang ist Geschäftsführer der Linkglobal Logistics Co., Ltd. („Linkglobal“), die Dienstleistungen im Bereich der internationalen Spedition, dem Supply Chain Management und dem Projektmanagement anbietet. Im Mai 2007 erwarb Jonathan Pang den ehemaligen Militärflughafen Parchim bei Schwerin. Für 30 Mio. EUR hat die Linkglobal sowohl den Flughafen als auch ca. acht Quadratkilometer der angrenzenden Gewerbefläche erworben (Frost 2007b). Mit dem

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Kauf wurden Investitionen in den Flughafen beispielsweise in die Flugbahn und die Region in Höhe von 70 Mio. EUR zugesagt. Als Standortvorteil wurde vor allem die 24 h Fluggenehmigung gesehen, sowie die günstige Lage zwischen Hamburg und Berlin (Frost 2007a). Nach ausbleibenden Zahlungen aus dem Kaufvertrag wurde im Jahr 2010 bekannt, dass der Landkreis Ludwigslust-Parchim einen Millionenverlust befürchtet. Am Ende der Verhandlungen wurden schließlich rund 13 Mio. EUR des Kaufpreises erlassen. Im Gegenzug verpflichtete sich Linkglobal die Betriebskosten des Flughafens zu tragen und in den Flughafen zu investieren. Diese Zusagen hielt das Unternehmen ein und nahm im Jahr 2015 den neugebauten Tower in Betrieb. Zunächst strebte der chinesische Investor die weitere Entwicklung des Flughafens zum internationalen Logistikdrehkreuz an. Als dies scheiterte, wurden Pläne veröffentlicht, nach denen vorgefertigte Waren aus Afrika in einem zu errichtenden Industriepark auf dem Flughafengelände fertiggestellt werden sollten. Auch dieser Plan scheiterte aufgrund mangelnder Investoren. Die letzten veröffentlichten Ideen für den Flughafen Parchim beinhalteten den Bau eines Luxushotels einschließlich Luxusshops neben der Landebahn. Chinesische Touristen sollten in diesen steuerfrei einkaufen und übernachten können (Hennings 2017). Im September 2017 verkündete Jonathan Pang dann, dass er ein Angebot für die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin knapp eine Woche vor Fristablauf des Bieterverfahrens abgegeben habe. Nach dem Kauf wollte Pang den Standort von Air Berlin nach Parchim verlegen und so Synergien für den Flughafen Parchim International und die Fluggesellschaft entwickeln. Den Zuschlag erhielt Jonathan Pang jedoch nicht. Ähnlich verhielt es sich mit Pangs Angebot im Jahr 2016, mit dem er versuchte den verschuldeten Flughafen Frankfurt Hahn zu übernehmen (Roth 2017). Im Oktober 2017 erfolgten dann Medienberichte, dass Jonathan Pang als Geschäftsführer der Linkglobal durch Ren Yongsheng abgelöst wurde. Dies bestätigt auch der Geschäftsbericht des Unternehmens. Jedoch ließ Jonathan Pang bereits einen Tag später über seinen Rechtsanwalt in Deutschland verlauten, dass er weiterhin Geschäftsführer der Linkglobal sei (Mitzlaff 2017). Erst im November 2018 veröffentlichte die Tochtergesellschaft Baltic Airport Mecklenburg GmbH die Bilanz für das Geschäftsjahr 2015 im Bundesanzeiger. Zu diesem Zeitpunkt erwirtschaftete die Tochter der Linkglobal rund 315.000 EUR Verlust. Aktuelle Zahlen zum wirtschaftlichen Stand des Flughafens lagen nicht vor. Laut des Schweriner Verkehrsministeriums wurden 20 der 25 verbliebenen Mitarbeiter im Bereich der Frachthalle zum 01.01.2019 gekündigt. Somit verbleiben nur die Angestellten, die für den Flugbetrieb zuständig sind. Elf Jahre nach dem Kauf des Flughafens durch Linkglobal ist das Fazit damit ernüchternd. Der Flugbetrieb ist weiter zurückgegangen. Das Gelände wird mittlerweile als Abstellplatz für nicht gebrauchte Flugzeuge verwendet. Die Investitions- und Entwicklungsversprechen konnte Jonathan Pang nicht einhalten (o.V. 2018d).

