Der Wegfall der ausgeübten Prozessführungsermächtigung [1 ed.] 9783161590429, 9783161590436, 3161590422

Als gewillkürte Prozessstandschaft bezeichnet man die Möglichkeit, eine vom Rechtsinhaber verschiedene Person zu ermächt

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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Problemstellung
II. Gang der Untersuchung
Teil 1: Grundlagen
§ 1 Prozessführungsbefugnis und Prozessstandschaft
I. Entwicklung und Funktion der Prozessführungsbefugnis
II. Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft
1. Wirksame Prozessführungsermächtigung
2. Schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten
3. Übertragbarkeit des geltend gemachten Rechts
III. Zusammenfassung
§ 2 Die Prozessführungsermächtigung – Dogmatisches Fundament
I. Ermächtigungen im Zivilrecht
1. Die Ermächtigung als Ausübungsüberlassung des Verwaltungsrechts
2. Zwischenergebnis
II. Konsequenzen für die gewillkürte Prozessstandschaft
III. Rechtsnatur der Prozessführungsermächtigung
1. Problemstellung
2. Relevanz der Abgrenzung
3. Prozesshandlungsbegriff
a) Parteiprozesshandlung
b) Enger Prozesshandlungsbegriff
c) Weiter Prozesshandlungsbegriff
4. Subsumtion
a) Nur mittelbare prozessuale Wirkung der Prozessführungsermächtigung
b) Beziehung zu einem bestimmten Verfahren
IV. Abgrenzungen zu anderen Rechtsinstituten
1. Einziehungsermächtigung
2. Prozessvollmacht
3. Treuhänderische Rechtsübertragung
V. Zusammenfassung
Teil 2: Widerruf der Prozessführungsermächtigung
§ 3 Interessenlage bei Klageabweisung infolge des Wegfalls der Prozessführungsermächtigung
I. Klageabweisung durch Prozessurteil
II. Interessenanalyse
1. Interessen des Prozessgegners
a) Faktische Interessen
aa) Verlust von Prozesslagen; Zeugenfähigkeit des Rechtsinhabers
bb) Zwischenergebnis
b) Objektive Interessenbewertung
aa) Verlust von Prozesslagen
bb) Zwischenergebnis
cc) Ausschluss der Zeugenfähigkeit des Standschafters
2. Prozessstandschafter
3. Rechtsinhaber
a) Faktische Interessen
b) Objektive Interessenbewertung
c) Zusammenfassung
4. Gericht
5. Ergebnis der Interessenanalyse
III. Interessenwahrung durch negative Feststellungswiderklage?
1. Isolierte Drittwiderklage
2. Fehlendes Feststellungsinteresse
3. Rechtshängigkeitseinwand
IV. Zusammenfassung
§ 4 Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung
I. Konkretisierung der Fragestellung
1. Freie Widerruflichkeit der Einziehungsermächtigung
2. Freie Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung jenseits eines konkreten Prozesses
II. Maßgebliches Rechtsregime
1. Prozessrechtlicher Ansatz
a) Einteilung von Prozesshandlungen
b) Prozessführungsermächtigung als Bewirkungs- oder Erwirkungshandlung?
aa) Bewirkungshandlung
bb) Erwirkungshandlung
cc) Zwischenergebnis
2. Materiellrechtlicher Ansatz
a) Maßgeblichkeit des Grundverhältnisses
aa) Abstraktheit der Prozessführungsermächtigung
bb) Zwischenergebnis
b) Anwendung des § 183 BGB
aa) Vergleichbarkeit von Verfügungs- und Prozessführungsermächtigung
bb) Zwischenergebnis
c) Rechtfertigung des Rückgriffs auf das materielles Recht
aa) Grundsatz des Vorrangs des Prozessrechts
bb) Stellungnahme
(1) Querverbindungen zwischen materiellen Recht und Prozessrecht
(2) Prozessvereinbarungen als Richtschnur
(a) Das allgemeine Vertragsrecht als allgemeiner Rechtsgedanke
(b) Schlussfolgerung für die Anwendung des § 183 S. 1 BGB
(3) § 183 S. 1 BGB als Ausfluss eines allgemeinen Rechtsgedankens
(a) § 183 S. 1 BGB als Schutz vor Fremdbestimmung
(b) Bedeutung für die Prozessführungsermächtigung
cc) Ergebnis
3. Zusammenfassung und Ausblick
III. Wirksamkeit des Widerrufs
1. Dauer der Widerruflichkeit
a) Widerruflichkeit auch nach Klageerhebung?
b) Würdigung
aa) Frühzeitiger Ausschluss der Widerruflichkeit aus Gründen des Prozessgegnerschutzes?
bb) Widerruflichkeit bis zur vollständigen Verwirklichung des Hauptgeschäfts
c) Zwischenergebnis
d) Beachtlichkeit des Widerrufs in der Revisionsinstanz?
2. Adressat der Widerrufserklärung
3. Kein Ausschluss nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis
IV. Zusammenfassung und Ausblick
1. Zusammenfassung
2. Problemaufriss und Ausblick
§ 5 Schutzmechanismen des Prozessrechts
I. In Betracht kommende Regelungsmodelle – Überblick
1. Vergleich beider Modelle am Maßstab des Prozessgegnerinteresses
a) Identisches Schutzniveau im Hinblick auf den Erhalt von Prozesslagen
b) Unterschiede hinsichtlich der subjektiven Bezugspunkte der Parteifunktionen
2. Weitere Vorgehensweise
II. Gesetzlicher Parteiwechsel
1. Klarstellung
2. Analogievoraussetzungen – insbesondere Vergleichbarkeit der Interessenlagen
a) Begründung des Bundesgerichtshofs
b) Abgrenzung zu § 265 Abs. 2 ZPO
aa) Kriterium des Wechsels der Prozessführungsbefugnis
(1) Subsumtion
(2) Kritik
(3) Zwischenergebnis
bb) Kriterium der Gesamtrechtsnachfolge
(1) Maßgebliches Vermögen
(2) Übertragung auf den Fall der gewillkürten Prozessstandschaft
cc) Regel-Ausnahme-Prinzip
(1) Charakterisierung der Ausnahmen
(a) Fortfall der Partei
(b) Überwiegende Drittinteressen
(c) Stellungnahme
(2) Interessenabwägung im Fall des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung
(a) Keine überwiegenden Drittinteressen des Rechtsträgers
(b) Abwägung nach Maßgabe eines zugrunde liegenden Sicherungsgeschäfts?
(aa) Parteiperpetuierung nur bei zugrunde liegenden Sicherungsgeschäft
(bb) Parteiwechsel in den übrigen Fällen der gewillkürten Prozessstandschaft
(cc) Stellungnahme
(3) Ergebnis
dd) Zwischenergebnis
ee) Stellungnahme
3. Zusammenfassung
III. Perpetuierung der Parteistellungen
1. Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 269 Abs. 1 ZPO
a) Vergleichbarkeit der Interessenlage des Gegners bei einer Klagerücknahme
b) Prozessrechtliche Wirkungen des Widerrufs bei Zustimmung des Gegners
aa) Klageabweisung durch Prozessurteil
bb) Möglichkeit des Prozesseintritts des Rechtsinhabers
(1) Bindung des Rechtsinhabers an Prozessführung des Standschafters
(2) Voraussetzungen des gewillkürten Parteiwechsels
(3) Interessenlage beim Klägerwechsel im Falle der gewillkürten Prozessstandschaft
(a) Kein Zustimmungserfordernis des alten Klägers
(b) Zustimmungserfordernis des neuen Klägers
(c) Kein Zustimmungserfordernis des Beklagten
(4) Zusammenfassung
cc) Zusammenfassung der Rechtsfolgen der Zustimmung zum Widerruf
c) Prozessrechtliche Wirkungen des Widerrufs bei Nichtzustimmung
d) Dogmatische Begründung der Parteiperpetuierung bei Nichtzustimmung
aa) Vorrang des Prozessrechts
bb) § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO analog
cc) Der Widerruf als Doppeltatbestand
dd) Gesetzliche Prozessstandschaft
(1) actio pro socio
(2) § 2039 BGB analog oder § 744 Abs. 2 BGB analog
ee) Zwischenergebnis
ff) Begründungsalternative von Berger
(1) Parallele zum mehraktigen Verfügungsgeschäft
(2) Übertragung auf die Prozesssituation
e) Zusammenfassung und Würdigung
2. Gesetzliche Prozessstandschaft gemäß § 265 Abs. 2 ZPO analog
a) Analogievoraussetzungen
aa) Vergleichbarkeit der Interessenlagen
(1) Interessenlage des Prozessgegners
(2) Interessenlage des Rechtsinhabers
(3) Interessenlage des ehemaligen gewillkürten Prozessstandschafters
(4) Zwischenergebnis
bb) Planwidrige Regelungslücke
b) Stellungnahme: Der § 265 Abs. 2 ZPO als Grundmodell für den Wegfall der Grundlagen der Prozessführungsbefugnis
c) Fortgang des Verfahrens im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft des § 265 Abs. 2 ZPO
aa) Relevanz- oder Irrelevanztheorie?
bb) Beteiligung des Rechtsinhabers am fortgeführten Verfahren
3. Gegenüberstellung beider Modelle
a) Reichweite der Dispositionsbefugnis des Prozessgegners
b) Schutz von Prozessergebnissen vor dem Zeitpunkt des § 269 Abs. 1 ZPO
c) Dogmatische Begründung der Parteiperpetuierung
4. Stellungnahme
5. Rechtskrafterstreckung trotz des wirksamen Widerrufs der Ermächtigung
IV. Rückschau und Ausblick
Teil 3: Der Wegfall der Prozessführungsermächtigung aus anderem Grund
I. Überblick
II. Keine Anfechtungsmöglichkeit des Rechtsinhabers
§ 6 Insolvenzeröffnung
I. Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen des Rechtsinhabers
1. Erlöschen der Prozessführungsermächtigung
2. Mögliche Rechtsfolgen des Erlöschens
a) Anwendung des Grunsky’schen Abgrenzungsmaßstabs
b) Kein Wertungswiderspruch zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung
c) Vorherige Verfahrensunterbrechung gemäß § 240 ZPO analog
II. Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen des Standschafters
III. Zusammenfassung
§ 7 Tod des Standschafters und Abtretung der streitbefangenen Forderung
I. Tod des Standschafters
1. Zulassung eines Parteiwechsels auf den Rechtsinhaber
a) Begründung des Bundesgerichtshofs
b) Bestätigung durch Grunsky’schen Abgrenzungsmaßstab
2. Gesetzlicher oder gewillkürter Parteiwechsel?
3. Zusammenfassung
II. Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes
Ergebnisse
Literaturverzeichnis
Sachregister
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Der Wegfall der ausgeübten Prozessführungsermächtigung [1 ed.]
 9783161590429, 9783161590436, 3161590422

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Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht Band 166 herausgegeben von

Rolf Stürner

Carlo Tunze

Der Wegfall der ausgeübten Prozessführungsermächtigung

Mohr Siebeck

Carlo Tunze, geboren 1990; Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Leipzig; Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Urheberrecht der Universität Leipzig; 2019 Promotion.

ISBN 978-3-16-159042-9 / eISBN 978-3-16-159043-6 DOI 10.1628/978-3-16-159043-6 ISSN 0722-7574 / eISSN 2568-7255 (Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ biblio­graphie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außer­halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen aus der Times New Roman gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.

Meiner Großmutter Gisela Tunze

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2019 von der Juristenfakultät der Universität Leipzig als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Schrifttum befinden sich auf dem Stand von Oktober 2019. Mein hochverehrter Doktorvater, Herr Professor Dr. Christian Berger, LL.M., hat die Arbeit von der Themenfindung an bis zu ihrem Abschluss mit außergewöhnlichem Engagement begleitet. Hierfür, für die Förderung meiner Ausbildung während meines Studiums sowie für die sehr lehrreiche, stets motivierende und schöne Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl, bin ich mehr als dankbar. Besonders danken möchte ich Herrn Professor Dr. Ekkehard Becker-Eberhard für den gewinnbringenden Gedankenaustausch im Doktorandenkolloquium sowie für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens, die es ermöglicht hat, das Promotionsverfahren noch während meiner Zeit in Leipzig abzuschließen. Herrn Professor Dr. Dres. h. c. Rolf Stürner danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe „Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht“. Großer Dank gilt auch der Juristenfakultät der Universität Leipzig und der Dr.-FeldbauschStiftung für die Auszeichnung dieser Arbeit mit dem Dr.-Feld­bausch-Preis des Jahres 2019. Schließlich möchte ich Herrn Mathias Honer M.mel. sowie meinem Vater, Herrn Norbert Tunze, zunächst dafür danksagen, dass sie es auf sich genommen haben, Teile des Manuskripts Korrektur zu lesen. Überdies danke ich Herrn ­Honer aber vor allem für jahrelange aufrichtige Freundschaft, meinem Vater für seine beständige Unterstützung während meiner Ausbildung. Düsseldorf, im Januar 2020

Carlo Tunze

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Teil 1: Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 §  1 Prozessführungsbefugnis und Prozessstandschaft . . . . . . . . . . 5 I. Entwicklung und Funktion der Prozessführungsbefugnis . . . . . . 5 II. Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft . . . . . . . . 7 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 §  2 Die Prozessführungsermächtigung – Dogmatisches Fundament . . . 10 I. Ermächtigungen im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 II. Konsequenzen für die gewillkürte Prozessstandschaft . . . . . . . 11 III. Rechtsnatur der Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . . . . 13 IV. Abgrenzungen zu anderen Rechtsinstituten . . . . . . . . . . . . . 21 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Teil 2: Widerruf der Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . 27 §  3 I nteressenlage bei Klageabweisung infolge des Wegfalls der Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Klageabweisung durch Prozessurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Interessenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 III. Interessenwahrung durch negative Feststellungswiderklage? . . . . 37 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 §  4 Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . . 41 I. Konkretisierung der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 II. Maßgebliches Rechtsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 III. Wirksamkeit des Widerrufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 IV. Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

X

Inhaltsübersicht

§  5 Schutzmechanismen des Prozessrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 66 I. In Betracht kommende Regelungsmodelle – Überblick . . . . . . . 66 II. Gesetzlicher Parteiwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 III. Perpetuierung der Parteistellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 IV. Rückschau und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

Teil 3: Der Wegfall der Prozessführungsermächtigung aus anderem Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 II. Keine Anfechtungsmöglichkeit des Rechtsinhabers . . . . . . . . . 133 §  6 Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 I. Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen des Rechtsinhabers . 135 II. Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen des Standschafters . . 141 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 §  7 Tod des Standschafters und Abtretung der streitbefangenen Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Tod des Standschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 II. Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes . . . . . . . . . . 149

Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Teil 1: Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 §  1 Prozessführungsbefugnis und Prozessstandschaft . . . . . . . . . . 5 I. Entwicklung und Funktion der Prozessführungsbefugnis . . . . . . 5 II. Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft . . . . . . . . 7 1. Wirksame Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . 8 2. Schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten . . . . . . . . . . . . 8 3. Übertragbarkeit des geltend gemachten Rechts . . . . . . . . . . 9 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 §  2 Die Prozessführungsermächtigung – Dogmatisches Fundament . . . 10 I. Ermächtigungen im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1. Die Ermächtigung als Ausübungsüberlassung des Verwaltungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 II. Konsequenzen für die gewillkürte Prozessstandschaft . . . . . . . 11 III. Rechtsnatur der Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . . . . 13 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2. Relevanz der Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3. Prozesshandlungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 a) Parteiprozesshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 b) Enger Prozesshandlungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 c) Weiter Prozesshandlungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4. Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 a) Nur mittelbare prozessuale Wirkung der Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

XII

Inhaltsverzeichnis

b) Beziehung zu einem bestimmten Verfahren . . . . . . . . . . 20 IV. Abgrenzungen zu anderen Rechtsinstituten . . . . . . . . . . . . . 21 1. Einziehungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Prozessvollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3. Treuhänderische Rechtsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . 24 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Teil 2: Widerruf der Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . 27 §  3 I nteressenlage bei Klageabweisung infolge des Wegfalls der Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Klageabweisung durch Prozessurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Interessenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Interessen des Prozessgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 a) Faktische Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 aa) Verlust von Prozesslagen; Zeugenfähigkeit des Rechtsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 bb) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 b) Objektive Interessenbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . 31 aa) Verlust von Prozesslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 bb) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 cc) Ausschluss der Zeugenfähigkeit des Standschafters . . . . 32 2. Prozessstandschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3. Rechtsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 a) Faktische Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 b) Objektive Interessenbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4. Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 5. Ergebnis der Interessenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 III. Interessenwahrung durch negative Feststellungswiderklage? . . . . 37 1. Isolierte Drittwiderklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2. Fehlendes Feststellungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3. Rechtshängigkeitseinwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 §  4 Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . . 41 I. Konkretisierung der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Freie Widerruflichkeit der Einziehungsermächtigung . . . . . . . 41 2. Freie Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung jenseits eines konkreten Prozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 II. Maßgebliches Rechtsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

Inhaltsverzeichnis

XIII

1. Prozessrechtlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 a) Einteilung von Prozesshandlungen . . . . . . . . . . . . . . 44 b) Prozessführungsermächtigung als Bewirkungs- oder Erwirkungshandlung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 aa) Bewirkungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 bb) Erwirkungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Materiellrechtlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 a) Maßgeblichkeit des Grundverhältnisses . . . . . . . . . . . . 46 aa) Abstraktheit der Prozessführungsermächtigung . . . . . . 46 bb) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 b) Anwendung des §  183 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 aa) Vergleichbarkeit von Verfügungs- und Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . 49 bb) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 c) Rechtfertigung des Rückgriffs auf das materielles Recht . . . 50 aa) Grundsatz des Vorrangs des Prozessrechts . . . . . . . . . 50 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (1) Querverbindungen zwischen materiellen Recht und Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (2) Prozessvereinbarungen als Richtschnur . . . . . . . . 52 (a) Das allgemeine Vertragsrecht als allgemeiner Rechtsgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (b) Schlussfolgerung für die Anwendung des §  183 S.  1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (3) §  183 S.  1 BGB als Ausfluss eines allgemeinen Rechtsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 (a) §  183 S.  1 BGB als Schutz vor Fremdbestimmung . 55 (b) Bedeutung für die Prozessführungsermächtigung . 57 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3. Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 III. Wirksamkeit des Widerrufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 1. Dauer der Widerruflichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Widerruflichkeit auch nach Klageerhebung? . . . . . . . . . . 59 b) Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 aa) Frühzeitiger Ausschluss der Widerruflichkeit aus Gründen des Prozessgegnerschutzes? . . . . . . . . . . . . . . . . 60 bb) Widerruflichkeit bis zur vollständigen Verwirklichung des Hauptgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

XIV

Inhaltsverzeichnis

d) Beachtlichkeit des Widerrufs in der Revisionsinstanz? . . . . 62 2. Adressat der Widerrufserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3. Kein Ausschluss nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis 64 IV. Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 1. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Problemaufriss und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 §  5 Schutzmechanismen des Prozessrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 66 I. In Betracht kommende Regelungsmodelle – Überblick . . . . . . . 66 1. Vergleich beider Modelle am Maßstab des Prozessgegnerinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 a) Identisches Schutzniveau im Hinblick auf den Erhalt von Prozesslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 b) Unterschiede hinsichtlich der subjektiven Bezugspunkte der Parteifunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Weitere Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 II. Gesetzlicher Parteiwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 1. Klarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2. Analogievoraussetzungen – insbesondere Vergleichbarkeit der Interessenlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Begründung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . 71 b) Abgrenzung zu §  265 Abs.  2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . 72 aa) Kriterium des Wechsels der Prozessführungsbefugnis . . . 73 (1) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (2) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 bb) Kriterium der Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . 75 (1) Maßgebliches Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (2) Übertragung auf den Fall der gewillkürten Prozessstandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 cc) Regel-Ausnahme-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 (1) Charakterisierung der Ausnahmen . . . . . . . . . . . 78 (a) Fortfall der Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (b) Überwiegende Drittinteressen . . . . . . . . . . . 79 (c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 (2) Interessenabwägung im Fall des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . . . . 81 (a) Keine überwiegenden Drittinteressen des Rechtsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

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(b) Abwägung nach Maßgabe eines zugrunde liegenden Sicherungsgeschäfts? . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (aa) Parteiperpetuierung nur bei zugrunde liegenden Sicherungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . 82 (bb) Parteiwechsel in den übrigen Fällen der gewillkürten Prozessstandschaft . . . . . . . . 83 (cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 ee) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 III. Perpetuierung der Parteistellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 1. Rückgriff auf den Rechtsgedanken des §  269 Abs.  1 ZPO . . . . 92 a) Vergleichbarkeit der Interessenlage des Gegners bei einer Klagerücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 b) Prozessrechtliche Wirkungen des Widerrufs bei Zustimmung des Gegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 aa) Klageabweisung durch Prozessurteil . . . . . . . . . . . 94 bb) Möglichkeit des Prozesseintritts des Rechtsinhabers . . . 94 (1) Bindung des Rechtsinhabers an Prozessführung des Standschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (2) Voraussetzungen des gewillkürten Parteiwechsels . . . 96 (3) Interessenlage beim Klägerwechsel im Falle der gewillkürten Prozessstandschaft . . . . . . . . . . . . 97 (a) Kein Zustimmungserfordernis des alten Klägers . . 97 (b) Zustimmungserfordernis des neuen Klägers . . . . 98 (c) Kein Zustimmungserfordernis des Beklagten . . . 100 (4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 cc) Zusammenfassung der Rechtsfolgen der Zustimmung zum Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 c) Prozessrechtliche Wirkungen des Widerrufs bei Nichtzustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 d) Dogmatische Begründung der Parteiperpetuierung bei Nichtzustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 aa) Vorrang des Prozessrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 bb) §  261 Abs.  3 Nr.  2 ZPO analog . . . . . . . . . . . . . . . 104 cc) Der Widerruf als Doppeltatbestand . . . . . . . . . . . . 105 dd) Gesetzliche Prozessstandschaft . . . . . . . . . . . . . . 107 (1) actio pro socio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (2) §  2039 BGB analog oder §  744 Abs.  2 BGB analog . . 108

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ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 ff) Begründungsalternative von Berger . . . . . . . . . . . . 109 (1) Parallele zum mehraktigen Verfügungsgeschäft . . . . 109 (2) Übertragung auf die Prozesssituation . . . . . . . . . 110 e) Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . 111 2. Gesetzliche Prozessstandschaft gemäß §  265 Abs.  2 ZPO analog . 112 a) Analogievoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 aa) Vergleichbarkeit der Interessenlagen . . . . . . . . . . . . 113 (1) Interessenlage des Prozessgegners . . . . . . . . . . . 114 (2) Interessenlage des Rechtsinhabers . . . . . . . . . . . 114 (3) Interessenlage des ehemaligen gewillkürten Prozessstandschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 bb) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Stellungnahme: Der §  265 Abs.  2 ZPO als Grundmodell für den Wegfall der Grundlagen der Prozessführungsbefugnis . . . . . . . . . 117 c) Fortgang des Verfahrens im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft des §  265 Abs.  2 ZPO . . . . . . . . . . . 119 aa) Relevanz- oder Irrelevanztheorie? . . . . . . . . . . . . . 119 bb) Beteiligung des Rechtsinhabers am fortgeführten Verfahren 121 3. Gegenüberstellung beider Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . 123 a) Reichweite der Dispositionsbefugnis des Prozessgegners . . . 123 b) Schutz von Prozessergebnissen vor dem Zeitpunkt des §  269 Abs.  1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Dogmatische Begründung der Parteiperpetuierung . . . . . . 125 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 5. Rechtskrafterstreckung trotz des wirksamen Widerrufs der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 IV. Rückschau und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

Teil 3: Der Wegfall der Prozessführungsermächtigung aus anderem Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 II. Keine Anfechtungsmöglichkeit des Rechtsinhabers . . . . . . . . . 133 §  6 Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 I. Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen des Rechtsinhabers . 135 1. Erlöschen der Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . . . . 135 2. Mögliche Rechtsfolgen des Erlöschens . . . . . . . . . . . . . . 137

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XVII

a) Anwendung des Grunsky’schen Abgrenzungsmaßstabs . . . . 137 b) Kein Wertungswiderspruch zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 c) Vorherige Verfahrensunterbrechung gemäß §  240 ZPO analog 140 II. Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen des Standschafters . . 141 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 §  7 Tod des Standschafters und Abtretung der streitbefangenen Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Tod des Standschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Zulassung eines Parteiwechsels auf den Rechtsinhaber . . . . . 144 a) Begründung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Bestätigung durch Grunsky’schen Abgrenzungsmaßstab . . . . 145 2. Gesetzlicher oder gewillkürter Parteiwechsel? . . . . . . . . . . 146 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes . . . . . . . . . . 149

Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

Einleitung I. Problemstellung Das zentrale Problem der gewillkürten Prozessstandschaft ist der Schutz der Interessen des Prozessgegners1. Die Prozessstandschaft drängt ihn gegen seinen Willen in ein Prozessrechtsverhältnis zu einem Kläger, mit dem er materiellrechtlich nicht (mehr) verbunden ist. Dies belastet ihn vor allem dann, wenn ein mittelloser Kläger vorgeschoben wird, von dem er keine Prozesskostensicherheit (§  110 ZPO) verlangen oder gegen den er seinen Prozesskostenerstattungsanspruch aus §  91 ZPO später nicht realisieren kann. Durch die Verschiebung der Parteirollen kann dem Prozessgegner auch die Möglichkeit einer Widerklage genommen werden. Der Rechtsinhaber kann Zeuge sein im Standschafterprozess2. Die darauf gestützt gegen die gewillkürte Prozessstandschaft vorgebrachten Einwände haben hinlänglich Eingang in die Rechtsprechung und den wissenschaftlichen Diskurs gefunden. Die Auseinandersetzung mit ihnen soll in dieser Arbeit nicht ausgeweitet werden3, da letztlich kaum noch ernsthafte Zweifel an der Zulässigkeit dieser prozessualen Konstruktion bestehen4. Die Diskussion um die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der gewillkürten Prozessstandschaft kann heute als abgeschlossen betrachtet werden5: Ihre Grundlage bildet danach eine Ermächtigung zur Prozessführung (Prozessführungsermächtigung), weiterhin setzt sie ein besonderes Eigeninteresse des Prozessstandschafters an der FremdSchumann, in: FS Musielak, S.  457, 492. Schack, in: FS Gerhardt, S.  859, 872 ff. 3  Sehr ausführlich aber Schumann, in: FS Musielak, S.  457, 480 ff. 4  Rechtsvergleichend besehen ist sie jedoch keine Selbstverständlichkeit. Nicht anerkannt ist sie etwa in der Schweiz, in Österreich und in Italien, vgl. dazu Haas, in: FS Rüßmann, S.  537 f.; eine noch umfassendere Aufzählung bietet Koch, JZ 1984, 809, 811. Zu der Kritik im deutschen Recht vgl. Schack, in: FS Gerhardt, 2004, S.  859, 870 ff. („Vertrag zu Lasten Dritter“); Koch, JZ 1984, 809, 811 ff., Frank, ZZP 92 (1979), 321, 322 ff; kritisch auch Schumann, in: FS Musielak, S.  457, 480 ff.; Boecken/Krause, NJW 1987, 420, 421. 5  Dies gilt jedenfalls für das Erkenntnisverfahren. Die Behandlung der Prozessstandschaft in der Zwangsvollstreckung ist noch in mancherlei Hinsicht umstritten, vgl. dazu Becker-Eberhard, ZZP 104 (1991), 411 ff.; siehe auch Heiderhoff/Skamel, ZwVR, §  3 Rn.  70. 1  2 

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Einleitung

prozessführung voraus. Liegen diese Voraussetzungen vor, korrespondiert damit die Befugnis des rechtsfremden Standschafters, den Prozess in eigenem Namen bis zum Erlass eines Urteils in der Sache führen zu können. Der Prozessgegner wird dadurch geschützt, dass die Rechtskraft des erstrittenen Urteils sich auf den Rechtsinhaber erstreckt, der wegen der Sperrwirkung der Rechtskraft nicht ein weiteres Mal über den Streitgegenstand prozessieren kann. Parallelprozessen des Rechtsinhabers steht der Rechtshängigkeitseinwand (§  261 Abs.  3 Nr.  1 ZPO) entgegen6. Bisher noch wenig von Wissenschaft und Rechtsprechung behandelt ist hingegen das Schutzbedürfnis des Prozessgegners, der bereits Prozesslagen in einem Standschafterprozess erstritten hat und diese infolge des Wegfalls der Prozessführungsermächtigung droht zu verlieren. Die bisherige Vernachlässigung des Themas ist umso erstaunlicher, wenn man als negative Voraussetzung der gewillkürten Prozessstandschaft fordert, dass sie zu keinen ungerechtfertigten Nachteilen des Gegners führen darf7. Dieser läuft aber Gefahr, durch die gewillkürten Prozessstandschaft doppelt benachteiligt zu werden: Zunächst ist er gezwungen sich mit allen negativen Konsequenzen auf das Prozessieren mit einem rechtsfremden Dritten einzulassen. Zudem besteht das Risiko, dass, selbst wenn der Prozess aus Sicht des Prozessgegners günstig verläuft, ihm die Früchte seiner Prozessführung wieder aus der Hand geschlagen werden, wenn es infolge des Wegfalls der Ermächtigung zu einer Klageabweisung durch Prozessurteil kommt. Das Erstreiten vorteilhafter Prozessergebnisse im Standschafterprozess wäre nur ein Pyrrhussieg, zumal wenn der Rechtsinhaber sie für prozesstaktische Erwägungen in einem Folgeprozess nutzen kann. Diese Aspekte sind in der gegen die gewillkürte Prozessstandschaft vorgebrachten Kritik, die in ihr ein besonders missbrauchsanfälliges Rechtsinstitut sieht8, noch wenig beachtet worden, wenngleich sie diese Bewertung auf deutliche Weise zu bestätigen scheinen. Das Schutzbedürfnis des Prozessgegners, der sich der gewillkürten Prozessstandschaft ausgesetzt sieht, soll den Leitgedanken der in dieser Arbeit anzustellenden Überlegungen zum Wegfall der Prozessführungsermächtigung bilden. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob die mit der gewillkürten Prozessstandschaft einhergehende Verschiebung der Parteirollen nach dem nachträglichen Entfallen ihrer wesentlichen Voraussetzung aufgehoben 6  BGHZ 78, 1, 7 = NJW 1980, 2426; BGH, WM 1985, 1324, 1325 (unter I. 3); Berger, Rechtskraft, S.  198; Grunsky/Jacoby, ZivilProzR, Rn.  262; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S.  326. 7 So Musielak/Voit, GK ZPO, Rn.  252; ähnlich Pohlmann, ZivilProzR, §  5 Rn.  261, die die Schutzwürdigkeit des Eigeninteresses des Standschafters in Frage stellt, wenn der Gegner Nachteile durch die Prozessstandschaft erleidet. 8  Schack, in: FS Gerhardt, S.  859, 873; Henckel, in: FS Larenz, S.  643, 654.

Einleitung

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werden darf, oder ob der Rechtsinhaber an seiner Entscheidung, einen Dritten für sich prozessieren zu lassen, festgehalten werden muss. Diese Frage berührt dabei Grundprobleme des Zivilprozessrechts im Bereich der Prozessführungsbefugnis und der Parteilehre, die ihrerseits nicht völlig geklärt sind9, was die nachfolgenden Untersuchungen vor dogmatische Herausforderungen stellt. Die große Relevanz der Thematik liegt zum einen darin begründet, dass die gewillkürte Prozessstandschaft als solche mittlerweile enorme praktische Bedeutung erlangt hat; zahllose einschlägige höchstrichterliche Entscheidungen belegen dies10. Neben den quantitativ kaum zu überblickenden Judikaten im Kreditsicherungsrecht, wird sie heute insbesondere auch im Rechtsverkehr mit nicht oder nur eingeschränkt fungiblen Gütern verwendet, wie etwa im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht11. Die Relevanz der Rechtsfragen, die sich aus dem Wegfall der ausgeübten Prozessführungsermächtigung ergeben, wird zum anderen dadurch erhöht, dass die Gründe für einen solchen Wegfall verschiedenartig sind und sich der Blick nicht auf den Widerruf der Ermächtigung verengen sollte.

II. Gang der Untersuchung Der Gang der Untersuchung ist dabei Folgender: In einem Grundlagenteil sollen zunächst knapp einige allgemeine Ausführungen zur gewillkürten Prozessstandschaft und zur Prozessführungsbefugnis erfolgen, die in erster Linie die Aufgabe haben, die Ausführungen zu den Kernfragen der Arbeit zu entlasten (§  1). Der Schwerpunkt des Grundlagenteils der Arbeit liegt in der Befassung mit der dogmatischen Einordnung der Prozessführungsermächtigung als materiellrechtliches Rechtsgeschäfts oder als Prozesshandlung. Dem schließt sich eine kurze Abgrenzung zu verwandten Rechtsinstituten an (§  2). Nachdem damit im ersten Teil das dogmatische Fundament für die Befassung mit der Prozessführungsermächtigung bereitet wurde, wendet sich der zweite Teil dem Komplex des Widerrufs der Ermächtigung zu. Hier beginnen die Ausführungen mit einer umfassenden Interessenanalyse der Beteiligten (§  3), bevor in §  4 die Frage aufgeworfen wird, unter welchen Voraussetzungen – wenn überhaupt – eine Prozessführungsermächtigung widerrufen werden kann. Eine wichtige Rolle spielt dabei, welche rechtlichen Maßstäbe die Widerruflichkeit bestimmen. Den Schwerpunkt des zweiten Teils bildet §  5, in dem die prozessualen Rechtsfolgen des wirksamen Widerrufs der Prozessführungsermächtigung behandelt Berger, Rechtskraft, S.  1. Vgl. dazu Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  50 ff. 11  Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 405 (mit zahlreichen Nachweisen).

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Einleitung

werden. Die hier anzustellenden Überlegungen stehen unter dem Leitgedanken des Prozessgegnerschutzes. In Konkurrenz treten dabei die Regelungsmodelle eines gesetzlichen Parteiwechsels sowie der Parteiperpetuierung nach §  265 Abs.  2 ZPO. Schwerpunktmäßig wird hier auf die umstrittene Frage einzugehen sein, nach welchen Kriterien beide Regelungskonzepte in den gesetzlich nicht geregelten Fällen voneinander abzugrenzen sind. Als Ergebnis dieser Abgrenzung wendet sich die Arbeit sodann der Parteiperpetuierung zu und diskutiert, inwiefern §  265 Abs.  2 ZPO auch für den Wegfall der bloßen Prozessführungsbefugnis ein adäquates Regelungsmodell darstellen kann. Unter der Maßgabe einer Parteiperpetuierung als Rechtsfolge des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung soll sich der Blick aber nicht auf eine entsprechende Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO beschränken. Auch ist das Alternativkonzept des Bundesgerichtshofs einzubeziehen, das dieser unter Verwerfung der benannten Regelungskonzepte und unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des §  269 Abs.  1 ZPO in einer jüngeren Entscheidung12 entwickelt hat. Der dritte Teil untersucht in den §  6 und §  7 weitere Gründe, die – neben dem Widerruf – zum Wegfall der Prozessführungsermächtigung führen können und entwickelt auf der Basis der Ergebnisse des zweiten Teils Vorschläge für deren Behandlung. Die Arbeit schließt sodann mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Befunde der vorausgegangenen Untersuchungen.

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BGH, NJW 2015, 2425.

Teil 1

Grundlagen §  1 Prozessführungsbefugnis und Prozessstandschaft In dieser Arbeit geht es im Kern um die Frage, wem nach dem Wegfall der ausgeübten Prozessführungsermächtigung die Prozessführungsbefugnis hinsichtlich des im Standschafterprozess geltend gemachten prozessualen Anspruchs zusteht. Die Prozessführungsbefugnis berührt das Grundproblem jeder Prozessrechtswissenschaft schlechthin, nämlich das Verhältnis von materiellem Recht und Prozessrecht1, dem sich auch diese Arbeit zuwendet. Als Ausgangspunkt der anzustellenden Überlegungen soll zunächst die Funktion der Prozessführungsbefugnis in unserem Prozessrechtssystem bestimmt werden, die in erster Linie vor dem Hintergrund der Wandelung des zivilprozessualen Parteibegriffs zu ergründen ist (unten I). Ausgehend von dieser Funktion werden sodann überblicksartig die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft dargestellt (unten II). Diese Darstellung legt die Ergebnisse der Rechtsprechung und herrschenden Literaturauffassung zugrunde, da es nicht das Anliegen dieser Arbeit ist, den seit Jahrzehnten gefestigten Meinungsstand zu den Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft in Zweifel zu ziehen, sondern das Augenmerk auf den Bereich des Rechtsinstituts zu richten, in dem noch „Klärungsbedarf“ 2 für Theorie und Praxis besteht.

I. Entwicklung und Funktion der Prozessführungsbefugnis Erst seit der Durchsetzung des formellen Parteibegriffs ist zwischen Prozessführungsbefugnis und Sachlegitimation begrifflich und sachlich zu unterscheiden. Sachlegitimation bedeutet die subjektive Seite des streitigen Rechts. Sie ist Voraussetzung der Begründetheit; ihr Fehlen führt daher zur Sachabweisung. Dagegen sieht die nahezu einhellige Auffassung3 in der Prozessführungsbefugnis eine G. Lüke, ZZP 76 (1963), 1. Braun, ZivilProzR, S.  341 zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung. 3  Statt aller Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  46 Rn.  3; einschränkend nur Bruns, ZivilProzR (1.  Aufl.), S.  81. 1 

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Teil 1: Grundlagen

Sachurteilsvoraussetzung, deren Mangel zur Unzulässigkeit der Klage führt. Dies hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen4. Die Prozessführungsbefugnis beantwortet die Frage, wer die „richtige Partei“ in dem Rechtsstreit ist – eine Inhaltsbestimmung, die Eingang in die höchstrichterliche Rechtsprechung gefunden hat5. Relevant wird die Frage nach der Prozessführungsbefugnis nur dann, wenn der Kläger nicht auch Inhaber des geltend gemachten Rechts ist. Daran wird deutlich, dass das Rechtsinstitut eine Korrektivfunktion hat, um den Kreis potentieller Kläger unter der Geltung des formellen Parteibegriffs zu begrenzen. So lag die einstige Abwehrhaltung gegen die gewillkürte Prozessstandschaft im materiellen Parteibegriff begründet, der noch bis etwa zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vorherrschte: In einer Parteilehre, in der nur die Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses als Parteien in Betracht kommen, muss die gewillkürte Prozessstandschaft als Fremdkörper erscheinen. Von einem solchen Parteiverständnis ausgehend führte Gönner in seinem „Handbuch des deutschen gemeinen Prozesses“ von 1801 aus: „Soll der ganze Rechtsstreit seinen Zweck nicht verfehlen, so müssen diejenigen als streitende Teile auftreten, welche der Gegenstand des Streites zu den Seinen rechnen können, [...] hieraus fließt die Notwendigkeit der Legitimation zur Sache“6.

Selbst nach Inkrafttreten der CPO definierte noch Planck als Parteien: „die an dem streitigen Privatrechtsverhältnis Beteiligten7“. Erst mit der Durchsetzung des formellen Parteibegriffs gegen Ende des 19. Jahrhunderts, der allein in der Tatsache, dass ein Kläger Rechtsschutz sucht, die Begründung seiner Parteieigenschaft sieht8, war konstruktiv ein Prozess im eigenen Namen möglich, den ein Dritter über ein fremdes Recht führt9. Damit korrespondiert für den Prozessgegner freilich das Risiko, sich auf Klagen von Personen einlassen zu müssen, mit denen er zu keinem Zeitpunkt materielle Rechtsbeziehungen hatte, und er etwa nicht wüsste, ob er vor einer erneuten Klage des Rechtsinhabers oder anderen Personen wegen derselben Sache geschützt wäre10. Von diesem Risiko befreite den Beklagten die unter dem materiellen Parteibegriff angenommene Ein4 A.A. Grunsky, Grundlagen, S.  230, der darauf verweist, dass das Erfordernis der Prozessführungsbefugnis ausschließlich dem Interesse des Prozessgegners dient (dazu sogleich) und daher allein dieser darüber entscheiden soll, ob er sich auf einen Streit trotz fehlender Prozessführungsbefugnis einlässt. 5  G. Lüke, ZZP 76 (1963), 1, 6. 6  Gönner, Hb des gemeinen Prozesses, Bd.  I, S.  306 f. 7  Planck, Lehrbuch des Deutschen Civilprozeßrechts, Bd.  I, S.  201. 8  Henckel, Parteilehre, S.  17. 9  Schumann, in: FS Musielak, S.  457, 460. 10  Schumann, in: FS Musielak, S.  457, 460; G. Lüke, ZZP 76 (1963), 1, 13.

§  1 Prozessführungsbefugnis und Prozessstandschaft

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heit von materiellen Recht und Prozessrecht. Infolge der Abkehr von diesem Parteiverständnis wurde es somit erforderlich, ein Korrektiv zu schaffen, das die in dem materiellen Parteibegriff enthaltene Schutzfunktion übernimmt11. Dies leistet das Institut der Prozessführungsbefugnis: Es stellt zum Schutz des Prozessgegners die – durch den formellen Parteibegriff verlorene – Beziehung zum materiellen Recht wieder her, indem es das grundsätzliche Erfordernis der Selbstbetroffenheit der Prozessparteien artikuliert und dadurch den Kreis der potentiellen Kläger notwendigerweise begrenzt12.

II. Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft Die Grundlage der Prozessführungsbefugnis des Klägers ist grundsätzlich die materielle Rechtsinhaberschaft13. Dies erklärt sich aus den verfügungsähnlichen Wirkungen des Urteils und dem Bedürfnis, materiellrechtliche und prozessuale Befugnisse einander anzupassen14. Wie angesprochen, kann die Prozessführungsbefugnis aber auch von der Rechtsinhaberschaft getrennt sein, etwa wenn ein Vermögensverwalter als sogenannte Partei kraft Amtes15 (z. B. ein Insolvenzverwalter oder Testamentsvollstrecker) den Prozess aufgrund gesetzlicher Vorschriften berechtigterweise führt. Ein anderer Fall ist der der gewillkürte Prozessstandschaft, bei dem ein rechtsfremder Dritter vom Rechtsinhaber ermächtigt wird, im eigenen Namen das fremde Recht einzuklagen16. Die Prozessführungsbefugnis wird dem Rechtsfremden dabei nur unter gewissen Voraussetzungen gewährt. Dies ist mit der Schutzfunktion der Prozessführungsbefugnis zu erklären, von der zudem eine Tendenz ausgeht, die einzelnen Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft restriktiv zu interpretieren.

Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S.  6. Schumann, in: FS Musielak, S.  457, 461. 13  BGHZ 31, 279, 281 = NJW 1960, 523; Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  35. 14 So Henckel, Parteilehre, S.  107. 15  Diese Formulierung kritisierend G. Lüke, ZZP 76 (1963), 1, 10. 16  Zur seltenen aber nach herrschender Lehre zulässigen passiven gewillkürten Prozessstandschaft vgl. Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  48; van Zwoll, Prozessstandschaft auf Beklagtenseite, S.  163 ff. 11 

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Teil 1: Grundlagen

1. Wirksame Prozessführungsermächtigung Die Prozessführungsermächtigung ist Ausgangspunkt und Grundlage der gewillkürten Prozessstandschaft17. Die Notwendigkeit ihres Vorliegens ist daher unbestritten. Die Ermächtigung kann auch noch nach Klageerhebung bis zum Beginn der letzten mündlichen Verhandlung (§  269a ZPO) oder dem entsprechenden Zeitpunkt18 erteilt werden19. Ob inhaltlich eine Prozessführungsermächtigung vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln20. Sie kann sich also auch aus schlüssigem Verhalten ergeben und stillschweigend zum Beispiel in einem Vertrag oder einer Satzung enthalten sein21. Die Ermächtigung muss sich auf einen bestimmten Anspruch beziehen. Eine Generalermächtigung für Rechtstreitigkeiten ist unwirksam (sogenanntes prozessuales Spezialitätsprinzip)22. 2. Schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten Während eine Mindermeinung23 den Legitimationsgrund der Fremdprozessführung allein in der Ermächtigung des Rechtsinhabers sieht, verlangen Rechtsprechung und herrschende Lehre zu Recht zusätzlich ein besonderes Interesse an der Fremdprozessführung24. Welche Qualität dieses besondere Interesse genau haben muss, wird unterschiedlich beurteilt. Grundsätzlich verfährt die Rechtsprechung großzügig25. Ein Interesse wird man danach allgemein dann annehmen müssen, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage des Prozessführungsbefugten hat26. Dass das Interessenkriterium klarer Konturen entbehrt und somit letztlich der mit ihm bezweckte Korrekturmechanismus mitunter wie17  Schumann, in: FS Musielak, S.  457, 472; MünchKommZPO/Lindacher, Vorb. §  50 Rn.  56. 18  Vgl. dazu Thomas/Putzo/Seiler, §  128 Rn.  33. 19  Thomas/Putzo/Hüßtege, §  51 Rn.  33; Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  58. 20  BGH, NJW-RR 2002, 20, 21. 21  Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  58 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung. 22  MünchKommZPO/Lindacher, Vorb. §  50 Rn.  56; Berger, JZ 1993, 1169, 1170; Zöller/ Althammer, Vorb. §  50 Rn.  41; Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 473. 23  Grunsky, Grundlagen, S.  229 f.; Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S.  92 ff.; G. Lüke, ZZP 76 (1963), 1, 30. 24  Statt aller MünchKommZPO/Lindacher, Vorb. §  50 Rn.  55 m. w. N. 25  Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 407; Schumann, in: FS Musielak, S.  457, 475; Henckel, in: FS Larenz, 643, 654 sieht in dem Interessenerfordernis nur einen prozessualen Missbrauchsvorbehalt. 26  So BGH, NJW 2017, 486, Rn.  5; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  46 Rn.  35; zu den einzelnen mittlerweile mannigfachen Fallgruppen vgl. Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  50 ff.

§  1 Prozessführungsbefugnis und Prozessstandschaft

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der preisgegeben wird, muss man im Hinblick auf die Schutzfunktion der Prozessführungsbefugnis kritisieren. Diese Kritik auszuweiten, ist freilich nicht das Anliegen dieser Arbeit27. 3. Übertragbarkeit des geltend gemachten Rechts Teilweise wird als weitere Voraussetzung pauschal gefordert, dass das Recht, zu dessen Geltendmachung ermächtigt wurde, übertragbar sein müsse28. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist aber geklärt, dass ein Anspruch unter Umständen auch dann im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend gemacht werden kann, wenn er nicht abtretbar ist29. So wird dies etwa im Hinblick auf den Grundbuchberichtigungsanspruch nach §  894 BGB30 und für den Herausgabeanspruch nach §  985 BGB31 bejaht. Man wird daher vielmehr danach fragen müssen, ob der Zweck der Unübertragbarkeit auch einer Prozessführungsermächtigung entgegensteht32.

III. Zusammenfassung Seit der Durchsetzung des formellen Parteibegriffs übernimmt die Prozessführungsbefugnis die Aufgabe, den Prozessgegner vor einem unüberblickbaren Kreis potentieller Kläger zu schützen. Diese Schutzfunktion ist Grund und Grenze der Prozessführungsbefugnis und bei allen sie betreffenden Überlegungen zu beachten. Gerade bei der gewillkürten Prozessstandschaft zeigt sich das Schutzbedürfnis des Prozessgegners, der sich aufgrund eines privatautonomen Dispositionsaktes des Rechtsinhabers gefallen lassen muss, dass eine formelle, ihm möglicherweise sogar unbekannte Partei ihn in den Prozess zwingt. Wenn in dieser Arbeit geklärt werden soll, wem die Prozessführungsbefugnis nach dem Wegfall der Prozessführungsermächtigung zusteht, ist daher stets im Blick zu behalten, welche Schutzrichtung dieses Rechtsinstitut überhaupt verfolgt. Insbesondere würde es dem Anliegen der Prozessführungsbefugnis in unserem Fall widersprechen, dem Prozessgegner bei Wegfall der Prozessführungsermächtigung eine Prozessdopplung33 hinsichtlich desselben Streitgegenstandes zuzumuten. Eingehend dazu aber Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 407 ff. Musielak/Voit, GK ZPO, Rn.  252. 29  Mit Nachweisen BGH, NJW 2017, 486, Rn.  7. 30  BGH, NJW-RR 1988, 126, 127 m. w. N. 31  BGH, NJW-RR 1986, 158. 32  Vgl. dazu Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  57. 33  Vgl. dazu unten §  3 II. 1. 27  28 

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Teil 1: Grundlagen

§  2 Die Prozessführungsermächtigung – Dogmatisches Fundament Diese Arbeit befasst sich mit der Prozessführungsermächtigung als Grundvoraussetzung der gewillkürten Prozessstandschaft. Den Ausführungen zum Wegfall dieser Voraussetzung soll im Folgenden vorangestellt werden, was allgemein unter einer Ermächtigung in unserer Rechtsordnung zu verstehen ist und welche Folgen sich daraus für die Prozessführungsbefugnis bei der gewillkürten Prozessstandschaft ergeben (unten I, II). Sodann richtet sich der Blick explizit auf die Prozessführungsermächtigung und die Frage nach ihrer Rechtsnatur (unten III). Hier steht im Fokus, ob sie als materiellrechtliches Rechtsgeschäft oder eine Prozesshandlung zu qualifizieren ist.

I. Ermächtigungen im Zivilrecht 1. Die Ermächtigung als Ausübungsüberlassung des Verwaltungsrechts Im Zivilrecht ist die Unterscheidung von abstraktem subjektiven Recht und dessen Rechtsausübung angelegt34. Das subjektive Recht ist eine von der Rechtsordnung einer bestimmten Person zugeteilte Machtstellung, kraft deren diese Person sich je nach der Eigenart des Rechts in einer bestimmten Weise verhalten darf35. Dieses Verhalten richtet sich auf die tatsächliche Verwirklichung des Rechts und stellt seine Ausübung dar; die gerichtliche Geltendmachung ist dabei eine besonders ausgeprägte Form der Rechtsausübung36. Übt ein anderer als der Rechtsinhaber das Recht aus, ohne dass damit die Übertragung des materiellen Rechts einhergeht, so spricht man von einer Ermächtigung37. Eine solche Ausübungsüberlassung liegt freilich nicht nur der Ermächtigung, sondern auch der Vollmacht (§  166 Abs.  2 BGB) zugrunde. Beide Fälle charakterisiert Ludewig als die Überlassung der Ausübung des Verwaltungsrechts38. Unter diesem versteht man das jemanden zustehende Recht, auf sein eigenes oder auf ein fremdes Rechtsverhältnis einzuwirken, namentlich in rechtsgeschäftlicher Hinsicht oder durch prozessuale Handlungen39. Zum Inhalt des Verwal34 

So geht etwa §  537 BGB davon, dass der Mieter an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert sein kann; §  988 BGB spricht von der Ausübung des Nutzungsrechts. Weitere zahlreiche Nachweise dieser Unterscheidung finden sich bei Ludewig, Ermächtigung, S.  33. 35  Hirsch, Rechtsausübung, S.  18. 36  Ludewig, Ermächtigung, S.  32. 37  Siebert, Treuhandverhältnis, S.  253. 38  Ludewig, Ermächtigung, S.  36. 39  Rehme, Ermächtigung, S.  24 f.

§  2 Die Prozessführungsermächtigung

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tungsrechts gehören danach insbesondere die Befugnis, Rechtsgeschäfte vorzunehmen (Verpflichtungsbefugnis), über vorhandene Rechte zu verfügen (Verfügungsbefugnis), ferner Rechte außergerichtlich geltend zu machen oder sie prozessual zu verfolgen (Prozessführungsbefugnis)40. Als Nachweis der Unterscheidung von der Inhaberschaft des Verwaltungsrechts und dessen Ausübungsbefugnis kann auch der §  80 Abs.  1 InsO herangezogen werden, wonach der Insolvenzverwalter die dem Insolvenzschuldner gehörende Insolvenzmasse verwaltet, ohne jedoch Rechtsinhaber zu sein41. Danach liegt eine Doppelzuordnung42 der verwalteten Insolvenzmasse an den Insolvenzschuldner, der die Rechtsträgerschaft behält, und andererseits an den Insolvenzverwalter, der die tatsächliche und rechtliche Herrschaft ausüben kann, vor. Diese Doppelzuordnung ist im Fall des §  80 InsO gesetzlich angeordnet. Sie kann aber auch gewillkürt aufgrund einer Ermächtigung eintreten. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz der allgemeinen Übertragbarkeit der Vollrechte, der zu einem Schluss a maiore ad minus zwingt: Wenn die Rechtsordnung es zulässt, dass das Recht von dem Berechtigten auf eine andere Person übergeht, ihm also das Recht entzogen wird, so muss es im Sinne der Rechtsordnung erst recht zulässig sein, dass der Berechtigte einem anderen nur die Ausübung des Rechts überlässt, während er selbst Inhaber des Rechts bleibt und noch neben dem anderen zur Ausübung berechtigt ist43. 2. Zwischenergebnis Die Ermächtigung stellt sich als eine Rechtshandlung dar, mit der die Ausübung des Verwaltungsrechts am Vermögen des Ermächtigenden dem Ermächtigten ganz oder zum Teil überlassen wird. Dadurch verliert der Ermächtigende nicht sein eigenes Verwaltungsrecht, vielmehr liegt nur eine abgeleitete Ausübungsüberlassung des Verwaltungsrechts vor.

II. Konsequenzen für die gewillkürte Prozessstandschaft Eine Grundfrage der Prozessstandschaft44 ist, ob der gewillkürte Prozessstandschafter originäre Prozessführungsbefugnis besitzt, oder ob seine ProzessfühLudewig, Ermächtigung, S.  36 f. Der Wortlaut des §  80 Abs.  1 InsO ist insofern unglücklich, da er den Übergang eines „Recht“ anordnet. „Recht“ ist aber als „Befugnis“ zu lesen, vgl. Jaeger/Windel, InsO, §  80 Rn.  7. 42  So MünchKommBGB/Zimmermann, §  2205 Rn.  1 für den ähnlich gelagerten Fall der Testamentsvollstreckung. 43  Ludewig, Ermächtigung, S.  34. 44 So Berger, Rechtskraft, S.  104 (Fn.  118). 40  41 

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Teil 1: Grundlagen

rungsmacht eine vom Rechtssubjekt abgeleitete sekundäre Befugnis darstellt45. Diese Problematik wird hier zum einen deshalb aufgegriffen, da im Rahmen dieser Arbeit auch die Frage zu beantworten ist, wie sich der Wegfall der Prozessführungsbefugnis des Rechtsinhabers auf den Bestand der Prozessführungsbefugnis des Standschafters auswirkt46. Denn wenn sich dieser stets nur auf eine sekundäre, abgeleitete Befugnis berufen könnte, so wäre ihr Bestand akzessorisch von der des Rechtsinhabers. Aber auch jenseits dieser Fälle hat die Klärung der Frage zumindest aus terminologischen Gründen Relevanz. So wird der Wegfall der Prozessführungsermächtigung in der Literatur als Fall des „Wechsels“47 oder des „Übergangs“48 der Prozessführungsbefugnis bezeichnet. Diese Umschreibung wäre aber dogmatisch unzutreffend, wenn sich der gewillkürte Standschafter ohnehin nur auf eine sekundäre Ausübungsbefugnis berufen kann, während die originäre Prozessführungsbefugnis trotz Ermächtigung dem Rechtsinhaber zusteht. In diesem Fall würde der Wegfall der Prozessführungsermächtigung nur das Ende der Ausübungsbefugnis der abgeleiteten Prozessführungsbefugnis bedeuten, nicht aber den Wechsel oder den Rückfall der originären Prozessführungsbefugnis auf den Rechtsinhaber. Nur die letztgenannte Sichtweise steht mit dem Verständnis einer Ermächtigung in unserer Rechtsordnung im Einklang, weshalb sie letztlich Zustimmung verdient. Es ist also davon auszugehen, dass mit der Prozessführungsermächtigung keine originäre Prozessführungsbefugnis zugunsten des Standschafters geschaffen wird49. Mit ihrer Erteilung räumt der Rechtsinhaber dem Standschafter die Rechtsmacht ein, einen Teil seines Verwaltungsrechts in der Dimension der Prozessführungsbefugnis auszuüben. Daraus folgt – wie in allen Fällen der Ermächtigung – eine Vervielfachung der Ausübungskompetenz, da der Rechtsinhaber durch die Ermächtigung nicht seine eigene Prozessführungsbefugnis aufgibt, sondern nur eine weitere Ausübungsbefugnis zugunsten des Standschafters schafft. Anders als bei der Übertragung der Prozessführungsbefugnis etwa durch Abtretung des Anspruchs, kann die Ausübungsbefugnis durch Prozessführungsermächtigungen beliebig oft dupliziert werden. Daraus erwächst für den Prozessgegner freilich nicht die Gefahr, mehrfach über denselben Streitgegenstand pro-

Berger, Rechtskraft, S.  104. Vgl. unten §  6 I. 1.; §  7 II. 47  Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  265 Rn.  13; Windel, Der Interventionsgrund des §  66 Abs.  1 ZPO als Prozessführungsbefugnis, S.  161. 48  MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  265 Rn.  58, 63. 49  Eingehend dazu und zu den von der Gegenansicht vorgebrachten Argumenten, Berger, Rechtskraft, S.  104 ff. 45  46 

§  2 Die Prozessführungsermächtigung

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zessieren zu müssen. Dies verhindert der Rechtshängigkeitseinwand beziehungsweise die Sperrwirkung der Rechtskraft50.

III. Rechtsnatur der Prozessführungsermächtigung 1. Problemstellung Umstritten ist, ob die Prozessführungsermächtigung als Prozesshandlung oder als Rechtsgeschäft des Bürgerlichen Rechts zu qualifizieren ist. Aus der Charakterisierung der Ermächtigung als eine Ausübungsüberlassung des Verwaltungsrechts am Vermögen des Ermächtigenden lässt sich keine Zuordnung herleiten. So besteht die Möglichkeit der Ausübungsüberlassung des Verwaltungsrechts nicht nur im materiellen Recht. Auch das Verfahrensrecht kennt diese Möglichkeit, denkt man etwa an die Prozessvollmacht (§  80 ZPO). Die überwiegende Ansicht geht davon aus, dass die Prozessführungsermächtigung als Prozesshandlung zu charakterisieren ist51. Allerdings ist diese Einordnung nicht selbstverständlich. Weniger ist dabei entscheidend, dass die Prozessführungsermächtigung seit Anerkennung der gewillkürten Prozessstandschaft in der ZPO keine Regelung erfahren hat. Dies trifft generell auf die gewillkürte Prozessstandschaft zu, wobei deshalb niemand bestreitet, dass es sich um ein reines prozessrechtliches Institut handelt. Der Charakterisierung als Prozesshandlung scheint aber entgegenzustehen, dass die Prozessführungsermächtigung eine Handlung darstellt, die typischerweise außerhalb des Prozesses erfolgt und auch dem Prozessbeginn zeitlich weit vorgelagert ist. Aus diesem Grund wird vereinzelt auch dem verwandten Rechtsinstitut der Prozessvollmacht52 der Prozesshandlungscharakter abgesprochen53. Gegen eine Prozesshandlung spricht ferner, dass Adressat der Ermächtigung nicht das Gericht ist. So verneint Schwab den Prozesshandlungscharakter von Prozessvereinbarungen auch unter dem Hinweis darauf, dass sie eine andere Erklärungsrichtung als einseitige Prozesshandlungen haben: Letztere sind an das Gericht gerichtet, während Prozessverträge zunächst nur eine Vereinbarung unter den Parteien bilden54. Untypisch für eine Prozesshandlung ist weiterhin, dass der Erklärende selbst nicht Prozesspartei ist und sich dies nach dem formellen Parteibegriff auch nicht ändert, wenn letztlich 50 

BGHZ 78, 1, 7 = NJW 1980, 2426; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  261 Rn.  51; ausführlich Berger, Rechtskraft, S.  198 ff. 51  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  21; NJW 2011, 2581 Rn.  12; NJW 1989, 1932, 1933; WM 1966, 1224; Zöller/Althammer, Vorb. §  50 Rn.  41; Schumann, in: FS Musielak, S.  457, 473; Michaelis, in: FS Larenz, 443, 463; Soergel/Leptien, §  185 Rn.  34. 52  Zur Abgrenzung vgl. unten IV. 2. 53  Blomeyer, ZivilProzR, S.  76. 54  Schwab, in: FS Baumgärtel, 503, 504 f.

