Der Rundfunkbegriff im Wandel des deutschen und europäischen Rechts [1 ed.] 9783428543458, 9783428143450

Andreas Hamacher untersucht die Existenz und Reichweite des Rundfunkbegriffs und verwandter Medienbegriffe auf den versc

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German Pages 462 Year 2015

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Der Rundfunkbegriff im Wandel des deutschen und europäischen Rechts [1 ed.]
 9783428543458, 9783428143450

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1285

Der Rundfunkbegriff im Wandel des deutschen und europäischen Rechts

Von

Andreas Hamacher

Duncker & Humblot · Berlin

ANDREAS HAMACHER

Der Rundfunkbegriff im Wandel des deutschen und europäischen Rechts

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1285

Der Rundfunkbegriff im Wandel des deutschen und europäischen Rechts

Von

Andreas Hamacher

Duncker & Humblot · Berlin

Die Hohe Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahre 2013 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: CPI buchbücher.de, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-14345-0 (Print) ISBN 978-3-428-54345-8 (E-Book) ISBN 978-3-428-84345-9 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Schrift wurde seitens der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertationsschrift angenommen. Das diesbezügliche Prüfungsverfahren fand seinen Abschluss mit der mündlichen Doktorprüfung im Wintersemester 2013/2014. An dieser Stelle nutze ich gerne die Gelegenheit, meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Dr. h. c. mult. Klaus Stern, sehr herzlich für die umsichtige und nachhaltige wissenschaftliche Betreuung meiner Dissertationsschrift zu danken. Seinem umfassenden Wirken in Forschung und Lehre habe ich nicht zuletzt meine persönliche Begeisterung für die Materie des Rundfunk- und Medienrechts sowie für Fragen des Grundrechtsschutzes im Allgemeinen zu verdanken. Mein besonderer Dank gilt weiterhin auch Herrn Professor Dr. Karl-Eberhard Hain für seine Mühen als Korreferent und manches gemeinsame Gespräch im fachlichen Kontext. Sein wissenschaftliches Wirken im Rundfunk- und Medienrecht hat mir ebenfalls wertvolle Denkanstöße vermittelt. Nicht zuletzt möchte ich in meinen Dank auch Herrn Professor Dr. Christian von Coelln einschließen, der sich anlässlich meiner mündlichen Doktorprüfung ebenfalls intensiv mit der hier vorliegenden Arbeit befasst hat. Die spannende rechtswissenschaftliche Diskussion, die sich im Rahmen meines Disputationstermins zu Einzelfragen meiner Dissertationsschrift entfaltete, wird mir stets in guter Erinnerung verbleiben. Spricht man Dank aus, läuft man allzu schnell Gefahr, Menschen nicht zu erwähnen, denen eine dankbare Erwähnung gleichwohl sehr gebührt. Ich greife daher in dem Bewusstsein, vielen anderen Menschen ebenfalls zu Dank verpflichtet zu sein, exemplarisch diejenigen heraus, denen ich mich aufgrund persönlicher Bindung besonders verbunden fühle. Ich danke meinen Eltern, denen ich dieses Werk gewidmet habe, dass sie mir meine schulische und universitäre Ausbildung ermöglicht und meine beruflichen Vorstellungen stets unterstützt haben. Ich danke meiner Verlobten und künftigen Frau Thi Kim Bich Nguyen, die manche zeitliche Entbehrung im Rahmen der Entstehung dieser Schrift ertragen musste und meine Motivation stets bestärkt hat, mein wissenschaftliches Werk konsequent zu verfolgen. Die vorliegende Dissertationsschrift konnte die unlängst ergangene 14. Rundfunkentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 2014 (1 BvF 1/11 u. 1 BvF 4/11) nicht mehr berücksichtigen. Diese jüngste Entscheidung zum Rundfunkrecht hat allerdings zum Gegenstand der vorliegenden Untersuchung auch keine

8

Vorwort

wesentlichen neuen Erkenntnisse hervorgebracht, da sie auf Fragen der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Besetzung der Aufsichtsgremien des ZDF fokussiert. Der Verfasser behält sich vor, die weitere Entwicklung in diesem Bereich zu verfolgen und hierzu – erforderlichenfalls – ergänzend zu publizieren. Neuss, im April 2014

Andreas Hamacher

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

1. Kapitel Der Rundfunkbegriff in seiner historischen und aktuellen Entwicklung

24

I. Der Rundfunkbegriff im klassischen Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Die Geschichte des Rundfunks und seine Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 a) Die Genese des Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 b) Die Bredow’sche Definition des Rundfunkbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Die „duale Rundfunkordnung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3. Die Anwendbarkeit des klassischen Rundfunkbegriffs im multimedialen Zeitalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Das Erfordernis einer Definition des Rundfunkbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Der technische Rundfunkbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3. Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 a) Die Rundfunkfreiheit des Grundgesetzes und ihre verfassungsrechtliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 b) Das Erfordernis verfassungsrechtlicher Konkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . 39 c) Positive Bestandteile des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs und ihre Funktion im Rahmen einer „Negativabgrenzung“ zu anderen im Grundgesetz verankerten medialen Freiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 aa) Allgemeinbezogenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 bb) Der Darbietungscharakter – die rundfunktypische Übermittlungsfunktion für Inhalte und Meinungskundgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 cc) Informationsübermittlung auf fernmeldetechnischem Wege . . . . . . . . . . 50 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 d) Der Rundfunkbegriff und das Bundesverfassungsgericht . . . . . . . . . . . . . . . 55 aa) Der Rundfunkbegriff und seine Entwicklung im Spiegel der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 bb) Die sog. „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ zugunsten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 cc) Die Abgrenzbarkeit individual- und massenkommunikativ geprägter Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

10

Inhaltsverzeichnis e) Abgrenzung zum Pressebegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 f) Abgrenzung zum Filmbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4. Der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 a) Gesetzliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 b) Das Erfordernis einfachgesetzlicher Begriffsdefinition im Lichte der sog. „Aufwärtsklausel“ des § 20 Abs. 2 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 c) Einzelne Merkmale des Rundfunkbegriffs gemäß § 2 Abs. 1 RStV . . . . . . . 81 aa) Linearer Informations- und Kommunikationsdienst . . . . . . . . . . . . . . . . 81 bb) Allgemeinbezogenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 cc) Zeitgleicher Empfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 dd) Veranstaltung und Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 ee) Angebote „in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans“ . . . . . . . 87 ff) Benutzung elektromagnetischer Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 gg) Ausdrückliche Einbeziehung von Pay-TV-Angeboten . . . . . . . . . . . . . . 92 hh) Der Negativkatalog des § 2 Abs. 3 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 d) Abgrenzung zur Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 e) Abgrenzung des Rundfunkbegriffs vom Begriff der Telemedien gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV sowie zu Kommunikationsformen, die vom Telekommunikationsgesetz erfasst sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 f) Exkurs: Telemedien als Presse 2.0? – „Presseähnliche Angebote“ als Kristallisationspunkt für Onlineaktivitäten des öffentlich-rechlichen Rundfunks. 100 g) Gesetzeslücke bei bestimmten linearen Angeboten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 h) Kritik und rechtliche Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

2. Kapitel Der Rundfunk im europäischen Recht und seine begriffliche Analyse

110

I. Rundfunkrechtliche Kompetenz der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 1. Allgemeine rechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Weitere Grenzen europarechtlicher Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 a) Subsidiaritätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 b) „Prinzip der Unionstreue“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 c) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 d) Die kulturelle Kompetenz aus Art. 167 AEUV als Grenze . . . . . . . . . . . . . . 130 e) Das „Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 f) Weitere Ansätze zur Eingrenzung rundfunkrechtlicher Kompetenzen durch die EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 3. Kompetenzergänzende Normen und europarechtliche Grundsätze . . . . . . . . . . 139 a) Art. 352 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Inhaltsverzeichnis

11

b) Die sog. „implied powers“-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 c) Die sog. „resulting powers“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 d) Das „effet utile“-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 4. Entwicklungen im Rahmen der europäischen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . 148 II. Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 2. Primärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 a) Das „Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 b) EU-Vertrag und AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Dienstleistungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 bb) Die Bedeutung weiterer EU-Grundfreiheiten für die Ermittlung eines europarechtlichen Rundfunkbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 cc) Eine europäische Kulturkompetenz nach Art. 167 AEUV? . . . . . . . . . . 182 dd) Regelungen zum Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 c) EU-Grundrechte-Charta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 aa) Gleichstellung mit dem Primärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 bb) Die Gewährleistungen aus Artikel 11 der EU-Grundrechte-Charta . . . . 193 d) Die EMRK und ihre Bedeutung für die Rundfunk- und Medienfreiheit der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 e) Gemeinsame Verfassungsüberlieferungen gemäß Art. 6 Abs. 3 EUV . . . . . . 205 3. Sekundärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 a) Die Fernsehrichtlinie als Meilenstein europäischer Rundfunkpolitik . . . . . . 208 aa) Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 bb) Begriff der Fernsehsendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 b) Die AVMD-Richtlinien vom 11. Dezember 2007 bzw. 10. März 2010 . . . . . 215 aa) Die Metamorphose der Fernsehrichtlinie zur AVMD-Richtlinie . . . . . . . 216 bb) Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 cc) Definition der audiovisuellen Mediendienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 dd) Keine Einbeziehung „elektronischer Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 c) E-Commerce-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 aa) Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 bb) Die Definition des Begriffs der „Dienste der Informationsgesellschaft“ . 239 cc) Kollisionen im Anwendungsbereich zwischen E-Commerce-Richtlinie und AVMD-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 d) Richtlinie 98/34/EG und Richtlinie 98/48/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 e) Transparenzrichtlinie der Kommission 2006/111/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 f) Weitere Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

12

Inhaltsverzeichnis 4. Schlussfolgerungen für einen europarechtlichen Rundfunkbegriff auf der Ebene des Unionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

3. Kapitel Die sog. „Neuen Medien“

255

I. Der Begriff der „Neuen Medien“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 1. Grundsätzliche begriffliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 2. Die digitale Technik und ihre Bedeutung für die Medienwelt heutiger Prägung 259 3. Das Erfordernis einer Binnendifferenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 II. „Neue Medien“ zwischen Massen- und Individualkommunikation . . . . . . . . . . . . . 263 III. „Neue Medien“ und der Rundfunkbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 1. „Neue Medien“ und ihre Funktion als variable Determinante der Rundfunkbegriffsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2. „Neue Medien“ als Abgrenzungsproblem zwischen Rundfunk- und Pressefreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 3. Klassifizierung der „Neuen Medien“ als „Media sui generis“? . . . . . . . . . . . . . 275 IV. Einzelfallbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 1. Internet und internetbasierte Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 a) Das Wesen und die „Logik des Internets“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 b) World Wide Web und Webseiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 c) E-Mail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 d) Chat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 e) Internet-Telefonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 f) Videokonferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 g) Live-Streaming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 h) Webcasting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 i) Blogs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 j) Sonderproblem: Programmzusammenstellungen aus einzelnen Podcasts . . . 298 k) Push-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 l) Suchmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 2. Video-on-Demand-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 3. Near-Video-on-Demand-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 4. Pay-TV und Pay-per-View . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 5. Elektronische Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 6. Interaktives Fernsehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 7. Hybride TV-/Internetangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 8. Teleshopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328

Inhaltsverzeichnis

13

9. Video- bzw. Fernsehtext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 10. „Triple-Play-Angebote“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 11. E-Paper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 12. Soziale Netzwerke – am Beispiel von „Facebook“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 13. Weitere Web 2.0-Dienste wie „Twitter“ und „YouTube“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 14. Applikationen für „Smartphones“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344

4. Kapitel Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

346

I. Rundfunk als grenzüberschreitendes Phänomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 II. Rundfunk im Interessenkonflikt zwischen freiem Informationsfluss und nationalstaatlicher Souveränität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . 350 1. Allgemeines Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 a) Art. 19 AEMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 b) Art. 19 IPbpR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 c) Übereinkommen der UNESCO zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 d) Internationaler Fernmeldevertrag sowie die Konstitution und die Konvention der Internationalen Fernmeldeunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 e) Weitere rundfunkbezogene Vertragswerke des allgemeinen Völkerrechts . . 358 f) Der „freie grenzüberschreitende Informationsfluss“ als „allgemeiner Grundsatz des Völkerrechts“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 2. Regionales Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 a) Europarat und EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 aa) Der freiheitliche Gewährleistungsgehalt des Art. 10 EMRK – unter besonderer Berücksichtigung der sog. „Rundfunkklausel“ in Absatz 1 Satz 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 bb) Die Schranken des Art. 10 EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 cc) „Das Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 dd) Empfehlungen des Europarates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 b) Regionales Völkerrecht in anderen Regionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 aa) Die Amerikanische Menschenrechtskonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 bb) Die afrikanische Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 cc) Arabische Charta der Menschenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378

14

Inhaltsverzeichnis 3. Definitionsansätze zum Rundfunkbegriff im Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 4. Zusammenfassende Betrachtung zum Rundfunkbegriff im Völkerrecht . . . . . . 383

5. Kapitel Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen und Ausblick

385

I. Das Erfordernis terminologischer Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 II. Sinnhaftigkeit einer Harmonisierung des Rundfunkbegriffs im Mehrebenensystem. 387 1. Der Rundfunkbegriff als „definitorisches Chamäleon“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 2. Die Schaffung eines definitorischen Gleichklangs als rundfunkrechtliches Postulat? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 III. Die Anwendbarkeit des Rundfunkbegriffs auf neue Kommunikationsformen . . . . . 392 1. Die Dynamik und Technologieneutralität des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs in seiner Anwendung auf neue Kommunikationsformen . . . . . . . . 392 2. Konsequenzen für die verfassungsrechtliche Differenzierung zwischen Rundfunk- und Pressefreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 3. Neue mediale Angebote an der Schnittstelle zwischen Individual- und Massenkommunikation und die grundrechtliche Systematik des Art. 5 Abs. 1 GG . 395 IV. Die besondere Breitenwirkung „Neuer Medien“ – Grundgesetzliche Gewährleistungen als Ausgangspunkt einer gefährdungsspezifischen Regulierung . . . . . . . . . . 400 V. Das Konzept der „abgestuften Regulierung“ und die zunehmende „Konvergenz der Medien“ – ein Widerspruch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 VI. Der Vorschlag einer Abkehr von der dualen Rundfunkordnung hin zu einer „tripolaren Medienordnung“ in kritischer Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 VII. Die Idee einer grundgesetzlichen Verankerung einer umfassenden Medienfreiheit bei gleichzeitiger Nennung spezieller Freiheitsgewährleistungen . . . . . . . . . . . . . . . 412 VIII. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 1. Technische Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 2. Die Erwartungen an das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Konkretisierung des Rundfunkbegriffs und der Ausgestaltung des grundrechtlichen Schutzes der „Neuen Medien“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 3. Der Rundfunkbegriff in Zeiten zunehmender Individualisierung medialer Gestaltungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423

Inhaltsverzeichnis

15

Ergänzendes Verzeichnis – Weitere Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457

Abkürzungsverzeichnis a. A. a.a.O. AB ABl. Abs. a. E. ÄndRL AEMR AEUV AfP AfPF AG AL AMRK Anh. Anm. AöR Archiv PT ARD Art. Aufl. AVMD-Richtlinie BayMG BBC Bd. BDSG BDZV BGBl. BK BT-Drs. BVerfG BVerfGE BVerwGE BW bzw. CR d.

andere(r) Ansicht am angegebenen Ort Aktiebolag (schwedische Aktiengesellschaft) Amtsblatt Absatz am Ende Änderungsrichtlinie Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Archiv für Presserecht; seit 1995 umbenannt in: Zeitschrift für Medienund Kommunikationsrecht Archiv für das Post- und Fernmeldewesen Aktiengesellschaft Aktualisierung Amerikanische Menschenrechtskonvention Anhang Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Archiv für Post und Telekommunikation (Zeitschrift) Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland Artikel(n) Auflage EU-Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste Bayerisches Mediengesetz British Broadcasting Corporation Band Bundesdatenschutzgesetz Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger Bundesgesetzblatt Bonner Kommentar Bundestag-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Baden-Württemberg beziehungsweise Computer und Recht (Zeitschrift) Abkürzungszeichen für einen bestimmten Artikel, der im Rahmen der jeweils benötigten Form (bezogen auf Kasus, Nummerus und Genus des zugehörigen Substantivs) variieren kann.

Abkürzungsverzeichnis DCMS ders. d. h. DLR DMB DÖV DSL DVB DVBl. ebda. EBU E-Commerce-RL EG EGV EGMR Einl. EL EMRK endg. ETS EU EuG EuGH EuGRZ EuR EUV EuZW e.V. EWG EWGV f. ff. FN FPR FuR GATS GATT GEZ GG GmbH GRC/GRCh Hrsg. HS HTML HTTP i. d. R. IFV

17

Department for Culture, Media and Sport derselbe das heißt Deutschlandradio Digital Multimedia Broadcasting Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Digital Subscriber Line Digital Video Broadcasting Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) ebenda European Broadcasting Union E-Commerce-Richtlinie Europäische Gemeinschaft(en) Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einleitung Ergänzungslieferung Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention) endgültig European Treaty Series Europäische Union Gericht (der EU); früher: Gericht erster Instanz Europäischer Gerichtshof Europäische Grundrechte Zeitschrift Europarecht (Zeitschrift) Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht eingetragener Verein Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft folgende fortfolgende Fußnote Familie Partnerschaft Recht, Zeitschrift für die Anwaltspraxis Film und Recht (Zeitschrift) General Agreement on Trade in Services General Agreement on Tariffs and Trade Gebühreneinzugszentrale Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Charta der Grundrechte (der Europäischen Union) Herausgeber Halbsatz Hypertext Markup Language Hypertext Transfer Protocol in der Regel Internationaler Fernmeldevertrag

18 IGH ILM insb. IP IPbpR IPTV i.S.d. ISDN i.V.m. JA JMStV JSpaceL Jura jurisPK-Internetrecht JZ Kap. KEF K&R krit. Lfg. Lit. LMedienG Ltd LT-Drs. m. MdStV MMR MP M&K MR m. weit. Nachw. NDR NDRG NDR-StV NJOZ NJW No. NRW Nr. NVoD NVwZ o.Ä. OAU Ofcom PVT RÄStV/RÄndStV Rdn. Rec.

Abkürzungsverzeichnis Internationaler Gerichtshof International Legal Materials insbesondere Internet Protocol Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte Internet Protocol Television im Sinne des/der Integrated Services Digital Network in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Journal of space law (Zeitschrift) Juristische Ausbildung (Zeitschrift) Juris PraxisKommentar Internetrecht Juristen Zeitung (Zeitschrift) Kapitel Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten Kommunikation und Recht (Zeitschrift) kritisch Lieferung Littera (lat.) = Buchstabe Landesmediengesetz Limited Landtags-Drucksache mit Mediendienste-Staatsvertrag MultiMedia und Recht (Zeitschrift) Media Perspektiven (Zeitschrift) Medien & Kommunikationswissenschaft (Zeitschrift) Medien und Recht (Zeitschrift) mit weitere(m/n) Nachweis(en) Norddeutscher Rundfunk Gesetz zum Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Number Nordrhein-Westfalen Nummer Near-Video-on-Demand Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht oder Ähnlichem Organisation of African Unity Office of Communications Public Value Test Rundfunkänderungsstaatsvertrag Randnummer(n) Recognovit

Abkürzungsverzeichnis Rs. RSS RStV Rt. Hon. RuF RundfunkÄndG S. SA Slg. s. o. sog. st. Rspr. StV TDDSG TDG ThürVerf. TKG TMG TRIPS TV u. a. u. Ä. UFITA UN UNESCO Unterabs. UrhG URL Urt. usw. UWG VATM vgl. VoD VoIP VPRT VVDStRL VwVfG WDR WÜV WWF WWW ZaöRV z. B. ZDF

19

Rechtssache Really Simple Syndication Rundfunkstaatsvertrag Right Honourable Rundfunk und Fernsehen Rundfunkänderungsgesetz Seite(n) Société Anonyme Sammlung siehe oben sogenannte(n) ständige Rechtsprechung Staatsvertrag Teledienstedatenschutzgesetz Teledienstegesetz Thüringische Verfassung Telekommunikationsgesetz Telemediengesetz Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights Television und andere und Ähnliches Archiv für Urheber- und Medienrecht – Begründet im Jahre 1928 als Archiv für Urheber-, Film- und Theaterrecht United Nations United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization Unterabsatz Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) Uniform Resource Locator Urteil und so weiter Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. vergleiche Video-on-Demand Voice over Internet Protocol Verband Privater Rundfunk und Telemedien e. V. Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsverfahrensgesetz Westdeutscher Rundfunk Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge World Wildlife Fund World Wide Web Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Zweites Deutsches Fernsehen

20 ZEuP ZEuS ZRP ZUM

Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Europarechtliche Studien Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht

Einleitung Die Zeiten einer ausschließlich monomedial geprägten Medienlandschaft sind längst vorbei. Während früher die Printmedien eindeutig dem Pressebegriff sowie Hörfunk und Fernsehen eindeutig dem Rundfunkbegriff zugeordnet werden konnten, gestaltet sich eine solch eindeutige Zuordnung heute als problematisch oder vielleicht sogar unmöglich.1 Einst klare Trennungslinien zwischen den Geltungsbereichen der diesen beiden Begriffen auf Verfassungsebene zugeordneten Grundrechte sind in Folge der viel zitierten sog. „Konvergenz der Medien“2 immer undeutlicher geworden.3 Gerade der rasante technische Wandel in den letzten Jahrzehnten hat den Diskurs über das begriffliche Verständnis des „Rundfunks“ auf nahezu allen Rechtsebenen beflügelt. Zahlreiche gesetzliche und staatsvertragliche Novellen sind Ausfluss des tiefgreifenden medialen Wandels, der nicht zuletzt auch eine Neujustierung und eine an den tatsächlichen Gegebenheiten orientierte Weiterentwicklung des Rundfunkbegriffs in Abgrenzung zu den ebenfalls durch den technischen Wandel geprägten anderen Mediengattungen erforderte.4 Zum einen stellte sich in verfassungsrechtlicher Hinsicht die Frage, ob sich die jeweiligen grundrechtlichen Gewährleistungen auch auf neue mediale Angebote erstrecken können; zum anderen entstand die Notwendigkeit, die bestehenden Regelungen im Rahmen des einfachgesetzlichen Rundfunk- und Medienrechts den neuen tatsächlichen Rahmenbedingungen im Hinblick auf veränderte regulatorische Anforderungen anzupassen. Angesichts der Vielfalt und Ausdifferenzierung moderner Medien- und Kommunikationsformen und ihrer Rezeptionsvarianten erweist es sich als durchaus komplexes Unterfangen, eine belastbare Beurteilung darüber zu treffen, ob ein einzelnes Medium (noch) dem Rundfunkbegriff unterstellt werden kann oder vielmehr eine andere 1 Insofern spricht M. Berghaus von einer „Entgrenzung“ früher separater und separierbarer Kommunikationsformen, vgl. M. Berghaus, RuF 1994, S. 404 ff. 2 Vgl. hierzu unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungen in der medienrechtlichen Konvergenzdiskussion Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 8 ff.; vgl. zur Prägung des Konvergenzbegriffs in medialem Zusammenhang Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von ECommerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 5. 3 Vgl. auch W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488). 4 Dabei stellte sich die Einordnung der sog. „Neuen Medien“ schon früh als Gegenstand politischer Kontroverse heraus, wenn es etwa um die Frage ging, welche neuen medialen Erscheinungsformen der früher rein öffentlich-rechtlichen Organisationsstruktur zu unterwerfen waren bzw. welche Medien aus dieser Organisationsform herausgelöst werden konnten, vgl. hierzu R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (6. EL 2001), Kap. B 1 Rdn. 19.

22

Einleitung

begriffliche Zuordnung erfolgen muss. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass es den Rundfunkbegriff als solchen nicht gibt.5 Vielmehr ist zwischen verschiedenen Rundfunkbegriffen, die auf der jeweiligen Regelungsebene in ihrem spezifischen Zuordnungszusammenhang Bedeutung entfalten, zu differenzieren.6 Von besonderer Bedeutung ist jedoch der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff, der für die Bestimmung der Reichweite der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Gewährleistung der Rundfunkfreiheit maßgeblich ist. Doch selbst auf der so grundlegenden verfassungsrechtlichen Ebene scheint bis heute nicht eindeutig geklärt zu sein, wie der Rundfunkbegriff genau zu definieren ist. Einen entscheidenden Einfluss auf das deutsche Rundfunkrecht hat die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts gewonnen, wobei bis dato dreizehn Rundfunkentscheidungen in medienverfassungsrechtlicher Hinsicht besondere Relevanz und Beachtung erlangt haben.7 In einigen dieser Urteile und Beschlüsse hat das Bundesverfassungsgericht sein grundsätzliches Rundfunkbegriffsverständnis zumindest in Ansätzen dargelegt und im Verlaufe seiner Rechtsprechung auch weiterentwickelt (vgl. hierzu die Darstellung weiter unten unter 1. Kap. II. 3. d)). Auf europarechtlicher Ebene sind in jüngerer Vergangenheit in Sonderheit die Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten – vor allen Dingen unter dem Aspekt wettbewerbsrechtlicher Anforderungen – in den Fokus des Interesses geraten. Hierbei geht es zwar prima facie nicht direkt um die Frage nach dem Bedeutungsgehalt des Rundfunkbegriffs, da vielmehr über die Reichweite des Grundversorgungsauftrages gestritten wurde und wird, der einen zentralen Bestandteil der Berechtigungsgrundlage für die Rundfunktätigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten darstellt. In diesem Zusammenhang kommt es dann in nuce jedoch auch wieder auf den Rundfunkbegriff an, und zwar insbesondere dann, wenn man danach fragt, ob sich „Rundfunk“ – und hier insbesondere der öffentlich-rechtliche – auf seine klassischen Ausprägungen in Gestalt von Hörfunk- und herkömmlichen Fernsehangeboten zu begrenzen hat oder eben nicht. Große Zuordnungsprobleme bereitet im Bereich der sog. „Neuen Medien“ die Vermischung von individual- und massenkommunikativen Elementen.8 Diese Arbeit

5 Gleichwohl werden in der Literatur Versuche unternommen, „einen einheitlichen Kernbegriff“ zu ermitteln, vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 8, 163 ff. 6 Vgl. etwa in Bezug auf die Unabhängigkeit des einfachgesetzlichen Begriffsverständnisses i.S.d. Rundfunkstaatsvertrages vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (26 f.); siehe auch bereits C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 7 f., 157 f., 163 f. 7 Vgl. etwa G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 3 Rdn. 28 ff.; grundlegend K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1647 ff.; eine weitergehende Rechtsprechungsübersicht liefert Chr. Degenhart, K&R 2007, S. 1 ff. 8 Vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1667 f.; Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (438); K.-E. Hain, Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit, in: D. Dörr (Hrsg.),

Einleitung

23

versucht, ausgehend von einer historischen Darstellung und einer Auseinandersetzung mit dem Rundfunkbegriff in seinen verschiedenen, durch die jeweiligen Regelungsebenen bestimmten Dimensionen,9 einen möglichen Wandel des Rundfunkbegriffsverständnisses zu untersuchen und die Rundfunkqualität der „Neuen Medien“ zu analysieren. Darüber hinaus wird die Frage nach der Reichweite des grundrechtlichen Schutzes durch die Rundfunkfreiheit in Abgrenzung zu anderen Medienfreiheiten, wie sie de lege lata ebenfalls im Grundgesetz ihre Verankerung finden, aufgeworfen. Abschließend wird im Rahmen eines Ausblicks danach gefragt, ob die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen zur Einordnung neuer medialer Angebote ausreichend, welche Anpassungen gegebenenfalls erforderlich sind und welcher Bedeutungsgehalt dem Rundfunk und seinem Begriffsverständnis in Zeiten immer stärkerer medialer Individualisierung zuzumessen ist.10

Die Macht der Medien. Medienrechtliches Kolloquium zum 75. Geburtstag von Hartmut Schiedermair, 2011, S. 63 ff. (76); ders., K&R 2012, S. 98 ff. (98). 9 Vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157 f., 163 f. 10 Vgl. Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (437 f.); J. Becker, ZUM 2009, S. 441 f. (441).

1. Kapitel

Der Rundfunkbegriff in seiner historischen und aktuellen Entwicklung I. Der Rundfunkbegriff im klassischen Sinne 1. Die Geschichte des Rundfunks und seine Entwicklung a) Die Genese des Rundfunks Dem erfolgreichen Erfindertum eines bedeutenden Wissenschaftlers des späten 19. Jahrhunderts ist es zu verdanken, dass bereits 1887 ein wesentlicher Grundstein dafür gelegt worden ist, dass moderne Massenmedien heutiger Prägung überhaupt zur Entstehung gelangen konnten: Heinrich Hertz fand im Rahmen seiner Tätigkeit heraus, dass und auf welche Weise elektromagnetische Schwingungen auf drahtlosem Wege verbreitet werden konnten.1 Freilich blieb es den Menschen zum damaligen Zeitpunkt noch verwehrt, auch nur erahnen zu können, welche grundlegende Bedeutung dieser Erkenntnis für vielfältige Lebensbereiche – nicht zuletzt für die Entwicklung neuer rundfunkbasierter Medienarten und Kommunikationsformen – zukommen sollte. Hertz markierte damit einen entscheidenden Wendepunkt im Rahmen der zwischenmenschlichen Kommunikation. Die aufgrund dieser Entdeckung kontinuierlich fortentwickelte Funktelegraphie wurde jedoch zunächst nicht für Massenkommunikationszwecke herangezogen, sondern etwa für militärische Kommunikation und im Seefunkverkehr genutzt.2 Doch schon bald entdeckte man die Möglichkeiten der Rundfunktechnik für Unterhaltungszwecke und die Kaiserliche Armee richtete im Jahre 1917 an der Westfront einen Unterhaltungsdienst für ihre Soldaten ein.3 1923, also nur wenige Jahre später, folgte ein in rundfunkpolitischer und tatsächlicher Hinsicht weiteres bedeutsames Ereignis: Die Freigabe des 1

K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1642; G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 4 Rdn. 1; K. Dussel, Deutsche Rundfunkgeschichte, 3. Aufl. 2010, S. 20 ff. mit einem Hinweis auf die grundlegenden Arbeiten von James Maxwell „über den Wellencharakter des Lichts“, die zu Beginn der 1860er Jahre erfolgten sowie weiteren Ausführungen zu den technisch-physikalischen Entwicklungsgrundlagen. 2 K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1642; vgl. zu den militärischen Verwendungszwecken auch die Ausführungen bei K. Dussel, Deutsche Rundfunkgeschichte, 3. Aufl. 2010, S. 20 ff.; siehe für eine Nutzung im Rahmen des Seefunks G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 4 Rdn. 1. 3 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1642.

I. Der Rundfunkbegriff im klassischen Sinne

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Rundfunkempfangs „an Alle“ durch den damals amtierenden Reichspostminister.4 Durch den seinerzeitigen technischen Entwicklungsstand bedingt hatte der medienbezogene Rundfunkbegriff im Volksmunde zu Beginn einen sehr engen Bedeutungsgehalt: er umfasste schlicht die Verbreitung von Radiosendungen, die in dieser Zeit bereits durch entsprechende Endgeräte empfangen werden konnten. In der Verfügung Nr. 418 vom 4. Juli 1924 wurde der Begriff „Rundfunk“ erstmals amtlich festgeschrieben und als „funktelefonische Verbreitung von musikalischen und ähnlichen Darbietungen“ umschrieben.5 Bereits 1935 wurde das mediale Spektrum ein erstes Mal erheblich erweitert, indem die bislang bekannten Radiosendungen um eine visuelle Komponente, also um die Übermittlung von „Bildsequenzen“, angereichert wurden, weshalb sich neben der Radioübertragung ab diesem Zeitpunkt auch das Fernsehmedium etablieren konnte.6 Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs wurden in Deutschland in den Nachkriegsjahren 1948 und 1949 sechs Rundfunkanstalten öffentlich-rechtlicher Prägung errichtet,7 die sich im Jahre 1950 in der „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“ (ARD) und damit unter einer gemeinsamen Dachorganisation miteinander verbanden.8 Nachdem im Grundgesetz in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die Rundfunkfreiheit in den Grundrechtskatalog aufgenommen worden war, entwickelten sich ab 1950 die ersten Rundfunkgesetze der Länder.9 Mit dem ersten Rundfunkurteil über die sog. „Deutschland-Fernsehen-GmbH“10, deren Gründung von Bundeskanzler Konrad Adenauer vorangetrieben wurde, nahm das Bundesverfassungsgericht seine umfassende rundfunkverfassungsrechtliche Rechtspre-

4

Diese Freigabe erfolgte durch „Verfügung Nr. 117“, vgl. hierzu G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 4 Rdn. 4 f. (insbesondere 5); der Ausdruck „Rundfunk für alle“ wurde wohl durch H. Bredow im Oktober 1919 im Haushaltsschuss der Nationalversammlung eingeführt, vgl. hierzu: K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1642 f.; vgl. hierzu auch H. Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rdn. 3; K. Dussel, Deutsche Rundfunkgeschichte, 3. Aufl. 2010, S. 19, 22 mit einem Hinweis auf Funksprüche „An Alle“, die es bereits im Jahre 1917 seitens des russischen Rats der Volkskommissare zur Sowjetregierungsbildung sowie in Deutschland zur Ausrufung der Republik am 9. November 1918 gegeben hatte. 5 Vgl. hierzu und zur Einbeziehung des Adressatenkreises (im Sinne einer „Allgemeinheit des Adressatenkreises“) in die Beschreibung des Rundfunks durch die Verfügung des Reichspostministers Nr. 96/1930 vom 28. März 1930 die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1643. 6 G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 4 Rdn. 18; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1643; siehe ferner hierzu auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 13. 7 Siehe hierzu die grundlegenden Ausführungen bei G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 4 Rdn. 29 ff. 8 Vgl. H. Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rdn. 30; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1646. 9 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1644, 1646. 10 BVerfGE 12, 205 ff.

26

1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

chung auf.11 Nachdem den Ländern im ersten Rundfunkurteil ihre Kompetenzen im Hinblick auf die Rundfunkgesetzgebung bestätigt worden waren, verständigten sie sich auf einen „Staatsvertrag über die Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts, ,Zweites Deutsches Fernsehen‘ (ZDF)“.12 Die 80er Jahre sollten eine weitere tiefgreifende Veränderung in medialer Hinsicht einläuten: Mit der Etablierung privater Rundfunkunternehmen wurde eine Entwicklung in Gang gesetzt, die in rundfunkverfassungsrechtlicher Hinsicht dazu führte, dass eine „duale Rundfunkordnung“13 herausgebildet wurde, die noch heute – trotz eingetretener Diversifizierung des Medienmarktes – für das deutsche Rundfunksystem geradezu prägend ist, wobei deren grundsätzliche Existenz bereits seit der 1986 ergangenen vierten Rundfunkentscheidung des Bundesverfassungsgerichts14 kaum mehr ernsthaft in Zweifel gezogen werden konnte.15 b) Die Bredow’sche Definition des Rundfunkbegriffs Einen ersten bedeutsamen und auch heute noch Beachtung findenden Ansatz zur Definition dessen, was begrifflich unter „Rundfunk“ zu verstehen ist, lieferte Hans Bredow bereits im Laufe des Jahres 1947.16 Dem Bredow’schen Ansatz nach sollte Rundfunk „die Veranstaltung und Übermittlung von Darbietungen aller Art unter Benutzung elektrischer Schwingungen in Wort, Ton und Bild, soweit sie sich an ,Alle‘ wenden“,17 umfassen. Auf der Grundlage der gerade genannten Bredow’schen Definitionselemente wurden damit Hör- und Fernsehfunk unter einen gemeinsamen Rundfunkbegriff zusammengefasst.18 Schon damals eignete der Rundfunkdefinition damit jedenfalls eine begriffliche Bipolarität, da fortan beide Medienarten auch isoliert betrachtet Rundfunk im Sinne der zugrunde gelegten Definition darstellten. Durch die begriffliche Erfassung des Rundfunks konnte nicht zuletzt auch in rechtlicher Hinsicht ein gewisser Gleichklang mit dem seinerzeitigen technischmedialen Fortschritt erzielt und der Bedeutungsgehalt des Rundfunks auf diese Weise (zunächst) konturiert werden.19 Neue technische Entwicklungen im Medien11

Vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1647. Vgl. H. Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rdn. 35; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1647 f. 13 Zum Begriff H. Bethge, DVBl. 1986, S. 859 (859); BVerfGE 73, 118 (157). 14 BVerfGE 73, 118. 15 K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1651. 16 Vgl. zur Übertragbarkeit des Rundfunkbegriffs nach H. Bredow auf den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff zum Beginn des 21. Jahrhunderts die grundlegenden Ausführungen bei T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 41 ff. 17 Vgl. den „Vorschlag für ein Rundfunkgesetz“ von H. Bredow, abgedruckt als Anlage 5, in: F. Schuster, AfPF 1949, S. 309 ff. (333 ff.); siehe hierzu mit entsprechender Verweisung K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1643 m. weit. Nachw. 18 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1643 f. 19 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1644. 12

I. Der Rundfunkbegriff im klassischen Sinne

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sektor stellten den Rundfunkbegriff nach Bredow jedoch zunehmend auf die Probe und führten zumindest partiell zu einem Verlust seiner Definitionsschärfe. Die Annahme einer fortwährenden Eignung einzelner Merkmale seiner Definition bedarf jedenfalls insoweit einer kritischen Analyse, als bestimmte neue mediale Erscheinungsformen im Hinblick auf ihre Rundfunkqualität zu überprüfen sind, die weder den klassischen Medienarten zugeordnet noch ohne weiteres mit ihnen verglichen werden können. Gleichwohl bildet der Bredow’sche Definitionsansatz auch heute noch einen wesentlichen Anhalts- und Orientierungspunkt im Rahmen der Beurteilung, ob ein neues mediales Angebot tatsächlich noch hinreichende Bezugspunkte zum klassischen Rundfunkverständnis aufweist oder ob es womöglich in Bezug auf das konkret zu beurteilende Medium einer anderen Begriffszuordnung bedarf.

2. Die „duale Rundfunkordnung“ Prägendes Kennzeichen unserer heutigen Rundfunkordnung ist ihre duale Ausrichtung. Dabei versteht man unter der „dualen Rundfunkordnung“20 die mediale Koexistenz öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten und privater Rundfunkanbieter.21 Die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit einer dualen Ausrichtung der Rundfunkordnung, die auch im ersten Rundfunkstaatsvertrag festgeschrieben wurde, bestätigte das Bundesverfassungsgericht in seinem vierten Rundfunkurteil.22 Das Bundesverfassungsgericht definierte in diesem Zusammenhang explizit, was es unter einem „dualen Rundfunksystem“ versteht: „Werden die neuen Gesetze neben die überkommenen Rundfunkgesetze und -staatsverträge gestellt, so werden die Umrisse eines dualen Rundfunksystems sichtbar: Es umfasst die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, welche ihren bisherigen Auftrag wahrnehmen und die gesamte Bevölkerung versorgen können, die in ihrer Organisation und Programmgestaltung durchweg einem ,binnenpluralen‘ Modell folgen und deren Tätigkeit überwiegend aus Gebühren finanziert wird. Hinzu treten private Veranstalter, die anders organisiert sind, bei denen Meinungsvielfalt in wesentlichen Teilen auf anderem Wege als dem einer binnenpluralen Programmgestaltung sichergestellt werden soll, die ihre Tätigkeit in der Hauptsache aus den Erträgen von Wirtschaftswerbung finanzieren

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Siehe zu den Entwicklungslinien auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 4 Rdn. 95 ff. 21 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1649, der insofern von einem „Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk“ spricht; ferner verweist er auf H. Bethge, DVBl. 1986, S. 859 ff. (859), der wohl den Begriff eines „dualen Rundfunksystems“ eingeführt hat. 22 BVerfGE 73, 118; siehe bereits auch BVerfGE 57, 295; U. Fink, in: G. Spindler/ F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 46; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1650 f.; vgl. auch die Urteilsbesprechung bei M. Stock, NJW 1987, S. 217 ff. (223).

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

und die in höherem Maße als die öffentlich-rechtlichen Anstalten den Gesetzlichkeiten des Marktes unterliegen.“23 Dieser Definition folgend bestehen innerhalb der dualen Rundfunkordnung zwischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und privaten Rundfunkanbietern zwei wesentliche Unterscheidungsmerkmale: die (überwiegende) Finanzierungsform und die strukturellen Vorgaben zur Sicherung der Programmvielfalt.24 Zuvor hatte das Gericht aufgrund des damals vorhandenen Frequenzmangels und der damit einhergehenden Sondersituation des Rundfunks die Monopolstellung des öffentlichrechtlichen Rundfunks verfassungsrechtlich gebilligt.25 Auch im vierten Rundfunkurteil spricht das Bundesverfassungsgericht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiterhin die Gewährleistung der „Grundversorgung“ als zentralen Aufgabenbereich zu.26 Möglich wurde die Etablierung privater kommerzieller Rundfunkanbieter durch die Errungenschaften der fortschreitenden technisch-medialen Entwicklung.27 So konnte dank der Etablierung der Kabel- und Satellitentechnik der einst bestehende Frequenzmangel behoben werden.28 Als erster privater Anbieter strahlte RTL-Plus sein in deutscher Sprache gehaltenes Fernsehprogramm am 2. 1. 1984 über terrestrische Sender in Luxemburg aus, wobei der Empfang zunächst im Saarland sowie in einigen Gebieten der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz möglich war.29 In den Folgejahren gründeten sich zahlreiche weitere private Hörfunk- und Fernsehsender.30 Wer allerdings glaubte, dass sich mit der Integration privater Rundfunkanbieter eine Befriedung des Rundfunkmarktes einstellen würde, musste rasch erkennen, einer Fehleinschätzung unterlegen zu sein. So ist die Geschichte des dualen Rundfunks in Deutschland zugleich eine Geschichte eines medialen Wettstreits, im Rahmen dessen sich Spannungen immer wieder in offenen Konflikten zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern entluden.31 Kristallisationspunkt war 23 BVerfGE 73, 118 (125); vgl. auch D. Krausnick, Das deutsche Rundfunksystem unter dem Einfluss des Europarechts, 2005, S. 19. 24 Näher hierzu D. Krausnick, Das deutsche Rundfunksystem unter dem Einfluss des Europarechts, 2005, S. 20. 25 BVerfGE 12, 205 (261 f.); vgl. hierzu U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 45. 26 BVerfGE 73, 118 (157); Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 14, 627; G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 7 Rdn. 101; A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 4 Rdn. 1, 2; U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 46. 27 Siehe hierzu G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 4 Rdn. 95 ff. 28 G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 4 Rdn. 95 ff. 29 G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 4 Rdn. 98; seit dem 28. 8. 1985 wird das Programm über Satelliten verbreitet und in das Kabelnetz eingespeist. 30 Vgl. hierzu die Ausführungen bei G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 4 Rdn. 98. 31 H. Bethge, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 91.

I. Der Rundfunkbegriff im klassischen Sinne

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neben anderen Problemstellungen oftmals die Frage, inwiefern es den Rundfunkanstalten gestattet sein sollte, neue mediale Gestaltungsformen in ihr Angebotsspektrum zu integrieren und wie eine solche Ausdehnung der Anstaltsaktivitäten unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen sein möge. Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT) zog insofern insbesondere in Zweifel, ob die Einbeziehung onlinebasierter Medien mit dem verfassungsrechtlich determinierten und einfachgesetzlich ausgestalteten Grundversorgungsauftrag32 bzw. mit dem „öffentlich-rechtlichen Auftrag“ damaliger Prägung in Einklang zu bringen sei.33 Enge Verbindungslinien wies die aufgeworfene Problematik dabei auch zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff auf, da insofern unklar war, ob die Rundfunkfreiheit für die Nutzung der sog. „Neuen Medien“ durch die Rundfunkanstalten überhaupt fruchtbar gemacht werden konnte und ob eine Erstreckung des Funktionsauftrages der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch auf neue, häufig onlinebasierte Angebotsformen zu rechtfertigen oder verfassungsrechtlich sogar geboten war.34 Jüngere Nivellierungen des Rundfunkstaatsvertrages haben diese Fragen auf der Grundlage der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts (hierzu unten 1. Kap. II. 3. d)) mittlerweile auf einfachgesetzlicher bzw. staatsvertraglicher Ebene für die Rundfunkanstalten positiv geklärt.

3. Die Anwendbarkeit des klassischen Rundfunkbegriffs im multimedialen Zeitalter Die neuen technischen Möglichkeiten im Multimediazeitalter haben zu tiefgreifenden Veränderungen in der Medienlandschaft geführt. Hans Bredow und dem verfassunggebenden Gesetzgeber im Jahre 1949 waren bei der Normierung der Rundfunkfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nur monomedial geprägte Medien bekannt.35 Es erscheint daher fraglich, ob auch heute noch auf das klassische Rundfunkbegriffsverständnis von damals bei der Beurteilung medialer Angebote zurückgegriffen werden kann. Unser heutiges Multimediazeitalter wird entscheidend durch die digitale Technik geprägt, ohne deren Entwicklung viele heute vorhandene technische Errungenschaften im Medienbereich schlicht undenkbar wären. Unter Digitalisierung versteht 32 K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1651; BVerfGE 74, 297; M. Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, 1991, S. 28 ff. 33 Europäische Kommission, K(2007), 1761 endg., S. 19 Rdn. 70, abrufbar unter: http:// ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2005/e003 – 05.pdf – zuletzt besucht am 28. Dezember 2011 um 22:14 Uhr; Beschwerde CP 43/2003. 34 Einen Überblick zur Erfassung sog. „Neuer Medien“ durch den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff gibt H. Bethge, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 90b (sowie zum Bedeutungsgehalt der sog. „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ später Rdn. 105). 35 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669 m. weit. Nachw.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

man dabei die „Umwandlung jedweder Art von Information in einen Binärcode“.36 Durch diese Kodierungstechnik wandeln sich vormals auf jeweils eine bestimmte Angebotsart oder einen speziellen Dienst zugeschnittene Übertragungsarten in „multifunktionale Übertragungswege“37, womit die klassische Informationskategorisierung unter dem Aspekt des Datentransports bereits heute obsolet sein dürfte. D. Krausnick hat insoweit zutreffend festgestellt, dass mit der Einführung der Digitaltechnik im Wesentlichen drei bedeutende Veränderungen einhergehen38, die wie folgt zusammengefasst werden können: zum einen die Vervielfachung der Übertragungskapazitäten, zum zweiten die Etablierung neuer Übertragungswege (etwa die mediale Nutzung des Telefonnetzes) und zum dritten die Ermöglichung interaktiver Elemente durch die sog. Rückkanaltechnik.39 Dabei stellen insbesondere die beiden zuletzt genannten Punkte den klassischen Rundfunkbegriff auf die Probe und offenbaren die Notwendigkeit einer Anpassung des klassischen Begriffsverständnisses. Sowohl die neuen Übertragungs- als auch die Interaktionsmöglichkeiten bieten daher Anlass zu juristischer Kontroverse. Dabei ist insbesondere die zunehmende „Konvergenz der Medien“40 zu berücksichtigen, die eine trennscharfe Unterscheidung im Rahmen der Begriffszuordnung zusätzlich erschwert.41 Die inzwischen mit der medialen Konvergenz im technischen Sinne42 einhergehende „Konvergenz der Dienste“43 hat zur Folge, dass die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Aufrechterhaltung getrennter Regelungssysteme etwa für Rundfunk und Telekommunikation Gegenstand eines juristischen Diskurses geworden ist.44 Eine sehr weitgehende Auffassung regt in diesem Zusammenhang an, künftig 36

So zutreffend F. Fechner, Medienrecht, 11. Aufl. 2010, Kap. 10 Rdn. 3; siehe in diesem Zusammenhang auch A. Blaue, ZUM 2005, S. 30 ff. (30 f.). 37 So H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 11, wobei er sich im Rahmen seiner Ausführungen in Sonderheit auf die „Digitalisierung der Telekommunikation“ bezieht. 38 Vgl. D. Krausnick, Das deutsche Rundfunksystem unter dem Einfluss des Europarechts, 2005, S. 72. 39 Vgl. insoweit D. Krausnick, Das deutsche Rundfunksystem unter dem Einfluss des Europarechts, 2005, S. 72. 40 Vgl. zum Begriff D. Dörr/V. Janik/N. Zorn, Der Zugang zum Digitalen Kabel, 2002, S. 66 ff.; M. Knothe, K&R 1998, S. 95 ff. (insb. 97 f.) G. Zagouras, Konvergenz und Kartellrecht, 2002, S. 3 ff. (insb. S. 4 ff.). 41 Vgl. G. Zagouras, Konvergenz und Kartellrecht, 2002, S. 5 m. weit. Nachw. 42 Vgl. Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 6; hierauf bezieht sich etwa auch K.-E. Hain, K&R 2006, S. 325 ff. (327). 43 Den Begriff der „Konvergenz der Dienste“ verwenden etwa auch K.-E. Hain, K&R 2006, S. 325 ff. (327) m. weit. Nachw.; L. J. Reinlein, Medienfreiheit und Medienvielfalt. Kontrolle crossmedialer Konzentration in Zeiten der Konvergenz, 2011, S. 20; vgl. zur „Konvergenz der Angebote“ auch Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von ECommerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 6 f. 44 D. Krausnick, Das deutsche Rundfunksystem unter dem Einfluss des Europarechts, 2005, S. 73 f.; A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 244 ff.

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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auf eine positive Regulierung in Gänze zu verzichten und auf die allgemeinen Regelungen des Wirtschaftsrechts zurückzugreifen.45 Unstreitig führt jedenfalls die Einordnung der „Neuen Medien“ zu Abgrenzungsproblemen. Waren früher etwa der Presse- und der Rundfunkbegriff klar voneinander zu unterscheiden,46 so fällt gerade diese Unterscheidung bei onlinebasierten Medien heute schwer, da die einstigen Unterscheidungskriterien möglicherweise im Online-Zeitalter ihrer früheren Eignung zum Zwecke einer medialen Differenzierung nun entbehren. Der zunehmenden Konvergenz der Medien steht trotz regulatorischer Verschlankungen und Erleichterungen in der Begriffsabgrenzung, die mit der Schaffung des Telemediengesetzes47 einhergegangen sind, eine bemerkenswerte Anzahl spezifischer medienrechtlicher Regelungen gegenüber.48 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Möglichkeiten technischer Weiterentwicklungen wohl kaum als abgeschlossen angesehen werden können, sondern vielmehr mit weiteren technischen Neuerungen und einer weiter voranschreitenden Medienkonvergenz zu rechnen ist. Die Reichweite des Rundfunkbegriffs, seine Erstreckung auf den Bereich der „Neuen Medien“ sowie die Frage nach der Notwendigkeit seiner definitorischen Modifizierung oder auch der Schaffung neuer oder gegebenenfalls übergeordneter Begriffskategorien bedürfen im multimedialen Zeitalter somit einer genauen Analyse.

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert 1. Das Erfordernis einer Definition des Rundfunkbegriffs Wie bereits festgestellt, fällt eine genaue Definition des Rundfunkbegriffs im Multimediazeitalter des 21. Jahrhunderts nicht leicht, zumal dem Rundfunkbegriff im Mehrebenensystem möglicherweise im Rahmen der unterschiedlichen Gestaltungsebenen und Normsetzungssphären jeweils ein ganz eigener Bedeutungsgehalt zukommen kann.49 Die Suche nach einer möglichst präzisen Begriffsdefinition und 45 D. Krausnick, Das deutsche Rundfunksystem unter dem Einfluss des Europarechts, 2005, S. 74 f. m. weit. Nachw.; R. Schwartmann, Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. 1 Rdn. 11 sowie Kap. 10 Rdn. 41; siehe auch F. Kübler, ZRP 2000, S. 131 ff; kritisch hierzu B. Holznagel, JZ 2001, S. 905 ff. (909). 46 Vgl. zur früher einfachen Bestimmbarkeit des Rundfunkbegriffs auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1660. 47 Das Telemediengesetz (TMG) hat das Teledienstegesetz (TDG), das Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG) sowie den Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV) abgelöst. Einige ergänzende Regelungen für den Telemedienbereich finden sich heute auch im Rundfunkstaatsvertrag; vgl. hierzu auch die ausführliche Darstellung bei Chr. von Coelln, UFITA 2007, S. 715 ff. 48 Vgl. schon im Jahre 2001 die Ausführungen bei B. Holznagel, JZ 2001, S. 905 ff. (906). 49 Vgl. hierzu etwa C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157 f., 163 f.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

die Bemühungen um eine möglichst genaue Zuordnung neuer Kommunikationsformen wären jedoch dann entbehrlich, wenn einer entsprechenden Definition kein tieferer Bedeutungsgehalt zuzumessen wäre. Daher ist es notwendig, zunächst zu klären, weshalb eine Begriffsdefinition überhaupt erforderlich ist. Konkrete Auswirkungen hat die positive oder negative Zuordnung der „Neuen Medien“ zum Rundfunkbegriff etwa auf die Gesetzgebungszuständigkeit zwischen Bund und Ländern.50 Dem Bund obliegt hierbei etwa nach Art. 73 Nr. 7 GG die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der Telekommunikation.51 Ein grundgesetzlich verbürgter Kompetenztitel für den Rundfunk steht dem Bund jedoch gerade nicht zu.52 Daher liegt nach Maßgabe der Artikel 30 und 70 Abs. 1 GG die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den Bereich des Rundfunks bei den Bundesländern.53 Darüber hinaus ergeben sich Konsequenzen für die Notwendigkeit von gesetzgeberischen Ausgestaltungsregelungen, für die Zulässigkeit staatlicher Eingriffe in die Ausübung medialer Betätigungen und nicht zuletzt auch für die Reichweite der allgemeinen Schutzwirkungen der verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte. Aufschluss über die Bedeutung des Erfordernisses einer entsprechenden Begriffsdefinition gibt die grundsätzliche Konzeption der Rundfunkfreiheit als „dienende Freiheit“54. Denn gerade diese dienende Funktion der Rundfunkfrei50 Siehe auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 6 Rdn. 12 ff.; W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (9); E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (454). 51 Vgl. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 6 Rdn. 17 f.; siehe auch Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 5, der zusätzlich auf die damals noch bestehende Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes für die Presse nach dem ehemaligen Art. 75 Abs. 1 Nr. 2 GG hinweist, der allerdings im Zuge der Föderalismusreform aufgehoben worden ist; siehe auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1660. 52 BVerfGE 12, 205 ff. (insbesondere Leitsatz Nr. 3 a); vgl. hierzu M. Schote, Die Rundfunkkompetenz des Bundes als Beispiel bundesstaatlicher Kulturkompetenz in der Bundesrepublik Deutschland, 1999, S. 2; Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 5. 53 Vgl. Th. Miserre, ebda.; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1660; a. A. wohl A. Dittmann, Der Rundfunkbegriff im deutschen Recht – ein Kulturgut im multimedialen Wandel, in: ders./F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 19 ff. (38 f.). 54 H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 89 ff.; stellvertretend für viele Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (434 f.); ders., Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (20) m. weit. Nachw.; kritisch und diese Konzeption im Ergebnis ablehnend allerdings K.-E. Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, 1993, S. 41 ff., 179; ders., Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit, in: D. Dörr (Hrsg.), Die Macht der Medien. Medienrechtliches Kolloquium zum 75. Geburtstag von Hartmut Schiedermair, 2011, S. 63 ff.; ders., K&R 2012, S. 98 ff. (103); ferner auch H. Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rdn. 65 ff. (insbesondere auch 67 ff.); siehe auch die Darstellung des Meinungsstreits und die differenzierende Stellungnahme bei R. Ricker/P. Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 108 ff. (insbesondere S. 110 ff.).

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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heit ist Ausdruck des objektivrechtlichen Bedeutungsgehalts dieser im Grundgesetz gewährleisteten Freiheit.55 So bezweckt die Rundfunkfreiheit nicht in erster Linie den individuellen Grundrechtsschutz des Rundfunkveranstalters als Grundrechtsträger an sich, sondern entfaltet vielmehr ihren Bedeutungsgehalt in der Gewährleistung „freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung“.56 Es geht also auf Verfassungsebene neben der noch zu erörternden Zuordnung der einzelnen Merkmale des Rundfunkbegriffs auch um die Einordnung der neuen Kommunikationsformen anhand des verfassungsrechtlichen Telos der Rundfunkfreiheit. Aus dem Bedeutungsgehalt der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und ihrer möglichen Erstreckung auf „Neue Dienste“ resultieren schwierige Abgrenzungsfragen und Herausforderungen, denen der Gesetzgeber im Rahmen der Regulierung von Rundfunk und elektronischen Informations- und Kommunikationsdiensten mit einer interessengerechten und an der spezifischen Gefährdungslage der jeweiligen Dienste orientierten Ausgestaltung der freiheitlichen Gewährleistung begegnen muss.57 Um also einerseits die Gesetzgebungszuständigkeit und den Umfang der grundrechtlichen Gewährleistung bestimmen zu können und andererseits der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit Rechnung zu tragen, bedarf es einer möglichst genauen Definition des Rundfunkbegriffs, um bestimmte Lebenssachverhalte präzise unter diesen Begriff (insbesondere in seiner verfassungsrechtlichen Dimension) subsumieren zu können.

2. Der technische Rundfunkbegriff Wenn auch die wesentlichen juristischen Auseinandersetzungen nicht den technischen Rundfunkbegriff58, sondern Rundfunkbegrifflichkeiten im jeweiligen Normkontext der Rechtsebenen betreffen, bildet die Erörterung und Definition des technischen Rundfunkbegriffs eine hilfreiche Grundlage zur Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes. Insbesondere lässt eine Analyse des technischen Rund55

Vgl. BVerfGE 83, 238 (295 ff.); siehe hierzu auch das wörtliche Zitat bei G. Herrmann/ M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 4 Rdn. 117; vgl. auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1691 ff.; N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 119 ff. 56 BVerfGE 83, 238 (315); H. Gersdorf, ebda., S. 90; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1691 ff. 57 Vgl. hierzu Th. Miserre, ebda, S. 5. 58 Der von H. Bredow (s. o.) eingeführte Begriff des „Rundfunks“ war rein technisch betrachtet schon kurz nach seiner erstmaligen Verwendung an sich nicht mehr zutreffend. So rührt der Wortbestandteil „Funk“ daher, dass ursprünglich durch Funkenentladungen elektromagnetische Wellen erzeugt und nachgewiesen wurden. Später wurde auf gerade diese Funkenentladung zur Erzeugung elektromagnetischer Wellen zugunsten modernerer Erzeugungsmethoden (etwa im Zuge der Einführung sog. Röhrensender) verzichtet, vgl. hierzu ausführlich C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 12; siehe auch bereits W. B. Lerg, Die Entstehung des Rundfunks in Deutschland, 2. Aufl. 1970, S. 20 mit einem entsprechenden Zitat von H. Bredow aus „seinen nicht veröffentlichen Rundfunkerinnerungen von 1938“.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

funkbegriffs etwaige normative Betrachtungen, wie sie etwa im Bereich der Medienregulierung herangezogen werden, außer Betracht und beleuchtet allein die technische Wesensart. In technischer Hinsicht sind drei Elemente für die Bestimmung des Rundfunkbegriffs von Bedeutung: Es geht um „die (1) fernmeldetechnische Übermittlung (2) einer Information (3) an die Allgemeinheit.“59 Das letztgenannte Merkmal wird als „konstituierend“ für die Qualifizierung des Rundfunks als Massenkommunikationsmittel angesehen.60 Nach teilweise vertretener Auffassung sind allerdings erst dann, wenn die einzelnen Darbietungen auch zum „Faktor der Meinungsbildung“61 werden, also ihrerseits eine publizistische Relevanz aufweisen, besondere „Maßnahmen der Vielfaltssicherung“ erforderlich.62 Dieser für den später zu erörternden verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff bedeutsame Umstand knüpft in technischer Hinsicht an das zweite Merkmal, also die Information, an, die in ihrem rein technischen Verständnis von ihrem inhaltlichen Bedeutunggehalt zu abstrahieren ist. Bezieht man diesen inhaltlich-materiellen Aspekt hingegen mit ein, ist der Auffassung zuzustimmen, dass es sich damit nicht mehr um Rundfunk im rein „technisch-formalen Sinne“, sondern um „Rundfunk im verfassungsrechtlich-materialen Sinn“ handele.63 Die Information als solche bildet also das inhaltliche Substrat des Rundfunks, während das Element der „fernmeldetechnischen Übermittlung“ insbesondere eine Abgrenzung zur Presse – auch und gerade in Reduktion auf eine rein technische Betrachtungsweise – erlaubt.64 Der rein technische Rundfunkbegriff hat auch die engsten Berührungspunkte mit den Ursprüngen der Rundfunktechnik. So sah man im Rundfunk eine technische Errungenschaft, die es erlaubte, „Nachrichten“ (also Inhalte) „in Form von Signalen, Lauten und Tönen einer unbegrenzten Personenzahl zuzuleiten“.65

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So F. Schoch, AfP 1998, S. 253 ff. (258) mit Verweis auf J. Scherer, AfP 1996, S. 213 ff. (218), wobei er diese Definition schon als Definition des Rundfunkbegriffs im verfassungsrechtlichen Sinne verwendet; Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 71. 60 Vgl. die auch auf die Kommunikationswissenschaft Bezug nehmenden Ausführungen bei J. Scherer, AfP 1996, S. 213 ff. (218). 61 Vgl. F. Schoch, AfP 1998, S. 253 ff. (258) m. weit. Nachw.; Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 68 ff. (71); D. Müller-Using/R. Lücke, Archiv PT 1995, S. 32 ff. (35) sprechen insofern unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von der Eigenschaft und Bedeutung (des Rundfunks) „als eminenten Faktor und unentbehrliches Mittel der für das demokratische Gemeinwesen wesentlichen öffentlichen und individuellen Meinungsbildung“. 62 Vgl. Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 71; vgl. auch D. Müller-Using/R. Lücke, Archiv PT 1995, S. 32 ff. (35). 63 Vgl. hierzu und zu den genannten Begriffen F. Schoch, AfP 1998, S. 253 ff. (258); Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 71. 64 Vgl. die analogen Einordnungen der Elemente unter der Prämisse, den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff mit eben diesen Begriffsmerkmalen zu erfassen bei J. Scherer, AfP 1996, S. 213 ff. (218). 65 So C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 14.

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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3. Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff a) Die Rundfunkfreiheit des Grundgesetzes und ihre verfassungsrechtliche Bedeutung Die Rundfunkfreiheit, wie sie durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ihre grundgesetzliche Verankerung gefunden hat, wird – wie bereits festgestellt – ganz überwiegend als „dienende Freiheit“ ausgelegt.66 Die Rundfunkfreiheit findet ihren besonderen verfassungsrechtlichen Zweck nach ganz herrschender, im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehender Auffassung gerade in ihrer dienenden Ausgestaltung zugunsten einer freien individuellen und darüber hinausgehend aber auch der öffentlichen Meinungsbildung.67 Gerade in dieser besonderen grundrechtlichen Funktion liegt eine Abkehr von der „sonst üblichen beliebigen Freiheit“68. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG legt seinem Gewährleistungsgehalt den Rundfunkbegriff zwar zugrunde, enthält sich jedoch einer ihn und seinen Anwendungsbereich betreffenden Definition.69 Ob diesbezüglich eine unverrückbare Begriffsdefinition, die über den technisch-medialen Wandel erhaben ist, gefunden werden kann, darf zumindest bezweifelt werden.70 In nuce handelt es sich beim heutigen Rundfunkrecht, das inbesondere auch durch staatsvertragliche Vereinbarungen der Bundesländer seine Ausgestaltung erfahren hat, um „konkretisiertes Verfassungsrecht“71, das mit den Worten von K. Stern zusätzlich immer stärker „auch durch europäisches Recht geprägt“ wird.72 In diesem

66 BVerfGE 57, 295 (319); 83, 238 (295 f.); 87, 181 (197); 90, 60 (87); Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005), Rdn. 13; H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 90 ff.; G. Leibholz/H.-J. Rinck, Grundgesetz-Rechtsprechung des BVerfG, Art. 5 (Stand Lfg. 52 2010) Rdn. 351. 67 So die Aufgabendefinition bei BVerfGE 57, 295 (319); H. Bethge, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, Art. 5, 6. Aufl. 2011, Rdn. 93 ff.; A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kap. 2 Rdn. 42 ff.; Chr. Degenhart, ebda., Rdn. 624. 68 So K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1651. 69 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1660. 70 Zumindest in Bezug auf die dauerhafte Gültigkeit eines solchen Begriffs insoweit verneinend G. Leibholz/H.-J. Rinck, Grundgesetz-Rechtsprechung des BVerfG, Art. 5 (Stand 40. Lfg. 2002) Rdn. 321. 71 So K. Stern, Föderative und unitarische Aspekte im deutschen Rundfunkwesen, in: H. Brack/H. Hübner/D. Oehler/K. Stern (Hrsg.), Rundfunkrecht und Rundfunkpolitik, 1969, S. 26 ff. (51); ders., Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1706 m. weit. Nachw.; jüngst ders., Neue Mediendienste und öffentlich-rechtlicher Rundfunk – Begrüßung und Einführung, in: K. Stern/H. Prütting/K.-N. Peifer (Hrsg.), Neue Mediendienste und öffentlich-rechtlicher Rundfunk, 2009, S. 1; ferner auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 5 Rdn. 1. 72 So K. Stern in seiner Einführungsrede im Rahmen der Vortragsveranstaltung „Neue Mediendienste und öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ des Instituts für Rundfunkrecht an der Universität zu Köln am 30. Mai 2008 in Köln, vgl. K. Stern, Neue Mediendienste und öffentlich-

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

Zusammenhang darf allerdings nicht verkannt werden, dass dem einfachen Gesetzesrecht zur Gewinnung einer verfassungsrechtlichen Definition des Rundfunkbegriffs lediglich „eine orientierende Funktion“73 zugedacht werden kann; eine etwaig verbindliche Determinierung der verfassungsrechtlichen Begrifflichkeit kann durch rangniedrigeres Recht gerade jedoch nicht erwirkt werden und ist damit per se ausgeschlossen.74 Maßgeblich dürfte es also auf eine verfassungsimmanente Interpretation des begrifflichen Bedeutungsgehalts ankommen, zu der das Bundesverfassungsgericht im Rahmen seiner verfassungskonkretisierenden Rechtsprechung zum Rundfunkrecht berufen ist.75 Verfehlt wäre es dabei, aus Gründen des Wortlautes des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, der insofern lediglich die „Berichterstattung“ in den Blick nimmt, von einem auf diesen Aspekt beschränkten Schutzbereich der grundgesetzlich garantierten Rundfunkfreiheit auszugehen.76 Denn gerade unter teleologischen Gesichtspunkten wäre eine solche Engführung des Schutzbereichs dieser grundrechtlichen Freiheit wohl kaum zu rechtfertigen.77 Denn über den Gesichtspunkt der Berichterstattung hinaus sollen vielmehr auch diejenigen Konditionen den grundrechtlichen Schutzwirkungen der Rundfunkfreiheit unterstellt werden, ohne die eine freie, den grundgesetzlichen Anforderungen entsprechende und die Meinungspluralität widerspiegelnde Berichterstattung gar nicht möglich wäre.78 Geschützt sind neben der Berichterstattung im engeren Sinne auch die unterhaltenden und sonstigen meinungsbildenden Inhalte sowie die Informationsbeschaffung, das Redaktionsgeheimnis und weitere eng mit der rundfunkredationellen Arbeit verbundene Betätigungen.79 Aus diesem Grunde ist – in Anlehnung an die Reichweite des Schutzbereichs der Pressefreiheit – zwingend von einem weiten

rechtlicher Rundfunk – Begrüßung und Einführung, in: K. Stern/H. Prütting/K.-N. Peifer (Hrsg.), Neue Mediendienste und öffentlich-rechtlicher Rundfunk, 2009, S. 1. 73 So etwa K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663. 74 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663. 75 Siehe in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zu einem Grundkonsens in der bisherigen Interpretation des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663 mit dortiger Fußnote 80. 76 Vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1678. 77 Eine rein am Wortlaut orientierte Auslegung ebenfalls ablehnend K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1678. 78 BVerfGE 103, 44 (59); vgl. auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 5 Rdn. 29.; Chr. Kannengießer, in: B. Schmidt-Bleibtreu/F. Klein/H. Hofmann/A. Hopfauf (Hrsg.), GG Kommentar zum Grundgesetz, 12. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 17. 79 BVerfGE 103, 44 (59) unter Hinweis auf BVerfGE 10, 121; 91, 134; vgl. auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1678; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/ K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 12; Chr. Kannengießer, in: B. Schmidt-Bleibtreu/F. Klein/H. Hofmann/A. Hopfauf (Hrsg.), GG Kommentar zum Grundgesetz, 12. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 17; G.Leibholz/H.-J. Rinck, Grundgesetz-Rechtsprechung des BVerfG, Art. 5 (Stand 52. Lfg. 2010 bzw. 56. Lfg. 2011) Rdn. 333, 356; Chr. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Abs. 1, 2 Rdn. 104 ff. (insbesondere auch 107).

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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Schutzbereichsverständnis auszugehen.80 Dabei wird die Garantie der freien Meinungsäußerung und -verbreitung noch um eine ergänzende „institutionelle Garantie“ erweitert, d. h. der Rundfunk „wird auch in seiner institutionellen Eigenständigkeit […] gewährleistet“.81 Eng mit der dienenden Funktion des Rundfunks verbunden ist die bundesverfassungsgerichtliche Forderung nach der Schaffung einer „positiven Rundfunkordnung“.82 Sind grundrechtliche Gewährleistungen sonst typischerweise subjektivrechtlich geprägt, greift eine solche Auslegung für die Freiheit des Rundfunks zu kurz.83 Vielmehr werde die subjektivrechtliche Komponente der Rundfunkfreiheit durch einen objektivrechtlichen Gehalt überlagert, worin letzten Endes auch die gesetzgeberische Ausgestaltungsbedürftigkeit begründet liege.84 Wesentlicher Anknüpfungspunkt für die besondere Ausgestaltungsbedürftigkeit ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (hierzu weiter unten unter 1. Kap. II. 3. d)) heute (Anm.: noch) die „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“ des Rundfunks.85 Die positive Ordnung soll dabei allerdings lediglich der Ausgestaltung,

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BVerwGE 75, 67 (70) mit einem Verweis auf BVerfGE 35, 202 ff. (222); K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1678; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/ K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005 bzw. 113. AL 2004) Rdn. 12 und 676. 81 So BVerfGE 77, 65 (74); ferner so auch G. Leibholz/H.-J. Rinck, Grundgesetz-Rechtsprechung des BVerfG, Art. 5 (Stand 52. Lfg. 2010 bzw. 56. Lfg. 2011) Rdn. 351 (auch ff.) mit grundlegenden Ausführungen zur institutionellen Freiheit des Rundfunks; vgl. auch Chr. Starck, „Grundversorgung“ und Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, in: J. Burmeister (Hrsg.), Verfassungsstaatlichkeit, Festschrift für Klaus Stern zum 65. Geburtstag, 1997, S. 777 ff. (790 ff.). 82 BVerfGE 57, 295 (319 ff.); siehe hierzu auch Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (435); ders., Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (20 f.). 83 Vgl. nochmals zum dienenden Charakter der Rundfunkfreiheit im Gegensatz zu der „sonst üblichen beliebigen Freiheit“ die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1651. 84 Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006) Rdn. 623. 85 BVerfGE 90, 60 (87); vgl. hierzu stellvertretend für viele U. Ellinghaus, CR 2008, S. 216 ff. (218); W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 48 ff., der darauf hinweist, dass den drei Kriterien „nur Indizcharakter“ hinsichtlich der „Bestimmung der Dienste, die von Verfassungs wegen als Rundfunk zu regulieren sind“, zukomme; vgl. ferner Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/ K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (38 ff., insbesondere auch 40); F. Fechner, in: K. Stern/ F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 129; J. Oster, in: Th. Hoeren/ U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 4 (Stand: 21. EL 2008) Rdn. 21; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 669.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

nicht jedoch der Beschränkung der Rundfunkfreiheit dienen.86 Ziel der gesetzlichen Ausgestaltung ist es, dass der Rundfunk nicht nur von staatlicher Einflussnahme frei ist, sondern vielmehr auch gesetzliche Vorkehrungen in materieller, organisatorischer und verfahrensmäßiger Hinsicht getroffen werden, um den Rundfunk frei von sonstiger „einseitiger Beherrschung und vorherrschender Meinungsmacht“ zu halten.87 So stellen Rundfunkangebote „einen entscheidenden Faktor in dem permanenten Prozeß (sic!) der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung dar“.88 Einschränkungsmöglichkeiten der verfassungsrechtlich garantierten Rundfunkfreiheit ergeben sich aus der Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG, also aus den Vorschriften der „allgemeinen Gesetze“89, aus den „gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend“90 und aus dem „Recht der persönlichen Ehre“91, sowie schließlich aus kollidierendem Verfassungsrecht.92 Die Freiheit des Rundfunks bedeutet in erster Linie „Freiheit vom Staat“,93 wobei den Rundfunkbetreibern insbesondere ein wirksamer Schutz vor programmlicher Einflussnahme und vor sonstigen staatlichen Eingriffen zu gewährleisten ist.94 Wesentlicher Bestandteil der grundgesetzlich garantierten Rundfunkfreiheit ist also die Programmfreiheit, die sowohl privaten Rundfunkunternehmen als auch öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Rahmen ihrer Rundfunktätigkeit zugutekommt.95 Wenngleich diese Programmfreiheit prima facie zunächst als rein sub86 H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 133, 253 ff.; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 13. 87 BVerfGE 57, 295 (319 ff.);73, 118 (152 ff.); Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 625. 88 BVerfGE 35, 203 (222) mit Verweis auf 12, 113 (125); 12, 125 (260); siehe hierzu ferner auch G. Leibholz/H.-J. Rinck, Grundgesetz-Rechtsprechung des BVerfG, Art. 5 (Stand 40. Lfg. 2002) Rdn. 301 mit weiteren Verweisen auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. 89 G. Leibholz/H.-J. Rinck, Grundgesetz-Rechtsprechung des BVerfG, Art. 5 (Stand 56. Lfg. 2011 bzw. 52. Lfg. 2010) Rdn. 391, 786 ff. 90 G. Leibholz/H.-J. Rinck, Grundgesetz-Rechtsprechung des BVerfG, Art. 5 (Stand 56. Lfg. 2011) Rdn. 391, 941 ff. 91 G. Leibholz/H.-J. Rinck, Grundgesetz-Rechtsprechung des BVerfG, Art. 5 (Stand 56. Lfg. 2011, später 48. Lfg. 2008) Rdn. 391, 971 ff. 92 Vgl. allgemein zum Themenkomplex der Grundrechtskollisionen die grundlegenden Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band III/2, 1994, § 82 S. 602 ff. mit kritischer Würdigung der unterschiedlichen „Immanenzlehren“. 93 So Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 50. 94 Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 50. 95 In BVerfGE 95, 220 (234) mit Verweis auf BVerfGE 59, 231 (258); 90, 60 (87) bezeichnet das Bundesverfassungsgericht die Programmfreiheit insofern als „Kern“ der Rundfunkfreiheit; ebenfalls vom „Kern“ der Rundfunkfreiheit sprechen insoweit Chr. Degenhart, ebda.;

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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jektiv-rechtliche Komponente der Rundfunkfreiheit zu verstehen sein mag96, dient auch dieser freiheitliche Aspekt letzten Endes „höheren Zielen“, namentlich der Herstellung von umfassender, in jeder Hinsicht freiheitlich determinierter Meinungspluralität und dem freien Meinungsbildungsprozess als solchem. Um jedoch zu ermitteln, auf welche Tätigkeiten sich die Programmfreiheit des Rundfunks erstreckt, ist wiederum auf der Grundlage des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs zu analysieren, welche Angebote der Rundfunkunternehmen und -anstalten von der grundgesetzlichen Gewährleistung der Rundfunkfreiheit umfasst sind. b) Das Erfordernis verfassungsrechtlicher Konkretisierung Vielfältige Rundfunkangebote und die oft starke Verbindungslinien zu klassischen Rundfunkangeboten aufweisenden modernen Telemedien stehen potentiellen Rezipienten heute in großer Auswahl zur Verfügung. Neben den klassischen nationalen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk treten grenzüberschreitende Rundfunkangebote, deren Inhalte nicht (allein) durch die nationale Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland geregelt werden können, sowie diverse Angebote internetbasierter Online-Dienste.97 Aufgrund der stark voranschreitenden „Konvergenz der Medien“98 büßt das traditionelle Rundfunkbegriffsverständnis seine Konturen und seine Trennschärfe ein.99 Die sich hieraus ergebenden Abgrenzungsschwierigkeiten gipfelten in der jüngeren Vergangenheit in einer heftigen begriffsdogmatischen Kontroverse und führten im Einzelfall zu einer nur noch mühevoll nachzuvollziehenden Kasuistik,100 deren Facettenreichtum nur ansatzweise dazu G. Leibholz/H.-J. Rinck, Grundgesetz-Rechtsprechung des BVerfG, Art. 5 (Stand 52. Lfg. 2010 und 56. Lfg. 2011) Rdn. 352. 96 Vgl. stellvertretend für viele etwa K.-E. Hain, Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit, in: D. Dörr (Hrsg.), Die Macht der Medien. Medienrechtliches Kolloquium zum 75. Geburtstag von Hartmut Schiedermair, 2011, S. 63 ff. (65) mit einem Rekurs auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in dortiger FN 20; siehe hierzu auch K.-H. Ladeur/T. Gostomzyk, JuS 2002, S. 1145 ff. (1148) mit der Feststellung, dass „der abwehrrechtliche Kern der Rundfunkfreiheit“ bezwecke, „vor staatlichen Eingriffen in die Programmfreiheit zu schützen“; siehe auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 81. 97 Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 647. 98 Vgl. zur Medienkonvergenz und zum Prozess der Mediatisierung auch die Ausführungen von U. Wagner, Medienhandeln, Medienkonvergenz und Sozialisation, 2011, S. 66 ff. 99 Chr. Degenhart, ebda. 100 Abgrenzungsschwierigkeiten existieren dabei sowohl auf verfassungsrechtlicher als auch auf einfachgesetzlicher Ebene; vgl. in diesem Zusammenhang die allgemeinen Abgrenzungen bezogen auf die unterschiedlichen Rechtsebenen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 186 ff.; siehe zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff etwa K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1673 ff.; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006 und später 113. AL 2004) Rdn. 691 ff.; zur alten einfachgesetzlichen Rechtslage vor In-Kraft-Treten des Tele-

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

beigetragen hat, sinnvolle und auch im Hinblick auf neue Entwicklungen verlässliche und zukunftsfeste Abgrenzungskriterien zu entwickeln. Angesichts zahlreicher Einordnungsversuche und einer bislang fehlenden abschließenden Definition des Rundfunkbegriffs durch das Bundesverfassungsgericht101, stellt sich die Frage, weshalb es einer solchen Einordnung überhaupt bedarf. Adolf Arndt schrieb in Bezug auf die Notwendigkeit einer Definition des Kunstbegriffes einmal: „Denn Kunst, die sich nicht bestimmen ließe, könnte auch nicht geschützt werden.“102 Seine Aussage zum Begriff der Kunst lässt sich ohne weiteres auch auf die Notwendigkeit, den Rundfunkbegriff im Rahmen der Rundfunkfreiheit zu definieren, übertragen. Denn auch dem Rundfunk könnte sein notwendiger grundrechtlicher Schutz nicht zuteil werden, wenn er als solcher keiner Definition zugänglich wäre. Vielmehr kann die Rundfunkfreiheit schließlich nur dann, wenn eindeutig klar ist, welche Lebenssachverhalte auf ihrer Grundlage vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff geschützt sind, ihre volle grundrechtliche Schutzwirkung entfalten. Das in Deutschland etablierte abgestufte einfachgesetzliche Regulierungssystem103 mit seinen eigenständigen Begriffsdefinitionen lässt mangels seiner verfassungskonstitutiven Wirkung104 das Konkretisierungserfordernis auf Verfassungsebene nicht entfallen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere bestimmte „grundrechtliche Postulate“105 durch die bundesverfassungsgerichtliche Konkretisierung des Rundfunkrechts mit dem Begriff des Rundfunks eng verbunden und in besonderer Weise zu beachten.106 In der erforderlichen Bestimmung der Reichweite der grundrechtlichen Schutzwirkung der Rundfunkfreiheit und der damit verbundenen Frage nach der Zulässigkeit staatlicher Eingriffe in strenger Abgrenzung zu solchen (notwendigen) Regelungen, die der Ausgestaltung der Rundfunkordnung dienen107, ist folglich ein erster wesentlicher Grund zu erblicken,

mediengesetzes bereits Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 282 ff. 101 Vgl. H. Schulze-Fielitz, AfP 1998, S. 447 f. (452); K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1673. 102 A. Arndt, NJW 1966, S. 25 (28). 103 Vgl. hierzu etwa W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 13; T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (insb. 740); Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 669. 104 Vgl. die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663. 105 So Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 669. 106 Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 669. 107 BVerfGE 73, 118 ff.; siehe zur gesetzgeberischen Ausgestaltungsbedürftigkeit in Gestalt einer positiven Rundfunkordnung unter Bezugnahme auf das vierte Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts die Ausführungen von K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1651.

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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der eine Rundfunkbegriffsdefinition in verfassungsrechtlicher Hinsicht erforderlich erscheinen lässt. Darüber hinaus ist eine genaue Begriffszuordnung für die Beurteilung kompetentieller Zuständigkeiten der verschiedenen legislativen Ebenen erforderlich.108 Dabei handelt es sich nicht nur um eine eindimensionale Beurteilung der Gesetzgebungszuständigkeit zwischen Bund und Ländern, vielmehr sind auch die materiellen Kompetenzen der EU und auch völkerrechtliche Bindungen zu beachten,109 da diese Rechtsebenen zumindest partiell geeignet sind, auf die verfassungsrechtlich determinierte Ausgestaltung der Rundfunkordnung auf einfachgesetzlicher Ebene mittelbaren oder sogar unmittelbar bestimmenden Einfluss zu nehmen. Es besteht die Gefahr, dass bestimmte mediale Erscheinungsformen, die vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff umfasst werden, Regelungen unterworfen werden, die der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung in der begrifflichen Differenzierung nicht in hinreichendem Maße Rechnung tragen. Es ist im Kern also zu befürchten, dass die grundrechtliche Architektur des Grundgesetzes im Rahmen der Medien- und Kommunikationsfreiheiten somit unterlaufen werden könnte. Nicht zuletzt gibt der Versuch einer begrifflichen Zuordnung der sog. „Neuen Medien“ zu den Begrifflichkeiten des bestehenden grundrechtlichen Schutzregimes Aufschluss darüber, ob die bestehenden grundrechtlichen Gewährleistungen ausreichen, neue technische Entwicklungen hinreichend durch ihren Schutzgehalt zu erfassen, oder ob der verfassungsändernde Gesetzgeber möglicherweise Anpassungen vornehmen muss. Bei der Begriffsdefinition sind dabei insbesondere auch normative Gesichtspunkte in die Beurteilung des Rundfunktatbestandes mit einzubeziehen. So sind gerade die „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“ des Rundfunks110 entscheidende Faktoren für die Frage nach etwaiger rundfunkrechtlicher Regulierungsbedürftigkeit. Sie kennzeichnen den besonderen Stellenwert der von der Rundfunkfreiheit erfassten medialen Angebote gerade auch in ihrer Wirkung auf die Rezipienten und Nutzer und stellen damit nach wie vor die entscheidenden Gründe für die gesetzgeberische Ausgestaltungsbedürftigkeit – auch und gerade im Hinblick auf neue mediale (Rundfunk-)Angebote – dar. Wie sind also neue Kommunikationsangebote zu beurteilen, die zwar mit der Technik des Rundfunks verbreitet werden, jedoch die für Rundfunk im herkömmlichen Sinne typische und geradezu charakteristische „Suggestivkraft“ und „Brei-

108 Vgl. hierzu ausführlich Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 704 ff.; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1660; E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (454). 109 Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 669. 110 Vgl. BVerfGE 90, 60 (87).

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

tenwirkung“ dabei vermissen lassen?111 Möglicherweise ist gerade dieser Aspekt jedoch nicht bereits auf verfassungsrechtlicher Ebene zu klären, sondern durch ein differenziertes Regulierungsregime auf einfachgesetzlicher Ebene zu berücksichtigen.112 c) Positive Bestandteile des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs und ihre Funktion im Rahmen einer „Negativabgrenzung“ zu anderen im Grundgesetz verankerten medialen Freiheiten Ungeachtet bestehender Streitfragen bezüglich einer genauen Einordnung bestimmter Kommunikationsformen aus dem Bereich der „Neuen Medien“ gibt es einige signifikante Komponenten des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs, die typischerweise zu seiner Bestimmung herangezogen werden. Allerdings unterscheiden sich die in der Literatur vertretenen Definitionsansätze in ihrer Reichweite im Detail erheblich. aa) Allgemeinbezogenheit Zum Rundfunk zählen bestimmte Medien im Bereich der Massenkommunikation, die bezüglich ihrer Allgemeinbezogenheit starke Parallelen zu solchen medialen Erscheinungsformen aufweisen, die dem verfassungsrechtlichen Film- oder Pressebegriff zuzuordnen sind, wobei die soeben genannten Medien insbesondere von Diensten der (medialen) Individualkommunikation kategorisch zu unterscheiden sind.113 „Massenkommunikation“ meint in diesem Zusammenhang, dass sich das vom Rundfunkanbieter veranstaltete und verbreitete Kommunikationsangebot an ein „disperses Publikum“114, also an einen verstreuten, in räumlicher (manchmal auch 111

Vgl. hierzu Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006 und später 113. AL 2004), Rdn. 623. 112 Vgl. zum diesbezüglichen Streitstand W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 13; W. HoffmannRiem, AfP 1996, S. 9 ff. (15); zum Erfordernis von (begrifflichen) Differenzierungen im einfachgesetzlichen Rahmen H. D. Jarass, AfP 1998, S. 133 ff. (136); F. Fechner, in: K. Stern/ F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121. 113 Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 678; G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 5, Rdn. 20; W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 14; siehe auch zu Zweifelsfällen an der Schnittstelle zwischen Massen- und Individualkommunikation und denkbaren Lösungsansätzen für eine Zuordnung entsprechender medialer Angebote die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 111 f.; eine „an die Allgemeinheit gerichtete“ und eine schlicht „öffentliche Kommunikation“ unterscheidet insofern im Rahmen seiner Darstellung eines diesbezüglichen Streitstandes Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 56. 114 Grundlegend G. Maletzke, Psychologie der Massenkommunikation, 1963 (Neudruck 1978), S. 28 ff. (auch 32); vgl. H. D. Jarass, Die Freiheit der Massenmedien, 1978, S. 29 f. (30); H. Kuch, ZUM 1997, S. 225 ff. (226); C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 114; T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 129 f.; siehe auch zur

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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raumzeitlicher) Hinsicht untereinander separierten Personenkreis richtet.115 Gerade die dem Rundfunk immanente besondere Breitenwirkung kennzeichnet sein medialkommunikatives Potenzial in besonderer Weise und verdeutlicht seine Eignung, auf öffentliche Meinungsbildungsprozesse maßgeblich und vor allen Dingen auch nachhaltig einzuwirken.116 Dabei kommt es jedoch nicht darauf an, wie viele Rezipienten tatsächlich erreicht werden; entscheidend ist vielmehr der potentielle Rezipientenkreis.117 Ebenfalls kommt es für das Vorliegen von „Allgemeinheit“ nicht auf eine bestimmte Mindestzahl an tatsächlichen Rezipienten an.118 In Bezug auf die neuen Mediendienste kann die Erfüllung des Allgemeinheitskriteriums im Einzelfall fraglich sein. Dies gilt insbesondere auch für die Beurteilung einer hinreichenden Allgemeinbezogenheit von interaktiv ausgestalteten Angeboten, wobei insbesondere den Nutzern von On-Demand-Diensten die Möglichkeit offensteht, eine individuell gestaltete Komposition bevorzugter Sendungen zur persönlichen Rezeption anzufordern.119 So beschränke sich die Auswahlmöglichkeit des Rezipienten „nicht auf den zeitlichen Einstieg in ein Programm“, vielmehr habe der Rezipient „erweiterte Auswahlmöglichkeiten“ hinsichtlich der ihn interessierenden Programmteile sowie bezüglich der „Zusammenstellung der Informationsinhalte nach Breite und Tiefe“.120 Die technische Individualisierungsmöglichkeit und ein etwaig mit ihr einhergehender Mangel an Gleichzeitigkeit der inhaltlichen Rezeption des Kommunikats dürfen jedoch für eine abweichende begriffliche Kategorisierung letztlich keine unterscheidungserheblichen Kriterien bilden,121 da diese RezeptiRezeption von On-Demand-Angeboten durch ein disperses Publikum die Ausführungen bei M. Libertus, ZUM 2000, S. 555 ff. (560). 115 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 114; T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 129 f.; vgl. zu den Kennzeichen eines „dispersen Publikums“ die eingehenden Ausführungen bei G. Maletzke, Psychologie der Massenkommunikation, 1963 (Neudruck 1978), S. 28 f. 116 BVerfGE 74, 297; 90, 60, 87; C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 110; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006 und später 113. AL 2004) Rdn. 623; H. Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rdn. 93; G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 5, Rdn. 20 ff. 117 Vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 129; W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 14. 118 Vgl. W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (10); C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 115; T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 135 f.; a. A. hingegen wohl G. Fette, FuR 1969, S. 282 ff. (289), der jedenfalls bei „50 oder 100“ Teilnehmern das Merkmal der Allgemeinheit verneint. 119 Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 682 ff., (insbesondere 684); A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kap. 3 Rdn. 9. 120 So Chr. Degenhart, ebda., Rdn. 684. 121 H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 131 ff.; H. D. Jarass, Online-Dienste, 1997, S. 15 f.; C.-E. Eberle, ZUM 1995, S. 249 ff. (254); Chr. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck,

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

onsoptionen insoweit noch keinen Rückschluss auf ein unterschiedliches Beeinflussungspotenzial auf Seiten der Rezipienten zulassen; allein hierauf könnte allerdings eine unterschiedliche verfassungsrechtliche Bewertung gestützt werden. Vielmehr sind die Verbindungslinien zu klassischen Rundfunkprogrammen unverkennbar – gerade auch hinsichtlich der Allgemeinbezogenheit solcher Angebote und ihres erheblichen Beeinflussungspotenzials im Rahmen der Herausbildung einer öffentlichen Meinung.122 Eine weitere Auffassung will in diesem Zusammenhang zwischen Abruf- und Zugriffsdiensten unterscheiden und nur bei letztgenannten Zugriffsdiensten aufgrund ihrer unter grundrechtlichen Gesichtspunkten stärkeren Ähnlichkeit zum klassischen Rundfunk die Bestimmtheit des Angebotes „für die Allgemeinheit“ bejahen123 und damit begrifflich eine Subsumtion unter den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff ermöglichen. Wird eine Zugangsberechtigung zum Rundfunkprogramm gegen Entgelt ermöglicht, so steht dies dem Merkmal der Allgemeinbezogenheit dann nicht entgegen, wenn das entsprechende Programm „nach allgemeinen Kriterien“ für all diejenigen zugänglich ist, die bereit sind, ein entsprechendes Entgelt zu entrichten.124 Anders verhält es sich möglicherweise hingegen bei sog. „geschlossenen Nutzerkreisen“.125 So erfüllt nach einer Auffassung etwa der interne Hotel- oder Krankenhausfunk nicht das Kriterium der Allgemeinbezogenheit.126 Nach anderer Ansicht werden jedoch auch diese Funkangebote für eine solche „spezielle Einrichtung“ vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff umfasst.127 So genüge rein begrifflich zur Erfüllung des Rundfunktatbestandes im verfassungsrechtlichen Sinne „die Möglichkeit des Empfangs durch Personen, die nicht Teilnehmer einer individuellen Kommunikation sind.“128 Die genaue Grenzziehung, wann das Kriterium der Allgemeinbezogenheit in diesen Fällen noch erfüllt wird, scheint nur bei Kenntnis des Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Abs. 1, 2 Rdn. 99; M. Bullinger, AfP 1996, S. 1 (6), der trotz grundsätzlicher Sympathien für das Unterscheidungsmerkmal der Gleichzeitigkeit allerdings meint, dass eine solche „formale Unterscheidung“ im Ergebnis „nicht unbedingt als für sich allein tragfähig anzusehen“ sei; ebenfalls a. A. mit einem Überblick über den Streitstand Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 683. 122 Vgl. auch H. Schulze-Fielitz, AfP 1998, S. 447 (452 f.); H. D. Jarass, Online-Dienste, 1997, S. 21 ff.; W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 14, 19. 123 Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 685. 124 W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 (11); W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 16. 125 Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 678a; W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 (10). 126 W. Lent, Rundfunk-, Medien- und Teledienste, 2001, S. 108 f. 127 Chr. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Abs. 1, 2 Rdn. 97. 128 Vgl. Chr. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Abs. 1, 2 Rdn. 97.

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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konkreten Einzelfalles möglich. Bei großen Hotelanlagen und Krankenhäusern, bei denen auch mit einer nicht unbedeutenden Anzahl externer Besucherströme und damit mit einem eher dynamischen Rezipientenkreis zu rechnen ist, ist das Kriterium der Allgemeinbezogenheit wohl (noch) erfüllt, wenngleich eine Abgrenzung zu kleineren, im Hinblick auf den Rezipientenkreis überschaubareren Hotelanlagen, bei denen nicht mehr von einer Allgemeinbezogenheit entsprechender Angebote ausgegangen werden kann, im Einzelfall Schwierigkeiten bereitet. Entscheidend ist allein die Frage, ob die entsprechende Kommunikation als „öffentlich“ gewertet werden kann. In diesem Zusammenhang liegt nach überzeugender Auffassung dann „Öffentlichkeit“ der Kommunikation vor, wenn der Kommunikator den Rezipienten im Rahmen des Kommunikationsvorganges nicht mehr „präsent“ hat und damit „nicht mehr auf die individuelle Persönlichkeit des Angesprochenen eingehen kann.“129 In solchen Fällen werden das inhaltliche Substrat des Kommunikationsprozesses und die zugrunde liegenden Kommunikationsbedingungen auch bei „geschlossenen Benutzergruppen“130 nicht mehr zwischen den am Kommunikationsprozess Beteiligten „individuell ausgehandelt“, sondern vielmehr in rundfunktypischer Weise einseitig durch den Kommunikator „festgelegt“.131 Ferner wird darüber hinaus gefordert, dass es für die Beurteilung des spezifischen Öffentlichkeitsbezuges auch auf die „Intention des Veranstalters“ ankomme, die Allgemeinheit und damit die Öffentlichkeit bewusst erreichen zu wollen.132 So gebe es Dienste, die zwar „für die Öffentlichkeit geeignet“, nicht jedoch „bestimmt“ sind, wie z. B. der Polizeifunk- oder ähnliche „Sonderfunkdienste“.133 In diesen Fällen fehlt es an der Bestimmung für die Allgemeinheit, sodass eine Zuordnung solcher Dienste zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff aus normativen Gründen ausscheiden muss. bb) Der Darbietungscharakter – die rundfunktypische Übermittlungsfunktion für Inhalte und Meinungskundgaben Ein weiteres Charakteristikum des Rundfunks liegt in seiner Übermittlungsfunktion für (nahezu beliebige) Inhalte und Meinungen.134 Gerade diese Inhalte bilden gewissermaßen das maßgebliche Substrat des Rundfunks und stellen den 129

So zutreffend W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 16. 130 Vgl. hierzu W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (490). 131 W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 16; siehe auch bereits ders., ZUM 1996, S. 487 ff. (490). 132 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 115 f. 133 So und hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 115 f. mit einem Verweis in FN 458 auf W. Schmitt Glaeser, Kabelkommunikation und Verfassung, 1979, S. 51. 134 Siehe zum Schutz von „Meinungen“ und „Gedankeninhalten jeder Art“ K. Pieper/ P. Wiechmann, ZUM 1995, S. 82 ff. (89); dabei sollen „Art und Form des verbreiteten Inhalts“ „weit zu verstehen“ sein, so K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1672.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

wesentlichen Grund für seine verfassungsrechtliche Relevanz dar. Gäbe es keine zu transportierenden Inhalte, wäre zugleich die Sinnhaftigkeit der Existenz des Rundfunks als solchem aufgehoben. In materieller Hinsicht können im Wege des Rundfunks verbreitete Inhalte etwa „zur Information, Bildung und Unterhaltung“ oder aber auch ganz generell „zur allgemeinen Meinungsbildung“ dienen.135 Vor diesem Hintergrund ist eine Vorauswahl bestimmter Inhalte oder eine Fokussierung auf eine bestimmte Art tauglicher Inhalte abzulehnen, da auch die Frage, ob ein bestimmter medialer Sachverhalt vom Anwendungsbereich der im Grundgesetz verankerten Rundfunkfreiheit erfasst ist, „nicht vom Inhalt der Sendung“136 beeinflusst wird.137 Die alte Gesetzeslage vor dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag rekurrierte auf die verfassungsrechtliche Dimension des Rundfunkbegriffs, wenn nach dem Wortlaut des früheren § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV vor seiner Neufassung „alle sonstigen Darbietungen“138 (wörtlich: „Darbietungen aller Art“), auch vom einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff umfasst waren.139 Auch im Rahmen der Rundfunkwerbung, die sich oftmals durch einen meinungsbildenden und informativen Charakter auszeichnet,140 werden Darbietungen an den Rezipienten übertragen, weshalb sie in gleicher Weise diesem Begriffsmerkmal zuzuordnen sind wie sonstige Inhalte.141 Solche Angebote jedoch, denen jede meinungsbildende Wirkung fehlt, sollen nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung allerdings nicht vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst sein.142 135

Diese materielle Ausrichtung der Inhalte benennen G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 2 Rdn. 12. 136 So K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1679. 137 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1679. 138 So K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1679. 139 Vgl. in diesem Zusammenhang zum Aspekt der Programmvielfalt BVerfGE 59, 231 (258 ff.); Chr. Degenhart, Funktionsauftrag, 2001, S. 56; ders., in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/ K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 676; G. Herrmann/ M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 2 Rdn. 12; siehe auch die Beispiele bei H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 92 f. 140 Vgl. in Bezug auf die Erstreckung der Pressefreiheit auf die „Wirtschaftswerbung, die einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat“, BVerfGE 102, 347 (359 ff.); vgl. zur Erfassung von Werbung und Teleshopping durch die Rundfunkfreiheit W. Schroeder, ZUM 1994, S. 471 (474 ff.); siehe zur „meinungshaltig“ ausgestalteten Werbung in Bezug auf die Rundfunkfreiheit Chr. Degenhart, ZUM 1995, S. 353 (356). 141 Vgl. etwa auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 201 ff. (203). 142 H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 94 ff., 168 ff., der seine Ausführungen in besonderer Weise am Relevanzkriterium orientiert und betont, dass es keine „bestimmte Relevanzschwelle“ gebe. Demzufolge gibt es nach Darstellung von H. Gersdorf also nur relevante oder nicht-relevante Beiträge, nicht jedoch nicht-hinreichend relevante; W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 21 mit Verweis auf W. Hoffmann-Riem, der „Inhalte und Präsentation“ als entscheidende Kriterien für die Einordnung eines Angebots als „Darbietung“ sieht, vgl. W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (12).

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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Ein Ausschluss entsprechender Angebote ohne jede meinungsbildende Funktion von den Schutzwirkungen der Rundfunkfreiheit scheint zumindest vor dem Hintergrund annehmbar, dass der Rundfunkfreiheit ja gerade ein dienender Charakter mit positiven Auswirkungen auf den Meinungsbildungsprozess in seinen unterschiedlichen Dimensionen eignen soll.143 Handelt es sich jedoch um nicht meinungsbildungsrelevante Inhalte, könnte ihnen die Erfassung durch den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff nicht zuteil werden, ohne dass die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit ad absurdum geführt würde. Teilweise wird in der Existenz eines „planhaft gestalteten und ablaufenden Gesamtprogrammes“ ein wesentliches Kennzeichen des Rundfunks im verfassungsrechtlichen Sinne gesehen.144 An den Rundfunk werde die Anforderung gestellt, „die riesigen Mengen an Meinungen, Informationen und Ereignissen […] für die Rezipienten durch Auswahl und Bearbeitung“ einer Aufbereitung zuzuführen.145 Dabei wird gerade in Wahrnehmung dieser Aufgabe ein rundfunkspezifisches Gefährdungspotenzial vermutet, da gerade auf diese Weise die „Teilnehmer“, also die Rezipienten, „in eine bestimmte Richtung“ beeinflusst werden können.146 So komme in der mit der rundfunkmäßigen Darbietung seitens der Rundfunkanstalten einhergehenden Programmauswahl in der Regel meist „eine gewisse Tendenz“147 zum Ausdruck, die sich ebenfalls in der Folge auf die Meinungsbildung in ihrer individuellen und öffentlichen Perspektive auswirken könne, ja vielmehr sogar schon bestimme, was überhaupt zum Gegenstand der öffentlichen Meinungsbildung gemacht werden solle.148 Gerade vor diesem Hintergrund wird die besondere Bedeutung des Darbietungscharakters als normatives Kriterium für den verfassungs143 BVerfGE 83, 238 (315); H. Gersdorf, ebda., S. 90; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1691 ff. (auch 1703). 144 Chr. Degenhart, Funktionsauftrag, 2001, S. 57; siehe auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 2 Rdn. 10 ff. (12), die in diesem Zusammenhang von „kontinuierlich, periodisch regelmäßig veranstalteten, publizistisch relevanten Programmen“ sprechen; a. A. hingegen W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 21 f., der einer redaktionellen Gestaltung erst im Rahmen der Ausgestaltung im einfachgesetzlichen Zusammenhang Bedeutung beimisst. 145 So H. D. Jarass, Online-Dienste, 1997, S. 13. 146 So BVerfGE 31, 314 (326); 12, 205 (260); vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 109. 147 BVerfGE 12, 205 (260); siehe hierzu mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 676. 148 Vgl. BVerfGE 12, 205 (260): „Jedes Rundfunkprogramm wird durch die Auswahl und Gestaltung der Sendungen eine gewisse Tendenz haben, insbesondere soweit es um die Entscheidung darüber geht, was nicht gesendet werden soll, was die Hörer nicht zu interessieren braucht, was ohne Schaden für die öffentliche Meinungsbildung vernachlässigt werden kann, und wie das Gesendete geformt und gesagt werden soll.“; vgl. hierzu auch Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 676.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

rechtlichen Rundfunkbegriff deutlich.149 Nach einer anderen Auffassung setzte nur der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff vor seiner Neufassung im Zuge des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages eine rundfunkmäßige „Darbietung“ voraus, während die Erfüllung dieses Merkmals im Rahmen des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs „nicht erforderlich“ sei.150 Zum Zwecke einer „klaren Zuordnung zum Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2“ solle auf „eine inhaltliche Bewertung“ des Kommunikationsangebotes verzichtet werden.151 Diese Auffassung beschränkt ihr verfassungsrechtliches Rundfunkbegriffsverständnis mehr oder weniger auf eine technische Sichtweise, die jedoch den materiellen Wert der Rundfunkfreiheit im Kern nicht ausschöpft. Die potenzielle Wirkung auf die Rezipienten und die damit verbundene Gefahr der Beeinflussungsmöglichkeit werden nicht durch die rein technische Umschreibung des Rundfunkbegriffs in ihrem Bedeutungsgehalt umfasst, wenngleich sicherlich in der technischen Verbreitungsweise ein wesentliches Merkmal zur begrifflichen Abgrenzung gegenüber anderen Medienarten gesehen werden muss.152 Dem Darbietungscharakter kommt jedoch gerade unter Zugrundelegung eines funktionellen Begriffsverständnisses153 auch vor dem Hintergrund der besonderen verfassungsrechtlichen Ausprägung der Rundfunkfreiheit eine entscheidende Bedeutung im Hinblick auf die Wirkung des kommunizierten Inhalts bei den Rezipienten zu. Daher erscheint es geboten, bei der verfassungsrechtlichen Begriffsbestimmung grundsätzlich auch auf den Darbietungscharakter des Angebotes abzustellen, um den materiellen verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalt des Rundfunks nicht unberücksichtigt zu lassen. Fraglich erscheint indes, ob es im Hinblick auf das Darbietungsmerkmal tatsächlich auf den Aspekt eines „planhaft gestalteten und ablaufenden“ Gesamtprogrammes154 ankommen kann. Sieht man diesen Aspekt als wesentlich an, könnte dies bedeuten, dass vor diesem Hintergrund neue mediale Erscheinungsformen aus dem Rundfunkbegriffsverständnis ausgegrenzt werden, im Rahmen derer dem Rezipienten abseits des klassischerweise 149 C. Bernard Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 107; Chr. Degenhart, Funktionsauftrag, 2001, S. 57; siehe zur Unverzichtbarkeit des Darbietungsmerkmals zur Bestimmung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs auch J. Witt, Internet-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2001, S. 73. 150 W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 21 f.; H. Bethge, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, 6. Auflage 2011, Art. 5, Rdn. 90a; vgl. auch J. Scherer, AfP 1996, S. 213 ff. (218), der ebenfalls auf dieses Kriterium für die Bestimmung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs verzichtet; F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 128. 151 W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 22. 152 Vgl. auch Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (27 ff.). 153 Vgl. zur funktionellen Bedeutung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 88 ff. (107 ff.). 154 Vgl. Chr. Degenhart, Funktionsauftrag, 2001, S. 57.

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„ablaufenden“ Hörfunk- und Fernsehprogramms zeitliche und inhaltliche Auswahlmöglichkeiten eröffnet werden. So wäre es bei einer teleologischen Betrachtung der mit der begrifflichen Definition des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs verfolgten Zielsetzung kaum nachvollziehbar, weshalb ein im Fernsehen ausgestrahlter Bericht, der von einigen Nutzern nur kurze Zeit später auf der Internetpräsenz des Senders oder über eine entsprechende Applikation für „Tablet-Computer“ oder „Smartphones“ abgerufen wird, im zuerst genannten Fall dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff und damit den grundgesetzlich verankerten Schutzwirkungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unterfallen, dasselbe Angebot aber aufgrund einer veränderten Rezeptionsweise bei der Nutzung des Internets in den letztgenannten Fällen jedoch eine andere Bewertung erfahren soll.155 Denn auch hier wird dem Rezipienten eine Darbietung zugänglich gemacht, die mit der planhaften Erstellung des zuvor ausgestrahlten Fernsehprogramms auf herkömmlichem Wege identisch ist. Da vor diesem Hintergrund von einer ähnlichen publizistischen Relevanz des betreffenden Angebotes auszugehen ist, kann die technische Modifizierung des Rezeptionsvorganges und die damit verbundene Herauslösung aus dem Gesamtprogramm nicht zu einer veränderten verfassungsrechtlichen Einordnung führen.156 Weitere Einschränkungen können sich für das Erfordernis des Darbietungscharakters in wertender Betrachtung im Hinblick auf solche inzwischen am Markt etablierten „Neuen Medien“ ergeben, die zwar einer rundfunktypischen Darbietung im klassischen Sinne entbehren, gleichwohl jedoch mittels rundfunktechnischer Übertragungsweise meinungsbildungsrelevante Informationen und Inhalte an die Allgemeinheit verbreiten. Hier muss eine Zuordnung zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff mangels Verfügbarkeit einer anderen speziellen Medienfreiheit auch dann möglich sein, wenn entsprechende Angebote nicht primär auf Bewegtbild-, sondern eher auf Standbild- und Textelemente zurückgreifen. Zwei verschiedene Strategien sind denkbar, um zu einer Erfassung solcher „Neuer Medien“ durch den Rundfunkbegriff im verfassungsrechtlichen Sinne zu gelangen. Will man am Merkmal des Darbietungscharakters festhalten, bietet sich zum einen eine weite Interpretation des in diesem Falle geforderten Darbietungscharakters an.157 Zum anderen ist es auch denkbar, auf das Definitionselement einer Darbietung gänzlich zu verzichten und dieses Element im Rahmen einer Neuausrichtung durch das Erfordernis zu substituieren, dass durch das rundfunkbegrifflich zu beurteilende 155 Vgl. hierzu auch am Beispiel der Tagesschau die entsprechenden Ausführungen bei H. Gersdorf, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit als „Supergrundrecht“? Zur Notwendigkeit einer dogmatischen Weiterentwicklung des verfassungsrechtlichen Begriffsbildes, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 137 ff. (139 f.); siehe hierzu auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 91 f. 156 Vgl. im Ergebnis ebenso T. Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 89. 157 Ein solch weites Begriffsverständnis in Bezug auf das Darbietungsmerkmal vertritt etwa T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 118 ff.; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1672.

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Medium jedenfalls Meinungen und Inhalte vermittelt werden.158 Damit der Darbietungsbegriff in seinem Bedeutungsgehalt nicht überdehnt wird, ist der zuletzt genannten Variante in letzter Konsequenz der Vorzug zu geben. Beide Wege führen jedoch dazu, dass de lege lata eine Einbeziehung der „Neuen Medien“ in den Bedeutungsgehalt des Rundfunkbegriffs ermöglicht wird, soweit diese Medien in ihrer grundlegenden Wirkungsweise am ehesten mit klassischem Rundfunk im Sinne der verfassungsrechtlichen Begriffsauslegung verglichen werden können und dementsprechend auch an einer den Bedürfnissen von und den Anforderungen an Funk und Fernsehen im herkömmlichen Sinne vergleichbaren Ausgestaltung des grundrechtlichen Schutzes teilhaben sollen. In jedem Falle bedarf es vor diesem Hintergrund einer Abkehr von einem starren Verständnis des rundfunkspezifischen Darbietungskriteriums, um de lege lata eine effektive Einbeziehung neuer Dienste in die Freiheitsgewährleistungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu ermöglichen; das Begriffsverständnis darf also nicht auf tradierte Rundfunkvorstellungen beschränkt bleiben, wobei für eine zeitgemäße Interpretation auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Wandelbarkeit des Rundfunkbegriffs deutliche Anhaltspunkte gibt.159 cc) Informationsübermittlung auf fernmeldetechnischem Wege Die Frage, ob der Anwendungsbereich der Presse- bzw. Filmfreiheit eröffnet ist oder aber die Rundfunkfreiheit ihre grundrechtlichen Schutzwirkungen in concreto entfaltet, wird danach entschieden, ob die Verbreitung der Inhalte auf einer rundfunkspezifischen Übertragungsweise basiert, mithin also Fernmeldetechnik zur Anwendung gelangt.160 Dass es für die Bestimmung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs ganz entscheidend auf die fernmeldetechnische Übermittlung als spezifische Verbreitungsmethode ankommt, wird schon durch den Wortlaut des

158 So soll es nach W. Hoffmann-Riem/Th. Vesting, MP 1994, S. 382 ff. (388) ausreichen, dass „sich Sendungen mit publizistischen Inhalten an einen individuell nicht bestimmbaren Personenkreis richten […]“; vgl. auch A. K. Pieper/P. Wiechmann, ZUM 1995, S. 82 ff. (88 f. m. weit. Nachw.), die insoweit (S. 89) formulieren, dass „der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit auf alle Massenmedien“ zu erstrecken sei, „die zur Meinungsbildung geeignete Gedankeninhalte fernmeldetechnisch verbreiten“; in weiten Teilen der Literaur wird jedoch die Beschränkung der Begriffsanforderungen auf die Verbreitung beliebiger Meinungen und Inhalte nicht als Verzicht auf das Darbietungsmerkmal gewertet, sondern als definitorische Ausgestaltung dieses Merkmals, vgl. etwa T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 74 ff.; vgl. auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1671 f. 159 BVerfGE 74, 297 (350 f.) zur Einbeziehung der „rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste“ in die Schutzwirkungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. 160 K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1671; E. Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, 2002, S. 77; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 674; W. Schulz, in: W. Hahn / Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20.

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Verfassungstextes „deutlich“.161 So wird in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die Formulierung „Berichterstattung durch Rundfunk“162 verwendet, wobei hier sicherlich auch die besondere Wirksamkeit der Rundfunktechnik als Instrument der Informationsverbreitung in ihrer Eigentypik zum Ausdruck kommt.163 Kennzeichnend ist in diesem Zusammenhang eine – durchaus erheblich variierende – „räumliche Distanz“, die zwischen einem Kommunikator auf der einen und den Rezipienten auf der anderen Seite besteht und die mittels der Fernmeldetechnik „überwunden“ werden soll.164 Die „fernmeldetechnische Übertragung“165 – eine Begrifflichkeit, die im Übrigen nicht synonym mit dem Begriff des „Sendens“166 gebraucht werden darf167 – kann dabei in zwei zentrale Elemente untergliedert werden: namentlich in das „Aussenden“ der Informationen durch den Kommunikator und in den Empfang durch den Rezipienten.168 Für die Subsumtion eines Kommunikationsmittels unter den Presse- oder Filmbegriff ist hingegen die (stoffliche) Verkörperung des Kommunikationsinhalts

161 So zutreffend Chr. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Abs. 1, 2 Rdn. 94. 162 Vgl. Chr. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Abs. 1, 2 Rdn. 94. 163 Vgl. Chr. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Abs. 1, 2 Rdn. 94. 164 So Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 674 mit der Feststellung, dass es an diesem Merkmal „bei der Übermittlung von Darbietungen innerhalb einer Einrichtung“ fehle und einem Verweis auf T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs.1 Satz 2 GG, 2002, S. 46 ff.; Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (214). 165 Der Begriff findet in der Literatur vielfach Verwendung, vgl. stellvertretend für viele etwa auch Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 674. 166 Medienrechtlich bedeutsam ist der Begriff des Sendens nach zutreffender Darstellung von E.-M. Michel insbesondere im Bereich des Urheberrechts, wenn es etwa in § 20 UrhG um das Senderecht, also „das Recht, ein Werk durch Funk [… ]der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, geht. Unter „Senden“ versteht man in diesem Zusammenhang mit den Worten von E.-M. Michel also ein „öffentliches Zugänglichmachen (Anm. des Verfassers: einer Information) durch Funk“. Der Sendebegriff beinhaltet damit sowohl die fernmeldetechnische Übertragung einer Information und das hierdurch zugleich erfolgende öffentliche „Zugänglichmachen“ des übermittelten Kommunikats, vgl. hierzu E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (453). Inzwischen haben die Begriffe des „Sendens“ und des „Sendeplans“ auch Bedeutung für die Bestimmung des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs nach § 2 Abs. 1 RStVerlangt (siehe unten unter 1. Kap. II. 4.). 167 Vgl. nochmals E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (453), die dem Begriff des „Sendens“ neben dem technischen Vorgang auch eine „kommunikative Komponente“ beimisst. Vor diesem Hintergrund ist der Begriff des „Sendens“ umfassender zu verstehen als die reine „fernmeldetechnische Übertragung“. 168 Vgl. E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (453), die gerade diese Elemente jedoch als Kennzeichen dem Begriff des „Sendens“ zuordnet.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

ein wesentliches Kennzeichen.169 Nicht ausreichend für das Vorliegen von Rundfunk ist es, wenn etwa innerhalb einer Veranstaltung das jeweilige Geschehen auf Großleinwände übertragen wird, um den Anwesenden eine bessere Sicht auf das Geschehen zu gewähren.170 Eine Übertragung kann nicht nur durch „elektromagnetische Wellen“, sondern durchaus auch auf andere elektronische Weise erfolgen.171 Es erfolgt also keine Reduktion auf solche Übertragungswege, die bereits den Grundgesetzvätern bei der Genese des Grundgesetzes bekannt waren,172 vielmehr sollen auch solche Übertragungsformen einbezogen werden, die durch die fortschreitende technische Entwicklung erst möglich geworden sind oder noch möglich werden.173 So gelangen derzeit etwa neben den klassischen terrestrischen und satellitengestützten Übertragungswegen auch Kabelübertragungen sowie optische Übertragungsverfahren via Telefon- oder auch per Glasfasernetz zur Anwendung, ohne hierdurch die Erfüllung der Merkmale des Rundfunkbegriffs ihrerseits zu gefährden.174 Außerdem werden auch alle bislang bekannten digitalisierten Übertragungstechniken vom Rundfunkbegriff eingeschlossen.175 Daher liegt begrifflich auch dann Rundfunk vor, wenn Rundfunkprogramme in unveränderter, in veränderter Form, oder aber auch originär via Internet dargeboten werden.176 Chr. Degenhart weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich aus diesem Befund jedoch nicht folgern lasse, dass alle Online-Dienste zum Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne zählten.177 Diese Auffassung verdient Zustimmung. So bedarf es, um eine den nötigen Kriterien und Anforderungen entsprechende Zuordnung zu erreichen, anstatt etwaiger Pauschalierungen vielmehr einer genauen Analyse des jeweiligen Kommunikationstatbestandes. Zum Gegenstand eines intensiven juris-

169 Vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004 bzw. 123. AL 2006) Rdn. 674a, 907. 170 So etwa Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 674. 171 Vgl. insoweit K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1670. 172 Siehe zu dem Umstand, dass der Grundgesetzgeber insgesamt von „monomedial“ geprägten Strukturen ausging, die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669. 173 C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 119; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/ Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 673. 174 Zu diesem zustimmungswürdigen Ergebnis gelangt C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 119; ähnlich auch Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 673. 175 Vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 673. 176 Vgl. auch Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 673, der seine Aussage über die Rundfunkqualität von Angeboten, die „über das Internet verbreitet werden“, allerdings zunächst nur auf solche Angebote bezieht, deren Verbreitung „unverändert (1:1)“ erfolgt; A. Hamann, ZUM 2000, S. 290 ff. (294). 177 So Chr. Degenhart, ebda. Rdn. 673.

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tischen Diskurses wurde dabei auch die Einordnung von Online-Zeitungen.178 Nach einer Ansicht sollen sie trotz Erfüllung aller verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffsmerkmale als Presse qualifiziert werden,179 wobei teilweise in der Literatur darauf abgestellt wird, ob lediglich eine die Pressequalität auslösende elektronische Alternativverbreitung von „gleichzeitig in ,körperlicher‘ Form“ vervielfältigten Presseprodukten vorliegt oder nicht.180 Entscheidende Kriterien sollen demnach die reale Existenz entsprechender Presseerzeugnisse in Papierform und die Surrogationsqualität181 der elektromagnetisch verbreiteten Exemplare sein.182 Vertreter dieser Auffassung nehmen demnach an, dass eine elektronische Verbreitungsweise im Rahmen der beschriebenen Konstellation einer Zuordnung zum Pressebegriff nicht schadet. Die Diskussion um Online-Zeitungen weist dabei deutliche Parallelen zur Diskussion um die sog. Faksimile-Zeitung auf, bei deren Verbreitung es sich in nuce „um einen Spezialfall des Fernkopierens“183 handele.184 Diese Einordnung umschreibt zutreffend den Verbreitungsweg und kennzeichnet zugleich den technischen Unterschied zu modernen Online-Zeitungen; sie verdient daher Zustimmung. Insofern stellen Online-Zeitungen gewissermaßen Weiterentwicklungen von „klassischen“ Faksimile-Zeitungen dar,185 wobei bei Online-Zeitungen das elektronische Element aufgrund des gängigen Abrufmodus noch deutlicher in den Vordergrund tritt. Online-Zeitungen jedoch allein aufgrund der genannten normativen Überlegungen nicht unter den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff zu fassen, erscheint 178 Vgl. hierzu W. Schulz, in: W. Hahn / Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20. 179 Zumindest annexweise nehmen eine entsprechende Zuordnung auch M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62 vor. 180 Vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 675. 181 Siehe hierzu auch M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62. 182 Siehe die entsprechenden Ausführungen bei Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 675. 183 So E. König, Die Teletexte, 1980, S. 199; siehe auch H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 147; T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 154. 184 Dabei fasst T. Brand sowohl die klassische Faksimile-Zeitung, die im Wege des Fernkopierens (als Fax) verbreitet wird, als auch als Datei-Anhang verschickte Dokumente, die den „Zeitungsinhalt“ in elektronischer Form wiedergeben, unter dem Begriff der Faksimile-Zeitung zusammen, vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 154; da jedoch der Empfänger bei einem herkömmlichen Faxgerät, zumindest einen Ausdruck des übermittelten Inhalts erhält (Ausnahmen ergeben sich allerdings wiederum beim ComputerfaxVerfahren), bei einer Dateienübermittlung der Inhalt üblicherweise aber in digitalisierter Form abgerufen wird, erscheint zumindest fraglich, ob nicht doch eine Binnendifferenzierung erforderlich ist, die eine Zusammenfassung unter dem einheitlichen Begriff einer „FaksimileZeitung“ verbietet. 185 T. Brand sieht hingegen „Newsletter“ als moderne Variante der Faksimile-Zeitung an, vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 155, 255.

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gerade aus Gründen der Rechtsklarheit fraglich und würde den de lege lata vorgegebenen verfassungsrechtlichen Differenzierungsmaßstäben – wenn überhaupt – nur unzureichend entsprechen. Gerade dann, wenn man mit Chr. Degenhart und anderen darauf abstellen möchte, dass eine Online-Zeitung nur dann vom Presse- und nicht vom Rundfunkbegriff erfasst wird, wenn dem (ergänzenden) Onlineformat auch eine klassische Verbreitung des Printmediums in verkörperter Form zugrunde liegt,186 würde es sich aus Rezipientensicht als völlig willkürlich und kaum erkennbar erweisen, ob der Online-Nutzer gerade ein Presse- oder ein Rundfunkprodukt rezipiert.187 Daher ist eine definitorisch klare Unterscheidung zwischen den einzelnen Medien trotz ihrer zunehmenden Konvergenz sinnvoll, um die unterschiedlichen „Risikolagen im Hinblick auf die kommunikative Chancengleichheit“188 richtig erfassen zu können. Eine unnötige Verwischung der Zuordnungskriterien wird der Differenzierung zwischen den einzelnen in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Freiheiten nicht gerecht. Somit sind auch Online-Zeitungen – auch unter Berücksichtigung der mit ihrer Verbreitungsform einhergehenden Besonderheiten – als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne zu qualifizieren.189 Entscheidend für die Einordnung des Merkmals der fernmeldetechnischen Übermittlung ist, dass auch neue technische Verbreitungsmöglichkeiten umfasst sind und nicht nur eine spezifische Verbreitungsform den rundfunkverfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht wird. Im „Grundsatz der Technologieneutralität“190 liegt daher eine entscheidende Erkenntnis, die gerade in einem Zeitalter von herausragender Bedeutung ist, in dem sich viele unterschiedliche technologische Verbreitungswege am Medienmarkt etabliert haben.

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Vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004), Rdn. 675; siehe hierzu auch die Ausführungen bei W. Schulz, in: W. Hahn / Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20. 187 Auch W. Schulz lehnt eine an der parallelen Verfügbarkeit eines Angebotes „auf andere Weise (etwa in Form eines traditionellen Presseprodukts)“ orientierte Einordnung ab und möchte hinsichtlich einer differenzierenden Zuordnung allein auf „unterschiedliche Risikolagen“ abstellen, vgl. W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20. 188 So W. Schulz, in: W. Hahn / Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20. 189 So auch W. Schulz, in: W. Hahn / Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20; Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (214); K.-E. Hain, K&R 2012,S. 98 ff. (100); siehe auch die Zuordnung von Faksimile-Zeitungen und Newslettern zum Rundfunk bei T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 154 ff. (161). 190 Vgl. H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 71 f.; vgl. auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (454).

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dd) Zusammenfassung Möchte man eine grundlegende Definition des Rundfunkbegriffs im verfassungsrechtlichen Sinne wagen, so kann unter Bezugnahme auf die herrschende Meinung im Schrifttum auf die zuvor erörterten drei Bestandteile eines verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs zurückgegriffen werden: Rundfunk muss daher auf die Allgemeinheit bezogen sein, im Idealfall einen entsprechenden Darbietungscharakter aufweisen, zumindest jedoch meinungsbildungsrelevante Meinungen und Inhalte verbreiten, wobei er sich dabei einer fernmeldetechnischen Übermittlungsweise zu bedienen hat. Demzufolge kann Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne grundsätzlich verstanden werden „als die Veranstaltung und Verbreitung akustischer und/oder visueller Darbietungen aller Art für die Allgemeinheit mit Hilfe drahtlos oder kabelgebunden verbreiteter elektrischer Schwingungen“.191 Es wird vor diesem Hintergrund zu prüfen sein, inwieweit auch neue mediale Erscheinungsformen unter diese Begriffsdefinition subsumiert werden können, falls die Erstreckung der Schutzwirkungen der grundgesetzlich verankerten Rundfunkfreiheit auf neue Dienste unter normativen Gesichtspunkten geboten sein sollte. d) Der Rundfunkbegriff und das Bundesverfassungsgericht aa) Der Rundfunkbegriff und seine Entwicklung im Spiegel der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts Je weiter die technische Entwicklung im Medienbereich voranschritt, desto mehr wurde das Bundesverfassungsgericht im Rahmen seiner rundfunkrechtlichen Rechtsprechung im Hinblick auf eine (angepasste) Ausdeutung des Rundfunkbegriffs gefordert, da es fortan nur im Wege einer an der medialen Entwicklung ausgerichteten Verfassungsauslegung möglich war, zur Wahrung von „Stellenwert und Telos der Verfassungsgarantie“192 beizutragen. Von der ursprünglichen Monomedialität der einzelnen Mediensegmente ist heute wenig geblieben. Dies hatte entscheidende Auswirkungen auch auf das Rundfunkbegriffsverständnis: Die Bestimmung dessen, was unter diesem Rechtsbegriff zu verstehen sein mochte, war bereits im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts längst nicht mehr über jeden Zweifel erhaben; mit der Monomedialität ist auch die Klarheit der begrifflichen

191 So die Zusammenfassung von K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1660 m. weit. Nachw. und unter Inbezugnahme der einschlägigen (freilich jedoch einer abschließenden Definition des Rundfunkbegriffs entbehrenden) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. 192 So K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1660; siehe in diesem Zusammmenhang auch die Ausführungen bei W. Hoffmann-Riem, Wandel der Medienordnung, 2009, S. 191.

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Zuordnung gewichen.193 Dieser Effekt verstärkte sich mit der Zunahme der multimedialen Vielfalt und Komplexität.194 Das erste Rundfunkurteil195 des Bundesverfassungsgerichts enthält mehrere Anknüpfungspunkte für das (den damaligen technischen Verhältnissen angepasste) Rundfunkbegriffsverständnis des Bundesverfassungsgerichts. Neben einem Rekurs auf § 3 Abs. 1 NDR-StV („Nachrichten und Darbietungen in Wort, Ton und Bild für die Allgemeinheit zu verbreiten“196) stellt das Gericht ausdrücklich fest, dass es unter dem Begriff des Rundfunks „Hörrundfunk und Fernsehrundfunk“197 verstehe. Der Rundfunk im so verstandenen Sinne bediene „sich zur drahtlosen Übermittlung des Programms elektrischer Wellen, die durch Sender ausgestrahlt werden“.198 Das Gericht differenzierte im Folgenden klar zwischen „Rundfunk als Institution“199 i.S.d. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und dem „Fernmeldewesen“.200 Es betont dabei insbesondere, dass der Begriff des Fernmeldewesens keineswegs „den Rundfunk als Ganzes“ umfasse,201 sondern dieser Begriff als terminus technicus vielmehr nur die konkrete „Übermittlung von Darbietungen“202 betreffe. Früh fokussierte das Bundesverfassungsgericht im Rahmen seiner Ausführungen zum Rundfunk auf dessen Wirkungsweise und formulierte hieran anknüpfend spezifische Anforderungen, die bei entsprechenden Rundfunkangeboten in verfassungsrechtlicher Hinsicht beachtet werden sollten. Bereits 1961 hob das Karlsruher Verfassungsgericht die massenkommunikative Funktion des Rundfunks als „Medium“ und „,Faktor‘ der öffentlichen Meinungsbildung“ hervor.203 Dies sollte nicht nur in Bezug auf die „Nachrichtensendungen, politischen Kommentare, Sendereihen über politische Probleme der Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft“204, sondern auch (etwa) im Rahmen von „Hörspielen, musikalischen Darbietungen“ und „Übertragungen kabarettistischer Programme“205 gelten.206

193

Vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1660 m. weit. Nachw. Vgl. nochmals K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1660. 195 BVerfGE 12, 205; vgl. hierzu K. Odendahl, JA 2002, S. 286 ff.; W. Hoffmann-Riem, Wandel der Medienordnung, 2009, S. 191 f. 196 BVerfGE 12, 205 (223). 197 So BVerfGE 12, 205 (226). 198 So BVerfGE 12, 205 (226). 199 So BVerfGE 12, 205 (226). 200 BVerfGE 12, 205 (228). 201 BVerfGE 12, 205 (228). 202 So BVerfGE 12, 205 (228). 203 BVerfGE 12, 205 (260); vgl. hierzu auch K. Odendahl, JA 2002, S. 286 ff. (287); W. Hoffmann-Riem, Wandel der Medienordnung, 2009, S. 192; siehe auch allgemein zur Bedeutung des ersten Rundfunkurteils des Bundesverfassungsgerichts die Ausführungen von K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1647 f. 204 So BVerfGE 12, 205 (260). 205 So BVerfGE 12, 205 (260). 194

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Zu einer entscheidenden Zäsur in der rundfunkrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts führte bereits sein drittes Rundfunkurteil207: zumindest implizit zogen die Karlsruher Verfassungsrichter das bislang zugunsten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geltende Monopol in Zweifel, zollten damit den erweiterten technischen Möglichkeiten, die sich unmittelbar auf eine beachtliche Erweiterung der Sendeplatzkapazitäten auswirkten, verfassungsrechtlichen Tribut und läuteten damit eine Entwicklung ein, die schließlich in eine – zunächst noch zögerliche – Partizipation privater Anbieter am Rundfunkmarkt mündete.208 Das Gericht zog expressis verbis allerdings die Eignung des Privatrundfunks in Zweifel, insgesamt einen „Meinungsmarkt“ zu gewährleisten, auf dessen Grundlage „die Vielfalt der Meinungsrichtungen unverkürzt zum Ausdruck“209 kommen könnte. Mit der Aufbrechung des Rundfunkmonopols der öffentlich-rechtlichen Anstalten wurde zwar ein wesentlicher Grundstein für eine Weiterentwicklung und partielle Neuausrichtung des Rundfunkverfassungsrechts gelegt, Modifikationen am Rundfunkbegriffsverständnis als solchem wurden hierdurch jedoch noch nicht erforderlich, da die bloße Öffnung des Rundfunks für private Anbieter noch keine Anpassung des Begriffsverständnisses verlangte. Gleichwohl wurde hierdurch der Wettbewerbsdruck auch in technischer Hinsicht spürbar erhöht. Im Rahmen des vierten Rundfunkurteils210 hatte sich das Bundesverfassungsgericht im Kern mit der Entwicklung der „Neuen Medien“ zu befassen. Die „technischen Voraussetzungen der Veranstaltung und Verbreitung von Rundfunkprogrammen“ hätten sich „durch die Entwicklung der ,Neuen Medien‘ verbessert“.211 Wenn das Gericht zum damaligen Zeitpunkt den Begriff „Neue Medien“ verwendet, so hatte es hiermit primär die damals noch geradezu revolutionäre Satellitentechnik im Blick.212 Das Gericht zog im Hinblick auf die „neue“ Satellitentechnik und ihre Inanspruchnahme durch den privaten Rundfunk die ausreichende Erreichbarkeit weiter Teile der Bevölkerung in Zweifel und befürchtete, dass ent206 BVerfGE 12, 205 (260); siehe auch später BVerfGE 31, 314 (326); 73, 118 (152); vgl. auch K. Odendahl, JA 2002, S. 286 ff. (287 f.). 207 BVerfGE 57, 295; vgl. hierzu auch W. Hoffmann-Riem, Wandel der Medienordnung, 2009, S. 194. 208 BVerfGE 57, 295 (321 ff.); vgl. hierzu auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1649; W. Hoffmann-Riem, Wandel der Medienordnung, 2009, S. 194. 209 BVerfGE 57, 295 (323, sodann auch die fortfolgenden Seiten); dem Bundesverfassungsgericht kam es maßgeblich darauf an, dass alle relevanten gesellschaftlichen Kräfte im Rundfunk zu Wort kommen. Alternativ werden zur Erreichung dieses Ziels das Modell einer „binnenpluralistischen Struktur“ oder auch einer „außenpluralistischen Vielfalt“ genannt, vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1649. 210 BVerfGE 73, 118 ff.; vgl. hierzu auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1650 f. 211 BVerfGE 73, 118 (121); vgl. auch W. Hoffmann-Riem, Wandel der Medienordnung, 2009, S. 197. 212 BVerfGE 73, 118 (124).

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

sprechende Anbieter auf diese Weise der „Aufgabe umfassender Information nicht in vollem Ausmaß gerecht“ werden könnten.213 Dabei bedeute dies jedoch nicht, dass privater Rundfunk „nur noch unter Voraussetzungen zuzulassen“ sei, „die eine Veranstaltung privater Rundfunkprogramme in hohem Maße erschweren, wenn nicht ausschließen würden“.214 Nicht eine isolierte, sondern eine Gesamtbetrachtung des Rundfunksystems sei insofern maßstabbildend, wobei die Rundfunkfreiheit sowohl den privaten Rundfunk als auch den Rundfunk in seiner öffentlich-rechtlichen Organisationsform betreffe.215 Im Rahmen des sog. Baden-Württemberg-Beschlusses216 begründete das Bundesverfassungsgericht seine Auffassung, dass dem Rundfunkbegriff „nicht in einer ein für allemal gültigen Definition“ Gestalt verliehen werden könne.217 „Inhalt und Tragweite verfassungsrechtlicher Begriffe und Bestimmungen“, hingen dabei bei veränderungsbedingter Wandlungsfähigkeit ihrer Bedeutung „von ihrem Normbereich ab“.218 Auf der Grundlage dieser bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung kann die Nutzung einer bestimmten Technologie – auch im Rahmen des Rundfunks – damit nicht für eine rechtliche Qualifizierung ausschlaggebend sein; ein technologieneutrales oder technologieindifferentes Verständnis des Rundfunkbegriffs wurde auf diese Weise durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts etabliert oder jedenfalls bestätigt.219 Das Bundesverfassungsgericht formulierte in diesem Zusammenhang wörtlich: „Soll die Rundfunkfreiheit in einer sich wandelnden Zukunft ihre normierende Wirkung bewahren, dann kann es nicht angehen, nur an eine ältere Technik anzuknüpfen, den Schutz des Grundrechts auf diejenigen Sachverhalte zu beschränken, auf welche diese Technik bezogen ist, und auf diese Weise die Gewährleistung in Bereichen obsolet zu machen, in denen sie ihre Funktion auch angesichts der neuen technischen Möglichkeiten durchaus erfüllen könnte.“220

213

BVerfGE 73, 118 (155). BVerfGE 73, 118 (157). 215 BVerfGE 73, 118 (157). 216 BVerfGE 74, 297; vgl. hierzu W. Hoffmann-Riem, Wandel der Medienordnung, 2009, S. 200. 217 BVerfGE 74, 297 (350), wobei das Gericht wörtlich von „erfassen“ lassen spricht; siehe hierzu auch Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (439 f.); K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (101); kritisch hierzu N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 118. 218 BVerfGE 74, 297 (350) mit Verweis auf BVerfGE 73, 118 (154); A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kap. 3 Rdn. 10; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669; N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 118. 219 Vgl. die grundlegenden Ausführungen zu einem technologieneutralen Rundfunkbegriffsverständnis bei H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 69 ff.; die Technologieneutralität ebenfalls bejahend E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (454). 220 BVerfGE 74, 297 (350). 214

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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Weiterhin sollten der grundrechtlichen Gewährleistung der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verorteten Rundfunkfreiheit ebenso die „rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste“ unterstellt werden, da solchen Diensten in der Zwischenzeit ebenfalls eine besondere Bedeutung im Rahmen der „Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung“221 beigemessen wurde.222 Das Bundesverfassungsgericht negierte bei dieser Gelegenheit die Existenz verfassungsrechtlich erheblicher Unterscheidungsmerkmale von „Rundfunk“ und „rundfunkähnlicher Kommunikation“ im Hinblick auf den Bedeutungsgehalt von Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes.223 Insbesondere komme es nicht entscheidend darauf an, ob ein Rundfunkangebot nun „für ,die Allgemeinheit bestimmt ist‘“ oder jedoch eine Übermittlung „an ,jeden Beliebigen‘“224 bei Abrufangeboten erfolge. Darüber hinaus gelte dasselbe auch dann, wenn „Sendungen auf Zugriff ,jedermann‘ jederzeit zugänglich sind“225. Die im Gegensatz zur Rundfunkrezeption im Rahmen „rundfunkähnlicher Kommunikationsdienste“ bestehende Empfangsdisponibilität vermag dabei nach (überzeugender) Auffassung des Gerichts ebenfalls keine Bedeutsamkeit für eine verfassungsrechtliche Differenzierung zu begründen.226 In Bezug auf den „Inhalt der Sendungen“227 sowie die „am Kommunikationsprozess Beteiligten“228 stellt das Gericht insofern einen Gleichklang bei Rundfunk und „runfunkähnlichen Kommunikationsdiensten“ fest.229 Das Karlsruher Verfassungsgericht hat seither erkennen lassen, dass es dem Rundfunkbegriff ein dynamisches Verständnis zugrunde legt und diesem Begriff zugleich eine Offenheit für künftige tatsächliche Entwicklungen in technischer Hinsicht beimisst.230 Das sechste Rundfunkurteil231 des Bundesverfassungsgerichts ist als konsequente Fortsetzung seiner rundfunkverfassungsrechtlichen Rechtsprechung zu verstehen. Auch diese Entscheidung des Gerichts ist maßgeblich durch den fortschreitenden technischen Wandel determiniert, der dem obersten Verfassungsorgan in Karlsruhe 221

So BVerfGE 74, 297 (350). BVerfGE 74, 297 (350 f.); vgl. auch W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (14). 223 BVerfGE 74, 297 (351 f.). 224 BVerfGE 74, 297 (351). 225 So BVErfGE 74, 297 (351). 226 BVerfGE 74, 297 (351); E.-M. Michel, ZUM 1998, S. 350 (352). 227 So BVerfGE 74, 297 (352). 228 So BVerfGE 74, 297 (352). 229 So BVerfGE 74, 297 (352). 230 Als „dynamisch und entwicklungsoffen“ sieht auch E.-M. Michel den Rundfunkbegriff des Grundgesetzes auf der Grundlage der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung an, vgl. mit diesem Zitat E.-M. Michel, ZUM 1998, S. 350 (351). 231 BVerfGE 83, 238; vgl. auch die Urteilsbesprechungen bei K. Berg, MP 1991, S. 217 ff; Chr. Degenhart, DVBl. 1991, S. 510 ff.; G. Herrmann, ZUM 1991, S. 325 ff.; E. Kull, AfP 1991, S. 716 ff.; A. Lauer, AfP 1991, S. 514 f.; M. Stock, MP 1991, S. 133 ff; vgl. auch die Dokumentation der Normenkontrollverfahren zum sechsten Rundfunkurteil bei A. K. Pieper/ S. Hadamik (Hrsg.), Das WDR-Gesetz und das Landesrundfunkgesetz Nordrhein-Westfalen vor dem Bundesverfassungsgericht, 1993. 222

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

auch in dieser Entscheidung neue Akzentuierungen bezüglich seines Rundfunkbegriffsverständnisses entlockte.232 Das Gericht hob im Rahmen seines sechsten Rundfunkurteils dabei zunächst erneut die essenzielle Bedeutung hervor, die der „zukünftigen Entwicklung“ des Rundfunks neben seinem „gegenwärtigen Bestand“ für die Erfüllung seines Grundversorgungsauftrages zukomme.233 Hierauf gründete es auch seine Überzeugung, dass die auf einfachgesetzlicher Ebene installierte „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ für den WDR234 verfassungsrechtlich unbedenklich, vielmehr darüber hinaus sogar „geboten“ sei.235 Ausdrücklich betonte das Gericht dabei, dass „die Nutzung der neuen Übertragungsformen von der Gewährleistung der Grundversorgung umfaßt“236 sei. Doch wollte das Bundesverfassungsgericht dieses Innovationspotenzial nicht auf technische Aspekte beschränken, sondern auch programmlich-inhaltliche Neuerungen im Rahmen der rundfunkspezifischen Entwicklungsperspektiven erfassen und forderte daher eine Offenheit auch „für neue Publikumsinteressen und neue Formen und Inhalte“237 ein; Grenzen sollen insoweit durch den Funktionsauftrag des (öffentlich-rechtlichen) Rundfunks definiert werden.238 Dabei lasse sich der Rundfunkbegriff in verfassungsrechtlicher Hinsicht „nicht abschließend definieren“239, dessen „Gehalt“ sich vielmehr „bei tatsächlichen Veränderungen in dem von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Sozialbereich wandeln“240 könne. Das Gericht führt in diesem Zusammenhang weiter aus: „Soll die Rundfunkfreiheit unter den Bedingungen raschen technischen Wandels ihre normative Kraft bewahren, dann darf bei der Bestimmung von Rundfunk nicht nur an eine bereits eingeführte Technik angeknüpft werden. Anderenfalls könnte sich die grundrechtliche Gewährleistung nicht auf jene Bereiche erstrecken, in denen gleichfalls die Funktion des Rundfunks, wenn auch mit neuen Mitteln, erfüllt würde.“241

232 Vgl. hierzu auch H. Bethge, ZUM 1991, S. 337 ff.; siehe auch M. Stock, MP 1991, S. 133 ff. (137). 233 BVerfGE 83, 238 (298) mit Verweis auf BVerfGE 74, 297 (350 f.); siehe auch K. Berg, MP 1991, S. 217 f. 234 BVerfGE 83, 238 (298 f.); siehe hierzu auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1652; vgl. zu den verfassungsrechtlichen Aspekten der „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ M. Libertus, ZUM 1992, S. 224 ff; W. Hoffmann-Riem, Wandel der Medienordnung, 2009, S. 202. 235 So BVerfGE 83, 238 (298 f.). 236 BVerfGE 83, 238 (299); vgl. hierzu M. Stock, MP 1991, S. 133 ff. (137); siehe auch die Ausführungen zur „Dynamisierung der Grundversorgung“ bei H. Bethge, ZUM 1991, S. 337 ff. (339); siehe zum Umfang der „Grundversorgung“ auch R. Scheble, ZUM 1995, S. 383 ff. 237 BVerfGE 83, 238 (299). 238 BVerfGE 83, 238 (299); vgl. auch M. Libertus, ZUM 1992, S. 224 ff. (225). 239 So BVerfGE 83, 238 (302). 240 BVerfGE 83, 238 (302); vgl. hierzu auch H. Schulze-Fielitz, AfP 1998, S. 447 ff. (452). 241 BVerfGE 83, 238 (302).

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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Das Gericht stellt hierbei ausdrücklich klar, dass es für die „Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung“ „der Schutzwirkungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auch bei den neuen Diensten des § 3 Abs. 3 Satz 2 WDR-G“ bedürfe.242 Als „vergleichsweise gering“ sah das Bundesverfassungsgericht zum damaligen Zeitpunkt noch die „Bedeutung der neuen Dienste für die Meinungsbildung“243 an. Zugleich dokumentierte das Gericht im Rahmen seiner Entscheidung jedoch auch seine durchaus weitsichtige Erkenntnis, jedenfalls nicht ausschließen zu können, dass „rundfunkähnliche Kommunikationsdienste […] künftig Funktionen des herkömmlichen Rundfunks übernehmen werden“.244 Das siebte Rundfunkurteil245 enthält in begrifflicher Hinsicht keine neuen Erkenntnisse. Gleichwohl handelt es sich um eine für die Rundfunkfreiheit des Grundgesetzes und für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bedeutsame Entscheidung, da das Gericht in ihrem Rahmen die sog. „Finanzierungsgarantie“ in Ergänzung zu der damals bereits gefestigten „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks etablierte.246 Daran, dass es in der Rundfunkfreiheit des Grundgesetzes nach wie vor „eine dienende Freiheit“247 erkennt, ließ das Gericht im Rahmen seiner Entscheidung keinen Zweifel. Auf dieses grundlegende verfassungsrechtliche Verständnis gründete das Gericht seine weitergehende Judikatur, in der es die Schaffung einer „gesetzlichen Ordnung“ als notwendig ansah, damit der Rundfunk seinen „verfassungsrechtlich vorausgesetzten Dienst“ in jedem Falle auch tatsächlich erfülle.248 Das achte Rundfunkurteil249 hatte in erster Linie das „System der Gebührenfinanzierung“250 zum Gegenstand. Grundlegende Bedeutung erlangte das Gerichtsurteil im Hinblick auf einen ganz entscheidenden Dreiklang, den das Gericht zur Charakterisierung des Rundfunks im medialen Kontext formulierte: Die rundfunktypische „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“.251

242 BVerfGE 83, 238 (302); vgl. auch Chr. Degenhart, DVBl. 1991, S. 510 ff. (514); siehe zur Übernahme der „Funktionen des herkömmlichen Rundfunks“ auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1652; siehe weiterhin auch M. Stock, MP 1991, S. 133 ff. (137). 243 So BVerfGE 83, 238 (302). 244 So BVerfGE 83, 238, (302 f.). 245 BVerfGE 87, 181. 246 BVerfGE 87, 181 (198); vgl. zur „Garantie ,funktionsgerechter Finanzierung‘“ K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1653; W. Hahn/M. Witte, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, Präambel RStV Rdn. 30. 247 BVerfGE 87, 181 (197). 248 BVerfGE 87, 181 (197 f.); mit Verweis auf 57, 295 (320); 83, 238 (296). 249 BVerfGE 90, 60. 250 So und hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1653. 251 BVerfGE 90, 60 (87); vgl. zum sog. „Gebührenurteil I“ A. K. Pieper, ZUM 1994, S. 484 ff.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

Im Rahmen seines zwölften Rundfunkurteils252 widmete sich das Bundesverfassungsgericht erneut der als besonders erkannten Suggestivkraft253 von Rundfunkangeboten, wobei diese aus der „Möglichkeit“ resultiere, „die Kommunikationsformen Text und Ton sowie beim Fernsehfunk zusätzlich bewegte Bilder miteinander zu kombinieren und der programmlichen Information dadurch insbesondere den Anschein hoher Authentizität zu verleihen“.254 Das Gericht führt weiter aus: „Diese Wirkungsmöglichkeiten gewinnen zusätzliches Gewicht“, so das Gericht, „dadurch, dass die neuen Technologien eine Vergrößerung und Ausdifferenzierung des Angebots und der Verbreitungsformen und -wege gebracht sowie neuartige programmbezogene Dienstleistungen ermöglicht haben.“255 „Da das Programmangebot“ öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten „auch für neue Inhalte, Formate und Genres sowie für neue Verbreitungsformen offen bleiben“ müsse, dürfe „der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht auf den gegenwärtigen Entwicklungsstand in programmlicher, finanzieller und technischer Hinsicht beschränkt werden.“256 Im Zuge des dreizehnten Rundfunkurteils257 ging das Bundesverfassungsgericht auf die veränderte Situation der Medien ein und erkannte, dass die „Erweiterung der Übertragungskapazitäten“ und „Verknüpfung der Medien untereinander“ „den Gesetzgeber zwar vor neue Herausforderungen“ stellten, jedoch „die Anforderungen an die gesetzliche Ausgestaltung der Rundfunkordnung zur Sicherung der Rundfunkfreiheit […] nicht überholt“ seien.258 Als wesentliche Konstante im Rahmen der rundfunkrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erweist sich dabei die Überzeugung des Gerichts, dass sich der Rundfunk in einer spezifischen „Sondersituation“259 befinde, die in zunehmendem Maße auch mit der objektivrechtlichen Dimension der Rundfunk-

252

BVerfGE 119, 181. Vgl. hierzu Chr. Degenhart, K&R 2008, S. 214 ff. (216 f.); Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (439). 254 BVerfGE 119, 181 (215) mit Verweis auf BVerfGE 97, 228 (256); hierauf Bezug nehmend auch Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (439). 255 BVerfGE 119, 181 (215) = BVerfG, ZUM 2007, 712 ff. (721); vgl. Chr. Degenhart, K&R 2008, S. 214 ff. (217). 256 BVerfGE 119, 181 (218) = BVerfG, ZUM 2007, 712 (722); Chr. Degenhart, K&R 2008, S. 214 (217). 257 BVerfGE 121, 30 = BVerfG, AfP 2008, S. 174 ff.; siehe hierzu auch die ausführliche Darstellung zu dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bei Chr. Degenhart, K&R 2009, S. 289 ff. (289 ff.). 258 BVerfGE 121, 30 (51) = BVerfG, AfP 2008, 174 (177); vgl. hierzu auch Chr. Degenhart, K&R 2009, S. 289 ff. (289). 259 Siehe zur „Sondersituation des Rundfunks“ stellvertretend für viele auch die Ausführungen bei U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 45 f. 253

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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freiheit verquickt zu werden scheint.260 Die grundlegenden Annahmen für die Begründung dieses Sonderstatus haben allerdings einen bemerkenswerten und dabei nicht unerheblichen Wandel erfahren.261 Der Sonderstatus wurde dabei anfangs sowohl „aus technischen Gründen“ abgeleitet als auch auf die Erwägung gestützt, dass die Bereitstellung entsprechender Rundfunkangebote mit großen finanziellen Herausforderungen verbunden war262, während er im Laufe der Zeit, als Frequenzkalamitäten längst überwunden waren, mehr und mehr aus der dem Rundfunk zugeschriebenen Bedeutung für einen den heutigen Anforderungen genügenden Meinungsbildungsprozess im Rahmen einer „auf Medienfreiheit gestützten rechtstaatlichen Demokratie“263 resultieren sollte.264 In zusammenfassender Würdigung hat das Bundesverfassungsgericht also die „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“265 als kennzeichnende Charakteristika des Rundfunks in medialer Hinsicht herausgearbeitet und der Erwägung der Technologieneutralität bei der rundfunkrechtlichen Zuordnung und Beurteilung „Neuer Medien“ in gebührender Weise Rechnung getragen.266 In diese Rechtsprechungslinie fügt sich auch die im Rahmen des sechsten Rundfunkurteils267 erfolgte Festzurrung der „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein.268 Wenn auch inzwischen zahlreiche rundfunkspezifische Judikate des Bundesverfassungsgerichts existieren, die gewissermaßen um den Rundfunkbegriff zirku260 Vgl. auch zur „Begründung des Ausgestaltungserfordernisses“ die Ausführungen bei Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (439); kritisch äußert sich hingegen K.-E. Hain in Bezug auf die „besondere Interpretation der Rundfunkfreiheit“ und lehnt im Ergebnis die durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts maßgeblich geprägte „Sondernatur der Rundfunkfreiheit“ ab, vgl. K.-E. Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, 1993, S. 30 ff. (58). 261 Siehe auch zum Rechtsprechungswandel des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich des seinerseits immer wieder betonten Ausgestaltungserfordernisses Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (439); ders., Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (S. 38 ff.). 262 BVerfGE 12, 205 (261); 31, 314 (326); K. Thum, DÖV 2008, S. 653 ff. (654). 263 So BVerfGE 103, 44 (75). 264 BVerfGE 90, 60 (87); 103, 44 (74 f.); vgl. hierzu K. Thum, DÖV 2008, S. 653 ff. (654 f.) m. weit. Nachw.; siehe auch Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (211); siehe auch die rechtsvergleichenden Hinweise zur höchstrichterlichen und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung in Frankreich, Italien und Großbritannien bei N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 1 f. mit FN 1. 265 BVerfGE 90, 60 (87). 266 Grundlegend etwa BVerfGE 74, 297 (350) mit Verweis auf BVerfGE 73, 118 (154). 267 BVerfGE 83, 238. 268 BVerfGE 83, 238 (1. Leitsatz).

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

lieren, mangelt es bislang jedoch an einer Verfassungsgerichtsentscheidung, die den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff definiert und seinen Bedeutungsgehalt abschließend bestimmt.269 Fraglich erscheint insofern, ob eine abschließende Definition vom Bundesverfassungsgericht vor dem Hintergrund der geforderten Dynamik der Begrifflichkeit270 überhaupt erwartet werden kann. Das Karlsruher Gericht müsste also solche Begriffsmerkmale zugrunde legen, die einerseits den Anforderungen einer begrifflichen Definition genügen, andererseits hinreichenden Raum für tatsächliche Entwicklungen des Rundfunks in begrifflicher Hinsicht belassen. Eine abschließende Definition dürfte allerdings nur schwerlich ohne Beeinträchtigung der begrifflichen Dynamik zu erlangen sein. Es darf also mit Spannung erwartet werden, ob das Bundesverfassungsgericht die kreative Herausforderung einer begrifflichen Definition vor dem Hintergrund der aufgzeigten Schwierigkeiten (erfolgreich) annehmen wird. bb) Die sog. „Bestands- und Entwicklungsgarantie“271 zugunsten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Besondere Beachtung hat die rundfunkverfassungsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur sog. „Bestands- und Entwicklungsgarantie“272 zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebots erfahren, die nach ihrer verfassungsrechtlichen Absicherung durch die Karlsruher Rechtsprechung durch vielfältige Maßnahmen des Gesetzgebers auf einfachgesetzlicher und auch auf staatsvertraglicher Ebene ihren Ausfluss gefunden hat.273 Die genannten Garantien sind dabei der Erfüllbarkeit und der Durchsetzung des verfassungsrechtlich determinierten „Grundversorgungsauftrages“ geschuldet.274

269 270

(352). 271

Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1673. Vgl. BVerfGE 74, 297 (325 f.); 83, 238 (299); E.-M. Michel, ZUM 1998, S. 350 ff.

