Der Wiener Kongress und seine Folgen / The Congress of Vienna and its Aftermaths: Großbritannien, Europa und der Friede im 19. und 20. Jahrhundert / Great Britain, Europe and Peace in the 19th and 20th Century [1 ed.] 9783428558117, 9783428158119

1814/15 versammelte der Wiener Kongress Vertreter aller europäischen Länder, um nach den Umbrüchen dem Kontinent Ruhe un

113 90 11MB

German Pages 214 Year 2019

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Der Wiener Kongress und seine Folgen / The Congress of Vienna and its Aftermaths: Großbritannien, Europa und der Friede im 19. und 20. Jahrhundert / Great Britain, Europe and Peace in the 19th and 20th Century [1 ed.]
 9783428558117, 9783428158119

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Prinz-Albert-Studien / Prince Albert Studies

Prinz-Albert-Studien / Prince Albert Studies Herausgegeben von / edited by Frank-Lothar Kroll

Band 35 / Volume 35

Der Wiener Kongress und seine Folgen / The Congress of Vienna and its Aftermaths Großbritannien, Europa und der Friede im 19. und 20. Jahrhundert/ Great Britain, Europe and Peace in 19th and 20th Century Herausgegeben von

Carl-Christian Dressel, Frank-Lothar Kroll und Glyn Redworth

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2019 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: Druckteam, Berlin Printed in Germany ISSN 0941-6242 ISBN 978-3-428-15811-9 (Print) ISBN 978-3-428-55811-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-85811-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Prof. Dr. Dieter J. Weiß, dem „Retired Chairman“ der Prinz-Albert-Gesellschaft, zum 60. Geburtstag

Vorwort / Preface Vom September 1814 bis zum Juni 1815 versammelte der Wiener Kongress Delegierte aus allen europäischen Ländern in der österreichischen Hauptstadt, um nach den Kriegen und Umbrüchen im Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons I. dem ausgebluteten und erschöpften Kontinent durch eine möglichst dauerhafte Friedensordnung die allseits ersehnte Ruhe und Sicherheit zu verschaffen. Dem Kongress oblag dabei eine doppelte Aufgabe. Zum einen sollte er die Regeneration Europas mittels Wiederherstellung des durch Frankreichs Expansionsstreben aus den Fugen geratenen Staatensystems zu Wege bringen. Zum anderen standen die Kongressteilnehmer vor der schwierigen Aufgabe einer Neuordnung der deutschen Verhältnisse, deren tradierte Erscheinungswelt seit 1803 gleichfalls dem Hegemonialgebahren Napoleon Bonapartes zum Opfer gefallen war. Die am 9. Juni 1815 verabschiedete Kongressakte sorgte dann bekanntermaßen für eine Restauration des relativen Gleichgewichts zwischen den fünf europäischen Großmächten Großbritannien, Russland, Österreich, Preußen und erneut Frankreich, das nach Installierung der Bourbonenherrschaft in Paris wieder als vollgültiges Mitglied im Kreis der Mächtigen agieren durfte. Am gleichen Tag schuf die von den deutschen Regierungen angenommene Bundesakte einen locker gefügten Staatenbund der Fürsten und Städte Deutschlands. Während die Lösung der „Deutschen Frage“ die kühnen Hoffnungen und Wünsche all jener enttäuschte, die einen nationalen Bundesstaat mit liberalen Verfassungselementen und starker Zentralgewalt erstrebt hatten, garantierte die internationale Wiener Mächteordnung – mit den ihr zugrundeliegenden konservativen Leitprinzipien der Restauration, Legitimität, Autorität und Solidarität – den Europäern immerhin eine fünfzigjährige Periode des Friedens und wachsenden Wohlstands, die erst in den 1860er Jahren durch eine von nationalen Auseinandersetzungen und militärischen Verwicklungen geprägte neue Etappe in den zwischenstaatlichen Beziehungen abgelöst werden sollte. Trotz damit verbundener vielfältiger Verwerfungen waren die prinzipiellen Leitkoordinaten der Wiener Mächteordnung von 1815 bis zum Ausbruch der europäischen Katastrophe des Ersten Weltkriegs im August 1914 für den diplomatischen Verkehr maßgeblich. Die 34. Jahrestagung der Prinz-Albert-Gesellschaft „Der Wiener Kongress und seine Folgen. Großbritannien, Europa und der Friede im 19. und 20. Jahrhundert / The Congress of Vienna and its Aftermaths. Great Britain,

VIII Vorwort/Preface

Europe and Peace in the 19th and 20th century“ fand vom 3. bis 5. September 2015 in den Räumen der Landesbibliothek Coburg statt und widmete sich vor allem den gesamteuropäischen und globalen Aspekten des Wiener Jahrhundertfriedens.1 Großbritannien – so wird man seine Ergebnisse rückschauend wohl bilanzieren dürfen – war, neben Russland, der eigentliche Gewinner der damals getroffenen Beschlüsse, und es wirkt aus heutiger Sicht ebenso erstaunlich wie bezeichnend, daß der Wiener Kongress als Erinnerungsort in der britischen Gedenkkultur einen aufs Ganze gesehen eher nachgeordneten Rang einnimmt. Das Inselreich konnte seine koloniale und maritime Vormachtstellung festigen und ausbauen, es behielt Helgoland und Malta, Ceylon und das Kapland und errichtete ein Protektorat über die Ionischen Inseln. Das traditionelle Hauptanliegen britischer Politik, ein Gleichgewicht der Großmächte auf dem Kontinent zu bewahren, schien zudem durch den Anschluss weiter Teile des rheinisch-westfälischen Raumes an Preußen und durch die Bildung des Königreichs der Vereinigten Niederlande gesichert. Damit waren aus Londoner Sicht einem neuerlichen französischen Expansionsstreben starke Barrieren entgegengesetzt. Und auch in den deutschen Angelegenheiten vermochte man von der Themse aus nun unmittelbar mitzusprechen, denn der englische König war in seiner Stellung als König von Hannover bis zur Auflösung der Personalunion zwischen den beiden Ländern 1837 ein vollauf stimmberechtigtes Mitglied des 1815 ins Leben getretenen Deutschen Bundes. Die mit alledem verbundenen Fragestellungen und Probleme werden in diesem Band eingehend diskutiert. Dabei kommen Inhalte, Zielsetzungen und In­ ter­ essenverflechtungen der Wiener Kongressteilnehmer ebenso zur Sprache wie völkerrechtliche und militärpolitische Aspekte des in Wien verhandelten Geschehens. Einen eigenen Aspekt bildet die Beschäftigung mit den Folgen und Langzeitwirkungen der Wiener Ordnung im fortschreitenden 19. und 20. Jahrhundert.

1  Regionale Aspekte des Friedensschlusses von 1815 thematisierte eine fast zeitgleich, vom 5. bis 7. November 2015 in Merseburg veranstaltete Kooperationstagung der Preußischen Historischen Kommission, deren Ergebnisse mittlerweile ein um­ fänglicher Tagungsband dokumentiert; vgl. Ulrike Höroldt/Sven Pabstmann (Hrsg.): 1815: Europäische Friedensordnung – Mitteldeutsche Neuordnung. Die Neuordnung auf dem Wiener Kongress und ihre Folgen für den mitteldeutschen Raum. Halle/Saale 2017; dazu den Bericht von Hendrik Thoss, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, N.F. 27 (2017), S. 195–219; einen ersten instruktiven Überblick über die im „Jubiläumsjahr“ erschienenen Publikationen bietet HansChristof Kraus: Ein Friedenskongress – und seine Folgen. Neue Veröffentlichungen zum Wiener Kongress und zur Neuordnung Europas 1815. In: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte 38 (2016), S. 102–113.

Vorwort/PrefaceIX

Wie stets, so gilt an dieser Stelle der Dank jenen bewährten Gönnern und Förderern der Prinz-Albert-Gesellschaft, die auch diesmal die Durchführung der Coburger Konferenz und die Drucklegung des ihre Ergebnisse bilanzierenden Tagungsbandes ermöglichten: der Stadt Coburg, der Niederfüllbacher Stiftung Coburg und der Technischen Universität Chemnitz. Angesichts einer zunehmend um sich greifenden Bürokratisierung, Normierung und Nivellierung förderungspolitischer Vorgaben gewinnt die Generosität und Zuverlässigkeit derart verlässlicher Partner und Sponsoren ein immer stärkeres Gewicht. Chemnitz, am 22. September 2019

Frank-Lothar Kroll

Inhalt I. Militär, Politik, Völkerrecht / Politics, the Military, International Law Der Ort des Wiener Kongresses in der frühen Theorie der Internationalen Beziehungen Von Stefan Schieren, Eichstätt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Tecumseh und Metternich: ‚The War of 1812‘ und der Wiener Kongreß Von Lothar Höbelt, Wien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Der Wiener Kongress: Voraussetzungen, Inhalte, Zielsetzungen / The Congress of Vienna: Requirements, Issues, Objectives A World That Was Lost? Towards a Geographical Analysis of Napoleonic Imperialism: Survival and Rupture within the Napoleonic Legacy By Michael Broers, Oxford  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 The House of Nassau and the Re-Establishment of the Orange Dynasty in the Netherlands, 1813 By Mark Edward Hay, London  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Wien in der Kritik: Britische Gegner der neuen Ordnung Von Georg Eckert, Wuppertal / Potsdam  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 III. Folgen und Nachwirkungen im 19. und 20. Jahrhundert / Consequences and After Effects during the 19th and 20th Centuries Restauration und europäische Friedensordnung Von Volker Sellin, Heidelberg  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Unexpected Consequences of the Peace: The Vienna Concert Inside and Outside Europe By Robin Blackburn, Essex  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Von Duodez zur Dynastie. Ein Kleinstaat in Mitteldeutschland: Sachsen-Coburg im Deutschen Bund (1815–1850) Von Carl-Christian Dressel, Erfurt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

XII Inhalt Zwischen Frankreich und Russland – Großbritannien und der Krimkrieg Von Hans-Christof Kraus, Passau  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 From Versailles to the Organisation for Security and Cooperation in Europe (OSCE): The United Kingdom and Peacemaking in Europe in the 20th and 21st Centuries By Colin A. Munro, Wien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Verzeichnis der Autoren und Herausgeber  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

I. Militär, Politik, Völkerrecht / Politics, the Military, International Law

Der Ort des Wiener Kongresses in der frühen Theorie der Internationalen Beziehungen Von Stefan Schieren, Eichstätt I. Einleitung Die Entscheidung der Prinz-Albert-Gesellschaft, ihre 34. Jahrestagung 2015 dem 200. Jahrestag des Wiener Kongresses zu widmen, war nahezu unausweichlich, zumal das Vereinigte Königreich bei den Ereignissen eine zentrale Rolle spielte. Die dem epochalen Ereignis folgende neue Zeit kündigte sich nicht zuletzt dadurch an, dass Georg III. zu unterscheiden wusste (und hatte) zwischen den Interessen seines erst kurz zuvor 1801 staatsrechtlich unierten britischen Königreichs und denen des Kurfürstentums Hannover. Territoriale und staatliche Belange schoben sich vor dynastische Erwägungen. Eine Personalunion bzw. dynastische Netzwerke wurden für die Staatenwelt zwar nicht völlig bedeutungslos, doch ihre Entfunktionalisierung schritt fort.1 Diese Entwicklung war maßgeblicher Teil der „Transformation of European Politics“2. Das Gleichgewichtsdenken im 18. Jahrhundert hatte nicht der Friedenssicherung gedient, sondern der Wahrung der eigenen (dynastischen) Machtposition im Staatensystem. Verschiebungen, wie sie sich durch Heirat rasch ergeben konnten, wurden durch den leichtfüßigen Wechsel von Allianzen und das unbeschwerte Führen von „Kabinettskriegen“ beantwortet, die der Herstellung eines neuen Gleichgewichts dienten. Vor diesem Hintergrund ist 1815 eine Wegscheide. Nach über zwanzig Jahren Krieg diente das neue Kräftegleichgewicht nunmehr dem Zweck, den Frieden dauerhaft zu wahren. Diese Friedensordnung sollte auf der Grundlage von (dynastischer) Legitimität3 und internationaler Gerechtigkeit errichtet werden, mit der staat1  Torsten Riotte: Georg III im Kontext einer deutsch-britischen Dynastiegeschichte. In: Frank-Lothar Kroll / Martin Munke (Hrsg.): Hannover, Coburg-Gotha, Windsor. Probleme und Perspektiven einer vergleichenden deutsch-britischen Dynastiegeschichte vom 18. bis in das 20. Jahrhundert, Berlin 2015, 81–101. 2  Paul W. Schroeder: The Transformation of European Politics 1763–1848, Oxford 1994. 3  Das sah auch Großbritannien so, das bis zuletzt daran festhielt, den geschlagenen Kaiser der Franzosen als General Bonaparte zu bezeichnen, nicht als Napoleon. Doch

4

Stefan Schieren

lichen Souveränität und damit der recht­lichen Gleichrangigkeit der Staaten als zentralem Orientierungsrahmen.4 In dieser Gestalt vertrug das Wiener System auch die Vormachtstellung Russlands und vor allem Großbritanniens, bis es nach der Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Aufstieg der USA und des Deutschen Reiches untergraben wurde und in neuen Allianzen ein gewandeltes Gleichgewicht kreierte, das sich als weniger stabil erweisen sollte als das von 1815 bis zum Ausbruch des Krimkriegs.5 Wie nun kann angesichts einer solch wechselvollen Geschichte das Urteil über den Wiener Kongress ausfallen? War die Abfolge von Konferenzen ein erster Anlauf zu einem System kollektiver Sicherheit, gar eine Vorstufe zum Völkerbund? Oder zeigt das frühe Ende der Konferenzen 1822 und ihre eher dürftigen Ergebnisse nicht die Diskrepanz zwischen Absicht und politischer Realität? Kann nicht gar von einem frühen Scheitern geredet werden? Oder brach das Wiener System 1853 im Krimkrieg auseinander, oder 1870 durch die nationale Einigung Italiens und Deutschlands6, oder gar erst 1914? Wo­ rauf beruhte die relative Stabilität der Wiener Ordnung, die sich in einer außergewöhnlich langen Periode mit wenigen und begrenzten Kriegen äußert? War es die Balance of Power7, oder war es eine durch Großbritannien und Russland gemeinsam ausgeübte Hegemonie?8

politisches Kalkül und ökonomisches Interesse schlugen prinzipielles Denken bald aus dem Feld. Vgl. Andreas Osiander: The States System of Europe, 1640–1990. Peace­ making and the Conditions of International Stability, Oxford 1996, 207 ff.; Eberhard Straub: Der Wiener Kongress. Das große Fest und die Neuordnung Europas, Stuttgart 2014; Wolfram Siemann: Von der Französischen Revolution zum Wiener Kongress. Die Umwälzung und Neuordnung Europas und die Entstehung des Begriffs ‚Nation‘ als politischer Leitbegriff. In: Zur Debatte 46 (2016), 2–5, hier: 4. 4  Henry Kissinger: Weltordnung, München 2014, 12. 5  Matthias Schulz: Mächterivalität, Rechtsordnung, Überlebenskampf. Gleichgewichtsverständnis und Gleichgewichtspolitik im 19. Jahrhundert. In: Michael Jonas /  Ulrich Lappenküper / Bernd Wegner (Hrsg.): Stabilität durch Gleichgewicht? Balance of Power im internationalen System der Neuzeit, Paderborn 2015, 81–99. 6  Auf die vielfältigen Gründe und Ursachen für den Aufstieg des Nationalismus soll hier nicht weiter eingegangen werden. Vgl. knapp und prägnant Schulz: Mächterivalität (wie Anm. 5), 90–96. Vgl. auch Siemann: Französische (wie Anm. 3), 2–5; Hagen Schulze: Staat und Nation in der europäischen Geschichte, München 1994. Aus globaler Perspektive ist zudem zu erwähnen, dass die politische Wirklichkeit durch Imperien, nicht durch Nationen geprägt war. Vgl. Jürgen Osterhammel: Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, 3. Auflage, München 2009, 670. 7  Zum Stand der Debatte Brian E. Vick: The Congress of Vienna. Power and Politics after Napoleon, Cambridge, Mass. / London 2014, 307–313, 322; Heinz Duchhardt: Der Wiener Kongress. Die Neugestaltung Europas 1814 / 15, München 2013, 16–25.



Der Ort des Wiener Kongresses

5

Wenn ich so hurtig über zentrale Kontroversen zum Wiener Kongress hinweghusche, dann liegt das daran, dass ich nicht beabsichtige, eine eigene Position zu diesen Fragen zu beziehen. Das überlasse ich lieber den Experten aus der Geschichtswissenschaft. Doch ist der Wiener Kongress auch für den Politikwissenschaftler von Interesse. Die in der Kontroverse verwendeten Begriffe und Konzepte gehören zur Grundausstattung der Politikwissenschaft: System kollektiver Sicherheit, Gleichgewicht der Mächte, Bündnis­ politik, Hegemonie, Real- oder Machtpolitik, Realismus und Idealismus. Diese Beobachtung bildet den ersten Ausgangspunkt für diesen Beitrag. Ein zweiter Ausgangspunkt findet sich in der Geschichte des Teilfachs IB (Internationale Beziehungen). „Der vergessene ‚Idealismus‘ in der Disziplin Internationale Beziehungen“9 hat viel mit der Auseinandersetzung über die Ursachen des Ersten Weltkriegs zu tun, und mit dem leidenschaftlichen Bestreben nach 1918, eine Nachkriegsordnung zu finden, die den Krieg als legitimes Mittel der Politik beseitigen würde. Die Diskussion in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts kreiste maßgeblich um die genannten Begriffe. Das begründet die Vermutung, dass der Wiener Kongress als Bezugspunkt eine prominente Rolle spielen könnte. Wurden die Ideen des Wiener Kongresses als Blaupause für die Ordnung nach 1918 angesehen, oder wurde 1815 als verhängnisvolle Vorgeschichte gewertet, „ultimately responsible for the calamities brought by the Great War“?10 Wurde die Wiener Ordnung, „weil sie im übermäßigen Maß am Gleichgewicht der Kräfte ausgerichtet war“, als Kriegsursache betrachtet?11 Das soll anhand zweier Exponenten der damaligen Debatte untersucht werden, die beide als Idealisten gelten: Philip Kerr, späterer 11. Marquess of Lothian, und Alfred E. Zimmern. Wie standen diese beiden frühen Denker zum Wiener Kongress und dem Ordnungsdenken, das mit ihm in Verbindung steht?

8  Statt Vieler Paul W. Schroeder: Did the Vienna Settlement Rest on a Balance of Power? In: American Historical Review 97 (1992), 683–706. Es gibt eine umfäng­ liche Debatte darüber, ob Gleichgewicht und Hegemonie korrespondierende oder gegensätzliche Begriffe sind und in welchem Verhältnis sie zu anderen Konzepten wie Interesse, Macht und Gewalt stehen. Dieser Debatte kann hier nicht nachgegangen werden. 9  Jens Steffek / Leonie Holthaus: Einleitung. Der vergessene „Idealismus“ in der Disziplin Internationale Beziehungen. In: dies. (Hrsg.): Jenseits der Anarchie. Weltordnungsentwürfe im frühen 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2014, 11–24. 10  Osiander: States System (wie Anm. 3), 250. 11  Kissinger, Weltordnung (wie Anm. 4), 75. „Aber das gilt, falls überhaupt, nur für das Jahr vor dem Ersten Weltkrieg“, urteilt Kissinger weiter über die Interpreta­ tionen nach dessen Ende.

6

Stefan Schieren

Sowohl Kerr als auch Zimmern haben sich in den Jahren 1914 bis 1940 umfänglich zu der Frage geäußert, wie eine dauerhaft stabile Friedensordnung nach der Urkatastrophe 1914 / 18 aussehen könnte. Einige Gemeinsamkeiten, aber auch fundamentale Differenzen im politischen Denken der beiden lassen sich finden. Kerr bezieht sich stark auf die bereits mehrfach genannten Konzepte. Zimmern hingegen scheint der Auffassung zu sein, dass die Geschichte über diese so gründlich hinweggegangen ist, dass es nicht einmal lohnte, sich systematisch mit ihnen auseinanderzusetzen – sieht man von einer späten Ausnahme ab, als sich die in die League of Nations gesetzten Hoffnungen zerschlagen hatten.12 Es wird also darum gehen zu zeigen, wie Kerr und Zimmern in ihrer jeweils eigenen Auseinandersetzung mit den genannten zentralen Begriffen und Konzepten ihre jeweilige Vision eines dauerhaften Friedens entwarfen. II. Gleichgewicht oder Hegemonie? Es ist ein locus classicus der Geschichtswissenschaft, die Geschichte Europas seit dem ausgehenden Mittelalter mit variierender Akzentsetzung als das Hin- und Herwogen zwischen Gleichgewicht oder Hegemonie zu deuten.13 Soweit ersichtlich, ist im Urteil der Historiker der Wiener Kongress eine Wegmarke14 bzw. ein Scheideweg15 der internationalen Beziehungen, mit dem Gleichgewicht der Mächte als zentralem Baustein, das zu bewahren dem Zeck dienen sollte, eine dauerhafte Friedensordnung zu errichten. Die Bezeichnung „Konzert der Mächte“ ist also durchaus treffend.16 Die erstaunliche Dauerhaftigkeit dieser Konstruktion wurde zudem dadurch möglich, dass die beteiligten Mächte ihr weitgehend zustimmten und eine gemeinsame, wertegebundene Vorstellung von internationaler Legitimität besaßen.17 12  Siehe

unten, S. 39 f. Dehio: Gleichgewicht oder Hegemonie. Betrachtungen über ein Grundproblem der neueren Staatengeschichte, Krefeld o. J. [1946]. Brendan Simms: Kampf um Vorherrschaft. Eine deutsche Geschichte Europas 1453 bis heute, Stuttgart 2014. 14  „[T]he Vienna settlement became the cornerstone of a landmark shift in international relations for the following century“. Vick, Congress (wie Anm. 7), 321 f. Vgl. Schulz: Mächterivalität (wie Anm. 5), 84. 15  Im Urteil Kissingers beriefen sich die Mächte in Wien „viel ausdrücklicher und entschiedener auf das Prinzip des Gleichgewichts“ als je zuvor. Henry Kissinger: Die Vernunft der Nationen. Über das Wesen der Außenpolitik, Berlin 1994, 80 f. Vgl. auch Thierry Lentz: 1815. Der Wiener Kongress und die Neugründung Europas, Berlin 2013. 16  Vgl. Kissinger: Weltordnung (wie Anm. 4), Kap. 2 und 3; Osterhammel: Verwandlung (wie Anm. 6), 674; Osiander: States System (wie Anm. 3), 166 ff., 227 ff. 17  Kissinger, Vernunft (wie Anm. 15), 80 f. 13  Ludwig



Der Ort des Wiener Kongresses

7

Die europäische Staatenwelt wurde zur europäischen Staatengemeinschaft – bis im Krimkrieg die europäische Solidarität zerbrach. Ungeachtet dessen hatte das Gleichgewicht nicht ausgedient. Es blieb Fluchtpunkt der britischen Außenpolitik, theoretisch, deklaratorisch und tatsächlich. Es verlieh ihr bis in das 20. Jahrhundert hinein mehr Kontinuität, als es bei flüchtiger Betrachtung der „no intervention“-Politik der 1860er Jahre und der Bündnispolitik nach 1900 erscheinen könnte.18 Angesichts dieser Bedeutung für die Theorie und Praxis der internationalen Politik im 19. Jahrhundert war es nur konsequent, dass sich die nach dem Ersten Weltkrieg entstehende Disziplin IB des Konzepts bemächtigte.19 Es gehört zum Kanon der politischen Theorien, darf deswegen in der Standardund Einführungsliteratur zu den internationalen Beziehungen nicht fehlen. Dort heißt es etwa, es sei „von besonderer Bedeutung“20, seine Störung sei eine zentrale Kriegsursache.21 III. Das Gleichgewicht der Mächte in der Theorie der Internationalen Beziehungen Ob zur Beschreibung eines realen Zustands, als Maßstab der politischen Praxis oder als theoretisches Konzept zur Begründung einer stabilen internationalen Ordnung: Das Gleichgewicht der Mächte spielt eine wichtige Rolle. Der hohe Stellenwert wird noch dadurch gesteigert, dass die Schule der „Realisten“ im Teilfach „Internationale Beziehungen“ dominiert. Diese Dominanz hat viel damit zu tun, dass den hier betrachteten Denkern zu Beginn des Zweiten Weltkriegs der Vorwurf gemacht wurde, mit ihren so bezeichneten unrealistischen, idealistischen und utopischen Weltordnungsvorstellungen, mit ihren Konzepten von Völkerbund, kollektiver Sicherheit und Weltinnenpolitik maßgeblich dazu beigetragen zu haben, dass das Britische Weltreich in den 1930er Jahren in eine existenzbedrohliche Lage gegenüber 18  Klaus Hildebrand: No Intervention. Die Pax Britannica und Preußen 1865 / 55– 1869 / 70. Eine Untersuchung zur englischen Weltpolitik im 19. Jahrhundert, München 1997; David Reynolds: Britannia Overruled. British Policy ans World Power in the Twentieth Century, London und New York 1991, 82–86; Thomas Kielinger: Großbritannien, München 2009, 166–171. 19  Vgl. Robert Jervis: A Political Science Perspective on the Balance of Power and the Concert, in: American Historical Review 97 (1992), 716–724. 20  Christian Stock / Johannes Varwick / Jana Windwehr: Die Lehre von den inter­ nationalen Beziehungen. Entwicklungslinien und Schwerpunkte. In: Hans-Jürgen Bieling u. a. (Hrsg.): Kursbuch Politikwissenschaft, Schwalbach / Ts. 2014, 85–104, hier: 85 f. 21  Anton Pelinka / Johannes Varwick: Grundzüge der Politikwissenschaft, 2. Auflage, Köln u. a. 2010, 159; Kissinger, Vernunft (Anm. 15), 15.

8

Stefan Schieren

den realistischen Machtstaaten Deutschland, Italien und Japan geraten sei. „Its framers and supporters were at best hopelessly naive, at worst ignorant of the realities of international politics“.22 Obwohl es sich um eine polemische Streitschrift handelte, der es nicht um die wissenschaftliche Auseinandersetzung, sondern um eine Schmähung der so bezeichneten „Idealisten“ ging, avancierte Edward Hallet Carrs „The Twenty Years Crisis“ von 1939 unmittelbar nach Kriegsende zur Referenz für den sich etablierenden „Realismus“ in der Theorie der internationalen Politik.23 Carrs Bannstrahl war derart wirksam, dass die idealistische Tradition des außenpolitischen Denkens der 1920er Jahre nahezu gänzlich aus der Erinnerung des Fachs fiel. Erst vor wenigen Jahren hat, von England ausgehend, der Versuch einer Rehabilitation eingesetzt. Im Rahmen des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ der Goethe-Universität in Frankfurt haben sich deutsche Wissenschaftler unter der Leitung von Jens Steffek und Leonie Holthaus diesen Bemühungen angeschlossen und den von beiden edierten Band „Jenseits der Anarchie. Weltordnungsentwürfe im frühen 20. Jahrhundert“24 zusammengetragen. Aus den Beiträgen wird deutlich, dass die damaligen Denker uns deutlich mehr zu sagen haben, als die Polemik Carrs vermuten lässt. Philip Kerr und Alfred E. Zimmern sind zwei von ihnen. IV. Kerr und Zimmern im Kurzporträt Philip Kerr25 wurde 1882 als Enkel des Siebten Marquess of Lothian geboren. Durch sein Studium der Geschichte am All Souls College in Oxford entstand das Netzwerk von Beamten, Diplomaten, Politikern und Journalisten, auf das Kerr bis zu seinem Lebensende zurückgreifen konnte. In Süd­ afrika konnte er es von 1905–1909 als Beamter der Kolonialverwaltung er22  Daniel Gorman: The Emergence of International Society in the 1920s, Cambridge 2012, 259. 23  Andreas Osiander: Missionare oder Analytiker? Versuch einer Neubewertung der ‚idealistischen‘ Schule in der Lehre von den internationalen Beziehungen. In: Jens Steffek / Leonie Holthaus (Hrsg.): Jenseits der Anarchie. Weltordnungsentwürfe im frühen 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2014, 25–72. 24  Jens Steffek / Leonie Holthaus (Hrsg.): Jenseits der Anarchie. Weltordnungsentwürfe im frühen 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2014. 25  James Butler: Lord Lothian (Philip Kerr) 1882–1940, London 1960; Andrea Bosco: National Sovereignty and Peace. Lord Lothian’s Federalist Thought. In: John Turner (Hrsg.): The Larger Idea. Lord Lothian and the Problem of National Sovereignty, London 1988, 108–123; Andrea Bosco: Lord Lothian. Un pioniere del fede­ ralismo, 1882–1940, Mailand 1989; David P. Billington Jr.: Lothian. Philip Kerr and the Quest of World Order, Westport / London 2006.



Der Ort des Wiener Kongresses

9

weitern, als er in den Kreis junger Oxford-Absolventen geriet, der unter dem Einfluss der früheren Gouverneurs und Erzimperialisten Lord Milner als „Milner’s kindergarten“ bezeichnet wurde. Nach der Rückkehr nach London blieb der Kreis trotz erheblicher Differenzen über die Weltreichspolitik zusammen und schloss sich in einer Organisation zusammen, die ab 1910 das gleichnamige Magazin „The Round Table“ herausgab, das bis heute existiert und von 1910 bis 1916 durch Kerr herausgegeben wurde. Der Tod seines Bruders im Oktober 1914 auf den Schlachtfeldern Flanderns hinterließ bei Kerr ein Trauma. Bereits zuvor aufgetretene gesundheitliche Probleme ließen ihn schließlich unter dem Einfluss von Lady Astor zur Kirche der Christian Science übertreten. Im Januar 1917 wurde er Privat­ sekretär von Premierminister Lloyd George und war in dieser Funktion u. a. Verfasser wichtiger Texte zum Völkerbund.26 Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt 1921 betätigte er sich als Publizist, bis er 1925 die Geschäftsführung des Rhodes Trust übernahm. 1930 erbte Kerr Titel und Güter des Marquess of Lothian. Er zog damit ins Oberhaus ein und gehörte zur Funktionselite des Landes. 1931 / 32 war er für einige Monate für die Liberale Partei im Bündnis mit Labour unter Ramsay MacDonald als Duchy of Lancaster Minister ohne Geschäftsbereich. Aus Protest gegen das protektionistische Abkommen von Ottawa trat der überzeugte Freihändler 1932 von seinem Amt zurück. In den darauffolgenden Jahren setzte sich Kerr öffentlich für „appeasement“ gegenüber Deutschland ein – der Begriff stammt wohl von ihm27 – und gehörte dem berüchtigten Cliveden Set an.28 Unter dem Eindruck des Münchner Abkommens und der Reichspogromnacht 1938 wandelte sich Kerr zum entschiedenen Befürworter eines harten Kurses gegen Deutschland. Im August 1939 wurde er Botschafter Seiner Majestät in Washington. Im Dezember 1940 starb Lothian an einer Blinddarmentzündung, die er als gläubiger Anhänger seiner Kirche nicht hatte operieren lassen. Alfred E. Zimmern29 wurde 1879 als Sohn jüdischer Einwanderer aus Deutschland geboren, die wegen ihrer liberalen Haltung 1848 ihre Heimat hatten verlassen müssen. Sein familiärer Hintergrund liefert eine Erklärung 26  So soll er maßgeblich an der Formulierung des berüchtigten Kriegsschuldartikels beteiligt gewesen sein. Gorman: Emergence (wie Anm. 22), 272. Es könnte aber auch John Foster Dulles gewesen sein. Margaret MacMillan: Die Friedensmacher. Wie der Versailler Friedensvertrag die Welt veränderte, Berlin 2015, 268. 27  Siehe William Manchester: Churchill. Der Traum vom Ruhm 1874–1932, Gütersloh 1989, 977. 28  Norman Rose: The Cliveden Set. Portrait of an Exclusive Fraternity, London 2000. 29  J. D. Markwell: Zimmern, Sir Alfred Eckhard. In: Oxford Dictionary of National Biography, Bd. 60, Oxford 2004, 993–995; Jeanne Morefield: ‚A Liberal in a Muddle‘. Alfred Zimmern über Nationalität, Internationalität und Commonwealth. In:

10

Stefan Schieren

für seine polyglotte und kosmopolitische Orientierung. Trotz seiner jüdischen Wurzeln wuchs Zimmern in einer christlichen Umgebung auf. Sein Studium der klassischen Antike und Literatur in Oxford schloss er 1902 mit Auszeichnung ab. 1904 bis 1909 war er Dozent für Geschichte der Antike in Oxford. Als engagierter Hochschullehrer gehörte er 1912 bis 1915 dem Board of Education an. Um mehr Zeit zum Schreiben zu erhalten, verließ er 1909 die Universität. Mit der Unterstützung seines Vaters unternahm er ausgedehnte Reisen und arbeitete unter anderem zum griechischen Staat der Antike. 1917 trat er ins Ministry of Reconstruction ein, 1918 bis 1919 arbeitete er im Political Intelligence Department des Foreign and Commonwealth Office. In dieser Funktion nahm er maßgeblichen Einfluss auf den so genannten „Cecil draft“, den Entwurf zum Völkerbundvertrag, mit dem die britische Regierung in die Verhandlungen in Paris ging und der Kerrs Entwurf verdrängte. Bereits während des Krieges trat Zimmern für die Idee der Völkerverständigung ein, als er aktives Mitglied der League of Nations Society war. 1920 gehörte er wie Kerr zu den Mitbegründern des (ab 1926 Royal) Institute of International Affairs (Chatham House). 1919 bis 1921 war er an der University of Wales, Aberystwyth, der erste Inhaber einer Professur für Internationale Beziehungen in der Geschichte der Universität. Wegen seiner Ehefrau verließ Zimmern Wales und versah verschiedene Funktionen, u. a. die des stellvertretenden Direktors des League of Nations Institute of Intellectual Cooperation oder des Direktors der Geneva School of International Studies. 1924 kandidierte er erfolglos für die Labour Party im Wahlkreis von David Lloyd George, dessen Politik er scharf kritisierte. Er nutzte die Zeit außerhalb der Universität für zahlreiche Publikationen zu den internationalen Beziehungen. Sein Renommee war zeitweise so groß, dass er in den krisengeschüttelten Jahren um 1930 als Kandidat für das Amt des Premierministers gehandelt wurde. Zimmern entschied sich 1930 aber zur Übernahme der Montague Burton Professur in Oxford. 1944 verließ er die Universität erneut, ging zur UNESCO, die er 1947 verbittert verlassen musste. Er übernahm bis zu seinem Tod 1957 verschiedene Positionen, ohne an den Einfluss anknüpfen zu können, den er in der Zwischenkriegszeit gehabt hatte.

Jens Steffek / Leonie Holthaus (Hrsg.): Jenseits der Anarchie. Weltordnungsentwürfe im frühen 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2014, 96–123.



Der Ort des Wiener Kongresses

11

V. Realistische „Utopisten“: Philip Kerr und Alfred Zimmern als politische Denker ihrer Zeit 1. Anthropologische und geschichtsphilosophische Paradigmata ihres außenpolitischen Denkens Die ökonomische und militärische Überlegenheit Großbritanniens über weite Strecken des 19. Jahrhunderts führte zu einem „grundsätzliche[n] Mißverständnis der Viktorianer: Es lag in der einseitigen Annahme begründet, ökonomischer und wissenschaftlicher, technischer und materieller Fortschritt müsse automatisch eine britische Weltzivilisation hervorbringen“.30 Ein Ausdruck dieser Vorstellung ist die von T. H. Green in Oxford betriebene Rezeption des deutschen Idealismus Ende des 19. Jahrhunderts.31 Sie betrachtete die Geschichte als einen gerichteten Prozess, der auf die Vervollkommnung der Menschheit zulief.32 Diese „whig interpretation of history“33 blieb zwar nicht ohne Kritik. Kerr und Zimmern, die in ihrem Studium mit diesem Denken in Berührung kamen, konnten ihm jedoch offenkundig Einiges abgewinnen. Da diese Gedankenwelt es nahe legt, Politik als Anpassung an den Geschichtsprozess zu betrachten und nicht als Auftrag zur Sozial- oder gar Weltgestaltung, wie das etwa Pragmatiker vom Schlage eines Karl Raimund Popper tun, konnte man es sich erlauben, im Denken „eher bewölkt“34 zu bleiben und auf das Wehen des Weltgeistes, Greens „Spiritual Mind“, zu vertrauen. Philip Kerr Philip Kerr hatte kein funktionalistisches oder gar technizistisches Verständnis von Politik und von politischen Institutionen. Er betrachtete beide als das Ergebnis organischer historischer Prozesse35, die in nicht näher be30  Klaus Hildebrand: Die viktorianische Illusion. Zivilisationsniveau und Krisenprophylaxe im 19. Jahrhundert. In: Joachim Scholtyseck / Christoph Studt (Hrsg.): Der Flug des Ikarus. Studien zur deutschen Geschichte und internationalen Politik, München 2011, 223–234, hier: 228 f. 31  Jeanne Morefield: Covenants without Swords. Idealist Liberalism and the Spirit of Empire, Princeton / Oxford 2005, 24–54. 32  Siehe in Bezug auf die Rezeption Greens durch Hobhouse, die auch für Lothian zutrifft, James Meadowcraft: Conceptualizing the State. Innovation and Dispute in British Political Thought 1880–1914, Oxford 1995, 136. 33  Mit spöttischem Unterton Herbert Butterfield: The Whig Interpretation of History, London 1931. 34  Billington: Lothian (wie Anm. 25), S. 112. 35  „Self-government … is not a matter of political machinery or book knowledge or technical or artistic accomplishment, so much as of the development of character.

12

Stefan Schieren

stimmter Weise auf eine bessere Ordnung zuliefen (T. H. Green), die durch Wohlstand (Adam Smith) und Ewigen Frieden (Immanuel Kant) geprägt sein würde. Er war, stark von seinem Glauben geprägt, davon überzeugt, dass der Mensch zu Gutem fähig sei, und er das Gute zur Verwirklichung gelangen ließe, wenn es ihm nur aufgezeigt werden würde. „Sooner or later the nations will learn the lesson …“36 In dieser Hinsicht verurteilte Kerr, dass die Macht an Stelle der Moral Grundlage der internationalen Beziehungen sei. „The evil of power diplomacy is that it dethrones morality in favour of might in international affairs.“37 Das müsse und könne sich ändern. Für ein gedeihliches Zusammenleben sei „a change of heart“ nötig, wie die Demokratie nicht alleine eine Sache der richtigen Organisation, sondern der inneren Einstellung sei.38 Es benötige einen „sense of justice and the spirit of service“.39 Alfred E. Zimmern Auch Zimmern vertraute auf die Kraft von Glaube, Moral, Recht und Vernunft, wenn es um die Errichtung einer stabilen Ordnung ging, nicht auf Interesse, Macht, Bündnisse und ein Gleichgewicht der Mächte. Dazu rekurrierte er verschiedentlich auf den „Christian gospel of love and brotherhood“.40 Gemeinschaft sei der Schlüssel zum Erfolg, „common citizenship and a common law“, also eine „real allegiance“41, der eine „moral partnership be­ tween people and government“ zugrunde liegen müsse.42 Das klingt mehr nach Weltgesellschaft als nach Weltstaat, und dieser Ausgangspunkt seines Character, indeed, which means the habit of acting in accordance with the precepts of right and justice, truth and honour, especially in relation to others, is essential to the working of any system of self-government. Philip Kerr: Political Relations Between Backward and Advanced People. In: A. J. Grant u. a. (Hrsg.): An Introduction to the Study of International Relations, London 1916, 141–182, hier: 171. 36  Philip Kerr: The Future of the League. In: The Round Table 24 (1933), 1–13, hier 13. Vgl. Philip Kerr: The Psychological Reason for War. In: Lionel Curtis / ders. (Hrsg.): The Prevention of War, New Haven / London 1923, 29–48. 37  Philip Kerr: Pacifism is not Enough, Nor Patriotism Either. Burge Memorial Lecture, Oxford 1935, 43 f. 38  Philip Kerr: The Foundations of Peace. In: The Round Table 5 (1915), 589–625, hier: 610 f. 39  Philip Kerr: The War for Public Right. In: The Round Table 6 (1916), 193–231, hier: 196. 40  Alfred Zimmern: The Problem of Collective Security. In: Quincy Wright (Hrsg.): Neutrality and Collective Security, Chicago 1936, 1–89, hier: 8. 41  Alfred Zimmern: Nationality and Government, with other War-time Essays, London 1918, 20, 26 f. 42  Alfred Zimmern: Power Politics in the Atomic Age. In: Thought 24 (1949), 289–308.



Der Ort des Wiener Kongresses

13

weltpolitischen Denkens findet sich auch in den Äußerungen wieder, in denen es nicht um die ideellen Grundlagen, sondern die Gestalt der internationalen Ordnung geht. 2. Das Gleichgewicht der Mächte im Denken von Kerr und Zimmern Schon von ihrem geschichtsphilosophischen Herkommen ist also zu vermuten, dass der Wiener Kongress und die, wie vielfach zugeschrieben, aus ihm hervorgehende Ordnung keine große Rolle bei Kerr und Zimmern spielen würden. Doch während sich Kerr zumindest an dem Konzept des Gleichgewichts abarbeitet, ist es für Zimmern von untergeordneter Relevanz. Philip Kerr Kerr entwickelte bereits in seinen südafrikanischen Jahren seinen Traum von einem föderalen Weltstaat, der, errichtet auf Demokratie, Freiheit, Recht und Wohlstand, den Weg zum Ewigen Frieden weisen sollte. Diese Welt wäre auf ein Gleichgewicht der Mächte nicht mehr angewiesen gewesen, weil sich die Souveränität der Staaten als Hauptkriegsgrund erübrigen würde. Unter diesen Voraussetzungen konnte das Gleichgewichtskonzept bestenfalls als Übergangslösung auf dem Weg zu diesem Weltstaat von Bedeutung sein, nicht aber als Baustein der internationalen Ordnung.43 Kerr gelingt es mög­ licherweise aus diesem Grund nicht, das Gleichgewichtskonzept in systematischer und widerspruchfreier Weise in sein politisches Denken einzufügen. Anfänglich schreibt er ihm heilsame Wirkung zu. „The doctrine of the balance of power, indeed, is the doctrine of liberty, equality and fraternity between nations“.44 Bis Mitte 1916 änderte sich Kerrs Überzeugung jedoch grundlegend. „[B]alance of Power is bound to lead, sooner or later, to fatal results“45, eine Rückkehr zu ihr „leads back inexorable to Armageddon“.46 43  Stefan Schieren: Lord Lothian und der Traum vom föderalen Weltstaat. In: Jens Steffek / Leonie Holthaus (Hrsg.): Jenseits der Anarchie. Weltordnungsentwürfe im frühen 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2014, 152–173. 44  Philip Kerr: The Schism of Europe. In: The Round Table 5 (1915), 345–411, hier: 408; vgl. Philip Kerr: The Foundation of Peace. In: The Round Table 5 (1915), 589–625, hier: 602 ff. 45  Memorandum „British Policy“ für den Round Table vom 1. Juni 1916. In: Bodleian Library, Round Table Papers MSS Engl. hist. c. 780. Vgl auch Brief an Levinson vom 3. Oktober 1929. In: National Archives Edinburgh, Lothian Papers GD40 /  17 / 242; Brief an Rumbold vom 25. April 1936. In: Bodleian Library, Nachlass Rumbold, MSS Rumbold 41. 46  Philip Kerr: The Principle of Peace. In: The Round Table 6 (1916), S. 391–429, hier: 420.

14

Stefan Schieren

Diese schwankende Haltung zieht sich durch sein Werk.47 Hinzu kommt, dass er begrifflich unscharf wird, ohne genauere Bestimmung einmal von einer „political balance in Europe“48 spricht, an anderer Stelle ebenso unklar von einer „new balance of power“.49 Die Verbindung zum Wiener Kongress stellt er nur gelegentlich her. Einmal sei es die Einigung des Deutschen Reiches gewesen, die zum Ende des „shadowy concept of European unity which has persisted since 1815“ führte.50 Ein andermal möchte er das mit dem Begriff „equilibrium“ bezeichnete Gleichgewichtssystem, das von 1815 bis 1914 den Frieden gesichert habe, mit dem Kellogg-Pakt kombinieren, um zu einer dauerhaft stabilen Ordnung der Gegenwart zu gelangen.51 Das alles erscheint widersprüchlich, nicht sonderlich gründlich durchdacht, ist wohl eher rhetorisch als analytisch zu verstehen. Sein Denken brachte Kerr früh in Gegensatz zum Außenministerium, das im Grundsatz an der „old diplomacy“ festhielt und seinerseits argwöhnisch Kerrs Nähe zu Lloyd George beäugte. Kerr machte kein Hehl daraus, die Außenpolitik den Diplomaten entreißen zu wollen, weil man dort „no conception in policy in its wider sense“ habe52. Das trug ihm deren dauerhafte Gegnerschaft ein.53

47  Philip Kerr: The Harvest of Victory. In: The Round Table 9 (1919), 645–671, hier: 663; Philip Kerr: A Programme for the British Commonwealth. In: The Round Table 22 (1922), 229–252, hier: 229, 238, 240; Philip Kerr: The Crisis in World Affairs. In: The Round Table 16 (1926), 453–475, hier: 455; Philip Kerr: A Plea for an Independent Foreign Policy. In: The Round Table 19 (1928), 1–25. 48  Philip Kerr: Europe, the Covenant and the Protocol. In: The Round Table 15 (1925), 219–241, hier: 234; Philip Kerr: Isolation, Alliance or Kellogg Pact. In: The Round Table 24 (1934), 469–489, hier: 470. 49  Philip Kerr: The Outlawry of War. In: International Affairs 7 (1928), 361–377, hier: 367, 374. 50  Philip Kerr: The War for Public Right. In: The Round Table 6 (1916), 193–231, hier: 204, 206. 51  Kerr: Isolation (wie Anm. 48), 484. 52  Brief an David Lloyd George vom 18. Juli 1919. In: House of Lords Record Office, Lloyd George Papers F / 89 / 9 / 6. Vgl. Gorman: Emergence (wie Anm. 22), 272. 53  Robert Vansittart, langjähriger Unterstaatssekretär im Foreign Office, bezeichnete Lothian in einer Marginalie auf einen Bericht von Creswell als „an incurably superficial Johnny-Know-All“. National Archives London, Kew Gardens, FO 371 / 18824, fol. 99. Vgl. Andrew Crozier: Chatham House and Appeasement. In: Andrea Bosco / Cornelia Navari (Hrsg.): Chatham House and British Foreign Policy 1918–1945. The Royal Institute of International Affairs During the Inter-War Period, Lodon 1994, 205–259, hier: 213, 218.



Der Ort des Wiener Kongresses

15

Weil Lloyd George jedoch befürchtete, dass die Ideen seines Sekretärs zum Völkerbund die Amerikaner verärgern könnten, setzte sich zur Erleichterung des Foreign and Commonwealth Office der Cecil-Entwurf durch.54 Dieser bewegte sich „only along the line of a new Concert, with regular Great Power conferences and a permanent secretariat – much like an im­ proved version of the 1815 system“.55 Er war damit der Tradition britischer Außenpolitik deutlich näher als alles, was Kerr als richtig erachtete.56 Alfred E. Zimmern Im Gegensatz zu Kerr war die Gleichgewichtsdoktrin für Zimmern nicht einmal geeignet, als Kontrapunkt zu eigenen Konzeptionen zu dienen. In seinem Werk lässt sich daher nur vereinzelt eine Bezugnahme zu ihr finden. Ein Gespräch mit Harold Nicolson57 ist eine der wenigen Gelegenheiten, bei Schieren: Traum (wie Anm. 43), 152–173, 161 ff. Mazower: Governing the World. The History of an Idea, London u. a. 2012, 134. Vgl. Lloyd George am 5. Januar 1918 in der Caxton-Hall vor dem britischen Gewerkschaftsbund TUC: „The days of the Treaty of Vienna are long past.“ (David Lloyd George: War Memoirs, Band 5, London 1936, 2520). Seine Rede diente offensichtlich taktischen Zwecken. Einmal, um Woodrow Wilson zu gefallen, dessen 14-Punkte-Rede unmittelbar bevorstand und in ihren Aussagen der britischen Regierung bekannt war. Zum anderen, um der Friedensinitiative der Labour Party vom 29. Dezember 1917 die Spitze zu nehmen und zu unterstreichen, dass nicht nur die Arbeiterpartei, sondern auch die Regierung keinen Eroberungskrieg führte. Im Gegensatz zu Labour unterstrich die Regierung aber die Notwendigkeit, den Kampf fortzusetzen, um den preußischen Militarismus zu zerschlagen und eine neue, dauerhaft friedliche internationale Ordnung zu errichten. Die politische Geschmeidigkeit des Premiers trat auch bei der Friedenskonferenz in Paris zu Tage. Vgl. Stefan Schieren: Vom Weltreich zum Weltstaat. Philip Kerrs (Lord Lothian) Weg vom Imperialisten zum Internationalisten, London 1996, 133–137 m. w. N. 56  National Archives, Kew Gardens, CAB 371 / 4353. Siehe hierzu Eric Goldstein: Winning the Peace. British Diplomatic Strategy. Peace Planning and the Paris Peace Conference 1916–1920, Oxford 1991, 125, 229; vgl. George Egerton: Great Britain and the Creation of the League of Nations. Strategy, Politics, and International Organization 1914–1919, Chapel Hill 1978, 105. 57  Harold George Nicolson (1886–1968) schloss 1907 sein Studium der Literatur und Philologie am Balliol College in Oxford ab und entschied sich früh für eine Laufbahn im diplomatischen Dienst. Nach hervorragenden Leistungen war er wie Kerr und Zimmern Mitglied der britischen Delegation bei den Pariser Friedensverhandlungen, zuständig für den Balkan. Zunächst voller Enthusiasmus für den Völkerbundgedanken wuchs bereits 1920 seine Skepsis, die schließlich zur Ablehnung wurde. 1929 verließ er den diplomatischen Dienst und blieb bis zu seinem Lebensende als Romancier und Publizist aktiv. Zunächst Anänger der Liberalen Partei schloss er sich 1931 der New Party von Oswald Mosley an, für die er erfolglos kandidierte. Über die Wandlung der New Party zur British Fascist Union kam es zum Bruch mit Mosley. Als Anhänger von Ramsay MacDonald zog Nicolson 1935 für 54  Vgl.

55  Mark

16

Stefan Schieren

denen Zimmern etwas ausführlicher wird58: „Nicolson: The expression ‚Balance of Power‘ is one, which has acquired a bad name. It is associated in the people’s mind with such other unpleasant expressions as ‚The Old Diplomacy‘, ‚Power Politics‘, ‚Armaments‘, or ‚Entangling Alliances‘.“ Nicolson hingegen will den Begriff rehabilitieren und meint, die Balance „can constitute an important element in the scheme of constructive peace“. So sei die britische Außenpolitik doch lange erfolgreich an dieser Maxime ausgerichtet gewesen. Zimmern lässt zwar gelten, dass Großbritannien in der Vergangenheit gut damit gefahren sei, aber eigentlich sei es nie um eine stabile internationale Ordnung gegangen, sondern stets um eigene Interessen, was zum Nachteil kleiner Nationen gewesen sei. Nicolson bestreitet das nicht, hält das aber für legitim und will am Prinzip festhalten. „It is very easy to speak in terms of vague idealism and to talk optimistically about ‚Collective Secur­ ity‘.“ Zimmern warnt indes: „Your notion of the Balance of Power comes dangerously near providing an opiate for the British Empire.“ Zimmern hält eine Rückkehr zum „discredited game of the balance of power“59 für ausgeschlossen, nicht, weil sie eine Kriegsursache sei, sondern weil sie Großbritannien davon abbringe, den richtigen außenpolitischen Weg einzuschlagen. Das Konzept der Souveränität lehnt Zimmern ähnlich vehement ab wie Kerr, allerdings mit anderer Begründung. In seinen Augen lag das Kernpro­ blem nicht darin, dass es eine Hauptkriegsursache lieferte, sondern dass es zentrales Hindernis dafür sei, dass die Menschheit ein Gefühl für ihre Gemeinschaft als gleichwertige Menschen entwickelte, für eine globale Gesellschaft.60 Einmal, 1918, bezieht sich Zimmern auf 1815. Damals sei ein System des Rechts zwischen den Staaten errichtet worden, wie es für die League of ­Nations angestrebt werden sollte. Darin sieht Zimmern das Vermächtnis des National Labour ins Westminster Parliament ein. Dort unterstützte er Winston Churchill. Eine bedeutende Karriere blieb ihm verwehrt. Seine Ehe mit der schillernden Victoria Mary (Vita) Sackville West machte Nicolson zu einer Persönlichkeit der breiten Öffentlichkeit. T. G. Otte: Nicolson, Sir Harold George. In: Oxford Dictionary of N ­ a­tional Biography, Bd. 40, Oxford 2004, 887–891. 58  Alfred Zimmern: Diskussion mit Harold Nicolson. In: The Listener XIX, No 479, 570–572. 59  Alfred Zimmern: The League and the Old Diplomacy. In: Contemporary Review 125 (1924), 156–162, hier: 157. Zimmern wählt nahezu wortgleich eine Formulierung Wilsons, die dieser am 11. Februar 1918 vor dem Kongress gewählt hatte: Das „great game, now forever discredited, of the balance of power“ sei abzulehnen. Zit. nach Michael Jonas / Ulrich Lappenküper / Bernd Wegner: Einleitung, in: Michael Jonas /  Ulrich Lappenküper / Bernd Wegner (Hrsg.): Stabilität durch Gleichgewicht? Balance of Power im internationalen System der Neuzeit, Paderborn 2015, 7–14, hier: 12. 60  Vgl. Morefield: Covenants (wie Anm. 31), 193.



Der Ort des Wiener Kongresses

17

Kongresses, nicht in einem Gleichgewichtssystem61, das er als für das 18. Jahrhundert typisch einstuft und mit dem Begriff „international anarchy“ charakterisiert. Dementsprechend betrachtet er das Ende des Kongresssystems als das Ereignis, das der Wiener Ordnung die zentrale Grundlage entzog. In der Folge habe das „Concert of Europe“ unterschiedlich gut funktioniert, einen großen Krieg habe es bis 1914 verhindern können. Insgesamt macht Zimmerns Beschäftigung mit dem Thema deutlich, dass er in der Wiener Ordnung weder ein leuchtendes Vorbild für, noch einen Gegenentwurf zu dem erkennt, was er in der internationalen Politik für geboten erachtet.62 3. Internationale Organisation oder Weltgesellschaft? Wenn bei Kerr und Zimmern der Wiener Kongress und die daraus hervorgehende Ordnung bei ihrer Gedankenbildung keine wichtige Rolle spielten, hat das auch damit zu tun, dass Großbritannien um 1920 über ein Weltreich herrschte, das sich in einem grundlegenden Transformationsprozess befand. Das Denken über die internationalen Beziehungen war zwangsläufig mit dem Denken über die Zukunft des Weltreichs verknüpft und zudem eng mit Fragen der Verfassungs-, Innen- und Sozialpolitik verschränkt.63 Mit anderen Worten: Die Viktorianer dachten die Welt von London aus und hielten das für selbstverständlich. „Die Idee, die Engländer seien ein Werkzeug der Vorsehung zur Verbesserung der Welt bildete eine Art von Grundbass des britischen Selbstverständnisses unter denjenigen Bevölkerungsgruppen, die über ihren lokalen Bereich hinausschauten. … Der ideologische Kern der britischen Haltung zur Welt war eine civilizing mission, die mit pragmatischen Mitteln und ohne rechthaberischen Fanatismus verwirklicht werden sollte.“64„Unbeirrt, beinahe eigenbetört, glaubten die Viktorianer an die historische Chance einer allmählichen Verwandlung der Welt nach englischem Vorbild.“65 61  Alfred Zimmern: Nationality and Government, with other War-time Essays, London 1918, 24. Belege liefert Zimmern für seine Auffassung nicht. Im Übrigen unterscheidet er sich damit von einem anderen „idealistischen“ Vordenker seiner Zeit, ­Leonard S. Woolf, der in seinem 1916 in London erschienenen Buch „International Government“ die Gleichgewichtspolitik gedanklich und konzeptionell mit einem System kollektiver Sicherheit und zugleich der Entstehung einer globalen Gesellschaftsordnung zu einer Synthese miteinander zu verbinden versucht. 62  Alfred Zimmern: The League of Nations and the Rule of Law 1918–1935, 2. Auflage, New York 1939, 62 f., 8, 75–86 [Nachdruck 1969]. 63  Vgl. Schieren, Traum (wie Anm. 43). 64  Osterhammel: Verwandlung (wie Anm. 6), 648 – Hervorhebung im Original. 65  Hildebrand, Illusion (wie Anm. 30), 229.

18

Stefan Schieren

Diese Überzeugung teilten Kerr und Zimmern. Welcher Voraussetzungen es aber bedurfte bzw. welche Kräfte darauf hinwirkten, dass diese Mission auch tatsächlich erfüllt werden könnte, wurde durch beide unterschiedlich gesehen. Grosso modo lassen sie sich – avant la lettre – zwei modernen Schulen der politischen Theorie zuordnen: dem Institutionalismus und dem Funktionalismus. Philip Kerrs „Institutionalismus“ „[I]f we are talking about peace in the sense of Pax, the only way in which the Pax can be maintained is the instrument of the state.“66 Dieses staatszentrierte Denken zieht sich konsequent durch Kerrs Schriften und hat seinen Ursprung in den Erfahrungen, die er bei der Errichtung einer friedlichen Nachkriegsordnung in Südafrika gemacht hatte. Unter dem maßgeblichen Einfluss des „kindergarten“ hatte das zerrissene Land eine föderale Ordnung erhalten, als es sich 1909 zur Südafrikanischen Union zusammenschloss und erstaunlich schnell zu einem inneren Ausgleich (der Buren und Engländer) gefunden hatte. Dieser unbestreitbare Erfolg brachte Kerr zu der Überzeugung, dass in einer föderalen Ordnung die Lösung für den bleibenden Zusammenhalt des Weltreichs, später der Welt liege. Das war für Kerr nur konsequent, denn das Weltreich stand für „law, freedom and peace all over the world“67, galt ihm als „a microcosm of the world“68, „a league of nations, though a league without covenant“69, ja, als „Nucleus einer künftigen Menschheitsordnung“70. 66  „Memo on Sanctions“ für die „Group of Sanctions“ des Royal Institute of International Affairs vom 12. Januar 1934. In: National Archives Edinburgh, Lothian Papers GD40 / 17 / 107. Vgl. Philip Kerr: The End of War. In: The Round Table 5 (1914), 772–796, hier: 775; Philip Kerr: World Problems of Today. World Law and World Peace. In: Earl of Birkenhead u. a. (Hrsg.): Approaches to World Problems, New Haven / Williamstown 1924, S. 73–120. 67  Philip Kerr: The Crisis in World Affairs. In: Round Table 16 (1926), 453–475, hier: 471. 68  Philip Kerr: America and the International Problem. In: Round Table 12 (1922), 711–734, hier: 729. 69  Philip Kerr: The British Empire, the League of Nations, and the United States. In: The Round Table 10 (1920), 221–253, hier: 236; vgl. Philip Kerr: The Outlawry of War. In: Round Table 18 (1928), 455–476, hier: 470, 473. Auch in diesem Fall konnte Lothian auf einen seit Jahrzehnten diskutierten Gedanken zurückgreifen. Duncan Bell: The Idea of Greater Britain. Empire and the Future of World Order, 1860– 1900, Princeton / Oxford 2007, 160 f.; ders., Victorian Visions of Global Order. An Introduction. In: ders. (Hrsg.): Victorian Visions of Global Order. Empire and International Relations in Nineteenth-Century Political Thought, Cambridge 2007, 1–25; Mazower, Governing (wie Fn. 55), 128.



Der Ort des Wiener Kongresses

19

In einem Brief an Lionel Curtis vom 30. September 191071 stellte Kerr umfangreiche Überlegungen zu konstitutionellen und institutionellen Fragen eines zukünftigen Commonwealth an. Die Einrichtung eines Imperial War Cabinet 1917 begrüßte er als wichtigen Schritt auf dem Weg zu dessen Institutionalisierung72 und zeigte sich folgerichtig enttäuscht darüber, dass es 1918 auseinanderging. Er beklagte die mangelnden Anstrengungen der Regierung in dieser Sache.73 Doch so sehr Kerr die Bedeutung institutioneller Fragen betont, so waren seine Überlegungen insgesamt zu unbestimmt, um in der konstitutionellen Debatte der Zeit Eindruck zu machen.74 Dabei wäre ausreichend Gelegenheit gewesen, sich dieser Frage sowohl ausführlicher als auch systematischer zu widmen. Doch dies erachtete Kerr allem Anschein nach als nicht weiter erforderlich, was auf seine idealistische Grundhaltung zurückzuführen ist: „The creation of a federation of nations, therefore, will in essence be the outcome of a spiritual movement“.75 Alfred Zimmerns „Funktionalismus“ Zimmern äußert sich an einer Stelle ausführlicher zu Institutionen und Verfahren, und das systematischer als Kerr es je gemacht hat.76 Doch es handelt sich um eine Ausnahme. Der Blick auf das Gesamtwerk lässt jedenfalls das Urteil zu, dass für Zimmern institutionelle Fragen nachrangig waren. Zugespitzt lässt sich urteilen, dass Zimmern die Entstehung einer Weltgesellschaft als wichtiger erachtete, wenn nicht gar als Voraussetzung dafür ansah, dass eine stabile Weltordnung entstehen würde. Zimmern stand damit in einer Tradition77, die die zunehmende internationale Verflechtung als epochale Erscheinung interpretierte. Ihr wohl promi70  Heinz Gollwitzer: Geschichte des weltpolitischen Denkens, Bd. 2: Zeitalter des Imperialismus und der Weltkriege, Göttingen 1982, 409. 71  Brief an Lionel Curtis vom 30. September 1910, National Archives Edinburgh, Nachlass Lothian, GD / 40 / 17 / 2. 72  Philip Kerr: The British Empire, the League of Nations, and the United States. In: The Round Table 10 (1919), 221–253, hier: 236. 73  Philip Kerr: From Empire to Commonwealth. In: Foreign Affairs 1 (1922), 83–98, 98. 74  Vgl. Schieren, Traum (wie Anm. 43), 167. 75  Kerr: Pacifism (wie Anm. 37), 48, 51. 76  Alfred Zimmern: The Third British Empire. Being a Course Lectures Delivered at Columbia University New York, 3. Auflage, Oxford und London 1934, 45–93. 77  Vgl. Martti Koskenniemi: The Gentle Civilizer of Nations. The Rise and Fall of International Law 1870–1960, Cambridge 2002, 222–236. Stereotype zum Schrumpfen von Zeit und Raum als Hinweise auf eine Globalität waren damals en vogue, man

20

Stefan Schieren

nentester Vertreter war Noman Angell. Angell vertrat in seinem nach 1910 in mehreren Sprachen millionenfach verkauftem Buch „The Great Illusion“ die Auffassung, dass die Interdependenz der Nationen zu einem Zustand geführt habe, in dem ein Krieg selbst für den Sieger so teuer kommen werde, dass er sich auch für ihn nicht mehr lohne. Er war aber realistisch genug, daraus nicht abzuleiten, dass es deswegen keine Kriege mehr geben werde.78 Zimmern sah Angell durch den Weltkrieg nicht als widerlegt an. In seiner Sicht der Dinge spielten nämlich andere Aspekte und Akteure eine bedeutendere Rolle als Nationen, Staaten, Völker oder Diplomaten. „The world cannot be integrated by sentimental crusades against war or by ingenious devices to conceal divergences of high policy. Diplomacy is, at best, only a make­ shift … . Integration must begin with the material ready for it.“79 Und dieses „material“ bestand aus einer Kette von Abkommen wie der International Telegraph Union 1868, dem International Post Office 1874, dem Interna­ tional Office of Weights and Measures 1875, der International Union for the Publication of Customs Affairs 1890, dem Central Office of International Transports 1890, dem International Office of Agriculture 1905, dem Inter­ national Health Office 1907 oder der International Labor Organisation80, alles Abkommen und Organisationen, „what may be called the noncontentious side of international relations“.81 Diese „Verträge mit starker Bindungswirkung, gestützt durch periodisch zusammentretende Konferenzen von Experten, griffen einem internationalen Recht vor, das es noch nicht gab. Das ­Ergebnis war eine historisch beispiellose ‚Normierung‘ auf zahlreichen Gebieten der Kommunikation und des grenzüberschreitenden Wirtschaftsver­ kehrs.“82 Dies waren für Zimmern die Fakten.83 In dieser Sichtweise spielten denke nur an Romane von Verne und Wells. Vgl. Stephen Kern: The Culture of Time and Space 1880–1918, Cambridge / Mass.: Harvard University Press 2000, Kapitel 8. 78  So wird sein Werk allerdings bis heute interpretiert. Diese Fehldeutung hat maßgeblich dazu beigetragen, die Vertreter dieser Schule als Träumer zu schmähen. Steffek / Holthaus: Einleitung (wie Anm. 9). 79  Alfred Zimmern: International Organization. Its Prospects and Limitations. In: Atlantic Monthly 132 (1923), 410–419, hier: 415. 80  Zimmerns Haltung zur ILO siehe Problem of Collective Security (wie Anm. 40), 52–54. 81  Zimmern: International Organization (wie Anm. 79), 413, 410. Vgl. Alfred Zimmern: The League and the Old Diplomacy. In: Contemporary Review 125 (1924), 156–162, hier: 157; Alfred Zimmern: The League of Nations and the Rule of Law 1918–1935, 2. Auflage, New York 1939, 40–60 [Nachdruck 1969]. 82  Osterhammel: Verwandlung (wie Anm. 6), S. 731. 83  Zimmern: International Organization (wie Anm. 79), 410. Siehe ebd. 413: „I remember once calling on a clergyman of my acquaintance just after he had returned from a visit to the hospital. I asked him whether he confined his ministrations to patients of his own denomination. ‚Did you ever hear‘, he replied, ‚of Jewish dropsy,



Der Ort des Wiener Kongresses

21

die Nationalstaaten eine untergeordnete, eine erfüllende Rolle. Zimmern konnte daher, im Unterschied zu Kerr, „den Wert des Nationalen“84 schätzen. Ebenso folgerichtig entwickelt Zimmern keine klare Position zum Thema Souveränität. Beides war in seinen Augen weder ein unüberwindliches Hindernis, noch eine unverzichtbare Notwendigkeit.85 Zwar räumte Zimmern ein, dass die politische und gesellschaftliche Inte­ gration noch nicht so weit wie die technische oder ökonomische gediehen sei. Die „economic interdependence had not yet developed into social interdependence.“86 Mit den Begriffen von heute: Die Globalisierung war weiter als die Globalität gediehen.87 Doch es erschien ihm offensichtlich nur eine Frage der Zeit, bis es soweit sein würde: „[W]ir wachsen heran, ich sage nicht zum Weltstaate …, aber zur Weltgesellschaft, zur Weltgemeinschaft.“88 Ohne diesen Begriff zu verwenden, erweist sich Zimmern als Funktionalist, gleichsam als Vorläufer von Mitrany.89 Soweit sich Zimmern in seinem Denken folglich von Kerr unterscheidet, ergibt sich in einem Aspekt eine erstaunliche Parallele. Wie Kerr das British Empire als Modell dafür nimmt, dass ein föderaler Weltstaat möglich sei, erachtet Zimmern es als Beweis dafür, dass eine „social relationship“ zwischen Briten im Vereinigten Königreich und den Maoris in Neuseeland, also eine transnationale Gesellschaft möglich sei.90 „The British League of Nations, as it is sometimes called, is not held together by a treaty but by some­ thing that goes much deeper down – a condition of social interdependence. Somehow or other we have become members of the same society … Now if the Rule of Law can be brought about over one quarter of the globe, why can’t it be brought about over the whole globe? That, put in a nutshell, is the problem of peace.“91 Presbyterian measles, or Roman Catholic housemaid’s knee?‘ The material of the International Health Office is material from which every drop of the bitter waters of nationalism has been squeezed out.“ 84  Zimmern: Wissenschaft wie (Anm. 25), 6, passim. 85  Morefield: Covenants (wie Anm. 31), 131. 86  Alfred Zimmern: The Way of Peace, Interview. In: The Listener XIX (1938), H. 471, 115–116, hier: 115; vgl. Alfred Zimmern: Spiritual Values and World Affairs, Oxford 1939, 42 f. 87  Vgl. Alfred Zimmern: The Problem of World Order. In: The Listener XIX (1938), H. 482, 736–738, hier: 736. 88  Zimmern: Wissenschaft (wie Anm. 23), 11. 89  David Mitrany: A Working Peace System, Chicago 1943. 90  Alfred Zimmern: The Way of Peace, Interview. In: The Listener XIX (1938), H. 471, 115–116, hier: 116. 91  Alfred Zimmern: The Way of Peace, Interview. In: The Listener XIX (1938), H. 471, 145–146, hier: 145.