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Teil 1: Grundlagen

Klage durch den Standschafter erhoben wird. Nach heute verbreiteter Auffassung entsteht durch die Klageerhebung ein dreiseitiges Prozessrechtsverhältnis zwischen Gericht und Parteien55. Dieses Prozessrechtsverhältnisses wird von den Beteiligten durch Prozesshandlungen ausgestaltet. Der hier handelnde Rechtsträger ist jedoch nicht Beteiligter dieses Prozessrechtsverhältnisses. Daher kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass er wie eine Prozesspartei durch die Vornahme von Prozesshandlungen in Erscheinung tritt. Wohl aus den dargelegten Gründen wird die Charakterisierung der Prozessführungsermächtigung als Prozesshandlung bestritten und eine Einordnung als materiellrechtliche Erklärung nach §  185 BGB56 (analog57) vorgeschlagen. 2. Relevanz der Abgrenzung Die Frage nach der Rechtsnatur einer juristischen Figur wird zuweilen als wenig ertragreich bezeichnet, was in besonderem Maße für die Abgrenzung von Prozessrecht und materiellen Recht gilt58. Relevant ist die genaue Einordnung der Prozessführungsermächtigung als Prozesshandlung in Abgrenzung zum materiellrechtlichen Rechtsgeschäft aber für die Frage, wieweit sie nach Prozessrecht und wieweit sie nach anderen, etwa dem BGB zu entnehmenden Regeln zu beurteilen ist59. Eminent wichtig ist die Unterscheidung von materiellem Recht und Prozessrecht ferner für die Beurteilung der Reichweite der Dispositionsbefugnis der Beteiligten, da die Abgrenzung von Prozesshandlung und Rechtsgeschäft ebenso in das Spannungsfeld von Richtermacht und Parteifreiheit eingebettet ist60. Zwar stehen auch Prozesshandlungen wie bürgerlichrechtliche Rechtsgeschäfte unter dem Leitbild der Freiheit und Selbstverantwortung des einzelnen Bürgers61, jedoch nur im Rahmen des öffentlich-rechtlich strukturierten Prozessrechtsver55  Wagner, Prozeßverträge, S.  14; Jauernig/Hess, ZivilProzR, §  32 Rn.  4; Zöller/Vollkommer, Einl. Rn.  52; Dölle, in: FS Riese, 279, 290. 56  Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  46 Rn.  33; wohl auch G. Lüke, ZZP 76 (1963), 1, 27, der von einer Begründung der Prozessführungsbefugnis „durch Rechtsgeschäft“ spricht. 57  Thomas/Putzo/Hüßtege, §  51 Rn.  33; Schellhammer, Zivilprozess, S.  597; Rosenberg, ZivilProzR (1.  Aufl.), S.  166; Grunsky, Grundlagen, S.  228; Rüßmann, AcP 172 (1972), 520, 522; offenlassend PG/Gehrlein, §  50 Rn.  39. 58  Kornblum, FamRZ 1973, 416, 417. 59  Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  240; Im Fall der Prozessführungsermächtigung scheint die Abgrenzung im Hinblick auf die anzuwendenden Rechtsvorschriften zunächst keine Relevanz zu haben, da sich zumindest ihre Erteilung nach herrschender Meinung nach materiellen Recht richtet und zwar unabhängig von ihrer Rechtsnatur, vgl. unter 3. b). 60  Baumgärtel, ZZP 87 (1974), 121, 124. 61 Instruktiv Schreiber, JURA 1988, 190.

§  2 Die Prozessführungsermächtigung

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hältnisses, das nicht nur vom Interesse der Parteien, sondern auch von öffentlichen Belangen geprägt ist62. Das Handeln der Parteien im Prozess ist daher auch unter dem Gesichtspunkt des Funktionierens der Rechtspflege zu beurteilen, weshalb ihre Parteiautonomie im Prozess eingeschränkt ist. Sie besitzen ihre Dis­posi­tions­befugnis nur nach Maßgabe des Prozessrechts63. Diese Unterscheidung ist im Umgang mit Prozesshandlungen stets im Blick zu behalten und kann sich daher auch auf die Behandlung der Prozessführungsermächtigung auswirken, wenn es um die Reichweite der Dispositionsbefugnis der Beteiligten geht. In den Fokus rückt dabei insbesondere die Frage der Widerruflichkeit der Ermächtigung nach Klageerhebung. Nach dem Gesagten darf die Abgrenzung von materiellem Recht und Prozessrecht keinesfalls vernachlässigt werden. Sie ist am Begriff der Prozesshandlung zu vollziehen. Die Begriffsbestimmung markiert die Trennlinie zwischen beiden Rechtsmaterien. Sie ist daher entscheidend für die grundsätzliche Anwendbarkeit der entsprechenden Rechtssätze und wegweisend für den Umfang der Gestaltungsbefugnis der Beteiligten. Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden unternommen werden, die Charakterisierung der Prozessführungsermächtigung anhand der vertretenen Prozesshandlungsbegriffe zu begründen um daraus eine tragfähige dogmatische Basis für die weitere Befassung mit dieser Rechtsfigur zu gewinnen. 3. Prozesshandlungsbegriff Aus der Frontstellung gegen die „Begriffsjurisprudenz“ heraus begegnet man der Bemühung um die Herausarbeitung eines Rechtsbegriffs oft mit Geringschätzung64. Der Versuch einer genauen Begriffsbestimmung der Prozesshandlung ist aber kein bloßer Selbstzweck, sondern die notwendige Voraussetzung dafür, einen gesetzlich nicht normierten Bereich wie die gewillkürte Prozessstandschaft rechtsdogmatisch zu fassen. Dabei rückt insbesondere die Prozessführungsermächtigung als außerprozessuales Phänomen in den Fokus. Wie Konzen anführt, ist gerade das Hauptziel aller Definitionsbemühungen die Abgrenzung des Prozessrechts von außerprozessualem Parteiverhalten, speziell von zivilrechtlichen Rechtsgeschäften65.

62 

Stein/Jonas/Leipold, 22.  Aufl. (2005), vor §  128 Rn.  208. Baumgärtel, ZZP 87 (1974), 121, 129. 64  Bruns, JZ 1959, 204, 205; Schmalz, Methodenlehre, S.  83: „Verdammungsurteil“ für eine juristische Methode. 65  Konzen, Rechtsverhältnisse, S.  54. 63 

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Teil 1: Grundlagen

Dabei liegt es für die Abgrenzung von Rechtsgeschäft und Prozesshandlung nahe, die Grenzlinie zuerst im Gesetz zu suchen66. Die ZPO enthält allerdings keine Begriffsbestimmung für Prozesshandlungen67. Gleichwohl verwendet sie in einer Vielzahl von Normen diesen Begriff (vgl. etwa §§  54, 67, 78 Abs.  3, 81, 230 ZPO). Daraus lasse sich ableiten, dass jedenfalls all diejenigen Handlungen als Prozesshandlungen gelten, die unmittelbar dem Betrieb des anhängigen Prozesses dienen. Ob darüber hinaus auch Handlungen vor dem Prozess dem Begriff unterfallen, könne man aus den genannten Bestimmungen hingegen nicht ablesen68. Auf der anderen Seite kann aber auch die oft beschriebene Nähe der Prozessführungsermächtigung zur Verfügungsermächtigung69 und deren Standpunkt im materiellen Recht (§  185 BGB) nicht als Argument für die Charakterisierung als materiellrechtliches Rechtsgeschäft angeführt werden. Denn Systemübergriffe vom materiellen Recht und Prozessrecht sind in unserer Rechtsordnung nicht unüblich, wie das Beispiel des §  2039 BGB zeigt70. Hier regelt eine Norm des BGB die Prozessführungsbefugnis des Miterben. Schon an diesem Beispiel wird deutlich, dass die Stellung eines Rechtssatzes im BGB oder in der ZPO für eine systematische Zuordnung unverbindlich ist71. a) Parteiprozesshandlung Der Begriff der Prozesshandlung ist auch für Handlungen des Gerichts gebräuchlich. Diese sind aber aus der nachfolgenden Begriffsbestimmung auszuklammern, da sie als hoheitliche Akte eigenen Maßnahmen und Regeln unterliegen72. Ferner haben die Handlungen des Gerichts für die Erteilung der Prozessführungsermächtigung keinerlei Relevanz. Es geht im Folgenden daher nur um die Begriffsbestimmung von Parteiprozesshandlungen.

Konzen, Rechtsverhältnisse, S.  48. Mitsopoulos, ZZP 91 (1978), 113, 118 weist darüber hinaus darauf hin, dass sich auch in meisten anderen Rechtsordnungen keine Legaldefinition des Prozesshandlungsbegriffs finden lässt. 68  Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  239. 69  Vgl. unten §  4 II. 2. b) aa), 70  Konzen, Rechtsverhältnisse, S.  48. 71  Hellwig, Prozeßhandlung und Rechtsgeschäft, S.  45; Konzen, Rechtsverhältnisse, S.  48; Stein/Jonas/Pohle, 19.  Aufl. (1972), Einl. M I 1; Henckel, Prozessrecht und materielles Recht, S.  5. 72  W. Lüke, ZivilProzR, §  19 Rn.  204; MünchKommZPO/Rauscher, Einl., Rn.  412. 66  67 

§  2 Die Prozessführungsermächtigung

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b) Enger Prozesshandlungsbegriff Nach dem engen Prozesshandlungsbegriff werden Prozesshandlungen als solche Handlungen der Parteien verstanden, die den Prozess gestalten und in Voraussetzungen und Wirkungen dem Prozessrecht unterstehen73. Danach müssen Prozesshandlungen also nicht nur prozessuale Wirkungen aufweisen, sondern auch nach ihren Voraussetzungen durch prozessrechtliche Vorschriften geregelt sein74. Das Anliegen dieser engen Begriffsbestimmung wird darin gesehen, Prozessverträge aus dem Kreis der Prozesshandlungen auszuklammern75, richtet sich deren Wirksamkeit doch nach den Regelungen des BGB76. Legte man diese Begriffsbestimmung zugrunde, würde die Prozessführungsermächtigung ebenfalls keine Prozesshandlung darstellen, da ihre Wirksamkeit nach herrschender Meinung ebenfalls am Maßstab des Bürgerlichen Rechts zu bemessen ist77. Dies wird damit begründet, dass die Ermächtigung regelmäßig außerhalb und lange vor einem Prozess erteilt wird und somit nicht in der erforderlichen Nähe zu diesem steht. Deshalb wäre es nicht gerechtfertigt, die Regelungslücke der ZPO durch Grundsätze zu schließen, die einseitigen Prozesshandlungen innerhalb eines Prozesses vorbehalten sind78. Freilich spricht gegen den engen Prozesshandlungsbegriff, dass er die wesentlichste Funktion der Begriffsbestimmung, nämlich die Abgrenzung der anzuwendenden Rechtsnormen, nicht erfüllt. Denn ob die Voraussetzungen nach Prozessrecht oder nach materiellem Recht zu bestimmen sind, ist gerade die Frage, die man mit Hilfe eines richtig verstandenen Prozesshandlungsbegriffs beantworten möchte79. Dass die Voraussetzungen einer Norm oder einer Rechtshandlung nicht entscheidend sein können für die Weichenstellung zwischen Prozessrecht und materiellen Recht, begründet Henckel80 mit der Existenz einiger Normen, deren Tatbestände Vorgänge des Verfahrens umschreiben, die aber eindeutig zum materiRGZ 77, 324, 329; BGHZ 49, 384, 386 = NJW 1968, 1233; Rosenberg/Schwab, Zivil­ ProzR (13.  Aufl.), §  63 IV; Schwab, in: FS Baumgärtel, S.  503, 505; Zeiss/Schreiber, Zivil­ ProzR, §  35 Rn.  211 f. 74  Konzen, Rechtsverhältnisse, S.  53. 75  Schwab, in: FS Baumgärtel, S.  505, 504. 76  Vgl. unten §  4 II. 2. c), bb), (2). 77  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  21; NJW 2011, 2581 Rn.  12; NJW 2000, 738, 739; Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  56; MünchKommZPO/Lindacher, Vorb. §  50 Rn.  56; Berger, in: FS Prütting, S.  221, 226; Zöller/Vollkommer, Vorb. §  50 Rn.  41; Musielak/Voit/ Weth, §  51 Rn.  26; BeckOK-ZPO/Hübsch, §  51 Rn.  47; PG/Gehrlein, §  50 Rn.  39. 78  Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  56. 79  Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  242; MünchKommZPO/Rauscher, Einl. Rn.  413. 80  Henckel, Prozessrecht und materielles Recht, S.  9. 73 

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Teil 1: Grundlagen

ellen Recht gehören. So sei etwa §  204 BGB eine Vorschrift des materiellen Rechts, obwohl alle Tatbestände der Verjährungshemmung verfahrensrechtliche Vorgänge enthalten. §  823 Abs.  1 BGB bleibe auch dann eine materiellrechtliche Norm, wenn die unerlaubte Handlung eine Prozesshandlung ist. Die Zuordnung dieser Normen zum materiellen Recht beruhe vielmehr auf ihren materiellen Rechtsfolgen. Umgekehrt existieren auch prozessuale Rechtsnormen, deren Tatbestände außerprozessuale Vorgänge umschreiben. Hier verweist Henckel etwa auf die §§  325 bis 327 ZPO, die allesamt materiellrechtliche Vorgänge enthalten, was für die Charakterisierung der Rechtskraftwirkung und der Rechtskrafterstreckungsnormen als prozessuale Vorschriften indes belanglos ist. Auch hier könne man die prozessuale Charakterisierung der Vorschriften nur aus deren Rechtsfolgen ableiten. Nicht zuletzt spricht gegen den engen Prozesshandlungsbegriff, dass er von einem impraktikablen strikten Entweder-Oder in der Beurteilung der Voraussetzungen ausgeht. Denn dass eine Prozesshandlung in erster Linie nach Prozessrecht zu beurteilen ist, schließt nicht per se aus, ergänzend auf materiellrechtliche Grundsätze zurückzugreifen, soweit sich dies mit dem Wesen der Prozesshandlung und der Interessenlage verträgt81. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Prozessrecht – wie im Fall der Prozessführungsermächtigung – gar keine adäquate Regelung bereithält. c) Weiter Prozesshandlungsbegriff Daher ist dem weiten Prozesshandlungsbegriff zu folgen, der allein darauf abstellt, ob die Handlung gestaltend auf ein aktuelles oder künftiges Verfahren einwirkt82. Durch das Kriterium der „Verfahrensgestaltung“ kommt der funktionelle Zusammenhang der Prozesshandlung mit der „Prozessentwicklung“ am besten zum Ausdruck83. Es ist allerdings einzugrenzen, dass nicht jedes prozessual irgendwie relevante Verhalten eine Prozesshandlung darstellt, da angesichts der Vielzahl unterschiedlicher prozessbezogener Handlungen die Abgrenzung zum materiellen Recht konturlos verlaufen würde84. Man denke etwa an deliktische Handlungen, die ebenfalls prozessuale Rechtsfolgen nach sich ziehen (vgl. §  32 ZPO). Solche bloßen Nebenwirkungen bleiben bei der Abgrenzung zum materiellen Recht außer Betracht. Maßgebend sind allein die charakteristischen pro-

81 

Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  242. Henckel, Prozeßrecht und materielles Recht, S.  29; Baumgärtel, Prozeßhandlung, S.  286 ff., der daher vom „funktionellen Prozesshandlungsbegriff“ spricht. 83  Baumgärtel, Prozeßhandlung, S.  287. 84  Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  240. 82 

§  2 Die Prozessführungsermächtigung

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zessualen Wirkungen einer Handlung85, weshalb Baumgärtel davon ausgehend Prozesshandlungen wie folgt definiert: „Die Parteiprozeßhandlung ist jedes äußere, auf einen bewußten Willen [...] beruhende Ver­ halten einer Partei, dessen charakteristische Wirkung entweder in der Gestaltung des Verfahrens oder in der Schaffung eines Tatbestandes besteht, der sich auf ein bestimmtes Verfahren bezieht und mit der Geltendmachung im Prozeß eine Verfahrensgestaltung herbeiführt oder verhindert“86.

4. Subsumtion Dies zugrunde legend ist also zunächst nach der charakteristischen prozessualen Wirkung der Prozessführungsermächtigung zu fragen. In der Rechtsprechung und Literatur wird dies ohne Weiteres bejaht87. Für diese Schlussfolgerung ist indes mehr Begründungsaufwand erforderlich, da die Prozessführungsermächtigung jedenfalls keine unmittelbare prozessuale Wirkung hat. a) Nur mittelbare prozessuale Wirkung der Prozessführungsermächtigung Den Begriffskern der Baumgärtel’schen Definition bilden zunächst nur solche Handlungen, die unmittelbar, das heißt mit Vorliegen aller tatbestandlichen Voraussetzungen, ohne dass es eines weiteren Zwischenaktes der Geltendmachung bedarf, eine innerprozessuale Wirkung ausüben, indem sie die Prozessentwicklung beeinflussen, das Verfahren also gestalten88. Die bloße vorprozessuale Erteilung der Prozessführungsermächtigung hat jedoch noch keine solche unmittelbare innerprozessuale Wirkung. Erst mit der Klageerhebung durch den rechtsfremden Ermächtigten wird sie auch prozessual relevant, indem sie einer Klageabweisung mangels Prozessführungsbefugnis entgegensteht. Allerdings können auch solche Parteihandlungen eine charakteristische prozessuale Funktion ausüben, die zunächst nur mittelbar die Prozessentwicklung beeinflussen und deren prozessuale Wirkung in der Schaffung eines außerhalb des Verfahrens liegenden Tatbestandes zu sehen ist, der mit der Einführung in den Prozess beziehungsweise mit der einredeweisen Geltendmachung zu einer Verfahrensgestaltung führt. Der prozessuale Charakter dieses Tatbestandes ist darin zu sehen, dass mit seiner Schaffung die Verfahrensgestaltung ermöglicht oder verhindert werden kann89. Damit fallen vor allem auch Prorogations- und Baumgärtel, Prozeßhandlung, S.  286. Baumgärtel, Prozeßhandlung, S.  291. 87  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  21; NJW 1989, 1932, 1933; Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  56; Pohle, MDR 1956, 156. 88  Baumgärtel, Prozeßhandlung, S.  286. 89  Baumgärtel, Prozeßhandlung, S.  286. 85  86 

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Teil 1: Grundlagen

Schiedsverträgen in den Kreis der Prozesshandlungen90. Beim Prorogationsvertrag ist es die Begründung der Zuständigkeit des prorogierten Gerichts, beim Schiedsvertrag die Begründung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts und der Unzuständigkeit des staatlichen Gerichts, die den prozessualen Charakter des Vertrages ausmachen91. Wenn aber bereits Tatbestände, die eine bloß zuständigkeitsbegründende oder -ausschließende Wirkungen auf das Verfahren haben, eine charakteristische prozessuale Wirkung im Sinne der obigen Definition aufweisen, so muss dies erst recht für Tatbestände gelten, die die Klage als solche erst ermöglichen. Durch die Prozessführungsermächtigung wird einem rechtsfremden Dritten die Rechtsmacht eingeräumt, einen Prozess mit Wirkung für den Rechtsinhaber zu führen. Die Ermächtigung weist für den Rechtsinhaber somit eine funktionelle Nähe zur Klage auf92, die man wohl als klassischste Form der Prozesshandlung verstehen kann: Er muss sich den Rechtshängigkeitseinwand nach §  261 Abs.  3 Nr.  1 ZPO entgegenhalten lassen, wie wenn er selbst geklagt hätte. Ferner ist er aufgrund der Rechtskrafterstreckung an das Urteil gebunden, als hätte er den Prozess selbst geführt. Dass die Ermächtigung vor Klageerhebung frei widerruflich ist93, steht dem nicht entgegen. Denn andernfalls müsste man auch der Klageerhebung mit Verweis auf §  269 Abs.  1 ZPO den Prozesshandlungscharakter versagen, da eine Klagerückname alle Wirkungen, die das Prozessrecht an die Rechtshängigkeit knüpft, nachträglich wieder beseitigen würde94. Es ist daher konsequent, auch die Prozessführungsermächtigung als außerprozessualen Tatbestand mit charakteristischen prozessualen Wirkungen zu begreifen. Diese manifestieren sich zwar nur mittelbar, weisen letztlich jedoch eine größere prozessuale Tragweite als Prozessvereinbarungen auf, die nach diesen Kriterien unstrittig zum Kreis der Prozesshandlungen zählen. b) Beziehung zu einem bestimmten Verfahren Nach der obigen Definition muss sich der Tatbestand auch auf ein bestimmtes Verfahren beziehen. Von einem funktionellen Zusammenhang zwischen Parteiprozesshandlung und Prozess kann nämlich nur dann gesprochen werden, wenn feststeht auf welchen Rechtsstreit die Parteihandlung einwirken soll95. 90  Allgemein zur prozessualen Qualifizierung von verfahrensbezogenen Vereinbarungen vgl. Wagner, Prozessverträge, S.  27 ff. 91  Schwab, in: FS Baumgärtel, S.  503, 504. 92 So Lindacher, LMK 2015, 371947. 93  Vgl. unten §  4 I. 2. 94  Materialien ZPO Bd.  2, Abt.  1, S.  263. 95 Baumgärtel, Prozeßhandlung, S.  287.

§  2 Die Prozessführungsermächtigung

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Hier scheint problematisch, dass bei der Erteilung der Prozessführungsermächtigung ein bestimmtes Prozessverhältnis regelmäßig noch gar nicht besteht und gegebenenfalls auch erst in geraumer Zeit zur Entstehung gelangt. Allerdings bedeutet das Begriffsmerkmal der Beziehung zu einem bestimmten Prozess nicht, dass nur die innerhalb oder die zur unmittelbaren Vorbereitung eines Prozesses dienenden Handlungen zum Bereich der Prozesshandlungen zählen. Das Erfordernis der „Bestimmtheit“ sagt nicht, dass der Plan, einen Rechtsstreit zu beginnen, schon konkrete Formen angenommen haben muss. Wollte man dem widersprechen und etwa die zeitliche Nähe der Vornahme der Parteihandlung zum Rechtsstreit als Anhaltspunkt für die Abgrenzung von Prozesshandlung und Rechtsgeschäft heranziehen, würde dies wegen der Unbestimmtheit dieses Merkmals zu zufälligen Ergebnissen führen96. So müsste man etwa die Erteilung einer Prozessführungsermächtigung einmal als Prozesshandlung deklarieren, nämlich dann, wenn sie gesondert und kurz vor Beginn des Prozesses erteilt wird, und einmal als materiellrechtliches Rechtsgeschäft, wenn die Erteilung – etwa im Zuge einer Sicherungszession – dem Prozess weit vorgelagert ist97. Diese Sichtweise widerspräche jedenfalls dem auf Klarheit, Eindeutigkeit und Vorhersehbarkeit ausgerichteten Recht der Prozesshandlungen98.

IV. Abgrenzungen zu anderen Rechtsinstituten 1. Einziehungsermächtigung Von der als Prozesshandlung zu charakterisierenden Prozessführungsermächtigung ist die materiellrechtliche Einziehungsermächtigung zu unterscheiden. Aus ihr leitet der Ermächtigte das Recht ab, Leistung an sich zu verlangen, oder Einziehungs­handlungen (zum Beispiel Mahnungen) vorzunehmen, ohne dass dadurch die Rechtszuständigkeit des Gläubigers berührt wird99. Die Einziehungsermächtigung verleiht dem Ermächtigten im Prozess zunächst nur Sachlegi­ti­ma­tion und (noch) keine Prozessführungsbefugnis100. Der Wegfall der ausgeübten Einziehungsermächtigung führt demnach zur Abweisung der Klage als unbegründet. Baumgärtel, Prozeßhandlung, S.  287. Ähnlich in Bezug auf einen Prorogationsvertrag Niese, Doppelfunktionelle Prozeßhandlungen, S.  86. 98  Roth, NJW 1988, 2977, 2980. 99  Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  59; Leipold, BGB I, §  28 Rn.  12; Rüßmann, AcP 172 (1972), 520 ff. 100  Ursprünglich wurde dies auch in der Rechtsprechung nicht deutlich unterschieden, vgl. RGZ 73, 306, 308; 78, 87, 90. 96 

97 

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Teil 1: Grundlagen

Die Entwicklung der Einziehungsermächtigung, deren Rechtsgrundlage überwiegend in §  185 BGB gesehen wird101, ist historisch eng mit der der gewillkürten Prozessstandschaft verknüpft. Angesichts dieser parallellaufenden Entwicklung zweifelt etwa Frank daran, dass sich die gewillkürte Prozessstandschaft ohne das Institut der bürgerlichrechtlichen Einziehungsermächtigung je hätte durchsetzen können102. So setzten im ausgehenden 19. Jahrhundert die ersten Überlegungen zur Einziehungsermächtigung ein103 und lieferten den Befürwortern der gewillkürten Prozessstandschaft ein neues Argument: Wenn das materielle Recht dem Ermächtigten gestatte, eine fremde Forderung einzuziehen, so könne das Prozessrecht nicht deren Geltendmachung im eigenen Namen verbieten104. Zu Recht kann die gewillkürte Prozessstandschaft als das denknotwendige Äquivalent zur Einziehungsermächtigung verstanden werden. Die Prozessführungsermächtigung wirkt sekundär auf prozessualer Ebene, während sich die Wirkung der materiellrechtliche Einziehungsermächtigung ausschließlich auf den Bereich des materiellen Rechts beschränkt. Die Charakterisierung der Prozessführungsermächtigung als Prozesshandlung und der Einziehungsermächtigung als materiellrechtliches Rechtsgeschäft, ist daher auch angesichts des funktionellen Zusammenhangs beider Rechtsinstitute folgerichtig. Wie eng der Zusammenhang von Einziehungs- und Prozessführungsermächtigung ist, wird auch daran deutlich, dass aus ihm zuweilen abgeleitet wird, es müsse ein Gleichklang im Hinblick auf die Wirksamkeitsvoraussetzungen beider Rechtsinstitute hergestellt werden. So wurde jüngst wieder gefordert, dass die gewillkürte Prozessstandschaft auch ohne besonderes Eigeninteresse des Standschafters zulässig sein müsse, da auch die materielle Einziehungsermächtigung ein solches nicht voraussetzt105. Allerdings besteht der Zusammenhang zwischen Prozessführungs- und Einziehungsermächtigung nicht unauflöslich. So kann auch ohne Einziehungsermächtigung der nur Prozessführungsermächtigte das fremde Recht zur Feststellung bringen106 oder Leistung an den Rechtsinhaber

101  RGZ 166, 238; 170, 191; BGHZ 4, 153, 164 = NJW 1952, 337; BGH, NJW 2012, 1207, 1208; W. Lüke, ZivilProzR, §  7 Rn.  101; Boecken/Krause, NJW 1987, 420; kritisch Rüßmann, JuS 1972, 169 f. 102  Frank, ZZP 92 (1979), 321, 330. 103  Vgl. zur historischen Entwicklung der Einziehungsermächtigung Ludewig, Ermächtigung, S.  14 ff. 104  Frank, ZZP 92 (1979), 321, 328. 105  Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 418; früher schon LG Gießen, JZ 1952, 148 zust. Rosenberg, JZ 1952, 137; Grunsky, Grundlagen, S.  229; Rüßmann, AcP 172 (1972), 520, 554; Larenz, SchuldR, S.  600. 106  Bork, ZGR 1991, 141 f.; näher zur Feststellungsklage über ein Drittrechtsverhältnis vgl. Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  61.

§  2 Die Prozessführungsermächtigung

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verlangen107. Klagt hingegen der Prozessführungsberechtigte auf Leistung an sich, so ist die Klage nur begründet, wenn er materiell zur Einziehung berechtigt ist108. Eine Kombination von Prozessführungs- und Einziehungsermächtigung findet sich insbesondere bei der Sicherungszession109. 2. Prozessvollmacht Die Erteilung der Prozessvollmacht ist nach herrschender Meinung ebenfalls eine Prozesshandlung110. Daneben ist ihr mit der Prozessführungsermächtigung gemein, dass einem rechtsfremden Dritten das Führen eines Prozesses in seiner Ganzheit für ein fremdes Recht ermöglicht wird. Allerdings erfolgt die Prozessführung hier unter Wahrung des stellvertretungsrechtlichen Offenkundigkeitsprinzips in fremden Namen111. Zwar hat der Bundesgerichtshof grundsätzlich gefordert, auch der Prozessstandschafter müsse offenlegen, dass er für ein fremdes Recht prozessiert112. Davon könne aber in der besonders praxisrelevanten Situation der stillen Sicherungszession mit Einziehungsermächtigung eine Ausnahme gemacht werden113. Materiellrechtlich besteht bei der gewillkürten Prozessstandschaft auch kein Offenkundigkeitserfordernis, da es sich um eine objektbezogene Ermächtigung handelt. Dem Gegner wird offengelegt, welche Rechtsposition Gegenstand des Prozesses ist, mangels Zustandekommens einer materiellrechtlichen Beziehung zur Person des Ermächtigenden greift das Schutzanliegen des stellvertretungsrechtlichen Offenkundigkeitsprinzips in dieser Hinsicht nicht114. Der wichtigste Unterschied besteht allerdings darin, dass der Prozessbevollmächtigte anders als der Standschafter den Prozess nicht als Partei führt. Prozesspartei ist allein der Vertretene. Die Wirkungen des Prozesses betreffen daher nur ihn: Auf seinen Namen ergeht die Entscheidung, für ihn oder in sein Vermögen wird das Urteil vollstreckt, er ist der Gläubiger oder Schuldner der Kosten des Rechtsstreits et cetera115. Ferner begründet das Fehlen der Prozessvollmacht nur 107  Becker-Eberhard spricht in diesen Fällen von einer „isolierten Prozessstandschaft“, vgl. MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  265 Rn.  63. 108  Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  59. 109  Meyer/von Varel, JuS 2004, 192, 193. 110  BGH, MDR 1958, 319; 1964, 410; W. Lüke, ZivilProzR, §  10 Rn.  121; Schilken, ZivilProzR, §  4 Rn.  89 a. A. Blomeyer, ZivilProzR, S.  77 f.; Rosenberg, Stellvertretung im Prozeß, S.  563 ff. 111  Rosenberg, Stellvertretung im Prozeß, S.  524. 112  BGH, NJW 1972, 1580; BGHZ 78, 1, 6 = NJW 1980, 2461; BGH, NJW 1988, 1585, 1587. 113  BGH, NJW 1978, 698; NJW 1999, 2110, 2111. 114  Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 420. 115  Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  55 Rn.  55.

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Teil 1: Grundlagen

den Mangel einer Prozesshandlungsvoraussetzung116. Das in diesem Fall möglicherweise ergehende Versäumnisurteil bindet den Vertretenen und schützt den Beklagten vor einer erneuten prozessualen Inanspruchnahme. Fehlt hingegen die Prozessführungsermächtigung, liegt ein Mangel einer Prozessvoraussetzung vor, weshalb nur ein in seiner Rechtskraftwirkung auf den Abweisungsgrund beschränktes Prozessurteil ergeht. 3. Treuhänderische Rechtsübertragung Der Rechtsfremde kann sich vom Rechtsträger, der selbst nicht an einer prozessualen Erzwingung seines Rechts interessiert ist, das Recht auch selbst treuhänderisch übertragen lassen, um es dann als eigenes Recht geltend zu machen117. Der gewillkürten Prozessstandschaft ist gemein, dass der Kläger den Prozess zwar in eigenem Namen, aber wirtschaftlich letztlich doch für den ehemaligen Rechtsinhaber führt. Grundlage hierfür ist allerdings eine Vollrechtsübertragung und nicht die zeitweilige Ausübungsüberlassung des Verwaltungsrechts in Form einer Prozessführungsermächtigung.

V. Zusammenfassung Das Rechtsinstitut der Ermächtigung stellt eine Ausübungsüberlassung des Verwaltungsrechts hinsichtlich eines bestimmten Rechtsverhältnisses dar. Mit der Prozessführungsermächtigung räumt der Rechtsinhaber dem Ermächtigten die Ausübungskompetenz seines Verwaltungsrechts bezogen auf die Prozessführungsbefugnis hinsichtlich eines bestimmten materiellen Rechtsverhältnisses ein. Daraus folgt, dass der gewillkürte Standschafter im Prozess kraft einer abgeleiteten Zuständigkeit agiert, während die originäre Prozessführungsbefugnis – nach wie vor – ausschließlich dem Rechtsinhaber zusteht. Fällt die Prozessführungsermächtigung nachträglich weg, kann daher nicht von einem „Wechsel“ oder dem „Übergang“ der Prozessführungsbefugnis gesprochen werden. Vielmehr liegt ein Wegfall der Ausübungskompetenz vor. Die Erteilung der Prozessführungsermächtigung ist nicht nach dem engen, wohl aber nach dem vorzugswürdigen weiten Prozesshandlungsbegriff als eine Prozesshandlung zu qualifizieren. Sie weist charakteristisch prozessuale Wirkungen auf. Diesen steht auch nicht entgegen, dass ihre Erteilung dem Prozess regelmäßig weit vorgelagert ist. Trotz der Qualifizierung als Prozesshandlung richten sich ihre Erteilung und ihr Bestand nach herrschender Meinung nach Bürgerlichem Recht. Aus der Qualifizierung als Prozesshandlung folgt aber, dass die Di116  117 

W. Lüke, ZivilProzR, §  10 Rn.  124. Frank, ZZP 92 (1979), 321, 321.

§  2 Die Prozessführungsermächtigung

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spositionsbefugnis des Ermächtigenden – mehr als bei einem materiellrechtlichen Rechtsgeschäft – reduziert ist. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf den Widerruf der Ermächtigung. Abzugrenzen ist die Prozessführungsermächtigung in erster Linie von der mit ihr eng verwandten Einziehungsermächtigung, die ein rein materiellrechtliches Institut darstellt.

Teil 2

Widerruf der Prozessführungsermächtigung Der zweite Teil dieser Arbeit widmet sich der Frage, wie sich der Widerruf der Prozessführungsermächtigung auf das bereits begonnene Verfahren auswirkt, insbesondere, ob der Widerruf dem gewillkürten Prozessstandschafter die Befugnis nimmt, weiter über den Streitgegenstand zu prozessieren. Dabei ist zwischen zwei Problemkreisen zu unterscheiden: Zum einen ist die Frage zu klären, ob und unter welchen Bedingungen man die Widerruflichkeit annehmen möchte (§  4). Zum anderen muss diskutiert werden, welche prozessualen Rechtsfolgen sich an den wirksamen Widerruf der Prozessführungsermächtigung knüpfen (§  5). Vorauszugehen hat der Befassung mit beiden Problemkreisen eine umfassende Interessenanalyse (§  3).

§  3 Interessenlage bei Klageabweisung infolge des Wegfalls der Prozessführungsermächtigung I. Klageabweisung durch Prozessurteil Die Prozessführungsbefugnis ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts­ wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung1. Macht der Kläger ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend, so sind die Voraussetzungen der Prozessstandschaft zugleich auch die Voraussetzungen der Prozessführungsbefugnis; sie müssen daher ebenfalls bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen2. Geht man davon aus, dass der Widerruf der Prozessführungsermächtigung zu ihrem Erlöschen führt, so verliert der Standschafter dadurch seine Legitimation, über das fremde Recht zu prozessieren. Die Klage ist mangels Prozessführungsbefugnis als unzulässig abzuweisen. Der Standschafter ist nämlich nicht deshalb die richtige Prozesspartei, weil ihm die Prozessführungsbefugnis ursprünglich einmal zugestanden hat. Er ist nur richtige Partei, solange er kraft seiner Ermäch1 

BGHZ 100, 217, 219 = NJW 1987, 2018. Marotzke, EWiR 2000, 405; BGHZ119, 237, 240 = NJW 1993, 918; BGH, NJW 2000, 738, 739. 2 

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Teil 2: Widerruf der Prozessführungsermächtigung

tigung die dem Rechtsträger zustehenden Befugnisse ausüben darf3. Auch steht der Klageabweisung durch Prozessurteil nicht entgegen, dass die Klage ursprünglich einmal zulässig war, da das deutsche Zivilprozessrecht keinen Grundsatz kennt, wonach eine einmal zulässige Klage auch zulässig bleibt4. Selbst wenn die Klage offensichtlich unbegründet ist, kann keine Entscheidung in der Sache ergehen. Die Schutzfunktion der Prozessführungsbefugnis gebietet es zu verhindern, dass der Prozessgegner sich mit jemanden über die Begründetheit eines Anspruchs streiten muss, der zu dessen Geltendmachung überhaupt nicht legitimiert ist5.

II. Interessenanalyse Grundlegend für die weitere Behandlung der sich aus dem Wegfall der Prozessführungsermächtigung ergebenden Rechtsfragen ist eine genaue Interessenanalyse6 der Beteiligten. Die in den Blick zu nehmenden Interessenträger sind zunächst nur die Parteien, also der Standschafter und der Beklagte, sowie der Rechtsträger. Der Staat als Interessenträger, der zwar die Gerichtsorganisation einrichtet und unterhält, findet im Rahmen unserer Privatrechtsordnung, in der das subjektive Recht zentrale Bedeutung hat7, nur am Rande Beachtung. Bei der Interessenanalyse ist zu trennen zwischen der Ermittlung der faktischen Interessen und der Frage, welcher Wertgehalt diesen innewohnt. Für Letzteres kommt es nicht auf die subjektive Einschätzung des Einzelnen an, mag er auch sein Interesse für noch so gewichtig halten. Vielmehr ist nach einem objektiven Maßstab zu suchen, der in erster Linie dem Gesetz zu entnehmen ist8. Die Interessenanalyse folgt dabei einem prozessergebnisunabhängigen Ansatz. Sie wählt also eine Sichtweise, die unabhängig vom konkreten Prozessverlauf und -ausgang Gültigkeit beansprucht. Denn anders als materielle Rechtssätze, die durchweg von Rechtsgewissheit ausgehen, ist das Prozessrecht durchgängig auf Rechtsungewissheit hin konzipiert. Es muss deshalb schon in der Struktur seiner Berger, Rechtskraft, S.  141. Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  261 Rn.  41: keine „perpetuatio litis“. 5  Im Ergebnis auch BGH, NJW 2000, 738, 739; einschränkend Marotzke, EWiR 2000, 405 f., nach dem eine Sachentscheidung aus Gründen der Prozessökonomie dann möglich sein soll, wenn nur das Eigeninteresse des Standschafters zweifelhaft, dem Gericht aber eine Entscheidung über die Begründetheit der Klage bereits möglich ist; ähnlich BGH, GRUR 1999, 1119, 1120 bei der fehlenden Prozessführungsbefugnis von Verbänden nach §  13 Abs.  2 UWG a. F. 6  Zum Interessenbegriff Thiere, Interessen, S.  24 f. 7  MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  269 Rn.  2. 8  Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 98 f. 3  4 

§  3 Interessenlage bei Klageabweisung infolge des Wegfalls

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Rechtssätze den Streit für jedes mögliche Ergebnis offenhalten9. Dies gilt, obgleich die faktischen Interessen der Beteiligten keineswegs vom Ablauf und Ergebnis des Rechtsstreits unabhängig sind. Diese potentiell bewegliche Interessenlage bezieht aber ein prozessualer Rechtssatz nicht mit ein10. So stellt beispielsweise §  269 ZPO, dessen Rechtsgedanken der Bundesgerichtshof zur Auflösung des Interessenkonflikts beim Widerruf der Prozessführungsermächtigung heranzieht11, in seinen Voraussetzungen und Wirkungen nicht auf den konkreten Prozessverlauf und die von ihm abhängenden faktischen Interessen der Parteien ab. Wenn aber Prozessrechtsgrundsätze generell ergebnisunabhängig strukturiert sind, muss auch die den jeweiligen Rechtssätzen vorgelagerte Interessenforschung stets ergebnisoffen angelegt werden12. 1. Interessen des Prozessgegners a) Faktische Interessen Die Abweisung der Klage als unzulässig führt zwar dazu, dass der Prozessgegner den Standschafterprozess gewinnt und Inhaber des Kostenerstattungsanspruchs des §  91 ZPO wird. Es ergeht allerdings nur ein in seinen Rechtskraftwirkungen auf den Abweisungsgrund beschränktes Prozessurteil. Dieses Urteil, dessen Entscheidungsgrund die nunmehr fehlende Prozessführungsbefugnis des Standschafters wäre, würde den Rechtsinhaber daher nicht binden. Der Prozessgegner müsste also damit rechnen, in einen weiteren Prozess über denselben Streitgegenstand gezwungen zu werden. Der Schutz des §  261 Abs.  3 Nr.  1 ZPO vor einer Klage des Rechtsinhabers reicht nur bis zur Beendigung der Rechtshängigkeit durch Abweisung der Standschafterklage. aa) Verlust von Prozesslagen; Zeugenfähigkeit des Rechtsinhabers Zumutbar wäre diese doppelte Prozessführung allenfalls dann, wenn der zweite Prozess gewissermaßen in der Lage weitergeführt würde, in die ihn der Prozessstandschafter geführt hatte, wenn also beispielsweise ein Geständnis oder eine bereits erfolgte Beweisaufnahme weiterhin zu beachten wäre. Selbstverständlich sind die Wirkungen einer Prozesshandlung aber auf das laufende Verfahren beschränkt13. Der Wegfall der ausgeübten Prozessführungsermächtigung würde

Häsemeyer, AcP 188 (1988), 140, 146 f. Berger, Rechtskraft, S.  18. 11  Vgl. unten §  5 III. 1. 12  Berger, Rechtskraft, S.  18. 13  Grunsky, Veräußerung, S.  16. 9 

10 

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Teil 2: Widerruf der Prozessführungsermächtigung

daher dazu führen, dass dem Beklagten die Früchte seiner bisherigen Prozessführung aus der Hand geschlagen würden. Beispiel: Der Rechtsinhaber ermächtigt den Standschafter im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft, eine Kaufpreisforderung gegen den Prozessgegner durchzusetzen. Der Prozess läuft aus Sicht des Standschafters allerdings schlecht. In der mündlichen Verhandlung wird die Benennung maßgeblicher Beweismittel des Klägers vom Gericht als verspätet nach §  296 Abs.  1 ZPO zurückgewiesen, sodass die Abweisung der Klage als unbegründet droht. Als der Rechtsinhaber dies erfährt, widerruft er die Prozessführungsermächtigung in der Absicht, selbst mit dem Gegner zu prozessieren. Die Standschafterklage wird daraufhin als unzulässig abgewiesen. Wie das Beispiel zeigt, läuft der Prozessgegner Gefahr, sich wegen ein und desselben Rechtsverhältnisses zweimal vollumfänglich verteidigen zu müssen, ohne dass ihm die bisherigen Zwischenergebnisse der Prozessführung in einem Folgeprozess zu Gute kämen. Neben eingetretenen Präklusionen ist insoweit zunächst an die Bindungswirkung eines Geständnisses, an ein Zwischenurteil oder an die Ergebnisse der Beweisaufnahme zu denken. Aber selbst Prozesshandlungen des Standschafters in Bezug auf den Streitgegenstand wie ein (Teil-) Anerkenntnis und ein Verzicht, wären mit einem Mal wertlos. Der Umstand, dass der Rechtsinhaber nach Widerruf der Prozessführungsermächtigung den Prozess frei von ihm ungünstigen Prozesslagen neu beginnen könnte, birgt erhebliches Missbrauchspotential und führte zu einer evidenten Benachteiligung des Prozessgegners. Dem Rechtsinhaber würde es ermöglicht, den Prozess probeweise vom Standschafter führen zulassen und die Prozessentwicklung zu beobachten. Läuft der Prozess schlecht, könnte er die Prozessführungsermächtigung widerrufen, ohne dass damit ein Rechtsverlust durch eine rechtskräftige Sachentscheidung einhergeht. Er hätte vielmehr eine zweite Chance für die Rechtsdurchsetzung, wenn er später selbst klagt. Auch der Prozessgegner müsste damit bereits im Prozess mit dem Standschafter rechnen, weil die gewillkürte Prozessstandschaft grundsätzlich offen zu legen ist14 und er etwa nicht davon ausgehen kann, dass der ihm unbekannte Kläger aus abgetretenem Recht vorgeht. Er könnte daher bereits im Rahmen des Standschafterprozesses daran gehindert sein, seine Verteidigung konsequent zu betreiben, weil er stets damit rechnen müsste, dass der Rechtsinhaber die Ermächtigung widerruft und sich in einem Folgeprozess auf seine Verteidigungsstrategie einstellt. Die bloße Widerrufsmöglichkeit führte somit bereits zu einer faktischen Benachteiligung des 14 

Vgl. oben §  2 IV. 2.

§  3 Interessenlage bei Klageabweisung infolge des Wegfalls

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Prozessgegners, der für seine Verteidigung auch den etwaigen Zweitprozess mit dem Rechtsinhaber im Blick behalten müsste. Beachtenswert ist für den Prozessgegner darüber hinaus auch die Konsequenz, dass in einem Folgeprozess der Standschafter als Zeuge gehört werden könnte. Dies kann insbesondere im Fall eines zugrunde liegenden Sicherungsgeschäfts von Nachteil sein, wenn der Standschafter als Sicherungsgeber regelmäßig eine besondere Sachnähe zum streitigen Rechtsverhältnis aufweist. bb) Zwischenergebnis Aus dem Gesagten folgt, dass im Falle des Wegfalls der Prozessführungsermächtigung ein Wandel der Interessen des Prozessgegners zu beobachten ist. Zunächst ist ihm an der Abwehr der Prozessstandschaft gelegen, weil mit der Verschiebung der Parteirollen vom Rechtsinhaber zum Standschafter der subjektive Anknüpfungspunkt für die Parteifunktionen und das Haftungsvermögen für die Prozesskostenerstattung ebenfalls verrückt wird. Ist die Standschafterklage aber zulässig und hat der Prozess bereits begonnen, richtet sich das Interesse des Gegners – genau entgegengesetzt – auf den Erhalt der im Rechtsstreit mit dem Prozessstandschafter erzielten Prozesslagen, die verloren gingen, wenn die Standschafterklage nach Wegfall der Prozessführungsermächtigung als unzulässig abgewiesen würde15. b) Objektive Interessenbewertung aa) Verlust von Prozesslagen Im Hinblick auf den möglichen Folgeprozess ist der Prozessgegner zwar nicht deswegen schutzwürdig, weil das Recht nunmehr vom Rechtsinhaber geltend gemacht wird. Diesen hätte er auch sonst als Prozesspartei hinnehmen müssen. Seine Schutzwürdigkeit offenbart sich aber im Hinblick auf die im Standschafterprozess erstrittenen Prozesslagen, was sich am objektiven Maßstab des Gesetzes nachweisen lässt: Ab Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache schützt §  269 Abs.  1 ZPO dessen verfahrensrechtlichen Gegenpositionen und lässt die Klagerücknahme nur noch mit seiner Einwilligung zu. Er bekommt also von Gesetzes wegen die Rechtsmacht zugewiesen, ab der mündlichen Verhandlung eine Sachentscheidung zu erzwingen16. Auch eine Erledi-

Berger, in: FS Prütting, S.  221, 223. MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  269 Rn.  1; der BGH spricht daher von einer „geschützten Rechtsposition“ sobald der Beklagte zur Hauptsache mündlich verhandelt hat, NJW 2015, 2425, Rn.  29. 15  16 

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Teil 2: Widerruf der Prozessführungsermächtigung

gungserklärung setzt gemäß §  91a Abs.  1 S.  1 ZPO die Zustimmung des Beklagten voraus. Aber auch unabhängig von der nur begrenzten Möglichkeit einer Klagerücknahme und einer Erledigungserklärung lässt sich dem Gesetz entnehmen, dass dem Prozessgegner die Früchte seiner bisherigen Prozessführung nicht einseitig aus der Hand geschlagen werden dürfen. So kann auch eine Klageabweisung durch Prozessurteil nicht ohne Weiteres einseitig vom Kläger herbeigeführt werden. In Betracht hierfür käme zunächst, dass der Kläger nachträglich den Streitgegenstand durch Umstellung des Klageantrags gemäß §  264 Nr.  2 ZPO ändert und dadurch die sachliche Unzuständigkeit des Gerichts herbeiführt. Allerdings führte dies in keinem Fall zur Abweisung der Klage als unzulässig: Ist die Zuständigkeit des Landgerichts begründet, so folgt aus §  261 Abs.  3 Nr.  2 ZPO, dass eine derartige spätere Änderung des Streitgegenstands unbeachtlich ist17. Wird dagegen der Gegenstand des Rechtsstreits über die Grenzen der Zuständigkeit des Amtsgerichts hinaus erweitert, so muss das Amtsgericht auf Antrag zwar seine Unzuständigkeit aussprechen, es folgt daraufhin aber eine Verweisung an das Landgericht und keine Abweisung der Klage durch Prozessurteil, §  506 ZPO18. Auch durch Säumnis kann der Kläger ein Prozessurteil nicht einseitig herbeiführen. Erscheint oder verhandelt dieser nicht zur mündlichen Verhandlung, wird der Erlass eines Versäumnisurteils ermöglicht (§§  330, 333 ZPO), dessen Rechtskraft die erneute gerichtliche Geltendmachung des Klageanspruchs ausschließt19. bb) Zwischenergebnis Aus diesen Beispielen folgt, dass die Interessen des Prozessgegners an der Herbeiführung einer Sachentscheidung und dem Erhalt der bisherigen Prozessergebnisse am objektiven Maßstab des Gesetzes als besonders schutzwürdig zu bewerten sind. cc) Ausschluss der Zeugenfähigkeit des Standschafters Das anzuerkennende faktische Interesse des Gegners, bei einem zugrunde liegenden Sicherungsgeschäft die Zeugenfähigkeit des Standschafters, aufgrund dessen Sachnähe zum streitigen Rechtsverhältnis auszuschließen, ist gemessen am objektiven Maßstab des Gesetzes hingegen nicht schutzwürdig. Dagegen scheint zwar §  447 ZPO zu sprechen, wonach die beweisbelastete Partei, die ihre eigene 17 

Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2014), §  4 Rn.  7. Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2014), §  4 Rn.  7; Wieczorek/Schütze/Assmann, §  261 Rn.  117. 19  BGHZ 153, 239 = NJW 2003, 1044. 18 

§  3 Interessenlage bei Klageabweisung infolge des Wegfalls

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Vernehmung erreichen will, hierfür das Einverständnis des Gegners benötigt. Allerdings ist sowohl die Sicherungszession als auch die Sicherungsübereignung in unserer Rechtsordnung anerkannt (vgl. §  51 Nr.  1 InsO). Der Zulässigkeit der Sicherungstreuhand steht daher nicht entgegen, dass der Sicherungsgeber durch sie die Zeugenfähigkeit in einem Prozess über das Sicherungsgut erlangt. Selbst außerhalb eines Sicherungsgeschäfts hat der Bundesgerichtshof die Abtretung der streitigen Forderung an einen Dritten mit dem ausschließlichen Zweck, dass der Zedent im Prozess als Zeuge gehört werden kann, als zulässig angesehen20. Der Rechtsinhaber nutzt mit der Abtretung grundsätzlich nur eine Möglichkeit aus, die ihm das Gesetz gewährt. Die prozessuale Stellung des Schuldners wird dadurch nicht untragbar erschwert, da das regelmäßig starke Interesse des Zedenten am Prozesserfolg nach §  286 ZPO berücksichtigt werden kann und muss21. Legt man dies zugrunde, dann ist die Schaffung der Zeugenfähigkeit des Sicherungsgebers im Rahmen eines Sicherungsgeschäfts erst recht keinen Bedenken ausgesetzt. Denn hier verfolgt die Rechtsübertragung nicht den ausschließlichen Zweck, einer Beweisnot durch die Umgehung der §  447 f. ZPO zu begegnen. Hauptzweck der Rechtsübertragung ist die Kreditsicherung und nicht die Schaffung der Zeugenfähigkeit des Rechtsinhabers. 2. Prozessstandschafter Angesichts dessen, dass die gewillkürte Prozessstandschaft stets ein Eigeninteresse des Standschafters an der Fremdprozessführung voraussetzt, ist denknotwendig auch dessen faktisches Interesse am Fortbestand seiner Prozessführungsbefugnis gegeben. Gleichwohl ist die Schutzwürdigkeit dieses Interesses begrenzt, da er keine originär eigenen Rechte geltend macht und daher seine Prozessführungsbefugnis stets nur vom Rechtsinhaber ableitet22. Ein aus der Klageabweisung resultierender faktischer Nachteil für den Standschafter wäre freilich, dass den Standschafter als unterliegende Partei die Prozesskostenlast trifft (§  91 ZPO). Dem Prozessstandschafter steht es aber frei, sich durch Regressansprüche gegenüber dem Rechtsinhaber im Innenverhältnis abzusichern. Dass der Standschafter hinsichtlich eines solchen Regeressanspruches das Insolvenzrisiko des Rechtsinhabers trägt, wiegt vor dem Hintergrund, dass er sich freiwillig auf die gewillkürte Prozessstandschaft eingelassen hat, nicht schwer. BGH, WM 1976, 424; kritisch Buß/Honert, JZ 1997, 694, 697. BGH, WM 1976, 424. 22  Vgl. oben §  2 II.; Berger, in: FS Prütting, S.  221, 224. 20  21 

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3. Rechtsinhaber a) Faktische Interessen Ein faktisches Interesse des Rechtsinhabers, sich durch Widerruf der Ermächtigung einer Rechtskrafterstreckung des gegen den Standschafter ergehenden Sach­urteils zu entziehen, ist gegeben. Der Widerruf würde zunächst ein in seinen Rechtskraftwirkungen auf den Abweisungsgrund beschränktes Prozessurteil zur Folge haben. Dies eröffnet dem Rechtsinhaber die Möglichkeit, durch eine erneute Klage einen Rechtsverlust abzuwenden, der gegebenenfalls nur aufgrund der Prozessführung des Standschafters droht. Daneben können auch prozessergebnisunabhängige Gründe treten, die ein faktisches Interesse des Rechtsträgers an einem Widerruf der Prozessführungsermächtigung begründen. Man denke etwa an Vertrauensverlust gegenüber dem Standschafter oder andere persönliche Gründe. Freilich hat der Widerruf der Ermächtigung regelmäßig zur Konsequenz, dass der Rechtsinhaber dem Standschafter im Innenverhältnis zum Ersatz der Prozesskosten verpflichtet ist. Dies nimmt er aber gern in Kauf, wenn er dadurch einen drohenden Rechtsverlust durch die Fremdprozessführung abwenden und sich die Vorteile der doppelten Prozessführung zu Nutze machen kann. b) Objektive Interessenbewertung Im Ausgangspunkt der Interessenbewertung ist festzuhalten, dass kaum Möglichkeiten zur einseitigen Beseitigung bindender Parteiprozesshandlungen existieren. So kennt das Verfahrensrecht selbst für Irrtumsfälle keine den §§  119 ff. BGB entsprechende Vorschrift. Eine analoge Anwendung der privatrechtlichen Anfechtungsregeln auf Prozesshandlung lehnt die herrschende Meinung ab23, weil das Prozessrecht die Verfahrenslage weitgehend vor Unsicherheiten schützen will und deshalb einen Widerruf von Prozesshandlungen nur in Ausnahmefällen zulässt24. Gegen die Schutzwürdigkeit der faktischen Interessen des Rechtsträgers spricht ferner, dass das Gesetz ein Interesse, mehrfach über einen bestimmten Streitgegenstand zu prozessieren, grundsätzlich nicht würdigt. Es gilt der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsschutzes25. Freilich besteht bei der gewillkürten Prozessstandschaft die Besonderheit, dass der Rechtsinhaber selbst nicht Prozesspartei ist und daher weder über Ort und Zeit des Rechtsstreits noch über die 23  Statt aller BGHZ 80, 389, 392 f. = NJW 1981, 2193; Baumgärtel, Prozesshandlung, S.  115 ff. 24  BGHZ 80, 389, 392 = NJW 1981, 2193, 2194. 25  Berger, Rechtskraft, S.  19, 21.