Insbesondere auch BVerfGE 83, 238 (298); 90, 60 (91). BVerfGE 83, 238 (298); 90, 60 (91) mit Verweis des Bundesverfassungsgerichts schon auf BVerfGE 73, 118 (158); 74, 297 (324 f.); „angedeutet“, aber nicht expressis verbis erwähnt, wurde vor allen Dingen die Entwicklungsgarantie im Grunde schon in BVerfGE 74, 297 (350 f.); vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1712 ff. m. weit. Nachw.; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 633; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Präambel RStV Rdn. 4 f.; krit. zum Begriffselement „Bestandsgarantie“ in Bezug auf ihren spezifischen Bedeutungsgehalt J. F. Lindner, AfP 2005, S. 429 ff. (431). 273 Stellvertretend soll an diese Stelle auf die starke Ausdifferenzierung des Programmauftrages im Rahmen der §§ 3 ff. des WDR-Gesetzes in aktueller Fassung verwiesen werden. 274 Chr. Starck macht in zutreffender Weise darauf aufmerksam, dass es sich beim Begriff der „Grundversorgung“ lediglich um einen „Hilfsbegriff“ handele, der der Verfassungsinterpretation entstamme, vgl. Chr. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Abs. 1, 2 Rdn. 120 f.; zustimmend auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1714 mit dortiger FN 258 und dem klarstellenden 272

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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Genau genommen handelt es sich um zwei verschiedene Garantien275, die in Rechtsprechung und Literatur üblicherweise als „geflügeltes Wort“ der rundfunkrechtlichen Terminologie meist nur gemeinsam Erwähnung finden. So ist die Bestandsgarantie in engem Zusammenhang mit der Gewährleistung der Rundfunkversorgung im Landesgebiet zu sehen, wenngleich sich ihre Garantiewirkung nicht auf den Erhalt einer konkreten Anstalt erstreckt.276 Wenn das Rundfunkangebot einer Anstalt im Einzelfall jedoch eingestellt und der Sendebetrieb aufgegeben wird, muss Sorge dafür getragen werden, dass die Rundfunkversorgung anderweitig gewährleistet wird.277 Die Entwicklungsgarantie als solche ist wesentlicher Garant für die Einbeziehung neuer technischer Entwicklungen278 und somit zugleich auch dann von großer Bedeutung, wenn es neue mediale Angebote hinsichtlich ihrer Rundfunkqualität zu überprüfen gilt. Im Grunde markiert das Karlsruher Verfassungsgericht schon in seiner fünften und sechsten Rundfunkentscheidung die Schwierigkeiten, denen es sich gegenüber sieht, wenn es einen tragfähigen verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff definieren möchte.279 Dabei bildet die dem Rundfunkbegriff aus verfassungsrechtlichen Gründen unverrückbar anhaftende Dynamik280 die Kernproblematik eines etwaigen Definitionsbemühens. Insbesondere scheint sie geradezu ein Junktim zwischen dem verfassungsspezifischen Bedeutungsgehalt des Rundfunkbegriffs und dem technischen Entwicklungsstand zu provozieren. Darüber hinaus bedarf es unter Berücksichtigung des dymanischen Elements auch noch der Einbeziehung solcher über den im Betrachtungszeitpunkt aktuellen Stand der Technik hinausweisender Entwicklungen, da die Offenheit des Begriffsverständnisses sonst einer am jeweiligen technischen status quo orientierten Statik weichen müsste. Argumentum e contrario darf eines hierbei als gesichert angesehen werden: Ein statischer, sich neuen Entwicklungen a priori verschließender Rundfunkbegriff entspricht jedenfalls nicht den Vorstellungen des Bundesverfassungsgerichts. Ist also im Grundsatz der „Einsatz neuer und zeitgemäßer Kommunikationswege umfasst“281, bedarf es jedoch noch einer genauen Analyse, welche „Neuen Medien“ in den Bedeutungshorizont des Verfassungsbegriffs mit einbezogen werden sollen. Hinweis, dass es sich insoweit ebenso wie bei der „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ also nicht um „Begriffe des Verfassungstextes“ handele. 275 Vgl. insoweit differenzierend K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1713 ff. 276 Vgl. K. Stern Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1713. 277 K. Stern, ebda., S. 1713 f. 278 Vgl. hierzu die grundlegenden Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1714 f. 279 Vgl. BVerfGE 74, 297 (325 ff.); 83, 238 (299). 280 Vgl. BVerfGE 74, 297 (325 f.); 83, 238 (299); E.-M. Michel, ZUM 1998, S. 350 (352). 281 So H. Bethge, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 105; im Rundfunkstaatsvertrag findet dieser Aspekt in § 19 RStV („durch Nutzung geeigneter Übertragungswege“) seinen Ausdruck.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

Von einer Ansicht in der Literatur wird insoweit eingewendet, dass der vom Bundesverfassungsgericht in der Baden-Württemberg-Entscheidung zu beurteilende Sachverhalt „nur solche ,rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste‘“ betroffen habe, bei denen der Rezipient „Auswahlentscheidungen durch Ein- und Ausschalten“ treffe.282 Hierdurch würden nur solche neuen Dienste erfasst, „die sich deshalb vom klassischen Rundfunk nicht signifikant“ unterschieden.283 Eine Übertragung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auf internetbasierte Multimediadienste scheint vor diesem Hintergrund zumindest keine zwingende Folge zu sein und wurde in der Literatur somit (zunächst) in Frage gestellt.284 Für diesen Bereich – so wird argumentiert – fehle es am „Erfordernis öffentlich-rechtlicher Grundversorgung oder Vielfaltsicherung“.285 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass künftige Entwicklungen gerade nicht oder zumindest kaum vorhersehbar sind, so dass deren genauer Inhalt in der Regel nicht im Vorfeld bestimmt werden kann. Zum Zeitpunkt der fünften und auch zum Zeitpunkt der sechsten Rundfunkentscheidung des Bundesverfassungsgerichts konnte insbesondere nicht vorhergesehen werden, welche Bedeutung dem Internet in den Folgejahren zukommen sollte.286 Daher erscheint es nicht sachgemäß, der „Bestands- und Entwicklungsgarantie“287 durch ein zu enges Verständnis ihre tatsächliche Wirkkraft zu entziehen. Legte man ein anderes Verständnis zugrunde, wäre die Entwicklungsgarantie de facto in zeitlicher Perspektive limitiert und würde somit ab einem bestimmten Entwicklungszeitpunkt ihre Wirksamkeit verlieren. Der Dualismus der vom Bundesverfassungsgericht konzipierten und fortan häufig im Zusammenhang genannten Garantien zum Bestand und zur Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks würde ohne ersichtlichen Grund auf eine reine Bestandserhaltungsgarantie reduziert werden. Den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten würde somit eine Teilhabe an den tatsächlichen medialen Entwicklungen verweigert werden. Angesichts der immensen Bedeutung, die modernen Online-Medien bereits heute als Informationsquellen für wesentliche Teile der Bevölkerung zukommt, würde der öffentlich-rechtliche Rundfunk letzten Endes seinen verfassungsrechtlich determinierten Funktionsauftrag288 nicht mehr in der 282

Vgl. hierzu Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 799 m. weit. Nachw. 283 So Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 799. 284 Vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 800. 285 Vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 800b, der allerdings die Frage explizit offen lässt, ob es sich bei solchen Onlineangeboten um Rundfunk i.S.d. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG handelt oder nicht. 286 Vgl. zur Bedeutung des Internets für den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. 287 Vgl. nochmals BVerfGE 83, 238 (298 f.). 288 Siehe zum Funktionsauftrag im Digitalzeitalter die grundlegenden Ausführungen bei Chr. Degenhart, Funktionsauftrag, 2001, passim; siehe ferner auch M. Bullinger, Rundfunkfreiheit und Funktionsauftrag, in: J. Becker/P. Weber (Hrsg.), Funktionsauftrag, Finanzierung,

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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erforderlichen Intensität erfüllen können. Eine solche Entwicklung könnte in letzter Konsequenz dazu führen, dass das wohl austarierte System der dualen Rundfunkordnung in seinen Grundfesten erschüttert würde, ohne dass eine hinreichende Gewähr für eine verfassungskonforme Kompensation in Gestalt einer funktionellen Substitution der dann nicht mehr möglichen Auftragserfüllung seitens der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten durch private Anbieter im Onlinebereich gegeben werden könnte. Mithin sind also auch onlinebasierte Multimediaangebote im Lichte der „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ zu beurteilen und in ihren Wirkungskreis einzubeziehen.289 Fraglich ist allerdings, welche Grenzen der Entwicklungsgarantie gesetzt sind. Die Grenzen neuer medialer Angebote wurden vor gar nicht allzu langer Zeit noch an den Merkmalen der „Programmbezogenheit“ oder auch an der „Funktionsbindung“ im klassisch-tradierten Sinne markiert.290 Zutreffend stellte Chr. Degenhart vor dem Hintergrund der damaligen Gesetzeslage fest, dass eine „programmunabhängige Expansionsermächtigung“ im Kern nicht bestehe.291 Die zuständigen Bundesländer haben jedoch in überzeugender Weise und mit der nötigen Weitsicht die staatsvertraglichen Regelungen nivelliert und den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk inzwischen mit einem „originären Online-Auftrag“292 ausgestattet, durch den die verfassungsgerichtlichen Vorgaben zu den Entwicklungsmöglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks staatsvertraglich fortgeschrieben und den aktuellen medialen Entwicklungen angepasst wurden. Dennoch sind der Umfang und das Ausmaß der aus verfassungsrechtlichen Gründen zugesicherten Entwicklungsmöglichkeiten aufgrund mangelnder Bestimmtheit der zugrunde liegenden Garantie nur schwer zu ermitteln. In der Literatur wurde hier teilweise eine „verfassungskonform-restriktive Anwendung“ solcher Klauseln in den zugrunde liegenden „Anstaltsgesetzen“293 gefordert, die die Entwicklungsgarantie allzu weit in „generalklauselartige Funktionsbeschreibungen“ einbetten, um so dem Mangel an notwendiger Bestimmtheit begegnen zu können.294 Strukturen – Zur Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. LIBER AMICORUM für Carl-Eugen Eberle, 2012, S. 135 ff. 289 Vgl. zur Erfassung zahlreicher internetbasierter Angebote durch den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die Ausführungen bei R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. 290 BVerfGE 119, 181 (220 ff.); Chr. Degenhart, K&R 2008, S. 214 (217). 291 Chr. Degenhart, K&R 2008, S. 214 (217). 292 Den Begriff des „originären Online-Auftrags“ verwendet etwa auch H. Neuhoff, ZUM 2012, S. 371 ff. (372); teilweise wird auch von einer „Originären Beauftragung“ in der Literatur gesprochen, vgl. etwa K. Nawrath, MMR 2011, S. 79 ff. (81); siehe auch allgemein zum „Online-Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ durch den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, C. Hahn, ZRP 2008, S. 217 ff. 293 Zum Bedeutungsgehalt dieser Gesetzeskategorie E. Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, 2002, S. 29 f. m. weit. Nachw. 294 Vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004), Rdn. 789.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

Trotz erheblicher Reformen auf staatsvertraglicher und einfachgesetzlicher Ebene fehlt es also gleichwohl nach wie vor an einer hinreichenden Konkretisierung der Entwicklungsgarantie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten;295 die rundfunkrechtlichen Reformen der jüngeren Vergangenheit sind dabei auf einen intensiven Diskurs auf europäischer Ebene unter dem Blickwinkel des europäischen Wettbewerbsrechts zurückzuführen, der letzten Endes in positiver Hinsicht befördert hat, dass den öffentlich-rechtlichen Anstalten immerhin der bereits in Bezug genommene konkrete Auftrag für ihre Onlineaktivitäten auf staatsvertraglicher Ebene durch die Bundesländer zugewiesen worden ist296. Unter besonderer Berücksichtigung der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bleibt es Kernaufgabe der „Bestands- und Entwicklungsgarantie“, die „Pluralität und Liberalität des Meinungsbildungs- und Informationsprozesses“ zu garantieren.297 cc) Die Abgrenzbarkeit individual- und massenkommunikativ geprägter Medien Art. 5 Abs. 1 GG differenziert zwischen eher individual-kommunikativ geprägten Freiheitsgewährleistungen in Satz 1 und der Gewährleistung von Massenkommunikationsfreiheiten, zu denen die Rundfunkfreiheit zählt, in Satz 2.298 Zu einer genauen begrifflichen Abgrenzung zwischen Individual- und Massenkommunikation bezieht das Bundesverfassungsgericht weitgehend keine Stellung, wenn man einmal von der Baden-Württemberg-Entscheidung und der dort erkannten Erfassung von „Sendungen auf Abruf“ durch den Rundfunkbegriff, womit das Gericht zugleich implizit eine Zuordnung entsprechender Angebote zum Bereich der Individualkommunikation ablehnt, absieht.299 Allerdings lässt das Gericht im Rahmen seiner Rechtsprechung zur Vorratsdatenspeicherung erkennen, dass es für eine Differenzierung zwischen Individual- und Massenkommunikation, die gleichermaßen durch einen Internetzugang ermöglicht werden, einer „Anknüpfung an den Inhalt der jeweils übermittelten Information“ bedarf.300 Teile des juristischen Schrifttums nehmen zur Abgrenzung der Individual- von der Massenkommunikation zuweilen Rückgriff auf den kommunikationswissenschaftlichen Ansatz von G. Maletzke.301 Er definiert den Begriff der Massenkommunikation dabei wie folgt: „Unter Massen295

So auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1714. Vgl. zum Beihilfekompromiss und zum „Funktionsauftrag für Telemedien“ zugunsten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nach neuer Gesetzeslage in Deutschland die Ausführungen bei B. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, S. 21 ff. (44 ff.). 297 So K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1715. 298 Vgl. hierzu etwa W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488). 299 BVerfGE 74, 297 (351). 300 BVerfGE 125, 260 (311). 301 Vgl. das grundlegende Werk G. Maletzke, Psychologie der Massenkommunikation, 1963 (Neudruck 1978); siehe auch die Bezugnahmen bei W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (489). 296

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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kommunikation verstehen wir jene Form der Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich (also ohne begrenzte und personell definierte Empfängerschaft) durch technische Verbreitungsmittel (Medien) indirekt (also bei räumlicher oder zeitlicher oder raumzeitlicher Distanz zwischen den Kommunikationspartnern) und einseitig (also ohne Rollenwechsel zwischen Aussagendem und Aufnehmendem) an ein disperses Publikum […] vermittelt werden.“302 Zeichnet sich die Kommunikation hingegen durch einen (potenziell ständigen) oder zumindest doppelten „Rollenwechsel zwischen Kommunikator und Rezipient“303 aus, so liegt in der Regel Individualkommunikation vor.304 Ob und wie diese Abgrenzungskriterien allerdings in Bezug auf die vielfältigen Kommunikationsvarianten im Bereich der „Neuen Medien“ – etwa im Rahmen von Web 2.0-Angeboten – für eine unterscheidungsgenaue Abgrenzung fruchtbar gemacht werden können, ist zumindest fraglich bzw. darf bezweifelt werden, da die Kommunikationsstränge teilweise sehr komplex verlaufen und einzelne Kommunikationsakte zwischen Massenkommunikation einerseits und Individualkommunikation andererseits changieren können. M. Bullinger und E.-J. Mestmäcker führen an dieser Schnittstelle zwischen Massen- und Individualkommunikation einen neuen Begriff ein: die „überindividuelle Kommunikation“305, wobei sich die Autoren noch nicht sicher zu sein scheinen, ob dieser „überindividuellen Kommunikation“ eher ergänzender oder substituierender Charakter gegenüber den bisherigen Formen der Massen- und der Individualkommunikation zukommen soll.306 Es bleibt abzuwarten, ob es dem Bundesverfassungsgericht im Rahmen seiner künftigen Rechtsprechung gelingen wird, hilfreiche Abgrenzungskriterien zu entwickeln, oder ob es sich weiter auf eher vage und allgemein gehaltene Anknüpfungspunkte im Rahmen seiner Differenzierungsbemühungen beschränken wird. Wahrscheinlich ist, dass das Gericht mit näheren Abgrenzungsversuchen zunächst noch zuwarten wird, da der derzeit besonders intensive mediale Innovationsprozess noch keine hinreichend klaren Konturen im Hinblick darauf erkennen lässt, welche (hybriden) Medienformen sich mittel- bzw. langfristig nun endgültig durchsetzen werden. Das Bundesverfassungsgericht liefe somit Gefahr, dass die tatsächliche mediale Entwicklung denkbare neue Abgrenzungskriterien allzu schnell als ungeeignet und etwaige Konturierungsbemühungen des Gerichts damit möglicherweise allzu zeitnah als überholt erscheinen ließe.

302 Vgl. G. Maletzke, Psychologie der Massenkommunikation, 1963 (Neudruck 1978), S. 32; siehe auch die Darstellung bei W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (489). 303 Vgl. hierzu etwa W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (489); Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 61. 304 Vgl. W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (489). 305 Vgl. M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 16 ff.; siehe hierzu auch Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 61 ff. 306 M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 17.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

e) Abgrenzung zum Pressebegriff Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unterscheidet im Rahmen seiner Gewährleistungen zwischen der Pressefreiheit und der „Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film“ und verbürgt damit explizit drei voneinander zu unterscheidende Medienfreiheiten. Alle drei in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Freiheiten bilden gegenüber den allgemeinen Kommunikationsgrundrechten aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG die spezielleren Kommunikationsgrundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG307, wobei letztere durch ihren spezifisch massenkommunikativen Charakter starke Verbindungslinien zueinander aufweisen.308 Die Intensität der massenkommunikativen Wirkung kann allerdings bei den verschiedenen Medien ein sehr unterschiedliches Niveau erreichen.309 Um die einzelnen Medien nun den Schutzgewährleistungen einer spezifischen Freiheit zuordnen zu können, muss der Rundfunk- vom Pressebegriff abgegrenzt werden, wobei beide Begriffe ihrerseits vom verfassungsrechtlichen Begriff des Films zu unterscheiden sind. Klassischerweise unterschied man Rundfunk und Presse anhand des Kriteriums der Körperlichkeit des Mediums voneinander.310 Während man einem verkörperten „an die Allgemeinheit gerichteten geistigen Inhalt“311 grundsätzlich die Schutzwirkungen der Pressefreiheit zugeteilt hat, wurden entsprechende unverkörperte Inhalte dem Schutzbereich der Rundfunkfreiheit und damit dem Rundfunkbegriff zugeordnet.312 Unter dem Begriff der Presse im verfassungsrechtlichen Sinne versteht man „alle zur Verbreitung an einen unbestimmten Personenkreis geeigneten und bestimmten Druckerzeugnisse“.313 Hauptanknüpfungsmerkmal dieser Definition ist insoweit „die Herstellungstechnik“ des Mediums.314 Diese Anknüpfung begegnet ähnlich wie auch die klassische Ab307

Vgl. zu dieser Einteilung der Kommunikationsgrundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 55; vgl. ferner auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1667. 308 Vgl. hierzu auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1667. 309 Hinzu tritt die Problematik der immer unschärfer werdenden Grenzen zwischen Individual- und Massenkommunikation, vgl. hierzu etwa K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1667 f.; K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (98). 310 Vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 50; F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 123; K. Stern bettet das Verkörperungskriterium in das Abgrenzungsmerkmal der unterschiedlichen Verbreitungsmethoden von Presse und Rundfunk ein, vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/ 1, 2006, § 110 S. 1670 f. 311 So F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 123. 312 Vgl. F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 123. 313 So H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth (Hrsg.), GG, 11. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 25 mit Bezugnahme auf BVerfGE 95, 28 (35); F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), GrundrechteKommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 123. 314 So zutreffend F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 123 m. weit. Nachw.

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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grenzung zum Rundfunk anhand des Verkörperungsmerkmals in Zeiten multimedialer Konvergenz Kritik, die in diesem Falle allerdings sehr berechtigt ist.315 So können sich heute die Herstellungsmethoden von Rundfunk- und Presseprodukten durchaus überschneiden und im Ergebnis dennoch voneinander zu unterscheidende Medienprodukte hervorbringen.316 Vor diesem Hintergrund überzeugt die neben anderen auch von K. Stern vertretene Auffassung, dass es sich bei der Herstellungsmethode jedenfalls heute nicht mehr um ein „aussagekräftiges Abgrenzungskriterium“317 handele.318 Eine Anknüpfung an die unterschiedliche Verbreitungsmethode319 bzw. an das Verkörperungsmerkmal überzeugt daher wesentlich mehr. Dabei sollen aufgrund der Verkörperungseigenschaften heute auch auf CDs, DVDs, Videokassetten und ähnlichen „verkörperten“ Datenträgern enthaltene „Presseinhalte“ ebenfalls dem Pressebegriff unterfallen.320 Angesichts neuer medialer Erscheinungsformen erscheint zudem fraglich, ob die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vorgenommene Dreiteilung der speziellen Kommunikationsgrundrechte noch zeitgemäß ist oder ob nicht vielmehr angesichts der zunehmenden Konvergenz der Medien von einem einheitlichen „Grundrecht der ,Medienfreiheit‘“ auszugehen ist.321 Die „Trias“322 der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Freiheiten der Presse, des Rundfunks und des Films könnte somit inzwischen lediglich als historisches Relikt betrachtet werden.323 Besonders deutlich 315

Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1670; F. Fechner, in: K. Stern/ F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 123. 316 Vgl. hierzu die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1670. 317 So K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1670. 318 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1670; weiterhin hingegen an das Kriterium der Herstellungstechnik anknüpfend etwa Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/ Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (122. AL 2006), Rdn. 361 f. 319 So K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1670 f. 320 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1671; R. Mann/J. F. Smid, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Presserecht (Siebter Teil) Rdn. 5; auch Chr. Degenhart sieht im Geiste eines entwicklungsoffenen Pressebegriffs CDs und ähnliche Datenträger als vom grundgesetzlichen Pressebegriff umfasst an, soweit auf diesem Wege „gedruckte oder in anderer Weise verkörperte Informationen weitergeleitet werden.“ Anders beurteilt er hingegen die Zuordnung etwa von Videokassetten, die er – deren Inhalt geschuldet – der Filmfreiheit zuordnen möchte, vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (122. AL 2006), Rdn. 369 f. (insbesondere auch 370). 321 So etwa F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 58, der auch auf die einheitlich geregelte Medienfreiheit im Rahmen des Art. 11 der Charta der Grundrechte der EU verweist; a. A. hingegen Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (37). 322 Den Begriff der „Trias“ verwendet in diesem Zusammenhang K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669. 323 Vgl. auch F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 58.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

wird die Schwierigkeit der verfassungsrechtlichen Zuordnung etwa für den Bereich der sog. „Online-Presse“ und in der Beurteilung von „Online-Zeitungen“324 – und zwar gerade dann, wenn man die klassischen Kriterien der „verkörperten Presse“ und des „unverkörperten Rundfunks“ zugrunde legen will.325 Denn kennzeichnend für ein Online-Medium und damit auch für die elektronische Presse ist gerade ihre regelmäßige Unkörperlichkeit326, wenngleich teilweise inzwischen versucht wird, die fehlende Körperlichkeit durch eine haptische „Schein-Körperlichkeit“ zu ersetzen. Auf diese Weise soll dem Rezipienten der Eindruck vermittelt werden, eine Tageszeitung zu lesen, wenngleich er tatsächlich nur ein modernes Endgerät in den Händen hält, auf dem das elektronische Substitut des Inhalts einer Tageszeitung (ggf. unter Einbeziehung von Zusatzdiensten) wiedergegeben wird (siehe hierzu unten unter Kap. 3 IV. 5. und 11.). f) Abgrenzung zum Filmbegriff Neben der Presse- und Rundfunkfreiheit wird durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auch die Filmfreiheit bzw. genauer „die Freiheit der Berichterstattung durch […] Film“ geschützt.327 Auch diese Freiheitsgewährleistung bezieht sich auf ein Massenmedium,328 das im Unterschied zum Rundfunk nicht im Wege einer elektromagnetischen Verbreitung eine Distanz räumlicher Art überwinden muss, um zum Rezipi-

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Vgl. hierzu die unterschiedlichen Auffassungen in der Literatur: In Bezug auf OnlineZeitungen das Vorliegen von Rundfunk annehmend: W. Schulz, in: W. Hahn / Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20; das Vorliegen von Presse annehmend F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), GrundrechteKommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 126; von einer „Ersatzpresse“ und in funktioneller Hinsicht von einem „Pressesurrogat“ sprechend wollen M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62 „Zeitungen, Zeitschriften und Bücher“, die „dem Kunden auf Wunsch (Abruf) elektromagnetisch zur Betrachtung am Bildschirm oder zum Ausdruck auf dem Computerdrucker zugeleitet“ werden, „annexweise“ von der Pressefreiheit erfasst wissen. Programmzeitschriften der Rundfunkanstalten sollen „in umgekehrter Richtung“ von der Rundfunkfreiheit umfasst sein; in Bezug auf die „elektronische Presse“ anhand der Herkunft und der typischen Gestaltungsmerkmale differenzierend V. Schüller, in: D. Dörr/J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht , 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 161. 325 Vgl. F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 59, 123; vgl. auch St. Ory, Freiheit der Massenkommunikation, 1987, S. 168 f.; ders., AfP 2010, S. 20 ff. (22), der in der Presse den „körperlichen Vertrieb“ und in Rundfunk den „elektronischen Vertrieb von Informationen an die Allgemeinheit“ sieht. 326 Dies ist in der Literatur – soweit ersichtlich – unumstritten und Ausgangsbasis für Zuordnungs- und Abgrenzungsversuche für die Zuordnung von Online-Medien zu einzelnen Grundrechten, vgl. stellvertretend für viele etwa T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 242 ff.; Chr. Volkmann, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 59 RStV Rdn. 20. 327 Grundlegend zur Filmfreiheit und ihrer Entwicklungsgeschichte K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 109 S. 1564 ff. 328 Vgl. H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth (Hrsg.), GG, 11. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 50.

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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enten zu gelangen,329 sondern durch das örtlich gebundene Abspielen eines Bild-TonTrägers seinen optisch-akustischen medialen Inhalt der sinnlichen Wahrnehmung des Betrachters zugänglich macht.330 Bezog sich die Filmfreiheit klassischerweise zunächst auf die öffentliche Vorführung von Filmmaterial etwa in Lichtspielhäusern bzw. in Kinobetrieben331, soll sich diese Freiheitsgewährleistung heute nach teilweise vertretener Auffassung auch auf die „Verbreitung“ von elektronischen Bild-TonTrägern „zum individuellen Abspielen“332, soweit eine Adressierung des Films an einen „unbestimmten Personenkreis“ vorliegt und auf diese Weise die Massenkommunikationsmitteleigenschaft erhalten bleibt, beziehen.333 In Analogie zum Rundfunkbegriff ist auch dem Filmbegriff ein Verständnis zugrunde zu legen, das der Entwicklungsoffenheit seines Bedeutungsgehalts hinreichend Rechnung trägt,334 um die grundrechtliche Wirkkraft etwa auch auf neue Speicher- und Abspieltechniken im Filmbereich zu erstrecken. Damit sind vom Filmbegriff „chemisch-optische […] Bild-Ton-Träger“335 genauso erfasst wie elektronische Trägermedien unter Nutzung analoger oder digitaler Technik.336 Den verfassungsrechtlichen Filmbegriff definiert Chr. Degenhart „als auf einem photomechanischen oder elektronischen Datenträger fixierte, durch Projektion sichtbar zu machende Bildfolgen, unter Einschluss der begleitenden Tonfolgen, die zur Vorführung in der Öffentlichkeit bestimmt sind oder jedenfalls an die Allgemeinheit verbreitet werden“.337 329

Vgl. H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth (Hrsg.), GG, 11. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 36. Vgl. auch H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth (Hrsg.), GG, 11. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 50 m. weit. Nachw. 331 Vgl. zu den geschichtlichen Entwicklungslinien K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 109 S. 1564 ff. (1567), der unter „Lichtspielhäusern“ eine Zusammenfassung von „Kinos“ und „Filmtheatern“ versteht. 332 So Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006), Rdn. 901. 333 Vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006), Rdn. 901, 905; H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth (Hrsg.), GG, 11. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 50; a. A. hingegen K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1671, der nicht die Verbreitung, sondern erst die „Vorführung des auf der Videokassette oder DVD gespeicherten Films durch Abspielen für einen anwesenden Rezipientenkreis“ unter den „Filmbegriff subsumieren“ und damit wohl auch diesen konkreten Vorgang von der Filmfreiheit geschützt ansehen möchte. 334 Vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006), Rdn. 903; H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth (Hrsg.), GG, 11. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 50. 335 Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006), Rdn. 903 mit Verweis auf H. D. Jarass, (aktualisiert) in: ders./B. Pieroth (Hrsg.), GG, 11. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 50. 336 Vgl. W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (12 f.); Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/ Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006), Rdn. 903; H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth (Hrsg.), GG, 11. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 50. 337 So Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006), Rdn. 907 m. weit. Nachw. zu den einzelnen Bestandteilen dieser Definition; vgl. auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, § 109, S. 1567 m. weit. Nachw. 330

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

Selbst wenn für den Rezipienten bzw. für den Filmbetrachter bei der Wahrnehmung des optisch-akustischen Kommunikats nicht mehr erkennbar ist, ob der betrachtete Film nun einem Trägermedium „in verkörperter Form“338 entstammt oder im Wege der rundfunktypischen Verbreitung zum Empfang durch das vom Rezipienten genutzte Endgerät bereitgestellt worden ist, sind gerade in der Verbreitungstechnik339 und in der damit verbundenen unterschiedlichen Ortsgebundenheit die entscheidenden Unterschiede zu erblicken, die eine Differenzierung zwischen beiden Freiheitsgewährleistungen begründen.340 So geht mit der unterschiedlichen Ortsgebundenheit von Film und Rundfunk ein unterschiedliches Gefährdungspotanzial des über das jeweilige Medium vermittelten Inhalts einher, da gerade heutzutage ein Rundfunkangebot in der Regel eine größere „Aktualität“ und „Breitenwirkung“341 aufweisen dürfte als ein Film.342 Gleichwohl ist zuzugeben, dass der Inhalt eines erfolgreichen Kinofilms durch hohe Besucherzahlen auch heute noch eine große Breitenwirkung aufweisen kann. Genau genommen ergibt sich die Breitenwirkung in diesem Falle aber nur durch das Vorspielen einer Vielzahl von inzwischen meist digitalen Filmträgern an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeitpunkten, deren Inhalt mit den jeweils anderen Filmträgern identisch ist. Bei Rundfunkdarbietungen reicht hingegen zumeist schon das einmalige Aussenden der entsprechenden Rundfunksignale aus, um eine Vielzahl von Menschen nahezu gleichzeitig zu erreichen. Somit unterfallen insbesondere auch Pay-TV-Angebote und selbst Video-onDemand-Dienste nicht der Film-, sondern der Rundfunkfreiheit, obwohl bei letztgenannten Diensten funktionelle Verbindungslinien etwa zur Nutzung einer klassischen Videothek unverkennbar sind.343 338

Siehe hierzu auch Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006), Rdn. 907. 339 Vgl. hierzu Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006), Rdn. 907 m. weit. Nachw. 340 Siehe auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, § 109, S. 1568 f.; H. D. Jarass, in: ders./ B. Pieroth (Hrsg.), GG, 11. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 50. 341 Vgl. zu den auf den Rundfunk bezogenen Kriterien „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“ die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei BVerfGE 90, 60 (87). 342 So stellt K. Stern fest, dass einem Film „im Gegensatz zum Rundfunk die für die öffentliche Meinungsbildung konstituierende Bedeutung“ fehle, vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1576 m. weit. Nachw.; G. Goubalakis geht sogar noch einen Schritt weiter und nimmt eine verringerte Breitenwirkung auch für einen Online-Abruf von Filmen an (wobei das Anbieten von Filmen zum Online-Abruf gerade nicht dem Schutzbereich der Film-, sondern dem der Rundfunkfreiheit zuzuordnen ist, vgl. insoweit K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 109 S. 1568), da „eine starke Individualisierung des Zugriffs die Breitenwirkung eines Angebots erheblich“ verringere, vgl. G. Gounalakis, ZUM 2003, S. 180 ff. (185). Dies dürfte dann im Rahmen eines Erst-Recht-Schlusses für offline verbreitete oder vorgeführte Filme gelten; vgl. zur Reichweite der Filmfreiheit F. Schemmer, in: V. Epping/Chr. Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz, 2009, Art. 5 Rdn. 90. 343 Vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006), Rdn. 907.

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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4. Der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff a) Gesetzliche Grundlagen Im Rahmen einfachgesetzlicher Regelungen finden sich zahlreiche Definitionen des Rundfunkbegriffs344 und weiterer Begrifflichkeiten in diesem Zusammenhang (etwa zum Begriff der Telemedien), denen teilweise nur eine normspezifische Gültigkeit eignet. An zentraler Stelle findet sich zunächst in § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV eine besonders bedeutsame Definition des Rundfunkbegriffs, da die meisten rundfunkbegrifflichen Definitionen, die sich in der Mehrzahl der Landesmediengesetze finden, dieser Definition entsprechen bzw. auch bislang bereits entsprochen haben345, auf die Definition des Rundfunkstaatsvertrages verweisen, Teilschnittmengen enthalten oder starke Verbindungslinien aufweisen.346 Seit der Aufhebung des Landesrundfunkgesetzes NRW347 enthalten das Landesmediengesetz und das Anstaltsgesetz des Westdeutschen Rundfunks (WDR-Gesetz) die entscheidenden rechtlichen Rahmenbedingungen für das Medien- und Rundfunkrecht dieses Bundeslandes. In § 3 Abs. 1 Satz 1 WDR-Gesetz wird die Aufgabe des WDR wie folgt definiert: „Aufgabe des WDR ist die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Rundfunk im Sinne des RStV.“ Auf diese Weise wird auf den 344 Vgl. die entsprechende Feststellung bei Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 165; siehe auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 27 f. 345 Nach den Änderungen durch den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurden die Landesmediengesetze bereits weitgehend angepasst; vgl. im Übrigen zur bisherigen Gesetzeslage auch Th. Miserre, ebda., S. 165 mit FN 608 mit Verweisungen auf einzelne Regelungen in den Landesmediengesetzen in damals geltender Fassung; die Gesetzestexte sind abgedruckt bei: Th. Vesting/W. Hahn, Rundfunkrecht Textausgabe. 346 So fasst etwa § 2 Nr. 1 LMedienG BW weitestgehend wortlautidentisch § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 RStV zu einer einheitlichen Definition des Rundfunkbegriffs zusammen. Die Definition des baden-württembergischen Landesmediengesetzes verzichtet allerdings auf die ausdrückliche Einbeziehung von verschlüsselten und gegen besonderes Entgelt empfangbaren Programmen, wie sie etwa durch § 2 RStV vorgenommen wird. In § 2 Nr. 2 LMedienG BW wird dann der Begriff der Telemedien definiert, wobei hier der Wortlaut weitgehend auf § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV zurückgreift. Art. 1 Abs. 2 des Bayerischen Mediengesetzes schreibt die Geltung der Begriffsbestimmungen des § 2 RStV auch für seinen Anwendungsbereich vor, wobei Art. 2 Abs. 2 Satz 2 BayMG folgende ausdrückliche Einschränkung des Rundfunkbegriffs enthält: „Nicht unter den Rundfunkbegriff im Sinn des Rundfunkstaatsvertrages fallen Angebote, die sich auf ein Gebäude oder einen zusammenhängenden Gebäudekomplex beschränken und in einem funktionalen Zusammenhang mit den dort zu erfüllenden Aufgaben stehen.“ Auch das Bremische Landesmediengesetz verweist in seinem § 2 Abs. 1 auf die Begriffsbestimmungen aus dem Rundfunkstaatsvertrag und dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, „soweit dieses Gesetz (Anm. d. Verfassers: gemeint ist das Bremische Landesmediengesetz) keine abweichenden Bestimmungen enthält.“ § 3 des Landesmediengesetzes Rheinland-Pfalz hingegen definiert den Begriff der Medien wie folgt: „Im Sinne dieses Gesetzes sind Medien Presse, Rundfunk und Telemedien.“ 347 Vgl. § 129 Abs. 1 Landesmediengesetz NRW vom 2. Juli 2002, zuletzt geändert durch Art. 2 des 13. RundfunkÄndG vom 8. Dezember 2009.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

Rundfunkbegriff des Rundfunkstaatsvertrages unmittelbarer Bezug genommen und sein Bedeutungsgehalt auf die Vorschriften des WDR-Gesetzes erstreckt. Grundlage für eine rundfunkbegriffliche Einordnung auf einfachgesetzlicher Ebene kann aufgrund der starken Verbindungslinien des heutigen Rundfunks zu jüngeren Medien, wie etwa den unter dem Begriff der Telemedien zusammengefassten Medienformen,348 nicht mehr ein rein „formell-technischer Definitionsansatz“ sein.349 Vielmehr kommt es entscheidend auf eine funktionale Betrachtungsweise dessen, was unter den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff zu fassen ist, an.350 Folgende Kriterien sind im Dritten Strukturpapier der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten für die Einordnung von Rundfunk festgehalten worden: Ein Dienst sei umso rundfunktypischer, erstens „je höher die Wirkungsintensität der verbreiteten Inhalte als solche ist“, zweitens „je stärker die redaktionelle Gestaltung der Inhalte ist“, drittens „je realitätsnäher die Inhalte präsentiert werden“, viertens „je größer seine Reichweite und seine gleichzeitige Rezeptionsmöglichkeit/tatsächliche Nutzung sind“ und schließlich fünftens „je weniger Interaktivität des Nutzers den Rezeptionsvorgang bestimmt (Passivität des Nutzungsverhaltens und einfache Bedienbarkeit des Empfangsgeräts)“.351 Vor dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde Rundfunk in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Rundfunkstaatsvertrages definiert als „die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters“.352 Die einfachgesetzliche Begriffsdefinition hat durch den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wesentliche Veränderungen erfahren.353 Im Zuge dieser mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag einhergehenden Änderungen wurde auf das Merkmal der „Darbietung“ im Rahmen der einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffsdefinition verzichtet, wobei gerade die Darbietung von R. Schütz zutreffend als „das 348 Siehe hierzu auch Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (26). 349 Vgl. D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 49. 350 So auch D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 49. 351 Vgl. das Dritte Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten vom 06. 11. 2003 mit weiteren Ausführungen zu den einzelnen Kriterien, S. 9 f.; siehe auch die Darstellung bei D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 51. 352 Vgl. zum damaligen einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff im Rahmen des § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV etwa W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV, Rdn. 40 ff. 353 Vgl. hierzu D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 48 ff.; R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (44. AL 2010), Kap. B 5 Rdn. 7.

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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bislang konstitutive Kriterium“ bezeichnet wird.354 Aufgrund dieses Verzichts werden künftig zunächst alle elektronischen Kommunikationsinhalte, die „im Wege der Punkt-zu-Multipunkt-Übertragung an die Allgemeinheit verbreitet werden“, vom einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff erfasst.355 Allerdings soll eine Zurechnung nur dann erfolgen, wenn die Angebote gemäß der neuen Definition des § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV „in Bewegtbild und Ton entlang eines Sendeplans“ verbreitet werden.356 Mithin definiert der Rundfunkstaatsvertrag in seiner Fassung nach dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag den Begriff des Rundfunks nun wie folgt: „Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen.“357 Ergänzend enthält § 2 Abs. 1 Satz 2 RStV folgenden Hinweis: „Der Begriff schließt Angebote ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind.“ Diesem Zusatz kommt keine eigenständige oder ergänzende neue Bedeutung für den Rundfunkbegriff im einfachgesetzlichen Sinne, sondern eine teilweise konkretisierende und im Übrigen klarstellende, im Ergebnis also überwiegend deklaratorische Funktion zu.358 Die in § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV enthaltene Definition des Rundfunkbegriffs dient dabei auch der Abgrenzung zu den sog. „Telemedien“, für die das Telemediengesetz (TMG), aber auch der Rundfunkstaatsvertrag gesonderte Regelungen vorsehen. Mit der Neudefinition des Rundfunkbegriffs sollte die Begriffsbestimmung im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrages an die Begrifflichkeiten der EU-Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste (kurz: AVMD-Richtlinie)359 angepasst werden.360 Da die in § 2 Abs. 1 RStV normierte Rundfunkbegriffsdefinition 354

Vgl. R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (228). So R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (228). 356 Vgl. zum Sendeplan und insbesondere auch zum „Begriff des Sendens“ die Ausführungen bei E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (insbesondere 453 f.). 357 Vgl. zu den Begriffsmerkmalen des „neuen“ einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs etwa R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (41. AL 2009 bzw. teilweise 45. AL 2010), Kap. B 5 Rdn. 20 ff.; Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (217 f.). 358 Vgl. die „Amtliche Begründung zum Rundfunkstaatsvertrag 1991“, abgedruckt, in: R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (45. AL 2010), Kap. B 5 § 2 RStV, S. 3; vgl. R. Schütz, MMR 2009, 228; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 47. 359 Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit. 360 Vgl. hierzu die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt, in: R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag 355

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

gewissermaßen als die zentrale Definition des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs angesehen werden kann, soll ihr Wortlaut im Folgenden Gegenstand der Betrachtungen des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs sein.361 b) Das Erfordernis einfachgesetzlicher Begriffsdefinition im Lichte der sog. „Aufwärtsklausel“ des § 20 Abs. 2 RStV362 Die sog. „Aufwärtsklausel“363 des § 20 Abs. 2 RStV besagt, dass ein Diensteanbieter einer rundfunkrechtlichen Zulassung bedarf, „wenn und soweit“ der von ihm angebotene „Informations- und Kommunikationsdienst dem Rundfunk zuzuordnen ist“. Ab diesem Zeitpunkt unterliegt der Anbieter entsprechender Dienste also dem strengeren Regulierungsregime des Rundfunkrechts, es sei denn, er bietet seinen Dienst „innerhalb von drei Monaten“ so an, dass er nicht mehr als Rundfunk i.S.d. Rundfunkstaatsvertrages zu qualifizieren ist. Der gesetzliche Wortlaut „wenn und soweit“ lässt Raum für eine rechtliche Differenzierung innerhalb eines GeKommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (39. AL 2009), Kap. A 2.10 (dort S. 3), sowie ebda., Stand 48. AL 2010 (41. AL 2009), Kap. B 5 § 2 RStV (dort S. 7 f.). Soweit künftig auf die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag Bezug genommen wird, wird grds. auf die Seitenzahl des Abdrucks im Rahmen der hier angegebenen Quelle Bezug genommen. 361 Während des Geltungszeitraums des alten einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs des RStV vor In-Kraft-Treten des 12. RÄStV war im juristischen Schrifttum nicht unumstritten, ob die Zuordnung eines Dienstes zum Rundfunkbegriff tatsächlich über § 2 Abs. 1 RStV erfolgen konnte oder etwa dem „Rundfunkbegriff“ des § 20 Abs. 2 RStV ein eigener Bedeutungsgehalt zukam. Darüber hinaus bestand in diesem Zusammenhang Uneinigkeit darüber, ob der Rundfunkbegriff des § 2 Abs. 1 RStV mit dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff möglicherweise sogar identisch oder aber dem verfassungsrechtlichen Begriffsverständnis gegenüber enger ist, vgl. U. Bumke/W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 20 RStV, Rdn. 62; siehe ferner bereits B. Kibele, Multimedia im Fernsehen, 2001, S. 66 f.; W. Schulz/U. Jürgens, Regulierung, 2002, S. 40 f.; spätestens mit Einführung des neuen einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs dürfte sich der Streit jedoch erledigt haben. So lässt der neue Rundfunkbegriff des Rundfunkstaatsvertrages klar erkennen, dass er enger als die verfassungsrechtliche Begriffsdefinition des Rundfunks ist. Damit dürfte auch geklärt sein, dass § 2 Abs. 1 RStV die maßgebliche Begriffsdefinition enthält, die auch für das Begriffsverständnis im Rahmen des § 20 Abs. 2 RStV maßgeblich ist. 362 Die Bezeichnung „Aufwärtsklausel“ verwenden etwa H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 10; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 207 ff.; andere Autoren fokussieren ihre Betrachtungen zu Art. 20 Abs. 2 RStV, der mit der Wendung „Wenn und soweit“ beginnt, stärker auf die Formulierung „soweit“ und sprechen insofern von der „Soweit-Regelung“ oder auch der „,Soweit‘-Klausel“ des Art. 20 Abs. 2 RStV, vgl. etwa U. Bumke/W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 20 RStV Rdn. 72, 76 mit Verweis auf das Dritte Strukturpapier der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, S. 11 f. 363 Vgl. H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 10; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 207 ff.

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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samtangebotes dergestalt, dass Teile dieses Angebotes einer isolierten Betrachtung und rechtlichen Qualifikation als Telemediendienste zugänglich sind und damit einer Zulassungsbedürftigkeit entbehren, andere Teile hingegen zugleich als Rundfunkdienst zu werten und damit zugleich zulassungspflichtig sind.364 Bei der Einordnung der einzelnen Dienste orientieren sich die Landesmedienanstalten an den besonderen Rundfunkkriterien, die das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff aufgestellt hat: namentlich werden als Einordnungskriterien die spezifische „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“365 des Dienstes berücksichtigt.366 Neben den Begriffsmerkmalen, die der Definition des Rundfunkbegriffs aus § 2 Abs. 1 RStV zu entnehmen sind, spielen also normative Merkmale für die einfachgesetzliche Einordnung in der Praxis eine entscheidende Rolle. Allerdings besteht aufgrund der Hinzuziehung solcher normativer Kriterien die Gefahr, dass subjektive Bewertungen die objektiven Maßstäbe zur Einordnung der jeweiligen Dienste unter den Rundfunkbegriff in den Hintergrund treten lassen. So wirft allein die Frage, ob einem Dienst eine entsprechende Breitenwirkung i.S.d. Karlsruher Rechtsprechung zukommt, große Abgrenzungsschwierigkeiten auf, insbesondere da über die genaue Anzahl der Rezipienten etwa von Internetdiensten, die ja gerade nicht mit der Anzahl erfolgter Seitenaufrufe identisch sein muss, selten eine verlässliche Auskunft existiert.367 Die zu starke Heranziehung normativer Bewertungsmaßstäbe begegnet im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit der jeweiligen Anbieter der Dienste unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten und hinsichtlich der nötigen Rechtsklarheit verfassungsrechtlichen Zweifeln. Es besteht somit auch aus verfassungsrechtlicher Perspektive ein Bedürfnis, die Zuordnung zum Rundfunk im einfachgesetzlichen Sinne aufgrund der damit verbundenen Regulierungsanforderungen an den in der Definition des § 2 Abs. 1 RStV dargelegten Kriterien zu orientieren, die weiter unten erläutert werden. Die Definition des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs erlaubt es somit erst, der rundfunkbegrifflichen Zuordnung einzelner Dienste im Rahmen der „Aufwärtsklausel“368 des § 20 Abs. 2 RStV eine 364 Vgl. U. Bumke/W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 20 RStV Rdn. 72. 365 BVerfGE 90, 60 (87). 366 So die zutreffende Feststellung von U. Bumke/W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 20 RStV Rdn. 63 f. mit Verweis auf BVerfGE 90, 60 (87); ferner findet sich eine Verweisung auf das „ Dritte Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten“ der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, S. 6 f. mit dortigen ausführlichen Erwägungen zu den vom Bundesverfassungsgericht herangezogenen Kriterien. Das Dritte Strukturpapier ist abrufbar unter: http://www.alm.de/fileadmin/user_upload/3Strukturpapier.pdf (zuletzt besucht am 14. Juli 2009 12:04 Uhr). 367 U. Bumke/W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 20 RStV Rdn. 66. 368 Vgl. nochmals die Zugrundelegung des Begriffs bei H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 10; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 207 ff.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

verlässliche Beurteilungsgrundlage zu bieten. Gleichwohl wird man insbesondere aufgrund der zunehmenden medialen Konvergenz und der damit einhergehenden Abgrenzungsschwierigkeiten bezüglich der Unterscheidung zwischen Rundfunk und Telemediendiensten, die durch zusätzliche Begriffskategorien, wie zum Beispiel der der (Anm.: dem Rundfunk) „vergleichbaren Telemedien“ i.S.d. § 50 RStV369, verstärkt werden, auch künftig auf normative Kriterien nicht ganz verzichten können. Der Gesetzgeber hat in dieser Hinsicht darüber hinaus Schutzmechanismen geschaffen, die die Gefahr einer allzu willkürlichen Entscheidung zulasten des jeweiligen Diensteanbieters stark reduzieren. So ist gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 RStV bei der Zuordnung eines Dienstes zum Rundfunk ein Einvernehmen mit allen Landesmedienanstalten in dieser Frage herzustellen.370 „Einvernehmen“ steht in diesem Zusammenhang nicht etwa für eine beratende Tätigkeit, sondern für einen „bestimmenden“ „Einfluss“.371 Jede Landesmedienanstalt hat hinsichtlich der Zuordnung des jeweiligen Dienstes ein „Vetorecht“.372 Dabei ist die konkrete Entscheidung der zuständigen Landesmedienanstalt im Grundsatz in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar, die Herbeiführung des Einvernehmens zwischen den Landesmedienanstalten soll hingegen nicht im Wege einer Klage erreicht werden können.373 Aufgrund der weitreichenden Folgen, die mit der Einordnung als zulassungsfreier Telemediendienst oder als zulassungspflichtiger Rundfunk einhergehen, wird ersichtlich, weshalb auch im einfachgesetzlichen Bereich eine möglichst exakte Definition des Rundfunkbegriffs erforderlich ist.374 Der Gesetzgeber hat im Übrigen zum Schutz der Anbieter von elektronischen Informations- und Kommunikationsdiensten in § 20 Abs. 2 Satz 3 RStV den Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt, „einen Antrag auf rundfunkrechtliche Unbedenklichkeit zu stellen“.375 Auch hier wird die Relevanz dieser Einordnung durch die Landesmedienanstalten für die Anbieter entsprechender Dienste deutlich. Auf diese Weise erhalten Anbieter der einzuordnenden Dienste zumindest eine Gelegenheit, durch die Feststellung der rundfunkrechtlichen Unbedenklichkeit oder auch einer entsprechend negativen 369

Vgl. hierzu B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 63a f. 370 Die Feststellung der zuständigen Landesmedienanstalt, dass es sich bei einem Dienst um Rundfunk handelt, stellt einen Verwaltungsakt nach § 35 VwVfG dar, vgl. auch K. Beucher/ L. Leyendecker/O. v. Rosenberg, Mediengesetze, 1999, RStV, § 20 Rdn. 27 m. weit. Nachw.; hierauf verweisend U. Bumke/W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 20 RStV Rdn. 85 f. 371 So U. Bumke/W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 20 RStV Rdn. 91; vgl. auch den dortigen Verweis auf K. Beucher/L. Leyendecker/O. v. Rosenberg, Mediengesetze, 1999, RStV, § 20 Rdn. 26. 372 Vgl. U. Bumke/W. Schulz, ebda. 373 Vgl. K. Beucher, L. Leyendecker, O. von Rosenberg, Mediengesetze, 1999, RStV, § 20 Rdn. 27; mit einigen einschränkenden Anmerkungen, U. Bumke/W. Schulz, ebda., Rdn. 77 ff. 374 Vgl. zur Bedeutung des Rundfunkbegriffs in Abgrenzung zu den Telemedien auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (455). 375 Vgl. hierzu auch K. Beucher/L. Leyendecker/O. von Rosenberg, Mediengesetze, 1999, RStV, § 20 Rdn. 29.

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Bescheidung (zumindest relative) Klarheit über die rundfunkrechtliche Qualität und die entsprechende Einstufung ihres Dienstes zu erhalten und damit auch die relevanten rechtlichen Vorgaben beachten und in ihre Überlegungen einbeziehen zu können.376 Denn trotz der einfachgesetzlich vorgegebenen Definition des Rundfunkbegriffs in § 2 Abs. 1 RStV besteht ohne einen entsprechenden Antrag nicht a priori Rechtsklarheit und damit Rechtssicherheit über die Zuordnung des jeweiligen Dienstes, da ja die endgültige Zuordnung – von möglichen gerichtlichen Überprüfungen einmal abgesehen – gerade von der Entscheidung der Landesmedienanstalten abhängig ist. c) Einzelne Merkmale des Rundfunkbegriffs gemäß § 2 Abs. 1 RStV aa) Linearer Informations- und Kommunikationsdienst Schon unter Heranziehung des Wortlauts wird deutlich, dass vom Rundfunkbegriff des § 2 Abs. 1 RStV in der Fassung des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 30. Oktober 2009, in Kraft getreten am 1. April 2010, lineare, nicht jedoch nonlineare377 Informations- und Kommunikationsdienste erfasst sind.378 Als „linear“ werden Dienste dann bezeichnet, wenn es sich um Programme handelt, deren Abfolge (im Rahmen der rundfunkmäßigen Übertragung) anhand eines Sendeplans zeitlich genau festgelegt ist, sodass die einzelne Sendung somit einen Bestandteil eines größeren Sendezusammenhangs darstellt.379 Die Unterscheidung zwischen 376

Vgl. K. Beucher/L. Leyendecker/O. von Rosenberg, Mediengesetze, 1999, RStV, § 20 Rdn. 29. 377 Gleichbedeutend wird auch die Bezeichnung „nicht-lineare“ verwendet. 378 Siehe hierzu auch Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (219 f.). 379 Siehe zur Rundfunkbegriffsdefinition in § 2 Abs.1 RStVauch B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 40; vgl. in Bezug auf die AVMD-Richtlinie die entsprechende Definition von J. StenderVorwachs/N. Theißen, ZUM 2007, S. 613 ff. (616); bei einem non-linearen (oder auch nichtlinearen) audiovisuellen Mediendienste handelt es sich laut der europarechtlichen Definition des „audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf“ in Art. 1 Abs. 1 lit. g der AVMD-Richtlinie der Europäischen Union [„Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“, ABl. EU Nr. L 95 vom 15. 4. 2010, S. 1 ff., berichtigt durch “Berichtigung der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“, ABl. EU Nr. L 263 vom 6. 10. 2010, S. 15] hingegen um „einen audiovisuellen Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den Empfang zu dem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt und auf dessen individuellen Abruf hin aus einem vom Mediendiensteanbieter festgelegten Programmkatalog bereitgestellt wird“; die Richtlinie ist abrufbar unter http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:095:0001:0024:DE:PDF – zuletzt

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

linearen und non-linearen Diensten, die für den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff seit In-Kraft-Treten des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags relevant geworden ist, bedeutet einen wesentlichen Wandel im Rahmen der einfachgesetzlichen rundfunkrechtlichen Begriffsdefinition. Dieser Wandel ist vor allen Dingen den europarechtlichen Vorgaben und insbesondere der Umsetzung der AVMD-Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates geschuldet,380 die in ihrer ursprünglichen Fassung – in der Tradition der EG-Fernseh-Richtlinie stehend – am 19. Dezember 2007 in Kraft getreten ist und von den Mitgliedstaaten bis Ende 2009 umzusetzen war.381 Inzwischen ist diese Richtlinie einer Neufassung der AVMD-Richtlinie gewichen, die als Richtlinie 2010/13/EU vom 10. März 2010 ausgewiesen ist.382 Neben der Linearität als grundlegender Voraussetzung kommt es auf den Informations- und Kommunikationscharakter der jeweiligen Dienste an.383 bb) Allgemeinbezogenheit Gemäß § 2 Abs. 1 RStV muss Rundfunk „für die Allgemeinheit“ bestimmt sein. Durch dieses Begriffsmerkmal wird die massenkommunikative Prägung des Rundfunks in Abgrenzung zu Formen der Individualkommunikation definitorisch erfasst.384 Unter Massenkommunikation werden dabei solche Informations- und Kommunikationsangebote verstanden, die sich an eine beliebige Öffentlichkeit wenden, wenn also die „Kommunikationsinhalte für jedermann bestimmt und zugänglich sind“.385 Dabei stellt das Merkmal der Allgemeinheit jedoch kein geeignetes Kriterium dar, um den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff von bestimmten besucht am 17. Juni 2011 um 15:33 Uhr; vgl. hierzu auch H. Gersdorf, K&R 2010, S. 375 ff. (376); siehe auch die Definition nicht-linearer Dienste im Rahmen der AVMD-Richtlinie (bezogen auf die Fassung der Richtlinie vor ihrer Neu-Kodifizierung) bei R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (231). 380 Vgl. E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (456); R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/ D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (44. AL 2010), B5 Rdn. 6. 381 Vgl. E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (455 f.). 382 „Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“, ABl. EU Nr. L. 95 vom 15. 4. 2010, S. 1 ff.; berichtigt durch ABl. EU Nr. L 263 vom 6. 10. 2010, S. 15. 383 B. Holznagel/Chr. Nolden definieren Informations- und Kommunikationsdienste dabei wie folgt: „Unter elektronischen Informations- und Kommunikationsdiensten sind alle Dienste zu verstehen, die mittels elektronischer Übermittlung angeboten werden“, vgl. B. Holznagel/ Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 63; siehe zum Begriff der linearen Informations- und Kommunikationsdienste auch B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 40. 384 Vgl. auch Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 166. 385 So Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 167.

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Telemedien nach dem Telemediengesetz begrifflich zu unterscheiden. So werden insbesondere die Verteildienste i.S.d. § 2 Nr. 4 TMG dadurch charakterisiert, dass sie „ohne individuelle Anforderung gleichzeitig für eine unbegrenzte Zahl von Nutzern erbracht werden“.386 Mithin stellt die „Allgemeinbezogenheit“ ein notwendiges, jedoch kein hinreichendes Kriterium zur Definition des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs dar. Teilweise wird in der Literatur vorgeschlagen, die tatsächlichen „(Rezipienten-)Reichweiten als maßstabsbildendes Kriterium“387 zur Herausbildung eines „technologieneutralen“ Rundfunkbegriffs zugrunde zu legen.388 Inhaltliche Unterschiede in Bezug auf das Merkmal der „Allgemeinbezogenheit“ nach einfachrechtlichem und verfassungsrechtlichem Begriffsverständnis ergeben sich zwar zunächst nicht aus dem Merkmal selbst; allerdings resultieren solche Unterschiede sehr wohl im kontextuellen Zusammenhang mit den weiteren Merkmalen der einfachgesetzlichen Begriffsdefinition. So wird entgegen dem weiten verfassungsrechtlichen Begriffsverständnis des Allgemeinbezogenheitskriteriums die Reichweite dieses Begriffsmerkmals auf einfachgesetzlicher Ebene durch den Aspekt des „zeitgleichen Empfangs“ eingeschränkt (siehe unten unter 1. Kap. II. 4. c) cc)). Im Übrigen ergeben sich zwischen einfachgesetzlicher und verfassungsrechtlicher Ebene keine weiteren inhaltlichen Abweichungen, weshalb an dieser Stelle auf die entsprechenden Ausführungen zum Begriffsmerkmal „Allgemeinbezogenheit“ im Rahmen des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs verwiesen werden kann389 (oben 1. Kap. II. 3. c) aa)). cc) Zeitgleicher Empfang Der amtlichen Begründung ist zu entnehmen, dass auch dann das Merkmal des „zeitgleichen Empfangs“ noch erfüllt wird, wenn eine Übertragung mit „kurzen zeitlichen Verzögerungen“ erfolgt, die auf technische Gründe zurückzuführen sind.390 Welche Zeitspanne hiervon allerdings genau erfasst sein soll, geht aus der amtlichen Begründung nicht hervor. Jedenfalls dürften hierunter wohl keine Übertragungen mehr zu verstehen sein, die eine zeitliche Verzögerung von einiger Erheblichkeit aufweisen oder gerade nicht auf technische Gründe zurückzuführen sind. Eine ganz andere definitorische Tücke weist das Kriterium des „zeitgleichen“ Empfangs noch darüber hinaus unter einem anderen Aspekt auf: So darf die Aussagekraft dieses Kriteriums insofern hinterfragt werden, als auch Video-on-DemandAngebote unter bestimmten Umständen von mehreren Rezipienten „zeitgleich“ empfangen werden können, wenn die entsprechenden Angebote nämlich zufälligerweise zeitgleich angefordert werden. Freilich mag man legitimer Weise vermu386

Vgl. hierzu auch B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 TMG Rdn. 8. 387 So H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 73. 388 Vgl. H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 73 ff. 389 Ähnlich auch Th. Miserre, a.a.O., S. 167 f. 390 Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, a.a.O., S. 3; vgl. auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (457).

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ten, welche Perspektive der „Zeitgleichheit“ die Landesgesetzgeber mit diesem Kriterium erfassen wollten, nämlich den regelmäßig und nicht nur zufällig gleichzeitigen Empfang des medialen Angebots. Dabei erschließt sich der wahre Bedeutungsgehalt dieses Kriteriums erst in der Zusammenschau mit dem weiter oben erörterten Erfordernis eines „linearen“ Dienstes. So wird gerade durch die Linearität eines Dienstes bewirkt, dass die Allgemeinheit die Möglichkeit erhält, entsprechende mediale Angebote, die in einen bestimmten programmlichen Ablauf eingebettet sind, regelmäßig zeitgleich und nicht etwa erst zeitversetzt oder nur zufällig gleichzeitig zu empfangen. Die Heranziehung des Erfordernisses der Gleichzeitigkeit dürfte der Gesetzgeber in Zusammenschau mit dem Merkmal der Linearität eines Dienstes als unterscheidungserheblich für das mit dem Medium jeweils verbundene Wirkungspotenzial empfunden haben, sodass er beide Kriterien kumulativ als Bestandteile des Rundfunkbegriffs im einfachgesetzlichen Sinne verstanden wissen wollte. Ob eine andere rechtliche Zuordnung eines nicht-linearen, aber dennoch zeitgleich empfangbaren medialen Angebots in Zeiten der „Push-Technologie“391 in regulatorischer Hinsicht noch gerechtfertigt ist, darf allerdings bezweifelt werden. De lege lata fallen Video-on-Demand-Angebote jedenfalls aus dem Anwendungsbereich des Rundfunkbegriffs heraus. Anders könnte sich allerdings die Beurteilung von Near-video-on-Demand-Diensten392 darstellen, da hier grundsätzlich das Vorliegen eines linearen Dienstes (str.) und ein zeitgleicher Empfang durch die jeweiligen Rezipienten angenommen werden können,393 wenn auch die Empfangsmöglichkeit hier durch wiederkehrende Sendeschleifen erweitert und damit modifiziert wird (siehe unten unter 3. Kap. IV. 3.).394 Anders ist der Sachverhalt jedoch dann zu beurteilen, wenn ein Ausschlusstatbestand nach § 2 Abs. 3 RStVeinschlägig ist. In Betracht kommt hier insbesondere der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 5 RStV, der solche aus Sendungen bestehende Angebote vom einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff ausschließt, „die jeweils gegen Einzelentgelt freigeschaltet 391

Vgl. Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 289; S. Ernst, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 7.1 (Stand 30. EL 2011) Rdn. 65. 392 Vgl. hierzu etwa die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 189 f.; H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 29 ff. mit starker, jedoch kritischer Berücksichtigung des Urteils EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./. Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891. 393 Vgl. in diesem Zusammenhang auch bereits die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 83 f. 394 Vgl. in diesem Zusammenhang auch D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 53, der insbesondere auf die „fehlende individuelle Abrufbarkeit“ von Near-Video-on-Demand-Diensten hinweist und entsprechende Angebote auch als Rundfunkdienst qualifizieren möchte; a. A. hingegen H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 72 ff. (insbesondere auch S. 73), der Near-Video-on-Demand- und Video-onDemand-Dienste als „funktional vergleichbare Diensteformen“ betrachtet und daher „eine einheitliche Qualifizierung beider Diensteformen“ für „geboten“ hält.

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werden“.395 Fraglich erscheint indes, welcher eigenständige Bedeutungsgehalt dem Merkmal des zeitgleichen Empfangs noch zukommt. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist der gleichzeitige Empfang einzelner Angebote „kein Wesensmerkmal des Rundfunks“396, da er nicht zwingende Voraussetzung seiner – um auf die Kriterien des Bundesverfassungsgerichts zurückzugreifen – „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“397 ist. Allenfalls kann die „Gleichzeitigkeit des Empfangs“ als Indiz für die Erfüllung dieser drei oder jedenfalls der ersten beiden Elemente herangezogen werden, ohne für sich jedoch Exklusivität und Unabdingbarkeit als Voraussetzung für die Erfüllung dieser Kriterien in Anspruch nehmen zu können. Bei einer in Zukunft durchaus denkbaren erneuten Anpassung des Rundfunkbegriffsverständnisses auf einfachgesetzlicher Ebene wäre somit darüber nachzudenken, ob dieser Begriffsbestandteil de lege ferenda beizubehalten ist oder ob er ersetzt werden oder auch gänzlich entfallen kann. dd) Veranstaltung und Verbreitung Mit diesen beiden Merkmalen der Rundfunkdefinition greift der Rundfunkstaatsvertrag auch in seiner Fassung nach dem 12. RÄStV die klassische rundfunkrechtliche Terminologie wieder auf. Was unter dem Begriff „Veranstaltung“ zu verstehen ist, wird im Rundfunkstaatsvertrag nach wie vor nicht definiert. In § 2 Abs. 2 Nr. 14 RStV wird in der aktuellen Fassung des Rundfunkstaatsvertrags nach dem 13. RÄStV lediglich definiert, was unter einem „Rundfunkveranstalter“398 zu verstehen ist. Dass eine weitergehende Definition fehlt, ist deshalb beachtenswert, weil die „Rundfunkveranstaltung“ den Ausführungen von H. Bethge folgend im „Zentrum“ der Rundfunkfreiheit „steht“.399 Interessengerecht dürfte zur Gewinnung des Veranstaltungsbegriffs jedoch eine Anlehnung an den legaldefinierten „Veranstalterbegriff“ mittels Entpersonifizierung sein.400 Demnach kann unter Veranstaltung von Rundfunk das Angebot eines Rundfunkprogramms unter eigener inhaltlicher Verantwortung verstanden werden. In der Literatur wird im Veranstaltungs-

395

Vgl. hierzu die Ausführungen bei H. Gersdorf, K&R 2010, S. 375 ff. (381 f.). So zutreffend C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 189. 397 BVerfGE 90, 60 (87). 398 Demnach ist ein Rundfunkveranstalter, „wer ein Rundfunkprogramm unter eigener inhaltlicher Verantwortung anbietet“. 399 Vgl. H. Bethge, DÖV 2002, S. 673 mit Verweis auf BVerfGE 95, 220 (234); 97, 228 (268); 97, 298 (310); siehe hierzu auch W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 44. 400 Vgl. in diesem Zusammenhang auch K. Beucher/L. Leyendecker/O. v. Rosenberg, Mediengesetze, 1999, RStV, § 2 Rdn. 6, der der Auffassung ist, der Begriff „Veranstaltung“ ziele „allein auf die Konkretisierung der Person, die die Darbietung verbreitet“. Daher werde im Rundfunkrecht durchgängig der Begriff „Veranstalter“ verwendet. 396

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merkmal teilweise das „Erfordernis der Veröffentlichung redaktioneller Darbietungen“ erkannt.401 Neben der Veranstaltung müssen die Angebote auch verbreitet werden. Hierbei kommt es entscheidend auf die „intentionale Öffnung des Inhalts für die Allgemeinheit an“.402 Im Wege der rundfunkmäßigen Verbreitung muss die Öffentlichkeit, also die Allgemeinheit, erreicht werden, damit dieser Vorgang rechtlich als Rundfunk qualifiziert werden kann.403 Wird das Angebot hingegen lediglich „an einen für den Absender überschaubaren Empfängerkreis“ verbreitet, liegt kein Rundfunk vor.404 Vielmehr muss die Verbreitung des Funks unter Heranziehung des Wortlauts der Begrifflichkeit „rundherum“, also an einen beliebigen Empfängerkreis erfolgen.405 Im sog. „Schliersee-Papier“ der Bundesländer406 wurden Kriterien in drei Kategorien unterschieden, bei deren Vorliegen das Erfordernis der Verbreitung nicht erfüllt sein soll.407 Demnach soll es dann an einer „Verbreitung“ im rundfunkrechtlichen Sinne fehlen, wenn sie sich erstens „innerhalb einer überblickbaren räumlichen Einheit vollzieht“408, zweitens, „wenn sie nicht zum unmittelbaren (optisch-akustischen) Empfang der Darbietung bestimmt ist, sondern nur der technischen Umsetzung der Darbietung in ein Druckwerk dient“409 und drittens, „wenn die Übermittlung der im Einzelfall vom Besteller jeweils konkret gewünschten Darbietung erst auf dessen Abruf an ihn allein erfolgt“410.411 Das Merkmal der Verbreitung schafft darüber hinaus die notwendige Verbindung zur funktechnischen Komponente des Rundfunkbegriffs.412 In nuce liegt insbeson401

Vgl. hierzu Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 168. 402 So W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 42. 403 Vgl. W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 43. 404 Vgl. W. Schulz, ebda., Rdn. 43; R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (41. AL 2009), § 2 RStV Rdn. 13, 20. 405 So C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 146. 406 Der Rundfunkbegriff und die Kriterien seiner Abgrenzung. Bericht der Rundfunkreferenten der Länder zur Frage der Veranstaltung privater Rundfunksendungen und des Rundfunkbegriffs vom 29. April 1975 (genannt „Schliersee-Papier“) abgedruckt, in: FuR 1975, S. 651 ff.; das „Schliersee-Papier“ wurde am 10. September 1981 noch einmal ergänzt, vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1665. 407 Vgl. hierzu ausführlich Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 169 ff. 408 Vgl. den Abdruck des „Schliersee-Papiers“, in: FuR 1975, S. 651 ff. (652). 409 Vgl. den Abdruck des „Schliersee-Papiers“, in: FuR 1975, S. 651 ff. (652). 410 Vgl. den Abdruck des „Schliersee-Papiers“, in: FuR 1975, S. 651 ff. (652). 411 Vgl. Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 169 f. 412 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 146.

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dere immer dann die Verbreitung eines Angebotes vor, wenn die Übertragung durch eine „Punkt-zu-Multipunkt“-Kommunikation so erfolgt, dass alle Rezipienten es zeitgleich empfangen können.413 ee) Angebote „in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans“ Der Angebotsbegriff ersetzt in der einfachgesetzlichen Definition des Rundfunkbegriffs in § 2 Abs. 1 Satz 1 HS 2 RStV in seiner Fassung nach dem 12. RÄStV den Begriff der „Darbietungen“414, wobei mit der in § 2 Abs. 1 Satz 2 RStVebenfalls herangezogenen Verwendung des Begriffs der „Angebote“ die diesbezügliche Begriffsänderung aus § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV „nachvollzogen“ wird.415 Der Wegfall des Merkmals der Darbietung wurde auch unter Bezugnahme auf die Ausführungen zur Meinungsbildungsrelevanz im Dritten Strukturpapier der Landesmedienanstalten in der Literatur kritisch gesehen.416 So sei das Darbietungsmerkmal geradezu entscheidend gewesen, um „ein bestimmtes Inhalteniveau zu definieren“.417 Auch die besondere Meinungsbildungsrelevanz des Rundfunks wurde vor allen Dingen auf das Darbietungsmerkmal zurückgeführt.418 Die Formulierung „Bewegtbild oder Ton“ greift im Grunde in chiastischer Reihenfolge die klassischen Ausprägungen von „Funk und Fernsehen“ auf, die gerade durch Tonübertragungen und bewegte Bilder gekennzeichnet werden. Bewegtbild und Ton sind als audiovisuelle Inhalte geradezu konstitutive Elemente des Rundfunkbegriffs, deren Kombination gerade die besondere, durch das Bundesverfassungsgericht betonte „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“419 des Rundfunks begründet.420 Im Unterschied zu der bis zum 413

Vgl. R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (228); siehe auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 17 Rdn. 28. 414 Vgl. zum alten Merkmal der Darbietung stellvertretend für viele A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kap. 3 Rdn. 9; W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 45 ff.; D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 55; E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 38 f.; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 41c f. 415 Vgl. die Ausführungen in der amtlichen Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, a.a.O., S. 4; siehe zum Verzicht auf das Darbietungsmerkmal auch die Ausführungen bei E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (457). 416 Vgl. R. Schütz, MMR 2009, S. 228 (230); das Dritte Strukturpapier der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten ist abrufbar unter http://www.alm.de/fileadmin/user_upload/3Strukturpapier.pdf (zuletzt besucht am 13. Mai 2010 um 11:45 Uhr). 417 So R. Schütz, MMR 2009, S. 228 (229 f.), der zudem den Widerspruch zwischen Neugestaltung des Wortlautes von § 2 RStV einerseits und der zugehörigen amtlichen Begründung andererseits in Bezug auf den Aspekt der „Inhalteneutralität“ des Rundfunkbegriffs kritisiert. 418 Vgl. T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (740). 419 BVerfGE 90, 60 (87); 103, 44 (74); 114, 371 (387); vgl. hierzu etwa auch E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 39.

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12. RÄStV gültigen einfachgesetzlichen Definition des Rundfunkbegriffs in § 2 Abs. 1 RStV wird allerdings neben den Elementen (Bewegt-)Bild und Ton auf den Begriff des „Wortes“ verzichtet. Fraglich erscheint indes, welcher eigenständige Bedeutungsgehalt diesem Begriff zukommt. Es ist letztlich wohl davon auszugehen, dass der Gehalt der fehlenden begrifflichen Erwähnung des „Wortes“ von den Elementen „Bewegtbild“ und „Ton“ als Darstellungsformen mit umfasst und in diese Begrifflichkeiten gewissermaßen inkorporiert wird. Andererseits dürften wohl reine Textdienste nicht vom hier zugrunde gelegten Rundfunkbegriffsverständnis umfasst sein. Dies entspricht auch den Wertungen des mittlerweise außer Kraft getretenen Mediendienste-Staatsvertrages, der seine Anwendbarkeit gerade nicht auf entsprechende Textdienste, denen es an hinreichender Suggestivkraft mangeln sollte, erstreckte.421 Reine Textdienste dürften wohl eher den in § 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV näher definierten „sendungsbezogenen Telemedien“ oder auch dem nachfolgend in Nr. 20 definierten „presseähnlichen Angebot“422 entsprechen, deren Bereitstellung durch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten besonderen rechtlichen Anforderungen genügen muss. Die „Veranstaltung und Verbreitung“ der entsprechenden Angebote müssen dabei gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 HS 2 RStV „entlang eines Sendeplans“ erfolgen. Dieses Erfordernis stellt wiederum eine wesentliche Änderung der begrifflichen Definition des Rundfunks im Rundfunkstaatsvertrag in seiner Fassung nach dem 12. RÄStV dar, die auch in der Fassung des 13. RÄStV weiter fortbesteht. Dass die „Veranstaltung und Verbreitung“ der Angebote zur Erfüllung des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages „entlang eines Sendeplans“ erfolgen müssen, ist wiederum dem Rundfunkbegriffsmerkmal der Linearität der Dienste geschuldet. Bereits im Vorfeld des In-Kraft-Tretens des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages wurde in diesem Zusammenhang kritisch diskutiert, ob Near-Videoon-Demand-Angebote das Merkmal „entlang eines Sendeplans“ erfüllen.423 Auf die 420 Vgl. H. D. Jarass, Online-Dienste, 1997, S. 17 f.; U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 73; H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 69, der allerdings betont, dass „auch die Verbreitung reiner Tonsendungen“ (ohne Ergänzung durch Bewegtbilder), etwa in Gestalt des klassischen Hörfunks, „Rundfunk darstellt“; vgl. zur besonderen Suggestivkraft rundfunkmäßiger Darbietungen die Ausführungen bei W. Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, 2001, S. 40 ff. 421 Vgl. hierzu unter Bezugnahme auf die amtliche Begrüdung des damaligen Mediendienste-Staatsvertrages H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 69 f.; siehe ferner auch H. D. Jarass, Online-Dienste, 1997, S. 17 f. 422 Vgl. aber auch zu den möglicherweise nur sehr begrenzten Einschränkungen, die sich aus der Unzulässigkeit nicht-sendungsbezogener presseähnlicher Angebote i.S.d. § 11 d Abs. 2 Nr. 3 HS 3 RStV für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ergeben J. Papier/ M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (13 ff.). 423 Vgl. zur Diskussion vor Inkrafttreten des 12. RÄStV etwa E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (459), die eine unterschiedliche Beurteilung der Rundfunkqualität bei Wiederholungen einer Einzelsendung und ganzer Programmteile, die aus mehreren Sendungen bestehen, vornimmt. Im ersten Fall soll nach ihrer Auffassung das Merkmal „entlang eines Sendeplans“ jedenfalls zu verneinen sein; die Rundfunkqualität auch von Near-Video-on-Demand-Diensten

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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Frage allerdings, was unter einem Sendeplan zu verstehen ist, findet sich im Gesetzestext keine definitorische Antwort. Vielmehr wird lediglich der Begriff der „Sendung“ in § 2 Abs. 2 Nr. 2 RStV definiert. So wird unter einer Sendung hiernach ein „inhaltlich zusammenhängender, geschlossener, zeitlich begrenzter Teil eines Rundfunkprogramms“ verstanden. Vom Wortlaut ausgehend wird unter einem Sendeplan im Ergebnis die planmäßige Abfolge mehrerer Sendungen zu verstehen sein, d. h. dass einzelne Sendungen also vom Sendenden planhaft in ein (mehr oder weniger) umfassendes Sendekonzept integriert werden.424 Im Kern geht es also bei diesem Kriterium um die „Herstellung eines publizistisch-konzeptionell strukturierten Gesamtablaufs“.425 Die Aufnahme dieses Definitionselements beruht wohl auf der starken Anlehnung an die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie)426 der Europäischen Union. Dort wird unter Art. 1 lit. b AVMDRichtlinie auf die Begriffe „Sendung“ und „Sendeplan“ Bezug genommen. Auf das Vorhandensein eines Sendeplans und damit einer planhaften Abfolge der Sendungen wird im Rahmen der AVMD-Richtlinie besonderer Wert gelegt, was auch durch die zusätzlichen Bezugnahmen in Art. 1 lit. c) und e) deutlich wird.427 Gleichwohl findet sich auch für den Begriff des Sendeplans in der AVMD-Richtlinie keine Legaldefinition.428 Bedeutung gewinnt der Begriff des Sendeplans im Zuge der AVMDRichtlinie insbesondere in seiner Gegenüberstellung zum sog. „Programmkatalog“, der typischerweise den nicht-linearen Diensten zuzuordnen ist.429 Der Begriff der „Sendung“ nach Art. 1 lit. b AVMD-Richtlinie erfasst allerdings nur eine „Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton“; der Hörfunk fällt damit nicht in den verneinend: Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e.V. (ANGA), Stellungnahme zur Novelle des Rundfunkstaatsvertrags. Position zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (Arbeitsentwurf vom 12. 6. 2008 – Endfassung 23. 7. 2008), S. 4, abrufbar unter http://www.anga.de/media/ file/29.ANGA-Stellungnahme_12_RAEStV_Endfassung_23Juli08.pdf – zuletzt besucht am 2. April 2013 um 10:59 Uhr; ebenso Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. (eco), Stellungnahme zum Arbeitsentwurf eines 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages (RÄndStV) zur Umsetzung der Zusagen gegenüber der EU-Kommission im Rahmen des EU-Beihilfeverfahrens ARD/ZDF vom 12. Juni 2008, S. 10; die einfachgesetzliche Rundfunkqualität von NVoD-Diensten i.S.d. Rundfunkstaatsvertrages wurde jedoch bereits schon bezogen auf den alten Rundfunkbegriff vielfach bejaht, vgl. etwa C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 190; siehe zur Einordnung unter den „neuen“ einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff die Ausführungen unten unter 3. Kap. IV. 3. 424 Vgl. zur Begrifflichkeit im europarechtlichen Sinne in Bezug auf die AVMD-Richtlinie W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109), der insofern „planhafte Abfolgen“ zugrunde legt; E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (453). 425 So zutreffend K.-E. Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV, 2009, S. 85. 426 „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 89/ 552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Erbringung audiovisueller Mediendienste“, Richtlinie 2007/65/EG v. 11. 12. 2007, ABl. EU Nr. L 332/27 v. 18. 12. 2007. 427 Siehe hierzu auch W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109). 428 Vgl. auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (456). 429 Vgl. E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (456).

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Geltungsbereich der Norm.430 Anders ist dies jedoch im Rahmen des § 2 Abs. 1 RStV, der ja – wie bereits erwähnt – von Angeboten in „Bewegtbild oder Ton“ spricht und damit auch den Hörfunk einschließt. Wenn auch durch die Begriffsdefinition in Art. 1 lit. b der AVMD-Richtlinie der klassische Hörfunk nicht erfasst ist, beschränkt sich der Anwendungsbereich dieser Richtlinie jedoch nicht nur auf das klassische Fernsehen, sondern bezieht durch die Formulierung „deren Form und Inhalt mit der Form und dem Inhalt von Fernsehsendungen vergleichbar sind“ auch explizit neue Fernsehformen und –inhalte mit ein.431 Weiterhin ergibt sich auch aus den Erwägungsgründen, dass dem Begriff der Sendung im Rahmen der AVMD-Richtlinie ein dynamisches Begriffsverständnis zugrunde zu legen ist.432 ff) Benutzung elektromagnetischer Schwingungen Bei diesem Merkmal der Begriffsdefinition wird – in bewährter Weise – auf die technische Komponente des Rundfunks abgestellt. Neben der ursprünglich rein terrestrischen Übertragung haben sich im Zuge der technischen Entwicklung weitere Übertragungswege herausgebildet: so stellen Breitbandkabelnetz, Satellitenkanäle, Telefonnetz, inzwischen sogar das Stromnetz sowie optische Übertragungsmöglichkeiten etwa durch Glasfaserkabelnetze weitere von der Begriffsdefinition umfasste Varianten fernmeldetechnischer Verbreitung dar.433 Die Definition verzichtet allerdings auf den Zusatz „ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters“, wie er in der früheren Fassung der Definition des § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV enthalten war.434 Die Streichung dieses Zusatzes ist vermutlich auch zugunsten einer technologieneutraleren Ausgestaltung des Normtextes erfolgt, um auch im Wortlaut keine künftige Entwicklungen eingrenzenden Formulierungen zu verwenden.435 Durch diese Änderung wird die begriffliche Anpassungsfähigkeit im Zuge der Weiterentwicklung des Rundfunkstaatsvertrags durch die jeweiligen Rundfunkänderungsstaatsverträge zugunsten neuer technischer Übertragungswege fortgesetzt

430 Vgl. auch W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109); siehe auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (459 f.). 431 Vgl. auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (456). 432 Vgl. den 17. Erwägungsgrund zur AVMD-Richtlinie; siehe auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (456). 433 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 146 f.; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Auflage 2011, § 2 RStV Rdn. 45; E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 39 f. 434 Vgl. hierzu etwa C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 146 ff., die auch auf die früher differenzierte Rechtslage in den einzelnen Landesmediengesetzen aufgrund der ursprünglich dienstespezifisch orientierten Zuordnung der Übertragungstechniken eingeht. 435 Zur Forderung nach einer weitergehenden technologieneutraleren Formulierung vgl. W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 55, der die Formulierung „Übertragung mittels Telekommunikation“ vorschlägt.

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ermöglicht.436 So wurde bereits im Zuge des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 26. November 1996437 der Begriff der „,elektrischen‘ Schwingungen“ durch die Zugrundelegung „,elektromagnetischer‘ Schwingungen“ ersetzt, um durch die klarstellende Funktion der damals geänderten Formulierung die neu entwickelten Übertragungsmöglichkeiten einzubeziehen.438 Das Merkmal der Benutzung elektromagnetischer Schwingungen grenzt dabei Rundfunkangebote von anderen klassischen Medien wie Presse und Film ab, indem es an die fernmeldetechnische Übermittlungsweise anknüpft.439 Durch einen solchen Übertragungsweg wird auch der spezifische „Öffentlichkeitsbezug des Rundfunks hergestellt“.440 Angesichts der zahlreichen neuen medialen Erscheinungsformen im Bereich der Telemedien hat dieses Merkmal allerdings an Bedeutung bei der Abgrenzung zu anderen Medien verloren, da Telemedien zumindest größtenteils ebenfalls unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen bzw. telekommunikativ übertragen werden.441 Eindeutiger ist eine Grenziehung durch eine Beurteilung der jeweiligen „Funktion der telekommunikativen Übertragung“ (noch) zwischen Rundfunk und reiner Telekommunikation442 möglich – mit freilich inzwischen aufgrund der diensteintegrierten Nutzung von Übertragungsnetzen auch unschärfer gewordenen Konturen. Hat die telekommunikative Übertragung eine rein technisch-dienende Funktion zur Übermittlung inhaltlicher, zur Verbreitung bestimmter Kommunikate, handelt es sich um Rundfunk.443 Geht es hingegen um den Telekommunikationsakt als solchen und steht damit die technische Eigenschaft der Übertragung zwischenmenschlicher Individualkommunikation im Vordergrund, liegt Telekommunikation vor.444 Eine solche an der jeweiligen „Funktion“ des telekommunikativen Aktes orientierte Beurteilungsweise445 trägt auch dem Postulat einer „technologieneutralen“ Ausgestaltung des Regulierungsrahmens in besonderer Weise Rechnung.446

436

Vgl. auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 148. Dritter Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 26. November 1996, Gesetz- und Verordnungsblatt NRW 1996, S. 484. 438 Vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 148. 439 Vgl. C. Bernard, ebda., S. 146; W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 55; E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 39. 440 So C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 146. 441 Siehe hierzu auch C. Bernard, ebda, S. 146. 442 So und hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 146. 443 So zutreffend auch C. Bernard, ebda. 444 Siehe auch C. Bernard, ebda., S. 146. 445 Eine solche Beurteilungsweise wird dabei von C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 146 zugrunde gelegt. 446 Vgl. zum „Grundsatz der technologieneutralen Regulierung“ H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 71 ff. 437

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

gg) Ausdrückliche Einbeziehung von Pay-TV-Angeboten Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 RStV werden Angebote mit eingeschlossen, „die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind“. Wie bereits erwähnt, wurde im Zuge des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages hier lediglich der zuvor verwendete Begriff der „Darbietungen“ konsequenterweise durch den Begriff der „Angebote“ ersetzt.447 Durch die ausdrückliche Einbeziehung von Pay-TV-Angeboten wird die früher vertretene Auffassung entkräftet, dass sich Angebote, die nur gegen Entgelt verbreitet werden, aufgrund einer hieraus resultierenden Verbindung des betreffenden Personenkreises „durch bestimmte Merkmale materiell-rechtlicher Art“ nicht an die Allgemeinheit richteten und folglich keinen Rundfunk darstellen könnten.448 Vielmehr ist entscheidend, dass jeder, der das geforderte Entgelt zahlt, Zugang zu den Angeboten erhält und im Grundsatz niemand (also jedenfalls keine geschäftsfähige Person) a priori ausgeschlossen wird.449 So gesehen enthält § 2 Abs.1 Satz 2 RStV im Grunde lediglich eine erfreuliche Klarstellung450 einer definitorischen Zuordnung, die auch anhand der allgemeinen Begriffsmerkmale erfolgen könnte: So sind alle Angebote, und somit auch solche, „die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind“,451 wenn sie von grundsätzlich jedermann empfangen werden können, bei Erfüllung der übrigen Begriffsmerkmale vom Rundfunkbegriff umfasst.452 Etwas anderes gilt allerdings gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 5 RStV für Sendungen, die jeweils gegen Einzelentgelt freigeschaltet werden. Solche Sendungen werden vom Negativkatalog des § 2 Abs. 3 RStV erfasst und stellen somit explizit keinen Rundfunk im einfachgesetzlichen Sinne nach dem Rundfunkstaatsvertrag dar. Im Rahmen einer wertenden Betrachtung scheint dies durchaus sinnvoll zu sein, da in solchen Fällen auch berechtigte 447

Vgl. die Ausführungen in der amtlichen Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, a.a.O., S. 4; siehe auch allgemein zum Verzicht auf das Darbietungsmerkmal die Ausführungen bei E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (457). 448 Vgl. etwa Chr. Schwarz-Schilling, ZUM 1989, S. 487 ff. (490 f.), der noch zwischen „Abonnement-Pay-TV“ und „Einzelentgelt-Pay-TV“ differenziert, wobei er letztgenannte Variante eher dem „verfassungsrechtlichen Begriff des ,Films‘“ zuordnen möchte; Entgegnung mit a. A. W.-D. Ring, ZUM 1990, S. 279 f. (280); von einer „Unerheblichkeit“ einer etwaigen vertraglichen Ausgestaltung zwischen den Rundfunkbeteiligten ging in zustimmungswürdiger Weise bereits W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (11) aus; siehe auch die entsprechende Darstellung bei W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 56. 449 Vgl. W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 56 mit Verweis auf W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (11); siehe auch kritisch, aber im Ergebnis ebenfalls die Rundfunkqualität von Pay-TVAngeboten annehmend R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (228). 450 Die amtliche Begründung spricht hingegen von einer „Konkretisierung“, abgedruckt, in: R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (45. AL 2010), Kap. B 5 § 2 RStV, S. 3. 451 Vgl. den Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 2 RStV. 452 Vgl. auch S. Reinemann, ZUM 2006, S. 523 ff. (525 f.); R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (228).

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Zweifel hinsichtlich der Erfüllung des Erfordernisses der „Veranstaltung und Verbreitung“ des betreffenden Angebots „entlang eines Sendeplans“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 HS 2 RStV bestehen, da ja die Entrichtung des Einzelentgeltes in einem solchen Fall nur den Zugang zu einer einzelnen Sendung ermöglicht. Einschränkungen der allgemeinen Zugänglichkeit können sich im Rahmen von entgeltpflichtigen Angeboten jedoch auch unter dem Aspekt der fehlenden Geschäftsfähigkeit Minderjähriger sowie weiterer in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Personenkreise und der damit fehlenden Möglichkeit zum Abschluss entsprechender Verträge ergeben, was aber aufgrund der deutlichen Klarstellung zur grundsätzlichen Erfassung entgeltlicher Angebote durch den Rundfunkbegriff im Gesetz vernachlässigt werden kann. hh) Der Negativkatalog des § 2 Abs. 3 RStV Durch den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde in § 2 RStV ein dritter Absatz ergänzt, der einen „Negativkatalog“ für solche Tatbestände ausweist, bei deren Vorliegen die jeweiligen Angebote nicht als Rundfunk im einfachgesetzlichen Sinne zu qualifizieren sind.453 Zunächst enthielt der Negativkatalog des § 2 Abs. 3 RStV in seiner Fassung nach dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sechs Ziffern, in denen jeweils die die Rundfunkqualität der Angebote ausschließenden Umstände beschrieben wurden. Im Einzelnen waren dies Angebote, die erstens „jedenfalls weniger als 500 potenziellen Nutzern zum zeitgleichen Empfang angeboten werden“454, zweitens die „zur unmittelbaren Wiedergabe aus Speichern von Empfangsgeräten bestimmt sind“, drittens die „ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen“, viertens die „nicht journalistisch-redaktionell gestaltet sind“, fünftens die „aus Sendungen bestehen, die jeweils gegen Einzelentgelt freigeschaltet werden“ oder die sechstens „Eigenwerbekanäle“ sind. Nach dem am 1. April 2010 in Kraft getretenen 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sind außer Nummer sechs alle Fallgruppen in den aktuellen Negativkatalog der Norm übernommen worden. Durch die Streichung der zuvor in § 2 Abs. 3 Nr. 6 RStV vom Rundfunkbegriff ausgenommenen „Eigenwerbekanäle“ wird „klargestellt“, dass entsprechende Kanäle seit In-Kraft-Treten des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrages doch wieder unter den Rundfunkbegriff des Rundfunkstaatsvertrages fallen sollen.455 Durch den Katalog des § 2 Abs. 3 RStV halten auch künftig die für das 453 Siehe hierzu R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, 48. AL 2010 (Stand 45. AL 2010), Kap. B 5 Rdn. 24 ff.; kritisch hierzu R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230). 454 Siehe hierzu auch Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (218 f.). 455 Vgl. die Begründung zum Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 5. Die Begründung ist abrufbar unter: http://www.rlp.de/fileadmin/staatskanzlei/rlp.de/downloads/me dien/Begr%C3 %BCnung_zum_Dreizehnten_Staatsvertrag_zur_%C3 %84nderung_rundfunk

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Vorliegen von Meinungsbildungsrelevanz vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien der „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“456 Eingang in die Begriffszuordnung im einfachgesetzlichen Rundfunkrecht und entfalten somit auch auf dieser Ebene ihre normative Wirkung.457 Auf diese Weise werden auch unter Berücksichtigung der teilweise von R. Schütz durchaus zu Recht kritisch beleuchteten Konzeption der Signatare des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages Sachverhalte ohne spezifischen „Rundfunkcharakter“ auch nach Entfall des Darbietungsmerkmals im Rahmen der einfachgesetzlichen Begriffsdefinition aus dem auf dieser Ebene festgelegten Rundfunkbegriff neuer Prägung ausgenommen.458 Einschränkend sei allerdings darauf hingewiesen, dass nicht allen Ausnahmetatbeständen des § 2 Abs. 3 RStV Substitutionscharakter im Hinblick auf das spezifische Merkmal der Darbietung zukommt, sondern beispielsweise die in der dortigen Nr. 1 verortete Ausnahme eher dem Merkmal der Allgemeinbezogenheit geschuldet ist. Gleichwohl ist im Ergebnis das Merkmal der „Darbietung“ nur als formales Kriterium der Begriffsdefinition entfallen, wobei sein Bedeutungsgehalt auch im Rahmen der neuen Rundfunkbegriffsdefinition in tatsächlicher Hinsicht weiterhin Wirkung entfaltet.459 Insofern bleibt das Darbietungsmerkmal dem Grunde nach vor allen Dingen in Gestalt der Ausnahmeregelungen des § 2 Abs. 3 RStV erhalten und entzieht sich nur auf den ersten Blick der neuen Begriffsdefinition.460 d) Abgrenzung zur Presse Im einfachgesetzlichen Bereich sind die Vorgaben für die Presse weitaus weniger restriktiv als die entsprechenden Regelungen im Rahmen der Rundfunkregulierung.461 Bei der Begriffsbestimmung gehen die Landespressegesetze weitestgehend noch vom herkömmlichen Differenzierungsansatz aus, dass es sich, wenn eine Qualifikation bestimmter Angebote als Presse gelingen soll, hierbei um „verkörperte rechtlicher_Staatsvertr%C3 %A4ge.pdf – zuletzt besucht am 28. Mai 2010 um 13:02 Uhr; ferner findet sich ein Abdruck zum Dreizehnten RÄStV, in: R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, 48. AL 2010 (Stand 44. AL 2010), Kap. A 2.11. 456 BVerfGE 90, 60 (87). 457 Vgl. die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, a.a.O., S. 3; E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (457); R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230). 458 Vgl. R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230); siehe auch die Begründung zum 12. RÄStV, a.a.O., S. 3. 459 Vgl. auch die im Verhältnis zur formellen Streichung des Darbietungsmerkmals von Teilen der Literatur zu Recht als widersprüchlich empfundene Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 3 f.; vgl. hierzu auch D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 56; vgl. zur Widersprüchlichkeit von Wortlaut und Gesetzesbegründung R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (229 f.). 460 Siehe hierzu die Kritik zur widersprüchlichen Neuregelung der Begriffsdefinition auch bei R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (229 f.). 461 Vgl. hierzu etwa G. Gounalakis, ZUM 2003, S. 180 ff. (182).

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Produkte“462 handeln müsse. So verlangen die jeweiligen Landespressegesetze für ihren Anwendungsbereich das Vorliegen von „Druckwerken“. Unter Druckwerken werden dabei „alle mittels der Buchdruckerpresse oder eines sonstigen zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahrens hergestellten und zur Verbreitung bestimmten Schriften, besprochenen Tonträger, bildlichen Darstellungen mit und ohne Schrift, Bildträger und Musikalien mit Text oder Erläuterungen“ verstanden.463 Allerdings gibt es heute bereits gesetzliche Vorschriften, die etwa bestimmte Mitteilungen als Druckwerke und damit als „Presse“ fingieren, wobei ausdrücklich dargelegt wird, dass diese Fiktion für entsprechende Mitteilungen „ohne Rücksicht auf die technische Form, in der sie geliefert werden“, gelten soll.464 Darüber hinaus ergeben sich etwa durch die Einbeziehung von Bildträgern Verschiebungen zwischen einfach- und verfassungsrechtlichem Begriffsverständnis, da solche Träger nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zumeist vom spezielleren Grundrecht der Filmfreiheit geschützt werden.465 Im einfachgesetzlichen Bereich sind Abgrenzungsschwierigkeiten, die zwischen Rundfunk und Presse auf grund- und verfassungsrechtlicher Ebene existieren, durch die Kategorie der Telemedien weitgehend entschärft, da definitorische Grauzonen durch die letztgenannte Begriffskategorie weitgehend „absorbiert“ werden. Auf der Grundlage des Telemedienbegriffs wird zwar die soeben skizzierte Abgrenzungsthematik in wesentlichen Punkten entspannt, allerdings werden zugleich auch zwei neue Abgrenzungsprobleme geschaffen: dies betrifft namentlich die Schnittstelle zwischen den Telemedien und der Presse sowie die Schnittstelle zwischen Telemedien und Rundfunk. Die letztgenannte Abgrenzungsproblematik soll nun im Folgenden näher erläutert werden.

462 Vgl. insoweit F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 126. 463 Vgl. § 7 Abs. 1 des Landespressegesetzes NRW, der § 6 des Musterpressegesetzes entspricht. Das Musterpressegesetz ist abgedruckt bei F. Fechner/J. C. Mayer (Hrsg.), Medienrecht Vorschriftensammlung, 7. Aufl. 2011, Ordnungsnummer 19 mit Verweis auf abweichende Regelungen in einzelnen Bundesländern; vgl. hierzu auch F. Fechner, in: K. Stern/ F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 126. 464 Vgl. etwa § 7 Abs. 2 Satz 2 Landespressegesetz NRW. 465 Vgl. F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 126; in diesem Zusammenhang soll es maßgeblich darauf ankommen, ob die entsprechenden das Filmmaterial enthaltenden Trägermedien „geeignet sind, auch öffentlich vorgeführt zu werden“, so K. Stern, Staatsrecht, Band IV/1, 2006, § 109 S. 1568 m. zahlreichen weiteren Nachweisen.

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

e) Abgrenzung des Rundfunkbegriffs vom Begriff der Telemedien gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV sowie zu Kommunikationsformen, die vom Telekommunikationsgesetz erfasst sind Telemedien und Rundfunk werden seit In-Kraft-Treten des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages im Rundfunkstaatsvertrag voneinander abgegrenzt.466 Beim Begriff der Telemedien handelt es sich um einen Neologismus, der seit der Verabschiedung des Telemediengesetzes (TMG) die zuvor verwendeten Begriffe der Teledienste und der Mediendienste in einem gemeinsamen Regelungswerk miteinander kombiniert.467 Die begriffliche Verschmelzung ist sicherlich nicht zuletzt auch der zunehmenden Konvergenz der verschiedenen Medien geschuldet, die eine ohnehin stets schwierige begriffliche Differenzierung in diesem Bereich überflüssig, wenn nicht sogar mehr und mehr unmöglich machte. Den rechtlichen Rahmen zur Ausgestaltung des Rechts der Telemedien bildet dabei nicht allein das Telemediengesetz. Vielmehr begründet das Telemediengesetz lediglich Pflichten in Bezug auf die wirtschaftlichen Aspekte der Telemediendienstleistung, wie z. B. Regelungen zur Verantwortlichkeit, zum Herkunftslandprinzip oder auch zum Datenschutz, während die inhaltsbezogenen Vorgaben, wie z. B. Informationsrechte und -pflichten, Anforderungen an die journalistische Sorgfalt, das Gegendarstellungsrecht sowie Regelungen zu Werbung und Sponsoring aus dem Rundfunkstaatsvertrag (vgl. §§ 54 ff. RStV) hervorgehen.468 Die Anwendbarkeit des Rundfunkstaatsvertrags auf Telemedien beschränkt sich gem. § 1 Abs. 1 HS 2 RStVaber auf die Abschnitte IV bis VI sowie § 20 Abs. 2 des Regelungswerks. Darüber hinaus ergeben sich weitere inhaltsbezogene Regelungen etwa aus dem UWG.469 Im Rundfunkstaatsvertrag wird der Begriff der Telemedien – in enger Anlehnung an die Begriffsdefinition in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Telemediengesetzes470 – im Rahmen einer Zusammenschau po-

466 Vgl. E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (454); siehe allgemein zur Abgrenzung der Telemedien vom Begriff des Rundfunks i.S.d. § 2 RStV auch Chr. von Coelln, UFITA 2007, S. 715 ff. (720). 467 Vgl. zur Entstehung des Begriffs der Telemedien auch die Ausführungen bei Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (802); siehe zu den einzelnen Begrifflichkeiten auch V. Kitz, ZUM 2007, S. 368 ff. (369 ff.); E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (454). 468 Vgl. etwa Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (802), der konstatiert, dass der Gesetzgeber mit Blick auf die starke Inhalteregulierung in Bezug auf die Telemedien aus der „Konvergenz von Fernsehen und Internet-Angeboten“ die falschen Schlüsse gezogen habe; D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 73; B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 1 TMG Rdn. 1. 469 D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 73. 470 Vgl. zur Definition des Telemedienbegriffes i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG etwa Chr. von Coelln, UFITA 2007, S. 715 ff. (719); D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 32 ff. (60 ff.).

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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sitiver und negativer Begriffsmerkmale definiert.471 So sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV Telemedien „alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes sind, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen472 oder telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach Satz 1 und 2 (Anm. des Verfassers: gemeint ist § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 RStV) sind“.473 Beschränkt auf die positiven Begriffsmerkmale sind Telemedien also zunächst „alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste“.474 Der Begriff der „elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste“ ist als solcher weit auszulegen und umfasst daher grundsätzlich in umfassender Weise sowohl die Telemediendienste, Telekommunikationsdienste und schließlich auch den Rundfunk.475 Durch das Merkmal „elektronisch“ fallen allerdings schon alle herkömmlichen „Offline-Medien“ wie klassische Presse- und sonstige Printangebote aus dem Anwendungsbereich heraus.476 Weitere Einschränkungen bezüglich der dennoch einen weiten Anwendungsbereich versprechenden Positivdefinition477 werden durch die ergän-

471

Vgl. D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 32 ff. (60 ff.); E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (454 f.); Chr. von Coelln sieht den Begriff der Telemedien sowohl durch den Rundfunkstaatsvertrag als auch durch das Telemediengesetz als „nur negativ definiert“ an, vgl. Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (218). 472 Vgl. auch den leicht abweichenden Wortlaut im Rahmen des § 3 Nr. 24 TKG, der neben einem Dienst, der „ganz“ im Übertragen von Signalen über Telekommunikationsnetze besteht, auch eine „überwiegende“ Übertragung über Telekommunikationsnetze ausreichen lässt; vgl. auch die amtliche Begründung in Bezug auf die diesbezügliche Regelung im Rahmen des Telemediengesetzes in BT-Drs. 16/3078, S. 14; siehe ferner die kritische Würdigung bei Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (802). 473 Vgl. Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (802); D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPKInternetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 32 ff. (60 ff.). 474 Vgl. auch D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 33. 475 BT-Drs. 16/3078, S. 13; vgl. auch Chr. von Coelln, UFITA 2007, S. 715 ff. (719); D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 33 ff., der (ebenso wie Chr. von Coelln) insofern zutreffend den Begriff der „elektronischen Informationsund Kommunikationsdienste“ als „Oberbegriff“ der im Text genannten Begriffskategorien bezeichnet. 476 Vgl. B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 1 TMG Rdn. 4, bezogen auf die Telemedien als solche auch Rdn. 11; D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 35; bereits in Bezug auf den § 2 des zum 1. März 2007 außer Kraft getretenen Teledienstegesetz (TDG) Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 217. 477 So wird von der Begriffsdefinition „auch die Übermittlung von Inhalten jeglicher Art“ (etwa auch von Computerprogrammen) „unabhängig“ von ihrem tatsächlichen „Informationsund Kommunikationsgehalt“ erfasst, wobei es auf Interaktionsmöglichkeiten als solche nicht

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

zenden negativen Merkmale vorgenommen.478 Die angeführten negativen Merkmale der Definition dienen der Abgrenzung des Telemedienbegriffs von reinen Telekommunikationsdiensten nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes479, von telekommunikationsgestützten Diensten nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes480 sowie vom einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 RStV.481 Diese komplexe einfachgesetzliche Begriffsdefinition verdeutlicht einmal mehr die zunehmende Schwierigkeit, die unterschiedlichen Medien zum Zwecke der Ermöglichung und Aufrechterhaltung differenzierter Regulierungsanforderungen definitorisch in Abgrenzung zueinander zu erfassen. Zutreffend bezeichnet D. Heckmann den „Grenzverlauf“ im Rahmen der Zuordnung als „fließend“.482 Vor diesem Hintergrund verwundert es kaum, dass selbst eine solch komplexe Begriffsdefinition für die Zuordnung der medienrechtlichen Realität nicht ausreicht, um der vom Gesetzgeber gewollten Differenzierung im Rahmen der medienrechtlichen Regulierung zu genügen.483 So zeigen sich gerade in der Grauzone zwischen Rundfunk und Telemedien ergänzende Differenzierungsnotwendigkeiten, wenn es etwa um die Entscheidung über die Zuordnung und Nutzung von Übertragungskapazitäten geht. § 50 RStV nennt in diesem Zusammenhang die Kategorie der „Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet sind“484 – also die mit dem Rundfunk „vergleichbaren Telemedien“.485 Darüber hinaus ist auch die in § 54 Abs. 2 RStV getroffene Regelung für die Zuordnung der einzelnen Angebote zum Rundfunk- bzw. zum Telemedienbegriff von Bedeutung. So schließt eine „journalistisch-redaktionelle Gestaltung“ eines Angebotes mit dem damit verbundenen Bedeutungsgehalt eine Zuordnung zum Bereich der Telemedien „nicht grundsätzlich

ankommen soll; vgl. insoweit die entsprechenden Ausführungen bei D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 36 m. weit. Nachw. 478 Vgl. etwa auch die amtliche Begründung zum TMG BT-Drs. 16/3078, S. 13. 479 Vgl. zu den Telekommunikationsdiensten nach § 3 Nr. 24 TKG D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 41 ff. m. weit. Nachw., der als Beispiele für reine Telekommunikationsdienste, die allein nach dem TKG zu beurteilen sind, die Internettelefonie (Voice-Over-IP), die Router-Rechner und das sog. „Multicasting“ nennt. 480 Vgl. zu den Telekommunikationsdiensten nach § 3 Nr. 25 TKG D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 46. 481 Vgl. auch Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (802 f.). 482 So D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 54; damals bereits zur Abgrenzung von Rundfunk und „Mediendiensten“ ebenso C.-E. Eberle, in: ders./W. Rudolf/K. Wasserburg, Mainzer Rechtshandbuch der Neuen Medien, 2003, Kap. 1 Rdn. 27. 483 Vgl. in diesem Zusammenhang auch D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 58, der ferner davon ausgeht, dass sich bestehende Abgrenzungsprobleme durch den neuen einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff nicht lösen lassen. 484 Vgl. auch § 58 Abs. 4 RStV. 485 Vgl. hierzu auch T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (740).

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aus“.486 Vielmehr greifen bei diesen sog. „Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten“487 ergänzend die besonderen Regelungen zu Telemedien im Rundfunkstaatsvertrag.488 Schließlich kennt der Rundfunkstaatsvertrag in seiner Fassung nach dem 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in § 58 Abs. 3 RStV noch die Kategorie der sogenannten „audiovisuellen Mediendienste auf Abruf“, bei denen es sich um „Telemedien mit Inhalten, die nach Form und Inhalt fernsehähnlich sind und die von einem Anbieter zum individuellen Abruf zu einem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt und aus einem vom Anbieter festgelegten Inhaltekatalog bereitgestellt werden“, handelt.489 Die AVMD-Richtlinie, die auf der Ebene des europäischen Rechts Geltung entfaltet, ist einerseits – wie bereits festgestellt – nicht auf klassische Hörfunkangebote, sondern lediglich auf audiovisuelle Angebote anwendbar.490 Andererseits unterscheidet sie jedoch auch nicht begrifflich – wie aus dem einfachgesetzlichen Medienrecht in der Bundesrepublik Deutschland bekannt – zwischen „Rundfunk“ und „Telemedien“, sondern nimmt nur eine Unterscheidung entlang der Kriterien der „Linearität“ und „Nicht-Linearität“ der einzelnen audiovisuellen Mediendienste vor (siehe unten 2. Kap. II. 3. b))491. Eine klare inhaltliche Differenzierung und hierauf aufbauende Kategorisierung zwischen solchen Angeboten, die dem Rundfunk, und solchen, die dem Telemedienbegriff zuzuordnen sind, ist jedoch im einfachgesetzlichen Bereich aufgrund des unterschiedlichen Regulierungsrahmens für beide Bereiche nach der derzeitigen rechtlichen Ausgestaltung von großer Bedeutung. So bedarf derjenige, der als privater Anbieter Rundfunk veranstalten möchte, gemäß § 20 des Rundfunkstaatsvertrags und nach den einschlägigen Regelungen in den jeweiligen Landesmediengesetzen einer Zulassung.492 Angebote im Bereich der Telemedien sind hingegen gemäß § 4 TMG „im Rahmen der Gesetze zulassungsund anmeldefrei“.493 Ohne den Einzelfallbetrachtungen der einzelnen Angebote und Dienste vorgreifen zu wollen, fallen neben den klassischen Fernseh- und Rundfunkangeboten auch das sog. „Live-Streaming“, also „die zusätzliche parallele/ 486

So D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 54, 75 ff.; vgl. auch den dortigen Verweis auf St. Leitgeb, ZUM 2009, S. 39 ff. (42). 487 Vgl. zum Begriff auch T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (740). 488 Vgl. insofern auch die Ausführungen bei St. Leitgeb, ZUM 2009, S. 39 ff. (42). 489 Vgl. T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (740). 490 So auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (455). 491 Vgl. E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (455). 492 So auch F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 127, der sich noch auf die traditionellen Landesrundfunkgesetze bezieht. Vor dem Hintergrund der medialen Entwicklung werden allerdings zunehmend Landesrundfunkgesetze durch Landesmediengesetze ersetzt. In Nordrhein-Westfalen hat das Landesmediengesetz NRW das zuvor geltende Landesrundfunkgesetz mit seinem In-Kraft-Treten am 02. Juli 2002 abgelöst. 493 Vgl. Chr. von Coelln, UFITA 2007, S. 715 ff. (727 f.); D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.4 Rdn. 1 ff. (5 f.); siehe auch die Ausführungen bei F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 127.

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zeitgleiche Übertragung herkömmlicher Rundfunkprogramme über das Internet“494 sowie das sog. „Webcasting“, also die „ausschließliche Übertragung herkömmlicher Rundfunkprogramme über das Internet“495, unter besonderer Berücksichtigung eines „technologieneutralen Begriffsverständnisses“496 nicht unter den Telemedien-, sondern unter den Rundfunkbegriff.497 Typische Telemediendienste sind hingegen etwa onlinebasierte Ratgeberportale, E-Learning-Programme, E-Teaching-Anwendungen, Chat- und Videoportale, Newsgroups und zahlreiche weitere Angebote – insbesondere auch im Rahmen des Web 2.0.498 f) Exkurs: Telemedien als Presse 2.0? – „Presseähnliche Angebote“ als Kristallisationspunkt für Onlineaktivitäten des öffentlich-rechlichen Rundfunks Die rundfunk- und medienrechtlichen Regelungen auf einfachgesetzlicher Ebene lassen gerade im Hinblick auf immer weiter reichende Online-Aktivitäten zahlreicher Zeitungsverlage und Rundfunkanbieter499 eine interessengerechte Einordnung redaktioneller Online-Angebote weiterhin vermissen.500 Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist in diesem Zusammenhang im Rahmen der jüngeren Begriffsdefinitionen im Rundfunkstaatsvertrag zu erkennen: so enthält § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV eine allgemein gefasste Legaldefinition für ein presseähnliches Angebot501, wobei ein solches Angebot nach den einfachgesetzlichen Begriffskategorien der

494 BT-Drs. 16/3078, S. 13; Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (803); D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 52. 495 BT-Drs. 16/3078 S. 13; vgl. hierzu Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (803); D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 52. 496 Hierzu H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, passim. 497 Vgl. Chr. Von Coelln, UFITA 2007, S. 715 ff. (720); Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (803); D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 52. 498 Vgl. zu einigen der genannten sowie zu weiteren Beispielen die Darstellung bei D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 61 f. m. weit. Nachw.; vgl. zur Gewinnung eines detaillierten Überblicks auch die Ausführungen bei G. Spindler, in: ders./P. Schmitz/I. Geis (Hrsg.), TDG Kommentar, 2004, § 2 TDG Rdn. 42 ff. 499 Vgl. zur Ausweitung des Nachrichten- und Informationsangebotes etwa N. Gerhardt, AfP 2010 S. 16 ff. (16). 500 Vor diesem Hintergrund ist auch der sog. „Beihilfe-Kompromiss“ der Bundesrepublik Deutschland mit der EU-Kommission im Jahr 2007 zu sehen, der nach Einreichung einer Beschwerde des VPRT, der die Beihilfequalität von Rundfunkgebühren zugunsten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vor allen Dingen mit Blick auf die vorgehaltenen Online-Angebote beklagte, geschlossen wurde, vgl. die Beihilfe-Entscheidung der EU-Kommission unter: http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2005/e003 – 05.pdf – zuletzt besucht am 6. Juni 2010 um 15:01 Uhr; siehe hierzu auch N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (16 f.). 501 Vgl. zum Begriff der Presseähnlichkeit die Ausführungen bei J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (13 ff.).

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allgemeineren Ebene der Telemedien zuzuordnen ist.502 Hiernach sind „nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien“ von der Begriffsdefinition umfasst, sondern „alle journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen und Zeitschriften entsprechen“.503 Obwohl der Rundfunkstaatsvertrag eine spezielle Legaldefinition enthält, ist die Zuordnung dessen, was genau unter „Presseähnlichkeit“ zu verstehen ist, alles andere als klar. So stellt sich etwa die Wahl des zugrunde zu legenden Bezugspunktes, ob also für die Beurteilung der „Presseähnlichkeit“ nur die Erscheinungsformen der statischen Presse oder ob auch internetbasierte Presseangebote berücksichtigt werden können, in der Abgrenzungsinterpretation bereits als normative Wertung vor dem Hintergrund der jeweils bevorzugten Sichtweise heraus.504 So erscheint es nachvollziehbar, dass die von der gesetzlichen Regelung am stärksten betroffenen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, den Bezugspunkt für die „Presseähnlichkeit“ möglichst eng auslegen und damit nur die statischen Angebote der gedruckten Presse für die Auslegung des Begriffs zugrunde legen möchten.505 Auf diese Weise können sie ihre Textangebote „pauschal als nicht presseähnlich“ einstufen.506 Auch wenn die Rundfunkanstalten damit eine Möglichkeit haben, sich der Kategorie der „presseähnlichen Angebote“ zu entziehen, erscheint ein auf die klassischen Erscheinungsformen von Presse, also auf Text und Text-Standbild-Kombinationen507 beschränkter Vergleichsmaßstab interessengerecht, da es sich hierbei tatsächlich um die klassischen Charakteristika von Presse handelt, die insoweit nachvollziehbare Vergleichspunkte für die Ermittlung einer etwaigen „Ähnlichkeit“ darstellen, und eine genaue Entwicklung der Onlinepräsenzen und sonstiger Onlineaktivitäten der Presse- und Verlagshäuser noch gar nicht vollumfänglich absehbar ist.508 Darüber

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Eine solche Zuordnung ergibt sich notwendigerweise etwa auch aus den Ausführungen bei H. Neuhoff, ZUM 2012, S. 371 ff. (377 ff.); implizit ergibt sich eine entsprechende Zuordnung auch aus den Ausführungen bei B. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rdn. 304 ff. 503 N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (18). 504 Vgl. hierzu etwa die Ausführungen bei N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (18 ff.); in Bezug auf § 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV ein statisches Presseverständnis mit Beschränkung in der Gestaltung auf „Text im Vordergrund“ und „unbewegte Bilder“ annehmend D. Dörr, Funkkorrespondenz 48/2008, S. 3 ff. (6); die Charakteristika der Presse ebenfalls in Durckausgaben von Zeitungen und Zeitschriften erblickend und die einzelnen Online-Angebote der Pressehäuser ebenfalls als nicht maßgeblich betrachtend B. Peters, Öffentlich-rechtliche OnlineAngebote, 2010, Rdn. 304; siehe hierzu auch St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23). 505 Vgl. N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (18). 506 So die Einschätzung von N. Gerhardt, ebda., S. 18. 507 Vgl. stellvertretend für viele etwa B. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rdn. 306 m. weit. Nachw.; H. Neuhoff, ZUM 2012, S. 371 ff. (376). 508 So auch B. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rdn. 304 ff. (306); vgl. auch K. Sokoll, NJW 2009, S. 885 ff. (888); M. Kops/K. Sokoll/V. Bensinger, Rahmenbedingungen für die Durchführung des Drei-Stufen-Tests, 2009, S. 131; siehe auch St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23), der entsprechende Angebote, die über die klassischen Presseelemente von Text

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

hinaus wird mit den „presseähnlichen Angeboten“ nur eine neue begriffliche Unterkategorie der einfachgesetzlich von anderen Medienarten unterschiedenen Telemedien geprägt, die streng genommen sogar in einem gewissen Widerspruch zur zunehmenden Konvergenz der Medien steht. Während sich die verschiedenen medialen Erscheinungsformen aufeinander zubewegen, wird im einfachgesetzlichen Bereich unter Zuhilfenahme neuer Kategorien letztlich nur eine medienrechtliche Brücke geschlagen, ohne jedoch im Übrigen von der klassischen medialen Unterscheidung ehemaliger Stammmedien (etwa Presse und Rundfunk) abzurücken. Dies wird gerade auch mit Blick auf die Sonderregelungen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk deutlich. Das in § 11d Abs. 2 Nr. 3 RStV verankerte, über den Inhalt des Beihilfekompromisses der Bundesrepublik Deutschland mit der EU-Kommission hinausgehende Verbot „nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote“ durch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten verdeutlicht in anschaulicher Weise das gedankliche Fortbestehen der klassischen Medieneinteilung.509 Hierbei handelt es sich nämlich nicht um eine an die Art der Angebote als solche anknüpfende Regelung, sondern lediglich um eine Begrenzung des Angebotsspektrums öffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten im Bereich der Online-Angebote, um hierdurch auf der Grundlage einer in dieser Hinsicht fehlenden Beauftragung des öffentlichrechtlichen Rundfunks einen Interessenausgleich mit privaten Medienanbietern zu finden.510 Gleichwohl können die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gemäß § 11d Abs. 2 Nr. 3 HS. 1 Var. 3 RStVauch nichtsendungsbezogene Telemedien nach Maßgabe eines Genehmigungsverfahrens nach § 11 f RStV vorhalten.511 Grundsätzlich können öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten somit zwei voneinander zu unterscheidende Varianten im Bereich der Telemedien anbieten: zum einen sendungsbezogene Telemedien, zum anderen auch nichtsendungsbezogene Telemedien512, soweit letztere keine „presseähnlichen Angebote“ darstellen.513 Entscheidendes Kriterium für die Zulässigkeit einer Bereitstellung von presseähnlichen Angeboten durch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten ist damit das Vorliegen und die und Standbild hinaus noch zusätzliche Video- oder Audioelemente enthalten, als „presseähnlich plus“ bezeichnet. 509 Vgl. hierzu auch N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (16 f.); vgl. weitere Beispiele zur Übererfüllung der Zusagen aus dem Beihilfekompromiss durch die Regelungen im Rahmen des 12. RÄStV K.-E. Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV, 2009, S. 24 ff. 510 Vgl. N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (17). 511 Vgl. die ausführlichen Erläuterungen zu den nach §§ 11d Abs. 2 Nr. 2 RStV i.V.m. § 11 f Abs.1 in Bezug auf sendungsbezogene Telemedien erforderlichen Telemedienkonzepten sowie zum Genehmigungsverfahren i.S.d. § 11 f RStV, das bei nicht-sendungsbezogenen Telemedien zu durchlaufen ist, bei B. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rdn. 337 ff. bzw. Rdn. 388 ff. 512 Siehe zu den Voraussetzungen, nach denen die Rundfunkanstalten ein „kleines“ oder ein „großes“ Telemedienkonzept im Rahmen der Regelung des § 11 f RStV vorlegen müssen, B. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rdn. 340 ff. 513 Vgl. auch die Ausführungen bei N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (17 f.); B. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rdn. 307.

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Nachweisbarkeit eines Sendebezugs.514 Was unter „sendungsbezogenen Telemedien“ genau zu verstehen ist, wird in § 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV näher definiert: hiernach soll es sich um „Angebote, die der Aufbereitung von Inhalten aus einer konkreten Sendung einschließlich Hintergrundinformationen dienen soweit auf für die jeweilige Sendung genutzte Materialien und Quellen zurückgegriffen wird und diese Angebote thematisch und inhaltlich die Sendung unterstützend vertiefen und begleiten, ohne jedoch bereits ein eigenständiges neues oder verändertes Angebot nach § 11 f Abs. 3 darzustellen“, handeln.515 Durch diese enge Formulierung des Sendungsbezugs wollte der Gesetzgeber verhindern, dass durch dieses Kriterium Umgehungsmöglichkeiten dergestalt geschaffen werden, dass an sich eigenständige Telemedien durch eine weite Auslegung des „Sendungsbezugs“ ihre Eigenständigkeit verbergen können.516 Denn auf diese Weise liefe das Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote Gefahr, seine Bedeutung einzubüßen. Eine Regulierung, die öffentlich-rechtlichem Rundfunk (textbasierte) „nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote“ verbietet, läuft Gefahr, ihre Anforderungen weiterhin an den bekannten Stammmedien zu orientieren und die neu entdeckte Begriffskategorie der Telemedien nicht in einer Weise zu verstehen, die auf der Eigenständigkeit dieses Mediums basiert, sondern nach wie vor an überkommene „Muttermedien“517 anknüpft, wobei gerade eine nach diesem Kriterium differenzierende Einordnung der jeweiligen Online-Angebote zeitgemäßen Regulierungsanforderungen nicht gerecht werden kann, zumal es dem Rezipienten auf das jeweilige Online-Medium als solches und nicht auf seine etwaige Surrogatfunktion für ein (ehemaliges) Printmedium oder seine Zuordnung zum Angebot einer Rundfunkanstalt ankommt, die für ihn letzten Endes vermutlich sogar kaum zu erkennen ist.518 Erschwerend tritt hinzu, dass sich auch Zeitungen nicht auf rein textliche Angebote im Internet beschränken, sondern vielmehr auch darüber hinausgehende Möglichkeiten nutzen, wie zum Beispiel Bewegtbildsequenzen und andere multimediale Gestaltungsoptionen.519 Dass „presseähnliche Angebote“ dauerhaft von 514

Vgl. zur Definition des Sendebezugs auch N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (17). Siehe hierzu auch die Ausführungen bei N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (17). 516 So auch N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (17). 517 Bezüglich der Zuordnung von Internetangeboten zum Schutzbereich der Rundfunkoder Pressefreiheit spricht T. Brand ebenfalls von einem „Bezug zum Muttermedium“, vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 243. 518 Vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 243; siehe hierzu auch St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22), nach dessen zutreffender Auffassung es für den Nutzer von Onlineangeboten heutzutage primär auf die Möglichkeit ankommt, bestimmte inhatliche Angebote „unabhängig von einem Verbreitungsgebiet der Presse oder einem Sendegebiet des Rundfunks“ zu einem selbst gewählten Zeitpunkt abrufen zu können. Somit stelle sich das Internet ganz im Sinne des Rezipienten für Presse und Rundfunk gleichermaßen als zusätzliche Verbreitungsplattform mit „Archivfunktion“ dar. 519 Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV) bewarb in diesem Zusammenhang etwa im Januar 2010 eine Tagung zum Thema „Bewegtbild – Zeitungen gehen auf Sendung“, bei der es speziell auch um die Einbindung von Videos bei Internetauftritten von 515

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

anderen Telemedien klar unterscheidbar bleiben werden, soweit man heute noch von einer Unterscheidbarkeit ausgehen will, ist äußerst zweifelhaft. Es bleibt abzuwarten, wie lange die durch das europäische Beihilferecht bedingte und im Rundfunkstaatsvertrag übererfüllte520 Beschränkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Online-Bereich aufrechterhalten werden kann, ohne dessen Dynamik und Entwicklungsoffenheit für die Zukunft ernsthaft zu gefährden. Zugegebenermaßen gleicht es einem juristischen Drahtseilakt, in diesem hochsensiblen Bereich wettbewerbsrechtliche Aspekte mit den Anforderungen an eine zu berücksichtigende Entwicklungsoffenheit521 und Dynamik des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Einklang zu bringen. Ein weiteres spannendes Kapitel, das im Telemedienbereich den klassischen Streit um die Abgrenzung von Rundfunk und Presse fortsetzen und zunehmend an Bedeutung gewinnen wird, ist bereits aufgeschlagen: viele Zeitungen werden inzwischen als E-Paper angeboten, was eines Tages den klassischen Druck in Papierform gänzlich obsolet machen könnte. Inzwischen werden bereits biegsame Displays entwickelt, die bei elektronisch verfügbaren Ausgaben in gewisser Weise die haptische Eigenschaft einer klassischen Verkörperung eines Druckexemplars simulieren, dabei jedoch jedenfalls im verfassungsrechtlichen Sinne als „Rundfunk“ verbreitet werden. Einfachgesetzlich dürfte man hier wiederum zu einer Qualifizierung als Telemedium gelangen. Handelt es sich bei solchen Displays dabei dann schon per se um ein presseähnliches Angebot, da ja schließlich eine klassische Zeitung simuliert wird, mit der Folge, dass Rundfunkanstalten eine Zulieferung für solche Angebote a priori verboten wäre, oder flechten die Zeitungsverleger in diese neue Art des elektronischen Zeitungssurrogats verstärkt auch Bewegbtbildsequenzen ein, die einer Pressetypik wiederum widersprächen? Vieles ist hier noch ungeklärt. Gleichwohl wäre es wünschenswert, wenn sich eine künftige regulatorische Ausrichtung hinsichtlich der Zulässigkeit eines Angebotes nicht mehr daran orientieren würde, ob der Anbieter ein öffentlich-rechtliches Rundfunkunternehmen oder ein privates Presse- oder Rundfunkunternehmen ist, sondern die Regulierungsbemühungen vielmehr darauf konzentriert werden, ein hochwertiges Angebot zu ermöglichen, das imstande ist, die Meinungsbildung und auch die Meinungspluralität als solche zu befördern. Angesichts der vorhandenen Verbindungslinien zwischen Presse und Rundfunk und der oft schwierigen Abgrenzungen im Bereich der sog. „presseähnlichen AnZeitungsverlagen ging. Die Informationen zur Tagung sind abrufbar unter http://www.zv-online.de/inhalt/mseminar310_fr.htm – zuletzt besucht am 22. Januar 2012 um 23:28 Uhr; vgl. ferner auch die Ausführungen bei St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22); B. Holznagel, AfP 2011, S. 532 (534). 520 Von „Übererfüllungen“ spricht in diesem Zusammenhang K.-E. Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV, 2009, S. 18; als „den Ordnungsrahmen für das Medienrecht […] fortentwickelt“ wertet N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (17) die Übererfüllungen der Vorgaben aus dem EU-Beihilfeverfahren seitens des deutschen (Rundfunk-)Gesetzgebers. 521 Vgl. etwa zur „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ für den WDR auch BVerfGE 83, 238 (299).

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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gebote“ und der übrigen onlinebasierten Medien kann unabhängig von der regulatorischen Ausrichtung des einfachgesetzlichen Medienrechts im verfassungsrechtlichen Sinne von einer zunehmenden „Wechselwirkung zwischen Rundfunkfreiheit und Pressefreiheit“522 gesprochen werden. g) Gesetzeslücke bei bestimmten linearen Angeboten? Der von der europarechtlichen Konzeption abweichende Regulierungsrahmen des Rundfunkstaatsvertrags offenbart an der Grenze seines Anwendungsbereichs neben rein begrifflichen Abgrenzungsschwierigkeiten eine weitere Schwachstelle hinsichtlich seiner regulatorischen Wirkkraft. So sind etwa Fallgestaltungen möglich, in denen lineare Dienste weder dem einfachgesetzlichen Rundfunk- noch dem Telemedienbegriff zuzuordnen sind. Dies ist insbesondere in zwei Konstellationen denkbar, auf die E.-M. Michel im Rahmen ihrer Ausführungen hinweist523 : zum einen kann es lineare Dienste geben, die jedoch nicht zugleich die übrigen Merkmale des Rundfunkbegriffs erfüllen.524 Zu denken wäre in diesem Zusammenhang etwa an den noch recht neuen Google-Dienst „Hangouts on Air“525, durch dessen Nutzung es nahezu jedermann ermöglicht wird, Live-Übertragungen anzubieten, ohne dass dies zwingend anhand eines Sendeplans erfolgen müsste. Gleichwohl handelt es sich in diesem Falle um lineare Dienste, die allerdings entgegen herkömmlichen linearen Angeboten nicht zugleich auch an einem etwaigen Sendeplan orientiert sind, sondern vielmehr auch ohne eine entsprechende Planorientierung einem Personenkreis angeboten werden können, der zudem die in § 2 Abs. 3 Nr. 1 RStV genannte Zahl von „jedenfalls weniger als 500 potenziellen Nutzern“ überschreiten kann, ohne jedoch zugleich notwendigerweise für die Allgemeinheit bestimmt zu sein. Unterstellt man argumentum e contrario, dass als Telemedien im Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags ausschließlich solche Dienste qualifiziert werden können, die durch ihre Nicht-Linearität gekennzeichnet sind, so entstünde hier eine Gesetzeslücke.526 Zum anderen entsteht eine ähnliche Problematik auch in Fällen, in denen lineare Dienste einen der in § 2 Abs. 3 RStV verorteten Ausnahmetatbestände erfüllen und ebenfalls aufgrund ihrer fehlenden „Nicht-Linearität“ keine typischen Telemedien darstellen.527 Dies beträfe etwa lineare Angebote, die die geforderte minimale potenzielle Nutzerzahl nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 RStV nicht erreichen.528 522

So zutreffend St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23). Vgl. E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (458 f.). 524 Vgl. E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (459). 525 Vgl. hierzu die Darstellung des neuen Dienstes durch Google unter http://www.google.com/intl/de_ALL/+/learnmore/hangouts/ – zuletzt besucht am 01. 10. 2012 um 11:54 Uhr. 526 Vgl. die Ausführungen bei E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (459). 527 Vgl. E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (459). 528 E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (459) benennt den allgemeinen Fall, dass ein bestimmtes Angebot „unter den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 3 RStV fällt“, unter den auch die hier beispielhaft aufgeführte Konstellation fällt. 523

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

Es kommt somit entscheidend darauf an, ob man den Begriff der Telemedien und damit die Einbeziehung von Diensten in die spezifische telemedienrechtliche Regulierung als allgemeinen Auffangtatbestand für solche Angebote ansieht, die dem Rundfunkbegriff nicht unterfallen, oder ob man – wie in der AVMD-Richtlinie zumindest angelegt – von einer strikten Verknüpfung des Rundfunkbegriffs mit dem Merkmal der Linearität bzw. des Telemedienbegriffs mit dem Merkmal der NichtLinearität ausgeht.529 Der Rundfunkstaatsvertrag in seinen Fassungen ab dem 12. RÄStV scheint in der Neufassung der rundfunkbegrifflichen Definition gerade das Merkmal der Linearität als unterscheidungserhebliches Kriterium für eine Differenzierung zwischen Rundfunk und Telemedien heranzuziehen.530 Dennoch spricht die stark durch Negativabgrenzungen geprägte Bestimmung des Anwendungsbereichs der telemedienspezifischen Normen531 dafür, dass der Begriff der Telemedien gewissermaßen eine „Auffangfunktion“ für solche Dienste erfüllt, die nicht von § 3 Nr. 24 und 25 TKG erfasst werden und auch nicht Rundfunk im Sinne des § 2 des Rundfunkstaatsvertrages sind.532 Eine andere Auslegung dürfte dem Willen des Gesetzgebers und seinen regulatorischen Absichten wohl kaum entsprechen, würden entsprechende Dienste doch mangels Erfüllung einzelner Begriffsmerkmale trotz möglicherweise durchaus bestehender starker Relevanz für die Meinungsbildung gewissermaßen den ansonsten dicht gewebten Maschen des rundfunk- bzw. telemedienrechtlichen Regulierungsnetzes entgehen. Dennoch ist diese primär auf den Telos der medienrechtlichen Regelungen gründende Auslegung der einschlägigen Vorschriften nicht zwingend und offenbart einmal mehr, dass eine eindeutige Zuordnung einzelner Dienste angesichts immer neuer medialer Angebote de lege lata große Schwierigkeiten bereitet. Problematisch wird es dabei in solchen Konstellationen, in denen einzelne Dienste jedenfalls einer Regulierungsstufe zuzuordnen sind, jedoch eine solche Zuordnung aufgrund der einfachgesetzlichen Begriffskategorien prima facie zu keiner der vorhandenen Mediengattungen zu gelingen scheint.533 h) Kritik und rechtliche Würdigung Der mit den Vorgaben des Europarechts eng verbundene Wandel des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs hat zu beachtlichen Veränderungen im Rahmen der Rundfunk- und Medienregulierung geführt. Die an das Merkmal der Linearität anknüpfende Definition des Rundfunkbegriffs hat einerseits in der Abgrenzung zu anderen Medien nicht die Klarheit gebracht, die zu einer genauen Einordnung der jeweiligen Dienste allerdings erforderlich wäre. Andererseits bestehen Zweifel, ob die an die einzelnen Begriffskategorien anknüpfende Regulierung der wirksamen 529

Vgl. hierzu auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (459). So E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (459). 531 Vgl. hierzu auch T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (739). 532 Vgl. auch die Ausführungen R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (229 f.). 533 Vgl. in diesem Zusammenhang nochmals die Ausführungen bei E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (459). 530

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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Eindämmung verschiedener Gefährdungslagen in einer multimedial geprägten und von zunehmender Medienkonvergenz bestimmten Realität noch gerecht werden kann.534 Hierbei geht es im Kern um die Frage, ob trotz voranschreitender Konvergenz der Medien bestimmte Gefahren typischerweise mit einer speziellen Medienform wie beispielsweise dem Rundfunk verbunden sind. Denn nur unter dieser Voraussetzung kann eine nach Diensten differenzierende Regulierung den gesetzgeberischen Absichten auch tatsächlich entsprechen. Hier zeigt sich möglicherweise die im Vergleich zur tatsächlichen technischen Entwicklung des Medienbereichs größere Statik des hierauf bezogenen Rechts.535 Auch wenn vernünftigerweise im Rahmen der Regelungen zum Recht der Telemedien die frühere Differenzierung zwischen „Telediensten“ und „Mediendiensten“ überwunden wurde,536 entwickelt sich die Konvergenz des (Medien-)-Rechts537 nicht synchron zur zügigen Entwicklung der Konvergenz der Medien.538 Durch die Schaffung von weiteren Unterkategorien für den Bereich der Telemedien werden früher virulente Schwierigkeiten in der Begriffsabgrenzung „in neuem Gewand“ fortgesetzt.539 Doch auch dann, wenn man die medienspezifische Differenzierung weiterhin als sinnvoll erachtet, ergeben sich schwerwiegende Zweifel hinsichtlich der Etablierung des gewandelten einfachgesetzlichen Begriffsverständnisses. Augenscheinlich wollte man – rein definitorisch betrachtet – etwa auf das „Darbietungsmerkmal“ als inhaltliches Kriterium verzichten. Gleichwohl wird dieser Schritt nicht konsequent vollzogen, halten inhaltliche Maßstäbe (nach Auffassung des Verfassers vor dem Hintergrund gefährdungsspezifischer Erwägungen vollkommen zu Recht) ausweislich der im Widerspruch zum Gesetzestext stehenden amtlichen Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag doch wiederum Einzug in die einfachgesetzliche Definition des Rundfunkbegriffs.540 So wurden früher die Kriterien der 534 So ergeben sich in verschiedene Teilbereiche aufzugliedernde Gefährdungslagen etwa im Rahmen des Medienkonzentrationsrechts, des Jugendmedienschutzes oder auch bei den Regelungen zur Werbezeitbeschränkung, vgl. hierzu die Ausführungen bei T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (741 ff.). 535 Chr. Pichinot erkennt insoweit zu Recht „die Gefahr, dass […] die Rechtsetzung der Technik ,hinterherläuft‘“, so Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 8. 536 Vgl. zu den Begrifflichkeiten § 2 Abs.1 Satz 1 des außer Kraft getretenen MDStV sowie § 2 Abs. 1 des ebenfalls außer Kraft getretenen TDG; siehe hierzu auch R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (229). 537 Siehe zum Erfordernis einer „Konvergenz der Regulierung“ die Ausführungen bei Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 7 f.; siehe hierzu auch K.-E. Hain, K&R 2006, S. 325 ff. (327 f.) m. weit. Nachw. 538 Vgl. nochmals Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spanungsfeld von ECommerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 8. 539 So R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (229). 540 Vgl. D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 56; R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (229).

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1. Kap.: Der Rundfunkbegriff in seiner Entwicklung

„Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“541 aus dem Darbietungsmerkmal gewonnen.542 Unter Zugrundelegung des Begründungstextes bleiben diese inhaltsbezogenen Kriterien über die Begriffselemente „Veranstaltung von Angeboten für die Allgemeinheit“ weiterhin Bestandteil des Rundfunkbegriffs.543 Doch auch aus dem Rundfunkstaatsvertrag ergibt sich ein Anhaltspunkt, der die weitere Berücksichtigung inhaltlicher Komponenten untermauert: so werden in § 2 Abs. 3 RStV solche Sachverhalte in numerischer Auflistung vom einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff ausgeschlossen, denen der typische „Rundfunkcharakter“ fehlt.544 Den von den Ausschlusstatbeständen betroffenen Angeboten soll es damit wohl insbesondere an der „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“545 mangeln.546 Die Widersprüchlichkeit der gesetzlichen Konzeption wird zudem auch in der gem. § 1 Abs. 4 RStV geregelten teilweisen Anwendbarkeit der Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages auf Teleshoppingkanäle deutlich.547 Durch § 1 Abs. 4 RStV sollen insbesondere solche Regelungen auf Teleshoppingkanäle keine Anwendung finden, „die der Sicherung der Meinungsvielfalt dienen“.548 Die für Teleshoppingkanäle ausgeschlossenen Regelungen rekurrieren auf „den potenziellen Beitrag des Rundfunks zur öffentlichen Meinungsbildung“549, der so von Teleshoppingkanälen nicht geleistet werden könne.550 Aus diesem Grund fielen Teleshoppingkanäle vor InKraft-Treten des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages auch nicht unter den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff.551 Auch hierin wird die Widersprüchlichkeit und Inkonsistenz der einfachgesetzlichen Regelungen zum Rundfunkbegriffsverständnis deutlich.552 Gewissermaßen handelt es sich beim Verzicht auf das Begriffsmerkmal der „Darbietung“ im Zuge der gewandelten rundfunkbegrifflichen Definition um ein definitorisches Täuschungsmanöver, zumindest dann, wenn man die amtliche Be541

BVerfGE 90, 60 (87). Vgl. hierzu auch R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (229). 543 Vgl. die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, a.a.O. S. 3; siehe hierzu auch R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (229 f.). 544 Vgl. R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230) mit Verweis auf die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, a.a.O. S. 3. 545 BVerfGE 90, 60 (87). 546 Vgl. die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, a.a.O. S. 3; R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230); besondere Bedeutung kommt im Rahmen der Ausschlusstatbestände in diesem Zusammenhang sicherlich § 2 Abs. 3 Nr. 4 RStV zu. 547 Nach Art. 1 Abs. 4 RStV sollen die Regelungen des I. und III. Abschnitts des Rundfunkstaatsvertrages nur dann auf Teleshoppingkanäle anwendbar sein, sofern dies ausdrücklich bestimmt ist, vgl. hierzu auch die Ausführungen bei R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230). 548 So R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230). 549 So R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230). 550 So die Auffassung von R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230). 551 Vgl. R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230); B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/ F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 93. 552 Siehe auch R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230). 542

II. Der Rundfunkbegriff im 21. Jahrhundert

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gründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag zugrunde legt. Die Herausnahme des Darbietungsmerkmals aus der einfachgesetzlichen Definition des Rundfunkbegriffs erweist sich in diesem Fall bezüglich der Fortgeltung inhaltlicher Kriterien als nahezu folgenlos.553 Zweifelhaft bleibt somit, ob die neue Rundfunkbegriffsdefinition ihrer Aufgabe, eine verlässliche Grundlage für die Rechtfertigung einer besonderen Regulierung von Rundfunkangeboten in Abgrenzung zu anderen Diensten unter funktionalen und gefährdungsspezifischen Aspekten im Hinblick auf den Prozess der individuellen und darüber hinaus auch öffentlichen Meinungsbildung zu bieten, gerecht werden kann.554 So ist die Diskussion um die Fortgeltung inhaltlicher Kriterien trotz Wegfalls des Darbietungsmerkmals geradezu kennzeichnend für bestehende Unsicherheiten in der Beurteilung und Zuordnung einzelner Mediendienste in Zeiten, in denen eine monomediale Ausrichtung zunehmend einer multimedialen Verschränkung und einer immer deutlicher individuell geprägten medialen Rezeption weicht.555 Vor diesem Hintergrund wird auch ersichtlich, weshalb gerade in einer multimedial geprägten Medienlandschaft eine reine „Begriffsregulierung“556 zunehmend in Frage gestellt wird.557 Gerade der angebotene Inhalt ist bei der Beurteilung des Regulierungsbedürfnisses des jeweiligen medialen Angebotes oder Dienstes von besonderer Bedeutung, da in ihm ja das entscheidende Substrat für eine etwaige Meinungsbildungsrelevanz zu sehen ist.558 Nur wenn es gelingt, die zugrunde gelegten Begriffe einem spezifischen Gefährdungspotenzial zuzuordnen und das Kennzeichen der Meinungsbildungsrelevanz unter Heranziehung einer abstrakten Begriffsdefinition nicht weiterhin lediglich dem klassischen Fernsehen zuzusprechen559, kann die rundfunk- und medienrechtliche Regulierung die vom Gesetzgeber bezweckte Wirkkraft entfalten.

553

Vgl. auch R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230). Vgl. zum funktionalen Rundfunkbegriff auch die Ausführungen bei D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 50 ff. 555 Vgl. auch J. Becker, ZUM 2009, S. 441 f. (441). 556 Diesen Terminus verwenden T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (741). 557 Vgl. die Ausführungen bei T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (741 ff.). 558 Vgl. zur Bedeutung der angebotenen Inhalte die Ausführungen bei R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff.; J. Becker, ZUM 2009, S. 441 f. (441); grundlegend auch die Darlegungen zur „Content-Regulierung“ bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, passim. 559 Siehe hierzu T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (744). 554

2. Kapitel

Der Rundfunk im europäischen Recht und seine begriffliche Analyse I. Rundfunkrechtliche Kompetenz der Europäischen Union 1. Allgemeine rechtliche Rahmenbedingungen Die unterschiedlichen Definitionen des Rundfunkbegriffs bzw. auch die möglicherweise abweichende Terminologie im Mehrebenensystem sind nicht zuletzt auch unterschiedlichen Regelungszwecken im Rahmen der jeweiligen Rechtsetzungsebene geschuldet.1 Die Regelungszwecke werden dabei ganz entscheidend von der spezifischen Regelungskompetenz der rechtsetzenden Instanz bestimmt. So gründet die starke inhalteorientierte Ausrichtung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs auf der grundrechtssichernden Auslegung der Rundfunkfreiheit, die der in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verbürgten Meinungsfreiheit dienen soll.2 Die Aufgabe des Rundfunks ist nach verfassungsrechtlichem Verständnis auf die „Sicherung des Meinungspluralismus“ im Rahmen der demokratischen Willensbildung ausgerichtet.3 Dabei gehen mit dieser stark „funktionsbezogenen“ Betrachtungsweise4 und den diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Erwägungen zum Rundfunkbereich auch die hierin begründet liegende Regelungskompetenz und -pflicht des Gesetzgebers einher. Vor diesem Hintergrund können alle, aber auch nur solche Inhalte dem Rundfunkbegriff aus verfassungsrechtlichem Blickwinkel zugeordnet werden, die zur Förderung des Meinungsbildungsprozesses geeignet sind.5 Die Europäische Union, deren rechtliche Vorgaben auch für das Medienrecht in seiner Gesamtheit, das bislang stets primär durch die einzelstaatliche Gesetzgebung auf nationaler Ebene geprägt wurde, eine immer größere Bedeutung erlangen und entsprechende Aus-

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Vgl. auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157 f., 163 f. Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157. 3 Vgl. M. Knothe/E. Wanckel, ZUM 1995, S. 20 ff. (21); C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157. 4 C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157, 163. 5 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157 f. 2

I. Rundfunkrechtliche Kompetenz der EU

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wirkungen zeitigen,6 verfolgt hingegen einen weniger inhalteorientierten Ansatz, da ihr die Kompetenz für diesen vom nationalen Recht erfassten inhaltsspezifischen Regelungszusammenhang fehlt.7 Medien- und damit auch rundfunkrechtliche Regelungen der Europäischen Union sind darüber hinaus nur dann von Bedeutung, wenn der Europäischen Union überhaupt entsprechende Kompetenzen im Medienbereich zustehen.8 Anders als den Mitgliedstaaten fehlt der Europäischen Union insoweit die sog. „Kompetenz-Kompetenz“, also die Fähigkeit, sich eigenständig Kompetenztitel zur Regelung von Sachverhalten zu verschaffen.9 Nach dem in Art. 3 Abs. 6 EUV i.V.m. in Art. 5 Abs. 2 Satz 1 EUV verankerten sog. „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung“10 ist eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage Voraussetzung für jegliches Handeln der Europäischen Union.11 Demnach begründet ausschließlich eine vertraglich zugewiesene Zuständigkeit Rechtsetzungsbefugnisse auf unionsrechtlicher Ebene.12 Da „Kultur“ und „Rundfunk“ begrifflich lange Zeit keine Berücksichtigung in den Primärverträgen fanden und mit der Begründung, dass 6 So etwa auch R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 1; siehe auch K. Stern, Neue Mediendienste und öffentlich-rechtlicher Rundfunk – Begrüßung und Einführung, in: K. Stern/H. Prütting/K.-N. Peifer (Hrsg.), Neue Mediendienste und öffentlichrechtlicher Rundfunk, 2009, S. 1. 7 Vgl. C. Bernard, ebda.; in diesem Zusammenhang konstatiert N. Lutzhöft, dass der Europäischen Union „eine ausdrückliche Kompetenzzuweiseung zur Regelung und Sicherung der Meinungsvielfalt“ fehle, vgl. N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 2. 8 Vgl. A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 88; vgl. ferner auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 70. 9 Vgl. A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 88; f. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 38; vgl. auch allgemein zu den Kompetenzen der Europäischen Union M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 11 Rdn. 2 ff. 10 Vgl. hierzu R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 16; A. Haratsch/ Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 156 ff.; vgl. auch zur ursprünglichen Verankerung dieses Prinzips im Vertrag von Maastricht Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 32. 11 Vgl. A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 88; R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/ D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 16; A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 156 ff.; M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 11 Rdn. 3 ff.; M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (476 f.); darüber hinaus finden in diesem Zusammenhang weitere Begrifflichkeiten Verwendung, wie z. B. die Bezeichnungen „begrenzte Einzelzuständigkeit“, „begrenzte Handlungsermächtigung“ oder auch „begrenzte Kompetenzzuweisung“, vgl. hierzu die entsprechenden Nachweise bei F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 35 FN 2. 12 Vgl. F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 35 ff.; M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 11 Rdn. 3 ff. (4, 6).

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

die damalige EG und heutige EU primär eine Wirtschaftsgemeinschaft sei, wurde der Europäischen Gemeinschaft in strittigem Diskurs teilweise eine Regelungskompetenz für den Rundfunkbereich als kultureller Angelegenheit gänzlich abgesprochen.13 So plädierten etwa die deutschen Bundesländer und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Streit um die Fernsehrichtlinie der EG für eine entsprechende Bereichsausnahme.14 Ein Anknüpfungspunkt für eine entsprechende Kompetenz kann möglicherweise in Art. 167 Abs. 2 Spiegelstrich 4 AEUV (ehemals Art. 151 Abs. 2 Spiegelstrich 4 EGV) gesehen werden, wonach die Europäische Union im Rahmen ihrer „Tätigkeit die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten“ „fördert“ und „erforderlichenfalls deren Tätigkeit“ „ergänzt“, und zwar unter anderem im Bereich des künstlerischen und literarischen Schaffens, „einschließlich im audiovisuellen Bereich“.15 Hierdurch erhält die Europäische Union aber lediglich Kompetenzen zur Durchführung von Fördermaßnahmen, nicht jedoch eine Befugnis zur Harmonisierung nationalrechtlicher Vorschriften16 oder gar eine eigene Rundfunkkompetenz im engeren Sinne.17 Die Auffindung ergänzender europarechtlicher Kompetenzen im Rundfunkbereich wird neben dem Fehlen einer ausdrücklich im Unionsrecht verorteten Rundfunkkompetenz18 dadurch erschwert, dass im EU-Recht die Kompe13 Vgl. BVerfGE, 92, 203 ff.; B. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, 1996, S. 129; damals noch R. Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, 11. Aufl. 1998, S. 214; differenzierend, aber die grundsätzliche Diskussion „als überwunden“ betrachtend C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 70 f.; vgl. ferner auch A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 88. 14 Siehe den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 1. – 3. Oktober in Hamburg zum Vorschlag einer EG-Rundfunkrichtlinie, MP Dokumentation I/1987, 78; Beschluss des Bundesrates zum Vorschlag einer EG-Rundfunkrichtlinie, MP Dokumentation II/1987, 143; vgl. hierzu auch Chr. Engel/S. Seelmann-Eggebert, in: M. A. Dauses (Hrsg.), Handbuch des EUWirtschaftsrechts, Bd. 1, Stand EL 28 2011(EL 7), Kap. E. V. Rdn. 85; B. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, 1996, S. 129 m. weit. Nachw. 15 Vgl. auch A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 89. 16 Vgl. etwa auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 73 f.; a. A. hingegen bei I. Schwartz, ZUM 1989, S. 381 ff. (389); siehe hierzu die Kritik bei G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 57, die zu Recht eine umfassende Rechtsangleichungskompetenz durch die Gemeinschaftsorgane auf dem „Gebiet des Rundfunkrechts“ verneinen. 17 Vgl. auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 74; in dieser Vorschrift grds. Ansätze einer entsprechenden EU-Kompetenz erkennend, aber das Vorliegen einer eigenen Rundfunkkompetenz ebenfalls ablehnend auch R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/ R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 16 f; die EU- bzw. damals EG-rechtliche Kompetenz in kulturellen Angelegenheiten mit Verweis auf das „Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ (alter Fassung) betonend A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 89; vgl. in diesem Zusammenhang auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 60, die klarstellen, dass auch nach der EuGH-Rechtsprechung „nicht das ganze Rundfunkrecht“ dem (damals geltenden) EGV untergeordnet ist. 18 Vgl. etwa R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 16.

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tenzen nicht wie im Grundgesetz nach Sachgebieten, sondern vielmehr nach bestimmten Regelungszielen, die durch Kodifizierung Eingang in die Verträge gefunden haben, geordnet sind.19 Eine zentrale Zielsetzung ist dabei die Verwirklichung und Aufrechterhaltung eines gemeinsamen Binnenmarktes innerhalb der Europäischen Union,20 wie sich aus Art. 3 Abs. 3 EUV21 i.V.m. Art. 26 AEUV ergibt.22 Vor diesem Hintergrund wird die Europäische Union etwa in allgemeiner Weise zu Maßnahmen ermächtigt, die der Förderung der Dienstleistungsfreiheit dienen, ohne dass explizit jeder einzelne Bereich genannt wird, der im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit auch umfasst sein kann.23 Somit können unter Zugrundelegung dieser „Querschnittskompetenz“ auch Bereiche von dem Ziel zur Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit umfasst sein, für die der EG-Vertrag ansonsten keine gesonderte Kompetenz ausweist.24 Dieser Befund gilt auch für kulturelle Sachverhalte, weshalb europarechtliche Einwirkungen auch auf den hier relevanten Bereich von Rundfunk und Medien im Allgemeinen möglich sind.25 Der Europäische Gerichtshof hat den Rundfunk im Rahmen seiner Rechtsprechung bereits früh als wirtschaftliche Dienstleistung im Sinne der damals geltenden Art. 59 ff. EGV erkannt.26 Die Existenz auch auf den Rundfunk bezogener Befugnisse durch die Eu19 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 69; A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 87 f.; F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 35. 20 Vgl. G. Hermann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 33. 21 Art. 3 Abs. 3 Satz 1 EUV lautet im Wortlaut wie folgt: „Die Union errichtet einen Binnenmarkt.“ Vgl. hierzu auch R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 3 EUV Rdn. 7 ff. 22 Art. 26 Abs. 2 AEUV hat folgenden Wortlaut: „Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen der Verträge gewährleistet ist.“ Vgl. zu Art. 26 AEUV auch die Ausführungen bei M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 26 AEUV Rdn. 1 ff. 23 Vgl. A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 88 f. 24 Vgl. A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 88 f.; vgl. auch die differenzierenden Ausführungen bei F. Ossenbühl, Rundfunk zwischen nationalem Verfassungsrecht und europäischem Gemeinschaftsrecht, 1986, S. 49, 62; vgl. zum Begriff der „Querschnittskompetenzen“ auch B. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, 1996, S. 129; F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 35 f; R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 18; siehe auch zu den sog. „Querschnittsklauseln“ die Ausführungen bei T. Stein, Die Querschnittsklausel zwischen Maastricht und Karlsruhe, in: O. Due/M. Lutter/J. Schwarze (Hrsg.), Festschrift für Ulrich Everling, Band II, 1995, S. 1439 ff. (insbesondere auch 1441 ff.). 25 Vgl. B. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, 1996, S. 129 f.; A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 89. 26 Vgl. EuGH Rs. 155/73, Urt. v. 30. 4. 1974, Giuseppe Sacchi, Slg. 1974, S. 409, 428; Rs. C-56/96, Urt. v. 5. Juni 1997, VT4 Ltd./.Flämische Gemeinschaft, Slg. 1997, S. I-3143 (I3167 Rdn. 18 ff.); siehe hierzu auch S. Magiera, Rechtliche Grundfragen einer werden europäischen Rundfunkordnung, in: K. Stern und andere (Hrsg.), Eine Rundfunkordnung für Europa – Chancen und Risiken, 1990, S. 51 ff. (72); siehe ferner auch G. Ress, Kultursubventionen

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

ropäische Union – gerade im Hinblick auf Aspekte der Dienstleistungsfreiheit und des EU-Wettbewerbsrechts27 – wird implizit auch durch das „Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten“, das zuletzt im Zusammenhang mit dem Vertrag von Lissabon geändert wurde, vorausgesetzt.28 Hierin heißt es: „Die Bestimmungen der Verträge berühren nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren, sofern die Finanzierung der Rundfunkanstalten dem öffentlich-rechtlichen Auftrag, wie er von den Mitgliedstaaten den Anstalten übertragen, festgelegt und ausgestaltet wird, dient und die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, wobei den Erfordernissen der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags Rechnung zu tragen ist.“29 Die Europäische Union darf also nach Maßgabe dieses Protokolls immer dann intervenierend tätig werden, wenn durch die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten seitens der Mitgliedstaaten eine Beeinträchtigung der ausgewiesenen Ziele der Europäischen Union von einiger Erheblichkeit zu befürchten ist.30 Somit können europarechtliche Regelungen – und zwar sowohl solche des Primärrechts als auch solche des Sekundärrechts – den Rundfunk- und Medienbereich erfassen bzw. Auswirkungen in diesem Sektor entfalten.31 Ein einheitlicher und vor allen Dingen umfassender Rundfunkbegriff wird dabei im Europarecht nicht definiert bzw. vorgeschrieben.32 Vielmehr werden in einzelnen Richtlinien etwa der sog. „audiovisuelle Mediendienst“33 oder der Begriff des Fernsehens oder der Fernseh-

und Rundfunkfreiheit in der EU, in: F. Fechner/Th. Oppermann/L. V. Prott (Hrsg.), Prinzipien des Kulturgüterschutzes, 1996, S. 123 ff. (125); R. Stober/S. Eisenmenger, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, 15. Aufl. 2011, S. 197; N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 4. 27 Siehe hierzu auch N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 3. 28 Rundfunk-Protokoll vom 2. Oktober 1997, zuletzt geändert durch Art. 1 Abs. 4 Buchstabe h, Abs. 28 Protokoll Nr. 1 zum Vertrag von Lissabon vom 13. 12. 2007 (ABl. EU Nr. C 306, S. 163); vgl. hierzu A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 89. 29 Vgl. in diesem Zusammenhang auch G. Hermann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 66a f. 30 Vgl. insoweit schon zur damals gültigen Fassung des „Protokolls über den öffentlichrechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten“ A. Trafkowski, Medienkartellrecht, 2002, S. 89. 31 So auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 40. 32 Vgl. W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 26; vgl. aber zu der inzwischen umfassenden Berücksichtigung der verschiedenen audiovisuellen Mediendienste im Rahmen der AVMDRichtlinie B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 29 ff.; einen „Kernbegriff des europäischen Rundfunkbegriffs“ nimmt jedoch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 82 an. 33 Vgl. hierzu etwa Art. 1 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (Richtlinie 2010/13/EU).

