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German Pages 185 Year 1991
CLAUSRECKTENWALD
Der Stufenverbund der ländlichen Warengenossenschaften in der Fusionskontrolle
Schriften zum Genossenschaftswesen und zur Öffentlichen Wirtschaft flerausgegeben von Prof. Dr. D. Budäus, flamburg, Prof. Dr. W. W. Engelhardt, Köln, Prof. Dr. F. Fürstenberg, Bonn, Prof. Dr. R. flettlage, Regensburg und Prof. Dr. Th. Thiemeyer, Bochum
Band 31
Der Stufenverbund der ländlichen Warengenossenschaften in der Fusionskontrolle
Von
Clans Recktenwald
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Recktenwald, Claus:
Der Stufenverbund der ländlichen Warengenossenschaften in der Fusionskontrolle I von Claus Recktenwald. - Berlin: Duncker und Humblot, 1991 (Schriften zum Genossenschaftswesen und zur Öffentlichen Wirtschaft; Bd. 31) Zugl.: Bonn, Univ., Diss., 1991 ISBN 3-428-07203-0
NE:GT
Alle Rechte vorbehalten © 1991 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübemahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Druck: Druckerei Gerike GmbH, Berlin 36 Printed in Germany ISSN 0720-6925 ISBN 3-428-07203-0
Vorwort Die Konzentration im ländlichen Warenhandel spielt sich zunehmend in der Form ab, daß die örtlich dominierende ländliche Bezugs- und Absatzgenossenschaft ein bisher privates Landhandelsunternehmen aufkauft. Hierdurch kann auf dem betroffenen Regionalmarkt eine marktbeherrschende Stellung entstehen oder verstärkt werden. Die Frage, ob der Vorgang der Fusionskontrolle durch das Bundeskartellamt unterliegt, hängt vom Umsatz der beteiligten Unternehmen ab. Kommt es hierfür nur auf den Umsatz der beiden unmittelbar beteiligten Unternehmen an, wird die vom Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen aufgestellte Mindestgrenze von 500 Millionen DM nicht erreicht. Sind dagegen auch die Umsätze der Zentralgenossenschaft einzubeziehen, der die einzelne Warengenossenschaft angehört, oder sogar auch die Umsätze der Schwestergenossenschaften, die derselben Zentralgenossenschaft angehören, so wird die Mindestgrenze ohne weiteres überschritten. Ob eine solche Einbeziehung geboten ist, hängt davon ab, ob die unmittelbar beteiligte Genossenschaft, die Zentralgenossenschaft und vielleicht auch die Schwestergenossenschaften als "verbundene Unternehmen" im Sinn der Konzernbestimmungen des Aktienrechts anzusehen sind. Die Untersuchung dieser Frage ist der Kernpunkt der hier vorgelegten Arbeit, die im Wintersemester 1990/91 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn als Dissertation angenommen worden ist. Die Arbeit weist nach, daß die Einzelgenossenschaften von der Zentralgenossenschaft nicht "abhängig" im Sinn des Aktienrechts sind. Sie verneint aber auch, im umgekehrten Sinn, eine "Abhängigkeit" der Zentralgenossenschaft von der Gesamtheit der ihr angeschlossenen Einzelgenossenschaften. Die Schlüsselfrage der Untersuchung geht deshalb dahin, ob die Einzelgenossenschaft und die Zentralgenossenschaft als "Gleichordnungskonzern" im Sinn des § 18 Abs. 2 des Aktiengesetzes anzusehen sind. Dies wird bejaht für den Fall, daß der Innenumsatz zwischen beiden Genossenschaften den Fremdumsatz der Einzelgenossenschaft überwiegt. Dagegen wird im Verhältnis der Einzelgenossenschaften untereinander eine Konzernverbindung, das heißt eine "einheitliche Leitung", verneint. Die konzernrechtliche Grundthese der Arbeit ist somit, daß, so wie im aktienrechtlichen "Unterordnungskonzern" eine Tochtergesellschaft von mehreren Muttergesellschaften einheitlich geleitet werden und somit in einer mehrfachen Konzernverbindung stehen kann, auch im Gleichordnungskonzern dieselbe Zentralgenossenschaft mit vielen Einzelgenossenschaften getrennt nebeneinanderstehende "Gleichordnungskonzerne" bilden kann.
VI
Vorwort
Die Arbeit ist nicht nur ihres praktischen Ergebnisses wegen, das der Fusionskontrolle im Bereich des ländlichen Warenhandels ein erweitertes Anwendungsfeld eröffnet, sondern auch wegen der ganz neuartigen Bestimmung des Begriffs des Gleichordnungskonzerns ein Beitrag, der grundsätzliche Bedeutung hat und große Beachtung verdient. Prof. Dr. Ulrich Huber
Inhaltsverzeichnis Einleitung Hauptteil
4
Erster Abschnitt Aufgreifkriterien
4
§ 1 Toleranz- und Anschlußklausel (§ 24 Abs. 8 Satz 1 Nm. 1 und 2 GWB) . . .
5
A. Hauptgenossenschaft und privates Landhandelsunternehmen .. .. .. .. .. .. .
6
B. Primärgenossenschaft und privater Konkurrent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
§ 2 Verbundklausel (§ 23 Abs. 1 Satz 2 GWB) .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .
7
A. Der Abhängigkeitstatbestand (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. I GWB)
8
I. Abhängigkeit der Primär- von der Sekundärstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aktienrechtliche Abhängigkeit .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . a) Abhängigkeit aus Rechtsgründen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. aa) Stimmrechte .. .. .. .. .. .. .. . . . . .. .. .. . .. .. . . .. .. .. .. .. .. .. .. . bb) Beherrschungsvertrag .. .. . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. . (1) Genossenschaftszweck .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .... .. (2) Leitungsmacht des Vorstandes .. .... .. .. .. .. .. .. .. .. . cc) Zustimmungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Vereinbarungen über die sachliche Beschränkung des Vorstandes I statutarische Nebenleistungspflichten . . . . . . . . . . . ee) Genossenschaftliche Treuepflicht . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Beherrschung durch Bestellung des Vorstandes .. .. .. .. . gg) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abhängigkeit aus tatsächlichen Gründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Persönliche Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wirtschaftliche Beziehungen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fusionskontrollrechtliche Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Besondere Auslegungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuweisung des wettbewerbliehen Spielraumes der Primärgenossenschaften durch die Hauptgenossenschaft . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8 10 11 11 12 13 13 14
II. Abhängigkeit der Hauptgenossenschaft von einer einzelnen Primärgenossenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16 19 20 22 22 23 24 26 26 26 28 32 32
VIII
Inhaltsverzeichnis B. Die Mehrmütterklausel (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB) . . . . . . . . . . . . . I. Anwendbarkeit der Mehrmütterklausel bei Beteiligung eines Mutter-
unternehmens am Zusammenschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35 36
1. Erfassung der Mehrmütterherrschaft durch den allgemeinen Abhängigkeitstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
2. Vorrang der Mehrmütterklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
II. Gemeinsame Beherrschung im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB ............... . ....................... ........................... . .
42
I. Beherrschung durch alle Primärgenossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . .
42
2. Gemeinsamkeit der Beherrschung .. . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .
43
a) Kriterien der Rechtsprechung .. .. .. .. .. .. . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
45
b) Wettbewerbsrelevante Gemeinsamkeit .. .. .. .. .. .. .... .. .. .. .. .
47
3. Ergebnis .. .. .. . .. .. . . .. .. .. . .. .. .. . . . . .. .. .. .. .. .. .. . . .. .. .. . . .. .. .. .
49
C. Die Konzernklausel (§ 23 Abs. I Satz 2 Halbs. I Alt. 2 GWB) . . . . . . . . .
49
I. Gleichordnungskonzern zwischen den an einer Hauptgenossenschaft
beteiligten Primärgenossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
1. Fehlende Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
a) Abhängigkeiten zwischen den Primärgenossenschaften . . . . . .
50
b) Abhängigkeit vom Prüfungsverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
2. Einheitliche Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
a) Voraussetzungen .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .
52
b) Koordination der örtlichen Geschäftspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
c) Koordination der Geschäftspolitik hinsichtlich der auf die Hauptgenossenschaft übertragenen Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
aa) Partieller Gleichordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
bb) Zusammenfassung ausgegliederter Teilbereiche unter einheitlicher Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
II. Gleichordnungskonzern zwischen Haupt- und Einzelgenossenschaft
58
I. Möglichkeit der Zugehörigkeit eines Unternehmens zu mehreren Gleichordnungskonzernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
a) Einheitlichkeit der Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Integrationswirkungen . .. . . .. .. .. . . .. .. . .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .
60 62
c) Konzern als wirtschaftliche Einheit .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
63
d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
2. Die Genossenschaft im Gleichordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
3. Der Förderungszweck als Grundlage der einheitlichen Leitung 4. Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung im Sinne von § 18 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68 71
a) Gemeinsame Zielkonzeption .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .
71
Inhaltsverzeichnis
IX
b) Mindestumfang einheitlicher Leitung aa) Sachlicher Mindestumfang bb) Koordinationsintensität cc) Dauerhaftigkeit
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c) Mittel einheitlicher Leitung
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aa) Die Hauptgenossenschaft als konzeptioneller Systemkopf ( 1) Zentrale Planung
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(a) Marktstrategien/Gruppenmarketing (aa) Zentrale Werbung
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(bb) Sortiments- und Preispolitik
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(b) Beratung der Primärgenossenschaften (c) Kommunikationssystem
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(d) Aus, Fort- und Weiterbildung (2) Zentrale Durchführung
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(a) Sachlicher Umfang
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dd) Sonstige Koordinationsmittel ... (1) Garantie-(Hilfs-)Fonds
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bb) Koordinatorfunktion der Genossenschaftsverbände 0
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(b) Kooperationsintensität cc) Personelle Verflechtung
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(2) Finanzielle Beteiligung der Primär- an der Sekundärstufe 0
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(a) Überschußverteilung . (b) Geschäftsguthaben ee) Zwischenergebnis
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d) Tatsächliche Ausübung einheitlicher Leitung verbundenheit 0
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(1) Höchste Verbundintensität
(a) Planungseinheit
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(b) Vermögenseinheit (c) Erfolgseinheit
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(d) Mehrfache Konzernzugehörigkeit der Hauptgenossenschaft
107
(e) Partieller Gesamtkonzern
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(f) (Teil-)Gieichordnungskonzern zwischen Haupt-
und Kreditgenossenschaften mitWarenverkehr
(g) Dauerhaftigkeit
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(h) Zwischenergebnis
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111 112 113
X
Inhaltsverzeichnis (2) Mittlere Verbundintensität 113 (a) Grenze zur unzulänglichen Kooperation . . . . . . . . . 114 (b) Zwischenergebnis . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (3) Niedrige Verbundintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 5. Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 Alt. 2 GWB .... .. . . ... .. ........ .. . . . . .. . . ... 118 a) Eigenständige Interpretation der Konzernklausel . . . . . . . . . . . . . 119 aa) Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Analoge Anwendung der Konzernklausel . . . . . . . . . . . . . . . . 122 cc) Wettbewerbliehe Einheit als außergesetzlicher Tatbestand 124 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 III. Vierstufiger Gleichordnungskonzern zwischen Deutsche RaiffeisenWarenzentrale GmbH, Fft. a. M., regionaler Hauptgenossenschaft, Mitgliedsgenossenschaft und Erzeugerbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konzernrechtliche Möglichkeit eines vierlach gestuften Gleichordnungskonzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einbindung der Mitgliederwirtschaft in den zwischen Haupt- und Einzelgenossenschaft bestehenden Gleichordnungskonzern . . . . . . a) Der Landwirt als "verbundenes Unternehmen" im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Relevanz für die Kontrolle von Zusammenschlüssen zwischen ländlichen Warengenossenschaften und privaten Landhandelsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einbindung der Deutsche Raiffeisen-Warenzentrale GmbH in den zwischen Haupt- und Einzelgenossenschaft bestehenden Gleichordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Stellung der DRWZ im Stufenverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einheitliche Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
131 132 132 133
§ 3 Umsatzberechnung (§ 23 Abs. 1 Satz 3 bis 7 GWB) . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .
133
A. Umsatzerlöse im Sinne von § 277 Abs. 1 HGB . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . .
134
I. Abzug von Erlösschmälerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
136
Il. Umsatzsteuerabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
137
B. Marktkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
137
C. Vertriebsumsätze (§ 23 Abs. 1 Satz 6 GWB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
138
I. Weiterveräußerung von Waren verbundener Unternehmen . . . . . . . . . .
139
II. Bearbeitung und Erzeugung von Waren im ländlichen Gleichordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
139
D. Innenumsatzerlöse (§ 23 Abs. 1 Satz 3 Teils. 2 GWB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
141
E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .
142
126 127 127 129 13 1 131
Inhaltsverzeichnis
XI
Zweiter Abschnitt Eingreifkriterien
143
§ 1 Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung bei der am Zusammenschluß beteiligten Genossenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
143
A. Die Auswirkungen der Übernahme eines privaten Konkurrenten einer Mitgliedsgenossenschaft durch die Hauptgenossenschaft auf deren Wettbewerbsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
144
B. Zusammenschlußbeteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .
145
§ 2 Untersagung des Zusammenschlusses zwischen Hauptgenossenschaft und privatem Landhandelsunternehmen wegen Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung einer am Zusammenschluß nicht beteiligten Primärgenossenschaft . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
146
A. Streitstand zur Berücksichtigung der Entstehung oder Verstärkung einer Marktbeherrschung dritter Unternehmen bei § 24 Abs. 1 GWB . . . . . . . . .
146
B. Die Berücksichtigung der marktbeherrschenden Primärgenossenschaft als mit der Hauptgenossenschaft durch einen Gleichordnungskonzern verbundenes Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . .
149
I. Größenkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
149
II. Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 24 Abs. 1 GWB . . . . .. . .
150
III. Kausalitätserfordernisse bei § 24 Abs. 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unmittelbare Verursachung als Zurechnungsprinzip . . . . . . . . . . . . . 2. Die Hauptgenossenschaft als ,,Zweckveranlasser" . . . . . . . . . . . . . . . .
151 152 153
C. Die Beriicksichtigung der marktbeherrschenden Stellung einer mit der Hauptgenossenschaft nicht-konzernierten Mitgliedsgenossenschaft . . . . . .
155
I. Größenkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
155
11. Wettbewerbliehe Einheit zwischen Haupt- und Mitgliedsgenossenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
156
D. Ergebnis
157 Schluß
158
Literaturverzeichnis
159
Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. 0. abgedr. Abs. ADG AG Alt. a. F. AktG Anh. Anm.
Auf!. BAG BAGE BB Bd. Begr. RegE BFH BFHE BGB BGH BGHZ BKartA BReg. BT-Drucks. DB ders. DGRV Diss. DÖV DRY DRWZ eG Einf. Ein!.
anderer Ansicht am angegebenen Ort abgedruckt Absatz Akademie Deutscher Genossenschaften e. V. Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen Alternative alte Fassung Aktiengesetz Anhang Anmerkung Auflage Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (Band, Seite) Der Betriebs-Berater Band Begründung zum Regierungsentwurf Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Band, Seite) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des BGH in Zivilsachen (Band, Seite) Bundeskartellamt Bundesregierung Bundestags-Drucksache Der Betrieb derselbe Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V., Bonn Dissertation Die Öffentliche Verwaltung, Zeitschrift für Verwaltungsrecht und Verwaltungspolitik Deutscher Raiffeisenverband e. V., Bonn Deutsche Raiffeisen-Warenzentrale GmbH, Frankfurt am Main eingetragene Genossenschaft Einführung Einleitung
Abkürzungsverzeichnis
e. V. f(f).
FIW Fn. FS (Name) GmbH GmbHG GenG GG GWB Halbs. (Hs.) HdG h. M. Hrsg. (hrsg.) I. e. i. d. F. IHK i. H. V. i. s. i. V. m. JR KG KGaA Komm. krit. KStG Nachw. NB NF NJW OLG Rdnr. RegE RGZ Rn. Rspr. Rz. s.
s.
str. TB Teils.
XIII
eingetragener Verein folgende Seite(n) Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb e. V., Köln Fußnote Festschrift für (Name) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Halbsatz Handwörterbuch des Genossenschaftswesens, Wiesbaden 1980 herrschende Meinung Herausgeber (herausgegeben) im einzelnen in der Fassung Industrie und Handelskammer in Höhe von im Sinne in Verbindung mit Juristische Rundschau Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Kommentar kritisch Körperschaftssteuergesetz Nachweis(e) Neue Betriebswirtschaft Neue Folge Neue Juristische Wochenschrift Oberlandesgericht Randnummer Regierungsentwurf Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (Band, Seite) Randnote( -nummer) Rechtsprechung Randziffer siehe Seite streitig Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamts Teilsatz
XIV
Abkürzungsverzeichnis
Textziffer und und andere; unter anderem u. a. unstreitig unstr. von, vom V. vergleiche vgl. Wertpapiermitteilungen WM Die Wirtschaftsprüfung Wpg Wettbewerb in Recht und Praxis WRP Wirtschaft und Wettbewerb WuW Entscheidungssammlung der WuW WuW/E ZENTGENO Zentralverband der genossenschaftlichen Großhandels- und Dienstleistungsunternehmen e. V., Bonn ZfgG Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung ZfhF ZgesStw Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft Zeitschrift für Unternehmens und Gesellschaftsrecht ZGR ZHR (Zahl) Zeitschrift für das Gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht (Band) ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik zitiert zit.
Tz. u.
Einleitung Die zunehmende Konzentration in der Wirtschaft hat auch vor der Landwirtschaft nicht halt gemacht. Hiervon ist in besonderem Maße der "Landwarenmarkt" 1 betroffen, auf dem ("Waren-")Genossenschaften 2 und erwerbswirtschaftlich ausgerichtete "private Landhandelsuntemehmen" 3 um die Belieferung der Landwirte mit "ländlichen" Bedarfsartikeln 4 (z. B. Düngemittel, Saatgut, Schädlingsbekämpfungsmittel, Futtermittel) und um die Erfassung und Verwertung bestimmter landwirtschaftlicher Bodenerzeugnisse (insb. Getreide, Ölsaaten, Kartoffeln, Heu und Stroh) konkurrieren 5• Der ländliche Konzentrationsprozeß drückt sich zunächst durch die stark rückläufige Tendenz in der Anzahl der Landhandelsbetriebe aus, die im privaten Bereich zwischen 1960 und 1980 um rund 60 % von 5.000 auf etwa 1900 6 und im Genossenschaftssektor seit 1960 - überwiegend fusionsbedingt 7 - um fast I Terminologie nach Wiese, Genossenschaftlicher und privater Landhandel in der Bundesrepublik Deutschland, S. 1; vgl . auch Wiek, Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften, Ländliche, in: Handwörterbuch des Genossenschaftswesens (HdG), Spalte 1667, der insoweit von "Allgemeiner (ländlicher) Warenwirtschaft" spricht. 2 Vgl. zur Abgrenzung der "Waren-" bzw. "Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr" und "Bezugs- und Absatzgenossenschaften" von den übrigen ländlichen Genossenschaften, insbesondere den Molkerei- und Milchverwertungsgenossenschaften, den Obstund Gemüsegenossenschaften, den Winzergenossenschaften und den Vieh- und Fleischgenossenschaften: Aschhoff I Henningsen, Das deutsche Genossenschaftswesen, S. 67 ff.; Wiek, in: HdG, Spalte 1666 ff.; Faust, Genoss.enschaftswesen, S. 127 ff.; einen guten Überblick zu den Bezugs- und Absatzgenossenschatten vermittelt Kunze, Bezugsund Absatzgenossenschaften, in: HdG, Spalte 165 ff. 3 V gl. zur üblichen Unterteilung in "privaten" und "genossenschaftlichen Landhandel": Wiese, S. 1, 17; Straaten, Wettbewerb und Kooperation im Landhandel, S. 15; häufig wird der Landhandel auch "Landwarenhandel" genannt, vgl. Jessen, Der private Landwarenhandel in der BRD, S. 9; ebenso wird von Landhändlern und "Landwarenhändlem" gesprochen, vgl. Wiese, S. 1. 4 Vgl. zu dem im Landhandel eingetretenen "Wandel vom rein landwirtschaftlichen zum ländlichen Bedarf': Kopplin, S. 127; Aschhoff I Henningsen, S. 70 (z. B. Verkauf von Haus- und Gartenartikeln, Baustoffen und Mineralöl durch Warengenossenschaften); Straaten, S. 17 (Einrichtung der "Grünen Warenhäuser" für Klein- und Hobbygärtner durch den privaten Landhandel). s Vgl. zu den einzelnen Tätigkeitsbereichen: Kunze, in: HdG, Spalte 170 ff.; Faust, S. 127 ff.; Aschhoff I Henningsen, S. 70 (jeweils zu den Warengenossenschaften); Straaten, S. 16 f. (zum privaten Landhandel). 6 Vgl. Straaten, S. 17 mit Nachweisen, der zurecht darauf hinweist, daß über Anzahl und Größe der privaten Landhandelsbetriebe zuverlässige Angaben nur schwer zu erhalten sind. 7 Vgl. Swoboda, Fusion/Konzentration im Genossenschaftswesen, in: HdG, Spalte 544 ff.
1 Recktenwald
2
Einleitung
80% von mehr als 11.000 auf etwa 2.500 Einheiten im Jahre 1989 zurückgegangen sind 8 • Dieser Schrumpfung steht ein Größenzuwachs gegenüber, der bei den Genossenschaften mit Warenverkehr ("Gemischte Kassen" 9 und Bezugs- und Absatzgenossenschaften) und ihren Warenzentralen in den letzten 30 Jahren zu einer Umsatzvervierfachung auf über 32 Mrd. DM (Ende 1988) geführt hat 10• Davon entfallen allein 18 Mrd. DM auf die von den örtlichen Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr und den Bezugs- und Absatzgenossenschaften als "Primärgenossenschaften" 11 getragenen 11 regionalen Hauptgenossenschaften 12 ("Sekundärgenossenschaften"), die den zentralen Einkauf und den übergebietliehen Absatz als "wichtigste Großhändler der Primärgenossenschaften" 13 übernehmen, und auf die Deutsche Raiffeisen-Warenzentrale GmbH, Frankfurt am Main, die die Hauptgenossenschaften bei ihren Funktionen im An- und Verkauf unterstützt 14• Infolge der gewachsenen Leistungs- und Funktionsfahigkeit des Verbundes von Primärgenossenschaften und Warenzentrale innerhalb des gemeinsamen Arbeitsgebiets konnte der genossenschaftliche Anteil am Landwarenmarkt auf etwa zwei Drittel gesteigert werden 15 • Diese Entwicklung wird begünstigt durch das nicht zuletzt auf die "Schrittmacherfunktion" 16 der regionalen Genossenschaftsverbände und des Deutschen Raiffeisenverbands e. V., Bonn 17 , als nationaler s In diesen Zahlen sind auch die Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr enthalten; vgl. Swoboda, in: HdG, Spalte 446; DG Bank, Die Genossenschaften in der Bundesrepublik Deutschland 1989, Statistik, S. 16. 9 Terminologie nach Swoboda, in: HdG, Spalte 545. to Vgl. DG Bank, 1989, S. 18; vgl. zur Umsatzentwicklung im privaten Bereich: Straaten, S. 17 f. 11 Vgl. zur Terminologie innerhalb des ländlichen "Genossenschaftsverbunds": Kunze, in: HdG, Spalte 167 f.; Wiek, in: HdG, Spalte 1667. 12 Neun Hauptgenossenschaften weisen die Rechtsform der eG auf, zwei werden als AG bzw. GmbH betrieben, verfolgen aber ebenfalls den "genossenschaftlichen" Auftrag der Mitgliederförderung, der hier nur nicht gesetzlich (§ 1 Abs. 1 GenG) sondern satzungsmäßig zugrunde gelegt ist; vgl. die Auflistung bei Aschhoff I Henningsen, S. 70 . Vereinzelt gehören den Zentralen auch Nicht-Genossenschaften an, vgl. Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 38; Wasmer, Zentralgenossenschaften, Landwirtschaftliche, in: HdG, Spalte 1853. Statt der üblichen Bezeichnung "Hauptgenossenschaft" oder des die Stellung im Verbund verdeutlichenden Begriffs "Sekundärgenossenschaft" sind auch die allgemeinen Ausdrücke "Warenzentrale" oder "landwirtschaftliche Zentralgenossenschaft" gebräuchlich, vgl. Faust, S. 128; Wasmer, in: HdG, Spalte 1852; Niclas, a. a. 0., S. 38. 13 Swoboda, in: HdG, Spalte 547. 14 Vgl. zu den einzelnen Tätigkeitsbereichen der Zentralen: Aschhoff I Henningsen, S. 69 ff.; Wasmer, in: HdG, Spalte 1851 ff.; vgl. auch DG Bank, Die Genossenschaften in der Bundesrepublik Deutschland 1988, S. 30, sowie DG Bank, 1989, S. 18. 15 Vgl. Straaten, S. 23; vgl. zu den einzelnen Absatz- und Bezugsmärkten: Kopplin, S. 61 ff., 72 ff. mit ausführlichem Zahlenmaterial. 16 Horlacher, in: HdG, Spalte 1571. 17 Da praktisch alle ländlichen Genossenschaften im Raiffeisenverband zusammengeschlossen sind, werden auch die ländlichen Warengenossenschaften zu den sog. Raiffei-
Einleitung
3
Spitzenverband 18 zurückzuführende visuell und strategisch geschlossene 19, von genossenschaftsinterner Konkurrenz weitgehend freie 20 Auftreten des im Schrifttum sogar als "wirtschaftliche Einheit" 21 bezeichneten "Genossenschaftsverbunds"22. Diesem steht regelmäßig eine Vielzahl unkoordinierter privater Landhandelsbetriebe gegenüber, die sich im übrigen auch noch gegenseitig im Wettbewerb "bekämpfen" 23 . Dabei kommt es in letzter Zeit verstärkt zur Übernahme privater Landhandelsunternehmen durch ländliche Genossenschaften 24. "Die Akquisition privater Landhandelsunternehmen durch Genossenschaften wird aber aufgrund des hohen Konzentrationsgrades in Zukunft zunehmend auf fusionskontrollrechtliche Grenzen stoßen." 25 Diese Feststellung und die damit zusammenhängende Auffassung des Bundeskartellamtes, daß "die landesweiten Hauptgenossenschaften mit den lokalen Primärgenossenschaften als Mitglieder eine wettbewerbliehe Einheit" bilden 26, bestimmen den Rahmen der vorliegenden Untersuchung, die Ende Juni 1990 abgeschlossen wurde.
Sen-Genossenschaften gezählt; Kopplin, S. 11; Wiek, in: HdG, Spalte 1665: "Die ländliche Genossenschaftsorganisation- gleichbedeutend mit Raiffeisen-Organisation". 18 Geringere Bedeutung kommt insoweit dem Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V., Bonn, als nationaler Dachverband zu. Vgl. zum ländlichen Verbandswesen: Wülker, Genossenschaftsverbände in der Bundesrepublik Deutschland, in: HdG, Spalte 838 ff., 842 ff.; Aschhoff I Henningsen, S. 68, 76 f. 19 Vgl. Thimm I Besch, Marketing der Warengenossenschaften, in: HdG, Spalte 1135 ff., 1139 ff.; Erben I Klages, Werbung, Genossenschaftliche, in: HdG, Spalte 1684 ff. 20 Vgl. Kopplin, S. 30,50 mit Nachweisen; Bungenstock, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 26; Draheim, Die Genossenschaft als Untemehmungstyp, S. 71, 151 , 154. 21 Horlacher, in: HdG, Spalte 1558; Draheim, Untemehmungstyp, S. 145. 22 Die Begriffe "Genossenschaftsverbund", "genossenschaftlicher Verbund" und "Stufenverbund" werden im Schrifttum synonym zur Bezeichnung der ländlichen Stufenorganisation gebraucht, bei des es sich jedoch um keinen Verbund im konzernrechtlichen Sinne handeln soll; vgl. Pfüller, Der Genossenschaftsverbund, S. 3 ff.; Leffson, in: FS Draheim, S. 166 ff., Freund, Bundeszentralen, Genossenschaftliche, in: HdG, Spalte 225; Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 56; Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 34 ("Genossenschaftskonzem"); Westermann, Zum Rechtsbegriff des Verbundes bei Genossenschaften, in: Rechtsprobleme der Genossenschaften, S. 161 ff.; Draheim, Untemehmungstyp, S. 145, hat daher für die Zusammenarbeit der Stufenglieder im Genossenschaftsbereich einen anderen Ausdruck geprägt, nämlich den eines "Genossenschaftlichen Betriebskomplexes", dessen Charakteristikum darin bestehe, daß zwischen den einzelnen Stufen grundsätzlich keinerlei Markt- oder Kontrahentenverhältnis vorhanden sei. 23 Kopplin, S. 50. 24 Vgl. Kopplin, S. 87, 96 mit Nachweisen. 25 BKartA, Tätigkeitsbericht (TB) 1987!1988, BT-Drucks. 1114611, S. 90; ähnlich ImmengaiWinkler, in: ImmengaiMestmäcker, § 100 Rdnr. 113; Köhler, in: ZfgG Bd. 33 (1983), S. 127. 26 BKartA, a. a. 0 . I*
Hauptteil Die Aufarbeitung der anstehenden Rechtsprobleme richtet sich an folgenden Fallbeispielen aus: 1. Zusammenschluß zwischen einer Hauptgenossenschaft und einem privaten Landhandelsuntemehmen, das auf dem sachlichen und räumlichen Markt einer der Hauptgenossenschaft angeschlossenen marktbeherrschenden Primärgenossenschaft tätig ist. 2. Die Primärgenossenschaft übernimmt den privaten Konkurrenten selbst.
Erster Abschnitt
Aufgreifkriterien Die in § 100 GWB angeordnete Freistellung landwirtschaftlicher Vereinigungen von bestimmten Vorschriften des Kartellrechts erstreckt sich nicht auch auf die Vorschriften über die Zusammenschlußkontrolle (§§ 23 ff. GWB) 1• Allerdings ist den Kartellbehörden der Eintritt in die Überprüfung einer Untemehmensverbindung erst möglich, wenn ein Zusammenschluß im Sinne von § 23 Abs. 2 und 3 GWB vorliegt, der nicht unter die Freistellungen des § 24 Abs. 8 und 9 GWB fallt. Sind diese sog. Aufgreifkriterien erfüllt, hängt die Frage der Untersagungsbefugnis noch von weiteren Umständen (insbesondere der Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung) ab, die allgemein Eingreifkriterien genannt werden 2 • Entsprechend der Thematik dieser Arbeit werden aus dem Komplex der Aufgreifkriterien vorrangig die mit dem genossenschaftlichen Stufenverhältnis zusammenhängenden Fragekreise herausgegriffen. Die zu klärenden Probleme konzentrieren sich dabei auf die in den "Toleranzklauseln" 3 des § 24 Abs. 8 GWB geforderten Schwellenwerte, die ein Zusammenschluß überspringen muß, um Kleinmann I Bechtold, Einf. Rdnr. 88; Köhler, ZfgG Bd. 33 (1983), S. 126. Vgl. zur Unterscheidung Aufgreif- I Eingreifkriterien: Emmerich, Kartellrecht, S. 337. 3 Vgl. zum Begriff: Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 24 Rz. 61; MüllerGießler-Scholz, § 24 Rdnr. 21; Mestmäcker, in: Immengal Mestmäcker, § 24 Rdnr. 128; Harrns, in: GemKomm., § 24 Rz. 700: "Toleranz- oder Schwellenklauseln"; Frankf. Komm., § 24 Tz. 206: "Toleranz- und Bagatellklauseln". I
2
§ 1 Toleranz- und Anschlußklausel (§ 24 Abs. 8 Satz 1 Nm. 1 und 2 GWB)
5
kontrollpflichtig zu werden 4 • Weitgehend ausgeblendet bleibt die sog. Bagatellmarktklausel5 des § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 GWB, da diese im Gegensatz zu den mit Toleranz- und Anschlußklausel bezeichneten Bestimmungen des § 24 Abs. 8 Satz 1 Nm. 1 und 2 GWB 6 keine stufenverbundbedingten Sonderprobleme aufwirft. Insoweit entspricht es aber den auch auf den Regionalmärkten der Primärgenossenschaften anzutreffenden Regelgrößen, wenn den zu behandelnden Zusammenschlußfällen Märkte zugrunde gelegt werden, auf denen jährlich mindestens 10 Mio. DM umgesetzt werden (vgl. § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 GWB).
§ 1 Toleranz- und Anschlußklausel
(§ 24 Abs. 8 Satz 1 Nrn. 1 und 2 GWB) Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich der materiellen Zusammenschlußkontrolle in § 24 Abs. 8 GWB anhand quantitativer Kriterien stark begrenzt, um nur wettbewerbspolitisch schwerwiegende Zusammenschlüsse durch das Untersagungsverfahren zu belasten 7• So dürfen die Kartellbehörden einen Zusammenschluß im Sinne von § 23 Abs. 2 und 3 GWB nicht untersagen, wenn der Gesamtumsatz der beteiligten Unternehmen die in § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 GWB festgelegte Umsatzschwelle von 500 Mio. DM nicht erreicht. Ein solcher Zusammenschluß bleibt damit kontrollfrei 8 • Wird die 500-Mio.-DM-Schwelle hingegen erreicht oder überschritten, so kann der nach § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 GWB an sich kontrollpflichtige Zusammenschluß dennoch unter den Voraussetzungen der sog. Anschlußklausel des § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 GWB von der Zusammenschlußkontrolle freigestellt sein. Damit kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit bleibt, die in ihren Unternehmen steckenden Vermögenswerte zu verwerten 9, darf ein Zusammenschluß nämlich grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn der Umsatz des sich anschließenden Unternehmens im letzten 4 Vgl. zunächst die übersichtliche Darstellung bei Harrns, in: GemKomm., § 24 Rz. 700 ff. s Einheitlich gebrauchter Begriff für § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 GWB, vgl. Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 24 Rz. 71; Harrns, in: GemKomm., § 24 Rz. 701, 734 ff.; Frankf. Komm., § 24 Tz. 218 (zu § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 GWB a. F.). 6 Während sich für § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 GWB der Begriff Anschlußklausel durchgesetzt hat, gibt es bei § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 GWB keine übereinstimmende Terminologie. Der Begriff Toleranzklausel findet sich im Frankf. Komm.,§ 24 Tz. 211, und soll auch in dieser Arbeit verwendet werden. V gl. zu den sonst gebräuchlichen Bezeichnungen: Harrns, in: GemKomm., § 24 Rz. 701: "Umsatzklausel", Rz. 707: "Bagatell-Umsatzklausel"; Kleinmann I Bechtold, § 24 Rdnr. 165: "500-Millionen-Umsatzschwelle"; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 24 Rz. 65: "500 Mio. DM Umsatz". 7 Vgl. Begr. RegE 1971, BT-Drucks. Vl/2520, S. 32; vgl. zur "eminenten Bedeutung" der Toleranzklauseln: Harrns, in GemKomm., § 24 Rz. 705 f. mit aufbereitetem Zahlenmaterial. s Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 24 Rz. 65. 9 Vgl. Begr. RegE 1971, BT-Drucks. Vl/2520, S. 32.
6
Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Geschäftsjahr weniger als 50 Mio. DM betrug. Hat das erwerbende Unternehmen jedoch einen Umsatz von 1 Mrd. DM oder mehr, so bleibt der Zusammenschluß nur dann kontrollfrei, wenn das sich anschließende Unternehmen im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr Umsätze von weniger als 4 Mio. DM hatte.
A. Hauptgenossenschaft und privates Landhandelsunternehmen Ausgehend von einem Durchschnittsumsatz der Hauptgenossenschaften von rund 1,5 Mrd. DM 10 und einem über 5 Mio. DM liegenden Durchschnittsumsatz der privaten Landhandelsunternehmen 11 rücken jedenfalls Zusammenschlüsse zwischen Hauptgenossenschaften und privaten Landhandelsunternehmen in den der materiellen Zusammenschlußkontrolle unterliegenden Größenbereich. Dabei wird es regelmäßig um die Überschreitung der in der Anschlußklausel des § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 GWB aufgestellten Schwellenwerte gehen.
B. Primärgenossenschaft und privater Konkurrent Ein Zusammenschluß zwischen Primärgenossenschaft und privatem Landhandelsunternehmen müßte hingegen bei isolierter Betrachtung der Umsätze dieser Unternehmen regelmäßig der materiellen Zusammenschlußkontrolle entzogen sein. Denn der durchschnittliche Jahresumsatz der Bezugs- und Absatzgenossenschaften lag Ende 1988 bei etwa 10 Mio. DM 12 , während der Warenumsatz der "gemischtwirtschaftlichen" Kreditgenossenschaften, die neben dem Bankgeschäft das Warengeschäft nach der Art einer Bezugs- und Absatzgenossenschaft betreiben 13, nur etwa 3,8 Mio. DM betrug 14• Mag der für den privaten Landhandel skizzierte Durchschnittsumsatz auch sehr niedrig gegriffen sein, so wird aus den genannten Zahlen jedenfalls deutlich, 10 Ende 1988 lag der Umsatz der 11 Hauptgenossenschaften und der Deutsche Raiffeisen-Warenzentrale GmbH (DRWZ), Frankfurt a. M., bei 18,063 Mrd. DM, auf die DRWZ entfielen 1987 etwa 1,3 Mrd. DM; vgl. DG Bank, 1988, S. 38, 39, 79; DG Bank, 1989, S. 18. II Die genaue Bestimmung der Durchschnittsgrößen erweist sich im Bereich des privaten Landhandels als schwierig, da bereits die Angaben zur Anzahl der privaten Betriebe stark schwanken; Kunze, in: HdG, Spalte 169, nennt für das Jahr 1976 einen Durchschnittsumsatz von 8,8 Mio. DM; Straaten, S. 18, errechnete aus statistischen Untersuchungen von Jessen, S. 69, für das Jahr 1980 einen durchschnittlichen Umsatz von lediglich 5 Mio. DM je Landhandelsbetrieb, geht andererseits aber von einer 20prozentigen Umsatzsteigerung zwischen 1970 und 1980 aus. 12 1988 setzten 739 Bezugs- und Absatzgenossenschaften 7.467 Mio. DM um; vgl. DG Bank, 1989, S. 16, 18. 13 Vgl. dazu Aschhoff I Henningsen, S. 67 f. 14 1988 lag der Gesamtumsatz der 1785 Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr bei 6.726 Mio. DM; vgl. DG Bank, 1989, S. 16, 18.
§ 2 Verbundklausel (§ 23 Abs. 1 Satz 2 GWB)
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daß die addierten Größen einer Primärgenossenschaft und eines privaten Landhandelsunternehmensregelmäßig bereits weit von der 500-Mio.-Umsatzschwelle des § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. l GWB entfernt sind. An eine Kontrollpflicht derartiger Zusammenschlüsse wäre daher nur zu denken, wenn den Umsatzerlösen der am Zusammenschluß unmittelbar beteiligten Unternehmen anderweitige Umsätze hinzugerechnet werden könnten. Da praktisch alle Bezugs- und Absatzgenossenschaften und gemischtwirtschaftlichen Kreditgenossenschaften das Warengeschäft im "Verbund" 15 mit einer Hauptgenossenschaft als deren Mitgliedsgenossenschaften betreiben 16, könnte insoweit der "Verbundklausel" des § 23 Abs. l Satz 2 GWB 17 entscheidende Bedeutung zukommen.
§ 2 Verbundklausel (§ 23 Abs. 1 Satz 2 GWB) Gemäß § 24 Abs. 8 Satz 2 GWB sind bei der Berechnung der Umsatzerlöse die in§ 23 Abs. 1 Satz 2-10 GWB geregelten Verbund- und Zählklauseln anzuwenden. Dabei sichert die Verbundklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB die Gesamterfassung der wirtschaftlichen Ressourcen von Unternehmensgruppen, "die wegen gegenseitiger Verflechtungen in der Regel eine wettbewerbliehe Einheit bilden" 18 • In die bei § 24 Abs. 8 GWB vorzunehmende Umsatzaddition werden somit auch die Umsätze der gemäß §§ l7 und 18 AktG verbundenen Unternehmen miteinbezogen (Verbindung aufgrund von Abhängigkeit, Beherrschung und Konzernierung), wobei mehrere Unternehmen, die derart zusammenwirken, daß sie gemeinsam einen beherrschenden Einfluß auf ein beteiligtes Unternehmen ausüben können, jeweils als herrschendes Unternehmen angesehen werden (vgl. § 23 Abs. l Satz 2 Halbs. 2 GWB, sog. Mehrmütterklausel). Da der in § 23 Abs. l Satz 2 GWB enthaltene Verweis auf das Aktiengesetz lediglich der Begriffsbestimmung dient, brauchen die beteiligten Unternehmen keine Aktiengesellschaften zu sein; die Verbundklausel findet vielmehr auf sämtliche Unternehmen ohne Rücksicht auf deren Rechtsform Anwendung 19, also auch auf miteinander verbundene Genossenschaften 20 • Vgl. oben, S. 3 Fn. 22. Aschhoff I Henningsen, S. 69: "Alle gemischtwirtschaftlichen Kreditgenossenschaften"; Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 38: Die Einzelgenossenschaften sind "fast ausschließlich" Mitglied einer Warenzentrale. 17 Der Begriff Verbundklausel wird hier allgemein für sämtliche in § 23 Abs. 1 Satz 2 aufgeführte Unternehmensverbindungen gebraucht, umfaßt also auch die u. a. bei Müller-Gießler-Scholz, § 23 Rdnrn. 47-50, und im Frankfurter Kommentar, § 23 Tz. 97-100, in "Verbund- und Konzemklausel" sowie "Mehrmütterklausel" unterteilten Regelungen. 1s Vgl. Begr. RegE 1971, BT-Drucks. VI/2520, S. 26. 19 BGHZ 73, 359; BGH, WuW /E BGH 1655 (1656); BKartA, AG 1983, S. 197; vgl. Begr. RegE 1971, BT-Drucks. Vl/2520, S. 26. 15
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Marktbetrachtungen bleiben bei der Ermittlung der für Toleranz- und Anschlußklausel erheblichen Gesamtumsätze noch ausgespart, da es sich bei den in § 24 Abs. 8 Satz 1 Nm. 1 und 2 GWB enthaltenen Umsatzschwellen um absolute und nicht marktbezogene Größenkriterien handelt 21 • Insoweit ist es unerheblich, auf welchen Märkten die verbundenen Unternehmen ihre Umsätze tätigen. Allerdings sind zur Vermeidung von Doppelzählungen die sog. Innenumsatzerlöse (vgl. § 23 Abs. 1 S. 3 GWB) zwischen verbundenen Unternehmen, regelmäßig also Umsätze zwischen Mutter, Tochter und Schwestergesellschaften, aus den Gesamtumsätzen herauszurechnen 22 •
A. Der Abhängigkeitstatbestand
(§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 1 GWB) Über den Abhängigkeitstatbestand in Halbsatz 1 der Verbundklausel (Verweis auf§ 17 AktG) könnte ein Zusammenschluß zwischen Primärgenossenschaft und privatem Landhandelsunternehmen demzufolge kontrollpflichtig werden, wenn Primärgenossenschaften von "ihrer" jeweiligen Hauptgenossenschaft abhängig im Sinne dieser Vorschrift wären oder, was allerdings schwerer vorstellbar ist, wenn die am Zusammenschluß beteiligte Ortsgenossenschaft ihrerseits eine Hauptgenossenschaft beherrschen könnte. Denn vorbehaltlich fusionskontrollrechtlich bedingter Umsatzkürzungen und ausgehend von den bisher genannten Durchschnittsgrößen überschritten die Umsatzerlöse auf der Genossenschaftsseite dann sogar die 1-Mrd.-DM-Schwelle des§ 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 GWB, so daß allenfalls noch der freiwillige Anschluß eines Landhandelsuntemehmens, dessen Umsatz 4 Mio. DM ausnahmsweise nicht erreicht, durch die Anschlußklausel privilegiert würde.
I. Abhängigkeit der Primär- von der Sekundärstufe Bei der Hauptgenossenschaft als Zusammenfassung rechtlich selbständig bleibender Primärgenossenschaften liegt an sich die Annahme nahe, daß nur ein Einfluß der Primärgenossenschaften auf die "Zentrale", also "von unten nach oben" ausgeübt werden kann 23 • Auch der in § 1 Abs. 1 GenG enthaltene Förderungszweck, wonach Genossenschaften die rechtliche und soziale Selbständigkeit 2o Im Rahmen des Aktienrechts setzt die Anwendung der§§ 17, 18 AktG voraus, daß mindestens eines der beteiligten Unternehmen eine AG oder KGaA ist, vgl. Baumbach-Hueck, § 15 Anm. 7. 21 Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 807 mit Nachweisen. 22 Vgl. dazu und zu den übrigen Besonderheiten der gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 7 GWB vorzunehmenden fusionskontrollrechtlichen Umsatzberechnung: unten, S. 133 ff. 23 Westermann, in: PS Rheinhardt, S. 372.
§ 2 Verbundklausel (A. Der Abhängigkeitstatbestand)
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der Genossen nicht antasten dürfen 24, läßt dies vermuten. Die tatsächliche Entwicklung im Genossenschaftswesen zeigt sichjedoch bereits an der unbefangenen Verwendung der Begriffe "Verbundspitze" 25 und "Leitungsuntemehmen" 26 für die ,,Zentralgenossenschaften" 27 • Bisweilen wird das Verhältnis zwischen genossenschaftlicher Primär- und Sekundärstufe auch als "Genossenschaftskonzem" bezeichnet 28 , der zwar von der gesellschaftsrechtlichen Konzeption her von unten nach oben aufgebaut sei 29 ("umgestülpter Konzern" 30), bei dem jedoch de facto die Zentralgenossenschaft als Verbundspitze ihrerseits einen vielfachen Einfluß auf die "angeschlossenen" Genossenschaften ausübe 31 • Angesichts der Größe und der zunehmenden Geschlossenheit des Verbundes zwischen Primärgenossenschaften und ihren regionalen und überregionalen Zentralen habe sich die "Richtung der Steuerung" geändert 32; die ehemals genossenschaftliche Hilfs-und Ergänzungswirtschaft (Hauptgenossenschaft als Genossenschaft der Genossenschaften) werde zur dominierenden Wirtschaftszentrale 33 • In der Genossenschaftspraxis ist es also ein bekanntes Phänomen, daß Hauptgenossenschaften einen erheblichen Einfluß auf die Leitung der Primärgenossenschaften nehmen können und auch nehmen 34 • Fraglich ist jedoch, ob dies auch eine Abhängigkeit im Sinne der Verbundklausel begründet.
Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 19. Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 163 f.; Henzler, ZfgG Bd. 14 (1964), S. 422; Pfüller, S. 122; Großfeld I Aldejohann, in: 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, S. 17. 26 Uhlich, Genossenschaften sind auch heute noch eine Antwort auf strukturelle Probleme, Die Welt Nr. 181 v. 7.8.1974. 21 Vgl. zu diesem, dem Sprachgebrauch der Wirtschaft entstammenden Begriff: Pfüller, S. 3; Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 38. Das Schrifttum beschränkt sich häufig auf die Bezeichnung "Zentrale"; vgl. etwa Pfüller, S. 106; Niclas, a. a. 0., S. 38/49; Schröder, in: Planung im Genossenschaftswesen, ZfgG Sonderheft 1967, s. 57 ff. 2s Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 34; vgl. auch den Geschäftsbericht 1979 der Raiffeisen-Viehzentrale Schleswig-Holstein e. G., Harnburg 1980, z. B. S. 64 ff., wo sich Raiffeisen-Genossenschaften selbst als "Raiffeisen-Konzem" bezeichnen. 29 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 34. 30 ZENTGENO, S. 108, wo diese Bezeichnung aber verdeutlichen soll, daß es sich bei den mehrstufigen Verbundgruppen gerade nicht um Konzerne handelt. 31 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 34; vgl. auch Pleyer I Brühmann, S. 427; vgl. speziell zu den landwirtschaftlichen Genossenschaften: Kopplin, S. 28 f., der die Raiffeisen-Genossenschaften in ihrer Gesamtheit als "Quasi-Konzern" einstuft bei "direktem Abhängigkeitverhältnis" zwischen Primär- und Hauptgenossenschaften. 32 Vgl. auch Henzler, ZfgG Bd. 14 (1964), S. 442: "Verlagerung von Mitentscheidungsbefugnissen nach oben, auf eine in der Regel regionale Spitze"; Engelhardt, Funktionswandel, S. 105: " ... ein stärker von oben nach unten als von unten nach oben gelenkter Genossenschaftsverbund"; ähnlich Dechant, S. 168 ff. 33 Bartling, Zeitschrift für die Gesamte Staatswissenschaft 128. Bd. (1972), S. 140. 34 Henzler, ZfgG Bd. 14 (1964), S. 442; Merle, AG 1979, S. 271. 24
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien I. Aktienrechtliche Abhängigkeit
Die kartellrechtliche Verbundklausel ist jedenfalls dann erfüllt, wenn die Bezugsnormen der§§ 17, 18 AktG nach aktienrechtlichem Verständnis vorliegen 35 , freilich mit der Erweiterung, daß keines der verbundenen Unternehmen eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien zu sein braucht 36• Im Hinblick auf die eigenständige Zielrichtung der Zusammenschlußkontrolle wird eine Abhängigkeit allerdings zunehmend bei niedrigeren Eingriffsschwellen als im Aktienrecht angenommen 37 • Hierauf wird später zurückzukommen sein 38• Nach § 17 Abs. 1 AktG liegt Abhängigkeit vor, wenn ein Unternehmen auf ein anderes rechtlich selbständiges Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß ausüben kann. Die maßgeblichen Kriterien für die aktienrechtliche Abhängigkeitsprüfung sind schon im Thega-Urteil des Reichsgerichts aus dem Jahre 1941 enthalten 39: " ••• danach ist für das Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses entscheidend, daß das herrschende Unternehmen über Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen, das abhängige Unternehmen seinem Willen zu unterwerfen und diesen bei ihm durchzusetzen. Welche Mittel es hierzu befähigen, ist ohne Belang. Neben rechtlichen Gestaltungen, die einen beherrschenden Einfluß gewährleisten, können es auch tatsächliche Gegebenheiten sein, die einem Unternehmen das Übergewicht über ein anderes verleihen." 40 Ausgehend von dieser Formel 41 soll zunächst eine Beherrschungsmöglichkeit 42 aufgrund "rechtlicher Gestaltungen" geprüft werden. 35 Allgemeine Auffassung, vgl. Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 39 mit weiteren Nachweisen; Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 809; KG, WuW IE OLG 1993, 1994, "Organische Pigmente"; vereinzelt wird jedoch auch die Möglichkeit angedeutet, der fusionskontrollrechtliche Abhängigkeitstatbestand könne im Einzelfall einer engeren Auslegung als im Aktienrecht zugänglich sein, vgl. G. Wiedemann, Gemeinschaftsunternehmen, S. 215 f.; Köhler, NJW 1978, 2473, 2474; dagegen Fischer, S. 28 f. 36 BGH, WuW IE BGH 1656, ,,Zementmah1an1age II"; Langen I Nieder1eithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 88. 37 Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 41 mit Rechtsprechungsnach weisen; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 90; Westrick, in: Westrick I Loewenheim, § 23 Rdnr. 75; Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 811; Fischer, S. 39; Monopolkommission, Hauptgutachten III, Tz. 566 sowie die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme dazu, BT-Drucks. 9 I 460, S. 6, Tz. 15; ablehnend Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 28 ff., 33 ff. ; G. Wiedemann, ZHR 146 (1982), s. 296, 300. 38 Vgl. unten, S. 26 ff. 39 RGZ 167, 40, 49. 40 Übereinstimmend BGHZ 62, 193, 199; Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 809; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 39 mit weiteren Nachweisen. 41 Vereinzelt wird der Wert dieser immer noch herrschenden Formel in Frage gestellt, vgl. Koppensteiner, in: Kölner Kommentar, § 17 Rdnr. 19, und GeBier, in: GeBier I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 17 Rdnr. 27, wonach jeder Einfluß als beherrschend
§ 2 Verbundklausel (A. Der Abhängigkeitstatbestand)
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a) Abhängigkeit aus Rechtsgründen Eine derartige Abhängigkeit wäre nur denkbar, wenn das Genossenschaftsrecht die Beherrschung einer Genossenschaft auf legalem Wege überhaupt ermöglicht. Daß es im Genossenschaftswesen "herrschende" Genossenschaften geben ~ann, wurde zwar bis zum Inkrafttreten des Bilanzrichtliniengesetzes vom 19.12.1985 durch das Genossenschaftsgesetz ausdrücklich bestätigt. So ist nach § 1 Abs. 2 GenG die Beteiligung einer Genossenschaft an Gesellschaften und sonstigen Personenvereinigungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, wobei gemäß § 33 d GenG a. F. in der Jahresbilanz der Genossenschaften Forderungen an (Abs. 1 A. Ill. Nr. 9) und Verbindlichkeiten gegenüber (Abs. 1 B. V. Nr. 7) "abhängigen Unternehmungen und Konzernunternehmungen" auszuweisen waren (vgl. jetzt §§ 336 Abs. 2, 266 HGB). Auf "abhängige" Genossenschaften enthält das Genossenschaftsgesetz hingegen keinen Hinweis. Da auch das genossenschaftsrechtliche Schrifttum bei der Aufarbeitung der Problematik verbundener Genossenschaften sehr zurückhaltend ist 43, sollen die in Betracht kommenden rechtlichen Beherrschungsmöglichkeiten insbesondere auf ihre Vereinbarkeit mit dem Genossenschaftsgesetz hin untersucht werden. aa) Stimmrechte Das naturgemäß wichtigste Instrument der Beherrschung sind Stimmrechte, die von einer maßgeblichen Beteiligung oder aus Satzung, Stimmrechtsvereinbarungen mit anderen Gesellschaftern und dergleichen erwachsen 44 • Solche Beherrschungsmittel scheiden für die Hauptgenossenschaften jedoch schon nach der Verbundkonzeption aus, da nicht sie an den Primärgenossenschaften, sondern die Primärgenossenschaften an ihnen beteiligt sind. Durch Geschäftsanteile und Stimmrechte könnten daher allenfalls die Hauptgenossenschaften seitens der angesehen wird, der es dem herrschenden Unternehmen ermöglicht, die gesetzlichen oder satzungsmäßigen Organe des abhängigen Unternehmens zu besetzen und damit über diese dessen Unternehmens- und Geschäftspolitik zu bestimmen; jedenfalls bietet die klassische Formel des Reichsgerichts einen ersten Anhaltspunkt zur Auslegung des § 17 AktG im Einzelfall (so auch Fischer, S. 50 mit weiteren Nachw. zur h. M. in Fn. 7); vgl. auch K. Schmidt, ZGR 1980, S. 285: "Daß diese Formel die Probleme des Einzelfalls nicht löst, sondern nur zeigt, wo sie liegen, schmälert ihren Wert nicht." 42 Eine Abhängigkeit i. S. des § 17 Abs. 1 AktG wird bereits durch die Beherrschungsmöglichkeit begründet. Die tatsächliche Ausübung des beherrschenden Einflusses oder eine entsprechende Absicht sind nicht erforderlich; siehe § 17 Abs. 1 AktG: "ausüben kann"; vgl. Begr. RegE zu§ 17 AktG, abgedruckt bei Kropff, AktG, S. 31; BGHZ 62, 193, 201; KG,WuW/E OLG 1993, 1994; Würdinger, in: Großkomm., § 17 Anm. 4; Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 170 (zu § 23 Abs. 2 Nr. 5 GWB). 43 Seit den entsprechenden Feststellungen bei Merle, AG 1979, S. 265, und Schneider, JR 1978, S. 261 (beide mit Nachweisen zum einschlägigen Schrifttum), hat sich aber Müller, GenG, Anh. II § 93 s Rn. 40 ff., 101 ff., dieser Problematik angenommen. 44 Vgl. Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 809; Mestmäcker, in: Immenga/ Mestmäcker, § 23 Rdnr. 43 mit zahlreichen Nachweisen.
Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
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Primärgenossenschaften beherrscht werden, was an anderer Stelle 45 zu vertiefen sein wird 46 • bb) Beherrschungsvertrag Die Effektivität des verbundwirtschaftliehen Zusammenwirkens 47 hängt regelmäßig maßgeblich davon ab, daß sich die am Verbund beteiligten Unternehmen für die betriebswirtschaftliehen Entscheidungen innerhalb des einzelnen Unternelunens Leitsätzen unterwerfen, die einheitlich von der Verbundspitze entwickelt werden 48 • Die Festschreibung derartiger Leitsatzkompetenzen und damit verbundener Weisungsbefugnisse erfolgt zumeist in Beherrschungsverträgen, deren rechtliche Einkleidung auch in Form von Satzungsbestimmungen bei der herrschenden Verbundspitze und I oder beim beherrschten Unternehmen erfolgen kann 49 • Das im Industriekonzern geltende Prinzip der uneingeschränkten Weisungsbefugnis etwa im Sinne des § 308 AktG ist im Genossenschaftssektor allerdings nicht anzutreffen 50, zumal ein Unternehmensvertrag, durch den sich eine Genossenschaft der Leitung eines anderen Unternehmens unterstellt, für genossenschaftsrechtlich unzulässig gehalten wird 51 • Einer Zentralgenossenschaft soll es aber freistehen, "im Rahmen der rechtlichen Grenzen statutarische oder einzelvertragliche Abnahme- und Lieferpflichten, Auskunfts- bzw. Unterlassungs- und Duldungspflichten zu begründen" 52 , was praktisch darauf hinauslaufen könne, "daß die Genossenschaft die von der Verbundspitze aufgestellten Leitsätze einzuhalten hat" 53 • Auch wenn der statutarisch oder einzelvertraglich abgesicherten "Integration" 54 der Mitgliedsgenossenschaften in der Praxis "keine allzu große Bedeutung" beigeVgl. unten, S. 32 ff., 35 ff. Vgl. zur genossenschaftsrechtlichen Zulässigkeit der durch Mehrheitsbeteiligung begründeten Abhängigkeit einer Genossenschaft: Merle, AG 1979, S. 268 f. ; Müller, GenG, Anh. II § 93 s Rn. 46 f. 47 Der Begriff des verbundwirtschaftliehen Zusammenwirkens wird hier allgemein gebraucht; mit "Verbundwirtschaft" wird ansonsten vor allem die Verbindung von Betrieben im energiewirtschaftliehen Bereich bezeichnet; vgl. dazu Pfüller, S. 4 mit Nachweisen. 48 Henzler, ZfgG Bd. 14 (1964), S. 442; Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 163; vgl. auch Neumann, S. 49. 49 Vgl. Merle, AG 1979, S. 267. 50 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 35; Westermann, in: Rechtsprobleme, s. 166. 51 Müller, GenG, Anh. II § 93 s Rn. 40, 50; Neumann, S. 166; differenzierend Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 172. 52 Neumann, S. 169; ähnlich Westermann, in: FS Reinhardt, S. 372 f. 53 Westermann, in: FS Reinhardt, S. 373. 54 Vgl. zum Begriff der integrierten Genossenschaft: Dü1fer, Integrierte Genossenschaft, in: HdG, Spalte 995 ff., 1000; speziell zur vertikalen Integration bei den ländlichen Genossenschaften: Pabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NF /Bd. 41 (1963), S. 44 ff.; Faust, S. 136 f. 45
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§ 2 Verbundklausel (A. Der Abhängigkeitstatbestand)
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messen wird 55 , sei dennoch im Hinblick auf denkbare Ausnahmeerscheinungen kurz auf die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und ihre Eignung als Beherrschungsmittel eingegangen. Der Ausweitung hauptgenossenschaftlicher Steuerungsmöglichkeiten auf statutarischer oder einzelvertraglicher Basis sind enge genossenschaftsrechtliche Grenzen gezogen.
(1) Genossenschaftszweck Nach § 1 Abs. 1 GenG muß die Genossenschaft als Zweck die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder verfolgen. Würde sie sich den Interessen eines anderen Unternehmens völlig unterordnen, so würde ein Begriffsmerkmal der Genossenschaft entfallen, nämlich die Verfolgung des genossenschaftsimmanenten Förderungszwecks 5 6 • Insofern ist ein Vertrag, durch den sich eine Genossenschaft der Leitung eines anderen Unternehmens unterstellt, grundsätzlich mit dem Genossenschaftszweck unvereinbar 57 • Indessen verbietet der Genossenschaftszweck es nicht, daß sich eine Genossenschaft in ihrer Geschäftsführung Leitsätzen unterwirft, die den Zweck haben, die Betriebe der Genossen zu fördern 58 • Weisungen, die sich ausschließlich am Förderungszweck der "beherrschten" Genossenschaft orientieren, wären mit dem Genossenschaftszweck vereinbar 59 • Ein diesbezüglicher Unternehmensvertrag stellte sich allerdings auch nur als Teilbeherrschungsvertrag dar, weil er nicht die Verpflichtung der beherrschten Genossenschaft begründet, sämtlichen Weisungen des herrschenden Unternehmens hinsichtlich der Leitung der Genossenschaft zu folgen (vgl. § 308 AktG) 60 •
(2) Leitungsmacht des Vorstandes Selbst ein Teilbeherrschungsvertrag läßt sich aber nicht mit § 27 Abs. 1 Satz 1 GenG vereinbaren. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 GenG hat der Vorstand die Genossenschaft unter eigener Verantwortung zu leiten. Er braucht dabei nur ausschließlich solche Beschränkungen zu beachten, die durch das Statut festgesetzt worden sind (§ 27 55 Pfüller, S. 6; Draheim, Untemehmungstyp, S. 156; Feuerbom, S. 49; Kunze, in: HdG, Spalte 179. 56 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 35; Merle, AG 1979, 266; Müller, GenG, Anh. II § 93 s Rn. 40. 57 Ähnlich Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 167, 172; Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 35. ss Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 172 f. 59 So auch Merle, AG 1979, S. 266. 60 Merle, AG 1979, S. 266, 267.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Abs. 1 Satz 2 GenG). Anders als nach § 27 Abs. 1 GenG alter Fassung, der noch ein gegenüber dem Vorstand unbegrenztes Weisungsrecht der Generalversammlung zuließ, unterliegt der Vorstand seit der Genossenschaftsgesetznovelle von 1973 grundsätzlich keinen Weisungen Dritter mehr. Auch die einzig zulässigen statutarischen Bindungen erfahren durch das in § 27 Abs. 1 Satz 1 GenG zum Ausdruck kommende Prinzip der Eigenverantwortung eine deutliche Beschränkungsgrenze, die in der Satzung vorgesehene Einzelanweisungsbefugnisse der Generalversammlung oder des Aufsichtsrates verbietet 61 • Satzungsbestimmungen, die derartige Befugnisse regeln, sind deshalb nach § 134 BGB nichtig 62 • Kollidieren schon solche internen Regelungen mit dem Gebot der Eigenverantwortung des Vorstandes, so gilt dies erst recht für externe Weisungsbefugnisse. Denn wer auf Weisung und damit im Einzelfall gegen seine eigene Überzeugung handeln muß, ist abhängig und leitet nicht mehr unter eigener Verantwortung 63 • Selbst ein Teilbeherrschungsvertrag, der seine Verankerung im Genossenschaftsstatut gefunden hat, ist daher unzulässig. Schon gar nicht können einer Primärgenossenschaft entsprechende Bindungen als Mitglied einer Hauptgenossenschaft durch deren Statut auferlegt werden 64• Mit dem genossenschaftsrechtlichen Verbot der Weisungsgebundenheit des Vorstandes könnte es allenfalls vereinbar sein, Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstandes von der Zustimmung der Hauptgenossenschaft abhängig zu machen. cc) Zustimmungsvereinbarungen Solche Zustimmungsbefugnisse hätten zur Folge, daß der Vorstand beabsichtigte Geschäftsführungsmaßnahmen unterlassen müßte, wenn die Hauptgenossenschaft ihre Zustimmung verweigert. Die Eigenverantwortung des Vorstandes würde dadurch nicht beeinträchtigt, da er die Zustimmung nur für solche Geschäfte einzuholen brauchte, die er selbst plant. Allerdings darf dem Vorstand nicht vorgeschrieben werden, etwas nur mit Zustimmung Dritter zu unterlassen. Denn dann müßte sich der Vorstand insoweit eigenverantwortungswidrig entgegen seiner eigenen Überzeugung verhalten und einen solchen Zwang zum Tätigwerden läßt § 27 Abs. 1 Satz 1 GenG nicht zu 65 • 61 H. M., vgl. Begr. des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, BT-Drucks. 71659, S. 4; Schnorr v. Carolsfeld, ZfgG Bd. 23 (1973), S. 15 f.; Schaffland, in: Lang I Weidmüller, § 27 Rdnm. 7 u. 9; Schubert/ Steder, § 27 Rz. 5; Schultz, NJW 1974, S. 163; Beuthien, ZfgG Bd. 25 (1975), S. 186 mit Nachw.; a. A. Müller, GenG, § 27 Rn. 6 u. 8, sowie Westermann, in: FS Reinhardt, S. 362, für Weisungen der Generalversammlung (leider ohne Begründung). 62 GeBier, in: FS Reinhardt, S. 244; Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 27 Rdnr. 9 mit Nachweisen. 63 Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 27 Rdnr. 7. 64 Vgl. Merle, AG 1979, S. 267.