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(Nicht-)Vornahme einzelner Prozesshandlungen während des Verfahrens entscheidet. Der Standschafter kann hierüber nach eigener Sorgfalt, eigenem Ermessen und eigener Willkür bestimmen. Damit geht die Gefahr einher, dass der Rechtsinhaber durch fehlerhafte Prozessführung des Standschafters einen Rechtsverlust erleidet26. Sein faktisches Interesse, nicht an das Standschafterurteil gebunden zu werden ist daher grundsätzlich auch schutzwürdig, denn die Beschränkungen der Rechtskraftwirkung auf die Prozessparteien beruht auf der Erwägung, dass nur diejenigen Personen an die Rechtskraft gebunden sein sollen, die auch die Urteilsgrundlagen beeinflussen konnten27. Gleichwohl überwiegt bei der gewillkürten Prozessstandschaft das Interesse des Prozessgegners an der Rechtskrafterstreckung. Da der Rechtsinhaber den Standschafter ermächtigt hat, muss er auch die Wirkungen des Urteils hinnehmen28. Dies muss unabhängig vom konkreten Verfahrensverlauf29 aber auch dann gelten, wenn sich die Gefahr der mangelhaften Prozessführung durch den Standschafter verwirklich und sich der Rechtsinhaber zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung veranlasst sieht. So sind für die Abwägung der gegenläufigen Interessen des Rechtsinhabers an der Verhinderung der Rechtskraftbindung und des Prozessgegners am Erhalt der bisherigen Prozessergebnisse die Faktoren entscheidend, die für die Entstehung der Prozessstandschaft und damit für den zu lösenden Interessenkonflikt ursächlich sind. Wie in den meisten Fällen der gesetzlichen Prozessstandschaft ist auch die gewillkürte Prozessstandschaft Folge des Verhaltens des Rechtsinhabers30. Die Gründe, weshalb ein Rechtsfremder über ein materielles Rechtsverhältnis zulässigerweise prozessieren darf, wurzeln also nicht im Rechtskreis des Gegners, weshalb es nicht einleuchtet, seine Interessen im Rahmen der Interessenabwägung geringer zu gewichten. Die Gefahr der mangelhaften Prozessführung hat vielmehr der Rechtsinhaber zu tragen, da in seinem Verantwortungsbereich die Prozessstandschaft ihren Ausgangspunkt nimmt31. Dies gilt umso mehr, als dass er vorprozessual die Möglichkeit hatte,

Berger, Rechtskraft, S.  21 f. Berger, Rechtskraft, S.  22 mit Verweis auf die Materialien BGB Bd.  I S.  558. 28  BGHZ 78, 1, 7 = NJW 1980, 2461; BGHZ 123, 132 = NJW 1993, 3072, 3073; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  46 Rn.  62. 29  Vgl. oben. 30  Die Fälle der gesetzlichen Prozessstandschaft, die nicht mit dem Veranlassungs- oder dem Gefahrerhöhungsgedanken erfassbar sind, sind die Prozessstandschaft des §  2039 BGB, des Testamentsvollstreckers und des Nachlassverwalters. Gleichwohl liegt die Ursache für die Standschaft auch in diesen Fällen im Rechtskreis des Rechtsinhabers, der näher mit der Standschaft verbunden ist als der Prozessgegner, Berger, Rechtskraft, S.  24. 31  Berger, Rechtskraft, S.  23 f. 26  27 

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sich über einen geeigneten Standschafter Gedanken zu machen und gegebenenfalls selbst zu klagen32. Für eine Geringgewichtung des faktischen Interesses des Rechtsinhabers, sich durch Widerruf der Rechtskraftbindung des Standschafterurteils zu entziehen, spricht weiterhin, dass auch ohne diese Möglichkeit das Prozessrecht ihn nicht vollkommen schutzlos stellt. So hat er nach den §§  66 ff. ZPO die Möglichkeit, auf den Prozessverlauf Einfluss zu nehmen. Er ist befugt, im Standschafterprozess als Nebenintervenient nach §  66 Abs.  1 ZPO aufzutreten. Das erforderliche rechtliche Interesse am Obsiegen des Standschafter lässt sich angesichts seiner Rechtsbetroffenheit ohne Weiteres bejahen33. Dabei gilt er sogar nach §  69 ZPO als Streitgenosse, weil er an die rechtskräftige Entscheidung im Hauptprozess gebunden ist34. Der Rechtsinhaber ist daher berechtigt, im Rahmen des durch die Klage vorgegebenen Streitprogramms alle Prozesshandlungen vorzunehmen, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen, insbesondere Beweise zu beantragen oder Beweiseinreden zu erheben35. Im Unterschied zum einfachen Nebenintervenienten wird der streitgenössische Nebenintervenient dabei als Partei behandelt, weshalb seine Prozesshandlungen auch dann wirksam sind, wenn sie mit denen des Standschafters in Widerspruch stehen (§  67 ZPO)36. c) Zusammenfassung Das faktische Interesse des Rechtsinhabers, sich durch Widerruf den Rechtskraftwirkungen des Standschafterurteil zu entziehen, ist anzuerkennen, da er die Urteilsgrundlagen nicht allein beeinflussen kann. Seinem Interesse steht allerdings das Interesse des Prozessgegners am Erhalt der Früchte seiner bisherigen Prozessführung gegenüber. Im Vergleich dazu ist das Interesse des Rechtsinhabers geringer zu bewerten, weil der Ursprung der Prozessstandschaft und des daraus resultierenden Interessenkonflikts in seiner Rechtssphäre zu suchen ist. Er trägt darüber hinaus auch das Auswahlrisiko hinsichtlich des Standschafters. Die 32  Eine Möglichkeit, die dem Rechtsinhaber bei der gesetzlichen Prozessstandschaft regelmäßig nicht offensteht. 33  Rehme, Ermächtigung, S.  55. 34  Der scheinbar einschränkende Wortlaut des §  69 ZPO („nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts“) steht dem nicht entgegen. Er wird allgemein als zu eng und überholt angesehen: BGHZ 92, 275, 277 = NJW 1985, 386; Musielak/Voit/Weth, §  69 Rn.  4; Zöller/Althammer, §  69 Rn.  1. Der Grund für den restriktiven Wortlaut liegt darin, dass der Gesetzgeber der CPO die Regeln über die Rechtskraft als materiellrechtlich bewertete. Heute werden sie freilich prozessrechtlich verstanden (Haertlein, JA 2007, 10, 13). 35  Berger, Rechtskraft, S.  214. 36  BGH, NJW 1965, 760; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  50 Rn.  71; Braun, Rechtskraft und Restitution, S.  454.

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Schutzwürdigkeit des Interesses, sich durch Widerruf der Ermächtigung bereits eingetretener Prozesslagen zu entledigen, wird weiterhin dadurch reduziert, dass dem Rechtsinhaber mit der streitgenössischen Nebenintervention eine umfassende Möglichkeit zur Verfügung steht, mit der er dem materiellen Recht und seinen Interessen zur Durchsetzung verhelfen kann. 4. Gericht Hinsichtlich der Interessenlage des Gerichts ist zu beachten, dass durch das aufgrund des Widerrufs der Ermächtigung ergehende Prozessurteil das Streitverhältnis nicht endgültig bereinigt wird und sich der bisherige Verfahrensaufwand daher als vergebens herausstellt. Diese prozessökonomische Erwägung spielt indes im Rahmen unserer Interessenanalyse eine untergeordnete Rolle, da unsere Rechtsordnung grundsätzlich nicht darauf besteht, dass eine einmal erhobene Klage bis zur endgültigen Streitbereinigung durchgeführt wird. Dies zeigt insbesondere die Möglichkeit der Klagerücknahme (§  269 ZPO)37 und der Erledigungserklärung (§  91a ZPO). In beiden Fällen bleiben (prozessunökonomische) Zweitklagen prinzipiell möglich38. 5. Ergebnis der Interessenanalyse Die Interessenanalyse zeigt, dass allein die Interessen des Prozessgegners beim nachträglichen Entfallen der Prozessführungsbefugnis des Standschafters besonderes Gewicht beanspruchen. Im Interesse des Prozessgegners ist daher nach Lösungen zu suchen, die von der in §  3 I dargestellten Rechtsfolge abweichen und ihm insbesondere die erstrittenen Prozessergebnisse erhalten.

III. Interessenwahrung durch negative Feststellungswiderklage? Eine Möglichkeit für den Prozessgegner, unabhängig vom Widerruf der Ermächtigung ein rechtskräftiges Sachurteil gegen den Rechtsträger zu erstreiten, könnte in der Erhebung einer negativen Feststellungsklage liegen. Ihren Zweck, eine einheitliche Entscheidung über die Streitsache zu sichern, könnte die Feststellungsklage aber nur erreichen, wenn beide Prozesse gleichzeitig verhandelt ­werden. Dies ermöglicht das Zivilprozessrecht mit dem Instrument der Wider37 

MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  269 Rn.  2. Dies folgt für die Klagerücknahme bereits aus §  269 Abs.  6 ZPO; Für die Erledigungserklärung entspricht dies immerhin der herrschenden Meinung: BGH, NJW 1991, 2280, 2281; Becker-Eberhard, in: FG BGH Bd.  III, S.  273, 284 ff.; MünchKommZPO/Schulz, §  91a Rn.  38; Zöller/Althammer, §  91a Rn.  31; Thomas/Putzo/Hüßtege, §  91a Rn.  50; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1657. 38 

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klage39. Eine solche ist nach Rechtshängigkeit unabhängig vom Schicksal der Hauptklage40. Die Abweisung der Standschafterklage als unzulässig würde eine zu diesem Zeitpunkt bereits erhobene Widerklage also nicht ebenfalls unzulässig machen. Gleichwohl ist die Zulässigkeit der negativen Feststellungswiderklage in der hier in Rede stehenden Situation zweifelhaft. 1. Isolierte Drittwiderklage Die Besonderheit besteht zunächst darin, dass die Widerklage nicht gegen den Standschafter, sondern gegen den Rechtsträger erhoben wird, der bisher nicht am Prozess beteiligt war. Es handelt sich somit um einen Fall der isolierten Drittwiderklage, die nur ausnahmsweise zulässig sein soll41. Es sprechen allerdings gute Gründe dafür, im Rahmen der Standschafterklage eine Widerklage ausschließlich gegen den Rechtsträger ausnahmsweise zuzulassen42. So ist ungeschriebene Voraussetzung der Widerklage, dass die Hauptklage bereits rechtshängig ist43. Setzt aber die zulässige Widerklage die Rechtshängigkeit eines prozessualen Anspruchs voraus, so liegt es nahe, die Widerklagebefugnis nicht an die bloße Parteistellung im Hauptprozess zu knüpfen, sondern ihre subjektiven Grenzen ebenso weit zu ziehen wie die der Rechtshängigkeit44. Die Rechtshängigkeitssperre nach §  261 Abs.  3 Nr.  1 ZPO beschränkt sich bei der Prozessstandschaft nicht auf die formelle Partei des Prozesses, sondern erfasst auch den Rechtsinhaber45, weshalb man auch eine isolierte Drittwiderklage gegen diesen zuzulassen sollte. Auch spricht der Charakter der Widerklage als eine privilegierte Klageform46 dafür, ihre subjektiven Grenzen nicht ausschließlich auf die Prozesssubjekte zu beziehen. Das Motiv der Privilegierungen des Widerklägers ist darin zu sehen, dass die am Widerklageverfahren beteiligten Personen bereits zuvor in einem Streitverfahren miteinander begriffen waren, die Widerklage daher stets in einem Bereich auftritt, in dem der Rechtsfrieden zwischen den Beteiligten bereits gestört ist. Deshalb ist es gerechtfertigt, dem Angegriffenen die Befugnis zuzusprechen, unter geminderten Voraussetzungen auch seinerBerger, Rechtskraft, S.  64 f. LG München I, NJW 1978, 953; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  97 Rn.  11; Thomas/Putzo/Hüßtege, §  33 Rn.  23. 41  BeckOK-ZPO/Toussaint, §  33 Rn.  17. 42  Dafür Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2014), §  33 Rn.  48; BeckOK-ZPO/Toussaint, §  33 Rn.  17; Rüßmann/Eckstein-Puhl, JuS 1998, 441, 443; Rüßmann, AcP 172 (1972), 520, 550; a. A. Frank, ZZP 92 (1979), 321, 326 f. 43  Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  97 Rn.  10. 44  Nieder, ZZP 85 (1972), 437, 445. 45  Vgl. Einl. I. 46 Näher Rüßmann, AcP 172 (1972), 520, 551. 39  40 

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seits streitige, vom Klagegegenstand verschiedene Ansprüche gegen seinen Angreifer vorzubringen47. Freilich ist der Rechtsfrieden bei der gewillkürten Prozessstandschaft aber nicht nur zwischen den formalen Prozessparteien gestört, sondern in erster Linie zwischen den Trägern der materiellen Rechte und Pflichten, was ebenfalls dafür spricht, eine isolierte Drittwiderklage im Standschafterprozess grundsätzlich auch gegenüber dem Rechtsträger zuzulassen. 2. Fehlendes Feststellungsinteresse Der Zulässigkeit der Widerklage steht aber das fehlende Feststellungsinteresse des Prozessgegners entgegen. Dieses wird zu Recht verneint, wenn gegenüber einer vom Kläger erhobenen Leistungsklage eine Widerklage auf negative Feststellung erhoben wird, dass dem Rechtsträger der geltend gemachte Anspruch nicht zusteht. Der Annahme eines Feststellungsinteresses steht hier entgegen, dass die vom Beklagten begehrte Abweisung der zuerst erhobenen Leistungsklage bereits die Feststellung enthalte, dass der Anspruch zu Unrecht verfolgt wurde48. Eine andere Beurteilung würde auch dazu führen, dass die Möglichkeit der bedingungslosen Klagerücknahme vor der ersten mündlichen Verhandlung (§  269 Abs.  1 ZPO) stets entwertet würde, wenn man dem Beklagten die Möglichkeit ließe, mittels Widerklage eine Sachentscheidung herbeizuführen. Überträgt man diese Gedanken auf unsere Situation, so wird man auch hier das Feststellungsinteresse des Prozessgegners verneinen müssen. Denn auch wenn nicht der Rechtsinhaber selbst Leistungsklage erhebt, würde doch die Klageabweisung der Standschafterklage im Wege der Rechtskrafterstreckung auch gegenüber ihm wirken. Dass der Gegner vorsorglich für den Fall eine negative Feststellungswiderklage erhebt, dass die Prozessführungsermächtigung im laufenden Prozess widerrufen wird und es daher nicht zu einer Rechtskrafterstreckung kommen kann, begründet ebenfalls kein Feststellungsinteresse. Die Möglichkeit des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung stellt ein in der Zukunft liegendes und völlig ungewisses Ereignis dar. Solche künftigen Ereignisse vermögen nicht die Annahme zu rechtfertigen, dass der Prozessgegner bereits zur Zeit der Klageerhebung ein Interesse an „alsbaldiger“ Feststellung des Rechtsverhältnisses habe, wie §  256 Abs.  1 ZPO es als Voraussetzung fordert49.

Nieder, ZZP 85 (1972), 437, 445 f.; Fenn, AcP 163 (1963), 152, 177. Berger, Rechtskraft, S.  65; Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  256 Rn.  62. 49  BGHZ 34, 110, 119 = NJW 1961, 871; BGH, NJW 1993, 648, 653. 47 So 48 

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3. Rechtshängigkeitseinwand Gegen die Zulässigkeit einer negativen Feststellungswiderklage zur Absicherung des Prozessgegners im Falle des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung lässt sich zudem anführen, dass einer solchen Klage der Rechtshängigkeitseinwand des §  263 Abs.  3 Nr.  1 ZPO entgegenstünde. In einem Standschafterprozess ist nicht nur der Rechtsinhaber durch den Rechtshängigkeitseinwand daran gehindert, Klage gegen den Schuldner zu erheben. Auch einer negativen Feststellungsklage des bereits verklagten Schuldners würde §  261 Abs.  3 Nr.  1 ZPO entgegenstehen, da Streitgegenstandsidentität besteht: Dies gilt zunächst mit Blick auf die objektiven Elemente des Streitgegenstandes, die durch Antrag und Lebenssachverhalt bestimmt werden50. Subjektiv wird der Streitgegenstand darüber hinaus nicht durch die formellen Parteien, sondern durch die Subjekte des streitigen materiellen Rechtsverhältnisses individualisiert51. Durch die negative Feststellungswiderklage würde der Prozessgegner das kontradiktorische Gegenteil des Streitgegenstandes im Standschafterprozesses begehren, was der §  261 Abs.  3 Nr.  1 ZPO ausschließen will52. Dabei steht der Rechtshängigkeitseinwand auch dann entgegen, wenn die Widerklage erst nach Widerruf der Ermächtigung erhoben wird, da die Rechtshängigkeit der Hauptklage nicht bereits mit entfallen der Prozessführungsbefugnis endet, sondern erst mit Beendigung des Prozesses durch ein formell rechtskräftiges Urteil (§  705 ZPO)53.

IV. Zusammenfassung Geht man von der Vollwirksamkeit des Widerrufs der ausgeübten Prozessführungsermächtigung aus, verlöre der gewillkürte Prozessstandschafter seine Befugnis, über das fremde Recht zu prozessieren sodass die Klage mangels Prozessführungsbefugnis als unzulässig abgewiesen werden müsste. Das ergehende Prozessurteil wäre in seinen Rechtskraftwirkungen auf diesen Abweisungsgrund beschränkt und würde dem Rechtsinhaber einen Zweitprozess über denselben Streitgegenstand ermöglichen. Daraus folgt, dass beim Wegfall der ausgeübten Prozessführungsermächtigung vor allem schutzwürdige Interessen des Prozess50 

Wurde hingegen gleichzeitige eine Einziehungsermächtigung erteilt, wird nicht über das Leistungsbegehren in Ausrichtung auf den Rechtsinhaber gestritten, Berger, Rechtskraft, S.  3 (Fn.  8). Insofern läge dann keine Streitgegenstandsidentität vor und es käme auf das fehlende Feststellungsinteresse (§  3 III. 2.) des Gegners an. 51  Berger, Rechtskraft, S.  3. 52  Berger, Rechtskraft, S.  66. 53  MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  261Rn.  36; Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  261 Rn.  46.

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gegners auf dem Spiel stehen, der sich hinsichtlich desselben Streitgegenstandes zweimal vollumfänglich verteidigen müsste, da er nicht auf die Früchte seiner bisherigen Prozessführung in einem Folgeprozess mit dem Rechtsinhaber zurückgreifen kann. Der durch den Wegfall der Prozessführungsermächtigung drohende Rechtskraftverlust lässt sich dabei auch nicht durch eine negative Feststellungswiderklage auffangen. Einer solchen Klage fehlte jedenfalls das erforderliche Feststellungsinteresse.

§  4 Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung I. Konkretisierung der Fragestellung Die Frage nach der Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung ist in zweierlei Hinsicht zu konkretisieren. Zunächst ist sie abzugrenzen von der Frage der Widerruflichkeit der materiellrechtlichen Einziehungsermächtigung (1). Ferner spielt eine Rolle, ob die Prozessführungsermächtigung in Bezug auf einen konkreten Prozess widerrufen wird (2). 1. Freie Widerruflichkeit der Einziehungsermächtigung Die Einziehungsermächtigung ist grundsätzlich frei widerruflich54. Dies gilt es insbesondere von der Frage der Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung zu unterscheiden, wenn beide Ermächtigungen in Kombination vorliegen, da dann im Widerruf der Einziehungsermächtigung häufig auch der konkludente Widerruf der Prozessführungsermächtigung zu sehen ist55. Der wirksame Widerruf der materiellrechtlichen Einziehungsermächtigung hat keine Auswirkungen auf die Prozessführungsermächtigung. Ansonsten hätte ein materiellrechtlicher Mangel die Unzulässigkeit der Klage mangels bestehender Prozessführungsbefugnis zur Folge. Die Grenzen zwischen materiellem Recht und prozessualer Prozessführungsbefugnis würden verwischt und im Hinblick auf die beschriebene Abkehr vom materiellen Parteibegriff würde ein systemwidriger Eingriff vorliegen56. 54  BGHZ 82, 283, 290 = NJW 1982, 571, 572; BGH, WM 1985, 1324, 1325 (unter I. 3); MünchKommBGB/Bayreuther, §  185 Rn.  35; Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 474; Im Fall der Sicherungszession ist ihre Widerruflichkeit aber begrenzt, da sie in das vertragliche Gefüge der Sicherungsabrede und des Grundgeschäfts eingebettet ist, so MünchKommBGB/Roth/ Kieninger, §  398 Rn.  55; Serick, KTS 1982, 339, 342; OLG München, WM 1986, 718. 55  Berger, in: FS Prütting, S.  221, 229. 56  Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 474.

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Teil 2: Widerruf der Prozessführungsermächtigung

2. Freie Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung jenseits eines konkreten Prozesses Im Zentrum der Diskussion um die Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung steht die Frage, ob die Prozessführungsermächtigung nach Klageerhebung widerruflich ist. Die Streitfrage bezieht sich also auf einen konkreten Prozess und nimmt das Verhältnis des Standschafters zum Prozessgegner in den Blick57. Davon zu unterscheiden ist die Widerruflichkeit jenseits eines konkreten Prozesses. So ist etwa die noch nicht ausgeübte Ermächtigung vor Klageerhebung unstrittig widerruflich58. Aber auch wenn die Ermächtigung bereits ausgeübt wurde, muss der Rechtsträger die Ermächtigung bezüglich etwaiger Zweitklagen des Standschafters widerrufen können. Denn durch die Klageerhebung des Standschafters ist die Ermächtigung nicht „verbraucht“. Er kann unabhängig von einem Erstprozess erneut Klage auf Grundlage der Ermächtigung erheben. Freilich stünde einer solchen Zweitklage die Rechtshängigkeit und gegebenenfalls auch die Rechtskraft der Erstklage entgegen. Darauf will sich der Rechtsinhaber aber nicht unbedingt verlassen, zumal beides einer erneuten Klage des Standschafters nicht entgegenstehen muss, wenn dieser die Erstklage zurücknimmt oder die Erstklage als unzulässig abgewiesen wird59. Daher ist zu unterscheiden zwischen der Widerruflichkeit der ausgeübten Ermächtigung, also bezogen auf einen konkreten Prozess und der Widerruflichkeit der noch nicht ausgeübten Ermächtigung. Bei Letzterer sind Rechtspositionen des Gegners (noch) nicht betroffen, weshalb ihre Widerruflichkeit keinen Beschränkungen unterliegen sollte. In den folgenden Ausführungen geht es nur um die Frage der Widerruflichkeit der bereits ausgeübten Prozessführungsermächtigung, bei der hingegen schutzwürdige Interessen des Prozessgegners60 zu beachten sind und in Frage steht, ob sich dies auf die Widerruflichkeit der Ermächtigung auswirken kann.

II. Maßgebliches Rechtsregime Der Widerruf der ausgeübten Prozessführungsermächtigung stellt einen noch „wenig geklärten“ Bereich der gewillkürten Prozessstandschaft dar61. Ein Grund für die anhaltende Diskussion um die Möglichkeit und die Grenzen des Widerrufs der ausgeübten Ermächtigung ist die bisher unbeantwortete Frage, welche Berger, in: FS Prütting, S.  221, 228. RGZ 164, 240, 242; MünchKommZPO/Lindacher, Vorb. §  50 Rn.  56. 59  Berger, in: FS Prütting, S.  221, 228. 60  Vgl. oben §  3 II. 1. 61 So Braun, ZivilProzR, S.  341. 57  58 

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rechtlichen Maßstäbe für die Beurteilung der Widerruflichkeit gelten, stellt sich die Ermächtigung doch als ein Rechtsinstitut dar, das sich an der Schnittstelle von materiellen und Prozessrecht bewegt: Zum einen haben wir die Prozessführungsermächtigung dem Kreis der Prozesshandlungen zugeordnet, für deren Widerruf eigene Grundsätze gelten und bei deren Behandlung die generell eingeschränkte Dispositionsbefugnis der Parteien aufgrund des öffentlich-rechtlich strukturierten Prozessrechtsverhältnisses zu beachten ist. Auf der anderen Seite ist unbestritten, dass sich zumindest die Erteilung der Ermächtigung mangels Regelung in der ZPO nach Bürgerlichem Recht richtet62, in dem die Privatautonomie derartigen Begrenzungen nicht unterliegt. Auch hat die gewillkürte Prozessstandschaft mit der Einziehungsermächtigung ein materiellrechtliches Sub­strat63, dessen Behandlung sich ebenfalls nach den Regelungen des BGB richtet. Die Frage, nach welchem Rechtsregime sich die Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung richtet, ist nicht nur theoretischer Natur. Wie zu zeigen sein wird, ergeben sich im Hinblick auf den Zeitpunkt, bis zu dem die Ermächtigung widerrufen werden kann, konkrete Unterschiede, je nachdem, ob man die Widerruflichkeit nach Prozessrecht oder materiellen Recht beurteilt. Daneben erfordert aber auch das auf Klarheit, Eindeutigkeit und Vorhersehbarkeit ausgerichteten Recht der Prozesshandlungen64 eine eindeutige Festlegung hinsichtlich der Frage, welche Rechtsgrundlagen für die Widerruflichkeit maßgeblich sind. 1. Prozessrechtlicher Ansatz Die ZPO regelt für einige Fälle, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Partei die von ihr vorgenommene Prozesshandlung wieder beseitigen kann65. So ist etwa der Widerruf einer Prozessvollmacht möglich; sie erlischt im Außenverhältnis nach der Maßgabe des §  87 Abs.  1 ZPO66. Der Unterschied zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung besteht allerdings darin, dass beim Widerruf der Prozessvollmacht der Rechtsinhaber trotzdem Partei bleibt und das Verfahren fortläuft. Ein wirksamer Widerruf der Prozessführungsermächtigung hätte indes zur Folge, dass gar keine Sachentscheidung mehr ergehen kann67. Die spezialgesetzlichen Regelungen des Widerrufs der Prozessvollmacht lassen sich somit nicht auf die Prozessführungsermächtigung übertragen. Für die Beurteilung

62 

Vgl. oben §  2 III. 3. b). Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 417. Vgl. oben §  2 IV. 1. 64  Roth, NJW 1988, 2977, 2980. 65  Mit Nachweisen Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  308. 66  Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  55 Rn.  40. 67  Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 421. 63 So

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ihrer Widerruflichkeit kann daher allenfalls auf die allgemeinen Grundsätze zum Widerruf von Prozesshandlungen zurückgegriffen werden. a) Einteilung von Prozesshandlungen Die Prozesshandlungen der Parteien werden eingeteilt in Bewirkungs- und Erwirkungshandlungen68. Diese Kategorisierung dient keinem Selbstzweck; ihr kommt die Aufgabe zu, die Bewertung der jeweiligen Prozesshandlung insbesondere im Hinblick auf ihre Widerruflichkeit zu erleichtern69. Das Abgrenzungskriterium beider Kategorien ist die Unmittelbarkeit ihrer Wirkung. Während die Willenserklärung des Privatrechts den erstrebten Erfolg unmittelbar durch die Erklärung (beziehungsweise die vertragliche Einigung) herbeiführt, ist die unmittelbare Wirkung einer Prozesshandlung auf den Prozess eher selten. In den meisten Fällen schafft sie nur die Verpflichtung für das Gericht, seinerseits zu handeln70. In diesen Fällen spricht man von einer Erwirkungshandlung. In den selteneren anderen Fällen, in denen die Prozesshandlung unmittelbare prozessuale Wirkung zeitigt, spricht man hingegen von Bewirkungshandlungen71. b) Prozessführungsermächtigung als Bewirkungs- oder Erwirkungshandlung? Mit Hilfe dieser Differenzierung ließe sich die Frage der Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung auf einer anerkannten dogmatischen Grundlage klären. Dies setzt freilich voraus, dass die Prozessführungsermächtigung einer Kategorisierung im Sinne einer Bewirkungs- oder Erwirkungshandlung zugänglich ist. aa) Bewirkungshandlung Bewirkungshandlungen sind wegen ihrer prozessgestaltenden Wirkung unwiderruflich. Wenn man im Einklang mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts72 und älteren Literaturauffassungen73 die Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung nach Klageerhebung ausschließen und dies mit Prozessrechtsgrundsätzen begründen möchte, müsste die Prozessführungsermächtigung eine unwiGoldschmidt, Prozeß als Rechtslage, S.  364 f., 456 f.; kritisch Mitsopoulos, ZZP 91 (1978), 113, 117. 69  Musielak/Voit, GK ZPO, Rn.  307; MünchKommZPO/Rauscher, Einl. Rn.  416. 70  Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  252. 71 Als Beispiele für Erwirkungshandlungen ließen sich etwa die Rücknahme von Klage (§  269 ZPO) oder von Rechtsmitteln (§§  516, 565 ZPO) anführen. 72  RGZ 164, 240, 242. 73  Rosenberg, JZ 1952, 137; P. Gottwald, JuS 1986, 715, 716. 68 Grundlegen

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derrufliche Bewirkungshandlung darstellen, also unmittelbar eine prozessgestaltende Funktion hervorrufen. Davon kann aber keine Rede sein, da die Prozessführungsermächtigung wie die Prozessvollmacht zunächst nur der Vorbereitung des unmittelbar prozessbezogenen Geschehens dient74. Ihre vorprozessuale Erteilung vermag den Prozess daher nicht unmittelbar zu gestalten. Zudem stellt die Ermächtigung lediglich eine Voraussetzung der gewillkürten Prozessstandschaft dar, die nur in Zusammenspiel mit dem Eigeninteresse des Standschafters diesem die Möglichkeit zur späteren Prozessgestaltung eröffnet. Auch stünde der Charakterisierung als Bewirkungshandlung entgegen, dass die Prozessführungsermächtigung vor Klageerhebung frei widerruflich ist75. Man müsste also annehmen, dass die Ermächtigung erst durch die Klageerhebung zu einer Bewirkungshandlung umgestaltet werde76. Zumindest dies erscheint aber sehr zweifelhaft. bb) Erwirkungshandlung Erwirkungshandlungen sind hingegen widerruflich, solange die Gegenseite noch keine „geschützte Position“ erlangt hat77. Von einer solchen geschützten Rechtsposition kann hier dann gesprochen werden, wenn die beklagte Partei bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt hat. Denn ab diesem Zeitpunkt käme auch eine Klagerücknahme nur noch mit Zustimmung des Prozessgegners in Betracht (§  269 Abs.  1 ZPO). Der Bundesgerichtshof charakterisiert ohne nähere Begründung die Prozessführungsermächtigung als Erwirkungshandlung und lässt daher ihren Widerruf nur bis zu diesem Zeitpunkt zu78. Diese Charakterisierung bereitet aber Schwierigkeiten. Allein der Umstand, dass sie keine Bewirkungshandlung darstellt, vermag keine überzeugende Begründung zu liefern; die Einordnung von Prozesshandlungen in eine der beiden Kategorien ist nicht zwingend. So werden etwa auch prozessuale Verpflichtungsverträge wie ein Klagerücknahmeversprechen oder ein Rechtsmittelverzicht überwiegend als Prozesshandlungen qualifiziert79, ohne dass auf sie die Einordnung als Bewirkungs- oder Erwirkungshandlung passen würde. Gegen die Charakterisierung der Ermächtigung als Erwirkungshandlung spricht, dass das prägende Merkmal von Erwirkungshandlungen ihre Gerichtsbe74 

BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  27. Vgl. oben I. 2. 76  Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 475. 77  MünchKommZPO/Rauscher, Einl. Rn.  428. 78  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  28 f.; zustimmend MünchKommZPO/Rauscher, Einl. Rn.  416; Pohlmann, ZivilProzR, §  6 Rn.  287. 79  Vgl. unter 2. c), bb), (2). 75 

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zogenheit ist80. Das heißt, die Prozessführungsermächtigung müsste auf die Entfaltung einer gerichtlichen Tätigkeit gerichtet sein. Dies ist jedoch nicht der Fall. Sie ist nicht zu vergleichen etwa mit einem Antrag, der das Gericht zu einem bestimmten Tätigwerden veranlassen soll. Vielmehr ist sie zunächst nur auf das Tätigwerden des Standschafters gerichtet, der seinerseits ermächtigt wird, Prozesshandlungen mit Wirkung für den Rechtsinhaber vorzunehmen. Mangels Gerichtsbezogenheit kann die Prozessführungsermächtigung daher auch nicht als Erwirkungshandlung qualifiziert werden81. cc) Zwischenergebnis Die Prozessführungsermächtigung lässt sich weder als Erwirkungs- noch als Bewirkungs­handlung charakterisieren. Es ist daher festzuhalten, dass die Grundsätze der Widerruflichkeit von Prozesshandlungen auf unseren Fall jedenfalls unmittelbar keine Anwendung finden. 2. Materiellrechtlicher Ansatz a) Maßgeblichkeit des Grundverhältnisses Sucht man hingegen die Antwort der Frage nach der Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung im materiellen Recht, richtet sich der Blick zunächst auf das der gewillkürten Prozessstandschaft zugrundeliegende Rechtsverhältnis. Dessen Widerruflichkeit folgt regelmäßig aus §  671 Abs.  1 BGB, da einer Prozessführungsermächtigung zumeist ein Auftragsverhältnis zugrunde liegt. Ob aus dem Widerruf gemäß §  671 Abs.  1 BGB auch der Wegfall der Prozessführungsermächtigung folgt82, ist davon abhängig, ob die Ermächtigung abstrakt von dem ihr zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ist. aa) Abstraktheit der Prozessführungsermächtigung Ob ein Grundsatz der Abstraktheit der Prozessführungsermächtigung existiert, ist davon abhängig, ob die Erwägungen, die dieses Rechtsprinzip im materiellen Recht tragen, auch auf prozessualer Ebene relevant sind. Das Abstraktionsprinzip ist bekannt von der Unterscheidung obligatorischer Verpflichtungen und rechtsändernden Verfügungen oder dem Verhältnis von Vollmacht und Grundgeschäft, der dort allerdings eingeschränkt ist durch §  168 80 

Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128, Rn.  252; Berger, in: FS Prütting, S.  221,

81 

So im Ergebnis auch Berger, in: FS Prütting, S.  221, 229; Lindacher, LMK 2015, 371947. So wohl Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 476.

229.

82 

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S.  1 BGB83. Der materiellrechtliche Trennungsgrundsatz und das darauf aufbauende Abstraktionsprinzip bieten vor allem Verkehrsschutz beim Rechtserwerb, da der Erwerber für die Überprüfung der Voraussetzungen des Rechtsübergangs nicht die schuldrechtliche Ebene mit in die Prüfung einbeziehen muss. Neben dem Verkehrsschutz ermöglichen Trennung und Abstraktion eine rasche und eindeutige Klärung der Rechtszuordnung, was einmal haftungsrechtlich für die Krediterteilung, aber auch im Prozess bei der damit vereinfachten Beweisführung bedeutsam ist84. Diese Erwägungen scheinen zunächst nicht auf den Prozess zuzutreffen. Insbesondere geht es im Prozess nicht um Rechtserwerb, der die Mobilität von Sachen und Rechten voraussetzt, sondern um Rechtswahrung und Verteidigung85. Verkehrsschutzerwägungen fordern daher keine Übernahme des Abstraktionsprinzips auf verfahrensrechtliche Fragestellungen. Gleichwohl diente auch im Prozessrecht die Abkoppelung der Wirksamkeit der Ermächtigung vom Grundverhältnis dem Schutz des Prozessgegners. Denn für den aufgrund einer behaupteten Ermächtigung von einem rechtsfremden Dritten verklagten vermeintlichen Schuldner hängt von der Wirksamkeit der Ermächtigung ab, ob er sich sachlich auf die Klage einlassen muss. Ist die Ermächtigung unwirksam, kann der Beklagte dem Termin fernbleiben, ohne das Risiko des Unterliegens durch Versäumnisurteil zu gegenwärtigen. Daher ist er für die Entscheidung, ob er sich überhaupt zu der Sache äußert, darauf angewiesen, sicher und schnell Klarheit über die Ermächtigung zu erlangen. Bindet man diese aber an einen Vertrag, den der Beklagte regelmäßig nicht kennt, so kann er sich keine Gewissheit über die Prozessführungsbefugnis und damit über die Zulässigkeit der Klage verschaffen86. Für die Geltung des Abstraktionsgrundsatzes spricht ferner, dass dieser auch bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Prozessvollmacht anerkannt ist87. Daraus lässt sich ableiten, dass sich das Prozessrecht nicht von vornherein der Übernahme des materiellen Abstraktionsprinzips verschließt. Aus den §§  86, 87 ZPO folgt weiterhin, dass die Beendigung der Prozessvollmacht nur sehr eingeschränkt im Prozess wirksam wird. Insbesondere ordnet §  87 Abs.  1 ZPO abweichend von §  168 S.  1 BGB an, dass der Untergang des zugrunde liegenden Innenverhältnisses, zunächst keine Auswirkungen auf den Bestand der Prozessvoll-

Berger, JZ 1993, 1169, 1171. Berger, JZ 1993, 1169, 1171. 85  Berger, JZ 1993, 1169, 1171. 86  Berger, JZ 1993, 1169, 1171. 87  BGH, NJW-RR 2010, 67 Rn.  6; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  55 Rn.  10; MünchKommZPO/Toussaint, §  80 Rn.  6; Rosenberg, Stellvertretung im Prozeß, S.  753 ff, der indes die Kategorien „abstrakt“ und „kausal“ ablehnt. 83  84 

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macht hat88. Die Norm soll wie §  86 ZPO verhindern, dass die Wirksamkeit von Prozesshandlungen von Ereignissen abhängt, die gegenüber dem Gericht nicht erkennbar zutage getreten sind89. Der §  87 Abs.  1 ZPO dient dabei ähnlich den §§  170–172 BGB dem Schutz des Prozessgegners, indem er die Wirksamkeit des Erlöschens der Prozessvollmacht bis zur Kundgabe im Prozess aufschiebt90. Denn auch bei der Prozessvollmacht hat der Prozessgegner ein schutzwürdiges Interesse daran, schnellstmöglich zu klären, ob die erteilte Vollmacht wirksam ist. Fehlt es daran, kann der Vertreter selbst keine Prozesshandlungen vornehmen und der Prozessgegner setzt sich nicht der Gefahr eines Versäumnisurteils aus, wenn er zum Termin nicht erscheint. Letztlich spricht auch die Vergleichbarkeit der Prozessführungsermächtigung mit der Verfügungsermächtigung nach §  185 Abs.  1 BGB91 dafür, die Rechtsbeständigkeit unabhängig vom Grundverhältnis zu beurteilen. Denn auch die Einwilligung zur Verfügung über ein fremdes Recht setzt nicht voraus, dass ein Grundverhältnis zwischen Rechtsinhaber und Ermächtigten besteht oder fortdauert92. bb) Zwischenergebnis Das Erlöschen der Prozessführungsermächtigung ist unabhängig von dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden materiellen Rechtsverhältnisses zu beurteilen. Ihr Wegfall durch Widerrufs richtet sich mithin nicht nach §  671 BGB, selbst wenn der gewillkürten Prozessstandschaft ein Auftragsverhältnis zugrunde liegt. Die in §  168 S.  1 BGB angelegte Durchbrechung des (vollmachtrechtlichen) Ab­ strak­tions­prinzips lässt sich nicht auf die Prozessführungsermächtigung über­ tragen. b) Anwendung des §  183 BGB Das Reichsgericht zog in einer Entscheidung aus dem Jahr 1940 erstmalig in Betracht, dass §  183 BGB den Rahmen für den Widerruf der Ermächtigung vorgeben könne93. Heute entspricht dies der herrschenden Meinung94. Als BegrünRosenberg, Stellvertretung im Prozeß, S.  878. OLGR Köln 2008, 571 = BeckRS 2008, 10047; MünchKommZPO/Toussaint, §  87 Rn.  1. 90  BGHZ 31, 32, 35 = NJW 1959, 2307, 2308; BGH, NJW 1975, 120, 121; BGH, NJW 2008, 2713 Rn.  14; MünchKommZPO/Toussaint, §  87 Rn.  1. 91  Vgl. unter b), aa). 92  Berger, JZ 1993, 1169, 1171. 93  RGZ 164, 240, 242. 94  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  22; Staudinger/Gursky (2014), §  183 Rn.  12; Palandt/Ellenberger, §  183 Rn.  1; Musielak/Voit/Weth, §  51 Rn.  26a; MünchKommBGB/Bayreuther, §  185 Rn.  41; Berger, in: FS Prütting, S.  221, 229. 88 So 89 

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dung wird angeführt, dass die Ermächtigung zur Prozessführung mit einer Verfügungsermächtigung gemäß §  185 Abs.  1 BGB vergleichbar sei, für deren Widerruflichkeit der §  183 BGB maßgeblich ist95. aa) Vergleichbarkeit von Verfügungs- und Prozessführungsermächtigung Der herrschenden Meinung ist in Bezug auf die Vergleichbarkeit von Prozessführungs- und Verfügungsermächtigung zuzustimmen. Der §  185 BGB ermöglicht es einem Nichtberechtigten über ein fremdes Recht zu verfügen, wenn er vom Berechtigten durch Zustimmung (Abs.  1 und Abs.  2) hierzu legitimiert wurde. Die Vornahme von Prozesshandlungen ist zwar keine Verfügungen im Sinne des §  185 Abs.  1 BGB, was insbesondere auch für die Klageerhebung gilt96. Gleichwohl ist doch eine gewisse Parallelität zwischen Verfügungs- und Prozessführungsermächtigung erkennbar: Zunächst sei daran erinnert, dass auch die mit der Prozessführungsermächtigung eng verwandte Einziehungsermächtigung überwiegend als Fallgruppe des §  185 Abs.  1 BGB betrachtet wird97. Aber auch im Hinblick auf die Prozessführungsermächtigung lässt sich die Vergleichbarkeit zur Verfügungsermächtigung sowohl auf Tatbestands- als auch auf Rechtsfolgenseite nachweisen: Auf Tatbestandsseite verfügt der Nichtberechtigte selbst als Geschäftspartei des Verfügungsgeschäfts, ebenso wie auch der Standschafter selbst Prozesspartei ist. Dabei wird bei beiden Ermächtigungen auf das Offenkundigkeitsprinzip verzichtet, was auch gerechtfertigt ist, blickt man auf die Interessenlage des Geschäftspartners beziehungsweise des Prozessgegners. In der Situation der Verfügungsermächtigung ist der Verfügungsempfänger – im Gegensatz zur Partei des Verpflichtungsgeschäfts – weniger schutzwürdig, da er von der Verfügung begünstigt ist und daher auch kein Interesse daran hat, ob die Fremdwirkungen des Handelns des Verfügenden für ihn erkennbar sind98. Ebenfalls ist der Verzicht auf das Offenkundigkeitsprinzip bei der gewillkürten Prozessstandschaft für den Prozessgegner unproblematisch, da mit dem Prozessieren im eigenen Namen die Rechtskrafterstreckung auf den Rechtsträger korrespondiert. Betrachtet man die Rechtsfolgen der Ermächtigungen, so weisen beide eine funktionale und systematische Nähe zur unmittelbaren Stellvertretung auf: Sie ermöglichen unmittelbar auf den Rechtskreis des Ermächtigenden einzuwirken99, sei es durch eine

95 

BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  22. BGH, NJW 1958, 338; NJW-RR 1993, 669, 670 f.; a. A. Furtner, JR 1958, 50, 51. 97  Vgl. oben §  2 IV. 1. 98  Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Bub, §  185 Rn.  1. 99  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  22. 96 

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wirksame Verfügung, oder aufgrund der Rechtskrafterstreckung des Standschafterurteils. bb) Zwischenergebnis Die Anwendung des §  183 BGB auf den Widerruf der Prozessführungsermächtigung scheint im Hinblick auf die Vergleichbarkeit von Verfügungs- und Prozessführungsermächtigung gerechtfertigt. Der herrschenden Meinung ist insofern zuzustimmen. Allerdings stellt sich die Frage, ob dem Rückgriff auf §  183 BGB entgegensteht, dass wir die Prozessführungsermächtigung als Prozesshandlung charakterisiert haben. Dem soll im Folgenden nachgegangen werden. c) Rechtfertigung des Rückgriffs auf das materielles Recht aa) Grundsatz des Vorrangs des Prozessrechts Das Reichsgericht argumentierte hinsichtlich der Begründung der Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung alternativ: Sehe man die Ermächtigung als Prozesshandlung, so sei die Widerruflichkeit selbstverständlich. Wendet man hingegen die Vorschriften des sachlichen Rechts an, so folge dies aus §  183 S.  1 BGB100. Dieser alternativen Begründung ist immanent, dass die Qualifizierung der Prozessführungsermächtigung als Prozesshandlung einen Rückgriff auf das materielle Recht, namentlich auf §  183 S.  1 BGB, ausschließe. Die Zuordnung der Prozessführungsermächtigung zu den Prozesshandlungen scheint daher den Vorzug prozessrechtlicher Grundsätze gegenüber der Anwendung des materiellen Rechts zu präjudizieren. In diese Richtung weist auch Lindacher, der dafür plädiert, die Frage der Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung ausschließlich nach den Grundsätzen des Prozessrechts zu entscheiden. Er beruft sich dabei auf ihren Prozesshandlungscharakter und darauf, dass sich die Voraussetzungen für die Wirksamkeit von Prozesshandlungen von vornherein und allein aus dem Prozessrecht ergeben101. Ein solcher Vorrang des Prozessrechts ist allgemein anerkannt102 und statuiert für die rechtliche Behandlung von Prozesshandlungen einen Dreischritt: Zunächst sei für die Frage der Wirksamkeitsvoraussetzungen der Prozesshandlungen zu prüfen, ob in der ZPO eine diesbezügliche Spezialnorm für die betreffende Prozesshandlung enthalten ist; sodann sind allgemeine zivilprozessuale 100 

RGZ 164, 240, 242. Lindacher, LMK 2015, 371947; ähnlich Pohle, MDR 1956, 156. 102  Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  63 Rn.  3; W. Lüke, ZivilProzR, §  19 Rn.  209; MünchKommZPO/Rauscher, Einl. Rn.  421; Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  261 ff.; Schilken, ZivilProzR, §  5 Rn.  130. 101 

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Grundsätze zu untersuchen. Findet sich auch dort keine positive oder negative Antwort, so ist erst im Anschluss ein Rückgriff auf das Bürgerliche Recht zu erwägen103. Im Grundsatz ist dieses aber auf Prozesshandlungen nicht anwendbar. Mangels Regelung der Prozessführungsermächtigung in der ZPO findet man keine Spezialnorm, die die Widerruflichkeit der ausgeübten Ermächtigung anordnet. Allerdings verweist Lindacher – im zweiten Schritt – darauf, dass zivilprozessuale Grundsätze existieren, die man vorrangig auf die Prozessführungsermächtigung und die Frage der Wirksamkeit ihres Widerrufs anzuwenden habe. Diese sieht er in den bereits angesprochenen Grundsätzen zu der Widerruflichkeit prozessualer Erwirkungshandlungen104. Zwar lehnt er die Qualifizierung der Prozessführungsermächtigung als Erwirkungshandlung ebenfalls ab; er fordert aber angesichts der funktionellen Nähe der Prozessführungsermächtigung zur Klage, gleichwohl eine Erstreckung der zu den Erwirkungshandlungen entwickelten Grundsätze105. bb) Stellungnahme Die ZPO trifft darüber, ob §  183 S.  1 BGB auf die Prozessführungsermächtigung anzuwenden ist, keine Aussage. Ob der Prozesshandlungscharakter der Prozessführungsermächtigung die Anwendung des §  183 S.  1 BGB tatsächlich ausschließt, ist davon abhängig, ob der Grundsatz des Vorrangs des Prozessrechts hier absolut gilt. (1) Querverbindungen zwischen materiellen Recht und Prozessrecht Der Grundsatz des Vorrangs des Prozessrechts ist das Resultat der konsequenten Trennung von materiellen Recht und Prozessrecht. Die Grundlage dieses Trennungsdenkens bildete Mitte des 19. Jahrhunderts Windscheid, der den Anspruch als materiellrechtliches Element aus der actio „herausgeschält“ und ein Klagerecht auf „Hülfe des Staates“ konzediert und in das Prozessrecht verwiesen hat106. Die Lehre Windscheids war damit Ausgangspunkt einer Entwicklung, die die öffentlich-rechtlichen Komponenten des Prozessrechts, sporadisch auch eine eigene, spezifisch prozessuale Rechtsbetrachtungsweise betonte107. Dies wurde als

MünchKommZPO/Rauscher, Einl. Rn.  421; Coester-Waltjen, LdR, S.  235. Vgl. oben 1. b), bb). 105  Lindacher, LMK 2015, 371947. 106  Konzen, Rechtsverhältnisse, S.  19. 107 Eingehend Vossius, Grundlagen der Rechtsschutzlehre, S.  137; Dieser Entwicklung kritisch gegenüberstehend, Braun, ZivilProzR, S.  32 f. 103  104 

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„Emanzipation des Prozessrechts aus den Fesseln des zivilistischen Denkens“108 verstanden und daher gegen gegenläufige Tendenzen energisch verteidigt. Das Trennungsdenken prägt im Prinzip auch das moderne Prozessrechtsverständnis. Allerdings hat das legitime Anliegen einer autonomen Prozessrechtswissenschaft auch überschießende dogmatische Fliehkräfte freigesetzt, die gleichsam „pendelartig wieder zum materiellen Recht zurückgeschwungen sind“109. So konnte sich etwa eine rein prozessuale Deutung des Prozessvergleichs nicht dauerhaft durchsetzen. Ihm wird heute eine „Doppelnatur“ zugeschrieben, weshalb er vielmehr zwischen materiellem Recht und Prozessrecht zu verorten ist110. Der beschriebene Pendelschlag lässt sich aber selbst am zivilprozessualen Parteibegriff nachweisen. So wurde dargelegt, dass noch die Verfasser der CPO von einem materiellrechtlich geprägten Parteiverständnis ausgingen. Dieses wurde jedoch nach und nach von einem prozessual verstandenen Parteiverständnis verdrängt, das die Verbindung zum materiellen Recht kappte. Angesichts des daraus resultierenden Bedürfnisses, den Kreis der potentiellen Kläger zu begrenzen, wurde der formelle Parteibegriff über die Figur der Prozessführungsbefugnis wieder „rematerialisiert“111, und die Beziehung zum materiellen Recht wieder hergestellt112. Daneben traten im Lauf der Zeit aber noch einige andere Querverbindungen zwischen Zivilrecht und Zivilprozessrecht hervor, sodass mittlerweile doch wieder eine Annäherung zu verzeichnen ist. Der Trennungsgrundsatz ist heute daher weniger starr zu formulieren113. Für unsere Untersuchungen sollen hier insbesondere Prozessvereinbarungen aufgegriffen werden, die als nachweisbare Querverbindung die Grenzen zwischen materiellem Recht und Prozessrecht überlagern. (2) Prozessvereinbarungen als Richtschnur Prozessvereinbarungen sind von privatrechtlichen Verträgen abzugrenzen, was sich nach ganz überwiegender Ansicht nach den von den Parteien intendierten

Jauernig, Das fehlerhafte Zivilurteil, S.  1. Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403. 110  Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403; BGH, NJW 2011, 2141. 111  Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 404 f. 112  Vgl. oben §  1 I. 113  Konzen, Rechtsverhältnisse, S.  20, 22; Braun, ZivilProzR, S.  34. Als weitere Verbindungslinie sind beispielsweise doppelfunktionelle Prozesshandlungen zu nennen, also Prozesshandlungen, die zur Erfüllung ihrer prozessualen Funktion selbständig in den materiellen Raum wirken, Niese, Doppelfunktionelle Prozeßhandlungen, S.  47 (mit zahlreichen Beispielen auf S.  52 ff.). 108  109 

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Vertragswirkungen bestimmt114. Als Prozessvereinbarungen versteht man danach Verträge, deren bestimmungsgemäße Wirkungen nicht auf materiellrechtlichem, sondern auf prozessrechtlichem Gebiet liegen115. Dabei lassen sich zwei Arten von Prozessvereinbarungen unterscheiden: Durch den einen Typ wirken die Parteien auf Verfahrensbestimmungen der ZPO ein. Sie gestalten unmittelbar aus sich heraus das Verfahren, weshalb man sie auch als prozessuale Verfügungsverträge bezeichnet116. Daneben können Prozessverträge nach vorzugswürdiger Ansicht auch bloß zur Vornahme oder zum Unterlassen prozessualer Handlungen verpflichten117. Diese zweite Kategorie bezeichnet man als prozessuale Verpflichtungsverträge118. Angesichts der prozessualen Wirkung von Prozessvereinbarungen, werden beide Arten heute überwiegend prozessual qualifiziert119. Gleichwohl ist dabei anerkannt, dass auf sie die Rechtsgeschäftslehre des BGB anwendbar ist, da die ZPO nur verstreute und rudimentäre Regelungen über Verträge enthält120. Insofern ist unser Interesse für diese Rechtsfiguren geweckt, ist doch die Situation bei der ebenfalls prozessual zu qualifizierenden Prozessführungsermächtigung vergleichbar, wenn sich ihr Widerruf nach materiellem Recht bestimmen soll: So wird die Prozessvereinbarung – wie auch die Prozessführungsermächtigung – ungeachtet dessen prozessual qualifiziert, dass sie als außer- und meist auch vorprozessuale Erscheinung den spezifisch prozessualen Wertungen ferner steht, zumal das dritte Prozesssubjekt, das Gericht, nicht beteiligt ist121. Ferner ist beiden Instituten gemein, dass sie in der ZPO keine, oder nur eine sehr lückenhafte Regelung erfahren. Diese Parallelen rechtfertigen die nachfolgende Untersuchung, inwieweit die Begründung des Rückgriffs auf die Regelungen des BGB bei Prozessvereinba-

114  Schilken, ZivilProzR, §  5 Rn.  167; Gaul, JuS 1971, 347; Baumgärtel, Prozesshandlung, S.  184; ders., ZZP 87 (1974), 121 ff.; Wagner, Prozeßverträge, S.  11 ff., 278 ff. 115  Schilken, ZivilProzR, §  5 Rn.  167. 116  Beispiele sind der Prorogationsvertrag (§§  38, 40 ZPO) oder die Schiedvereinbarung (§§  1029 ff. ZPO), Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  348. 117  Schilken, ZivilProzR, §  5 Rn.  167; Hellwig, Systematik des zivilprozeßrechtlichen Vertrages, S.  74 ff.; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, ZVR, §  33 Rn.  9; Wagner, Prozeßverträge, S.  35 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  66 Rn.  3. 118  Beispiele sind ein Klagerücknahmeversprechen oder ein Rechtsmittelverzicht, Stein/ Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  338. 119 Eingehend Wagner, Prozeßverträge, S.  17 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  66 Rn.  3; Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  335 f.; Schwab, in: FS Baumgärtel, S.  513; a. A. Baumgärtel, ZZP 87 (1974), 121, 134; RGZ 160, 242. 120  Wagner, Prozeßverträge, S.  278 m. w. N. 121  Stein/Jonas/Leipold, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  306.