I. Rundfunkrechtliche Kompetenz der EU

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sendung definitorisch erfasst.34 Eines darf jedoch bei der Analyse der europarechtlichen Regelungen und der ihnen zugrunde liegenden Begrifflichkeiten niemals aus dem Blickfeld geraten: Die Europäische Union betrachtet den Rundfunk zuallererst als „Dienstleistung und Wirtschaftsgut“.35 Eine solche an der Regelungskompetenz orientierte Betrachtungsweise führt unweigerlich zu einem unterschiedlich weiten Begriffsverständnis auf den verschiedenen Regelungsebenen.36 Fraglich erscheint in diesem Zusammenhang, ob es einer Anpassung der verschiedenen Rundfunkbegriffe bzw. solcher Begriffe, die den Anwendungsbereich einzelner Regelungen für bestimmte Mediendienste festlegen, auf europäischer und nationaler Ebene bedarf oder welche Auswirkungen die unterschiedliche definitorische Reichweite auf den jeweiligen Rundfunkbegriff oder verwandte Medienbegriffe der anderen Rechtsebene hat. Hierbei spielt sicherlich einerseits der grundsätzliche „Anwendungsvorrang des Unionsrechts“37, andererseits aber auch die weiterreichende Kompetenz der Mitgliedstaaten, die im Falle der Bundesrepublik Deutschland auf den einschlägigen grundrechtlichen Verbürgungen des nationalen Verfassungsrechts unter Berücksichtigung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern gründet, eine Rolle. So kann der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff zumindest dann keine Einschränkung durch die Regelungen des europäischen Unionsrechts erfahren,38 wenn die Definition außerhalb der Kompe34 Vgl. W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 26; siehe für einen Überblick auch B. Holznagel/ Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 19 ff. 35 Vgl. M. Knothe/E. Wanckel, ZUM 1995, S. 20 ff. (21); siehe zu den entsprechenden „Grundanliegen der rundfunkrechtlich relevanten EU-Normen“ auch die Feststellungen bei N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 2. 36 Siehe in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 70 ff., S. 157 f. 37 Vom „Vorrang des Gemeinschaftsrechts“ spricht der Europäische Gerichtshof bereits in EuGH, Rs. 6/64, Urt. vom 15. Juli 1964, Flaminio Costa./.E. N. E. L., Slg. 1964, S. 1251 ff. (1270); einen „Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts“ benennt der Europäische Gerichtshof in EuGH, Rs. 106/77, Urt. vom 09. März 1978, Staatliche Finanzverwaltung./. Simmenthal, „Nichtanwendung eines gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Gesetzes durch das innerstaatliche Recht“, Slg. 1978, S. 629 ff. (insbesondere 630 Leitsatz 3, ferner 644 Rdn. 17/18); zum „Vorrang des Unionsrechts“ im Rahmen der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs etwa EuGH, Rs. C-409/06, Urt. v. 09. September 2010, auszugsweise abgedruckt, in: MMR 2010, S. 838 ff., Rdn. 53 ff., mit Anmerkung durch L. Mintas, ebda. S. 840; siehe hierzu mit unterschiedlichen Bezügen zur Rechtsprechung des EuGH auch B. Heiderhoff, Gemeinschaftsprivatrecht, 2. Aufl. 2007, S.1; vgl. ferner etwa A. Epiney, EuR 1994, S. 301 ff. (314); H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 68 f.; C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 158; A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 181 ff. 38 Eine nicht „konstitutive, sondern nur eine orientierende Funktion“ spricht K. Stern unter anderem den Definitionen des Europarechts für den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff zu, vgl. K. Stern, Staatsrecht, Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663.

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tenzen der Europäischen Union liegende Sachverhalte umfasst. In diesem Fall kann angenommen werden, dass ein (denkbar engeres) europarechtliches Rundfunkbegriffsverständnis oder ein entsprechendes Verständnis eines verwandten zur Erfassung bestimmter Medien herangezogenen Begriffs, der in Ansehung seines Bedeutungsgehalts den Bereich des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs tangiert, nur solchen Regelungen zugrunde liegen kann, die durch das Europarecht bindend vorgegeben werden können. Ein darüber hinaus gehender verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff bleibt damit von europarechtlichen Restriktionen weitgehend unberührt,39 zumal in diesem Fall nicht von einer abschließenden rundfunkbezogenen Begriffsdefinition durch die Europäische Union ausgegangen werden kann.40 Anders könnte der Einfluss des europarechtlichen Begriffsverständnisses allerdings in Bezug auf den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff zu bewerten sein, da es hier möglicherweise größere Schnittmengen im Hinblick auf den jeweils zugrunde liegenden Regelungszweck gibt. Allerdings gibt es auch hier bei weitem keine exakten Entsprechungen der Kompetenzbereiche. Vielmehr betreffen die europarechtlichen Vorgaben schwerpunktmäßig die Durchsetzung der Dienstleistungsfreiheit und der anderen europäischen Grundfreiheiten, also den wirtschaftlichen Bereich mit dem Ziel der Schaffung bzw. Aufrechterhaltung eines gemeinsamen Binnenmarktes und damit verbunden der Gewährleistung eines freien Sendeverkehrs41 im Medienbereich, während die rundfunkrechtliche Kompetenz der Länder im Kern in der kulturellen Bedeutung des Rundfunks wurzelt und die regulatorische Ausgestaltung hier vor allen Dingen der funktionalen Bedeutung der vom Rundfunkbegriff erfassten Angebote im Rahmen des Meinungsbildungsprozesses42 – eingedenk der aus seiner Wirkungsweise resultierenden wesensspezifischen Gefährdungspotenziale – geschuldet ist. Auf europäischer Ebene spielen zudem beihilferechtliche Fragen eine entscheidende Rolle43 – auch in Bezug auf die Wettbewerbsstellung des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks. Allerdings stehen die verschiedenen Kompetenzebenen nicht unverbunden nebeneinander. So wird durch die Gewährleistung der Dienstleistungsfreiheit seitens der Europäischen Union auch die kulturelle Vielfalt in Europa im Rundfunkbereich befördert. Anders ausgedrückt: Bestehen Barrieren im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit beim Rundfunk, so sind hiermit unweigerlich auch Kultur- und

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Siehe in diesem Zusammenhang nochmals die differenzierenden Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht, Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663. 40 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 158. 41 Vgl. hierzu etwa K. Stern, Staatsrecht, Band IV/1, 2006, §110 S. 1662 f. 42 Vgl. zur funktionalen „Betrachtungsweise“ mit verfassungsrechtlichen Bezügen die Ausführungen bei D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 49; siehe in diesem Zusammenhang bereits die Ausführungen zur alten einfachgesetzlichen Rechtslage bei H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 53 ff. 43 Vgl. I. E. Schwartz, Rundfunk, EG-Kompetenzen und ihre Ausübung, in: K. Stern und andere, Eine Rundfunkordnung für Europa – Chancen und Risiken, 1990, S. 11 ff. (21 f.).

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Grundrechtsbeschränkungen verbunden.44 Gerade in kulturrechtlicher und -politischer Hinsicht bleibt dabei die rechtliche Ausgestaltungshoheit in Bezug auf den Rundfunk kompetentiell (noch) den Ländern überlassen.45 Ist in Zweifelsfällen unklar, ob eine Regelung eher die kulturelle Seite des Rundfunks und damit den Bereich landesrechtlicher Kompetenzen oder aber wirtschaftliche Aspekte mit entsprechender Zuweisung zum Kompetenzbereich der EU betrifft, so bedarf es zur Überprüfung der unionsrechtlichen Zuständigkeit im Rahmen der erforderlichen Kompetenzabgrenzung einer wertenden Betrachtung. In solchen Fällen bietet es sich an, auf den Schwerpunkt der fraglichen Regelung abzustellen,46 auch wenn einer solchen Betrachtungsweise durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Tabakwerberichtlinie47 enge Grenzen gezogen worden sind. Legt man die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zugrunde, darf die Union jedenfalls dann nicht regelnd tätig werden, wenn die entsprechende europäische Bestimmung die eigentliche Zuständigkeit der Europäischen Union nur peripher tangiert, in Wirklichkeit aber solche Bereiche abdeckt, die gerade nicht von einer entsprechenden Einzelermächtigung der Union durch ihre Mitgliedstaaten gedeckt sind.48 Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH scheint es dennoch geboten, künftig in folgender Weise zu differenzieren: Ist der Schwerpunkt eines zu regelnden Sachverhalts im kulturellen Bereich auszumachen, sind bezogen auf die Bundesrepublik Deutschland die Bundesländer primär für eine entsprechende Gesetzgebung zuständig, wohingegen anderenfalls, 44

Vgl. hierzu I. E. Schwartz, Rundfunk, EG-Kompetenzen und ihre Ausübung, in: K. Stern und andere, Eine Rundfunkordnung für Europa – Chancen und Risiken, 1990, S. 11 ff. (11 f.). 45 Vgl. BVerfGE 92, 203 (238 f.); K. Hümmerich, AfP 1991, S. 591 ff. (592), der den Begriff „Kulturfaktor“ im Rahmen seiner Darstellung bemüht; D. Dörr, ZUM 1995, S. 14 ff. (20); C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 159 f.; siehe auch G. Herrmann/ M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 60. 46 Hierbei handelt es sich um die sog. „Theorie vom Regelungsschwerpunkt“, vgl. hierzu R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 24. 47 EuGH, Rs. C-376/98, Urt. vom 5. Oktober 2000, Bundesrepublik Deutschland ./. Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, „Richtlinie 98/43/EG – Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen – Rechtsgrundlage – Artikel 100a EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 95 EG)“, Slg. 2000, S. I-8419 ff. (I-8498 ff.); siehe hierzu etwa auch J. Gundel, EuR 2007, S. 251 ff. (253); F. Jürgens, Die Kompetenzabgrenzung zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten, 2010, S. 165. 48 So führte der EuGH in Bezug auf die damals streitgegenständliche Tabakwerberichtlinie aus: „Eine Auslegung des Artikels 100a sowie des Artikel 57 Absatz 2 und Artikel 66 EGVertrag dahin, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber diese Bestimmungen auch zur Beseitigung nur geringfügiger Wettbewerbsverzerrungen heranziehen dürfte, wäre deshalb mit dem (oben in Randnummer 83 bereits genannten) Grundsatz unvereinbar, dass die Befugnisse der Gemeinschaft auf Einzelermächtigungen beruhen“, vgl. EuGH, Rs. C-376/98, Urt. vom 5. Oktober 2000, Bundesrepublik Deutschland ./. Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, „Richtlinie 98/43/EG – Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen – Rechtsgrundlage – Artikel 100a EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 95 EG)“, Slg. 2000, S. I-8419 ff. (I-8530 Rdn. 107).

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also wenn wirtschaftliche, primär für den europäischen Binnenmarkt relevante Aspekte betroffen sind, die Europäische Union zur Regelung des fraglichen Sachverhalts befugt ist.49 Darüber hinaus wird die Gefahr eines überbordenden Kompetenzverlustes der Länder durch europäisches Unionsrecht noch auf eine andere Weise begrenzt: so bedarf es zur Umsetzung europäischer Richtlinien in nationales Recht eines Umsetzungsaktes durch ein nationales Gesetz, wobei in aller Regel den nationalen Gesetzgebern ein eigener Gestaltungsspielraum verbleibt und die Richtlinie „nur“ im Hinblick auf das ihrerseits angestrebte Ziel verbindlich ist.50 Hierdurch erhalten die Länder einen – zumindest begrenzten – Ausgestaltungsspielraum im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie durch eigene gesetzgeberische Gestaltung, die im Übrigen auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Grundgesetzes genügen muss.51 Der Ausgestaltungsspielraum wird dabei allerdings gerade aufgrund der aus Art. 288 Unterabsatz 3 AEUV zu gewinnenden, seitens der Mitgliedstaaten der EU bestehenden Umsetzungspflicht zur Zielerreichung der jeweiligen Richtlinie wiederum begrenzt.52

2. Weitere Grenzen europarechtlicher Kompetenzen Neben dem bereits erwähnten Ausgestaltungsspielraum der Länder im Rahmen der Umsetzung europäischer Richtlinien sind unionsrechtlichen Regelungen im Rundfunkbereich weitere Grenzen gesetzt. Dabei ist eine klare Grenzziehung zwischen den einzelnen Kompetenzebenen auch vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass sich zwei grundsätzliche Tendenzen zwischen europa- und verfassungsrechtlichen Bestrebungen abzeichnen: Eine „zentralistische“53 Ausrichtung auf der Ebene der Europäischen Union, die von dem Gedanken der Schaffung einer „europäischen Medienordnung“ getragen ist, steht der föderal ausgestalteten Medienordnung deutscher Prägung gegenüber.54 Wie bereits festgestellt, kann die Europäische Union nur unter Beachtung des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung in den Be49 Vgl. R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 24. 50 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 159 f.; M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 9 Rdn. 82 ff. (82). 51 So die zutreffende Darstellung bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 159 f. 52 Vgl. R. Krumsiek, Die Auswirkungen des werdenden europäischen Rundfunkrechts auf Rundfunkstaatsvertrag und das Landesrundfunkrecht Nordrhein-Westfalen, in: K. Stern und andere, Eine Rundfunkordnung für Europa – Chancen und Risiken, 1990, S. 45 ff. (45). 53 So zutreffend R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008) Kap. B 4 Rdn. 2. 54 Vgl. hierzu R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008) Kap. B 4 Rdn. 2 mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur EG-Fernsehrichtlinie, in deren Zuge diese bestehende Konfliktlage deutlich zum Vorschein kam.

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reichen tätig werden, in denen ihr durch Vertrag entsprechende Rechtsetzungsbefugnisse in der Gestalt ausdrücklicher Kompetenztitel verliehen worden sind.55 Dieser eng gesteckte Rahmen wird jedoch durch eine „extensive Befugnisnormauslegung“56 wieder ein Stück geweitet, was sicherlich nicht zuletzt der effektiven Erfüllung europäischer Zielsetzungen in Bezug auf bestehende Querschnittskompetenzen geschuldet ist.57 Vor diesem Hintergrund wird verständlich, weshalb sich der Handlungsspielraum der Europäischen Union de facto weit über die Grenzen dessen hinaus erstreckt hat, was als Kompetenz im Sinne einer Sachgebietsausweisung in den Primärverträgen erkennbar ist.58 Im Rahmen bestehender Kompetenzen der Europäischen Union ergeben sich Kompetenzausübungsschranken insbesondere aus dem „Subsidiaritätsprinzip“, aus dem „Prinzip der Unionstreue“ und aus dem „Prinzip der Verhältnismäßigkeit“.59 Im Schrifttum werden darüber hinaus weitere Abgrenzungsperspektiven diskutiert, um die Reichweite der unionsrechtlichen Zuständigkeiten genauer zu fassen.60 Während der Europäische Gerichtshof bei kompetenziellen Streitigkeiten im Rahmen seiner Rechtsprechungstradition die gemeinschafts- bzw. unionsrechtlichen Kompetenzen weit ausgelegt hat und traditionell „von einer allgemeinen Kompetenzvermutung zu Gunsten der Gemeinschaft“61 (heute Union) ausgegangen ist,62 ist nach Auffassung von D. Dörr in jüngerer Zeit ein „vorsichtiger Wandel“63 im Rahmen seiner Rechtsprechung dergestalt auszumachen, dass das Gericht verstärkt auch die Grenzen europäischer 55 Vgl. F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 35; M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/ C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 11 Rdn. 3 ff. (4, 6). 56 So F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 36 m. weit. Nachw. 57 Vgl. F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 36 m. weit. Nachw. 58 Vgl. hierzu auch F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 37. 59 Vgl. hierzu F. Ossenbühl, Rundfunk zwischen nationalem Verfassungsrecht und europäischem Gemeinschaftsrecht, 1986, S. 49; R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/ R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 22; vgl. auch die Ausführungen zum „Grundsatz der Unionstreue“ und zum „Subsidiaritätsgrundsatz“ bei D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 81 ff. 60 Vgl. hierzu R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 22 m. weit. Nachw. 61 So R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 25. 62 Vgl. EuGH, Rs. 22/70, Urt. vom 31. März 1971, Kommission der Europäischen Gemeinschaften./.Rat der europäischen Gemeinschaften, „Europäisches Übereinkommen über Straßenverkehr“, Slg. 1971, S. 263 (275 f.); EuGH, Rs. 208/80, Urt. vom 15. September 1981, Lord Bruce of Donington./.Aspden, Slg. 1981, S. 2205 (2218 f.). 63 So D. Dörr, NJW 1997, S. 1341 ff. (1342 f.); ebenso R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/ D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 25.

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Kompetenzen aufzeige und zugunsten der mitgliedstaatlichen Kompetenzen und zugunsten „des Pluralismus im Rundfunkwesen“ auch angenommen habe, dass die Verwirklichung des letztgenannten ein Ziel sei, das „im Allgemeininteresse“ liege und zur Rechtfertigung bei „Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit“ herangezogen werden könne.64 Die Unionsorgane müssen im Rahmen ihrer Kompetenzausübung insbesondere dann die Auswirkungen ihrer Regelungen auf mitgliedstaatliche Kompetenzen berücksichtigen, wenn es sich um überschneidende Kompetenzen handelt und die verbliebenen Sachkompetenzen der Mitgliedstaaten entgegen der Maßgaben, die sich aus dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit ergeben, durch das beabsichtigte Handeln der EU-Organe allzu stark beschnitten würden.65 a) Subsidiaritätsprinzip Auch unter dem Dach des europäischen Unionsrechts entfaltet das in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 EUV verortete Subsidiaritätsprinzip66, das ebenso im deutschen Rechtssystem fest verankert ist und dessen Aufnahme in kodifiziertes Recht auf europäischer Ebene auf eine deutsche Initiative mit Unterstützung Großbritanniens zurückgeführt werden kann67, als „Strukturprinzip“68 seine kompetenzeingrenzende Wirkung zulasten entsprechender Regelungsbefugnisse auf Unionsebene und zugunsten organisatorisch untergeordneter Ebenen des Gemeinwesens.69 Art. 5 Abs. 3 Satz 1 EUV macht deutlich, dass das Subsidiaritätsprinzip nicht für die Bereiche gilt, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fallen.70 In Er64 Vgl. D. Dörr, NJW 1995, S. 2263 ff. (2265); ders., NJW 1997, S. 1341 ff. (1342 f.); R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008) Kap. B 4 Rdn. 25. 65 Vgl. F. Ossenbühl, Rundfunk zwischen nationalem Verfassungsrecht und europäischem Gemeinschaftsrecht, 1986, S. 49. 66 Das Subsidiaritätsprinzip wurde durch den Vertrag von Maastricht damals erstmals im EG-Vertrag verankert, vgl. hierzu A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 165; M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 11 Rdn. 23 ff. 67 Vgl. insoweit auch A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 165. 68 Vgl. hierzu die Ausführungen bei St. U. Pieper, DVBl. 1993, S. 705 ff. 69 Vgl. F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 43; Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 78 f.; teilweise wird das Subsidiaritätsprinzip auch als „Kompetenzausübungsmaxime“ umschrieben und von einer „Kompetenzverteilungsmaxime“ klar abgegrenzt, vgl. insoweit A. Haratsch/ Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 167; vgl. ferner auch M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (477 f.). 70 Vgl. hierzu auch I. E. Schwartz, AfP 1993, S. 409 ff. (409); J. Martín-Pérez de Nanclares, Die EG-Fernsehrichtlinie, 1995, S. 41; F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 45; Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und

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mangelung eines ausgewiesenen Kompetenzkataloges – wie ihn etwa das deutsche Grundgesetz kennt – bleibt allerdings unklar, welche Regelungssachverhalte dem Bereich der ausschließlichen Zuständigkeit der Europäische Union genau unterfallen sollen.71 Teilweise findet sich in der Literatur die Auffassung, dass immer dann zumindest von einer ausschließlichen Zuständigkeit auszugehen sei, wenn die Regelung auf die „Beseitigung“ von „Hindernissen“ für die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes der Europäischen Union abziele, wobei nach dieser Auslegung auch die Regelungen erfasst wären, die die Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit in Bezug auf den Rundfunk- und Medienbereich betreffen.72 Folgt man dieser Auslegung, wäre die Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips in diesem Zusammenhang schon a priori ausgeschlossen.73 Da jedoch die wettbewerbsrechtlichen Belange nur einen Teilaspekt der gesamten Bandbreite der durch gesetzliche Regelungen zu gestaltenden rundfunkrechtlichen Fragestellungen betreffen, greift eine Reduzierung auf die wettbewerbsrechtliche Dimension im Ergebnis zu kurz, sodass eine differenzierende Betrachtung vorzugswürdig erscheint. Die kulturpolitische Dimension des Rundfunks sowie seine Funktion für den Prozess demokratischer Willensbildung dürfen dabei ebenso wenig außer Betracht bleiben wie die Tatsache, dass ausschließliche Kompetenzen der Europäischen Union nach derzeitiger „Verfassung“ – auch um ein Leerlaufen des Subsidiaritätsprinzips zu verhindern74 – grundsätzlich

Fernsehrichtlinie, 2005, S. 78; M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (477); R. Hartstein/W.-D. Ring/ J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 27; A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 167. 71 Vgl. I. E. Schwartz, AfP 1993, S. 409 ff. (insbesondere auch 413); J. Martín-Pérez de Nanclares, Die EG-Fernsehrichtlinie, 1995, S. 41; F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 45; R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 27. 72 Vgl. die differenzierende Darstellung bei I. E. Schwartz, AfP 1993, S. 409 ff. (413 ff.); J. Martín-Pérez de Nanclares, Die EG-Fernsehrichtlinie, 1995, S. 41; R. Hartstein/W.-D. Ring/ J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 27; a. A. hingegen A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kap. 7 Rdn. 43 ff. (46), der diejenigen Bereiche, die sich auf den „Prozess der nationalen Meinungsund politischen Willensbildung“ beziehen, aus dem Zuständigkeitsbereich der Europäischen Gemeinschaft (heute Europäische Union) herauslösen will. 73 Vgl. R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 27; a. A. hingegen A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kap. 7 Rdn. 46, der gerade für den Bereich des Rundfunks die Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips annimmt, da die Zuständigkeit der Gemeinschaft zwar unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zunächst gegeben sei, aber deshalb wieder entfalle, da dieser Bereich grundlegende Bedeutung für die demokratische Willensbildung entfalte und damit notwendigerweise in die mitgliedstaatliche Regelungskompetenz falle. 74 Vgl. etwa G. Ress, DÖV 1992, S. 944 ff. (948); Chr. Calliess, EuZW 1995, S. 693 ff. (695).

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

noch die Ausnahme bilden.75 Deshalb kann nach hier vertretener Auffassung nicht von einem grundsätzlichen Ausschluss der Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips ausgegangen werden.76 Gemäß Art. 5 Abs. 3 Unterabs. II Satz 1 EUV „wenden“ die Unionsorgane „das Subsidiaritätsprinzip nach dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit an“.77 „Die nationalen Parlamente achten“ nach Maßgabe der Art. 5 Abs. 3 Unterabs. II Satz 2 EUV sowie Art. 12 lit. b EUV „auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips“ unter Anwendung des Verfahrens, wie es in diesem Protokoll vorgesehen ist.78 Allerdings wurde dem Subsidiaritätsprinzip nach alter Rechtslage in früheren Jahren nur eine „beschränkte Wirkkraft […] als Kompetenzausübungsschranke“79 zugesprochen, da man den Organen der Gemeinschaft einen „erheblichen Ermessensspielraum“80 bei seiner Anwendung einräumen wollte und das Subsidiaritätsprinzip lediglich als ein politisches Instrument angesehen wurde.81 Abzuwarten bleibt, wie sich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Bezug auf die Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips im Rundfunk- und Medienbereich entwickeln wird, dessen interpretatorische Bemühungen prinzipiell nach wie vor auf einer unionsfreundlichen Sichtweise gründen.82 In diesem Zusammenhang ist auch das Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts83 von grundlegender Bedeutung, in dem das Gericht 75 Vgl. hierzu auch F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 45 f. 76 Vgl. auch Chr. Calliess, EuZW 1995, S. 693 ff. (695); A. Hesse, JZ 1993, S. 545 ff. (548 f.); ders., Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kap. 7 Rdn. 46. 77 ABl. EU 2008 Nr. C 115 v. 9. 5. 2008, S.206; vgl. hierzu im Hinblick auf die Auswirkungen für zukünftige und bereits existente Rechtsakte A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 172; siehe auch R. Scholz, in: Th. Maunz/G. Dürig, GG, Bd. IV, Art. 23 (Stand 56. Lfg. 2009) Rdn. 101. 78 Vgl. R. Scholz, in: Th. Maunz/G. Dürig, GG, Bd. IV, Art. 23 (Stand 56. Lfg. 2009) Rdn. 101. 79 So H.-J. Blanke, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 149, 150 EGV (Stand 40. EL 2009) Rdn. 117. 80 So H.-J. Blanke, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 149, 150 EGV (Stand 40. EL 2009) Rdn. 117. 81 So etwa G. Konow, DÖV 1993, S. 405 ff. (411); J. Scherer, DVBl. 1993, S. 281 ff. (284 f.); P. M. Schmidhuber, DVBl. 1993, S. 417 ff. (420) m. weit. Nachw.; H.-J. Blanke, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 149, 150 EGV (Stand 40. EL 2009) Rdn. 117. 82 Vgl. R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 28; vgl. hierzu nochmals die oben bereits zitierten Urteile des EuGH, Rs. 22/70, Urt. vom 31. März 1971 Kommission der Europäischen Gemeinschaften./.Rat der Europäischen Gemeinschaften „Europäisches Übereinkommen über Straßenverkehr“, Slg. 1971, S. 263 (275 f.); EuGH, Rs. 208/ 80, Urt. vom 15. September 1981, Lord Bruce of Donington./.Aspden, Slg. 1981, S. 2205 (2218 f.). 83 BVerfGE 123, 267; vgl. auch die Auffassung von D. Dörr, NJW 1997, S. 1341 ff. (1342 f.), der einen Rechtsprechungswandel zugunsten der mitgliedstaatlichen Kompetenzen auszumachen meint.

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auch die Prüfung der durchaus bedeutsamen Frage zu seinen Aufgabenbereichen zählt, „ob Rechtsakte der europäischen Organe und Einrichtungen sich unter Wahrung des gemeinschafts- und unionsrechtlichen Subsidiaritätsprinzips […] in den Grenzen der ihnen im Wege der begrenzten Einzelermächtigung eingeräumten Hoheitsrechte halten“.84 Das Subsidiaritätsprinzip kommt auch im Zuge europarechtlicher Kompetenzzuweisungen in doppelter Hinsicht zum Ausdruck: Zum einen werden der Europäischen Union im Rahmen der grundsätzlichen Kompetenzverteilung in bestimmten Bereichen gar keine Regelungskompetenzen zugewiesen, da mitgliedstaatliche Regelungen vollkommen ausreichen.85 Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang die Kriterien der Erforderlichkeit und der Effizienz einer entsprechenden Regelung auf Unionsebene.86 Zum anderen wird der Europäischen Union nur eine „unterstützende“, „fördernde“ oder „ergänzende“ Tätigkeit in bestimmten Bereichen zugebilligt, während die grundlegenden Regelungen auch hier im Sinne des Subsidiaritätsgedankens von den Mitgliedstaaten der Union getroffen werden.87 So heißt es im Rahmen des den kulturellen Bereich betreffenden Art. 167 Abs. 2 AEUV wie folgt: „Die Union fördert durch ihre Tätigkeit die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und unterstützt und ergänzt erforderlichenfalls deren Tätigkeit in folgenden Bereichen: […] künstlerisches und literarisches Schaffen, einschließlich im audiovisuellen Bereich“.88 Auch in der Verwendung des Begriffes „erforderlichenfalls“ wird der Subsidiaritätsgedanke ergänzend betont.89 Darüber hinaus findet das Subsidiaritätsprinzip mit Blick auf die Organe der Europäischen Union in Gestalt einer Kompetenzausübungsregelung90 Berücksichtigung, indem 84 BVerfGE 123, 267 (268), vierter Leitsatz; vgl. hierzu die Ausführungen und das Zitat bei H.-J. Blanke, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 149, 150 EGV (Stand 40. EL 2009) Rdn. 117. 85 F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 43. 86 Vgl. hierzu die Darstellung bei F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 46 f.; R. Scholz, in: Th. Maunz/G. Dürig, GG Bd. IV, Art. 23 (Stand 56. Lfg. 2009) Rdn. 100 f. 87 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 43. 88 Vgl. auch die Ausführungen zum ehemaligen Art. 151 EGV bei G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 32. 89 So auch bezogen auf den ehemaligen Art. 151 Abs. 2 EGV G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 33. In diesem Zusammenhang wird diese Ausprägung des Subsidiaritätsprinzips von G. Ress/J. Ukrow als „Gebot präventiver (Selbst-)Kontrolle der Kompetenzausübung“ betrachtet. 90 In der Literatur wird von einer “präventiven Kontrolle der Kompetenzausübung” gesprochen, vgl. hierzu etwa M. Hilf, Europäische Union: Gefahr oder Chance für den Föderalismus in Deutschland, Österreich und der Schweiz?, VVDStRL 53 (1994), S. 7 ff. (13); siehe hierzu auch G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 33.

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eine Festlegung der Kompetenzausübungsbefugnisse in einer Weise erfolgt, die die berechtigten Belange der nachgeordneten Ebenen in hinreichendem Maße berücksichtigt.91 Durch den Vertrag von Lissabon hat das Subsidiaritätsprinzip etwa durch die Aufnahme der ebenfalls in die entsprechende Prüfung einzubeziehenden regionalen und lokalen Ebene im Rahmen des Art. 5 Abs. 3 EUV eine weitere Aufwertung erfahren92, die vor allen Dingen den einzelnen Regionen und Kommunen zugutekommt. Ein weiterer Fortschritt zeichnet sich in der nun vorliegenden Kombination aus materiellrechtlicher Verbürgung des Subsidiaritätsprinzips und verfahrensrechtlichen Komponenten ab, wie sie im „Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“ in den Art. 4 ff. verankert sind.93 Ob sich das Subsidiaritätsprinzip inzwischen bereits in seiner Wirkungsweise von einer reinen Kompetenzausübungsschranke zu einer Leitlinie bei der Zuweisung von Kompetenzen gewandelt hat, bleibt vorerst Gegenstand wertender Betrachtung.94 Allerdings weisen die mit dem Begriff eines „Frühwarnsystems“95 umschriebenen Regelungen des Art. 12 lit. b EUV i.V.m. Art. 4 ff. des Subsidiaritätsprotokolls auch deutliche Defizite auf, soweit auf die individuellen Bedürfnisse in einzelnen Regionen abgestellt wird. So kommt es nämlich nicht auf die einzelne Stimme eines nationalen Parlaments im Rahmen der Überprüfung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips, sondern auf vermeintlich repräsentative Mehrheitskonstellationen in diesen Verfahren an.96 Erfreulich sind sicherlich allerdings die Klagemöglichkeiten zugunsten der einzelnen Mitgliedstaaten (Art. 8 Unterabs. I des Subsidiaritätsprotokolls) und – soweit für den Erlass eines Gesetzgebungsaktes der Ausschuss der Regionen anzuhören ist – auch zugunsten des Ausschusses der Regionen (Art. 8 Unterabs. II des Subsidiaritätsprotokolls), unter deren Inanspruchnahme ein Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip im Rahmen eines Gesetzgebungsaktes gerichtlich überprüft werden 91 Vgl. St. U. Pieper, DVBl. 1993, S. 705 ff. (706); F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 43. 92 Vgl. hierzu R. Scholz, in: Th. Maunz/G. Dürig, GG Bd. IV, Art. 23 (Stand 56. Lfg. 2009) Rdn. 101. 93 So auch Vgl. R. Scholz, in: Th. Maunz/G. Dürig, GG Bd. IV, Art. 23 (Stand 56. Lfg. 2009) Rdn. 101. 94 Vgl. in diesem Zusammenhang die Ausführungen bei C. Jennert, NVwZ 2003, S. 936 ff. (939), der bereits im Jahr 2003 einen solchen Wirkungswandel annahm; teilweise wird auch davon ausgegangen, dass es bei der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips gar nicht um „die Ausweitung oder Einschränkung der Kompetenzen der Union“ (Anm.: also der Europäischen Union), sondern lediglich um die „Ausweitung oder Beschränkung ihrer Tätigkeit im Rahmen der vorhandenen Kompetenzen“ gehe, so A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 168. 95 Vgl. R. Scholz, in: Th. Maunz/G. Dürig, GG Bd. IV, 57. Art. 23 (Stand 56. Lfg. 2009) Rdn. 101. 96 Vgl. R. Scholz, in: Th. Maunz/G. Dürig, GG Bd. IV, 57. Art. 23 (Stand 56. Lfg. 2009) Rdn. 101.

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kann.97 Auf diese Weise können die mit dem Subsidiaritätsprinzip verfolgte Zielsetzung, namentlich die Erhaltung der spezifischen Unterschiede, die nicht zuletzt ein Ausdruck gewachsener europäischer Vielfalt sind, und der damit verbundene Schutz für „nationale Identitäten und Gewohnheiten“98 auch durch die Möglichkeit gerichtlicher Überprüfung befördert werden. b) „Prinzip der Unionstreue“ Eine weitere Grenze europarechtlicher Kompetenzen kann sich aus dem „Prinzip der Unionstreue“99 (früher meist „Prinzip“ oder auch „Gebot der Gemeinschaftstreue“100 genannt), wie es nun in Art. 4 Abs. 3 (insb. auch Unterabs. 3) EUV seine Grundlage findet, ergeben.101 Dabei ist entscheidend, dass dieses Prinzip auch reziprok ausgestaltet ist, also sowohl Treuepflichten der Mitgliedstaaten gegenüber der Europäischen Union als auch umgekehrt Treuepflichten der Union gegenüber den Mitgliedstaaten enthält.102 Eng verbunden mit diesem Prinzip ist dabei auch der „Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit“ (Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 EUV),103 der seinerseits Mitgliedstaaten und Gemeinschaft wechselseitig verpflichtet.104 97 Vgl. hierzu auch H.-J. Blanke, in E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 149, 150 EGV (Stand 40. EL 2009) Rdn. 117; R. Scholz, in: Th. Maunz/G. Dürig, GG Bd. IV,Art. 23 (Stand 56. Lfg. 2009) Rdn. 101. 98 So in zustimmungswürdiger Weise A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 166. 99 Vgl. Th. Oppermann, in: ders./C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 4 Rdn. 23. 100 Vgl. hierzu R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2010), Kap. B 4 Rdn. 23. 101 Vgl. Th. Oppermann, in: ders./C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 4 Rdn. 23. 102 Vgl. EuGH Rs. 230/81, Urt. v. 10. Februar 1983, Großherzogtum Luxemburg./.Europäisches Parlament, Slg. 1983, S. 255 (287); Rs. C-2/88 Imm., Beschluss des Gerichtshofes vom 13. Juli 1990, J. J. Zwartfeld und andere, Slg. 1990, S. I-3365 (I-3372 und dort Rdn. 17); Rs. C-350/93, Urt. v. 4. April 1995, Kommission der Europäischen Gemeinschaften./.Italienische Republik, Slg. 1995, S. I-699 (I-714 f.); hierzu A. Hatje, in: J. Schwarze (Hrsg.), EUKommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 10 EGV Rdn. 6; vgl. auch R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/ D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 23. 103 Im juristischen Schrifttum wird teilweise gar nicht zwischen dem „Prinzip der Unionstreue“ und dem „Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit“ differenziert, vgl. etwa R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 4 EUV Rdn. 5. Auch in der Rechtsprechung wird meist nur auf die „Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit“ eingegangen. Eine solche Vorgehensweise ist auch unproblematisch, da sich die genannten Pflichten ja zwangsläufig aus dem Grundsatz der Unionstreue (oder zuvor Gemeinschaftstreue) ergeben. 104 Vgl. hierzu D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 81; A. Hatje, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 10 EGV Rdn. 55 ff.; R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 4 EUV Rdn. 5 ff.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Damit ist das „Prinzip der Uniontreue“ in diesem Kontext im Ergebnis als „Kompetenzausübungsschranke“105 anzusehen. Insbesondere hat die Europäische Union auch die nationale Identität ihrer Mitgliedstaaten zu achten, woraus gerade bei überschneidenden Zuständigkeiten von Mitgliedstaaten und der Europäischen Union Unterlassungspflichten im Zuge der Kompetenzausübung resultieren können.106 Eine solche überschneidende Zuständigkeit ist dabei gerade auch im Rundfunk- und Medienbereich gegeben, wobei die Europäische Union und die Mitgliedstaaten mit ihrer jeweiligen Reglementierung freilich voneinander zu unterscheidende Zwecke verfolgen.107 Aus dem „Prinzip der Unionstreue“ folgt in diesem Zusammenhang insbesondere auch eine Rücksichtnahmepflicht auf die verfassungsrechtlichen und -geschichtlichen Traditionen der Mitgliedstaaten und auf die in den einzelnen Verfassungen der Mitgliedstaaten verankerten elementaren Verbürgungen.108 Relevanz kann das „Prinzip der Uniontreue“ somit insbesondere auch für die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgte Rundfunkfreiheit haben, deren Gewährleistungshorizont wesentlich vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff geprägt wird. Auch hier muss die in Auslegung des Grundgesetzes vom Bundesverfassungsgericht entwickelte „Bestands- und Entwicklungsgarantie“109 zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Bezug auf neue mediale Erscheinungsformen in die normative Waagschale gelegt werden und hinreichende Berücksichtigung im Zuge jüngst zunehmend formulierter wirtschafts- und insbesondere auch wettbewerbspolitisch motivierter europäischer Anforderungen finden. Klare Grenzen sind der Europäischen Union im Rahmen ihrer Rechtsetzung jedenfalls insoweit gesetzt, als der Bundesrepublik Deutschland keine den grundlegenden Verfassungsentscheidungen aus Art. 5 Abs. 1 und Art. 20 GG nicht mehr entsprechende Rundfunkordnung

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So zutreffend in Bezug auf den „Grundsatz der Gemeinschaftsstreue“ R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 23. Der „Grundsatz der Uniontreue“ ist dabei mit dem damaligen „Grundsatz der Gemeinschaftstreue“ wesensidentisch. Die terminologische Veränderung ergibt sich dabei aus dem voranschreitenden Integrationsprozess, der durch die Anpassungen im Rahmen des Vertrags von Lissabon deutlichen Ausdruck in den europäischen Vertragswerken gefunden hat. 106 Vgl. EuGH, Rs. 230/81, Urt. vom 10. Februar 1983, Großherzogtum Luxemburg./.Europäisches Parlament, 255 (287 Rdn. 38); verbundene Rechtssachen C-213/88 und C-39/89, Urt. v. 28. November 1991, Großherzogtum Luxemburg./.Europäisches Parlament, Slg. 1991, S. I-5643 Rdn. 29; verbundene Rechtssachen 358/85 und 51/86, Französische Republik./.Europäisches Parlament, Slg. 1988, S. 4821 (4855 f. und dort Rdn. 34 f.); hierzu A. Hatje, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 10 EGV Rdn. 56; vgl. auch G. Ress/ J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 29 im besonderen Kontext der „Achtung der nationalen Identität“ der Mitgliedstaaten. 107 Vgl. auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 154 f. 108 Vgl. D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 81. 109 BVerfGE 83, 238 (298 f.).

I. Rundfunkrechtliche Kompetenz der EU

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aufoktroyiert werden darf.110 Ein weiterer Ausfluss der gegenseitigen Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit ist auch, dass nationale Rechtsvorschriften bei Vorhandensein einer entsprechenden EU-Richtlinie zwar einerseits richtlinienkonform ausgelegt werden müssen, andererseits jede Auslegung jedoch auch den zulässigen interpretatorischen Rahmen nicht in normzweckfremder oder sogar -widriger Weise überschreiten darf, der sich aus den Grenzen der Auslegungsfähigkeit – insbesondere aus Wortlaut und eindeutigem Sinn und Zweck der nationalen Rechtsvorschrift – ergibt.111 Allerdings entfaltet die Loyalitätspflicht der Europäischen Union gegenüber den Mitgliedstaaten ihre Wirkungen auch nicht unbegrenzt. So ist A. Hatje zuzustimmen, dass die Organe der EU nicht „auf jede nationale Besonderheit“ – selbst wenn sie im nationalen Verfassungsrecht verankert ist – Rücksicht nehmen müssen.112 Aus diesem Grunde erscheint es schwierig zu beurteilen, welche konkreten Auswirkungen eine sich aus dem „Prinzip der Unionstreue“ ergebende Einschränkung europäischer Kompetenzausübung auf das Rundfunk- und Medienrecht hat. Dabei ist insbesondere fraglich, wie stark etwa die vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochene „Bestands- und Entwicklungsgarantie“113 für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, deren Reichweite ja insbesondere auch vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff in starkem Maße geprägt wird, seitens der Europäischen Union im Rahmen ihrer Vorgaben zur Ausgestaltung des dualen Rundfunksystems deutscher Prägung zu berücksichtigen ist, wenn das „Prinzip der Unionstreue“ nicht seitens der Europäischen Union verletzt werden soll. Insofern bieten sicherlich die jüngsten Entwicklungen in Folge des Beihilfekompromisses zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesrepublik Deutschland und die damit verbundene starke Reglementierung der Onlineaktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Anlass zu juristischer Kontroverse.114 110 Vgl. D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 81. 111 Vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 154. 112 Vgl. A. Hatje, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 10 EGV Rdn. 57; EuGH, Rs. C-213/89, Urt. v. 19. Juni 1990, The Queen./.Secretary of State for Transport ex parte: Factortame Ltd und andere, Slg. 1990, S. I-2433 (2473 f. und dort Rdn. 20 f.); M. Zuleeg, NJW 2000, S. 2846 ff. (2847); ders., in: H. von der Groeben/ J. Schwarze (Hrsg.), Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Bd. 1, 6. Aufl. 2003, Art. 10 EG Rdn. 11; vgl. in diesem Zusammenhang jedoch auch die Auffassung von A. Epiney, EuR 1994, S. 301 ff. (314 f.), die die Beachtungsnotwendigkeit nationaler Verfassungsnormen nicht aus den mitgliedstaatlichen Verfassungen als solchen gewinnt, sondern vielmehr aus „einer dem Gemeinschaftsrecht zu entnehmenden Verpflichtung, die gleichermaßen im Vorfeld der Heranziehung des Grundsatzes des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts relevant“ werde. 113 BVerfGE 83, 238 (298 f.). 114 Vgl. etwa zu den Konfliktlinien zwischen den Vorgaben der Europäischen Kommission und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts B. Holznagel/K. Jansen, MR 2010, S. 279 ff. (279).

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

c) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehört zu den wesentlichen Grundlagen staatlichen Handelns auf nationaler Ebene.115 Allgemein betrachtet bedeutet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass belastende Maßnahmen zur Feststellung ihrer Rechtmäßigkeit auf ihre Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit, also auf eine unter wertenden Gesichtspunkten ausgewogene Zweck-Mittel-Relation, im Hinblick auf die angestrebte Zielerreichung hin überprüft werden müssen.116 Auch auf der Ebene der Europäischen Union sind die handelnden Organe an diesen in Art. 5 Abs. 1 und 4 EUV verankerten Grundsatz im Rahmen ihrer Tätigkeit gebunden117 – das gilt auch für den rundfunkrechtlich relevanten Bereich der Kultur.118 Streitig ist allerdings, inwiefern neben den Kriterien der Geeignetheit und Erforderlichkeit auch die Zweck-Mittel-Relation zum Überprüfungsmaßstab auf europäischer Ebene zählt.119 Der EuGH legt bei der Überprüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ausdrücklich auch Wert auf das Kriterium der Angemessenheit, wenngleich in der Literatur teilweise angemerkt wird, dass der EuGH bei der Heranziehung des Kriteriums bisweilen starke Zurückhaltung übe.120 So formuliert der Europäische Gerichtshof etwa in seinem Urteil in der Rechtssache Hermann Schräder HS Kraftfutter GmbH & Co. KG./.Hauptzollamt Gronau ausdrücklich: „[…] ferner müssen die auferlegten Belastungen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen.“121 Auch erkennt der Europäische Gerichtshof – wie C. Bernard zutreffend feststellt – an, dass sich aus solchen (nationalen) Regelungen, 115 Grundlegend zum Verhältnismäßigkeitsgebot bzw. zum Übermaßverbot in seiner verfassungsrechtlichen Dimension K. Stern, Staatsrecht Band III/2, 1994, § 84 S. 762 ff. 116 Vgl. auch F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 48 f. mit weiteren Ausführungen zu den einzelnen Kriterien der Verhältnismäßigkeitsprüfung; siehe auch zum historischen Hintergrund der Mittel-Zweck-Relation die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band III/2, 1994, § 84 S. 765. 117 Vgl. hierzu auch E. Pache, NVwZ 1999, S. 1033 ff. (insbesondere auch 1034). 118 G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 34. 119 EuGH, Rs. 265/87, Urt. V. 11. Juli 1989, Hermann Schräder HS Kraftfutter GmbH & Co. KG./.Hauptzollamt Gronau, Slg. 1989, S. 2237 (2269, Rdn. 21); vgl. insoweit M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 11 Rdn. 33 m. weit. Nachw.; die damals geltende Bestimmung des Art. 3b III EGV „als – sprachlich nicht besonders gelungene – Kodifikation“ ansehend, aber dennoch von einer vollumfänglichen Geltung aller Bestandteile des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgehend E. Pache, NVwZ 1999, S. 1033 ff. (1035); mit Verweis auf die EuGH-Rechtsprechung zumindest implizit eine Zweck-Mittel-Relation annehmend A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 177 f. 120 Vgl. hierzu M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 11 Rdn. 33; vgl. zur Rechtsprechungsentwicklung des EuGH bezogen auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch E. Pache, NVwZ 1999, S. 1033 ff. (1034). 121 EuGH, Rs. 265/87, Urt. v. 11. Juli 1989, Hermann Schräder HS Kraftfutter GmbH & Co. KG./.Hauptzollamt Gronau, Slg. 1989, S. 2237 (2269, Rdn. 21).

I. Rundfunkrechtliche Kompetenz der EU

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die der „Sicherung des Meinungspluralismus“ dienen, „mögliche Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit“122 im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ergeben können.123 So lautet etwa der Tenor, den das Gericht in der Rechtssache Vereniging Veronica Omroep Organisatie./.Commissariaat voor de Media ausgesprochen hat, wie folgt: „Die Bestimmungen des EWG-Vertrags über den freien Kapitalverkehr und den freien Dienstleistungsverkehr sind so auszulegen, daß sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der es einer in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Rundfunkeinrichtung verboten ist, sich am Kapital einer in einem anderen Mitgliedstaat gegründeten oder zu gründenden Rundfunkgesellschaft zu beteiligen und für diese eine Bankbürgschaft zu stellen oder einen Geschäftsplan auszuarbeiten und eine in einem anderen Mitgliedstaat zu gründende Fernsehgesellschaft rechtlich zu beraten, wenn diese Tätigkeiten auf die Gründung eines kommerziellen Fernsehsenders gerichtet sind, dessen Sendungen insbesondere das Hoheitsgebiet des zuerst genannten Mitgliedstaats erreichen sollen, und wenn dieses Verbot erforderlich ist, um den pluralistischen und nicht-kommerziellen Charakter des durch diese Regelung eingeführten Rundfunksystems zu gewährleisten.“124 Durch die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird der Handlungsspielraum der Europäischen Union auf der Grundlage rechtsstaatlicher Anforderungen begrenzt.125 Ähnlich wie beim Subsidiaritätsprinzip bzw. – dem Wortlaut entsprechend – wie beim „Subsidiaritätsgrundsatz“ wenden die Organe der Union den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 2 EUV nach Maßgabe des „Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“ an. Dabei enthält dieses Protokoll zunächst zahlreiche Maßgaben betreffend den konkreten Verfahrensablauf für die Einbringung von „Gesetzgebungsakten“, wobei die Entwürfe entsprechender Gesetzgebungsakte insbesondere mit umfassenden Begründungspflichten verbunden sind, die eine Beurteilung der Einhaltung „der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“ ermöglichen sollen.126

122

So die Feststellungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 152. EuGH, Rs C-148/91, Urt. vom 3. Februar 1993, Vereniging Veronica Omroep Organisatie./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1993, S. I-487 (I-514 ff., I-520 Rdn. 17) = EuZW 1993, 251 f.; vgl. hierzu auch die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 152, die sich unter anderem auf die genannte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes beziehen. 124 Vgl. EuGH, Rs. C-148/91, Urt. vom 3. Februar 1993, Vereniging Veronica Omroep Organisatie./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1993, S. I-487 (I-520 Rdn. 17) = EuZW 1993, S. 251. 125 Vgl. M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 11 Rdn. 33. 126 Vgl. hierzu insbesondere Art. 5 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vom 13. Dezember 2007, ABl. EU Nr. C 306 v. 17. 12. 2007, S. 150. 123

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Auf den Bereich des Rundfunk- und Medienrechts deduziert bedeutet dies, dass europarechtliche Vorgaben auch in diesem Zusammenhang einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten müssen. Insbesondere bei der Überprüfung der Angemessenheit muss sicherlich hinterfragt werden, inwieweit europarechtliche Regelungen zur Gewährleistung der Dienstleistungsfreiheit in zulässiger Weise die „Bestands- und Entwicklungsgarantie“127 zum Nutzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Bereich der „Neuen Medien“ beschränken dürfen. Teilweise wird in Rechtsprechung und Literatur eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darüber hinaus aus „zwingenden Gründen des Allgemeininteresses“ – einem ungeschriebenen Ausnahmetatbestand – angenommen, die auch für den Bereich der mitgliedstaatlichen Kulturpolitik und spezieller auch für den Rundfunkbereich fruchtbar gemacht werden können.128 d) Die kulturelle Kompetenz aus Art. 167 AEUV als Grenze Auch Art. 167 AEUV (ehemals Art. 151 EGV), wonach die Europäische Union gemäß Abs. 1 „einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes“ leistet129, entfaltet bei genauerer Betrachtung durchaus auch eine die Regelungskompetenz der Europäischen Union begrenzende Wirkung.130 So bietet Art. 167 Abs. 5 AEUVeine rechtliche Grundlage für den Erlass von Fördermaßnahmen durch das Europäische Parlament und den Rat, wobei der Rat darüber hinaus „auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen“ erlassen kann. Expressis verbis wird jedoch gem. Art. 167 Abs. 5 erster Spiegelstrich AEUV jegliche „Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaa127

BVerfGE 83, 238 (298 f.). EuGH, Rs. C-23/93, Urt. v. 5. Oktober 1994, TV10 SA./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1994, S. I-4795 (I-4832 Rdn. 18 f.) unter Bezugnahme auf drei vorangegangene Urteile; siehe hierzu M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 102 ff.; siehe in diesem Zusammenhang aber auch den Vorschlag von N. Lutzhöft „auf die zwingenden Gründe des Allgemeinwohls zur Rechtfertigung von Eingriffen in Grundfreiheiten“ zu verzichten und stattdessen die „Rücksichtnahme auf die kulturellen Belange des Rundfunks dogmatisch in den EU-Grundrechten zu verorten“, vgl. kritisch hierzu N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 343. 129 Vgl. hierzu G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 13 f. 130 Vgl. hierzu D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 84; vgl. (zur Vorgängerregelung im EGV) auch bereits Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 79 f.; R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 29; vgl. aber auch die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 155, die für eine Ausweitung der europäischen Regelungen im Hinblick auf die demokratische und kulturbildende Funktion des Rundfunks unter Berücksichtigung der Regelungsansprüche der Mitgliedstaaten und des Subsidiaritätsprinzips plädiert. 128

I. Rundfunkrechtliche Kompetenz der EU

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ten“ ausgeschlossen.131 In der Literatur haben sich auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung in Bezug auf die Auslegung dieser Vorschrift verschiedene Interpretationsansätze herausgebildet. Nach einer Auffassung, die auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Maastricht-Urteil132, in dessen Zuge es die Achtung der nationalen Identität der Mitgliedstaaten betont und die vermeintlichen Kompetenzausweitungen zugunsten der Europäischen Union stark eingrenzt, zum Ausdruck kommt, wird die damals noch im EG-Vertrag verortete Regelung zum kulturrechtlichen Beitrag der Europäischen Union wie auch zu einigen anderen Sachbereichen kompetenzbegrenzend ausgelegt.133 So gesehen kann man unter Rückgriff auf die sog. „Theorie vom Regelungsschwerpunkt“134 zu dem Schluss kommen, dass die Europäische Union im Rundfunkbereich nicht regelnd tätig werden darf, soweit hauptsächlich kulturelle Aspekte betroffen sind, wobei etwas anderes insofern lediglich für „rein fördernde Maßnahmen“ seitens der EU gelten soll.135 Nach einer anderen Auffassung wird im materiellen Gehalt des Art. 167 Abs. 4 AEUV136 (damals Art. 151 Abs. 4 EGV) eine „Querschnittskompetenz“137 131

Vgl. zur alten Regelung des Art. 151 EGV auch R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/ D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 29. 132 BVerfGE 89, 155 (insbesondere auch 194); vgl. hierzu D. Dörr, ZUM 1995, S. 14 ff.; D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 85; R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 30. 133 Vgl. D. Dörr, ZUM 1995, S. 14 ff. (20); Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 37 f.; D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 85; trotz differenzierender Betrachtungsweise ebenfalls potentielle Kompetenzbegrenzungen erkennend G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 23. 134 Vgl. hierzu D. Dörr, ZUM 1995, S. 14 ff. (20); siehe auch den dortigen Verweis auf die Ausführungen bei K. Hailbronner, JZ 1990, S. 149 ff. (153 f.); R. Hartstein/W.-D. Ring/ J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 30. 135 Vgl. D. Dörr, ZUM 1995, S. 14 ff. (20); D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 85; R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/ D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 30. 136 Vgl. den Wortlaut von Art. 167 Abs. 4, der bis auf leichte Anpassungen, die der Neuordnung durch den Vertrag von Lissabon geschuldet sind, dem Wortlaut der Regelung des ehemaligen Art. 151 Abs. 4 EGV entspricht: „Die Union trägt bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen der Verträge den kulturellen Aspekten Rechnung, insbesondere zur Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer Kulturen.“ 137 Vgl. den Begriff in diesem Zusammenhang bei D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 85; ebenso R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 30; vgl. zum ehemaligen Art. 151 Abs. 4 EGV als „Querschnittsklausel“ auch G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 26.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

gesehen, die ohne die bisher der Union zustehenden Kompetenzen zu beeinträchtigen, eine ergänzende Erweiterung für den kulturpolitischen Bereich vorsehe.138 So besage Art. 167 Abs. 4 AEUV (also damals Art. 151 Abs. 4 EGV) lediglich, dass die Union künftig bei Ihrer sonstigen Tätigkeit auch den kulturellen Belangen (der Mitgliedstaaten) „Rechnung“ tragen müsse,139 ohne hierdurch jedoch an der bisherigen unionsrechtlichen Kompetenz positiv wie negativ etwas zu ändern.140 Laut dieser Auffassung lässt sich aus dem Kulturartikel der Europäischen Union „keine klare Tendenz zur einschränkenden Interpretation“ ableiten, vielmehr ergebe sich aus dem damaligen Art. 151 EGV (und damit auch aus dem heutigen Art. 167 AEUV) „ein ambivalentes Bild“,141 das beide interpretatorischen Ansätze, namentlich einerseits das Ziel der Verwirklichung der „kulturellen Einheit und Gemeinsamkeit“142 der Europäischen Union sowie andererseits die Wahrung der an die nationalen Identitäten anknüpfenden kulturellen Vielfalt, auch unter Berücksichtigung integrationspolitischer Vorstellungen in kultureller Hinsicht berücksichtige.143 So betrachtet, entfaltet der Kulturartikel der Europäischen Union eine doppelte Wirkung: er begründet einerseits eine Kompetenz zur Förderung der Kulturvielfalt,144 wobei diese Kompetenz nicht mit einer originären und umfassenden Kulturkompetenz, wie sie etwa den Bundesländern zusteht, zu vergleichen ist.145 Andererseits darf Art. 167 Abs. 4 AEUV auch nicht als über den in Art. 167 generell angelegten Förderungsbeitrag hinausgehende, zusätzliche Kompetenzausweitung 138

Vgl. G. Ress, Kultursubventionen und Rundfunkfreiheit in der EU, in: F. Fechner/ Th. Oppermann/L. V. Prott (Hrsg.), Prinzipien des Kulturgüterschutzes, 1996, S. 123 ff. (124 f.); vgl. auch die kritische Darstellung bei D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 85; R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/ D. Dörr/ R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 30. 139 Vgl. R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 30. 140 Vgl. D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 85; G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 26. 141 So G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 14. 142 So G. Ress/J. Ukrow, ebda. 143 Vgl. G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 14; siehe aber auch die vor allen Dingen die Verpflichtung der Europäischen Union (damals „Gemeinschaft“) zur Wahrung der „regionalen und mitgliedstaatlichen kulturellen Vielfalt“ betonende Ansicht bei D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 85; ebenso auch bei R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 30. 144 Vgl. D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 84 f. 145 Einer „übergreifenden Allzuständigkeit“ ablehnend gegenüber stehend und damit auch eine einschränkende Sichtweise befürwortend Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 37 f.

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zugunsten der Europäischen Union (miss)verstanden werden.146 Insbesondere darf in diesem Zusammenhang auch nicht das in Art. 167 Abs. 5 AEUV verortete Harmonisierungsverbot ausgehebelt werden147, das nämlich eo ipso wiederum kompetenzeinschränkende Wirkung entfaltet. e) Das „Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten“ Als „auslegende Bestimmung“148 erlangt auch das „Protokoll über den öffentlichrechtlichen Rundfunk“149, das seit dem Zeitpunkt, in dem der Vertrag von Amsterdam in Kraft getreten war, also seit dem 1. Mai 1999, volle und damit uneingeschränkte Rechtskraft entfaltet,150 im Zuge der Zuordnung rundfunkrechtlicher Kompetenzen der Europäischen Union und deren Grenzen Bedeutung.151 Es handelt sich bei diesem Protokoll gemäß Artikel 51 EUV also um einen rechtsverbindlichen Vertragsbestandteil.152 So wird in diesem Protokoll durch die Vertragsparteien der 146 Vgl. auch D. Dörr, ZUM 1995, S. 14 ff. (20), der sich in diesem Zusammenhang für ein Vielfalt sicherndes „Europa der Regionen auch im Medienbereich“ ausspricht; ders., in: D. Dörr/J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 84 f. 147 Vgl. zur ansonsten bestehenden Gefahr einer Aushebelung des Harmonisierungsverbotes aus Art. 151 Abs. 5 EGV (heute in angepasster Fassung Art. 167 Abs. 5 Spiegelstrich 1 AEUV) D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 85. 148 Vgl. hierzu etwa R. Zeller, Die EBU, 1999, S. 233; D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 88. 149 Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl. EG Nr. C 340 vom 10. 11. 1997, S. 109, zuletzt geändert durch Art. 1 Abs. 4 Buchstabe h, Abs. 28 Protokoll Nr. 1 zum Vertrag von Lissabon vom 13. 12. 2007 (ABl. EU Nr. C 306 v. 17. 12. 2007, S. 163). 150 So auch D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 87. Das Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten gilt auch nach In-Kraft-Treten des Vertrages von Lissabon fort, vgl. insoweit auch die Anpassungen bei ABl. EU Nr. C 306 v. 17. 12. 2007, S. 166. 151 Der deutsche Wortlaut des Protokolls lautet: „Die Hohen Vertragsparteien – in der Erwägung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in den Mitgliedstaaten unmittelbar mit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen jeder Gesellschaft sowie mit dem Erfordernis verknüpft ist, den Pluralismus in den Medien zu wahren – sind über folgende auslegende Bestimmung übereingekommen, die dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügt ist: Die Bestimmungen der Verträge berühren nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren, sofern die Finanzierung der Rundfunkanstalten dem öffentlich-rechtlichen Auftrag, wie er von den Mitgliedstaaten den Anstalten übertragen, festgelegt und ausgestaltet wird, dient und die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, wobei den Erfordernissen der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags Rechnung zu tragen ist.“ Vgl. zum Bedeutungsgehalt des Protokolls als Grenze europäischer Kompetenzen auch die Ausführungen bei R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 32. 152 Vgl. bereits zur Bindungswirkung nach älterem EG-Recht M. Schmittmann/I. de Vries, AfP 1997, S. 690; R. Zeller, Die EBU, 1999, S. 233 m. weit. Nachw.; zur aktuellen EU-

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Europäischen Verträge das Recht der einzelnen Mitgliedstaaten anerkannt, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einen bestimmten „Funktionsbereich“153 bzw. dem Wortlaut entsprechend einen „öffentlich-rechtlichen Auftrag, wie er von den Mitgliedstaaten den Anstalten übertragen, festgelegt und ausgestaltet wird“, zuzuordnen.154 Gerade die Übertragung, Festlegung und Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrags bergen in Bezug auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte „Bestands- und Entwicklungsgarantie“155, die beide dem öffentlichrechtlichen Rundfunk zugute kommen sollen,156 großes Konfliktpotenzial. So stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, inwiefern die jüngste Reglementierung der Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Onlinezeitalter tatsächlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen kann. Die Mitgliedstaaten können dabei grundsätzlich den öffentlich-rechtlichen Auftrag nach ihren Vorstellungen weit ausgestalten, müssen dessen Konturen jedoch definitorisch klar umreißen.157 Zwar zählen gemäß § 11d Abs. 1 RStV journalistisch-redaktionell veranlasste und gestaltete Telemedienangebote in Deutschland inzwischen zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks158, wobei gerade mit den Kriterien „journalistisch-redaktionell veranlasst“ und „journalistisch-redaktionell gestaltet“ ganz wesentliche Voraussetzungen benannt sind, bei deren Vorliegen entsprechende Telemedien seitens der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten neben sonstigen Hörfunk- und Fernsehprogrammen angeboten werden dürfen.159 Allerdings müssen sich die entsprechenden Inhalte – von bestimmten Telemedienangeboten, die die Rundfunkanstalten schon aufgrund der gesetzlichen Bestimmung des § 11d Abs. 2 RStV anbieten dürfen160, einmal abgesehen – zuvor einem sog. „Drei-Stufen-Test“ unterziehen, um eine entsprechende Genehmigung als gebührenfinanziertes AngeRechtslage nach dem Vertrag von Lissabon: D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 87; W. Frenz/V. Götzkes, ZUM 2010, S. 563 ff. (563). 153 So auch R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 32. 154 Siehe hierzu auch D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 87; R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 32; G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 157; vgl. aber auch zu den Grenzen des Bedeutungsgehalts des Protokolls die Ausführungen bei R. Zeller, Die EBU, 1999, S. 238 ff. 155 BVerfGE 74, 297 (350); in Bezug auf den WDR BVerfGE 83, 238 (298 f.). 156 Vgl. BVerfGE 74, 297 (350); in Bezug auf den WDR BVerfGE 83, 238 (298 f.); siehe hierzu auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1652. 157 Vgl. R. Zeller, Die EBU, 1999, S. 241; G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/ M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 157. 158 Vgl. hierzu etwa V, Wiedemann, promedia 9/10, S. 10 ff. (10 f.); zu den Grenzen H. Gersdorf, promedia 9/10, S. 12. 159 Vgl. K. Sokoll, NJW 2009, S. 885 ff. (886). 160 Vgl. insoweit K. Sokoll, NJW 2009, S. 885 ff. (885 f.).

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bot zu erhalten.161 Ziel dieser Maßnahme ist es, die Zusagen aus dem von der Bundesrepublik Deutschland mit der EU-Kommission geschlossenen Beihilfekompromiss zu erfüllen, wonach kommerzielle Angebote strikt von solchen zu trennen sind, die dem öffentlichen Auftrag unterfallen.162 Nimmt man die Verbürgungen aus dem „Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ jedoch ernst, darf die Kompetenz der Mitgliedstaaten, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen bestimmten Auftrag und Aufgabenkreis zuzuweisen, nicht durch EU-rechtliche Vorgaben derart überlagert werden, dass sich das Ausgestaltungsermessen auf nahezu Null reduziert. Eine solche Reduktion würde insbesondere der Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Meinungsbildung in unserer ganz maßgeblich durch eine mediale Berichterstattung geprägten und sogar inzwischen von ihr abhängigen Demokratie des 21. Jahrhunderts sowie seiner kulturellen Relevanz in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht genügen. Allerdings dürfen die „Handels- und Wettbewerbsbedingungen“ nach dem Wortlaut des Protokolls infolge der Befugnis der „Mitgliedstaaten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren, sofern die Finanzierung der Rundfunkanstalten dem öffentlich-rechtlichen Auftrag, […], dient“, nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, „das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft“.163 Wie dieses „gemeinsame Interesse“ dabei genau zu bestimmen ist, kann nur bei gleichzeitiger Würdigung des Bedeutungsgehalts des öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrags und des Gebots der Vielfaltsicherung der nationalen Kulturen sowie schließlich der „Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes“ im Sinne des Art. 167 AEUV entschieden werden.164 So ist auch die Europäische Kommission unter Rückgriff auf die Ausführungen der Hochrangigen Expertengruppe für Audiovisuelle Politik der Auffassung, dass „der öffentlichrechtliche Rundfunk ,eine wichtige Rolle bei der Förderung der kulturellen Vielfalt jedes Einzelstaates‘“165 spiele, wozu unter anderem auch das Angebot von qualitativ 161 Vgl. hierzu etwa P. H. Klickermann, MMR 2009, S. 740 ff.; K. Sokoll, NJW 2009, S. 885 ff.; K. Nawrath, MMR 2011, S. 79 ff. mit einer Analyse der inzwischen gewonnenen Praxiserfahrung bei der Durchführung des Drei-Stufen-Tests. 162 Europäische Kommission, K(2007) 1761 endg., Mitteilung der Kommission vom 25. April 2007, „Betreff: Staatliche Beihilfe E 3/2005 (ex-CP 2/2003, CP 232/2002, CP 43/ 2003, CP 243/2004 und CP 195/2004) – Deutschland – Die Finanzierung der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland“, Rdn. 237 ff. – abrufbar unter http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2005/e003 – 05.pdf; Europäische Kommission, Rundfunkmitteilung 2009, Rdn. 60 (ABl. EU Nr. C 257 vom 27. 10. 2009, S. 1 ff. (S. 9 Rdn. 60 ff.)); vgl. K. Sokoll, NJW 2009, S. 885 ff. (885 f.). 163 Vgl. hierzu auch G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 156 f. 164 Vgl. insofern die zutreffenden Ausführungen bei G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/ M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 156. 165 „Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, ABl. EG Nr. C-320 vom 15. 11. 2011, S. 5 Rdn. 7; vgl. G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 156.

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hochwertiger Unterhaltung zähle, das auf „kostenlose Weise“166 – die Rundfunkgebühren einmal ausgeblendet – vorgehalten wird.167 Die Definitionen der einzelnen Elemente stehen also in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis, das allen Beteiligten daher einen Interpretationsspielraum einräumt, der im Zweifel jeweils so ausgeschöpft wird, wie es den widerstreitenden Interessen in perspektivischer Betrachtung am meisten entspricht. Auch hier darf mit Spannung erwartet werden, ob sich dauerhaft eher die gemeineuropäischen Handels- und Wettbewerbsinteressen oder aber die nationalen Interessen an der Beauftragung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – in Deutschland in der Verantwortung der Bundesländer – als dominant erweisen werden. Sachgerecht scheint jedenfalls eine wechselseitige Betrachtung der widerstreitenden Interessen zu sein, deren Entfaltungsspielräume einander gegenseitig begrenzen. Allerdings darf die Möglichkeit des Rundfunkgesetzgebers, den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerade in Zeiten der zunehmenden Konvergenz medialer Angebote im Sinne der ihm vom Bundesverfassungsgericht zugedachten „Bestands- und Entwicklungsgarantie“168 auszugestalten, nicht in einer Weise eingegrenzt werden, die seiner Funktion zur Sicherung der Meinungsvielfalt unter Beachtung der „Spielregeln“ in einer modernen Demokratie169 und seiner neuen Aufgabe, die vorhandene Informationsflut zu kanalisieren,170 nicht mehr gerecht würde. Dann nämlich wäre die „Existenz eines relevanten öffentlichrechtlichen Rundfunks“171 durch die Vorgaben der Europäischen Union ernsthaft gefährdet. f) Weitere Ansätze zur Eingrenzung rundfunkrechtlicher Kompetenzen durch die EU Neben den bereits erörterten Grenzen europarechtlicher Kompetenzen im Rundfunkbereich können sich weitere Beschränkungen auf der Grundlage verschiedener Grundsätze und durch die Berücksichtigung allgemeiner Rechtsgrenzen des europäischen Unionsrechts ergeben. So flankieren etwa auch die europäischen Grundrechte den zulässigen Gestaltungsrahmen europarechtlicher Kompetenzaus-

166 So der Wortlaut in der „Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, ABl. EG Nr. C320 vom 15. 11. 2011, S. 5 Rdn. 7. 167 Vgl. „Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, ABl. EG Nr. C 320 vom 15. 11. 2011, S. 5 Rdn. 7 f.; hierzu G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 156. 168 BVerfGE 83, 238 (298 f.). 169 BVerfGE 57, 295 (319 f.); 90, 60 (87); 97, 228 (256); 103, 44 (74). 170 Siehe hierzu auch die Ausführungen bei C.-E. Eberle, epd medien Nr. 47/2008, S. 28 ff. (29), der auf die „Konzentrationsproblematik“ im Rahmen der Informationsangebote im Internet eingeht. 171 Vgl. hierzu V. Wiedemann, promedia 9/10, S. 10 ff.

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übung.172 Die grundsätzlich bestehende kompetenzielle Reichweite für Gestaltungsspielräume der Europäischen Union kann also nur insoweit ausgeschöpft werden, als grundrechtliche Positionen einer entsprechenden Kompetenzwahrnehmung nicht entgegenstehen.173 Hinsichtlich der Gewährleistung europäischen Grundrechtsschutzes hat der Vertrag von Lissabon entscheidende Veränderungen herbeigeführt. Wurden früher „Gemeinschaftsgrundrechte“ mangels unmittelbarer primärrechtlicher Geltung eines eigenen Grundrechtekatalogs zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gezählt174, die auch vom Europäischen Gerichtshof anerkannt und gesichert wurden,175 hat der europäische Grundrechtsschutz durch die mittlerweile in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 HS 2 EUV angeordnete Gleichrangigkeit der Europäischen Grundrechte-Charta mit den Verträgen der Europäischen Union, also durch die Anhebung der Europäischen Grundrechte-Charta als Gewährleistungskatalog auf primärrechtliches Niveau,176 eine entscheidende und seit langem angestrebte Aufwertung erfahren.177 Durch die in Art. 6 Abs. 2 EUV verankerte Absicht, dass die Europäische Union der EMRK beitritt, wird zudem ergänzend der Stellenwert der Gewährleistungen der EMRK bekräftigt, wobei den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention künftig verstärkt ebenfalls kompetenzeingrenzende Wirkung zukommen kann.178 172 Vgl. hierzu etwa die Ausführungen bei F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 50 ff.; G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 151 EGV (Stand 38. EL 2009) Rdn. 37 ff. 173 Dies betrifft insbesondere Europäische Grundrechte, die als Abwehrrechte zugunsten des einzelnen Grundrechtsträgers wirken, vgl. hierzu W. Frenz, Handbuch Europarecht, Band 4, 2009, Rdn. 319 ff. 174 Vgl. stellvertretend für viele etwa N. Philippi, ZEuS 2000, S. 97 ff. (115); F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 50 f. m. weit. Nachw.; Chr. Grabenwarter, in: P. J. Tettinger/K. Stern, Europäische Grundrechte-Charta, 2006, B III Rdn. 23 ff.; C. Stumpf, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 6 EUV Rdn. 3, 6; siehe zur Genese der „Gemeinschaftsgrundrechte als allgemeine Rechtsgrundsätze“ auch die grundlegenden Ausführungen bei A. Bleckmann/St. U. Pieper, in: M. A. Dauses (Hrsg.), Handbuch des EUWirtschaftsrechts, Bd. 1, Stand EL 28 2011 (EL 5), Kap. B. I. Rdn. 74 ff. 175 Beginnend bei EuGH 1969, Rs. 29/69, Urt. v. 12. November 1969, Erich Stauder./.Stadt Ulm/Sozialamt, Slg. 1969, S. 419 ff.; vgl. hierzu und zur Entwicklung der grundrechtlichen Rechtsprechung des EuGH etwa auch die Ausführungen bei N. Philippi, ZEuS 2000, S. 97 ff. (100); F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 51. 176 Vgl. hierzu R. Streinz/Chr. Ohler/Chr. Herrmann, Der Vertrag von Lissabon zur Reform der EU, 3. Aufl. 2010, S. 121. 177 Vgl. etwa auch die Ausführungen bei E. Pache/F. Rösch, EuZW 2008, S. 519 ff.; R. Streinz/Chr. Ohler/Chr. Herrmann, Der Vertrag von Lissabon zur Reform der EU, 3. Aufl. 2010, S. 121. 178 Vgl. zur EMRK als „allgemeiner Rechtsgrenze“ die Ausführungen bei F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 51.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Fassung der „Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten“, die bis zur Mitte des Jahres 2010 gegolten hat, nur Staaten Vertragsparteien der Konvention werden konnten. Dies hat sich seit dem 1. Juni 2010 durch In-Kraft-Treten des Zusatzprotokolls Nr. 14179, durch das nach Maßgabe seines Art. 17 auch der Europäischen Union (gemäß dem neu eingefügten Art. 59 Abs. 2 EMRK) der Beitritt zur Konventionsgemeinschaft ermöglicht wird, entscheidend zugunsten der EU geändert.180 Eine weitere Facette unionsrechtlicher Kompetenzgrenzen ergibt sich aus der Berücksichtigung der völkervertragsrechtlichen Bindung an internationale Regelwerke, wie an das „General Agreement on Tariffs and Trade“ (GATT), das „General Agreement on Trade in Services“ (GATS) und das „Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights“ (TRIPS) unter dem Dach der Welthandelsorganisation.181 Kurz erwähnt wurden bereits die „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“, die als „ungeschriebene Ausnahme“ ebenfalls etwa zur Rechtfertigung von Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit und damit im Ergebnis auch zur Eingrenzung der Ausübung eines betroffenen unionsrechtlichen Kompetenzbereichs herangezogen werden können.182 In diesen Fällen wird zwar die EU-Kompetenz nicht als solche begrenzt, jedoch wird die Reichweite der Dienstleistungsfreiheit dadurch eingeschränkt, dass unterschiedslos anwendbare Beschränkungen dieser Freiheit durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten gerechtfertigt sein können.183 Konkret bezogen auf den Rundfunk kann hier ein solch zwingender Grund in einer Kulturpolitik seitens der Mitgliedstaaten gesehen werden, durch die die „Meinungsfreiheit und Pluralität“ im Rahmen der Berichterstattung gewährleistet werden sollen.184 179 Abgedruckt bei J. Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl. 2011, Anhang VIII;vgl. hierzu auch R. Geiger, in: ders./D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 21. 180 Vgl. R. Geiger, in: ders./D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 21. 181 Vgl. hierzu F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 57. 182 Vgl. hierzu M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 102 ff. 183 So M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 102. 184 EuGH, Rs. 52/79, Urt. v. 18. März 1980, Marc J.V.C. Debauve und andere, Slg. 1980, S.833 ff. (857 Rdn. 14, 15), wobei der Gerichtshof hier allgemein auf Gründe „des Allgemeininteresses“ abstellt; Rs. 353/89, Urt. v. 25. Juli 1991, Kommission der Europäischen Gemeinschaften./.Königreich der Niederlande, Slg. 1991, S. I-4069 (I-4097 Rdn. 30); Rs. C148/91, Urt. v. 3. Februar 1993, Vereniging Veronica Omroep Organisatie./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1993, S. I-487 ff. (I-518 Rdn. 9 f.); Rs. C-23/93, Urt. v. 5. Oktober 1994, TV10 SA./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1994, S. I-4795 (I-4832 Rdn. 18 f.); vgl. M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 103 mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des EuGH; vgl. zur Qualifizierung der „Gewährleistung des Pluralismus im Rundfunkwesen“ als eine „im Allgemeininteresse“ liegende Zielsetzung die Ausführungen bei D. Dörr, NJW 1995, S. 2263 ff. (2265); R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner,

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3. Kompetenzergänzende Normen und europarechtliche Grundsätze Neben den erörterten Kompetenzbegrenzungen sind dem Recht der Europäischen Union auch kompetenzergänzende Normen und entsprechende europarechtliche Grundsätze bekannt. Dabei sind diese kompetenzergänzenden oder auch kompetenzabrundenden Rechtsnormen der notwendigen „Flexibilität“ im Rahmen des europäischen Unionrechts geschuldet, um es für künftige Entwicklungen also offen zu halten.185 Solche Ergänzungen des Kompetenzbereichs ergeben sich dabei einerseits unmittelbar aus dem geschriebenen Primärrecht, andererseits aus ergänzenden Grundsätzen, wie der „implied powers“-Doktrin186 oder auch dem „effet utile“-Prinzip.187 a) Art. 352 AEUV Nach dem Vertrag von Lissabon greift Art. 352 AEUV die alte Bestimmung des Art. 308 EGV wieder auf – allerdings in stark modifizierter bzw. erweiterter Fassung.188 Nach Art. 352 Abs. 1 AEUV „erlässt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments die geeigneten Vorschriften“, wenn „ein Tätigwerden der Union im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Politikbereiche“ erforderlich erscheint, „um eines der Ziele der Verträge zu verwirklichen“, und die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen sind. Die neu eingefügten Absätze 2 – 4 grenzen die ehemals sehr weit gefasste Formulierung dieses Artikels stark ein, sodass die durch diesen Artikel beabsichtigte Kompetenzergänzung ihrerseits wiederum zugunsten der Berücksichtigung der Interessen der Mitgliedstaaten relativiert wird. So besteht nach Art. 352 Abs. 2 AEUV eine Pflicht der Europäischen Kommission, die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten „im Rahmen des Verfahrens zur Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips“ nach Art. 5 Abs. 3 EUV „auf die Vorschläge aufmerksam“ zu machen, „die sich auf diesen Artikel stützen.“ Nach Art. 352 Abs. 3 AEUV dürfen die auf diesem Artikel beruhenden Maßnahmen „keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den Fällen beinhalten, in denen die VerRundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 25 m. weit. Nachw. 185 Vgl. hierzu F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 37. 186 Vgl. hierzu M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 11 Rdn. 11. 187 Vgl. F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 37; D.-E. Khan, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 352 AEUV Rdn. 13. 188 Vgl. hierzu etwa die synoptische Darstellung bei R. Streinz/Chr. Ohler/Chr. Herrmann, Der Vertrag von Lissabon zur Reform der EU, 3. Aufl. 2010, S. 368; siehe ferner auch D.-E. Khan, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 352 AEUV Rdn. 1 ff.

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träge eine solche Harmonisierung ausschließen“. Schließlich kann Art. 352 AEUV gemäß Absatz 4 „nicht als Grundlage für die Verwirklichung von Zielen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik dienen“. Darüber hinaus müssen nach diesem Artikel beschlossene Rechtsakte „innerhalb der in Artikel 40 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union festgelegten Grenzen bleiben.“ Innerhalb dieser sich aus den neu eingefügten Absätzen ergebenden und soeben dargestellten Grenzlinien gibt Art. 352 AEUV somit den Organen der Europäischen Union ein rechtliches Instrumentarium an die Hand, zusätzliche Kompetenzen im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Politikbereiche zur Verwirklichung solcher Ziele, wie sie aus den Verträgen abzuleiten sind, selbst dann wahrzunehmen, wenn die entsprechenden Befugnisse in den Verträgen nicht vorgesehen sind.189 Allerdings handelt es sich bei Art. 352 AEUV keineswegs um die Normierung einer europarechtlichen „Kompetenz-Kompetenz“, da auch hier eine unzulässige Vertragserweiterung als klare Grenze der Befugnisnorm anzusehen ist.190 Damit das Verfahren, das für eine Änderung der primärrechtlichen Verträge erforderlich ist, durch Art. 352 AEUV nicht unterlaufen wird, bedarf es einer engen Auslegung der Norm, die insbesondere der Notwendigkeit Rechnung trägt, die hieraus resultierenden, abrundenden Kompetenzen „nicht wesentlich“ über die vertraglich bereits gewährten oder auch implizit vorgesehenen Kompetenzbereiche hinaus auszuweiten.191 Eine darüber hinausgehende Sichtweise wäre mit dem europarechtlichen Kompetenzgefüge wohl kaum zu vereinbaren. b) Die sog. „implied powers“-Doktrin Unter „impliziten Kompetenzen“ (die sog. „implied powers“) versteht man die Befugnis zur Vornahme solcher Maßnahmen, für die das europäische Primärrecht zwar keine ausdrückliche Ermächtigung vorsieht, wobei allerdings ohne eine solche Kompetenz die wirksame und vor allen Dingen auch sinnvolle Wahrnehmung und Ausübung anderer ausdrücklich zugewiesener Befugnisse gar nicht möglich wäre.192 189 Vgl. zum ehemaligen Art. 308 EGV bereits F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 37 f. 190 Vgl. ähnlich auch F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 37 f.; nach sicherlich nicht unbegründeter Auffassung von D.-E. Khan ist allerdings „der Grad zwischen einer (bloßen) vertragsimmanenten Fortentwicklung des Unionsrechts und dem (zumindest partiellen) Übergang der Kompetenz-Kompetenz auf die Union schmal“, vgl. D.-E. Khan, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 352 AEUV Rdn. 1; vgl. bereits damals zum ehemaligen Art. 235 EGV H. D. Jarass, AöR 121 (1996), S. 173 ff. (177) m. weit. Nachw. 191 Vgl. F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 38. 192 Vgl. EuGH, Rs. 165/87, Urt. v. 27. September 1988, Kommission der Europäischen Gemeinschaften./.Rat der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1988, S. 5545 (5560 Rdn. 7 f.);

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Dabei handelt es sich bei diesen impliziten Kompetenzen nicht um selbständige Kompetenztitel, sondern vielmehr um die Erweiterung bereits vorhandener, den Organen der Europäischen Union also bereits zugeordneter Kompetenzen, deren Reichweite mittels der üblichen Auslegungsmethoden zu ermitteln ist.193 Auf diese Weise erstrecken sich also ausdrücklich zugewiesene Kompetenzen auch auf rechtliche Nachbargebiete im Sinne einer faktischen „Kompetenz“194 oder auch im Sinne von „Zuständigkeiten kraft Sachzusammenhangs“195; ferner können die ausdrücklichen Kompetenzen auch durch eine sog. „Annexkompetenz“196 abgerundet werden. Für die Reichweite dieser Kompetenzausweitungen kommt der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine entscheidende Bedeutung zu, wobei allerdings dessen zuweilen sehr weites Verständnis dieser impliziten Kompetenzen in der Literatur auf (durchaus nachvollziehbare) Kritik stößt.197 Die Reichweite der „implied powers“-Doktrin ist insbesondere hinsichtlich ihrer Abgrenzung vom Anwendungsbereich des Art. 352 AEUV von Interesse, wobei in der Literatur kollisionsrechtlich verschiedene Auffassungen vertreten werden. Während teilweise angenommen wird, dass die „implied powers“-Doktrin im Rahmen des Anwendungsbereichs des Art. 352 AEUV „verdrängt“ werde198, bestehen nach anderer Auffassung unter Betonung der strengen Akzessorietät der „implied powers“ zu einer im Vertrag bereits eingeräumten Kompetenz zwischen den beiden Anwendungsbereichen im Ergebnis wohl keine signifikanten Berührungspunkte.199 Nach letztgenannter Auffassung soll die Annahme eines vermeintlichen Spannungsverhältnisses zwischen Art. 352 AEUV und der „implied powers“-Doktrin auf einem

H. D. Jarass, AöR 121 (1996), S. 173 ff. (176); D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/ M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 44; K.-D. Borchardt, Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union, 4. Aufl. 2010, Rdn. 485 f.; vgl. zur Bedeutung der impliziten Kompetenz als „anderweitige Befugnis“ im Zusammenhang mit Art. 352 AEUV auch D.-E. Khan, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 352 AEUV Rdn. 13; M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 11 Rdn. 11. 193 Vgl. D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 44 mit einem Verweis auf G. Nicolaysen, EuR 1966, S. 129 ff. (131). 194 Von einer „Kompetenz kraft Sachzusammenhangs“ spricht insoweit etwa H. D. Jarass, AöR 121 (1996), S. 173 ff. (176). 195 Vgl. G. Nicolaysen, EuR 1966, S. 129 ff. (131); D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/ M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 44. 196 Vgl. H. D. Jarass, AöR 121 (1996), S. 173 ff. (176 f.). 197 Vgl. etwa H. D. Jarass, AöR 121 (1996), S. 173 ff. (177) mit einer Bezugnahme auf EuGH, Rs. 22/70, Urt. v. 31. März 1971, Kommission der Europäischen Gemeinschaften./.Rat der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1971, S. 263 (274 Rdn. 15/19). 198 Vgl. etwa A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 164. 199 Vgl. etwa D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 45.

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„fehlerhaften Vorverständnis der Lehre“200 beruhen. Als fehlerhaft wird dabei die Auffassung verstanden, dass die „implied powers“-Doktrin „vertragsübergreifend zur Ausfüllung von Vertragslücken“201 berechtige, wenn auf andere Weise die Erfüllung des Vertragszwecks nicht möglich erscheine.202 Vielmehr müsse der „implied powers“-Doktrin jedoch ein (Anm. d. Verfassers: wohl streng) akzessorischer und ein auf jeweils eine bestimmte Kompetenz bezogener „Charakter“ hinsichtlich der darauf fußenden impliziten Ermächtigungen zugrunde gelegt werden.203 Die zweitgenannte Auffassung überzeugt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es ja nur dann eine implizit enthaltene Kompetenz geben kann, wenn sie sich auf eine explizit in den Verträgen verankerte Kompetenz zu beziehen imstande ist, da ja anderenfalls eine Implikation der eigenen Grundlage entbehren würde. Die „implied powers“-Doktrin ist nach zutreffender Darstellung von D. Winkler zwar prinzipiell auch so zu verstehen, dass sie von der „Ableitbarkeit des (Anm. des Verfassers: zulässigen) Mittels“, also der erweiterten Kompetenz, „aus dem (Anm. des Verfassers: angestrebten) Zweck“ ausgeht.204 Jedoch leitet sich der hier zugrunde zu legende Zweck nicht von den allgemeinen Zielvorgaben der Europäischen Union ab, sondern ausschließlich von einer jeweils vertraglich bereits verankerten und damit konkret benannten Kompetenz, wie sie aus den Normen der Vertragstexte hervorgeht.205 Art. 352 AEUV hingegen bezieht sich auf die allgemeinen Zielvorgaben der Europäischen Union. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei den „implied powers“ um „implizite vertragliche Befugnisse“, die in vorrangiger Anwendung im Einzelfall einen Rückgriff auf Art. 352 AEUV nicht zulassen.206 200 So D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 45. 201 So die Darstellung bei D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 45. 202 Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 45; siehe aber die frühere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, in der der EuGH in Bezug auf die „implied powers“-Doktrin auf die Vertragsgesamtheit rekurrierte, bei EuGH, verbundene Rechtssachen 281, 283 bis 285 und 287/85, Urt. v. 9. Juli 1987, Bundesrepublik Deutschland und andere./.Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1987, S. 3203 (3254 Rdn. 31). 203 Vgl. D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 45; a. A. hingegen wohl A. Haratsch/ Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 164, die sich im Rahmen ihrer Ausführungen allerdings auf ein Beispiel beziehen, das mit dem In-Kraft-Treten des Vertrags von Lissabon jedenfalls hinfällig geworden ist („Außenkompetenzen“). 204 So D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 45. 205 So G. Nicolaysen, EuR 1996, S. 129 ff. (135); D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/ M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 45; vgl. auch A. v. Bogdandy/J. Bast, EuGRZ 2001, S. 441 ff. (444), die in der „implied powers“-Doktrin eine „Auslegungsregel für ausdrückliche Kompetenznormen“ sehen. 206 So auch zum ehemaligen Art. 308 EGV D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 45;

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Um das „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung“ nicht auszuhöhlen, darf die „implied powers“-Doktrin trotz des mit ihr verfolgten integrativen Ansatzes zugunsten der Europäischen Union ebenso wenig zu einer grenzenlosen Kompetenzausdehnung führen wie die anderen Instrumente, die die primärrechtlich verankerten Kompetenzen in ihrem Anwendungsbereich erweitern.207 Eine unüberwindbare äußere Grenze zieht somit die Reichweite der jeweils vertraglich ausdrücklich zugewiesenen Kompetenzen, deren Wahrnehmung durch die Anerkennung der „implied powers“208 gerade ermöglicht werden soll. Eine etwaige kompetenzielle Verselbständigung wäre jedoch mit dem „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung“ nicht mehr zu vereinbaren.209 c) Die sog. „resulting powers“ Von den „implied powers“ werden die sog. „resulting powers“ – besser bekannt im nationalen Recht der Bundesrepublik Deutschland als „Kompetenzen kraft Natur der Sache“210 – unterschieden.211 Damit verfügt die Europäische Union also mit den „resulting powers“ über ein ähnliches Instrumentarium, wie es der deutschen Rechtsdogmatik geläufig ist.212 In Teilen der Literatur wird die Existenz einer ent-

A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 164 gehen hingegen von einer Verdrängung der „implied powers“ immer dann aus, wenn Art. 352 AEUVanwendbar ist; K.-D. Borchardt, Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union, 4. Aufl. 2010, Rdn. 485. 207 Vgl. etwa die Ausführungen bei R. Scholz, in: Th. Maunz/G. Dürig (Hrsg.), GG, Band IV, Art. 23 (Stand 56. Lfg. 2009) Rdn. 32. 208 Vgl. zu den sog. „implied powers“ etwa D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 44 mit einem Verweis auf G. Nicolaysen, EuR 1966, S. 129 ff.; siehe hierzu ferner auch G. Lienbacher, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 5 EGV Rdn. 12. 209 So stellt Chr. Vedder insofern zutreffend fest, dass sich die „implied powers“ „aus einer systematischen Auslegung der Verträge in ihrer Gesamtheit ergeben“, so Chr. Vedder, in: ders./ W. Heintschel von Heinegg, Europäisches Unionsrecht, 2012, Art. 5 EUV Rdn. 11. 210 Vgl. D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 43; siehe ferner auch A. Uhle, in: Th. Maunz/G. Dürig (Hrsg.), GG, Band V, Art. 70 (Stand 53. Lfg. 2008) Rdn. 75 ff. 211 Vgl. hierzu R. Böhm, Kompetenzauslegung und Kompetenzlücken im Gemeinschaftsrecht, 1985, S. 208 ff. (auch 214); H. D. Jarass, AöR 121 (1996), S. 173 ff. (177); D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 43. 212 BVerfGE 11, 89 (98 f.); vgl. auch R. Stettner, in: H. Dreier (Hrsg.), GrundgesetzKommentar, Bd. II, 2. Aufl., Supplementum 2007, Art. 70 Rdn. 66 ff.; A. Uhle, in: Th. Maunz/ G. Dürig (Hrsg.), GG, Band V, Art. 70 (Stand 53. Lfg. 2008) Rdn. 75 ff.; sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch R. Stettner und A. Uhle weisen in rechtshistorischer Perspektive auf die entsprechende Definition dieses Rechtsbegriffs durch G. Anschütz hin (siehe m. weit. Nachw. jeweils a.a.O.); D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 43.

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sprechenden Kompetenz auf europarechtlicher Ebene jedoch angezweifelt.213 Teilweise werden die Zweifel an einer „Kompetenz kraft Natur der Sache“ im europäischen Rahmen mit dem Vorhandensein der ausdrücklichen Abrundungskompetenz des Art. 352 AEUV begründet.214 Doch auch dann, wenn man das Vorhandensein von „Kompetenzen kraft Natur der Sache“ bejaht, handelt es sich hierbei nicht um zusätzliche selbständige Kompetenztitel, sondern vielmehr um eine „erweiternde Auslegung“215 der ohnehin primärrechtlich verorteten Kompetenzzuweisungen zur Europäischen Union.216 Dabei ist eine solche „Kompetenz kraft Natur der Sache“ immer dann anzunehmen, wenn der ihr zugrunde liegende Regelungsbereich „denkgesetzlich“217 nur durch die Europäische Union ausgefüllt werden kann.218 Wenngleich natürlich auch hier Verbindungslinien zu anderen Kompetenzausweitungsnormen zu erkennen sind, sind „Kompetenzen kraft Natur der Sache“ von den zuvor erörterten Kompetenzerweiterungsinstrumenten doch klar zu unterscheiden. In Bezug auf das europäische Rundfunk- und Medienrecht dürfte den „Kompetenzen kraft Natur der Sache“ – soweit ersichtlich – jedoch eher keine oder nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen. d) Das „effet utile“-Prinzip Der Grundsatz der Effektivität („effet utile“219), dessen Wurzeln im europäischen Raum bereits auf das römische Recht zurückgehen,220 erlangt im Europarecht eine 213 Vgl. etwa H.-G. Rengeling, EuR 1974, S. 216 ff. (220 f. mit FN 38); mit Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH H. D. Jarass, AöR 121 (1996), S. 173 ff. (177); siehe auch die allgemeine Darstellung bei D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 43. 214 So etwa bezogen auf die Vor-Vorgängernorm des Art. 235 EGV H. D. Jarass, AöR 121 (1996), S. 173 ff. (177). 215 So D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 43. 216 Vgl. D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 43. 217 Von „denkgesetzlich“ spricht in diesem Zusammenhang G. Nicolaysen, EuR 1966, S. 129 (131); siehe auch D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 43. 218 Vgl. auch D. Winkler, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. III, Art. 308 EGV (Stand 34. EL 2008) Rdn. 43. 219 Wörtlich übersetzt: „nützliche Wirkung“, vgl. EuGH, Rs. 9/70, Urt. v. 6. Oktober 1970, Franz Grad./.Finanzamt Traunstein, Slg. 1970, S. 825 (838 Rdn. 5); EuGH, Rs. 41/74, Urt. v. 4. Dezember 1974, Yvonne van Duyn./.Home Office, Slg. 1974, S. 1337 (1348 Rdn. 12); St. Vogenauer, Die Auslegung von Gesetzen in England und auf dem Kontinent, Bd. I, 2001, S. 356; S. Seyr, Der effet utile in der Rechtsprechung des EuGH, 2008, S. 94 ff.; A. Haratsch/ Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 174; M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (467), der detailliert auf die Verwendung der einzelnen Begrifflichkeiten und ihren Bedeutungsgehalt eingeht und darauf hinweist, dass der Begriff „effet utile“ teilweise in deutschen Fassungen einzelner EuGH-Urteile auch mit dem Begriff der „praktischen Wirk-

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ganz entscheidende Bedeutung.221 Dabei erweist sich das „effet utile“-Prinzip in gewisser Weise als „Gegenspieler“ zum Subsidiaritätsgrundsatz, da es – auch in Übereinstimmung mit der diesbezüglichen Rechtsprechung des EuGH222 – eine solche Interpretation des Unionsrechts bevorzugt, die die wirksame Durchsetzung der vertraglich verankerten Zielsetzungen am besten zu erreichen verspricht.223 Eine so verstandene Auslegung hat dabei eher eine Erweiterung der Unionskompetensamkeit“ oder der „vollen Wirksamkeit“ übersetzt wird, vgl. insoweit zur erst genannten Variante etwa auch EuGH, Rs. 48/75, Urt. v. 8. April 1976, Jean Noël Royer, Slg. 1976, S. 497 (517 Rdn. 69/73). 220 So wird im Schrifttum darauf hingewiesen, dass bereits der römische Jurist Julian von einem Prinzip des „ut res magis valeat quam pereat“ gesprochen habe, was in deutscher Übersetzung so viel bedeutet wie „dass die Sache/Angelegenheit mehr gelten als dass sie zugrunde gehen möge“. Hierin ist der Gedanke des Effektivitätsprinzips bereits deutlich angelegt, vgl. hierzu die Ausführungen bei S. Seyr, Der effet utile in der Rechtsprechung des EuGH, 2008, S. 94 m. weit. Nachw.; M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (466) m. weit. Nachw.; siehe hierzu auch die Ausführungen von Julian „De rebus dubiis“, im 50. Buch der Digesten Julians, Digesta XXXIV, 5 (12), abgedruckt bei Th. Mommsen/P. Krueger (rec.), Corpus Iuris Civilis, Volumen primum, Iustiniani Digesta, 1963. 221 Vgl. auch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH die Ausführungen bei H. D. Jarass, AöR 121 (1996), S. 173 ff. (180); M. Potacs, EuR 2009, S. 465. 222 Nach Auffassung des EuGH sind die Mitgliedstaaten bei der Wahl der Form und Mittel zur Umsetzung von Richtlinien des EG-Rechts (inzwischen des EU-Rechts) in der Weise verpflichtet, dass sie sich „zur Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit (effet utile) der Richtlinien unter Berücksichtigung des mit ihnen verfolgten Zwecks am besten eignen“, vgl. etwa EuGH, Rs. 48/75, Urt. v. 8. April 1976, Jean Noël Royer, Slg. 1976, S. 497 (517 Rdn. 69/ 73); Rs. 205 bis 215/82, Urt. v. 21. September 1983, Deutsche Milchkontor GmbH und andere./. Bundesrepublik Deutschland, Slg. 1983, S. 2633 (2666 Rdn. 22); Rs. C-24/95, Urt. v. 30. März 1997, Land Rheinland-Pfalz./.Alcan Deutschland GmbH, Slg. 1997, S. I-1591 (I-1616 Rdn. 24); Rs. C-213/89, Urt. v. 19. Juni 1990, The Queen./.Secretary of State for Transport ex parte: Factortame Ltd. und andere, Slg. 1990, S. I-2433 (I-2473 Rdn. 20 ff.); Rs. C-144/04, Urt. v. 22. November 2005, Werner Mangold./.Rüdiger Helm, Slg. 2005, S. I-9981 (10040 f. Rdn. 77); vgl. auch H. D. Jarass, AöR 121 (1996), S. 173 ff. (180); siehe auch M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 12 Rdn. 36; vgl. zur Rechtsprechung des EuGH auch M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (467). 223 Vgl. EuGH, Verbundene Rechtssachen 205 – 215/82, Urt. v. 21. September 1983, Deutsche Milchkontor GmbH und andere./.Bundesrepublik Deutschland, Slg. 1983, S. 2633 (2667 Rdn. 25); Verbundene Rechtssachen 281, 283 bis 285 und 287/85, Urt. v. 9. Juli 1987, Bundesrepublik Deutschland und andere./.Kommission der Europäischen Gemeinschaften, S. 3203 (3254 Rdn. 30); vgl. A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 174; die im „effet utile“-Prinzip angelegte Ausweitung des Kompetenzrahmens der Europäischen Union wird noch durch ein dynamisches Element in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs weiter verstärkt: So rekurriert der Gerichtshof bei der Feststellung der Kompetenzgrenzen auf den „gegenwärtigen Entwicklungsstand des Gemeinschaftsrechts“. Hieraus kann mit H. D. Jarass gefolgert werden, dass sich das Kompetenzgefüge der Europäischen Union im weiteren Verlauf der Entwicklung mutmaßlich zu ihren Gunsten weiter verschieben könnte, vgl. hierzu auch H. D. Jarass, AöR 121 (1996), S. 173 ff. (181); weitere Abschwächungen und Einschränkungen erhält das „effet-utile“-Prinzip darüber hinaus freilich aus den oben bereits erörterten Grenzen des europäischen Gemeinschaftsrechts, insbesondere auch durch das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, vgl. insoweit M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (476 ff.).

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

zen224 zum Ziel und begegnet somit bezüglich seiner Vereinbarkeit mit dem Subsidiaritätsprinzip zu Recht Bedenken.225 Uneinigkeit besteht zudem über die methodologische Deutung des „effet utile“-Prinzips226, wobei hierunter nach einer Auffassung „eine Auslegungsmethode“ zur Berücksichtigung der Spezifika des Unionsrechts verstanden wird.227 Nach anderer Auffassung, die unter anderem auch vom Bundesverfassungsgericht gestützt wird, wird der materielle Gehalt dieses Prinzips sehr viel restriktiver ausgelegt.228 Die unterschiedlichen Auffassungen zum „effet utile“-Prinzip im Europarecht gründen nicht zuletzt auf einem unterschiedlichen Begriffsverständnis dieses Prinzips im Mehrebenensystem, da es zum einen in einigen nationalen Rechtsordnungen, zum anderen jedoch auch im allgemeinen Völkerrecht durchaus bekannt ist.229 M. Potacs macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass der Bedeutungsgehalt des „effet utile“-Prinzips insbesondere im mitgliedstaatlichen Kontext (etwa im Rahmen der österreichischen Rechtsprechung)230 gegenüber der völkerrechtlichen Bedeutung sehr unterschiedlich sein kann.231 Im erst genannten Fall wird auf der Grundlage des „effet utile“-Prinzips dabei angenommen, dass eine Vorschrift unter Verletzung dieses Prinzips gar keine Wirkung mehr entfalten kann, d. h. dass durch Anwendung des Prinzips sicherzustellen ist, dass eine Vorschrift nicht „überflüssig und daher inhaltslos“232 sein darf. Im Rahmen des Völkerrechts hingegen soll es beim „effet utile“ im Zuge der völkerrechtlichen Auslegungspraxis vielmehr auf die Erzielung der maximalen Wirkung, also auf die bestmögliche Erreichung der Zielsetzung des jeweiligen völkerrechtlichen Vertrages ankommen.233 Insofern spricht M. Potacs zutreffend im Rahmen seiner typologischen Kategorisierung von einem „effet utile im engeren Sinn“ und einem „effet utile im weiteren Sinn“.234 Auch wenn dem „Effet utile“ in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs durchaus eine mitunter „elastische“

224 So auch H. D. Jarass, AöR 121 (1996), S. 173 ff. (181); A. Haratsch/Chr. Koenig/ M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 174. 225 Vgl. auch A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 174; M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (465 f., 477 f.). 226 Vgl. die ausführliche Darstellung bei M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (insbesondere 469 ff.). 227 So sieht etwa Chr. Calliess im „effet-utile“ einen „Interpretationsgrundsatz“, der eng mit der teleologischen Auslegung verknüpft ist, vgl. hierzu Chr. Calliess, NJW 2005, S. 929 ff. (929); so und hierzu auch M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (465) m. weit. Nachw. 228 Vgl. BVerfGE 89, 155 (209 f.); siehe hierzu auch M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (466). 229 Vgl. die Ausführungen bei M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (466). 230 Vgl. hierzu M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (466) m. weit. Nachw. 231 Vgl. M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (466). 232 Vgl. hierzu M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (466) m. weit. Nachw. 233 Es geht also um die „volle Wirksamkeit“ der völkervertraglichen Regelung, vgl. hierzu M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (466) m. weit. Nachw.; siehe auch H. von Heinegg, in: K. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl. 2004, § 11 Rdn. 16. 234 Vgl. M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (466 f.).

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Bedeutung entnommen werden kann,235 geht der Gerichtshof im Ergebnis wohl doch meist, aber nicht ausschließlich236, von einem weiten Begriffsverständnis aus.237 Trotz der unterschiedlichen Terminologie, deren sich der EuGH zuweilen bedient, wird in zahlreichen Urteilen deutlich, dass es seiner Zielsetzung entspricht, die Sicherung der „vollen Wirksamkeit“ oder auch „vollen Wirkung“ der unionsrechtlichen (bzw. zuvor gemeinschaftsrechtlichen) Vorschriften zu erreichen.238 Dabei kann das „effet utile“-Prinzip auch mit einschneidenden Maßnahmen für einzelne Betroffene verbunden sein. In der „Alcan“-Entscheidung des EuGH239 wurde etwa festgezurrt, dass einem Unternehmen für den Fall eine erfolgreiche Berufung auf den Vertrauensschutz verwehrt ist, dass ein Mitgliedstaat eine unter Umgehung der europarechtlichen Anmeldungserfordernisse gewährte Beihilfe zurückfordert, deren Gewährleistung vor diesem Hintergrund gerade nicht mit dem europäischen Beihilferecht in Einklang stand.240 In rundfunkrechtlichem Zusammenhang stützt sich der Europäische Gerichtshof zuweilen jedoch weniger auf das „effet utile“-Prinzip, sondern vielmehr auf eine historische Interpretation, um im Rahmen seiner Auslegungspraxis den Bedeutungsgehalt rundfunkrechtlicher Normen zu ermitteln.241

235 Vgl. hierzu etwa S. Seyr, Der effet utile in der Rechtsprechung des EuGH, 2008, S. 273; M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (467). 236 Vgl. etwa einerseits EuGH, Rs. C-223/98, Urt. v. 14. Oktober 1999, Adidas AG, Slg. 1999, S. I-7081 (I-7107 Rdn. 24); andererseits jedoch Rs. C-438/05, Urt. v. 11. Dezember 2007, International Transport Workers‘ Federation und Finnish Seamen’s Union./. Viking Line ABP und OÜ Viking Line Eesti, Slg. 2007, S. I-10779 (I-10803 Rdn. 69); siehe zum erstgenannten Urteil des EuGH S. Seyr, Der effet utile in der Rechtsprechung des EuGH, 2008, S. 272 f.; siehe zum letztgenannten Urteil M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (468). 237 Vgl. M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (467 f.) m. weit. Nachw.; vgl. ausführlich zur Rechtsprechungspraxis des EuGH in Bezug auf das „effet utile“-Prinzip S. Seyr, Der effet utile in der Rechtsprechung des EuGH, 2008, S. 272 ff. 238 Vgl. etwa EuGH, Rs. 106/77, Urt. v. 9. März 1978, Staatliche Finanzverwaltung./.S.p.A. Simmenthal, Slg. 1978, S. 629 (643 Rdn. 14/16); EuGH, Rs. C-441/93, Urt. v. 12. März 1996, Panagis Pafitis u. a../.Trapeza Kentrikis Ellados AE u. a., Slg. 1996, S. I-1347 (I-1382 Rdn. 70); EuGH, Rs. C-360/96, Urt. v. 10. November 1998, Gemeente Arnhem und Gemeente Rheden./. BFI Holding BV, Slg. 1998, S. I-6821 (I-6868 Rdn. 62); vgl. hierzu auch M. Potacs, EuR 2009, S. 465 ff. (467 f.); Th. von Danwitz weist in diesem Zusammenhang auch auf die teils „superlativische Formulierung“ im Sinne eines „effet maximal“ hin, vgl. Th. von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 145 mit FN 350, in der er auf die Entscheidung des EuGH, Rs. C-348/89, Urt. v. 27. Juni 1991, Macanarte – Metalúrgica da Lagoa Ld../.Chefe do Serviço da Conferência Final da Alfândega do Porto, Slg. 1991, S. I-3277 (I-3313 Rdn. 44) hinweist. 239 EuGH, Rs. C-24/95, Urt. v. 20. März 1997, Land Rheinland-Pfalz./.Alcan Deutschland GmbH, I-1591 (I-1616 Rdn. 24). 240 Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 12 Rdn. 36. 241 Vgl. die Auslegung des EuGH zu den Begriffen des Fernsehfilms und der Reihe gemäß Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 89/552, EuGH, Rs. C-245/01, Urt. v. 23. 10. 2004, DVBl. 2004, S. 185 ff.; vgl. hierzu auch D. Dörr, JuS 2004, S. 810 ff. (813).

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Bevor der auf europarechtliche Vorgaben zurückzuführende neue einfachgesetzliche Rundfunkbegriff mit In-Kraft-Treten des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages eingeführt wurde, waren Konstellationen – zumindest theoretisch – denkbar, in denen die damals gültigen einfachgesetzlichen Zuordnungen von Rundfunk und anderen Medienangeboten mit der europarechtlichen Begriffszuordnung linearer und non-linearer Dienste und den hieran geknüpften rechtlichen Vorgaben kollidierten und auf diese Weise mit den Maßgaben des „effet utile“Prinzips in Konflikt geraten konnten.242

4. Entwicklungen im Rahmen der europäischen Rechtsprechung Auf europäischer Ebene nehmen der Europäische Gerichtshof und seine medienspezifischen Judikate für den Bereich des Rundfunk- und Medienrechts eine besondere Schlüsselposition ein,243 deren Tragweite man erst dann hinreichend präzise zu beurteilen vermag, wenn man sich die herausragende und über viele Jahre kontinuierlich gewachsene Bedeutung seiner Juristiktionsgewalt für die einzelnen Mitgliedstaaten der Union vergegenwärtigt.244 Für das europäische Rundfunk- und Medienrecht lassen sich anhand der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes bestimmte Entwicklungslinien ableiten, die auch für die Untersuchung eines möglichen europäischen Rundfunkbegriffsverständnisses von Bedeutung sind. So hat beispielsweise in der Debatte um die Frage nach der Zuordnung und Verteilung der medien- und speziell rundfunkrechtlichen Kompetenzen zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Union der Europäische Gerichtshof schon früh einen wichtigen Beitrag geleistet. So erklärte er in seinem Urteil in der Sache Sacchi vom 30. April 1974245 zu der Frage, ob die Ausstrahlung von Fernsehsendungen unter die Gewährleistung der Dienstleistungsfreiheit im Sinne des damaligen EGRechts falle,246 folgendes: „Die Ausstrahlung von Fernsehsendungen als solchen, einschließlich jener zu Werbezwecken, fällt unter die Vertragsvorschriften über Dienstleistungen.“247 Diese Auffassung bestätigte der EuGH unter Bezugnahme auf sein Urteil im Fall Giuseppe Sacchi im Rahmen seines Debauve-Urteils vom

242

Vgl. hierzu O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (17). Eine insofern „überragende Bedeutung“ der EuGH-Rechtsprechung stellte D. Dörr bereits 1995 in diesem Zusammenhang zutreffend fest, vgl. D. Dörr, NJW 1995, S. 2263 ff. (2265). 244 Vgl. hierzu D. Dörr, NJW 1995, S. 2263 ff. (2265). 245 EuGH, Rs. 155/73, Urt. v. 30. April 1974, Giuseppe Sacchi, Slg. 1974, S. 409. 246 Vgl. hierzu auch D. Dörr, NJW 1995, S. 2263 ff. (2265). 247 Vgl. EuGH, Rs. 155/73, Urt. v. 30. April 1974, Giuseppe Sacchi, Slg. 1974, S. 409 (432 Ziff. 1 des Tenors); vgl. hierzu auch I. E. Schwartz, ZUM 1989, S. 381 ff. (389); G. Herrmann/ M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 54. 243

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18. März 1980.248 Durch diese grundlegenden Urteile des Europäischen Gerichtshofs wurde schnell klar, dass sich die damalige Europäische Gemeinschaft mit dem Bereich des Rundfunks näher befassen musste. Die Zuordnung der Rundfunkausstrahlung zur Dienstleistungsfreiheit begründete damit auch die Notwendigkeit, sich auf europäische Rechtstermini zu verständigen, wie sie etwa in den in der Folge geschaffenen Richtlinien zum Rundfunk- und Medienbereich ihre Ausprägung gefunden haben. Später spezifizierte der Europäische Gerichtshof seine Einordnung von Dienstleistungen im Bereich der Fernsehtätigkeit. So erkannte der EuGH im Fall Kabelregeling249 „mindestens zwei gesonderte Dienstleistungen“: einerseits die Dienstleistung der Betreiber einer Kabelanlage, die einer Sendeanstalt diese Kabelanlage zur Verbreitung ihrer Programme zur Verfügung stellen, andererseits die Dienstleistung der Sendeanstalten gegenüber den werbetreibenden Unternehmen, die der Gerichtshof als solche in der Verbreitung der Werbebotschaften im Wege der Rundfunkausstrahlung erblickte.250 Die Reichweite der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs war jedoch in Folge der Kabelregeling-Entscheidung alles andere als klar. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine umfassende Rechtsangleichungsbefugnis der Organe der Europäischen Gemeinschaft im gesamten Bereich des Rundfunkrechts abgeleitet werden konnte.251 Eine solch weite Auslegung dieses Urteils ließe jedoch außer Betracht, dass der Rundfunk als solcher nicht auf seine wirtschaftlichen Aspekte eingegrenzt werden darf, sondern ihm in nuce (zumindest auch) ein ganz anderer Bedeutungsgehalt für die Funktionsfähigkeit unserer heutigen Gesellschaft beizumessen ist. So wäre es viel zu kurz gegriffen, das Rundfunkrecht auf seine Bedeutung im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit zu reduzieren.252 „Handel und Wandel“253 betreffen nun einmal nur einen Teil der Rundfunkfreiheit, deren Gewährleistungsgehalt im Rahmen der jeweiligen Rundfunkordnung eben weit über diesen Teilaspekt 248 Vgl. EuGH, Rs. 52/79, Urt. v. 18. März 1980, Strafverfahren gegen Marc J. V. C. Debauve und andere, Slg. 1980, S. 833 (855 Rdn. 8): „Vor der Prüfung dieser Fragen ist daran zu erinnern, daß der Gerichtshof bereits in seinem Urteil vom 30. 4. 1974 in der Rechtssache 155/ 73 (Giuseppe Sacchi – Slg. 1974, S. 409) für Recht erkannt hat, daß die Ausstrahlung von Fernsehsendungen als solchen, einschließlich jener zu Werbezwecken, unter die Vertragsvorschriften über Dienstleistungen fällt. Es gibt keinen Grund, die Übertragung derartiger Mitteilungen im Wege des Kabelfernsehens anders zu behandeln“; vgl. auch den Verweis auf diese Fundstelle bei I. E. Schwartz, ZUM 1989, S. 381 ff. (389); G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 55. 249 EuGH, Rs. 352/85, Urt. v. 26. April 1988, Bond van Adverteerders und andere./.Niederländischer Staat, Slg. 1988, S. 2085 ff. 250 Vgl. EuGH, Rs. 352/85, Urt. v. 26. April 1988, Bond van Adverteerders und andere./. Niederländischer Staat, Slg. 1988, S. 2085 (2131 Rdn. 14); siehe hierzu G. Herrmann/ M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 56. 251 Vgl. hierzu dies ablehnend G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 57; a. A. hingegen I. E. Schwartz, ZUM 1989, S. 381 ff. (389). 252 Vgl. auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 57. 253 Siehe hierzu auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 57 m. weit. Nachw.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

hinausgeht.254 Anderenfalls würden die prägenden Merkmale der grundrechtlichen Gewährleistung der Rundfunkfreiheit, insbesondere auch ihre Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung in einem modernen, auf mediale Kommunikationsstrukturen angewiesenen Rechtsstaat, ebenso unbeachtet bleiben wie das Bestreben, die öffentliche Ordnung durch die Abwehr spezifischer Gefahren, die sich im Rundfunk etwa aus der Verbreitung spezifischen Gedankengutes ergeben können, aufrechtzuerhalten.255 Auch einige deutsche Bundesländer256 nutzten im Rahmen der weiteren Rechtsprechung des EuGH die Gelegenheit, im Zuge eines Vorabentscheidungsverfahrens zur niederländischen „Mediawet“ Stellung zu nehmen.257 Im Rahmen dieser Positionierung gaben die betreffenden Bundesländer klar zu erkennen, welches Verständnis den Freizügigkeiten der Dienstleistung und der Niederlassung aus ihrer Perspektive zugrunde zu legen sei und welche Bedeutung die innerstaatliche Rundfunkordnung für „die europäische Rechtsanwendung haben“ müsse.258 Dass sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sogar die „Einräumung eines Fernsehmonopols aus im öffentlichen Interesse liegenden Gründen nichtwirtschaftlicher Art“259 aus europarechtlicher Perspektive als gerechtfertigt erweisen kann260 oder zumindest konnte, zeigt im Übrigen deutlich, dass auch der Europäische Gerichtshof nicht das gesamte Rundfunkrecht den Vorgaben des europäischen Unionsrechts unterordnen möchte.261 Ferner hat der Luxemburger Gerichtshof – wie bereits weiter oben erwähnt – im Zuge seiner Rechtsprechung auch angenommen, „dass solche Ziele der Kulturpolitik“, womit das Gericht im konkreten Zusammenhang die mit der Mediawet verfolgte Zielsetzung, „ein pluralistisches und nichtkommerzielles Hörfunk- und Rundfunkwesen“ zu schaffen, meint, „im Allgemeininteresse liegende Ziele darstellen, die ein Mitgliedstaat verfolgen darf, indem er die Regelung für seine eigenen Sendeanstalten entsprechend ausgestaltet“.262 In diesem Zusammenhang ist auch der in Ansätzen in der Literatur erkannte 254 Vgl. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 57 m. weit. Nachw. 255 Vgl. auch die Beispiele bei G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 58. 256 Vgl. hierzu M. Knothe/E. Wanckel, ZUM 1995, S. 20 ff. (23 mit FN 15). 257 Vgl. EuGH, Rs. C-23/93, Urt. v. 5. Oktober 1994, TV10 SA./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1994, S. I-4795, abgedruckt auch in ZUM 1995, S. 327 f.; siehe hierzu die Ausführungen bei M. Knothe/E. Wanckel, ZUM 1995, S. 20 ff. (23). 258 So und hierzu M. Knothe/E. Wanckel, ZUM 1995, S. 20 ff. (23). 259 EuGH, Rs. C-260/89, Urt. v. 18. Juni 1991, Elliniki Radiophonia Tileorassi Anonimi Etairia./.Dimotiki Etairia Pliroforisis (DEP), Sotirios Kouvelas, Slg. 1991, S. I-2951 (I-2957 Rdn. 10 ff., insbesondere 12). 260 Vgl. die Darstellung bei G. Hermann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 59. 261 Vgl. hierzu EuGH, Rs. C-260/89, Urt. v. 18. Juni 1991, Elliniki Radiophonia Tileorassi Anonimi Etairia./.Dimotiki Etairia Pliroforisis (DEP), Sotirios Kouvelas, Slg. 1991, S. I2951 ff.; hierzu auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 60. 262 Vgl. EuGH, Rs. C-148/91, Urt. v. 3. Februar 1993, Vereniging Veronica Omroep Organisatie./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1993, S. I-487 (I-518 Rdn. 9 f.) = EuZW 1993,

I. Rundfunkrechtliche Kompetenz der EU

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Rechtsprechungswandel des EuGH zu sehen,263 der sich von einer früher angenommenen „allgemeinen Kompetenzvermutung zu Gunsten der Gemeinschaft“264 (heute: Union), dahingehend entwickelt habe, zunehmend in jüngerer Vergangenheit auch eigene kompetenzielle Spielräume der Mitgliedstaaten im Rahmen des Medienund Rundfunkrechts anzuerkennen.265 Vor diesem Hintergrund und aufgrund der besonderen Bedeutung des Pluralismus, der im Rahmen der Darbietung von Rundfunkangeboten zu gewährleisten ist und zu dessen Verwirklichung der Rundfunk bei Schaffung der nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen einen wesentlichen Beitrag leistet, akzeptiert der Europäische Gerichtshof im Zuge seiner Rechtsprechung, dass auch Einschränkungen in Bezug auf die Dienstleistungsfreiheit gerechtfertigt sein können.266 Bereits weit vor der Gleichstellung der Europäischen Grundrechte-Charta mit dem Primärrecht der Union im Zuge des Vertrags von Lissabon hat der EuGH die europäischen Grundrechte, insbesondere auch unter Bezugnahme auf die Verbürgungen zur Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 10 EMRK, im Rahmen seiner Rechtsprechung in den Blick genommen und damit bereits früh eine „Verbindung zwischen den Freiheiten des EWG-Vertrags und den Grundrechten der Europäischen Menschenrechts-Konvention hergestellt“.267 So hatte der EuGH bereits damals im S. 251 f. (252) unter Bezugnahme auf seine frühere Rechtsprechung; hierzu auch M. Knothe/ E. Wanckel, ZUM 1995, S. 20 ff. (23). 263 Vgl. hierzu etwa auch D. Dörr, NJW 1997, 1341 (1342 f.); R. Hartstein/W.-D. Ring/ J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 34. 264 So R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 34 mit Verweis auf EuGH, Rs. 22/70, Urt. v. 31. März 1971, Kommission der Europäischen Gemeinschaften./.Rat der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1971, S. 263 (275 f.); EuGH, Rs. 208/80, Urt. v. 15. September 1981, Rt. Hon. Lord Bruce of Donington./.Eric Gordon Aspden, Slg. 1981, S. 2205 (2218 f.). 265 Vgl. EuGH, Rs. C-6/98, Urt. v. 28. Oktober 1999, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rundfunkanstalten./.Pro Sieben Media AG, Slg. 1999, S. I-7599 (I-7633 Rdn. 30 ff. sowie I-7635 Rdn. 41 ff.); siehe hierzu auch die Ausführungen bei R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/ D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 34 mit FN 72. 266 Vgl. EuGH, Rs. C-288/89, Urt. v. 25. Juli 1991, Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda u. a../.Commissariaat voor de Media, Slg. 1991, S. I-4007 (I-4043 Rdn. 23); Rs. C-23/93, Urt. v. 5. Oktober 1994, TV10 SA./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1994, S. I-4795 ff. (I-4832 Rdn. 18 ff., insbesondere 20) auch unter Bezugnahme auf seine vorangegangene Rechtsprechung; vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 73; siehe ferner auch N. Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, 1994, S. 55 ff. (74 ff.); D. Dörr, NJW 1995, S. 2263 ff. (2265); ders., NJW 1997, S. 1341, 1342 f.; M. Zuleeg, ZUM 1997, S. 778 ff. (780 f.); R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 34. 267 So die Ausführungen der Europäischen Kommission, KOM(84) 300 endg., Grünbuch „Fernsehen ohne Grenzen“, S. 127 f.; vgl. hierzu auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 79.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Rahmen seiner Rechtsprechung die Meinungsfreiheit als schützenswertes Grundrecht auch im konkreten Zusammenhang mit Rundfunk und Fernsehen anerkannt, wobei das Gemeinschaftsrecht „im Lichte der allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere der Grundrechte auszulegen“ sei.268 Somit war bereits damals das europäische Gemeinschaftsrecht „im Lichte dieser (Anm. des Verfassers: also der damals bereits aus verschiedenen Quellen gewonnenen) Grundrechte auszulegen und anzuwenden, soweit sein Schutz nicht weiter geht“.269 Ausgehend von dieser Rechtsprechung des EuGH wurden auf der Grundlage der schon damals herangezogenen gemeinsamen Grundrechte zumindest „Grundsätze einer Rundfunkfreiheit“ auf europäischer Gemeinschaftsrechtsebene anerkannt.270 In einer jüngeren Entscheidung urteilte der Europäische Gerichtshof explizit in Bezug auf ein bestimmtes Near-Video-on-Demand-Angebot („Filmtime“) in beispielgebender Weise über dessen Qualifizierung als „Fernsehen“ im Rahmen der Richtlinie 89/552/EWG des Rates v. 3. 10. 1989 „zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“ in der durch die „Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. 6. 1997“ geänderten Fassung.271 Dabei liegt dem Urteil ein Streit zwischen dem Unternehmen Mediakabel und der niederländischen Medienbehörde darüber zugrunde, ob das bereits benannte Angebot „Filmtime“, das als Near-Video-on-Demand-Dienst im Wege des „Pay-per-View“ angeboten wird, im Rahmen dessen also ein gesondertes Entgelt für die jeweils rezipierte Sendung oder den rezipierten Spielfilm usw. zu entrichten ist, als „Fernsehen“ im Sinne des niederländischen Mediengesetzes einzustufen sei, durch dessen Regelungsgehalt die Richtlinie 89/552/EWG in nationales Recht umgesetzt worden war.272 Das vorlegende Gericht wollte in diesem Zusammenhang vom Europäischen Gerichtshof neben einer Frage zu der sich aus Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 89/552/EWG ergebenden Verpflichtung, einen gewissen Prozentsatz der Sendezeit europäischen 268 So EuGH, Rs. C-260/89, Urt. v. 18. Juni 1991, Elliniki Radiophonia Tileorassi Anonimi Etairia./.Dimotiki Etairia Pliroforsis und Sotirios Kouvelas, Slg. 1991, S. I-2925 (I-2964, Rdn. 41 ff.) = EuGRZ 1991, S. 274 (283, Rdn. 41 ff.); siehe ferner auch EuGH, Rs. C-288/89, Urt. v. 25. Juli 1991, Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda u. a../.Commissariaat voor de Media, Slg. 1991, S. I-4007 (I-4043 Rdn. 23) = EuGRZ 1992, 64 (insbesondere Randnummer 23); C. O. Lenz, EuGRZ 1993, S. 585 ff. (588); C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 79. 269 So die Europäische Kommission, KOM(84) 300 endg., Grünbuch „Fernsehen ohne Grenzen“, S. 128; vgl. hierzu auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 79. 270 Vgl. N. Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, 1994, S. 74; C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 79; K. Thum, DÖV 2008, S. 653 ff. (659 ff.). 271 EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 = (verkürzt) EuZW 2005, S. 470 ff. vgl. hierzu auch T. Schreier, MMR 2005, S. 517. 272 Siehe zum Ausgangsverfahren und zu den Vorlagefragen EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (I-4916 ff.); vgl. die Ausführungen bei T. Schreier, MMR 2005, S. 517.

I. Rundfunkrechtliche Kompetenz der EU

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Werken vorzubehalten, zweierlei wissen: Zunächst fragt das Gericht, „ob der Begriff ,Fernsehsendung‘ im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 89/552 die Dienste erfasst, die nicht unter den Begriff der ,Dienstleistung der Informationsgesellschaft‘ im Sinne von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 98/34 fallen […]“273. Im Kern ging es also um die Frage, ob der „Fernsehbegriff“ der Richtlinie 89/552 im Wege eines Ausschlusses gegenüber solchen Diensten, die als „Dienste der Informationsgesellschaft“ von der Richtlinie 98/34 erfasst werden, zu ermitteln ist.274 Ferner stellt das vorlegende Gericht die Frage, „nach welchen Kriterien zu bestimmen ist, ob ein Dienst unter den Begriff ,Fernsehsendung‘ im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 89/552 oder den im selben Artikel genannten Begriff ,Kommunikationsdienste, die auf individuellen Abruf Informationen übermitteln‘ fällt.“275 Der Europäische Gerichtshof widmet sich im Rahmen seines Urteils explizit der Definition des Begriffs „Fernsehsendung“ im Sinne des Art. 1 Buchstabe a der Richtlinie 89/552/EWG.276 So fällt nach Definition des Gerichtshofs ein Dienst dann unter den Begriff der Fernsehsendung, „wenn er in der Erstsendung von Fernsehprogrammen besteht, die zum Empfang durch die Allgemeinheit, d. h. eine unbestimmte Zahl möglicher Fernsehzuschauer, bestimmt sind, an die dieselben Bilder gleichzeitig übertragen werden. Die Technik der Bildübertragung ist bei dieser Beurteilung nicht maßgebend.“277 Die Definition der Fernsehsendung durch den Europäischen Gerichtshof weist einige Parallelen zum Rundfunkbegriffsverständnis des Bundesverfassungsgerichts auf, wenngleich die Definition der „Fernsehsendung“ nur einen Teilaspekt der Rundfunkbegriffsdefinition im verfassungsrechtlichen Sinne umfasst. Es fehlt in Bezug auf einen umfassenden Rundfunkbegriff der Bereich des Hörfunks278, der gemeinsam mit dem Fernsehen die beiden Kernelemente des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes bildet. Insbesondere stellt der Europäische Gerichtshof ebenfalls darauf ab, dass die Fernsehsendung „zum Empfang durch die Allgemeinheit“ „bestimmt“279 sein muss. Darüber hinaus verlangt der Gerichtshof, dass 273

EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (I-4920 Rdn. 17). 274 EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (4920 Rdn. 17 ff.). 275 Vgl. EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (I-4923 Rdn. 26). 276 Vgl. EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (I-4921 Rdn. 18 ff.; I-4931 Tenor Nr. 1 und 2); siehe auch T. Schreier, MMR 2005, S. 517. 277 So EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (I-4931 Tenor Nr. 2). 278 Vgl. in diesem Zusammenhang in Bezug auf die Fernsehrichtlinie auch M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 100; B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 27. 279 So EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (I-4931 Tenor Nr. 2).

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

die Übertragung an die Allgemeinheit „gleichzeitig“280 erfolgt. Die Gleichzeitigkeit des Empfangs ist, wie weiter oben dargelegt, auch beim einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff des Rundfunkstaatsvertrages von großer Bedeutung, wobei in diesem Merkmal sicherlich auch ein Indiz für eine besondere „Breitenwirkung“281 der im Wege des Rundfunks verbreiteten Informationen gesehen werden kann. Allerdings ist die Gleichzeitigkeit der Verbreitung keine zwingende Voraussetzung für die „Breitenwirkung“ eines Angebotes sowie für die individuelle Beeinflussbarkeit des Rezipienten durch das entsprechende Kommunikat, sodass gerade im verfassungsrechtlichen Sinne auch Dienste erfasst sein können, die einer Gleichzeitigkeit – wie sie im einfachen Gesetzesrecht und vom Europarecht verlangt wird – entbehren (siehe oben 1. Kap. II. 3. c) aa). Auch der Umstand, dass für den Europäischen Gerichtshof die Technik der Bildübertragung nach Auslegung des Wortlautes der Richtlinie „nicht maßgeblich ist“282, erinnert an die Technologieneutralität, die dem verfassungs- und auch dem einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff zugedacht wird.283 Verfassungsrechtlich erhält diese Technologieneutralität284 auch in der vom Bundesverfassungsgericht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugesprochenen „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ ihre besondere Prägung.285 Der Europäische Gerichtshof stuft dabei Near-Video-on-Demand-Dienste als „Fernsehsendungen“ ein,286 obwohl diese Dienste im konkreten Fall der Ausgestaltung als Pay-per-ViewAngebote gerade nur einer begrenzten Zahl von Abonnenten zugänglich sind. Entscheidend ist für den Gerichtshof, dass sich ein entsprechender Dienst „nur auf vom Verbreiter ausgewählte Programme bezieht und (Anm. des Verfassers: das gewünschte Programm) zu von diesem festgelegten Zeiten“ an die Rezipienten gesendet wird.287 Bezüglich der Near-Video-on-Demand-Dienste ist also auch im Rahmen des europäischen Rechts zu beobachten, dass sich entsprechende Angebote an der Grenze zwischen klassischem Rundfunk (genauer: einer Fernsehsendung) und

280

EuGH, Rs. C-89/04, a.a.O. Vgl. zu den drei Kriterien der „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“ BVerfGE 90, 60 (87). 282 Vgl. insoweit EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (I-4924 Rdn.29) mit Verweis auf EuGH, Rs. C-11/95, Urt. v. 10. September 1996, Kommission der Europäischen Gemeinschaften./.Königreich Belgien, Slg. 1996, S. I-4115, Rdn. 15 – 25. 283 H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 71 ff. 284 Siehe hierzu nochmals die Ausführungen bei H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 71 ff. 285 BVerfGE 83, 238 (299, 302); vgl. zu den verfassungsrechtlichen Aspekten der „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ M. Libertus, ZUM 1992, S. 224 ff; W. Hoffmann-Riem, Wandel der Medienordnung, 2009, S. 202. 286 EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (I-4924 Rdn. 32); siehe auch T. Schreier, MMR 2005, S. 517. 287 Vgl. EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (I-4924 Rdn.32 f.). 281

II. Europarechtliche Vorgaben

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Telemedien bewegen.288 Der Europäische Gerichtshof stellt im Übrigen klar, dass der Begriff der „Fernsehsendung“ durch „Art. 1 Buchstabe a der Richtlinie 89/552“ „autonom definiert“ wird und somit nicht in einer „Gegenüberstellung zum Begriff“ der „,Dienstleistung der Informationsgesellschaft‘ im Sinne von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 98/34“.289 Große Bedeutung kommt dieser Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch für das jeweilige nationale Recht zu. Da die Fernsehrichtlinie – in ihrer Auslegung, die sie durch den EuGH erhalten hat – etwa auch in deutsches Recht umzusetzen war, wurden Anpassungen durch den nationalen Gesetzgeber erforderlich.290 Gerade vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass die europarechtliche Definition der „Fernsehsendung“, die ja einen bedeutenden Teil der verfassungs- und einfachgesetzlichen Rundfunkdefinition erfasst, zumindest auch für das einfachgesetzliche Begriffsverständnis konkrete Auswirkungen entfaltet. Wie bereits weiter oben festgestellt wurde, geht auch die Neudefinition des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs seit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in wesentlichen Teilen auf europarechtliche Vorgaben zurück.291

II. Europarechtliche Vorgaben Auf der Grundlage des soeben erörterten kompetenzrechtlichen Rahmens der Europäischen Union, dessen Bedeutungsgehalt sich neben den grundsätzlichen Kompetenzzuweisungen erst in einer Zusammenschau aller kompetenzbegrenzenden und -erweiternden Elemente und unter Berücksichtigung der europäischen Rechtsprechung erschließt, sind die primär- und sekundärrechtlichen Vorschriften des Europarechts für die Ermittlung eines europäischen Rundfunkbegriffs entscheidende Erkenntnisquellen. Dabei ist das europäische Rundfunk- und Medienverständnis wesentlich durch die Entstehungsgeschichte der heutigen Europäischen Union und durch ihre traditionelle Bedeutung als Wirtschaftsgemeinschaft mit dem Ziel der Verwirklichung eines gemeinsamen Binnenmarktes292 beeinflusst, wenngleich der Integrationsprozess auch in anderen Bereichen – zuletzt durch das In288 Vgl. hierzu auch T. Schreier, MMR 2005, S. 517 ff. (519), der NVoD-Dienste allerdings wenig überzeugend in der Regel nicht als Rundfunk qualifizieren möchte; vgl. hierzu auch die Ausführungen weiter unten unter 3. Kap. IV. 3. 289 Vgl. EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (I-4923 Rdn. 25). 290 Vgl. insoweit auch T. Schreier, MMR 2005, S. 517 ff. (519 f.). 291 Vgl. hierzu die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt, in: R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (39. AL 2009), Kap. A 2.10 (dort S. 3), sowie ebda., Stand 48. AL 2010 (41. AL 2009), Kap. B 5 § 2 RStV (dort S. 7 f.); siehe in diesem Zusammenhang bereits die vergleichenden Ausführungen zur europäischen und einfachgesetzlichen Rechtslage im Jahre 2008 bei O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. 292 Siehe neben anderen insbesondere die Art. 26 f. AEUV.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Kraft-Treten des Vertrags von Lissabon – bereits weiter vorangeschritten ist.293 Schon aufgrund der kompetenzrechtlichen Lage verfügt die Gemeinschaft (noch) nicht über ein umfassendes Rundfunkverfassungsrecht, wie es etwa im deutschen (Verfassungs-)Recht seine Verankerung gefunden hat.294 Vielmehr orientieren sich europarechtliche Regelungen mit Bezug zum Rundfunk an spezifischen Regelungszielen295, die ihrerseits durch spezifische Kompetenzzuweisungen zugunsten der Europäischen Union abgedeckt sein müssen. Entscheidende Bedeutung kommt neben den wirtschaftsbezogenen Regelungen des Unionsrechts auch den grund- und menschenrechtlichen Gewährleistungen zu, die sich im Rahmen des Europäischen Rechts aus einer Zusammenschau unterschiedlicher Rechtsquellen ergeben, wobei der inzwischen primärrechtliche Status der Grundrechte-Charta nach Art. 6 Abs. 1 HS 2 EUV nochmals betont werden soll.296 Außerdem soll die Europäische Union nach Art. 6 Abs. 2 EUV der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten beitreten, wodurch die EMRK auch auf der Ebene der Europäischen Union unmittelbar Geltung entfalten würde.297 Vor diesem Hintergrund scheint fraglich, wie sich diese stärkere Verankerung der europäischen Grundrechte auf die Bedeutung des Rundfunks auf der Ebene der Europäischen Union auswirken wird. Der Abstand zwischen dem früher rein wirtschaftlich geprägten Rundfunkverständnis der Europäischen Union im Gegensatz zum primär eher grundrechtlich ausgerichteten Begriffsverständnis auf mitgliedstaatlicher Ebene298 mit dem Ziel der Pluralismussicherung dürfte durch diese Entwicklung geringer, aber womöglich auch unbestimmbarer geworden sein. Auch wenn diese 293

Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 68 f. So auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 69; einen durchaus interessanten Ansatz stellt in diesem Zusammenhang N. Lutzhöft vor, der eine im Rahmen seiner Ausarbeitungen entwickelte und auf bestehende rundfunkverfassungsrechtliche Regelungen einiger Mitgliedstaaten der Europäischen Union und auf europäische Grundrechtsnormen rekurrierende „objektiv-rechtlich als Regelungsauftrag verstandene Rundfunkfreiheit“ auf unionsrechtlicher Ebene vorschlägt, vgl. N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 5 f., 331 ff. 295 Vgl. auch die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 69. 296 Vgl. hierzu auch R. Geiger, in: ders./D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 8; F. Schorkopf, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, Art. 6 EUV (Stand 41. EL 2010) Rdn. 19 ff. 297 Vgl. R. Geiger, in: ders./D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 21; F. Schorkopf, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, Art. 6 EUV (Stand 41. EL 2010) Rdn. 10, 35 ff.; siehe zum status quo ante noch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 78. 298 Vgl. hierzu bezogen auf die noch im Jahre 2008 bestehende (einfachgesetzliche) Rechtslage in Deutschland die Ausführungen bei O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (17 f.); einen „gemeineuropäischen Verfassungskonsens“ scheint es bezüglich einer auf den jeweiligen (grundrechtlichen) Rundfunkbegriffen der Mitgliedstaaten gründenden Rundfunkfreiheit dabei freilich (noch) nicht zu geben, vgl. hierzu die rechtsvergleichenden Ausführungen zur Rundfunkfreiheit in den EU-Mitgliedstaaten bei Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006) Rdn. 965. 294

II. Europarechtliche Vorgaben

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grundsätzlich perspektivisch ausgerichtete und jeweils einen bestimmten Aspekt fokussierende Sichtweise auf den Rundfunk- und Medienbereich seitens beider Ebenen nicht überwunden ist, scheint ein früher teilweise vorgenommener Verweis auf das Fehlen der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit auf europäischer Ebene dann nicht mehr zu verfangen, wenn explizit oder zumindest doch indirekt im Rahmen des europäischen Primärrechts die Rundfunkfreiheit gewährleistet wird.299 Dennoch dürfte die Verstärkung des Europäischen Grundrechtsschutzes auf absehbare Zeit (noch) nicht ohne Weiteres den Aufbau eines dem deutschen Recht vergleichbaren Rundfunkverfassungsrechts ermöglichen, da den grundrechtlichen Gewährleistungen in Ermangelung einer weitergehenden europarechtlichen Kompetenzzuweisung im Rundfunk- und Medienbereich der notwendige Entfaltungsspielraum zum Aufbau einer umfassenden europäischen Rundfunkordnung fehlt. Dieser Umstand ist sicherlich auch der politischen Entscheidung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union geschuldet, die ihre Ausgestaltungsbefugnisse für ihre jeweilige Rundfunkordnung, wie sie etwa in Deutschland im Rahmen der Kultur- und Medienkompetenz der Länder wahrgenommen wird, nicht verlieren wollen.

1. Historische Entwicklung Will man sich einem möglichen europäischen Rundfunkbegriffsverständnis nähern, so ist neben einer Analyse des europäischen Primär- und Sekundärrechts insbesondere auch die historische Entwicklung von großer Bedeutung. Dabei kann die Vergegenwärtigung geschichtlicher Zusammenhänge wesentlich dazu beitragen, europäische Entwicklungslinien nachzuvollziehen, wobei hieraus möglicherweise auch Rückschlüsse auf bevorstehende Entwicklungen im Rundfunk- und Medienbereich auf der Ebene der Europäischen Union im Zuge des fortgesetzten europäischen Integrationsprozesses gezogen werden können. Die Europäische Union hat heute trotz einiger Rückschläge im Verlauf ihrer Genese – zuletzt etwa in Gestalt des Scheiterns des sog. „Europäischen Verfassungsvertrages“ oder im Hinblick auf die gegenwärtige Bewährungsprobe für die gemeinsame europäische Währung – einen viel höheren Integrationsgrad erreicht, als man ihn zur Zeit der Gründung der Europäischen Gemeinschaften300 je zu hoffen wagte. 299 Vgl. zur früheren Rechtslage noch die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 69; nach Auffassung der Autorin gründete das unterschiedliche Rundfunkverständnis zwischen europäischem Gemeinschaftsrecht und dem Recht der Mitgliedstaaten auf der fehlenden Verankerung einer expliziten Rundfunkfreiheit auf Gemeinschaftsebene. 300 Die Staaten Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande gründeten mit den sog. „Römischen Verträgen“ am 25. März 1957 die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG, die in Folge des Vertrags von Maastricht vom 7. Februar 1992, der am 1. November 1993 in Kraft getreten ist, als Europäische Gemeinschaft (EG) bezeichnet wurde) und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom), die gemeinsam mit

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Wichtige Stationen der Entwicklung der Europäischen Gemeinschaften hin zur Europäischen Union im Sinne des Vertrages von Lissabon waren dabei stets durch neue oder nivellierte Vertragswerke geprägt, die den jeweils vorgefundenen Entwicklungsstand der europäischen Integration rechtlich kodifizierten und oft auch weiter beförderten. Wesentliche Vertragswerke der jüngeren europäischen Entwicklung waren der Vertrag von Maastricht301, durch den die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft 1992 die Europäische Union gründeten und damit den Grundstein für die Bildung einer über rein wirtschaftliche Interessen hinausgehenden politischen Gemeinschaft legten,302 der Vertrag von Amsterdam303, der Vertrag von Nizza,304 die gescheiterten Bemühungen zur Verabschiedung eines „Vertrages über eine Verfassung für Europa“ und nicht zuletzt der inzwischen in Kraft getretene Vertrag von Lissabon.305

der durch den Vertrag von Paris am 18. April 1951 gegründeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) die Europäischen Gemeinschaften bildeten. Am 8. April 1965 wurde ein Fusionsvertrag abgeschlossen, der am 1. Juli 1967 in Kraft trat. Durch diesen Vertrag wurden die Hohe Behörde der EGKS mit den Kommissionen der EAG und der EWG zusammengeführt sowie ein einheitlicher Ministerrat der drei Gemeinschaften gebildet; vgl. zur Genese der europäischen Vertragswerke die ausführliche Darstellung bei Th. Oppermann, in: ders./C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 2 Rdn. 9 ff.; O. Suhr, in: Chr. Calliess/M. Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 67 AEUV Rdn. 8 f.; siehe speziell zum Fusionsvertrag vom 8. April 1965 die Ausführungen bei M. Rossi, in: M. A. Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Bd. 1, Stand EL 28 2011 (EL 27), Kap. A. III. Rdn. 12. 301 Vertrag von Maastricht vom 7. Februar 1992, ABl. EG C 191 vom 29. 7. 1992, S. 1 ff.; siehe auch das „Gesetz zum Vertrag vom 7. Februar 1992 über die Europäische Union“ vom 28. Dezember 1992 mit Abdruck des Vertrags von Maastricht, BGBl. 1992 II, S. 1251 ff. 302 Vgl. Th. Oppermann/C. D. Classen, NJW 1993, S. 5 ff. (insbesondere auch 7 ff.); A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 21; Th. Oppermann, in: ders./C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 3 Rdn. 2. 303 „Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte“ vom 2. Oktober 1997, ABl. EG Nr. C 340 vom 10. 11. 1997, S. 1 ff.; siehe auch das „Gesetz zum Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997“ vom 8. April 1998 mit dortigem Abdruck der deutschen Übersetzung des Vertragswerks, BGBl. 1998 II, S. 386 ff. 304 „Vertrag von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte“ vom 26. Februar 2001, ABl. EG Nr. C 80 vom 10. 03. 2001, S. 1 ff.; siehe auch das „Gesetz zum Vertrag von Nizza vom 26. Februar 2001“ vom 21. Dezember 2001 mit dortigem Abdruck der deutschen Übersetzung des Vertragswerks, BGBl. 2001 II, S. 1666 ff. 305 „Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“ vom 13. Dezember 2007, ABl. EU Nr. C 306 vom 17. 12. 2007, S. 1 ff.; „Konsolidierte Fassungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union“, ABl. EU Nr. C 115 vom 9. 5. 2008, S. 1 ff.; „Gesetz zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007“ vom 8. Oktober 2008 mit Abdruck des Europäischen Vertragswerks von Lissabon, BGBl. 2008 II, S. 1038 ff.

II. Europarechtliche Vorgaben

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Betrachtet man die konzeptionell wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Ausrichtung der damals gegründeten Europäischen Gemeinschaften, die sich trotz der Erweiterung um einige zusätzliche Aufgabenbereiche seit Gründung der Europäischen Union306 mit dem Ziel der Schaffung bzw. der dauerhaften Gewährleistung eines gemeinsamen Binnenmarktes im Kern bis heute erhalten hat, so wird auch verständlich, dass im Rahmen der noch zu erörternden Normen des europäischen Unionsrechts auch bei solchen Regelungen, die den Rundfunk- und Medienbereich betreffen, insbesondere wirtschaftliche Aspekte zur Errichtung bzw. zur Aufrechterhaltung eines gemeinsamen europäischen Binnenmarktes Berücksichtigung finden.307 Die Normen des Europäischen Unionsrechts bilden dabei einen Rechtskomplex sui generis308, der weder als reines Völkerrecht beschrieben werden kann noch klassisches nationalstaatliches Recht darstellt.309 Einen hilfreichen Ansatzpunkt für die Einordnung und Qualifizierung des EU-Rechts liefert insoweit die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das die Europäische Union in seinem Maastricht-Urteil310 weder als Bundesstaat noch als Staatenbund, sondern vielmehr in einem Mittelweg als sog. „Staatenverbund“ eingeordnet hat.311 So gesehen handelt es sich auch beim Recht der Europäischen Union zwar nicht um bundesstaatliches Recht, aber auch nicht um (Regional-)Völkerrecht im klassischen Sinne; auch für die Einordnung des EU-Rechts bietet sich dabei die Annahme einer vermittelnden Position an, die jedenfalls (noch) eine Zuordnung zu den klassischen Rechtsebenen verbietet.312 Das Recht der Europäischen Union ist dabei in Primärund Sekundärrecht untergliedert, wobei vom Primärrecht insbesondere die Gründungsverträge bzw. inzwischen die nach dem Vertrag von Lissabon geänderten Verträge der damaligen Gemeinschaften bzw. der heutigen Union umfasst werden, während das Sekundärrecht die nach Art. 288 AEUV vorgesehenen Verordnungen, Richtlinien und Beschlüsse umfasst,313 die den Organen der Europäischen Union nach den primärrechtlichen Verträgen als Normsetzungsinstrumente zur Verfügung 306

Hierzu A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 21. Vgl. A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 27. 308 Vgl. hierzu und insofern etwa B. S. Heiderhoff, Gemeinschaftsprivatrecht, 2. Aufl. 2007, S. 1 m. weit. Nachw. und einer Bezugnahme auf die insoweit grundlegende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der bereits 1964 annahm, dass durch den „EWG-Vertrag eine eigene Rechtsordnung geschaffen“ worden sei, vgl. EuGH, Rs. 6/64, Urt. v. 15. Juli 1964, Flamino Costa./.E. N. E. L., Slg. 1964, S. 1251 ff. (1269); siehe ferner auch Th. Giegerich, ZaöRV 2007, S. 351 ff. (352 ff.); I. Ley, ZaöRV 2009, S. 317 ff. (324). 309 Vgl. stellvertretend für viele B. S. Heiderhoff, Gemeinschaftsprivatrecht, 2. Aufl. 2007, S. 1. 310 BVerfGE 89, 155. 311 BVerfGE 89, 155 (156 Leitsatz Nr. 8). 312 Vgl. zur rechtlichen Qualifizierung des Rechts der Europäischen Union nochmals B. S. Heiderhoff, Gemeinschaftsprivatrecht, 2. Aufl. 2007, S. 1. 313 Darüber hinaus werden als Rechtsinstrumente nach Art. 288 AEUVauch Empfehlungen und Stellungnahmen vorgesehen, vgl. auch die Ausführungen bei M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 288 AEUV Rdn. 1 ff. 307

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

stehen.314 Grundgesetzlich wird der Prozess der europäischen Integration durch Art. 23 GG abgesichert, nach dessen Absatz 1 Satz 1 die Bundesrepublik Deutschland zur „Verwirklichung eines vereinten Europas“ „bei der Entwicklung der Europäischen Union“ mitwirkt. Nach Art. 23 Absatz 1 Satz 2 GG ist der Bund „durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates“ zur Übertragung von solchen Hoheitsrechten berechtigt,315 die ansonsten durch die zuständigen Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt würden. Neben den wirtschaftlichen Grundfreiheiten, die für den europäischen Binnenmarkt von großer Bedeutung sind, spielen darüber hinaus aber ebenso die grundrechtlichen Gewährleistungen, die im Zuge des europäischen Integrationsprozesses auch im Zusammenspiel mit der Europäischen Menschenrechtskonvention eine immer breitere Verankerung und auch Berücksichtigung in der europäischen Rechtsprechung gefunden haben, eine wichtige Rolle.316 Als erste europäische Meilensteine im Rundfunkrecht dürfen wohl die Richtlinie des Ministerrates der EG vom 3. Oktober 1989 „zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“ (künftig auch: EG-Fernsehrichtlinie)317 sowie das „Europäische 314 Vgl. bereits zum damaligen Gemeinschaftsrecht A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 22; zum heutigen Unionsrecht : M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 9 Rdn. 67 ff.; M. Kotzur, in: R. Geiger/ D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 288 AEUV Rdn. 1 ff. 315 Vgl. hierzu auch A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 23; H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth (Hrsg.), GG, 11. Aufl. 2011, Art. 23 Rdn. 23 ff. 316 Vgl. R. Geiger, in: ders./D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 1 ff. (insbesondere zur EMRK auch 19 ff.); F. Schorkopf, in: E. Grabitz/M. Hilf/ M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, Art. 6 EUV (Stand 41. EL 2010) Rdn. 1 ff. (zur EMRK speziell 35 ff.); vgl. bereits zur früheren europäischen Rechtslage die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 77 ff.; Chr. Grabenwarter, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, B III Rdn. 1 ff. 317 „Richtlinie des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (Richtlinie 89/552/EWG)“, ABl. EG Nr. L 298 vom 17. 10. 1989, S. 23 ff., geändert durch die Richtlinie 97/36/EG vom 30. 6. 1997. Später wurde die Richtlinie erneut geändert durch die „Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“. Fortan trug die Richtlinie gemäß Artikel 1 der zuletzt genannten Änderungsrichtlinie den Titel: „Richtlinie 89/552/EWG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“, ABl. EU Nr. L 332 vom 18. 12. 2007, S. 27 ff.; durch die Richtlinie 2010/13/EU wurde die Richtlinie 89/552/EWG in ihrer letztgültigen Fassung schließlich gemäß Artikel 34 der Richtlinie 2010/13/EU aufgehoben. Die neue Richtlinie 2010/13/EU, die die alte Richtlinie also ablöst, trägt den Titel „Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“, ABl. EU Nr. L 95 vom 15. 4. 2010, S. 1 ff.; berichtigt durch „Berichtigung

II. Europarechtliche Vorgaben

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Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen“ des Europarates (vgl. hierzu 4. Kap. III. 2. a) cc)) bezeichnet werden.318 Dabei hat sich schon im Zuge der EG-Fernsehrichtline herausgestellt, dass die Bundesländer mit großem Argwohn verfolgen, wenn die Europäische Union Einfluss auf rundfunkrechtliche Fragestellungen zu nehmen gedenkt.319 Es zeigte sich im Rahmen dieser Auseinandersetzung sehr deutlich, dass „zentralistische“320 Bestrebungen auf Unionebene der föderalistischen Ausrichtung der Rundfunk- und Medienordnung deutscher Prägung teils diametral entgegenstehen.321 Die föderale Kompetenzverteilung innerhalb der Bundesrepublik, aber auch die europaweit durchaus sehr unterschiedlich erfolgte Ausgestaltung einzelner Rundfunkordnungen auf der jeweiligen nationalen Ebene sind dabei historisch auf die recht eingeschränkte Reichweite der damals zur Verfügung stehenden Verbreitungsmöglichkeiten für Rundfunkangebote zurückzuführen.322 War der sog. „Overspill“323, also die „Einstrahlung“ eines Rundfunksenders über die eigenen nationalen Grenzen hinaus in einen benachbarten Staat und damit in den Regelungsbereich einer anderen Rundfunkordnung hinein, damals nur sehr begrenzt zu beobachten, änderte sich die Situation mit zunehmendem technischen Fortschritt rapide.324 Dabei hat insbesondere die Einführung der Satellitentechnik angesichts der in einer beachtlichen „Ausleuchtzone“ begründet liegenden, über einzelne Staatsgrenzen weit hinausreichenden großen Reichweite eines jeden Satelliten wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung, die rechtliche Regelungen auf der Ebene des Gemeinschafts- bzw. des späteren Unionrechts erforderlich machte.325

der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“, ABl. EU Nr. L 263 vom 6. 10. 2010, S. 15. 318 Vgl. hierzu auch R. Krumsiek, Die Auswirkungen des werdenden europäischen Rundfunkrechts auf Rundfunkstaatsvertrag und das Landesrundfunkrecht Nordrhein-Westfalen, in: K. Stern und andere (Hrsg.), Eine Rundfunkordnung für Europa – Chancen und Risiken, 1990, S. 45 ff. 319 Vgl. BVerfGE 92, 203; siehe hierzu auch R. Krumsiek, ebda., S. 45 ff. (45 f.); G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 70; R. Hartstein/W.-D. Ring/ J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 2. 320 Vgl. auch R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 2, die in diesem Zusammenhang „zentralistische Tendenzen“ ausmachen. 321 Vgl. auch R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 2. 322 Vgl. A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 1. 323 Vgl. hierzu auch die Ausführungen A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 1. 324 Vgl. A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 1 f. 325 Siehe auch die Ausführungen bei A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 2 ff.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Ein Bund-Länder-Streit zur damaligen EG-Fernsehrichtlinie vor dem Bundesverfassungsgericht326 bildete die Grundlage dafür, dass föderale Zuständigkeitsverteilungen im bundesstaatlichen Gefüge zwischen Bund und Ländern auch im Rahmen von Verhandlungen auf europäischer Ebene durch eine maßgebliche Einbeziehung der Bundesländer in die Vertragsverhandlungen fortan eine angemessene Berücksichtigung fanden.327 Die EG-Fernsehrichtlinie war dabei nicht nur für das europäische Rundfunkrecht im Allgemeinen, sondern auch für die Entwicklung einer europäischen Rundfunkterminologie bedeutsam. So wird zwar nicht auf den Rundfunkbegriff als solchen abgestellt und dieser damit auch nicht definiert, wobei eine solche Definition allerdings aufgrund des eingeschränkten Regelungsspektrums der Richtlinie, die sich ja gerade nicht auf den Hörfunk,328 sondern lediglich auf die Fernsehtätigkeit bezog, auch wenig sinnstiftend gewesen wäre. In Artikel 1 der Richtlinie finden sich dennoch zahlreiche Begriffsbestimmungen, die möglicherweise Aufschluss über ein spezifisch europäisches Begriffsverständnis im Rundfunkbereich geben können, was insbesondere für den Begriff der Fernsehsendung gilt.329 Materiell-rechtlich gab es im Regelungsbereich der Richtlinie bezüglich der Gewährleistung grenzüberschreitender Fernsehsendungen unter Einhaltung gegenseitiger Verpflichtungen der betroffenen Staaten große Verbindungslinien zum Inhalt des „Europäischen Abkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen“ vom 5. Mai 1989 unter dem Dach des Europarates.330 Darüber hinaus wurde bereits damals in Art. 4 der EGFernsehrichtlinie festgeschrieben, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen haben, dass der „Hauptteil der Sendezeit“ „europäischen Werken“ gewissermaßen exklusiv zur Verfügung steht.331 Weitere Regelungsgegenstände betrafen die Fernsehwerbung, das Sponsoring und auch den Bereich des Teleshoppings.332 Durch die Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007, die sog. „Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“ (künftig auch AVMD-Richtlinie genannt), hat die EG-Fernsehrichtlinie weitreichende Änderungen erfahren, die auch dem technischen Fortschritt und einem veränderten Anwendungsbereich bezüglich neuer medialer Erscheinungsformen geschuldet waren. 326 BVerfGE 92, 203; hierzu G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 69. 327 Vgl. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 69. 328 A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (805); siehe ferner allgemein zur Beschränkung der Richtlinie auf den Bereich des Fernsehens C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 75; D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2008, S. 48 – in der neusten Auflage wurden die entsprechenden Ausführungen durch eine in starkem Maße auf die AVMD-Richtlinie gerichtete Betrachtung ersetzt. 329 Vgl. auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 71, die die Definition der „Fernsehsendung“ nach der alten EG-Fernsehrichtlinie in ihre Ausführungen integriert haben. 330 Vgl. hierzu G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 72. 331 Vgl. insofern auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 74. 332 Vgl. Art. 10 ff. der EG-Fernsehrichtlinie.