§ 2 Verbundklausel (A. Der Abhängigkeitstatbestand)
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Schuldrechtliche Vereinbarungen, durch die sich die Genossenschaft und I oder ihr Vorstand gegenüber einem Dritten dazu verpflichten, bestimmte Geschäfte nur mit seiner Zustimmung zu tätigen, sind demnach grundsätzlich mit der Eigenverantwortung des Vorstandes vereinbar 66 • Da § 27 Abs. 1 Satz 2 GenG aber nur Beschränkungen durch das Statut zuläßt, müßten die Person des Zustimmungsberechtigten und alle zustimmungsbedürftigen Geschäftsführungsmaßnahmen erst in die Satzung transformiert werden. Das Erfordernis der Aufzählung der zustimmungsbedürftigen Geschäftsführungsmaßnahmen läßt sich dabei § 27 Abs. 2 GenG entnehmen, wonach der Vorstand nur "für einzelne Geschäfte" an die Zustimmung anderer gebunden werden darf. Nicht etwa würde also eine Klausel ausreichen, daß "alle Geschäfte von besonderer Bedeutung" oder "alle grundsätzlichen Fragen der Geschäftsführung" zustimmungsbedürftig sein sollen67. Andererseits wären aber auch detaillierte Einzelregelungen wenig sinnvoll, da sie im Hinblick auf die sich ständig verändernden Erfordernisse der Geschäftspolitik zu statisch wären und da sie auch die Handlungsfähigkeit des Vorstandes außerordentlich lähmen würden. Umfangreichere Zustimmungserfordernisse wären daher nicht praktikabel. Schließlich ließe sich auf diesem Wege aber auch deshalb keine beherrschende Einflußnahme erreichen, weil der Vorstand letztlich doch nur solche Geschäfte durchzuführen brauchte, die er auch selbst vornehmen will. Denn Zustimmungsbefugnisse könnten eine Hauptgenossenschaft lediglich in die Lage versetzen, bestimmte Entscheidungen bei der Primärgenossenschaft zu blockieren. Zum Wesen der Abhängigkeit im aktienrechtlichen Sinne gehört aber gerade die Möglichkeit "positiver" Einflußnahme 68. Zwar wird vereinzelt bereits eine "negative" Beherrschung, die sich darauf beschränkt, unerwünschte Entscheidungen und Entwicklungen zu verhindern, als abhängigkeitsbegründend angesehen 69 . Andererseits soll die negative Einflußnahme aber erst dann zur Unterwerfung führen, wenn sie den Beherrschten in seiner Entscheidungsfreiheit so einengt, daß er, will er seine Existenz nicht bedrohen, nur noch Entscheidungen im Sinne des Herrschenden treffen kann 70. Zustimmungsvereinbarungen zwischen Haupt- und Primärgenossenschaften, die derartige Einflußmöglichkeiten eröffneten, ließen sich jedoch weder mit dem genossenschaftlichen Förderungszweck noch mit der Leitungsmacht des Vorstandes ver65 Vgl. Beuthien, ZfgG Bd. 25 (1975), S. 194. 66 Beuthien, ZfgG Bd. 25 (1975), S. 195; vgl. auch Neumann, S. 164. 67 Vgl. Geßler, in: FS Reinhardt, S. 245; Beuthien, ZfgG Bd. 25 (1975), S. 196; unklar Neumann, S. 164, die Zustimmungserfordernisse anscheinend grundsätzlich mit dem "Gebot der Selbstorganschaft" für unvereinbar hält. 68 H. M., vgl. Dierdorf, S. 50; Rasch, AG 1979, S. 49; Rittner, DB 1976, S. 1468; Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 17 Rdnr. 22 mit weiteren Nachweisen. 69 So vor allem Wemer, Abhängigkeitstatbestand, S. 43 mit Nachweisen. 70 Vgl. Wemer, Abhängigkeitstatbestand, S. 44.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
einbaren 71 und wären daher wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 Satz 1 GenG nach § 134 BGB nichtig. Kann die Einhaltung der von der Hauptgenossenschaft aufgestellten Leitsätze demnach weder durch Teilbeherrschungsverträge mit Weisungsbefugnissen noch durch das Aufstellen von Zustimmungserfordernissen sichergestellt werden, so bleibt allerdings die Möglichkeit, auf den Genossenschaftsverbund bezogene Unternehmensrichtlinien in für den Vorstand verbindlicher Weise statutarisch festzulegen. Denn gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GenG sind sachliche Beschränkungen, die bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen von der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes ausnehmen oder die dem Vorstand für bestimmte Gattungen von Rechtsgeschäften inhaltliche Grenzen ziehen, zulässig72. dd) Vereinbarungen über die sachliche Beschränkung des Vorstandes I statutarische Nebenleistungspflichten Sachliche Beschränkungen bedeuten für den Vorstand zwar keinen Zwang zur Vornahme bestimmter Handlungen, da nur sein Geschäftsbereich eingegrenzt werden kann, sei es durch enge Festschreibung des Tätigkeitsbereichs der Genossenschaft73 oder durch Übertragung bestimmter Geschäftsbereiche auf den Aufsichtsrat oder auf die Generalversammlung, soweit dies nach § 38 Abs. 3 und § 43 Abs. 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 GenG statthaft ist 74 • Eine durch § 27 Abs. 1 Satz 2 GenG gebilligte inhaltliche Beschränkung der Leitungsmacht des Vorstandes wird aber auch darin erblickt, daß sich eine Genossenschaft durch das Statut die Verpflichtung auferlegt, bestimmte Produkte an die Zentralgenossenschaft zu liefern und I oder von dieser zu beziehen 75 • Genossenschaftsrechtlich sei auch "nichts dagegen einzuwenden", wenn durch solche statutarischen Nebenleistungspflichten "zumindest partiell ein beherrschender Einfluß auf eine Genossenschaft ermöglicht wird" 76 • Obwohl diese Ansicht mit der eigenverantwortlichen Leitungsmacht des Vorstandes nur schwer zu vereinbaren ist, da derartige Leitsätze den Vorstand möglicherweise zu Geschäften nötigen, die er - zumindest in eigener Verantwortung 71 Vgl. Geßler, in: FS Reinhardt, S. 245: "Die Zustimmungsbedürftigkeit muß Ausnahmecharakter haben". n Beuthien, ZfgG Bd. 25 (1975), S. 196. 73 Müller, GenG, § 27 Rn. 7. 74 V gl. zur Zulässigkeil der Aufteilung der Geschäftsführungskompetenz zwischen den einzelnen Genossenschaftsorganen: Beuthien, ZfgG Bd. 25 (1975), S. 197-199 mit ausführlicher Darstellung des diesbezüglichen Streitstands. 75 Merle, AG 1979, S. 268 u. 274; Gallwitz, S. 152. 76 Merle, AG 1979, S. 268; vgl. zu der im Schrifttum umstrittenen Frage, ob und inwieweit eine partielle Beherrschungsmöglichkeit für§ 17 AktG genügt: Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 17 Rdnr. 24 f.; Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 171, jeweils mit zahlreichen Nachweisen.
§ 2 Verbundklausel (A. Der Abhängigkeitstatbestand)
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-nicht vornehmen will, finden sich in einigen Satzungen der ländlichen Warengenossenschaften tatsächlich Bestimmungen wie: "Der Einkauf der Waren erfolgt bei der zuständigen genossenschaftlichen Warenzentrale, in begründeten Ausnahmefällen auch bei anderen Genossenschaften und Handelsfirmen" 77 • Durch solche Verbundgrundsätze wird jedoch noch keine zu einer Abhängigkeit führende Bindung zwischen Haupt- und Mitgliedsgenossenschaft erreicht, da der diesbezügliche innere Willensvorgang der betreffenden Primärgenossenschaft jederzeit rückgängig gemacht werden kann und sich die Hauptgenossenschaft zudem nicht auf die Satzungsbestimmung der Primärgenossenschaft berufen kann 78 • Entsprechend der auf der Ortsstufe häufig anzutreffenden Praxis der statutarischen Festschreibung von Nebenleistungspflichten der Mitgliedsbetriebe 79 könnte man insoweit zwar daran denken, auch auf höherer Stufe Andienungs- und Bezugspflichten der Primärgenossenschaften als mitgliedschaftliehe Teilnahmepflichten 80 in die Satzung der Hauptgenossenschaft aufzunehmen. Allerdings fehlte der damit verbundenen Leitungsmachtbeschränkung der Primärgenossenschaftsvorstände bereits die erforderliche genossenschaftsrechtliche Grundlage, da die Geschäftsführungskompetenz des Vorstandes nach § 27 Abs. 1 Satz 2 GenG allein durch die Satzung der von ihm geleiteten, nicht aber etwa durch die Satzung einer dritten Genossenschaft inhaltlich beschränkt werden kann. Zudem könnten Andienungs- und Abnahmepflichten auch erst dann einen beherrschenden Einfluß sichern, wenn es sich bei diesen um Ausschließlichkeitsbindungen handeln würde 81 • Derartige Sonderpflichten der Primärgenossenschaften kollidierten jedoch mit § 1 GenG und wären daher unzulässig. Denn Inhalt und Umfang der Nebenleistungspflichten müssen durch den konkreten Förderungszweck der Genossenschaft sachlich gerechtfertigt sein 82• Sie sind nur zulässig, wenn sie ihrem Inhalt nachangesichtsder gesamten wirtschaftlichen Umstände sachlich geboten und für die Genossen zurnutbar sind 83 • Das ist jedenfalls dann nicht mehr der Fall, wenn den Mitgliedern so weitgehende Andienungsund Abnahmepflichten auferlegt werden, daß ihnen jede Entfaltung ihres Individualwillens im Hinblick auf ihren eigenen Betrieb genommen wird und dieser Vgl. Orel, S. 173 mit Nachweisen. Orel, S. 173. 79 Vgl. die Beispiele bei Michel, S. 21 f.; vgl. auch Orel, S. 15 und 23 ff. (zur Zulässigkeil von Nebenleistungspflichten); vgl. ferner die Beispiele bei Bayer!, S. 32 ff., insb. S. 42 ff. 80 Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 18. 81 Vgl. zur Begrundung eines Abhängigkeitsverhältnisses durch Ausschließlichkeitsbindungen: Dierdorf, S. 133 ff.; KleinmanniBechtold, § 23 Rdnrn. 181, 354; Fischer, 11
78
S. 64. 82
83
Müller, GenG, § 7 Rn. 32 mit weiteren Nachweisen. Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 16 Rdnr. 16.
2 Recktenwald
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
seine wirtschaftliche Selbständigkeit verliert 84, was mit Ausschließlichkeitsbindungen verbunden wäre. Damit würde der Betrieb der Primärgenossenschaft zu einem Nebenbetrieb der Hauptgenossenschaft werden, die sich ihrerseits zu einem ihrem Förderungszweck entfremdeten Erwerbsunternehmen entwickeln würde 85 . Darüberhinaus begegnen derartige Ausschließlichkeitsbindungen auch kartellrechtlichen Bedenken. Denn wenn den Primärgenossenschaften die Verpflichtung zum ausschließlichen Warenbezug bei der Hauptgenossenschaft auferlegt würde, wäre § 1 GWB erfüllt86 • Entsprechendes gilt hinsichtlich der Pflicht zur ausschließlichen Anlieferung von Produkten der Primärgenossenschaft 87 . Zwar ist der Absatzzwang in den Grenzen der Bereichsausnahme des § 100 GWB für die ländlichen Genossenschaften als Erzeugervereinigung oder als Vereinigung von Erzeugervereinigungen ausnahmsweise möglich. Nicht von der Freistellung erfaßt ist dagegen der Einkauf landwirtschaftlichen Bedarfs, da sich die Freistellung nur auf die Absatzförderung vom Erzeuger zum Verbraucher bezieht 88 . Jedenfalls der Bezugszwang ist somit durch das GWB schlechthin untersagt 89. Es verwundert daher nicht, daß Nebenleistungspflichten in Form von Bezugsoder Andienungspflichten der Primärgenossenschaften in den Satzungen der Hauptgenossenschaften nicht vorkommen 90 • Daß dennoch beispielsweise im Jahre 1980 ca. 58% der Umsätze der Bezugs- und Absatzgenossenschaften und der Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr über Hauptgenossenschaften abgewickelt wurden 91 , folgt somit wohl eher aus Genossenschaftstreue 92 und der Tatsache, daß die Hauptgenossenschaften ihren Mitgliedern regelmäßig günstigere Bedingungen bieten können als die Konkurrenz 93. Allerdings wäre es denkbar, daß die Primärgenossenschaften schon aufgrund der Mitgliedschaft in der Hauptgenossenschaft dazu verpflichtet sind, ihre betrieblichen Entscheidungen auf die hauptgenossenschaftliche Unternehmensführung aus "Genossenschaftstreue" abzustimmen, woraus sich eine abhängigkeitsbegründende Willensunterwerfung ergeben könnte.
84 Paulick, Genossenschaft, S. 196. 85 Vgl. Paulick, Genossenschaft, S. 196; Müller, GenG, § 7 Rn. 32.
86 Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 164; Müller, GenG, § 7 Rn. 57 mit weiteren Nachweisen. 87 Vgl. Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 16 Rdnr. 16; s. auch die Nachweise bei Müller, GenG, § 7 Rn. 57. 88 Schaffland, in: Lang I Weidmüller, § 1 Rdnr. 183 mit Nachweisen. 89 Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 164. 90 Vgl. Kunze, in: HdG, Spalte 179; Draheim, Untemehmungstyp, S. 156; Orel, S. 173. 91 Kopplin, S. 29 mit Nachweisen. 92 Bartling, ZgesStw 128. Bd. (1972), S. 133. 93 Orel, S. 173.
§ 2 Verbundklausel (A. Der Abhängigkeitstatbestand)
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ee) Genossenschaftliche Treuepflicht Im genossenschaftlichen Schrifttum finden sich häufig Hinweise wie, "der Appell an die ,Genossenschaftliche Treue' " sollte "eine beschränkte Ausschließlichkeit gewährleisten und größere Fremdablenkungen im Verkehr der Verbundglieder untereinander verhindern" 94. Bisweilen wird eine Verpflichtung zu enger Kooperation im Stufenverbund auch mit dem Wesen der "Solidargemeinschaft" 95 oder dem ,,Prinzip der Solidarität" 96 erklärt, wobei hervorgehoben wird, "ein genossenschaftlicher Solidarismus" könne "nur erwachsen aus der Bereitschaft zur Einordnung und gegebenenfalls auch zur Unterordnung und damit aus dem Willen zur Zusammenarbeit in der Erreichung gleichlaufender Individualinteressen"97. Auch bei grundsätzlicher Anerkennung einer speziellen genossenschaftlichen Treuepflicht 98 wird jedoch überwiegend die Auffasung vertreten, eine derartige "Generalklausel" 99 sei "viel zu unbestimmt" 100 , um etwa die Verpflichtung zur ausschließlichen Abwicklung des Geschäftsverkehrs über die Genossenschaft, eine Anpassungspflicht der Mitgliederwirtschaften oder ein Verbot bezüglich anderweitigen Bezugs oder Absatzes begründen zu können 101 • Allerdings fordere die genossenschaftliche Treuepflicht vom einzelnen Genossen die solidarische Rücksicht auf das gemeinschaftliche Förderinteresse aller Genossen" 102 • Da Art und Ausmaß der hilfswirtschaftlichen Förderung, insbesondere die Vermehrung der Einnahmen und Verringerung der sachlichen Ausgaben in den Mitgliederwirtschaften 103 davon abhängen, inwieweit sich das einzelne Mitglied 94 Pfüller, S. 134; vgl. auch Henzler, Die Genossenschaft, S. 181; Pabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NF IBd. 41 (1963), S. 50 ff. (52); Metz, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 18. 95 Metz, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 18. 96 Vgl. Faust, S. 31, 45; Weber, Solidarität, Genossenschaftliche, in: HdG, Spalte 1472 ff.; Schlenker, S. 42. 97 Weber, in: HdG, Spalte 1474. 98 Vgl. etwa Paulick, Genossenschaft, S. 198 ff.; Müller, GenG, § 18 Rn. 15 ff.; Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 26 ff.; Feuerbom, S. 33 ff.; Großfeld I Aldejohann, in: 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, S. 4. Als Orientierung dient dabei Art. 856 Schweizer Obligationsrecht "Die Genossenschafter sind verpflichtet, die Interessen der Genossenschaft in guten Treuen zu wahren"; der Inhalt dieser Pflicht wird der "Eigenart des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs und der Doppelstellung der Genossen als wirtschaftliche Träger und Kunden des Unternehmens" (Paulick, Genossenschaft, S. 199) entnommen. 99 Pabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NFIBd. 41 (1963), S. 54. 100 Feuerbom, S. 34; vgl. auch Ellinghaus, S. 33 f. , der vom "vagen Treubegriff' spricht, mit dem man "in der Praxis wenig anfangen" körme. 101 Schachtschnabel, ZfgG Bd. 15 (1965), S. 317; Müller, GenG, § 18 Rn. 17; Pabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NFIBd. 41 (1963), S. 308; Feuerbom, S. 35. 102 Beuthien, in: Meyer I Meu1enbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 27; ähnlich Pabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NF IBd. 41 (1963), S. 51 f. ; Paulick, Genossenchaft, S. 199. 103 Pabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NFIBd. 41 (1963), S. 51. 2*
Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
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"selbsthilfegerecht" 104 verhält, wird deshalb jedenfalls dann eine Pflicht zur Teilnahme am genossenschaftlichen Geschäftsverkehr und zur Benutzung der genossenschaftlichen Einrichtungen bejaht, wenn dies zu marktgerechten Konditionen erfolgen kann 105 • Hieraus läßt sich für das Verhältnis im Stufenverbund folgern, daß die Primärgenossenschaften zumindest nicht "ohne Not" 106 auf den privaten Landhandel ausweichen dürfen. Insofern findet der "Appel an die genossenschaftliche Treue" 107 auch eine rechtliche Grundlage, die ebenfalls die Unterlassung der den Geschäftsbetrieb der Hauptgenossenschaft schädigenden Konkurrenz umfaßt 108 • Derartige Appelle dürften allerdings eher aufgrund "familiärer Mitgliederverbundenheit" 109 als aus Angst vor Sanktionen wegen aufgedeckter Treuepflichtverstöße auf Resonanz stoßen. Denn aus dem Rechtsinstitut der genossenschaftlichen Treuepflicht ließe sich an unterlassenen Geschäftsverkehr einzig der Ausschluß einer untreuen Primärgenossenschaft knüpfen, der aber nur zulässig ist, wenn - was selten nachweisbar sein wird - die Geschäftsverweigerung die Förderfähigkeit der Genossenschaft ernstlich stört und treuewidrige Sonderumstände vorliegen, die einen groben mitgliedschaftliehen Rechtsmißbrauch bedeuten 110• Auch die genossenschaftliche Treuepflicht scheidet somit als Beherrschungsmittel aus. ff) Beherrschung durch Bestellung des Vorstandes Beherrschender Einfluß auf die Primärgenossenschaften könnte aber möglicherweise über die Vereinbarung und statutarische Festschreibung von Mitwirkungsbefugnissen der Hauptgenossenschaft bei der Bestellung der Vorstandsmitglieder von Primärgenossenschaften entstehen. Zwar wird der Vorstand nach§ 24 Abs. 2 Satz 1 GenG grundsätzlich von der Generalversammlung gewählt, Satz 2 der Vorschrift ermöglicht aber auch eine andere Art der Bestellung. Es wird daher allgemein für zulässig erachtet, die Bestellung des Vorstandes statutarisch einem Dritten zu übertragen 111 • Dadurch Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 27. Müller, GenG, § 18 Rn. 17; Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 27; etwas allgemeiner: Paulick, Genossenschaft, S. 199; Feuerbom, S. 34; enger: Schachtschnabel, ZfgG Bd. 15 (1965), S. 317. 106 Vgl. Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 27. 101 Vgl. oben, S. 19. 108 Vgl. Paulick, Genossenschaft, S. 199; Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 27; SchubertiSteder, 3010 § 18 Rz. 8. I09 Vgl. Draheim, Unternehmungstyp, S. 151. 11o Beuthien, in: Meyer I Meu1enbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 29, mit ausführlicher Herleitung dieses Ergebnisses; Paulick, Genossenschaft, S. 200. 111 Müller, GenG, § 24 Rn. 27; Schaffland, in: LangiWeidmüller, § 24 Rdnr. 32; Merle, AG 1979, S. 270; Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 174. 104
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ist auch in einem genossenschaftlich aufgebauten Verbund die Möglichkeit gegeben, im Zentralorgan der Geschäftsführung der Genossenschaft den Einfluß des Verbundes zu sichern 112• Kommt ein solches Bestimmungsrecht im ländlichen Genossenschaftswesen auch praktisch nicht vor, so ist in den Satzungen aber häufig geregelt, daß nur eine von der Verbundspitze vorgeschlagene Person zumVorstand gewählt werden kann, was der Hauptgenossenschaft einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf die im übrigen freie Wahl durch das zuständige Wahlorgan der Genossenschaft (bei größeren Genossenschaften wird die Zuständigkeit zur Bestellung des Vorstandes üblicherweise dem Aufsichtsrat übertragen 113) sichert 114• Allerdings wird der Einfluß, der über die Bestellung oder ein Vorschlagsrecht auf die Genossenschaft ausgeübt werden kann, durch zwei zwingende Regelungen im Genosseuschaftsgesetz erheblich relativiert. Zunächst müssen die Mitglieder des Vorstandes nach§ 9 Abs. 2 Satz 1 GenG Genossen sein. Als Genossen obliegt den Vorstandsmitgliedern aber wegen der personalistischen Ausgestaltung der Genossenschaft im Rechtsverkehr zwischen Genossenschaft und Genossen eine Treuepflicht, die zumindest das Unterlassen jedes genossenschaftsschädigenden Verhaltens gebietet 115 • Vor allem darf das Vorstandsmitglied seine Organstellung nicht zur Verfolgung genossenschaftsfremder Drittinteressen ausnutzen, will er sich nicht nach § 34 Abs. 2 GenG gegenüber der Genossenschaft schadensersatzpflichtig machen 116• Schon von daher scheint es nicht gewährleistet zu sein, daß eine Hauptgenossenschaft ihren Willen über die Mitwirkung bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern einer Primärgenossenschaft durchzusetzen vermag. Insbesondere stehen der Begründung eines beherrschenden Einflusses seitens der Hauptgenossenschaft aber die§§ 24 Abs. 3 und 18 GenG entgegen. Für die Abberufung des Vorstandes ist nämlich- im Gegensatz zur Bestellung- nach §§ 24 Abs. 3, 18 GenG die Generalversammlung ausschließlich zuständig, selbst wenn ein Dritter zur Bestellung befugt ist 117 • Deshalb sind auch Verpflichtungen der Generalversammlung, dem evtl. Verlangen der Verbundspitze auf Abberufung eines Vorstandsmitgliedes zu folgen, mit rechtlicher Wirkung nicht möglich 118• Verträte der Vorstand Interessen, die mit denen der Generalversammlung nicht in Einklang zu bringen sind, so liefe er also Gefahr, von der GeneralverWesterrnann, in: Rechtsprobleme, S. 174. Westerrnann, in: FS Reinhardt, S. 370. 114 Westerrnann, in: Rechtsprobleme, S. 174; vgl. auch Merle, AG 1979, S. 270; Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 35. 11s Michel, S. 140; Müller, GenG, § 18 Rn. 7; Merle, AG 1979, S. 270 mit Nachweisen. 116 Vgl. Müller, GenG, § 18 Rn. 21, § 34 Rn. 16; Merle, AG 1979, S. 270 mit Nachweisen. 117 Müller, GenG, § 24 Rn. 65 mit Nachweisen. 118 Westerrnann, in: Rechtsprobleme, S. 175; Merle, AG 1979, S. 271. 112
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
sammlung vorzeitig abberufen zu werden; denn die Bestellung ist nach § 24 Abs. 3 GenG jederzeit widerruflich. Zumal ein Einfluß nach allgemeiner Ansicht nicht "beherrschend" ist, wenn die Möglichkeit seiner Ausübung unsicher ist, das betreffende Unternehmen sich also fremden Einflüssen entziehen kann 119 , scheiden somit auch Bestellungsoder Vorschlagsrechte der Hauptgenossenschaft als Möglichkeit aus, die Geschäftsführung einer Primärgenossenschaft dem eigenen Willen zu unterwerfen 120. gg) Zwischenergebnis Hauptgenossenschaften verfügen über keine rechtlichen Mittel, die sich auf ihre Mitgliedsgenossenschaften abhängigkeitsbegründend auswirken könnten. Wenngleich die Beherrschung einer Genossenschaft durch ein anderes Unternehmen mit dem Wesen der Genossenschaft als Förderungsgemeinschaft nicht vereinbar ist 121 , könnten aber tatsächliche Umstände- insbesondere wirtschaftliche Gegebenheiten- zur Unterwerfung der Ortsstufe unter die Herrschaft der ,,zentrale" führen. b) Abhängigkeit aus tatsächlichen Gründen Ein Abhängigkeitsverhältnis auf tatsächlicher Grundlage kommt bei starken wirtschaftlichen und I oder persönlichen Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen in Betracht 122• Derartige Einflüsse bestimmen das Zusammenwirken von Warengenossenschaft und Sekundärstufe in hohem Maße. Die faktischen Bindungen, die das Verhalten der Primärgenossenschaften im Verhältnis zu ihrer regionalen Warenzentrale festlegen, ergeben sich einerseits aus der zur Erhaltung der Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit der Einzelgenossenschaft erforderlichen Arbeitsteilung mit der Hauptgenossenschaft, wobei sich die Eingliederung in den verbundwirtschaftlich gesicherten Vermarktungs- und Beschaffungsprozeß insbesondere auf die primärgenossenschaftliche Sortimentsgestaltung und Preispolitik niederschlägt 123 • Andererseits führen auch personelle Verflechtungen zwischen Sekundär- und Primärgenossenschaften dazu, daß hauptgenossenschaftliche Interessen und Bedürfnisse in die Leitung der Ortsgenossenschaften einfließen. Vgl. Koppensteiner, in: Kölner Komm.,§ 17 Rdnr. 18 mit Nachweisen. Vgl. Müller, GenG, Anh. II § 93 s Rn. 49; Merle, AG 1979, S. 271. 121 Müller, GenG, Anh. li § 93 s Rn. 45. 122 Dierdorf, S. 154. 123 Vgl. zu den zentralen absatzpolitischen Funktionen der Hauptgenossenschaften: Kunze, in: HdG, Spalte 179; vgl. zur damit verbundenen Steuerungswirkung: Feuerbom, S. 36 ff., 46 ff.; ausführlich zum Bereich "Gruppenverhalten und zentralgenossenschaftliehe Effizienz": Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 38 ff. 119
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aa) Persönliche Beziehungen Die durch personelle Verflechtungen bewirkte Identität in Vorstand und Aufsichtsrat gehört zu den typischen Beherrschungsmitteln, wenn derartige Personenidentität auch regelmäßig auf einer Beteiligung des herrschenden Unternehmens am abhängigen Unternehmen beruht 124 • Im aktienrechtlichen Schrifttum wird aber überwiegend davon ausgegangen, personelle Verflechtungen seien als Abhängigkeitsgrundlage auch dann geeignet, wenn sie nicht auf Stimmenmacht oder anderweitige rechtliche Festlegung zurückzuführen seien 125 • Von Abhängigkeit kann dabei allerdings erst dann gesprochen werden, wenn leitende Persönlichkeiten des potentiell herrschenden Unternehmens derart in den entsprechenden Gremien der möglicherweise abhängigen Gesellschaft vertreten sind, daß Entscheidungen dort auch nach ihrem Willen ausfallen 126. Zwar ist im ländlichen Genossenschaftsbereich die Personalunion von Vorstandsmitgliedern der Primär- und Hauptgenossenschaften nicht selten, wobei vor allem in den Aufsichtsgremien der verschiedenen Genossenschaftsstufen personelle Verflechtungen anzutreffen sind 127 • Andererseits geht die personelle Teilidentität in den Genossenschaftsorganen nicht so weit, daß Entscheidungsträger einer Hauptgenossenschaft in den betreffenden Kollegien auch die Überzahl stellen 128 • Mehrheitsentscheidungen können also nicht "zentral" gefällt werden. Insofern wird durch die bestehenden Personenverbindungen auch nicht die Möglichkeit zur beherrschenden Einflußnahme auf einzelne Primärgenossenschaften eröffnet. Selbst in Kombination mit den bisher aufgezeigten Einflußmöglichkeiten vermag die Ämterhäufung im Genossenschaftsverbund keine tatsächliche Unterwerfung zu begründen 129• So ließe sich zwar etwa der Fall des überwiegend von GeBier, in: GeBier I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 17 Rdnr. 57. Würdinger, in: Großkomm., § 17 Anm. 7; GeBier, in: GeBier I Hefermehl I Ekkardt I Kropff, § 17 Rdnr. 57; Wemer, S. 166, 207 f.; Emmerich I Sonnenschein, Konzemrecht, 2. Aufl., S. 50 f. (§ 2 C I 2 a); vgl. aber dieselben, Konzemrecht, 3. Aufl., S. 64 (§ 3 III 4 a), wonach die Frage "im Schrifttum heute überwiegend verneint" werden soll, während "die Praxis zur Bejahung der Frage" tendiere (vgl. dazu die dort in Fn. 35 angegebenen Rechtsprechungsnachweise); ablehnend: Dierdorf, S. 196 ff. ; Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 17 Rdnr. 52 mit weiteren Nachweisen. 126 Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 17 Rdnr. 52. 127 Kopplin, S. 29; vgl. zu den bestehenden "Überkreuzverflechtungen" und der "Revolution der Manager" im Stufenverbund: Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 85 ff.; vgl. auch Merle, AG 1979, S. 271; Feuerbom, S. 168. 128 Vgl. hierzu Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 86. 129 Vgl. zur abhängigkeitsbegründenden Kumulierung verschiedener für sich betrachtet unzulänglicher - Beherrschungsmittel: GeBier, in: GeBier I Hefermehl I Ekkardt I Kropff, § 17 Rdnr. 60; Dierdorf, S. 208 ff. mit Nachweisen; vgl. auch Merle, AG 1979, S. 271, der eine beherrschende Einflußnahme aufgrund der Kumulierung von 124 125
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
hauptgenossenschaftlichen Gefolgsleuten besetzten Aufsichtsrates einer Primärgenossenschaft konstruieren, deren Vorstandsmitglieder- der bisweilen anzutreffenden Praxis entsprechend - von der Warenzentrale zur Wahl durch den statutarisch dafür vorgesehenen Aufsichtsrat vorgeschlagen werden. Auch in diesem Fall könnte jedoch kein beherrschender Einfluß entstehen. Denn selbst wenn man der wenig überzeugenden Mindermeinung folgte, wonach sich aus der statutarisch eingeräumten Bestellungsbefugnis des Aufsichtsrates auch dessen Zuständigkeit für das nach § 24 Abs. 3 GenG jederzeit ausübbare Abberufungsrecht ergeben soll 130, das dieser aus "zentralen" Erwägungen heraus nicht ausüben wird, bliebe der Generalversammlung jedenfalls die Möglichkeit, eine derartige Regelung wieder zu ändern, um auf diesem Wege einen Vorstand, der eine nur von den Interessen der Hauptgenossenschaft bestimmte Geschäftspolitik betreibt, selbst abberufen zu können. Die Einzelgenossenschaften könnten ihrer Warenzentrale somit allenfalls aufgrund wirtschaftlicher Gegebenheiten unterworfen sein. bb) Wirtschaftliche Beziehungen Unabhängig von der sehr umstrittenen Frage, ob derartige tatsächliche Abhängigkeiten dem Abhängigkeitsbegriff des § 17 Abs. 1 AktG unterfallen 131 , gelangt ein Unternehmen erst dann in den Bereich wirtschaftlicher Abhängigkeit, wenn es sich in wirtschaftlich existentiellen Angelegenheiten dem Diktat eines anderen Unternehmens beugen muß, um seine Lebensfähigkeit nicht zu bedrohen 132 • Voraussetzung ist also zunächst das Bestehen einer "lebenswichtigen Geschäftsbeziehung" 133, die etwa bei der Rohstoffversorgung 134 und im Verhältnis zu Großlieferanten oder Großabnehmern gegeben sein kann 135 • Nebenleistungspflichten der Primärgenossenschaften mit schuldrechtlichen Verträgen zwischen Primär- und Zentralgenossenschaft, Mitwirkungsrechten der Zentrale bei der Bestellung des Vorstandes und Personalunion von Vorstandsmitgliedern der Primär- und Sekundärstufe für möglich hält. no Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 24 Rdnr. 19; dagegen mit zutreffender Argumentation: Müller, GenG, § 24 Rn. 65. 131 Vgl. zum Streitstand: Koppensteiner, in: Kölner Komm.,§ 17 Rdnr. 50; Müller, GenG, Anh. II § 93 s Rn. 51; Fischer, S. 61 Fn. 41; Dierdorf, S. 140 f.; vgl. auch RGZ 167,40,49 und Begr. RegE zu§ 17 AktG, abgedruckt bei Kropff, AktG, S. 31, wo die tatsächliche als aktienrechtliche Abhängigkeit anerkannt wird; demgegenüber nunmehr BGH, WM 1984, S. 625,629, wonach derartige "außergesellschaftsrechtliche" Druckmittel erst abhängigkeitsbegründend sein können, wenn ein ohnehin schon bestehender "gesellschaftsintemer" Einfluß durch ihr Hinzutreten zu einem beherrschenden Einfluß verstärkt wird. 132 Prühs, DB 1972, S. 2005. 133 Dierdorf, S. 173; Wemer, Abhängigkeitstatbestand, S. 143. 134 Vgl. Godin-Wilhelmi, § 17 Anm. 2, wo die Abhängigkeit in der Frage der Rohstoffversorgung oder des Absatzes auch als hinreichend für die Begründung einer Abhängigkeit gern. § 17 Abs. 1 AktG betrachtet wird. 135 Dierdorf, S. 174.
§ 2 Verbundklausel (A. Der Abhängigkeitstatbestand)
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Zwar kommt den Hauptgenossenschaften gegenüber ihren Mitgliedsgenossenschaften regelmäßig die Stellung von Großlieferanten und Großabnehmern zu 136• Auch wird die zentrale Funktionserfüllung als für die angeschlossenen Genossenschaften und deren Mitgliederwirtschaften "von existenzieller Bedeutung" angesehen 137; erst der Stufenverbund ermögliche es den Ortsgenossenschaften, wettbewerbsfähig zu sein 138. Andererseits wird ein "leistungswirtschaftlich gebundenes" 139 Unternehmen nur dann in seiner Lebensfähigkeit bedroht, wenn der Geschäftspartner auch in der Lage ist, die "lebenswichtige" Geschäftsverbindung einseitig zu beenden 140. Dies kann eine Warenzentrale jedoch nicht, da sie aufgrund des ihr erteilten Förderungsauftrages zumindest im Rahmen des generellen Leistungsangebots zum Abschluß von Geschäften mit den Mitgliedsgenossenschaften verpflichtet ist 141 • Dieses "grundsätzliche Kontrahierungsobligo" 142 trifft auch die beiden nicht in der Rechtsform der eG betriebenen Hauptgenossenschaften 143 , die insoweit nur die Besonderheit aufweisen, daß sie den immanenten Konsequenzen des genossenschaftlichen Förderungsauftrages nicht schon von Gesetzes wegen, sondern erst aufgrund des satzungsmäßigen Auftrages der Mitgliederförderung Rechnung tragen 144 • Dies wird bereits durch§ 1 Abs. 2 GenG veranlaßt, wonach sich die in der Rechtsform der eG betriebenen Primärgenossenschaften nur dann an anderen Unternehmen beteiligen dürfen, wenn dies der Förderung der Mitglieder oder ihren gemeinnützigen Bestrebungen dient. Nicht nur die einzelne Genossenschaft sondern auch der von ihr mitgetragene Verbund müssen also förderwirtschaftlich ausgerichtet sein 145• Der erforderlichenfalls im Wege der Klage durchsetzbare mitgliedschaftliehe Rechtsanspruch auf Inanspruchnahme des generellen Leistungsangebots der Genossenschaft 146 verschafft der Mitgliedsgenossenschaft somit eine rechtlich gesicherte Geschäftserwartung ("Lebenserwartung"), die eine für§ 17 Abs. 1 AktG (möglicherweise) relevante wirtschaftliche Abhängigkeit von der jeweiligen Warenzentrale ausschließt.
Vgl. Swoboda, in: HdG: "Wichtigste Großhändler der Primärgenossenschaften". Horlacher, in: HdG, Spalte 1552. 138 Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 49; Horlacher, in: HdG, Spalte 1562; Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 85. 139 Vgl. zu den (möglicherweise) abhängigkeitsbegründenden "leistungswirtschaftlichen Verbindungen": Dierdorf, S. 172 ff. 140 Dierdorf, S. 173. 14 1 Vgl. dazu Schultz, Förderungszweck, S. 17. 142 Terminologie nach Schultz, in: FS Reinhardt, S. 322. 143 Raiffeisen-Warenzentrale Hessenland GmbH, Kassel, BayWa AG, München; vgl. die Auflistung bei Aschhoff I Henningsen, S. 70. 144 Vgl. Schultz, Förderungszweck, S. 28.; 145 Großfeld I Aldejohann, in: 100 Jahre, S. 17; vgl. zu den einschlägigen Satzungsbestimmungen "genossenschaftlicher Aktiengesellschaften": Luther, S. 42 ff. 146 Vgl. Schultz, in: FS Reinhardt, S. 322 f. 136 137
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
cc) Zwischenergebnis Die ländlichen Genossenschaften der allgemeinen Warenwirtschaft sind von ihren Hauptgenossenschaften jedenfalls nicht im aktienrechtlichen Sinne abhängig und können dies aus genossenschaftsrechtlichen Gründen auch nicht sein 147 • Der in Halbsatz 1 der Verbundklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB enthaltene Abhängigkeitstatbestand könnte somit nur erfüllt sein, wenn sich dessen Anwendbarkeit nicht auf Abhängigkeitsverhältnisse im Sinne des § 17 AktG beschränkte und die Einfußmöglichkeiten der Hauptgenossenschaften zumindest den Anforderungen einer besonderen fusionskontrollrechtlichen Abhängigkeit genügten. 2. Fusionskontrollrechtliche Abhängigkeit
a) Besondere Auslegungsgrundsätze Im kartellrechtlichen Schrifttum wird überwiegend die Ansicht vertreten, aufgrund des eigenständigen, auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Schutzzwecks des GWB seien an das in § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB vorausgesetzte Abhängigkeitsverhältnis geringere Anforderungen als im Aktienrecht zu stellen 148 • Während es dort um den Schutz des abhängigen Unternehmens, seiner Anteilseigner und Gläubiger vor Schädigungen durch das herrschende Unternehmen gehe, komme es bei der Zusammenschlußkontrolle auf den Schutz und die Sicht des am Wettbewerb beteiligten Dritten an 149 • Abhängigkeit im Sinne der Verbundklauselliege daher schon vor, wenn das potentiell herrschende Unternehmen die wettbewerbliehen Verhaltensspielräume des anderen Unternehmens in einer für dessen Stellung am Markt ausschlaggebenden Weise beeinflussen könne 150 • Entscheidend sei die Fähigkeit, dem anderen Unternehmen "den Spielraum seiner wettbewerbliehen Aktivitäten" zuzuweisen 151 • 147 So generell zum Verhältnis Zentralgenossenschaft I Primärgenossenschaften: Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 35; Westermann, in: FS Reinhard, S. 372; Müller, GenG, Anh. II § 93 s Rn. 45 ff., 103; Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959), S. 26; ZENTGENO, S. 108; Kopplin, S. 30 (zum Bereich der ländlichen Genossenschaften); einschränkend Merle, AG 1979, S. 271, 274, der die Beherrschung einer Genossenschaft ausnahmsweise für möglich hält. 148 Vgl. die Nachweise aufS. 10 Fn. 37 sowie Autenrieth, BB 1982, S. 756 f.; ausführlich zum Streitstand: Fischer, S. 29 mit weiteren Nachw. in Fn. 21. Rechtsprechung und BKartA sind der Lehre weitgehend gefolgt, vgl. BKartA, WuW IE BKartA 1876 ff. ; KG, WuW IE OLG 2863, 2868, jeweils "Rewe-Florimex"; BGH, WuW IE BGH 2337, 2339, "Hussel-Mara" (zu § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB); KG, WuW IE OLG 4075, 4076, "Springer-Kieler Zeitung" (zur der Mehrmütterklausel entsprechenden Problematik bei § 23 Abs. 2 Nr. 5 GWB). 149 Fischer, S. 38; Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 811; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 40. 150 Vgl. Autenrieth, BB 1982, S. 756; Mestmäcker, in: ImmengaiMestmäcker, § 23 Rdnr. 40; Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 811.
§ 2 Verbundklausel (A. Der Abhängigkeitstatbestand)
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Die Gegeruneinung beschränkt sich bei der Auslegung der Verbundklausel des§ 23 Abs. 1 Satz 2 GWB dagegen aufrein gesellschaftsrechtliche Kriterien 152• Ein Minus an Einflußmöglichkeiten sei mit dem klaren Wortlaut der Verbundklausel nicht zu vereinbaren 153. So sinnvoll es ist, sich bei der Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB am Schutzzweck dieser Norm zu orientieren, so bleibt doch weitgehend ungeklärt, was dies für die Rechtsanwendung im einzelnen bedeutet. Vergleicht man nämlich die von den Vertretern der wettbewerbsrechtlichen Betrachtungsweise genannten Kriterien mit der klassischen Abhängigkeitsdefinition im Thega-Urteil des Reichsgerichts 154, so tritt der Unterschied zwischen aktien- und fusionskontrollrechtlicher Auslegung nicht offen zu Tage 155 • Jedenfalls wird man, um noch von Abhängigkeit sprechen zu können, auch bei weiter Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 GWB zumindest ein Subordinationsverhältnis in Form der Möglichkeit (einseitiger 156) Willensdurchsetzung beim potentiell abhängigen Unternehmen fordern müssen. Wegen der Verweisung auf§ 17 AktG bleibt insoweit maßgebliches Kriterium, "daß das herrschende Unternehmen über Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen, das abhängige Unternehmen seinem Willen zu unterwerfen und diesen bei ihm durchzusetzen" 157 • Allerdings kann man bei rein wettbewerblieber Betrachtung- ohne dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 AktG zu widersprechen- zumindest auf das Erfordernis der gegenüber dem abhängigen Unternehmen bestehenden Schädigungsmöglichkeit verzichten 158 • Insofern dürften auch tatsächliche Einflüsse genügen, die "nur" zu "wettbewerblicher Unterwerfung", nicht aber zu einem Ausscheiden aus dem Markt führen können.
151 Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 25; vgl. auch KG, WuW IE OLG 2863, 2868, "Rewe-Fiorimex": "Ein Unternehmen unterliegt dann einem beherrschenden Einfluß, wenn es von Dritter Seite veranlaßt werden kann, sich einem fremden Willen zu fügen, und damit seine Selbständigkeit in wirtschaftlicher und wettbewerblieber Hinsicht ausgeschlossen ist." 152 Vgl. Emmerich, Kartellrecht, S. 332; Säcker, NJW 1980, S. 801 f., 806; Kleinmann I Bechto1d, § 23 Rdnr. 352; K. Schmidt, ZGR 1980, S. 277,284 f.; G. Wiedemann, ZHR 146 (1982), S. 300. 153 Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 352; Steindorff, S. 33. 154 RGZ 167, 40, 49. 155 Vgl. etwa Emmerich, Kartellrecht, S. 332 ("Der Abhängigkeitsbegiff ist in § 23 I 2 Halbs. 1 derselbe wie in § 17 AktG") und Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 40, 41 (" ... Abhängigkeit verlangt einen geringeren Beeinflussungsgrad als die Schutzzwecke des Aktienrechts"), die trotz "enger" bzw. "weiter" Auslegung letztlich zu ähnlichen Ergebnissen gelangen. t56 Vgl. zum Erfordernis der "einseitig bestehenden Einflußmöglichkeiten": BGH, WuW IE BGH 1608, 1610, "Westdeutsche Allgemeine Zeitungsverlagsgesellschaft" (zu § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB). 157 Baumann, ZHR 148 (1984), S. 289, entsprechend den im "Thega-Urteil" des Reichsgerichts aufgestellten Kriterien, RGZ 167, 40, 49. 158 Vgl. Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 811.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Mit derartigen Voraussetzungen begnügt sich auch die Monopolkommission 159 , die bei den sog. Einkaufsgenossenschaften des Lebensmittelhandels eine fusionskontrollrechtliche Abhängigkeit von der Großhandelszentrale annimmt, wenn. aufgrund einheitlicher Gruppenkonzeption ein tatsächlicher Einfluß auf die einzelnen Gruppenmitglieder ausgeübt wird, der diesen letztlich die Funktion von Filialbetrieben zuweist 160• Auch die Bundesregierung führte in ihrer Stellungnahme zum dritten Hauptgutachten der Monopolkommission aus, daß bei einer Einkaufskooperation mit zunehmender Straffung der Organisation der tatsächliche Einfluß der Gruppenzentrale die Möglichkeit einer Beherrschung eröffne, was für die Annahme eines Verbundes im Sinne von § 23 Abs. l Satz 2 GWB ausreiche 161 • In dem dieser Stellungnahme zugrunde liegenden Zusammenschlußfall (Horten I EDEKA) war das Bundeskartellamt allerdings (wie auch die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme) zu dem Ergebnis gelangt, daß die tatsächlichen Gegebenheiten bei der zu beurteilenden Einkaufskooperation (EDEKAGruppe) aufgrund des FehJens der Möglichkeit einer dauerhaften und gesicherten Einflußnahme auf die Gruppenmitglieder noch nicht die Annahme eines Verbundes im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB zuließen 162• In den rechtlichen Prämissen stimmten Bundeskartellamt, Bundesregierung und Monopolkommission, die aufgrund anderer Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten zu der Annahme fusionsrechtlicher Abhängigkeit gelangte, jedoch weitgehend überein. b) Zuweisung des wettbewerbliehen Spielraumes der Primärgenossenschaften durch die Hauptgenossenschaft Entsprechend den insbesondere von der Monopolkommission 163 genannten Kriterien für die bei § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB erforderliche "wettbewerbliche Einheit" 164 ließe sich somit von Abhängigkeit im Sinne der Verbundklausel sprechen, wenn die Primärgenossenschaften in faktischer Filialfunktion zur Hauptgenossenschaft stünden oder zumindest in diese Position gebracht werden könnten. Die damit verbundene Zuweisung des wettbewerbliehen Spielraumes soll vorliegen, wenn ein Unternehmen seine Tätigkeitsbereiche in Forschung und
Monopolkommission, Hauptgutachten III, Tz. 566. Hauptgutachten III, Tz. 566 f., zum Zusammenschlußfall Horten I EDEKA; vgl. bereits Sondergutachten 7, Tz. 16, 123, wo daraufhingewiesen wird, daß sich die Form der Einkaufszusammenschlüsse in ihren Strukturen denen von Filialunternehmen angenähert habe. 161 BReg., BT-Drucks. 9/460, S. 6 (Tz. 15). 162 BKartA, TB 1979/1980, BT-Drucks. 9/565, S. 86. 163 Hauptgutachten III, Tz. 566 f. 164 Vgl. zum Begriff und zur Bedeutung der "wettbewerblichen Einheit" bei der Zusammenschlußkontrolle: Fischer, Wettbewerbliehe Einheit und Fusionskontrolle, insbesondereS. 25 ff.; Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit und kartellrechtliche Vermutungen, S. 12 ff. 159
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Entwicklung, Investition, Produktion und Vertrieb nicht mehr frei bestimmen kann 165. Vergleicht man den Aufbau des Genossenschaftsverbunds der ländlichen Warenwirtschaft mit dem Ordnungsmodell von Filialbetrieben, so fällt zunächst der grundlegende Unterschied auf, daß die Genossenschaftszentralen aufgrund ihres Förderungsauftrages als "Organe der Einzelgenossenschaften" 166 eingesetzt werden, während es zum Wesen des Filialsystems mit der ihm eigenen "Gleichheit der Inhaberverhältnisse bei Zentrale und Filialen" 167 gehört, daß die Filialen in den von der Zentrale gesetzten Zweck eingespannt werden, sie also der Zentrale dienende und von dieser eingerichtete Organe sind 168 . Andererseits bestehen zwischen Filialprinzip und ländlicher Genossenschaftsorganisation auch Gemeinsamkeiten. So vermittelt bereits deren übergreifende Marketingkonzeption einschließlich Gemeinschaftswerbung und Öffentlichkeitsarbeit 169 den Eindruck eines "Quasi-Filialsystems" 170• Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man die infolge der hohen Kooperationsintensität im Stufenverbund entstandene Funktionsverlagerung von den Warengenossenschaften zur Warenzentrale betrachtet171. Zu nennen sind dabei vor allem die mit der zentralen Handelsfunktion verbundenen Bereiche der Marktforschung, Produktgestaltung, Schaffung von Gütezeichen und Handelsmarken, Sortimentsfestlegung beim Bezugsgeschäft 172, die zentrale Lagerhaltung 173 sowie die Kreditfunktion 174 der Hauptgenossenschaften. Die "funktionstechnische Effizienz des Filialprinzips" 175 wird insoweit sogar als ökonomisches Leitbild der kooperativen Arbeitsteilung im genossenschaftlichen Stufenverbund angesehen 176. Während dem Filialmodell die Unterwerfung der Filialen unter den Willen der Zentrale immanent ist, wird die verbundwirtschaftliche Zusammenarbeit jedoch von den Prinzipien der Freiwilligkeit und der Gegenseitigkeit bestimmt 177 . Die Primärgenossenschaften sind in funktionaler Bindung gegenüber den Hauptgenossenschaften grundsätzlich frei 178 . Diese Freiheit gilt schon für den Anschluß 165 Mestmäcker, in: Immenga/ Mestmäcker, § 23 Rdnr. 41; ähnlich Autenrieth, BB
1982, S. 757.
166 167 168 169
Henzler, Die Genossenschaft, S. 181. Henzler, Die Genossenschaft, S. 181; Freund, in: HdG, Spalte 225. Henzler, Die Genossenschaft, S. 181 ; Freund, in: HdG, Spalte 225. Vgl. im einzelnen unten, S. 80 ff. 110 Terminologie nach Scheiter, S. 192. 111 Dazu detailliert unten, S. 87 ff. l72 Vgl. dazu Kunze, in: HdG, Spalte 179; Freund, in: HdG, Spalte 227; Wasmer, in: HdG, Spalte 1854 f.; Henzler, Die Genossenschaft, S. 182 f. 173 Vgl. Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 42 ff. 174 Vgl. Kopplin, S. 136; Faust, S. 55. 175 Scheiter, S. 192. 176 Henzler, Die Genossenschaft, S. 182; Scheiter, S. 192 mit Nachweisen. m Horlacher, in: HdG, Spalte 1563; Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959), S. 27. 178 Vgl. Henzler, Die Genossenschaft, S. 181 f.; Freund, in: HdG, Spalte 225 f.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
an die Warenzentrale 179 und umschließt die Möglichkeit, konzeptwidrige Einzelentscheidungen zu treffen, sich temporär zu emanzipieren oder gar auf Dauer aus der Kooperation auszuscheiden 180• Darüberhinaus leiten die Hauptgenossenschaften sämtliche Machtbefugnisse von ihren Trägem, den in der Generalversammlung vertretenen Primärgenossenschaften ab. "Modellmäßig gesehen" stehen also eher die Hauptgenossenschaften im Range "abhängiger Untergesellschaften" 181 • Allerdings schließen es weder das Fehlen einer organisatorisch gesicherten Anordnungsbefugnis der Zentrale noch die "von unten nach oben" verlaufende Willensbildung 182 aus, daß sich die Einzelgenossenschaften nach zentralen Führungsstrategien richten müssen. Denn die Intensivierung der verbundwirtschaftliehen Zusammenarbeit zieht zwangsläufig die Einschränkung der individuellen Dispositionsfreiheit nach sich, da die Hauptgenossenschaft über die eigenverantwortliche Leitung der von den Primärgenossenschaften übernommenen Teilfunktionen jedenfalls mittelbar in deren Tätigkeitsbereich eingreift und diesen nach den von ihr erkundeten Marktverhältnissen mitgestaltet 183• Hiervon sind insbesondere kleine Primärgenossenschaften betroffen, die unrentable Nebenfunktionen aufgeben und auf die Hauptgenossenschaft- bei entsprechender Inanspruchnahme - übertragen müssen, um ihre Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit zu erhalten 184• Trotz der vorhandenen Verhaltenszwänge, die sich bereits aus den hohen Bezugs- und Absatzquoten bei den Warenzentralen ablesen lassen, ist es jedoch nicht gerechtfertigt, eine abhängigkeitsbegründende faktische Filialisierung der Mitgliedsgenossenschaften anzunehmen. Auch wenn deren wettbewerbliehe Spielräume durch den Funktionskopf Hauptgenossenschaft in erheblichem Maße mitbestimmt werden, so fehlt es doch an der für den fusionskontrollrechtlichen Abhängigkeitstatbestand erforderlichen Subordination. Denn zwischen Haupt- und Primärgenossenschaften besteht ein- weitgehend von "Koordination" geprägtes - System wechselseitiger Einflußbeziehungen, in dem nicht nur die "höhere Einheit" die Planung der "unteren Einheit" beeinflußt, sondern in dem zunächst die Unterstufe den Aktionsrahmen der Sekundärstufe setzt 185 • Auch bei schwindendem Mitgliederbezug und "schweigender Machtergreifung der Manager" 186 im Genossenschaftsverbund stellt die WilNiclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 38. Vgl. Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959), S. 27. I8I Draheim, Archiv für öffentliche und freigemeinwirtschaftliche Unternehmen Bd. 5 (1960), S. 101; Pfüller, S. 5. 1s2 Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959), S. 26. 183 Bartling, ZgesStw 128. Bd. (1972), S. 140; Feuerbom, S. 25, 36 ff. 184 Vgl. Feuerbom, S. 36; Draheim, Untemehmungstyp, S. 132. 185 Vgl. Leffson, in: FS Draheim, S. 164, 166 ff. IB6 Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 85. 179
IBO
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Jensbildung "von unten" zumindest sicher, daß die für die Unternehmens- und Geschäftspolitik der Warenzentrale grundlegenden Entscheidungen von Organen getroffen werden, die auf demokratische Weise gewählt worden sind und auf diese Weise auch wieder abberufen werden können 187 • Zumalsich die Aufsichtsgremien auch aus Vertretern der Primärgenossenschaften zusammensetzen 188, besteht schon insoweit ein Kontrollmechanismus, der gegen die "einseitige" Durchsetzbarkeil wettbewerblieh erheblicher Maßnahmen gegen den Willen der Ortsstufe spricht. Dabei ist es vor allem der im Hinblick auf die Primärgenossenschaften "abgeleitete Charakter" 189 der Hauptgenossenschaften, der einer "von oben" aufoktroierten Zuweisung des wettbewerbliehen Spielraumes entgegensteht. Denn einerseits sind die Warenzentralen aufgrundihres Förderungsauftrages zur ausschließlichen Unterstützung der Mitgliederwirtschaften verpflichtet 190 • Andererseits legen erst die "Förderungsauftraggeber" 191 den stets "subsidiären" Tätigkeitsbereich 192 der Hauptgenossenschaften fest. Insofern weisen also die Primärgenossenschaften ihrer Hauptgenossenschaft den wettbewerbliehen Handlungsspielraum zu, wenn deren Leitung auch eine weitergehende "Konkretisierung des Förderungsauftrages" 193 vornimmt. Daß es dabei zu keiner unterdrückenden "Fremdbestimmung" kommt und sich etwaige Interessendivergenzen auf abweichende Individualinteressen einzelner Genossenschaften von dem "notwendigerweise generalisierend konkretisierten Förderungsinteresse der Mitgliedergesamtheit" 194 beschränken, wird zusätzlich durch den "institutionell als Kontrolleur" 195 eingesetzten regionalen Prüfungsverband sichergestellt, dem die Überwachung der Einhaltung des Förderungsauftrages beider Genossenschaftsstufen obliegt 196• Schließlich steht einer wettbewerbsrechtlich relevanten Abhängigkeit der Primärgenossenschaften noch die Tatsache entgegen, daß auch die Existenz der Hauptgenossenschaften von der Inanspruchnahme durch die Ortsstufe abhängt 197 • Zur Erhaltung ihrer Wettbewerbsposition sind also ebenfalls die Zentralen auf Henzler, ZfgG Bd. 14 (1964), S. 444. Wasmer, in: HdG, Spalte 1856. 189 Draheim, in: Grundfragen des Genossenschaftswesens, S. 154. 190 Draheim, in: Grundfragen des Genossenschaftswesens, S. 154; Engelhardt, ZfgG Bd. 33 (1983), S. 164; Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 166. 19 1 Terminologie nach Schultz, Förderungszweck, S. 22. 192 Horlacher, in: HdG, Spalte 1563. 193 Schultz, Förderungszweck, S. 22. 194 Schultz, Förderungszweck, S. 24. 195 Vgl. Großfeld I Aldejohann, in: 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, S. 15. 196 Vgl. dazu unten, S. 50 ff., 92 ff. 197 Henzler, ZfgG Bd. 4 (1964), S. 443; Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 55 ff. 187 188
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
die Zusammenarbeit mit den Einzelgenossenschaften angewiesen 198 • Schon die dadurch begründete gegenseitige Rücksichtnahme trägt zu einer erheblichen Milderung der Machtausübung seitens der Zentralgenossenschaft bei 199• Hieraus ergibt sich, daß den Primärgenossenschaften im Stufenverbund nicht die Stellung untergeordneter Organisationsteile zukommt, deren wettbewerblieber Handlungsspielraum von den Hauptgenossenschaften einseitig bestimmt werden kann. Diese sind - anders, als das bei Filialunternehmen der Fall ist - stets auf Zustimmung bei den angeschlossenen Genossenschaften und bei deren Mitgliedern angewiesen 200• Im Gegensatz zu Filialunternehmen und abhängigen Konzernunternehmen geht es bei der genossenschaftlichen Verbundwirtschaft auch nicht um die Unterordnung der primärgenossenschaftlichen Planung unter einen übergelagerten Gruppennutzen 201 • Denn die Bereitschaft der Primärgenossenschaften zur Annahme von Förderleistungen beruht in erster Linie auf der Zielvorstellung, den eigenständig zu erwirtschaftenden Erfolg zu maximieren, mag sich auch ein gewisses Gruppenverständnis aufgrundder finanziellen Beteiligung der Primärgenossenschaften an den Hauptgenossenschaften einstellen. c) Ergebnis
Primärgenossenschaften können auch bei rein wettbewerblieber Betrachtungsweise nicht als abhängige Unternehmen im Sinne der Verbundklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB eingestuft werden. Schließen sich eine Primärgenossenschaft und ein privates Landhandelsunternehmen zusammen, so lassen sich die Umsatzerlöse einer Hauptgenossenschaft also zumindest nicht wegen etwaiger Abhängigkeit der am Zusammenschluß beteiligten Mitgliedsgenossenschaft über § 23 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 Alt. 1 GWB in die für die Zusammenschlußkontrolle maßgebliche Umsatzberechnung nach § 24 Abs. 8 GWB miteinbeziehen. II. Abhängigkeit der Hauptgenossenschaft von einer einzelnen Primärgenossenschaft Der Vollständigkeit halber sei noch kurz die Frage nach der umgekehrten Beherrschungsmöglichkeit durch einzelne Mitgliedsgenossenschaften angeschnitten. Bei genossenschaftlichen Zentraleinreichtungen regelt sich der Verwaltungseinfluß zwar häufig nach der Größe der einzelnen Mitgliedsgenossenschaft oder 198 199
2oo 2o1
Schröder, in: Planung im Genossenschaftswesen, ZfgG Sonderheft 1967, S. 58. Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 35. Vgl. Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 35. Vgl. auch Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 37.
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nach dem mit der Zentralgenossenschaft getätigten Umsatz 202. Schonangesichts der hohen Mitgliederzahlen der Hauptgenossenschaften 203 ist die Beherrschung einer Hauptgenossenschaft durch eine einzelne Primärgenossenschaft jedoch kaum vorstellbar. Tatsächlich sind derartige Abhängigkeiten im ländlichen Genossenschaftswesen auch nicht anzutreffen; sie werden aber vereinzelt- zukünftig - für jedenfalls theoretisch möglich gehalten 204. Denn während der Dominanz einzelner Genossenschaften bis zur Genossenschaftsnovelle 1973 durch das historisch überkommene "Ein Mann - eine Stimme"-Prinzip entgegengewirkt wurde 205 , besteht für Zentralgenossenschaften seit dem 1.1.1974 gemäߧ 43 Abs. 3 Satz 7 GenG die statutarische Gestaltungsfreiheit der Schaffung von Mehrstimmrechten, die den Mitgliedern in unbegrenzter Zahl nach beliebigen aber sachgerechten Maßstäben gewährt werden können206·207. Muß auch jedem Genossen gemäß dem Gebot der Gleichbehandlung nach den gleichen Kriterien die Zahl seiner Stimmrechte zugemessen werden 208 , so ist es aber denkbar, daß die entsprechende Auswahl solcher Kriterien zu einer die Beherrschungsmöglichkeit eröffnenden Stimmenmehrheit führt. Richtet sich etwa das Stimmrecht einer Primärgenossenschaft in einer Hauptgenossenschaft nach der Höhe des Geschäftsguthabens und beträgt dieses mehr als die Hälfte der Summe aller Geschäftsguthaben, so hätte diese Primärgenossenschaft die Stimmenmehrheit 209. Andererseits gehört es "zwingend" zum Wesen der Genossenschaft als personalistisch strukturierter Förderungsgemeinschaft 210, daß sich der Beschlußwille der Generalversammlung als Gemeinschaftswille konstituiert, was jedenfalls dann nicht mehr der Fall ist, wenn ein Genosse durch die ihm zustehenden Mehrstimmrechte die absolute Mehrheit der Stimmen besitzt 211 . 202 Draheim, Untemehmungstyp, S. 135. 203 Ende 1988 standen den 11 Hauptgenossenschaften 739 Bezugs- und Absatzgenossenschaften und 1785 Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr gegenüber; vgl. DG
Bank, 1989, S. 16. 204 Merle, AG 1979, S. 269, 270, 274. 2os Baudenbacher I Oettinghaus, AG 1985, S. 269; Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 43 Rdnr. 17; Compart, S. 181 ff. 206 Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 43 Rdnr. 21; Baudenbacher I Oettinghaus, AG 1985, S. 271.
207 Bei Primärgenossenschaften können einzelnen Genossen unter engen Voraussetzungen hingegen nur maximal 3 Stimmen gewährt werden, wobei sich derartige Mehrstimmrechte auch nicht auf alle Abstimmungen erstrecken (§ 43 Absatz 3 Satz 2-6 GenG); vgl. hierzu Beuthien, a. a. 0., Rdnr. 20; Merle, AG 1979, S. 268 ff.; Baudenbacher I Oettinghaus, AG 1985, S. 268 ff. 2os Müller, GenG, § 43 Rn. 77. 209 Vgl. Merle, AG 1979, S. 269, der eine derartige Konzentrierung von mehr als der Hälfte der Summe aller Geschäftsguthaben bei einem Genossen zwar für unwahrscheinlich hält, insoweit aber die Möglichkeit einer abhängigen Zentralgenossenschaft bejaht (s. auch S. 270 und 274). 210 Müller, GenG, § 43 Rn. 77. 3 Recktenwald
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Ähnliches gilt für die durch Mehrheitsbeteiligung an einer in der Rechtsform der AG oder GmbH betriebenen Hauptgenossenschaft vermittelte "beherrschende" Stimmrechtsmacht einzelner Primärgenossenschaften. Denn auch diejenigen Hauptgenossenschaften, die nicht die Rechtsform der eG aufweisen, behalten die genossenschaftliche Struktur und Zielsetzung dadurch bei, daß sie den genossenschaftlichen Förderungszweck in der Satzung verankern 212 • Die Abhängigkeit einer Hauptgenossenschaft von einer einzelnen Primärgenossenschaft würde daher auch hier mit dem gegenüber allen Gesellschaftern bestehenden Förderungsauftrag kollidieren, der nur nicht gesetzlich sondern satzungsmäßig zugrunde gelegt ist 213 • Deshalb finden sich in den Satzungen genossenschaftlicher Aktiengesellschaften auch Stimmrechtsbeschränkungen, um mit der Begrenzung der aus dem Kapitaleinsatz fließenden Stimmrechtsmacht der Kopfzahl und damit der Person der Aktionäre ein stärkeres Gewicht gegenüber dem bloßen Kapitaleinsatz zu verleihen 214 • "Förderungsbedingt" wird es daher die von einer einzelnen Primärgenossenschaft abhängige Hauptgenossenschaft auch zukünftig nicht geben können. Schließt sich eine Primärgenossenschaft mit einem privaten Landhandelsunternehmen zusammen, so kann der Abhängigkeitstatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 Alt. 1 GWB folglich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der von einer einzelnen Ortsgenossenschaft abhängigen Hauptgenossenschaft zur Einbeziehung der Hauptgenossenschafts-Umsatzerlöse in die für § 24 Abs. 8 GWB maßgebliche Umsatzberechnung führen. Unterschreiten die Gesamtumsatzerlöse der an solchen Zusammenschlüssen beteiligten Unternehmen auch regelmäßig die für die Kontrollpflicht erforderlichen Schwellenwerte des § 24 Abs. 8 GWB erheblich, so müssen derartige Zusammenschlüsse deshalb aber noch nicht kontrollfrei sein. Denn die Bedeutung des§ 23 Abs. 1 Satz 2 GWB beschränkt sich nicht auf den in der Verbundklausel enthaltenen Abhängigkeitstatbestand. Einerseits wird die Verbundklausel in ihrem Halbsatz 2 durch die sog. Mehrmütterklausel ergänzt, andererseits verweist § 23 Abs. 1 S. 2 GWB neben § 17 AktG (Abhängigkeitstatbestand) auch auf§ 18 AktG ("Konzernklausel" 215). Dem Verweis auf§ 18 Abs. 1 AktG 21 1 Müller, GenG, § 43 Rn. 77, Anh. II § 93 s Rn. 47; Westerrnann, in: FS Reinhardt, S. 372, wonach die rechtliche Struktur der Genossenschaft eine beherrschende Einflußnahme über die Stimmrechtsmacht schlechthin ausschließt. 212 Vgl. zur "genossenschaftlichen Aktiengesellschaft": Luther, S. 9, 22 ff., mit Hinweisen auf einschlägige Satzungsbestimmungen (z. B.: "Die Gesellschaft arbeitet nach den Grundsätzen des genossenschaftlichen Förderungsauftrages") aufS. 42 ff.; vgl. auch oben, S. 25. 213 Vgl. hierzu Schultz, Förderungszweck, S. 28. 214 Vgl. Luther, S. 85 ff. mit Nachweisen. 215 Vgl. Frankfurter Komm., § 23 Tz. 98, und Müller-Gießler-Scholz, § 23 Rdnrn. 47-50, wo § 23 Abs. I S. 2 Hs. I GWB begrifflich in "Verbundklausel" (Verweis auf § 17 AktG) und "Konzemklausel" (Verweis auf§ 18 AktG) unterteilt wird. Überwiegend
§ 2 Verbundklausel (B. Die Mehrrnütterklausel)
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("Unterordnungskonzern") kommt dabei allerdings keine eigenständige Bedeutung zu. Denn während ein Unterordnungskonzern Abhängigkeit und zusätzlich das Merkmal der einheitlichen Leitung aufweisen muß, ergibt sich schon aus der Verweisung des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB auf § 17 AktG, daß bereits die Abhängigkeit als solche die Anwendbarkeit der Verbundklausel begründet 216 • Neben§ 17 AktG ist dagegen die Verweisung auf§ 18 Abs. 2 AktG ("Gieichordnungskonzern") erheblich 217 • Denn bei einem Gleichordnungskonzern handelt es sich um die Zusammenfassung rechtlich selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung ohne Abhängigkeit. Es bleibt somit zu klären, ob die zwischen Haupt- und Primärgenossenschaften bestehenden Beziehungen die Voraussetzungen der Mehrmütterklausel erfüllen oder die Annahme eines Gleichordnungskonzerns rechtfertigen.