8 Fallstudien

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Literatur Bloomberg. (o.D.). Bohai Automative Systems Co Ltd. https://www.bloomberg.com/profile/ company/600960:CH. Zugegriffen: 22. Nov. 2019. de Chapto, Dammann, Jana, K., & Brüggemann, N. (2018). Aktuelle Entwicklungen im Investitionskontrollrecht – Der „Fall Leifeld“ und die öffentliche Sicherheit. Neue Zeitschrift für Kartellrecht, 9, 412–417. Frost, A. (2007a, 25. Mai). Chinese kauft Flughafen Parchim. Der Tagesspiegel. https://www. tagesspiegel.de/wirtschaft/chinese-kauft-flughafen-parchim/854286.html. Zugegriffen: 18. Nov. 2019. Frost, A. (2007b, 24. September). Wie Parchim international wurde. Spiegel Online. https://www. spiegel.de/wirtschaft/investor-aus-china-wie-parchim-international-wurde-a-507600.html. Zugegriffen: 18. Nov. 2019. Hennings, A. (2017, 7. Januar). Die unendliche Geschichte des Regionalflughafens Parchim. Deutschlandfunk. https://www.deutschlandfunk.de/viel-geld-viele-ideen-kein-ergebnis-die-unendliche.724. de.html?dram:article_id=375715. Zugegriffen: 18. Nov. 2019. Krause, N., & Kleve, G. (2018). Ausweitung der Investitionsprüfung - die Fälle Leifeld und 50Hertz. Plattform M&A China/Deutschland, 4, 36–39. KUKA AG. (2016a). KUKA unterzeichnet Investorenvereinbarung mit Midea und empfiehlt Annahme des Angebots. Augsburg. https://www.kuka.com/de-de/presse/news/2016/06/investoragreement-midea. KUKA AG. (2016b). KUKA verkauft Systems US-Flugzeugsparte an Advanced Integration Technology Inc. https://www.kuka.com/de-de/presse/news/2016/12/kuka-verkauft-us-flugzeugsparte. KUKA AG (Hrsg.). (2018). the o.i., Augsburg. https://www.kuka.com/-/media/kuka-corporate/ documents/press/mediathek/the-oi-2018de.pdf?rev=e106acb26bc84537b5a46fc0e5b7126e. Zugegriffen: 18. Nov. 2019. Mecca International (BVI) Limited (Hrsg.). (2016). Angebotsunterlage - Freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot. Midea Group. (2016a). Midea gibt Ergebnis des Übernahmeangebots für Aktien der KUKA AG nach Ende der Annahmefrist bekannt. https://www.partnershipinrobotics.com/de/media/pressreleases/ergebnis-des-%C3%BCbernahmeangebots. Zugegriffen: 10. Jan. 2019. Midea Group. (2016b). Midea plant Erhöhung der Beteiligung an KUKA AG durch ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot. Guangdong. https://www.prnewswire.com/ news-releases/midea-plant-erhohung-der-beteiligung-an-kuka-ag-durch-ein-freiwilligesoffentliches-ubernahmeangebot-579907451.html. Midea Group (Hrsg.). (2018, 31. März). The 2017 Annual Report. Mitzlaff, U. (2017, 26. Oktober). Mr. Pang vom Radar verschwunden. Parchimer Zeitung. https:// www.svz.de/lokales/parchimer-zeitung/mr-pang-vom-radar-verschwunden-id18161931.html. Zugegriffen: 18. Nov. 2019. TRIMET Aluminium SE. (2017). TRIMET richtet Automotive-Bereich international aus. https:// www.trimet.eu/de/presse/pressemitteilungen/2017/2017-12-14-trimet-richtet-automotivebereich-international-aus. TRIMET Aluminium SE. (2018). Bohai übernimmt Mehrheit von TRIMET Automotive. https:// www.trimet.eu/de/presse/pressemitteilungen/2018/2018-08-07-bohai-uebernimmt-mehrheitvon-trimet-automotive. o.V. (2016a). Deutsche Roboter für China. Wie M&A die Automation beflügelt. Unternehmer Edition M&A China/Deutschland (3), 10–19. o.V. (2016b). Lockende Zukunftstechnologie. Midea erhöht seinen Anteil am Roboterhersteller Kuka. Unternehmer Edition M&A China/Deutschland (2), 20–23.