II. Europarechtliche Vorgaben

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Die Definition des Begriffs der Fernsehsendung wurde ersetzt durch eine Definition des sog. „audiovisuellen Mediendienstes“ in Art. 1 Buchstabe a der AVMD-Richtlinie. Darüber hinaus wurden weitere Begriffe legaldefiniert, wie beispielsweise der Begriff der „Sendung“ in Art. 1 Buchstabe b AVMD-Richtlinie oder auch der Begriff des „Fernsehprogramms“ in Art. 1 Buchstabe e AVMD-Richtlinie, wobei auch hier deutliche Unterschiede zur alten Begriffsdefinition der Fernsehsendung in der nunmehr außer Kraft getretenen EG-Fernsehrichtlinie in ihrer ursprünglichen Fassung festzustellen sind (siehe unten unter 2. Kap. II. 3. a) bb) und b) cc). Inzwischen hat eine Neukodifizierung der AVMD-Richtlinie die ursprüngliche Richtlinienfassung wiederum abgelöst.333 Um die Gefahr von unzulässigen „Quersubventionierungen“ im Bereich öffentlich-rechtlicher Unternehmen zu vermindern, erließ die Europäische Kommission die sog. „Transparenzrichtlinie“.334 Gegenstand dieser Richtlinie ist die Verpflichtung derjenigen Unternehmen, die Betätigungen im Sonderrechts- und im Wettbewerbsbereich zugleich entfalten, im Rahmen ihrer Finanzbuchhaltung vom Staat gewährte Finanzmittel deutlich und transparent auszuweisen.335 Durch die Änderungsrichtlinie 2000/52/EG vom 26. Juli 2000336 und die ausdrückliche Erwähnung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in deren Erwägungsgrund 5 wollte die Kommission den alten Streit positiv klären, ob die Transparenzrichtlinie auch auf öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten anwendbar ist.337 Für eine Anwendbarkeit sprach früher bereits die „,öffentlich-rechtliche‘ Organisationsform“338, dagegen die Autarkie der Rundfunkanstalten vom Staat im Sinne der immer wieder betonten „Staatsfreiheit“339. Heute ist der Anwendungsbereich der Transparenzrichtlinie sehr viel weiter gefasst, sodass auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten als Unternehmen inzwischen durch Art. 2 I lit. d) TranspRL zweifelsohne in den Anwendungsbereich einbezogen sein können.340 Im Zuge der weiteren Entwicklungen rückte zunehmend die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten 333 „Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“. 334 N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 17 f. m. weit. Nachw. 335 Vgl. hierzu N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 18. 336 „Richtlinie 2000/52/EG der Kommission vom 26. Juli 2000 zur Änderung der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen“, ABl. EG Nr. L 193 vom 26. Juli 2000, S. 75 ff. 337 Siehe hierzu auch N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 18, 30 ff. (32). 338 So N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 28 im Rahmen seiner Darstellung des Streitstands mit Verweis auf P. Selmer/H. Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks, 1994, S. 38. 339 BVerfGE 12, 205 (262 f.); 59, 231 (258); 74, 297 (349); 83, 238 (322); 90, 60 (88); siehe hierzu N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 28. 340 N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 30.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

ins Zentrum der rundfunkrechtlichen Diskussion auf europäischer Ebene.341 In den Fokus der juristischen Kontroverse gerieten dabei die in privater Rechtsform verfassten Tochtergesellschaften öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten342 sowie die Frage nach der Zulässigkeit von Online-Aktivitäten der Rundfunkanstalten vor dem Hintergrund ihrer Gebührenfinanzierung.343 Die Europäische Kommission leitete gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren344 ein, im Rahmen dessen sie insbesondere bezüglich der Finanzierung der Onlineaktivitäten einen Verstoß gegen das EU-Beihilferecht beklagte.345 Im Ergebnis wurde das Vertragsverletzungsverfahren durch Zustandekommen des sog. „Beihilfekompromisses“ am 24. April 2007346 unter Auflagen eingestellt.347 Die wesentliche rechtliche Umsetzung der im Rahmen des Beihilfekompromisses seitens der Bundesregierung nach zähem Ringen zugesagten Maßnahmen erfolgte im Zuge des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages348 und führte nicht zuletzt zur Einführung des sog. „Dreistufentests“.349 Inzwischen wurde die mehrfach geänderte Transparenzrichtlinie der Europäischen Kommission 80/723/EWG durch eine neu kodifizierte Transparenzrichtlinie, die Richtlinie 2006/111/EG der Kommission,350 ersetzt. 341

Vgl. hierzu etwa G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 79b. Vgl. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 79b. 343 Vgl. die grundlegenden Ausführungen zu Online-Aktivitäten seitens des öffentlichrechtlichen Rundfunks bei Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, passim; ebenfalls allgemein und insbesondere auch zu den europarechtlichen „Direktiven“ H. Gersdorf, Legitimation und Limitierung von Online-Angeboten des öffentlichrechtlichen Rundfunks, 2009, S. 11 ff. (59 ff.); mit einem Überblick über das Beihilfeverfahren zur Rundfunkfinanzierung in Deutschland seitens der EU-Kommission B. Peters, Öffentlichrechtliche Online-Angebote, 2010, (insbesondere Rdn. 10 ff.). 344 Vgl. zum EU-Beihilfeverfahren etwa die Ausführungen bei K. Sokoll, NJW 2009, S. 885 ff. (885 f.); B. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rdn. 10 ff. 345 Vgl. Europäische Kommission, K(2007) 1761 endg., Mitteilung der Kommission vom 25. April 2007, „Betreff: Staatliche Beihilfe E 3/2005 (ex-CP 2/2003, CP 232/2002, CP 43/ 2003, CP 243/2004 und CP 195/2004) – Deutschland – Die Finanzierung der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland“, insbesondere auch Rdn. 68 – abrufbar unter http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2005/e003 – 05.pdf (zuletzt besucht: 3. November 2010, 14:03 Uhr); siehe hierzu auch B. Peters, Öffentlich-rechtliche OnlineAngebote, 2010, Rdn. 10 ff. (insbesondere auch 14 ff.). 346 Europäische Kommission, K(2007) 1761 endg., a.a.O. 347 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Antwort der Bundesregierung zur kleinen Anfrage der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Christoph Waitz, Jens Ackermann und weiterer Abgeordneten und der Fraktion der FDP (BT.-Drs. 16/11292), BT.-Drs. 16/11523 vom 23. Dezember 2008; siehe auch P. H. Klickermann, MMR 2008, 793 ff. (793 f.); vgl. ferner die Darstellung bei B. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rdn. 10 ff. (19 ff.). 348 Vgl. hierzu Chr. Degenhart, K&R 2009, S. 289 ff. (298). 349 Vgl. BT.-Drs. 16/11523 vom 23. Dezember 2008, S. 2; siehe hierzu auch K. Sokoll, NJW 2009, S. 885 ff. (886 ff.); B. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rdn. 23 ff. 350 „Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen“, ABl. EU Nr. L 318 vom 17. 11. 2006, S. 17 ff. 342

II. Europarechtliche Vorgaben

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Trotz der fortschreitenden europäischen Integration und der Erweiterung ihrer Zuständigkeit im Zuge der Entwicklungen seit dem Vertrag von Maastricht sind auf unionsrechtlicher und auf verfassungsrechtlicher Ebene (noch) unterschiedliche Faktoren für die jeweiligen rechtlichen Anforderungen bestimmend. Während für das Verfassungsrecht die grundrechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit vor dem Hintergrund der Funktion des Rundfunks als „Medium und Faktor“ des Prozesses freier Meinungsbildung in einem auf wechselseitigen demokratischen Diskurs angelegten Rechtsstaat entscheidend ist,351 sind die ökonomische und wettbewerbliche Dimension des Rundfunks im Unionsrecht die in erster Linie bestimmenden Determinanten.352 Teilweise wird diese unterschiedliche Schwerpunktsetzung damit begründet, dass „die demokratische Funktion des Rundfunks“ im Kern „gebietsbezogen“353 sei und es auf der Ebene der Europäischen Union an einer „gesamteuropäischen Meinungs“- und Willensbildung mangele.354 Diese Auffassung wird dabei mit dem „Fehlen eines gesamteuropäischen Bewußtseins (sic!)“355 begründet. Fraglich erscheint allerdings, wie lange diese Begründung mit den tatsächlichen Entwicklungen im Rahmen der Europäischen Union noch in Einklang steht. Mit zunehmender Weiterentwicklung des europäischen Integrationsprozesses werden verstärkt auch mitgliedstaatliche Entscheidungen durch europarechtliche Vorgaben vorbestimmt, wodurch wesensnotwendig auch das Interesse der Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten an gesamteuropäischen Entwicklungen zunimmt und durchaus auch eine gesamteuropäische Meinungsbildung nicht mehr undenkbar erscheint. Auch hier kann die Finanzkrise einiger Mitgliedstaaten der Union als europäisches Thema angeführt werden, das im gesamten Raum der Europäischen Union zu einer öffentlichen Meinungsbildung geführt hat, wobei zweifelsohne im konkreten Fall Wahrnehmungs- und Meinungsdifferenzen je nach persönlicher Betroffenheit der einzelnen Mitgliedstaaten bestehen mögen. Es bleibt also abzuwarten, ob die weitere Entwicklung der Europäischen Union dazu führen wird, dass neben der wirtschaftlichen Dimension des Rundfunks auch seine Bedeutung für die demokratische Willensbildung nicht nur seitens der EU-Organe für die jeweiligen Mitgliedstaaten anerkannt wird, sondern – trotz etwa noch bestehender Sprachbar351

Grundlegend und seither ständige Rechtsprechung BVerfGE 12, 205 (260); vgl. hierzu auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 63; Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (434); ders., Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (19); Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (212). 352 Vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 80 ff. 353 So A. Hesse, JZ 1993, S. 545 ff. (548) m. weit. Nachw.; hierauf Bezug nehmend und zustimmend C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 81. 354 So A. Hesse, JZ 1993, S. 545 ff. (548); hierauf verweist C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 81. 355 So A. Hesse, JZ 1993, S. 545 ff. (548) mit einem Verweis auf die Ausführungen bei W. v. Simson/J. Schwarze, Europäische Integration und Grundgesetz, 1992, S. 9.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

rieren – auch für die Unionsgemeinschaft als solche an tatsächlicher Relevanz hinzugewinnt.

2. Primärrecht Bevor die zur Ermittlung des europäischen Rundfunkbegriffsverständnisses bedeutsamen sekundärrechtlichen Regelungen in den Blick genommen werden, sollen zunächst die primärrechtlichen Vorschriften auf ihre Relevanz für den Rundfunkbereich und für ein mögliches eigenes Rundfunkbegriffsverständnis auf Unionsebene untersucht werden. Dabei wird insbesondere die Rechtslage in den Blick genommen, wie sie sich seit In-Kraft-Treten des Vertrags von Lissabon seit dem 1. Dezember 2009 darstellt. a) Das „Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten“ Das im Zuge des Vertrags von Amsterdam verabschiedete „Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten“ vom 2. Oktober 1997 wurde zuletzt im Zuge der Verhandlungen zum Vertrag von Lissabon geändert.356 Darauf, dass es sich bei diesem Vertragswerk nicht um eine „bloße Absichtserklärung“357, vielmehr hingegen um einen mit Verbindlichkeit ausgestatteten Vertragsbestandteil der seit dem Vertrag von Amsterdam jeweils geltenden primärvertraglichen Regelungswerke handelt,358 wurde bereits oben unter 2. Kap. I. 2. e) hingewiesen. Die kompetenzbegrenzende Wirkung dieses Protokolls wurde in diesem Zusammenhang ebenfalls schon erörtert. Doch welche Rolle kommt diesem Protokoll für die Ermittlung der Frage zu, was auf der Ebene der Europäischen Union unter Rundfunk im Kern zu verstehen ist? Zunächst enthält das Protokoll keine Definition zur Klärung des ihm zugrunde liegenden Rundfunkbegriffsverständnisses, wobei es sich ja explizit auch nur auf den Teilaspekt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bezieht. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird seinerseits jedoch auch nicht definiert.359 Lediglich die Begrifflichkeiten „Anstalten“ und der Verweis auf den „öffentlich-rechtlichen Auftrag“ lassen Rückschlüsse auf seine Wesensmerkmale zu.360 Der private Rundfunk wird daher vom Gehalt dieses Protokolls nicht erfasst. Im Ergebnis wird durch das Pro356

Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten vom 2. Oktober 1997, EU-Dok.-Nr. 1 1997 D/PRO/09 (ABl. EG Nr. C. 340 vom 10. 11. 1997, S. 109), zuletzt geändert durch Art. 1 Abs. 4 Buchstabe h, Abs. 28 Protokoll Nr. 1 zum Vertrag von Lissabon vom 13. 12. 2007. 357 So M. Libertus, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 13 RStV Rdn. 41. 358 Vgl. M. Libertus, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 13 RStV Rdn. 41; weitere Verweise unter FN 665. 359 Siehe auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1662. 360 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1662 m. weit. Nachw.

II. Europarechtliche Vorgaben

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tokoll klargestellt, dass die Bestimmungen der Verträge nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten berühren, „den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren, sofern die Finanzierung der Rundfunkanstalten dem öffentlich-rechtlichen Auftrag, wie er von den Mitgliedstaaten den Anstalten übertragen, festgelegt und ausgestaltet wird, dient und die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, wobei den Erfordernissen der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags Rechnung zu tragen ist.“361 Hierdurch wird neben dem Anerkenntnis eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkwesens die Befugnis der Mitgliedstaaten festgehalten, den öffentlichrechtlichen Auftrag des Rundfunks zu definieren und seine Finanzierung sicherzustellen, wobei sich Grenzen aus den europarechtlich geschützten „Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union“ nach dem Wortlaut des Protokolls ergeben. Diese Grenze der rundfunkrechtlichen Ausgestaltungsbefugnis der Mitgliedstaaten wird ihrerseits wiederum begrenzt durch den letzten Halbsatz, wonach „den Erfordernissen der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags (Anm. des Verfassers: des Rundfunks) Rechnung zu tragen ist.“ Durch diese beidseitige Einschränkung der jeweiligen Ausgestaltungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird deutlich, wie schwierig die Abgrenzung und Gewichtung der betroffenen Regelungssphären ist. Konkrete Auswirkungen hatte diese Abgrenzungsproblematik etwa auf die bereits erwähnte Frage nach der Zulässigkeit von Online-Aktivitäten im Rahmen der medialen Angebote auf Seiten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.362 Klärungsbedarf ergab sich hinsichtlich der Fragestellungen, ob Onlineaktivitäten generell vom öffentlich-rechtlichen Auftrag umfasst sind und wie solche Aktivitäten vor dem Hintergrund der wettbewerbsrechtlichen Lage im Onlinemarkt finanziert werden dürfen.363 In diesem Zusammenhang hängt auf unionsrechtlicher Ebene also die Reichweite dessen, was zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Sinne des Protokolls zählt, von der Zuweisung eines entsprechenden Funktionsauftrages durch die nationalen Gesetzgeber ab. Alle Aktivitäten, die sich außerhalb dieses Auftrages bewegen, sind nicht von der mitgliedstaatlichen Finanzierungsbefugnis umfasst. Hier sind zumindest, was die Reichweite des öffentlichrechtlichen Rundfunkspektrums anbetrifft, Wertungswidersprüche zur bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung im Hinblick auf die „Bestands- und Ent-

361

So der Wortlaut des Protokolls über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten. 362 Vgl. hierzu H. Gersdorf, Legitimation und Limitierung von Onlineangeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, 2009, S. 91 ff. (insbesondere auch S. 98 ff.); vgl. für einen detaillierten Überblick gängiger Online-Aktivitäten im Bereich der „Inhalte-Dienste“ etwa die Ausführungen bei Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 27 ff. m. weit. Nachw. 363 Vgl. hierzu H. Gersdorf, Legitimation und Limitierung von Onlineangeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, 2009, S. 98 ff.; umfassend zum entsprechenden EU-Beihilfeverfahren B. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010, Rdn. 10 ff.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

wicklungsgarantie“364 des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht a priori auszuschließen. b) EU-Vertrag und AEUV Im Rahmen des EU-Primärrechts sind für die Beleuchtung eines zu untersuchenden europäischen Rundfunkbegriffsverständnisses drei verschiedene Regelungskomplexe von Bedeutung: erstens die Gewährleistungen aus den europäischen Grundfreiheiten der Europäischen Union,365 zweitens wettbewerbsrechtliche Regelungen366 und schließlich drittens die europäischen Grundrechte.367 Nach Art. 6 Abs. 3 EUV sind die „Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben“, „als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts“. Da die Europäische Union aber noch nicht gemäß Art. 6 Abs. 2 EUV der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten beigetreten ist, werden die rundfunkrelevanten Gewährleistungen der EMRK aus systematischen Gründen weiter unten (4. Kap. III. 2. a)) bei der Erörterung des völkerrechtlichen Rundfunkbegriffs besprochen, da es sich bei der Konvention in ihrer vertikalen Qualifizierung um regionales Völkerrecht handelt, das auch über die Grenzen der Europäischen Union hinaus Geltung entfaltet. aa) Dienstleistungsfreiheit Auf der Ebene der Europäischen Union bildet die in den Art. 56 ff. AEUV verankerte Dienstleistungsfreiheit368, deren personeller Anwendungsbereich sich sowohl auf die europäischen Unionsbürger als auch gemäß Art. 62 AEUV i.V.m. Art. 54 AEUV auf Gesellschaften erstreckt,369 eine wesentliche Grundlage zur Begründung einer entsprechenden Rechtsetzungskompetenz im Bereich des Rundfunks, wobei die Heranziehung der Dienstleistungsfreiheit für rundfunkrechtliche Sachverhalte in ständiger Rechtsprechung durch den EuGH bestätigt worden ist.370 364

BVerfGE 83, 238 (298 f.). Vgl. für einen Überblick etwa A. Haratsch/Chr. Koenig/M. Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2010, Rdn. 774 ff. 366 Vgl. etwa die Kommentierung zum EU-Beihilferecht bei D.-E. Khan, in: R. Geiger/ D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 107 AEUV Rdn. 1 ff. 367 Vgl. die Kommentierungen zu Art. 6 EUV bei R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/ M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 1 ff. 368 Vgl. zur Entwicklung der Bedeutung der Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union die Ausführungen bei C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 1 ff. 369 Vgl. insoweit auch C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 12. 370 Vgl. grundlegend etwa EuGH, Rs. 155/73, Urt. v. 30. April 1974, Giuseppe Sacchi, Slg. 1974, S. 409 ff. (428 Rdn. 6); EuGH, Rs. 52/79, Urt. v. 18. März 1980, Strafverfahren gegen Marc J. V. C. Debauve, Slg. 1980, S. 833 (insbesondere 855 Rdn. 8); Rs. 62/79, Urt. v. 365

II. Europarechtliche Vorgaben

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Dabei muss die Ableitung einer solchen EU-Kompetenz auf der Grundlage der eine „Querschnittskompetenz“371 begründenden Dienstleistungsfreiheit372 auch in Abgrenzung zu den mitgliedstaatlichen Rundfunkkompetenzen gesehen werden. Die Mitgliedstaaten bzw. ihre Untergliederungen begründen ihrerseits eine weitgehende rundfunkrechtliche Rechtsetzungsbefugnis mit der ihnen zustehenden Kulturkompetenz.373 Diesbezüglich zeichnet sich ein differenzierender Interpretationsansatz im Hinblick auf die rundfunkrechtliche Kompetenzfrage der Europäischen Union ab. So müssten die Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen

18. März 1980, SA Compagnie générale pour la diffusion de la télévision, Coditel, und andere./. SA Ciné Vog Films und andere, Slg. 1980, S. 881 (902 f.); Rs. C-260/89, Urt. v. 18. Juni 1991, Elliniki Radiophonia Tileorassi Anonimi Etairia./.Dimotiki Etairia Pliroforisis und Sotirios Kouvelas, Slg. 1991, S. I-2925 (I-2957, I-2959 ff.); Rs. C-288/89, Urt. v. 25. Juli 1991, Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda u. a../.Commissariaat voor de Media, Slg. 1991, S. I-4007 (I-4040 ff.); Rs. C-353/89, Urt. v. 25. Juli 1991, Kommission der Europäischen Gemeinschaften./.Königreich der Niederlande, Slg. 1991, S. I-4069 (I-4092 ff.); Rs. C-23/93, Urt. v. 5. Oktober 1994, TV10 SA./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1994, S. I-4795 (I-4830 ff.); siehe jüngst auch verbundene Rechtssachen C-403/08 und C-429/08, Urt. v. 4. Oktober 2011, Football Association Premier League Ltd., NetMed Hellas SA, Multichoice Hellas SA./.QC Leisure, David Richardson u. a. sowie Karen Murphy./.Media Protection Services Ltd., abrufbar unter: http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de&newfor m=newform&alljur=alljur&jurcdj=jurcdj&jurtpi=jurtpi&jurtfp=jurtfp&alldocrec=alldo crec&docj=docj&docor=docor&docdecision=docdecision&docop=docop&docppoag=doc ppoag&docav=docav&docsom=docsom&docinf=docinf&alldocnorec=alldocnorec&doc noj=docnoj&docnoor=docnoor&radtypeord=on&typeord=ALL&docnodecision=docnodeci sion&allcommjo=allcommjo&affint=affint&affclose=affclose&numaff=C-403 % 2F08+&ddatefs=&mdatefs=&ydatefs=&ddatefe=&mdatefe=&ydatefe=&nomusuel=&do maine=&mots=&resmax=100&Submit=Suchen, dort Rdn. 75 ff. – zuletzt besucht am 7. November 2011 um 10:45 Uhr; A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (804); A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 31; R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 18; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1661; C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 50, 54; so wurde bereits die ursprüngliche Fernseh-Richtlinie vom 3. Oktober 1989 auf die Dienstleistungsfreiheit gestützt, vgl. hierzu S. Magiera, Rechtliche Grundfragen einer werdenden europäischen Rundfunkordnung, in: K. Stern und andere (Hrsg.), Eine Rundfunkordnung für Europa – Chancen und Risiken, 1990, S. 51 ff. (70 ff.). 371 Vgl. allgemein zu den Querschnittskompetenzen der Europäischen Union auch die Ausführungen bei F. Blechschmidt, Das Instrumentarium audiovisueller Politik der Europäischen Gemeinschaft aus kompetenzrechtlicher Sicht, 2003, S. 36; R. Hartstein/W.-D. Ring/ J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 18. 372 Vgl. insofern etwa die Kompetenzen der EU im Rahmen sog. „Liberalisierungsmaßnahmen“ gemäß Art. 59, 60 AEUV; siehe auch Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 33 f. 373 Vgl. zur Gesetzgebungszuständigkeit der Bundesländer die Ausführungen bei G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 3 Rdn. 22 ff.; Chr. Volkmann, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 59 RStV Rdn. 14.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Union (AEUV) in der Nachfolge der entsprechenden Bestimmungen des einstigen EG-Vertrags gemäß „der primären wirtschaftspolitischen Zielsetzung“374 der EU zunächst unter Wahrung des „Prinzips der nichtkulturellen Interpretation“375 einer entsprechenden Auslegung unterzogen werden.376 Andererseits soll jedoch auch kein „alles überwölbender Exklusionsgrund für den Bereich der Kultur, der die Anwendbarkeit von Gemeinschaftsrecht generell ausschließt“, bestehen.377 In diesem Zusammenhang ist für den Bereich der Kultur die bereits oben erörterte Beschränkung der Gemeinschaft auf „fördernde“ Tätigkeiten i.S.d. Art. 167 Abs. 2 AEUV als Kompetenzgrenze zu beachten.378 Damit aber überhaupt die Dienstleistungsfreiheit für den Rundfunkbereich anwendbar ist, muss das entsprechende Rundfunkangebot zunächst die Merkmale einer Dienstleistung aufweisen, wie sie sich aus der Definition in Art. 57 AEUV ergeben.379 Gemäß Art. 57 Unterabs. 1 AEUV sind Dienstleistungen im Sinne der Verträge „Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.“380 Somit handelt es sich bei der Dienstleistungsfreiheit um eine subsidiär anwendbare Freiheit für die Fälle, in denen keine andere der genannten Grundfreiheiten der Europäischen Union Anwendung findet.381 Allerdings besteht eine Subsidiarität der Dienstleistungsfreiheit gegenüber den anderen Grundfreiheiten nur in einem grundsätzlich verstandenen Sinne und 374 So R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 18. 375 So R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, ebda. 376 Vgl. R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, ebda., Kap. B 4 Rdn. 18. 377 So R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 18. 378 Vgl. R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 18; M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 167 AEUV Rdn. 6 ff., insbesondere auch 10 f. 379 Vgl. bezogen auf die nach damaligem Rechtsstand für die Dienstleistungsfreiheit relevanten Normen des Gemeinschaftsrechts die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 71 f. 380 Vgl. hierzu etwa die Ausführungen bei M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 167 AEUV Rdn. 1 ff.; A. Randelzhofer/U. Forsthoff, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, Art. 56/57 AEUV (Stand 43. EL 2011) Rdn. 32 ff. 381 Von einer „Auffangnorm“ spricht C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72; von einem „Auffangtatbestand“ sprechen in diesem Zusammenhang etwa A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 31; Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 41 ff. (insbesondere 42); C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 6; von einer „Auffangfreiheit“ sprechen insoweit A. Randelzhofer/U. Forsthoff, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, Art. 56/57 AEUV (Stand 43. EL 2011) Rdn. 178.

II. Europarechtliche Vorgaben

171

verhindert im konkreten Einzelfall jedoch gerade nicht, dass eine gleichzeitige Anwendung mehrerer Grundfreiheiten auf denselben Sachverhalt – wie es sich im Übrigen auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt – sogar erst zu sachgerechten Ergebnissen führen kann.382 Ein wesentliches Merkmal des Rundfunks ist seine unkörperliche Erscheinungsform, sodass in dieser Hinsicht eine Anwendbarkeit etwa der Warenverkehrsfreiheit oder einer anderen EU-Freiheit nicht in Betracht kommt.383 Zur Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit muss zunächst das Betreiben von Rundfunk als „Leistung“ im Sinne der Vorschriften zur Dienstleistungsfreiheit angesehen werden können.384 Hierbei ist zunächst fraglich, welche Betätigungen im Zusammenhang mit dem Betreiben von Rundfunk überhaupt als „Leistung“ im Sinne der Vorschriften zur Dienstleistungsfreiheit zu qualifizieren sind.385 Nach zutreffender, aber umstrittener Ansicht386 wird angenommen, dass nicht nur die Tätigkeit des Rundfunkveranstalters als solche, sondern etwa auch die Tätigkeiten der Kabelnetzbetreiber Leistungen im Sinne der Dienstleistungsfreiheit sind.387 Dabei ist die 382 Vgl. EuGH, Rs. C-452/04, Urt. v. 3. Oktober 2006, Fidium Finanz AG./.Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Slg. 2006, S. I-9521 (insbesondere auch I-9575 Rdn. 30, I-9576 Rdn. 34); dabei kommt gerade im Bereich der Telekommunikation eine kombinierte Anwendbarkeit der Dienstleistungs- und der Warenverkehrsfreiheit in Betracht, vgl. EuGH, Rs. C-390/99, Urt. v. 22. Januar 2002, Canal Satélite Digital SL./.Administración General del Estado, Slg. 2002, S. I-607 (I-652 ff. (Rdn. 29 ff.); jüngst verbundene Rechtssachen C-403/08 und C-429/08, Urt. v. 4. Oktober 2011, Football Association Premier League Ltd., NetMed Hellas SA, Multichoice Hellas SA./.QC Leisure, David Richardson u. a. sowie Karen Murphy./ .Media Protection Services Ltd, a.a.O.(FN 370 in diesem Kapitel), Rdn. 78 f.; vgl. C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 6; kritisch zum zuerst erwähnten EuGH-Urteil A. Randelzhofer/U. Forsthoff, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, Art. 56/57 AEUV (Stand 43. EL 2011) Rdn. 178, die die „Dienstleistungsfreiheit gegenüber der Warenverkehrsfreiheit, der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Niederlassungsfreiheit“ „auf Tatbestandsebene“ abgrenzen möchten, während eine Abgrenzung zur Kapitalverkehrsfreiheit „erst auf Konkurrenzebene“ möglich sein soll. 383 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72; M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 167 AEUV Rdn. 2; A. Randelzhofer/ U. Forsthoff, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, Art. 56/57 AEUV (Stand 43. EL 2011) Rdn. 180; von „unsichtbaren“ Gütern sprechen insofern K. Hailbronner/A. Nachbaur, EuZW 1992, S. 105 ff. (107); „,unsichtbare‘ Phänomene“ sieht hier hingegen N. Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, 1994, S. 40 ff. (42) m. weit. Nachw. 384 So auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72. 385 Vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72; G. Herrmann/ M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 50 ff. m. weit. Nach. 386 Vgl. bejahend D. Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWGVertrages, 1991, S. 90 f.; a. A. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72. 387 Vgl. EuGH, Rs. 352/85, Urt. v. 26. April 1988, Bond van Adverteerders und andere./. Niederländischer Staat, Slg. 1988, S. 2085 (2131 Rdn. 14 ff.); Rs. C-23/93, Urt. v. 5. Oktober 1994, TV10 SA./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1994, S. I-4795 (I-4830 f. Rdn. 12 ff.) = ZUM 1995, S. 327 f. (327); hierzu M. Knothe/E. Wanckel, ZUM 1995, S. 20 ff. (23); vgl. auch

172

2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Dienstleistung der Kabelbetreiber gegenüber den Rundfunkveranstaltern in der Weiterverbreitung der Rundfunkprogramme an die Rezipienten zu sehen,388 wobei auch hier ein grenzüberschreitender Bezug Voraussetzung ist.389 So stellte der EuGH fest, dass bei einer Kabeleinspeisung ausländischer Sendungen „mindestens zwei gesonderte Dienstleistungen“390 enthalten seien: zum ersten die Dienstleistung der Kabelfernsehnetzbetreiber gegenüber den Sendeanstalten durch Weiterleiten der von diesen ausgestrahlten Fernsehprogramme, zum zweiten auch die Dienstleistung der Sendeanstalten (bzw. genauer der Rundfunkunternehmen) selbst, die sie im Interesse ihrer Werbekunden in Gestalt der Ausstrahlung der entsprechenden Werbespots erbringen.391 Als weitere Dienstleistungen, die mit dem Rundfunkwesen in Zusammenhang stehen, werden von G. Herrmann/M. Lausen unter anderem die Tätigkeiten eines freien Produzenten, eines selbständigen Regisseurs, „Verträge über Auftragsproduktionen“, „Koproduktionsverträge“ oder auch „die Vermittlung und der Abschluss von Werbeverträgen“ gesehen.392 Da aber hier nur der rundfunkspezifische Bedeutungsgehalt der Dienstleistungsfreiheit von Interesse ist und gerade in der Ausstrahlung die typisch grenzüberschreitende Tätigkeit (hierzu sogleich) zu erkennen ist393, scheint es zumindest für die Untersuchung eines europarechtlichen Rundfunkbegriffsverständnisses vorzugswürdig, den Dienstleistungsbegriff in der vorliegenden Betrachtung auf die Tätigkeit des Rundfunkveranstalters zu fokussieren.394 Hierbei sind die Kabelnetzbetreiber ebenso wie die Rezipienten, die die D. Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, 1991, S. 90 ff.; ders., Die Verwaltung 25 (1992), S. 515 ff. (524 f.); A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 32. 388 So auch D. Kugelmann, Die Verwaltung 25 (1992), S. 515 ff. (524 f.); siehe auch A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 32. 389 Vgl. Europäische Kommission, KOM (84), 300 endg., Grünbuch „Fernsehen ohne Grenzen“, S. 111; vgl. auch D. Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, 1991, S. 90 f. 390 So EuGH, Rs. 352/85, Urt. v. 26. April 1988, Bond van Adverteerders und andere./. Niederländischer Staat, Slg. 1988, S. 2085 (2131 Rdn. 14). 391 EuGH, Rs. 352/85, Urt. v. 26. April 1988, Bond van Adverteerders und andere./.Niederländischer Staat, Slg. 1988, S. 2085 (2131 Rdn. 14 ff.); vgl. A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 32. 392 So. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 51 f. 393 Sehr zurückhaltend und kritisch gegenüber der entsprechenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hingegen G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 53 ff.; kritisch zur Einstufung von Rundfunksendungen als Dienstleistung auch A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 33. 394 In diesem Zusammenhang erlaubte sich der Europäische Gerichtshof in Rs. 52/79, Urt. v. 18. März 1980, Strafverfahren gegen Marc J. V. C. Debauve und andere, Slg. 1980, S. 833 (855 Rdn 9) „darauf hinzuweisen, daß die Vertragsbestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr nicht auf Betätigungen anwendbar sind, deren wesentliche Elemente sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen. Ob dies der Fall ist, hängt von tatsächlichen Feststellungen ab, die das innerstaatliche Gericht zu treffen hat“; siehe auch Rs. C-23/93, Urt. v. 5. Oktober 1994, TV10 SA./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1994, S. I-4795 (I-4830 f. Rdn. 14); vgl. die Ausführungen und die entsprechende Darstellung der

II. Europarechtliche Vorgaben

173

entsprechenden Rundfunkprogramme direkt empfangen, in die grenzüberschreitende Leistungsbeziehung mit eingebunden. Beim Veranstalten und Verbreiten von Rundfunk handelt es sich um eine selbständige, unternehmerische Tätigkeit und damit auch nicht um eine Tätigkeit im „Ober-Unterordnungsverhältnis“,395 wie es regelmäßig zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern prägend und so etwa auch innerhalb der Unternehmensstruktur eines Rundfunkunternehmens bzw. eines Unternehmens, das Kabelnetze betreibt, vorzufinden ist. Weiterhin muss es sich bei entsprechenden Dienstleistungen im Rundfunkbereich um solche Leistungen handeln, „die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden“.396 Allerdings sollen hiervon nach herrschender Meinung auch solche Leistungen umfasst sein, die tatsächlich nur „in der Regel“ entgeltlich erbracht werden, im Einzelfall eine Erbringung jedoch auch „ausnahmsweise ohne Entgelt“397 erfolgt. Nach anderer Auffassung liegt auf der Grundlage der gesetzlichen Formulierung jedoch nur dann eine Dienstleistung im Sinne des Vertrages vor, „wenn über den Einzelfall hinaus eine entsprechende Leistung generell vergütet wird“,398 wobei alle unvergüteten Leistungen nach dieser Auffassung somit wohl aus dem Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit herausfallen. Wie bereits aus den Ausführungen der Europäischen Kommission im Grünbuch „Fernsehen ohne Grenzen“ hervorgeht, wird eine Leistung dann gegen Entgelt in diesem Kontext erbracht, „wenn sie bezahlt wird“.399 Allerdings war auch unterschiedlichen Auffassungen zur Frage der Bedeutung der Kabelweiterverbreitung für die Dienstleistungsfreiheit seitens der Europäischen Kommission, KOM (84), 300 endg., Grünbuch „Fernsehen ohne Grenzen“, S. 110 f.; C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72; siehe auch ausführlich zu den einzelnen Leistungsbeziehungen D. Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, 1991, S. 90 ff. 395 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72; siehe auch A. Randelzhofer/ U. Forsthoff, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, Art. 56/57 AEUV (Stand 43. EL 2011) Rdn. 181. 396 Vgl. hierzu D. Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWGVertrages, 1991, S. 115 ff.; ähnlich auch W. Schulz, Zum Vorschlag für eine Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 1 ff. (7); C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 5; kritisch zum fehlenden „Gegenseitigkeitsverhältnis des Entgelts und der Leistung“ A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 33. 397 So W. Schulz, Zum Vorschlag für eine Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 1 ff. (7); W.-H. Roth, in: M. A. Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Bd. 1, Stand EL 28 2011 (EL 17), Kap. E. I. Rdn. 131; a. A. hingegen A. Randelzhofer/U. Forsthoff, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, Art. 56/57 AEUV (Stand 43. EL 2011) Rdn. 47. 398 So A. Randelzhofer/U. Forsthoff, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, Art. 56/57 AEUV (Stand 43. EL 2011) Rdn. 47; vgl. die entsprechende Darstellung bei W. Schulz, Zum Vorschlag für eine Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 1 ff. (7). 399 So Europäische Kommission, KOM (84), 300 endg., Grünbuch „Fernsehen ohne Grenzen“, S. 107; siehe hierzu auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

die EG-Kommission damals bereits der Auffassung, dass die Leistung lediglich „in der Regel entgeltlich“ sein müsse.400 Es reicht also auch nach Auffassung der Europäischen Kommission aus, dass die Leistung üblicherweise entgeltlich erbracht wird, wobei Ausnahmen „nichts an der Einbeziehung der Dienstleistung in den freien Verkehr“ ändern sollen.401 Die diesbezügliche Abgrenzung kann im Einzelfall gerade für die Anwendbarkeit der europäischen Dienstleistungsfreiheit auf Rundfunkangebote im verfassungsrechtlichen Sinne von Bedeutung sein. Denn eine europäische Betrachtungsweise des Rundfunks, die sich primär auf die Dienstleistungsqualität des in Rede stehenden Angebots kapriziert, gründet notwendigerweise auf einem wesentlich engeren Begriffsverständnis, als es der verfassungsrechtlichen Betrachtungsweise im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes zugrunde liegt. Denn Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne sind sowohl entgeltliche als auch unentgeltliche Angebote, soweit sie die oben erörterten Begriffsmerkmale erfüllen. Wenngleich klassische Fernsehprogramme das Merkmal der Entgeltlichkeit – wenn auch aufgrund der besonderen Rundfunkfinanzierungsmodalitäten im Anbieter-RezipientenVerhältnis manchmal nur auf indirektem Wege – grundsätzlich erfüllen,402 wird die Bewertung für zahlreiche onlinebasierte Angebote, wie z. B. für nicht-kommerziell ausgerichtete Pod-Casts und ähnliche Kommunikationsvarianten im Internet, eine andere sein müssen.403 Diese Auffassung kann auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache Unborn Children404 gestützt werden, wonach es sich selbst dann, wenn Informationen verbreitet werden, die eine wirtschaftliche Betätigung zum Gegenstand haben, nicht um eine Dienstleistung im europarechtlichen Sinne handeln soll, „wenn diese Informationen nicht im Auftrag eines Wirtschaftsteilnehmers verbreitet werden, sondern lediglich eine Inanspruchnahme der Meinungsfreiheit darstellen“.405 400 Vgl. Europäische Kommission, KOM (84), 300 endg., Grünbuch „Fernsehen ohne Grenzen“, S. 107. 401 Vgl. Europäische Kommission, KOM (84), 300 endg., Grünbuch „Fernsehen ohne Grenzen“, S. 107; C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72; C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 5; vgl. in diesem Zusammenhang auch D. Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, 1991, S. 96 ff., 116. 402 Vgl. hierzu etwa S. Magiera, Rechtliche Grundfragen einer werdenden europäischen Rundfunkordnung, in: K. Stern und andere (Hrsg.), Eine Rundfunkordnung für Europa – Chancen und Risiken, 1990, S. 51 ff. (72); N. Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, 1994, S. 62 f. 403 Vgl. hierzu die Ausführungen bei W. Schulz, Zum Vorschlag für eine Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 1 ff. (7 f.). 404 EuGH, Rs. C-159/90, Urt. v. 4. Oktober 1991, Society for the Protection of Unborn Children Ireland Ltd./.Stephen Grogan u. a., Slg. 1991, S. I-4685. 405 Vgl. EuGH, Rs. C-159/90, Urt. v. 4. Oktober 1991, Society for the Protection of Unborn Children Ireland Ltd./.Stephen Grogan u. a., Slg. 1991, S. I-4685 (I-4686 Leitsatz 3); vgl. hierzu mit Zitat auch W. Schulz, Zum Vorschlag für eine Richtlinie über audiovisuelle Medi-

II. Europarechtliche Vorgaben

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Keine zwingende Voraussetzung stellt „die Unmittelbarkeit der Entgeltbeziehung“406 im Verhältnis zwischen dem Rundfunkanbieter und dem Rezipienten dar, sodass sowohl der private als auch der gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk den Anforderungen der Dienstleistungsfreiheit genügt.407 Somit liegt auch in der Beziehung zwischen privaten Rundfunkanbietern und den Rezipienten der entsprechenden Rundfunkangebote eine Dienstleistung vor.408 Der Umstand, dass die privaten Rundfunkunternehmen durch werbetreibende Unternehmen finanziert werden, führt im Rahmen der Zuordnung zu keinem anderen Ergebnis.409 Gemäß Art. 57 Unterabs. 2 AEUV handelt es sich bei Dienstleistungen insbesondere um „a) gewerbliche Tätigkeiten, b) kaufmännische Tätigkeiten, c) handwerkliche Tätigkeiten und d) freiberufliche Tätigkeiten.“ Für den Bereich des Rundfunks kommt hier insbesondere der erstgenannte Fall, also die Rubrik der gewerblichen Tätigkeiten in Betracht.410 Damit die Dienstleistungsfreiheit anwendbar ist, muss in Bezug auf das entsprechende Rundfunkangebot auch ein grenzüberschreitender Zusammenhang bestehen.411 So ist das grenzüberschreitende Element zwar nicht in der Definition der Dienstleistungen gemäß Art. 57 AEUV enthalten; Art. 56 Unterabs. 1 AEUV verbietet jedoch nur solche „Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind“, woraus sich die Notwendigkeit einer Grenzüberschreitung eindeutig ergibt.412 Diejenigen Beteiligendienste, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 1 ff. (8). 406 So etwa C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72. 407 Vgl. die Ausführungen der Europäische Kommission, KOM (84), 300 endg., Grünbuch „Fernsehen ohne Grenzen“, S. 107; N. Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, 1994, S. 62 f. (insbesondere auch 63); C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72. 408 C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 5. 409 So auch S. Magiera, Rechtliche Grundfragen einer werdenden europäischen Rundfunkordnung, in: K. Stern und andere (Hrsg.), Eine Rundfunkordnung für Europa – Chancen und Risiken, 1990, S. 51 ff. (72); C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/ M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 5; kritisch hingegen auch in Bezug auf die entsprechende Rechtsprechung des EuGH A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 33. 410 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zur Unternehmensqualität von Rundfunkveranstaltern bei B. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, 1996, S. 162 f. 411 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72 f.; vgl. ausführlich zur Grenzüberschreitung der Dienstleistung C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/ M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 8 ff.; M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 74 ff. 412 Vgl. die Ausführungen der Europäischen Kommission zur damaligen, ähnlich gelagerten Regelung im früheren EG-Recht bei Europäische Kommission, KOM (84), 300 endg., Grünbuch „Fernsehen ohne Grenzen“, S. 109; siehe ferner auch EuGH, Rs. 52/79, Urt. v. 18. März 1980, Strafverfahren gegen J. V. C. Debauve und andere, Slg. 1980, S. 833 (855 Rdn. 9); Rs.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

ten, zwischen denen der Dienstleistungsvorgang abgewickelt wird, also der Rundfunkveranstalter als Leistungserbringer und etwa die Rezipienten als Leistungsempfänger, müssen somit prinzipiell in jeweils „unterschiedlichen Mitgliedstaaten“ der Europäischen Union „ansässig sein“413 bzw. die Dienstleistung in einem vom Sendestaat verschiedenen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union tatsächlich empfangen. Nur die Dienstleistungen als solche – hier insbesondere auch die ausgestrahlten Rundfunkangebote – überschreiten dabei regelmäßig die Grenze der Mitgliedstaaten414 und lösen auf diese Weise eine Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit im Sinne der Vorschriften der Art. 56 AEUV ff. aus. Grundsätzlich sind in diesem Zusammenhang die „aktive Dienstleistungsfreiheit“, die „passive Dienstleistungsfreiheit“ und die sog. „Korrespondenzdienstleistungsfreiheit“ voneinander zu unterscheiden.415 Bei der aktiven Dienstleistungsfreiheit begibt sich der Dienstleistende vorübergehend in den Mitgliedstaat des Leistungsempfängers, während es sich bei der passiven Dienstleistungsfreiheit genau umgekehrt verhält.416 Bei der „Korrespondenzdienstleistungsfreiheit“ überwindet allein die entsprechende Dienstleistung die mitgliedstaatliche Grenze, während die am Dienstleistungsvorgang Beteiligten, also der Dienstleistende und der Leistungsempfänger, in den jeweiligen nicht-identischen Mitgliedstaaten verbleiben.417 Die „Korrespondenzdienstleistungsfreiheit“ erfasst damit typischerweise auch Rundfunkdienstleistungen,418 weshalb die entsprechenden Sachverhalte anhand der Artikel 56 ff. AEUV zu beurteilen sind.419 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass bei der „Korrespondenzdienstleistungsfreiheit“ auch eine dauerhafte Erbringung der entspreC-23/93, Urt. v. 5. Oktober 1994, TV10 SA./.Commissariaat voor de Media, 1994, S. I-4795 (I-4830 f. Rdn 14); vgl. auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 72 f. 413 So C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 1. 414 Vgl. C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 1. 415 Näher hierzu C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 8 ff.; M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/ AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 57 AEUV Rdn. 8 ff.; siehe in diesem Zusammenhang auch die „Erläuternde Mitteilung der Kommission über die Freiheit des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs“, ABl. EG Nr. C 334 vom 9. 12. 1993, S. 3 ff. 416 Vgl. hierzu die Ausführungen bei C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/ M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 8 f.; M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/ M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 57 AEUV Rdn. 8 f. 417 Vgl. C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 10; M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 57 AEUV Rdn. 10. 418 EuGH, Rs. 155/73, Urt. v. 30. April 1974, Giuseppe Sacchi, Slg. 1974, S. 409 (428 Rdn. 6); vgl. C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 54; M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 75; M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 57 AEUV Rdn. 10. 419 C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 54.

II. Europarechtliche Vorgaben

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chenden Dienstleistung möglich ist,420 während sie in den anderen beiden Varianten an einen lediglich vorübergehenden Aufenthalt des Dienstleisters bzw. des Empfängers der entsprechenden Dienstleistung im jeweils „anderen“ Mitgliedstaat geknüpft ist und damit einer solch durativen Perspektive entbehrt. Rundfunkangebote, die lediglich auf das Gebiet eines Mitgliedstaates beschränkt sind und auch sonst keinen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, fallen damit – ein wenig zugespitzt formuliert – schon nicht unter ein denkbares europäisches Rundfunkbegriffsverständnis, das der Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit für diesen Bereich zugrunde liegt.421 Auch wenn man auf eine zu enge Verknüpfung des Rundfunktatbestandes mit dem grenzüberschreitenden Element verzichten möchte, bleibt zumindest die Feststellung der Unanwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit auf Rundfunkangebote ohne jeden grenzüberschreitenden Charakter. Eine rundfunkspezifische Besonderheit stellt der sog. „spill over“-Effekt422 dar. Hierunter versteht man zunächst einmal die unbeabsichtigte „Überstrahlung der Sendegrenzen“, die dadurch bewirkt wird, dass sich die sendeenergetische Reichweite im Rahmen von Antennenausstrahlungen und auch die von Satellitenanlagen erfassten „Ausleuchtzonen“ nicht so genau ausrichten lassen, dass die Empfangbarkeit eines Programms jenseits der jeweiligen Ländergrenze tatsächlich und in jedem Fall unmöglich ist.423 In diesem Zusammenhang erscheint fraglich, ob ein solch ungewollter „spill over“-Effekt424 überhaupt die Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56, 57 AEUV auslöst425 oder ob diese grundfreiheitliche Gewährleistung nur bei einem sog. „intended overspill“, also bei einer absichtlichen und damit vom Willen des Sendenden gedeckten Überstrahlung der Ländergrenzen,426 zur Anwendung kommen soll. Begründet wird die letztgenannte Ansicht mit 420

Vgl. C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 25 Rdn. 10. 421 Vgl. etwa EuGH, Rs. 52/79, Urt. v. 18. März 1980, Strafverfahren gegen Marc J. V. C. Debauve und andere, Slg. 1980, S. 833 (855 Rdn. 9); Rs. C-23/93, Urt. v. 5. Oktober 1994, TV10 SA./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1994, S. I-4795, (I-4830 f. Rdn. 14). 422 Vgl. hierzu etwa M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 75 ff. 423 Vgl. hierzu die Definition und Darstellung bei M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 75 ff.; siehe auch bereits J. Gulich, Rechtsfragen grenzüberschreitender Rundfunksendungen, 1990, S. 52 f. 424 Im Rahmen ungewollter „spill over“-Effekte sind weitere Differenzierungen möglich: der sog. „sendeenergiebedingte spill over“ im Rahmen terrestrischer Ausstrahlung und der „sendekegelbedingte spill over“, der im Rahmen einer Satellitenübertragung auftreten kann, können dabei voneinander unterschieden werden, vgl. hierzu M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 76. 425 Die Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit ungeachtet dessen bejahend, ob die Grenzüberschreitung des Rundfunks im konkreten Fall überhaupt beabsichtigt war, M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 76 f. 426 So und hierzu die Ausführungen bei J. Gulich, Rechtsfragen grenzüberschreitender Rundfunksendungen, 1990, S. 53; M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhaltere-

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

dem Wortlaut des Art. 56 Unterabs. 1 AEUV (bzw. des damaligen Art. 49 EGV), der die Formulierung enthält: „[…] für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind“, worin gerade die auf die Angehörigen anderer Mitgliedstaaten gerichtete „Finalität“ der Dienstleistungsfreiheit zum Ausdruck komme.427 Da diese Formulierung jedoch tatsächlich nicht den Begriff der „Dienstleistungsfreiheit“, sondern die in Art. 56 AEUV angesprochenen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit in Bezug nimmt,428 und ein final ausgerichtetes Willentlichkeitskriterium zu großen Abgrenzungs- und Beweisproblemen im Einzelfall führen würde429, ist die Ansicht vorzugwürdig, die im Rahmen aller „spill over“-Effekte zur Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit gelangt, und zwar unabhängig davon, ob der Effekt beabsichtigt oder unbeabsichtigt ist.430 Wesentlich ist für ein die Gewährleistungen der Dienstleistungsfreiheit auslösendes europäisches Rundfunkverständnis damit die Überschreitung mitgliedstaatlicher Grenzen, ohne dabei zwischen beabsichtigter und unbeabsichtigter Überwindung der Grenzen zu differenzieren.431 Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass „Rundfunk“ von der Dienstleistungsfreiheit insoweit erfasst wird, als es sich um eine entgeltliche selbständige Tätigkeit handelt, die jedenfalls einen gewissen grenzüberschreitenden Bezug aufweist. Soweit der dienstleistungsspezifische Aspekt des Rundfunks betroffen ist, steht der Europäischen Union – wie weiter oben bereits festgestellt – in Gemäßheit der Regelungen der Art. 62, 53 Abs. 1 AEUV, aber auch nach Art. 59 AEUV eine weitergehende Rechtsetzungskompetenz im Sekundärrecht in Gestalt von Richtlinien, die vom Europäischen Parlament und vom Rat im Wege des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens beschlossen werden, zu.432 Darüber hinaus kann die Europäische Kommission nach Art. 60 Unterabs. 2 AEUV zur weitergehenden Liberalisierung der

gulierung, 2009, S. 76; siehe auch zu der mit dem „intended overspill“ verbundenen Lizenzproblematik die Ausführungen bei R. Straßer, ZUM 1999, S. 928 ff. (930). 427 Vgl. hierzu die Darstellung bei M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 75 f. mit Bezugnahme auf die Darstellung von B. Börner, ZUM 1985, S. 577 ff. (579). B. Börner stellt in seiner Darstellung heraus, dass es sich bei der Leistungserbringung gerade nicht um einen unbestimmten „jactus missilium“ handeln könnte, sondern die jeweilige Leistung vielmehr „bestimmt, bezweckt von vornherein“ sei. 428 So M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 76 m. weit. Nachw. 429 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die zutreffenden Ausführungen bei M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 76 f. 430 So M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 76 f.; a. A. hingegen etwa J. Gulich, Rechtsfragen grenzüberschreitender Rundfunksendungen, 1990, S. 52 f. 431 Vgl. insofern die Ausführungen bei M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 76 f. 432 Vgl. auch zur damaligen Rechtslage C. Bernard, Rundfunk als Rechtbegriff, 2001, S. 73.

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Dienstleistungen Empfehlungen an die Mitgliedstaaten richten.433 Allerdings wird vor diesem Hintergrund auch deutlich, dass durch die Beantwortung der Frage, wann ein Rundfunkangebot eine Dienstleistung im Sinne der Art. 56 ff. AEUV darstellt, wohl kaum – jedenfalls nicht allein – auf einen europarechtlichen Rundfunkbegriff geschlossen werden kann, da die Wesensmerkmale der Rundfunkbegrifflichkeit für die Einordnung eher eine untergeordnete Rolle spielen. Durch den Ausschluss unentgeltlicher Rundfunkangebote wird nicht gesagt, dass die Europäische Union entsprechende Angebote nicht als Rundfunk ansieht, sondern lediglich konstatiert, dass sie nicht die Kriterien erfüllen, um die Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit auszulösen.434 Insofern beruht die Abgrenzung hier weniger auf einem umfassenden europäischen Rundfunkbegriffsverständnis als vielmehr auf der Beurteilung des einzelnen (Rundfunk-)Angebots nach seiner dienstleistungsfreiheitlichen Relevanz. bb) Die Bedeutung weiterer EU-Grundfreiheiten für die Ermittlung eines europarechtlichen Rundfunkbegriffs Nachdem festgestellt ist, dass die Dienstleistungsfreiheit auf den Rundfunk bezogen zwar Aufschluss darüber gibt, wann Rundfunk überhaupt für ihren Anwendungsbereich relevant wird, jedoch aus ihrer Anwendbarkeit auf rundfunkrechtliche Sachverhalte keine umfassende Definition eines europarechtlichen Rundfunkbegriffs gewonnen werden kann, erscheint fraglich, inwieweit andere Grundfreiheiten der Europäischen Union auf rundfunkrechtliche Sachverhalte Anwendung finden und ihrerseits zur Gewinnung eines europarechtlichen Rundfunkbegriffs beitragen können. Teilweise wird unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs angenommen, dass die Zuordnung rundfunkrechtlicher Kompetenzen zur Dienstleistungsfreiheit abschließend sei, da der Gerichtshof im Rahmen seiner Monopolstellung in der Auslegung des Unionsrechts (früher Gemeinschaftsrechts) die unionsspezifischen Kompetenzen „verbindlich festgelegt“ habe.435 Allerdings hat das Europäische Gericht erster Instanz436 (so noch die damalige Bezeichnung 433

Vgl. zur bislang äußerst geringen praktischen Relevanz dieser Regelung die Ausführungen bei M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 60 AEUV Rdn. 2. 434 Mit der zutreffenden Feststellung, dass unter dem Aspekt der „Dienstleistungen“ lediglich „Teilbereiche des Rundfunks“ auf der Ebene des Primärrechts „erfasst“ werden C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 86. 435 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 71 m. weit. Nachw.; siehe zur Auslegung des Unionsrechts „in einem weiten Sinne“ durch den Europäischen Gerichtshof ferner M. Nettesheim, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 5 Rdn. 150 ff.; siehe die ausführliche Darstellung der Zuständigkeiten des EuGH bei M. Herdegen, Europarecht, 13. Aufl. 2011, § 9 Rdn. 1 ff. 436 Inzwischen wurde das „Gericht erster Instanz“ durch die neue Terminologie im Rahmen des Art. 19 EUV nach dem Vertrag von Lissabon umbenannt in: „das Gericht“, siehe hierzu die kritische Würdigung der zu Recht als „verunglückt“ empfundenen Begriffswahl bei B. W. Wegener, in: Chr. Calliess/M. Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 19 EUV Rdn. 5 f.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

dieses Gerichts) durchaus in einem das Rundfunkrecht betreffenden Fall nicht die Dienstleistungs-, sondern die Niederlassungsfreiheit als Prüfungsgegenstand herangezogen.437 Analog zu den Feststellungen im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit kann bereits vor einer näheren Erörterung der Anwendbarkeit der anderen Grundfreiheiten auf den Rundfunkbereich erwartet werden, dass sich hieraus ebenfalls keine umfassende Definition des europarechtlichen Rundfunkbegriffs ergeben wird, da auch die anderen Freiheiten „Querschnittskompetenzen“ der Europäischen Union begründen und im Falle ihrer Anwendbarkeit nur einen Teilaspekt des Rundfunks – jeweils in Bezug auf den ihnen zugrunde liegenden spezifischen Gewährleistungsgehalt – betreffen. Da der Europäische Gerichtshof und die herrschende Meinung in der Literatur eine der wesentlichen Kompetenzgrundlagen der Europäischen Union im Rundfunkrecht in den Vorschriften zur Dienstleistungsfreiheit erkennen (s. o.), kommt den anderen Freiheiten in diesem Zusammenhang allenfalls eine komplementäre Funktion zu. So kann etwa beim Handel von Fernseh- und Radiogeräten und anderen Erzeugnissen, die im Zuge der Ausstrahlung von Rundfunk benutzt werden oder zumindest mit der Rundfunktätigkeit in Zusammenhang stehen, der Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit im Sinne der Art. 28 ff. (34) AEUVeröffnet sein.438 Allerdings knüpfen diese Gewährleistungen anders als im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit nicht an besondere Eigenschaften des Rundfunks an, da „Rundfunk“ als solcher aufgrund seiner mangelnden Körperlichkeit beispielsweise keine „Ware“ im Sinne der Warenverkehrsfreiheit darstellen kann.439 Vielmehr geht es lediglich um Gegenstände, die beispielsweise zum Empfang von Rundfunk erforderlich sind, selbst jedoch die Wesensmerkmale einer rundfunkbegrifflichen Definition nicht in cumulo erfüllen und auch kein ergänzendes Begriffsmerkmal begründen können. Ähnlich verhält es sich im Hinblick auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit. So spielt die Arbeitnehmerfreizügigkeit etwa dann eine Rolle, wenn es um die Tätigkeit von Mitarbeitern in Rundfunkunternehmen geht und die entsprechenden Anwendbarkeitskriterien – insbesondere auch ein entsprechender grenzüberschreitender Bezug – erfüllt sind.440 In diesem Zusammenhang ist auch eine medienspezifische Fragestellung aufgeworfen: So weisen G. Herrmann/M. Lausen im Rahmen ihrer Ausführungen darauf hin, dass nach der überwiegenden Anzahl der für den Rundfunk und die Presse geltenden Gesetze innerhalb der Bundesrepublik Deutschland die Funktion eines „verantwortlichen Redakteurs“ (bzw. die eines In437

Vgl. EuG, Rs. T-266/97, Urt. v. 8. Juli 1999, Vlaamse Televisie Maatschappij NV./. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1999, S. II-2329 ff. = ZUM 2000, S. 1077 f.; hierzu J. Gundel, ZUM 2000, S. 1046 ff. (1046 f.). 438 Vgl. hierzu G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 42; C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 54; M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 72. 439 Vgl. D. Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, 1991, S. 67; M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 72. 440 Vgl. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 43 ff.; M. D. Cole, in: U. Fink/M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 31.

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tendanten) nicht ausüben dürfe, „wer seinen ständigen Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereiches des Grundgesetzes hat“441. Eine Rechtfertigung für Regelungen dieser Art ergibt sich im europarechtlichen Kontext aber (noch) aus Art. 45 Abs. 3 AEUV, der dem mitgliedstaatlichen Interesse an der Gewährleistung „der öffentlichen Ordnung“ und am Schutz der durch die Mitgliedstaaten zu garantierenden „Sicherheit“ vor dem Hintergrund Rechnung trägt, dass eine Rechtsverfolgung von Personen, die im Ausland ihren ständigen Aufenthalt haben, nach wie vor Probleme bereitet.442 Die Niederlassungsfreiheit443 hat seit der Einführung der „dualen Rundfunkordnung“ in der Bundesrepublik Deutschland an Bedeutung gewonnen: Da der Europäische Gerichtshof es den Mitgliedstaaten der heutigen EU im Rahmen seines Urteils in der Sache Sacchi444 nicht untersagt hatte, das exklusive Recht zur Ausstrahlung von Rundfunksendungen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter Ausschluss privater Mitbewerber einzuräumen,445 konnten sich private Rundfunkanbieter aus anderen Mitgliedstaaten nicht – aus ihrer Sicht betrachtet – „erfolgreich“ auf Inländergleichbehandlung zur Aufnahme entsprechender Aktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland berufen, da auch inländischen, privatrechtlich organisierten Unternehmen die Ausstrahlung von Rundfunkangeboten damals nicht gestattet war.446 Heute können sowohl private Rundfunkveranstalter aus Deutschland als auch private Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Beantragung eine entsprechende „medienrechtliche Zulassung“447 erhalten,448 wenn sie die notwendigen Anforderungen im Übrigen erfüllen.449 Allerdings muss hier gewährleistet sein, dass die entsprechenden Anbieter von privatem Rundfunk mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ebenso wie deutsche Anbieter im Falle von Rechtsverletzungen gerichtlich verfolgt werden können, da eine gerichtliche Verfolgbarkeit das erforderliche „Korrelat“450 zur

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Vgl. etwa § 24 Abs. 3 lit. a WDR-Gesetz; hierzu G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 44. 442 Vgl. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 44. 443 Vgl. für einen denkbaren Eingriff in die Niederlassungsfreiheit im Rundfunkbereich etwa J. Gundel, ZUM 2000, S. 1046 ff. (1048 f.). 444 EuGH, Rs. 155/73, Urt. v. 30. April 1974, Giuseppe Sacchi, Slg. 1974, S. 409 ff. 445 EuGH, Rs. 155/73, Urt. v. 30. April 1974, Giuseppe Sacchi, Slg. 1974, S. 409 (430 f. Rdn. 14); vgl. hierzu G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 47 f. 446 Vgl. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 47. 447 So G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 48. 448 Vgl. die grundlegenden Ausführungen zu den diesbezüglichen Entwicklungslinien unter besonderer Berücksichtigung der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1705 ff. 449 Vgl. hierzu G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 48. 450 So die Begriffswahl bei G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 48.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Ausübung der medialen Machtposition der Rundfunkveranstalter darstellt.451 Alternativ besteht die Möglichkeit, dass der private Rundfunkanbieter in Einklang mit den Mediengesetzen eine Person für das deutsche Inland benennt, die für das Programm des Medienanbieters vor Ort verantwortlich zeichnet.452 Somit können also neben der Dienstleistungsfreiheit auch andere wirtschaftliche Grundfreiheiten der Europäischen Union im rundfunkrechtlichen Zusammenhang anwendbar sein. Zur Gewinnung eines etwaigen europarechtlichen Rundfunkbegriffsverständnisses spielen sie jedoch kaum eine Rolle, da sie nur das Umfeld des Rundfunks betreffen können, ohne seinen Wesenskern direkt zu erfassen. cc) Eine europäische Kulturkompetenz nach Art. 167 AEUV? Mit dem Maastrichter Vertrag hat ein eigenständiger Kulturartikel Aufnahme in das europäische Primärrecht gefunden.453 In den heutigen Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union wurde der Kulturartikel in Art. 167 AEUV übernommen, wobei lediglich das im Absatz 5 geregelte Verfahren nach Art. 151 EGV durch das ordentliche Gesetzgebungsverfahren nach Art. 294 AEUV ersetzt wurde.454 Darüber hinaus wird die „Kultur“ als eigenständiges Politikfeld der Europäischen Union in Art. 6 lit. c AEUV ausgewiesen,455 wobei in dieser Norm diejenigen gesellschaftlichen Bereiche genannt werden, in denen der Europäischen Union nach Art. 6 Satz 1 AEUV Aufgaben im Rahmen von Unterstützungs-, Koordinierungs- und Ergänzungsmaßnahmen zufallen. Der Kulturkompetenz der Union nach Art. 167 AEUV kommt – wie oben festgestellt – eine ambivalente Rolle zu.456 So werden einerseits durch Art. 167 AEUV die rundfunkrechtlichen Befugnisse der Europäischen Union zumindest durch eine „komplementäre Kompetenz“ erweitert457, andererseits jedoch aufgrund der aus451

So zutreffend G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 48. Vgl. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 48. 453 Dieser war zunächst in Art. 128 EGV, später in Art. 151 EGVaufgenommen worden und findet heute in Art. 167 AEUV seine Verankerung; vgl. hierzu und zur historischen Entwicklung der europäischen Kulturklausel M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/ AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 167 AEUV Rdn. 1 ff. 454 Vgl. auch M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 167 AEUV Rdn. 1. 455 Vgl. M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 167 AEUV Rdn. 3. 456 Vgl. auch zum ehemals in Art. 151 EGV verorteten Kulturartikel die Ausführungen bei J. Sparr, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 151 EGV Rdn. 1 ff. 457 Vgl. I. E. Schwartz, AfP 1993, S. 409 ff. (417); als „komplementäre Kompetenz“ bzw. als Übertragung von Kompetenzen „in einem geringem Umfang“ bezeichnet die kompetenzielle Reichweite der Vorschrift insoweit B. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, 1996, S. 131 m. weit. Nachw.; eine Zuständigkeit der damaligen Europäischen Gemeinschaft (heute EU) im Kulturbereich gänzlich ablehnend: K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 33, 35. 452

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drücklich festgeschriebenen Begrenzung auf „fördernde“, „unterstützende“ und „ergänzende“ Tätigkeiten gemäß Art. 167 Abs. 2 AEUVauch wiederum begrenzt.458 Dabei gliedern sich diese Aktivitäten in zwei Betätigungsfelder: Einerseits die Förderung der nicht auf einzelne kulturelle Teilbereiche begrenzten „Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten“, andererseits die Aufgabe, ihre Mitgliedstaaten in bestimmten, in den in Art. 167 Abs. 2 AEUV spiegelstrichartig im Sinne eines numerus clausus dargestellten Bereichen zu unterstützen und zu fördern.459 Der Rundfunk bzw. genauer der „audiovisuelle Bereich“ ist durch die Formulierung des Art. 167 Abs. 2 Spiegelstrich 4 AEUV „künstlerisches und literarisches Schaffen – einschließlich im audiovisuellen Bereich“ expressis verbis in den Anwendungsbereich dieser Regelung mit einbezogen.460 Dabei kommt dieser Erwähnung jedoch keine in rechtlicher Hinsicht „konstitutive“, sondern vielmehr eine „klarstellende“ Funktion zu.461 Dem Wortlaut nach sind allerdings nur solche Betätigungen im audiovisuellen Bereich in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezogen, denen eine „künstlerische“ oder „literarische“ Bedeutung zukommt.462 Dabei muss es sich allerdings nach dieser Vorschrift nicht um ein „künstlerisches“ oder „literarisches Schaffen“ mit einem europäischen Hintergrund handeln, vielmehr ist auch ein „rein national oder regional“ spezifisches „Schaffen“ der bezeichneten Art förderungsfähig.463 Somit kann über diese im Ergebnis eng verstandene Kulturkompetenz der Europäischen Union kaum ein umfassender Bezug zum Rundfunk und zu den audiovisuellen Medien begründet werden, da eine Beschränkung auf kulturelle Aspekte

458 Vgl. M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 68; restriktiver noch K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 33, 35. 459 Vgl. zu dieser Differenzierung etwa J. Sparr, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 151 EGV Rdn. 15 ff. 460 Vgl. bereits zur früheren Regelung des Art. 128 Abs. 2 EGV B. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, 1996, S. 131; zur Nachfolgernorm des Art. 151 Abs. 2 C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 73 f.; vgl. zu den Begrifflichkeiten der Vorschrift, die auf den ehemaligen Art. 151 Abs. 2 EGV bezogen sind, aber auch auf Art. 167 Abs. 2 AEUV anwendbar sind, die Ausführungen bei J. Sparr, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 151 EGV Rdn. 31 f.; siehe auch die Ausführungen bei G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. II, Art. 167 AEUV (Stand 44. EL 2011) Rdn. 128, die betonen, dass sich aus dieser Vorschrift keine Förderkompetenz für den Rundfunk im Allgemeinen begründen lasse, sondern dass sich die Vorschrift ausdrücklich auf „künstlerisches und literarisches Schaffen“ beziehe. 461 Vgl. J. Sparr, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 151 EGV Rdn. 32; eine „Anerkennung der kulturellen Dimension des Rundfunks“ sieht in der ausdrücklichen Nennung des „audiovisuellen Bereichs“ M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 69, der in diesem Zusammenhang auch auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verweist (ebda. FN 130). 462 Vgl. hierzu auch G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. II, Art. 167 AEUV (Stand 44. EL 2011) Rdn. 128. 463 So zutreffend J. Sparr, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 151 EGV Rdn. 33.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

im engeren Sinne die Fülle „der publizistischen Bandbreite“464 vollkommen unberücksichtigt ließe.465 Ein mediales Angebot im Rahmen eines Rundfunkprogramms oder in Gestalt anderer audiovisueller Mediendienste wird also nur im Falle eines tatsächlich vorliegenden kulturellen Inhalts vom Anwendungsbereich des Kulturartikels der Europäischen Union erfasst.466 Vor dem Hintergrund, dass der Kulturartikel im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union bewusst im Plural von der „Entfaltung der Kulturen“ spricht,467 darf insoweit angenommen werden, dass es gerade um die Wahrung der kulturellen Vielfalt in nationaler und sogar regionaler Perspektive und nicht etwa um die Schaffung einer gesamteuropäischen „Gemeinschaftskultur“ geht,468 wobei jedoch gleichwohl „das gemeinsame kulturelle Erbe hervorgehoben“ werden soll.469 Diese Betonung der kulturellen Vielfalt kann somit auch auf den audiovisuellen Bereich und damit also ebenfalls auf den Rundfunk übertragen werden. Denn auch im Rundfunksektor gibt es durchaus verschiedene kulturelle Traditionen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Gemäß Artikel 167 Abs. 5 AEUV „erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Ausschusses der Regionen Fördermaßnahmen unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten.“ In diesem Absatz wird die enge Begrenzung der unionsrechtlichen Kompetenzen besonders deutlich.470 Gerade in kultureller Hinsicht bleibt die Zuständigkeit im Bereich des Rundfunks primär den Mitgliedstaaten vorbehalten,471 wobei an dieser Stelle erneut

464

So C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 74. Ebenfalls zu dieser Auffassung tendierend C.-E. Eberle, AfP 1993, S. 422 ff. (425); zutreffend C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 74; siehe ferner auch die allgemeineren Ausführungen bei G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. II, Art. 167 AEUV (Stand 44. EL 2011) Rdn. 128; anders hingegen I. E. Schwartz, AfP 1993, S. 409 ff. (417), dem zufolge gerade „medienspezifische Aspekte“ wie „der Schutz des Pluralismus (der Informations- und Meinungsvielfalt) und der Medienvielfalt“ vom Anwendungsbereich der Vorschrift umfasst sein sollen; differenzierend M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 167 AEUV Rdn. 4. 466 So zutreffend auch M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 67. 467 Siehe hierzu D. Dörr, Die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Europa, 1997, S. 28; auf die Verwendung der „Mehrzahl“ weist insofern auch A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 42 hin. 468 A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 42. 469 So auch B. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, 1996, S. 130 f.; D. Dörr, Die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Europa, 1997, S. 28 ff.; A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 42; M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 167 AEUV Rdn. 4. 470 Vgl. hierzu auch A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 42. 471 Vgl. B. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, 1996, S. 132; C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 61. 465

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auf die weit reichenden, der rundfunkspezifischen Staatsferne geschuldeten programmlichen Gestaltungsspielräume der Rundfunkanbieter hinzuweisen ist. Gleichwohl besagt Art. 167 Abs. 4 AEUV, dass die Union darüber hinaus auch „bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen der Verträge den kulturellen Aspekten Rechnung“ trägt, wobei dies insbesondere auch „zur Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer Kulturen“ gelten soll.472 Auf diese Vorschrift nimmt auch Erwägungsgrund 6 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste473 konkreten Bezug.474 Die Einwirkungsmöglichkeiten der Europäischen Union bleiben also trotz der „Kulturklausel“ bzgl. der kulturellen Aspekte des Rundfunks in diesem Bereich eher gering, sodass die Mitgliedstaaten hier den bestimmenden Einfluss behalten.475 Zur Gewinnung eines möglichen speziell europäischen Rundfunkbegriffsverständnisses spielt der Kulturartikel der Europäischen Union insofern eine Rolle, als er – wie schon erwähnt – konkreten Bezug auf den audiovisuellen Bereich nimmt. Hierin wird deutlich, dass dem Rundfunk oder zumindest einzelnen Rundfunkdarbietungen auch auf europäischer Ebene unter kulturpolitischen Gesichtspunkten eine gewisse Bedeutung zukommen kann. Neben seiner wirtschaftlichen Relevanz und dem Anerkenntnis der Funktion des Rundfunks für die Meinungsbildung in einem demokratisch verfassten und von der Kontrollfunktion durch die Medien maßgeblich geprägten Rechtsstaat erkennt die Europäische Union also auch seine kulturelle Funktion an. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die kulturelle Komponente des Rundfunks eng ausgelegt werden muss, da sich die Inbezugnahme des audiovisuellen Bereichs nur auf seine Bedeutung für „künstlerisches und literarisches Schaffen“ bezieht.476 Somit handelt es sich hierbei nicht um ein zwingendes Begriffsmerkmal 472 Vgl. zu dieser sog. „kulturellen Querschnittsklausel“ M. Kotzur, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 167 AEUV Rdn. 1. 473 „Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“, ABl. EU Nr. L 95 vom 15. 4. 2010, S. 1 ff.; berichtigt durch “Berichtigung der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“, ABl. EU Nr. L 263 vom 6. 10. 2010, S. 15; vor In-Kraft-Treten der neuen Richtlinie galt die „Richtlinie 89/552/ EWG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“ nach der Änderungsrichtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der „Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“. 474 Vgl. bereits zur damaligen Fernsehrichtlinie in ihrer Fassung von 1997 (Änderungsrichtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juni 1997) A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 7 Rdn. 42. 475 Vgl. bereits B. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, 1996, S. 132. 476 So sehr deutlich G. Ress/J. Ukrow, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. II, Art. 167 AEUV (Stand 44. EL 2011) Rdn. 128.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

des Rundfunks, wohl aber um ein Wesenselement, das für den Fall der Anwendbarkeit des Art. 167 AEUV zwingend vorliegen muss. In der Literatur wird teilweise vorgeschlagen, die Zuordnung eines audiovisuellen Inhalts zum Kulturbegriff der Europäischen Union dann zu bejahen, wenn dessen Produktion und Vertrieb ohne finanzielle Subventionierung aufgrund mangelnden Masseninteresses und damit einer fehlenden selbstständigen Refinanzierungs- oder sogar Gewinnerzielungsgelegenheit nicht erfolgen würde.477 In den übrigen Fällen sei in nuce eine Betrachtung des entsprechenden audiovisuellen Inhalts „als Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs“ vorzunehmen.478 Auf diese Weise gelangt man zumindest scheinbar zu einer klaren Unterscheidung in kompetenzrechtlicher Hinsicht. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich eine solche Differenzierung jedoch als allzu unbestimmt und womöglich als nahezu willkürlich.479 So wird man dem Kulturbegriff und der Bedeutung vielfältiger kultureller Angebote auch im Medienbereich nicht gerecht, wenn man ihnen in ökonomischer Betrachtung a priori eine entsprechende Marktfähigkeit abspricht.480 Andererseits sind auch audiovisuelle Angebote denkbar, die einem kulturellen Begriffsverständnis im engeren Sinne nicht entsprechen, aber dennoch nur aufgrund entsprechender Subventionierungen angeboten werden können. Vielmehr scheint es vorzugwürdig, die kultur- und wirtschaftsspezifische Einordnung eines Angebotes nicht einem Ausschließlichkeitsdogma zu unterstellen, sondern vielmehr danach zu urteilen, welcher Aspekt im Einzelfall im Sinne einer Schwerpunktermittlung überwiegt.481 Auch hier zeigt sich wiederum die grundsätzliche Konzeption des europäischen Primärrechts. So erstreckt sich auch der Kulturartikel der Europäischen Union nur bereichsspezifisch auf einen bestimmten, namentlich den künstlerisch-literarisch bedeutsamen Teil des Rundfunks. Für die Anwendbarkeit des Kulturartikels auf den Rundfunkbereich muss das entsprechende Rundfunkangebot im Übrigen nicht zwingend die Eigenschaften aufweisen, die für seine Qualifizierung als Dienstleistung im Sinne der Dienstleistungsfreiheit erforderlich sind. Gleichwohl können sich gerade kulturelle Angebote häufig auch auf den Regelungsbereich der 477

Vgl. R. H. Weber/A. Roßnagel/S. Osterwalder/A. Scheuer/S. Wüst, Kulturquoten im Rundfunk, 2006, S. 168; siehe auch die Darstellung mit anschließender Kritik an dieser Differenzierung bei M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 66 f. 478 So M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 66; vgl. in diesem Zusammenhang auch R. H. Weber/A. Roßnagel/S. Osterwalder/A. Scheuer/S. Wüst, Kulturquoten im Rundfunk, 2006, S. 168. 479 M. Schoenthal bezeichnet die Bestimmung des Kulturbegriffes „anhand wirtschaftlicher Kriterien“ darüber hinaus zu Recht als „paradox“, vgl. M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 67. 480 Vgl. in diesem Zusammenhang auch M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 67 f. 481 Nochmals sei auf die Kritik von M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 67 f. hinsichtlich einer Bestimmung des Kulturbegriffes unter Zugrundelegung „wirtschaftlicher Kriterien“ hingewiesen.

II. Europarechtliche Vorgaben

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Dienstleistungsfreiheit erstrecken. Vor diesem Hintergrund darf bezweifelt werden, inwiefern dem Recht der Europäischen Union überhaupt ein einheitlicher Rundfunkbegriff zugrunde liegen kann.482 Es bleibt in diesem Zusammenhang festzustellen, dass die Kulturklausel lediglich einen zusätzlichen, begrenzten Kompetenzbereich mit konkreter Auswirkung auf den Rundfunk und die audiovisuellen Medien eröffnet, ohne hierbei zwingend an seine Wesensmerkmale anknüpfen zu müssen beziehungsweise ohne eigene rundfunkbegriffliche Wesensmerkmale zu prägen. Jedenfalls scheint die Etablierung eines zwingenden „kulturellen“ Elements als Kennzeichen eines europarechtlichen Rundfunkbegriffs der pluralistischen Ausrichtung des Rundfunks wesensmäßig nicht zu entsprechen und würde eine zu starke Eingrenzung eines europäischen Rundfunkbegriffsverständnisses zur Folge haben. dd) Regelungen zum Wettbewerbsrecht Auch das europäische Wettbewerbsrecht entfaltet heute seine Wirkung ebenfalls auf den Rundfunkbereich.483 Aufgrund der wirtschaftlich durchaus großen Bedeutung der den Rundfunk betreffenden Dienstleistungen verlangen auch die insoweit geltenden unternehmensbezogenen Wettbewerbsregelungen (Art. 101 ff. AEUV) sowie die beihilferechtlichen Vorschriften (Art. 107 ff. AEUV) gebührende Berücksichtigung.484 Heftig gestritten wurde in der Vergangenheit über die Frage, ob es sich bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten um „öffentliche Unternehmen“ im Sinne des Art. 106 AEUV (früher Art. 86 EGV) handelt oder nicht.485 Im Rahmen des „Giuseppe Sacchi“-Verfahrens vor dem EuGH war die Bundesregierung der Ansicht, dass der Begriff des „Unternehmens“ nach der einschlägigen Vorschrift (damals also Art. 90 EWGV) keine Anwendung auf die Rundfunkanstalten in ihrer öffentlich-rechtlichen Verfassung finden könne, „weil sie eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung ausübten und ihnen nach der Verfassung zur Erfüllung dieser Aufgabe die institutionelle Freiheit gewährt werden müsse“.486 Der Europäische Gerichtshof ist dieser Rechtsansicht der Bundesregierung bereits in seinem Urteil in 482

Vgl. stellvertretend für die Teile der Literatur, die die Existenz eines eigenen „allgemein verbindlichen“ Rundfunkbegriffs auf unionsrechtlicher Ebene ablehnen H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 25 f. m. weit. Nachw.; W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 26; hingegen von der Existenz eines europäisches Rundfunkbegriffs ausgehend etwa C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 76; P. H.Klickermann, Europäisches Fernsehwerberecht im Wandel der neuen Medien, 2001, S. 201 ff. 483 Vgl. hierzu C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 55. 484 Vgl. C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 55. 485 Vgl. hierzu G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 63 ff. 486 So EuGH, Rs. 155/73, Urt. v. 30. April 1974, Giuseppe Sacchi, Slg. 1974, S. 409 (419); vgl. hierzu auch mit Zitat aus der Entscheidung G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 63 m. weit. Nachw.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

dieser Sache vom 30. April 1974 nicht gefolgt und ordnete die Rundfunkanstalten den „öffentlichen Unternehmen“ nach dem einschlägigen Art. 90 EWGV zu,487 jedenfalls „soweit die Erfüllung ihrer Aufgaben Tätigkeiten wirtschaftlicher Art mit sich bringt“.488 Der Europäische Gerichtshof machte jedoch den Mitgliedstaaten damals keine ausdrücklichen Vorgaben, wie ihre jeweilige Rundfunkordnung auszugestalten sei. Insbesondere räumte der Gerichtshof den Mitgliedstaaten – wie bereits geschildert – auch die Möglichkeit ein, ausschließlich den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Ausstrahlung von Fernsehsendungen zu gestatten.489 Auch wenn man mit dem Europäischen Gerichtshof davon ausgehen möchte, dass den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die rechtliche Qualität eines „öffentlichen Unternehmens“ im Sinne des heutigen Art. 106 Abs. 1 AEUV zukommt, findet aufgrund der Betrauung der Rundfunkanstalten „mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“490 Art. 106 Abs. 2 AEUV als privilegierende Ausnahmeregelung Anwendung.491 Zwar gelten auch für die nach Art. 106 Abs. 2 AEUV „mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ betrauten Unternehmen grundsätzlich die Vorschriften der Verträge, vor allen Dingen auch die integrierten wettbewerbsrechtlichen Regelungen, wobei sich der Ausnahmetatbestand von seiner ursprünglichen rechtstechnischen Konzeption als „strenges Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“ eher zu einer Art „allgemeinem ServicePublic-Vorbehalt“ hin entwickelt.492 Durch die Vorschrift des Art. 14 AEUV wurde eine „normativ bedeutsame Akzentverschiebung zugunsten einer Privilegierung der Dienstleistungen im allgemeinen Interesse“493 bewirkt. Nach dem Wortlaut des Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV sind die Vertragsvorschriften also nur anwendbar, 487

Vgl. EuGH, Rs. 155/73, Urt. v. 30. April 1974, Giuseppe Sacchi, Slg. 1974, S. 409 (430 Rdn. 14); vgl. auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 63. 488 So EuGH, Rs. 155/73, Urt. v. 30. April 1974, Giuseppe Sacchi, Slg. 1974, S. 409 (430 Rdn. 14). 489 EuGH, Rs. 155/73, Urt. v. 30. April 1974, Giuseppe Sacchi, Slg. 1974, S. 409 (430 Rdn. 14); vgl. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 63. 490 Vgl. zu den Anforderungen an die Kontrolle der auf der Grundlage des Betrauungsakts möglichen Erbringung der entsprechenden öffentlich-rechtlichen Dienstleistung die Ausführungen in der „Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, ABl. EU 2009 Nr. C 257 vom 27. 10. 2009, S. 1 (8) Rdn. 53; vgl. hierzu W. Frenz/V. Götzkes, ZUM 2010, S. 563 ff. (565 f.); vgl. auch G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 64 491 Vgl. hierzu G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 64 (bezogen auf die Vorgängernorm nach damaligem EG-Recht); zur aktuellen Rechtslage W. Frenz/ V. Götzkes, ZUM 2010, S. 563 ff. (565 ff.); D.-E. Khan, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 106 AEUV Rdn. 12 ff. 492 So zutreffend D.-E. Khan, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 106 AEUV Rdn. 19 m. w. Nachw.; vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 55. 493 So D.-E. Khan, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 106 AEUV Rdn. 20.

II. Europarechtliche Vorgaben

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„soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert“. Eine als „absolute Grenze“494 einer möglichen Privilegierung ausgestaltete Rückeinschränkung enthält wiederum Art. 106 Abs. 2 Satz 2 AEUV, der besagt: „Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Union zuwiderläuft.“495 Soweit Regelungen des europäischen Wettbewerbsrechts gegen Rundfunkanstalten öffentlich-rechtlicher Prägung in Ansatz gebracht werden sollen, drängt die jeweilige Beauftragung der Anstalten auf hinreichende Beachtung, da durch sie wichtige Funktionen im kulturellen, aber auch im politischen Gefüge des Staates ausgefüllt werden sollen,496 was im Einzelfall eine Privilegierung in der Rechtsanwendung zur Folge haben kann. Eindeutiger ist die rechtliche Beurteilung der privaten Rundfunkunternehmen:497 Aufgrund ihrer in der Regel erwerbswirtschaftlich-ökonomischen Ausrichtung gelten hier uneingeschränkt die wettbewerbsrechtlichen Regelungen der Europäischen Union, ohne dass sich die privaten Anbieter von Rundfunk auf die Ausnahmeregelung des Art. 106 Abs. 2 AEUV mit Erfolg berufen können.498 Die allgemeinen primärrechtlichen Wettbewerbs- und Beihilferegeln der Europäischen Union tragen indes prima facie wenig zu einer näheren Bestimmung dessen, was im Europarecht unter dem Begriff des Rundfunks zu verstehen sein könnte, bei. Allerdings kommt es gerade in Folge des zwischen der Kommission und der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Beihilfekompromisses und der gesetzlichen Umsetzung der europäischen Vorgaben in einfaches innerstaatliches Recht darauf an, in welchen Grenzen der Gemeinwohlauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks definiert wird.499 Gerade hier zeigt sich bei einer Eingrenzung der Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Onlinebereich eine Konfliktlinie zwischen europarechtlichen Vorgaben und der „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ des öffentlichen Rundfunks, wie sie in besonderer Weise durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägt wurde.500 Besondere Schwierigkeiten be494

So D.-E. Khan, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 106 AEUV Rdn. 21. 495 Vgl. hierzu D.-E. Khan, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 106 AEUV Rdn. 21. 496 Vgl. in diesem Zusammenhang auch C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/ M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 55 m. weit. Nachw. 497 Vgl. C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 55. 498 Anders verhält es sich hingegen im Hinblick auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, vgl. C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 55 f. 499 Vgl. C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 56. 500 Vgl. etwa BVerfGE 74, 297 (350 f.); 83, 238 (298 f.); 90, 60 (91); st. Rspr.; siehe hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1712 ff.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

reiten insofern die unterschiedliche Reichweite der definitorischen Festlegungen der Rundfunkbegriffe im Mehrebenensystem einerseits und eine mögliche Divergenz zwischen dem Umfang des Gemeinwohl- bzw. Grundversorgungsauftrags und den wettbewerbsrechtlichen Anforderungen des Europarechts andererseits. In letzter Konsequenz droht hier möglicherweise ein nur schwer auflösbarer Konflikt zwischen dem sich aus den Erfordernissen des europäischen Wettbewerbsrechts ergebenden Interesse an einer Eingrenzung des Gemeinwohlauftrags und dem freiheitsrechtlichen Bedeutungsgehalt grundrechtlich geschützter Rundfunkaktivitäten. Zentrale Bedeutung wird hier insofern der sekundärrechtlichen Ausgestaltung des europäischen Rundfunkrechts zukommen, durch die der nötige Interessenausgleich geschaffen werden muss, um dennoch eine Vereinbarkeit der europarechtlichen Regelungen mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes in ihrer Ausgestaltung durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu erreichen. c) EU-Grundrechte-Charta Der europäische Grundrechtsschutz gründet unter dem Dach der Europäischen Union auf drei maßgeblichen Säulen: erstens: der Europäischen GrundrechteCharta, zweitens den Grundrechten, „wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind“ und schließlich drittens aus den Grundrechten, „wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben“.501 Die Grundrechte aus den beiden letztgenannten Quellen des heutigen europäischen Grundrechtsschutzes sind nach Art. 6 Abs. 3 EUV „als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts“.502 Entsprechen grundrechtliche Gewährleistungen aus der Grundrechte-Charta der Europäischen Union solchen Verbürgungen, wie sie die Europäische Menschenrechtskonvention enthält, so haben die jeweiligen Rechte nach Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh „die gleiche Bedeutung und Tragweite, wie sie ihnen in der genannten Konvention (Anmerkung des Verfassers: gemeint ist die EMRK) verliehen wird“.503 Art. 52 Abs. 3 Satz 2 EU-GRCh besagt zudem, dass die gerade genannte „Bestimmung“ einem „weiter gehenden Schutz“ aus dem „Recht der Union“ nicht entgegensteht. Durch Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh werden nach zustimmungswürdiger, aber nicht 501

Vgl. insofern auch den Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 und 3 EUV. R. Geiger, in: ders./E.-D. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Auflage 2010, Art. 6 EUV Rdn. 28. 503 Vgl. hierzu M. Borowsky, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 52 Rdn. 8 ff.; Chr. Grabenwarter, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, B III Rdn. 16; N. Lutzhöft weist allerdings in diesem Zusammenhang darauf hin, dass diese Vorschrift primär auf einen „quantitativen Vergleich der Schutzintensität“ hin ausgerichtet und damit ihre Bedeutung gerade dann begrenzt sei, wenn „normativ aufgeladene Abwägungsentscheidungen zu treffen“ seien, vgl. N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 340. 502

II. Europarechtliche Vorgaben

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unumstrittener Auffassung504 im Ergebnis die Gewährleistungen aus der Europäischen Menschrechtskonvention in die Grundrechte-Charta der Europäischen Union materiell inkorporiert.505 Die Kritik der Gegenauffassung, dass durch ein solches Verständnis der Vorschrift der „Normtext der Charta bei koventionsentsprechenden Rechten unbeachtlich wäre“506, vermag indes nicht zu verfangen. So kann gerade auch in der Bekräftigung bewährter grund- und menschenrechtlicher Gewährleistungen ein eigener Wert zu erkennen sein.507 Der Gedanke europäischer Grundrechtskohärenz508 wird auf diese Weise effektiv befördert und einer weiteren pluralitätsbedingten Zerfaserung509 grundrechtlicher Gewährleistungen im europäischen Raum Einhalt geboten.510 Im Folgenden sollen alle genannten Rechtsquellen auf ihren jeweiligen Bedeutungsgehalt für die europäische Rundfunkfreiheit und für die angestrebte Gewinnung eines europäischen Rundfunkbegriffs hin untersucht werden.

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Siehe stellvertretend zur Kritik an dieser Inkorporationsthese etwa die Ausführungen bei N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 49 f. 505 M. Borowsky, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 52 Rdn. 10, 39; siehe ferner auch die Ausführungen bei Th. von Danwitz/ C. Ladenburger, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 52 Rdn. 4; siehe aber auch die Kritik an den Ausführungen von M. Borowsky bei N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 49 f. 506 So N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 49. 507 M. Borowsky verweist daher zu Recht auf die „eigenständige Bedeutung“ und den „genuin chartarechtlichen Rechtsschutz“, den gerade auch „die der EMRK entlehnten Chartarechte“ entfalten, vgl. M. Borowsky, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 52 Rdn. 30. 508 A. A. wohl N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 49 f.; vgl. zum Gedanken der Kohärenz etwa U. Becker, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 52 GRC Rdn. 14; Th. von Danwitz/ C. Ladenburger, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 52 Rdn. 3 f. 509 Vor einer „Divergenz“ in der Rechtsprechungspraxis von EGMR und EuGH warnt M. Borowsky, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 52 Rdn. 39. 510 Siehe allgemein zu den Herausforderungen, die mit dem auf verschiedenen Rechtsquellen beruhenden europäischen Grundrechtsschutz und der Interpretation seiner Gewährleistungsgehalte einhergehen, die Ausführungen bei R. Streinz, in: ders. (Hrsg.), EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Vor GR-Charta Rdn. 11 ff.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

aa) Gleichstellung mit dem Primärrecht Der Vertrag von Lissabon ist für den europäischen Grundrechtsschutz von erheblicher Bedeutung.511 Dies liegt einerseits an Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 HS 1 EUV, wonach die Europäische Union die Rechte, Freiheiten und Grundsätze anerkennt, „die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 7. Dezember 2000 in der am 12. Dezember 2007 in Straßburg angepassten Fassung niedergelegt sind“. Darüber hinaus hat es in Folge des Vertrags von Lissabon eine erhebliche – vielleicht sogar revolutionäre – Veränderung zugunsten des Europäischen Grundrechtsschutzes gegeben: Während den in der Grundrechte-Charta verankerten europäischen Grundrechtsgewährleistungen de facto bereits in Rechtsprechung und Literatur eine zunehmende, über ihren formalrechtlichen Status jedenfalls weit hinausreichende Bedeutung beigemessen wurde,512 mangelte es vor In-Kraft-Treten des Vertrages von Lissabon jedoch an ihrer Rechtsverbindlichkeit in der Europäischen Union.513 Durch Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Halbsatz 2 EUV sind die Charta der Grundrechte in ihrer im Jahr 2007 neu verkündeten Fassung514 und die Verträge (also EUV und AEUV) nun „rechtlich gleichrangig“. Wenngleich die Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht in den eigentlichen Text der Verträge der Europäischen Union integriert wurde, sondern als „eigenständiges Dokument“515 weiterhin eine Sonderstellung einnimmt, so ist sie den Verträgen doch rechtlich gleichgestellt, gilt also im Rang von Primärrecht und ist jetzt formell wie materiell rechtsverbindlich.516 Damit steht sie in ihrem Geltungsrang auch über den sekundärrechtlichen Rechtsakten, die von den Organen der Europäischen Union erlassen werden können.517 Eine kompetenzbegründende Funktion kommt den Regelungen in der Europäischen Grundrechte-Charta nicht zu, wenngleich eine „schleichende Kompetenzausweitung der Union“ auf der Grundlage der zukünftigen Rechtsprechung des 511 Zurückhaltend bzgl. der durch den Vertrag von Lissabon erreichten Verbesserungen im Grundrechtsschutz hingegen F. Mayer, JuS 2010, S. 189 ff. (192). 512 EuGH, Rs. C-540/03, Urt. v. 27. Juni 2006, Europäisches Parlament./.Rat der Europäischen Union, Slg. 2006, S. I-5769 (I-5822 f. Rdn. 38); vgl. hierzu J. Schwarze, in: ders. (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Einführung: Der Reformvertrag von Lissabon, Rdn. 28 m. weit. Nachw.; von der Grundrechte-Charta als einem „Referenzdokument“ spricht insofern F. Mayer, JuS 2010, S. 189 ff. (192). 513 Vgl. zu den Entwicklungslinien der Europäischen Grundrechte-Charta vom Grundrechte-Konvent 1999/2000 bis zur Regierungskonferenz über eine Verfassung für Europa 2003/ 2004 die Ausführungen bei P. M. Mombaur, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, B IV Rdn. 13 ff. 514 „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“, ABl. EU Nr. C 303 vom 14. 12. 2007, S. 1 ff. 515 So K. H. Fischer, Der Vertrag von Lissabon, 2. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 3 (S. 138). 516 Vgl. hierzu auch K. H. Fischer, Der Vertrag von Lissabon, 2. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 3 (S. 138); R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 8; F. Mayer, JuS 2010, S. 189 ff. (192); R. Streinz, FPR 2010, S. 481 ff. (482). 517 Vgl. R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 8.

II. Europarechtliche Vorgaben

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Europäischen Gerichtshofs von einigen Mitgliedstaaten offenbar befürchtet wird.518 Diese Befürchtungen finden ihren Ausfluss auch im einschränkenden Protokoll (Nr. 30) „über die Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auf Polen und das Vereinigte Königreich“ (mit nachfolgendem Anschluss von Tschechien zur nächsten erweiterungsbedingten Änderung)519, das diesen Mitgliedstaaten eine Sonderstellung hinsichtlich der Bindungswirkung einräumt.520 bb) Die Gewährleistungen aus Artikel 11 der EU-Grundrechte-Charta Expressis verbis findet die Rundfunkfreiheit im Rahmen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, deren Ausarbeitung den Entwurfsarbeiten und dem Wirken des Grundrechte-Konvents 1999/2000 zu verdanken ist521, keine Erwähnung. Dennoch ist die Rundfunkfreiheit auch im Rahmen der EU-Grundrechte-Charta über die Gewährleistung der Meinungsfreiheit in deren Artikel 11 verankert.522 Während in Artikel 11 Abs. 1 EU-GRCh, der enge Verbindungslinien zu Art. 10 Abs. 1 S. 1 und 2 EMRK aufweist,523 die Meinungsäußerungsfreiheit sowie die Meinungs- und Informationsfreiheit allgemein garantiert524 werden, nennt Absatz 2 konkret die

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So R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 9, der allerdings in diesem Zusammenhang auf die gegen die Befürchtungen der Mitgliedstaaten sprechende Erklärung [Nr. 1] zur Schlussakte der Regierungskonferenz zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union hinweist; die entsprechende Erklärung ist abgedruckt, in: ABl. EU Nr. C 83 vom 30. 3. 2010, S. 335 ff. ( 337). 519 Vgl. hierzu K. H. Fischer, Der Vertrag von Lissabon, 2. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 7; R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 10; F. C. Mayer, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, nach Art. 6 EUV (Stand 41. EL 2010) Rdn. 56. 520 Vgl. hierzu K. H. Fischer, Der Vertrag von Lissabon, 2. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 6 f.; krit. zur tatsächlichen Ausnahmewirkung R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/ M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 10; F. Mayer, JuS 2010, S. 189 ff. (190); vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zum Ratifizierungsverfahren bezüglich des Vertrags von Lissabon in Polen bei M. Bainczyk, EuR 2009, S. 145 ff. 521 Vgl. Chr. Grabenwarter, DVBl. 2001, S. 1; M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. (294 ff.); siehe hierzu auch die ausführliche Darstellung bei P. M. Mombaur, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, B IV Rdn. 13 ff. 522 Vgl. C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 57; zur Genese des Art. 11 EU-GRCh vgl. K. Stern, in: P. J. Tettinger/ K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 1 ff.; N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 1 ff. (insbesondere auch 8 ff.). 523 Allerdings normiert Art. 11 EU-GRCh keine speziellen Schrankenvorbehalte, wie sie etwa in Art. 10 Abs. 2 EMRK enthalten sind, vgl. hierzu K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 1, 24. 524 Vgl. hierzu die Ausführungen bei K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 23 ff.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Freiheit der Medien.525 Er lautet: „Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.“526 Bei der Schaffung der meinungsfreiheitlichen Gewährleistungen aus Art. 11 EU-GRCh war lange Zeit streitig, welche anderen, mit der Meinungsfreiheit verbundenen, vor allen Dingen medialen Freiheiten, wie etwa die Presse- und Rundfunkfreiheit, explizit aufgeführt werden sollten.527 Die Vorschläge reichten von der schließlich vorgenommenen allgemeinen Festschreibung der Medienfreiheit528 über eine Verankerung des „Pluralismus der Information“529 bzw. des politischen „Pluralismus der Medien“530, über den Vorschlag, die Presse- und Rundfunkfreiheit explizit zu erwähnen531 bis hin zu der Idee, die Kunst-, Wissenschafts- und Forschungsfreiheit sowie die Freiheit der Lehre532 in den Gewährleistungskatalog des

525 Vgl. hierzu R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), Kap. B 4 Rdn. 11. 526 Vgl. in diesem Zusammenhang auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1661 f., der in Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh den „deutlichsten“ Bezug auf den Rundfunk erkennt. 527 Vgl. K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 3 ff. m. Einzelnachweisen; vgl. auch N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 5, 8 ff.; vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. (298 ff.). 528 Vgl. den Vorschlag von I. Friedrich, in N. Bernsdorff/M. Borowsky, Der Grundrechtekonvent, Bd. 1, 2003, S. 361; zunächst wurde explizit die Pressefreiheit in Art. 11 Abs. 2 EUGRCh aufgenommen, die später jedoch zugunsten einer Öffnung für weitere Medien (wie z. B. den Rundfunk) durch den Oberbegriff der „Freiheit der Medien“ ersetzt wurde. Die Medienfreiheit stellte nach langer Diskussion gewissermaßen eine Kompromisslösung dar, um nicht einzelne mediale Erscheinungsformen im Normtext gegenüber anderen zu bevorzugen, vgl. hierzu auch K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 5; N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 10. 529 Vgl. P. Berès, in: N. Bernsdorff/M. Borowsky, Der Grundrechtekonvent, Bd. 1, 2003, S. 360; siehe hierzu die Darstellung bei K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 5. 530 Vgl. S. Rodota/E. O. Paciotti/A. Manzella, in: N. Bernsdorff/M. Borowsky, Der Grundrechtekonvent, Bd. 1, 2003, S. 360; siehe hierzu auch K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 5. 531 Vgl. M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. (298 f.); siehe die entsprechenden Vorschläge von J. Meyer/J. Leinen/H.-P. Martin/I. van den Burg, in: N. Bernsdorff/M. Borowsky, Der Grundrechtekonvent, Bd. 1, 2003, S. 357; siehe ferner auch die Forderung von J. Gnauck, in: N. Bernsdorff/M. Borowsky, ebda., S. 368; K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 5; auch wurde in Anlehnung an das „Protokoll über den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten“ die grundrechtliche Absicherung der dualen Rundfunkordnung gefordert, vgl. insoweit die Ausführungen bei N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 8 (allgemein zur Forderung einer Verankerung der Presse- und Rundfunkfreiheit auch Rdn. 9). 532 Vgl. die Vorschläge von J. Meyer/J. Leinen/H.-P. Martin/I. van den Burg, in: N. Bernsdorff/M. Borowsky, Der Grundrechtekonvent, Bd. 1, 2003, S. 357; I. Friedrich, ebda., S. 361; P. Melograni, ebda., S. 366; J. Gnauck, ebda., S. 368; siehe hierzu die Darstellung bei

II. Europarechtliche Vorgaben

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Art. 11 EU-GRCh aufzunehmen.533 Schließlich einigte man sich auf die „Freiheit der Medien“ ohne weitere Differenzierung,534 wobei die Formulierung „werden geachtet“ grundsätzlich ein schwächeres Schutzniveau bedeutet, als es etwa in einer Formulierung wie „werden garantiert“ oder „werden gewährleistet“ zum Ausdruck käme.535 Die so gewählte Formulierung ist dem Umstand geschuldet, dass man der Europäischen Union durch ein höheres Schutzniveau keinen zusätzlichen Kompetenztitel zur Herstellung von Medienfreiheit schaffen wollte.536 Vor dem Hintergrund, dass Art. 52 Abs. 3 und Art. 53 EU-GRCh die Gewährleistungen aus der EMRK als „verbindlichen Mindeststandard“537 des Grundrechtsschutzes im Rahmen der Anwendung der Grundrechte-Charta ausweisen, kann der Schutzumfang der Medienfreiheit jedenfalls nicht hinter dem Schutzniveau der entsprechenden Gewährleistung in der EMRK zurückbleiben. Vor diesem Hintergrund entspricht die tatsächliche Absenkung des Schutzniveaus nicht dem möglicherweise in dieser Hinsicht anders auslegbaren Wortlaut des Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh.538 K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 5. 533 Vgl. hierzu insgesamt K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 5 m. weit. Nachw. 534 Siehe allerdings auch die kritische Würdigung bei M. Stock, EuR 2002, S. 566 ff. (582 f.), der die Einfügung eines sehr ausdifferenzierten Abs. 3 zu Art. 11 Grundrechte-Charta vorgeschlagen hatte, der sich speziell mit der „Public-Service-Idee“ des Rundfunks befasst und sich speziell auf ein duales Rundfunkmodell bezieht. 535 Vgl. die Forderung nach der Formulierung „werden gewährleistet“ bei M. Stock, EuR 2002, S. 566 ff. (582); J. Schwarze, AfP 2003, S. 209 ff. (210 ff.), der selbst das Schutzniveau der Freiheit der Medien nicht als abgesenkt gegenüber anderen Grundrechten der Charta bewertet, m. weit. Nachw. zur Rezeption dieser Formulierung in Politik und Literatur; siehe allerdings auch Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von ECommerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 74; N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 10; vgl. allgemein zu denkbaren Auswirkungen auf die Grundrechtsschranken entsprechender Grundrechte, die man im Rahmen der Grundrechte-Charta lediglich „achtet“ oder „anerkennt“, die Ausführungen bei Chr. Grabenwarter, DVBl. 2001, S. 1 ff. (3). 536 Vgl. J. Schwarze, AfP 2003, S. 209 ff. (211); K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 5, 35 m. weit. Nachw.; N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 19; siehe aber auch den Hinweis auf denkbare europäische Kompetenzerweiterungen im Medienbereich in der Zukunft bzgl. „relativ autonomer öffentlicher Europamedien“ bei M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. (300 ff. (Zitat aus 302). 537 Vgl. hierzu Th. von Danwitz, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 53 Rdn. 11; nach Auffassung von M. Borowsky ergibt sich der „Mindeststandard“ der EMRK für die Gewährleistungen der Grundrechte-Charta nur aus Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh, vgl. M. Borowsky, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 53 Rdn. 9; siehe aber auch die kritische Betrachtung zu dieser Auffassung bei J. Schwarze, AfP 2003, S. 209 ff. (211). 538 Vgl. Chr. Grabenwarter, DVBl. 2001, S. 1 ff. (insbesondere 4 f.); J. Schwarze, AfP 2003, S. 209 ff. (211), der sich für eine „restriktive Deutung“ ausspricht, der aber gleichwohl der Auffassung ist, dass sich aus der Wortwahl „werden geachtet“ keine Einschränkungen gegenüber den anderen Grundrechten der Charta und damit keine Absenkung des Schutzni-

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Durch die Aufnahme der Medienfreiheit und der Achtung der medialen „Pluralität“ in Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh wird der grundlegenden Bedeutung einer freien und auch (massen-)medialen „Kommunikation für den Prozess der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung“ Rechnung getragen.539 Dabei hat sich die Medienfreiheit durch diese ausdrückliche Zuweisung eines eigenständigen Freiheitsgehalts aus der Meinungsfreiheit auch auf europäischer Ebene herausgelöst und „verselbstständigt“540 und erhält neben subjektiv-rechtlichen Gewährleistungen541 durch die besondere Erwähnung der Achtung der medialen „Pluralität“ auch „objektivrechtliche Dimensionen“.542 Die Achtung der Pluralität bezweckt dabei in erster Linie die gerade für demokratisch-rechtsstaatlich strukturierte Staatswesen essentielle „Sicherung der Meinungsvielfalt“543, wobei ihre ausdrückliche Erwähnung sowohl die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur Rundfunkfreiheit als auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 10 EMRK544 stützt.545 Mit dem Ziel der Pluralismussicherung dürfen insofern auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs „wirtschaftliche

veaus ergebe; H.-W. Rengeling/P. Szczekalla, Grundrechte in der Europäischen Union, 2004, § 18 Rdn. 720; K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 36. 539 Vgl. K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 23. 540 Von einer „Verselbständigung und Emanzipierung der Medienfreiheit von der Meinungsäußerungs- und -verbreitungsfreiheit“ spricht insofern M. Stock, EuR 2002, S. 566 ff. (572); siehe hierzu auch J. Schwarze, AfP 2003, S. 209 ff. (210); von „verselbständigt“ spricht in diesem Zusammenhang auch K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 30; N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 15. 541 Vgl. insoweit EuGH, Rs. C-288/89, Urt. v. 25. Juli 1991, Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda u. a../.Commissariaat voor de Media,, Slg. 1991, S. I-4007 (4043 Rdn. 22 f.) = EuGRZ 1992, S. 64 ff.; vgl. hierzu K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 33. 542 So K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 30, 33; N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 18; siehe auch N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 343. 543 Vgl. K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 32; N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 18. 544 Vgl. EGMR, Urt. v. 28. März 1990, Groppera Radio AG u. a../.Schweiz, Serie A 173, Rdn. 69 = EuGRZ 1990, S. 255 ff. (258); Urt. v. 24. November 1993, Informationsverein Lentia./.Österreich, Serie A 276, Rdn. 32, 38 = EuGRZ 1994, S. 549 ff. (550); vgl. hierzu auch die Darstellung bei J. Schwarze, AfP 2003, S. 209 ff. (211 mit FN 36); K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 32 mit FN 118. 545 Vgl. J. Schwarze, AfP 2003, S. 209 ff. (211); K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 32.

II. Europarechtliche Vorgaben

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Grundprinzipien“ Einschränkungen unterworfen werden.546 Durch die explizit in Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh verankerte Beachtung der (medialen) Pluralität, wird die europarechtlich bedeutsame und teilweise gegenläufige „Doppelfunktion der Medien als Wirtschafts- und Kulturgut“547 auch im Rahmen der grundrechtlichen Gewährleistungen deutlich.548 Die Europäische Union hat mangels hierfür erforderlicher Kompetenzen im Rundfunkorganisationsbereich keine verbindliche Festlegung für die Ausgestaltung der nationalen Rundfunkordnungen getroffen. Vor diesem Hintergrund muss auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gesehen werden, der – wie schon erwähnt – früher (auch) die alleinige Betrauung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit der Veranstaltung entsprechender Angebote akzeptiert hat.549 Der ausdrücklichen Normierung der medialen Pluralität entnimmt K. Stern allerdings auch „ein Bekenntnis zu einer ,dualen‘ Ordnung“ besonderer Art, die in einem „einerseits die (marktorientierte) Unternehmerfreiheit und andererseits das (echte) Kommunikationsgrundrecht“ miteinander kombinierenden Nebeneinander bestehen soll.550 Es lässt sich aufgrund des verbesserten Niveaus eines weiterentwickelten europäischen Grundrechtsschutzes heute allerdings sagen, dass unter Einbeziehung der grundrechtlichen Mindeststandards durch die EMRK über Art. 52 Abs. 3 und Art. 53 EUGRCh und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR551 ein völliger Ausschluss privater Anbieter zugunsten eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkmo-

546 Vgl. EuGH, Rs. C-288/89, Urt. v. 25. Juli 1991, Stichting Antennevoorziening Gouda u. a., Slg. 1991, S. I-4007, (I-4043 Rdn. 22 f.); in Bezug auf die Beschränkung der Freiheit des Warenverkehrs zum Zwecke der „Aufrechterhaltung der Medienvielfalt“ Rs. C-368/95, Urt. v. 26. Juni 1997, Vereinigte Familiapress Zeitungsverlags- und vertriebs GmbH./.Heinrich Bauer Verlag, Slg. 1997, S. I-3689 (I-3715 Rdn. 18); vgl. hierzu K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 32. 547 So J. Schwarze, AfP 2003, S. 209 ff. (211) m. weit. Nachw; von einem „Doppelcharakter“ spricht insoweit M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 68. 548 Vgl. J. Schwarze, AfP 2003, S. 209 ff. (211); K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 32; vgl. allgemein zu den unterschiedlichen Grundrechtskonzepten der Medienfreiheit als Kommunikationsgrundrecht und/oder als Unternehmerfreiheit M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. 549 EuGH, Rs. 155/73, Urt. v. 30. April 1974, Giuseppe Sacchi, Slg. 1974, S. 409 (430 f. Rdn. 14); Rs. C-260/89, Urt. v. 18. Juni 1991, Elliniki Radiophonia Tileorassi Anonimi Etairia./. Dimotiki Etairia Pliroforisis (DEP), Sotirios Kouvelas, Slg. 1991, S. I-2951 (I-2957 Rdn. 10 ff., insbesondere 12); vgl. hierzu auch die Darstellung bei G. Hermann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 8 Rdn. 59. 550 So K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 34; vgl. auch N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 16. 551 Vgl. EGMR, Urt. v. 24. November 1993, Informationsverein Lentia./.Österreich, Serie A 276, Rdn. 32, 38 = EuGRZ 1994, S. 549 ff. (550); vgl. hierzu K. Stern, in: P. J. Tettinger/ K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 44.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

nopols heute nicht mehr denkbar wäre.552 Vor diesem Hintergrund kommen in der Analyse des personellen Schutzbereichs der in der Medienfreiheit enthaltenen Rundfunkfreiheit die freiheitlichen Gewährleistungen sowohl privaten Rundfunkanbietern (und zwar bereits auch schon vor ihrer staatlichen Zulassung)553 als auch öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zugute.554 Grundrechtliche Berechtigungen aus Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh ergeben sich dabei in gleicher Weise für natürliche wie auch für juristische Personen.555 Umstritten ist die Frage nach der Einschränkbarkeit der Freiheit der Medien im Sinne des Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh.556 Dabei lassen sich grundsätzlich zwei verschiedene Auffassungen diesbezüglich unterscheiden.557 Nach einer Ansicht soll für Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh ähnlich wie für Art. 11 Abs. 1 EU-GRCh über Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh die Schrankenregelung aus Art. 10 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 EMRK übertragen werden.558 Diese Auffassung wird unter anderem auch durch eine Inbezugnahme der einschlägigen Medienrechtsprechung zu Art. 10 EMRK seitens des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) begründet,559 wobei darüber hinaus auch eine Übertragung auf neue mediale Erscheinungsformen vor dem Hintergrund angenommen wird, dass es „ansonsten zu einer gekünstelten und unnötig komplizierten Aufspaltung“560 der jeweiligen Teilfreiheiten der Medienfreiheit

552 Die Möglichkeit eines vollständigen Ausschlusses privater Rundfunkanbieter verneinend K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 44. 553 Vgl. insoweit K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische GrundrechteCharta, 2006, Art. 11 Rdn. 42. 554 Vgl. K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 42; nach Auffassung von N. Bernsdorff können sich öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten nur „ausnahmsweise“ auf die Gewährleistungen aus Art. 11 Abs. 2 berufen, vgl. N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 21. 555 N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 21. 556 Vgl. allgemein zu den Grundrechtsschranken im Rahmen der Europäischen Grundrechte-Charta Chr. Grabenwarter, DVBl. 2001, S. 1 ff. (2 f.). 557 Die Frage nach der Zuordnung entsprechender Schranken ist unter Nennung beider hauptsächlich diskutierten Alternativen aufgeworfen bei Th. Schmitz, JZ 2001, S. 833 ff. (842). 558 Vgl. etwa H.-W. Rengeling/P. Szczekalla, Grundrechte in der Europäischen Union, 2004, § 18 Rdn. 702; Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von ECommerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 75 f.; a. A. hingegen N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 20. 559 Vgl. K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 49; a. A. hingegen M. Knecht, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 11 GRC Rdn. 11. 560 So K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 49.

II. Europarechtliche Vorgaben

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im Hinblick auf die Schranken des Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh käme.561 Da sich aber die Freiheit der Medien in Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh aus der Meinungsäußerungsfreiheit herausgelöst und „verselbständigt“562 habe, kommt nach anderer Auffassung als Schrankenregelung keine Übertragung der in Art. 10 Abs. 2 EMRK enthaltenen Schranken über Art. 52 Abs. 3 Satz 1 EU-GRCh in Betracht.563 Vielmehr gelte in Ermangelung einer Anwendbarkeit der Art. 52 Abs. 2 und Abs. 3 EU-GRCh die Anwendung der allgemeinen Schrankenregelung aus Art. 52 Abs. 1 EMRK.564 Ein „Rückgriff auf ein alt hergebrachtes Schrankensystem“565 vertrage sich insoweit nicht mit einer „Offenheit“566 gegenüber neuen medialen Erscheinungsformen.567 Unbestritten ist es zu einer Verselbstständigung der Freiheit der Medien gegenüber der Meinungsäußerungsfreiheit in Art. 11 Abs. 1 der Europäischen Grundrechte-Charta gekommen.568 Gleichwohl rechtfertigt diese Verselbständigung keine Steigerung der Komplexität hinsichtlich der Anwendbarkeit der Schrankenregelung.569 Gerade der Verweis auf die verschiedenen genannten Medien in Art. 10 EMRK zeigt deutlich, dass grundsätzlich auch unterschiedlichen medialen Erscheinungsformen die freiheitlichen Verbürgungen aus Art. 10 EMRK zugute kommen sollen.570 Wünschenswert wäre hier sicherlich eine modernere, die Entwicklungsoffenheit gegenüber neuen medialen Erscheinungsformen deutlicher do561 Siehe K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 49. 562 So auch K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 30. 563 Vgl. M. Knecht, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 11 GRC Rdn. 11; N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 20; Chr. Calliess, in: ders./M. Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 11 GRCh Rdn. 31. 564 So M. Knecht, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 11 GRC Rdn. 11; N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 20; Chr. Calliess, in: ders./M. Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 11 GRCh Rdn. 31. 565 So M. Knecht, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 11 GRC Rdn. 11. 566 So. M. Knecht, a.a.O. 567 Vgl. M. Knecht, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 11 GRC Rdn. 11; auch K. Stern wertet die Einordnung der sog. „Neuen Medien“ unter Art. 10 EMRK im Gegensatz zu einer Einordnung unter Art. 11 EU-GRCh als „nicht unproblematisch“. K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 49 m. weit. Nachw. 568 Vgl. stellvertretend etwa K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 30. 569 Zuzustimmen ist insoweit den Ausführungen von K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 49. 570 Vgl. auch Th. Schmitz, JZ 2001, S. 833 ff. (842); siehe allerdings auch die zurückhaltende Einschätzung zur Verankerung der Medien in der Europäischen Menschenrechtskonvention bei J. Schwarze, AfP 2003, S. 209 ff. (210).

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

kumentierende Formulierung des Art. 10 EMRK.571 Um eine Rechtsunklarheit fördernde Verkomplizierung der Schrankenregelungen und eine wenig übersichtliche Aufspaltung einzelner Freiheitsgewährleistungen zu vermeiden, scheint ein einheitlicher Rückgriff auf die Schrankenregelungen des Art. 10 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 EMRK über Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh im Rahmen der Europäischen Grundrechte-Charta – nötigenfalls im Wege einer Analogie – vorzugswürdig.572 Auch wenn die fehlende Zuweisung weiterer Einzelfreiheiten, die in Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh unter dem Dach der Medienfreiheit zusammengefasst werden, unbestimmt wirken mag und teilweise eine ergänzende Ausweisung etwa der Rundfunkfreiheit bevorzugt wird,573 so birgt gerade diese allgemeine Gewährleistung medialer Freiheiten den Vorzug, zukunftsoffen gegenüber den „Neuen Medien“ zu sein und auch den Entwicklungen in der Medienkonvergenz Rechnung zu tragen.574 Allerdings können aus dem Oberbegriff der Medienfreiheit nur schwer Bestandteile eines europarechtlichen Rundfunkbegriffs gewonnen werden, wobei das Erfordernis einer medienspezifischen Einzeldefinition im europäischen Grundrechtsschutz möglicherweise bereits sogar schon überwunden sein mag. Im Sinne der freiheitrechtlichen Gewährleistung des Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh kommt es vielmehr auf die Definition eines allgemeinen Medienbegriffs an, die ihrerseits den Rundfunk als einen ihrer Bestandteile enthält.575 In der Literatur wird die Medienfreiheit dabei jedoch durchaus in einzelne Freiheitsgewährleistungen, wie beispielsweise die Presse- und Rundfunkfreiheit, aufgefächert.576 Während vom Teilbereich der Rundfunkfreiheit jedenfalls der klassische Hörfunk und das Fernsehen umfasst

571 Vgl. zur Einbeziehung „der sog. neuen Medien“ in die Schutzgewährleistungen der EMRK K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 49; differenzierend nach Art. 8 und Art. 10 EMRK Th. Marauhn, in: D. Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 3. Aufl. 2009, § 4 Rdn. 22. 572 Dem pragmatischen und darüber hinaus der grundrechtlichen Konzeption von Grundrechte-Charta und EMRK in besonderem Maße gerecht werdenden Vorschlag von K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 49 ist damit zu folgen. 573 Vgl. etwa M. Stock, EuR 2002, S. 566 ff. (582). 574 Vgl. auch K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 31. 575 So soll der „Oberbegriff der ,Medien‘“ bzw. besser: der Medienfreiheit jedenfalls die Freiheit der Presse, die Rundfunkfreiheit, die Filmfreiheit sowie die Freiheit der sog. „Neuen Medien“ umfassen. Dabei sind gerade die „Neuen Medien“ ein dynamischer Begriff, dessen Bedeutungsgehalt jeweils von den aktuellen technischen Weiterentwicklungen abhängt. Damit ist der Begriff der Freiheit der Medien auch in besonderer Weise entwicklungsoffen, vgl. J. Schwarze, AfP 2003, S. 209 ff. (210); vgl. hierzu und insbesondere zum Medienbegriff und zur Entwicklungsoffenheit ferner die Ausführungen bei N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 17. 576 Vgl. etwa K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 37 ff.; M. Knecht, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 11 GRC Rdn. 11.

II. Europarechtliche Vorgaben

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sind577, bedarf die Frage, auf welche Weise eine Einordnung der jeweils neuen medialen Erscheinungsformen erfolgt, auf der Ebene der Europäischen GrundrechteCharta insofern keiner Beantwortung, als die sog. „Neuen Medien“ selbst dann vom umfassenden Begriff der Medienfreiheit des Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh erfasst sind, wenn sie als solche nicht dem Rundfunk zuzuordnen wären.578 Auf diese Weise werden begriffliche Abgrenzungsschwierigkeiten, wie es sie auf verfassungs- und einfachrechtlicher Ebene in Deutschland hinsichtlich der Unterscheidung der einzelnen Medien gibt, von vorneherein ausgeschlossen,579 ohne Einbußen in den Schutzwirkungen für die einzelnen medialen Freiheiten befürchten zu müssen. d) Die EMRK und ihre Bedeutung für die Rundfunk- und Medienfreiheit der Europäischen Union Die „Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ (EMRK)580, hat unter dem Dach des Europarates als erster – oder anders gewendet – als ältester völkerrechtlicher Vertrag seiner Art Maßstäbe im europäischen Grundrechtsschutz gesetzt.581 Die EMRK gewährt den Personen, auf die sich die Hoheitsgewalt einer ihrer Signatarstaaten erstreckt, die in ihr katalogartig bezeichneten Menschenrechte und dort verbürgten Grundfreiheiten.582 Dabei entfaltet sie auch im Rahmen des Grundrechtsschutzes der Europäischen Union ihre freiheitsgewährende Wirkung und verbürgt im grundrechtlichen Konzert mit den anderen in Art. 6 EUV genannten Quellen in bewährter Weise einen „Mindeststandard“ europäischen Grundrechtsschutzes.583 Ihre Bedeutung für den Bereich der Euro577 Vgl. K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 42. 578 Vgl. J. Schwarze, AfP 2003, S. 209 ff. (210); K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 46. 579 Vgl. K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 31. 580 Vgl. zur Entstehungsgeschichte der Europäischen Menschenrechtskonvention K. J. Partsch, ZaöRV 1953/54, S. 631 ff.; R. Grote, in: ders./Th. Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 2006, Kap. 1 Rdn. 1 ff.; J. Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl. 2011, Einleitung Rdn. 1; Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 1 Rdn. 1 ff. 581 Vgl. Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 1 Rdn. 1 f.; R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 19. 582 Vgl. R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 19. 583 Vgl. H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 12; Th. von Danwitz, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 53 Rdn. 11; K. Thum, DÖV 2008, S. 653 ff. (660); M. Borowsky, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 53 Rdn. 9.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

päischen Union ist durch die Veränderungen des europäischen Vertragswerks in Folge des Vertrags von Lissabon noch gestiegen. So lautete vor In-Kraft-Treten des Lissaboner Vertrags die diesbezügliche Regelung im alten EU-Vertrag, namentlich Art. 6 Abs. 2 EUV, wie folgt: „Die Union achtet die Grundrechte, wie sie in der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben.“584

Art. 6 Abs. 2 EUV war im Vorfeld des Vertrags von Lissabon die „maßgebliche Rechtsgrundlage für den Grundrechtsschutz“ im Rahmen der Europäischen Union.585 Seit In-Kraft-Treten des Vertrags von Lissabon widmet der neue Artikel 6 des EU-Vertrages gleich zwei Absätze den Gewährleistungen aus der Europäischen Menschenrechtskonvention. So besagt der heute geltende Art. 6 Abs. 2 EUV Folgendes: „Die Union tritt der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei. Dieser Beitritt ändert nicht die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union.“586

Ab dem Zeitpunkt des tatsächlichen Beitritts der Europäischen Union, der durch In-Kraft-Treten des Zusatzprotokolls Nr. 14 zur EMRK und dem damit neugefassten Art. 59 Abs. 2 EMRK möglich geworden ist587, entfaltet die Europäische Menschenrechtskonvention also nicht nur den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegenüber, die ihrerseits zu den Signatarstaaten der Konvention zählen588, direkte Geltung und Wirkkraft. Die Union wird vielmehr also unmittelbar vertraglich auf die Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet und ist damit die erste supranationale Institution, die der EMRK beigetreten sein wird. Sicherlich kann man hierin auch eine weitere Stufe im fortschreitenden europäischen Integrationsprozess sehen, insbesondere vor dem Hintergrund einer als sog. „Staatenverbund“589 vom Bundesverfassungsgericht trefflich

584 Vgl. hierzu etwa B. Beutler, in: H. von der Groeben/J. Schwarze (Hrsg.), Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Bd. 1, 6. Aufl. 2003, Art. 6 EU Rdn. 39 ff.; C. Stumpf, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 6 EUV Rdn. 12 ff. 585 So C. Stumpf, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 6 EUV Rdn. 12. 586 Vgl. hierzu R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 21; siehe auch kritisch hierzu N. Lutzhöft, Eine objektiv-rechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der Europäischen Union?, 2012, S. 21. 587 Vgl. R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 21. 588 Siehe auch R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 22. 589 BVerfGE 89, 155 (156 Leitsatz Nr. 8).

II. Europarechtliche Vorgaben

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beschriebenen Europäischen Union, die sich trotz aller Widerstände immer mehr auf eine bundesstaatliche Struktur zubewegt. Neben dem beabsichtigten Beitritt der Europäischen Union zur EMRK ist auch Art. 6 Abs. 3 EUV für die Einbeziehung der Grundrechte der Europäischen Menschenrechtskonvention in das grundrechtliche Gewährleistungssystem der Europäischen Union von großer Relevanz. So formuliert Art. 6 Abs. 3 EUV wie folgt: „Die Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, sind als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts.“

Hierdurch sind nämlich nach dem Wortlaut der Norm sämtliche Konventionsverbürgungen bereits vor dem Beitritt der Europäischen Union zur EMRK Teil des Unionsrechts – wenngleich „nur“ in Gestalt „allgemeiner Grundsätze“, die ihrerseits in der Normenhierarchie jedoch auch dem primären Unionsrecht zuzuordnen sind.590 Die auf diese Weise kodifizierte Funktion der EMRK als Rechtserkenntnisquelle entspricht dabei der seit Langem geübten Praxis in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.591 Auf dieser Basis hält auch die für die Rundfunk- und Medienfreiheit relevante Freiheit der Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK592 Eingang in das grundrechtliche Gewährleistungssystem der Europäischen Union. Die sich speziell für den Medien- und Rundfunksektor ergebenden Fragen, inwieweit die medienbezogenen Freiheiten durch Art. 10 EMRK geschützt werden und welche Bedeutung der Europäischen Menschenrechtskonvention für den Rundfunk und seine Begriffsdefinition zukommt, werden aus systematischen Gründen weiter unten (4. Kap. III. 2. a) aa) und bb)) bei der Erörterung der völkerrechtlichen Ebene aufgeworfen, da sich die Geltung der EMRK als regionales Völkerrecht über das Gebiet der Europäischen Union hinaus erstreckt.593 Eine Erörterung im dortigen Kontext ist 590 Vgl. hierzu Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 4 Rdn. 2 ff. (4); M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 79; siehe zur ergänzenden Ausgestaltung des Grundrechtsschutzes durch Art. 6 Abs. 3 EUV und zu der rechtlichen Gleichrangigkeit der allgemeinen Grundsätze und der Gewährleistungen aus der Grundrechte-Charta die Ausführungen bei F. Schorkopf, in: E. Grabitz/M. Hilf/ M. Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, Art. 6 EUV (Stand 41. EL 2010) Rdn. 50. 591 Siehe bereits EuGH, Rs. 4/73, Urt. v. 14. Mai 1974, J. Nold, Kohlen- und Baustoffgroßhandlung./.Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 491 (507 Rdn. 12); Rs. 44/79, Urt. v. 13. Dezember 1979, Liselotte Hauer./.Land Rheinland-Pfalz, Slg. 1979, S. 3727 (S. 3744 f. Rdn. 15, 17); vgl. hierzu R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/ AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 21, 23. 592 Vgl. grundlegend zu den Gewährleistungen aus Art. 10 EMRK etwa J. Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl. 2011, Art. 10 Rdn. 1 ff. 593 Vgl. zur „Rezeptionsgeschichte der EMRK“ die Darstellung bei R. Grote, in: ders./ Th. Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 2006, Kap. 1 Rdn. 42 ff.; siehe zur Einordnung der EMRK im Rahmen des (regionalen) Völkerrechts die Ausführungen bei Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 2 Rdn. 1 ff.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

auch deshalb möglich, weil die Schutzwirkungen der EMRK für die Medienfreiheit mangels ausdrücklicher Verbürgung jedenfalls ersichtlich nicht über den Gewährleistungsgehalt der Europäischen Grundrechte-Charta hinausreichen und ihre Schutzintensität durch die „Transferklausel“ des Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh594 durch die Europäische Grundrechte-Charta mit abgedeckt ist. Lediglich in negativer Hinsicht geht der Normtext des Art. 10 EMRK im Hinblick auf die Einbeziehung der Medien über die explizit gewährleistete Freiheit der Medien in Art. 11 Abs. 2 EUGRCh hinaus. So formuliert Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK: „Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Hörfunk-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben.“ Zu beachten ist, dass der Rundfunkbegriff (engl.: „broadcasting“) in Art. 10 Abs. 1 S. 3 EMRK auf der Grundlage der englischen Textfassung besonders eng gefasst ist, da er aufgrund der zusätzlichen Erwähnung von Fernsehen und Film (engl.: „television or cinema enterprises“) nur den Hörfunk meint.595 Das vor diesem Hintergrund also besonders enge Verständnis des Rundfunkbegriffs erlaubt aufgrund der genauen Unterscheidung zwischen Hörfunk und Fernsehen auch keine Erfassung neuer medialer Erscheinungsformen.596 Zwar werden in technischer Hinsicht alle Möglichkeiten der Verbreitung bzw. Darbietung der genannten Medien nach dem jeweiligen status quo der medientechnischen Entwicklung von der Schrankenregelung des Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK erfasst, nicht jedoch etwa onlinebasierte „Neue Medien“, die über die klassischen Medienformen hinausreichen.597 Die über Hörfunk, Fernsehen und Film hinausgehenden „Neuen Medien“ fallen damit unter die allgemeine Regelung zur Meinungs- und Informationsfreiheit des Art. 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 EMRK, wobei eine Anwendung der Spezialschranke nach Satz 3 auf neue mediale Erscheinungsformen a priori ausscheidet.598 Wie oben erörtert, sieht Art. 10 Abs. 2 EMRK (und auch der zuvor genannte Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK) zudem spezielle Schrankenregelungen vor, die über Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh ebenfalls auf die Medienfreiheit im Rahmen der Europäischen Grundrechte-Charta übertragen werden.599

594 Vgl. zum „Umfang der Transferklausel“ auch Th. von Danwitz, in: P. J. Tettinger/ K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 52 Rdn. 56 ff. 595 Vgl. Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 9. 596 Vgl. Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 9. 597 Vgl. Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 9, der im Rahmen nicht erfasster Medien pauschal das „World Wide Web“ nennt, ohne weitere, möglicherweise erforderliche Binnendifferenzierungen vorzunehmen. 598 So auch Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 9. 599 Vgl. etwa K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 49.

II. Europarechtliche Vorgaben

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e) Gemeinsame Verfassungsüberlieferungen gemäß Art. 6 Abs. 3 EUV Die dritte Quelle europäischen Grundrechtsschutzes bilden gemäß Art. 6 Abs. 3 EUV die Grundrechte, „wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben“.600 Dabei stellten die „gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen“ auch vielfach eine gewichtige Grundlage für zahlreiche Anträge im Zuge der Konventsberatungen zur Europäischen Grundrechte-Charta dar, die sich am Ende der Beratungen schließlich erfolgreich behaupten konnten.601 Zu Zeiten, in denen die damaligen Gemeinschaftsverträge keine Regelung zum Grundrechtsschutz enthielten, ging der Europäische Gerichtshof im Rahmen seiner europäischen „Mission“ zur Sicherung der „Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung“ der die Europäische Union ausgestaltenden Verträge dazu über, gemeinschaftliche Grundrechte im Rahmen richterlicher Rechtsfortbildung auszuformen.602 Dabei wurden auch die „allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten entsprechen“, unter den „Begriff des Rechts“ subsumiert, zu denen auch „das Gebot der Wahrung der Grundrechte“ gehörte.603 Gemeinsam mit den Grundrechten, „wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind“, sind auch die „sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten“ ergebenden Grundrechte gemäß Art. 6 Abs. 3 EUV „als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts.“ Vor dem Hintergrund, dass diese „als allgemeine Grundsätze“ aufgenommenen Grundrechte einen wesentlichen Maßstab für die Handlungsweisen der Europäischen Union darstellen, zählen auch sie – trotz Fehlens einer entsprechenden Aussage zur rechtlichen Gewichtung – zur übergeordneten Rechtsebene und sind mithin Teil des (ungeschriebenen) europäischen Primärrechts.604 Die sich 600 Grundlegend hierzu die Darstellung verschiedener Autoren zu den Verfassungen ausgewählter Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Kapitel A 1 bis A XV; vgl. zu den Entwicklungslinien auch R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 23 ff. 601 Vgl. hierzu J. Meyer, in ders. (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Präambel Rdn. 12. 602 Frühe Zeugnisse im Rahmen der Rechtsprechungsentwicklung sind etwa EuGH, Rs. 4/ 73, Urt. v. 14. Mai 1974, J. Nold, Kohlen- und Baustoffgroßhandlung./.Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1974, S. 491 (507 f. Rdn. 12 ff.); Rs. 44/79, Urt. v. 13. Dezember 1979, Liselotte Hauer./.Land Rheinland-Pfalz, Slg. 1979, S. 3727 (3744 f. Rdn. 15); R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 23 ff. 603 So R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 23. 604 Vgl. M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 79; siehe auch die differenzierende Einordnung bei R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur,

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

aus den „gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten“ ergebenden Grundrechte sollen dabei in der Rangordnung im Hinblick auf die Gewährleistungen aus der Europäischen Grundrechte-Charta „gleichberechtigt nebeneinander stehen“605, weshalb eine kumulative Anwendung der einzelnen Grundrechte möglich, jedoch aufgrund ihrer weitgehenden inhaltlichen Kongruenz kaum relevant ist.606 Angesichts der Tatsache, dass die Europäische Grundrechte-Charta mit ihrer Formulierung der „Freiheit der Medien“ in Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh einen sehr breit angelegten und auch für den Bereich der „Neuen Medien“ entwicklungsoffenen Schutzbereich abdeckt,607 scheint eine ergänzende Schutzbereichsgewährleistung in der Breite durch die Grundrechte, wie sie „aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen“ gewonnen werden können, kaum denkbar. Anders könnte es sich jedoch mit der Tiefe der Schutzgewährleistung verhalten, da ja die Freiheit der Medien und ihre Pluralität lediglich „geachtet“ werden. Wie gesehen, handelt es sich im Ergebnis jedoch aufgrund der zusätzlich einwirkenden Schutzgewährleistungen aus der EMRK nur um eine unwesentliche Absenkung des Schutzniveaus;608 teils wird das Schutzniveau als auch nur „scheinbar“ abschwächend bewertet.609 Daher bewegt sich die Medienfreiheit durch die Europäische Grundrechte-Charta und die Europäische Menschenrechtskonvention auf einem Schutzniveau, das derzeit – soweit ersichtlich – nicht durch Grundrechte, die gem. Art. 6 Abs. 3 EUV „aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen“ gewonnen werden, in Breite oder Tiefe übertroffen wird. Gleichwohl bieten die „gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten“ Anhaltspunkte für den genauen Bedeutungsgehalt der in der Grundrechte-Charta und in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Freiheiten im Medienbereich. So ist bezüglich der in der Medienfreiheit enthaltenen Rundfunkfreiheit die „Gewährleistung der Unabhängigkeit des Rundfunks“610 im Rahmen der Verfassungen der Mitgliedstaaten „gemeinsamer Konsens“.611 EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 26; M. Herdegen, Europarecht, 13. Aufl. 2011, § 8 Rdn. 4, 15 ff. 605 So R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 27. 606 Denkbar ist etwa, dass sich die Grundrechte, die sich aus den „allgemeinen Grundsätzen“ ergeben, weiterentwickeln und damit den jeweiligen Schutzbereich, der sich aus den Verbürgungen der Europäischen Grundrechte-Charta ergibt, überragen, vgl. hierzu R. Geiger, in: R. Geiger/D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 27. 607 Vgl. etwa N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 17. 608 Vgl. K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 36. 609 Vgl. etwa Chr. Grabenwarter, DVBl. 2001, S. 1 ff. (4 f.). 610 Vgl. hierzu H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 36. 611 So K. Thum, DÖV 2008, S. 653 ff. (660); siehe auch bereits H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 36.

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Damit ist die Staatsfreiheit oder Staatsferne des Rundfunks ein fester Bestandteil der Gemeinschaftsordnung, wobei sie auch etwa für die Reichweite der Rundfunkund der hiermit verbundenen Programmfreiheit im Rahmen der Gewährleistungen der Europäischen Grundrechte-Charta entscheidend ist.612 Auf der Ebene der Europäischen Union ist inzwischen ein starkes Bewusstsein dafür gereift, dass die audiovisuellen Medien „für das Funktionieren der heutigen demokratischen Gesellschaften und insbesondere für die Entwicklung und Vermittlung sozialer Werte von zentraler Bedeutung“ sind.613 Hieraus resultiert ein deutliches Bekenntnis zum Rundfunk- und Medienpluralismus, wie es nicht nur in Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh zum Ausdruck kommt, sondern seinerseits zur gemeinsamen „Tradition der Mitgliedstaaten“614 zählt.615 Vor diesem Hintergrund sind also auch die „gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten“ zu berücksichtigen, die ihrerseits den grundrechtlichen Bedeutungsgehalt einer europäisch verstandenen Rundfunk- bzw. einer übergeordneten Medienfreiheit prägen. So kann „aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen“ zwar nicht geschlossen werden, was in europarechtlicher Hinsicht genau unter dem Rundfunkbegriff zu verstehen ist. Dennoch werden mit den Elementen der Staatsfreiheit oder Staatsferne des Rundfunks und dem Bekenntnis zu seiner pluralistischen Ausgestaltung Mindeststandards deutlich, die einer rein ökonomischen, auf den freien Wettbewerb zielenden Betrachtungsweise eines europäischen Rundfunkbegriffsverständnisses Grenzen setzen und damit ihrerseits die Wechselwirkung zwischen dem Bedeutungsgehalt der herangezogenen Rechtsbegriffe und ihrer wirtschaftspolitisch motivierten Einordnung in das Konzept der europäischen Grundfreiheiten beeinflussen.

3. Sekundärrecht Entscheidend wird das europäische Rundfunk- und Medienrecht durch sekundärrechtliche Regelungen geprägt. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang einigen Richtlinien zu, deren jeweiliger Inhalt auf seine Ergiebigkeit zur Gewinnung eines möglichen europäischen Rundfunkbegriffsverständnisses im Folgenden zu überprüfen sein wird. 612

K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 43. 613 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission zu Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, KOM(2000), 580 endg., S. 40; hierzu auch K. Thum, DÖV 2008, S. 653 ff. (660). 614 So K. Thum, DÖV 2008, S. 653 ff. (660). 615 Vgl. H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 24; K. Thum, DÖV 2008, S. 653 ff. (660); siehe speziell für die Verfassungsordnungen in Deutschland, Frankreich und Italien M. Schellenberg, AöR 119 (1994), S. 427 ff. (448), der im Hinblick auf das Pluralismusprinzip von einem „Stück gesamteuropäischer Kultur“ spricht.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

a) Die Fernsehrichtlinie als Meilenstein europäischer Rundfunkpolitik Durch die Verabschiedung der Fernsehrichtlinie616 wurde im Jahr 1989 eine wesentliche Grundlage für die weitere Rundfunk- und Medienpolitik der Europäischen Union gelegt.617 Die Verabschiedung der EG-Fernsehrichtlinie war damals der fortschreitenden technischen Entwicklung etwa im Bereich der Satellitenübertragung und der damit verbundenen Zunahme grenzüberschreitender Programmausstrahlung geschuldet.618 Auch wenn die ursprüngliche Fassung der Fernsehrichtlinie längst nicht mehr gilt, sondern umfassende Veränderungen zunächst durch die Richtlinie 97/36/EG vom 30. Juni 1997619 sowie durch die „Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates“ vom 11. Dezember 2007 zur „Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“620 erfahren hat, kann sie als erster Meilenstein in der Entwicklung des europäisch determinierten Rundfunk- und Medienrechts bezeichnet werden.621 Inzwischen wurde ferner – wie gesehen – auch die alte AVMD-Richtlinie vom 11. Dezember 2007 aufgehoben und im Wege einer Neukodifizierung durch die Richtlinie 2010/13/EU vom 10. März 2010, der „neuen 616 „Richtlinie des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“, ABl. EG Nr. L 298 vom 17. 10. 1989, S. 23 ff.; berichtigt durch „Berichtigung der Richtlinie 89/552/ EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“, ABl. EG Nr. L 331 vom 16. 11. 1989, S. 51. 617 Vgl. zur EG-Fernsehrichtlinie stellvertretend für viele etwa J. Betz, MP 1989, S. 677 ff.; I. E. Schwartz, Rundfunk, EG-Kompetenzen und ihre Ausübung, in: K. Stern und andere (Hrsg.), Eine Rundfunkordnung für Europa – Chancen und Risiken, 1990, S. 11 ff. (30 f.); K. Hailbronner/C. Weber, DÖV 1997, S. 561 ff.; siehe zur Entstehungsgeschichte M. Knothe, AfP 1997, S. 849 ff.; vgl. zu den Inhalten der Richtlinie die Zusammenfassung bei A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (805). 618 Vgl. A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (804). 619 „Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“, ABl. EG Nr. L 202 v. 30. 7. 1997, S. 60 ff.; die ursprüngliche Richtlinie 89/552/EWG wurde durch die „Berichtigung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“, ABl. EG Nr. L 331 vom 16. 11. 1989, S. 51 berichtigt; vgl. hierzu auch A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (805 ff.). 620 „Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“, ABl. EG Nr. L 332 vom 18. 12. 2007, S. 27 ff. 621 Vgl. zur Bedeutung der Fernsehrichtlinie auch A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (804); M. Schoenthal spricht in diesem Zusammenhang von der „Geburtsstunde einer neuen europarechtlichen Spezialmaterie, die Geburtsstunde des europäischen Medienrechts“, vgl. M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 97 unter Bezugnahme auf die grundlegenden Ausführungen bei M. Stock, RuF 1989, S. 180 ff. (180).

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Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“,622 ersetzt. Mit der alten FernsehRichtlinie sollte der primärrechtlich verankerten Dienstleistungsfreiheit auf sekundärrechtlichem Wege Geltung verschafft werden. Sie diente also seit ihrem Erlass der Sicherung der Dienstleistungsfreiheit im europäischen Binnenmarkt – speziell für den Bereich des Fernsehens.623 Um die Veränderungen zur heute gültigen Fassung in Gestalt der AVMD-Richtlinie zu verdeutlichen, soll im Folgenden zunächst der Inhalt der Fernsehrichtlinie in ihrer geänderten Fassung durch die Richtlinie 97/36/ EG vom 30. Juni 1997 zugrunde gelegt werden: aa) Regelungsgehalt Mit der EG-Fernsehrichtlinie wurden erstmals sekundärrechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, um eine ungetrübte „Ausübung der Fernsehtätigkeit“ als Dienstleistung im europäischen Binnenmarkt zu ermöglichen,624 zu diesem Zwecke die mitgliedstaatlichen Märkte für Dritte grundlegend offener zu gestalten625 und nicht zuletzt auch einen Beitrag zur „Förderung der europäischen Integration“ in diesem Sektor zu leisten.626 Vor und nach der Revision der Fernsehrichtlinie im Jahre 1997 bezog sich die Richtlinie nur auf die Fernsehtätigkeit, nicht jedoch auch auf den Hörfunk, da letzterem keine größere „grenzüberschreitende Bedeutung“ attestiert wurde.627 Da es aber gerade auf diesen grenzüberschreitenden Bezug auf der 622

„Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“, ABl. EU Nr. L 95 vom 15. 4. 2010, S. 1, berichtigt durch die „Berichtigung der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“, ABl. EU Nr. L 263 vom 6. 10. 2010, S. 15. Die Richtlinie ist abgedruckt bei R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/ D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (44. AL 2010), Kap. B 4 Rdn. 71. 623 Vgl. M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 80; siehe zu den Zielsetzungen der AVMD-Richtlinie auch U. Ellinghaus, CR 2008, S. 216 ff. (219). 624 Vgl. den Wortlaut des ersten Erwägungsgrundes zur Fernsehrichtlinie: „Die Richtlinie 89/552/EWG schafft die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ausübung der Fernsehtätigkeit im Binnenmarkt.“ 625 Vgl. etwa auch N. Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, 1994, S. 104; M. Kröber, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 6 RStV Rdn. 35. 626 Vgl. M. Kröber, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 6 RStV Rdn. 35. 627 Vgl. hierzu A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (805); siehe ferner allgemein zur Beschränkung der Richtlinie auf den Bereich des Fernsehens C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 75; D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2008, S. 48 – in der neusten Auflage wurden die entsprechenden Ausführungen durch eine in starkem Maße auf die AVMD-Richtlinie gerichtete Betrachtung ersetzt.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Grundlage der primärrechtlich in Art. 56 AEUV bzw. damals noch in Art. 49 EGV verorteten Dienstleistungsfreiheit ankommt, könnte man auch versucht sein, die Anwendbarkeit der Richtlinie auf rein innerstaatliche Rundfunksachverhalte generell auszuschließen.628 Weil es nun aber um die Überwindung (zunächst noch) bestehender rechtlicher Barrieren und die Gewährleistung gleicher Rahmenbedingungen für den Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt ging, hätte ein solch genereller Ausschluss der Anwendbarkeit auf national beschränkte Rundfunkprogramme damals zu kurz gegriffen und der Intention der Richtlinie sogar entgegengestanden.629 Maßgeblich konnte es hier also nicht auf das Kriterium der tatsächlichen Grenzüberschreitung des entsprechenden Fernsehangebotes ankommen, sondern vielmehr auf die grundsätzliche Möglichkeit zur Zirkulation über nationalstaatliche Grenzen hinaus, mit der denkbare Auswirkungen auf den europäischen Rundfunkmarkt verbunden sein konnten.630 Damit fand die Richtlinie grundsätzlich auf grenzüberschreitende und auch auf allein im Inland verbreitete Sendungen (unter den genannten Voraussetzungen) Anwendung.631 Die Fernsehrichtlinie diente bereits vor ihrer entscheidenden Weiterentwicklung durch die AVMD-Richtlinie dem Ziel, „das notwendige Mindestmaß zu regeln, um den freien Sendeverkehr zu verwirklichen und hierfür eine Koordinierung des nationalen Rechts sicherzustellen“632. Zu den in der Fernsehrichtlinie verankerten rechtlichen Rahmenbedingungen zählten beispielsweise die Festlegung von „Mindeststandards“633 im Bereich des Jugendschutzes, Regelungen zur Ausstrahlung und Platzierung von Fernsehwerbung, Sponsoring und Teleshopping in den Art. 10 ff. der Fernsehrichtlinie, aber auch die gezielte Förderung durch Quotenregelungen zugunsten „europäischer Werke“, die in Art. 6 der Fernsehrichtlinie näher definiert wurden.634 Ferner war in Art. 23 der Fernsehrichtlinie ein Gegendarstellungsrecht zugunsten von natürlichen und juris628

Vgl. auch die entsprechende Darstellung dieses Problemkreises bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 75. 629 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 75. 630 So die zustimmungswürdige Analyse von C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 75 f. mit einem ergänzenden Hinweis zu einer Entwurfsfassung der Richtlinie, nach der ursprünglich noch zwischen inländischen und grenzüberschreitenden Rundfunksendungen differenziert werden sollte. 631 So auch D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2008, S. 48. 632 So K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663. 633 So zutreffend H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 25; ebenso M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 80 634 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 74 f.; H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 25 ff. (27 ff.) mit einer Gegenüberstellung der Geltungsbereiche der alten EG-Fernsehrichtlinie und der E-Commerce-Richtlinie; vgl. zu einzelnen Inhalten der alten EGFernsehrichtlinie weiterhin M. Kröber, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 6 RStV Rdn. 35 ff.; M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 80 f.; vgl. speziell zu den Quotenregelungen zur Förderung „europäischer Werke“ die Ausführungen bei D. Dörr, in: ders./J. Kreile/ M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2008, S. 47 ff.

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tischen Person bei Vorliegen einer der in der Vorschrift genannten Fallkonstellationen verankert. Doch auch die EG-Fernsehrichtlinie hatte keinen umfassenden Regelungsanspruch für den Bereich des Fernsehens. Vielmehr wurden in ihr lediglich „Teilbereiche“ der in ihrer Gesamtbetrachtung wesentlich umfassenderen Fernsehtätigkeit der Rundfunkanbieter geregelt.635 Zu Konfliktlinien mit dem mitgliedstaatlichen Rundfunk- und Medienrecht konnte es vor diesem Hintergrund nur dann kommen, wenn ein sowohl im einfachen Recht als auch in der Fernsehrichtlinie geregelter Aspekt der Fernsehtätigkeit betroffen war.636 Hier konnte auch die unterschiedliche Festlegung definitorischer Begriffszuordnungen eine zusätzliche Herausforderung darstellen.637 In einem solchen Fall kam und kommt auch heute im Rahmen der inzwischen geltenden AVMD-Richtlinie wiederum die prinzipielle Regel vom Vorrang des Gemeinschafts- bzw. des Unionsrechts zum Tragen.638 Die Fernsehrichtlinie enthielt ein klares Bekenntnis zum sog. „Sendestaatsprinzip“639, wonach ein Fernsehrundfunksender unter Berücksichtigung der Vorgaben aus Art. 2 der EG-Fernsehrichtlinie den rechtlichen Rahmenbedingungen (nur) eines bestimmten Mitgliedstaates maßgeblich unterworfen wurde.640 Nach Art. 3 Abs. 2 der Fernsehrichtlinie sorgten die Mitgliedstaaten „mit geeigneten Mitteln im Rahmen ihrer Rechtsvorschriften dafür, dass die jeweils ihrer Rechtshoheit unterworfenen Fernsehveranstalter die Bestimmungen dieser Richtlinie tatsächlich einhalten.“ Andere Mitgliedstaaten waren nach Art. 2a Abs. 1 der Fernsehrichtlinie 635

Vgl. H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 25 mit Verweis auf N. Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, 1994, S. 104; T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 24. 636 Siehe allgemein zur Problematik der „Normenkollision“ in diesem Kontext die Ausführungen bei H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 25 ff. 637 Vgl. in diesem Zusammenhang die Ausführungen von H. Gersdorf, der aber auch auf Fallbeispiele für Konstellationen eingeht, in denen es nicht zu einer Normenkollision trotz unterschiedlicher Begriffszuordnungen im Mehrebenensystem kommt, H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 26. 638 Vgl. H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 25. 639 Vgl. D. Dörr, in: ders. /J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2008, S. 48; deutliche Verbindungen zwischen dem Sendestaatsprinzip und dem Herkunftslandprinzip kennzeichnend N. Dethloff, JZ 2000, S. 179 ff. (180); Th. Pfeiffer/M. Weller/C. F. Nordmeier, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Auflage 2011, Vorb. Rom II/Art. 40 – 42 EGBGB Rdn. 7; a. A. hingegen A. Halfmeier, ZEuP 2001, S. 837 ff. (857 f.), der im Rahmen der Fernsehrichtlinie keine Verankerung des Herkunftslandprinzips im kollisionsrechtlichen Sinne erkennen kann; vgl. zu den Konsequenzen, die aus der Zugrundelegung des Sendestaatsprinzips resultieren, die differenzierenden Ausführungen von A. Ohly, in: H. Piper/A. Ohly/O. Sosnitza, UWG Kommentar, 5. Aufl. 2010, Einf C Rdn. 78, der eine aus diesem Prinzip abgeleitete Anwendbarkeit des Rechts des Sendestaats ausschließt, sondern vielmehr unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH lediglich die Anwendbarkeit strengerer Normen seitens des Empfangsstaates ablehnt. 640 Vgl. M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 81 f.; vgl. zu den damals dennoch weiterhin bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich der zugrunde zu legenden Kriterien sowie zu den Konkretisierungsbestrebungen der Kommission und des Europäischen Gerichtshofs M. Knothe, AfP 1997, S. 849 ff. (855 f.).