B. Die Mehrmütterklausel (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 GWB) Im Hinblick auf die Mehrmütterklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB erscheint die "modellmäßige Betrachtung" vertiefenswert, daß die "Spitzen des Verbundes" im Range von "abhängigen Untergesellschaften" stehen 1• Die Mehrmütterklausel erfaßt die Beherrschung eines Unternehmens durch mehrere Obergesellschaften. Wirken diese "auf Grund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise derart zusammen, daß sie gemeinsam einen beherrschenden Einfluß auf ein beteiligtes Unternehmen ausüben können, so gilt jedes von ihnen als herrschendes Unternehmen". Auch bei der Mehrmütterklausel kommt es auf die Rechtsform der mitbeherrschenden oder abhängigen Unternehmen nicht an 2 ; es kann sich also auch um Genossenschaften handeln. Mit seinem Wortlaut spricht§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB nur diejenigen Fälle an, in welchen eine gemeinsame Tochter an einem Zusammenschluß beteiligt ist, nicht aber die Fälle, in denen eine der Mütter sich an einem Zusammenschluß beteiligt 3 (gemeinsame Beherrschung über ein "beteiligtes" Unternehwerden die Verweise auf§ 17 und § 18 AktG aber einheitlich mit "Verbundklausel" bezeichnet, während sich für § 23 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GWB die Bezeichnung "Mehrmütterklausel" durchgesetzt hat, vgl. z. B. Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 31 ff., 51, 60; Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 808; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 86, 92; Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 347, 361. 216 Vgl. Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 60; Fischer, S. 74. 211 Westrick, in: Westrick I Loewenheim, § 23 Rdnr. 115; Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 355; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 61. 1 Vgl. Draheim, Archiv für öffentliche und freigemeinwirtschaftliche Unternehmen, Bd. 5 (1960), S. 101; Pfüller, S. 5. 2 Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 361; Frankfurter Komm.,§ 23 Tz. 100; vgl. auch oben, S. 7. 3 Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 40; Fischer, S. 87. 3*
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
men). Demgemäß muß sich zumindest das an einem Zusammenschluß beteiligte abhängige Unternehmen die Ressourcen aller gemeinsam beherrschenden Unternehmen, insbesondere den Umsatz, zurechnen lassen 4 • Wäre also eine Hauptgenossenschaft ein von "ihren" Primärgenossenschaften gemeinsam beherrschtes Tochterunternehmen, und schlösse sie sich mit einem privaten Landhandelsunternehmen zusammen, so würden ihr über die Mehrmütterklausel die quantitativen Kriterien aller Primärgenossenschaften zugerechnet. Ausgehend von den der Arbeit vorangestellten Durchschnittsumsätzen 5 dürfte die Kontrollpflicht derartiger Zusammenschlüsse jedoch regelmäßig nicht von einer solchen Zurechnung abhängen. Erhebliche Bedeutung erlangte die Mehrmütterklausei dagegen, wenn sie bei einem Zusammenschluß zwischen einer "(mit-)herrschenden" Primärgenossenschaft und einem privaten Landhandelsunternehmen dazu führte, daß auch der Primärgenossenschaft die Umsatzerlöse der "abhängigen" Hauptgenossenschaft zugerechnet werden können, da erst hierdurch die materielle Zusammenschlußkontrolle eröffnet würde.
I. Anwendbarkeit der Mehrmütterklausel bei Beteiligung eines Mutterunternehmens am Zusammenschluß Nach überwiegender Ansicht soll auch die Beteiligung einer der gemeinsam herrschenden Mütter an einem Zusammenschluß die Voraussetzungen der Mehrmütterklausei erfüllen 6 • Dabei wird der demgegenüber einschränkende Gesetzeswortlaut teilweise als Redaktionsversehen gewertet. Es spreche vieles dafür, daß der Gesetzgeber die nach dem Wortlaut gebotene Differenzierung nicht gesehen und gewollt habe 7• Andere sind der Auffassung, die Auslassung im Wortlaut beruhe auf der Einbeziehung der abhängigen Unternehmen in den Kreis der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen durch§ 23 Abs. 3 Satz 4 GWB 8 • Die - soweit ersichtlich- einzige Gegenstimme vertritt hingegen die Ansicht, dem Wortlaut der Mehrmütterklausel entsprechend könne die Wirkung der Verbundklausei über § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB nur auf das an einem Zusam4 Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 59; Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 377; Fischer, S. 87. 5 Vgl. oben, S. 6 f. 6 BKartA in ständiger Praxis, vgl. Merkblatt des BKartA zur Zusammenschlußkontrolle, B 2.3, WuW 1981, S. 185; WuW IE BKartA 1897, 1899, "Husse! I Mara"; Ebel, Kartellrechtskomm., § 23 Rdnr. 17; Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 378; Mestmäcker, in: lmmenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 59; Fischer, S. 88 mit weiteren Nachw. aufS. 87 in Fn. 64; a. A. Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 42. 7 Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 378; ähnlich Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 98. s Lanzenberger, in: Schwerpunkte 1973/74, S. 34; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 98, die auf eine derartige Einbeziehung "oder" ein Redaktionsversehen abstellen.
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menschluß beteiligte Tochterunternehmen erstreckt werden, zumal bei unmittelbarer Beteiligung einer Muttergesellschaft nicht davon ausgegangen werden könne, daß dieser die Ressourcen des Gemeinschaftsunternehmens zur Verfügung stünden, was aber Grundlage einer durch die Verbundklausel bewirkten Ressourceneinheit sei 9 • Dieser Streit könnte dahingestellt bleiben, wenn sich das Ergebnis der herrschenden Meinung bereits aus dem "allgemeinen" Abhängigkeitstatbestand in § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. I GWB herleiten ließe, es also auf die Mehrmütterklausel gar nicht ankäme 10• Hierzu müßte der Verweis auf § 17 AktG auch die Fälle gemeinsamer Beherrschung erfassen. Ferner dürfte die unmittelbare Anwendung des Abhängigkeitstatbestandes nicht aus Gründen der Gesetzeskonkurrenz durch die Mehrmütterklausel ausgeschlossen sein. 1. Erfassung der Mehrmütterherrschaft durch den allgemeinen Abhängigkeitstatbestand
Im aktienrechtlichen Schrifttum ist es nach wie vor umstritten, ob Beherrschung im Sinne von § 17 AktG durch mehrere Unternehmen möglich ist 11 • Der BGH hat dies in seiner zum Aktienrecht ergangenen Seitz-Entscheidung 12 unter bestimmten Voraussetzungen bejaht. Aus der maßgeblichen Sicht des abhängigen Unternehmens sei es gleichgültig, ob der - nach außen einheitliche - fremde Unternehmerwille, dem eine Gesellschaft unterworfen sei, von einem oder mehreren anderen Unternehmen gebildet werde. Die Gefahr, zum eigenen Nachteil fremden Unternehmensinteressen dienstbar gemacht zu werden, bestehe in beiden Fällen 13 • Im kartellrechtlichen Schrifttum findet sich zwar der Hinweis, durch diese höchstrichterliche Entscheidung habe die vom Gesetzgeber vorher geschaffene Mehrmütterklausel viel von der ihr ursprünglich zugedachten Bedeutung verloren 14 • Daß die Mehrmütterklausel dadurch bedeutungslos geworden ist, wird jedoch nicht vertreten, obwohl dies die Folge wäre, wenn man die Seitz-Entscheidung des BGH auch für den fusionskontrollrechtlichen Abhängigkeitstatbestand Maß geben lassen würde, da dann die Verbundklausel ohne weiteres auf die Fälle erstreckt werden müßte, in denen mehrere Mütter herrschend sind, und Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 41. Vgl. Lanzenberger, in: Schwerpunkte 1973/74, S. 35, der auf diese Möglichkeit hinweist. 11 Vgl. zum Streitstand Koppensteiner, in: Kölner Komm.,§ 17 Rdnr. 70 ff., 74; vgl. ferner die Nachweise bei BAG, WM 1987, S. 1553, und Emmerich I Sonnenschein, Konzernrecht, 3. Aufl., S. 70 Fn. 52. 12 BGHZ 62, 193 "Seitz-Gruppe"; ebenso BAG, Beschluß vom 30.10.1986, WM 1987, S. 1551, 1553; vgl. auch KG, WuW/E OLG 2862, 2870f., "Rewe/Florimex". 13 BGHZ 62, 197; vgl. auch GeBier, in: FS Knur, S. 162. 14 Fischer, S. 78. 9
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zwar ohne Rücksicht darauf, ob Tochter oder Mütter an einem Zusammenschluß beteiligt sind 15 • Auch der Kartellsenat des BGH, der mit der Brost & Funke-Entscheidung vom 8. Mai I979 16 erstmals zur Interpretation der Mehrmütterklausel Stellung genommen hat, äußert sich nicht eindeutig zu dem zwischen Mehrmütterklausel und allgemeinem Abhängigkeitstatbetand bestehenden Verhältnis. Zwar wird zunächst darauf hingewiesen, das Gesetz habe für den Bereich der Fusionskontrolle in§ 23 Abs. I Satz 2 Halbs. 2 GWB einen "eigenständigen Beherrschungstatbestand" geschaffen. Dann wird aber "ergänzend" angeführt, daß der BGH inzwischen auch den Abhängigkeitsbegriff des § I7 AktG auf die Mehrmütterherrschaft erstreckt habe 17, um schließlich anband der Kriterien der Seitz-Entscheidungwenn auch unter Berücksichtigung der Schutzzwecke der Zusammenschlußkontrolle- zu ermitteln, ob im konkreten Fall ein beherrschender Einfluß ausgeübt werden kann. Das überwiegende Schrifttum geht bei der fusionskontrollrechtlichen Problematik der Mehrmütterherrschaft anscheinend stillschweigend von der eigenständigen Bedeutung der Mehrmütterklausel aus, wenn es deren Erstreckung auf ein "beteiligtes" Mutterunternehmen im Wege der Auslegung propagiert. Lediglich die am Gesetzeswortlaut festhaltende Mindermeinung versucht zu begründen, warumjedenfalls bei der Beteiligung eines Mutterunternehmens an einem Zusammenschluß ein Rückgriff auf den Abhängigkeitstatbestand in Halbsatz I der Verbundklausel nicht möglich ist 18 : Das Gebot eigenständiger kartellrechtlicher Interpretation stehe einer schlichten Übertragung der Seitz-Entscheidung in das Kartellrecht entgegen. Dieses Gebot erzwinge auch bei § 23 Abs. I Satz 2 Hs. 2 GWB eine eigenständige Prüfung 19 • Denn der Zweck der Verbundklausel sei die Herbeiführung einer Ressourceneinheit, was voraussetze, daß dem am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen auch die Mittel des verbundenen Unternehmens zur Verfügung stünden. Dies sei jedoch bei Beteiligung einer Mutter in der Regel nicht der Fall, da zwar ein Gemeinschaftsunternehmen seine Ressourcen "wie die Milch von den Müttern sauge", eine Mutter selbst aber grundsätzlich nicht über die Mittel der Tochter verfügen könne 20 • Die von der Mindermeinung vorgebrachten Argumente sind jedoch wenig überzeugend. Jedenfalls im ländlichen Genossenschaftswesen ist bereits die Annahme eines einseitigen Ressourcenflusses von den Primärgenossenschaften als "MutterunterAuf diese Konsequenz hinweisend: Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 40. NJW 1979, S. 2401 ff. = WuW /E BGH 1608 ff. , "Westdeutsche Allgemeine Zeitungsverlagsgesellschaft". 11 BGH, NJW 1979, S. 2402 unter Hinweis auf BGHZ 62, 193, "Seitz-Gruppe". 18 Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 40 f. 19 Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 40. 2o Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 41. 15
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nehmen" zur gemeinsamen "Tochter" Hauptgenossenschaft verfehlt. Mögen die Hauptgenossenschaften ihre Ressourcen auch zunächst aus den Einlagen der Primärgenossenschaften schöpfen, so bleibt es aber nicht bei dieser Einseitigkeit. Denn Ziel des Stufenverbunds ist der den Mutterunternehmen dienende, durch hohe Kooperationsintensität erzielte koordinierte Einsatz von Ressourcen 2 1• Nicht nur bei den Kreditvergabe- und Lagerhaltungsfunktionen der Hauptgenossenschaft ermöglicht dies gerade einen wettbewerbsstärkenden Ressourcenzugriff der einzelnen "Mütter". Insofern stünde selbst eine reine Ressourcentransferbetrachtung der Anwendbarkeit der Verbundklausel bei einem Zusammenschluß zwischen einer (gemeinsam herrschenden) Primärgenossenschaft und einem privaten Landhandelsunternehmen nicht entgegen. Darüberhinaus erscheint aber schon die Maßgeblichkeil einer derartigen Ressourcenbetrachtung für die Anwendbarkeit der Verbundklausel zweifelhaft. Denn es ist nicht einzusehen, warum der Schutzzweck der Verbundklausel erst tangiert sein soll, wenn es zu Ressourcenverlagerungen kommen kann. Gerade bei "eigenständiger kartellrechtlicher Interpretation" 22 der Verbundklausel sind vielmehr die aus der Sicht des am Schutzgut Wettbewerb beteiligten Dritten zu bestimmenden wettbewerbliehen Einflußmöglichkeiten entscheidend 23 • Bei gemeinsamer Beherrschung ist daher ausschlaggebend der gemeinsame Einfluß auf das Wettbewerbspotential des abhängigen Unternehmens und die damit gegebene Möglichkeit, die eigenen Wettbewerbsinteressen im Verhältnis zueinander und gegenüber dem abhängigen Unternehmen abzustimmen und durchzusetzen 24 • Derartige Einflußmöglichkeiten liegenjedenfalls dann vor, wenn ein Unternehmen der Gefahr ausgesetzt ist, zum eigenen Nachteil fremden Unternehmensinteressen dienstbar gemacht zu werden. Dies wiederum entspricht aber den an den aktienrechtlichen Abhängigkeitstatbestand gestellten Anforderungen 25 • Insofern steht auch das Gebot eigenständiger kartellrechtlicher Interpretation einer Übertragung der Seitz-Entscheidung in das Kartellrecht nicht entgegen 26 • Schließt man sich den vom BGH zu § 17 AktG vertretenen Auslegungsgrundsätzen an, so ließe sich die Erstreckung der Verbundklausel auf das an einem Zusammenschluß beteiligte Mutterunternehmen deshalb bereits über den fusionskontrollrechtlichen Abhängigkeitstatbestand erreichen, ohne die Mehrmütterklausel heranziehen zu müssen. Vgl. Scheiter, S. 190. Vgl. Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 40, 42. 23 Vgl. Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 814 a. E.; Fischer, S. 88. 24 Mestmäcker, in: lmmenga/Mestmäcker, § 23 Rdnr. 51; vgl. auch KG, WuW/E OLG 4075, 4076, "Springer-Kieler Zeitung"; 2862, 2868 ,,Rewe-Aorimex". zs Vgl. BGHZ 62, 197, "Seitz-Gruppe". 26 Vgl. auch Säcker, NJW 1980, S. 806, der zwischen den Normzwecken der in§ 17 AktG und § 23 Abs. I Satz 2 Halbs. 2 GWB geregelten Abhängigkeitstatbestände keine inhaltlichen Differenzen sieht. 21
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Allerdings wäre die unmittelbare Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 1 GWB in derartigen Fällen nur zulässig, wenn die Mehrmütterklausel insoweit keine abschließende Regelung träfe. 2. Vorrang der Mehrmütterklausel
Ein derartiger Vorrang könnte sich daraus ergeben, daß die Mehrmütterklausel aus Gründen der Gesetzeskonkurrenz eine Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 1 GWB- zumindest in Fällen der "Beteiligung" eines Mutterunternehmens- verbietet. Dies wäre der Fall, wenn die Mehrmütterklausel als speziellere Norm für ihren Anwendungsbereich den in Halbsatz 1 gegerelten Abhängigkeitstatbestand verdrängen würde. Voraussetzung einer derartigen Spezialität ist jedoch, daß die allgemeinere Norm (Halbs. 1 Alt. 1) durch die speziellere Norm (Halbs. 2) eingeschränkt wird 27 • Es kommt also darauf an, ob die Rechtsfolgen der Mehrmütterklausel die der Verbundklausel nach der Regelungsabsicht des Gesetzes nur ergänzen, sie modifizieren, oder aber an ihre Stelle treten sollen 28• Die Klärung dieser Frage erfordert eine teleologische und systematische Auslegung der Mehrmütterklausel. Nach den Worten des Wirtschaftsausschusses 29 sollte mit der im Regierungsentwurf der 2. GWB-Novelle noch nicht vorgesehenen Bestimmung lediglich klargestellt werden, daß auch Mehrmüttergesellschaften, bei denen zwei oder mehr untereinander koordinierte Unternehmen gemeinsam einen beherrschenden Einfluß ausüben, durch die Verbundklausel erlaßt werden. Die Klarstellung erschien notwendig, weil es für § 17 AktG streitig war, ob eine Abhängigkeit im Sinne dieses Gesetzes im Verhältnis zu mehreren herrschenden Unternehmen bestehen könne 30, man aber jedenfalls für den Bereich der Zusammenschlußkontrolle davon ausging, daß Unternehmen statt von einem einzelnen Unternehmen von mehreren mit gleicher wettbewerblieber Relevanz abhängig sein können 31• Erst nach Verabschiedung der Novelle entschied der BGH, daß ein (aktienrechtlich relevanter) beherrschender Einfluß auch von mehreren gleichgeordneten Unternehmen ausgehen könne 32• Warum bei der Formulierung der Mehrmütterklausel jedoch ein Wortlaut verwandt wurde, der Zweifel an der Anwendbarkeit der Verbundklausel bei Beteiligung von Müttern an einem Zusammenschluß entstehen läßt, ist mit Hilfe Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 257. Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 257. 29 Bericht des Wirtschaftsausschusses, BT-Drucks. 7/765, S. 7. 30 Vgl. Mestmäcker, in: ImmengaiMestmäcker, § 23 Rdnr. 51. 31 Vgl. Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 92; Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 812. 32 BGHZ 62, 193, 199, "Seitz-Gruppe". 11
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der Materialien nicht zu klären, da sich diese hierzu nicht äußern. Andererseits entspricht es aber dem Willen des Gesetzgebers, Unternehmensgruppen, die wegen gegenseitiger Verflechtungen in der Regel eine wettbewerbliehe Einheit bilden, bei der Ermittlung der quantitativen Merkmale des § 23 Abs. 1 Satz 1 ebenfalls als Einheit zu behandeln 33 , wobei auch der zwischen mehreren Unternehmen koordinierte Einfluß auf andere Unternehmen der Verbundklausel unterfallen soll 34 • Daraus läßt sich ableiten, daß derartige Mehrmüttergesellschaften durch die Verbundklausel schlechthin erlaßt werden sollten, unabhängig davon, ob das Tochterunternehmen oder eine von mehreren Muttergesellschaften an einem Zusammenschluß beteiligt ist 35• Dieses Ergebnis ist auch mit dem systematischen Aufbau der Verbundklausel vereinbar. Während Halbsatz 1 für die gemäß § § 17, 18 AktG verbundenen Unternehmen die Rechtsfolge einheitlicher Ressourcenbetrachtung anordnet, läßt sich Halbsatz 2 als Erläuterung dieser Rechtsfolge für den Unterfall gemeinsamer Beherrschung verstehen, wonach die Ressourcen jeder als herrschend geltenden Muttergesellschaft einzubeziehen sind, wenn das Tochterunternehmen an einem Zusammenschluß mit einem anderen Unternehmen beteiligt ist. Die Anerkennung gemeinsamer Beherrschung wird dabei allgemein getroffen und nicht etwa von der Beteiligung des Tochterunternehmens abhängig gemacht. Insofern steht Halbsatz 2 nicht der Auslegung entgegen, das als abhängig im Sinne der Verbundklausel anerkannte Tochterunternehmen auch der dort angeordneten Rechtsfolge zu unterwerfen, wenn sich eine der Muttergesellschaften mit einem anderen Unternehmen zusammenschließt 36• Allerdings läßt sich der Mehrmütterklausel in diesem Fall das Gebot entnehmen, der beteiligten Mutter nur die Ressourcen der Tochter zuzurechnen, die Ressourcen der übrigen Mütter also unberücksichtigt zu lassen 37 . Jedenfalls schafft die Mehrmütterklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB aber keinen gegenüber § 17 AktG zusätzlichen "eigenständigen Beherrschungstatbestand", sondern stellt, wie sich aus der Entstehungsgeschichte ergibt, lediglich die Interpretation des allgemeinen konzernrechtlichen Abhängigkeitstatbestandes für den Bereich der Zusammenschlußkontrolle klar 38 • Es bleibt somit festzuhalten, daß die Mehrmütterklausel der reinen Erweiterung der Anwendbarkeit der Verbundklausel und nicht deren Einschränkung dient. Begr. RegE 1971, BT-Drucks. Vl/2520, S. 27. Vgl. Bericht des Wirtschaftsausschusses, BT-Drucks. 7/765, S. 7. 35 Lanzenberger, in: Schwerpunkte 1973/74, S. 35. 36 Vgl. Lanzenberger, in: Schwerpunkte 1973/74, S. 35. 37 H. M., vgl. Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 378; Lanzenberger, in: Schwerpunkte 1973/74, S. 35; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 59; Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 814; vgl. auch BKartA, WuWIE BKartA 1897, 1899, "Husse! I Mara". 38 Ähnlich Säcker, NJW 1980, S. 806; Fischer, S. 84, 191. 33
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Insofern besteht zwischen beiden Regelungen auch kein Spezialitätsverhältnis. Es gibt daher keinen sachlichen Grund für eine Ausgliederung der Fälle einer Beteiligung einzelner Mehrmütterunternehmen aus dem Anwendungsbereich der VerbundklauseL Diese führt vielmehr auch bei Beteiligung eines gemeinsam herrschenden Mutterunternehmens an einem Zusammenschluß zur Berücksichtigung der Ressourcen des gemeinsam beherrschten Tochterunternehmens. Die Mehrmütterklausel bleibt allerdings insoweit Prüfungsmaßstab, als sie die für das Kartellrecht maßgeblichen Voraussetzungen der im Aktienrecht umstrittenen gemeinsamen Beherrschung nennt. Mithin könnten Verbund- und Mehrmütterklausel auch bei einem Zusammenschluß zwischen einer Primärgenossenschaft und einem privaten Landhandelsunternehmen zur Einbeziehung der Umsatzerlöse der Hauptgenossenschaft führen, wenn es sich bei dieser um ein von den Mitgliedsgenossenschaften abhängiges Unternehmen handeln würde.
II. Gemeinsame Beherrschung im Sinne des § 23 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 GWB Die Mehrmütterklausel setzt nach ihrem Wortlaut voraus, daß aufgrund des Zusammenwirkens mehrerer Unternehmen gemeinsam ein beherrschender Einfluß ausgeübt werden kann. Fraglich erscheint bereits, ob es sich bei ,,mehreren" Unternehmen auch um die Gesamtheit bzw. die Mehrheit der an dem Tochterunternehmen beteiligten Unternehmen handeln kann.
1. Beherrschung durch alle Primärgenossenschaften
Ende 1988 standen 11 Hauptgenossenschaften 739 Bezugs- und Absatzgenossenschaften sowie 1.785 Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr gegenüber 39• Da in Einzelfällen auch Nichtgenossenschaften Zentralgenossenschaftsmitglieder sein können 40 , lag die Zahl der Hauptgenossenschaftsmitglieder sogar noch etwas höher. Das Schwergewicht der Anteilseignerseite bildeten aber die über 2500 Primärgenossenschaften 41 , so daß im Durchschnitt fast 230 Primärgenossenschaften auf eine Hauptgenossenschaft entfielen. Ob alle diese "Mütter" als herrschend im Sinne der Mehrmütterklausel eingestuft werden können, erscheint schon deshalb fraglich, weil eine Gesellschaft stets von der Gesamtheit der Gesellschafter Vgl. DG Bank, 1989, S. 16. Vgl. Kopplin, S. 23; Köhler, ZfgG Bd. 33 (1983), S. 124; Wasmer, in: HdG, Spalte 1853. 41 Vgl. Wasmer, in: HdG, Spalte 1853: Mitglieder der Warenzentralen sind "ausschließlich oder ganz überwiegend die örtlichen Genossenschaften". 39
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beherrscht werden "kann". Insofern sind auch die Genossenschaften höherer Ordnung, bedingt durch den demokratischen Aufbau, in ihrem Bestand wie auch in bezug auf ihre Willensbildung stets von dem sie tragenden Unterbau abhängig4z. Dennoch soll die Anwendbarkeit der Mehrmütterklausel nicht von einer bestimmten Anzahl beteiligter Unternehmen und auch nicht von einer bestimmten Beteiligungshöhe abhängen 43. Rechtsprechung, Praxis und die überwiegende Lehre gehen davon aus, daß selbst bei einer Vielzahl von Gesellschaftern mit jeweils geringer Beteiligung eine gemeinsame Beherrschung durch alle Unternehmenseigner möglich ist 44• Allerdings reicht das bloße Zusammenzählen von Beteiligungen mehrerer Mütter für die Annahme einer gemeinsamen Beherrschung im Sinne der Mehrmütterklausel allein nicht aus 45 . Denn § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB fordert zusätzlich ein tatsächlich bestehendes "Zusammenwirken"46. Dieses Tatbestandsmerkmal soll sicherstellen, daß nur eine bewußte und gewollte, mit einer gewissen Planmäßigkeit betriebene gemeinsame Beherrschung von der Mehrmütterklausel erfaßt wird 47. 2. Gemeinsamkeit der Beherrschung
Die Mitgliedsgenossenschaften einer Hauptgenossenschaft müßten aufgrund einer Vereinbarung oder aufgrundrechtlicher oder tatsächlicher Umstände derart 42
Gallwitz, S. 156.
43 Vgl. Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 94; Fischer, S. 81 , beide
mit weiteren Nachweisen. Die Definition eines Gemeinschaftsunternehmens in § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 GWB, nach der Gesellschafter mindestens 25 % des stimmberechtigten Kapitals besitzen müssen, hat im Rahmen der Mehrmütterklausel keine Bedeutung, vgl. Fischer, S. 81 Fn. 29; soweit der Begriff des Gemeinschaftsunternehmens in dieser Arbeit gebraucht wird, ist er daher untechnisch zu verstehen, umfaßt also auch gemeinsame Tochtergesellschaften mit mehr als vier Müttern; vgl. auch Schultz, Förderungszweck, S. 7: "Gemeinschaftsunternehmen, die man Genossenschaften zu nennen pflegt". 44 Vgl. zum Fall Transportbetonvertrieb Sauerland: BKartA, WuW IE BKartA 1771, 1773, "Transportbetonvertrieb"; Monopolkommission, Hauptgutachten IV, Rz. 541 543; BGH, WuW IE BGH 1810, 1811, "Transportbeton Sauerland"; der Fall betraf die sich in gleicher Weise bei § 23 Abs. 2 Nr. 5 GWB stellende Problematik; die Kriterien für die Ermittlung des gemeinsam beherrschenden Einflusses in § 23 Abs. 1 Satz 2 Ha1bs. 2 und in§ 23 Abs. 2 Nr. 5 GWB stimmen überein, vgl. KG, WuW IE OLG 4075, 4076, "Springer-Kieler Zeitung", Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 51, Autenrieth, BB 1982, S. 757, jeweils mit weiteren Nachweisen; vgl. ferner Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 756, 813; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 94; Fischer, S. 83. 45 G. Wiedemann, ZHR 146 (1982), S. 306; Autenrieth, BB 1982, S. 757; Fischer, S. 81. 46 Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 93. 47 Vgl. schriftl. Bericht des Wirtschaftsausschusses, WuW 1973, S. 589; G. Wiedemann, ZHR 146 (1982), S. 306; Frankfurter Kommentar,§ 23 Tz. 99; Langen INiederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 93.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
zusammenwirken, daß die Möglichkeit einer einheitlichen beherrschenden Einflußnahme auf die Warenzentrale gesichert ist 48 • Da es zwischen den Primärgenossenschaften keine vertraglichen oder organisatorischen Bindungen hinsichtlich der Stimmrechtsausübung in den Organen der jeweiligen Hauptgenossenschaft gibt 49 , kommt nur ein Zusammenwirken "in sonstiger Weise" (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB) in Betracht. Feste Regeln dafür, wann eine gemeinsame Verhaltensweise diesen Kriterien entspricht, gibt es allerdings nicht 5°. Insofern liegt die Bedeutung der zweiten Alternative der Mehrmütterklausel noch weitgehend im Dunkeln 51 • Einigkeit besteht nur insoweit, als es nicht genügen kann, daß eine Vielzahl von Unternehmen Anteile an einem anderen Unternehmen hält, die zusammengefaßt eine Beherrschung des anderen Unternehmens ermöglichen würden; eine solche Zusammenfassung muß vielmehr auch stattfinden 52 • Der Wirtschaftsausschuß des Bundestages 53 hielt den schon während des Gesetzgebungsverfahrens erhobenen Vorwürfen mangelnder Justiziabilität 54 des Tatbestandsmerkmals "in sonstiger Weise" entgegen, der Begriff sei durch den Zusammenhang mit dem Wort "Vereinbarung" und die Bezugnahme auf das ,,Zusammenwirken" hinreichend eingegrenzt, was überwiegend so verstanden wird, daß das faktische Zusammenwirken in der Substanz den rechtlichen Bindungen gleichwertig sein müsse 55• Dabei wird das Erfordernis "qualifizierter Formen faktischer horizontaler Unternehmensverbindungen" 56 zusätzlich durch die Ausführungen des Wirtschaftsausschusses zur entsprechenden Problematik bei § 23 Abs. 2 Nr. 5 GWB gestützt, wonach es sich in den Fällen gemeinsamer Beherrschung "im wesentlichen um rechtliche Verbindungen" handeln werde, von einer 48 Vgl. BGH, WuW IE BGH 1810, 1811, "Transportbeton Sauerland"; 1608, 1611, "Westdeutsche Allgemeine Zeitungsverlagsgesellschaft"; KG, WuW IE OLG 4075, 4076, "Springer-Kieler Zeitung". 49 Kunze, in: HdG, Spalte 179; Horlacher, in: HdG, Spalte 1563, 1566 f. ; vgl. zu den eine hinreichendende Koordination begründenden vertraglichen Bindungen: U. Huber, Gemeinschaftuntemehmen, S. 154; Westrick, in: Westrick I Loewenheim, § 23 Rdnr. 120 (jeweils zur vertraglichen "Stimmenpoolung"); BGH, WuW IE BGH 1608, 1611, "Westdeutsche Allgemeine Zeitungsverlagsgesellschaft". 50 Westrick, in: Westrick I Loewenheim, § 23 Rdnr. 120. 51 G. Wiedemann, ZHR 146 (1982), S. 305. 52 U. Huber, Gemeinschaftsuntemehmen, S. 154; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 93; Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 365 mit zahlreichen Nachweisen. 53 Bericht des Wirtschaftsausschusses, BT-Drucks. 7/765, S. 7. 54 Vgl. Säcker, NJW 1980, S. 802; G. Wiedemann, ZHR 146 (1982), S. 305. 55 G. Wiedemann, ZHR 146 (1982), S. 306; Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 368; ähnlich K. Schmidt, ZGR 1980, S. 287, im Anschluß an Ebel, BB 1974, S. 750 (,,konsolidierter tätiger Interessenverbund"); Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 43144; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 93; U. Huber, Gemeinschafts unternehmen, S. 154, zur entsprechenden Problematik bei § 23 Abs. 2 Nr. 5 GWB. 56 G. Wiedemann, ZHR 146 (1982), S. 306.
§ 2 Verbundklausel (B. Die Mehrrnütterklausel)
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entsprechenden ausdrücklichen Begrenzung jedoch abgesehen worden sei, um nicht "Umgehungsmöglichkeiten" durch faktische Unternehmensverbindungen zu eröffnen 57.
a) Kriterien der Rechtsprechung Der Bundesgerichtshof und das Kammergericht sehen die für die Ausübung gemeinsamer Herrschaft genügende Grundlage als gegeben an, wenn "über die für Personalgesellschaften typische gemeinsame Interessenlage und Leitungsmacht der Gesellschafter hinaus weitere Umstände vorliegen, die eine gesicherte einheitliche Einflußnahme einer Gruppe von beteiligten Unternehmen oder der Gesamtheit derselben auf der Grundlage einer auf Dauer angelegten Interessengleichheit erwarten lassen"5s. Nähere Anhaltspunkte für das Vorliegen einer dieser "weiten Auslegung" 59 ensprechenden "einheitlichen Leitungsmacht" 60 finden sich im Schrifttum6 1, wo darauf hingewiesen wird, schon die gesellschaftsrechtliche Willensbildung des Tochterunternehmens könne so beschaffen sein, daß sie als solche den gemeinsam beherrschenden Einfluß gewährleiste, was die Regel sei, wenn die Tätigkeit des Unternehmens satzungsgemäß auf Hilfsfunktionen für die Gesellschafter begrenzt sei 62 • Ob diese "Regel" auch auf das zwischen genossenschaftlicher Orts- und Sekundärstufe bestehende Verhältnis zutrifft, ist indessen fraglich. Zwar bringt der "abgeleitete Charakter" 63 der Hauptgenossenschaften deren ausschließliche Hilfsfunktion gegenüber den Gesellschaftern mit sich 64 • Daraus, daß die Tätigkeit einer Hauptgenossenschaft auf die Mitgliederförderung begrenzt ist, läßt sich aber noch nicht die auf übereinstimmender Interessenlage beruhende einheitliche 57 Bericht des Wirtschaftsausschusses, BT-Drucksache 7/765, S. 7. 58 BGH, WuW IE BGH 1810, 1811, "Transportbeton Sauerland"; übereinstimmend KG, WuW IE OLG 4075, 4076, "Springer-Kieler Zeitung"; 2862, 2868 "Rewe-Florimex"; ebenso Monopolkommission, Hauptgutachten IV, Tz. 540. 59 Fischer, S. 85; Monopolkommission, Hauptgutachten IV, Tz. 540. 60 KG, WuW IE OLG 4075, 4077, "Springer-Kieler Zeitung". 61 Die wohl überwiegende Meinung im Schrifttum knüpft an die Grundlagen gemeinsamer Beherrschung allerdings engere Voraussetzungen, indem sie verlangt, daß eine einheitliche Willensbildung sowie eine koordinierte Ausübung von Leitungsrechten und Einflußnahmen in jeder konkreten, die abhängige Gesellschaft betreffenden Frage von vomherein und beständig gesichert ist; vgl. U. Huber, Gemeinschaftsuntemehmen, S. 154 f.; Säcker, NJW 1980, S. 805; K. Schmidt, ZGR 1980, S. 287; ähnlich Lutter, NJW 1973, S. 117 ("etablierte unternehmefische Mehrheit"); vgl. die weiteren Nachweise bei Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 52. 62 Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 55; ähnlich Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 96. 63 Vgl. oben, S. 31. 64 Vgl. außer den Nachweisen auf S. 31 auch Draheim, Zur Ökonomisierung der Genossenschaften, S. 105.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Willensbildung "von unten" herleiten, die "als solche den gemeinsam beherrschenden Einfluß gewährleistet" 65. Die erforderliche Harmonie auf der Ortsstufe scheitert insbesondere an den in vielfacher Hinsicht voneinander abweichenden Förderbelangen der "autonomen" Einzelwirtschaften, womit sich auch das weit gesteckte Tätigkeitsfeld und das große Sortiment der Hauptgenossenschaften erklärt. Interessendivergenzen bestehen zunächst aufgrund der unterschiedlich strukturierten Einzelmärkte mit ihren regionalen "ländlichen" Besonderheiten und den unterschiedlichen Kundenstrukturen66. Hinzu treten die stark divergierenden Unternehmensgrößen, die zu einem ausgeprägten Selbständigkeitsstreben oder einer engen Bindung der Einzelgenossenschaft an die Warenzentrale und damit zur Disharmonie bei der hauptgenossenschaftlichen Willensbildung führen können 67 . Der "einheitlichen Einflußnahme" auf eine Hauptgenossenschaft steht schließlich auch deren "uneinheitliche" Zusammensetzung aus Bezugs- und Absatzgenossenschaften, Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr und einzelnen Erzeugerbetrieben entgegen. Mag man auch divergierende Interessen der stets in der Minderheit befindlichen letzten Gruppe außer acht lassen können, so gibt es jedenfalls bei der Hauptgruppe der weitgehend unkoordinierten, in Größe und Wirkungsweise voneinander abweichenden Primärgenossenschaften keine solche Interessenübereinstimmung, die zu einheitlichem Abstimmungsverhalten in den Organen der jeweiligen Hauptgenossenschaft führen könnte. Daß dies auch nicht durch "übergeordnete Gruppeninteressen" bewirkt wird, zeigt sich nicht zuletzt daran, daß die an eine Zentralgenossenschaft angeschlossenen Mitgliedsgenossenschaften von Praktikerseite immer wieder ermahnt werden, bei Stellung ihrer Ansprüche nicht mehr ausschließlich ihre persönlichen Belange in den Vordergrund zu rücken, sondern ihre Leistungsansprüche an den zukunftsorientierten Gesamtverbund anzupassen 68 . Die von der Rechtsprechung für die Mehrmütterklausel als entscheidend angesehene Frage, ob die Gemeinsamkeit der Interessen der Gesellschafter so stark und dauerhaft ist, daß eine gleichbleibende einheitliche Willensbildung zu erwarten ist und daß die nach den Anteilsverhältnissen bestehende Möglichkeit des Zustandekoromens wechselnder Mehrheiten praktisch nicht mehr in einem wesentlichen Umfang in Betracht kommt69, ist daher für das zwischen Primär- und Hauptgenossenschaften bestehende Verhältnis zu verneinen. Jede Einzelgenossenschaft muß ständig damit rechnen, bei wichtigen Personal- und Sachfragen 65 Vgl. Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 55. 66 Vgl. Kopplin, S. 37. 67 Vgl. Horlacher, in: HdG, Spalte 1562, 1573; Draheim, Untemehmungstyp, S. 132. 68 ZENTGENO, S. 106; Horlacher, in: HdG, Spalte 1568; Bungenstock, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 37; vgl. dazu auch Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 22; Boettcher, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 5. 69 BGH, WuW /E BGH 1810, 1811, "Transportbeton Sauerland"; KG, WuW /E OLG 4075, 4077, "Springer-Kieler Zeitung".
§ 2 Verbundklausel (B. Die Mehrmütterklausel)
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überstimmt zu werden und möglicherweise sogar auf Dauer in die Opposition zu geraten. Da sich die Mehrheiten immer erst von Fall zu Fall finden müssen, besteht mithin kein lnteressenverbund, der die mitgliedschaftlieh geteilte Leitungsmacht vereinheitlicht. Die Annahme einer Mehrmütterherrschaft ließe sich somit allenfalls auf rein wettbewerbliehe Gesichtspunkte stützen.
b) Wettbewerbsrelevante Gemeinsamkeit Dem BGH wird vereinzelt entgegengehalten, er verhafte zusehr in gesellschaftsrechtlichen Schemata, anstatt die besondere Stellung der Mehrmütterklausel im Fusionskontrollrecht in den Mittelpunkt der Prüfung zu rücken 70 • Anders als im Aktienrecht sei für den Zweck der Zusammenschlußkontrolle primär die Frage zu stellen, ob dem potentiell abhängigen Unternehmen ein Entscheidungsspielraum verbleibe oder ob dieser zugunsten der Mutterunternehmen in wettbewerblieh erheblicher Weise beschränkt sei 71 • Da die Mehrmütterklausel der Erweiterung und Klarstellung des in Halbsatz l der Verbundklausel geregelten Abhängigkeitstatbestandes diene, müsse die für den fusionskontrollrechtlichen Abhängigkeitstatbestand anerkannte wettbewerbsrechtliche Auslegung 72 auch für die Mehrmütterklausel gelten 73 • Der BGH hat diese Kritik insoweit aufgegriffen, als er in der "Husse!-Mara"-Entscheidung 74 betont, es sei ebenfalls zu berücksichtigen, "ob der gemeinsame Einfluß auf das Wettbewerbspotential des abhängigen Unternehmens die Möglichkeit gibt, die eigenen Wettbewerbsinteressen im Verhältnis zueinander und gegenüber dem abhängigen Unternehmen abzustimmen und durchzusetzen" 75 • Das Kammergericht führt diesen Gedanken fort und läßt es für die Abhängigkeit des Unternehmens genügen, "wenn sein wettbewerblieber Entscheidungsspielraum durch die an ihm beteiligten Unternehmen ausgeschlossen wird" 76 • Von diesem Ansatz her lassen sich insbesondere vertragliche Abreden als abhängigkeitsbegründend einstufen, durch die den Müttern faktisch eine Geschäftsführerposition eingeräumt wird, indem zahlreiche Maßnahmen der Geschäftsführung von der Zustimmung der Mutterunternehmen abhängig gemacht werden. Mögen solche Zustimmungsvereinbarungen auch vereinzelt - z. B. im Vgl. Fischer, S. 84; ähnlich Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 757. Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 757; ähnlich Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 54. n Vgl. oben, S. 26. 73 Fischer, S. 84. 74 BGH, WuW IE BGH 2337, 2339. 75 Unter Hinweis auf Mestmäcker, in: lmmenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 51 letzter Satz. 76 KG, WuW IE OLG 4075, 4076, "Springer-Kieler Zeitung" mit Nachweisen. 10
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Verlagswesen 77 - anzutreffen sein, so finden sich derartige Leitungsmachtbeschränkungen jedenfalls nicht im Bereich der Zentralgenossenschaften, wo dies sowohl rechtlichen Bedenken begegnete 78 als auch unpraktikabel wäre. Dabei fällt die einzelne Hauptgenossenschaft die für ihre Stellung am Markt ausschlaggebenden Entscheidungen nicht nur eigenverantwortlich, sondern beeinflußt- wie sich gezeigt hat 79 - ihrerseits die wettbewerbliehen Aktionsparameter der Mitgliedsgenossenschaften, was nicht zuletzt darauf beruht, daß die weitgehend unkoordinierte Willensbildung "von unten" zu einer entsprechenden Freiheit der Hauptgenossenschaftsvorstände führt. Eine Zuweisung des wettbewerbliehen Spielraumes findet bei der Warenzentrale insofern nur aufgrunddes allen Mitgliedsbetrieben dienenden Grundauftrags der Mitgliederförderung statt. Dieser ist jedoch ein Umstand, der zum Wesen der Genossenschaft gehört, der also noch im "typischen" gemeinsamen Interesse aller Gesellschafter liegt. Für die zur Mehrmütterherrschaft führende, auf einem "Zusammenwirken" beruhende gemeinsame Geschäftspolitik reicht dies nicht aus. Denn auf die "weiteren Umstände", die über die "typische gemeinsame Interessenlage und Leitungsmacht" 80 hinausgehen müssen, verzichten auch die Befürworter der spezifisch wettbewerbliehen Auslegung des § 23 Abs. I Satz 2 Halbs. 2 GWB nicht, mögen sie sich dabei auch mit geringen Anforderungen begnügen. Die Primärgenossenschaften müßten demzufolge auch die nähere Ausgestaltung, die "Konkretisierung" des Förderungsauftrages 81 einheitlich bestimmen können. Einen die eigenständige wettbewerbliehe Betätigung der Hauptgenossenschaft bei Planung, Produktion und Regelung der Leistungsbeziehungen 82 (möglicherweise) ausschließenden besonderen "Gemeinschaftsumstand" gibt es jedoch nicht. Insoweit sind auch die Hauptgenossenschaften "autonom" 83 • Es bleibt somit festzustellen, daß die verschiedenen Stufen des Genossenschaftsverbunds zwar wirtschaftlich aufeinander angewiesen sind, daß sich die starken, von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägten wechselseitigen Einflußbeziehungen jedoch nicht abhängigkeitsbegründend auswirken. Sowohl den Ortsals auch den Hauptgenossenschaften verbleiben trotzder verbundwirtschaftliehen Einordnung erhebliche wettbewerbliehe Freiheitsräume 84• 77 Vgl. BKartA, WuW /E BKartA 2251 ff., "Hamburger Wochenblatt/ Schlei-Verlag"; KG, WuW /E OLG 4075, 4077 ff., "Springer-Kieler Zeitung". 78 Vgl. oben, S. 14 ff. 79 Vgl. oben, S. 22 ff. , 28 ff. 80 Vgl. BGH, WuW /E BGH 1810, 1811, "Transportbeton Sauerland"; KG, WuW I E OLG 4075, 4076, "Springer-Kieler Zeitung". 81 Vgl. Schultz, Förderungszweck, S. 22. 82 Vgl. zu den wettbewerbsrelevanten Untemehmensbereichen: KG, WuW /E OLG 4075, 4077, "Springer-Kieler Zeitung"; Mestmäcker, in: Immenga/Mestmäcker, § 23 Rdnr. 56. 83 Vgl. zur vielgepriesenen Autonomie der Genossenschaften: Metz, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 7 ff., insb. die Zusammenfassung aufS. 20.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzernklausel)
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3. Ergebnis
Hauptgenossenschaften sind von ihren Mitgliedsgenossenschaften im wettbewerbsrechtlichen Sinne unabhängig. Somit sind weder§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 1 GWB noch die Mehrmütterklausel des Halbsatzes 2 auf den Stufenverbund der ländlichen Warengenossenschaften anwendbar. Bei Zusammenschlüssen zwischen privaten und genossenschaftlichen Landhandelsunternehmen kann es zu einer stufenverbundbedingten Umsatzzurechnung im Rahmen der Toleranzklauseln des § 24 Abs. 8 GWB daher nur über die in der Verbundklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB enthaltene Verweisung auf§ 18 Abs. 2 AktG kommen.
C. Die Konzernklausel (§ 23 Abs.l Satz 2 Halbs.l Alt. 2 GWB) § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB erfaßt durch die Verweisung auf "Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes" auch den in § 18 Abs. 2 AktG normierten Gleichordnungskonzern. Ein solcher besteht, wenn mehrere Unternehmen, die sich untereinander weder in einem Beherrschungs- und Abhängigkeitsverhältnis befinden, noch gemeinsam von einem dritten Unternehmen beherrscht werden, einer einheitlichen Leitung unterliegen 1• Das Merkmal der fehlenden Abhängigkeit unterscheidet den Gleichordnungskonzern dabei von dem in § 18 Abs. 1 AktG geregelten Unterordnungskonzern und gibt jenem seinen eigenständigen Bedeutungsgehalt für die VerbundklauseF. I. Gleichordnungskonzern zwischen den an einer Hauptgenossenschaft beteiligten Primärgenossenschaften
Im Hinblick darauf, daß die von den Primärgenossenschaften "abgeleiteten" Hauptgenossenschaften letztlich nur "ausgegliederte" Teilfunktionen der Ortsstufe als deren Gemeinschaftsunternehmen erfüllen, sei zunächst der Frage nachgegangen, ob hiermit zumindest eine unternehmensehe Teilzusammenfassung der jeweiligen Mutterunternehmen zu einem Gleichordnungskonzern verbunden ist. Die "Verbundspitze" könnte insoweit gemeinsames Leitungsorgan eines zwischen den angeschlossenen Warengenossenschaften durch Ausgliederung bestimmter Tätigkeitsbereiche und Übertragung diesbezüglicher Leitungsbefugnisse "nach oben" gebildeten Gleichordnungskonzerns sein. 84 Vgl. auch Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 34; Reinhardt, Die Organisation der Genossenschaft als Aufgabe des Rechts, S. 69; Henzler, ZfgG Bd. 14 (1964), S. 433 ff., insb. S. 442 ff. · I U. Huber, ZHR 131 (1968), S. 242. 2 Fischer, S. 74; vgl. oben, S. 35.
4 Recktenwald
Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
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1. Fehlende Abhängigkeit
a) Abhängigkeiten zwischen den Primärgenossenschaften Die einzelnen Primärgenossenschaften sind im aktien- und wettbewerbsrechtlichen Sinne voneinander unabhängig. Sie stehen rechtlich und wirtschaftlich selbständig nebeneinander, wobei sie auch wettbewerblieh voneinander getrennt sind, da die Wirkungsbereiche der auf örtlicher Ebene im Markt operierenden Primärgenossenschaften jeweils räumlich abgegrenzt sind 3• Im wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum findet sich zwar der Hinweis, die Ortsgenossenschaften seien "horizontal" über den sogenannten "Feuerwehrfonds" zumindest finanziell voneinander abhängig 4 • Es handelt sich dabei um einen gemeinsamen Fonds (den Garantie-[Banken] und Hilfs-[Waren-]fonds), in den alle Raiffeisen-Genossenschaften jährlich Beiträge einzuzahlen verpflichtet sind und dessen Aufgabe darin besteht, in Liquiditätsschwierigkeiten geratene Genossenschaften vor dem Konkurs zu bewahren 5 • Mag dieser gemeinsame Fonds auch eine gewisse Verklammerung der Primärgenossenschaften in psychologischer und finanzieller Hinsicht bewirken, so ist damit aber jedenfalls keine einen Gleichordnungskonzern ausschließende Abhängigkeit im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG verbunden. Bedeutung könnte dieser Sicherungseinrichtung aber bei der Klärung der Frage zukommen, ob das Verhältnis zwischen den Primärgenossenschaften von Umständen geprägt ist, die auf eine "einheitliche Leitung" hinweisen.
b) Abhängigkeit vom Prüfungsverband Einem "horizontalen" Gleichordnungskonzern stehen möglicherweise aber Abhängigkeiten entgegen, die sich aus der Mitgliedschaft der Primärgenossenschaften im Prüfungsverband ergeben. Durch §§ 53, 54 Abs. 1, 55 Abs. 1, 57, 63 b GenG wird das genossenschaftliche Prüfungswesen in der Form bestimmt, daß alle Genossenschaften einem Genossenschaftsverband zwecks Pflichtprüfung und Revision angehören müssen 6 • Der Prüfungsumfang umfaßt gemäß § 53 GenG die gesamte Geschäftsführung einschließlich der Einhaltung des Förderauftrages 7 • Dabei wird die Prüfung der Genossenschaften durch Prüfungsverbände als ein zentrales Mittel angesehen, um die Realisierung der genossenschaftlichen Idee durch die einzelne Genossenschaft sicherzustellen 8• Durch die Prüfung soll generell festgestellt werden, ob Horlacher, in: HdG, Spalte 1559; Kopplin, S. 22. Kopplin, S. 29. 5 Kopplin, S. 29; vgl. auch Weiser, Garantiefonds, in: HdG, Spalte 551 ff.; Hahn, ZfgG Bd. 25 (1975), S. 74; Bungenstock, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 32. 6 Vgl. zu den Grundzügen der Regelung: Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 53 Rdnr. 2. 7 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 32 f. 3
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§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzernklausel)
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die Genossenschaft in ihrer sachlichen Ausstattung, in ihrem organisatorischen Zustand und in ihrer Geschäftsgestaltung die Beschaffenheit aufweist, die eine optimale Verwirklichung des statutarischen Unternehmenszwecks auf der Grundlage der genossenschaftlichen Institution darstellt 9 • Aufgaben und Bedeutung der Prüfungsverbände beschränken sich jedoch nicht auf ihre Funktion als Prüfungsinstanz. Sie erfüllen darüberhinaus umfassende Schulungs- und Betreuungsfunktionen, die sich vor allem auf intensive Beratung in den jeweiligen Marktbereichen, Rechts- und Steuerfragen, Öffentlichkeitsarbeit, Betriebswirtschaft und auf den Bereich der elektronischen Datenverarbeitung beziehen 10• Im genossenschaftlichen Prüfungswesen wird somit eine "Betreuungsprüfung" praktiziert, bei der die Revisionsfunktion eng mit der Beratungsfunktion verbunden ist I I . Da die Primärgenossenschaften mit ihrer Warenzentrale grundsätzlich demselben Regionalverband 12 angehören, könnte die jeweilige Ortsstufe auch von "einem" der insgesamt 11 regionalen Prüfungsverbände 13 abhängig sein. "Abhängigkeiten" vom Prüfungsverband sollen sich nach im genossenschaftlichen Schrifttum vertretener Ansicht daraus ergeben, daß dieser über Instrumente verfüge, nachhaltig auf die Geschäftspolitik der einzelnen landwirtschaftlichen Genossenschaften einzuwirken und diese mitzubestimmen 14 • Es ist allerdings fraglich, ob derartige Einflüsse auch die von § 17 Abs. I AktG geforderte Beherrschungsmöglichkeit eröffnen. Den Prüfungsverbänden stehen zwar abgestufte Einwirkungs- und Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung, die bis zum Ausschluß der Genossenschaft aus dem Prüfungsverband führen können 15 , wobei im Extremfall sogar gemäß § 81 GenG eine Auflösung der Genossenschaft wegen gesetzeswidriger Handlungen erfolgen kann. Von diesen Möglichkeiten kann aber nur Gebrauch gemacht werden, wenn die Geschäftsführung unfahig ist, die Mitglieder zu fördern und die Genossenschaften keinen Gewinn oder gar Verluste erzielen 16 • Werden also nur Überschreitungen des Rechts sanktioniert, so läßt sich nicht von damit einhergehender Abhängigkeit sprechen, da die Unternehmerische Bewegungsfreiheit innerhalb des genossenschaftsrechtlich Gebotenen unberührt bleibt. In diesem Bereich kann der Prüfungsverband auch keine verbindlichen s Müller, GenG, § 53 Rn. 2; Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 53 Rdnr. 1. 9 Rohlfing I Ziranka, ZfgG Bd. 22 (1972), S. 196. 10 Wiek, in: HdG, Spalte 1672; Kopplin, S. 24 f., vgl. unten, S. 92 ff. 11 Müller, GenG, §53 Rn. 2. 12 Aschhoff I Henningsen, S. 77. 13 Wiek, in: HdG, Spalte 1672; vgl. die Auflistung bei Aschhoff I Henningsen, S. 61. 14 Kopplin, S. 28; vgl. auch Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 32 f. 15 Vgl. zu den einzelnen Einwirkungsmöglichkeiten der Prtifungsverbände auf die Geschäftsführung der Genossenschaften: Rohlfing I Ziranka, ZfgG Bd. 22 ( 1972), s. 208 ff. 16 Rohlfing I Ziranka, ZfgG Bd. 22 (1972), S. 209. 4*
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Leitsätze für das Wirtschaftsverhalten aufstellen; seine Tätigkeit bleibt hier auf gutachterliehe Beratung beschränkt 17 • Nehmen die Primärgenossenschaften zur Steigerung der eigenen Leistungsfähigkeit das umfassende Betreuungsangebot der Prüfungsverbände in Anspruch, so geschieht dies freiwillig, ohne daß rechtlich erhebliche Beherrschungsmöglichkeiten entstehen können. Die Genossenschaftsleitung wird mithin allenfalls insoweit in ihrer Geschäftsführung "behindert", als sie Spannungen zum Prüfungsverband in Anbetracht dessen Einwirkungsmöglichkeiten tunliehst vermeiden wird 18 • In Ermangelung weiterer Umstände, die den Prüfungsverbänden eine Beherrschungsmöglichkeit über die angeschlossenen Primärgenossenschaften eröffnen könnten, kann es daher dahingestellt bleiben, ob ein in der Rechtsform des eingetragenen Vereins betriebener - nicht wirtschaftlicher - Verband überhaupt die für § 17 Abs. 1 AktG erforderliche Unternehmenseigenschaft aufweisti 9 • Primärgenossenschaften befinden sich somit weder untereinander in Beherrschungs- und Abhängigkeitsverhältnissen, noch kann ein drittes Unternehmen die Gesamtheit der in einer Hauptgenossenschaft zusammengeschlossenen Primärgenossenschaften beherrschen. Sie könnten daher zu einem Gleichordnungskonzern verbunden sein, wenn sich die von § 18 Abs. 2 AktG geforderte Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung feststellen ließe.
2. Einheitliche Leitung
a) Voraussetzungen Während der Begriff der Abhängigkeit durch § 17 AktG noch näher bestimmt wird, sagt das Gesetz nichts darüber, was unter den für das Vorliegen eines Gleichordnungskonzerns positiv erforderlichen Merkmalen der Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung zu verstehen ist 20 • Der Gesetzgeber, dem eine "Festlegung der an die einheitliche Leitung zu stellenden Anforderungen ... angesichts der vielfältigen Formen, die die Wirtschaft für die Konzernleitung herausgebildet hat, nicht möglich" 21 erschien, hat als Orientierungshilfe nur vorgezeichnet, daß an die Form und das Ausmaß der einheitlichen Leitung keine zu weitgehenden Anforderungen zu stellen sind. Es reiche aus, wenn die Geschäftspolitik der Konzerngesellschaften in den grundsätzlichen Fragen aufeinander abgestimmt sei, was sich "auch in der lockeren Form Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 169. Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 33. 19 Vgl. zum Unternehmensbegriff für ,,herrschende" Unternehmen die übersichtliche Darstellung bei Geßler, in: Geßler I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 15 Rdnr. 11 ff. zo v. Bar, BB 1980, S. ll85. 21 Begr. RegE, abgedruckt bei Kropff, AktG, S. 33. 11
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gemeinsamer Beratungen vollziehen oder aus einer personellen Verflechtung der Verwaltungen ergeben" könne 22 • Es bedarf also keines besonderen Leitungsgremiums, formlose Koordination genügt 23 , wenn eine stärkere lnstitutionalisierung der einheitlichen Leitung auch die Regel bildet 24 • Ebenso wie die Mittel, können auch die Grundlagen der einheitlichen Leitung beim Gleichordnungskonzern verschiedenster Art sein 25 • Die erforderliche Verständigung zwischen den Unternehmen über die in den Händen aller liegende gemeinsame Konzernleitung 26 kann dabei auf Vertrag beruhen ("vertraglicher Gleichordnungskonzern") oder auf tatsächlichen Gründen ("faktischer Gleichordnungskonzern") 27 • b) Koordination der örtlichen Geschäftspolitik Vertragliche Abreden über die Koordinierung der von den einzelnen Ortsgenossenschaften selbständig zu erledigenden Geschäftsvorfälle finden sich zwischen den Primärgenossenschaften nicht. Bezogen auf den eigenen Wirkungskreis sind auch keine tatsächlichen Umstände ersichtlich, die als "formlose Koordination" eine Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung begründen könnten. Zwar bedingen die Zugehörigkeit zum Genossenschaftsverbund und die Einbindung in das genossenschaftliche Prüfungswesen sowie die in den gemeinsamen "Feuerwehrfonds" zu leistenden Jahresbeiträge ein gewisses Gruppenbewußtsein auf der Ortsstufe. Einer einheitlichen Leitung zwischen den Primärgenossenschaften stehen insoweit aber deren räumliche Trennung, die unterschiedlichen Unternehmens- und regionalen Marktstrukturen, vor allem aber die ausschließliche Maßgeblichkeit der- je nach den örtlichen Verhältnissen- divergierenden individuellen Förderbelange der angeschlossenen Mitgliedsbetriebe entgegen. So wie den Landwirten "naturgemäß ein ausgeprägtes, auf den eigenen Betrieb ausgerichBegr. RegE, abgedruckt bei Kropff, AktG, S. 33. So auch das Schrifttum, vgl. Gromann, S. 5, 13; U. Huber, ZHR 131 (1968), S. 244; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 62; Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 13. 24 Vgl. Gromann, S. 5, und U. Huber, ZHR 131 (1968), S. 244, beide mit Beispielen. 25 Vgl. Begr. RegE, abgedruckt bei Kropff, AktG, S. 33: " ... kann die einheitliche Leitung auf den verschiedensten Gründen beruhen . ..". 26 Vgl. dazu GeBier, in: Geßler I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 68, 75. 27 U. Huber, ZHR 131 (1968), S. 200; Wilhelmi, in: Godin-Wilhelmi, § 18 Anm. 15 (IV. 2. 2.); Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 13, 14; Geßler, in: Geßler I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 74; Fischer, S. 75; Gromann, S. 4; unklar Koppensteiner, in: Kölner Komm.,§ 18 Rdnr. 7 und 28: " ... regelmäßig ... Vertrag ... " (Rdnr. 28) I "Gieichordnungskonzeme sind Gesellschaften bürgerlichen Rechts" (Rdnr. 7); widersprüchlich Emmerich I Sonnenschein, Konzernrecht, 3. Aufl., S. 84 f. (§ 4 II 4IIII 1): "Die einheitliche Leitung beruht jedenfalls stets auf einem zumindest konkludent abgeschlossenen Vertrag, der zwischen den Beteiligten eine BOB-Gesellschaft begründet" (S. 85) I "faktische Konzerne" können beruhen "auf bloßer faktischer Leitungsmacht" (S. 84). 22 23
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tetes autonomes Denken eigen ist" 28 , wirtschaftet auch die Ortsgenossenschaft innerhalb ihres räumlichen Wirkungskreises losgelöst von der Geschäftspolitik anderer Primärgenossenschaften.
c) Koordination der Geschäftspolitik hinsichtlich der auf die Hauptgenossenschaft übertragenen Aufgaben Die fehlende Koordination bezüglich der "nebeneinander" betriebenen Tätigkeiten schließt jedoch nicht die Möglichkeit einer vertraglich oder faktisch begründeten einheitlichen Leitung hinsichtlich der auf "höherer Ebene" zusammengefaßten Geschäftsbereiche aus. Insofern kommt ein Gleichordnungskonzern für die ausgegliederten Teilbereiche in Betracht, deren sichtbare Verkörperung die jeweilige Hauptgenossenschaft darstellt. Grundlage eines derartigen Konzerns könnte das Hauptgenossenschaftsstatut sein, wobei auch die einheitliche Leitung bei der Hauptgenossenschaft als "Gemeinschaftsunternehmen mit Leitungsaufgaben" 29 institutionalisiert sein könnte. Fraglich ist allerdings, ob eine solche "partielle" Gleichordnung noch den Anforderungen des§ 18 Abs. 2 AktG genügen würde. aa) Partieller Gleichordnungskonzern Im konzernrechtlichen Schrifttum findet sich zwar der Begriff "partieller" oder "Teil-Gleichordnungskonzern", um das Zusammenwirken mehrerer Muttergesellschaften zu kennzeichnen, die bestimmte Unternehmensbereiche ausgliedern und in einem Gemeinschaftsunternehmen unter der Leitung eines gemeinsamen Koordinationsorgans oder einer paritätisch besetzten Geschäftsführung zusammenfassen30. Überwiegend wird jedoch vertreten, einer derartigen Einordnung könne "lediglich deskriptiver Charakter und keine Rechtsfolgenwirkung zukommen" 31, was u. a. damit begründet wird, daߧ 18 Abs. 2 AktG die ZusammenfasPabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NF/Bd. 41 (1963), S. 49. Vgl. zur Institutionalisierung der einheitlichen Leitung in einem Gemeinschaftsuntemehmen: Emmerich I Sonnenschein, Konzemrecht, 3. Aufl., S. 85 (§ 4 III 1); U. Huber, ZHR 131 (1968), S. 244; Gromann, S. 9, 52 ff. 30 Mestmäcker, Gemeinschaftsuntemehmen, S. 27: ,.(Teil-)Gleichordnungskonzem"; Sonnenschein, Organschaft und Konzemgesellschaftsrecht, S. 95: "partieller Gleichordnungskonzem" ; ebenso Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 15; vgl. auch Gromann, S. 9, der eine derartige ,.Deutung" der Beziehungen zwischen den Müttern für "diskutabel" hält. 31 Marchand, S. 24; ähnlich Ebel, BB 1974, S. 755; Gansweid, S. 119; Biener, Wpg 1972, S. 90, der zwar von Gleichordnungskonzernen spricht, diesen aber wegen des nur auf Teilgebieten praktizierten Zusammengehens der Mütter eine rechtliche Bedeutung abspricht- insofern unzutreffend Gansweid, S. 119 (Fn. 2), der Biener, a. a. 0., dahin mißversteht, zwischen den Muttergesellschaften eines sogenannten paritätischen Gemeinschaftsunternehmens müßten ,,notwendigerweise Konzernbeziehungen in der Form eines Gleichordnungskonzerns bestehen"; vgl. auch Gromann, S. 9, Würdinger, in: Groß28
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sung rechtlich selbständiger Unternehmen verlange, ein Unternehmensteil aber nicht rechtlich selbständig sei32 . Ein Gleichordnungskonzern zwischen den Müttern könne erst dann angenommen werden, wenn das Gemeinschaftsunternehmen so weite Unternehmensbereiche erfasse und sich die Zusammenarbeit der Mütter dadurch in einem solchen Maße verdichte, daß damit gleichzeitig die für § 18 Abs. 2 AktG genügende Koordinierung der wichtigsten unternehmenspolitischen Grundlagen der einzelnen Muttergesellschaften verbunden sei 33 • Mag diese Auffassung im Aktienrecht herrschend sein, so legen es aber die besonderen Zwecke der Zusammenschlußkontrolle nahe, auch einem "partiellen" Gleichordnungskonzern zumindest im Rahmen des § 23 Abs. l Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 GWB rechtliche Geltung zu verschaffen. Denn die der Berücksichtigung wettbewerblieber Verflechtungen dienende Verbundklausel 34 kann sich aufgrund der Zielsetzung der Zusammenschlußkontrolle, die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs zwischen Unternehmen unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 GWB sicherzustellen 35, auch mit wirtschaftlichen "Teileinheiten" begnügen, wenn diese Auswirkungen auf die Wettbewerbsstellung des durch den Zusammenschluß entstehenden Unternehmens haben. Dabei reicht die Wettbewerbsverstärkung durch ein Gemeinschaftsunternehmen, dessen ausschließliche Funktion in der wirtschaftlichen Förderung der Mutterunternehmen liegt, allenthalben aus. Die Zusammenfassung in Teilbereichen wird dann zwar regelmäßig auch nur zu einer auf diese unternehmefischen Bereiche begrenzten Ressourceneinbeziehung führen, kann aber immerhin die gesamten Umsätze des Gemeinschaftsunternehmens umschließen, wenn diesen eine "partielle" Gleichordnung zwischen den Müttern zugrunde liegt. Zumal der Wortlaut des § 18 Abs. 2 AktG nicht ausdrücklich vorschreibt, die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung müsse das gesamte rechtlich selbständige Unternehmen erfassen 36, gibt es somit keinen Grund, bei der Ermittlung der für die Zusammenschlußkontrolle maßgeblichen Unternehmenseinheit eine "wettbewerbliche Teileinheit" unberücksichtigt zu lassen. Jedenfalls im Anwenkomm., § 18 Anm. 8, und Schulze(-Osterloh), Wpg 1968, S. 90, die darauf abstellen, daß sich die Mütter nicht über die Geschäftspolitik ihrer eigenen Unternehmen verständigen, sondern nur über die Führung des Gemeinschaftsuntemehmens; vgl. ferner Geßler, in: GeBier I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 17, der den Teil-G1eichordnungskonzern zwar nicht problematisiert, andererseits aber die "Zusammenfassung" von "Unternehmen" verlangt, weshalb ein Konzern nicht vorliege, wenn nur einzelne Unternehmensbereiche zusammengefaßt seien; einschränkend in Rdnr. 41, wo es für ausreichend angesehen wird, daß der gesamte Unternehmensbereich eines abhängigen Unternehmens mit Teilbereichen des herrschenden Unternehmens zusammengefaßt ist. 32 Marchand, S. 24. 33 Gansweid, S. ll9; Gromann, S. 9; ähnlich Schu1ze(-Osterloh), Wpg 1968, S. 90. 34 Westrick, in: Westrick I Loewenheim, § 23 Rdnr. 40; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 46, 85. 35 Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 46. 36 Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, S. 95 Fn. 73.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
dungshereich des § 23 Abs. l Satz 2 Halbs. l Alt. 2 GWB kann es sich bei "Konzernunternehmen" daher auch um Mitglieder eines "partiellen" oder "TeilGleichordnungskonzerns" handeln 37 • bb) Zusammenfassung ausgegliederter Teilbereiche unter einheitlicher Leitung Ein den Anforderungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 Ha1bs. 1 GWB genügender (Teil-)Gleichordnungskonzern läge zwischen den Mitgliedsgenossenschaften vor, wenn es klar abgegrenzte Unternehmensbereiche gäbe 38, für die sich die Ortsgenossenschaften einer durch Koordination der Willensbildung zustande gekommenen einheitlichen Leitung unterstellen. Aufgrund der auf örtlicher Ebene eigenständig und abstimmungsfrei betriebenen Geschäftspolitik der Primärgenossenschaften 39 und der unkoordinierten Ausübung ihrer die Hauptgenossenschaften betreffenden Mitgliedschaftsrechte 40 könnte die erforderliche "Vereinheitlichung" allerdings nur darin liegen, daß dem jeweiligen Hauptgenossenschaftsvorstand die Rolle eines gemeinsamen Koordinationsorgans zukommt, dessen eigenverantwortlicher Leitung ausgegliederte Unternehmensbereiche der Primärgenossenschaften anvertraut sind. Eine derartige Konstruktion scheitert jedoch an dem Erfordernis der Ausgliederung übereinstimmender Teilbereiche der Unternehmerischen Tätigkeit, da es jedenfalls bei den eigentlichen Umsatzträgern, dem Absatz- und Bezugsgeschäft, keine solche Funktionstrennung zwischen den Genossenschaftsstufen gibt, die eine selbständige Disposition der Primärgenossenschaft über einzelne Unternehmensbereiche auschließt. Es fehlt insofern an einer unternehmefischen Teilzusammenfassung, bei der unter Verzicht auf die selbständige Verfolgung von Sonderinteressen einzelner Primärgenossenschaften den Hauptgenossenschaften die Möglichkeit gegeben wird, bei der Ortsstufe ausgegliederte Aufgaben in eigener Verantwortung durchzuführen. Zwar kommt den Zentralgenossenschaften gegenüber den Primärgenossenschaften in der Regel die Stellung von Großlieferanten und Großabnehmern zu, wobei die "Übernahme" dieser Aufgaben in für die Primärgenossenschaften ähnlich wichtiger Weise durch die Ausübung der Markterschließungs-, Interessenwahrungs-, Kredit, Schulungs- und Lagerhaltungsfunktionen ergänzt wird. 37 Hiervon geht offensichtlich auch Fischer, S. 77, aus, wenn er feststellt, "daß auch die Koordination bloß sektoraler Leitungsfunktionen die Voraussetzungen der Verbundklausei erfüllt". 38 Vgl. zum Erfordernis der Abgrenzbarkeil der unter einheitlicher Leitung zusammengefaßten Untemehmensbereiche: Sonnenschein, Organschaft und Konzemgesellschaftsrecht, S. 94, 95; Ebel, BB 1974, S. 755. 39 Vgl. oben, S. 53 f. 40 Vgl. oben, S. 46 f.