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Leitfaden für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit chinesischem Geschäftspartner im M&A Geschäft Philipp Waldenmeier und Batur Yar

Interessiert sich ein chinesischer Käufer für die Übernahme eines deutschen KMU, so stellen sich für die Geschäftsleitung und die Unternehmenseigner eine Menge Fragen im Verlauf der Transaktion. In diesem Kapitel soll daher für Gesellschafter/Geschäftsleiter ein kurzer Wegweiser dargestellt werden.

9.1 Pre-Merger Phase Vor der Transaktion müssen zunächst einige grundlegende Fragestellungen beantwortet werden, um eine erfolgreiche Transaktion sicherzustellen. Grundsätzlich ist eine gute Informationslage zwischen Käufer und Verkäufer im Vorfeld einer Transaktion wichtig, um eine erfolgreiche Transaktion zu gewährleisten. Ebenfalls ist eine gute Planung der Due Diligence im Vorfeld wichtig um zukünftige „Stolpersteine“ zu vermeiden.

9.1.1 Der Inhalt der Übernahme 9.1.1.1 Wer kauft das Unternehmen? Eine im Vorfeld gut kommunizierte Information über den Kaufinteressenten ist essenziell. Hier kann es aufgrund der starken regionalen und wirtschaftlichen Trennung

P. Waldenmeier (*) · B. Yar (*)  Hamburg, Deutschland E-Mail: [email protected] © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Graewe (Hrsg.), Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30172-9_9

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zwischen dem Wirtschaftsraum der EU und China zu einer Informationslücke kommen. Die die Transaktion im Vorfeld schon gefährden kann. Ebenfalls ist der wirtschaftliche Hintergrund des Käufers entscheidend. Im Falle eines staatlichen Käufers kann damit gerechnet werden, dass dieser ein Teil des chinesischen „Neue Seidenstraße“-Projekts ist. Damit kann schnell ein Rückschluss auf die Ziele des Unternehmens gezogen werden. Chinesische staatliche Unternehmen machen ca. 21 % bei M&A-Transaktionen in Deutschland mit chinesischer Beteiligung aus. Die Transaktionen, die von privaten Firmen getrieben werden, sind mit 52 % der größte Anteil. Auffällig ist, dass staatliche Käufer bei deutschen Unternehmen weniger gerne gesehen sind, da Abläufe bürokratischer und intransparent sind. 9.1.1.1.1 Warum möchte der Käufer kaufen? Wenn bekannt ist um welchen Interessenten es sich handelt, ist der Hintergrund und das Ziel des Interessenten ein wichtiger Indikator und Wegweiser für die zukünftige Zusammenarbeit. Im Sinne des „Neue Seidenstraße“-Projektes sowie Made in China 2025 hat sich China das Ziel gesetzt, nicht mehr länger als Werkbank der Welt angesehen zu werden, sondern zum Technologieführer der Welt aufzusteigen. Einhergehend mit dieser Strategie ist die Tatsache, dass chinesische Übernahmen meist auf Unternehmen abzielen, die überdurchschnittlich viele Patente angemeldet haben bzw. halten. Im Fokus liegen dabei speziell Unternehmen aus der Maschinenbau- (24 %), Automobilbau(19 %) und der Chemiebranche. Im Falle einer chinesischen Kaufanfrage handelt sich meist um einen weiteren strategischen Schritt zur Technologieführerschaft. 9.1.1.1.2 Wie möchte der Käufer kaufen? Die Art und Weise wie ein Unternehmen übernommen werden kann, ist je nach Unternehmensform unterschiedlich. Werden die Eigentumsanteile in Prozent als Indikator für das „Wie“ betrachtet, so ist festzustellen, dass die Chinesen vollständige Übernahmen bevorzugen. Diese Methode ist beispielsweise im Vergleich zu bloßen Unternehmensbeteiligungen deutlich kapitalintensiver und bedeutet eine größere Herausforderung und Problemstellung mit dem sich der Käufer auseinandersetzen muss. Aber auch der Verkäufer muss sich dessen bewusst sein, dass dies seine zukünftige Mitsprache bei der Unternehmensführung zum größten Teil beenden wird. 9.1.1.1.3 Wie sieht die Finanzierung der Transaktion aus? Dem chinesischen Käufer stehen aufseiten der chinesischen Regierung eine Vielzahl an Beratungs- und Finanzierungsangeboten zu Verfügung. Aufgrund dessen und der bevorzugten 100 % Übernahme liegt das durchschnittliche Transaktionsvolumen bei chinesischen Übernahmen deutlich höher.