22

Stefan Schieren

Der Aufstieg der Diktaturen in Europa und die Krise der League ließen ihn 1934 in einem Nachwort zu einer 1925 erstmals publizierten Vorlesung eingestehen, hinsichtlich einer unaufhaltsam fortschreitenden internationalen Kooperation zu optimistisch gewesen zu sein, ohne die grundlegenden Aussagen deswegen zu korrigieren.92 VI. Schlussbetrachtung „Die hundert Jahre zwischen 1815 und 1914 waren, verglichen mit der Zeit davor und danach, auf dem europäischen Kontinent eine Epoche ungewöhnlicher Friedlichkeit“93, unterbrochen zwischen 1853 und 1871 durch zwei Jahrzehnte der Gewalt. Während die friedliche Periode vor 1853 gut mit den Vereinbarungen in Wien erklärt werden kann, stellt sich für die Pe­ riode nach 1871 die Frage, warum es unter den bestehenden Bedingungen solange gedauert hat, bis es zum Kriegsausbruch kam.94 Diese Perspektive mag eine Erklärung dafür liefern, warum der Wiener Kongress und seine friedenstiftende Wirkung für die hier betrachteten Denker der 1920er Jahre eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielte. Die Vorkriegsperiode lag wesentlich näher, teilweise durch unmittelbares Erleben präsent, eine Zeit des Friedens, aber nicht der Stabilität. Angesichts der schrecklichen Erfahrung 1914–1918 bildete diese persönliche Wahrnehmung die Referenz für die Ideenbildung der Zeit. Hinzu kommt, dass gerade in Großbritannien das Empire das Denken maßgeblich bestimmte, wodurch wiederum wenig Anlass bestand, den Wiener Kongress einzubeziehen. Das heißt aber nicht, dass der Wiener Kongress völlig bedeutungslos wäre. Er findet seinen Ort in der Debatte zwar nicht als historisches Ereignis, wohl aber ist sein Erbe präsent – über die Begriffe, mit denen wir bis heute das internationale Geschehen deuten und zu begreifen versuchen. An diesen Begriffen haben sich auch Kerr und Zimmern abgearbeitet, mit teilweise unterschiedlichen, teilweise vergleichbaren Ergebnissen. Beiden Autoren ist sicher vorzuhalten, es, gemessen an heutigen Maßstäben, an analytischer Schärfe, begrifflicher Präzision, theoretischer Durchdringung und vor allem empirischer Sättigung mangeln zu lassen. Dennoch lohnt die Lektüre immer noch. So mancher dort zu findende Gedanke wird irrtümlich anderen Urhebern zugeschrieben, weil die alten Denker in Vergessenheit geraten sind. Der frühe „Idealismus“ in der Disziplin der internationalen Beziehungen harrt noch der weiteren Entdeckung. 92  Alfred Zimmern: The Third British Empire. Being a Course Lectures Delivered at Columbia University New York, 3. Auflage, Oxford und London 1934, 45–93. 93  Osterhammel: Verwandlung (wie Anm. 6), 733. 94  Osterhammel: Verwandlung (wie Anm. 6), 674 ff.

Tecumseh und Metternich: ‚The War of 1812‘ und der Wiener Kongreß Von Lothar Höbelt, Wien „I fear the Emperor of Russia is half an American.“1 Lord Liverpool, 27. September 1814

I. David und Goliath? Am 18. Juni 1812, wenige Tag bevor Napoleons „Große Armee“ die Memel überquerte, begann auf der anderen Seite der Erdkugel der sogenannte ‚War of 1812‘. Napoleon hatte einen neuen Verbündeten gewonnen: Die Vereinigten Staaten erklärten dem Britischen Empire den Krieg. Es verrät ein wenig vom kuriosen Charakter dieses Konflikts, dass er bis heute unter dem gleichsam provisorischen und dabei, was die Dauer betrifft, doch ein wenig irreführenden Namen „Krieg von 1812“ bekannt ist, obwohl er bis zum März 1815 dauerte. Die britische Geschichte kennt vom „War of Jenkins’ Ear“ (der in den Österreichischen Erbfolgekrieg mündete) bis zum Lorcha-Krieg (oder „zweiten Opiumkrieg“) eine Menge von Auseinandersetzungen, für die sich farbige Bezeichnungen fanden. Auch für den Sezessionskrieg 1861–65, oft ein wenig irreführend als Civil War bezeichnet, bieten sich eine Reihe von Alternativen an, bis hin zum „War of Northern Aggression“. Zugegeben: Ab und zu wurde der Krieg von 1812 im 19. Jahrhundert auch als „zweiter Unabhängigkeitskrieg“ gefeiert, doch diese überhöhte Formel vermochte sich nicht zu halten;2 als „Unabhängigkeitskrieg“ wird die Auseinandersetzung heute bestenfalls von den Kanadiern betrachtet, mit dem britischen General Isaac Brock als Nationalhelden, der wie Nelson im Augenblick des Sieges stirbt. In den USA ist der Krieg von 1812 dennoch bekannt: Mindestens zwei Präsidenten (Jackson 1828 und Harrison 1840) verdankten ihre politische Karriere und ihre Wahl in erster Linie ihren Waffentaten im Krieg von 1812; 1  Bradford Perkins, Castlereagh and Adams. England and the United States, 1812– 1823, Berkeley 1964, S. 65. 2  Donald R. Hickey, The War of 1812. A Forgotten Conflict, Urbana 1990, S. 299, 321.

24

Lothar Höbelt

bezeichnenderweise handelte es sich bei beiden um Milizgeneräle, nicht um Berufsoffiziere. Die Veteranen des Krieges wurden im Laufe der Zeit mit immer großzügigeren Pensionen bedacht, die zum Schluß schon mehr als ein Drittel der Kriegskosten ausmachten.3 Über fast jede Phase und jeden Aspekt dieses Konflikts findet sich in den USA nicht bloß eine reichhaltige Fach­ literatur, sondern auch zahlreiche populäre Darstellungen. Unter anderem haben sich auch zwei Präsidenten der Jahrhundertwende, Theodore Roosevelt und Woodrow Wilson, diesem Thema gewidmet.4 Auch Mahan hat sich dieses Thema nicht entgehen lassen, selbst wenn es sich bei der Bedeutung der Seeherrschaft in diesem Fall tatsächlich um Seeherrschaft im deutschen Sinn des Wortes, nämlich um die Großen Seen handelte, um „Fischteichkriege“ (Monroe)5, nicht um die sieben Weltmeere.6 In Großbritannien hingegen wird das Geschehen in der Regel als bloße exotische Fußnote in Rahmen der Napoleonischen Kriege abgehandelt, ja, in Sir Charles Websters zentraler Studie zur Diplomatie Castlereaghs in diesen Jahren wird der War of 1812 überhaupt mit Stillschweigen übergangen.7 Fast erinnert diese beiläufige Behandlung ein wenig an die angebliche Reaktion Friedrichs des Großen auf die Friedensverhandlungen mit Schweden am Ende des Siebenjährigen Krieges: Ach ja, sein Oberst Belling habe da irgendwo Krieg geführt.8 Dieses Muster ist uns geläufig aus allen Konflikten zwischen David und Goliath: Was für eine Weltmacht eine lästige Ablenkung darstellt, die mög3  Die letzte Pension an die Tochter eines Veteranen von 1812 wurde 1946 ausbezahlt. Insgesamt erhielten 224.000 Personen Landzuweisungen auf Grund ihres Kriegsdienstes (Hickey, Forgotten Conflict, S. 303). Im Mexikanischen Krieg 1846– 48 übertraf die Höhe der Pensionen dann schon die eigentlichen Kriegskosten von 60 Mio. $; vgl. Alasdair Roberts, America’s First Great Depression. Economic Crisis and Political Disorder after the Panic of 1837, Ithaca 2012, S. 196. 4  John W. Coogan, The End of Neutrality. The United States, Britain and Maritime Rights 1899–1915, Ithaca 1981, S. 180, 193, 216, 254; Hickey, Forgotten Conflict, S. 321. 5  Zitiert nach der vermutlich besten Studie des Krieges von J. C. A. Stagg, Mr. Madison’s War. Politics, Diplomacy and Warfare in the Early American Republic 1783–1830, Princeton 1983, S. 403, 467. Der amerikanische Kommandant auf dem Ontario-See, Chauncey, machte sich bei den Kameraden des Landheeres unbeliebt, als er entrüstet erklärte, seine Flotte sei schließlich kein Fährunternehmen, sondern für eine Seeschlacht erbaut. 6  Alfred Thayer Mahan, Sea Power in its Relation to the War of 1812, 2 Bde., Boston 1905; Cecil Scott Forester, The Naval War of 1812, London 1957. Gerade Decaturs Witwe wurde später übrigens ein Verhältnis mit dem britischen Gesandten, Cannings Neffen, nachgesagt (Perkins, Castlereagh and Adams, S. 206). 7  Marriott, Castlereagh, S. 181: „So crowded at the moment was the stage of world politics that some historians have neglected to mention it at all.“ 8  Zur Korrektur des Klischees vgl. Patrick Winton, Sweden and the Seven Years War, 1757–1762: War, Debt and Politics. In: War in History 19 (2012) 5–31.

Tecumseh und Metternich

Abb.: Die Fischteichkriege

http://www.old-maps.com/nautical/GreatLakes/0_GreatLakes_All/0_GreatLakes_1926_LS0-08-1926_web.jpg

25

26

Lothar Höbelt

lichst rasch abzuhaken ist, wird für die schwächeren Kontrahenten an der Peripherie zum identitätsstiftenden Moment. David und Goliath, das Bild trifft zweifellos zu, was die Seestreitkräfte der beiden Kontrahenten betrifft: Den fast 200 Linienschiffen und 150.000 Mann der Royal Navy standen anfangs ganze fünf Fregatten und 2000 Mann der Amerikaner gegenüber, Fregatten allerdings nach dem Muster der deutschen „pocket battleships“, stärker als ihre britischen Gegenüber – und schneller als die Linienschiffe. Dieser Vorsprung führte zu einigen überraschenden Anfangserfolgen: „For Britain, ashes were to be heaped upon ashes.“ Kapitän Stephen Decatur – berühmt für seinen Toast: „Our country, may she always be in the right; but right or wrong our country“ – nahm im Atlantik eine britische Fregatte, stellte sie in zwei Wochen Arbeit auf hoher See wieder instand und brachte die Prise glücklich nach Hause. Ein anderes Schiff, die „Essex“, wütete unter den britischen Walfängern im Pazifik, fand im revolutionären Chile freundliche Aufnahme (aber nicht im spanischen Peru!) und nahm beiläufig den Marquesas-Archipel für die USA in Besitz. Geführt wurde der Krieg zur hohen See freilich in erster Linie als Guerillakrieg, von privaten Freibeutern, die über tausend britische Schiffe als Prisen nahmen. Risiko und Gewinnchancen lagen nahe beinander: Von den rund 500 Freibeutern, die auf Kaperfahrt gingen, war weniger als die Hälfte erfolgreich; dafür fanden sich viele ihrer Besatzungen bald in britischen Gefangenenlagern (wie z. B. Dartmoor) wieder.9 Weniger überzeugend wirkt das Bild von David und Goliath, wenn man die Eckdaten vergleicht: Die USA zählten damals 7,5 Mio. Einwohner, England 10 Mio.; erst Irland mit seinen 6 Mio. (und Schottland mit 2 Mio.) verschafften dem Empire eine größere zahlenmäßige Überlegenheit. Die Bevölkerung Kanadas hingegen umfasste kaum eine halbe Million Einwohner. War der Vergleich von David und Goliath hier nicht viel mehr angebracht? Allein die Gesamtzahl der Amerikaner, die im Laufe des Krieges irgendwann einmal in einer militärischen Einheit dienten, wird auf 528.000 beziffert. Das wäre fast die Hälfte aller erwachsenen weißen Männer im Alter zwischen 16 und 45. Freilich sind dabei schon alle diejenigen mitgezählt, die sich irgendwo im Hinterland in die Miliz einschreiben ließen; die regulären Soldaten umfassten weniger als ein Zehntel davon, nämlich bloß 37.000 Mann, ja bei Beginn des Krieges zählte die Armee weniger als 7.000 Mann10 – fast gleich viel Rot­ 9  Richard Woodman, The Sea Warriors. Fighting Captains and Frigate Warfare in the Age of Nelson, New York 2002, S. 301, 303, 312, 324; Mahan, Sea Power II, S. 242 ff. Die Briten setzten gegen die amerikanischen Fregatten als Neuerung ihrerseits „halbierte“ oder „rasierte“ Linienschiffe ein. 10  Bis Ende 1812 hatte sich die Zahl dann auf immerhin 19.000 erhöht; Stagg, Madison’s War, S. 162, 164, 276; Hickey, Forgotten Conflict, S. 72, 302.



Tecumseh und Metternich

27

röcke waren auch in Kanada stationiert.11 Also doch David gegen Goliath? Freilich: Wenn dem wirklich so war, stellt sich umso mehr die Frage: Warum erklärt David dann Goliath den Krieg?12 II. Die Parallele 1812 und 1914: Blockade und neutrale Schiffahrt Was waren die Ursachen des Krieges von 1812? Notabene: Wir sprechen von einer Zeit vor 1914. Daher handelt es sich um die Ursachen des Krieges, „the origins“, nicht die „Kriegsschuldfrage“. Freilich, zwischen dem War of 1812 und dem Ersten Weltkrieg gibt es eine Verbindungslinie, einen Aspekt der Erinnerungskultur, der zur Abwechslung einmal tatsächlich der Erinnerung wert ist. Denn der Konflikt zwischen den USA und Großbritannien entzündete sich ganz offensichtlich an den Übergriffen der Royal Navy, Übergriffen, die sich in zwei Kategorien einteilen lassen: Die eine war eine zeitspezifische Erscheinung: „Impressment“. Der britischen Marine fehlten für ihre riesige Flotte genügend ausgebildete Seeleute. Am Höhepunkt des Krieges 1813 / 14 dienten 147.000 Mann in der britischen Marine (und 234.000 im Landheer).13 Sie praktizierte daher ein selektives System der allgemeinen Wehrpflicht, zum Unterschied vom Landheer, das erst 1916 so weit war. Britische Seeleute konnten zum Dienst in der Marine gezwungen werden; sie entzogen sich diesem Schicksal vielfach, indem sie auf amerikanischen Handelsschiffen anheuerten, die mehr Geld und mehr Überlebenschancen versprachen.14 Die Royal Navy reagierte auf dieses Problem brutal einfach: Sie durchsuchte US-Schiffe nach Deserteuren und presste auf diese Weise auch geschätzte 7000 amerikanische Staatsbürger in den Dienst König Georgs. In einem Zeitalter ohne Ausweispapiere und Passphotos ergab sich hier offenkundig eine beträchtliche Grauzone. Freilich: Im Zeichen der Dampfschiffahrt verlor dieser Faktor im Laufe des 19. Jahrhunderts rasch an Bedeutung.

11  In Kanada waren zwischen 4.000 und 4.500 reguläre britische Soldaten statio­ niert; die Zahl änderte sich zwischen 1790 und 1812 kaum; dazu kamen 2.500 bis 4.000 lokal rekrutierte Armeeangehörige und bis zu 4.000 Indianer; vgl. Roger Knight, Britain against Napoleon. The Organization of Victory 1793–1815, London 2013, S. 51; Rory Muir, Britain and the Defeat of Napoleon 1807–1815, New Haven 1996, S. 235. 12  Vgl. Stagg, Madison’s War, S. 3. 13  Vgl. Knight, Britain against Napoleon, S. 436, 441. 14  Die Heuer auf Handelsschiffen betrug das Drei- bis Achtfache des Soldes in der Royal Navy; Christopher D. Hall, British Strategy in the Napoleonic Wars 1803–15, Manchester 1992, S. 10.

28

Lothar Höbelt

Ein zweiter Faktor jedoch nahm an Bedeutung womöglich noch zu: Die Auseinandersetzung zwischen England und Frankreich wurde immer schon auch als Handelskrieg geführt. Doch die Jahre ab 1805 / 07, der zweite Durchgang des globalen Ringens, brachten eine weitere Eskalation mit sich: Der berüchtigten „Kontinentalsperre“ Napoleons folgten die Blockadeverordnungen („Orders-in-Council“) der Briten. Die amerikanische Schiffahrt hatte von den Auseinandersetzungen der Europäer anfangs profitiert und ab 1792 einen gewaltigen Aufschwung genommen. Jetzt sah sie sich dafür mit einer Situation konfrontiert, die es ihr eigentlich unmöglich machte, weiter euro­ päische Häfen anzulaufen, ohne vom einen oder anderen Kriegführenden prompt als Feind betrachtet zu werden: Fast tausend Schiffe wurden auf Grund der „Orders-in-Council“ auch tatsächlich aufgebracht.15 Präsident Jefferson versuchte – ganz im Sinne seiner agrarisch-kontinen­ talen, wenn man so will „isolationistischen“ Perspektive – möglichen Konflikten 1807 durch ein Embargo auszuweichen, das freilich die amerikanische Schiffahrt erst recht jeder Erwerbsmöglichkeit beraubte. Wegen der wachsenden Unzufriedenheit wurde das Embargo von Jeffersons Nachfolger James Madison im März 1809 zurückgenommen und im November 1810 dann durch ein bloßes Importverbot ersetzt, das freilich durch Schmuggel vielfach unterlaufen wurde. Das Problem blieb: Wie konnte man Großbritannien zwingen, seine für die USA ruinösen Verordnungen aufzuheben? Immer deutlicher zeichnete sich die Möglichkeit eines Krieges oder zumindest einer Kriegsdrohung als einziges Mittel ab, auf London Druck auszuüben. Napoleon hingegen verstand es geschickt, mit seiner angeblichen Bereitschaft, alle eigenen Maßnahmen gegen die Freiheit der neutralen Schiffahrt sofort aufzuheben, sobald England das gleiche täte (die sogenannte Cadore-Briefe), den Zorn Washingtons exklusiv auf England zu lenken. Jefferson unterstrich diese Differenzierung zwischen den beiden europäischen „Tyranneien“ zu Wasser und zu Lande: „I cannot prefer a certain present evil to a future ­hypothetical one.“16 Krieg gegen England war dem amerikanischen Handel natürlich ebenfalls nicht zuträglich. Zur übermächtigen Royal Navy gesellte sich auch noch die Gegnerschaft der mit England verbündeten nordafrikanischen Korsarenstaaten, die deshalb 1815 zum Ziel amerikanischer Vergeltungsschläge wurden.17 Aber er öffnete in Form der Freibeuterei immerhin ein Ventil für die brach15  Hickey,

Forgotten Conflict, S. 18. Sterne Randall, Thomas Jefferson. A Life, New York 1993, S. 578; Stagg, Madison’s War 55 f., 75. 17  Frederick C. Leiner, The End of Barbary Terror. America’s 1815 War Against the Pirates of North Africa, Oxford 2006, S. 76; Perkins, Castlereagh and Adams, S. 162. 16  William



Tecumseh und Metternich

29

liegenden Ressourcen der Seefahrt. Vor allem aber bedeutete er: Krieg gegen Kanada – und, was man nicht vergessen sollte, Krieg gegen den englischen Verbündeten Spanien, sprich: Krieg gegen Florida, das Napoleon den Amerikanern großzügigerweise schon 1811 auf dem Präsentierteller angeboten hatte und das der Kongreß sofort zu okkupieren gedachte, sobald sich die Einwohner dafür erklärten oder aber die Gefahr bestand, daß Spanien die Kolonie den Engländern abtreten wollte.18 Hier mischte sich die defensive Komponente der Abwehr britischer Zumutungen mit gewissen expansiven Absichten. Im Kongreß bildete sich eine einflussreiche Gruppe von Falken, „war hawks“, die sich ganz wesentlich aus den Vertretern des Westens rekrutierte, an der Spitze der erst 34-jährige Speaker Henry Clay aus Kentucky, der sein Amt zu einer politischen Schlüsselstellung ausbaute.19 Motiv war dabei weniger der Landhunger: Weite Teile der USA im Nordwesten wie im Südwesten waren noch fast völlig unbesiedelt. Oder besser gesagt: Sie waren die Heimat von Indianerstämmen, die ihren politisch-militärischen Rückhalt bei Briten oder Spaniern fanden.20 Das spanische Florida war den Südstaaten außerdem als Zufluchtsort für entlaufene Sklaven ein Dorn im Auge. Der Krieg um die Freiheit der christlichen Seefahrt mutierte so auch zu einem „War of Western Aggression“, der sich als ambivalentes Versatzstück zur ideologischen Debatte verstehen läßt, ob Demokratien wirklich per definitionem keine „Angriffskriege“ führen. Die diffizilen völkerrechtlichen Fragen der neutralen Schiffahrt verbanden sich so mit den klassischen Themen des „Wilden Westens“, zumindest in seiner ursprünglichen „Lederstrumpf“-Version von Biber und Kanu, nicht der Karl May-Endphase von Mustang und Bison. Unter den Stämmen dieses heutigen „Mittleren Westens“ machte sich in den Jahren vor dem Krieg von 1812 eine Erweckungsbewegung bemerkbar, ausgehend von dem „Propheten“ Tenskwatawa und seinem Bruder Tecumseh, die im Indiana-Territorium ihren Ausgang nahm. Tecumseh nahm Kontakt auch mit den Stämmen des Südwestens (in Alabama) auf, insbesondere den Creeks. Diese pan-indianische, über Stammesgrenzen hinausreichende Perspektive ist später oft gerühmt worden; sie ging freilich mit einem Bürgerkriegsszenarium innerhalb einzelner Stämme einher, z. B. der Ermordung von „Kollaborateuren“ der Amerikaner. Die Bundesregierung war an einem Ausgleich mit den Indianern 18  William S. Robertson, France and Latin-American Independence, New York 1939, S. 73, 91–94. 19  Robert V. Remini, Henry Clay. Statesman of the Union, New York 1991, S. 78– 85. 20  Die Weißen des Michigan-Territoriums hingegen bestanden in der Mehrzahl weiterhin aus Franko-Kanadiern; vgl. Stagg, Madison’s War, S. 190.

30

Lothar Höbelt

interessiert und wollte die Stämme in diversen Konferenzen zumindest zur Neutralität im bevorstehenden Kampf mit den Briten überreden. Die lokalen Machthaber, z. B. Gouverneur William Henry Harrison von Indiana, plädierten hingegen für Präventivschläge: Diese Politik kulminierte am 6. November 1811 in der Schlacht am Tippecanoe, einem mit Müh und Not zurückgeschlagenen Angriff der Indianer auf Harrisons Truppe, die sich anschickte, das Dorf des Propheten anzugreifen.21 Aus britischer Perspektive betrachtete man die Gravamina der Amerikaner mit einem gewissen Fatalismus: Großbritannien hatte sich schon im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg 1780 einer Liga der Neutralen gegenübergesehen, angeführt von der Zarin und Friedrich dem Großen; in London hielt man es für mehr oder weniger unvermeidlich, auf Grund ähnlicher Beschwerden in praktisch jedem Krieg gegen eine europäische Großmacht zwangsläufig auch mit der Feindschaft Amerikas rechnen zu müssen. Diese pessimistische Sicht der Dinge war auch noch nach dem Ende des War of 1812 – und der Napoleonischen Kriege – in London ganz offensichtlich Gemeingut. In einer Denkschrift des Foreign Office hieß es 1818: Ein Krieg mit den USA sei eine wahrscheinliche Begleiterscheinung jedes anderen Krieges, den wir zu führen haben.22 Der amerikanische Präsident James Madison sah die Sache genauso.23 Freilich, das 19. Jahrhundert ersparte England die Probe aufs Exempel: Bis auf den Krimkrieg „weit hinten in der Türkei“ führte England keine Kriege gegen europäische Großmächte. Doch eben diese Perspektive hatte Präsident Wilson vor Augen, als 1914 ein solcher Krieg ausbrach. Er sah die offensichtlichen Parallelen zwischen dem Dilemma der Neutralen einst und jetzt: „The circumstances of the War of 1812 and now run parallel.“24 Wilson betrachtete den Krieg von 1812 nämlich als Fehler: Die USA hätten sich im Krieg gegen den Tyrannen Napoleon auf die falsche Seite geschlagen. Er war bemüht, eine Wiederholung dieses Fehlers zu vermeiden. Denn der Krieg, den Wilson 1914 kommen sah, sofern man ihm nicht bewußt auswich, war nicht der Krieg gegen Deutschland, sondern ein Konflikt mit Großbritannien. Vorboten des uneingeschränkten U-Boot-Krieges machten sich schließlich frühestens 1915 bemerkbar; doch schon ab August 1914 setzten im Rahmen der sogenannten „Blockade“ 21  Stagg, Madison’s War, S. 182-9; Allan W. Eckert, A Sorrow in Our Heart. The Life of Tecumseh, New York 1992, S. 644 ff. 22  Perkins, Castlereagh and Adams, S. 256 („probably concomitant of every other war in which she may be engaged“). 23  Stagg, Madison’s War, S. xii. 24  Nicholas A. Lambert, Planning Armageddon. British Economic Warfare and the First World War, Cambridge, Mass. 2012, S. 256 f.; Coogan, End of Neutrality, S. 180, 193, 216, 254.



Tecumseh und Metternich

31

britische Maßregeln ein, z. B. der Versuch einer Rationierung der holländischen Importe, die auf eine „globale Bewirtschaftung“ hinausliefen und den berüchtigten „Orders-in-Council“ vor 1812 in nichts nachstanden. Wilson witterte die Gefahr, daß eine prinzipielle Auseinandersetzung über die britische Blockade in der Öffentlichkeit eine gefährliche Eigendynamik entwickeln könnte. Um jegliche Kriegsgefahr zu bannen, entschloß er sich deshalb, nur in Einzelfällen gegen britische Maßnahmen zu protestieren. Ein solcher Einzelfall ergab sich zum Beispiel, als die Engländer 1915 auch Baumwolle zu Kontrabande erklärten. Die politische Hausmacht von Wilsons Demokraten befand sich im Süden. Diesmal bewahrheitete sich – zum Unterschied von 1861 – der Spruch: „Cotton is king.“ Wilson drohte im Gegenzug mit einem Waffenembargo. Das Ergebnis war: England mußte sich verpflichten, trotz seiner angespannten Zahlungsbilanz 100 Mio. $ zum Ankauf von Baumwolle bereitzustellen, sobald der Preis unter 10 Cent fiel.25 Dennoch: Per Saldo ergab sich das Paradoxon, daß sich Wilson gezwungen sah, gerade um den Status der USA als nichtkriegführende Macht aufrecht zu erhalten, von einer wirklich konsequenten Neutralitätspolitik diverse Abstriche zu machen. III. Die radikalliberale Republik und der Ernstfall Spätestens seit dem Sommer 1811 sei Präsident Madison zum Krieg entschlossen gewesen, urteilt der beste Kenner der Materie.26 Gegen den Krieg waren im Rahmen der regierenden Republikanischen Partei prinzipiell nur die Gralshüter der reinen Lehre, die ‚Old Republicans‘, die zu Recht erkannten, daß die ursprünglichen Prinzipien Jeffersons: „The best government is least government“, mit der Führung eines Angriffskrieges schwer vereinbar waren. Aus Motiven politischer Rivalität stimmten im Juni 1812 schließlich auch die Anhänger von Madisons innerparteilichem Rivalen, dem New Yorker DeWitt Clinton, und die oppositionellen ‚Federalists‘ gegen die Kriegs­ erklärung, die am 4. Juni mit 79 zu 49 im Repräsentantenhaus und am 17. Juni mit 19 zu 13 im Senat gutgeheißen wurde.27 Gerade die Vertreter der Ost­küste, die von den Übergriffen der Royal Navy am meisten betroffen war (von den kriegsbedingten „Übergriffen“ freilich noch viel mehr!), ließen somit von Anfang an ihre Skepsis durchblicken.28 25  Lambert,

Planning Armageddon, S. 453 f. Madison’s War, S. 78. 27  Die ‚Federalists‘ verfügten im Haus über 37 von 142 Sitzen, im Senat über sieben von 34. In ihrer Hartford Convention forderten sie 1814, daß Kriegserklärungen in Zukunft nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedet werden könnten; Stagg, Madison’s War, S. 104–115, 479 ff. 26  Stagg,

32

Lothar Höbelt

Krönende Ironie war, daß die neue britische Regierung unter Lord Liverpool, die im Unterhaus nach Verbündeten suchte, zwei Tage vor der Kriegserklärung im fernen Washington die Handelsbeschränkungen für Neutrale, die berüchtigten „Orders-in-Council“, aufgehoben hatte, als Konzession an die Amerikaner wie an die Industrielobby, die am amerikanischen Markt – und der amerikanischen Baumwolle – interessiert war. Ursprünglich hätte die Aufhebung nur unter der Bedingung erfolgen sollen, daß die USA im Gegenzug auch ihr Importverbot aufhoben; doch ging Castlereagh schließ auf eine einseitige Geste des guten Willens ein. Allenfalls drohte eine Wiedereinführung, sollten die USA keine Bereitschaft zum Einlenken zeigen.29 Der wesentliche Kriegsgrund fiel damit weg. Wäre diese Entscheidung einige Wochen früher erfolgt, hätte sie die Kriegserklärung vermutlich verhindert; doch sie nach vollbrachter Tat wiederum zurückzunehmen, dazu war man in Washington nicht bereit. Die Einheit der Regierungspartei hätte eine solche Kehrtwendung nicht ausgehalten. Schließlich blieb die heikle Frage des „Impressment“ weiterhin offen; lockte die Aussicht auf einen Befreiungsschlag im Westen, die sich freilich als verfehlt, zumindest aber verfrüht herausstellte. Über die Fehlschläge der amerikanischen Armeen im zweiten Halbjahr 1812, die Tragik ihrer Kommandanten, der Helden von 1776, die – gichtbrüchig und übergewichtig – in ihrem militärischen Johannistrieb gründlich scheiterten, ist zwischen Satire und Invektive oft trefflich berichtet worden. Die Invasion Kanadas, der „Spaziergang nach Quebec“, der nach dem Urteil Jeffersons eine bloße Strapaze für die Fußsohlen werden sollte, verwandelte sich binnen weniger Wochen in ein Desaster. Im „Wilden Westen“ kapitulierten zwei zusammengewürfelte amerikanische Armeen, im August in Detroit, im Winter bei Frenchtown im Indiana-Territorium; die Großen Seen waren völlig in britischer Hand; die Amerikaner verloren Michilimackinac und Fort Dearborn, das heutige Chicago, das nach der Kapitulation zum Schauplatz eines Massakers wurde.30 Eine Invasion am Niagara-Fluß scheiterte trotz zahlenmäßiger Überlegenheit am 13. Oktober in der Schlacht von Queenston Heights, in der Isaac Brock siegreich fiel. Eine erfolgversprechende Operation im Zentrum, der 28  Von den größeren Hafenstädten machte – im Gegensatz zu Boston oder New York – hier nur das republikanische Baltimore als „rowdy boomtown“ eine Ausnahme, wo sogar Angriffe des Mobs gegen oppositionelle Zeitungen an der Tagesordnung waren; vgl. Hickey, Forgotten Conflict, S. 56–69. 29  Sir J. A. C. Marriott, Castlereagh. The Political Life of Robert Second Marquess of Londonderry, London 1936, S. 183. Ausgenommen vom wechselseitigen Boykott war auch noch während des Krieges der Export von Mehl nach Spanien, in der Größenordnung von 1 Mio. Fässern pro Jahr, zur Versorgung von Wellingtons Armeen; vgl. Mahan, Sea Power II, S. 170 f.; Muir, Defear of Napoleon, S. 237. 30  Eckert, Tecumseh, S. 682, 720–730.



Tecumseh und Metternich

33

Stoß auf Montreal, wie ihn Madison anpeilte, kam den ganzen Krieg über nicht zustande, nicht zuletzt weil die Neu-England-Staaten passive Resistenz leisteten und ihre Milizverbände nicht einberiefen. Im August, der gegebenen Jahreszeit zum Sturm auf Kanada, schloß der Oberkommandant Dearborn – einen Waffenstillstand mit den Briten.31 Die Freiwilligenverbände, um die es sich in der Mehrzahl handelte, waren der Kombination aus gutgedrillten Berufssoldaten einerseits, furchteinflößenden Indianerkriegern andererseits nicht gewachsen. Im dünn besiedelten Gebiet prämiierte die Logistik kleine Verbände von „Profis“, nicht die „levee en masse“, die teuer im Verbrauch war, aber über einen nur vergleichsweise geringen Nutzungsgrad verfügte. Wohlfeiler Spott über die amerikanischen Amateure reicht freilich nicht aus, das Problem adäquat zu erfassen. Hegel hat um diese Zeit einmal geschrieben, die USA seien kein richtiger Staat, weil sie keine Grenzen hätten; erst die Herausforderung, in enger Tuchfühlung mit potenziellen Gegnern zu leben, zwinge zum Aufbau staatlicher Strukturen (wobei selbstverständlich Preußen als Vorbild diente). Gelegentliche Scharmützel mit Rothäuten hätten nicht dieselbe Wirkung. Man könnte mit Hinblick auf die Frontier-These ergänzen: Keine Grenzen zu haben bedeutete, daß Land nahezu ein freies Gut war; damit war ein Ventil für soziale Spannungen in den Ballungsräumen gegeben.32 Hegel hat damit als strukturelles Defizit hingestellt, was nach dem Willen zumindest der Fraktion der Gründerväter um Jefferson zur Richtlinie eines vom europäischen, ja selbst vom zentralistischen britischparlamentarischen Modell radikal verschiedenen Politikkonzepts werden sollte: Nicht der Machtstaat, ja nicht einmal der Nachtwächterstaat, sondern der Nicht-einmal-Nachtwächterstaat, der keine „Obrigkeiten“ kannte und selbst Sicherheitsagenden an subsidiäre Selbstverwaltungseinheiten delegierte. Diese lange Zeit verherrlichte Vision von Freiheit und „pursuit of happiness“, wie es in Jeffersons unnachahmlicher Phrase hieß, ist in letzter Zeit vielfach unter Beschuß geraten, sobald progressive Historiker sich verpflichtet fühlten, den interventionistischen Sozialstaat der Gegenwart gegen alle libertären Angriffe in Schutz zu nehmen, die aus dem Arsenal der Linken von damals Argumente gegen die Linke von heute zutage fördern.33 Doch 31  Stagg,

Madison’s War, S. 227, 245, 268. wirklicher Staat und eine wirkliche Staatsregierung entstehen nur, wenn bereits ein Unterschied der Stände da ist“ bzw. „Die nordamerikanischen Freistaaten haben ferner keinen Nachbarstaat, gegen den sie in einem Verhältnis wären, wie es die europäischen Staaten unter sich sind, den sie mit Mißtrauen zu beobachten hätten.“; zitiert nach Georg Lasson (Hg.), Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Sämtliche Werke, Bd. VIII: Philosophie der Weltgeschichte, Leipzig 1920, S. 197 f. 33  Die lesbarste und amüsanteste Kritik des Jefferson-Mythos bei Joseph J. Ellis, American Sphinx. The Character of Thomas Jefferson, New York 1996. 32  „Ein

34

Lothar Höbelt

schon ein Dutzend Jahre nach der Wahl Jeffersons 1800 hatte seine Partei, ja letztendlich er selbst mit dem Louisiana-Purchase, genügend Wasser in ihren Wein getan. Aber das ausgeklügelte System der Gewalteneilung, das die USA nach wie vor von Europa unterscheidet, funktionierte: Die „checks and balances“, die ein Durchgreifen der Zentralregierung auf Schritt und Tritt verhinderten, wurden gerade auch von den ‚Federalists‘, den Gegner Jeffersons und seiner Theorien, mit Freuden genützt. Seine Epigonen würdigten Jeffersons Slogan: „The best government is least government“ auch in ihrem Regierungsstil: Die bürokratischen Apparate der „Zentrale“ waren minimal, das Gesellschaftsleben in der Hauptstadt auf wenige Wochen beschränkt (selbst wenn Madison mit seiner Frau Dolly als erster aktiver ‚First Lady‘ punktete). Der Präsident und der Großteil seines Kabinetts verbrachten auch in Kriegszeiten die heißen Sommermonate fern der Hauptstadt auf ihren Gütern. Zwischendurch übernahm der eine Minister schon einmal für einige Zeit das Ressort seines Kollegen, liebäugelte Außenminister Monroe mit der Übernahme des Oberkommandos oder Finanzminister Gallatin mit der Botschaft in St. Petersburg, wurde sogar Robert Fulton, dem Konstrukteur des ersten Dampfschiffes, einmal das Marineministerium angetragen.34 Allerdings waren sich Madisons Anhänger zwar über die Kriegserklärung einig, die geradezu als Wahlkampfparole für seine Wiederwahl im Herbst 1812 herhalten musste;35 aber sonst über kaum etwas: Der schon sehr einseitige Charakter des Zwei-Parteien-Systems führte zu einer überwältigenden Mehrheit, aber auch zur heillosen Fraktionierung der republikanischen Mehrheitspartei. So kam es, daß der Kongreß zwar die Kriegserklärung mit komfortabler Mehrheit beschloß, dem Präsidenten aber weder Einfluß auf die Organisation der Milizverbände einzuräumen bereit war, die vollkommen den Einzelstaaten unterstanden, noch entsprechend finanzielle Mittel zur Verfügung stellte. Steuererhöhungen wurden zwar beschlossen, ihr Inkrafttreten aber erst für den Notfall in Aussicht genommen. Radikalliberale auf ihrem antiimperialistischen Kreuzzug mussten die Erfahrung machen, daß Krieg ohne Staat schwer machbar ist, vor allem aber: ohne Nationalbank, deren Privileg 1811 ausgelaufen und der Philosophie Jeffersons entsprechend nicht erneuert worden war. Von der aufgelegten 10 Mio. $-Anleihe wurde nur wenig mehr als die Hälfte gezeichnet: Der Rest mußte zum Kurs von nur 40 Cent an ein Trio befreundeter Bankiers übergeben wer34  Stagg,

Madison’s War, S. 435. Clay, S. 91; vgl. auch den Beitrag meiner leider früh verstorbenen Schülerin Johanna Ott, Die amerikanische Präsidentenwahl 1812. In: Gerald BrettnerMessler et alii (Hg.), Von Ferdinand III. bis Jörg Haider. Festschrift für Lothar Höbelt zum 50. Geburtstag, Wien 2006, S. 91–110. 35  Remini,



Tecumseh und Metternich

35

den.36 Hier schlug wohl auch die Skepsis des städtischen Ostküstenpublikums gegenüber dem Kriegsabenteuer zu Buche. Die Rekrutierung der Armee wiederum litt unter dem hohen Lohnniveau – und dem Mangel entsprechender Unterschichten als Reservoir, wie sie europäische Heere speiste.37 Selbst Seeleute dienten der attraktiven Preisgelder halber lieber auf Freibeutern als in der Marine der USA.38 Der Primat der Innenpolitik war auch im Krieg ständig präsent: Die beiden aussichtsreichsten Bewerber um die Kandidatur bei den Präsidentenwahlen des Jahres 1816 (der New Yorker John Armstrong und James Monroe als „Abkömmling“ der ‚Virginia Dynasty‘) stritten sich um das Amt des Kriegsministers. Im Frühjahr 1813 mußte eine Operation angesetzt werden, die unbedingt noch vor den Wahlen in New York einen Erfolg zeitigen sollte, irgendeinen, gleich welchen (schließlich brach das Eis am Ontario-See gerade noch rechtzeitig auf, um Fort York, das spätere Toronto, niederbrennen zu können); auch das politische Kalkül ging auf, weil die Armee in ihren Versammlungsräumen so viel Lebensmittel verbrauchte, daß die Agrarpreise genau dort stiegen, wo besonders viele Wechselwähler lebten.39 Wiederum lassen sich über derlei Determinanten von Strategie leicht Satiren schreiben. Hervorgehoben zu werden verdient freilich auch der Kontrast: Daß einquartierte Soldaten auf Grund ihrer Konsumkraft populär waren, wäre im Europa der allgegenwärtigen ­Requisitionen und Plünderungen zu Recht niemand in den Sinn gekommen. Das Jahr 1813 brachte keine entscheidende Wendung, mit einer Ausnahme: Perrys Seesieg im Rahmen der „Fischteichkriege“, am Eriesee, am 10. September, gefolgt von der Schlacht bei Moravian Town an der (kanadischen) Themse (5. Oktober), ein Erfolg Harrisons, der eine Zeitlang die Funktionen eines beurlaubten Offiziers und Bundesgouverneurs von Indiana mit der eines Milizgenerals von Kentucky vereinigte. Der Seesieg ermöglichte die Überfahrt nach Kanada. Doch Harrisons besonderes Verdienst war das politi36  Charles R. Geisst, Wall Street. A History from its Beginnings to the Fall of Enron, Oxford 2004, S. 19. Das Konsortium Astor-Girard-Parish vermochte die Anleihe dann schließlich doch zu einem Preis von 82 Cent loszuwerden. 37  Der US-Soldat erhielt 8 $ im Monat, als Zivilist ließen sich zur Erntezeit bis zu 20 $ verdienen; attraktiv war hier nur das Handgeld – und die Bereitstellung einer Uniform, doch herrschte gerade auf diesem Sektor Knappheit; vgl. Stagg, S. 325, 337; auch ders., Soldiers in Peace and War: Comparative Perspectives on the recruitment of the United States Army, 1802–1815. In: William and Mary Quarterly 57 (2000), S. 79–120. 38  Woodman, Sea Warriors 316. Allerdings gerieten auch tausende Besatzungsmitglieder von Freibeutern in englische Gefangenschaft, insgesamt zählte man 14.500 amerikanische Kriegsgefangene in England. Noch im April 1815 spielte sich im berüchtigten Dartmoor Prison deshalb eine blutig niedergeschlagene Häftlingsrevolte ab; vgl. Hickey, Forgotten Conflict, S. 306. 39  Stagg, Madison’s War, S. 282-8, 334-6.

36

Lothar Höbelt

sche Kunststück, die Milizen auch tatsächlich dazu zu bewegen, außer Landes zu kämpfen. Die Schlacht an der Themse beendete mit dem Tod Tecumsehs die Indianergefahr im Nordwesten. Auch im Südwesten begann mit einer gewissen Phasenverschiebung im Juli 1813 der Indianerkrieg, in diesem Fall gegen die Creeks, ein Feldzug, der zum Aufstieg Andrew Jacksons führte, als Milizkommandant von Tennessee, der sich zum Unterschied von Harrison auch der Gunst des Kriegsministers erfreute, der zum Unterschied von Harrison, dem Abkömmling einer der reichsten Pflanzerdynastien Virginias, auch tatsächlich ein „self-made man“ war, der in einer „log cabin“ zur Welt gekommen war.40 IV. 1814: The Empire strikes back? Madison hatte den Krieg begonnen, als sich Napoleon auf dem Höhepunkt seiner Macht befand. Der Winter 1812 / 13 brachte für beide einander ein wenig argwöhnisch belauernde „Verbündete wider Willen“ herbe Enttäuschungen mit sich.41 Um alle Kräfte auf die bevorstehende Entscheidung des Jahres 1813 zu konzentrieren, bot Zar Alexander im Frühjahr seine Vermittlung zwischen England und den USA an. Das autokratische Russland mochte auf den ersten Blick als ideologischer Widerpart der USA gelten; aber es erwies sich immer dann als ein Seelenverwandter, sobald es um die Rechte der Neutralen ging. Nicht zufällig seufzte Lord Liverpool: „I fear the Emperor of Russia is half an American.“ London wies diese Einmischung seines Verbündeten deshalb auch prompt zurück; die USA wiederum vergrämten den Zaren, weil der Senat dem gebürtigen Schweizer Albert Gallatin, den Madison als Bevollmächtigten nach Europa entsenden wollte, die Bestätigung verweigerte. Nach dem Sieg in der Völkerschlacht von Leipzig nahm das Interesse des Zaren an der Vermittlung dann auch deutlich ab;42 dafür ließ der britische Außenminister Lord Castlereagh durchblicken, daß England zu direkten Verhandlungen bereit wäre. Im Januar 1814 einigte man sich auf Göteborg als Konferenzort.43 Doch lange bevor die Unterhändler zusammen40  Mahan, Sea Power II, S. 76–94; Eckert, Tecumseh, S. 809-14; Remini, Jackson, S. 15, 57 f. Perry hatte mit seinem Flaggschiff in der Rolle des Winkelried alle britischen Einheiten ins Gefecht verwickelt und beschädigt, so daß sie in einer zweiten Phase des Gefechts von seinen Reserven aufgebracht werden konnten. 41  Clay hatte im Frühjahr 1813 beim französischen Gesandten in Washington vergeblich um Unterstützung angefragt; vgl. Remini, Clay, S. 101. 42  Dafür brachte Metternich Ende 1813 in einem Friedensangebot an Napoleon noch einmal die britischen Vorstellungen vom Seerecht in Gefahr, entschied sich im Januar 1814 aber für den Schulterschluß mit Castlereagh; vgl. Munro Price, Napoleon. Der Untergang, München 2015, S. 239, 285. 43  Stagg, Madison’s War, S. 370.



Tecumseh und Metternich

37

trafen, hatte Napoleon bereits abgedankt und England damit in die Lage versetzt, weitere 20.000 Mann nach Nordamerika zu entsenden. Großbritannien verfügte damit gegen Ende 1814 erstmals sogar über mehr reguläre Soldaten in Nordamerika als die USA.44 Der Friede in Europa bedeutete für die USA eine potenzielle Katastrophe. Anders ausgedrückt: Paris fiel, und kurze Zeit später auch Washington. Großbritannien hatte sich im ersten Jahr mit Überfällen auf die ungeschützten Küsten Amerikas bewusst zurückgehalten, um die Chance offen zu halten, die kriegerische Episode als Mißverständnis abzutun. Im Sommer 1814 hingegen fuhr eine starke Flotte direkt von Bordeaux aus mit ein paar Tausend Veteranen Wellingtons an Bord in die Chesapeake Bucht ein. Die Briten landeten in Maryland und marschierten nach einem kurzen Gefecht am 25. August in Washington ein, wo sie alle öffentlichen Gebäude in Brand steckten, darunter auch das „Weiße Haus“, das angeblich jetzt erst diesen Namen erhielt, sobald es neu gekalkt worden war.45 (Eine Zeitlang stand deshalb auch zur Debatte, die Hauptstadt überhaupt an einen weniger gefährdeten Ort zu verlegen.) Die Besetzung Washingtons – wenn auch bloß für achtundvierzig Stunden – war der Höhepunkt einer Reihe von britischen Offensiven. Die Flotte wandte sich als nächstem Ziel Alexandria, dann Baltimore zu;46 im Norden okkupierten die Engländer den Großteil des heutigen Bundesstaates Maine (damals noch Teil von Massachusetts). Angesichts der drohenden Küstenüberfälle gingen die Verteidigungsanstrengungen immer mehr auf lokale Komitees über. In Neu-England kursierten sogar bereits Gerüchte über eine Sezessionsbewegung, die ihren Sonderfrieden mit den Briten machen wollte.47 44  Im Laufe des Jahres 1813 hatte sich die Zahl der Rotröcke in Kanada von 7.700 durch Verstärkungen aus Westindien auf 13.700 erhöht; von den 20.000, die ab Juni 1814 in Amerika eintrafen, waren rund die Hälfte für Kanada bestimmt, 2.500 für die Ostküste, 6.000 für die New Orleans Expedition; Muir, Defeat of Napoleon, S. 332; Hall, British Strategy, S. 197; Mahan, Sea Power II, S. 363. 45  Das Haus war erst im Herbst 1817 wieder bezugsfertig; vgl. Remini, Clay, S. 135, Mahan, Sea Power II, S. 340–350. 46  Eine Folge der Küstenüberfälle war, daß sich 3600 entlaufene Sklaven den Briten anschlossen, die sich als Entschädigung für diesen Raub an zivilem Eigentum auf Grund eines Schiedsspruches des Zaren 1826 zur Zahlung von 1,2 Mio $ bereit erklärten; vgl. Perkins, Castlereagh and Adams, S. 166. 47  Der (vermutlich unbegründete) Verdacht, eine solche Sezessionsbewegung ins Leben rufen zu wollen, traf insbesondere die Hartford Convention der ‚Federalists‘ im Dezember 1814, die vom Friedensschluß auf dem falschen Fuß erwischt wurde. Hatte der Krieg die ‚Federalists‘ vielfach zum Zünglein an der Waage zwischen den rivalsierenden Flügeln der Republikaner gemacht, so führte das Stigma der Disloyalität, das auf Hartford folgte, zum endgültigen Niedergang der Opposition, die unter Monroe und John Quincy Adams in der ‚Era of Good Feelings‘ der 1820er-Jahre in einen Übergangszustand mündete, der keine Parteien mehr kannte – nur noch ­Cliquen;

38

Lothar Höbelt

Am anderen Ende des Kontinents kam eine britische Fregatte allerdings zu spät, um an der umstrittenen Pazifikküste, in Oregon, die Pelzhandelsstation von John Jacob Astor zur Übergabe zu zwingen. Die Belagerten hatten es nämlich vorgezogen, schon einige Wochen früher den Konflikt auf kommerzielle Art und Weise zu beenden: Sie verkauften zu Vorzugspreisen an die Briten.48 Der gebürtige Deutsche Astor nahm in der amerikanischen Finanz­ welt eine besondere Position ein, nicht bloß, weil er es bis zu seinem Tode 1848 zum reichsten Mann des Landes bringen sollte, sondern weil er mit seinen Sympathien auf seiten der Madison-Administration stand und ihr bei ihren finanziellen Operationen unter die Arme griff, übrigens zusammen mit niemand anderem als dem amerikanischen Repräsentanten der britischen Baring-Bank, die sich in diesen Jahren ihren legendären Ruf erwarb, die „sechste Großmacht“ Europas zu sein.49 Freilich: Die USA liefen gerade in dieser Krise zu großer Form auf. Die reguläre Armee war inzwischen auf immerhin rund 30.000 Mann angewachsen. Der stolze Charakter eines „zweiten Unabhängigkeitskrieges“ geht – zumindest zu Lande – weitgehend auf die Erfahrung dieser Abwehrerfolge zurück. In der Umgebung der Niagarafälle spielten sich wiederum letztlich ergebnislose Kämpfe ab, ausgefochten von Heeren in der Größenordnung von je ca. 3.000 Mann: Zumindest die erste dieser Schlachten, Chippewa am 5. Juli, konnte als ein amerikanischer Sieg durchgehen. Mit Stolz wurde die Reaktion des britischen Kommandanten kolportiert: „They are fighting like Regulars“.50 Mehr noch: Der britische Hauptstoß war – ganz wie vor Saratoga 1777 – entlang der direkten Nord-Süd Achse Montreal – New York geplant. Die britischen Streitkräfte auf diesem zentralen „Frontabschnitt“ befanden sich in der Überzahl. Doch die „Fischteichkriege“ spielten ihnen einen Streich: Ein Seesieg der Amerikaner auf dem Champlain-See bei Plattsburgh am 11. September beraubte sie ihrer Nachschubwege und machte ihrem Vormarsch ein Ende. Schließlich scheiterten die Briten vor Baltimore tags danach bei der Einnahme von Fort McHenry, über dem auch nach gründlicher nächtlicher Beschießung weiterhin das Sternenbanner wehte – eine Episode, vgl. Stagg, Madison’s War, S. 472–483; Shaw Livermore, The Twilight of Federalism: The Disintegration of the Federalist Party 1815–1830, Princeton 1962. 48  Peter C. Newman, Caesars of the Wilderness. The Story of the Hudson’s Bay Company, Markham 1987, S. 103 f.; Woodman, Sea Warriors, S. 316. 49  Geisst, Wall Street, S. 17–20; Stagg, Madison’s War, S. 298, 378. Barings Vertreter in den USA war David Parish, aus einer Familie, die sich um diese Zeit auch in der Habsburgermonarchie ansiedelte. 50  Die Ausnützung des Erfolgs vereitelte der Umstand, daß die Briten auf dem Ontario-See ihre Vorherschaft knapp behauptet hatten bzw. der amerikanische Kommandant Chauncey seine Flotte nicht für Transport- und Versorgungszwecke „mißbrauchen“ lassen wollte; Mahan, Sea Power II, S. 286–301.



Tecumseh und Metternich

39

die als Geburtsstunde der amerikanischen Nationalhymne Berühmtheit erlangt hat.51 Inzwischen hatten Anfang August 1814 die Friedensverhandlungen tatsächlich begonnen, nicht in Göteborg, sondern in Gent. Bezeichnend war die Wahl der Unterhändler: Downing Street, das mit Gent freilich leicht und schnell kommunizieren konnte, entsandte einige Fachleute für Seerecht oder Admirale ohne politisches Gewicht; die USA hingegen ein hochrangiges Team, das Finanzminister Gallatin, Speaker Clay, den späteren Präsidenten John Quincy Adams und als überparteiliche Geste auch einen Senator der ‚Federalists‘ (Bayard von Maryland) umfasste; ein Stiefsohn des Präsidenten fungierte als Sekretär.52 Ein wesentliches Hindernis hatte Madison bereits beseitigt, als sein Kabinett auf die Nachricht vom Sturz Napoleons im Juni beschloß, nicht auf einem britischen Verzicht auf die Praxis des „Impressment“ als sine qua non für einen Friedensschluß zu bestehen. Die Verhandlungen drehten sich folglich im wesentlichen darum, ob Großbritannien seine inzwischen äußerst günstige Position ausnützen wollte, um auf einer „Kriegsentschädigung“ zu bestehen, nicht in finanzieller Beziehung (dazu war das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der USA zu gering), sondern in territorialer Hinsicht, durch eine strategische Verbesserung der kanadischen Grenzen – oder auch, und darin lag die größte Gefahr, durch die Schaffung eines indianischen Pufferstaates bzw. einer neutralen, entmilitarisierten Zone im Gebiet um die Großen Seen, die bei den Amerikanern auf erbitterten Widerstand stieß.53 In diesem Punkt verstärkte die Nachricht von den Abwehrerfolgen der Amerikaner im Herbst nur noch die vorherrschenden Stimmung in London, daß eine Fortsetzung des Krieges die Kosten einfach nicht lohnen würde. Castlereagh war am 18. August auf der Durchreise nach Wien kurz in Gent abgestiegen: Die britischen Unterhändler sollten selbstverständlich versuchen, herauszuholen, was möglich war, doch ohne sich auf ultimative Forderungen einzulassen. Bereits am 5. September – sprich: vor den Rückschlägen in Amerika – gab Lord Liverpool die Richtlinie vor, daß ein Abbruch der Verhandlungen unbedingt vermieden werden müsse. Die Forderung nach einem „Pufferstaat“ wurde auf die Formel reduziert, die indianischen Verbündeten der Briten müssten in die Rechte wiedereingesetzt werden, die sie 1811 innegehabt hatten – ein Kompromiß, der von den USA akzeptiert und durch Sonderverträge mit den einzelnen Stämmen umgehend umgangen 51  Roger G. Kennedy, The Smithsonian Guide to Historic America: Virginia and the Capital Region, New York 1989, S. 324 f. 52  Eine farbige Schilderung bei Remini, Clay, S. 102 ff., 131. 53  Perkins, Castlereagh and Adams, S. 39 f., 65 ff.; Stagg, Madison’s War, S. 389– 395.

40

Lothar Höbelt

wurde.54 Ein Moment der letzten Spannung ergab sich Mitte Oktober durch die britische Forderung, nicht einfach die Grenzen von 1812 wiederherzustellen, sondern das Prinzip des uti possidetis als Ausgangspunkt zu nehmen: Dabei hätten die USA einige Grenzforts (Malden und Erie) behalten, die Briten jedoch große Teile der heutigen Staaten Maine und Michigan (inklusive Fort Michilimackinac, das die „Meerenge“ zwischen Huron- und Michi­ gansee kontrollierte).55 Diese letzte Hürde am Weg zum Frieden wurde überwunden, sobald in London die Nachricht von der Niederlage am Champlain-See eintraf und das britische Kabinett am 3. November den fachlichen Rat Wellingtons einholte: Vor die Wahl gestellt, mit außerordentlichen Vollmachten ausgestattet, das Kommando in Amerika zu übernehmen oder Castlereagh in Wien abzulösen, entschied sich der von Beethoven „besungene“ Sieger von Vitoria leichten Herzens für den Kongreß am Kontinent, nicht die Kampagne in den Kolo­ nien.56 Ohne die Vorherrschaft auf den Binnengewässern sei in Amerika nichts zu machen, zog Wellington die Schlussfolgerung aus den Schlappen der Jahre 1813 / 14. Die Grenzkorrekturen, die sich durch ein Bestehen auf dem uti possidetis allenfalls lukrieren ließen, hielt er für strategisch wertlos. Die Politiker nahmen sich seinen Rat zu Herzen und fertigten am 26. November einen Kurier nach Gent ab, mit der Instruktion, auch einen Frieden „ohne Sieger und Besiegte“ zu akzeptieren (wie es Wilson vermutlich ausgedrückt hätte).57 Besiegte gab es dennoch. Denn Verlierer dieses Friedens waren ganz eindeutig die indianischen Verbündeten Großbritanniens, oder besser: Sie waren die großen Verlierer dieses Krieges, der vor Ort vollendete Tatsachen geschaffen hatte, die sich wohl auch durch noch so ausgefeilte Schutzklauseln nicht mehr rückgängig machen ließen – selbst wenn den USA ihr verhältnismäßig verlustreichster Indianerkrieg erst noch bevorstand, nämlich der Seminolenkrieg in Florida, der sich ab 1835 mehr als ein halbes Dutzend Jahre lang hinzog und einen beträchtlichen Teil des Offizierskorps bewog, lieber auf seine Stellen zu verzichten als sich in die Fiebersümpfe der Halbinsel zu 54  So z. B. durch Jackson, der 1814 die Creeks zur Abtretung von 23 Mio. acres (= 93.000 Quadratkilometer) zwang; vgl. Remini, Clay, S. 121; ders., Andrew Jackson, New York 1966, S. 61 f. 55  Perkins, Castlereagh and Adams, S. 76 f., 86, 105; Remini, Clay, S. 112, 116. 56  Clay erklärte Wellington, dem er nach dem Friedensschluß in Paris begegnete, es sei schade, daß er die Herausforderung nicht angenommen habe, denn eine Niederlage gegen ihn wäre immer noch ehrenvoll gewesen, ein Sieg aber ein ungeheurer Prestigegewinn; vgl. Remini, Clay, S. 125. 57  Perkins, Castlereagh and Adams, S. 108–119; Mahan, Sea Power II, S. 417–431. Die Nachricht von der Einnahme Washingtons traf am 27. September in London ein, diejenige von der Niederlage bei Plattsburgh am 21. Oktober.



Tecumseh und Metternich

41

begeben.58 Nur in den Prärien des Nordwestens gelang es den Sioux, ihre Verbindungen zu den Briten auch nach 1815 noch eine Zeitlang aufrecht zu erhalten.59 Der Friede von Gent wurde am Weihnachtsabend 1814 unterzeichnet (der damals als Feiertag noch keineswegs jene die Geschäfte zuerst hektisch belebende, dann lähmende Wirkung entfaltete wie heute). Er erwies sich als ein Triumph der politischen Weisheit, die nicht davon ausging, Probleme tatsächlich lösen zu können, sondern es verstand, darauf zu warten, bis sie irrele­vant wurden. Die meisten der anstehenden Fragen wurden mit Stillschweigen übergangen: Impressment genauso wie die Frage der Rechte der amerikanischen Fischer in den Kabeljaugewässern um Neufundland oder der kuriose Paragraph des Friedens von 1783, welcher den Briten die freie Schiffahrt auf dem Mississippi zusicherte – weil man damals fälschlicherweise60 noch davon ausgegangen war, der Fluß entspringe nördlich des 49. Breitengrades auf dem Gebiet der Hudson Bay Company.61 John Quincy Adams als Leiter der amerikanischen Delegation bezeichnete den Frieden deshalb auch als bloßen unbefristeten Waffenstillstand, der künftige Kontroversen geradezu herausfordere.62 Die Erwartung künftiger Konflikte war auf beiden Seiten gegeben. Dennoch wurde der Friede von Gent 1818 pragmatisch durch ein Abkommen ergänzt, das nicht bloß die Grenzen bis hin zu den Rocky Mountains absteckte (und die Pazifikküste zwischen Mexiko und Alaska den Händlern beider Seiten öffnete), sondern auch ein Rüstungsbeschränkungsabkommen einschloß. Die Großen Seen sollten komplett demilitarisiert werden: Am Ontariosee verfügten die Briten ab Oktober 1814 immerhin über eines der größten Linienschiffe der Welt, die ‚St. Lawrence‘, mit 110 Geschützen so gut bestückt wie der bisherige Rekordhalter, die ‚Santissima Trinidad‘, das spanische Flaggschiff bei Trafalgar (das ebenfalls in der Neuen Welt gebaut 58  Über 200 Offiziere, das waren 18 % des Standes, quittierten zwischen 1835 und 1837 den Dienst; die Kosten des Seminolenkrieges betrugen 30–40 Mio. $; vgl. Bruce Vandervort, Indian Wars of Mexico, Canada and the United States, 1812–1900, New York 2006, S. 130 f. 59  Guy Gibbon, The Sioux, Malden 2003, S. 81. 60  Auf diese Schwierigkeit wies Lord Salisbury noch fast ein Jahrhundert später nach den Kolonialabkommen des Jahres 1890 hin: „We have been giving away mountains and rivers and lakes to each other, only hindered by the small impediment that we never knew exactly where the mountains and rivers and lakes are.“ (Andrew Roberts, Salisbury. Victorian Titan, London 1999, S. 529). 61  Hinter dem beredten Schweigen über diese zwei Punkte verbarg sich auch ein Dissens innerhalb der US-Delegation: Adams wollte bei der Mississippiklausel, Clay bei den Fischereirechten nachgeben; vgl. Remini, Clay, S. 115. 62  Perkins, Castlereagh and Adams, S. 125, 130.

42

Lothar Höbelt

worden war, nämlich in Havanna). Das Wettrüsten in der Wildnis war freilich prohibitiv teuer. Wäre es überhaupt möglich, auf den Binnengewässern genügend Seeleute für den Betrieb solcher Kolosse anzuheuern?63 Ergänzt wurde dieses Agreement durch den Adams-Onis-Vertrag vom Februar 1819 mit dem spanischen Weltreich in seinen letzten Zügen, der die Grenzen auch im Südwesten stabilisierte und ganz Florida – gegen 5 Mio. $, die Spanien noch US-Bürgern schuldete – den USA überließ.64 Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts machte sich die Logik der wirtschaft­ lichen Verflechtung geltend, die einen neuerlichen Konflikt zwischen den angelsächsischen Mächten allzu riskant und für beide Seiten verlustbringend erscheinen ließ. Die Industrielle Revolution führte zur Thronbesteigung von „King Cotton“: Gerade der Südwesten, das Revier Jacksons und der „war hawks“ von 1812, war nun ganz existenziell vom Wohlergehen der britischen Wirtschaft abhängig. Das Wachstum Amerikas wiederum wurde mehr als oft bewusst durch britische Kredite und Investitionen finanziert, die Interessengemeinsamkeiten schufen. Mit dem Fortschreiten der frontier im Norden fielen auch die logistischen Schwierigkeiten weg, die 1812 einem militärischen Spaziergang im Wege standen. Kanada wurde in gewisser Weise zur Geisel der USA. So bewahrheitete sich Castlereaghs Warnung aus dem Jahre 1820: Man müsse sich – bei aller Skepsis – stets vor Augen halten: „There are no two states whose friendly relations are of more practical value to each other.“65 V. „We have become more European“ Wie war es um die globale Interdependenz im Zeitalter der Revolutionskriege bestellt? Waren die Scharmützel im „Wilden Westen“, die „Fischteichkriege“ in Übersee denn überhaupt von Relevanz für das Geschehen in Eu­ ropa? Erleichterte das Fallenlassen der Waisen Tecumsehs dem „Kutscher Europas“ sein Geschäft? Offenbar doch, zumindest auf der psychologischen Ebene des diplomatischen Bluffs, wie er auf dem Wiener Kongreß seine ­Triumphe feierte. Bei aller Warnung vor allzu leichtfertigen Schlüssen nach dem Muster „post hoc, ergo propter hoc“ legen die Daten hier doch eine 240–244; Muir, Defeat of Napoleon, S. 332; Mahan, Sea Power II, S. 283. erhoffte sich im Gegenzug, daß die USA keinen der neuen Staaten Lateinamerikas anerkennen würde und verzögerte die Ratifikation des Vertrages deshalb bis nach der Revolution von 1820; vgl. David J. Weber, The Spanish Frontier in North America, New Haven 1992, S. 297-9; Jon Kukla, A Wilderness So Immense. The Louisiana Purchase and the Destiny of America, New York 2003, S. 330 f.; Noble E. Cunningham Jr., The Presidency of James Monroe, Lawrence 1996, S. 106, 150. 65  Perkins, Castlereagh and Adams, S. 201. 63  Ebd.

64  Spanien



Tecumseh und Metternich

43

recht eindeutige Spur. Die Nachricht vom Genter Weihnachtsfrieden erreichte Wien am Neujahrstag 1815. Am 3. Januar 1815 wurde das berühmte Abkommen zwischen den Gegnern des Vorjahres unterzeichnet, zwischen Großbritannien, Österreich und einem Frankreich, das unter Talleyrand mit dem Dynastiewechsel im Zeichen der Legitimität auch einen Seitenwechsel vollzogen hatte. England versprach, im Ernstfall 150.000 Mann zu den gemeinsamen Anstrengungen beizusteuern. Der Friede von Gent machte diese Drohung zweifellos um einiges plausi­ bler, verlieh ihr ein Extra an Glaubwürdigkeit. Oder wie Castlereagh es ausdrückte, als die Nachricht davon in Wien eintraf: „We have become more European […] and by the spring we can have a very nice army on the continent.“66 Ob diese Drohkulisse sich im Ernstfall tatsächlich hätte effektuieren lassen, muß freilich dahingestellt bleiben, genauso, wie ja auch die unverbrüchliche Solidarität des Zaren mit den Ansprüchen seiner preußischen Schützlinge nicht über jeden Zweifel erhaben war. Tatsache ist jedenfalls, Metternichs Bluff war von Erfolg gekrönt: Alexander verstand sich Anfang 1815 zu einem Kompromiß in der polnisch-sächsischen Frage, einem Kompromiß, der Preußen – wie man mit dem berühmt-berüchtigten Wissen der Nachgeborenen feststellen kann – förmlich zu seinem Glück zwang:67 Es erhielt statt Sachsen die Herrschaft über ein paar Millionen renitenter rheinischer Katholiken eingeräumt, damit freilich auch die größten – damals allerdings noch weitgehend unentdeckten – Kohlenlager des Kontinents als ökonomische Grundlage des Aufstiegs Preußens im Jahrhundert zwischen 1815 und 1914.68 Vielleicht wäre es für Österreich als Präsidialmacht des Deutschen Bundes doch besser gewesen, seine sächsischen Schützlinge so zu opfern wie Lord Liverpool die Wyandots und Miamis? Die verlockend-verbotene Frage nach dem „Was wäre wenn?“ wurde im Zusammenhang mit dem Jahr 1815 freilich auch jenseits des Atlantik oft 66  Perkins, Castlereagh and Adams, S. 130-2; vgl. auch ebd. S. 101: „Gent influenced Vienna, not the reverse“; vgl. auch die wohl beste Studie des Jubiläumsjahres von Thierry Lentz, Le Congres de Vienne. Une refondation de l’Europe 1814–15, Paris 2013, S. 136; Adam Zamoyski, 1815 – Napoleons Sturz und der Wiener Kongress, München 2014, S. 441. 67  So auch das Urteil von Henry Kissinger, A World Restored. Metternich, Castlereagh and the Problems of Peace, Boston 1957, S. 174: „Prussia was forced into a German mission in spite of itself.“ 68  Zwar geht die Gründung von Ruhrkonzernen wie Krupp bis auf die napoleonische Epoche, ja im Falle der Keimzelle der Gutehoffnungshütte sogar auf einen Münsteraner Domherren während des Siebenjährigen Krieges zurück, der Aufstieg des Reviers erfolgte aber erst im Zeichen des Tiefabbaus von Kohle (ab 1837) bzw. der Verkokung (ab 1850); vgl. Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd. 3: Nordrhein-Westfalen, Stuttgart 1963, S. 191, 493; Toni Pierenkemper, Die westfälischen Schwerindustriellen 1852–1913, Göttingen 1979, S. 92–5, 111.