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Nicht aber unterstellt die Gesamtheit der in einer Hauptgenossenschaft zusammengeschlossenen Primärgenossenschaften deshalb ihre Geschäftsführung in übereinstimmenden Teilbereichen einer - für die Annahme eines Gleichordnungskonzerns erforderlichen - "einheitlichen Gesamtplanung" 41 • Denn die Primärgenossenschaften geben auch in den oben genannten Teilbereichen nicht ihre individuelle Unternehmensplanung zugunsten einer vergemeinschafteten Leitungsmachtausübung auf, sondern entscheiden stets von Fall zu Fall und individuell unterschiedlich, ob sie zum Zwecke der Milderung vorhandener betriebswirtschaftlich-struktureller Schwächen auf die Leistungsfähigkeit der gemeinsam unterhaltenen Hauptgenossenschaften zurückgreifen. Dabei sind letzlieh Gesichtspunkte der Unternehmensgröße, der eigenen Leistungsfähigkeit und der verfügbaren Ausweichmöglichkeiten dafür ausschlaggebend, ob sich eine Primärgenossenschaft weitgehend autonom von der Hauptgenossenschaft halten kann oder ob sie sich etwa aus Gründen der Aufgabe unrentabler Nebengeschäfte oder wegen kostenbedingten Personalabbaus stärker an das Leistungsangebot der Hauptgenossenschaften bindet. Die "übergeordneten Aufgaben" des durch den "Förderungszusammenschluß" 42 der Primärgenossenschaften errichteten gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes sind gegenüber der Ortsstufe insofern keine ausschließlichen, sondern dienen lediglich in der Form "allgemeiner" Ergänzung dem rationalisierenden Ausgleich solcher Ortsgenossenschaften, die aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder aus Genossenschaftstreue die Dienste des genossenschaftlichen Mittelbaus auch tatsächlich in Anspruch nehmen und dabei möglicherweise im Einzelfall eine "individuelle Teilbereichsausgliederung" vornehmen. Daß die Hauptgenossenschaften durch ihre weitgefächerten "dienenden" Aktivitäten zugleich wichtige Daten für die Gesamtheit der angeschlossenen Genossenschaften setzen, sei es hinsichtlich der Auswahl des benötigten Warensortiments oder bezüglich der Festsetzung von Produktionsumfang und Verkaufspreisen, führt bei den Primärgenossenschaften, die sich wegen ihres Förderungszwecks nur an den ökonomischen Interessen der eigenen Mitglieder zu orientieren haben, ebenfalls zu keiner "horizontalen" Gleichordnung, sondern allenfalls zu einer "vertikalen" Vereinheitlichung in den Geschäftsbeziehungen zwischen Warenzentrale und Einzelgenossenschaft 3. Ergebnis
Das Verhältnis der Primärgenossenschaften zueinander läßt sich weder hinsichtlich des regionalen Tätigkeitsbereichs noch im Hinblick auf ein Zusammenwirken in den jeweiligen Hauptgenossenschaften als für die Konzernklausel des 41 42
Vgl. Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 13. Terminologie nach Schultz, Förderungszweck, S. 9.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 GWB erheblicher Gleichordnungskonzern einstufen.
Steht somit auch fest, daß bei einem Zusammenschluß zwischen einer Primärgenossenschaft und einem privaten Landhandelsunternehmen die Ressourcen anderer Ortsgenossenschaften nicht über die Verbundklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB berücksichtigt werden können, so ist aber noch nicht die Frage beantwortet, ob der am Zusammenschluß beteiligten Genossenschaft nicht Umsatzerlöse ihrer Hauptgenossenschaft zugerechnet werden können. Denn bisher hat sich lediglich gezeigt, daß hierbei eine auf Abhängigkeit im Sinne der Verbundklausel gestützte Ressourcenerfassung ausscheidet, da weder die Hauptgenossenschaften von ihren Mitg1iedsgenossenschaften, noch diese von der Sekundärstufe abhängig sind. Als letzte Möglichkeit einer zur Überschreitung der Umsatzschwellen des § 24 Abs. 8 GWB und zur Begründung der Kontrollpflicht derartiger Zusammenschlüsse führenden Ressourceneinbeziehung verbleibt aber die Einstufung des zwischen Haupt- und Einzelgenossenschaft bestehenden Kooperationsverhältnisses als Gleichordnungskonzern. Ein einziger Gleichordnungskonzemkreis zwischen Haupt- und sämtlichen Mitgliedsgenossenschaften kommt dabei nicht mehr in Betracht, da innerhalb der genossenschaftlichen Ortsstufe keine einheitliche Leitung besteht.
II. Gleichordnungskonzern zwischen Haupt- und Einzelgenossenschaft Stellte sich das Verhältnis zwischen Haupt- und Einzelgenossenschaft als "wettbewerbliche Einheit" im Sinne der Konzernklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 GWB dar, so gäbe es möglicherweise sogar eine durch die Summe der in Hauptgenossenschaften zusammengeschlossenen Ortsgenossenschaften bestimmte Vielzahl von Konzernbeziehungen zwischen den Verbundstufen. Daß eine mehrfache Konzernzugehörigkeit eines gemeinsamen Tochterunternehmens zu jeder seiner Muttergesellschaften - wenn diese unter sich keinen Konzern bilden - möglich ist, wird im konzernrechtlichen Schrifttum überwiegend bejaht 43 • Ausgehend von der Anerkennung einer mehrfachen Abhängigkeit des Gemeinschaftsunternehmens von seinen Gesellschaftern wird dabei allerdings 43 Sonnenschein, Organschaft und Konzemgesellschaftsrecht, S. 93; Koppensteiner, in: Kölner Komm. § 18 Rdnr. 25; Geßler, in: GeBier I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 41, jeweils mit zahlreichen Nachweisen auch zur Gegenmeinung; vgl. ferner Godin I Wilhelmi, § 329 Anm. 2; Gansweid, S. 119; Rolfes, S. 201 ff., Schulze(-Osterloh), Wpg 1968, S. 86, 88; BAG, AG 1970, 268, 269; a. A. insbesondere Leo, Wpg 1968, S. 395 ff., 398; Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 8; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Auf!., Bd. 3, § 329 Rdnr. 21; Boetius, DB 1970, S. 1964 gegen BAG, AG 1970, s. 268, 269.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzemklausel)
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nur die mehrfache Zugehörigkeit zu Unterordnungskonzernen im Sinne von§ 18 Abs. 1 AktG erörtert 44 • Überwiegend schließt sich zwar die Diskussion an, ob im Verhältnis der Muttergesellschaften zueinander ein Gleichordnungskonzern bestehen könne, was bei gemeinsamer Beherrschung der Tochter wegen der damit einhergehenden Koordination der Willensbildung zwischen den Müttern zumindest dann für möglich gehalten wird, wenn sich die Koordination zugleich auf die wichtigsten unternehmenspolitischen Grundlagen der einzelnen Muttergesellschaften erstrekke4s. Auch wird auf die Möglichkeit hingewiesen, daß Mütter und Tochter zusammen bei fehlender gemeinsamer Beherrschung einen (einzigen) Gleichordnungskonzern bilden können 46 • Das Problem der mehrfachen Einbindung eines Tochterunternehmens in verschiedene Gleichordnungskonzerne mit jeder Muttergesellschaft bleibt im Schrifttum jedoch ausgespart. Diese wissenschaftliche Abstinenz läßt den Verdacht aufkommen, daß schon die Frage nach einer mehrfachen Gleichordnungskonzernzugehörigkeit falsch gestellt sein könnte. Insofern soll zunächst untersucht werden, ob eine derartige Einbindung in verschiedene Konzernkreise überhaupt konzernrechtlich denkbar ist.
1. Möglichkeit der Zugehörigkeit eines Unternehmens zu mehreren Gleichordnungskonzernen
Argumente gegen die Anerkennung einer derartigen mehrfachen Konzernzugehörigkeit lassen sich möglicherweise den im Schrifttum geäußerten Bedenken 44
Gutjahr, S. 125 ff., 146; Emmerich I Sonnenschein, Konzernrecht, 3. Aufl., S. 71
(§ 3 IV 2); Marchand, S. 84 mit Nachweisen; Gansweid, S. 119 mit zahlreichen Nachwei-
sen auf S. 86 Fn. 3; Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, S. 93; GeBier, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 18 Rdnr.41; vgl. auch GeBier, in: FS Knur, S. 160/161, 163, der zutreffend feststellt, daß auch bei gemeinsamer Beherrschung nur "ein" beherrschender Einfluß bestehe, weshalb die im Schrifttum übliche Bezeichnung "mehrfache" Abhängigkeit begrifflich falsch sei, da auch die Beherrschung durch mehrere Unternehmen nur "eine" Abhängigkeit darstelle; vgl. ferner BAG, WM 1987, 1551 (1553 ff.). 45 Vgl. Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, S. 93, 94; derselbe, ZGR 1977, S. 66; Gansweid, S. 119; Gromann, S. 9; Schu1ze(-Osterloh), Wpg 1968, S. 90; Lutter, NJW 1973, S. 116; vgl. auch oben, S. 54/55 Fn. 31, 33. 46 Gansweid, S. 128; vgl. auch Schulze(-Osterloh), Wpg 1968, S. 89, der diese Möglichkeit anspricht, einen Gleichordnungskonzern zwischen allen Beteiligten aber ablehnt, da die Mütter eine Leitung nur bezüglich der gemeinsamen Tochter ausübten, sie selber aber nicht einheitlich geleitet würden. Bedauerlicherweise bleibt die an sich naheliegende Prüfung ausgespart, ob deshalb Gleichordnungskonzernbeziehungen zwischen jeder der Mütter zu der gemeinsamen Tochter in Betracht zu ziehen sind.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
zu der vielfach diskutierten Frage entnehmen, ob ein Gemeinschaftsunternehmen mehreren Unterordnungskonzernen angehören kann 47 • Soweit die mehrfache Konzernzugehörigkeit dabei bereits deshalb verneint wird, weil eine "mehrfache Abhängigkeit" 48 des Gemeinschaftsunternehmens nicht möglich sei 49 , sind die Einwände allerdings unergiebig, da die fehlende Abhängigkeit gerade zu den Wesensmerkmalen des Gleichordnungskonzerns gehört. Entsprechendes gilt, soweit sich die Ablehnung darauf stützt, daß die für die einheitliche Leitung erforderliche Planung und Verfolgung der Konzernpolitik nur von einer Stelle ausgehen könne, die die notwendigen Entscheidungen treffen und dafür die Verantwortung tragen müsse 50• Denn anders als beim Unterordnungskonzern, wo die einheitliche Leitung von der Obergesellschaft als Konzernspitze ausgeübt wird 51 , liegt die Konzernleitung beim Gleichordnungskonzern gerade nicht bei einem, sondern in den Händen aller Konzernunternehmen, die gemeinsam den Willen des Konzerns bilden 52• Weiterführen könnte jedoch der Hinweis, das geleitete Unternehmen müsse einem einheitlichen Willen unterliegen 53 , weshalb ein Gemeinschaftsunternehmen nur dann in mehreren (Unterordnungs-)Konzernbeziehungen zu jeder seiner Mütter stehen könne, wenn diese dem Gemeinschaftsunternehmen gegenüber als Einheit aufträten 54, die einheitliche Leitung also allen Obergesellschaften gemeinschaftlich zustehe 55 • Beschränken sich diese Gedanken auch auf "geleitete" Unternehmen, so legen sie aber die Frage nahe, inwieweit die von § 18 Abs. 2 AktG geforderte Einheitlichkeit der Leitung mit der Zugehörigkeit eines Unternehmens zu mehreren gleichgeordneten Unternehmenskreisen in Einklang gebracht werden kann.
a) Einheitlichkeit der Leitung Während mit "Leitung" die Unternehmerische Entscheidung über die Unternehmensführung gemeint ist 56 , bedeutet Einheitlichkeit in diesem Zusammenhang die Leitung mehrerer Unternehmen in einheitlichem Sinne 57 • Die Geschäftsfüh47 Siehe oben, S. 58 f. Fn. 43, 44; vgl. ferner Koppensteiner, ZHR 131 (1968), S. 294 ff.; Gromann, S. 70/71; Kropff, BB 1965, S. 1284; Ahrens, AG 1975, 151 ff. 48 Vgl. zur Problematik des Begriffs: oben, S. 59 Fn. 44. 49 So Ahrens, AG 1975, S. 153; ähnlich Leo, Wpg 1968, S. 398. 5o Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Band 3, § 329 Rdnr. 21; Leo, Wpg 1968, S. 397: "Der Begriff der einheitlichen Leitung setzt ... zwingend voraus, daß die Planungszuständigkeit bei nur einem Unternehmen liegt". 51 Baumbach-Hueck, § 329 Rdnr. 1; GeBier, in: GeBier I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 67. 52 Geßler, in: Geß1er1Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 18 Rdnr. 68, 75. 53 Vgl. Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Band 3, § 329 Rdnr. 20. 54 Emmerich I Sonnenschein, Konzernrecht, 3. Aufl., S. 71 (§ 3 IV 2 a). 55 Schulze(-Osterloh), Wpg 1968, S. 89190. 56 Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 5; vgl. auch Meier, Wpg 1966, S. 570.
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rung der einzelnen Konzernunternehmen muß einer einheitlichen Gesamtplanung unterliegen 58 , wofür die Abstimmung der Geschäftspolitik auf das übergeordnete Konzerninteresse genügen solP9 • Ein "strenger Gleichschritt" sei nicht erforderlich60, ausreichend sei die Beachtung der wesentlichen Punkte der "unternehmerischen Gesamtkonzeption" 61. Demzufolge kann von einheitlicher Leitung jedenfalls dann nicht gesprochen werden, wenn eine Einpassung der Geschäftspolitik einzelner Unternehmen in die das "Konzernganze umfassende Zielkonzeption" 62 nicht möglich ist. Besteht zwischen zwei Unternehmen ein Gleichordnungskonzern, so könnte nach dem oben Gesagten aber eines dieser Unternehmen mit einem anderen unter einer weiteren einheitlichen Leitung zusammengefaßt sein, wenn die jeweiligen Konzerninteressen miteinander vereinbar wären. Für diese Möglichkeit spricht schon eines der Grundprinzipien des Gleichordnungskonzerns, nämlich daß auf jede Gesellschaft die Interessen der jeweils anderen Gesellschaft einwirken 63 , weshalb auch von einem abgeglichenen Gesamtinteresse aller beteiligten Gesellschaften gesprochen wird 64 • Es ist nicht erkennbar, warum eine derartige "Abgleichung" nicht auch im Hinblick auf die sich aus der Mitgliedschaft eines Konzernunternehmens in einem anderen Gleichordnungskonzern ergebenden Rücksichtnahmepflichten möglich sein soll. Insofern ist die Zugehörigkeit zu verschiedenen "Leitungssystemen" zumindest dann nicht auszuschließen, wenn in den unterschiedlichen Konzernkreisen miteinander verträgliche Entscheidungen getroffen werden 65 , etwa weil die Unternehmensinteressen der nicht miteinander verbundenen Unternehmen weitgehend deckungsgleich sind. Aber auch wenn die Eigenbelange dieser Unternehmen nicht in allen Punkten übereinstimmen, müßten sie mit einem dritten Unternehmen gleichgeordnet sein können, solange nur die jeweiligen Gesamtplanungen nicht zueinander in Widerstreit stehen 66 • Eine mehrfache Zugehörigkeit zu verschiedenen Gleichordnungskonzernen erscheint daher mit dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Leitung vereinbar, Geßler, in: GeßleriHefennehliEckardtiKropff, § 18 Rdnr. 28. Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 13. 59 Marchand, S. 91 192; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Auf!., Band 3, § 329 Rdnr. 9, vgl. auch Rdnr. 17: "zweckbestimmte Einordnung in ein Gesamtkonzept". 60 Mulert, S. 32. 61 Werner, Unternehmerische Kooperation, S. 221 ; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Auflage, Bd. 3, § 329 Rdnr. 9. 62 Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 18. 63 Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 389. 64 Timm, Die Konzernspitze, S. 150. 65 Ähnlich für den Bereich der mehrfachen Zugehörigkeit zu Unterordnungskonzernen: Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 15, 25. 66 Vgl. auch Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 25. 57
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wenn in den jeweiligen "politischen Regierungssystemen" 67 eine Koordination der Leitungsentscheidungen erfolgt, die sich mit allen Konzernkonzepten verträgt. Die Notwendigkeit einer Harmonie zwischen den Gesamtplanungen wirft allerdings die Frage auf, ob hierdurch zwischen den bisher als nicht miteinander verbunden bezeichneten Unternehmen Integrationswirkungen entstehen, die letztlich doch dazu führen, daß zwischen allen Unternehmen ein einziger Gleichordnungskonzern angenommen werden muß.
b) Integrationswirkungen Aus der im kartellrechtlichen Schrifttum unter dem Stichwort "Gruppeneffekt" geführten Diskussion 68 ist die Beobachtung bekannt, daß der Betrieb eines gemeinschaftlichen Unternehmens Integrationswirkungen auch unter den Müttern zeitigt 69 • Es geht dabei um Auswirkungen von Gemeinschaftsgründungen auf das Wettbewerbsverhalten der Gründerunternehmen, die darin bestehen, daß die Gründerunternehmen, ohne eine besondere dahingehende vertragliche Vereinbarung oder unverbindliche Abstimmung, auf den Märkten, auf denen sie selbst als Anbieter auftreten, infolge der Gemeinschaftsgründung zu einem Parallelverhalten veranlaßt werden 70. Ausgehend von dieser "Erfahrungsregel" 71 erscheint es denkbar, daß die von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägte Abstimmung der Konzernpolitik auf verschiedene Planungseinheiten zu einem Parallelverhalten führt, das sogar in eine einzige Gleichordnung mündet, was der Fall wäre, wenn die zwischen der einzelnen Muttergesellschaft und dem Tochterunternehmen praktizierte Koordination zugleich ein hinreichend koordiniertes Verhalten zwischen den Müttern nach sich ziehen würde, so daß im Ergebnis sämtliche Unternehmen ihre Geschäftspolitik auf ein einziges übergeordnetes Konzerninteresse ausrichteten. Diese Möglichkeit ist nach den obigen Erörterungen zum "partiellen Gleichordnungskonzern" 72 nicht auszuschließen. Denn zumindest wenn mehrere ähnlich strukturierte Unternehmen übereinstimmende Geschäftsbereiche von wesentlicher unternehmenspolitischer Bedeutung in einem gemeinsamen Tochterunternehmen zusammenfassen und sie sich völlig und endgültig aus den Tätigkeitsbereichen des Gemeinschaftsunternehmens zurückziehen, dürfte mit der GleichordHommelhoff, S. 389. Vgl. U. Huber, Gemeinschaftsunternehmen, S. 19 ff.; Rolfes, S. 268 ff.; Langen/" Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § I Rz. 142; G. Wiedemann, Gemeinschaftsunternehmen, S. 73. 69 Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 15; Emmerich, Kartellrecht, S. 376 (§ 24 4 d). 70 U. Huber, Gemeinschaftsuntemehmen, S. 25. 11 Emmerich, Kartellrecht, S. 376 (§ 24 4 d). n Vgl. S. 54 ff. 67
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nung zwischen Mutter und Tochter auch regelmäßig eine für § 18 Abs. 2 AktG genügende Koordination der Unternehmenspolitik der einzelnen Muttergesellschaften verbunden sein 73. Andererseits wird es an gleichordnungsbegründenden Momenten regelmäßig fehlen, wenn bei den Muttergesellschaften eine echte Teilbereichsausgliederung nicht stattfindet, etwa weil diese weiterhin in den Geschäftsbereichen des Tochterunternehmens tätig bleiben oder weil sich eine Vielzahl kleiner Unternehmen durch die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens erst ein zusätzliches Wirkungsgebiet erschließt, zu deren selbständiger Wahrnehmung die einzelnen Gründer außerstande wären. In derartigen Fällen würde sich eine zwischen einzelner Mutter und gemeinsamer Tochter bestehende Gleichordnung allenfalls dann zusätzlich auf das Verhältnis der Muttergesellschaften zueinander erstrecken, wenn zwischen diesen noch eine besondere Koordination hinsichtlich des gemeinsam betriebenen Unternehmens stattfände. Die einheitliche Leitung zwischen einzelner Muttergesellschaft und dem Tochterunternehmen würde dann aber auch regelmäßig nur von einer auf den Wirkungsbereich des Gemeinschaftsunternehmens bezogenen "partiellen Gleichordnung" zwischen den Müttern begleitet. Es bleiben also genügend Fallkonstellationen denkbar, bei denen der Zugehörigkeit eines Unternehmens zu mehreren Gleichordnungskonzernen keine faktische Erstreckung der einheitlichen Leitung auf alle Beteiligten entgegensteht. Dies dürfte auch die Regel sein. Das Erfordernis der gegenseitigen Verträglichkeit der jeweiligen Konzernkonzepte bedingt somit nicht notwendigerweise eine in allumfassende Gleichordnung mündende Integrationswirkung. Die Einbindung in verschiedene Gleichordnungskonzernkreise könnte letzlieh aber mit dem im Schrifttum vorherrschenden Verständnis vom Konzern als "wirtschaftlicher Einheit" 74 unvereinbar sein.
c) Konzern als wirtschaftliche Einheit Überwiegend wird bei der Bestimmung des aktienrechtlichen Konzernbegriffs davon ausgegangen, durch die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung müsse zwischen den beteiligten Unternehmen eine Unternehmerische Einheit hergestellt werden; der Konzern sei als eine aus den rechtlich selbständig bleibenden Unternehmen (als Betriebsabteilungen oder Untergliederungen) zusammengesetzte neue wirtschaftliche Einheit, als übergeordnetes Gesamtunternehmen, anzusehen 75 • Diese Betrachtungsweise entspricht der wirtschaftswissenschaftliVgl. die Nachweise aufS. 55 in Fn. 33. Vgl. zunächst die zahlreichen Nachweise bei Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 15, u. Geßler, in: Geßler I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 7. 75 Mestmäcker, in: Festgabe für Kronstein, S. 134, 145; Koppensteiner, ZHR 131 (1968), S. 2981299 ("Wirtschaftlich gesehen ist der Konzern ein Unternehmen"); derselbe, in: Kölner Komm.,§ 18 Rdnr. 15; Reuter, ZHR 146 (1982), S. 10; Marchand, S. 92, 73
74
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
eben Beurteilung des Konzerns als eines Wirtschaftsubjektes, als eines Unternehmens im ökonomischen Sinn 76 • Denn aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht werden als Unternehmungen nur wirtschaftlich selbständige Betriebe aufgefaßt und diese Eigenschaft wird bei den einzelnen Konzerngliedern geleugnet17 • Geht man von dem Vorverständnis des Konzerns als wirtschaftlichem Einheitsunternehmen aus, so dürfte die mehrfache Konzernzugehörigkeit eines Unternehmens streng genommen nicht möglich sein, da dieses ansonsten mehreren Wirtschaftseinheiten zugerechnet werden müßte 78 • Davon abgesehen, daß der Grundsatz der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns im juristischen Schrifttum - wenn auch zumeist ohne ausdrücklichen Hinweis -regelmäßig nur für den Unterordnungskonzern (§ 18 Abs. 1 AktG) aufgestellt wird 79 und sich die Erörterungen zur Vereinbarkeil mehrfacher Konzernzugehörigkeit mit dem Erfordernis der zwischen konzernierten Unternehmen bestehenden wirtschaftlichen Einheit infolgedessen ebenfalls auf den Bereich der Konzernabhängigkeit konzentrieren 80 , wird dieser Grundsatz jedoch insoweit eingeschränkt, als die konzernrechtliche Einordnung des Verhältnisses zwischen mehreren Mutterunternehmen und deren gemeinsamer Tochter betroffen ist 81 • Dabei wird insbesondere das Bedürfnis der Anwendbarkeit konzernrechtlicher Normen als Argument für die mehrfache Konzernzugehörigkeit herangezogen 82 • 94, 99; Wemer, Abhängigkeitstatbestand, S. 35; Gansweid, S. 112; a. A. Geßler, in: GeBier I Hefermehl I Eckardtl Kropff, § 18 Rdnr. 7 ff.; derselbe, in: FS Knur, S. 161; U. Huber, ZHR 131 (1968), S. 226, 243, 248; Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 4; Emmerich I Sonnenschein, Konzernrecht, 3. Auf!., S. 77; Dierdorf, S. 75. 76 Vgl. dazu die Nachweise bei Koppensteiner, in Kölner Komm., § 18 Rdnr. 15. n Vgl. dazu die Nachweise bei Dierdorf, S. 71 Fn. 295, 296. 78 Werner, Abhängigkeitstatbestand, S. 189; Koppensteiner, in: Kölner Komm.; § 18 Rdnr. 15; Gutjahr, S. 1351136; Gansweid, S. 1121113. 79 Vgl. Mestmäcker, in: Festgabe für Kronstein, S. 146: "Die hier unterstellte Unternehmerische Einheit von herrschender und abhängiger Gesellschaft . . . "; Koppensteiner, ZHR 131 (1968), S. 299: " ... die im Konzernbegriff enthaltene Vorstellung einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Ober- und Untergesellschaft ... "; Reuter, ZHR 146 (1982), S. 10: " . . . Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung im Sinne des § 18 I AktG" ... heißt ... ,,Zusammenfassung zur wirtschaftlichen Einheit ... "; Marchand, S. 91 ff., spricht vom "juristischen Konzernbegriff des§ 18 AktG" (S. 89), behandelt aber lediglich die Integration des abhängigen Unternehmens in "eine bestimmte wirtschaftliche Einheit" (S. 94); ähnlich Leo, Wpg 1968, S. 396, 397; Werner, Abhängigkeitstatbestand, S. 35 f. Den Gleichordnungskonzern sprechen in diesem Zusammenhang an: Gromann, S. 32; Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 14: "Abweichungen zu dem, was dieser Begriff (Anm.: einheitliche Leitung) im Zusammenhang des Unterordnungskonzerns beinhaltet, sind gleichwohl nicht anzunehmen"; von Bar, BB 1980, S. 1188; U . Huber, ZHR 131 (1968), S. 243, deres-ähnlich wie v. Bar, a. a. 0.- nicht für erforderlich hält, "daß die beteiligten Unternehmen, um einen Gleichordnungskonzern zu bilden, nach außen hin als eine wirtschaftliche Einheit erscheinen müssen". 80 Vgl. Koppensteiner, ZHR 131 (1968), S. 299; derselbe, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 15, 25; Gansweid, S. 112 ff.; Gutjahr, S. 135, 136; vgl. ferner die Nachweise auf S. 58 f. Fn. 43, 44. 81 Koppensteiner, in: Kölner Komm.,§ 18 Rdnr. 15; ders., ZHR 131 (1968), S. 328; Gansweid, S. 113 ff.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzemklausel)
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Mag auch bereits der Ausgangspunkt des Konzerns als wirtschaftliche Einheit fraglich sein- das Gesetz selbst gebraucht diesen Begriff an keiner Stelle 83 - , so kann jedenfalls der für den Bereich der mehrfachen Konzernzugehörigkeit getroffenen Einschränkung zugestimmt werden. Denn es vermag nicht einzuleuchten, warum ein Unternehmen, das "wirtschaftlich" vollständig in verschiedene Unternehmens- und Planungskonzepte integriert ist, nur deshalb dem Konzernrecht entzogen sein soll, weil es nicht Bestandteil "eines" Gesamtunternehmens ist, sondern in wirtschaftlicher Einheit zu mehreren Unternehmen steht 84• Zumal auch aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht ein Betrieb, der mangels wirtschaftlicher Selbständigkeit nicht mehr als Unternehmen angesehen werden kann, irgendeiner Wirtschaftseinheit zugerechnet werden muß 8\ müßte wirtschaftliche Einheit folglich zumindest so aufgefaßt werden, daß sie sich mit der Einordnung des von mehreren Muttergesellschaften betriebenen Tochterunternehmens in mehr als einen Konzern verträgt 86 • Somit scheitert die Einbindung eines Unternehmens in mehrere Gleichordnungskonzemkreise auch nicht an den Anforderungen des von der Wirtschaftseinheit ausgehenden "engeren" 87 Konzernbegriffs.
d) Zwischenergebnis Über die heute durchweg anerkannte Möglichkeit der Zugehörigkeit eines Gemeinschaftsunternehmens zu mehreren Unterordnungskonzernen 88 hinaus läßt sich daher feststellen, daß ein Tochterunternehmen auch in einem Gleichordnungskonzernverhältnis zu jeder der Muttergesellschaften stehen kann, wenn diese unter sich keinen Konzern bilden. Die Frage, ob eine Hauptgenossenschaft einzelnen Gleichordnungskonzernkreisen mit jeder angeschlossenen Primärgenossenschaft zugerechnet werden kann, muß demnach nicht bereits aus konzernrechtlichen Gründen verneint werden. Allerdings könnte das Genossenschaftsgesetz der Zugehörigkeit einer Genossenschaft zu mehreren Gleichordnungskonzernen entgegenstehen.
82 KoP.pensteiner, in: Kölner Komm.,§ 18 Rdnr. 25; vgl. zu den übrigen Begründungen die Ubersicht bei Marchand, S. 84, 85 mit Nachweisen. 83 Gansweid, S. 113. 84 Sonnenschein, Organschaft, S. 96, spricht in diesem Zusammenhang von mehreren wirtschaftlichen Einheiten zu den einzelnen Muttergesellschaften. 85 Vgl. Gutjahr, S. 136. 86 So Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 15. 87 Vgl. Emmerich I Sonnenschein, Konzernrecht, 3. Aufl., S. 80 (§ 4 li 2 a), die insoweit "tendenziell einen engeren und einen weiteren Konzernbegriff unterscheiden". 88 Vgl. oben, S. 58 f. mit Nachweisen in Fn. 43, 44.
5 Recktenwald
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
2. Die Genossenschaft im Gleichordnungskonzern
Nach allgemeiner, im genossenschaftlich-ökonomischen Schriftum einhellig vertretener Auffassung soll der Verbund zwischen Primär- und Hauptgenossenschaft keinen konzernrechtlichen Tatbestand erfüllen können 89 . Ausgangs- und Bezugspunkt der Tätigkeit aller Genossenschaftseinheiten sei stets das Einzelmitglied90, so daß der Strom der Willensbildung verwaltungs- und einflußmäßig grundsätzlich von unten nach oben laufe 91 . Soweit sich die zur weiteren Begründung dieses Ergebnisses vorgebrachten Ausführungen auffehlende Anweisungsbefugnisse der Zentralstufe 92, den genossenschaftsrechtlichen Ausschluß des Einflusses einer Konzernspitze über die Stimmrechtsmacht 93 oder auf das aus dem Förderungszweck folgende Verbot der völligen Unterordnung unter die Interessen eines anderen Unternehmens 94 beschränken, wird jedoch der Sache nach lediglich dem in § 18 Abs. 1 AktG geregelten Unterordnungskonzern und dem Abhängigkeitstatbestand des § 17 AktG entgegengetreten. Das Problem der Genossenschaft im Gleichordnungskonzern wird nur in einem Fall mit dem Argument angesprochen, der Umstand, daß jede Primärgenossenschaft ausschließlich ihrem originären Förderzweck verpflichtet bleibe, stehe notwendigetweise einer einheitlichen Leitung im Sinne des Konzernrechts entgegen, da jede von der Primärgenossenschaft eingegangene Bindung, die dem Postulat einer uneingeschränkten Verfolgung des originären Unternehmenszwecks widerspreche, unzulässig und damit unwirksam sei 95 . Allerdings geht diese Betrachtungsweise davon aus, ein Gleichordnungskonzern setze voraus, "daß die Geschäftsführung jedes Unternehmens verbindlich einer einheitlichen Gesamtplanung untetworfen sei", so daß jedes dem Gleichordnungskonzern angehörende Unternehmen "in seiner Geschäftsführung von außen bestimmt" werde 96; die Geschäftsführung der Genossenschaft dürfe aber "generell" nicht dem Willen eines Dritten untetworfen werden, weil dann nicht mehr die in der Genossenschaft organisierte Gemeinschaft der Genossen Träger des Geschäftsbetriebes sei 97 • 89 Müller, Anh. II § 93 s Rn. 103; Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959), S. 26; Westermann, in: FS Reinhardt, S. 372; derselbe in: Rechtsprobleme, S. 169/170; Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 35; Pfüller, S. 5; Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 56; Leffson, in: FS Draheim, S. 166 ff.; vgl. auch Scheiter, S. 23, 189 f.; a. A. Schneider, JR 1978, S. 261; Merle, AG 1979, 268, 270, 274. 90 Leffson, in: FS Draheim, S. 158; vgl. auch Kopplin, S. 23, der insoweit von "indirekter" Förderung der Ortsgenossenschaftsmitglieder durch die Warenzentrale spricht. 91 Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959), S. 26. 92 Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 169; Pfüller, S. 5; Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959), S. 26; Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 56. 93 Westermann, in: FS Reinhardt, S. 372. 94 Großfeld, Genossenschaft u. Eigentum, S. 35; Müller, GenG, Anh. II § 93 s Rn. 103. 95 Müller, GenG, Anh. li § 93 s Rn. 103. 96 Müller, GenG, Anh. li § 93 s Rn. 39.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzernklausel)
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Dieser Auffassung ist einerseits entgegenzuhalten, daß es für den Gleichordnungskonzern keiner "verbindlichen" Absprachen bedarf, sondern daß ein von Freiwilligkeit geprägtes Abstimmungsverhalten völlig genügt 98 • Andererseits geht es beim Gleichordnungskonzern gerade nicht um Unterwerfung, sondern um Verständigung und Koordination zwischen den beteiligten Unternehmen 99 • Keine "fremde" Leitung bestimmt "von außen" die Konzernplanung; im Gleichordnungskonzern folgen die Unternehmen vielmehr einer von ihnen gemeinsam gebildeten einheitlichen Leitung, deren Willen sie selbst, wenn auch gemeinsam bestimmen 10o. Zwar kann die Zugehörigkeit zu einem Gleichordnungskonzern mit dem sich aus § 27 Abs. 1 GenG ergebenden Gebot der eigenverantwortlichen Leitungsmacht des Genossenschaftsvorstandes kollidieren, wenn die einheitliche Leitung durch ein vertraglich gebildetes Gemeinschaftsorgan ausgeübt wird. Denn jedenfalls bei Weisungsbefugnissen des Gemeinschaftsorgans, oder wenn sich der Vorstand als Mitglied dieses Organs Mehrheitsentscheidungen beugen müßte, würde seine eigenverantwortliche Leitungsgewalt unzulässig beschränkt 101 . Dies wäre jedoch schon nicht mehr der Fall, wenn einstimmige Entscheidungen des aus den Einzelvorständen gebildeten Gemeinschaftsorgans Grundlage der einheitlichen Leitung wären, da solche Entscheidungen vom Willen des Vorstandes der Genossenschaft abhängig wären und von seiner Verantwortung getragen würden 102. Jedenfalls greifen auf § 27 Abs. 1 GenG gestützte Bedenken nicht, wenn es - wie im ländlichen Genossenschaftswesen - an einer mit Anweisungsbefugnissen ausgestatteten Konzernzentrale fehlt. Vollzieht sich nämlich die zur einheitlichen Leitung führende Abstimmung der Geschäftspolitik zwischen den beteiligten Unternehmen lediglich "in der lockeren Form gemeinsamer Beratungen"103 oder in ähnlich "formloser" Weise, so kann der Vorstand die Leitungsbefugnis des § 27 GenG immer noch "als Organ der Genossenschaft in der korporationsrechtlich vorgeschriebenen Willensbildung wahrnehmen" 104. Auch eine Beschränkung des Förderungszwecks, den die Genossenschaft verfolgen muß, wäre mit der Bildung einer einheitlichen Leitung zwischen Primärund Hauptgenossenschaft nicht verbunden 105 . Denn aus betriebswirtschaftlicher Müller, a. a. 0. Zutreffend Baumann, ZHR 148 (1984), S. 291. 99 U. Huber, ZHR 131 (1968), S. 242; Gromann, S. 4. 10o GeBier, in: GeBier I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 69. 101 Insofern zutreffend Müller, GenG, Anh. II § 93s Rn. 39, 103; vgl. auch Merle, AG 1979, S. 268. 102 Merle, AG 1979, S. 268. 103 Vgl. Begr. RegE AktG 1965, abgedruckt bei Kropff, AktG, S. 33. 104 Grundsätzlich a. A. Müller, GenG, Anh. II § 93 s Rn. 39, der den "faktischen" Gleichordnungskonzern allerdings nicht ausdrücklich anspricht. 105 Merle, AG 1979, S. 268. 97
98
5*
Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
68
Sicht liegt das mit der Bildung einer einheitlichen Leitung zu verfolgende Ziel gerade darin, die Gegenstände und die unternehmenspolitischen Grundsätze der Unternehmen, die der einheitlichen Leitung unterliegen, einheitlich auszurichten, d. h. miteinander zu koordinieren, um unerwünschte Überschneidungen zu vermeiden und eine höchstmögliche und bestmögliche Ausnutzung der den verbundenen Unternehmen zur Verfügung stehenden finanziellen, sachlichen und personellen Mittel zu erreichen 106• Genau dieser Zielsetzung entspricht das auf die Funktionsfähigkeit der solidarischen Selbsthilfegemeinschaft gerichtete arbeitsteilige Verhalten im Verbund. Andererseits zeigt dies auch, daß die Voraussetzungen für eine zwischen Primär- und Hauptgenossenschaft mögliche einheitliche Leitung bereits durch den diesen Gesellschaften eigenen Förderungszweck geschaffen werden. So geht mit dem Förderungszweck auch die Befolgung des als "Grundidee genossenschaftlichen Wirkensund Seins" 107 angesehenen Prinzips der Kooperation einher, das auf eine von Verständigung und Koordination gepägte sinnvolle Arbeitsteilung zwischen den Genossenschaftsstufen angelegt ist 108• Wäre mit der Erreichung des Förderungszwecks sogar eine zwingende Koordinierungsnotwendigkeit verbunden, deren Intensität den Anforderungen des § 18 Abs. 2 AktG genügt, so stellte sich der Verbund zwischen Haupt- und Primärgenossenschaft stets als "Genossenschaftskonzern" 109 dar. Dies wirft die Frage auf, ob die Anwendung konzernrechtlicher Normen überhaupt in Betracht kommen kann, wenn die konzernbegründenden Tatsachen schon gesellschaftsrechtlich vorgegeben sind. 3. Der Förderungszweck als Grundlage der einheitlichen Leitung
§ 18 Abs. 2 AktG selbst enthält keinen Hinweis auf eine gesellschaftsrechtliche Begrenzung des Konzernbegriffs. Ohne eine Rechtsfolge zu treffen, wird lediglich das tatsächliche Verhältnis der Zusammenfassung voneinander unabhängiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung beschrieben. Die Beantwortung der Frage, ob eine gesellschaftsrechtlich vorgegebene einheitliche Leitung dem Konzerntatbestand des§ 18 Abs. 2 AktGentzogen ist, hängt daher von den Zwecken und rechtlichen Auswirkungen ab, die andere Rechtsnormen mit dem Vorliegen eines Gleichordnungskonzerns verbinden 110• Meier, Wpg 1966, S. 571. Faust, S. 40; Scheiter, S. 17: " . . . die Kooperations-Idee (ist) das beherrschende genossenschaftliche Leitprinzip". 108 Kopplin, S. 14, 23. 109 Terminologie nach Merle, AG 1979, S. 268, der damit im Gegensatz zu Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 34, "echte" Konzerne meint. 110 Zum Erfordernis einer solchen Anknüpfung: Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, S. 294. 106 101
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzemklausel)
69
Der Zweck einer eG ist durch § 1 Abs. 1 GenG zwingend auf die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder festgelegt 111 • Wäre die in dieser Fonn gesetzlich anerkannte und dementsprechend gewährleistete Rechtsfonn der eG mit den an das Vorliegen eines Gleichordnungskonzerns geknüpften Rechtsfolgen unvereinbar, so läge es nahe, daß § 1 Abs. 1 GenG die Anwendbarkeit der auf§ 18 Abs. 2 AktG Bezug nehmenden Nonnen insoweit auschließt. Zumindest dürfte durch§ 18 Abs. 2 AktG nicht das Recht auf Genossenschaftsbildung in Frage gestellt werden. Ebensowenig dürfte es einer nicht in der Rechtsfonn der eG betriebenen Gesellschaft von vomherein durch § 18 Abs. 2 AktG verwelut sein, den durch die Rechtsordnung in § I Abs. 1 GenG grundsätzlich gebilligten Förderungszweck zu verfolgen. Denn dieser Gesellschaftszweck steht - in Ermangelung eines "Förderzweckmonopols" der eG 112 - allen Gesellschaftstypen zur Verfügung 113 , insbesondere der AG 114 und der GmbH, die jeden beliebigen Zweck verfolgen können(§§ 3 AktG, 1 GmbHG). Abgesehen von der Konzernklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB sind die an den Gleichordnungskonzern geknüpften Rechtsfolgen jedoch nur von geringer Bedeutung m, so daß sich die Frage, ob§ 18 Abs. 2 AktG das Recht der(fonnellen oder materiellen 116) Genossenschaftsbildung in Frage stellt, auf die Anwendbarkeit des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 GWB beschränken kann. Zwar dürfen sich die unterschiedlichen Regelungsgegenstände des Gesellschaftsrechts und des Kartellrechts wechselseitig keine Grenzen setzen 117 • Andererseits darf der genossenschaftliche Unternehmenszweck auch kein "Freibrief für wettbewerbsbeschränkendes Verhalten" 118 der mit anderen Unternehmen im Wettbewerb stehenden und damit ebenfalls den Vorschriften des GWB unterworfenen Genossenschaften sein 119• Für den Bereich des § 1 GWB hat der BGH allerdings entschieden, den beiden gesetzgebefischen Zielsetzungen sei dadurch Rechnung zu tragen, daß genossenschaftsrechtliche Wettbewerbsbeschränkungen insoweit von der Anwendung des § 1 GWB ausgenommen würden, wie sie 111
18.
Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § I Rdnr. 5; Müller, GenG, § I Rn.
Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § I Rdnr. 2. Beuthien, a. a. 0., spricht in diesem Zusammenhang von "Genossenschaften im materiellen Sinn" i. G. zur eG, die sowohl im formellen als auch im materiellen Sinn Genossenschaft sei. Gebräuchlich ist auch der Ausdruck "latente Genossenschaft", vgl. dazu Faust, S. 137 mit Nachweisen. 114 Vgl. Luther, "Die genossenschaftliche Aktiengesellschaft", S. 18 ff. 115 Vgl. im einzelnen Gromann, S. 31 ff.; Jörg Geßler, AktG, § 18 Rdnr. 10; v. Bar, BB 1980, S. 1185 Fn. 4; U. Huber, ZHR 131 (1968), S. 243; Koppensteiner, in Kölner Komm. § 18 Rdnr. 10 f. 116 Vgl. Fn. 113. 117 Beuthien, ZHR 142 (1978), S. 261 ff.; Immenga, in: lmmengaiMestmäcker, § 1 Rdnr. 428. 11 8 Beuthien, Genossenschaften und Kartellrecht, S. 14. 119 Metz, in: Lang I Weidmüller, § 1 Rdnr. 132 mit Nachweisen. 112
113
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
"genossenschaftsimmanent" seien, insbesondere zur Sicherung des Zwecks und der Funktionsfähigkeit der Genossenschaft erforderlich seien 120• Der hierin zum Ausdruck kommende Gedanke ließe sich insofern auf die §§ 23 ff. GWB übertragen, als eine Zusammenschlußuntersagung dann unterbleiben sollte, wenn ansonsten der gesetzliche Förderungsauftrag der Genossenschaft undurchführbar würde, etwa weil ein den Vorschriften des GWB unterfallender Zusammenschluß dem Wesen der Genossenschaft gemäß ist und zur genossenschaftstypischen Funktionsnotwendigkeit gehört. Derlei Besonderheiten sind mit der Verfolgung des Förderungszweckes jedoch nicht verbunden. Mögen auch insbesondere die Satzungen der Hauptgenossenschaften regelmäßig die Beteiligung an - oder den Erwerb von anderen Unternehmen als "funktionsfördernde Maßnahme" 121 vorsehen, so ist die mit den §§ 23 ff. GWB verbundene Beschränkung der Unternehmerischen Handlungsfreiheit letzlieh für alle Gesellschaftsformen gleichermaßen im Interesse der wettbewerbliehen Entfaltungsmöglichkeit und der Startgleichheit anderer Unternehmen gegeben. Selbst wenn sich der Verbund zwischen Haupt- und Primärgenossenschaft als "per se-Gleichordnungskonzern" 122 darstellte, wäre deshalb also nicht etwa eine "förderungsbedingte" teleologische Reduktion von Konzerntatbestand oder Konzernklausel erforderlich. Unter Berücksichtigung der mit der Verbund- und Konzernklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB verfolgten besonderen gesetzgebensehen Ziele läßt sich daher jedenfalls für den Bereich der Zusammenschlußkontrolle keine Beschränkung des in § 18 Abs. 2 AktG enthaltenen Konzernbegriffs erkennen, die sich aus einer gesellschaftsrechtlichen Vorgabe der konzernbegründenden Tatsachen ergeben könnte. Mithin schließen im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB weder das Konzern- noch das Genossenschaftsrecht die Zugehörigkeit einer Hauptgenossenschaft zu faktischen Gleichordnungskonzernen mit jeder angeschlossenen Primärgenossenschaft aus. Es bleibt deshalb zu klären, ob zwischen Haupt- und einzelner Primärgenossenschaft die für das Entstehen eines Gleichordnungskonzerns erforderlichen Mittel 120 BGH, WRP 1986, 550; schon zuvor hatte der BGH mehrfach deutlich gemacht, daß Kartellrecht zwar grundsätzich Genossenschaftsrecht breche, daß bei der kartellrechtlichen Überprüfung aber die spezifisch genossenschaftsrechtlichen Gesichtspunkte nicht übersehen werden dürften, vgl. BGH, WuW 1974, S. 829; BGH, DB 1978, S. 151; vgl. zur sog. Immanenztheorie auch Immenga, in: Immenga I Mestmäcker, § I Rdnr. 377, 420 ff., und Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 157, 204 ff., 241. 121 Beuthien, ZHR 142 (1978), S. 289. 122 Terminologie im Anschluß an die im Schrifttum im Hinblick auf§ I GWB geführte Diskussion zu der Frage, ob sich Genossenschaften schon aufgrund ihres besonderen mitgliederbezogenen Förderungszwecks als "per se-Kartelle" darstellen; vgl. Gert Meier, Genossenschaften als per se-Kartelle?, ZHR 142 (1978), S. 124 ff. mit weiteren Nachweisen.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzernklausel)
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der Verständigung und Koordination in einer Intensität vorhanden sind, die den Anforderungen der Konzernklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. I Alt. 2 GWB genügt. Spezifisch wettbewerbsrechtliche Auslegungsregeln für die Bestimmung des Begriffes der einheitlichen Leitung sollen zunächst außer Betracht bleiben, da die Konzernklausel jedenfalls dann eingreift, wenn § 18 Abs. 2 AktG nach aktienrechtlichem Verständnis erfüllt ist.
4. Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung im Sinne von § 18 Abs. 2 AktG Die für§ 18 Abs. 2 AktG erforderliche Einheitlichkeit in der Unternehmensführung von Haupt- und einzelner Primärgenossenschaft läge vor, wenn es eine den jeweiligen Unternehmensverbund umfassende "Zielkonzeption" 123 gäbe, die als unternehmenspolitische Vorgabe von den beteiligten Unternehmen befolgt und - bei deren "zweckbestimmter Einordnung in das Gesamtkonzept" 124 - zu einer entsprechenden Abstimmung der wesentlichen Tätigkeitsbereiche führen würde 125 •
a) Gemeinsame Zielkonzeption Das allen Genossenschaften gemeinsame Ziel ist die gesetzliche (§ 1 Abs. 1 GenG) oder satzungsmäßig vorgegebene Pflicht, ihre Mitglieder in deren eigener Wirtschaftstätigkeit zu unterstützen und ihnen bei der Erwirtschaftung besserer Ergebnisse Hilfestellung zu leisten. Die gesamte Tätigkeit ist demnach auf die Interessen und Bedürfnisse der Mitglieder ausgerichtet, wobei das genossenschaftliche Unternehmen selbst lediglich das Mittel bildet, das eingesetzt wird, um das Förderungsziel verwirklichen zu können 126• Als "Genossenschaften der Genossenschaften" 127 liegt die Funktion der Zentralgenossenschaften in der Förderung der Einzelgenossenschaften und damit wiederum - indirekt - in der Förderung von deren Mitgliedern. Diese dem Genossenschaftswesen entsprechende Ausrichtung beider Stufen auf einen einheitlichen Zweck findet seinen Niederschlag nicht zuletzt darin, daß Einzelgenossenschaften als "Primärgenossenschaften", die Zentralgenossenschaften dagegen als "Sekundärgenossenschaften" bezeichnet werden 128 •
123 124 125 126
121 12s
Terminologie nach Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 18. Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Bd. 3, § 329 Rdnr. 17. Vgl. Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 5; Marchand, S. 92. Feuerbom, S. 30. Faust, S. 54; Kopplin, S. 23. Henzler, Die Genossenschaft, S. 35.
Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
72
Die Förderung des am Fuße des Stufenverbundes von Haupt- und Primärgenossenschaft stehenden Einzelmitglieds ließe sich dementsprechend auch als "konzernpolitisches Leitmotiv" 129 der betreffenden Unternehmen begreifen 130. Zwar gibt es für das ländliche Genossenschaftswesen keine ausformulierte "Verbundplanung" 131 • Eine hinreichende Zielkonzeption könnte aber mit dem Prinzip der Kooperation 132 verbunden sein, das sich aus der Stellung der Genossenschaft als Ergänzungs- und Hilfseinrichtung ergibt, und aus dem das Erfordernis der Anpassung aller beteiligten Unternehmen an die betriebswirtschaftlich gebotene Funktionsverteilung im genossenschaftlichen Verbund abgeleitet wird 133 • Als tragende Elemente der "vertikalen Kooperation" 134 werden dabei insbesondere angesehen: Die Arbeitsteilung zwischen Zentral- und Hauptgenossenschaft als Grundlage dauerhafter und gegenseitiger verbundwirtschaftlicher Zusammenarbeit 135 , das aus dem abgeleiteten Charakter der Zentralgenossenschaft folgende Gebot, sich auf die notwendige Hilfestellung für die Primärgenossenschaft zu beschränken 136 und -
als Folge dieser Subsidiarität -
das die Zentralgenossenschaft treffende Verbot, mit den angeschlossenen Primärgenossenschaften in Konkurrenz zu treten 137 •
Diese allgemeinen Verbundgrundsätze müßten als von Haupt- und Primärgenossenschaft anerkanntes Konzernkonzept eine entsprechende geschäftspolitische Abstimmung nach sich ziehen, deren Ausmaß die Schwelle zur in § 18 Abs. 2 AktG geforderten einheitlichen Leitung überschreiten müßte. Die Feststeilbarkeit des Bestehens einer solchen Einordnung der Unternehmen in ein verbundwirtschaftliches Gesamtkonzept setzt die Klärung der Vorfrage voraus, welche Intensität Abstimmung und Koordination aufweisen müssen, um Terminologie nach Marchand, S. 93. Vgl. auch Leffson, in: FS Draheim; S. 166: " ... alles im Genossenschaftsverbund (geschieht) um der Leistungsfähigkeit der Mitgliederbetriebe willen". 131 Vgl. Henzler, ZfgG Bd. 4 (1964), S. 441, zur "Planung der Gestaltung eines zukünftigen Verbunds". 132 Unter Kooperation wird ganz allgemein ein gemeinsames, koordiniertes Handeln von Menschen zur Verwirklichung bestimmter Ziele verstanden; vgl. hierzu Werschnitzky, in: HdG, Spalte 1282 f. Im Genossenschaftswesen soll mit diesem - zum Prinzip erhobenen - Begriff zumeist die genossenschaftstypische Koordinierung ausgedrückt werden, wobei das Schrifttum die Begriffe Genossenschaft und Kooperation bisweilen synonym verwendet. 133 Faust, S. 40; Kopplin, S. 14; vgl. auch Draheim, Unternehmungstyp, S. 145; ZENTGENO, S. 103. 134 Horlacher, in: HdG, Spalte 1564. 135 Horlacher, in: HdG, Spalte 1566; Wiek, in: HdG, Spalte 1658. 136 Horlacher, in: HdG, Spalte 1563. 129
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§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzernklausel)
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den Anforderungen zu genügen, die § 18 Abs. 2 AktG- wenn auch unausgesprochen - an die einheitliche Leitung bei Gleichordnungskonzernen stellt. Mit dem derart festgelegten allgemeinen Konzernziel müßte ein Gesamtkonzept einhergehen, in das sich Orts- und Hauptgenossenschaft planmäßig einordnen.
b) Mindestumfang der einheitlichen Leitung Der Rechtswissenschaft ist es bisher nicht gelungen, einen "leistungsfähigen Begriffsapparat" 138 zu entwickeln, mit dem sich exakt bestimmen ließe, ob Unternehmen unter einheitlicher Leitung stehen oder nicht 139• Entsprechend vage fallen auch die den Mindestumfang einheitlicher Leitung betreffenden Formulierungen aus. Als Richtschnur dienen dabei stets die in der Begründung des Regierungsentwurfs 140 zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen des Gesetzgebers, wobei zusätzlich auf betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte und die besonderen Normzwecke der auf § 18 AktG verweisenden Vorschriften abgestellt wird 14 1• Nach der Vorstellung des Gesetzgebers reicht es für die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung aus, "wenn die Konzernleitung die Geschäftspolitik der Konzerngesellschaften und sonstige grundsätzliche Fragen ihrer Geschäftsführung aufeinander abstimmt" 142 • In Anlehnung daran begnügt sich die Literatur mit einer lockeren Koordinierung in den wichtigsten Fragen der U nternehmenspolitik, namentlich in den Bereichen Beschaffung, Produktion, Absatz, Finanzierung und Personalpolitik 143 • Besteht auch Einigkeit darin, daß nicht sämtliche Unternehmerischen Funktionen "im strengen Gleichschritt" 144 wahrgenommen werden müssen, so bleibt aber umstritten, welche Unternehmensbereiche von der einheitlichen Leitung erfaßt sein müssen. aa) Sachlicher Mindestumfang Überwiegend wird bereits die umfassende Abstimmung in einem wesentlichen Unternehmensbereich für grundsätzlich ausreichend erachtet, da dies regelmäßig auch eine hinreichende Koordinationswirkung auf die- wechselseitig verbunde137 Draheim, in: Grundfragen des Genossenschaftswesens, S. 154; derselbe, Unternehmungstyp, S. 145; Engelhardt, ZfgG Bd. 33 (1983), S. 164. 138 v. Bar, BB 1980, S. 1185. 139 v. Bar, BB 1980, S. 1185; Gromann, S. 4; vgl. auch Flume, DB 1968, S. 1011, 1013, der die Möglichkeit verbindlicher Klärung bezweifelt. 140 Begründung RegE AktG 1965, abgedruckt bei Kropff, AktG, S. 33. 141 Vgl. GeBier, in: GeBier I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 29; Semler, DB 1977, S. 806; v. Bar, BB 1980, S. 1187. 142 Begr. RegE, abgedruckt bei Kropff, AktG, S. 33. 143 Gromann, S. 5 mit zahlreichen Nachweisen; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Auf!., Bd. 3, § 329 Rdnr. 14; v. Bar, BB 1980, S. 1187 f. 144 Mulert, S. 32.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
nen - übrigen Grundfunktionen habe 145 • Dabei wird allerdings bisweilen der finanzielle Bereich hervorgehoben, und als Mindestvoraussetzung eine "das Konzernganze umgreifende einheitliche Finanzplanung und -kontrolle" 146 gefordert 147. Mag es auch für Unterordnungskonzerne nachvollziehbar sein, daß die in den Händen der Obergesellschaft liegende Finanzpolitik ein hinreichendes und wirksames Mittel der Kontrolle und Durchsetzung eines von der Konzernspitze definierten Konzerninteresses ist 148 , so leuchtet es jedoch nicht ein, warum die einheitliche "Entscheidung über den Umfang der den einzelnen Konzerngliedern zur Verfügung stehenden Finanzierungsmittel, sowie über die Art ihrer Aufbringung" 149 stets "notwendige Bedingung eines Konzerns" sein soll 150• Denn Leitungstätigkeit manifestiert sich zunächst in den Bereichen Beschaffung, Leistungserstellung (Produktion) und Absatz 151 , während finanzpolitische Maßnahmen an sich leitungsneutral sind 152 • Insofern liegt es näher, primär auf die Abstimmung in einem der drei Ablaufbereiche abzustellen, zumal diese Grundfunktionen in sich gegenseitig bedingender Wechselbeziehung stehen 153 • Jedenfalls bei dem auf freiwilliger Verständigung beruhenden Gleichordnungskonzern ist auch kein "Machtmittel für die Durchsetzung von Leitungsmaßnahrnen" 154 in Form einer zentralisierten Finanzhoheit erforderlich. Deshalb erscheint es verfehlt, die Annahme der zu einem Gleichordnungskonzern führenden einheitlichen Leitung allein von dem Vorliegen einer Koordination im finanziellen Bereich abhängig zu machen 155 •
145 Vgl. v. Bar, BB 1980, S. 1188; Dierdorf, S. 78, 79, 81 ; GeBier, in: GeBier I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 30, 34; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Bd. 3, § 329 Rdnr. 14. 146 Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 20. 147 Ähnlich Marchand, S. 94; Gromann, S. 5. 148 Insoweit zutreffend Marchand, S. 94; Koppensteiner, in: Kölner Komm.; § 18 Rdnr. 20, 21; Gromann, S. 5. 149 Den "Finanzbereich" derart konkretisierend: Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 21. r5o So aber Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 20, 21. 151 v. Bar, BB 1980, S. 1187, 1188; Dierdorf, S. 78; Harms, Konzerne, S. 113; vgl. auch Meier, Wpg 1966, S. 570, 571. 152 Harms, Konzerne, S. 113. 153 Vgl. hierzu Dierdorf, S. 79 mit zahlreichen Nachw. 154 Harms, Konzerne, S. 113. !55 Vgl. GeBier, in: GeBier I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 32 ff.; Dierdorf, S. 81, die auch für den Bereich des Unterordnungskonzerns von einer unzulässigen Einengung des Konzernbegriffs sprechen; ähnlich für den Bereich des Gleichordnungskonzerns: v. Bar, BB 1980, S. 1188; vgl. auch Emmerich I Sonnenschein, Konzernrecht, 3. Aufl., S. 81 (§ 4 li 2 a), die im Interesse eines möglichst weiten Anwendungsbereichs der an den Konzernbegriff anknüpfenden Vorschriften ebenfalls keine Vereinheitlichung gerade im Bereich der Finanzierung verlangen.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzemklausel)
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Allerdings dürfte es überhaupt müßig sein, sich zur Bestimmung des Begriffs der einheitlichen Leitung auf die Koordination in einzelnen Unternehmensbereichen festzulegen. Letztlich muß folgende Überlegung maßgeblich sein: Einerseits soll den an den Konzernbegriff anknüpfenden Vorschriften ein angemessener Anwendungsbereich gesichert werden 156, andererseits soll sich der Tatbestand des Gleichordnungskonzerns nicht ins Uferlose ausweiten 157 • Es sind deshalb von vornherein die Fälle der "bloßen Konsultation und Beratung" 158 oder solche Einflußnahmen auszugrenzen, die nur auf engen Teilgebieten und in einer Weise geschehen, wie sie auch zwischen völlig selbständigen Unternehmen stattfinden 159 • Die Besonderheit des Konzerns liegt erst darin, daß die Leitungsfunktionen von der gemeinsamen Koordinierungsaufgabe bestimmt werden, "die Teilziele der Gliedunternehmen auf die Gesamtzielsetzung des Verbundes" 160 auszurichten 161 • Aus betriebswirtschaftlicher Sicht, die insoweit die angebrachteste ist 162, ist die konzern-"einheitliche" Leitung dabei durch den Versuch gekennzeichnet, Beschaffung, Leistungserstellung und Absatz der Konzernglieder wie in einem Einheitsunternehmen aufeinander abzustimmen 163 • Prüfungsmaßstab muß insofern die Frage sein, ob eine Kooperation praktiziert wird, die darauf gerichtet ist, eine entsprechend rationelle Arbeitsteilung der Konzernglieder herbeizuführen 164. Dies läßt sich jedoch nicht pauschal, sondern nur im Einzelfall klären, und zwar auf Grund eingehender Untersuchung der organisatorischen Struktur und der laufenden Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen 165 • Dabei mag es hilfreich sein zu wissen, daß sich die umfassende Abstimmung einzelner Grundfunktionen regelmäßig auch mittelbar auf die übrigen Unternehmensbereiche auswirkt. Dies entbindet aber nicht von der Prüfung, ob die Koordinierung der Unternehmen in bestimmten Bereichen auch tatsächlich Ausstrahlungen oder Rückwirkungen auf das Gesamtunternehmen hat 166• Insofern ist "in jedem Fall das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse" 167 entscheidend, um feststellen Emmerich I Sonnenschein, Konzemrecht, 3. Aufl., S. 81 (§ 4 II 2 a). U. Huber, ZHR 131 (1968), S. 243. 158 U. Huber, ZHR 131 (1968), S. 243 mit Beispielen. 159 Meier, Wpg 1966, S. 573; vgl. hierzu die Beispiele bei Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Bd. 3, § 329 Rdnr. 15. 160 Hardach, ZfhF 1961, S. 715. 161 Harms, Konzerne, S. 113; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Bd. 3, § 329 Rdnr. 14. 162 v. Bar, BB 1980, S. 1187; Geßler, in: GeBier I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 29. 163 Vgl. Meier, Wpg 1966, S. 571; Kantzenbach, S. 123. 164 Vgl. Harms, Konzerne, S. 113. 165 Meier, Wpg 1966, S. 573. 166 Vgl. hierzu Emmerich I Sonnenschein, Konzernrecht, 3. Aufl., S. 81 (§ 4 II 2 a) mit Nachweisen. 167 Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Bd. 3, § 329 Rdnr. 15. 156
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
zu können, ob der Schwerpunkt der unternehmefischen Tätigkeit auf eine Konzernleitlinie abgestimmt ist. Somit wird auch verständlich, warum das AktG bewußt darauf verzichtet hat, "Vorschriften über das Ausmaß und die Form der einheitlichen Leitung zu treffen" 168. Jedenfalls läßt sich aber der "sachliche" Mindestumfang der einheitlichen Leitung auf umfassende Abstimmung in den Grundfunktionen Beschaffung, Leistungserstellung und Absatz begrenzen, da sich der Gegenstand unternehmenscher Leitung im Kern auf diese Bereiche verengt 169• Zu klären bleibt, wie die auf Vereinheitlichung dieser Ablauffunktionen gerichtete "umfassende Abstimmung" beschaffen sein muß, um § 18 Abs. 2 AktG zu genügen. bb) Koordinationsintensität Im autonomen Betrieb lassen sich die Stadien unternehmenscher Zielverwirklichung in Planung, Durchführung und Kontrolle untergliedern 170• In einem Gleichordnungskonzernmuß nun zumindest die bei den einzelnen Unternehmen liegende Durchführung hinsichtlich der wesentlichen Leitungsgegenstände (Ablaufbereiche) auf eine den Unternehmensverbund umfassende Gesamtplanung im Sinne einer gemeinsamen Zielkonzeption abgestimmt sein 171 • Fraglich ist, ob zur einheitlichen Leitung auch eine "Gesamtkontrolle" gehören muß, die dazu dient, die Einhaltung der gemeinsamen Zielvorgabe bei den beteiligten Unternehmen zu überprüfen. Das konzernrechtliche Schrifttum verwendet die Begriffe Planung und Kontrolle zwar häufig als zusammengehörig, ohne allerdings die hier aufgeworfene Frage zu diskutieren 172• Andererseits besteht nahezu Einigkeit darüber, daß zumindest 168 Begründung RegE AktG 1965, abgedruckt bei Kropff, AktG, S. 33; vgl. hierzu auch Harrns, Konzerne, S. 111 . 169 Harrns, Konzerne, S. 113; ähnlich Dierdorf, S. 79 mit weiteren Nachweisen; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Bd. 3, § 329 Rdnr. 14; v. Bar, BB 1980, S. 1187, 1188; vgl. auch Emmerich I Sonnenschein, Konzernrecht, 3. Aufl., S. 81 (§ 4 II 2 a). 170 v. Bar, BB 1980, S. 1187; Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 18; Dierdorf, S. 77 mit Nachweisen zur betriebswirtschaftliehen Literatur; überwiegend wird in diesem Zusammenhang von "Leitungsaufgaben" im Gegensatz zu den "Entscheidungsbereichen" (= Ablauffunktionen, z. B Beschaffung und Produktion) gesprochen, vgl. etwa Geßler, in: GeßleriHefermehliEckardtiKropff, § 18 Rdnr. 32; v. Bar, a. a. 0.,
s. 118711188.