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Chinesen treten meist mit dem Selbstvertrauen auf, dass die Finanzierung kein Problem darstelle und bereits geklärt sei. Die Ernsthaftigkeit dieser Aussagen gilt es in der Pre-Merger Phase zu überprüfen und zu validieren.

9.1.2 Stakeholder und Target Analyse Speziell in der Pre-Merger Phase ist entscheidend, zu verstehen, welche Hintergründe und Hemmnisse auf beiden Seiten vorhanden sind.

9.1.2.1 Perspektive des Verkäufers 9.1.2.1.1 Welches Ziel verfolgt der Verkäufer? Ein hoher Verkaufspreis und eine Sicherung der Arbeitsplätze sowie die Weiterführung des Unternehmens sind meist die Ziele des Verkäufers. Speziell die immateriellen Forderungen wie z. B. Arbeitsplatzsicherheiten, sollten im Rahmen der Vorgespräche kommuniziert werden. Oftmals steht der Unternehmer vor einer finanziellen Engpasssituation und ist seitens der Bank gezwungen einen Investor hinzuzuziehen. Dabei kommt ein Angebot eines chinesischen Investors, um eine Insolvenz abzuwenden nicht ungelegen. 9.1.2.1.2 Wie kann das geistige Eigentum geschützt werden? Wie bereits festgestellt, ist es oftmals das Ziel des Investors das geistige Eigentum von deutschen Technologieführern zu erlangen. Aus diesem Grund gilt es, im Rahmen der Vorverkaufsgespräche diese Informationen über das Unternehmen, bzw. Wissen, das normalerweise nicht direkt auf dem freien Markt zugänglich ist, zu schützen. Dieses Wissen kann unter Umständen dem Käufer einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, den er ohne erfolgreichen Abschluss der Transaktion nutzen möchte. Ein solcher Wissenstransfer sollte unter Umständen vermieden bzw. gut geplant werden. 9.1.2.1.3 Welche Informationen werden wann zur Verfügung gestellt? Um Risiken ausschließen zu können, ist eine vorherige Recherche und Überprüfung des potenziellen Vertragspartners unabdingbar. In Folge dessen muss ein internes Kommunikationsmanagement aufgesetzt werden, bei dem die Inhalte, Zeitpunkte und Kommunikationswege festgelegt werden. Am besten wird hier die Unterstützung des Vermittlers in Anspruch genommen. 9.1.2.1.4 Welche Geheimhaltungspflichten sind umsetzbar? Geheimhaltungsverpflichtungen sind im Rahmen von M&A Transaktionen eine wichtige Methode, um das Wissen des Unternehmens zu schützen (Hengstler 2011, S. 35). Dies erfolgt meist mit einer Verpflichtungserklärung beider Seiten, verbunden mit einem

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­ öglichen (pauschalierten) Schadensanspruch bei Nichteinhaltung. Diese Gewährm leistung zwischen den Vertragspartnern ist beispielsweise in dem Wirtschaftsraum der EU kein großes Hemmnis, da eine gemeinsame Rechtsprechung herrscht. Zum Hemmnis wird dies bei einer Zusammenarbeit mit einem chinesischen Interessenten, da die Durchsetzung eines potenziellen Schadenanspruches zu einem Problem werden könnte.