44

Lothar Höbelt

gestellt. Denn der große amerikanische Sieg zu Lande, über ein britisches Landungskorps von nicht weniger als 8.000 Mann, wurde erst am 8. Januar 1815 vor den Toren von New Orleans erfochten, in einem spannungsreichen Zusammenwirken höchst gegensätzlicher Kräfte, von Jackson und seinen Milizen, doch unter tätiger Mithilfe der frankophonen Bewohner der Stadt, freier Schwarzer – und der Piraten Jean Lafittes, die vor der Küste ihr Unwesen trieben.69 Es dauerte fast vier Wochen, bis die Nachricht vom Sieg in Washington eintraf, wenige Tage später gefolgt vom Original des Genter Friedensvertrages, der erst mit der Ratifikation in Kraft treten sollte. Für die Amerikaner war der Triumph von New Orleans die Krönung des Krieges, doch kein Grund, die Ratifikation des für sie – alles in allem – doch recht günstigen Genter Vertrages aufzuschieben, die am 16. Februar im Senat denn auch einstimmig erfolgte (bloß die Räumung der letzten amerikanischen Gebiete im Nordwesten ließ noch bis in den Juli 1815 auf sich warten).70 Der Krieg hatte die USA insgesamt nur 2260 Gefallene gekostet – und rund 100 Mio. $ (bei einem durchschnittlichen Vorkriegsbudget von wenig mehr als 10 Mio., von dem zwei Drittel für die Rückzahlung der Staatsschuld bestimmt waren!) Allerdings war an Toten – wie bei allen frühneuzeitlichen Konflikten – ein Vielfaches auf Grund von Krankheiten, Unfällen etc. zu beklagen. Die Staatsschuld hatte sich von 45 auf 127 Mio. $ erhöht, wurde freilich binnen zwanzig Jahren komplett abgezahlt.71 New Orleans begründete endgültig den Mythos Jacksons, der ihm ein Dutzend Jahre später zunächst zur Mehrheit der Wähler verhalf, vier Jahre später auch tatsächlich zum Einzug ins Weiße Haus, als erster Kandidat aus dem Westen, Repräsentant einer Politik neuen Stils und Erneuerer der jetzt schon Demokratischen (nicht mehr: Republikanischen) Partei mit ihren radikalliberalen und dabei doch in vielem ambivalenten Tendenzen. Sie trat leidenschaftlich für den Wettbewerb und den freien Markt ein und war doch durchdrungen von einer tiefen Skepsis gegenüber der Finanzwelt und ihren oligarchischen Begleiterscheinungen. Die Kontroversen um Jackson haben die Frage provoziert, ob diesem vielgerühmten Sieg – fünf Minuten nach Zwölf – denn überhaupt irgendeine Bedeutung zukam? In diesem Zusammenhang spielt die Frage der Ratifikationen eine gewisse Rolle: Hätten die 69  Remini, Jackson, S. 63–74. Im Sinne des „multiculturalism“ erhält die Schlacht bei New Orleans damit wieder Aufwind; vgl. Peter J. Castor, The Nation’s Crucible. The Louisiana Purchase and the Creation of America, New Haven 2004, S. 168. Lafittes Korsareneiland Barataria hat inzwischen seinen Weg bis in die Romane Isabel Allendes gefunden, nämlich ihre (freimaurerische) Version der „Zorro“-Stoffes; vgl. auch Lyle Saxon, Lafitte the Pirate, New York 1930, S. 165 ff. 70  Perkins, Castlereagh and Adams, S. 141–144, 163. 71  Ebd. 151; Hickey, Forgotten Conflict, S. 205; Roberts, First Great Depression, S. 98.



Tecumseh und Metternich

45

Briten den Krieg fortgesetzt, wäre ihnen die Einnahme von New Orleans gelungen?72 Die Antwort lautet mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit: Nein! Und zwar gerade weil New Orleans ein so erstrebenswerter Preis war. Denn bis zum Bau eines entsprechenden Eisenbahnnetzes war der gesamte Westen der USA für seinen Export auf den Mississippi angewiesen. Die Einnahme von New Orleans galt – in dieser Beziehung vielleicht eine Parallele zur Rolle Kanadas im Denken Madisons – als unfehlbares Mittel, die Amerikaner zum Frieden zu zwingen. New Orleans behalten zu wollen (oder auch an die Spanier zurückzustellen) hätte hingegen zu einem erbitterten Dauerkonflikt geführt, dem Großbritannien zweifelsohne ausweichen wollte.73 England hätte bei einer Fortsetzung des Konflikts vorgehabt, vielleicht Long Island und Staten Island zu besetzen, um den Hafen von New York einer Blockade aus der Nähe zu unterziehen, doch nicht einen Landkrieg in der Golfregion vom Zaun brechen. Schließlich lässt sich die Spirale des „Was wäre wenn?“ noch um eine Drehung fortsetzen. Die Nachricht von New Orleans – wie immer auch die Schlacht ausgegangen wäre – traf in London wenige Tage vor der Hiobsbotschaft von der Flucht Napoleons aus Elba ein. Spätestens dann hätten sich die Prioritäten der britischen Politik wiederum ganz eindeutig in Richtung Europa verschoben, unabhängig von allen Chimären der Karibik. Das eigentliche „Was wäre wenn?“, das dem Wiener Kongreß seine besondere Note verleiht, hängt vielmehr mit der Reaktion des Zaren auf die Rückkehr des großen Korsen zusammen: Alexander hatte im Zorn angeblich schon einmal damit gedroht, er werde „das Ungeheuer“ loslassen, wenn ihm seine Verbündeten weiterhin Prügel vor die Füße warfen. Doch als die Probe aufs Exempel anstand – und infolge des Ausscherens Frankreichs Metternichs Bluff mit der Dreierallianz vom Jänner geplatzt war –, erwies sich der Zar als großmütig. Er fuhr zu Metternich und erklärte: „Christen müssten einander verzeihen …“. Alexanders späterer Geistesblitz, die Heilige Allianz, war – in den Worten Metternichs – ein „großes Nichts“.74 Die Solidarität des Zaren im Frühjahr 1815, die nach den Spannungen des Winters alles andere als selbstverständlich war, hingegen bedeutete alles. Aber das ist eine andere Geschichte.

72  Noch länger dauerte es, bis die Nachrcht vom Friedensschluß alle Kriegsschiffe und Kaperer zur See erreicht hatte, z. B. die Walfänger im Pazifik. Patrick O’Brian hat die Problematik um diese Unschärferelation in seiner ‚Master and Comander‘Serie 1984 in den Roman ‚The Far Side of the World‘ verpackt. 73  Mahan, Sea Power II, S. 427. 74  Zamoyski, Napoleons Sturz, S. 417, 519; Lentz, Congres, S. 251.

II. Der Wiener Kongress: Voraussetzungen, Inhalte, Zielsetzungen / The Congress of Vienna: Requirements, Issues, Objectives

A World That Was Lost? Towards a Geographical Analysis of Napoleonic Imperialism: Survival and Rupture within the Napoleonic Legacy By Michael Broers, Oxford The arbiters of Europe in 1814 were faced with a singular set of circumstances. The politics of victory, and of simple international security, demanded that the borders made by Napoleon had, for the most part, to be dismantled or, at the very least, rectified. The map of political boundaries changed emphatically during the negotiations of 1814–15. Yet, across much of western and central Europe, those areas longest and most securely part of the Napoleonic hegemony, were not war torn, or in states of civil anarchy, as might be expected after so massive and protracted a period of conflict as ensued between 1812 and 1814. Those parts of the continent truly scared by war were on its peripheries: the Iberian peninsula; eastern and parts of northern Germany; and those regions on the edge of the conflict which felt its ‘tsunami’ impact, the Ottoman Balkans, which the Great Powers had flooded with weaponry and fostered proxy wars against each other, and Norway, starved and isolated by the Anglo-French commercial conflict. In stark contrast, the heart of Europe had come to know profound administrative and legal reform under Napoleonic rule, which many of the arbiters of Vienna soon came to see they undermined at their own peril. Indeed, the end of the ruthless drain on men, through conscription, and money, through the twin burdens of war-time taxation and the Blockade, now offered the former subjects of Napoleonic hegemony the prospect of the benefits of these reforms, shorn of the price of war. To understand the task facing the Congress of Vienna, and the future of the continent whose fate it commanded after the fall of Napoleon, it is necessary to cast a backward glance over ‘Europe under Napoleon’, and to explore those aspects of Napoleonic rule which endured the fall of their creator, and which would shape the century to come as much as the reshaping of borders and power-relations which emerged from Vienna, for these reforms shaped the domestic conditions of European states and peoples, within the borders created by the Congress, whether the new rulers accepted or rejected them. The evidence is all too clear by 1814, when their legacy had to be confront-

50

Michael Broers

ed by the victors in more than military terms, that Napoleon and his servants had an imperial ideology, a vision for their conquests which stretched beyond material exploitation. They were intent on fundamental reform of every kind. Moreover, their imperial vision, their concept of a European civilisation, grew from direct contact with their new, non-French subjects. They possessed preconceptions of ‘Europe’, with which they approached their mission. To grasp so much of the world that emerged from the Congress of ­Vienna, the essence of the world that confronted it must also be explored, for it was formidable legacy, more tenacious and far more ubiquitous, than the Grande Armée, or even its commander. Yet, the lessons of Napoleonic rule for the future were far from uniform. The impact of French reforms on many populations, as distinct from the ruthless imposition of conscription and taxation, was anything but positive, and left a desire for a return to political and judicial norms which were often regarded as archaic, even in Vienna. In such cases, the immediate legacy of Napoleonic rule was to impede the course of reconstruction for some newly restored regimes after 1814. The complexity of the world which confronted the new masters of Europe was intensely complex, often disguised by the very uniformity and good order in which Napoleon had left it. All of this creates the need for a backward glance, before the future can be understood. An Empire of Mind and Matter The character of the Napoleonic empire is marked by the heterogeneous nature of the many areas it came to rule over, the great variation in the lengths of time it occupied different parts of the territory under its sway, and, finally, the relentlessly uniform, uncompromising manner in which it sought to rule the extent of its empire. In this, it might be correct to call the Napoleonic imperium more Roman than Rome, itself. What is attempted in this essay, is to examine the impact which this unyieldingly standardized approach to administration had on the shape of the empire, dividing it into those regions which, more or less, responded well to the Napoleonic system of government in the eyes of the French, themselves, and those which did not, and then to deduce a logic from this pattern, and explore what sort of imperialist ideology may have underlain French attitudes to the varied regions under their rule. The driving force of my argument rests on the geo-political reality of outer and inner empires, which seems to warrant interpretation in a cultural sense, a Braudelian approach couched in post-modernism, perhaps: The Napoleonic empire made of France, on a vast, imperial scale, a polity part meridional, part Atlantic, part mitteleuropean. Napoleonic expansion pushed the French in all of these directions, simultaneously. It set French officials down



A World That Was Lost?

51

on the peripheries, as well as the centres, of all three macro-regions. Frenchmen now found themselves ‘parachuted’ into Florence, Osnabruck and Munster; into Sarazana, Barcelona and Berg, and often found themselves being transferred around and between such widely varied regions. In this very real sense, the Napoelonic empire was the last great supra-regional European empire to embrace the pre-industrial boundaries as Braudel has defined them. It spanned the new Atlantic highway, the Rhine-Saone-Rhone axis, and the Mediterranean. Each balanced component of France, itself, was now augmented by vast imperial territories of each kind. Part of my thesis is that from these contacts, a clear French identity emerged or, rather, was sharpened by direct experience, with its newly acquired foreign possessions. The second crucial element of any attempt to analyze the Napoleonic empire is the vast disparity in the length of time the French occupied the many regions under their rule. This is, perhaps, the strongest single argument against giving their presence any significance deeper than that of ruthless military occupation in certain parts of Europe but it is equally arguable that it is less the length of time one people occupies another that generates colonial attitudes – that shapes a deeply held view of the colonised as ‘the other’ – than the force and conviction with which these prejudices are held, and they can be held from the outset, and remain unaltered by the experience of occupation. More often, to judge from the empirical evidence of public and private correspondence, they receive almost daily re-enforcement. If any single characteristic of a national identity emerged from the French revolution among the French elites, it was their belief in the universal significance of their collective experience. What prevailed among them, practical political animosities aside, was Condorcet’s bold assertion, following Cicero, that ‘a good law is a good law’. By 1804, with the compliation and publication of the Civil Code and the seemingly successful implantation of the Napoleonic system of administration in areas outside ‘old France’, as it was now called by its bureaucrats, claims to the universal utility and adaptability of ‘the French way’ appeared valid. It is in this sense of the universal goodness of their political culture that the real influence of Rome on the Napoleonic regime should be sought, rather than in its imagery or its nomenclature. Seen in this light, Cicero provides the guiding influence on French imperialism, more than Caesar. His dictum in Book I of De Legibus (The Laws) was at the heart of the Code, and the concept of the ‘empire of laws’ so often referred to by the agents of Napoleonic imperialism: ‘There is one, single justice. It binds together human society and has been established by one, sole law…Someone who does not accept this law is unjust…we can distinguish a good law from a bad one simply by the standard of nature, itself.’ There were those under the Code, those still outside it, and those deaf to its virtue who were not yet enlightened. Cicero’s view of the Roman polity, as expressed in

52

Michael Broers

Book III of the Laws, chimed even more with those who rallied to the service of the Napoleonic administration: ‘A government is composed of its officials, the men who direct its administration … It was our Roman ancestors who shaped the wisest, most sensible of administrative systems.’ This was the core of Napoleonic imperialism, and the essential tenets those who strove to make it work clung to, in the uncertainties and upheavals of a wartorn period: A belief in the universal goodness of their laws and in the universal utility of their administrative system. Law and government were set upon a shared national culture that was rich, deeply rooted but also exportable. This was how the Napoleonic regime confronted the challenge of ruling much of Europe. Its new, rapidly acquired imperial responsibilities put these notions to a very severe test. Central to this essay is the rejection by the Napoleonic regime of what the French perceived as a remarkably uniform ‘meridional’ culture – uniform even in the standard internal subdivision they made of it between highland and lowland / centre and periphery in their eyes; this was fundamental to the process of forming their own view of themselves. This was a culture that could not readily accommodate itself to the Code or the vision of society that went with it, at least not without a struggle. It was not the natural territory of the empire. The urban centres of meridional Europe were populated by degenerate masses, enslaved to Baroque Catholicism by a dependency culture of alms, while their elites had degenerated from their pinnacle in Roman antiquity, to what Edward Said has called ‘a trivialized civlization’.1 The mountain peripheries presented a different set of problems. Many, but far from all, of these upland micro-regions, fell in the ‘outer empire’, geographically, yet others were the hinterlands of areas the French came to regard as very much assimilated. As Braudel put it, for all time: The mountains are as a rule a world apart from civilizations, which are urban and lowland achievements. Their history is to have none, to remain almost always on the fringe of the great waves of civilization, even the longest and most persistent, which may spread over great distances in the horizontal plane but are powerless to move vertically when faced with an obstacle of a few hundred meters.2

The Napoleonic empire, in its inner zone, at least, went further than any previous polity in breaking down this seemingly eternal foundation of the micro-regions of the western Mediterranean, achieved in part by its sheer might, but equally by its clarity of purpose. 1  The concept runs throughout both his major works: Edward Said: Culture and Imperialism. London 1994; and idem: Oritentalism. Western conceptions of the Orient. London and New York 1978. 2  Fernand Braudel: The Mediterranean in the Age of Philip II. English Translation. London 1977. Volume I, p. 34.



A World That Was Lost?

53

This rejection of the meridional did not, of itself, entail embracing the Atlantic. This a three-faced Janus, if such is permitted, not the stark division formulated by Braudel. Just because the French rejected the Mediterranean as it had become in their times, it should not be assumed they embraced the Atlantic world, per se. They did not. Theirs was not a vision of Anglo-Saxon liberty, and an interesting window on this was their appalled reaction to the commercial, entrepreurial, a-statist ethos of the Dutch Republic and the Hansa ports, with the sharp distinction these regions posed to the French new regime, with its professional magistrates, codified law and centralising ethos. The world of uncertainty, an over-urbanized world of ‘boom-and-bust’ economics, as unattuned to the military virtues as the south, repelled them, if not in so dramatic a way as meridional Europe. Theirs, then, was a world rooted in state service, in codes of Roman law and in a rigidly uniformity, centralized public sphere. That is, it was statist, dirigiste and centred on a public sphere intensely defended by a professional, deeply respected bureaucracy and magistracy. Its natural home was the Rhine-Saône-Rhône axis, a heartland as alluvial as it was allodial, composed of moderately sized urban centres, surrounded by a tamed, productive countryside. The French ideal was a continental one, a vision that did not face the Atlantic any more than it did the Mediterranean. As such, it corresponded only to one of the three major macro-regions of their own heartland of ‘old France’. Macro-Regions: the Inner and Outer Empires: the Ciceronian Empire or the Limits of the Polis? The lands of the inner empire clustered around the eastern borders of France, but they were not synonymous with those of l’ancienne France, what contemporary French administrators referred to, deceptively perhaps, as ‘the interior’, for as time progressed, it became clear that the interior of the empire was really the Rhine-Saone-Rhone axis: The writ of Paris ran more surely, and was accepted with better comprehension, in Belgium, the left bank of the Rhine and Piedmont, than it was in the Vendée militaire, Roussillon or the Cevennes. This was not only because the roads were safer in these eastern regions than in the west and south, or because these departments came – after periods of ferocious, if successful, pacification – to yield up their sons to conscription more easily than many parts of pre-imperial France. The administrative norms of the centralised, professional state born in the 1790s and honed in the first half decade of Napoleonic rule took root more readily in these places, as did the Code. This is seen not just in its workings, but through the alacrity and facility with which the legal classes of these new provinces adapted to the moeurs of the new order. Rhinelanders may have

54

Michael Broers

looked down on the new jurisprudence in comparison to their own, but they knew how to absorb and work within it, to the point they demanded, and received from their new Prussian rulers, in 1814, the right to retain the French Code and court system. Several Piedmontese magistrates rose high in the Napoleonic service; some – the most distinguished being Peyretti di Condove and Botton di Castellamonte – and chose to remain Paris, in 1814 while one, Dal Pozzo, became a highly influential theoretical interpreter and intermediary for the Code among the legal classes of Restoration Italy. It was a Belgian jurisconsulte, François-Joseph Beyts, who brought the Code to the Dutch and Hanseatic departments. Neither the Vendean nor the Provençale departments could boast such service to the new regime, at least not in the sphere most fundamental to its ethos. There is a marked irony about the inner empire. It was composed of far more than regions annexed directly to France. Indeed, its bulk was not made up of imperial departments – there were far more annexed territories in the outer empire – nor even of satellite kingdoms under Bonapartes: There were two satellite kingdoms within it, those of Italy and Holland, and even the latter was only briefly one such; there were four Rhenish, five Piedmontese, nine Belgian and, eventually, four Dutch departments. The core of the inner empire may have been eastern and northern France and the annexed regions immediately to its east, but its bulk comprised the states of the Confederation of the Rhine, the Helvetic Republic. With the exception of Republic / Kingdom of Italy, there is a lesson of sorts to be taken from this: Napoleonic institutions did not need direct French rule to take root, whatever the French, themselves, may or may not have come to think. Above all, the new regime worked best where indigenous cultural mediators introduced the key institutions and laws of the new order, the cardinal example being the Helvetic Republic, the last ‘sister republic’ still in existence. Here, the centralized administrative system could be mutated almost out of being, to accommodate the traditional cantons, yet this vital compromise, followed by others often disliked by the French at the time, also allowed the essence of the Code to embed itself in the republic. It is arguable that the Code, certainly, and the centralized administrative system, up to a point, flourished best when introduced by indigenous rulers, more ready to adapt French norms to their own needs, although such rulers were also usually as insensitive to local conditions of which they disapproved, as was Napoleon. This emerged in the Tyrolese revolt against Bavarian rule in 1809 and the longstanding, if peaceful, legal wrangles between the Imperial Knights of the ex-kriese and the mediatised princes. Such struggles sharpened the minds of the indigenous princes and taught them the need for, not just the utility of, the Code in particular, and the vital role of the centralized ethos of the new regime, in general. The legacy of Cameralism, in the longue durée, and of Josephism, in contempo-



A World That Was Lost?

55

rary terms, played a crucial role in this process, for both were signs that these were, in essence, public spheres similar to that of post-Revolutionary France. The French often sensed this, themselves. Norvins de Montbretonne recalled of his time as the French chargé d’affaires in Baden, that ‘The Grand Duchy became a second Alsace united, rather than separated, by the Rhine, to the point it was impossible to be more in France than in that German state’.3 Baden was, emphatically for this imperial civil servant, within the Ciceronian circle. Ironically, the heavy hand of direct rule from Paris excluded local elites from real power in most of the outer empire. The civil administration and the courts of the imperial departments were everywhere, from Rome to the Baltic, dominated by Frenchmen. If French rule was meant to turn on the twin pillars of ralliement and amalgame, harnessed together, it did so far more in those states free from direct French control, where indigenous rulers and bureaucracies did the reforming, not men from Paris. This also serves to underline the essential fact that the inner empire was an elitist construct. The European masses, from the core of l’ancienne France, to the furthest flung outposts of the empire, including all of its satellite states save Spain, were subject to conscription, to a newer, more efficient system of taxation, and to all the oppression of an active bureaucracy in time of war. The inner empire was successful and it laid the foundations for the pattern of government in most of western Europe, for the rest of the nineteenth century, but this in no way made it a popular, still less a populist, regime, anywhere. Indeed, its support was often limited only to those sections of the elite who served it. Nevertheless, rulers and their bureaucracies became powerful enough to maintain themselves, and the number of rulers who adhered to the Napoleonic vision of the law and the state actually swelled in 1814, rather than diminished: William I, the new King of the Netherlands, did not dismantle what he found, even if he denied its origins; gradually, even the House of Savoy returned to the Napoleonic template, until by 1831, the state resembled a Napoleonic clone, more than the eighteenth century absolutism it based its authority upon. Across this band of territory, a vital nerve had been touched by the experience and, above all, the example, of Napoleonic rule, however elitist and confined that nerve might have been. The keys to understanding the experience of the outer empire are two-fold. In the eyes of the French, the boundaries of where Napoleonic rule foundered mark less where the system was unpopular, for it was always that, beyond a narrow circle. However, where it was simply alien and incongruous, where society was not constructed in such a way as to comprehend or adapt to its institutions. Where this happened, and when it was clear to the French, 3  J. Norvins de Montbretonne: Souvenirs d’un historien de Napoléon. 3 vols. Paris 1896–97. iii, p. 62.

56

Michael Broers

serious questions about the Ciceronian nature of the Revolutionary-Napoleonic enterprise and, indeed, about the universalism of the Enlightenment, itself, entered the minds of the imperialists: Was the patrie révolutionnaire really but an Aristotelean polis after all? Did the Revolution, the Enlightenment, and the good laws they gave birth to, have spatial and societal limits, after all? Secondly, in the experience of the ruled, the impact of Napoleonic rule was often no less significant for being brief or ephemeral: It was always traumatic, so alien was its nature and so sudden its arrival, for trauma can leave an indelible mark, just as much as prolonged exposure to something eventually accepted. The most extreme example of this sense of incongruity was most probably the Illyrian Provinces. The young auditor of the Council of State who found himself the Intendant of the Illyrian province of Ragusa, present-day Dubrovnik, wrote thus of the people of its hinterland, in 1813: We are dealing with peoples who are too ignorant, too estranged from civlisation and, above all, too poor to hope to attain it quickly or without help: In the hopes of giving our laws to these people – who know none – at a stroke, before their levels of intelligence are sufficiently developed, we shall only create a further, hindering source of estrangement between them and our government. Scarcely a year has passed since the introduction of the French system and its useful effects can already be felt, but we must strike a balance if we are to contain the illness, itself.4

The Intendants of the Illyrian Provinces were all auditors of the Council of State, young men raised in the Napoleonic lycées and ‘fast-tracked’ through the system. Optimism and resilience usually prevails in their lamentations, but their youth and their immersion in the mores of the Napoleonic system still made them acutely aware of the ‘otherness’ of the outer empire. The Intendant of Dalmatia could not escape such fundamental differences from western Europe. In what elsewhere would have been the routine task of finding barracks for the Gendarmerie, he spoke of the ‘difficulties which arise from the nature of the place itself, and from the nature of the dwellings of the Morlaques (the Croats)’. His experience drew this from him: Their forbearers were the Scythians and they still display these signs of their barbaric and warlike origins to the civilised world. Their houses are but wretched huts, where the family sleeps with the animals … I’ve seen wheels (on ploughs and carts) that do not fit their bands gradually losing their shape and turning square because they do not use metal.5

4  Archives Nationales de Paris (ANP) F1e 62 (Pays annexés et réunis, provinces illyriens) Intendant, Ragusa, to Intendant-General, Illyria, 1 March, 1813. 5  ANP F1e 62 Intendant, Dalmatia, to Intendant-General, Illyria, 1 January, 1813.



A World That Was Lost?

57

He concluded by wondering what use were roads, or even the maps he was trying to create, in such conditions. It was obvious that the French system of administration was not tailor-made for such an environment; to make it so, nothing short of a social revolution would be necessary. The Illyrian provinces were not alone in this, however. The inner empire also reached its seeming limits where feudalism became the dominant reality of social organization, and so the Code and the whole matrix of social and economic relationships upon which it was predicated, simply became irrelevant to society as it was actually constructed. The Grand Duchy of Warsaw, Westphalia and even the inland areas of the Hanseatic departments, some as close to France and the great fiefdoms within the department of the Lippe, fall into this category. This very odd department, carved out of parts of the satellite kingdom of Westphalia, inland areas of the Hanseatic republics and some cantons of the southern Netherlands, was a composite of everything the French found strange about their northern march. Faure wrote to Paris in such terms early in 1811, when trying to make sense of it in official terms. It is hard not to remark on his emphasis on the alien nature ot it all on his choice of words: Your Excellency is not unaware that the three new departments are composed of very heterogenous parts, and that, for example, there is no common ground between Westphaian legislation and that of the Hanseatic cities. The ethos of these latter cities is greatly centred on commercial interests, and precious little by what might make them ammenable to Roman law : One notes the persistance, among their civil and criminal many regulations which have fallen into disuse elsewhere, beacuse they are seen as incompatible with the mœurs of civilised nations. Those areas recently transfered from Westphalian jurisdiction to be annexed to the French Empire are examples of this strangness : I do not refer to the quantity of separate Seigneuries which compose these areas of the three new departments, where several (fiefs) have their own laws. Rather, most of their territory is governed by the ancient laws of the (Holy Roman) Empire …6

In such places and circumstances, imperial norms could only succeed if the entire status quo were challenged. In practice, the French, as often as not, yielded to overwhelming local realities, and even colluded with them, where serfdom proved a good source of conscripts, as in the Grand Duchy of Warsaw. It was no coincidence that the majorats were established in Poland and Westphalia, and not in areas more amenable to the Code. It was now unthinkable that such vestiges of seigneurial privilege could be re-established in western Europe, where the Napoleonic legal reforms had taken root. That did not mean that the Empire embraced what it found with open arms. A

6  ANP BB5 (Organisation Judiciaire, depts. hanséatiques), Faure to Min of Justice, 26 January, 1811.

58

Michael Broers

young Intendant in the Illyrian Provinces reacted thus to what he saw in the region: Feudalism in all the rigidity of its origins still exists here. A handful of royal free towns are the only places where the laws, uses and abuses of feudalism have not reduced these people to a state of desperation through rendering over the fruits of their labours for the luxurious enjoyment of a handful of lazy, worthless ‘personages’, and so paralyzing all industry, energy and initiative in the region.7

The author of these words was a La Tour du Pin, one of the oldest, most aristocratic families of the old order, and the possessors of several fiefs, themselves, before 4th August, 1789. The importance of towns to the empire became ever more obvious, as it pushed into alien territory. The French had had their first experience of this in the Vendée; here, it was obvious that an administrative system based in – and drawn from – urban centres neither represented nor – perhaps more importantly – penetrated the countryside sufficiently. In ‘Illyria’ – certainly in Croatia – the simple absence of towns dispersed over a given administrative unit made the French system unworkable, even incongruous. Everything hinged on chefs lieux for both the civil administration and the tribunals, just as it was all predicated on a population possessed of a sufficient number of literate individuals at even the lowest levels of government. This had been difficult enough to assure in France; it was all but impossible over much of the outer empire. This did not mean the French retreated from the government of the countryside, far from it. However, it did mean that their system of government often had to be developed from new foundations in many places and, quite often, they failed to do this. Perhaps closer to the reality of the Roman empire than it actually would have wished, the Napoleonic empire was an empire of the towns. Towns and small cities on a traditional pattern of market and administrative centres were one thing. Large urban centres of a more modern stamp, and the culture of commerce they bore, could be quite another, however, and the distinction is important in defining the cultural geography of the empire, most certainly in the eyes of its makers. It is very clear in the thoughts of Louis-Joseph Faure, a former president of the Tribunate and a Bonapartist of the first hours, who had the task of organising the judiciary of the new Hanseatic departments, just along the coast. Faure never criticised the basic competence or integrity of the native magistrates, but he had little respect for their legal culture, or the society he felt it reflected. His reports emphasise the gulf between the people of the Hansa ports and France and, interestingly, Faure did not see their commercial economy as an agent of civilisation. Quite the reverse: 7  ANP F1e 62 Intendant, Civil-Croatia, to Intendant-General, Illyria, 16 February, 1813.



A World That Was Lost?

59

The character of these cities is such that they are dominated by commercial interests, and so they have little liking for Roman law, which they should learn to respect. There are some civil and criminal regulations that, even if they have largely fallen into disuse, are not compatible with the mores of civilised nations.8

In contrast, when a dispute arose between the French civil and military authorities in Mainz, a most traditional urban centre, it led to the disruption of an official ceremony for the Mass given in thanks for saving Napoleon from the plot to assassinate him. The magistrates had to march through the streets without the customary military escort, although the Gendarmerie were visible on patrol and in their barracks. Amidst his rage, the French procureur made an interesting wider observation on the place of the courts and magistracy in the life of the region, which marks a stark contrast to Faure’s view of the Hansa: In Mainz, the result is that the cortege of the tribunals, (processing) as a body and in their robes, where the military men include even every officer of the City Guard, ressembles a promenade of men in (Carnival) masks, rather than making an imposing impression ; this makes a very bad inpression on the public, especially in a country where the judicial order was highly respected, and where it is very important not to make this cotrast with the authorities of its neighbouring countries.9

It is tempting to speculate that the reactions of a highly trained Roman legist such as Faure to the maritime culture of the Hansa may give an indication of how the French would have regarded Britain, had they conquered it. Less speculative is the spectre of the eternal trope of European history first expressed by Thucydides in the conflict between Athens and Sparta, and writ larger in that between Carthage and Rome. Commerce, the agent of Enlightenment so lauded by Diderot, as much as by Adam Smith, did not impress the Napoleonic heirs of Rome. This was the reaction of Beyts, the Belgianborn judicial commissaire sent into the newly annexed Dutch departments, organise the French courts and to oversee the introduction of the Code: Their old laws are vicious; they allow the criminal magistrate to make transactions for his personal benefit over committed crimes, and dreadful scandals occur sometimes…this is how the inexecution of the law is bought and sold publically, and transciptions of trials come to ressemble financial negotiations to cover up a criminal act, than a true process carried out solely in the public interest, to apply the condemnation of the law to the criminal. This attitude is wholly subversive to French law …10 8  ANP BB5 268 (Organisation Judiciaire, dépts. hanséatiques), Faure to Minister of Justice, 26 January, 1811. 9  ANP BB5 260 (Org Judiciaire, depts. Rhin), Comm du Gouvt, Crim Trib Mayence, to Minister of Justice, 15 ventôse, an xii. 10  ANP BB5 291 (Organisation judiciaire, depts. Hollande) Beyts to Minister of Justice, 16 July, 1810.

60

Michael Broers

They reacted with equal horror to the eventual realization that the former Republic of St George, even after several years as the sister ‘Ligurian Republic’, had no such thing as a professional magistracy, its highest courts being manned by a Rota of senators, of whom only a few had formal legal training. The French then had to seek prospective native magistrates among the leading lawyers of Genoa. Lebrun noted that many were reluctant to accept, simply because they could not afford to leave private practice, added to ‘a convinced repugnance for (French) criminal law’, a set of attitudes remarkably close to what they found in the Hansa and the Dutch departments.11 In 1811, when asked to supply Paris with the details of magistrates who might be the equivalent of French parlementaires, with a view to appointing them to the new Cours Impériales, the Prefect could but reply that Genoa had never had a professional magistracy or anything like a French parlement. The only way to meet such a request, was to look among the great nobles, who had served on the Rota.12 Few Ligurians emerged to serve in the Italian departments annexed later, and there were, relatively, very few in the upper echelons of their own courts, during eleven years of imperial rule, an example illustrating that time spent under Napoleonic rule, whether as a satellite state or annexed directly to France, was no guarantee of entering the Ciceronian circle. Carthage was Carthage, be it on the coast of the Mediterranean or the North Sea, in the particular optic of Napoleonic imperialism. Even in the Papal states, the absence of senior magistrates arose not from the lack of a trained hierarchy, as such, but from the monopoly of such posts by the higher clergy. In the sphere of civil administration, the same gulf of comprehension existed between the official mores of the Lombard-Bolognese heartland of Eugène’s Kingdom of Italy, and that other contemporary Carthage, the former Republic of St Mark. As Livio Antonielli has shown, the willingness of the Venetian patriciate to serve the new regime was not in question, but it refused almost to a man to embrace its professional ethos by becoming prefects outside their own areas. Although Eugène was willing to accommodate this, Napoleon was not, and none of them lasted long in the Napoleonic bureaucracy.13 The commercial, maritime world, with its emphasis on money, its aversion to public service in terms of a formal career, and its perceived amateurish ethos in the public sphere – to say nothing of the general absence of codified law or centralized, uniform administration – was no more in harmony with the Napoleonic state than baroque Catholicism or seigneurial tenure. Indeed, it is in such attitudes that the genuine influence of 11  ANP BB5 296 (Organisation judiciaire, Gênes) Lebrun to Minister of Justice, 1 jour complémentaire, an xiii / 18 Sept. 1805. 12  ANP BB5 296 (Organisation judiciaire, Gênes) Prefect, dept Gênes to Minister of Justice, 11 March, 1811. 13  Livio Antonielli, I Prefetti dell’Italia Napoleonica. Bologna 1983, 68.



A World That Was Lost?

61

Rome can be found in the Napoleonic regime; it was less obvious than the Roman imagery of its plastic arts, but far more powerful. The failure, indeed the retreat, of the regime from reform of the outer empire not withstanding, several points emerge from the collective experience of those sent to integrate the outer empire into its core. Few thought seriously of any form of compromise with local mores, save on the most temporary and provisional basis. Only the Grand Duchy of Warsaw was entirely spared their efforts, largely because it was too valuable a source of recruits, and serfdom facilitated recruitment. No one ever doubted, publicly or on their private correspondence, the innate superiority of French civilisation. Despair came to them from Montesquieu, in that climate and geography were insurmountable obstacles to the civilising mission in places like ‘Illyria’ or the Italian hinterlands. Hope, however came from Cicero, in the unshakeable belief that a good law was a good law, and that theirs was the empire of good laws. It also could come closer to hand, through Voltaire, whose lives of Louis XIV and Peter the Great, as well as the Histoire des Moeurs, gave a sharp focus to the potential for progress if driven by both the principe natuale and the principe nuovo. If Voltaire took these definitions to lengths far beyond those originally sketched by Machiavelli, it was evident to the imperial administrators that Napoleon would have to play both roles simultaneously, as Peter, the principe nuovo in the outer empire, and as Louis, the principe natuale, in the inner.14 Those who despaired admitted the triumph of the elements, not the negation of their own superiority; those who did not lose heart, clung to the belief that good government could transform lives. They had recently known success on the peripheries of the inner empire, at least in their own eyes. Micro-Regions: the Centres and Peripheries of the Inner Empire: Nuestras Indías It would be wrong to assume the consolidation of the inner empire did not have to be fought for, for it did. It is almost a commonplace in Italian historiography and social studies to say that ‘every north has its south’, but this was very true of many of the polities of Italy and, slightly less so, of western Germany at the beginning of the nineteenth century, to say nothing of France, itself. Almost all of the states of the inner empire, with the exception of France, were small and relatively weak; where they were composed partly of mountainous hinterlands, or otherwise difficult topography, this combination 14  In this, I am deeply indebted to the work of John Pocock, especially: J. G. A. Pocock: Barbarism and Religion. Volume II, Narratives of Civil Government. Cambridge 1999. Section 2.

62

Michael Broers

of weak state structures and inaccessible terrain fostered the existence of some of the most ungoverned, anarchic regions in western Europe. It is not an historical coincidence that the Jesuit, Redemptorist and Passionist orders saturated many of these regions with missionary activity from the late sixteenth century onwards, less in fear of heresy, than with a sense of bafflement mixed with horror, at the ignorance and isolation of such areas – the Italian Apennines, the German Alps, the Vendée – and at how their people had been allowed to remain in truly neo-pagan ‘darkness’, at the height of the struggle between Reformation and Counter-Reformation. They called these regions Nuestras Indías, choosing from their own experience, to equate them with the societies of the New World, rather than the consciously heretical, perhaps ‘over-advanced’ territory of Protestantism.15 Such areas were the natural home of what Colin Lucas and Réné Dupuy have termed ‘anti-‘ as distinct from ‘counter-‘ revolution, denoting an almost apolitical opposition to government interference, per se, and specifically to the centralized control of the new regime. However, the intense evangelizing of just these regions by the Tridentine Church arguably rendered some of the equally prone to genuine counter-revolution, rooted in ideological opposition to the revolutionary and Napoleonic regimes.16 In whatever cause, the hinterlands of the small, often ephemeral states that would become the inner empire, offered topographical redoubts for resistance of any kind, for whatever motive. It should be remembered that these hinterlands were the sources and theatres of relatively successful, prolonged resistance. It was not just that they could be easily suppressed that made them less of a threat, however. The hinterlands were also the heart of cultural darkness, as distinct from cultural incompatibility. The Napoleonic empire and the independent states energized by its hegemony would resume this struggle to ‘civilize’ the Indies within their own borders, but by secular means, and for the ends of aggressively secular policies. Once these states were either simply absorbed into France, as imperial departments, amalgamated into new satellite kingdoms, or drawn into the indirect support network of the Confederation of the Rhine, the process of bringing these hinterlands under direct state control became real and, indeed, was largely realized. It should ne noted that the highlands and backlands were not the sole theatres of resentment, or even violent reaction, to the de15  Adriano Prosperi: Tribunali della coscienza. Inquisitori, confessori, missionari. Turin 1996. Idem, Otras Indias: missionari della Contra-Riforma tra contadini e selvaggi. (Scienze, credenze, occulte, livelli di cultura. Atii del Convegno Internazionale di Studi, Florence 1980.) Florence 1982, 205–234. 16  Colin Lucas: Résistances populaires à la Révolution dans le Sud-Est. Mouvements populaires et conscience sociale. Paris 1985. Roger Dupuy: De la Révolution à la Chouannerie. Paris 1988.



A World That Was Lost?

63

mands of the new regime on the masses. Recent research on the Dutch departments – surely the most urbanized region of the entire empire – has revealed the extent and intensity of anti-conscription riots in the large Dutch cities. Topography determined the relative success and longevity of resistance, but not necessarily its well-springs. The Dutch example illustrates a standard reaction to standardized policies.17 French rule antagonized the ordinary people of very different places to the same degree, be it in the mountain fastness of Nuestras Indías, or the sophisticated urban, international crossroads of the Dutch conurbations. The internal conquest of the hinterlands of the inner empire largely took place in the years of general peace in Europe between 1800 and 1805, and the popular resistance to it, bore marked similarities to the disorder that raged continually in the lands of the outer empire. Two crucial characteristics made it different, however. First, exactly because these areas were safely within the Napoleonic zone of Europe, and so removed from external intervention by Britain, Austria or Russia, the pacification of the hinterlands was, in the main, completed; both time and diplomatic-military geography allowed this to happen. In the years of general peace, Napoleon and all his associated regimes could commit significant resources – civil as well as military – to this purpose. What made pacification possible, however, was the new-found power of the new regime to penetrate the hinterlands on a permanent, lasting basis. This was the second specific and crucial difference with outwardly similar circumstances in the outer empire. The French had the support of local centres of power in the pacification of the hinterlands: The old centres of power were either firmly in their hands, and / or fully supportive of these campaigns of internal conquest; local elites wanted to see the state gain a firmer grip on the periphery than had, historically, been the case, whatever wider reservations may have been harboured about Napoleonic hegemony. The forces of the new regime, spearheaded by the Gendarmerie, wore down overt resistance to conscription, and established a disseminated police presence in the heart of the countryside, and across the whole territory of the state. In the crude terms of Napoleonic exigencies, the smooth running of conscription and the permanent establishment of the Gendarmerie in settled brigades, marks the effective boundaries of the inner empire. Where these things did not happen – in the Kingdom of Naples, Spain or even the Vendée, where conscription quotas were kept artificially light – the other institutions essential to Napoleonic rule were not wholly effective, either. In con17  Johan Joor: De adelaar en het lam: onrust, opruiing en onwilligheid in Nederland ten tijde van het Koninkrijk Holland en de inlijving bij het Franse keizerrijk (1806–1813). Amsterdam 2000.

64

Michael Broers

trast, the hitherto almost ungoverned Apennine hinterlands of southern Piedmont, Liguria and the Piacentino, together with the previously bandit-ridden upper Rhine, saw fundamental changes in the levels of policing and state control. Few of these areas returned to the same levels of lawlessness or open defiance of authority that had been the norm, under the ancien regime. This was not achieved peacefully: all these areas saw major para-military operations in response to major disorder, and even after 1805–1806, there were still massive popular revolts: Central Italy, the Veneto and the Tyrol all saw huge risings in 1809, former the two against the Kingdom of Italy, the latter against Bavaria, signs that Napoleonic norms were imposed just as tenaciously by satellite and allied governments, as by the French, themselves. What is also notable about the 1809 revolts in Italy, however, was the fact that the old centres of power, now reinforced by French arms and Napoleonic institutions, held firm and were able to counter-attack and quell the insurrections. The new regime had its moments of weakness, but it survived, and it did so with the support of local officials. Other areas saw less spectacular, but very tenacious resistance to the new order. Within France – indeed, at its very heart – the Auvergne represented a virtual fortress for antirevolution. It was ground into obedience only by about 1810–1811, in terms of general compliance with conscription and a reduction of banditry to minor crime. This was achieved by ruthless persistence by the state’s local authorities and the Gendarmerie.18 For most of the Napoleonic period, the northern Auvergne was much more lawless, and harboured more réfractaires, than the Rhenish or Piedmontese departments, to say nothing of the Kingdom of Italy or the states of the Confederation of the Rhine, all of which were, effectively, more part of the empire than this region of France. What emerged from this combination of repression and state-building was a new map of Europe, with new contours in terms of law and order, and of the potential power of the state within its own borders, that the frontiers created at the Congress of Vienna disguise. The porous borders of the small 18  On the Auvergne: Iseer Woloch: Napoleonic conscription: state power and civil society. Past & Present CXI (1986), 101–129. On the Kingdom of Italy: A. Grab: Army, state and society: conscription in desertion in Napoleonic Italy (1802–1814). Journal of Modern History LXVII (1995), 25–54. Idem: State power, brigandage and rural resistance in Napoleonic Italy. European History Quarterly XXV (1995), 39–70. On Piedmont: Michael Broers: Napoleonic Imperialism and the Savoyard Monarchy 1773–1821. State Building in Piedmont. Lampeter 1997, 313–350. On the départements réúnis: Idem: The police and the padroni: Italian notabili, French gendarmes and the origins of the centralized state in Napoleonic Italy. EHQ XXVI (1996), 331–354. On the Tyrol: M. Dunan: Napoléon et l’Allemagne, le système continental et les débuts du Royaume de Bavière, 1806–1810. Paris 1942, 232–272. See also: F. G. Eyck: Loyal Rebels. Andreas Hofer and the Tyrolean Uprising of 1809. New York 1986.



A World That Was Lost?

65

states of Italy and Germany had been a paradise for banditry, just as their hinterlands had known little of stable, professional administration. This had changed greatly by 1814, first witnessed by the generally peaceful transition of power as Napoleonic rule collapsed, for there was no return to the violence that had marked the French defeats of 1799, or of their return, in 1800. More than this, the restored monarchs in Italy and the Netherlands, and those still on their thrones in the German mittelstaaten, either retained the essentials of the Napoleonic state, or soon returned to its practices, when attempts at integral restoration failed. Outward policies of ‘forgetting’ could not really disguise the fundamental changes wrought in the territories of the inner empire, most markedly, the reduction of their indigenous peripheries to tangible levels of control. The new regime, however cosmetically disguised after 1814, could now function in a climate of order unknown before Napoleonic rule. Conclusion: the Image of Empire and the Contours of Hegemony: The ‘Impossible Isthmus’ of Lotharingia On one level, there is a brutal simplicity behind how the French defined the inner empire, of how and where, and around whom, they traced the Ciceronian circle: The French looked for people and societies they felt most resembled their own. It was, in one way, as simple as that, from their own perspective, and was made all the more so, through the clear vision they had of themselves. They seldom, if ever, looked at the novel characteristics of another society with admiration; it seldom occurred to them to ‘borrow’ from the institutions or practices of even their close neighbours, unless they were already possessed of something very close to their own ideas, the great example being the educational system built around the University of Turin, under Savoyard absolutism in the eighteenth century.19 This was their attitude. Their own image of themselves was rooted in the culture of a macro-region – ‘Lotharingia’, something akin to Baurdel’s isthmus – and defined ever more sharply and clearly, as they came to rule over areas beyond it, within France, as well as beyond. It is ironic, but fitting with a Ciceronian view of the world, that an international empire should have its self image rooted in something not far removed from regional particularism, and this was the case. Within France, the Vendée-Militaire and the Midi lay beyond it, but the complex matrix of Cameralism, Josephism, a particular sort of urbanism and commerce, enabled it to spread eastwards, and even over the Alps, along the Po valley, at least in the minds of Napoleonic impe19  Gian Paolo Romagnani: Prospero Balbo. Intelletuale e uomo di stato. Turin 1990. Volume II, 1–240.

66

Michael Broers

rialists. This was a world of the commerce of rivers and canals, not of the open sea, of well trodden routes, not new horizons. It was an urban world, but in a very traditional sense; secular and literate, the world of the salon, but not the caffè, of the theatre, but not the opera, of enlightenment, yet not of restless innovation. These were not stereotypes or merely the contents of after-dinner conversational prejudice, but the bases on which the French formed judgments and relationships with those around them, and these benchmarks excluded vast swathes of their concitoyens, just as they did many beyond the old frontiers. They allowed a considerable number of the réunis in, as well. It all crystallized for the French, around the receptiveness of a given society, to the fundamentals of the Civil Code, for this determined family structures, concepts of property and its place in social and economic relationships, the ethos of civisme and the regard in which society held public service and the innate honnêté of a given polity, confirmed by a willingness to accept the world of the open, published trial, in place of inquisitorial justice. If the new administrés were seen as malleable to the moeurs embodied in the Code, they were civilized men who recognized the universal truth of a good law; if not, they had to learn such truths, through the good government Napoleonic hegemony would bring them. Above all, Lotharingia was a society governed by reason, rather than tradition, and tradition was not there to be respected. This was as necessary to impress upon the advanced, urbanized commercial worlds of the Hansa and Holland, as on the hinterlands of the Apennines; it was as big a challenge in the Vendée as in Croatia. Napoleonic ‘civilization’ had a regional core, and beyond that core, it had a civilizing mission. In this, the French imperialists readied themselves to make a reality of the empire of laws, in Cicero’s terms, when he said ‘Among free peoples who possess equality before the law we must cultivate an affable temper and … a loftiness of spirit.’20 This could serve as the motto of the aspirations of the makers of the inner empire. When it failed, there was a retreat to the closed world of the polis, and the sense that only France had produced l’homme régénéré.

20  On

Duties. Book I, 35.

The House of Nassau and the Re-Establishment of the Orange Dynasty in the Netherlands, 1813 By Mark Edward Hay, London On 15 March 1813, Tsar Alexander I, in his pursuit of the retreating Grande Armée, passed through the Prussian city of Breslau. The Prince of Orange, William VI, who was residing in exile on his private estates nearby, seized the opportunity to meet the Tsar’ to request his assistance in retaking the Netherlands for the House of Orange. The Tsar was quick to pledge his support, and he accepted the Prince of Orange into the anti-Napoleonic coalition that would defeat Napoleon in 1814.1 This anecdote raises several questions about the return of the House of Orange to the Netherlands. How could a stateless, destitute and exiled dynasty convince the Tsar to support its plans for a return to the Netherlands? Why did the other great powers follow suit? And why was the Prince of Orange in London at the outbreak of the uprising in the Netherlands in 1813, rather than with the allied armies in Central Europe? The aim of this contribution is to explore how the House of Orange navigated the tumultuous diplomatic environment in 1813 to re-establish itself as the ruling dynasty of the Netherlands. I. Introduction In the historiography, the return of the House of Orange is often presented as a logical outcome of the uprising in the Netherlands. In November 1813, a triumvirate of Dutch notables – Gijsbert Karel van Hogendorp, Leopold van Limburg Stirum, and Frans Adam van der Duyn van Maasdam – seized on the crumbling of Napoleonic rule in the Netherlands to proclaim a new Dutch government in The Hague, before appealing to their countrymen to join the regime. In a few places across the Netherlands the Napoleonic regime held out, but by and large the cities and municipalities of the Netherlands were quick to pledge their allegiance to the new regime. Sensing that 1  Prince of Orange to Hardenberg, 19 March 1813, H. T. Colenbrander (ed.): Gedenkstukken der Algemeene Geschiedenis van Nederland van 1795 tot 1840, 10 vols. The Hague 1905–1922, VI: 1864; Prince of Orange to Wilhelmina, 19 March 1813, Johanna W. A. Naber (ed.): Correspondentie van de Stadhouderlijke Familie, 1777–1820, 5 vols. The Hague, 1931–1936, V: 198–199.

68

Mark Edward Hay

momentum was on their side, the triumvirate dispatched a mission to the Prince of Orange to offer him the ill-defined title of sovereign of the Netherlands. The Prince of Orange accepted. He arrived in the Netherlands on 30 November 1813, marking the return of the House of Orange to the Netherlands.2 This portrayal is not incorrect, but it is one-sided. It views the restoration of the House of Orange from the perspective of the geopolitical actor that is the Netherlands, but it ignores the agency of the House of Orange. This reflects the tendency in Dutch historiography to superimpose the history of the Netherlands onto the history of the House of Orange. Additionally, often in conjunction with the above, the return of the Orange dynasty to the Netherlands is attributed to British intervention.3 For several reasons this is understandable. For British security, it was crucial that the continental North Sea coast remained in the hands of a friendly power that was sufficiently robust to ward off incursions. The southern Low Countries were generally dominated by great powers, who, due to the frequency of diplomatic reversals in European politics, could not be counted upon to act in the interest of Britain. Therefore, Britain relied on the Dutch Republic to neutralise any threat.4 In 1795 the Anglo-Dutch security agreement broke down, when France conquered the Dutch Republic in a lightening campaign. But Britain was quick to develop a Dutch policy, which it pursued with vigour. In 1797–1799, Lord Grenville, the British foreign secretary, proposed a European concert whereby the Low Countries would be united and placed under the House of Orange.5 In August 1799, an Anglo-Russian-Orange military force was dispatched to liberate the Netherlands, but the expedition ended in failure.6 In his memorandum of 1805, Prime Minister Pitt the 2  I. de Haan: Een Nieuwe Staat. In: I. de Haan, et al. (eds.): Een nieuwe staat. Het begin van het Koninkrijk der Nederlanden. Amsterdam 2013, 12–17; W. Uitterhoeve: 1813. Haagse Bluf. De korte chaos van vrijwording. Nijmegen 2013; J. Koch: Koning Willem I, 1772–1843. Amsterdam 2013, 224–226; H. T. Colenbrander: Inlijving en opstand. Amsterdam 1941, 171–318; P. J. Blok: Staatkundige gescheidenis van de omwenteling. In: G. J. W. Koolemans Beijnen (ed.): Historische gedenkboek der herstelling van Neêrlands onafhankelijkheid in 1813. Haarlem 1912–1913, I: 1–33. 3  N. C. F. van Sas: Onze Natuurlijkste Bondgenoot. Nederland, Engeland en Europa, 1813–1831. Groningen 1985; E. Lamberts: Het Verenigd Koninkrijk als Europese creatie. In: I. de Haan, et al. (eds.): Een nieuwe staat. Het begin van het Koninkrijk der Nederlanden. Amsterdam 2013, 113–133; Koch: Willem I (note 2), 215– 224, 228–230; L. A. Struik: Oranje in Ballingschap 1795–1813. Een Odyssee. Amsterdam 2006, 343–365. 4  A. W. Ward / G. P. Gooch (eds.): The Cambridge History of British Foreign Policy 1783–1919, 3 vols. Cambridge 1922–1923, I: 54–57. 5  J. M. Sherwig: Lord Grenville’s Plan for a Concert of Europe, 1797–99. In: The Journal of Modern History 34 / 3 (1962), 291. 6  P. Mackesy: Statesmen at War. The Strategy of Overthrow 1789–1799. London 1974; J. Zuurbier, et al. (eds.): De lange herfst van 1799: de Russisch-Engelse invasie



The House of Nassau

69

Younger likewise called for the restoration of an independent Dutch state, but he proposed to annex only Antwerp and its surroundings to this Dutch state, with the rest of the southern Low Countries allocated to Prussia to ensure that both states had a stake in containing French ambitions in the Low Countries.7 In 1809 a second British expedition was landed in the Netherlands with the limited aim of securing the strategic port of Antwerp, but this expedition ended in failure too.8 In addition to British security interests in the Low Countries, the relations between the British Royal Family and the House of Orange were good due to intermarriage and common dynastic linkages to other protestant houses. When the House of Orange was driven from the Netherlands in January 1795, it sought exile in Britain. William Frederick, the future King William II, was given a British upbringing, in part to strengthen the British connection. In 1809, William Frederick was sent to study at Oxford. After graduation in 1811, he joined the British forces in the Peninsula under Wellington, where he rose to the rank of Major-General by late 1813. Inquiries were also made into the possibility of his marriage to Princess Charlotte, the daughter of the Prince of Wales and later King George IV.9 Finally, the idea that the return of the House of Orange to the Netherlands is due to British intervention is given credence by the fact that the Prince of Orange had been in Britain for some months before the outbreak of the Dutch uprising against Napoleonic rule, that the Prince of Orange was transported from Britain to the Netherlands by the Royal Navy, and that he received British financial and material support in his endeavours.10 But caution is needed in seeing Britain’s hand behind the restoration of the Orange dynasty. Whilst British security still depended on a friendly power in the Netherlands, after several failed attempts at securing British interests in the Low Countries, by early 1813, the focus of British foreign policy had shifted away from the Low Countries and onto maintaining maritime superiin polder en duin. Castricum 1998; A. B. Piechowiak: The Anglo-Russian Expedition to Holland in 1799. In: The Slavonic and East European Review 41 / 96 (1962), 182–195. 7  C. K. Webster (ed.): British Diplomacy 1813–1815. London 1921, 389–394; Ward / Gooch: British Foreign Policy (note 4), I: 331–342. 8  G. C. Bond: The Grand Expedition. The British Invasion of Holland in 1809. Athens, GA 1979. 9  J. van Zanten: Koning Willem II, 1792–1849. Amsterdam 2013, 59–165; A. Hallema: Oranjevorsten in Ballingschap. Van Dilleburg en Londen uit voor Vrijheid en Recht. Maastricht 1947, 180–182, 240–242; J. Rudersdorf: Die Teilnahme des Erbprinzen Wilhelm von Oranien-Nassau am Spanischen Unabhängigkeitskrieg (1808– 1814). In: Nassauische Annalen 118 (2007), 392–408. 10  G. J. Renier: Great Britain and the Establishment of the Kingdom of the Netherlands 1813–1815. A Study in British Foreign Policy. The Hague 1930, 66–93, 120–124.

70

Mark Edward Hay

ority and more successful endeavours in the Iberian Peninsula. Moreover, by mid-1813, the military successes of the continental allies induced Britain to provide diplomatic and financial support for the anti-Napoleonic war effort. This served Britain’s broader aims of defeating Napoleonic France, but it did mean that Britain’s interests, including those in the Low Countries, became entangled with those of the allies. And it remained to be seen whether British interests in the Low Countries would be accepted by the allies, and at what diplomatic cost.11 So, in 1813, the Low Countries were not a priority for Britain. Furthermore, it is important to emphasise that British interests in the Low Countries did not equate to support for a restoration of the House of Orange. In 1813 Anglo-Orange relations were not bad, but British opinions of some members of the family were better than of others. The opinion of the last Stadtholder William V, who had spent much of his exile in Britain in 1795, was generally favourable, as was the opinion of his grandson, William Frederick, but British opinion was less favourable of the Prince of Orange (at this point: Hereditary Prince). To start, the prince had spent most of his days in exile on the continent rather than in Britain, and so he was not well known in British circles. More importantly, there were doubts as to the prince’s suitability as future leader of the Netherlands, mainly as the result of his flexible approach to politics and his cavalier regard for traditional Orange loyalties. In contrast to his father, the Prince of Orange had no qualms about dealing with Britain’s archenemy Napoleon, in his pursuit of compensation for his losses in the Netherlands. And when the decision to deal with Napoleon disappointed, the Prince of Orange’s quest for compensation led him to seek Prussian and Habsburg support, rather than British support.12 Moreover, the idea that, in 1813, Britain readily supported the restoration of the House of Orange is not supported by the available evidence. The Prince of Orange first attempted to re-establish contact with the British government on 20 February 1813, but the overture was ignored by Viscount Castlereagh, who had taken over the foreign office in March 1812.13 A second attempt, submitted via Hendrik Fagel, the de facto Orange ambassador to the Court of St James’s, did elicit a response. The retired Lord Malmesbury, who counselled the British government on Dutch affairs, was instructed to update Orange on the British position. The note is much revealing: I […] perceive the Prince of Orange still has a hankering to come here [London], [which] would be liable to many grave objections, and above all be attended with no possible advantage and a great useless expense; he had much better turn his 11  Ward / Gooch:

British Foreign Policy (note 4), I: 397–398. Great Britain (note 10), 57–58, 65; Koch: Willem I (note 2), 219. 13  Prince of Orange to Castlereagh, 20 February 1813, Colenbrander: Gedenkstukken (note 1), VI: 1857–1858; Naber: Correspondentie (note 1), V: 198. 12  Renier:



The House of Nassau

71

whole thoughts to Austria and endeavour thro’ [sic] the means of that Court to recover (when the time comes) his German Territories.14

The prince then tried to force the British government into taking a decision on whether to support the House of Orange by traveling to London in person.15 After this became known in London, Malmesbury reiterated the British position: “I really and truly can do nothing: to offer advice and counsel is of no use”, and: “The sooner he [the Prince of Orange] returns the better […]”, elaborating by pointing out that the Prince of Orange ought to be at the frontline at such crucial times.16 But Malmesbury’s discouragement was too late. The Prince of Orange had already boarded on a ship for Britain.17 It was only after the Prince of Orange arrived in London on 25 April 1813 that the House of Orange once again became a consideration in British foreign policy, but even then, it took time for British politicians to warm to the idea of the Orange returning to the Netherlands. On 27 April 1813, the prince met with Castlereagh to argue his case, but Castlereagh was unwilling to commit Britain to supporting a restoration of the House of Orange.18 On 18 May 1813, a second meeting followed with the Prince Regent, Castle­ reagh, and Malmesbury. The Prince of Orange was informed that Britain was willing to assist in restoring the House of Orange to the Netherlands, but that the degree of assistance depended on Orange’s desire to renew the friendship with Britain – which was interpreted to mean the acceptance of British security interests in the Low Countries and Britain’s retaining of some of the Dutch colonies it had conquered during the past war. Furthermore, British support for an Orange restoration was made conditional on consultations with the continental allies.19 Whilst awaiting the allies’ response, Castlereagh suggested that the Prince of Orange remain in London. There are no clear indications that the prince was held in London against his will, but what is 14  Malmesbury to Fagel, 11 March 1813, Colenbrander: Gedenkstukken (note 1), VI, 1860. 15  Prince of Orange to Castlereagh, 9 April 1813, Netherlands, Nationaal Archief [NL-NA] 2.02.01, 6082. 16  Malmesbury to Fagel, 23 April 1813, Colenbrander: Gedenkstukken (note 1), VI, 1873–1874. 17  Prince of Orange to Wilhelmina, 18 April 1813, Naber: Correspondentie (note 1), V, 201. 18  Minutes of meeting Prince of Orange and Castlereagh, 23 April 1813, England, National Archives [EN-NA] FO 37 / 64; Notes by B. P. van Lelyveld 25 April–30 November 1813, Colenbrander: Gedenkstukken (note 1), VI, 1874–1876. 19  Castlereagh to Cathcartt, 20 May 1813, EN-NA FO 65 / 83; Minutes by Fagel, 18 May 1813, Colenbrander: Gedenkstukken (note 1), VI, 1881–1882; Prince of ­Orange to Wilhelmina, 21 May 1813, ibid., VI, 1883–1884.

72

Mark Edward Hay

certain, is that he would have preferred to return to the continent to participate in the military campaign to overthrow Napoleon.20 On several occasions Prince of Orange can be found complaining about having to remain in London for political reasons.21 It was not until 22 November 1813, after the British government was informed of the outbreak of the uprising in the Netherlands that the Prince of Orange was allowed to return to the Netherlands. So, whilst Britain undeniably played a role in the restoration of the House of Orange, the evidence does not support early and enthusiastic support for an Orange restoration. Reflecting on the historiographical representation of the return of the House of Orange to the Netherlands in general, one could conclude that role played by Dutch domestic actors is understood and that the role played by Britain is understood, though not British motivations, but that the role played by the House of Orange is ignored. The unawareness of the agency of arguably the most important actor significantly inhibits a full understanding of this crucial episode in the history of the House of Orange, and by extension the history of the Netherlands. II. The Ottonian Nassaus Part of the reason for the lack of understanding of the historical agency of the House of Orange is that the dynasty is perceived to be but a small family that was marginalised from European affairs after its ouster in 1795. Nothing was further from the truth. The key to understanding the historical agency of the House of Orange is to view it as a component part of the House of Nassau. On the eve of the French Revolution the House of Nassau was divided into two branches: the Walramian Nassaus and the Ottonian Nassaus. The Walramian Nassaus were subdivided into three branches: Nassau-Saarbrücken, Nassau-Weilburg and Nassau-Usingen. The Nassau-Saarbrücken branch died out in 1797, and its territory, on the left bank of the Rhine, was inherited by Nassau-Usingen, but fell to France after the Imperial Recess of 1803. Territorially, Nassau-Weilburg and Nassau-Usingen were entirely in the Holy Roman Empire. The territory was considerably fragmented and despite lying between the Rhine, the Main and the Lahn rivers, the territories were landlocked. Politically, the Walramian Nassaus were loyal to the Reich and the Habsburg Monarchy.22 The territory of the Ottonian 20  Prince of Orange to Wilhelmina, 7 October 1813, Naber: Correspondentie (note 1), V, 223–227; Koch: Willem I (note 2), 221. 21  Prince of Orange to Van Suchtelen, 7 October 1813, NL-NA 2.02.01, 6211. 22  B. C. D. Anderson: Ernst Marschall von Bieberstein and the Foundation of Modern Nassau (1770–1814). Ann Arbor 1987, 23, 28–30; W. Schüler: Das Herzog-



The House of Nassau

73

Nassaus is referred to as Nassau-Dietz, which was an amalgamation of four previously separate counties, Dietz, Hadamar, Dillenburg and Siegen. Nassau-Dietz also lay entirely within the Holy Roman Empire, but in addition to these lands, the Ottonian Nassaus possessed extensive territories in the Netherlands, as well as the highest civil position, the Stadtholdership.23 The Ottonian Nassaus, of course, are commonly known as the House of Orange-Nassau, or simply the House of Orange. Where the political loyalties of the Walramian Nassaus lay with the Reich and the Habsburgs, Orange had a long tradition of strong ties with Britain and Prussia. In 1780s the House of Orange was unseated by Dutch revolutionaries, the Patriots. Only Prussian military intervention, a personal request from the Princess Consort Wilhelmina to her brother Frederick William II of Prussia, and British political scheming, helped restore the House of Orange. Upon return, the Stadtholder set about strengthening his position. In 1788, he concluded a treaty with Prussia and Britain, in which Berlin and London were committed to militarily intervention if the House of Orange was again threatened.24 As Princes of Nassau, Orange was also tied to the Reich and the Habsburg Monarchy, but due to tensions arising from Habsburg possession of the southern Low Countries, the relations never became as important as relations with Britain and Prussia.25 The relationship between the various branches of the House of Nassau was generally good. The Princes of Orange were always sent on a tour of Nassau and surrounding states to meet local rulers and notables, and the Princesses of Orange frequently married into the other branches. But with the signing of tum Nassau 1806–1866. Deutsche Geschichte im Kleinformat. Wiesbaden 2006, 3; B. C. D. Anderson: State-Building and Bureaucracy in Early-Nineteenth-Century Nassau. In: Central European History 24 / 3 (1991), 223–225. 23  E. Treichel: Der Primat der Bürokratie: Bürokratischer Staat und bürokratische Elite im Herzogtum Nassau 1806–1866. Stuttgart 1991, 37–45; H. P.  H. Jansen: De Bredase Nassaus. In: C. A. Tamse (ed.): Nassau en Oranje in de Nederlandse Geschiedenis. Alphen aan de Rijn 1979, 13–44; B. Woelderink: Oranje tussen Nassau en Nederland, 1795–1802. In: Jaarboek Oranje-Nassau Museum (1996), 93; Struik: Oranje in Ballingschap (note 3), 77. 24  Traité d’Alliance défensive entra le Roi de la Grand-Brétagne et L.H.P. les Etats-Généraux D.P.U., 23 April 1788, G. F. de Martens: Recueil de Traits d’Alliance […], 8 vols. Gottingen 1818, IV: 372–377; Traité d’Alliance défensive entra le Roi de Prusse et L.H.P. les Etats-Généraux D.P.U., Berlin. 15 April 1788, ibid., IV: 377–382; Traité provisionel d’alliance défesive entre le Roi de Prusse et le Roi de la GrenadeBrétagne. Loo, 13 Juin 1788, ibid., IV: 382–385. 25  P. Schroeder: The Transformation of European Politics 1763–1848. Oxford 1994, 31–32; K. Vetter: Oranien-Nassau und die Hohenzollern im 17. / 18. Jahrhundert. In: H. Lademacher (ed.): Oranien-Nassau, die Niederlande und das Reich. Münster 1995, 98.