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rungen auch für die Anwendung des §  183 S.  1 BGB auf die Prozessführungsermächtigung fruchtbar gemacht werden kann. (a) Das allgemeine Vertragsrecht als allgemeiner Rechtsgedanke Die Ansätze für die Anwendung der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre des BGB auf Prozessvereinbarungen gehen auseinander. So nimmt etwa Pohle eine stillschweigende Verweisung der ZPO auf das BGB an122. Andere plädieren hingegen für eine analoge Anwendung der bürgerlichrechtlichen Regelungen123. Dabei sind die Konstruktion einer Analogie oder einer stillschweigenden Verweisung nach richtiger Auffassung nicht erforderlich, um die Anwendung des BGB im Rahmen prozessualer Vereinbarungen zu legitimieren, weil schon der Status des Vertragsrechts als Aggregat allgemeiner Rechtsgedanken dies erforderlich macht124. So ist das allgemeine Vertragsrecht eines der ältesten und am stärksten dogmatisch durchgebildeten Rechtsgebiete. Auch unabhängig von ihrer positiv-rechtlichen Verankerung sind die Grundstrukturen des Vertragsrechts Teil der Rechtsüberzeugung einer bestimmten Rechtsgemeinschaft. Deshalb wäre es verwunderlich, gelänge es ein und derselben Rechtsordnung, das Vertragsrecht mehrfach und mit jeweils verschiedenen Inhalten auszubilden. Obwohl es im BGB positiviert ist, gelten seine Vorschriften daher als allgemeine Rechtsgedanken für alle Teilbereiche der Rechtsordnung, soweit Verträge dort vorkommen und keine Sonderregelungen – wie etwa in den §§  54 – 62 S.  1 VwVfG – bestehen125. Dass Normen, die Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens sind, die Grenzen von Zivil- und Zivilprozessrecht überlagern, ließe sich weiterhin auch an §  242 BGB nachweisen. So entfaltet der Grundsatz von Treu und Glauben als Ausfluss allgemeiner Rechtsüberzeugung126 auch im Bereich der Prozesshandlungen Wirkung127. (b) Schlussfolgerung für die Anwendung des §  183 S.  1 BGB Wenn der Rückgriff auf die Regelungen des BGB bei Prozessvereinbarungen damit zu rechtfertigen ist, dass sich das Vertragsrecht des BGB als Ausfluss allPohle, JZ 1959, 93. Stein/Jonas/Leipold, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  306; MünchKommZPO/Rauscher, Einl. Rn.  437. 124  Wagner, Prozeßverträge, S.  280; Stein/Jonas/Leipold, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  306. 125  Wagner, Prozeßverträge, S.  279; Schiedermair, Vereinbarungen, S.  138; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  66 Rn.  10. 126  Vgl. dazu Jauernig/Mansel, §  242 Rn.  1 ff. 127  Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  65 Rn.  52; Baumgärtel, ZZP 86 (1973), passim. 122  123 

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gemeiner Rechtsgedanken darstellt, die über die Grenzen von Privat- und Prozessrecht hinweg Geltung beanspruchen, muss man sich also die Frage stellen, ob solche allgemeingültigen Rechtsüberzeugungen auch dem §  183 S.  1 BGB zugrunde liegen. Dies würde seine Anwendung auch außerhalb des materiellen Rechts, namentlich auf die Prozessführungsermächtigung, rechtfertigen. Zwar weist Rosenberg ohne Begründung darauf hin, dass die Heranziehung allgemeiner Rechtsgedanken zur Schließung von Lücken im Zivilprozessrecht bei einseitigen Prozesshandlungen weniger stark geboten sei als bei Prozessverträgen128. Die Begründung dieser These wird aber wohl darin zu sehen sein, dass zahlreiche einseitige Prozesshandlungen in der ZPO eine Regelung erfahren haben, was indes für die Prozessführungsermächtigung gerade nicht zutrifft. Sie nimmt daher im Kreis der einseitigen Prozesshandlungen eine Sonderstellung ein, die sie hinsichtlich der Regelungsdichte mit den Prozessverträgen auf eine Stufe stellt und daher einen Rückgriff auf allgemeine Rechtsgedanken zur Lückenschließung zumindest in gleichem Maße geboten erscheinen lässt. (3) §  183 S.  1 BGB als Ausfluss eines allgemeinen Rechtsgedankens Der §  183 S.  1 BGB statuiert den Grundsatz, dass Ermächtigungen frei widerruflich sind129. Allerdings kann die freie Widerruflichkeit von Rechtsgeschäften nicht als allgemeines Rechtsprinzip verstanden werden. Zwar ist die dingliche Einigung im Fall des §  873 BGB nach gesetzlicher Anordnung und im Fall des §  929 BGB immerhin nach herrschender Meinung130 bis zum Abschluss des Übereignungstatbestandes frei widerruflich, und für die mit der Einwilligung verwandte Aneignungsgestattung bestimmt §  956 Abs.  1 S.  2 BGB, dass die Gestattung nur dann unwiderruflich ist, wenn der Eigentümer zu ihrer Erteilung verpflichtet ist131. Dennoch zeigt bereits ein Blick auf §  130 Abs.  1 BGB, der den Widerruf einer Willenserklärung nur bis zu ihrem Wirksamwerden zulässt und der bei obligatorischen Verpflichtungen uneingeschränkt geltende Grundsatz pacta sunt servanda, dass grundsätzlich nicht von der freien Widerruflichkeit von Rechtsgeschäften und deren Bestandteilen ausgegangen werden kann. (a) §  183 S.  1 BGB als Schutz vor Fremdbestimmung Jedoch ist der Kreis der zu betrachtenden Rechtsgeschäfte hier enger zu fassen, da der §  183 S.  1 BGB eine besondere Kategorie von Rechtsgeschäften betrifft. Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  66 Rn.  10. MünchKommBGB/Bayreuther, §  183 BGB Rn.  9. 130  BGHZ 7, 111, 115; 14, 114, 119; BGH, NJW 1979, 213, 214; Baur/Stürner, SachenR, §  5 Rn.  36; a. A. Schödermeier/Woopen, JA 1985, 622, 626. 131  Ohly, Einwilligung, S.  348. 128  129 

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So stellt die Ermächtigung ebenso wie die Vollmacht ein zuständigkeitserweiterndes Rechtsgeschäft dar, für die aus Gründen der Privatautonomie die grundsätzlich freie Widerruflichkeit zu fordern ist. Denn wer einem anderen eine Einwirkung auf seinen Rechtskreis ermöglicht, setzt sich damit einer gewissen Fremdbestimmung aus, was der Rechtsinhaber aber nur eingehen wird, wenn er dem anderen vertraut. Fällt das Vertrauen weg, so muss auch der Widerruf möglich sein132. Alles andere wäre mit unserer privatautonomen Rechtsordnung nicht zu vereinbaren, die eine Fremdbestimmung der Rechtssubjekte gerade ausschließen will. Dafür spricht deutlich, dass eine inhaltsgleiche Regelung auch im Recht der Stellvertretung verankert ist (vgl. §  168 S.  2 BGB). Bei der Stellvertretung und der Ermächtigung handelt es sich um sehr ähnliche Rechtsfiguren, was jedoch lange Zeit mit dem Hinweis darauf bestritten wurde, dass Vollmacht und Ermächtigung auf völlig unterschiedlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen beruhen. So wird darauf verwiesen, dass die Wirksamkeit der Vollmacht – anders als die Ermächtigung – nicht davon abhängt, dass der Ermächtigende eine bestimmte Rechtsinnehabung aufweist. Sie ist vielmehr Folge der allgemeinen Geschäftsfähigkeit133. Eine Gemeinsamkeit hinsichtlich der materiellrechtlichen Grenzen beider Institute lässt sich aber immerhin unter dem Gesichtspunkt der „Höchstpersönlichkeit“ erkennen. So scheidet eine Ausübungsermächtigung aus, wenn auch eine Stellvertretung unter diesem Aspekt für unzulässig befunden wurde134. Deutlich wird die Wesensgleichheit beider Rechtsfiguren aber insbesondere dann, wenn man nicht die Wirksamkeitsvoraussetzungen von Vollmacht und Ermächtigung in den Blick nimmt, sondern stattdessen die Funktion und die Folgen des rechtsgeschäftlichen Handelns, da beide die Möglichkeit fremdbezogenen Handelns eröffnen. Müller-Freienfels betont in diesem Zusammenhang, dass die Vertretungsbefugnis und die durch eine Ermächtigung verliehene Verfügungsmacht jeweils sekundäre Zuständigkeiten seien, die sich nicht durch ihre Eigenschaft, sondern nur durch den Umfang der eingeräumten Rechtsmacht unterscheiden135. In der Tat weisen beide Rechtsfiguren die Eigenschaft auf, dass sie unter der Belassung der vollen Rechtssubstanz beim Ermächtigenden beziehungsweise beim Vollmachtgeber keine Beziehung zum betreffenden Recht, sondern in erster Linie eine Beziehung zu dem Erklärenden, also von Person zu Person begründen. Erst diese Beziehung schafft dann mittelbar eine Macht des ErklärungsempfänOhly, Einwilligung, S.  348. Siebert, Treuhandverhältnisse, S.  254. 134  Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 416. 135  Müller-Freienfels, Vertretung, S.  101. 132  133 

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gers auch über das Recht136. Die Grundlage dieser Personenbeziehung ist Vertrauen, welches das fremdbezogene Handeln des Ermächtigten und des Bevollmächtigten legitimiert. Fällt dieses Vertrauen weg, so verliert das fremdbezogene Handeln seinen Legitimationsgrund und die Personenbeziehung muss durch Widerruf der Ermächtigung beziehungsweise der Vollmacht beendet werden können um eine Fremdbestimmung auszuschließen. Gegen die Annahme, dass §  183 S.  1 BGB und §  168 S.  2 BGB das Selbstbestimmungsrecht von Rechtssubjekten schützen und insofern Ausfluss eines allgemeinen Rechtsgedankens in Gestalt der Privatautonomie darstellen, spricht dabei nicht, dass beide Normen die Erteilung einer unwiderruflichen Einwilligung beziehungsweise Vollmacht ermöglichen und somit doch eine Fremdbestimmung für zulässig zu halten scheinen137. Die Vereinbarung der Unwiderruflichkeit ist vielmehr ebenfalls eine privatautonome Festlegung. Sie unterwirft den Erklärenden zwar de facto der Fremdbestimmung des Ermächtigten beziehungsweise des Vertreters, dies beruht aber dennoch auf seiner autonomen Entscheidung138. (b) Bedeutung für die Prozessführungsermächtigung Richtet sich der Blick nun wieder auf die Prozessführungsermächtigung, so stellt diese zwar kein zuständigkeitserweiterndes „Rechtsgeschäft“ dar, gleichwohl besteht auch hier die Gefahr der Fremdbestimmung durch den Ermächtigten. So liegt auch der Prozessführungsermächtigung persönliches Vertrauen zugrunde139 und es droht aufgrund der Rechtskrafterstreckung eine Einwirkung auf den Rechtskreis des Rechtsinhabers gegen dessen Willen, wenn dieses Vertrauen entfällt. Im Sinne der Privatautonomie, der in unserer gesamten Rechtsordnung grundlegende Bedeutung zukommt140 und die eine solche Fremdbestimmung gerade ausschließen möchte, wäre es daher widersprüchlich, die Anwendung des §  183 S.  1 BGB nur auf materiellrechtliche Ermächtigungen zu beschränken. Aber auch aus einem anderen Grund ist die Anwendbarkeit des §  183 S.  1 BGB auf sämtliche Ausübungsermächtigungen einschließlich der Prozessführungsermächtigung geboten: So sei darauf hingewiesen, dass bestimmte Schutzrechte untrennbar mit der zu schützenden Rechtsposition verbunden sind, etwa 136 Siebert,

Treuhandverhältnisse, S.  253. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der beiden Normen, wonach die Widerruflichkeit unter der Bedingung steht, dass diese nach dem Grundverhältnis nicht ausgeschlossen ist (vgl. §  168 S.  2 a. E. BGB, §  183 S.  1 a. E. BGB) und ist auch allgemein anerkannt, vgl. für §  168 S.  2 BGB: BGH, NJW 1988, 2603, Palandt/Ellenberger, §  168 Rn.  6; für §  183 S.  1 BGB: Staudinger/Gursky (2014), §  183 Rn.  14; MünchKommBGB/Bayreuther, §  183 Rn.  16. 138  MünchKommBGB/Schubert, §  168 Rn.  21. 139  BGHZ 123, 132, 135 = NJW 1993, 3072, 3073. 140  Maunz/Dürig/Di Fabio, Art.  2 GG Rn.  101. 137 

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der Herausgabeanspruch aus dem Eigentum nicht von diesem getrennt werden kann141. Wenn aber rechtsverwirklichende Schutzrechte einer Zweckbindung hinsichtlich der zu schützenden materiellen Rechtsposition unterliegen und daher nicht isoliert zum Gegenstand des Rechtsverkehrs gemacht werden können, muss diese Zweckbindung auch im Fall der Ausübungsermächtigung gewahrt bleiben. Davon kann aber nicht gesprochen werden, wenn dem Rechtsinhaber im Grundsatz die freie Widerruflichkeit der Ermächtigung verwehrt wird142. Da die Prozessführungsermächtigung auch hinsichtlich unübertragbarer Rechte erteilt werden kann143, erfordert also auch die Zweckbindung dieser Rechte, den §  183 S.  1 BGB auf die Ermächtigung anzuwenden. cc) Ergebnis Lindacher ist darin zuzustimmen, dass der Vorrang des Prozessrechts bei der rechtlichen Behandlung von Prozesshandlungen grundsätzlich zu beachten ist. Gleichwohl ist die Anwendung des §  183 S.  1 BGB auf die Prozessführungsermächtigung aufgrund der ihm innewohnenden allgemeinen Rechtsgedanken gerechtfertigt und sogar geboten, um Widersprüche innerhalb unserer Rechtsordnung zu vermeiden. Dies stellt keinen Verstoß gegen das Trennungsdogma dar. Vielmehr wird dieses nur an einer weiteren Stelle durch den Nachweis übergreifender Wertungen abgemildert144. 3. Zusammenfassung und Ausblick Die Anwendung des §  183 BGB auf die Prozessführungsermächtigung ist im Hinblick auf die Vergleichbarkeit zur Verfügungsermächtigung gerechtfertigt. Dem Rückgriff auf §  183 BGB steht der Grundsatz des Vorrangs des Prozessrechts nicht entgegen. Davon ausgehend soll im Folgenden geklärt werden, welche Konsequenz sich daraus für die Wirksamkeitsvoraussetzungen des Widerrufs nach Maßgabe des §  183 S.  1 BGB ergeben. Insbesondere ist dies im Hinblick auf die zeitlichen Grenzen der Widerruflichkeit umstritten.

Klinck, in: FS Krampe, S.  173, 189. Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 414. 143  Vgl. oben §  1 II. 3. 144  Konzen, Rechtsverhältnisse, S.  22. 141  142 

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III. Wirksamkeit des Widerrufs 1. Dauer der Widerruflichkeit a) Widerruflichkeit auch nach Klageerhebung? Problematisch ist, ob nach Maßgabe des §  183 BGB die Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung nach Klageerhebung überhaupt möglich ist. Dafür spricht zunächst der Grundsatz, dass die Einwilligung, ebenso wie die Vollmacht (§  168 S.  2 BGB) frei widerruflich ist, soweit sich nicht aus dem Gesetz oder aus dem ihr zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis ein anderes ergibt145. Hinsichtlich der Widerruflichkeit einer Einwilligung zieht der Wortlaut des §  183 S.  1 BGB jedoch eine klare zeitliche Grenze. Danach ist der Widerruf nur bis zur Vornahme des zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfts möglich. Daraus lassen sich unmittelbar aber keine Erkenntnisse darüber gewinnen, bis zu welchem Zeitpunkt der Widerruf der Prozessführungsermächtigung möglich ist, da der Gesetzgeber die Führung eines Prozesses nicht als „Rechtsgeschäft“ in diesem Sinne begreift. Dies zeigt sich etwa an der Normstruktur des §  407 BGB146. So hätte es des §  407 Abs.  2 BGB nicht bedurft, könnte man die gerichtliche Durchsetzung der zedierten Forderung unter den Rechtsgeschäftsbegriff des §  407 Abs.  1 BGB subsumieren. Zentrale Frage ist daher, welche prozessuale Phase der Vornahme eines Rechtsgeschäfts im Sinne des §  183 S.  1 BGB entspricht. Die herrschende Meinung betrachtet bereits die Klageerhebung, also den Zeitpunkt der Zustellung der Klageschrift (§  253 Abs.  1 ZPO), als den Zeitpunkt, ab dem ein Widerruf nicht mehr möglich sein soll147. Dieser frühzeitige Ausschluss der Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung ist wohl von dem berechtigten Anliegen getragen, den Prozessgegner vor dem willkürlichen Entzug der Sachentscheidung zu schützen148. Allerdings ist der Bundesgerichtshof jüngst der Auffassung entgegengetreten, die Klageerhebung als den der Vornahme des Rechtsgeschäfts im Sinne von §  183 S.  1 BGB analogen Zeitpunkt zu bestimmen149.

145 

Vgl. oben II. 2. c), bb), (3). Oberhammer, in: FS Leipold, S.  101, 102. 147  RGZ 164, 240, 242; ebenso BGH, NJW 1995, 3186, 3187; Rosenberg, JZ 1952, 137; Furtner, JR 1958, 50, 52; Staudinger/Gursky (2014), §  183 Rn.  12; MünchKommBGB/Bayreuther, §  183 Rn.  13; Vieweg/Trautwein, §  183 Rn.  9; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S.  326; Schneider, MDR 1966, 982, 983. 148  In diese Richtung weist Braun, ZivilProzR, S.  341. 149  BGH, NJW 2015, 2424 Rn.  23 f. 146 

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b) Würdigung aa) Frühzeitiger Ausschluss der Widerruflichkeit aus Gründen des Prozessgegnerschutzes? Es sind verschiedene Wege denkbar, dem dargelegten Schutzbedürfnis des Prozessgegners im Falle des Widerrufs der Ermächtigung Rechnung zu tragen. Ein zu radikaler Weg wäre aber, die Widerrufsbefugnis des Rechtsinhabers im Sinne der soeben zitierten Auffassung nach Klageerhebung gänzlich auszuschließen. Bei dieser Lösung fühlt man sich erinnert an die Entwicklung, in der das Prozessrecht über Rechtspositionen, die Gegenstand eines Zivilprozesses waren, ein Verfügungsverbot verhängt hatte, die materielle Rechtslage aus Verfahrensgründen also eingefroren wurde150. So wurden im römischen Recht Verfügungen über die streitbefangene Sache zum Schutz des Prozessgegners nach Klageerhebung für nichtig erklärt. Dadurch sollte der Übergang der Sachlegitimation verhindert werden, damit der Prozess zum Schutz des Prozessgegners von den ursprünglichen Parteien zu Ende geführt werden konnte151. Die Situation des Prozessgegners bei der Veräußerung der streitbefangenen Sache ist aber vergleichbar mit der hier in Rede stehenden Situation, in der der Rechtsinhaber die Prozessführungsermächtigung widerruft152. Hinsichtlich der Veräußerung der streitbefangenen Sache oder der Abtretung des streitbefangenen Rechts hat die ZPO jedoch darauf verzichtet, den Schutz des Prozessgegners durch das materielle Recht in Gestalt eines Veräußerungsverbotes zu verwirklichen, da es nicht angehen kann, den materiellen Rechtsverkehr zu blockieren, um prozessuale Unannehmlichkeiten zu verhindern153. So ordnet der §  265 Abs.  1 ZPO unzweideutig an, dass die Rechtshängigkeit eine Veräußerung nicht unterbindet. Dem Schutzbedürfnis des Gegners wird in §  265 Abs.  2 ZPO Rechnung getragen, indem die Norm vorsieht, dass der Rechtsvorgänger den Prozess in gesetzlicher Prozessstandschaft im eigenen Namen über das fremde Recht fortführt und §  325 Abs.  1 ZPO die Rechtskrafterstreckung auf den Rechtsnachfolger anordnet. Hinsichtlich der Vollstreckbarkeit ermöglicht es §  727 ZPO Änderungen der materiellen Berechtigung beziehungsweise Verpflichtung im Wege der Titelumschreibung zu berücksichtigen und somit den Anforderungen des §  750 Abs.  1 ZPO Rechnung zu tragen154. Einen solchen prozessualen Schutzmechanismus sieht die ZPO im Fall des nachträglichen Entfallens der Prozessführungsbefugnis des Standschafters nicht vor, was angesichts des generellen Regelungsdefizits der gewillkürten ProzessHoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 409. Grunsky, Veräußerung, S.  17; U. Gottwald, JA 1999, 486. 152  Vgl. eingehend dazu unten §  5 III. 2. a), aa), (1). 153  Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 409. 154  BGH, NJW 2015, 3659, Rn.  16. 150  151 

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standschaft aber keine Schlussfolgerung zulässt. Es erscheint angesichts der identischen Situation des Prozessgegners in beiden Fällen aber widersprüchlich, seinen Schutz einmal mit Mitteln des Prozessrechts zu verwirklichen und das andere Mal auf materiellrechtlicher Ebene, das heißt im Wege des frühzeitigen Ausschlusses der Widerruflichkeit durch eine dem allgemeinen Verständnis des §  183 S.  1 BGB widersprechende155 Auslegung seiner Tatbestandsmerkmale. Das Prozessrecht hat hier vielmehr eigenständige, dem materiellen Recht dienliche Lösungen zu entwickeln, was am Beispiel des Veräußerungsverbots in Form der §§  256, 325 ZPO schließlich auch geschehen ist156. Aufzuzeigen, wie dem Schutzbedürfnis des Prozessgegners mit dem Instrumentarium des Prozessrechts Rechnung getragen werden kann, wird das Anliegen des §  5 dieser Arbeit sein. bb) Widerruflichkeit bis zur vollständigen Verwirklichung des Hauptgeschäfts Es entspricht dem allgemeinen Verständnis des §  183 S.  1 BGB, dass unter der „Vornahme des Rechtsgeschäfts“ der Zeitpunkt zu verstehen ist, in dem das letzte Teilstück des Hauptgeschäfts vorgenommen wird157. Möchte man §  183 S.  1 BGB auf die Prozessführungsermächtigung anwenden, so kann man als das „Hauptgeschäft“ die gerichtliche Durchsetzung eines fremden Rechts verstehen, für die aber in den wenigsten Fällen die Erhebung der Klage genügt. Um das erstrebte Ziel – eine verbindliche Entscheidung über den materiellen Anspruch – zu erreichen, sind regelmäßig vielfältige weitere Maßnahmen und Erklärungen des Standschafters erforderlich (Antragstellung in der mündlichen Verhandlung, Beweisantritte, Rechtsmitteleinlegung et cetera)158. Dies wird deutlich, wenn man sich den Inhalt der Prozessführungsermächtigung vergegenwärtigt. Die Ermächtigung ist darauf gerichtet, dem Ermächtigten Prozessführungsbefugnis zu verleihen. Der sachliche Gehalt der Prozessführungsbefugnis besteht aber aus zwei Komponenten: Zum einen die Prozesseröffnungsbefugnis, also die Berechtigung, zulässigerweise einen Prozess über ein materielles Rechtsverhältnis beginnen zu können. Davon zu trennen sind die Handlungsmöglichkeiten und deren Wirkungen, die die Prozessführungsbefugnis innerhalb des anhängigen Prozesses gewährt, die sogenannte Prozesshandlungsbefugnis159. Demgemäß umfasst eine Prozessführungsermächtigung nicht nur die Einleitung des Rechtsstreits, sondern dessen Führung insgesamt160. Das 155 

Dazu sogleich. Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 409. 157  Staudinger/Gursky (2014), §  183 Rn.  10 m. w. N. 158  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  24. 159  Berger, Rechtskraft, S.  87 f. 160  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  24. 156 

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Mittel, den Prozess in dieser Weise zu betreiben, sind Prozesshandlungen, weshalb das „Hauptgeschäft“ der gerichtlichen Rechtsdurchsetzung erst dann vollständig verwirklicht ist, wenn zur Durchsetzung des Rechts keine Prozesshandlungen des Standschafters mehr geboten sind161. c) Zwischenergebnis Die Dauer der Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung endet entgegen einer verbreiteten Rechtsauffassung nicht bereits mit der Klageerhebung. Das Schutzbedürfnis des Prozessgegners steht dem nicht entgegen, da diesem – wie noch zu zeigen sein wird – mit Mitteln des Prozessrechts Rechnung getragen werden kann und muss. Dem allgemeinen Verständnis des §  183 S.  1 BGB entsprechend wird die materiellrechtliche Wirksamkeit des Widerrufs in zeitlicher Hinsicht solange nicht begrenzt, solange für die Rechtsdurchsetzung noch Prozesshandlungen des Standschafters geboten sind. Die Widerruflichkeit endet daher in der Regel erst mit dem Ende der letzten mündlichen Verhandlung. In dieser weit ausgedehnten Widerrufsbefugnis ist der praktische Unterschied zum prozessualen Ansatz zu sehen, der die Grundsätze des Widerrufs von Erwirkungshandlungen anwenden will. Danach würde die Widerrufsbefugnis des Rechtsinhabers bereits mit Beginn der ersten mündlichen Verhandlung enden, da ab diesem Zeitpunkt der Prozessgegner im Hinblick auf §  269 Abs.  1 ZPO eine schutzwürdige Position erlangt hat162. d) Beachtlichkeit des Widerrufs in der Revisionsinstanz? Diese weite Ausdehnung der Widerrufsbefugnis des Rechtsinhabers hätte grundsätzlich auch zur Folge, dass sie sich in zeitlicher Hinsicht auch auf die Rechtsmittelinstanz erstreckt: Auch in dieser prozessualen Phase sind Prozesshandlungen zur Rechtsdurchsetzung noch geboten. Es ist allerdings fraglich, ob ein Widerruf der Ermächtigung in der Revisionsinstanz vom Revisionsgericht noch berücksichtigt wird, da dieses gemäß §  559 Abs.  1 S.  1 ZPO grundsätzlich nur das Parteivorbringen zu berücksichtigen hat, das sich aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ergibt. In diesem Sinne wird vertreten, dass es für das Vorliegen einer Prozessvoraussetzung wie der Prozessführungsbefugnis nur auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz ankomme163. Ein Widerruf der Prozessführungsermächtigung in der Revisionsinstanz wäre danach stets unbeachtlich. 161 

BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  24. Lindacher, LMK 2015, 371947. 163  BGHZ 31, 279, 283 = NJW 1960, 523, 524 (unter I.5); Stein/Jonas/Brehm, 23.  Aufl. (2014), Einl. Rn.  261; Rimmelspacher, Prüfung von Amts wegen, S.  192. 162 So

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Richtigerweise sollte man aber dem von der ganz herrschenden Meinung anerkannten Grundsatz folgen, dass das Revisionsgericht neue Tatsachen, die zum Wegfall von Prozessvoraussetzungen führen, in jedem Fall zu berücksichtigen hat, also unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt diese entstanden sind. Diese vorzugswürdige Ansicht geht daher davon aus, dass der maßgebliche Zeitpunkt, auf den es für die Beurteilung des Vorliegens von Prozessvoraussetzungen ankommt, stets die letzte mündliche Verhandlung der jeweiligen Instanz ist, was auch die Revisionsinstanz mit einschließt164. Danach wäre der Wegfall der Prozessführungsbefugnis auch noch in der Revisionsinstanz beachtlich. Ferner stellt das Nichtvorliegen der Prozessführungsermächtigung einen Nichtigkeitsgrund nach §  579 Abs.  1 Nr.  4 ZPO dar165. Jedenfalls dies spricht dafür, den Widerruf der Prozessführungsermächtigung auch dann noch zu berücksichtigen, wenn er erst in der Revisionsinstanz erklärt wird166. 2. Adressat der Widerrufserklärung Der Widerruf der Prozessführungsermächtigung stellt eine Erklärung dar, die als Prozesshandlung zu qualifizieren ist. Er ist der actus contrarius der als Prozesshandlung zu charakterisierenden Prozessführungsermächtigung und zeitigt im Sinne des weiten Prozesshandlungsbegriffs charakteristische prozessuale Wirkungen167, da er dem Standschafter jedenfalls die gewillkürte Prozessführungsbefugnis wieder entzieht. Prozesshandlungen, die in Erklärungen bestehen, sind grundsätzlich empfangsbedürftig. Wer der Empfänger in dem Sinne ist, dass die Erklärung erst mit dem Zugang bei ihm rechtliche Bedeutung erlangt, ist nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu bestimmen168. Danach ist der Adressat des Widerrufs hier das Gericht, das das Vorliegen der Voraussetzungen der Prozessführungsbefugnis in jeder Prozesslage von Amts wegen zu prüfen hat169. Dies scheint zwar im Widerspruch zu §  183 S.  2 BGB zu stehen, wonach der Widerruf „sowohl dem einen als dem anderen Teil“ gegenüber erklärt werden kann. Die Norm findet hier aber keine Anwendung, da von dem Grundsatz, dass sich die Voraussetzungen für 164  BGHZ 156, 165, 169 = NJW 2004, 71; BGHZ 104, 215, 221 = NJW 1988, 3092, 3094; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  94 Rn.  37, 40; Wieczorek/Schütze/Assmann, Vorb. §  253 Rn.  159, 161; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, Vorb. §  253 Rn.  16; differenzierend W. Lüke, ZivilProzR, §  13 Rn.  152. 165  Berger, Rechtskraft, S.  180 ff.; Stein/Jonas/Jacobs, 23.  Aufl. (2018), §  579 Rn.  6. 166  Berger, in: FS Prütting, S.  221, 227 (Fn.  40). 167  Vgl. dazu oben §  2 III. 3. c). 168  Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  268. 169  Vgl. oben Einl. I.; im Ergebnis auch Schlosser, in: FS Musielak, S.  457, 473; a. A. Berger, in: FS Prütting, S.  221, 229: auch der Prozessgegner.

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eine wirksame Vornahme einer Prozesshandlung vorrangig nach dem Prozessrecht und dessen Grundsätzen richten, im Hinblick auf §  183 S.  2 BGB nicht abgewichen werden kann. Der Norm selbst liegt kein allgemeiner Rechtsgedanke zugrunde; vielmehr regelt sie als ein Annex zu §  183 S.  1 BGB die Modalität der Widerrufserklärung und hat dabei ein zweiseitiges Rechtsgeschäft im Blick. Der Norm im Rahmen eines dreiseitigen Prozessrechtsverhältnisses Geltung zu verschaffen ist daher weder möglich noch geboten. Möchte der Rechtsinhaber also die gewillkürte Prozessführungsbefugnis des Standschafters beenden, so muss er den Widerruf der Ermächtigung gegenüber dem Gericht erklären. Ein Widerruf gegenüber dem Prozessgegner oder dem Standschafter genügt hierfür nicht. 3. Kein Ausschluss nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis Letztlich setzt der wirksame Widerruf der Prozessführungsermächtigung nach Maßgabe des §  183 S.  1 BGB voraus, dass der Widerruf nicht nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ausgeschlossen ist, §  183 S.  1 a. E. BGB. Der Rechtsinhaber darf die Ermächtigung also nicht unwiderruflich erteilt haben170. Der Ausschluss kann durch einseitigen Verzicht des Rechtsinhabers oder durch Vertrag zwischen diesen und dem Ermächtigten ausdrücklich vereinbart werden171. Er kann allerdings auch konkludent erfolgen172. Im Zweifel wird man in diesem Fall die Auslegungsmaßstäbe übertragen können, die die Rechtsprechung für die stillschweigende Vereinbarung einer unwiderruflichen Vollmacht (§  168 S.  2 a. E. BGB) aufgestellt hat: Ist die Bevollmächtigung ausschließlich im Interesse des Bevollmächtigten erfolgt oder dient sie nach Grund und Zweck seinen besonderen Interessen, sodass diese denen des Vollmachtgebers zumindest gleichwertig sind, liege hierin ein besonderes Beweisanzeichen dafür, dass der Vollmachtgeber das Recht zum jederzeitigen Widerruf stillschweigend ausschließen wollte173. Hingegen rechtfertigen überwiegende Interessen des Vollmachtgebers die Auslegung, dass ihm an der Widerrufsmöglichkeit gelegen ist174. Legt man diese Auslegungsmaßstäbe zugrunde, wird man im Zweifel grundsätzlich davon ausgehen müssen, dass der Rechtsinhaber die Ermächtigung nicht unwiderruflich erteilt hat. Zwar hat der Ermächtigte stets ein Eigeninteresse an der Rechtsdurchsetzung175. Das größere Interesse an dieser weist aber reBerger, in: FS Prütting, S.  221, 229. MünchKommBGB/Bayreuther, §  183 Rn.  16. 172  Palandt/Ellenberger, §  183 Rn.  2. 173  BGH, WM 1965, 1006, 1007; WM 1985, 646, 647; Enneccerus/Nipperdey, BGB AT 2, §  186 S.  806. 174  BGH, NJW-RR 1991, 439, 442. 175  Vgl. oben §  1 II. 2. 170  171 

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gelmäßig der Ermächtigende auf, da es sein Recht ist, um das gestritten wird. Ein zumindest gleichwertiges Interesse des Standschafters an der Rechtsdurchsetzung lässt sich allenfalls dann annehmen, wenn der gewillkürten Prozessstandschaft ein Sicherungsgeschäft zugrunde liegt. Denn hier hat der Sicherungsgeber ein erhöhtes Interesse daran den Prozess zu gewinnen, um seine regelmäßig bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber dem Rechtsinhaber zu tilgen176. Im Fall ­eines Sicherungsgeschäfts wird es aber auf die obigen Auslegungsmaßstäbe kaum ankommen. Es ist anzunehmen, dass der Sicherungsvertrag gewöhnlich die Frage des Widerrufs der Prozessführungs- und Einziehungsermächtigung regelt.

IV. Zusammenfassung und Ausblick 1. Zusammenfassung Wir sind in §  4 zunächst zu dem Ergebnis gekommen, dass der Widerruf der noch nicht ausgeübten Prozessführungsermächtigung einschränkungslos möglich sein muss, da in diesem Fall schutzwürdige Interessen des Prozessgegners (noch) nicht betroffen sind. Obwohl die Prozessführungsermächtigung als Prozesshandlung zu charakterisieren ist, folgt aus den vorangegangenen Untersuchungen, dass sich ihre Widerruflichkeit nicht nach den Grundsätzen des Widerrufs prozessualer Bewirkungsoder Erwirkungshandlungen bestimmt, sondern vielmehr der §  183 S.  1 BGB den Maßstab der Widerruflichkeit vorgibt. Die Anwendung des §  183 S.  1 BGB rechtfertigt die Vergleichbarkeit der Prozessführungsermächtigung mit der Verfügungsermächtigung nach §  185 BGB. Ferner steht der Prozesshandlungscharakter der Prozessführungsermächtigung dem Rückgriff auf §  183 S.  1 BGB dabei nicht entgegen. Die Norm statuiert den Grundsatz der freien Widerruflichkeit der Ermächtigung und möchte damit sowohl eine Fremdbestimmung des Ermächtigenden ausschließen sowie die Zweckbindung bestimmter Schutzrechte wahren. Diese Anliegen haben Bedeutung in unserer gesamten privatautonom geprägten Rechtsordnung und können daher als allgemeinen Rechtsgedanken verstanden werden, die die Grenzen von materiellen Recht und Prozessrecht überlagern. Die Maßgabe des §  183 S.  1 BGB hat für die Wirksamkeit des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung zur Folge, dass dieser auch nach Klageerhebung noch möglich ist und die Widerrufsbefugnis des Rechtsinhabers in zeitlicher Hinsicht erst endet, sobald zur prozessualen Durchsetzung des Rechts keine Prozesshandlungen des Standschafters mehr geboten sind. Dies ist in der Regel erst 176 

Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 483.

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am Ende der letzten mündlichen Verhandlung der jeweiligen Instanz der Fall, was auch die Revisionsinstanz einschließt. Die Wirksamkeit des Widerrufs setzt weiterhin voraus, dass dieser gegenüber dem Gericht erklärt wird und dass er nicht nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ausgeschlossen ist. 2. Problemaufriss und Ausblick Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass für die grundsätzliche Widerruflichkeit der Prozessführungsermächtigung allein das Rechtsverhältnis zwischen dem Rechtsinhaber und dem Prozessstandschafter maßgeblich ist. Die aus §  183 S.  1 BGB folgende weit ausgedehnte Widerrufsbefugnis des Rechtsinhabers birgt für den Gegner freilich die Gefahr, dass er während des gesamten Prozesses mit der willkürlichen Vereitelung einer Sachentscheidung und dem damit einhergehenden Verlust der bisherigen Prozessergebnisse rechnen muss. Die Alternative hierzu wäre, die materiellrechtliche Widerrufsbefugnis des Rechtsinhabers vorzeitig auszuschließen, was jedoch schwerlich in Einklang zu bringen ist mit dem allgemeinen Verständnis des §  183 S.  1 BGB und sich ferner in Widerspruch setzen würde zu §  265 Abs.  1 ZPO. Letzterer bringt in der vergleichbaren Situation des nachträglichen Wegfalls der Sachlegitimation des Klägers zum Ausdruck, dass das Schutzbedürfnis des Gegners keine materiellrechtlichen Restriktionen des Rechtsinhabers rechtfertigt177. Vor diesem Hintergrund untersucht die Arbeit in §  5, wie dem Schutzbedürfnis des Prozessgegners mit dem vorhandenen Instrumentarium des Prozessrechts im Fall des Widerrufs der ausgeübten Prozessführungsermächtigung Rechnung getragen werden kann. Während §  4 also für die Klärung der grundsätzlichen Widerruflichkeit der Ermächtigung allein das Rechtsverhältnis zwischen Rechtsinhaber und Prozessstandschafter in den Blick nahm, lassen sich die nachfolgenden Untersuchungen insbesondere von der Interessenlage des Prozessgegners leiten.

§  5 Schutzmechanismen des Prozessrechts I. In Betracht kommende Regelungsmodelle – Überblick Die ZPO ordnet keine Rechtsfolgen an, die sich an den Widerruf der ausgeübten Prozessführungsermächtigung knüpfen. Da angesichts der Interessenlage des Prozessgegners aber ein Regelungsbedürfnis besteht, stellt sich die Frage nach einer analogen Anwendung vergleichbarer Vorschriften. Das Prozessrecht stellt 177 

Vgl. oben III. 1. b), aa).

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dabei mit dem gesetzlichen Parteiwechsel in §§  239 ff. ZPO und dem Parteierhalt in §  265 Abs.  2 ZPO zwei mögliche Modelle bereit, die in unserer Situation in Betracht kommen, die Interessen von Rechtsträger, Standschafter und Prozessgegner nach dem Widerruf der Prozessführungsermächtigung in Ausgleich zu bringen. Beide Konzepte stellen in ihrem originären Anwendungsbereich prozessuale Reaktionen auf materiellrechtliche Änderungen in der Rechtszuständigkeit dar178. 1. Vergleich beider Modelle am Maßstab des Prozessgegnerinteresses a) Identisches Schutzniveau im Hinblick auf den Erhalt von Prozesslagen Das schutzwürdige Interessen des Prozessgegners an der Sicherung erstrittener Prozesslagen lässt sich sowohl durch eine entsprechende Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO als auch im Wege eines Parteiwechsels wahren. Beide Modelle verfestigen das jeweilige Prozessrechtsverhältnis, erhalten Prozesslagen und schließen Zweitprozesse infolge der Sperrwirkung der Rechtskraft aus179. Bei einer Perpetuierung der Streitbeziehung ist dies selbstverständlich. Aber auch wenn der Rechtsträger im Wege eines gesetzlichen Parteiwechsels in den Prozess eintritt, ist dieser an bisherige Prozesslagen gebunden und bisherige Prozessergebnisse bleiben verwertbar180. Diese prozessuale Reaktion auf die materiellrechtliche Rechtsänderung ist allein angemessen, da es unbillig wäre, der Veränderung der Rechtslage dadurch Rechnung zu tragen, dass man die Klage der ursprünglich richtigen Partei abweist und den Gegner, der auf die materielle Rechtslage keinerlei Einflussmöglichkeit hat, darauf verweist, sich gegen eine neue Klage des nunmehr Prozessführungsbefugten in vollem Umfang zu wehren181. b) Unterschiede hinsichtlich der subjektiven Bezugspunkte der Parteifunktionen Obwohl das Schutzniveau beider Konzepte hinsichtlich des Erhalts bisheriger Prozesslagen identisch ist, wird der Schutz des Prozessgegners zu Recht als wesentliches Unterscheidungsmerkmal von gesetzlichen Parteiwechsel und Parteiperpetuierung nach §  265 Abs.  2 ZPO angesehen182. Denn dieser ist nicht nur schutzwürdig im Hinblick auf die bereits erstrittenen Prozesslagen. Er hat auch 178 

MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  265 Rn.  7. Berger, in: FS Prütting, S.  221, 224. 180  Grunsky, Veräußerung, S.  68; Henckel, Parteilehre, S.  155. 181  Grunsky, Veräußerung, S.  69. 182  So MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  265 Rn.  7; ähnlich Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  265 Rn.  3: „in Zweifelsfällen“. 179 

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ein schutzwürdiges Interesse daran, sich im laufenden Verfahren keine neue Gegenpartei aufdrängen lassen zu müssen, die gegebenenfalls nicht in der Lage ist, die bisher aufgelaufenen Prozesskosten zu begleichen183. So soll §  265 Abs.  2 ZPO es auch verhindern, dass eine Partei über mehrere Instanzen ohne Kostenrisiko einen Prozess führt um sich dann aus diesem zurückzuziehen und eine vermögenslose Partei vorzuschieben184. Aber auch unabhängig von dieser vermögensbezogenen Parteifunktion bedeutet die Fortsetzung des Verfahrens mit einer neuen Partei für den Prozessgegner immer einen empfindlichen Wandel der Prozesssituation185. So ist der Parteiwechsel vor allem für verfahrensbezogene Parteifunktionen von Bedeutung, wie beispielsweise die Zeugenstellung, die Parteivernehmung oder die Voraussetzungen der Ausschließung des Richters186. Die genannten Aspekte sind dabei keinesfalls zu vernachlässigen. Ihre Bedeutung für den Prozessgegner wird daran deutlich, dass wohl allein sie es waren, die den Gesetzgeber zur Schaffung des §  265 Abs.  2 ZPO veranlasst haben. Denn ursprünglicher Schutzzweck des §  265 Abs.  2 ZPO war es nicht, dem Prozessgegner die Früchte der bisherigen Prozessführung zu erhalten. Es ging ausschließlich darum, die Gegenpartei vor dem Eintritt einer neuen Partei zu schützen, der sich unter der Geltung des materiellen Parteibegriffs mit Übergang des materiellen Rechts von selbst vollzog. So bestand gar keine Gefahr, dass durch die Veräußerung des vom Kläger geltend gemachten Rechts die bisher erreichten Zwischenergebnisse des Rechtsstreits infolge der Veränderung der materiellen Rechtslage verlorengehen. Durch die Veräußerung wäre auch die Parteistellung auf den Erwerber übergegangen und dieser hätte den Prozess in dem Stadium zu übernehmen, in dem er sich zur Zeit der Veräußerung befand. Erst mit der Durchsetzung des formellen Parteibegriffs erweiterte sich der Schutzzweck des §  265 ZPO dahingehend, dass er der Gegenpartei nicht nur den bisherigen Gegner, sondern außerdem die schon erreichten Ergebnisse erhielt187. Dem §  265 ZPO kommt heute daher die Aufgabe zu, die Belange des Prozessgegners umfassend zu schützten, was sich nicht im Erhalt der bisherigen Pro­ zess­ergeb­nisse erschöpft, sondern – und dies ist der wesentliche Unterschied zu einem gesetzlichen Parteiwechsel – darüber hinausgeht, indem auch die subjektiven Anknüpfungspunkte der Parteifunktionen erhalten bleiben. Zu der umfassenden Schutzfunktion des §  265 ZPO zählt zudem, dass die Parteiperpetuierung

183 

OLG Nürnberg OLGZ 1994, 454; OLG Köln, BeckRS 2013, 07458 (unter B). MünchKommInsO/Ott/Vuia, §  80 Rn.  80. 185  Wagemeyer, Parteiwechsel, S.  61. 186  Berger, in: FS Prütting, S.  221, 224; weiterführend zur Bedeutung der Parteistellung vgl. Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  4. 187  Grunsky, Veräußerung, S.  20. 184 

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Zeitverluste des Prozessgegners vermeidet, die infolge der Unterbrechung des Rechtsstreits bei einem Parteiwechsel eintreten würden188. Demgegenüber dient ein Parteiwechsel vorrangig den Belangen des Rechtsinhabers, der es danach nicht hinnehmen muss, dass eine am Prozessausgang unmittelbar nicht mehr interessierte formelle Partei den Rechtsstreit zu Ende führt und er daher keine schlechtere Prozessführung zu seinen Lasten zu befürchten hat. Bei der Parteiperpetuierung nach §  265 Abs.  2 ZPO wird dieses Interesse vernachlässigt. Der Rechtsinhaber kann ohne die Zustimmung des Gegners nur als einfacher Nebenintervenient am Rechtsstreit teilnehmen (§  265 Abs.  2 S.  2, 3 ZPO)189. Goldschmidt spricht daher davon, dass §  265 Abs.  2 ZPO dem Erwerber eine weitgehende prozessuale Entrechtung zumutet190. 2. Weitere Vorgehensweise Beide Regelungskonzepte unterscheiden sich demnach im Hinblick auf den Erhalt der subjektiven Anknüpfungspunkte der Parteifunktionen sowie im Hinblick auf den erforderlichen Zeitaufwand infolge einer Prozessunterbrechung. Angesichts dessen soll nun untersucht werden, welches der beiden Modelle in seiner analogen Anwendung als adäquate Rechtsfolge für den Widerruf der Prozessführungsermächtigung in Betracht kommt. Dabei ist im Blick zu behalten, dass neben dem Widerruf noch weitere Fallgruppen existieren, in denen die Prozessführungsermächtigung nachträglich entfallen kann. Diesen Fallgruppen widmet sich die Arbeit in ihrem dritten Teil. An dieser Stelle ist es daher gerechtfertigt, auch auf abstrakte Fragestellungen ausführlich einzugehen, um die gefundenen Ergebnisse auch für die Behandlung der übrigen Erlöschensgründe der Prozessführungsermächtigung fruchtbar machen zu können. Zunächst wendet sich die Arbeit dabei dem gesetzlichen Parteiwechsel zu (II). Im Rahmen der Analogieprüfung wird die Frage zu beantworten sein, in welchen Fällen dem Prozessgegner ein solcher Parteiwechsel mit den aufgezeigten negativen Konsequenzen zugemutet werden kann. Hier erfolgt eine grundsätzliche Weichenstellung für den weiteren Fortgang der Arbeit: die Abgrenzung des gesetzlichen Parteiwechsels von der Parteiperpetuierung nach §  265 Abs.  2 ZPO in den gesetzlich nicht geregelten Fällen. Die Ergebnisse dieser Abgrenzung sind nicht nur grundlegend für die Ermittlung der Rechtsfolgen des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung; in gleichem Maße werden sie die Rechtsfolgen

Berger, in: FS Prütting, S.  221, 224; Dinstühler, ZZP 112 (1999), 61, 63. Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  265 Rn.  2; zur Kritik hinsichtlich des Ausschlusses des §  69 ZPO vgl. unten III. 2. c), bb), Fn.  433. 190  Goldschmidt, Prozeß als Rechtslage, S.  333. 188  189 

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bestimmen, wenn die ausgeübte Prozessführungsermächtigung aus einem anderen Grund entfällt191. Im Anschluss nimmt die Arbeit die Möglichkeiten einer Parteiperpetuierung nach Widerruf der Prozessführungsermächtigung in den Blick (III). Hier tritt das Modell der entsprechenden Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO in Konkurrenz mit einem Lösungsansatz des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2015, der unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des §  269 Abs.  1 ZPO ebenfalls eine Parteiperpetuierung vorsieht.

II. Gesetzlicher Parteiwechsel 1. Klarstellung Der Parteiwechsel ist in der ZPO unvollkommen und lückenhaft geregelt. Nur in den wenigen besonders gelagerten Fällen der §§  239 ff. ZPO geht die ZPO von einem Parteiwechsel aus, ohne ihn dabei ausdrücklich anzuordnen. So fehlt es selbst im Falle des Todes einer Partei an einer ausdrücklichen Vorschrift, die dem Rechtsnachfolger die Parteistellung übertrüge192. Der Grund hierfür wurde bereits angedeutet und ist im damals vorherrschenden materiellen Parteiverständnis zu suchen: Nach diesem Verständnis ergab sich von selbst, dass bei Wechsel der Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses automatisch auch die Prozessparteien wechseln193. In den Fällen der §§  239 ff. ZPO ordnet das Gesetz daher zunächst nur an, dass das Verfahren mit den Wirkungen des §  249 ZPO unterbrochen wird, wobei es einen der Verfahrensunterbrechung folgenden Parteiwechsel als selbstverständlich voraussetzt. Wenn im Folgenden daher von einer Analogie zu den §§  239 ff. ZPO gesprochen wird, so bezieht sich dies nur auf einen gesetzlichen Parteiwechsel als solchem, nicht hingegen auf die Modalitäten, die von den einzelnen Tatbeständen der §§  239 ff. ZPO abhängen. 2. Analogievoraussetzungen – insbesondere Vergleichbarkeit der Interessenlagen Einige sehen die entsprechende Anwendung der §§  239 ff. ZPO beim „Wechsel der Prozessführungsbefugnis“194 auf den Rechtsinhaber als die adäquate Lösung

191 

Vgl. unten §§  6, 7. Nikisch, ZivilProzR, S.  461. 193  Henckel, Parteilehre, S.  145. 194  Zu dieser Formulierung in Bezug auf die gewillkürte Prozessstandschaft vgl. oben §  2 II. 192 

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an195. Ob die Analogievoraussetzungen in Bezug auf den Widerruf der Prozessführungsermächtigung vorliegen, soll im Folgenden geklärt werden. Eine Regelungslücke lässt sich angesichts des allgemeinen Regelungsdefizits der gewillkürten Prozessstandschaft ohne Weiteres bejahen. Diese müsste auch planwidrig sein, was am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung zu bestimmen ist196. Für die Planwidrigkeit der Regelungslücke spricht hier, dass es den Wertungen der ZPO widerspricht, den Prozessgegner hinsichtlich desselben Streitgegenstandes einer weiteren Klage durch den Rechtsinhaber auszusetzen, ohne dabei auf bereits erstrittene Prozesslagen zurückgreifen zu können197. Erkennbar wird dies insbesondere an der Wertung des §  265 Abs.  2 ZPO198. Von einer planwidrigen Regelungslücke ist vor diesem Hintergrund auszugehen. Weniger leicht zu beantworten ist aber die Frage, ob beide Tatbestände – zum einen der Widerruf der Prozessführungsermächtigung und zum anderen die Fälle der §§  239 ff. ZPO – infolge ihrer Ähnlichkeit gleich zu bewerten sind, sodass von einer vergleichbaren Interessenlage gesprochen werden kann, die einen Analogieschluss rechtfertigt199. a) Begründung des Bundesgerichtshofs Der Bundesgerichtshof verneint dies ausdrücklich und führt an, dass sich die Rechtstellung des gewillkürten Prozessstandschafters nicht mit der des materiellen Rechtsinhabers vergleichen lasse200. Als Begründung verweist er auf eine frühere Entscheidung, in der der Standschafter während des Prozesses verstarb und aufgrund dessen die Prozessführungsermächtigung entfiel201. In diesem Fall bedürfe es einer Verfahrensunterbrechung, wie sie die §§  239 ff. ZPO vorsehen, nicht, da bei der Beendigung der gewillkürten Prozessstandschaft der materielle Rechtsinhaber von vornherein feststehe202. Dem ist entgegenzuhalten, dass die §§  239 ff. ZPO nicht nur die eher technische Frage der Unterbrechung, die im Fall der Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten ohnehin nicht automatisch eintritt (§  246 ZPO) regeln; wichtiger ist, dass ein Parteiwechsel der Prozessunterbrechung folgt203. Ein solcher Partei195 Allgemein Schilken, ZivilProzR, Rn.  277 m. w. N.; für den Widerruf der Prozessführungsermächtigung differenzierend Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 482 ff. 196  Canaris, Feststellung von Lücken im Gesetz, S.  39; Elze, Lücken im Gesetz, S.  3 ff. 197  Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 478. 198  Vgl. dazu unten III. 2. a), aa). 199 Dazu Larenz/Canaris, Methodenlehre, S.  202. 200  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  30. 201  Vgl. dazu unten §  7 I. 202  BGHZ 123, 132, 135 = NJW 1993, 3072; zust. Wieczorek/Schütze/Gerken §  239 Rn.  8. 203  Brehm/Berger, EWiR 1993, 1135.

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wechsel wird in den §§  239 ff. ZPO zwar nicht ausdrücklich angeordnet, dies ist aber mit dem den Normen ursprünglich zugrunde gelegten materiellen Parteiverständnis zu begründen204. Die §§  239 ff. ZPO knüpfen unter dem formellen Parteibegriff nicht an die materielle Rechtsinhaberschaft an, sondern einzig an die Parteistellung im rechtshängigen Verfahren. So könne es auch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zu einem gesetzlichen Parteiwechsel kommen, wenn eine gesetzliche Prozessführungsbefugnis (etwa nach §  1629 Abs.  3 BGB205) beginnt oder endet206. Der Begründung, einer entsprechenden Anwendung der §§  239 ff. ZPO bedürfe es bei Beendigung der gewillkürten Prozessstandschaft nicht, weil der materielle Rechtsinhaber von vornherein feststehe, geht daher am Regelungsgegenstand der §§  239, 246 ZPO völlig vorbei207. Ein gesetzlicher Parteiwechsel komme vielmehr grundsätzlich auch in den Fällen in Betracht, in denen – wie hier – Rechtsinhaberschaft und Prozessführungsbefugnis ausnahmsweise auseinanderfallen. b) Abgrenzung zu §  265 Abs.  2 ZPO Die Frage, ob die Interessenlage beim Widerruf der ausgeübten Prozessführungsermächtigung mit den Situationen des gesetzlichen Parteiwechsels vergleichbar und daher eine entsprechende Anwendung gerechtfertigt ist, ist deshalb vor einem anderen Hintergrund zu klären. Sie korrespondiert mit der Abgrenzung zu den Fällen des §  265 Abs.  2 ZPO und entscheidet sich letztlich danach, in welchen Fällen dem Prozessgegner nach der gesetzlichen Konzeption ein Parteiwechsel zugemutet werden kann und in welchen Fällen die Perpetuierung der Parteistellungen angezeigt ist. Die Unterscheidung des gesetzlichen Parteiwechsels und der Parteiperpetuierung nach §  265 ZPO bereitet aber in den gesetzlich nicht geregelten Fällen große Schwierigkeiten, da beide Normenkomplexe heute weit über ihren Wortlaut hinaus ausgelegt werden. Es ist daher häufig zweifelhaft, ob bei bestimmten Rechtsänderungen ein Parteiwechsel anzunehmen ist oder ob die den Parteiwechsel vermeidende Regelung des §  265 Abs.  2 ZPO eingreift208.

204 

Vgl. oben unter 1. BGH, FamRZ 1983, 474, 475. 206  Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  42 Rn.  4 m. w. N.; Anerkannt ist dies insbesondere im Fall der Testamentsvollstreckung, wenn während des Prozesses das Amt des Testamentsvollstreckers oder sein Verwaltungsrecht (§§  2225 BGB ff.) erlischt und die Prozessführungsbefugnis auf den Erben übergeht, vgl. RGZ 155, 350, 354; BGH, NJW 1964, 2301; Staudiner/Reimann, §  2212 Rn.  3. 207  Schilken, ZZP 107 (1994), 527, 531; ders., in: FS Gerhard, S.  879, 888. 208  Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  265 Rn.  3. 205 

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Für die Abgrenzung soll dem Vorschlag Henckels209 folgend so vorgegangen werden, dass wir zunächst nach einem Kriterium suchen, das alle unstreitigen Fälle des gesetzlichen Parteiwechsels umfasst und somit als Abgrenzungskriterium zu der Parteiperpetuierung des §  265 Abs.  2 ZPO dient. Dieses Kriterium soll dann als Maßstab für den Vergleich der Interessenlage beim Widerruf der Prozessführungsermächtigung herangezogen werden. In der Literatur sind dabei zahlreiche Vorschläge für ein Abgrenzungskriterium gemacht worden210. Diese verdichten sich im Wesentlichen auf die folgenden drei Grundansätze: aa) Kriterium des Wechsels der Prozessführungsbefugnis Betrachtet man die geregelten Fälle des gesetzlichen Parteiwechsels, so fällt auf, dass ein solcher auch dann in Betracht kommt, wenn nicht das materielle Recht, sondern wie im Fall des §  240 ZPO oder des §  241 Abs.  3 ZPO211 nur die Prozessführungsbefugnis während der Rechtshängigkeit wechselt. Dies bringt Bötticher zu dem Schluss, dass hingegen §  265 ZPO nur Anwendung finden könne, wenn ein Übergang des materiellen Rechts vorliegt, da die Norm auf Änderungen der Rechtszuständigkeit, nicht aber auf Änderungen in der Zuständigkeit zur Geltendmachung von Rechten zugeschnitten sei212. Bei einem bloßen Übergang der Prozessführungsbefugnis sei demnach grundsätzlich ein gesetzlicher Parteiwechsel vorzunehmen. (1) Subsumtion Für den Widerruf der Prozessführungsermächtigung bedeutet dies, dass die Interessenlage insofern mit der eines gesetzlichen Parteiwechsels vergleichbar wäre, als das kein Übergang des materiellen Rechts stattfindet. Der Widerruf bewirkt lediglich, dass der Standschafter seine Prozessführungsbefugnis verliert. Zwar Henckel, Parteilehre, S.  150. Zu den Einzelheiten Grunsky, Veräußerung, S.  67 ff. 211  Auch im Fall des §  243 ZPO findet kein Übergang des materiellen Rechts auf den Nachlasspfleger oder den Testamentsvollstrecker statt. Grunsky, Veräußerung, S.  73 f. lässt diese Norm aber zu Recht von vornherein als Grundlage einer Analogie ausscheiden, da hier gegenüber den übrigen Fällen des bloßen Übergangs der Prozessführungsbefugnis die Besonderheit besteht, dass die ursprüngliche Partei nicht mehr vorliegt. Die Gegenpartei müsste sich also ohnehin auf einen neuen Gegner (den Erben) einstellen, weshalb es gar nicht möglich ist, seinem Interesse an einer Parteiperpetuierung Rechnung zu tragen. 212  Bötticher, in: FS Laun, S.  295, 297: Es sei Zeit die „Wucherungen zu stutzen“, die eine allzu weitherzige Auslegung des §  265 ZPO getrieben habe; zustimmend BGHZ 1, 65, 67 = NJW 1951, 311; BGHZ 46, 249, 25 = NJW 1967, 781; ebenso Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  265 Rn.  13; Henke, Bedingte Übertragungen, S.  86; Früchtl, NJW 1996, 1327, 1328. 209  210 

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kann dabei nicht von einem „Übergang“ der Prozessführungsbefugnis auf den Rechtsträger gesprochen werden, da dieser durch die Prozessführungsermächtigung seine eigene originäre Prozessführungsbefugnis nicht verloren hat, sondern nur durch den Rechtshängigkeitseinwand (§  261 Abs.  3 Nr.  1 ZPO) an einem Parallelprozess gehindert ist213; dies allein vermag jedoch kein anderes Subsum­ tions­ergebnis zu rechtfertigen. (2) Kritik An der Auffassung Böttichers, der §  265 ZPO sei auf Änderungen der materiellen Rechtszuständigkeit zugeschnitten, nicht aber auf Änderungen in der Zuständigkeit zur Geltendmachung von Rechten, ist so viel richtig, dass dem Gesetzgeber bei Erlass des §  265 ZPO nur Fälle eines Übergangs des materiellen Rechts vor Augen gestanden haben214. Allerdings war der §  265 ZPO dabei auch nur auf rechtsgeschäftliche Übertragungen des streitbefangenen Rechts „zugeschnitten“. Von diesem Ausgangspunkt hat die Norm heute aber in vielfacher Hinsicht eine erweiternde Auslegung erfahren, die schließlich jeden Sachlegitimationswechsel als „Abtretung des geltend gemachten Anspruchs“ und „Veräußerung der streitbefangenen Sache“ auffasste215. Vor diesem Hintergrund fragt daher Wagemeyer vollkommen zu Recht, weshalb eine derart erweiternde Auslegung beim Wechsel der bloßen Prozessführungsbefugnis haltmachen sollte216? So entspricht es heute auch einer verbreiteten Auffassung, dass der §  265 Abs.  2 ZPO auf diesen Fall Anwendung finden kann217. Dies ist im Hinblick auf das Anliegen des umfassenden Prozessgegnerschutzes, das dem §  265 Abs.  2 ZPO zugrunde liegt218, folgerichtig; ist doch die Interessenlage der Gegenpartei bei dem Übergang der Prozessführungsbefugnis identisch wie beim Übergang der materiellen Rechtszuständigkeit219. Dabei ist es allein der Zweckgedanke einer Norm, an dem sich ihre Auslegung zu orientieren hat und nicht ihr ursprünglicher „Zuschnitt“220.

213 

Vgl. oben Einl. I. Grunsky, Veräußerung, S.  74, 215  Zu den einzelnen Fallgruppen vgl. Musielak/Voit/Foerste, §  265 Rn.  5; Stein/Jonas/ Roth, 23.  Aufl. (2016), §  265 Rn.  12; eingehend auch Grunsky, Veräußerung, S.  31 ff. 216  Wagemeyer, Parteiwechsel, S.  57. 217  BGH, NJW-RR 1990, 323, 324; OLG Nürnberg, OLGZ 1994, 454; Stein/Jonas/Schumann, 21.  Aufl. (1999), §  265 Rn.  20; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  265 Rn.  58; Berger, in: FS Prütting, S.  221, 233; Henckel, Parteilehre, S.  153 ff.; Grunsky, Veräußerung, S.  67 f.; Wagemeyer, Parteiwechsel, S.  57. 218  Vgl. oben I. 1. b). 219  Grunsky, Veräußerung, S.  67; Vgl. dazu ausführlich unten III. 2. a), aa). 220  Wagemeyer, Parteiwechsel, S.  57. 214 

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(3) Zwischenergebnis Die §§  240, 241 Abs.  3 ZPO können daher nicht als Konkretisierung eines allgemeinen Grundsatzes gesehen werden, der den gesetzlichen Parteiwechsel unter Geltung des formellen Parteibegriffs in Abgrenzung zu §  265 Abs.  2 ZPO charakterisiert. Der bloße Wechsel der Prozessführungsbefugnis muss daher als Maßstab für unsere Analogiebildung ausscheiden. Nach hier vertretener Auffassung kommt auch der §  265 Abs.  2 ZPO für solche Fälle als prozessuale Rechtsfolge in Betracht. bb) Kriterium der Gesamtrechtsnachfolge Nach der wohl herrschenden Meinung sei ein Parteiwechsel nur dann angezeigt, wenn ein Personenwechsel hinsichtlich eines einheitlichen Gesamtvermögens eintritt221. Bezieht sich die Rechtsänderung lediglich auf ein einzelnes Recht, so soll das Verfahren von der bisherigen Partei zu Ende geführt werden, wie es im Fall der Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes von §  265 Abs.  2 ZPO angeordnet wird. (1) Maßgebliches Vermögen Möchte man in diesem Sinne danach differenzieren, ob eine Vermögensgesamtheit auf eine andere Person übergeht, so ist zunächst zu klären, auf welches Vermögen sich die Rechtsnachfolge zu beziehen hat. Dies wurde maßgeblich von Henckel mit dem Begriff des sogenannten „Interessevermögen“ präzisiert222. Darunter versteht man das Vermögen einer Partei, in dessen Interesse der Vermögensprozess geführt wird. Das sei grundsätzlich jenes, über das sie frei verfügen kann223. Deutlich wird dies insbesondere an den Fällen des §  239 ZPO und des §  240 ZPO, in denen die Verfügungsbefugnis über eine Vermögensgesamtheit entweder durch Universalsukzession (§  1922 BGB) oder durch Insolvenzbeschlag (§  80 InsO) auf den Erben beziehungsweise den Insolvenzverwalter übergeht. Auszuklammern sind im Fall des §  80 InsO freilich unpfändbare Gegenstände (§  36 InsO). Im Sinne der herrschenden Meinung und unter Zugrundele221  Henckel, Parteilehre, S.  166 ff.; Schilken, in: FS Gerhard, S.  879, 885; Zeuner, in: FS Schwab, S.  575, 590; Jauernig/Hess, ZivilProzR, §  86 Rn.  8; Bork/Jacoby, ZHR 167 (2003), 440, 448; ähnlich Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  265 Rn.  3: „typischerweise“. 222  Henckel, Parteilehre, S.  106 f.; siehe zuvor de Boor, Parteiwechsel und Parteibegriff, S.  53, 61 ff., der auf den Wechsel des sogenannte Streitvermögen abstellt, was jedoch die Zugrundelegung seines funktionellen Parteibegriffs (dazu de Boor, Parteiwechsel und Parteibegriff, S.  50 ff.) voraussetzt. Kritisch Henckel, Parteilehre, S.  167 f.; Grunsky, Veräußerung, S.  77 f. 223  Henckel, Parteilehre, S.  188; Bork/Jacoby, ZHR 167 (2003), 440, 449.