9.1.2.2 Perspektive des Käufers 9.1.2.2.1 Was ist der Antrieb für Chinesen ein deutsches Unternehmen zu kaufen? Im Allgemeinen gilt, dass das Ziel eines jeden erwerbswirtschaftlichen Unternehmens darin besteht, profitabel zu sein. Große Wachstumsschübe können dabei auch kurzfristig über externes Wachstum in Form von Unternehmensübernahmen erfolgen (Wirtz 2003, S. 12). Vorrangig ist es allerdings das Ziel chinesischer Investoren, insbesondere staatsnaher Investoren, die Strategien Made in China 2025 und „Neue Seidenstraße“ voranzubringen. Dieses Ziel besteht und muss potenziellen Verkäufern im Zuge einer Transaktion bewusst sein. Dieses Wissen sollte im Rahmen der Verhandlungen genutzt werden, um die Höhe des Verkaufspreises besser zu fixieren, sowie die Ausarbeitung bestimmter Garantien voranzutreiben. (z. B. Jobgarantien, Standortgarantie usw.). 9.1.2.2.2 Wie gehen Sie meist dabei vor? Durch die Förderung der chinesischen Regierung sind auf der chinesischen Seite die Rahmenbedingungen für eine Übernahme in Deutschland grundsätzlich als positiv zu bezeichnen. Doch sieht dies in der Praxis anders aus. Hier liegt in der Regel eine qualitativ schlechte Vorbereitung der Due Diligence aufseiten der chinesischen Unternehmen vor, bei der diesen oftmals Unprofessionalität vorgeworfen wird. Weitere Negativaspekte sind die mangelnden Integrationsplanungen und Restrukturierungsansätze. Hier bietet es sich an als Verkäufer ein Team an Mitarbeitern mit großer interkultureller Kompetenz zusammenzustellen, welches mit ausreichend Ressourcen ausgestattet ist. Grundsätzlich ist eine Zusammenarbeit mit chinesischen Geschäftsleuten geprägt von einem hohen Anspruch an Detailtiefe. Diesen Anspruch gilt es aufseiten des Verkäufers mit ausreichend Ressourcen zu beantworten. Daher ist im Vorfeld essenziell wichtig, eine qualifizierte Validierung des Interessenten zu tätigen.

9.1.3 Umfeld-Analyse 9.1.3.1 In welcher Sprache wird kommuniziert? Als weitere Hürde gilt die Verhandlungssprache. Diese gilt speziell bei kleinen und mittelständischen Unternehmen als Faktor, der zum Scheitern einer Transaktion beiträgt.

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Daher gilt es im Vorfeld eine gemeinsame Sprache zu finden bzw. genügend Kapazität für Dolmetscher einzuplanen. Hier helfen ebenfalls Vermittler bzw. Beratungsunternehmen.

9.1.3.2 Welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen beachtet werden? Chinesische Investoren haben oftmals ein Verständnisproblem mit dem deutschen Recht. Dies kann zu Fehlinterpretation und Hemmnissen führen, die nur durch kompetente Beratung und rechtlichen Beistand ausgeglichen werden können. Hierfür sollte ein interdisziplinär zusammengestelltes Team sorgen. 9.1.3.3 Welcher realistische Ausblick ist im Vorfeld erkennbar? Um einen Ausblick auf die Zukunft nach der möglichen Transaktion geben zu können, wird ein guter Integrationsplan für die Post-Merger Phase benötigt. Dies gilt allerdings nicht als Stärke der chinesischen Seite, da die Detailplanung häufig erst in die Merger bzw. Post-Merger Phase erstellt wird. Daher sollte diese Thematik bereits in der ­Pre-Merger Phase angesprochen und verhandelt werden. Somit kann die Effizienz der Bearbeitung hinsichtlich Synergien verbessert und späteren Probleme ausgewichen werden.