74

Mark Edward Hay

the ‘Nassauischer Erbverein’, the Union of Inheritance of 1783, the intradynastic ties took on a new meaning. The act guaranteed that the Nassau lands remained an undivided entity and that alienation of Nassau lands was forbidden. Furthermore, it established a clear line of succession within the dynasty.26 The Prince of Orange-Nassau-Dietz, who was already de facto primus inter pares and who had acquired the princely title, whilst his Walramian cousins remained dukes, became President of the House of Nassau. But the act was not merely aimed at pre-empting potential intra-dynastic disputes over succession and territory.27 It was also a commitment to collaborate in international politics. In the multipolar international order of the 1780s, this dynastic alliance makes much sense. As small geopolitical actors, the Netherlands and the Nassaus risked being dominated by the larger international actors. By allying into a dynastic network there was a greater chance of cancelling out these risks. Furthermore, for small geopolitical actors it was challenging and expensive to maintain relations with all key international powers. Conducting international politics through dynastic networks allowed for one component part of the dynasty to focus on maintaining ties with one, or two actors, whilst the other actors remained accessible through its partners. Ideally, a dynastic network would have members with ties to all key actors. The House of Nassau, in which Orange had strong ties with Britain and Prussia and the Walramians had strong ties to the Habsburgs and the Reich, closely approached this ideal. 1. A German Dynasty? The ascendancy of France on the eve of the nineteenth century posed a grave challenge to the House of Nassau, though particularly to Orange. In 1795, French armies conquered the Netherlands and forced the House of Orange to flee. In exile the House of Orange hoped to invoke the 1788 treaty, and compel Britain and Prussia to intervene to restore them to the Netherlands. For Prussia, however, the dangers of a continued conflict with France weighed heavier on the balance of foreign policy than did their commitments to Orange. On 5 April 1795 Prussia concluded a peace with France that forced her to withdraw from the First Coalition and recognise French occupation of the left bank of the Rhine. This treaty was a severe blow to 26  Kirberger Conferenz Protocoll, 7–24 January 1783, Netherlands, Koninklijk Huisarchief [NL-KHA], B6, 38I. 27  B. Woelderink: De erfprins in Nassau in 1789. Het bezoek van prins Willem Frederik aan de Nassause erflanden als onderdeel van zijn Duitse studietijd. In: Jaarboek Oranje-Nassau Museum (1994), 7–24; Struik: Oranje in Ballingschap (note 3), 17, 77; Anderson: State-Building (note 22), 223–224; Anderson: Modern Nassau (note 22), 23–28.



The House of Nassau

75

Orange hopes of being restored to the Netherlands, but it was not a complete abandonment of the House of Orange. Prussia had not officially recognised the new regime in the Netherlands and therefore suitable compensation for Orange could still be negotiated. Moreover, the Franco-Prussian peace guaranteed that Nassau-Dietz remained safely inside a neutral zone separating the French influence sphere from the Prussian one.28 Britain remained at war with France, but undertook no direct action in support of Orange until the aforementioned invasion of 1799. Its failure caused a rift in Anglo-Orange relations, but the definitive break did not come until 1 October 1801, when Britain and France signed the preliminary articles of peace in London. This prompted the Stadtholder to leave Britain to settle in Dietz in November 1801.29 The Habsburg Monarchy was the most determined adversaries of France, and so briefly the Stadtholder, in his capacity of President of the House of Nassau, pinned his hopes of restoration to the Netherlands on the Habsburgs. However, periodic Habsburg defeats soon dashed Orange hopes. The Peace of Campo Formio, of 17 October 1797, ended the War of the First Coalition and confirmed French possession of the left bank of the Rhine. Article 20 of the Treaty of Campo Formio stipulated that those sovereigns who had lost territory on the left bank of the Rhine would be compensated with territory elsewhere in the Holy Roman Empire, and that a congress would be held at Rastatt to hammer out these issues. The resumption of war between the Habsburgs and France in 1798 proved only temporary. On 9 February 1801 the Habsburgs and France signed the Peace of Lunéville, once again confirming French occupation of the left bank of the Rhine, and the need to compensate displaced sovereigns.30 With the arrival of a general European cessation of hostilities the process of territorial reorganisation of Europe could begin. The House of Orange was in a difficult position. The Rastatter Congress dealt only with compensation claims of sovereigns who had lost territory within the Holy Roman Empire, and the territorial losses of the House of Orange in the Netherlands lay outside the Holy Roman Empire. But the Stadtholder circumvented this legality 28  Réflexions du 3 d’Août 1795, Colenbrander: Gedenkstukken (note 1), II: 851– 855; Der Sonderfrieden von Basel, 5 April 1795, U. Hufeld: Der Reichsdeputationshauptschluß von 1803. Eine Dokumentation zum Untergang des Alten Reiches. Köln 2003, 37–39; Anderson: Modern Nassau (note 22), 49; Struik: Oranje in Ballingschap (note 3), 80–81; M. Bernath: Die auswärtige Politik Nassaus 1805–1812. Ein Beitrag zur Geschichte des Rheinbundes und der politischen Ideen am Mittelrhein zur Zeit Napoleons. In: Nassauische Annalen (1952), 108. 29  Koch: Willem I (note 2), 88–118; Struik: Oranje in Ballingschap (note 3), 164– 166. 30  Der Sonderfrieden von Campo Formio, 17 October 1797, Hufeld: Der Reichsdeputationshauptschluß (note 28), 54–56; Der Frieden von Lunéville, 9 February 1801, ibid., 57–64.

76

Mark Edward Hay

by reverting to his role as President of the House of Nassau and dispatching a single delegation to pursue the interests of the entire house, including Orange’s interest in the Netherlands. The scheme paid off. In return for ­ ­renouncing all claims to the Netherlands, per treaty of Amiens, Orange was offered compensation consisting of the enlargement of Orange’s lands in Nassau with the bishopric of Fulda, Dortmund, several abbeys, Corvey, ­Weingarten, the towns of Isny and Buchhorn, as well as several other small tracts of land. The territory comprised about 120,000 inhabitants, and in terms of revenue it was about a quarter of what the Stadtholder had received in the Netherlands.31 This offer caused a schism within the House of Orange. The Stadtholder William V refused to accept secularised territory out of principle, but the Prince of Orange was not burdened by such moralities. He feared that if his father persisted in his refusal to accept compensation, Orange would be left empty-handed.32 After much debate a compromise was reached whereby William V remained ruler of Nassau-Dietz, but abdicated as Stadtholder of the Netherlands in favour of his son. The Prince of Orange, now formally Stadtholder William VI, could then decide to accept the French offer. As expected, William VI took up the offer and thus became Prince of Fulda. Henceforth, there were two Princes of Orange: William V of Orange-NassauDietz, and William VI of Orange-Nassau-Fulda.33 A more important consequence was that the links between Orange and the Netherlands were severed, and Orange became an exclusively German dynasty. The Walramian Nassaus has lost some territory around Saarbrücken and could thus claim compensation at Rastatt, but the opportunity for connecting the fragmented Nassau lands was lost, as most of the territory was awarded to Hesse-Darmstadt. However, the translocation of Orange to Nassau did contribute to the consolidation of the territory of the House.34

31  Koch: Willem I (note 2), 119–134; Struik: Oranje in Ballingschap (note 3), 108–120, 138–182; J. A. Bornewasser: Koning Willem I. In: C. A. Tamse: Nassau en Oranje in de Nederlandse Geschiedenis. Alphen aan de Rijn 1979, 236; Woelderink: Oranje tussen Nassau en Nederland (note 23), 98–108. 32  William V to Hereditary Prince, 12 June 1801–18 September 1801, Naber: Correspondentie (note 1), IV: 44–46; William V to Hereditary Prince, 29 May 1802, Colenbrander, Gedenkstukken, VI: 703–706. 33  ‘Dossier Fulda’, NL-KHA, A35, XV2; Struik: Oranje in Ballingschap (note 3), 183–213; Koch: Willem I (note 2), 134–139. 34  U. Ziegler (ed.): Quellen zu den Reformen in den Rheinbundstaaten. Volume 5: Regierungakten des Herzogtums Nassau 1803–1814. München 2001, 6–10; Anderson: Modern Nassau (note 22), 55–100; Treichel: Der Primat der Bürokratie (note 23), 46–50. The Walramians were content with the result: Frederick William of Weilburg to Prince of Orange, 14 February 1803, NL-KHA, A32, 102.



The House of Nassau

77

2. Confrontation and Isolation William VI was not wholly satisfied with the compensation he received for the family losses in the Netherlands, and he set out on a quest for additional compensation that would have dire consequences for the House of Orange. The prince had taken the liberty to interpret the compensation that he had accepted as the result of a deal between himself and France only, and he reserved the right to obtain additional compensation from the new Dutch regime. In 1804, together with the arch-schemer Charles-Maurice Talleyrand, the prince secured another 5 million guilders of compensation. However, when Napoleon got word of this impeding transaction, he intervened to appropriate the money for his war effort. The prince was furious and in his reaction, he dragged along his father. In September 1804 Napoleon held an audience for the smaller German princes in Mainz. Both Princes of Orange were invited, but both refused to attend.35 Napoleon responded by occupying Nassau-Dietz in anticipation of the outbreak of war with Prussia, forcing William V to flee to Brunswick, where he died on 9 April 1806. Formally, Nassau-Dietz now passed to William VI, but de facto, Dietz was under French control.36 The Nassau lands of the House of Orange subsequently became bargaining chips in Napoleon’s efforts to reorganise central Europe. Habsburg defeat in the War of the Third Coalition presented Napoleon with the opportunity to disband the Holy Roman Empire. On 12 July 1806, Napoleon prompted sixteen German states to sign the Confederation of the Rhine Act, with which the signatories organised themselves into the Confederation of the Rhine under protection of the French Emperor. The House of Nassau was one of the original signatories, but the Nassau delegate represented only Nassau-Weilburg and Nassau-Usingen.37 The Walramians were greatly rewarded for joining the Confederation. Usingen and Weilburg were united into a single duchy, and Frederick William of Nassau-Weilburg was elevated to Prince of Nassau. His cousin, Prince Frederick Augustus of Nassau-Usingen, remained Duke of Nassau. In 1816, the Walramian branches were united, when both Frederick William and Frederick Augustus died in quick succession. Frederick William’s son, William, became sole ruler of the Walramian Nassaus. Territorially, the Walramians also benefitted from joining the Confederation of the 35  Struik:

Oranje in Ballingschap (note 3), 208–210, 220–225. troop movements: De Heerdt d’Eversberg to William V, 10 March 1806, NL-KHA, A35, XIV14; Charles de Dalwijk to William V, 12 March 1806, NL-KHA, A35, XIV14; Hallema: Oranjevorsten in Ballingschap (note 9), 148. 37  Convention relative à la Confédération du Rhin […], Collection des Actes, Reglemens, Ordonnances et Autres Pièces Officielles Relatives a la Confédération du Rhin. Paris 1808, I: 11–22. 36  French

78

Mark Edward Hay

Rhine. The lands of three princes, three imperial counts and eight knights of the empire were added to the united Duchy of Nassau.38 For the House of Orange, the creation of the Confederation of the Rhine meant disaster. Nassau-Dietz was divided up. The county of Dietz and its surroundings were allocated to the Duchy of Nassau. The remaining territories, Dillenburg, Hadamar, and Siegen, were incorporated into the Duchy of Berg. The territorial integrity of Fulda also seemed to crumble as Napoleon stripped off tracts of territory to hand out to his dependants. The abbey of Weingarten and the town of Isny, for instance, were awarded to the King of Württemberg.39 Napoleon did inform the Prince of Orange that he would be allowed to retain the remainder Fulda if he joined the Confederation of the Rhine. But if the prince refused, Fulda would be incorporated into Hessen. For the prince, however, things had gone too far already. So rather than join the Confederation of the Rhine, he entered the Prussian army. In hindsight, this was an unfortunate decision. The prince commanded a Prussian division but was taken captive at Erfurt, when French troops took the city on 16 October 1806.40 Napoleon now seized the principality of Fulda, which was later awarded to the new state of Westphalia.41 Affairs continued to go downhill for Orange thereafter. Initially the Prince of Orange hoped to receive compensation for the loss of Fulda, and he made three desperate attempts to reestablish relations with Napoleon, but Napoleon held Orange responsible for their misfortune and dismissed the overtures. Defeated and resigned, Orange retired to the Niederländische Palais in Berlin.42 The outbreak of the War of the Fifth Coalition offered the Prince of Orange a new opportunity to regain his losses. He entered Habsburg service as a Major-General, but he was wounded at Wagram and forced to retire from active service.43 The Prince now retreated to his private estates in Silesia.44

38  Proklamation zur Errichtung des Herzogtums 1806, Schüler: Das Herzogtum Nassau (note 22), 306–307; Territorial mutations: Articles 15, 20, 24 of Convention relative à la Confédération du Rhin […], Collection des Actes (note 37); Anderson: Modern Nassau (note 22), 152–191; M. Bernath: Die auswärtige Politik Nassaus (note 28), 130–147; Anderson: State-Building (note 22), 233. 39  [Unclear, in name of Napoleon] to Prince of Orange, 22 July 1806, NL-KHA, A35, XIV15. See also note 38. 40  Prince of Orange to Wilhelmina, 24 July 1806, Naber: Correspondentie (note 1), IV: 244–245; B. Schoenmaker and C. M. Schulten (eds.): Oranje op de Bres. Vorstenhuis en Leger in de Nederlandse Geschiedenis. Amsterdam 1989, 40; Koch: Willem I (note 2), 167–172; Struik: Oranje in Ballingschap (note 3), 245–263. 41  Ibid., 269–288. 42  Colenbrander: Gedenkstukken (note 1), Nos 533, 534, 537, 538, 540, V: 761– 762, 764–767. 43  Schoenmaker / C.  M. Schulten (eds.): Oranje op de Bres (note 40), 40.



The House of Nassau

79

3. Oranje Boven! It was at this low ebb in the fortunes of the House of Orange that Tsar Alexander passed by the Orange estates, allowing the prince to offer his services the Tsar. The Tsar’s accepting Orange into the alliance might seem puzzling, because, superficially, the House of Orange had nothing to contribute to the anti-Napoleonic war effort. But the Prince of Orange had several things going for him. To start, he had luck. The prince caught the Tsar at a time when, after a long and exhausting military campaign in Russia, he was in dire need of allies, both to continue the war and to assert his position as leader of the soon-to-be Sixth Coalition. And so, one may expect the Tsar to have been receptive to offers of alliance, in particular if it came from a House that had opposed Napoleon uninterrupted since 1804. But the Orange had more objective support to offer. To start, since Napoleon’s intervention had collapsed the compensation deal with the Dutch regime, the House of Orange, at least in the Prince’s view, still had an outstanding claim to the Netherlands. This could be utilised to reinforce the allied legitimacy of challenging Napoleon. More importantly, despite their expulsion from their dynastic territories, Orange remained the Presidents of the House of Nassau, which meant that the Prince of Orange could be employed to restore allied influence amongst the states of central Europe. Of course, in March 1813, Orange’s contribution to the anti-Napoleonic alliance was very much hypothetical. It remained to be seen whether the Prince could live up to the role he assigned for himself. But in the months to come, Orange showed himself up to the task. A first thing he did was to use his position as member of the alliance to organise a military force. After the Dutch Republic came into French orbit in 1795, Dutch soldiers had participated in French military campaigns. So too was the case in Napoleon’s invasion of Russia in 1812. The historiography has it that the Dutch contingent of the Grande Armée was lost in Russia. This is true, but it does not mean that all Dutch troops perished in Russia, but rather that the Dutch contingent ceased to function a coherent fighting force. A good many Dutch soldiers were captured by the allies, or deserted and were rounded up. Dutch prisoners of war were given the opportunity of taking service in the allied armies, which many did.45 The Prince of Orange 44  J. A. van Hamel: ’s Erfprinsen Toevluchtsoord. De Latere Koning Willem I als Landheer op het Posensche Riddergoed Raçot, Gedrurende Zijne Verdrijving uit het Vaderland. In: Bijdragen voor Vaderlandsche Geschiedenis en Oudheidkunde (1932), 231–232. 45  Dutchmen in allied service: Wilhelmina to Constant Rebecque, 2 December 1813, NL-NA, 2.21.008.01, 34. Lützow Freikorps: Louise to Prince of Orange, 10 March 1813, Naber: Correspondentie (note 1), V, 187. In Second Battalion of the

80

Mark Edward Hay

gathered these seasoned Dutch troops and organised them into a military force, the Dutch Legion of Orange.46 A second thing Orange did was re-establish their position as Presidents of the House of Nassau.47 This was relatively easy because the ties with the Walramian Nassaus were never severed.48 Besides, in the light of unfolding events in central Europe, the Walramians recognised the benefits of establishing relations with the allies. So, rather than Orange taking charge of Nassau affairs, the re-establishing of relations between Orange and Nassau may be characterised as a restoration of Nassau’s dynastic politics of the late eighteenth century, which benefitted all those involved. As President of the House of Nassau, the Prince of Orange gained command over Nassau’s troops, which he intended to use in the struggle against France. The problem was, however, that, as a member of the Confederation of the Rhine, Nassau had been forced to place its troops at the disposal of France. In early 1813, Nassau’s troops were serving in the Iberian Peninsula.49 But rather than resign themselves to the seemingly inevitable loss of their army, the Orange and his Walramian cousins designed a ploy to retrieve their troops from the Peninsula. The Walramians would instruct their troops to defect to the British army under Wellington.50 To avoid the risk of the troops being imprisoned or employed in the British army, the Prince of Orange, who by this time had arrived in London, would notify the British government that his troops were willing to defect to Wellington, and request for their transport to the frontline in Germany.51 Bathurst, the British secretary of state for war and the colonies, was keen to assist in the repatriating of Dutch troops and he drew up instructions for Wellington to assist in the defection. The Prince of Orange was then presented with these instructions and Russo-German Legion: G. Venzky: Die Russisch-Deutsche Legion in den Jahren 1811–1815. Wiesbaden 1966, 86; J. W. A. Naber: Prinses Wilhelmina, gemalin van Willem V., Prins van Oranje. Amsterdam 1908, 280–281. 46  M. E. Hay: The Dutch Experience and Memory of the Campaign of 1812. In: Napoleonic Scholarship Journal 1 / 5 (2013). 47  Prince of Orange to Gagern, 20 March 1813, Colenbrander: Gedenkstukken (note 1), VI: 1865; Gagern to Prince of Orange, 29 March 1813, ibid., VI: 1865–1867; Prince of Orange to Stein, 13 April 1813, NL-NA, 2.02.01, 6082; Prince of Orange to Gagern, 18 April 1813, Colenbrander: Gedenkstukken (note 1), VI: 1871–1872. 48  B. de Graaf: Second-tier Diplomacy. Hans von Gagern and William I in their Quest for an Alternative European Order, 1813–1818. In: Journal of Modern European History 12 / 4 (2014), 547–552. 49  Schüler: Das Herzogtum Nassau (note 22), 41–45. 50  [Walramian Nassaus] to Prince of Orange, 13 October 1813, NL-NA, 2.02.01, 6564; Gagern to commanding officers of the Nassau troops, October 1813, ibid. 51  Prince of Orange to Bathurst, 2 October 1813, NL-NA, 2.02.01, 6564.



The House of Nassau

81

signed off on them.52 It was only a few days later that the prince felt the need to rectify a misunderstanding that hitherto had gone supposedly unnoticed by him: he had not requested for Dutch troops to be repatriated, but for Nassau troops, of which he had only recently gained command.53 By now, of course, the instructions to Wellington had already been sent off and the wheels for the transfer of the Nassau troops had been set in motion.54 The Nassau troops were to arrive at Plymouth on 12 January 1814, but before their arrival, Orange redirected their destination to the Netherlands to join his forces.55 So, the Prince of Orange’s joining the alliance in March 1813 brought the allies the tangible benefit of adding troops to the allied ranks. Of course, the military contribution of these troops must not be overrated. The Dutch Legion of Orange only re-entered the fighting gradually and the Nassau troops only joined the fighting in early 1814. But even if Orange’s troops were not at the forefront of the fight, Dutch troops did battle their way back from Russia, though central Europe, to the Low Countries, where, together with the Nassau troops, they helped drive out the French. Furthermore, Orange’s troops constituted the nucleus of the new armed forces of the United Kingdom of the Netherlands that participated in defeating Napoleon at Waterloo.56 Additionally, Orange’s restoration as the President of the House of Nassau considerably facilitated Nassau’s defection to the allies on 23 November 1813, thereby weakening Napoleon’s grip on central Europe.57 In sum, one could conclude that, whilst Orange may not have played a major 52  Prince of Orange to Bathurst, 3 October 1813, NL-NA, 2.02.01, 6564; Bathurst to [Prince of Orange], 6 October 1813, ibid. 53  Prince of Orange to Bathurst, 8 October 1813, NL-NA, 2.02.01, 6564. 54  Bathurst to Wellington, 6 October 1813, NL-NA, 2.02.01, 6564. 55  Bathurst to Clancarty, 12 January 1814, EN-NA, FO 238 / 2; Bathurst to Clancarty, 18 January 1814, ibid.; Fagel to [William I], 30 December, NL-NA, 2.02.01, 6564; William I to Fagel, 8 January 1814, ibid. 56  Willhardt to William I, 8 January 1814’ NL-NA, 2.02.01, 6566; 11 January 1814, NL-NA, 2.21.008.01, 25; Nota, NL-NA, 2.21.008.66, 3; Constant Rebecque to Ritmeester Heskuzius [?],12 January 1814, NL-NA, 2.02.01, 6579, 8; William I to Bentinck tot Buckhorst, 24 January 1814, NL-NA, 2.13.67, 1; William I to Bentinck tot Buckhorst, 28 February 1814, ibid.; Officers of the 2nd Nassau Infantry Battalion to William I, 12 February 1814, NL-NA, 2.02.01, 6564; Generale Staat Zijner Koninklijke Hoogheids Troupen in de Verenigde Nederlanden op den 29e April 1814, ­NL-NA, 2.02.01, 6620; F. H. A. Sabron: De vesting Gorinchem van November 1813 tot Maart 1814. Breda 1902, 98–99, 102, 107; F. H. A. Sabron: In en Om Coevorden in 1813–’14. Breda 1913, 74; F. H. A. Sabron: De Blokkade van Delfzijl in 1813–14. Breda, 1906.), 101–102, note 3; Naber: Prinses Wilhelmina (note 45), 288–289. 57  G. F. de Martens: Nouveau Recueil de Traités […] des puissances et états de l’Europe, 16 vols. Göttingen 1817–1842, IV: 99–03.

82

Mark Edward Hay

role in the defeat of Napoleon, he certainly played a role commensurate to his status as minor prince. The House of Nassau also benefitted from the Prince of Orange joining the alliance at an early stage. The connection with Orange facilitated a difficult defection and it saved Nassau from considerable burden. In their aim to defeat Napoleon, the allies demanded that all defectors contribute manpower to the war effort.58 This was a considerable strain for many states because, like Nassau, their troops were integrated into the Napoleonic army, which meant that they would have to recruit new units. But because Nassau and Orange had arranged the defection of Nassau’s troops to Wellington, which were employed in the Low Countries, Nassau could claim to have fulfilled its military obligations already.59 Not least was the joining of the anti-Napoleonic alliance in March 1813 of benefit to Orange and their aim to return to the Netherlands. Orange was the second power, only after Prussia, to join the alliance that would become the Sixth Coalition. This is important because all other powers that joined the alliance thereafter, such as Sweden, the Habsburg Monarchy, Britain and the lesser powers were forced to accept the alliance’s acquis communautaire regarding Orange, that is support for the return of the House of Orange to a liberated Netherlands. Sweden was quick to endorse the acquis communautaire, and neither the Habsburgs nor the lesser powers raised objections.60 Britain was a different matter. Britain had vested interests in the Low Countries, and it could not rely on a sovereign, whom they hardly knew and whose previous conduct had given rise to suspicion, to take British interest into account. But the fact that the Prince of Orange arrived in London in March 1813, not as an isolated and stateless prince, but as head of a house that was a member of the anti-Napoleonic coalition with a stake in the fight, presented the British government with an fait accompli that could only be challenged at considerable diplomatic cost. So, the British chose for the next best option, which was to keep the prince in London to discover his politics and the extent to which he would accept British interests.61 So rather than 58  Protokoll über die zur Regulierung des Verteidigungssystems von Deutschland abgehaltene Kommission, Frankfurt, 24 November 1813, E. Botzenhart / W. Hubatsch (eds.): Freiherr vom Stein, Briefe und amtlicht Schriften. 5 vols. Stuttgart 1957–1964, IV: 338–340; A. von Janson: Geschichte des Feldzuges 1814 in Frankreich, 2 vols. Berlin 1903, I: 16, II: annex 13, 7*–8*. 59  H. C. von Gagern: Mein Anteil an der Politik, 5 vols. Stuttgart 1823–1845, II: 163–165; Anderson: Modern Nassau (note 22), 292–294. 60  Prince of Orange to Wilhelmina, 8 April 1813, Naber: Correspondentie (note 1), V, 200. 61  Minutes by Fagel, 18 May 1813, Colenbrander: Gedenkstukken (note 1), VI, 1881–1882.



The House of Nassau

83

that the British government actively supported the return of the House of Orange to the Netherlands from an early date, Britain was the last major power to endorse the restoration of the House of Orange, and it did so only after affairs in the Netherlands had progressed beyond the point of return. Being a member of the anti-Napoleonic coalition benefitted Orange in another way too. Orange’s participation in the military campaign to liberate the Netherlands offered the Dutch the opportunity to portray themselves as liberators rather than as liberated. Orange’s participation in the military campaign to defeat Napoleon furthermore allowed the Dutch to present themselves as victors in the Napoleonic Wars. This was valuable political capital, in the era of the reconstruction of the post-Napoleonic international order. The clearest sign of the success of the agency of the House of Orange is perhaps that no ‘Dutch Question’ arose at the Congress of Vienna. This was because Dutch affairs had already been settled. III. Conclusion This contribution explores the re-establishment of the Orange dynasty in the Netherlands in 1813. The historiography presents the return of the House of Orange to the Netherlands as a logical outcome of the uprising in the Netherlands, and Britain, due to her strategic interests in the Low Countries and her traditional support for Orange, is attributed a prominent role in facilitating the restoration of the House of Orange. Whilst the current historiographical representation is not incorrect, it largely ignores the historical agency of the most important historical actor, the House of Orange. Rather than view the historical experience of the House of Orange through the prism of the geopolitical actors that was the Netherlands, this contribution argues that the agency of the House of Orange should be understood in the context of the agency of the wider dynastic network of the House of Nassau. In 1783 the House of Nassau concluded a dynastic alliance that, amongst others, committed the various branches to collaborate in international politics. In the multipolar international order of the late eighteenth century this made sense as it allowed for one component part of the dynasty to focus on maintaining close political ties with one, or two of the international actors, whilst the other actors remained accessible through its partners. Within a decade after the alliance was signed, France started its ascendancy that would lead to the creation of a Napoleonic international order, dominated by France. The changing of the international order, from a multipolar order to a unipolar order, significantly undermined the effectiveness of the dynastic alliance of Nassau, forcing the component parts of the dynasty to scramble for a policy for dealing with France. The Walramians followed the path of states of the central Europe, which was the path of acceptance of French supremacy and

84

Mark Edward Hay

collaboration. This policy paid off. The united Duchy of Nassau grew in territory, population, and status. Orange’s loss of their seat of power in the Netherlands got Franco-Orange relations off to a bad start. The subsequent inability to accept his losses led to the Prince of Orange, often rash, to seize any opportunity to challenge Napoleon. The prince’s confrontational politics cost him dearly. Orange was stripped of its territories and marginalised to the fringes of civilised Europe. But the dynastic relations of the House of Nassau were never fully severed. So when Napoleon’s unsuccessful Russian campaign allowed for the great powers to reclaim a position of importance in the European order, multipolarity returned to international relations. And with the return of multipolarity, dynastic networking once again became a viable means for pursuing foreign policy aims for the House of Nassau. In March 1813, at Breslau, the Prince of Orange and President of the House of Nassau, was quick to seize the moment to join a budding alliance of Russia and Prussia. This affair is too often ignored. In fact, it was a turning point in the history of the House of Nassau and the House of Orange, and by extension the history of the Netherlands. Joining the alliance offered all branches of the House of Nassau a timely opportunity to switch allegiances in a conflict that was changing the face of Europe. And by offering the Prince of Orange the opportunity to play a role, befitting his station, in the campaign to defeat Napoleon, the alliance was the perfect vehicle for returning the House of Orange to an independent, liberated Netherlands. The uprising in the Netherlands in November 1813 only served to nudge a reluctant Britain into endorsing what had already been set in motion, the re-establishment of the Orange dynasty.

Wien in der Kritik: Britische Gegner der neuen Ordnung Von Georg Eckert, Wuppertal / Potsdam Die Situation der Jahre 1814 und 1815 ist eine vertraute, noch zweihundert Jahre später. Großbritannien kannte andere Sorgen als Europa, das eminente Gemüter auf der Insel eher befremdete als beschäftigte. Das galt seinerzeit auch für die ökonomischen Vordenker des gewaltig expandierenden Empire. Thomas Malthus und David Ricardo verhalfen sich in den Monaten des Wiener Kongresses gegenseitig zu beträchtlichem Gewinn: zu monetärem Gewinn, weil der überaus erfolgreiche Fondsmanager Ricardo auch die Geldanlagen seines geschätzten Freundes Malthus betreute, und zu Erkenntnisgewinn, weil sich die beiden wissenschaftlichen Kontrahenten intensiv austauschten – freilich nicht über politische respektive geostrategische, sondern über wirtschaftliche Angelegenheiten. Über Freihandel diskutierten sie brieflich miteinander, über Sinn und Zweck von Getreidezöllen, über Grundsätze der Nationalökonomie. Bemerkenswert am Frieden auf dem Kontinent schien Ricardo zuallererst, daß Fremdwährungen weitaus höhere Wertverluste erlitten hatten als von ihm erwartet.1 Selbst Napoleons spektakuläre Wiederkehr während des Wiener Kongresses hinderte die beiden Ökonomen keineswegs daran, sich weiterhin auf ihre zünf­tische Kontroverse zu konzentrieren – aus einem eigenartigen Kalkül der Aufmerksamkeit heraus. Thomas Malthus kommentierte Napoleons triumphalen Einmarsch in Paris im März des Jahres 1815 so lapidar wie folgt: „It is scarcely possible not to be always thinking of it; but it is of no use; so that we may as well distract our attention as much as we can by other subjects“.2 Just eine Woche vor der Schlacht von Waterloo widmete Malthus seine Aufmerksamkeit folgerichtigerweise vor allem sinkenden Börsenwerten und seinem eigenem Profit: Er wettete auf eine Baisse, spekulierte also auf fallende Aktienkurse und bat seinen Anlageberater Ricardo, der ihm Anteile an 1  David Ricardo an Thomas Malthus, Gatcomb Park, 11. August 1814. In: Piero Sraffa (Hrsg.): The Works and Correspondence of David Ricardo, Bd. 6: Letters 1810–1815. Indianapolis 2004, 118–121, hier: 119. 2  Thomas Malthus an David Ricardo, ohne Ort, 24. März 1815. In: ebd., 199–202, hier: 199.

86

Georg Eckert

einer Anleihe reserviert hatte, um weiteren finanziellen Rat.3 Der Kreditspekulant Ricardo wiederum bedauerte nur zweieinhalb Wochen später, daß er Malthus nicht im selben Maße zum finanziellen Kriegsgewinnler habe machen können, wie er selbst es unterdessen geworden war: „I have been a considerable gainer by the loan“, ließ er seinen Korrespondenzpartner im Juni des Jahres 1815 wissen.4 Dieser kursorische Auszug aus dem Briefwechsel zweier Gelehrter, die ihr ökonomisches Wissen keineswegs nur als Theorie begriffen, dieser kursorische Auszug aus dem Briefwechsel zweier Gelehrter, die ja höchst politische Köpfe waren, Malthus als langjähriger Professor am College der East India Company, Ricardo später schließlich als Unterhausmitglied, läßt erahnen, weshalb der Wiener Kongreß und die Wiener Ordnung per se zunächst einmal gerade keine großen Themen in Großbritannien waren; nennenswerte konkrete Auswirkungen auf den britischen Alltag waren von den Wiener Verhandlungen schließlich nicht zu erwarten. Auch in Ricardos Korrespondenz der folgenden Jahre sucht man Worte wie „Wien“, „Metternich“, „Heilige Allianz“ und dergleichen deshalb vergebens. Von der Warte des Empire aus zeigte sich wahrlich Wichtigeres. Ricardo sorgte sich vielmehr um die Tilgung der immensen britischen Kriegsschulden, aus seiner Sicht tunlichst durch eine einmalige Sondersteuer zu bewältigen;5 er empfand sich weder als Befürworter noch als Kritiker der neuen Ordnung der internationalen Angelegenheiten, des Wiener und der folgenden Kongresse, ja er befand diese überhaupt für keines Kommentares bedürftig. Diese sporadischen Befunde laden zu einer Re-Perspektivierung des Wiener Kongresses ein, zu einer Erforschung von dessen Wahrnehmung, von dessen Deutung, zu einer Bewertung von dessen angeblicher Bedeutung: Großbritannien hatte zur Tagungszeit der staatsmännischen Verhandlungen am weit entfernten Donauufer schlichtweg andere Probleme als der Kontinent, drängendere Sorgen als Details des Gebietsschachers zwischen europäi­ schen Landmächten. Überhaupt waren die innenpolitischen Herausforderungen zu groß, als daß man außenpolitische Triumphe gefeiert hätte.6 Schon in die Feierlichkeiten nach dem ersten Sieg über Napoleon im Sommer des 3  Thomas Malthus an David Ricardo, Guildford, 11. Juni 1815. In: ebd., 226–229, hier: 229. 4  David Ricardo an Thomas Malthus, London, 27. Juni 1815. In: ebd., 223–234, hier: 233. 5  Georg Eckert: Die Öffentlichkeit des Kredits. Zum Wandel der Staatsverschuldung im Zeitalter der Revolution. In: Thorsten Beigel und Georg Eckert (Hrsg.): Vom Wohl und Wehe der Staatsverschuldung. Erscheinungsformen und Sichtweisen von der Antike bis zur Gegenwart. Münster 2013, 132–148, hier: 144 f. 6  Linda Colley: Britons. Forging the Nation 1707–1837. New Haven / London 1992, 328–330.



Wien in der Kritik: Britische Gegner der neuen Ordnung

87

Jahres 1814 hatte sich störend, weil regierungskritisch die Agitation gegen die Sklaverei gemischt;7 selbst in schwierigen Kriegszeiten hatte die Opposition nicht stillgehalten, William Cobbett und andere Radikale hatten zuvor bereits die Feierlichkeiten anläßlich des fünfzigjährigen Thronjubiläums des noch immer lebenden, wenngleich aus gesundheitlichen Gründen bald nicht mehr selbst regierenden Georg III. als Beruhigungsmittel kritisiert, die darauf abzielten, den kleinen Mann von seinem regierungsverschuldeten Elend abzulenken.8 Schon seit dem Jahre 1807 waren zunehmend radikale Abgeordnete ins Parlament gelangt, die sich direkt auf Volkes Stimme zu berufen pflegten.9 Volkes Stimme war auch andernorts direkt vernehmbar, unverschämt direkt sogar. Der Prinzregent, der spätere König Georg IV., mußte sich ausgerechnet im Sommer des siegreichen Jahres 1814 öffentliche Schmähungen von seinem Volk gefallen lassen,10 während der Zar von den Londoner Massen enthusiastisch begrüßt wurde und obendrein das gespannte Verhältnis des Prinzregenten zu seiner öffentlich überaus beliebten Frau auszunutzen wußte,11 das später in einem öffentlich ausgetragenen royalen Rosenkrieg eskalierte. Georgs prächtiger Royal Pavillon, jenes just ab dem Jahre 1815 entstehende opulente Bauwerk, das William Cobbett später unter Anspielung auf autokratische Regierungsweisen als britischen „Kreml“ verspottete,12 hätte wahrlich besser als ins südenglische Brighton eben nach Moskau oder aber ins Wien des Kongreßzeitalters gepaßt, wo sich unterdessen eine adelige alteuro­päische Gesellschaft auf luxuriösen Bällen tummelte. Britisch nahm sich das fürwahr nicht aus. Ähnlich verhielt es sich nach Waterloo: Wirtschaftskrise, Industrialisierung und Bevölkerungsexplosion, das vielkritisierte britische Wahlrecht, dessen Reformierung zugunsten eines generellen Wahlrechts aller Steuerzahler sich die im Jahre 1811 gegründete „Society of the Friends of Parliamentary Reform“ anzunehmen begonnen hatte,13 die schwie7  Seymour Drescher: Whose Abolition? Popular Pressure and the Ending of the British Slave Trade. In: Past & Present 143 (1994), 136–166, hier: 161. 8  Stuart Semmel: Radicals, Loyalists, and the Royal Jubilee of 1809. In: Journal of British Studies 46 (2007), 543–569, hier: 550. 9  Boyd Hilton: A Mad, Bad, & Dangerous People? England 1783–1846. Oxford 2006, 208. 10  Donald A. Low: That Sunny Dome. A Portrait of Regency Britain. London 1977, 5. 11  Janet M. Hartley: ‚It is the Festival of the Crown and Sceptres‘. The Diplomatic, Commercial and Domestic Significance of the Visit of Alexander I to England in 1814. In: The Slavonic and East European Review 73 (1995), 246–268, hier: 249 f. 12  Lynne Lemrow: William Cobbett’s Journalism for the Lower Orders. In: Victorian Periodicals Review 15 (1982), 11–20, hier: 16. 13  Edward Royle und James Walvin: English Radicals and Reformers 1760–1848. Brighton 1982, 106.

88

Georg Eckert

rige Inkorporation Irlands seit dem Act of Union des Jahres 1800 und die mannigfachen Probleme des Empire führten zu nationaler Verunsicherung. Wien und die Wiener Ordnung zu relativieren, kann also gerade im Kongreß-Jubeljahr nicht schaden: prinzipiell und speziell. Einerseits war die außenpolitische, direkte Bedeutung des Wiener Kongresses für Großbritannien relativ gering, wie auch der britische Gleichgewichts-Gestus deutlich machen sollte, andererseits die innenpolitische, indirekte enorm. Denn die britische Politik spaltete sich in eine mehr oder minder konsensuale Elite, der Malthus ebenso wie Ricardo angehörte, und in eine sogar in die Elite hineinwachsende populäre Bewegung, die genau diesen Elitenkonsens immer schärfer attackierte. Drei Facetten der parlamentarischen und publizistischen Kritik an den Wiener Verhandlungen sollen diesen innerbritischen Gegensatz im Folgenden andeuten. Sie zeigten erstens eine Opposition zwar mit Prinzipien, aber doch insofern ohne Prinzip, als die Vorkämpfer der Sklavenbefreiung höchst konkrete Kritik an der Regierungspolitik übten, gewissermaßen eine Opposition in „Pol­icy“, zweitens eine Opposition aus Prinzip, also als tagespolitisches Ritual der Regierungskritik, gewissermaßen eine Opposition in „Politics“, und drittens eine Opposition im Prinzip, gewissermaßen eine Opposition in „Pol­ity“ – das heißt eine Opposition, die weniger auf eine Änderung der in Wien praktizierten britischen Außenpolitik abzielte als auf eine Reform der politischen Ordnung auf der Insel überhaupt. Am Beginn des 19. Jahrhunderts hat wohl niemand eben diese so pointiert in Frage gestellt wie William Cobbett, dessen Interventionen es dabei zu schildern gilt. Für den Publizisten Cobbett, auch er ein gewiefter Kämpfer um die politische Deutungshoheit, wie für viele andere Briten waren Europa und Wien vor allem Topoi der Kritik, eher Phänomene der Rezeption als der Partizipation. Anders gesagt: Die Politik auf dem Kontinent war Gegenstand, aber in höherem Grade eben Medium der Opposition. Wien war der Spiegel, in dem die Briten ihr eigenes politisches System erblickten und ein durchaus unerfreuliches Antlitz vorfanden. Sie sahen nämlich, daß es nicht gut war – und verständigten sich auch in außenpolitischen Debatten neu über ihre konstitutionelle, manche Kritiker hätten eher eingewandt: gerade noch nicht konstitutionelle, politische Ordnung. I. Opposition ohne Prinzip: Leitlinien der abolitionistischen Kritik Großbritannien hatte in Wien angesichts seiner Vormachtstellung kaum etwas zu verlieren, dafür manches zu gewinnen. Letztlich lagen seine Inte­r­ essen exakt auf einer Hand. Jedes Mittel schien recht, das erstens Europa in einem dauerhaften Friedenszustand halten, zweitens die Territorialmächte



Wien in der Kritik: Britische Gegner der neuen Ordnung

89

untereinander einhegen und drittens der Insel möglichst geringe Folgekosten aufbürden würde. Großbritannien sollte viertens eine möglichst kleine Armee für europäische Zwecke zu unterhalten haben und sich fünftens auf sein Weltreich konzentrieren können, das selbst gerade kein Gegenstand der Wiener Verhandlungen war. Schon daraus erhellt die generelle Akzeptanz der britischen Hegemonie, die sich für die Befindlichkeiten der europäischen Territorialstaaten nur instrumentell interessierte – obschon der hannoversche Festlandbesitz ein wichtiger Faktor der königlichen Politik blieb, wurden die Hannoveraner doch erneut in Personalunion regierende Herrscher jenes Festlandbesitzes, den sie im Jahre 1806 vorläufig eingebüßt hatte, jetzt sogar als Könige.14 Die britische Öffentlichkeit indes forcierte seit der absehbaren Niederlage Napoleons gegen eine paneuropäische Koalition kein kontinentales, sondern gleich ein globales Thema, das mit der Neuordnung Europas ökonomisch in einem sehr direkten, politisch freilich nur in einem sehr indirekten Zusammenhang stand. Sie mahnte konsequent eine konsequente „Policy“ an: eine Policy gegen die Sklaverei, jenes Thema, das schon den Wahlkampf des Jahres 1806 auf der Insel beherrscht hatte.15 Damals waren insofern günstige politischen Rahmenbedingungen eingetreten, als sich die Abolitionisten hinreichend dicht organisiert hatten,16 so dicht, daß der langjährige Unterhausabgeordnete William Wilberforce seinen seinerzeitigen Wahlkampf sogar zwischen den beiden großen damaligen Parteien17 zu führen vermochte. Die Aktivisten hatten es verstanden, aus der zunächst nur von kleinen Kreisen geforderten Abschaffung der Sklaverei eine populäre Kampagne zu formen. Sie hatten mit dem Slave Trade Act des Jahres 1807 reüssiert – allerdings nur teilweise. Immerhin hatte dieses Gesetz den Sklavenhandel im Empire beseitigt, nicht hingegen die Sklaverei selbst. Die Abolitionisten formten eine durchaus heterogene Interessengruppe, die vorgeblich allein die Interessen dritter verfolgte, nämlich diejenigen der aus der Sklaverei zu befreienden respektive der davor zu bewahrenden Menschen. Aber in ein religiös-moralisches Grundrauschen, das in den 1780er Jahren Quäker-Vereinigungen erzeugt hatten,18 war die deutliche Sprache 14  Torsten Riotte: George III and Hanover. In: Brendan Simms und Torsten Riotte (Hrsg.): The Hanoverian Dimension in British History, 1714–1837. Cambridge 2007, 58–85, hier: 80. 15  Drescher: Whose Abolition? (wie Anm. 7), 145. 16  Roger Anstey: A Re-Interpretation of the Abolition of the British Slave Trade, 1860–1807. In: The English Historical Review 87 (1972), 304–332, hier: 313 f. 17  William Hague: William Wilberforce. The Life of the Great Anti-Slavery Trade Campaigner. London 2008, 363. 18  Louis Taylor Merrill: The English Campaign for Abolition of the Slave Trade. In: The Journal of Negro History 30 (1945), 382–399, hier: 385.

90

Georg Eckert

eigener Interessen eingemischt:19 Gegen die Sklaverei zu sein, hieß eben auch, unliebsame, weil preisdrückende Konkurrenz auf den Weltmärkten zu begrenzen. Das Engagement gegen Sklaverei und Sklavenhandel entsprang einer Mittelschicht,20 die moralische Überzeugungen mit eigenen materiellen Anliegen verflocht. Insbesondere der Sklavenhandel eignete sich dabei als Feind, weil er sämtliche Anwürfe einer aufgeklärten Öffentlichkeit auf sich zog: er geriet in einem fortschrittsfreudigen Zeitalter zum Inbegriff der moralischen wie wirtschaftlichen Rückständigkeit.21 Sklavenhandel lief der von manchen erhofften Weltbürgergesellschaft politisch zuwider. Er galt als ökonomisch entwicklungshemmend – die wenigsten Sklavenarbeiten taugten für Arbeitsteilung oder Mechanisierung, Sklavenhandel war gleichsam Beihilfe zur Modernitätsverweigerung, ganz abgesehen vom ökonomischen Widersinn der vielfach tödlichen, verlustreichen Transporte. Er mutete überdies moralisch pervers an, verstieß noch mehr gegen die Maximen der Empfindsamkeit als bloße Sklavenhaltung, bei der das Eigeninteresse des Sklavenhalters immerhin ein gewisses Minimum an Sorge um das hinfällige Eigentum erwarten ließ, wie die Proponenten der Sklavenhaltung selbst gegenüber fundamentaler Kritik einzuwenden pflegten. Der Aktionismus bündelte also ideelle Anliegen und materielle Interessen. Spätestens seit den 1790er Jahren gewann er eine internationale Dimension, war Gegenstand der ideologischen, ökonomischen und politischen Auseinandersetzung mit französischen Interessen in Übersee,22 stand in der Konkurrenz mit den Vereinigten Staaten von Amerika,23 die Freiheit als ihren Ursprung begriffen, gerade auch gegenüber dem einstigen Mutterland, das seinen Bürgern jenseits des Atlantiks einst die geziemende Freiheit versagt hatte; paradoxerweise ließ sich das Argument vielfach wenden, denn wenn sich das so prononciert demokratische Amerika mit seiner so liberalen Verfassung aus dem Jahre 1787 als unbarmherziger Staat von Sklavenhaltern entpuppte, geriet umgekehrt auf einmal eine selbsterklärt wohlwollende britische Oligarchie, die sich von Sklaverei längst distanziert hatte, in die legitimatorische Offensive.24

19  Anstey: A Re-Interpretation of the Abolition of the British Slave Trade (wie Anm. 16), 318. 20  John R. Oldfield: Popular Politics and British Anti-Slavery. The mobilisation of public opinion against the slave trade 1787–1807. London / New York 2008, 130. 21  Ebd., 118. 22  Drescher: Whose Abolition? (wie Anm. 7), 155. 23  Oldfield: Popular Politics and British Anti-Slavery (wie Anm. 20), 51. 24  Matthew Mason: The Battle of the Slaveholding Liberators. Great Britain, the United States, and Slavery in the Early Nineteenth Century. In: The William and Mary Quarterly 59 (2002), 665–696, hier: 678.



Wien in der Kritik: Britische Gegner der neuen Ordnung

91

Die Abolitionisten hatten ihr Thema selbst in den Napoleonischen Kriegen lebendig zu erhalten gewußt, übrigens nicht allein durch politische Auseinandersetzung im engeren Sinne. Selbst frühe Fair-Trade-Ideen reüssierten, seit 1791 war „free sugar“ als Alltagsware verfügbar.25 Nur folgerichtig war es also, daß sowohl der britisch-portugiesische Vertrag des Jahres 181026 als auch der britisch-schwedische Vertrag des Jahres 181327 einschlägige Pas­ sagen beinhalteten. Im Ersten Pariser Frieden wurde der Sklavenhandel schließlich für unvereinbar mit den Prinzipien natürlicher Gerechtigkeit erklärt und sollte binnen fünf Jahren beendet werden.28 Selbst diese eher knappe Frist befremdete die energischen britischen Gegner der Sklaverei noch. Nach dem ersten Sieg über Napoleon, der ja in den französischen Kolonien zum Nutzen der dortigen Besitzbürger die von den Revolutionären einst abgeschaffte Sklaverei wieder erlaubt hatte, mischte sich rasch heftige Kritik in den durchaus vorhandenen öffentlichen Jubel.29 Nun entfaltete das Unterhausmitglied William Wilberforce, der wie kein anderer britischer Politiker für ein Ende von Sklavenhandel und Sklaverei eintrat, hektische Aktivitäten, um sein Anliegen desto schneller voranzubringen. Just den russischen Zaren, überhaupt beim Treffen der Monarchen in London im Sommer 1814 der am meisten umjubelte Monarch,30 erkor er zum strategischen Partner aus, dem er als Erlöser erst Europas und nun auch Afrikas schmeichelte:31 Ausgerechnet das „lauttönende Nichts“ der Heiligen Allianz, deren Pathos Metternich später in seinen Memoiren ironisieren sollte,32 und „Amazing Grace“ spielten sozusagen eine gemeinsame Melodie. Im britischen Parlament trug Wilberforce zwar den Pariser Frieden mit, aber ließ auf die Ovationen der Unterhausmitglieder an den vom Kontinent zurückgekehrten britischen Außenminister Castlereagh eine im Ton milde, in der Sache indes harsche Kritik folgen.33 Die Abolitionisten suchten und fanden die nächste, intensiv organisierte Gelegenheit, den Sklavenhandel nun 25  Oldfield:

26  David

106 f.

Popular Politics and British Anti-Slavery (wie Anm. 20), 57. Eltis: Economic Growth and the End of the Slave Trade. Oxford 1987,

27  Irby C. Nichols: The European Pentarchy and the Congress of Verona. Den Haag 1971, 163. 28  Ebd., 163 f. 29  Rory Muir: Britain and the Defeat of Napoleon 1807–1815. New Haven / London 1996, 329. 30  Ebd., 330. 31  Betty Fladeland: Abolitionist Pressures on the Concert of Europe, 1814–1822. In: The Journal of Modern History 38 (1966), 355–373, hier: 356. 32  Richard von Metternich-Winneburg (Hrsg.): Aus Metternich’s nachgelassenen Papieren, Bd. 1. Wien 1880, 215. 33  Adam Zamoyski: 1815. Napoleons Sturz und der Wiener Kongreß. München 2014, 234.

92

Georg Eckert

gleich weltweit zu unterbinden.34 Die Freemason’s Hall in London erlebte am 17. Juni des Jahres 1814 eine Massenveranstaltung, in deren Folge mehr als achthundert Petitionen dem Parlament zugingen.35 Das freilich war kein Novum. Schon in den späten 1780er und frühen 1790er Jahren waren Petitionen mit zehn- respektive hunderttausenden Unterschriften beim Parlament eingekommen.36 Das Novum an Wilberforces Aktivitäten im Jahre 1814 war ein anderes: die Wirksamkeit in globaler Dimension.37 Rastlose internationale Korrespondenzen pflegte er schon im Vorfeld des Kongresses,38 verfolgte also eine Nebenaußenpolitik. Er betrieb seine Zwecke vor der britischen Öffentlichkeit derart engagiert, daß das Kabinett folgen mußte und Außenminister Castlereagh in den Wiener Verhandlungen nolens volens gegenüber dem erneut geschlagenen Frankreich in­ sistierte.39 Solches Engagement lag darin begründet, daß es die Ablehnung der Sklaverei binnen kurzem zum Kern der Britishness gebracht hatte, Brit­ ishness, die ebenso als konservatives Freiheitsideal wie als revolutionärer Naturrechtsanspruch beschrieben werden konnte:40 „Rule, Britannia“, als Hymne populär genug, daß Ludwig van Beethoven sie nach der Schlacht beim baskischen Vitoria (1813) in sein Orchesterwerk „Wellingtons Sieg“ einfließen ließ, umfaßte schließlich neben dem Anspruch, Briten sollten niemals Sklaven sein, auch die Verpflichtung, Tyranneien niederzuwerfen. Gleichwohl erreichte der britische Außenminister in Wien nicht, was Abolitionisten in London und andernorts vehement gefordert hatten, die sofortige Abschaffung des Sklavenhandels, geschweige denn der Sklaverei.41 Dafür bestand namentlich in Frankreich keine Mehrheit, wie Thomas Clarkson realisiert hatte, neben William Wilberforce der große Agitator und Organisator der britischen Abolitionisten, vor allem in der Provinz.42 Clarkson hatte in Frankreich überhaupt eine Opposition gegen die Abolition festgestellt und sich schon im Jahre 1814 von der schwachen französischen Abolitionismus34  Eric Metaxas: Wilberforce. Der Mann, der die Sklaverei abschaffte. Holzgerlingen 2012, 322. 35  Fladeland: Abolitionist Pressures on the Concert of Europe (wie Anm. 31), 358 f. 36  Seymour Drescher: History’s Engines. British Mobilization in the Age of Revolution. In: The William and Mary Quarterly 66 (2009), 737–756, hier: 740 f. 37  Ebd., 749 f. 38  Robert Isaac Wilberforce und Samuel Wilberforce: The Life of William Wilberforce, Bd. 4. London 1838, 201 f. 39  Fladeland: Abolitionist Pressures on the Concert of Europe (wie Anm. 31), 366. 40  Colley: Britons (wie Anm. 6), 363. 41  Jerome Reich: The Slave Trade at the Congress of Vienna. A Study in English Public Opinion. In: The Journal of Negro History 53 (1968), 129–143, hier: 142. 42  Oldfield: Popular Politics and British Anti-Slavery (wie Anm. 20), 70–74.



Wien in der Kritik: Britische Gegner der neuen Ordnung

93

bewegung überaus enttäuscht gezeigt.43 Mit dem unbefriedigenden vorläufigen Abschluß auch des Wiener Kongresses war Wilberforces Kampagne daher längst nicht zum Ziel gekommen, ganz im Gegenteil. Künftig verschaffte Wilberforce als eine Art regierungsnaher Opposition Castlereagh im Unterhaus Rückendeckung, verlangte dafür allerdings zum Beispiel noch beim Kongreß von Aachen entsprechende Ergebnisse in den Verhandlungen mit Spanien;44 so geschah es auch später, als das in den 1820er Jahren unabhängig gewordene Brasilien für politische Zugeständnisse des Empire in die Abschaffung des Sklaverei einwilligen mußte.45 Im Detail ist diese Einwirkung längst kundig nachvollzogen worden, aber im Prinzip verdient sie Aufmerksamkeit. Je näher die Abolitionisten ihrem Maximalziel kamen, desto vehementer wurden ihre Mittel: Wilberforce machte es sich zu einer unliebsamen Routine, den Prinzregenten alljährlich zu neuen Initiativen aufzufordern, vor allem publizierten die mittlerweile schlagkräftig institutionalisierten Abolitionisten in vielen Sprachen, um ihre Texte durch eigene Agenten zirkulieren zu lassen.46 Sie änderten also gleichsam nebenbei die Regeln der Politik. Heute würde man als Nichtregierungsorganisation bezeichnen, was sich in Großbritannien formiert hatte. Genau darauf kommt es an: Die Abolitionisten setzten weit über ihren Erfolg des Jahres 1807 hinaus ihre parlamentarische wie außerparlamentarische Opposition fort – in Formen, die für Chartisten und für andere die Muster gaben. Der Typus der Reformgesellschaft in Großbritannien überhaupt, der für das 19. Jahrhundert so bedeutsam werden sollte, entsprang der Anti-SklavereiBewegung,47 die durch die Siege über Napoleon Auftrieb bekommen hatte. Aus einer Opposition in der Sache entwickelte sich so die Sache der Opposition: formaler Nebeneffekt einer inhaltlichen Differenz. Der Wiener Kongreß gab also einen Anlaß, Praktiken der politischen Partizipation zu verändern, war ein Medium des politischen Wandels, den in den 1780er Jahren Quäker-Vereinigungen48 angestoßen hatten: Auch auf der Insel markiert Wien keinen Einschnitt, sondern Kontinuität in der Opposition – gegen die Sklaverei, aber auch gegen das politische System Großbritanniens, das zugleich mitverhandelt wurde. 43  Seymour Drescher: Abolition. A History of Slavery and Antislavery. Cambridge 2009, 176. 44  Fladeland: Abolitionist Pressures on the Concert of Europe (wie Anm. 31), 367. 45  Matthew Mason: Keeping up Appearances. The International Politics of Slave Trade Abolition in the Nineteenth-Century Atlantic World. In: The William and Mary Quarterly 66 (2009), 809–832, hier: 814. 46  Fladeland: Abolitionist Pressures on the Concert of Europe (wie Anm. 31), 370. 47  Oldfield: Popular Politics and British Anti-Slavery (wie Anm. 20), 2. 48  Merrill: The English Campaign for Abolition of the Slave Trade (wie Anm. 18), 385.

94

Georg Eckert

II. Opposition aus Prinzip: Kritik als Ritual Daß die Sklaverei ein vordringliches Thema des Wiener Kongresses gewesen sei, ist aus kontinentaler Sicht schwer nachzuvollziehen – doch aus britischer manifest: Schon Castlereaghs Biograph, sein eigener Halbbruder, legte höchsten Wert auf das Engagement seines Helden für die Abschaffung der Sklaverei.49 Als der vom König nach London zurückgerufene Außenminister am 20. März des Jahres 1815 im Unterhaus seine bisherigen Verhandlungs­ erfolge verteidigte, mußte er allerdings eingestehen, den Sklavenhandel nicht abgeschafft, sondern nur „a great step“ hin zu dessen Verdrängung bewirkt zu haben.50 Dort hatte er sich einer scharfen Opposition zu stellen, nachgerade einer Opposition aus Prinzip. Denn einzigartig war die britische Situation. Kein anderer Wiener Hauptbevollmächtigter mußte vor gewählten Abgeordneten – und einer derart breiten kritischen Öffentlichkeit – genaue Rechenschaft über seine Verhandlungsführung ablegen. Gegner der neuen Ordnung wiederum brauchten von der Berechtigung ihrer Kritik keinesfalls überzeugt zu sein, um die Regierung ins Kreuzfeuer zu nehmen: Kritik war auch politisches Ritual, „Politics“ eben. Wer auf den Oppositionsbänken saß, durfte sich der kontroversen britischen Presse keineswegs als unkritischer Claqueur präsentieren. Klappern gehört zum Handwerk einer parlamentarischen, vielleicht genauer: einer mehr oder minder parlamentarisierten Monarchie. Was schon ausländische Beobachter des 18. Jahrhunderts in ihren Tagebüchern, Briefen und Berichten teils entsetzt über den angeblich bevorstehenden Kollaps der Regierung auf der Insel, teils euphorisch just deswegen notiert hatten,51 erwies sich im 19. Jahrhundert erst recht: die eigenartige Funktionsweise eines politischen Systems, das auf der Wechselwirkung von Regierung und Opposition basierte, in dem es zur Aufgabe der Minderheit gehörte, selbst bei vergleichsweise minimalen Differenzen in der Sache dennoch maximale Distanz zur Regierungsmehrheit zu schaffen. Denn die Minderheit wiederum konnte, getragen von einer stabilen publizistischen Basis, schon vor der nächsten Wahl selbst zur Mehrheit anschwellen. Verhandlungen über die Machtverhältnisse in Europa bildeten darum auch immer Verhandlungen über die Machtverhältnisse auf der Insel. 49  Charles Vane, Marquess of Londonderry (Hrsg.): Memoirs and Correspondence of Viscount Castlereagh, Second Marquess of Londonderry, Bd. 1: The Irish Rebellion. London 1848, 22. 50  Rede Castlereaghs im Unterhaus am 20. März 1815. In: ebd., 27–59, hier: 27. 51  Zur ambivalenten Wahrnehmung der britischen Politik auf dem Kontinent vgl. Hans-Christof Kraus: Englische Verfassung und Politisches Denken im Ancien Régime 1689 bis 1789. München 2006, 701–704.



Wien in der Kritik: Britische Gegner der neuen Ordnung

95

Insbesondere Außenminister Castlereagh stellte sich einer massiven Grundsatzkritik, die er als solche zugleich zu entlarven suchte. Vorgebracht hatte sie Samuel Whitbread, der desto mehr zum chronischen Oppositionellen geworden war, je länger er im Unterhaus gesessen hatte; der vermögende Politiker trat mit dezidiert bescheidenem, mittelständischem Gestus auf, präsentierte sich als Brauer unter lauter Baronen, badete ikonographisch in Bier, dem Getränk des einfachen Mannes.52 Für eine Parlamentsreform war er seit dem Jahre 1812 intensiv eingetreten, gemeinsam mit einer heterogenen Reformergruppe, dem unabhängigen und energischen „Mountain“, der Anschluß an die Radikalen fand.53 Seit jeher Abolitionist, witterte Whitbread angesichts der jüngsten Wendungen nun eine günstige Gelegenheit für Grundsatzkritik an der Regierung und verwahrte sich am Anfang von Napoleons Herrschaft der Hundert Tage scharf gegen eine Intervention Großbritanniens.54 Diese vehemente Attacke konterte Castlereagh, der um die innenpolitischen Begründungsschwierigkeiten einer solchen Einmischung in andere Staaten und obendrein zugunsten der als reaktionär geltenden Bourbonen sehr wohl wußte,55 und hob dabei auf das ab, was er als „the many unfounded assertions and unfair insinuations“ empfand.56 Der Außenminister wehrte Whitbread ab und brachte die Debatte auf eine Meta-Ebene: „I must protest against that species of attack“,57 deren abstoßende Eigenart ihm eine neue zu sein schien. Schimpf und Schande sah er über Großbritannien gebracht, dessen Regierung zuhause der Lasterhaftigkeit geziehen werde – zu Unrecht, weil die Opposition der nötigen Informationen entbehre und Faktenschwäche mit Meinungsstärke fatal überkompensiere, getragen lediglich von „morbid jealousy and unfounded suspicion“.58

52  Dean Rapp: Social Mobility in the Eighteenth Century. The Whitbreads of Bedfordshire, 1720–1815. In: The Economic History Review 27 (1974), 380–394, hier: 392 f. 53  Dean Rapp: The Left-Wing Whigs. Whitbread, the Mountain and Reform, 1809–1815. In: Journal of British Studies 21 (1982), 35–66, hier: 55–57. 54  David R. Fischer: Whitbread, Samuel II (1764–1815), of Southill, Beds. In: Roland G. Thorne (Hrsg.): The History of Parliament. The House of Commons 1790–1820, Bd. 5: Members Q-Y. London 1986, 528–545, hier: 542. 55  Henry Kissinger: Das Gleichgewicht der Großmächte. Metternich, Castlereagh und die Neuordnung Europas 1812–1822. Zürich 1986, 340 f. 56  Rede Castlereaghs im Unterhaus am 20. März 1815. In: Charles Vane (Hrsg.): Memoirs and Correspondence of Viscount Castlereagh, Bd. 1. (wie Anm. 49), 24–59, hier: 25. 57  Ebd., 25. 58  Ebd., 25.

96

Georg Eckert

Für Castlereagh stand weit mehr auf dem Spiel als nur ein Staatsvertrag; er sorgte sich um verhängnisvolle Usancen im Unterhaus, auch er verstand den Verlauf der parlamentarischen Debatte als Rückfrage an das politische System auf der Insel insgesamt. Er forderte Zustimmung zur Politik der Regierung ein, deren Herabwürdigung als sich selbst erfüllende Prophezeiung erst das befürchtete schlechte Verhandlungsergebnis auf dem Kontinent zeitigen müsse, der anderen, in ihrem Agieren weitaus freieren Herrscher in Eu­ ropa wegen. Gegenüber den europäischen Souveränen sah Castlereagh seinen Verhandlungsspielraum allzu sehr beschnitten und beklagte das unablässige parlamentarische Piesacken. Derlei mache es der Regierung unmöglich, Staatsangelegenheiten „with either character or effect“ zu betreiben.59 Whitbreads Lust an der Opposition suchte er als eben solche zu entlarven, die von bloßem Halbwissen und absichtsvoller Verzerrung gekennzeichnet sei: Wer einst den Frieden von Paris mitgetragen habe, dürfe sich nun nämlich nicht den Wiener Vereinbarungen widersetzen, sondern müsse dem einmal betretenen Pfad getreulich folgen. Etwas Arkanwissen behielt Castlereagh – der mit seinen Wiener Verhandlungspartnern ein umfangreiches Kompromißpaket geschnürt hatte, zu dem auch die fristengebundene Abschaffung des Sklavenhandels als ein Bestandteil unter vielen gehörte60 – zwar für sich und kündigte an, später Whitbreads „foul calumnies“ zu widerlegen, „with which, no doubt from misapprehension and misinfomation, he has thought fit to impugn the councils of his country“.61 Aber der Außenminister verteidigte den Wiener Kongreß mit Blick auf dessen „ascertained and worthy principle“, namentlich auf die Maxime der Sicherheit, die allein die Vergrößerung bestimmter Staaten auf dem Kontinent vorgegeben habe. Sicherheit hieß allerdings auch Sicherheit für Staaten, die gerade den britischen Whigs kaum als legitime Gebilde erscheinen konnten; mißtrauisch beargwöhnten sie schon während des Kongresses, erst recht nach dessen Ende, wie eng Castlereagh sich etwa dem russischen Zaren, dem österreichischen Staatskanzler Metternich und dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. verbunden zeigte, also dem, was von den britischen Inseln aus kontinentaler Tyrannei verdächtig nahezustehen schien.62

59  Ebd., 60  Paul

26. W. Schroeder: The Transformation of European Polics 1763–1848. Oxford

1996, 573. 61  Rede Castlereaghs im Unterhaus am 20. März 1815. In: Charles Vane (Hrsg.): Memoirs and Correspondence of Viscount Castlereagh, Bd. 1. (wie Anm. 43), 24–59, hier: 29. 62  Ellis Archer Wasson: The Great Whigs and Parliamentary Reform, 1809–1830. In: The Journal of British Studies 24 (1985), 434–464, hier: 443 f.



Wien in der Kritik: Britische Gegner der neuen Ordnung

97

Castlereagh hatte also komplizierte Vermittlungsaufgaben vor sich, in Wien wie in London, im Parlament wie in der Presse. Er verfolgte nicht einmal ein substantiell anderes Ziel als die Abolitionisten, doch sorgte sich um die Mittel der Politik. Für fatal erachtete er die scharfe Rhetorik der britischen Gegner der Sklaverei, die den britischen Interessen ebenso so schaden würde wie den zu befreienden Sklaven bzw. denjenigen, deren Versklavung und Verschiffung es zu verhindern galt. Aus der Warte des verhandelnden Außenministers nahm die Außenwirkung der britischen Debatte bedrohliche Züge an, weil sie den Gegenstand (und das Land) zum Spielball anderer Mächte werden zu lassen drohte; ausgerechnet das noch so lautere Engagement werde den Erfolg in der Sache verhindern, fürchtete Castlereagh,63 der sich noch im Februar des Jahres 1815 mehr Erfolg von einer behutsam-dilatorischen Politik erhoffte64 – und damit keineswegs alleinstand. Denn auch Wellington wandte sich aus Frankreich an William Wilberforce mit dem eindringlichen Rat, Großbritannien werde in der Sklavereifrage durch vorläufiges Stillhalten am meisten erreichen können.65 Castlereagh wiederum war damit beschäftigt, sich gegen Whitbreads Argumentation zu verwahren, die sich auf einen diskreditierenden Brief des französischen Außenministers Talleyrand bezogen hatte, ein Meister der politischen Taktik, der sich seinerseits gegen die auf dem Wiener Kongreß betriebene arithmetische Neuordnung Europas nach territorialen und Kopfzahlen gewandt hatte – auch das brachte der Außenminister letztlich auf einen Nenner, der sowohl das britische Selbstverständnis als auch das Verständnis Großbritanniens durch seine monarchische Umwelt vereinte: Er verwies auf „that respect and esteem among foreign nations which have been one of the chief foundations of our brilliant successes“.66 Überhaupt insistierte der diplomatische Verhandlungsprofi auf dem speziellen Charakter solcher Schreiben, denen indes keine negativen Taten gefolgt seien – also solle man darüber gar nicht erst diskutieren: „I think that I cannot adduce to the House a stronger proof of the inconvenience resulting from discussions of this sort“.67 Solche Mahnungen waren deshalb bedeutsam, weil der Minister eine Schicksalsgemeinschaft der europäischen Mächte konstruierte, die nicht von 63  Charles Webster: The Foreign Policy of Castlereagh, 1812–1815. Britain and the Reconstruction of Europe. London 1963, 419. 64  Ebd., 424. 65  Martha Putney: The Slave Trade in French Diplomacy from 1814 to 1815. In: The Journal of Negro History 60 (1975), 411–427, hier: 421. 66  Rede Castlereaghs im Unterhaus am 20. März 1815. In: Charles Vane (Hrsg.): Memoirs and Correspondence of Viscount Castlereagh, Bd. 1. (wie Anm. 43), 24–59, hier: 32. 67  Ebd., 46.