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grundsätzlich im Rahmen des „koordinierten Bereichs“641 zur Gewährleistung des freien Empfangs solcher Fernsehsendungen verpflichtet, die mit der Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaates unter Berücksichtigung der Vorgaben der Fernsehrichtlinie in Einklang standen.642 Die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union niedergelassenen Fernsehveranstalter durften schon damals nicht gezwungen werden, sich dem „externen“643, also einem vom Sendestaatsrecht unabhängigen Recht eines anderen Mitgliedstaates anzupassen.644 Eine erneute Überprüfung einer bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zugelassenen Fernsehsendung ist seit der Etablierung des Sendestaatsprinzips innerhalb der Unionsgemeinschaft unzulässig. Den Fernsehveranstaltern erleichterte seither die Fokussierung auf die rechtlichen Rahmenbedingungen lediglich eines Mitgliedstaates zugleich die Bereitstellung mitgliedsstaatsübergreifender Fernsehangebote.645 Diesbezügliche Abweichungen waren dabei im Rahmen der Geltung der Richtlinie nur in den Fällen des Art. 2a Abs. 2 der Fernsehrichtlinie möglich, wobei die betreffenden Mitgliedstaaten besondere Verfahrensschritte einhalten mussten und auch heute noch müssen.646 bb) Begriff der Fernsehsendung Da sich der Regelungsgehalt der Richtlinie lediglich auf Fernsehsendungen, nicht aber auf andere Rundfunkangebote, wie z. B. den klassischen Hörfunk bezog647, enthielt Art. 1 auch keine umfassende Definition des Rundfunkbegriffs. Vielmehr wurde in Art. 1 lit. a der Fernsehrichtlinie der Begriff der Fernsehsendung definiert als „die drahtlose oder drahtgebundene, erdgebundene oder durch Satelliten vermittelte, unverschlüsselte oder verschlüsselte Erstsendung von Fernsehprogrammen, die zum Empfang durch die Allgemeinheit bestimmt ist“.648 Zu einer Definition der 641 Siehe in diesem Zusammenhang auch EuGH, verbundene Rechtssachen C-34/95, C-35/ 95 und C-36/95, Urt. v. 9. Juli 1997, Konsumentombudsmannen (KO)./.De Agostini (Svenska) Förlag AB und TV-Shop i Sverige AB, Slg. 1997, S. I-3843 (I-3888); vgl. hierzu und zur Bedeutung des „koordinierten Bereichs“ A. Halfmeier, ZEuP 2001, S. 837 ff. (855 ff.) 642 Vgl. A. Halfmeier, ZEuP 2001, S. 837 ff. (855). 643 Vgl. C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 58. 644 EuGH, Rs. C-288/89, Urt. v. 25. Juli 1991, Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda u. a../.Commissariaat voor de Media, Slg. 1991, S. I-4007 (I-4044); vgl. C. D. Classen, in: Th. Oppermann/C. D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34 Rdn. 58. 645 Vgl. auch M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 82. 646 D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2008, S. 48. 647 Vgl. hierzu auch M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 100; B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 27. 648 Die so vorgefundene Definition der Fernsehsendung ist ebenfalls zitiert etwa bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663; J. Stender-Vorwachs/N. Theißen, ZUM 2006, S. 362 ff. (363 f.); H. P. Lehofer, Regulierung linearer und nicht-linearer Dienste, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Re-

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„Fernsehprogramme“ schweigt die Richtlinie.649 Erkennbar besteht dieser Begriff jedoch aus der Pluralbildung der Unterbegriffe „Fernsehen“ und „Programm“, also audiovisuellen Kommunikaten, die durch eine „festgelegte Abfolge“650 miteinander verbunden sind.651 Was genau unter einer „Erstsendung“ zu verstehen ist, wird im Richtlinientext ebenfalls nicht weiter beschrieben.652 Inhaltlich dürfte hiermit wohl – den Ausführungen von M. Schoenthal folgend – der „Vorgang des Absendens von inhaltetransportierenden Signalen“653 verstanden werden, wobei unklar bleibt, ob der Begriff der Erstsendung gerade in Abgrenzung zur Begrifflichkeit der „Weiterverbreitung“ und/oder zu einer etwaigen anderweitigen „Sekundärverbreitung“ auf entsprechenden Datenträgern zu sehen ist. Soweit ersichtlich, soll vom Begriff der „Erstsendung“ jedenfalls der originäre sendetechnische Vorgang erfasst werden. Neben den auch rundfunktypischen Merkmalen der Bestimmung „zum Empfang durch die Allgemeinheit“, wobei es sich beim Empfang um die „passive Aufnahme von elektronischen Signalen“654 durch den Rezipienten handelt, wird in dieser Definition auch deutlich, dass es der damaligen EG wie der heutigen EU im Rahmen der Richtlinie nicht auf eine bestimmte Sendetechnik ankam.655 Vielmehr wurde zur Definition des Begriffs der Fernsehsendung eine möglichst technologieneutralebzw. technologieoffene Formulierung nach dem jeweiligen Stand der Technik gewählt. Unter dem Begriff der Allgemeinheit versteht der Europäische Gerichtshof dabei in zustimmungswürdiger Weise in diesem Zusammenhang „eine unbestimmte Zahl möglicher Fernsehzuschauer“656, „an die dieselben Bilder gleichzeitig übertragen werden“.657 Durch das in der Definition der Fernsehsendung enthaltene Wort „bestimmt“ wird zum Ausdruck gebracht, dass es nicht auf den tatsächlichen Empfang des entsprechenden Fernsehprogrammes ankommt, sondern die „Zweck-

volution oder Anpassung, 2007, S. 37 ff. (39 f.); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/ U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 27. 649 Vgl. M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 102. 650 So M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 102. 651 Vgl. auch die Definition zu diesen beiden Elementen bei M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 102. 652 Vgl. M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 102. 653 So M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 102. 654 So die Definition bei M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 102. 655 Vgl. auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 77. 656 Vgl. EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (4931 (dort Nr. 2) = ZUM 2005, S. 549 (552); auf die Definition des EuGH bezieht sich im Rahmen seiner Ausführungen ebenfalls M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 103. 657 EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (4931 (dort Nr. 2) = ZUM 2005, S. 549 (552); M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 103.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

widmung durch den Aussendenden“ maßgeblich ist.658 Unter diese Definition fielen klassischerweise die Fernsehsendungen, die ausgehend von einem originären Sender in rundfunktypischer Weise an eine unbestimmte Anzahl von Empfängern verbreitet wurden („point-to-multipoint-Verbindungen“).659 Ausweislich der Richtliniendefinition wurden sowohl „verschlüsselte“ als auch „unverschlüsselte“ Erstsendungen von Fernsehprogrammen erfasst, wodurch somit sowohl „Free-TV“- als auch „PayTV“-Angebote in den Regelungsbereich der Richtlinie einbezogen wurden. Insbesondere stand der Einbeziehung von „Pay-TV“-Angeboten auch ohne die zusätzliche Erwähnung das oben genannte Kriterium des Empfangs durch die „Allgemeinheit“ nicht entgegen, da es insoweit nur darauf ankommt, dass eine grundsätzliche Zugangsmöglichkeit zu den entsprechenden Angeboten besteht.660 Darüber hinaus schloss der Begriff ausweislich des Richtlinientextes gemäß Art. 1 lit. a Satz 2 auch „die Übermittlung an andere Veranstalter zur Weiterverbreitung an die Allgemeinheit ein“.661 Explizit nicht umfasst waren hingegen nach Art. 1 lit. a Satz 3 der Fernsehrichtlinie „Kommunikationsdienste, die auf individuellen Abruf Informationen oder andere Inhalte übermitteln, wie Fernkopierdienste, elektronische Datenbanken und andere ähnliche Dienste.“ Der Richtlinientext machte durch die angewandte Beispieltechnik und die Formulierung „und andere ähnliche Dienste“ deutlich, dass die dortige Aufzählung nicht-eingeschlossener Dienste nicht als abschließend zu verstehen war. Der Begriff der „Kommunikationsdienste“ weist in diesem Kontext keine scharfen Konturen auf und bleibt in seiner inhaltlichen Ausfüllung ungenau. Grundsätzlich sollen nach Darstellung von M. Schoenthal dabei „sowohl Medien- als auch Telekommunikationsdienste“ umfasst sein können, da einerseits „Medieninhalte“, andererseits aber „auch die Signalübertragung“ als solche „Teilaspekte der Kommunikation“ darstellten.662 Eingegrenzt wurden die ausgeschlossenen Informationsdienste allerdings dadurch, dass nur solche unter den Ausschlusstatbestand fallen sollten, „die auf indi658 So zutreffend M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 103. 659 Vgl. B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 27. 660 Da sich die Analyse der Allgemeinzugänglichkeit nicht auf einen normspezifischen Kontext beschränkt, sondern vielmehr tatsächliche Phänomene umschreibt, kann insofern an dieser Stelle auch auf die Ausführungen zum Allgemeinheitskriterium für die Definition aus § 2 RStV in einfachgesetzlichem Zusammenhang Bezug genommen werden, vgl. hierzu B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 48. 661 Vgl. den diesbezüglichen Wortlaut in Art. 1 lit. a Satz 2 der Fernsehrichtlinie: „Der Begriff schließt die Übermittlung an andere Veranstalter zur Weiterverbreitung an die Allgemeinheit ein.“ 662 So M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 103 f. m. weit. Nachw., der mangels weiterer begrifflicher Eingrenzungen zutreffend darauf hinweist, dass der „Terminus des Kommunikationsdienstes“ auch einen „Oberbegriff zur Fernsehsendung“ darstellt.

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viduellen Abruf Informationen oder andere Inhalte“ übermittelten.663 In diesem Zusammenhang zeigten sich in dem Bemühen, die Anwendbarkeit der Fernsehrichtlinie auf die verschiedenartigen Dienste zu klären, Abgrenzungsprobleme.664 Während echte Video-on-Demand-Angebote (VoD) nicht von den Regelungen der Fernsehrichtlinie erfasst sein sollten, wurden Near-Video-on-Demand-Angebote (NVoD) nach der Mediakabel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 2. Juni 2005665 als Fernsehdienste im Sinne der Richtlinie qualifiziert, woraus sich ihre Einbeziehung in den materiellen Anwendungsbereich der Richtlinie ergeben sollte.666 Die relativ begrenzte Regelungsweite der Fernsehrichtlinie, die lediglich „Fernsehsendungen“ aus der Bandbreite der verschiedenen Rundfunkangebote herausgriff, zeigt einmal mehr, dass die Europäische Union (damals noch EG) generell primär darum bemüht ist, bereichsspezifische Regelungen zu treffen. Vor diesem Hintergrund werden grundsätzliche Zweifel hinsichtlich der Frage verstärkt, inwiefern aus diesen bereichsspezifischen Ansätzen überhaupt ein umfassender europäischer Rundfunkbegriff mit eigenständigem Bedeutungsgehalt gewonnen werden kann667. Doch möglicherweise vermag die Weiterentwicklung der alten Fernseh-Richtlinie zur „Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“ hierüber Aufschluss zu geben. b) Die AVMD-Richtlinien vom 11. Dezember 2007 bzw. 10. März 2010 Wesentliche Veränderungen hat die ursprüngliche Fernsehrichtlinie durch die sog. „Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“668 erfahren. Mit dem Wandel 663

Vgl. hierzu M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 104, 179 ff., der beim Begriff des Abrufs zwischen einem technischen und einem faktischen Begriffsverständnis differenziert. 664 Vgl. auch die Ausführungen zu Abgrenzungen zwischen „Fernsehdiensten“ und „Diensten der Informationsgesellschaft“ bei J. Stender-Vorwachs/N. Theißen, ZUM 2006, S. 362 ff. (364). 665 EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891. 666 EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (I-4924 f. Rdn. 32; I-4931 f.); vgl. hierzu H. P. Lehofer, Regulierung linearer und nicht-linearer Dienste, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 37 ff. (40); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 27. 667 Die Existenz eines eigenen Rundfunkbegriffs bejahend C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 76; ferner auch P. H. Klickermann, Europäisches Fernsehwerberecht im Wandel der neuen Medien, 2001, S. 201 ff.; a. A. hingegen etwa H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 25 f. unter Verweis auf E.-M. Michel, ZUM 1998, S. 350 ff. (353 mit FN 25). 668 Vgl. „Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung

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bzw. der Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinie gingen auch definitorische Anpassungen einher, die zu weit greifenden Veränderungen im europäischen Medienrecht geführt haben. Da die Richtlinie 89/552/EWG mehrfach und erheblich geändert wurde, haben das Europäische Parlament und der Rat die Richtlinie 89/552/ EWG (einschließlich ihrer Änderungen) aufgehoben und mit der Richtlinie 2010/13/ EU am 10. März 2010 die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste669 neu kodifiziert.670 aa) Die Metamorphose der Fernsehrichtlinie zur AVMD-Richtlinie Der sehr begrenzte Anwendungsbereich der EG-Fernsehrichtlinie führte bereits früh zu Überlegungen, diese Fernseh-Richtlinie einer grundlegenden Reform zu unterziehen, um den zügig voranschreitenden technischen Entwicklungen im Mediensektor Rechnung zu tragen.671 So bestand insbesondere ein Bedürfnis, die im Zuge der immer weiter zunehmenden medienbezogenen Konvergenz entstandenen audiovisuellen Dienste mit in den Anwendungsbereich der Richtlinie einzubeziehen672, da diesen Medien anders als den meisten klassisch verbreiteten Hörfunkdiensten673, die von der Richtlinie nach wie vor nicht erfasst sind674, durchaus eine bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“, ABl. EU Nr. L 332 vom 18. 12. 2007, S. 27 ff. 669 „Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“, ABl. EU Nr. L 95 vom 15. 4. 2010, S. 1; berichtigt durch die „Berichtigung der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)“, ABl. EU Nr. L 263 vom 6. 10. 2010, S. 15. 670 Die Aufhebung der Richtlinie 89/552/EWG samt ihrer Änderungen ergibt sich aus Art. 34 i.V.m. Anhang I der neuen AVMD-Richtlinie (Richtlinie 2010/13/EU). Anmerkung des Verfassers: Die meisten Kommentierungen in der Literatur, die in Bezug auf die alte Fassung der AVMD-Richtlinie verfasst worden sind, sind aufgrund weitreichender inhaltlicher Übereinstimmungen der Richtlinieninhalte auf die neu kodifizierte Fassung übertragbar, wenngleich sich freilich die Nummerierungen der Erwägungsgründe und der einzelnen Artikel teilweise geändert haben. 671 Vgl. B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 28; vgl. zum Revisionsprozess auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 100 ff. 672 Vgl. D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 90; J. Glöckner, in: R. Schulze/M. Zuleeg/St. Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 17 Rdn. 97; B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 28; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 99. 673 Vgl. hierzu A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (805).

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erhebliche, über die mitgliedstaatlichen Grenzen hinausgehende Bedeutung zugemessen wurde, die somit ein entsprechendes europäisches Regelungsbedürfnis begründete. Anknüpfungspunkt war dabei die Idee, eine „Content-Richtlinie“ zu schaffen, die auf elektronischem Wege übertragene Inhalte erfassen sollte, ohne ihren Anwendungsbereich auf ein bestimmtes Übertragungsmedium zu beschränken.675 Wenn auch diese Überlegungen im Zuge der Richtlinienreform von 1997 noch unberücksichtigt blieben676, erkannte man in den Folgejahren die Notwendigkeit, das Anwendungsspektrum der Richtlinie auf andere audiovisuelle Mediendienste zu erweitern.677 In diesem Kontext erarbeitete die Europäische Kommission ein „Grünbuch zur Konvergenz der Branchen Telekommunikation, Medien und Informationstechnologie und ihren ordnungspolitischen Auswirkungen“, das sich unter dem Titel „Ein Schritt in Richtung Informationsgesellschaft“678 mit der Konvergenz der Medien und der Herausforderung der Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens befasste.679 Hätte man die „neuen“ audiovisuellen Medien weiterhin unberücksichtigt gelassen, wäre es vermutlich unvermeidbar auch zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen zwischen den herkömmlichen Fernsehangeboten und den neuen audiovisuellen Angebotsformen gekommen.680 Die Europäische Kommission erarbeitete einen „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“, der von ihr am 13. Dezember 2005 vorgelegt wurde.681 Auf der Grundlage dieses Vorschlags für eine Änderungsrichtlinie, die insbesondere 674 Vgl. auch Erwägungsgrund 23 der AVMD-Richtlinie (RL 2010/13/EU), wonach der Begriff „audiovisuell“ explizit (reine) Tonübertragungen und Hörfunkdienste nicht erfasst. 675 Vgl. B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 28; vgl. hierzu A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (808 f.), der ferner auf die weiteren damals diskutierten Revisionsansätze eingeht; J. StenderVorwachs/N. Theißen, ZUM 2006, S. 362 ff. (363). 676 Vgl. hierzu etwa A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (806); Ph. Kempermann, ContentRegulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 100. 677 Vgl. A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (807); vgl. ferner auch die Darstellung bei H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 39 ff. 678 Europäische Kommission, KOM (97), 623 vom 3. Dezember 1997, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/library/legal/com/greenp_97_623_de.pdf – zuletzt besucht am 13. 09. 2011 um 9:44 Uhr; vgl. hierzu auch A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (807). 679 Vgl. Europäische Kommission, KOM (97), 623, Inhaltsangabe, S. iii f. 680 Vgl. auch Erwägungsgrund 11 der AVMD-Richtlinie (RL 2010/13/EU); siehe auch die zutreffenden Ausführungen bei D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 90. 681 Vgl. Europäische Kommission, KOM(2005) 646 endgültig – 2005/0260 (COD) vom 13. Dezember 2005, abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/com/2005/ com2005_0646de01.pdf, – zuletzt besucht am 20. 01. 2012 um 23:30 Uhr; vgl. hierzu St. Leitgeb, ZUM 2006, S. 837 ff.; D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 90.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

auch die maßgebliche Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf audiovisuelle Mediendienste zum Gegenstand hatte und damit – wenn auch erst spät – der fortschreitenden technischen Entwicklung im Medienbereich (endlich) Rechnung trug682, wurde schließlich am 11. Dezember 2007 die „Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“683 beschlossen, deren Errichtung auf den Kompetenzen basierte, die durch Art. 47 Abs. 2 und Art. 55 EGV vermittelt wurden.684 Die bereits erwähnte Neukodifizierung der AVMD-Richtlinie, die am 5. Mai 2010 in Kraft getreten ist, findet ihre kompetenzielle Stütze in der Verbindung der im Zuge des Vertrags von Lissabon in den Art. 53 Abs. 1 und Art. 62 AEUV verorteten Rechtsnormen.685 bb) Regelungsgehalt Die Etablierung eines wesentlich umfassenderen unionalen Rechtsrahmens für alle kombinierten audiovisuellen Medien entsprach von Beginn an der Zielsetzung der neu geschaffenen AVMD-Richtlinie und erweist sich nunmehr als ihr bedeutendster Vorzug.686 Dabei geht es im Kern um eine „wirksame Anwendung“ der mit einer umfassenden Gewährleistung der Dienstleistungsfreiheit verbundenen Anforderungen unter Zugrundelegung der nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der vom Regelungsbereich der Richtlinie umfassten audiovisuellen Mediendienste.687 Mit Blick auf die weiter oben erörterten Kompetenzen der Europäischen Union ist aber auch Erwägungsgrund 5 der AVMD-Richtlinie von Interesse, der audiovisuelle Mediendienste „gleichermaßen“ als „Kultur- und Wirtschaftsdienste“ einstuft.688 Neben diesen beiden Aspekten, die gerade für das eu682

Vgl. St. Leitgeb, ZUM 2006, S. 837 ff. (837 f.). „Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. 12. 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“, ABl. EU Nr. L 332 vom 18. 12. 2007, S. 27 ff.; vgl. hierzu auch W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. 684 Vgl. W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (108). 685 Vgl. hierzu auch B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 29. 686 Vgl. J. Stender-Vorwachs/N. Theißen, ZUM 2007, S. 613 ff. (615); ferner B. Holznagel/ Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 29. 687 Vgl. E. Joly, Grundsätzliche Konsequenzen aus den Schlüsselbegriffen der AVMDRichtlinie und ihrer Definition auf nationaler Ebene, in: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (Hrsg.), IRIS Spezial, Auf die Plätze, fertig … los? Die Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste, 2009, S. 33 ff. (36). 688 Vgl. auch zur ehemaligen, vor der Neu-Kodifizierung gültigen Fassung der AVMDRichtlinie D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 91; A. Arena, Die Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste zwischen Welthandelsbestimmungen und kultureller Vielfalt, in: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (Hrsg.), IRIS Spezial, Auf die Plätze, fertig … los? Die Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste, 2009, S. 85 ff (86 ff.); siehe ferner eine ähnliche Einordnung auch bei M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 68. 683

II. Europarechtliche Vorgaben

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roparechtliche Medien- und Rundfunkverständnis und die diesbezügliche Kompetenzabgrenzung zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten bzw. ihren Untergliederungen bedeutsam sind, geht Erwägungsgrund 5 auch auf die Bedeutung audiovisueller Mediendienste für die Demokratie ein, wobei in diesem Zusammenhang insbesondere ihre Rolle „zur Sicherung der Informationsfreiheit, der Meinungsvielfalt und des Medienpluralismus“ genannt werden.689 Zum Anwendungsbereich der Richtlinie zählen nach wie vor die klassischen Fernsehsendungen, wobei allerdings nun auch neue mediale Erscheinungsformen von der Richtlinie erfasst werden, für deren Anbieter in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union einheitliche und damit (an objektiven Gesichtspunkten gemessen) interessengerechte Wettbewerbsbedingungen und die nötige Rechtssicherheit für das Betreiben entsprechender audiovisuellen Mediendienste ermöglicht werden sollen.690 Allerdings verzichtet die Richtlinie nicht auf eine Binnendifferenzierung und legt ihren Bestimmungen ein medienregulatorisches System in Gestalt einer „abgestuften Regulierungsdichte“691 zugrunde – differenzierend vor allen Dingen nach linearen und nicht-linearen audiovisuellen Diensten.692 Dabei wird in der Literatur teilweise auch darauf hingewiesen, dass im Zuge der AVMDRichtlinie zwischen „drei Regulierungsebenen“693 bzw. sogar „vier Arten von An689 Vgl. allerdings zu der dennoch untergeordneten Bedeutung der „Meinungsmacht“ des Fernsehmediums im (alten) Richtlinienkontext W. Schulz, Zum Vorschlag für eine Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 1 ff. (10). 690 Vgl. auch Erwägungsgrund 11 der AVMD-Richtlinie in neu kodifizierter Fassung, der zudem die „Vollendung des Binnenmarkts“ und die „Entstehung eines einheitlichen Informationsraums“ als Zielsetzungen nennt, die die Anwendung bestimmter gemeinsamer Grundvorschriften für Fernsehprogramme und audiovisuelle Mediendienste auf Abruf notwendig machen; siehe auch die inhaltlich trotz Neu-Kodifizierung nach wie vor zutreffenden Ausführungen bei Chr. Holtz-Bacha, MP 2007, S. 113 ff. (116 f.); vgl. B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 29; vgl. bereits zum Richtlinen-Vorschlag der Europäischen Kommission die Ausführungen bei St. Leitgeb, ZUM 2006, S. 837 ff. (838). 691 Vgl. hierzu Chr. Holtz-Bacha, MP 2007, S. 113 ff. (117); J. Stender-Vorwachs/ N. Theißen, ZUM 2007, S. 613 ff. (615); K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (43); D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 94; W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (110); E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (456); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 30; siehe auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 104; siehe auch die kritische Betrachtung zur abgestuften Regulierung bei M. R. Kogler, K&R 2011, S. 621 ff. (621 ff.). 692 Vgl. D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 94; N. van EijK, Lineare und nicht-lineare audiovisuelle Mediendienste, in: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (Hrsg.), IRIS Spezial, Auf die Plätze, fertig … los? Die Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste, 2009, S. 43 ff.; E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (456); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 30. 693 So O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (14).

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

geboten“694 unterschieden werde: neben den besonders stark regulierten „linearen audiovisuellen Mediendiensten“ und den schon deutlich weniger stark regulierten „nicht-linearen audiovisuellen Mediendiensten“ werden in diesem Zusammenhang ferner die am geringsten regulierten Angebote genannt, namentlich solche, die (lediglich) vom Regelungsregime der E-Commerce-Richtlinie695 oder der Rahmenrichtlinie über elektronische Kommunikationsnetze und -dienste696 erfasst sind oder auch gar keiner besonderen Regulierung unterfallen.697 Zur Begründung für die unterschiedlich starke Regulierung linearer und nicht-linearer Dienste rekurriert Erwägungsgrund 58 der AVMD-Richtlinie auf die Unterschiedlichkeit der „audiovisuellen Mediendienste auf Abruf“ im Vergleich zu „Fernsehprogrammen“, die in den „Auswahl- und Steuerungsmöglichkeiten der Nutzer“ und ihren Auswirkungen „auf die Gesellschaft“ erkannt wird.698 So sollen die nicht-linearen Dienste lediglich den in Kapitel III der Richtlinie enthaltenen gemeinsamen Vorschriften sowie den Sonderbestimmungen in den Artikeln 12 f. (Kapitel IV) AVMD-Richtlinie unterliegen699, während für lineare Dienste weitergehende Regelungen gelten.700 Auch die AVMD-Richtlinie hält in Art. 2 grundsätzlich am „Herkunftslandprinzip“701 bzw. am hierauf aufbauenden „Sendestaatsprinzip“702 fest, wie es früher bereits in der 694

K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (43). „Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (,Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr‘)“, ABl. EG Nr. L 178 vom 17. 7. 2000, S. 1 ff. 696 „Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste (Rahmenrichtlinie)“, ABl. EG Nr. L 108 vom 24. 4. 2002, S. 33 ff. 697 Vgl. O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (14); K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (43). 698 Vgl. zum inhaltsgleichen ehemaligen Erwägungsgrund 42 in alter Fassung der AVMDRichtlinie auch B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 30. 699 Vgl. Erwägungsgrund 58 (ehemals Erwägungsgrund 42) der AVMD-Richtlinie; siehe auch D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 94; siehe auch in Bezug auf die AVMD-Richtlinie in alter Fassung B. Holznagel/ Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 30. 700 D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 94; B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 30. 701 Erwägungsgrund 33 bezeichnet das Herkunftslandprinzip als „Kernbestandteil dieser Richtlinie“. Vgl. auch die Ausführungen zur ursprünglichen Fassung der AVMD-Richtlinie vor ihrer Neu-Kodifizierung bei J. Stender-Vorwachs/N. Theißen, ZUM 2007, S. 613 ff. (616); K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (43, 46 f.). 702 Vgl. hierzu J. Stender-Vorwachs/N. Theißen, ZUM 2007, S. 613 ff. (616); M. Traimer, Vorschlag für eine Audiovisuelle Mediendienste-Richtlinie – das erste Jahr der Verhandlungen im Rat, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 19 ff. (32). 695

II. Europarechtliche Vorgaben

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Fernsehrichtlinie verankert war.703 Darüber hinaus wird das Sendestaatsprinzip nun auch auf nicht-lineare Angebote bezogen und damit in seinem Anwendungsbereich erheblich erweitert.704 Die AVMD-Richtlinie befürwortet allerdings in Erwägungsgrund 41 eine Zusammenarbeit der betreffenden Mitgliedstaaten für solche Fälle, „in denen ein der Rechtshoheit eines Mitgliedstaats unterworfener Fernsehveranstalter Fernsehsendungen erbringt, die ganz oder größtenteils auf das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ausgerichtet sind […], ohne die ordnungsgemäße Anwendung des Herkunftslandprinzips in Frage zu stellen“.705 Es geht hier also um die Vermeidung einer rechtsmissbräuchlichen Anwendung des Sendestaatprinzips (die Richtlinie spricht insoweit vom Herkunftslandprinzip), die dadurch entstehen kann, dass durch die Wahl des Sitzes die Vorschriften eines bestimmten anderen Staates umgangen werden sollen, der aber tatsächlich ausschließlicher Empfangsstaat des betreffenden Dienstes ist.706 Inhaltlich enthält die AVMD-Richtlinie unter anderem Regelungen zu den Bereichen Werbung, Sponsoring, Teleshopping und Product-Placement, für die in der deutschen Fassung die etwas umständliche, aber entwicklungsoffene Umschreibung „audiovisuelle kommerzielle Kommunikation“707 als Oberbegriff708 verwendet

703

Vgl. hierzu etwa K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (42 f., 46). Vgl. W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (111); siehe bereits J. Stender-Vorwachs/ N. Theißen, ZUM 2007, S. 613 ff. (616), die generell von einer Ausweitung des Herkunftslandprinzips „auf audiovisuelle Mediendienste als Sendestaatsprinzip“ sprechen; W. Schulz, Zum Vorschlag für eine Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 1 ff. (16); K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (46 f.). 705 Vgl. Erwägungsgrund 41 der AVMD-Richtlinie; siehe bereits die Ausführungen zu einem „Versuch einer vermittelnden Lösung“ im Vorfeld der Annahme der AVMD-Richtlinie in ihrer ursprünglichen Fassung bei M. Traimer, Vorschlag für eine Audiovisuelle MediendiensteRichtlinie – das erste Jahr der Verhandlungen im Rat, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/ M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 19 ff. (34 f.). 706 EuGH, Rs. 23/93, Urt. v. 5. Oktober 1994, TV10 SA./.Commissariaat voor de Media, Slg. 1994, S. I-4795 (I-4833); vgl. hierzu D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2008, S. 51; siehe ferner bereits M. Traimer, Vorschlag für eine Audiovisuelle Mediendienste-Richtlinie – das erste Jahr der Verhandlungen im Rat, in: W. Berka/ Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 19 ff. (33 f.); siehe ferner auch K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (47). 707 In Art. 1 Abs. 1 lit. a ii) der AVMD-Richtlinie wird die „audiovisuelle kommerzielle Kommunikation“ als gesonderter Unterfall der Begriffsdefinition eines audiovisuellen Mediendienstes zugeordnet. Dabei wird der Begriff der „audiovisuellen kommerziellen Kommunikation“, dessen Definition in Erwägungsgrund 31 der AVMD-Richtlinie bereits angeregt wird, in Art. 1 lit. h selbst definiert. Vgl. zum Begriff der „audiovisuellen kommerziellen Kommunikation“ auch die Ausführungen bei J. Stender-Vorwachs/N. Theißen, ZUM 2007, S. 613 ff. (617). 708 So J. Stender-Vorwachs/N.Theißen, ZUM 2007, S. 613 ff. (617). 704

222

2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

wird.709 Darüber hinaus beinhaltet die Richtlinie Vorschriften zum Jugendschutz710, aber auch zur Förderung europäischer Werke711, einerseits bei audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf in Art. 13712, andererseits auch bei Fernsehprogrammen nach den Artikeln 16 und 17 der AVMD-Richtlinie. Quotenregelungen gelten hier allerdings allein für das Fernsehen, aufgrund der technischen Besonderheiten nicht jedoch für nicht-lineare audiovisuelle Mediendienste.713 So formuliert Artikel 13 der AVMD-Richtlinie in Bezug auf audiovisuelle Mediendienste auf Abruf, dass die Mitgliedstaaten „im Rahmen des praktisch Durchführbaren und mit angemessenen Mitteln“ dafür sorgen, „dass audiovisuelle Mediendienste auf Abruf […] die Produktion europäischer Werke und den Zugang hierzu fördern“.714 Hieran schließen sich Vorschläge im Richtlinientext an, wie eine entsprechende Förderung aussehen könnte.715 Wenngleich die Produktplatzierung grundsätzlich gem. Art. 11 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 der AVMD-Richtlinie für solche Sendungen, die ab dem 19. Dezember 2009 produziert worden sind, verboten ist,716 gilt dieses Verbot jedoch nicht mehr absolut.717 Vielmehr sind Ausnahmen unter bestimmten Voraussetzungen nach Art. 11 Abs. 3 AVMD-Richtlinie möglich.718 Demnach sind Produktplatzierungen jedoch nur dann erlaubt, wenn die Mitgliedstaaten nichts Abweichendes beschließen, wobei ihnen auch weiterhin die Möglichkeit offen steht, Produktplatzierungen ge709

Vgl. in diesem Zusammenhang auch J. Glöckner, in: R. Schulze/M. Zuleeg/St. Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 17 Rdn. 98 ff. 710 Vgl. hierzu K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (53); J. Glöckner, in: R. Schulze/ M. Zuleeg/St. Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 17 Rdn. 102. 711 Vgl. hierzu etwa K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (53). 712 Vgl. zum damals geltenden Art. 3i der früheren Fassung der AVMD-Richtlinie auch P. Kamina, Förderung europäischer Werke bei On-Demand-Diensten, in: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (Hrsg.), IRIS Spezial, Auf die Plätze, fertig … los? Die Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste, 2009, S. 77 ff. 713 Vgl. auch zur damals geltenden Fassung der AVMD-Richtlinie D. Dörr, in: ders./ J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 98. 714 Vgl. auch P. Kamina, Förderung europäischer Werke bei On-Demand-Diensten, in: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (Hrsg.), IRIS Spezial, Auf die Plätze, fertig … los? Die Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste, 2009, S. 77 ff. (79 f.). 715 Vgl. Art. 13 Abs. 1 Satz 2 der AVMD-Richtlinie; siehe auch P. Kamina, Förderung europäischer Werke bei On-Demand-Diensten, in: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (Hrsg.), IRIS Spezial, Auf die Plätze, fertig … los? Die Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste, 2009, S. 77 ff. (80). 716 Vgl. K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (49); J. Glöckner, in: R. Schulze/ M. Zuleeg/St. Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 17 Rdn. 99; siehe ferner bereits D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 99; U. Fink/T. Keber/P. Roguski, ZUM 2011, S. 292 ff. (299). 717 Vgl. die kritische Betrachtung zur Neuregelung der Produktplatzierung bei G. Gounalakis/Chr. Wege, K&R 2006, S. 97 ff.; K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (49 ff.); J. Glöckner, in: R. Schulze/M. Zuleeg/St. Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 17 Rdn. 99. 718 Vgl. auch D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 99; U. Fink/T. Keber/P. Roguski, ZUM 2011, S. 292 ff. (299 f.).

II. Europarechtliche Vorgaben

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nerell zu verbieten bzw. bereits in den einschlägigen Regelungen vorhandene Verbote aufrecht zu erhalten.719 Teilweise wird vor dem Hintergrund, dass Produktplatzierungen nun unter bestimmten Voraussetzungen möglich sind, beklagt, dass auf diese Weise entsprechende Werbemethoden nicht mehr als Unterfall der weiterhin strikt verbotenen Schleichwerbung720 gewertet, sondern vielmehr begrifflich voneinander gelöst werden, obwohl gerade die Produktplatzierung „der prototypische Fall von Schleichwerbung“ sei.721 Weiterhin enthält die AVMD-Richtlinie auch Regelungen zum Recht auf Kurzberichterstattung in Fernsehsendungen in den Artikeln 14 und 15. cc) Definition der audiovisuellen Mediendienste Wie bereits erwähnt, ist der Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie gegenüber der früheren Fernsehrichtlinie erheblich erweitert worden.722 War der Anwendungsbereich der alten Fernsehrichtlinie bis zu ihrer Revision durch die AVMDRichtlinie auf den Begriff der Fernsehsendung beschränkt, so wurde dieser Anwendungsbereich durch die Etablierung des Begriffs des „audiovisuellen Mediendienstes“ zur Erfassung neuer medialer Erscheinungsformen ausgeweitet.723 Was dabei genau unter diesem Begriff im europarechtlichen Sinne zu verstehen ist, wird in Art. 1 Abs. 1 lit. a der AVMD-Richtlinie definiert. Die Definition lautet: „Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck ,audiovisueller Mediendienst‘ i) eine Dienstleistung im Sinne der Artikel 56 und 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, für die ein Mediendiensteanbieter die redaktionelle Verantwortung trägt und deren Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der Richtlinie 2002/21/EG ist. Bei diesen audiovisuellen Mediendiensten handelt es sich entweder um Fernsehprogramme gemäß der Definition unter Buchstabe e des vorliegenden Absatzes oder um audiovisuelle Medien719

D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 99; vgl. zur Diskussion über die Zulässigkeit der Produktplatzierung im Entstehungsprozess der AVMD-Richtlinie die Ausführungen bei M. Traimer, Vorschlag für eine Audiovisuelle Mediendienste-Richtlinie – das erste Jahr der Verhandlungen im Rat, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 19 ff. (25 ff.). 720 In der aktuellen Fassung der AVMD-Richtlinie findet sich das Verbot der Schleichwerbung in Art. 9 Abs. 1 lit. a; vgl. auch J. Glöckner, in: R. Schulze/M. Zuleeg/St. Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 17 Rdn. 99. 721 So formulieren im Rahmen ihrer kritischen Ausführungen G. Gounalakis/Chr. Wege, K&R 2006, S. 97 ff. 722 Vgl. etwa K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (43). 723 Insofern wird in der Literatur zutreffend von einer Ersetzung des Begriffs der Fernsehsendung durch den der audiovisuellen Mediendienste ausgegangen, vgl. St. Leitgeb, ZUM 2006, S. 837 ff. (839); J. Stender-Vorwachs/N. Theißen, ZUM 2007, S. 613 ff. (616).

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

dienste auf Abruf gemäß der Definition unter Buchstabe g des vorliegenden Absatzes, ii) die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation“.724

Audiovisuelle Mediendienste gliedern sich in drei verschiedene Dienstearten, deren jeweilige Definitionen zusätzlich in die Definition der audiovisuellen Dienste einbezogen werden müssen, wenn man den vollständigen Bedeutungsgehalt der Begrifflichkeit erfassen möchte. Hierbei handelt es sich im Einzelnen um Fernsehprogramme, die näher in Art. 1 Abs. 1 lit. e AVMD-Richtlinie definiert werden725, um „audiovisuelle Mediendienste auf Abruf“ gemäß der näheren Definition in Art. 1 Abs. 1 lit. g AVMD-Richtlinie726 sowie schließlich um „audiovisuelle kommerzielle Kommunikation“, deren Bedeutungsgehalt sich aus der Definition in Art. 1 Abs. 1 lit. h727 erschließt. Erwägungsgrund 58 der AVMD-Richtlinie erläutert, worin sich 724 Vgl. zu den einzelnen Definitionsmerkmalen in Bezug auf die AVMD-Richtlinie in der früher geltenden Fassung auch die Ausführungen bei H. P. Lehofer, Regulierung linearer und nicht-linearer Dienste, in: W. Berka/Chr. Grabenwarter/M. Holoubek (Hrsg.), Gemeinschaftsrecht und Rundfunk – Revolution oder Anpassung, 2007, S. 37 ff. (49 ff.); ferner bei O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (14 f.); K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (43 f.); E. Joly, Grundsätzliche Konsequenzen aus den Schlüsselbegriffen der AVMDRichtlinie und ihrer Definition auf nationaler Ebene, in: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (Hrsg.), IRIS Spezial, Auf die Plätze, fertig … los? Die Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste, 2009, S. 33 ff. (36 ff.); Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 104 ff., der teilweise eine andere Zuordnung der einzelnen Begriffsmerkmale vornimmt als die vorliegende Darstellung. Anmerkung des Verfassers: Da die Definition des audiovisuellen Mediendienstes in der neu kodifizierten AVMD-Richtlinie mit einigen Modifikationen, die unter anderem in der Anpassung an die primärrechtlichen Normen infolge des Vertrags von Lissabon begründet liegen, nahezu wortgleich mit der entsprechenden Definition in der Fassung der AVMD-Richtlinie aus 2007 ist, kann auch hier auf die Kommentierungen in der Literatur zur alten Fassung der AVMD-Richtlinie weitestgehend zurückgegriffen werden. 725 Gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. e AVMD-Richtlinie wird der Begriff „Fernsehprogramm“ wie folgt definiert: Für die Zwecke der Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „,Fernsehprogramm‘ (d. h. ein linearer audiovisueller Mediendienst) einen audiovisuellen Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den zeitgleichen Empfang von Sendungen auf der Grundlage eines Sendeplans bereitgestellt wird“, vgl. hierzu auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (456); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 39. 726 Gemäß Art. 1 Abs.1 lit. g AVMD-Richtlinie wird die Begrifflichkeit „audiovisueller Mediendienst auf Abruf“ wie folgt definiert: Für die Zwecke der Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „,audiovisueller Mediendienst auf Abruf‘ (d. h. ein nichtlinearer audiovisueller Mediendienst) einen audiovisuellen Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den Empfang zu dem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt und auf dessen individuellen Abruf hin aus einem vom Mediendiensteanbieter festgelegten Programmkatalog bereitgestellt wird“; vgl. auch B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 40. 727 Art. 1 Abs. 1 lit. h AVMD-Richtlinie definiert diesen Begriff wie folgt: „Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck ,audiovisuelle kommerzielle Kommunikation‘ Bilder mit oder ohne Ton , die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dienen. Diese Bilder sind einer Sendung gegen

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Fernsehprogramme und audiovisuelle Mediendienste auf Abruf unterscheiden, wobei die „Auswahl- und Steuerungsmöglichkeiten der Nutzer“ sowie die Auswirkungen, die die jeweiligen Angebote „auf die Gesellschaft“ zeitigen, ausdrücklich genannt werden.728 Kernkriterien eines Fernsehprogramms sind dabei einerseits die Bereitstellung „für den zeitgleichen Empfang“ des übertragenen Inhalts (durch die rezipierenden Rundfunkadressaten), andererseits der Umstand, dass eben diese Bereitstellung der „Sendungen auf der Grundlage eines Sendeplans“729 erfolgt. Um unbillige Ergebnisse zu vermeiden, werden technisch bedingte Verzögerungen nach Maßgabe des Erwägungsgrundes 30 durch die ausdrückliche Erstreckung des Merkmals „des zeitgleichen Empfangs“ auf „den quasi-zeitgleichen Empfang“ in den Anwendungsbereich der Definition mit einbezogen.730 Im Gegensatz zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff werden reine Tonübertragungen und Hörfunkdienste mangels ihres (auch) visuellen Charakters nicht vom Begriff der audiovisuellen Mediendienste und damit auch nicht vom Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie erfasst.731 Die allgemeinen Begriffsmerkmale, durch die die audiovisuellen Mediendienste in der Definition des Art. 1 Abs. 1 lit. a AVMD-Richtlinie charakterisiert werden, lassen sich damit wie folgt beschreiben: Zunächst muss es sich also um „eine Dienstleistung im Sinne der Artikel 56 und 57“ AEUV handeln.732 Für die Beurteilung der Frage, wann ein audiovisueller Mediendienst eine Dienstleistung im Sinne der Vorschrift darstellt, kann auf die weiter oben erfolgten Ausführungen zur Dienstleistungsfreiheit verwiesen werden (vgl. 2. Kap. II. 2. b) aa)). Näheren Aufschluss gibt in diesem Zusammenhang auch Erwägungsgrund 21 der AVMDRichtlinie. Dieser Erwägungsgrund macht deutlich, dass es sich bei audiovisuellen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten. Zur audiovisuellen kommerziellen Kommunikation zählen unter anderem Fernsehwerbung, Sponsoring, Teleshopping und Produktplatzierung“. 728 Vgl. bereits in Bezug auf die AVMD-Richtlinie in der damals geltenden Fassung und den dortigen Erwägungsgrund 42 die Ausführungen bei B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/ U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 30, 40; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 125 f. 729 Vgl. hierzu näher Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 123 f. 730 Vgl. hierzu auch B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 39; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 123. 731 Vgl. auch Erwägungsgrund 23 der AVMD-Richtlinie; siehe auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (455); Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 105. 732 Vgl. auch bereits die Ausführungen zur Dienstleistungsfreiheit bezüglich der AVMDRichtlinie in der damals geltenden Fassung bei W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (108 f.).

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Medien im Rahmen der Richtlinie um Massenmedien handeln soll, „die für den Empfang durch einen wesentlichen Teil der Allgemeinheit bestimmt sind und bei dieser eine deutliche Wirkung entfalten könnten“. Es soll sich im Rahmen der entsprechenden Dienstleistungen um „alle Arten wirtschaftlicher Tätigkeiten“733 handeln, wobei explizit solche öffentlich-rechtlicher Unternehmen einbezogen werden.734 Diese Klarstellung ist der Tätigkeit öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten geschuldet, die ebenso wie private Mediendiensteanbieter am europäischen Medienmarkt partizipieren. Zu beachten ist, dass „rein private Angebote“735, also solche Angebote nichtkommerzieller Art,736 dabei nicht der Anwendung der Richtlinie unterfallen sollen.737 Erwägungsgrund 21 besagt deutlich, dass sich „der Begriff der audiovisuellen Mediendienste“ „nicht auf vorwiegend nichtwirtschaftliche Tätigkeiten erstrecken“ soll, „die nicht mit Fernsehsendungen im Wettbewerb stehen“. Beispielhaft genannt werden in diesem Zusammenhang ausdrücklich „private Internetseiten und Dienste zur Bereitstellung oder Verbreitung audiovisueller Inhalte, die von privaten Nutzern für Zwecke der gemeinsamen Nutzung und des Austauschs innerhalb von Interessengemeinschaften erstellt werden“.738 Fraglich erscheint in diesem Zusammenhang allerdings wiederum die Abgrenzung im Einzelfall zu sein. So dürfte die im Erwägungsgrund 21 gewählte Formulierung „vorwiegend nichtwirtschaftliche Tätigkeiten“ entscheidend sein, wenn privat betriebene „Websites“ einer Beurteilung unterzogen werden sollen, denen ein Finanzierungsmodell zugrunde liegt, das auf internetspezifischen Werbeformen (etwa in Gestalt von „Bannern“ oder sog. „Popups“) beruht.739

733

Erwägungsgrund 21 der AVMD-Richtlinie. Vgl. auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 107. 735 So die zusammenfassenden Formulierungen bei W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (108); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 33. 736 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 107. 737 So W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (108); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/ U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 33. 738 Erwägungsgrund 21 der Richtlinie 2010/13/EU; vgl. zur früheren Fassung der AVMDRichtlinie und zum dortigen Erwägungsgrund 16 die kritischen Ausführungen bezüglich der Einordnung von Grenzfällen bei B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 33; beispielhaft nennt Ph. Kempermann das „Parlamentsfernsehen“ als nichtkommerzielles Angebot, vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 107. 739 Vgl. hierzu B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 33 m. weit. Nachw. 734

II. Europarechtliche Vorgaben

227

Weiterhin muss ein Mediendiensteanbieter740 die redaktionelle Verantwortung für die entsprechende Dienstleistung tragen.741 Was dabei unter „redaktioneller Verantwortung“ genau zu verstehen ist, wird in Art. 1 Abs. 1 lit. c AVMD-Richtlinie legal definiert als „die Ausübung einer wirksamen Kontrolle sowohl hinsichtlich der Zusammenstellung der Sendungen als auch hinsichtlich ihrer Bereitstellung entweder anhand eines chronologischen Sendeplans im Falle von Fernsehsendungen oder mittels eines Katalogs im Falle von audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf. Die redaktionelle Verantwortung begründet nicht zwangsläufig eine rechtliche Haftung nach innerstaatlichem Recht für die bereitgestellten Inhalte und Dienste“. Damit gliedern sich die entsprechenden Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal der „redaktionellen Verantwortung“ in zwei Bestandteile742 : Einerseits in die „wirksame Kontrolle“ hinsichtlich der inhaltlichen Auswahl der zu einem Gesamtprogramm miteinander verbundenen Einzelsendungen (inhaltlicher Bestandteil der Verantwortung), andererseits in die „wirksame Kontrolle“ hinsichtlich der tatsächlichen „Bereitstellung“ der redaktionell zusammengestellten Inhalte (wirtschaftlicher Bestandteil der Verantwortung)743 – letzteres differenzierend nach linearen und nicht-linearen Diensten. Aus dieser Legaldefinition darf allerdings keineswegs geschlossen werden, dass die Angebote eines Veranstalters, der seinen obligatorischen Kontrollpflichten nicht nachkommt, vor dem Hintergrund mangelnder tatsächlich ausgeübter Verantwortung aus dem Anwendungsbereich herausfallen und sich der betreffende Anbieter somit der Inanspruchnahme nach der AVMD-Richtlinie durch die Mitgliedstaaten entziehen könnte.744 Vielmehr soll mit W. Schulz „die Möglichkeit effektiver Einflussnahme“745 in diesem Zusammenhang entscheidend sein.746 Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich insofern bei manchen Online-Plattformen, da im Einzelfall unklar sein kann, ob bereits eine entsprechende redaktionelle Verantwortung vorliegt oder ob es sich um ein bloßes Forum in nicht-redaktioneller Verantwortung handelt, das seinerseits den Rege-

740 Vgl. die entsprechende Definition des „Mediendiensteanbieters“ in Art. 1 Abs. 1 lit. d der AVMD-Richtlinie. 741 Vgl. hierzu auch K. Kassai/M. Kogler, MR 2008, S. 42 ff. (45). 742 Vgl. hierzu die entsprechende Analyse bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 108. 743 So die zustimmungswürdige Analyse von Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 108. 744 Vgl. W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109). 745 So W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109); ähnlich mit entsprechender Bezugnahme auch B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 34. 746 So zutreffend W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109); siehe auch B. Holznagel/ Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 34.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

lungen der AVMD-Richtlinie nicht unterliegt.747 Im Kern kommt diesem Merkmal vor dem Hintergrund Bedeutung zu, dass der Anwendungsbereich der AVMDRichtlinie hierdurch auf „mediale Dienste“ konzentriert und nicht darüber hinaus ausgedehnt werden soll.748 Soll es sich bei einem Dienst um einen audiovisuellen Mediendienst im Sinne der Richtlinie handeln, so muss gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. a) i) der AVMD-Richtlinie eine Dienstleistung vorliegen, „deren Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit“ ist. Genau genommen lässt sich dieser Teil der Definition, durch den gewährleistet werden soll, dass nur solche Dienste vom Regelungsbereich der Richtlinie erfasst werden, denen eine entsprechende massenmediale Wirkung mit einem zumindest gewissen Grad an Meinungsbildungsrelevanz zukommt749, wiederum in verschiedene Einzelmerkmale zerlegen. So muss zunächst das Merkmal „Sendung“ erfüllt sein. Was dabei genau unter einer Sendung zu verstehen ist, wird wiederum in Art. 1 Abs. 1 lit. b AVMDRichtlinie legal definiert. Demnach versteht man unter dem Begriff der Sendung „eine Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die Einzelbestandteil eines von einem Mediendiensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist und deren Form und Inhalt mit der Form und dem Inhalt von Fernsehprogrammen vergleichbar sind.“ Darüber hinaus werden noch einzelne Beispiele genannt, bei denen das Merkmal der Sendung erfüllt sein soll.750 Auch in dieser Definition wird deutlich, dass Hörfunkangebote nicht in den Geltungsbereich der AVMD-Richtlinie einbezogen werden.751 Grundsätzlich sollen durch dieses Definitionsmerkmal auch unter Berücksichtigung des Erwägungsgrundes 22 der AVMD-Richtlinie solche Dienste

747

Vgl. zu diesem Abgrenzungsproblem auch W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109). Vgl. W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/ U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 34. 749 Vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 109, 113 f.; bei der massenmedialen Bedeutung für die Meinungsbildungsrelevanz handelt es sich um einen Aspekt, der – wie weiter oben erörtert – von entscheidender Relevanz für die grundgesetzlich verbürgte Rundfunkfreiheit im Rahmen des deutschen Verfassungsrechts ist und auf europäischer Ebene erst allmählich – auch vor dem Hintergrund der stärkeren Betonung der diesbezüglichen grundrechtlichen Aspekte – im Rahmen der fortschreitenden Europäischen Grundrechtsentwicklung an Erheblichkeit gewinnt. 750 Vgl. die exemplarische und damit nicht abschließende Auflistung in Art. 1 Abs. 1 lit. b Satz 2 AVMD-Richtlinie: „Beispiele für Sendungen sind unter anderem Spielfilme, Sportberichte, Fernsehkomödien, Dokumentarfilme, Kindersendungen und Originalfernsehspiele“. 751 Vgl. hierzu W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 35. 748

II. Europarechtliche Vorgaben

229

vom Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie nicht umfasst werden, „bei denen audiovisuelle Inhalte lediglich eine Nebenerscheinung darstellen“.752 Darüber hinaus ist nach Art. 1 Abs. 1 lit. b AVMD-Richtlinie weiterhin erforderlich, dass „Form und Inhalt mit der Form und dem Inhalt von Fernsehprogrammen vergleichbar sind“, um unter den Sendungsbegriff im Sinne der Vorschrift zu fallen. Auf diese Weise wird in Bezug auf alle audiovisuellen Mediendienste darauf abgestellt, ob sie, wenn es sich nicht sogar um Fernsehprogramme als solche handelt, eine Fernsehähnlichkeit aufweisen – und zwar ohne dabei danach zu unterscheiden, ob es im Einzelfall ein lineares oder auch ein nicht-lineares Angebot zu beurteilen gilt.753 Eine Untermauerung findet diese Feststellung ebenfalls in den Erwägungsgründen zur AVMD-Richtlinie. So besagt Erwägungsgrund 24, dass es ein „typisches Merkmal der Abrufdienste“ sei, „dass sie ,fernsehähnlich‘ sind“.754 Diese Fernsehähnlichkeit soll ausweislich dieses Erwägungsgrundes darin bestehen, dass die entsprechenden Angebote „auf das gleiche Publikum wie Fernsehsendungen ausgerichtet sind und der Nutzer aufgrund der Art und Weise des Zugangs zu diesen Diensten vernünftigerweise einen Regelungsschutz im Rahmen dieser Richtlinie erwarten kann“.755 Um auch künftige Entwicklungen einfangen zu können, soll der Begriff der Sendung nach Erwägungsgrund 24 „unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf dem Gebiet der Fernsehsendungen dynamisch“ und damit entwicklungsoffen verstanden werden.756 Dabei werden wohl auch künftig Einordnungsschwierigkeiten nur schwer vermeidbar sein. Ein aktuelles Beispiel sind etwa die Videosequenzen, die auf Internetportalen wie „YouTube“ abrufbar sind.757 Hier bietet sich ebenfalls eine differenzierende Betrachtungsweise an, die zwischen in qualitativer Hinsicht eher weniger überzeugenden Videos, die einer Fernsehähn752

So B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 35, die allerdings auf die AVMD-Richtlinie in ihrer früheren Fassung und den dortigen Erwägungsgrund 18 Bezug nehmen. 753 Vgl. auch die zutreffende Darstellung bei B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/ U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 35; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 110. 754 Vgl. bereits die Ausführungen zum Erwägungsgrund 17 der alten AVMD-Richtlinie bei B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 35. 755 Erwägungsgrund 24 der Richtlinie 2010/13/EU; vgl. bereits in Bezug auf Erwägungsgrund 17 in der früheren Fassung der AVMD-Richtlinie B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 35. 756 Vgl. bereits B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 35, die diese Auslegungsvorgabe zutreffend schon in Bezug auf die zum damaligen Zeitpunkt geltende AVMD-Richtlinie als „Novum“ bezeichnen. 757 Vgl. zu dieser Problematik auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 126 f.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

lichkeit entbehren, und solchen Videosequenzen, denen eine hinreichend qualitative Gestaltung durchaus zugesprochen werden kann, insbesondere da sie von Fernsehsendern wie der BBC, dem ZDF und anderen unter professionellen Bedingungen entsprechend zur Verfügung gestellt werden, unterscheidet.758 Entscheidend kommt es dann darauf an, ob diese Angebote „Einzelbestandteile“ im Rahmen eines „Sendeplans oder Katalogs“ im Sinne des Art. 1 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie sind oder ob es sich um isolierte Einzelvideosequenzen handelt, auf die die Bestimmungen der Richtlinie gegebenenfalls nicht anwendbar sind.759 Weiterhin muss der Inhalt der entsprechenden Sendungen der „Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit“760 dienen. Damit scheiden Angebote aus, die andere als diese abschließend genannten Zwecke verfolgen. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass eine Subsumtion unter einen der drei Begriffe in vielen Fällen gelingen wird, indem man ein weites, an der klassischen rundfunkspezifischen „Aufgaben-Trias“761 orientiertes Begriffsverständnis zugrunde legt, was zur Vermeidung kaum zu überblickender Umgehungsmöglichkeiten des Anwendungsbereichs der AVMD-Richtlinie – zumindest aus europäischer Sichtweise betrachtet – zweckdienlich erscheint.762 Ausgeschlossen werden sollen insbesondere solche Dienste, bei denen keine Bezüge mehr zu redaktionellen Gestaltungsweisen zu erkennen sind, wie dies etwa bei – in der Literatur mehrfach genannten – „Verkehrs-Webcams“ wohl in aller Regel festgestellt werden kann.763 Im Einzelfall – insbesondere bei Vorliegen von sog. „hybriden 758 Vgl. insoweit auch die Darstellung bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 110 ff. 759 Siehe auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 111. 760 Vgl. zu diesen Begrifflichkeiten im Rahmen der AVMD-Richtlinie und des Rundfunkstaatsvertrags auch B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 97. 761 Vgl. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 2 Rdn. 36; Th. Kleist/ A. Scheuer, MMR 2006, S. 127 ff. (130); Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 112; einen vierten Aufgabenbereich des klassischen Rundfunkauftrags in Gestalt von „Beratung“ nennt W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 61. 762 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 112 f., der betont, dass mit der Nennung der drei Rundfunkaufgaben „keineswegs eine Beschränkung der inhaltlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten“ erfolgen solle, sondern es vielmehr darum gehe, nur Angebote mit einem „massenmedialen Charakter“ den Anforderungen der Richtlinie zu unterwerfen; kritisch bezüglich der Abgrenzungstauglichkeit der genannten Kriterien W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109). 763 Vgl. hierzu O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (14); B. Holznagel/ Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 36.

II. Europarechtliche Vorgaben

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Diensten“, die also mehrere Medienarten in einem Dienst vereinen – wird es notwendig werden, dass eine Zuordnung anhand einer „Schwerpunktsetzung“ vorzunehmen ist.764 Gerade hier kann es jedoch zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen, da ein entsprechender Schwerpunkt bei kombinierten Angeboten häufig nicht eindeutig zu bestimmen ist.765 Dadurch, dass die entsprechenden Sendungen auf die „allgemeine Öffentlichkeit“ ausgerichtet sein müssen, ist das Allgemeinheitskriterium weiterhin – wie schon bei der ursprünglichen Fernseh-Richtlinie – als solches in die AVMD-Richtlinie aufgenommen worden,766 wobei grundsätzlich die Auslegung dieses Begriffsmerkmals im Rahmen der ursprünglichen Fernseh-Richtlinie, die auch wesentlich durch die Rechtsprechung des EuGH in der Sache Mediakabel BV./. Commissariaat voor de Media geprägt worden ist, weitgehend auch der neuen Richtlinie zugrunde gelegt werden kann767 (siehe 2. Kap. II. 3. a) bb)). Nach dem bereits in Bezug genommenen Erwägungsgrund 21 der AVMD-Richtlinie soll es sich dabei um audiovisuelle Mediendienste handeln, „die für den Empfang durch einen wesentlichen Teil der Allgemeinheit bestimmt sind und bei dieser eine deutliche Wirkung entfalten könnten“.768 Allerdings ist der das Allgemeinheitskriterium betreffende Wortlaut der AVMD-Richtlinie nicht identisch mit der diesbezüglichen Formulierung in der alten Fernseh-Richtlinie. Während die Fernseh-Richtlinie vom „Empfang durch die Allgemeinheit“ sprach, wurde im Rahmen der AVMD-Richtlinie die Formulierung „Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit“ gewählt.769 Diese Formulierung ist dem Umstand geschuldet, dass von der Definition im Rahmen der AVMDRichtlinie nun ja sowohl lineare als auch nicht-lineare Dienste umfasst sein sollen.770 In technischer Hinsicht soll durch diese Formulierung eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von „Punkt-zu-Mehrpunkt-Übertragungen“ überwunden werden,

764 So W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/ U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 35. 765 Vgl. auch W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109). 766 Vgl. auch O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (15); W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109). 767 Vgl. EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 (I-4924 Rdn. 30); O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (15); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 37. 768 Vgl. hierzu in Bezug auf die ehemalige Fassung der AVMD-Richtlinie auch B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch, Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 37. 769 Vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 114. 770 Siehe hierzu auch die Ausführungen bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 114 f.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

um eine weitere Öffnung des Anwendungsbereichs zu erreichen.771 In rein technischer Hinsicht kann dieser Argumentation gefolgt werden. Unter Berücksichtigung des Erwägungsgrundes 21 der AVMD-Richtlinie wird aber klar, dass es in normativer Betrachtung weiterhin darum geht, dass nur solche Dienste vom Anwendungsbereich der Richtlinie umfasst werden sollen, bei denen die entsprechenden Angebote tatsächlich von einem Anbieter („Punkt“) zur allgemeinen Öffentlichkeit (so betrachtet also „Mehrpunkte“) gelangen772 Reine Individualkommunikation, bei der es sich nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch bezüglich ihrer tatsächlichen Wirkungsweise um (häufig einmalige) Punkt-zu-Punkt-Verbindungen handelt, deren Inhalte regelmäßig nicht ohne weiteres von Dritten jederzeit abgerufen werden können, ohne auf den ursprünglichen Kommunikationsvorgang Bezug zu nehmen (wie etwa im Rahmen von privatem E-Mail-Verkehr), soll hingegen weiterhin gerade nicht unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.773 Wenngleich in rein technischer Hinsicht im speziellen Fall der Abrufdienste eine unbestimmte Zahl einzelner Rezipienten das Angebot des Anbieters anfordern kann, also de facto zahlreiche Punkt-zu-Punkt-Verbindungen hergestellt werden, so werden die mit dem Angebot verbundenen Inhalte doch rein tatsächlich – und zwar abhängig von der Anzahl der Anforderungen durch den Rezipientenkreis – an viele weitere Punkte herausgegeben. Genau hierin liegt auch der entscheidende Unterschied zur eigentlichen Individualkommunikation, wie wir sie etwa aus Telefongesprächen zwischen zwei natürlichen Personen oder auch aus dem privaten oder geschäftlichen E-MailVerkehr kennen, der die Erfassung entsprechender Abrufdienste durch die AVMDRichtlinie rechtfertigt. Entscheidend ist vor dem Hintergrund der Konzeption der AVMD-Richtlinie, wie dies auch in Erwägungsgrund 21 zum Ausdruck kommt, dass die jeweiligen Dienste „für den Empfang durch einen wesentlichen Teil der Allgemeinheit bestimmt sind und bei dieser eine deutliche Wirkung entfalten könnten“.774

771

Vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 114 f. 772 Mit Ph. Kempermann kommt es entscheidend darauf an, dass sich das entsprechende Programm „an die allgemeine Öffentlichkeit“ wendet, vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 114. 773 Vgl. Th. Kleist/A. Scheuer, MMR 2006, S. 127 ff. (130), die in zustimmungswürdiger Weise davon ausgehen, dass das erörterte Kriterium im Rahmen der Festlegung des Anwendungsbereichs der Richtlinie der „Abgrenzung zur Privatheit“ „dient“. 774 Vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 114 f.; differenzierend hingegen bezüglich der Reichweite des so verstandenen Allgemeinheitskriteriums Th. Kleist/A. Scheuer, MMR 2006, S. 127 ff. (130); tendenziell nehmen die Autoren an, dass auch eine „,closed user group‘, bei der der Anbieter die Rezipienten nicht (mehr) alle persönlich kennt“, vom so verstandenen Merkmal der Allgemeinheit umfasst wird.

II. Europarechtliche Vorgaben

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Schließlich muss die Übertragung der Dienste über „elektronische Kommunikationsnetze“ im Sinne des Art. 2 lit. a der Rahmenrichtlinie 2002/21/EG775 erfolgen – eine sehr bedeutsame Änderung, die mit der Schaffung der AVMD-Richtlinie einhergegangen ist.776 Nach Art. 2 lit. a der Rahmenrichtlinie 2002/21/EG handelt es sich bei einem elektronischen Kommunikationsnetz um „Übertragungssysteme und gegebenenfalls Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitige Ressourcen, die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische oder andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetze, feste (leitungs- und paketvermittelte, einschließlich Internet) und mobile terrestrische Netze, Stromleitungssysteme, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden, Netze für Hör- und Fernsehfunk sowie Kabelfernsehnetze, unabhängig von der Art der übertragenen Informationen“.777 Damit werden die entsprechenden Angebote unabhängig von der Art der technischen Netze und auch unabhängig vom zugrunde gelegten Protokollstandard in den Geltungsbereich einbezogen, soweit sie gemäß Erwägungsgrund 39 der AVMD-Richtlinie mit „handelsüblichen Verbraucherendgeräten“ rezipiert werden können.778 Da etwa auch Angebote des IPTV begrifflich erfasst werden, sind frühere Einordnungsschwierigkeiten in diesem Zusammenhang überwunden und mithin positiv geklärt.779 Der mit der Richtlinie verfolgte technologieneutrale Ansatz780, der auch in der Mitteilung der Kommission über „Grundsätze und Leitlinien für die audiovisuelle Politik der Gemeinschaft im digitalen Zeitalter“ als klar erklärtes Ziel formuliert ist,781 bildet eine gute Grundlage, um den 775

„Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie)“, ABl. EG Nr. L 108 vom 24. 4. 2002, S. 33 ff. 776 Vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 118. 777 Vgl. hierzu B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 38. 778 Vgl. W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109). 779 Vgl. B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 38. 780 Im Vergleich zur heutigen AVMD-Richtlinie war die damalige Fernseh-Richtlinie eher technologiebezogen, da sie auf bestimmte Verbreitungstechnologien Bezug nahm, vgl. hierzu auch N. van EijK, Lineare und nicht-lineare audio-visuelle Mediendienste, in: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (Hrsg.), IRIS Spezial, Auf die Plätze, fertig … los? Die Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste, 2009, S. 43 ff. (43 f.); siehe zur technologieneutralen Ausgestaltung auch die Ausführungen bei E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (456); siehe auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 103. 781 Europäische Kommission, KOM (1999), 657 endg. S. 11, abrufbar unter http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:1999:0657:FIN:DE:PDF – zuletzt besucht am 29. 01. 2012 um 16:28 Uhr; vgl. hierzu Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 118.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie auch künftigen Entwicklungen gegenüber zu öffnen. Nach Erwägungsgrund 29 der AVMD-Richtlinie sollen jedoch nicht nur die in Art. 1 Abs. 1 lit. a AVMD-Richtlinie festgeschriebenen Tatbestandsmerkmale erfüllt sein, um einen Dienst als audiovisuellen Mediendienst im Sinne der Richtlinie qualifizieren zu können; vielmehr sollen auch die Kriterien gemäß den „Erläuterungen in den Erwägungsgründen 21 bis 28“ „gleichzeitig erfüllt sein“.782 Wie gesehen können die einzelnen Erwägungsgründe auch für die inhaltliche Ausfüllung der einzelnen Begriffsmerkmale wertvolle Hinweise geben.783 dd) Keine Einbeziehung „elektronischer Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften“ Nach Erwägungsgrund 28 der AVMD-Richtlinie sollen „Elektronische Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften“ nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Durch den ausdrücklichen Ausschluss entsprechender „elektronischer Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften“ wird (scheinbar) ein definitorisches Abgrenzungsproblem umgangen, das im Onlinezeitalter gerade an der Schnittstelle zwischen Rundfunk- und Pressefreiheit auch im deutschen Verfassungsrecht eine Herausforderung darstellt.784 Der Interessenkonflikt zwischen den Beteiligten liegt dabei auf der Hand: Durch Onlineportale wird sowohl Presse- als auch Rundfunkunternehmen sowie Anbietern sonstiger von Fernsehdiensten unterscheidbarer audiovisueller Mediendienste eine neue Plattform eröffnet, auf der die entsprechenden Informationen in elektronischer Form angeboten werden können.785 Waren die ursprünglichen Medien – also etwa Fernsehen und Printausgaben von Zeitungen – klar voneinander zu unterscheiden und bedienten beide voneinander unabhängige Märkte, so haben sich durch die Möglichkeit, Onlineangebote vorzuhalten, auch 782 Vgl. bereits die Ausführungen zur AVMD-Richtlinie in ihrer früheren Fassung und zu den dortigen Erwägungsgründen 25 sowie 16 – 23 bei B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 32. 783 Siehe auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 102. 784 Vgl. hierzu stellvertretend für viele H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 143 ff., der sich für eine Einordnung entsprechender elektronischer Zeitschriftenausgaben zum Pressebegriff ausspricht; zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen auch M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62; für eine Zuordnung zur Rundfunkfreiheit K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1674 f.; siehe in diesem Zusammenhang auch H.-J. Papier/ M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. 785 Wobei beide ursprünglich voneinander getrennten Mediengruppen von den mit dem Internet einhergehenden neuen Möglichkeiten auch regen Gebrauch machen, vgl. hierzu etwa St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22).

II. Europarechtliche Vorgaben

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Schnittmengen auf den neuen Medienmärkten ergeben.786 Wenn nun laut dem zugrunde liegenden Erwägungsgrund 28 der AVMD-Richtlinie „Elektronische Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften“ vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sein sollen, ist fraglich, welche Angebote von dieser Ausschlusswirkung tatsächlich umfasst sind. Sinn und Zweck dieses Ausschlusses ist es, die grundsätzlich eher textbasierten und damit nicht oder nur begrenzt audiovisuell geprägten Onlineausgaben und -präsenzen von Zeitungen und klassischen Zeitschriften als solche – nicht jedoch die „elektronische Presse“ in einem weiter verstandenen Sinne787 – auszuschließen.788 Unklar ist somit zunächst, ob hierdurch lediglich die Korrelate zu den jeweiligen Printausgaben der Presse gemeint sind oder ob der Ausschluss auch für weiterreichende Angebote gilt. Die Einordnung solcher elektronischer Ausgaben, die den zugehörigen Printversionen inhaltlich, redaktionell und gestalterisch exakt entsprechen, wobei sie lediglich als elektronische Ausgabe nicht in verkörperter Form vorliegen, bereitet insofern keine Schwierigkeiten. Anders dürfte die Anwendbarkeit des Anwendungsausschlusses in den Fällen zu beurteilen sein, in denen Online-Ausgaben von Zeitungen lediglich die Ausgangsbasis für eigenständige andere Angebote darstellen, die ihrerseits die übrigen oben erläuterten Kriterien für das Vorliegen eines audiovisuellen Mediendienstes erfüllen. Eine schematische Einordnung entsprechender Angebote unter den Anwendungsausschluss des Erwägungsgrundes 28 würde dabei nicht zu einem sachgerechten Ergebnis führen können. Eine genaue Abgrenzung im Einzelfall erweist sich indes als schwierig, sodass auch hier mangels einer genaueren Definition dessen, was unter „elektronischen Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften“ zu verstehen ist, die rechtliche Einordnung zumindest in Zweifelsfällen kaum eindeutig erfolgen kann. Ein entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung ist dabei die Fernsehähnlichkeit, die bei Vorliegen für eine Einbeziehung des Angebotes in den Anwendungsbereich der Richtlinie streitet, bzw. die Presseähnlichkeit, die für einen Ausschluss des Anwendungsbereichs spricht. Entscheidend ist nach Erwägungsgrund 22 dabei auch, dass der fragliche audiovisuelle Inhalt nicht nur „eine Nebenerscheinung“, sondern „Hauptzweck“ des Angebotes ist.789 Vor diesem Hintergrund müssen die entsprechenden Ausführungen in den Erwägungsgründen zur Richtlinie dahingehend ge786

Vgl. in diesem Zusammenhang M. Berghaus, RuF 1994, S. 404 ff.; St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22). 787 Vgl. insoweit B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 35; siehe auch W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109), der „keine generelle Ausnahme für Verlagsangebote“ erkennt; vgl. auch D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 95; ein wohl eher weites Verständnis des entsprechenden Anwendungsausschlusses zugrunde legend Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 106. 788 Vgl. D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 95; B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 35. 789 Vgl. auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (456).

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

deutet werden, dass es bei im Kern textgeprägten Angeboten, in die audiovisuelle Bestandteile (in geringerem Umfang) integriert worden sind, nahezu ausgeschlossen ist, den „Hauptzweck“ in einer Bereitstellung primär „audiovisueller Mediendienste“ zu erkennen.790 Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Verlagsangebote generell vom Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie ausgenommen sind;791 entscheidend kommt es vielmehr also auf die individuelle Beurteilung des jeweiligen Angebotes an. Als problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang die Einschätzung, ob nur eine einheitliche Beurteilung eines entsprechenden Dienstes möglich ist oder ob gegebenenfalls auch eine Binnendifferenzierung in der rechtlichen Zuordnung zweckdienlich sein kann.792 Durch eine solche Binnendifferenzierung kann zwar eine möglichst exakte Subsumtion unter den Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie erreicht werden, wobei es allerdings zugleich zu einer Zerstückelung einheitlicher Angebote in unterschiedliche rechtliche Zuordnungsbereiche sowie möglicherweise damit verbunden wiederum zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten in der Praxis kommen könnte. Fraglich erscheint zudem die Beurteilung von Medien, die zwar nach Inhalt und optischem Erscheinungsbild starke Verbindungslinien zu Printmedien aufweisen, tatsächlich jedoch als reine „Online-Zeitungen“ über gar keine eigene Printfassung verfügen.793 In begrifflicher Hinsicht kann es sich hier nicht um eine „Online-Ausgabe“ einer Zeitung oder einer Zeitschrift handeln, da es ja gerade an einem zugrunde liegenden Printmedium mangelt.794 Folglich kann Erwägungsgrund 28 der AVMD-Richtlinie an sich in solchen Fällen nicht greifen.795 Behandelt man jedoch solche Angebote, die womöglich sogar wesentlich stärker textbasiert sein können als tatsächliche „OnlineAusgaben“ existierender Printformate, anders als die unter Erwägungsgrund 28 AVMD-Richtlinie fallenden Angebote, gelangt man im Einzelfall zu unbilligen Ergebnissen und Wertungswidersprüchen. In diesem Zusammenhang kann in der 790 Vgl. insoweit die Ausführungen bei W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109) zum damaligen Erwägungsgrund 21 der AVMD-Richtlinie in ihrer früheren Fassung. 791 Vgl. die insoweit zutreffende Feststellung bei W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 35; a. A. im Ergebnis wohl Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 106, der wohl von einem generellen Ausschluss der Angebote entsprechender Anbieter (also der Verlage) aufgrund der Festlegung im damaligen Erwägungsgrund 21 der AVMD-Richtlinie in alter Fassung (heute Erwägungsgrund 28) ausgeht. 792 Diese Abgrenzungsfrage wirft zu Recht W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109) auf. 793 Auf dieses Problem weist unter Bezugnahme auf die sog. „Netzeitung“ (http:// www.netzeitung.de) zu Recht Ph. Kempermann hin, vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 106 Fußnote 368. 794 Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 106 f. unter Einbeziehung der dortigen FN 368. 795 Vgl. Ph. Kempermann, ebda.

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Auslegung auch auf Erwägungsgrund 23 der AVMD-Richtlinie zurückgegriffen werden, wonach selbstständige „textgestützte Dienste“ „nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen“. Im Ergebnis kann eine sachgerechte Zuordnung jedenfalls nur dann gefunden werden, wenn wiederum eine individuelle Beurteilung des Angebotes vorgenommen wird, die sich maßgeblich auch danach richten muss, ob der audiovisuelle Inhalt Haupt- oder Nebenzweck des entsprechenden Angebotes ist.796 c) E-Commerce-Richtlinie Die „Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“ (sog. E-CommerceRichtlinie) „des Europäischen Parlaments und des Rates“ vom 8. Juni 2000797 stellt ein weiteres bedeutendes sekundärrechtliches Regelungswerk im Bereich der elektronischen Medien dar.798 Zentraler Anknüpfungspunkt der Richtlinie sind dabei die sog. „Dienste der Informationsgesellschaft“, deren freier Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nach Art. 1 Abs. 1 der E-Commerce-Richtlinie sichergestellt werden soll, um einen Beitrag zum einwandfreien Funktionieren des Binnenmarktes leisten zu können. Neben der Klärung des grundsätzlichen Regelungsbereichs der ECommerce-Richtlinie und der Definition der Begrifflichkeit „Dienste der Informationsgesellschaft“ ist für die Einordnung ihrer Bedeutung im Rahmen der Bestrebung, Aufschluss über ein etwaiges europäisches Rundfunkbegriffsverständnis zu erhalten, von Interesse, ob und auf welche Weise Kollisionen mit dem Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie denkbar sind. aa) Regelungsgehalt Entgegen dem ersten Eindruck, den man aus dem Namen der Richtlinie gewinnen könnte, beschränkt sich ihr Bedeutungsgehalt nicht nur auf den Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs.799 Vielmehr entfaltet die E-Commerce-Richtlinie 796 Vgl. Erwägungsgrund 22 der AVMD-Richtlinie; siehe E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (456). 797 „Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr)“, ABl. EG Nr. L 178 vom 17. 07. 2000, S. 1 ff.; vgl. zum Inhalt dieser Richtlinie auch die Ausführungen bei Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 24 f. 798 Vgl. für eine generelle Einordnung mit Bezügen zur fortschreitenden Medienentwicklung auch F. A. Maennel, Die E-Commerce Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, in: D. Ehlers/H.-M. Wolffgang/H. Pünder (Hrsg.) Rechtsfragen des Electronic Commerce, 2001, S. 29 ff. 799 Vgl. auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 80.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

aufgrund ihrer starken Bezugnahme auf die Begrifflichkeit der „Dienste der Informationsgesellschaft“ auch Wirkung hinsichtlich der europäischen Medienordnung im Allgemeinen.800 Dabei bezweckt die E-Commerce-Richtlinie keine Vollharmonisierung des in ihr geregelten Rechtsbereichs, sondern gibt in Anknüpfung an das Herkunftslandprinzip801 gewisse Mindestanforderungen vor, bei deren Einhaltung die Empfangsstaaten des betreffenden Dienstes grundsätzlich keine weitergehenden Einschränkungen des freien Verkehrs von Diensten der Informationsgesellschaft aus den Gründen vornehmen dürfen, die dem „koordinierten Bereich“802 unterfallen.803 Art. 2 lit. h der E-Commerce-Richtlinie gibt darüber Aufschluss, welche Bereiche dabei vom „koordinierten Bereich“ umfasst sind.804 Vom koordinierten Bereich sind nach dem Wortlaut von Art. 2 lit. h der E-Commerce-Richtlinie „die für den Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft und die Dienste der Informationsgesellschaft in den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten festgelegten Anforderungen, ungeachtet der Frage, ob sie allgemeiner Art oder speziell für sie bestimmt sind“, umfasst.805 So geht es also insbesondere um vom Dienstanbieter zu erfüllende Anforderungen in Bezug auf die Aufnahme und die Ausübung eines „Dienstes der Informationsgesellschaft“. Explizit nicht erfasst sind ausweislich des Richtlinientextes in Art. 2 lit. h ii) „Anforderungen betreffend die Waren als solche; Anforderungen betreffend die Lieferung von Waren“ sowie „Anforderungen betreffend Dienste, die nicht auf elektronischem Wege erbracht werden“. Die E-CommerceRichtlinie will auf diesem Wege dazu beitragen, den europäischen Binnenmarkt zu stützen und in Bezug auf die ihrerseits erfassten Mediendienste einheitliche Rahmenbedingungen mit Gültigkeit für den gesamten Rechtsraum der Europäischen Union mit einem besonderen Augenmerk auf gleiche Wettbewerbsbedingungen zu etablieren.806 Nach Art. 4 Abs. 1 der E-Commerce-Richtlinie stellen die Mitglied800

Vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 80. 801 Vgl. hierzu K. M. Brisch, CR 1999, S. 235 ff. (236 f.); Th. Hoeren, MMR 1999, S. 192 ff. (194 f.); F. A. Maennel, Die E-Commerce Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, in: D. Ehlers/H.-M. Wolffgang/H. Pünder (Hrsg.) Rechtsfragen des Electronic Commerce, 2001, S. 29 ff. (37 ff.). 802 Vgl. insoweit Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie, a.a.O. 803 Vgl. F. A. Maennel, Die E-Commerce Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, in: D. Ehlers/H.-M. Wolffgang/H. Pünder (Hrsg.) Rechtsfragen des Electronic Commerce, 2001, S. 29 ff. (37); Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 80. 804 Vgl. hierzu auch P. Ruess, Die E-Commerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, 2003, S. 33. 805 Vgl. hierzu auch P. Ruess, Die E-Commerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, 2003, S. 33. 806 Vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 80.

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staaten sicher, „daß die Aufnahme und die Ausübung der Tätigkeit eines Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft nicht zulassungspflichtig ist und keiner sonstigen Anforderung gleicher Wirkung unterliegt“.807 Auch verfahrensspezifische Vorgaben, mit denen für die künftigen Diensteanbieter Wartezeiten oder sonstige verfahrensrelevante, der Zulassungsfreiheit widersprechende „Schikanen“ verbunden sind, sind ebenso Gegenstand der in der Richtlinie verankerten Verbote wie „formelle Zulassungsregeln“.808 Fraglich scheint in diesem Zusammenhang, wie sich die Maßgabe der Zulassungsfreiheit für solche Fälle auswirkt, in denen „Dienste der Informationsgesellschaft“ zugleich audiovisuelle Mediendienste auf Abruf im Sinne der AVMD-Richtlinie darstellen.809 Eine sachgerechte Lösung kann hier nur auf kollisionsrechtlicher Ebene gefunden werden, die die (durchaus berechtigten) Anforderungen beider Richtlinien in den Blick nimmt (siehe hierzu unten unter 2. Kap. II. 3. c) cc)). Art. 5 der E-Commerce-Richtlinie enthält zudem Anforderungen an die Informationspflichten der betroffenen Diensteanbieter, wobei die Verfügbarkeit der entsprechenden Informationen durch die Mitgliedstaaten sichergestellt werden soll.810 Weitere Informationspflichten sind zudem in den Art. 6 und 10 der Richtlinie verortet. Während die Art. 12 bis 15 der E-Commerce-Richtlinie Regelungen zur Verantwortlichkeit der Vermittler enthalten, wird im sich anschließenden Kapitel III der Richtlinie die Umsetzung der Vorgaben geregelt. bb) Die Definition des Begriffs der „Dienste der Informationsgesellschaft“ In Art. 2 der E-Commerce-Richtlinie finden sich die maßgeblichen Begriffsdefinitionen, die der Richtlinie zugrunde liegen. Der Begrifflichkeit „Dienste der Informationsgesellschaft“811 widmet sich Art. 2 lit. a der E-Commerce-Richtlinie, der 807 Vgl. zur Zulassungsfreiheit F. A. Maennel, Die E-Commerce Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, in: D. Ehlers/H.-M. Wolffgang/H. Pünder (Hrsg.) Rechtsfragen des Electronic Commerce, 2001, S. 29 ff. (41). 808 Vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 89. 809 Vgl. hierzu Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 129 f., der letztlich von einer klaren rechtlichen Lage dergestalt ausgeht, dass sich die Zulassungsfreiheit auch auf solche Dienste der Informationsgesellschaft erstrecke, die den Regelungen der AVMD-Richtlinie unterfallen. 810 Vgl. hierzu auch F. A. Maennel, Die E-Commerce Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, in: D. Ehlers/H.-M. Wolffgang/H. Pünder (Hrsg.) Rechtsfragen des Electronic Commerce, 2001, S. 29 ff. (42). 811 Vgl. hierzu K. M. Brisch, CR 1999, S. 235 ff. (236); J. P. Marly, in: E. Grabitz/M. Hilf/ M. Nettesheim/M. Wolf, Das Recht der Europäischen Union, Bd. IV, A 4, Art. 2 E-CommerceRL (Stand 18. EL 2001) Rdn. 7 ff.; P. Ruess, Die E-Commerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, 2003, S. 24 ff.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

jedoch keine eigenständige Definition enthält,812 sondern auf die entsprechende Definition des Begriffs in Art. 1 Nr. 2 der Transparenz-Richtlinie813 verweist.814 Demnach handelt es sich bei einem Dienst der Informationsgesellschaft um „jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung“.815 Nach dem dortigen Art. 1 Nr. 2 erster Spiegelstrich ist die entsprechende Dienstleistung816 dann im Fernabsatz erbracht, wenn sie „ohne gleichzeitige physische Anwesenheit der Vertragsparteien erbracht wird“.817 Der Frage, wann das Merkmal der „elektronisch erbrachten Dienstleistung“ im Sinne der Definition erfüllt sein soll, widmet sich Art. 1 Nr. 2 zweiter Spiegelstrich dieser Richtlinie. Demnach handelt es sich hierbei um „eine Dienstleistung, die mittels Geräten für die elektronische Verarbeitung (einschließlich digitaler Kompression) und Speicherung von Daten am Ausgangspunkt gesendet und am Endpunkt empfangen wird und die vollständig über Draht, über Funk, auf optischem oder 812 Allerdings war im Richtlinienentwurf sehr wohl eine entsprechende Definition vorgesehen, die später jedoch aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit wieder aufgegeben wurde und damit keinen Eingang in die Richtlinie gefunden hat, vgl. hierzu G. Spindler, ZUM 1999, S. 775 ff. (776); J. P. Marly, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/M. Wolf, Das Recht der Europäischen Union, Bd. IV, A 4, Art. 2 E-Commerce-RL (Stand 18. EL 2001) Rdn. 7 ff. 813 „Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften“, ABl. EG Nr. L 204 vom 21. 07. 1998, S. 37 ff. in der Fassung der „Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 zur Änderung der Richtlinie 98/34/ EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften“, ABl. EG Nr. L 217 vom 05. 08. 1998, Seite 18 (21). 814 Vgl. hierzu auch Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 24; J. P. Marly, in: E. Grabitz/M. Hilf/ M. Nettesheim/M. Wolf, Das Recht der Europäischen Union, Bd. IV, A 4, Art. 2 E-CommerceRL (Stand 18. EL 2001) Rdn. 7 ff.; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 80 ff. 815 Vgl hierzu auch F. A. Maennel, Die E-Commerce Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, in: D. Ehlers/H.-M. Wolffgang/H. Pünder (Hrsg.) Rechtsfragen des Electronic Commerce, 2001, S. 29 ff. (33 f.). 816 Insofern bilden die Begriffe der „Dienstleistung“ bzw. des „Dienstes“ wiederum den Ausgangspunkt der begrifflichen Definition und stellen auf diese Weise wieder einen direkten Bezug zur primärrechtlich garantierten Dienstleistungsfreiheit her, vgl. insoweit die Ausführungen bei F. A. Maennel, Die E-Commerce Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, in: D. Ehlers/H.-M. Wolffgang/H. Pünder (Hrsg.) Rechtsfragen des Electronic Commerce, 2001, S. 29 ff. (34). 817 Vgl. hierzu auch J. P. Marly, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/M. Wolf, Das Recht der Europäischen Union, Bd. IV, A 4, Art. 2 E-Commerce RL (Stand 18. EL 2001) Rdn. 10, der den „Begriff des Fernabsatzes“ in diesem Zusammenhang als „enger“ ansieht als den entsprechenden Begriff im Rahmen des Fernabsatzgesetzes; P. Ruess, Die E-Commerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, 2003, S. 32, der dieses „Merkmal“ als selbsterklärend ansieht; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 81.

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anderem elektromagnetischen Wege gesendet, weitergeleitet und empfangen wird“.818 Dieses Definitionsmerkmal dient dabei nicht lediglich zur Abgrenzung gegenüber der Presse.819 Vielmehr wird auch das zuvor erwähnte Merkmal des Fernabsatzes erst durch die elektronische Übermittlungsweise ermöglicht, da ja die gleichzeitige physische Anwesenheit der Vertragsparteien an einem bestimmten Ort definitorisch ausgeschlossen ist.820 Das ausdrücklich genannte Kriterium, dass die betreffende Dienstleistung „in der Regel gegen Entgelt“ erbracht wird, entspricht insoweit auch dem Regel-Ausnahmeverhältnis, wie es dem primärrechtlichen Dienstleistungsbegriff in den Art. 56, 57 AEUV zugrunde liegt.821 Ausweislich des Erwägungsgrundes 19 der Richtlinie 98/ 48/EG sollen durch das Kriterium der Entgeltlichkeit insbesondere staatliche Tätigkeiten „ohne wirtschaftliche Gegenleistung“ „in den Bereichen Soziales, Kultur, Bildung und Justiz“ vom Anwendungsbereich ausgenommen werden.822 Allerdings werden auf der Grundlage der Definition auch andere Angebote vom Anwendungsbereich beider Richtlinien, also auch von dem der E-Commerce-Richtlinie, trotz ihrer teils erheblichen Bedeutung, die ihren Inhalten in puncto Meinungsbildungsrelevanz zukommen kann, ausgeschlossen, wobei dies insbesondere für entsprechende Angebote von Non-Profit-Organisationen oder Universitäten gilt.823 Ausweislich der Begründung der Kommission fallen jedoch ihrer Auffassung nach für den Nutzer unentgeltliche Dienste i. d. R. unter den Anwendungsbereich der Richtlinie, weil „deren Finanzierung zumeist über kommerzielle Kommunikationen erfolgt“.824 Hierin wird deutlich, dass das Entgelt nicht zwingend direkt vom Leis818 Vgl. hierzu auch P. Ruess, Die E-Commerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, 2003, S. 29 ff. 819 Vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 81. 820 Vgl. die zutreffende Darstellung bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 81. 821 Vgl. F. A. Maennel, die E-Commerce Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, in: D. Ehlers/H.-M. Wolffgang/H. Pünder (Hrsg.) Rechtsfragen des Electronic Commerce, 2001, S. 29 ff. (34) mit Verweis auf EuGH, Rs. C-109/92, Urt. v. 7. Dezember 1993, Stephan Max Wirth./.Landeshauptstadt Hannover, Slg. 1993, S. I-6447 ff.; krit. bzgl. der Unschärfe der Formulierung „in der Regel“ Th. Hoeren, MMR 1999, S. 192 ff. (193). 822 Vgl. hierzu auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 81 f. 823 Vgl. hierzu Th. Hoeren, MMR 1999, S. 192 ff. (193); G. Spindler, ZUM 1999, S. 775 ff. (776); P. Ruess, Die E-Commerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, 2003, S. 26; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 82. 824 Europäische Kommission, „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt“ v. 18. 11. 1998, KOM (1998) 586 endg., S. 16, ABl. C 30 vom 05. 02. 1999; vgl.

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tungsempfänger an den Leistungserbringer gezahlt werden muss, sondern auch eine Einbeziehung von Dritten in die Finanzierungsstrukturen möglich ist.825 Dass eine Gegenleistung durch einen Dritten ausreicht, geht auch aus Erwägungsgrund 18 der E-Commerce-Richtlinie hervor, wobei die angesprochene „kommerzielle Kommunikation“ insoweit einen typischen Anwendungsfall für solche Konstellationen darstellt, bei denen man von einer Erfüllung des Entgeltlichkeitskriteriums ausgehen kann.826 Doch auch unter diesen Voraussetzungen fallen die Angebote der Universitäten und andere nicht werbefinanzierte Angebote nicht-kommerziell ausgerichteter Organisationen weiterhin aus dem Anwendungsbereich heraus.827 Schließlich muss die Dienstleistung „auf individuellen Abruf“ des Empfängers, erbracht werden.828 Nach dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 Spiegelstrich 3 der Richtlinie, auf die in Art. 2 lit. a der E-Commerce-Richtlinie verwiesen wird, handelt es sich hierbei um „eine Dienstleistung, die durch die Übertragung von Daten auf individuelle Anforderung erbracht wird“. Notwendig ist also eine „singuläre Anforderung“ der gewünschten Daten.829 Bevor die Fernseh-Richtlinie der EG zur AVMD-Richtlinie weiterentwickelt wurde, konnte anhand dieses Kriteriums eine trennscharfe Abgrenzung zwischen dem Anwendungsbereich der Fernseh-Richtlinie und der E-Commerce-Richtlinie erzielt und eine entsprechende Zuordnung eindeutig vorgenommen werden.830 So wurden durch die Fernseh-Richtlinie ja gerade solche Dienste, die „auf individuellen Abruf“ hin übermittelt werden, nicht von ihrem krit. hierzu Th. Hoeren, MMR 1999, S. 192 ff. (193); siehe auch F. A. Maennel, Die E-Commerce Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, in: D. Ehlers/H.-M. Wolffgang/H. Pünder (Hrsg.) Rechtsfragen des Electronic Commerce, 2001, S. 29 ff. (34). 825 Siehe auch EuGH, Rs. 352/85, Urt. v. 26. April 1988, Bond van Adverteerders und andere./.Niederländischer Staat, Slg. 1988, S. 2085 (2131 Rdn. 16); vgl. F. A. Maennel, Die ECommerce Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, in: D. Ehlers/H.-M. Wolffgang/ H. Pünder (Hrsg.) Rechtsfragen des Electronic Commerce, 2001, S. 29 ff. (34); Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 81. 826 Vgl. G. Spindler, ZUM 1999, S. 775 ff. (776); Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 81. 827 Vgl. Th. Hoeren, MMR 1999, S. 192 ff. (193); G. Spindler, ZUM 1999, S. 775 ff. (776 f.); Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 82. 828 Vgl. zu diesem Definitionsmerkmal P. Ruess, Die E-Commerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, 2003, S. 32 f. 829 Vgl. P. Ruess, Die E-Commerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, 2003, S. 32. 830 Vgl. hierzu auch F. A. Maennel, Die E-Commerce Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, in: D. Ehlers/H.-M. Wolffgang/H. Pünder (Hrsg.) Rechtsfragen des Electronic Commerce, 2001, S. 29 ff. (34 f.); W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 28; E.-M. Michel, ZUM 2009. S. 453 ff. (455); a. A. hingegen Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 83 f.

II. Europarechtliche Vorgaben

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Anwendungsbereich umfasst. Erwägungsgrund 18 der E-Commerce-Richtlinie nimmt insbesondere „Fernsehsendungen im Sinne der Richtlinie 89/552/EWG“ sowie „Radiosendungen“ explizit aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie aus.831 Im Folgenden sollen die Veränderungen an der Schnittstelle zwischen den Anwendungsbereichen der E-Commerce-Richtlinie und der AVMD-Richtlinie beleuchtet werden, die sich insbesondere daraus ergeben, dass letztere ja explizit auch „nicht-lineare audiovisuelle Mediendienste auf Abruf“ von ihrem Anwendungsbereich umfasst.832 cc) Kollisionen im Anwendungsbereich zwischen E-Commerce-Richtlinie und AVMD-Richtlinie Art. 2 lit. a der E-Commerce-Richtlinie verweist – wie bereits festgestellt – auf Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/48/EG.833 Nach Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/48/EG fallen Hörfunkdienste, Fernsehsendungen im Sinne der Fernseh-Richtlinie sowie die in einer „Beispielliste“ in Anhang V dieser Richtlinie ausgewiesenen Dienste nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Durch den entsprechenden Verweis in Art. 2 lit. a der E-Commerce-Richtlinie gilt der Ausschluss der genannten Dienste auch für den Anwendungsbereich der europäischen E-Commerce-Richtlinie.834 Während durch diese ergänzenden Regelungen zum Anwendungsausschluss im Rahmen der E-Commerce-Richtlinie erreicht werden konnte, Überschneidungen zwischen ECommerce-Richtlinie und der alten Fernseh-Richtlinie weitestgehend zu vermeiden,835 ergaben sich durch die erhebliche Erweiterung des Anwendungsbereichs der jüngst errichteten AVMD-Richtlinie neue Schnittmengen im Rahmen der Anwendung beider Richtlinienwerke,836 sodass der zuvor erzielte Abgrenzungseffekt in 831

Vgl. auch P. Ruess, Die E-Commerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, 2003, S. 32 f. 832 Vgl. hierzu etwa E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (455). 833 Vgl. hierzu B. Kibele, Multimedia im Fernsehen, 2001, S. 235 f.; P. Ruess, Die ECommerce-Richtlinie und das deutsche Wettbewerbsrecht, 2003, S. 24; B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 41. 834 Vgl. B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 41. 835 Allerdings waren nach teilweise vertretener Auffassung auch früher bereits Grenzfälle denkbar. Im Kern geht es dabei um Angebote, die im Grundsatz mit klassischen Fernsehsendungen vergleichbar sind, für deren Verbreitung jedoch das Internet genutzt wird. Um das Angebot ansehen zu können, ist hier ein Tätigwerden des Rezipienten (bzw. des Internetnutzers) erforderlich, der einem entsprechenden Link, der zu dem gewünschten Internetangebot führt, durch „Anklicken“ folgen muss, vgl. hierzu Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 83; wohl keine Überschneidungen im früheren Verhältnis zwischen E-Commerce-Richtlinie und der alten Fernseh-Richtlinie annehmend E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (455). 836 Vgl. auch B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 41.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

erheblichem Maße aufgehoben worden ist.837 Gerade im Bereich der „nicht-linearen audiovisuellen Mediendienste auf Abruf“ ist denkbar, dass entsprechende Dienste zugleich die Begriffsmerkmale eines „Dienstes der Informationsgesellschaft“ im Sinne der E-Commerce-Richtlinie erfüllen.838 In nuce liegen also Abgrenzungsschwierigkeiten immer dann vor, wenn ein Dienst der Informationsgesellschaft so ausgestaltet ist, dass er zusätzlich als audiovisueller Mediendienst im Sinne der AVMD-Richtlinie zu werten ist.839 Dieser Umstand birgt jedoch erhebliches Konfliktpotenzial. Schwierigkeiten bereitet etwa die Frage nach der Zulassungsfreiheit derjenigen Dienste, die dem Anwendungsbereich beider Richtlinien unterfallen.840 So wird in Art. 4 der E-Commerce-Richtlinie die Zulassungsfreiheit der betreffenden Dienste der Informationsgesellschaft normiert. Weder die alte Fernsehrichtlinie noch die AVMD-Richtlinie kennen eine dem Art. 4 der E-Commerce-Richtlinie entsprechende Regelung zur Zulassungsfreiheit bestimmter Dienste.841 So findet sich lediglich in Erwägungsgrund 20 der AVMDRichtlinie die Formulierung: „Durch diese Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten weder verpflichtet noch ermuntert werden, neue Lizenz- oder Genehmigungsverfahren im Bereich audiovisueller Mediendienste einzuführen.“842 Um die materiellrechtliche Lage klären zu können, muss mangels anderweitiger Vorgaben die Kollisionsnorm des Art. 4 Abs. 8 AVMD-Richtlinie herangezogen werden.843 Art. 4 Abs. 8 der AVMD-Richtlinie lautet: „Die Richtlinie 2001/31/EG findet Anwendung, soweit in der vorliegenden Richtlinie nichts anderes vorgesehen ist. Im Falle einer Kollision zwischen einer Bestimmung der Richtlinie 2001/31/EG und einer Bestimmung der vorliegenden Richtlinie sind die Bestimmungen der vorliegenden Richtlinie maßgeblich, sofern in der vorliegenden Richtlinie nichts anderes vorgesehen ist.“ Durch diese Kollisionsregelung wird deutlich, dass grundsätzlich den 837

Siehe auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (455). Vgl. E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (455). 839 Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 128; vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zum unabhängig voneinander zu bestimmenden Anwendungsbereich bei B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 41. 840 Vgl. hierzu die Ausführungen bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 129 f. 841 Vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 129. 842 Vgl. zum gleichlautenden Erwägungsgrund 12 der AVMD-Richtlinie in alter Fassung bereits Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 129. 843 Vgl. hierzu auch: Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 128 f. (130). 838

II. Europarechtliche Vorgaben

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Vorschriften aus der AVMD-Richtlinie gegenüber solchen der E-CommerceRichtlinie Vorrang einzuräumen ist,844 wobei die Regelungen der E-CommerceRichtlinie immer dann ohne Einschränkung zur Anwendung gelangen sollen, wenn sich aus der AVMD-Richtlinie nichts anderweitiges ergibt.845 Ph. Kempermann weist zu Recht darauf hin, dass die AVMD-Richtlinie eigenständiger Regelungen zur Zulassungs- und Lizenzpflicht entbehrt, also gegenüber der E-Commerce-Richtlinie „keine speziellere materiell-rechtliche Regelung“ zu diesem Bereich vorsieht.846 Unter Heranziehung der Kollisionsregel des Art. 4 Abs. 8 der AVMD-Richtlinie gelangt damit auch die E-Commerce-Richtlinie und so auch die in Art. 4 der ECommerce-Richtlinie geregelte Zulassungsfreiheit zur Anwendung, wonach eine Zulassungspflicht für solche audiovisuellen Mediendienste, die zugleich als Dienste der Informationsgesellschaft zu werten sind, mit europäischem Recht nicht in Einklang stünde.847 d) Richtlinie 98/34/EG und Richtlinie 98/48/EG Die besondere Relevanz, die der Richtlinie 98/34/EG nach ihrer Änderung durch die Richtlinie 98/48/EG für die Frage nach einem europarechtlichen Rundfunkbegriffsverständnis zukommt, liegt in dem dort enthaltenen Begriffsverständnis des „Dienstes“ begründet. Da die E-Commerce-Richtlinie ihrerseits für die Definition der „Dienste der Informationsgesellschaft“ auf die Definition des „Dienstes“ im Sinne des Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34/EG zurückgreift, wurde der diesbezügliche Bedeutungsgehalt der Begriffsdefinition bereits im Zusammenhang mit den Ausführungen zur E-Commerce-Richtlinie erörtert. Gleichwohl ist die Richtlinie 98/34/EG auch hinsichtlich ihres eigenständigen Bedeutungsgehalts zu würdigen, wenngleich inhaltlich dennoch auf die diesbezüglichen Erörterungen im Zuge der Darstellungen zur E-Commerce-Richtlinie verwiesen werden kann. Ergänzend sei vielleicht an dieser Stelle noch auf die besondere Ausgestaltung der Definition hingewiesen. So werden im Anschluss an die allgemeine Definition des „Dienstes“ in Art. 1 Nr. 2 dieser Richtlinie einzelne Definitionsmerkmale ihrerseits näher beschrieben. Es finden sich dort ergänzende Definitionen zu den Merkmalen „im Fernabsatz erbrachte Dienstleistung“, „elektronisch erbrachte Dienstleistung“ sowie für die „auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung“. Dar844

Siehe auch E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 22. Vgl. E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (455); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 41; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 128. 846 Vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 130. 847 Vgl. insofern die zutreffenden Feststellungen bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 130. 845

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

über hinaus wird auf die in Anhang V angefügte Beispielliste der nicht unter diese Definition fallenden Dienste verwiesen. Am Ende von Art. 1 Nr. 2 dieser Richtlinie findet sich noch folgende Formulierung, die ebenfalls vom Anwendungsbereich nicht umfasste Dienste nennt: „Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf: – Hörfunkdienste; Fernsehdienste gemäß Artikel 1 Buchstabe a) der Richtlinie 89/ 552/EWG.“ Der begrifflichen Bestimmung eines solchen Dienstes, wie sie im Rahmen dieser Richtlinie vorgenommen wird, kommt eine große Bedeutung zu, wenn es etwa um die Einordnung von IPTV-Angeboten geht, die im Einzelfall zwischen den Zuordnungssphären beider Richtlinien changieren können.848 Jedenfalls kommt es für eine Einordnung im Einzelfall auf die genaue technische Ausgestaltung des medialen Angebotes an. e) Transparenzrichtlinie der Kommission 2006/111/EG Auch die am 20. Dezember 2006 in Kraft getretene, an die Mitgliedstaaten gerichtete Transparenzrichtlinie 2006/111/EG849, durch die die ehemalige Transparenzrichtlinie 80/723/EWG samt ihrer Änderungsrichtlinien ersetzt wurde850, ist für den Bereich des europäischen Rundfunkrechts von großem Interesse. Durch die ursprüngliche Richtlinie wurden seitens der Kommission „die Anforderungen an die finanzielle Transparenz öffentlicher Unternehmen“ vorgegeben.851 Dabei diente schon der Erlass dieser ursprünglichen Transparenzrichtlinie der Europäischen Kommission dem Ziel, die Gefahr von Quersubventionierungen und versteckten Beihilfen zu mindern.852 Hierunter versteht man solche Subventionen, die an bestimmte, mit Gemeinwohlaufgaben betraute Unternehmen zur Ausfüllung der hieraus resultierenden Pflichten (zweckgebunden) „ausgeschüttet“ werden, jedoch 848

Siehe E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 21. „Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen“, ABl. EU Nr. L 318 vom 17. 11. 2006, S. 17 ff. 850 Aufgehoben wurden gemäß Art. 10 der Richtlinie 2006/111/EG die in Anhang A genannten Richtlinien; im Einzelnen sind dies: Richtlinie 80/723/EG der Kommission, ABl. EG Nr. L 195 vom 29. 7. 1980, S. 35 ff.; Richtlinie 85/413/EWG der Kommission, ABl. EG Nr. L 229 vom 28. 08. 1985, S. 20 f.; Richtlinie 93/84/EWG der Kommission, ABl. EG Nr. L 254 vom 12. 10. 1993, S. 16 ff.; Richtlinie 2000/52/EG der Kommission, ABl. EG Nr. L 193 vom 29. 07. 2000, S. 75 ff.; Richtlinie 2005/81/EG der Kommission, ABl. EU Nr. L 312 vom 29. 11. 2005, S. 47 f. Die ursprüngliche Transparenzrichtlinie 80/723/EWG war die erste Richtlinie, die die Kommission auf ihre Rechtsetzungsbefugnis aus Art. 86 Abs. 3 EG gestützt hat, vgl. N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 21. 851 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Erwägungsgrund 18 der „Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlichrechtlichen Rundfunk“, ABl. EU Nr. C 257 vom 27. 10. 2009, S. 1 ff. (4); siehe auch zu den Zielen der damals geltenden Transparenzrichtlinie 80/723/EWG in bereits mehrfach geänderter Fassung N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 22. 852 Vgl. auch N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 22. 849

II. Europarechtliche Vorgaben

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für andere Bereiche, im Rahmen derer den betreffenden Unternehmen bzw. Anstalten keine entsprechenden gemeinwohlbezogenen Pflichten übertragen sind, in einer einen Wettbewerbsvorteil gegenüber privaten Marktteilnehmern begründenden Weise verwendet werden.853 Lange Zeit wurde insbesondere darüber gestritten, ob es sich auch bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten um „öffentliche Unternehmen“ handelt.854 Das Merkmal „öffentlich“ erfüllt ein Unternehmen gemäß Art. 2 lit. b) der Richtlinie 2006/111/EG dabei grundsätzlich immer dann, wenn „die öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss“ auf das Unternehmen ausüben kann.855 Gerade wegen der spezifischen Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks musste trotz der öffentlich-rechtlichen Organisationsform, trotz der personellen Vertretung und den damit verbundenen Einflussnahmemöglichkeiten staatlicher Vertreter in den Aufsichtsgremien der Rundfunkanstalten, den sog. Rundfunk-, Hörfunk und Fernsehräten, deren Struktur allerdings eine stark pluralistische Ausgestaltung durch eine ausgewogene Berücksichtigung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen erfahren hat,856 sowie trotz zahlreicher Privilegien, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk genießt, wohl eher verneint werden, dass es sich bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten tatsächlich um „öffentliche Unternehmen“ handelte.857 Allerdings hat die ursprüngliche Transparenz-Richtlinie durch die Änderungsrichtlinie 2000/52/EG eine erhebliche Ausweitung ihres Anwendungsbereiches erfahren, wobei die Mitgliedstaaten unter anderem verpflichtet wurden, bei Unternehmen, die bestimmte, in der Richtlinie näher bezeichnete Merkmale erfüllen, für eine getrennte Buchführung zu sorgen.858 Es handelte sich nach Art. 2 Abs. 1 lit. d) der damals geltenden Fassung der Transparenzrichtlinie dabei um „jedes Unternehmen, dem besondere oder ausschließliche Rechte nach Art. 86 Absatz 1 EGVertrag gewährt werden oder das mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nach Art. 86 Absatz 2 EG betraut ist und das für diese Dienstleistungen staatliche Beihilfen in jedweder Form einschließlich Geld- und Ausgleichsleistungen erhält und das in verschiedenen Geschäftsbereichen tätig

853

N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 17 f. m. weit. Nachw. Eingehend hierzu etwa N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 27 ff. 855 Vgl. hierzu N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 22. 856 Vgl. hierzu etwa G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 11 Rdn. 4 ff. (insbesondere auch 11 ff.); K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1697 f. 857 Ebenfalls die Qualität von Rundfunkanstalten als „öffentliche Unternehmen ablehnend J. Schröder, ZUM 2000, S. 209 ff. (219); N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 27 ff. 858 Vgl. hierzu etwa K.-E. Hain, MMR 2001, S. 219 ff. (219 f.); N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 30. 854

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

ist“.859 Die so vorgenommene Erweiterung des Anwendungsbereichs der Transparenz-Richtlinie diente nicht zuletzt auch der erleichterten Feststellung von unzulässigen Quersubventionierungen.860 Eine zwar nicht wortgleiche, aber ähnliche Formulierung mit einigen Modifikationen wurde auch in Art. 2 lit. d) der Transparenzrichtlinie in der gegenwärtig geltenden Fassung, also der Richtlinie 2006/111/ EG, aufgenommen.861 Es kommt also heute nicht mehr darauf an, ob es sich für die Anwendbarkeit der Richtlinie bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten um „öffentliche Unternehmen“ handelt oder nicht. Vielmehr fallen unter bestimmten Voraussetzungen nun auch private Unternehmen in den Anwendungsbereich der Richtlinie, nämlich immer dann, wenn das entsprechende Unternehmen „sowohl im privilegierten Sonderrechtsbereich als auch im nicht-privilegierten Wettbewerbsbereich tätig ist“.862 Angesichts der vielfältigen Tätigkeiten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die trotz ihres auf der Grundlage des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG weit zu verstehenden Grundversorgungsauftrages und der durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu ihren Gunsten etablierten „Bestandsund Entwicklungsgarantie“863 nicht zwingend nur im „privilegierten Sonderrechtsbereich“ anzusiedeln sind,864 kann heute eine Anwendbarkeit der Richtlinie auf die Tätigkeiten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten wenigstens nachvollziehbarer begründet werden. So kann aufgrund der Vielfalt der Tätigkeiten der Rundfunkanstalten, die etwa auch Merchandising u. Ä. umfassen, in der Tat angenommen werden, dass sie „in verschiedenen Geschäftsbereichen tätig“ sind und damit auch die Transparenz-Richtlinie in ihrer heute geltenden Fassung zu Recht auf sie Anwendung findet.865 Wenn auch von der Transparenz-Richtlinie in einer Zusammenschau mit den Rundfunkmitteilungen der Europäischen Kommission aus den Jahren 2001 und 2009 starke Auswirkungen auf den Rundfunk- und Medienbereich ausgehen können, bleibt im Übrigen festzustellen, dass diese Richtlinie keine das Rundfunkbegriffs859

Vgl. K.-E. Hain, MMR 2001, S. 219 ff. (219 f.); N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 30. 860 Vgl. auch A. Bartosch, EuZW 2000, S. 333 ff. (335); K.-E. Hain, MMR 2001, S. 219 ff. (219 f.); N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 31 m. weit. Nachw. 861 Art. 2 lit. d) der Richtlinie 2006/111/EG lautet: Im Sinne dieser Richtlinie sind „,Unternehmen, die verpflichtet sind, getrennte Bücher zu führen‘: Inhaber besonderer oder ausschließlicher von einem Mitgliedstaat gemäß Art. 86 Absatz 1 EG-Vertrag verliehener Rechte, die mit der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Art. 86 Absatz 2 EG-Vertrag betraut sind, einen Ausgleich in unterschiedlicher Form in Bezug auf diese Dienstleistung erhalten und die andere Tätigkeiten ausüben“. 862 So zutreffend N. Lindner, Die Europäische Transparenzrichtlinie, 2005, S. 30. 863 Siehe etwa BVerfGE 74, 297 (350 f.); 83, 238 (298 f.); 90, 60 (91); st. Rspr.; siehe hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1712 ff. 864 Vgl. auch K.-E. Hain, MMR 2001, S. 219 ff. (222 f.); grds. wohl ein weiteres Verständnis der vom Rundfunkauftrag umfassten wirtschaftlichen Aktivitäten zugrunde legend A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kap. 4 Rdn. 37 ff. 865 Vgl. auch K.-E. Hain, MMR 2001, S. 219 ff. (224).

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verständnis direkt betreffenden Definitionen enthält und damit ein etwaiges europäisches Rundfunkbegriffsverständnis durch ihren Normtext auch nicht wesentlich konturieren kann. f) Weitere Richtlinien Die Europäische Gemeinschaft bzw. die Europäische Union hat eine ganze Reihe weiterer Richtlinien erlassen, die sich zumindest teilweise auf den Rundfunk und die sog. neuen „Dienste der Informationsgesellschaft“ beziehen.866 Zu nennen sind hier etwa die „Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates“ (sog. „Universaldienstrichtlinie“)867 oder die urheber- und leistungsschutzrechtlich bedeutsame Richtlinie 93/83/EWG (sog. „Satelliten- und Kabelrichtlinie“)868, die sowohl die durch Satelliten übermittelte Erstsendung als auch die „Kabelweiterverbreitung“ von Fernseh- und auch Hörfunkprogrammen in Bezug nimmt; schließlich verdient noch die Richtlinie 98/84/EWG (sog. „Conditional Access-Richtlinie“) in diesem Zusammenhang Erwähnung.869

4. Schlussfolgerungen für einen europarechtlichen Rundfunkbegriff auf der Ebene des Unionsrechts Sowohl primär- als auch sekundärrechtliche Normen im Recht der Europäischen Union betreffen medienrechtliche Sachverhalte. Dabei können – wie oben dargelegt – zwei zentrale Regelungsbereiche, die das europäische Rundfunk- und Me866

Vgl. für einen Überblick D. Dörr, in: ders./J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 102; E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 22 ff. 867 „Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und –diensten (Universaldienstrichtlinie)“ vom 7. März 2002, ABl. EG Nr. L 108 vom 24. 4. 2002, S. 51, zuletzt geändert durch Art. 1 der „Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten, der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz“, ABl. EU Nr. L 337 vom 18. 12. 2009, S. 11 ff. (21); vgl. hierzu E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 24 f. 868 „Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung“, ABl. EG Nr. L 248 vom 6. 10. 1993, S. 15 ff.; siehe hierzu E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 26. 869 „Richtlinie 98/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 1998 über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten“, ABl. EG Nr. L 320 vom 28. 11. 1998, S. 54 ff.; siehe hierzu E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 26.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

dienrecht maßgeblich prägen, voneinander unterschieden werden: einerseits die wirtschaftsbezogenen, auf den Mediensektor fokussierten Regelungen zur Gewährleistung der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der audiovisuellen Mediendienste, andererseits die grundrechtlichen Gewährleistungen für den Medienbereich,870 wie sie sich im europäischen Recht aus der EU-Grundrechte-Charta, der EMRK und „den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten“ ergeben.871 Das Europarecht ist (auch) im Medienbereich dadurch gekennzeichnet, dass keine umfassenden und abschließenden Regelungen zu einzelnen Rechtsmaterien, wie etwa dem Rundfunk- und Medienrecht in seiner Gesamtheit existieren, sondern vielmehr spezifische Teilbereiche im Rahmen des jeweiligen Regelungszusammenhangs berücksichtigt werden.872 Der Rundfunkbegriff als solcher wird weder im Primär- noch im Sekundärrecht definiert.873 Daher ist fraglich, ob es überhaupt einen europarechtlichen Rundfunkbegriff gibt, der jenseits einer fehlenden Legaldefinition gewonnen werden kann. Auch das deutsche Grundgesetz gewährleistet zwar in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 explizit die Freiheit des Rundfunks, definiert jedoch seinerseits ebenfalls nicht, was unter Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne zu verstehen ist.874 Gleichwohl hat sich in Deutschland ein verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff herausgebildet, der nicht zuletzt Aufschluss darüber gibt, auf welche Sachverhalte die Rundfunkfreiheit auf der Grundlage ihres grundgesetzlich verankerten Gewährleistungsgehalts ihre Wirkungen und Geltungskraft entfaltet.875 Dabei betont das Bundesverfassungsgericht – wie bereits festgestellt – die Notwendigkeit einer dynamischen Interpretation des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs, um auch künftige Entwicklungen mit erfassen zu können und den Rundfunkbegriff damit nicht auf einen bestimmten Stand der Technik festzuschreiben.876 In Analogie zur Herausbildung des Rundfunkbegriffs auf verfassungsrechtlicher Ebene könnte man nun versucht sein, durch Heranziehung normativer Kriterien einen europarechtlichen Rundfunkbegriff durch eine Zusammenschau der medien- und rundfunkrechtlich relevanten Vorschriften im Rahmen

870 Vgl. hierzu auch den Ansatz von C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 80, die aus diesen Teilbereichen einen europäischen Rundfunkbegriff zu gewinnen sucht. 871 Vgl. nochmals stellvertretend für viele die Ausführungen bei R. Geiger, in: ders./D.-E. Khan/M. Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 6 EUV Rdn. 1 ff. 872 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 82; K. Stern, Staatsrecht Band IV/ 1, 2006, § 110 S. 1661; siehe in Bezugnahme auf die EG-Fernseh-Richtlinie H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 25. 873 Vgl. E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 31. 874 Vgl. hierzu etwa W. Hoffmann-Riem, Pay TV im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, 1996, S. 39; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110, S. 1660. 875 Vgl. zur Entstehungsgeschichte und inhaltlichen Reichweite des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1657 ff. 876 Vgl. BVerfGE 73, 118 (154); 74, 297 (350); siehe hierzu auch W. Hoffmann-Riem, Pay TV im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, 1996, S. 39.

II. Europarechtliche Vorgaben

251

der Europäischen Union zu gewinnen.877 So wird teilweise angenommen, dass dem europäischen Unionsrecht (damals Gemeinschaftsrecht) als eigener und damit auch von anderen Ebenen abgrenzbarer Rechtsebene auch ein „eigener Rundfunkbegriff“ zugrunde liege.878 In der Interpretation seiner Wesensmerkmale solle dieser eigenständige europarechtliche oder auch „europäische“ Rundfunkbegriff „tatsächlichen Entwicklungen offen“ stehen und „keinem starren Begriffsverständnis verhaftet“ sein.879 Aufgrund der eingeschränkten Regelungsbereiche des europäischen Gemeinschaftsrechts (bzw. des heutigen Unionsrechts) sollen neben den geregelten auch die ungeregelten Bereiche zur Begriffsgewinnung herangezogen werden.880 Es erscheint allerdings fraglich, ob ein auf diese Weise konstruierter europäischer bzw. europarechtlicher Rundfunkbegriff sinnvollerweise überhaupt gewonnen werden kann, obwohl er im primär- und sekundärrechtlichen Rahmen des europäischen Unionsrechts als solcher nicht angelegt ist,881 sondern vielmehr andere Begrifflichkeiten den zu regelnden medienrechtlichen Sachverhalten zugrunde gelegt wurden. So findet auf unionsrechtlicher Ebene die Freiheit des Rundfunks anders als im deutschen Verfassungsrecht nämlich keine explizite Verankerung, sondern ist im Grundrecht der „Freiheit der Medien“ und ihrer „Pluralität“, wie sie in Artikel 11 Abs. 2 EU-GRCh „geachtet“ werden, bzw. im Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit im Sinne des Art. 10 Abs. 1 EMRK als ein Element dieser Freiheiten mit enthalten.882 In Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK finden Hörfunk- und Fernsehun877 Vgl. hierzu auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 80; siehe ferner für die Annahme eines europarechtlichen (im Wortlaut „gemeinschaftsrechtlichen“) Rundfunkbegriffs bereits C. D. Classen, Der Rundfunk zwischen Wirtschaft und Kultur: Die Perspektive des europäischen Gemeinschaftsrechts, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 53 ff. (66 f.); vgl. auch R. Schüll, Schutz der Meinungsvielfalt im Rundfunkbereich durch das europäische Gemeinschaftsrecht, 2006, S. 18. 878 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 82; P. H. Klickermann, Europäisches Fernsehwerberecht im Wandel der neuen Medien, 2001, S. 201 ff.; vgl. auch C. D. Classen, Der Rundfunk zwischen Wirtschaft und Kultur: Die Perspektive des europäischen Gemeinschaftsrechts, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 53 ff. (66 f.). 879 So C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 82. 880 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 82 ff. zu den von der Autorin vorgeschlagenen Merkmalen eines europäischen Rundfunkbegriffs. 881 Vgl. in Bezug auf das primäre Gemeinschaftsrecht und auf Art. 10 EMRK schon die Feststellungen bei H. Gersdorf, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit als „Supergrundrecht“? Zur Notwendigkeit einer dogmatischen Weiterentwicklung des verfassungsrechtlichen Begriffsbildes, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 137 ff. (140). 882 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1661; siehe ferner in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei H. Gersdorf, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit als „Supergrundrecht“? Zur Notwendigkeit einer dogmatischen Weiterentwicklung des verfassungsrechtlichen Begriffsbildes, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 137 ff. (140).

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

ternehmen dergestalt ausdrückliche Erwähnung, dass die Signatarstaaten nicht daran gehindert werden, für die genannten Unternehmen sowie für Kinounternehmen (im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnung) „eine Genehmigung vorzuschreiben“. Auch die auf die Verwirklichung des freien Dienstleistungsverkehrs im Mediensektor gerichtete AVMD-Richtlinie hat ihrerseits nicht den Rundfunk als solchen, sondern vielmehr die sog. „audiovisuellen Mediendienste“, deren Definition sich in Art. 1 Abs. 1 lit. a des Richtlinientextes findet, als Bezugspunkt für ihren Anwendungsbereich zugrunde gelegt.883 Bezog sich die alte Fernsehrichtlinie definitorisch lediglich auf den Begriff der „Fernsehsendung“884, der ebenfalls vom wesentlich weiteren verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff mit umfasst wird, nähert sich die AVMD-Richtlinie durch ihren erheblich umfangreicheren Anwendungsbereich, der sowohl „lineare“ als auch „nicht-lineare audiovisuelle Mediendienste“ umfasst, mehr dem weiten Begriffsverständnis, wie es dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff eigen ist, an. In Tradition der alten Fernsehrichtlinie wird vom Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie hingegen weiterhin – wie gesehen – der klassische Hörfunk nicht erfasst.885 Wenn auch die einfachgesetzliche Definition des Rundfunkbegriffs in § 2 Abs. 1 RStV seit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag offensichtlich an die Einordnungskriterien der AVMD-Richtlinie angelehnt ist,886 ist sie entgegen der Definition im Richtlinientext auf den Rundfunk als solchen ausgerichtet. Der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff ist im Gegensatz zum Begriff der „audiovisuellen Mediendienste“ im Rahmen der AVMD-Richtlinie auf lineare Angebote begrenzt, schließt allerdings seinerseits den Hörfunk nicht von seinem Anwendungsbereich aus, der schließlich zu den beiden klassischen Erscheinungsformen des Rundfunks zählt. Im Zusammenhang mit dem europäischen Unionsrecht gibt es demnach keinen eigenständigen Rundfunkbegriff, dem eine allgemeine Verbindlichkeit zukäme.887 883 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zur Ersetzung des Begriffs der Fernsehsendung durch den Begriff des audiovisuellen Mediendienstes bei St. Leitgeb, ZUM 2006, S. 837 ff. (839); J. Stender-Vorwachs/N. Theißen, ZUM 2007, S. 613 ff. (616). 884 Vgl. hierzu etwa W. Hoffmann-Riem, Pay TV im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, 1996, S. 40; siehe auch E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 31 f., der den Begriff der Fernsehsendung als „gewichtigen Teilbereich der Rundfunks“ wertet. 885 Vgl. bereits (bezogen auf die alte EG-Fernsehrichtlinie) H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 71 m. weit. Nachw.; M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 263. 886 Vgl. in diesem Zusammenhang auch E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 32. 887 Vgl. W. Hoffmann-Riem, Pay TV im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, 1996, S. 40; C. D. Classen, Der Rundfunk zwischen Wirtschaft und Kultur: Die Perspektive des europäischen Gemeinschaftsrechts, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 53 ff. (66 f.), der aber gleichwohl die Existenz eines gemeinschaftsrechtlichen Rundfunkbegriffs trotz seiner fehlenden Verortung annimmt; E.-M. Michel, ZUM 1998, S. 350 ff. (353 mit FN 25); H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 25 f.; W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rund-

II. Europarechtliche Vorgaben

253

Vielmehr umfassen die herangezogenen Begrifflichkeiten im Recht der Union im Hinblick auf die grundrechtlichen Gewährleistungen – insbesondere im Rahmen des Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh – einen weiteren und bezogen auf die Begrifflichkeit der „audiovisuellen Mediendienste“ einen im Verhältnis zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff engeren Anwendungsbereich, was gerade in der Nicht-Einbeziehung des Hörfunks888 begründet liegt. Vergleicht man die definitorische Umgrenzung der „audiovisuellen Mediendienste“ im Rahmen der AVMD-Richtlinie mit dem einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrages, stellt man fest, dass beide Rechtsbegriffe zwar Schnittmengen aufweisen, aber im Ergebnis einen deutlich voneinander zu unterscheidenden Zuschnitt erfahren haben. So enthält der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff zwar im Gegensatz zu den „Audiovisuellen Mediendiensten“ im Rahmen der AVMD-Richtlinie den Hörfunk, beschränkt sich allerdings auf „lineare Informations- und Kommunikationsdienste“.889 Nicht-lineare Medienangebote fallen aus dem Anwendungsbereich des Rundfunkbegriffs im einfachgesetzlichen Sinne heraus und unterliegen ihrerseits weitestgehend den gesetzlichen Regelungen im Bereich der Telemedien. Die in der AVMD-Richtlinie verankerte Begriffsdefinition gibt als solche Aufschluss über den Anwendungsbereich der Richtlinie, ohne jedoch einen eigenständigen europarechtlichen Rundfunkbegriff zu schaffen.890 Gleichwohl kommt auch den europarechtlich existierenden Definitionen, wie beispielsweise für den Bereich der audiovisuellen Mediendienste, erhebliche Bedeutung für die nationalen, dort unter anderem von der Rundfunkbegriffsdefinition geprägten Regelungsbereiche zu, wobei mit der Zugrundelegung der europarechtlichen Begrifflichkeiten mitunter Schwierigkeiten in der einfachgesetzlichen Umsetzung und Anwendung der europäischen Vorgaben einhergehen.891 Auch wenn sich de lege lata die damals teilweise gehegte Erwartung bislang nicht erfüllt hat, dass es zur Herausbildung eines spezifischen „gemeinschaftsrechtlichen Grundrechts der Rundfunkfreiheit mit eigener Rundfunkdefinition“ kommen funkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 25 f.; vgl. auch in Bezug auf die Definitionsbemühungen im Rahmen der alten Fernseh-Richtlinie 89/552/EWG zur Beratung der geänderten Fassung durch die Richtlinie 97/36/EG die Ausführungen bei T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 23 ff. (24 f.); vgl. auch E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 31 f., der auf die Begriffsdefinition der Fernsehsendung im Rahmen der früheren Fernseh-Richtlinie als „gewichtigen Teilbereich des Rundfunks“ hinweist; a. A. mit der Annahme eines eigenständigen Rundfunkbegriffes wohl C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 82 ff.; P. H. Klickermann, Europäisches Fernsehwerberecht im Wandel der neuen Medien, 2001, S. 201 ff.; R. Schüll, Schutz der Meinungsvielfalt im Rundfunkbereich durch das europäische Gemeinschaftsrecht, 2006, S. 18. 888 Siehe stellvertretend für viele nochmals M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 263. 889 Vgl. auch E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 32. 890 Vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 23 f.; E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (455). 891 Vgl. W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 25 f.

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2. Kap.: Der Rundfunk im europäischen Recht

könnte,892 hat die Freiheit des Rundfunks dennoch durch die in Art. 11 Abs. 2 EUGRCh verankerte Freiheit der Medien – auf der Grundlage des in Art 6 EUV angelegten grundrechtlichen Zusammenspiels mit den Gewährleistungen aus der EMRK und „den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen“ – eine stärkere primärrechtliche Absicherung erfahren. Möglicherweise ist die fehlende Ausbildung einer stärkeren ausdrücklichen Binnendifferenzierung unter dem Dach der Medienfreiheit der zunehmenden „Konvergenz der Medien“ geschuldet, die die früher vorhandenen Grenzen der einzelnen Medienkategorien zunehmend verwischt.893 Die bewusste Nichtvornahme einer kleinteiligen Binnendifferenzierung bildet gewissermaßen das rechtliche Pendant zur tatsächlichen Medienentwicklung.

892

So etwa T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 25. Vgl. etwa die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1667 f.; siehe auch zur Schnittstelle Fernsehen und Internet und zu der heute bestehenden Möglichkeit, eine „crossmediale Verknüpfung“ zu erzielen, die Ausführungen bei B. Holznagel/D. Dörr/ D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 25 f. 893

3. Kapitel

Die sog. „Neuen Medien“ Nachdem nun der Rundfunkbegriff beziehungsweise die auf Teile des Rundfunks bezogenen spezifischen Terminologien im deutschen und auch im europäischen Recht in ihren jeweiligen Facetten erörtert worden sind, soll im Folgenden nun der Bereich der sog. „Neuen Medien“ in den Blick genommen werden. Nach einer allgemeinen Erörterung und Einordnung der Begrifflichkeit soll dabei im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung de lege lata auf einige aktuelle Abgrenzungsfragen im Rahmen der Zuordnung einzelner „Neuer Medien“ auf einfachgesetzlicher und verfassungsrechtlicher Ebene eingegangen werden.

I. Der Begriff der „Neuen Medien“ Bevor eine Einordnung neuer medialer Erscheinungsformen in verfassungsrechtlicher und einfachgesetzlicher Hinsicht gelingen kann, bedarf es einer Klärung dessen, was unter dem Begriff der „Neuen Medien“ überhaupt verstanden werden soll. In diesem Zusammenhang wird der Begriff der „Neuen Medien“ auch auf seine grundsätzliche Ergiebigkeit für die Schaffung einer eigenständigen Begriffskategorie zu untersuchen sein.

1. Grundsätzliche begriffliche Einordnung Anders als etwa der Rundfunk- oder Pressebegriff umschreibt der Begriff der „Neuen Medien“ weniger eine spezifische Mediengattung, sondern ist vielmehr in Abhängigkeit zum jeweiligen technischen Entwicklungsstand zu sehen.1 Eine sinnvolle begriffliche Abgrenzung ergibt sich insofern nicht zwingend gegenüber einzelnen bestehenden Mediengattungen, sondern vielmehr in der Gegenüberstellung der „Neuen Medien“ zu bereits etablierten Medienformen in medien-epochaler Betrachtungsweise.2 Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der „Neuen Medien“

1

Siehe K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1664. Vgl. zu den Entwicklungslinien im Bereich der jeweils als „neu“ wahrgenommenen Medien die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1664. 2

256

3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

trotz bestehender Bemühungen im Schrifttum3 keiner nachhaltigen und umfassenden Definition zugänglich und bleibt angesichts der fortschreitenden Entwicklung in technischer und tatsächlicher Hinsicht „unbestimmt“.4 An die Stelle des Begriffs der „Neuen Medien“ treten zuweilen in zumeist synonymer Verwendung auch andere begriffliche Bezeichnungen, wie zum Beispiel der Ausdruck „Neue Dienste“5 oder auch der Begriff der „neuen Angebote“6. Während in den 70er und 80er Jahren etwa der Bildschirmtext zu den „Neuen Medien“ zählte,7 dürften heute begrifflich eher Online-Dienste sowie entsprechende Anwendungen im Rahmen der die Medienkonvergenz entscheidend befördernden Smartphone-Technologie erfasst sein. In Ermangelung differenzierender Begriffskategorien wird zur Kennzeichnung der fortschreitenden technischen Entwicklungsstadien teilweise von „neuen und neuesten Medien“ gesprochen.8 Während mit dem Begriff der „Telemedien“, der nach § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV „alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste“ unter Ausschluss solcher Dienste, die als „Telekommunikationsdienste“, „telekommunikationsgestützte Dienste“ oder als „Rundfunk“ zu qualifizieren sind und damit anderen näher bezeichneten gesetzlichen Regelungen unterfallen, erfasst, eine neue Kategorie im einfachgesetzlichen Rundfunkrecht geschaffen wurde,9 die zumindest eine Vielzahl neuer medialer Erscheinungsformen begrifflich abdeckt, hat sich auf Verfassungsebene die textliche Grundlage des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bislang nicht geändert. Explizit werden hier nach wie vor die Pressefreiheit10, die Rundfunkfreiheit11 und die Filmfreiheit12 als 3 Vgl. etwa den „Vorschlag für eine Legaldefinition der Neuen Medien“ von R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 76 f. 4 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1664; ders., in: P. J. Tettinger/ K. Stern, Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 46. 5 K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1664; vgl. zum Begriff der „Dienste“ in Abgrenzung zu dem im Einzelfall genutzten Übertragungsnetz H. Redeker, Neue Informationsund Kommunikationstechnologien und bundesstaatliche Kompetenzordnung, 1988, S. 4 f. 6 Vgl. zur Terminologie in Bezug auf die europarechtlichen Vorgaben zum Drei-Stufen-Test seitens der Europäischen Kommission Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 361, der offen lässt, ob der Begriff der „neuen ,Angebote‘, die unter den Drei-Stufen-Test fallen, weiter ist als der der neuen ,Dienste‘“, den der Verfasser im Rahmen seiner Arbeit zugrunde legt. 7 Vgl. hierzu etwa H. Redeker, Neue Informations- und Kommunikationstechnologien und bundesstaatliche Kompetenzordnung, 1988, S.1, 9 ff.; H. Bismark, Neue Medientechnologien und grundgesetzliche Kommunikationsverfassung, 1982, S. 35 f.; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1664. 8 So etwa K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1666, 1673. 9 Vgl. zur Einführung des Begriffs der „Telemedien“ die Ausführungen bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 10. 10 Vgl. hierzu etwa Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (122. AL 2006) Rdn. 345 ff.; zum Pressebegriff F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 123 ff.; siehe auch die

I. Der Begriff der „Neuen Medien“

257

Massenkommunikationsfreiheiten „besonders gewährleistet“13. Um auch die „Neuen Medien“ in die grundrechtlichen Schutzwirkungen mit einbeziehen zu können, ist de lege lata eine begriffliche Zuordnung zu den im Grundgesetz verankerten Freiheitsgewährleistungen erforderlich.14 Eine solche Zuordnung der „Neuen Medien“ wird durch die Konvergenz der einzelnen medialen Erscheinungsformen, die zunehmende Verwischung der Grenzlinien zwischen der einst klar voneinander zu unterscheidenden Individual- und Massenkommunikation15 bei gesteigerter Interaktivität16 und die damit längst überwundene klassische monomediale Prägung zusätzlich erschwert.17 Teilweise wird in Art. 5 Abs. 1 GG auch ein allgemeines „Grundrecht der Medienfreiheit“ hineingelesen, das neben den dort explizit genannten Medienformen auch die „mediale Tätigkeit im Multimediabereich“ einschließen soll.18 „Medial“ sollen in diesem Zusammenhang „alle an die AllgeAusführungen zur Genese der grundgesetzlichen Pressefreiheit R. Grote/N. Wenzel, in: R. Grote/Th. Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 2006, Kap. 18 Rdn. 6. 11 Vgl. hierzu grundlegend K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1640 ff.; siehe ferner etwa Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006) Rdn. 623 ff.; siehe zum Rundfunkbegriff in seiner einfachgesetzlichen und in seiner verfassungsrechtlichen Ausprägung F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 127 ff. 12 Grundlegend P. Bär, Die verfassungsrechtliche Filmfreiheit und ihre Grenzen: Filmzensur und Filmförderung, 1984, S. 1 ff. (insbesondere auch S. 20 ff.); vgl. hierzu etwa auch Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006) Rdn. 899 ff.; siehe zum Filmbegriff auch F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 130. 13 So K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110, S. 1667 ff. mit umfassenden Ausführungen insbesondere zur Rundfunkfreiheit und ihrer Abgrenzung zu den anderen Massenkommunikationsfreiheiten des Grundgesetzes; W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (491) spricht von „beispielhaft genannten Formen von Massenkommunikation (Presse, Rundfunk und Film)“ in Bezug auf die Gewährleistungen aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Aus der Auslegung des Wortlautes der textlichen Grundlage des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergibt sich der angenommene (nicht abschließende) Beispielcharakter jedoch gerade nicht; siehe allgemein zur technischen Entwicklung der Medien und zu den Anforderungen an die rechtlichen Rahmenbedingungen Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 1 ff. (5 f.). 14 Vgl. zur Zuordnung der „Neuen Medien“ zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1668 ff. 15 Vgl. auch K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (98) m. weit. Nachw. 16 Vgl. R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 65 f.; siehe auch die bereits Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts getroffenen Aussagen zur Steigerung der „Aktivfunktion“ bei den zum damaligen Zeitpunkt bereits bekannten audiovisuellen Medien H. Bismark, Neue Medientechnologien und grundgesetzliche Kommunikationsverfassung, 1982, S. 18; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1667 f. 17 Vgl. in diesem Zusammenhang auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669. 18 So F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 134.

258

3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

meinheit, oder zumindest an einen offenen Personenkreis gerichteten Angebote“19 sein. Da den einzelnen Freiheitsgewährleistungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG jeweils ein eigenständiger Bedeutungsgehalt mit einer spezifischen Grundrechtsprägung zugemessen wird,20 erscheint fraglich, ob durch die Annahme einer übergeordneten Medienfreiheit eine Zuordnung zu einer der drei explizit genannten Einzelfreiheiten obsolet würde. In diesem Zusammenhang muss auch die Frage aufgeworfen werden, ob die derzeit explizit genannten Freiheiten die Entwicklungen im Multimediazeitalter vollständig auf der Ebene grundrechtlicher Gewährleistungen abbilden oder ob auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht die ausdrückliche Ausprägung neuer Grundrechtsgewährleistungen erforderlich wird, um der medialen Entwicklung in gebührender Weise Rechnung zu tragen. In der Literatur wird dabei unter anderem vorgeschlagen, in die Gewährleistungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG eine ungeschriebene „Internetfreiheit“ hineinzulesen21 oder auch eine im Wortlaut des Grundgesetzes nicht angelegte „Internetdienstefreiheit“22 zu kreieren. Bezogen auf die „neuen Dienste“ wird in der Literatur ferner teilweise vertreten, diese Dienste nur dann dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zuzuordnen, wenn sie ein „funktionales Äquivalent zum Rundfunk“ darstellen.23 Eine solch einschränkende Betrachtungsweise sieht die neuen medialen Entwicklungen und ihren grundrechtlichen Schutz in enger Abhängigkeit zu den klassischen medienspezifischen Schutzgewährleistungen des Grundgesetzes, wobei sie jedoch möglicherweise dem eigenständigen Charakter der verschiedenartigen „Neuen Medien“ nur unzureichend gerecht werden könnte.24

19

So F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 134. 20 Vgl. insoweit U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 91 f.; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1659 m. weit. Nachw.; F. Fechner, in: K. Stern/ F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121; zur Motivationslage der Presseunternehmen, elektronische Angebotsformen als „Presse“ im verfassungsrechtlichen Sinne ansehen zu wollen St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22). 21 Vgl. W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (insbesondere auch 525, 532); siehe auch die Darstellungen mit kritischer Würdigung bei Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 51 f.; ders., in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStVAnhang Rdn. 16 jeweils m. weit. Nachw. 22 Vgl. B. Holznagel, AfP 2011, S. 532 ff. (insbesondere auch 534 f.); ders./P. Schumacher, ZRP 2011, S. 74 ff. (77) m. weit. Nachw.; kritisch hierzu und die Erforderlichkeit einer solchen speziellen Internetdienstefreiheit verneinend K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (99 ff.). 23 So Chr. Degenhart, Funktionsauftrag, 2001, S. 60; vgl. die kritisch-ablehnende Darstellung dieser Auffassung in der Literatur bei Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 51. 24 Vgl. hierzu auch die ebenfalls kritische Darstellung bei Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 51, der auf die Erweiterung der „Möglichkeiten öffentlicher und individueller Meinungsbildung“ durch die neuen Dienste hinweist und vor einem „Einfrieren“ des „Status quo der Meinungsbildung“ warnt.

I. Der Begriff der „Neuen Medien“

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2. Die digitale Technik und ihre Bedeutung für die Medienwelt heutiger Prägung Die Entwicklung der heute bekannten neuen medialen Erscheinungsformen ist sehr eng mit dem grundlegenden technischen Wandel verbunden, wie er sich insbesondere in der Einführung und Etablierung der die analoge Technik sukzessive ersetzenden Digitaltechnik zeigt.25 Die Digitaltechnik beruht auf einem BinärcodeSystem, worunter „eine elektromagnetische Abfolge von zwei Zuständen“26 (konkret eine Kodierung über die Wechselfolge der Zahlen 0 und 1)27 zu verstehen ist, in die verschiedenartige Informationen und Signale unterschiedlichen physikalischen Ursprungs umgewandelt werden können.28 Dank der Digitaltechnik können heute vielfältige Informationen gespeichert und in Verbindung mit den inzwischen bestehenden Möglichkeiten der Datenkompression und -reduktion29 unter Nutzung der immer leistungsfähiger werdenden Datennetze zügig übertragen werden.30 Im Rundfunkbereich hat die Etablierung der Digitaltechnik zu einer erheblichen Erweiterung der medialen Übertragungskapazitäten31 beigetragen, da fortan ein „Rundfunkkanal“ nicht nur einem einzelnen Programm, sondern mehreren Programmen und auch einem ganzen „Programmbündel“ zugeordnet werden konnte.32 25 Vgl. R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 12 m. weit. Nachw.; A. Blaue, ZUM 2005, S. 30 ff. (30 f.); Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (437). 26 So A.-A. Wandtke/E. W. Grunert, in: A.-A. Wandtke/W. Bullinger (Hrsg.), Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 31a UrhG Rdn. 28. 27 Vgl. E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 316; A.-A. Wandtke/E. W. Grunert, in: A.-A. Wandtke/W. Bullinger (Hrsg.), Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 31a UrhG Rdn. 28; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 12. 28 Vgl. R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 13; A. Blaue, ZUM 2005, S. 30 ff. (30 f.); K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669. 29 Vgl. hierzu R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 13 ff.; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 13. 30 R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 12 ff.; B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 92 f.; A.-A. Wandtke/E. W. Grunert, in: A.-A. Wandtke/W. Bullinger (Hrsg.), Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 31a UrhG Rdn. 28 f. unter Bezugnahme auf die mit der Digitaltechnik einhergehenden unbegrenzbaren „Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeit“ entsprechend digitalisierter Werke. 31 Vgl. hierzu auch R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 16; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 2. 32 Vgl. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 2 Rdn. 82 ff.; B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 92.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Ergänzend können den einzelnen Programmen und „Programmbouquets“ weiterführende Informationen in Textform oder in Gestalt sonstiger Daten zur weiteren Information der Rezipienten zugeordnet und übertragen werden.33 Durch die im Zuge der Digitalisierung frei gewordenen Übertragungskapazitäten konnten zudem zusätzliche Interaktionsmöglichkeiten unter Nutzung der Rückkanaltechnik geschaffen werden.34 Das Standardverfahren in der Übertragung von digitalen Fernsehinhalten wird dabei als „Digital Video Broadcasting (DVB)“ bezeichnet und kann in verschiedene Unterkategorien eingeteilt werden.35 Durch die Etablierung der digitalen Übertragungstechnik konnten die einst nahezu vollständige Trennung der Übertragungsnetze für Rundfunk und Telekommunikation überwunden36 und auf diese Weise die Konvergenz der Medien und ihrer Netze befördert werden.37 Darüber hinaus trägt die Digitalisierung dem Bedürfnis des einzelnen Rezipienten Rechnung, stärker auf seine Interessen abgestimmte, also stärker individualisierte Informationen zu erhalten38 und auch stärker aktiv in den Kommunikationsprozess eingebunden zu werden.39 Vor diesem Hintergrund bildet die Digitalisierung auch den Ausgangspunkt für neue Abgrenzungsprobleme im Rahmen der Zuordnung medienrechtlicher Begriffskategorien, die einerseits im Rahmen der verfassungsrechtlichen Freiheitsgewährleistungen, andererseits aber auch im Rahmen der einfachgesetzlichen Regulierung und nicht zuletzt auch hin-

33

Vgl. G. Herrmann/M. Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 2 Rdn. 83. Vgl. R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 16; B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 93 m. weit. Nachw.; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 13. 35 Vgl. hierzu B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 93 m. weit. Nachw., die die Unterkategorien des DVB wie folgt differenzierend darlegen: „DVB-C (Digitales Fernsehen via Kabel), DVB-S (Digitales Fernsehen via Satellit), DVB-T (Digitales Fernsehen via Antenne/Terrestrik), DVB-H (Digitales Fernsehen via Antenne mit mobilen Empfangsgeräten) und DMB (Interaktive multimediale Dienste für Mobilgeräte wie DigitalRundfunk, digitalem Fernsehen und Websites).“ 36 Vgl. hierzu die Ausführungen bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 2. 37 Vgl. K.-E. Hain, K&R 2006, S. 325 ff. (326 f.); Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (437); B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 93; siehe in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zu den diesbezüglichen Entwicklungslinien bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669 f.; vgl. zur technischen und inhaltlichen Dimension der Konvergenz der Medien auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 3, 8 ff. (10 f.). 38 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669. 39 Vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 1. 34

I. Der Begriff der „Neuen Medien“

261

sichtlich grundlegender kompetentieller Fragen im Mehrebenensystem von Bedeutung sind.40

3. Das Erfordernis einer Binnendifferenzierung Vor dem Hintergrund der technischen Entwicklung sind zwei grundsätzliche, scheinbar einander widersprechende Tendenzen voneinander zu unterscheiden: Einerseits hat sich die Anzahl verschiedenartiger Medien und ihrer Verbreitungswege zwar stark erhöht,41 andererseits kann der Rezipient bzw. Nutzer der medialen Angebote mit ein und demselben Endgerät ganz unterschiedliche Medienangebote empfangen bzw. auch aktiv nutzen.42 Teilweise verschmelzen das klassische Fernsehen und interaktive Internetangebote auf der Grundlage technischer Weiterentwicklungen zu hybriden Erscheinungsformen43 oder können zumindest wechselweise durch hybride Empfangsgeräte, wie Laptops oder auch entsprechend ausgerüstete Mobiltelefone, empfangen werden.44 Eine interessengerechte Zuordnung der einzelnen sog. „Neuen Medien“ zu den bestehenden Begriffskategorien der im Grundgesetz gewährleisteten Freiheiten kann nur gelingen, wenn die sie prägenden Merkmale, wie beispielsweise ihr Individualisierungsgrad, die Möglichkeit interaktiver Beteiligung des Rezipienten45 sowie ihre Vergleichbarkeit mit den „klassischen“ Medienformen, ihrer Bedeutung entsprechend berücksichtigt werden können. Eine schematische Einordnung verbietet sich jedoch im Rahmen der de lege lata existierenden Begriffsdifferenzierungen vor allen Dingen deshalb, weil die einzelnen Merkmale bei den jeweiligen neuen medialen Erscheinungsformen höchst unterschiedlich ausfallen können. Doch selbst dann, wenn man die Frage der Zuordnung der „Neuen Medien“ zur ausdifferenzierten klassischen Medien-„Trias“ im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG46 einmal außer Acht lassen möchte, ist eine begriffliche Unterscheidung auch deshalb notwendig, um individualkommunikative Angebote von solchen zu unterscheiden, die in erster Linie an die Allgemeinheit gerichtet sind. Innerhalb der an die Allgemeinheit gerichteten Medienangebote bedarf es dann einer 40 Vgl. zu den Schwierigkeiten der „Abgrenzung des medialen Gegenstands“ im Zuge der Digitalisierung der einzelnen Informationen K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669 ff. (insbesondere auch 1670). 41 Vgl. bezogen auf die Vielzahl der Verbreitungswege auch die Ausführungen bei R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (442). 42 Vgl. die Ausführungen zu den vielfältigen Möglichkeiten im Bereich der SmartphoneTechnologie am Beispiel des iPhones, das er zutreffend als „Konvergenz-Maschine“ beschreibt, bei St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (20 f.). 43 Vgl. etwa J. Baier, CR 2008, S. 769 ff. (770); R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (442); siehe auch J. Becker, ZUM 2011, S. 449; T. Schmid, ZUM 2011, S. 457 ff. (457 f.). 44 Vgl. hierzu R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (442). 45 Vgl. R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (442). 46 Den Begriff der „Trias“ verwendet in diesem Zusammenhang K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669.

262

3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

weiteren Differenzierung, um auch neue mediale Erscheinungsformen in das im Grundsatz bewährte System einer an der Meinungsbildungsrelevanz orientierten „abgestuften Regulierung“47 auf einfachgesetzlicher Ebene aufnehmen zu können.48 Fraglich erscheint in diesem Zusammenhang allerdings, ob die bestehenden Begriffsabgrenzungen ausreichen, um zu sachgerechten Ergebnissen zu gelangen. So weist Chr. Degenhart zu Recht auf die Unterschiede in der Regulierungstragweite hin, die sich aus einem engen oder weiten Verständnis des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs ergeben.49 Allerdings soll nach dem sog. „Konzept einer dienstespezifisch abgestuften Regulierungsintensität“50 eine zu starke Fokussierung auf den Rundfunkbegriff in der Weise vermieden werden, dass die Zuordnung entsprechender Dienste zum Begriff des „Rundfunks“ nur dann eine rundfunkrechtliche Regulierung auslösen soll, „wenn sie die dem Rundfunk zugeschriebene ,Suggestivkraft, Aktualität und Breitenwirkung‘51 entfalten.“52 Nach anderer Auffassung soll jedoch vornehmlich diesen drei Merkmalen eine geradezu konstitutive Bedeutung für die Erfassung des Rundfunkbegriffs im verfassungsrechtlichen Sinne mit der Folge zukommen, dass sie auch eine gewissermaßen universelle Geltung „für alle“ Rundfunktatbestände begründeten und eine nur partielle Berücksichtigung mit Ausnahmen für einige „der als Rundfunk zu klassifizierenden Kommunikations-

47 Vgl. hierzu etwa T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (740); siehe zur „abgestuften Regulierung“ in Bezug auf die heutigen Regelungen für Plattformen im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrags Th. Ricke, MMR 2011, S. 642 ff. (645). 48 Für eine stark differenzierende abgestufte Regulierung wirbt Ph. Kempermann, ContentRegulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 30 ff. 49 Vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 669. 50 So Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 669 m. weit. Nachw.; siehe auch die dortige Inbezugnahme auf den in ähnlicher Weise formulierenden F. Schoch, VVDStRL 57 (1998), S. 158 ff. (197), der insofern von der „Entwicklung eines dienstespezifischen, abgestuften Regelungssystems“ spricht; vgl. ferner zur „dienstespezifischen publizistischen Sonderregulierung“ in Bezug auf die Contentregulierung die Ausführungen bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 30 f. 51 Siehe BVerfGE 119, 181 ff. (214 f.), mit Verweis unter anderem auf seine Rechtsprechung in: BVerfGE 31, 314 (325); 90, 60 (87); 97, 228 (256); 103, 44 (74); 114, 371 (387); Das Bundesverfassungsgericht führt in seiner zuerst genannten Entscheidung in Bezug auf die Veränderung der rundfunktypischen Wirkungsintensität durch die neuen Technologien aus: „Diese Wirkungsmöglichkeiten (Anmerkung des Verfassers: gemeint sind die ,Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft‘) gewinnen zusätzliches Gewicht dadurch, dass die neuen Technologien eine Vergrößerung und Ausdifferenzierung des Angebots und der Verbreitungsformen und -wege gebracht sowie neuartige programmbezogene Dienstleistungen ermöglicht haben.“ Vgl. in diesem Zusammenhang auch W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (492). 52 So Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 669.

II. „Neue Medien“ zwischen Massen- und Individualkommunikation

263

dienste“ ausschlössen.53 Unabhängig davon, ob man nun grundsätzlich eine sich an den herkömmlichen begrifflichen Kategorien orientierende Unterscheidung im Rahmen der verfassungsrechtlichen Einordnung ohne weitere regulierungsspezifische Differenzierungen auf einfachgesetzlicher Ebene vornehmen möchte oder ob man die „Neuen Medien“ im Sinne einer „dienstespezifisch abgestuften Regulierungsintensität“54 losgelöst von ihrer Zuordnung zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff einer unterschiedlich starken Regulierung unterziehen möchte, bedarf es einer differenzierenden Betrachtungsweise der einzelnen „Neuen Medien“.

II. „Neue Medien“ zwischen Massen- und Individualkommunikation Durch die „Neuen Medien“ und die ihnen zugrunde liegende Digitaltechnik sind die Fernkommunikationsmöglichkeiten in massen- wie in individualkommunikativer Hinsicht geradezu revolutioniert worden. So ist ein umfassender und zügiger Datenaustausch im Wege der Individualkommunikation genauso möglich geworden wie die Übermittlung umfassender und vom Aufenthaltsort des Rezipienten weitestgehend unabhängiger Massenkommunikationsinhalte unterschiedlicher Art und Gestaltung durch einen Rundfunk- oder Mediendiensteanbieter. Doch auch die einst klar umrissenen Grenzen zwischen Massen- und typischer Individualkommunikation verwischen zunehmend.55 So können mit ein und demselben Endgerät nicht nur Rundfunk empfangen und Internetseiten angewählt werden; vielmehr besteht ebenso die Möglichkeit, elektronische Post (E-Mails) zu verfassen, Chatprogramme zu nutzen oder auf Telefonfunktionen in klassischer Weise oder via Internettelefonie zurückzugreifen.56 Auch die unterschiedliche rundfunkrechtliche Beurteilung von Video-on-Demand-Diensten und Near-Video-on-Demand-Diensten (vgl. hierzu 53 Vgl. die Darstellung des bundesverfassungsgerichtlichen Ansatzes mit aus Autorensicht daraus resultierenden Schlussfolgerungen bei W. Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, 2001, S. 180. 54 Vgl. stellvertretend für andere nochmals die so gewählte Formulierung bei Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 669 m. weit. Nachw. 55 Siehe in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zur zunehmenden Aufnahme individualkommunikativer „Elemente“ im Rahmen der Rundfunkübertragung bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1667 f.; vgl. ferner in diesem Zusammenhang auch W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488 f.); R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 9 ff. (43 f.); Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 1, 15. 56 Siehe in diesem Zusammenhang auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 15; siehe auch die Ausführungen zum „iPhone“ bei St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (20 f.).

264

3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

3. Kap. IV. 2. und 3.) zeigt sehr deutlich, wie dünn die Trennlinien zwischen klassischer Individual- und herkömmlicher Massenkommunikation geworden sind,57 was nicht selten zu einer deutlichen Unschärfe im Rahmen der Zuordnung einzelner Medienangebote zu beiden Kategorien führen kann.58 Gegebenfalls müsste man gerade in Bezug auf Video-on-demand-Dienste und ähnliche Angebote auf eine neue Begriffskategorie ausweichen, die eine Individualkommunikation beschreibt, die in materieller Hinsicht ähnliche Wirkungen entfaltet oder zumindest entfalten kann wie klassische Massenkommunikationsformen; man könnte insofern von einer multipolaren Individualkommunikation sprechen. Teilweise changieren Massen- und Individualkommunikationselemente auch im Rahmen einer Fernsehsendung. So kann sich der Rezipient etwa bei manchen sog. „Talkshows“ einschalten und beispielsweise über Internetportale wie YouTube Fragen an die Gäste der Gesprächsrunde richten oder eigene Videobotschaften übermitteln59, die nach Belieben des Senders dann wieder im Wege der Massenkommunikation an einen unbestimmten Empfängerkreis ausgestrahlt werden (können). Die Einbeziehung interaktiver Elemente soll allerdings grundsätzlich für die Erfassung eines Angebots vom Rundfunkbegriff „ebenso irrelevant“ sein wie „zeitliche oder inhaltliche Auswahlmöglichkeiten“ durch den Rezipienten.60 Zur Rückkoppelung nutzen private wie öffentlich-rechtliche Medienanbieter sog. „Blogs“61, um mit den Rezipienten bzw. Nutzern ihrer Angebote zu kommunizieren und Möglichkeiten für „Feedbacks“ oder weitergehende Diskussionen zu schaffen.62 Legt man die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für den Rundfunk signifikanten Merkmale der „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“63 zugrunde, stellt sich die Frage, wie etwa das „Weiterempfehlen“ bestimmter

57 Vgl. zur schwindenden Abgrenzbarkeit von massen- und individualkommunikativen medialen Angeboten etwa auch H. Rossen-Stadtfeld, ZUM 2000, S. 36 ff. (39); K.-E. Hain, K&R 2006, S. 325 ff. (327); hierauf Bezug nehmend ders., K&R 2012, S. 98 ff. (98) m. weit. Nachw.; siehe ferner auch die Ausführungen bei Th. Vesting, der eine „wechselseitige Öffnung der Grenze von Individual- und Massenkommunikation“ auch „in wirtschaftlicher Hinsicht“ erkennt, vgl. Th.Vesting, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, Einführung RStV Rdn. 17. 58 Vgl. allgemein zur klassischen Bedeutung einer Differenzierung zwischen Individualund Massenkommunikation unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten H. Schulze-Fielitz, AfP 1998, S. 447 ff. (452). 59 Vgl. hierzu das Beispiel „YouTube und Maybrit Illner“ bei R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (444 f.). 60 So K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1668 m. weit. Nachw.; vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 87 ff. 61 Vgl. zum Begriff etwa Chr. Frank, in: H. Harte-Bavendamm/F. Henning-Bodewig (Hrsg.), UWG, 2. Aufl. 2009, Einleitung G Rdn. 50. 62 Vgl. hierzu M. Fisch/Chr. Gscheidle, MP 2008, S. 356 ff. (358 ff.). 63 BVerfGE 90, 60 (87); 103, 44 (74); 114, 371 (387).

II. „Neue Medien“ zwischen Massen- und Individualkommunikation

265

Abruf-Angebote im Rahmen sozialer Netzwerke des Web 2.064 zu beurteilen ist.65 Selbst wenn die entsprechenden Angebote nur auf individuellen Abruf hin angezeigt werden und auch nicht Bestandteil einer Sendeschleife sind, kann doch allein durch die Empfehlung der entsprechenden Quelle durch einen gut vernetzten „User“ über den Online-Dienst „Twitter“ oder auf Netzwerken wie „Facebook“ und „StudiVZ“66 mit der Folge einer vielfachen Weiterempfehlung durch andere „User“ eine den Beeinflussungen aus dem Bereich des klassischen Rundfunks durchaus ähnliche meinungsbildende Wirkung – zumindest in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen – erzielt werden.67 Ein weiteres Beispiel verdeutlicht in anschaulicher Weise, wie sehr der klassische Rezipient – wenn auch nicht im Einzelfall, aber zumindest in seiner Gesamtheit – heute auf die Verbreitung von Nachrichten im Online-Bereich Einfluss nehmen kann: So gibt es heute Softwareprogramme, die aus dem individuellen Nutzerverhalten, das das jeweilige Interesse der Rezipienten dokumentiert, neue Internetportale generieren, auf denen die Artikel und Beiträge etwa von (Online-)Zeitschriften und Nachrichtenportalen abrufbar sind, die bei den Internetnutzern auf der Grundlage entsprechender „Verlinkungen“ und Weiterempfehlungen auf das größte Interesse gestoßen sind.68 Über bloße „Verlinkungen“ und Weiterempfehlungen hinaus geht der sog. „user-generated content“69, worunter eigene Beiträge der Internetnutzer etwa im Rahmen sozialer Netzwerke wie „Facebook“ oder „StudiVZ“ zu verstehen sind.70 Gleichwohl können auch „Verlinkungen“ und Weiterempfehlungen, die vom Internetnutzer im Rahmen der sozialen Netzwerke mit eigenen Kommentaren versehen werden können, integraler Bestandteil des „user-generated content“ sein. Den Möglichkeiten des Internet folgend kann der „user generated

64

Vgl. für einen Überblick über verschiedene Angebote aktiver Beteiligungsmöglichkeiten im Rahmen klassischer Internetdienste und des Web 2.0 mit Stand 2008 die Darstellung bei M. Fisch/Chr. Gscheidle, MP 2008, S. 356 ff.; siehe zum Begriff des Web 2.0 die Ausführungen bei Chr. Frank, in: H. Harte-Bavendamm/F. Henning-Bodewig (Hrsg.), UWG, 2. Aufl. 2009, Einleitung G Rdn. 49 ff. 65 Sog. „Social Sharing“, vgl. hierzu R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (446). 66 Siehe hierzu und zur Bedeutung der sozialen Netzwerke des „Web 2.0“ R. Amlung/ M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (446). 67 Vgl. hierzu mit weiteren Beispielen der „Verbreitung von Content“ R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (446). 68 Vgl. hierzu mit einem entsprechenden Beispiel aus den Vereinigten Staaten von Amerika R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (446). 69 Vgl. hierzu Chr. Frank, in: H. Harte-Bavendamm/F. Henning-Bodewig (Hrsg.), UWG, 2. Aufl. 2009, Einleitung G Rdn. 49, 51; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 3 ff. 70 Vgl. hierzu M. Fisch/Chr. Gscheidle, MP 2008, S. 356 ff. (356).