9.2 Merger Phase Ist die Transaktion zwischen dem deutschen Unternehmen und dem chinesischen Investor nun soweit fortgeschritten, dass eine Ausführung geplant ist, stellen sich in der Merger Phase weitere Fragen.

9.2.1 Der chinesische Käufer 9.2.1.1 Wie handelt ein chinesischer Investor bei einer Übernahme? Die Chinesen gelten als unerfahren bei internationalen M&A-Transaktionen, was zu einem erhöhten Aufwand aufseiten der Verkäuferseite führt. Dies wird in Deutschland oftmals als Unprofessionalität angesehen. In der Merger Phase sorgt die chinesische Bewertungsmethodik durch Intransparenz für ein weiteres Hemmnis. Aufgrund der starken Hierarchien in chinesischen Unternehmen liegt die Entscheidungskompetenz oft nicht bei dem Verhandlungs-team, sondern bei der obersten Führungsebene. Die Verhandlungsmethodik mit ständigem Rückversichern bei der Führungsebene machen die Verhandlungen langwierig und intensiv. Dieser Problematik lässt sich insbesondere durch eine gute und überzeugende Due Diligence sowie transparente und anerkannte

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Bewertungsmethoden entgegenwirken. Ebenfalls ist es unabdingbar Verständnis über die kulturellen Unterschiede und Geduld in der Verhandlung zu besitzen. Hierbei hilft es einen erfahrenen, interkulturellen Mitarbeiter als Verhandlungs-experten hinzuzufügen. Da dies bei KMU oftmals ein Problem darstellt, können Berater unterstützen.

9.2.2 Deutscher Verkäufer 9.2.2.1 Wie sollte sich der deutsche Verkäufer verhalten, um eine erfolgreiche Transaktion durchzuführen? Durch das fehlende Know-how im Transaktionsprozess aufseiten des chinesischen Investors ist eine gute fachliche Beratung beider Seiten entscheidend. Wichtig ist ebenfalls, das mögliche Missverständnisse aufgrund der unterschiedlichen Sprache oder des fehlenden Wissens ausgeschlossen werden, indem neutral und verständlich protokolliert wird. Dies hilft, um zukünftige Reibungen abzuschwächen und Eskalationspotenziale zu minimieren.

9.2.3 Umfeld 9.2.3.1 Welches Recht wird angewendet? Bei einer Übernahme von Unternehmen im deutschen Rechtsraum unterliegt die Transaktion, dem deutschen Außenwirtschaftsgesetz. Dieses Gesetz räumt dem deutschen Staat im Vorfeld der Transaktion je nach Branche ein unterschiedliches Mitspracherecht ein. Auf der chinesischen Seite regelt das NDRC die Einflussnahme des chinesischen Staates auf die Transaktion. Aufgrund dessen sollten im Vorfeld beide Seiten ausreichend Zeit für eine Investitionskontrolle beider Staaten einplanen. Das Vorgehen nach den Investitionsprüfungen sollte auch im weiteren Verlauf und bei zukünftigen Geschäften vertraglich festgehalten werden (z. B. Vollzugsbedingungen) (Wolfgramm und Schröder 2018). Der Erwerb eines Unternehmens richtet sich im Übrigen nach dem Recht desjenigen Landes, in dem das zu (ver-)kaufende Unternehmen seinen Sitz hat. 9.2.3.1.1 In welcher Sprache wird der Vertrag ausgefertigt? Die Sprache gilt als eine der höchsten Hürden im Transaktionsprozess. Wie bereits eingangs erwähnt, ist die Entscheidungsgewalt streng hierarchisch organisiert. Dabei ist oftmals das Problem, dass der erfahrende und ältere Geschäftspartner nur Chinesisch sprechen kann. Aus diesem Grund ist vorteilhaft einen Dolmetscher bei der Verhandlung einzusetzen. Im Falle eines Zustandekommens des Vertrages sollte dieser für beide Partei verständlich und professionell übersetzt sein (Wiehl und Fischer 2014). In der Regel werden die Transaktionsdokumente auf Chinesisch und Englisch ausgefertigt, ggf. mit einer nicht-bindenden Übersetzung in andere Sprachen.