111 Nach Albach, NB Nr. 211966, S. 33134, soll ein Unterordnungskonzern bereits dadurch einheitlich geleitet werden können, daß "die Obergesellschaft mindestens einen Entscheidungsbereich (z. B Investitionspolitik) des Konzernunternehmens bearbeitet" (= Durchführung bei der Konzernspitze) oder daß "die Obergesellschaft über den Aufsichtsrat die Kontrolle des Konzernunternehmens ausübt" (= Kontrolle durch die Konzernzentrale). Das juristische Schrifttum hält Kontrolle allein dagegen nicht für geeignet, eine einheitliche Leitung zu begründen; vgl. Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Band 3, § 329 Rdnr. 12; Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 18 mit zahlreichen Nachweisen.
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das Fehlen von Weisungsbefugnissen der Annahme eines Konzernverhältnisses nicht entgegensteht, was für den Bereich der Gleichordnungskonzerne unstreitig sein dürfte 173 • Maßgeblich soll allein die tatsächliche Unterordnung der Einzelinteressen unter das Konzerninteresse sein, gleichgültig auf welchem Wege dieses Ergebnis zustandekommt 174• Auch die Kontrolle ist demnach also kein entscheidendes Kriterium der einheitlichen Leitung. Sie kann aber als "Mittel" einheitlicher Leitung Bedeutung erlangen, da durch die Aufdeckung konzernzweckfremder Maßnahmen eine wirksame Einflußnahme auf das zukünfige Verhalten der einzelnen Unternehmen ausgeübt werden kann 175 • cc) Dauerhaftigkeit Besteht auch Einigkeit darüber, daß es rechtlich unerheblich ist, auf welcher Grundlage die einheitliche Leitung verwirklicht wird und welche Mittel im Einzelfall eingesetzt werden, um die Konzernunternehmen zu koordinieren 176, so wird aber aus dem in § 18 Abs. 2 AktG enthaltenen Tatbestandsmerkmal ,,Zusammenfassung" vereinzelt gefolgert, die einheitliche Leitung dürfe nicht nur vorübergehender Natur sein; sie müsse "eine rechtliche oder tatsächliche oder auf dem Zusammentreffen von rechtlichen und tatsächlichen Elementen beruhende Grundlage von einer gewissen Dauer" haben, "die ihre tatsächliche Wirksamkeit gewährleistet" 177• Demgegenüber lehnt das wohl überwiegende Schrifttum derartige Zeiterfordernisse ab 178 und mißt auch der Unterscheidung im Gesetzeswortlaut zwischen "einheitlicher Leitung" der Konzernunternehmen und deren "Zusammenfassung" keine praktische Bedeutung zu 179 •
172 Vgl. etwa v. Bar, BB 1980, S. 1188, der lediglich die Frage abhandelt, welcher "der genannten Ablaufbereiche gemeinschaftlich geplant, organisiert und kontrolliert" werden muß; Koppensteiner, in: Kötner Komm., § 18 Rdnr. 18: "Planungseinheit (einschließlich der dazugehörenden Kontrolle)". 173 Vgl. Koppensteiner, in: Kölner Komm.,§ 18 Rdnr. 26; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Bd. 3, § 329 Rdnr. 9, beide mit zahlreichen Nachweisen. 174 Baumbach-Hueck, AktG, § 18 Rdnr. 5; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Bd. 3, § 329 Rdnr. 9. 175 Vgl. Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Bd. 3, § 329 Rdnr. 12. 176 Im Anschluß an Begr. RegE, abgedruckt bei Kropff, AktG, S. 33; vgl. BaumbachHueck, AktG, § 18 Rdnr. 5; Sonnenschein, Organschaft, S. 66 mit weiteren Nachweisen. 177 Baumbach-Hueck, AktG, § 18 Rdnr. 6; ähnlich GeBier, in: GeBier I Hefermehl I EckardtiKropff, § 18 Rdnr. 22ff.; Godin-Wilhelmi, § 18 Anm. 5. 178 Koppensteiner, in: Kötner Komm., § 18 Rdnr. 3; Sonnenschein, Organschaft, S. 67 168; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Bd. 3, § 329, Rdnr. 16; Gromann, S. 101; Deringer I Herrmann, BB 1966, S. 1159160. 179 v. Bar, BB 1980, S. 1189: ..§ 18 Abs. 2 AktG kann auch so gelesen werden, als stünde dort: "stehen .. . Unternehmen . .. unter einheitlicher Leitung, so bilden sie auch einen Konzern."; ähnlich Koppensteiner, in: Kötner Komm., § 18 Rdnr. 3; Dierdorf, S. 86 f.; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., Bd. 3, § 329 Rdnr. 10; zweifelnd Emmerich I Sonnenschein, Konzernrecht, 3. Aufl., S. 81 (§ 4 II 2 a).
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Schreibt das Gesetz auch keine bestimmte Mindestdauer vor, so ist die Konzernierung in der Praxis allerdings regelmäßig auf eine gewisse Dauer angelegt, weil sonst eine einheitliche Unternehmenspolitik nicht vollzogen werden kann 180• Es wird aber jeder beliebige Zeitraum genügen, innerhalb dessen eine einheitliche Leitung hinsichtlich der wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik durchführbar ist 181 • Insofern läßt sich das Erfordernis einer gewissen Dauerhaftigkeit als Abgrenzungskriterium zur unzulänglichen sporadischen Abstimmung der Unternehmensinteressen von Fall zu Fall verwerten 182• Hierbei von vomherein einen festen Mindestzeitraum aufzustellen, ist jedoch schon deshalb verfehlt, weil es jeweils im Einzelfall auf den Gegenstand der einheitlichen Leitung ankommt. Zwar wird es für eine "Verbindung nicht ganz flüchtiger Natur" 183 sprechen, wenn etwa ein Vertragskonzern für eine Mindestdauer von 10 Jahren geschlossen wurde und sich dessen Kündigungsmöglichkeit entsprechend spät einstellt 184 • Derart festgelegte Zeiträume sind dann Mittel, die auf die tatsächliche Ausübung einer einheitlichen Leitung hinweisen. Erforderlich sind sie aber nicht, zumal sie bei den ohne vertragliche Übereinkunft zustandekommenden faktischen Konzernen nicht ausgemacht werden könnten 185 • In Abgrenzung zu einer lediglich von Zufälligkeilen geprägten Beziehung wird das für einen Gleichordnungskonzern erforderliche Zeitmoment daher jedenfalls dann vorliegen, wenn das Konzernziel von langfristigen Grundsätzen bestimmt ist und sich diese in der Unternehmensführung der beteiligten Unternehmen kontinuierlich niederschlagen. Hinsichtlich der Verbindung zwischen Haupt- und einzelner Primärgenossenschaft kann sich deshalb die weitere Prüfung auf die beiderseitige Befolgung der für den genossenschaftlichen Stufenverbund "dauernd gültigen Prinzipien" 186 Arbeitsteilung und Subsidiarität 187, sowie deren Niederschlag in den Entscheidungsbereichen Beschaffung, Leistungserstellung und Absatz konzentrieren.
Smmenschein, Organschaft, S. 67; vgl. auch Harms, Konzerne, S. 192. Sonnenschein, Organschaft, S. 68; ähnlich Deringer I Herrrnann, BB 1966, S. 1159. 182 Insoweit zutreffend Geßler, in: Geßler I Hefermehl I Eckardt I Kropff, Rdnr. 22. 183 Vgl. v. Bar, BB 1980, S. 1188. 184 Vgl. dazu BKartA, TB 1973, BT-Drucks. 712250, S. 99; v. Bar, BB 1980, S. 1188. 185 Vgl. zur beim Vertragskonzern bestehenden Problematik im Hinblick auf§ 723 BGB und die Tatsache, daß Vertragsdauer und Kündigungsfristen jederzeit vertraglich abgeändert werden können: Gromann, S. 101: " .. . die vereinbarte Vertragsdauer erscheint zur Abgrenzung ganz ungeeignet"; ähnlich Harms, Konzerne, S. 192; insoweit unzutreffend Baumann, ZHR 148 (1984), S. 292. 186 Henzler, ZfgG Bd. 14 (1964), S. 434. 187 Vgl. oben, S. 72. 180 181
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c) Mittel einheitlicher Leitung Es ist zunächst zu klären, ob und welche Steuerungsmechanismen im ländlichen Genossenschaftswesen vorhanden sind, um bei Haupt- und Primärgenossenschaft eine dem Prinzip der Kooperation entsprechende Unternehmerische Zielverwirklichung zu erreichen. Einheitliche Leitung kann zwar schon aufgrund faktischer Zwänge 188 oder dadurch zustande kommen, daß sich die Vorstände der beteiligten Unternehmen einigen, im Wege gegenseitiger Konsultationen die Grundzüge ihrer Unternehmenspolitik aufeinander abzustimmen 189 • Die Regel bildet aber naturgemäß eine gewisse Institutionalisierung der einheitlichen Leitung, wobei die Einsetzung eines Gemeinschaftsorgans als Koordinationszentrale der wirkungsvollste Weg ist. Auch wenn das Zusammenspiel zwischen den beiden Genossenschaftsstufen von keiner formal-weisungsberechtigten Leitungszentrale bestimmt wird, so kommt aber auch hier eine zentrale Mitgliederführung als Mittel zur Koordinierung der Entscheidungsprozesse von Haupt- und Primärgenossenschaft in Betracht. Dem steht das Fehlen von Sanktionsmöglichkeiten zur Durchsetzung aufgestellter Richtlinien nicht entgegen, da sich die Steuerungsfunktion einer Verbundführung ebenso auf "Experten-" oder "ldentifikationsmacht" 190 stützen kann. In der vom Prinzip der Freiwilligkeit geprägten verbundwirtschaftliehen Zusammenarbeit 19 1 bedarf es dabei allerdings einer entsprechenden Führungsakzeptanz der Kooperationsteilnehmer. Insoweit kommt dem Mittel der Überzeugung die entscheidende Bedeutung zu, dessen Wirksamkeit vom Überzeugungspotential, d. h. der Überzeugungskraft der Führung abhängt 192. aa) Die Hauptgenossenschaft als konzeptioneller Systemkopf Trotz der fehlenden Weisungsbefugnis "nach unten" könnte einer Hauptgenossenschaft demnach die Stellung eines Koordinationszentrums in Bezug auf die im Stufenverbund erforderlichen arbeitsorganisatorischen Anpassungsmaßnahmen zukommen. Die hierauf zu untersuchende Mitgliederführung läßt sich - im Anschluß an eine im betriebswirtschaftliehen Schrifttum gefundene Definition - vorab kennVgl. Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 14. Gromann, S. 5. 190 Vgl. zur Relevanz des Machtphänomens für die genossenschaftliche Mitgliederführung, insbesondere zu den drei Machtbasen Sanktions-, Identifikations- und Expertenmacht: Scheiter, S. 145 ff. 191 Vgl. Horlacher, in: HdG, Spalte 1563; Faust, S. 40. 192 Vgl. Scheiter, S. 70; Feuerborn, S. 45 f. 188
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
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zeichnen als "ein Prozeß der koordinativen, auf Leistungsanreizen beruhenden motivationalen Beeinflussung der Mitgliederbetriebe zu freiwillig akzeptierten gruppensolidaren Verhaltensweisen im Rahmen einer übergeordneten Gruppenpolitik mit dem Ziel der Kooperationsintensivierung" 193. Die "Überzeugungsarbeit" der Hauptgenossenschaften erstreckt sich sowohl auf die Planung als auch auf die Durchführung unternehmenscher Aufgaben der Primärgenossenschaften, wobei über das hauptgenossenschaftliche Beratungswesen und das zentrale Rechnungswesen gewisse Kontrollfunktionen wahrgenommen werden.
(1) Zentrale Planung Hauptgenossenschaften können zwar keine für die angeschlossenen Mitgliedsgenossenschaften verbindliche Verbundplanung erstellen; sie nehmen aber bereits durch das Mittel einer lediglich indikativen, empfehlenden Planung 194 erheblichen Einfluß auf die "Einzelpläne der Verbundglieder" 195 • Die den Tätigkeitsbereich der Ortsgenossenschaften betreffende "zentrale" Planung stellt sich insofern als "Planungshilfe" zur unternehmefischen Zielverwirklichung der Primärgenossenschaften dar. Als Führungsinstrumente kommen dabei insbesondere zur Anwendung: -
Die Konzipierung von- auf das Prinzip der rationellen Arbeitsteilung abgestimmten - Marktstrategien,
-
die Beratung der Primärgenossenschaften durch hauptgenossenschaftliches Fachpersonal,
-
die Unterhaltung eines funktionsfähigen Kommunikationssystems,
-
Schulung und Ausbildung der bei den Primärgenossenschaften tätigen Mitarbeiter.
(a) Marktstrategien I Gruppenmarketing Das Konzept einer marktgerichteten strategischen Verbund- I Gruppenpolitik ist im ländlichen Genossenschaftswesen zwar weniger stark ausgeprägt als etwa im Bereich der sog. Einkaufsgenossenschaften des Lebensmittelhandels 196• Auch im genossenschaftlichen Landhandel werden aber auf der Grundlage systematischer Marktforschung Strategien entwickelt, die darauf abzielen, alle betrieblichen Aktivitäten des Verbundes konsequent auf die gegenwärtigen und künftigen 193 194
s. 37. 195 196
Scheiter, S. 62 (zur Mitgliederführung in genossenschaftlichen Handelsgruppen). Vgl. Boettcher, in: Planung im Genossenschaftswesen, ZfgG Sonderheft 1967, Henzler, ZfgG Bd. 14 (1964), S. 441. Vgl. dazu Scheiter, S. 75 ff. mit Beispielen und zahlreichen Nachweisen.
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Erfordernisse der Märkte auszurichten, um die Wettbewerbskraft der gesamten Gruppe sowie der angeschlossenen Mitgliederbetriebe im einzelnen zu erhöhen 197• Dabei werden die zentralen Marktstrategien auch ohne ein von den Hauptgenossenschaften "verordnetes" Marketing 198 oder die im Schrifttum häufig geforderten verbindlichen "Leitlinien für ein genossenschaftliches verbundorientiertes Geschäft" 199 wirkungsvoll umgesetzt. Dies wird in besonderem Maße dadurch begünstigt, daß es mittlerweile gelungen ist, die im Wettbewerb mit dem privaten Landhandel für notwendig erachtete Demonstration der Geschlossenheit des Verbundes nach außen durch ein visuell einheitliches Auftreten der ländlichen Genossenschaften zu erreichen 200 • Nachdem das Präsidium des Deutschen Raiffeisenverbandes im Jahre 1976 Richtlinien für ein einheitliches Erscheinungsbild der Raiffeisen-Waren und Dienstleitungsgenossenschaften beschlossen hatte 201 , haben zwischenzeitlich die meisten Hauptund Primärgenossenschaften den vorgeschlagenen Schriftzug des Namens Raiffeisen, die "Hausfarbe" grün und das Traditionszeichen des Giebelkreuzes als Erscheinungsbild und Organisationssymbol übernommen, um sich nach außen als Bestandteil einer bundesweiten Organisation zu zeigen 202 • Durch die übereinstimmende Präsentation, einen 1977 entwickelten gemeinsamen "Anzeigenrahmen" und durch bestimmte Werbemotive wurde gleichzeitig ein einheitliches Werbekonzept im genossenschaftlichen Landhandel geschaffen 203. (aa) Zentrale Werbung Gestützt auf die gemeinsamen Werbekonstanten, bisweilen auch auf einheitliche Slogans, wie etwa "Raiffeisen- Leistung für alle" 204, können die Hauptgenossenschaften eine gezielte Gemeinschaftswerbung durchführen (Plakat-, Funk-, Insertionswerbung und Werbebriefe 205 ), deren Zielgruppe zunächst die 197 Vgl. zum Begriff des Gruppenmarketing: Mielenhausen, E., Gruppenmarketing, in: Falk, B. /Wolf, J. (Hrsg.), Handlexikon für Handel und Absatz, München 1979, s. 251. 198 Heinzelmann, Marketing der Warengenossenschaften, in: HdG, Spalte 1136. 199 Bungenstock, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 37; ähnlich Henzler, ZfgG Bd. 14 (1964), S. 441 ff.; Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 163; vgl. zur genossenschaftsrechtlichen Problematik: oben, S. 13 ff.; Neumann, S. 164 mit zahlreichen Nachweisen. 2oo Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 49; Heinzelmann, in: HdG, Spalte 1137, 1141; Klages, in: HdG, Spalte 1687. 2o1 Vgl. hierzu Heinzelmann, in: HdG, Spalte 1141. 2o2 Klages, in: HdG, Spalte 1687; Heinzelmann, in: HdG, Spalte 1141; Wiek, in: HdG, Spalte 1674. 203 Vgl. zu den Einzelheiten Klages, Warenwerbung, Ländliche, in: HdG, Spalte 1684 ff. 204 Vgl. Heinzelmann, in: HdG, Spalte 1141. 205 Vgl. Klages, in: HdG, Spalte 1687/1688.
6 Recktenwald
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Mitarbeiter und Mitglieder der Genossenschaften, zunehmend aber auch Nichtmitglieder bzw. Nichtlandwirte sind 206. Werbemaßnahmen werden mittlerweile fast ausschließlich zentral ausgeführt. Neben den Hauptgenossenschaften treten dabei die ebenfalls werbeaktiven Genossenschaftsverbände regional und sogar bundesweit in Erscheinung 207 . Nur noch vereinzelt wird Werbung auch von großen Primärgenossenschaften betrieben 208 . Dies spiegelt einerseits die vom Prinzip der rationellen Arbeitsteilung getragene Funktionsverlagerung auf die leistungsfähigere "höhere" Ebene wider. Andererseits wirkt die zentrale Werbung auch beeinflussend auf die Geschäftstätigkeit der Primärgenossenschaften und deren Mitgliedsbetriebe 209 . Dies gilt insbesondere für Genossenschaften, die sich an bestimmten Werbeaktionen nicht beteiligen, was möglich ist, da der Grundsatz der freiwilligen Entscheidung auch in bezug auf die genossenschaftliche Warenwerbung gewahrt bleibt 210. So führt die Werbung mit bestimmten Produkten unter Gebrauch der in der Öffentlichkeit bekannten einheitlichen Werbekonstanten häufig dazu, daß auch die Kundschaft der nicht werbenden Genossenschaft auf die Werbeaussage aufmerksam wird, diese mit der "eigenen" Genossenschaft verbindet und dort entsprechende Anfragen macht 211 . Will die Genossenschaft die Erwartungen ihrer Kunden nicht enttäuschen, muß sie gegebenenfalls mit einer entsprechenden Umstellung ihrer Sortiments- und Preispolitik reagieren. Die zentrale Werbung ist insoweit also auch ein Mittel zur verbundwirtschaftliehen Einbeziehung von "Außenseitem" 212. Dabei kann sich die Nichtteilnahme an Werbemaßnahmen für manche Genossenschaft durchaus als "lohnend" herausstellen, etwa wenn das eigene Sortiment zu guten Konditionen angepriesen wird oder wenn eine reine Image-Werbung betrieben wird. Hier entstehen dann Werbeerfolge ohne entsprechenden Werbeaufwand2 13. (bb) Sortiments- und Preispolitik Zum hauptgenossenschaftlichen Verbundmarketing gehören ferner die Erstellung und Empfehlung sortiments- und preisbezogener Daten. 206 Heinzelmann, in: HdG, Spalte 1141. 207 Vgl. Klages, in: HdG, Spalte 1687 I 1688; Pfüller, S. 116. Eine Zusammenarbeit zwischen Hauptgenosenschaften und Verbänden gibt es etwa bei der Herausgabe gemeinsamer Kundenzeitschriften; vgl. dazu Meier, Zeitschriften, Genossenschaftliche, in: HdG, Spalte 1819 ff. 208 Klages, in: HdG, Spalte 1685. 209 Neumann, S. 169, spricht in diesem Zusammenhang von ,,faktischen Verhaltenszwängen". 210 Klages, in: HdG, Spalte 1688. 211 Vgl. Bungenstock, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 31. 212 Vgl. hierzu auch Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 17. 213 Vgl. Bungenstock, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 31, der dies als "Trittbrettfahrer-Effekt" bezeichnet.
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Diese Planungsfunktion bildet eine Einheit mit dem im Bezugs- und Absatzgeschäft liegenden Unternehmensschwerpunkt der Hauptgenossenschaften. Zum Zwecke der Erreichung des Ziels, die Versorgung der Landwirtschaft mit Produktionsmitteln sowie die Aufnahme und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu sichern 21 4, wirken die Hauptgenossenschaften erfolgreich darauf hin, daß die Primärstufe marktgerechte Preise stellt und nicht am Markt "vorbei-" produziert oder verkauft. Aufgrund ihres großen und vielseitigen Geschäftsumfangs - verbunden mit hoher Kapitalausstattung und übergebietlieber Marktübersicht- ist es den Hauptgenossenschaften möglich; das Waren- und Dienstleistungsangebot durch Versuchs- und Forschungsarbeit sowie Erprobung und Kontrolle in der Praxis kritisch zu überprüfen und den Veränderungen und Erwartungen der Kundenansprüche anzupassen 215 • Schon wegen ihrer in der Regel auf den regionalen Wirkungskreis beschränkten Erkenntnismöglichkeiten sind die Primärgenossenschaften zunehmend auf Entscheidungshilfen und Problemlösungen angewiesen, um auf steigende Kundenansprüche, sich ändernde Marktstrukturen und Innovationen in der Produktionstechnik angemessen reagieren zu können 216• Dieses Manko gleicht die hauptgenossenschaftliche Markt- und Produktforschung aus. Die Zentralgenossenschaften können daher mittels ihrer Versuchs- und Beratungsdienste erheblichen Einfluß auf die Sortiments- und Preisgestaltung der Primärgenossenschaften nehmen. (b) Beratung der Primärgenossenschaften Das Beratungswesen der Hauptgenossenschaften gehört zu den wirkungsvollsten Instrumenten "planerischer" Einflußnahme auf die Geschäftstätigkeit der Primärgenossenschaften 217 • Während bei diesen in der Regel der Geschäftsführer selbst alle Unternehmensbereiche gleichermaßen bewältigen muß, erlaubt und bedingt die Unternehmensgröße einer Hauptgenossenschaft die Verteilung der Unternehmerischen Aufgaben auf verschiedene Fachabteilungen. Die Ressortgliederung entspricht dabei in der Regel den Geschäftsbereichen Produktion und Handel mit Futtermittel, Düngemittel, Getreide, Pflanzenschutz, Saatgut, Baustoffe, flüssige Brennstoffe, feste Brennstoffe, Maschinen sowie den funktionellen Bereichen Personal, Finanzen einschließlich Buchhaltung und EDV sowie Verwaltung218. Im Gegensatz zu den Primärgenossenschaften verfügt die Sekundärgenossenschaft damit in nahezu jeder Tätigkeitssparte über Spezialisten, die produkt- und auch problembezogene Hilfestellungen geben können, wobei die Beratung der Primärgenossenschaften unentgeltlich erfolgt 219 • Vgl. Wasmer, Zentralgenossenschaften, in: HdG, Spalte 1852/1853. Wasmer, in: HdG, Spalte 1854. 216 Vgl. Wasmer, in: HdG, Spalte 1855; Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 51 mit Beispielen. 217 Pfüller, S. 108; Kopplin, S. 46/47. 21s Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 54. 214
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Der Erfolg der hierbei praktizierten "Führung durch Überzeugung" 220 gründet sich im Wesentlichen auf die nachgewiesene funktionale Autorität der Hauptgenossenschaft, die deshalb hohe Anforderungen an die Leiter der jeweiligen Abteilungen stellt, um eine entsprechende "Expertenmacht" 221 aufrechtzuerhalten 222 • Die Wahrnehmung der Beratungsaufgaben stellt neben den damit für die Primärstufe verbundenen wirtschaftlichen Vorteilen ein wirksames Mittel dar, um das Verbundgefühl bei den Mitgliedsgenossenschaften zu stärken 223 • Dies ergibt sich insbesondere daraus, daß die Beratungsdienste nicht nur in engem Kontakt mit Genossenschaften und Landwirtschaft, sondern auch mit staatlichen und berufsständischen Einrichtungen, wissenschaftlichen Instituten und den Lieferfirmen der Industrie stehen 224 • Die Öffentlichkeitsarbeit und Vertretung genossenschaftlicher Interessen in Fachgremien kommt dabei den Mitgliedsgenossenschaften zugute, bei denen sich ein entsprechendes "Wir-Bewußtsein" 225 einstellt. Insofern tritt zu der durch Informationsüberlegenheit begründeten Expertenmacht der Hauptgenossenschaften die sog. "Identifikationsmacht" 226, aus der sich die mit der "kooperativen Informationsbeschaffung" 227 verbundene Bereitschaft der Primärstufe ableitet, als Kehrseite des Vorteils der Aufwandsersparnis auch den Nachteil der Informationseinseitigkeit zu tragen. (c) Kommunikationssystem Die informative Verhaltenssteuerung seitens der Zentralgenossenschaften wird durch eigene und externe Kommunikationsapparate unterstützt. So lassen sich insbesondere verbundinterne Informationsquellen mittels leistungsfähiger Datenverarbeitungsanlagen nutzbar machen. Dabei gewinnt die Hauptgenossenschaft einerseits aus dem Bezugs- und Absatzgeschäft mit den angeschlossenen Genossenschaften ständig Informationen über deren Märkte 228 • Andererseits führen die Primärgenossenschaften vereinzelt auch ihr eigenes Daten- und Rechnungswesen auf den EDV-Anlagen der Sekundärstufe durch, um sich die Anschaffung der teuren und schnell veraltenden Computer-Hard- und Software zu sparen. Größere Bedeutung kommt bei der externen Datenverarbeitung allerdings den genossenschaftlichen Rechenzentralen zu, die mehr als die Hälfte der im ländlichen Waren219 220 221 222 223 224 225 226 227 228
Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 54; Wasmer, in: HdG, Spalte 1854. Terminologie nach Scheiter, S. 151. Vgl. dazu Scheiter, S. 153 ff. Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 54. Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 54. Vgl. Wasmer, in: HdG, Spalte 1854/1855. Draheim, Untemehmungstyp, S. 134. Vgl. dazu Scheiter, S. 151 f . Terminologie nach Scheiter, S. 156. Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 49.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzernklausel)
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und Dienstleistungsbereich anfallenden Daten verarbeiten 229 • Sowohl die Zentralgenossenschaften als auch die von ihnen, den Prüfungsverbänden und den bisweilen in Vorschaltgenossenschaften zusammengefaßten- Primärgenossenschaften getragenen Rechenzentralen 230 können der Primärstufe daher aufbereitetes Zahlenmaterial für unternehmensehe Entscheidungen zur Verfügung stellen. Hauptgenossenschaften können dabei betriebsvergleichsgestüzte Erfahrungswerte vermitteln und so kontrollierend und motivierend auf die Mitgliedsgenossenschaften einwirken 23 1• Die mit Hilfe der Datenverarbeitung gewonnenen Erkenntnisse fließen einerseits in die individuelle Beratung einzelner Ortsgenossenschaften durch Fachpersonal der Sekundärstufe ein. Andererseits finden sie ihren Niederschlag in zum Teil groß angelegten Ausstellungen und den von den Zentralen - meist in Verbindung mit den Verbänden- herausgegebenen Mitgliederzeitschriften 232 • Im Gegensatz zu den in erster Linie der gezielten Produkt- und Diestleistungswerbung dienenden Kunden- und Hauszeitschriften erfüllen die Mitgliederzeitschriften 233 neben der Aufgabe fachlicher Information vor allem die Funktion, "das notwendige Engagement für die gemeinsame Sache zu unterstützen" 234 • Zum Zwecke der Stärkung des Verbundgefühls und der Verminderung eventuell auftretender Spannungen zwischen Mitglied und Zentrale stehen dabei Kontaktpflege, Erklärung der Geschäftspolitik und Weiterleitung genossenschaftlichen Gedankengutes im Vordergrund 235. (d) Aus-, Fort- und Weiterbildung 236 Die Geschäftspolitik der Primärgenossenschaften wird schließlich in besonderem Maße durch die genossenschaftliche Bildungsarbeit beeinflußt, die als identifikationsförderndes Instrument ebenfalls zur Milderung oder Behebung von Gegensätzlichkeiten zwischen Haupt- und Primärgenossenschaften beiträgt 237 • 229 Vgl. Wiltfang, Rechenzentralen, Genossenschaftliche, in: HdG, Spalte 1412; Dülfer, in: FS Draheim, S. 193. 230 Vgl. zur Rechtsform und Mitglieder I Gesellschafterzusammensetzung der bestehenden genossenschaftlichen Rechenzentralen: Wiltfang, in: HdG, Spalte 1408 f. 231 Vgl. Dü1fer, Integrierte Genossenschaft, in: HdG, Spalte 1000, zur Bedeutung der Rechenzentren bei der "individuellen Beratung für optimale Betriebsführung". 232 Vgl. Wasmer, in: HdG, Spalte 854; Pfüller, S. 106. 233 Vgl. zur Abgrenzung Kunden- I Haus- I Mitglieder- I Fachzeitschriften: Meier, in: HdG, Spalte 1819 ff., 1823; Pfüller, S. 106. 234 Meier, in: HdG, Spalte 1821. 235 Pfüller, S. 106; Meier, in: HdG, Spalte 1821, 1825. 236 Vgl. zur entsprechenden Einteilung des genossenschaftlichen Schulungswesens: Bemdt, Bildungswesen, Genossenschaftliches, in: HdG, Spalte 192; vgl. allgemein zum genossenschaftlichen Bildungswesen: Aschhoff I Henningsen, S. 115 ff. 237 Vgl. Draheim, Untemehmungstyp, S. 102: "Genossenschaftliche Bildungsarbeit" ist "die Grundvoraussetzung für das ersprießliche Arbeiten von Genossenschaften".
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Zwar verfügt nicht jede Hauptgenossenschaft über spezielle Schulungszentren zur Aus- und Weiterbildung der im Verbund tätigen ländlichen und kaufmännischen Mitarbeiter 23s. Der überwiegende Teil der Führungskräfte der Primärgenossenschaften hat aber seine "Lehrzeit" oder berufliche Anfangsstellung bei Sekundärgenossenschaften - bisweilen auch bei Genossenschaftsverbänden - absolviert und handelt schon daher "ausbildungsbedingt" verbundorientiert 239 • Diese Grundhaltung wird dadurch verstärkt, daß sich im Genossenschaftswesen der Berufsstand der hauptamtlichen Manager herausgebildet hat 240, die sich weniger als Mitgliedervertreter denn als Sachwalter des Geschäftsbetriebes und damit als "Funktionsglied einer sachorientierten Institution" betätigen 241 • Im Gegensatz zum ehrenamtlichen Vorstand alter Prägung ist dieser Personenkreis stark an beruflichem Aufstieg interessiert, der für ihn in erster Linie durch einen Wechsel zu größeren Genossenschaften oder zu einer Genossenschaft höherer Ordnung erreichbar ist. Ein entsprechender Werdegang kann von der Hauptgenossenschaft wohlwollend gefördert (Anstellung oder Vorschlag zur Anstellung) oder aber auch gebremst werden. Schon deshalb wird eine gewisse Führungsposition der Zentrale überwiegend anerkannt mit der Folge, daß die leitenden Angestellten die Genossenschaft nicht als Einzelgebilde sondern als Teilglied der gesamten Verbundorganisation sehen 242 • Neben derartigen persönlichen Gründen sind hierfür aber zunächst betriebswirtschaftliche Einsichten ursächlich, die im Rahmen der Ausbildung zur genossenschaftlichen Führungskraft auf qualifiziertester Stufe von der Akademie Deutscher Genossenschaften e. V., Sektion Akademie der Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften in Stuttgart-Hohenheim vermittelt werden 243 • Die von Genossenschaftsverbänden, den Zentralgenossenschaften und - über Fördervereine - von Primärgenossenschaften getragene Akademie erfüllt ihre Aufgaben im "Bildungsverbund" mit den 13 Genossenschaftsschulen der Regionalverbände, die den Hauptteil der Ausbildungsarbeit im ländlichen Genossenschaftswesen leisten 244 • Den praktisch wirkungsvollsten Beitrag zur Mitarbeiterschulung dürften im Verhältnis zu den- bisweilen bildungsunwilligen-Angestellten der 238 Beispielsweise sei genannt das gemeinsam mit der Bayerischen Raiffeisen-Zentralbank betriebene Schulungszentrum der BayWa AG, die als Hauptgenossenschaft des klassischen Warenbereichs auf Schloß Hohenkammer neben den eigenen auch die Mitarbeiter der ihr angeschlossenen ländlichen Bezugs- und Absatzgenossenschaften schulisch betreut; vgl. hierzu Bemdt, in: HdG, Spalte 1981199. 239 Vgl. hierzu Pfüller, S. 121. 240 Vgl. Compart, S. 140 mit Nachweisen; Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 85 ff. 241 Weippert, Georg, Die kulturellen Aspekte des Genossenschaftswesens, in: Aktuelle Genossenschaftsprobleme, Bern 1954, S. 163; vgl. auch Back, Josef, Wo stehen die Genossenschaften heute? in: ZfgG Bd. 4 (1954), S. 44 ff. (52 ff.). 242 Pfüller, S. 121. 243 Vgl. zur ADG: Winter, in: HdG, Spalte 78 ff. 244 Vgl. Bemdt, in: HdG, Spalte 192; Winter, in: HdG, Spalte 80.
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Primärstufe allerdings die Fachleute der Hauptgenossenschaften mittels der problembezogenen Individualberatung in Wort und Schrift sowie in praktischen Vorführungen erbringen 245 . (2) Zentrale Durchführung
Die aufgezeigte "planerische" Einflußnahme auf die Primärgenossenschaften bezweckt die Verwirklichung eines geschlossenen arbeitsteiligen Verbundsystems 246 und zielt insbesondere in den Grundbereichen Beschaffung, Verarbeitung und Absatz auf die funktionelle Verknüpfung von Haupt- und einzelner Primärgenossenschaft zu einer wirtschaftlichen Einheit ab247 . Bei der darauf abgestimmten Mitgliederführung wird die Hauptgenossenschaft von der betriebswirtschaftliehen Erkenntnis geleitet, daß sie den Primärgenossenschaften die Wettbewerbs-, Kosten- und Leistungsvorteile eines überregional agierenden Großunternehmens nur so lange bieten kann, wie die Mitgliedsgenossenschaften, der die Hauptgenossenschaft betreffenden Gründer-Entscheidung entsprechend, auch die Förderleistungen des von ihnen getragenen Gemeinschaftsunternehmens für ihre individuelle Wirtschaftstätigkeit in Anspruch nehmen248. Schließt sich die Verbundkette durch derartige Kundenbeziehungen, so bedingt die damit einhergehende Zusammenfassung von Nachfrage und Angebot der örtlichen Genossenschaften bei der Warenzentrale weitere Gleichordnungseffekte zwischen Haupt- und einzelner Primärgenossenschaft Denn den Erzeugerbetrieben und deren Primärgenossenschaften werden höchstmögliche Produktivitäts-, Kosten- und Wettbewerbsvorteile dann regelmäßig erst zu Teil, wenn sie ihre Tätigkeit auf die von der Hauptgenossenschaft erkundeten und für deren Geschäftspolitik maßgeblichen Marktverhältnisse im Agrarsektor anpassen 249. Gegebenenfalls müssen die Primärgenossenschaften ihr Sortiment und die Erzeugerbetriebe ihre Produktion umstellen, um auf der Grundlage einer verbundwirtschaftlich gesicherten Vermarktung wettbewerbsfähig zu bleiben 250. Ebenso ist mit der Ausgliederung verschiedener Betriebszweige und ihrer Übertragung auf die Zentrale die mehr oder weniger einschneidende Ausrichtung des Genosseuschaftsbetriebs auf die Geschäftspolitik der Hauptgenossenschaft verbunden 251 . Diese geschäftspolitische Einflußnahme wird begünstigt durch die auch für Hauptgenossenschaften geltende eigenverantwortliche Leitungsmacht des Vor245 Vgl. Wasmer, in: HdG, Spalte 1854. 246 Pfüller, S. 17. 247 Draheim, Untemehmungstyp, S. 135; Faust, S. 55. 248 Vgl. Feuerbom, S. 19/20. 249 Pfüller, S. 122. 250 Vgl. Pabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NF I Bd. 41 (1963), S. 286. 251 Neumann, S. 169.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
standes sowie den auf der Sekundärstufe anzutreffenden "hochqualifizierten Manager im Vorstandsrang" 252, der weniger als "Mitgliedsvertreter" denn als wachstumsorientierter "dynamischer Unternehmer" agiert253. Die zentrale Durchführung wird somit von erheblichen wechselseitigen Einflußbeziehungen geprägt. Einerseits ist die Hauptgenossenschaft durch ihre Stellung als "dienende Institution der Primärstufe" 254 zu ausschließlich "fördernden" Handlungen verpflichtet; andererseits führen die intensiven Leistungsbeziehungen zwischen Zentrale und Genossenschaft zur umgekehrten Beeinflussung der auf die Hauptgenossenschaftsleistungen eingestellten Mitgliedsgenossenschaft255. Zwar ist von der Konzeption des Stufenverbundes her die ergänzende Unterstützung der an dessen Fuße stehenden Mitgliederwirtschaft und nicht die umgekehrte Ausrichtung auf die "wirtschaftlichen" Bedürfnisse der Unternehmung Hauptgenossenschaft vorgesehen 256. Die genossenschaftliche Struktur und Zielsetzung läßt derartige faktische Steuerungseinflüsse aber als "Konkretisierung des Förderungsauftrages" 257 zu, solange die optimale Förderung der wirtschaftlichen Interessen der Mitgliedsbetriebe durch sachdienliche Geschäftsführerdispositionen bezweckt 258 und kein "davon zu isolierender Selbstzweck" verfolgt wird 259. (a) Sachlicher Umfang Der ,,rationalisierende Ausgleich" 260 der Hauptgenossenschaften findet auf den Gebieten Handel, Verarbeitung, Lagerhaltung, Finanzierung und mittels spezieller Dienstleistungen statt 261. Als Reaktion der Genossenschaften auf die allgemeine Entwicklungstendenz der Wirtschaft zu Konzentration, Zentralisation und Großbetrieb 262 wurden Hauptgenossenschaften zunächst als Vermittler beim Produktionsmittel- und Warenbezug der Primärgenossenschaften eingesetzt, um die durch Großbezug 252 Jäger, in: ZfgG Bd. 35 (1985), S. 26. 253 Boettcher, in: FS Draheim, S. 143; vgl. zur "Revolution der Manager": Großfeld/ Aldejohann, in: 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, S. 18. 254 Horlacher, in: HdG, Spalte 1563. 255 Vgl. Boettcher, in: Planung im Genossenschaftswesen, ZfgG Sonderheft 1967, S. 36 mit Beispielen; vgl. auch Schultz, Förderungszweck, S. 21. 256 Seuster, in: FS Draheim, S. 424. 257 Schultz, Förderungszweck, S. 22. 258 Faust, S. 137. 259 Horlacher, in: HdG, Spalte 1563. 260 Henzler, Die Genossenschaft, S. 37. 261 Vgl. zur regional unterschiedlichen Schwerpunktbildung: Kopplin, S. 37 ff.; Pfüller, S. 42 ff. 262 Vgl. Pfüller, S. 43.
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erzielbaren Mengenrabatte und die beim Frühbezug anfallenden Preisnachlässe auf dem allgemeinen Beschaffungsmarkt zu realisieren 263 . Nachdem diese Vermittlungsgeschäfte einen größeren Umfang angenommen und die Zentralen größere Kapitalkraft erlangt hatten, folgte der Übergang zu Be- und Verarbeitung bis Verkauf der Endprodukte 264 . Die Hauptgenossenschaft wurde auf diese Weise "wirtschaftliches Organ" 265 der Einzelgenossenschaft, das als "Funktionszentrale eines Genossenschaftsverbundes die Verbindung mit den Märkten herzustellen hat"266. Hauptgenossenschaften treten aber auch in direkte Geschäftsbeziehungen zu den Mitgliederbetrieben der Primärstufe 267, wenn sich dies mit dem Gebot vereinbaren läßt, "daß die Zentralgenossenschaften alles vermeiden müssen, was von den ihnen angeschlossenen Genossenschaften als Störung der eigenen Tätigkeit angesehen werden könnte" 268. Der "Einzelhandel" 269 mit der Landwirtschaft erfolgt insbesondere auf dem für die Primärstufe in der Regel zu aufwendigen Landmaschinensektor 270, wobei die Vermietung von Landmaschinen zunehmende Bedeutung gewinnt 271. Zur Erfüllung der damit verbundenen Kundendienstund Serviceaufgaben unterhalten die Hauptgenossenschaften ein weitverzweigtes Reparatur- und Ersatzteillagernetz 272. Die gegenüber der Primärstufe zu realisierenden Hauptaufgaben "Großhandel" und "aufnehmende Hand" 273 werden durch zentralgenossenschaftliche Produktionsaufgaben ergänzt. Während Primärgenossenschaften die weniger aufwendigen Be- und Verarbeitungsfunktionen wahrnehmen (z. B. Sortieren und Haltbarmachung landwirtschaftlicher Produkte oder Trocknen und Mahlen von Getreide274), konzentrieren sich die Hauptgenossenschaften vorrangig auf die Herstellung von Qualitätsfuttermitteln in eigenen Kraftfutterwerken 275 , da sich in diesem 263 Faust, S. 127; Pfüller, S. 43. 264 Pfüller, S. 43; Faust, S. 137. 265 Henzler, Die Genossenschaft, S. 35; Straaten, S. 15: "Organbetrieb". 266 Henzler, in: FS Draheim, S. 101; ähnlich Draheim, Untemehmungstyp, S. 134. 267 Pfüller, S. 43; Wasmer, in: HdG, Spalte 1853. 268 Draheim, Untemehmungstyp, S. 139. 269 Wasmer, in: HdG, Spalte 1853. 270 Faust, S. 129; Kopplin, S. 46; Wasmer, in: HdG, Spalte 1853, 1855. 211 Kopplin, S. 46. 272 Vgl. Wasmer, in: HdG, Spalte 1853: "700 Reparaturwerkstätten der Hauptgenossenschaften"; Kopplin, S. 46: "im Verhältnis zum Umsatz riesige Ersatzteilläger". 273 Wasrnt!r, in: HdG, Spalte 1853. 274 Vgl. dazu Kopplin, S. 39. 275 Vgl. Faust, S. 128; Wasmer, in: HdG, Spalte 1854; die Rohstoffe stammen dabei zu einem Großteil von den Erzeugerbetrieben der Primärstufe, die zugleich Hauptabnehmer des Mischfutters sind; der Anteil der Ortsstufe an der genossenschaftlichen Mischfutterproduktion beläuft sich auf etwa 20 %, wobei Rezepturen und Vormischungen, z. T. auch die Rohstoffe von den Hauptgenossenschaften stammen; vgl. Kunze, in: HdG, Spalte 174.
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Bereich die größenbedingten Kosten-, Produktivitäts- und "know-how"-Vorteile besonders effektivitäts- und qualitätssteigernd auswirken 276 • Produktivitäts- und Kostenvorteile werden bei Handel und Produktion insbesondere durch die zentrale Lagerhaltung (Lagerhäuser, Kornhäuser, Silos, aufwendige Trocknungseinreichtungen 277) begründet, der eine "Pufferfunktion" zwischen den saisonal bedingten "Angebots-" und "Nachfragestößen" der Landwirtschaft zukommt 278 • Das Erfordernis großer Lagerkapazitäten läßt sich dabei auf der Sekundärstufe erbeblich rentabler gestalten, weil dort Kosteneinsparungen durch Reduzierung des notwendigen Mindestbestandes, Erhöhung der Umschlagshäufigkeit, geringere fixe Kosten und Vereinheitlichung der Abwicklung gegenüber Lieferanten und Kunden möglich sind 279• Desweiteren läßt sich durch die zentrale Lagerhaltung- vor allem bei "frachtintensiven Massenprodukten" 280 - eine spürbare Senkung der Frachtkosten erreichen, da einerseits die Standorte der Zentralläger schon aus Gründen des schnelleren Marktanschlusses 281 regelmäßig auf die Nachfrageschwerpunkte abgestimmt sind, andererseits die Bündelung großer Mengen Leistungsanreize bei den Lieferanten und Transportunternehmen (Reedereien, Bundesbahn, Speditionen) schafft und zu systematischer Ausnutzung sowie Einsparung von Transportkapazitäten führt 282 • Schließlich fallen den Hauptgenossenschaften, die aufgrund ihres Geschäftsumfangs eigene - auch die Ortsgenossenschaften beratende - Finanzabteilungen unterhalten können, noch Finanzierungsfunktionen zu, die sich für die Ortsgenossenschaften- anders als deren "Liquiditätsüberbrückungsfunktionen" gegenüber den Erzeugerbetrieben 283 - primär in günstigeren Preisen beim Warenund Produktionsmittelbezug auswirken 284 • Denn durch hohe Bonität und großen Kreditbedarf lassen sich über die Zentralgenossenschaften erheblich bessere Darlehenskonditionen am Kreditmarkt aushandeln, die im Rahmen des Bezugsgeschäfts weitergegeben werden können 285 • (b) Kooperationsintensität Die aus der zentralen Funktionserfüllung resultierenden Effekte, insbesondere Risikostreuung, Kostensenkung und Begründung von Marktmacht, werden überNiclas, in: Autonomie u. Verbunddisziplin, S. 40 ff. Vgl. Faust, S. 128; Wasmer, in: HdG, Spalte 1855. 278 Kopplin, S. 40. 279 Ausführlich Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 42 ff. 280 Vgl. Niclas, a. a. 0., S. 43. 281 Vgl. Pabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NF I Bd. 41 (1963), S. 289. 282 Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 45. 283 Vgl. hierzu einschließlich der bei Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr bestehenden Besonderheiten: Kopplin, S. 42. 284 Vgl. Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 52/53. 285 Vgl. Niclas, a. a. 0. 276
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wiegend als für die angeschlossenen Genossenschaften und deren Mitgliederwirtschaften "von existentieller Bedeutung" 286 angesehen. Erst der Stufenverbund ennögliche es den Ortsgenossenschaften, wettbewerbsfahig zu sein 287; die verbundwirtschaftliche Zusammenarbeit werde deshalb "stets der tragende Pfeiler der gesamten genossenschaftlich organisierten Wirtschaft bleiben" 288 . Ebenso ist es aber auch für eine Hauptgenossenschaft von existenzieller Bedeutung, daß sie in Anspruch genommen wird und es nicht seitens der Mitgliedsgenossenschaften zu massivem Umsatzentzug kommt 289. Bereits aus dieser wechselseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeit folgt für die Verbundstufen die "Notwendigkeit der gegenseitigen Abstimmung ihrer Planungen"290. Die mit der vorgegebenen Organisationsstruktur verbundenen faktischen Zwänge zur "innerbetriebliche Fonnen annehmenden Zusammenarbeit" 291 weisen dabei zugleich auf das Bestehen konzernrechtlich relevanter Gleichordnung hin. So wird von maßgebender Seite hervorgehoben, einheitliche Leitung könne zwischen Unternehmen dadurch entstehen, daß diese "aufgrund enger wirtschaftlicher Kohärenz faktisch gezwungen sind, sich in den wesentlichen Fragen ihrer Geschäftspolitik aufeinander abzustimmen" 292. Allerdings ist letztlich nicht der Zwang zur Abstimmung entscheidend, sondern die Frage, ob sich die beteiligten Unternehmen diesem Zwang auch beugen, da es für§ 18 AktG auf die tatsächliche Ausübung der einheitlichen Leitung ankommt 293 . Als handhabbarer Gradmesser für ein entsprechend arbeitsteiliges Verhalten im Stufenverbund bietet sich insoweit die Frequenz, also das Ausmaß der tatsächlichen Inanspruchnahme der Hauptgenossenschaft durch die einzelne Mitgliedsgenossenschaft an 294. 286 Horlacher, in: HdG, Spalte 1562. 287 Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 49; Horlacher, in: HdG, Spalte 1562; Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 85: "Der Verbund ist für die Genossenschaft lebenswichtig." 288 Horlacher, in: HdG, Spalte 1562; vgl. auch Bungenstock, in: Autonomie und Verbunddisziplin; S. 24: "Eine Genossenschaft, auch eine Kreditgenossenschaft- gleich welcher Größe-, kann nur im Verbund bestehen"; vgl. femer Draheim, Unternehmungstyp, S. 132: "Es besteht für Fachleute kein Zweifel darüber, daß ein Teil der heute existierenden Genossenschaften den Zentraleinrichtungen nicht nur den Anstoß zu ihrer Existenz verdankt, sandem überhaupt nicht lebensfähig wäre, wenn nicht eine organische Ergänzung in den genossenschaftlichen Zentraleinrichtungen vorhanden wäre". 289 Vgl. Henzler, ZfgG Bd. 14 (1964), S. 443; Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 55 ff.; Schröder, in: Planung im Genossenschaftswesen, ZfgG Sonderheft 1967, S. 58: "Vielmehr ist ... auch die zentrale Geschäftsanstalt darauf angewiesen, daß die einzelne Genossenschaft mit ihr zusammenarbeitet." 290 Leffson, in: FS Draheim, S. 164. 291 Pfüller, S. 103. 292 Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 14. 293 Vgl. nur Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 6. 294 Vgl. zum Begriff "Frequenz": Draheim, Untemehmungstyp, S. 133, 155.
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Die rational-ökonomisch geprägte Mitgliederführung der Hauptgenossenschaften 295 ist schon wegen des mit zunehmender Unternehmensgröße wachsenden Kooperativeffekts darauf gerichtet, die Frequenz ihrer einzelnen Ortsgenossenschaften dem "Frequenzmaximum" anzunähern 296. Zielvorstellung- wenn auch selten ausgesprochen - ist dabei das ökonomische Ideal eines durch "Führungseinheit im Genossenschaftsverbund" 297 herbeigeführten "freiwilligen Filialsystems"298. Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, daß die Hauptgenossenschaften insoweit eine wirkungsvolle Koordinierung betreiben. Allerdings beschränken sich die "zentralen" Koordinationsmittel nicht auf hauptgenossenschaftliche Überzeugungsarbeit und aus intensiven Leistungsbeziehungen erwachsende Abstimmungszwänge. Hinzutritt die ebenfalls von der Erkenntnis über den Nutzen eines rationell durchorganisierten und geschlossenen genossenschaftlichen Verbundes geprägte Tätigkeit der Genossenschaftsverbände. bb) Koordinatorfunktion der Genossenschaftsverbände Daß sich die genossenschaftlichen Prüfungsverbände nicht allein auf ihre bereits weitreichende - Prüfungsfunktion beschränken, sondern daß sie - in Ausfüllung der in § 63 b Abs. 4 GenG enthaltenen Ermächtigung zur gemeinsamen Wahrnehmung der Mitgliederinteressen- auf einer Reihe fachbezogener Gebiete "Dienstleistungsunternehmen für die Primärstufe" 299 sind, wurde bereits erwähnt 300. Sowohl die Beratungs-, Betreuungs- und Schulungsfunktionen 301 als auch die eigentliche Prüfungstätigkeit stellen wirkungsvolle Mittel zur Integration der Ortsgenossenschaften in den verbundwirtschaftliehen Rationalisierungsprozeß dar. So treten die Verbände Interessenkonflikten auf den einzelnen Verbundstufen als "Vermittler" 302 entgegen und agieren bezüglich der Anpassung der Primärstufe an verbundwirtschaftlich gesicherte Märkte als "permanenter Schrittmacher" 303. Derartige Einflußnahmen werden bereits durch den gesetzlichen Prüfungsauftrag veranlaßt, der die Kontrolle der wirtschaftlichen Lage der einzelnen Genossenschaften sowie die Überwachung der allgemeinen Solidität der Geschäftsfüh295 Vgl. dazu Pfüller, S. 104; Henzler, Die Genossenschaft, S. 38; 296 Draheim, Untemehmungstyp, S. 155. 297 Pfüller, S. 123. 298 Vgl. Henzler, Die Genossenschaft, S. 182; Feuerbom, S. 15; Scheiter, S. 192. 299 Horlacher, in: HdG, Spalte 1570. 300 Vgl. oben, S. 50 f. 301 Vgl. dazu Faust, S. 57; Wülker, Genossenschaftsverbände in der Bundesrepublik Deutschland, in: HdG, Spalte 849. 302 Pfüller, S. 104; vgl. auch Boettcher, in: Planung im Genossenschaftswesen, ZfgG Sonderheft 1967, S. 40 f. 303 Horlacher, in: HdG, Spalte 1571.
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rung und der Erfüllung des Förderungsauftrages miteinschließt 304. Über die Vorstellung, daß Geschäftsführungsmaßnahmen nur dann den Förderungsinteressen der Mitglieder optimal dienen können, wenn die betriebswirtschaftlich gebotene Funktionsaufteilung im Stufenverbund beachtet wird, gelangen die Prüfungsverbände dabei zur Berücksichtigung aller Verbundeinheiten 305 . Entsprechend positiv wirkt sich eine festgestellte hohe Frequenz auf den der Generalversammlung vorgelegten Prüfungsbericht aus, entsprechend negativ eine hohe "Fremdablenkung"306. Auch wenn der Prüfungsverband den Organen der Genossenschaft keine rechtlich bindenden Weisungen erteilen kann, er also- ähnlich wie die Hauptgenossenschaften- in erster Linie auf das Mittel der Überzeugung angewiesen ist 307 , so wird dem Instrument Prüfungswesen dennoch ein weitgehender Anteil an der sachbezogenen Funktionsteilung zwischen der Grundstufe und ihren Zentralen zugesprochen 308 . Mag mancher Genossenschaftsleiter bereits einen gewissen Druck zu entsprechendem "Wohlverhalten" verspüren 309, so dürfte diese Führungsakzeptanz aber letztlich auf die fachliche Kompetenz einer Institution zurückzuführen sein, die aus Prüfungs-, Beratungs- und Betreuungskontakten die Geschäftsinterna der Genossenschaften einer ganzen Prüfungsregion kennt 310. Hinzutritt das Mittel der "Identifikationsmacht" 311 , die sich insbesondere aus Schulung, Mitgliederzeitschriften und Wahrnehmung der Interessen der angeschlossenen Genossenschaften gegenüber den Landesregierungen und sonstigen für die Wirtschafts-, rechtsund steuerpolitischen Belange der Mitgliedsgenossenschaften wichtigen Stellen ableitet 312 . Von erheblichem Einfluß auf den verbundwirtschaftliehen Zusammenhalt ist dabei auch, daß zwischen Genossenschaftsverbänden und Hauptgenossenschaften - in Erfüllung der beiden Institutionen obliegenden Aufgabe der Mitgliederförderung -eng zusammengearbeitet wird. Auch wenn oder gerade weil die Hauptgenossenschaften ebenfalls Mitglieder der Prüfungsverbände sind, unterstützen diese häufig Maßnahmen der Sekundärstufe, insbesondere dann, wenn es gegenüber der Primärstufe auf die Überzeugungskraft "neutraler" Verbandsprüfer ankommt, an deren Empfehlungen keine eigensüchtigen, geschäftlichen Vermutungen geknüpft werden 313 • 304 Vgl. Metz, in: Lang I Weidmüller, § 53 Anm. l3 ff.; Großfeld I Aldejohann, in: 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, S. 16. 305 Vgl. Leffson, in: FS Draheim, S. 163; Metz, in: Autonomie und Verbunddisziplin, s. 13, 18. 306 Vgl. zum Begriff: Draheim, Untemehmungstyp, S. 153. 307 Vgl. Metz, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 15, 20. 308 Horlacher, in: HdG, Spalte 1571. 309 Neumann, S. 167; Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 33. 310 Metz, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 17, 18. 311 Vgl. oben, S. 79, 84. 312 Vgl. Wülker, in: HdG, Spalte 849.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Auf ein verbundstärkendes Wir-Gefühl wirkt auch der Deutsche Raiffeisenverband e. V. als Repräsentant (ohne Prüfungsaufgaben) der gesamten ländlichen Genossenschaftsorganisation in der Bundesrepublik Deutschland hin 3 14• Sein erklärtes Ziel ist die Koordinierung der wirtschaftlichen Unternehmungen der Mitgliedsgenossenschatten nach einheitlichen, den Gesamtinteressen der Genossenschaften dienenden Zielsetzungen, die darauf abgestellt sein sollen, das genossenschaftliche Waren- und Dienstleistungsangebot soweit wie möglich geschlossen auf den Markt zu bringen 315 • Zu diesem- satzungsmäßig vorgegebenen- 316 Zweck übt er ebenfalls Betreuungs-, Schulungs- und Interessenwahrungsfunktionen aus, nimmt etwa in Pressemeldungen Stellung zu aktuellen Fragen, gibt ein Jahrbuch sowie eine Schriftenreihe heraus, veröffentlicht die "Warenbetriebliche Information" sowie quartalsweise das "Informationsblatt des Deutschen Raiffeisenverbandes"317 und betreibt- wie alle Verbände- Waren- bzw. Imagewerbung318. Schließlich sei noch auf den Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V. hingewiesen, der sich neben seiner Funktion als alleiniger Prüfungsverband auf B undesebent( u. a. mit genossenschaftlichen Grundsatzfragen und gesellschaftspolitischen Fragen befaßt, insbesondere alle die Gesamtorganisation berührenden Belange wahrnimmt, ohne aber in die fachlichen und wirtschaftspolitischen Obliegenheiten der drei Bundesverbände (Deutscher Raiffeisenverband e. V., Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e. V., Zentralverband der genossenschaftlichen Großhandels- und Dienstleistungsunternehmen e. V.) - mit denen er das "Genossenschaftsforum" herausgibt - einzugreifen 319 • Es läßt sich somit feststellen, daß sowohl die Hauptgenossenschaften als auch die Genossenschaftsverbände eine zentrale Mitgliederführung betreiben, die jedenfalls in ihrer Zielrichtung gleichordnungskonzemtypische Züge trägt. cc) Personelle Verflechtung Eine verbundwirtschaftliche Gleichschaltung der "Führungszentren" Hauptgenossenschaft und Prüfungsverband, die schon deshalb geboten ist, weil sich beide als Beratungs- und Betreuungsinstanzen der Primärstufe betätigen 320 , wird schließlich durch personelle "Überkreuzverflechtung" 321 angestrebt. So ist die Pfüller, S. 109. Vgl. Wiek, in: HdG, Spalte 1673. 315 Vgl. im einzelnen Wülker, in: HdG, Spalte 846. 316 Vgl. zum Wortlaut der Satzung: Wiek, in: HdG, Spalte 1673. 317 Vgl. Wiek, in: HdG, Spalte 1673; Wülker, in: HdG, Spalte 846. 318 Vgl. Klages, in: HdG, Spalte 1684 ff. ; vgl. zur Anpassungswirkung zentraler Werbung: oben, S. 81 f. 3 19 Vgl. im einzelnen Wülker, in: HdG, Spalte 842 ff. 320 Jäger, ZfgG Bd. 35 (1985), S. 27. 313 314
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gegensettige Mitgliedschaft von Führungskräften beider Institutionen in Vorstand, Aufsichtsrat und anderen Führungsgremien nicht selten 322• An der hierdurch entstehenden gegenseitigen "Überwachung" 323 haben auch die Primärgenossenschaften teil, indem sie zumeist ihre hauptamtlichen Vorstandsmitglieder in die Organe des Verbundes entsenden 324• Dies führt zur Berücksichtigung der regionalen Belange bei der Verbundplanung und andererseits dazu, daß die überregionalen Interessen und Bedürfnisse direkt in die Leitung der Ortsgenossenschaften einfließen 325 • Ziel derartiger personeller Verflechtungen ist die Gewährleistung einer "Führungseinheit im Genossenschaftsverbund" 326• Daß dabei gleichzeitig eine Gefahrdung des Kontrollsystems und des Mitgliederbezugs hingenommen wird, ist Folge der auch im genossenschaftlichen Landhandel vollzogenen "Machtergreifung der Manager" 327, die insbesondere daran interessiert sind, den Kreis der Entscheidungsträger möglichst klein zu halten 328 • So handeln sich etwa die Prüfungsverbände wegen personeller Verflechtung und der "Professionalisierung" ihrer Organe den Vorwurf ein, "lnteressenverband der Genossenschaftsmanager" zu werden 329• Mag diese Entwicklung auch "genossenschaftsdemokratisch" bedenklich sein 330, so ist sie jedenfalls ein weiteres Indiz für das Vorliegen einheitlicher Leitung. dd) Sonstige Koordinationsmittel (1) Garantie-(Hilfs-)Fonds
Ein den Verbundzusammenhalt festigendes Mittel stellt ferner der sogenannte ,,Feuerwehrfonds" 331 dar, der- als praktische Umsetzung der genossenschaftliGroßfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 85. Pfüller, S. 123; Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 85 f. 323 Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 86. 324 Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 85; Kopplin, S. 29. 325 Feuerborn, S. 168. 326 Pfüller, S. 123. 327 Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 85. 328 Vgl. zur Managerproblematik, insbesondere zur Vertretung der Primärstufe durch "Hauptamtliche": Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 85 ff., 95 ff.; vgl. ferner oben, S. 86 mit Nachweisen. 329 Jäger, ZfgG Bd. 35 (1985), S. 28; vgl. auch Großfeld /Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 88: "Die Verbandstage verfehlen ihren Zweck, wenn sie Heerscharen der Manager werden. Das wirft die Frage auf, ob der Prüfungsverband noch unabhängig kontrollieren kann, wenn diejenigen ihn beherrschen, die er überwachen soll." 330 Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 85 ff. 331 Vgl. oben, S. 50. 321
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chen Wahlsprüche "Alle für einen, einer für alle" oder "Einigkeit macht stark" 332 - die Verbundeinheiten in finanzieller und psychologischer Hinsicht verklammert333. Dadurch, daß die am "Garantieverbund" 334 beteiligten Genossenschaften gemäß dem "Prinzip der Solidarität" füreinander einstehen 335, wirken sich durch riskante Dispositionen herbeigeführte Liquiditätsschwierigkeiten einzelner Genossenschaften auch auf die finanziellen Interessen der übrigen Verbundglieder aus 336. Die Prüfungsverbände, denen insoweit neben dem Schutz der gefährdeten örtlichen Mitgliedsbetriebe ebenfalls der Schutz der Mitgliedsgenossenschaften obliegt 337 , wirken deshalb auch zwecks Erhalts des den am Hilfsfonds beteiligten Genossenschaften zur Verfügung stehenden "Risikopolsters" 338 darauf hin, daß zwischen Orts- und Sekundärstufe der "risikostreuende" Weg der Verbundkette gegangen wird.
(2) Finanzielle Beteiligung der Primär- an der Sekundärstufe In beträchtlichem Maße wird der verbundwirtschaftliche Zusammenhalt schließlich durch den "finanziellen Verbund" 339 zwischen einzelner Orts- und jeweiliger Hauptgenossenschaft gestärkt, der den "Appell an die genossenschaftliche Treue" 340 weitgehend überflüssig macht. Frequenzsteigernd wirkt sich dabei vor allem die genossenschaftsspezifische Überschußverteilungsform der sog. Warenrückvergütung 341 aus. (a) Überschußverteilung Liegt das primäre Ziel einer Hauptgenossenschaft auch in der "Steigerung der Effizienz" der Ortsgenossenschaften 342 und nicht etwa in der Erzielung von Gewinnen 343 , so sind mit der optimalen Erfüllung des Förderungsauftrages aber 332 Großfeld I Aldejohann, in: 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, S. 5. 333 Kopplin, S. 29; vgl. auch Bungen stock, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 32. 334 Der Begriff "Garantieverbund" wird hier - wie bei Horlacher, in: HdG, Spalte 1559- allgemein gebraucht, bezeichnet ansonsten aber eine spezielle Sicherungseinrichtung für alle dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e. V. angehörenden Banken; vgl. dazu Weiser, Garantiefonds, in: HdG, Spalte 555. m Horlacher, in: HdG, Spalte 1559. 336 Vgl. hierzu Bungenstock, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 32. 337 Vgl. Leffson, in: FS Draheim, S. 163. 338 Bungenstock, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 32. 339 Kopplin, S. 28 340 Vgl. dazu und zur Treuepflicht als Koordinationsmittel rechtlicher Art: oben, s. 19 f . 341 Vgl. dazu Westermann, in: Rechtsprob1eme, S. 41 ff.; Henzler, Die Genossenschaft, S. 122 ff.; Draheim, Untemehmungstyp, S. 163 ff.; Paulick, Genossenschaft, S. 285 ff.; Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 10. 342 Leffson, in: FS Draheim, S. 158; Scheiter, S. 130.