98

Georg Eckert

parlamentarischem Eigensinn gestört werden dürfe: Großbritannien habe darin ein „liberal and enlarged system of moral polity“ verfolgt, „which had in view her own welfare so far only as it secured the liberty and happiness of all the other Powers with whom she was combined“.68 Derartiges zu vermitteln, dünkte Castlereagh indes eine schwere Aufgabe. Wieder wandte er sich Samuel Whitbread zu, genauer: er wandte sich von Whitbread ab, indem er gestand, „I am not quite so fond of popularity“, als daß er die Könige des Kontinents von Maßnahmen für deren eigene Sicherheit abhalten wolle.69 Den Minister befremdete Whitbreads Betragen, der jeden europäischen Staat in seiner Rede blindwütig angegriffen habe, ganz im selbst angemaßten Auftrag „of judging for all the rest of the world, and of setting himself in opposition to every government in Europe“, die Diffamierung aller Souveräne eingeschlossen.70 Innenpolitischer Streit schadete außenpolitischen Anliegen, so argumentierte kurzum der Diplomat Castlereagh in der Pose des Staatsmannes. Whitbread aber war für ihn nicht Staatsmann, ja weniger noch: nicht einmal Gentleman genug. „The Honorable Gentlemen“ bedeutete mehr als nur eine übliche Anrede, sondern einen verpflichtenden Anspruch an diejenigen, die politisch gestaltungsbefugt seien. Was tat Castlereagh also, als er die vorläufigen Ergebnisse des Wiener Kongresses im Parlament verteidigte? Er widmete seine Aufmerksamkeit sowohl der außenpolitischen Materie als auch der Form von Politik überhaupt; der Forderung nach Transparenz, die er bei Whitbread als Populismus zu diffamieren suchte, setzte er ein Lob staatsmännischer Weisheit entgegen. Genau damit aber öffnete er einer noch radikaleren K ­ ritik erst recht Tür und Tor, wie nun zu zeigen bleibt: der Kritik an den Staatsmännern. III. Opposition im Prinzip: William Cobbetts Kritik am politischen System Whitbreads Attacke auf die Regierung war parlamentarisch scharf. Aber schärfer noch war eben diejenige, die außerparlamentarisch vorgetragen wurde, wohl von niemandem heftiger als vom unermüdlichen Publizisten William Cobbett, der sich und sein Publikum in programmatischer Absicht am gezielten Bruch von Konventionen der nur vorgeblich guten Gesellschaft delektierte: Hier war Opposition das Prinzip, Kritik an der britischen „Poli­ty“, an der politischen Verfassung des Landes. Schon seit Jahren hatte sich 68  Ebd.,

35. 37. 70  Ebd., 39. 69  Ebd.,



Wien in der Kritik: Britische Gegner der neuen Ordnung

99

­ obbett für eine Parlamentsreform eingesetzt, sogar aus seiner Haft heraus, C die er in den Jahren 1810 bis 1812 in Newgate absaß.71 Selbst den Tod des oppositionellen Whitbread im Sommer des Jahres 1815 kommentierte Cobbett noch gallig und wußte über den Verstorbenen alles außer Gutes zu sagen. Daß Whitbread mitnichten aufrichtig an Reformen interessiert gewesen sei, daß er die Übel im Lande zur Mehrung des eigenen Kritiker-Prestiges absichtsvoll verlängert habe, statt sie aufzuheben, daß er Opposition nur um ihrer und vor allem seiner selbst willen betrieben habe, rief Cobbett ihm ins Grabe nach: „Vanity appears to have been his ruling passion. He was constantly in search after triumph“.72 Cobbett witterte Elitenversagen auf breiter, anti-populärer Front. Er warf Whitbread samt Castlereagh vor, politischen Streit als bloße Pose bar jeder Prinzipien zu inszenieren, ein gemeinsames Machtkartell gebildet zu haben. Er mißtraute der Weisheit sowohl der Minister als auch der Opposition, jener Cobbett, der vom überzeugten Burke-Anhänger73 zu einem radikalen Pamphletisten konvertiert war, der vom konservativen publizistischen Rivalen des in Lewes geborenen Thomas Paines wortwörtlich zum Hüter von dessen sterblichen Überresten werden sollte,74 die er am Ende in dessen englische Heimat zurückbrachte. Nur zwei Jahre nach dem Ende des Wiener Kongresses floh Cobbett in die Vereinigten Staaten von Amerika, um einer neuer­ lichen Verhaftung zu entgehen, ehe er im Jahre 1819 zurückkehrte und mit vielen anderen Radikalen auf eine tiefgreifende Reform des politischen Systems auf der Insel drang, insbesondere als Anwalt der arbeitenden Bevölkerung auf dem Lande und darob in populärer, durchaus derber Gestalt.75 Vor allem Landarbeitern verschaffte er eine politische „Plattform“,76 populär in der Sprache wie in der Sache, politisches Forum wie Programm – unter anderem durch sein wöchentlich erscheinendes „Political Register“, das in der Zeit nach dem Wiener Kongreß immer weiter zirkulierte und vor allem, 71  George Spater: William Cobbett. The Poor Man’s Friend, Bd. 2. Cambridge 1982, 324 f. 72  Late Mr. Whitbread. In: Cobbett’s Political Register, 22. Juli 1815, 79–82, hier: 80 [Hervorhebung im Original]. Das „Political Register“ wird zitiert nach folgenden Bänden: Cobbett’s Political Register, Bd. 15–18. London 1814–1815. 73  Ian Dyck: From „Rabble“ to „Chopsticks“. The Radicalism of William Cobbett. In: Albion. A Quarterly Journal Concerned with British Studies 21 (1989), 56–87, hier: 58. 74  Leo A. Bressler: Peter Porcupine and the Bones of Thomas Paine. In: The Pennsylvania Magazine of History and Biography 82 (1958), 176–185, hier: 183. 75  Alun Howkins und Ian Dyck: „The Time’s Alteration“: Popular Ballads, Rural Radicalism and William Cobbett. In: History Workshop 23 (1987), 20–38, hier: 34. 76  Ian Dyck: William Cobbett and the Rural Radical Platform. In: Social History 18 (1993), 185–204, hier: 186.

100

Georg Eckert

passend zur Klientel, etwa in Kneipen öffentlich verlesen wurde.77 Vor allem seines Stiles wegen wurde er zum eigentlichen Schöpfer einer politischen Kultur der Radikalen.78 Schon im Jahre 1805 hatte Cobbett in seinem „Political Register“ Berichte wiedergegeben, denen zufolge Sklaven bisweilen besser behandelt würden als englische Landarbeiter.79 Diesen Nexus pflegte Cobbett mit anhaltender Hingabe und machte in der Kongreßzeit gerade die Außenpolitik auf dem Kontinent zum Träger seiner Argumente zugunsten politischer Reformen in Großbritannien selbst. Er plädierte von Anbeginn des Sieges über Napoleon an – obschon die radikale Phase seiner Agitation im Grunde erst anhob, als im Jahre 1816 eine verbilligte Ausgabe des „Political Register“ zu erscheinen begann80 – für Revolution, und zwar im Sinne der Französischen, die bei allen fatalen Konsequenzen gleichwohl bewirkt habe: „more good in the aggregate, than any other event recorded in history“. Dabei hatte es der Revolutionsapologet Cobbett im Herbst des Jahres 1814 zunächst gar nicht auf die britische P ­ olitik, sondern vielmehr auf die einheimische Presse abgesehen, die seiner Meinung nach korrupte Presse, die bloß Eifersucht unter den kontinentalen Souveränen stiften wolle;81 so mahnte er noch vor dem Beginn des Kongresses selbst und witterte die stinkenden Machenschaften einer britischen Kriegspartei, die er vor allem während Napoleons Herrschaft der Einhundert Tage wieder ans Ruder gekommen und einen politisch-publizistischen Kurs gegen den Mann auf der Straße einschlagen sah. Derlei Entwicklungen wiederum beunruhigten Cobbett schon deshalb, weil Kriege zulasten der einfachen Bevölkerung gingen – eine Intervention gegen Napoleons zweite Herrschaft schien wenig später mit „general ruin and misery“ im eigenen Lande verbunden.82 Für ihn waren es kurzum „vile men, who conduct the principal of our London newspapers“.83 Daß die britische Öffentlichkeit sich unterdessen vornehmlich anderen Angelegenheiten als dem Wiener Kongreß gewidmet hatte, thematisierte Cobbett selbst, als er erst im Januar des Jahres 1815 einen als Zuschrift eines „Juvenis“ ausgegebenen Brief im „Political Register“ abdruckte. Dieser Brief 77  A. Aspinall: The Circulation of Newspapers in the Early Nineteenth Century. In: The Review of English Studies 85 (1946), 29–43, hier: 38. 78  Edward P. Thompson: The Making of the English Working Class. London 1991, 820. 79  Dyck: From „Rabble“ to „Chopsticks“ (wie Anm. 73), 76. 80  Dyck: William Cobbett and the Rural Radical Platform (wie Anm. 76), 189. 81  Balance of Power. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 3. September 1814, 289–291, hier: 289 f. 82  William Cobbett: Peace! Peace! To Lord Castlereagh. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 01. April 1815, 385–411, hier: 404. 83  Ebd., 404.



Wien in der Kritik: Britische Gegner der neuen Ordnung

101

registrierte den exklusiv monarchisch-adeligen Charakter des Kongresses und mutmaßte ironisch, nun sei wohl eine Zeit gekommen, „when the ambition of monarchs is not tarnished with injustice“.84 „Juvenis“, ein junger, neuer, von den alten Mißbräuchen also unbelasteter Mann, mahnte per Analogie: Wie einst die Polnischen Teilungen die französischen Revolutionäre herausgefordert hätten, so täten es nun analoge Projekte in Wien, die sogar „a more tremendous revolution“ nach sich ziehen müßten – die polnischsächsische Frage war hier in den Blick geraten, würden doch die Sachsen selbst von der regierungsnahen „Times“ wie Vieh behandelt, das an einen neuen Eigentümer gelange.85 Wie global das „Political Register“ zugleich dachte, hatte rund drei Wochen zuvor ebenfalls im Januar des Jahres 1815 ein anderer Beitrag erwiesen, ein offener Brief Cobbetts an John Cartwright, dem später das Epitethon „Father of Reform“ zugedacht wurde. Darin beklagte Cobbett, wie sich Großbritannien im eben beigelegten Krieg gegen die Vereinigten Staaten gewandt hatte, namentlich gegen den zum „Rebellen“ erklärten amerikanischen Präsidenten James Madison, also ausgerechnet gegen das „EXAMPLE of the existence of a Government founded on DEMOCRATIC rebellion“.86 Für die harsche Polemik gegen Madison machte Cobbett eine adelige Partei in Neuengland verantwortlich; man habe sich auf der Insel deshalb eine Teilung der Vereinigten Staaten durch den Krieg erhofft.87 In einem zweiten offenen Brief an den radikalen Reformer Cartwright, mithin an jemanden, der für öffentliche Klagen über eine manipulative Regierung der ideale Adressat war,88 bekräftigte Cobbett seine Einschätzung, der zufolge sich die britische Presse die Position einer weniger amerikanischer Aristokraten zu eigen gemacht habe – und verteidigte Madisons Politik.89 Wohlgemerkt: Als Napoleon im Sommer des Jahres 1814 besiegt war, hatten die Kämpfe in Amerika noch angehalten, denen die britische Aufmerksamkeit eher galt. Wien erschien nun im Spiegel der britischen Politik gegenüber Washington, nachgerade als Fortsetzung derselben üblen Prinzipien. Bei seiner Presse- und Politikerschelte blieb Cobbett auch, als er wieder auf den Kontinent, genauer: auf Napoleon blickte. Denn am 30. März des Jahres 1815 84  Juvenis: The Congress. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 21. Januar 1815, 82–85, hier: 82 f. 85  Ebd., 83 f. 86  William Cobbett: To John Cartwright, Esq. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 07. Januar 1815, 1–15, hier: 11 [Hervorhebung im Original]. 87  Ebd., 14. 88  Leonora Nattrass: William Cobbett. The Politics of Style. Cambridge 1995, 105. 89  William Cobbett: To Mr. John Cartwright. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 14. Januar 1815, 33–54, hier: 39.

102

Georg Eckert

wandte er sich per offenem Brief direkt an Außenminister Castlereagh und hielt unter der Überschrift „Peace! Peace!“ ein feuriges Plädoyer gegen eine britische Intervention in Frankreich. Er verwahrte sich gegen „dictating to a great nation who they shall have for their rulers“. Genau dieser Aspekt ergab die Analogie zum britisch-amerikanischen Krieg – wie man damals Madison zu Unrecht als Rebellen diffamiert habe, so nun Napoleon.90 Weder die Unterwerfung des französischen Volkes unter die Bourbonen noch die Unterwerfung Bel­giens unter die niederländische Krone billigte Cobbett, für den also kein hinreichender Kriegsgrund bestand, wenn beides rückgängig gemacht wurde. Cobbett erinnerte überdies daran, wie das britische Parlament im Jahr 1789 einst dem Aufstand gegen einen Willkürherrscher applaudiert habe, wandte sich gar gegen Edmund Burke, seinen einstigen Helden,91 den er nun als Pensionsempfänger und mithin Soldschreiber der Regierung attackierte; man habe schon im Jahre 1793 einen Interventionskrieg gegen die französische Regierungsform verweigert, der im Jahre 1815 am allerwenigsten legitim sei. Napoleon habe das zwangsweise erneut an die Bourbonen gelangte Frankreich nicht etwa mit einer unterdrückenden militärischen Übermacht erobert, sondern sei vielmehr vom freien Volkswillen zum Herrscher akklamiert worden: „the grandest, the most magnificent spectacle, that ever presented itself for the contemplation of the human mind“.92 Einzigartig war Cobbetts Meinung keineswegs. Auch andere hielten Napoleons Herrschaft der Hundert Tage für mindestens so legitim wie die Herrschaft des Prinzregenten, etwa die Autoren des „Statesman“, ein weiteres oppositionelles Periodikum, das unter anderem auch Samuel Whitbread per Spende unterstützte.93 Überhaupt war es eine längst erprobte oppositionelle Strategie, Napoleon als Medium einer heftigen Kritik an der britischen Verfassung zu nutzen;94 neu mutete an Cobbetts Deutung vor allem die Vehemenz an. Denn Napoleons Triumphmarsch nach Paris vernichtete aus Cobbetts Sicht gänzlich Castlereaghs Argument, der neue französische Herrscher regiere „not by virtue of the peoples’ consent and choice, signified in the freest and most unequivocal manner“ – wenn jemals ein Mann vom Volk gewählt worden sei, dann doch Napoleon, urteilte Cobbett in Gestalt eines 90  William Cobbett: Peace! Peace! To Lord Castlereagh. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 01. April 1815, 385–411, hier: 385–387. 91  George Spater: William Cobbett. The Poor Man’s Friend, Bd. 1. Cambridge 1982, 117. 92  William Cobbett: Peace! Peace! To Lord Castlereagh. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 01. April 1815, 385–411, hier: 390–392. 93  Stuart Semmel: British Radicals and ‚Legitimacy‘. Napoleon in the Mirror of History. In: Past & Present 167 (2000), 140–175, hier: 153–155. 94  Stuart Semmel: British Uses for Napoleon. In: Modern Language Notes 120 (2005), 733–746, hier: 736 f.



Wien in der Kritik: Britische Gegner der neuen Ordnung

103

im „Political Register“ publizierten offenen Briefes an Lord Castlereagh im April des Jahres 1815.95 Dafür sei kein Tropfen Blutes vergossen worden, zumal Napoleon selbst nach seiner Retablierung keine Rache geübt habe, ganz anders als die Bourbonen, denen deren britische Anhänger auch noch Opfer zur Verfolgung zugewiesen hätten.96 Cobbett gab sich also als Anwalt des Volkes aus: des französischen Volkes, des britischen Volkes, des Volkes überhaupt. Mourir pour Bruxelles? Nein, am besten solle Belgien rasch wieder an Frankreich gelangen – alles andere setze eine stehende britische Armee in eben diesem Land voraus, das bislang nicht staatsförmig organisiert sei und in dem der niederländische König nur einen hilflosen Wachmann abgebe, der bei Gefahr lediglich nach Unterstützung zu rufen vermöge: „but, really, such a scheme! such a scheme was never before thought of in this world“,97 hielt Cobbett nun dem Außenminister Castlereagh vor. Dieses realpolitisch gehaltene Plädoyer wurde im „Political Register“ sogar noch zugespitzt: akut gegen Napoleon zu kämpfen, um ihn von einer Expansion abzuhalten, „would be folly; but to draw the sword for the purpose of reinstating the Bourbons, would be the extreme of madness“.98 Vor allem verband Cobbett die Außenpolitik wenige Wochen später direkt mit der Innenpolitik und attackierte Händler, denen er gleichermaßen entschiedenen Willen zum Krieg gegen Frankreich wie entschiedenen Widerwillen gegen eine britische Parlamentsreform attestierte,99 jenes große Thema, das spätestens seit der Amerikanischen Unabhängigkeit und weit bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein unerledigt auf der Agenda blieb und weder mit der Reform des Jahres 1832 noch mit dem Chartismus abgeschlossen sein sollte. Napoleon sei keineswegs Aggressor, weniger noch Usurpator, überhaupt werde mittlerweile jeder Reformfreund gleich als „Jacobin“ abgestempelt und der „French principles“ beschuldigt: „French principles“ aber verstand Cobbett als Kompliment, Prinzipien, die indes auch in den Vereinigten Staaten von Amerika gelebt würden und ursprünglich „the growth of England“ seien: Jedes dieser Prinzipien verdanke sich „the struggles of ten generations of Englishmen“.100 Feigheit vor dem Freunde warf Cobbett interventionseifrigen britischen Händlern vor, zudem einen gewaltigen Fehlschluß 95  William Cobbett: Peace! Peace! To Lord Castlereagh. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 01. April 1815, 385–411, hier: 393. 96  Ebd., 395 f. 97  Ebd., 402. 98  H.: War With France. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 01. April 1815, 412–415, hier: 414. 99  William Cobbett: To the Merchants of England. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 29. April 1815, 513–523, hier: 513. 100  Ebd., 518 f. [Hervorhebungen im Original].

104

Georg Eckert

nach dem Prinzip post hoc, ergo propter hoc: Großbritanniens Vorzüge seien nicht wegen des Borough-Systems mit seinen oligarchischen Wahlkreisen in der Parlamentswahl entstanden, sondern trotz dieses illegitimen Wahlrechts. Dessen Verteidigern hielt er entgehen, ein zugunsten von Freiheit und Gleichheit reformiertes Wahlrecht werde nicht etwa Verwirrung, sondern genau deren Gegenteil erzeugen. Das Volk werde nach einer Reform im Gegensatz zum bisherigen Usus freudig in die Beschlüsse des Parlaments einstimmen, „knowing that they had freely chosen their representatives“.101 Kurzum, einen Feldzug gegen Napoleon verurteilte Cobbett als puren Ausdruck des Hasses, „which the corrupt Governments of Europe bear against liberty and the rights of men“.102 Erneut spielte das „Political Register“ Napoleons Milde gegen den Blutdurst der alten Dynastien aus,103 mokierte sich über ein bigottes Spanien sowie den angeblich so humanen französischen König, die sich beide einer Abschaffung des Sklavenhandels verweigert hätten. Zuletzt erinnerte es an das britische Selbstverständnis, die Welt demokratisch zu machen: „We fought before for the Independence of Nations, for the SOVEREIGNTY OF THE PEOPLE“.104 Schlimmer noch, im Feldzug gegen Napoleon witterte er den Versuch, „to prevent the people of England from witnessing the effects of a free government in France“: derlei hielt er für das mächtigste Motiv der britischen Falken.105 Schließlich entwickelte er ein Neid-Motiv der Kriegspartei und machte sich selbst schon hier zum Repräsentanten der friedensliebenden Nichtrepräsentierten: Weil aus Frankreich so viele Berichte auf die Insel gelangten, wie niedrig die dortigen Lebenshaltungskosten seien, stächen die hohen hiesigen umso mehr hervor, ihrerseits verursacht durch hohe Steuern, ihrerseits verursacht durch Kriegführung.106 Cobbetts Konsequenz war bestechend klar und radikal: Frieden, Militärreduktion, Steuersenkungen, Verfassungsreform, eine solche Politik hingegen „would make Englishmen feel; I would not tell them, but I would make them feel, that there was nothing for them to envy, or to seek after, in France, in America, or in any other country upon earth“.107

101  Ebd.,

521. G. F.: Consequences of a War with France. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 29. April 1815, 523–525, hier: 523. 103  A Friend to Peace, Justice, and Equity. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 29. April 1815, 525–527, hier: 525 f. 104  Ebd., 527 [Hervorhebungen im Original]. 105  William Cobbett: To the People of Nottingham. In: Cobbett’s Weekly Political Register, 06. Mai 1815, 545–555, hier: 550 [Hervorhebung im Original]. 106  Ebd., 551 f. 107  Ebd., 555 [Hervorhebungen im Original]. 102  G.



Wien in der Kritik: Britische Gegner der neuen Ordnung

105

IV. Fazit: Wien als Topos der Innenpolitik Diesen Positionen blieb Cobbett auch weit über den Wiener Kongreß hinaus treu; die Wiener Ordnung hatte in seiner Kritik paradigmatische Bedeutung. Erst eine verfehlte Außenpolitik Großbritanniens offenbarte aus Sicht des „Political Register“ eine fehlgeleitete Innenpolitik. Europa geriet in dieser Hinsicht zur Projektionsfläche für radikale Forderungen nach einer Veränderung des britischen Wahlrechts und der politischen Verfassung überhaupt. Nicht entweder Außenpolitik oder Innenpolitik genossen den Primat, sondern Politik selbst – Außen- und Innenpolitik ineinander gespiegelt. Namentlich die Debatte um das spezifische politische Ziel der Anti-Sklaverei-Bewegung war mit einer Debatte um die politische Ordnung auf der Insel verbunden, ausgetragen wiederum in tagespolitischen Sprechakten. Außenpolitik also war, so zeigen diese drei Facetten der innerbritischen Opposition insgesamt, kein isolierter Sektor des politischen Streites, sondern zugleich ein Medium der Innenpolitik. Neue Ordnung und alte Sorgen durchdrangen sich grenzüberschreitend. Nicht herrschte das Primat der Innenpolitik, vielmehr gerieten Außen- und Innenpolitik ununterscheidbar. In der Kritik am Wiener Kongreß und an der Wiener Ordnung wurden jene politischen Instrumente und Argumente geschärft, die bald die Herrschaft des Prinzregenten und der parlamentarischen Oligarchie unterminieren sollten. Für die britische Öffentlichkeit war die Rezeption des Kongresses dabei im Grunde wichtiger als der Kongreß selbst: Gegner der neuen Ordnung glaubten in Wien und um Wien herum vor allem spiegelbildlich zu erkennen, was im Staate Großbritannien selbst faul sei – so manches, wie selbst einer auf Ruhe hoffenden Elite dünkte. Thomas Malthus blieb nach Waterloo mißgestimmt, wie er seinen Freund David Ricardo per Korrespondenz wissen ließ: „I do not quite like the idea of imposing the Bourbons upon France by force, but if it leads to a lasting peace, it will be worth all that it has cost.“108 Wer sich außenpolitisch zugunsten der Bourbonen auf eine Intervention in Frankreich zu verständigen wußte, so fürchtete der staatstragende Malthus nicht anders als der revolutionslustige Cobbett, mußte wohl auch innenpolitisch irgendwie zum Ancien Régime gehören. So fand auch die innerbritische Debatte um den Wiener Kongreß in einer viel größeren Debatte um das politische System auf der Insel statt, die längst angestoßen war und immer wieder auf die Sklaverei zurückkam. In den 1820er Jahren geriet die Sklavenemanzipation zu einer kollektiven britischen Überzeugung, zu einem Gesinnungstest, der Parlamentsabgeordneten abge108  Thomas Malthus an David Ricardo, Bath, 16. Juli 1815. In: Sraffa (Hrsg.): The Works and Corresspondence of David Ricardo, Bd. 6 (wie Anm. 1), 235–236, hier: 235.

106

Georg Eckert

nötigt wurde;109 nicht zufällig erreichte die populäre Antisklavereibewegung ihren Höhepunkt zwischen den Jahren 1830 und 1832, also in den Jahren der Parlamentsreform.110 Die Sympathiekundgebungen gegenüber Napoleons zweiter Herrschaft, die sich in William Cobbetts „Political Register“ während des Wiener Kongresses finden lassen, gehören zum Auftakt des „heroic age of popular radicalism“; der Weg von Waterloo nach Peterloo war kein weiter.111

109  James Walvin: The Public Campaign in England against Slavery, 1787–1834. In: David Eltis und James Walvin (Hrsg.): The Abolition of the Atlantic Slave Trade. Origins and Effects in Europe, Africa, and the Americas. Madison / London 1981, 63–79, hier: 70. 110  Ebd., 74. 111  Thompson: The Making of the English Working Class (wie Anm. 78), 660.

III. Folgen und Nachwirkungen im 19. und 20. Jahrhundert / Consequences and After Effects during the 19th and 20th Centuries

Restauration und europäische Friedensordnung Von Volker Sellin, Heidelberg Das Zeitalter Napoleons endete am 3. April 1814 mit der Absetzung des Kaisers durch den französischen Senat, nur wenige Tage, nachdem die Armeen der Koalition in Paris einmarschiert waren.1 Am 6. April verabschiedete der Senat eine neue Verfassung und berief den im britischen Exil weilenden Grafen von Provence zum konstitutionellen König der Franzosen.2 Am 11. April unterzeichnete Napoleon den Vertrag von Fontainebleau, mit dem er seine Absetzung anerkannte, und am 20. April machte er sich auf den Weg zur Insel Elba, die ihm darin als souveränes Fürstentum zugesprochen worden war.3 Sein Versuch vom folgenden Jahr, die Macht in Frankreich zurückzuerobern, hatte angesichts der entschlossenen Haltung der Alliierten von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg.4 Der Sturz Napoleons und die Wiedereinsetzung der Bourbonen hatten nicht zu den Zielen der Koalition gehört. Ihr vordringliches Anliegen war vielmehr die Gewinnung einer dauerhaften Friedensordnung. Bis weit in den März 1814 hinein hoffte sie, den Frieden mit Napoleon selbst schließen zu können. Seit dem 5. Februar bemühten sich ihre Diplomaten in Châtillonsur-Seine um eine entsprechende Vereinbarung mit Napoleons Außenminister Caulaincourt.5 Noch immer war Napoleon der anerkannte Herrscher Frankreichs, und es gab keinerlei Anzeichen dafür, daß die Franzosen seiner überdrüssig seien. Dagegen war völlig ungewiß, mit welcher Unterstützung die Bourbonen nach einer Restauration würden rechnen können, sollte Napoleon abdanken oder gestürzt werden. Schon aus diesem Grunde betrachteten die 1  Volker Sellin: Die geraubte Revolution. Der Sturz Napoleons und die Restauration in Europa, Göttingen 2001, S. 150–51. 2  Ebd., S. 160–62. 3  Ebd., S. 186–91; vgl. Volker Sellin: Absetzung, Abdankung und Verbannung. Das politische Ende Napoleons I., in: ders.: Politik und Gesellschaft. Abhandlungen zur europäischen Geschichte. Hrsg. von Frank-Lothar Kroll. Berlin / Boston 2015, S. 173; und in: Susan Richter / Dirk Dirbach (Hrsg.): Thronverzicht. Die Abdankung in Monarchien vom Mittelalter bis in die Neuzeit. Köln / Weimar / Wien 2010, S. 232. 4  Volker Sellin: Der Tod Napoleons. In: ders.: Politik und Gesellschaft (wie Anm. 3), S. 197–98. 5  Sellin: Revolution (wie Anm. 1), S. 88.

110

Volker Sellin

Verbündeten die Restauration der Monarchie keinesfalls als Vorbedingung für den Abschluß eines Friedensvertrags. Der Kongreß von Châtillon wurde am 19. März ergebnislos abgebrochen.6 Napoleon hatte bis zuletzt auf der Rheingrenze beharrt, da er Frankreich wenigstens diejenige geographische Ausdehnung sichern wollte, in der er das Land übernommen hatte. Die Verbündeten wollten Frankreich zwar als Großmacht erhalten, die Rheingrenze aber wollten sie Napoleon nicht zugestehen. Nach dem Abbruch des Kongresses setzten sie ihren Vormarsch auf die französische Hauptstadt fort. Am 31. März rückten sie in Paris ein.7 Napoleon war ihnen nachgeeilt, hatte sie jedoch nicht mehr aufhalten können. Unter ihrem Schutz erklärte der napoleonische Senat den Kaiser auf Anstiftung Talleyrands am 2. April für abgesetzt. Zur Begründung verabschiedete er am folgenden Tag einen Katalog von Anklagen gegen den Gestürzten, die ihn vor aller Welt zum Tyrannen stempeln sollten.8 Dieses Verfahren der Herrscherabsetzung hatte sich in der Geschichte Europas schon mehrfach bewährt, zuletzt in der amerikanischen Revolution. Wie König Georg III. von England in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776, so wurde auch Napoleon beschuldigt, den Vertrag gebrochen zu haben, auf dem seine Herrschaft beruht habe. Das Argument machte es notwendig, auch den Nachfolger auf die Bewahrung der Institutionen zu verpflichten. Am 6. April verabschiedete der Senat eine liberale Verfassung, die zu gegebener Zeit durch ein Referendum bestätigt werden sollte. Die Verfassung sah die Einrichtung einer konstitutionellen Monarchie mit zwei Kammern vor. Zum König wurde der Graf von Provence, Bruder Ludwigs XVI., ausersehen. Nach dem Vorbild der Verfassung von 1791 wurde er allerdings nicht zum König von Frankreich, sondern zum König der Franzosen berufen, ein Titel, der seine Herrschaftsberechtigung auf den Willen der Nation gründete. Zur Bekräftigung betonte der Senat, daß er Ludwig aus freien Stücken und nicht in Anerkennung eines dynastischen Anspruchs erwählt habe.9 In seinen Augen war Restauration ein politischer Begriff und kein Rechtsbegriff. Nicht um begangenes Unrecht wiedergutzumachen, entschied er sich für die Wiederherstellung der Monarchie, sondern weil er darin die beste Lösung für Frankreichs Zukunft erblickte. Eine Erneuerung der Republik wurde nicht in Erwägung gezogen, nachdem die Republik von 1792 im Staatsstreich des Brumaire geendet hatte. Um den Frieden gegen französische Revisionsversuche abzusichern, hatte die Koalition bereits am 1. März 1814 in Chaumont eine auf 20 Jahre befri6  Ebd.

7  Ebd.,

S. 126–127. S. 150–51. 9  Ebd., S. 160–64. 8  Ebd.,



Restauration und europäische Friedensordnung

111

stete Defensivallianz geschlossen, die Frankreich von neuerlichen Expan­ sionsversuchen abschrecken sollte.10 Über die Gleichgewichtspolitik der Sieger von 1814 ist in den letzten Jahren viel geschrieben worden. Eingeleitet wurde die neuerliche Debatte durch einen Aufsatz des amerikanischen Historikers Paul W. Schroeder in der American Historical Review von 1992 mit dem Titel Did the Vienna Settlement Rest on a Balance of Power? Darin zog Schroeder die verbreitete Überzeugung in Zweifel, daß die durch die Verträge von 1813 und 1814 und auf dem Wiener Kongreß geschaffene Neuordnung Europas auf dem politischen Gleichgewicht, der vielbeschworenen balance of power, beruht habe. Zur Begründung führte er an, daß zwischen Staaten von so unterschiedlicher Machtstellung wie Großbritannien, Preußen, Österreich und dem geschlagenen Frankreich unmöglich ein Gleichgewicht hätte hergestellt werden können. Statt mit dem Gleichgewicht der Macht suchte Schroeder die Stabilität der Neuordnung damit zu erklären, daß die Verträge zwischen den Großmächten ein Gleichgewicht von Rechten und Vorteilen, an equilibrium of rights and satisfactions, geschaffen hätten. Weil ihre Ansprüche in ausgewogenem Verhältnis zueinander befriedigt worden seien, habe keine von ihnen Grund gehabt, erneut nach Veränderung zu streben.11 Diese Deutung hält der Nachprüfung nicht stand. Selbst wenn man annimmt, daß die Siegermächte Großbritannien, Rußland, Österreich und Preußen mit den Vorteilen zufrieden gewesen seien, die sie durch den Friedensschluß erlangt hatten, so läßt sich das von Frankreich schwerlich behaupten. Während die Sieger allesamt gestärkt aus dem Krieg hervorgingen, wurde Frankreich territorial auf den Stand von 1792, im Zweiten Pariser Frieden von 1815 sogar auf den Stand von 1790 zurückgeworfen. Dadurch, so argumentierte im Jahre 1828 François René de Chateaubriand, damals französischer Botschafter am Heiligen Stuhl, sei das politische Gleichgewicht in Europa zum Nachteil Frankreichs verschoben worden.12 Tatsächlich suchte das Land seit dem Wiener Kongreß beharrlich nach Gelegenheiten, die Verträge von 1815 zu revidieren und sein relatives Gewicht im Kreis der fünf Großmächte wieder auf den Stand zurückzuführen, den es vor Ausbruch der Revolution besessen hatte. Der erste Schritt auf diesem Wege war die Intervention in Spanien 1823.13 Ende der zwanziger Jahre schmiedete der leitende 10  Ebd.,

S. 114. W. Schroeder: Did the Vienna Settlement Rest on a Balance of Power. In: American Historical Review 97 (1992), S. 683–706. 12  Volker Sellin: Conclusion: France, the Vienna Settlement, and the Balance of Power. In: Peter Krüger / Paul W. Schroeder (Hrsg.): The Transformation of European Politics, 1763–1848: Episode or Model in Modern History? Münster / Hamburg / London 2002, S. 233. 13  Ebd., S. 232. 11  Paul

112

Volker Sellin

Minister Karls X., Jules de Polignac, an Plänen, den erwarteten Sieg Rußlands im damaligen russisch-türkischen Krieg zu nutzen, um die Frage der französischen Ostgrenze neu aufzurollen.14 Den ersten durchschlagenden Erfolg der französischen Revisionspolitik erzielte Napoleon III. im Jahre 1859 auf den Schlachtfeldern Norditaliens und im nachfolgenden Frieden von Zürich im Bündnis mit dem Königreich Sardinien. Österreich verlor die Lombardei, und Frankreich erwarb Nizza und Savoyen. Die Gleichgewichtspolitik der Verbündeten strebte nach Herstellung von Gleichgewichtslagen überall dort, wo Konflikte drohten. Diese Zielsetzung war keineswegs neu, sondern entsprach den in Jahrhunderten bewährten Regeln europäischer Staatskunst. Die größte Gefahr für den Frieden erblickten die vier Siegermächte nach der Niederwerfung Napoleons im Revisionsverlangen Frankreichs. Nach Abschluß des Zweiten Pariser Friedens im November 1815 erneuerten sie daher den Vertrag von Chaumont und bekräftigten ihre Entschlossenheit, französischen Aggressionen auch künftig gemeinsam entgegenzutreten. Die beiden deutschen Großmächte wurden nachhaltig gestärkt: Preußen durch die Erwerbung des Rheinlands, Westfalens und von Teilen Sachsens, Österreich durch die Erneuerung seiner Hegemonialstellung in Italien. Durch diese Form von Gleichgewichtspolitik sollte Frankreich von neuerlichen Expansionsversuchen abgeschreckt werden. Die langfristige Sicherung des Friedens erhielt bei diesen Regelungen Vorrang vor dem Gedanken der Restauration der vornapoleonischen Herrschaftsverhältnisse. Ohne den Sturz des Kaiserreichs und die Restauration der historischen Dynastie auf dem Thron Frankreichs wäre der Friede nicht zustande gekommen, da Napoleon sich einer Verständigung mit der Koalition bis zuletzt widersetzt hatte. Im Vergleich zu den Friedensschlüssen Napoleons fiel der mit Ludwig XVIII. am 30. Mai 1814 geschlossene Friede von Paris milde aus. Die Sieger bestätigten die Grenzen Frankreichs von 1792, da sie die Akzeptanz der restaurierten Monarchie nicht durch harte Friedensbedingungen aufs Spiel setzen und da sie neuerlichen Revisionsbestrebungen keine Nahrung geben wollten. Auf den Zusammenbruch des napoleonischen Reiches folgte nicht nur in Frankreich die Restitution des vormaligen Herrscherhauses. Auch nach Spanien und in die italienischen Staaten kehrten die vertriebenen Monarchen zurück. Allerdings unterschieden sich die dortigen Restaurationen von der Restauration in Frankreich. Während nach Spanien und Italien mit den ­Monarchen auch der Absolutismus zurückkehrte, konnte Ludwig XVIII. den französischen Thron nur unter der Bedingung erlangen, daß er konstitutionell regierte. Es gelang ihm lediglich, die vom napoleonischen Senat am 6. April 14  Ebd.,

S. 233.



Restauration und europäische Friedensordnung

113

1814 verabschiedete Verfassung einer demokratischen Monarchie in die auf dem Gottesgnadentum beruhende Charte constitutionnelle zu verwandeln und aus königlicher Machtvollkommenheit zu oktroyieren.15 Das in Artikel 29 der Senatsverfassung angekündigte Referendum blieb unausgeführt.16 Der Verzicht auf die Konsultation der Nation war ein scharfer Bruch mit der Revolution und bildet verfassungspolitisch den Kern der Restauration. Seit der Proklamation des Dritten Stands zur Nationalversammlung im Juni 1789 hatten sämtliche Regime in Frankreich auf dem Grundsatz der Volkssouveränität beruht. Das gilt selbst für das Konsulat und das Kaiserreich. Bekanntlich hatte Napoleon seine Macht wiederholt durch Plebiszite bestätigen lassen. Im Unterschied zu Ludwig XVI. hatte Ludwig XVIII. die Souveränität der Nation jedoch niemals anerkannt. Die Alliierten mischten sich in die französische Verfassungsfrage nur insofern ein, als sie verlangten, daß der nationale Wille der Franzosen berücksichtigt werde. Ihr vordringliches Interesse richtete sich auf die Herstellung innenpolitischer Stabilität als Voraussetzung für die Stabilität des Friedens in Europa. Um der innenpolitischen Stabilität willen ermahnte ausgerechnet Zar Alexander I. Ludwig XVIII. im April 1814 dazu, den „Willen der Nation“ zu respektieren und die vom Senat verabschiedete Verfassung zu akzeptieren, und der russische Außenminister Nesselrode warnte Baron Vitrolles, einen Vertrauten des Grafen von Artois, des Bruders und späteren Nachfolgers Ludwigs XVIII., vor dem Versuch, „einen Kampf gegen den Senat und die Konstitution“ zu führen. Andernfalls würden sich „sämtliche ausländischen Bajonette, die sich in Frankreich befinden, zur Unterstützung des Senats und seiner Verfassung vereinigen“.17 Die Ernsthaftigkeit dieser Drohung wurde nicht auf die Probe gestellt. Ludwig XVIII. war klug genug, am Verfassungsstaat festzuhalten. Die Umwandlung der demokratischen Senatsverfassung in die Charte constitutionnelle und damit in eine Verfassung nach dem monarchischen Prinzip allein führte nicht zur militärischen Intervention der Alliierten.18 Unbedingten Vorrang gaben die Alliierten dem Willen der Nation auch im folgenden Jahr nicht. Eine Restauration des Kaiserreichs hätten sie nicht hingenommen, selbst wenn die Nation sich dafür ausgesprochen hätte. Als im März 1815 die Nachricht eintraf, Napoleon sei von der Insel Elba nach Frankreich zurückgekehrt, warteten die Großmächte das Votum der Nation 15  Sellin:

Revolution (wie Anm. 1), S. 225–73. S. 229. 17  Eugène-François-Auguste d’Arnaud, baron de Vitrolles, Mémoires, hrsg. v. Eugène Forgues, Bd. 2, Paris 1884, S. 12. 18  Vgl. Sellin: Revolution (wie Anm. 1), S. 225–73: Die Entstehung der Charte constitutionnelle. 16  Ebd.,

114

Volker Sellin

erst gar nicht ab, sondern erklärten Napoleon unverzüglich in die Acht.19 Auch durch das von ihm Ende April anberaumte Plebiszit, mit dem die Franzosen sich für die Erneuerung des Kaisertums aussprachen, ließen sie sich nicht umstimmen. Sie beharrten auf dem Abdankungsvertrag von Fontainebleau, durch den Napoleon die Insel Elba zugewiesen worden war, denn sie befürchteten, der Kaiser würde, sollte er die Macht in Frankreich zurückerlangen, Europa alsbald von neuem mit Krieg überziehen. Vor allem im Interesse des Friedens also, und nicht in erster Linie zur Bewahrung monarchischer Legitimität, hielten sie an der restaurierten Monarchie fest. Im Juni 1815 scheiterte Napoleon bei Waterloo im Kampf gegen die Armeen der Koalition unter Führung von Wellington und Blücher endgültig. Im Zweiten Pariser Frieden, den die Sieger im November 1815 mit Frankreich schlossen, wurde die Restauration noch einmal bekräftigt. Während sich im Ersten Pariser Frieden keine Aussage über die Staatsform Frankreichs findet, wurde das Land jetzt verpflichtet, nicht nur die Monarchie unter dem Hause Bourbon, sondern auch die Charte constitutionnelle zu erhalten.20 Damit schlossen die Siegermächte zugleich die Anerkennung des von Benjamin Constant entworfenen und von Napoleon am 22. April 1815 in Kraft gesetzten Acte additionnel aux constitutions de l’Empire ausdrücklich aus.21 Die Alliierten verteidigten die Restauration der Bourbonen und das Regime der Charte vor allem deshalb, weil sie befürchteten, ein wiederauferstandenes Kaiserreich würde nach Revision des Friedensvertrags streben und die auf dem Wiener Kongreß beschlossene Neuordnung Europas in Frage stellen. Wie sich bald herausstellen sollte, prägte das Verlangen nach Revision der Verträge die französische Außenpolitik auch unter der Monarchie. Am Widerstand, den sie dabei auf europäischer Bühne erfuhr, zeigte sich, daß der 1814 geschlossene Friede auch deshalb von Dauer war, weil die Alliierten entschlossen blieben, neuen französischen Expansionsversuchen gemeinsam entgegenzutreten. Als im Zuge der Orientalischen Krise von 1840 in Teilen der französischen Öffentlichkeit die Wiederherstellung der Rheingrenze gefordert wurde, erneuerten die Siegermächte ihre Allianz und wiesen die Julimonarchie in die Schranken.22 Erst Napoleon III. sollte es gelingen, den Bann zu brechen. Durch die Beteiligung am Krimkrieg und den Sieg über Österreich von 1859 im Bund mit dem Königreich Sardinien führte Napoleon III. sein Land wieder in den Kreis der europäischen Großmächte zurück. Ein halbes Jahrhundert nach dem Wiener Kongreß, am 5. November 19  Sellin:

Tod Napoleons (wie Anm. 4), S. 197–98. Frieden von Paris, Präambel. 21  Acte additionnel aux constitutions de l’Empire du 22 avril 1815. In: Jacques Godechot (Hrsg.): Les constitutions de la France depuis 1789, Paris 1970, S. 231–39. 22  Sellin: Conclusion (wie Anm. 12), S. 234. 20  Zweiter



Restauration und europäische Friedensordnung

115

1863, erklärte er mit Blick auf den polnischen Aufstand vor beiden Häusern des Parlaments triumphierend: „Die Verträge von 1815 bestehen nicht mehr“.23 Im Frühjahr 1814 legten die Alliierten Wert darauf, die Entscheidung über Frankreichs Zukunft den Franzosen selbst zu überlassen. Daher nahmen sie keinerlei Einfluß auf die Entschlußbildung des Senats, die in die Absetzung des Kaisers und die Berufung Ludwigs XVIII. mündete. Der Eindruck sollte vermieden werden, als sei die Restauration des Hauses Bourbon dem Land von den Siegern aufgezwungen worden.24 Von einer unbedingten Solidarität der historischen Monarchien, wie sie auf dem Wiener Kongreß im Zeichen der Heiligen Allianz proklamiert wurde, war noch nicht die Rede. Im Jahre 1815 dagegen ging es nicht nur um die Herrschaft in Frankreich, sondern auch um die Verteidigung des Friedensvertrags, in dem Frankreich sich verpflichtet hatte, die Grenzen von 1792 zu respektieren. Zwar hatte Napoleon nach seiner Rückkehr von Elba auch seinerseits die Einhaltung der Verträge versprochen, aber dieser Zusage schenkten die Alliierten nach allen Erfahrungen, die sie mit ihm gemacht hatten, kein Vertrauen. Daher war die Restauration der historischen Monarchie in ihren Augen die zwingende Voraussetzung für eine dauerhafte Friedensordnung in Europa. Die Mühelosigkeit, mit der Napoleon 1815 die Macht noch einmal erlangte, zeigte jedoch, wie wenig die Monarchie der Bourbonen in Frankreich bis dahin Fuß gefaßt hatte. Die Alliierten betrachteten Frankreich deshalb auch nach der Restauration als Hauptgefahrenherd für den Frieden in Europa. Um sich gegen künftige französische Übergriffe abzusichern, erneuerten sie beim Abschluß des Zweiten Pariser Friedens im November 1815 daher auch den Vertrag von Chaumont vom März 1814. Auf dem Kongreß von Aachen 1818 nahmen sie Frankreich zwar in das Bündnis auf und erweiterten es zur Fünferallianz. Den Vierbund der Siegermächte hielten sie jedoch gleichzeitig aufrecht. Das Gewicht einer Macht innerhalb des europäischen Staatensystems wurde wesentlich mitbestimmt durch den politischen Einfluß, den sie jenseits ihrer Grenzen auf andere Länder auszuüben vermochte. Eine der schmerzlichsten Folgen der Niederlage Frankreichs von 1814 war der Verlust seiner Vormachtstellung in Italien zugunsten Österreichs. Die Bedeutung der österreichischen Hegemonie über die Apenninenhalbinsel für den Frieden in Eu­ ropa brachte der österreichische Außenminister Metternich gegenüber dem päpstlichen Generalstaatssekretär Ercole Consalvi drastisch zum Ausdruck, 23  Le Moniteur universel. Journal officiel de l’Empire Français, 6. November 1863, S. 1311. 24  Sellin: Revolution (wie Anm. 1), S. 101.

116

Volker Sellin

als der Papst nach dem Zusammenbruch des Kaisereichs die Rückgabe der sogenannten Legationen, das sind Bologna, Ferrara und die Romagna, an den Kirchenstaat forderte. Pius VI. hatte diese Gebiete 1797 durch den Vertrag von Tolentino an Napoleon abgetreten. Seit 1805 hatten sie zum napoleonischen Regno Italico gehört. Im Befreiungskrieg war das Königreich von österreichischen Truppen besetzt worden. Metternich wies Consalvi nun darauf hin, daß Österreich kraft Eroberungsrechts in den Besitz der geforderten Provinzen gelangt sei. Dadurch seien alle Ansprüche des Papstes erloschen. Eine Rückgabe an den Kirchenstaat komme nur in Betracht, wenn dadurch das politische Gleichgewicht in Europa gestärkt werde. Gegen die Rückgabe spreche allerdings die Erwägung, daß der Kirchenstaat infolge seiner Neutralität zum Gleichgewicht keinen Beitrag leiste.25 Wie wenig die Koalition auf eine durchgehende Restauration der vormaligen Verhältnisse abzielte, zeigte sich in Italien auch daran, daß Neapel noch bis 1816, und damit weit über den Wiener Kongreß hinaus, in den Händen von Napoleons Schwager Murat belassen wurde. Das Beispiel zeigt, daß im Konfliktfall der Gleichgewichtsgedanke und das Bedürfnis nach langfristiger Sicherung des Friedens Vorrang erhielten vor dem Grundsatz der Restitution entfremdeter Gebiete und der Wiederherstellung historischen Rechts. Insofern ist die Bezeichnung der Epoche als Zeitalter der Restauration irreführend, ganz abgesehen davon, daß sie die gravierenden Unterschiede verwischt zwischen der Restauration in Frankreich und Restaurationen von der Art, wie sie in Italien und in Spanien stattfanden. Der entscheidende Unterschied lag schon in den Voraussetzungen. Nur in Frankreich hatte die Nation selbst 1792 die Monarchie abgeschafft und stattdessen die Republik proklamiert, auf deren Grundlage zwölf Jahre später das Kaiserreich errichtet wurde. In Italien dagegen hatten französische Generale die historischen Monarchien beseitigt und ihre Staaten in Satelliten Frankreichs oder in französische Départements verwandelt. Die Krone Spaniens hatte Napoleon sich 1808 in Bayonne durch eine Mischung von Druck und Täuschung von König Karl IV. selbst übertragen lassen, um sie anschließend an seinen Bruder Joseph weiterzugeben. Der Vorrang des Gleichgewichtsgedanken vor dem Gedanken der Restauration zeigte sich auch in der territorialen Neuordnung entlang der französischen Ostgrenze vom Ärmelkanal bis zum Mittelmeer. Die Generalstaaten und die Österreichischen Niederlande, die seit dem 16. Jahrhundert getrennte Wege gegangen waren, wurden zwangsweise zum Königreich der Vereinigten Niederlande zusammengeschlossen. Das protestantische Preußen erhielt 25  Volker Sellin: „Heute ist die Revolution monarchisch“. Legitimität und Legitimierungspolitik im Zeitalter des Wiener Kongresses. In: ders.: Politik und Gesellschaft (wie Anm. 3), S. 324–25.



Restauration und europäische Friedensordnung

117

die Gebiete der ehemaligen geistlichen Kurfürstentümer Köln und Trier, und Bayern erwarb mit der Rheinpfalz Gebiete, die zuvor niemals zum Hause Wittelsbach gehört hatten. Die alte Republik Genua mit ihren weit ausgreifenden Handelsbeziehungen wurde der piemontesischen Militärmonarchie eingefügt, um auch hier ein Bollwerk gegen künftige Expansionsbestrebungen Frankreichs zu errichten. Auf die betroffenen Untertanen wirkten die auf dem Wiener Kongreß beschlossenen Territorialverschiebungen nicht weniger willkürlich als die zuvor von der französischen Republik und Napoleon durchgeführten. Im September 1815, als über die Zukunft des bayerischen Rheinkreises, der zwanzig Jahre lang zu Frankreich gehört hatte, noch nicht entschieden war, schrieb der ehemalige Jakobiner Johann Andreas Georg Friedrich Rebmann: „Übrigens wissen die Götter, wenn und wann unsre Seelen hier zu Lande gebadet, gedarmt, gepreußt oder geösterreichert werden. Wenn wir nur beisammen bleiben und keinem Oktav- oder Duodezherrscher zufallen, so mag es noch gehen, aber leider scheint es nur zu wahrscheinlich, daß auf dem Donnersberge nicht Adler, sondern Krähen und Elstern nisten und unsre Seelen als Jetons zum Ausgleichen und Ausfüllen verwandt werden möchten.“26 Nicht wenige Territorien haben in der Epoche mehrmals den Herrscher gewechselt. Zum Beispiel wurde das Fürstbistum Salzburg 1803 säkularisiert. 1805 gelangte es an Österreich. 1810 wurde es bayrisch und 1816 wieder österreichisch. Das Hochstift Würzburg wurde nach seiner Säkularisation im Jahre 1803 dem Kurfürsten von Bayern zugeteilt. 1806 wurde es selbständig unter der Regierung des Großherzogs Ferdinand III. von Toskana aus dem Hause Habsburg-Lothringen. 1814 wurde es wieder bayrisch. Man kann sich leicht ausmalen, welche Auswirkungen die rasche Aufeinanderfolge derartiger Umbrüche auf die Legitimität von Herrschaft überhaupt haben mußte. Dem suchten die betroffenen Fürsten nach dem Ende des Kaiserreichs durch den Oktroi von Verfassungen entgegenzuwirken, wie er durch Artikel 13 der Bundesakte für alle Gliedstaaten des Deutschen Bundes vorgeschrieben wurde. Die Integrationskraft der bayerischen Verfassung von 1818 charakterisierte der Kriminalist Anselm von Feuerbach im März 1819 mit den Worten: „Mit dieser Verfassung hat sich unser König Ansbach und Bayreuth, Würzburg, Bamberg und so weiter erobert. Jetzt sollte man einmal kommen und uns zumuten, eine andere Farbe als blau und weiß zu tragen! Die Freiheit macht groß und stark!“27 26  Rebmann an Hermes, Kaiserslautern, 4. September 181. In: Günther Volz: Briefe Andreas Georg Friedrich Rebmanns an Johann Peter Job Hermes aus den Jahren 1815 und 1816. In: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 57 (1959), S. 178. 27  Anselm Ritter von Feuerbach an Tiedge und Elise von der Recke, Ansbach, 27. März 1819. In: Ludwig Feuerbach (Hrsg.), Anselm Ritter von Feuerbach’s Leben

118

Volker Sellin

Die Stiftung von Verfassungen war eines der wichtigsten Instrumente Napoleons gewesen, um seinen Staatsgründungen Festigkeit und Dauer zu verleihen. Als er 1807 seinem Bruder Jérôme das künstlich zusammengesetzte Königreich Westphalen übertrug, schickte er ihm gleichzeitig eine Verfassung für das Land und ermahnte ihn, sie sorgfältig zu beachten. Es gebe keine festere Grundlage für seinen Thron als „das Vertrauen und die Liebe der Bevölkerung“. Diese aber gewinne er nur durch die Garantie des Rechts und der Freiheit, wie sie in der Verfassung niedergelegt sei.28 Die Errichtung von Territorialkomplexen entlang der französischen Grenze war nicht das einzige Mittel, um die Neuordnung von 1814 und 1815 dauerhaft zu befestigen. Der auf dem Wiener Kongreß gegründete Deutsche Bund diente wesentlich der gemeinsamen Abwehr auswärtiger Angriffe. Die territoriale Erweiterung seiner Mitgliedstaaten sollte durch den Erlaß von Verfassungen auch im Bewußtsein und Willen der Bürger verankert werden. Unter den alten wie den neuen Untertanen jedes deutschen Fürsten sollte ein partikulares Staatsbewußtsein entstehen, um weitere Gebietsveränderungen und Herrschaftswechsel zu erschweren. Auch diese Verankerung der Neuordnung im Bewußtsein der Bürger durch Verfassungspolitik war Teil der Restauration und diente der Konsolidierung der Monarchien und damit zugleich der Sicherung des Friedens.

und Wirken aus seinen ungedruckten Briefen und Tagebüchern, Vorträgen und Denkschriften, Bd. 2, Leipzig 1852, S. 112–13. 28  À Jérôme Napoléon, Roi de Westphalie, 15. November 1807. In: Correspondance de Napoléon Ier, Bd. 16, Paris, 1864, S. 166.

Unexpected Consequences of the Peace: The Vienna Concert Inside and Outside Europe By Robin Blackburn, Essex The architects of the Vienna Congress strove to ensure peace between the powers after twenty-five years of devastating war, revolution and counter revolution. The Austrian statesman Prince Metternich believed that new wars would inevitably breed new revolutions. Aware that peace-settlements can sow the seeds of future conflict they did not seek vengeance on the defeated state, as the victors at Versailles were to do in 1918–19. Metternich thoroughly deserved his reputation as a reactionary, as did the assorted princes, emperors, monarchs, premiers and foreign ministers who authored the Treaty. But in international affairs a concert of great powers can sometimes, despite themselves, bring about a progressive result because they stymie one another’s belligerent and aggressive inclinations. The New Concert Principles The best case for the innovative character of the Vienna Congress is made by Paul W. Schroeder in his great work, The Transformation of European Politics 1763–1848, published in 1994.1 Schroeder argues that of seven major treaties between 1648 and 1945 the arrangements agreed in Vienna in 1815 were most efficacious and least liable to sow the seeds of renewed conflict. The result was not ‘a century of peace’ but at least many decades without great power clashes. The procedures agreed on at Vienna, renewed at Aachen (1818), Troppau (1820), Laibach (1821) and Verona (1822), and subsequent Congress diplomacy helped to ensure an absence of major battlefield slaughter in the years 1815–1854. The British were not always present, but they remained somewhat erratic diplomatic participants in the Congress system. For Schroeder the importance and novelty of the Vienna Congress is that it replaced the restless rivalry and war-making generated by the pursuit of either the ‘balance of power’ or any bid for supremacy by a single great 1  Paul W. Schroeder: The Transformation of European Politics, 1763–1848. Oxford 1994. See pp. 575–582 for an overall appraisal of the work of the Congress.

120

Robin Blackburn

power (such as the France of Louis XIV or Napoleon). The Congress ‘system’ was to be a negotiated multi-state affair, in which concessions could be balanced by compensation and compromise. Its framers hoped that it would prevent revolution as well as war, but it was more successful at the latter. The great powers were to exercise great restraint when it came to interfering in the internal affairs of other states. The British swiftly disbanded their soldiers and had no army to effect intervention in Europe. Tsar Alexander was itching to intervene but was generally dissuaded by Metternich and Castle­ reagh. Austria intervened in Italy and France in Spain to defend monarchy not to seize territory. Schroeder argues that the markedly conservative features of the Congress system are to be explained by the fact that in 1814 popular movements were largely in abeyance or unable to manifest themselves in other than conservative ways. He writes: ‘one may seriously doubt that there was at this time any widespread popular demand for freedom, natural rights, and national unity.’2 If there was some truth in this in 1815 a few years of peace saw the rebirth of old movements and the emergence of new popular aspirations, national, liberal – bourgeois or petit bourgeois – and even proletarian. The extreme care which the British statesmen took to cultivate ‘public opinion’ was one sign of this. While there was to be no full-scale repetition of the French Revolution there was a continuing ebb and flow of protest, clamp-down, rebellion, repression and revolt – a restless new civil society, with its liberal or radical publics and its occasional popular risings and novel class struggles. As the titles of Eric Hobsbawm’s classic books put it, The Age of Revolution ushered in The Age of Capital, though not without intermingling, detours and blind alleys.3 There was a real danger that bourgeois advance could seem too crassly commercial and materialistic, and hence lacking in legitimacy when faced with old or new antagonists. The market revolution, and its ubiquitous cash nexus, brought civil strains and strife in its wake. The peace-mongers of ­Vienna were aware of this problem and sought to meet it with a social ethics inspired by religion. As a token of this, Schroeder observes, the Congress ‘promoted valuable principles like the abolition of the slave trade’. He does not explain that this was an afterthought (on which more below). 2  Schroeder:

The Transformation of European Politics, 576. bourgeoisie was defined as much culturally as with reference to the means of production. See Eric Hobsbawm: The Age of Capital, 1848–75. London 1975, 230–250. See also Franco Moretti: The Bourgeois: Between History and Literature. London 2013. 3  The



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

121

Schroeder argues that decades of general peace cannot be explained only by war-weariness but must have had a more structural basis. A crucial contribution was made by the international order – the web of ‘prevailing rules, norms, procedures and practices’ embodied by Concert diplomacy. All the issues that threatened peace, including ‘thorny ones’, left the international system still intact. ‘[T]he 1815 system was in 1848 still as necessary and effective as it had ever been. The revolutions themselves would prove it … In 1848 the old absolutist and conservative regimes would collapse almost without a fight … The upheaval would produce political and social conflict … Yet no war between major powers would occur … every treaty still in force, every state boundary unchanged.’4 The seeming pragmatism of the anti-revolutionary Congress statesmen, and their nervous awareness of the autonomy of public opinion, prompted resort to censorship, dismissals, police measures and suffocating repression (but not a high body count). Talleyrand had observed that you could do many things with bayonets but not sit on them. Napoleon himself paid lip service to liberalism in public. The cynical and horse-trading aspects of the Congress were to be accompanied by an extraordinary display of high-flying religiosity. In different ways each of the powers reached for moral and philosophical justification, and a preparedness to embrace moderate bourgeois reform. The Vienna settlement aspired to be not just a truce between exhausted antagonists, nor a pact between cynics. It reflected the contribution of ideologues as well as statesmen – of Wilberforce and Brougham as well as Castlereagh and Canning, Fichte and Schlegel as well as Stein and Humboldt, Chateaubriand and Madame de Stael as well as Talleyrand. The extraordinary yearnings of this new epoch was nowhere better depicted and evoked than in the pages of Leo Tolstoy’s War and Peace, written at the close of the Pax Europea but set at its origins. Tolstoy liked to insist that this work, already imbued with his distinctive revolutionary pacifism, was not a novel but a work of history. For his part Tsar Alexander, the bien pensant autocrat, combined real politik, mysticism and utopianism all in his own person. The rulers of Austria and Prussia deferred to the Tsar’s conviction that their future association be based on Christian principles and Holy Scripture leading to the formation of the Holy Alliance at the conclusion of the Congress. The naïve piety of the Alliance’s founding declarations seemed ridiculous to the British. Though willing to humour the Tsar there were limits. They offered the Prince Regent’s signature but refused to give ‘brotherly love’ or the Ten Commandments the force of an Act of Parliament or international treaty. In a letter to 4  Schroeder:

The Transformation of European Politics, 800–801.

122

Robin Blackburn

Lord Liverpool, the British prime minster, Castlereagh, the Foreign Secretary, recounted an audience with the Tsar where the Russian ruler had explained his proposal, concluding that ‘it was not without difficulty that we [Castlereagh and Wellington] went through the interview with becoming gravity’.5 Likewise the continental powers found something risible in British insistence on a slave trade ban. They reluctantly endorsed the anathema but saw to it that implementation was entirely a matter for each sovereign to decide as they saw fit. The co-signatures remained puzzled that the British government’s zeal for abolition still allowed it to hold 700,000 slaves in its Caribbean colonies and to be the world’s best customer for slave produce.6 In practice the great powers allowed for a right of intervention to suppress revolution within their own sphere of influence – eg the despatch of Austrian troops to put down the Neapolitan Revolution of 1820 – but not the unilateral use of armed force outside that area. Regular diplomatic consultations were to ensure agreed boundary management. In effect the expansionist proclivities of each power were held in check by the similar ambition of their allies / rivals. This suited the British since it did not prevent commercial expansion. Prince Metternich organized an extravagant show case of aristocratic finery and good breeding but the animating spirit was haute bourgeois rather than genuinely feudal. The fancy dress balls and grand banquets celebrated triumphant Counter Revolution but the ultra monarchists were soon disappointed. Royal Absolutism was a chastened and ethereal shadow of its former self. The ‘Concert of Europe’ and its sequels allowed, when it did not actually promote, a bourgeoisification of politics. The legitimacy of a propertied electorate replaced that of blood-lines. Napoleon had been defeated by London’s lavish subsidies to its allies – and credit with the bankers – as much as by cannonades and infantry. And the military victory of Counter5  Quoted Adam Zamoyski: Rites of Peace The Fall of Napoleon and the Congress of Vienna. London 2007, 521. 6  Zamoyski observes: ‘Even British calls for the abolition of the slave trade, a cause from the championing of which Castlereagh [the Foreign Secretary] and his peers derived such a bottomless sense of moral satisfaction, had come to be seen as a prime example of Britain’s double standards and brazen self-interest … “It is impossible to persuade foreign nations that this sentiment is unmixed with the views of colonial policy”, he wrote to Liverpool [the prime minister] . He was unlikely to change such perceptions by his next move which was to suggest imposing trade sanctions on goods produced in the colonies of those states which refused to abolish the slave trade.’ Zamoyski: Rites of Peace, 346. Britain’s envoys themselves urged that banning Britain’s own slave trade in 1807 had not entailed commercial sacrifice, denying further slave purchases to colonial competitors would help British planters to meet that competition.



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

123

Revolution had not cancelled the social gains of the Revolution, in such ­areas as peasant land-ownership, the Civil Code, and public education. There was economic misery in the immediate post-war period throughout Europe but by the 1820s and 30s western and central Europe witnessed a steady advance of commercialism and urbanism. In Prussia and Austria this reflected a deepening of reforms they had already undertaken to dismantle serfdom. Prussia had notable success in sponsoring the Zollverein as an allGerman free trade area. Austria lagged somewhat but still grew, with Vienna itself a splendid monument to what Ernst Wangerman termed The Austrian Achievement.7 The Austrian capital rivalled Paris as a display cabinet for fashion and elegant living. This species of bourgeois development – we might call it biedermeier kapitalismus – created demand for everyday luxuries such as chocolate, coffee and cotton fabrics, worked up from raw materials that had been produced by the slave labour of the plantations of Brazil, Cuba or the US South. In this way the ‘second slavery’ in the Americas fed directly into a surge of European capitalism and its attendant consumption norms and incentives.8 The new civil society was defined by its coffee houses, newspapers and fine textiles. Only a minority could enjoy the new bourgeois or petit bourgeois life-styles, but it was a substantial minority and enjoyed social weight and visibility. Adam Zamoyski has challenged Schroeder’s resolutely upbeat account of the Congress system in his lively study, Rites of Peace: the Fall of Napoleon and the Congress of Vienna. While Schroeder argues that the infrequent and small wars of years 1815 to 1854 led to a sharp – sevenfold – reduction in battlefield deaths if we compare the nineteenth century with its predecessor, Zamoyski urges that this fails to register the heavy toll of police repression, civil wars and counter-revolutionary violence in Congress Europe in the halfcentury after 1815. The failure of the Congress to recognise the right of small and medium sized nations led to much suffering and loss of life, and eventually handed the initiative to Bismarck and Cavour, with ominous con7  Ernst

Wangerman: The Austrian Achievement. London 1974. term ‘second slavery’ refers to the mid-19th century rise in the number and output of slaves in the US South, Cuba and Brazil, notwithstanding the advances of ‘abolition’. See Dale Tomich: Through the Prism of Slavery: Labor, Capital and World Economy. Lanham 2004. The idea, with its strong sense of the intimacy of capitalism and slavery in the nineteenth century, has been picked up and developed in a number of outstanding recent studies by, among others, Edward Baptist, Sven Beckert, Walter Johnson, Rafael Marquese, Tomas Parron and Ricardo Salles, Oscar Zannetti, and Christopher Schmidt-Nowara. I offer a preliminary sketch of the capitalism / slavery / class struggle / abolition nexus in Robin Blackburn: The American Crucible: Slavery, Emancipation and Human Rights. London 2011, especially pp. 99–120, 275–390. 8  The

124

Robin Blackburn

sequences: ‘The Vienna settlement … denied political existence to many nations, enshrined a particularly stultified form of monarchical government; institutionalised social hierarchies as rigid as any that had existed under the ancien régimes, and preserved archaic disabilities.’9 However Zamoyski’s verdict is not completely negative. He concedes that the relative absence of great power conflict allowed for a type of progress. This is strikingly true of Britain (a case that Zamoyski does not cite) where three decades of war had blocked all attempts at domestic reform. After nearly two decades of peace the British parliament was at last brought to endorse the Reform Bill (1832) and slave emancipation (1833). These major gains were the fruit of great domestic turmoil – but a time of international peace, with Orleanist France seen as an example not enemy. Zamoyski writes: ‘While the Congress of Vienna failed to guarantee a ‘century of peace’ [as Kissinger claimed] it did bring into being a simulacrum of stability, a kind of Pax Europaea, identified with law and order, fine public institutions, scientific progress, prosperity for an expanding middle class, railways, electric lighting, opera and many of the components of civilised life. But this was brought at immense cost, levied both in Europe and overseas, particularly in Africa, and it sowed the seeds of its own destruction.’10 The European powers positively encouraged France to find an outlet in North Africa for its martial energies, at a cost, over several decades, of hundreds of thousands of lives. The Congress had refused to recognise and endorse the nation state as the most efficacious vehicle of social and political development. But the larger nations, and eventually the smaller too, could not be held back. In the case of Italy and Germany democratic national movements sought to realize the goal of unification but were contained and outmanoeuvred by repression. The eventual defeat of the revolutions of 1848 meant that unification came from above, through war, negating the democratic character that it might otherwise have assumed.11 In this work Schroeder’s story does not stretch to the 1850s and 1860s so he does not confront this major challenge to his benign assessment of the work of the Congress. The single most fateful decision of the Congress was to allot so much of the Rhineland to Prussia. The Prussians had not asked for this but the British believed that a Prussia strong in the West would block any renewed French 9  Adam Zamoyski: Rites of Peace: the Fall of Napoleon and the Congress of ­Vienna. London 2007, 369. 10  Ibid p. 569. 11  Jean Sigman: 1848: the Romantic and Democratic Revolutions in Europe. London 1973. For the broader argument see the classic study by Barrington Moore, Jnr: The Social Origins of Dictatorship and Democracy. Boston 1964.