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9.3 Post-Merger Phase Bei einem erfolgreichen Durchlauf der Merger-Phase kommt nun die Post-Merger Phase, bei der es vorrangig um die Integration des gekauften Unternehmens geht. Eine erfolgreiche Transaktion zeichnet sich dadurch aus, dass die festgelegte Planung umgesetzt wurde und nun der Umsetzungsplan für die kommenden Jahre steht. Dies lässt sich anhand der finanziellen Kennzahlen, sowie der Due Diligence bemessen. Auch die frühzeitige Einbindung der Belegschaft sowie die Personalplanung sind essenziell für den Erfolg einer Transaktion.

9.3.1 Die Integration des Unternehmens in die chinesische Struktur 9.3.1.1 Wie wird die Integration des Unternehmens ablaufen? Eine solche Frage ist zwar thematisch in der Post-Merger Phase anzusiedeln, gilt es allerdings schon in der Pre-Merger Phase zu beantworten. Hierbei gilt, zunächst die Ziele der Investoren zu erkennen in dem die richtigen Fragen gestellt werden, etwa wie die mittel- und langfristige Strategie aussehen soll. 9.3.1.2 Welche positiven Aspekte existieren im Rahmen einer chinesischen Übernahme? Die Historie zeigt, dass deutsche Fachkräfte aufgrund ihres Know-hows und ihrer Arbeitsweise bei den chinesischen Führungskräften mit viel Wertschätzung wahrgenommen werden. Dieser Zusammenhang und Ausblick kann für eine erfolgreiche Integration genutzt werden. 9.3.1.3 Wie wird die Zusammenarbeit im Anschluss aussehen? Im Vergleich zu westlichen Investoren werden Chinesen als sehr zurückhaltend im gekauften Unternehmen wahrgenommen. Dabei fällt auf, dass den neuen Eigentümern selbst das Verkaufsargument Made in Germany wichtig ist. Durch Kostenoptimierung, Finanzierungssicherung werden die gekauften Unternehmen zu Innovationsführer weiterentwickelt. Dies bietet dem chinesischen Investor einen Wettbewerbsvorteil auf dem heimischen und dem internationalen Markt (Otto 2013, S. 53). 9.3.1.4 Wie wird das zukünftige Reporting aussehen? Bei der regelmäßigen Finanzberichterstattung mussten sich in der Vergangenheit speziell die KMU den erhöhten Reporting-Anforderungen der Chinesen stellen. Für größere Unternehmen ist dies aufgrund des schon weit ausgeprägten Berichtswesens im Vergleich zu deutschen Investoren kein großer Sprung. Chinesische Investoren forderten beispielsweise eine kurze monatliche P&L sowie einen Bilanzreport, der in großen Konzernen zum Standard gehört und daher nur bei

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den meisten Mittelständlern zu einem Anstieg im Reporting-Aufwand führt (Otto 2013, S. 54).

9.3.2 Kulturelle Rahmenbedingungen 9.3.2.1 Welche Art der Zusammenarbeit sollte mit den Chinesen gepflegt werden? Bei der Zusammenarbeit mit chinesischen Geschäftspartnern ist es in erster Linie wichtig, Zeit und Geduld zum Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zu investieren. Dies ist für eine erfolgreiche Übernahme und spätere Integration von sehr großer Bedeutung. Die chinesische Seite schätzt eine faire und nachvollziehbare Zusammenarbeit, indem speziell bei einer Übernahme von einem gemeinsamen Projekt gesprochen wird (Wiehl und Fischer 2014, S. 4). 9.3.2.2 Welche kulturellen Eigenschaften auf der Seite der Chinesen gilt es zu beachten? In China sollte vor allem bei Verhandlungen eine indirekte und wenig konkrete Kommunikation genutzt werden. Da ein chinesischer Verhandlungsführer sein „Gesicht wahren“ und dies nicht durch strikte Verneinungen verlieren möchte. Daher sollte bei einer Entscheidungsvorlage darauf geachtet werden, dass das Gegenüber darauf vorbereitet ist und das Gefühl hat, diese Entscheidung mitgetragen zu haben (Wiehl und Fischer 2014, S. 4).