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"Betriebsnotwendigkeiten" 344 wie "kaufmännische Vorsicht" 345 und über "Selbstfinanzierung" zu deckender "Investitionsbedarf' 346 verbunden, die regelmäßig dazu führen, daß den Mitgliedsgenossenschaften für die Inanspruchnahme der hauptgenossenschaftlichen Einrichtungen und Leistungen im Laufe eines Wirtschaftsjahres "zuviel" abgefordert worden ist 347 . So ist auch beim genossenschaftlichen Mitgliedergeschäft häufig zunächst der "ortsübliche Tagespreis" und nicht ein aufwandsorientierter "Kostenpreis" maßgeblich 348 . Soweit es die Erfüllung des Förderungsauftrages erfordert, wird ein Teil der auf diese Weise entstandenen Überschüsse zwecks Erhaltung und Steigerung der Leistungsfahigkeit der Hauptgenossenschaft deren Kapital als gesetzliche I statutarische und freiwillige Rücklagen zugeführt 349 . Der dann verbleibende Restüberschuß fließt den Mitgliedsgenossenschaften hauptsächlich als "Betriebsleistungsdividende"350, zum Teil auch als "Kapitalbeteiligungsdividende"35l zu 352 • Dabei erlangt das bei der Hauptgenossenschaft unterhaltene Geschäftsguthaben einer Primärgenossenschaft nur Bedeutung im Rahmen der zumeist sehr niedrig bemessenen "Kapitalbeteiligungsdividende", die- anders als bei erwerbswirtschaftlichen Unternehmen- nicht als "Ertrag" sondern als "Entschädigung" für den Zinsverlust verstanden wird, den die Mitgliedsgenossenschaft dadurch erleidet, daß sie ihr Kapital nicht anderweitig zinsbringend anlegt 353 • Die typische Bezugsgrundlage für die Überschußverteilung ist hingegen der im abgelaufenen Geschäftsjahr zwischen Haupt- und einzelner Primärgenossenschaft getätigte Umsatz 354. Dabei wird mittels der fequenzabhängigen und deshalb 343 Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 48; Paulick, Genossenschaft, S. 283; Henzler, Die Genossenschaft, S. 107. 344 Draheim, Untemehmungstyp, S. 160. 345 Paulick, Genossenschaft, S. 282. 346 Henzler, Die Genossenschaft, S. 102. 347 Paulick, Genossenschaft, S. 282. 348 Henzler, Die Genossenschaft, S. 97, 103; Draheim, Untemehmungstyp, S. 161. 349 Vgl. dazu Henzler, Die Genossenschaft, S. 116 ff.; Draheim, Untemehmungstyp, S. 160; vgl. zur Notwendigkeit derartiger Rücklagenbildung auch Henzler, in: FS Draheim, S. 101 ff. 350 Draheim, Untemehmungstyp, S. 163; Henzler, Die Genossenschaft, S. 122 f.: "Betriebsbeteiligungsdividende". 351 Henzler, Die Genossenschaft, S. 119 ff.; Draheim, Untemehmungstyp, S. 163 ff.; Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 43, 46: "Kapitaldividende". 352 Vgl. i. e. §§ 42 a, 43 der Mustersatzung der ländlichen Warengenossenschaften, abgedruckt und erläutert bei Gräser I Hoppert I Werhahn, S. 126 ff.; vgl. zur Gewinnverteilung bei den nicht in der Rechtsform der eG betriebenen Zentralgenossenschaften: Müller, Aktiengesellschaft, Genossenschaftliche, in: HdG, Spalte 95 f. 353 Henzler, Die Genossenschaft, S. 119 ff. (121, 122); Draheim, Untemehmungstyp, s. 164. 354 Draheim, Untemehmungstyp, S. 164; Henzler, Die Genossenschaft, S. 122; vgl. Gräser I Hoppert I Werhahn, S. 124 f., zur entsprechenden Bestimmung in der Mustersatzung der ländlichen Warengenossenschaften. 7 Recktenwald
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individuell unterschiedlichen "Betriebsleistungsdividende" 355 die sog. "Warenrückvergütung" (genauer: "Rückvergütung" für zu "teuer" beschaffte Waren I erbrachte Dienstleistungen356, "Nachvergütung" für zu "billig" abgenommene Erzeugnisse 357) vorgenommen 358 , um durch eine entsprechende "Korrektur der laufenden genossenschaftlichen Verrechnungspreise" 359 nachträglich das "Aufwandsdeckungsprinzip" zu verwirklichen 360. Insofern haben Primärgenossenschaften weniger aufgrund ihrer finanziellen Beteiligung an den Sekundärgenossenschaften ein Interesse daran, einen möglichst großen Teil ihres Umsatzes über die Hauptgenossenschaften abzuwikkeln 361 , als wegen der Aussicht auf die nachträgliche- ausschließlich umsatzabhängige-Belohnungihrer Genossenschafts-/ Verbundtreue. Die untergeordnete Bedeutung der Geschäftsguthabendividende resultiert dabei auch aus dem Bestreben, den Fördemutzen der Genossenschaft nicht dadurch zu schmälern, daß Genossenschaftsfremde eine Mitgliedschaft nur zum Zwecke einer rentablen Kapitalanlage begründen 362. Schließlich wirkt sich der mit der Hauptgenossenschaft getätigte Umsatz auch auf die Teilhabe der einzelnen Primärgenossenschaft an etwaigen Erträgen aus Nichtmitgliedergeschäften aus, die den engen, genossenschaftsuntypischen "erwerbswirtschaftlichen" Bereich der Sekundärstufe bilden 363. (b) Geschäftsguthaben Der finanzielle Verbund zwischen Primär- und Sekundärstufe hat ferner Auswirkungen auf die Geschäftspolitik der Hauptgenossenschaften. Da deren Mitgliedsgenossenschaften relativ leicht austreten (vgl. §§ 65, 76 GenG) und ihr Geschäftsguthaben abziehen können (vgl. § 73 GenG), bedeutet der drohende Kapitalentzug einen gewissen "Kontrollmechanismus" 364 in Richtung primärge355 Westermann, in: Rechtsprobleme, S. 46, 48, spricht insoweit von "Warendividende". 356 Dienstleistungen erfolgen allerdings grundsätzlich unentgeltlich; vgl. zur Problematik der "Verrechnung" unentgeltlicher Dienstleistungen: Blümle, Geschäftsergebnis und Rechnungslegung der Genossenschaften, in: HdG, Spalte 868 f. 357 Vgl. hierzu Henzler, Die Genossenschaft, S. 123. 358 Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 19 Rn. 16, beschränkt den Begriff der "Warenrückvergütung" auf den aus§ 1 GenG folgenden mitgliedschaftliehen Vergütungsanspruch in Abgrenzung zur statutarischen "Waren-, Umsatz- oder Leistungsdividende". 359 Draheim, Untemehmungstyp, S. 159. 360 Henzler, Die Genossenschaft, S. 122; Draheim, Untemehmungstyp, S. 159: "Kostendeckungsprinzip". 361 So aber Kopplin, S. 28. 362 Vgl. Henzler, in: FS Draheim, S. 104. 363 Vgl. Draheim, Untemehmungstyp, S. 160 f.; Henz1er, Die Genossenschaft, S. 114. 364 Boettcher, Die Genossenschaft in der Marktwirtschaft, S. 82.
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nossenschaftsfreundliches Verhalten 365 • Mag auch die Wirksamkeit dieses Kontrollmittels im Hinblick auf die fehlende Teilhabe des ausscheidenden Genossen an den offenen und stillen Reserven (vgl. § 73 Abs. 2 GenG) zumindest bei kleinen Mitgliedsgenossenschaften mit niedrigem Geschäftsguthaben nicht übermäßig groß sein 366, so werdenjedenfalls "Kollektivdrohungen" mehrerer Ortsgenossenschaften zu einer entsprechenden Beeinflussung des Managements der jeweiligen Hauptgenossenschaft führen 367 • Allerdings dürften insbesondere langjährige Mitgliedsgenossenschaften die fehlende Realisationsmöglichkeit bezüglich "ihrer" Anteile an den Rücklagen als starke Bindung an die Sekundärstufe empfinden 368 • ee) Zwischenergebnis Die Bestandsaufnahme der vorhandenen Einflußbeziehungen zwischen Primärgenossenschaften, Genossenschaftsverbänden und Zentralgenossenschaften hat bestätigt, daß sämtliche planerischen, Ieistungs- und kontrollbezogenen Mittel letztlich darauf gerichtet sind, unmittelbar oder mittelbar den Erwerb und die Wirtschaft der Mitglieder der Ortsstufe dauerhaft zu fördern, daß das allen Gliedern gemeinsame Verbundziel (potentielles Konzernziel 369 ) also die langfristige Steigerung der Effizienz der untersten Einheiten (Mitgliedsbetriebe) ist 370 • Ebenfalls wurde deutlich, daß zu diesem Zweck eine verbundwirtschaftliche Arbeitsteilung (potentielles Konzernkonzept 371 ) angestrebt wird, die in eine innerbetriebliche Formen annehmende Zusammenarbeit einmünden soll. Zu klären bleibt, ob die festgestellten Koordinationsmittel auch tatsächlich zu einer solchen konzeptionellen Einordnung der Verbundstufen führen, und ob deshalb Gleichordnungskonzernbeziehungen zwischen Warenzentrale und genossenschaftlicher Ortsstufe bestehen. 365 Vgl. Diederichs, in: Planung im Genossenschaftswesen, ZfgG Sonderheft 1967, S. 95 f.; vgl. zu den Unterschieden bei der "genossenschaftlichen Aktiengesellschaft": Müller, in: HdG, Spalte 101 ff. 366 Vgl. Großfeld I Jäger I Lenfers, Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 80: "Eine solche Kontrolle wird jedoch durch die Bildung stiller und offener Rücklagen unterlaufen"; vgl. auch Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 12, der insoweit von "entindividualisiertem Kapital" spricht, das den überwiegenden Teil des genossenschaftlichen Eigenkapitals darstelle. 367 Vgl. Boettcher, Die Genossenschaft in der Marktwirtschaft, S. 86. 368 Vgl. zur "Teilhabe der Mitglieder am inneren Wert der Genossenschaft": Henzler, in: FS Draheim, S. 103 ff.; Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 10 ff.; Großfeld I Jäger I Lenfers, in: Die Genossenschaft im Spiegel des Rechts, S. 79 ff. 369 Vgl. oben, S. 71 f. 370 Vgl. Schröder, in: Planung im Genossenschaftswesen, ZfgG Sonderheft 1967, S. 59, der die Primärgenossenschaften insoweit als "Fronttruppen des Genossenschaftswesens" und die ,,Zentralen und Prüfungsverbände" als "Nachschubtruppen" und "Sanitätswesen, das vorsorgend und heilend tätig werden soll", einordnet. 37 1 Vgl. oben, S. 72 f.
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d) Tatsächliche Ausübung einheitlicher Leitung Stellen sich Genossenschaft, Zentrale und der "institutionell als Kontrolleur" eingesetzte Prüfungsverband 372 auch nach außen als "Einheit" dar 373, und läßt sich aus dem geschlossenen Auftreten des ländlichen Genossenschaftswesens auf ein entsprechendes inneres Zusammengehörigkeitsgefühl schließen, so kann im Verhältnis einer Haupt- zur Einzelgenossenschaft aber wohl erst von konzernrechtlich relevanter Einheit gesprochen werden, wenn beide eine Art "genossenschaftlichen Betriebskomplex" 374 bilden, in dem zwecks "organischer Ergänzung" der Mitglieds- I Erzeugerbetriebe 375 durch arbeitsteiliges Zusammenwirken in den Unternehmerischen Grundfunktionen Beschaffung, Leistungserstellung und Absatz 376 ein vertikal gegliedertes, annähernd "geschlossenes" 377 Wirtschaftssystem erreicht wird. Ob der Schwerpunkt der Unternehmerischen Tätigkeit von Einzel- und Hauptgenossenschaft in derartiger Weise auf die Förderbelange der ländlichen Betriebe als gemeinsame Konzernleitlinie abgestimmt ist, läßt sich praktisch nur anband der "Genossenschaftswirksamkeit" 378 in bezug auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Sekundärstufe durch die Ortsgenossenschaft bestimmen 379•
Mitgliederverbundenheit An einem hohen Frequenzgrad soll es bisweilen zumindest im Verhältnis von Mitgliederwirtschaft zu Ortsgenossenschaft fehlen 380• Hierbei mache sich insbesondere im ländlichen Bereich das "naturgemäß ausgeprägte, auf den eigenen Betrieb ausgerichtete autonome Denken" der Landwirte 381 bemerkbar. Auch die schwindende persönliche Verbundenheit bei großen Genossenschaften führe dazu, daß einige Mitglieder den Kooperativweg sogar nur dann ausnutzten, wenn sich ihnen keine - allenfalls eine wesentlich ungünstigere - anderweitige Absatz- oder Beschaffungsmöglichkeit mehr böte 382• Ferner gebe es Mitglieder, Großfeld I Aldejohann, in: 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, S. 15. Schröder, in: Planung im Genossenschaftswesen, ZfgG Sonderheft 1967, S. 51; Horlacher, in: HdG, Spalte 1558: " .. . der genossenschaftliche Verbund erscheint nach außen als ein Untemehmenszusammenschluß, der aus einer Vielzahl von Betriebseinheiten besteht und einen bestimmten Marktanteil hat." 374 Terminologie nach Draheim, Untemehmungstyp, S. 135. 375 Draheim, Untemehmungstyp. S. 132; Henzler, Die Genossenschaft, S. 37: "rationalisierende Ergänzung". 376 Vgl. zum sachlichen Umfang einheitlicher Leitung: oben, S. 73 ff. m Draheim, Untemehmungstyp, S. 135: "Geschlossenes Ganzes". 378 Terminologie nach Schlenker, S. 65. 379 Vgl. Draheim, Untemehmungstyp, S. 152. 380 Vgl. zu den Gründen: Feuerbom, S. 25 f. mit Nachweisen. 38 1 Pabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NF I Bd. 41 (1963), S. 49 mit Beispielen. 382 Pabsch, a. a. 0. mit Nachweisen. 372 373
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denen die Genossenschaft aus Spezialisierungs- oder anderen Gründen nur geringen Förderungsnutzen bringen könne, so daß eine Inanspruchnahme lediglich am Rande erfolge 383 • Allerdings bedeute bereits die Existenz und die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Genossenschaft einen nicht zu unterschätzenden Rückhalt für das selbständige Marktverhalten derartiger Außenseiter 384, es bleibe stets ein fördernder "Mindesteinfluß"38s. Demgegenüber stellt sich das Verhältnis zwischen den genossenschaftlichen Verbundstufen der allgemeinen ländlichen Warenwirtschaft im genossenschaftlichen Schrifttum weniger konfliktbeladen dar. Während im Zusammenwirken von Mitgliedsbetrieben und Ortsgenossenschaft viele "irrationale Momente" der konsequenten Verwirklichung optimaler Leistungsbeziehungen entgegenstünden, zeigten die Geschäftsbeziehungen der Ortsgenossenschaften zu den Hauptgenossenschaften einen "ungleich rationelleren Charakter" 386. Bedingt durch den Druck der Wettbewerbsverhältnisse im Landhandel und begünstigt durch die zunehmende Managementverflechtung im ländlichen Genossenschaftswesen 387 sei -
innerhalb des gemeinsamen Arbeitsgebietes von Primärgenossenschaften und Warenzentrale 388
-
durch abgestimmte vertikale Zusammenarbeit 389
-
eine den wirtschaftlichen Anforderungen entsprechendesachbezogene Funktionsteilung 390 erreicht worden, die sich in den hohen "zwischengenossenschaftlichen" Umsätzen niederschlage 391.
383 Vgl. zum Problem des unterschiedlichen Förderungsinteresses: Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck, S. 12 ff. (24). 384 Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck, S. 25 f.; Pabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NF I Bd. 41 (1963), S. 49; Draheim, Untemehmungstyp: " . .. auch die untreuen Mitglieder betonen meist, daß sie auf die Genossenschaft nicht verzichten können, weil schon allein ihr Vorhandensein die Preise reguliere." 385 Scheiter, S. 232. 386 Freund, in: HdG, Spalte 226; Draheim, Untemehmungstyp, S. 135; vgl. auch Pfüller, S. 104, zur Ausstrahlung der den ,,zentralen besonders ausgeprägt anhaftenden ökonomisch-rationellen Wesenszügen" auf die Primärstufe; vgl. zu den Motiven für irrationales Verhalten im ländlichen Genossenschaftswesen: Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 55. 387 Vgl. oben, S. 23 f., 94 f. 388 Wasmer, in: HdG, Spalte 1853. 389 Wiek, in: HdG, Spalte 1667. 390 Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 38; Horlacher, in: HdG, Spalte 1571.
391 Vgl. Kopplin, S. 29, der für das Jahr 1980 errechnete, daß ca. 58,8% der Umsätze der Bezugs- und Absatzgenossenschaften und der Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr über Hauptgenossenschaften abgewickelt wurden; vgl. auch Swoboda, Fusionen von Genossenschaftsverbänden, in: HdG, Spalte 547: Hauptgenossenschaften als "wichtigste Großhändler der Primärgenossenschaften"; vgl. speziell zur BayWa AG: Osterholzer, zusammenfassend aufS. 194 ff., der die durchschnittliche Bezugsquote der Primärgenossenschaften mit 65 % angibt (S. 196).
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Die im ländlichen Genossenschaftswesen geltende "Regel" der hohen Verbundintensität werde lediglich außerhalb des Bereichs der allgemeinen Warenwirtschaft durch wenige "Ausnahmen bestätigt" 392• So gebe es in Spezialbereichen einige Genossenschaften, etwa Obst- und Gemüseverwertungs-, Brennerei- und Brauereigenossenschaften, sowie bestimmte Dienstleistungsgenossenschaften, z. B. Trocknungs-, Elektrizitäts- und Maschinengenossenschaften, die kaum auf die Sekundärstufe oder das beratende Verbandswesen angewiesen seien, da sie den Anforderungen des Marktes im wesentlichen aus sich heraus genügten 393 • Mag sich auch im Grundsatz feststellen lassen, daß Haupt- und Ortsgenossenschaften die betriebswirtschaftlich gebotene Funktionsteilung tatsächlich praktizieren, so kann es aber auch im "klassischen" 394 Bereich der allgemeinen Warenwirtschaft aufgrund persönlicher Spannungen oder regionaler Besonderheiten zu unterschiedlich hohen "Fremdablenkungen" 395 kommen 396• Insofern bleibt eine einzelfallbezogene Frequenzprüfung erforderlich. Allerdings ist damit noch nicht gesagt, daß die Frage, ob Haupt- und einzelne Primärgenossenschaften fusionskontrollrechtlich erhebliche Gleichordnungskonzerne bilden oder nicht, keine grundsätzliche Frage ist, sondern eine Frage des Einzelfalls. Denn insoweit verbleibt die Möglichkeit, auch die Ausnahmefälle einer geringen Verbundintensität wegen der stets geltenden subsidiären Stellung der Sekundärstufe 397 durch eine auf wettbewerbliehe Gesichtspunkte gestützte allgemeingültige Aussage zu erfassen. Ausgehend vom aktienrechtlichen Verständnis des Gleichordnungskonzerns soll jedoch vorerst nur auf die vorhandene Frequenz abgestellt werden. Dabei ist zunächst zu klären, ob zumindest der verbundwirtschaftliche Idealfall der rationellen Arbeitsteilung bei höchster Inanspruchnahme der Hauptgenossenschaft die Annahme eines Gleichordnungskonzerns rechtfertigt. (1) Höchste Verbundintensität
Entsprechend der vorherrschenden Ansicht, ein Konzern zwischen genossenschaftlichen Verbundstufen sei mit dem Genossenschaftsgesetz unvereinbar 398 , verneint auch das auf die tatsächlichen Gegebenheiten im Genossenschaftswesen Horlacher, in: HdG, Spalte 1572, 1573. Horlacher, in: HdG, Spalte 1572, 1573; vgl. auch Draheim, Untemehmungstyp, S. 132, der von "Genossenschaften mit höchst individuellen Leistungen . . . (z. B. Saatzuchtgenossenschaften mit neuen Spezialzüchtungen)" spricht. 394 Wiek, in: HdG, Spalte 1667. 395 Terminologie nach Draheim, Untemehmungstyp, S. 153. 396 Vgl. Pfüller, S. 103 mit Beispielen; Draheim, Untemehmungstyp, S. 131 ff. 397 Vgl. dazu Draheim, in: Grundfragen des Genossenschaftswesens, S. 154; derselbe, Untemehmungstyp, S. 145; Horlacher, in: HdG, Spalte 1563. 398 Vgl. oben, S. 66 (Fn. 89) ff. 392 393
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzernklausel)
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abstellende Schrifttum fast ausnahmslos das Bestehen von Konzernverhältnissen 399. Dennoch blieb folgende Aussage bisher - seit 1952 - unangefochten: "Einzelgenossenschaften, die sich völlig oder weitgehend der Zentralgenossenschaften bedienen, bilden zusammen mit diesen trotz rechtlicher Selbständigkeit der einzelnen Teile im wirtschaftlichen Sinne jeweils ein geschlossenes Ganzes (genossenschaftlicher Betriebskomplex). Es besteht ein System der wechselseitigen Abhängigkeiten, das die Mitgliederwirtschaften, Einzelgenossenschaften und Zentraleinrichtungen erfaßt."400 Nach den bisherigen Ausführungen zu den Voraussetzungen des Gleichordnungskonzerns 401 scheint diese anerkannte Beurteilung der in der Genossenschaftspraxisanzutreffenden Verhältnisse jedoch gerade das erforderliche Subsumtionsmaterial für§ 18 Abs. 2 AktG zu liefern. Denn die derart beschriebene funktionelle Verknüpfung ließe sich sogar mit dem von der "wirtschaftlichen Einheit" ausgehenden "engeren Konzernbegriff' 402 in Einklang bringen. Daß einem "geschlossenen" genossenschaftlichen Stufenverbund trotzdem die Anerkennung als Konzern versagt bleibt, liegt- soweit dies nicht durch pauschalen Hinweis auf das "Fehlen einer einheitlichen Leitung" geschieht 403 - vor allem an der einseitigen Ausrichtung der entsprechenden Untersuchungen auf den "vertikalen Konzern" mit "beherrschender Obergesellschaft" 404 • Zwar kenne man im Verhältnis von Primär- zu Zentralgenossenschaften "Genossenschaftskonzerne" 405 . Derartige Gebilde entsprächen jedoch nicht dem Typ der verbundenen Unternehmen nach den§§ 15 ff. AktG, sondern stellten sich als Sonderform, als "Genossenschaftsverbund" 406 dar, der im Gegensatz zum "lndustriekonzern"407 nicht auf der völligen Unterordnung unter die Interessen eines anderen Unternehmens beruhe 408 , sondern "auf überwiegend funktioneller Basis" 409 • 399 Pfüller, S. 3 ff.; Leffson, in: FS Draheim, S. 157, 167 f.; Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 56; Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 34; Draheim, Untemehmungstyp, S. 145; derselbe, ZfgG Bd. 9 (1959), S. 26 ff.; Scheiter, S. 189; Kopplin, S. 30; a. A. Merle, AG 1979, S. 274 und- sehr pauschal - Schneider, JR 1978, S. 261, beide leider ohne Beispiele. 400 Draheim, Untemehmungstyp, S. 135; ähnlich Faust, S. 55: "Das ganze System funktioneller Verknüpfung stellt sich als ein wirtschaftlicher Verbund dar, jedoch mit dem besonderen Merkmal, daß die einzelnen freiwillig angeschlossenen Glieder ihre Selbständigkeit bewahren und die Wirtschaftszentralen keine Anordnungsbefugnis haben."; vgl. auch Henzler, Die Genossenschaft, S. 35 ff.; derselbe, in: FS Draheim, S. 101 : " .. . Teile .. . einer wirtschaftlichen Einheit ... " 401 Vgl. oben, S. 52 f., 60 ff., 73 ff. 402 Terminologie nach Emmerich I Sonnenschein, Konzemrecht, 3. Aufl., S. 80 (§ 4 II 2 a); vgl. dazu bereits oben, S. 63 ff. mit Nachweisen in Fn. 75. 403 So etwa Scheiter, S. 189. 404 Vgl. Pfüller, S. 4 f.; Leffson, in: FS Draheim, S. 157, 167; Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 56; Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 34; Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959), S. 26 f. 405 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 34. 406 Pfüller, S. 6. 407 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 34 f .
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Ebenfalls in Richtung Unterordnungskonzern zielt die Begründung, im Genossenschaftsverbund könne "die Planungs-, Vermögens- und Erfolgseinheit der im Konzern kooperierenden Wirtschaftseinheiten" 410 trotz bestehender "Konzernierungstendenzen"411 nicht hergestellt werden, da alles "zugunsten der Basis der Pyramide" und nicht - wie im Konzern - "zugunsten der Spitze der Pyramide" geschehe 412 • Die Begriffe Planungs-, Vermögens- und Erfolgseinheit sollen aber aufgegriffen werden, um verbundwirtschaftliche Zusammenarbeit und funktionelle Verknüpfung an den Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 AktG zu messen. (a) Planungseinheit Der im Schrifttum vorherrschenden Ansicht, eine konzernrechtlich erhebliche Planungseinheit sei im Stufenverbund mangels "organisatorisch gesicherter Anordnungsbefugnis" der "Verbundspitzen" (Zentralgenossenschaft und Prüfungsverband)413 nicht erreichbar 41 4, ist zunächst entgegenzuhalten, daß die Organisation des Gleichordnungskonzerns einer derart zentralisierten und durchsetzbaren Willensbildung nicht bedarf415 . Als konzernbildende Mittel reichen hier selbst "Überzeugung, Überredung und Argumente" aus 416. Es muß bei den Konzernunternehmen nur zu entsprechender Akzeptanz kommen. Auch steht der Annahme eines Gleichordnungskonzerns nicht entgegen, daß es im Verbund zwischen Primär- und Zentralgenossenschaft keinen "auf die höchste Gesamtleistungsfähigkeit abgestellten Plan" gibt 417 . Insofern genügt es, daß der Stufenverbund "auf einem Rationalisierungsvorgang unter Respektierung der individuellen und traditionellen Gegebenheiten" 418 beruht, solange dies zur erforderlichen Koordinierung in den wesentlichen Unternehmensbereichen führt. 408 Vgl. Großfeld, a. a. 0., der insbesondere auf den "eigenen Freiheitsraum" der Primärgenossenschaften abstellt; ähnlich Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin,
s. 56.
409 Pfüller, S. 6. 410 Leffson, in: FS Draheim, S. 157. 411 Leffson, in: FS Draheim, S. 167 f. 412 Leffson, in: FS Draheim, S. 157. 413 Pfüller, S. 5. 414 Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 56; Leffson, in: FS Draheim, S. 167; vgl. auch Horlacher, in: HdG, Spalte 1560: "Eine so große Einheit wie die genossenschaftliche ohne einheitliche Leitung und ohne Weisungsbefugnis nach unten - schlicht und einfach ohne Willensbildung und ohne Entscheidungskompetenz an der Spitze- ... "; Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959), S. 26: " . .. keine Kommandostelle ... " 415 Vgl. bereits oben, S. 67, 77. 416 Vgl. Pfüller, S. 5, der diese Mittel der erforderlichen "organisch gesicherten Anordnungsbefugnis" gegenüberstellt. 417 So aber Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 56; die Formulierung stammt von Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959), S. 126. 418 Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959), S. 27.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzemklausel)
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Im Hinblick auf die Willensbildung beim Gleichordnungskonzern erscheint allerdings der Hinweis vertiefenswert, im Genossenschaftsverbund gehe die Willensbildung "genau entgegen der des Konzerns von unten nach oben" 419 • Denn wenn auch das Fehlen der beherrschenden Einflußnahme einer Obergesellschaft für ein Gleichordnungsverhältnis spricht, so reicht jedoch der bloße einseitige Einfluß "von unten" für § 18 Abs. 2 AktG nicht aus, da die zur "gemeinsam gebildeten" einheitlichen Leitung führende Willensbildung im Gleichordnungskonzern von allen beteiligten Unternehmen ausgeht 42D. Die im genossenschaftlichen Landhandel angewandten Koordinationsmittel 421 zeigen jedoch, daß die Annahme "einseitiger Willensbildung von unten" nicht zutrifft. Zwar basiert die im Stufenverbund bestehende Kompetenz- und Funktionsgliederung, soweit sie die Ausübung von Leitungsbefugnissen auf der Sekundärstufe betrifft, letztlich auf einer "Kompetenzdelegation nach oben" 422 • Verbunden mit der gesetzlich und statutarisch bestimmten Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes der Zentralgenossenschaft 423 hat sich dadurchjedoch gleichzeitig der effektive Einfluß "von unten" derart verringert, "daß de facto die Zentralgenossenschaft als Verbundspitze ihrerseits einen vielfachen Einfluß auf die angeschlossenen Genossenschaften ausübt" 424 • Dabei spricht es gerade für den Gleichordnungskonzern, daß einerseits durch "Aufteilung der Kompetenzen" zwischen Haupt- und Ortsgenossenschaft die "Herrschaftseinheit des" (Unterordnungs-) "Konzerns" 425 vermieden wird, andererseits aber "die Notwendigkeit der gegenseitigen Abstimmung ihrer Planungen" besteht 426• Eben diese unternehmenspolitische Abgleichung der rechtlich selbständigen Verbundglieder, vollzogen mittels funktioneller Verknüpfung, personeller Verflechtung und gegenseitiger Überzeugungsarbeit, enthält die "Gemeinsamkeiten" einer gleichordnungskonzerntypischen Willensbildung. Dabei ist es unerheblich, daß Koordination und Verständigung im Grunde nur um der Leistungskraft der "ganz unten" stehenden Mitgliederbetriebe willen geschehen 427 • Denn für§ 18 Abs. 2 AktG genügt es, daß sich die Konzernunter419 Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 56; ähnlich Westermann, in: FS Reinhardt, S. 372; Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 34; Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959), s. 26. 420 Vgl. Gromann, S. 4, 26; GeBier, in: GeBier I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 68, 76; Mestmäcker, in: Immengal Mestmäcker, § 23 Rdnr. 62. 421 Vgl. oben, S. 79 ff. 422 Leffson, in: FS Draheim, S. 167. 423 Vgl. zum Umfang der Leitungsmacht: oben, S. 13 ff. 424 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 34; dies räumt auch Leffson, in: FS Draheim, S. 167, ein: "Die untere Einheit bestimmt dann nicht mehr die Planung der höheren Einheit, sondern muß bestimmte Planungsentscheidungen der höheren Einheit hinnehmen, wenn sie an den Vorteilen des Verbundes teilhaben will." 425 Leffson, in: FS Draheim, S. 167. 426 Leffson, in: FS Draheim, S. 164. 427 Vgl. Leffson, in: FS Draheim, S. 166, der dies für konzemuntypisch hält.
Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
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nehmen in ihrer Unternehmenspolitik von einem übergeordneten Konzerninteresse leiten lassen, gleichgültig, ob sich dieses bereits aus dem Unternehmenszweck ergibt, oder ob es sich mit den Eigenbelangen aller Unternehmen deckt 428 • Darüberhinaus bedeutet eine dem Prinzip der Kooperation entsprechende Arbeitsteilung für sämtliche Glieder der Verbundkette die höchstmögliche Leistungskraft (b) Vermögenseinheit Als weiteres Argument für den "dem Konzern konträren Aufbau" 429 des Stufenverbundes wird die Tatsache genannt, daß nicht die Zentralgenossenschaften "Eigentümer der Primärgenossenschaften" sind, "sondern umgekehrt" 430• Auch dieser Hinweis erlaßt jedoch nur die auf einem Mehrheitsbeteiligungsverhältnis beruhende Stimmrechtsmacht der Obergesellschaft eines Unterordnungskonzerns. Davon abgesehen, daß es auch Unterordnungskonzerne ohne Kapitalverflechtung gibt, da die kapitalmäßige Verflechtung weder für den Unterordnungs- noch für den Gleichordnungskonzern Bedingung ist 431 , könnte die "Eigentümerstellung" der Ortsgenossenschaften der Annahme eines Gleichordnungskonzerns allenfalls dann entgegenstehen, wenn über die Kapitalbeteiligung einer oder sämtlicher angeschlossenen Primärgenossenschaften eine - genossenschaftsrechtlich unzulässige 432 und in der Praxis nicht anzutreffende 433 - Abhängigkeit der Hauptgenossenschaft entstünde. (c) Erfolgseinheit Schließlich findet sich im Schrifttum der Hinweis, im Genossenschaftswesen falle "strenggenommen" aller Gewinn (und Verlust) "unten" beim Mitgliedsbetrieb an, während sich derGewinn (und Verlust) im Konzern bei der Konzernspitze sammele 434 • Abgesehen von der einseitigen Ausrichtung dieser Aussage auf erwerbswirtschaftliche Unterordnungskonzerne, bei denen es im übrigen lediglich auf die "verbundweite Gewinnoptimierung" 435 ankommen soll, sind an den Gleichordnungskonzern keine besonderen Voraussetzungen hinsichtlich der Herbeiführung einer "Erfolgseinheit" im oben verstandenen Sinne geknüpft. Weder ist eine 428 429 430
s. 26.
Vgl. dazu Adler I Düring I Schmaltz, 4. Auf!., Bd. 3, § 329 Rdnr. 9. Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 56. Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 56; Draheim, ZfgG Bd. 9 (1959),
431 Vgl. zu den praktischen Erscheinungsformen der Gleichordnungskonzerne mit und ohne Kapitalverflechtung: Gromann, S. 10 ff. 432 Vgl. oben, S. 33 f. 433 Vgl. oben, S. 32 ff., 46 ff. 434 Leffson, in: FS Draheim, S. 157. 435 Vgl. dazu Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdm. 20.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzemklausel)
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Gewinngemeinschaft i. S. von § 292 Abs. 1 Ziffer 1 AktG erforderlich 436, noch schließt ein Gewinnabführungsvertrag i. S. von § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG das Bestehen eines Gleichordnungskonzerns zwischen den Vertragsparteien aus 437 • Insofern steht der Annahme eines Gleichordnungskonzerns zwischen Haupt- und einzelner Primärgenossenschaft auch nicht die "Nutzenstiftung" 438 der Sekundärgegenüber der Primärstufe oder der den Mitgliedsbetrieben zufallende Fördemutzen entgegen 439 • Die auf die Mitgliedsbetriebe gerichtete "verbundweite Nutzenstiftung" ist insoweit Erfolgseinheit genug. Entgegen den im Schrifttum geäußerten Bedenken hinsichtlich der konzernrechtlichen Erfassung des Genossenschaftsverbundes läßt sich somit festhalten, daß der von funktioneller Verknüpfung, engen Leistungsbeziehungen und Kompetenzaufteilung geprägte "Betriebskomplex" zwischen Haupt- und Einzelgenossenschaft der Struktur des (Gleichordnungs-)Konzerns nicht widerspricht. (d) Mehrfache Konzernzugehörigkeit der Hauptgenossenschaft Im Hinblick auf die infragestehende Einbindung einer Hauptgenossenschaft in mehrere Gleichordnungskonzemkreise bleibt zu prüfen, ob Hauptgenossenschaften, die mit einer Vielzahl ihrer Ortsgenossenschaften den oben beschriebenen zweigliedrigen(!) Betriebskomplex bilden, auch entsprechend vielen "Leitungseinheiten" im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG zugeordnet werden können. Dazu dürfte die innerhalb der Einzelkomplexe erreichte "Einheitlichkeit" nicht · einer einzigen, allen Betriebskomplexen gemeinsamen Gleichordnung entsprechen. Einer allumfassenden einheitlichen Leitung steht jedoch bereits die gesetzlich bzw. statutarisch vorgegebene Aufgabenstellung der Warengenossenschaften als Hilfsorganisationen ihrer Mitgliedsbetriebe 440 entgegen. Denn während die Hauptgenossenschaft alle angeschlossenen Ortsgenossenschaften fördern muß, sind diese nur ihren "eigenen" Mitgliedern verpflichtet. Dementsprechend sind auch die einzelnen Betriebskomplexe nur auf ihre individuellen Förderkreise festgelegt, die gleichzeitig das potentielle Konzemziel 441 bestimmen. Da dieses also schon aus rechtlichen Gründen ein unterschiedliches sein muß, lassen sich auch die jeweiligen ,,Leitungssysteme" voneinander abgrenzen.
Vgl. Gromann, S. 6 f. Vgl. Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 18 Rdnr. 73; Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 13; vgl. zur genossenschaftsrechtlichen Unzulässigkeil eines Gewinnabführungsvertrages, durch den sich eine Genossenschaft zur Abführung ihres Gewinnes an ein anderes Unternehmen verpflichtet: Müller, GenG, Anh. II § 93 s Rn. 41. 438 Kümmel, Genossenschaftliches Vermögen, in: HdG, Spalte 1582. 439 Ebenso Merle, AG 1979, S. 268. 440 RGZ 135, 58: "Genossenschaften sind bestimmungsgemäß Hilfsorganisationen ihrer Mitglieder". 441 Vgl. oben, S. 71 f. 436 437
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Daß die unterschiedlichen Leitungseinheiten ebenfalls geschlossene Konzernkreise bilden können, entspricht wiederum genossenschaftsrechtlichen Vorgaben. Denn die für eine mehrfache Gleichordnungskonzernzugehörigkeit erforderliche Harmonie zwischen sämtlichen Leitungssystemen und die damit verbundene Abgleichung der Einzelkonzerninteressen 442 wird durch den genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und die genossenschaftliche Treuepflicht gewährleistet. Der Grundsatz der Gleichbehandlung besagt, daß kein Genosse bei gleichen Voraussetzungen mehr Rechte, aber auch Pflichten haben kann und darf als der andere 443 . Er hat seine Grundlage im Wesen der Genossenschaft als Fördergemeinschaft der Mitglieder und in der gegenseitigen Treuepflicht 444 • Wegen seiner Anknüpfung an den "auf die Gleichheit aller Genossen angelegten Förderungszweck"445 gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur im Mitgliedschaftsverhältnis446 sondern vor allem für das genossenschaftliche Mitgliedergeschäft, mittels dessen die Genossenschaft ihrem Förderauftrag nachkommt 447. Für den Geschäftsverkehr zwischen Haupt- und Primärgenossenschaft bedeutet dies, daß es grundsätzlich keine Ungleichbehandlung geben darf, die mit dem jeder Einzelgenossenschaft gegenüber bestehenden Förderauftrag kollidiert 448 . Allerdings kann ein verschiedenes Ausmaß der Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes zur unterschiedlichen Behandlung der Mitglieder berechtigen, "wenn nur der Maßstab hierfür gleich ist" 449 . 442 Vgl. dazu oben, S. 61 f. 443 Paulick, ZfgG Bd. 12 (1962), S. 70 unter Hinweis auf RGZ 135, 58. 444 Metz, in: Lang I Weidmüller, § 18 Rdnr. 14; Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 37, 39; Müller, GenG, § 18 Rn. 14: "Gleichbehandlungsgebot" als "bedeutendste Konkretisierung" des Treuegebots der Genossenschaft gegenüber den Genossen; Paulick, ZfgG Bd. 12 ( 1962), S. 74: "Grundrecht der Genossenschaftsmitglieder"; vgl. auch die ausdrückliche Regelung in Art. 854 Schweizer Obligationsrecht: "Die Genossenschafter stehen in gleichen Rechten und Pflichten, soweit sich aus dem Gesetz nicht eine Ausnahme ergibt." 445 Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 37. 446 Hier bestehen zahlreiche Spezialvorschriften, vgl. die Auflistung bei Großfeld I Aldejohann, BB 1987, S. 2380; die mitgliedschaftliehe Stellung einzelner Genossenschaften kann dabei durch die "genossenschaftliche Duldungspflicht" insoweit beeinflußt werden, als sich der überstimmte Genosse in bezug auf seine mitgliedschaftliehen Pflichten Mehrheitsbeschlüssen der Generalversammlung unterwerfen muß; vgl. dazu Paulick, Genossenschaft, S. 202 f. (§ 18 II 4); Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 32 ff. 447 Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 37; Großfeld I Aldejohann, BB 1987, S. 2380 f., jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen. 448 Vgl. zum Inhalt des Gleichbehandlungsgrundsatzes: Großfeld I Aldejohann, BB 1987, s. 2381. 449 BGH, NJW 1960, S. 2142 ff. (2143); Paulick, ZfgG Bd. 12 (1962), S. 71 ; Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 38; insoweit soll der Gleichbehandlungsgrundsatz lediglich das Gebot ,,relativer Gleichbehandlung" beinhalten, vgl. dazu ferner: Feuerbom, S. 170; Metz, in: LangiWeidmüller, § 18 Rdnr. 16.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzemklausel)
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Jedenfalls bewirkt das strikte Verbot der willkürlichen Ungleichbehandlung 450 eine konfliktvermeidende Abgleichung zwischen den potentiellen Konzerninteressen der einzelnen Betriebskomplexe. Ähnlich harmonisierend wirkt die genossenschaftliche Treuepflicht 451 , die der Einzelgenossenschaft die solidarische Rücksicht auf das in der Leistungsfähigkeit der Hauptgenossenschaft liegende gemeinschaftliche Förderinteresse aller Ortsgenossenschaften abverlangt 452• Dies erfordert ein verbundkonformes Verhalten der Ortsstufe, das allerdings immer von den zumindest "durchschnittlichen" Förderungsinteressen der Einzelgenossenschaft getragen sein muß 453 • Der die Hauptgenossenschaft bindende Gleichbehandlungsgrundsatz und die auf die Geschäftspolitik der Primärgenossenschaften einwirkende Treuepflicht stellen- unter Einsatz des Kontrollmittels Prüfungsverband-als wechselseitige "Abstimmungsmittel" sicher, daß die Vorstände eines Betriebskomplexesunter Beachtung der beiderseitigen Verpflichtung zur Wahrung der Interessen gerade "ihrer" Unternehmen - nur solche Handlungen vornehmen, die mit dem Gesamtinteresse des Genossenschaftsverbundes vereinbar sind. Dies entspricht dem gleichordnungskonzerntypischen Abgleichungsprozeß 454 und genügt ebenfalls dem Erfordernis der gegenseitigen Verträglichkeit aller Konzernkonzepte 455 • Daß sich in der Regel ein Minimum an "lnteressendivergenz" zwischen den "lndividualbelangen" der Einzelgenossenschaft und dem "notwendigerweise generalisierend konkretisierten Förderungsinteresse der Mitgliedergesamtheit" 456 nicht vermeiden läßt, steht der Annahme jeweiliger einheitlicher Leitung dabei nicht entgegen, da der Gleichordnungskonzern von den Konzernunternehmen lediglich die Koordinierung in den "grundsätzlichen Fragen ihrer Geschäftspolitik" 457 verlangt 458 •
450 Vgl. Homann, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 65, der die Ansicht von Erlinghausen referiert, es könne ,.sinnvollerweise gar keinen Gleichbehandlungsgrundsatz geben, sondern nur ein Willkürverbot." 45 1 Vgl. bereits oben, S. 19 f. 452 Zum Inhalt dieser Rücksichtnahmepflicht: Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 18 Rdnr. 27. 453 Homann, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 62 f. 454 Vgl. dazu Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 389; Gromann, S. 58 ff. 455 Vgl. dazu oben, S. 61 f. 456 Schultz, Förderungszweck, S. 24, vgl. auch S. 14 f. zur ,,konflikttheoretischen Betrachtung der Genossenschaft". 457 Vgl. Begr. RegE, abgedruckt bei Kropff, AktG, S. 33; vgl. auch oben, S. 73 ff. 458 Vgl. dazu Gromann, S. 32: .. . .. auch im Gleichordnungskonzern (sind) Kollisionen zwischen Konzern- und Einzelinteresse unvermeidlich."
Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
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(e) Partieller Gesamtkonzern Kann eine Hauptgenossenschaft somit mehreren Konzernkreisen mit ihren Primärgenossenschaften angehören, so bleibt zu untersuchen, ob daneben noch Raum für eine die einzelnen Betriebskomplexe erfassende "partielle Gleichordnung" 459 ist. Bei den ländlichen Genossenschaften der allgemeinen Warenwirtschaft könnte sich eine derartige Teilkonzernierung allenfalls auf den Bereich der an die Hauptgenossenschaft übertragenen Tätigkeitsfelder beziehen 460 , da zwischen den Ortsgenossenschaften grundsätzlich keine Abstimmung hinsichtlich ihrer "regionalen" Wirkungsbereiche erfolgt46 1• Bezogen auf die Gesamtheit der Mitgliedsgenossenschaften gibt es zwar auch keine durch übereinstimmende "Teilbereichsausgliederung" erzeugte partielle Gleichordnung 462 • Ausgespart blieb allerdings bisher die Frage, ob es derartige "lntegrationswirkungen" 463 zumindest für diejenigen Genossenschaften geben kann, die sich völlig oder weitgehend der Hauptgenossenschaft bedienen und mit dieser deshalb die oben beschriebenen Betriebskomplexe bilden. Ein partieller Gesamtkonzern zwischen den Betriebskomplexen setzte eine "Teilzusammenfassung" 464 von Unternehmensbereichen voraus, deren Leitung durch die Hauptgenossenschaft und ihre "hochfrequenten" Mitgliedsgenossenschaften in einheitlichem Sinn bestimmt werden müßte. Die Leitung zwischen den Primärgenossenschaften könnte dabei durch eine in Art und Ausmaß ähnliche Inanspruchnahme der Hauptgenossenschaft sowie durch Institutionalisierung auf der Sekundärstufe ("Kompetenzdelegation nach oben" 465 ) vereinheitlicht sein. Ferner müßte die der hauptgenossenschaftlichen Unternehmensführung zugrunde liegende Willensbildung von entsprechenderzumindest durch gleichgerichtete Interessen der an ihr beteiligten Genossenschaften begründeter - "Einheitlichkeit" getragen werden. In Anbetracht des die Willensbildung der Hauptgenossenschaft prägenden Demokratieprinzips, verbunden mit deren gegenüber allen Mitgliedsgenossenschaften bestehenden "Dienerstellung", fehlt es hieran jedoch, solange zwischen der Gesamtheit der angeschlossenen Genossenschaften autonomiegeprägte InterVgl. dazu oben, S. 54 ff. Vgl. oben, S. 56 f.; etwas anderes mag für den Sonderfall der "horizontalen" und "vertikalen Integration" bei den sog. Erzeugergemeinschaften gelten; vgl. dazu Dobler, Horizontale und vertikale Integration, in: HdG, Spalte 975 ff., 979 ff. und 983 ff. 461 Vgl. oben, S. 53 f. 462 Vgl. oben, S. 56 f. 463 Vgl. dazu oben, S. 62 f. 464 Terminologie nach Geßler, in: Geßler I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 459
460
Rdnr. 41. 465
Leffson, in: FS Draheim, S. 167.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzemklausel)
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essendivergenzen bestehen, die nicht durch koordinierte Einflußnahme auf die Sekundärstufe abgeglichen werden. Selbst wenn die "integrierten" Primärgenossenschaften eine Teilbereichsausgliederung praktizierten, die zwischen ihnen zu übereinstimmender geschäftspolitischer Interessenlage führte, so stünden einem partiellen "Einheitskonzern" mit der Hauptgenossenschaft noch die auf deren Willensbildung einwirkenden "Fremdeinflüsse" seitens der übrigen, weniger verbundintensiven und entsprechend unkaardinierten Ortsgenossenschaften entgegen. Insofern scheidet ein "innerer" Gesamtkonzernkreis bei den nebeneinander stehenden Betriebskomplexen aus. (f) (Teil-)Gleichordnungskonzerne zwischen Haupt- und
Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr
Die bisherigen Ausführungen sprachen zwar in erster Linie das Verhältnis zwischen der Sekundärstufe und den "reinen" Bezugs- und Absatzgenossenschaften der Ortsstufe an. Sie gelten aber entsprechend für die Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr, die mit "ihren" Hauptgenossenschaften ebenfalls enge Betriebskomplexe bilden können 466. Allerdings besteht hier die Besonderheit, daß sich die einheitliche Leitung nur aufseitender Hauptgenossenschaften auf das "gesamte" Unternehmen erstrecken kann, während bei den Kreditgenossenschaften lediglich der neben dem Bankgeschäft betriebene Warenverkehr "vereinheitlicht" werden kann. Das konzernrechtliche Schrifttum behandelt vergleichbare "Teilzusammenfassungen" im Rahmen der Problematik der mehrfachen (Unterordnungs-)Konzernzugehörigkeit von Gemeinschaftsunternehmen 467 • Während es der auf den Tätigkeitsbereich des Gemeinschaftsunternehmens bezogenen partiellen Gleichordnung zwischen den Muttergesellschaften überwiegend die konzernrechtliche Anerkennung versagt 468, ist das Schrifttum bei einer "Teilzusammenfassung" von Mutter und Tochter großzügiger. So soll es für die mehrfache Konzernzugehörigkeit des Gemeinschaftsunternehmens zu jeder seiner Muttergesellschaften ausreichen, wenn sich die einheitliche Leitung auf den gesamten Unternehmensbereich der Tochter erstreckt. Die konzernrechtlichen Vorschriften gelangten "nach ihrem Sinn und Zweck" bereits zur Anwendung, wenn das Tochterunternehmen "voll" mit einem "bestimmten Bereich" des Mutterunternehmens zusammengefaßt sei 469 • Daß sich diese Auffassung auch mit den "besonderen Zwecken" der Vgl. Kopplin, S. 29 Fn. 73. Vgl. zunächst oben, S. 58 f.; Geßler, in: Geßler I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 41 mit Nachweisen. 468 Vgl. Marchand, S. 23124; Ebel, BB 1974, S. 755; Biener, Wpg 1972, S. 90; Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 8; vgl. ferner oben, S. 54 f. mit weiteren Nachweisen in Fn. 31. 469 Geßler, in Geßler I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 41; Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 18 Rdnr. 25, der allerdings die "Integration des Finanzbereichs 466 467
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Konzernklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 GWB deckt, wurde bereits erwähnt 470• Demzufolge können Hauptgenossenschaft und Kreditgenossenschaften mit Warenverkehrtrotz des "unkoordinierten" Geldverkehrs ebenfalls Konzerne bilden, mag man diese nun als "partielle" oder "normale" Gleichordnungskonzerne bezeichnen 471 • (g) Dauerhaftigkeit Es wurde bereits dargestellt, daߧ 18 Abs. 2 AktG an die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung keine besonderen Zeiterfordernisse knüpft 472 • Wenn das Bundeskartellamt im "Intermilch-Fall" 473 für die Anerkennung eines vertraglichen Gleichordnungskonzerns dennoch eine Vertragsdauer ohne Kündigungsmöglichkeit von mindestens 10 Jahren verlangt hat, so geschah dies nicht aufgrund gesellschaftsrechtlicher Notwendigkeit, sondern offensichtlich in dem Bestreben, dem Kartellverbot des § 1 GWB durch "strenge" Kriterien für den ,,kartellfreien" Gleichordnungskonzern einen "angemessenen" Anwendungsbereich zu sichern 474 • Steht auch eine "nur begrenzte Zeit der Zusammenfassung" der Annahme eines Gleichordnungskonzerns nicht entgegen 475 , so hängt aber zumindest der Fortbestand der Konzernierung davon ab, daß die vorhandenen Koordinationsmittel eine dauerhafte Grundlage der einheitlichen Leitung bilden können. Daß diese Voraussetzungen beim auf die langfristige Förderzielsetzung angelegten und von "dauerhaften Prinzipien" bestimmten Genossenschaftsverbund der gemeinsamen Tochter in den der Mutterunternehmen" als ,,komplikationslos mögliche" Voraussetzung der einheitlichen Leitung hervorhebt (vgl. hierzu bereits oben, S. 73 f.); die Anerkennung der melufachen Konzernzugehörigkeit entspricht der h. M. (vgl. die Nachweise bei GeBier und Koppensteiner, a. a. 0 ., sowie oben, S. 58), die die "Teilzusammenfassung" allerdings nicht weiter problematisiert; so auch Marchand, S. 108 ff., der dagegen bei der konzernrechtlichen Erfassung des Verhältnisses der Muttergesellschaften zueinander (S. 23124) darauf hinweist, ein Unternehmensteil sei nicht rechtlich selbständig und könne daher auch nicht in für § 18 AktG erheblicher Weise zusammengefaßt werden; die Gegenauffassung begründet ihr Ergebnis im Kern mit dem Fehlen einheitlicher Leitung, ohne auf den zusammengefaßten Unternehmensbereich näher einzugehen; vgl. etwa Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 8; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Auf!., Bd. 3, § 329 Rdnr. 21. 470 Vgl. oben, S. 55 f. 471 Für den Bereich der Unterordnungskonzerne findet sich insoweit keine differenzierende Terminologie; wie bereits erwähnt, wird die melufache Gleichordnungskonzernzugehörigkeit im Schrifttum nicht diskutiert, vgl. oben, S. 59. 472 Vgl. oben, S. 77 f. 473 TB 1973, BT-Drucks. 712250, S. 99. 474 Vgl. zur Behördenentscheidung und der ihr zugrunde liegenden Problematik: Kleinmann I Bechtold, Einleitung, Rdnr. 105 I 106; Gromann, S. 99 ff. ( 10 I) mit zahlreichen Nachweisen. 475 So etwa Deringer I Herrmann, BB 1966, S. 1159160.
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vorliegen, haben die Ausführungen zu den im ländlichen Genossenschaftswesen vorhandenen Abstimmungsmitteln gezeigt 476. Auch führen vor allem (verbund-) wirtschaftliche Notwendigkeiten und die Überzeugungsarbeit der Prüfungsverbände dazu, daß sich das Verhältnis zwischen Haupt- und Primärgenossenschaft nicht in einer "von Zufälligkeiten geprägten Beziehung" 477 erschöpft. Allein entscheidend bleibt also, daß Haupt- und Primärgenossenschaften die für § 18 Abs. 2 AktG ausreichende Koordinierung in den wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik auch tatsächlich betreiben. Jedenfalls für die in den engen genossenschaftlichen Betriebskomplexen erreichte "wirtschaftliche Einheit" 478 ist daher kein der Anerkennung als Gleichordnungskonzern entgegenstehender Grund ersichtlich. (h) Zwischenergebnis Ortsgenossenschaften, die sich völlig oder weitgehend ihrer Hauptgenossenschaft bedienen, bilden zusammen mit dieser jeweils einen Gleichordnungskonzern479. (2) Mittlere Verbundintensität
Das obige Zwischenergebnis erfaßt eine rationelle Arbeitsteilung, die durch den Versuch gekennzeichnet ist, Beschaffung, Leistungserstellung und Absatz der Konzernglieder wie in einem Einheitsunternehmen aufeinander abzustimmen480. Das Bestehen einer entsprechenden Kooperation zwischen Haupt- und einzelner Ortsgenossenschaft läßt sich - wie bereits erwähnt - mit Hilfe hoher zwischengenossenschaftlicher Umsätze belegen. Fraglich ist allerdings, ob und gegebenfalls wo ein Schwellenwert für eine den Gleichordnungskonzern ausschließende "Fremdablenkung" gesetzt werden kann. Die Frage des "ob" muß zumindest bei einer von aktienrechtlichen Kriterien getragenen Auslegung des§ 18 Abs. 2 AktG bejaht werden. Denn zu der insofern erforderlichen gegenseitigen Koordinierung in den wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik481 kann es zwischen Primär- und Sekundärstufe nicht kommen, wenn Mitgliedsgenossenschaften ihr Bezugs- und Absatzgeschäft ausschließlich an der Hauptgenossenschaft vorbei abwickeln, mag dies auf persönlichen Span476 Vgl. oben, S. 79 ff. 477 Vgl. dazu oben, S. 78. 478 Faust, S. 55; Henzler, in: FS Draheim, S. 101. 479 Formulierung in Anlehnung an die Definition des "genossenschaftlichen Betriebskomplexes" von Draheim, Untemehmungstyp, S. 135. 480 Vgl. zur entsprechenden Zielsetzung des Konzerns aus betriebswirtschaftlicher Sicht: Meier, Wpg 1966, S. 571. 481 Vgl. Gromann, S. 4 f. mit zahlreichen Nachweisen. 8 Recktenwald
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Erster Abschnitt: Aufgreitkriterien
nungenoder darauf beruhen, daß eine Primärgenossenschaft größen-, lage-oder spezialisierungsbedingt den Anforderungen des Marktes aus sich heraus genügt482. Die im Stufenverbund erreichte Frequenz ist insofern Ausdruck der auf den Gebieten Beschaffung, Vermarktung und Produktion praktizierten Arbeitsteilung, wobei sich der letztgenannte Bereich über die verbundinterne Abnahme von Rohstoffen und Fertigprodukten in den Umsatzzahlen niederschlägt. Der Frequenzgrad schweigt lediglich hinsichtlich solcher Leistungen, die immaterieller Natur sind und nicht entgeltlich abgegeben werden, wie etwa Beratungen 483 . Sind diese auch in der Regel Bestandteil der vertikalen Arbeitsteilung, so müssen sie aber selbst bei reiner Frequenzbetrachtung nicht unerkannt bleiben. Denn derartige Dienstleistungen erzeugen nicht selten Identifikations-("Wir-Gefühl") oder Überzeugungswirkungen, die dazu führen, daß die Verbundkette in den Grundfunktionen eingehalten wird, was sich dann im Frequenzgrad widerspiegelt. Dieser ist deshalb ein geeignetes Instrument zur Bestimmung bestehender Gleichordnung. Schwierigkeiten bereitet nur die Frage, wo die Grenze zur "unzulässigen" Fremdablenkung zu ziehen ist. (a) Grenze zur unzulänglichen Kooperation Ein vergleichbares Abgrenzungsproblem findet sich in der steuerrechtliehen Literatur bei der Frage, welche Anforderungen an die gemäß § 14 Nr. 2 Satz 1 KStG für die sog. Organschaft 484 erforderliche "wirtschaftliche Eingliederung" 485 zu stellen sind. Zwar beschränkt sich die Organschaft im Steuerrecht auf den Bereich der Unterordnungskonzerne, da es um die steuerliche Erfassung des Ergebnisses einer beherrschten "Organgesellschaft" beim sog. Organträger geht 486. Infolgedessen fordern finanzielle, organische und wirtschaftliche Eingliederung als besondereVoraussetzungendes § 14 KStG auch Mehrheitsbeteiligungen, eine beim Organträger liegende Leitung und Überwachung der Geschäftstätigkeit, sowie die (wirtschaftliche) Einordnung der beherrschten Gesellschaft in die Unternehmensstruktur des beherrschenden Unternehmens 487 . 482 Vgl. hierzu oben, S. 101 f. und die Beispiele bei Horlacher, in: HdG, Spalte 1572. 483 Vgl. zur Problematik der Meßbarkeit derartiger Förderleistungen: Leffson, in: FS Draheim, S. 159 mit Nachweisen. 484 Vgl. dazu Knobbe-Keuk, S. 563 ff. (§ 20); Emmerich I Sonnenschein, Konzernrecht, 3. Aufl., S. 166 ff. (§ 10). 485 Vgl. dazu die detaillierten Ausführungen bei Sonnenschein, Organschaft, S. 235 f. 486 Vgl. im einzelnen: Knobbe-Keuk, S. 563 ff.; Sonnenschein, Organschaft, S. 294: ,)edes Organschaftsverhältnis ist ein (Erg.: Unterordnungs-) Konzern, aber nicht jeder Konzern bildet ein Organschaftsverhältnis." 487 Vgl. zu den einzelnen Voraussetzungen: Tipke /Lang, S. 421.
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Dennoch lassen sich die in Rechtsprechung und Lehre gefundenen Anhaltspunkte für die letztgenannte wirtschaftliche Eingliederung auf die hier im Rahmen der einheitlichen Leitung beim Gleichordnungskonzern zu klärende Frequenzproblematik übertragen. Dabei ist insbesondere die vor der erstmaligen Kodifizierung durch § 7 a KStG a. F. im Jahre 1969 zur bis dahin auf Richterrecht beruhenden körperschaftsteuerliehen Organschaft ergangene Finanzrechtsprechung aufschlußreich 488 • So nahm der Bundesfinanzhof eine wirtschaftliche Eingliederung vor allem dann an, wenn zwischen "Ober-" und "Untergesellschaft" enge, auf die jeweilige Haupttätigkeit bezogene Geschäftsbeziehungen bestanden, wobei zusätzlich auf die Merkmale "notwendige Ergänzung" 489 , "wirtschaftliche Einheit", "betriebswirtschaftlicher Zusammenhang", "wirtschaftliche Förderung" und "enge wirtschaftliche Verknüpfung" abgestellt wurde 490 • An derartiger wirtschaftlicher Verflechtung sollte es fehlen, wenn der "Fremdumsatz" der Organgesellschaft den über die Verbund-(Organ-)Kette getätigten Umsatz "im Durchschnitt der Jahre" überwog 491 • Maßgeblich war also das "Schwergewicht der wirtschaftlichen Betätigung" 492 • Auch wenn die umsatzbezogene Einschränkung später fallengelassen wurde 493 , und es für die wirtschaftliche Eingliederung jetzt ausreichen soll, daß die Unternehmen einer Gesamtkonzeption unterliegen und durch eine einheitliche Leitung verbunden sind 494 , so hat die frühere Rechtsprechung ihre Bedeutung aber insoweit behalten, als sie Stellung zum Mindestumfang bezieht, den die "Ausübung tatsächlicher Leitungsmacht auf dem wirtschaftlichen Sektor" 495 haben muß. Dieser tätigkeitsbezogenen Betrachtung, die der Feststellung dient, ob "das Unternehmen der Organgesellschaft nach Art einer bloßen Geschäftsabteilung 488
Vgl. zur Entwicklung des Instituts der Organschaft: Knobbe-Keuk, S. 563 f.
(§ 20 1).
BFHE 69, 307 (309). BFHE 80, 181 (183); BFHE 89, 3 (9); 402 (403); vgl. die weiteren Nachweise bei Sonnenschein, Organschaft, S. 241 f. 491 BFHE 80, 181 (184) unterHinweis aufBFHE 69,307 (309) und BFH, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK - , Umsatzsteuergesetz, § 2 Abs. 2 Ziff. I, Rechtsspruch 22; vgl. auch BFHE 79,316 (318 f.), wo die wirtschaftliche Eingliederung einer Genossenschaft für möglich gehalten wurde, eine Organschaft aber mangels finanzieller Eingliederung abgelehnt wurde. 492 BFHE 80, 181 (184). 493 BFHE 106, 475 (478); im Schrifttum hält noch Sonnenschein, Organschaft, S. 286 ff., an dem Erfordernis des ,,konkret tätigkeitsbezogenen Zusammenhangs" bei überwiegendem "organschaftlichem Anteil der Umsätze" fest. Der rechtliche Aussagewert der "wirtschaftlichen Eingliederung" wird wegen der engen Voraussetzungen der finanziellen und organischen Eingliederung zunehmend in Frage gestellt, vgl. hierzu: Felix/ Streck,§ 14 Anm. 18 mit Nachweisen. 494 BFH, Bundessteuerblatt- BStBI- 1979, Teil II, S. 389 f. 495 Vgl. Jurkat, S. 208 Rdnr. 31 2, der dies als die Grundlage der wirtschaftlichen Eingliederung beschreibt. 489
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s•
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
in das Unternehmen des Organträgers eingefügt ist" 496, liegt der ebenso das Konzernrecht beherrschende Gedanke der"wirtschaftlichen Einheit" zugrunde 497 • Insofern bietet es sich an, auf diesem Wege auch das elforderliehe Maß der tatsächlichen Ausübung einheitlicher Leitung bei einem Gleichordnungskonzern zu bestimmen, der auf funktioneller Verknüpfung und freiwilliger rationeller Arbeitsteilung beruht. Zumal das konzernrechtliche Schrifttum keinen bestimmten Intensitätsgrad für die geforderte Koordination zwischen gleichgeordneten Konzernunternehmen nennt - einen festen Wert dürlte es mangels absoluter Meßbarkeit allerdings auch nicht geben - , soll daher auch hier auf die im Steuerrecht gewonnenen Erkenntnisse zurückgegriffen werden. Die Anhaltspunkte "Schwergewicht der wirtschaftlichen Tätigkeit" und "Verhältnis der Außen- und Innenumsätze" 498 erscheinen dabei nicht als "zu niedrig" gegriffen, da sich mit ihnen die notwendige Abgrenzung des Gleichordnungskonzerns von den Fällen "bloßer Konsultation und Beratung" oder solchen Einflußnahmen, wie sie auch zwischen völlig selbständigen Unternehmen stattfinden 499 , sinnvoll betreiben läßt. Vor einer Schematisierung bei der Urteilsbildung im Einzelfall kann der zusätzliche Blick auf Art und Dauer bestehender Fremdbeziehungen bewahren 500. So braucht etwa ein auf außergewöhnlichen Geschäftsvorlällen beruhender hoher Fremdanteil der Umsätze einer Ortsgenossenschaft einem Konzernverhältnis nicht entgegenzustehen, wenn im übrigen eine kontinuierliche rationelle Arbeitsteilung mit der Hauptgenossenschaft betrieben wird. Um vorübergehende Frequenzschwankungen in einzelnen Jahren nicht relevant werden zu lassen, könnte der Einzelfallbetrachtung auch- zumindest bei bereits länger bestehender Verbindung zwischen Haupt- und Primärgenossenschaft - ein Zeitraum von beispielsweise 3 Jahren zugrunde gelegt werden 50 1• (b) Zwischenergebnis Haupt- und Einzelgenossenschaft bilden bereits dann einen Gleichordnungskonzern, wenn die Fremdablenkung im Beschaffungs- und Vermarktungswesen BFH, BStBl 1976 II, S. 390 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen. Vgl. BFHE 80, 181 (183): "Eine wirtschaftliche Eingliederung ist anzunehmen, wenn die in Betracht kommenden handelsrechtlich verselbständigten Gebilde eine wirtschaftliche Einheit darstellen." 498 Terminologie nach Sonnenschein, Organschaft, S. 298. 499 Vgl. hierzu oben, S. 75 f. mit Nachweisen in Fn. 158 f. 5oo Vgl. zur entsprechenden Problematik im Rahmen der Bestimmung der Mitgliederverbundenheit bei Genossenschaften: Draheim, Untemehmungstyp, S. 152. 501 Einen solchen Zeitraum schlägt Sonnenschein, Organschaft, S. 291 , für die Beurteilung der wirtschaftlichen Eingliederung vor. 496 497
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der Mitgliedsgenossenschaft den zwischengenossenschaftlichen Umsatz unterschreitet.