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gung des Henckel’schen Vermögensbegriffs ist das allgemeine Kriterium eines Parteiwechsels danach zu definieren als ein Ereignis, aufgrund dessen die Verfügungsbefugnis über das gesamte dem Vollstreckungszugriff unterliegende Vermögen einer Partei wechselt. (2) Übertragung auf den Fall der gewillkürten Prozessstandschaft Bei der gewillkürten Prozessstandschaft streitet der Standschafter von Beginn an für ein fremdes Vermögen. Dies stünde einem gesetzlichen Parteiwechsel grundsätzlich nicht entgegen. Allerdings kommt es in diesen Fällen nur dann dazu, wenn die Partei die Verfügungsbefugnis über das gesamte fremde Vermögen verliert224. So etwa im Prozess eines Insolvenzverwalters, wenn sein Amt während des Prozesses endet und deshalb die Verfügungsbefugnis über das dem Gemeinschuldner gehörende Vermögen wieder auf diesen übergeht225. Hingegen muss es zu einer Parteiperpetuierung nach §  265 Abs.  2 ZPO analog kommen, wenn der Insolvenzverwalter das streitbefangene Recht aus dem Insolvenzbeschlag freigibt226. Die Freigabeerklärung hat die materiellrechtlich die Wirkung, dass das freigegebene Recht – und nur dieses – aus der Insolvenzmasse ausscheidet und nunmehr zum insolvenzfreien Vermögen des Gemeinschuldners gehört. Da der Insolvenzverwalter nach der Freigabe keine Verfügungsbefugnis mehr über das Recht hat, hat er auch seine auf ihr beruhende Prozessführungsbefugnis verloren; diese liegt hinsichtlich des geltend gemachten Rechts nun wieder als Ausfluss der nicht mehr beschränkten Rechtszuständigkeit beim Gemeinschuldner227. Bei der gewillkürten Prozessstandschaft ergibt sich aber die Besonderheit, dass der gewillkürte Prozessstandschafter – anders als der Insolvenzverwalter – zu keinem Zeitpunkt Verfügungsbefugnis hinsichtlich des Gesamtvermögens oder des konkreten Prozessgegenstandes besitzt. Der Widerruf der Prozessführungsermächtigung löst daher auch keinen Wechsel der Verfügungsbefugnis aus. Diese verbleibt während der Dauer des Standschafterprozesses fortwährend beim Rechtsinhaber. Das heißt aber nicht, dass das Abgrenzungskriterium der herrschenden Meinung in unserem Fall kein Ergebnis liefert. Das Abstellen auf die Verfügungsbefugnis ist vielmehr damit zu begründen, dass diese typischerweise die Grundlage der Prozessführungsbefugnis darstellt228. Die Grundlage der Prozessführungsbefugnis kann beispielsweise aber auch ein beschränkt dingHenckel, Parteilehre, S.  169. Weber, KTS 1955, 102, 111; Henckel, Parteilehre, S.  169. 226  Weber, KTS 1955, 102, 109 f.; Grunsky, Veräußerung, S.  75; a. A. RGZ 79, 27, 29: Parteiwechsel. 227  Weber, KTS 1955, 102, 109. 228  Vgl. oben §  1 II. 224  225 

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liches Recht sein. So kann der Pfandgläubiger nach §§  1281, 1282 BGB über die verpfändete Forderung prozessieren, obwohl er weder Verwalter noch Inhaber des Vermögens ist, zu dem die eingeklagte Forderung gehört229. Letztlich geht es daher um die Frage, ob ein Ereignis vorliegt, das der Partei die Prozessführungsbefugnis in Bezug auf den konkreten Prozessgegenstand nimmt (dann Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO) oder vielmehr, ob die Partei die allgemeine Befugnis verliert, mit Wirkung für ein bestimmtes Gesamtvermögen Prozesse zu führen230. Dabei ist es irrelevant, was die Grundlage des bisherigen Prozessführungsrechts der Partei war. Bei der gewillkürten Prozessstandschaft bezieht sich diese Ermächtigung als Grundlage der Prozessführungsbefugnis231 stets nur auf den konkreten Prozessgegenstand. Eine Generalermächtigung zur Prozessführung ist unzulässig232. Der gewillkürte Standschafter kann daher keinesfalls die allgemeine Befugnis haben (und verlieren), mit Wirkungen für das Gesamtvermögen des Rechtsinhabers Prozesse zu führen. Der Widerruf der Prozessführungsermächtigung führt folglich nur dazu, dass der Standschafter das Prozessführungsrecht hinsichtlich eines einzelnen Rechts, nämlich dem konkreten Anspruch, zu dessen Geltendmachung er ermächtigt wurde, verliert. Die Rechtsänderung bezieht sich daher nicht auf eine Vermögensgesamtheit, weshalb sie nach der herrschenden Meinung keinen Parteiwechsel, sondern eine Parteiperpetuierung nach §  265 Abs.  2 ZPO auslösen würde. cc) Regel-Ausnahme-Prinzip Ein anderer, maßgeblich von Grunsky233 entwickelter Ansatz, bestimmt hingegen das Verhältnis von Parteiwechsel und dem Parteierhalt nach einem Regel-Ausnahme-Prinzip zugunsten der Prozessstandschaft des §  265 Abs.  2 ZPO. Wo die ZPO dennoch einen Parteiwechsel anordnet, liege also eine Ausnahme vom grundsätzlichen Vorrang des §  265 Abs.  2 ZPO vor. Die Vertreter dieser Auffassung erkennen zwar an, dass sämtliche Fälle der §§  239 ff. ZPO Sachverhalte betreffen, in denen entweder eine Vermögensgesamtheit übergeht (§  239 ZPO und §  242 ZPO) oder doch zumindest die Prozessführungsbefugnis daran wechselt (§  240, §  241 Abs.  3 und §  243 ZPO). Daraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass sämtliche Fälle der EinzelHenckel, Parteilehre, S.  110. So allgemein auch Weber, KTS 1955, 102, 110. 231  Vgl. oben §  1 II. 1. 232  Vgl. oben §  1 II. 1. 233  Grunsky, Veräußerung, S.  83 ff; ähnlich aber auch Wagemeyer, Parteiwechsel, S.  58 ff. kritisch Henckel, ZZP 82 (1969), 333, 343; Schilken, in: FS Gerhard, S.  859, 885. 229  230 

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rechtsnachfolge von §  265 ZPO erfasst werden. Vielmehr beruhe es auf Zufälligkeit, wenn das Gesetz von einem Parteiwechsel nur in Fällen der Gesamtrechtsnachfolge ausgeht234. Das eigentliche Abgrenzungskriterium lasse sich hingegen nur dadurch finden, indem man die ratio legis aufspürt, die sich hinter den beiden im Gesetz vorgesehenen Mitteln verbirgt, der Gegenpartei die Ergebnisse der bisherigen Prozessführung zu erhalten. Diese sei darin zu sehen, dass der gesetzliche „Normalfall“ die Beendigung des Prozesses unter den bisherigen Parteien sei, von der nur ausnahmsweise abgesehen werden kann235. Für diese Sichtweise sprechen die oben aufgezeigten Nachteile, die sich insbesondere im Hinblick auf die subjektiven Anknüpfungspunkte der Parteifunktionen236 für den Prozessgegner aus einem Parteiwechsel ergeben und daher eine restriktive Anwendung der §§  239 ff. ZPO geboten erscheinen lassen. Um die Frage zu klären, ob nach dieser Auffassung im Fall des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung ein gesetzlicher Parteiwechsel ausnahmsweise gerechtfertigt ist, muss im Folgenden zunächst der Frage nachgegangen werden, wie die Fälle der §§  239 ff. ZPO charakterisiert werden können, wenn man sie als Ausnahme eines grundsätzlichen Vorrangs der Parteiperpetuierung nach §  265 Abs.  2 ZPO begreift. (1) Charakterisierung der Ausnahmen (a) Fortfall der Partei Nach Wagemeyer sei ein gesetzlicher Parteiwechsel nur dann gerechtfertigt, wenn die Fortführung des Prozesses daran scheitert, dass die Partei als solche fortgefallen und daher gar nicht mehr in der Lage ist, den Prozess weiterzuführen237. Das Anliegen, die unnütze Häufung von Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, sei typische Funktion des §  265 ZPO, seitdem der formelle Parteibegriff das Prozessrecht beherrscht238. In richtiger Erkenntnis dieser Funktion wurde §  265 ZPO daher auch extensiv ausgelegt, was allerdings seine Grenze dann – und nur dann – findet, wenn die Perpetuierung der Parteistellungen schlicht nicht möglich ist. Dann bleibt nur ein Mittel den zweiten Prozess zu vermeiden: der Parteiwechsel239. Grunsky, Veräußerung, S.  76, 88. Grunsky, Veräußerung, S.  83, 88. 236  Vgl. oben I. 1. b). 237  Wagemeyer, Parteiwechsel, S.  58 ff.; auch Brehm/Berger, EWiR 1993, 1135. 238  Unter der Geltung des materiellen Parteibegriffs verhinderte §  265 ZPO nicht die Häufung von Rechtsstreitigkeiten. Denn wenn er nicht zur Anwendung kam, wechselte aufgrund des materiellen Rechtsübergangs auch die Partei und der Prozess ging weiter, vgl. oben §  5 I. 1. b). 239  Wagemeyer, Parteiwechsel, S.  59. 234  235 

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Diesen Schluss legt der Vergleich der Rechtsprechung des Reichsgerichts zu §  1380 BGB a. F. nahe. Diese Norm verlieh dem Ehemann im gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung Prozessführungsbefugnis hinsichtlich der Geltendmachung eines der Frau gehörenden Rechtes an einem Gut, das diese in die Ehe eingebracht hat. Das Gericht hatte sich in zwei Entscheidungen mit den Folgen des Wegfalls der Prozessführungsbefugnis des Mannes während ­eines solchen Prozesses auseinanderzusetzen und kam zu jeweils unterschiedlichen Ergebnissen: In der ersten Entscheidung verstarb der Mann während des Prozesses, die klägerische Partei fiel also endgültig weg. Das Gericht entschied sich in diesem Fall dafür, die Frau als Rechtsnachfolgerin des Mannes anzusehen und ließ sie gemäß §  239 ZPO in den Prozess einrücken240. In einer anderen Entscheidung zu §  1380 BGB a. F. endete die Prozessführungsbefugnis des Mannes nicht durch dessen Tod, sondern durch ein Aufhebungsurteil des gesetzlichen Güterstandes. In dieser Fallgestaltung, in der also die Partei nicht als solche fortgefallen ist, ließ das Reichsgericht den Mann den von ihm begonnenen Prozess nach §  265 Abs.  2 ZPO weiterführen241. Die Auffassung Wagemeyers zu Grunde legend müsste eine analoge Anwendung auf den Widerruf der Prozessführungsermächtigung regelmäßig ausscheiden. Denn durch den Verlust der gewillkürten Prozessführungsbefugnis fällt die Partei nicht in diesem Sinne weg; die Prozessfortsetzung mit der ursprünglichen Partei wäre weiterhin möglich. (b) Überwiegende Drittinteressen Grunsky ergänzt den Ansatz Wagemeyers dergestalt, dass ein gesetzlicher Parteiwechsel auch dann in Betracht komme, wenn in jedem einzelnen Fall besondere Interessen auf dem Spiel stehen, deren Missachtung so gravierend wäre, dass demgegenüber das Interesse der Gegenpartei daran, keinen neuen Gegner aufgezwungen zu bekommen, zurückzutreten hätte242. Dieser Ansatz macht also die analoge Anwendung des gesetzlichen Parteiwechsels von einer Interessenabwägung abhängig, bei der sich das Interesse des Prozessgegners an einer Parteiperpetuierung und schützenswerte Drittinteressen gegenüberstehen. (c) Stellungnahme Zunächst ist festzuhalten, dass §  265 Abs.  2 ZPO den Fortbestand der Partei voraussetzt243 und daher der Ansatz Wagemeyers denknotwendig in der Gruns240 

RGZ 109, 47. RGZ 135, 291. 242  Grunsky, Veräußerung, S.  84. 243  Brehm/Berger, EWiR 1993, 1335; Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  265 Rn.  3. 241 

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ky’schen Lösung mit aufgeht. Die Frage, die sich stellt, ist daher, ob über die Fälle der Unmöglichkeit der Parteiperpetuierung hinaus, ein Parteiwechsel auch aufgrund einer besonderen Interessenlage gerechtfertigt werden kann. Dafür spricht, dass die Tatsache des Wegfalls der ursprünglichen Partei, sich als allgemeines Charakterisierungskriterium angesichts der gesetzlich geregelten Fälle des Parteiwechsels als zu eng erweist. So leuchtet dies zwar bei den Fällen des Todes der Partei ein (§§  239, 243 ZPO); dass die Partei als solche wegfällt, lässt indes nicht in allen Fällen der §§  239 ff. ZPO beobachten. Hingewiesen sei dabei zunächst auf §  242 ZPO. Denn der Nacherbfall wird nicht notwendigerweise mit dem Tod des Vorerben ausgelöst, sondern kann auch durch ein anderes vom Erblasser bestimmtes Ereignis ausgelöst werden (e contrario §  2106 Abs.  1 BGB). Wenn die Parteistellung in einem solchen Fall gleichwohl auf den Nach­erben übergeht, so lässt sich dies nicht mit dem Fortfall des Vorerben als Partei begründen244. Dem lässt sich noch entgegenhalten, dass in den meisten Fällen der Nacherbfall durch den Tod des Vorerben bedingt ist und es für den Gesetzgeber daher nahelag, den §  242 ZPO einheitlich nach diesem typischen Fall auszurichten245. Schwierigkeiten bereitet das Abstellen auf den Wegfall der Partei aber bei §  240 ZPO, da der Insolvenzschuldner trotz der Insolvenzeröffnung theoretisch noch in der Lage wäre, den mit ihm begonnenen Prozess fortzusetzen, da er weiterhin geschäfts-, partei- und prozessfähig ist246. Die Zeiten, in denen sich an die Konkurseröffnung drakonische personenrechtliche Folgen für den Schuldner knüpften247, die einer Prozessfortsetzung in seiner Person entgegenstünden, sind vorüber. Für den gesetzlichen Parteiwechsel auf den Insolvenzverwalter liefert hingegen der Ansatz Grunskys eine tragfähige Erklärung, indem er auf gewichtige Drittinteressen im Insolvenzfall verweist. So überwiege das Interesse der Insolvenzgläubiger an einem Parteiwechsel das Interesse des Prozessgegners an einer Parteiperpetuierung, da dadurch verhindert wird, dass der in der Regel wenig motivierte Insolvenzschuldner durch nachlässige Prozessführung die Insolvenzmasse schmälert248. Ähnlich gestaltet sich die Interessenlage bei der Nachlassverwaltung zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger (§§  1975 ff. BGB), wodurch der Erbe die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und damit auch die Prozessführungsbefugnis verliert (§  1984 Abs.  1 BGB). Es ist nämlich zu befürchten, dass der Nachlass, der ja von nun an allein für die Nachlassschulden haftet, zur Befriedigung der Gläubiger nicht ausreicht, weshalb sichergestellt Grunsky, Veräußerung, S.  82. Grunsky, Veräußerung, S.  82. 246  Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und InsolvenzR, §  40 Rn.  18. 247  Einen historischen Abriss gibt Becker, Insolvenzrecht, Rn.  40 ff. 248  Grunsky, Veräußerung, S.  86; ausführlich dazu unten. 244  245 

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werden muss, dass dem Erben jede Möglichkeit zur Schmälerung des Nachlasses – auch durch unvorteilhafte Prozessführung – genommen wird. Dieses Drittinteresse der Nachlassgläubiger hat das Gesetz in §  241 Abs.  3 ZPO höher bewertet als das Interesse der Gegenpartei, in einem vom Erben begonnenen Prozess keinen neuen Gegner aufgezwungen zu bekommen und daher einen Parteiwechsel angeordnet, obwohl der Erbe als solcher als Partei nicht fortgefallen ist249. Für die Lösung Grunskys spricht daher insgesamt, dass sie alle im Gesetz geregelten Fälle eines Parteiwechsels zu erklären vermag, indem sie sich als Begründung nicht nur auf den Fortfall der Partei beschränkt, sondern einen Parteiwechsel ausnahmsweise auch dann zulässt, wenn überwiegende Drittinteressen einen Parteiwechsel rechtfertigen. Der Lösung ist aber auch deshalb zuzustimmen, da sie die Anwendung eines gesetzlichen Parteiwechsels auf die im Gesetz nicht geregelten Fälle von einer umfassenden Interessenabwägung abhängig macht und dadurch flexible Lösungen gestattet. Dabei stellt die Annahme einer Vorrangstellung des §  265 Abs.  2 ZPO sicher, dass die schutzwürdigen Interessen des Prozessgegners nicht aus den Augen verloren werden250. (2) Interessenabwägung im Fall des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung (a) Keine überwiegenden Drittinteressen des Rechtsträgers Unter der Zugrundelegung der vorzugswürdigen Grunsky’schen Lösung kommt es daher für unseren Fall entscheidend darauf an, ob überwiegende Drittinteressen beim Widerruf der Prozessführungsermächtigung einen gesetzlichen Parteiwechsel ausnahmsweise rechtfertigen, da der Widerruf jedenfalls nicht zu einem Fortfall des Standschafters als Prozesspartei führt251. In diesem Zusammenhang richtet sich der Blick allein auf den Rechtsinhaber, der ein Interesse an einem Parteiwechsel hat, um einen etwaigen Rechtsverlust durch Rechtskrafterstreckung abzuwenden. Allerdings wurde bereits festgestellt, dass dieses faktische Interesse nicht hoch zu bewerten ist und es daher nicht das Interesse des Prozessgegners, sich nicht im laufenden Prozess mit einer neuen Prozesspartei auseinander setzen zu müssen, überwiegt252. So hat der Rechtsinhaber es in der Hand, sich vorprozessual über die für ihn „bessere“ Partei Gedanken zu machen. Wenn er sich für den rechtsfremden Dritten als Kläger entschieGrunsky, Veräußerung, S.  87. Gegen eine schematische Lösung auch Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 482; MünchKomm/Becker-Eberhard, §  265 Rn.  58, der für die Anwendung des §  265 ZPO auf den Übergang der Prozessführungsbefugnis ebenfalls auf die Interessenlage abstellt. 251  Vgl. oben. 252  Vgl. oben §  3 II. 3. b). 249  250 

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den hat und der Prozessgegner sich darauf – auch gegen seinen Willen – einlassen musste, so muss er sich auch daran festhalten lassen253. Seine Lage ist insofern nicht vergleichbar mit der der Insolvenz- oder Nachlassgläubiger, die die Prozessführung durch den Insolvenzschuldner beziehungsweise den Erben nicht veranlasst haben und daher auch eine für die Insolvenzmasse beziehungsweise den Nachlass nachteilige Prozessführung nicht hinnehmen müssen. Aus diesen Gründen scheinen überwiegende Drittinteressen im Fall des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung keinen gesetzlichen Parteiwechsel zu rechtfertigen. (b) Abwägung nach Maßgabe eines zugrunde liegenden Sicherungsgeschäfts? Abweichend davon möchte Leyendecker im Rahmen der Interessenabwägung danach differenzieren, ob der gewillkürten Prozessstandschaft ein Sicherungsgeschäft zugrunde liegt oder nicht. Eine Parteiperpetuierung nach §  265 Abs.  2 ZPO analog solle danach nur dann die Folge des Widerrufs der Ermächtigung sein, wenn die gewillkürte Prozessstandschaft im Rahmen eines Sicherungsgeschäftes zwischen Standschafter und Rechtsinhaber vereinbart wurde254. Gemeint ist damit zunächst der praktisch bedeutsame Fall der stillen Sicherungszession, in dem der Sicherungsgeber ermächtigt wird, die zedierte Forderung im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. Erfasst sind aber auch Herausgabeklagen des Sicherungsgebers gegenüber Dritten im Rahmen einer Sicherungsübereignung. Auch hier wird dem Standschafter ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der gerichtlichen Geltendmachung der sich aus dem Sicherungseigentum ergebenden Ansprüche zugestanden255. (aa) Parteiperpetuierung nur bei zugrunde liegenden Sicherungsgeschäft Als Begründung stellt Leyendecker darauf ab, dass die Interessen des Prozessgegners nur im Fall des zugrunde liegenden Sicherungsgeschäfts darauf gerichtet sind, den Prozess mit dem Standschafter fortzuführen, da er sich diesen auch als Vertrags- und Prozessgegner ausgesucht hat. Zudem habe der Prozessgegner ein Interesse daran, die Zeugenfähigkeit des Standschafters auszuschließen, der nach einem Parteiwechsel im Prozess als Zeuge aussagen könnte256. Überwiegende Interessen des Rechtsinhabers, die einen Parteiwechsel rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich. Vielmehr liege das Gegenteil vor: Dem Rechtsinhaber sei ebenfalls an der Verfestigung der Streitbeziehung gelegen, was Berger, in: FS Prütting, S.  221, 225. Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 482 ff. 255  BGH, NJW 2017, 2352, Rn.  10; BGHZ 96, 182, 185 = NJW 1986, 424. 256  Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 483. 253  254 

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daraus folge, dass der Standschafter bei einem zugrunde liegenden Sicherungsgeschäft regelmäßig ein erhöhtes Eigeninteresse daran hat, den Prozess zu gewinnen um seine gegebenenfalls bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber dem Rechtsinhaber (teilweise) tilgen zu können. Zudem weise der Standschafter im Fall eines Sicherungsgeschäfts eine größere Sachnähe zum streitigen Rechtsverhältnis auf, die dem Prozesserfolg ebenfalls zuträglich sei257. Dieser Interessenanalyse des Rechtsinhabers ist jedoch entgegenzuhalten, dass es sich allenfalls um eine Vermutung der Interessenlage handelt, die im Falle des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung gerade widerlegt wird. Denn der Rechtsinhaber sieht sich insbesondere dann zum Widerruf der Ermächtigung veranlasst, wenn er gerade nicht mehr an die erfolgreiche Prozessführung des Standschafters glaubt258. Zwar ist richtig, dass der Standschafter bei einem Sicherungsgeschäft regelmäßig eine größere Sachnähe zu dem streitigen Rechtsverhältnis aufweist; diese ließe sich aus Sicht des Rechtsinhabers aber gegebenenfalls auch nach einem vollzogenen Parteiwechsel in Form von Zeugenaussagen für den Prozesserfolg nutzbar machen. Somit kann im Fall des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung gerade nicht davon ausgegangen werden, dass ein Gleichklang der Interessen von Prozessgegner und Rechtsinhaber dergestalt besteht, dass beiden an einer Parteiperpetuierung gelegen ist. Dieser Interessenwiderstreit ist – wie bereits dargelegt – zugunsten des Prozessgegners aufzulösen. Leyendecker ist daher zwar im Ergebnis, nicht aber in der Begründung zuzustimmen. (bb) Parteiwechsel in den übrigen Fällen der gewillkürten Prozessstandschaft In den übrigen Fällen der gewillkürten Prozessstandschaft, solle die Interessenabwägung hingegen einen Parteiwechsel rechtfertigen259. Liegt der gewillkürten Prozessstandschaft mithin kein Sicherungsgeschäft zugrunde, weicht Leyendecker somit auch von dem Ergebnis unserer Interessenabwägung ab. Dies begründet er damit, dass die Interessen sämtlicher Beteiligter darauf gerichtet seien, einen Parteiwechsel auf den Rechtsinhaber zu vollziehen: So habe der Gegner grundsätzlich selbst ein größeres Interesse, den Prozess mit dem eigentlichen Rechtsinhaber fortzuführen, da er sich diesen als Vertragspartner und möglichen Prozessgegner selbst ausgesucht hat. Weiterhin wolle er regelmäßig die Zeugenfähigkeit des Rechtsinhabers durch einen Parteiwechsel beenden. Daneben sei auch das Interesse des Rechtsinhabers an einem Parteiwechsel stark ausgeprägt, da – anders als bei einem Sicherungsgeschäft – aufgrund der fehlenLeyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 483. Vgl. oben §  3 II. 3. a). 259  Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 484. 257  258 

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den besonderen Sachnähe des Standschafters zum streitigen Rechtsverhältnis nicht davon auszugehen sei, dass er den Prozess mit größeren Erfolgsaussichten führt260. In seiner Interessenanalyse nimmt Leyendecker letztlich auch die Interessen des Standschafters in den Blick und kommt zu dem Ergebnis, dass auch diese Interessen einem Parteiwechsel nicht entgegenstehen. So habe er in den in Rede stehenden Fällen kein Interesse mehr daran, den Prozess weiterzuführen, da durch den Widerruf regelmäßig auch das zugrundeliegende Auftragsverhältnis und das aus diesem resultierende Provisionsinteresse des Standschafters entfalle. Wenn kein Sicherungsgeschäft vorliegt bestünden regemäßig auch keine Verbindlichkeiten gegenüber dem Rechtsträger, die durch ein obsiegendes Urteil verringert werden könnten261. Leyendecker schließt seine Ausführungen letztlich mit der Forderung, dass bei einer Prozessstandschaft, die nicht auf einem Sicherungsgeschäft basiert, der Rechtsinhaber nach Widerruf der Prozessführungsermächtigung allein entscheiden dürfe, ob der Standschafter den Prozess weiterführt262. (cc) Stellungnahme Der Auffassung Leyendeckers ist insofern zuzustimmen, als dass sie die Grenzziehung von Parteiwechsel und Parteiperpetuierung von einer Interessenabwägung abhängig macht. Sie befindet sich somit letztlich auf einer Linie mit der Grunsky’schen Lösung. Allerdings ist dabei sowohl die Abwägungsmethode als auch das Abwägungsergebnis zu kritisieren: Zunächst ist anzumerken, dass sich das formale Abwägungskriterium des zugrundeliegenden Sicherungsgeschäfts angesichts der Vielzahl der Fallgestaltungen, in denen die gewillkürte Prozessstandschaft heute anerkannt ist263, als zu pauschal erweist. Zwar wird die Interessenlage der Beteiligten maßgeblich von einem zugrundeliegenden Sicherungsgeschäft bestimmt. Dennoch sind die Gründe, die für einen Parteiwechsel sprächen, im gesamten materiellen Recht zu suchen und nicht allein in der Tatsache, dass kein Sicherungsgeschäft zugrunde liegt. So gibt es Fälle, in denen die Interessenlage der Beteiligten sehr ähnlich ist. Wenn Leyendecker die Verfestigung des Streitverhältnisses etwa darauf stützt, der Standschafter weise eine größere Sachnähe zum streitigen Rechtsverhältnis auf und habe auch ein gesteigertes Interesse am Prozesserfolg, so muss dies nicht zwingend aus einem Sicherungsgeschäft folgen. Beispielsweise ist eine ähnliche Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 485. Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 485. 262  Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 485. 263  Vgl. oben Einl. I. 260  261 

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Interessenlage zu beobachten im Fall einer Drittschadensliquidation, wenn der Geschädigte also vom Vertragspartner des Schädigers ermächtigt wird, den Schadensersatzanspruch einzuklagen264: Dem Standschafter würde im Fall des Obsiegens die Schadensersatzleistung des Schädigers zu Gute kommen; ebenso wie dies auch der Fall wäre, wenn der Standschafter als Sicherungsgeber durch ein obsiegendes Urteil die Verbindlichkeiten gegenüber dem Rechtsträger begleichen oder verringern könnte. Ferner weist auch in diesem Fall der Standschafter eine größere Sachnähe zum streitigen Rechtsverhältnis auf265. Gleichwohl müssten beide Situationen wohl unterschiedlich entschieden werden, wenn man das zugrunde liegende Sicherungsgeschäft als ausschließlichen Abwägungstopos postuliert. Kritisiert werden muss aber vor allem das konkrete Abwägungsergebnis, das einen Parteiwechsel als interessengerecht in allen anderen Fällen der gewillkürten Prozessstandschaft erachtet und das sich insofern von unserem Abwägungsergebnis unterscheidet. Zunächst verkennt Leyendecker die Interessenlage des Prozessgegners, wenn er davon ausgeht, dass diesem, wenn kein Sicherungsgeschäft zugrunde liegt, selbst an einem Parteiwechsel gelegen sei. Richtig ist zwar, dass er sich den Rechtsträger dann in der Regel als Vertragspartner selbst ausgesucht hat. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass er deswegen auch mit diesem (weiter) prozessieren möchte. Es muss vielmehr danach differenziert werden, ob der Prozess mit dem Standschafter bereits begonnen hat, da die Auswechslung des Klägers während des Prozesses für den Prozessgegner immer eine Belastung darstellt266, unabhängig davon, ob er mit dem neuen Kläger in einer Rechtsbeziehung steht. So wurde bereits festgestellt, dass sich die Interessen des Prozessgegners wandeln können, was immer dann zu beobachten ist, wenn die Standschafterklage zulässigerweise erhoben wurde267. Dass es allgemein dem Interesse des Gegners entspricht, nach Prozessbeginn einen Parteiwechsel zu vermeiden, wird auch von §  265 Abs.  2 ZPO bestätigt. Der Norm ist der Gedanke zu entnehmen, dass generell die Durchführung des Rechtsstreits nicht durch einen Parteiwechsel belastet werden soll268. Dass eine Ausnahme besteht, wenn der Prozessgegner sich den potentiellen neuen Kläger ursprünglich als Vertragspartner ausgesucht hat, findet im Gesetz nirgends eine Stütze und kann daher nicht angenommen werden. Es muss daher richtigerweise 264 

BGHZ 25, 259 = BGH, NJW 1957, 1838. Dies deutet auch Leyendecker an, ZZP 122 (2009), 465, 485 (Fn.  129). 266  Vgl. oben I. 1. b). 267  Ihm ist zunächst stets an der Abwehr der gewillkürten Prozessstandschaft gelegen. Ist die Klage aber einmal zulässig, geht es ihm um die Verfestigung des Prozessrechtsverhältnisses, vgl. oben §  3 II. 1. a), bb). 268  BGHZ 72, 236, 241 f. = NJW 1979, 269, 270. 265 

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auch dann zu einem Parteierhalt nach §  265 Abs.  2 ZPO kommen, wenn beispielsweise der Kläger vorprozessual die geltend gemachte Forderung von einem Vertragspartner des Gegners abgetreten bekommen hat und diese dann nach Eintritt der Rechtshängigkeit an den Vertragspartner zurücküberträgt. Denn es geht dem §  265 Abs.  2 ZPO nicht darum, eine Partei vor der Prozessführung mit einem bestimmten Gegner zu schützen, sondern sie generell vor dem Wechsel der Gegenpartei während des laufenden Verfahrens zu bewahren269. Dies gilt unabhängig davon, wer die potentielle neue Partei wäre, die im Wege eines gesetzlichen Parteiwechsels in den Rechtsstreit einrücken würde. Die Tatsache, dass sich der Prozessgegner bei einer nicht auf einem Sicherungsgeschäft basierenden Prozessstandschaft den Rechtsinhaber ursprünglich als Vertragspartner ausgesucht hat, rechtfertigt daher keinen Parteiwechsel. Auch wenn Leyendecker darauf nicht eingeht, ist in diesem Zusammenhang vielmehr das Argument der gerechten Verteilung des Insolvenzrisikos durchgreifender. So ist es angemessen, dass der Prozessgegner hinsichtlich eines etwaigen Prozesskostenerstattungsanspruchs das Insolvenzrisiko desjenigen trägt, den er sich als Vertragspartner ausgesucht hat, als das eines ihm unbekannten Standschafters. Die Verschiebung des Insolvenzrisikos ist aber ein Problem, was der gewillkürten Prozessstandschaft immanent ist und das trotz verlautbarter Kritik hingenommen wird270. Weshalb der Prozessgegner im Falle des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung diesbezüglich bessergestellt werden sollte, ist nicht ersichtlich. Zudem ermöglicht auch das Modell des §  265 Abs.  2 ZPO das Einrücken des Rechtsinhabers nach den Grundsätzen eines gewillkürten Parteiwechsels (§  265 Abs.  2 S.  2 ZPO)271. Ein solcher wäre indessen abhängig von der Entscheidung des Prozessgegners. Dieser könnte also dem gewillkürten Parteiwechsel zustimmen, wenn er das Insolvenzrisiko des Standschafters nicht tragen möchte. Die Entscheidungsgewalt dem Prozessgegner ihm Rahmen eines gewillkürten Parteiwechsels zuzuweisen ermöglicht daher flexiblere und interessengerechtere Ergebnisse im Einzelfall als dies der Fall wäre, würde man stets das Einrücken des Rechtsinhabers in den Prozess im Wege eines gesetzlichen Parteiwechsels oktroyieren. Auch der Hinweis Leyendeckers auf das Interesse des Prozessgegners, die Zeugenfähigkeit des Rechtsinhabers durch einen Parteiwechsel auszuschließen, rechtfertigt nicht, die §§  239 ff. ZPO pauschal auf den Widerruf der Ermächtigung anzuwenden. So ist auch eine „Erschleichung der Zeugenstellung“ bei der gewillkürten Prozessstandschaft hinzunehmen, zumal sie durch §  286 ZPO relaHenckel, ZZP 82 (1969), 333, 334. Vgl. oben Einl. I. 271  Dazu unten III. 2. c), bb). 269  270 

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tiviert wird272. Ferner wird es in der hier in Rede stehenden Situation kaum auf die Zeugenaussage des Rechtsinhabers ankommen, da er andernfalls nicht die Prozessführungsermächtigung freiwillig mit dem Ziel, den Prozess selbst zu führen und damit seine Zeugenfähigkeit zu beenden, widerrufen würde. Tut er dies doch, ist davon auszugehen, dass seiner Zeugeneigenschaft ohnehin keine prozessentscheidende Bedeutung zukommt. Ist dem Prozessgegner gleichwohl daran gelegen, die Zeugenfähigkeit des Rechtsinhabers zu beenden, kann er einem gewillkürten Parteiwechsel zustimmen. Aus dem Gesagten folgt, dass Leyendecker im Ergebnis nicht darin zugestimmt werden kann, ein Parteiwechsel entspreche den Interessen des Prozessgegners, wenn die gewillkürte Prozessstandschaft nicht auf einem Sicherungsgeschäft basiert. Vielmehr ist ihm auch in diesem Fall daran gelegen, einem aufgezwungenen Parteiwechsel zu entgehen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch die Parteiperpetuierung einen gewillkürten Parteiwechsel im Einzelfall nicht ausschließt (§  265 Abs.  2 S.  2 ZPO). Freilich stehen den Interessen des Gegners die Interessen des Rechtsinhabers an einem Parteiwechsel gegenüber. Diese beanspruchen aber auch in den Fällen, in denen die gewillkürte Prozessstandschaft nicht auf einem Sicherungsgeschäft basiert, kein besonderes Gewicht. Richtig ist zwar, dass der Standschafter, wenn dieser gleichzeitig kein Sicherungsgeber ist, regelmäßig kein gesteigertes Interesse am Prozesserfolg hat, weil etwa gegenüber dem Rechtsträger keine Verbindlichkeiten bestehen, die durch ein obsiegendes Urteil verringert werden könnten. Eine etwaig daraus resultierende nachlässige Prozessführung geht aber zulasten des Rechtsinhabers. Es liegt in seiner Sphäre, im Innenverhältnis – etwa durch das In-Aussicht-stellen einer Provision – Anreize für eine engagierte Prozessführung zu schaffen. Ebenso wenig kann eine Interessenaufwertung des Rechtsinhabers daraus folgen, dass der Standschafter außerhalb eines Sicherungsgeschäft über weniger Sachnähe verfügt, sodass eine Parteiperpetuierung für den Rechtsinhaber nicht von Vorteil ist. Der Rechtsinhaber hatte Gelegenheit dies vorprozessual bei seiner Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Entscheidet er sich dennoch für einen Standschafterprozess, muss er sich daran festhalten lassen. (3) Ergebnis Als Ergebnis unserer Interessenabwägung ist festzuhalten, dass überwiegende Drittinteressen, die nach der Grunsky’schen Lösung ein gesetzlichen Parteiwechsel rechtfertigen würden, beim Widerruf der Prozessführungsermächtigung nicht 272 

BGH, NJW-RR 1988, 126, 127 (unter 2. b).

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vorliegen. Dies gilt auch dann, wenn der gewillkürten Prozessstandschaft kein Sicherungsgeschäft zugrunde liegt. dd) Zwischenergebnis Damit kommen sowohl die herrschende Meinung, die für die Abgrenzung von gesetzlichem Parteiwechsel und Parteierhalt nach §  265 Abs.  2 ZPO auf das Kriterium der Gesamtrechtsnachfolge abstellt, als auch der Ansatz Grunskys, der von einem Vorrang des §  265 Abs.  2 ZPO ausgeht, zum selben Ergebnis. Dem Ansatz Böttichers, der hingegen zu einem Parteiwechsel führte, kann nicht gefolgt werden273. Als Rechtsfolge des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung kommt demnach nur eine Parteiperpetuierung in Betracht. Im Folgenden soll gleichwohl eine Stellungnahme erfolgen, ob dem Ansatz Grunskys oder dem der herrschenden Meinung Vorzug gebührt, da dies für den dritten Teil dieser Arbeit relevant sein wird. So stellt der Widerruf der Prozessführungsermächtigung nur einen möglichen Grund dar, der zum Wegfall der ausgeübten Prozessführungsermächtigung führen kann. In den übrigen Fällen, gestaltet sich die Interessenlage anders, sodass – so viel sei an dieser Stelle vorweggenommen – beide Ansätze zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Es wird daher an dieser Stelle die Chance genutzt, zu beiden Abgrenzungstheorien Stellung zu beziehen, da auf das Ergebnis im weiteren Verlauf der Arbeit zurückgegriffen werden muss. ee) Stellungnahme Zustimmung verdient der Ansatz Grunskys, der von einem Vorrang des §  265 Abs.  2 ZPO gegenüber einem Parteiwechsel ausgeht und dem Prozessgegner somit grundsätzlich ein Anrecht darauf zugesteht, den Prozess mit der ursprünglichen Partei zu Ende zu führen. Eine analoge Anwendung des gesetzlichen Parteiwechsels kommt danach nur ausnahmsweise in Betracht, nämlich wenn eine Parteiperpetuierung unmöglich ist oder überwiegende Drittinteressen einen Parteiwechsel fordern. Zunächst kann gegen die Annahme einer Vorrangstellung der Parteiperpetuierung nach §  265 Abs.  2 ZPO nicht angeführt werden, dass die Norm die Interessen des Rechtsinhabers völlig missachtet. Zwar wird ihm durch §  265 Abs.  2 ZPO immerhin zugemutet, dass eine am Prozessausgang unmittelbar nicht mehr interessierte formelle Partei den Rechtsstreit zu Ende führt. Das Missachten des Interesses, den Prozess lieber selbst fortzuführen, entspricht aber dem Sinn des Gesetzes. So war der §  265 Abs.  1 ZPO bei Inkrafttreten der ZPO bereits ein 273 

Vgl. oben unter aa), (2).

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„Geschenk“ an den Nachfolger, als er ihm die Möglichkeit eines materiell voll wirksamen Rechtserwerbs gab, was nach früherem Recht nicht möglich war274. Dies war aber nur gerechtfertigt, wenn der Rechtserwerb auf den Prozess ohne Einfluss blieb und die Interessen des Rechtsnachfolgers außer Acht gelassen wurden275. Dass §  265 Abs.  2 ZPO grundsätzlich das Rechtsträgerinteresse selbst in den Prozess einzutreten nicht würdigt, spricht daher nicht dagegen, die Norm als Grundmodell zumindest für den Fall zu verstehen, wenn die Sachlegitimation während des Prozesses wechselt. Die Vorrangstellung des §  265 Abs.  2 ZPO gegenüber einem Parteiwechsel begründet Wagemeyer damit, dass die Norm besser mit der modernen Parteilehre zu vereinbaren sei. So stelle der Parteiwechsel einen „Fremdkörper“ in einer Prozessordnung dar, die nach modernem Verständnis denjenigen als Parteien bestimmt, der Rechtsschutz sucht und denjenigen, gegen den Rechtsschutz begehrt wird. Wo die vom modernen Parteibegriff bestimmte Prozessordnung dennoch einen Parteiwechsel anordnet, da sind dies Ausnahmen von diesem Prinzip276. Diese Begründung vermag jedoch nicht zu überzeugen, da auch der §  265 Abs.  2 ZPO eine Ausnahme von den Grundsätzen der modernen Parteilehre darstellt. Zwar kann der formelle Parteibegriff erklären, weshalb der Veräußerer im Sinne des §  265 ZPO trotz Rechtsnachfolge Partei bleibt. Nicht jede Partei ist jedoch auch „richtige“ Partei in dem Sinne, dass über die von ihr oder gegen sie erhobene Klage in der Sache zu entscheiden ist277. Das Kriterium hierfür ist die Prozessführungsbefugnis, deren Grundlage in der Regel darin zu sehen ist, dass der Partei das Verfügungsrecht über das streitige Recht zusteht278, woran es im Fall des §  265 ZPO aber gerade fehlt. Die Parteistellung des Veräußerers ist somit keine Konsequenz des formellen Parteibegriffs, sondern folgt daraus, dass sich der Gesetzgeber in §  265 Abs.  2 ZPO dafür entschieden hat, den Gegner der veräußernden Partei vor einem Parteiwechsel zu schützen279. Allerdings lassen sich gerade aus dieser ratio legis die eigentlichen Gründe für den Vorrang einer Parteiperpetuierung gegenüber einem Parteiwechsel ableiten. Dem §  265 Abs.  2 ZPO ist allgemein der Gedanke zu entnehmen, dass die Durchführung des Rechtsstreits zum Schutz des Prozessgegners nicht durch einen Parteiwechsel belastet werden soll280. Hinzutreten allerdings auch prozessökonomische Beweggründe, da ein Parteiwechsel eine Verfahrensunterbrechung mit der 274 

Vgl. oben §  4 III. 1. b), aa). Wagemeyer, Parteiwechsel, S.  58. 276  Wagemeyer, Parteiwechsel, S.  58. 277  MünchKommZPO/Lindacher, Vorb. zu §  50 Rn.  41. 278  Vgl. oben §  1 II. 279  Grunsky, Veräußerung, S.  84 (Fn.  57). 280  BGHZ 72, 236, 241 f. = NJW 1979, 269, 270. 275 

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Wirkung des §  249 ZPO verursachen würde und somit der Prozess beliebig in die Länge gezogen werden könnte, wenn etwa der streitbefangene Anspruch mehrfach abgetreten wird. Die Anwendung des §  265 ZPO führt somit dazu, dass der Verlust der Sachlegitimation oder der bloßen Prozessführungsbefugnis einer Partei in viel umfassenderem Sinne ohne nachteiligen Einfluss auf den Prozess bleibt; es werden auf prozessökonomischen Wege negative Beeinträchtigungen des Gegners durch Änderungen auf der anderen Parteiseite vermieden. Diese beiden von durch §  265 ZPO erreichten Zwecke könne man als Grundanliegen der Prozessordnung begreifen281, was dafür spricht den §  265 ZPO zunächst als Grundmodell auf jegliche Störung des Prozessverlaufs anzuwenden. Auch wird nicht gelingen, diesen Erwägungen, die den Gesetzgeber zu der Regelung des §  265 ZPO veranlasst haben, eine besondere ratio des gesetzlichen Parteiwechsels entgegenzusetzen, die das Regel-Ausnahme-Verhältnis in Frage stellen könnte. So hatten die §§  239 ff. ZPO ursprünglich überhaupt nichts mit dem Parteiwechsel zu tun282. Ihre Aufgabe erschöpfte sich darin, durch Unterbrechung oder Aussetzung des Verfahrens einer Partei über eine Prozessnot hinwegzuhelfen283. Ein darüberhinausgehender den §§  239 ff. ZPO innewohnender allgemeiner Zweckgedanke, der eine Auswechslung der Parteien rechtfertigen könnte, wenn eine solche Prozessnot nicht besteht, ist nicht erkennbar. Der Annahme des Vorrangs der Parteiperpetuierung gemäß §  265 Abs.  2 ZPO steht auch nicht der §  266 ZPO entgegen, der im Fall der Veräußerung einer streitbefangenen Liegenschaft einen Parteiwechsel ohne Weiteres zulässt. Die Norm stellt lediglich eine Sonderregelung zu dem Grundsatz des §  265 Abs.  2 ZPO dar. Sie ist zum einen auf die reduzierte Schutzbedürftigkeit des Prozessgegners bei der Veräußerung von Grundstücksrechten zurückzuführen, weil bei der gesetzestechnisch aufwendig gestalteten Grundstücksveräußerung mit Auflassung und Eintragung (§§  873, 925 BGB) die Gefahr von Manipulationen zu Lasten des Gegners eher theoretisch bleibt. Zum anderen ist der Erwerber wegen der wirtschaftlichen Bedeutung von Grundstücksveräußerungen vor einer schlechten Prozessführung des Rechtsvorgängers in besonderen Maße schutzwürdig284. Letztlich ist also auch im Gesetz eine Interessenabwägung für die Abgrenzung von Parteiwechsel und Parteiperpetuierung angelegt, wobei die überwiegenden Drittinteressen des Grundstückserwerbers hier einen gesetzlichen Parteiwechsel rechtfertigen. Die systematische Stellung des §  265 ZPO und der Ausnahmecharakter des §  266 ZPO, dessen Regelungszweck gerade diese überWagemeyer, Parteiwechsel, S.  61. Vgl. oben unter 1. 283  Wagemeyer, Parteiwechsel, S.  59. 284  Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  266 Rn.  1. 281  282 

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wiegenden Erwerberinteressen im Blick hat, können daher vielmehr als Argument für und nicht gegen den Grunsky’schen Ansatz angeführt werden. 3. Zusammenfassung Im Fall des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung scheidet die analoge Anwendung eines gesetzlichen Parteiwechsels mangels vergleichbarer Interessenlage aus, da nach der vorzugswürdigen Auffassung Grunskys, die Parteiperpetuierung nach §  265 Abs.  2 ZPO den gesetzlichen Normalfall der im Gesetz nicht geregelten Fälle des Wegfalls der Sachlegitimation oder der Prozessführungsbefugnis darstellt und ein Parteiwechsel hier auch nicht ausnahmsweise gerechtfertigt ist. Für einen solchen müsste vielmehr die Unmöglichkeit der Parteiperpetuierung zu beobachten sein, oder besondere Interessen auf dem Spiel stehen, deren Missachtung so gravierend wäre, dass demgegenüber das Interesse der Gegenpartei daran, keinen neuen Gegner aufgezwungen zu bekommen, zurückzutreten hätte285. Damit ist sogleich als Ergebnis der vorangegangenen Untersuchungen der allgemeine Maßstab für eine Analogiebildung herausgearbeitet. Auf ihn werden wir zurückgreifen, wenn es darum geht, die adäquate Rechtsfolge für die übrigen Fälle des Wegfalls der Prozessführungsermächtigung zu ermitteln286.

III. Perpetuierung der Parteistellungen Die obenstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die §§  239 ff. ZPO auf den Widerruf der ausgeübten Prozessführungsermächtigung mangels Vergleichbarkeit der Interessenlage nicht entsprechend angewendet werden können. Dem Bundesgerichtshof ist daher im Ergebnis – nicht aber in der Begründung287 – zuzustimmen. Gleichwohl verwirft das Gericht auch die entsprechende Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO ausdrücklich, da es diesbezüglich ebenfalls an den Analogievoraussetzungen mangele. Es konstruiert allerdings auf anderem Wege eine Parteiperpetuierung, indem auf den Rechtsgedanken des §  269 ZPO zurückgegriffen wird288. Auf diesen Lösungsansatz gehen die folgenden Ausführungen zunächst ein, bevor sich die Untersuchungen sodann dem Modell des §  265 Abs.  2 ZPO zuwenden.

Grunsky, Veräußerung, S.  84. Vgl. unten §§  6, 7. 287  Vgl. oben II. 2. a). 288  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  29. 285  286 

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1. Rückgriff auf den Rechtsgedanken des §  269 Abs.  1 ZPO In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt klagten zwei Wohnungseigentümer zunächst auf Feststellung, dass das Grundstück, auf dem sich ihre Eigentumswohnung befindet, keinem Anschluss- und Benutzungszwang unterliegt. Neben der Eigentumswohnung der beiden Kläger, besteht das Haus noch aus einer weiteren Eigentumswohnung, die im Alleineigentum des Nebenintervenienten steht. Der Senat geht davon aus, dass die Kläger einen Anspruch des Verbandes der Wohnungseigentümer im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen (§  10 Abs.  6 S.  2 WEG). Das schutzwürdige Eigeninteresse der Kläger an der Prozessführung folge zum einen aus der deutlichen Wertsteigerung für den Fall, dass die Wohnanlage nicht mehr dem Versorgungsverbund des Beklagten unterliegt, zum anderen auch aus der mit einer rechtlichen Loslösung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom Versorgungsverbund gewonnenen Dispositionsfreiheit289. Ebenso geht der Senat davon aus, dass die Kläger durch die Wohnungseigentümer wirksam zur Geltendmachung des Anspruchs ermächtigt wurden. Die Ermächtigung war zwar nach dem festgestellten Sachverhalt nicht Gegenstand einer Eigentümerversammlung (§  23 Abs.  1 WEG), sodass es an einer Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer fehlt. Eine Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen müsse jedoch nicht zwingend in Gestalt eines (Mehrheits-)Beschlusses erteilt werden, sondern könne auch in der Zustimmung aller Wohnungseigentümer zur Klageerhebung durch einzelne Wohnungseigentümer liegen. Die Zustimmung könne dabei insbesondere in der gemeinsamen Klageerhebung zum Ausdruck kommen290. Die erforderliche Zustimmung konnte bei dieser zweigliedrigen Wohnungseigentümergemeinschaft in der Nebenintervention des Alleineigentümers der anderen Wohnung gesehen werden. Dieser hat seine Ermächtigung jedoch vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung widerrufen, was dem Senat Anlass dazu gab, über die Wirksamkeit des Widerrufs und die Auswirkungen auf die Prozessführungsbefugnis des Klägers zu entscheiden. a) Vergleichbarkeit der Interessenlage des Gegners bei einer Klagerücknahme Nach der Auffassung des Senats kommt es für die Rechtsfolgen des Widerrufs darauf an, ob der Prozessgegner dem Widerruf zustimmt oder nicht. Klarzustellen ist dabei, dass der Senat den Widerruf in Anlehnung an §  183 S.  1 BGB ebenfalls bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung des Standschafters als wirksam erachtet, sofern sich aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis 289  290 

BGH, NJW 2015, 2425, Rn.  8. BGH, NJW 2015, 2425, Rn.  13.