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

125

bid for hegemony. The unexpected result was also quite unintended – Prussia’s new lands in the West made it Germany’s largest and most modern state, well-placed to spearhead unification. The fragmentation of its its holdings also gave licence and encouragement to Prussia’s leading role in improving roads, brudges canals, and eventually railroads, knitting together the various parts of the German Federation.12 Perry Anderson observes: ‘The development of the new composite [Prussian] state in a unified Germany in the course of the nineteenth century forms in essence part of the cycle of bourgeois revolutions’.13 The Zollverein, the Hardenberg agrarian reform of 1816 and the mediation furnished by the Prussian civil service all helped to promote capitalist development and a capitalist state – but not democracy. Despite Joseph II’s ‘revolution from above’ all these impulses were weaker – though not entirely absent – in Austria. If Austria had acquired Bavaria the story might have been different but as it was Austria’s best hope was to avoid any new hostilities. The unending and intense festivities of the Congress was the antithesis of aristocratic and royal war-making. They were also accompanied by earnest moralising and the launching of the Holy Alliance. Metternich might claim to be resurrecting legitimism but he never allowed it to threaten decorum, sociability and compromise. While the Congress certainly wished to restore the legitimacy of monarchy its effort to replace endless dynastic belligerence and commercial war proved more effective. The elements of bourgeois advance were uneven but strong enough to belie the lurid fears of the Counter Revolutionaries with their vision of occult plots and conspiracies leading to rivers of blood. Yet, as Adam Zamoyski has shown in another work, the Counter Revolutionary panic which gripped the Vienna powers led to enduring changes in the scope of policing and incarceration, with its widening arc of censorship and surveillance. The notion of a ‘secret police’ and a ‘police state’ were elaborated and refined at this time. After his overthrow Louis Phillippe was ruefully to complain that in modern conditions monarchs had to behave with great restraint: ‘Republics are lucky; they can shoot people’.14 Ruling class paranoia was fuelled by the knowledge that the poor were afflicted by special misery in several of the years after 1815 because of freak weather, harvest failure, and a succession of commercial and banking crises.15 Eventually capitalism was to be strengthened by these tests and gov12  Harold Nicolson: The Congress of Vienna: a Study in Allied Unity, 1812–1812. London 1946, 197. 13  Perry Anderson: Lineages of the Absolutist State. London 1974, 273. 14  Schroeder: The Transformation of European Politics, 707. 15  Adam Zamoyski: Phantom Terror: the Threat of Revolution and the Repression of Liberty. London 2014.

126

Robin Blackburn

ernments obliged to ‘protect society’ but in the meantime a multitude were ruined and desperate. However the moral panics of the time often targeted the middle classes, as Zamoyski points out. Metternich worried about the nefarious influence of the United States and regarded President Monroe as very likely taking his orders from the comité directeur in Paris.16 On a visit to London in 1825 Metternich was alarmed to learn that the government was allowing the foundation of a secular entity to be known as the ‘University of London’, declaring that if this plan was to go ahead it would be ‘the end of England.’17 The professors and students were bad enough but the students were too childish and the professors too philosophical to be a danger by themselves – the real enemy was ‘the Press’ and the masonic societies, as Barruel and Robison had shown.18 The Congress and the Slave Trade The Congress’s denunciation of the slave trade figures quite prominently in Schroeder’s claims for the superiority of the Vienna settlement but he does not explain how or why an abolitionist clause came to figure in the proceedings. A general declaration against the slave trade had not, at first, featured on the agenda but suddenly came to seem advisable after a huge public outcry in Britain. This was provoked once the provisions of the draft Treaty of Paris were made public, The Treaty presented to Parliament by Castlereagh provided for not only the return to France of its most valuable Caribbean colonies but also allowed for a further five years of a slave traffic to enable French planters to restock their plantations. The language of the Treaty even permitted France to reclaim Saint Domingue (Haiti) as a French colony. In the debate on the treaty William Wilberforce declared that Castlereagh had brought back the ‘angel of death’ under the ‘wings of victory’. He declared that the Treaty would be ‘the ‘death warrant for a multitude of innocent victims, men, women, and children’.19 He was referring both to the heavy loss of life in the Atlantic slave trade but also to the bloody consequences of any attempt to restore French rule and slavery in Haiti. The Haitian state had its origins in the great slave uprising of 1791 in Saint Domingue, the richest plantation colony in the Americas. The revolt had erupted at a time of great political controversy but general peace. In the next two years a historic axis of agreement brought together key rebel com16  Zamoyski:

Phantom Terror, 298. 356. 18  Mack Walker: Metternich’s Europe, 63–67. 19  Seymour Drescher: Econocide: British Slavery in the Era of Abolition. Pittsburgh 1977. 17  Ibid.,



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

127

manders and abolitionist Jacobins united by a doctrine of universal emancipation. Counter Revolutionary Spain and Britain came to the aid of the French planters. The Jacobin commissioners believed that only immediate and general emancipation would preserve Saint Domingue for France. The outstanding black general Toussaint Louverture believed that the rebellion needed the support of the French republic if it was to prevail. This momentous alliance lasted long enough to repulse large Spanish and British armies. Robespierre and the Directory supported the emancipation policy but Napoleon abandoned it in 1802 with his ignominious attempt to restore slavery in Saint Domingue. He sent an invasion force eventually totalling 50,000, commanded by his brother-in-law, but it was a debacle. The independent black state of Haiti proclaimed the end of French rule. A constitution was adopted that guaranteed freedom to all. The black uprising in Saint Domingue certainly owed something to the context of Revolution in the metropolis – though there were indigenous and African motifs too. However the terrible strife brought by three different Counter Revolutionary expeditions – Spanish, British and French – forced the Haitians to pay a high price for their liberty and entrenched a military elite.20 Napoleon’s defeat in Haiti in 1804 encouraged British abolitionists and played a helpful role in Parliament’s passage of slave trade abolition. The British public was not enamoured of diplomats, especially foreign ones. The Congress’s anxiety to find concessions that would strengthen the Bourbon Restoration was shared by few in Britain. The proposal to restore to France its slave trade and ex-colonies was seen as outrageous. Meetings up and down the country denounced the plan and 800 petitions carrying half a million signatures were soon flooding in to Parliament. The British negotiators strove to regain their shattered credibility by proposing that the powers make a solemn declaration against the slave traffic as part of the Final Act of the Congress. This was readily agreed by the four powers that mattered (Prussia, Austria, Russia and Britain) with at least formal consent from France, Spain and Portugal. Perhaps aware that he and Castlereagh were novices when it came to anti-slave trade policy the Duke of Wellington found room in the British delegation for the wealthy Quaker William Allen.21 20  The classic account, The Black Jacobins, by C. L. R. James, is still well-worth reading. But see also Laurent Dubois: Avengers of the New World. Boston 2004; Ada Ferrer: Freedom’s Mirror: Cuba and Haiti in the Age of Revolution. Cambridge 2014; and Blackburn: The American Crucible, 171–273. 21  As late as 1806–07 Castlereagh defended the slave trade as a vital national interest. In the final vote he was one of just 16 members who voted against the Bill. See John Bew: Castlereagh: Enlightenment, War and Tyranny. London 2011, 219. Castlereagh feared that abolition of the trade would alienate allies like Spain, Portugal and royalist France. From 1815 onwards Castlereagh as a diplomat changed his

128

Robin Blackburn

The paragraph denouncing the slave trade in the Final Act had no practical effect but it did open the way to British anti-slavery diplomacy. In a series of bilateral negotiations Britain extracted treaties for the suppression of the Atlantic slave traffic from Spain, Portugal and France. These agreements allowed for a few years of legal imports prior to the setting up of patrols and joint courts which would enforce the treaties. The peninsular states owed their survival to British arms and British subsidies and were in no position formally to resist or reject these treaties. They were also well aware that their merchants and colonists were adept at evading metropolitan legislation. Anticipating this difficulty the British hoped to use its sea power to enforce compliance. There was to be a ‘mutual right of search’ whereby the warships of the contracting parties could inspect vessels flying their own or their allies’ flag. If evidence of slave trading was found then the vessels would be impounded and any slaves confiscated and held as ‘libertos’, a supposedly transitional status whereby they could be obliged to work for their captor until terms of freedom could be devised. For a considerable time France refused to allow the ‘mutual right of search’. This same clause provoked US hostility and rejection. Spain, Portugal and later Brazil only accepted such a clause because it was made clear to them that without it their ships would be treated as pirates and they could expect no credit, loans and commercial favours. Brazil and the new republics of Spanish South and Central America were made aware that their hope of recognition and loans required that they too suppress the slave traffic. Henceforth British governments, whether Whig or Liberal, Tory or Conservative, made suppression of the Atlantic slave trade one of the main objectives of British foreign policy, seeing it as the stance and doggedly pursued anti-slave-trade treaties with other powers. However, even leaving aside the problematic character of this ‘gunboat abolitionism’, one is still surprised to read Castlereagh’s Bew’s conclusion that ‘Castlereagh’s contribution to the abolition of slavery was much greater than is usually acknowledged.’ (409). This claim was echoed by the book’s reviewer in the TLS. Of course British West Indian slavery was not abolished until 1833–38, a dozen years after Castlereagh’s death. It is not uncommon for British historians to confuse the two abolitions (of the transatlantic slave trade in 1807 and of slavery itself 1833). But, even setting this aside, Castlereagh’s contribution to the former was belated and problematic, and to the latter negligible. Nevertheless we find Hugh Thomas, author of The Atlantic Slave Trade, London 1999 – writing of Castlereagh: ‘Lampooned by radicals for his conduct in Ireland … this statesman did much for the cause of black slaves.’ (591). Thomas supports this by citing Castlereagh’s attempt to persuade the Concert powers to establish a maritime ‘police’ to enforce treaties against the slave trade. Thomas sees this as a ‘triumph of aggressive liberalism’ (591) though, as Thomas himself shows, (1) the treaties did not stop a large clandestine traffic. (2) the attempt to suppress the traffic led to colonialism (3) the fate of those ‘freed’ by the treaties was often dire and (4) slavery was eventually ended by terrestrial abolitionism, not antislave trade patrols. I am grateful to Dale Tomich for drawing my attention to this striking comparison.



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

129

perfect complement to a maritime Pax Britannica. In European affairs Britain often had to defer to the Concert but in the rest of the world it had free reign to pursue commercial expansion and free trade. The British government’s chosen abolitionist policy of focussing on the slave traffic rather than slavery itself proved extremely difficult to enforce given the size of the ocean and the vigour of the slave economy. With the plantation economy booming the planters paid good prices for new slaves in Cuba and Brazil and the traffickers could afford to buy the fastest slaving ships. The experience of the United States after its ban on slave imports in 1808 was different because the enslaved population doubled in size every twenty years without more than a clandestine trickle of new arrivals. The US and British ban on slave imports did not stop their merchants and manufacturers continuing to supply the slavers with the trade goods that they needed on the African coast. Many of the shackles were made in Britain and many of the fast clippers were US built. The slave was a chattel, a tradable commodity, notwithstanding the import ban . A legal domestic slave trade helped to transport, often in the most degrading conditions, nearly a million US slaves from the East to the centres of cotton expansion in the South West. There was also a vigorous internal slave trade in Brazil. If the clandestine Atlantic slave traffic is added to the domestic slave traffic in the US, Brazil and Cuba, the mid-19th century slave trade is as large as that of the 18th century. Thus the return of peace meant the growth of the Atlantic slave traffic. British diplomacy was reinforced by setting up a West African squadron that would stop and search suspect vessels. Between the 1811 and 1867 the British West African squadron stopped 1,500 ships and found slaves aboard nearly half of them.22 This was an impressive effort but there were over 7,750 transatlantic slave voyages during these years. Notwithstanding the abolition treaties, the British seizure of Spanish, Portuguese and French ships aroused great resentment in these countries and led to many diplomatic incidents. There was also much tension with the United States since the British cruisers were unable to board suspect vessels flying the US flag. Any US slave-trafficking remained illegal because banned by the US legislation of 1807 and illegal slave imports to continental North America itself dwindled to a few thousand each year. But to this day the extent of the clandestine traffic remains unclear. As the United States acquired – conquered – new territory from Spain and Mexico possible entry points for smuggled slaves multiplied. Above and beyond such illicit imports US resources and the US flag helped to promote the slave trade to Cuba and Brazil. 22  David Eltis: Economic Growth and the Ending of the Transatlantic Slave Trade. Oxford 1987, 81–101.

130

Robin Blackburn

In the whole period 1810 to 1865 about one and a half million captives were purchased on the African coast and taken to the Americas, especially Cuba and Brazil. The anti-slave trade treaties and legislation supposedly ended the Spanish trade in 1820 and the Brazilian in 1831. But in reality the respective royal authorities received large pay-offs to turn a blind eye to the continuing traffic. The traffic itself was in the hands of Hispano-Cuban and Luso-Brazilian or Afro-Brazilian merchants and financiers. On their first outward journey US built clippers would fly the US flag, though if a US patrol appeared they would have other flags and papers to prevent inspection. US Consuls in Brazil, and British Consuls in Cuba and Brazil, believed these traffics, and US participation in them, to be very large.23 The European Concert and the Rest of the World It has sometimes been claimed that the relative success of the Concert devised at Vienna was due to its concentration on Europe, and relative neglect of the rest of the world. This exclusion rendered more manageable the agenda the Congress set itself. However, as Zamoyski points out, the aggrandising impulse checked in Europe was, in the longer run, often channelled in the direction of colonial expansion. France offers a clear example of this. At Aachen (1818) the European powers accepted France back as an equal by a phased withdrawal of occupying troops and a cancelation of outstanding indemnities. In return France was expected to curb its traditional craving for conquest. So far as Europe was concerned restraint prevailed but a hankering to assert a French imperial mission overseas survived, with bids for a role in the Near East and North Africa in the 1820s and 1830s. The Congress’s focus on Europe and limited concern with the rest of the world was somewhat deceptive. The powers knew that Britain held the trump cards when it came to global maritime and commercial issues. Some day the United States might challenge British naval supremacy, but in 1815 that day was far off. Britain dominated the trade of the Atlantic, the Indian Ocean and the China Seas and was quite ready to use the Royal Navy to assert and enforce its own understanding of ‘free trade’ and respect for the extra-territorial rights of British citizens – as for example with the notorious Opium Wars with China (1839–43) Jurgen Osterhammel observes that the Congress’s limited concern with global issues led to a dualism whereby the norms of inter-state relations and the laws of war did not obtain outside Europe. ‘Even European international 23  Leslie Bethell: Britain and the Abolition of the Brazilian Slave Trade. Oxford 1970, 128; David Murray: Odious Commerce: Britain, Spain and the Abolition of the Cuban Slave Trade. Cambridge 1980.



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

131

law, a major civilising achievement, did not become part of a broader Western legal consciousness imposing certain obligations on Europeans overseas … In the age of rising global disparities, and an ever sharper sense of cultural and ethnic differences, the globalisation of law could only consist in the gradual imposition of European concepts, whose practical application, moreover, always tended to favour Europeans.’24 British High-Handedness and the Breakdown of the Concert There were two elephants in the conference hall that would de-limit and condition any accord the Concert devised – the sea power of Britain and the Eurasian land power of Russia. The Russians had destroyed the Grande Armée, and projected power into the heart of Europe. The representatives of Austria, Britain and Prussia all opposed the Tsar’s pet project of establishing a Polish kingdom with himself as king. The Tsar’s diplomats explained to their counterparts that they did not need to worry about the fate of Poland since the Tsar had a large army in situ and no intention of withdrawing it. However Metternich and Castlereagh were able to persuade the Tsar that it would be dangerous to rest his claim simply on force and to neglect the assurance that would arise from the approval of the other great powers. Eventually the Tsar saw some merit in this reasoning and accepted that he would become ruler of a smaller entity, the Duchy of Warsaw, with chunks of Poland also going to Prussian and Austria. Prussian claims to the whole of Saxony were countered with the argument that the presence of Prussian occupying forces was not the sole consideration. In these cases Austria and Britain had some credibility since they posed little threat to the other powers. Austria was not a plausible hegemon while Britain had no territorial claims in Europe. Russia and Prussia were both feared since they could project power in Europe. Russia was a special threat because of its size and because it was well placed to devour the Ottoman lands as the Empire disintegrated. However from the outset Castlereagh was hostile to attempts to exclude or demonise Russia, believing that diplomatic engagement was far preferable.25 The Greek rebellion against the Ottomans in 1821 at first revealed the reactionary Congress system as the unlikely ally of a democratic national movement. Tsar Alexander’s concern for the rights of the Orthodox Greeks turned out to be stronger than his respect for a fellow autocrat. Racial and 24  Jurgen Osterhammel: The Transformation of the World: a Global History of the Nineteenth Century: Princeton 2014, 474. 25  See Castlereagh: Letter to the British ambassador to Prussia: in. Mack: Metternich’s Europe, 39–42.

132

Robin Blackburn

religious sentiments and animosities were invoked as the Sultan deployed Egyptian troops to suppress the Greek rebellion: As Schroeder explains: ‘While the Egyptians advanced relentlessly in Greece, the Russians and others spread reports that the Sultan had promised Greece to Mehemed Ali so that he could depopulate it and colonise it with Africans. This heightened the philhellenic agitation amongst the educated classes in Europe, especially important to governments sensitive to public opinion like Britain and France.’26 A Russian victory on land and an Anglo-French victory at sea obliged the Porte to allow for the emergence of an autonomous Greek state. Indeed the allied victories exceeded what was hoped for, since an Ottoman collapse could open the way to a Russian lunge to acquire the Balkans and Danubian Principalities. In subsequent decades the Ottoman regime was to display more resilience than had been expected and the governments in Paris and London, whether liberal or conservative, were to exert themselves to protect the Porte from the Russian threat. There was to be simmering Russian resentment at its treatment at the hands of supposed allies. It was expected to bear the brunt of land fighting but receive meagre scraps in return. Eventually this led to the Crimean War (1854–6) which Schroeder sees as the first really major break with the legacy of the Congress system. The war saw Britain and France challenging Russia in the Crimea and once more seeking to shield Ottoman power. The resulting conflict, which Austria strove to avert, was to lead to three hundred thousand deaths. In his book on the Crimean War Paul Schroeder observes that the divergent approaches of Britain and Austria in the 1850s reflect ‘a clash of two opposed diplomatic systems and modes of behaviour: the traditional Concert approach held by Austria – which sought to avoid war and check Russia by restraining her within the established Concert … and the WhigPalmerston tactic of confrontation – which sought to force Russia to back down before an overwhelming coalition and to create a new Western-led league of states in Europe to promote progress and ordered liberty. The main reason that war was not averted … was that the Western powers, especially Britain, frustrated every hopeful effort at a diplomatic solution, primarily because no such solution could bring the defeat for Russia and the victory for Britain and her principles that Palmerston and liberal opinion wanted.’27 Schroeder’s claims for the Vienna Concert are quite different from recent attempts to portray it as an anticipation of NATO. Consider, for example, the claim made by Philip Bobbitt: ‘The Congress system took the wartime coali26  Schroeder:

The Transformation of European Politics, 642. Schroeder: Austria, Great Britain and the Crimean War: The Destruction of the European Concert, xii. 27  Paul



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

133

tion of collective security and applied it to peacetime in much the same way that the North Atlantic Treaty Organization has operated in out own time, persisting beyond the Cold War to provide a framework for subsequent collective action in Iraq, Bosnia and Kosovo.’28 In these and subsequent operations the initiative was in the hands of a single superpower, with diplomacy at a discount. These wars marginalised or excluded Russia despite the latter’s eagerness to participate. The ‘Wars of NATO Expansion’ have been, in truth, the polar opposite of the workings of the Vienna Concert, not a scheme for peace-making and the recovery of civil security but rather a resort to brute force, unilateralism and the pulverisation of the target states and society. Latin America and the Holy Alliance The European powers were more influenced by fears and hopes relating to events in the Americas than is usually allowed. On both sides of the Atlantic the opposition between republicanism and monarchy was believed to be the key to all political antagonism. The Alliance members hoped to rescue the royalist cause in Spanish America which did not seem entirely hopeless in 1815. Up to this point the Creole elites in Peru and Mexico had yet to call for independence or to opt for the republican form.29 Even the more radical sometimes portrayed themselves as faithful subjects who wished to escape the clutches of unworthy officials. Others wished only for free trade and a modicum of self-rule. The Napoleonic invasion of Spain and Portugal in 1807–8 had given the creole elite a large measure of autonomy. In the ensuing emergency the royal authorities opened the Spanish American ports. British and US merchants flocked to take advantage of the dismantling of commercial restrictions. The creole merchants happily reached out to these new partners. However the merchants of Cadiz clung to the idea that metropolitan privileges would be reconstructed once the war was over. But Spain was no longer capable of enforcing even a reformed mercantilist system and the later held no attraction for the creoles of continental Spanish America. Educated and wealthy creoles also wished to sweep away the privileges previously enjoyed by Spanish-born ‘peninsulares’ in Spanish America. In 1810 the Spanish forces resisting the French in the Cadiz enclave convened a Cortes 28  Philip Bobbitt: The Shield of Achilles: War, Peace and the Course of History. London 2002, 101. 29  Notwithstanding growing commercialization, and the prestige of Enlightenment ideas, traditional ideologies still retained much support among local elites in Latin America in the early nineteenth century. See Jeremy Adelson: Sovereignty and Revolution in the Iberian Atlantic. Princeton 2006, 142–146.

134

Robin Blackburn

that aimed to represent the educated and respectable population of both metropolis and colonies. Some Spanish delegates were prepared to admit the creoles to administrative posts and to loosen trade restrictions but there was no consensus for reform and representation. The Cortes adopted a Constitution in1812 which became a rallying point for Liberal opinion, though royalists abominated it. Despite last minute attempts to strike a deal with Napoleon, Fernando VII, Spain’s Bourbon monarch, was restored to his throne in 1814. He warmly endorsed the idea of a return to the past. He believed that Spanish Liberals who had devised the 1812 Constitution Cadiz to be dangerous characters and closet republicans. He rejected any scheme to create autonomous American kingdoms ruled by Bourbon princes. Ferdinand was an uncompromising foe of ‘progress’. He dismissed the Cortes and made no secret of his hostility to the British-sponsored treaty against the slave trade. The Inquisition was restored. Ferdinand even proposed that France should be obliged to re-purchase Louisiana from the United States and hand it back to Spain. This held little attraction to colonial elites who did not wish a conflict with the US, especially since Ferdinand was hostile to any form of creole autonomy. Spanish royal recidivism led those creoles fighting the imperial power in the Americas to cast off their nominal loyalism and proclaim republican goals. However the leading nexus of Cuban planters and merchants had already devised a compact with the metropolis that protected the Cuban planters and their ability to buy Africans in return for continued loyalty to Spain and its monarch. Ferdinand was happy to promote able and prominent Cubans, such as Francisco Arango and Claudio Martinez Pinillos, to the Council of the Indies. Fernando VII enjoyed a brief moment of popularity in 1814–5 but his ultra-monarchism and colonialism soon alienated supporters on both sides of the Atlantic. The insurgent movements in Spanish America made increasing inroads against the remaining bastions of Spanish power in Peru and Mexico In 1820 an army assembled in Cadiz to sail to Spanish America revolted. The soldiers appealed to the Liberal leaders to rescue the country from royal despotism. This ‘Liberal Revolution’ side-lined the king and called for a new Cortes. The Holy Alliance powers realised that royalism and empire faced a mortal challenge. Before considering its riposte it is worth briefly recounting parallel developments in Portugal and Brazil. In 1808 the royal family and court had sailed from Lisbon for Brazil just hours before victorious French troops reached the capital. The Portuguese ruling house, the Braganzas, displayed more flexibility than their Spanish cousins. The Portuguese Regent – later king Joao VI – anticipated the inevitable in 1815 by proclaiming Brazil,



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

135

where he now lived, a separate domain and equal partner within the kingdom of Portugal, the Algarves and Brazil. The Portuguese and Brazilian king ­allowed himself to be recalled to Portugal in 1821 and left behind his son Pedro as Viceroy of Brazil. Francis I, the Austrian emperor, took a keen interest in these developments since Pedro was married to his daughter Leopoldina. When Pedro defied the orders of the Lisbon assembly to return and instead declared himself the independent ruler of a new Empire of Brazil in 1822, Francis continued to take a friendly interest. Pedro endeared himself to Brazilian opinion by promising a constitution – and to Brazilian planters and slave traders by allowing a continuing slave traffic. In contrast to Ferdinand VII the Brazilian emperor took care to declare himself a friend of free trade and abolition. So here we have the Austrian emperor, a pillar of the Concert of Europe, favouring a ruler who promoted causes which the Concert abominated. (Francis eventually turned against his son in law but this was because Pedro mistreated his wife not because of his backing for independence).30 Attentive to British preoccupations Pedro agreed to furnish Portugal with generous compensation for its lost colony, money that was used to reimburse the British Treasury for the loans it had provided to the Portuguese government to keep it in the war with Napoleon. The Holy Alliance powers knew that they could do little to influence transatlantic events and saw no alternative to allowing Britain a virtually free hand. But Spain’s Liberal revolt of 1820 allowed for a different response. A legitimate monarch was being constrained by military force and Liberal demagogy. The French government – especially Chateaubriand its foreign minister – saw a heaven-sent opportunity to regain its freedom of action by itself stepping into the arena to uphold the cause of legitimism and monarchism. In 1823, with loyalist forces on the brink of defeat in Spanish America, and with liberals in the peninsular besieging their monarch, the government of Louis XVIII sent an army of 100,000 to restore Ferdinand to power in Spain. The Spanish armed forces, whose key commanders were tired of the Spanish Liberals, put up only token resistance. The success of this move once again posed the question of whether France would now help Spain to retrieve something from its heavy losses in the Americas – or whether it might itself claim a rich colony as a reward for its fraternal assistance. Ferdinand was prepared for territorial sacrifices if this furnished resources for the last, desperate battles with the Spanish American insurgents. In 1819 the Spanish government sold Florida to the United States but this did not mean that Ferdinand had given up on Spanish North America. One small sign of this was 30  See

Roderick Barman: Brazil: the Forging of a Nation. Stanford 1988.

136

Robin Blackburn

the Spanish monarch’s award to Metternich of the unlikely title ‘Duke of Texas’.31 The Holy Alliance powers welcomed the restoration of royal authority in Spain and still hoped to preserve some Spanish territory in the New World. The Tsar hoped to expand existing Russian territory in North America, especially the Pacific North West. The Russian government furnished the Spanish king with eight warships in return for a naval base in Minorca. These vessels proved unseaworthy in Atlantic conditions. The scheming of the Holy Alliance powers set alarm bells ringing in London and Washington even before they heard reports of a French fleet sailing to the Caribbean. Castlereagh disliked the Cadiz Constitution because he believed its spirit to be republican not monarchical. But he was strongly against any foreign intervention and opposed to the Concert giving France any support. In a famous Cabinet minute in 1820 he explained why Britain should oppose any outside intervention in Spain: He observed: ‘The Principle of one State interfering in the internal affairs of another, in order to enforce obedience to the governing authority, is always a question of the greatest moral as well as political delicacy … to generalise such a Principle, and to think of reducing it to a system, or to impose it as an obligation, is a scheme utterly impractical and objectionable.’32 The particular circumstances of the Spanish case made this very pertinent: ‘We cannot conceal from ourselves how generally the acts of the King of Spain since His restoration have rendered his government unpopular, and how impossible it would be to reconcile … the people of England to the use of Force … for the Purpose of Replacing Power in His Hands.’ Constitutional Spain had posed a threat to its neighbours that would have been different, but the peace of Europe demanded ‘harmony among ourselves’ and good police.33

31  Adam

Zamoyski: Phantom Terror, 308–309. ‘Minute of the Cabinet’, 5 ’May 1820. In: Kenneth Bourne: The Foreign Policy of Victorian Britain. Oxford 1970, 198–207, 202. 33  Op.Cit., p. 207. Those who wish to find a positive element in Castlereagh‘s legacy can find it here rather than in his slave trade diplomacy. However Kenneth Bourne, whose useful documentary collection I have been quoting, also enters the slave trade defence of Britain’s overall record when he writes: ‘It was this ‘policing’ role that was implied in the rather extravagant term Pax Britannica. Its most effective and beneficial achievement was the suppression of the slave trade.’ ‘Introduction’, to Bourne, op. cit., 3–194, 5. The event which ended the Atlantic slave trade was the US Civil War, when the Lincoln administration agreed in 1862 to a mutual right of search. 32  Castlereagh,



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

137

The Recognition of the Spanish Republics and the Fate of Cuba When the French marched into Spain in 1823 Canning, who had replaced Castlereagh as Foreign Secretary, responded to the French action with a succession of diplomatic moves. Canning suggested to John Quincy Adams, the US Secretary of State, that Britain and the United States should form an alliance that would oppose any attempt by a European power to acquire territory in the Americas. Adams saw some merit in the idea but was not comfortable with forming an alliance with the former colonial power. He chose a Fourth of July Address to advance the general argument that the days of colonialism were over: ‘colonial establishments cannot fulfil the great objects of government in the just purpose of civil society.’34 However he fatally weakened his rejection when he added: ‘the tie of colonial subjection is compatible with the essential purposes of civil government only when the condition of the subordinate state is from its weakness incompetent to its own protection.’35 President Monroe decided that the United States could act by itself and devoted a substantial passage of his Message to Congress in 1823 to a declaration that the United States would not tolerate any further European colonies in the Americas. He warned that ‘we should consider any attempt on the allied powers’ part to extend their system to any portion of this hemisphere as dangerous to our peace and safety’. He also declared that: ‘The American continents, by the free and independent condition which they have assumed and maintain, are henceforth not to be considered as subjects for future colonization by any European powers.’ The US president and secretary of state had not consulted the new Latin American states and declined to play any active role in the Pan-American Congress of 1826. The ban on any further European colonisation of the Americas was later to be known as the Monroe Doctrine and can be seen as a forthright response to the rather muted challenge from France and the Holy Alliance. The US and British governments both recognised the independence of the new Spanish American republics and loomed large as trade partners and sources of investment. When Canning explained his policy of recognition to the House of Commons he boasted: ‘I resolved that if France had Spain, it should not be Spain “with the Indies”. I called the New World into existence to redress the balance the Old’.36

34  Gretchen Murphy: Hemispheric Imaginings: the Monroe Doctrine and Narratives of American Empire. Durham NC 2005, 32–33. 35  Ibid. 36  Speech of December 1826, Bourne: Foreign Policy of Victorian England, 210.

138

Robin Blackburn

The policy of recognising the new republics was a good one but the swaggering hyperbole of this claim bequeathed an unfortunate example of selfaggrandisement to Canning’s successors. Schroeder insists that the British and US had both exaggerated the threat from the Holy Alliance, allowing themselves to pose as the saviours of peace and liberty: ‘Latin America did not really need to be saved from Continental Europe. The Continental powers accepted Anglo-American domination of the Western hemisphere, and preferred to fence Europe off from the quarrels, troubles and dangerous ideologies of North and South America.’37 There remained the fascinating topic of the fate of the Spanish Caribbean islands, especially Cuba. With its booming sugar and coffee plantations, its copper mines and strategic harbours, Cuba was by far Spain’s most valuable colony – and at one time or another was coveted by France, Britain and the United States. The possibility of a clash with royalist Spain prompted George Canning to recommend the seizure of Cuba to his prime minister: ‘it would settle all better than half a dozen Peninsular campaigns.’38) John Quincy Adams explained to the US minister to Madrid that the most natural addition to the territory of the Union would be Cuba, just ninety miles from the US coast. The most dynamic region of the sugar economy was around the bustling port of Matanzas on the northern coast, where there were about fifty US-owned plantations. However Adams did not favour an immediate attempt to acquire Cuba, claiming in his letter to the US minister, that the island would fall into US hands just as an apple, disjointed from its tree ‘by a tempest’, would fall to ground by the natural force of gravity. Adams did not specify what type of ‘tempest’ he had in mind, but he had not long before used the storms over Florida, and a financial inducement, to negotiate its acquisition from Spain. Adams was aware that skill and patience would be needed. Winning Cuba from Spain would not be easy or cheap. Madrid regarded the island as the jewel in its crown. There was a strong Spanish garrison there – at least 20,000 troops – and the Hispano-Cuban elite had reached an understanding with Madrid that slavery would be upheld and slave imports would continue. Seizing Cuba manu militari would have been very difficult, especially if the British helped the Spanish to resist. There was also the issue, for the US side, of accommodating a large number of Spanish speaking Catholics, and free and enslaved blacks, into the American Union. Cuba’s leading men saw huge advantages in joining the US. Spain levied an onerous export tax on Cuban sugar and ruled the island with an arbitrary sway. But on one all-important 37  Schroeder: 38  Ibid.,

The Transformation of European Politics, 635. 648 note 14.



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

139

matter Spain was preferable as a partner. The US could guarantee slave property but it could not allow a continuing large-scale importation of African captives. The Hispano-Cuban elite was dead-set on buying hundreds of thousands of new toilers to sustain their booming cultivations.39 The Imperial Bullies and the Concert of Europe The upshot of the alarm over Cuba was that all the great powers accepted that the island – with its quarter of a million held in slavery – remained Spanish. Britain and the US found this preferable to allowing any other power to have it. But neither London nor Washington believed the matter settled. US politicians were on the look-out for monarchist and colonialist conspiracies while the British feared US expansionism and new plots by the Holy Alliance. Though the two Anglo-Saxon powers often seemed to be spoiling for a fight their political culture had strong points of resemblance and their economies were closely linked. Convinced of their own virtue as paragons of civilisation they shunned cooperation with other powers and practised a selfrighteous belligerence. Palmerston liked to build up foreign bogeys, so that he could knock them down, and to see powerful conspiracies where they did not exist. He portrayed himself as the fearless foe of the Holy Alliance and grossly exaggerated the threat it represented to liberalism in the Iberian peninsula.40 In the mid- and late-1830s the great majority of Spanish liberals rallied behind Maria Christina, regent for the infant Isabella II, and foe of the Carlists. But Maria Christina was a very compromised standard-bearer of the Liberal cause, accepting a silver dollar for every slave brought to Cuba and herself the owner of a large slave plantation. Palmerston, aware of this, was angered by Spanish defiance of a Treaty that Maria Christina herself had signed. In 1839 Palmerston appointed David Turnbull, a West Indian specialist and someone who enjoyed the confidence of leading members of the Anti-Slavery Society, to the posts of Consul at Havana and Superintendent of Liberated Africans. At the time Palmerston, who had voted in favour of an onerous ‘apprenticeship’ regime for former slaves in the British West Indies, needed to regain credibility with the Abolition Society and Radical MPs.41

39  David Murray: Odious Commerce: Britain, Spain and the Abolition the Cuban Slave Trade. Cambridge 1980; Richard Gott: Cuba: a New History, New Haven 2004, 42–46’; Josep Fradera: Colonias para Despues de un Imperio. Madrid 2005, 61–183 and Ferrer: Freedom’s Mirror, p. 17–43. 40  Schroeder: The Transformation of European Politics, 720–726. 41  Murray: Odious Commerce, 133–180.

140

Robin Blackburn

Once in Cuba Turnbull set about uncovering illicit slave trading, fostering networks of free people of colour and taking up the cause of individual Africans wrongfully held in bondage. Turnbull believed that if he could prove wrongful enslavement – slaves brought to the island in contravention of the treaties with Britain – then he could shame Madrid into freeing them and thus destabilise the whole institution. Many warned that the Spanish authorities would dismiss this legalistic approach out of hand but Turnbull’s arrival coincided with a radical lurch in Spanish politics. The British Consul’s very undiplomatic approach would normally have provoked instant expulsion but a military coup in Madrid, led by General Espartero, an exaltado who appointed Jerónimo Valdés, a Spanish military hero, as Captain General of Cuba. The new authorities craved British recognition. Valdés spurned the usual bribes and accepted Turnbull’s credentials. However the new Consul’s forensic approach aroused a storm of opposition from the negreros and their numerous hangers-on and breached normal protocols. Espartero’s government for a while tolerated Turnbull’s presence while privately protesting his activities. Palmerston urged Turnbull to avoid further provocation. Fearing for his life Turnbull sought refuge aboard the Romney, a British hulk in Havana’s harbour. Turnbull continued to pursue his investigations and his probing was remarkably extensive, thanks to contacts made by a previous incumbent (Madden) and an experienced assistant (Cocking). Turnbull tried Spanish patience too far when he consorted with free people of colour and Cubans plotting independence.42 The Whig government of which Palmerston was a member was defeated in 1841 and it fell to the new Foreign Secretary, Lord Aberdeen, to recall Turnbull. The new Captain General continued to restrain the slave traffic, but he also became the target of the negreros and lost his post when Espartero was overthrown in 1843. Slave landings reverted to their previous level but the slave-based colonial regime had been shaken. The following year the authorities claimed to discover a widespread slave conspiracy and tortured and killed hundreds of its supposed instigators. Some of the white Cubans who had been cultivated by Turnbull and Cocking decided that it was unwise to attack slavery as well as colonialism and turned to the United States rather than Britain for help. Some of those involved became partisans of a movement to promote US annexation of Cuba in the late 1840s and early 1850s.43 42  For an informative account see Robert Paquette: Sugar is Made with BloodMiddleton CT 1988, 131–182. 43  Paquette: Sugar is Made with Blood, 158–182, 131–82. Turnbull’s assistant, Vice Consul Cocking, left a detailed, but perhaps exaggerated or embellished, ‘con-



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

141

The issue that had brought down Palmerston and the Whig administration was their plan for a reduction of the duties on foreign sugar which offered protection to British colonial ‘free grown’ sugar. The Tory opposition, the West India lobby and the abolitionists had united in defence of the British West Indian proprietors, now struggling to compete with Cuban and Brazilian slaveholders. However this proved an unstable alliance and by 1846 the British parliament endorsed a phasing out of the duty on (largely slavegrown) foreign sugar.44 Palmerston served as War Secretary, Foreign Secretary and Prime Minister across nearly half a century. He was also the arch exponent of Britain’s right to lay down the law to lesser powers. In a Memorandum addressed to colleagues in 1850 he justified his conduct by claiming that ‘these half-civilised governments, such as China, Portugal, Spanish America, require a dressing down every eight or ten years to keep them in order. Their minds are too shallow to receive an impression that will last longer than some such period, and warning is of little use. They care little for words and they must not only see the stick but actually feel it upon them before they yield to that only argument which brings them to conviction, the Argumentum Baculinum [the argument of the big stick].’45 Palmerston was here boasting to colleagues but he could be almost as offensive in official communications or public speeches. He was emboldened by the success of British pressure on Brazil, which he regarded as his proudest achievement. However he does not appear to have realized that he was dealing with a new and more serious Brazilian government in 1850 than those he had been used to in the past (they called themselves conservatives not liberals).

fession’ but many of the details ring true. For useful background see the introduction by Juan Pérez de la Riva to his edition of Correspondencia Reservada del Capitán General Don Miguel Tacon, 1834–1836. Havana 1963, 13–98. Some further details may be gleaned from Rodolfo Sarraceno: Inglatterra: Sus Dos Caras en la lucha Cubana por la Abolición. Havana 1989. 44  Howard Temperley: British Anti-Slavery: 1833–1870. London 1972, 111–136. 45  Lord Palmerston: ‘Memorandum’, 29 September 1850. Quoted, ‘Introduction’ to Matthew Brown (ed.): Informal Empire in Latin America: Culture, Commerce and Capital. Oxford 2008, 19. Hugh Thomas brings out Palmerston’s cultural and racial contempt for Spaniards, Portuguese and Brazilians, and how it could impede effective diplomacy to end the slave trade, see Hugh Thomas: The Slave Trade: the History of the Atlantic Slave Trade from 1440–1870. New York 1997, 656–657.

142

Robin Blackburn

Brazil and the Slave Trade The Brazilian Empire was dogged almost from the outset by a double legitimacy problem. It was a monarchy in a continent of republics and it clung to the slave trade and slavery long after the Spanish American states had abandoned them.46 The large proprietors were not unduly concerned because this limited the central government’s ability to interfere in their affairs, but it did encourage the country’s rulers to strengthen their respectability and credibility. Pedro I offered a constitution to his subjects while Pedro II pursued the reputation of a ‘Citizen Emperor’. But both backed war-making in the South and both backed politicians who were pitiless in crushing internal revolt. The independence declared by Pedro I in 1822 had been followed by swift British recognition because Pedro agreed to British terms which included compensation to Portugal, free trade and a slave trade ban, which was due to come into force in 1831. But Pedro hankered for personal rule and military glory, alienating his local backers. His continuing interest in the Portuguese Crown aroused suspicion and made him vulnerable to British pressure. ­Pedro I was chased out of Brazil in 1831, ceding his throne to his infant son Pedro II. The succession of the four year old Pedro II led to a lengthy and contested Regency, with a strong Liberal grouping which favoured decentralisation for ideological reasons. In such a large country, with hundreds of beaches or inlets on a vast coastline, the slave traffickers could easily exploit a fragmented enforcement structure. Roderick Barman observes: ‘A series of measures enacted from 1828 onwards placed policing powers in the hands of elected juizes de paz (justices of the peace) and of the provincial assemblies. The disorders of the Regency period [1831–40] were increasingly blamed on this system of policing and in May 1840 a law … restored authority over justice and police to the imperial government.’47 In the 1840s the slave traffic became concentrated in fewer hands, and focussed on Rio and the central region. This measure was a help but it still begged the question of who these government authorities were. The legitimacy of imperial institutions needed to be clarified and sundry disorders quelled. The existence of laws that were openly flouted did not help. Metternich had long maintained an envoy at the 46  On

390.

Pedro I’s fear of republicanism see Adelman: Sovereignty and Revolution,

47  Roderick Barman: Citizen Emperor: Pedro II and the Making of Modern Brazil. Stanford 1999, 86. For the background see also Marcia Berbel, Rafael Marquese, Tamis Parron: Escravidao e Politica: Brasil e Cuba, 1790–1850. Sao Paulo 2010.



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

143

Court in Rio de Janeiro, Baron Daiser, to watch over the child emperor (fittingly, Austria’s foreign policy was entrusted to the Ministry of Dynastic Affairs). Pedro’s counsellors sent a delegation to Vienna in 1841 to explain that the time had come to declare the emperor’s majority and to find him a suitable wife. Metternich eventually agreed that Princess Teresa Christina of Naples, niece of Louis Philippe and sister of the king of the Two Sicilies would fit the bill. Pedro II’s coronation and marriage strengthened the legitimacy of the imperial authorities and their capacity to take on opponents. The outbreak of revolution in Europe in 1848 led to the overthrow of Louis Philippe and a swift ending of slavery in the French Caribbean. It also revealed Fernando II, Pedro’s brother in law, as an agile Counter-Revolutionary. These proceedings in no way diminished the anxiety of Brazilian leaders to enhance the Empire’s legitimacy and to assert the integrity of its police and justice system. The continuing slave traffic was not the only disorder facing Brazil’s rulers. The authorities in Rio faced a decade long series of major provincial revolts – some involving large numbers of people of colour. There was also the prospect of a war with Argentina. And, last but not least, tougher British naval action thanks to the Aberdeen Act of 1845, which allowed British cruisers to enter Brazilian waters and bombard any port harbouring ‘pirates’. In 1848 Pedro dismissed the Liberal government and invited the Conservative ‘Party of Order’ (or saquaremas as they were known) to form a government. As it happened these conservatives had many personal ties to the slave traffic but that did not stop them from introducing new and more sweeping measures to suppress it. There was already a sharp reduction in 1850 and by 1852 the traffic had ceased. British naval commanders played an important role in the last stages of this evolution in 1850–51, as did armed clashes in the River Plate region between Rosas, the Argentine dictator, and his opponents. The British sent a large force to the South Atlantic which could both encourage the opposition to Rosas and intimidate the Brazilian government. But if we wish to explain why the Brazilian government was at last capable of enforcing its own legislation we have to acknowledge a more authoritative state machine and the emergence of a more resolute and effective political leadership.48 48  See Jeffery Needell: The Party of Order: the Conservatives, the State and Slavery in the Brazilian Monarchy 1831–1871, especially 138–155 and Barman: Citizen Emperor, 122–130. See also Beatriz Gallotti Mamigonian: A proibacao do tráfico atlantico e a manutencao da escravidao. In: Keila Grinberg e Ricardo Salles (eds.), O Brasil Imperial. Volume I, Rio de Janeiro 2009, 207–234, and Leslie Bethell: The Abolition of the Brazilian Slave Trade: Britain, Brazil and the Slave Trade Question. Cambridge 1970, 327–363.

144

Robin Blackburn

The appearance of British cruisers in Brazilian waters in 1850 meant that the issue could not be avoided and some salvos underlined the point. The Empire of Brazil was being treated not just as a second or third rate power but as little better than an African kingdom. Only effective abolition could remove the threat of further humiliation. However the British needed reliable Brazilian allies to prevent slavers disguising themselves as coastal traders or using some other flag. The success of the British action required collaborators able to enforce new, more centralised and effective measures. The 25 year old emperor also helped by pushing through a new law, complete with effective police enforcement. In a private communication in 1852 Sousa Ramos, the police and justice minister, had a point when he wrote: ‘The imperial government helped bring about the complete extinction of the traffic as a measure of social convenience, of civilisation, of national honor, and even of public security. [Such initiatives] show to be true a fact of great importance – that the government of Brazil has enough force to carry out its searches and to execute effectively its laws.’49 Once the Brazilian ban was in effect the former slave traders soon found alternatives that gave as good a return. In fact wherever slave trades were suppressed it became was discovered that this entailed little or no loss as other commercial outlets or industrial projects beckoned. As Boris Fausto explains: ‘The end of the [slave] trade liberated capital which gave rise to intense business activity and speculation. Banks, industries and steamship companies arose.’50 The slave traders would not be expropriated if they switched to a new line of business, and they did not need to be compensated, making this much easier and cheaper than slave emancipation. The irony of Brazilian abolition is that the slave traffic’s cartelisation and centralisation into fewer and fewer hands simplified the task of suppression. The remaining negreiros sold their last cargoes and called it a day. In the case of Brazil gun boats were used in a good cause but one still marred – and undermined – by the intention to bully and humiliate, which provoked resentment. In China the British were forcing opium, on the Chinese, and obliging to the Chinese authorities to cede ‘concessions’ and extraterritorial rights to British merchants. The ‘good’ gunboat diplomacy was deemed retrospectively to licence the bad.

49  Sousa Ramos to the president of Rio de Janeiro, 17 June 1852, quoted Dale Thorsten Graden: From Slavery to Freedom in Brazil, 1835–1900. Albuquerque NM 2006, 246. 50  Boris Fausto: A Concise History of Brazil, 112.



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

145

The mainstream of British and US abolitionism opposed the anti-slavery trade patrols and were vindicated when this was not a route to general emancipation. The freeing of the slaves in the US South, Cuba and Brazil in the years 1865–88 was not a by-product of interstate conflict but the fruit of decades of abolitionist agitation, black witness, and slave resistance and revolt – with divisions within the ruling order furnishing the needed opportunity. The legacy of the anti-slave trade patrols was rather seen in the spread of colonialism, with the ‘Slave Trade Department’ of Britain’s Foreign ministry becoming the core of the Colonial Office.51 Britain’s naval belligerence set a standard that the Brazilian Empire chose to emulate when it fought to establish its hegemony over its southern neighbours, Argentina, Uruguay and Paraguay. Indeed London sometimes encouraged Brazil to help it discipline these neighbours. Brazil involved itself in military clashes in each decade, reaching a climax with the Paraguay War of 1865–70. The stubborn caudillos and lawless ranchers of the River Plate region often supplied provocation but Brazil’s rulers were too eager to respond in kind. The Paraguayan war proved hugely destructive to the main loser, Paraguay, but gravely wounded the Empire, the supposed victor, as well. The River Plate furnished cheap provisions for Brazilian planters and was itself a useful market for plantation produce. But these mutually-beneficial commercial exchanges did not require war. Yet both Pedros preferred military measures to diplomacy in an unsuccessful quest for greater legitimacy. The relatively more peaceful 1870s and 1880s witnessed a popular and successful struggle against slavery in 1888, with the Empire being overturned by a republican military coup eighteenth months later. The US and the UK Palmerston adopted a somewhat more cautious tone in his dealings with the United States than he did with Spain or Brazil. However he still thought of the US as a rude, upstart nation addicted to dangerous ‘democratic’ principles. He once threatened war if the United States did not release a Canadian militia man who had taken part in a raid on US territory. President van Buren was anyway planning to return the man, as Palmerston was aware, so the British response was needlessly provocative. Palmerston wrote to Lord John Russell that: ‘With such cunning fellows as these Yankees it never answers to give way because they always keep pushing on their encroachments as far as they are permitted to do so.’ President Polk, an arch encroacher when it came to US neighbours, was to reciprocate Palmerston’s truculent tone: ‘The only way to treat John Bull is to look him in the eye … If Con51  Richard

Hussey: Freedom Burning, 146, 183–184.

146

Robin Blackburn

gress falters or hesitates in their course, John Bull will immediately become arrogant and more grasping in his demands.’52 However in practice there was to be a big difference in the policies to be pursued by Polk towards Britain and Mexico in the 1840s. After bluster on both sides Britain and the United States reached a reasonable settlement on outstanding issues – Oregon and the Canadian fisheries – in two bouts of vigorous diplomacy. There was even agreement that the US would undertake more effective measures against the slave traders. However this almost punctilious use of the resources of diplomacy was to be abandoned when it came to its southern neighbour, the Republic of Mexico – a state that had banned slavery, not just the slave trade, in 1829. In 1844–46 Washington pursued a succession of aggressive and unilateral demarches over Texas and other disputed territory leading to two years of war – more than had been expected – and twenty thousand casualties. A crushing peace treaty in 1848 by which Mexico lost over a third of its national territory (California, Nevada, New Mexico and Utah). This was almost a textbook example of the type of war that the Concert of Europe had – so far – avoided.53 In a world of competitive power politics and systemic inequality, we should always be attentive to the precise implementation of good ideas. Abolitionism had developed as a check on rampant commercialism and racial oppression. But when adopted – and perverted – by governments it often dovetailed with colonial and imperial ambitions. British gunboat abolitionism led to the burning of villages on Africa’s west coast that were believed to be used by the slave traders. The slave trade department of the Foreign Office became the nucleus of Britain’s colonial administration in Africa.54 The Congress idea made a contribution to European peace but it too could be perverted. The Congress of Berlin in 1883–4 saw the great powers invoke the spirit of Vienna and the cause of abolition to justify their carve-up of Africa. The US declined to join but urged the Congress to entrust the Congo to King Leopold of the Belgians who promised that to eradicate the remains 52  Quoted Jasper Ridley: Lord Palmerston, 372. The similarities between the US and the UK are a theme Walter Russell Mead: God and Gold, Britain and America, and the Making of the Modern World. New York 2007. 53  Robert Kagan: Dangerous Nation: America and the World, 1800–1898. New York 2006, 224–225. This war was, of course, opposed by William Lloyd Garrison and the American Anti-Slavery Society. Garrison had been first drawn into politics by opposition to the Holy Alliance and its designs on the Americas, but by the 1830s he was thoroughly converted to pacifist ‘non resistance’. See W. Caleb McDaniel: The Problem of Democracy in the Age of Slavery: Garrisonian Abolitionism and Transatlantic Reform. Baton Rouge 2013. 54  Richard Huzzey: Freedom Burning: Anti-Slavery and Empire in Victorian Britain. Ithaca, 2014.



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

147

of slavery (instead he created an even more vicious system of forced labour which killed millions). The Concert of Vienna had helped to keep the peace in the years 1815 to 1854. The absence of major wars made its own significant contribution to economic recovery and growth and a dynamic civil society in many parts of Europe (especially Germany, Austria, the Netherlands, Northern Italy, France and Britain). By 1860 the plantation produce of six million slaves in Cuba, Brazil and the US was transforming European life styles as they consumed thousands of tons of cotton, sugar and coffee each year. The illegal slave trade to Cuba still ran at 10,000 to 20,000 annually and there were reports that, with or without secession, there was growing interest in revising the trade. The Congress had deplored both slavery and the slave trade in its Final Act. The majority of British abolitionists in the British and Foreign AntiSlavery Society British opposed gunboat abolitionism and argued that the clandestine slave traffic would continue so long as there were flourishing slave regimes and consequently the only remedy was to uproot slavery itself by universal emancipation. The British government placed its huge resources behind maritime suppression with disappointing results. The number of those enslaved in the Americas doubled between1820 and 1860. The fate of slavery in the Americas was to be largely settled by the US Civil War. The issue was at first ignored by the combatants but the deep politics of the war eventually brought slave emancipation to the fore. The supposedly anti-slavery British government failed to prevent battleships being built in UK shipyards for the Confederacy or to prevent the despatch of vital war supplies on board over a hundred ‘blockade runners’ built on Clydeside (Glasgow). The French emperor exploited US distraction by backing an expedition to install a Habsburg prince to an imperial throne in Mexico. Limited as they were the peace-keeping efforts of the Vienna Congress offered a more decent spectacle. They also embodied loftier principles than the schoolyard bragging and bullying of the Anglo-Saxon powers. The decade 1815–25 saw the Spanish American independence movements clarify their objectives and achieve their goal. The absence of interstate conflict or outside intervention, facilitated this. The new governments ended the Atlantic slave traffic to the former Spanish lands. Simon Bolivar, president of Gran Colombia, convened a Pan American Congress in 1826 which had some of the features of the Vienna Congress, in that it sought to keep the peace in the post-colonial Americas, especially the new Spanish American states. Argentina and Brazil did not attend, and the US delegates arrived too late, after disagreements over whether participation would be worthwhile. There was to be a relative absence of inter-state armed conflict in Spanish America in the years 1825 to 1861, notwithstanding the fact that there was

148

Robin Blackburn

considerable fragmentation, leading to the emergence of 15 separate states. The borders of the new states broadly corresponded to the judicial and administrative boundaries established by the Spanish colonial authorities. While there were armed clashes, minor civil wars and break-aways from the larger units like Gran Columbia (which split into Ecuador, Colombia and Venezuela) these did not merge into more extensive and sustained battles. Bolivar was insistent that there had been more than enough fighting and that the time had come to focus on peaceful reconstruction and the cultivation of Science, the Arts and Manufactures. If Spain or the Holy Alliance attacked they would have to be resisted but he believed that they, too, were in no state to fight a transatlantic war. Writing to Santander in May 1825 he urged that responses to Spain should avoid belligerent threats: ‘I do not approve of the use of such language, because a new outbreak of war cannot be in any one’s interest and will destroy the remnants of our meagre fortunes’.55 Bolivar hoped that the Pan American Congress would furnish the peaceful context needed to address the many injustices and inequalities inherited by the new republics. While avoiding the violence of Haiti the league should ensure that: ‘Differences in origin and colour would lose their importance and effect … Social reform would be achieved under the holy auspices of freedom and peace.’56 The independence wars had taken a heavy toll and time was needed to recuperate. Because independence had been foisted on the colonial elites, and because of the abstract-universalist republican notion of the citizen, civil society was still constructed around traditional status groups. It is remarkable that the new freedoms still left many slaves and indigenous peoples effectively excluded from the national community. Both imperialists and revolutionaries offered emancipation to slaves who would fight for independence and many tens of thousands heeded the call. In Chile, Argentina and Mexico the number of slaves dropped sharply. Elsewhere the number of slave domestics, miners and plantation workers was small but significant. Between 1800 and 1834 the number of slaves in Venezuela, site of many campaigns, declined from 80.000 to around 36,000.57 While warfare raged it was often safer to accept the protection of the slaveholder household. However the conquest of independence was accompanied throughout Spanish America by the passage of measures suppressing the slave trade and establishing ‘free womb’ laws that freed the children born to slave mothers when they reached their early or mid-20s. The governments 55  ‘Letter to Francisco de Paula Santander’. In: Simón Bolívar: Writings. Oxford 2003, 62–68. 56  ‘Thoughts on the Congress to be Held in Panama’. Ibid., 169–70, 170. See also Mark Mazower: Governing the World, London, 2012, 9. 57  Robin Blackburn: The Overthrow of Colonial Slavery. London 1988, 331–380.



The Vienna Concert Inside and Outside Europe

149

of Spanish America could not pay compensation and the Emancipation Boards even compounded the problem by setting notional slave prices. Slaveholding remained quite important in Venezuela, Peru and Colombia, but was eventually swept away in the 1850s. The Bolivarian ethos and the legacy of Hispanic culture both played a part in the keeping of the peace. Prior to the 1860s the only major conflict was the US war with Mexico (1846–8). There were also clashes between Argentina and Brazil over the fate of the Banda Oriental, the East bank of the River Plate, in 1826–28 and in the later 1840s. The imperial government of Brazil claimed the Banda Oriental, invoking the Treaty of Tordesillas and subsequent agreements between the monarchs of Spain and Portugal. The elites on both sides were also aware that social radicals had won a following and, in the person of José Artigas, found a leader. It has sometimes been claimed that the Monroe Doctrine set up in the Americas an equivalent of the Vienna system. This fails to register that Mexico and central America had more to fear from the US than Europe. Sometimes the frustration of European colonialism depended on British as well as US power, and on the capacity to resist of the South and Central Americans themselves. The onset of the US Civil War saw an attempt by Spain to restore control over Santo Domingo and by Louis Napoleon’s France to put a puppet on the throne of a resurrected Mexican Empire, but these ventures were eventually resisted. Brazil, Argentine and Paraguay were also embroiled in the destructive Paraguay War of 1865–70. I have always believed that the decisive acts in the dismantling of New World slavery occurred at times of general crisis because it was such a context which neutralised the ideological foundations of slavery – respect for private property, racial animosity and the belief that slavery was a vital national asset.58 Without disavowing this argument I wish to recognise that there was a distinction between a ‘war-related’ crisis and a ‘proto-revolutionary’ crisis. By itself a war crisis, evoked by some external threat, could be an essentially conservative force. But when domestic conflict spilt over into open revolution or civil war than the justifications for slavery became far more vulnerable and the terms of a just social peace could require emancipation of the slaves.

58  Blackburn:

The American Crucible, chapter 13.

Von Duodez zur Dynastie. Ein Kleinstaat in Mitteldeutschland: Sachsen-Coburg im Deutschen Bund (1815–1850)* Von Carl-Christian Dressel, Erfurt Zur Zeit des Wiener Kongresses stellte Sachsen-Coburg1 trotz einiger Reformen, die insbesondere in der ersten Dekade des Jahrhunderts2 – und das entgegen zahlreicher Widerstände und Proteste!3 – stattgefunden hatten, einen der überlebenden Vertreter der Kleinstaaterei des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation in der spezifisch thüringisch-ernestinischen Ausprägung dar. Bereits Friedrich der Große hatte die – auch von ihm so genannten – „Duodezfürsten“ 1740 in seinem „Antimachiavell“ karikiert: „Diese Art Fürsten sind eigentlich nur Zwitterwesen zwischen Herrscher und Privatmann, ihre Gebieterrolle können höchstens ihre Bedienten ernst nehmen. Ihnen wüßt’ ich keinen bessern Rat zu geben, als die grenzenlose Meinung von ihrer Größe, die ungeheure Verehrung für ihr altes, erlauchtes Geschlecht und den heiligen Eifer für ihren Wappenschild etwas herabzustimmen. Besser täten sie (…), wenn sie sich begnügten, als wohlhabende Privatleute in der Welt aufzutreten, endlich einmal von den Stelzen, auf denen ihr Dünkel einherschreitet, herabzusteigen und allerhöchstens eine ausreichende Schloßwache gegen die Spitzbuben zu halten, vorausgesetzt, daß sie genügend Hungerleider für einen derartigen Posten auftreiben können. Im übrigen mögen sie ihre Wälle und Mauern und was sonst ihrem Herrensitz das Aussehen eines befestigten Platzes geben kann, abtragen. Meine Gründe sind die: die Mehrzahl dieser kleinen Fürsten, namentlich in Deutschland, richtet sich zugrunde durch die Aufwendungen, zu denen ihr trunkener Größenwahn sie verführt, die in so gar keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen meiner Mutter Heidi Dressel anlässlich ihres 75. Geburtstages. Bezeichnung soll hier durchgehend für das coburgische Staatsgebilde unabhängig vom saalfeldischen oder gothaischen Landesteil verwendet werden. Auch auf die zutreffende Bezeichnung – Fürstentum, ab 20. Juni 1821 Herzogtum, dazu CarlChristian Dressel: Die Entwicklung von Verfassung und Verwaltung in Sachsen-Coburg 1800–1826 im Vergleich. Berlin 2007 (= Schriften zur Verfassungsgeschichte, 79), 454 – wird verzichtet. 2  Ausführlich ebd., 97  ff.; zusammenfassend ders.: Ein „Pumpernickel-Staat“? Sachsen-Coburg im frühen 19. Jahrhundert. In: Franz Bosbach / John R. Davis (Hrsg.): Prinz Albert. Ein Wettiner in Großbritannien. (= Prinz-Albert-Studien, Band 22.) München 2004, 44. 3  Dressel (wie Anm. 1), 142 ff., 180 ff., 207 ff., 255 ff. *  Gewidmet 1  Die

152

Carl-Christian Dressel

stehen; die Ehre ihres Hauses hochzuhalten, sinken sie immer tiefer, aus Eitelkeit geraten sie auf den Weg zum Elend und zum Armenhaus. Noch der allerjüngste Sproß einer apanagierten Linie hält sich in seiner Einbildung für einen kleinen Ludwig XIV.: er baut sein Versailles, küßt seine Maintenon und hält sich seine Armee.“4

Am 13. Juni 1777 hatte der kurz zuvor verwitwete Erbprinz Franz Friedrich Anton (* 15. Juli 1750), ältester Sohn des regierenden Herzogs Ernst Fried(e)rich von Sachsen-Coburg-Saalfeld und seiner Frau Sophie Antonie von Braunschweig-Wolfenbüttel, die Tochter des regierenden Grafen Heinrich XXIV. Reuß zu Ebersdorf, Auguste Caroline Sophie (* 19. Januar 1757) geheiratet.5 100 Jahre später sollten Nachkommen des Erbprinzenpaares aus dem nachgerade typischen Duodezfürstentum der jüngsten Speziallinie der gothaischen Linie des ernestinischen Zweiges des Hauses Wettin als „Europas späte Dynastie“6 die Königshäuser von Großbritannien und Irland, von Portugal und von Belgien sowie die Ehefrau des Kronprinzen des Deutschen Reiches und von Preußen stellen – und auch im 21. Jahrhundert noch im Gegensatz zu den anderen deutschen Fürstenhäusern noch Inhaber von ­Königsthronen sein.7 Dabei war die Entwicklung dieses Duodezfürstentums im Inneren ebenso wie seines Herrscherhauses im 19. Jahrhundert ein klarer Beleg für das Kleinstaatenparadigma Peter Häberles,8 bot gerade doch der Kleinstaat als „Experimentierfeld“9 für modernere wie auch für restaurative Ideen ein flexibles Pflaster. Wesentliche Grundlagen für die dynastische wie die staatliche Entwicklung wurden in der unmittelbaren Folge des Wiener Kongresses gelegt10 – bereits die Kinder von Franz Friedrich Anton und 4  Zit. nach der Bearbeitung bei Gustav Berthold Volz (Hrsg.): Die Werke Friedrichs des Großen. Siebenter Band: Antimachiavell und Testamente. Berlin 1912, 42. 5  Ehevertrag bei StACo Urk LA A 127; Auszug aus dem Trauregister der Hof­ kirche in Ebersdorf / Thür., Jahrgang 1777, S. 68 Nr. 1 bei StACo Urk LA A 319. 6  So mit Recht Thomas Nicklas: Das Haus Sachsen-Coburg. Europas späte Dynastie. Stuttgart 2003. 7  Belgien und – trotz der Umbenennung des Hauses in Windsor 1917 – das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland. 8  Erstmals Peter Häberle: Der Kleinstaat als Variante des Verfassungsstaats. In: Arno Waschkuhn (Hrsg.): Kleinstaat. Grundsätzliche und aktuelle Probleme. (= Politische Schriften, Band 16.) Vaduz 1993, 121 ff. 9  Deutschland in seiner Gesamtheit sei wegen seiner territorialen Zerstückelung als Experimentierfeld anzusehen, meinte Emile Lousse: Parlamentarismus oder Korporatismus? Die Ursprünge der Ständevertretungen. In: Heinz Rausch (Hrsg.): Die geschichtlichen Grundlagen der modernen Volksvertretung. Band 1. Darmstadt 1980, 278 ff., 287. 10  Walther Heins: Das Herzogspaar Franz und Auguste von Sachsen-Coburg-Saalfeld. In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1982. Coburg 1982, 161 ff., 174 führt dazu schwärmerisch aus: „Mit der endgültigen Rückkehr des Friedens nach dem Wie-



Von Duodez zur Dynastie

153

­ uguste sollten über Europa hinweg verbreitet bedeutende Positionen einA nehmen.11 I. Vorgeschichte: Die Entwicklung Sachsen-Coburgs bis 1815 1. Das Territorienkonglomerat Da manche Entwicklungen zwischen dem Wiener Kongress und der Jahrhundertmitte ihre Wurzeln insbesondere in der Zeit um die coburgische „Wendemarke“12 180013 haben, ist zunächst eine kurze Bestandsaufnahme 1815 – auch unter dem Vorzeichen der Beurteilung Friedrichs des Großen – geboten. Erst achtzig Jahre zuvor war es Sachsen-Saalfeld, 1680 für Herzog Johann Ernst als den jüngsten der sechs Söhne Herzog Ernsts des Frommen von Sachsen-Gotha geschaffen, unter den Brüdern Franz Josias und Christian Ernst nach langwierigen Streitigkeiten mit Sachsen-(Coburg-)Meiningen gelungen, die Herrschaft über einen Teil des früheren Fürstentums Coburg14 – jedenfalls mit der Residenzstadt – zu erlangen und verfügte nunmehr über das mit insgesamt etwa 17 Quadratmeilen (945 km2) zweitkleinste Territorium der fünf ernestinischen Fürstentümer.15 Während dem Landesherrn aber in der Neuerwerbung uneingeschränkte Landeshoheit16 zukam, stand die ner Kongreß war eine Zeit märchenhaften Aufstiegs für die herzogliche Familie gekommen.“ 11  „These children took on important positions across Europe, both by marriage and negotiation“, stellt John R. Davis: Liberalisation, the Parliamentary System, and the Crown. The Role of Coburg Dynastics in Nineteenth Century Constitutional Debate. In: Frank-Lothar Kroll / Martin Munke (Hrsg.): Hannover – Coburg-Gotha – Windsor. Probleme und Perspektiven einer vergleichenden deutsch-britischen Dynastiegeschichte vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. (= Prinz-Albert-Studien, Band 32.) Berlin 2015, 259 mit Recht fest. 12  Dressel (wie Anm. 2), 44. 13  Eine Beschreibung von Land und Residenzstadt zu diesem Zeitpunkt findet sich ebd. 41 f. m. w. N. 14  Von den dem – ursprünglichen – Fürstentum Coburg zugehörigen elf Ämtern gehörten zum saalfeldischen Anteil nur noch die Ämter Coburg und Neustadt, vgl. Johann Gerhard Gruner: Historisch-statistische Beschreibung des Fürstenthums Coburg, S. Saalfeldischen Antheils, Band 1. Coburg 1783, 37. 15  Zur Vorgeschichte des coburgischen Territoriums s. Dressel (wie Anm. 1), 43 ff. und ders. (wie Anm. 2), 37 ff. 16  Zum Begriff der Landeshoheit und deren Unterscheidung von der Souveränität im Sinne Jean Bodins s. Hermann Schulze: Lehrbuch des deutschen Staatsrechtes. Erstes Buch. Leipzig 1881, 66 ff., und Wolfgang Quint: Souveränitätsbegriff und Souveränitätspolitik in Bayern. Von der Mitte des 17. bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Berlin 1971, 70 ff.