9.4 Stichworte für erfolgreiche chinesisch-deutsche M&A Transaktionen Pre-Merger Phase: • Wer kauft und warum? – Typischerweise privater Investor mit staatlichem Interesse: Fokus auf Technologie- und Innovationsführerschaft • Wie wird gekauft? – Höchstwahrscheinlich Mehrheitsbeteiligung • Wie sieht die Finanzierung aus? Gute Voraussetzungen und hohes Selbstbewusstsein auf chinesischer Seite • Interessen des Verkäufers: – Zukunftssicherheit: Klare Forderungen formulieren und Garantien mit dem Käufer erarbeiten – Schutz des geistigen Eigentums: Internes Kommunikationsmanagement und ­Non-Disclosure-Agreement – Überwindung sprachlicher und kultureller Barrieren: Aufstellung eines Teams mit hoher interkultureller Kompetenz

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Abb. 9.1   Übersicht über kritische Erfolgsfaktoren (Eigene Darstellung)

Merger Phase • Geduld & Verständnis • Einplanung zeitlicher Puffer für Investitionskontrollen der Behörden • Sorgfältige Planung und Exit-Strategie für den Fall des Überstrapazierens eigener Ressourcen • Einbeziehen neutraler Vermittler (Berater, Dolmetscher, etc.) Post-Merger Phase • Integration und Zusammenarbeit sollten wie in der Pre-Merger Phase definiert ablaufen. • Die Anforderungen an das Reporting steigen. Sowohl die chinesische Geschäftskultur als auch der Prozesszeitpunkt verlangen häufige und intensive Auswertungen. • Der Fokus muss auf positiven Aspekten der Zusammenarbeit (Wertschätzung) und der Überbrückung kultureller Hürden liegen, hier ist Fingerspitzengefühl gefragt (Abb. 9.1)

Literatur Hengstler, A. J. (2011). Die Geheimhaltungsvereinbarung. (Non-disclosure agreement) (Heidelberger Musterverträge, H. 136, 1. Aufl.). Frankfurt a. M.: Verl. Recht und Wirtschaft. Otto, J.-P. (2013). Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren. Die Prozesse der Übernahme (PricewaterhouseCoopers, Hrsg.). https://www.pwc.de/de/internationalemaerkte/assets/erfahrungen-deutscher-unternehmen-mit-chinesischen-investoren-2013.pdf. Zugegriffen: 14. Nov. 2019. Wiehl, M. & Fischer, A. (Oktober 2014). Besonderheiten bei chinesischen Investitionen in den deutschen Mittelstand. Rödl & Partner Entrepreneur, 4–5. https://www.roedl.de/de-de/de/

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medien/publikationen/entrepreneur/documents/entrepreneur-2014-10.pdf. Zugegriffen: 18. Nov. 2019. Wirtz, B. W. (2003). Mergers & Acquisitions Management. Strategie und Organisation von Unternehmenszusammenschlüssen (Lehrbuch, 1 Aufl.). Wiesbaden: Gabler. Wolfgramm, O. & Schröder, C. (2018, 18. Juni). Ausverkauf oder neue Partnerschaft? Legal Tribune Online. https://www.lto.de/recht/kanzleien-unternehmen/k/china-investitionen-unternehmen-kauf-know-how-ausverkauf-partnerschaft/. Zugegriffen: 18. Nov. 2019.

Literatur

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© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Graewe (Hrsg.), Deutsch-chinesische M&A Transaktionen im Mittelstand, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30172-9

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