(3) Niedrige Verbundintensität Schließlich bleiben die Fälle der weitgehend "selbständig" am Markt operierenden Primärgenossenschaften zu klären, die ihr Bezugs- und Absatzgeschäft überwiegend "direkt", ohne Zugriff auf die Hauptgenossenschaft abwickeln. Entsprechend den oben gefundenen Abgrenzungskriterien lassen sich solche Ausnahmebeziehungen jedenfalls nicht mit dem von der "wirtschaftlichen Einheit" ausgehenden "engeren Konzernbegrifr' 502 in Einklang bringen. Da das "Schwergewicht der wirtschaftlichen Tätigkeit" unkoordiniert bleibt, kann "wirtschaftlich" kein Gesamtunternehmen entstehen, in das die Genossenschaften beider Stufen nach Art sich ergänzender Betriebsabteilungen integriert sind. Zum seihen Ergebnis gelangt man allerdings auch mit den Vertretern des "tendenziell weiteren Konzernbegriffs" 503 • Denn bei unterschiedlichen Akzentsetzungen hinsichtlich Organisationsgrad, Umfang und Ergebnis der einheitlichen Leitung fordert das gesellschaftsrechtliche Schrifttum übereinstimmend die aktive Verständigung in all jenen Geschäftsbereichen, die zum Begriff der einheitlichen Leitung gehören 504 • Eine solche Abstimmung ergibt sich für Haupt- und einzelne Primärgenossenschaft- wie oben dargelegt- jedoch erst aus dem arbeitsteiligen Zusammenwirken. Behält man insoweit das Intensitätserfordernis des "überwiegend" koordinierten Verhaltens bei, so fehlt es also auch hier an hinreichender Verständigung, solange die "Außenumsätze" der Einzelgenossenschaft die zwischen Haupt- und Mitgliedsgenossenschaft getätigten "Innenumsätze" übersteigen. Gelingt es diesen Unternehmen nicht, ihre Unternehmensbereiche durch freiwillige Koordination in ausreichendem Maße "leitend zu vergemeinschaften" 505 , so scheidet ein Gleichordnungskonzern deshalb zumindest aus gesellschaftsrechtlicher Sicht aus. Möglicherweise lassen sich aber wettbewerbsrechtliche Folgen daran knüpfen, daß die Geschäftspolitik einer Hauptgenossenschaft immer von einer "Grundabstimmung" auf die Förderbelange sämtlicher Mitgliedsgenossenschaften getragen wird. Zwar richtet sich die geschäftliche Komponente des Förderungsauftrages der Hauptgenossenschaft zunächst auf die Mitgliedsgenossenschaften als Kunden Vgl. dazu oben, S. 63 ff. Vgl. dazu Emmerich I Sonnenschein, Konzemrecht, 3. Aufl., S. 80 f. (§ 4 II 2 a) mit zahlreichen Nachweisen. 504 Vgl. etwa Würdinger, in: GroBkomm., § 18 Anm. 14; GeBier, in: GeBier I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 7 ff., 25 ff.; v. Bar, BB 1980, S. 1188; vgl. ferner die Nachweise bei Emmerich I Sonnenschein, Konzernrecht, 3. Auf!., S. 81 (§ 4 II 2 a). 505 Terminologie nach v. Bar, BB 1980, S. 1188. 502 503
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
und wird dementsprechend von deren Angebot, Nachfrage und Erwartungen mitbestimmt 506 • Auch bei fehlender oder gering ausgeprägter Kundenbeziehung hat eine Hauptgenossenschaft aber stets das sich aus dem Förderungsauftrag ergebende Gebot zu beachten, daß sie alles vermeiden muß, was von den ihr angeschlossenen Genossenschaften als Störung der eigenen Tätigkeit angesehen werden könnte 507 • Wegen des im Hinblick auf die Primärgenossenschaften abgeleiteten Charakters der Zentralgenossenschaft darf diese nur da tätig werden, wo eine Unterstützung, eine Hilfestellung für die Primärgenossenschaft nötig ist, mit der sie deshalb "niemals" in Konkurrenz treten darf 508 • Daß sich die Hauptgenossenschaft in derartiger "Subsidiarität" zu halten hat 509, könnte möglicherweise die Annahme einer zwischen Haupt- und Einzelgenossenschaft bestehenden (frequenzunabhängigen) "wettbewerblichen Einheit" rechtfertigen, die für die Konzernklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 GWB genügen könnte. Hierin läge dann möglicherweise auch der kartellrechtliche Bedeutungsgehalt des in der genossenschaftlichen Literatur zu findenden Hinweises, die Verbundenheit zwischen Genossenschaften und ihren Mitgliedern bilde "eine gewisse Parallele zu einem Konzern", die, "im Grunde genommen, ohne Rücksicht auf das Ausmaß des Kooperativnexus" zwischen Mitglied und Genossenschaft bestehe 510 • Ebenso könnte sich dabei die rechtliche Relevanz der vom Bundeskartellamt vertretenen Auffassung herausstellen, Hauptgenossenschaften bildeten mit ihren Primärgenossenschaften eine wettbewerbliehe Einheit 511 •
5. Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung im Sinne von§ 23 Abs.l Satz 2 Halbs.l Alt. 2 GWB
Im kartellrechtlichen Schrifttum werden Konzerne zwar als "die am weitestgehende wettbewerbliehe Einheit" bezeichnet 512 • Auch wird es "im Formalbereich des § 23 GWB" für "gleichgültig" erachtet, "ob die Unternehmen eine wirtschaft506 Vgl. Schneider, ZfgG Bd. 23 (1973), S. 245; Niclas, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 56. 507 Draheim, Untemehmungstyp, S. 139. 5os Draheim, in: Grundfragen des Genossenschaftswesens, S. 154; derselbe, Untemehmungstyp, S. 145; vgl. auch Engelhardt, ZfgG Bd. 33 (1983), S. 164 mit weiteren Nachweisen in Fn. 10. 509 Vgl. Draheim, in: Grundfragen des Genossenschaftswesens, S. 154; Horlacher, in: HdG, Spalte 1563. 510 Draheim, Untemehmungstyp, S. 145; Draheim, a. a. 0., S. 71, versteht unter "Kooperativnexus" die "funktionale Verbindung zwischen genossenschaftlichem Gemeinschaftsbetrieb und den Mitgliederwirtschaften. 511 TB 1987/1988, BT-Drucks. 11/4611, S. 90. 512 Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 60; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 60.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzernklausel)
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liehe oder wettbewerbliehe Einheit bilden" 513 . Andererseits soll der Gesichtspunkt der wettbewerbliehen Einheit allein für die Anwendung der Konzernklausel nicht ausreichen, da durch die Verweisung auf § 18 AktG ausschließlich maßgeblich sei, ob ein beteiligtes Unternehmen mit einem anderen Unternehmen "im aktienrechtlichen Sinn" unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt sei 514 . Soweit "aus dogmatischer Sicht" eine weitergehende fusionskontrollrechtliche Auslegung für erforderlich gehalten wird, soll diese ihren Ausdruck darin finden, "daß an den Umfange, in welchem die Unternehmerischen Leitungsfunktionen koordiniert sein müssen, geringere Anforderungen zu stellen sind" 515 . So sei insbesondere die Zusammenfassung von Teilbereichen für § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB "vollkommen ausreichend"516. Abgesehen von dieser "Ausnahme", für die bereits gesellschaftsrechtlich einiges spricht 517 , weicht die vorgeschlagene wettbewerbliehe Interpretation in ihren Voraussetzungen und Ergebnissen aber kaum vom "tendenziell weiteren Konzernbegriff' ab 518 , den das übrige kartellrechtliche Schrifttum der Konzernklausel übereinstimmend zugrunde legt. Die dabei "allseits beschworene wettbewerbliehe Einheit" 519 stellt insoweit nur die Absage an das Erfordernis der "wirtschaftlichen Einheit" und den entsprechend "engeren Konzernbegriff' für den Bereich des Fusionskontrollrechts klar. Dies unterstreicht zwar das bereits für den "engen" genossenschaftlichen Betriebskomplex gefundene Ergebnis. Andererseits wäre demnach aber auch für die Konzernklausel eine Unternehmensverbindung erforderlich, in der zumindest Teilbereiche "leitend vergemeinschaftet" werden. Es bleibt deshalb zu klären, ob es eine weitergehende kartellrechtliche Auslegung des§ 23 Abs. 1 Satz 2 Ha1bs. 1 Alt. 2 GWB geben kann, die auch die Fälle mangelnden verbundwirtschaftliehen Verhaltens erlaßt.
a) Eigenständige Interpretation der Konzernklausel Wegen der Verweisung auf§ 18 AktG bestehen zwar Bedenken gegen eine vom Konzernrecht völlig verselbständigte, unabhängige Interpretation der Konzernklausel520. Entsprechende Ansätze finden sich aber im Schrifttum. So wird etwa vertreten, die Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB müsse "die fehlende 513 Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 360. 514 Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 360; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 86; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 60. 515 Fischer, S. 76. 516 Fischer, S. 76; vgl. dazu bereits oben, S. 55 f. 517 Vgl. die obigen Ausführungen zum "partiellen Gleichordnungskonzem", S. 54 ff. 518 Dies räumt auch Fischer, S. 77, ein. 519 Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 38. 520 Baumann, ZHR 148 (1984), S. 290.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Wettbewerbsbeziehung zwischen den eine wettbewerbliehe Einheit bildenden Unternehmen zum Ausdruck" bringen 521 ; entscheidend sei "nicht die gesellschaftsrechtliche Konstruktion, sondern das einheitliche Auftreten auf dem Markt" 522• Ähnlich argumentiert die Monopolkommission 523, die allerdings den fusionskontrollrechtlichen Abhängigkeitstatbestand vor Augen hat, wenn sie darauf hinweist, für die Verbundklausel sei keine "einheitliche Leitung im Sinne des § 18 AktG" erforderlich, es genüge, daß tatsächlicher Einfluß die Möglichkeit zur Beherrschung eröffne 524• Daß sie diesen Ausführungen die Ansicht voranstellt, für § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB sei die wettbewerbliehe Einheit entscheidend, hat im Schrifttum aber zu der Reaktion geführt, die Monopolkommission verwende die wettbewerbliehe Einheit "zur Abdeckung einer unzulänglichen Argumentation." 525 Es ist daher zu klären, wo die Grenzen der Konzernklausel zu ziehen sind, ob sie möglicherweise analog angewandt werden kann, oder ob die wettbewerbliehe Einheit etwa als "außergesetzlicher Tatbestand" 526 zu berücksichtigen ist. aa) Auslegung Wie bereits erwähnt, ist im Bereich des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB die "am telos des Fusionskontrollrechts ausgerichtete Auslegung" 527 herrschend 528 • Bei der Konzernklausel läßt sich dies mit dem Argument begründen, daß der Begriff des Konzerns ein "reiner Zweckbegriff' ist, der unmittelbare Bedeutung nur für die Normen besitzt, die ihn selbst verwenden 529 • Dabei wird eine Auslegung für zulässig erachtet, die "bis an die Grenzen des Wortsinns der in bezuggenommenen konzernrechtlichen Bestimmung geht, sich aber auch innerhalb dieser Grenzen hält" 530, weshalb "für das Aktienrecht wie für die Fusionskontrolle entscheidend" sei, "ob die betreffenden Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt sind" 531 • Fraglich ist allerdings, ob nicht bereits der Wortsinn eine von "leitender Vergemeinschaftung" abweichende wettbewerbliehe Auslegung zuläßt. Zur Klärung dieser Frage soll von der Bedeutung der Wortverbindung "unter einheitlicher Autenrieth, BB 1982, S. 556. Autenrieth, BB 1982, S. 558. 523 Hauptgutachten III, Tz. 563 ff. 524 Monopolkommission, a. a. 0., Tz. 566; § 17 AktG wird in den Ausführungen nicht erwähnt. 525 Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 37/38. 526 Terminologie nach Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 38. 527 Baumann, ZHR 148 (1984), S. 290. 528 Vgl. oben, S. 10 Fn. 37, S. 26 Fn. 148 ff., S. 47 f. Fn. 70 ff. 529 So Sonnenschein, Organschaft, S. 294. 530 Baumann, ZHR 148 (1984), S. 290 mit Nachweisen in Fn. 70. 53 1 Westrick, in: Westrick I Loewenheim, § 23 Rdnr. 115-117. 521
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§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzemklausel)
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Leitung zusammengefaßt" (vgl. § 18 Abs. 2 AktG) im allgemeinen Sprachgebrauch ausgegangen werden 532 • Als Hilfsmittel dienen dabei zwei anerkannte Wörterbücher 533 , die unter anderem folgende Bedeutungserklärungen anbieten: -
unter 534 : -
bezeichnet, daß jmd. od. etwas der leitenden, kontrollierenden o. ä. Tätigkeit von jmdm. od. etwas unterstellt ist,
-
zur Bezeichnung einer Wechselbeziehung zw. einer Anzahl von Personen;
einheitlich:
-
-
eine Einheit erkennen lassend 535 I bildend 536 (Einheit: Zusammenhang u. Zusammenwirken von Einzelteilen 537 ),
-
zusammengehörig 538 (= eng miteinander verbunden, sich zu etwas Gemeinsamem ergänzend539);
Leitung: 540 Führung,
Gesamtheit der Leiter (leiten= lenken, führen 541 ); -
zusammenfassen:
miteinander verbinden 542, vereinigen 543 • Demnach scheint eine "Verbindung" zu genügen, bei der sich die beteiligten Unternehmen durch "Wechselbeziehungen" zwischen den "Führungen" "zu etwas Gemeinsamem ergänzen". Allerdings macht die Beschreibung der Begriffe "einheitlich" und "Leitung" deutlich, daß bereits der mögliche Wortsinn nur ein aktives "Zusammenwirken" der "Gesamtheit der Leiter" deckt. 532 Vgl. zur Bestimmung des "Wortsinns" als Auslegungskriterium: Larenz, Methodenlehre, S. 305 ff. 533 Brockhaus-Wahrig, Deutsches Wörterbuch in 6 Bänden; Duden, Bedeutungswörterbuch. 534 Brockhaus-Wahrig, Bd. 6, S. 416 f. 535 Duden, S. 192. 536 Brockhaus-Wahrig, Bd. 2, S. 398. 537 Brockhaus-Wahrig, Bd. 2, S. 398. 538 Brockbaus-Wahrig, Bd. 2, S. 398. 539 Brockhaus-Wahrig, Bd. 6, S. 884. 540 Brockhaus-Wahrig, Bd. 4, S. 458. 541 Duden, S. 412. 542 Duden, S. 803. 543 Brockhaus-Wahrig, Bd. 6, S. 884.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Hiermit stimmt zwar das vom "Prinzip der Kooperation" getragene arbeitsteilige Zusammenwirken im genossenschaftlichen Stufenverbund überein. Beschränkt sich die "Verbindung" jedoch im wesentlichen auf ein die eine Seite treffendes Wettbewerbsverbot und den nicht oder nur selten geltend gemachten Anspruch der anderen Seite auf Hilfestellung im Rahmen vorhandener Kapazitäten 544, so fehlt es aber schon nach allgemeinem Sprachempfinden an hinreichender "Einheitlichkeit in der Gesamtführung". Ohne Verständigung und Koordination kommt der Gleichordnungskonzern also auch nach allgemeinem Sprachempfinden nicht aus 545 . Unterstellt man der Konzernklausel ein "wettbewerbliches Gebilde", dem es hieran mangelt, so bedeutet dies folglich eine - durch bloße Gesetzesauslegung nicht realisierbare - Abkopplung von § 18 Abs. 2 AktG. Diese Feststellung läßt sich unabhängig von einer möglicherweise weiterreichenden kartellrechtlichen Zielsetzung treffen, da sich die teleologische wie die systematische und historische Auslegung auf die Menge der nach dem Wortsinn möglichen Bedeutungsvarianten zu beschränken hat 546. Teleologische Kriterien könnten allerdings eine "gesetzesimmanente Rechtsfortbildung"547 im Wege der Analogie rechtfertigen, wenn sich der Wortlaut der Konzernklausel aufgrund einer "offenen" 548 Regelungslücke als zu eng erwiese. bb) Analoge Anwendung der Konzernklausel Die analoge Anwendung der Konzernklausel auf jenseits der genannten Konzernverhältnisse liegende Wettbewerbseinheiten setzte eine entsprechende "planwidrige Unvollständigkeit" 549 des§ 23 Abs. 1 Satz 2 GWB voraus. Ob der gesetzgeberische "Plan" auch weniger intensive Unternehmensverbindungen erlaßt, soll anband der Entstehungsgeschichte und der wettbewerbspolitischen Zielsetzung der Norm beurteilt werden 550. Die Materialien zur 2. GWB-Novelle 1973 zeigen, daß es dem Gesetzgeber bei der Schaffung der Verbundklausel darum ging, "Unternehmensgruppen" zu erfassen, "die wegen gegenseitiger Verflechtung in der Regel eine wettbewerbliehe Einheit bilden" 551 . Zu diesem Zweck wurde die auf die Marktanteilsberech544 Vgl. zum "grundsätzlichen Kontrahierungsobligo": Schultz, Förderungszweck, S.l7,28. 545 Vgl. zu diesen Grundlagen: oben, S. 52 f., 67, 104. 546 Larenz, AT, S. 78 (§ 4 II); allg. Auffassung, vgl. ausführlich zum "Wortsinn als Grenzkriterium": Canaris, S. 19 ff. (§§ 6 ff.) mit zahlreichen Nachweisen. 547 Vgl. dazu Larenz, Methodenlehre, S. 351, 354 ff. 548 Vgl. dazu Canaris, S. 136 (§ 128) mit Nachweisen. 549 Vgl. dazu Larenz, Methodenlehre, S. 358 mit Nachweisen. 55o Vgl. zur Bestimmung des einem Gesetz zugrunde liegenden Regelungsplans: Larenz, Methodenlehre, S. 358. 551 Begr. RegE, BT-Drucks. Vl/2520, S. 26.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzemklausel)
123
nung beschränkte "alte" Konzernklausel 552 um die Fälle bestehender Abhängigkeit erweitert (§ 17 AktG/Mehrmütterherrschaft) und auf die Berechnung der absoluten Größenkriterien erstreckt 553 • Dies läßt erkennen, daß der Verbundklause1 554 kein "Plan vollständiger Erfassung" 555 zugrunde liegt, sondern daß sich die Regelungsabsicht bewußt mit Unternehmensverbindungen begnügt, die typischerweise eine wettbewerbliehe Einheit begründen. Dem steht nicht entgegen, daß der Gesetzgeber dem "Regelfall" Konzern die Abhängigkeitsverhältnisse mit dem Argument zur Seite gestellt hat, "schon dann" bestehe "wirtschaftliche Selbständigkeit nicht mehr" 556• Denn einerseits weist die Regierungsbegründung aus, daß der Gesetzgeber in der Erfassung der wettbewerbliehen Einheit schrittweise vorgehen wollte und vorgegangen ist 557 • Andererseits läßt sich ein Unternehmen, daß seine wirtschaftliche Selbständigkeit im "Verbund" verloren hat, stets als abhängig oder konzerniert begreifen. Es werden also keine Unternehmensverbindungen angesprochen, die durch das Fehlen besonderer Umstände im Sinne der Verbundklausel gekennzeichnet sind 558• Mit den Gesetzesmaterialien läßt sich daher eine "planwidrige Unvollständigkeit" der Verbundklausel nicht begründen. Daß die Verbundklausel im Wege der Analogie auf weitere Unternehmensverbindungen erstreckt werden sollte, ist auch nicht daraus herzuleiten, daß die §§ 24 Abs. 1 und 22 Abs. 1 Nr. 2 GWB Unternehmensverbindungen mit geringerer Intensität genügen lassen, wenn deren Auswirkungen auf die Marktstellung eines Unternehmens zu würdigen sind 559 • Dagegen spricht schon der in § 22 GWB zum Ausdruck kommende "Plan". Denn während die Verbundklausel kraft Verweisung als Regeltatbestand 560 in den Vermutungstatbestand 561 des§ 22 Abs. 3 GWB einbezogen wird (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 2 GWB), nennt der auf Vermutungsregeln verzichtende § 22 Abs. 1 Nr. 2 GWB das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Verflechtungen mit anderen Unterss2 Die Klausel ist durch die Novelle von 1965 eingeführt worden. ss3 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. VI/2520, S. 26; Bericht des Wirtschaftsausschusses
des Bundestages, BT-Drucks. 7/765, S. 7. 554 Mit Verbundklausel werden hier alle Fälle des§ 23 Abs. 1 Satz 2 GWB angesprochen. 555 Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 37. 556 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. VII2520, S. 26. 557 Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 33, 37. s5& So könnte eine Hauptgenossenschaft ihre wirtschaftliche Abhängigkeit zwar aufgrund "geschlossenen Umsatzentzugs" seitens der Ortsstufe oder dadurch einbüßen, daß die Mitgliedsgenossenschaften durch ein ,,Zusammenwirken" die Möglichkeit dazu schaffen. Dies wäre dann aber ein Anwendungsfall der MehrmütterklauseL 559 Vgl. dazu Mestmäcker, in: Immengal Mestmäcker, § 24 Rdnr. 79 ff., 90 f.; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 185; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 22 Rz. 65; Kersten, in: Frankf. Komm., § 22 Tz. 211 ff. 560 Vgl. dazu Fischer, S. 47. 561 Vgl. dazu Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 23 f.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
nehmen". Der Begriff Verflechtung beschreibt dabei ein Kriterium, das die von der "Marktbeherrschung" im Sinne der§§ 24 Abs. 1, 22 Abs. 1 GWB umfaßte "überragende Marktstellung" eines Unternehmens begründen kann und beschränkt sich auf Unternehmensverbindungen, die keine Konzern- oder Abhängigkeitsverhältnisse im Sinne der Verbundklausel sind 562. Insofern hat der Gesetzgeber seinen "Plan" in § 22 Abs. 1 Nr. 2 GWB dahingehend "vervollständigt", daß "Verflechtungen", die jenseits der typischen Wettbewerbseinheiten liegen, außerhalb der Vermutungsregeln in unmittelbarer Anwendung der§§ 24 Abs. 1 und 22 Abs. 1 Nr. 2 GWB zu bewältigen sind563. Eine analoge Anwendung der Verbundklausel scheidet somit aus. cc) Wettbewerbliehe Einheit als außergesetzlicher Tatbestand Unter ähnlicher Überschrift wird in der kartellrechtlichen Literatur die - im Ergebnis verneinte - Frage aufgeworfen, ob es einen "außergesetzlichen Gruppentatbestand gibt, der über die Verbundklausel hinaus de lege lata zur Zusammenrechnung der Größen der Gruppenmitglieder führen könnte" 564 . Übertragen auf das Toleranz- und Anschlußklausel-Problem bei Zusammenschlüssen zwischen ländlichen Warengenossenschaften und privaten Landhandelsunternehmen 565 ließe sich dementsprechend fragen, ob nicht bereits der Gesichtspunkt einer zwischen Haupt- und Primärgenossenschaft denkbaren Wettbewerbseinheit als Zurechnungstatbestand bei der im Rahmen des § 24 Abs. 8 GWB vorzunehmenden Umsatzaddition genügt, ob also der in § 24 Abs. 8 Satz 2 GWB enthaltene Verweis auf § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB um ein "übergeordnetes Merkmal" 566 erweiterbar ist. Hiergegen spricht zunächst der Zweck des § 24 Abs. 8 GWB, der darauf gerichtet ist, die Zusammenschlußkontrolle durch hohe "Toleranzgrenzen" auf "schwerwiegende Fälle" zu begrenzen 567. Vor allem aber ergibt sich weder aus dem Regelungsgefüge des GWB ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der im Wege der "Gesamtanalogie" 568 auf § 24 Abs. 8 GWB erweiternd einwirken könnte, noch ist ein über das GWB hinausgreifender Rechtsgedanke erkennbar, der eine 562 Kersten, in: Frankf. Komm., § 22 Tz. 211; Langen/Niederleithinger/Ritter/ Schmidt, § 22 Rz. 65; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 185. 563 Ähnlich Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 35, 37. 564 Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 38 f. (39). 565 Vgl. oben, S. 6 f. 566 Vgl. Autenrieth, BB 1982, S. 756, der die wettbewerbliehe Einheit als "übergeordnetes Merkmal (oder ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal)" abhandelt. 567 Vgl. Begr. RegE 1971, BT-Drucks. Vl/2520, S. 32; Begr. RegE 1978, BT-Drucks. 8/2136, s. 23. 568 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 368; dieses Verfahren wird meist als "Rechtsanalogie" bezeichnet, vgl. dazu die Nachweise bei Canaris, S. 97 Fn. 135, der insoweit von "Induktion" und nicht von Analogie spricht (S. 100, § 93).
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzernklausel)
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"gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung" 569 im Rahmen der Toleranzklauseln rechtfertigen könnte. Mit dem bis heute nicht definierten Begriff der wettbewerbliehen Einheit 570 mag sich somit zwar im Bereich der Tatbestandsauslegung bei der "Abgrenzung zwischen wettbewerblieh erheblichen und nicht-erheblichen Unternehmensverbindungen" argumentieren lassen 571 • Zur Analogiebegründung oder als Kriterium für eine "gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung" ist der Begriff jedoch ungeeignet572. Für § 24 Abs. 8 GWB bleibt es daher bei den in § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB genannten Fällen. Dabei ist die Konzernklausel dem "tendenziell weiteren Konzernbegriff' entsprechend auszulegen. Insofern ist die vom Bundeskartellamt vertretene Auffassung, Hauptgenossenschaften bildeten mit ihren Primärgenossenschaften eine wettbewerbliehe Einheit573, für den Bereich der Umsatzberechnung bei§ 24 Abs. 8 GWB dahingehend einzugrenzen, daß zwischen Haupt- und Einzelgenossenschaft eine den Anforderungen der§§ 24 Abs. 8 Satz 2, 23 Abs. 1 Satz 2 GWB genügende "Wettbewerbseinheit" bestehen kann, wenn die Ortsgenossenschaft ihre Hauptgenossenschaft überwiegend in Anspruch nimmt. Dabei bleibt anzumerken, daß es zwar eigentlich der Praxis des Bundeskartellamtes entspricht, den der Diskussion um die Konzern- und Verbundklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB entstammenden Begriff der wettbewerbliehen Einheit 574 auch nur in diesem Zusammenhang zu verwenden 575 • Von dieser Übung ist das Amt vorliegendjedoch (offensichtlich) abgewichen, da es bei dem zu beurteilenden Fall um den Zusammenschluß zwischen einem hauptgenossenschaftlichen Umsatzmilliadär 576 und einem privaten - "mittelständischen" - Konkurrenten der Mitgliedsgenossenschaften ging 577, so daß es nur bei der Prüfung der fusionskontrollrechtlichen Eingriffsvoraussetzungen (§ 24 Abs. 1 GWB) Probleme mit der"wettbewerbliehen Einheit" geben konnte. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß das Bundeskartellamt auch nur für diesen Bereich eine Aussage treffen wollte 578 • Vgl. dazu Larenz, Methodenlehre, S. 397 ff. Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 38: "Schein-Begriff'; auch § 23 Abs. 2 Nr. 6 GWB ,,nennt" lediglich den "wettbewerblich erheblichen Einfluß". 571 So Fischer, S. 189 ff. (189/193). 572 Ähnlich Steindorff, Wettbewerbliehe Einheit, S. 34 ff., 38 f. 573 TB 1987/1988, BT-Drucks. 11 I 4611, S. 90. 574 Vgl. zur Entwicklung dieses Begriffs: Fischer, S. 19 ff., 184, 190; Autenrieth, BB 1982, s. 754 f. 575 Vgl. etwa WuW IE BKartA 1753, 1757, "bituminöses Mischgut"; WuW IE BKartA 1857, 1858, "Veba I Stahlwerke Wolfenbüttel"; weitere Nachweise bei Autenrieth, BB 1982, S. 755 Fn. 28. 576 Raiffeisen-Hauptgenossenschaft e. G., Kiel. m Vgl. BKartA, TB 198711988, BT-Drucks. 1114611 , S.90. 569
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
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b) Ergebnis Die zwischen Haupt- und einzelner Mitgliedsgenossenschaft bestehende Verbindung wird von § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB grundsätzlich nur dann als Gleichordnungskonzern erlaßt, wenn die Fremdablenkung bei der Primärgenossenschaft geringer ist als der mit der Hauptgenossenschaft getätigte Umsatz. Die Konzernklausel begnügt sich zwar mit dem auf das Erfordernis der "wirtschaftlichen Einheit" verzichtenden "tendenziell weiteren Konzernbegriff', läßt sich darüberhinaus aber nicht auf eine genossenschaftliche Stufenverbindung erstrecken, der es am überwiegend arbeitsteiligen Zusammenwirken fehlt. Kann dies auch nicht der Ort sein, zu den über 2.500 Einzelkomplexen zwischen den 11 Hauptgenossenschaften und ihren Mitgliedsgenossenschaften 579 abschließend Stellung zu nehmen, so läßt sich in Anbetracht der im ländlichen Genüssenschaftswesen auf dem Gebiet der allgemeinen Warenwirtschaft zu beobachtenden hohen "Innenumsätze" bei regelmäßig geringerer Fremdablenkung und entsprechend ausgeprägter rationeller Arbeitsteilung zwischen den Verbundstufen 580 aber die Feststellung treffen, daß Haupt- und einzelne Mitgliedsgenossenschaft jedenfalls zumeist in einer den Anforderungen der Konzernklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB genügenden Gleichordnungsbeziehung stehen. Bevor geklärt wird, wie sich dies im einzelnen auf die bei § 24 Abs. 8 GWB vorzunehmende Umsatzaddition auswirkt, soll noch der Frage nachgegangen werden, ob die Konzernklausel außerdem auf die Mitgliederwirtschaften der Ortsstufe und/oder das "Spitzenunternehmen der Bezugs- und Absatzgenossenschaften"581, die Deutsche Raiffeisen-Warenzentrale GmbH (DRWZ), Frankfurt am Main, erstreckt werden kann.
111. Vierstufiger Gleichordnungskonzern zwischen DRWZ, Hauptgenossenschaft, Mitgliedsgenossenschaft und Erzeugerbetrieb Den Anstoß für eine derartige Untersuchung liefert die im Schrifttum vertretene Auffassung, es erscheine "berechtigt, bei vielen Überlegungen von der wirtschaftlichen Einheit eines genossenschaftlichen Betriebskomplexes auszugehen" , der 578 Vgl. in diesem Zusammenhang auch K. Schmidt, ZGR 1980, S. 277, 282, der von wettbewerblicher Einheit überhaupt nur im Rahmen der Eingreifkriterien sprechen will; vgl. zur Relevanz der Auffassung des BKartA für den Bereich des § 24 Abs. 1 GWB: unten, S. 143 ff. (144 f., 153 f., !56 f.). 579 Ende 1988 standen den 11 Hauptgenossenschaften 739 Bezugs- und Absatzgenossenschaften sowie 1785 Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr gegenüber, vgl. DG
Bank, 1989, S. 16.
580 Vgl. oben, S. 101. 581 Aschhoff I Henningsen, S. 71.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzernklausel)
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nicht auf das Verhältnis von Haupt- zu Einzelgenossenschaft beschränkt sei, sondern auch die "Zentralgenossenschaft nationalen Ausmaßes" und die einzelnen Mitgliederwirtschaften umfasse 582 • Dabei wird hervorgehoben, auch die Mitgliederwirtschaften und ihre jeweilige Ortsgenossenschaft seien "bei grundsätzlicher Betrachtung wirtschaftlich ein Ganzes" und bildeten "insoweit eine gewisse Parallele zu einem Konzern, bei dem eine isolierte Betrachtung der einzelnen Teile auch zu Fehlschlüssen führen würde." 583 1. Konzernrechtliche Möglichkeit eines vierfach gestuften Gleichordnungskonzerns Das aktienrechtliche Schrifttum spricht unter dem Stichwort "mehrstufiger Konzern" zwar nur den mehrfach gegliederten Unterordnungskonzern an 584• Konzernrechtlich ist aber auch ein von "Mutter bis Urenkel" gegliederter Gleichordnungskonzern denkbar, bei dem die Unternehmerischen Grundfunktionen sämtlicher Stufen auf eine gemeinsame Zielkonzeption abgestimmt sind, was sich etwa in einer vom "Prinzip der Kooperation" getragenen stufenübergreifenden Arbeitsteilung niederschlagen kann. Diese Möglichkeit wird letztlich auch im Schrifttum aufgezeigt, wenn der als ,,kombinierter Gleich- und Unterordnungskonzern" bezeichnete Fall, daß mehrere zu einem Gleichordnungskonzern zusammengefaßte Unternehmen ihrerseits "untergeordnete" Unternehmen haben, mit der Einbeziehung der abhängigen Tochterund Enkelgesellschaften in den zwischen ihren Müttern bestehenden Gleichordnungskonzern gelöst wird 585 • 2. Einbindung der Mitgliederwirtschaft in den zwischen Haupt- und Einzelgenossenschaft bestehenden Gleichordnungskonzern Das Verhältnis von Ortsgenossenschaft zu Erzeugerbetrieb ist von den gleichen Prinzipien und ähnlichen Einflüssen geprägt wie die zwischen Haupt- und Primärgenossenschaft bestehende Verbindung 586• Aufgrund des genossenschaftsspezifischen Freiwilligkeitsprinzips, des auf der Ortsstufe grundsätzlich geltenden "Ein Mann - eine Stimme"-Grundsatzes 587 Draheim, Untemehmungstyp, S. 145. Draheim, Untemehmungstyp, S. 145. 584 Vgl. etwa Geßler, in: Geßler I Hefermehl I Eckardt I Kropff, Rdnr. 39 f. mit Nachweisen; Würdinger, in: Großkomm., § 18 Anm. 8; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 717 (§ 31 II 3 c). 585 Vgl. Gromann, S. 71 f. mit Nachweisen; GeBier, in: Geßler I Hefermehl I Eckardt I Kropff, § 18 Rdnr. 79; Adler I Düring I Schmaltz, 4. Aufl., § 329 Rdnr. 40. 586 Vgl. Draheim, in: Grundfragen des Genossenschaftswesens, S. 154; derselbe, Untemehmungstyp, S. 132; Faust, S. 54 f.; Henzler, Die Genossenschaft, S. 35. 582
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
und mangels einer die Möglichkeit zur beherrschenden Einflußnahme eröffnenden Koordination der Mitglieder bei der genossenschaftlichen Willensbildung stehen sich auch hier die Beteiligten rechtlich "unabhängig" gegenüber 588 . Da es im Hinblick auf die mit dem Prinzip der Kooperation verbundenen Wechselwirkungen ebenfalls keine grundlegenden Unterschiede gibt, liegt die (gleichordnungs-)konzernrechtliche Erfassung solcher Mitgliederwirtschaften, die ihren betriebsbedingten Bezug und den Absatz der landwirtschaftlichen Erzeugnisse hauptsächlich über die Verbundkette abwickeln, deshalb nahe 589. Dabei hätte das von fehlender Koordination mit den übrigen Mitgliedern geprägte, "naturgemäß" auf den eigenen Betrieb ausgerichtete Denken der Landwirte 590 zur Folge, daß nunmehr die Primärgenossenschaft einer durch die Summe der hinreichend integrierten Mitgliederwirtschaften bestimmten Vielzahl von Gleichordnungskonzemkreisen zugerechnet werden müßte, in die dann auch die mit der Ortsgenossenschaft unter einheitlicher Leitung zusammengefaßte Hauptgenossenschaft eingebunden wäre. Daß eine derartige Abgleichung mit dem Förderungszweck und dem Erfordernis der einheitlichen Leitung vereinbar ist, haben die Ausführungen zur mehrfachen Konzernzugehörigkeit einer Hauptgenossenschaft gezeigt. Das gemeinsame Konzernziel würde sich bei dieser Betrachtung auf die durch den genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und die genossenschaftliche Treuepflicht "abgeglichene" Förderung des jeweiligen Einzelgenossenschafters verdichten. Dabei würde der Tätigkeitsbereich des einzelnen Erzeugerbetriebes in hinreichendem Maße von der sich "nach oben" fortsetzenden einheitlichen Leitung erlaßt, wenn die stufenverbundwirtschaftliche Arbeitsteilung durch eine den Fremdbezug übersteigende Abnahme der genossenschaftlichen Leistungen bei entsprechender Bereitstellung der im landwirtschaftlichen Betrieb hervorgebrachten Erzeugnisse unterstützt würde. Das über eine schlichte Kundenbeziehung hinausgehende konzerntypische Abstimmungsmoment ergäbe sich dann auf seiten der Erzeugerbetriebe daraus, daß die überwiegende Inanspruchnahme der Genossenschaft eine innerbetriebliche Anpassung auf die verbundwirtschaftlich gesicherte Vermarktung und Beschaffung bedingt, was sich im entsprechenden Zuschnitt der Produktionsmenge, der Begrenzung des Produktionsprogramms oder in der Umstellung der Erzeugung äußern kann59I . 587 Vgl. dazu oben, S. 33. 588 Die Ausführungen zum fusionskontrollrechtlichen Abhängigkeitstatbestand und zur Mehrmütterklausel gelten insoweit entsprechend. 589 Es sei aber darauf hingewiesen, daß derartige Fälle, die bereits im Verhältnis von Erzeugerbetrieb zu ,,reiner" Bezugs- und Absatzgenossenschaft nicht die Regel bilden (vgl. dazu oben, S. 100 f.), bei den Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr noch seltener sind, zumal der Anteil der Landwirte an den gemischtwirtschaftlichen Genossenschaften stark rückläufig ist; vgl. dazu Straaten, S. 25, der für das Jahr 1982 einen Anteil von 7 % angibt, dem Anfang der siebziger Jahre noch 45 % gegenüberstanden. 590 Pabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NF I Bd. 41 (1963), S. 49.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzernklausel)
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Fraglich ist allerdings, ob die Erzeugerbetriebe bzw. die sie betreibenden Landwirte auch die von § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB geforderte Unternehmenseigenschaft aufweisen.
a) Der Landwirt als "verbundenes Unternehmen" im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB Die Vorstellung, es handele sich bei der typischen bäuerlichen Mitgliederwirtschaft um ein "Unternehmen", stellt sich zumindest nicht von selbst ein. Denn nicht selten bewirtschaften die Genossenschafter ihr landwirtschaftliches Grundstück nebst Hofstelle allein und dies häufig auch nur im "Nebenberuf' mit entsprechend bescheidenem Umfang, der zudem saisonalen Schwankungen unterliegt. Unabhängig von Umfang, Nachhaltigkeil und Planmäßigkeit der konkreten Tätigkeit kann jedoch auch die als privater Anbieter auftretende Einzelperson Unternehmen im Sinne des Kartellrechts sein 592 • Nach dem Zweck des Gesetzes, die Freiheit des Wettbewerbs sicherzustellen, kommt jede Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr in Betracht, die auf den Austausch von Waren oder gewerblichen Dienstleistungen gerichtet ist und sich nicht auf die Deckung des privaten Verbrauchs beschränkt 593 • Dabei wird in Abgrenzung zur unzulänglichen, lediglich dem privaten Verbrauch dienenden Tätigkeit die "spezifisch marktwirschaftliche Teilnahme am geschäftlichen Verkehr" 594 hervorgehoben. Demnach ist also auch der Landwirt mit seinem auf die Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte gerichteten Erzeugerbetrieb "GWH-Unternehmen". Dies wird durch§ 100 GWB insoweit bestätigt, als die Freistellung von Vorschriften, die das Unternehmenserfordernis beinhalten, nur Sinn macht, wenn es sich bei den privilegierten Landwirten bzw. "Erzeugerbetrieben" ebenfalls um Unternehmen handelt 595 • Vgl. dazu Pabsch, in: Berichte über Landwirtschaft NF I Bd. 41 (1963), S. 47. Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 1 Rz. 8 f.; lmmenga, in: Immenga I Mestmäcker, § 1 Rdnr. 38 ff. (41, 42, 43); Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 100 (S. 68), jeweils mit Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen; vgl. zum "Ein-Mann-Unternehmen" auch BGH, WuW IE BGH 1661, 1663, "Berliner Musikschule"; WuW IE BGH 1246 f., "Feuerwehrschutzanzüge". 593 BGH, WuW JE BGH 1253, 1257, "Nahtverlegung"; WuW IE BGH 1469, "Autoanalyser"; vgl. bereits Begr. RegE 1952, BT-Drucks. Illll58, S. 31. 594 Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 1 Rz. 9. 595 § 100 GWB nennt den Begriff des Unternehmens nicht; im Schifttum wird die - nicht problematisierte - Unternehmenseigenschaft der Landwirte I "Erzeugerbetriebe" offensichtlich vorausgesetzt, vgl. etwa die "Inhaltsübersicht" zu § 100 GWB bei Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt: "privilegierte Unternehmen"; dieselben, § 100 Rz. 3: "Erzeugerbetriebe sind ... Unternehmen .. . (natürliche und juristische Personen), welche die landwirtschaftliche Urproduktion . .. betreiben"; vgl. auch Dobroschke, WuW 1967, S. 713, 716. 591
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9 Recktenwald
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
Der hier zugrunde gelegte ,,kartellrechtliche Unternehmensbegriff' 596 entstammt zwar der Diskussion zu § 1 GWB, gilt aber grundsätzlich auch für die Verbundklausel des § 23 Abs. 1 GWB 597, bei der es ebenfalls genügt, daß sich eine natürliche Person am "marktwirtschaftlichen Leistungsaustausch" 598 beteiligt599. Die Einstufung der Mitgliederwirtschaft (genauer: des Rechtsträgers des Erzeugerbetriebes 600) als Unternehmen im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB kollidiert dabei auch nicht mit § 18 AktG, da das Unternehmen als Ausdruck der Gesetzessprache, der selbst im Aktienrecht nicht einheitlich verwandt wird 601 , ein "zweckbezogener Begriff' ist 602 und es jeweils den Rechtsfolgen, die an den Begriff anknüpfen, zu entnehmen ist, was in der einzelnen Vorschrift unter ihm zu verstehen ist 603. Die Einbeziehung des einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhaltenden Genossenschafters in den zwischen seiner Genossenschaft und deren "Zentrale" bestehenden Gleichordnungskonzern scheitert also auch nicht an der von § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB vorausgesetzten Unternehmenseigenschaft Sie ist damit ebenso möglich wie der zweistufige Gleichordnungskonzern zwischen Landwirt und der "nach oben" unzulänglich abgestimmten Ortsgenossenschaft In Anbetracht der häufig schwach ausgepägten Mitgliederverbundenheit auf der Ortsstufe 604 , den tatsächlichen Schwierigkeiten, denen die Feststellung hinreichender Koordination zwischen Mitglied und Genossenschaft begegnet, vor allem aber wegen der geringen Bedeutung des Genossenschafters als Konzernunternehmen für die - in dieser Arbeit auf die Genossenschaft als Zusammenschlußbeteiligte bezogene - Umsatzberechnung gemäß §§ 24 Abs. 8 Satz 2, 23 Abs. 1 Sätze 2 ff. GWB erscheint es jedoch wenig lohnend, die Problematik des "verbundenen Landwirts" an dieser Stelle weiter zu vertiefen. 596 Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 100 (S. 68); ähnlich Emmerich, Kartellrecht, S. 31 (§ 4 1 a), 326 (§ 22 3 a) mit Nachweisen; dagegen betont K. Schmidt, ZGR 1980, S. 277, 280, "den" Unternehmensbegriff des GWB könne es ebensowenig geben wie "den" Unternehmensbegriff überhaupt. 597 Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 66; Emmerich, Kartellrecht, S. 326 (§ 22 3 a); Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 769 (S. 483); differenzierend: Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 5; K. Schmidt, ZGR 1980, s. 280 ff. 598 Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 66. 599 Dies lassen auch diejenigen Stimmen gelten, die den "besonderen" Unternehmensbegriff der Zusammenschlußkontrolle hervorheben; vgl. Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 5 ff., 10 ff.; K. Schmidt, ZGR 1980, S. 280. 600 Vgl. dazu Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 66; Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 15 Rdnr. 9. 601 Vgl. Würdinger, in: FS Kunze, S. 177/178. 602 Hefermehl, in: FS Geßler, S. 204. 603 Allg. Auffassung, vgl. GeBier, in: FS Knur, S. 146; Hefermehl, in: FS GeBier, S. 204; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 710 (§ 31 II 1); Mestmäcker, in: Immengal Mestmäcker, § 23 Rdnr. 4; Koppensteiner, in: Kölner Komm., § 15 Rdnr. 8 ff. mit weiteren Nachweisen. 604 Vgl. oben, S. 100 f.
§ 2 Verbundklausel (C. Die Konzernklausel)
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b) Relevanz für die Kontrolle von Zusammenschlüssen zwischen ländlichen Warengenossenschaften und privaten Landhandelsunternehmen Die geringe Relevanz für die Zusammenschlußkontrolle betreffend die Übernahme privater Landhandelsunternehmen durch Genossenschaften erklärt sich weniger mit den - gemessen an den in § 24 Abs. 8 GWB genannten Schwellenwerten - unbedeutenden Umsatzerlösen des Einzelbetriebes. Insofern könnte sich noch aus der Summe aller mit der am Zusammenschluß beteiligten Genossenschaft konzernierten Erzeugerbetriebe ein anderes Bild ergeben. Von größerer Bedeutung ist vielmehr, daß § 23 Abs. 1 Satz 3 Teils. 2 GWB "Innenumsatzerlöse", also "Umsatzerlöse aus Lieferungen und Leistungen zwischen Unternehmen, die im Sinne des Satzes 2 verbunden sind" 60S, von der Umsatzberechnung-zurVermeidung von Doppelzählungen - 606 ausschließt. Die "Hauptumsätze" des gleichgeordneten Genossenschafters könnten der am Zusammenschluß beteiligten Genossenschaft deshalb nicht über § 24 Abs. 8 Satz 2 GWB zugerechnet werden. Erheblich würden allenfalls Fremdumsätze, deren Umfang bei Konzernunternehmen der Erzeugerstufe aber aus den bereits dargelegten Gründen 607 von unterordneter Bedeutung sein müßte.
c) Ergebnis Einen den Anforderungen des § 23 Abs. I Satz 2 GWB genügenden Gleichordnungskonzern kann es auch zwischen Einzelmitglied, Primärgenossenschaft und Hauptgenossenschaft geben. Die Ausnahmeerscheinung des Mitglieds als Konzernunternehmen darf jedoch im Rahmen der fusionskontrollrechtlichen Aufgreifkriterien bei Zusammenschlüssen zwischen Genossenschaften und privaten Landhandelsunternehmen grundsätzlich vernachlässigt werden 608 • 3. Einbindung der Deutsche RaUTeisen-Warenzentrale GmbH in den zwischen Haupt- und Einzelgenossenschaft bestehenden Gleichordnungskonzern
Abschließend bleibt zu klären, ob es im ländlichen Genossenschaftswesen heutiger Prägung den Fall geben kann, daß eine Primärgenossenschaft, ihre Hauptgenossenschaft und die DRWZ für die Berechnung der Umsatzerlöse bei Legaldefinition in § 23 Abs. I Satz 3 Halbs. 2 GWB. Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 105; Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 321: "lnnenumsätze sind materiell nichts anderes als Verrechnungsposten innerhalb eines Unternehmens." 607 Abstimmung des Schwergewichts der landwirtschaftlichen Tätigkeit bei überwiegender Inanspruchnahme der Genossenschaft. 608 Es bleiben allerdings Grenzfälle denkbar, in denen erst die Berücksichtigung der Erzeugerbetriebe kontrollpflichtbegründend wirkt. 605
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
§ 24 Abs. 8 GWB als "einheitliches Unternehmen" im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB anzusehen sind.
a) Die Stellung der DRWZ im Stufenverbund Trotz ihrer Rechtsform ist auch die DRWZ- vergleichbar mit den Hauptgenossenschaften - aufgrund ihrer förderungswirtschaftlichen Aufgabenstellung "Genossenschaft von Genossenschaften" 609, was sich in den für sie gebräuchlichen Ausdrücken "Tertiärgenossenschaft" 610, "genossenschaftliche Bundeszentrale" 611 oder "Zentralgenossenschaft auf nationaler Ebene" 612 widerspiegelt. Als Zusammenschluß "dritten Grades" 613 unterstützt die DRWZ, deren Kapital von den regionalen Hauptgenossenschaften und der DG Bank gehalten wird 614, in erster Linie die Hauptgenossenschaften bei ihren Funktionen im An- und Verkauf615, wobei auch sie sich als "Ergänzungsbetrieb" im Rahmen der "Subsidiarität" zu halten hat 61 6.
b) Einheitliche Leitung Der DRWZ werden zwar "wichtige Schrittmacherfunktionen" 617 gegenüber der Sekundärstufe zugeschrieben. Auch wird das "enge Zusammenspiel zwischen der DRWZ und den Hauptgenossenschaften auf der Grundlage echter Gemeinsamkeit" als "Beispiel für eine echte Funktionsergänzung im genossenschaftlichen Verbund" 618 herausgestellt. Bereits das deutlich unter den Durchschnittsumsätzen der Sekundärgenossenschaften liegende Umsatzvolumen der DRWZ 619 zeigt jedoch, daß die praktizierte Arbeitsteilung keinen Umfang aufweist, der es rechtfertigen könnte, die Zusammenfassung von Bundeszentrale und einzelnen Hauptgenossenschaften unter einheitlicher Leitung anzunehmen. Zwar richtet die Bundeszentrale ihre Unternehmensführung an den genossenschaftlichen Förderbelangen aus. Es fehlt aber auf 609 Freund, Bundeszentralen, Genossenschaftliche, in: HdG, Spalte 227, 228. 610 Kopplin, S. 24. 611 Freund, in: HdG, Spalte 216 f. 612 Draheim, in: Grundfragen des Genossenschaftswesens, S. 154. 613 Freund, in: HdG, Spalte 225. 614 Aschhoff 1Henningsen, S. 71. 615 DG Bank, 1988, S. 38; vgl. zu diesen und den darüber hinausgehenden Funktionen sowie zu Organisation und Aufbau der DRWZ: Freund, in: HdG, Spalte 220 ff.; Aschhoff I Henningsen, S. 71; Faust, S. 55, 129. 616 Draheim, in: Grundfragen des Genossenschaftswesens, S. 154. 617 Freund, in: HdG, Spalte 220; Aschhoff I Henningsen, S. 71. 618 Freund, in: HdG, Spalte 219, 220. 619 Ende 1987 betrug der Gesamtumsatz der Hauptgenossenschaften ca. 16,5 Mrd. DM(= 0 1,5 Mrd. DM), während sich die Umsatzerlöse der DRWZ "nur" auf etwa 1,3 Mrd. DM beliefen; vgl. die Angaben bei DG Bank, 1988, S. 38, 39, 79.
§ 3 Umsatzberechnung (§ 23 Abs. I Satz 3 bis 7 GWB)
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seiten der Mittelstufe an einer die Grundfunktionen hinreichend umschließenden Koordination mit der Oberstufe 620 , da die Hauptgenossenschaften, die grundsätzlich eigenständig am Markt auftreten, ihre Geschäftspolitik lediglich in Randbereichen mit der Bundeszentrale abstimmen. Auch findet bei den Hauptgenossenschaften keine übereinstimmende Funktionsausgliederung statt, die zwischen ihnen hinsichtlich eines auf höherer Ebene zusammengefaßten Tätigkeitsbereichs eine "partielle Gleichordnung" entstehen lassen könnte. Insoweit ließe sich zwar an die Geschäftstätigkeit der Bundeszentrale auf den internationalen Märkten denken 621 • Nicht zuletzt das in diesem Bereich betriebene Vermittlungsengagement der seit 1948 bestehenden DRWZ 622 hat jedoch dazu geführt, daß die Hauptgenossenschaften, teilweise auch große Primärgenossenschaften, nunmehr in der Lage sind, das Auslandsgeschäft eigenständig zu betreiben, was überwiegend auch geschieht 623 • c) Ergebnis Ein die Bundeszentrale umschließender Gleichordnungskonzern scheidet somit aus. Auch bestehen keine fusionskontrollrechtlich erheblichen Abhängigkeiten, da die Anteilseigner ihre Bundeszentrale mangels ,,Zusammenwirkens" im Sinne von§ 23 Abs. l Satz 2 Halbs. 2 GWB 624 nicht beherrschen können und auch die DRWZ keine Möglichkeit zur Beherrschung einzelner Hauptgenossenschaften hat.
§ 3 Umsatzberechnung (§ 23 Abs. 1 Satz 3 bis 7 GWB) Die grundsätzliche Anwendbarkeit der Konzernklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 GWB auf die zwischen der genossenschaftlichen Unter- und Mittelstufe der allgemeinen ländlichen Warenwirtschaft bestehenden Einzelverbindungen läßt zwar vorab die Feststellung zu, daß hierdurch auch die Kontrolle solcher Zusammenschlüsse möglich wird, die zwischen Ortsgenossenschaften und privaten Landhandelsunternehmen stattfinden. Denn§ 24 Abs. 8 Satz 2 GWB berücksichtigt die Umsätze aller Unternehmen, die mit dem am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB verbunden sind, so 620 Vgl. zum sachlichen Umfang der einheitlichen Leitung beim Gleichordnungskonzem: oben, S. 73 ff. 621 Vgl. dazu Freund, in: HdG, Spalte 221. 622 Vgl. Aschhoff I Henningsen, S. 71. 623 Vgl. Aschhoff I Henningsen, S. 80. 624 Vgl. zur Besetzung der Verwaltungsorgane und zur Willensbildung bei der DRWZ: Freund, in: HdG, Spalte 228.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
daß den "umsatzschwachen" Zusammenschlußpartnern die erheblichen Umsatzerlöse der Hauptgenossenschaft zugerechnet werden können. Es genügt für § 24 Abs. 8 GWB aber nicht, daß die dort genannten Schwellenwerte aufgrund bloßer Summenbildung aus den Umsatzerlösen der zu Gleichordnungskonzernen verbundenen Genossenschaften erreicht werden. Einerseits ergeben sich Kürzungen aus der gesetzlich vorgeschriebenen Art und Weise der Berechnung der geforderten "Aufgreifwerte". Andererseits muß es auf "privater" Seite zumindest ein sich "anschließendes" Landhandelsunternehmen mit wenigstens 4 Mio. DM Jahresumsatz geben (vgl. § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 GWB) 625 • Die kraft Verweisung auch für die Kontrollvoraussetzungen des § 24 Abs. 8 GWB geltenden Umsatzberechnungsvorschriften des § 23 Abs. l Sätze 3 ff. GWB haben dabei insbesondere zur Folge, daß bei der Umsatzermittlung keine "Innenumsatzerlöse" (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 3 Teils. 2 GWB) 626 berücksichtigt werden dürfen und daß reine "Vertriebsumsätze" 627 nur mit drei Vierteln in Ansatz zu bringen sind (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 6 GWB). Desweiteren richtet sich die Umsatzberechnung nach § 277 Abs. 1 HGB (vgl. § 23 Abs. l Satz 3 Teils. I GWB), so daß nur betriebs-"typische" Erlöse unter "Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer" (vgl. § 277 Abs. l HGB) erheblich werden. Diese Kürzungen "gefährden" zwar offensichtlich nicht die materielle Zusammenschlußkontrolle bei Beteiligung von Haupt- oder mit der Sekundärstufe "konzernierten" Primärgenossenschaften und privaten Landhandelsunternehmen, deren Umsatzerlöse 50 Mio. DM übersteigen, da in diesen Fällen stets der insoweit maßgebliche Toleranzwert von 500 Mio. DM (vgl. § 24 Abs. 8 Satz l Nr. l GWB) erreicht werden dürfte. Problematisch könnte aber der Fall des sich "anschließenden" Landhändlers mit zwischen 4 und 50 Mio. DM liegendem Jahresumsatz werden, da selbst der bisher für die ll regionalen Warenzentralen zugrundegelegte Durchschnittsumsatz von I ,5 Mrd. DM, in dem allerdings die Umsatzsteuer mitenthalten ist 628 , möglicherweise auf einen Wert gekürzt werden muß, der auf der Genossenschaftsseite zu einer Unterschreitung der in § 24 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 GWB geforderten 1 Mrd.-DM-Schwelle führt.
A. Umsatzerlöse im Sinne von § 277 Abs. 1 HGB § 23 Abs. l Satz 3 Teils. l GWB orientiert sich zunächst an § 277 Abs. 1 HGB, der die Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung des § 275 HGB
Vgl. oben, S. 5 f., 8. Vgl. oben, S. 131. 627 Terminologie nach Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 170. 628 Die Statistik der DG Bank (vgl. oben, S. 132 Fn. 619) weist die Umsatzerlöse der Hauptgenossenschaften insoweit nicht nach Maßgabe des auch für Genossenschaften geltenden § 277 Abs. 1 HGB aus. 625
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§ 3 Umsatzberechnung (§ 23 Abs. I Satz 3 bis 7 GWB)
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erläutert. Da auch die Genossenschaft als Kaufmann kraft Rechtsform (vgl. § 17 Abs. 2 GenG) über §§ 242, 336 HGB den Rechnungslegungsvorschriften des Handelsrechts einschließlich § 277 Abs. 1 HGB unterliegt 629 , müßten die in der Gewinn- und Verlustrechnung einer Genossenschaft ausgewiesenen "Umsatzerlöse" an sich den Anforderungen des § 277 Abs. 1 HGB genügen. Der Vollständigkeit halber und zur Vermeidung von Zweifeln bei einigen Abgrenzungsfragen sei dennoch kurz auf die Grundzüge dieser Regelung eingegangen. § 277 Abs. 1 HGB folgt dem sog. engen Umsatzbegriff630 und stellt nur auf die Erlöse aus der eigentlichen Betriebsleistung ab 631 • Relevant sind solche Lieferungen und Leistungen, die das Unternehmen im Rahmen seiner üblichen Geschäftstätigkeit erbringt und bei denen es aufgrund seines tatsächlichen Absatzbzw. Dienstleistungsangebots 632 regelmäßig als Anbieter auftritt 633 • Wegen des weitgesteckten vielseitigen Tätigkeitsfeldes der ländlichen Genossenschaften ("Mehrzweckgenossenschaften" 634) dürften insoweit jedoch lediglich "untypische" Geschäfte wie Verkäufe von Betriebsgrundstücken oder Erlöse aus Werksküchen und Kantinenverkäufen 635 als "außerordentliche Erträge" im Sinne von § 277 Abs. 4 HGB auszugrenzen sein. Nach der gesetzlichen Regelung ist nur der "Absatzumsatz" maßgeblich, nicht aber der "Beschaffungsumsatz" 636 , der in § 255 HGB als "Anschaffungs- und Herstellungskosten" geregelt wird. Dabei wirkt sich allerdings die im Genassenschaftswesen übliche Unterteilung in "Bezugs- und Absatzgeschäft" 637 nicht umsatzschmälernd aus, da es hierbei einen genossenschaftlichen "Absatz nach beiden Seiten" gibt (Mitgliederversorgung und Vermarktung), der von § 277 Abs. 1 HGB erfaßt wird.
629 Vgl. zum "neuen" Bilanzrecht für Genossenschaften: Bergmann, ZfgG Bd. 36 (1986), s. 85 ff., 90 ff. 630 Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 82, zur entsprechenden Regelung in § 158 Abs. 1 AktG a. F. 631 Vgl. Müller, GenG, Anh. I § 93 s Rn. 20 zu § 158 Abs. 1 a. F.; Kleinmann I Bechto1d, § 23 Rdnr. 313. 632 Im Gegensatz zum bis 1985 für§ 23 Abs. 1 Satz 3 GWB maßgeblichen § 158 Abs. 1 u. 2 AktG bezieht§ 277 Abs. I HGB den Dienstleistungssektor nunmehr ausdrücklich mit ein; vgl. dazu Budde I Förschle, in: Bi!-Komm., § 275 Anm. 47. 633 Budde I Förschle, in: Bil-Komm., § 275 Anm. 48; Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 313: "tatsächliche typische Tätigkeit". 634 Kunze, in: HdG, Spalte 168. 635 Vgl. zur Abgrenzung der Umsatzerlöse in Einzelfällen: Adler I Düring I Schmaltz, 5. Auf!., § 277 Tz. 5 ff.; Budde I Förschle, in: Bi!-Komm., § 275 Anm. 50 ff., 54 ff.; Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 314 ff., 320. 636 Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 313; Budde I Förschle, in: Bi!-Komm., § 275 Anm. 47 ff.; zum "alten" Recht: Müller, GenG, Anh. I 93 s Rn. 20; Frankf. Komm., § 23 Tz. 103. 637 Vgl. zur Abrenzung der Begriffe: Kunze, in: HdG, Spalte 170 ff.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
I. Abzug von Erlösschmälerungen Nach § 277 Abs. 1 HGB sind "Erlösschmälerungen" von den Umsatzerlösen abzugrenzen, weil Umsatzerlöse wirtschaftlich nur in Höhe des Betrages vorliegen, den das Unternehmen dem Abnehmer tatsächlich in Rechnung stellt 638 • Es geht dabei um ,,Preisnachlässe und zurückgewährte Entgelte" 639 , z. B. Skonti oder Treuerabatte und -prämien 640 • Fraglich ist, ob auch die sog. Warenrückvergütung 641 in diesen Bereich fällt 642 • Zwar wird im Schrifttum in anderem Zusammenhang hervorgehoben, die genossenschaftliche Rückvergütung sei "nicht etwa" als Preisnachlaß anzusehen, da sie nicht an das einzelne Umsatzgeschäft anknüpfe, sondern an das "Gesamtergebnis des Warengeschäfts" 643 • Wirtschaftlich stellt sie sich aber wie ein Preisnachlaß dar, zumal die Nach- bzw. Rückvergütung gerade der Verwirklichung des Kostenpreises gegenüber dem Mitglied dient 644 • Andererseits ist zu berücksichtigen, daߧ 277 HGB eine Vorschrift konkretisiert(§ 275 HGB), die auf die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes 645 der Ertragslage eines Unternehmens gerichtet ist 646 , beginnend mit der "Verkaufsleistung (Umsatzerlöse)" 647 und endend mit der Position "Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag". Da aber auch für die genossenschaftliche Warenrückvergütung erst ein Geschäftsüberschuß erwirtschaftet werden muß, den es dann lediglich aufgrund des nicht auf Gewinnerzielung gerichteten Geschäftsbetriebes der Genossenschaft zu verteilen gilt 648 , läßt sich das von 638 Budde I Förschle, in Bil-Komm., § 275 Anm. 623; Adler I Düring I Schmaltz, 5. Aufl., § 277 Tz. 29; 639 So noch § 158 Abs. 2 AktG a. F.; vgl. zur Bedeutung der "neuen" Terminologie: Budde I Förschle, in: Bil-Komm., § 275 Anm. 47 f. 640 Vgl. i. e. Jung, in: Heymann HGB, § 277 Rdnr. 8; Adler I Düring I Schmaltz, 5. Aufl., § 277 Tz. 30 ff. 641 Vgl. oben, S. 97 f. 642 Das bilanzrechtliche Schrifttum behandelt diese Frage nicht. Problematisiert wird erst die Aktivierung des mitgliedschaftliehen Anspruchs auf Warenrückvergütung, vgl. dazu Sarx I Lutz, in: Bil-Komm., § 247 Anm. 239; Glade, § 253 HGB Rdnr. 590 (S. 840), jeweils mit Rechtsprechungs- und Literatumachweisen; vgl. auch Gräser I Hoppert I Werhahn, Die Satzung der ländlichen Warengenossenschaften, S. 125: "Auf die beschlossene Rückvergütung haben die Mitglieder einen Rechtsanspruch, der im Jahresabschluß als Verpflichtung der Genossenschaft enthalten sein muß." 643 Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 19 Rn. 15; vgl. auch BGH, ZfgG Bd. 32 (1982), S. 291: "kein Preisnachlaß im eigentlichen Sinne". 644 Vgl. dazu oben, S. 98. 645 Vgl. insoweit § 264 Abs. 2 HGB. 646 Schaffland, in: Lang I Weidmüller, Anh. § 33: § 275 Rdnr. I. 647 Claussen, in: Kölner Komm., § 157 Rdnr. 23. 648 Vgl. dazu Beuthien, in: Meyer I Meulenbergh I Beuthien, § 19 Rn. 15 mit weiteren Nachweisen; vgl. auch§ 42 a der Mustersatzung der ländlichen Warengenossenschaften, abgedruckt und erläutert bei Gräser I Hoppert I Werhahn, S. 124: "Vorstand und Auf-
§ 3 Umsatzberechnung (§ 23 Abs. 1 Satz 3 bis 7 GWB)
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§ 275 HGB geforderte Bildjedoch nur sinnvoll zeichnen, wenn den "Umsatzerlösen" die ungekürzten "genossenschaftlichen Verrechnungspreise" 649 zugrunde gelegt werden. Insofern ist die Warenrückvergütung kein Preisnachlaß im bilanzrechtlichen Sinne, sondern eine davon abzugrenzende Art der Überschußverteilung65o. Eine diesbezügliche Umsatzkürzung über § 277 Abs. I HGB scheidet daher aus.
II. Umsatzsteuerabzug Nach§ 277 Abs. 1 HGB ist auch die Umsatzsteuer- unabhängig davon, ob es sich um inländische oder ausländische Umsatzsteuer handelt 651 - von den Erlösen aus Lieferungen und Leistungen abzuziehen. Andere umsatzabhängige Steuern, z. B. die Bier-, Mineralöl- und Zuckersteuer, brauchen zwar nicht für § 277 Abs. 1 HGB aus den Umsätzen herausgerechnet zu werden 652, haben aber bei § 23 Abs. 1 Satz 3 Teils. 2 GWB als "Verbrauchsteuem" außer Betracht zu bleiben 653 . Dies dürfte im ländlichen Genossenschaftswesen der allgemeinen Warenwirtschaft vor allem bei den Erlösen aus dem Verkauf von Mineralöl und Treibstoffen 654 relevant werden.
B. Marktkriterien Bei den in § 24 Abs. 8 Satz 1 Nm. 1 und 2 GWB enthaltenen Umsatzschwellen handelt es sich um absolute, nicht um marktbezogene Größenkriterien 655 . Es spielt daher keine Rolle, wo die Umsatzerlöse regional entstanden sind 656. Dies gilt auch für Auslandsumsätze 657 , die- soweit sie in fremder Währung erzielt sichtsrat beschließen, welcher Teil des Überschusses als genossenschaftliche Rückvergütung ausgeschüttet wird." 649 Draheim, Unternehmungstyp, S. 159. 65o Aufgrund ihres Wesens ist die Rückvergütung allerdings auch keine Form der Gewinnverteilung, sondern eine Überschußverteilung eigener Art, vgl. dazu Müller, GenG, § 19 Rn. 20 mit Rechtsprechungs- und Literaturnach weisen; Schaffland, in: Lang I Weidmüller, § 20 Rdnr. 7. 651 Jung, in: Heymann HGB, § 277 Rdnr. 10. 652 Vgl. Budde I Förschle, in: Bil-Komm., § 275 Anm. 66; Adler I Düring I Schmaltz, 5. Aufl., § 277 Tz. 38. 653 Vgl. Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 106. 654 Vgl. zu diesem Tätigkeitsbereich: Kunze, in: HdG, Spalte 173, 175 f. 655 Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 807 mit Nachweisen. 656 Westrick, in Westrick I Loewenheim, § 23 Rdnr. 101; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 79; Frankf. Komm., § 23 Tz. 103. 657 BKartA, Merkblatt zur Zusammenschlußkontrolle, B. 4., abgedruckt bei Kleinmann I Bechtold, Anhang IV, S. 857; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 100; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 80; Frankf. Komm., § 23
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
worden sind - gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 Teils. 3 GWB "nach dem amtlichen Kurs in Deutsche Mark umzurechnen" sind. Der von dem Zusammenschluß zwischen genossenschaftlichem und privatem Landhandelsunternehmen betroffene Markt ist mithin für die Umsatzberechnung irrelevant.