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nichts anderes ergibt291. Es seien aber die prozessualen Folgen des „materiellrechtlich wirksamen“ Widerrufs, nach dem Rechtsgedanken des §  269 Abs.  1 ZPO von der Zustimmung des Beklagten abhängig. Liege danach eine Zustimmung vor, so entfällt die Prozessführungsbefugnis des Standschafters ohne Weiteres. Es kommt dann zur Klageabweisung durch Prozessurteil, wenn kein gewillkürter Parteiwechsel292 vollzogen wird. Verweigert der Prozessgegner hin­ gegen die Zustimmung, so bleibe der ehemalige Standschafter Prozesspartei; die Folge ist mithin eine Perpetuierung der Parteistellung. Das Abstellen auf die Zustimmung des Beklagten begründet der Senat mit dem Rechtsgedanken des §  269 Abs.  1 ZPO. Hiernach kann eine Klage ohne Zustimmung der beklagten Partei nicht mehr zurückgenommen werden, wenn diese bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt hat293. Die geschützte Rechtsposition des Beklagten müsse auch zum Tragen kommen, wenn dem Kläger die Prozessführungsbefugnis durch den Widerruf seiner Prozessführungsermächtigung entzogen wird, da der Widerruf für die beklagte Partei wie eine Klagerücknahme wirke, wenn er ohne Weiteres zur Unzulässigkeit der Klage führte294. Ein Widerruf vor der Einlassung des Beklagten in die mündliche Verhandlung liege hingegen außerhalb des Regelungsbereiches des §  269 Abs.  1 ZPO und führe daher stets zu einer Klageabweisung durch Prozessurteil. Der Senat begründet dies damit, dass vor der Einlassung in die mündliche Verhandlung keine schutzwürdigen Belange des Beklagten betroffen seien und daher kein Grund dafür ersichtlich ist, dem materiellrechtlich wirksamen Widerruf eine „prozessrechtliche Wirkung“ zu versagen295. Im Folgenden sollen nun diese prozessrechtlichen Wirkungen des Widerrufs nach dem Eintritt des für §  269 Abs.  1 ZPO maßgeblichen Zeitpunkts beleuchtet werden, wenn man sie nach der Auffassung des Senats von der Zustimmung des Prozessgegners abhängig macht. b) Prozessrechtliche Wirkungen des Widerrufs bei Zustimmung des Gegners Der Prozessgegner kann dem Widerruf der ausgeübten Prozessführungsermächtigung zustimmen. Dies kann ausdrücklich geschehen oder daraus folgen, dass der Prozessgegner die Abweisung der Klage als unzulässig beantragt296. In letz291 

Vgl. oben §  4 III. Dazu sogleich unter bb). 293  In einem Verfahren ohne mündliche Verhandlung (§  128 Abs.  2, 3 ZPO) steht die schriftsätzliche Äußerung zur Hauptsache dem mündlichen Verhandeln gleich, MünchKommZPO/ Becker-Eberhard, §  269 Rn.  21. 294  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  29. 295  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  30. 296  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  32. 292 

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terem Fall ist aber zu beachten, dass der Prozessgegner die Klage gerade wegen fehlender Prozessführungsbefugnis des Standschafters anstrebt. Macht er hingegen den Mangel einer anderen Sachentscheidungsvoraussetzung, wie beispielsweise der fehlenden Zuständigkeit des Gerichts geltend, liegt darin keine Zustimmung zum Widerruf der Prozessführungsbefugnis297. aa) Klageabweisung durch Prozessurteil Stimmt der Prozessgegner dem Widerruf der Ermächtigung zu, so knüpft sich an den Widerruf des Rechtsträgers grundsätzlich die prozessuale Folge, dass die Standschafterklage als unzulässig abzuweisen ist. Weder das in seiner Rechtskraftwirkung beschränkte Prozessurteil noch die durch die Klageabweisung weggefallene Rechtshängigkeit stehen einer erneuten Klage des Rechtsträgers entgegen. Der Verlust bereits erstrittener Prozesslagen ist gerechtfertigt, da der Prozessgegner die Möglichkeit hat, dies bei der Entscheidung über seine Zustimmung zu bedenken. Eine Möglichkeit den Folgeprozess zu blockieren, könnte sich aber aus einer entsprechenden Anwendung des §  269 Abs.  6 ZPO ergeben. Hiernach kann der Beklagte die Einlassung verweigern kann, solange er die Kosten aus dem Rechtsstreit mit dem vormaligen Standschafter nicht erstattet bekommen hat298. Bei der Einrede der nicht erstatteten Kosten handelt es sich um ein echtes Prozesshindernis. Sie ist deshalb nur zu berücksichtigen, wenn der Beklagte sie durch Zulässigkeitsrüge nach §  282 Abs.  3 ZPO geltend macht299. Ferner kann der Rechtsträger als Dritter im Sinne des §  267 Abs.  1 BGB die Kosten des Standschafterprozesses begleichen; das Ablehnungsrecht nach §  267 Abs.  2 BGB kann dabei entfallen300. bb) Möglichkeit des Prozesseintritts des Rechtsinhabers Stimmt der Prozessgegner dem Widerruf der Ermächtigung zu, ist die Klageabweisung durch Prozessurteil nicht zwingend. Auch der Eintritt des Rechtsinhabers in den Prozess nach den Grundsätzen des gewillkürten Parteiwechsels wäre denkbar, wodurch das Prozessrechtsverhältnis aufrechterhalten würde301. Der Senat hält dies jedenfalls für den Fall ohne Weiteres für möglich, in dem der Prozessgegner dem Widerruf der Ermächtigung nicht zustimmt302. Dann muss dies aber erst recht für den Fall gelten, in dem der Prozessgegner durch die ZuBerger, in: FS Prütting, S.  221, 230. Berger, in: FS Prütting, S.  221, 230. 299  MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  269 Rn.  81. 300  Berger, in: FS Prütting, S.  221, 230 (Fn.  51). 301  Berger, in: FS Prütting, S.  221, 230. 302  BGH, NJW 2015, 2425, Rn.  29 unter Hinweis auf BGHZ 123, 132 = NJW 1993, 3072. 297  298 

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stimmung zum Widerruf zum Ausdruck gebracht hat, dass ihm gerade nicht an der Verfestigung der Streitbeziehung zum Standschafter gelegen ist. (1) Bindung des Rechtsinhabers an Prozessführung des Standschafters Geht man somit richtigerweise davon aus, dass der Rechtsträger nach Zustimmung des Prozessgegners zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung nach den Grundsätzen des gewillkürten Parteiwechsels in den Prozess eintreten kann, stellt sich die Frage, ob dieser an die bisherigen Prozesslagen gebunden ist, beziehungsweise inwieweit diese durch den Eintritt des Rechtsträgers verloren ­gehen. Die Beantwortung der Frage ist relevant, da der prozessuale Wert des gewillkürten Parteiwechsels vor allem durch die Verwertbarkeit bisheriger Prozessergebnisse für den zeitlich dem Parteiwechsel nachfolgenden Verfahrensabschnitt bestimmt wird303. Insbesondere spielt die Bindung der eintretenden Partei an die bisherigen Prozessergebnisse aber eine Rolle, um die Interessenlagen der Beteiligten zu ermitteln. Aus diesen sind die Anforderungen abzuleiten, welche an einen gewillkürten Parteiwechsel zu stellen sind, wenn man ihn mit der vorzugswürdigen herrschenden Lehre als eigenständiges prozessuales Rechtsinstitut charakterisiert304. Die Ansätze, tragfähige Kriterien für die Bindung der eintretenden Partei an die bisherigen Prozesslagen zu formulieren, sind mannigfach305. Richtigerweise ist eine Bindung der eintretenden Partei an den seitherigen Prozessverlauf jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn dieser auch der Rechtskraft eines dem alten Kläger gegenüber ergangenen Urteils unterworfen wäre306. Die Begründung folgt aus einer Analyse des §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO als einen gesetzlich zugelassenen Fall des gewillkürten Parteiwechsels. Die Norm ermöglicht es dem Rechtsnachfolger, den Rechtsstreit in der vorgefundenen Prozesslage als Hauptpartei zu übernehmen. Andernfalls würde die Rechtskraft des Urteils zwischen dem Rechtsvorgänger und dem Prozessgegner auf den Rechtsnachfolger im Sinne des §  325 Abs.  1 ZPO erstreckt. Wenn das Urteil aber ohnehin für den Rechtsnachfolger wirken würde, so ist es auch gerechtfertigt, dass dieser an die seitherigen Prozessergebnisse gebunden ist, wenn er unter den Voraussetzungen des §  265 Roth, NJW 1988, 2977. Vgl. unten sogleich unter (2). 305 Dazu Roth, NJW 1988, 2977, 2979 f., der aufgrund dessen anmerkt, dass die Parteiauswechslung heute noch ein Prozessinstitut mit ungewissen Wirkungen sei; gegen eine Bindung Kisch, Parteiänderung, S.  130 ff., der anführt, dass die Parteien nicht über die subjektiven Grenzen der Rechtskraft disponieren können. 306  Roth, NJW 1988, 2977, 2980 f. 303  304 

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Abs.  2 S.  2 ZPO in den Rechtsstreit eintritt307. Die Bindung an die bisherigen Prozessergebnisse stellt insofern ein „Minus“ zur Rechtskrafterstreckung dar. Was für den Fall des §  265 Abs.  2 ZPO gilt, muss aber auch für die gesetzlich nicht geregelten Fälle der Rechtskrafterstreckung gelten, wenn dort ein Parteiwechsel stattfindet. Bei der gewillkürten Prozessstandschaft ist die Rechtskrafterstreckung auf den Rechtsinhaber anerkannt308. Es ist daher auch gerechtfertigt, ihn an die bisherigen Prozessergebnisse zu binden, wenn er im Wege des gewillkürten Parteiwechsels in den Standschafterprozess eintritt. (2) Voraussetzungen des gewillkürten Parteiwechsels Der Senat lässt offen, welchen Voraussetzungen ein sich dem Widerruf der Prozessführungsermächtigung anschließender gewillkürten Parteiwechsel unterliegt309. Mangels Regelung des gewillkürten Parteiwechsels in der ZPO werden die Anforderungen, die an den gewillkürten Parteiwechsel zu stellen sind, unterschiedlich beurteilt. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem geführten „Theorienstreit“ soll an dieser Stelle unterbleiben. Dass seine Bedeutung im Allgemeinen überschätzt wird310 zeigt bereits, dass die vom Bundesgerichtshof311 unter ausdrücklicher Fortführung der Rechtsauffassung des Reichsgerichts312 vertretene Klageänderungstheorie je nach Instanz und Parteirolle nicht konsequent angewandt wird, weil dies einem angemessenen Interessenausgleich der Parteien entgegenstünde. Im Zentrum der in der Literatur vorgebrachten Kritik gegen diese Rechtsprechung steht daher die je nach Instanz und Parteirolle wechselnde systematische Einordnung des Parteiwechsels313. Starke Anhängerschaft unter den Kritikern hat die zunächst von de Boor314 vertretene Lehre gefunden, wonach der gewillkürte Parteiwechsel ein gewohnheitsrechtlich anerkanntes, von einem praktischen Bedürfnis getragenes Prozessrechtsinstitut sui generis BGH, NJW 2006, 1351, 1354; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  265 Rn.  93; Roth, NJW 1988, 2977, 1980; BLAH/Hartmann, §  265 Rn.  24; Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  265 Rn.  35. 308  Vgl. oben Einl. I. 309  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  29 verweist lediglich auf BGHZ 123, 132 = NJW 1993, 3072, in dem der Wegfall der Prozessführungsermächtigung durch den Tod des Standschafters bedingt war (vgl. dazu unten §  7 I.). Die Interessenlage der Beteiligten gestaltet sich aber beim Widerruf der Ermächtigung grundlegend anders. 310  So Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  263 Rn.  43. Einen Überblick über den Meinungsstand gibt Musielak, in: FS Bethge, S.  551, 553. 311  BGHZ 65, 264, 268 = NJW 1976, 239; BGHZ 123, 132, 136 = NJW 1993, 3072. 312  RGZ 49, 376, 377, 379; 58, 248, 250 f. 313  Roth, NJW 1988, 2977, 2979 m. w. N. 314  de Boor, Parteiwechsel, S.  10, 25 f. 307 

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sei315. An der uneinheitlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird deutlich, dass sich der gewillkürte Parteiwechsel nicht mit bestehenden Prozessrechtsinstituten bewältigen lässt, wenn man interessengerechte Ergebnisse erzielen möchte. Es ist daher auch in unserem Fall vorzugswürdig, von der Zuordnung zu einem gesetzlichen Regelungsmuster abzusehen und eine Lösung auf der Grundlage allgemeiner prozessualer Grundsätze unter besonderer Berücksichtigung der Interessenlagen der Beteiligten anzustreben. Auf dieser Basis müssen daher die Interessen der Beteiligten ermittelt werden, um daraus die Zustimmungserfordernisse abzuleiten, die ein sich dem Widerruf der Prozessführungsermächtigung anschließender Parteiwechsel fordert. (3) Interessenlage beim Klägerwechsel im Falle der gewillkürten Prozessstandschaft Bei dem in unserer Situation zu beurteilenden Parteiwechsel handelt es sich um einen Austausch des Klägers. In der typischen Situation des Klägerwechsels wird für einen angemessenen Interessenausgleich überwiegend gefordert, dass alle Beteiligten dem Eintritt des neuen Klägers in den Prozess zuzustimmen haben316. Bei der gewillkürten Prozessstandschaft sind die Interessen der Beteiligten aber besonders gelagert, weshalb eine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen geboten sein könnte. (a) Kein Zustimmungserfordernis des alten Klägers Zunächst stellt sich die Frage, ob der alte Kläger, also hier der ehemalige Prozessstandschafter, dem Klägerwechsel zustimmen muss. Nach den allgemeinen Grundsätzen ist die Zustimmung des alten Klägers für einen wirksamen Parteiwechsel unentbehrlich317. Dies folgt bereits aus der Dispositionsmaxime, nach der es allein der Entscheidung des Klägers überlassen ist, ob, mit wem und über was er prozessiert. Es ist daher auch nicht möglich, ihn gegen seinen Willen zum Ausscheiden aus dem von ihm anhängig gemachten Verfahren und damit zum

315  MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  263 Rn.  67; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivil­ ProzR, §  42 Rn.  20; Heinrich, Parteiwechsel, S.  36 f.; Kohler, JuS 1993, 315, 316; Franz, NJW 1972, 1743; Bücking, MDR 1973, 908, 910; kritisch Gross, ZZP 76 (1963), 200, 204 f. 316  Rosenberg, ZZP 70 (1957), 1, 5; W. Lüke, ZivilProzR, §  8 Rn.  109; Grunsky, Grundlagen, S.  116; Jauernig/Hess, ZivilProzR, §  86 Rn.  16; mit Nachdruck Schwab, ZZP 73 (1960), 477, wonach eine Parteiänderung ohne die Zustimmung aller Parteien eine nicht zu billigende „Vergewaltigung der Parteien“ wäre. 317  Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  42 Rn.  23; Grunsky, Grundlagen, S.  116; Gofferje´, Parteiänderung, S.  52;

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Verzicht auf Rechtsschutz gegenüber dem Beklagten zu zwingen. Andernfalls würde er um seinen Justizgewährungsanspruch gebracht318. In der Situation der gewillkürten Prozessstandschaft liegen die Dinge aber anders, weshalb kein Zustimmungserfordernis seitens des Standschafters zum gewillkürten Parteiwechsel bestehen sollte. Der gewillkürte Standschafter konnte sich stets nur auf eine vom Rechtsträger abgeleitete Streitbefugnis berufen, die ihm mit dem wirksamen Widerruf vollständig entzogen worden ist319. Es ist daher auch nicht gerechtfertigt, dass der ehemalige Standschafter nach Widerruf der Ermächtigung über den Eintritt des Rechtsinhabers in den Prozess disponieren können soll. Freilich wird in den allermeisten Fällen der Parteiwechsel ohnehin dem Interesse des Standschafters entsprechen. In den typischen Fällen des Klägerwechsels erkennt der alte Kläger im Laufe des Prozesses, dass er eine Forderung einklagt, die ihm gar nicht zusteht und für die er keine Prozessführungsbefugnis hat320. Hält er den Prozess aber im Übrigen für aussichtsreich, so wird er sich von sich aus bemühen, den richtigen Gläubiger als Partei in den Prozess zu bringen und damit einer Klageabweisung zu entgehen321. In unserer Situation weiß der Kläger von Beginn an, dass er nicht Inhaber des geltend gemachten Rechts ist. Er verlässt sich aber darauf, dass dies angesichts der ihm erteilten Prozessführungsermächtigung der Rechtsdurchsetzung nicht entgegensteht. Muss er aber im laufenden Prozess erkennen, dass die ursprünglich gegebenen Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft aufgrund des wirksamen Widerrufs der Ermächtigung nicht mehr vorliegen, so entspricht es regelmäßig seinem Interesse, den Rechtsinhaber als neuen Kläger in den Prozess einrücken zu lassen. Dadurch verhindert er eine Klageabweisung durch Prozessurteil mit der negativen Kostenfolge. Zwar ist der Rechtsinhaber im Innenverhältnis meist ohnehin dem Standschafter zur Rückzahlung der Prozesskosten verpflichtet. Der Parteiwechsel befreite den alten Kläger aber wenigstens von dem dem Rückzahlungsanspruch anhaftenden Insolvenzrisiko. (b) Zustimmungserfordernis des neuen Klägers Weiterhin ist zu klären, ob der Rechtsinhaber als neuer Kläger dem Parteiwechsel nach Widerruf der Prozessführungsermächtigung zustimmen muss, oder ob der Prozessgegner diesen in den Prozess zwingen kann. Die Frage ist nicht nur theoretischer Natur, da ein Klägerwechsel nach Widerruf der Ermächtigung nicht Heinrich, Parteiwechsel, S.  90; Roth, NJW 1988, 2977, 2981. Berger, in: FS Prütting, S.  221, 231. 320  Henckel, DRiZ 1962, 226, 227. 321  Henckel, Parteilehre, S.  233. 318  319 

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immer dem Interesse des Rechtsinhabers entspricht. Denn angesichts der Bindung des neuen Klägers an die bisherigen Prozesslagen322 sind Situationen denkbar, in denen die Fortsetzung des Prozesses schier aussichtslos ist und der Rechts­ inhaber daher kein Interesse daran hat, den Prozess als neue Partei fortführen323. Sein Interesse beschränkt sich in diesen Prozesssituationen darauf, mit dem Widerruf der Ermächtigung so schnell wie möglich eine Klageabweisung zu erwirken, um weitere Prozesskosten zu vermeiden. Für das Zustimmungserfordernis des Rechtsinhabers zum gewillkürten Parteiwechsel spricht gerade dessen Bindung an die bisherigen Prozesslagen. Niemand muss ohne seine Zustimmung einen laufenden Rechtsstreit übernehmen, wenn er an dessen bisherige Ergebnisse, die ohne ihn zustande kamen, gebunden werden soll. Ferner erfordert die Dispositionsmaxime eine Zustimmung des Rechtsinhabers. Durch seine Einführung in den Prozess verlangt er erstmalig Rechtsschutz gegen den Beklagten als Partei. Da das Gesetz es allein der Disposition des Klägers überlässt, ob und mit wem er über welches Recht streiten will, lässt sich seine Zustimmung nicht ersetzen324. Eine Grundlage, die vom Zustimmungserfordernis des neuen Klägers abweicht und – etwa wie §  266 Abs.  1 ZPO – eine Mitwirkungspflicht des Rechtsinhabers statuiert, existiert in unserem Fall nicht325. Für den Fall des §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO spricht sich Roth indessen gegen das Zustimmungserfordernis des neuen Klägers aus und begründet dies mit der Rechtskrafterstreckung auf den Rechtsnachfolger, wenn es zu keinem gewillkürten Parteiwechsel nach §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO käme326. So rechtfertige die Tatsache, dass ein zwischen Rechtsvorgänger und Prozessgegner ergangenes Urteil unter den Voraussetzungen des §  325 Abs.  1 ZPO auch gegenüber dem Rechtsnachfolger wirkt, dass der Gegner diesen gegen dessen Willen und unter voller Bindung an die jeweiligen Prozesslagen in das Verfahren zwingen kann. Schließ322 

Vgl. oben unter (1). als neue Prozesspartei könnte der Rechtsinhaber grundsätzlich keine sofortige Klageabweisung erwirken. In der hier betrachteten Prozessphase – nach Beginn der mündlichen Verhandlung – würde eine Klagerücknahme die Zustimmung des Prozessgegners voraussetzten (§  269 Abs.  1 ZPO). Allenfalls könnte man sich auf den Standpunkt stellen, eine verweigerte Zustimmung des Gegners sei nach §  242 BGB analog unbeachtlich. Denn die Verweigerung der Zustimmung zur Klagerücknahme des neuen Klägers wäre widersprüchlich, wenn der Prozessgegner zuvor dem Widerruf der Prozessführungsermächtigung zugestimmt hat. In der Zustimmung zum Widerruf der Ermächtigung kommt zum Ausdruck, dass der Gegner auf den Erhalt der seitherigen Prozesslagen verzichtet. Der Schutz dieser Prozesslagen wird aber gerade durch das Zustimmungserfordernis des §  269 Abs.  1 ZPO bezweckt. 324  Heinrich, Parteiwechsel, S.  90. 325  Berger, in: FS Prütting, S.  221, 232. 326  Roth, NJW 1988, 2977, 2980; a. A. BGH, NJW 2006, 1351, 1354. 323 Auch

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lich müsse der Rechtsnachfolger ja auch das Prozessergebnis hinnehmen, ohne dass er sich entscheidend gegen die Prozessführung des Rechtsvorgängers hätte wehren können. Nach dem wirksamen Widerruf der Prozessführungsermächtigung kommt es aber gerade zu keiner Rechtskrafterstreckung mehr. Ist der Wiederruf wegen der Zustimmung des Gegners auch prozessual wirksam, wird die Klage durch ein in seinen Rechtskraftwirkungen beschränktes Prozessurteil abgewiesen327. Ein an die Rechtskrafterstreckung bei der gewillkürten Prozessstandschaft anknüpfender Erst-Recht-Schluss greift in der hier in Rede stehenden Situation daher nicht durch. Der gewillkürte Parteiwechsel nach Widerruf der Prozessführungsermächtigung setzt daher stets die Zustimmung des Rechts­ inhabers voraus. (c) Kein Zustimmungserfordernis des Beklagten Letztlich ist zu klären, ob der Beklagte einem sich dem Widerruf der Prozessführungsermächtigung anschließenden gewillkürten Parteiwechsel zustimmen muss. Nach den allgemeinen Grundsätzen ist die Zustimmung des im Prozess verbleibenden Beklagten zum Klägerwechsel stets erforderlich328. Dafür spricht, dass aus dessen Sicht die Situation des Klägerwechsels mit der der Klagerücknahme vergleichbar ist. Auch bei einem Klägerwechsel möchte der Beklagte in seinem hier in Rede stehenden Verhältnis zum ausscheidenden Kläger zukünftig vor einer neuen Klageerhebung durch diesen auch dann endgültig geschützt sein, wenn sich herausstellt, dass dem alten Kläger der geltend gemachte Anspruch doch zustand329. Dieses Interesse dürfe nicht zu gering bewertet werden, denn häufig hat der alte Kläger die Sachlegitimation deshalb falsch beurteilt, weil der zugrunde liegende Lebenssachverhalt sehr komplex ist330. Diese Erwägung rechtfertigt in unserem Fall allerdings kein Zustimmungserfordernis. Zum einen ist die Sachlegitimation bei der gewillkürten Prozessstandschaft oft unzweideutig zu beurteilen331. Zum anderen kann eine endgültige Entscheidung, ob dem alten Kläger der Anspruch zusteht, ohnehin nicht ergehen; nach der Zustimmung zum Widerruf der Ermächtigung würde die Klage durch Prozessurteil abgewiesen werden332. Gegen das Zustimmungserfordernis des Be327 

Vgl. oben §  3 I. Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  263 Rn.  49. 329  Heinrich, Parteiwechsel, S.  93. 330  Gofferjé, Parteiänderung, S.  53. 331 Ähnlich Henckel, Parteilehre, S.  244, der die Zustimmung des Beklagten als entbehrlich erachtet, wenn die Sachlegitimation so eindeutig feststellbar ist, dass eine neue Klage der alten Partei aller Wahrscheinlichkeit nach ausgeschlossen ist. 332  Vgl. oben. 328 

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klagten spricht vielmehr, dass für ihn aus dem gewillkürten Parteiwechsel keine Nachteile erwachsen: So steht er durch diesen nicht anders, als wenn der Rechtsträger von vornherein selbst Klage erhoben hätte333. Die Interessen des Beklagten am Erhalt der Früchte der bisherigen Prozessführung bleiben gewahrt, weil der Rechtsträger als neue Partei auf der Klägerseite an die durch Prozesshandlungen und Beweisaufnahmen erreichten Prozesslagen gebunden ist. Unbeachtlich für eine Zustimmung des Beklagten ist weiterhin der Gesichtspunkt, dass mit dem Parteiwechsel die Parteifunktionen einen anderen Anknüpfungspunkt erhalten. Denn im Hinblick darauf ist er nicht mehr schutzwürdig, wenn er dem Widerruf der Ermächtigung zustimmt. Er muss vielmehr damit rechnen, dass der Rechtsinhaber in den Prozess eintritt und dies bei seiner Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung bedenken334. Für ein Zustimmungserfordernis des Beklagten in unserer Situation könnte hingegen sprechen, dass dieser durch den Klägerwechsel im Hinblick auf den ausscheidenden Kläger die Aussicht verliert, ein klageabweisendes Urteil zu erhalten335. Möchte man ihm die Rechtsmacht einräumen, den Parteiwechsel durch die Verweigerung seiner Zustimmung zu verhindern, könnte er sich zwar nicht gegen die Erhebung einer neuen Klage durch den Rechtsträger wehren, gleichwohl kann er aber ein Interesse daran haben, den Eintritt des Rechtsträgers und dessen Bindung an die bisherigen Prozessergebnisse zu verhindern. Denn die Klageabweisung wäre für ihn ein Glücksfall, wenn der bisherige Prozessverlauf für den Gegner nachteilig war336. Allerdings ist das Interesse, sich unliebsamer Prozesslagen durch die Verweigerung der Zustimmung zu einem gewillkürten Parteiwechsel zu entziehen, nicht schutzwürdig. Dafür spricht auch, dass allgemein beim gewillkürten Parteiwechsel, der sonst stets die Zustimmung des Prozessgegners voraussetzt, deren Verweigerung rechtsmissbräuchlich und unschädlich sein kann, wenn es ersichtlich an einem schutzwürdigen Interesse für die Weigerung fehlt337. Letztlich ist somit festzuhalten, dass ein gewillkürter Parteiwechsel nach Zustimmung des Prozessgegners zum Widerruf der Ermächtigung unabhängig von der Willensrichtung des Gegners vollzogen werden sollte.

Berger, in: FS Prütting, S.  221, 231. Berger, in: FS Prütting, S.  221, 231. 335  Heinrich, Parteiwechsel, S.  90. 336 Wie dargelegt, kann der Rechtsinhaber sich auch aus prozessergebnisunabhängigen Gründen zum Widerruf veranlasst sehen (vgl. oben §  3 II. 3. a)). Es ist daher nicht nur theoretisch, dass es zum Widerruf der Ermächtigung kommt, wenn der Prozess für den Beklagten bisher nachteilig verlaufen ist. 337  Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  264 Rn.  49. 333  334 

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(4) Zusammenfassung Für den sich dem wirksamen Widerruf der Prozessführungsermächtigung anschließenden gewillkürten Parteiwechsel in Gestalt eines Klägerwechsels ist in Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen nur die Zustimmung des Rechts­ inha­bers als neuem Kläger erforderlich. Die Frage, ob der ehemalige Standschafter nach Widerruf der Ermächtigung dem Parteiwechsel zustimmen muss, wird sich in der Praxis selten stellen. So ist kaum eine Situation denkbar, in der der Parteiwechsel nicht seinem Interesse entspricht. Unabhängig davon ist eine Zustimmung des ehemaligen Standschafters zum gewillkürten Parteiwechsel ohne­hin entbehrlich, da er sich stets nur auf eine vom Rechtsträger abgeleitete Streitbefugnis berufen konnte; diese ist ihm durch den Widerruf vollständig entzogen worden. Abweichend von den allgemeinen Grundsätzen setzt die Wirksamkeit des gewillkürten Klägerwechsels zudem auch nicht die Zustimmung des Beklagten voraus. cc) Zusammenfassung der Rechtsfolgen der Zustimmung zum Widerruf Stimmt der Prozessgegner dem Widerruf zu, so erfolgt grundsätzlich die Abweisung der Standschafterklage als unzulässig. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Rechtsträger unter voller Bindung an die bisherigen Prozessergebnisse im Wege eines gewillkürten Parteiwechsels in den Prozess eintritt und das Prozessrechtsverhältnis dadurch aufrechterhalten wird. Ein solcher Klägerwechsel setzt abweichend von den allgemeinen Grundsätzen weder die Zustimmung des Beklagten noch des alten Klägers voraus. c) Prozessrechtliche Wirkungen des Widerrufs bei Nichtzustimmung Stimmt der Prozessgegner dem Widerruf der Prozessführungsermächtigung nicht zu, so bleibt der ehemalige Standschafter nach Ansicht des Senats Partei des Verfahrens338. Es kommt mithin zu einer Parteiperpetuierung. Gleichwohl zieht der Senat auch in dieser Situation einen gewillkürten Parteiwechsel in Betracht339. In Abweichung zu den Voraussetzungen eines gewillkürten Parteiwechsels bei Zustimmung des Prozessgegners sollte aber hier neben der Zustimmung des Rechtsträgers auch die Zustimmung des Prozessgegners zum Parteiwechsel gefordert werden. Denn dieser hat hier nicht zu erkennen gegeben, dass ihm nicht an der Verfestigung der Streitbeziehung zum Prozessstandschafter gelegen ist. Er ist insofern schutzwürdig im Hinblick auf die sub338  339 

BGH, NJW 2015, 2425, Rn.  29. BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  29.

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jektiven Bezugspunkte der Parteifunktionen340. Seine Zustimmung kann daher nicht durch Sachdienlichkeitserklärung des Gerichts ersetzt werden, da andernfalls die Dispositionsbefugnis des Prozessgegners, die der Senat durch die Anwendung des §  269 Abs.  1 ZPO betont, durch richterliche Zweckmäßigkeitsüberlegungen unterlaufen würde341. d) Dogmatische Begründung der Parteiperpetuierung bei Nichtzustimmung Schwierigkeiten bereitet es, die Parteiperpetuierung im Falle der Nichtzustimmung des Prozessgegners zum Widerruf dogmatisch zu begründen. Diese tritt ein, obwohl die Ermächtigung materiellrechtlich wirksam widerrufen wurde. Im Grunde ist die Situation somit vergleichbar mit der des §  265 Abs.  2 ZPO, in der die materiellrechtlich wirksame Verfügung eigentlich zum Verlust der Sachlegitimation sowie der Prozessführungsbefugnis führt, die Norm aber anordnet, dass die Verfügung im Hinblick auf den konkreten Prozess unbeachtlich ist. Gleichwohl lehnt der Senat einen Rückgriff auf §  265 Abs.  2 ZPO ausdrücklich mit dem Argument ab, dass die Norm sowohl in unmittelbarer als auch in entsprechender Anwendung voraussetze, dass das materielle Recht, um das es im Prozess geht, übertragen wird. Dies sei aber bei der gewillkürten Prozessstandschaft nicht der Fall, da das materielle Recht, um das es im Prozess geht, während der Dauer der Prozessstandschaft, ebenso wie nach deren Ende, unverändert dem Rechtsinhaber zusteht342. Ob diese Tatsache tatsächlich einer entsprechenden Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO entgegenstehen würde, kann angesichts der bisherigen Ausführungen zu §  265 Abs.  2 ZPO bezweifelt und soll an anderer Stelle343 abschließend geklärt werden. Im Folgenden richtet sich unser Blick zunächst auf möglicher Begründungsalternativen für die Parteiperpetuierung bei Nichtzustimmung des Gegners. aa) Vorrang des Prozessrechts Der Senat selbst führt als Begründung an, dass die Ermächtigung des Standschafters, auch wenn sie materiellrechtlich wirksam widerrufen wurde, mit Rücksicht auf den „Vorrang des Prozessrechts in diesem Bereich“ als fortbestehend anzusehen ist344. Diese Begründung ist aber inkonsequent, wenn der Senat richtigerweise in derselben Entscheidung feststellt, dass sich der Bestand der 340 

Vgl. oben I. 1. b). Berger, in: FS Prütting, S.  221, 232. 342  BGH, NJW 2015, 2425, Rn.  31. 343  Vgl. unten 2. a). 344  BGH, NJW 2015, 2425, Rn.  29. 341 

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Ermächtigung nach Bürgerlichem Recht richtet345. Das auf §  183 S.  1 BGB gestützte Zwischenergebnis, ein Widerruf sei solange zulässig, als zur Rechtsdurchsetzung durch den Standschafter noch Prozesshandlungen geboten sind, wird durch den Verweis auf den Vorrang prozessrechtlicher Wertungen wieder „einkassiert“346. In diesem Zusammenhang kann auch der Verweis des Senats auf den §  51 ZPO nicht überzeugen347. Gegen die Berufung auf den Vorrang des Prozessrechts spricht hier zudem, dass dieser Grundsatz durch den Nachweis allgemeiner Wertungen im Bereich des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung ohnehin nicht absolut gilt348. bb) §  261 Abs.  3 Nr.  2 ZPO analog Der Senat zieht als Grundlage der Parteiperpetuierung auch den §  261 Abs.  3 Nr.  2 ZPO analog in Betracht, der in Zusammenhang mit der Zuständigkeit des Prozessgerichts den Grundsatz der perpetuatio fori statuiert. Nach Schumann könne diese Norm in entsprechender Anwendung auch in unserem Fall eine Klageabweisung verhindern349. Der Senat tritt diesem Gedanken aber entgegen, indem er darauf hinweist, dass die Norm nur den speziellen Fall der perpetuatio fori regele, der unserem Fall nicht gleichgestellt werden könne350. Dem ist zuzustimmen. Das Gesetz hat den perpetuatio-Gedanken nur in Zusammenhang mit der gerichtlichen Zuständigkeit und nicht auch bezüglich sonstiger Sachurteilsvoraussetzungen zum Ausdruck gebracht351. Darüber hinaus kennt das deutsche Zivilprozessrecht keinen Grundsatz, wonach eine einmal zulässige Klage auch zulässig bleibt. Eine perpetuatio litis gibt es nicht352. Zwar ist richtig, dass §  261 Abs.  3 Nr.  2 ZPO die schutzwürdige Erwartungshaltung einer Partei aufnimmt, dass sie nicht gegen ihren Willen ohne Sachurteil aus einem einmal zulässigerweise begründeten Prozessrechtsverhältnis gedrängt werden kann. Dieser Rechtsgedanke kann aber nicht dazu führen, dass §  261 Abs.  3 Nr.  2 ZPO generell und undifferenziert auf alle Sachurteilsvoraussetzungen übertragen wird. Er ist nämlich nicht exklusiv der perpetuatio fori vorbehalten, sondern liegt verschiedenen gesetzlichen Vorschriften zugrunde. Zu nennen ist die Unmöglichkeit der einseitigen Klagerücknahme nach Beginn der mündlichen Verhandlung und einseitig wirksamer Erledigungserklärung. Besonders stark ist 345 

BGH, NJW 2015, 2425, Rn.  21. Lindacher, LMK 2015, 371947. 347  Berger, in: FS Prütting, S.  221, 232; Lindacher, LMK 2015, 371947. 348  Vgl. oben §  4 II. 2. c), cc). 349  Schumann, in: FS Musielak, S.  457, 473 f. 350  BGH, NJW 2015, 2425, Rn.  31. 351  Schlosser, in: FS Nagel, S.  352, 353. 352  Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  261 Rn.  41. 346 So

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dieser Schutzgedanke aber insbesondere bei den §§  265 f. ZPO zu finden, die ihn sogar auf den Verlust der Sachlegitimation ausdehnen353. cc) Der Widerruf als Doppeltatbestand Die Lösung des Senats hat das Auseinanderfallen von materiellrechtlicher und prozessualer Wirksamkeit des Widerrufs zur Folge. Man fühlt sich dabei erinnert an die Lehre vom Doppeltatbestand, die für die Behandlung der Prozessaufrechnung herrschend ist354. Danach stellt die im Prozess erklärte Aufrechnung ein bürgerlichrechtliches Rechtsgeschäft dar, welches mit der prozessualen Geltendmachung, also der Einführung in den Prozess, zusammenfällt. Insoweit liegt ein Doppeltatbestand vor, der hinsichtlich der materiellrechtlichen Folgen nach materiellem, hinsichtlich der prozessualen Folgen nach Prozessrecht zu beurteilen ist355. Es genügt also nicht, dass die Aufrechnung als Rechtsgeschäft wirksam ist; damit sie als Prozesshandlung Beachtung findet, muss ihre prozessuale Zulässigkeit gesondert geprüft werden356. Daraus folgt, dass sich die vom Senat vorgenommene Differenzierung zwischen dem materiellrechtlich wirksamen Widerruf und dessen prozessualen Wirkungen mit der Lehre vom Doppeltatbestand erklären ließe: Der materiellrechtliche Erfolg des Widerrufs wird davon abhängig gemacht, dass der Tatbestand des §  183 BGB verwirklicht wird; insbesondere muss er rechtzeitig erfolgen und darf nicht nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ausgeschlossen sein357. Der prozessuale Erfolg des Widerrufs hängt hingegen davon ab, ob der Prozessgegner dem Widerruf im Sinne des §  269 Abs.  1 ZPO zustimmt. Es handelt sich hierbei ausschließlich um eine prozessrechtliche Anforderung, da der Widerruf nach §  183 BGB eine Zustimmung des Dritten nicht voraussetzt. Anzumerken ist dabei freilich, dass dieser Erklärungsansatz gleichwohl nicht zum Auseinanderfallen von materieller und prozessualer Wirksamkeit des Widerrufs führte. Denn wird der Widerruf mangels Zustimmung des Prozessgegners als prozessual unzulässig zurückgewiesen, so käme man über den Rechtsgedanken des §  139 BGB letztlich auch zur Nichtigkeit des materiellrechtlichen Teils des Widerrufs: Würde man von einem Doppeltatbestand beim Widerruf der Ermächtigung ausgehen, ließe sich ein einheitliches „Rechtsgeschäft“ – wie auch bei der Pro­zess­ Schlosser, in: FS Nagel, S.  352, 354. Stein/Jonas/Althammer, 23.  Aufl. (2016), §  145 Rn.  28; W. Lüke, ZivilProzR, §  19 Rn.  207; C. Wolf, JA 2008, 673, 675; „Doppelnatur“: Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivil­ ProzR, §  104 Rn.  13; Staudinger/Gursky (2016), Vorb. §§  387 ff. Rn.  27. 355  Stein/Jonas/Althammer, 23.  Aufl. (2016), §  145 Rn.  28. 356  Braun, ZivilProzR, S.  525. 357  Vgl. oben §  4 III. 353  354 

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aufrechnung358 – bejahen. Ferner kann nicht angenommen werden, dass nach dem hypothetischen Willen des Rechtsinhabers der Widerruf auch ohne den nichtigen prozessualen Teil vernünftigerweise erklärt worden wäre359. Dem Rechtsinhaber geht es allein darum, dem Standschafter die Prozessführungsbefugnis zu entziehen, was voraussetzt, dass der Widerruf prozessuale Wirkung entfaltet. Die Lehre vom Doppeltatbestand als Begründungsansatz für die Parteiperpetuierung muss allerdings ohnehin ausscheiden. Der Widerruf der Prozessführungsermächtigung lässt sich nicht als Doppeltatbestand charakterisieren. So ist kennzeichnend für einen solchen, dass das materiellrechtliche Rechtsgeschäft für den Prozess bedeutsam wird, weil die ihm zugrunde liegenden Tatsachen in den Prozess durch die Prozessparteien eingeführt, also Prozessstoff geworden sind. Diese Einführung der Tatsachen stellt eine Prozesshandlung dar, die dem Prozessrecht untersteht und neben die Anforderungen des materiellen Rechts tritt360. So kann hingegen die Aufrechnung, die vor dem Prozess oder außerhalb des Prozesses erklärt wurde, gerade nicht als Doppeltatbestand charakterisiert werden361. Der Widerruf der Prozessführungsermächtigung wird aber ebenfalls nur außerprozessual vom Rechtsträger, der zudem nicht Prozesspartei ist, erklärt. Diese außerprozessuale Erklärung kann selbst nach dem hier favorisierten weiten Prozesshandlungsbegriff keine Prozesshandlung darstellen, wenn sie nur im Zusammenspiel mit der Zustimmung des Prozessgegners eine prozessuale Wirkung zeitigt. Hier geht es gerade um die Situation, in der der Prozessgegner die Zustimmung zum Widerruf verweigert, sodass der Widerruf nach der Rechtsauffassung des Senats überhaupt keine prozessuale Relevanz hat362. Bei Anwendung des §  269 Abs.  1 ZPO kann beim Widerruf der Prozessführungsermächtigung mithin nicht von einem Doppeltatbestand gesprochen werden; es fehlt an der Prozesshandlungskomponente. Zusammenfassend betrachtet könnte der Grundsatz der getrennten Beurteilung bei Doppeltatbeständen daher zwar die Rechtsfolge erklären, dass der Wider­ruf unwirksam ist, obwohl alle Voraussetzungen des §  183 S.  1 BGB vorliegen. Die Parteiperpetuierung wäre letztlich also mit dem Fortbestand der gewillkürten Prozessstandschaft zu begründen. Gleichwohl verfängt dieser Erklärungsansatz nicht, da es nicht gelingt, die Erklärung des Widerrufs als Doppeltatbestand zu qualifizieren. Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  104 Rn.  42. Zur Maßgeblichkeit des hypothetischen Parteiwillens im Rahmen des §  139 BGB: Münch­Komm­BGB/Busche, §  139 Rn.  29 m. w. N. 360  Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  182, 357. 361  Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  104, Rn.  45. 362  Vgl. oben unter c). 358  359 

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dd) Gesetzliche Prozessstandschaft Dogmatisch könnte die Aufrechterhaltung der Prozessführungsbefugnis des Standschafters mit der Wandelung der gewillkürten zu einer gesetzlichen Prozessstandschaft begründet werden. Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die Fortdauer der Prozessführungsbefugnis des Standschafters trotz Widerrufs der Ermächtigung findet sich naturgemäß nicht, da weder Prozessführungsbefugnis noch gewillkürte Prozessstandschaft Regelungsgegenstände der ZPO sind. (1) actio pro socio Das Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung steht der Annahme einer gesetzlichen Prozessstandschaft zunächst nicht grundsätzlich entgegen. So wird auch die Durchsetzung eines Sozialanspruchs durch einen Gesellschafter im Wege der actio pro socio heute überwiegend als Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft363 begriffen, obwohl eine gesetzliche Regelung hierfür fehlt. Der Grund für die Notwendigkeit der Rechtsfigur der actio pro socio liegt in der Schutzbedürftigkeit des klagenden Minderheitsgesellschafters. Er ist darauf angewiesen, Ansprüche der Gesellschaft geltend zu machen, wenn die eigentlich dafür vorgesehenen Gesellschaftsorgane dem nicht nachkommen364. Dass neben dem eigentlichen Rechtsinhaber auch eine andere Person ein rechtlich schutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung eines Anspruchs hat, ist typisches Merkmal der Fälle der gesetzlichen Prozessstandschaft. Dies zeigt sich beispielsweise auch beim Revokationsrecht des Ehegatten im gesetzlichen Güterstand nach §  1368 BGB365. Unzutreffend wäre es jedoch, allein deshalb die Stellung des gewillkürten Prozessstandschafters mit der des Minderheitsgesellschafters gleichzusetzen und eine gesetzliche Prozessstandschaft ohne gesetzliche Anordnung anzunehmen. Zwar hat auch der gewillkürte Prozessstandschafter ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der Durchsetzung eines fremden Rechts. Dieses (oft großzügig interpretierte366) Interesse rechtfertigt aber keine Gleichsetzung, da die actio pro socio darüber hinaus zumindest gewohnheitsrechtlich anerkannt367 und insbesondere als Ausfluss des Mitgliedschaftsrechts 363  OLG München, ZIP 2010, 2202, 2204; MünchKommBGB/Schäfer, §  705 Rn.  209; Berger, ZHR 149 (1985), 599, 613; ders. Rechtskraft, S.  276 f.; Mock, RabelsZ 72 (2008), 264, 271 m. w. N.; für gewillkürte Prozessstandschaft Bork/Oepen, ZGR 2001, 515, 529. 364  Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  38; Berger, ZHR 149 (1985), 599, 604 f. spricht in diesem Zusammenhang von der „Schutzfunktion der Prozessführungsbefugnis“. 365  Berger, ZHR 149 (1985), 599, 605. 366  Vgl. oben §  1 II. 2. 367  Mock, RabelsZ 72 (2008), 264, 271; MünchKommBGB/Schäfer, §  705, Rn.  209; a. A. Bork/Oepen, ZGR 2001, 515, 526.

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der Gesellschafter zu verstehen ist. Die Ausübung der Klagebefugnis unterliegt daher der gesellschafterlichen Treuepflicht368. Insofern unterscheidet sich die Situation von der der gewillkürten Prozessstandschaft, bei der regelmäßig keine besonderen Treuepflichten zwischen Rechtsträger und Standschafter bestehen. (2) §  2039 BGB analog oder §  744 Abs.  2 BGB analog Aufgeworfen ist letztlich die Frage, ob eine Rechtsgrundlage für die Annahme einer gesetzlichen Prozessstandschaft kraft Rechtsfortbildung konstruiert werden kann, wenn man hierfür nach Maßgabe des Senats nur Normen in Betracht zieht, bei denen kein materieller Rechtsübergang stattfindet369. Hierfür richtet sich der Blick auf die §  2039 BGB und §  744 Abs.  2 BGB. Die gesetzliche Prozessstandschaft370 des §  2039 BGB verleiht dem Miterben Prozessführungsbefugnis hinsichtlich eines zum Nachlass gehörenden Anspruchs. Eine entsprechende Anwendung der Norm auf die gewillkürte Prozessstandschaft nach Widerruf der Prozessführungsermächtigung scheidet aber aus; es fehlt an der Vergleichbarkeit der Interessenlagen. Die Anordnung der Prozessführungsbefugnis des Miterben rechtfertigt sich damit, dass die Nachlassforderungen zwar gesamthänderisch gebunden sind (§  2032 Abs.  1 BGB), die gemeinschaftliche Geltendmachung der zum Nachlass gehörenden Ansprüche die Rechtsverfolgung aber sehr erschweren würde371. Ein solches Vereinfachungsbedürfnis besteht freilich nicht bei der beendeten gewillkürten Prozessstandschaft. Hier wäre nach Abweisung der Standschafterklage regelmäßig allein der Rechtsinhaber klageberechtigt. Der §  744 Abs.  2 BGB sieht für die Bruchteilsgemeinschaft ein Notgeschäftsführungsrecht und damit implizit eine gesetzliche Not-Prozessstandschaft vor372. Auch hier ist eine Vergleichbarkeit der Interessenlagen aber nicht gegeben, da die Fortgeltung der Prozessführungsbefugnis nach Widerruf der Prozessführungsermächtigung zur Erhaltung des Anspruchs nicht erforderlich ist. Vielmehr ist anzunehmen, dass der Anspruch gerade durch die Prozessführung des Standschafters gefährdet würde, wenn man in der hier in Rede stehenden Situation seine Prozessführungsbefugnis nach §  744 Abs.  2 BGB analog bis zum Erlass eines klageabweisenden Sachurteils aufrechterhalten und dieses im Wege der Rechtskrafterstreckung auch den Rechtsinhaber binden würde.

368 

BGH, ZIP 2010, 1232, 1233. BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  31. 370  MünchKommBGB/Gergen, §  2039 Rn.  20. 371  Staudinger/Löhnig (2016), §  2039 Rn.  1. 372  RGZ 298, 299; Bork/Oepen, ZGR 2001, 515, 526. 369 

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ee) Zwischenergebnis Ein Begründungsmodell für die Fortgeltung der Prozessführungsbefugnis trotz materiellrechtlich wirksamen Widerrufs der Prozessführungsermächtigung, bleibt der Senat schuldig; der pauschale Verweis auf den „Vorrang des Prozessrechts in diesem Bereich“ kann nicht überzeugen. Da auch andere Begründungsansätze nicht verfangen, liegt im Grunde eine bloße Fiktion der Prozessführungsbefugnis vor, wenn der Prozessgegner dem Widerruf der Prozessführungsermächtigung nicht zustimmt. ff) Begründungsalternative von Berger Möchte man in dem Beginn der Hauptsacheverhandlung des Beklagten die wesentliche Zäsur sehen, ab der der Widerruf der Ermächtigung nicht mehr ohne Weiteres Wirkung für den Prozess entfaltet, wäre es überzeugender, bereits die materiellrechtliche Wirksamkeit des Widerrufs zu diesem Zeitpunkt auszuschließen. So käme es zu keinem Auseinanderfallen von materieller und prozessualer Wirkung. Der Fortbestand der Prozessführungsbefugnis bei Nichtzustimmung des Prozessgegners müsste nicht fingiert werden. Einen Begründungsansatz hierfür gibt Berger: Eine vorzeitige materiellrechtliche Bindung des Rechtsinhabers soll die Widerruflichkeit der Ermächtigung bereits ab Beginn der Hauptsacheverhandlung ausschließen373. (1) Parallele zum mehraktigen Verfügungsgeschäft Wie dargelegt, ist der Widerruf der Prozessführungsermächtigung nach Maßgabe des §  183 S.  1 BGB in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der jeweiligen Instanz materiell wirksam. Dies wurde damit begründet, dass die prozessuale Durchsetzung eines Rechts eine Vielzahl von Prozesshandlungen erfordert und insbesondere die bloße Klageerhebung dafür kaum ausreichend ist374. Angesichts dessen lasse sich die Handlungsstruktur der Prozessführung mit der eines mehraktigen Verfügungsgeschäfts vergleichen, bei dem neben der vertraglichen Einigung noch weitere Merkmale wie die Übergabe oder Eintragung erforderlich sind375. Bei einem solchen Verfügungsgeschäft ist der Widerruf einer Verfügungsermächtigung im Sinne des §  183 S.  1 BGB im Grundsatz bis zum letzten Akt möglich, an dem der, dessen Willenserklärung zustimmungsbedürftig ist, noch mitwirkt. Im Fall der ÜbereigBerger, in: FS Prütting, S.  221, 226 f. Vgl. oben §  4 III. 1. bb). 375  Berger, in: FS Prütting, S.  221, 226; die Parallele zu einem mehraktigen Verfügungsgeschäft zieht auch der Senat, vgl. BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  23. 373  374 

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nung einer beweglichen Sache wäre das der Zeitpunkt der Übergabe (§  929 S.  1 BGB). Bei der Verfügung über Grundstücke oder Rechten an Grundstücken kann der Widerruf grundsätzlich noch bis zur Eintragung im Grundbuch erfolgen376. Allerdings gibt es auch bei liegenschaftsrechtlichen Verfügung Situationen, in denen der Widerruf der Ermächtigung vorzeitig ausgeschlossen ist. Nach verbreiteter Auffassung soll dies dann der Fall sein, wenn die dingliche Einigung zu einer solchen Verfügung den Ermächtigten nach §  873 Abs.  2 BGB bindet377. Dies leuchtet ein, denn in diesem Fall hat der Verfügungsempfänger eine Rechtsposition inne, die vom Verfügenden nicht mehr einseitig aufgehoben werden kann. Dann muss sich aber auch der Ermächtigende an dieser Bindungswirkung festhalten lassen und kann die Rechtsposition des Verfügungsempfängers nicht mehr einseitig durch Widerruf der Ermächtigung beseitigen378. Für diese Auffassung spricht ferner, dass in Vertretungsfällen selbst die „einfache“ Einigung nach §  873 Abs.  1 BGB fortwirkt, wenn die Vertretungsmacht vor der Eintragung durch Widerruf erlischt sowie, dass auch §  878 BGB die „qualifizierte“ Einigungserklärung nach §  873 Abs.  2 BGB dann fortbestehen lässt, wenn der Berechtigte nachträglich in seiner Verfügungsmacht beschränkt wird, soweit beim Grundbuchamt der Antrag auf Eintragung gestellt wurde379. Ob sich die Bindung des Ermächtigenden an seine Ermächtigung in dieser Situation methodisch mit einer Analogie zu §  873 Abs.  2 BGB begründen lässt, soll an dieser Stelle dahingestellt bleiben380. (2) Übertragung auf die Prozesssituation Bezogen auf die Prozessführungsermächtigung muss folglich die Frage aufgeworfen werden, in welcher prozessualen Phase der Standschafter insofern „gebunden“ ist, sodass dies auch den Widerruf der Prozessführungsermächtigung einschränkt. Maßgeblich sind auch hier die Grenzen der Zulässigkeit der Klagerücknahme (§  269 ZPO), die alle Wirkungen, welche das Prozessrecht und das Bürgerliche Recht an die Rechtshängigkeit knüpfen, wieder beseitigen würde381. Eine Bindung des Standschafters liegt somit dann vor, wenn er die Klage nur noch mit Zustimmung des Prozessgegners zurücknehmen kann, also ab dem Zeitpunkt des Beginns der ersten Hauptsacheverhandlung. Ab der Einlassung 376 

Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Bub, §  183 Rn.  3. BGH, NJW 1998, 1482, 1484; 1963, 36, 37; Palandt/Ellenberger, §  183 Rn.  1; Flume, AT II, §  55 S.  897; Erman/Maier-Reimer, §  183 Rn.  3; MünchKommBGB/Beyreuther, §  183 Rn.  12; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Bub, §  183 Rn.  3. 378  Berger, in: FS Prütting, S.  221, 226 f. 379  MünchKommBGB/Bayreuther, §  183 Rn.  12; BayObLG, DNotZ 1983, 752, 754. 380  Kritisch dazu Staudinger/Gursky (2014), §  183 Rn.  10. 381  Materialien ZPO Bd.  2, Abt.  1, S.  263. 377 

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des Beklagten gewinnt dieser also ein Recht auf ein Urteil, das ihm nicht mehr einseitig vom Kläger entzogen werden darf382. Seine Situation ist insofern vergleichbar mit der des Verfügungsempfängers, dessen Rechtserwerb wegen §  873 Abs.  2 BGB nicht mehr vom Verfügenden einseitig vereitelt werden kann. e) Zusammenfassung und Würdigung Möchte man die Parteiperpetuierung davon abhängig machen, ob der Prozessgegner ab dem Zeitpunkt des §  269 Abs.  1 ZPO die Zustimmung zum Widerruf der Ermächtigung verweigert, liefert der Ansatz Bergers eine tragfähigere Begründung: Unter Annahme einer vorzeitigen Bindung des Rechtsinhabers ist bereits die materiellrechtliche Widerruflichkeit der Ermächtigung eingeschränkt. Stimmt hingegen der Prozessgegner dem Widerruf trotz der vorzeitigen Bindung des Rechtsinhabers zu, so ist der Gegner nicht schutzwürdig und der Widerruf muss materiell und prozessual wirksam sein. Das Ergebnis entspricht dann dem des Senats, das dem Gegner Dispositionsbefugnis über die Parteiperpetuierung ab dem Zeitpunkt des §  269 Abs.  1 ZPO einräumt, ohne dass aber materielle und prozessuale Wirksamkeit des Widerrufs auseinanderfallen. Die Konsequenz dieser Begründung wäre freilich, dass bei nahezu jedem Prozess eine „vorzeitig“ Bindung des Rechtsinhabers eintreten würde. Da die prozessuale Phase des §  269 Abs.  1 ZPO383 meist erreicht beziehungsweise die Frage des Widerrufs erst virulent wird, nachdem zur Sache verhandelt wurde, wäre die Annahme einer vorzeitigen Bindung des Rechtsinhabers also der Regelfall; auf die zeitliche Grenze des §  183 S.  1 BGB – freie Widerruflichkeit bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts – käme es in der Praxis kaum noch an384. Bei einer liegenschaftsrechtlichen Verfügung stellt der §  873 Abs.  2 BGB aber eine Sondernorm dar, aus der hingegen nur ausnahmsweise und auch nicht unbestritten385 eine derartige Bindungswirkung des Ermächtigenden resultiert.

Schlinker, Litis Contestatio, S.  633. In einem Verfahren ohne mündliche Verhandlung (§  128 Abs.  2, 3 ZPO) kommt es auf die schriftsätzliche Äußerung zur Hauptsache an, vgl. oben unter 1. a). 384  Ein Einklang mit §  183 BGB ließe sich herstellen, wenn man nicht in der einseitigen Rechtsdurchsetzung das „Rechtsgeschäft“ im Sinne des §  183 S.  1 BGB erkennt, sondern die zweiseitige Streitbegründung durch Kläger und Beklagten mit Beginn der ersten mündlichen Verhandlung (sog. „Streitbefestigung“). Die Lehre von der zweiseitigen Streitbegründung kann heute indes nicht mehr als Maßstab dienen, vgl. unten unter 4. 385  Vgl. Staudinger/Gursky (2014), §  183 Rn.  10. 382  383 

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Teil 2: Widerruf der Prozessführungsermächtigung

2. Gesetzliche Prozessstandschaft gemäß §  265 Abs.  2 ZPO analog Im Folgenden richtet sich der Blick nun auf das Modell des §  265 Abs.  2 ZPO, durch das die ZPO selbst eine Parteiperpetuierung als Reaktion auf den Verlust der Sachlegitimation (und Prozessführungsbefugnis) einer Partei nach Rechtshängigkeit anordnet. Die Norm sieht vor, dass der Veräußerer eines streitbefangenen Gegenstandes weiterhin die Parteistellung behält und den Prozess in gesetzlicher Prozessstandschaft fortsetzt. Das vom Veräußerer erstrittene Urteil wirkt gemäß §  325 ZPO für und gegen den Rechtsnachfolger386. Es soll hier untersucht werden, ob dieses Modell auch auf den materiellrechtlich wirksamen Widerruf der Prozessführungsermächtigung Anwendung finden kann387. Seinem Wortlaut nach reagiert §  265 ZPO zunächst nur auf die „Veräußerung“ oder „Abtretung“ des streitbefangenen Rechts. Er wird heute allerdings über seinen Wortlaut hinaus ausgelegt. So ist mittlerweile anerkannt, dass auch der nicht-rechtsgeschäftliche Erwerb in seinen Anwendungsbereich fällt388. Im Hinblick auf den Widerruf der Prozessführungsermächtigung verneint der Senat allerdings die entsprechende Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO. Der nachträgliche Wegfall der Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft sei mit der Situation des §  265 ZPO aus dem Grund nicht vergleichbar, da das materielle Recht, um das es im Prozess geht, bei der Prozessstandschaft nicht übertragen wird389. Freilich kann das alleinige Abstellen auf den materiellen Rechtsübergang als Maßstab für die Analogiebildung nicht überzeugen. Denn für einen Analogieschluss ist nur erforderlich, dass der ungeregelte Sachverhalt dem geregelten Sachverhalt „ähnlich“ ist, dass die Sachverhalte also in einigen Hinsichten übereinstimmen, in anderen aber nicht390. Stimmten sie in allen überhaupt in Betracht zu ziehenden Hinsichten überein, so wären sie „gleich“ und eine Rechtsfortbildung durch Analogiebildung wäre entbehrlich. Die Sachverhalte müssen daher nur in den für die rechtliche Bewertung maßgebenden Hinsichten übereinstimmen. Zur Feststellung, ob dies der Fall ist, ist die Offenlegung der in der Regelung zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungen erforderlich. Um eine Aussage über die analoge Anwendbarkeit des §  265 Abs.  2 ZPO auf den Wider386 

MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  265 Rn.  69. So Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  58; Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403, 421 f.; Schlosser, in: FS Nagel, S.  352, 362; offenlassend Windel, Der Interventionsgrund des §  66 Abs.  1 ZPO als Prozessführungsbefugnis, S.  161. 388  Vgl. oben II. 2. b), aa), (2). 389  BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  31; differenzierend aber MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  265 Rn.  63 wonach nur beim Widerruf innerhalb einer „isolierten Prozessstandschaft“ die Anwendung des §  265 ZPO ausgeschlossen ist. 390  Larenz/Canaris, Methodenlehre, S.  202. 387 

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ruf der Ermächtigung treffen zu können, bedarf es also eines Rückgriffs auf dessen Zwecke und Grundgedanken, seine ratio legis391. a) Analogievoraussetzungen aa) Vergleichbarkeit der Interessenlagen In Bezug auf den Regelungszweck des §  265 ZPO wurde in dieser Arbeit bereits dargelegt, dass die Norm prozessökonomischen Belangen392 dient, sie aber vor allem die negativen Beeinträchtigungen des Gegners durch Änderungen auf der anderen Parteiseite vermeiden will. Primäres Schutzanliegen des §  265 Abs.  2 ZPO ist seit der Durchsetzung des formellen Parteibegriffs393 danach der Erhalt der bisher erstrittenen Prozesslagen394. Daneben möchte die Norm das Prozessrechtsverhältnis aber auch im Hinblick auf die subjektiven Bezugspunkte der Parteifunktionen vor Änderung im Rechtsverhältnis abschirmen395. Diese Schutzanliegen sollen den Anknüpfungspunkt für den Vergleich der Interessenlagen des Prozessgegners bei Wegfall der Prozessführungsermächtigung bilden, wobei die in §  265 ZPO zum Ausdruck kommenden Wertentscheidungen des Gesetzgebers nicht rechtpolitisch hinterfragt werden. Sicherlich sprächen auch gute Gründe dafür, den Prozess grundsätzlich vom Rechtsnachfolger, also demjenigen fortführen zu lassen, den die Wirkungen des Urteils primär betreffen. Dies zeige bereits, dass die heute von der herrschenden Meinung vertretene „Relevanztheorie“ dem Regelungszweckweck des §  265 ZPO widerspricht, der gerade die prozessuale Irrelevanz einer Verfügung anordnet. Nach Oberhammer sei in der „Relevanztheorie“ daher ein Versuch zu sehen, die vom Gesetzgeber erbrachte „Fehlleistung“ des §  265 ZPO zu entschärfen396. Es muss an dieser Stelle aber nicht hervorgehoben werden, dass es allein die gesetzgeberischen Wertentscheidungen sind, die als Maßstab für die Rechtsfortbildung in Betracht kommen und die bei der Betrachtung des §  265 Abs.  2 ZPO deutlich zu erkennen sind: Beim Wechsel der Sachlegitimation nach Rechtshängigkeit wertet der Gesetzgeber die Interessen des Beklagten gewichtiger als die des Erwerbers.

Larenz/Canaris, Methodenlehre, S.  202 f. Henckel, ZZP 82 (1969), 333, 335 f., wonach sich der „allzu schillernden“ Begriff der Prozessökonomie nur als Reflex schutzwürdiger Parteiinteressen erweise. 393  Zum Bedeutungswandel des Schutzzwecks vgl. oben I. 1. b). 394  Grunsky, Veräußerung, S.  22; Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  265 Rn.  1. Nicht hingegen schütze §  265 ZPO die Interessen des Veräußerers oder Erwerbers; kritisch Henckel, ZZP 85 (1969), 333, 335 im Hinblick auf die ihnen günstigen Prozesslagen. 395  Vgl. oben I. 1. b). 396  Oberhammer, in: FS Leipold, S.  101, 108. 391 

392 Kritisch

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(1) Interessenlage des Prozessgegners Die Vergleichbarkeit der Interessenlage des Prozessgegners in der Situation des §  265 Abs.  2 ZPO mit der des Gegners beim Widerrufs der Prozessführungsermächtigung, lässt sich ohne Weiteres bejahen. So wurde im Rahmen unserer Interessenanalyse in §  3 dieser Arbeit bereits aufgezeigt, dass der Gegner auch bei der gewillkürten Prozessstandschaft schutzwürdig ist im Hinblick auf den Erhalt der bisherigen Prozessergebnisse. Dies folgt daraus, dass er den nachträglichen Wegfall der gewillkürten Prozessführungsbefugnis – wie auch die Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes im originären Anwendungsbereich des §  265 ZPO – in keiner Weise beeinflussen kann. Auch in Bezug auf den Erhalt der subjektiven Anknüpfungspunkte der Parteifunktionen hat er ein Interesse daran, den Prozess mit der Partei zu Ende zu führen mit der er ihn begonnen hatte. Dies gilt unabhängig davon, dass er sich den Rechtsinhaber in der Regel selbst als Vertragspartner ausgesucht hat und daher ursprünglich mit ihm als Prozessgegner rechnen musste397. Auch aus Gründen der Zeitersparnis ist er davor zu schützen, einen Zweitprozess mit dem Rechtsinhaber führen zu müssen. Bei alledem kann es keinen Unterschied machen, ob der Folgeprozess von dem Rechtsnachfolger im Sinne des §  265 Abs.  2 ZPO angestrengt würde, oder von dem Rechtsinhaber, der bisher durch den Rechtshängigkeitseinwand des §  261 Abs.  3 Nr.  1 ZPO an der gerichtlichen Geltendmachung seines Rechts gehindert war. In gleichem Maße ist es aber auch in keiner der beiden Situationen unbillig, den Prozessgegner auch im Verhältnis zum Erwerber im Sinne des §  265 Abs.  2 ZPO beziehungsweise dem Rechtsinhaber bei der gewillkürten Prozessstandschaft an das Urteil zu binden. Er hat im Prozess die Möglichkeit, den eigenen Standpunkt darzustellen; dafür ihm dies erneut in einem Folgeprozess zu gewähren, besteht kein Anlass398. Die Interessenlagen des Gegners bei der Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes sowie beim Widerruf der Prozessführungsermächtigung sind daher identisch. (2) Interessenlage des Rechtsinhabers Wie auch in der Situation des §  265 ZPO sind die Interessen des Rechtsinhabers beim Widerruf der Prozessführungsermächtigung geringer zu gewichten als die des Prozessgegners. Obwohl das faktische Interesse des Rechtsinhabers regelmäßig darauf gerichtet ist, den Prozess selbst zu führen399, ist es daher nicht zu beanstanden, dass ein rechtsfremder Dritter dies für ihn tut. 397 

Vgl. oben II. 2. b), cc), (2), (b), (cc). Grunsky, Veräußerung, S.  36. 399  Vgl. oben §  3 II. 3. a). 398 

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Im originären Anwendungsbereich des §  265 ZPO resultiert die reduzierte Schutzwürdigkeit des Erwerbers daraus, dass er durch Rechtsgeschäft ein streitbefangenes Recht erwirbt, was ihm nach älteren Rechtsordnungen gar nicht möglich gewesen wäre400. Will er die Prozessführung durch den Veräußerer nicht hinnehmen, kann er vom Erwerb des streitbefangenen Rechts absehen401. Ferner ist der Erwerber regelmäßig durch Schadensersatzansprüche gegenüber dem Veräußerer abgesichert402. Ebenso ist aber auch beim Widerruf der Prozessführungsermächtigung der Rechtsinhaber nicht schutzwürdig403: Ihm wird durch die gewillkürte Prozessstandschaft ermöglicht, sich vorprozessual über die „bessere Partei“ Gedanken zu machen. Dabei muss er sich an seiner Entscheidung fest­ halten lassen, auch wenn der ausgewählte Standschafter den Prozess wider Erwarten schlecht führt. Auch gibt ihm das materielle Recht hier ebenfalls die Möglichkeit, sich im Innenverhältnis durch Schadensersatzansprüche gegen unvorteilhafte Prozessführung des Standschafters abzusichern. Die Fremdprozessführung eines Dritten ist ihm hier wie im originären Anwendungsbereich des §  265 Abs.  2 ZPO zuzumuten. (3) Interessenlage des ehemaligen gewillkürten Prozessstandschafters Unterschiede ergeben sich indes bei der Betrachtung der Interessenlage des ehemaligen gewillkürten Prozessstandschafters. Denn anders als der Veräußerer im Sinne des §  265 ZPO kann dieser nicht beeinflussen, dass die Grundlage seiner Prozessführungsbefugnis während des laufenden Prozesses entfällt. Gleichwohl ist ihm zuzumuten, dass er den Prozess als Partei zu Ende führt. Der gewillkürte Prozessstandschafter weiß von vornherein, dass er nur im Rahmen einer vom Rechtsträger abgeleiteten Rechtsmacht als formelle Partei agiert. Durch den Wandel der gewillkürten Prozessstandschaft zur gesetzlichen Prozessstandschaft des §  265 Abs.  2 ZPO ändert sich seine Situation insofern nicht grundlegend. Dass das Fehlen der Einflussnahmemöglichkeit auf den Wegfall der Grundlagen der eigenen Prozessführungsbefugnis der entsprechenden Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO nicht entgegensteht, zeigt sich zudem daran, dass die entsprechende Anwendung der Norm anerkannt ist, wenn ein nicht rechtsgeschäftlicher Erwerb in Rede steht. Hierzu zählt etwa die Eigentumsübertragung in der Zwangsvollstreckung sowohl von beweglichen wie von unbeweglichen Sachen (§  817 Abs.  2 ZPO; §§  90, 50 ZVG)404. In der Situation, in der die streitbefange400 

Vgl. oben §  4 III. 1. b), aa). Grunsky, Veräußerung, S.  86. 402 So Bork/Jacoby, ZHR 167 (2003), 440, 448; Grunsky, Veräußerung, S.  86. 403  Vgl. ausführlich oben §  3 II. 3. b). 404  BGH, NJW 2002, 2101, 2102; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  265 Rn.  49. 401 

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ne Sache verpfändet wird, kann der klagende Eigentümer es aber ebenso wenig beeinflussen, dass er die Grundlagen seiner Prozessführungsermächtigung durch Hoheitsakt verliert. Gleichwohl mutet man ihm im Hinblick auf den Schutzzweck des §  265 Abs.  2 ZPO die Fortsetzung des Prozesses als gesetzlicher Prozessstandschafter zu405. (4) Zwischenergebnis Die Interessenlagen der Beteiligten in der Situation des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung sind vergleichbar mit denen des §  265 ZPO in dessen originären Anwendungsbereich. Dass bei der gewillkürten Prozessstandschaft kein materieller Rechtsübergang stattfindet, ist in Anbetracht des Schutzzwecks des §  265 Abs.  2 ZPO unbeachtlich und steht einer entsprechenden Anwendung der Norm nicht entgegen. bb) Planwidrige Regelungslücke Eine Regelungslücke lässt sich im Hinblick auf das allgemeine Regelungsdefizit der gewillkürten Prozessstandschaft ohne Weiteres bejahen. Ob von einer „planwidrigen Unvollständigkeit“ des Gesetzes gesprochen werden kann, ist vom Standpunkt des Gesetzes selbst zu beurteilen406. Die Planwidrigkeit folgt hier daraus, dass der Gesetzgeber bei Schaffung des §  265 ZPO ein anderes Parteiverständnis zu Grunde legte. Zwar verleiht der §  265 ZPO im Hinblick auf das Entfallen der Sachlegitimation dem Prozessgegner auch unter der Geltung des formellen Parteibegriffs hinreichenden Schutz. Der Wortlaut erweist sich angesichts des Schutzzwecks der Norm allerdings in den Fällen als zu eng, in denen die Prozessführungsbefugnis ausnahmsweise von der materiellen Rechtsinhaberschaft getrennt ist. Freilich war dies unter der Geltung des materiellen Parteibegriffs nicht denkbar und der enge Wortlaut gerechtfertigt, weil der Prozessgegner hinreichend durch die Einheit von materiellem Recht und Prozessrecht geschützt wurde. Seit der Durchsetzung des formellen Parteibegriffs muss jedoch von einer nachträglich entstandenen Regelungslücke gesprochen werden, die im Hinblick auf den Schutzzweck des §  265 ZPO als planwidrig anzusehen ist. Dagegen lässt sich nicht anführen, dass der §  265 ZPO seit der Durchsetzung des formellen Parteibegriffs eine Anpassung hätte erfahren können. Immerhin wurde auf die Wandelung des Parteiverständnisses an keiner Stelle der ZPO legislatorisch reagiert.