154

Carl-Christian Dressel

nicht nur räumlich durch die mittlerweile meiningischen Ämter Sonneberg und Neuhaus getrennte und an Fläche und Bevölkerung größere17 sog. Saalfeldische Landesportion als einziges verbliebenes Territorium18 bis zur Aufhebung 180519 unter dem nexus Gothanus,20 als Teil des Fürstentums Altenburg21 unter der dortigen Landes-, Steuer- und Kirchenhoheit und hatte mit diesem gemeinsam auch eine von der coburgischen völlig getrennte Landschaft22 und eine gemeinsame Verwaltung.23 Der coburgische Minister Theodor Konrad von Kretschmann beschrieb dies 1808 im nachhinein: „Das Hauß Gotha übte (…) seit dem Jahre 1680 (…) die volle Landes-Hoheit aus, Coburg gab dazu blos den Namen her, und war wenig mehr als Gutsbesitzer in diesem Lande.“24 Zeitgenössisch wurde zur Bezeichnung der Trennung zwi17  Vgl. die Darstellung von Bevölkerung und Fläche im Bericht des Landesministeriums vom Oktober 1808 bei Staatsarchiv Coburg (StACo) Bestand Staatsministerium (Min) Lokat G: Auswärtige Angelegenheiten (G) 1000, fol. 3. 18  Diese Situation hatte sich nur in Sachsen-Saalfeld halten können, da die mit dieser Verbindung ebenfalls belasteten Linien Sachsen-Eisenberg und Sachsen-Römhild bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts ausgestorben waren und es der Linie Sachsen-Hildburghausen bereits 1702 gelungen war, einen Rezess mit Sachsen-Gotha über eine Aufhebung dieser Verbindung abzuschließen; Abschrift des Rezesses vom 10. April 1702 bei StACo Urkundenselekt (Urk) Landesarchiv (LA) Lokat C: Angelegenheiten der fürstlich sächsischen Länder (C) 112. 19  S. dazu Dressel (wie Anm. 1), 200 ff. 20  Zu dieser Sicherung des Vorrechts der ältesten Linie Sachsen-Gotha und zur Verhinderung weiterer Landesteilungen Johann Jacob Moser: Neues teutsches Staatsrecht. Band 12: Familien-Staats-Recht derer Teutschen Reichsstände. Erster Theil. Frankfurt / Leipzig 1775, 366 f., 683, sowie Johann Adolph von Schultes: SachsenCoburg-Saalfeldische Landesgeschichte unter der Regierung des Kur- und fürstlichen Hauses Sachsen vom Jahr 1425 bis auf die neuern Zeiten. 3.Band. Coburg 1822, 102. 21  Wilhelm August Rudloff: Versuch einer pragmatischen Einleitung in die Geschichte und heutige Verfassung der teutschen Chur- und fürstlichen Häuser. 1. Theil: Von Braunschweig-Lüneburg, Sachsen und Brandenburg. Göttingen / Gotha, 350 f. 22  Die genaue Vorgehensweise bei der Einberufung der Landschaft regelte ein Vergleich zwischen Sachsen-Gotha-Altenburg und Sachsen-Coburg-Saalfeld von 1695, vgl. Johann Jacob Moser: Neues teutsches Staatsrecht. Band 13: Von der Teutschen Reichs-Stände Landen, deren Landständen, Unterthanen, Landes-Freyheiten, Beschwerden, Schulden und Zusammenkünfften. Frankfurt / Leipzig 1769, 625. 23  Vgl. Christian Kruse: Franz Friedrich Anton von Sachsen-Coburg-Saalfeld 1750–1806. In: Coburger Landesstiftung (Hrsg.): Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1995. Coburg 1995, 9 f., ders.: Die Einsetzung der kaiserlichen Debitkommission im Fürstentum Sachsen-Coburg-Saalfeld 1771 bis 1773. Zulassungsarbeit zum Staatsexamen im Fach Geschichte (maschinenschriftl.). Erlangen 1984, 13 f. sowie Dressel (wie Anm. 1), 90 f. Zum Behördenaufbau in Altenburg und Saalfeld in toto s. Ulrich Heß: Geheimer Rat und Kabinett in den ernestinischen Staaten Thüringens. Weimar 1962, 102. 24  StACo LA Lokat F: Innere Verfassung in weltlichen Sachen (F) 7545, fol. 5; im Ergebnis ebenso Wolfgang Huschke: Politische Geschichte von 1572 bis 1775. In: Hans Patze / Walter Schlesinger (Hrsg.), Geschichte Thüringens. 5. Band: Politische



Von Duodez zur Dynastie

155

schen dem saalfeldischen und dem coburgischen Landesteil – eigentlich dem Fürstentum Coburg sachsen-saalfeldischen Anteils25 – auch die Bezeichnung „Sachsen-Coburg und Saalfeld“ gebraucht.26 Ein derartiges Konglomerat verschiedener Territorien mit verschiedenen Verwaltungen, deren Verbindung lediglich in der Person des Fürsten bestand, stellte den Regelfall im Gebiet des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation zum Ausgang des XVIII. Jahrhunderts dar, beispielsweise bestanden nicht nur die großen Territorialstaaten wie Preußen, sondern auch die verwandten Staaten Sachsen-Weimar-Eisenach und Sachsen-Gotha-Altenburg aus getrennt verwalteten Gebieten, in den beiden letzten Fällen aus Weimar, Eisenach und Jena bzw. Gotha und Altenburg, die jeweils über eine eigene Landschaft und teilweise auch über eine eigene Verwaltung verfügten.27 Aufgrund der Häufung verworrener Verhältnisse waren im ausgehenden 18. Jahrhundert die „Lande der Herren Herzoge zu Sachsen“ ein Synonym für Kleinstaaterei und Duodezfürstentümelei.28

Geschichte in der Neuzeit, 1. Teil, 2. Teilband. Wien 1984, 527: Beschränkung des Landesherrn auf die Wahrnehmung grundherrlicher Rechte. 25  So ausdrücklich bei StACo Min Lokat J: Innere Staatsverfassung (J) 193, fol. 6 und Gruner (wie Anm. 14). 26  So auf dem großen Siegel des Herzogs Franz Friedrich Anton, gut erkennbar bei Österreichisches Staatsarchiv, Abt. 1: Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA), Bestand Reichshofrat (RHR) Obere Registratur (Ob. Reg.) 1281 / 1 unfol. sowie bei HHStA RHR Ob. Reg. 1783 / 5 unfol., und auf dem großen Siegel des Herzogs Ernst (wohl bis 1826), gut erkennbar bei StACo Landesregierung (LReg.) 256, fol. 4, 7’, 11. 27  Ausführliche Darstellung bei Alfons Ingelmann: Ständische Elemente in der Volksvertretung nach den deutschen Verfassungsurkunden der Jahre 1806–1819. Breslau 1914, 85. Schilderungen für Preußen, Sachsen-Gotha-Altenburg und Sachsen-Weimar-Eisenach hinsichtlich Verwaltung und Landschaft finden sich bei Moser (wie Anm. 22), 143, 378 und für Sachsen-Weimar-Eisenach bei Fritz Hartung: Das Großherzogtum Sachsen unter der Regierung Carl Augusts 1775–1828. (= Carl August. Darstellungen und Briefe zur Geschichte des Weimarischen Fürstenhauses und Landes. Im Auftrage der Weimarischen Gebietsregierung herausgegeben von Erich Marcks. II. Abtheilung.) Weimar 1923, 3 f. Im hannoverschen Staatsgebilde bestanden sogar sieben getrennte Landschaften, s. Ernst von Meier: Hannoversche Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte 1680–1866. Erster Band: Die Verfassungsgeschichte. Leipzig 1899, 225. 28  Vergleichbar auch mit William Thackerays wohl auf Sachsen-Weimar-Eisenach gemünztem Bild des „Großherzogtums Pumpernickel“ in seinem Roman Vanity Fair, s. Peter Shillingsburg (Hrsg.): Vanity Fair – A Novel Without a Hero, New York / London 1994. Dazu auch Dressel (wie Anm. 2).

156

Carl-Christian Dressel

2. Prägend: Finanzprobleme des Herrscherhauses Der Beginn der Eigenstaatlichkeit war – auch dies ist typisch – durch eine aufwendige Hofhaltung geprägt, was zusammen mit kostspieligen Erbstreitig­ keiten,29 Auswirkungen des Siebenjährigen Krieges und einer aufwendigen Hofhaltung zu einer völligen Überschuldung des Herzogshauses führte. Der ab 1764 regierende Herzog Ernst Fried(e)rich verordnete Sparsamkeit, jedoch gelang es ihm nicht, den Haushalt zu sanieren. Daraufhin setzte der Reichshofrat im Jahre 1773 eine Kaiserliche Debit- und Administrationskommission ein, die die Landeshoheit – auch im coburgischen Landesteil – auf der Ebene der Finanzen beschränkte und ihre eigene Tätigkeit auf Jahrzehnte anlegte.30 Erst der von Herzog Franz Friedrich Anton kurz nach seinem Regierungsantritt zum Minister berufene (fränkisch-)preußische Verwaltungsfachmann Theodor Konrad (von) Kretschmann31 – ein langjähriger Mitarbeiter Hardenbergs – konnte nach Reformen im Bereich von Finanzwesen und Verwaltung, Ent- und Umschuldungsmaßnahmen32 1802 die Aufhebung der kaiserlichen Debitkommission erreichen.33 Weitere finanzielle Sanierungen des Herzogshauses erfolgten dadurch, dass Minister Kretschmann nach der Auflösung des Reiches während einer (ersten) französischen Besatzung die (landständische) Landes- und Kriegskasse unter Berufung auf das Besatzungsreglement beschlagnahmen ließ34 und die 1806 von Frankreich erhobene und im Lande beigetriebene Kontribution in Höhe von knapp einer Million Francs nach deren Rückgabe zugunsten der herzoglichen Finanzen (insbesondere zur Finanzierung des Frankreichaufenthalts Herzog Ernsts 180735) einbehielt.36 29  Vgl. Adolf Fleischmann: Zur Geschichte des Herzogthums Sachsen-Coburg mit besonderer Berücksichtigung der Geschichte des Gesammthauses Sachsen und Prinz Friedrich’s Josias von Coburg-Saalfeld (Erstes Heft). Hildburghausen 1880, 110; Moser (wie Anm. 20), 534 ff., 683, 934 ff. und Huschke (wie Anm. 24), 550. 30  Conclusum bei HHStA RHR Ob. Reg. 1281 / 2 unfol., 1286 / 1 unfol.; StACo LA Lokat A (A) 3141, fol. 2–14’; StACo LA A 3134, fol. 2–6’; abgedruckt bei Johann Jacob Moser: Von dem Reichs-Ständischen Schuldenwesen. So vil es derer Welt­ lichen Curfürsten, auch Regierenden Reichsfürsten und Grafen, Cameral-Schulden, und die Art, selbige abzustossen und zu bezahlen betrifft. Erster Theil. Frankfurt /  Leipzig 1774, 156 ff. 31  Eine – subjektive – Charakterisierung der Tätigkeit Kretschmanns enthält Klaus Freiherr von Andrian-Werburg: Der Minister v. Kretschmann. Versuch einer Staatsorganisation in Sachsen-Coburg-Saalfeld. In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1965. Coburg 1965. 32  Dazu ausführlich Dressel (wie Anm. 1), 97 ff. 33  Conclusum des Reichshofrats vom 20. August 1802, HHStA RHR Ob. Reg. 170 / 2, fol. 67–70 = StACo Urk LA A 885, 886., s. a. Dressel (wie Anm. 1), 115 f. 34  Dressel (wie Anm. 1), 246 ff.



Von Duodez zur Dynastie

157

3. Beginnende internationale Beziehungen Trotz der Haushaltsmisere hatte das Fürstenhaus bereits 1796 erste internationale Beziehungen knüpfen können: Prinzessin Juliane Henriette Ulrike (* 23. September 1781), dritte Tochter des Erbprinzen Franz Friedrich Anton, wurde am 26. Februar unter dem Namen Anna Feodorowna mit dem russischen Großfürsten Konstantin Pawlowitsch vermählt.37 Diese Ehe sollte zwar scheitern und Juliane bereits 1801 Russland für immer verlassen,38 dennoch sollten die Beziehungen 1807 noch von Nutzen sein.39 4. Widerstände in der Bevölkerung Die Bevölkerung des kleinen Landes war trotz (oder gerade wegen?) der Kleinräumigkeit manchmal durchaus widerspenstig gegenüber der „Obrigkeit“. Zu ersten größeren Tumulten und Zusammenrottungen kam es im Juni 1799, als ein ursprünglich geplanter Besuch von Prinzessin Juliane (Großfürstin Anna Feodorowna) wegen der Verschuldung des Herzogshauses aus Kostengründen abgesagt wurde.40 Auch später kam es zu zahlreichen Auseinandersetzungen41, so im Rahmen der Verwaltungsreform mit den Landständen, herzoglichen Agnaten sowie mit dem Landesregierungsvizepräsidenten (und späteren württembergischen Trias-Politiker) Karl August von Wangenheim.42 Innerhalb dieser Auseinandersetzungen erarbeitete Kretschmann zu 35  Zu diesem Aufenthalt Hans Tümmler: Die Zeit Carl Augusts von Weimar 1775– 1828. In: Patze / Schlesinger (wie Anm. 24), 615 ff., 703. 36  Dressel (wie Anm. 1), 270. 37  Vorgang mit Briefwechseln und Gratulationsschreiben bei StACo LA A 140. Zur Vorgeschichte sowie zur auf evangelische kleine deutsche Fürstenhäuser gerichteten Heiratspolitik des Hauses Romanow(-Holstein-Gottorp) Gertraude Bachmann: Die Reise der Coburger Erbprinzessin Auguste Caroline Sophie an den Hof der Zarin Katharina II. in St. Petersburg 1795. In: Coburger Landesstiftung (Hrsg.): Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1992. Coburg 1992, 13 ff. 38  Ernst Gerhart Fürstenstein, Die englischen Jahre des Prinzen Leopold. In: Coburger Landesstiftung (Hrsg.): Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1988. Coburg 1988, 55 ff., 64 f. Hintergründe beschreibt ebenfalls Gertraude Bachmann: Die Reisetagebücher der Herzogin Auguste Caroline Sophie von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1757–1831) als europäischer Zeit- und Kulturspiegel. In: Coburger Landesstiftung (Hrsg.): Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 2006. Coburg 2006. 92 f. 39  Dazu sogleich 4. 40  Kruse (wie Anm. 23), 259. 41  Hierzu ausführlich Dressel (wie Anm. 1), 142 ff., 171 ff., 207 ff., 255 ff. 42  Zu dessen Person s. Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band I: Reform und Restauration 1789 bis 1830. 2. Auflage, Nachdruck. Stuttgart / Berlin / Köln / Mainz 1975, 382, sowie Kurt Gerhardt: Karl August von Wangenheim (1773–1850). In: Kurt G. A. Jeserich / Helmut Neuhaus (Hrsg.): Persönlichkeiten

158

Carl-Christian Dressel

Beginn des Jahres 1804 erstmals einen Entwurf einer kodifizierten (altständischen) Verfassung.43 1803 gab es wiederum Tumulte in der Stadt Coburg: Einwohner protestierten gegen die Einführung von Hausnummern, da sie diese als Vorbote neuer Steuerlasten wahrnahmen.44 Aus Protest gegen Maßnahmen infolge der Kriegseinwirkungen folgte 1807 ein Aufstand von Bauern des Itzgrundes, der von ihren Schultheißen und einigen Lehnsherrn unterstützt wurde und nur durch eine bis in den März andauernde Besetzung des Itzgrundes durch bayerische Truppen niedergeschlagen werden konnte.45 Und zu einer weiteren Besetzung kam es, als bekannt wurde, dass sich Herzog Ernst am preußischen Hof in Königsberg aufhielt, woraufhin Napoleon eine abermalige französische Administration Sachsen-Coburgs verfügte46, die erst infolge des Friedens von Tilsit vom 7. Juli 1807 mit der Wiedereinsetzung des Herzogs in seine Rechte endete.47 Anschließend wiederaufgenommene Verfassungsarbeiten blieben 1808 erfolglos.48

der Verwaltung: Biographien zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1648–1945. Stuttgart / Berlin / Köln 1991, 103 ff. 43  Dazu vor allem Dressel (wie Anm. 1), 171 ff. 44  Hubertus Büschel: Die Liebe zum Herzog? Coburger Untertanen und ihre Herrscher im frühen 19. Jahrhundert. In: Coburger Landesstiftung (Hrsg.): Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 2005. Coburg 2005, 163 ff., 168; Christian Kruse: Herzog Franz Friedrich Anton und sein Minister Theodor von Kretschmann. In: Harald Bachmann (Hrsg.): Zur Verfassungs- und Verwaltungsreform in den Herzogtümern Sachsen-Coburg und Gotha in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. (= Schriftenreihe der Historischen Gesellschaft Coburg e. V., Band 16.) Coburg 2002, 1 ff., 14; Karl Bohley: Die Entwicklung der Verfassungsfrage in Sachsen-Coburg-Saalfeld von 1800 bis 1821. (= Erlanger Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte, Band 13.) Erlangen 1933, 27 f. 45  Dressel (wie Anm. 1), 260 ff., Bohley (wie Anm. 44), 47 ff. 46  Abschrift der Anordnung vom 11. Januar 1807 bei StACo LA A 6198, fol. 10, Besitzergreifungspatent ebd. fol. 12, Reproduktion bei Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hrsg.): Die Bildung der Herzogtümer Sachsen-Coburg und Gotha 1826. Eine Ausstellung des Staatsarchivs Coburg anläßlich des Abschlusses des Erbvertrages von Hildburghausen vor 175 Jahren. (= Staatliche Archive Bayerns – Kleine Ausstellungen, Nr. 18), Abb. 4.; s. a. Dressel (wie Anm. 1), 265 ff., Abdruck ebd. 607 f. 47  Art. 12: „Leurs altesses sérénissimes, les ducs de Saxe-Cobourg, d’Oldenbourg et de Mecklenburg-Schwerin, seront remis chacun dans la pleine et paisible possesion de ses états“. Publikandum zur Restitution vom 24. Juli 1807 (StACo LReg. 52 fol. 12) abgedruckt bei Dressel (wie Anm. 1), 608 f. Zu Details vgl. ebd., 268 ff. und – ausdrücklich eine russische Fürsprache betonend – Harald Bachmann: „… all diese kleinen Fürsten werde ich davonjagen!“ (Napoleon in Gera 1806). Das Ringen des Herzogtums Sachsen-Coburg-Saalfeld um seine Existenz 1806. In: Stefan Nöth (Hrsg.): Coburg 1056–2006. Ein Streifzug durch 950 Jahre Geschichte von Stadt und Land. Coburg 2006, 187. 48  Zu diesen umfassend Dressel (wie Anm. 1), 278 ff., 323 ff.



Von Duodez zur Dynastie

159

5. Durchgehendes Interesse an Territorialerweiterungen Schon Franz Friedrich Anton hatte zu Beginn seiner Regierungszeit Interesse an Territorialerweiterungen und Besitzerwerb gezeigt. Erbprinz Ernst wandte sich bereits 1805 an den bayerischen Kurfürsten mit der Bitte um Übertragung des Gebietes des ehemaligen Klosters Banz49 und sollte infolge der Auflösung des Reichs auch weiter nach Gebietserweiterungen und Standeserhöhungen streben50, wozu er sich als Herzog 1807 und 1808 auch in Paris aufhielt.51 Als einziges wurde jedoch erreicht, dass bereits mit dem Fürstbistum Bamberg bestehende Differenzen über Landeshoheit und weitere Hoheitsrechte in mehreren Grenzorten52 auf die zu Beginn des 19. Jahrhunderts übliche Weise53 durch einen im Wesentlichen durch den jüngsten Bruder des Herzogs, Prinz Leopold, ausgehandelten „Purificationsvertrag“ vom 21. August 181154 bereinigt wurden.55 Bayern erhielt dabei die Dörfer Gleu49  Bayerisches Hauptstaatsarchiv (BayHStA) Bestand Staatskanzlei (MA) 89850, unfol.; zu Hintergründen vgl. Bachmann (wie Anm. 47), 167 ff., 169. 50  Dazu Erich Keerl: Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg zwischen Napoleon und Metternich: ein deutscher Kleinstaat im politischen Kräftespiel der Großmächte 1800–1830. Diss. Erlangen 1973, 96 ff. 51  S. Harald Bachmann: Die Coburger Jahre des Prinzen Leopold bis zu seiner englischen Heirat 1816. Zum 175. Jahrestag der Thronbesteigung Leopolds als König der Belgier am 21. Juli 1831. In: Coburger Landesstiftung (Hrsg.): Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 2005. Coburg 2005, 1 ff., 17 ff. 52  Ausführlich Stefan Nöth: Gleußen und das sächsische Geleit. In: ders. (wie Anm. 49), 87 ff., 96 ff.; die Klage des Herzogs von Sachsen-Coburg-Saalfeld vor dem Reichshofrat gegen das Hochstift Bamberg vom 21. November 1793 bei HHStA RHR Ob. Reg. 1288 / 1 unfol., die Übersichten bei StACo Min G 242, Min G 1000, fol. 5–9 sowie die Darstellungen coburgischer Hoheitsrechte bei StACo Min G 243–247. Zu derartigen Konflikten der thüringischen Staaten vgl. allgemein Siegrid Westphal: Der politische Einfluß von Reichsgerichtsbarkeit am Beispiel der thüringischen Kleinstaaten (1648–1806). Eine Projektskizze. In: Wolfgang Sellert (Hrsg.): Reichshofrat und Reichskammergericht. Ein Konkurrenzverhältnis. Köln / Weimar / Wien 1999, 83 ff., 87 f. 53  Zum vergleichbaren bayerisch-preußischen Landes-, Grenz- und Tauschvertrag vom 30. Juni 1803 s. Michel Hofmann: Die Außenbehörden des Hochstifts Bamberg und der Markgrafschaft Bayreuth. Zweiter Teil. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung, Band IV. Erlangen 1938, 53 ff., 55. 54  StACo Urk 29 = StACo Urk LA Lokat D: Auswärtige Angelegenheiten (D) 32, abgedruckt in Sammlung der Landesgesetze und Verordnungen für das Herzogthum Coburg auf den Zeitraum von 1800 bis 1826 und resp. weiter bis 1839 incl. Band III: Die mit auswärtigen Staaten abgeschlossenen Verträge. Coburg 1844, 132 ff. Details hierzu Dressel (wie Anm. 1), 344 f., und Nöth (wie Anm. 62), 100. 55  Details zu den Verhandlungen bei Harald Bachmann: Herzog Ernst I. und der Coburger Landtag 1821–1844 (= Coburger Heimatkunde und Landesgeschichte, Reihe II Heft 23). Coburg 1973, 46 sowie bei Gertraude Bachmann: Leopold von Coburg – erster König der Belgier. In: Historische Gesellschaft Coburg (Hrsg.): Leo-

160

Carl-Christian Dressel

ßen, Schleifenhan, Buch am Forst und Kleinherreth, an Sachsen-Coburg fielen Fürth am Berg, Hof an der Steinach, Niederfüllbach und Triebsdorf. Durch diese Vereinbarung verabschiedete sich Sachsen-Coburg endgültig von der Lebenslüge coburgischer Politik während der napoleonischen Zeit, nämlich von der Hoffnung auf Vergrößerung in territorialer Hinsicht. Treffend stellte hierzu bereits Hans Tümmler fest: „Im übrigen durchziehen Coburgs Bemühungen um einen Territorialzuwachs, auch um Rangerhöhung (Großherzogstitel!) die gesamte Dauer der Fremdherrschaft. (…) Die Rolle des von der französischen Diplomatie immer wieder raffiniert in Spiel gebrachten Köders spielten dabei (…) für Coburg Bayreuth und Bamberg.“56 Andererseits erhielt Herzog Ernst damit endlich in seinem gesamten Herrschaftsgebiet die unbestrittene Landeshoheit. II. Erster dynastischer Schub nach dem Wiener Kongress 1. Unbedeutender Territorialgewinn als „Entschädigung“ Herzog Ernst, der „Eroberer von Mainz“57, hoffte nach den Befreiungskriegen abermals auf deutliche Gebietserweiterungen – wie soeben dargestellt, ein überkommenes Interesse des Hauses.58 Auf dem Wiener Kongress setzte er auf seine Beziehungen zum österreichischen Staatskanzler Clemens Wenzeslaus Lothar Fürst von Metternich, zu Preußen und vor allem aufgrund der Familienverhältnisse59 zu Russland. Die an sich positive Ausgangssituation infolge der Gegnerschaft Herzog Ernsts zu Napoleon wurde jedoch relativ schnell durch sein vehementes Eintreten für den Erhalt des albertinischen Sachsen, dessen Territorium preußische und russische Interessen galten, bedeutend verschlechtert.60 Diese erste Parteinahme eines Mindermächtigen61 pold I. und Coburg. Coburger Veranstaltungen im Jahre 1981 zum Gedenken an die Wahl des Prinzen Leopold von Sachsen-Coburg und Gotha zum ersten König der Belgier vor 150 Jahren. Coburg 1982, 38. 56  Tümmler (wie Anm. 35), 702. 57  Ebd. 58  S. soeben I. 5. 59  Dazu s. oben I. 3. 60  Zur sächsisch-polnischen Frage insgesamt s. Huber (wie Anm. 42), 564 ff. 61  Noch nach der Abtretung von Gebietsteilen Sachsens an Preußen sollten sich Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Coburg-Saalfeld und Sachsen-Hildburghausen ihre dahingehenden Erbansprüche gegenüber Preußen ausdrücklich verwahren, vgl. Michael Hundt (Hrsg.): Quellen zur kleinstaatlichen Verfassungspolitik auf dem Wiener Kongreß. Die mindermächtigen deutschen Staaten und die Entstehung des Deutschen Bundes 1813–1815 (= Beiträge zur deutschen und europäischen Geschichte, Band 15.) Hamburg 1996, 567 ff.



Von Duodez zur Dynastie

161

und die Intensität dieses Eintretens62 führte dazu, dass Sachsen-Coburg auf keine preußische oder russische Fürsprache mehr rechnen konnte.63 Lediglich Metternich unterstützte noch die Forderung nach einer „Entschädigung“64, wenngleich Behauptungen in Richtung einer Freundschaft zwischen dem Coburger Fürsten und dem Staatskanzler65 an den Haaren herbeigezogen erscheinen. Auf dem Wiener Kongress schien der Landesherr in erster Linie amourösen Eskapaden zu huldigen, während sein jüngster Bruder Leopold wohl eher brillierte.66 Die Kongressakte vom 9. Juni 181567 wies Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld letztlich nur noch auf österreichischen Druck hin68 ein linksrheinisches Gebiet „von 60.000 Seelen“ zu, das später die Bezeichnung „Fürstentum Lichtenberg“ erhielt und in keiner Verbindung – weder räumlich noch staatsrechtlich – zu Sachsen-Coburg stand.69 Nach noch nicht einmal 20 Jahren sollte dieses Territorium auch wieder veräußert werden.70 2. Dynastische Erfolge In der Familienpolitik war das Haus erfolgreicher, in den unmittelbaren Folgejahren ging es zunächst gleichsam Schlag auf Schlag: Am 30. November 1815 ehelichte Ernsts jüngerer Bruder Ferdinand Georg August (* 28. März 1785) die ungarische Magnatentochter (und Alleinerbin 62  Nach Otto Bessenrodt: Die äußere Politik der thüringischen Staaten von 1806– 1815. 2. Auflage. Mühlhausen 1925, 93 ff. trat Sachsen-Coburg-Saalfeld von sämt­ lichen deutschen Staaten am stärksten für den Erhalt Sachsens ein. 63  Michael Hundt: Die mindermächtigen deutschen Staaten auf dem Wiener Kongreß. (= Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte, Mainz,. Abteilung Universalgeschichte, Band 164.) Mainz 1996, 165, 236; s. dazu auch Bessenrodt ebd., 120 ff. 64  Hundt ebd.; Harald Bachmann (wie Anm. 55), 64 f. 65  Tümmler (wie Anm. 35), 702; ähnlich bereits der coburgische Gesandte von Fischler von Treuberg in einem Brief an Ernst vom 25. September 1814, StACo Min G 1 fol. 3. 66  Harald Bachmann (wie Anm. 55), 66 ff. Die Herzog Ernst von Friedrich Facius: Politische Geschichte von 1828 bis 1945. In: Patze / Schlesinger (wie Anm. 24), 2. Teil. Wien 1978, 1 ff., 4 attestierte „diplomatische Gewandtheit“ trifft wohl nicht auf diesen, sondern eher auf Prinz Leopold zu. 67  Abgedruckt bei Schultes (wie Anm. 20), 124, und bei Johann Ludwig Klüber: Acten des Wiener Congresses in den Jahren 1814 und 1815. 6. Band. Erlangen 1816, 1 ff. 68  Dazu Harald Bachmann (wie Anm. 55), 60. 69  Zu den Hintergründen Schultes (wie Anm. 20), 125 ff., Huber (wie Anm. 42), 578, 582 und ausführlich Josef Dreesen: Das Fürstentum Lichtenberg (1816–1834) im Vormärz. Ein Provisorium. Holsthum 2008, 7 ff. 70  Dazu sogleich III.3.

162

Carl-Christian Dressel

eines gewaltigen Vermögens) Maria Antonia von Koháry (* 2. Juli 1797) und sollte damit eine katholische Linie des Hauses begründen.71 Am 2. Mai 1816 folgte der jüngste Bruder, Leopold Georg Christian Friedrich (* 16. Dezember 1790), mit einer Ehe mit Charlotte Auguste Carolina (* 7. Januar 1796), der Tochter des Prinzregenten und Prince of Wales, des späteren Königs Georg IV., aus dem 1814 in Hannover umbenannten Haus Braunschweig-Lüneburg und seiner Frau und Cousine Caroline Amalie Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbüttel – der zunächst mit Wilhelm von Nassau-Oranien verlobten zweiten Thronerbin nach ihrem Vater.72 Das ersehnte „gothaische Geschäft“ gelang dem coburgischen Landesherrn (* 2. Januar 1784)73 am 31. Juli 1817, als er 33jährig die 17jährige Prinzessin Luise (* 21. Januar 1800), das einzige Kind des vorletzten Herzogs August von Sachsen-Gotha-Altenburg, heiratete.74 Den Abschluss des Heiratsreigens in dieser Generation bildeten infolge Vermittlung Leopolds Ernsts vierte Schwester Marie Luise Victoria (* 17. August 1786), verwitwete Fürstin Leiningen, und der vierte Sohn Georgs III., Edward Augustus Duke of Kent (* 2. November 1767) am 29. Mai 1818.75 Zeitnah wurde sodann für die nächste Generation gesorgt, wobei als wichtigste Kinder dieses Zeitraums natürlich Victoria Alexandrine (* 24. Mai 1819)76 und – als die Ehe seiner Eltern schon kriselte77 – Franz August Carl Albrecht Emanuel (* 26. August 1819)78 zu nennen sind. 71  Ehevertrag bei StACo Urk LA A 139 (repräsentative Ausfertigung) und StACo Urk LA A 137 mit Zusatzprotokoll bei StACo Urk LA A 138. Die kirchliche Hochzeit fand am 2. Januar 1816 im Stephansdom in Wien statt, beglaubigte Abschrift eines Auszugs aus dem dortigen Trauregister bei StACo Urk LA A 221. 72  Leopold wurde nach vergeblichem Werben um eine Nichte des Duke of Wellington von deren Familie in die englische Gesellschaft eingeführt und an der jungen Thronerbin interessiert. Zu Hintergründen, Verlauf und Intrigen s. Ernst Gerhart Fürstenstein: Prinz Leopolds Brautwerbung um die britische Thronerbin. In: Co­ burger Landesstiftung (Hrsg.:) Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1982. Coburg 1982, 129 ff. 73  Auszug aus dem Taufbuch der Hofkirche bei StACo Urk LA A 316. 74  Ehevertrag bei StACo Urk LA A 140, 141; Auszug aus dem Trauregister der Schloßkirche zu Gotha bei StACo Urk LA A 317; Beschreibung der Feierlichkeiten bei StACO LA A 5994, 5995. 75  Ehevertrag bei StACo Urk LA A 142, Schilderungen bei Gertraude Bachmann (wie Anm.  38), 315 f., dies. (wie Anm. 55), 39 und Fürstenstein (wie Anm. 38), 66, 72 f. 76  Auszug aus dem Geburtenregister der Royal Chapel in Windsor bei StACo Urk LA A 283. 77  Josef Dreesen: Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld (21.12.1800 Gotha – 30.08.1831 Paris). Ein Porträt. St. Wendel 1999, 9. 78  Auszug aus dem Taufregister der Hofkirche bei StACo Urk LA A 314.



Von Duodez zur Dynastie

163

Allerdings verstarb die Thronerbin Charlotte bei einer Totgeburt am 6. November 1817. Der verwitwete Leopold erhielt sodann auf sein Gesuch Titel und Rang eines königlichen Prinzen von Großbritannien und Irland.79 3. Innenpolitischer Bereich In der Innenpolitik erwies sich Herzog Ernst durchweg als reaktionärer Parteigänger Metternichs. Nach einer Ankündigung unter dem 16. März 181680 wurde nach längeren Beratungen, auch unter Beteiligung altständischer Vertreter, Anfang 1821 eine aus Vertretern der Rittergutsbesitzer und der übrigen Einwohner bestehende Ständeversammlung direkt gewählt. Sie beriet einen über Jahre hinweg von der Exekutive erarbeiteten Verfassungsentwurf und stellte diesem einen eigenen Entwurf mit Grundrechtskatalog gegenüber.81 Ernsts negative und zynische Einstellung gegenüber Volksinteressen wurde im Rahmen dieses Prozesses besonders deutlich82, wenngleich es schließlich unter dem 8. August 182183 zur Verfassunggebung in Form einer „verschleierten Verfassungsvereinbarung“84 kam. Diese Vorgehensweise war – entgegen der restaurativen Grundeinstellung des Landesherrn – im verbliebenen, durch bundesrechtliche Normen abgesteckten Verfassungsrahmen die liberalste und offenste Möglichkeit der Beteiligung einer Volksvertretung an der Verfassungsetzung. Die Verfassung selbst war vom Text her fortschrittlich.85 Neben dem Grundrechtskatalog fällt die weitgehende Beschneidung altständischer Privi79  Fürstenstein

(wie Anm. 38), 68, 71. LReg. 254, fol. 130–133 = StACo Min J 239, fol. 137–138’ = StACo Bestand Landtag 46, fol. 50’–57, abgedruckt bei Dressel (wie Anm. 1), 653 ff., in Sammlung der Landesgesetze (wie Anm. 54), Band I: Gesetze und Verordnungen in Betreff der ständischen Verfassung und Publication der Gesetze. Coburg 1844, 8 ff. und bei Karl Heinrich Ludwig Pölitz: Europäische Verfassungen seit 1789. 1. Band. Leipzig 1832, 794 ff. Fabian Wittreck: Genese und Entwicklung des deutschen Parlamentsrechts. In: Martin Morlok / Utz Schliesky / Dieter Wiefelspütz (Hrsg.): Parlamentsrecht. Praxishandbuch. Baden-Baden 2016, 105 ff., 111 irrt offensichtlich, wenn er in dieser Verordnung bereits die Verfassunggebung verortet. 81  Zum gesamten Verfassungsprozess ab 1815 s. Dressel (wie Anm. 1), 361 ff., und Bohley (wie Anm. 44), 144 ff., wobei letztere Darstellung in weiten Teilen fehlerbehaftet ist. 82  S. Dressel (wie Anm. 1), 462. 83  Verfassungsurkunde bei StACo Landtag Urk 2, abgedruckt bei Dressel (wie Anm.  1), 842 ff.; Michael Kotulla: Thüringische Verfassungsurkunden. Vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis heute. Berlin / Heidelberg 2015, 597 ff. 84  Dazu Dressel (wie Anm. 1), 463 f. 85  Zur vergleichenden Einordnung der Verfassung Sachsen-Coburg-Saalfelds in toto Dressel (wie Anm. 1), 465 ff., insbesondere hinsichtlich des Finanzverfassungs80  StACo

164

Carl-Christian Dressel

legien ins Auge; als Relikt verblieb lediglich die besondere Repräsentation von Ritterschaft und Stadtverwaltungen in der (ansonsten) nicht altständisch gegliederten Ständeversammlung. Eher durch Zufall waren im deutschlandweiten Vergleich bedeutende Regelungen im Bereich des Finanzverfassungsrechts entstanden, die den „bedeutsamste(n) Meilenstein in der Entwicklung eines selbständigen Budgetrechts der Landesvertretungen in den deutschen Staaten“86 darstellten und fortschrittlicher als in allen Groß- und Mittelstaaten87 waren: Insbesondere aufgrund eines Vorschlages der gewähltem Ständeversammlung war für den Haushaltsplan erstmals in Deutschland die Gesetzesform vorgesehen, der Ständeversammlung kam nicht nur das Steuerbewilligungsrecht zu, sondern konnte durch das Recht der Haushaltsbewilligung (und die Verpflichtung der Behörden zur Einhaltung der Haushaltspläne), das Recht zur Überwachung ihrer Einhaltung und eine laufende Beteiligung an der Verwaltung der Landeskasse auch das Ausgabeverhalten des Landesherrn kontrollieren. III. Die 1820er und 1830er Jahre und der zweite dynastische Schub 1. Sinkende persönliche Reputation des Landesherrn Nach einer kurzen Ruhepause sollte der coburgische Herzog im Mittelpunkt zweier Skandale stehen. 1823 erschien in Paris das Buch „Mémoires d’une jeune Grecque“,88 dessen Verfasser unter dem Namen Pauline-Adélaïde Alexandre Panam auftrat, gleichzeitig in London die Übersetzung „Memoirs of a young Greek lady“.89 Die 1789 geborene Henriette Adelaide Panam hatte der Herzog 1807 auf einem Ball in Paris kennengelernt und sodann als seine Geliebte etabliert, die ihm auch zwei Kinder gebären sollte. In ihrem Buch berichtet sie unter anderem, wie sie ihm 1808 nach Coburg folgte und wie das Verhältnis in den Folgejahren ablaufen sollte. Die detaillierte Schilderung, die sich auf das rechts ebd. 468 f.; zum Inhalt auch Kotulla (wie Anm. 83), 28 f. Zu Verfassungspraxis und Auseinandersetzungen s. sogleich III.3. 86  Karl Heinrich Friauf: Der Staatshaushaltsplan im Spannungsfeld zwischen Parlament und Regierung. Band 1: Verfassungsgeschichtliche Untersuchungen über den Haushaltsplan im deutschen Frühkonstitutionalismus. Bad Homburg v. d. H. / Berlin / Zürich 1968, 44. 87  Ebd., 55. 88  (Philarète Chasles:) Mémoires d’une jeune Grecque. Madame Pauline-Adélaïde Alexandre Panam, contre S.A. Sérénissime le Prince-Régnant de Saxe-Cobourg. Paris 1823. 89  Memoirs of a young Greek lady: Madame Pauline-Adélaïde Alexandre Panam, Against His Serene Highness the Reigning Prince of Saxe-Cobourg. London 1823.



Von Duodez zur Dynastie

165

Verhalten der gesamten Familie erstreckte, sorgte europaweit für einen Skandal.90 Deutlich erscheint der Kommentar von Großherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach: „Die private Coburger Geschichte verdiente, daß die ernestinische Familie zusammenträte und den Helden des Dramas ins Burgverlies begrübe. Schrecklich ist’s, daß gewiss Leute ganz straflos sein dürfen, da die Heilige Allianz sie beschützt. Einen Privatmann, mit einer solchen Geschichte befleckt, litte man doch wirklich an keiner Wirtstafel.“91

Vor diesem Hintergrund kam es 1824 infolge einer angeblichen Affäre Herzogin Luises zur Trennung der Eheleute92 – die wiederum den Ausbruch von Tumulten in Coburg zur Folge hatte.93 2. Dynastische Erfolge Die bis 1826 noch bestehende Ehe mit Luise, der gebürtigen Prinzessin von Sachsen-Gotha-Altenburg, nutzte man in Coburg allerdings als wesentliches Argument im Rahmen der letzten ernestinischen Landesteilung: Infolge Aussterbens der ältesten Speziallinie Sachsen-Gotha-Altenburg im Mannesstamm durch den Tod Herzog Friedrichs IV. am 11. Februar 182594 kam es zur letzten Territorialveränderung im ernestinischen Herrschaftsbereich. Nach Auseinandersetzungen insbesondere mit Sachsen-Meiningen, das das gesamte Territorium Sachsen-Gotha-Altenburgs forderte95, wurde durch den Hildburghäuser Hauptteilungsvertrag vom 12. November 182696 unter anderem das lediglich personalunierte Staatsgebilde der „Herzogtümer SachsenCoburg und Gotha“ geschaffen. Bereits zeitgenössisch stieß die Vorgehensweise auf scharfe Kritik und galt als „rein dynastischer Länderschacher alten Stils“.97 Dieser Erwerb der Herrschaft über den Stammsitz der gothaischen 90  Fürstenstein

(wie Anm. 38), 96; Tümmler (wie Anm. 35), 704. (wie Anm. 35), 705. 92  Vorläufige Trennungsvereinbarung vom 2. September 1824 bei StACo Urk LA A 143, Scheidungsvereinbarung bei StACo Urk LA A 144. 93  Schilderungen bei Gertraude Bachmann (wie Anm. 38), 309 f., Büschel (wie Anm. 44) und Dreesen (wie Anm. 77), 19 ff.; zu früheren Tumulten s. bereits oben I. 4. 94  Mitteilung bei StACo Min J 54, fol. 2, 2’. 95  Resolution Sachsen-Meiningens vom 11. Februar 1825 bei StACo Urk LA C 151; Gegenerklärung Sachsen-Coburg-Saalfelds und Sachsen-Hildburghausens vom 13. Februar 1825 bei StACo Urk LA C 153, Reproduktion bei Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (wie Anm. 46), Abb. 6. 96  StACo Urk 8, teilweise Reproduktion bei Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (wie Anm. 46), Abb. 8. 97  S. dazu Peter Mast: Schrullen eines unbeschäftigten Kleinfürstenstandes. Zur Rolle der Thüringer Fürsten im 19. Jahrhundert. In: Zeitschrift für bayerische Landes91  Tümmler

166

Carl-Christian Dressel

Linie durch die jüngste Speziallinie nach knapp 150 Jahren stellte nach außen einen nicht unbedeutenden Prestigegewinn für den nunmehrigen Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha dar. Der nächste Coup folgte nach fünf Jahren: Dem verwitweten Prinzen Leopold war seit 1824 wiederholt die griechische Krone angetragen worden, die er schließlich im Mai 1830 endgültig ablehnte.98 Auf Vorschlag aus London wurde er am 4. Juni 1831 zum ersten König der Belgier gewählt.99 Abermals fünf Jahre später heiratete – wieder durch Vermittlung Leopolds – Ferdinand August Franz Anton (* 29. Oktober 1816) aus der katholischen Koháry-Linie am 9. April 1836 die verwitwete portugiesische Königin Maria II. da Glória (* 4. April 1819) und wurde im Folgejahr nach der Geburt des Thronfolgers Titularkönig von Portugal.100 Vier Jahre später, am 10. Februar 1840, kam es schließlich zur Ehe von Königin Victoria und dem Prinzen Albert, dem künftigen Prinzgemahl.101 3. Reaktionäre Verfassungspraxis in Sachsen-Coburg In Sachsen-Coburg – wie währenddessen in Deutschland allgemein – herrschte währenddessen die Zeit der Reaktion und Stagnation.102 War außenpolitisch allenfalls 1828 die Gründung des Mitteldeutschen Handelsvereins aus Sachsen, allen thüringischen Staaten, Hessen-Kassel, Hessen-Homburg, Frankfurt, Nassau, Braunschweig, Hannover, Bremen und Oldenburg zu vermelden,103 so wurde die bis in die vierziger Jahre andauernde Regierungszeit des Herzogs Ernst von einer durchgehenden Missachtung der ständischen Vertretung geprägt.104 geschichte. Band 55 (1992), 203 sowie Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (wie Anm. 46), 23 ff. 98  Gertraude Bachmann (wie Anm. 38), 377 f., Fürstenstein (wie Anm. 38), 97 ff., 104, 109, 128 f., 138 ff. 99  Vorgeschichte und Hintergründe bei Gertraude Bachmann (wie Anm. 38), 379 ff., dies. (wie Anm. 55), 37 ff., 41 f. und Fürstenstein (wie Anm. 38), 148 ff. 100  Vollmacht für Eheverhandlungen bei StACo Urk LA A 151, Ehevertrag bei StACo Urk LA A 152, 153, Separatartikel bei StACo Urk LA A 154, 155, Ratifikationsurkunden bei StACo Urk LA A 156, 157. 101  Ehevertrag bei StACo Urk LA A 160, Ratifikationsurkunde bei StACo Urk LA A 161; Protokoll über den Austausch der Ratifikationsurkunden bei StACo Urk LA A 162, Auszug aus dem Register der Royal Chapel in Windsor bei StACo Urk LA A 322. 102  Dressel (wie Anm. 2), 48 f. 103  Zu Vorgeschichte, Entwicklung und Folgen s. Facius (wie Anm. 66) 22 ff. 104  Vgl. a. Dressel (wie Anm. 1), 518 f.



Von Duodez zur Dynastie

167

Beim Verkauf des Herzogtums Lichtenberg an Preußen105 1833 / 34 nach Konflikten dort seit 1830106 in einer bereits zeitgenössisch vehement kritisierten Weise107 beteiligte Herzog Ernst die Ständeversammlung nicht, da er diese auswärtige Herrschaft gleichsam als Privateigentum ansah.108 1834 kam es zur ersten größeren Auseinandersetzung, die sich auf die Besteuerung der Domänen, Veräußerung derselben durch den Landesherrn und den Inhalt der Haushaltspläne bezog.109 Dabei konnte sich der Herzog gegenüber der Ständeversammlung durchsetzen. 1836 setzte er sodann durch einen einseitigen Akt an die Stelle der vorgesehenen Domänenbesteuerung eine Jahrespauschale von 8.000 fl.rh.110 Bei dem im gleichen Jahr begonnenen Neubau des Hoftheaters war sogar eine größere Zahl von Verfassungsverstößen festzustellen: Die Stiftung des Waisenhauses wurde aufgelöst und sein Gebäude von der Landesregierung zu einem geringen Preis an die Kammer veräußert, damit der Theaterbau an dieser Stelle errichtet werden konnte. Nach der Übergabe einer Beschwerdeschrift der Ständeversammlung löste Herzog Ernst diese 1839 kurzerhand auf.111 Mit der daraufhin neu gewählten Ständeversammlung ergaben sich bereits im folgenden Jahr Konflikte insbesondere hinsichtlich des Haushalts; schließlich verkündete Herzog Ernst das Finanzgesetz ohne ständische Mitwirkung112 und löste die Ständeversammlung 1843 ein weiteres Mal auf113. IV. Liberaler Übergang in Sachsen-Coburg und Gotha Ab seinem Regierungsantritt am 8. Januar 1844 profilierte sich Herzog Ernst II. als liberaler Vertreter des Vormärz; mit Recht bezeichnet Detlef 105  Die Staatsverträge und ihre Vorgeschichte bei StACO LA A 936–938 und 942–944. 106  Dreesen (wie Anm. 69), 173 ff. Ursprünglich hatte Herzog Ernst statt eines Verkaufs Interesse an einem Austausch mit Suhl oder Erfurt bekundet, Facius (wie Anm.  66) 33 ff., Dreesen ebd., 27. 107  Dreesen ebd., 33. 108  Ebd., 22 f. 109  Zum gesamten Problemkreis Harald Bachmann (wie Anm. 65), 149 ff. 110  Vgl. ebd. 170 f. 111  S. dazu Detlef Sandern: Parlamentarismus in Sachsen-Coburg-Gotha 1821 / 26– 1849 / 52. In: Thüringer Landtag (Hrsg.): Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen, Heft 7. Weimar / Jena 1996, 9 ff., 75 ff.; Harald Bachmann (wie Anm.  55), 171 ff. 112  Sandern ebd., 78 ff. 113  Harald Bachmann (wie Anm. 55), 190.

168

Carl-Christian Dressel

Sandern den Umschwung als „liberale Wende“:114 Verfassung und Verwaltung wurden entrümpelt115, die unter Kretschmann begonnenen Reformen vollendet und der Herzog befasste sich als liberaler Geist mit Deutschlandund Weltpolitik, was sich auch in Briefwechseln mit seinem Bruder Albert niederschlug.116 Parallelitäten lassen sich hierbei durchaus nicht von der Hand weisen.117 So ermöglichte das „Gesetz, die Oeffentlichkeit der Landtagssitzungen betreffend“ vom 1. November 1845118 schließlich die schon 1821119 und 1840120 angeregte Öffentlichkeit der Verhandlungen der coburgischen Ständeversammlung. Das „Gesetz, die Wahl der Landtagsabgeordneten für das Herzogthum Coburg betreffend“ vom 8. Dezember 1846121 reformierte das Wahlsystem.122 Für die Wählbarkeit zum Wahlmann setzte es nur noch das Staatsbürgerrecht und ein Mindestalter von 30 Jahren fest, wenngleich das aktive Wahlrecht – neben den bisherigen Einkommens- und Vermögensanforderungen – an die Entrichtung direkter Steuern geknüpft blieb. Auch machte es aus der mündlichen Mitteilung der Stimme eine schriftliche und geheime Wahlhandlung. Nach Verhandlungen mit der Ständeversammlung123 wurde ferner das „Gesetz, die Verantwortlichkeit der Staatsbeamten wegen Verfassungsverletzung betreffend“ vom 23. Dezember 1846124 in Kraft gesetzt. 114  Sandern

(wie Anm. 111), 99. (wie Anm. 11), 266 bezeichnet dies als „moderate reforms“. 116  Vgl. die Autobiographie Ernst II.: Aus meinem Leben und aus meiner Zeit. Berlin 1887, und Gertraud Frühwald: Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg-Gotha und sein Herzogtum Coburg in der Revolution von 1848. München 1952 (maschinenschriftl. Diss.). Interessant die Auszüge aus Briefen Alberts und König Leopolds von Belgien bei Sandern (wie Anm. 111), 99 f. 117  Vgl. die Darstellung bei Davis (wie Anm. 11), 263 ff., 269. Auf Reisen in die konstitionell regierten Staaten Großbritannien, Portugal und Belgien verweist Sandern (wie Anm. 111), 97 f. 118  StACo LReg. 291, abgedruckt bei Dressel (wie Anm. 1), 917 ff.; Kotulla (wie Anm. 83), 621 ff.; Regierungs- und Intelligenzblatt für das Herzogthum Coburg (RIBl.) 1845, Beilage 85 ff.; zu den Hintergründen s. Frühwald (wie Anm. 116), 34; zum Inhalt Dressel (wie Anm. 1), 526. 119  Dazu s. Dressel (wie Anm. 1), 435 f. 120  Ebd., 518. 121  StACo Min J 245, fol. 120 ff, abgedruckt bei Dressel (wie Anm. 1), 919 ff.; Kotulla (wie Anm. 83), 623 ff.; RIBl. 1847, Beilage 297 ff.; zum Inhalt Dressel (wie Anm.  1), 526 f. 122  Zu einer ständischen Initiative s. Frühwald (wie Anm. 116), 34. 123  Zur Vorgeschichte s. ebd. 124  StACo Min J 245, fol. 152–155’; StACo Min J 244, fol. 243–249; abgedruckt in RIBl. 1847, Beilage 289 ff. sowie bei Dressel (wie Anm. 1), 928 ff. und Kotulla (wie Anm. 83), 635 ff. Zum Inhalt s. Dressel (wie Anm. 1), 527 f. und Sandern (wie Anm. 111), 101. 115  Davis



Von Duodez zur Dynastie

169

1846 wurde auch eine unter Beteiligung einer Bürgerdeputation erarbeitete neue Stadtordnung für die Stadt Coburg eingeführt.125 Zumindest im coburgischen Landesteil der Herzogtümer Sachsen-Coburg und Gotha126 verliefen das Revolutionsjahr 1848 und die Folgejahre in weitgehend geordneten Bahnen.127 Wegen der großen Popularität des regierenden Herzogs Ernst II.128 und seiner aktiven Unterstützung der Nationalversammlung129 kam es weder zu Erhebungen gegen den Souverän noch zu bedeutenden Aufständen130 – ganz im Gegenteil: „Meine Stellung in Coburg und Gotha blieb während des bösen Jahres stets so gesichert“, sollte er später in seinen Memoiren schreiben.131 Die coburgische Ständeversammlung tagte unter dem Vorsitz des Herzogs, der von Coburger Demokraten auch als Präsident eines gesamtthüringischen Staates ins Gespräch gebracht wurde.132 Die Verfassung von 1821 wurde am 22. April 1848 letztmals geändert und schaffte – nach Einführung der Preßfreiheit sowie von Petitions- und Versammlungsfreiheit133 – insgesamt auch eine neue Position der StändeverDressel (wie Anm. 1), 529 ff. gothaischen Landesteil vgl. Reinhard Jonscher: Aspekte der Verfassungsentwiclung in Sachsen-Coburg und Gotha zwischen 1848 und 1852. In: Harald Bachmann (Hrsg.): Zur Verfassungs- und Verwaltungsreform in den Herzogtümern Sachsen-Coburg und Gotha in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. (= Schriftenreihe der Historischen Gesellschaft Coburg e. V., Band  16) Coburg 2002, 37 ff. sowie Heinz Wiegand: Verfassungs- und Domänenfragen im Herzogtum Sachsen-Gotha während der Revolution von 1848 / 49. In: Harald Bachmann / Georg Aumann (Hrsg.): Coburg und die Revolution von 1848 / 49. (= Schriftenreihe der Historischen Gesellschaft Coburg e. V., Band 12.) Coburg 1998, 169 ff. 127  S. Ernst II. (wie Anm. 116), Erster Band, 197 ff. und Frühwald (wie Anm. 116), 76 ff. 128  Gerhard Müller: Kleinstaatlicher Parlamentarismus in Thüringen 1848 / 52. In: Hans-Werner Hahn / Werner Greiling (Hrsg.): Die Revolution von 1848 / 49 in Thüringen. Aktionsräume * Handlungsebenen * Wirkungen. Rudolstadt / Jena 1998, 147 ff., 159 f. 129  Frank Möller: Die Reichsverfassungskampagne in Thüringen. In: Hahn / Greiling (wie Anm. 128), 93 ff., 95; Jürgen Müller, Monarchische Revolutionserfahrungen und ihre Folgen, ebd. 607 ff., 621. 130  Zu Differenzen – z. B. hinsichtlich des Jagdrechts – s. Davis (wie Anm. 11), 267 ff. 131  Ernst II. (wie Anm. 127), 215. 132  Facius (wie Anm. 66), 102. 133  Dazu Dressel (wie Anm. 1), 533. Zur Petitions- und Versammlungsfreiheit vgl. das bei Kotulla (wie Anm. 83), 638 f.; Gesetzsammlung für das Herzogthum Coburg aus den Jahren 1845 bis 1848. Coburg 1849, 491 ff. sowie bei RIBl. 1848, Beilage 491 ff. abgedruckte „Gesetz, das Petitions- und Versammlungsgesetz betreffend“ vom 6. April 1848, zur Preßfreiheit das „Gesetz über die Polizei der Presse und über die Bestrafung der Preßvergehen“ vom 8. April 1848, StACo LReg. 3644, fol. 14–25’, 125  Dazu 126  Zum

170

Carl-Christian Dressel

sammlung und ihrer (nunmehr durchweg so bezeichneten) Abgeordneten.134 Dieses Programm spiegelte sich bereits in Art. 1 Abs. 1 wider, der der Ständeversammlung ausdrücklich die Rolle einer „Vertreterin der Volksrechte im Herzogthum“ zuwies. Das aktive Wahlrecht und die Wählbarkeit zum Wahlmann waren nur noch an Volljährigkeit und „Selbständigkeit“ – nämlich Freiheit von Vormundschaft, väterlicher oder Dienstherrschaft – gebunden. Zahlreiche Reformen blieben auch in der Folgezeit in Kraft. Große Popularität hatte Ernst II. deutschlandweit durch die Schlacht von Eckernförde im Schleswig-Holsteinischen Krieg am 5. April 1849 erreicht, an der er als ranghöchster Kommandant teilnahm und schließlich als „Sieger von Eckernförde“ verehrt wurde135, in den Straßen Hamburgs wurde er sogar als Kaiser ausgerufen.136 Nach dem Scheitern der Revolution blieb Herzog Ernst II. als jüngster und liberalster thüringischer Landesherr auch der nationalen Bewegung gegenüber am aufgeschlossensten.137 Seine liberale Haltung äußerte sich nicht nur in seinem aktiven Eintreten gegen die Reaktion138, sondern auch in der coburgischen Verfassungspolitik: In Sachsen-Coburg und Gotha wurden die Grundrechte des deutschen Volkes in das neue gemeinschaftliche Staatsgrundgesetz von 1852139 leicht modifiziert implementiert.140 Im Gegensatz zu anderen Staaten blieb das allgeabgedruckt in Gesetzsammlung (wie soeben), 499 ff. sowie bei RIBl. 1848, Beilage 499 ff.; zur Praxis Sandern (wie Anm. 111), 123 f. 134  StACo LReg. 3646 fol. 2–5’, abgedruckt bei Dressel (wie Anm. 1), 932 ff. Zum Inhalt ausführlich ebd. 534 f., zur Vorgeschichte Sandern (wie Anm. 111), 108 f. 135  Ausführlich mit einer Betonung der Coburger Rezeption Friedegund Freitag: Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha und die Schlacht von Eckernförde am 5. April 1849. In: Coburger Landesstiftung (Hrsg.): Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 2003. Coburg 2003, 69 ff. Vgl. ferner Horst Slevogt: Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha und das Gefecht von Eckernförde. In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1988. Coburg 1988, 231 ff., 237 f. und Facius (wie Anm. 66), 96. 136  Nicklas (wie Anm. 6), 37. 137  Rolf Brütting: Fürstlicher Liberalismus und deutscher Nationalstaat. Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha und der ‚Coburger Kreis‘ im letzten Jahrzehnt des Deutschen Bundes 1857–1866. In: Coburger Landesstiftung (Hrsg.): Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1991. Coburg 1991, 19 ff., 55 ff., 85 ff. , Davis (wie Anm.  11), 273 ff., Müller (wie Anm. 129), 607 ff., 610, 617 f. 138  Müller ebd., 622 f. Auch nach Sandern (wie Anm. 111), 20 galt Sachsen-Coburg und Gotha unter Ernst II. als liberale Hochburg und „Koburger Politik“ als Synonym für parlamentarisches Gedankengut mit britischem Hintergrund. Ausführlich für die 50er und 60er Jahre des 19. Jahrhunderts Brütting (wie Anm. 138), 19 ff. 139  Abgedruckt bei Kotulla (wie Anm. 83), 146 ff.; zu Hintergründen und Inhalt ebd. 32 ff. sowie bei Jonscher (wie Anm. 126), 46 ff. 140  Vgl. Peter Mast: Schwerpunkte, Ergebnisse und Charakter der Volksbewegung von 1848 / 49 in Thüringen. In: Bachmann / Aumann (wie Anm. 126), 103 ff., 112.



Von Duodez zur Dynastie

171

meine und gleiche Wahlrecht erhalten, eine Umsetzung des „Bundesreak­ tionsbeschlusses“ vom 23. August 1851141 erfolgte nicht.142 Allgemeine Versammlungsfreiheit und Preßfreiheit blieben ebenso gewährleistet wie das Wahlrecht; auch Patrimonialgerichte und Dorfsherrschaft blieben aufgehoben.143 Auf diese Weise wurde Sachsen-Coburg zur liberalen Hochburg des konstitutionellen Lebens in der Mitte des 19. Jahrhunderts.144 V. Schlussbetrachtung zum Höhepunkt der politischen und dynastischen Entwicklung Damit steht Sachsen-Coburg und Gotha zum Ende des Beobachtungszeitraums auf dem innenpolitischen wie auf dem dynastischen Höhepunkt der Entwicklung. Der Landesherr konnte sich innerdeutsche liberale Extravaganzen genauso erlauben wie auch weiterhin eine nationale Grundhaltung im Bismarck so verhassten „Gestüt Europas“ – bis er dann ab 1871 tatsächlich nur noch die Rolle eines (beschränkt) souveränen Privatmannes im fritzischen Sinne ausfüllen sollte, während er Oberhaupt eines Hauses war, das in Europa immerhin drei Königshäuser stellte. Innenpolitisch und – ab 1871 – innerhalb des Deutschen Reiches war das coburgische Staatswesen damit ein Duodezfürstentum geblieben – auf europäischer (und dynastischer) Ebene war aber innerhalb weniger Jahrzehnte etwas entstanden, um mit Golo Mann zu sprechen, „wie ein Coburg-Clan, deutsch, englisch und international, liberal und monarchisch, emsig korrespondierend, vermittelnd zwischen England und Frankreich, später seinen Einfluß auch in Preußen fühlbar machend. Ein merkwürdiges Phänomen des mittleren 19. Jahrhunderts“145 – wahrlich ein merkwürdiges Phänomen, der Aufstieg vom kleinsten Duodez zur europäischen Dynastie innerhalb von 50 Jahren. 141  Abgedruckt bei Heinrich Albert Zachariä: Die deutschen Verfassungsgesetze der Gegenwart, einschließlich der Grundgesetze des deutschen Bundes und der das Verfassungsrecht der Einzelstaaten direct betreffenden Bundesbeschlüsse. 1. Band. Göttingen 1855, 50 ff. 142  Reinhard Jonscher: Verfassungen, Wahlrechte, Bürgerrechte. Zu einigen Aspekten thüringischer Verfassungsentwicklung während und nach der 1848er Revolution (1848–1857). In: Hahn / Greiling (wie Anm. 128), 131 ff., 139 f. 143  Aufhebung durch Gesetz vom 7. Februar 1849, s. dazu Dressel (wie Anm. 1), 539; StACo LReg. 3655, fol. 2, 2’, abgedruckt in RIBl. 1849, Beilage 759 ff. 144  Im Ergebnis ebenso Sandern (wie Anm. 111), 139. 145  Golo Mann: Politische Entwicklung Europas und Amerikas 1815–1871. In: ders. / Alfred Heuß / August Nitschke (Hrsg.): Propyläen Weltgeschichte. Eine Universalgeschichte von den Anfängen bis zur Nachkriegszeit. Band 8: Das neunzehnte Jahrhundert. Berlin 1960, 367 ff., 452.

Zwischen Frankreich und Russland  – Großbritannien und der Krimkrieg Von Hans-Christof Kraus, Passau I. Wenn im Rückblick der Nachgeborenen die Kriege der Vergangenheit langsam aus dem kollektiven Gedächtnis zu entschwinden beginnen, bleibt die allgemeine Erinnerung daran – wenigstens in den Kreisen der Gebildeten – nicht selten durch Werke der Dichtung bewahrt. So ist die deutsche Erinnerung an den Dreißigjährigen Krieg durch den „Simplizissimus“ Grimmelshausens oder durch Sonette von Gryphius erhalten geblieben, und Ähnliches gilt über zweihundert Jahre später auch für den Krimkrieg: Die berühmte Ballade von Alfred Lord Tennyson „The Charge of the Light Brigade“ schildert den entscheidenden Moment der Schlacht von Balaklava am 25. Oktober 1854, als mehrere Hundert britischer Kavalleristen, vom russischen Gegner in eine Falle gelockt, in den sicheren Tod ritten. Tennyson kreierte mit seinem Gedicht einen Nationalmythos englischen Heldentums, der lange Zeit für die Präsenz des Krimkriegs im historischen Bewusstsein Großbritanniens gesorgt hat1. Und Ähnliches mag man – nimmt man auch die Gegenseite in den Blick – vielleicht von Leo Tolstois frühem „Sewastopol-Zyklus“ sagen können, in dem der Dichter, der als junger Artillerieoffizier an der Verteidigung der größten militärischen Festung auf der Krim beteiligt war, in realistischer Tatsachenschilderung von seinen Erfahrungen in jenem Krieg berichtete2. – Sieht man jedoch von diesen literarischen Zeugnissen, von Tennyson und Tolstoi einmal ab, dann gehört der Krimkrieg zu den aus heutiger Perspektive weitgehend vergessenen historischen Ereignissen des 19. Jahrhunderts, obwohl gerade dieser Konflikt – man hat ihn nicht unzutreffend als „merk­

1  [Lord Alfred Tennyson]: The Poems of Tennyson, hrsg. v. Christopher Ricks, Bde. 1–3, hier Bd. 2, Harlow, Essex 1987, S. 510–513 („The Charge of the Light Brigade“, 1854); das Gedicht wurde übrigens noch im gleichen Jahr von Theodor Fontane kongenial ins Deutsche übertragen („Der Angriff der leichten Brigade“). 2  Leo N. Tolstoi: Sewastopoler Erzählungen („Sevastopol‘skie rasskazy“), zuerst 1855 / 56.

174

Hans-Christof Kraus

würdige[s] Gemisch aus Kabinettskrieg und totalem Krieg“3 bezeichnet – einer der ersten der mit damals modernster Waffentechnik geführten Konflikte gewesen ist, der als solcher in mehr als nur einer Hinsicht auf die enorme Brutalität und die verheerenden Verluste des Ersten Weltkriegs vorausweist4. Vielleicht liegt es gerade hieran, dass die allgemeine Erinnerung an diesen Krieg seinerzeit so rasch verdrängt worden ist. Dieser Krieg liegt, zeitlich gesehen, etwa in der Mitte zwischen dem Wiener Kongress und dem Ersten Weltkrieg. Mit diesen beiden markanten Ereignissen steht der Krimkrieg, was die Veränderung des europäischen Mächte­ systems anbelangt, in allerengstem Zusammenhang, denn im Jahr 1915 wurde genau dasjenige negiert, was ein Jahrhundert zuvor, 1815, auf dem Wiener Kongress festgeschrieben worden war. Zusammen mit Metternich und Talleyrand hatte damals der britische Minister Castlereagh eine Politik der konsequenten Eindämmung Russlands betrieben, eben aus der Sorge heraus, dass Zar Alexander I. die Machtstellung seines Riesenreichs durch eine noch stärkere Präsenz in Mitteleuropa mit Hilfe Preußens zu einer hegemonialen Position würde ausbauen können. Und nicht zuletzt ging es jetzt, aber auch später darum, die russischen Ausdehnungsbestrebungen auf dem Balkan und im östlichen Mittelmeerraum einzudämmen. Die drei mittel- und westeuropäischen Staatsmänner konnten sich im Jahr 1815 durchsetzen5, aber Russland blieb auch weiterhin im Fokus besonderer britischer Aufmerksamkeit. Genau ein Jahrhundert später kehrte sich die Situation überraschenderweise radikal um: In dem mitten im Ersten Weltkrieg geschlossenen „Abkommen über Konstantinopel und die Meerengen“ vereinbarten die kriegs3  Winfried Baumgart: Europäisches Konzert und nationale Bewegung 1830–1878 (Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen, 6), Paderborn 1999, S. 336. 4  Die wichtigsten neueren Gesamtdarstellungen sind: German Werth: Der ­Krimkrieg. Geburtsstunde der Weltmacht Rußland, Frankfurt a. M. / Berlin 1992; Winfried Baumgart: The Crimean War, 1853–56, London 1999; Ian Fletcher / Natalia ­Ishchenko: The Crimean War. A Clash of Empires, Staplehurst 2004; Orlando Figes: Krimkrieg. Der letzte Kreuzzug, Berlin 2011; zur Einordnung in den Kontext der zeitgenössischen Mächtepolitik immer noch wichtig: A[lan] J[ohn] P[ercevale] Taylor: The Struggle for Mastery in Europe 1848–1918 (The Oxford History of Modern Europe), rev. ed. Oxford 2001, S. 46–82. – Unverzichtbar zur Genese, zu den diplomatischen Hintergründen sowie zum Ablauf des Krieges ist die umfassende Edition von Winfried Baumgart (Hrsg.): Akten zur Geschichte des Krimkriegs, Serie I–IV, insges. 12 Bde., München 1979–2005 (die britischen Akten in Serie III, Bde. 1–3). 5  Vgl. dazu statt vieler nur Karl Griewank: Der Wiener Kongreß und die europäische Restauration 1814 / 15, Leipzig 1954, S. 193–258; Michael Erbe: Revolutionäre Erschütterung und erneuertes Gleichgewicht 1785–1830 (Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen, 5), Paderborn 2004, S. 343–359.