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

content“ sowohl aus textlichen Darstellungen als auch aus Foto- oder Videobeiträgen usw. bestehen.71

III. „Neue Medien“ und der Rundfunkbegriff Im Folgenden soll untersucht werden, wie sich die „Neuen Medien“ und der Rundfunkbegriff in seiner verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Ausprägung im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags zueinander verhalten. Dabei soll es auch um die Fragen gehen, ob und inwieweit die „Neuen Medien“ unter den Rundfunkbegriff subsumiert werden können, wobei hier auf der Grundlage der vorangegangenen Ausführungen sicherlich keine schematische und pauschale Antwort gefunden werden kann und vielmehr eine differenzierende Betrachtung geboten ist.72

1. „Neue Medien“ und ihre Funktion als variable Determinante der Rundfunkbegriffsdefinition Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich der Rundfunkbegriff „nicht in einer ein für allemal gültigen Definition erfassen“.73 In Abhängigkeit zu ihrem „Normbereich“ könne sich die Bedeutung verfassungsrechtlicher Begriffe „bei Veränderungen in diesem Bereich wandeln“.74 Ausdrücklich erstreckt das Bundesverfassungsgericht seine diesbezügliche Rechtsprechung auch auf den Rundfunkbegriff im verfassungsrechtlichen Sinne. So könne „es nicht angehen, nur an eine ältere Technik anzuknüpfen, den Schutz des Grundrechts auf diejenigen Sachverhalte zu beschränken, auf welche diese Technik bezogen ist, und auf diese Weise die Gewährleistung in Bereichen obsolet zu machen, in denen sie ihre 71 Siehe zu den Erscheinungsformen des „user-generated content“ Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 4; siehe ferner auch Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (438); damit folgen die Möglichkeiten der Bereitstellung im Rahmen des „user-generated content“ den allgemeinen Gestaltungsformen der neuen, das Internet nutzenden Medien, vgl. hierzu auch B. Grzeszick, NVwZ 2008, S. 608 ff. (610). 72 So wird im einfachgesetzlichen Zusammenhang bei internetbezogenen Medien insbesondere zwischen einer Zuordnung zum einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff und zum Telemedienbegriff differenziert werden müssen, vgl. hierzu auch B. Grzeszick, NVwZ 2008, S. 608 ff. (610); zu den Einordnungsschwierigkeiten, die sich in dem Bemühen zeigen, konvergierende Angebotsformen „in die bekannten Schemata“ einzuordnen Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 15. 73 BVerfGE 74, 297 (350); vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669; Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (439 f.). 74 BVerfGE 74, 297 (350) unter Verweis auf BVerfGE 73, 118 (154); vgl. hierzu auch W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488); K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (101).

III. „Neue Medien“ und der Rundfunkbegriff

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Funktion auch angesichts der neuen technischen Möglichkeiten durchaus erfüllen könnte“.75 Wenngleich hierdurch freilich nicht gesagt wird, dass alle neuen elektronischen Medien zwingend als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne zu qualifizieren sind, so können gerade neue Medien und neue (Rundfunkverbreitungs-)Techniken einen Bedeutungswandel des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs begründen sowie den Rechtsbegriff auf diese Weise prägen und fortentwickeln. Vor diesem Hintergrund kann man bezüglich der Bedeutung der „Neuen Medien“ für den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff zu unterschiedlichen Überzeugungen gelangen. Nahe liegt es, in den „Neuen Medien“ den Grund dafür zu sehen, weshalb das Bundesverfassungsgericht den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff nicht abschließend definiert und sich damit einer präzisierenden Klarstellung der Reichweite des Begriffs bislang entzogen hat.76 Unter Zugrundelegung der in der Literatur herangezogenen Kriterien zur Definition des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs77 und der durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts festgestellten Möglichkeit eines entwicklungsabhängigen Bedeutungswandels können die „Neuen Medien“ – oder genauer gesagt einige „Neue Medien“ –, die in qualitativer Hinsicht die übrigen Merkmale des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs erfüllen, als variable Determinante der Rundfunkbegriffsdefinition bezeichnet werden.78 Solange die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG explizit gewährleisteten spezifischen Medienfreiheiten nicht der fortschreitenden tatsächlichen Konvergenz der Medien angepasst werden, werden die einzelnen Freiheitsgewährleistungen weiterhin auf den zugehörigen Rechtsbegriffen „Presse“, „Rundfunk“ und „Film“ aufbauen. Dabei sprechen systematische Gründe im Grundgesetz dafür, dass es der grundgesetzlichen Konzeption zwar (auch) auf die Ausdifferenzierung der einzelnen Medienfreiheiten ankommt, es ihr im Kern jedoch um die Unterscheidung von Individualkommunikation und massenmedialer Kommunikation geht, wie sie sich aus der Ausgestaltung 75 BVerfGE 74, 297 (350); siehe auch die hieran anknüpfendenden Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in: BVerfGE 83, 238, 302; vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110, S. 1669. 76 BVerfGE 83, 238 (302); siehe hierzu auch H. Schulze-Fielitz, AfP 1998, S. 447 ff. (452) m. weit. Nachw.; vgl. zum Fehlen einer „den Rundfunkbegriff grundsätzlich klärenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts“ K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1673. 77 Siehe etwa C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 88 ff.; T. Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 30; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663; vgl. in diesem Zusammenhang auch den ausdrücklichen Hinweis, dass etwaige einfachgesetzliche Begriffsbestimmungen „für die Einordnung von Kommunikationsformen zu bestimmten Freiheitsrechten aus Art. 5 I GG keine Bedeutung haben können“, bei W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488). 78 Siehe in diesem Zusammenhang auch die Darlegungen des Bundesverfassungsgerichts zur „Bestimmung von Rundfunk“ BVerfGE 83, 238 (302); siehe ferner auch BVerfGE 119, 181 (218), wonach „das Programmangebot auch für neue Inhalte, Formate und Genres sowie für neue Verbreitungsformen offen bleiben muss, der Auftrag also dynamisch an die Funktion des Rundfunks gebunden ist“.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GG ergibt.79 Hieraus könnte man den Schluss ziehen, dass die explizit genannten Medienfreiheiten lediglich den damaligen tatsächlichen Erkenntnisstand des verfassunggebenden Gesetzgebers widerspiegeln80, wobei dieser jedoch in hinzugedachter Kenntnis der heutigen technischen Möglichkeiten womöglich eine ganz andere Kategorisierung vorgenommen hätte, und zwar nicht zuletzt auch, um unnötige Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden. Allerdings dürfte die mit der Medienkonvergenz einhergehende Verschmelzung von individual- und massenkommunikativen Elementen auch bei einer denkbaren anderweitigen Ausgestaltung des Art. 5 Abs. 1 GG zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen, wenn man Individual- und Massenkommunikation im Rahmen der grundrechtlichen Gewährleistungen weiterhin differenzierend ausgestalten möchte. Vor diesem Hintergrund werden die in der Literatur de lege lata herangezogenen Kriterien für eine begriffliche Definition des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs vorerst weiterhin wichtige Anhaltspunkte zur Erfassung der Gewährleistungsreichweite der grundrechtlichen Freiheit bieten. Fraglich scheint allerdings, ob eine Definition gefunden werden kann, die in Unkenntnis der Reichweite künftiger Entwicklungen alle Sachverhalte zu erfassen vermag, in denen unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Gewährleistung „ihre Funktion […] erfüllen könnte“.81 Ob es dem Bundesverfassungsgericht tatsächlich gelingen wird, einer Rundfunkbegriffsdefinition ein dynamisches Element beizufügen, das in der Lage ist, dem grundsätzlichen Bedürfnis nach einer abschließenden Begriffsdefinition zu entsprechen,82 ohne dabei dem Rundfunk durch eine solche Begriffsdefinition die nötige Dynamik zur Erfassung technischer Weiterentwicklungen zu nehmen, darf nach heutigem Erkenntnisstand zumindest stark in Zweifel gezogen werden. Sollten die Medienfreiheiten des Grundgesetzes allerdings eine grundlegende Neuausrichtung erfahren, dürfte dem Karlsruher Verfassungsgericht eine Definition des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs wesentlich leichter fallen, da dessen heute erforderliche Begriffsdynamik im Falle einer Überwindung der Exklusivität der bisherigen speziellen Medienfreiheiten auf das dann notwendige Maß begrenzt werden könnte (siehe zum Vorschlag einer Neuausrichtung des Art. 5 GG unten 5. Kap. VII.).

79 Auf diese grundlegende Differenzierung von „Individualkommunikationsfreiheiten“ und „Medienfreiheiten“ i. S. v. „Massenkommunikation“ hinweisend und eingehend W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488 f.). 80 Vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669. 81 Vgl. BVerfGE 74, 297 (350); siehe zur diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1668 f. 82 Siehe zu den Folgen einer fehlenden Begriffsdefinition durch das Bundesverfassungsgericht auch die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1673.

III. „Neue Medien“ und der Rundfunkbegriff

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2. „Neue Medien“ als Abgrenzungsproblem zwischen Rundfunk- und Pressefreiheit Die Tatsache, dass in Bezug auf bestimmte Veröffentlichungen im Internet begrifflich – möglicherweise manchmal auch ein wenig indifferent – von „OnlinePresse“83 gesprochen wird, macht bereits deutlich, dass die „Neuen Medien“ nicht nur im Hinblick auf ihre Rundfunkeigenschaft zu untersuchen sind, sondern zugleich auch eine verfassungsrechtliche Standortbestimmung gegenüber der Pressefreiheit vorzunehmen ist.84 Boten Rundfunk- und Presseunternehmen früher in der Regel in eindeutig voneinander zu unterscheidenden Medien ihre redaktionellen und journalistischen Inhalte an,85 gestaltet sich eine solche Differenzierung heute im Hinblick auf entsprechende Online-Angebote weitaus schwieriger.86 Nicht nur prima facie unterscheiden sich zahlreiche Angebote von Rundfunk- und Presseunternehmen im Online-Bereich heute kaum noch oder gar nicht mehr voneinander.87 Besonders deutlich zeigt sich diese deutliche Angleichungstendenz in jüngerer Vergangenheit auch im Rahmen der jeweiligen medialen Angebote der Medienunternehmen im Bereich der sozialen Netzwerke, durch die nicht zuletzt auch eine stärkere Verknüpfung der medialen Inhalte erreicht werden konnte. „YouTube-Channel“ und ähnliche Videoplattformen ermöglichen heute solche Angebote, die oftmals seitens 83 Vgl. etwa Chr. Fiedler, ZUM 2010, S. 18 ff. (18); N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (16 f.); Die Existenz von „Online-Presse“ im Rahmen der verfassungsrechtlichen Definition des Pressebegriffs verneinend H.-J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (10). 84 Vgl. zu den Entwicklungslinien hinsichtlich der Zuordnung der sog. „Neuen Medien“ zum Rundfunk- oder Pressebegriff auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1664 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen; H.-J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff.; Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (28 f.). Siehe auch eine Darstellung des Meinungsstandes bei H. Schulze-Fielitz, AfP 1998, S. 447 ff. (452 f.). 85 Vgl. hierzu auch St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (21 f.) mit einem Verweis auf die Diskussion um die Annahme einer sog. „publizistischen Gewaltenteilung“, die vom Bundesverfassungsgericht allerdings nicht als Verfassungssatz anerkannt worden ist, vgl. BVerfGE 73, 118 (175). 86 Vgl. auch W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488). 87 Dabei greifen sowohl Rundfunk- als auch Presseunternehmen im Rahmen ihres OnlineAuftritts wechselseitig auch auf textbasierte Angebote bzw. auf Bewegtbild- und Tonangebote zurück, die gerade in ihrer Gesamtschau einander sehr ähneln, vgl. insoweit auch die exemplarischen Darstellungen bei R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (444 f.); dabei bietet das Internet für Rundfunk- wie auch Presseunternehmen gleichermaßen große Vorteile für die Erhöhung der Reichweite ihrer medialen Betätigung. Die Presse ist nicht mehr wie früher auf ein mehr oder weniger stärker eingegrenztes Verbreitungsgebiet und der Rundfunk nicht mehr auf ein spezielles Sendegebiet beschränkt, vgl. hierzu die zutreffende Darstellung bei St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22) m. weit. Nachw.; B. Holznagel, AfP 2011, S. 532 ff. (534); siehe zu dem Aspekt, dass ferner das tradierte „klar definierte Verhältnis von Anbieter und Nutzer in Frage gestellt“ werde, die Ausführungen bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 3.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

der einzelnen Anbieter als „TV“ bezeichnet werden, obwohl sie von Zeitungsverlagen oder anderen klassischen Printmedienunternehmen als Informationsquellen zur Verfügung gestellt werden, die auf diese Weise ihr ursprüngliches Medienspektrum erheblich ausweiten.88 Dabei spielt heute sowohl für Presse- als auch für Rundfunkunternehmen die grundsätzliche Frage eine wichtige Rolle, welche Angebote die Unternehmen weiterhin über ihre bisherigen Distributionswege, über das Internet oder auch in Kombination beider Alternativen zur Verfügung stellen werden.89 Man kann in dieser Hinsicht auch formulieren: Das Internet hat die Differenzierung zwischen den klassischen Mediensphären von Rundfunk und Presse im Online-Bereich weitestgehend überwunden und wird damit selbst zum Musterbeispiel der medialen Konvergenz.90 Da jedoch die auf den jeweiligen Rechtsbegriffen aufbauenden und in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Freiheiten der Presse und des Rundfunks in ihrer verfassungshistorischen Entwicklung aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften und Wesensmerkmale eine unterschiedliche Ausgestaltung und Interpretation erfahren haben,91 wird eine Zuordnung der „Neuen Medien“ zu diesen Rechtsbegriffen selbst dann nicht obsolet,92 wenn man die verfassungsrechtliche Abgrenzung der einzelnen 88 Vgl. hierzu R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (444 f.), die auf konkrete Beispiele und insbesondere auch auf Kooperationen unterschiedlicher Medienkonzerne im Internet eingehen; siehe stellvertretend für viele klassische Printmedienunternehmen die jeweiligen Videoportale bzw. „YouTube-Channel“ von „Süddeutsche Zeitung TV“, abrufbar unter: http:// www.youtube.com/user/sztvreportage?gl=DE&hl=de – zuletzt besucht am 03. Dezember 2012 um 20:48 Uhr; Focus TV, abrufbar unter: http://www.focus.de/focustv/ – zuletzt besucht am 03. Dezember 2012 um 20:53 Uhr; siehe ferner auch den „YouTube-Channel“ von FocusOnline, abrufbar unter: http://www.youtube.com/user/focusonline?gl=DE&hl=de – zuletzt besucht am 03. Dezember 2012 um 21:06 Uhr. 89 Vgl. St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22); siehe in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zur marktstrategischen Entscheidung von Zeitungsverlagen in den USA zur Einstellung ihrer Printausgaben bei Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (36 f.). 90 Vgl. hierzu auch R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (442), die davon sprechen, dass das Internet „die bislang getrennten Medien Presse und Rundfunk“ vereine und „sie obendrein noch mit der Welt der Telekommunikation“ verbinde. 91 Vgl. insoweit U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 91 f.; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1659 m. weit. Nachw.; F. Fechner, in: K. Stern/ F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121; zur Motivationslage der Presseunternehmen, elektronische Angebotsformen als „Presse“ im verfassungsrechtlichen Sinne ansehen zu wollen St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22). 92 Vgl. die die Bedeutung einer Abgrenzung zwischen Presse und Rundfunk eher relativierende Darstellung bei W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20; H. Gersdorf sieht in der Suggestivkraft des jeweiligen Mediums das „entscheidende Abgrenzungskriterium“ zwischen Presse und Rundfunk – auch und sogar gerade in Bezug auf eine elektronische Verbreitung entsprechender

III. „Neue Medien“ und der Rundfunkbegriff

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Medienarten im Hinblick auf die einfachgesetzliche Regulierung von Rundfunk und Telemedien wie W. Schulz als „zweitrangig“ einstufen möchte.93 Ein weiterer unterscheidungserheblicher Aspekt könnte sich darüber hinaus aus der Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern ergeben. Auch wenn der Bund hinsichtlich der Presse seine Rahmengesetzgebungskompetenz aus dem inzwischen aufgehobenen Art. 75 Nr. 2 GG verloren hat94 und das Presserecht wie auch das Rundfunkrecht folglich der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer unterfallen,95 entfalten einmal getroffene Regelungen des Bundes gemäß Art. 125b GG nach wie vor Geltung, ohne dass den Landesgesetzgebern diesbezüglich eine Abweichungskompetenz zukäme.96 Während man im Rahmen des einfachgesetzlichen Medienrechts mit der relativ neuen Begriffskategorie der „Telemedien“ einen Weg gefunden hat, mediale „Online-Phänomene“ als eigenständige mediale „Gattung“ zu charakterisieren, besteht in verfassungsrechtlicher Hinsicht weiterhin Uneinigkeit über die Beurteilung entsprechender Angebote der sog. „Online-Presse“97, genauer gesagt also solcher online-basierter Angebote, denen aufgrund ihrer besonderen Erscheinungsform und graphischen Gestaltung eine gewisse Nähe zu klassischen Angeboten der Presse nicht abgesprochen werden kann.98 M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker verfolgen einen zwar differenzierenden, im Ergebnis aber dennoch stark der Pressefreiheit verpflichteten Ansatz zur Einordnung verschiedener, in elektromagnetischer Form dargebotener Angebote.99 So soll es sich jedenfalls bei der „Alternativverbreitung Angebote, da sich „bei elektronischer Verbreitung Presse und Rundfunk in Breitenwirkung und Aktualität nicht grundsätzlich voneinander“ unterschieden, vgl. H. Gersdorf, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit als „Supergrundrecht“? Zur Notwendigkeit einer dogmatischen Weiterentwicklung des verfassungsrechtlichen Begriffsbildes, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 137 ff. (141). 93 Vgl. W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (491 ff.); auf die zurückgegangene Bedeutung der verfassungsrechtlichen Unterscheidung für die einfachgesetzliche Regulierung hinweisend O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (15); St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23) mit einer kritischen Darstellung der Abweichungen in Theorie und Praxis. 94 Vgl. zur früher bestehenden für die Unterscheidung von Rundfunk und Presse bedeutsamen Rahmengesetzgebung des Bundes im Presserecht die Ausführungen bei W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (496). 95 Vgl. G. Spindler/J. Nink in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 41 BDSG Rdn. 2. 96 Vgl. hierzu G. Spindler/J. Nink in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 41 BDSG Rdn. 2. 97 Vgl. nochmals etwa Chr. Fiedler, ZUM 2010, S. 18 ff. (18); N. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (16 f.). 98 Vgl. zur Abgrenzung der Presse- und Rundfunkfreiheit auch Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/ K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (27 ff.). H.-J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. 99 M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62 f.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

von Erzeugnissen der gedruckten Presse“100, also bei Online-Ausgaben auf Abruf einer ansonsten in Printform vorliegenden Zeitung, um einen Annextatbestand der Pressefreiheit handeln.101 Eine ähnliche Zuordnung soll darüber hinaus, wenn auch in abgeschwächter Deutlichkeit, für originäre Onlinezeitungen ohne Äquivalent in verkörperter Fassung102 sowie sogar im Hinblick auf Bewegtbildabrufdienste gelten.103 Eine solche Zuordnung überzeugt allerdings nicht und in der Reihenfolge der gerade dargestellten Differenzierungen zunehmend weniger. So kann zwar konzediert werden, dass etwa ein gegenüber einer verkörperten Tageszeitung unverändertes elektronisches Äquivalent eine starke Presseähnlichkeit aufweist; allerdings eröffnet selbst in diesen Fällen die elektronische Verbreitungsform neue Möglichkeiten, zumindest die „Breitenwirkung“ und „Aktualität“104 der Zeitung gegenüber der Printausgabe wesentlich zu erhöhen. Die Breitenwirkung erhöht sich schon alleine dann, wenn der jeweilige Zeitungsverlag das Internet – einschließlich der Möglichkeiten der sozialen Netzwerke – nutzt, um durch sog. „Posten“ oder unter Verwendung von „Verlinkungen“ und sog. „Frames“105 auf seine Online-Ausgabe 100

So die Wortwahl bei M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62. Vgl. H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 147; M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62; ebenfalls bei einem solchen „Pressesurrogat“ von Presse ausgehend Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 675; zurückhaltend äußern sich hingegen H.-J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (9 f.), die die „zusätzlich zum Standardprodukt verbreitete Faksimile-Zeitung noch als Presse zu qualifizieren“ vermögen, die „Online-Presse“ aber im Übrigen nicht als von der Definition des verfassungsrechtlichen Pressebegriffs umfasst ansehen, sondern entsprechende Online-Angebote als „Rundfunk im weiteren Sinne“ werten; explizit gegen eine Zuordnung zum Pressebegriff Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (28 f.); H. Bethge, in: M. Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 73a. 102 Vgl. M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62 f.; a. A. hier allerdings H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 147 f.; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/ K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 675, der eine Zuordnung zur Pressefreiheit davon abhängig macht, ob die Texte der elektromagnetisch verbreiteten Ausgabe auch „gleichzeitig in ,körperlicher‘ Form vervielfältigt werden“; ebenfalls bereits an einer Zuordnung entsprechender Angebote zum Pressebegriff stark zweifelnd F. C. Mayer, NJW 1996, S. 1782 ff. (1788); siehe auch die Ausführungen von H. Bethge, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl. 2011, Art. 5 Rdn. 73a, der bei der Zuordnung einzelner Medien allein auf die Übermittlungsweise abstellt. 103 Vgl. M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 63 f.; a. A. zu Recht Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (28 f.). 104 Siehe zu den rundfunktypischen Elementen der „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“ BVerfGE 90, 60 (87). 105 Vgl. hierzu W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20. 101

III. „Neue Medien“ und der Rundfunkbegriff

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aufmerksam zu machen. Bedenkt man dann noch, dass die Druckausgaben der großen Tageszeitungen teilweise verschiedene Auflagen umfassen, die etwa abhängig vom nächtlichen Druckzeitpunkt um aktuelle Nachrichten erweitert oder auch modifiziert werden, eröffnen Onlineausgaben die Möglichkeit, zumindest die jeweils „aktuellste“ Fassung der jeweiligen Ausgabe bereitzustellen. Hierin können also auch Aktualitätsgewinne erkannt werden, durch die sich die Online-Ausgaben der Tageszeitungen der Aktualität der Rundfunkberichterstattung zumindest weiter annähern. Im einfachgesetzlichen Kontext wird der Umstand, dass manche Telemedien Angeboten der gedruckten Presse eher gleichen als andere, durch die Kategorie des „presseähnlichen Angebots“106 im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV berücksichtigt, ohne jedoch die grundsätzliche Zuordnung des jeweiligen Angebots zum Bereich der Telemedien in Frage zu stellen. In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist es – mangels tragfähiger Alternativen – aufgrund der spezifischen Eigenschaften und gestalterischen Optionen im Bereich von Online-Zeitungen und bei ähnlichen medialen Publikationen überzeugender, entsprechende Angebote im Kern dem Bereich des Rundfunks zuzuordnen,107 wobei auch bei einer solchen Zuordnung die Besonderheiten internetbasierter Dienste nicht vollumfänglich berücksichtigt werden (können).108 Dabei soll eine entsprechende Zuordnung der „Online-Presse“ zum Rundfunkbegriff und damit zu den Schutzgewährleistungen der Rundfunkfreiheit nicht unter rein (verbreitungs-)-technischen Gesichtspunkten, sondern auch in funktionaler Hinsicht und unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht herangezogenen rundfunkprägenden Eigenschaften und Wirkungsweisen, namentlich der besonderen „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“109, erfolgen, wenngleich die einzelnen Merkmale je nach 106 Vgl. hierzu die verfassungsrechtliche Würdigung zur Unzulässigkeit von nicht sendungsbezogenen presseähnlichen Angeboten gemäß § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 letzter HS RStV bei C. Hahn, ZRP 2008, S. 217 ff. (219 f.). 107 Siehe bereits F. C. Mayer, NJW 1996, S. 1782 ff. (1788); vgl. etwa auch die Zuordnung bei W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20; Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (28 f.); grds. von einer Zuordnung auch der Onlinebetätigung der Presseunternehmen zum Rundfunkbegriff ausgehend, teilweise aber auch mit einer anderen Ansicht in Bezug auf „akzessorische Onlinedienste“, die von Presseunternehmen angeboten werden, H. Schulze-Fielitz, AfP 1998, S. 447 ff. (453); C. Hahn, ZRP 2008, S. 217 ff. (219) m. weit. Nachw.; zutreffend beschreiben H.-J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (4), dass aus „der Entwicklungsoffenheit der Presse“ nicht geschlussfolgert werden könne, „dass Presseunternehmen einen privilegierten Zugang zur Betätigung im Bereich anderer Medien, insbesondere dem Rundfunk hätten“. Siehe dort ferner auch die Ausführungen zur Erfassung von Online-Angeboten durch den Rundfunkbegriff, ebda., S. 12 f. 108 Vgl. H. Schulze-Fielitz, AfP 1998, S. 447 ff. (452); H. Schmidt/H. Eicher, epd medien Nr. 45/46/2009, S. 5 ff. (9). 109 BVerfGE 90, 60 (87); vgl. bereits die diesbezüglichen Ausführungen bei H. Gersdorf, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit als „Supergrundrecht“? Zur Notwendigkeit einer dogmatischen Weiterentwicklung des verfassungsrechtlichen Begriffsbildes, in: A. Dittmann/

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Aktualisierungsgrad des Online-Angebots durchaus variieren können. Eine besondere Suggestivkraft ist dabei wohl auch erst dann anzunehmen, wenn das OnlineÄquivalent einer Printausgabe um zusätzliche Elemente angereichert wird.110 Die Idee, für die Einordnung der entsprechenden Angebote indes „Schwellenwerte“ anzunehmen, die je nach individueller Ausprägung einzelner Merkmale im Bereich gradueller Nuancen eine Zuordnung des betreffenden Angebots zum Rundfunk- oder zum Pressebegriff gebieten,111 würde dem Bedürfnis nach verfassungsrechtlicher Rechtsklarheit nicht entsprechen.112 Solange das Verfassungsrecht weder eine eigenständige Begriffskategorie für den Online-Bereich kennt noch in anderer Weise die herkömmliche zwangsweise Zuordnung einzelner Medienangebote zu einer der drei Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG überwindet, was etwa durch die ausdrückliche Nennung einer übergeordneten „Medienfreiheit“,113 die die de lege lata gewährleisteten spezifischen Freiheiten der Presse, des Rundfunks und des Films nur als typische Erscheinungsformen im Gesetzestext erwähnt, denkbar wäre, muss notwendigerweise, soweit die übrigen Merkmale des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs erfüllt werden, eine eindeutige Zuordnung massenkommunikativer Medienangebote im Onlinebereich zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff erfolgen.114 F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 137 ff. (141); a. A. hingegen H.-J. Papier/M. Schröder, die der Auffassung sind, dass „nicht der Schluss gezogen werden“ dürfe, dass diese drei Kriterien „konstitutiv für den Rundfunkbegriff“ seien, vgl. H.-J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (6). 110 H. Gersdorf sieht in der Suggestivkraft das „entscheidende Abgrenzungskriterium“ zwischen Presse und Rundfunk im Rahmen von elektromagnetischer Verbreitung, vgl. H. Gersdorf, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit als „Supergrundrecht“? Zur Notwendigkeit einer dogmatischen Weiterentwicklung des verfassungsrechtlichen Begriffsbildes, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 137 ff. (141); eine Zuordnung zum Rundfunk soll nach H. Gersdorf jedenfalls insoweit erfolgen, als „die Ton- und Bewegtbildsendungen keine untergeordnete Funktion einnehmen“. 111 Gegen eine binnendifferenzierende Zuordnung einzelner Teile etwa einer Internetseite zum Rundfunk- oder Pressebegriff spricht sich auch Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/ K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (29) aus. 112 Für entsprechende Differenzierungen tritt hingegen H. Schulze-Fielitz, AfP 1998, S. 447 ff. (453) ein. 113 Vgl. zu den Folgen eines bislang fehlenden einheitlichen Mediengrundrechts K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 109 S. 1566. 114 So auch W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20; Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (29); St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22 f.); K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (100); vgl. auch im Zusammenhang mit dem damaligen Diskussionsstand in der Debatte um die Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die zwischen solchen Online-Angeboten, die direkt dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff unterfallen, und solchen, die als „nachgeordnete, die programmliche Haupttätigkeit unterstützende und

III. „Neue Medien“ und der Rundfunkbegriff

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3. Klassifizierung der „Neuen Medien“ als „Media sui generis“? Wie bereits gesehen, unterscheiden sich die auf der Digitaltechnik basierenden „Neuen Medien“ im Onlinebereich teils erheblich von den überkommenen klassischen Medienformen. Insbesondere die starke Vermischung von Individual- und klassischer und moderner Massenkommunikation ist für viele neue Medienangebote kennzeichnend.115 Fraglich erscheint allerdings, ob die „Neuen Medien“ isoliert betrachtet solch prägende gemeinsame Merkmale aufweisen, die die Schaffung einer eigenen Medienkategorie mit der Folge rechtfertigen könnten, dass keine Einordnung der neuen Angebote unter die klassischen Medienbegriffe der Presse, des Rundfunks und des Films mehr erfolgen müsste, sondern vielmehr eine vierte eigenständige Begriffskategorie neben die klassische Medientrias116 des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG treten könnte.117 Dabei wird in der Literatur etwa die Schaffung einer neuen, aber in der Verfassung nicht ausdrücklich gewährleisteten „Internetfreiheit“ auch in Analogie zur bundesverfassungsgerichtlichen Weiterentwicklung verfassungsrechtlicher Freiheiten in anderem Zusammenhang als möglich angesehen.118 Ein weiterer Ansatz in der Literatur bezieht sich zudem auf die bereits erwähnte Etablierung einer „Internetdienstefreiheit“.119 Eine solch eigenständige grundrechtliche Begriffskategorie zur Erfassung der „Neuen Medien“ oder auch spezieller des Internets an gemeinsame technische Wesensmerkmale, wie etwa an die Nutzung der Digitaltechnik oder an die technischen Rahmenbedingungen des Internets,120 zu knüpfen, erscheint allerdings wenig ergänzende Hilfstätigkeiten“ ebenfalls in die Rundfunkfreiheit einbezogen sein sollen, differenzierende Ansicht bei E.-M. Michel, ZUM 1998, S. 350 ff. (354); a. A. hingegen W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (530), der „das Internet weder mit den Begriffen einer elektronischen Presse noch eines ,verallgemeinerten Rundfunks‘ sachgerecht zu erfassen“ glaubt. 115 Vgl. hierzu auch Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 20; K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (98). 116 Den Begriff der „Trias“ verwendet in diesem Zusammenhang K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669. 117 Vgl. hierzu den Vorschlag zur Einführung einer neuen Medienfreiheit, der Internetfreiheit, wobei der Internetbegriff „generisch verstanden“ werden soll, von W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff.; die Erforderlichkeit einer entsprechenden neuen Medienfreiheit verneinend Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 20. 118 So rekurriert W. Mecklenburg diesbezüglich auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das das Bundesverfassungsgericht „aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet“ habe, vgl. W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (532) mit Verweis auf BVerfGE 65, 1 (41 ff.). 119 Vgl. B. Holznagel, AfP 2011, S. 532 ff. (534 f.); ders./P. Schumacher, ZRP 2011, S. 74 ff. (77) m. weit. Nachw.; kritisch hierzu K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. 120 Das Internet definiert W. Mecklenburg etwas sperrig und technikzentriert als „jedes unter Benutzung von Telekommunikationsverbindungen dezentral organisierte und mit anderen Netzen über gateways verbundene Netz von eindeutig adressierten Rechnern, in dem unter

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

zielführend, da die verwandte Technik noch nichts über die verfassungsrechtliche Bedeutung dieser Medien für den Prozess der öffentlichen und daneben der individuellen Meinungsbildung aussagt, ja noch nicht einmal erkennen lässt, ob eher eine Form der Massen- oder der Individualkommunikation vorliegt.121 Darüber hinaus nutzt heute auch der klassische Rundfunk sowohl die digitale Technik als auch das Internet zur Verbreitung seiner Sendungen, weshalb hierin kein geeignetes Unterscheidungskriterium gesehen werden kann. Die Digitaltechnik ermöglicht zwar zahlreiche neue mediale Erscheinungsformen, taugt dabei aber nicht als unterscheidungserhebliches Alleinstellungsmerkmal. Wie die plurale Begriffswahl „Neue Medien“ schon impliziert, handelt es sich hierbei nicht um ein einzelnes neues Medium, sondern um eine Vielzahl neuer medialer Angebote, die in ihrer individual- und massenkommunikativen Ausrichtung deutliche Unterschiede zueinander aufweisen und je nach ihrem Schwerpunkt eher den klassischen Massenmedien gleichen oder auch verfassungsrechtlich eindeutig der Individualkommunikation zuzuordnen sind.122 Die Schaffung einer zusammenfassenden neuen Begriffskategorie erwiese sich angesichts der großen Diversität der Angebote und der dem jeweiligen technischen Entwicklungsstand geschuldeten Variabilität ihres Bedeutungsgehalts123 als wenig hilfreich und böte aufgrund des sehr unterschiedlichen Gefährdungspotenzials, das mit der jeweils spezifischen Ausprägung der einzelnen „Neuen Medien“ einhergeht, hinsichtlich einer abgrenzenden Zuordnung gegenüber den anderen speziellen Medienfreiheiten keinen verfassungsrechtlichen Mehrwert im Hinblick auf eine nach Gefährdungsgesichtspunkten differenzierende Ausgestaltung der Grundrechtsschutzintensität auf.124 In der Literatur wird neben der generellen Einführung einer „Internetfreiheit“ als Freiheitsgewährleistung sui generis125 teilweise vorgeschlagen, solche Angebote Vermittlung von über Breitbandleitungen kommunizierenden Knotenrechnern, unter Benutzung einheitlicher Protokolle und unter Anwendung von Diensten Informationen rechner- und netzübergreifend versandt, veröffentlicht, abgerufen sowie gesucht und gefunden werden können“, vgl. W. Mechlenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (542). 121 Vom Internet als „eigen-artigem Medium der persönlichen ebenso wie der öffentlichen Meinungsbildung“ spricht W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (531). 122 Vgl. hierzu auch U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 28 ff. (insbesondere auch 32). 123 Siehe zur Problematik der Definierbarkeit insofern K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1664; ders., in: P. J. Tettinger/K. Stern, Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 46. 124 Vgl. zum Erfordernis einer Gefährdungsregulierung im Medienrecht die Ausführungen bei T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (743 f.). 125 So W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (525); Chr. Starck, in: H. v. Mangoldt/ F. Klein/Chr. Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Abs. 1, 2 Rdn. 100, der eine Zuordnung zur „Meinungsäußerungs- und -verbreitungsfreiheit“ vornehmen möchte; vgl. hierzu auch die Darstellung bei U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 70, der sich explizit gegen eine Zuordnung zur allgemeinen Meinungsverbreitungsfreiheit ausspricht; krit. zu einer Abgrenzung der Internetfreiheit von der Freiheit des Rundfunks Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008,

III. „Neue Medien“ und der Rundfunkbegriff

277

als „elektronische Massenmedien ,sui generis‘ zu klassifizieren“126, die mangels entsprechender Parallelitäten „einer anderen oder möglicherweise keiner Ausgestaltung“ bedürften.127 Unberücksichtigt lässt diese Auffassung jedoch, dass das notwendige Maß an medienspezifischer Ausgestaltungsbedürftigkeit auf der Grundlage der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Vorgaben im einfachgesetzlichen Rundfunkrecht durch das System einer „abgestuften Regulierung“128 berücksichtigt werden kann.129 Eine Binnendifferenzierung bei elektronischen Massenmedien anhand ihrer individuellen Ausgestaltungsbedürftigkeit auf Verfassungsebene böte zwar den Vorteil, dass auf grundrechtlicher Ebene in differenzierender Weise der Wandel der tatsächlichen Entwicklung von der „Offline- in die Onlinewelt“ nachvollzogen würde.130 Allerdings hätte eine solche Differenzierung wiederum schwierige Abgrenzungsfragen im Einzelfall und damit einen Verlust an verfassungsrechtlicher Rechtsklarheit131 bei der grundrechtlichen Zuordnung einzelner elektronischer Massenkommunikationsdienste im Gefüge der Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zur Folge. Das Maß an Parallelität, das die „Neuen Medien“ zum klassischen Rundfunk aufweisen, ist bei grundsätzlicher Erfüllung der Merkmale des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs damit in erster Linie ein entscheidender Maßstab für die regulatorischen Anforderungen auf einfachgesetzlicher Ebene.132 De lege lata scheint eine Aufspaltung der Zuordnung elektronischer S. 52; gegen die Annahme einer Internetfreiheit J. Petersen, Medienrecht, 5. Aufl. 2010, § 2 Rdn. 17. 126 So U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 92; zuvor spricht U. Pappi auch von „neue Medien ,sui generis‘“, vgl. U. Pappi, ebda., S. 71. 127 So U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 92; hierauf im Zusammenhang mit der Annahme einer ungeschriebenen, aber dennoch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ableitbaren „Internetfreiheit“ Bezug nehmend Th. Held, Online-Angebote öffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 51 mit FN 118. 128 Siehe zur Möglichkeit des Gesetzgebers „ein dienstespezifisch abgestuftes Regulierungsmodell zu schaffen“, die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1672. 129 Vgl. hierzu etwa auch E.-M. Michel, ZUM 1998, S. 350 ff. (354); K.-E. Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV, 2009, S. 36 f.; St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23); vgl. in diesem Zusammenhang auch die Idee einer „rundfunkrechtlichen Relevanztheorie“ bei A. Dittmann, Der Rundfunkbegriff im deutschen Recht – ein Kulturgut im multimedialen Wandel, in: ders./F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 19 ff. (32 ff.). 130 Damals die Entwicklung des Internets zu einer „parallelen Presse“ bzw. zu einem „parallelen Rundfunk“ nicht annehmend W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (527). 131 Vgl. zum „Gebot der Verfassungsklarheit“, wie es aus Art. 79 Abs. 1 Satz 1 GG gewonnen wird, auch U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 72; H. Bethge, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl. 2011, Art. 79 Rdn. 17. 132 Vgl. jedoch auch die relativierende Einschätzung zur „Bedeutung des ,Rundfunkbegriffs‘ für die rechtliche Ordnung audio-visueller Medien“ bei A. Dittmann, Der Rundfunkbegriff im deutschen Recht – ein Kulturgut im multimedialen Wandel, in: ders./F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 19 ff. (35 f.).

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Massenkommunikationsdienste zur klassischen Rundfunkfreiheit einerseits133 und zu einer (ungeschriebenen) Gewährleistungskategorie der elektronischen Massenmedien „sui generis“134 andererseits wenig überzeugend und würde das Erfordernis einer gefährdungsspezifisch „abgestuften Regulierung“135 von der einfachgesetzlichen Ebene auf die Ebene des Verfassungsrechts vorverlagern. Auch der Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zieht de lege lata der Annahme und Ausdehnung von nicht explizit genannten Medienfreiheiten klare Grenzen.136 Selbst wenn davon auszugehen ist, dass der Verfassungsgeber damals nicht mit der Entwicklung der heutigen „Neuen Medien“ rechnen konnte,137 sind die Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG erkennbar nicht als beispielhafte Auflistung ausgestaltet.138 Auch die teilweise in der Literatur vorgeschlagene Zuordnung der „Neuen Medien“ zu den Gewährleistungen aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG,139 wobei teils die „allgemeine Meinungsverbreitungsfreiheit“, teils der Aspekt einer frei zugänglichen „Informationsquelle“140 in Ansatz gebracht wird,141 vermag aus systematischen Gründen ebenfalls nicht zu überzeugen. Gleichwohl sprechen sicherlich gute Gründe dafür, von der überkommenen Exklusivität der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Massenmedienfreiheiten 133 Vgl. hinsichtlich der Idee, „neue Medien“ den bekannten Mediengattungen zuzuordnen, soweit sie ihnen in „Struktur und Funktion“ jedenfalls „gleichen“, die Darstellung bei U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 70. 134 Gegen die Schaffung neuer Kategorien für etwaige „Erscheinungsformen sui generis“ im Rahmen der Mediengrundrechte des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG spricht sich auch U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 29 ff. aus; allerdings will er die „Neuen Medien“ grds. der Pressefreiheit zuordnen, was den Wesensmerkmalen und den Spezifika dieser Medien allerdings ebenfalls nicht gerecht werden dürfte. 135 Siehe hierzu nochmals T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (743 f.). 136 Die Existenz einer eigenständigen Internetfreiheit bestreitend J. Petersen, Medienrecht, 5. Aufl. 2010, § 2 Rdn. 17 m. weit. Nachw. 137 Siehe nochmals zu dem Umstand, dass der Grundgesetzgeber insgesamt von „monomedial“ geprägten Strukturen ausging, die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669. 138 Vgl. in diesem Zusammenhang auch U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 29 ff.; a. A. U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 72. 139 Vgl. etwa Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 20, der die „Neuen Medien“ grundsätzlich den speziellen, entwicklungsoffenen Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zuordnen möchte, in Ermangelung dieser Möglichkeit im Einzelfall mit einem Rückgriff auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG in dessen freiheitsrechtlichem Gewährleistungsgehalt wohl eine Art Auffangtatbestand sieht; kritisch hierzu U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 70. 140 So H. Bismark, Neue Medientechnologien und grundgesetzliche Kommunikationsverfassung, 1982, S. 163 f.; siehe hierzu mit entsprechender Verweisung auch die Darstellung bei U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 70. 141 Vgl. hierzu die detaillierte Darstellung des Streitstandes bei U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 70 ff. m. weit. Nachw.

IV. Einzelfallbetrachtung

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abzuweichen und eine übergeordnete – teilweise schon in der Literatur aus einer Zusammenschau der bisherigen Verbürgungen der Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit unter Einschluss des Multimediabereichs gewonnene142 – „Medienfreiheit“ ausdrücklich im Grundgesetz zu verankern. Die Annahme einer zusammenfassenden Kategorie für „Neue Medien“ als „Media sui generis“ ist jedoch de lege lata ebenso abzulehnen wie eine komplementäre Zuordnung zu einer etwaigen neuen Freiheit sui generis für die Fälle, in denen die Rundfunkfreiheit nicht passgenau sein mag.

IV. Einzelfallbetrachtung Im Folgenden sollen nun einige Angebote, die unscharf als „Neue Medien“ bezeichnet werden und soeben in abstrakter Weise zum Gegenstand verfassungsrechtlicher Betrachtungen in dem Bemühen geworden sind, eine grundgesetzliche Verortung zu finden, die einerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht wird, andererseits aber auch die Spezifika dieser Medien in ausreichender Weise berücksichtigt, hinsichtlich ihrer Erfassung vom Rundfunkbegriff im verfassungsrechtlichen und im einfachgesetzlichen Sinne untersucht werden. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird dabei nicht erhoben, der angesichts der rasanten Entwicklung der Medien ohnehin nur für eine kurze Zeitspanne Geltung entfalten könnte. Jedoch sollen insbesondere einige Grenzfälle beleuchtet werden, die die diffizile und sich im Rahmen der Medienentwicklung stets aktualisierende Herausforderung einer klaren Zuordnung besonders deutlich erkennbar werden lassen.

1. Internet und internetbasierte Dienste Wie die Überschrift schon zeigt, handelt es sich bei dieser Kategorie nicht um ein einheitliches mediales Phänomen, das eine undifferenzierte Zuordnung erlauben würde.143 Vielmehr ist aufgrund der großen Vielzahl internetbasierter Dienste144 eine

142 Vgl. hierzu die grundlegenden Ausführungen bei F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121 ff. (134 ff.). 143 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1673; gleichwohl wird teilweise eine Gesamteinordnung des Internets versucht, vgl. etwa W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff.; teilweise wird der Versuch einer Gesamteinordnung jedoch später in differenzierender Betrachtungsweise wieder aufgefächert, vgl. etwa R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (136 ff.). 144 Vgl. allein zu den im Internet angebotenen „Inhalte-Diensten“ die Auflistung und Darstellung bei W. Schulz/Th. Held/M. Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, 2002, S. 24, 269 ff.; aufgegriffen bei Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 27 ff.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Binnendifferenzierung vorzunehmen,145 wobei sich die jeweiligen Besonderheiten auch auf die Erfassung der Dienste durch die Rundfunkbegriffe auf verfassungsrechtlicher und einfachgesetzlicher Ebene auswirken können.146 a) Das Wesen und die „Logik des Internets“147 Zutreffend spricht W. Mecklenburg in Bezug auf das Internet von einem „Medium erster Ordnung“148, wobei er von der Erwägung ausgeht, dass es sich hierbei um eine Informationsplattform und nicht um einen speziellen Mediendienst handele.149 So ermöglicht das Internet als „Plattform“ das Angebot zahlreicher unterschiedlicher Mediendienste, einschließlich der Verbreitung klassischer Hörfunk- und Fernsehprogramme.150 Hinsichtlich der Bereitstellung von Informationen gewährt das Internet niemandem einen Exklusivitätsanspruch, sondern es ermöglicht in vielfältigen Facetten sowohl professionellen Anbietern als auch privaten „Usern“, Informationen zu empfangen, bereitzustellen und miteinander auszutauschen. Dabei zeichnet sich das Internet in besonderer Weise durch seine Ortsungebundenheit und Dezentralität aus, wobei die „dezentralen – genauer: anarchistischen – Elemente […] gerade seine Attraktivität ausmachen“151 sollen. Die besondere Attraktivität des Internets wird dabei vor allen Dingen auch dadurch gekennzeichnet, dass verschiedene Kommunikationsarten massen- wie individualkommunikativer Prägung im Internet aufeinandertreffen.152 Die ständige Optimierung der technischen Voraussetzungen hat im Rahmen der letzten Jahre zu einer immer stärkeren Verzahnung einzelner Medienangebote im Internet geführt. Das Internet hat unter Zuhilfenahme der digitalen Technik die Konvergenz der Medien in entscheidendem Maße geprägt und bis heute immer weiter vorangetrieben, sodass es gewissermaßen als „Wiege der Konvergenz“ bezeichnet werden kann.

145

Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1673. Vgl. insofern für eine differenzierende Zuordnung entsprechender internetbasierter Dienste zum einfachgesetzlichen Rundfunk- und Telemedienbegriff die Ausführungen bei B. Grzeszick, NVwZ 2008, S. 608 ff. (610). 147 Von der „Logik des Internets“ spricht St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22, 25). 148 Vgl. W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (527); nach der Darstellung von W. Mecklenburg „zeichnen sich Medien zweiter Ordnung“ hingegen „dadurch aus, daß sie Inhalte für einen mehr oder weniger definierten Nutzerkreis auswählen, strukturieren und in einer bestimmten technischen und symbolischen Form präsentieren.“ 149 Vgl. W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (527); siehe auch die Kurzbeschreibung des Internets bei M. Bonnekoh, Voice over IP. Rechtsprobleme der Konvergenz von Internet und Telefonie, 2007, S. 7. 150 Vgl. nochmals W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (527); siehe ferner zum „Internet als Komplementär-Verteilweg“ R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (137 f.). 151 So W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (527). 152 Vgl. W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (528). 146

IV. Einzelfallbetrachtung

281

Die Konvergenz wird – wie bereits dargelegt (vgl. oben unter 3. Kap. III. 2.) – in ihrer technischen und inhaltlichen Ausprägung153 besonders beim Zusammentreffen der Inhalte von Presse- und Rundfunkunternehmen im Internet154 deutlich. Ein wesenstypisches Merkmal des Internets ist es dabei, dass den „Usern“ weit über ihren klassischen Rezipientenstatus beim herkömmlichen Rundfunk hinaus zahlreiche Reaktions- und Interaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, wie beispielsweise Kommentierungsfunktionen oder auch die Möglichkeit, ursprünglich „fremde“ Inhalte auf speziellen Plattformen im Rahmen des Web 2.0 (wie z. B. auf „Twitter“ und „Facebook“) zu posten, zu kommentieren und damit im Wege des sog. „user generated content“155 zum Gegenstand vertiefender Meinungsbildung zu machen. Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Fortentwicklung der „Online-Welt“ auch ganz erhebliche Auswirkungen auf den Wettbewerb156 der Medien im Bereich der klassischen Distributionswege hat, weshalb mit der Zeit die Konfliktlinien zwischen den einzelnen Medien vielschichtiger geworden sind.157 So nahmen nicht nur bei den privaten Rundfunkanbietern, sondern in starkem Maße auch bei Presseunternehmen die Befürchtungen um ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber den Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu.158 Festzuhalten bleibt, dass sich die Wesensart und die „Logik des Internets“159 in erheblichem Maße 153 K.-E. Hain bezieht sich im Rahmen seiner Ausführungen zu verschiedenen Ausprägungsformen der Konvergenz etwa auf „die technische Konvergenz, die Konvergenz der Dienste und Märkte sowie die Konvergenz des Nutzerverhaltens“, vgl. K.-E. Hain, K&R 2006, S. 325 ff. (327 m. weit. Nachw.); Ph. Kempermann unterscheidet zwischen technischer und inhaltlicher Konvergenz sowie der Konvergenz des Nutzerverhaltens, vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 11 ff. 154 Vgl. St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22 f.); siehe in diesem Zusammenhang auch die Darstellung bei J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (17), wonach „Presseunternehmen mit öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (und sonstigen Dritten) auf dem Gebiet des Rundfunks im weiteren Sinne“ konkurrieren. 155 Vgl. zur Bedeutung des „user generated content“ und zu den damit verbundenen haftungsrechtlichen Herausforderungen U. Jürgens/R. Veigel, AfP 2007, S. 181 ff.; siehe ferner auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 4; vgl. zu den vielfältigen Möglichkeiten des Web 2.0 auch die Ausführungen bei St. Münker, Die Sozialen Medien des Web 2.0, in: D. Michelis/Th. Schildhauer (Hrsg.), Social Media Handbuch, 2010, S. 31 ff. 156 Vor etwa zehn Jahren noch sehr zurückhaltend im Hinblick auf die Annahme einer „Konkurrenzsituation mit dem Online-TV“ B. Holznagel, NJW 2002, S. 2351 ff. (2352). 157 Vgl. St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23 f.); siehe zu den Auswirkungen des Online-Zeitalters auf die Wettbewerbssituation von Presseangeboten die Ausführungen bei J. Becker, ZUM 2010, S. 1 f.; siehe hierzu unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf die Verlagsbranche Ph. Welte, ZUM 2010, S. 3 ff. (insbesondere auch S. 4 f.). 158 Vgl. in diesem Zusammenhang mit einem konkreten Beispiel aus dem Bereich der Smartphone-Applikationen St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23 f.). 159 Diesen Terminus verwendet St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22) m. weit. Nachw.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

von Gesetzmäßigkeiten der klassischen Massenmedien unterscheiden, gleichwohl aber auch starke Schnittmengen dort bestehen, wo sich etwa Rundfunk- und Presseunternehmen im Onlinebereich weiterentwickeln. Da die Entwicklung des OnlineBereichs gerade vor dem Hintergrund des sich wandelnden Medienverhaltens der Menschen160 zu entscheidenden Veränderungen in ökonomischer Hinsicht und auch im Hinblick auf die Meinungsbildungsrelevanz der klassischen Medien führt161, darf im Ergebnis jedoch keine isolierte Betrachtung des Online-Bereichs erfolgen. Vielmehr ist es erforderlich, onlinebasierte Medien in Ihren Bezügen, Verpflechtungen und Wechselwirkungen zu klassischen Medienangeboten zu sehen, da ökonomische, publizistische und nicht zuletzt grundrechtliche Anforderungen an das Medienrecht nur im Wege einer solchen Gesamtbetrachtung erkannt werden können. b) World Wide Web und Webseiten Dem World Wide Web (kurz: WWW)162 liegt das sog. „Hypertext Transfer Protocol (HTTP)“ zugrunde.163 Durch das WWW werden überaus zahleiche Einzeldokumente, die sog. Webseiten, „koordiniert“ und miteinander zu einer weltumspannenden Datensammlung als Gesamtsystem verbunden.164 Zur Erstellung und graphisch-optischen Gestaltung der einzelnen Webseiten wird dabei auf die Auszeichnungssprache „Hypertext Markup Language (HTML)“ zurückgegriffen.165 Dabei darf das World Wide Web keineswegs mit dem gesamten Internet gleichgesetzt werden, da es wie andere Internet-Dienste, wie z. B. „E-Mail“, „Echtzeit-

160 Vgl. hierzu St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22); siehe ferner auch Ph. Welte, ZUM 2010, S. 3 ff. (3); B. van Eimeren/B. Frees, MP 2012, S. 362 ff.; siehe vor einigen Jahren bereits A. Blaue, ZUM 2005, S. 30 ff. (31 f.). 161 So spricht St. Ory in diesem Zusammenhang etwa die Überlegungen der Presseunternehmen und Rundfunkanbieter an, welche Inhalte sie über die herkömmlichen Distributionswege oder (künftig ausschließlich) im Internet anbieten sollen, vgl. St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22). 162 Vgl. zur Entwicklung und Funktionsweise des World Wide Web Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 350 f.; U. Sieber, in: Th. Hoeren/ U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 80 ff. mit ausführlicher technischer Darstellung der Funktionsweise des World Wide Web. 163 Vgl. Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 351; E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 335; U. Sieber, in: Th. Hoeren/ U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 80, 83. 164 Vgl. U. Sieber, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 80. 165 Vgl. E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 335; U. Sieber, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 81; mit einem Verweis auf die Existenz auch anderer Formatierungssprachen Th. Miserre, Rundfunk- Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 351.

IV. Einzelfallbetrachtung

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dienste“, „Streaming-Media-Dienste“ usw., lediglich das Internet als „Plattform“ für seine Existenz und technische Entfaltung nutzt.166 Im Zuge der technischen Entwicklung hat sich auch das World Wide Web von einem aus Nutzersicht betrachtet eher passiven Medium hin zu einem wesentlich aktiver geprägten Medium entwickelt, wobei dieser Umstand insbesondere in der umfänglichen Etablierung des sog. Web 2.0 begründet liegt.167 Soziale Netzwerke wie „Facebook“, „Xing“, „StudiVZ“ und viele andere, aber auch Dienste wie „Twitter“ haben an der soeben beschriebenen Entwicklung wesentlichen Anteil. Hinzu tritt die zunehmende Vernetzung der einzelnen Online-Communities und Dienste durch einheitliche Standards,168 durch die etwa Nutzerbeiträge nach ihrer Eingabe auf einer Plattform auch auf weiteren Plattformen automatisch platziert werden können. Da unter der Rubrik des World Wide Web sehr viele verschiedene Webseiten und Netzwerke zusammengefasst sind, die jeweils für sich betrachtet einer spezifischen Würdigung ihrer Rundfunkeigenschaften bedürfen, kann keine zusammenfassende und vor allen Dingen keine einheitliche Betrachtung hinsichtlich der Einordnung des World Wide Web unter den Rundfunkbegriff in verfassungsrechtlicher und einfachgesetzlicher Hinsicht erfolgen.169 Fraglich erscheint, ob eine generelle Qualifizierung von Webseiten als Rundfunk möglich ist oder ob es auch hier einer weiteren Differenzierung bedarf. In verfassungsrechtlicher Hinsicht müsste zur einheitlichen Erfassung durch den Rundfunkbegriff eine generelle Einordnung zunächst anhand der Kriterien der „Allgemeinbezogenheit“ und der „fernmeldetechnischen Übermittlung“ gelingen170 und schließlich auch die Erfüllung der inhaltlichen Anforderungen allgemein bejaht werden können. Hinsichtlich des fernmeldetechnischen Elements ist zu berücksichtigen, dass der Rundfunkbegriff nicht an eine bestimmte fernmeldetechnische

166 Vgl. die Nennung dieser und anderer Internetdienste bei U. Sieber, in: Th. Hoeren/ U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 79; siehe zum Internet als „Plattform“ nochmals W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (527). 167 Vgl. hierzu M. Fisch/Chr. Gscheidle, MP 2008, S. 356 ff. (356), die in Bezug auf das „Web 2.0“ von einem „Mitmachnetz“ sprechen; siehe auch U. Sieber, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 91 ff. 168 Vgl. hierzu die Ausführungen bei M. Fisch/Chr. Gscheidle, MP 2008, S. 356 ff. (363). 169 Vgl. bereits zur unterschiedlichen Ausgestaltung und der damit verbundenen rechtlichen Bewertung von „Homepages“ (nach dem damals geltenden Teledienstegesetz), die eigentlich nur die Startseiten eines aus mehreren Webseiten bestehenden, kurz als „Website“ bezeichneten Gesamtangebots [vgl. insoweit U. Sieber, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 80] darstellen, wobei der Begriff jedoch von Th. Miserre hier allerdings vermutlich synonym zum Begriff der „Websites“ verwendet wird, Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 284; B. Holznagel, AfP 2011, S. 532 ff. (534). 170 Für eine einheitliche Zuordnung des WWW zum Rundfunkbegriff aufgrund der Feststellung, dass „es allgemein zugänglich ist, sich an die Allgemeinheit wendet und elektronisch verbreitet wird“, K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110, S. 1673 m. weit. Nachw.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Übertragungsweise geknüpft ist,171 sondern vielmehr auch im Sinne einer technischen Entwicklungsoffenheit alle fernmeldetechnischen Übertragungswege, also auch die gängigen Internetübertragungswege etwa in Gestalt des sog. „Public Switched Telephone Network“ (heute meist in digitaler ISDN- oder breitbandiger DSL-Technik) oder auch über Breitbandkabel, erfasst.172 Da unter Verwendung der gängigen technischen Zugangsmöglichkeiten für die Nutzung des Internets nahezu unterschiedslos alle zur allgemeinen Wahrnehmung bestimmten Webseiten vom Nutzer „aufgerufen“ werden können und der konkrete Datenübermittlungsvorgang fernkommunikativ erfolgt, kann die Erfüllung der Voraussetzung der „fernmeldetechnischen Verbreitung“ für alle Internetseiten – unabhängig von ihrer inhaltlichen Ausgestaltung – im Sinne der verfassungsrechtlichen Begriffskategorie angenommen werden.173 Fraglich erscheint allerdings, ob Webseiten auch den nötigen Darbietungscharakter aufweisen bzw. in hinreichender Weise Inhalte vermitteln und verbreiten. Will man den Darbietungscharakter nur dann als erfüllt ansehen, wenn im konkret zu beurteilenden Medienangebot von einem „planhaft gestalteten und ablaufenden Gesamtprogramm“174 ausgegangen werden kann, muss der entsprechende Darbietungscharakter und damit das inhaltliche Kriterium für viele Homepages sicherlich verneint werden. Andererseits könnte man auch das Gesamtangebot im World Wide Web als – wenn auch nur in einzelnen Teilbereichen als „planhaft gestaltet“ zu qualifizierendes – „Gesamtprogramm“ sehen,175 wobei der klassische Ablauf im Sinne einer Rundfunk- oder Fernsehsendung durch ständige Aktualisierungen ersetzt werden könnte. Eine solch verallgemeinernde Ansicht trägt allerdings dem Umstand nicht hinreichend Rechnung, dass es auch zahlreiche eher statische Webseiten gibt, die mangels Aktualisierung oder angesichts einer dort schlicht platzierten Darstellung einer Werbebotschaft, die ihrerseits nur dazu ermuntern soll, mit dem Betreiber oder dem dahinter stehenden Veranlasser der Internetpräsenz in Kontakt zu treten,176 einer Vergleichbarkeit mit einem klassischen Programmablauf gerade entbehren.177 171 Vgl. hierzu stellvertretend für viele etwa C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 117 ff. (119); T. Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 56 ff.; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110, S. 1670 f.; R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (137). 172 Vgl. R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (137); siehe ferner auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110, S. 1670 f. 173 „Das nachrichtentechnische Element“ ist in Bezug auf das Internet auch Gegenstand der Ausführungen von R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (137). 174 So Chr. Degenhart, Funktionsauftrag, 2001, S. 57. 175 Vgl. R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (138). 176 Vgl. hierzu die Ausführungen in Bezug auf die (frühere) einfachgesetzliche Rechtslage bei Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 284. 177 Nach R. L. Klaes ist der „zeitlich planmäßige Ablauf“ als Unterscheidungskriterium zur Qualifizierung eines Angebotes als Rundfunk oder als Nichtrundfunkdienst im verfassungsrechtlichen Sinne ebenso wenig geeignet wie das Kriterium der „Gleichzeitigkeit der Informationsübermittlung“, vgl. R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (138).

IV. Einzelfallbetrachtung

285

Allerdings gibt es zahlreiche Webseiten (etwa Nachrichten- oder auch Sportportale), auf denen in ständiger Aktualisierung unter Einbeziehung von Text, Standbild und audiovisuellen Bewegtbildsequenzen über aktuelle Entwicklungen berichtet wird.178 Gerade hier hat der Rezipient die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Webseiten mit aktuellen Informationen zu „zappen“179, wie es gerade auch für die Programmwechsel im klassischen Fernsehfunk typisch ist. Gerade für solche Angebote kann daher – auch unter Berücksichtigung der vielfach besonders aufwändigen redaktionellen Gestaltung dieser Webseiten180 und der inzwischen auch in qualitativer Hinsicht mit dem klassischen Rundfunk vergleichbaren Wirkungsweise181 – der Darbietungscharakter und damit die rundfunktypische Vermittlung von Meinungen und sonstigen zu kommunizierenden Inhalten in meinungsbildungsrelevanter Weise bejaht werden.182 H.-J. Papier ist allerdings der Auffassung, dass genauso wenig „jede Internetseite Rundfunk“ sein könne wie „jedes gedruckte Blatt Papier Presse“.183 Th. Held betont hingegen das bei „Homepages, die der Selbstdarstellung von Personen, Unternehmen und Institutionen dienen“, und weiteren Online-Diensten, „bei denen der Anbieter strukturell bedingt nicht auf den einzelnen Nutzer eingehen kann“, bestehende „Ungleichgewicht zwischen Anbieter und Nutzer“184, woraus eine generelle Zuordnung solcher Dienste zum „verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff“ abgeleitet werden soll.185 Schließlich müssten sich solche Webseiten, die neben der „fernmeldetechnischen Übermittlung“ auch die nötige Vermittlungsfunktion von Meinungen und anderen Inhalten erfüllen, ferner auch „an die Allgemeinheit“ richten. Teilweise wird dieses Merkmal (dabei allerdings zumeist in konkretem Bezug auf Streaming-Angebote) als nicht erfüllt angesehen, weil die Informationsübermittlung über eine Internetseite mit der konkreten Anwahl der entsprechenden Internetadresse durch einen „Uniform 178 Vgl. hierzu R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (139) unter Bezugnahme auf die den Rundfunkbereich betreffende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; vgl. zur Bedeutung entsprechender Nachrichtenportale auch die Ausführungen zur Meinungsbildungsrelevanz bei T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (744). 179 Vgl. hierzu R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (138); siehe zur Vergleichbarkeit zwischen „TV-Zapping“ und dem „Mouse-Klick im Onlinebereich“ in funktionaler Hinsicht die Ausführungen bei H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 63 f. 180 Wobei die fehlende „redaktionelle Gestaltung“ allerdings nach zutreffender Ansicht in der Literatur gerade auch in Bezug auf das Internet anders als im Rahmen des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs i.S.d. Rundfunkstaatsvertrages (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 4 RStV) kein Ausschlusskriterium für eine Erfassung durch den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff darstellt, vgl. R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (139) mit FN 50. 181 Siehe R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (139). 182 Vgl. die vertiefende Darstellung bei R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (138 ff.). 183 So H.-J. Papier, in: Interview mit H. Hartung, pro media 9/10, S. 13 ff. (14). 184 So Th. Held, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 18. 185 So und hierzu Th. Held, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 18.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Resource Locator“ (kurz: „URL“)186 durch den Nutzer verbunden sei.187 Da die Internetseiten jedoch unabhängig von der konkreten Entscheidung des Nutzers grundsätzlich jederzeit im Internet abrufbar sind, ist der Vorgang der Anwahl der jeweiligen Webseite weniger mit einer individuellen Anforderung etwa eines Videoon-Demand-Angebotes, sondern eher mit dem Umschalten zwischen mehreren Fernsehprogrammen vergleichbar.188 Eine andere Bewertung dürfte hingegen erfolgen, wenn spezielle Inhalte nur durch individuellen Abruf und unter zusätzlichen Voraussetzungen individuell an den Nutzer übermittelt werden. In diesen Fällen wären entsprechende Angebote tatsächlich eher mit Video-on-Demand-Angeboten oder ähnlichen Diensten zu vergleichen. Handelt es sich jedoch nur um ein grundsätzlich vereinbartes Entgelt, dessen Entrichtung den dauerhaften Zugriff auf ein Portal ermöglicht, wäre die Situation wiederum eher mit Pay-TV-Angeboten zu vergleichen, die nach herrschender Meinung dem Rundfunkbegriff unterfallen (siehe unten unter 3. Kap. IV. 4.).189 Auch eine allgemeine Verfügbarkeit ist – möglicherweise mit Ausnahme einiger „Intranetangebote“, die ausdrücklich nicht „für die Allgemeinheit bestimmt“ sind – bei entsprechenden Webseiten im Rahmen des World Wide Web regelmäßig anzunehmen, da sie ja gerade ein Informationsangebot für potenziell jeden Nutzer des Internets bereithalten und somit gerade einer „beliebigen Öffentlichkeit“ zur Verfügung stehen.190 Damit erfüllen die meisten Webseiten die Begriffsmerkmale, die für die Annahme von Rundfunk in verfassungsrechtlichem Sinne erforderlich sind.191 Im Einzelfall sind insbesondere das Darbietungsmerkmal bzw. – allgemeiner gefasst – die inhaltlichen Anforderungen an eine hinreichende, das Darbietungsmerkmal in nuce substituierende Vermittlung von Meinungen und anderen zu kommunizierenden Inhalten sowie die Allgemeinbezogenheit der Webseite genauer zu untersuchen, um eine belastbare Zuordnung vornehmen zu können.

186 Vgl. die Erläuterungen zum Uniform Resource Locator bei U. Sieber, in: Th. Hoeren/ U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 83. 187 Vgl. etwa R. Ricker, NJW 1997, S. 3199 ff. (3200); siehe die Darstellung des Streitstandes (insbesondere bezogen auf Livestream-Angebote) bei J. Lips, Das Internet als „Rundfunkübertragungsweg“, 2004, S. 74 f.; parallel gestaltet sich die generelle Argumentation in Bezug auf Sendungen durch Zugriff oder Abruf; a. A. hingegen R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (140 f.); vgl. zu weiteren Details hinsichtlich der Dateienadressierung auch U. Sieber, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 83. 188 Vgl. R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (138). 189 Vgl. R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (140 f.); siehe zur Zuordnung des Pay-TV zum Rundfunkbegriff im verfassungsrechtlichen Sinne auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 189 ff. (195); K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1676 mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 190 Vgl. auch R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (140 f.). 191 Siehe in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (141).

IV. Einzelfallbetrachtung

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Der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV ist – wie gesehen – wesentlich enger als der entsprechende Begriff auf Verfassungsebene.192 Während im Wege des sog. IPTV übertragene Fernsehsendungen den Anforderungen an einen linearen „Informations- und Kommunikationsdienst“ „entlang eines Sendeplans“ genügen, wird die Erfüllung dieses Begriffsmerkmals bezogen auf einzelne Webseiten i. d. R. nicht ohne weiteres anzunehmen sein, sodass hier prinzipiell eine Zuordnung zu den sog. Telemedien im Sinne des Telemediengesetzes193 zu erfolgen hat.194 c) E-Mail E-Mail-Programme bieten auf der Grundlage eines speziellen Protokolls die Möglichkeit, elektronische Nachrichten miteinander auszutauschen, und können mit dem klassischen Briefversand als Pendant im Online-Bereich verglichen werden.195 Dabei können einfache Textnachrichten genauso verschickt werden wie E-Mails mit entsprechenden Dateianhängen, die ebenso aus klassischen Dokumenttypen für Textverarbeitungsprogramme bestehen können wie aus Bildern, Audiodateien oder Videosequenzen.196 Wenn auch ein und derselbe Inhalt durch entsprechende Eingaben in der Adresszeile des E-Mailprogramms entweder einer Einzelperson oder auch einer Vielzahl an Personen übermittelt werden kann, erfolgt jedoch durch die genaue Adressierung immer eine Individualisierung des Kommunikationspartners.197 Auch wenn die Verbreitungswirkung mancher E-Mails durch die Möglichkeit des jeweiligen Empfängers, den Inhalt der elektronischen Nachricht im Wege der Weiterleitungsfunktion des eigenen E-Mail-Programms zahlreichen weiteren Per-

192

Siehe hierzu etwa E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (454); vgl. zu den Einordnungsschwierigkeiten von Homepages im Rahmen des einfachgesetzlichen Rundfunkregulierungsregimes nach alter Rechtslage vor In-Kraft-Treten des 12. RÄStV und vor Errichtung des TMG Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 284. 193 Vgl. zum Begriff der Telemedien die Negativabgrenzung in § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG; vgl. hierzu B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 63 ff. 194 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Einordnung journalistisch-redaktionell gestalteter Webseiten im Rahmen einer Differenzierung zwischen geschäftsmäßigen und nichtsgeschäftsmäßigen Telemedien i.S.d. § 5 Abs. 1 TMG bei R. Mann/J. F. Smid, in: G. Spindler/ F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Presserecht (Siebter Teil) Rdn. 40 f. 195 Vgl. U. Sieber, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 27. EL 2006) Rdn. 112 ff. mit einer ausführlichen Darstellung der technischen Funktionsweise von E-Mail-Programmen. 196 Vgl. U. Sieber, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 112; siehe ferner bereits T. Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 247. 197 Teilweise wohl a. A. im Hinblick auf bestimmte „an die Allgemeinheit gerichtete und ihr zugängliche, telekommunikatorisch verbreitete Texte (genauer: Textdarbietungen)“ T. Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 247.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

sonen ebenfalls ohne großen Aufwand zugänglich zu machen,198 wesentlich größer sein kann, als dies bei herkömmlichen Briefen klassischerweise der Fall ist, stellen EMails doch typische Formen der Individualkommunikation im Online-Bereich dar199 und sind daher grundsätzlich weder Rundfunk im verfassungsrechtlichen noch im einfachgesetzlichen Sinne.200 Insbesondere im einfachgesetzlichen Bereich muss gegebenenfalls bei der Einordnung von E-Mail-Programmen differenziert werden. E-Mail-Dienste, die sich auf die Kernfunktion der Ermöglichung einer E-MailKommunikation beschränken, stellen nach zustimmungswürdiger Ansicht keine Telemedien dar und sind „als ,reiner‘ Telekommunikationsdienst“ zu qualifizieren.201 Eine andere Einordnung kann sich jedoch dann ergeben, wenn der E-MailDienst für seine Nutzer ein über die Übertragungsfunktion hinausgehendes inhaltliches Angebot bereithält, was etwa schon dann erfüllt sein soll, wenn dem Nutzer über entsprechende Software „das Schreiben, Lesen und Verwalten“202 seiner elektronischen Post ermöglicht wird.203 In diesem Fall soll kein Telekommunikationsdienst mehr vorliegen, der „ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze“ besteht.204 Deshalb soll für solche Dienste neben dem Telekommunikationsgesetz auch das Telemediengesetz205 anwendbar sein, wobei sich die Möglichkeit einer solch doppelten Gesetzesanwendung im Übrigen auch aus der Definition in § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG ergibt, die nämlich eine Anwendung des TMG für solche Dienste nach § 3 Nr. 24 TKG nicht ausschließt, die nicht ganz, sondern nur „überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen“.206 Beim Hinzutreten solcher über eine isolierte Übertragungsfunktion 198 Bei einem klassischen Brief wäre es weitaus aufwendiger, den Inhalt des Briefes zahlreichen anderen Personen zukommen zu lassen. So müsste der Brief in diesem Fall zunächst vervielfältigt werden und wäre dann an einzelne weitere Empfänger ebenfalls auf dem Postwege zu adressieren, wenn man hierfür auf die Nutzung der Online-Kommunikation verzichten möchte. 199 Vgl. auch R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (140 f.). 200 Teilweise a. A., wobei der Autor nach verschiedenen E-Mail-Varianten differenziert, T. Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 247. 201 Vgl. B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 1 TMG Rdn. 6 f. 202 So B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 1 TMG Rdn. 7. 203 Bei E-Mail-Telekommunikationsdiensten dabei davon ausgehend, dass es sich grundsätzlich zugleich um Telemedienangebote handelt BT-Drs. 16/3078, S. 13; vgl. hierzu B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 1 TMG Rdn. 7. 204 Vgl. B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 1 TMG Rdn. 7 mit einem Bezug in FN 14 auf BT-Drs. 16/3078, S. 13. 205 Allerdings in Gemäßheit des § 11 Abs. 3 TMG mit Ausnahmen im Rahmen der datenschutzrechtlichen Regelungen, vgl. BT-Drs. 16/3078, S. 13, 15 f. 206 Vgl. hierzu auch Chr. von Coelln, UFITA 2007, S. 715 ff. (721); Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (802); B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elek-

IV. Einzelfallbetrachtung

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hinausgehender inhaltlicher Angebote im Rahmen allgemein zugänglicher Mailprogramme wird sich bei einer rundfunkrechtlichen Beurteilung des Gesamtangebots herausstellen, dass sich im Einzelfall auch der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff auf entsprechende Dienste erstreckt.207 Soweit jedoch nur der bloße Austausch von E-Mails als solchen ermöglicht und die technische Bereitstellung eines Mailprogramms zum Transport und zur Darstellung individueller elektronischer Nachrichten Gegenstand des betreffenden Angebotes ist, bleibt es bei der oben dargestellten Nicht-Einbeziehung von solchen E-Mail-Diensten und der entsprechenden E-Mail-Kommunikation in den Geltungsbereich des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs.208 d) Chat Unter einem Chatdienst versteht man einen internetbasierten Dienst, der den direkten Austausch elektronischer Nachrichten zwischen den teilnehmenden Nutzern ermöglicht, wobei in der Regel Textnachrichten zwischen den Nutzern des Chats (beinahe) in Echtzeit ausgetauscht werden.209 Ähnlich wie bei der Verwendung von E-Mail-Diensten können im Rahmen mancher Chatprogramme (etwa „ICQ Messenger“, „Skype“, usw.) auch audiovisuelle Inhalte ausgetauscht, also individualisiert Standbild-, Audio- oder Videodateien übermittelt werden. Bei der verfassungsrechtlichen Einordnung des Chats kann dabei wie folgt differenziert werden:210 Soweit es um den kommunikativen Austausch unter den Chat-Teilnehmern in wechselseitiger Bezugnahme211 geht, liegt eindeutig eine Form der Individualkommunikation vor,212 weshalb sich der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff mangels Allgemeinbezogenheit der Chatkommunikation grundsätzlich nicht auf den Austausch von Chatnachrichten erstrecken kann. Dieser Befund gilt erst recht für

tronischen Medien, 2. Auflage 2011, § 1 TMG Rdn. 5 ff.; ferner sollen kommerziell genutzte, aber auch private Newsletter als Telemedien im Sinne des TMG einzustufen sein, vgl. Chr. Weiner/Chr. Schmelz, K&R 2006, S. 453 ff. (455) mit einem Verweis auf die Gesetzesbegründung des damaligen Regierungsentwurfs zum TMG. 207 So bezogen auf den „Textverteildienst Newsletter“ auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 247 f., 259. 208 Vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 247 f., 259. 209 Vgl. W. Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, 2001, S. 158 f. 210 Vgl. auch Th. Held, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 19, der sich ebenfalls für eine differenzierende Betrachtungsweise ausspricht. 211 J. Witt, Internet-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2007, S. 76, der hinsichtlich der Wechselbezüglichkeit die Möglichkeit zu einem „doppelten Rollenwechsel zwischen Kommunikator und Rezipienten“ zugrunde legt. 212 Vgl. Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 87; ders., in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 19.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

„geschlossene Internet-Chats“,213 die im Gegensatz zu „offenen“ Chats a priori nur einem bestimmten Nutzerkreis zur Verfügung stehen. Etwas anderes kann möglicherweise allerdings für das Angebot eines Chat-Dienstes als solchem gelten,214 soweit es sich jedenfalls um ein Chatprogramm handelt, das einem unbestimmten Adressatenkreis, also der Allgemeinheit, die Gelegenheit zur Nutzung der seinerseits zur Verfügung gestellten Kommunikationsmöglichkeiten eröffnet.215 Im Einzelfall wird es jedoch darauf ankommen müssen, ob neben der Allgemeinbezogenheit und der technischen Komponente auch das inhaltliche Kriterium der Darbietung bzw. der Vermittlung von Meinungen und gegebenenfalls weiteren, hierüber hinausgehenden Inhalten durch das Angebot des Chat-Dienstes erfüllt ist. Eine vermittelnde Ansicht möchte insoweit danach differenzieren, ob es sich um einen moderierten oder um einen nicht-moderierten Chat handelt, wobei letztgenannter gerade dadurch gekennzeichnet sein soll, dass eine Gleichberechtigung in der Kommunikationssituation zwischen den Kommunikatoren und den Rezipienten besteht und es dabei „jederzeit zu einem doppelten Rollenwechsel zwischen Kommunikator und Rezipienten kommen kann“.216 Solange das Angebot des Chat-Dienstes nur der Ermöglichung des Austauschs individualisierter elektronischer Nachrichten dient, jedoch mangels inhaltlicher Darbietungen keinen Einfluss auf die öffentliche und individuelle Meinungsbildung nehmen kann, erscheint eine Einordnung unter den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff jedenfalls verfehlt.217 Soweit ein Chat jedoch in ein (meinungsbildendes) Gesamtangebot einer Plattform eingebunden ist, kommt eine Qualifizierung des Gesamtangebots als Rundfunk im verfassungs-

213

Vgl. hierzu R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (141), wobei der Autor allerdings offen lässt, ob seiner Auffassung nach eine andere verfassungsrechtliche Zuordnung im Rahmen „offener“ Internet-Chats erfolgen muss. 214 Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 87; ders., in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 19. 215 „Das Angebot eines Chat-Dienstes“ als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne einstufend Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 87; ders., in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 19. 216 So und hierzu J. Witt, Internet-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2007, S. 76 f. m. weit. Nachw., wobei diese differenzierende Ansicht der obigen Darstellung teilweise argumentum e contrario zugrunde gelegt worden ist; für eine generelle Qualifizierung von Chat-Angeboten als Rundfunk, ohne jedoch die „innerhalb der Chat-Rooms“ stattfindende Kommunikation als Massenkommunikation zu werten Th. Held, Online-Angebote öffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 87; gegen eine Qualifizierung von Chat-Angeboten (genauer bezieht er sich auf sog. „Internet Relay Chat“-Angebote) als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne und einen steten „Rollenwechsel zwischen Kommunikatoren und Rezipienten“ im Rahmen von Chat-Angeboten im Allgemeinen annehmend W. Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, 2001, S. 158 f. (insbesondere 159). 217 Siehe zur Einordnung und zur fehlenden Einseitigkeit der „Kommunikationsrichtung“ W. Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, 2001, S. 159.

IV. Einzelfallbetrachtung

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rechtlichen Sinne hingegen zumindest in Betracht.218 Hier ergibt sich eine Parallele zu der bereits erörterten Einordnung von einerseits einfachen und andererseits über die reine Übertragungsfunktion hinausgehenden E-Mail-Programmen. Genau umgekehrt stellt sich allerdings die rechtliche Einordnung für sog. (offene) „Meinungsforen“ dar219, die im Allgemeinen nicht nur dem individuellen Austausch der aktiven Teilnehmer dienen, sondern auch für externe Nutzer zugänglich sind, die sich selbst an der Diskussion im Meinungsforum nicht beteiligen, teilweise jedoch das Forum gewissermaßen als „Nachschlagewerk“ zur Erkundung des Meinungsstands bezüglich eines bestimmten Themas aus den unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen nutzen.220 Die in Meinungsforen dargestellten Beiträge der aktiven Nutzer stehen daher im Gegensatz zu Chat-Diensten auch aufgrund ihrer stärkeren Perpetuierung gegenüber eher für eine kürzere Dauer bestimmten Chatdarstellungen221 grundsätzlich einem weiteren Leserkreis als Informationsquelle zur Verfügung, haben daher einen größeren Einfluss auf die öffentliche und insbesondere auch auf die individuelle Meinungsbildung und können somit als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne qualifiziert werden.222 Eine andere verfassungsrechtliche Beurteilung ergibt sich allerdings für „geschlossene“ Meinungsforen (auch als „Internetforen“ bezeichnet),223 da es hier an der massenkommunikativen Ausprägung und damit auch an der entsprechenden Einwirkungsmöglichkeit auf die Meinungsbildung in ihrer individuellen und öffentlichen Dimension fehlt.224 Beide Varianten der soeben in Bezug genommenen Meinungsforen können integraler Bestandteil nahezu jeder Internetseite sein, wobei der Anbieter der Webseite entscheiden kann, ob er ein etwaiges Meinungsforum so ausgestaltet, dass dessen Inhalte der Öffentlichkeit oder nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind. Chat-Dienste können zwar im Sinne der einfachgesetzlichen Terminologie als „elektronischer Informations- und Kommunikationsdienst“ qualifiziert werden, jedoch werden bei Chatangeboten weder die Anforderungen an die Linearität noch an 218

Den Aspekt der Beurteilungsnotwendigkeit des „Gesamtangebotes“ spricht in einfachgesetzlichem Zusammenhang in Bezug auf das damalige Teledienstegesetz W. Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, 2001, S. 159 an, ohne jedoch nähere Ausführungen zu der Frage zu unterbreiten, wann eine Qualifizierung als „Rundfunk“ in einfach- oder verfassungsrechtlichem Kontext im Einzelfall erfolgen kann. 219 Vgl. allerdings zum Fehlen des massenkommunikativen Elements bei „geschlossenen“ Internetforen die Ausführungen bei R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (141). 220 Zutreffend umschreibt J. Witt, dass „Meinungsforen […] auch der Information einer breiteren Öffentlichkeit“ dienen, vgl. J. Witt, Internet-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2007, S. 76. 221 J. Witt spricht insoweit von einem „Inhalt flüchtiger Natur“, vgl. J. Witt, Internet-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2007, S. 76. 222 Insofern ist der verfassungsrechtlich differenzierenden Darstellung von J. Witt, InternetAktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2007, S. 76 im Hinblick auf die Einordnung der Meinungsforen zuzustimmen. 223 Vgl. R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (141). 224 Vgl. R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (141).

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

die Merkmale der „Veranstaltung und Verbreitung … entlang eines Sendeplans“ erfüllt. Vor diesem Hintergrund und unter Einbeziehung der Ergebnisse zum primär individualkommunikativen Charakter eines Chats können solche Angebote nicht unter den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff i.S.d. § 2 Abs. 1 RStV subsumiert werden. Da es sich bei Chats auch nicht um reine Telekommunikationsangebote im Sinne des TKG handelt, gelingt eine Qualifizierung solcher Angebote als Telemedien i.S.d. den Anwendungsbereich des Gesetzes definierenden § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG.225 e) Internet-Telefonie Unter Internet-Telefonie226 versteht man ein Telefongespräch zwischen zwei oder mehreren Teilnehmern, im Rahmen dessen für den Datentransfer das Internet genutzt wird. Technisch spricht man in diesem Zusammenhang vom sog. „Voice over Internet Protocol (kurz: VoIP)“.227 Da es sich bei der Internet-Telefonie wie auch bei herkömmlichen Telefonaten um Individualkommunikation handelt, fehlt es bereits an der Bestimmung für die Allgemeinheit, die für eine Erfassung vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und auch vom einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff nach § 2 Abs. 1 RStV gleichermaßen gefordert wird.228 Somit fällt Internet-Telefonie weder unter den verfassungsrechtlichen noch unter den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff. Im einfachgesetzlichen Bereich bildet das TKG die maßgebliche gesetzliche Grundlage für Internet-Telefonie-Dienste, da es sich im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV und § 3 Nr. 24 Var. 1 TKG hierbei um Dienste handelt, die „ganz“ „in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen“.229 Damit gelingt für VoIP-Dienste auch keine Zuordnung zum Bereich der Telemediendienste,230 weshalb auch das Telemediengesetz für diese Art von Diensten keine Anwendung findet.231

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Vgl. insoweit auch die Ausführungen der Bundesregierung zum „Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste (Elektronischer-Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetz“, BTDrs. 16/3078, S. 13; vgl. hierzu auch Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (802); B. Holznagel/ Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 1 TMG Rdn. 10. 226 Teilweise wird auch der Begriff „IP-Telefonie“ synonym verwendet, vgl. R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (141). 227 BT-Drs. 16/3078, S. 13; vgl. auch Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (802); vgl. auch die ausführlichen Darstellungen zu „Voice over IP“ bei M. Bonnekoh, Voice over IP. Rechtsprobleme der Konvergenz von Internet und Telefonie, 2007; R. Meinberg, Voice over IP. IP-basierter Sprachdienst vor dem Hintergrund des novellierten TKG, 2008. 228 Vgl. auch R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (140 f.). 229 Vgl. hierzu auch Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (802). 230 BT-Drs. 16/3078, S. 13; vgl. auch B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 61. 231 Vgl. hierzu Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (802).

IV. Einzelfallbetrachtung

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f) Videokonferenzen Während sich Telefonate im klassischen Sinne nur auf die akustische Stimmübertragung zwischen den jeweiligen Gesprächsteilnehmern beschränken, kann mit Hilfe von Webcams über das Internet auch eine visuelle Übertragung des Gesprächs erfolgen, sodass die Gesprächsteilnehmer einander nicht nur hören, sondern auch sehen können. Ähnlich wie bei der auf eine Audioübertragung beschränkten InternetTelefonie richten sich auch Videokonferenzen zumeist an einen bestimmten oder zumindest im Kern bestimmbaren Personenkreis. Natürlich können auch Videokonferenzen – unabhängig von ihrer konkreten technischen Übertragungsweise – ihrerseits Gegenstand einer Rundfunkausstrahlung werden, wie dies etwa bei VideoLiveschaltungen im Rahmen von Nachrichtensendungen häufiger zu beobachten ist. In einem solchen Fall liegt sicherlich zwischen dem Moderator und dem „zugeschalteten“ Gesprächspartner (etwa einem Auslandsreporter, einem politischen Vertreter oder auch einem prominenten Sportler), die miteinander per Video-LiveSchaltung verbunden sind, noch kein Rundfunk im verfassungs- oder einfachgesetzlichen Sinne vor. Durch die Weiterübertragung der Kommunikation zwischen dem Moderator und dem per Videokonferenz zugeschalteten Gesprächspartner wird diese audiovisuelle Übertragung dann allerdings zum Gegenstand einer an die Allgemeinheit gerichteten Rundfunkberichterstattung.232 Bei einem privaten Chatoder Internet-Telefonie-Gespräch hingegen, das um eine visuelle Übertragung des Bildes der Kommunizierenden ergänzt wird, fehlt es jedoch an einer Allgemeinbezogenheit. Vielmehr liegt in einer solchen Kommunikationssituation eine sog. „geschlossene Teilnehmergruppe“233 vor. Somit handelt es sich um reine Individualkommunikation, die nicht die Wesensmerkmale des Rundfunkbegriffs auf verfassungsrechtlicher und einfachgesetzlicher Ebene erfüllt.234 Zur einfachgesetzlichen Einordnung kann im Übrigen grundsätzlich auf die entsprechenden Ausführungen zur Internet-Telefonie verwiesen werden, da allein das Hinzutreten einer visuellen Übertragungskomponente insofern keinen hinreichenden Grund für eine andere einfachrechtliche Beurteilung dieser Kommunikationsvariante darstellt. Etwas anderes kann insofern nur dann gelten, wenn die Videokonferenz auf der Grundlage eines Programms erfolgt, das eher die Wesensmerkmale eines klassischen 232 Vgl. in diesem Zusammenhang zur Weiterverbreitung an die Allgemeinheit „im zweiten Schritt“ bereits die Ausführungen bei K. Beucher/L. Leyendecker/O. v. Rosenberg, Mediengesetze, 1999, § 2 RStV Rdn. 4. 233 Vgl. zu solchen geschlossenen Teilnehmergruppen (auch unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 1 Satz 2 und 3 des damaligen Btx-Staatsvertrages, der heute nicht mehr in Kraft ist) die Ausführungen bei H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 107; B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 52; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 41. 234 Vgl. hierzu unter Bezugnahme auf die sog. „Closed User Groups“ die Ausführungen bei B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 41.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Chatprogramms erfüllt. Insofern können ergänzend zu den Regelungen des Telekommunikationsgesetzes auch die Regelungen des Telemediengesetzes Anwendung finden, da es sich dann um solche Dienste handelt, die lediglich „überwiegend“ und nicht (mehr) „ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen“, und nur die letztgenannte Variante eine Anwendung des Telemediengesetzes nach dessen § 1 Abs. 1 Satz 1 ausschließen würde.235 g) Live-Streaming Unter dem Begriff des „Live-Streamings“ versteht man eine „zusätzliche parallele/zeitgleiche Übertragung herkömmlicher Rundfunkprogramme über das Internet“.236 Würde man aufgrund der zugrunde liegenden Übertragungstechnik entsprechende über das Internet im Wege eines Live-Streamings verbreitete Programme dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff entziehen, bedeutete dies zugleich, dass man den im Grundgesetz gewährleisteten Medienfreiheiten eine fehlende Gegenwartstauglichkeit attestieren müsste. Legt man jedoch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und die durch das Gericht etablierte „Bestands- und Entwicklungsgarantie“237 zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugrunde, spricht vieles dafür, auch neue, onlinebasierte Übertragungswege als vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff erfasst anzusehen,238 soweit hinreichende Verbindungslinien zur ursprünglichen Bedeutung dieses verfassungsrechtlichen Rechtsbegriffs hergestellt werden können und solange die grundgesetzlichen Medienfreiheiten keine neue Ausgestaltung erfahren haben, die eine andere mediale Zuordnung erlauben könnte. Im Kern ändert sich unter Zugrundelegung der neuen Übertragungs- bzw. Darbietungstechnik nichts an der Klassifizierung des Kommunikats anhand der klassischen Merkmale des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs. So sind die im Wege des Live-Streamings verbreiteten Angebote „an die Allgemeinheit gerichtet“, sie entfalten im Rahmen ihres Darbietungscharakters ihre Funktion in der Vermittlung von kommunizierten Meinungen und anderen auf diesem Wege dargebotenen Inhalten und werden fernmeldetechnisch, genauer auf elektronischem Wege, 235 Vgl. insoweit B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 1 TMG Rdn. 6 f. 236 So BT-Drs. 16/3078, S. 13; B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 1 TMG Rdn. 9; vgl. ferner zur Unterscheidung der unterschiedlichen „Web-TV“-Angebote J. Baier, CR 2008, S. 769 ff. (770); kritisch zum Begriff des Live-Streamings H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 82. 237 BVerfGE 83, 238 (298 f.). 238 Vgl. hierzu die Ausführungen bei R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff.; während U. Fink im Grundsatz das Internet als nicht vom Rundfunkbegriff umfasst ansieht, will er zumindest in Bezug auf entsprechende Angebote, die von Rundfunkveranstaltern selbst vorgehalten werden, eine Ausnahme machen und eben diese Angebote gerade in den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff integrieren, vgl. U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 38.

IV. Einzelfallbetrachtung

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verbreitet. In verfassungsrechtlicher Hinsicht handelt es sich hierbei somit um (klassischen) Rundfunk. Doch auch im einfachgesetzlichen Bereich kann „Live-Streaming“ aufgrund der gerade skizzierten Wesensidentität des Kommunikats, das also lediglich zusätzlich über einen „neuartigen“ Verbreitungsweg parallel zu den klassischen Distributionswegen verbreitet wird, keinem abweichenden Regulierungsrahmen unterworfen werden. Insbesondere ändert eine Verbreitung des Programms im Wege des LiveStreaming-Verfahrens nichts an der Linearität des „Informations- und Kommunikationsdienstes“ oder an dem „zeitgleichen Empfang“ des Programms, wobei kleinere technisch-bedingte zeitliche Verzögerungen nicht zur Nicht-Erfüllung dieses Merkmals führen.239 So ist es nur folgerichtig, dass auch nach der Gesetzesbegründung „Live-Streaming“-Angebote nicht den Telemedien zugeordnet werden, sondern vielmehr als Rundfunk i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV zu behandeln sind.240 h) Webcasting Beim sog. „Webcasting“ handelt es sich um die „ausschließliche Übertragung herkömmlicher Rundfunkprogramme über das Internet“.241 Webcasting-Angebote unterscheiden sich also von den zuvor erörterten „Live-Streaming“-Angeboten dadurch, dass sie nicht zusätzlich, sondern originär über das Internet unter Nutzung des „Internet Protocol Standards“242 verbreitet werden. Wenngleich die Anzahl der Rezipienten und damit auch die Breitenwirkung solcher Programme, die sowohl über die herkömmlichen Distributionswege des Fernsehens als auch über ergänzendes „Live-Streaming“ im Internet angeboten werden, aufgrund der parallelen Ausstrahlung in der Regel quantitativ eher größer sein wird, kann dies für die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Zuordnung von Webcasting-Angeboten nicht ausschlaggebend sein. Schließlich werden Live-Streaming-Angebote ja auch unabhängig von den weiteren Distributionswegen als vom verfassungsrechtlichen und vom einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff umfasst angesehen. Vor diesem Hintergrund kann auch für die rechtliche Qualifizierung von „Webcasting“ in verfassungsrechtlicher und einfachgesetzlicher Hinsicht nichts anderes gelten.243 Der 239

Vgl. B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 41 n. 240 BT-Drs. 16/3078, S. 13; vgl. hierzu auch Th. Hoeren, NJW 2007, S. 801 ff. (803); J. Baier, CR 2008, S. 769 ff. (774); D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 52; B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 1 TMG Rdn. 9. 241 BT-Drs. 16/3078, S. 13; vgl. hierzu D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 52; siehe ferner auch die Abgrenzungen zu sonstigen „WebTV“-Angeboten bei J. Baier, CR 2008, S. 769 ff. (770). 242 Vgl. hierzu J. Baier, CR 2008, S. 769 ff. (770) m. weit. Nachw. 243 Vgl. zur Zuordnung von Live-Streaming, Webcasting und einigen anderen Angeboten zum Begriff der Fernsehprogramme im Rahmen der AVMD-Richtlinie Erwägungsgrund 27 der

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Umstand, dass Webcasting-Angebote ausschließlich über das Internet verbreitet werden, lässt erkennbar kein rundfunktypisches Merkmal auf verfassungsrechtlicher und einfachgesetzlicher Ebene entfallen.244 Insofern geht auch die Gesetzesbegründung treffend davon aus, dass es sich bei Webcasting nicht um einen Telemediendienst handelt.245 Somit ist auch das Webcasting von den Rundfunkbegriffen auf einfachgesetzlicher und verfassungsrechtlicher Ebene umfasst.246 i) Blogs Unter einem „Blog“ (Kurzform für den Begriff „Weblog“247) versteht man ein im Internet angebotenes und in der Regel allgemein zugängliches Forum, das entweder themenspezifisch genutzt oder auch als Online-Tagebuch des Hauptnutzers (des sog. „Bloggers“248) verwendet werden kann,249 wobei „im Rahmen des entsprechenden Forums von der Allgemeinheit Informationen, Gedanken und Erfahrungen ausgetauscht werden können“.250 Die Gestaltungsmöglichkeiten eines Blogs sind überaus vielfältig. So haben sich neben themenspezifischen Blogs etwa auch eigene Blogs zur Veröffentlichung von Foto-Material („Phlogs“), Videomaterial („Vlogs“) oder auch solche zur Einstellung von Nachrichten und Bildmaterial über Mobil-Telefone („Moblogs“) herausgebildet.251 In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist festzustellen, Richtlinie 2010/13/EU; vgl. hierzu bereits die Ausführungen zum damaligen Erwägungsgrund 20 der AVMD-Richtlinie alter Fassung bei B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 39. 244 Vgl. auch die Ausführungen zur Einbeziehung von Webcasting-Angeboten und anderen „neuen Formen von Rundfunk“ in den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff – auch unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei M. Libertus, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 14 RStV Rdn. 85 ff. m. weit. Nachw. 245 BT-Drs. 16/3078, S. 13; siehe hierzu B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 1 TMG Rdn. 9; vgl. zur einfachgesetzlichen Abgrenzung von Rundfunk und Telemedien auch J. Baier, CR 2008, S. 769 ff. (774). 246 Vgl. bezogen auf den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff B. Holznagel/Th. Ricke, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 1 TMG Rdn. 9. 247 Vgl. hierzu und zur Zusammensetzung des Begriffs die Ausführungen bei Chr. Weiner/ Chr. Schmelz, K&R 2006, S. 453 ff. (454); siehe ferner auch U. Sieber, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 95. 248 Vgl. hierzu auch U. Sieber, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 95. 249 Vgl. hierzu und zu weiteren Funktionen eines Blogs die Ausführungen bei Chr. Weiner/ Chr. Schmelz, K&R 2006, S. 453 ff. (454). 250 So die Definition bei Chr. Frank, in: H. Harte-Bavendamm/F. Henning-Bodewig (Hrsg.), 2. Aufl. 2009, UWG, Einl. G Rdn. 50. 251 Vgl. zu diesen Differenzierungen U. Sieber, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 95.

IV. Einzelfallbetrachtung

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dass sich Blogs in der Regel an die Allgemeinheit richten, deren Kontrolle sie in qualitativer Hinsicht auch regelmäßig unterliegen,252 und auf rundfunktypische Weise elektronisch unter Nutzung des Internets verbreitet werden. Fraglich erscheint, ob auch das inhaltliche Kriterium, also die Meinungs- und Inhaltevermittlung, in hinreichender Weise ausgeprägt und damit erfüllt ist, sodass die Rundfunkfreiheit in Bezug auf Blogs unmittelbare Anwendung finden kann. Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff wird unter Verzicht auf die Merkmale der Linearität und der Notwendigkeit eines konkreten Sendeplans weiter verstanden als der einfachgesetzliche.253 Entscheidend ist vor allen Dingen, dass dem entsprechenden Angebot die rundfunkspezifische „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“254 zukommt. Die inhaltliche Gestaltung der Beiträge der Blogs erfolgt durch die jeweiligen Blogger und Nutzer des Angebots.255 Durch die aktive Einbindung der Internet-Nutzer wird Blogs dabei nach zutreffender Darstellung von Chr. Frank eine besonders hohe Authentizität zugemessen,256 wobei sich die dortigen Diskussionen häufig als besonders aktuell (z. B. zum tagespolitischen Geschehen) darstellen und damit auch in inhaltlicher Hinsicht für die individuelle und nicht zuletzt auch für die öffentliche Meinungsbildung je nach Frequentierung des Blog-Angebots von entscheidender Bedeutung sein können. So nutzen auch Rundfunkanstalten und Medienunternehmen Blogs im Rahmen ihrer Internetangebote, um sendungsbezogen oder auch zu allgemeinen Themen mit den Nutzern zu kommunizieren. Dabei wird die Verbreitungsreichweite der einzelnen Blogbeiträge teilweise dadurch erhöht, dass im Wege einer Verknüpfung der Blogs mit Online-Plattformen wie „Twitter“ und „Facebook“ zusätzliche Nutzer erreicht werden.257 Auch in nicht spezialisierten Blogs kann zumeist neben Textnachrichten ferner Bild- und Tonmaterial (zumindest vom Blogbetreiber aus) eingebunden werden. Die Einbindung eines Blogs in ein Gesamtangebot einer Homepage erhöht dabei die Suggestivkraft des entsprechenden Angebotes in seiner Gesamtschau. Doch auch isoliert betrachtet erfüllt ein Blog wohl die inhaltlichen Anforderungen, die ein rundfunktypisches Gefährdungspotenzial dieses medialen Dienstes begründen und damit eine Erstreckung des verfassungs252 Vgl. Chr. Frank, in: H. Harte-Bavendamm/F. Henning-Bodewig (Hrsg.), 2. Aufl. 2009, UWG, Einl. G Rdn. 50 spricht insofern von einer „Selbstkontrolle der Allgemeinheit“. 253 Dies galt auch schon für den alten einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrages vor In-Kraft-Treten des 12. RÄStV, vgl. hierzu E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (454). 254 BVerfGE 90, 60 (87). 255 Vgl. Chr. Frank, in: H. Harte-Bavendamm/F. Henning-Bodewig (Hrsg.), 2. Aufl. 2009, UWG, Einl. G Rdn. 50. 256 So werde „durch den öffentlich angebotenen Meinungsaustausch“ „der Eindruck großen Vertrauens und Glaubwürdigkeit erweckt“, so Chr. Frank, in: H. Harte-Bavendamm/F. Henning-Bodewig (Hrsg.), 2. Aufl. 2009, UWG, Einl. G Rdn. 50. 257 Beispielhaft kann hier auf den früheren Blog zur „RTL-Realityshow Dschungel-Camp“ mit „Sonja und Dirk“ verwiesen werden, abrufbar unter http://www.rtl.de/medien/unterhaltung/ ich-bin-ein-star/dschungelcamp-news/128a9 – 95d48 – 7c29 – 48/der-blog-von-sonja-und-dirkaus-dem-dschungelcamp.html – zuletzt besucht am 18. Oktober 2011 um 16:46 Uhr.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

rechtlichen Rundfunkbegriffs auf Blogs zu rechtfertigen vermögen. In einfachgesetzlicher Hinsicht fehlt es bei einem Blog sowohl am Definitionsmerkmal der Linearität als auch – selbst im Falle einer Einbindung von Bewegtbild und oder Ton – an der Existenz eines entsprechenden Sendeplans, wie er in § 2 Abs. 1 Satz 1 HS 2 RStV als ein kennzeichnendes Merkmal des Rundfunkbegriffs festgeschrieben wurde. Da Blogs somit nicht unter den Rundfunkbegriff im einfachgesetzlichen Sinne fallen, jedoch auch keinen Telekommunikationsdienst im Sinne des TKG darstellen, handelt es sich bei diesen elektronischen Diensten im Sinne der gesetzlichen Negativabgrenzungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV und des § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG um Telemedien.258 Für solche Blogs, die eine journalistisch-redaktionelle Gestaltung aufweisen, kommt es zu einer Anwendbarkeit des § 55 Abs. 2 RStV,259 der im Verhältnis zu den entsprechenden Regelungen im TMG strengere Informationspflichten festlegt. j) Sonderproblem: Programmzusammenstellungen aus einzelnen Podcasts Der Begriff „Podcast“ ist ein Neologismus, der sich aus zwei Komponenten zusammensetzt: „Pod“ leitet sich vom Begriff „Ipod“ und „cast“ vom Begriff „Broadcast“ ab.260 Podcasts bestehen aus Audio-, Video- oder kombinierten Dateien, die im Wege des Internets an den Rezipienten übertragen werden und nach erfolgtem Download von ihm auf einem entsprechenden Endgerät (häufig mobil) genutzt werden können.261 Unter Verwendung eines sog. „RSS-Feeds“262 können die Nutzer von Podcasts die entsprechenden Angebote „abonnieren“.263 Fraglich erscheint, inwiefern es sich bei Podcasts – der zweiten Silbe dieses Neologismus entsprechend – auch um Rundfunk im Rechtssinne handelt. In verfassungsrechtlicher Hinsicht stehen Podcasts grundsätzlich der Allgemeinheit, also einem unbestimmten Personenkreis, zum Abonnement zur Verfügung, was zur Erfüllung des Kriteriums der 258 Vgl. auch Chr. Weiner/Chr. Schmelz, K&R 2006, S. 453 ff. (455); siehe zur differenzierenden Beurteilung der Zuordnung von kommerziellen und nicht-kommerziellen Blogs zum Begriff des audiovisuellen Mediendienstes i.S.d. AVMD-Richtlinie der EU die Ausführungen bei O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (14). 259 Vgl. H.-W. Micklitz/M. Schirmbacher, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 55 RStV Rdn. 14 d mit einem Verweis auf Chr. Weiner/ Chr. Schmelz, K&R 2006, S. 453 ff. (455), die sich mit der entsprechenden Regelung in Bezug auf den damaligen Entwurf zum 9. Rundfunkänderungsstaatsvertrag befassen. 260 Vgl. R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (444). 261 Vgl. R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (444). 262 „RSS“ steht dabei heute für „Really Simple Syndication“, vgl. hierzu und zur Entwicklung des Begriffs die Ausführungen bei U. Sieber, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 96 mit FN 4; siehe zur Nutzung eines „Feed“ in diesem Zusammenhang auch R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (444). 263 Vgl. U. Sieber, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 (Stand 15. EL 2006) Rdn. 96; siehe ferner auch R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (444).

IV. Einzelfallbetrachtung

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Allgemeinbezogenheit ausreicht.264 Die elektronische Verbreitungsweise und die in Podcasts enthaltenen Inhalte mit ihrem (zumeist) individual- und kollektivmeinungsbildenden Charakter erfüllen regelmäßig die übrigen Merkmale des Rundfunkbegriffs im verfassungsrechtlichen Sinne. Auf einfachgesetzlicher Ebene zeigt sich allerdings eine Besonderheit: Obwohl Podcasts im Allgemeinen aufgrund ihrer fehlenden Linearität in der Regel nicht dem einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff unterfallen, sind hier auch anders gelagerte Fallgestaltungen denkbar, die eine Erfassung von Podcasts durch den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages auslösen können.265 So gibt es entsprechende PodcastDienste, die nach erstmaliger Auswahl eines Musikstücks o.Ä. durch den Nutzer ein automatisch ablaufendes Programm generieren, wobei sich das Programm an der Nähe und Vergleichbarkeit weiterer Titel zu der vom Nutzer bewusst getroffenen Auswahlentscheidung orientiert.266 Auf diese Weise entsteht jedenfalls ein lineares Programm. Fraglich erscheint, ob es für die Annahme eines Sendeplans ausreicht, dass eine Software so programmiert worden ist, dass sie das entsprechende Interessengebiet des Nutzers anhand einer einmaligen Auswahlentscheidung zur Generierung eines Gesamtprogramms „erkennen“ kann. Auch wenn hier im Einzelfall keine bewusste Entscheidung eines Redakteurs notwendig ist, kann die meinungsbeeinflussende Wirkung jedoch auch durch die entsprechende Programmierung der Software und ggf. einer entsprechenden Beeinflussung der Grundtendenz der fortan automatisch erfolgenden Programmzusammenstellung erzielt werden.267 Insofern zeigt sich, dass sich eine Einordnung solcher Angebote als überaus schwierig erweist und zumindest eine Erfassung dieser Angebote vom einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff – mit allen negativen Folgen für die Rechtssicherheit – nicht ausgeschlossen werden kann.268 k) Push-Dienste Push-Dienste stellen kein spezielles Medium dar, sondern umfassen solche „Informations- und Kommunikationsdienste, die mittels Push-Technik verbreitet werden“269 und die im Rahmen verschiedener medialer Angebote zum Einsatz kommen

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Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zur Breitenwirkung in Bezug auf Angebote im Internet im Allgemeinen T. Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 248. 265 Auf eine solche Fallkonstellation weist W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109 f.) hin. 266 Vgl. hierzu W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109 f. mit FN 22). 267 Vgl. zu einer ähnlichen Problematik hinsichtlich der Einordnung von Suchmaschinen Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 86; siehe ferner auch J. Kühling/N. Gauß, ZUM 2007, S. 881 ff. (884 f.). 268 Insofern zutreffend von „Grenzformen“ sprechend W. Schulz, EuZW 2008, S. 107 ff. (109). 269 So Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 289.

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können.270 Bei Push-Diensten müssen die gewünschten medialen Inhalte nicht eigens vom Nutzer oder Rezipienten abgerufen werden, sondern werden in der Regel vom Diensteanbieter automatisch an ihn verschickt.271 Den Gegenbegriff zu „PushDiensten“ bilden damit die sog. „Pull-Dienste“, wobei von letzterem die klassischen Abrufdienste erfasst sind.272 Da sich die Push-Technik auf verschiedene mediale Angebote, wie z. B. E-Mails, SMS-Nachrichten, aber auch andere Medienvarianten, „die in ihrer Wirkung dem Angebot von Video-on-Demand gleichkommen“273, erstreckt, bedarf es auch einer differenzierenden Einordnung der einzelnen die PushTechnik nutzenden Dienste. Insofern ist Th. Miserre zuzustimmen, der der Auffassung ist, dass man diese Übertragungstechnik „nicht losgelöst von den verbreiteten Inhalten betrachten“ könne.274 Damit sind insbesondere dann, wenn im Wege der Push-Technik etwa Nachrichten, Informationen und Ähnliches in Gestalt audiovisueller Inhalte auf elektronischem Wege zur Wiedergabe aus einem Speicher eines entsprechenden (auch mobilen) Empfangsgerätes verbreitet werden,275 sich das Angebot des Dienstes grundsätzlich an einen beliebigen Personenkreis wendet und damit jedermann in den Genuss eines solchen Dienstes nach einer entsprechenden Anmeldung kommen kann, alle typischen Rundfunkmerkmale des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffes erfüllt. Allerdings ist auch hier zuzugeben, dass sich eine entsprechende Zuordnung gerade in Abgrenzung zu anderen Diensten wiederum in einem Grenzbereich bewegt. So weist die Grenze, wann ein vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff umfasster Push-Dienst vorliegt und wann ein solcher Dienst der Individualkommunikation zuzuordnen ist, was etwa dann der Fall 270 Vgl. insofern die Ausführungen zu den vor In-Kraft-Treten des Telemediengesetzes notwendigen Abgrenzungen zwischen Mediendiensten und Telediensten von Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 239, nach dessen Auffassung das „inhaltliche Angebot und die Push-Technik“ „eine untrennbare Einheit“ bilden. 271 Vgl. Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 239; M. Erdemir, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 JMStV Rdn. 6. 272 Vgl. S. Christmann, ZUM 2006, S. 23 ff. (27). 273 Vgl. hierzu die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu § 2 Abs. 3 Nr. 2, a.a.O., S. 4; vgl. hierzu auch M. Erdemir, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 JMStV Rdn. 6. 274 So Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 239 in Bezug auf die Einordnung von Push-Diensten nach dem damals geltenden Teledienstegesetz. 275 Vgl. im einfachgesetzlichen Zusammenhang den Wortlaut des Ausschlusstatbestandes in § 2 Abs. 3 Nr. 2 RStV. Nach hier vertretener Auffassung sollen die Ausführungen auch für solche Push-Nachrichten gelten, die lediglich ein bestimmtes Ereignis in Textform benennen und im Rahmen der Darstellung der Nachricht auf einem mobilen Endgerät eine unmittelbare Verlinkung zu dem zugehörigen audiovisuellen Inhalt anbieten. Beim konkreten Abruf des Inhalts durch entsprechenden Aufruf der der Verlinkung zugrunde liegenden Webseite dürfte darüber hinaus eine besonders hohe Anzahl erfolgter Abrufe in einem eng umgrenzten Zeitraum zu verzeichnen sein, da der Inhalt der entsprechenden Seite mit der die Verlinkung ausweisenden Push-Nachricht eine besondere Einheit bildet. Nach Erhalt dieser Push-Nachricht werden sich viele Nutzer für vertiefende Informationen interessieren, die sie gerade dann erhalten, wenn sie dem entsprechenden Link folgen.

IV. Einzelfallbetrachtung

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sein dürfte, wenn das entsprechende Angebot eher mit einer an einen größeren Personenkreis gerichteten E-Mail-Nachricht (etwa einem Newsletter) vergleichbar ist und damit nicht mehr als Rundfunk zu qualifizieren ist, zunehmend ungenauere Konturen auf.276 Auch hier bedarf es damit einer genauen Betrachtung des konkreten Einzelfalls, so wünschenswert auch die Möglichkeit einer einheitlich-generellen Zuordnung wäre. Gerade in solchen Abgrenzungsfragen zeigt sich die große Schwierigkeit, die darin besteht, neue mediale Erscheinungsformen in ein nicht mehr der medialen Wirklichkeit entsprechendes „Mediengrundrechtekorsett“ zu zwängen. Im einfachgesetzlichen Bereich fällt die Zuordnung jedenfalls klar aus, wenngleich sie unter dem Gesichtspunkt des rundfunktypischen Gefährdungspotenzials solcher Dienste wenig überzeugt. Demnach handelt es sich gem. § 2 Abs. 3 Nr. 2 RStV bei Angeboten, die „zur unmittelbaren Wiedergabe aus Speichern von Empfangsgeräten bestimmt sind“, nicht um Rundfunk. Hierunter fallen typischerweise und ausweislich der Gesetzesbegründung „Push-Dienste mit Einzelbeiträgen für eine Nutzung zu dem vom Kunden gewünschten Zeitpunkt, deren technischer Übertragungszeitpunkt jedoch vom Diensteanbieter oder Netzbetreiber festgelegt wird“.277 Die Nichtzuordnung zum einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff gilt dann erst recht auch für solche die Push-Technik anwendenden Dienste, die nicht mehr dem Bereich der Massenkommunikation zugeordnet werden können. Eine differenzierende Zuordnung zum einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff würde allerdings dem spezifischen Regulierungsbedürfnis des einzelnen Angebots vermutlich besser gerecht werden können.278 So ist zumindest bei einigen PushDiensten eine Besonderheit festzustellen, die de lege lata auf einfachgesetzlicher Ebene keine hinreichende Berücksichtigung findet: Namentlich werden etwa bei manchen Pay-TV-Anbietern unter Nutzung eines eigenen Festplattenreceivers Spielfilme und sonstige verschlüsselte Darbietungen gewissermaßen linear an die Festplattenreceiver versandt und dann dort für eine bestimmte Zeit zum non-linearen Abruf durch den Rezipienten gespeichert.279 Der non-lineare Abruf, der mit dem bei 276 Siehe allgemein zur zunehmenden Problematik der Grenzziehung im Rahmen der verschiedenen Kommunikationsgattungen auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1674; K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (98). 277 Vgl. hierzu die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu § 2 Abs. 3 Nr. 2 RStV, a.a.O., S. 4; M. Erdemir, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 JMStV Rdn. 6; ferner auch B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 105. 278 Vgl. bereits Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 239, der in Push-Diensten „ganz normale Informations- und Kommunikationsangebote, welche nach den allgemeinen Grundsätzen den jeweils einschlägigen Regulierungsrahmen zuzuordnen sind“, sieht. 279 Vgl. S. Christmann, ZUM 2006, S. 23 ff. (27); B. Manegold, in: A.-A. Wandtke/ W. Bullinger (Hrsg.), Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, Vor §§ 88 ff. UrhG Rdn. 46.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

der Rezeption von Fernsehprogrammen typischen Einschalten einzelner Programme durchaus vergleichbar ist,280 kann dabei nur innerhalb der vom Pay-TV-Anbieter vorgegebenen Zeitspanne281 erfolgen. Ein von zahlreichen Rezipienten möglicherweise lang ersehntes Angebot kann unmittelbar nach Eingang auf den entsprechenden Festplattenreceivern (nahezu) zeitgleich von einer größeren Anzahl an Rezipienten (durch Anforderung eines ebenfalls beispielsweise über Satellitenfunk übermittelten Berechtigungsschlüssels)282 abgerufen werden und etwa bei einer Spielfilmdarbietung mit politischem Hintergrund eine entsprechende Meinungsbildungsrelevanz aufweisen. l) Suchmaschinen Durch die Nutzung von sog. Suchmaschinen (wie z. B. „Google“) können Internetnutzer durch die Eingabe bestimmter Suchbegriffe oder spezieller Suchbefehle in ein dafür vorgesehenes Eingabefeld gezielt nach gewünschten Informationen im Internet suchen.283 Soweit entsprechende Webseiten vorhanden sind, die Informationen zu dem gewünschten Suchbegriff enthalten, erhält der Nutzer eine unter Relevanzgesichtspunkten orientierte Auflistung verschiedener Links zu entsprechenden Webseiten, die er durch einfaches „Anklicken“ der Links aufrufen kann.284 Die von der Suchmaschine bei einer Suchanfrage potenziell anzeigbaren Ergebnisse werden dabei zuvor zumeist automatisch unter Zuhilfenahme sog. „Robot-Programme“285 zusammengestellt, die das Internet stets in regelmäßigen Abständen auf neue indexierte oder noch zu indexierende Inhalte überprüfen;286 teilweise werden

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Vgl. in diesem Zusammenhang die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, das sich im Rahmen seiner Rechtsprechung gerade auf solche Dienste bezieht, bei denen der Teilnehmer „Auswahlentscheidungen durch Ein- und Ausschalten“ treffe, BVerfGE 74, 297 (352); siehe hierzu Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004), Rdn. 799. 281 Vgl. zur „Gültigkeitsdauer“ auch die Ausführungen bei S. Christmann, ZUM 2006, S. 23 ff. (27). 282 Vgl. hierzu die Ausführungen bei S. Christmann, ZUM 2006, S. 23 ff. (27). 283 Vgl. die Definition bei Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 347; dabei ist zwischen „allgemeinen“ und sog. „Meta“- sowie fachgebietsspezifisch spezialisierten Suchmaschinen zu differenzieren, vgl. insoweit J. Kühling/ N. Gauß, ZUM 2007, S. 881 ff. (881) mit FN 5; siehe auch S. Geiseler-Bonse, InternetSuchmaschinen als rechtliches Problemfeld, 2003, S. 9 f., der einige Suchmaschinen exemplarisch benennt. 284 Vgl. Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 347; siehe auch allgemein zur technischen Funktionsweise einer Suchmaschine die Ausführungen bei S. Geiseler-Bonse, Internet-Suchmaschinen als rechtliches Problemfeld, 2003, S. 9 f.; M. Rath, Das Recht der Internet-Suchmaschinen, 2005, S. 52 ff. 285 Vgl. hierzu F. A. Koch, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 26.1 (Stand 27. EL 2011) Rdn. 139. 286 Vgl. zu den unterschiedlichen Bezeichnungen für diese „Robot-Programme“ auch S. Geiseler-Bonse, Internet-Suchmaschinen als rechtliches Problemfeld, 2003, S. 9 f.; M. Rath,

IV. Einzelfallbetrachtung

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jedoch die möglichen Ergebnisse auch ausschließlich oder zumindest partiell im Rahmen redaktioneller Tätigkeit in Verzeichnissen zusammengetragen und zur Suchabfrage bereitgestellt.287 Fraglich erscheint indes, ob Suchmaschinen vom verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff umfasst werden. Da sich das Angebot, eine Suchmaschine zu nutzen, in der Regel nicht nur an einen näher bestimmten Nutzerkreis, sondern vielmehr an jedermann richtet, ist das für den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff notwendige Kriterium der Allgemeinbezogenheit erfüllt.288 Als problematischer erweist sich allerdings das inhaltsbezogene Kriterium. So kann zwar in der an Relevanzgesichtspunkten orientierten Auflistung der einzelnen Ergebnisse zu den jeweiligen Sucheingaben grundsätzlich ein inhaltliches Angebot gesehen werden, wobei diesen Ergebnissen – wie erwähnt – manchmal automatisierte Suchalgorithmen und manchmal echte redaktionelle Auswahlentscheidungen zugrunde liegen.289 In letztgenannter Variante versuchen große Suchmaschinenbetreiber wie Google, ihren Nutzern im Rahmen redaktioneller Einflussnahme ein möglichst abwechslungsreiches und qualitativ hochwertiges Ergebnis zu den jeweiligen Suchanfragen zu ermöglichen.290 Wenn auch im Rahmen redaktionell-gestaltender Eingriffe durch individuelle Entscheidung eines OnlineRedakteurs die inhaltliche Auswahlleistung in rundfunktypischer Weise besonders deutlich in den Vordergrund tritt, findet eine Auswahlentscheidung auch durch die entsprechende Gestaltung der Suchalgorithmen mittels der jeweils gewählten Ausrichtung der Gewichtungskriterien und der Gewichtung der Ergebnisse im Einzelfall statt.291 Angesichts der großen Vielzahl an denkbaren Suchbefehlen ist allerdings fraglich, ob sich nur das Angebot der Suchmaschine als solches oder auch der konkrete Inhalt an die Allgemeinheit richtet oder ob in diesem Falle eher eine Art individualisierte Kommunikation hinsichtlich des konkreten Inhalts vorliegt.292 Das Recht der Internet-Suchmaschinen, 2005, S. 65 ff.; zur Arbeitsweise der sog. „Crawler“ auch J. Kühling/N. Gauß, ZUM 2007, S. 881 ff. (882). 287 Vgl. Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 347; vgl. zur technischen Gestaltung und Arbeitsweise von Suchmaschinen auch die vertiefenden Ausführungen bei J. Kühling/N. Gauß, ZUM 2007, S. 881 ff. (881 f., 885); zwischen „Suchmaschinen“ (automatische Suche) und sog. „directories“ (durch Menschen vorgenommene Katalogisierungen in Datenbanken) differenzierend S. Geiseler-Bonse, Internet-Suchmaschinen als rechtliches Problemfeld, 2003, S. 9. 288 Vgl. Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 86. 289 Vgl. Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 86; vgl. zu den erheblichen Auswirkungen, die eine unterschiedliche Einstellung der „Crawler“ bzw. „Spider“ der einzelnen Suchmaschinen auf die Ergebnislisten hat, S. Geiseler-Bonse, Internet-Suchmaschinen als rechtliches Problemfeld, 2003, S. 10; vgl. zur Manipulationsanfälligkeit der Suchergebnisse durch externe und interne Faktoren die Ausführungen bei J. Kühling/N. Gauß, ZUM 2007, S. 881 ff. (883 ff.). 290 Vgl. J. Kühling/N. Gauß, ZUM 2007, S. 881 ff. (885). 291 Vgl. hierzu Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 86; siehe ferner auch J. Kühling/N. Gauß, ZUM 2007, S. 881 ff. (885). 292 Vgl. die Darstellung bei W. Schulz/Th. Held/A. Laudien, Suchmaschinen als Gatekeeper in der öffentlichen Kommunikation, 2005, S. 25.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Würde man hier annehmen, dass sich nur die jeweiligen Eingabemasken der Suchmaschinen als solche, nicht jedoch die konkreten Suchergebnisse an die Allgemeinheit richten, fehlte es bei Suchmaschinen ohne Inhaltseingabe am Merkmal des übermittelten inhaltlichen Substrats, bei den auf eine konkrete Suchanfrage übermittelten „inhaltlichen“ Links jedoch an der Allgemeinbezogenheit. Bedenkt man jedoch, dass grundsätzlich das volle Spektrum an Suchergebnissen gleichzeitig allen potenziellen Nutzern der betreffenden Suchmaschine zur Verfügung steht und dass sich gerade im Kontext aktueller Anlässe der Zeitgeschichte bestimmte Suchbegriffe in starkem Maße häufen oder zumindest ähnliche Suchbegriffe vielfach eingegeben werden, die dann eine identische oder ähnliche Ergebnisauflistung zur Folge haben,293 erscheint es vorzugswürdig, das Angebot von Suchmaschinen in seiner Gesamtheit zu betrachten und damit auch anzunehmen, dass die übermittelten Inhalte nicht aufgrund der notwendigen Individualanfrage ihren Allgemeinbezug verlieren.294 Da dank der Nutzung des Internets auch das fernmeldetechnische Kriterium erfüllt ist, erscheint mangels alternativer spezialkommunikationsfreiheitlicher Zuordnungsoptionen eine Erfassung von Suchmaschinenangeboten durch den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff auch unter Berücksichtigung ihrer besonderen Bedeutung hinsichtlich einer Kanalisierung der vielfältigen Angebote zu einzelnen Themen im Internet295 überzeugender als eine Nicht-Erfassung durch den rundfunkfreiheitsrechtlichen Gewährleistungsgehalt des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.296 Für eine solche verfassungsrechtliche Zuordnung spricht auch das zunehmende Gefährdungspotenzial, das angesichts der fehlenden Gleichgewichtigkeit im Rahmen der „Kommunikationssituation“, wie sie sich bei einer Nutzung von Suchma-

293 Vgl. auch W. Schulz/Th. Held/A. Laudien, Suchmaschinen als Gatekeeper in der öffentlichen Kommunikation, 2005, S. 26. 294 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Einordnung bei W. Schulz/Th. Held/A. Laudien, Suchmaschinen als Gatekeeper in der öffentlichen Kommunikation, 2005, S. 25 f. 295 Vgl. hierzu die Ausführungen zur Funktion der „Suchmaschinen als Schnittstelle und Gatekeeper“ bei J. Kühling/N. Gauß, ZUM 2007. S. 881 ff. (882 f., 888 f.); vgl. zur Parallelität, die in der Zusammenstellung (vor allen Dingen der ersten Ergebnisseite) nach Nutzung der Suchfunktion der betreffenden Suchmaschine zu traditionellen journalistischen Betätigungen besteht, die Ausführungen bei W. Schulz/Th. Held/A. Laudien, Suchmaschinen als Gatekeeper in der öffentlichen Kommunikation, 2005, S. 31. 296 So im Ergebnis auch W. Schulz/Th. Held/A. Laudien, Suchmaschinen als Gatekeeper in der öffentlichen Kommunikation, 2005, S. 26; siehe in diesem Zusammenhang auch die zutreffenden Ausführungen zur erheblichen Bedeutung der Gewichtung und der damit verbundenen Reihenfolge in der Auflistung der einzelnen Internetseiten und -angebote sowie zu dem darin begründet liegenden Unterschied in der rechtlichen Bewertung von Suchmaschinen gegenüber „rein technischen Zugangsdiensten“ bei Th. Held, Online-Angebote öffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 86 m. weit. Nachw.; siehe zu den Kriterien der jeweiligen „Rankings“ auch J. Kühling/N. Gauß, ZUM 2007, S. 881 ff. (882), wobei die Autoren auch auf die Bedeutung der „ersten Treffer der Suchergebnisliste“ im Rahmen des Nutzerverhaltens hinweisen (S. 885).

IV. Einzelfallbetrachtung

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schinen darstellt,297 für die Freiheit der Meinungsbildung angenommen werden muss.298 So kann es insbesondere dann, wenn Suchmaschinenanbieter als Unternehmen auch verstärkt inhaltlich orientierte Angebote vorhalten, zu besonderen Gefährdungslagen im Zusammenhang mit der Gestaltung der Rangfolge der Ergebnisse bei entsprechenden Suchanfragen kommen, da nicht auszuschließen ist, dass „eigene“ Inhalte besonders gut platziert werden sollen.299 In einfachgesetzlicher Hinsicht hingegen fehlt es schon an der Erfüllung der Kriterien der Linearität und des Vorhandenseins eines Sendeplans. Damit fallen Suchmaschinen nicht unter den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff, sondern sind auf dieser Rechtsebene vielmehr als Telemedien zu qualifizieren.300 Zu beachten ist allerdings darüber hinaus, dass Suchmaschinen nach Erwägungsgrund 22 der AVMD-Richtlinie der Europäischen Union explizit keine audiovisuellen Mediendienste im Sinne der Richtlinie darstellen sollen.

2. Video-on-Demand-Dienste Im Rahmen der sog. Video-on-Demand-Dienste, worunter man im Allgemeinen solche Dienste versteht, die potenziellen Nutzern verschiedene mediale Inhalte zum individuell bestimmbaren Abruf301 von einem eine entsprechende Datenbank ent297 Vom „Ungleichgewicht in der Kommunikationssituation“ sprechen insofern mit weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang W. Schulz/Th. Held/A. Laudien, Suchmaschinen als Gatekeeper in der öffentlichen Kommunikation, 2005, S. 26. 298 Vgl. allgemein zu bestehenden „Manipulationsmöglichkeiten“, die bei der Verwendung von Suchmaschinen bedacht werden sollten M. Rath, Das Recht der Internet-Suchmaschinen, 2005, S. 77 ff. 299 Vgl. hierzu die Ausführungen bei J. Kühling/N. Gauß, ZUM 2007, S. 881 ff. (885); vgl. zur besonderen Bedeutung der ersten Ergebnisseite bei Suchanfragen und zu den Kontrollmöglichkeiten durch die Suchmaschinenbetreiber etwa W. Schulz/Th. Held/A. Laudien, Suchmaschinen als Gatekeeper in der öffentlichen Kommunikation, 2005, S. 31; M. Rath weist zu Recht daraufhin, dass es sich auch bei einer Suchmaschine als solcher (wörtlich spricht er von einem „Suchdienst“) „um ein eigenständiges Content Angebot handelt“, vgl. M. Rath, Das Recht der Internet-Suchmaschinen, 2005, S. 52; siehe zur manipulativen Einsatzmöglichkeit von Suchmaschinen und sog. „Bewertungsplattformen“ auch B. Holznagel, AfP 2011, S. 532 (535) m. weit. Nachw.; eine ähnliche mediale Gefährdungslage ergibt sich auch im Bereich des netzwerkbezogenen Managements, im Rahmen dessen Netzbetreibern ermöglicht wird, bestimmte Programme, Applikationen und Dienste von Konkurrenten zugunsten eigener Angebote zu blockieren oder wenigstens zu benachteiligen, vgl. hierzu B. Holznagel, AfP 2011, S. 532 ff. (532 f., 535). 300 Vgl. Th. Held in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 Anh. RStV Rdn. 63; siehe bereits zur fehlenden Erfassung von Suchmaschinen durch den Rundfunkbegriff im einfachgesetzlichen Sinne nach dem bis zum InKrafttreten des 12. RÄStV geltenden Rundfunkbegriffsverständnis die Ausführungen bei J. Kühling/N. Gauß, ZUM 2007, S. 881 ff. (886). 301 Vgl. zur programmlichen und zeitlichen Auswahlmöglichkeit der Nutzer die Ausführungen bei D. Dörr, „Multimedia“ und der Rundfunkbegriff, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 121 ff. (122).

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

haltenden Server anbieten,302 unterscheidet man grundsätzlich zwischen den „TrueVideo-on-Demand-Diensten“303 und den „Near-Video-on-Demand-Diensten“,304 wobei die „True-Video-on-Demand-Dienste“ häufig kurz mit dem allgemeineren Begriff „Video-on-Demand-Dienste“ (VoD-Dienste) bezeichnet werden.305 Dabei unterscheiden sich beide Varianten lediglich hinsichtlich der zeitlichen „Zugriffsmöglichkeit des Nutzers“.306 Während der Nutzer bei True-Video-on-DemandDiensten jederzeit die gewünschten Inhalte, die vom Anbieter in einer Datenbank vorgehalten werden, „abrufen“ kann, kann der Rezipient beim Near-Video-on-Demand auf die einzelnen Programme, die in regelmäßigen „Wiederholungsschleifen“ ausgestrahlt werden, nur zu bestimmten durch den Medienanbieter einseitig definierten Startzeitpunkten, die nach der Uhrzeit oder gewissen Zeitintervallen bemessen werden, „zugreifen“.307 Zunächst sollen die echten Video-on-DemandDienste auf ihre Rundfunkqualität – zunächst in verfassungsrechtlicher und sodann in einfachgesetzlicher Hinsicht – untersucht werden: Bei VoD-Dienten werden die vom Nutzer angeforderten Inhalte unter Inanspruchnahme der unterschiedlichen technischen Möglichkeiten vom Anbieter an den 302 Vgl. auch die Definitionen zu „Video-on-demand“ bei Th. Miserre, Rundfunk-, Multimedia- und Telekommunikationsrecht, 2006, S. 350; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/ F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 49. 303 Vgl. hierzu auch M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 330. 304 Vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1674; E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (458 f.), die zusätzlich auf sog. „Pay-per-View“-Angebote eingeht, die zwar einen linearen Programmablauf aufweisen, die einzelnen Sendungen aber etwa nur gegen gesondertes Entgelt „freigeschaltet“ und damit angesehen werden können; M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 330 ff. (speziell zu Near-Video-onDemand-Diensten S. 331 f.); B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 49; vgl. in diesem Zusammenhang auch D. Dörr, „Multimedia“ und der Rundfunkbegriff, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 121 ff. (122), der in Bezug auf diese beiden Dienste eher die Bezeichnungen „TV-on-Demand“ und „Near-TV-on-Demand“ bevorzugt. 305 Grundsätzlich werden in der Literatur drei verschiedene Dienstetypen voneinander unterschieden: Die Verteildienste (zu denen etwa der klassische Rundfunk zählt), die Abrufdienste (wie z. B. Video-on-demand-Dienste) sowie schließlich die sog. Zugriffsdienste, zu denen etwa auch Near-video-on-demand-Dienste zählen, vgl. hierzu W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (13 f.); Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 682a. 306 So B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 49; siehe ferner auch Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/ Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004), Rdn. 682a. 307 Vgl. die erläuternde Darstellung bei B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 49; siehe ferner auch Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004), Rdn. 682a; siehe aber auch zu der „Möglichkeit, jederzeit in das laufende Programm einzusteigen“ E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (458).

IV. Einzelfallbetrachtung

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Anfordernden übertragen,308 wobei sowohl einzelne Videos an den Nutzer übermittelt und auf einer Festplatte gespeichert werden können als auch Inhalte mittels einer entsprechenden Software im Wege eines Videostreaming-Verfahrens mit partieller Datenzwischenspeicherung vom Nutzer rezipiert werden können.309 Dabei wird auch in rundfunktypischer Weise mittels elektromagnetischer Schwingungen eine „räumliche Distanz“ zwischen dem Rundfunkanbieter und dem Rezipienten überwunden.310 Das vom Nutzer angeforderte Angebot wird in der Regel auch meinungsbildungsrelevante Inhalte oder bestimmte Meinungen enthalten, die auf den Betrachter des angeforderten Angebots einwirken können.311 Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn während des Rezeptionsvorganges vom Nutzer allein anhand der Betrachtung des audiovisuellen Angebotes ohne sein Hintergrundwissen nicht mehr unterschieden werden kann, ob er gerade ein von ihm angefordertes Angebot oder eine Fernsehsendung im klassischen Sinne rezipiert. Zu beachten ist allerdings, dass es neben Video-on-Demand-Angeboten auch weitere Dienste gibt, die ihren Nutzern ein On-Demand-Angebot etwa im Softwarebereich zur Verfügung stellen.312 Soweit es sich dabei nicht um Video- oder Audioangebote handelt, kann es natürlich insofern auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht im Einzelfall zu anderen Bewertungen kommen. Bezogen auf die hier bedeutsamen Video-on-Demand-Angebote erscheint indes fraglich, ob bei solchen Angeboten auch das Merkmal der Allgemeinbezogenheit erfüllt ist. Dass die einzelnen Video-on-Demand-Angebote auf individuellen Abruf an einen durch diesen Vorgang individualisierten Empfänger übermittelt werden, scheint zunächst gegen die Erfüllung des Kriteriums der Allgemeinbezogenheit zu sprechen.313 Eine solche Betrachtungsweise würde allerdings auf einen sehr späten Zeitpunkt der Kommunikation im Rahmen der Angebotsanforderung abstellen, dem bereits weitere Schritte vorgelagert sind, die in die Gesamtbeurteilung solcher Angebote im Hinblick auf ihr rundfunktypisches Gefährdungspotenzial, das gerade in 308 Vgl. zum Merkmal der „Verbreitung“ T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 172 f. 309 Vgl. die auf diese beiden Varianten hinweisenden Ausführungen bei J. Baier, CR 2008, S. 769 ff. (770). 310 Vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 172 f.; siehe ferner bereits die Ausführungen zu der zu verwendenden Verbreitungstechnik bei D. Dörr, „Multimedia“ und der Rundfunkbegriff, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 121 ff. (124). 311 Darunter zu fassen sind etwa auch „publizistisch relevante Inhalte“, wie beispielsweise Nachrichten und Unterhaltungssendungen, vgl. insoweit die Ausführungen bei T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 174. 312 D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 53. 313 Vgl. die parallele Fragestellung in Bezug auf „Pay-Dienste“ bei D. Dörr, „Multimedia“ und der Rundfunkbegriff, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 121 ff. (124 f.); in diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Video-on-Demand-Dienste als „Pay-Dienste“ ausgestaltet sein können, aber nicht müssen, siehe in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 183.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

der „Kombination von Massenkommunikation und fernmeldetechnischer Verbreitung“314 begründet liegt, in verfassungsrechtlicher Hinsicht mit einzubeziehen sind. So geht dem konkreten Übermittlungsakt die Anforderung des Angebotes durch den Nutzer voraus, dessen Auswahlentscheidung sich wiederum auf ein regelmäßig breites Angebotsspektrum bezieht, das der Video-on-Demand-Diensteanbieter einem unbestimmten Rezipientenkreis zum Abruf vorhält.315 Insofern besteht lediglich eine Besonderheit der Video-on-Demand-Angebote hinsichtlich des Zugangsverfahrens, das der Anbieter für seine Nutzer im konkreten Fall vorsieht.316 Folgendes hat dabei das Bundesverfassungsgericht schon in seinem Baden-Württemberg-Beschluss klargestellt: „Der Unterschied, daß Rundfunk für ,die Allgemeinheit bestimmt ist‘, während Sendungen auf Abruf an ,jeden Beliebigen‘ übermittelt werden […] und Sendungen auf Zugriff ,jedermann‘ jederzeit zugänglich sind […], wird schwerlich als bedeutsam betrachtet werden können.“317 Vor diesem Hintergrund sind entsprechende Angebote von Video-on-Demand-Diensten genau wie klassische Rundfunkprogramme „an die Allgemeinheit gerichtet“,318 wobei die benannten Unterschiede in den Verbreitungs- und Rezeptionsmodalitäten allein an diesem Befund nichts ändern.319 H. Gersdorf und T. Brand weisen in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass „Verbreitung“ insofern nicht mit „Verteilen“ gleichbedeutend ist.320 Dabei ändert auch eine möglicherweise für den Abruf eines Video-on-Demand-Angebotes bestehende Zahlungspflicht an dieser verfassungs-

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So zutreffend W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (14). Vgl. in diesem Zusammenhang BVerfGE 74, 297 (351); vgl. hierzu W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (14). 316 Vgl. hierzu B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 50, die „die Situation“ des besonderen Zugangsverfahrens von Video-on-demand-Diensten insofern mit Pay-TV-Angeboten vergleichen; vgl. in diesem Zusammenhang und zur Einordnung von Pay-Diensten hinsichtlich des Allgemeinheitskriteriums nochmals D. Dörr, „Multimedia“ und der Rundfunkbegriff, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 121 ff. (124 f.). 317 BVerfGE 74, 297 ff. (351); vgl. hierzu W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (14); siehe ferner zur Allgemeinbezogenheit und zur fehlenden inhaltlichen Einflussnahmemöglichkeit durch die Rezipienten bei Online-Diensten auch Th. Held, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 17. 318 So auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 182 f.; vgl. in allgemeiner Bezugnahme auf „Online-Dienste“ auch Th. Held, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 17. 319 Vgl. Th. Held, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 17 m. weit. Nachw. 320 Vgl. H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 119; T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 172. 315

IV. Einzelfallbetrachtung

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rechtlichen Beurteilung nichts.321 Nach alledem bleibt festzustellen, dass – soweit die Merkmale in der erörterten Weise tatsächlich erfüllt werden – zwischen dem individuellen Anforderungsvorgang bei Video-on-Demand-Angeboten und dem Einschalten eines klassischen Fernsehprogramms kein in verfassungsrechtlicher Hinsicht bedeutsamer Unterschied zu erkennen ist, der eine andere rechtliche Qualifizierung zulassen oder sogar bedingen würde.322 Insbesondere besteht auch bei Abrufdiensten ein im Hinblick auf die klassischen Rundfunkangebote vergleichbares „Ungleichgewicht zwischen Anbieter und Nutzer“.323 Damit handelt es sich bei Video-on-Demand-Diensten im Falle der individuellen Erfüllung der gerade skizzierten Kriterien in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts324 um Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne.325 In einfachgesetzlicher Hinsicht scheitert eine Zuordnung von Video-on-DemandAngeboten zum Rundfunkbegriff i.S.d. § 2 Abs. 1 RStV allerdings erkennbar schon an den Kriterien der „Linearität“ und des „zeitgleichen Empfangs“. Bereits bei einer Prüfung des zuerst genannten Kriteriums gelingt eine entsprechende Zuordnung von VoD-Diensten zum einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff nicht mehr, da es sich sowohl bei der Auswahl der dem Nutzer zur Verfügung gestellten Abrufangebote als auch bei dem abgerufenen Film bzw. bei einer spezifischen Nachrichtensendung als solcher nicht um einen linearen, sondern um einen non-linearen „Informations- und Kommunikationsdienst“ handelt. Ein zeitgleicher Empfang der einzelnen abrufbaren Dienste liegt deshalb nicht vor, da sich die individuelle Auswahlentscheidung des Rezipienten oder Nutzers nicht nur wie beim klassischen Rundfunk auf das Programm als solches bezieht, sondern auch darauf, zu welchem Zeitpunkt er das entsprechende Angebot sinnlich wahrnehmen möchte. Die Rezeption erfolgt – von zumindest möglichen zeitgleichen Abrufvorgängen einmal abgesehen – jedenfalls nicht mehr gleichzeitig, wie dies im Sinne des Merkmals „zum zeitgleichen Empfang“ gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 HS 2 RStV zur Erfassung durch den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff erforderlich wäre. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag soll dabei gerade das Kriterium „zum zeitgleichen Empfang“ Rundfunkangebote von nicht vom einfachgesetzlichen 321 Vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 183; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 50. 322 BVerfGE 74, 297 (350 f.); siehe auch W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (14); in diesem Zusammenhang kommt auch K. Stern zu dem Ergebnis, dass „gegenüber dem Einschalten eines bestimmten laufenden Fernsehprogrammes kein relevanter Unterschied“ bestehe, vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1674; Th. Held, in: W. Hahn/ Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 17. 323 So auch Th. Held, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 18 m. weit. Nachw. 324 BVerfGE 74, 297 (351); vgl. hierzu W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (14). 325 So auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 184; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1674.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Rundfunkbegriff erfassten Abrufangeboten abgrenzen.326 Mangels anderweitiger Zuordnung stellen VoD-Dienste im Rahmen einfachgesetzlicher Begriffszuordnung Telemedien dar.327

3. Near-Video-on-Demand-Dienste Wie bereits dargestellt, unterscheiden sich Near-Video-on-Demand-Dienste (NVoD-Dienste) von VoD-Diensten dadurch, dass bestimmte Sendungen in wiederkehrende Programmschleifen eingebunden sind und vom Nutzer auf diese Programme nur zu den vom NVoD-Anbieter vorgegebenen Zeiten zugegriffen werden kann.328 Damit handelt es sich bei NVoD-Diensten nicht um Abruf-, sondern um „Zugriffsdienste“.329 Fraglich erscheint, ob das gerade beschriebene Unterscheidungsmerkmal gegenüber den VoD-Diensten geeignet ist, um zu einer anderen Beurteilung der rundfunkbegrifflichen Qualität solcher Angebote auf verfassungsrechtlicher und einfachgesetzlicher Ebene zu gelangen. In verfassungsrechtlicher Hinsicht werden die Merkmale der Allgemeinbezogenheit, der Übermittlungsfunktion für Inhalte und Meinungskundgaben sowie der „fernmeldetechnischen Übermittlung“ ebenso erfüllt wie bei den zuvor erörterten VoD-Diensten. Durch den eher an klassische Rundfunksendungen erinnernden, wenn auch wiederkehrenden Programmablauf, sind NVoD-Dienste noch sehr viel stärker rundfunktypisch geprägt als VoD-Dienste, sodass eine Erfassung dieser Dienste vom verfassungsrechtlichen Rundfunk im Wege eines „Erst-Recht-Schlusses“ gelingt.330 326

Vgl. die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, a.a.O., S. 3. Vgl. D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 44, 53. 328 Vgl. E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 326; E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (458); B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 49. 329 Vgl. W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (13); siehe auch die grundsätzliche Qualifizierung von NVoD als Push-Dienst bei E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 326; a. A. hingegen T. Schreier, MMR 2005, S. 517 ff. (519), der NVoD-Dienste zu den Abrufdiensten zählt; als „Abrufdienst besonderer Art“ wird NVoD von M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 56 f. qualifiziert; kritisch hierzu allerdings T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 187, der sich selbst für eine Qualifizierung von NVoD als Verteildienst ausspricht (ebda. S. 185); von einem Einsatz der „Verteiltechnik“ geht auch H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 72 aus. 330 Vgl. für eine Zuordnung von NVoD-Diensten zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff etwa K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1674; allerdings ist auch die Einordnung von NVoD als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne nicht unumstritten, vgl. hierzu die differenzierende und auf den konkreten Einzelfall abstellende Ansicht bei E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 48 f. m. weit. Nachw., wobei er im Rahmen der Darstellung des allgemeinen Meinungsstandes auch auf eine Auffassung in der Literatur verweist, die eine Einordnung von NVoD-Diensten als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne grundsätzlich ablehne, diese Meinung allerdings mit einem nicht zutreffenden Verweis auf die Auffassung von W. Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, 2001, S. 157 belegt. Entgegen der belegenden Verweisung von E.-St. Kuper lehnt W. Lent an der bezeichneten Stelle die 327

IV. Einzelfallbetrachtung

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Auf einfachgesetzlicher Ebene könnte jedoch der Umstand, dass der Rezipient in seinen zeitlichen Auswahlmöglichkeiten bei NVoD-Diensten aufgrund der dort stattfindenden zyklischen Wiederholungen331 der einzelnen Inhalte wesentlich stärker eingeschränkt ist,332 als dies bei VoD-Diensten der Fall ist, zu einer anderen, von der VoD-Beurteilung abweichenden regulatorischen Zuordnung führen. Damit NVoD-Dienste vom einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV umfasst werden können, müsste also der Umstand, dass NVoD-Dienste ihre Programme in eine wiederkehrende, jedoch insgesamt fortlaufende Wiederholungsschleife einbetten, dazu führen, dass bezüglich solcher Angebote die Kriterien der Linearität und des „zeitgleichen Empfangs“ noch erfüllt werden und im Übrigen auch die weiteren Rundfunkmerkmale die NVoD-Dienste passgenau charakterisieren. Da es sich bei NVoD-Diensten um Zugriffsdienste handelt,333 findet also kein Abruf eines speziellen Angebots statt, sondern vielmehr ein „Zugriff“ auf ein laufendes Programm, das bis auf seine häufigen Wiederholungen desselben Inhalts regelmäßig starke Verbindungslinien zum klassischen Fernsehen aufweist.334 Da das Programm rezeptionsunabhängig stets zu einem bestimmten Zeitpunkt abläuft, kann auch der Rezipient nicht zu jeder beliebigen Zeit und damit nicht mehr so individuell wie bei VoD-Diensten über die Angebote verfügen, sondern auf diese eben nur zu festgelegten Zeiten zugreifen.335 Auf diese Weise wird das Programm seitens des Rundfunkqualität von NVoD-Diensten lediglich im einfachgesetzlichen, nicht jedoch im verfassungsrechtlichen Zusammenhang ab. 331 Von „Schleife“ und „Karussell“ spricht diesbezüglich J. Ehrhardt, in: A.-A. Wandtke/ W. Bullinger (Hrsg.), Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, §§ 20 – 20b UrhG Rdn. 12; von „kurzen periodischen Abständen“ sprechen in diesem Zusammenhang B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 49. 332 Vgl. auch D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 53; a. A. hinsichtlich der Bewertung der zeitlichen Auswahlmöglichkeiten im Hinblick auf NVoD-Dienste wohl W. Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, 2001, S. 157. 333 Vgl. etwa W. Hoffmann-Riem, AfP 1996, S. 9 ff. (13). 334 Vgl. allerdings bezogen auf die alte einfachgesetzliche Rechtslage vor In-Kraft-Treten des 12. RÄStV die Ausführungen bei H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 72 f., der der Auffassung ist, dass es aufgrund des Grundsatzes der Technologieneutralität nicht zu einer unterschiedlichen regulatorischen Zuordnung von VoD- und NVoD-Diensten kommen dürfe. H. Gersdorf geht in seinen Ausführungen im Übrigen davon aus, dass sich NVoD-Dienste der „Verteiltechnik“ bedienten. Den Umstand, dass es sich bei NVoD-Dienste weder um klassische Verteil- noch um Abrufdienste, sondern vielmehr um Zugriffsdienste handelt, berücksichtigt er allerdings in seinen dortigen Ausführungen (noch) nicht. Im Übrigen geht H. Gersdorf davon aus, dass NVoD-Dienste nicht die „Voraussetzungen eines Rundfunkprogramms“ erfüllten, weil die Abfolge im Rahmen des dortigen Programmablaufs nicht aus unterschiedlichen Sendungen bestehe, vgl. insoweit H. Gersdorf, a.a.O. S. 83 f.; ebenfalls eine Nähe der NVoDzu VoD-Diensten und nicht zum klassischen Rundfunk annehmend W. Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, 2001, S. 157. 335 Vgl. insoweit auch die Ausführungen bei D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 53, der insbesondere in dieser Hinsicht auch die „fehlende individuelle Abrufbarkeit“ in den Blick nimmt.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Anbieters für eine Vielzahl von Nutzern zum zeitgleichen Empfang bereitgestellt.336 Somit werden die Merkmale der Linearität337 und des zeitgleichen Empfangs durch NVoD-Dienste erfüllt. Zudem müsste die Verbreitung der NVoD-Angebote auch „entlang eines Sendeplans“ erfolgen. Mangels näherer gesetzlicher Konkretisierung ist zur Erfüllung dieses Merkmals erforderlich, dass die einzelnen Programme und Sendungen in einen Gesamtplan integriert werden.338 Fraglich ist, ob ein solcher Gesamtplan auch dann vorliegt, wenn sich die einzelnen Sendungen regelmäßig wiederholen.339 So wird in der Literatur teilweise vorgeschlagen, bei der Beurteilung von NVoD-Diensten danach zu differenzieren, ob lediglich ein und dieselbe Sendung immer wieder oder aber ein ganzer aus mehreren Sendungen bestehender Programmteil wiederholt wird.340 Dabei soll im zuerst genannten Fall kein Sendeplan im Sinne der einfachgesetzlichen Rundfunkdefinition vorliegen.341 Eine solche Differenzierung erscheint allerdings insofern fraglich, als kein Grund dafür ersichtlich ist, weshalb ein Sendeplan nicht auch vorsehen soll, dieselbe Sendung immer wieder darzubieten, wobei sich gerade die in dieser speziellen Sendung angelegte Relevanz für den öffentlichen Meinungsbildungsprozess durch die quantitativ erhöhte Rezeptionsmöglichkeit ja sogar weiter steigern lässt.342 Wenn auch die Rezeption 336

Vgl. die Definition der Linearität bei B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 40. Meines Erachtens müsste die Definition jedoch noch um den Aspekt der „Planhaftigkeit“ des (gesamten) Ablaufs der Programmzeitfolge ergänzt werden. Hier könnte es allerdings zu Überschneidungen mit dem Merkmal der Verbreitung „entlang eines Sendeplans“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 HS 2 RStV kommen. 337 Vgl. in Bezug auf die Erfüllung des Linearitätsmerkmals bei den NVoD-Diensten im Rahmen der AVMD-Richtlinie auch H. Gersdorf, K&R 2010, S. 375 ff. (376). 338 Siehe E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (453). 339 Hiergegen spricht sich sehr deutlich H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 83 f. aus. 340 So der Vorschlag von E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (459). 341 Vgl. E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (459). 342 Vgl. aber auch die kritischen Ausführungen bei H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 83 f.; ders., K&R 2010, S. 375 ff. (376 ff.), der sowohl im einfachgesetzlichen (S. 381) als auch im europarechtlichen Zusammenhang (S. 376 f.), bei letzterem in Bezug auf den Wortlaut des Art. 1 lit. e) der AVMD-Richtlinie für einen einem Fernsehprogramm zugrunde liegenden Sendeplan eine „Vielzahl unterschiedlicher Sendungen“ bzw. „eine Vielzahl von Sendungen“ verlangt. Ferner hält er die „zeitlichen Dispositionsmöglichkeiten des Nutzers“ im Rahmen von NVoD-Diensten „eher mit denen des VoD als mit denen des klassischen linearen Fernsehens vergleichbar.“ Weiterhin sei „nicht erkennbar, dass NVOD und VOD unterschiedliche ,Auswirkungen auf die Gesellschaft‘“ hätten. Eine solche Sichtweise impliziert in der Konsequenz eine eher geringere, mit VoD-Diensten vergleichbare Meinungsbildungsrelevanz des mittels einer Wiederholungsschleife übermittelten Inhalts, wobei allerdings außer Acht gelassen wird, dass ja tatsächlich ein bestimmtes Programm wiederholt gesendet und es nicht lediglich für einen potentiellen Abruf wie im Falle der VoD-Dienste bereit gehalten wird; NVoD-Diensten die für die Qualifizierung als Rundfunk nach alter einfachgesetzlicher Rechtslage nötige Relevanz für die öffentliche Meinungsbildung absprechend T. Schreier, MMR 2005, S. 517 ff. (519). Bei T. Brand findet sich in Bezug auf die Frage, ob bei VoDAngeboten die fehlende Gleichzeitigkeit einer Zuordnung zum verfassungsrechtlichen

IV. Einzelfallbetrachtung

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entsprechender NVoD-Angebote zunächst auf einer bewussten Zugriffsentscheidung des Rezipienten beruht, wird durch die typischen Wiederholungsschleifen bei solchen Angeboten die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht, eine stärkere Aufmerksamkeit und dadurch eine „besondere Rezeptionsintensität“343 zu erzielen, was ebenfalls für eine zumindest potenziell erhöhte meinungsbildungsrelevante Wirkung entsprechender Angebote spricht.344 Für eine allgemeine Einordnung der NVoDDienste unter den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff kann dabei auch die Entwicklung in der Europäischen Union herangezogen werden, die ja enge Verbindungslinien zur Neuausrichtung des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs im Rahmen des 12. RÄStV aufweist.345 Gleichwohl kann es natürlich auch im Rahmen der AVMD-Richtlinie und im einfachgesetzlichen Rundfunkrecht zu unterschiedlichen Wertungen bezüglich der einzelnen medialen Angebote kommen.346 Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes im Rahmen der Entscheidung in der Sache Mediakabel BV ./. Commissariaat voor de Media vom 02. Juni 2005347 hat die Europäische Union in der AVMD-Richtlinie explizit zur Einordnung von NVoD-Diensten im Rahmen der Erwägungsgründe Stellung bezogen.348 So zählen laut Erwägungsgrund 27 der AVMD-Richtlinie zu den Fernsehprogrammen „insbesondere analoges und digitales Fernsehen, Live Streaming, Rundfunkbegriff schadet, das durchaus gewichtige Argument, dass „durch die ungleichzeitige Verbreitung im Internet die traditionelle zeitgleiche Rundfunkausstrahlung ergänzt und unterstützt werden kann“, vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 92. Wenn also selbst VoD-Diensten im Falle einer Parallelverfügbarkeit zum laufenden Rundfunkprogramm eine zumindest die Meinungsbildungsrelevanz ergänzende oder unterstützende Wirkungsweise zugedacht wird, so kann eine besondere Meinungsbildungsrelevanz für entsprechende NVoD-Angebote erst recht angenommen werden. 343 So T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 187 f. 344 Vgl. die Einschätzung von T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 187 f. 345 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Darstellung bei B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 51a. 346 Entsprechende Unterschiede auch teilweise in Bezug auf manche NVoD-Dienste hinsichtlich ihrer Einordnung zu Fernsehdiensten im Rahmen der AVMD-Richtlinie einerseits und zum Rundfunkbegriff i.S.d. Rundfunkstaatsvertrages andererseits erkennend E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (458 f.). 347 EuGH, Rs. C-89/04, Urt. v. 2. Juni 2005, Mediakabel BV./.Commissariaat voor de Media, Slg. 2005, S. I-4891 ff.; vgl. die auszugsweise Darstellung und Urteilsbesprechung von T. Schreier, MMR 2005, S. 517 ff.; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 51a; vgl. auch die kritischen Anmerkungen bei H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 83 f.; siehe ferner die kritische Betrachtung zur Übertragbarkeit der Entscheidung des EuGH auf die heutige Situation, die durch geänderte rechtliche (bezogen auf die inzwischen in Kraft getretene AVMD-Richtlinie) und tatsächliche Rahmenbedingungen geprägt sei, bei H. Gersdorf, K&R 2010, S. 375 ff. (375 f.). 348 Vgl. hierzu auch B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 51a.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Webcasting und der zeitversetze Videoabruf (,Near-video-on-demand‘)“.349 Videoon-Demand wird hingegen explizit im selbigen Erwägungsgrund als „audiovisueller Mediendienst auf Abruf“ qualifiziert.350 Da an der Erfüllung der übrigen Merkmale des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV bezüglich der NVoD-Dienste keine begründeten Zweifel bestehen, stellen diese Dienste nicht nur Rundfunk im verfassungsrechtlichen, sondern grundsätzlich auch im einfachgesetzlichen Sinne dar.351 Eine Grenze bildet hier allerdings § 2 Abs. 3 Nr. 5 RStV, wonach solche Angebote keinen Rundfunk darstellen, die „aus Sendungen bestehen, die jeweils gegen Einzelentgelt freigeschaltet werden“.352 Sollte dies bei NVoD-Diensten im Einzelfall zutreffen, handelt es sich in dieser Konstellation bei dem fraglichen Dienst nicht (mehr) um Rundfunk im einfachgesetzlichen Sinne, sondern um einen Telemediendienst.353

4. Pay-TV und Pay-per-View Im Gegensatz zum „Free TV“ kann der Rezipient in Verschlüsselung verbreitete Pay-TV-Angebote rechtmäßig in der Regel nur dann empfangen, wenn er für ihre Nutzung ein (zusätzliches) vertraglich vereinbartes Entgelt entrichtet.354 Die Zahlung des entsprechenden Entgelts kann im Rahmen von Pay-TV-Angeboten entweder 349

Vgl. bereits zur damals geltenden Fassung der AVMD-Richtlinie und zu ihrem Erwägungsgrund 20 die Ausführungen bei B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 51a; vgl. die – trotz zutreffender Benennung des Erwägungsgrundes 20 – die entsprechende Einordnung von NVoD-Diensten als Fernsehprogramme ablehnende Auffassung von H. Gersdorf, K&R 2010, S. 375 ff. (376). 350 Vgl. bereits zur damals geltenden Fassung der AVMD-Richtlinie und zu ihrem Erwägungsgrund 20 die Ausführungen bei B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 51a; a. A. hingegen H. Gersdorf, K&R 2010, S. 375 ff. (376 ff.), der sich für eine rechtliche Gleichbehandlung von VoD- und NVoD-Diensten ausspricht. 351 Vgl. auch D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 53; ebenfalls in diese Richtung tendierend B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/ F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 51a; a. A. hingegen H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 83 f. 352 Vgl. hierzu auch H. Gersdorf, K&R 2010, S. 375 ff. (381 f.). 353 Vgl. H. Gersdorf, K&R 2010, S. 375 ff. (381 f.), der allerdings die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 3 Nr. 5 RStV auch über eine „jeweils gegen Einzelentgelt“ freigeschaltete (Einzel-)Sendung hinaus ausdehnen will, was er mit der pluralen Verwendung des Wortes „Sendungen“ begründet. Hierbei wird allerdings wohl die Grenze des Wortlautes der Regelung im Hinblick auf das Wort „jeweils“ überschritten, da dieser Begriff gerade den Einzelsendungsbezug deutlich macht. Gleichwohl ist zuzugeben, dass der Wortlaut der Vorschrift eine letzte Klarheit vermissen lässt. 354 Vgl. auch die Definition bei E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 328; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 48.