405 

MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  265 Rn.  49. Elze, Lücken im Gesetz, S.  3 ff.

406 Näher

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b) Stellungnahme: Der §  265 Abs.  2 ZPO als Grundmodell für den Wegfall der Grundlagen der Prozessführungsbefugnis In den obigen Ausführungen wurde dargelegt, dass die entsprechende Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO ein methodisch gangbarer Weg für eine Parteiperpetuierung ist, wenn man als Maßstab für die Analogiebildung nicht darauf abstellt, dass ein materieller Rechtsübergang stattfindet, sondern vielmehr den Regelungszweck des §  265 Abs.  2 ZPO in den Blick nimmt. Dieser kann darin gesehen werden, das Prozessrechtsverhältnis zum Schutz des Prozessgegners vor den Folgen materiellrechtlicher Änderungen abzuschirmen407. Zwar stellt der Widerruf der Prozessführungsermächtigung keine materielle Rechtsänderung dar, da diese prozessual und nicht materiellrechtlich qualifiziert wurde408. Allerdings setzt er den Prozessgegner im Hinblick auf seine erstrittenen Prozesslagen und die subjektiven Anknüpfungspunkte der Parteistellung denselben Gefahren aus wie bei einer materiellen Rechtsübertragung. Bei der Betrachtung dieses Schutzanliegens stellt sich die Frage, weshalb dieses nur Beachtung finden soll, wenn der Verlust der Sachlegitimation einer Partei in Rede steht. Vielmehr drängt sich ein Schluss a maiore ad minus auf: Wenn der §  265 Abs.  2 ZPO aus Gründen des Prozessgegnerschutzes sogar den Verlust der Sachlegitimation für unbeachtlich erklärt und den bisherigen Kläger im Prozess hält, muss dies erst recht dann gelten, wenn er nur die Prozessführungsbefugnis verliert. So ist hinter der Sachlegitimation immer auch die Prozessführungsbefugnis „versteckt“, welche allerdings keine gesonderte Rolle spielt, solange der Rechtsinhaber selbst den Prozess führt. Tritt aber, wie im Fall der gewillkürten Prozessstandschaft, ein Kläger oder Beklagter als bloßer Prozessführungsbefugter auf und erlischt die Rechtsstellung, aus der er seine besondere prozessuale Macht ableitet, so ist die Klage als nachträglich unzulässig abzuweisen409. Dies geht gleichfalls mit dem Verlust der Prozesslagen und der subjektiven Bezugspunkte der Parteifunktionen einher. Seitdem sich der formelle Parteibegriff durchgesetzt hat, ist der Prozessgegner daher einem größeren Risiko ausgesetzt, mit negativen Beeinträchtigungen des Prozessrechtsverhältnisses nach Rechtshängigkeit konfrontiert zu sein. Diese Beeinträchtigungen können ihren Ursprung fortan nicht nur in der materiellen Rechtsübertragung haben, sondern zusätzlich auch im Wegfall der bloßen Prozessführungsbefugnis einer Partei. Vor diesem Hintergrund scheint es daher für die Anwendbarkeit des §  265 ZPO heute richtiger nicht danach zu fragen, ob ein materieller Rechtsübergang stattgefunden hat, sondern danach, ob die Grundla407 

BGHZ 118, 312, 315 = NJW 1992, 3096. Vgl. oben §  4 III. 2. 409  Schlosser, in: FS Nagel, S.  352, 362. 408 

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gen der Prozessführungsbefugnis410 der alten Partei nachträglich weggefallen sind, ohne dass der Prozessgegner dies beeinflussen konnte. Damit wäre auch der klassische Fall der Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes vom Anwendungsbereich des §  265 Abs.  2 ZPO umfasst. Denn die veräußernde Partei verliert dadurch ihre Verfügungsbefugnis, die in diesen Fällen die Grundlage ihrer Prozessführungsbefugnis bildet411. Um die aufgezeigten Wertungswidersprüche zu vermeiden, können aber auch Fälle erfasst werden, in denen die Prozessführungsbefugnis eine andere Grundlage hat, wie etwa bei Wegfall der Prozessstandschaft des §  1629 Abs.  3 BGB412 oder eben bei Wegfall der Prozessführungsermächtigung des gewillkürten Prozessstandschafters. Den Anwendungsbereich des §  265 Abs.  2 ZPO hingegen von vornherein auf Fälle zu beschränken, in denen eine Übertragung des materiellen Rechts stattgefunden hat, kann im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm jedenfalls nicht überzeugen. Vielmehr sollte die Norm zunächst als Grundmodell für jegliche Störungen des Prozessablaufs verstanden werden, durch die die Interessen des Prozessgegners gefährdet werden können. Zu undifferenzierte Lösungen im Einzelfall lassen sich vermeiden durch die ausnahmsweise Zulassung eines gesetzlichen Parteiwechsels, insbesondere dann, wenn überwiegende Drittinteressen auf dem Spiel stehen413. Einschränkungslos ermöglicht das Modell des §  265 Abs.  2 ZPO daneben stets einen gewillkürten Parteiwechsel, wenn dieser von dem Willen der Beteiligten getragen ist414. Durch diese Interpretation des §  265 Abs.  2 ZPO lassen sich zudem Wertungswidersprüche vermeiden, die derzeit bei der unterschiedlichen Behandlung der einzelnen Fälle des Wegfalls der Prozessführungsermächtigung hervortreten. So hatte der Bundesgerichtshof einen dem hier in Rede stehenden Sachverhalt sehr ähnlichen Fall zu entscheiden, in dem die Prozessführungsermächtigung nachträglich entfallen ist, weil der Rechtsinhaber die Forderung, zu deren prozessualen Geltendmachung er den Standschafter ermächtigt hatte, nach Rechtshängigkeit abgetreten hat415. Der Bundesgerichtshof hat hier allerdings in entsprechender Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO entschieden, dass die Abtretung keinen Einfluss auf das anhängige Verfahren hat und der vormals Ermächtigte zur Fortführung des begonnenen Rechtsstreits berufen bleibt416. Vor diesem Hintergrund Henckel, Parteilehre, S.  154; Grunsky, Veräußerung, S.  98: „Grundlage der Parteistellung“. 411  Henckel, Parteilehre, S.  154. 412  So selbst BGH, NJW-RR 1990, 323, 324. 413  Vgl. oben §  5 II. 3. 414  Vgl. unten unter c), bb). 415  Vgl. unten §  7 II. 416  BGH, NJW 1989, 1932, 1933. 410 So

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ist die Entscheidung des Senats zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung aber nur schwer verständlich. Denn für die Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO sollte es jedenfalls keinen Unterschied machen, ob die Ermächtigung durch Abtretung des Rechts, auf das sie sich bezieht, oder unmittelbar durch Widerruf endet417. In beiden Fällen verliert der Standschafter nachträglich die Grundlage seiner Prozessführungsbefugnis in Gestalt der Prozessführungsermächtigung. c) Fortgang des Verfahrens im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft des §  265 Abs.  2 ZPO Da aufgezeigt wurde, dass die entsprechende Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO ein dogmatisch gangbarer Weg für eine Parteiperpetuierung nach Widerruf der Prozessführungsermächtigung darstellt, legt die Arbeit im Folgenden dar, welche Konsequenzen sich für den Verfahrensfortgang an die Zugrundelegung dieses Modells knüpfen. aa) Relevanz- oder Irrelevanztheorie? Ist dem Standschafter – insbesondere im Fall der Sicherungszession – neben der Prozessführungs- auch eine Einziehungsermächtigung erteilt worden, sodass der ursprüngliche Klageantrag auf Leistung an den Standschafter gerichtet war, geht der Widerruf der Prozessführungsermächtigung regelmäßig auch mit dem Widerruf der Einziehungsermächtigung einher. Die Einziehungsermächtigung ist ein rein materiellrechtliches Institut, weshalb ihr Widerruf keinen prozessrechtlichen Einschränkungen unterliegt418. Daher stellt sich die Frage, ob eine Klageabweisung mangels Aktivlegitimation des ehemaligen Standschafters droht, wenn der Prozess von dem ehemaligen gewillkürten Standschafter in gesetzlicher Prozessstandschaft des §  265 Abs.  2 ZPO fortgeführt wird und dieser seinen Klageantrag nicht entsprechend umstellt und nunmehr Leistung an den Rechtsinhaber verlangt419. Die Frage ist identisch mit der, ob eine Rechtsnachfolge im Sinne des §  265 ZPO im laufenden Verfahren zu berücksichtigen ist (Relevanztheorie) oder ob die Entscheidung zu ergehen hat, „als sei nichts geschehen“ (Irrelevanztheorie). Bei der hier in Rede stehenden Situation geht es jedoch nicht darum, ob der Wechsel der Rechtsträgerschaft im laufenden Verfahren berücksichtigt wird, sondern ob der nachträgliche Wegfall der Einziehungsermächtigung beachtlich Berger, in: FS Prütting, S.  221, 233. Vgl. oben §  4 I. 1. 419  Diese Frage stellt sich freilich auch bei der Zugrundelegung des Modells des §  269 Abs.  1 ZPO bei Nichtzustimmung des Gegners zum Widerruf, aus der ebenfalls eine Parteiperpetuierung folgt, vgl. oben unter 1. c). 417  418 

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ist. Für die Beurteilung kann es aber keinen Unterschied machen, ob die Grundlage der Aktivlegitimation die Rechtsträgerschaft des geltend gemachten Rechts oder die sich auf dieses Recht beziehende Einziehungsermächtigung war, entspricht doch die Einziehungsermächtigung hinsichtlich der Befugnis zur Geltendmachung absolut dem Vollrecht420. Dafür spricht auch, dass die auf der Relevanztheorie fußende höchstrichterliche Rechtsprechung eine Umstellung des Antrags trotz Abtretung der streitbefangenen Forderung ausnahmsweise für nicht erforderlich hält, wenn dem Zedenten – im Rahmen einer Sicherungszession – eine Einziehungsermächtigung erteilt wurde421. Gegen die herrschende Relevanztheorie in unserer Situation spricht, dass unter ihr der Schutz des Prozessgegners zur Disposition des ehemaligen Standschafters gestellt würde. Weigert sich dieser den Antrag auf Leistung auf den Rechtsträger umzustellen, würde seine Klage mangels Aktivlegitimation als unbegründet abgewiesen. Damit wird gerade der Zweck des §  265 Abs.  2 ZPO verfehlt: Der Standschafter kann auf diese Weise dem Beklagten den Prozesserfolg aus der Hand schlagen und ihn „zurück an den Start“ mit dem Rechtsinhaber schicken, da die Abweisung mangels Aktivlegitimation des Standschafters keine rechtskräftige Aussage enthält, welche der Prozessgegner dem Rechtsinhaber entgegenhalten könnte422. Da der Rechtsinhaber an einer neuen Klage ohne Bindung an die bisherigen Prozesslagen gegen den Gegner nicht gehindert wäre, hätte er mit dem Widerruf der Prozessführungsermächtigung sein Ziel letztlich erreicht. Zwar ist die Möglichkeit eines derartigen Neuaufrollens des Prozesses zulasten des Prozessgegners ein genereller Einwand, der gegen die Relevanztheorie vorgebracht und der im Interesse einer sachlich richtigen Verurteilung hingenommen wird423. In unserer Situation wiegt dieser Umstand aber besonders schwer, da sämtliche Überlegungen, die berechtigterweise darauf abzielten, den Prozessgegner vor den negativen Folgen des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung zu schützen unter der Bedingung stünden, dass der Standschafter den Klageantrag umstellt. Dem Standschafter in der Situation einer Sicherungszession eine solche Rechtsmacht einzuräumen, ist aber sehr bedenklich. So ist im originären Anwendungsbereich der Relevanztheorie kaum eine Situation vorstellbar, in der der Rechtsvorgänger sich der Anpassung des Antrags widersetzt, zumal das Gericht gemäß §  139 ZPO darauf hinzuwirken hat424. Bei der Sicherungszession steht dem Rechtsinhaber der geltend gemachte Anspruch aber nur Meyer/Hergen, JuS 2004, 192, 193. RGZ 166, 217, 218; BGHZ 27, 31, 27; 118, 312, 316; 158, 295, 304. 422  Oberhammer, in: FS Leipold, S.  101, 106. 423  Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  265 Rn.  21. 424  Saenger/Saenger, §  265 Rn.  14. 420  421 

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treuhänderisch zu, während der Standschafter das eigentliche wirtschaftliche Interesse an der Rechtsdurchsetzung hat. Es birgt daher ein erhebliches Manipulationsrisiko, wenn der Standschafter über die bisherigen Prozesslagen zum Nachteil des Prozessgegners disponieren kann. Richtig ist daher, aufgrund des besonderen Schutzbedürfnisses des Prozessgegners vor dieser Manipulationsgefahr bei der gewillkürten Prozessstandschaft, keine Umstellung des Klageantrags zu fordern, wenn dem Standschafter zugleich eine Einziehungsermächtigung erteilt wurde, die der Rechtsinhaber im Zuge des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung ebenfalls widerrufen hat. Wenn gegen die Irrelevanztheorie vorgebracht wird, sie zerreiße die materiellrechtlichen Zusammenhänge und führe zu einem deutlichen Auseinanderklaffen von Anspruchsinhabung und der fiktiven Rechtslage im Prozess425, so hat dieser Vorwurf bei der gewillkürten Prozessstandschaft wenig Schlagkraft. Ihr ist ein derartiges Auseinanderfallen immanent; die Bestätigung des Auseinanderfallens im Urteil ist stets unschädlich. bb) Beteiligung des Rechtsinhabers am fortgeführten Verfahren Zu keiner Parteiperpetuierung kommt es, wenn der Rechtsinhaber im Wege eines gewillkürten Parteiwechsels in entsprechender Anwendung des §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO als Hauptpartei in den Prozess eintreten will und der Prozessgegner hierzu seine Zustimmung erteilt. Abweichend von den allgemeinen Grundsätzen426 ist nach dem oben Gesagten eine Zustimmung des Prozessstandschafters hingegen nicht erforderlich427. Liegen diese Voraussetzungen vor, beseitigt der gewillkürte Parteiwechsel die gesetzliche Prozessstandschaft des §  265 Abs.  2 S.  1 ZPO und lässt die dem wirksamen Widerruf der Ermächtigung kongruente Folge eintreten: Der Rechtsinhaber setzt als nunmehr alleiniger Inhaber der Prozessführungsbefugnis den Prozess als neue Partei unter Bindung an die Prozessführung des Standschafters428 fort. Für eine Hauptintervention (§  64 ZPO) des Rechtsinhabers nach §  265 Abs.  2 S.  2 Alt. 2 ZPO müssten die allgemeinen ProzessvorausFasching, ZivilProzR, Rn.  1201 gegen die Irrelevanztheorie im österreichischen Recht. 426  Auch bei einem gewillkürten Parteiwechsel nach §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO wird überwiegend die Zustimmung des alten Klägers gefordert: RGZ 58, 98, 101; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, §  265 Rn.  93; Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  265 Rn.  35; Wieczorek/ Schütze/Assmann, §  265 Rn.  103; Sieg, ZZP 66 (1953), 23, 27; Dinstühler, ZZP 112 (1999), 61, 78 f.; allgemein zu den Anforderungen eines gewillkürten Klägerwechsels vgl. oben unter 1. b), bb), (3). 427  Vgl. oben unter 1. b), bb), (3), (a). 428  Zur Bindung an Prozesslagen bei einem gewillkürten Parteiwechsel vgl. oben unter 1. b), bb), (1). 425 So

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Teil 2: Widerruf der Prozessführungsermächtigung

setzungen vorliegen („durch ... Klage“)429. Sie scheitert daher regelmäßig am Rechtshängigkeitseinwand430. Eine Nebenintervention ist andererseits auch ohne Zustimmung des Prozessgegners möglich. Der §  265 Abs.  2 S.  3 ZPO, der die streitgenössische Nebenintervention für den Rechtsnachfolger trotz §  325 Abs.  1 ZPO im unmittelbaren Anwendungsbereich des §  265 Abs.  2 ZPO ausschließt, ist auf unseren Fall jedoch nicht anzuwenden. Denn anders als der Rechtsnachfolger im Sinne des §  265 Abs.  2 ZPO war der Rechtsinhaber bei der gewillkürten Prozessstandschaft bereits vor dem die gesetzliche Prozessstandschaft auslösenden Ereignis befugt, sich als streitgenössischer Nebenintervenienten am Prozess zu beteiligen431, vielleicht hatte er von dieser Befugnis sogar schon Gebrauch gemacht432. Seine Rechtsposition durch den Widerruf derart zu beschneiden, kann daher in unserer Situation mit dem Regelungsanliegen des §  265 Abs.  2 S.  3 ZPO nicht gerechtfertigt werden433. So will die Norm dem Gegner zwar den Stand des bisherigen Verfahrens sichern, das heißt der Gegner soll durch die Veräußerung nicht einer anderen Prozessführung ausgesetzt sein, als er vorher zu gegenwärtigen hatte434. Anliegen der Norm ist es allerdings nicht, die Rechtslage des Prozessgegners zu verbessern und eine bereits mögliche streitgenössische Nebenintervention auszuschließen435. Auch das Schutzanliegen der Norm in Bezug auf den Kläger, der durch den Wechsel der Rechtsinhaberschaft im unmittelbaren Anwendungsbereich des §  265 ZPO keine prozessualen Nachteile erleiden soll436, greift in unse429 

MünchKommZPO/Schultes, §  64 Rn.  10. Vgl. oben Einl. I. 431  Vgl. oben §  3 II. 3. b). 432  Windel, Der Interventionsgrund des §  66 Abs.  1 ZPO als Prozeßführungsbefugnis, S.  161. 433  Nach dem hier zugrunde gelegten Normverständnis des §  265 ZPO bestehen aber selbst in dessen unmittelbaren Anwendungsbereich im Hinblick auf Art.  103 Abs.  1 GG Bedenken gegen den Ausschluss der streitgenössischen Nebenintervention des Rechtsnachfolgers: So wird eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör zwar mit dem Verweis darauf verneint, dass die Norm nur ein „prozessuales Korrelat“ zur materiellrechtlichen Regelung der Rechtsnachfolge darstellt und daher außerhalb eines Bereiches liegt, in dem rechtliches Gehör gewährleistet werde (so Waldner, Anspruch auf rechtliches Gehör, Rn.  337). Richtigerweise wird man in §  265 ZPO aber eine rein prozessuale Bestimmung erblicken müssen, die vor allem einen „innerprozessualen Interessenkonflikt“ regelt (so Pawlowski, JZ 1975, 681, 682). Dieser wird nur typischerweise durch die Veräußerung der Streitsache ausgelöst, wobei nach hier vertretener Auffassung die Norm den Übergang des streitbefangenen materiellen Rechts noch nicht einmal zwingend voraussetzt (vgl. oben unter b)). 434  RGZ 20, 420, 422; Braun, Rechtskraft und Restitution, S.  454. 435  Windel, Der Interventionsgrund des §  66 Abs.  1 ZPO als Prozeßführungsbefugnis, S.  161. 436  So BGH, GRUR 2012, 149 Rn.  100; BeckOK-ZPO/Bacher, §  265 Rn.  25. 430 

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rem Fall nicht durch, da der Prozessstandschafter sich ohnehin nur auf eine vom künftigen Nebenintervenienten abgeleitete Prozessführungsbefugnis berufen konnte. Der §  265 Abs.  2 S.  3 ZPO ist mithin nicht in eine Analogie mit einzubeziehen. Der Widerruf der Prozessführungsermächtigung nimmt dem Rechtsinhaber somit nicht das Recht, sich aufgrund der Rechtskrafterstreckung437 als streitgenössischer Nebenintervenient gemäß §  69 ZPO am Standschafterprozess zu be­ teiligen. 3. Gegenüberstellung beider Modelle Bevor eine Stellungnahme erfolgt, welches der beiden Modelle für eine Parteiperpetuierung nach Widerruf der Prozessführungsermächtigung vorzugswürdig ist, sollen im Folgenden noch einmal die praktischen und dogmatischen Unterschiede beider Regelungsmodelle gegenübergestellt werden: a) Reichweite der Dispositionsbefugnis des Prozessgegners Beide Modelle unterscheiden sich maßgeblich dadurch, dass §  265 Abs.  2 ZPO die Parteiperpetuierung unabhängig von der Willensrichtung des Prozessgegners anordnet. Demgegenüber differenziert der Lösungsansatz des §  269 ZPO danach, zu welchem Zeitpunkt der Widerruf erfolgt und ob der Prozessgegner diesem zustimmt. Damit gewährt der Senat dem Prozessgegner eine weitreichende Dispositionsbefugnis, indem er ihm die Möglichkeit gewährt, durch Zustimmung zum Widerruf nach Beginn der ersten mündlichen Verhandlung eine Klageabweisung durch Prozessurteil herbeizuführen. Davon wird er insbesondere Gebrauch machen, wenn die bisher erstrittenen Prozesslagen für ihn von Nachteil sind. Nach dem Modell des §  265 ZPO hat der Prozessgegner hingegen allenfalls zu entscheiden, ob er einem gewillkürten Parteiwechsel gemäß §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO zustimmen möchte, falls der Rechtsinhaber in den Prozess eintreten will. b) Schutz von Prozessergebnissen vor dem Zeitpunkt des §  269 Abs.  1 ZPO Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Konzepten besteht darin, dass der Senat einen Widerruf vor Beginn der mündlichen Verhandlung ohne Weiteres auch prozessual für beachtlich hält. Demnach hat ein Widerruf, der zwischen Klageerhebung und Beginn der mündlichen Verhandlung erfolgt, stets die Klageabweisung zur Konsequenz. Das Modell des §  265 Abs.  2 ZPO löst die gesetzliche 437  Zur Rechtskrafterstreckung trotz des wirksamen Widerrufs der Prozessführungsermächtigung vgl. unten unter 5.

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Prozessstandschaft hingegen bereits dann aus, wenn der Widerruf nach Rechtshängigkeit, also auch vor dem für §  269 Abs.  1 ZPO maßgeblichen Zeitpunkt, erfolgt. Der Senat begründet die Vollwirksamkeit des Widerrufs vor Einlassung des Beklagten zur Hauptsache damit, dass schutzwürdige Belange der Gegenseite zu diesem Zeitpunkt nicht berührt seien. Daher bestehe kein Grund, dem materiellrechtlich wirksamen Widerruf die prozessrechtliche Wirkung zu versagen438. Allerdings können bereits in diesem Verfahrensstadium Bindungslagen entstehen, an deren Erhalt dem Prozessgegner gelegen ist. So ist das Vorverfahren mit einem differenzierten Bündel an die Parteien gerichteter Prozessförderungsmaßnahmen verknüpft. Dazu treten Fristsetzungen mit bestimmten Präklusionen als Druckmittel zur Beschleunigung439. Für den Prozessgegner können daraus etwa vorteilhafte Prozesslagen erwachsen, da dem Kläger sowohl im mündlichen als auch im schriftlichen Vorverfahren eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung gesetzt werden kann (§§  275 Abs.  4, 276 Abs.  3 i. V. m. §  277 Abs.  4 ZPO). Versäumt er diese Frist, kann sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung gemäß §  296 Abs.  1 ZPO als verspätet zurückgewiesen werden. Eine Präklusion nach §  296 Abs.  1 ZPO zulasten des Rechtsinhabers kann auch dann eintreten, wenn der Standschafter es versäumt, Ergänzungen oder Erläuterungen über klärungsbedürftige Punkte seines vorbereitenden Schriftsatzes abzugeben. Ein Vorteil für den Prozessgegner, der ihm durch die Vollwirksamkeit des Widerrufs vor Beginn der mündlichen Verhandlung wieder genommen würde, kann zudem aus der Präklusion nach §  296 Abs.  2 ZPO erwachsen, wenn in einem Anwaltsprozess beziehungsweise bei Parteibetrieb im Fall einer Anordnung nach §  129 Abs.  2 ZPO440 Angriffsmittel nicht rechtzeitig im Sinne des §  282 Abs.  2 ZPO mitgeteilt wurden. Aber auch unabhängig von den Präklusionswirkungen des §  296 ZPO ist denkbar, dass der Standschafter bereits im Vorverfahren die Einredetatsache des Prozessgegners in seiner Replik zugestanden hat441. All diese Prozesslagen, die zugunsten des Gegners bereits vor Beginn der mündlichen Verhandlung entstehen können, würden durch das Regelungskonzept des §  265 Abs.  2 ZPO erhalten bleiben, das die Parteiperpetuierung bereits ab Eintritt der Rechtshängigkeit an den wirksamen Widerruf knüpft. Dass die Lösung des Senats dem Rechtsinhaber hingegen die Möglichkeit gewährt, sich 438 

BGH, NJW 2015, 2425 Rn.  30. Schilken, ZivilProzR, §  8 Rn.  383. 440  BVerfG, NJW 1992, 1319. 441  Ein Geständnis im schriftlichen Vorverfahren genügt für die Geständniswirkung des §  288 ZPO, wenn die Parteien später durch stillschweigende Bezugnahme auf ihre vorbereitenden Schriftsätze verhandeln, ständige Rechtsprechung: BGH, NJW-RR 2007, 1563 Rn.  16; 2003, 1578, 1579; 1999, 1113. 439 

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von diesen Prozesslagen vor Beginn der mündlichen Verhandlung ohne Weiteres zu lösen, kann als der wesentliche praktische Unterschied zwischen beiden Modellen festgehalten werden. c) Dogmatische Begründung der Parteiperpetuierung Der wesentliche Unterschied beider Modelle besteht aber darin, dass die entsprechende Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO die Parteiperpetuierung auf ein gesichertes dogmatisches Fundament stellt: Durch den Widerruf der Prozessführungsermächtigung wandelt sich die gewillkürte in eine gesetzliche Prozessstandschaft. Dies ist weitaus überzeugender, als die Fortgeltung der gewillkürten Prozessführungsbefugnis des Standschafters nach dem Widerruf mit dem „Vorrang des Prozessrechts in diesem Bereich“ zu begründen, was letztlich auf eine Fiktion der Prozessführungsbefugnis hinausläuft442. In diesem Zusammenhang bleibt auch ungeklärt, was nach der Lösung des Senats gelten soll, wenn durch den Widerruf der Prozessführungsermächtigung auch das Eigeninteresse des Standschafters entfällt. Man denke hier etwa an den Fall, in dem mit dem Widerruf der Ermächtigung auch der Widerruf des zugrunde liegenden Auftragsverhältnisses einhergeht und aufgrund dessen der Standschafter ein ursprünglich gegebenes Provisionsinteresse443 verliert. Um eine Klage­abwei­sung zu verhindern, müsste dann auch das Eigeninteresse des Standschafters für den Fortgang des Prozesses fingiert werden, da die (beiden) Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen müssen444. Jedenfalls dies lässt sich aber kaum mit dem Verweis auf den Vorrang des Prozessrechts begründen. Das Modell des §  265 Abs.  2 ZPO fragt hingegen allein danach, ob durch den Widerruf die Grundlage der Prozessführungsbefugnis des Standschafters entfällt445. Diese ist bei der gewillkürten Prozessstandschaft allein in der Prozessführungsermächtigung des Rechtsinhabers zu sehen446. Es kommt daher unabhängig vom zusätzlichen Entfallen des Eigeninteresses zu einer Wandelung zur gesetzlichen Prozessstandschaft, wenn die Ermächtigung wirksam widerrufen wird.

442 

Vgl. oben unter 1. d), ee). Ein solches reicht nach herrschenden Meinung aus, um ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Standschafters an der Prozessführung zu begründen, vgl. BGHZ 102, 293, 297 = NJW 1988, 1210, 1212; Thomas/Putzo/Hüßtege, §  51 Rn.  35; Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 485. 444  Vgl. oben §  3 I. 445  Vgl. oben unter 2. b). 446  Vgl. oben §  1 II. 1. 443 

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Teil 2: Widerruf der Prozessführungsermächtigung

4. Stellungnahme Der Entscheidung des Senats ist im Ergebnis zu folgen, da sie die Interessenlage des Prozessgegners, der weder auf die Erteilung noch auf den Widerruf der Prozessführungsermächtigung Einfluss nehmen kann, in besonderem Maße würdigt und daher einen gesetzlichen Parteiwechsel ausschließt. Besser begründen lässt sich dieses Ergebnis aber mit der entsprechenden Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO. Entgegen der Auffassung des Senats steht dem auch nicht entgegen, dass kein materieller Rechtsübergang bei der gewillkürten Prozessstandschaft stattfindet. Dieses Modell sieht auf dogmatisch sicherer Grundlage eine Parteiperpetuierung vor, die die Interessen des Prozessgegners in gleichem Maße schützt. Im Hinblick auf die Prozessergebnisse des Vorverfahrens geht das Schutzniveau des §  265 Abs.  2 ZPO sogar über das der Lösung des Senats hinaus. Den Rechtsinhaber auch an die Prozesslagen des Vorverfahrens zu binden, erscheint dabei keineswegs unbillig. Denn ebenso ist auch der Rechtsnachfolger im Sinne des §  265 Abs.  2 ZPO beispielsweise an eine versäumte oder unvollständige Replik des Rechtsvorgängers im Vorverfahren gebunden, selbst wenn er die streitbefangene Sache bereits vor Beginn der mündlichen Verhandlung erwirbt. Möchte er sich nicht an der Prozessführung eines anderen festhalten lassen, kann er vom Erwerb absehen. Ebenso wenig schutzwürdig ist aber auch der Rechtsinhaber, der die Durchsetzung seines Rechts in fremde Hände legt und sich daher die Nachteile der Fremdprozessführung auch in dieser prozessualen Phase zurechnen lassen muss447. Dabei sind die Prozesslagen, die im Vorverfahren entstehen können, für den weiteren Prozessverlauf keinesfalls zu vernachlässigen. Die in der Praxis große Bedeutung des Vorverfahrens resultiert aus der Maßgabe des §  272 Abs.  1 ZPO, den Rechtsstreit in der Regel im Haupttermin zu erledigen. Dies wird aber nur gelingen, wenn dem Haupttermin eine umfassende Vorbereitung vorausgeht, an der die Parteien aktiv mitzuwirken haben. Daher begründet bereits die Rechtshängigkeit die eigentümliche Prozessgefahr für die Parteien, da ab diesem Zeitpunkt mit einer Sachentscheidung des Gerichts gerechnet werden muss. Fortan kann bereits eine prozessual ungeschickte Erklärung, ja selbst bloße Passivität einer Partei die Entscheidungsreife herbeiführen und ein Urteil zu Lasten der Parteien auslösen448. Vor diesem Hintergrund drängt sich allerdings die Frage auf, ob die Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO im Hinblick auf die Bindung des Rechtsinhabers auch an die Prozesslagen des Vorverfahrens, einen Wertungswiderspruch zu §  269 Abs.  1 ZPO heraufbeschwört. Denn der Prozessgegner ist auch bei einer Klagerücknahme nicht davor gefeit, dass ihm die Ergebnisse des Vorverfahrens 447  448 

Vgl. oben §  3 II. 3. b). Braun, ZivilProzR, S.  160.

§  5 Schutzmechanismen des Prozessrechts

127

verloren gehen, wenn der Kläger seine Klage vor der Beklagteneinlassung ohne Weiteres zurücknehmen kann. Diese Schutzlücke, die der §  269 Abs.  1 ZPO hinterlässt, ist jedoch historisch zu begründen. Sie lässt nicht den Schluss zu, dass der Prozessgegner generell im Hinblick auf die im Vorverfahren erstrittenen Prozesslagen nicht schutzwürdig ist. So konnte der Kläger im gemeinen Recht den Prozess auch nur vor Eintritt der Rechtshängigkeit fallen lassen, nachher bedurfte es einer Vereinbarung der Parteien449. Die Rechtshängigkeit trat damals aber nicht bereits mit einseitiger Klageerhebung ein, sondern erst mit Einlassung des Beklagten auf die Klage. Die gedankliche Grundlage des Prozesses war danach ein Vertrag zwischen den Parteien, demzufolge der Beklagte nur dann in einen Prozess hineingezogen werden konnte, wenn er selbst daran mitwirkte. Anknüpfungspunkt hierfür war die sogenannte „Streitbefestigung“, die eben in dieser Einlassung des Beklagten auf die Klage gesehen wurde450. Der §  269 Abs.  1 ZPO gilt als Relikt dieser Theorie der zweiseitigen Prozessbegründung, da ab Beginn der mündlichen Verhandlung der Prozess so behandelt wird, als wäre die Rechtshängigkeit durch eine Vereinbarung begründet worden, von der sich der Kläger nicht einseitig lossagen kann451. Vor diesem Hintergrund ist die Schutzlücke, die die Norm im Hinblick auf die Prozesslagen des Vorverfahrens offenlegt, zu erklären. Denn die Gefahr, erstrittener Prozesslagen aus dem Vorverfahren verlustig zu gehen, besteht nicht, wenn ein Prozess erst mit der „Streitbefestigung“ zustande kommt, ein Vorverfahren mithin gar nicht existiert. Heute markiert freilich bereits die einseitige Klageerhebung den Prozessbeginn, der sich regelmäßig ein Vorverfahren bis zum Beginn des Haupttermins anschließt und dessen Bedeutung angesichts des Bestrebens der Gerichtspraxis einer immer stärkeren Konzentration des Erkenntnisverfahrens, zusehend wächst. Die Preisgabe von Prozesslagen aus diesem Vorverfahrens durch §  269 ZPO kann daher nicht als systemkonform erachten werden. Die Norm geht aus historischen Gründen von einem anderen Verfahrensablauf aus. Dass der Prozessgegner heute aber grundsätzlich bereits vor Beginn der mündlichen Verhandlung schutzwürdig ist, zeigt auch, dass der Kläger bereits ab Rechtshängigkeit die Klage nicht mehr einseitig ändern kann (§  263 ZPO)452.

Blomeyer, ZivilProzR, S.  328. Braun, ZivilProzR, S.  190 f. 451  Braun, ZivilProzR, S.  194; Schlinker, Litis Contestatio, S.  633. 452 So Braun, ZivilProzR, S.  194 (Fn.  20), der §  269 Abs.  1 ZPO für rechtspolitisch verfehlt hält, weil er den Prozessgegner vor Beginn der mündlichen Verhandlung nicht hinreichend schützt. Als Begründung führt er jedoch nicht den drohenden Verlust der Prozesslagen des Vorverfahrens an, sondern die gegebenenfalls vergebliche Vorbereitung der mündlichen Verhandlung durch den Prozessgegner. 449  450 

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Teil 2: Widerruf der Prozessführungsermächtigung

Die Anwendung des §  269 Abs.  1 ZPO auf den Widerruf der Prozessführungsermächtigung ist ferner deshalb zu kritisieren, weil sie dem Prozessgegner eine zu weitreichende Dispositionsbefugnis gewährt. Dieser soll zwar entscheiden können, ob er nach dem Widerruf der Ermächtigung den Prozess mit dem Rechtsträger oder mit dem ehemaligen Standschafter fortführen möchte. Nicht hingegen ist geboten, dass er durch Zustimmung zum Widerruf eine Klageabweisung herbeiführen kann, ohne selbst an die bisherigen Prozesslagen in einem Folgeprozess mit dem Rechtsinhaber gebunden zu sein. So leuchtet es nicht ein, weshalb beim Wegfall der bloßen Prozessführungsbefugnis der Gegner über die Klageabweisung disponieren können soll, während selbst bei Änderung der Sachlegitimation im Sinne des §  265 Abs.  2 ZPO er allenfalls entscheiden kann, ob er einem gewillkürten Parteiwechsel nach §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO zustimmt. Wie Berger anmerkt, birgt diese weitreichende Dispositionsbefugnis zudem auch ein Missbrauchsrisiko, da dem Gegner die Möglichkeit eröffnet wird, die Zustimmung zum Widerruf der Ermächtigung aus prozesstaktischen Gründen zu verzögern. So könnte er nach dem Widerruf den weiteren Prozessverlauf abwarten und nur in dem Fall, in dem er sich für ihn ungünstig entwickelt, die Zustimmung zum Widerruf noch zu einem sehr späten Zeitpunkt (bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung453) erteilen mit der Folge, dass die Klage erst dann als unzulässig abgewiesen würde. Ebenso wie man dem Rechtsinhaber aber die Möglichkeit nimmt, dem Prozess durch späteren Widerruf die Grundlage zu entziehen, sollte man dem Gegner nicht die Möglichkeit schaffen, durch Verzögerung der Zustimmungsentscheidung im Lichte des weiteren Prozessverlaufs Vorteile zu gewinnen. Mit §  296 Abs.  3 ZPO lässt sich das Problem freilich nicht bewältigen; der Mangel der Prozessführungsbefugnis stellt keine verzichtbare Zulässigkeitsrüge dar454. Dieses Missbrauchsrisiko, das bei Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO gar nicht erst entsteht, wird erst durch die Zulassung eines gewillkürten Parteiwechsels entschärft, der nach Zustimmungserteilung des Gegners zum Widerruf nur vom Willen des Rechtsinhabers abhängt455. Durch den gewillkürten Parteiwechsel würde der Prozessgegner unter Bindung der seitherigen Prozesslagen im Prozess gehalten456. Zusammenfassend lässt sich daher festhalten, dass die entsprechende Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO nicht nur einen dogmatisch gangbaren Weg für die Parteiperpetuierung nach dem Widerruf der Prozessführungsermächtigung darstellt. Sie erweist sich gegenüber dem Modell des Senats in dogmatischer Hinsicht sogar als vorzugswürdig. Hinzutritt der Aspekt, dass die aufgezeigten prak453 

Vgl. oben §  4 II. 1. c). Berger, in: FS Prütting, S.  221, 232. 455  Vgl. oben unter 1. b), bb), (4); Berger, in: FS Prütting, S.  221, 231. 456  Vgl. oben unter 1. b), bb), (1). 454 

§  5 Schutzmechanismen des Prozessrechts

129

tischen Nachteile der Anwendung des §  269 Abs.  1 ZPO durch das Modell des §  265 Abs.  2 ZPO vermieden werden können. Allerdings kann die Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO auf unseren Fall nicht dazu führen, dass eine frühere unzulässige Standschafterklage, weil beispielsweise der gewillkürte Prozessstandschafter ohne Eigeninteresse geklagt hat, durch den Wandel zur gesetzlichen Prozessstandschaft im Sinne des §  265 Abs.  2 ZPO zulässig wird. Vielmehr greift die gesetzliche Prozessstandschaft nur dann ein, wenn im Übrigen die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft vorgelegen haben. 5. Rechtskrafterstreckung trotz des wirksamen Widerrufs der Ermächtigung Der mit der Parteiperpetuierung intendierte Schutz des Prozessgegners im Hinblick auf den Erhalt der bisherigen Prozesslagen wird nur dann erreicht, wenn das Prozessergebnis durch eine funktionsfähige Rechtskraft gegenüber prozessführungsbefugten Dritten abgesichert wird. Es bleibt daher letztlich die Frage zu klären, ob der wirksame Widerruf der Prozessführungsermächtigung etwas an der Rechtskrafterstreckung auf den Rechtsträger ändert. Nach Häsemeyer rechtfertige der für das Prozessführungsrecht maßgebende Grund auch die Rechtskrafterstreckung auf den Rechtsträger. Für Parteien kraft Amtes folge beides aus der Notwendigkeit, dem Rechtsträger die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zu entziehen, für die gewillkürte Prozessstandschaft daraus, dass der Rechtsträger den Standschafter ermächtigt hat457. Die Rechtskrafterstreckung zum Schutz des Prozessgegners sei dem Rechtsinhaber bei der gewillkürten Prozessstandschaft also zuzumuten, weil die Prozessführung durch den Ermächtigten auf seinem Willen beruht458. Dass der Rechtsinhaber in unserem Fall die Prozessführungsermächtigung wirksam gemäß §  183 S.  1 BGB widerrufen hat, kann aber nicht zu einer Ablehnung der Rechtskrafterstreckung führen. Für die Begründung muss man sich nicht bemühen, den Begriff der „Rechtsnachfolge“ im Sinne des §  325 Abs.  1 ZPO auf unsere Situation anzupassen. Vielmehr folgt sie bereits aus dem Zusammenhang zwischen der Prozessführungsbefugnis und der materiellen Rechtskraft: Die Ordnungs- und Bestandssicherungsfunktion der materiellen Rechtskraft sind gefährdet, wenn der nicht rechtskraftgebundene Rechtsinhaber zur erneuten Prozessführung über denselben Streitgegenstand befugt ist459. Wenn man also dem rechtsfremden Standschafter gestattet, den Prozess zu Ende zu führen, darf dies unabhängig vom wirksamen Widerruf der Prozessführungsermächtigung keine Auswirkung auf die Rechtskraftbindung des Trägers der originären Häsemeyer, ZZP 101 (1988), 385, 405. So auch Stein/Jonas/Althammer, 23.  Aufl. (2018), §  325 Rn.  63. 459  Ausführlich dazu Berger, Rechtskraft S.  61 ff. 457  458 

130

Teil 2: Widerruf der Prozessführungsermächtigung

Prozessführungsbefugnis haben. Andernfalls könnte die Rechtskraft ihrer Ordnungs- und Bestandssicherungsfunktion nicht nachkommen. Dabei spielt auch keine Rolle, dass sich die gewillkürte Prozessstandschaft aufgrund der analogen Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO in eine gesetzliche Prozessstandschaft gewandelt hat. Entscheidend ist, dass der Standschafter als Rechtsfremder den Prozess fortführt, während der Rechtsträger eigene (originäre) Prozessführungsbefugnis besitzt und nur am Rechtshängigkeitseinwand daran gehindert ist, selbst über den identischen Streitgegenstand zu prozessieren460. Die Rechtskraftbindung des Rechtsinhabers ist ihm trotz des Widerrufs der Ermächtigung auch zumutbar. Denn die Gefahr mangelhafter Prozessführung muss weiterhin derjenige tragen, in dessen Verantwortungsbereich die Prozessstandschaft ihren Ausgangspunkt nimmt. Aufgrund dessen bildet das Subjekt des streitigen Rechtsverhältnisses und der rechtsfremde Standschafter für die Rechtskraftwirkung eine Zurechnungseinheit461. Dieser kann sich der Rechtsträger nicht einseitig durch Widerruf der Ermächtigung entziehen.

IV. Rückschau und Ausblick An dieser Stelle sind unsere Untersuchungen der Rechtsfolgen des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung abgeschlossen. Die wesentlichen Befunde der vorstehenden Ausführungen sollen daher noch einmal zusammengefasst werden. Sie bilden gleichzeitig die Basis, auf der sich die nachfolgenden Untersuchungen zum Wegfall der Prozessführungsermächtigung aus anderem Grund bewegen. Die weitreichende Widerrufsbefugnis des Rechtsinhabers führt zu einem Schutzbedürfnis des Prozessgegners im Hinblick auf die bisherigen Prozess­ ergebnisse. Dem kann aber mit dem Instrumentarium des Prozessrechts Rechnung getragen werden. Hierfür kommt grundsätzlich ein gesetzlicher Parteiwechsel oder eine Parteiperpetuierung nach §  265 Abs.  2 ZPO in Betracht. Dabei schützt das Modell des §  265 Abs.  2 ZPO die Interessen des Prozessgegners umfassender, indem es auch die subjektiven Anknüpfungspunkte der Parteifunktionen erhält und ihn vor Zeitverlusten infolge einer Verfahrensunterbrechung verschont. Der Grenzverlauf von Parteiperpetuierung und gesetzlichem Parteiwechsel ist dergestalt zu ziehen, dass unter Annahme einer Vorrangstellung des §  265 Abs.  2 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel nur dann in Betracht kommt, wenn eine Parteiperpetuierung aufgrund des Wegfalls einer Partei nicht möglich ist oder Drittinteressen das Interesse des Prozessgegners an einem Parteierhalt über-

460 

Vgl. oben §  2 II. Berger, Rechtskraft, S.  24.

461 So

§  5 Schutzmechanismen des Prozessrechts

131

wiegen462. Nach diesem Maßstab kommt im Fall des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung nur eine Parteiperpetuierung in Betracht, und zwar unabhängig davon, ob der gewillkürten Prozessstandschaft ein Sicherungsgeschäft zugrunde liegt463. Der Lösungsansatz des Bundesgerichtshofs, der einen gesetzlichen Parteiwechsel mit anderer Begründung ebenfalls verwirft, ist im Ergebnis zu begrüßen, wenngleich sich die Parteiperpetuierung hier überzeugender mit der gesetzlichen Prozessstandschaft des §  265 Abs.  2 ZPO begründen lässt. Im Übrigen unterscheiden sich beider Ansätze nur geringfügig, wobei hervorzuheben ist, dass das Modell des §  265 Abs.  2 ZPO dem Prozessgegner auch die Prozessergebnisse des Vorverfahrens erhält, ihm aber nicht die Möglichkeit gewährt, eine Klageabweisung (zu einem späten Zeitpunkt) durch die Zustimmung zum Widerruf herbeizuführen. Der Eintritt des Rechtsinhabers in den Prozess unter Bindung an die seitherigen Prozesslagen ist im Wege eines gewillkürten Parteiwechsels gemäß §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO möglich. Abweichend von den allge­meinen Grundsätzen hängt dieser jedoch nicht von der Zustimmung des alten Klägers ab.

462  463 

Vgl. zusammenfassend oben unter II. 3. Vgl. oben unter II. 2. b), cc), (2), (b), (cc).

Teil 3

Der Wegfall der Prozessführungsermächtigung aus anderem Grund I. Überblick Im letzten Teil dieser Arbeit steht zu untersuchen, welche Rechtsfolgen sich an den Wegfall der ausgeübten Prozessführungsermächtigung knüpfen, wenn der Grund des Entfallens nicht deren Widerruf ist. Betrachtet wird hier zunächst der Fall, in dem über das Vermögen des Rechtsinhabers das Insolvenzverfahren eröffnet wird (§  6). Sodann werden die Fälle beleuchtet, in dem der gewillkürte Standschafter während des Rechtsstreites verstirbt und in dem die streitbefangene Forderung, zu deren Geltendmachung der Standschafter ermächtigt wurde, vom Rechtsinhaber abgetreten wird (§  7). Dabei wurden die Grundlagen der nachfolgenden Untersuchung in den vorangegangenen ersten beiden Teilen dieser Arbeit geschaffen, sodass sich im Wesentlichen auf die Anwendung der gefundenen Ergebnisse beschränkt werden kann.

II. Keine Anfechtungsmöglichkeit des Rechtsinhabers Bevor wir uns den Erlöschensgründen im Einzelnen zuwenden, ist an dieser Stelle zunächst klarzustellen, dass eine Anfechtung der ausgeübten Prozessführungsermächtigung im Sinne des §  142 BGB kein Ereignis ist, das zu ihrem Wegfall führt. Die Anfechtung von einseitigen Prozesshandlungen ist grundsätzlich ausgeschlossen1. Begründet wird dies unter anderem damit, dass eine Notwendigkeit der Anfechtung nicht besteht, da einseitige Prozesshandlungen – innerhalb gewisser Grenzen2 – einseitig widerrufen werden können3. Angesichts unserer Befunde zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung, ist deren grundsätzliche Widerruflichkeit für den Rechtsinhaber aber regelmäßig wertlos, wenn sich an den Widerruf die Wandelung der gewillkürten zur gesetzlichen Prozessstandschaft knüpft. Nach Klageerhebung bleibt der Rechtsinhaber also trotz des wirk-

1 

Vgl. bereits oben §  3 II. 3. b). Vgl. oben §  4 II. 1. b). 3  Wagner, Prozessverträge, S.  293; Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  318. 2 

134

Teil 3: Der Wegfall der Prozessführungsermächtigung aus anderem Grund

samen Widerrufs faktisch an die Ermächtigung gebunden, ohne Rücksicht auf Irrtümer, Drohung und Täuschung. Gleichwohl kann dem Rechtsinhaber eine Anfechtungsmöglichkeit nicht zugesprochen werden4. Diese würde angesichts der ex tunc Wirkung dem Anliegen des Prozessrechts widersprechen, die Verfahrenslage weitgehend vor Unsicherheit zu schützen5. Gerechtfertigt ist der Ausschluss der Anfechtung auch deshalb, weil der Rechtsinhaber bei der Erteilung der Ermächtigung weniger Schutzes bedarf, da die Gefahr von Willensmängeln erheblich geringer und ihm zudem eine erhöhte Sorgfalt bei der abgegebenen Erklärung zuzumuten ist6. Nicht nur theoretisch ist freilich das Risiko, dass der Rechtsinhaber bei der Erteilung der Ermächtigung einem Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Standschafters gemäß §  119 Abs.  2 BGB unterliegt. Es ist allerdings angemessen, dass derjenige, der sich die Person und gegebenenfalls auch das Sachwissen eines Standschafters zunutze macht, das damit verbundene Risiko eines Irrtums über die Eigenschaft dieser Person trägt und nicht auf den Prozessgegner abwälzen darf. Würde der Rechtsinhaber selbst prozessieren, könnte er nachträglich ebenfalls nicht wegen mangelnder Sachkompetenz, ungeschickter Prozessführung oder, allgemeiner formuliert, wegen eines Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften der eigenen Person anfechten. Die Anfechtungsmöglichkeit gemäß §  119 Abs.  2 BGB würde daher zu einer ungerechtfertigten Privilegierung der gewillkürten Prozessstandschaft führen: Das, was bei Eigenhandeln ein unbeachtlicher Motivirrtum wäre und zu den allgemeinen Risiken privatautonomen Handelns gehört, würde bei der Einschaltung eines Standschafters die Befreiung von (unliebsamen) Prozesslagen ermöglichen7. Gegen die Anfechtungsmöglichkeit der Ermächtigung spricht zudem, dass im Fall der gewillkürten Prozessstandschaft – wie auch bei der Anfechtung der ausgeübten Innenvollmacht – die primären Anfechtungswirkungen nicht den Anfechtungsgegner, sondern einen Dritten betreffen würden. So wurzelt die Anfechtung im Risikobereich des Rechtsinhabers, ihre Wirkungen beträfen im Hinblick auf die seitherigen Prozessergebnisse aber insbesondere den Prozessgegner, wodurch die oben erarbeiteten Grundsätze zum Widerruf der Ermächtigung un-

4  A.A.

wohl Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  58: Anfechtung sei nicht ohne Weiteres unwirksam. Zustimmung verdient dies nur für die Anfechtung vor Klageerhebung. Ebenso, wenn die Ermächtigung auflösend bedingt erteilt wurde und die Bedingung vor Klageerhebung eintritt. 5  BGHZ 80, 389, 392 = NJW 1981, 2193; MünchKommZPO/Rauscher, Einl. Rn.  433. 6  Ähnlich Stein/Jonas/Kern, 23.  Aufl. (2016), vor §  128 Rn.  318. 7  So zur identischen Interessenlage bei der ausgeübten Vollmacht Wolf/Neuner, BGB AT, §  50 Rn.  25.

§  6 Insolvenzeröffnung

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terlaufen würden. Zwar lässt die herrschende Meinung8 auch die Anfechtung der ausgeübten Innenvollmacht zu, dies wird aber damit gerechtfertigt, dass der Geschäftspartner das Risiko der fehlenden Bevollmächtigung zu tragen habe, da er sich angesichts der Offenkundigkeit der Stellvertretung bewusst auf das Vertretergeschäft eingelassen hat9. Davon kann allerdings im Fall der gewillkürten Prozessstandschaft keine Rede sein, wenn der Prozessgegner in der Regel gegen seinen Willen in den Standschafterprozess gezwungen wird.

§  6 Insolvenzeröffnung Die Insolvenzeröffnung während des Prozesses kann Einfluss auf den Bestand der Prozessführungsermächtigung haben. Es ist aber danach zu differenzieren, über wessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird.

I. Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen des Rechtsinhabers 1. Erlöschen der Prozessführungsermächtigung Wird während des anhängigen Standschafterprozesses das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsträgers eröffnet, ist im Ergebnis unstrittig, dass eine zuvor vom Gemeinschuldner erteilte Prozessführungsermächtigung, die sich auf die Insolvenzmasse bezieht, den Insolvenzverwalter nicht bindet und erlischt10. Unterschiedliche Ansichten bestehen nur darüber, wie dies zu begründen ist. Der Bundesgerichtshof wendet den §  168 S.  1 BGB entsprechend an. Dabei stellt er darauf ab, dass durch die Insolvenzeröffnung gemäß der §§  115 f. InsO das Grundverhältnis erlischt11. Gegen diese Sichtweise spricht aber, dass das Erlöschen der Prozessführungsermächtigung häufig erst mit einer gewissen Verzögerung eintreten würde: Nach §§  115 Abs.  3, 116 S.  1 InsO bleiben Aufträge und Geschäftsbesorgungsverträge in Kraft, solange der Geschäftsbesorger

8  MünchKommBGB/Schubert, §  167 Rn.  47 ff; Jauernig/Mansel, §  167 Rn.  11; Stadler, BGB AT, §  30 Rn.  31; Boemke/Ulrici, BGB AT, §  13 Rn.  74; einschränkend Wolf/Neuner, BGB AT, §  50 Rn.  25 (keine Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums); a. A. Brox/Walker, BGB AT §  25 Rn.  40. 9  Wolf/Neuner, BGB AT, §  50 Rn.  25. 10  BGH, NJW 2000, 738, 739; Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  56; Jaeger/Windel, InsO, §  81 Rn.  5; Henckel, Parteilehre, S.  154; Schilken, KTS 2007, 1, 14 f. 11  BGH, NJW 2000, 738 (noch zu §  23 KO); BGH, ZInsO 2016, 1852 Rn.  9; BGHZ 199, 344, 351 = BGH, NJW 2014, 1386 zustimmend Musielak/Voit/Weth, §  51 Rn.  26; Uhlenbruck/ Mock, §  85 Rn.  10.