Zwischen Frankreich und Russland

175

führenden Mächte Großbritannien, Frankreich und Russland im April 1915, dass Russland – nach dem Sieg über die Mittelmächte Deutschland, Österreich-Ungarn und die Türkei – als Kriegsbeute die gesamte Zone der Meerengen inklusive Konstantinopels sowie die restlichen der Türkei noch gehörenden Balkangebiete erhalten sollte6. Das bedeutete, blickt man zurück auf ein ganzes Jahrhundert britischer Außenpolitik, den vollständigen Umsturz dessen, was die großen Londoner Außenpolitiker jener Zeit – von Castlereagh über Canning, Palmerston, Disraeli und Salisbury – stets angestrebt und mit zäher Beharrlichkeit verteidigt hatten. II. In der chronologischen Mitte dieser beiden markanten Grundentscheidungen britischer Macht- und Geostrategie von 1815 und 1915 steht der Krimkrieg, dessen langfristige Ursachen tief in die Geschichte hineinreichen. Zuerst einmal ist hier die spätestens seit Katharina der Großen verfolgte kon­ stante russische Ausdehnungspolitik nach Südwesten und Süden zu nennen, betrieben stets auf Kosten des seit Mitte des 18. Jahrhunderts immer schwächer werdenden Osmanischen Reiches – eine Politik, die von ihren beiden Enkeln, den Zaren Alexander I. und Nikolaus I., letztlich in kaum veränderter Form fortgesetzt wurde. Das Schwarze Meer und besonders die Meerengen, die über das Marmarameer ins Mittelmeer führen, sah man in St. Petersburg als eine das eigene Reich nach außen öffnende geostrategische Pforte, deren Schlüssel nicht in die Hand des Sultans, sondern in die des Zaren gehörte7. Die Schwäche des einstigen südöstlichen Großreichs, das sich im frühen 19. Jahrhundert immer noch vom Balkan über Kleinasien bis nach Nordafrika erstreckte, schien derart offenkundig zu sein, dass auch nach realistischen Einschätzungen das Ableben des „kranken Mannes am Bosporus“, wie nicht nur Zar Nikolaus I. sich auszudrücken pflegte, nach damaliger Perspektive vermutlich nur noch eine Frage der Zeit sein konnte8. Doch der „kranke Mann“ erwies sich, das sollte sich bald zeigen, dennoch am Ende als sehr 6  Vgl. A[lan] J[ohn] P[ercevale] Taylor: The War Aims of the Allies in the First World War, in: Essays Presented to Sir Lewis Namier, London 1956, S. 475–505; Aaron S. Kliemann: Britain’s War Aims in the Middle East in 1915. In: The Journal of Contemporary History 3 (1968), S. 237–251. 7  Die berühmte Formulierung vom Bosporus als dem „Schlüssel“ des Zarenreichs findet sich bekanntlich im „Ganz geheimen Zusatzprotokoll“ des im Juni 1887 von Bismarck abgeschlossenen deutsch-russischen Rückversicherungsvertrage, vgl. Horst Günther Linke (Hrsg.): Quellen zu den deutsch-sowjetischen Beziehungen 1917– 1945, Darmstadt 1998, S. 188–191, hier S. 191. 8  Vgl. Baumgart: Europäisches Konzert und nationale Bewegung (wie Anm. 3), S. 291.

176

Hans-Christof Kraus

viel zählebiger; er konnte sein vom Zaren um die Mitte des 19. Jahrhunderts herbeigesehntes Ableben noch um fast sieben Jahrzehnte hinauszögern. Und auch die Tatsache dieser Fehleinschätzung zählt zu den Hauptursachen des Krimkrieges. Die Interessen der englischen Politik waren, was gerade diesen Punkt a­nbetraf, gegenteilig gelagert: Aus Londoner Sicht sollte das Osmanische Reich – und hierin bestand für die Briten der Kern der „Eastern Question“ jener Epoche –, trotz seiner unübersehbaren inneren wie äußeren Probleme, Mängel und Defizite, noch möglichst lange erhalten bleiben, und zwar aus mehreren Gründen9. Zum einen ging es den Londoner Außenpolitikern – dies war bekanntlich eine Konstante der britischen Außenpolitik des gesamten 19. Jahrhunderts – um die Sicherung der für das Empire lebenswichtigen Handelswege nach Indien, die über den östlichen Mittelmeerraum führten10. Eine Öffnung der Meerengen für russische Kriegsschiffe hätte den Frieden in dieser Region, einmal ganz abgesehen von der ebenfalls zu erwartenden Handelskonkurrenz, empfindlich beeinträchtigen können. Außerdem weiß man heute, dass die Türkei um die Mitte des Jahrhunderts gerade zu einem der wichtigsten Handelspartner Großbritanniens geworden war, nicht nur als Lieferant von Lebensmitteln, sondern auch als zahlungskräftiger Importeur britischer Waren. Insofern muss es unmittelbar einleuchten, dass die Regierung in London alles unternahm, um die im östlichen Mittelmeerraum so mühsam durchgesetzte Pax Britannica auch für die Zukunft abzusichern. Ein weiterer, für die britische Außenpolitik bereits in jener Zeit besonders wichtiger Faktor darf in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht vergessen werden: die Rolle des Parlaments und der Öffentlichkeit. Die auswärtigen Angelegenheiten gehörten in London eben nicht mehr nur – wie noch in den meisten Ländern des Kontinents – zu den Arcana der „Großen Politik“, sondern sie erwiesen sich zumeist bereits als abhängig von wechselnden Parlamentsmehrheiten und sogar öffentlichen Stimmungen und Meinungsbildungsprozessen11. Das autokratische Zarenreich stellte bekanntermaßen auch in verfassungspolitischer Hinsicht das Gegenstück zur britischen Monarchie und seiner parlamentarischen Ordnung dar, und nicht zuletzt aus diesem Grund hatte sich seit den 1830er Jahren in der britischen Öffentlichkeit eine breite russlandkritische, bisweilen sogar ausgesprochen russophobe Strömung herausgebildet – befeuert und gefördert durch einflussreiche Publizisten und 9  Vgl. M[atthew] S[mith] Anderson: The Eastern Question 1774–1923. A Study in International Relations, Glasgow 1970, S. 53 ff. u. passim. 10  Dazu immer noch der Überblick bei Hermann Oncken: Die Sicherheit Indiens. Ein Jahrhundert englischer Weltpolitik, Berlin 1937, passim. 11  Vgl. Baumgart: Europäisches Konzert und nationale Bewegung (wie Anm. 3), S.  179 ff.



Zwischen Frankreich und Russland

177

Politiker wie etwa David Urquhart und Lord Dudley Stuart12. Diese Bestrebungen übten wohl keinen unmittelbaren Einfluss auf die britische Russlandpolitik aus, sie stellten jedoch fraglos eine Belastung der beiderseitigen Beziehungen dar. Jedenfalls unterschätzte oder verkannte der russische Zar die Eigenart des äußerst komplexen außenpolitischen Meinungs- und Willensbildungsprozesses im Viereck zwischen Downing Street, Whitehall, dem Parlament und Fleet Street, als er meinte, mit den Briten im Stil eines „Gentleman’s Agreement“ Politik betreiben und dabei auch noch die strategischen Ziele seines Reiches befördern zu können. Bereits 1844 hatte Nikolaus I. während eines Staatsbesuchs auf den britischen Inseln die Frage der Verteilung der Erbschaft des, wie es schien, rasch dahinsiechenden Osmanischen Reiches zur Sprache gebracht, doch die britischen Politiker hatten – und das war, wie sich bald herausstellte, ein gravierender Fehler – in ihren Reaktionen auf diese Initiative ausweichend und eher hinhaltend reagiert13. Der Zar hatte entsprechende Bemerkungen des damaligen Außenministers Aberdeen, die als solche wohl eher der Höflichkeit gegenüber dem hohen Besuch geschuldet waren, jedoch als prinzipielle, wenn auch mit britischer Zurückhaltung formulierte Zustimmung zu einer möglichst bald schon in Angriff zu nehmenden gemeinsamen Aufteilungspolitik verstanden. Und der Zar beging zu Anfang 1853 noch einen weiteren Fehler: Er unterschätzte den – von ihm im Grunde als „Parvenü“ zutiefst verachteten – neuen Herrscher Frankreichs, Louis Bonaparte, der soeben erst, durch die Revolution von 1848 nach oben gespült, unter dem Herrschernamen Napoleon III. das zweite Kaiserreich begründet hatte. Der Zar erkannte den jetzt in Frankreich regierenden neuen Bonaparte nicht als ebenbürtig an und verweigerte ihm sogar die unter den europäischen Monarchen seit längerem übliche briefliche Anrede „Mon frère“14. Dem neuen Herrscher Frankreichs wiederum kamen dieser Affront seitens des russischen Zaren und auch dessen bald erkennbare orientalische Ambitionen durchaus nicht ungelegen, denn es gehörte zu seiner Strategie, das seit 1815 bestehende europäische Mächtesys12  Dazu Figes: Krimkrieg (wie Anm. 4), S. 126 ff., speziell auch John Howes Gleason: The Genesis of Russophobia in Great Britain. A Study of the Interaction of Policy and Opinion, Cambridge / Mass. 1950; besonders aufschlussreich David Urqu­ harts Reflexionen „on the Russian Menace to Europe“ (1853), in: M[atthew] S[mith] Anderson (Hrsg.): The Great Powers and the Near East 1774–1923, London 1970, S.  76 f. 13  Vgl. Figes: Krimkrieg (wie Anm. 4), S. 111–123; Baumgart: Europäisches Konzert und nationale Bewegung (wie Anm. 3), S. 338. 14  Vgl. Raphael Utz: Rußlands unbrauchbare Vergangenheit. Nationalismus und Außenpolitik im Zarenreich (Forschungen zur osteuropäischen Geschichte, 73), Wiesbaden 2008, S. 180.

178

Hans-Christof Kraus

tem in Unruhe zu bringen und damit das seinerzeit gegen das Reich seines großen Onkels errichtete europäische Konzert so stark wie nur möglich zu demolieren. Napoleon III. agierte seit den frühen 1850er Jahren, wie es ein deutscher Beobachter, der Historiker Heinrich Leo, damals treffend formulierte, als „Hecht im Karpfenteich Europas“15. In dieser kritischen Situation hätte es eigentlich für den Zaren nahegelegen, außenpolitisch eher zurückhaltend zu agieren, doch Nikolaus I. tat genau das Gegenteil und lief damit letzten Endes in die vom französischen Kaiser geschickt gestellte Falle: Es handelte sich vordergründig eigentlich nur um eine scheinbar banale Affäre, die als das sogenannte „Mönchsgezänk“ in die Geschichte eingegangen ist16: Französische Kleriker beanspruchten, unter Berufung auf alte Abmachungen aus dem 18. Jahrhundert und natürlich mit Rückendeckung des neuen Pariser Machthabers, eine maßgebliche Beteiligung an der Verwaltung und Betreuung der Heiligen Stätten der Christenheit in Jerusalem, die allerdings seit längerem in der Hand orthodoxer Geistlicher lag, die wiederum die russische Regierung hinter sich hatten. Nun geschah, was unter den gegebenen Umständen wohl vorauszusehen war: Russland beanspruchte auf eine provozierende Weise die geistliche Oberhoheit über die heiligen Stätten in Palästina für sich und die orthodoxe Kirche allein, und der vom Zaren zur Betonung dieses Anspruchs nach ­Konstantinopel gesandte Unterhändler Fürst Alexander Menschikow erhob bei dieser Gelegenheit gleich noch weitere provozierende Forderungen, die für die Regierung des Sultans inakzeptabel sein mussten17. Kurz gesagt: Die Forderungen Russlands liefen letzten Endes darauf hinaus, dass sich das Osmanische Reich in den Status eines russischen Protektorats begeben sollte: Russland bot „Schutz“ an, verlangte dafür aber die Oberhoheit über die Türkei – und damit war vor allem der Zugriff auf die Meerengen und das türkische Mittelmeergebiet gemeint. Dieses „Angebot“ und die damit verbundenen Forderungen erschienen nicht nur für die Regierung des Sultans, sondern auch für die übrigen Mächte Europas, vor allem für Großbritannien, absolut inakzeptabel.

15  Christoph Freiherr von Maltzahn: Heinrich Leo (1799–1878). Ein politisches Gelehrtenleben zwischen romantischem Konservatismus und Realpolitik (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 17), Göttingen 1979, S. 54 f. 16  Vgl. Baumgart: Europäisches Konzert und nationale Bewegung (wie Anm. 3), S.  338 f. 17  Zur Mission des Fürsten Menschikow nach Konstantinopel vgl. neben Taylor: The Struggle for Mastery in Europe (wie Anm. 4), S. 51 ff., auch Figes: Krimkrieg (wie Anm. 4), S. 174 ff.



Zwischen Frankreich und Russland

179

Im Nachhinein ist oft die Frage gestellt worden, ob im Rahmen dieser schwierigen Konstellation, die in Europa als Folge des rücksichtslosen russischen Agierens im Mai 1853 plötzlich entstanden war, nicht bereits ein Krieg zwischen den Großmächten hätte folgen müssen? Eine solche militärische Auseinandersetzung zwischen zweien oder mehreren der Signatarmächte der Wiener Kongressakte hatte jedenfalls bisher – also seit fast vier Jahrzehnten – immer vermieden werden können, und an diesem Erfolg waren neben Metternich vor allem die britischen Politiker beteiligt gewesen. Warum also gelang es gerade dieses Mal nicht mehr, den Frieden zu erhalten? Einer der wichtigsten Gründe hierfür dürfte wohl darin gelegen haben, dass es innerhalb der damaligen politischen Führung Großbritanniens große Uneinigkeit über das Vorgehen in dieser außenpolitischen Krisenlage gab. Seit Ende 1852 regierte in London unter Leitung von Aberdeen eine Koali­ tionsregierung, die aus den Liberalen und der von Peel angeführten Abspaltung der Konservativen bestand18. Angesichts der neu entstandenen Krisenlage gab es innerhalb dieses Kabinetts jedoch unübersehbare Differenzen hinsichtlich des einzuschlagenden außenpolitischen Kurses. Während Palmerston als Außenminister für ein hartes Auftreten gegenüber Russland plädierte, befürwortete Premierminister Aberdeen hingegen eine moderate Kompromisslösung, die durch Verhandlungen erreicht werden sollte; eben diese Haltung nahmen auch Königin Victoria und Prinzgemahl Albert ein. Doch Palmerston erwies sich am Ende als der geschicktere Akteur, da er große Teile der stark russlandfeindlichen öffentlichen Meinung hinter sich wusste, vor allem den Herausgeber und die Redaktion der „Times“, die er wiederum im Sinne der eigenen Politik entsprechend instrumentalisieren konnte19. Der britische Historiker Sir Spencer Walpole hat später die Meinung vertreten, der Frieden hätte vermutlich bewahrt werden können, wenn entweder Aberdeen konsequent nach einer Verhandlungslösung gesucht – oder wenn andererseits Palmerston den Russen derart massiv mit der Möglichkeit eines gemeinsamen Krieges aller vier übrigen europäischen Großmächte gedroht 18  Vgl. Ernest Llewellyn Woodward: The Age of Reform 1815–1870 (The Oxford History of England, 13), Oxford 1985, S. 165–f.; K[arl] Theodore Hoppen: The MidVictorian Generation 1846–1886 (The New Oxford History of England), Oxford 1998, S.  148 f., 170 ff. 19  Vgl. ebenda, S. 257 ff.; ausführlich zur zentralen Rolle Palmerstons vor allem Kingsley Martin: The Triumph of Lord Palmerston. A Study of Public Opinion in England before the Crimean War, rev. ed., London 1963, passim; zur Haltung der Königin und des Prinzgemahls vgl. auch Hans-Christof Kraus: Prince Consort und Verfassung – Zum Problem der verfassungsrechtlichen Stellung Prinz Alberts, in: Franz Bosbach / John R. Davis (Hrsg.), Prinz Albert – Ein Wettiner in Großbritannien (Prinz-Albert-Studien, 22), München 2004, S. 111–135, hier S. 116 ff.

180

Hans-Christof Kraus

hätte, dass der Zar und die St. Petersburger Regierung am Ende zum Zurückweichen gezwungen gewesen wären20. Doch das unkoordinierte Gegen- und Durcheinander, unter dessen Bedingungen die Londoner Akteure im Frühjahr 1853 ihre Außenpolitik betrieben, dazu noch die diskrete Zuspitzung der Lage durch mehrere kleinere, gezielt unternommene Provokationen Napo­ leons III., ließen die Situation am Ende eskalieren. Briten und Franzosen entsandten im Sommer 1853 ihre Kriegsflotten ins östliche Mittelmeer, und diese Maßnahme – anfangs sicher eher als Warnung an Russland gemeint – konnte seitens der Türkei nur als manifestes Signal der Unterstützung ihres Widerstandes seitens der Westmächte gegen die inakzeptablen russischen Forderungen verstanden werden. Man wird also, was die kurzfristigen Anlässe und die Auslösung des Krimkrieges anbetrifft, wohl dem besten deutschen Kenner dieses historischen Ereignisses, Winfried Baumgart, recht geben müssen, der hierzu einmal bemerkte, dieser Krieg sei, insgesamt gesehen, „aus einer vielgliedrigen Kette von Fehlern, Fehlschlüssen, Missverständnissen, falschen Verdächtigungen und irrationalen Feindvorstellungen, weniger aus kühler Berechnung und bösem Willen“21 entstanden. III. Im Herbst 1853 konnte angesichts der mittlerweile sehr kritischen Lage ein Kriegsausbruch im Osten nur noch als eine Frage der Zeit angesehen werden, und nachdem weitere, besonders von Österreich angeregte und wesentlich von Wien ausgehende Vermittlungsinitiativen gescheitert waren22, 20  Spencer Walpole: Great Britain and the Crimean War (1852–6), in: The Cambridge Modern History, hrsg. v. A[dolphus] W[illiam] Ward / G[eorge] W[alter] Prothero / Stanley Leathes, Bd. XI, Cambridge 1909, S. 309–324, hier S. 315: „For, unhappily, throughout the long diplomatic struggle, they were two parties in the British Cabinet. Both of them were sincerely desirous of peace; but their methods for maintaining peace were absolutely opposed. Lord Aberdeen and his immediate friends believed in the good faith of the Emperor Nicholas and had little confidence in Turkey. Lord Palmerston, on the contrary, had no faith in Russia, but a strong belief in possible regeneration of the Turkish empire. Lord Aberdeen thought that peace could be preserved by endeavouring to meet what was reasonable in the demands of Russia. Lord Palmerston thought, on the contrary, that peace was to be secured by convincing Russia that, if war broke out, she would have to deal with other Powers besides Turkey. If Lord Aberdeen had stood alone, he might have averted war by conciliation. If Lord Palmerston had stood alone, he might have averted war by action. But Lord Palmerston’s action robbed Lord Aberdeen’s conciliation of its grace; and Lord Aberdeen’s conciliation took the strength out of Lord Palmerston’s action“. 21  Baumgart: Europäisches Konzert und nationale Bewegung (wie Anm. 3), S. 343. 22  Vgl. hierzu ebenda, S. 341 f., sowie Taylor: The Struggle for Mastery in Europe (wie Anm. 4), S. 55 ff.



Zwischen Frankreich und Russland

181

erklärte der Sultan am 4. Oktober 1853 dem russischen Zaren den Krieg. Der eigentliche Hintergrund für diesen entscheidenden Schritt ist bis heute nicht genau geklärt: Ob (wie früher oft vermutet) der britische Botschafter in Konstantinopel, Stratford Canning, den Türken einen „Blankoscheck“ für einen Krieg gegen Russland gegeben hatte oder nicht, bleibt umstritten23. Doch man wird wohl annehmen dürfen, dass die Regierung des Sultans diese Kriegserklärung ohne eine wenigstens indirekte britische oder auch britischfranzösische Rückendeckung wohl kaum gewagt hätte. Nachdem die russische Seite Ende November 1853 einen ersten großen Erfolg mit der überraschenden Vernichtung der türkischen Kriegsflotte vor Sinope am Schwarzen Meer erzielt hatte24, schien der Kriegseintritt der beiden Westmächte absehbar. Das Problem, das sich den Westmächten jetzt noch stellte, war ein praktisches: Denn wo sollte ein Krieg gegen Russland geführt werden? Die türkisch-russische Landgrenze schien aus westmächt­ licher Sicht wegen der langen Transportwege und der schwierigen regionalen Bedingungen hierfür mehr als ungeeignet, und eben deshalb erhoffte man sich den Eintritt der traditionell Russland näher stehenden beiden deutschen Großmächte Preußen und Österreich in den Krieg; beide Länder verfügten über ausgedehnte Landgrenzen zum russischen Reich. Doch in Berlin und Wien schien zuerst nichts zu machen; vor allem die preußische Regierung war aus nachvollziehbaren Gründen entschlossen, strikte Neutralität zu wahren25. König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen wandte sich gegen Ende Fe­ bruar / Anfang März 1854 noch einmal an die britische Königin Victoria, um vor einem großen Krieg zu warnen: „Der Augenblick ist mit furchtbarster Entscheidung schwanger!“, formulierte er in der ihm eigenen pathetischen Diktion: „Die Geschicke eines Welttheils stehen auf dem Spiel! Wenn sich Gott nicht über Europa erbarmt, so steht ein Krieg ohne übersehbares Ende bevor. Es handelt sich in diesem Augenblick wohl gewiß um das Leben von 23  Dazu Baumgart: Europäisches Konzert und nationale Bewegung (wie Anm. 3), S. 342, und Taylor: The Struggle for Mastery in Europe (wie Anm. 4), S. 53, Anm. 4. 24  Die frühere Bezeichnung als vermeintliches „Massaker von Sinope“ trifft kaum den Tatbestand, so Baumgart: Europäisches Konzert und nationale Bewegung (wie Anm. 3), S. 342. 25  Vgl. dazu, immer noch grundlegend, Kurt Borries: Preußen im Krimkrieg (1853–1856), Stuttgart 1930, und Winfried Baumgart: Österreich und Preußen im Krimkrieg – Neue Forschungsergebnisse aufgrund österreichischer Akten, in: Oswald Hauser (Hrsg.): Vorträge und Studien zur preußisch-deutschen Geschichte (Neue Forschungen zur brandenburg-preußischen Geschichte, 2), Köln / Wien 1983, S. 45–70; Winfried Baumgart: Zur Außenpolitik Friedrich Wilhelms IV., in: Otto Büsch (Hrsg.): Friedrich Wilhelm IV. in seiner Zeit (Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, 62), Berlin 1987, S. 132–156.

182

Hans-Christof Kraus

hunderttausenden von Menschen. Was die Schlacht nicht frißt, das wird die Seuche, die Cholera, die Pest, der Typhus der Lazarethe hinraffen“26. Diese Warnungen bleiben – vor allem angesichts der Tatsache, dass der einflussreichere Teil der britischen Regierung einen Krieg gegen das Zarenreich unbedingt wünschte – ohne Erfolg. Denn da die Türkei schon um die Jahreswende 1853 / 54 nach dem Verlust ihrer Flotte in eine zunehmend kritischere Lage geriet, schien eine aktive Deeskalationspolitik kaum noch möglich, und den beiden Westmächten blieb jetzt kaum noch etwas anderes übrig, als ihrerseits in den Krieg einzutreten; die beiden Kriegserklärungen gegen Russland erfolgten am 27. und 28. März 1854. Mit diesem Schritt war, um es noch einmal zu betonen, eine Grenze überschritten worden, die man seit dem Ende der Befreiungskriege und dem Friedenswerk des Wiener Kongresses stets respektiert hatte; das Risiko eines neuen großen Krieges in Europa unter Beteiligung zweier oder mehrerer europäischer Großmächte war von den leitenden europäischen Politikern fast vierzig Jahre lang vermieden worden – nun jedoch nahm man es bewusst in Kauf. Zum ganz großen Krieg – der im schlimmsten Fall in einen in Europa und Asien geführten ersten „Weltkrieg“ hätte ausarten können – kam es am Ende allerdings nicht, und dies lag ohne Zweifel in erster Linie an der Zurückhaltung der beiden deutschen Mächte, die begreiflicherweise bestrebt waren, sich aus diesem Konflikt, der ihre eigenen Interessen nicht tangierte, weitgehend herauszuhalten. Denn wären gerade Preußen und das Habsburgerreich in die militärischen Auseinandersetzungen mit einbezogen worden, auf welcher Seite auch immer, dann hätten sie sofort unmittelbar, sei es im Westen, sei es im Osten, die Hauptkriegslasten an ihren eigenen, in diesem Fall sofort zur Frontlinie mutierten Grenzen tragen müssen. Die Frage, wer künftig das östliche Mittelmeer und die Schwarzmeerregion kontrollieren sollte, gehörte nun einmal nicht zu den Lebensfragen der deutschen Großmächte. Am Ende ließ sich – aber auch nur unter den Bedingungen massivsten Drucks aus London und Paris – allein die Wiener Regierung dazu hinreißen, dem anti26  Zitiert nach dem auszugsweisen Abdruck des (hier nicht genau datierten) Briefs in: Karl Theodor Heigel: Die deutsche Politik während des Krimkrieges, in: derselbe, Geschichtliche Bilder & Skizzen, München 1897, S. 59–75, hier S. 67. – Der Brief befindet sich nicht in dem – die preußischen Dokumente seit Anfang 1854 enthaltenden – Band der von Winfried Baumgart und Ana Maria Sop Scholer herausgegebenen preußischen Akten zum Krimkrieg (wie Anm. 4), hier Serie II, Bd. 2, München 1991, S. 301 ff. – Nach Mitteilung von Winfried Baumgart an den Verfasser (13.11.2017) kann jedoch, was Inhalt und Diktion dieses Textes angeht, von der Echtheit des wohl auf März 1854 zu datierenden Schreibens des preußischen Königs an die britische Königin ausgegangen werden, obwohl das Original anscheinend nicht mehr in den Akten zu finden ist.



Zwischen Frankreich und Russland

183

russischen Bündnis wenigstens in politischer Hinsicht beizutreten, wenn auch nicht in der Form einer aktiven Beteiligung am militärischen Kampf27. Die eigentlichen Kriegshandlungen28 spielten sich, nachdem britische und französische militärische Verbände die Dardanellen und Konstantinopel gegen einen russischen Angriff gesichert hatten, vornehmlich innerhalb von drei geographischen Zonen ab: auf dem Balkan, im Ostseeraum und vor allem auf der Halbinsel Krim, die dem Krieg schließlich den Namen geben sollte. Die Kämpfe auf dem Balkan drehten sich im Wesentlichen um strategisch wichtige Punkte im Mündungsbereich der Donau sowie um die dem Osmanischen Reich gehörigen sogenannten Donaufürstentümer Moldau und Walachei (später zu Rumänien gehörig). Die Fürstentümer waren gleich nach Beginn des türkisch-russischen Krieges von russischen Truppen besetzt worden, doch schon ein Jahr später zogen die Russen wieder ab; die Gebiete wurden anschließend von österreichischen Verbänden militärisch besetzt. Auch die Kampfhandlungen im Ostseeraum erschöpften sich in einzelnen militärischen Operationen der britischen und der französischen Marine. Nach der Blockade einiger russischer Hafenstädte beschränkten sich die militärischen Aktionen der Westmächte im Wesentlichen auf die Beschießung von Häfen und Schiffswerften an der (damals noch russischen) Küste Finnlands. Im August 1854 wurde eine russische Festung auf den zwischen Finnland und Schweden gelegenen Aland-Inseln belagert und nach kurzem Widerstand erobert. Immerhin konnte auf diese Weise der gesamte, keineswegs nur militärische russische Schiffsverkehr auf der Ostsee durch die Westmächte lahmgelegt werden; hierin scheint denn auch der Hauptzweck der Übung gelegen zu haben. Doch zum Hauptkriegsschauplatz entwickelte sich spätestens seit der gemeinsamen Landung französischer und britischer Truppen im September 1854 die Halbinsel Krim; einen Monat später begann die mehrmonatige Belagerung der Festung Sewastopol. Als Entlastungsaktion führten die Russen ihrerseits nun am 25. Oktober 1854 einen Angriff auf die von den Briten als Stützpunkt besetzte Hafenstadt Balaklawa – und bei dieser Gelegenheit kam es zu jenem von Tennyson später in seiner berühmten Ballade verklärten 27  Dazu vor allem – neben den einschlägigen Forschungen Winfried Baumgarts (siehe Anm. 25) – aus der älteren Literatur noch Siegfried A. Kaehler: Realpolitik zur Zeit des Krimkrieges. Eine Säkularbetrachtung, in: derselbe: Studien zur deutschen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Aufsätze und Vorträge, hrsg. von Walter Bußmann, Göttingen 1961, S. 128–170, 381–387. 28  Hierzu und zum Folgenden (in unterschiedlicher Ausführlichkeit) Werth: Der Krimkrieg (wie Anm. 4), S. 109–286; Baumgart: The Crimean War (wie Anm. 4), S. 91–199; Fletcher / Ishchenko: The Crimean War (wie Anm. 4), S. 43–511; Figes: Krimkrieg (wie Anm. 4), S. 205–577.

184

Hans-Christof Kraus

l­egendären Todesritt der „leichten Brigade“29, die unter dem schweren russischen Artilleriefeuer fast die Hälfte ihrer Kavalleristen durch Tod oder Verwundung einbüßte. Dass dieser in seinem Resultat katastrophale Angriff lediglich die Folge einer unzulänglichen Befehlsübermittlung und offenkundiger strategischer Inkompetenz der britischen militärischen Führung gewesen war, versuchten die hierfür Verantwortlichen hingegen zu verschweigen, vielmehr war man bestrebt, dem angeblich mangelhaften Einsatz der Türken die Hauptschuld an dieser Niederlage zuzuschieben30. Andere gravierende Mängel der west­ alliierten Kriegführung konnten indessen nicht mehr vertuscht werden, denn auf der Krim waren zum ersten Mal vor allem britische Kriegsberichterstatter und sogar Photographen anwesend, deren anschauliche, partiell sehr kritische Berichte in der Heimat schon bald großen Unmut hervorriefen31. Denn sowohl die Ausstattung der Soldaten und deren Lebensmittelversorgung als auch die medizinische Betreuung der Truppen erwiesen sich im Herbst und Winter 1854 / 55 als nachgerade katastrophal. Bald grassierten Seuchen auf der Krim; der Cholera fielen tausende von Soldaten zum Opfer, bevor sie überhaupt zum Einsatz gelangen konnten. Auch mehrere hohe französische und britische Militärbefehlshaber überlebten die ersten Monate der Aktion auf der Krim aus diesem Grund nicht. Als das volle Ausmaß aller dieser Unzulänglichkeiten, nicht zuletzt aufgrund der detaillierten Berichte des besonders eifrigen Kriegsberichterstatters der „Times“, William Russell, in London bekannt wurde32, kam es zu scharfen öffentlichen Protesten und vor allem zu einer äußerst heftigen, dramatisch verlaufenden Debatte im Unterhaus, die am Ende den Sturz der Regierung Aberdeen zur Folge hatte33. Die Königin versuchte zwar, den von ihr und ihrem Gemahl Albert als persönlichen und politischen Gegner empfundenen 29  Siehe

oben, Anm. 1. Baumgart: The Crimean War (wie Anm. 4), S. 126–131; Figes, Krimkrieg (wie Anm. 4), S. 354–371. 31  Dazu Ute Daniel: Der Krimkrieg 1853–1856 und die Entstehungskontexte medialer Kriegsberichterstattung, in: dieselbe (Hrsg.): Augenzeugen. Kriegsberichterstattung vom 18. bis 21. Jahrhundert, Göttingen 2006, S. 40–67, sowie mehrere Einzelbeiträge in: Georg Maag / Wolfram Pyta / Martin Windisch (Hrsg.): Der Krimkrieg als erster europäischer Medienkrieg (Kultur und Technik, 14), Berlin 2010. – Einzelne Bildbeispiele aus der medialen Verarbeitung des Kriege bei Figes: Krimkrieg (wie Anm. 4), im Abbildungsteil zwischen S. 368 und 369. 32  Hierzu siehe neben Werth: Der Krimkrieg (wie Anm. 4), S. 143 f., 158 ff., 282 ff., auch Frank Becker: Der „vorgeschobene Posten“ als „verlorener Posten“? William Howard Russell und die britische Berichterstattung vom Krimkrieg, in: Maag / Pyta / Windisch (Hrsg.): Der Krimkrieg als erster europäischer Medienkrieg (wie Anm. 31), S. 221–234. 33  Vgl. Woodward: The Age of Reform (wie Anm. 18), S. 286, siehe auch S. 282 ff. 30  Vgl.



Zwischen Frankreich und Russland

185

Palmerston von der Nachfolge Aberdeens fernzuhalten, doch nachdem mehrere Versuche zur Bildung einer neuen Regierung – die auch angesichts der dramatischen Lage auf der Krim dringend geboten schien – gescheitert waren, kam der von großen Teilen der britischen Öffentlichkeit als neuer Pre­ mierminister gewünschte Palmerston am Ende doch noch zum Zug. Die neue Regierung verfolgte nun das Ziel, die Russen möglichst rasch zum Frieden zu zwingen, und es gelang ihr ebenfalls, durch den Bau einer Feldeisenbahn auf der Krim und einer neuen Telegraphenverbindung zwischen den eigenen Militärstützpunkten, außerdem durch nachhaltige Maßnahmen zur Verbesserung von Versorgung und medizinischer Betreuung ihrer Soldaten die kritische Lage bald erneut zugunsten der eigenen Seite zu wenden. Nachdem weitere englische und französische Truppen auf die Krim gebracht worden waren und seit Anfang 1855 auch das italienische Königreich Piemont-Sardinien mit einem weiteren kleinen Truppenkontingent auf westlicher Seite in den Krieg eingetreten war, schien das Ende der Kampfhandlungen absehbar. Doch die – immerhin auf eigenem Territorium kämpfenden – Russen verteidigten sich noch ein halbes Jahr lang sehr tapfer, bis am 8. September 1855 mit der Erstürmung des Forts Malakow in Sewastopol der Hauptstützpunkt der Russen und damit auch die Stadt Sewastopol selbst ­gefallen war34. Kurz nach dem Regierungswechsel in London war im März 1855 Zar ­ ikolaus I. überraschend gestorben, und sein noch junger und unerfahrener N Sohn und Nachfolger Alexander II. musste nun mit der schwierigen Lage, die sein Vater hinterlassen hatte, fertig werden. Nachdem sich der neue Zar kurz nach dem Fall von Sewastopol im Rahmen einer ausgiebigen Frontbesichtigung selbst ein Bild über die trübe Lage seiner Truppen hatte machen können35, tat er im Dezember 1855 das einzig Richtige: er bot den Kriegsgegnern umgehende Friedensverhandlungen an. Angesichts der für beide Seiten eher ernüchternden Erfahrungen der bisherigen Kriegführung auf der Krim lenkten die Regierungen in London und Paris, die zuerst eigentlich wesentlich weiter reichende Kriegsziele im Blick gehabt hatten, am Ende rasch ein. IV. Einer der Gründe für diesen vergleichsweise schnellen Abbruch der Kämpfe und für die Einleitung von Friedensverhandlungen dürfte vor allem 34  Vgl. Baumgart: The Crimean War (wie Anm. 4), S. 150–166; Figes, Krimkrieg (wie Anm. 4), S. 527–577. 35  Heinz Dietrich Löwe: Alexander II. 1855–1881, in: Hans-Joachim Torke (Hrsg.): Die russischen Zaren 1547–1917, München 1999, S. 315–338, 394 f., hier S. 318.

186

Hans-Christof Kraus

in der höchst fatalen Bilanz gelegen haben, die gerade darin gesehen werden musste, dass die große Mehrheit der Opfer dieses Krieges nicht im militärischen Gefecht gefallen, sondern an Krankheiten und Seuchen zugrunde gegangenen war. Insgesamt haben nach neueren Berechnungen36 etwa 165.000 Soldaten den Krieg nicht überlebt, von denen nicht weniger als etwa 104.000 an der Cholera und anderen Seuchen zugrunde gegangen sind. Die Franzosen hatten insgesamt etwa 70.000 Tote zu verzeichnen, von denen 50.000 nicht an der Front, sondern in den Lazaretten starben. Die Zahl der britischen Toten lag zwar deutlich niedriger: Hier waren 22.000 Tote – davon aber immerhin 17.000 als Krankheits- und Seuchenopfer – zu verzeichnen. Das stellte nicht nur eine überaus traurige, sondern geradezu eine vernichtende Bilanz dar, die von vielen Zeitgenossen – nicht nur in London und Paris – auch als eine solche empfunden wurde und die mit zu jener später als „Krimkriegs­ situation“ bezeichneten politischen Konstellation führte, dass die Briten in den folgenden Jahren von militärischen Auseinandersetzungen, die von ihnen nicht als absolut notwendig angesehen wurden, Abstand nahmen37. Bereits im März 1856 fand in Paris ein Friedenskongress statt, der zwar keine dauerhafte Friedensordnung mehr schuf, jedoch für die folgenden beiden Jahrzehnte wenigstens den Frieden zwischen Russland und den übrigen europäischen Mächten sichern konnte38. Die wohl wichtigste, vor allem auf Bestreben der Briten durchgesetzte Bestimmung der Pariser Friedensregelungen39 bestand in der vollständigen Demilitarisierung des Schwarzmeergebietes: Das Schwarze Meer war nach diesen Bestimmungen fortan nicht nur für alle Kriegsschiffe, gleich welcher Nationalität, vollständig gesperrt, sondern der nördliche Hauptanrainer, das Zarenreich, wurde auch noch gezwungen, seine an den Küsten gelegenen Kriegshäfen abzubauen und seine Festungen zu schleifen. Einem weiteren Krieg gegen die Türkei und damit einem erneuten russischen Ausgriff auf die Meerengen sollte damit ein für allemal vorgebeugt werden40. Dies entsprach den Interessen der Sieger, vor allem denjenigen Großbritanniens und des Osmanischen Reiches, doch von Russland wurden diese folgenden Zahlen nach Werth: Der Krimkrieg (wie Anm. 4), S. 309. unten, Anm. 42. 38  Grundlegend noch immer Winfried Baumgart: Der Friede von Paris 1856. Studien zum Verhältnis von Kriegführung, Politik und Friedensbewahrung, München /  Wien 1972. 39  Abdruck der Verträge von 1856 u. a. bei Karl Strupp (Hrsg.): Ausgewählte di­ plomatische Aktenstücke zur orientalischen Frage, Gotha 1916, S. 76 ff.; siehe auch Anderson (Hrsg.): The Great Powers and the Near East (wie Anm. 12), S. 81 ff. 40  Zum Gesamtzusammenhang siehe auch W[erner] E[ugen] Mosse: The Rise and Fall of the Crimean System 1855–71. The Story of a Peace Settlement, London / New York 1963, und vor allem Baumgart: Der Friede von Paris (wie Anm. 38), S. 223–258. 36  Die

37  Siehe



Zwischen Frankreich und Russland

187

Regelungen als bittere Niederlage und als permanente Demütigung empfunden. Zar Alexander II. hat in der Folgezeit denn auch alles ihm Mögliche versucht, um sich dieser harten, ihm von den Briten aufgezwungenen Knebelbestimmungen wieder zu entledigen, und dies ist ihm auch in vergleichsweise kurzer Frist gelungen: Im März 1871 konnte er – übrigens mit nachdrücklicher Unterstützung Bismarcks – gewissermaßen im Windschatten der damals stattfindenden deutsch-französischen Friedensverhandlungen die international abgesicherte und von allen Beteiligten anerkannte Aufhebung der von Russland als demütigend empfundenen sogenannten „Pontus-Klauseln“ erreichen; die nun ohne den französischen Partner dastehende Londoner Regierung musste dem russischen Ansinnen in der gegebenen Lage, wenn auch ungern, nachkommen41. Zurück ins Jahr 1856: Das Ergebnis des Krimkrieges, wie es auf der Pariser Konferenz festgelegt wurde, sicherte zwar auf lange Jahre hinaus den Frieden in Osteuropa und im östlichen Mittelmeerraum, doch in Mittel- und Südeuropa bahnten sich in der Folgezeit bald neue politische Veränderungen an. Für Napoleon III. bedeutete – trotz der hohen Verluste an französischen Soldaten – der letzten Endes eben doch siegreiche Ausgang des Krimkrieges einen wichtigen Prestigeerfolg, der durch die Abhaltung des glanzvollen Friedenskongresses in seiner Hauptstadt noch verstärkt wurde. Der neue französische Herrscher, der eigentlich als Parvenü unter den alteingesessenen europäischen Monarchen galt, hatte, so schien es jedenfalls, einen ersten bedeutenden außenpolitischen Erfolg für sein Land errungen. Nicht zuletzt war ihm auch die Aufwertung des in den Krieg eingetretenen Königreichs Piemont-Sardinien zu verdanken, das 1856 in Paris ebenfalls gleichberechtigt an den Friedensverhandlungen mitgewirkt hatte und das, wie sich bald zeigte, als Juniorpartner des zweiten französischen Kaiserreichs kurz darauf noch größeren politischen Ehrgeiz entwickeln sollte. Blickt man zurück auf den Wiener Kongress von 1815, dann hatte der Krimkrieg noch etwas Weiteres gezeigt: Ein Krieg zwischen europäischen Großmächten, den man bis 1854 immer wieder strikt hatte vermeiden können, erschien nunmehr auch künftig als möglich – und zwar auch ohne dass sich ein solcher Konflikt in jedem Fall zu einem neuen gesamteuropäischen Flächenbrand ausbreiten und ohne dass die europäische Ordnung hierdurch nachhaltig gestört werden musste. Das zeigte nicht zuletzt der Pariser Friedenskongress von 1856, an dem das besiegte Russland (wie einst 1814 / 15 das besiegte Frankreich) als grundsätzlich gleichberechtigter Partner beteiligt war. Und die Vereinbarungen des Friedensschlusses, so demütigend und schmerzlich sie für einige Jahre auch erscheinen mochten, bedeuteten für das 41  Vgl. Anderson: The Eastern Question (wie Anm. 9), S. 172 ff.; Baumgart: Europäisches Konzert und nationale Bewegung (wie Anm. 3), S. 401 f.

188

Hans-Christof Kraus

Zarenreich keineswegs eine fundamentale Schwächung seiner Stellung als europäisch-asiatische Großmacht. Immerhin waren kürzere Kriege zwischen zwei oder drei einzelnen Großmächten damit erneut zu einer Möglichkeit, damit zu einer politisch-militärischen Option geworden, und dies wiederum stärkte den europäischen Frieden in den kommenden Jahren durchaus nicht. Speziell in Großbritannien war man mit den Resultaten dieses Krieges, obwohl die Kontrolle des östlichen Mittelmeerraums nunmehr erst einmal gesichert erschien, letztlich nur wenig zufrieden, zumal die bekannt gewordenen Details dieses Krieges, vor allem die offen zutage getretenen verheerenden Mängel innerhalb des eigenen militärischen Apparats, den Sieg letzten Endes nur als ein großes, im Grunde unverdientes Glück der Westmächte erscheinen ließen, deren militärische Fortune wesentlich auf die letzten Endes noch katastrophaleren Mängel der russischen Kriegführung zurückzuführen war. Diese Erfahrung führte in der Folgezeit, schon seit Ende 1856, zu jenem bekannten Rückzug der aktiven britischen Politik von den kontinentalen Verwicklungen und Konflikten, der von einigen Historikern der Internationalen Beziehungen, vor allem von Andreas Hillgruber und Klaus Hildebrand, treffend als die „Krimkriegssituation“ bezeichnet worden ist42. Die weitgehende britische Abstinenz von der kontinentalen Politik führte, einhergehend mit der militärisch-politischen Schwächung des Verlierers Russland, vorübergehend zu einer politischen Konstellation in Europa, die überraschend große Freiräume für außenpolitische Neuordnungsprozesse schuf. Und diese Freiräume wiederum konnten in den 1860 Jahren erfolgreich – zuerst von der italienischen, etwas später auch von der deutschen Einigungsbewegung – für grundlegende Veränderungen der europäischen Landkarte genutzt werden. Die bekannten Erfolge Cavours und Bismarcks wären ohne die durch den Krimkrieg – und damit auch mittelbar durch die britische Politik – herbeigeführte neue europäische Lage jedenfalls in dieser Form kaum möglich gewesen. Das Grundanliegen der britischen Mittelmeerpolitik: nämlich mittels massiver politischer, militärischer und ökonomischer Stützung der im Kern bereits maroden osmanischen Monarchie die Kontrolle des nahöstlichen Rau42  Andreas Hillgruber: Otto von Bismarck. Gründer der europäischen Großmacht Deutsches Reich, Göttingen / Zürich / Frankfurt a. M. 1978, S. 107; besonders auch Klaus Hildebrand: Die „Krimkriegssituation“. Wandel und Dauer einer historischen Konstellation, in: derselbe, Der Flug des Ikarus. Studien zur deutschen Geschichte und internationalen Politik, hrsg. v. Joachim Scholtyseck / Christoph Studt, München 2011, S. 67–77. Die britische Forschung, so etwa Hoppen: The Mid-Victorian Ge­ neration (wie Anm. 18), S. 183, bezeichnet dies als „withdrawal from continental troubles“ angesichts des in Indien drohenden und schon im folgenden Jahr 1857 ausbrechenden Kolonialkriegs.



Zwischen Frankreich und Russland

189

mes und der Meerengen gegen alle russischen Ausdehnungsbestrebungen aufrecht zu erhalten, wurde indessen auch nach 1871 weiter unnachsichtig verfochten43. Im Anschluss an die nächste orientalische Krise des Jahres 1877 wurden die St. Petersburger Machthaber von der Regierung Disraeli noch einmal im Verlauf des Berliner Kongresses von 1878 zum Nachgeben gezwungen; selbst der den Russen eigentlich zugeneigte „ehrliche Makler“ Bismarck konnte daran nichts ändern. Erst im 1914 ausgebrochenen Weltkrieg änderte sich die britische Politik radikal; das (anfangs erwähnte) „Abkommen über Konstantinopel und die Meerengen“ vom Frühjahr 1915 hätte, wenn Russland am Ende unter den Siegermächten gewesen wäre, die Kontrolle über den gesamten in Frage stehende Raum den Russen ausgeliefert; der alte Traum Katharinas der Großen wäre damit Wirklichkeit geworden. Dazu kam es aus verschiedenen, nur allzu bekannten Gründen am Ende nicht, doch die späten Folgen der Zerschlagung der beiden Großreiche, des Habsburgerreichs wie auch des Osmanischen Reichs, sind bis in die unmittelbare Gegenwart zu verspüren. Im Rückblick auf die Mitte des 19. Jahrhunderts lässt sich daher sagen: Der durchaus mittelmäßigen, aber eben doch über viele Jahrzehnte hinweg leidlich funktionierenden Friedensordnung des europäischen Konzerts seit 1815, deren dürftige Überreste auch nach dem Krimkrieg noch einmal, wenn auch in stark reduzierter Form, bewahrt werden konnten, folgte nach 1915 und erst recht nach 1919 keine bessere Ordnung, sondern das genaue Gegenteil: Das Bemühen um eine vermeintlich gute und dauerhaft friedliche „neue Weltordnung“ nahm am Ende die schlimmstmögliche Wendung. Das Ergebnis kennen wir alle.

43  Siehe dazu statt vieler Anderson: The Eastern Question (wie Anm. 9), S. 178 ff. u. passim.

From Versailles to the Organisation for Security and Cooperation in Europe (OSCE): The United Kingdom and Peacemaking in Europe in the 20th and 21st Centuries By Colin A. Munro, Wien Introduction In 2012, at a conference in Austria on “Cultural Dialogue in International Security. The case of Russia and the Euro Atlantic Community”, conversation turned to the 100th anniversary of the outbreak of the First World War. I suggested that in this context it would be worth revisiting the bicentenary of the Congress of Vienna, which began in September 1814. The Salzburg Global Seminar and the International Peace Institute developed this idea into a conference, “1814, 1914, 2014. Lessons from the Past, Visions for the Future”, held in August 2014. Participants, including the historian Margaret MacMillan, considered how greater awareness of history could help us deal with emerging threats and reduce the risk of future conflicts. Had peacemakers in Vienna been replaced by sleepwalkers a century later? Would Metternich have played Austria’s hand in the July 1914 crisis better than his successor Count Berchtold, described by another historian, Golo Mann, as an “elegant, reckless bungler – ein eleganter leichtsinniger Stümper”.1 I have been invited to provide a 20th and 21st century postscript on the United Kingdom (UK) and peacemaking in Europe to our fascinating discussions on the Congress of Vienna and its aftermath, on the United Kingdom (UK) and peacemaking in Europe in the 20th and 21st centuries, based on my work on peace and security issues, including service as the UK’s Permanent Representative to the Organisation for Security and Cooperation in Europe (OSCE), based in Vienna.

1  Golo Mann: Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Erweiterte Ausgabe, Frankfurt am Main 1973, p. 572.

192

Colin A. Munro

The Conference on Security and Cooperation in Europe and the Organisation for Security and Cooperation in Europe The politically binding ten principles of the Helsinki Final Act2 signed at the first summit meeting of the Conference on Security and Cooperation in Europe (CSCE) were the benchmark for this work after 1975. The term Final Act was inspired by the Vienna Congress, but, unlike the Congress, the Helsinki Final Act was not an agreement binding in international law. It initiated a process, taken forward at the second CSCE summit in November 1990 in the Charter of Paris for a New Europe3, adopted one month after German unification. At this conference, heads of state and government of the participating states affirmed that they would henceforth put the Helsinki principles regarding peace, democracy, respect for human rights and the rule of law into practice. In this way they closed down the Cold War, and brought the Second World War to a formal end. But, six months later war broke out in Yugoslavia. The Conference became an Organisation by decision of a summit meeting in Budapest in December 1994. The OSCE’s Permanent Council meets in the Vienna Hofburg, as did the Congress. The OSCE only dances once a year however. Austrians take pride, not only in the past achievements of Metternich, and of the Habsburg empire as a great power, but also in Vienna as a centre of peace making in the modern world, as in the case of negotiations on Iran’s nuclear programme. The OSCE meanwhile, is holding the ring in Ukraine. Poland Poland was on the peacemaking agenda at Vienna in 1814–15, at Paris in 1919, and in the negotiations that preceded both the Helsinki Final Act, and the Charter of Paris. The German invasion in 1939 precipitated declarations of war by the UK and France. Restoration of a free and independent Poland was the UK’s original aim in the Second World War. It has, at last, been achieved. As a member of the EU and NATO, Poland is more secure than at any time in its history. A former Polish Prime Minister, Donald Tusk, is President of the European Council.

2  Final Act of the Conference on Security and Cooperation in Europe signed in Helsinki on 1 August 1975. 3  Charter of Paris for a New Europe adopted at the second CSCE summit on 21 November 1990.



From Versailles to the OSCE

193

A secret (at the time) protocol to the treaty concluded in 1795 between Austria, Prussia, and Russia, removing Poland from the map altogether in the third partition, contains the following: “In view of the necessity to abolish everything which could revive the memory of the existence of the Kingdom of Poland …. the high contracting parties are agreed never to include in their titles the name or designation of the Kingdom of Poland which shall remain suppressed as from the present and forever.”4

Napoleon’s creation of the Grand Duchy of Warsaw did not survive his defeat, although Castlereagh was personally sympathetic at the Congress to restoration of a Polish state. But the pride of Poles in their nation, and admiration for France did survive. Germany’s defeat in 1918, combined with the Russian revolution and civil war, permitted reestablishment of a Polish state, the frontiers of which were defined, not at the Paris peace conferences, but after the Polish/Soviet war of 1919–20, in the Treaty of Riga (1921). Charles de Gaulle was one of the French officers who assisted the Polish army in its remarkably successful conduct of this war. Poland’s eastern frontier now lay well to the east of the line (named after UK foreign minister Lord Curzon) that had been advocated by the British Empire delegation in Paris. The Congress was the only template available to provide guidance for the Paris peacemakers, but they did not follow it. Although the terms imposed on France in 1815 in the second Treaty of Paris were quite severe by the standards of the time., the victors still aimed to bolster the restored monarchy, prevent a resurgence of revisionist Bonapartiste sentiment, and above all preserve stability in Europe by making peace with France, which was admitted to a Congress follow up meeting as an equal of the victorious powers in 1818. The occupation was over. From the Treaty of Versailles (1919) to the Charter of Paris for a New Europe (1990) The terms of the Treaty of Versailles were not lenient, although the supreme allied commander in 1918 thought they were. Marshall Foch regarded Versailles as an armistice for twenty years, by which time a new generation of Germans would, so he believed, be ready for war. Foch wanted to strengthen French security by weakening Germany permanently, turning territory west of the Rhine into French satellites. Unlike France, the UK felt secure. The UK’s principal war aim had been achieved with Germany’s defeat. By scuttling their High Sees Fleet at Scapa Flow in the Orkney Islands, the Germans conveniently disposed of the awkward question of how to share out the 4  Norman

Davies: Europe, a History. Oxford 1996, p. 722.

194

Colin A. Munro

ships among the victors. The UK had achieved its objectives not only in relation to Germany and the Ottoman Empire. Russia no longer posed a threat to India. Although it fell short of Foch’s punitive proposals, the Treaty of Versailles was scarcely the “just and stable”5 peace that US President Wilson had proclaimed in his fourteen points. The war guilt clause was perceived as particularly unjust in Germany, which lost 10% of its pre war territory, and was effectively disarmed. It was burdened with reparations; lost its overseas empire and foreign assets. The great economist J M Keynes, resigned from the British Empire delegation in protest. He later wrote6 that, “if we aim at the impoverishment of Central Europe, vengeance, I dare say, will not limp. Nothing can then delay for very long the forces of reaction and the despairing convulsions of revolution, before which the horrors of the late German war will fade into nothing, and which will destroy, whoever is victor, the civilisation and progress of our generation.” Jean Monnet, future Deputy Secretary General of the League of Nations, agreed with Keynes about Germany, but his proposals for economic cooperation between victors and vanquished were ignored by the French government until after the even more disastrous conflict predicted by Keynes and Foch. Nor did the treaties of Saint Germain (Austria) and Trianon (Hungary) lay the foundations of a “just and stable peace” in central Europe. Vengeance was not long in coming. A secret protocol to the treaty concluded between Germany and the Soviet Union on 23 August 1939, after the incorporation of Austria and the destruction of Czechoslovakia, contains the following7: “The question of whether the interests of the parties make desirable the maintenance of an independent Polish state and how such a state should be bounded can only be determined in the course of further political developments.”

The further “political developments” were a fourth partition, by the same powers that had carried out the first three. But the fourth partition lasted only until June 1941 when Germany invaded the Soviet Union. In 1945 Poland was shifted westwards. Germans were expelled en masse from cities such as Breslau (Wroclaw) to be replaced by Poles from territory in Eastern Poland including cities such as Lvov, incorporated in the Soviet Union. These expulsions would nowadays be considered as ethnic cleansing. However, pending a peace treaty with Germany, Poland’s frontiers were provi5  President Woodrow Wilson: Speech before a Joint Session of both Houses of Congress on 8 January 1918. 6  J M Keynes: The Economic Consequences of the Peace, New York 1919. 7  Secret Additional Protocol: Non Aggression Pact between the German Reich and the USSR concluded on 23 August 1939.



From Versailles to the OSCE

195

sional. The quadripartite rights and responsibilities (QRR) of France, the Soviet Union, the UK and the US for Berlin and Germany as a whole within its frontiers of 1937 were extinguished only by a treaty between the four powers and the two German states signed in Moscow on 12 September 19908. A separate border treaty between Germany and Poland was concluded two months later. On 1 March 1948 Prime Minister Attlee announced in Parliament that the UK’s aim in a peace treaty was to “bring Germany back into the family of nations unified on a democratic basis as Western civilisation understands the term.”9 Later that year the Soviet blockade of Berlin transformed British perceptions of the defeated enemy. A democratic, prosperous German state would be indispensable in dealing with the Soviet threat. The Federal Republic of Germany (FRG) was included in the Council of Europe, was a founder member of what is now the EU, and joined the US led NATO alliance in 1955. The Marshall Plan promulgated in April 1948, currency reform (1948) and the London Agreement on German External Debts (1953) provided the platform for an economic “miracle”. Although the four victorious powers were unable to agree on a final settlement until after the fall of the Berlin Wall, in 1971 they did agree on measures to defuse tension in Berlin, strengthen links between the Western Sectors of Berlin and the Federal Republic (FRG), and to retain QRR. The UK’s leading role in negotiation of this Quadripartite Agreement (QA)10, and general support for Ostpolitik were appreciated by the West German government, which, in turn, strongly supported UK membership of the EEC (1973). The QA enabled the FRG to move ahead in relations with Poland, the Soviet Union, and the German Democratic Republic. The (West) Germans argued that they sought to achieve a European Peace Order that was stable in that force was excluded as a means of changing frontiers, including the one that divided Germany, dynamic in that they sought peaceful evolutionary change in Central and Eastern Europe, and provisional until the German nation had regained its unity through free self determination. Successive British governments supported this policy until the late Baroness Thatcher attempted, briefly, to thwart unification in 1989–90. In 1919 the UK and France were still powerful enough to disregard President Wilson’s vision of a just and stable peace. Self-determination was for 8  Treaty on the Final Settlement with Respect to Germany: the Treaty entered into force on 15 March 1991. 9  Colin Munro: Britain, Berlin, German Unification, and the Fall of the Soviet Empire. German Historical Institute London, Bulletin Volume XXX1, No 2, p. 52, November 2009. 10  Colin Munro: ibid, p. 56.

196

Colin A. Munro

the most part denied to Austro Germans and Hungarians. Countries such as Poland and Romania ignored provisions for the protection of national minorities in the League of Nations Charter. The US did not even join the League, which President Wilson had advocated at Paris. After the Second World War the US was in a class of its own. It led the way in establishing the UN. Moreover, the US heeded Winston Churchill’s appeals to provide both a security umbrella for Western Europe, and support for an economic revival. France meanwhile, began to listen to Monnet, spurred on by Winston Churchill who called in 1946 not only for Franco German reconciliation but also for “a kind of United States of Europe”11. The UK considered a US presence and a revived France essential to restoring equilibrium in Europe. With the benefit of hindsight, we can see that the peacemakers of 1919, France above all, fell between several stools. Neither did they permanently weaken Germany, nor did they create a stable political and economic framework for reintegrating the defeated country. But they did create resentment, and a widespread desire to overturn Versailles. The Franco-Belgian occupation (1923–25) of the Ruhr, reparations and hyperinflation inflamed matters further. Russia was absent and the US withdrew. The British approach to the Paris peace negotiations was consistent with its geopolitical position, at the time. It faced no external threat in 1919 from any power. Italy and Japan were allies, as were France and the US. Russia was in chaos. The Royal Navy was supreme. However, British support for Greek ambitions in Asia Minor was a significant error. After 1945, France the UK and the US were much more successful for several reasons. First, there was no doubt about German war guilt. Second, they worked together, for the most part, and were able to lay the foundations of a new state. Third, the US was fully engaged, politically, economically and militarily. Fourth, Keynesian economics produced thirty years of growth and unparalleled prosperity, a period known as “les trente glorieuses” in France. Fifth, the Soviet threat produced in Western Europe a sense of it being better to hang together than hang separately. By the late 1960s the Soviet Union was ready for a compromise peace settlement that would confirm its grip on territory conquered by the Red Army in 1944–45. This was its central objective in the Conference on Security and Cooperation in Europe (CSCE). To achieve it Leonid Brezhnev, who aspired to a Westpolitik to match Willy Brandt’s Ostpolitik, was persuaded to make two concessions in 1975. First, the Final Act’s ten principles contain the proposition that, although frontiers are inviolable, they may be changed 11  Winston S Churchill: Speech delivered at the University of Zurich on 19 September 1946.



From Versailles to the OSCE

197

peacefully and by agreement, in accordance with international law. Second the Soviet Union conceded, much to the alarm of its satraps in Central and Eastern Europe, that human rights, free travel and free media, and the rule of law were factors in international security. Although the Final Act was published in Pravda, these were seen in Moscow as paper concessions only. No Soviet government would ever agree to frontier change, and the Soviet system would prevent the spread of western notions of human rights. Politicians such as Henry Kissinger agreed, although he had negotiated the passage on frontier change with the Russians at German request. The Final Act was initially perceived in the West as a sell out. Helsinki monitors in the Soviet Union, Charter ’77 in Czechoslovakia, the rise of Solidarity in Poland, and CSCE follow up meetings including a Cultural Forum in Budapest- the first CSCE meeting to be held in a Warsaw Pact state – provided evidence to the contrary. The West had developed powerful tools for sustaining security through an effective defensive alliance (NATO), promoting economic prosperity (the EEC) and peaceful evolutionary change in the Soviet empire, through the provisions of the Helsinki Final Act. A remarkable peace process was underway. The UK’s accession to what was then the EEC in 1973 coincided with the opening of the CSCE negotiations, and the decision that European Political Cooperation (EPC, forerunner of the EU’s Common Foreign and Security Policy) should move beyond declarations, and forge common positions. British diplomats took the lead in the EEC in working with colleagues from neutral and non-aligned countries such as Austria. Austrians were adept at selling NATO and EEC positions on human rights as their own. The United Kingdom and Russia in the New Europe The Charter of Paris for a New Europe (title devised by a British diplomat, Sir Brian Crowe) was rapidly overshadowed by conflicts in Yugoslavia, a multinational state with no shared understanding of 20th century history. Tito had papered over the cracks with a slogan – brotherhood and unity – freedom to travel and work abroad, and modest prosperity. But until December 1999, Russia was willing to work with western “partners”, including on bringing the war in Bosnia and Herzegovina to an end in 1995. In December 1994 at the CSCE summit in Budapest, Russia joined the UK and the US in guaranteeing the territorial integrity of Ukraine. In 1996 it joined the Council of Europe and ratified the European Convention on Human Rights and Fundamental Freedoms. Russia is a different country now. President Putin has deplored the collapse of the Soviet Union. The 1990s are perceived as a period of humilia-

198

Colin A. Munro

tion and impoverishment. Russia should reassert its different values and civilisation and secure respect as a great power. Do annexation of the Crimea, the conflict in eastern Ukraine, the war in Georgia in 2008, and continuing support for separatists in Georgia and Moldova, mean that Russia is now a revisionist power that rejects the Helsinki Final Act and the Charter of Paris? It certainly began to feel like that during my time as Permanent Representative to the OSCE. In 2007 Putin claimed that some states were trying to transform the OSCE into a “vulgar instrument”12. Well-founded criticisms of Russian elections had been a specific bone of contention. Russia withdrew from the treaty on Conventional Forces in Europe that had been agreed at the Paris summit. There are now disturbing echoes of Germany’s attitude to its neighbours in the 1930s. How would NATO react if the large Russian minorities in Latvia and Estonia provoked unrest and violence, while Russia conducted military manoeuvres on their borders? Would Article 5 of the Washington Treaty be invoked, or would every conceivable supposedly peaceful avenue be pursued? What would be the UK’s role in preserving peace and standing up to aggression? The UK was to the fore in the efforts to enlarge both the EU and NATO after 1990. But it is not taking the lead now. One of the UK’s three fundamental foreign policy errors since 1945 was failure to take the lead in shaping what is now the EU (the other two were Suez in 1956 and Iraq in 2003) from its beginnings in the early 1950s, a failure compounded when the UK did apply to join, by not explaining to the British people what the EEC actually was. A peacemaking project that would build an ever-closer political and economic union was sold to the British public as a “Common Market” that would be in the UK’s economic interest. The consequences of this failure are now apparent in Prime Minister Cameron’s plans for a referendum, and the government’s difficulty in building alliances and making compromises. If the Scottish referendum in 2014 is any guide, even a clear vote in favour of membership may not settle the issue. Brexit meanwhile, could precipitate the break up of the United Kingdom. The cumulative effect of these domestic dramas is introspection, combined with a lack of will and resources to act decisively in foreign affairs. The army is smaller than at any time since 1911, when the Royal Navy was the world’s largest. The wars in Afghanistan and Iraq have been costly and contentious. Serious newspapers carry articles asserting that the UK is an introverted selfish country that does not have a foreign policy. Let us hope that the Euro Zone does succeed in fashioning the political framework essential for a single currency to function effectively, and that, 12  Vladimir Putin: Speech to the Munich Conference on Security Policy on 10 February 2007.



From Versailles to the OSCE

199

after the referendum, the UK becomes again an outward looking country, willing and able to work with others in meeting threats to peace and security. It will be needed. The Russian historian Vladimir Pastukhov, a Fellow of St Antony’s College Oxford, argues that the conflict in Ukraine is not one conflict but three: between eastern and western Ukraine, Russia and Ukraine, and Russia and the West, engineered by Putin who has, “once again driven Russia into a historical dead end.”13 Resolving them will require a new settlement between the West and Russia. Pastukhov suggests a new Helsinki Final Act or even a new Congress. Nor is it only a matter of a resurgent Russia. Margaret Macmillan’s book on the Paris peace conferences after the First World War14 contains chapters on “Setting the Middle East Alight”. The fires are still burning. As a veto-wielding member of the UN Security Council, the UK should be willing and able to work with the US and its European partners in putting them out, and in dealing with migration from countries such as Syria. This crisis is, in my view, just beginning.

13  Vladimir

14  Margaret

London 2001.

Pastukhov: Euromaidan Press 22 March 2015. Macmillan: Peacemakers Six Months that Changed the World Part VII

Verzeichnis der Autoren und Herausgeber Prof Robin Blackburn, Professor of Sociology and Leverhulme Research Fellow at Essex University Prof Michael Broers, Professor of Western European History at Lady Margaret Hall, University of Oxford Dr. Carl-Christian Dressel, Pilse 23, 99084 Erfurt PD Dr. Georg Eckert, Bergische Universität FB A – Historisches Seminar, Gauß­ straße 20, 42119 Wuppertal-Elberfeld Dr Mark Edward Hay, Economic History Society Postan Research at King’s College, Department of History, London Prof. Dr. Lothar Höbelt, Universität Wien, Institut für Geschichte, Universitätsring 1, 1010 Wien, Österreich Prof. Dr. Hans-Christof Kraus, Universität Passau, Philosophische Fakultät, Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte, Innstraße 25, 94032 Passau Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, TU Chemnitz, Philosophische Fakultät, Lehrstuhl für Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Reichenhainer Straße 39, 09126 Chemnitz Colin A. Munro, Schindlergasse 12 / 4, A – 1180 Wien Dr Glyn Redworth, Fellow of the University of Buckingham’s Humanities Research Institute and member of the History Faculty of Oxford University Prof. Dr. Stefan Schieren, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Kapuziner­ gasse 2, 85072 Eichstätt Prof. Dr. Volker Sellin, Ezanvillestraße 40, 69118 Heidelberg