IV. Einzelfallbetrachtung

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für einen gesamten Kanal355 (etwa in der Gestalt eines monatlich zu entrichtenden Gesamtentgelts)356 oder aber nur für einen jeweils ganz konkreten Film oder eine einzelne Sendung erfolgen, wobei man in letztgenannter Variante von sog. „Pay-perView“-Angeboten spricht.357 Fraglich erscheint, ob der besondere Finanzierungsmodus dieser Angebote dazu führt, dass sie im Gegensatz zu Free TV-Angeboten nicht die Merkmale des verfassungsrechtlichen bzw. des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs erfüllen. Möglicherweise könnte man hinsichtlich beider Rundfunkbegriffe an der Bestimmung dieser Pay-TV-Angebote für die Allgemeinheit zweifeln, da die Angebote ja grundsätzlich gerade nur von denjenigen Rezipienten betrachtet werden können und sollen, die das vertraglich geforderte Entgelt entrichten.358 Hierbei würde allerdings außer Acht gelassen, dass sich das Angebot, PayTV-Darbietungen gegen Entgeltzahlung zu empfangen, an sich schon an die (aus Rechtsgründen nur geringfügig eingeschränkte) Allgemeinheit richtet, da es im Interesse der Pay-TV-Anbieter liegt, möglichst viele Vertragsschlüsse mit Kunden zu erzielen.359 Entscheidend ist dabei, dass sich die Möglichkeit, Pay-TV-Angebote gegen Zahlung eines Entgelts zu beziehen, nicht nur an einen exklusiven Personenkreis, sondern gerade an die breite Öffentlichkeit richtet.360 Auf diese Weise wird die Erfüllung des Kriteriums der Allgemeinbezogenheit bei klassischen Pay-TVAngeboten zu bejahen sein.361 Da ansonsten keine wesentlichen Unterschiede zum Free-TV zu erkennen sind, werden auch die übrigen Merkmale des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs362 ebenfalls erfüllt.363 Im einfachgesetzlichen Bereich

355 Insofern wird auch vom sog. „Pay-per-Channel“ gesprochen, vgl. hierzu T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 189; K. Stern, Staatsrecht Band IV/ 1, 2006, § 110 S. 1676; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 48. 356 Vgl. auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 189; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 48. 357 Vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 189; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1676; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/ F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 48. 358 Vgl. in diesem Zusammenhang auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1676, der in seinen Ausführungen gerade die Bestimmung dieser Dienste „für die Allgemeinheit“ betont. 359 Vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 194; siehe auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1676, der darauf hinweist, dass die entsprechenden Angebote „grundsätzlich jedermann offen“ stünden. 360 Vgl. hierzu T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 193, 264; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1676. 361 Vgl. auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 193 ff., 264; B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 48. 362 Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 190 ff.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

bezieht § 2 Abs. 1 Satz 2 RStV ausdrücklich solche Angebote ein, „die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind“. Damit werden Pay-TV-Angebote auch vom einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff bei Erfüllung der nötigen Begriffsmerkmale grundsätzlich erfasst. Anders verhält es sich jedoch in Bezug auf Pay-per-View-Angebote. Gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 5 RStV sind solche Angebote kein Rundfunk, „die aus Sendungen bestehen, die jeweils gegen Einzelentgelt freigeschaltet werden.“ Gerade dies ist jedoch bei Pay-per-View-Angeboten der Fall, weshalb sie nicht unter den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages fallen.

5. Elektronische Presse Sowohl Presse- als auch Rundfunkunternehmen nutzen das Internet, um auf ihren Webseiten elektronische Inhalte anzubieten.364 Dabei beschränken sich Presseunternehmen nicht auf die Bereitstellung von textlichen Angeboten mit Standbildern, die in ihrem Erscheinungsbild gewissermaßen eine Art elektronisches Korrelat zu den klassischen Printmedien bilden könnten,365 sondern nutzen vielmehr zur Attraktivitätssteigerung ihres Angebots mitunter auch Bewegtbildsequenzen.366 Umgekehrt integrieren Rundfunkunternehmen in starkem Maße auch textbasierte Angebote mit Standbildern in ihre Online-Angebote und bedienen sich zumindest im Onlinebereich solcher medialer Gestaltungsformen, die als Online-Korrelat zu klassischen Presseerzeugnissen in gedruckter Form gewertet werden können.367 Diese gegenläufigen Entwicklungen in beiden Mediensektoren haben dazu geführt, dass die einst klaren Trennlinien durch die konvergierenden Online-Aktivitäten jedenfalls jenseits der klassischen Distributionswege sukzessive verblassen und von 363 Es liegt also bei Pay-TV-Angeboten Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne vor, vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 195; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1676 mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 364 Vgl. St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22). 365 Dabei sollen die Online-Angebote der Verlage die Printausgaben häufig nicht substituieren, sondern (auch um aktuelle Themen) ergänzen, vgl. insoweit die Ausführungen bei Chr. Weiner/Chr. Schmelz, K&R 2006, S. 453 ff. (453). 366 Vgl. hierzu auch D. Dörr, ZRP 2008, S. 133 ff. (133); C.-E. Eberle, AfP 2008, S. 329 ff. (332); Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (210); St. Ory, AfP 2011, S. 19 ff. (19); siehe zum inzwischen erledigten Streit, der zum Zeitpunkt der Einführung des TMG hinsichtlich der Fragestellung geführt wurde, ob solche Bewegtbildsequenzen Rundfunk oder Telemedien im einfachgesetzlichen Sinne darstellen, die Ausführungen bei Chr. Weiner/Chr. Schmelz, K&R 2006, S. 453 ff. (454 f.). Heute erfolgt eine Zuordnung entsprechender Angebote insbesondere anhand des nicht erfüllten Linearitätserfordernisses im Regelfall zu den Telemedien. 367 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei D. Dörr, ZRP 2008, S. 133 ff. (133).

IV. Einzelfallbetrachtung

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beiden Seiten überschritten werden.368 Neben der klassischen Konkurrenzsituation zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk haben sich auf diese Weise auch die Konfliktlinien zwischen (öffentlich-rechtlichem) Rundfunk und der Presse verschärft,369 wobei letztere den Online-Sektor insbesondere auch deshalb für sich nutzen möchte, um Einbußen bei den Print-Erzeugnissen zu kompensieren.370 Allerdings haben manche Medienunternehmen aus dem Presse- und Rundfunkbereich die Entwicklung auch dazu genutzt, gemeinsame Kooperationen zu initiieren, um damit die an sich bestehende Konkurrenzsituation zur Generierung von Synergieeffekten für beide Seiten zu nutzen.371 Die Einordnung von Angeboten der Elektronischen Presse unter den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff kann nicht zuletzt darüber Aufschluss geben, ob eine und gegebenenfalls welche Mediengattung im Onlinebereich durch ihre Aktivitäten möglicherweise ein „juristisches Heimspiel“ bestreitet oder aber den eigenen medialen Horizont um gattungsfremde Angebote erweitert.372 Bei der verfassungsrechtlichen Zuordnung der Elektronischen Presse könnte man zunächst versucht sein, eine solche anhand der Frage vorzunehmen, ob die fraglichen Angebote im Einzelfall primär als Surrogat zur gedruckten Presse zu qualifizieren sind, was prima facie im Falle der Bejahung dieser Frage in der Konsequenz eine Zuordnung zum Pressebegriff jedenfalls nicht abwegig erscheinen ließe.373 Allerdings fehlt es bei der Elektronischen Presse an der „stofflich-gegenständlichen Verkörperung des Gedankeninhalts“.374 Trotz mancher Kongruenzen und Ähnlich368

Vgl. auch die Ausführungen bei D. Dörr, ZRP 2008, S. 133 ff. (133). Vgl. hierzu auch D. Dörr, ZRP 2008, S. 133 ff. (133); St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22 ff., auch 25); J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (17). 370 Vgl. die Darstellung von D. Dörr, ZRP 2008, S. 133 ff. (133); J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (16 f.). 371 Vgl. die Ausführungen zur Videokooperation des ZDF mit dem Online-Portal zeit.de von R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (444). 372 H.-J. Papier/M. Schröder sind hinsichtlich der Internetaktivitäten der Auffassung, dass „Presseunternehmen mit öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (und sonstigen Dritten) auf dem Gebiet des Rundfunks im weiteren Sinne“ miteinander konkurrieren, vgl. H.-J. Papier/ M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (17). 373 Für den Fall, dass „in stofflicher Verkörperung vorliegende Presseerzeugnisse auf diesem Weg (Anm. des Verfassers: gemeint ist die elektromagnetische Alternativverbreitung) lediglich an den Empfänger weitergeleitet werden und die fernmeldetechnische Übertragung allein die Zustellung ersetzt“, von einem Pressesurrogat und damit von der Anwendbarkeit des Presse- und nicht des Rundfunkbegriffes ausgehend Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004), Rdn. 675; gegen eine solche Zuordnung schon aufgrund der hierdurch entstehenden Abgrenzungsschwierigkeiten mit der Folge, dass „eine unerträgliche Rechtsunsicherheit“ entstünde K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1674 f. (insbesondere 1675); eine Zuordnung der elektronischen Presse zum „Druckwerksbegriff“ ablehnend, aber dennoch von einer Anwendbarkeit der Pressefreiheit ausgehend R. Mann/J. F. Smid, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Presserecht (Siebter Teil) Rdn. 3 ff. 374 Vgl. die darstellende Betrachtung bei R. Mann/J. F. Smid, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Presserecht (Siebter Teil) Rdn. 4, 6; 369

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

keiten, die zweifelsohne zwischen entsprechenden Angeboten im Onlinebereich und herkömmlichen Presseerzeugnissen bestehen, spricht das gerade genannte Unterscheidungsmerkmal gegen eine Zuordnung entsprechender Angebote zum Pressebegriff.375 Da Angebote der Elektronischen Presse – von denkbaren Verbreitungsmöglichkeiten unter Verwendung von E-Mail-Nachrichten einmal abgesehen – in der Regel über Webseiten vorgehalten werden, kann im Wesentlichen auf die Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Rundfunkqualität von Webseiten verwiesen werden. So werden die entsprechenden Angebote fernmeldetechnisch in zeitgemäßer Form verbreitet und sind in aller Regel auch „an die Allgemeinheit gerichtet“. Der Darbietungscharakter wird zumeist schon durch die Vermittlung der jeweiligen Meinungen und die übrigen kommunizierten Inhalte mittels kombinierter Darstellungsweisen, die sich aus Text-, statischen und oder dynamischen Bild- und schließlich auch Tonelementen376 zusammensetzen (können), erreicht. Diesbezüglich dürfen jedoch gerade bei statischen Darstellungen keine allzu strengen Anforderungen an den Darbietungscharakter gestellt werden, da im Rahmen der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG explizit ausformulierten Mediengrundrechte aufgrund der besonderen Verbreitungsform auch keine Alternativen in Betracht kommen, wenn man nicht ungeschriebene Medienfreiheiten in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG hineinlesen möchte.377 Letzteres ist abzulehnen, da auf diese Weise eine Überschreitung der zulässigen Auslegung des Wortlauts der grundgesetzlichen Bestimmungen riskiert würde. Allerdings könnte man mit Teilen der Literatur gegen eine solche Erfassung der Elektronischen Presse durch den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der siehe auch den dortigen Verweis unter anderem auf die Auffassung von Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (122. AL 2006), Rdn. 376. 375 Siehe auch die entsprechende Einordnung bei Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (214 f.); zu einem anderen Ergebnis gelangen allerdings R. Mann/J. F. Smid, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Presserecht (Siebter Teil) Rdn. 4 ff. (insbesondere auch Rdn. 6), die in einer Zuordnung der Elektronischen Presse zum Rundfunk „eine unzulässige Einschränkung der Pressefreiheit“ sehen. 376 Wobei die verschiedenen, miteinander kombinierten Gestaltungselemente die besondere Suggestivkraft der Darbietungen begründen, vgl. BVerfGE 119, 181 (215); siehe hierzu R. L. Klaes, ZUM 2009, S. 135 ff. (139). 377 So aber etwa W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (insbesondere auch 525, 532), der sich für eine eigenständige „Internetfreiheit“ ausspricht; siehe hierzu auch die Darstellungen mit kritischer Würdigung bei Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 51 f.; ders., in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 16 jeweils m. weit. Nachw.; eine (umfassend zu verstehende) „Medienfreiheit“ nimmt F. Fechner an, vgl. F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121 ff. (auch 134 ff.).

IV. Einzelfallbetrachtung

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sechsten Rundfunkentscheidung bemühen, wonach die „Veröffentlichung programmbezogener Druckwerke“378 (durch die Rundfunkanstalten) von den Gewährleistungen der Rundfunkfreiheit mit umfasst sein soll.379 Legt man eine solche „funktionale Betrachtungsweise“380 zugrunde, könnte man im Wege eines argumentum e contrario auch eine entsprechende Zuordnung textbasierter Onlineangebote mit Surrogatfunktion für die gedruckte Presse zur Pressefreiheit und damit womöglich auch zum Begriff der Presse vornehmen.381 Allerdings würde bei einer solchen Zuordnung übersehen werden, dass das Bundesverfassungsgericht lediglich die Rundfunkfreiheit zugunsten der Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf „programmbegleitende Druckerzeugnisse“ ausgeweitet, jedoch keineswegs behauptet hat, dass entsprechende Druckerzeugnisse vom Rundfunkbegriff umfasst seien.382 Vielmehr macht das Gericht die grundsätzliche Zuweisung der jeweiligen Medien zu den einzelnen, medialen Freiheitsgewährleistungen und ihre Abgrenzung zueinander zutreffend „von dem gewählten Verbreitungsmittel“ abhängig.383 Eine solche Orientierung am jeweiligen Verbreitungsmittel trägt dabei auch einer anhand der spezifischen „Risikolagen“384 des Kommunikationsmittels orientierten Differenzierung der Begriffszuordnung Rechnung, wobei auch die Darstellungs- und Rezeptionsoptionen in diesem Zusammenhang ebenfalls zu berücksichtigen sind.385 In verfassungsrechtlicher Hinsicht besteht darüber hinaus kein Bedürfnis, die Pressefreiheit zugunsten von Presseunternehmen auf Rundfunktatbestände auszuweiten, da es für ihre medien-regulatorisch determinierten Entfaltungsmöglichkeiten insofern vor allen Dingen auf die einfachgesetzliche Qualifi-

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So BVerfGE 83, 238 (312). BVerfGE 83, 238 (312); siehe hierzu die Darstellung bei M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62; T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 59 f.; siehe hierzu auch H.-J. Papier, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (9). 380 Vgl. hierzu T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 59. 381 Vgl. für eine Anwendbarkeit der Pressefreiheit in solchen Fällen etwa M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62 f., die zwar zwischen einer elektromagnetischen „Alternativverbreitung von Erzeugnissen der gedruckten Presse“ und einer originären elektromagnetischen „Verbreitung von Texttafeln und Bildtafeln“ differenzieren, aber in beiden Fällen zu ähnlichen Ergebnissen gelangen. 382 Vgl. insofern die zutreffende Darstellung bei T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 59 f.; zutreffend sieht Chr. Degenhart entsprechende „gedruckte rundfunkeigene Programminformationen“ als „grundrechtlich geschützten Annex“ zur Rundfunkfreiheit an, vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 687. 383 BVerfGE 83, 238, 313; vgl. hierzu T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 59. 384 So die Begriffswahl bei W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20. 385 Vgl. hierzu die Ausführungen bei W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20. 379

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

zierung des gewählten Mediums ankommt.386 Nach alledem handelt es sich bei der „Elektronischen Presse“ um Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne,387 wenngleich der Ruf nach einer übergeordneten Kommunikationsfreiheit zur Überwindung der Schwierigkeiten, die regelmäßig dann entstehen, wenn neue mediale Erscheinungsformen in das enge Korsett herkömmlicher Begriffsabgrenzungen gezwängt werden sollen,388 nicht überhört werden darf. In einfachgesetzlicher Hinsicht fehlt es der „Elektronischen Presse“ für eine Erfassung durch den Rundfunkbegriff des Rundfunkstaatsvertrages jedenfalls an der Linearität und an der „Gleichzeitigkeit des Empfangs“.389 Es handelt sich bei Elektronischer Presse auf dieser Ebene um Telemedien,390 wobei in § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV mit dem „presseähnlichen Angebot“ eine besondere Kategorie legaldefiniert wird, die in Bezug auf Angebote der Elektronischen Presse regelmäßig einschlägig sein wird. Im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages fasst man unter „ein presseähnliches Angebot nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien, sondern alle 386 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei Chr. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Abs. 1, 2 Rdn. 96, 103. 387 „Elektronische Presse“ ebenfalls dem Rundfunkbegriff zuordnend K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1674 f.; eine Qualifizierung der sog. „Online-Zeitungen“ „als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne“ auch angesichts der dort bestehenden Besonderheiten etwa durch die Möglichkeit der Verwendung von Verlinkungen und Frames annehmend W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 20; ferner auch Th. Held, in W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 11 RStV Anhang Rdn. 18; Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (214 f.); differenzierend in funktionaler Hinsicht hingegen Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004), Rdn. 675; gänzlich a. A. hingegen M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62 f.; eine „Einordnung von Online-Publikationen“ zum Pressebegriff schlagen ferner R. Mann/J. F. Smid, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Presserecht (Siebter Teil) Rdn. 5 vor. 388 Vgl. hierzu die Darstellung bei R. Mann/J. F. Smid, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Presserecht (Siebter Teil) Rdn. 5. 389 Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Hinweis von T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (740), dass „die elektronische Übermittlung seit jeher als Abgrenzungsmerkmal zwischen Rundfunk und Presse galt.“ Eine unbedingte Zuordnung elektronisch übermittelter Dienste zum einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff erfolgt aber ausweislich der in § 2 Abs. 1 RStV dargelegten Begriffsmerkmale heute gerade nicht mehr. Die begriffliche Zuordnung gestaltet sich durch die Online-Medien heute wesentlich komplexer und vielschichtiger. 390 Vgl. hierzu auch Chr. Weiner/Chr. Schmelz, K&R 2006, S. 453 ff. (454); Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (214); R. Mann/J. F. Smid, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Presserecht (Siebter Teil) Rdn. 3, die für die Zwecke ihrer Ausführungen unter den „Begriff der ,Elektronischen Presse‘“ solche Telemedien fassen wollen, „die dem Presserecht unterfallen würden, wenn sie ,Druckwerke‘ im Sinne der Landespressegesetze wären.“

IV. Einzelfallbetrachtung

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journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote391, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen“. Ergänzend können im Bereich der Elektronischen Presse auch spezielle Bestimmungen des Presserechts zur Anwendung kommen.392

6. Interaktives Fernsehen Die Etablierung der Digitaltechnik und der weitere Fortgang der technischen Entwicklung hatte nicht nur eine Diversifizierung393 und damit eine Verbesserung der Angebotsvielfalt in quantitativer, sondern auch eine deutliche Aufwertung in qualitativer Hinsicht zur Folge. Dank der Rückkanaltechnik394 haben sich zahlreiche neue Möglichkeiten ergeben, die bloße Rezeption von Fernsehprogrammen stärker auch mit interaktiven Elementen zu durchmischen.395 Interaktivität bedeutet dabei stets auch, dass die Massenkommunikation partiell individualisiert wird, da eine Interaktion gerade mit einer individuellen Reaktion auf die gegenwärtige Rezeption verbunden ist. Fraglich erscheint insoweit, ob die Einfügung interaktiver Elemente auch konkrete Auswirkungen auf die Erfassung des entsprechenden Angebots durch den verfassungsrechtlichen und/oder den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff hat. In verfassungsrechtlicher Hinsicht hat sich bereits gezeigt, dass bestimmte zeitliche Auswahlmöglichkeiten wie bei Video-on-Demand-Diensten nicht dazu führen, dass ein solches Angebot nicht mehr vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff erfasst würde.396 Teilweise wird allerdings im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff die Auffassung vertreten, dass es entscheidend auf die „Einsei-

391 Vgl. allgemein zum Begriff des „journalistisch-redaktionell gestalteten Angebots“ die Ausführungen bei R. Mann/J. F. Smid, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Presserecht (Siebter Teil) Rdn. 13 ff. 392 Vgl. hierzu ausführlich die Darstellungen bei R. Mann/J. F. Smid, in: G. Spindler/ F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Presserecht (Siebter Teil) Rdn. 110 ff. 393 Auf die „Diversifizierung der Tätigkeiten im digitalen Zeitalter“ geht auch die Europäische Kommission im Rahmen Ihrer Rundfunkmitteilung aus dem Jahr 2001 hinsichtlich ihrer Erörterungen zur Reichweite des öffentlich-rechtlichen Auftrags ein, vgl. Europäische Kommission, „Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, ABl. EG 2001 Nr. C 320/04 vom 15. 11. 2001, S. 5 ff. Rdn. 34. 394 Vgl. hierzu etwa auch J. Baier, CR 2008, S. 769 ff. (770). 395 Vgl. etwa zum Angebot einer „Interaktiven Fernbedienung“, durch die der Rezipient zeitgleich zur Betrachtung des Fernsehprogramms weitergehende Informationen erhält, die er auf unterschiedliche Weise interaktiv (etwa durch Bestellvorgänge) einsetzen kann, die Darstellung bei S. Reinemann, ZUM 2006, S. 523 ff. (529). 396 Vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110, S. 1667 f., der „zeitliche und inhaltliche Auswahlmöglichkeiten“ im Grundsatz als „irrelevant“ für die Erfassung eines Angebotes durch den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff ansieht.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

tigkeit der Informationsrichtung“397 ankomme.398 Damit würden jedoch alle Angebote in Fernsehen und Hörfunk hinsichtlich ihrer Rundfunkqualität in Frage gestellt, in denen Zuschauern Reaktions- oder Abstimmungsmöglichkeiten eröffnet werden.399 Würde man traditionelle Fernseh- und Hörfunksendungen lediglich wegen Reaktions- oder Interaktionsmöglichkeiten aus dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff herausnehmen, würde man das gleichwohl bestehende rundfunkspezifische Gefährdungspotenzial entsprechender Angebote in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise ausblenden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Rückkoppelungsoptionen für die Rundfunkanbieter gerade deshalb von immenser Bedeutung und schlicht notwendig sind, um für ihr künftiges Programm auch die Präferenzen ihrer Rezipienten in der programmlichen Gestaltung berücksichtigen zu können.400 Damit kann hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zuordnung von klassischen Fernsehangeboten, die lediglich um Interaktionsmöglichkeiten (etwa Abstimmungen per Knopfdruck, Bestellungen oder eine komplementäre Anforderung weiterer Hintergrundinformationen)401 angereichert werden, nichts anderes gelten als bei der diesbezüglichen Beurteilung von Angeboten mit zeitlichen und inhaltlichen Selektionsmöglichkeiten,402 soweit es sich in der Gesamtschau um ein einheitliches Angebot handelt und der interaktive Vorgang nicht losgelöst vom Rundfunkprogramm als reine Individualkommunikation zu werten ist. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass durch eingeräumte Interaktionsmöglichkeiten das rundfunktypische Gefährdungspotenzial noch weiter gesteigert werden kann, da ja auch die Bandbreite möglicher interaktiver Handlungsoptionen, wie etwa die Wahlmöglichkeit, ob sich ein Spielfilm dramatisch oder zu einem „Happy End“ hin 397 Vgl. hierzu T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 105 ff. 398 Vgl. etwa R. Ricker/P. Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, Kapitel B Rdn. 68 ff. (71), die in entsprechenden interaktiven Angeboten keine Massen-, sondern Individualkommunikation erblicken; siehe hierzu die Darstellung des Streitstandes bei T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 105 ff., der im Ergebnis jedoch eine andere Auffassung vertritt und die fraglichen interaktiven Angebote wohl dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff zuordnen möchte (ebda., S. 109 m. weit. Nachw.). 399 Vgl. zu den der Massenkommunikation gerade immanenten „Möglichkeiten der Rückkoppelung“ die Ausführungen bei T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 106 f. 400 Vgl. T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 106 f. mit Verweis auf J. Scherer, Der Staat Bd. 22 (1983), S. 347 ff. (356 f.), der die grundsätzliche Einseitigkeit von „Massenkommunikation“ auch im Rahmen der klassischen Medien verneint. Vielmehr sei „Massenkommunikation“ „ein interaktiver Prozeß mit zahlreichen Möglichkeiten der Rückkopplung“ m. weit. Nachw. a.a.O. 401 Vgl. die Ausführungen zu einigen denkbaren interaktiven Betätigungsmöglichkeiten etwa im Rahmen einer „Interaktiven Fernbedienung“ bei S. Reinemann, ZUM 2006, S. 523 ff. (529). 402 Vgl. zur Irrelevanz von Interaktivität für eine Zuordnung eines Angebotes zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1668, 1675.

IV. Einzelfallbetrachtung

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entwickeln soll,403 dem Rezipienten vom Anbieter aus vorgegeben wird. Insofern trifft der Rezipient häufig nur eine vermeintlich freie Wahl, die sich tatsächlich innerhalb zuvor vom Anbieter determinierter (enger) Grenzen bewegt.404 Trotz bestehender Interaktionsmöglichkeiten wird bei „Interaktivem Fernsehen“ ja geradezu klassischer Rundfunk dargeboten, der auch unter Berücksichtigung der potenziellen Gefahr für die individuelle und darüber hinaus auch für die öffentliche Meinungsbildung405 alle Kriterien des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs erfüllt und damit auch als solcher zu qualifizieren ist.406 Interaktivität schadet damit der Zuordnung von Fernsehangeboten zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff nicht.407 Solange ein Angebot durch die Nutzung von interaktiven Elementen die Linearität und den „zeitgleichen Empfang“ der Angebote „in Bewegtbild oder Ton“408 nicht unterbricht, werden Angebote des „Interaktiven Fernsehens“ auch vom einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags umfasst. Soweit allerdings das Merkmal der Linearität durch eine Interaktion in relevanter Weise unterbrochen wird, kann das Angebot insgesamt nicht mehr als Rundfunk im einfachgesetzlichen Sinne qualifiziert werden. Soweit es sich nicht um ein einheitliches Angebot handelt, sondern das interaktive Angebot lediglich einen konkreten Bezug zu einem Rundfunkprogramm herstellt, kann es sich (etwa bei einer „Interaktiven Fernbedienung“) um ein separat zu beurteilendes, sendungsbezogenes Telemedium im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV handeln,409 sodass in diesem Fall

403 Vgl. für ein weiteres Beispiel in diesem Zusammenhang die Darstellung bei R. Ricker/ P. Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, Kapitel B Rdn. 68 mit FN 352 m. weit. Nachw. 404 Vgl. hierzu auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 108. 405 Vgl. hierzu die Ausführungen bei T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 108; siehe zur Bedeutung der von einem Angebot ausgehenden „besonderen Einflußmöglichkeit bezüglich der öffentlichen Meinungsbildung“ auch die Ausführungen bei D. Dörr, „Multimedia“ und der Rundfunkbegriff, in: Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 121 ff. (123 ff.). 406 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1668, 1675. 407 Vgl. auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 109; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1668, 1675. 408 Insofern stellt sich der Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 HS 2 RStV als recht ungenau heraus: da Fernsehsendungen regelmäßig aus einer Kombination von Audioelementen und visuellen Darbietungen bestehen (wenn man die heute selten gewordenen Stummfilmausstrahlungen einmal außer Betracht lässt), müsste es korrekterweise heißen „in Bewegtbild und/oder Ton“. 409 Vgl. zur alten einfachgesetzlichen Rechtslage bereits die Ausführungen zur „Interaktiven Fernbedienung“, zur Qualifizierung der „auf die Fernbedienung übermittelten“ Angebote als „Mediendienste“ und damit einer (wohl separaten) Zuordnung zum damals geltenden Mediendienste-Staatsvertrag S. Reinemann, ZUM 2006, S. 523 ff. (529).

324

3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

nur das zugrunde liegende Rundfunkprogramm als Rundfunk, das hiervon zu unterscheidende Interaktionsangebot als Telemedium zu qualifizieren ist.410

7. Hybride TV-/Internetangebote Mit der fortschreitenden Konvergenz der Medien bewegen sich die einzelnen medialen Erscheinungsformen nicht nur in starkem Maße bis hin zur Unmöglichkeit ihrer individuellen Unterscheidbarkeit aufeinander zu,411 sondern es bilden sich auch hybride Angebote412 heraus, die zwei (oder sogar mehr)413 klassischerweise voneinander getrennte Angebote zu einem einheitlichen neuen Angebot zusammenführen.414 Eine gängige Kombination bilden mediale Angebote, die Fernsehen und (teil-)integriertes Internet miteinander kombinieren.415 Die Rezeption dieser hybriden Angebote kann dabei inzwischen durch „hybride Empfangsgeräte, die den bruchlosen Wechsel zwischen der Fernseh- und der Internetwelt erlauben“416, erfolgen. Durch solche hybriden Dienste können insbesondere klassische Angebote linearer und nicht-linearer Art in einem einzigen Angebot dergestalt miteinander kombiniert werden,417 dass eine klare Trennung der einzelnen Bestandteile zunehmend schwerer fällt.418 Fraglich erscheint, wie solche Angebote hinsichtlich ihrer verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Rundfunkqualität zu bewerten

410

Siehe nochmals die differenzierende Betrachtung für den Bereich des damals geltenden Medienrechts bei S. Reinemann, ZUM 2006, S. 523 ff. (529). 411 Vgl. in diesem Zusammenhang auch J. Baier, CR 2008, S. 769 ff. (770). 412 Als „Sog. zusammengesetzte Dienste“ werden solche Angebote von D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 65 bezeichnet. 413 M. R. Kogler, K&R 2011, S. 621 (622) nennt etwa in Gestalt eines Gedankenexperiments die gleichzeitige Darstellungsmöglichkeit von vier verschiedenen Medienformen. 414 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Darstellung des Diskussionsstandes zum IPTV, das auch „zum Empfang über das normale Fernsehgerät bestimmt“ sei, bei J. Baier, CR 2008, S. 769 ff. (770) m. weit. Nachw.; siehe allgemein hierzu auch D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 65; J. Becker, ZUM 2011, S. 449; T. Schmid, ZUM 2011, S. 457 ff. (457 f.). 415 Vgl. J. Becker, ZUM 2011, S. 449; P. Weber, ZUM 2011, S. 452 ff. (452) mit dem Hinweis, dass sich im Zuge hybrider Angebote aus Fernsehen und Internet „Leanback- und Leanforward-Nutzungen bzw. Couch-Viewing mit Desk-Viewing vereinigen“ könnten. 416 So R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (442), die in diesem Zusammenhang auch auf die Steigerung der Angebotszahlen zugunsten der Zuschauer hinweisen. 417 Vgl. M. R. Kogler, K&R 2011, S. 621 ff. (621). 418 Als „,nahtlose‘ Kombination“ bezeichnet M. R. Kogler diese Verquickung der linearen und nicht-linearen Elemente und weist in diesem Zusammenhang auf den in der Medienwissenschaft inzwischen zugrunde gelegten Begriff der „,Entlinearisierung‘ des Fernsehens“ hin, vgl. insoweit M. R. Kogler, K&R 2011, S. 621 ff. (621 mit FN 7) m. weit. Nachw.

IV. Einzelfallbetrachtung

325

sind.419 Grundsätzlich sind hinsichtlich einer Begriffszuordnung zunächst zwei Möglichkeiten denkbar: Entweder kann das hybride Angebot in seiner Gesamtheit betrachtet und der Versuch unternommen werden, dieses hybride Gesamtangebot einer einheitlichen Begriffszuordnung zu unterziehen, oder es muss in seine Einzelbestandteile zerlegt und dann bezüglich der Einzelangebote in einem zweiten Schritt eine isolierte Begriffszuordnung vorgenommen werden.420 Folgt man der zuletzt genannten Auffassung kann bezüglich der verfassungsrechtlichen und der einfachgesetzlichen Begriffszuordnung auf die Ausführungen zu den jeweils betroffenen Einzeldiensten verwiesen werden. Bei solchen Diensten, die Fernsehen und Internet miteinander kombinieren, ist dann bezüglich des Internets in der oben beschriebenen Weise nach dem jeweils vorgehaltenen Dienst zu differenzieren. Eine solche nach Einzeldiensten differenzierende Betrachtungsweise eines für den Rezipienten als einheitlich empfundenen hybriden Gesamtangebotes begegnet jedoch hinsichtlich damit verbundener Abgrenzungsschwierigkeiten421 sowie hinsichtlich der Gewährleistung des nötigen Maßes an Rechtssicherheit Bedenken und würde darüber hinaus einen einheitlichen Dienst künstlich in verschiedene Teilaspekte zergliedern,422 wodurch eine Erfassung der Besonderheiten des gesamten Angebotes allzu sehr vernachlässigt werden würde. Die gerade skizzierten Schwierigkeiten können umgangen werden, wenn man hinsichtlich entsprechender hybrider Dienste eine „Gesamtbetrachtung“ unter wertenden Gesichtspunkten423 vornimmt, die auf den medialen Schwerpunkt des Angebotes abstellt.424 Gegen eine „wertende Ge419 Vgl. auch die kritische Betrachtung zum europäischen Rechtsrahmen in Gestalt der AVMD-Richtlinie, insbesondere hinsichtlich ihrer fehlenden Übereinstimmung mit dem technischen Entwicklungsstand bei M. R. Kogler, K&R 2011, S. 621 ff. (622). 420 Vgl. die Darstellung der bestehenden Zuordnungsmöglichkeiten in Bezug auf das einfachgesetzliche Telemedienrecht bei D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 65 mit zahlreichen Nachweisen; für eine wohl nach den Einzelangeboten differenzierende Betrachtung sprechen sich in anderem Zusammenhang in Bezug auf sog. Split-Screen-TV-Angebote B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 53 aus. 421 Vgl. hierzu D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 65. 422 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die auf den alten, durch In-Kraft-Treten des TMG erledigten Streit zur Abgrenzung von Tele- und Mediendiensten bezogene Kritik an einer Einzelfallbetrachtung (der Angebote auf einer „Website“) mit der Begründung, dass „einheitlich konzipierte Dienste unnatürlich aufgespalten würden“, bei Ph. W. Brunst, MMR 2004, S. 8 ff. (9); siehe auch bereits die kritische Betrachtung bei A. Waldenberger, MMR 1998, S. 124 ff. (125). 423 Von einer „wertenden Gesamtbetrachtung“ spricht insoweit D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 65; von einer „wertenden Gesamtschau“ spricht A. Waldenberger, MMR 1998, S. 124 ff. (125); vgl. auch Ph. W. Brunst, MMR 2004, S. 8 ff. (9). 424 Vgl. hierzu D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 65 mit einem Fußnotenverweis auf A. Waldenberger, MMR 1998, S. 124 ff. (125). A. Waldenberger beschäftigt sich hier im Zusammenhang mit der nach alter einfachgesetzlicher Rechtslage vor In-Kraft-Treten des TMG bestehenden Schwierigkeit einer Zu-

326

3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

samtbetrachtung“ wird allerdings von D. Heckmann vorgebracht, dass eine solche Lösung „mit Blick auf die spezifischen Besonderheiten der jeweiligen Angebote nicht zwingend sachgerecht“ sei.425 Dieser Kritik ist zwar zuzugeben, dass in der Tat im Wege einer wertenden, das gesamte Angebot umfassenden Betrachtung das weniger stark ausgeprägte mediale Element hinsichtlich der terminologischen Erfassung, mit der die Zuordnung zum jeweiligen Grundrechtstatbestand bzw. zum jeweiligen einfachgesetzlichen Regulierungsregime verbunden ist, gegenüber dem dominanten Part des hybriden Mediums zurücktritt und damit auch seine besonderen wirkungsspezifischen Merkmale, die bei isolierter Betrachtung angemessen berücksichtigt werden könnten, in der Begriffszuordnung keinen Widerhall finden. Entscheidend kann es jedoch trotzdem nur auf das Gesamterscheinungsbild des hybriden Dienstes ankommen, da es auch dem Rezipienten als einheitliches Angebot gegenübertritt. Hinsichtlich der Meinungsbildungsrelevanz und des damit einhergehenden Gefährdungspotenzials eines Mediums ist es von entscheidender Bedeutung, zu ermitteln, wie es in seiner Gesamtheit auf den Rezipienten einwirkt. Sollte es sich allerdings um einen solchen hybriden Dienst handeln, der sich in der Wahrnehmung des Rezipienten nicht als einheitlicher Dienst darstellt, sondern vielmehr aus klar voneinander zu unterscheidenden Bestandteilen besteht, so kann im Einzelfall auch eine gesonderte Zuordnung der einzelnen Teilbereiche (noch) vorzugswürdig erscheinen.426 Im einfachgesetzlichen Zusammenhang ist im Einzelfall – je nach technischer Ausgestaltung des Angebotes – zu prüfen, ob es sich beim inordnung von Angeboten zu den Tele- bzw. Mediendiensten und spricht sich „aus Gründen der Rechtssicherheit“ für eine „wertende Gesamtschau“ aus. Auch wenn sich die von A. Waldenberger thematisierte Abgrenzungsfrage durch die Änderung der Gesetzeslage erledigt hat, sind seine Gedankengänge in nuce doch auch auf die Zuordnung von hybriden Mediendiensten besonders in einfachgesetzlicher, aber auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht übertragbar; ähnlich ferner auch Ph. W. Brunst, MMR 2004, S. 8 ff. (9). 425 Vgl. D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 65. 426 Eine vermittelnde Sichtweise befürwortend, die danach differenziert, ob „Angebotsbestandteile“ „isolierbar“ sind oder nicht, D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 65 mit Verweis auf die von G. Spindler entwickelte Ansicht zur „Abgrenzung der Dienste innerhalb eines Gesamtangebots“ im Hinblick auf die damals bestehende Differenzierungsnotwendigkeit zwischen Tele- und Mediendiensten, vgl. G. Spindler, in: ders./P. Schmitz/I. Geis (Hrsg.), TDG Kommentar, 2004, § 2 TDG Rdn. 38 f.; ferner nimmt D. Heckmann auch N. Mynarik, ZUM 2006, S. 183 ff. (184 f.) in Bezug, die eine entsprechend vermittelnde Ansicht ebenfalls in anderem Zusammenhang, namentlich zu der nach der damaligen einfachgesetzlichen Rechtslage existierenden Abgrenzungsproblematik zwischen Telekommunikationsdiensten, Rundfunk und den damals zumeist noch nach Telediensten und Mediendiensten untergliederten Telemedien vertritt, wobei die grundlegenden Argumente durchaus auf die rechtliche Einordnung von hybriden TV-/Internetangeboten zwischen Rundfunk und Telemedien übertragen werden können; kritisch zur unterschiedlichen rechtlichen Behandlung verschiedener Bestandteile eines hybriden TV-/Internetangebots, die zeitgleich etwa auf untergliederten Teilflächen eines Fernsehbildschirms dargestellt werden können, T. Schmid, ZUM 2011, S. 457 ff. (459 f.); siehe auch die Ausführungen zu sog. „Splitscreens“ bei U. Bumke/W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 20 RStV Rdn. 72 ff.

IV. Einzelfallbetrachtung

327

ternetbasierten Zusatzangebot um ein sendungsbezogenes Telemedium im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV handelt oder ob trotz einer auf der Erfüllung der einfachgesetzlichen Begriffsmerkmale beruhenden grundsätzlichen Zuordnungsoption für das Gesamtangebot zum einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff eine solche Zuordnung dennoch am Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 2 RStV scheitert. Wesentliche Bedeutung kommt zudem den im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebenen Regelungen für den Bereich der Plattformen zu, die in den §§ 52 ff. RStV verortet sind.427 Das Zusammentreffen von linearen und nicht-linearen Angeboten in einem einheitlichen hybriden Dienst bereitet große Abgrenzungsschwierigkeiten im einfachgesetzlichen Bereich, aber auch in europarechtlichem Zusammenhang.428 Zunehmend den Markt bestimmende hybride TV- und Internetangebote geben begründeten Anlass, danach zu fragen, ob und wie lange unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen für lineare und non-lineare Angebote hinsichtlich ihres Gefährdungspotenzials noch interessengerecht und auch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten noch zu rechtfertigen sind, und bieten daher Platz für Spekulationen, ob der einfachgesetzliche und europarechtliche Rahmen erneut grundlegende Veränderungen erfahren wird.429

427

(464). 428

Vgl. in Bezug auf § 52c RStV die Ausführungen bei M. A. Wagner, ZUM 2011, S. 462 ff.

Vgl. bereits die Befürchtungen zur Problematik der Einordnung von Hybriddiensten, die lineare und non-lineare Dienste in sich vereinen, in Bezug auf die Anwendbarkeit der AVMDRichtlinie und zu den damit für den Dienstebetreiber verbundenen Folgen hinsichtlich der Ausprägung der von der Einstufung abhängenden Regelungsintensität von J. Stender-Vorwachs/N. Theißen, ZUM 2007, S. 613 ff. (616); laut Erwägungsgrund 27 der Neufassung der AVMD-Richtlinie (Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates) sollen „für Fernsehprogramme oder einzelne Fernsehsendungen, die zusätzlich als audiovisuelle Mediendienste auf Abruf von demselben Mediendiensteanbieter angeboten werden, die Anforderungen dieser Richtlinie mit der Erfüllung der Anforderungen für die Fernsehausstrahlung, d. h. die lineare Übertragung, als erfüllt gelten. Wenn jedoch verschiedene Arten von Diensten, bei denen es sich um eindeutig unterscheidbare Dienste handelt, parallel angeboten werden, so sollte diese Richtlinie auf jeden dieser Dienste Anwendung finden.“ Hinsichtlich der ergänzenden Verbreitung solcher Programme und Sendungen als On-demand-Angebote, die originär im Rahmen einer klassischen linearen Fernsehausstrahlung verbreitet wurden, sollen die Anforderungen der Richtlinie im Wege einer Fiktion als erfüllt angenommen werden, um unbillige Ergebnisse im Einzelfall zu vermeiden. Anders stellt sich die Situation jedoch etwa in Bezug auf parallel angebotene hybride Dienste dar, bei denen die Anforderungen der Richtlinie einzeldienstspezifisch zu überprüfen sind. 429 Vgl. hierzu die Ausführungen bei J. Becker, ZUM 2011, S. 449, der angesichts der allmählich schwindenden Grenzen von Fernsehen und Online-Angeboten die Frage aufwirft, „ob damit noch die unterschiedlichen Regelungen gerechtfertigt sind.“ T. Schmid weist darauf hin, „dass ein analoger ordnungsrechtlicher Rahmen in einer konvergenten Medienwirklichkeit an seine Grenzen stößt“, vgl. T. Schmid, ZUM 2011, S. 457 ff. (459, siehe ferner auch 461); vgl. speziell zum europäischen Rechtsrahmen auch M. A. Wagner, ZUM 2011, S. 462 ff. (464).

328

3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

8. Teleshopping Der Begriff „Teleshopping“ wird zusammenfassend für unterschiedliche Varianten von Verkaufssendungen verwendet,430 wobei Teleshopping im Wege sog. „Infomercials“431 in bestimmten Zeitfenstern (sog. Teleshopping-Fenster)432 im Rahmen gewöhnlicher Rundfunkprogramme ausgestrahlt werden oder aber für entsprechende Angebote ein eigenständiger Teleshoppingkanal bedient werden kann, bei dem keine sonstigen Programme in den Sendeplan integriert sind.433 Während die klassische Fernsehwerbung einzelne Angebote abstrakt anpreist und die Rezipienten auf diese Weise etwa zu einem bestimmten Produktkauf im Einzelhandel animieren möchte,434 sind mit Teleshoppingangeboten stets konkrete Kaufaufforderungen für bestimmte Produkte unter Angabe entsprechender Preise, Aktionen und Rabatte oder auch Aufforderungen zum Abschluss eines dienstleistungsbezogenen Vertrags verbunden, wobei entsprechende vertragliche Beziehungen stets in unmittelbarer Folge der Ausstrahlung des Teleshoppingangebotes bezweckt werden.435 In verfassungsrechtlicher Hinsicht werden Teleshopping-Angebote wie alle anderen Fernsehsendungen rundfunkmäßig „an die Allgemeinheit“ adressiert und entsprechend verbreitet. Fraglich erscheint allein, ob hierdurch auch 430 Vgl. zu den Erscheinungsformen des Teleshoppings die Ausführungen bei B. Holznagel/ B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 92 f. 431 Siehe hierzu H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 51 f.; K.-H. Ladeur, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 7 RStV Rdn. 70; siehe zur Unterscheidung von „Infomercials“ und „Telepromotions“ auch Chr. Frank, in: H. HarteBavendamm/F. Henning-Bodewig (Hrsg.), UWG, 2. Aufl. 2009, Einleitung G Rdn. 69. 432 Vgl. auch die Regelung des § 45a RStV; siehe hierzu auch B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 92. 433 Vgl. hierzu H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 51 ff., der sich damals noch auf entsprechende Pläne bezog, nach denen „in den USA oder Großbritannien eigene Teleshoppingprogramme“ veranstaltet werden sollten. Heute sind entsprechende Pläne auch in Deutschland längst realisiert worden; R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 119; C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 201, wobei die zitierten Autoren auf der Grundlage der Ausführungen von H. Gersdorf neben der Erörterung eigenständiger Teleshoppingprogramme die einzelnen Teleshoppingangebote im Übrigen (mit teilweise leichten terminologischen Abweichungen) in verschiedene Kategorien, namentlich in „Sendungen mit Showcharakter“, „Infomercials“ und „Direct Response TV“ einteilen; siehe ferner auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1676. 434 Vgl. B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 91. 435 Vgl. auch die Definition zum Begriff des Teleshoppings bei R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 119; siehe zur Abgrenzung von Teleshopping-Angeboten gegenüber der (klassischen) Werbung B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elek-tronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 91.

IV. Einzelfallbetrachtung

329

eine solch intensive Übermittlung von Inhalten und Meinungskundgaben anzunehmen ist, die eine Zuordnung entsprechender Angebote zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff rechtfertigt. Da ja Teleshopping-Angebote geradezu darauf angelegt sind, eine positive Meinungsbildung bezüglich eines bestimmten Produktes bei möglichst vielen Rezipienten zu erreichen, kann die Erfüllung des inhaltsbezogenen Merkmals nur schwerlich verneint werden.436 Somit handelt es sich bei Teleshoppingangeboten um Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne437 – und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen reinen Teleshoppingkanal handelt oder aber entsprechende Teleshopping-Sendungen in ein Gesamtprogrammangebot integriert sind. In einfachgesetzlicher Hinsicht hat sich in Folge des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages für den Bereich der Teleshopping-Angebote ein Wandel in der Begriffszuordnung vollzogen.438 Wurden (reine) Teleshoppingkanäle zuvor dem Bereich der Telemedien zugeordnet439, sind sie heute auch vom neu gefassten einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff des Rundfunkstaatsvertrags umfasst,440 wobei allerdings nach § 1 Abs. 4 RStV die „Bestimmungen des I. und III. Abschnitts“ des Rundfunkstaatsvertrages für Teleshoppingkanäle nur gelten, „sofern dies ausdrücklich bestimmt ist“.441

436

Vgl. auch die Einschätzung bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 203. So auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 201 ff. (204); K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1676; zumindest von der Möglichkeit einer entsprechenden Einordnung ausgehend R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230), wobei für ihn in dieser Hinsicht „die potenzielle Wirkung eines Inhalts auf die Meinungsbildung des Nutzers“ entscheidend ist. 438 Vgl. B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 93. Auch aus Art. 7 Abs. 2 des 12. RÄStV, der besagt, dass „Teleshoppingkanäle, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Staatsvertrages verbreitet werden“, auch für die nächsten zehn Jahre „als zugelassen“ gelten, ergibt sich die rechtliche Neuzuordnung von Teleshoppingkanälen im einfachgesetzlichen Bereich, vgl. auch die Ausführungen von D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 57. 439 Vgl. zur alten Rechtslage etwa noch O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (15 f.); als der alte einfachgesetzliche Rundfunkbegriff noch maßgeblich war, scheiterte die Zuordnung von Teleshoppingkanälen zum Rundfunkbegriff im einfachgesetzlichen Sinne am zu verneinenden Darbietungsmerkmal, vgl. hierzu D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPKInternetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 55; siehe allgemein zum alten Streitstand hinsichtlich der Zuordnung von „Fernseheinkaufssendungen“ auch die Darstellung bei U. Bumke/ W. Schulz, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 20 RStV Rdn. 69 ff. mit zahlreichen Nachweisen. 440 Vgl. auch die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, a.a.O., S. 3. 441 Vgl die Ausführungen bei B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 93. 437

330

3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

9. Video- bzw. Fernsehtext Bezüglich der verfassungsrechtlichen Begriffszuordnung des Videotextes bedient sich das Bundesverfassungsgericht einer beinahe schon spitzbübischen Vorgehensweise. So ordnet es Videotextangebote zwar nicht direkt dem Rundfunkbegriff zu, unterstellt jedoch die „rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste“, zu denen es den Videotext offenbar neben weiteren Angeboten zählt, den Schutzwirkungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.442 In diesem Zusammenhang konstatiert das Gericht ferner auch, dass sich Rundfunk „nicht in einer ein für allemal gültigen Definition erfassen“ lasse.443 Auch wenn eine explizit positiv formulierte Aussage zur Erfassung von Videotext durch den Rundfunkbegriff fehlt, macht das Gericht deutlich, dass es entsprechende Angebote dem (weiten) verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff zuordnen444 oder zumindest allgemein die Schutzwirkungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in Bezug auf solche Angebote in Ansatz bringen möchte. Auch der Videotext, der heute häufig als „Fernsehtext“ bezeichnet wird,445 wird an eine nicht näher eingegrenzte Allgemeinheit auf rundfunktypische Weise verbreitet446 und hat bestimmte (auch) meinungsbildungsrelevante Inhalte zum Gegenstand, wenngleich man sich hinsichtlich des „Darbietungscharakters“ sicherlich bei einem solchen Textangebot mit stark eingeschränkter Möglichkeit zur Darstellung von Standbildern von der Vorstellung einer klassischen Rundfunkdarbietung loslösen muss. Auch wenn eine Zuordnung zum Rundfunkbegriff nur mit einigen Mühen gelingt, erscheint sie mangels überzeugenderer Zuordnungsalternativen zustimmungswürdig. Im einfachgesetzlichen Rahmen wurde der Fernsehtext früher durch § 2 Abs. 2 Nr. 3 des ehemaligen MDStV aus dem Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags aufgrund seiner mangelnden „Suggestivkraft“447 herausgelöst und als Mediendienst eingeordnet.448 Auch nach aktueller Gesetzeslage werden entsprechende 442

BVerfGE 74, 297 (350 ff.); siehe hierzu auch R. Schütz, MMR 2009, S. 228 (230). BVerfGE 74, 297 (350); hierzu etwa auch Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (439 f.). 444 So formuliert das Bundesverfassungsgericht etwa in BVerfGE 74, 297 (350) negativ: „Der Auffassung, Verstöße gegen die Rundfunkfreiheit schieden schon deshalb aus, weil Gegenstand der genannten Regelungen rundfunkähnliche Kommunikationsdienste seien, die dem herkömmlichen Rundfunkbegriff nicht unterfielen, kann nicht gefolgt werden.“ J. Dietlein/J. Heinemann sind hier sogar der Auffassung, dass das Bundesverfassungsgericht „Videotextangebote ausdrücklich als Rundfunk qualifiziert“ habe, vgl. J. Dietlein/J. Heinemann, K&R 2004, S. 418 ff. (421). 445 Vgl. B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 52. 446 Vgl. auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1675, der den früheren Bildschirmtext, „die Faksimilie-Zeitung, Videotext, Kabeltext und Newsletter“ wegen ihrer Allgemeinverfügbarkeit und „auf Grund ihres elektronischen, flüchtigen Übertragungswegs ebenfalls dem klassischen Rundfunk“ zuordnet. 447 Vgl. zu diesem rundfunktypischen Element nochmals die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung bei BVerfGE 90, 60 (87). 448 Vgl. hierzu mit einer kurzen Nachzeichnung der einfachgesetzlichen Historie der Begriffszuordnung B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elek443

IV. Einzelfallbetrachtung

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Dienste im einfachgesetzlichen Sinne nicht als Rundfunk, sondern vielmehr als Telemedien qualifiziert.449 Die Wertungen zum Fernsehtext sind im Übrigen weitestgehend etwa auch auf verwandte Dienste, wie etwa den Radiotext, übertragbar.450

10. „Triple-Play-Angebote“ Unter dem Begriff des „Triple-Play“ versteht man ein aus drei Komponenten – Telefonanschluss, Internetzugang und TV-Dienst – bestehendes Angebot, das seit wenigen Jahren auch in Deutschland vor allen Dingen von Telekommunikations- und Kabelnetzunternehmen angeboten wird.451 Doch auch, wenn die entsprechenden „Triple-Play-Angebote“ als „Kommunikationspaket“ angeboten werden, lassen sich die einzelnen Dienste noch klar voneinander unterscheiden und ergeben trotz ihrer engeren, vom Anbieter intendierten Verbindung noch kein neues einheitliches Angebot.452 Weitere technische Fortschritte werden dabei auch die künftige Entwicklung und medialen Entfaltungsmöglichkeiten von „Triple-Play-Angeboten“ maßtronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 52; vgl. ferner auch W.-D. Ring/A. Gummer, ZUM 2007, S. 433 ff. (434). 449 So auch B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 52; vgl. bereits zur Einführung des TMG A. Roßnagel, NVwZ 2007, S. 743 ff. (745). 450 Gerade im einfachgesetzlichen Bereich erfahren Radio- und Fernsehtext zumeist eine einheitliche Begriffszuordnung, vgl. hierzu etwa die Ausführungen bei W.-D. Ring/A. Gummer, ZUM 2007, S. 433 ff. (434); B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 52. 451 Vgl. grundlegend hierzu die Ausführungen bei K. Flatau, ZUM 2007, S. 1 ff.; M. Bullinger, ZUM 2007, S. 337 ff. (338), der auch den damals virulenten Problemkreis bestehender Auswahlmöglichkeiten der Plattformbetreiber hinsichtlich der Frage anspricht, welche Fernsehunternehmer zu welchen Konditionen Sendemöglichkeiten auf diesem Wege erhalten. Inzwischen haben die Bundesländer staatsvertraglich auf die Herausforderungen reagiert und in den §§ 52 ff. RStV umfassende Regelungen für Plattformbetreiber geschaffen, die unter anderem auch in § 52c RStV die technische Zugangsfreiheit zum Gegenstand haben; siehe zu § 52c RStV auch M. A. Wagner, ZUM 2011, S. 462 ff. (464); siehe ferner zum Bereich der „Triple-Play-Angebote“ auch C.-E. Eberle, ZUM 2007, S. 439 ff. (440 f.); D. Heckmann, in: ders. (Hrsg.), jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl. 2009, Kap. 1.1 Rdn. 44; vgl. darüber hinaus auch den nicht auf einen speziellen Anbieter fixierten Überblick zu „Triple-Play“-Angeboten in Deutschland auf der Internetpräsenz http://www.triple-play-deutschland.de – zuletzt besucht am 6. Juli 2011 um 9:48 Uhr; vgl. auch allgemein zur Vielfalt der Übertragungswege, durch die nicht zuletzt Triple-Play-Angebote ermöglicht worden sind, die Ausführungen bei R. L. Klaes, ZUM 2009, 135 ff. (137); vgl. zur Rolle des Netzbetreibers als Plattformanbieter im Rahmen von „Triple-Play-Angeboten“ die Ausführungen bei Th. Ricke, IPTV und Mobile TV, 2011, S.137 f. 452 Synergien und Überschneidungen zeigen sich jedoch beispielsweise im Falle der IPTVTechnik bei der Verfügbarkeit eines Rückkanals via Telefonleitung, die vom Rezipienten des Fernseh-Angebots unter Verwendung einer besonderen Fernbedienung zur Rückkommunikation und damit zur Interaktion genutzt werden kann, vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zu den Nutzungsmöglichkeiten des Rückkanals bei K. Flatau, ZUM 2007, S. 1 ff. (3).

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

geblich prägen.453 So spielen „Triple-Play-Angebote“ unter Wettbewerbsgesichtspunkten auch eine immer größere Rolle für kommunale Telekommunikationsunternehmen.454 Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen und der einfachgesetzlichen Begriffszuordnung kann auf die allgemeine Einordnung der jeweiligen Dienste verwiesen werden, wobei hinsichtlich der telefonischen Individualkommunikation eine Zuordnung zum Rundfunkbegriff a priori ausscheidet.

11. E-Paper Der Begriff „E-Paper“ wird derzeit in verschiedenen Zusammenhängen verwendet. Teilweise meint der Begriff die elektronische Darstellung einer zumeist auch im Printformat verfügbaren Zeitung auf der Online-Plattform eines Zeitungsverlages.455 Solche Angebote wurden hinsichtlich ihrer Rundfunkqualität bereits unter dem Stichpunkt „Elektronische Presse“ untersucht. Als E-Paper werden verkürzt aber auch sog. „E-Paper-Displays“ bezeichnet, die sich durch eine besondere Flexibilität ihres Materials auszeichnen.456 So können solche E-Paper-Displays gebogen und sogar eingerollt werden, wobei dem Rezipienten auf diese Weise das Gefühl gegeben wird, wie bei einer klassischen Zeitung oder einer Zeitschrift etwas Körperliches in den Händen zu halten, obwohl der Inhalt auf diesen körperlichen Träger in rundfunktypischer Weise und damit unkörperlich übertragen wird. Da es sich bei solchen flexiblen Displays im Grunde um mobile Endgeräte handelt, auf die bestimmte Inhalte mittels elektronischer Verbreitungsweise übertragen werden, und

453

Vgl. zu einer jüngeren technischen Weiterentwicklung in diesem Bereich auch die Pressemitteilung des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM) vom 31. 05. 2011 zum Thema „Generationswechsel beim schnellen Internet per Satellit“, abrufbar unter http://www.vatm.de/pm-detail.html?&tx_ttnews%5btt_news% 5d=1177&tx_ttnews%5bbackPid%5d=3&cHash=9a047b05ed919f34f5cf1d99c37804d5 – zuletzt besucht am 02. Februar 2012 um 0:10 Uhr. 454 Vgl. hierzu die Ausführungen bei B. Holznagel, MMR 2011, S. 300 ff. 455 Vgl. hierzu etwa die Ausführungen zur Darstellungsweise bei Chr. Weiner/Chr. Schmelz, K&R 2006, S. 453 ff. (453 f.); Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (213); siehe etwa auch das E-Paper-Angebot der Rheinischen Post, das Abonnenten gegen Zahlung eines entsprechenden Entgelts eine die Printausgabe detailgetreu wiedergebende Online-Ausgabe der Rheinischen Post und ihrer Tochterzeitungen zur Verfügung stellt, http://www.rp-online.de/ services/epaper/ – zuletzt besucht am 7. Juli 2011 um 10:19 Uhr. 456 Chr. von Coelln wählt in diesem Zusammenhang die Umschreibung „biegsame Folien“, vgl. Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (210).

IV. Einzelfallbetrachtung

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solche Angebote auch „an die Allgemeinheit“ gerichtet sind457, handelt es sich bei den zur Wiedergabe auf entsprechenden Geräten bestimmten Angeboten definitorisch um Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne. In einfachgesetzlicher Hinsicht wird es sich jedenfalls etwa bei einer täglichen Übertragung des Zeitungsinhalts auf ein solches Gerät um ein Telemedium handeln, wenngleich auch denkbar ist, dass lineare Bewegtbildsequenzen auf entsprechenden Displays empfangen werden können. Da flexible E-Paper-Displays in haptischer Hinsicht klassische Zeitungen oder Zeitschriften zu simulieren suchen, stellt sich allerdings stärker als bei sonstigen Angeboten der elektronischen Presse die Frage, ob eine Nicht-Anwendbarkeit der Pressefreiheit bzw. des vollumfänglichen Presserechts zu sachgerechten Ergebnissen führt.458 Es wird hier sicherlich vieles davon abhängen, wie sich die Display-Technik weiterentwickeln wird und ob flexible Displays tatsächlich auch aus Abonnentensicht eine ernst zu nehmende Alternative zur gedruckten Zeitung darstellen und klassische Printausgaben auf diese Weise substituieren werden. In einem solchen Fall könnte man davon ausgehen, dass es sich in funktioneller Hinsicht um ein solch eindeutiges „Pressesurrogat“459 handelt, dass sich eine Zuordnung zum Pressebegriff möglicherweise geradezu aufdrängen würde. Chr. Degenhart will im Falle „elektromagnetischer Alternativverbreitung von Erzeugnissen der gedruckten Presse“460 generell eine Zuordnung zum Pressebegriff vornehmen.461 Dabei kommt es ihm entscheidend darauf an, dass das im Wege der elektromagnetischen Alternativverbreitung übermittelte „Pressesurrogat“ auch „gleichzeitig in ,körperlicher‘ Form

457 Eine im Einzelfall bestehende Entgeltlichkeit schadet im Übrigen der Erfüllung des Allgemeinheitskriteriums nicht, da grds. jedermann die Option gegeben ist, einen entsprechenden Abonnement-Vertrag abzuschließen, und das Angebot einer Zeitung mit entsprechendem E-Paper-Angebot mit Pay-TV-Diensten strukturell vergleichbar ist, vgl. zur Beurteilung von Pay-TV-Angeboten insoweit die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1676. 458 Fraglich erscheint insofern, ob die Inhalte solcher E-Paper-Angebote, die zur Wiedergabe auf flexiblen Displays bestimmt sind, bereits – wie es Chr. Degenhart in seiner Abgrenzung der Zuordnung einzelner Medien zum Rundfunk- oder Pressebegriff formuliert – „typischerweise auf pressemäßige Materialisierung angelegt“ sind, vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 674a. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass eine Materialisierung als solche in der Darstellung auf flexiblen Displays nur scheinbar – durch den haptischen Eindruck des Geräts begünstigt – vorliegt, in Wirklichkeit jedoch nur „simuliert“ wird. 459 Vgl. zum Begriff und zur Einordnung „funktioneller Pressesurrogate“ bei Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 675, 686. 460 So Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 675. 461 Siehe Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 675.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

vervielfältigt“462 wird.463 Soweit Presseverlage bereits heute (oder in naher Zukunft) auf E-Paper-Varianten zur Rezeption auf flexiblen Displays zurückgreifen (werden), wird es wohl zumindest vorerst auch noch entsprechende Printausgaben der jeweiligen Zeitung oder Zeitschrift geben, sodass diese Voraussetzung, die Chr. Degenhart benennt, erfüllt wäre. Sobald eine Ausgabe dann jedoch aktualisiert wird, Bewegtbildsequenzen enthält oder auf andere Weise von der Printfassung abweicht, müsste dann jedoch die Pressequalität des Angebotes wieder verneint werden. Eine solch wechselnde Zuordnung ist jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit nicht erstrebenswert und würde vor allen Dingen der Wahrnehmung des Rezipienten nicht gerecht, der im Zweifelsfall ja auch nicht unterscheiden könnte, ob er gerade ein Pressesurrogat in den Händen hält oder etwa aufgrund einer erfolgten Aktualisierung des E-Papers bereits wieder zum Kreise der Rundfunkrezipienten zählt. Es sprechen auch in diesem Fall gute Gründe dafür, nicht die für die Presse geltenden Regelungen anzuwenden, da die Besonderheiten dieses elektronischen Mediums und seine Eigentypik auf diese Weise vermutlich nicht hinreichend berücksichtigt werden könnten. So ist es wahrscheinlich, dass der Inhalt, der auf diesen flexiblen E-Paper-Displays dargestellt wird, nicht nur einer einmal täglichen Aktualisierung unterzogen wird, sondern vielmehr neue Nachrichten schon unmittelbar dann die Geräte erreichen, sobald die ihnen zugrunde liegenden Ereignisse gerade eingetreten sind. Dabei werden womöglich auch Bewegtbildsequenzen fester Bestandteil entsprechender E-Paper-Angebote sein, sodass Zeitungen mit bewegten und „sprechenden“ Bildern – wie auch Chr. von Coelln zutreffend festgestellt hat464 – nicht mehr lediglich fiktionalen Darstellungen entspringen, wie sie den Betrachter etwa in den Verfilmungen der Geschichte des von J. K. Rowling als literarische Figur geschaffenen Zauberers „Harry Potter“465 in medialer Hinsicht faszinierten. Für eine Zuordnung zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff streitet dabei auch der

462

So Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 675. 463 C.-E. Eberle beschreibt in europarechtlichem Zusammenhang, dass das Identitätsmerkmal der Presse im Onlinebereich dann gewahrt ist, „wenn Zeitungs- bzw. Zeitschriftenexemplare unverändert ins Netz gestellt werden, das Internet also nur einen anderen Verbreitungsweg darstellt und das Austragen der körperlichen Druckexemplare ersetzt“, so C.-E. Eberle, AfP 2008, S. 329 ff. (331 f.). Dieser Gedanke ließe sich auch auf den Sonderfall der flexiblen E-Paper-Displays und die hierauf bezogene besondere Rezeptionsweise übertragen. 464 Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (210). 465 Auch Chr. von Coelln konstatiert in diesem Zusammenhang, dass bald das „Realität“ werde, „was wir vor einiger Zeit im ersten ,Harry Potter‘-Film noch als Magie bestaunt haben“, vgl. Chr. von Coelln, Internetfernsehen, elektronische Zeitungen und Co. – Antworten der Rechtsordnung auf die neue Medienwelt, in: Institut für interdisziplinäre Medienforschung (IfIM) (Hrsg.), Medien und Wandel, 2011, S. 209 ff. (210).

IV. Einzelfallbetrachtung

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Kommunikationsvorgang466 als solcher, der sich bei elektronischen (auch presseähnlichen) Angeboten, zu denen eben auch entsprechende E-Paper-Angebote zählen, deutlich vom Printmedienbereich unterscheidet.467 Eines zeigt sich jedenfalls im Rahmen einer Rezeption über flexible E-PaperDisplays sehr deutlich: In Folge der medialen Konvergenz bilden sich Medien heraus, die die Vorzüge der klassischen Medienvarianten miteinander kombinieren und um neue Bestandteile ergänzen. So gesehen kann flexiblen E-Paper-Displays eine gewisse mediale Janusköpfigkeit nicht abgesprochen werden. Gerade in verfassungsrechtlicher Hinsicht zeigt sich hier einmal mehr sehr deutlich, dass eine stringente Zuteilung einzelner Medien zu einer der drei ausdrücklich genannten Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zunehmend Schwierigkeiten bereitet.468

12. Soziale Netzwerke – am Beispiel von „Facebook“ Das sog. Web 2.0 mit seinen sozialen Netzwerken wie „Facebook“, „StudiVZ“ oder „Xing“ bestimmt bereits heute in maßgeblicher Weise die Onlineaktivitäten zahlreicher Internet-Nutzer. Gerade in Kombination mit weiteren Angeboten wie dem Kurznachrichtendienst „Twitter“, der etwa mit „Facebook“ problemlos dergestalt verbunden werden kann, dass Nachrichten (z. B. sog. „Statusmeldungen“), die in die Eingabemaske des einen Dienstes eingegeben werden, automatisch auch beim anderen Dienst als neue Meldung erscheinen, hat die Bedeutung dieser Dienste und Plattformen für die zügige Verbreitung von Nachrichten in den letzten Jahren stark zugenommen. Da auch moderne Mobiltelefone (Stichwort: „Smartphones“) entsprechende Applikationen (sog. „Apps“) zur Nutzung der einzelnen Web 2.0Netzwerke anbieten, ist die „Aktualität“ und „Breitenwirkung“469 entsprechender Angebote aufgrund ihrer nahezu ständigen Verfügbarkeit immer weiter gesteigert worden.470 Die Einordnung einer Plattform wie „Facebook“ ist in rundfunkrechtli466 Auf die besondere Bedeutung des Kommunikationsvorgangs bei der Zuordnung entsprechender Angebote abstellend Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 686. 467 So bezogen auf die Einordnung von „elektronischen Textdiensten“ Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 686. 468 Siehe in diesem Zusammenhang bereits die Ausführungen bei M. Berghaus, RuF 1994, S. 404 ff. 469 Vgl. zu den Kriterien der „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“ BVerfGE 90, 60 (87). 470 Auch Chr. von Coelln weist allgemein darauf hin, dass gerade in jüngerer Vergangenheit „Neuigkeiten über das Internet deutlich schneller verbreitet“ worden seien als im Wege des „klassischen“ Rundfunks, vgl. Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Pu-

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

cher Hinsicht trotz der unverkennbaren Bedeutung dieser Kommunikationsplattform für die individuelle und in erheblichem Maße auch für die öffentliche Meinungsbildung im juristischen Schrifttum bislang jedoch kaum erörtert worden. Gleichwohl wird die Frage nach der rundfunkrechtlichen Beurteilung von „Facebook“ und „Twitter“ – zumindest bezogen auf den einfachgesetzlichen Bereich – aufgeworfen und auch im Rahmen von „Blog-Beiträgen“ im Internet erörtert und diskutiert.471 Differenziert werden muss dabei in diesem Zusammenhang zwischen der Bereitstellung einer Netzwerk-Plattform wie „Facebook“ als solcher und den von seinen Nutzern erstellten Inhalten („user generated content“)472. In verfassungsrechtlicher Hinsicht würde es einer Plattform wie „Facebook“ als solcher, wenn man also einmal alle „Facebook“-Nutzer hinweg denken und nur die bereitgestellte Plattform isoliert betrachten würde, mangels Inhalt und aufgrund eines erst recht in diesem Falle fehlenden Darbietungscharakters an der nötigen Meinungsbildungsrelevanz fehlen.473 Zwar würde die „Website“, die der „Facebook“-Internetpräsenz zugeordnet ist, auch als solche ohne nähere inhaltliche Anreicherung rundfunkmäßig im Internet übertragen und wäre sicherlich auch in diesem Falle „an die Allgemeinheit“ gerichtet; allerdings würde es an der nötigen inhaltlichen Ausgestaltung vor dem Hintergrund fehlen, dass die entsprechenden Inhalte ja gerade erst durch die einzelnen Nutzer bereitgestellt werden.474 Rundfunkrechtliche Relevanz kann „Facebook“ damit nur entfalten, wenn man die in „Facebook“ von den Nutzern eingeblizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (51). 471 Vgl. hierzu etwa den Blog-Beitrag von M. Praetorius zum Thema „Virtueller Rundfunk“ vom 16. November 2010, der über ein Gespräch mit M. Gebrande, dem Geschäftsführer der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien, berichtet, abrufbar unter: http://www.praetorius.com/blog/virtueller-rundfunk.html/ – zuletzt besucht am 8. Juli 2011 um 16:53 Uhr. 472 Vgl. hierzu etwa Chr. Frank, in: H. Harte-Bavendamm/F. Henning-Bodewig (Hrsg.), UWG, 2. Aufl. 2009, Einleitung G Rdn. 49; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 4 f.; siehe auch zu den mit dem „user generated content“ verbundenen Haftungsrisiken die Ausführungen bei U. Jürgens/R.Veigel, AfP 2007, S. 181 ff. 473 Vgl. zur inhaltlichen Ausgestaltung von „Facebook“, „YouTube“ und anderen Angeboten durch die Nutzer die Ausführungen bei St. Münker, Die Sozialen Medien des Web 2.0, in: D. Michelis/Th. Schildhauer (Hrsg.), Social Media Handbuch, 2010, S. 31 ff. (33). 474 Teilweise wird angenommen, dass es sich aufgrund der starken Interaktionsmöglichkeiten im Rahmen des Web 2.0 gar nicht um Massenkommunikation handeln könne, vgl. St. Münker, Die Sozialen Medien des Web 2.0, in: D. Michelis/Th. Schildhauer (Hrsg.), Social Media Handbuch, 2010, S. 31 ff. (34, 39 f.). Eine solche Sichtweise unterschätzt allerdings nach hier vertretener Ansicht die starke Meinungsbildungsrelevanz, die Einträge in sozialen Netzwerken erzielen können. Auf andere Weise wäre auch das aktuelle Phänomen der sog. „Facebook-Partys“ nicht zu erklären, bei denen sich aufgrund der „öffentlichen“ Einladung eines „Facebook“-Nutzers große Menschenmassen in Städten bzw. in einzelnen Ortsteilen versammeln, ohne einander vorher näher zu kennen; vgl. zu den verschiedenen Nutzungsoptionen von „Facebook“ die Ausführungen bei S. Gysel/D. Michelis/Th. Schildhauer, Die sozialen Medien des Web 2.0: Strategische und operative Erfolgsfaktoren am Beispiel der Facebook-Kampagne des WWF, in: D. Michelis/Th. Schildhauer (Hrsg.) Social Media Handbuch, 2010, S. 221 ff. (222 f.).

IV. Einzelfallbetrachtung

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stellten Inhalte mit in die Betrachtungen einbezieht. Doch ist unter diesem Gesichtspunkt „Facebook“ als Gesamtwerk hinsichtlich seiner Zuordnung zum Rundfunkbegriff zu untersuchen oder ist vielmehr auf die Aktivitäten der einzelnen Nutzer abzustellen, die im Wege der sog. „Privatsphäre-Einstellungen“ weitreichende Möglichkeiten haben, die Verbreitungsreichweite ihrer Nachrichten und Mitteilungen nach eigenen Vorgaben auszurichten? Während einerseits viele Nutzer von „Facebook“ tatsächlich nur mit solchen Nutzern der Plattform verbunden sind, die ihnen persönlich aus dem täglichen Leben bekannt sind, nutzen andere, darunter auch Unternehmen, soziale Einrichtungen, Zeitungsverlage, Rundfunkanstalten475 und politische Vertreter „Facebook“ und andere soziale Netzwerke des Web 2.0 gezielt zur Massenkommunikation,476 um für sich und ihre jeweiligen Angebote und Dienstleistungen zu werben oder auch eigene Meinungen und gezielte mit der jeweiligen Intention verbundene Inhalte „an die Allgemeinheit“ zu übermitteln.477 Dabei besteht durchaus die Möglichkeit, die Privatsphäre-Einstellungen so auszugestalten, dass nicht nur mit den jeweiligen Nutzern verbundene „FacebookFreunde“ die Einträge einsehen können, sondern vielmehr jedermann ein Zugriff ermöglicht wird, der das Profil der betreffenden Nutzer anwählt. Dabei wird auch zwischen Nutzerprofilen und eigenen „offiziellen“ „Facebook“-Seiten differenziert, die im Grunde kaum anders zu bewerten sind als herkömmliche Webseiten, wobei entsprechende „Facebook“-Seiten allerdings im konkreten Fall in die Plattform „Facebook“ eingebunden sind. Jedenfalls in dieser Weise ausgerichtete „Facebook“Seiten werden rundfunkmäßig verbreitet, richten sich dabei „an die Allgemeinheit“ und verbreiten auch entsprechende Inhaltsangebote bzw. Meinungskundgaben, wobei der rundfunkmäßige Darbietungscharakter auch durch die Verwendung oder „Verlinkung“ audiovisueller Pinnwand-Beiträge verstärkt werden kann. Damit liegt jedenfalls bezogen auf solche Angebote Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne vor. Eine andere Beurteilung muss sicherlich für etwaige Pinnwand- oder ProfilEinträge vorgenommen werden, die ein individueller Nutzer der Plattform nur einem sehr begrenzten Kreis von „Facebook-Freunden“ zur visuellen Kenntnisnahme öffnet und damit Dritte von der Rezeption eigener Beiträge ausschließt. In solchen Fällen fehlt es jedenfalls an der Allgemeinzugänglichkeit des entsprechenden Kommunikats. Aus Rezipienten-Sicht betrachtet macht sicherlich das Gesamtangebot von „Facebook“ den besonderen Reiz dieses Dienstes zur Informationsgewinnung aus, da der Nutzer zahlreiche Neuigkeiten von persönlichen Freunden, von 475

So ist etwa der Bayerische Rundfunk mit verschiedenen Hörfunk- und Fernseh-Redaktionen unter anderem auf „Facebook“ mit eigenen „Facebook“-Seiten vertreten, auf denen sich beispielsweise Programmhinweise oder auch Diskussionsbeiträge zu aktuellen (auch politischen) Themen finden. Eine Übersicht ist auf der Internetpräsenz des Bayerischen Rundfunks abrufbar unter: http://www.br.de/unternehmen/inhalt/soziale-netzwerke-twitterfacebook166.html – zuletzt besucht am 2. Februar 2012 um 0:52 Uhr. 476 Vgl. hierzu auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 4. 477 Siehe nochmals Ph. Kempermann, a.a.O.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

offiziellen Seiten, für die er sein Interesse durch Anklicken des „Gefällt mir“-Buttons bekundet hat, aber auch von Dritten über die von den Nutzern mittels der „TeilenFunktion“ weiterverbreiteten Einträge, die häufig auch externe Links zu anderen Webseiten enthalten, nachlesen kann. Spätestens hier zeigt sich, wie sehr massenund individualkommunikative Elemente auf entsprechenden Web 2.0-Plattformen miteinander verschmolzen sind. Da die Mischung von angezeigten Nachrichten und Mittelungen, die ein „Facebook“-Nutzer über seine „Startseite“ erhält, zwar regelmäßig Schnittmengen mit den Nachrichten enthalten wird, die auch andere Nutzer auf ihrer „Startseite“ nachlesen können, jedoch die Abfolge und Zusammenstellung wohl nur selten identisch sein werden, besteht insofern ein signifikanter Unterschied zu klassischem Rundfunk, der zwar unterschiedliche Programme ausstrahlt, aber zumindest für eine Vielzahl von Menschen, die sich zur Rezeption eines bestimmten Programms entschieden haben, identische Inhalte übermittelt. Darüber hinaus ist es aus Rezipientensicht mangels einer differenzierenden Kennzeichnung auch kaum möglich zu erkennen, ob gerade „individuelle“ Nachrichten im „Freundeskreis“ oder ob vielmehr massenkommunikative Angebote eines Nutzers bzw. Anbieters verbreitet werden, der an Individualkommunikation nur ein geringeres Interesse hat, wobei eine individuelle Kommunikation gleichwohl auch im letztgenannten Fall über Rückkoppelungsoptionen ermöglicht wird. In diesem Zusammenhang eröffnen insbesondere die Kommentarfunktion und die eingeschränkten textlosen Bewertungsoptionen dem Rezipienten ergänzende Interaktionsmöglichkeiten. Geschehen regional oder auch national und international wesentliche Ereignisse, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Nutzer auf irgendeine Weise sehr zeitnah über eine Vielzahl von Nutzern, die das Ereignis mit der „Online-Welt“ teilen und ihrerseits kommentieren, über die Geschehnisse informiert wird. Dabei erfolgt die Verbreitung entsprechender Nachrichten über die sozialen Netzwerke heute häufig schneller und breitenwirksamer als über herkömmliche Rundfunkangebote. Gleichwohl kann hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zuordnung zum Rundfunkbegriff nicht auf die Sichtweise des Rezipienten abgestellt werden, da nur aus dem Blickwinkel des Kommunikators beurteilt werden kann, mit welcher Zielrichtung das betreffende Angebot verbreitet wurde. Dabei können natürlich auch durch „einfache“ „Facebook“-Nutzer etwaige Rundfunkinhalte Dritter weiterempfohlen,478 (positiv) bewertet oder kommentiert werden,479 sodass die ursprünglich verbreiteten Angebote eine noch größere Reichweite als Informationsquelle erfahren. In einfachgesetzlicher Hinsicht fehlt es bezogen auf solche Nachrichten, die über die Plattform „Facebook“ verbreitet werden, am Merkmal der Linearität und an einem entsprechenden Sendeplan, sodass eine Zuordnung zum Bereich der Tele478

Beliebt ist zum Beispiel das „Posten“ von Videomaterial, das etwa auf den Videoplattformen „Youtube“ oder „MyVideo“ eingestellt ist, vgl. in diesem Zusammenhang auch die rundfunkrechtliche Einordnung der Angebote dieser Portale zu einem Zeitpunkt, zu dem noch der alte einfachgesetzliche Rundfunkbegriff die Rechtslage prägte, bei St. Leitgeb, ZUM 2009, S. 39 ff. (41 f.). 479 Vgl. hierzu auch R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (446).

IV. Einzelfallbetrachtung

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medien erfolgen muss. Eine solche Zuordnung zum Bereich der Telemedien bietet auch für die Nutzer des Netzwerks den Vorzug, dass eine Zulassung oder Anmeldung nach Maßgabe des § 4 TMG nicht erforderlich ist.480 Läge hingegen in einfachgesetzlicher Hinsicht Rundfunk vor, würde das wesentlich strenger regulierte Rundfunkrecht greifen, das die Entfaltungsspielräume der Nutzer allzu stark einschränken würde.481 Für solche Telemedien allerdings, die „journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote“ zum Gegenstand haben, gelten ergänzend zu den allgemeinen Vorschriften für Telemedien strengere und weitergehende Regelungen nach den §§ 54 Abs. 2, 55 ff. RStV.482

13. Weitere Web 2.0-Dienste wie „Twitter“ und „YouTube“ In verfassungsrechtlicher und einfachgesetzlicher Hinsicht können die grundsätzlichen Ausführungen zu „Facebook“ auch auf andere Plattformen weitgehend übertragen werden, wenngleich auch im Einzelfall erhebliche Unterschiede etwa hinsichtlich der Allgemeinzugänglichkeit der von den Nutzern eingestellten Inhalte bestehen.483 Während private Nutzer bei „Facebook“ „neue Freunde“ erst bei einer entsprechenden „Freundschaftsanfrage“ durch einen Mausklick als „Freunde“ annehmen oder aber auch ignorieren können und je nach Privatsphäre-Einstellung des betreffenden Nutzers Fotos und Pinnwand-Einträge ggf. erst nach einer erfolgreichen Bestätigung der Freundschaftsanfrage für den jeweiligen Nutzer sichtbar werden, gilt bei „Twitter“, einem „Mikroblogging“-Dienst,484 der seinen Nutzern eine Kommunikation über kurze, 140 Zeichen umfassende Textnachrichten ermöglicht, teilweise eher ein umgekehrtes Prinzip.485 Jeder Nutzer des Kurznachrichtendienstes „Twitter“ hat die Möglichkeit, „Follower“, also Verfolger eines anderen „Twitter“-Nutzers zu 480 Siehe allgemein zum fehlenden Zulassungs- und Anmeldeerfordernis für Telemedien nach § 4 TMG Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (32 f.). 481 So sind in den §§ 20 ff. RStV etwa entsprechende Zulassungsregeln verortet, vgl. hierzu auch St. Leitgeb, ZUM 2009, S. 39 ff. (40). 482 Vgl. hierzu auch St. Leitgeb, ZUM 2009, S. 39 ff. (42). 483 Gemeinsam ist allen Web 2.0-Angeboten jedoch die Eröffnung von je nach Plattform allerdings unterschiedlich stark verankerten Teilhabe- und Partizipationsmöglichkeiten zugunsten der einzelnen Nutzer, die auf diese Weise also nicht auf rezeptive Tätigkeiten beschränkt bleiben, vgl. hierzu die Ausführungen bei St. Münker, Die Sozialen Medien des Web 2.0, in: D. Michelis/Th. Schildhauer (Hrsg.), Social Media Handbuch, 2010, S. 31 ff. (31); U. Wagner, Medienhandeln, Medienkonvergenz und Sozialisation, 2011, S. 160 ff. 484 Den Begriff des „Mikroblogging“ verwendet in diesem Zusammenhang etwa auch U. Wagner, Medienhandeln, Medienkonvergenz und Sozialisation, 2011, S. 162. 485 Abweichend von den entsprechenden „Grundeinstellungen“ besteht allerdings auch hier die Möglichkeit, die Öffentlichkeit durch Modifizierung der eigenen Privatsphäre-Einstellungen von der Kenntnisnahmemöglichkeit der eigenen „tweets“ auszuschließen.

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3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

werden und ab diesem Zeitpunkt die Kurznachrichten des betreffenden Nutzers zu verfolgen,486 soweit dieser keine entsprechenden anderweitigen Vorkehrungen in seinen Privatsphäre-Einstellungen getroffen hat. Durch eine E-Mail-Benachrichtigung des auf „Twitter“ „Verfolgten“ wird zweierlei erreicht: Zum einen wird der betreffende Nutzer darauf aufmerksam gemacht, dass ihm ein anderer „Twitter“Nutzer nun nachfolgt. Zum anderen kann auch der Nachfolgende auf sich aufmerksam machen, da sich der von ihm auf „Twitter“ „Verfolgte“ häufig darüber informieren wird, wer denn seine Kurznachrichten mitlesen möchte, um seinem „Verfolger“ bei Interesse gegebenenfalls selbst mit dem Ziel nachzufolgen, auch die Neuigkeiten seines „Followers“ nachvollziehen zu können. Gefällt einem „Twitter“Nutzer das Profil seines „Verfolgers“ nicht, hat er auch die Möglichkeit, den entsprechenden Kontakt zu blockieren und den ihn verfolgenden „Twitter“-Nutzer damit von der weiteren Rezeption seiner Nachrichten auszuschließen. Während bei „Facebook“ also bei einer entsprechenden „Freundschaftsanfrage“ ein aktives Tun des Nutzers erforderlich ist, um die neue „Facebook-Freundschaft“ zu begründen, erfordert „Twitter“ in seiner „Grundeinstellung“ lediglich ein aktives Tun, um einen „Verfolger“ von der Möglichkeit zur Rezeption der eigenen Nachrichten künftig auszuschließen. Damit dürfte die Breitenwirkung bei „Twitter“ im Einzelfall stärker ausgeprägt sein als bei „Facebook“, wobei durch die bereits erwähnte Verknüpfungsmöglichkeit beider Dienste bzw. Plattformen die „Breitenwirkung“487 und die informatorische Reichweite noch gesteigert werden können. Unternehmen haben längst die Chancen des Internet und insbesondere des Web 2.0 für sich entdeckt und spezielle Werbestrategien entwickelt, die sich auf der Grundlage einer aktiven Einbindung der persönlichen Netzwerkstrukturen der einzelnen Internetnutzer und der hiermit verbundenen besonderen Verbreitungswirkung und Kosteneffizienz für den Werbenden zunehmender Beliebtheit erfreuen (sog. „virales Marketing“).488 Eine gegenüber „Facebook“ und „Twitter“ anders gelagerte Ausgestaltung haben Plattformen wie „Youtube“489 erhalten, die nicht auf dem Prinzip persönlicher Verknüpfung der Nutzer beruhen, sondern auf denen einzelne Nutzer Videos für die Allgemeinheit zur Verfügung stellen,490 die durch jeden beliebigen Nutzer der Plattform entweder unter Nutzung der Suchfunktion oder anhand von Empfehlungen auf der Startseite von „YouTube“ oder auch auf anderen Internetseiten durch ent486

Teilweise wird insofern auch von einem sog. „Abo-Prinzip“ gesprochen, vgl. hierzu etwa die Kurzdarstellung auf der Internet-Präsenz des Bayerischen Rundfunks unter http:// www.br.de/unternehmen/inhalt/soziale-netzwerke-twitter-facebook166.html – zuletzt besucht am 2. Februar 2012 um 0:52 Uhr. 487 BVerfGE 90, 60 (87). 488 Vgl. hierzu Chr. Frank, in: H. Harte-Bavendamm/F. Henning-Bodewig (Hrsg.), UWG, 2. Aufl. 2009, Einleitung G Rdn. 52. 489 Vgl. zu „YouTube“ auch die Ausführungen bei Th. de Buhr/St. Tweraser, My Time is Prime Time, in: A. Beisswenger (Hrsg.), YouTube und seine Kinder, 2010, S. 69 ff. 490 Vgl. hierzu auch H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 71.

IV. Einzelfallbetrachtung

341

sprechende (empfehlende) „Verlinkungen“ abgerufen werden können. Der individualkommunikative Charakter tritt hier im Gegensatz zu der Kommunikationslage auf Plattformen wie „Facebook“ deutlich in den Hintergrund. Bei Angeboten wie „YouTube“ stehen nicht nur die Einzeleinstellungen von Videos durch die Nutzer einer Zuordnung zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff offen, sondern vielmehr erscheint auch eine Qualifizierung des Gesamtangebotes als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne möglich, da der Plattformbetreiber in stärkerem Maße inhaltliche Entscheidungen darüber treffen kann, welche Angebote der aktiven Nutzer tatsächlich anderen Nutzern zur Verfügung gestellt oder sogar darüber hinaus seitens der Plattform ohne Sucheingabe des rezipierenden Nutzers bereits auf der Startseite empfohlen werden.491 Für die Einschätzung der rundfunkrechtlichen Bedeutung des Gesamtangebots von „YouTube“ ist vor allen Dingen interessant, dass einzelne Anbieter einen eigenen „YouTube-Kanal“ vorhalten können,492 über den jederzeit eigene audiovisuelle Darbietungen eingestellt werden können. Dabei erinnert ein solcher „Kanal“ schon sehr an das Vorhalten unterschiedlicher Programme im klassischen TV- und Radioangebot.493 Die Möglichkeit der Einrichtung eines eigenen „YouTube-Kanals“ nutzen auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten ganz gezielt, um dauerhaft auch jüngeres Publikum an sich binden zu können.494

14. Applikationen für „Smartphones“ Applikationen (kurz: „Apps“) für moderne Mobiltelefone mit multimedialen Funktionen (oft als „Smartphones“ bezeichnet) sind spezielle, an das jeweilige Betriebssystem angepasste Anwendungen und Programme, auf die mittels eines entsprechenden Icons auf der Benutzeroberfläche des Smartphones ein schneller Zugriff ermöglicht wird.495 Die Bandbreite heutiger Apps reicht von Spieleanwendungen über Scherzprogramme, Barcode-Scanner zum Preisvergleich verschiedener Produkte, Fahrplanauskünfte, Portale zur direkten Hotel- und Flugbuchung bis hin zu 491 H. Gersdorf spricht insoweit von „einer inhaltlich selektierenden Entscheidung des Anbieters“, vgl. H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 71. 492 Vgl. zu den „sogenannten Brand Channels“ die Darstellung bei Th. de Buhr/St. Tweraser, My Time is Prime Time, in: A. Beisswenger (Hrsg.), YouTube und seine Kinder, 2010, S. 69 ff. (82 f.). 493 Vgl die Ausführungen zum engen Wechselwirkungszusammenhang zwischen der Anzahl der von aktiven Nutzern auf YouTube eingestellten Videos und der Attraktivitätssteigerung für „passive Nutzer“ bei Th. de Buhr/St. Tweraser, My Time is Prime Time, in: A. Beisswenger (Hrsg.), YouTube und seine Kinder, 2010, S. 69 ff. (72). 494 Vgl. R. Amlung/M. Fisch, ZUM 2009, S. 442 ff. (444 f.) auch mit einem Hinweis auf die Kooperation des Videoportals mit der Sendung „Maybrit Illner“, durch die den Fernsehzuschauern zusätzliche Interaktionsmöglichkeiten geboten werden; siehe ferner auch Th. de Buhr/ St. Tweraser, My Time is Prime Time, in: A. Beisswenger (Hrsg.), YouTube und seine Kinder, 2010, S. 69 ff. (77). 495 Vgl. zu Applikationen für das iPhone die Ausführungen bei St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (20 f.).

342

3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

Direktzugängen zu Nachrichtenportalen und sozialen Netzwerken.496 Da sich Applikationen einerseits auf online-gestützte Programme beziehen, andererseits aber auch solche Angebote beinhalten, die sich im Wesentlichen auf einen „OfflineBetrieb“ beschränken, kann keine einheitliche rundfunkrechtliche Würdigung der entsprechenden Angebote vorgenommen werden. Viele online-gestützte Applikationen bieten dem Nutzer dabei nur einen erleichterten und komfortableren Zugang zu solchen Angeboten, die ansonsten auch über die klassische Webseitenanwahl nach Öffnung des Internetbrowsers abgerufen werden könnten,497 wobei ein entsprechender Internetbrowser für Smartphones im Übrigen zumeist selbst als Applikation angeboten wird.498 Für solche Applikationen, die einen vereinfachten Zugang zu einem Internetangebot bieten, kann damit im Rahmen der rundfunkrechtlichen – oder allgemeiner formuliert – im Rahmen der medienrechtlichen Einordnung nichts anderes gelten als für die Ihnen zugrunde liegenden allgemeinen Webseiten. Nachrichtenportale bedienen sich dabei nebst reiner Abrufangebote teilweise auch der Push-Nachrichten-Technik499, durch die sie ohne spezielle Anforderung seitens des Nutzers wichtige Nachrichten etwa politischer oder gesellschaftlicher Art direkt auf den Startbildschirm des jeweiligen Mobiltelefons senden können und sich damit einer Übermittlungstechnik bedienen, die eine nahezu zeitgleiche Rezeption durch eine beachtliche Vielzahl von Nutzern des betreffenden Angebotes ermöglicht, wodurch die Anbieter des Dienstes eine besonders hohe „Aktualität“ und „Breitenwirkung“500 ihrer so verbreiteten Nachrichten erreichen. Soweit das Mobiltelefon eingeschaltet ist, gelangen entsprechende Nachrichten unmittelbar an die Rezipienten, ohne dass eine weitere Handlung des Mobiltelefon-Nutzers erforderlich wäre. Folgt der Nutzer dem regelmäßig angebotenen Link zur Internetseite des Nachrichtenportals, auf der die aktuelle Nachricht zumeist vertiefend journalistisch-redaktionell aufbereitet ist, so werden die „Aktualität“ und „Breitenwirkung“ der PushNachricht nachgelagert auch um die vom Bundesverfassungsgericht angenommene rundfunktypische „Suggestivkraft“501 ergänzt, sodass in einem gewissermaßen komplementären Verfahren alle drei Elemente als erfüllt anzusehen sind. Vergleichbar ist diese Art der Verbreitung etwa mit Funktionen eines Autoradios, das sich je nach Rezeptionswunsch des Hörers immer dann automatisch ein- oder umschaltet, wenn aktuelle Verkehrsnachrichten gesendet werden.

496 In diesem Zusammenhang nennt St. Ory etwa auch eine Wasserwaage, die durch die besonderen technischen Eigenschaften etwa des iPhones ermöglicht wird, vgl. St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (21). 497 Vgl. St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (21). 498 So St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (21). 499 Auf diese Technik greift etwa auch die iPhone-App von Focus-Online zurück. 500 Siehe zu den Kriterien der „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“ BVerfGE 90, 60 (87). 501 Vgl. zu den Kriterien der “Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft” BVerfGE 90, 60 (87).

IV. Einzelfallbetrachtung

343

In den rundfunkpolitischen und -rechtlichen Fokus sind ferner insbesondere auch die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geraten, die ihrerseits verschiedene Applikationen – etwa zu einzelnen Programmformaten – anbieten.502 Kritisch werden die entsprechenden Aktivitäten insbesondere auch von Zeitungsverlegern begleitet, die ihre Marktchancen durch die Aktivitäten der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten gemindert sehen. So haben einige große Zeitungsverleger gegen die sog. „Tagesschau-App“ der ARD, die sich bereits erfolgreich im Smartphone-Angebot etabliert hat, Klage erhoben, da sie der Auffassung sind, dass diese kostenlose Applikation mit starken Textanteilen gegen das in § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 letzter HS RStV ausgesprochene Verbot, das die Nicht-Zulässigkeit nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote zum Gegenstand hat, verstoße und der öffentlich-rechtliche Rundfunk somit seinen Nutzern eine solche Applikation nicht „gratis“ zur Verfügung stellen dürfe.503 Bei der Einordnung entsprechender Applikationen kommt es insbesondere auch im einfachgesetzlichen Rahmen auf den konkreten Inhalt der Einzelangebote an. Dabei kann es sich bei einzelnen (Teil-)Angeboten um Telemedien, bei mit einer Applikation verbundenen „Live-Streaming“-Angeboten504 jedoch auch um Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags handeln. Die durch ein Smartphone bestehende Möglichkeit, sowohl nicht-kommunikative als auch individual- und massenkommunikative Angebote in einem einzigen Endgerät miteinander zu kombinieren,505 vermittelt uns einen Eindruck davon, was im Zuge fortschreitender Konvergenz heute bereits möglich ist und in Zukunft möglich sein wird.506

502 Vgl. hierzu St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (20); siehe auch den Artikel von M. Brauck vom 17. Februar 2011 zum Thema „Smartphone Dienste. ZDF plant App-Offensive“ auf dem Internetportal von Spiegel Online, abrufbar unter http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/ 0,1518,746136,00.html – zuletzt besucht am 28. Oktober 2011 um 11:14 Uhr. 503 Vgl. Th. Ricke/Chr. Nüßing, MMR Aktuell 2011, 319490, Meldung vom 30. 06. 2011 – abrufbar in der Datenbank von beck-online; siehe auch den Text- und Videobericht von B. Rosenkranz/G. Fischer „Der Dorn im Auge der Verleger“ auf der Internetpräsenz der Tagesschau, abrufbar unter: http://www.tagesschau.de/inland/tagesschauapp114.html – zuletzt besucht am 28. Oktober 2011 um 11:41 Uhr. 504 Vgl. zum Stream eines Radio-Programms etwa St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (21). 505 Siehe zu einigen Verwendungsoptionen moderner Mobiltelefone, die die eigentliche Telefonfunktion beinahe in den Hintergrund treten lassen, auch J. Geerlings, Statement zur Vortragsveranstaltung des Instituts für Rundfunkrecht der Universität zu Köln „Die Neuordnung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Die Neuordnung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, 2012, S. 49 ff. (53). 506 St. Ory bezeichnet das iPhone vor diesem Hintergrund zutreffend als „KonvergenzMaschine“, vgl. St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (20).

344

3. Kap.: Die sog. „Neuen Medien“

V. Zusammenfassung Die Liste der im Rahmen der Einzelfallbetrachtung beleuchteten „Neuen Medien“ ist nicht abschließend. Vielmehr sollte nur anhand einiger typischer neuer medialer Erscheinungsformen eine exemplarische Beurteilung der Rundfunkqualität auf verfassungs- und einfachgesetzlicher Ebene vorgenommen werden. Durch die Schaffung der Kategorie der Telemedien erweist sich dabei das einfachgesetzliche Rundfunkrecht als wesentlich flexibler und ausdifferenzierter als die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.507 Während das Verfassungsrecht also noch an den Bestand der drei klassischen Massenmediengattungen anknüpft, hat das einfache Gesetzesrecht seine Begriffskategorien zumindest in weiten Teilen den medialen Veränderungen im Bereich digitaler und onlinebasierter Angebote angepasst.508 In verfassungsrechtlicher Hinsicht ergeben sich in der Begriffszuordnung jedenfalls dann Probleme, wenn sich Rundfunk- und Presseunternehmen im multimedial geprägten Internet desselben Mediums in einer Weise bedienen,509 die eine nach den Stammmedien differenzierende Betrachtung der medialen Betätigungsformen für den Rezipienten nach objektiven Maßstäben nicht mehr zulässt.510 Der in der Literatur teilweise vertretene Vorschlag, den Schutz der Online-Aktivitäten von Presse- und Rundfunkunternehmen im erstgenannten Fall jedenfalls als „Annex“ (beim Rundfunk teils wohl typischerweise, teilweise jedoch ebenfalls als „Annex“511) der auf sie jeweils zugeschnittenen, grundgesetzlich ge-

507

Siehe zur stärkeren Ausdifferenzierung des einfachgesetzlichen Rundfunk und Telemedienrechts und einer dort vorgenommenen begrifflichen Binnendifferenzierung im Rahmen solcher Medien, die in verfassungsrechtlicher Hinsicht unter dem Rundfunkbegriff zusammengefasst werden E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (454 f.); als „missglückt“ erachten jedoch B. Holznagel/B. Kibele die „mit der Reform im Jahr 2007 angestrebte Vereinfachung der Medienordnung“, so B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 59. 508 Vgl. die grundlegenden Ausführungen zu den einfachgesetzlichen Begriffen des Rundfunks bzw. der Telemedien bei B. Holznagel/B. Kibele, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 2 RStV Rdn. 39 ff. bzw. 59 ff.; kritisch zur Ausgestaltung des einfachgesetzlichen Medienrechts im Hinblick auf internetbasierte Medien allerdings St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff.(22 ff.); ebenfalls kritisch und differenzierend in Bezug auf die künftige Geeignetheit der sog. „Begriffsregulierung“ T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. 509 Vgl. hierzu auch St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff (22). 510 Vgl. R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 9; siehe zu bestehenden Unklarheiten hinsichtlich der grundrechtlichen Absicherung von Multimediaangeboten die Ausführungen bei F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121. 511 So in Bezug auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 802.

V. Zusammenfassung

345

währleisteten Presse- bzw. Rundfunkfreiheit zuzuweisen,512 ist schon vor dem Hintergrund nicht überzeugend, dass sich die Annextätigkeiten anders als die jeweiligen Stammmedien aus der Sicht der Rezipienten nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr hinreichend voneinander unterscheiden lassen.513 Dabei erscheint eine Zuordnung zum Kreise der Presse- oder der Rundfunkfreiheit mit ihrer jeweils spezifischen verfassungsrechtlichen Ausgestaltung auf dieser Grundlage auch deshalb als willkürlich, weil nicht das mediale Angebot als solches in den Fokus medienrechtlicher Begutachtung gerückt wird, sondern dessen Qualifizierung vielmehr von einem zufälligen Stammmedium abhängig gemacht wird.514 Zudem berücksichtigt eine solche Zuordnung die Spezifika des Internets und damit verbundener „Neuer Medien“ nicht in ausreichender Weise.515 Wenn auch Interaktivität im Rahmen eines ansonsten klassischen Fernsehangebotes einer grundsätzlichen Zuordnung zum Rundfunkbegriff nach überzeugender Ansicht nicht schadet,516 fehlt es etwa den in besonderer Weise auf Interaktion angelegten und auch angewiesenen Web 2.0-Angeboten jedoch in erheblicher Weise an Parallelitäten zu klassischen Rundfunkangeboten. Die weitreichenden Interaktionsmöglichkeiten, aber auch die sehr unterschiedlichen Nutzungsoptionen von sozialen Netzwerken wie „Facebook“ machen eine klare Abgrenzung massen- und individualkommunikativer Elemente in diesem Zusammenhang nahezu unmöglich. Vor diesem Hintergrund ist zu bezweifeln, ob die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen tatsächlich noch ausreichen, um die gegenwärtige mediale Realität in grundrechtlicher Hinsicht noch passgenau schützen zu können.

512

Vgl. etwa M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 675, 686 f., 802. 513 Vgl. die insofern zutreffenden Ausführungen bei T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 243. 514 Kritisch zur unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Einordnung von Telemedienangeboten anhand der Frage, ob sie seitens der Presse oder seitens einer Rundfunkanstalt angeboten werden, auch K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (100); Kritik an einer solch unterschiedlichen Kategorisierung äußert auch T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 242 f. (insbesondere 243), der anstatt von einem „Stammmedium“ von einem „Muttermedium“ bzw. „Bezugsmedium“ spricht. 515 Siehe in diesem Zusammenhang auch H. Schulze-Fielitz, AfP 1998, S. 447 ff. (452 f.); siehe auch zur fehlenden Berücksichtigung der „Medientypik des Internets“ im einfachgesetzlichen Zusammenhang H. Schmidt/H. Eicher, epd medien Nr. 45/46/2009, S. 5 ff. (9). 516 Vgl. etwa K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1668, 1675.

4. Kapitel

Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht Neben der einfachgesetzlichen Ebene und der Ebene des Verfassungsrechts, denen – wie gesehen – jeweils ein besonderes und voneinander teilweise abweichendes Verständnis des Rundfunkbegriffs eigen ist, sowie der Rechtsetzungsebene der Europäischen Union mit ihren ganz eigenen Begriffskategorien gibt es eine weitere relevante Rechtsebene, der möglicherweise wiederum ein besonderes Rundfunkbegriffsverständnis zugrunde liegen kann. Zumindest befasst sie sich jedoch mit Regelungsbereichen, die von rundfunkrechtlicher Bedeutung sind: die Rechtsebene des Völkerrechts. Dabei kann im Rahmen des auf vertraglichen Regelungen basierenden Völkerrechts – anders als bei den weiter oben behandelten Rechtsebenen – nicht von einer einheitlichen Rechtsgemeinschaft ausgegangen werden, da die Anzahl der Signatarstaaten bei den einzelnen Vertragswerken erheblich variiert und damit auch der Geltungsradius stets in Abhängigkeit zu der in Frage stehenden Regelung zu sehen ist. Grundsätzlich kann man das Völkerrecht jedoch in zwei Klassifizierungsebenen einteilen:1 das „universelle Völkerrecht“2 mit einem tendenziell weiteren Wirkungsgrad und das „regionale Völkerrecht“3, das auf bestimmte Gebiete bezogen ist und Staaten an völkervertragliche Vereinbarungen bindet, ohne etwa einen eigenständigen „Staatenverbund“ zu bilden, wie er beispielsweise durch die Europäische Union nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begründet wird.4 Im Folgenden soll daher die Differenzierung zwischen universellem und regionalem Völkerrecht nachvollzogen werden.

1

Vgl. auch M. Herdegen, Völkerrecht, 10. Aufl. 2011, § 1 Rdn. 6. Vgl. M. Herdegen, Völkerrecht, 10. Aufl. 2011, § 1 Rdn. 19 sowie zu den historischen Grundlagen § 2 Rdn. 2 f; siehe speziell zum Schutz universeller Menschenrechte die Ausführungen bei T. Stein/Chr. von Buttlar, Völkerrecht, 12. Aufl. 2009, 996 ff. 3 In diesem Zusammenhang spricht man im Gegensatz zum universellen Völkerrecht auch von „partikulärem Völkerrecht“, vgl. insoweit M. Herdegen, Völkerrecht, 10. Aufl. 2011, § 1 Rdn. 6; siehe zum regionalen Menschenrechtsschutz innerhalb verschiedener regionalspezifisch ausgerichteter Systeme die grundlegenden Ausführungen bei T. Stein/Chr. von Buttlar, Völkerrecht, 12. Aufl. 2009, Rdn. 1028 ff. 4 Vgl. die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 89, 155 (156 Leitsatz Nr. 8). 2

I. Rundfunk als grenzüberschreitendes Phänomen

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I. Rundfunk als grenzüberschreitendes Phänomen Während die Bindungswirkungen von nationalem Recht und Gesetz an ein genau umgrenztes Staatsgebiet5 anknüpfen können, gelingt diese Beschränkung auf ein Gebiet innerhalb bestimmter Ländergrenzen bei der Verbreitung von Rundfunk aufgrund seiner spezifischen physikalischen Eigenschaften gerade nicht.6 Vor diesem Hintergrund sind andere Staaten häufig ganz konkret von Rundfunkausstrahlungen betroffen, die nicht aus der Sphäre ihres Hoheitsgebietes stammen. Dabei beschränken sich solche Auswirkungen durchaus nicht nur auf Rundfunksendungen im klassischen Sinne, deren Reichweite das Hoheitsgebiet eines anderen Staates erreicht. Vielmehr geht es auch um die Nutzung eines technisch verstandenen Rundfunks in vielfältigen Zusammenhängen.7 Damit ist unter völkerrechtlichen Gesichtspunkten grundsätzlich in rundfunkrechtlicher Hinsicht zweierlei von besonderer Relevanz: zum einen geht es um die rein technische Aufteilung bestehender Frequenzplätze, wobei die technische Entwicklung in dieser Hinsicht wesentlich zu einer erheblichen Vergrößerung der nutzbaren Frequenzvielfalt beigetragen hat,8 zum anderen geht es aber auch um Fragen des Grundrechtsschutzes und der Förderung des internationalen freien Informationsflusses (engl.: „free flow of information“).9 Gerade im Hinblick auf den letztgenannten Aspekt scheint fraglich, auf welche Weise der „freie Informationsfluss“ mit dem einzelstaatlichen Souveränitätsinteresse in Einklang gebracht werden kann.10

II. Rundfunk im Interessenkonflikt zwischen freiem Informationsfluss und nationalstaatlicher Souveränität Die verfassungsrechtliche Garantie der Rundfunkfreiheit und die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehende Ausprägung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs werden durch den gemeinsamen kulturellen und gesellschaftli5 Dabei bilden das „Staatsgebiet“ gemeinsam mit dem „Staatsvolk“ und der „Staatsgewalt“ die Kernbestandteile der sog. „Drei-Elemente-Lehre“ nach G. Jellinek, wobei das Vorliegen der einzelnen Elemente heute allgemein als grundlegende Voraussetzung für die Existenz eines eigenständigen Staates anerkannt ist, vgl. hierzu G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl. 1914, S. 394 ff. (433), wobei nach seiner zusammenfassenden Definition „der Staat seiner rechtlichen Seite nach die mit ursprünglicher Herrschermacht ausgerüstete Körperschaft eines seßhaften Volkes sei“; siehe hierzu auch Y. Dorf, Völkerrecht, 2011, Kap. 2 Rdn. 3 ff. 6 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 46. 7 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 40. 8 Vgl. auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 47. 9 Siehe C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 49 f.; vgl. zu den historisch begründeten Grenzen des freien Informationsflusses U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 20. 10 Vgl. hierzu auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 49 f.

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

chen Grundkonsens im Rahmen unseres demokratisch verfassten und föderalistisch strukturierten Rechtsstaates und durch den auf dieser Grundlage als unabdingbar erkannten Stellenwert des Schutzes grund- und menschenrechtlicher Positionen geprägt und sogar erst ermöglicht. Auf internationaler Ebene zeigt sich dabei sehr deutlich: Je stärker sich die einzelnen Wertvorstellungen und Staatsstrukturen voneinander unterscheiden, desto mehr sind auch gemeinsame rundfunkspezifische Regelungen von Kompromissen gekennzeichnet oder sogar gänzlich nicht zu erreichen.11 Völkervertragliche Regelungen zeigen sich jedoch insbesondere vor dem Hintergrund zahlreicher Konfliktlinien und angesichts der verschiedenartigen Interessenlagen der einzelnen Rechtssubjekte als hilfreich. So kollidieren genau genommen nicht nur ein individualisiertes Interesse eines Rundfunkanbieters im Sendestaat bzw. der betreffenden Rezipienten im Empfangsstaat am freien Informationsfluss mit der Souveränität der einzelnen Staaten (insbesondere hier des Empfangsstaates), wenn der entsprechende Rundfunkanbieter seine Sendungen auch über die Grenzen des Staates hinaus verbreitet, in dem er nach den jeweiligen nationalen Vorschriften seine Rundfunkaktivitäten entfalten darf.12 Vielmehr besteht in einem solchen Fall auch ein Souveränitätskonflikt zwischen zwei Staaten.13 So kann einerseits in der Abwehr staatsexterner Rundfunkausstrahlungen eine Ausübung des Souveränitätsrechts seitens des „Empfangsstaates“ gesehen werden, andererseits aber eine entsprechende Souveränitätsausübung seitens des Sendestaates auch in dem Entschluss zu erblicken sein, grenzüberschreitende Rundfunkangebote zu ermöglichen.14 Manche Sender wie etwa die Angebote der „Deutschen Welle“ sind sogar genau auf diesen Zweck ausgerichtet.15 Nach der zustimmungswürdigen Darstellung von P. Reinert können insgesamt, wenn man das Internet als ohnehin global ausgerichtetes Medium einmal außer Betracht lässt, im Bereich klassischer Rundfunkausstrahlungen drei Fallgestaltungen in Bezug auf transnationale Rundfunkangebote unterschieden werden:16 erstens der unbeabsichtigte „overspill“17 bei 11

Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 50. Vgl. auch D. Blumenwitz, Die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in: M. Nowak/D. Steurer/ H. Tretter (Hrsg.), Festschrift für F. Ermacora, 1988, S. 67 ff. (68). 13 Vgl. D. Blumenwitz, Die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in: M. Nowak/D. Steurer/H. Tretter (Hrsg.), Festschrift für F. Ermacora, 1988, S. 67 ff. (68). 14 Vgl. P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 25 ff. (34), 64, der unter anderem auch von einem eingeschränkt geltenden „völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Prinzip transnationaler Funksendefreiheit“ ausgeht. 15 Vgl dieses und weitere Beispiele auch bei P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 27 f. 16 Vgl. P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 27 f. 17 Siehe hierzu auch die Ausführungen bei M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 75 f. 12

II. Rundfunk zwischen freiem Informationsfluss und staatlicher Souveränität

349

solchen Rundfunkangeboten, die an sich lediglich für die nationale Rundfunkversorgung bestimmt sind; zweitens für eine „multinationale“ Verbreitung konzipierte Rundfunkdarbietungen im Wege einer länderübergreifenden Tätigkeit eines Senders, die insbesondere durch einen einheitlichen Sprachraum begünstigt werden kann;18 und schließlich drittens solche Rundfunkangebote, die wie die bereits erwähnten Rundfunksendungen der „Deutschen Welle“ gerade für die Rezeption im Ausland konzipiert sind.19 Vor diesem Hintergrund haben sich bereits zu einem frühen Zeitpunkt zwei unterschiedliche Theorien zur Zulässigkeit transnationalen Rundfunks herausgebildet, namentlich die „Ätherfreiheitstheorie“ sowie die „Äthersouveränitätstheorie“, die auch über die Zeiten rein terrestrisch geprägten Rundfunks hinaus Bedeutung erlangt haben.20 Die Widerstandsintensität des Empfangsstaates gegen Rundfunkinhalte aus einem anderen Staat korreliert im Konfliktfalle typischerweise mit dem Ausmaß der Diskrepanz, die zwischen den jeweiligen Sendeinhalten einerseits sowie den Wertvorstellungen und der politischen Ausrichtung des Empfangsstaates andererseits besteht,21 wobei insbesondere die Zensuren in kommunistisch und/oder diktatorisch strukturierten Staaten drastische Beispiele der Informationsbeschränkung darstellen. Solche Beschränkungsmaßnahmen liegen sicherlich nicht zuletzt in der vom Bundesverfassungsgericht angenommenen „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“22 von Rundfunkdarbietungen begründet, die auf Seiten diktatorisch geprägter Regime vor allen Dingen aus puren Selbsterhaltungsmotiven gefürchtet werden. Während in früheren Jahren grenzüberschreitende Rundfunkaktivitäten mit einem besonderen Aufwand im Rahmen der damals bestehenden technischen Möglichkeiten verbunden waren, so hat sich dies im Online- und MultimediaZeitalter grundlegend geändert. Im Grunde genommen könnte man heute umgekehrt formulieren, dass es für einen Staat inzwischen eher mit großem Aufwand verbunden ist, im Rahmen der Zensur seinen Bürgerinnen und Bürgern einen Zugriff auf die entsprechenden Angebote, die etwa im Internet verfügbar sind, zu verweigern.

18 Vgl. zum „intended spill over“ (oder auch „intended overspill“) die Ausführungen bei M. Schoenthal, Von der Fernsehregulierung zur Inhalteregulierung, 2009, S. 76. 19 Vgl. zu diesen drei Kategorien mit grundlegenden Erörterungen der einzelnen Konstellationen P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 27 ff. mit einer Darstellung der unterschiedlichen Motivationslagen für solche Rundfunkangebote, die gerade für das Ausland bestimmt sind (S. 31). 20 Vgl. hierzu die ausführliche Darstellung bei P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 19 ff. mit zahlreichen weit. Nachw. zu den beiden genannten Theorien. 21 Vgl. P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 16. 22 BVerfGE 90, 60 (87).

350

4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht Im Folgenden sollen nun diejenigen völkerrechtlichen Regelungen näher beleuchtet werden, die für ein internationalrechtliches Rundfunkbegriffsverständnis relevant sein können, wobei aufgrund der Fülle völkerrechtlicher Vertragswerke und Regelungen im Bereich des „soft law“ eine an Relevanzgesichtspunkten orientierte Auswahl vorzunehmen ist. Nach einer Betrachtung des universellen oder auch allgemeinen Völkerrechts folgt eine rundfunkspezifische Analyse des regionalen Völkerrechts, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf dem Bereich der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) liegen wird, da es sich hierbei um das für den europäischen Rechtsraum maßgebliche Vertragswerk des regionalen Völkerrechts für den Bereich des regionalvölkerrechtlichen Grundrechtsschutzes handelt.

1. Allgemeines Völkerrecht a) Art. 19 AEMR Im Rahmen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 (AEMR), die als solche zwar eine bloße unverbindliche Absichtserklärung darstellt,23 jedoch inzwischen einen weit darüber hinausgehenden faktischen Bedeutungsgehalt erlangt hat,24 wird die Rundfunkfreiheit als solche nicht expressis

23 Gegen eine völkerrechtliche Verbindlichkeit streitet auch die mangelnde Ausgestaltung einer spezifischen Schrankenregelung, wie sie für verbindliche Regelwerke typisch ist; lediglich Art. 29 AEMR sieht allgemeine (die Freiheitsrechte beschränkende) Grundpflichten vor, vgl. hierzu P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 68 f. (insbesondere 69); siehe ferner auch V. Epping, in: K. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl. 2004, § 7 Rdn. 10; U. Fink, in: ders./ M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 211; Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 32; U. Fink, in: G. Spindler/ F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 18; vgl. zu der auch heute noch in einigen Staaten fehlenden Bindungswirkung mangels gewohnheitsrechtlicher Geltung der einzelnen, in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verorteten menschenrechtlichen Verbürgungen M. Herdegen, Völkerrecht, 10. Aufl. 2011, § 2 Rdn. 17. 24 Vgl. P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 66 ff. mit zahlreichen Nachweisen zur diesbezüglichen Diskussion in der Literatur, wobei die Bindungswirkung der AEMR durchaus unterschiedlich bewertet und teilweise unter der Annahme bejaht wird, es handele sich bei den Grundrechtsverbürgungen aus der Charta um Völkergewohnheitsrecht; differenzierend und lediglich verbürgte „Mindeststandards der in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte enthaltenen Rechte“ als (verbindliches) Völkergewohnheitsrecht anerkennend K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1495 m. weit. Nachw.

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht

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verbis gewährleistet.25 Ein entsprechender Anknüpfungspunkt kann jedoch in Art. 19 AEMR im Rahmen der Gewährleistung der Meinungs- und Informationsfreiheit gesehen werden. Art. 19 AEMR lautet: „Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht umfaßt die Freiheit, Meinungen unangefochten anzuhängen und Informationen und Ideen mit allen Verständigungsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“26 Durch die Formulierung „mit allen Verständigungsmitteln“ ist auch der Rundfunk in den Anwendungsbereich der Vorschrift aufgenommen,27 wobei in der gewählten Formulierungsweise insbesondere seine „dienende Funktion“28 auch in diesem Kontext zum Ausdruck kommt. Gleichwohl lässt sich gerade aus dieser sehr allgemein gehaltenen Formulierung kein spezifisches Rundfunkbegriffsverständnis ableiten. b) Art. 19 IPbpR Etwas mehr als 18 Jahre nach der Verabschiedung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ konnten mit der einmütigen Zustimmung zum „Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR)“29 sowie zum „Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“30 am 19. Dezember 196631 weitere Meilensteine in der Entwicklung des kodifizierten internationalen Menschenrechtsschutzes gesetzt werden.32 Die in den genannten Pakten niedergelegten

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Vgl. auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1749. Diese deutsche Übersetzung des Art. 19 AEMR entstammt der juristischen OnlineDatenbank beck-online; vgl. die teils anders lautende deutsche Übersetzung der AEMR bei U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 211; siehe ferner auch die abweichende und zumindest den Begriff der „Medien“ enthaltende Übersetzung auf der Internet-Präsenz der Vereinten Nationen, abrufbar unter: http:// www.un.org/depts/german/grunddok/ar217a3.html – zuletzt besucht am 28. September 2011 um 14:47 Uhr. 27 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1749. 28 Vgl. zur Rundfunkfreiheit als „dienende Freiheit“ bzw. zur „dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit“ die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1704 f.; U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 43 f. 29 Vgl. das entsprechende Transformationsgesetz für das deutsche Recht (mit synoptischer Darstellung des Paktes in den Sprachen Englisch, Französisch und Deutsch), in: BGBl. 1973 II, S. 1533 ff. 30 Vgl. das Transformationsgesetz, in: BGBl. 1973 II, S. 1569. 31 UN-Yearbook, 1966, S. 406 ff., wobei als Annahmedatum hier der 16. Dezember 1966 ausgewiesen wird; Deutschland unterzeichnete beide Pakte am 9. Oktober 1968 in New York, vgl. BGBl. 1973 II, S. 1533 bzw. BGBl. 1973 II, S. 1569. 32 Vgl. hierzu P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 71; U. Fink, in: G. Spindler/ F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 18. 26

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

Menschenrechte entfalteten seit In-Kraft-Treten der Vertragswerke33 völkerrechtliche Verbindlichkeit zwischen den Vertragsparteien, was insoweit ein Novum in der Entwicklungsgeschichte des internationalen Menschenrechtsschutzes darstellte.34 In Art. 19 IPbpR finden sich die menschenrechtlichen Verbürgungen zur Meinungsund Meinungsäußerungsfreiheit.35 Während Art. 19 Abs. 1 IPbpR das grundlegende, nicht den Schranken des Absatzes 3 unterworfene „Recht auf unbehinderte Meinungsfreiheit“ festschreibt,36 enthält Abs. 2 eine Verbürgung des Rechts auf freie Meinungsäußerung37, wobei Abs. 2 HS 2 hierzu einzelne Facetten nennt, die von diesem Freiheitsrecht umfasst sind. So schließt das Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 19 Abs. 2 HS 2 IPbpR „die Freiheit ein, ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere Mittel eigener Wahl sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben“. Im Kern wird in ähnlicher Weise wie bei Art. 19 AEMR die „Informationsfreiheit“ in ihrer „aktiven“ und auch „passiven“ Ausprägung als „Individualrecht“ gewährleistet.38 Die in Art. 19 Abs. 2 HS 2 IPbpR gewählte offene Formulierung spricht auch für die Einbeziehung des Rundfunks in die Gewährleistungen dieser Freiheit.39 So gelten die Freiheitsgewährleistungen nach dem Wortlaut der Vorschrift in deutscher Übersetzung – wie gesehen – gerade für 33 Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte trat am 23. März 1976 in Kraft, nachdem die notwendige Anzahl der beim Generalsekretär der Vereinten Nationen zu hinterlegenden Ratifikationsurkunden erreicht worden war, vgl. insoweit P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 72. Zuvor trat bereits am 3. Januar 1976 der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte in Kraft. 34 Siehe P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 71; seit 1992 entfaltet der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte auch Geltung für die Vereinigten Staaten von Amerika, vgl. hierzu U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 212. 35 Vgl. zur Genese der Norm die Ausführungen bei D. Blumenwitz, Die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in: M. Nowak/D. Steurer/H. Tretter (Hrsg.), Festschrift für F. Ermacora, 1988, S. 67 ff. (68 ff.). 36 Siehe hierzu D. Blumenwitz, Die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in: M. Nowak/D. Steurer/ H. Tretter (Hrsg.), Festschrift für F. Ermacora, 1988, S. 67 ff. (70); U. Fink, in: ders./M. D. Cole/ T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 213. 37 Vgl. auch U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 213 f.; Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 32. 38 So zutreffend P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 72. 39 Vgl. auch D. Blumenwitz, Die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in: M. Nowak/D. Steurer/ H. Tretter (Hrsg.), Festschrift für F. Ermacora, 1988, S. 67 ff. (70 ff.), der die Rundfunkfreiheit explizit als vom Gewährleistungsgehalt der Norm umfasst benennt.

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht

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„Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere Mittel eigener Wahl“. Wenn auch womöglich die ausdrückliche Erwähnung des „Wortes“ nicht zwingend etwa auf die Einbeziehung des Hörfunks schließen lässt, so gelingt eine Einbeziehung des gesamten Rundfunkspektrums im Rahmen der offenen Formulierung „andere Mittel eigener Wahl“.40 Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass aufgrund dieser weiten Formulierung „alle Arten von Medien“ vom „Recht auf freie Meinungsäußerung“ „umfasst“41 sind und auch neue mediale Erscheinungsformen in den Anwendungsbereich mit einbezogen werden.42 Die Gewährleistung der Freiheit „ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen“ deutet dabei darauf hin, dass dem freien Informationsfluss grundsätzlich der Vorrang vor diesbezüglichen einzelstaatlichen Souveränitätsbelangen zwischen den Vertragsparteien zugedacht wird.43 Allerdings wurden diese „souveränitätsbeschränkende Wirkung“ und auch die rechtliche Relevanz des Paktes insgesamt trotz bestehender völkerrechtlicher Verbindlichkeit angesichts des zum Zeitpunkt des InKraft-Tretens dieses Paktes schwelenden Ost-West-Konfliktes im Schrifttum vielfach angezweifelt.44 Für eine den freien Informationsfluss grundsätzlich zulasten staatlicher Souveränitätserwägungen bevorzugende Auslegung des Art. 19 Abs. 2 IPbpR spricht jedoch auch die explizit aufgenommene Schrankenregelung in Absatz 3,45 die sich auf die Ausübung der nach Art. 19 Abs. 2 IPbpR gewährten Rechte 40 Vgl. in diesem Zusammenhang auch D. Blumenwitz, Die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in: M. Nowak/D. Steurer/H. Tretter (Hrsg.), Festschrift für F. Ermacora, 1988, S. 67 ff. (71). 41 So U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 213. 42 Vgl. D. Blumenwitz, Die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in: M. Nowak/D. Steurer/H. Tretter (Hrsg.), Festschrift für F. Ermacora, 1988, S. 67 ff. (71 f.). 43 In diesem Zusammenhang „Beschränkungen“ der „informationsrechtlichen Selbstgestaltungsfreiheit“ der Signatarstaaten einschließlich einer „Verengung ihres informationsrechtlichen domaine réservé“ annehmend P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 85. 44 Vgl. W. Heymer, Die Zulässigkeit der Stationierung und des Betriebs von Rundfunksatelliten aus völkerrechtlicher Sicht, 1976, S. 77 f.; P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 73 ff. m. weit. Nachw.; U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 212; vgl. ferner zum damaligen Ost-West-Konflikt im Kontext des „free flow of information“-Grundsatzes D. Blumenwitz, Die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in: M. Nowak/D. Steurer/H. Tretter (Hrsg.), Festschrift für F. Ermacora, 1988, S. 67 ff. (73 ff.). 45 Vgl. zur Schrankenregelung auch D. Blumenwitz, Die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in: M. Nowak/D. Steurer/H. Tretter (Hrsg.), Festschrift für F. Ermacora, 1988, S. 67 ff. (70); K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1749; Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/ M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 33; U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 214; siehe auch ders., in: G. Spindler/F. Schuster

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

bezieht und ihrerseits dem Souveränitätsanspruch der Signatarstaaten des Paktes Rechnung trägt.46 So können die nach Art. 19 Abs. 2 IPbpR gewährten Rechte nach Art. 19 Abs. 3 Satz 2 IPbpR „gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden“, die nach lit. a „für die Achtung der Rechte oder des Rufs anderer“ sowie „für den Schutz der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung (ordre public), der Volksgesundheit oder der öffentlichen Sittlichkeit“ erforderlich sind.47 Ergänzend enthält Art. 20 IPbpR ein Verbot der Kriegspropaganda, das die Gewährleistungen aus Art. 19 Abs. 2 IPbpR ebenfalls einschränkt.48 Darüber hinaus soll es den einzelnen Signatarstaaten völkerrechtlich nicht verwehrt sein, im Wege eines Souveränitätsvorbehalts die Ätherfreiheit zwischen den Staaten zu begrenzen,49 da es sich beim Prinzip des freien Informationsflusses (also dem „Free Flow of Information“)50 nicht um zwingendes (Völker-)Recht (lat.: „ius cogens“) handele.51 Aus diesem Grunde seien abweichende Vertragsgestaltungen auch nicht nach Art. 53 WÜV nichtig.52 Ob mit dieser Auffassung einhergehende Unterlassungsansprüche

(Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 18, der davon spricht, dass der Schrankenvorbehalt des Art. 19 Abs. 3 IPbpR „die Rechte aus Art. 19 Abs. 2 IPbpR“ angesichts „des Auslegungsprimats der Mitgliedstaaten“ „weitgehend bedeutungslos“ mache. 46 Siehe hierzu auch W. Heymer, Die Zulässigkeit der Stationierung und des Betriebs von Rundfunksatelliten aus völkerrechtlicher Sicht, 1976, S. 77 f.; P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 75 ff; siehe auch die hinsichtlich der Bedeutung der Rechte aus Art. 19 Abs. 2 IPbpR sehr kritische Einschätzung von U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 18. 47 Siehe hierzu mit weitergehenden Ausführungen insbesondere zum Einschränkungsgrund des „ordre public“ auch P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 75 ff. m. weit. Nachw.; D. Blumenwitz, Die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in: M. Nowak/D. Steurer/H. Tretter (Hrsg.), Festschrift für F. Ermacora, 1988, S. 67 ff. (76 f.); siehe auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1749. 48 Siehe hierzu D. Blumenwitz, Die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in: M. Nowak/D. Steurer/ H. Tretter (Hrsg.), Festschrift für F. Ermacora, 1988, S. 67 ff. (77); vgl. auch U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 18. 49 So U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 216. 50 So und hierzu D. Blumenwitz, Die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in: M. Nowak/D. Steurer/ H. Tretter (Hrsg.), Festschrift für F. Ermacora, 1988, S. 67 ff. (73 ff.). 51 So U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 216. 52 Vgl. U. Fink, in: ders. /M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 216.

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht

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einzelner Staaten hinsichtlich der Verbreitung entsprechender Informationen53 im Online-Zeitalter noch der medialen Realität entsprechen, darf allerdings zunehmend bezweifelt werden. Trotz der faktischen Einbeziehung des Rundfunks in den Gewährleistungsgehalt der Freiheitsverbürgungen aus Art. 19 IPbpR erfährt der Rundfunk keine ausdrückliche Nennung im Normtext.54 Somit erstrecken sich die freiheitlichen Gewährleistungen der Norm zwar unter anderem auch auf den Rundfunk, tragen jedoch im Übrigen zu einer Konturierung des völkerrechtlichen Rundfunkbegriffs wenig bei. c) Übereinkommen der UNESCO zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen Auf der Ebene der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) wurde am 20. Oktober 2005 durch die Generalkonferenz der Organisation ein Übereinkommen in Paris angenommen, das auch für den Bereich des Rundfunks von Bedeutung ist:55 Das „Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“.56 Im Rahmen dieses Übereinkommens wird bereits in den Erwägungsgründen auf die Bedeutung der „freien Meinungsäußerung“, der „Informationsfreiheit“ und auch der „Medienvielfalt“ zur Ermöglichung der „Entfaltung kultureller Ausdrucksformen“ explizit Bezug genommen.57 In Art. 2 dieses Übereinkommens, an das auch die Europäische

53 Vgl. hierzu auch U. Fink, in: ders. /M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 216. 54 Vgl. auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 20; kritisch zur fehlenden ausdrücklichen Erwähnung von „Hörfunk und Fernsehen“ K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1749. 55 Vgl. Europäische Kommission, Rundfunkmitteilung 2009, Rdn. 13. 56 Der Text des Übereinkommens ist in englischer Fassung abrufbar unter http://unesdoc.unesco.org/images/0014/001429/142919e.pdf – zuletzt besucht am 17. April 2011 um 19:05 Uhr; eine deutsche Übersetzung ist abrufbar unter http://www.unesco.de/konvention_kulturelle_vielfalt.html – zuletzt besucht am 17. April 2011 um 19:05 Uhr; siehe ferner auch die leicht abweichende deutsche Übersetzung der Bezeichnung des Übereinkommens als „Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ etwa im Rahmen des entsprechenden Beschlusses des Rates der Europäischen Union 2006/515/ EG („Beschluss des Rates vom 18. Mai 2006 über den Abschluss des Übereinkommens zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“), ABl. EU Nr. L 201 vom 25. Juli 2006, S. 15 ff., abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32006D0515:DE:HTML – zuletzt besucht am 10. April 2011 um 12:46 Uhr. 57 So heißt es im Rahmen der Erwägungsgründe: „In Bekräftigung dessen, dass die Gedankenfreiheit, die freie Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit sowie die Medienvielfalt die Entfaltung kultureller Ausdrucksformen in den Gesellschaften ermöglichen“.

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

Union gebunden ist,58 werden „leitende Grundsätze“ formuliert, zu denen in Nr. 1 der „Grundsatz der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ und in Nr. 2 der „Grundsatz der Souveränität“ zählen. Damit werden also zwei Grundsätze als „leitend“ bezeichnet, die – wie oben gesehen – in völkerrechtlichem Zusammenhang konkret bezogen auf die Informationsfreiheit einander begrenzen und in ihrer Wirkung einschränken können. Im Rahmen der in Art. 4 des Übereinkommens vorgenommenen Begriffsbestimmungen wird der Rundfunk nicht explizit erwähnt. Allerdings heißt es in Bezug auf den Begriff der „kulturellen Vielfalt“, dass sie sich „unabhängig davon“ zeige, „welche Mittel und Technologien verwendet werden“. Dieses technologieindifferente oder -neutrale und damit auch für neue technische Möglichkeiten offene Verständnis der kulturellen Vielfalt eröffnet auch weitergehende Optionen zur Einbeziehung neuer medialer Erscheinungsformen in die Schutz- und Förderungswirkungen der UNESCO-Konvention. In Art. 6 Abs. 2 lit. h) dieses Übereinkommens findet sich eine ausdrückliche Inbezugnahme hinsichtlich des „öffentlichen“ Rundfunks: So darf nach Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens „jede Vertragspartei Maßnahmen, die auf den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen innerhalb ihres Hoheitsgebiets abzielen, beschließen“. Nach Art. 6 Abs. 2 lit. h) zählen hierzu auch „Maßnahmen, die darauf abzielen, die Medienvielfalt zu erhöhen, und zwar auch durch den öffentlichen Rundfunk“. Diese Inbezugnahme des „öffentlichen Rundfunks“ zeigt, dass auch ohne eine weitergehende Definition der Begriff des Rundfunks in völkerrechtlichem Kontext Verwendung findet und offenbar auch zwischen seiner privaten und seiner öffentlichen (gemeint ist hier wohl „öffentlich-rechtlichen“)59 Ausgestaltung differenziert wird. d) Internationaler Fernmeldevertrag sowie die Konstitution und die Konvention der Internationalen Fernmeldeunion In Anlage 2 zum Internationalen Fernmeldevertrag (IFV) von Nairobi aus dem Jahr 1982,60 der grundlegende Regelungen zur Zusammenarbeit der Signatarstaaten im Bereich des Fernmeldewesens enthielt,61 findet sich auf völkervertraglicher 58 Vgl. Anhang 2 des Ratsbeschlusses 2006/515/EG; Europäische Kommission, Rundfunkmitteilung 2009, Rdn. 13. 59 Vgl. auch Europäische Kommission, Rundfunkmitteilung 2009, Rdn. 13. 60 In Deutschland wurde am 4. März 1985 das entsprechende Zustimmungsgesetz zum Vertragswerk verabschiedet, vgl. BGBl. 1985 II, S. 425 ff., Gesetz zu dem Internationalen Fernmeldevertrag vom 6. November 1982; vgl. hierzu auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 19 mit FN 72 und den dort enthaltenen Hinweis auf die regelmäßige Überarbeitung des Internationalen Fernmeldevertrages mit der Folge, dass die jeweils „neuere“ Fassung die ältere Fassung „aufhebt“; siehe zum wesentlichen Regelungsgehalt des Vertrags und seinem vertraglichen „Vorgänger“ auch die Ausführungen bei M. Borchmann, NJW 1986, S. 2160 ff. (2162 f.). 61 Vgl. hierzu auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 19; siehe zu den in ihm enthaltenen „Schranken des Prinzips transnationaler Funksendefreiheit“ die Ausführungen bei

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Ebene eine Definition des Rundfunkdienstes.62 Diese Definition des Rundfunkdienstes lautet dort wie folgt: „Funkdienst, dessen Aussendungen zum unmittelbaren Empfang durch die Allgemeinheit bestimmt sind. Dieser Funkdienst kann Tonsendungen, Fernsehsendungen oder andere Arten von Sendungen umfassen.“63 Was dabei in technischer Hinsicht genau unter „Funkverkehr“ zu verstehen ist, wird ebenfalls definitorisch in Anlage 2 des Internationalen Fernmeldevertrages festgehalten.64 Der Begriff der „Aussendungen“ ersetzt als technische Formulierung die Bezugnahme auf ein Inhaltselement des Kommunikats,65 das im Rahmen grundrechtlicher Schutzgewährleistungen in normativer Hinsicht das entscheidende Substrat des Rundfunks darstellt. Die Definition des Rundfunkdienstes im Rahmen des IFV enthält eine Reihe von Begriffsmerkmalen, die auch in anderem Kontext der Definition von Rundfunk zugrunde gelegt werden. Durch die Heranziehung des Kriteriums der Bestimmung für die Allgemeinheit wird auch in diesem Zusammenhang deutlich, dass gerade nicht Individualkommunikation, sondern vielmehr nur solche Kommunikation vom Begriff umfasst sein soll, die – von der Intention des jeweiligen Senders getragen – an einen unbestimmten, nicht zu individualisierenden Rezipientenkreis übermittelt wird.66 Durch das Kriterium des „unmittelbaren Empfangs“ wird der typischen „Wirkungsweise des Rundfunks“ Rechnung getragen.67 Denn es soll grundsätzlich zwischen Sender und Empfänger „kein Vermittler“ stehen, der die „Unmittelbarkeit“ der Kommunikation aufhebt.68 Im Einzelfall kann jedoch auch bei Empfang der Aussendungen durch einen Vermittler die Rundfunkdiensteigenschaft dann bejaht werden, falls der Vermittler im konkret zu beurteilenden kommunikativen Sachverhalt „selbst“ unter den Begriff der „Allgemeinheit“ fällt.69 Durch die in der Definition des Rundfunkdienstes im Rahmen des IFV gewählte Formulierung, dass der Funkdienst „Tonsendungen, Fernsehsendungen oder andere Arten von Sendungen umfassen“ könne, zeigt sich deutlich, dass der P. Reinert, Grenzüberschreitender Rundfunk im Spannungsfeld von staatlicher Souveränität und transnationaler Rundfunkfreiheit, 1990, S. 112 f. 62 Siehe hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 19, (vgl. ferner auch 40 ff.). 63 BGBl. 1985 II, S. 425 ff., Anlage 2 Rdn. 2012 (S. 489); vgl. hierzu mit Zitat C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 19 (zu den einzelnen Bestandteilen der Begriffsdefinition auch S. 43 ff.). 64 Vgl. hierzu BGBl. 1985 II, S. 425 ff., Anlage 2 Rdn. 2011 mit Anmerkungen 1 und 2; siehe hierzu und zum Begriffsmerkmal des „Funkdienstes“ C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 43 f. 65 Vgl. die Darstellung bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 47 unter Bezugnahme auf die im französischen Text des Vertragswerks gewählte Formulierung „émissions“. 66 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 44 f. 67 So auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 45. 68 So und hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 45. 69 Vgl. die insoweit zutreffende Feststellung von C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 45.

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

Rundfunkbegriff nicht auf die für den klassischen Rundfunk in Gestalt von Hörfunk und ursprünglichen Standards entsprechendem Fernsehen typischen Tonsendungen und audiovisuellen Beiträge beschränkt bleiben soll, sondern vielmehr auch offen gegenüber anderen Sendungsarten ist.70 Auch bei der hier vorliegenden Definition des Rundfunkdienstes ist zu beachten, dass es sich hierbei nicht um eine allgemeine Gültigkeit vermittelnde Definition des Rundfunkbegriffs im Völkerrecht schlechthin handeln kann, da die Definition nur im spezifischen Kontext und in ihrer Reichweite inter partes zwischen den einzelnen Vertragsstaaten Geltung entfalten konnte. Es ist weiterhin zu beachten, dass der Internationale Fernmeldevertrag durch die „Konstitution“ und die „Konvention der Internationalen Fernmeldeunion“ vom 22. Dezember 1992, die am 1. Juli 1994 in Kraft getreten sind, aufgehoben wurde und letztgenannte an seine Stelle getreten sind.71 In der Anlage zu dieser Konstitution wurde allerdings die bereits im Zusammenhang mit dem Internationalen Fernmeldevertrag von 1982 erörterte Definition des Rundfunkdienstes erneut aufgegriffen und auch diesem neueren Vertragswerk zugrunde gelegt.72 e) Weitere rundfunkbezogene Vertragswerke des allgemeinen Völkerrechts Zahlreiche weitere völkerrechtliche Verträge und andere Dokumente enthalten Regelungen bzw. Inhalte, die auch den Rundfunkbereich direkt oder indirekt betreffen.73 Ein frühes rundfunkspezifisches Vertragswerk war die sog. „Convention Concerning the Use of Broadcasting in the Cause of Peace“ aus dem Jahre 1936, die kurz als „Rundfunkfriedenspakt“ übersetzt werden kann.74 Durch diesen Rund70 Siehe hierzu auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 47 mit dem Hinweis darauf, dass in der gewählten Formulierung „keine Bestimmung über die Aussendung bestimmter Inhalte“ liege. 71 Vgl. den Wortlaut des Art. 58 der Konstitution der Internationalen Fernmeldeunion, abgedruckt in BGBl. 1996 II, S. 1306 ff. (1337) Rdn. 238 f., wobei sich das dort abgedruckte Transformationsgesetz auch auf weitere Änderungen der Konstitution und der Konvention der Internationalen Fernmeldeunion vom 14. Oktober 1994 bezieht; siehe zur Genese dieser Regelungswerke auch E. Lieser, in: M. Geppert/H.-J. Piepenbrock/R. Schütz/F. Schuster (Hrsg.), Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 4 f.; siehe ferner auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 19 FN 72 mit Bezugnahme auf Art. 48 IFV von 1982 und dem Hinweis, dass das entsprechende Vertragswerk „regelmäßig überarbeitet“ wird und der neuere Vertrag stets den älteren „aufhebt“. 72 Vgl. die Definition des Rundfunkdienstes in der Anlage über die „Definition einiger in dieser Konstitution, in der Konvention und in den Vollzugsordnungen der Internationalen Fernmeldeunion verwendeter Begriffe“, abgedruckt, in: BGBl. 1996 II, S. 1306 ff. (1338 f.). 73 Vgl. auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 39. 74 Die am 23. September 1936 in Genf unterzeichnete Konvention ist in französischer und englischer Sprache abgedruckt, in: Société des Nations Recueil des Traités/League of Nations Treaty Series, 1938, S. 302 ff.; vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 20; U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 216.

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht

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funkfriedenspakt sollte die Verbreitung von Kriegspropaganda im Wege des Rundfunks verhindert werden, wie sie damals etwa von Deutschland und solchen Staaten ausging, die mit dem seinerzeitigen nationalsozialistischen Terrorregime in Deutschland paktierten.75 Den Sinn und Zweck dieser Konvention deuteten später die sog. Ostblockstaaten für ihre Zwecke um, indem sie aus ihr eine umfassende Anwendung des sog. „Prior Consent Prinzips“76 zulasten des freien Informationsflusses ableiteten, d. h. die Ausstrahlung etwaiger Rundfunkprogramme von der vorherigen Zustimmung der Empfangsstaaten abhängig machen wollten.77 Wenn auch der Begriff des Rundfunks in dieser Konvention wiederholt „erwähnt“78 wird und er sogar für die Zwecke der Konvention den entscheidenden Regelungsgegenstand darstellt, findet sich im Rahmen dieses Vertragswerks dennoch keine diesen Begriff erläuternde Definition.79 Um die widerstreitenden Prinzipien des freien Informationsflusses und des „prior consent“ miteinander in Ausgleich zu bringen, verabschiedeten die Vereinten Nationen am 10. Dezember 1982 eine Resolution, die allerdings ihrer Natur gemäß rechtlich ohne Bindungswirkung und aus Sicht der westlichen Staaten in der Gewichtung der Interessen wenig gelungen war.80 Die „Neuen Medien“ fordern zunehmend die internationale Staatengemeinschaft in verstärkter Weise. Angesichts der weltumspannenden Zugriffsmöglichkeiten auf solche Inhalte, die im Rahmen des Internets angeboten werden, dürfte der Konflikt zwischen der Staatensouveränität auf der einen Seite81 und dem Interesse an einem freien Informationsfluss auf der anderen Seite künftig noch an Brisanz gewinnen.82 75 Vgl. die grundlegenden Bestimmungen in Art. 1 bis 4 des Paktes a.a.O., S. 308/309; siehe hierzu U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 216; ders., in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 20. 76 Teilweise wird auch vom „prior agreement“ gesprochen, vgl. Chr. Tietje, in: E. Grabitz/ M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 30 m. weit. Nachw. 77 Vgl. U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 216; ders., in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 20. 78 So C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 20. 79 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 20. 80 General Assembly-Resolution 37/92 „Principles Governing the Use by States of Artificial Earth Satellites for International Direct Television Broadcasting“ vom 10. Dezember 1982, ILM 1983, S. 451 ff.; vgl. hierzu mit entsprechendem Verweis auf die Resolution der UN Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 30. 81 Als spezielleres staatliches Recht kann hier auch das „Recht auf kulturelle Selbstbestimmung“ angenommen werden, vgl. Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 29. 82 Vgl. zu diesen „konfligierenden Prinzipien“ auf völkerrechtlicher Ebene im Rundfunkbereich Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 29.

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

Dabei kommt insbesondere auch der Frage nach der Gerichtszuständigkeit für solche Sachverhalte, die mit dem Internet und einzelnen „Websites“ in engem Zusammenhang stehen, entscheidende Bedeutung zu.83 Grundlegende Prinzipien, die für die Begründung einer Gerichtszuständigkeit maßgeblich sein können, sind das „Territorialitätsprinzip“ sowie das aktive und das passive „Personalitätsprinzip“.84 Allerdings zeigt sich gegenwärtig noch sehr deutlich, dass internationalrechtliche Vertragswerke, die den Herausforderungen des Internets und seinen weltweiten Auswirkungen gerecht zu werden versuchen, noch auf zu geringe Akzeptanz in der internationalen Staatengemeinschaft treffen. So zählt etwa die sog. „Cybercrime Convention“85, die die Bekämpfung von Straftaten, die mit dem grenzüberschreitenden Internet in Zusammenhang stehen, zum Gegenstand hat, derzeit nur knapp über zwei Dutzend Signatarstaaten,86 zwischen denen die Konvention bereits gilt.87 f) Der „freie grenzüberschreitende Informationsfluss“ als „allgemeiner Grundsatz des Völkerrechts“? Umstritten ist, ob der „freie grenzüberschreitende Informationsfluss“ (inzwischen) ein „allgemeiner Grundsatz des Völkerrechts“ ist.88 Unter einem „allge83 Vgl. hierzu U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 1 ff. 84 Vgl. hierzu U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 2 f. 85 Convention on Cybercrime vom 23. November 2001 (Budapest), abrufbar unter: http:// conventions.coe.int/Treaty/EN/Treaties/html/185.htm – zuletzt besucht am 17. April 2011 um 16:56 Uhr. 86 Zu den Signatarstaaten zählt auch die Bundesrepublik Deutschland, siehe das Gesetz zu dem Übereinkommen des Europarats vom 23. November 2001 über Computerkriminalität vom 5. November 2008, BGBl. 2008 II, S. 1242 ff.; vgl. hierzu U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 8. 87 Vgl. U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 8 ff. 88 Vgl. M. A. Dauses, Direct Television Broadcasting By Satellites and Freedom of Information, JSpaceL 1975, S. 59 ff. (60 ff.), der insbesondere auch die weitreichenden Beschränkungen dieses „Prinzips“ beleuchtet; A. Bueckling, NJW 1981, S. 1113 ff. (1115 ff.) m. weit. Nachw., der das Free-flow-of-information-Prinzip zu Hochzeiten des Ost-West-Konfliktes als „regionales Völkerrecht der westlichen Welt“ bezeichnete (S. 1117); H. Engelhard, Satellitendirektfernsehen – neue Technologie für einen besseren internationalen Informationsfluß?, 1978, S. 137 ff.; mit krit. Anmerkungen zur inhaltlichen Substanz eines solchen allgemeinen Grundsatzes des Völkerrechts Chr. Degenhart, EuGRZ 1983, S. 205 ff. (212 f.); ders., in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (122. AL 2006), Rdn. 327 ff.; N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 3; vgl. zu den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts auch die grundsätzlichen Ausführungen bei H. von Heinegg, in: K. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl. 2004, § 16 Rdn. 43; vgl. auch zur generellen, der fehlenden Kodifizierung geschuldeten Unsicherheit, ob im Einzelfall ein Satz des Völkergewohnheitsrechts vorliegt, die Ausführungen bei T. Stein/Chr. von Buttlar, Völkerrecht, 12. Aufl. 2009, Rdn. 123.

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meinen Grundsatz des Völkerrechts“ versteht man eine solche Regel, die anders als sog. „allgemeine Rechtsgrundsätze“89 originär „den internationalen Beziehungen“ entstammt und als solche dem „Völkergewohnheitsrecht“ zuzuordnen ist.90 Im Statut des Internationalen Gerichtshofs wird das internationale Gewohnheitsrecht in Art. 38 Abs. 1 lit. b) IGH-Statut „als Ausdruck einer allgemeinen, als Recht anerkannten Übung“ ausgewiesen.91 Wenn auch die Bemühungen, den freien Informationsfluss auf internationalrechtlicher Ebene zu gewährleisten, unverkennbar sind, stehen weiterhin vorhandene Souveränitätsvorbehalte einer Vielzahl von Staaten hier der Annahme eines „allgemeinen Grundsatzes des Völkerrechts“ (zumindest noch) entgegen.92 Darüber hinaus ist die Staatenpraxis in Bezug auf die inhaltliche Ausgestaltung des freien Informationsflusses und dessen Einschränkung durch entsprechende Schrankenregelungen viel zu unterschiedlich, als dass man schon heute von einheitlichen Standards ausgehen könnte, die für die Annahme eines entsprechenden „allgemeinen Grundsatzes des Völkerrechts“ sprächen.93 Zur Annahme eines entsprechenden „allgemeinen Grundsatzes des Völkerrechts“ wird davon ausgegangen, dass die ihm zugrunde liegende Rechtsüberzeugung bereits eine solch starke Verfestigung und allgemeine Anerkenntnis erfahren hat, „daß ein gesonderter Nachweis durch Staatenpraxis nicht mehr erforderlich ist“.94 Dies dürfte in Bezug auf den freien grenzüberschreitenden Informationsfluss nach wie vor kaum anzunehmen sein, so wünschenswert eine solche Annahme auch wäre. Im Übrigen kann die Frage der Existenz eines entsprechenden „allgemeinen Grundsatzes des Völkerrechts“ für unsere Zwecke auch offen bleiben, da sich weder aus ihrer Bejahung noch aus ihrer Verneinung direkte Konsequenzen für das Rundfunkbegriffsverständnis im Völkerrecht ergeben. Der Rundfunk steht zu dieser 89

Vgl. zu den „allgemeinen Rechtsgrundsätzen“ etwa T. Stein/Chr. von Buttlar, Völkerrecht, 12. Aufl. 2009, Rdn. 160 ff. 90 So und hierzu H. von Heinegg, in: K. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl. 2004, § 16 Rdn. 43; vgl. allgemein zur Bildung von Völkergewohnheitsrecht T. Stein/Chr. von Buttlar, Völkerrecht, 12. Aufl. 2009, Rdn. 123. 91 Siehe BGBl. 1973 II, S. 505 ff. (520/521); vgl. zu den mit den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts nicht zu verwechselnden „allgemeinen Rechtsgrundsätzen“ die Ausführungen bei H. von Heinegg, in: K. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl. 2004, § 17 Rdn. 1 ff.; vgl. zur „allgemeinen Übung“ im Rahmen der Staatenpraxis T. Stein/Chr. von Buttlar, Völkerrecht, 12. Aufl. 2009, Rdn. 126 ff. 92 Anderer Ansicht hingegen Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 32 m. weit. Nachw., der bereits heute „von einer völkergewohnheitsrechtlichen Geltung des Menschenrechts auf Informationssende- und Informationsempfangsfreiheit“ ausgeht. 93 Vgl. U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 216; ders., in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 19, nach dessen Auffassung die Meinungs- und Informationsfreiheit „nicht einmal als ein einfacher Satz des Völkergewohnheitsrechts“ gelten sollen. 94 Vgl. H. von Heinegg, in: K. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl. 2004, § 16 Rdn. 43 m. weit. Nachw.