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von der Verfahrenseröffnung schuldlos keine Kenntnis erlangt hat12. Dies hätte zur Folge, dass der Standschafter während dieser Zeit mehr Rechtsmacht hätte als der Legitimationsgeber selbst, dessen Prozessführungsbefugnis hinsichtlich seines zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens unmittelbar mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter übergeht13. Überzeugender ist vor diesem Hintergrund, das Erlöschen der Prozessführungsermächtigung unmittelbar aus §  80 Abs.  1 InsO14 oder aus einer ent­ sprechenden Anwendung des §  117 InsO15 zu folgern. Beide Ansichten unterscheiden sich sachlich nicht wesentlich voneinander, da es gemäß §§  117 Abs.  2, 115 Abs.  2 InsO nur darum geht, ob der Ermächtigte an Stelle des Insolvenzverwalters der Masse gegenüber wirksame Notgeschäftsführungsmaßnahmen ergreifen darf. Es ist aber kaum vorstellbar, dass die Prozessführung durch den Standschafter nach Verfahrenseröffnung eine solche erforderliche Notgeschäftsführungsmaßnahme darstellt16. Möchte man dennoch einer Ansicht den Vorzug geben, so sollte das Erlöschen der Prozessführungsermächtigung nach Verfahrenseröffnung unmittelbar aus dem §  80 Abs.  1 InsO angeleitet werden: Die gewillkürte Prozessstandschaft dient dem Eigeninteresse des Standschafters als Partei, während §  117 InsO für die Vollmacht auf das fremdnützige Innenverhältnis verweist17. Auch verschafft die Prozessführungsermächtigung dem Standschafter nur eine abgeleitete Rechtsmacht, die von der Rechtssphäre des Rechts­ inhabers abhängig bleibt18. Wenn dieser gemäß §  80 Abs.  1 InsO seine Prozessführungsbefugnis verliert, muss deshalb darin auch der Grund für das Erlöschen der Prozessführungsermächtigung gesehen werden. Liegt jedoch ein Fall der Eigenverwaltung vor, bei der der §  80 InsO keine Anwendung findet, sollte ein hilfsweiser Rückgriff auf den §  117 InsO aber nicht ausgeschlossen sein19.

12 

Staudinger/Gursky (2014), §  183 Rn.  25. BGH, NZI 2013, 641 Rn.  11. 14  Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  56; Schilken, KTS 2007, 1, 14 f.; Marotzke, EWiR 2000, 405, 406; Staudinger/Gursky (2014), §  183 Rn.  25. Eine nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erteilte Ermächtigung des Gemeinschuldners ist gemäß §  81 Abs.  1 S.  1 InsO unwirksam, Jaeger/Windel, InsO, §  81 Rn.  5. 15  HK-InsO/Marotzke, §  117 Rn.  8, 9, der aber §  117 InsO außerhalb der Fälle der Eigenverwaltung nur aus deklaratorischen Gründen anwenden will. 16  Jaeger/Windel, InsO, §  81 Rn.  5; vgl. auch schon oben §  5 III. 1. d), dd), (2). 17  Jaeger/Windel, InsO, §  81 Rn.  5. 18  Vgl. oben §  2 II. 19  So HK-InsO/Marotzke, §  117 Rn.  9. 13 

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2. Mögliche Rechtsfolgen des Erlöschens Aufbauend auf den vorangegangenen Untersuchungen sollen nun die prozessualen Rechtsfolgen ermittelt werden, die sich an das Entfallen der Prozessführungsermächtigung aufgrund der Insolvenzeröffnung knüpfen. Feststeht dabei, dass die Klageabweisung durch Prozessurteil nicht hingenommen werden kann, da es im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit des Prozessgegners irrelevant ist, aus welchem Grund die Prozessführungsermächtigung im laufenden Prozess entfällt20. Als prozessuale Rechtsfolgen kommen daher wieder nur die beiden Regelungsmodelle eines gesetzlichen Parteiwechsels sowie einer Parteiperpetuierung analog §  265 Abs.  2 ZPO in Betracht, die dem Gegner die bisherigen Prozessergebnisse erhalten. Daneben tritt freilich auch die Möglichkeit, dass der alte oder ein neuer Standschafter den Prozess auf Grundlage einer aktualisierten gewillkürten Prozessstandschaft für den Insolvenzverwalter fortsetzt, wenn dieser als jetziger Inhaber der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis erneut Prozessführungsermächtigung erteilt21. In diesem Fall hat der Standschafter den Prozess unter Bindung an die seitherigen Prozesslagen in gewillkürter Prozessstandschaft fortzusetzen. a) Anwendung des Grunsky’schen Abgrenzungsmaßstabs Erteilt der Insolvenzverwalter dem ehemaligen Standschafter keine Ermächtigung, den Prozess für ihn mit Wirkung für die Insolvenzmasse fortzuführen, so steht zur Findung der adäquaten prozessualen Rechtsfolge also wieder die Abgrenzung von gesetzlichem Parteiwechsel und der Parteiperpetuierung nach §  265 Abs.  2 ZPO in Frage. Die herrschende Meinung sieht dabei auf Grundlage der herrschenden Amtstheorie einen gesetzlichen Parteiwechsel auf den Insolvenzverwalter vor22. Dieses Ergebnis soll im Folgenden anhand des in §  5 dieser Arbeit herausgearbeiteten Abgrenzungsmaßstabs überprüft werden, wonach der §  265 Abs.  2 ZPO zunächst das Grundmodell für jegliche Störung des Prozessverlaufs darstellt, durch die eine Partei die Grundlagen ihrer Prozessführungsbefugnis verliert. Ein gesetzlicher Parteiwechsel ist hingegen nur dann angezeigt, wenn ein Parteierhalt unmöglich ist oder überwiegende Drittinteressen einen

20  Vgl. ausführlich oben §  3 II. 1. b); ohne Bedenken hingegen HK-InsO/Kayser, §  85 Rn.  16; Uhlenbruck/Mock, §  85 Rn.  10, die eine Abweisung der Standschafterklage als unzulässig fordern. 21  BGH, ZInsO 2016, 1852 Rn.  10; Haas, in: FS Rüßmann, S.  537, 548. 22  BGH, NJW 2000, 738, 739; Musielak/Voit/Weth §  51 Rn.  26; Zöller/Althammer, Vorb. §  50 Rn.  50; Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  240 Rn.  7; Jaeger/Windel, InsO, §  85 Rn.  12; MünchKommInsO/Schumacher, Vorb. §§  85–87, Rn.  15.

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solchen Parteiwechsel fordern23. Allein Letzteres ist hier zu untersuchen, da der Standschafter als Partei durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Rechtsinhabers nicht fortgefallen ist und ohne Weiteres den begonnenen Rechtsstreit weiterführen könnte. Als Drittinteresse, das hier einen gesetzlichen Parteiwechsel dergestalt rechtfertigt, dass der Insolvenzverwalter an Stelle des ehemaligen Standschafters den Rechtsstreit fortführt, ist das Interesse der Insolvenzgläubiger am Erhalt der Insolvenzmasse zu benennen. Denn eine Masseschmälerung kann nicht nur durch Verfügungen des Schuldners bewirkt werden. Vielmehr können auch die Wirkungen eines verlorenen Aktivprozesses denen einer Verfügung gleichkommen. Ein rechtskräftig abgesprochenes Recht ist für seinen Inhaber praktisch ebenso verloren wie ein Recht, das er durch eine rechtsgeschäftliche Verfügung aufgegeben hat24. So spricht im Fall des §  240 ZPO insbesondere der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz für einen Parteiwechsel auf den Insolvenzverwalter. Denn der Insolvenzschuldner wird häufig dazu neigen, einzelne Gläubiger zu bevorzugen, weshalb es geboten ist, ihm die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen zu entziehen. Dabei kann die vorsätzliche Schmälerung der Insolvenzmasse zugunsten einzelner Gläubiger aber nicht nur durch rechtsgeschäftliche Verfügungen bewirkt werden, sondern im Ergebnis auch durch schlechte Prozessführung. Für die Insolvenzgläubiger ist es dabei gleichgültig, auf welche Weise der Masse Vermögenswerte entzogen werden. Die Gefahr einer derartigen Masseschmälerung wertet das Gesetz als so schwerwiegend, dass es dem Prozessgegner im Falle des §  240 ZPO eine Verfahrensunterbrechung zumutet25. Der Unterbrechung schließt sich ein gesetzlicher Parteiwechsel auf den Insolvenzverwalter an, sobald sich dieser gemäß §  85 Abs.  1 InsO dazu entschließt, das Verfahren aufzunehmen26. Im Fall der Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes, in dem der Gesetzgeber hingegen eine Parteiperpetuierung anordnet, besteht eine solche Gefahr nicht. Hier hat der Veräußerer kein Interesse daran, dem Erwerber, dem er das Recht ja eben erst verschafft hat, zugunsten der Gegenpartei zu schädigen27. Diese Erwägungen zu den §§  240 ZPO, 85 InsO greifen allerdings auch dann durch, wenn nicht der Insolvenzschuldner den Prozess vor Verfahrenseröffnung 23 

Vgl. oben §  5 II. 3. Jaeger/Windel, InsO, §  85 Rn.  2. 25  Grunsky, Veräußerung, S.  86. 26  Im Eröffnungsverfahren kann der vorläufige „starke“ Insolvenzverwalter den unterbrochenen Aktivprozess aufnehmen (§§  24 Abs.  2, 85 Abs.  1 InsO), vgl. MünchKommInsO/Schumacher, §  85 Rn.  13; Andres/Leithaus-InsO/Leithaus, §  85 Rn.  1 27  Grunsky, Veräußerung, S.  87. 24 

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begonnen hat, sondern ein von ihm ausgewählter Prozessstandschafter. Auch in diesem Fall muss eine Masseschmälerung durch (vorsätzlich) schlechte Prozessführung im Interesse der Insolvenzgläubiger ausgeschlossen werden. Die dazu berufene Person ist allein der Insolvenzverwalter. Er soll in der Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgabe, das gesamte insolvenzbefangene Vermögen seiner insolvenzmäßigen Bestimmung, der Verteilung, entgegenzuführen und es bis dahin nach eigenen Entschlüssen zu verwalten, nicht durch die Tätigkeit eines Dritten gehindert sein, den der Insolvenzschuldner hinsichtlich eines zur Masse gehörigen Gegenstandes beauftragt hat28. b) Kein Wertungswiderspruch zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung Haben wir beim Widerruf der Ermächtigung die Drittinteressen des Rechtsinhabers als weniger gewichtig bewertet als diejenigen des Prozessgegners, so stellt sich die Situation der Insolvenzgläubiger hier gänzlich anders dar: Der Rechtsinhaber muss sich beim Widerruf der Ermächtigung die Fortsetzung des Verfahrens durch den Standschafter auf seine Kosten gefallen lassen, da der Ursprung der Fremdprozessführung und des daraus resultierenden Interessenkonflikts in seiner Rechtssphäre zu suchen ist. Er handelt wie der Erwerber einer streitbefangenen Sache insofern auf eigene Gefahr, das heißt er muss damit rechnen, dass der Rechtsstreit zu seinen Ungunsten ausgeht und kann sich insbesondere nicht darüber beschweren, dass er den Prozess nicht selbst führen darf29. Gänzlich anders sind aber die Interessen der Insolvenzgläubiger zu bewerten. Ihnen kann man nicht entgegenhalten, sie hätten sich auf die Herbeiführung der derzeitigen Rechtslage nicht einzulassen brauchen. Dies liefe darauf hinaus, ihnen die Möglichkeit abzusprechen, ein Insolvenzverfahren durchführen zu lassen, mit dem sie oftmals die letzte Chance wahrnehmen, wenigstens einen Teil ihrer Ansprüche zu realisieren30. In Anbetracht dessen ist die Situation desjenigen, dessen Recht durch die Fremdprozessführung des Standschafters „verspielt“ zu werden droht im Insolvenzfall nicht vergleichbar mit dem Fall des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung. Eine unterschiedliche Behandlung beider Fälle ist daher gerechtfertigt.

28 

BGH, NJW 2000, 738, 739. Grunsky, Veräußerung, S.  86. 30  Grunsky, Veräußerung, S.  86. 29 

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c) Vorherige Verfahrensunterbrechung gemäß §  240 ZPO analog Dem Parteiwechsel hat eine Verfahrensunterbrechung vorauszugehen. Wenngleich der §  240 ZPO den formellen Parteibegriff zugrunde legt, die Norm also voraussetzt, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Prozesspartei eröffnet worden ist31, so ist sie doch entsprechend anzuwenden, wenn wie hier, die Prozessführungsbefugnis des Prozessstandschafters mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfällt32. Dafür spricht, dass der Regelungszweck des §  240 ZPO, nämlich dem Insolvenzverwalter eine Überlegungs- und Prüffrist zu gewähren, ob er selbst nach §  85 Abs.  1 InsO den Prozess übernehmen möchte, auch auf die vorliegende Fallgestaltung passt. Denn alternativ könnte er auch den ursprünglichen Standschafter oder einen anderen Dritten ermächtigen, den Prozess für die Masse fortzusetzen33. Auch könnte er die Aufnahme des Prozesses gemäß §  85 Abs.  2 ZPO gänzlich ablehnen, wenn die Fortsetzung des Verfahrens – etwa bei geringen Erfolgschancen – nicht im Interesse der Masse ist. Um diese Entscheidungsmöglichkeiten zu bedenken, ist dem Insolvenzverwalter daher auch in dieser Situation die Prüf- und Überlegungsfrist des §  240 ZPO zuzugestehen. Entscheidet sich der Verwalter gegen den Eintritt in den schwebenden Prozess, so ist der Insolvenzschuldner oder der Prozessgegner berufen, den Rechtsstreit aufnehmen, §  85 Abs.  2 InsO. Die Ablehnung der Aufnahme des Rechtsstreits hat Freigabewirkung34. Durch sie erhält der Rechtsinhaber seine Prozessführungsbefugnis hinsichtlich der streitbefangenen Forderung zurück35. Dadurch entfaltet auch die sich auf diese beziehende Prozessführungsermächtigung gegenüber dem ehemaligen Standschafter wieder Wirkung, sodass er an Stelle des Rechtsinhabers den Prozess aufnehmen und die Verfahrensunterbrechung dadurch beenden kann36.

31 

BGH, NJW 1998, 156, 157; Zöller/Greger, §  240 Rn.  7. BGH, NJW 2014, 1386 Rn.  20; Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  240 Rn.  7; MünchKommZPO/Stackmann, §  240 Rn.  17; MünchKommInsO/Schumacher, Vorb. zu §§  85–87 Rn.  15; Jaeger/Windel, §  85 Rn.  12; Haas, in: FS Rüßmann, S.  537, 546 ff; Nerlich/Römermann/Kruth-InsO, §  85 Rn.  6a; a. A. BGH, NJW 1998, 156 bei Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Zessionars, wenn der Zedent, der die Forderung nach Rechtshängigkeit abgetreten hat, den Rechtsstreit gemäß §  265 Abs.  2 ZPO fortführt; zustimmend und auf den Fall der gewillkürten Prozessstandschaft erstreckend Damerius, Das Schicksal schwebender Verfahren des Insolvenzschuldners, S.  62. 33  Vgl. oben unter 2. 34  BGHZ 163, 32, 35 = NZI 2007, 173, 174 = ZInsO 2007, 94, 96; BGH, NZI 2005, 387. 35  MünchKommInsO/Schumacher, §  85 Rn.  24; Uhlenbruck/Mock, §  85 Rn.  170. 36  Im Ergebnis auch MünchKommInsO/Schumacher, Vorb. §§  85–87 Rn.  15. 32 

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II. Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen des Standschafters Fällt der Standschafter nach Ausübung der Prozessführungsermächtigung in die Insolvenz, so beeinflusst dies nach herrschender Meinung37 nicht den Bestand der Ermächtigung. Dem ist zuzustimmen; ein Erlöschensgrund liegt in dieser Situation nicht vor. Ein solcher kann insbesondere nicht in §  80 InsO gesehen werden, wenn der Insolvenzschuldner über ein fremdes, also ein nicht insolvenzbefangenes Recht prozessiert. Weil sich die Prozessführungsermächtigung nicht auf die Insolvenzmasse bezieht, ist auch ein Analogieschluss zu §  117 InsO nicht gerechtfertigt, wonach eine Ermächtigung erlöschen würde, wenn sie betreffend des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens erteilt wurde. Auch wenn man mit dem Bundesgerichtshof den §  168 S.  1 BGB anwenden möchte, führte dies nicht zum Erlöschen der Ermächtigung. Denn Aufträge und Geschäftsbesorgungsverträge gemäß der §§  115 f. InsO erlöschen nur dann mit Insolvenzeröffnung, wenn der Insolvenzschuldner Geschäftsherr war; hier war er aber hinsichtlich der Prozessführung Geschäftsbesorger38. Das Erlöschen der Ermächtigung folgt ferner nicht aus §  138 BGB, wenn man als Anknüpfungspunkt der Sittenwidrigkeit den Aspekt aufgreift, dass ein et­ waiger Kostenerstattungsanspruch des Prozessgegners aufgrund der Insolvenz des Standschafters nun nicht mehr zu realisieren ist. Zwar ist der Rückgriff auf §  138 BGB aufgrund des Prozesshandlungscharakters der Prozessführungsermächtigung nicht von vornherein ausgeschlossen, da auch dem §  138 BGB ein allgemeiner Rechtsgedanke zugrunde liegt, der die Grenzen von materiellen Recht und Prozessrecht überlagert39. Daher kann eine Prozessführungsermächtigung nach §  138 BGB nichtig sein, wenn sie bewusst zum Zwecke einer Benachteiligung des Prozessgegners erteilt wird. Dies hat insbesondere Bedeutung erlangt, wenn der Rechtsinhaber mit der Erteilung der Ermächtigung das Kostenrisiko zu Lasten des Prozessgegners vermindern oder ausschließen will40. Allerdings ist der für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit maßgebliche Zeitpunkt derjenige, an dem das Rechtsgeschäft vorgenommen wurde41. Überträgt man BGH, NJW 1995, 3186, 3187; Zöller/Althammer, Vorb. §  50 Rn.  50; Vollkommer, MDR 1998, 1269, 1271; Haas, in: FS Rüßmann, S.  537, 543; a. A. Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  56, für den Fall, dass zugleich eine Einziehungsermächtigung erteilt wurde, die durch Insolvenzeröffnung erlischt, was konkludent auch zum Erlöschen der Prozessführungsermächtigung führe. 38  BGH, NJW 2010, 3779 Rn.  12; HK-InsO/Marotzke, §  115 Rn.  21; MünchKommInsO/ Ott/Vuia, §  115 Rn.  9. 39  Vgl. oben §  4 II. 2. c), bb), (2), (a). 40  Boecken/Krause, NJW 1987, 420 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung. 41  BGHZ 7, 111, 114 = NJW 1952, 1169, 1170; BGHZ 20, 71, 75 = NJW 1956, 865; Münch­Komm­BGB/Armbrüster, §  138 Rn.  133 m. w. N. 37 

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diese Anforderung auf die Prozessführungsermächtigung, so kann es für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit nur auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Erteilung ankommen. Wenn zu diesem Zeitpunkt der Standschafter also noch nicht vermögenslos war, kann die Ermächtigung daher auch nicht später gemäß §  138 BGB sittenwidrig geworden sein42. Zusammenfassend betrachtet berührt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Standschafters somit nicht den Bestand der Prozessführungsermächtigung. Ausnahmsweise soll allerdings eine entsprechende Anwendung §§  240 ZPO, 85 InsO trotzdem geboten sein, wenn das die gewillkürte Prozessstandschaft legitimierende Interesse in dem massezugehörigen Vermögen begründet und dadurch die Insolvenzmasse durch den Standschafterprozess wenigstens mittelbar betroffen ist. So liegt es vor dem Hintergrund der §§  51 Nr.  1, 166 Abs.  2, 170 Abs.  1 InsO bei der Prozessstandschaft des Sicherungszedenten für den Sicherungszessionar43.

III. Zusammenfassung Die Insolvenzeröffnung hat nur Auswirkungen auf den Bestand der Ermächtigung, wenn das Verfahren über das Vermögen des Rechtsinhabers eröffnet wird. In diesem Fall erlischt die Ermächtigung unmittelbar gemäß §  80 Abs.  1 InsO, da sich der Standschafter stets nur auf eine abgeleitete und vom Fortbestand der originären Prozessführungsbefugnis des Rechtsinhabers abhängige Streitbefugnis berufen kann. Im Insolvenzfall überwiegt das Interesse der Insolvenzgläubiger am Erhalt der Insolvenzmasse das Interesse des Prozessgegners an einer Parteiperpetuierung. Es ist daher geboten, den Insolvenzverwalter im Wege eines gesetzlichen Parteiwechsels in den Rechtsstreit eintreten zu lassen, da nur dadurch eine gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger sichergestellt werden kann. Der Eintritt des Verwalters ist allerdings nicht zwingend. Er kann die Aufnahme des Verfahrens gemäß §  85 Abs.  2 InsO ablehnen, aber auch eine neue Prozessführungsermächtigung zur Fremdprozessführung für die Masse erteilen. Für diese Entschei-

BGH, NJW 1989, 1932, 1933; a. A. Boecken/Krause, NJW 1987, 420, 421, die bei einem vermögenslos gewordenen Standschafter die gewillkürte Prozessstandschaft als einen Akt unzulässiger Rechtsausübung begreifen. 43  Jaeger/Windel, §  85 Rn.  12; OLG Görlitz, MDR 1998, 1308; Stein/Jonas/Roth, 23.  Aufl. (2016), §  240 Rn.  7; MünchKommInsO/Schumacher, Vorb. §§  85 – 87 Rn.  35; Zöller/Althammer, Vorb §§  50–58 Rn.  50; Vollkommer, MDR 1998, 1269, 1270; Damerius, Das Schicksal schwebender Verfahren des Insolvenzschuldners, S.  64; a. A. wohl MünchKommZPO/Stackmann, §  240 Rn.  17. 42 

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dung ist ihm eine Prüf- und Überlegungsfrist zuzugestehen, weshalb das Verfahren nach §  240 ZPO analog bis zu seiner Entscheidung unterbrochen ist. Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Standschafters eröffnet, berührt dies nicht die Wirksamkeit der ihm erteilten Ermächtigung. Im Einzelfall kann aber dennoch ein gesetzlicher Parteiwechsel unter Anwendung der §§  240 ZPO, 85 InsO geboten sein, wenn die Insolvenzmasse mittelbar von der Fremdprozessführung des insolventen Standschafters betroffen wäre. Das kann insbesondere im Hinblick auf das Absonderungsrecht aus §  51 Nr.  1 InsO bei einer Sicherungszession angenommen werden.

§  7 Tod des Standschafters und Abtretung der streitbefangenen Forderung I. Tod des Standschafters Der Tod des Standschafters führt ebenfalls zum Erlöschen der Prozessführungsermächtigung44. Dies folgt angesichts der Abstraktheit der Prozessführungsermächtigung vom zugrunde liegenden Rechtsverhältnis45 zwar nicht aus §  673 BGB46. Dafür spricht aber die Vergleichbarkeit der Ermächtigung mit der Vollmacht47, die ebenfalls – und unabhängig vom zugrundeliegenden Rechtsverhältnis48 – mit dem Tod des Bevollmächtigten endet. So setzt die Erteilung einer Prozessführungsermächtigung wie auch die Erteilung einer Vollmacht besonderes persönliches Vertrauen voraus49, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie auch für die Erben des Klägers gelten soll50. Der Tod des Rechtsinhabers führt hingegen nicht zum Erlöschen der Prozessführungsermächtigung. Selbst wenn man dies – entgegen der hier vertretenen Auffassung51 – im Wege einer entsprechenden Anwendung des §  168 S.  1 BGB vom Schicksal des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses abhängig machen 44 

BGHZ 123, 132, 135 = NJW 1993, 3072; 179, 13 Rn.  8 = NJW 2009, 669; Zöller/Althammer, Vorb. §  50 Rn.  50; Stein/Jonas/Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  58. 45  Vgl. oben §  4 II. 2. a), aa). 46  Der Bundesgerichtshof wendet die §§  168 S.  1, 673 BGB auch nur entsprechend an, BGHZ 123, 132, 135 = NJW 1993, 3072; 179, 13 Rn.  8 = NJW 2009, 669; So auch Stein/Jonas/ Jacoby, 23.  Aufl. (2014), vor §  50 Rn.  58. 47  Vgl. oben §  4 II. 2. c), bb), (3), (a). 48  Wolf/Neuner, BGB AT, §  50 Rn.  59. 49  Vgl. oben §  4 II. 2. c), bb), (3), (a). 50  BGHZ 123, 132, 135 f. = NJW 1993, 3072. 51  Vgl. oben.

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möchte52, spräche regelmäßig der §  672 BGB für den Fortbestand der Ermächtigung. Mithin bindet sie auch den Erben des Ermächtigenden. Auf diesen geht zwar gemäß §  1922 BGB das Widerrufsrecht des §  183 S.  1 BGB über53; an dessen Ausübung knüpft sich freilich auch in diesem Fall die prozessuale Rechtsfolge des §  265 Abs.  2 ZPO. 1. Zulassung eines Parteiwechsels auf den Rechtsinhaber Im Fall des Todes des Standschafters ist ein gesetzlicher Parteiwechsel auf den Rechtsinhaber gerechtfertigt. Den §  265 Abs.  2 ZPO könnte man hingegen allenfalls mit der Maßgabe anwenden, dass die Parteiperpetuierung mit dem Erben des verstorbenen Standschafters vorzunehmen ist. a) Begründung des Bundesgerichtshofs Der Bundesgerichtshof ist sowohl einer unmittelbaren als auch einer entsprechenden Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO entgegengetreten. Dies wurde damit begründet, dass das materielle Recht, um das es im Prozess geht, nicht vom gewillkürten Prozessstandschafter übertragen werde54. An anderer Stelle wurde bereits dargelegt, dass dies nach hier vertretener Auffassung der Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO nicht entgegensteht, wenn die Grundlage der Prozessführungsbefugnis der Partei nicht die materielle Rechtsinhaberschaft, sondern eine Prozessführungsermächtigung ist, die durch ein nachträgliches Ereignis – hier der Tod des Standschafters – entfallen ist55. Auch der übrigen Begründung, mit der der Bundesgerichtshof die Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO auf diesen Fall verneint, kann nicht vollständig gefolgt werden. Zwar ist richtig, dass die Norm nicht deswegen anzuwenden ist, um den Prozessgegner durch das Zustimmungserfordernis des §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO davor zu schützen, wegen derselben Forderung sowohl vom Rechtsinhaber als auch von den Erben des verstorbenen Standschafters in Anspruch genommen zu werden56. Vor dieser Gefahr wäre er bereits durch die Einrede der Rechtshängigkeit und – nach rechtskräftigem Abschluss des Prozesses – durch die Einrede der 52  So MünchKommBGB/Leipold, §  1922, Rn.  72 für die Verfügungsermächtigung gemäß §  185 BGB; Gegen die entsprechende Anwendung des §  168 S.  1 BGB Planck/Flad, §  183 Anm.  1; Staudinger/Kunz (2017), §  1922, Rn.  589. 53  Für die Verfügungsermächtigung gemäß §  185 BGB Staudinger/Kunz (2017), §  1922, Rn.  589. 54  BGHZ 123, 132, 135 = NJW 1993, 3072; so bereits beim Widerruf der Ermächtigung, vgl. oben §  5 III. 2. 55  Vgl. oben §  2 III. 2. b). 56  So aber das OLG Nürnberg, das §  265 Abs.  2 ZPO entsprechend anwenden wollte, vgl. BGHZ 123, 132, 133 f. = NJW 1993, 3072.

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entgegenstehenden Rechtskraft geschützt57. Nicht überzeugend ist es allerdings, die Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO als unbillig zu betrachten, weil der Prozessgegner dann gemäß §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO über den Eintritt des Rechtsinhabers in den Prozess disponieren könnte58. Zur Begründung zieht das Gericht hier eine Parallele zu dem Fall, in dem die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach Freigabe des Streitgegenstandes aus der Insolvenzmasse erlischt und dadurch die Prozessführungsbefugnis des Gemeinschuldners wieder auflebt. In dieser Situation sei die Anwendung des §  265 ZPO nicht sachgerecht, weil der Prozessgegner sonst besser stünde, als sei das Insolvenzverfahren nie eröffnet worden59. So hätte er bei Anwendung des §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO die Möglichkeit, den Eintritt des Gemeinschuldners in den Prozess nach Freigabe zu verhindern. Führt der Gemeinschuldner aber nach der Freigabe den Prozess weiter, befindet sich der Gegner in derselben Lage, wie wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden wäre. Diese Erwägung trifft nach Ansicht des Bundesgerichtshofes aber auch zu, wenn die gewillkürte Prozessstandschaft endet und der Rechtsinhaber das Verfahren fortsetzt60. Man wird sogar versucht sein, hier einen ErstRecht-Schluss zu ziehen, da beim Fall der gewillkürten Prozessstandschaft, wegen der nur auf Disposition beruhenden Ermächtigung zur Prozessführung eine ­Klage des Rechtsinhabers von Anfang an möglich und vom Prozessgegner einzukalkulieren war61. Allerdings haben wir bereits beim Widerruf der Ermächtigung festgestellt, dass es für die Beurteilung, ob §  265 Abs.  2 ZPO Anwendung findet, keine Rolle spielt, ob der Prozessgegner ursprünglich mit der Klage des Rechtsinhabers rechnen musste62. Nach Prozessbeginn ist sein schutzwürdiges Interesse darauf ausgerichtet, die Streitbeziehung mit dem Kläger zu verfestigen. Wenn diesem Interesse im Fall des Todes des Standschafters nicht Rechnung getragen wird, liegt dies nicht daran, dass der Gegner mit der Prozessführung durch den Rechtsinhaber von Anfang an rechnen musste, sondern ist vielmehr damit zu begründen, dass eine Parteiperpetuierung wegen des Fortfalls der ursprünglichen Partei schlicht nicht möglich ist. b) Bestätigung durch Grunsky’schen Abgrenzungsmaßstab Überzeugender ist es daher die Nichtanwendung des §  265 Abs.  2 ZPO mit dem von uns favorisierten Abgrenzungsmaßstab zu begründen: Die Parteiperpetuie57 

BGHZ 123, 132, 135 f. = NJW 1993, 3072; vgl. auch oben Einl. I. BGHZ 123, 132, 136 = NJW 1993, 3072. 59  BGHZ 46, 249, 253 = NJW 1967, 781; zustimmend Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  46 Rn.  53; kritisch Weber, ZZP 80 (1967), 471 ff. 60  BGHZ 123, 132, 136 = NJW 1993, 3072. 61 So Schilken, ZZP 107 (1994), 527, 528. 62  Vgl. oben §  5 II. 2. b), cc), (2), (b), (cc). 58 

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rung nach §  265 Abs.  2 ZPO setzt denknotwendig voraus, dass die Partei als solche noch existiert63. Hier ist allerdings die ursprüngliche Partei des Rechtsstreits durch Tod endgültig weggefallen; eine Parteiperpetuierung ist unmöglich. Ist demnach aber schon die Primärrechtsfolge des §  265 Abs.  2 S.  1 ZPO nicht passend, so muss konstatiert werden, dass die Norm nach Voraussetzungen und Folgen einen wesensverschiedenen Sachverhalt regelt und aufgrund dessen eine entsprechende Anwendung ausscheiden muss64. Auch wenn man demgegenüber darauf abstellen, dass der Erbe des Standschafters gemäß §  265 Abs.  2 ZPO den Rechtsstreit fortführen könnte, so läuft dies faktisch doch auf einen Parteiwechsel hinaus. Der Gegner müsste sich also ohnehin unter Inkaufnahme aller negativen Konsequenzen65 auf einen neuen Kläger einstellen. Dann kann ihm aber zugemutet werden, den Prozess gleich mit dem Rechtsinhaber fortzusetzen. Ein schutzwürdiges Interesse des Prozessgegners, den Rechtsstreit mit dem Erben des Standschafters fortzusetzen, welches die Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO rechtfertigen könnte, besteht nicht66. Demgegenüber ist aber das Interesse des Rechtsinhabers anzuerkennen, den Prozess in eigener Person fortzuführen und sich für die Rechtsdurchsetzung nicht auf den ihm unbekannten Erben des Standschafters verlassen zu müssen. Denn auf diesen bezog sich seine Auswahlentscheidung nicht, weshalb er sich – anders als beim Widerruf der Prozessführungsermächtigung – nicht an dieser festhalten lassen muss. 2. Gesetzlicher oder gewillkürter Parteiwechsel? Die entsprechende Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO kommt nach dem Gesagten weder mit der Begründung des Bundesgerichtshofs, noch unter Zugrundelegung des Grunsky’schen Abgrenzungsmaßstabs als Rechtsfolge des Todes des Standschafters in Betracht. Einigkeit besteht ferner darin, dass der Rechtsstreit durch den Rechtsinhaber fortzusetzen ist. Dies ist richtig, da eine Klageabweisung angesichts des Schutzbedürfnisses des Prozessgegners im Hinblick auf die seitherigen Prozessergebnisse keine akzeptable Alternative darstellt. Uneinigkeit besteht allerdings darin, ob der Eintritt des Rechtsinhabers nach dem Tod des Standschafters nach den Regelungen des gewillkürten Parteiwechsels oder im Wege eines gesetzlichen Parteiwechsels zu erfolgen hat. Der Bundesgerichtshof wendet einen gewillkürten Parteiwechsel an, auf dessen Charakterisierung als Klageänderung (§  263 ZPO) nach der Rechtsprechung

Brehm/Berger, EWiR 1993, 1135. Schilken, ZZP 107 (1994), 527, 529. 65  Vgl. oben §  5 I. 1. b). 66  Schilken, ZZP 107 (1994), 527, 528. 63  64 

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bereits Bezug genommen wurde67. Eine analoge Anwendung der §§  239 ff. ZPO komme hingegen nicht in Betracht, da bei der gewillkürten Prozessstandschaft der materielle Rechtsinhaber von vornherein feststeht und es daher einer Verfahrensunterbrechung nicht bedürfe68. Auf diese Argumentation griff das Gericht auch zurück, als es darum ging, die analoge Anwendung der §§  239 ff. ZPO auf den Widerruf der Prozessführungsermächtigung abzulehnen69. Es wurde in diesem Zusammenhang aber bereits dargelegt: Geht man vom formellen Parteibegriff aus, kann es für die Anwendung der §§  239 ff. ZPO auf die Rechtsinhaberschaft nicht ankommen70. Ein gesetzlicher Parteiwechsel ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen. Vielmehr ist die Anwendung eines solchen hier aus vielerlei Gründen vorzugswürdig: Zunächst entspricht es der typischen Situation des gewillkürten Parteiwechsels auf Klägerseite, dass alter und neuer Kläger über den Parteiwechsel disponieren. Im Falle des Todes des Standschafters disponiert indes nur der Rechtsinhaber über seinen Eintritt71. Zwar haben wir festgestellt, dass ein sich dem Wider­ruf der Prozessführungsermächtigung anschließender gewillkürter Parteiwechsel nicht der Zustimmung des Standschafters bedarf, da sich dieser stets nur auf eine vom Rechtsinhaber abgeleitete Streitbefugnis berufen kann72. Gleichwohl ist der Umstand, dass die bisherige Partei durch Tod vollständig wegfällt, prägend für diejenigen Fälle, die gemäß §  239 ZPO einen gesetzlichen Parteiwechsel auslösen. Es ist typischerweise gerade der Tod einer Partei, der einen Parteiwechsel überhaupt notwendig macht, weshalb er hier als eigentlich maßgeblicher, den prozessualen Vorgang charakterisierender Umstand erscheint73. Die Lösung des Bundesgerichtshofs lässt ferner die Frage offen, was gelten soll, wenn der gewillkürte Prozessstandschafter erst in der Revisionsinstanz stirbt, in der das Vorliegen der Prozessführungsbefugnis noch immer von Amts wegen zu berücksichtigen ist74. Ein gewillkürter Parteiwechsel auf den Rechtsinhaber ist jedoch in dieser prozessualen Phase grundsätzlich unzulässig, weil er einen neuen Tatsachenvortrag voraussetzt, der aber wegen §  559 Abs.  1 ZPO in der Revisionsinstanz ausgeschlossen ist75. Die Regeln der Klageänderung, die der Bundesgerichtshof auf den gewillkürten Parteiwechsel anwendet, vermögen eine 67 

Vgl. oben §  5 III. 1. b), bb), (2). BGHZ 123, 132, 135 = NJW 1993, 3072; zustimmend Zöller/Greger, §  239 Rn.  5. 69  BGH, NJW 2015, 2425, Rn.  30. 70  Vgl. oben §  5 II. 2. a). 71  Schilken, ZZP 107 (1994), 527, 530. 72  Vgl. oben §  5 III. 1. b), bb), (3), (a). 73  Schilken, ZZP 107 (1994), 527, 530. 74  Vgl. oben §  4 III. 1. d). 75  RGZ 160, 204, 212; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, §  42 Rn.  12; Roth, NJW 1988, 2977, 2978; zu den Ausnahmen in der Rechtsprechung Uffmann, RdA 2012, 113 ff. 68 

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Teil 3: Der Wegfall der Prozessführungsermächtigung aus anderem Grund

Lösung dieser prozessualen Situation nicht zu erbringen, die hingegen durch eine entsprechende Anwendung der §§  239 ff. ZPO möglich ist76. Gegen die Anwendung eines gewillkürten Parteiwechsels sprechen hier aber entscheidend die schutzwürdigen Interessen des Prozessgegners, die auch im Falle des Todes des Standschafters nicht aus dem Blick verloren werden dürfen. Der Gegner droht die bisherigen Prozesslagen zu verlieren, würde man einen Parteiwechsel von der unverzichtbaren Zustimmung des Rechtsinhabers77 abhängig machen. Wenn dieser sich nach dem Tod des Standschafters weigert, in den Prozess einzutreten, würden dem Gegner die Früchte seiner seitherigen Prozessführung genommen und der Rechtsinhaber könnte den Prozess zu einem späteren Zeitpunkt frei von ihm ungünstigen Prozesslagen neu beginnen78. Eine derartige Rechtsschutzlücke ließe sich aber bei Anwendung eines gesetzlichen Parteiwechsels vermeiden. So würde sich der Rechtsinhaber, der ipso iure neue Partei des Rechtsstreits wird, bei Weigerung den Prozess fortzuführen, sich der Gefahr eines Versäumnisurteils gemäß §  330 ZPO aussetzen. 3. Zusammenfassung Entfällt die Prozessführungsermächtigung durch den Tod des Standschafters, kommt die entsprechende Anwendung des §  265 ZPO nicht in Betracht; die Vorschrift setzt den Fortbestand der Partei voraus. Hingegen ermöglichen die §§  239, 246 ZPO in allen Instanzen eine sachgerechte Lösung der Folgen des Todes des Prozessstandschafters. Weil sie in den Voraussetzungen (Tod einer Partei) und in den Folgen (Rechtsnachfolge in die Prozessführungsbefugnis) vollkommen der Anordnung des §  239 ZPO entsprechen, besteht kein Raum für eine Heranziehung der Regeln über den gewillkürten Parteiwechsel79, der überdies eine Rechtsschutzlücke zulasten des Prozessgegners hinterlassen würde. Der §  239 ZPO kann auf unseren Fall sogar unmittelbar angewandt werden. Zwar scheint dessen Wortlaut auf die „Rechtsnachfolge“ im materiellrechtlichen Sinne abzustellen. Es wurde aber bereits dargelegt, dass ein gesetzlicher Parteiwechsel generell nicht den Übergang des materiellen Rechts voraussetzt80. Vielmehr ist auf dem Boden des formellen Parteibegriffs „Rechtsnachfolger“ heute vielmehr als Prozessrechtsnachfolger zu lesen81. Dies ist derjenige, der nach Schilken, ZZP 107 (1994), 527, 530. Vgl. oben §  5 III. 1. b), bb), (3), b). 78  Brehm/Berger, EWiR 1993, 1135, 1136. Nimmt der Rechtsinhaber hingegen den Prozess auf, so ist er an die angefallenen Prozesslagen gebunden, vgl. oben §  5 III. 1. b), bb), (1). 79  Schilken, ZZP 107 (1994), 527, 532. 80  Vgl. oben §  5 II. 2. a). 81  Schilken, ZZP 107 (1994), 527, 531. 76  77 

§  7 Tod des Standschafters und Abtretung der streitbefangenen Forderung

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dem Tod der Partei die Prozessführungsbefugnis hinsichtlich des streitigen Rechts besitzt. In unserem Fall ist dies im Zweifel allein Rechtsinhaber82.

II. Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes Komplettiert werden unsere Untersuchungen zum Wegfall der Prozessführungsermächtigung mit dem Fall, in dem die Prozessführungsermächtigung erlischt, weil der Rechtsinhaber die Forderung während des Standschafterprozesses abtritt. Er verliert dadurch seine Rechtszuständigkeit und daher auch seine eigene, originäre Prozessführungsbefugnis für die Forderung. Daher kann auch die Ermächtigung keine Wirkung mehr entfalten, da sie dem Standschafter stets nur eine abgeleitete, sekundäre Streitbefugnis verschafft83. Zuständig für die Erteilung der Ermächtigung wäre in diesen Fällen allein der neue Rechtsinhaber. Er könnte den vom ehemaligen Forderungsinhaber Ermächtigten seinerseits Ermächtigung zur Fremdprozessführung erteilen84. Der Bundesgerichtshof wendet auf diesen Fall den §  265 Abs.  2 ZPO entsprechend an und belässt den gewillkürten Prozessstandschafter im Verfahren85. Da auch hier als Alternativkonzept nur ein gesetzlicher Parteiwechsel auf den Zessionar in Frage steht, lässt sich dieses Ergebnis mit unserer Lösung begründen: Die Abtretung des streitbefangenen Anspruchs ist kein Ereignis, das die bisherige Partei als solche fortfallen lässt. Die Fortführung des Prozesses mit dem Standschafter ist weiterhin möglich. Ferner sind schutzwürdige Drittinteressen nicht ersichtlich, die einen gesetzlichen Parteiwechsel rechtfertigen könnten. Der Zessionar ist nicht schutzwürdig, wenn er ein streitbefangenes Recht erwirbt86. Ob der Prozess wie im originären Anwendungsbereich des §  265 Abs.  2 ZPO von dem Zedenten geführt wird oder von einem von diesem ermächtigten Standschafter, ist für seine Interessenbewertung ohne Belang. Das Ergebnis ist insofern identisch mit dem des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung. Dies ist folgerichtig, da es keinen Unterschied machen kann, ob die Prozessführungsermächtigung durch Abtretung des Rechts, auf das sie sich bezieht, oder unmittelbar durch Widerruf endet87. Gleiches muss gelten, wenn der Rechtsinhaber währen eines rechtshängigen Herausgabeprozesses über

Schilken, ZZP 107 (1994), 527, 532. Vgl. oben §  2 II. 84  BGH, NJW 2014, 1970 Rn.  13. 85  BGH, NJW 1989, 1932, 1933. 86  Vgl. oben §  5 III. 2. a), aa), (2). 87  Vgl. oben §  5 III. 2. b). 82  83 

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Teil 3: Der Wegfall der Prozessführungsermächtigung aus anderem Grund

eine sicherungsübereignete Sache88, das Eigentum nach §§  929, 931 BGB an einen Dritten überträgt und dadurch seine Rechtszuständigkeit verliert. Hinsichtlich der weiteren Fortsetzung des Verfahrens in gesetzlicher Prozessstandschaft kann für die Fälle der Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes insofern auf die Ausführungen zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung verwiesen werden89.

88  Auch

in diesen Fällen ist eine gewillkürte Prozessstandschaft zulässig, vgl. oben §  5 II. 2. b), cc), (2), (b). 89  Vgl. oben §  5 III. 2. c).

Ergebnisse Der Wegfall der ausgeübten Prozessführungsermächtigung stellt sich als eine Problematik dar, die im Spannungsverhältnis von Schuldnerschutz und Gläubigerinteressen liegt: Für den Prozessgegner stehen insbesondere die seitherigen Prozesslagen und die subjektiven Anknüpfungspunkte der Parteifunktionen auf dem Spiel. Dem Gläubiger droht angesichts der Rechtskrafterstreckung der Verlust eines subjektiven Rechts. Trotz des Regelungsdefizits der gewillkürten Prozessstandschaft gelingt es, dieses Spannungsverhältnis mit dem vorhandenen Instrumentarium des Zivilprozessrechts aufzulösen. Der dogmatische Grundansatz hierfür ist eine Parteiperpetuierung des §  265 Abs.  2 ZPO. Er trägt in erster Linie den Interessen des Prozessgegners Rechnung und stellt die Würdigung der Gläubigerinteressen unter den Zustimmungsvorbehalt des §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO. Die starke Betonung der Prozessgegnerinteressen durch die vorrangige Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO ist dabei folgerichtig; der Schutz dieser Interessen ist das zentrale Problem der gewillkürten Prozessstandschaft1. Die wesentlichen Befunde und Zwischenergebnisse der vorangegangenen Untersuchung, die das Fundament dieses hier vorgeschlagenen Lösungsansatzes bilden, lassen sich in folgenden Thesen zusammenfassen: 1. Das Rechtsinstitut der Prozessführungsbefugnis hat seit der Durchsetzung des formellen Parteibegriffs die Funktion übernommen, den Prozessgegner vor einem unüberblickbaren Kreis potentieller Kläger zu schützen. Diese Schutzfunktion ist zu beachten, wenn man sich den Problemkreisen der gewillkürten Prozessstandschaft nähert. Für unseren Fall bedeutet dies, dass der Wegfall der Prozessführungsermächtigung nicht dazu führen kann, dass Mehrfachprozesse über denselben Streitgegenstand ermöglicht werden2. 2. Die Ermächtigung ist in unserer Rechtsordnung allgemein als die Ausübungsüberlassung am Verwaltungsrecht zu charakterisieren. Die Prozessführungser1  2 

Vgl. oben Einl. I. Zusammenfassend oben §  1 III.

152

Ergebnisse

mächtigung betrifft das Verwaltungsrecht in der Dimension, ein subjektives Recht prozessual verfolgen zu können. Dabei ist die aus der Prozessführungsermächtigung resultierende Prozessführungsbefugnis akzessorisch zur originären Prozessführungsbefugnis des Rechtsinhabers3. Der Wegfall der originären Prozessführungsbefugnis des Rechtsinhabers führt daher auch zum Entfallen der Prozessführungsbefugnis des Standschafters, was insbesondere im Fall der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Rechtsinhabers und bei der Veräußerung des streitbefangenen Rechts zu beachten ist. 3. Die Prozessführungsermächtigung als Grundlage der Prozessführungsbefugnis des gewillkürten Prozessstandschafters ist nach dem vorzugswürdigen weiten Prozesshandlungsbegriff als Prozesshandlung zu qualifizieren. Abzugrenzen ist sie dabei von ihrem materiellrechtlichen Äquivalent, der Einziehungsermächtigung4. 4. Ein wirksamer Widerruf der ausgeübten Prozessführungsermächtigung, auf den prozessual nicht reagiert wird, hätte zur Folge, dass die Standschafterklage durch ein in seinen Rechtskraftwirkungen auf den Abweisungsgrund beschränktes Prozessurteil abgewiesen würde. Schutzwürdig sind dabei die Interessen des Prozessgegners, der Gefahr läuft, sich wegen desselben Streitgegenstandes zweimal vollumfänglich verteidigen zu müssen. Eine negative Feststellungswiderklage wäre unzulässig. Sie vermag daher nicht den durch den Wegfall der Prozessführungsermächtigung drohenden Rechtskraftverlust aufzufangen5. 5. Der §  183 S.  1 BGB gibt den Rahmen für den Widerruf der Prozessführungsermächtigung vor. Der Prozesshandlungscharakter der Prozessführungsermächtigung steht dem nicht entgegen. Der Norm liegt ein allgemeiner Rechtsgedanke zugrunde, der die Grenzen von materiellem Recht und Prozessrecht überlagert. Die Anwendung des §  183 S.  1 BGB hat für die Wirksamkeitsvoraussetzungen des Widerrufs zur Folge, dass die Widerruflichkeit nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ausgeschlossen werden kann. Ferner, dass der Widerruf in zeitlicher Hinsicht auch nach Klageerhebung noch möglich ist und insbesondere die Widerruflichkeit erst dann endet, wenn zur prozessualen Durchsetzung des Rechts die Vornahme von Prozesshandlungen nicht mehr geboten ist6.

3 

Vgl. oben §  2 II. Zusammenfassend oben §  2 V. 5  Zusammenfassend oben §  3 IV. 6  Zusammenfassend oben §  4 IV. 1. 4 

Ergebnisse

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6. Die weit ausgedehnte Widerrufsbefugnis des Rechtsinhabers macht es erforderlich, dem Schutzbedürfnis des Prozessgegners mit Mitteln des Prozessrechts Rechnung zu tragen. Als prozessuale Rechtsfolge des Widerrufs kommen daher zunächst ein gesetzlicher Parteiwechsel nach den §§  239 ff. ZPO und ein Parteierhalt nach §  265 Abs.  2 ZPO in Betracht. Beide Regelungsmodelle erhalten Prozesslagen und schließen Zweitprozesse infolge der Sperrwirkung der Rechtskraft aus. Bei der Abgrenzung beider Modelle ist aus Gründen des Prozessgegnerschutzes von einem Vorrang des §  265 Abs.  2 ZPO auszugehen. Dieser erhält dem Gegner auch die subjektiven Anknüpfungspunkte der Parteifunktionen und verschafft ihm Zeitersparnisse. Ein gesetzlicher Parteiwechsel kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn eine Parteiperpetuierung unmöglich ist oder überwiegende Drittinteressen dies fordern. Weder das eine noch das andere ist aber im Fall des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung zu beobachten7. 7. Das Alternativkonzept des Bundesgerichtshofs wendet den Rechtsgedanken des §  269 Abs.  1 ZPO an und sieht für den Fall, dass der Prozessgegner dem Widerruf der Ermächtigung nicht zustimmt, ebenfalls eine Parteiperpetuierung vor. Für den Prozessgegner hat dies den praktischen Nachteil, dass ihm die Früchte des Vorverfahrens vom Rechtsinhaber willkürlich aus der Hand geschlagen werden können. In dogmatischer Hinsicht stellt die Lösung des Bundesgerichtshofs die Parteiperpetuierung auf eine unsichere Grundlage. Vorzugswürdig ist daher das Modell des §  265 Abs.  2 ZPO. Es knüpft bereits ab Rechtshängigkeit die Wandelung der gewillkürten zur gesetzlichen Prozessstandschaft als prozessuale Rechtsfolge an den Widerruf der Prozessführungsermächtigung. Dabei schließt es allerdings die Möglichkeit eines gewillkürten Parteiwechsels nach §  265 Abs.  2 S.  2 ZPO oder einer streitgenössischen Nebenintervention nicht aus. Dass bei der gewillkürten Prozessstandschaft kein materieller Rechtsübergang stattfindet, steht einer entsprechenden Anwendung des §  265 Abs.  2 ZPO im Hinblick auf seinen Schutzzweck nicht entgegen. Die Norm ist seit der Durchsetzung des formellen Parteibegriffs als Grundmodell für jegliche Störung des Prozessverlaufs zu verstehen, durch die einer Partei die Grundlage ihrer Prozessführungsbefugnis entzogen wird. Diese Grundlage bildet zwar in der Regel die materielle Rechtsinhaberschaft; nach modernen Parteiverständnis gilt dies allerdings nicht ausnahmslos8. 8. Die Befunde zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung erweisen sich auch für die weiteren Fallgruppen des Wegfalls der Prozessführungsermächti7  8 

Zusammenfassend oben §  5 II. 3. Zusammenfassend oben §  5 IV.

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Ergebnisse

gung als tragbar: So ist ein gesetzlicher Parteiwechsel bei Wegfall der Ermächtigung aufgrund der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Rechtsinhabers angesichts überwiegender Drittinteressen der Insolvenzgläubiger gerechtfertigt9. Stirbt der gewillkürter Prozessstandschafter während des Prozesses, kommt ebenfalls nur ein gesetzlicher Parteiwechsel in Betracht, da eine Parteiperpetuierung aufgrund des Fortfalls der Partei unmöglich ist. Entfällt die Prozessführungsermächtigung infolge ihrer Akzessorietät zur Prozessführungsbefugnis des Rechtsinhabers durch die Veräußerung des streitbefangenen Rechts, lässt sich die Zulassung eines Parteiwechsels hingegen nicht rechtfertigen. Es bleibt bei dem Grundsatz: Der Prozess ist mit den Parteien zu Ende zu führen, mit denen er begonnen wurde.

9 

Zusammenfassend oben §  6 III.

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Sachregister actio pro socio 107 f. Abstraktionsprinzip siehe Prozessführungsermächtigung Abstraktheit Aktivlegitimation siehe Sachlegitimation Beginn Hauptsacheverhandlung 31, 45, 93, 109 f., 111 (Fn.  383) Bewirkungshandlung siehe Prozesshandlung Einteilung Bruchteilsgemeinschaft 108 Dingliche Einigung siehe Übereignung Dispositionsmaxime 97, 99 Doppeltatbestand siehe Prozessaufrechnung Drittschadensliquidation 85 Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren 136 Einmaligkeit des Rechtsschutzes 34 Einziehungsermächtigung 21–23, 40 (Fn.  50), 43, 49, 65, 119–121 – Widerruf 41 Erledigungserklärung – einseitige 32, 104 – zweiseitige 37 Ermächtigung siehe Prozessführungsermächtigung Erwirkungshandlung siehe Prozesshandlung Einteilung Feststellungswiderklage – Feststellungsinteresse 39 – isolierte Drittwiderklage 38 f. Gesetzliche Prozessstandschaft 12, 35, 107, 112, 125, 129, 130 – bei Eigentumsübertragung durch Zwangsvollstreckung 115 – Miterbschaft 108

Gesetzlicher Güterstand 107 – Nutzverwaltung 79 – Revokationsrecht des Ehegatten 107 Gewillkürte Prozessstandschaft – Entwicklung 6, 22 – Grundverhältnis 46, 84, 87 – Offenkundigkeit 23, 30 – Prozessführungsbefugnis 11–13 – Voraussetzungen 7–9 – Wirkungen 2 siehe auch Rechtskraft­ erstreckung Grundbuchamt 110 Grundbuchberichtigungsanspruch 9 Hauptintervention 121 Insolvenzeröffnung Wirkungen – Aufträge und Geschäftsbesorgungsverträge 135 f., 141 – Insolvenzbeschlag 75 – Verfahrensunterbrechung 138, 142 – Vollmacht 136, 141 Insolvenzgläubiger 139 – Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz 138 Insolvenzmasse – Doppelzuordnung 11 – Schmälerung durch Prozessführung 138 f. Insolvenzverwalter – Amtstheorie 137 – Freigabe 76, 140, 145 Interessevermögen 75 Irrelevanztheorie 119, 121 Justizgewährungsanspruch 98 Klagerücknahme 29, 39, 92 f., 99 (Fn.  323), 104

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Sachregister

– Hintergrund siehe Streitbefestigung – Voraussetzungen 31, 45, 93 – Wirkung 37, 110 Konzentrationsmaxime 126 f. Mehraktiges Verfügungsgeschäft 109 f. Miterben 16, 108 Nacherbschaft 80 Nachlassverwaltung 80 f. Nebenintervention – einfache 69 – streitgenössiche 36, 122 f. Notprozessführungsrecht siehe Bruchteils­ gemeinschaft Parteibegriff 5–7 – formeller 13 f., 52, 68, 72, 78, 89, 113 f., 117, 130, 140, 147 – materieller 70, 116 Parteifunktionen 31, 67 f., 78, 101, 102 f., 114 Parteiperpetuierung – Auslegung des § 265 Abs. 2 ZPO 72, 74, 78 – Abgrenzung zu gesetzlichen Parteiwechsel 72–91 – ratio legis des § 265 Abs. 2 ZPO 78, 85, 89 f. Parteiwechsel gesetzlicher – Erhalt von Prozesslagen 67 – Verfahrensunterbrechung 69, 70, 71, 89 f., 140 Parteiwechsel gewillkürter 86 f., 93, 146 f. – Erhalt von Prozesslagen 95 f. – Klägerwechsel 97 – Rechtsnatur 96 f., 146 f. perpetuatio fori 32, 104 perpetuatio litis 28 (Fn.  5), 104 Privatautonomie 56 f. Prozessaufrechnung 105 f. Prozessführungsbefugnis – Fiktion 109, 125 – Funktion 5–7 – Grundlage der Prozessführungsbefugnis 76, 115, 144 – Inhalt 61 – Maßgeblicher Zeitpunkt 27

Prozessführungsermächtigung – Abstraktheit 46–48, 143 – Begriffsbestimmung 10 f. – Rechtsnatur 13–21 – Sittenwidrigkeit der Erteilung 141 f. – Widerruflichkeit 41–59 Prozesshandlung – Anfechtbarkeit 34, 133 – Begriff 15–19, 63, 106 – Einteilung 44 – Widerruf 34, 43–46, 133 Prozesskostenerstattungsanspruch 1, 29, 31, 86, 98, 141 Prozessökonomie 28 (Fn.  5), 37, 89 f., 113 Prozessrechtsverhältnis 1, 14, 43, 64, 67, 85 (Fn.  267), 94, 104, 113, 117 Prozessstoff 106 Prozessvereinbarungen – Abgrenzung zu privatrechtlichen Verträgen 52 f. – Anwendbarkeit des materiellen Rechts 53 f., 55 – Arten 53 – Parallelen zur Prozessführungsermächtigung 53 – Rechtsnatur 13, 17, 53 Prozessverträge siehe Prozessvereinbarungen Prozessvollmacht 13, 23 f., 45 – Erlöschen 43, 47 f. Qualifizierte Einigungserklärung siehe Übereignung unbeweglicher Sachen Recht auf Sachurteil 104, 111 Rechtshängigkeitseinwand 2, 13, 20, 29, 40, 74, 114, 122, 130 Rechtskraft – Einrede entgegenstehender Rechtskraft 13, 32, 42, 67, 144 f. – Funktionen der Rechtskraft 129 f. – Grenzen 24, 29, 35, 94 – Rechtskrafterstreckung 2, 20, 34, 39, 49 f., 57, 60, 81, 96, 99 f., 129 f. Relevanztheorie 113, 119 f. Revisionsinstanz – gewillkürter Parteiwechsel 147 f.

Sachregister – Widerruf der Prozessführungsermächtigung 62 f. Sachlegitimation 6, 21, 60, 66, 74, 89 f., 100, 103, 105, 112, 113, 116 f., 119 f., 128 Sicherungsgeschäft 31, 32 f., 65, 82–87 – Sicherungsübereignung 149 f. – Sicherungszession 21, 23, 41 (Fn.  54), 82, 119 f., 142 f. Sozialanspruch siehe actio pro socio Stellvertretung – Anfechtung der ausgeübten Innenvollmacht 134 f. – bei Grundstücksveräußerung 110 – Parallelen zwischen Vollmacht und Ermächtigung 56 f., 143 Streitbefestigung 111 (Fn.  384), 127 Streitgegenstand 2, 12 f., 27, 29 f., 32, 34, 40, 71, 129 f. Teilnichtigkeit 105 f. Testamentsvollstreckung 72 (Fn.  206) Treu und Glauben 54, 99 (Fn.  323), 101 Treuepflicht siehe actio pro socio

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Übereignung – beweglicher Sache 110, siehe auch Sicherungsübereignung – unbeweglicher Sache 110 Universalsukzession 75, 144 Veräußerungsverbot 60 f., 115 Verfügungsermächtigung – Vergleichbarkeit mit Prozessführungs­ ermächtigung 16, 48, 49 f. – Widerruf 109 Versäumnisurteil 44 f., 148 – Rechtskraftbindung 24, 32 Vindikationsanspruch 9 Vorrang des Prozessrechts 50, 103 f. – Ausnahmen 51 f. Vorverfahren 124, 126 f., 131 – Präklusionen 124 Wohnungseigentumsgesetz 92 Zulässigkeitsrüge 94, 128