C. Vertriebsumsätze (§ 23 Abs. 1 Satz 6 GWB) Bei Unternehmen, deren Geschäftsbetrieb ganz oder teilweise im Vertrieb von Waren besteht, sind für die Umsätze aus der Vertriebstätigkeit nur drei Viertel der Umsatzerlöse in Ansatz zu bringen (§ 23 Abs. 1 Satz 6 GWB). Mit dieser Bestimmung soll berücksichtigt werden, daß die Umsatzerlöse von Handelsunternehmen und Industrieunternehmen für die Beurteilung der wirtschaftlichen Bedeutung dieser beiden Arten von Unternehmen unterschiedliches Gewicht haben 6ss. § 23 Abs. 1 Satz 6 GWB betrifft nur "reine" Handelsgeschäfte 659 im Sinne "planmäßiger Weiterveräußerung fremderzeugter Waren in unverarbeitetem Zustand"660, erfaßt insoweit aber auch "gemischte Unternehmen" 661 , bei denen der reine Warenumschlag vom Vertrieb eigener oder weiterverarbeiteter Erzeugnisse abgegrenzt werden muß662.
Fraglich ist, inwieweit sich dies auf die Umsatzerlöse einer ("gemischten") ländlichen Genossenschaft auswirkt, bei der die Besonderheit des "verbundwirtschaftlichen" Bezugs- und Absatzes besteht, und bei der die aus den Mitgliederwirtschaften/Mitgliedsgenossenschaften stammenden Erzeugnisse stets in irgend einer Form behandelt werden, sei es durch schlichte Verpackung oder aufwendige Weiterverarbeitung 663.
Tz. 105; Westrick, in: WestrickiLoewenheim, § 23 Rdnr. 101; jetzt auch K1einmannl Bechto1d, § 23 Rdnr. 335 mit Rechtsprechungsnachweisen. 6ss Begr. RegE 1971, BT-Drucks. VII2520, S. 26. 659 Frankf. Komm., § 23 Tz. 106. 660 Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 108; ähnlich Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 324; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 99. 661 Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 99. 662 Vgl. Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 324; Frankf. Komm., § 23 Tz. 106. 663 Vgl. zur "Verarbeitungsfunktion" der ländlichen Genossenschaften: Kopplin, s. 39.
§ 3 Umsatzberechnung (§ 23 Abs. 1 Satz 3 bis 7 GWB)
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I. Weiterveräußerung von Waren verbundener Unternehmen Die genossenschaftlichen Umsätze aus reinem Warenumschlag gehören jeden~ falls dann zu den Vertriebsumsätzen im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 6 GWB, wenn zwischen Lieferant und Genossenschaft keine von § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB erfaßte Unternehmensverbindung bestanden hat. Umsatzkürzungen treffen insoweit auch die Erlöse aus schlichter Weiterveräußerung von Waren, die nichtkonzernierte Mitgliederwirtschaften/-genossenschaften angedient haben. Das Bundeskartellamt stellt aber zutreffend klar, daß § 23 Abs. 1 Satz 6 GWB zu keinen Kürzungen führt, "wenn die von einem Unternehmen erzeugten oder bearbeiteten Waren von einem anderen mit ihm verbundenen Unternehmen bezogen und weiterveräußert werden" 664 • Dies steht im Einklang mit § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB, der die verbundenen Unternehmen für die Berechnung der Umsatzerlöse "als einheitliches Unternehmen" begreift. § 23 Abs. 1 Satz 6 GWB erfaßt somit nur Umsätze aus dem Vertrieb solcher Waren, die kein verbundenes Unternehmen erzeugt oder hinreichend 665 bearbeitet hat. In diesem Zusammenhang wird auch der "dreistufige" Gleichordnungskonzern von Erzeugerbetrieb bis Hauptgenossenschaft 666 bedeutsam, wenn die Ortsgenossenschaft Erzeugnisse eines Mitgliedsbetriebs direkt absetzt oder wenn die Hauptgenossenschaft diese Erzeugnisse als durchlaufenden Posten der Primärgenossenschaft vermarktet. Gehört jedoch die weiterveräußernde Hauptgenossenschaft nicht zum Gleichordnungskonzern oder fehlt es auf der Ortsstufe an einer Konzernverbindung, so liegentrotzdes Absatzes über die Genossenschaftskette Vertriebsumsätze im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 6 GWB vor, es sei denn, es findet beim Veräußerer eine hinreichende Warenbearbeitung statt.
II. Bearbeitung und Erzeugung von Waren im ländlichen Gleichordnungskonzern Zu klären bleibt, von welcher Intensität die innerhalb eines bei der Umsatzberechnung zu berücksichtigenden ländlichen Gleichordnungskonzerns vorgenommene Warenbehandlung sein muß, um eine vertriebsbedingte Umsatzkürzung auszuschließen. Während sich die Mitgliedererzeugnisse und die genossenschaftliche Produktion, z. B. die Herstellung von Mischfutter, deutlich vom reinen Warenumschlag 664 Merkblatt des BKartA zur Zusammenschlußkontrolle, B. 4., abgedruckt bei Kleinmann I Bechtold, Anhang IV, S. 857. 665 Das BKartA setzt bei dem Wort "bearbeiten" anscheinend einen bestimmten Intensitätsgrad der Warenbehandlung voraus, nennt aber keine weitere Differenzierung. 666 Vgl. oben, S. 127 ff.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
abgrenzen lassen, ist dies bei den verschiedenen Formen der weniger intensiven Bearbeitung schwieriger. Unzulänglich wirdjedenfalls das bloße Verpacken 667 und Sortieren von Waren/ Erzeugnissen sein. Zu weitgehend erscheint es jedoch, bereits jede "im Verhältnis zum Wert untergeordnete Bearbeitung" auszugrenzen 668 • Ausgehend von den § 23 Abs. 1 Satz 6 GWB zugrundeliegenden Motiven ist es zweckmäßiger, nicht auf die Bearbeitungskosten, sondern auf die "wirtschaftliche Bedeutung" 669 des Bearbeitungsprozesses bei der Vermarktung abzustellen. Zwar wird eine solche marktwirtschaftliche Relevanz in der Regel erst vorliegen, wenn nach allgemeinem Sprachempfinden von "Ver"-arbeitung gesprochen werden kann, die stets für ausreichend gehalten wird 670 • Es gibt aber Grenzfälle, in denen auch eine "Be-"arbeitung der Annahme reiner Vertriebsumsätze entgegensteht. Hierzu gehört die aufwendige Getreidetrocknung und -Iagerung im Rahmen der genossenschaftlichen Getreidevermarktung 671 • Da erst die genossenschaftliche Erfassung und Aufbereitung der von den Erzeugerbetrieben angelieferten kleinen Getreidemengen zu qualitativ einheitlichen Marktpartien führt, die eine marktgerechte Belieferung der Verarbeitungsindustrie ermöglichen 672, liegt eine für§ 23 Abs. 1 Satz 6 GWB genügende Bearbeitung vor. Das Herausrechnen der Vertriebsumsätze aus den Genossenschaftserlösen gestaltet sich somit zwar sehr umständlich und aufwendig. In der Praxis wird man aber regelmäßig auf genauere Berechnungen verzichten können, da zumindest die Hauptumsatzträger Futtermittelgeschäft 673 und Getreidevermarktung 674 nicht von § 23 Abs. 1 Satz 6 GWB erfaßt werden.
Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 324. So aber Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 324. 669 Vgl. Begr. RegE 1971, BT-Drucks. VI/2520, S. 26. 670 Kleinmann/Bechtold, § 23 Rdnr. 324; Langen/Niederleithinger/Ritter/ Schmidt, § 23 Rz. 108; der Begriff der Verarbeitung ist dabei nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bestimmen, wie dies etwa auch bei § 950 BGB geschieht (h. M.); vgl. dazu Mühl, in: Soergel, § 950 Rdnr. 19; Quack, in: MünchKomm., § 950 Rdnr. 7, jeweils mit zahlreichen Nachweisen. 671 Vgl. dazu Kunze, in: HdG, Spalte 1855; Horlacher, in: HdG, Spalte 1855. 672 Kunze, in: HdG, Spalte 177. 673 Das Futtermittelgeschäft ist der größte Umsatzträger der Bezugs- und Absatzgenossenschaften, vgl. Kunze, in: HdG, Spalte 175, der- bezogen auf das Jahr 1977 - von rund 41 % der Gesamtumsätze spricht; dazu ausführlich: Kopplin, S. 73 f. 674 Vgl. Kopplin, S. 65 f.; Kunze, in: HdG, Spalte 177. 667 668
§ 3 Umsatzberechnung (§ 23 Abs. 1 Satz 3 bis 7 GWB)
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D. Innenumsatzerlöse (§ 23 Abs. 1 Satz 3 Teils. 2 GWB) Schließlich sind von den Gesamtumsätzen der gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB verbundenen Unternehmen die Innenumsatzerlöse im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 3 Teils. 2 GWB abzuziehen. Die innergenossenschaftlichen Konzernumsätze werden somit ausgeschaltet. Ist die Hauptgenossenschaft Beteiligte eines Zusammenschlusses, so können ihr - bei vereinfachter Betrachtung - aber noch die aus "Fremdbeschaffung und -vermarktung" stammenden Erlöse der Ortsstufe zugerechnet werden, soweit die erforderlichen Konzernverbindungen bestehen. Streng genommen müßten zwar sowohl auf der Primär- als auch auf der Sekundärstufe die "Innengeschäfte" ausgegrenzt werden. Da diese Geschäfte aber regelmäßig zu in die Umsatzberechnung einzubeziehenden "Außengeschäften" führen, einerseits im Rahmen der genossenschaftlichen Versorgung der in der Regel nicht-konzernierten Mitgliederwirtschaften, andererseits bei der hauptgenossenschaftlichen Vermarktung, erscheint jedoch die Rechenerleichterung durch einseitige Umsatzausgrenzung im obigen Sinne in der Praxis gerechtfertigt. Das§ 23 Abs. 1 Satz 3 Teils. 2 GWB zugrunde liegende Gebot der Vermeidung von Doppelzählungen 675 würde hierbei jedenfalls hinreichend beachtet. Ein aus der mehrfachen Konzernzugehörigkeit entstehender Umsatzzuwachs der Hauptgenossenschaft kommt dabei allerdings nicht der sich selbst mit einem privaten Landhandelsunternehmen zusammenschließenden Primärgenossenschaft zugute. Insofern fehlt es an der erforderlichen Verbindung zu den übrigen Primärgenossenschaften, die auch nicht über den gemeinsamen Konzernpartner Hauptgenossenschaft vermittelt wird. Diese Zurechnungssperre entspricht den Rechtsfolgen der Mehrmütterklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB, bei der einer am Zusammenschluß unmittelbar beteiligten herrschenden Mutter auch nur die Ressourcen der gemeinsam beherrschten Tochter, nicht aber die Umsätze der Mitmütter zugerechnet werden dürfen 676• Der sich mit einem privaten Landhändler zusammenschließenden Primärgenossenschaft fällt aber jedenfalls der hauptgenossenschaftliche Umsatz zu, wobei die eigenen Umsätze - gemäß der oben vorgeschlagenen vereinfachten Berechnung - im wesentlichen als Innenumsatzerlöse auszugrenzen sind. Dies gilt entsprechend für die Kreditgenossenschaften mit Warenverkehr, da sich auch bei diesen die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung auf den gesamten und somit zurechenbaren Unternehmensbereich der Hauptgenossen675 Vgl. Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 321 ; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 105. 676 Vgl. Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 59; Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 378; Lanzenberger, in: Schwerpunkte 1973/74, S. 35; Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 814; vgl. auch oben, S. 41 mit Nachweisen in Fn. 37.
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Erster Abschnitt: Aufgreifkriterien
schaft erstreckt. Bei unmittelbarer Zusammenschlußbeteiligung der Hauptgenossenschaft kommt hingegen nur eine "partielle", auf das Warengeschäft bezogene Zurechnung der Ressourcen der Kreditgenossenschaft in Betracht.
E. Ergebnis Die anhand der für § 24 Abs. 8 GWB maßgeblichen Rechenklauseln 677 zu ermittelnden Umsatzerlöse eines ländlichen Genossenschaftskonzerns werden stets erheblich unter den im Jahresabschluß ausgewiesenen Umsätzen liegen. Zwar kann dafür kein feststehender Prozentsatz genannt werden, weil die frequenz- und tätigkeitsbezogenen Kürzungen einzelfallabhängig sind und das ländliche Genossenschaftswesen insoweit starke Unterschiede aufweist. Auch ohne eine Detailuntersuchung der jeweiligen Struktur des Bezugs- und Absatzgeschäftes innerhalb der II Hauptgenossenschaftsregionen läßt sich allerdings davon ausgehen, daß zumindest der im wesentlichen um die Umsatzsteuer und ein Viertel der reinen Vertriebsumsätze zu kürzende Durchschnittsumsatz der Hauptgenossenschaften nicht unter I Mrd. DM liegt. Selbst wenn man - ausgehend von I ,5 Mrd. DM- die Hälfte der Umsatzerlöse als Vertriebsumsätze ansetzen 678 und vom Gesamtbetrag den vollen Umsatzsteuersatz abziehen würde, verbliebe noch ein über I, I Mrd. DM liegender Durchschnittsumsatz, der lediglich um die Verbrauchsteuern zu bereinigen wäre. Der "Durchschnittsgleichordnungskonzern" zwischen Haupt- und Einzelgenossenschaft eröffnet damit die Möglichkeit zur Kontrolle auch solcher Zusammenschlüsse, die zwischen einer Primärgenossenschaft und einem privaten Landhandelsunternehmen stattfinden, dessen Umsatzerlöse im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr zwischen 4 und 50 Mio. DM Jagen (vgl. § 24 Abs. 8 Satz I Nr. 2 GWB). Der Bereich der fusionskontrollrechtlichen Aufgreifkriterien kann daher mit der Feststellung verlassen werden, daß eine Kontrollpflicht sowohl bei Zusammenschlüssen zwischen Hauptgenossenschaft und privatem Landhandelsunternehmen als auch bei der Übernahme eines privaten Konkurrenten durch eine Primärgenossenschaft bestehen kann und bezogen auf die der Arbeit vorangestellten Durchschnittsumsätze 679 auch besteht.
Vgl. zum Begriff: Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 99. Bereits das Futtermittelgeschäft und die Getreidevermarktung machen zusammen über 50% der warengenossenschaftlichen Umsätze aus; vgl. dazu die Übersicht bei Kunze, in: HdG, Spalte 171, 172. 679 Vgl. oben, S. 6 f. 677
678
Zweiter Abschnitt
Eingreifkriterien Auch im Rahmen der Frage nach der aufgrund einer erwarteten Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung tatsächlich vorliegenden Untersagungsbefugnis des Bundeskartellamtes (vgl. § 24 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 GWB) sollen nur die mit dem genossenschaftlichen Stufenverhältnis verbundenen Sonderprobleme behandelt werden. Weitgehend muß daher auf die wirtschaftswissenschaftlichen Abhandlungen zur Wettbewerbsstellung der ländlichen Warengenossenschaften gegenüber dem privaten Landhandel 1, sowie für die Problembereiche der Bestimmung des relevanten Marktes 2 und des Vorliegens einer marktbeherrschenden Stellung 3 auf das einschlägige juristische Schrifttum verwiesen werden.
§ 1 Begründung I Verstärkung einer
marktbeherrschenden Stellung bei der am Zusammenschluß beteiligten Genossenschaft Zur Verdeutlichung der anstehenden Fragekreise und in Anküpfung an das "Wettbewerbsungleichgewicht" zugunsten der "auf nahezu allen relevanten Märkten" marktführenden ländlichen Genossenschaften 4 werden sich die folgen' Sehr ausführlich und die .,überragende" Stellung der Raiffeisengenossenschaften .,auf nahezu allen landwirtschaftlichen Märkten" nachweisend: Kopplin, Marktstellung und Marktentwicklung landwirtschaftlicher Genossenschaften, insbesondere S. 31 ff., 47 ff., 83 ff.; vgl. ferner die im Literaturverzeichnis genannten Abhandlungen von Prüsse, Straaten, Wiese und - speziell zur Wettbewerbssituation in Bayern - Osterholzer. 2 Vgl. dazu BKartA, Merkblatt zur Zusammenschlußkontrolle, B. 5., abgedruckt bei Kleinmann I Bechtold, Anhang IV, S. 858 f.; KG, WuW IE OLG 995 f., .,Handpreisauszeichner"; KG WuW IE OLG 3759, 3760, .,Pillsbury I Sonnen-Bassermann"; BGH, WuWIEBGH 1445,1447, .,Valium";Harms,in:GemKomm.,§ 24Rz. 175 ff.(Marktbeherrschung und relevanter Markt); Möschel, in: Immengal Mestmäcker, § 22 Rdnr. 24 ff.; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 22 Rz. 11 ff.; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 8 ff. mit weiteren Nachweisen. 3 Vgl. dazu BKartA, WuWIE BKartA 1561, 1564, "o. b."; BGH, WuWIE BGH 1905, 1908, ,.Münchner Wochenblatt"; BGH, WuWIE BGH 1749, 1754, .,Klöckner Becorit"; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 22 Rz. 46 ff.; Möschel, in: Immenga I Mestmäcker, § 22 Rdnr. 17 ff.; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 164 ff. mit weiteren Nachweisen; vgl. speziell zu den ländlichen Warengenossenschaften: Kopplin, s. 89 ff. 4 So zusammenfassend Kopp!in, S. 117.
144
Zweiter Abschnitt: Eingreifkriterien
den Untersuchungen um eine bereits im Sinne der§§ 24 Abs. 1, 22 Abs. 1 GWB "marktbeherrschende" Primärgenossenschaft ranken, deren Wettbewerbsposition durch die Übernahme oder das "Ausscheiden" eines privaten Konkurrenten in einem der "Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung" genügenden Maße 5 verbessert würde. Im Gegensatz zur Kontrollpflichtproblematik, die in erster Linie die Beteiligung einer Primärgenossenschaft am Zusammenschluß betraf, liegen die stufenverbundbedingten Eingreifprobleme nunmehr bei dem im Hinblick auf die Kontrollpflicht eher unproblematischen Fall des Zusammenschlusses zwischen Hauptgenossenschaft und privatem Konkurrenten einer Mitgliedsgenossenschaft6. Denn einerseits wird sich ein solcher Zusammenschluß aus Gründen der "Stufenordnung" weniger auf die Wettbewerbsstellung der Hauptgenossenschaft auswirken als auf die Marktposition der in der Region des übernommenen Unternehmens tätigen Primärgenossenschaft 7 • Andererseits könnte gerade die genossenschaftliche Stufenverbindung dazu führen, daß der Zusammenschluß zu verbieten ist, obwohl eine marktbeherrschende Stellung bei keinem Zusammenschlußpartner, sondern bei einem dritten Unternehmen verstärkt wird.
A. Die Auswirkungen der Übernahme eines privaten Konkurrenten einer Mitgliedsgenossenschaft durch die Hauptgenossenschaft auf deren Wettbewerbsstellung Die wettbewerbliehen Folgen des Zusammenschlusses mit dem privaten Landhandelsunternehmen hängen für die Hauptgenossenschaft davon ab, welchen Nutzen sie aus dem übernommenen Unternehmen ziehen kann. Ihre Möglichkeiten sind dabei von vornherein begrenzt. Da der Förderungsauftrag der Hauptgenossenschaft nur eine Hilfestellung, nicht aber eine Konkurrenz gegenüber den Mitgliedsgenossenschaften zuläßt 8, dürfte der private Betrieb zwar etwa auf eine der Ortsstufe "dienende" Produktions- oder Lagerstättenerweiterung umgestellt, gegebenenfalls auch ganz stillgelegt werden. Nicht aber ließe sich das Unternehmen auf Dauer als Wettbewerber der Ortsstufe fortführen . Die von der Organisationsform des Stufenverbundes her unzulässige Konkurrenz zwischen den beteiligten Genossenschaften 9 kommt in der Praxis zwar s Vgl. zu den an die "Verstärkung" bei§ 24 Abs. 1 GWB geknüpften Voraussetzungen: Kleinmann I Bechtold, § 24 Rdnr. 30 f.; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 24 Rz. 37 f.; Harms, in: GemKomm., § 24 Rz. 325 ff. ; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 24 Rdnr. 64, jeweils mit Rechtsprechungs- und Literatumachweisen. 6 Vgl. die beiden Ausgangsbeispiele, oben, S. 4. 7 Vgl. dazu sogleich. s Vgl. oben, S. 118 mit Nachweisen in Fn. 507 ff.
§ 1 Marktbeherrschende beteiligte Genossenschaft
145
vereinzelt aufgrund ungenügender Abstimmung oder fehlender Funktionsabgrenzung trotzdem vor 10• Insbesondere das Wettbewerbsverhalten auf der Unterstufe neigt bisweilen nach der Richtung des "Kontrahententyps" 11 • Zumindest beim "intergenossenschaftlichen Wettbewerb" 12 zwischen Primärund Sekundärstufe handelt es sich jedoch regelmäßig nur um vorübergehende Erscheinungen, da der hauptgenossenschaftlichen Konkurrenz bereits durch Umsatzentzug oder ähnliche Reaktionen der Mitgliedsgenossenschaften begegnet werden kann, vor allem aber durch die Prüfungsverbände wirkungsvoll entgegengewirkt wird 13 • Auch der über ein von der Hauptgenossenschaft fortgeführtes Landhandelsunternehmen vorgenommene Eingriff in das Direktgeschäft der Mitgliedsgenossenschaft könnte daher keinen Bestand haben. Hieraus ergibt sich, daß das Landhandelsunternehmen aus dem Markt der Primärgenossenschaft ausscheiden muß. Ob es der Hauptgenossenschaft auf anderem Wege gelingen kann, den Betrieb zur Verbesserung ihrer Marktposition in einer ihrer Funktionszuweisung entsprechenden Weise zu verwerten, soll hier jedoch nicht weiter verfolgt werden. Der Klärung bedarf hingegen die im Hinblick auf den Stufenverbund problematische Frage, welche fusionskontrollrechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben, daß der Zusammenschluß aufgrunddes Wegfalls eines Konkurrenten zur Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung der Mitgliedsgenossenschaft führt.
B. Zusammenschlußbeteiligte Auch wenn § 24 Abs. 1 GWB keine Aussage darüber trifft, in bezug auf welche Unternehmen die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Position durch den Zusammenschluß zu prüfen ist, so werden zunächst jedenfalls die wettbewerbliehen Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen erfaßt 14• Hierzu gehört die in Konkurrenz zu einem Zusammenschlußpartner stehende Primärgenossenschaft jedoch selbst dann nicht, wenn sie mit der "beteiligten" Hauptgenossenschaft einen Gleichordnungskonzern bildet. Dabei greift auch 9 Vgl. dazu Kopplin, S. 30 mit Nachweisen in Fn. 77; Bungenstock, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 26; Draheim, Untemehmungstyp, S. 71, 151, 154. to Vgl. die bei Pfüller, S. 103 f., beschriebenen Konkurrenzsituationen. II Draheim, Untemehmungstyp, S. 154 Fn. 118; Schlenker, S. 126; Bungenstock, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 36 f. t2 Engelhardt, ZfgG Bd. 33 (1983), S. 164. t3 Vgl. Pfüller, S. 104; Metz, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 18 f.; Bungenstock, in: Autonomie und Verbunddisziplin, S. 36 f. t4 Insoweit unstr., vgl. Emmerich, AG 1981, S. 299; G. Wiedemann, Gemeinschaftsunternehmen, S. 236; § 24 GWB in der Fassung von 1957 und 1965 erwähnt noch ausdrücklich eine marktbeherrschende Stellung beteiligter Unternehmen.
10 Recktenwald
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Zweiter Abschnitt: Eingreifkriterien
nicht die "Beteiligungsfiktion" des § 23 Abs. 3 Satz 3 GWB 15 ein, da diese Vorschrift den Kreis der beteiligten Unternehmen nur durch Einbindung herrschender Unternehmen erweitert, nicht aber Unternehmen erfaßt, die von den unmittelbar am Zusammenschluß Beteiligten abhängig oder mit ihnen durch einen Gleichordnungskonzern verbunden sind 16• Eine auf die marktbeherrschende Stellung der Mitgliedsgenossenschaft gestützte Untersagung des Zusammenschlusses zwischen Hauptgenossenschaft und privatem Landhandelsunternehmen wäre daher nur möglich, wenn sich § 24 Abs. 1 GWB insoweit mit der Verstärkung eines "unbeteiligten" Unternehmens begnügte.
§ 2 Untersagung des Zusammenschlusses zwischen Hauptgenossenschaft und privatem Landhandelsunternehmen wegen Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung einer am Zusammenschluß nicht beteiligten Primärgenossenschaft Die Einbeziehung der Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf die Wettbewerbsstellungdritter Unternehmen in den Anwendungsbereich des § 24 Abs. 1 GWB ist umstritten. Dabei haben sich im wesentlichen vier verschiedene Auffassungen herausgebildet.
A. Streitstand zur Berücksichtigung der Entstehung oder Verstärkung einer Marktbeherrschung dritter Unternehmen bei§ 24 Abs.l GWB Das Kammergericht und ein Teil des Schrifttums gehen davon aus, daß die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung immer bei einem am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen eintreten muß 17 • Zum Kreis 15 Vgl. zur Fiktion der Beteiligung bei § 23 Abs. 3 Satz 3 GWB: Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 292; Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 798; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 232; dagegen heben Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 54 hervor, es handele sich nicht nur um eine Fiktion der Beteiligung,
die herrschenden Unternehmen seien vielmehr beteiligt. 16 Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 295; Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 232. 17 KG, WuW IE OLG 2259,2261, "Siegerländer Transportbeton"; KG, WuW IE OLG 2265, 2267, "Sauerländer Transportbeton"; KG, AG 1983, S. 285 f., "Gruner +Jahr I Bucerius (Zeit)"; Westrick, in: Westrick I Loewenheim, § 24 Rdnr. 26; Harms, in: GernKomm., § 24 Rz. 168, der sich insoweit unzutreffend auf die "h. M." beruft; eher die Rechtsprechung des KG referierend: Emmerich, der in AG 1980, S. 242 und AG 1983, S. 324 die Berücksichtigung der Marktstellung von Nichtbeteiligten - ohne weitere
§ 2 Marktbeherrschende nicht-beteiligte Primärgenossenschaft
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der Beteiligten werden dabei auch die über § 23 Abs. 3 Satz 3 GWB "mittelbar" beteiligten Unternehmen gezählt 18 • Andere sind der Meinung, die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung bei einem Drittunternehmen sei zumindest dann für§ 24 Abs. 1 GWB zugänglich, wenn an diesem eine Beteiligung eines am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen bestehe, die im Falle eines Erwerbs den Zusammenschlußtatbestand erfüllt hätte und damit kontrollpflichtig gewesen wäre 19• Der Kreis der Beteiligten wird ebenfalls mit der Ansicht verlassen, § 24 Abs. 1 GWB sei erfüllt, "wenn bei einem am Zusammenschluß beteiligten oder mit diesem im Sinne von§ 23 Abs. 1 Satz 2 verbundenen Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird" 20 • Denn § 23 Abs. 1 Satz 2 Begründung- ablehnt, dies in AG 1981, S. 299 aber für ein "unbefriedigendes Ergebnis" hält und in AG 1982, S. 320 von "der sehr restriktiven Haltung des KG" spricht, bei der "man für die Fusionskontrolle in Deutschland nur noch schwarz sehen" könne; vgl. auch Frankf. Komm., § 24 Tz. 42, wonach die Verstärkung der Marktbeherrschung Dritter nicht genügt, wenn sie auf dem Ausscheiden eines beteiligten Unternehmens aus dem Markt beruht. 18 Harms, in: GemKomm., § 24 Rz. 172; vgl. in diesem Zusammenhang aber G. Wiedemann, BB 1980, S. 957, Lanzenberger, in: Schwerpunkte 1973/74, S. 34 und Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 23 Rz. 559, die auch § 23 Abs. 3 Satz 4 GWB (abhängige Unternehmen) in die Erweiterung des Beteiligtenkreises einbeziehen; dagegen sind Kleinmann I Bechtold, § 23 Rdnr. 239, Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 233 und das Kammergericht, WuW IE OLG, 2113, 2115 f. , "Steinkohlenstromerzeuger", der Meinung, die ,,Zusammenschlußfiktion" in§ 23 Abs. 3 Satz 4 GWB bedeute nicht, daß die abhängigen Unternehmen am Zusammenschluß der Mütter beteiligt seien; vgl. zum Zweck der Vorschrift: Mestmäcker, a. a. 0. 19 Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 851; Mestmäcker, in: Immengal Mestmäcker, § 24 Rdnr. 23, jeweils im Anschluß an BKartA, WuW IE BKartA 1863, 1865, "Gruner +Jahr-Zeit"; G. Wiedemann, BB 1980, S. 957 f.; derselbe, Gemeinschaftsunternehmen, S. 236 f.; nicht entschieden von KG, AG 1983, S. 285, 286, "Gruner +Jahr I Bucerius (Zeit)", da der Erwerb der Minderheitsbeteiligung kontrollfrei möglich war. 2o Kleinmann I Bechtold, § 24 Rdnr. 19, die dies als h. M. bezeichnen, hierfür aber im wesentlichen- von den Verweisen auf Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 24 Rz. 24 und BKartA, WuW IE BKartA 2251, 2255, "Hamburger Wochenblatt/ Schlei-Verlag" abgesehen - Fundstellen angeben, in denen lediglich die mittelbare Beteiligung i. S. von§ 23 Abs. 3 Satz 3 GWB als Unterfall der Verbundklausel herausgestellt wird; vgl. etwa BGH, WuW /E BGH 1655, 1656, ,,Zementmahlanlage II": " ... dieses Unternehmen ... ist ,herrschendes Unternehmen' im Sinne des§ 17 AktG und daher am Zusammenschluß beteiligt(§ 23 Abs. 3 Satz 3 i. V. mit Abs. 1 Satz 2 GWB)"; bei KG, WuW /E OLG 2113, 2115, "Steinkohlenstromerzeuger", und KG, WuW /E OLG 4075, 4088, "Springer-Kieler Zeitung", ging es ebenfalls nur um die Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung Beteiligter, wobei in der erstgenannten Entscheidung darauf hingewiesen wurde, § 23 Abs. 3 Satz 4 GWB mache ein gemeinsam beherrschtes Tochterunternehmen nicht zur Beteiligten (vgl. dazu bereits oben, Fn. 18), während bei der anderen Entscheidung die Besonderheit bestand, daß die beiden marktbeherrschenden "Verbundunternehmen" als unmittelbar I mittelbar beherrschte Tochter- I Enkelgesellschaften über§ 23 Abs. 2 Nr. 5 GWB zu Beteiligten wurden, was allerdings nicht weiter problematisiert wurde (vgl. dazu aber Mestmäcker, in: Immenga I Mestmäcker, § 23 Rdnr. 74 mit Nachweisen; BKartA, Merkblatt zur Zusammenschlußkontrolle, B. 2., abge10*
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Zweiter Abschnitt: Eingreifkriterien
GWB erlaßt auch die mit einem Zusammenschlußpartner durch einen Gleichordnungskonzern verbundenen Drittunternehmen, die nicht über § 23 Abs. 3 Satz 3 GWB zu Beteiligten werden 21 • Schließlich sind etliche Autoren der Meinung, bereits die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung nicht beteiligter und I oder verbundener Unternehmen reiche für§ 24 Abs. 1 GWB grundsätzlich aus 22 • Dieser weiten Auffassung entspricht die bisherige Praxis des Bundeskartellamtes 23 , das in einer neueren Entscheidung 24 die Fälle hervorhebt, in denen "die Entstehung oder Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung auf der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung zwischen dem am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen und dem »Drittunternehmen« beruht". Der BGH läßt zwar ausdrücklich die "Grundsatzfrage" offen, "ob die Verstärkung eines dritten Unternehmens, das mit den am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen nicht verbunden ist, eine Untersagung nach § 24 Abs. 1 GWB rechtfertigen kann" 25 , begnügte sich in der Entscheidung Transportbeton Sauerland 26 aber damit, daß die marktbeherrschende Stellung Dritteraufgrund vertraglicher und wirtschaftlicher Beziehungen zu einer beteiligten Vermittlungsagentur verstärkt wurde.
druckt bei Kleinmann I Bechtold, Anhang IV, S. 857); in AG 1983, S. 285 (286), "Gruner + Jahr I Bucerius (Zeit)", hatte das KG allerdings die für eine umfassende Berücksichtigung des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB sprechende Formulierung gebraucht, "eine etwaige Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung eines nicht mit dem unmittelbar am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen verbundenen Unternehmens" erfülle "nicht die Voraussetzung des § 24 Abs. I GWB"; der dort und bei Kleinmann I Bechtold, a. a. 0., enthaltene Verweis aufKG, WuW /E OLG 2259, 2261, ,,SiegerländerTransportbeton", sowie die weiteren Verweise bei Kleinmann I Bechtold auf Mestmäcker, Harms und Möschel treffen jedoch wiederum nur Zusammenschluß-"Beteiligte". 21 Vgl. oben, S. 145 f. 22 Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 24 Rz. 24, Niederleithinger, in: Schwerpunkte 1977/78, S. 37 f. und Schwerpunkte 1979/80, S. 46 f.; Klaue, in: Schwerpunkte 1982/83, S. 43; Neiser, S. 153 ff.; vorübergehend auch Emmerich, AG 1981, 299 und AG 1982, S. 320. 23 BKartA, WuW /E BKartA 1863, 1865, "Gruner +Jahr-Zeit"; WuW /E BKartA 2251, 2255, "Hamburger Wochenblatt/Schlei-Verlag"; vgl. auch BKartA, WuW/E BKartA 1771, 1776, "Transportbetonvertrieb". 24 Beschluß v. 14. Jan. 1987, WuW/E BKartA 2251,2255. 25 BGH, AG 1985, S. 81, 83, "Gruner +Jahr I Zeit-Verlag (Dr. Bucerius)"; BGH, WuW /E BGH 1810, 1813. 26 BGH, WuW /E BGH 1810, 1813 = BGHZ 81,56 ff.; vgl. dazu die Stellungnahmen von Emmerich, AG 1982, S. 320; Klaue, in: Schwerpunkte 1982/83, S. 43.
§ 2 Marktbeherrschende nicht-beteiligte Primärgenossenschaft
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B. Die Berücksichtigung der marktbeherrschenden Primärgenossenschaft als mit der Hauptgenossenschaft durch einen Gleichordnungskonzern verbundenes Unternehmen Es soll zunächst der in dieser Arbeit als solcher erkannte "Regelfall" 27 der mit der beteiligten Hauptgenossenschaft konzernierten Primärgenossenschaft behandelt werden.
I. Größenkriterien Daß zumindest die Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung eines am Zusammenschluß zwar nicht beteiligten aber mit einem Beteiligten im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB verbundenen Unternehmens das Zusammenschlußverbot auslösen kann, steht jedenfalls im Einklang mit der in den Toleranzklauseln des § 24 Abs. 8 GWB zum Ausdruck kommenden wettbewerbspolitischen Zielsetzung. Denn die Verbundklausel gewährleistet hierbei, daß auch das wettbewerblieh verstärkte Unternehmen von den kontrollpflichtbegründenden Größenmerkmalen erlaßt wird, so daß die Zusammenschlußkontrolle "auf schwerwiegende Fälle begrenzt" 28 bleibt. Insoweit ist es unschädlich, daß "die Voraussetzungen für einen Zusammenschlußtatbestand, insbesondere die quantitativen Merkmale (Umsatz, Beschäftigungszahl, Umfang des Erwerbsgegenstandes) und die zu berücksichtigenden Verflechtungen ... auf die am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen" abstellen29, da es zumindest den Zwecken des § 24 Abs. 8 GWB genügt, wenn auch das gestärkte Drittunternehmen einer "schwerwiegenden" Wettbewerbseinheit angehört. Dem "Gesamtsystem der Regelungen der Zusammenschlußkontrolle" 30 liefe allenfalls das "isolierte" Abstellen auf die Größenmerkmale der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen zuwider. Auszugrenzen könnten deshalb die Fälle sein, in denen die Entstehung oder Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung dritter Unternehmen wettbewerbspolitisch unbedeutend im Sinne der Toleranzklauseln des § 24 Abs. 8 Satz 1 GWB wäre 31 • 27 Vgl. oben, S. 126. 2s Vgl. Begr. RegE 1971, BT-Drucks. Vl/2520, S. 32. 29 So aber KG, WuW /E OLG 2259, 2261, "Siegerländer Transportbeton"; ähnlich Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 850. 30 Vgl. KG, WuW /E OLG 2259, 2261, "Siegerländer Transportbeton", das dem fusionsrechtlichen Gesamtsystem entnimmt, es könne nur auf die marktbeherrschende Stellung bei einem der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen ankommen; ähnlich Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 850; gute Gegenargumente finden sich bei Neiser, S. 153 ff. 3 1 Vgl. dazu unten, S. 155 f.
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Zweiter Abschnitt: Eingreifkriterien
Einen solchen Fall kann es jedoch bei dem mit einem am kontrollpflichtigen Zusammenschluß Beteiligten verbundenen Konzernunternehmen wegen der in § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB angeordneten "einheitlichen" Betrachtung nicht geben.
II. Wortlaut und Entstehungsgeschichte des§ 24 Abs. 1 GWB Daß sich die Prüfung der Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf die Marktstellung der nach § 23 GWB beteiligten Unternehmen zu beschränken hat, läßt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte des § 24 Abs. 1 GWB herleiten 32, der dem Wortlaut nach nur die Entstehung oder Verstärkung "einer" marktbeherrschenden Stellung verlangt. Zwar trifft es zu, daß für die frühere Fassung des § 24 Satz I GWB eine marktbeherrschende Stellung beteiligter Unternehmen erforderlich war, ohne daß die Materialien ausdrücklich dazu Stellung nehmen, ob und warum bei der durch die zweite GWB-Novelle vorgenommenen Neufassung des § 24 GWB auch marktbeherrschende Stellungen nicht beteiligter Unternehmen relevant sein sollen 33 • Andererseits spricht für die Berücksichtigung der Marktverstärkung Dritter schon der Umstand, daß der Gesetzgeber eindeutig von den in § 24 Satz 1 GWB a. F. und den meisten Vorentwürfen enthaltenen Formulierungen abwich, die lediglich die beteiligten Unternelunen in die Prüfung der Untersagungsvoraussetzungen einbezogen 34• Dieses Vorgehen macht vor allem deshalb Sinn, weil erst durch die zweite GWB-Novelle eine umfassende Konzentrationsaufsicht geschaffen wurde, die über die Mittel verfügt, auch der Marktmacht Dritter zum Zwecke der Erhaltung kompetetiver Marktstrukturen entgegenzuwirken. Während vorher im Ralunen einer "außerordentlich beschränkten Konzentrationsbeobachtung" nur die Möglichkeit zur mündlichen Verhandlung mit den beteiligten Unternehmen bestand, "die sicherlich nur zu ihrer eigenen Marktposition, nicht zu der anderer Unternehmen Stellung nelunen konnten" 35 , kann es für das weitergehende Zusammenschlußverbot nun gleichgültig sein, bei welchem Umtemelunen eine Begünstigung infolge eines Konzentrationsvorgangs eintritt 36• Daß sich die Annalune einer strukturellen Verschlechterung auf die Marktposition Dritter stützen läßt, entspricht zudem der unbestritten Berücksichtigung von Drittwirkungen bei den "Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen" im Rah32 So aber KG, WuW /E OLG 2259, 2261, "Siegerländer Transportbeton"; Kleinmann I Bechtold, § 24 Rdnr. 20; vgl. auch Harms, in: GemKomm., § 24 Rz. 170. 33 Vgl. außer den Vorgenannten auch Niederleithinger, in: Schwerpunkte 1977/78, S. 38; G. Wiedemann, Gemeinschaftsuntemehmen, S. 236; Neiser, S. 153. 34 Vgl. dazu Neiser, S. 154 mit Nachweisen. 35 Niederleithinger, in: Schwerpunkte 1977/78, S. 38. 36 Neiser, S. 154; Niederleithinger, in: Schwerpunkte 1977/78, S. 38; ähnlich G. Wiedemann, Gemeinschaftsunternehmen, S. 236.
§ 2 Marktbeherrschende nicht-beteiligte Primärgenossenschaft
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men der Abwägungsklausel des § 24 Abs. 1 GWB 37 • Auch insoweit sprechen also gute Gründe gegen eine Beschränkung der Prüfung auf die beteiligten Unternehmen. Die von den der Zusammenschlußkontrolle zugrunde liegenden wettbewerbspolitischen Zwecken her gebotene Einbeziehung Dritter könnte allerdings im Hinblick auf die Kausalitätserfordernisse des § 24 Abs. 1 GWB problematisch sein.
111. Kausalitätserfordernisse bei § 24 Abs. 1 GWB § 24 Abs. 1 GWB setzt voraus, daß die strukturelle Verschlechterung der Marktverhältnisse "durch" den Zusammenschluß "zu erwarten" ist. Damit werden in die Würdigung auch zukünftige Wettbewerbsentwicklungen einbezogen, für die der Zusammenschluß nur ursächlich sein muß 38 • Die "Femwirkungen" 39 werden dabei insoweit eingegrenzt, als eine "hohe Wahrscheinlichkeit" aufgrund ,,konkreter Umstände" dafür sprechen muß, daß sich die mit dem Zusammenschluß geschaffenen Wettbewerbsvoraussetzungen "alsbald" verschlechtem werden40.
Demzufolge müßte der Zusammenschluß zwischen Hauptgenossenschaft und privatem Landhandelsunternehmen mit der vorhersehbaren Folge des Ausscheidens des übernommenen Landhändlers als Wettbewerber der Mitgliedsgenossenschaft an sich deren verstärkte Marktposition hinreichend "verursachen" können. Daß der Verlust der Konkurrentenstellung erst aufgrunddes ,,konkreten Umstandes" der zwischen den Genossenschaftsstufen bestehenden und vom Prüfungsverband überwachten Förderungsbeziehung eintreten wird, steht der Verursachung durch den Zusammenschluß jedenfalls ebensowenig entgegen wie die vor dem Zusammenschluß mögliche freiwillige Geschäftsaufgabe des privaten Konkurrenten 41 • Denn das "förderungsbedingte" Ausscheiden des privaten Landhandels37 Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 24 Rz. 24; Klaue, in: Schwerpunkte 1982183, S. 43. 38 Unstr., vgl. Begr. RegE 1971, BT-Drucks. Vl/2520, S. 29; Harms, in: GemKomm., § 24 Rz. 165; G. Wiedemann, Gemeinschaftsunternehmen, S. 235 mit weiteren Nachweisen. 39 Vgl. zur Unterscheidung der Nah- und Fernwirkungen eines Zusammenschlusses: G. Wiedemann, Gemeinschaftsunternehmen, S. 235; Kleinmann I Bechtold, § 24 Rdnr. 14 f., jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen. 40 Begr. RegE 1971, BT-Drucks. Vl/2520, S. 29; BGHZ 71, 102, 117 f. = WuW IE BGH 1501, 1507 f., "KFZ-Kupplungen"; vgl. auch Kleinmann I Bechtold, § 24 Rdnr. 15, die "alsbald" mit ,,Zeiträumen bis zu etwa 5 Jahren" beschreiben. 41 Vgl. aber Frankf. Komm.,§ 24 Tz. 42, wonach die durch Betriebsstillegung begründete Verstärkung der Marktstellung Dritter schon deshalb außer Betracht zu bleiben habe, weil sie auf Maßnahmen beruhe, die das erworbene Unternehmen auch ohne den Zusammenschluß hätte ergreifen können. Dieser Auffassung läßt sich entgegenhalten, daß der Betrieb vor dem Zusammenschluß nun einmal nicht stillgelegt wurde, und daß ein "erworbenes" Unternehmen hierüber nicht mehr disponieren kann. Die Marktstruktur
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Zweiter Abschnitt: Eingreifkriterien
Unternehmens ist eine adäquate Folgewirkung des Zusammenschlusses, entspricht insoweit also dem für§ 24 Abs. I GWB aufgestellten "Kausalitätsgrundsatz" 42 • Trotz der unbestrittenen Anerkennung mittelbarer Zusammenschlußfolgen soll gegen eine auf Drittverstärkung gestützte Untersagungsverfügung jedoch der "Gesichtspunkt" sprechen, "daß im Verwaltungsrecht nur Eingriffe gegen unmittelbare Störer, aber nicht gegen diejenigen zulässig sind, die mittelbar Störungen durch Dritte hervorrufen" 43.
1. Unmittelbare Verursachung als Zurechnungsprinzip
Dem auf das "verwaltungsrechtliche" Unmittelbarkeitserfordernis abstellenden Einwand ist zunächst entgegenzuhalten, daß auch die im Polizei- und Ordnungsrecht herrschende "Theorie der unmittelbaren Verursachung" 44 sehr wohl Eingriffe gegen Personen zuläßt, die Störungen durch Dritte hervorrufen 45 • So führt die Unmittelbarkeitslehre über die Herstellung eines "Wertungszusammenhangs" 46 auch zur Verantwortlichkeit des sog. Zweckveranlassers, der zwar nicht die letzte Ursache für eine Gefahr setzt, der aber dennoch eine Verantwortlichkeit für die von dem zuletzt Handelnden ausgehenden Gefahren trägt 47 • Typisch hierfür ist, daß zwischen der Veranlassung und dem die Gefahr herbeiführenden Verhalten ein durch objektive Umstände vermittelter so enger innerer Zusammenhang besteht, daß sich der Veranlasser die Gefahr selbst zurechnen lassen muß 48• Begreift man ein Drittunternehmen, dessen Marktposition durch einen Zusammenschluß verstärkt wird, als "Wettbewerbsstörer", so könnte ein am Zusammenschluß beteiligtes Unternehmen demnach jedenfalls dann "verantwortlicher Verändert sich also gerade durch den ZusammenschluG. Richtig ist es aber, darauf abzustellen, ob die Veränderung der Marktstruktur "zum gleichen Zeitpunkt in gleicher Weise" auch ohne den Zusammenschluß erfolgt wäre; so Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 24 Rz. 41 f.; Harms, in: GemKomm., § 24 Rz. 167. 42 Vgl. dazu G. Wiedemann, Gemeinschaftsuntemehmen, S. 235; Langen I NiederleithingeriRitteriSchmidt, §24 Rz.45; BGHZ 71, S. 102, 117ff.; vgl. auch Harms, in: GemKomm., § 24 Rz. 116, der auf die Maßgeblichkeit der Adäquanztheorie hinweist. 43 Harms, in: GemKomm., § 24 Rz. 170 unter Hinweis auf KG, WuW IE 2259, 2261, "Siegerländer Transportbeton". 44 Vgl. DrewsiWackeiVogeliMartens, S. 313 (§ 20 3.) mit zahlreichen Nachweisen. 45 Vorsichtiger formuliert daher das KG, WuW IE OLG 2259, 2261, "Siegerländer Transportbeton": "grundsätzlich". 46 DrewsiWackeiVogeliMartens, S. 316 (§ 20 3.); vgl. Götz, S. 100 Rdnr. 193: "Das Kriterium der Unmitelbarkeit ist ... zugleich die Einkleidung materialer Wertungen." 47 Götz, S. 100 f. Rdnr. 193; Drews I Wacke I Vogel I Martens, S. 315 (§ 20 3.). 48 Schlenke, in: Steiner, S. 229 Rdnr. 91; dies gilt z. B. bei einer besonders marktschreierischen Schaufensterreklame, die einen Massenauflauf vor dem Schaufenster zur Folge hat und damit zu Verkehrsbehinderungen führt; vgl. PreußOVGE 85, 270 ff.
§ 2 Marktbeherrschende nicht-beteiligte Primärgenossenschaft
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ursacher" 49 sein, wenn es den störenden Erfolg "objektiv bezweckt" 50 oder zumindest "in Kauf genommen" 51 hat. 2. Die Hauptgenossenschaft als "Zweckveranlasser"
Entsprechende Zurechungskriterien 52 lassen sich bei der Hauptgenossenschaft leicht finden. Sie ergeben sich aus dem Förderungsauftrag der Hauptgenossenschaft mit all seinen Konsequenzen. Die gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zur ausschließlichen Unterstützung der Mitgliedsgenossenschaften, das damit verbundene Konkurrenzverbot sowie die Überwachung dieser Obliegenheiten durch Aufsichtsrat, Prüfungsverband und Einzelgenossenschaft fordern es heraus, daß die Marktstellung der Mitgliedsgenossenschaft "durch" den Zusammenschluß ihres Konkurrenten mit der Hauptgenossenschaft zumindest "alsbald" 53 verstärkt wird. Die objektive Notwendigkeit zum Verzicht der Hauptgenossenschaft auf eine Ausnutzung ihrer wirtschaftlichen Macht auf den regionalen Märkten der Mitgliedsgenossenschaften läßt sich insoweit als Bestandteil einer die Untersagung eines Zusammenschlusses rechtfertigenden "wettbewerblichen Einheit" begreifen. In diese Richtung dürfte auch das Bundeskartellamt mit den in seinem Tätigkeitsbericht 1987 I 1988 54 getroffenen Feststellungen bezüglich der zwischen Haupt- und Mitgliedsgenossenschaften bestehenden wettbewerbliehen Einheit gezielt haben. Zwar ist der Zweckveranlasser im kartellrechtlichen Schrifttum bisher unerwähnt geblieben 55 • Das Bundeskartellamt hat aber gerade diese Rechtsfigur in einem zu Beginn des Tätigkeitszeitraumes 1987/88 ergangenen Beschluß 56 erlaßt, als es zutreffend betonte, die Außerachtlassung von Drittwirkungen bei§ 24 Abs. I GWB "wäre jedenfalls dann von der Gesetzessystematik her gesehen inkonsequent, wenn die Entstehung oder Verstärkung der marktbe49 Vgl. zur Störereigenschaft des Zweckveranlassers als "Mitverursacher": Drews I Wacke/Vogel/Martens, S. 315 (§ 20 3.). 5o Götz, S. 100 Rdnr. 192 f.; Schlenke, in: Steiner, S. 229 Rdnr. 91. 51 Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht III, S. 66 Rdnr. 12 (§ 127 I b); vgl. zum Streitstand hinsichtlich der Berücksichtigung subjektiver Motive bei er polizeirechtlichen Verursachung: Drews/ Wacke/ Vogel I Martens, S. 310 ff., 315 (§ 20 3.). 52 Vgl. in diesem Zusammenhang aber Klaue, in: Schwerpunkte 1982/83, S. 43: " .. . ein subjektives Kriterium der Zurechenbarkeit von Strukturveränderungen . . . (ist) .. . der Fusionskontrolle fremd . . . " ; ähnlich Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 24 Rz. 24; Niederleithinger, in: Schwerpunkte 1977/78, S. 38; Harrns, in: GemKomm., § 24 Rz. 170. · 53 Vgl. dazu oben, S. 151. 54 BT-Drucks. 11/4611, S. 90. 55 Vgl. aber BGH, WuW/E BGH 1810, 1813, "Transportbeton Sauerland", wo es sich der Sache nach um einen Zweckveranlasser-Fan handelt. 56 BKartA v. 14. 1.1987, WuW/E BKartA 2251, 2255, "Hamburger Wochenblatt/ Schlei-Verlag".
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herrschenden Stellung auf der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung zwischen dem am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen und dem »Drittuntemehmen« beruht". Der "fusionskontrollrechtliche Zweckveranlasser" verdient im Rahmen des anders als im Polizeirecht - wegen des auf die Beteiligten festgelegten Adressatenkreises einer Untersagungsverfügung keine Inanspruchnahme des den Wettbewerb störenden ("unbeteiligten") Dritten geben kann. Während der polizeirechtliche Zweckveranlasser trotz der Erreichbarkeit des Dritten in Anspruch genommen werden darf, besteht bei § 24 Abs. 1 GWB nur die eine Möglichkeit zur "Gefahrenabwehr". Ob man dabei überhaupt entsprechende Zurechnungskriterien benötigt 57, braucht hier zwar nicht mehr entschieden zu werden, muß aber wohl aus verfassungsrechtlichen Gründen bejaht werden 58 • Für eine Grundsphäre der Zurechenbarkeit spricht dabei vor allem der verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der den "nach beiden Seiten hin schonendsten Ausgleich" fordert, wenn Grundrechte verschiedener Grundrechtsträger miteinander kollidieren 59 • Ein solcher Ausgleich muß bei der Zusammenschlußkontrolle deshalb vorgenommen werden, weil sich sowohl die Beteiligten eines Zusammenschlusses als auch die durch strukturelle Marktverschlechterungen gefährdeten Unternehmen (zumindest) auf die "Wettbewerbsfreiheit" als "individuelles Freiheitsrecht" im Sinne von Art. 2 Abs. 1 GG 60 berufen können 61 • Mit der freiheitssichemden Zielsetzung des Grundgesetzes ist insoweit nicht nur die generelle gesetzliche Zulassung oder Untersagung von Zusammenschlüssen unvereinbar 62• Auch die Rechtmäßigkeil eines auf § 24 Abs. 1 und 2 Satz 1 GWB gestützten behördlichen Eingriffs setzt die Beachtung des im Verhältnismäßigkeilsgrundsatz enthaltenen Übermaßverbots voraus, dem am ehesten mit der Zurechnung von "Wettbewerbsgefahren" nach Maßgabe der im Polizei- und Ordnungsrecht herrschenden UnmittelbarkeitsIehre genügt wird63. § 24 Abs. 1 GWB schon deshalb Anerkennung, weil es dort -
57 Dagegen offensichtlich Klaue, in: Schwerpunkte 1982183, S. 43; Langen I Niederleithinger I Ritter I Schmidt, § 24 Rz. 24; Niederleithinger, in: Schwerpunkte 1977/78, S. 38, der in: Schwerpunkte 1979/80, S. 47, zumindest die "Besonderheiten" der Transportbeton-Fälle Siegerland und Sauerland für untersagungsbegründend hält. 58 Vgl. G. Wiedemann, Gemeinschaftsuntemehmen, S. 236, der "unter dem Aspekt der Vorhersehbarkeit staatlichen Eingreifens (Prinzip der Rechtssicherheit)" jedenfalls solche Umstände ausgrenzt, "die völlig außerhalb der Einflußsphäre der beteiligten Unternehmen liegen." 59 Vgl. dazu Scholz, Konzentrationskontrolle und Grundgesetz, S. 129 f. 60 Vgl. dazu E. R. Huber, DÖV 1956, S. 137. 61 Vgl. zum weitergehenden grundrechtliehen Schutz bestimmter Zusammenschlüsse durch Art. 9 Abs. 1 GG: Fischer, S. 127 f. mit Nachweisen; entgegen der h. M. (s. die Nachweise bei Fischer, S. 128 Fn. 39) ordnet Scholz, Konzentrationskontrolle, S. 46 f., die Wettbewerbsfreiheit nicht Art. 2 Abs. 1 GG, sondern als "subjektive Wirtschaftsfreiheit" Art. 12, 14 GG zu. 62 Vgl. dazu Fischer, S. 130; vgl. zur Zulässigkeit gesetzlicher Maßnahmen marktordnenden Charakters: E. R. Huber, DÖV 1956, S. 137 f.
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Zumindest im hier zu behandelnden Zusammenschlußfall gibt es somit aber keinen stichhaltigen Grund, der gegen die Zulässigkeil einer auf die Verstärkung der marktbeherrschenden Mitgliedsgenossenschaft gestützten Untersagungsverfügung spricht. Zu untersuchen bleibt, ob dies auch dann gilt, wenn Haupt- und Mitgliedsgenossenschaften keinen Gleichordnungskonzern bilden.
C. Die Berücksichtigung der marktbeherrschenden Stellung einer mit der Hauptgenossenschaft nicht-konzernierten Mitgliedsgenossenschaft Auf eine zwischen Haupt- und Mitgliedsgenossenschaft bestehende Konzernverbindung kommt es jedenfalls nicht im Rahmen der Zurechenbarkeit der wettbewerbliehen Auswirkungen bei der Primärgenossenschaft an. Davon abgesehen, daß eine "schlichte" Gleichordnungskonzernbeziehung noch nicht zur Wettbewerbsverstärkung des unbeteiligten Dritten führen muß, liegt die kausalitätsbegründende gesellschaftsrechtliche Verflechtung zwischen beiden Genossenschaftsstufen immer vor, gleichgültig wie stark die Mitgliedsgenossenschaft in den verbundwirtschaftliehen Rationalisierungsprozeß integriert ist.
I. Größenkriterien Das Nichteingreifen der Verbundklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB könnte jedoch im Hinblick auf die bei der Zusammenschlußkontrolle zu beachtenden Größenkriterien relevant werden. Dabei sind insbesondere die Ausführungen des Kammergerichts zum "Gesamtsystem der Regelungen der Zusammenschlußkontrolle"64 zumindest insoweit nicht von der Hand zu weisen, als es mit dem Zweck des § 24 Abs. 8 GWB kaum vereinbar wäre, wenn es für das auf die Marktbeherrschung eines Drittunternehmens gestützte Zusammenschlußverbot nur auf die Größenmerkmale der sich zusammenschließenden Unternehmen ankäme 65 • Denn die in den Toleranzklauseln enthaltenen Schwellenwerte bezwecken nicht allein die Umsetzung volkswirtschaftlicher Erkenntnisse, sondern dienen vor allem der verfassungsrechtlich gebotenen "Schonung" der Wettbewerbsfreiheit der Beteiligten vor unnötigen grundrechtsrelevanten Eingriffen durch den
63 Vgl. zur Berücksichtigung des "individuellen Freiheitsinteresses der Rechtsgenossen, in deren Rechtskreis eingegriffen wird," durch die Unmittelbarkeitslehre: Drews 1 Wacke I Vogel I Martens, S. 311 ff. (§ 20 3.) mit Nachweisen. 64 KG, WuW IE OLG 2259, 2261, "Siegerländer Transportbeton". 65 Vgl. dazu bereits oben, S. 149.
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Zweiter Abschnitt: Eingreifkriterien
Staat 66 • Eine Reglementierung der Wirtschaft soll nur dort vorgenommen werden dürfen, wo sie im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit unbedingt notwendig ist 67 • So ist es zwar gerechtfertigt, die Beteiligten mit einem Zusammenschlußverbot zu belegen, wenn sie, einer von ihnen oder ein im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB verbundenes Unternehmen wettbewerblieber Nutznießer eines insoweit "schwerwiegenden Falles" 68 werden. Unverhältnismäßig im verfassungsrechtlichen Sinne und der Regelung des § 24 Abs. 8 GWB widersprechend erscheint es jedoch, die Beteiligten selbst dann mit der Untersagungsverfügung zu belasten, wenn es lediglich um außerhalb ihres Marktkreises eintretende Wettbewerbsverstärkungen von volkswirtschaftlich untergeordneter Bedeutung geht. Auch die Drittverstärkung muß daher etwas wettbewerblieh "Schwerwiegendes" aufweisen, um ein Zusammenschlußverbot rechtfertigen zu können. Anknüpfelid an das in § 22 Abs. 1 Nr. 2 GWB enthaltene Eingreifkriterium "Verflechtungen mit anderen Unternehmen" würde diesem Erfordernis jedenfalls genügt, wenn sich der marktbeherrschende Dritte aufgrund wettbewerblieber Verflechtung mit einem Zusammenschlußbeteiligten in die kontrollpflichtbegründenden Größenmerkmale einbeziehen ließe.
II. Wettbewerbliehe Einheit zwischen Haupt- und Mitgliedsgenossenschaft Die an§§ 24 Abs. 8, 22 Abs. I Nr. 2 GWB ausgerichtete Größenzurechnung ist im Verhältnis von Mitglieds- zu Hauptgenossenschaft unabhängig vom bestehenden "Kooperativnexus" 69 möglich. Dies folgt nicht nur daraus, daß die einen privaten Konkurrenten 'ihrer Mitgliedsgenossenschaft übernehmende Hauptgenossenschaft insoweit als "verlängerter Arm" der hiervon profitierenden Ortsgenossenschaft handelt. Vor allem käme es aufgrund der hauptgenossenschaftlichen Übernahme zu einem den wettbewerbspolitischen Zwecken des § 24 Abs. 8 Satz I Nr. 2 GWB zuwiderlaufenden Machtzuwachs eines ressourcenreichen "Großkomplexes" auf einem Regionalmarkt, dessen im übrigen mittelständische Strukturen dadurch empfindlich gestört würden 70 • Das "wettbewerblieh einheitliche" 66 Vgl. auch oben, S. 154; vgl. zur ,,Zielsetzung der Fusionskontrolle, wirtschaftsund gesellschaftspolitisch bedeutsame Zusammenschlüsse der Prüfung zu unterziehen und ggf. zu untersagen": Begr. RegE 1978, BT-Drucks. 8/2136, S. 13. 67 Westrick, in: Westrick I Loewenheim, § 24 Rdnr. 39. 68 Vgl. Begr. RegE 1971, BT-Drucks. Vl/2520, S. 32. 69 Terminologie nach Draheim, Untemehmungstyp, S. 71, 145. 70 Vgl. zur "mittelstandspolitischen Zielsetzung" der Anschlußklausel, zur Absicht, das Vordringen von Großunternehmen auf mittelständisch strukturierte Märkte besser kontrollieren zu können sowie zur "wichtige(n) Aufgabe der Fusionskontrolle, für eine ausgewogene Unternehmensstruktur Sorge zu tragen und dabei Existenz- und Wettbe-
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Vordringen von Haupt- und Primärgenossenschaft liegt dabei weniger in der fehlenden Konkurrenzbeziehung als in der Tatsache begründet, daß sich ihre Tätigkeitsbereiche derart ergänzen und bedingen, daß sie letzlieh "im Wettbewerb ein Ganzes bilden" 7I. Einerseits leiten sich die Funktionen der Hauptgenossenschaft unmittelbar aus den Tätigkeitsbereichen der zu fördernden Mitgliedsgenossenschaften ab, ohne daß dabei ein (intergenossenschaftliches) Marktverhältnis im herkömmlichen Sinn besteht 72 • Andererseits sind die Mitgliedsgenossenschaften und deren Mitgliederwirtschaften die eigentlichen Nutznießer der erheblichen Ressourcen der Hauptgenossenschaft 73 , die erst aufgrund ihrer wirtschaftlichen Größe und der Präsenz auf den überregionalen Märkten zum gebotenen Ausgleich der strukturellen Schwächen der Mitgliedsgenossenschaften beitragen kann 74. Insofern bilden Haupt- und Einzelgenossenschaft einen genossenschaftlichen Wettbewerbskomplex, "der von den Märkten begrenzt und umgeben wird" 75 . Es ist deshalb gerechtfertigt, auch dann einen"wettbewerblieh schwerwiegenden" Zusammenschlußfall anzunehmen, wenn durch die Übernahme eines privaten Landhandelsunternehmens seitens einer Hauptgenossenschaft die marktbeherrschende Stellung einer nicht-konzernierten Mitgliedsgenossenschaft verstärkt wird. Haupt- und Mitgliedsgenossenschaft sind insoweit nicht zu trennen.
D. Ergebnis Die Untersagung eines Zusammenschlusses zwischen Hauptgenossenschaft und privatem Konkurrenten einer Mitgliedsgenossenschaft kann auch darauf gestützt werden, daß bei der Primärgenossenschaft eine Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung zu erwarten ist.
werbsfähigkeit auch kleiner und mittlerer Unternehmen zu erhalten": Begr. RegE 1978, BT-Drucks. 8/2136, S. 22. Vgl. zur Bedeutung der Anschlußklausel im Rahmen der Problematik der durch einen Zusammenschluß entstehenden Drittverstärkung: Neiser, S. 154 f. 11 Henzler, in: FS Draheim, S. 102. n Vgl. Draheim, Untemehmungstyp, S. 71, 145 (kein Marktverhältnis); Schultz, Förderungszweck, S. 15 f. (kein "normales" Marktverhältnis). 73 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Begr. RegE 1978, BT-Drucks. 8/2136, S. 12/ 13, zur Maßgeblichkeit der Ressourcenbetrachtung bei Zusammenschlüssen mit Wirkung auf vor- oder nachgelagerten Marktstufen. 74 Vgl. Draheim, in: Grundfragen des Genossenschaftswesens, S. 154. 75 Draheim, Untemehmungstyp, S. 71, 145.
Schluß Die vom Bundeskartellamt herausgestellte "wettbewerbliche Einheit" von Haupt- und Mitgliedsgenossenschaften (TB 1987/88, BT-Drucks. 11/4611, S. 90) kann sich bei Zusammenschlüssen zwischen privaten Landhandelsunternehmen und ländlichen Warengenossenschaften sowohl kontrollpflicht- als auch untersagungsbegründend auswirken. Einerseits bilden diejenigen Primärgenossenschaften, die sich zumindest überwiegend ihrer Hauptgenossenschaft bedienen, mit dieser einen der Verbundklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB unterfallenden Gleichordnungskonzern, so daß die in § 24 Abs. 8 GWB geforderten Schwellenwerte, die ein Zusammenschluß überspringen muß, um kontrollpflichtig zu werden, auch bei Beteiligung einer "umsatzschwachen" Ortsgenossenschaft erreicht werden können. Andererseits führt der von den Mitgliedsgenossenschaften "abgeleitete Charakter" der Hauptgenossenschaften dazu, daß ein Zusammenschluß zwischen Hauptgenossenschaft und privatem Landhandelsunternehmen auch wegen der Entstehung oder Verstärkung marktbeherrschender Stellungen bei nicht-beteiligten Mitgliedsgenossenschatten untersagt werden kann. Die allgemeine Auffassung, ein genossenschaftlicher Stufenverbund sei konzernrechtlich nicht zu erfassen, trifft nur im Hinblick auf fehlende Abhängigkeiten zu. Im ländlichen Genossenschaftswesen der allgemeinen Warenwirtschaft ist sowohl der "dreistufige" Gleichordnungskonzern von Erzeugerbetrieb bis Hauptgenossenschaft möglich, als auch die mehrfache (G leichordnungs-)Konzernzugehörigkeit einer Genossenschaft. Den Regelfall bildet dabei die Einbindung der Warenzentrale in eine Vielzahl von Gleichordnungskonzernkreisen mit den angeschlossenen Einzelgenossenschaften.
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