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

Frage allerdings insoweit in Bezug, als er unter Entfaltung seiner technischen Eigenschaften der Ausfüllung dieses zumindest in der Zukunft denkbaren „allgemeinen Grundsatzes des Völkerrechts“ und damit der tatsächlichen Durchsetzung des freien Informationsflusses dienen kann.

2. Regionales Völkerrecht Neben dem allgemeinen Völkerrecht existieren völkerrechtliche Normen, die zwar einer universellen Geltung entbehren, jedoch aufgrund ihrer vertraglichen Ausgestaltung zwischen mehreren souveränen Staaten in einer bestimmten Region der Welt ebenfalls völkerrechtlicher Natur sind. Von besonderer Bedeutung für den europäischen Raum sind hier die vertraglichen Ausgestaltungen zwischen den Mitgliedern des Europarates. Ein zentrales Vertragswerk stellt hier die „Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten“, die auch kurz als „Europäische Menschenrechtskonvention“ (EMRK)95 bezeichnet wird, dar. Auch in anderen Regionen der Welt gibt es menschenrechtliche Vertragswerke, wie z. B. die „Amerikanische Menschenrechtskonvention“ (AMRK)96 oder auch die afrikanische „Banjul-Charta“97, die ebenfalls lediglich für einen bestimmten geographisch abgrenzbaren Bereich Geltung entfalten.98 a) Europarat und EMRK Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, darüber hinaus aber auch einige andere Länder, gehören heute dem Europarat an, der sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1949 gegründet hat.99 Unter dem Eindruck der massiven Missachtung der Menschenrechte durch das nationalsozialistische Schreckensre95 Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. 1952 II, S. 685 ff., berichtigt S. 953, in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 2010, BGBl. 2010 II, 1198 ff. 96 Amerikanische Menschenrechtskonvention vom 22. November 1969, abgedruckt in: B. Simma/U. Fastenrath (Hrsg.), Menschenrechte. Ihr internationaler Schutz, 6. Aufl. 2010, S. 637 ff. mit dortigem Verweis auf die Quellenangabe der deutschen Übersetzung in EuGRZ 1980, S. 435 ff.; siehe hierzu auch T. Stein/Chr. von Buttlar, Völkerrecht, 12. Aufl. 2009, Rdn. 1068 ff.; Y. Dorf, Völkerrecht, 2011, Kap. 7 Rdn. 26 f. 97 Vgl. die deutsche Übersetzung von S. Thomsen, abgedruckt in: B. Simma/U. Fastenrath (Hrsg.), Menschenrechte. Ihr internationaler Schutz, 6. Aufl. 2010, S. 659 ff.; siehe hierzu auch T. Stein/Chr. von Buttlar, Völkerrecht, 12. Aufl. 2009, Rdn. 1090 ff.; Y. Dorf, Völkerrecht, 2011, Kap. 7 Rdn. 28 f. 98 Siehe in diesem Zusammenhang auch die vergleichende Darstellung von Vor- und Nachteilen der „Regionalisierung des internationalen Menschenrechtsschutzes“ bei K. J. Partsch, EuGRZ 1989, S. 1 ff. 99 Vgl. Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 1 Rdn. 2.

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gime ging die Gründung des Europarates mit der Errichtung der Europäischen Menschenrechtskonvention einher.100 Nach intensiven Beratungen wurde die Europäische Menschenrechtskonvention am 4. November 1950 in Rom unterzeichnet und sodann in Deutschland durch ein Bundesgesetz in innerstaatliches Recht transformiert und ist seither geltendes und auch für die deutschen Gerichte bindendes Recht101 in der Bundesrepublik.102 Rundfunkrechtlich bedeutsam ist zudem ein weiteres Vertragswerk des Europarates: das „Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen“, das am 5. Mai 1989 in Straßburg beschlossen103 und am 1. Oktober 1998 durch ein Protokoll104 geändert wurde105 (siehe unten 4. Kap. III. 2. a) cc)). aa) Der freiheitliche Gewährleistungsgehalt des Art. 10 EMRK – unter besonderer Berücksichtigung der sog. „Rundfunkklausel“ in Absatz 1 Satz 3 In Art. 10 EMRK ist die Freiheit der Meinungsäußerung verankert.106 Das entsprechende mit dieser Freiheit verknüpfte und nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 EMRK jeder Person zustehende Recht schließt nach Art. 10 Absatz 1 Satz 2 EMRK „die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben“.107 Expressis verbis wird die Freiheit des Rundfunks bzw. anderer (Massen-) 100

Vgl. M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. (292); E. Stieglitz, Allgemeine Lehren im Grundrechtsverständnis nach der EMRK und der Grundrechtsjudikatur des EuGH, 2002, S. 26; Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 1 Rdn. 1 ff. 101 So zutreffend C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 50. 102 BGBl. 1952 II, S. 685 ff. mit Berichtigung auf S. 953; siehe auch die Neubekanntmachung der Europäischen Menschenrechtskonvention, in: BGBl. 2010 II, S. 1198; vgl. Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 1 Rdn. 3. 103 Vgl. das „Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 5. Mai 1989 über das grenzüberschreitende Fernsehen“ vom 27. Mai 1994 mit synoptischem Abdruck des Wortlauts des Übereinkommens, BGBl. 1994 II, S. 638 ff. (639 ff.); vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663. 104 Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen vom 1. Oktober 1998. Die nichtamtliche deutsche Übersetzung des Protokolls ist abrufbar unter: http://conventions.coe.int/Treaty/GER/Treaties/Html/171.htm – zuletzt besucht am 27. April 2011 um 10:37 Uhr. 105 Vgl. zum „Europäischen Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen“ auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 57 f.; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663. 106 Vgl. B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 164; Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 2 ff.; U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 22. 107 Vgl. hierzu auch den Hinweis von C. Bernard zur Missverständlichkeit des Wortlauts der Norm, wonach die Meinungsäußerungsfreiheit den „Oberbegriff“ für die anderen gewährleisteten Freiheiten bilden könnte, C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 52 m. weit. Nachw.; in der Tat stellt der Begriff der „Meinungsfreiheit“ an sich den allgemeineren Frei-

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

Medien durch den Normtext nicht ausgewiesen.108 Gleichwohl wird angenommen, dass die in Art. 10 Abs. 1 EMRK genannten Freiheiten weit auszulegen sind und sich ihr Anwendungsbereich auch auf die Medien erstreckt.109 Darüber hinaus wird in der Literatur auch die Gewährleistung der – ungenannten – Rundfunkfreiheit als solcher in Art. 10 Abs. 1 EMRK erkannt.110 Die sog. „Rundfunkklausel“ des Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK,111 die konkret auf „Hörfunk-, Fernseh-“ und „Kinounternehmen“ hinsichtlich der Möglichkeit der Signatarstaaten, entsprechende Unternehmen unter heitsbegriff dar, womit die Meinungsäußerungsfreiheit der Meinungsfreiheit als Oberbegriff unterzuordnen wäre. Siehe in diesem Zusammenhang auch M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. (293). 108 Vgl. auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 52; M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. (293); Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006), Rdn. 971; B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 167; U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 30. 109 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 52; M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. (293 f.) zur Problematik der Einordnung der Medienfreiheit bzw. der Informationsfreiheit als „Annex der Meinungsäußerungsfreiheit“; K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern, Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 10; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/ Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006), Rdn. 971; B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 164, 167; Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 9; N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 15. 110 Vgl. etwa Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von ECommerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 65 ff.; Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 9; die Rundfunkfreiheit als in der Meinungsäußerungsfreiheit enthalten ansehend U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 30; die Rundfunkfreiheit zwar nicht als „getrennte, eigenständige und von den anderen Teilaspekten prinzipiell losgelöste Gewährleistung“, aber dennoch deren Existenz im Wege der Interpretation aus dem Gewährleistungsgehalt der explizit genannten Freiheiten anerkennend C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 52; vgl. aber auch B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 167, mit der Betonung, dass „Art. 10 Abs. 1 EMRK keine von dem individuellen Recht auf aktive und passive Meinungsfreiheit abgerückte Garantie einer freien Presse und eines freien Rundfunks“ kenne; vgl. in diesem Zusammenhang auch N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 15 (m. weit. Nachw.), der in einer vergleichenden Betrachtung mit Art. 11 Abs. 2 der Europäischen Grundrechte-Charta auf die dort im Vergleich zu Art. 10 EMRK deutlich stärkere „Emanzipierung“ des Mediengrundrechts von der Meinungsäußerungsfreiheit hinweist. Gleichwohl sei „der EGMR in seiner neueren Rechtsprechung von der bisher vertretenen ,Einheitslösung‘ interpretatorisch abgerückt.“ 111 Vgl. zum Begriff „Rundfunkklausel“ und seiner Bedeutung C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 52, 54 ff.; Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 68; U. Fink, in: G. Spindler/ F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 30. An sich greift die Bezeichnung „Rundfunkklausel“ zu kurz, da sich die Filmangebote von Kinounternehmen i. d. R. doch vom klassischen „Rundfunk“ qualitativ unterscheiden und aus diesem Grunde etwa auch keinen Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne darstellen.

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Genehmigungsvorbehalt zu stellen, Bezug nimmt,112 spricht dabei in der Tat dafür, dass die Freiheit des Rundfunks zumindest von den explizit genannten Freiheiten des Art. 10 Abs. 1 EMRK mit umfasst ist.113 Anders als die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Rundfunkfreiheit mit ihrem spezifisch „dienenden“ Charakter und ihrem objektivrechtlichen Bedeutungsgehalt ist Art. 10 Abs. 1 EMRK vor allen Dingen individualrechtlich ausgestaltet114 und wird mit Blick auf die Rechtsprechung in der Literatur „als eine Art Unternehmerfreiheit“ bezeichnet.115 Streitig scheint hingegen die Frage, was bei Annahme einer aus Art. 10 Abs. 1 EMRK zu gewinnenden Rundfunkfreiheit genau vom Begriff des Rundfunks umfasst sein soll. Legt man den englischen Wortlaut des Konventionstextes zugrunde, der den Begriff des „broadcasting“ (englischer Begriff für „Rundfunk“) offensichtlich nur auf den Hörfunk bezieht und „television and cinema enterprises“ separat benennt, so scheint der EMRK ein sehr enges Rundfunkbegriffsverständnis zugrunde zu liegen.116 Gleichwohl sollen trotz dieser begrifflichen Ausdifferenzierung nach einer Auffassung in der Literatur der Hörfunk ebenso wie das Fernsehen „in allen zum jeweiligen Zeitpunkt technisch möglichen Übertragungsformen“ von der Rundfunkfreiheit umfasst sein.117 Diesem dynamischen und technologieneutralen Ansatz ist insoweit zuzustimmen, als bei einem engeren Begriffsverständnis die Reichweite des grundfreiheitlichen Gewährleistungsgehalts des Art. 10 EMRK allzu sehr auf einen bestimmten medialen Entwicklungsstand bezogen wäre. Eine solche grundrechtliche Starre würde jedoch den Gewährleistungsgehalt der Konvention allzu schnell als antiquiert erscheinen lassen und hätte zur Folge, dass der technische Entwicklungsstand und die Orientierung an alten medialen Strukturen und nicht der inhaltliche Bedeutungsgehalt des Mediums und seine mit den klassischen Rundfunkangeboten vergleichbare Ausgestaltung und Wirkungsweise bei gleichzeitiger 112 Vgl. hierzu auch Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 49. 113 Vgl. auch M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. (293); U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 30. 114 Vgl. D. Dörr, ZUM 1995, S. 14 ff. (17) mit einem Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache Informationsverein Lentia./. Österreich, Urt. v. 24. November 1993, MR 1993, S. 239 ff.; C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 152 f. mit einem Hinweis auf die mehrdimensionale Wirkung des Art. 10 EMRK; siehe ferner auch M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. (293); R. Grote/N. Wenzel, in: R. Grote/Th. Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 2006, Kap. 18 Rdn. 20 ff.; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (123. AL 2006), Rdn. 971; B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 164 f., 167; J. A. Frowein, in: J. A. Frowein/W. Peukert, EMRK-Kommentar, 3. Aufl. 2009, Art. 10 Rdn. 19. 115 So U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 30. 116 Vgl. hierzu Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 9. 117 So Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 9.

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

Nutzung neuer Technologie über eine Erfassung durch die aus den grund- und menschenrechtlichen Verbürgungen der EMRK gewonnene Rundfunkfreiheit entscheiden. In letzter Konsequenz müsste der EMRK bei einer Beschränkung ihrer einzelnen Schutzgewährleistungen auf einen bestimmten Stand einer einmal vorgefundenen technischen Entwicklung eine Fortschritts- und Technologiefeindlichkeit attestiert werden. Eine solche Annahme ist in Bezug auf die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention allerdings undenkbar. Die Rundfunkfreiheit schützt in gleicher Weise öffentlich-rechtliche wie private Rundfunkanbieter.118 Da jedoch die Begriffe „Hörfunk-, Fernseh-„ und „Kinounternehmen“ explizit im Rahmen der Vorschrift des Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK genannt werden, sollen nach Auffassung von Chr. Grabenwarter „eine Subsumtion des World Wide Web unter einen dieser Begriffe“ und somit auch dessen Einbeziehung in die Schutzwirkungen der „Rundfunkfreiheit“ i.S.d. Art. 10 EMRK „ausgeschlossen“ sein.119 Die über das World Wide Web erfolgende Kommunikation soll nach seiner Auffassung vielmehr unter die „allgemeine Meinungsäußerungsund Informationsfreiheit“ fallen.120 Für eine solch restriktive, einen dynamischen und technologieneutralen Interpretationsansatz im Ergebnis revidierende oder zumindest wieder einschränkende Auslegung des Rundfunkbegriffs und damit auch der Rundfunkfreiheit könnte der Konsens zwischen den Vertragsstaaten streiten, der der EMRK als völkerrechtlichem Vertragswerk samt ihrer die einzelnen Staaten auch beschränkenden Wirkung zugrunde liegt.121 Gegen eine solch enge Auslegung des Rundfunkbegriffs spricht jedoch die damit verbundene Folge, dass die „Fortentwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten“,122 wie sie in den Erwägungsgründen der EMRK als Mittel zur Erreichung des Zieles konzipiert ist, „eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herzustellen“, hierdurch behindert würde. Im Ergebnis würden durch die Einbeziehung der Kommunikation über das World Wide Web in den Schutzbereich der explizit genannten Freiheitsgewährungen des Art. 10 Abs. 1 S. 1 und 2 EMRK einerseits neue Kommunikationsformen aus dem Anwendungsbereich der Rundfunkfreiheit künstlich herausgelöst, andererseits würde ihnen auf diese Weise jedoch eine Teilhabe am freiheitlichen Gewährleistungsgehalt des Art. 10 Abs. 1 EMRK eröffnet. Denn aus der durch Art. 10 EMRK geschützten „aktiven“ und „passiven“ „Informationsfreiheit“123 sowie aus der all118

So auch K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern, Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 11; Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 9. 119 So Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 9. 120 Vgl. Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 9. 121 Vgl. zu diesem Aspekt C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 53. 122 Vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 53. 123 Vgl. hierzu auch U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 26 f.

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht

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gemeiner verstandenen „Garantie der Empfangsfreiheit“124 ergibt sich, dass dem Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 EMRK alle unter Nutzung telekommunikativer Übertragungsformen übermittelten Informationen zuzuordnen sind.125 Hierzu zählen damit insbesondere auch die Informationsübermittlungen im Rahmen der sog. „Neuen Medien“. Würde die Einbeziehung der „Neuen Medien“ und etwa der Kommunikationsstrukturen des World Wide Web tatsächlich dem Willen der Vertragsparteien widersprechen, entstünde auf diese Weise ein erheblicher Dissens zwischen dem Willen der Vertragsparteien und der tatsächlich erforderlichen Offenheit der Freiheitsgewährleistungen für neue mediale Erscheinungsformen. Denn gerade diese Offenheit dient einer Aufrechterhaltung und Perpetuierung des in der Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK ursprünglich angelegten materiellen Bedeutungsgehalts in einer durch den technischen Wandel wesentlich geprägten und veränderten Medienwelt und beugt der Gefahr vor, dass der freiheitliche Gewährleistungsgehalt – zumindest in tatsächlicher Hinsicht – allmählich entkernt wird. Darüber hinaus darf nicht unbeachtet bleiben, dass die „Rundfunkklausel“ des Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK126 nicht die Gewährleistung der Rundfunkfreiheit als solche zum Gegenstand hat, sondern lediglich mitgliedstaatliche Genehmigungsvorbehalte „für Hörfunk-, Fernseh- oder Kinounternehmen“ als nicht durch Art. 10 EMRK gehindert ansieht. Es stellt sich insoweit vielmehr die Frage, ob die Rundfunkklausel als solche eng auszulegen ist oder ob die Mitgliedstaaten auch Genehmigungsvorbehalte für andere als die explizit genannten Medienarten vorsehen können. Hierbei kann dann wiederum eine entscheidende Rolle spielen, ob Angebote, die auf Online-Technik und dem Internet basieren, unter eine der explizit genannten Medienarten subsumiert werden können. Der Wortlaut der Rundfunkklausel verbietet allerdings eine Auslegung, die die genannten Medien nur als beispielhafte und damit erweiterbare Auflistung ansehen. So ist etwa anzunehmen, dass sich zum Zeitpunkt der Errichtung der Norm der Genehmigungsvorbehalt nicht auf die zum damaligen Zeitpunkt bereits ebenfalls bekannte Medienart der Presse erstrecken sollte. Angesichts der mit der Auslegung der Norm verbundenen Schwierigkeiten wäre eine Klarstellung durch Übereinkunft der Vertragsstaaten in dieser Hinsicht wünschenswert. bb) Die Schranken des Art. 10 EMRK Neben der einschränkenden Wirkung des Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK, die sich speziell auf „Hörfunk-, Fernseh-“ und „Kinounternehmen“ bezieht, enthält Art. 10 124 Vgl. Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 48. 125 So zutreffend Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/ Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 48 mit Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. 126 Siehe hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 52, 54 ff.

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

Abs. 2 EMRK eine allgemeine Schrankenregelung für die Freiheitsrechte aus Art. 10 Abs. 1 EMRK.127 So besagt Art. 10 Abs. 2 HS 1 EMRK, dass die „Ausübung dieser Freiheiten“ „mit Pflichten und Verantwortung verbunden“ ist. Vor diesem Hintergrund können die Freiheiten des Art. 10 Abs. 1 EMRK unter Gesetzesvorbehalt128 und unter Wahrung des „Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit“129 „Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen und Strafdrohungen unterworfen werden“. Als legitime Zwecke für eine Einschränkung der Freiheitsrechte aus Art. 10 Abs. 1 EMRK werden in Absatz 2 HS 2 „die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit“, aber auch die „Aufrechterhaltung der Ordnung“, die „Verhütung von Straftaten“, der „Schutz der Gesundheit oder der Moral“, der „Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer“, die „Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen“ oder auch die „Wahrung der Autorität

127

Siehe allgemein zu den Schranken des Art. 10 Abs. 2 EMRK Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 68 ff.; J. A. Frowein, in: J. A. Frowein/W. Peukert, EMRK-Kommentar, 3. Aufl. 2009, Art. 10 Rdn. 25 ff.; vgl. auch Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/ Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 49 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 28. März 1990 in der Rechtssache Groppera Radio AG u. a../.Schweiz, Rdn. 57, teilweise abgedruckt in: EuGRZ 1990, S. 255 ff. (256 f.), woraus sich ergebe, dass sich eine Einschränkung der Informationsfreiheit neben Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK (auch) „an Art. 10 Abs. 2 EMRK messen lassen” müsse. Auf diese Weise werde die Schrankenregelung des Art. 10 Abs. 2 EMRK nicht von Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK als speziellerer Regelung verdrängt. Siehe in diesem Zusammenhang auch R. Grote/N. Wenzel, in: R. Grote/Th. Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 2006, Kap. 18 Rdn. 21; K. Stern, in: P. J. Tettinger/ K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 22; B. Holznagel/ D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 165 f. mit einem Verweis auf die EGMR-Entscheidung vom 22. Mai 1990 im Fall Autronic-AG./.Schweiz, NJW 1991, S. 620 (621) Rdn. 52, in der der Gerichtshof den Genehmigungsvorbehalt sogar ausschließlich an den Kriterien des Art. 10 Abs. 2 EMRK überprüfte; U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 31. 128 Vgl. hierzu auch U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 23. 129 Art. 10 Abs. 2 EMRK spricht in diesem Zusammenhang von solchen „Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen und Strafdrohungen […], die […] in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind“, vgl. auch die eingehenden Prüfungen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, etwa EGMR-Urteil v. 28. März 1990 Groppera Radio AG u. a. ./. Schweiz, Serie A 173, Rdn. 71 ff. = EuGRZ 1990, S. 255 ff. (259); Autronic AG./.Schweiz, Serie A 178, Rdn. 60 ff., abgedruckt, in: EuGRZ 1990, S. 261 ff. (263 f.); vgl. auch K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern, Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 13 ff. m. weit. Nachw.; B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 165; Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 52; vgl. ferner Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 25 ff. (auch 49); U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 23, 31; vgl. allgemein zur Bedeutung der Formulierung „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ die Ausführungen bei E. Stieglitz, Allgemeine Lehren im Grundrechtsverständnis nach der EMRK und der Grundrechtsjudikatur des EuGH, 2002, S. 86 ff.

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht

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und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung“ genannt.130 Streitig ist, ob (und inwieweit) die Erwägungen, die die Mitgliedstaaten im Rahmen von Genehmigungsverfahren für Rundfunkveranstalter zugrunde legen können, aufgrund der Regelung des Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK auch über die legitimen Zwecke, die in Art. 10 Abs. 2 EMRK genannt werden, hinausgehen dürfen.131 Überzeugend erscheint dabei die damals von der Rechtsprechung getragene Annahme, dass der Genehmigungsvorbehalt insbesondere wegen „technischer“ – nicht jedoch hinsichtlich inhaltlich-journalistischer – Gesichtspunkte in Fragen der Rundfunkorganisation greifen soll.132 In einer späteren Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine Rechtsprechung dergestalt modifiziert, dass die Verweigerung einer Genehmigung nicht nur von „technischen“ Erwägungen, sondern auch von anderen Bedingungen abhängig gemacht werden könne, „wie z. B. von der Art und dem Zweck des betreffenden Senders, der potentiellen Zuhörerschaft auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene, den Rechten und Bedürfnissen einer besonderen Hörergruppe und den Verpflichtungen aus internationalen Verträgen“.133 Unabhängig davon, wie weit die Beweggründe im Rahmen des Genehmigungsvorbehalts des Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK über die Ziele und Zwecke, wie sie für Einschränkungen in Art. 10 Abs. 2 EMRK festgeschrieben sind, hinausreichen dürfen, eröffnet schon die auffallende Vielzahl legitimer Zwecke nach Art. 10 Abs. 2 EMRK den Vertragsparteien große Einschränkungsspielräume. Denn hinsichtlich der zugrunde zu legenden legitimen Zwecke zur Einschränkung der Freiheiten des Art. 10 Abs. 1 EMRK und insbesondere im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung steht den jeweiligen Staaten ein eigener Beurteilungsspielraum zu.134 130 Vgl. hierzu Chr. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 23 Rdn. 21 ff. m. weit. Nachw.; Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 50; U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 23. 131 Vgl. Dafür R. Grote/N. Wenzel, in: R. Grote/Th. Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 2006, Kap. 18 Rdn. 21; eher dagegen hingegen K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 22 mit Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR. Siehe in diesem Zusammenhang auch die Leitsätze des Bearbeiters W. Strasser zum Urteil des EGMR vom 28. März 1990, Groppera Radio AG u. a../.Schweiz, EuGRZ 1990, S. 255 ff. (255). 132 Vgl. EGMR, Urt. v. 28. März 1990, Groppera Radio AG u. a../.Schweiz, Serie A 173, Rdn. 61 = EuGRZ 1990, S. 255 ff. (257); hierzu K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 22. 133 EGMR, Urt. v. 24. November 1993, Informationsverein Lentia u. a../.Österreich, Serie A 276, Rdn. 32 = EuGRZ 1994, S. 549 ff. (550); vgl. hierzu und zur Beschränkung der Genehmigungsbedingungen auf solche, die als „Ziele“ im Rahmen des Art. 10 Abs. 2 EMRK formuliert werden K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische GrundrechteCharta, 2006, Art. 11 Rdn. 22. 134 Vgl. K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern, Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 14 mit Verweis auf das EGMR-Urteil, News Verlags GmbH CoKG ./. Österreich, RJD 2000-I, Rdn. 52 = EGMR, MR 2000, S. 221 ff. (224 mit Rdn. 52); B. Holznagel/D. Dörr/ D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 166.

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

cc) „Das Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen“ Neben den grundrechtlichen Gewährleistungen aus Art. 10 EMRK kommt auch einem weiteren Vertragswerk des Europarates, dem „Europäischen Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen“ vom 5. Mai 1989135, das durch das Änderungsprotokoll vom 1. Oktober 1998 geändert wurde136, eine besondere Bedeutung für den Rundfunk im Rahmen des regionalen europäischen Völkerrechts zu.137 Genauer gesagt beschränkt sich die Bedeutung dieses Übereinkommens jedoch lediglich auf einen Teil des Rundfunks, da sich dessen Geltungsbereich nur auf das Fernsehen, nicht jedoch auch auf den Hörfunk erstreckt.138 Der Zweck des Übereinkommens, der nach dem Wortlaut seines Art. 1 darin besteht, „zwischen den Vertragsparteien die grenzüberschreitende Verbreitung und Weiterverbreitung von Fernsehprogrammen zu erleichtern“139, weist starke Verbindungslinien zur damaligen EG-Fernsehrichtlinie auf, wobei die engen Bezüge beider Regelungswerke zueinander durch die Nähe ihrer jeweiligen Errichtungszeitpunkte noch untermauert 135 ETS No. 132 vom 5. Mai 1989; vgl. das entsprechende Transformationsgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 27. Mai 1994, BGBl. 1994 II, S. 638 ff.; siehe hierzu auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663. 136 ETS No. 171 vom 1. Oktober 1998, in Kraft getreten am 1. März 2002; siehe auch das entsprechende Transformationsgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 1. September 2000, BGBl. 2000 II, S. 1090 ff.; vgl. hierzu Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/ H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 40; U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 270; ders., in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 32 f. mit einem Hinweis auf einen weiteren Änderungsentwurf zur Anpassung des Übereinkommens an die Entwicklung der AVMDRichtlinie der Europäischen Union. 137 Für die Geltung des Übereinkommens innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist die sich aus Art. 27 Abs. 1 dieses Übereinkommens ergebende Vorrangregelung zu beachten, vgl. hierzu D. Dörr, NJW 1997, S. 1341 ff. (1344); B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 168; Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 42. 138 Vgl. hierzu H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 71 m. weit. Nachw.; C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 58, 61. 139 Vgl. hierzu K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern (Hrsg.), Europäische GrundrechteCharta, 2006, Art. 11 Rdn. 22; B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 168; B. Holznagel/Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 22; mit dieser konkret umschriebenen Zielsetzung wird das übergeordnete Ziel des Übereinkommens deutlich: die Gewährleistung der „Informationsfreiheit in Europa“, vgl. hierzu U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 32; siehe in diesem Zusammenhang auch die Zusammenfassung weitergehender Regelungsziele bei Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 41.

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht

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werden.140 Eine Anpassung an die heutigen Standards der AVMD-Richtlinie wurde zwar seitens der Signatarstaaten des Übereinkommens angestrebt; eine Ratifikation eines bereits existenten Anpassungsentwurfs scheint derzeit allerdings vor dem Hintergrund kompetenzrechtlicher Schwierigkeiten zu scheitern, die im Verhältnis der EU-Mitgliedstaaten gegenüber der Europäischen Union zutage getreten sind.141 Eine Definition des Rundfunkbegriffs als solchen sucht man im Rahmen der Begriffsbestimmungen des Art. 2 dieses Übereinkommens und auch an anderer Stelle des Vertragswerks vergeblich. Allerdings definiert Art. 2 lit. a des Übereinkommens den Begriff der „Verbreitung“ als „die Erstausstrahlung von Fernsehprogrammen, die zum Empfang durch die Allgemeinheit bestimmt sind, über terrestrische Sender, über Kabel oder über Satelliten jeder Art in verschlüsselter oder unverschlüsselter Form. Der Ausdruck schließt Fernmeldedienste, die auf individuellen Abruf geleistet werden, nicht ein“.142 Mit der Definition des Verbreitungsbegriffs, der im Rahmen der unterschiedlichen Definitionsbemühungen im Mehrebenensystem häufig selbst Gegenstand der jeweiligen Rundfunkbegriffsdefinition ist, werden einige Elemente aufgegriffen, die Rückschlüsse auf das Rundfunkbegriffsverständnis dieses Übereinkommens zulassen. So kommt es auch im Rahmen der Konvention entscheidend darauf an, dass eine Bestimmung des Kommunikats zum Empfang durch die Allgemeinheit vorliegt. Indem die Verbreitung auf unterschiedliche Art und Weise, also gemäß Art. 2 lit. a des Übereinkommens „über terrestrische Sender, über Kabel oder über Satelliten jeder Art in verschlüsselter oder unverschlüsselter Form“, erfolgen kann, gehen auch die Vertragsparteien dieses Übereinkommens von einem grundsätzlich technologieindifferenten und damit neutralen Ansatz aus. Ausdrücklich

140 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663; ders., in: P. J. Tettinger/ K. Stern (Hrsg.), Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 22; U. Fink, in: ders./ M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 270; B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 168; B. Holznagel/ Chr. Nolden, in: Th. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 (Stand 25. EL 2010) Rdn. 22; A. König, ZUM 2002, S. 803 ff. (804 f.) m. weit. Nachw. und mit einem Hinweis auf die trotz der inhaltlichen Nähe beider Regelungswerke bestehenden erheblichen „Unterschiede in der Wirkungsweise“ im Hinblick auf die jeweilige Zielrichtung bezüglich der Dienstleistungsfreiheit; ebenfalls auf die (zumindest „prima facie“) unterschiedlichen Intentionen beider Regelungswerke eingehend Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 40 ff.; U. Fink/T. Keber/P. Roguski, ZUM 2011, S. 292 ff. (292). 141 Vgl. hierzu die Ausführungen bei U. Fink/T. Keber/P. Roguski, ZUM 2011, S. 292 ff. (293 ff.). 142 Vgl. BGBl. 1994 II, S. 638 ff. (640); siehe auch H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 70 ff. mit einer vergleichenden Begriffsanalyse zwischen dem Europäischen Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen und der damals geltenden EG-Fernsehrichtlinie; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663; vgl. in diesem Zusammenhang auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 58, die ebenfalls auf die Bedeutung der „Begriffsbestimmungen in Art. 2 des Übereinkommens“ hinweist, „in denen die Elemente des Regelungsbereichs definiert werden“.

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

werden jedoch solche „Fernmeldedienste, die auf individuellen Abruf geleistet werden“, vom Verbreitungsbegriffsverständnis definitorisch ausgeschlossen. Aus der Legaldefinition des Rundfunkveranstalters in Art. 2 lit. c des Übereinkommens geht hervor, dass dieser Begriff auf natürliche und auch juristische Personen gleichermaßen Anwendung finden kann.143 Unter einem Programm wird gemäß Art. 2 lit. d des Übereinkommens „die Gesamtheit der Sendungen eines bestimmten Programms, das durch einen Rundfunkveranstalter im Sinne des Buchstabens c bereitgestellt wird“, verstanden. Aus Art. 3 des Übereinkommens, der sich mit dessen Geltungsbereich befasst, geht hervor, dass für die Anwendung des Vertragswerks ein grenzüberschreitender Bezug entscheidend ist.144 So gelangt das Übereinkommen nur dann zur Anwendung, wenn ein Fernsehprogramm vom Rechtsgebiet eines Hoheitsträgers zumindest in das Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei „verbreitet oder weiterverbreitet wird“ und dort eine entsprechende Empfangbarkeit möglich ist.145 Wie sich aus Artikel 5 des Übereinkommens weiterhin ergibt, liegt auch diesem Vertragswerk das Sendestaatsprinzip zugrunde.146 In der Präambel und in Art. 4 des Übereinkommens finden sich ausdrückliche Bezüge auf die Freiheitsgewährleistungen aus Art. 10 EMRK, wodurch die besondere Bedeutung der Verbürgungen aus der EMRK auch für die Anwendung des „Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen“ hervorgehoben wird.147 Durch Art. 4 wird dabei die Inbezugnahme der Gewährleistungen aus Art. 10 EMRK, namentlich der „freien Meinungsäußerung“ und der „Informationsfreiheit“, nochmals in engen Zusammenhang mit der Zusicherung der Vertragsparteien gebracht, dass sie „die Freiheit des Empfangs“ gewährleisten und „die Weiterverbreitung von Programmen, die den Bestimmungen dieses Übereinkommens entsprechen, in ihrem Hoheitsgebiet nicht“ einschränken.148 143 Die Definition in Art. 2 lit. c des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen lautet: („Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet:“) „,Rundfunkveranstalter‘ die natürliche oder juristische Person, die die redaktionelle Verantwortung für die Zusammenstellung von Fernsehprogrammen trägt, welche für den Empfang durch die Allgemeinheit bestimmt sind (sic!) und sie verbreitet oder vollständig und unverändert durch einen Dritten verbreiten lässt“ – das Zitat der Definition ist dem Europäischen Übereinkommen in der Fassung entnommen (einschließlich des dort enthaltenen Interpunktionsfehlers), die unter dem folgenden „Link“ auf der Homepage des Europarates/Vertragsbüro abrufbar ist: http://conven tions.coe.int/Treaty/ger/Treaties/Html/132.htm – zuletzt besucht am 6. Oktober 2011 um 11:41 Uhr. 144 Vgl. in diesem Zusammenhang auch H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 71; C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 58. 145 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 58. 146 Vgl. hierzu B. Holznagel/D. Dörr/D. Hildebrand, Elektronische Medien, 2008, S. 168. 147 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 57 f. 148 Vgl. Art. 4 HS 2 des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen, BGBl. 1994 II, S. 638 ff. (641).

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht

373

Schließlich lassen sich aus den in der Präambel des Übereinkommens dargelegten Erwägungsgründen und Überzeugungen der Signatarstaaten Rückschlüsse auf den spezifischen Bedeutungsgehalt der völkervertraglichen Regelung ziehen.149 So kommt neben der Inbezugnahme der menschenrechtlichen Gewährleistungen aus Art. 10 EMRK in der Präambel auch ein klares Bekenntnis zum freien Informationsfluss150 und zur „Bedeutung des Rundfunks für die kulturelle Entwicklung“151 sowie für „Pluralismus und Chancengleichheit für alle demokratischen Gruppen“ zum Ausdruck.152 dd) Empfehlungen des Europarates Auch in Empfehlungen des Ministerkomitees stellt der Europarat seine rundfunkund medienpolitische Positionierung in Zeiten einer sich immer weiter wandelnden Medienlandschaft klar heraus,153 wobei in diesem Zusammenhang insbesondere die „Empfehlung des Europarates betreffend Medienpluralismus und die Vielfalt der Medieninhalte“ sowie die „Empfehlung betreffend den Auftrag der öffentlichrechtlichen Medien in der Informationsgesellschaft“ von Bedeutung sind.154 Zwar enthalten diese Empfehlungen keine näheren Erörterungen zum Verständnis des Rundfunkbegriffs auf der Ebene des Europarats, jedoch lässt sich aus den Empfehlungen an die Mitgliedstaaten aber zumindest ableiten, dass das Ministerkomitee den Dualismus zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Medien befürwortet und insbesondere auch den öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen eine Teilhabe an den Gestaltungsspielräumen, die sich aus der Nutzung der sog. „Neuen Medien“

149

Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 58. Vgl. U. Fink, in: ders./M. D. Cole/T. O. Keber, Europäisches und Internationales Medienrecht, 2008, Rdn. 270 mit FN 60. 151 Vgl. insoweit die Präambel des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen; siehe hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 58; siehe auch Art. 10 des Übereinkommens, in dem die kulturellen Ziele ausführlich dargelegt werden. 152 So die Formulierung in der Präambel des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen; siehe in diesem Zusammenhang auch Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 41. 153 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Chr. Heer-Reißmann in: D. Dörr/J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 23. 154 Vgl. Europäische Kommission, Rundfunkmitteilung 2009, Rdn. 14 mit Verweis auf die genannten Empfehlungen „CM/Rec(2007)2 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten betreffend Medienpluralismus und die Vielfalt der Medieninhalte“ (abrufbar unter https:// wcd.coe.int/wcd/ViewDoc.jsp?id=1089699 – zuletzt besucht am 6. Oktober 2011 um 13:22 Uhr) sowie „CM/Rec(2007)3 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten betreffend den Auftrag der öffentlich-rechtlichen Medien in der Informationsgesellschaft“ (abrufbar unter https://wcd.coe.int/wcd/ViewDoc.jsp?id=1089759 – zuletzt besucht am 6. Oktober 2011 um 13:25). Beide Empfehlungen wurden am 31. Januar 2007 beim 985. Treffen der Ständigen Vertreter angenommen. 150

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

ergeben, ermöglichen möchte.155 Dabei bezieht sich das Ministerkomitee im Rahmen seiner Empfehlung ausdrücklich auch auf die Notwendigkeit, dass öffentlichrechtliche Medien auch die jüngere Generation ansprechen und ein für diese Generation attraktives (auf aktive Kommunikationsformen ausgerichtetes) Medienangebot vorhalten.156 Nicht zuletzt wird in der den Auftrag der öffentlich-rechtlichen Medien in der Informationsgesellschaft betreffenden Empfehlung auch die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Förderung einer aktiven Teilhabe der Menschen an der Demokratie herausgestellt.157 Allerdings handelt es sich – wie die Bezeichnung der erörterten Quellen schon besagt – lediglich um Empfehlungen, also um sog. „soft law“,158 das keine weitergehende Bindungswirkung der Signatarstaaten auslöst.159 b) Regionales Völkerrecht in anderen Regionen Auch in anderen Regionen der Welt gelten neben den Verträgen des universellen Völkerrechts regionalvölkerrechtliche Abkommen.160 Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die für die Rundfunk- und Medienfreiheit relevanten grundrechtlichen Verbürgungen in einzelnen Menschenrechtspakten gegeben werden, die sich neben dem Grund- und Menschenrechtsschutz im Rahmen des Europarates in anderen regionalen Rechtskreisen herausgebildet haben. aa) Die Amerikanische Menschenrechtskonvention Die Amerikanische Menschenrechtskonvention (AMRK) vom 22. November 1969, die am 18. Juli 1978 in Kraft getreten und inzwischen um ein Zusatzprotokoll auf dem Gebiet der „wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte“ und um ein „Protokoll über die Abschaffung der Todesstrafe“ ergänzt worden ist,161 gewähr-

155

Vgl. Empfehlung CM/Rec(2007)2 des Ministerkomitees, Rdn. 3.1.; Empfehlung CM/ Rec(2007)3, Rdn. 4; Europäische Kommission, Rundfunkmitteilung 2009, Rdn. 14. 156 Vgl. Empfehlung CM/Rec(2007)3, Rdn. 5. 157 Vgl. Empfehlung CM/Rec(2007)3, Rdn. 14 ff. 158 Vgl. zur rechtlichen Einordnung von „soft law“ die Ausführungen bei T. Stein/Chr. von Buttlar, Völkerrecht, 12. Aufl. 2009, 32; Y. Dorf, Völkerrecht, 2011, Kap. 3 Rdn. 99. 159 Vgl. etwa Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 39. 160 Siehe auch die vergleichende Darstellung der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Amerikanischen Menschenrechtskonvention und der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker (Banjul Charta) bei M. Wittinger, Jura 1999, S. 405 ff. 161 Vgl. hierzu die deutsche Übersetzung der Amerikanischen Menschenrechtskonvention, abgedruckt in: B. Simma/U. Fastenrath (Hrsg.), Menschenrechte. Ihr internationaler Schutz, 6. Aufl. 2010, S. 637 ff. mit Verweis auf die Quelle der deutschen Übersetzung, in: EuGRZ 1980, S. 435 ff.; vgl. allgemein zur AMRK mit Erläuterungen zur Genese des Vertragswerks auch Th. Buergenthal, EuGRZ 1984, S. 169 ff.; K. Stern, Staatsrecht Band III/2, 1994, § 94 S. 1574 ff.

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht

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leistet in Art. 13 die Gedankenfreiheit sowie die Freiheit der Meinungsäußerung.162 Im Unterschied zum Vertragswerk der Europäischen Menschenrechtskonvention, die der Amerikanischen Menschenrechtscharta in wesentlichen Grundzügen als „Vorbild“ gedient hat,163 handelt es sich bei der AMRK (nach nicht unbestrittener Ansicht)164 nicht um einen sog. „self executing treaty“, also einen sich selbst vollziehenden Vertrag, wie sich aus dem Wortlaut des Art. 2 AMRK ergibt.165 So sind die Signatarstaaten nach Art. 2 AMRK allein die Verpflichtung eingegangen, soweit noch nicht geschehen, „in Übereinstimmung mit den in ihren Verfassungen vorgesehenen Verfahren und mit den Vorschriften dieser Konvention die zur Verwirklichung dieser Rechte oder Freiheiten erforderlichen Maßnahmen zu treffen“.166 Auffallend ist, dass die Gedankenfreiheit und die Freiheit der Meinungsäußerung in Art. 13 AMRK in einem gemeinsamen Artikel gewährleistet werden, während diese beiden Grundrechte im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention mit Art. 9 EMRK, der die „Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit“ gewährleistet, und Art. 10 EMRK zur „Freiheit der Meinungsäußerung“ in zwei verschiedenen Artikeln ihre Verankerung finden. Die Gedankenfreiheit wird im Rahmen der Amerikanischen Menschenrechtskonvention also eher in die Nähe der Meinungsäußerung gerückt und als von der in Art. 12 AMRK verankerten Gewissens- und Religionsfreiheit getrennt gesehen. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 AMRK schließt das Recht auf Gedankenfreiheit und Freiheit der Meinungsäußerung „die Freiheit ein, Nachrichten und Ideen jeder Art ohne Rücksicht auf Ländergrenzen zu ermitteln, zu empfangen oder mitzuteilen, sei es mündlich, schriftlich, gedruckt, als Kunstwerk oder durch irgendein anderes Mittel eigener Wahl.“ Auch wenn der Rundfunk hier nicht explizit genannt wird, so wird er durch die bewusst offen gehaltene und als „Auffangklausel“ ausgestaltete letzte Variante der Aufzählung in Art. 13 Abs. 1 Satz 2 AMRK mit umfasst. Hierfür spricht insbesondere auch Art. 13 Abs. 3 AMRK, der ein Verbot der Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung „durch indirekte Verfahren oder Mittel“ enthält, wobei in diesem Zusammenhang beispielhaft auch der „Mißbrauch staatlicher oder privater Kontrolle über […] die Rundfunkfrequenzen oder die Vorrichtungen, die für die Verbreitung von Nachrichten gebraucht werden“, genannt werden. 162

Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band III/2, 1994, § 94 S. 1577. Vgl. Th. Buergenthal, EuGRZ 1984, S. 169 ff. (170); M. Wittinger, Jura 1999, S. 405 ff. (405, 408 mit FN 50) der ausdrücklich von „Vorbild“ spricht und mit Erwähnung eines indirekten Hinweises auf den Vorbildcharakter der EMRK im Rahmen der Präambel der AMRK; K. Ipsen, in: ders., Völkerrecht, 5. Aufl. 2004, § 49 Rdn. 17 f. 164 Vgl. zum Streitstand K. Stern, Staatsrecht Band III/2, 1994, § 94 S. 1575 mit einem Hinweis auf die Ansicht von Th. Buergenthal, EuGRZ 1984, S. 169 ff. (170 ff.). 165 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band III/2, 1994, § 94 S. 1575 f. 166 Vgl. hierzu auch K. Stern, Staatsrecht Band III/2, 1994, § 94 S. 1575 mit einem ergänzenden Hinweis auf die Bundesstaatsklausel des Art. 28 und die Praxis der Vereinigten Staaten von Amerika. Beide Aspekte sollen insofern für den non-self-executing Charakter des regionalvölkerrechtlichen Vertragswerks der AMRK sprechen. 163

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

Möglicherweise kann manche Rundfunkausstrahlung auch ihrerseits den Kunstbegriff in der vierten Variante der Aufzählung des Art. 13 Abs. 1 Satz 2 AMRK erfüllen, wobei eine solche Erfüllung des Kunstbegriffs in diesem Fall eher vom Substrat, also von der inhaltlichen Grundlage der rundfunkmäßigen Darbietung, abhängen wird. Zu beachten ist die besonders individualrechtlich geprägte und auf natürliche Personen bezogene Ausgestaltung der Amerikanischen Menschenrechtscharta.167 So wird gemäß Art. 1 Abs. 2 AMRK unter einer „Person im Sinne dieser Konvention“ „jedes menschliche Wesen“ verstanden.168 Soweit jedenfalls bestimmte Rechte und Freiheiten Personen zuerkannt werden, sind damit keine juristischen, sondern nur natürliche Personen begünstigt. Fraglich erscheint allerdings, ob die rein auf natürliche Personen bezogene grundrechtliche Ausgestaltung auch dann greift, wenn der Konventionstext nicht von „Person“, sondern von „jedermann“ oder „jeder“ spricht.169 Trotz dieser terminologischen Differenzierung kann angenommen werden, dass in die Schutzwirkungen der Gewährleistungen der Konvention in erster Linie natürliche Personen, nicht jedoch juristische Personen – also im Zusammenhang mit der Rundfunkfreiheit damit auch nicht ein anbietendes Rundfunkunternehmen eo ipso, wohl aber die dahinter stehenden Personen – einbezogen werden.170 Art. 13 Abs. 2 AMRK verbietet zwar die „Vorzensur“ bezüglich „des im vorangegangenen Absatz niedergelegten Rechts“, ermöglicht jedoch im Rahmen der in Absatz 2 näher beschriebenen Voraussetzungen eine nachträgliche Haftung.171 Schließlich verlangt Art. 13 Abs. 5 AMRK eine gesetzliche Strafregelung für „Kriegspropaganda“ und die „Befürwortung nationalen, rassistischen oder religiösen Hasses“ unter bestimmten dort näher bezeichneten Umständen.172 Ein über die Verbürgungen der EMRK hinausgehendes Recht ist in Art. 14 AMRK festgeschrieben: das „Recht auf Erwiderung“.173 In Art. 14 Abs. 3 AMRK werden unter anderem auch die Radio- und Fernsehgesellschaften verpflichtet, eine „verantwortliche Person“ vorzuhalten, „die nicht durch Immunitäten oder besondere 167

Vgl. Th. Buergenthal, EuGRZ 1984, S. 169 ff. (170). Vgl. Th. Buergenthal, EuGRZ 1984, S. 169 ff. (170). 169 Im englischen Originaltext wird differenziert zwischen „ every person“ und „everyone“. Ein englischer Originaltext kann abgerufen werden auf der Internetpräsenz der Inter-American Commission on Human Rights unter: http://www.cidh.org/Basicos/English/Basic3.American%20Convention.htm – zuletzt besucht am 4. Mai 2011 um 13:52 Uhr. 170 Siehe auch Th. Buergenthal, EuGRZ 1984, S. 169 ff. (170). 171 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band III/2, 1994, § 94 S. 1577. 172 Art. 13 Abs. 5 AMRK lautet in deutscher Übersetzung: „Jede Kriegspropaganda oder Befürwortung nationalen, rassistischen oder religiösen Hasses, die eine Anstiftung zu gesetzwidriger Gewalt oder anderen ähnlichen gesetzwidrigen Handlungen gegen irgendeine Person oder Gruppe von Personen aus irgendwelchen Gründen einschließlich solchen der Rasse, Hautfarbe, Religion, Sprache oder nationalen Herkunft beinhalten, sind gesetzlich unter Strafe zu stellen.“ 173 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band III/2, 1994, § 94 S. 1577. 168

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht

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Privilegien geschützt ist“. Diese Regelung dient wie das in Art. 14 Abs. 1 AMRK geschützte „Recht auf eine Erwiderung oder Berichtigung“ den Interessen der von der Berichterstattung betroffenen Personen oder Personengruppen. bb) Die afrikanische Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker In Afrika ist am 21. Oktober 1986 ebenfalls eine Menschenrechtscharta in Kraft getreten: die „Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker“, die in Bezugnahme auf ihren Entstehungsort auch kurz die Bezeichnung „Banjul Charta“ trägt.174 Die Banjul Charta enthält nicht nur Individualrechte, sondern in den Art. 27 bis 29 Banjul Charta auch Individualpflichten.175 In Bezug auf den menschenrechtlichen Gewährleistungsgehalt unterscheidet sich die Banjul Charta deutlich von den entsprechenden Menschenrechtskonventionen im europäischen und amerikanischen Rechtsraum,176 wobei ihre Verbürgungen teilweise den europäischen und amerikanischen Menschenrechtsstandard nicht erreichen, ihn teilweise jedoch auch übertreffen.177 In Art. 9 Banjul Charta wird die Informations- und Meinungsfreiheit knapp festgeschrieben. Art. 9 Abs. 1 der Banjul Charta lautet: „Jedes Individuum hat das Recht auf Information.“ Art. 9 Abs. 2 Banjul Charta betrifft die Meinungsäuße174 Die Charta wurde als Entwurf von der Ministerkonferenz der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) auf ihrer Tagung in Banjul vom 7. bis 19. Januar 1981 verabschiedet und anschließend der Versammlung der Staats- und Regierungschefs vom 24. bis 27. Juni 1981 in Nairobi vorgelegt, vgl. hierzu mit einer deutschen Übersetzung des Konventionstextes von S. Thomsen die Darstellung in: K. Madlener (Hrsg.), Jahrbuch für Afrikanisches Recht, Bd. 2 1981, S. 243 ff.; ferner ist die deutsche Übersetzung der Banjul Charta unter Bezugnahme auf die zuvor genannte Quelle abgedruckt in: EuGRZ 1986, S. 677 ff.; ebenfalls findet sich die Übersetzung von S. Thomsen in: B. Simma/U. Fastenrath (Hrsg.), Menschenrechte. Ihr internationaler Schutz, 6. Aufl. 2010, S. 659 ff.; siehe auch die englische Fassung der Charta mit einer „Introductory Note“ von R. Gittleman, in: International Legal Materials, Vol. XXI, 1982, S. 58 ff. Das genaue Datum der Verabschiedung der Charta wird in der Literatur und in den als Fundstellen genannten Quellen unterschiedlich (26., 27. oder 28. Juni 1981) angegeben; vgl. zur Genese und zum Bedeutungsgehalt der Banjul Charta auch die grundlegenden Ausführungen von K. Stern, Staatsrecht Band III/1, 1988, § 62 S. 303; ders., Staatsrecht Band III/2, 1994, § 94 S. 1579 ff. 175 Vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band III/2, 1994, § 94 S. 1579, 1581 f. 176 Vgl. die Ausführungen zur fehlenden „Referenz“ der Banjul Charta an die Amerikanische und die Europäische Menschenrechtskonvention, die aber dennoch die „Banjul Charta“ „inspiriert“ haben sollen, bei M. Wittinger, Jura 1999, S. 405 ff. (409 f.). 177 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band III/2, 1994, § 94 S. 1579 ff., der auch auf die in der Banjul Charta vorgenommene enge Verknüpfung von Rechten der „,ersten‘, ,zweiten‘ und ,dritten Generation‘“ hinweist. Teilweise wird in der Literatur für eine Unterscheidung der verschiedenen Entwicklungsstufen und Ausprägungen der Menschenrechte auch der Begriff der „Dimensionen“ verwendet, vgl. E. Riedel, EuGRZ 1989, S. 9 ff. (11 ff.); schlicht von „Kategorien“ spricht M. Wittinger, Jura 1999, S. 405 ff. (410).

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

rungsfreiheit sowie die Freiheit, seine Meinung zu verbreiten, und lautet: „Jedes Individuum hat das Recht, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen seine Meinung zu äußern und zu verbreiten.“178 Beide in Absatz 2 genannten Rechte gelten dabei also nicht absolut, sondern lediglich „im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen“. Die Gewährleistungen aus Absatz 1 und Absatz 2 sind nur auf „Individuen“ zugeschnitten, betreffen demnach also nur natürliche, nicht aber juristische Personen.179 Lediglich im Rahmen des nicht näher ausgestalteten Rechts auf Information und in Bezug auf das Recht, „seine Meinung“ („im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen“) „zu verbreiten“, könnte man einen Anknüpfungspunkt für eine Einbeziehung der Medien entdecken. Eine explizit ausgestaltete allgemeine oder auch näher spezifizierte Medienfreiheit enthält die Banjul Charta jedoch nicht. Vor diesem Hintergrund lassen sich aus den Menschenrechtsgewährleistungen der Banjul Charta keine Rückschlüsse auf ein etwaiges Medien- und Rundfunkbegriffsverständnis im Kontext dieser regionalen Menschenrechtskonvention ziehen. cc) Arabische Charta der Menschenrechte Die ursprüngliche Fassung der Arabischen Charta der Menschenrechte vom 15. September 1994180 wurde im Rahmen eines Gipfeltreffens der Arabischen Liga vom 22. bis 23. Mai 2004 in Tunis in einer grundlegend überarbeiteten Fassung neu beschlossen.181 Während die alte Fassung der Arabischen Charta der Menschenrechte das Recht auf Meinungsfreiheit gemeinsam mit dem „Recht auf Religionsund Gedankenfreiheit“ in knapper Formulierung im ehemaligen Art. 26 der Arabischen Menschenrechtscharta festschrieb, räumt die neue Fassung der Arabischen Menschenrechtscharta von 2004 den genannten Freiheiten breiteren Raum ein.182 Die 178

Dabei wird in manchen Übersetzungen jeweils anstatt der Formulierung „Jedes Individuum“ der Begriff „Jedermann“ verwendet, vgl. etwa die deutsche Übersetzung des Konventionstextes von S. Thomsen in: K. Madlener (Hrsg.), Jahrbuch für Afrikanisches Recht, Bd. 2 1981, S. 243 ff. (246). 179 Teilweise werden aber auch „Gruppen“ von natürlichen Personen geschützt wie Familien, Frauen, Kinder, Alte und Behinderte in Art. 18, vgl. hierzu M. Wittinger, Jura 1999, S. 405 ff. (410). 180 Eine deutsche Übersetzung der ursprünglichen, heute nicht mehr geltenden Fassung der Arabischen Charta der Menschenrechte ist abgedruckt in: B. Simma/U. Fastenrath (Hrsg.), Menschenrechte. Ihr internationaler Schutz, 5. Aufl. 2004, S. 721. 181 Vgl. hierzu die englische Textfassung mit deutschsprachigen Artikelbezeichnungen bei B. Simma/U. Fastenrath (Hrsg.), Menschenrechte. Ihr internationaler Schutz, 6. Aufl. 2010, S. 673 ff. mit FN 1; siehe hierzu auch M. G. Fischer/A. Diab, NJW 2007, S. 2972 ff. (2973). 182 Vgl. allgemein zur Entwicklung der menschenrechtlichen Gewährleistungen zwischen der Arabischen Charta der Menschenrechte von 1994 und der Neufassung von 2004 M. G. Fischer/A. Diab, NJW 2007, S. 2972 ff. (2974); die Autoren machen allerdings weiterhin Bedenken aufgrund der in der Präambel ausgewiesenen „Berücksichtigung“ (der diesbezügliche englische Text in der Präambel lautet: „[…] having regard to the Cairo Declaration on Human Rights in Islam“) „der mit den internationalen Menschenrechtsstandards unvereinbaren“ sog. „Kairoer Erklärung über Menschenrechte im Islam“ von 1990 geltend.

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Gedanken- und die Gewissensfreiheit sind neben der Religionsfreiheit nun in Art. 30, die „Informations- und Meinungsfreiheit“ in Art. 32 der Arabischen Menschenrechtscharta geregelt, wobei die Aufspaltung der ursprünglich in einem einheitlichen Artikel verorteten Freiheiten mit einer stärkeren Ausdifferenzierung der Freiheitsgewährleistungen einhergeht. Der aus medien- und rundfunkrechtlichem Blickwinkel interessierende Art. 32 der Arabischen Menschenrechtscharta lautet in englischer Fassung: „(1) The present Charter guarantees the right to information and to freedom of opinion and expression, as well as the right to seek, receive and impart information and ideas through any medium, regardless of geographical boundaries. (2) Such rights and freedoms shall be exercised in conformity with the fundamental values of society and shall be subject only to such limitations as are required to ensure respect for the rights or reputation of others or the protection of national security, public order and public health or morals.“183

In Art. 32 Abs. 1 Arabische Menschenrechtscharta werden also in genauerer Betrachtung die Informations-, die Meinungs- sowie die Meinungsäußerungsfreiheit gewährleistet, wobei ausdrücklich ergänzend das Recht festgeschrieben ist, „Informationen und Ideen durch jedes Medium zu suchen, zu erhalten und zu verbreiten“ – und zwar „ohne Rücksicht auf geographische Grenzen“. Von dieser weit gefassten Freiheitsgewährleistung dürften auch die Medien und damit der Rundfunk erfasst sein, wobei letzterer dank seiner technisch-physikalischen Beschaffenheit gerade in besonderer Weise nicht an bestimmte geographische Grenzen eines Staatsgebiets gebunden ist.184 Die tatsächliche Bedeutung der gewährten Freiheiten bemisst sich jedoch an ihren Einschränkungen, wie sie sich aus Art. 32 Abs. 2 dieser Charta ergeben. Dass die garantierten Rechte nur „in Übereinstimmung mit den grundlegenden Werten der Gesellschaft ausgeübt“ werden sollen und ergänzend durch solche Schranken wieder eingeschränkt werden können, „die erforderlich sind, um die Achtung der Rechte und des Ansehens anderer, den Schutz der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Gesundheit oder der Sitten zu garantieren“, eröffnet den Vertragsparteien weitgehende Möglichkeiten zur Relativierung der Freiheitsgarantien. Außer dem Umstand, dass die Medien grundsätzlich in die Schutzwirkungen im Rahmen des Art. 32 Abs. 1 der Arabischen Menschenrechtscharta einbezogen sind, lässt sich dem Regelwerk keine nähere begriffliche Umschreibung oder Definition einzelner Medienarten entnehmen, sodass sich hieraus auch keine Anhaltspunkte für mögliche Rückschlüsse auf ein spezifisches Rundfunkverständnis ergeben. Aufgrund der breit gewählten Formulierung (engl.: „through any medium“) lässt sich vielmehr ableiten, dass es den Verfassern der

183

Die englische Übersetzung ist entnommen aus B. Simma/U. Fastenrath (Hrsg.), Menschenrechte. Ihr internationaler Schutz, 6. Aufl. 2010, S. 673 ff. (679 f.). 184 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Chr. Heer-Reißmann in: D. Dörr/J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 1.

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

Charta gerade nicht auf eine Unterscheidung und Spezifizierung einzelner medialer Erscheinungsformen ankam.

3. Definitionsansätze zum Rundfunkbegriff im Völkerrecht Sowohl das universelle als auch das regionale Völkerrecht enthalten also – wie oben dargelegt – eine Vielzahl an Regelungen, die den Bereich des Rundfunks und den der Medien allgemein betreffen. Aufgrund der besonderen Struktur des Völkerrechts, das in wesentlichen Teilen neben dem Völkergewohnheitsrecht durch kompromissabhängige vertragliche Regelungen der einzelnen Völkerrechtssubjekte geprägt ist, hängt die Reichweite der getroffenen Vereinbarungen nach wie vor von den jeweiligen weltgeschichtlichen Rahmenbedingungen und auch von der politischen und kulturellen Nähe der Signatarstaaten zueinander ab. Vor diesem Hintergrund kann es in der Zusammenschau von universellem und dem geographisch begrenzten regionalen Völkerrecht kaum einheitliche Standards in der Verwendung der zugrunde liegenden Rechtsbegriffe geben, zumal auch die Reichweite etwa der in regionalen Völkerrechtspakten niedergelegten Menschenrechte und Freiheitsverbürgungen höchst unterschiedlich ausfallen kann.185 Darüber hinaus beziehen sich völkervertragliche Regelungen meist auf spezifische Sachverhalte, für die ein über einzelstaatliche Regelungen hinausgehendes besonderes Regelungsbedürfnis auf überstaatlicher Ebene besteht. Ähnlich wie beim Recht der Europäischen Union ist auch in diesem Fall die Verwendung von Rechtsbegriffen im Lichte der Zielsetzung der jeweiligen völkerrechtlichen Vereinbarung zu sehen.186 Vor diesem Hintergrund wird ersichtlich, weshalb den einzelnen völkerrechtlichen Regelungen kein gemeinsamer, eigenständiger völkerrechtlicher Rundfunkbegriff zugrunde liegen kann. Vielmehr lassen sich unterschiedliche Regelungsbereiche auf völkerrechtlicher Ebene ausmachen, die explizit oder implizit Rundfunk zum Gegenstand haben oder zumindest Bezüge zum Rundfunk aufweisen. Zwei Regelungsbereichen kommen dabei in rundfunkrechtlicher Hinsicht herausgehobene Positionen zu: zum einen dem internationalen Fernmeldewesen, das den Rundfunk insbesondere unter technischen Gesichtspunkten erfasst,187 zum anderen dem internationalen Menschenrechtsschutz unter dem Gesichtspunkt der freiheitsund kulturrechtlichen Bedeutung des Rundfunks und der Medien, wobei die me185

Vgl. insoweit etwa die vergleichende Darstellung zur EMRK, AMRK und zur BanjulCharta bei M. Wittinger, Jura 1999, S. 405 ff. 186 Vgl. insofern etwa auch unter konkreter Bezugnahme auf die Zielsetzungen der EMRK und „des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen“ C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 57 ff. (insbesondere auch S. 58). 187 Wobei gerade das klassische Völkerrecht viele Jahre von in erster Linie technischen Übereinkünften geprägt war, vgl. hierzu M. Kilian, Neue Medien ohne Grenzen? Das Völkerrecht und der Schutz nationaler kultureller Identität zwischen Bewahrung und Weltkultur, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 69 ff. (71).

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht

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dialen Freiheitsgewährleistungen stets einen engen Bezug zur Meinungs- und Meinungsäußerungsfreiheit aufweisen bzw. von diesen implizit mit umfasst sind.188 Darüber hinaus stellt auch der Schutz geistigen Eigentums im heutigen Medienrecht, das Antworten auf die vielfältigen Herausforderungen im Zusammenhang mit den Möglichkeiten einer „Online-Gesellschaft“ geben muss, einen weiteren bedeutsamen Regelungsbereich auf internationaler Ebene dar, auf den an dieser Stelle – auch aufgrund seiner eher untergeordneten Bedeutung für das Rundfunkbegriffsverständnis als solches – jedoch nicht vertiefend eingegangen werden kann.189 Trotz der großen Regelungsvielfalt, wird dennoch teilweise im Schrifttum versucht, einen (allgemeinen) völkerrechtlichen Rundfunkbegriff zu definieren. Dabei besteht allerdings schon hinsichtlich der Beurteilung Uneinigkeit, ob dem Bereich des Fernmeldewesens eine eigenständige Rundfunkbegriffsdefinition zugrunde liegt oder ob dieser Bereich vollständig aus dem völkerrechtlichen Rundfunkbegriffsverständnis auszuklammern ist.190 C. Bernard fasst den fernmelderechtlichen Rundfunkbegriff im Völkerrecht nach Erörterung der einzelnen Begriffsmerkmale wie folgt zusammen: „Im Vordergrund des internationalen fernmelderechtlichen Rundfunkbegriffs steht die funktechnische Übertragung, die sich an einen allgemeinen Empfängerkreis richtet. Hinzutreten muss die Unmittelbarkeit des Empfangs durch die Allgemeinheit. Übertragen werden können jegliche Signale, Schriftzeichen, Bilder oder Töne, die inhaltlich keiner Konkretisierung unterliegen.“191 Auch wenn C. Bernard zwar die grundsätzliche Erstreckung der menschenrechtlichen Gewährleistungen im Völkerrecht auf den Rundfunkbereich anerkennt, verneint sie mit Verweis auf die auch in rundfunkrechtlicher Sicht bedeutsamen „Souveränitätsvorbehalte“ der einzelnen Signatarstaaten und auf die lediglich implizite Erfassung des Rundfunks durch die Meinungs- und Informationsfreiheit die Existenz eines „autonomen“ „kulturell-rechtlichen Rundfunkbegriffs“ im Völkerrecht.192 Andere Autoren nehmen hingegen – materiell gerade auf diese kulturrechtliche Dimension des Rundfunkbegriffs bezogen – eine eigenständige völkerrechtliche 188 Vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 39 ff. (zu den Bezügen zur „Informations- und Meinungsfreiheit“ insbesondere auch S. 49), die zwischen einem „fernmelderechtlichen“ und einem „kulturell-rechtlichen Rundfunkbegriff“ unterscheidet; siehe aber auch Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 21 ff. (insbesondere auch Rdn. 28), der das technisch geprägte Fernmeldewesen von einem von ihm angenommenen völkerrechtlichen Rundfunkbegriff mit seiner inhaltlichen Prägung klar unterscheidet. 189 Vgl. für einen Überblick über völkerrechtliche Regelungen in diesem Bereich etwa Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 34. 190 Einen eigenständigen fernmelderechtlichen Rundfunkbegriff legt etwa C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 40 ff. (43 ff.) zugrunde. Das Fernmeldewesen und den Rundfunkbegriff im völkerrechtlichen Sinne dagegen voneinander unterscheidend Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 21 ff. (28). 191 So C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 43 ff. (48). 192 Vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 48 ff. (insbesondere auch 50).

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

Definition des Rundfunkbegriffs vor. So soll unter Rundfunk in dieser Hinsicht „die nicht gezielte Übermittlung von Informationen an eine unbestimmte Anzahl von Empfangsstationen“193 verstanden werden. Ein in dieser Weise weit verstandenes Begriffsverständnis würde insbesondere auch die „Neuen Medien“ in einen solchen völkerrechtlichen Rundfunkbegriff mit einbeziehen.194 Eine von den bereits genannten Ansichten wiederum zu unterscheidende Auffassung vertritt hinsichtlich der Einordnung eines völkerrechtlichen Rundfunkbegriffsverständnisses M. Kilian: Nach seiner Auffassung ist im Völkerrecht noch ungeklärt, ob dort eher ein enges oder weites Rundfunkbegriffsverständnis (unter Rückgriff auf die Begriffsmerkmale, die Einordnungsversuchen im innerstaatlichen Recht entstammen) zugrunde zu legen ist.195 Nach dem weiten Begriffsverständnis sei Rundfunk „jede für die Allgemeinheit bestimmte und elektronisch verbreitete Darbietung in Wort, Bild und Ton“, während engere Definitionen Rundfunk eher als „Veranstaltung und Verbreitung einer planhaften Folge von Darbietungen“ verstünden.196 Dabei benennt M. Kilian zwei unterschiedliche „Entwicklungen“ im Rahmen des Völkerrechts: die Verankerung des Menschenrechts „auf freien Informationsfluß“ (sic!), das in technischer Hinsicht „durch den individuellen Zugang Privater zu den vielfältigsten Kommunikationsnetzen“ geprägt sei.197 Während dieser Entwicklung ein wohl eher weites Begriffsverständnis dient, impliziert eine andere Entwicklung nach Auffassung von M. Kilian ein wohl eher enges völkerrechtliches Rundfunkbegriffsverständnis: „das internationale Wirtschaftsrecht, das den Rundfunk mit zur Programmindustrie rechnet und ihn den handelsliberalistischen Regeln des Markts unterwirft.“198 Von diesem engen Begriffsverständnis wären wegen seiner Aus193 So Chr. Tietje, in: E. Grabitz/M. Hilf/M. Nettesheim/H. G. Krenzler/Chr. Herrmann, Das Recht der Europäischen Union, Bd. V, E 27 (Stand 14. EL 1999) Rdn. 28 m. weit. Nachw.; siehe hierzu auch den dortigen Verweis auf die Definition bei R. Wolfrum, in: K.-H. Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch des Weltraumrechts, 1991, S. 368, der allerdings statt des Begriffs „Empfangsstationen“ den Begriff der „Bodenstationen“ im Rahmen seiner Definition verwendet. 194 Vgl. zur Problematik der Einbeziehung der „neuen Dienste“ in das Rundfunkbegriffsverständnis auf völkerrechtlicher Ebene M. Kilian, Neue Medien ohne Grenzen? Das Völkerrecht und der Schutz nationaler kultureller Identität zwischen Bewahrung und Weltkultur, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 69 ff. (73 ff.). 195 Vgl. M. Kilian, Neue Medien ohne Grenzen? Das Völkerrecht und der Schutz nationaler kultureller Identität zwischen Bewahrung und Weltkultur, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 69 ff. (73 ff.). 196 Vgl. M. Kilian, Neue Medien ohne Grenzen? Das Völkerrecht und der Schutz nationaler kultureller Identität zwischen Bewahrung und Weltkultur, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 69 ff. (73). 197 So M. Kilian, Neue Medien ohne Grenzen? Das Völkerrecht und der Schutz nationaler kultureller Identität zwischen Bewahrung und Weltkultur, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 69 ff. (73 ff., insbesondere auch 74). 198 So M. Kilian, Neue Medien ohne Grenzen? Das Völkerrecht und der Schutz nationaler kultureller Identität zwischen Bewahrung und Weltkultur, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G.

III. Sedes materiae rundfunkrechtlicher Regelungen im Völkerrecht

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richtung auf „planmäßige“ Programmabläufe zumindest viele neue Medienformen nicht erfasst.199 Die verschiedenen Ansätze zur Erfassung des völkerrechtlichen Rundfunkbegriffs zeigen trotz oder gerade wegen ihrer in erheblichem Maße unterschiedlichen Grundannahmen eines jedenfalls sehr deutlich: Bis heute besteht im juristischen Schrifttum kein Einvernehmen über die Frage der Existenz bzw. der genauen Ausformung eines spezifisch völkerrechtlichen Rundfunkbegriffs.

4. Zusammenfassende Betrachtung zum Rundfunkbegriff im Völkerrecht Der Bereich der Medien und speziell der Teilbereich des Rundfunks werden heute in vielfältiger Weise vom Völkerrecht erfasst. Seit der technischen Entwicklung des Rundfunks manifestierte sich das völkerrechtliche Interesse am Rundfunk zunächst an den widerstreitenden staatlichen Sichtweisen hinsichtlich des „free flow of information“ einerseits und des „prior consent“-Prinzips andererseits.200 Später rückten in Bezug auf Rundfunk und Medien mehr und mehr die völkerrechtlichen Gewährleistungen im Rahmen des internationalen Menschenrechtsschutzes in den Mittelpunkt der völkerrechtlichen Bemühungen. Mit wenigen Ausnahmen (etwa in Gestalt der in Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK enthaltenen „Rundfunkklausel“201) findet der Rundfunk im Rahmen der menschenrechtlichen Gewährleistungen jedoch keine ausdrückliche Erwähnung;202 vielmehr wird die Freiheit des Rundfunks zumeist implizit durch die jeweiligen Verbürgungen im Rahmen der Meinungs- oder auch der Informationsfreiheit mit gewährleistet.203 Implizit werden in diesem Zusammenhang aber auch andere mediale Erscheinungsformen erfasst, sodass in völkerrechtlicher Sicht für die menschenrechtlichen Gewährleistungen im Ergebnis nicht entscheidend ist, ob es sich nun um Rundfunk, Presse oder ein beliebiges drittes Medium handelt. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Schutzwirkungen der einzelnen KonvenSander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 69 ff. (74, hierzu auch 74 f.). 199 Vgl. M. Kilian, a.a.O., S. 75. 200 Vgl. hierzu etwa Chr. Heer-Reißmann in: D. Dörr/J. Kreile/M. D. Cole (Hrsg.), Handbuch Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Kap. B Rdn. 1 ff. 201 Zu diesem Begriff C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 52, 54 ff.; Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 68; U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines A Rdn. 30. 202 C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 50. 203 Vgl. etwa die Ausführungen bei M. Kilian, Neue Medien ohne Grenzen? Das Völkerrecht und der Schutz nationaler kultureller Identität zwischen Bewahrung und Weltkultur, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 69 ff. (74 f.); C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 49; R. Grote/ N. Wenzel, in: R. Grote/Th. Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 2006, Kap. 18 Rdn. 16 ff.

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4. Kap.: Der Rundfunkbegriff und das Völkerrecht

tionen und völkervertraglichen Regelungen im Rahmen der Meinungs-, Meinungsäußerungs- oder etwa der Informationsfreiheit auch auf die Nutzung der Medien erstrecken. Die fernmeldespezifischen völkerrechtlichen Vertragswerke bedienen sich ihrerseits – wie gesehen – teilweise eigener Begriffsdefinitionen, soweit sie zur Erfüllung und Anwendung der Vereinbarungen erforderlich sind. So enthält beispielsweise das internationale Fernmelderecht seit der Errichtung des damaligen Internationalen Fernmeldevertrages, der durch die „Konstitution und Konvention der Internationalen Fernmeldeunion“ abgelöst wurde, eine eigenständige Definition des Funkdienstes204 (siehe oben 4. Kap. III. 1. d)). Allerdings kann auch eine solche Definition nur dem Vertragswerk zugrunde gelegt werden, dem sie entstammt, da eine Übertragung auf andere völkerrechtliche Vertragswerke möglicherweise dem Willen der jeweiligen Signatarstaaten widersprechen und zudem die Intention der Vereinbarungen verfehlen könnte. Teilweise werden durch völkerrechtliche Regelungen, wie die noch geltende Fassung des „Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen“ des Europarates bezüglich der fehlenden Erstreckung ihres Geltungsbereichs auf den Hörfunk oder auch auf bestimmte neue mediale Erscheinungsformen deutlich zeigt, nur bestimmte Bereiche des Rundfunks in materiell-rechtlicher Hinsicht, nicht jedoch der Rundfunk in einem umfassenden Sinne erfasst.205 Vor diesem Hintergrund gibt es im Völkerrecht keinen eigenständigen Rundfunkbegriff,206 der für alle völkerrechtlichen Regelungen im universellen und regionalen Bereich zugleich Geltung entfalten könnte. Die Reichweite der völkerrechtlichen Regelungen und die ihnen zugrunde liegenden Rechtsbegriffe sind vielmehr im Lichte des jeweiligen spezifisch-völkerrechtlichen Zusammenhangs zu klären,207 so wünschenswert eine einheitliche Begriffsterminologie aus Gründen der Rechtsklarheit – auch unter dem Aspekt der Gewinnung einheitlicher universellvölkerrechtlicher Standards – auch wäre.

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Vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 40 ff., 43. Vgl. H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 71. 206 Zu diesem Ergebnis gelangt auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 50. 207 Siehe auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 40. 205

5. Kapitel

Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen und Ausblick Es wurde festgestellt, dass der Rundfunkbegriff im Mehrebenensystem, soweit er auf der einzelnen Ebene überhaupt existent ist, eine sehr unterschiedliche Ausgestaltung – auch hinsichtlich seiner definitorischen Reichweite – erfahren hat.1 Dabei werden insbesondere im Europarecht teilweise auch andere Begrifflichkeiten zugrunde gelegt, die zwar weitreichende Schnittmengen mit dem einfachgesetzlichen oder auch verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff aufweisen, beiden jedoch in ihrem Bedeutungsgehalt nicht entsprechen. Im Folgenden soll nun erörtert werden, welche Schlussfolgerungen verfassungsrechtlicher Art aus den gewonnenen Erkenntnissen zu ziehen sind. Auf dieser Grundlage soll schließlich ein Ausblick gewagt werden.

I. Das Erfordernis terminologischer Abgrenzung Auf den unterschiedlichen Ebenen ist die Definition und Reichweite des Rundfunkbegriffs bzw. weiterer Begrifflichkeiten funktional mit der Zwecksetzung des jeweiligen Rechtsrahmens verbunden.2 So fällt die Zuordnung medialer Erscheinungsformen zum Rundfunkbegriff bzw. zu weiteren (medialen) Rechtsbegriffen auf den einzelnen Regelungsebenen höchst unterschiedlich aus.3 Gerade im verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Zusammenhang bereiten dabei die Abgrenzungsbemühungen zu anderen Medien und zu ihren spezifischen, ihnen zugeordneten Begriffen teils erhebliche Schwierigkeiten. Im einfachgesetzlichen Bereich kommt der Abgrenzung der unterschiedlichen Medien, insbesondere des Rundfunks, der Presse und der Telemedien, große Bedeutung zu, da mit der Zuordnung einzelner Medien zu den jeweiligen Rechtsbegriffen signifikante Unterschiede in der Regulierungsreichweite verbunden sind.4 Das Grundgesetz markiert im Rahmen der 1 Vgl. in diesem Zusammenhang auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157 ff. 2 Vgl. hierzu auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 8, 157 f. 3 Siehe hierzu die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157 f. 4 F. Fechner spricht in diesem Zusammenhang insbesondere auch die damit verbundene „Zulassungspflicht für die Veranstaltung privaten Rundfunks“ an, vgl. F. Fechner, in: K. Stern/

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

Gewährleistungen aus Art. 5 Abs. 1 GG zunächst eine klare „Trennlinie“5 zwischen den im dortigen Satz 1 enthaltenen individuellen Kommunikationsfreiheiten und den massenmedialen Freiheiten, die in Satz 2 gewährleistet werden.6 Darüber hinaus ist auch im verfassungsrechtlichen Sinne eine terminologische Abgrenzung der einzelnen (Massen-)Medien, insbesondere zwischen Rundfunk und Presse von entscheidender Relevanz, da die Ausgestaltung der entsprechenden Freiheitsgrundrechte durch das Bundesverfassungsgericht – gerade im Hinblick auf die „Besonderheiten“7 bzw. auf die nach wie vor bestehende, in ihrer Begründung allerdings angepasste „Sondersituation“8 des Rundfunks in seiner öffentlich-rechtlichen Variante – höchst unterschiedlich erfolgt ist.9 Gleichwohl wird die Ausdifferenzierung der Massenmedienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in der Literatur teilweise als „historisch“ bedingtes Relikt10 verstanden und eine Ausweitung bzw. Vereinheitlichung zu einer umfassenden Medienfreiheit gefordert, die ohne weiteres neue mediale Erscheinungsformen erfassen könnte.11 Sollte die Errichtung einer allgemeinen Medienfreiheit mit einer solchen Ausgestaltung einhergehen, dass ihr nicht nur die Funktion einer die speziellen Medienfreiheiten überwölbenden „Dachfreiheit“ zukommen, sondern sie vielmehr an die Stelle der ausdifferenzierten Einzelfreiheiten treten soll, hätte dies jedoch weitreichende Auswirkungen etwa auf das Verständnis des Grundversorgungsauftrags im Bereich des heutigen Rundfunkwesens und auf die damit verbundene Aufgabenzuweisung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.12 F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121; Chr. Degenhart spricht sich hinsichtlich des Rundfunkauftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für „weitergehende Differenzierungen“ aus, sofern „die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sich nicht zu Multimedia-Unternehmen entwickeln“ sollen, vgl. Chr. Degenhart, ZUM 2009, S. 374 ff. (378). 5 So W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488). 6 Vgl. hierzu W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488). 7 So F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121. 8 BVerfGE 73, 118 (121 ff.); vgl. hierzu etwa B. Pieroth/B. Schlink, Grundrechte, 27. Aufl. 2011, Rdn. 622. 9 Vgl. hierzu F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121; W. Schulz weist zudem auf die unterschiedlichen Regulierungsmittel hin, die das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Presse- und Rundfunkfreiheit „für geboten erachtet“, vgl. W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488). 10 So ist nach F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 58 die „Dreiheit“ der Gewährleistungen „rein historisch bedingt“. 11 Vgl. etwa F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 58 ff.; a. A. wohl B. Pieroth/B. Schlink, Grundrechte, 27. Aufl. 2011, Rdn. 591, die im Rahmen ihrer Ausführungen folgendes feststellen: „Die Zusammenfassung […] der letzten drei Grundrechte (Anm. des Verfassers: gemeint sind die Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit) zu einer einheitlichen Medienfreiheit kann keine normativen Wirkungen über die einzelnen Grundrechte hinaus entfalten.“ 12 Trotz seiner Forderung nach einer einheitlichen Medienfreiheit ist jedoch auch F. Fechner der Auffassung, dass eine „Unterscheidung der Medienformen“ „auch künftig von Bedeutung“ sei – und zwar sowohl im verfassungsrechtlichen als auch im einfachgesetzlichen

II. Sinnhaftigkeit einer Harmonisierung des Rundfunkbegriffs

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Eine gänzliche Aufgabe der grundgesetzlichen Differenzierung in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG könnte sich auf zweierlei Weise auswirken: entweder könnte die Sonderdogmatik hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Gänze aufgegeben oder aber im Gegenteil eine Sonderdogmatik für öffentliche-rechtliche Medienanbieter begründet werden, die sich auf das gesamte Medienspektrum gleichermaßen bezieht. Eine solche, auch den Pressebereich13 umfassende Konstruktion würde allerdings der gewachsenen differenzierenden verfassungsrechtlichen Tradition im Medienbereich14 grundlegend widersprechen und kann daher nicht überzeugen. Insofern ist es geboten, die verfassungsrechtlichen Differenzierungsmöglichkeiten in Bezug auf die Sonderdogmatik, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk betrifft, auch für die Zukunft zu erhalten.15

II. Sinnhaftigkeit einer Harmonisierung des Rundfunkbegriffs im Mehrebenensystem Auf den unterschiedlichen Rechtsebenen kommt es nicht nur zu unterschiedlichen Reichweiten16 der jeweiligen Rundfunkbegriffe als solcher. Vielmehr wird teilweise auf manchen Rechtsebenen sogar eine vom Rundfunkbegriff losgelöste Terminologie verwendet, wie dies etwa im europarechtlichen Zusammenhang im Rahmen der AVMD-Richtlinie mit dem Begriff des „audiovisuellen Mediendienstes“ der Fall ist. Gleichwohl stehen die einzelnen Begriffe nicht beziehungslos nebeneinander, sondern weisen vielmehr inhaltliche Verbindungslinien und Bezüge zueinander auf, wenngleich es sich jeweils um eigenständige medienspezifische Rechtsbegriffe Sinne, vgl. F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121. 13 Vgl. zu der Gefahr, dass eine „öffentlich-rechtliche Presse“ entstehen könnte die Ausführungen bei P. H. Klickermann, MMR 2008, S. 793 ff. (794) unter Bezugnahme auf die Internetpräsenz der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (www.faz.net) M. Hanfeld, „Rundfunkstaatsvertrag. Öffentlich-rechtliche Textkonzerne“, abrufbar unter: http://www.faz.net/ aktuell/feuilleton/medien/rundfunkstaatsvertrag-oeffentlich-rechtliche-textkonzerne1548618.html – zuletzt besucht am 06. 12. 2012 um 01:01 Uhr; siehe ferner auch stellvertretend für viele weitere kritische Äußerungen Focus-Online, F. Fleschner, „Eine öffentlich-rechtliche Presse brauchen wir nicht“, abrufbar unter: http://www.focus.de/kultur/medien/medien-eineoeffentlich-rechtliche-presse-brauchen-wir-nicht_aid_305518.html – zuletzt besucht am 06. 12. 2012 um 01:09 Uhr. 14 Siehe hierzu F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121. 15 Vgl. auch die Ausführungen bei F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), GrundrechteKommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121, der eine „Abgrenzung von Presse- und Rundfunkfreiheit nur insoweit“ im verfassungsrechtlichen Sinne als „erforderlich“ ansieht, „als der öffentlichrechtliche Rundfunk durch die Rechtsprechung des BVerfG aufgrund des Postulats der ,dienenden Freiheit‘ und dessen Funktionsauftrag Besonderheiten aufweist“. 16 Vgl etwa zum verfassungsrechtlichen und dem von der Autorin angenommenen europarechtlichen Rundfunkbegriff insoweit auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157 f., sodann allgemein auch S. 157 ff.

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

handelt. So wird der seit dem 12. RÄStV neu definierte einfachgesetzliche Rundfunkbegriff wesentlich durch europarechtliche Vorgaben und hier insbesondere auch durch die AVMD-Richtlinie und die in ihr enthaltenen Differenzierungskriterien (Stichwort: „Linearität“ und „Nicht-Linearität“ bei der Zuordnung einzelner Dienste) geprägt.17 Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, ob zur Vermeidung von Unsicherheiten und Inkongruenzen in der Begriffsverwendung im Mehrebenensystem eine weitere Anpassung der Begrifflichkeiten und ihres definitorischen Bedeutungsgehalts möglich und auch sinnvoll erscheint.18

1. Der Rundfunkbegriff als „definitorisches Chamäleon“ Zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff führt das Bundesverfassungsgericht bereits im Rahmen seiner Baden-Württemberg-Entscheidung aus: „Der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verwendete Begriff ,Rundfunk‘ läßt sich nicht in einer ein für allemal gültigen Definition erfassen. Inhalt und Tragweite verfassungsrechtlicher Begriffe und Bestimmungen hängen (auch) von ihrem Normbereich ab; ihre Bedeutung kann sich bei Veränderungen in diesem Bereich wandeln (vgl. BVerfGE 73, 118 [154]).“19 In dieser Passage der Entscheidung kommt zum Ausdruck, dass sich nicht nur die Rundfunkbegriffe im Mehrebenensystem voneinander unterscheiden, sondern vielmehr auch dem Bedeutungsgehalt des verfassungsrechtlich determinierten Rundfunkbegriffs des Grundgesetzes als solchem eine Wandlungsfähigkeit zuerkannt wird.20 Dabei hängt die Bedeutung des Rundfunkbegriffs auch von den tatsächlichen technologischen Entwicklungen ab, die in wertender Betrachtung hinsichtlich neuer Dienste ergänzende Begriffszuordnungen erforderlich machen. So, wie es manchen Lebewesen im Tierreich gelingt, sich (zu Tarnungszwecken) perfekt an ihre Umgebung anzupassen, soll sich also auch der Rundfunkbegriff im verfassungsrechtlichen Sinne an seine medienspezifische Umgebung und die jeweiligen technischen Neuerungen anpassen können. Wenngleich hier eine „umgebungsspezifische“ Anpassung wohl nicht zur Tarnung, sondern vielmehr zur umfassenden Gewährleistung grundrechtlichen Schutzes im Bereich der Massenkommunikation auf der Grundlage der insbesondere auch dem Rundfunk immanenten

17 Vgl. hierzu die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt, in: R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (39. AL 2009), Kap. A 2.10 (dort S. 3), sowie ebda., Stand 41. AL 2009, Kap. B 5 § 2 RStV (dort S. 7 f.). 18 Vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 158, die in diesem Zusammenhang auch das Ziel der Vermeidung von „Kollisionen bei der Zuordnung und Regulierung“ anspricht. 19 BVerfGE 74, 297 (350); vgl. hierzu etwa auch W. Schulz ZUM 1996, S. 487 ff. (488); K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (101). 20 Vgl. etwa K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1668 f.

II. Sinnhaftigkeit einer Harmonisierung des Rundfunkbegriffs

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„dienenden“ Zielsetzung21 erfolgen soll, wird es dem Rechtsanwender schon beim verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff erheblich erschwert, die rundfunktypischen Konturen im medialen Umfeld klar zu erkennen. An diesem Umstand hat die zunehmende Medienkonvergenz wesentlichen Anteil. Legt man diese Wandlungsfähigkeit des Rundfunkbegriffs im verfassungsrechtlichen Sinne zugrunde22 und betrachtet man dabei den Bedeutungsgehalt, der dem Rundfunkbegriff oder anderen in diesem Zusammenhang verwendeten Rechtsbegriffen auf anderen Rechtsebenen zukommt, so erweisen sich sowohl die Rundfunkbegriffe als auch die anderen medienspezifischen Rechtsbegriffe insgesamt als überaus facettenreich, wenn auch die Anpassungsfähigkeit der einzelnen Begriffe außerhalb des Verfassungsrechts auf den weiteren Rechtsebenen aufgrund ihrer mehr oder weniger präzisen Definitionen durchaus variieren kann. Doch wie die jüngere Geschichte des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrags gezeigt hat, wird ein Mangel an begriffsimmanenter Anpassungsfähigkeit durch gesetzgeberische Gestaltungen kompensiert. Zu Recht kann der Rundfunkbegriff – wobei genau genommen eine pluralische Verwendung des Begriffes gewählt werden müsste – damit als „definitorisches Chamäleon“ bezeichnet werden.

2. Die Schaffung eines definitorischen Gleichklangs als rundfunkrechtliches Postulat? Aus Gründen der Rechtsklarheit und zur Vermeidung zusätzlicher Abgrenzungsschwierigkeiten,23 die sich aus der unterschiedlichen Reichweite der spezifischen, auf die jeweilige Rechtsebene bezogenen Begrifflichkeiten im Rundfunkbereich ergeben,24 wäre ein definitorischer Gleichklang sicherlich hilfreich.25 Will man jedoch einen Rundfunkbegriff schaffen, der für alle Rechtsebenen und -gebiete dieselbe Definition und Reichweite erhält, ergeben sich zahlreiche Problemstellungen, die nicht ohne weiteres überwunden werden können. Wollte man einen allgemein gültigen Rundfunkbegriff etablieren, so stünden grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung: entweder passen sich alle Rundfunkbegriffe einem bereits auf einer Rechtsebene bestehenden bestimmten Rundfunkbegriffsverständnis an oder aber es wird ein gänzlich neuer Rundfunkbegriff kreiert, der lediglich jeweils einzelne Begriffsmerkmale bestehender Begriffsdefinitionen in sich aufnimmt. In beiden Alternativen verlören die einzelnen Rundfunkbegriffe und die sonstigen in 21 Vgl. hierzu stellvertretend für viele H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 89 ff.; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1668, 1651. 22 Vgl. hierzu nochmals K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1668 f. 23 Vgl. E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 96 f., 131. 24 Vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157 f., 163 f. 25 Vgl. auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 158; E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 96 f., 131.

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

diesem Kontext verwendeten Begrifflichkeiten, denen eine spezifisch-funktionale und kontextbezogene Bedeutung auf der jeweiligen Rechtsebene26 zukommt, ihre Autonomie. Da insbesondere der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff nicht durch andere Rundfunkbegriffe in seinem Bedeutungsgehalt bestimmt werden kann27, käme so gesehen nur in Betracht, dass sich alle Rundfunkbegriffe am verfassungsrechtlichen Begriffsverständnis ausrichten. Eine solch verfassungszentrierte Sichtweise würde aber den besonderen Anforderungen des Europarechts nicht genügen. So könnte eine solche den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff in den Fokus rückende Sichtweise weder den allgemeinen unionsvertragsrechtlichen Anforderungen noch dem spezifischen Regelungsbedürfnis auf europäischer Ebene in hinreichender Weise Rechnung tragen, da die definitorische Reichweite des Rundfunkbegriffs einfach zu groß wäre. Ein so weites Begriffsverständnis würde auch im einfachgesetzlichen Zusammenhang eine wirksame gefährdungsspezifische Regulierung der einzelnen medialen Angebote28 erheblich gefährden, wenn nicht sogar aufgrund fehlender Binnendifferenzierungen unmöglich machen.29 Ein anderes Ergebnis wäre allenfalls nur dann denkbar,30 wenn der verfassungsändernde Gesetzgeber einschreiten und weitere verfassungsrechtliche Freiheitsgewährleistungen im Bereich der Medien etablieren würde, die ihrerseits dann eine engere Begrenzung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs gegenüber dem materiellen Geltungsbereich solcher Rechtsbegriffe, die den weiteren Freiheitsgewährleistungen zugrunde liegen, erforderlich machen könnten. Von R. Schütz wurde im zeitlichen Zusammenhang mit der Verabschiedung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages vorgeschlagen, „dass der Rundfunkstaatsvertrag als ,Staatsvertrag über audiovisuelle Medien‘ einen allgemeinen Ordnungsrahmen für elektronische Inhalte“31 aufstellen könnte, um auf diese Weise die einfachgesetzlichen Regelungen mit den Vorgaben aus der AVMD-Richtlinie und denen des Verfassungsrechts zu harmonisieren.32 „Innerhalb eines solchen Rechts26 Vgl. in diesem Zusammenhang auch H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 68 ff.; C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157 f., 163 f. 27 Vgl. hierzu etwa H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 71; W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488) m. weit. Nachw.; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1663. 28 Vgl. zu der im Rahmen des Ausgestaltungsauftrages seitens des einfachen Gesetzgebers bestehenden Möglichkeit, „ein dienstespezifisch abgestuftes Regulierungsmodell zu schaffen“, die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1672. 29 A. A. hingegen E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 96 f., der eine Art Regel-Ausnahme-System im einfachgesetzlichen Regulierungszusammenhang vorschlägt; vgl. zur Notwendigkeit einer begrifflichen Ausdifferenzierung im einfachgesetzlichen Rahmen C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 163 f. 30 A. A. allerdings wohl E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 96 f. 31 So R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (231). 32 Vgl. insoweit R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (231 f.).

II. Sinnhaftigkeit einer Harmonisierung des Rundfunkbegriffs

391

rahmens“33 sieht R. Schütz dabei Ausgestaltungsoptionen im Sinne einer auf zwei Stufen gründenden Regulierung.34 Hierbei bleibt allerdings unerwähnt, dass die AVMD-Richtlinie etwa den Hörfunk nicht von ihrem Anwendungsbereich umfasst35 und somit auch weitere strukturelle Unterschiede zum Rundfunkstaatsvertrag bestehen, die nicht ohne weiteres durch eine solche Anpassung übergangen werden können. Fraglich erscheint zudem, ob im Falle einer parallelen Ausrichtung beider Regelungswerke mit einer entsprechend einheitlichen Terminologie die jeweils voneinander abweichenden funktionellen Ziele36 noch erreicht werden könnten. So hilfreich sich eine einheitliche Terminologie sowie ein einheitlicher Bedeutungsgehalt des Rundfunkbegriffs im Mehrebenensystem aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit auch erweisen würden,37 so schwierig erscheint zugleich eine Realisierbarkeit dieser Postulate. Angesichts der bereits absehbaren Schwierigkeiten, die sich im Falle einer Vereinheitlichung des Rundfunkbegriffsverständnisses38 und einer universellen Anwendbarkeit des Rundfunkbegriffs hinsichtlich der besonderen Funktionsbezogenheit der Begriffsbedeutung auf den einzelnen rechtlichen Gestaltungsebenen39 ergeben würden, erscheint die Inkaufnahme von Unklarheiten hinsichtlich der exakten Reichweite des jeweils kontextbezogenen Begriffsverständnisses jedenfalls solange hinnehmbar,40 bis der mediale Entwicklungsstand eine grundsätzliche Neuausrichtung erlaubt, die eine zwar nach Regulierungserfordernissen differenzierende, den Bedürfnissen im Mehrebensystem damit entsprechende, aber dennoch terminologisch einheitliche Begriffszuordnung ermöglichen könnte.

33

So R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (231). Vgl. R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (231 f.). 35 Vgl. Erwägungsgrund 23 der AVMD-Richtlinie (Richtlinie 2010/13/EU); siehe auch E.-M. Michel, ZUM 2009, S. 453 ff. (455); Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 105; auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 158 stellt in diesem Zusammenhang in zustimmungswürdiger Weise fest, dass „sich die europarechtlichen Regelungen nur auf Teilbereiche des Rundfunks“ bezögen. Diese Feststellung ist auch nach Etablierung der AVMD-Richtlinie nach wie vor zutreffend. 36 Vgl. hierzu nochmals C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157 f., 163 f. 37 Vgl. hierzu C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 158; E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 96 f., 131. 38 Siehe hierzu etwa C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 163 ff. 39 Vgl. hierzu nochmals C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 157, 163. 40 Vgl. bereits die Darstellung von Chr. Betzler, Finalität des Rundfunkbegriffs, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 155 ff. (164), in der sie folgende Auffassung vertritt: „Die Diskussion um den jeweils adäquat weiten oder engen Rundfunkbegriff als Tatbestandselement muß deshalb auf drei Ebenen, EG, Bund und Land, kontrovers verlaufen und ggf. divers ausgehen.“ 34

392

5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

III. Die Anwendbarkeit des Rundfunkbegriffs auf neue Kommunikationsformen Hinsichtlich der grundsätzlichen Einordnungen des Verhältnisses neuer Kommunikationsformen zum Rundfunkbegriff kann an dieser Stelle auf die entsprechenden Erörterungen unter Punkt IV. in diesem Kapitel verwiesen werden. Im Folgenden sollen allerdings in perspektivischer Betrachtungsweise einige verfassungsrechtliche Problemstellungen aufgegriffen werden, die sich aus der Entwicklung und Etablierung neuer Kommunikationsformen ergeben.

1. Die Dynamik und Technologieneutralität des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs in seiner Anwendung auf neue Kommunikationsformen Mit der Etablierung der „Bestands- und Entwicklungsgarantie“41 zur Absicherung der Aufgaben, die der Erfüllung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegen, hat das Bundesverfassungsgericht wesentliche Grundlinien im Rahmen seiner rundfunkbezogenen Rechtsprechung verankert, durch die die Erfassung neuer medialer Erscheinungsformen auch unter der Nutzung neuer, vom jeweiligen technischen Entwicklungsstand abhängiger Verbreitungswege durch den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff möglich geworden ist bzw. – genauer gesagt – auf der Grundlage derer die ohnehin der grundrechtlichen Gewährleistung zugrunde liegende Entwicklungsoffenheit eine Klarstellung durch Richterspruch erfahren hat.42 Weitgehend unstreitig ist damit die begriffliche Erfassung klassischer Fernseh- und Hörfunkprogramme über neue Verbreitungswege.43 Auch hinzutretende Interaktivität wird nach überzeugender Ansicht nicht als ausreichend erachtet, um eine Erfassung entsprechender interaktiver Rundfunkangebote durch den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff abzulehnen.44 Heute stellt sich allerdings in verfassungsrechtlicher Hinsicht die Frage, wie weit der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff gerade vor dem Hintergrund immer neuer und konvergierender elektronischer Medien tatsächlich gefasst werden kann, ohne den terminologischen Bedeutungsgehalt des ihm zugrunde liegenden, im Grundgesetz verankerten Freiheitsrechts im Wege der Auslegung zu überdehnen. Gerade im Bereich onlineba41

BVerfGE 74, 297 (350 f.); 83, 238 (298 ff.); siehe hierzu auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1651. 42 BVerfGE 74, 297 (350 f.). 43 Vgl. hierzu stellvertretend für viele T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 56 ff.; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1670 f. 44 So sieht K. Stern etwa „die Möglichkeit der Interaktivität“ als „im Rahmen des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs irrelevant“ an, vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1675; kritisch äußert sich in dieser Hinsicht hingegen F. C. Mayer, NJW 1996, S. 1782 ff. (1788).

III. Anwendbarkeit auf neue Kommunikationsformen

393

sierter Dienste wird grundsätzlich eine rundfunktypische Verbreitungsweise der entsprechenden Inhalte anzunehmen sein, ohne dass solche Dienste allerdings in ihrem Erscheinungsbild noch starke Verbindungslinien zu klassischen Rundfunkangeboten aufweisen. Gerade eine massenhafte Verbreitung nutzergenerierter Inhalte etwa im Rahmen von Web 2.0-Angeboten, deren Reichweite – wie gesehen – entscheidend von den individuellen Vorgaben der Nutzer abhängig ist, oder auch solcher medialer Inhalte, die eher einem Onlinesurrogat für die gedruckte Presse45 entsprechen oder auch Mischformen darstellen, lassen an einer berechtigten Erfassung durch den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff und damit auch an einer hinreichend klaren Zuordnung der einzelnen „Neuen Medien“ zum grundrechtlichen Gewährleistungsgehalt der in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisteten Freiheiten zweifeln. Eine weite und dynamische Auslegung des derzeitigen Rundfunkbegriffs ist dabei gegenwärtig allerdings schon deshalb erforderlich, weil es an passgenaueren Alternativen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen mangelt. Die Annahme ergänzender ungeschriebener Freiheitsgrundrechte, wie sie teilweise in der Literatur vertreten wird,46 erweist sich allerdings aufgrund des klaren Wortlauts des Art. 5 Abs.1 Satz 2 GG de lege lata als problematisch. Entscheidend wird es künftig darauf ankommen, dass der Rundfunkbegriff im verfassungsrechtlichen Sinne seine erforderliche Dynamik behält, ohne allerdings auf wesensfremde mediale Angebote ausgedehnt zu werden. Zum Zwecke einer angemessenen grundrechtlichen Absicherung der „Neuen Medien“ und der weiteren massenmedialen Kommunikationsformen sind mittelfristig Aktualisierungen der verbürgten Schutzgewährleistungen in Art. 5 Abs. 1 GG seitens des verfassungsändernden Gesetzgebers erforderlich, da die äußere Grenze der Begriffsauslegung im Rahmen der Zuordnung neuer Mediendienste zu den überkommenen klassischen Medienfreiheiten des Grundgesetzes erreicht ist.

2. Konsequenzen für die verfassungsrechtliche Differenzierung zwischen Rundfunk- und Pressefreiheit Die gewachsene, auch vom Bundesverfassungsgericht wesentlich geprägte47 verfassungsrechtliche Differenzierung zwischen der Rundfunk- und Pressefreiheit 45 Vgl. zum „Pressesurrogat“ im Falle „elektromagnetischer Alternativverbreitung“ die Ausführungen bei Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 675. 46 Vgl. den Vorschlag einer „Internetfreiheit“ bei W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (insbesondere auch 525, 532); vgl. auch zur Annahme einer allgemeinen „Medienfreiheit“ F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121 ff. (insbesondere auch 134 ff.); gegen die Annahme einer „allgemeinen Medienfreiheit“ H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 39. 47 Vgl. F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121.

394

5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

ist längst noch kein Anachronismus.48 Selbst wenn zahlreiche sog. „Neue Medien“ immer weiter an medialer und tatsächlicher Relevanz gewinnen, bleiben bislang auch der klassische Rundfunk und die klassische Presse mit ihren spezifischen Wirkungsweisen und Potenzialen im Prozess der Meinungsbildung wesentliche Säulen der Medienlandschaft. Wie bereits festgestellt, haben jedoch Presse- und Rundfunkunternehmen das Internet und damit zusammenhängende Onlineangebote für sich als gemeinsamen und damit die jeweiligen Einwirkungsbereiche überschneidenden Markt entdeckt,49 wobei die angebotenen elektronischen Inhalte im Gegensatz zu den jeweiligen Stammmedien der Unternehmen ihre Unterscheidbarkeit nahezu eingebüßt haben50 (vgl. oben unter 3. Kap. III. 2.). Während heute schon verstärkt auf sog. E-Reader51 zurückgegriffen wird, zeichnen sich bereits Tendenzen ab, dass in der Zukunft bevorzugt auch flexible Displays im Rahmen einer E-PaperRezeption zum Einsatz kommen werden, die dem Betrachter das haptische Gefühl einer Zeitung oder einer Zeitschrift vermitteln, dabei allerdings nicht auf der Printtechnik basieren, sondern die entsprechenden Inhalte vielmehr auf rundfunktypische Weise an die Leserin oder den Leser bzw. den Rezipienten übertragen werden. Dabei kann aus heutiger Sicht nur gemutmaßt werden, welche Auswirkungen die Etablierung entsprechender Endgeräte auf die künftige Nachfrage nach „echten“ Printerzeugnissen haben wird. Entscheidend werden diesbezüglich vor allen Dingen die Rezipientenansprüche sein, wobei entsprechende Rezipientenerwartungen auch heute schon das Onlineengagement von Presse- und Rundfunkunternehmen maßgeblich bestimmen.52 Auch wenn es bei solchen flexiblen Displays an einer Verkörperung der entsprechenden Inhalte, wie sie bei klassischen Zeitschriften und Zeitungen gegeben ist,53 dauerhaft fehlen wird, wird durch die Beschaffenheit 48

Wenngleich nach zutreffender Darstellung von O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (15) einer Unterscheidung beider Freiheiten früher, als noch keine weitergehende Binnendifferenzierung im Rahmen einer einfachgesetzlich abgestuften Regulierung solcher Angebote, die unter den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff fallen, möglich war, noch eine wesentlich größere Bedeutung zukam. 49 Vgl. auch die Ausführungen bei St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22); siehe ferner auch Chr. Weiner/Chr. Schmelz, K&R 2006, S. 453 ff. (454 f.). 50 Als überaus problematisch erweisen sich insoweit die Versuche, die entsprechenden Online-Aktivitäten von Presseunternehmen zumindest „annexweise“ im Rahmen der Pressefreiheit zu erfassen, vgl. hierzu aber die entsprechenden Ansichten von M. Bullinger/E.-J. Mestmäcker, Multimediadienste, 1997, S. 62; Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/ K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (113. AL 2004) Rdn. 675, 686 f. 51 Siehe auch die Ausführungen von M. Rehbinder/St. Schmaus, ZUM 2002, S. 167 ff. (167), die im Rahmen ihrer Ausführungen auf die Funktionsweise sog. „E-Book-Lesegeräte“ eingehen. 52 Vgl. hierzu auch St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22) insbesondere in Bezug auf die Nutzung der internettypischen „Archivfunktion“. 53 Vgl. F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 123; St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22 f.); vgl. ferner auch die Ausführungen bei H. SchulzeFielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 89 ff.

III. Anwendbarkeit auf neue Kommunikationsformen

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des in Betracht kommenden Empfangsgeräts der haptische Eindruck eines klassischen Printmediums imitiert. Allerdings wird dieser haptische Eindruck auch angesichts denkbarer ergänzender Rezeptions- oder auch Interaktionsmöglichkeiten nicht geeignet sein, eine über vernünftige Zweifel in jeder Hinsicht erhabene Zuordnung entsprechender Angebote zur Pressefreiheit zu eröffnen.54 Doch wird die Freiheit der Presse in einer immer stärker von elektronischen Endgeräten geprägten Gesellschaft schon in wenigen Jahrzehnten nahezu bedeutungslos sein? Absehbar ist jedenfalls, dass sich beide Mediengattungen einander noch weiter annähern werden und dass die mediale Konvergenz den massenmedialen Kommunikationsprozess insgesamt weiter beschleunigen wird. Möglicherweise wird eines Tages das Erfordernis einer verfassungsrechtlichen Differenzierung zwischen Rundfunk- und Pressefreiheit gar überwunden sein. Gegenwärtig sollte allerdings unter Heranziehung der besonderen Wesensmerkmale von Presse und Rundfunk weiterhin auf die bewährte verfassungsrechtliche Differenzierung beider Freiheiten zurückgegriffen werden – auch, soweit und solange dies möglich ist, in Bezug auf die Einordnung neuer medialer Erscheinungsformen.

3. Neue mediale Angebote an der Schnittstelle zwischen Individual- und Massenkommunikation und die grundrechtliche Systematik des Art. 5 Abs. 1 GG Der Versuch, die sog. „Neuen Medien“ in einer einheitlichen Kategorie, etwa einer Mediengattung sui generis,55 zusammenzufassen, geht fehl, da die Charakteristika der einzelnen neuen medialen Erscheinungsformen zu große Unterschiede zueinander aufweisen. Unter Zugrundelegung eines sehr weiten Begriffsverständnisses in Bezug auf bestehende mediale Begrifflichkeiten – insbesondere auch im Rahmen des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs – ist es derzeit (noch) möglich, die einzelnen „Neuen Medien“ jeweils einer verfassungsrechtlich verbürgten speziellen Massenmedienfreiheit oder auch schlicht der Individualkommunikation zuzuordnen.56 Das Grundgesetz trennt in Art. 5 Abs. 1 GG die grundrechtlichen 54 Rein technisch betrachtet handelt es sich bei einem entsprechenden Angebot weiterhin um eine „elektronische Publikation“, die eines Informationsträgers, auf dem die Information als solche in verkörperter Form enthalten ist, entbehrt, vgl. insofern bereits die Ausführungen von F. C. Mayer, NJW 1996, S. 1782 ff. (1788), der der Zuordnungsmöglichkeit einer elektronischen Publikation, „die ohne einen körperlichen Informationsträger auskommt“, zu einem Zeitpunkt, in dem die Onlinepublikationen zunehmend an Bedeutung gewannen, schon sehr skeptisch gegenüber stand. 55 Vgl. stellvertretend für weitere Autoren etwa W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (525), der für eine „Internetfreiheit“ als „Freiheit sui generis“ wirbt; U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 70. 56 Teilweise wird in der Literatur versucht, den Begriff der „Neuen Medien“ unter Zuhilfenahme einer Negativabgrenzung zur Individualkommunikation zu definieren, vgl. R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 71 f., wobei eine

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

Verbürgungen individual- und massenkommunikativer Art sehr klar in den Sätzen 1 (individualkommunikative Rechte) und 2 (massenkommunikative Freiheitsgewährleistungen).57 Beobachtet man allerdings die zunehmende Verquickung massenund individualkommunikativer Elemente bei den „Neuen Medien“58, wie sie nicht zuletzt auch auf den Plattformen des Web 2.0 zum Ausdruck kommt, ergeben sich allerdings Zweifel, ob die klassische im Grundgesetz vorgesehene Trennung individual- und massenkommunikativer Freiheiten der medialen und kommunikativen Wirklichkeit noch entspricht.59 So bestehen für den Nutzer heute nicht nur Interaktionsmöglichkeiten im Hinblick auf bestimmte Fernseh- oder Hörfunkangebote. Vielmehr werden massen- und individualkommunikative Elemente auf Plattformen wie „Facebook“ heute bereits dergestalt miteinander verflochten, dass die einzelnen Kommunikationsvarianten im Rahmen einer einheitlichen Kommunikationsplattform kaum noch auseinander gehalten werden können. Da es aufgrund der technischen Entwicklung heute nahezu jedermann möglich ist, solche massenkommunikativen Angebote als Anbieter vorzuhalten und zu verbreiten, die dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff unterfallen,60 ist die einfachgesetzliche Differenzierung zwischen zulassungspflichtigem Rundfunk und nach § 4 TMG zulassungsfreien Telemedien61 hilfreich. So wäre es aus kommunikationsfreiheitlicher Sicht wenig zielführend, etwa nicht-lineare Internetangebote einer Privatperson, deren Verbreitungswirkung sich trotz der Adressierung des Angebotes an die Allgemeinheit häufig in überschaubarem Rahmen halten wird, einer rundfunkrechtlichen Zulassungspflicht zu unterwerfen. solche Negativabgrenzung die Besonderheiten zahlreicher neuer medialer Erscheinungsformen, die teils wesentlich von Verschränkungen individual- und massenkommunikativer Elemente geprägt sind, nicht hinreichend berücksichtigen dürfte. 57 Vgl. auch W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488); K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (98); dabei soll den Gewährleistungen aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nach einer Ansicht gar kein eigenständiger normativer „Charakter“ zukommen, vgl. hierzu die Darstellung bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 112; a. A. wohl unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (525 f.); siehe in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 39, der die Massenmedienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zwar als „verschiedene Formen der Meinungsverbreitung“ beschreibt, jedoch gleichwohl konstatiert, dass die im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisteten „fünf Freiheiten“ (Anm.: H. Schulze-Fielitz ist der Auffassung, dass durch Art. 5 Abs. 1 GG „mindestens fünf (Freiheits-)Rechte zur Kommunikation“ geschützt werden) dabei „gleichwertig nebeneinander“ stünden. 58 Vgl. hierzu auch H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 102. 59 Vgl. zu dieser Unterteilung der Kommunikationsfreiheit und zu den Folgen der medialen Entwicklung auch die Ausführungen bei W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488). 60 Vgl. insofern etwa zum Angebot von „Weblogs“ auch durch Privatpersonen die Ausführungen bei Chr. Weiner/Chr. Schmelz, K&R 2006, S. 453 ff. (454 f.). 61 Vgl. zur Zulassungsfreiheit nach § 4 TMG auch H.-W. Micklitz/M. Schirmbacher, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 4 TMG Rdn. 1 ff.

III. Anwendbarkeit auf neue Kommunikationsformen

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Da es auf einfachgesetzlicher Ebene zumindest grundsätzlich gelingt, ein differenzierendes Regulierungssystem vorzuhalten, das mit dem Telemediengesetz und den auf Telemedien bezogenen Vorschriften im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrages auch die Etablierung „Neuer Medien“ unter Beachtung ihrer kommunikativen Besonderheiten (zumindest ansatzweise) berücksichtigt,62 kann es im grundgesetzlichen Kontext grundsätzlich bei der Differenzierung zwischen den primär individuellen Kommunikationsformen des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und den Formen der Massenkommunikation in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bleiben.63 Eine solche differenzierende Betrachtung der grundgesetzlichen Gewährleistungen ist auch sinnvoll, da der Bedeutungsgehalt der einzelnen Freiheitsverbürgungen sehr unterschiedlich ist.64 W. Schulz beschreibt zutreffend den primär „abwehrrechtlichen Charakter“ der Individualkommunikationsfreiheiten im Gegensatz zur Dominanz des objektivrechtlichen Bedeutungsgehalts der Massenkommunikationsfreiheiten, also der klassischen Medienfreiheiten.65 Ist etwa bei individuellen Meinungsäußerungen gerade die Kundgabe persönlicher Überzeugungen und Auffassungen geschützt, so bildet bei der Gewährleistung einer Massenmedienfreiheit, wie z. B. der Rundfunkfreiheit in ihrer der Meinungsfreiheit „dienenden“ Rolle,66 auch das dem jeweiligen Medium inne wohnende Gefahrenpotenzial für den Meinungsbildungsprozess einen zentralen Grund für die rechtliche Ausgestaltung.67 Vorzugswürdig scheint es daher zu sein, hinsichtlich der grundrechtlichen Zuordnung auf den jeweiligen Kommunikationsvorgang abzustellen. In verfassungsrechtlicher Hinsicht erweist sich eine solche Vorgehensweise auch deshalb zunächst als wenig problematisch, weil der betreffende Kommunikationsvorgang grundsätzlich unabhängig davon durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt wird, welche konkrete Kommunikationsfreiheit nun einschlägig ist.68 Besonderheiten ergeben sich allerdings auch insoweit 62 63

(491).

A. A. H. Schmidt/H. Eicher, epd medien Nr. 45/46/2009, S. 5 ff. (9). Vgl. in diesem Zusammenhang die Ausführungen bei W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff.

64 Dabei unterscheiden sich die Medienfreiheiten (Anmerkung des Verfassers: gemeint sind damit die Massenmedienfreiheiten untereinander) „in ihrem Schutzbereich teilweise erheblich“, so U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 30. 65 Siehe W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488). 66 Vgl. stellvertretend für viele H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 89 ff.; H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 107; K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1651. 67 Vgl. etwa C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 107; H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 87; siehe in diesem Zusammenhang auch die Beispiele bei F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 165. 68 H. Schulze-Fielitz weist zu Recht auf die „identischen Maßstäbe für Grundrechtsbeschränkungen“ aus Art. 5 Abs. 2 GG hin, vgl. H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 88; Chr. Degenhart hält allerdings eine Unterscheidung trotz der „einheitlich geltenden Grundrechtsschranken des Art. 5

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

dann, wenn es nicht um die Entfaltung subjektiv-rechtlich determinierter Grundrechtspositionen geht, sondern wenn es Besonderheiten im Rahmen der Rundfunkkommunikation aufgrund ihres objektiv-rechtlichen Bedeutungsgehalts aus verfassungsrechtlichen Gründen im Speziellen zu beachten gilt.69 Beim konkreten Kommunikationsvorgang wird sich der einzelne Kommunikator – sofern es sich nicht um professionelle Medienanbieter handelt – in der Regel dabei wenig Gedanken darüber machen, auf welche Kommunikationsfreiheit er sich während seines Kommunikationsvorgangs stützen kann, solange er nicht an der Ausübung seiner kommunikativen Tätigkeit gehindert wird. Sollten einzelne Kommunikationsvorgänge Gegenstand juristischer Kontroversen werden, kann im Einzelfall genau analysiert werden, um welche Art kommunikativer Betätigung es sich etwa bei einer textlichen Äußerung auf einer Online-Plattform nun konkret gehandelt hat. Stehen beispielsweise individuelle Meinungsäußerungen etwa im Rahmen von Web 2.0-Plattformen wie „Facebook“ oder „Twitter“ in Rede, wird die Freiheit der Meinungsäußerung stärker in den Vordergrund treten, während etwa beim Angebot eines Podcasts oder bei einer auch stärker textbasierten Onlinepublikation, deren Aufbereitung einen planhaften publizistischen Gestaltungswillen des Anbieters erkennen lässt, eher auf eine Massenmedienfreiheit, de lege lata auf die Rundfunkfreiheit, zurückzugreifen sein wird.70 Darüber hinaus stehen die einzelnen Freiheiten auch nicht zwingend in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander,71 Abs. 2“ für unverzichtbar, vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 20. 69 Die spezifische „Sonderdogmatik“ der Rundfunkfreiheit aufgrund ihrer Bedeutung als „dienende Freiheit“ ist der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen, zuletzt etwa BVerfGE 119, 181 ff. unter dortiger Bezugnahme auf BVerfGE 57, 295 (319); 73, 118 (152); 107, 299 (332); 114, 371 (386 f.); vgl. zur „Sonderdogmatik“, die der Rundfunkfreiheit durch das Bundesverfassungsgericht zugedacht wird, stellvertrend für viele die Ausführungen bei Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff.; siehe grundlegend auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1691 f.; eine solche Sonderdogmatik auf Grundlage der Konzeption einer „dienenden Freiheit“ ablehnend etwa K.-E. Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, 1993, S. 41 ff., 179; ders., Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit, in: D. Dörr (Hrsg.), Die Macht der Medien. Medienrechtliches Kolloquium zum 75. Geburtstag von Hartmut Schiedermair, 2011, S. 63 ff.; ders., K&R 2012, S. 98 ff. (103); ferner auch H. Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, Rdn. 65 ff. (insbesondere auch 67 ff.); siehe in diesem Kontext auch die Zusammenfassung der „Bitburger Gespräche“ aus dem Jahre 2007 bei E. Noske, ZRP 2007, S. 64 ff. (64), die konkret u. a. auf die eine Sonderdogmatik ablehnende Ansicht von K.-E. Hain eingeht. 70 F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 165 ordnet in diesem Zusammenhang „eine spontane Äußerung in einem Forum“ der Meinungsfreiheit, eine Online-Zeitung der von ihm bereits angenommenen (allgemeinen) Medienfreiheit zu. Eine grundsätzliche Zuordnung von Internetangeboten zur Pressefreiheit bis auf solche der Individualkommunikation, für die ein Rückgriff auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit erfolgen soll, befürwortet U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 32. 71 Vgl. hierzu die Ausführungen bei J. Eichhoff, Investigativer Journalismus aus verfassungsrechtlicher Sicht, 2010, S. 94; i. d. R. nur auf eine spezifische Freiheit des Art. 5 Abs. 1 GG (in Bezug auf kommunikative Tätigkeiten im Rahmen des Internets) möchte allerdings

III. Anwendbarkeit auf neue Kommunikationsformen

399

wenngleich bislang eine differenzierende Zuordnung der jeweiligen Medien zu den einzelnen Freiheiten in der Regel möglich war.72 Allerdings wird die Meinungsäußerungsfreiheit auch dann einschlägig sein, wenn eine natürliche Person ihre Meinung dergestalt über ein Medium kundtut, dass zwar grundsätzlich auch auf die grundgesetzlich geschützte Rundfunkfreiheit zurückgegriffen werden kann, der Schutz der Meinungs- bzw. Meinungsäußerungsfreiheit im Einzelfall aber weiter reicht als der der Rundfunkfreiheit.73 Da jedoch trotz der Möglichkeit, dass unterschiedliche Freiheiten bei einem einheitlichen Lebenssachverhalt ergänzend herangezogen werden können, die verfassungsrechtliche Verankerung der Individualund Massenkommunikationsfreiheiten jeweils auf unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Erwägungen beruht und insofern unterschiedliche Anknüpfungspunkte bestehen, bleibt die auch im Grundgesetztext zum Ausdruck kommende Unterscheidung auch weiterhin zunächst sinnvoll.74 Dabei kommt vor allen Dingen dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass dem Gesetzgeber hinsichtlich der Massenkommunikation neben den allgemeinen Einschränkungsmöglichkeiten gemäß Art. 5 Abs. 2 GG auch Ausgestaltungsmöglichkeiten zukommen, die für den Bereich der Individualkommunikation nicht zugestanden werden.75 Abzuwarten bleibt, ob die künftige mediale Entwicklung durch eine weiter zunehmende Verquickung individual- und massenkommunikativer Elemente die Notwendigkeit einer verfassungsrechtlichen Abgrenzung dieser Ebenen obsolet werden lässt.76 (wohl im Sinne einer Exklusivität) U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 32 zurückgreifen; ebenfalls wohl von einer exklusiven Anwendbarkeit einer Freiheit ausgehend F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 57. 72 Vgl. hierzu auch die Beispiele bei F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 57. 73 Vgl. J. Eichhoff, Investigativer Journalismus aus verfassungsrechtlicher Sicht, 2010, S. 94; jeweils nur auf eine konkrete Freiheitsgewährleistung abstellend und in Bezug auf „Online-Zeitungen“ die Anwendbarkeit der von ihm angenommenen (allgemeinen) „Medienfreiheit“ befürwortend F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 165; siehe dort auch den Verweis auf U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 38, der das Internet grundsätzlich mit Ausnahme der „Internet-Angebote der Rundfunkveranstalter selbst“ aus dem Rundfunkbegriff herausnehmen will. 74 Gegen eine die Individual- und Massenkommunikationsfreiheiten zusammenfassende „übergreifende Kommunikationsfreiheit“ positioniert sich auch C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 111 ff. (113); vgl. auch H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 39; siehe ferner bereits die Ausführungen bei W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (491 f.), der die Trennlinie zwischen Individual- und Massenkommunikation durch den „Grad der Asymmetrie zwischen den Beteiligten am Kommunikationsprozeß“ und den „Grad der Öffentlichkeit“ bestimmen will. 75 Vgl. hierzu R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 71 m. weit. Nachw. 76 So weist C. Bernard auf zwei grundsätzlich bestehende Möglichkeiten hin, die aus einer zunehmenden Vermischung von Massen- und Individualkommunikation resultieren können:

400

5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

IV. Die besondere Breitenwirkung „Neuer Medien“ – Grundgesetzliche Gewährleistungen als Ausgangspunkt einer gefährdungsspezifischen Regulierung77 Wie bereits festgestellt, erfolgt die gefährdungsspezifische Regulierung der Medien nicht auf verfassungsrechtlicher, sondern primär auf einfachgesetzlicher Ebene.78 Gleichwohl bilden die verfassungsrechtlich verankerten medialen Freiheitsgewährleistungen eine unverzichtbare Grundlage für die einfachgesetzliche Ausgestaltung und den entsprechenden Regulierungsrahmen.79 Das Bundesverfassungsgericht hat anhand des den Rundfunk charakterisierenden Dreiklangs der „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“ die besondere Bedeutung dieses Mediums beschrieben.80 Dabei werde eine freie Meinungsbildung „nur in dem Maß gelingen, wie der Rundfunk seinerseits frei, umfassend und wahrheitsgemäß informiert.“81 Wie oben gesehen, können zahlreiche „Neue Medien“ dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff unterfallen, da sie die üblicherweise herangezo-

Sie sieht zum einen die Möglichkeit, „neue Angebotsformen zwischen Individual- und Massenkommunikation als selbständige Medien ,eigener Art‘“ zu definieren, oder aber „eine übergreifende Kommunikationsfreiheit, als deren Konsequenz eine Abgrenzung der Massenkommunikation zur Individualkommunikation überflüssig würde“, zu entwickeln, vgl. C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 111 f.; ähnlich auch die Darstellung bei U. Fink, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, Allgemeines C Rdn. 29, der als alternative Einordnungsmöglichkeiten eine neue Kategorie der „Erscheinungsformen sui generis“ sowie „eine neue Figur eines einheitlichen Mediengrundrechts“ nennt; eine Abgrenzung zwischen Individual- und Massenkommunikationsfreiheiten anhand der Frage, ob ein „Rollenwechsel zwischen Kommunikator und Rezipient“ möglich ist, bereitet dabei heute schon aufgrund der inzwischen bestehenden weitgehenden Interaktionsund Kommunikationsmöglichkeiten aus der Sicht des Rezipienten in Online-Netzwerken größte Schwierigkeiten, vgl. zu diesem Abgrenzungskriterium die Ausführungen bei W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (489), der seinerseits auf die grundlegende Definition von Massenkommunikation durch G. Maletzke verweist; vgl. hierzu den Definitionsansatz von G. Maletzke, Psychologie der Massenkommunikation, 1963 (Neudruck 1978), S. 32. 77 Vgl. zu den Anforderungen einer „Gefährdungsregulierung“ die Ausführungen bei T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (insbesondere auch 743 f.). 78 Vgl. T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (743 f.); Ph. Kempermann stellt insofern eine Parallele in der Ausgestaltung von jeweils „drei Dienstekategorien“ in der deutschen und in der europäischen Medienordnung fest, vgl. hierzu Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 251 ff.; siehe auch K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (103). 79 Siehe in diesem Zusammenhang auch die kritische Betrachtung zur Abhängigkeit der einfachgesetzlichen Ausgestaltung der internetbasierten Massenmedien von den verfassungsrechtlichen Vorgaben bei St. Ory, AfP 2010, S. 20 (22 f.). 80 BVerfGE 90, 60 (87). 81 BVerfGE 90, 60 (87).

IV. Die besondere Breitenwirkung „Neuer Medien“

401

genen Kriterien dieses verfassungsrechtlichen Rechtsbegriffs erfüllen.82 Gleichwohl unterscheiden sich zahlreiche „Neue Medien“ tatsächlich in signifikanter Weise von klassischen Hörfunk- und Fernsehangeboten.83 Dabei sind gerade auch die vom Bundesverfassungsgericht benannten Kriterien der „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“84 bei den einzelnen neuen medialen Erscheinungsformen höchst unterschiedlich ausgeprägt, wobei sie auch in dieser Hinsicht teils erheblich von klassischen Rundfunkangeboten abweichen.85 Während man früher, als das TVAngebot noch keine eigenen Nachrichtenkanäle umfasste, über die aktuelle Weltnachrichtenlage häufig erst zu festgelegten Nachrichten-Sendeterminen informiert wurde, erhalten viele Menschen heute dank moderner Kommunikationsmöglichkeiten bereits sehr unmittelbar nach Ereigniseintritt erste Nachrichten über das aktuelle Geschehen. Dank der Nutzung von Push-Technologien, wie sie etwa von Nachrichtenportalen wie „Focus-Online“ für Smartphones oder Tablet-PCs eingesetzt werden, wird der Rezipient unmittelbar über aktuelle Entwicklungen informiert, ohne dass eine initiative aktive Handlung seinerseits erforderlich wäre. Auch auf Web 2.0-Angeboten wie „Twitter“ und „Facebook“ verbreiten sich Neuigkeiten in der Regel so schnell an die Nutzer entsprechender Dienste und Plattformen, dass Fernsehen und Radio häufig nicht mehr als Primärinformationsquelle dienen, sondern möglicherweise erst – wenn überhaupt – als Sekundär- oder Tertiärinformationsquelle herangezogen werden. Dabei mag zwar die besondere „Suggestivkraft“ der bewegten Fernsehbilder ungebrochen sein; in puncto „Aktualität“ und „Breitenwirkung“86 übertreffen manche neuen Dienste allerdings heute bereits Hörfunk und Fernsehen deutlich.87 Während die im Wege der Push-Technik verbreiteten Informationen von Magazinen und Nachrichtenplattformen strukturell durchaus mit 82 Vgl. auch die Ausführungen von K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (insbesondere 101), der hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Einordnung „neuer meinungsrelevanter OnlineDienste“ von einem weiten verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff ausgeht; a. A. zumindest hinsichtlich der Breitenwirkung, die er neuen Diensten „im Regelfall“ abspricht, V. Kitz, ZUM 2007, S. 368 ff. (370 f.). 83 Insofern ist V. Kitz zuzustimmen, vgl. V. Kitz, ZUM 2007, S. 368 ff. (370). 84 BVerfGE 90, 60 (87). 85 Vgl. auch V. Kitz, ZUM 2007, S. 368 ff. (370 f.), dessen grundsätzlicher Annahme, dass neue Dienste „im Regelfall“ einer entsprechenden Breitenwirkung entbehren, wohl angesichts der Möglichkeiten, die Angebote im Bereich des Web 2.0 oder auch Push-Dienste heute bieten, allerdings so nicht (mehr) gefolgt werden kann. Sicherlich hat nicht zuletzt auch die Konvergenz der Medien dazu geführt, dass trotz der großen und wachsenden Bandbreite onlinebasierter Angebote eine große Breitenwirkung etwa der genannten Dienste festgestellt werden muss; siehe ferner auch W.-D. Ring/A. Gummer, ZUM 2007, S. 433 ff. (437), die dem Kriterium der Breitenwirkung „eine entscheidende Rolle“ bei Abgrenzungsentscheidungen hinsichtlich der Notwendigkeit einer rundfunkspezifischen Regulierung neuer medialer Angebote beimessen. 86 Siehe zu diesen Kriterien BVerfGE 90, 60 (87). 87 Siehe in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (51).

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

klassischen Rundfunkangeboten verglichen werden können, gestaltet sich die Annahme einer solchen Vergleichbarkeit bei Angeboten im Rahmen sog. „sozialer Netzwerke“ und ähnlicher moderner Internet-Kommunikationsplattformen durchaus schwieriger, da hier der Grad und die Ausprägung der „Aktualität“ und „Breitenwirkung“ der Informationen von der aktiven Beteiligung der Nutzer (Stichwort: „user generated content“)88 abhängig sind, wobei diese ständig zwischen ihren Rollen als Nachrichtenverbreiter einerseits und Rezipienten andererseits wechseln.89 Da sich das Angebot an Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten über Applikationen und soziale Netzwerke bereits heute als überaus facettenreich erweist, bedarf es jedenfalls über die telemedienspezifischen Regelungen im einfachen Recht hinaus keiner weitergehenden, Meinungspluralität ermöglichenden Regulierung, die im Übrigen bezogen auf nutzergenerierte Inhalte in ihrer Wirkungsweise durchaus begrenzt wäre. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Notwendigkeit einer strengen Rundfunkregulierung angesichts der hinzutretenden neuen medialen Angebote weiterhin bejaht werden muss oder ob auch eine stärkere Deregulierung des Rundfunks in Erwägung gezogen werden kann90 (siehe hierzu 5. Kap. V.). Unabhängig davon, ob bezogen auf klassische Rundfunkangebote Deregulierungsmaßnahmen möglich sein werden, stimmen die einfachgesetzlich den einzelnen Regulierungsabstufungen zugrunde gelegten Rechtsbegriffe nicht mit den verfassungsrechtlichen Rechtsbegriffen überein. Gleichwohl gründet das einfachgesetzliche Regulierungsregime auf den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen in ihrer Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht,91 wenngleich das einfache Gesetzesrecht mit seinen differenzierenden Schattierungen die Medienwirklichkeit 88 Vgl. hierzu etwa Chr. Frank, in: H. Harte-Bavendamm/F. Henning-Bodewig (Hrsg.), UWG, 2. Aufl. 2009, Einleitung G Rdn. 49; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 4 f. 89 Diese Wahrnehmung unterschiedlicher Kommunikationsrollen im Rahmen sog. „sozialer Netzwerke“ und ähnlicher Angebote im Internet darf jedoch nicht mit dem bereits in Bezug genommenen – u.a. von W. Schulz erörterten – zumindest zweifachen „Rollenwechsel zwischen Kommunikator und Rezipient“ verwechselt werden, der als Kennzeichen für Individualkommunikation angesehen wird, vgl. insoweit und hierzu W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (489); Th. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, 2008, S. 61. 90 Siehe in diesem Zusammenhang etwa die diesbezüglichen Vorschläge bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 251 ff. (259 ff.); denkbar wäre es jedenfalls, dass sich dank der neuen medialen Erscheinungsformen ein solch vielfältiger, die Meinungspluralität gewährleistender und zugleich ausgewogener Markt entwickelt, der es dem Gesetzgeber – ähnlich wie gegenwärtig im Bereich der klassischen Printmedien – ermöglicht, sich regulatorisch zurückzunehmen, vgl. zu den Kriterien der Ausgewogenheit und der Meinungsvielfalt mit entsprechender Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie zum geringeren Regulierungsbedürfnis im Printbereich die Ausführungen bei R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (34. AL 2008), B 4 Rdn. 7. 91 Vgl. nochmals die kritische Würdigung bei St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22 f.).

IV. Die besondere Breitenwirkung „Neuer Medien“

403

heute wesentlich treffender abbildet, als dies durch die Nennung der drei klassischen Mediengattungen der Massenkommunikation und durch die entsprechenden verfassungsrechtlichen Freiheitsgewährleistungen im Rahmen des Grundgesetzes geschieht.92 Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, die verfassungsrechtlich in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Medienfreiheiten den Erfordernissen des Multimediazeitalters entsprechend zu modifizieren,93 die Regulierungsdichte jedoch weiterhin von bestimmten Merkmalen im Rahmen der einfachgesetzlichen Ausgestaltung abhängig zu machen, die regelmäßig auf ein spezifisches Gefährdungspotenzial der einzelnen Medien in Bezug auf die individuelle und vor allen Dingen auch öffentliche Meinungsbildung hinweisen.94 Denn gerade die Meinungsbildungsrelevanz stellt das Kriterium dar, dem auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten die größte Bedeutung zukommt,95 wenn man analog zur historisch gewachsenen Ausgestaltung des Rundfunkverfassungsrechts auch im Rahmen seiner Weiterentwicklung die Beeinflussungsmöglichkeiten, die von Massenmedien ausgehen können, in den Fokus der Grundrechtsschutzbetrachtungen einerseits und ins Blickfeld der einfachgesetzlichen Ausgestaltung andererseits rückt.96 Mit der Anknüpfung an das Merkmal der Linearität97 zur Abgrenzung zwischen Rundfunk im einfachgesetzlichen Sinne und den Telemedien sowie mit der Frage nach dem Vorhandensein einer „journalistisch-redaktionellen Gestaltung“ zur weiteren Differenzierung im Bereich der Telemedien bietet das einfache Gesetzesrecht bereits heute im Grundsatz überzeugende Ansatzpunkte, die sicherlich im Zuge der fortschreitenden medialen Entwicklung weiterer Ergänzung und Ausdifferenzierung 92 Siehe in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zur grundgesetzlichen Verankerung der drei dort berücksichtigten Massenmedien bei R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 9. 93 Vgl. in diesem Zusammenhang auch R. Kressin, Neue Medien zwischen Rundfunk und Individualkommunikation, 1998, S. 9 f. 94 Vgl. zur Aufrechterhaltung einer „dienstespezifischen Sonderregulierung“ in Zeiten konvergierender Medien auch die Ausführungen bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 29 ff. sowie zur Frage nach geeigneten Abgrenzungskriterien, wobei eine an die Meinungsrelevanz anknüpfende Differenzierung als richtig erachtet wird, S. 253 ff. (254 f.); siehe ferner zur Meinungsbildungsrelevanz des Internets „als Faktor der Meinungsbildung“ W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (530 ff.). 95 Die Meinungsrelevanz als anderen Abgrenzungskriterien überlegenes „konvergentes Abgrenzungsmerkmal“ ansehend Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 256 ff. 96 Insofern ist der Auffassung von Ph. Kempermann hinsichtlich der Maßgeblichkeit einer „Anknüpfung an die Meinungsrelevanz“ zuzustimmen, vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 257. 97 Kritisch in Bezug auf die Aussagekraft des Merkmals der Linearität für die „Meinungsbildung der Allgemeinheit“ im Kontext der AVMD-Richtlinie Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 254.

404

5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

bedürfen.98 Da der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff des Rundfunkstaatsvertrages an das Merkmal der Linearität der Angebote anknüpft, können nach den Ausnahmetatbeständen des § 2 Abs. 3 RStV zwar grundsätzlich dem Rundfunkbegriff unterfallende Angebote aus seinem Anwendungsbereich wieder herausgenommen werden, wenn etwa gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 RStV die Zahl von „500 potenziellen Nutzern“ unterschritten wird und es damit an der nötigen Breitenwirkung des Angebotes fehlt;99 allerdings fehlt es bislang jedoch an einer Möglichkeit, solche Angebote dem Rundfunkbegriff gerade bewusst zuzuordnen, die trotz Nicht-Linearität eine sehr große Breitenwirkung erzielen.100 Erstrebenswert wäre es – die entsprechende Forderung von Ph. Kempermann aufgreifend – in diesem Zusammenhang, wenn ein möglichst zukunftsfester Regulierungsrahmen101 gefunden werden könnte, in den auch künftige „Neue Medien“ eingegliedert werden können, ohne die rechtlichen Grundlagen ständig modifizieren zu müssen.102

V. Das Konzept der „abgestuften Regulierung“ und die zunehmende „Konvergenz der Medien“ – ein Widerspruch? Das einfache Gesetzesrecht differenziert im Rahmen seiner Regulierungsvorschriften zwischen verschiedenen Medienarten, die jedoch gemeinsam unter den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff fallen.103 Dabei wird nicht nur etwa zwischen Rundfunk und Telemedien unterschieden104, sondern auch zwischen „Tele98

Siehe auch Ph. Kempermann, a.a.O., S. 254. Vgl. hierzu R. Schütz, MMR 2009, S. 228 ff. (230). 100 Vgl. in diesem Zusammenhang bezogen auf die parallele im Europarecht bestehende Problematik Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 254, ferner auch 256 ff. zur „Meinungsrelevanz mit Schwerpunkt Breitenwirkung als konvergentes Abgrenzungsmerkmal“; siehe ferner auch zum „Internet als Faktor der Meinungsbildung“ die Darstellung bei W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (530 ff.); zur Bedeutung der „(Rezipienten-)Reichweiten“ für die Festlegung des nötigen Regulierungsbedarfs H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 73 ff. 101 Vgl. auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 24, der einfordert, dass eine „an der Konvergenz orientierte Regulierung“ vor allen Dingen „zukunftssicher sein“ müsse. 102 Vgl. die dieses Ziel formulierende Forderung von Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 251; H. Gersdorf schlägt in diesem Kontext die Konzeption eines „(Rezipienten-)Reichweitenmodells“ vor, vgl. hierzu H. Gersdorf, Der Rundfunkbegriff, 2007, S. 77 ff. 103 Vgl. hierzu E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 96 f. 104 Vgl. hierzu T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (740). 99

V. Das Konzept der „abgestuften Regulierung“

405

medien“ und „Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten“105 sowie mit dem Rundfunk „vergleichbaren Telemedien“106, wobei weiterhin noch die Kategorie „audiovisuelle Mediendienste auf Abruf“ nebst entsprechender Legaldefinition107 vom Gesetzestext genannt wird. Für einzelne Abstufungen gelten teilweise strengere Vorschriften als für die allgemeine Kategorie der Telemedien.108 Die differenzierenden Regulierungsvorschriften treffen heute zunehmend auf konvergierende Medien,109 wobei gerade hybride oder multimediale (auch mobile) Endgeräte die Verschmelzung verschiedener Medienarten weiter befördern.110 Mit der Konvergenz der verschiedenen Medien, die dem Nutzer bzw. Rezipienten erleichterte Möglichkeiten bietet, zwischen der Nutzung der einzelnen medialen Angebote gewissermaßen „barrierefrei“ zu wechseln,111 stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer differenzierenden regulatorischen Ausgestaltung.112 Vor diesem Hintergrund könnte man versucht sein, eine mit der medialen Konvergenz einhergehende „Konvergenz der Regulierung“113 zu fordern, da die Unterschiedlichkeit der medienspezifischen Wirkungsweisen mit dem Zusammenwachsen der einzelnen 105

Vgl. etwa § 54 Abs. 2 RStV; vgl. auch T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (740). Vgl. § 52 Abs. 3 RStV; siehe hierzu auch E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 97. 107 § 58 Abs. 3 RStV, vgl. noch zur damaligen Entwurfsfassung des 13. RÄStV T. Schmid/ V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (740). 108 Vgl. zu den Gründen sowie zu Abgrenzungsfragen H.-W. Micklitz/M. Schirmbacher, in: G. Spindler/F. Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 55 RStV Rdn. 9 ff. 109 Vgl. B. Holznagel, NJW 2002, S. 2351 ff. (2352). 110 Siehe zur sog. „Konvergenz der Endgeräte“ A. Bartosch, ZUM 1998, S. 209 ff. (211); B. Holznagel/Chr. Nolden, in: T. Hoeren/U. Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5, (Stand: 25. EL 2010) Rdn. 1; R. Broemel, ZUM 2012, S. 866 ff. (867); nach P. H. Klickermann/S. Lotz ist mit dem Hybrid-TV „qualitativ eine neue Stufe der Konvergenz erreicht“, vgl. P. H. Klickermann/S. Lotz, MMR 2012, S. 801 ff. (801); das iPhone als „Konvergenz-Maschine“ bezeichnend St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (20); kritisch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 16 f. 111 Vgl. zur „Konvergenz des Nutzungsverhaltens“ die Ausführungen bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 15 ff. 112 Vgl. hierzu B. Holznagel, NJW 2002, S. 2351 ff. (2352) m. weit. Nachw.; in Bezug auf den damals bestehenden europarechtlichen Regelungsdualismus auf sekundärrechtlicher Ebene in Gestalt der damaligen Fernsehrichtlinie und der E-Commerce-Richtlinie fragte bereits Chr. Pichinot, ob diese von ihr angenommene „duale Medienregulierung in Zukunft noch bestand (sic!) haben wird“, vgl. Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von E-Commerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 9; siehe allgemein zum Zusammenhang von medialer Konvergenz und Regulierungsanforderungen K.-E. Hain, K&R 2006, S. 325 ff. 113 Vgl. hierzu Chr. Pichinot, Konvergenz der Medien in Europa im Spannungsfeld von ECommerce- und Fernsehrichtlinie, 2005, S. 7 f.; siehe hierzu auch K.-E. Hain, K&R 2006, S. 325 ff. (327 f.) m. weit. Nachw. 106

406

5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

Medien zu schwinden scheint.114 Eine solche Sichtweise würde allerdings außer Acht lassen, dass nach wie vor unterschiedliche Mediengattungen existieren und auch eine Rezeption oder Nutzung medialer Inhalte nicht ausschließlich über multimediale Endgeräte erfolgt. Doch selbst bei Nutzung eines multimedialen Endgerätes verlieren die einzelnen medialen Angebote nicht ihre unterschiedliche Meinungsbildungsrelevanz und mediale Bedeutung.115 Doch gerade in dieser unterschiedlichen Meinungsbildungsrelevanz der einzelnen Medien und ihrem unterschiedlichen Beeinflussungspotenzial findet eine differenzierende abgestufte Regulierung116 neben weiteren Aspekten ihren Grund und ihre Rechtfertigung. Vor diesem Hintergrund kann auch der Auffassung nicht gefolgt werden, dass aufgrund der inzwischen überwundenen Frequenzknappheit117 eine „dienstespezifische Sonderregulierung“118 aufgegeben werden und allein das allgemeine Wettbewerbsrecht seine Geltung entfalten solle,119 da auf diese Weise die wesentlich über das Wettbewerbsrecht hinausgehenden, sich aus den grundgesetzlich verankerten Medienfreiheiten ergebenden Aspekte völlig unberücksichtigt blieben.120 Angesichts der zunehmenden Bedeutung von On-Demand-Angeboten wird allerdings zu überprüfen sein, ob die einer differenzierenden Regulierung zugrunde liegenden Abgren114

Vgl. auch die Ausführungen zur „Bedeutung der Konvergenz für die Content-Regulierung“ bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 20 ff. 115 Vgl. in diesem Zusammenhang auch den zutreffenden Hinweis von E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 98, dass hinsichtlich eines in ein Gesamtangebot eingebetteten Dienstes „keine Ungleichbehandlung gegenüber einem gleichartigen, isoliert angebotenen Dienst“ gerechtfertigt sein kann. 116 Siehe zur abgestuften Regulierung im einfachgesetzlichen Rundfunkrecht in Deutschland auch T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (740). 117 Siehe hierzu stellvertretend für andere etwa U. Ellinghaus, CR 2008, S. 216 ff. (217). 118 Diesen Begriff verwendet etwa Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 29 f. 119 Europäische Kommission, KOM (1997), 623 endg., S. 40 f.; vgl. hierzu Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 29 f.; eine starke Ausdünnung der regulatorischen Vorgaben und eine Beschränkung auf eine „Rahmensetzung“ bei stärkerer Selbstkontrolle der Medienunternehmen befürwortend K. Mattern/Th. Künstner/ J. Waltermann u. a., Lehren für Deutschland, in: I. Hamm/J. Waltermann (Hrsg.), Kommunikationsordnung 2000 – Innovation und Verantwortung in der Informationsgesellschaft, Band 1, 1998, S. 79 ff. (80 ff.); vgl. auch die Darstellungen bei B. Holznagel, NJW 2002, S. 2351 ff. (2352); Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (438 f.). 120 Vgl. hierzu auch die Darstellungen bei B. Holznagel, NJW 2002, S. 2351 ff. (2352 ff., insbesondere auch 2355); Chr. von Coelln, AfP 2008, S. 433 ff. (438 f.); P. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 29 ff.; K.-E. Hain betont in zustimmungswürdiger Weise, „dass funktionierender ökonomischer Wettbewerb keine notwendige und auch keine hinreichende Bedingung für inhaltliche Vielfalt“ sei, vgl. K.-E. Hain, K&R 2006, S. 325 ff. (332).

V. Das Konzept der „abgestuften Regulierung“

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zungskriterien (etwa das Merkmal der Linearität für eine Qualifizierung als Rundfunk im einfachgesetzlichen Sinne) dauerhaft zweckmäßig sind oder ob sich angesichts des veränderten Rezeptionsverhaltens der Menschen andere Abgrenzungsmerkmale finden lassen, durch die sich etwa in puncto Meinungspluralität das jeweilige mediale Gefährdungspotenzial für die individuelle und insbesondere auch für die öffentliche Meinungsbildung121 wirksamer erfassen lässt.122 Doch unabhängig von dieser Überlegung stellt eine abgestufte, die Belange der Meinungspluralität123 und das mediale Gefährdungspotenzial berücksichtigende Regulierung keinen Widerspruch zur Konvergenz der Medien dar, sondern ist vielmehr zum Ausgleich der widerstreitenden Interessen geboten.124 Allerdings bedarf die Rechtfertigung einzelner regulatorischer Vorgaben bzw. die Auswahl der entsprechenden „Anknüpfungspunkte“, die für die regulatorische Ausgestaltung maßgeblich sind,125 nach dem jeweiligen Stand der technisch-medialen Entwicklung einer regelmäßigen Überprüfung, um eine freie Entfaltung der Medien bei gleichzeitiger Sicherung größtmöglicher Meinungspluralität zu ermöglichen und Wettbewerbsverzerrungen auf dem konvergierenden Medienmarkt wirksam zu verhindern.126

121 Vgl. zur verfassungskontextualen Bedeutung der Meinungsbildung in den genannten Ausformungen T. Brand, Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, 2002, S. 108. 122 Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 97 f., der unter anderem auch eine Anpassung des Begriffs „Fernsehen“ durch den Begriff „Rundfunk“ im Medienkonzentrationsrecht oder auch die Ersetzung des Anknüpfungspunktes „Sendezeit“ durch den Begriff der „Übertragungskapazität“ im Rahmen der Werberegulierungsvorschriften fordert. 123 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Darstellung zur damaligen Positionierung der Europäischen Kommission, wonach es auch ihrer Auffassung nach auf eine Orientierung der entsprechenden Regelungen „an ihrer Wirkung auf den Meinungsbildungsprozess“ ankommen soll, bei B. Holznagel, NJW 2002, S. 2351 ff. (2353) m. weit. Nachw. 124 Ebenfalls hält Ph. Kempermann das Fortbestehen einer abgestuften Regulierung trotz Konvergenz der Medien für erforderlich, um „zwischen den Interessen der Anbieter und den Anforderungen, die sich aus den medienrechtlichen Grundfreiheiten ergeben, einen vernünftigen Ausgleich zu finden“, so Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 32. 125 Vgl. hierzu E.-St. Kuper, Internet Protocol Television – IPTV, 2009, S. 97 ff.; siehe zur grundsätzlichen Diskussion über denkbare Anknüpfungspunkte in regulatorischer Hinsicht etwa die Ausführungen bei H. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 150 ff.; Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 8. 126 Ph. Kempermann weist zu Recht auf die Problematik hin, dass ein Zulassungserfordernis teilweise davon abhängen kann, ob ein Diensteanbieter hinsichtlich seiner Angebote einen herkömmlichen Distributionsweg oder aber das Internet zur Verbreitung nutzt, wobei er im letztgenannten Falle je nach Ausgestaltung möglicherweise ein zulassungsfreies Telemedium anbietet, vgl. Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 20 f. m. weit. Nachw.; siehe darüber hinaus bereits die Ausführungen zur Anpassungs-

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

VI. Der Vorschlag einer Abkehr von der dualen Rundfunkordnung hin zu einer „tripolaren Medienordnung“127 in kritischer Würdigung St. Ory schlägt vor, die Ausgestaltung der Rundfunkordnung nicht länger der Konzeption einer dualen Rundfunkordnung zu unterstellen, sondern diese im Hinblick auf die entsprechenden Online-Aktivitäten von Rundfunk, Presse und neuen Marktteilnehmern128 fortan als „tripolare Medienordnung“ auszugestalten.129 In diesem Zusammenhang kritisiert St. Ory die Positionierung von K.-E. Hain130 dahingehend, dass seine Argumente im Zuge seiner rechtlichen Würdigung des 12. RÄStV lediglich „das Verhältnis der Beteiligten innerhalb der dualen Rundfunkordnung“, also öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und private Rundfunkanbieter, beträfen und „auf alle übrigen Beteiligten im Internet“ übertragen würden.131 St. Ory ist dabei wohl im Kern der Auffassung, dass die traditionelle Bezugnahme auf die duale Rundfunkordnung aufgrund der Sonderstellung des Internets zu überwinden sei, da durch das Zusammentreffen von klassischen Rundfunkanbietern, Presseunternehmen und neuen Marktteilnehmern im Internet die Ausgestaltung der Rundfunkordnung nicht mehr lediglich konkrete Auswirkungen auf den Rundfunkbereich habe, sondern vielmehr die gesamte Medienordnung – etwa durch eine bevorzugte Behandlung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – betroffen werde.132 Dabei nimmt er auch bewusst in Kauf bzw. fordert im Ergebnis ein, „dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich nicht zulasten anderer zu seinen Bedingungen in neuen Betätigungsfeldern bewegt“.133 Gerade dieses Postulat begegnet jedoch Bedenken in Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverfas-

und Modernisierungsnotwendigkeit der gesetzlichen Regelungen in Bezug auf die damaligen Erörterungen der Europäischen Kommission bei B. Holznagel, NJW 2002, S. 2351 ff. (2353). 127 Vgl. den entsprechenden Vorschlag von St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23 ff.). 128 Vgl. hierzu und zur Meinungsbildungsrelevanz der entsprechenden Internetaktivitäten der genannten Inhalte-Anbieter die Ausführungen bei H.-J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (8); St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23 ff., insbesondere auch 25); während St. Ory hinsichtlich der hinzugetretenen Online-Medien die einfachgesetzliche Ausgestaltung in den Blick nimmt, denkt F. Fechner auf Verfassungsebene an eine Zusammenfassung der „in Art. 5 Abs. 1 GG aufgeführten Medienformen“ unter Einbeziehung der Betätigungen „im Multimediabereich“ zu einem einheitlichen „Grundrecht der Medienfreiheit“, vgl. F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 134. 129 Vgl. St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23 ff.). 130 Vgl. K.-E. Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV, 2009, insbesondere auch S. 32 ff. 131 So St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23). 132 Vgl. St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23 ff., insbesondere auch 25). 133 So St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (25).

VI. Abkehr von der dualen Rundfunkordnung

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sungsgerichts zur funktionsbezogenen „Bestands- und Entwicklungsgarantie“134 zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zuzustimmen ist seiner Auffassung jedoch insoweit, als die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung und damit „zulasten anderer“135 Medienanbieter führen darf. Das so formulierte Postulat darf jedoch in letzter Konsequenz gerade nicht dazu führen, dass dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk allzu strenge Restriktionen für seine Online-Aktivitäten auferlegt werden, die allein von der Sorge oder einer nicht näher konkretisierten Vermutung getragen werden, dass mit entsprechenden Betätigungen negative Auswirkungen für die private Konkurrenz verbunden sein könnten. Auch wenn nicht alle im Internet vertretenen Angebote dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff unterfallen, so stellen doch zumindest allgemeinzugängliche Internetseiten mit speziellen, journalistisch-redaktionell aufbereiteten Inhalten Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG dar, sodass in Bezug auf entsprechende gebührenfinanzierte Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, soweit sie von ihrem Funktionsauftrag gedeckt sind, schlechterdings nicht von einer Benachteiligung der Presseunternehmen im Onlinebereich gesprochen werden kann. Mit entsprechenden Online-Angeboten avancieren klassische Presseunternehmen vielmehr selbst zu Anbietern (privaten) Rundfunks, wobei entsprechende Aktivitäten im einfachgesetzlichen Sinne – wie gesehen – grundsätzlich zunächst nur dem Begriff der Telemedien und nicht dem des Rundfunks zugeordnet werden. In verfassungsrechtlicher Hinsicht dürften die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nur dann künftig in ihren Online-Aktivitäten beschnitten werden, wenn OnlineAngebote, wie zum Beispiel journalistisch-redaktionell betreute und dementsprechend gestaltete Webseiten, nicht mehr dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff, sondern etwa einem neu zu schaffenden medialen Rechtsbegriff in der Verfassung unterfallen sollten,136 und sich darüber hinaus auch der Funktionsauftrag der Anstalten im Falle einer zumindest denkbaren Verneinung einer entsprechenden Grundversorgungsnotwendigkeit137 nicht länger auf entsprechende Angebote im Online-Bereich erstrecken würde. Es bleibt festzuhalten, dass sich die Existenzberechtigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt hat und nicht mehr etwaige Frequenzknappheiten entscheidend sind, sondern vielmehr die allgemeine Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für den Prozess der öffentlichen und 134

BVerfGE 83, 238 ff. So St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (25). 136 Wobei nach H.-J. Papier/M. Schröder „keine Identität zwischen dem, was Rundfunk ist, und dem, was die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anbieten dürfen“ bestehen soll, vgl. H.-J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (11). 137 Vgl. zur Gewährleistung der „Grundversorgung“ durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten BVerfGE 83, 238; vgl. zur „Grundversorgung“ auch B. Pieroth/B. Schlink, Grundrechte, 27. Aufl. 2011, Rdn. 623. 135

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

dabei auch individuellen Meinungsbildung138 – nicht zuletzt auch unter dem Eindruck der von K.-E. Hain zu Recht angesprochenen Gefahr einer drohenden „Fragmentierung von Angeboten und zukünftig potenziell drohender Desintegration eines öffentlichen Meinungsbildungsprozesses“139 – im Vordergrund steht; gleichwohl muss jedoch auch künftig dieser der Verfassung entspringenden und in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Gestalt annehmenden Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegenüber reinen Konkurrenzschutzaspekten privater Anbieter jedenfalls insoweit Vorrang eingeräumt werden, als die (auch) grundrechtlich geschützten Entfaltungsspielräume dieser privaten Anbieter, die auch hinsichtlich ihres Beitrags zur Sicherung der Meinungspluralität unter besonderem verfassungsrechtlichen Schutz stehen,140 nicht in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt werden. Hieraus folgt, dass auch im Online-Zeitalter der Erfüllung und der Erfüllbarkeit des Funktionsauftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hohe Priorität einzuräumen ist, womit nicht zuletzt auch ein Anreiz für private Medienanbieter im Onlinesektor besteht, ihre Angebote qualitativ so ansprechend zu gestalten, dass sie den Wettbewerb mit öffentlich-rechtlichen Angeboten nicht fürchten müssen und auf diese Weise zugleich selbst dazu beitragen, die Meinungspluralität durch redaktionelle Beiträge im Onlinebereich quantitativ und vor allen Dingen auch qualitativ zu befördern, ohne das nötige Maß an journalistischer Sorgfalt allzu oft zu unterschreiten. Die von St. Ory geforderte „tripolare Medienordnung“141 kann darüber hinaus auch deshalb nicht hinreichend überzeugen, da sie lediglich den Rundfunk „in seinem angestammten Kernbereich“142 und die „Presse in ihrem angestammten Bereich der körperlichen Verbreitung von Information“143 und zuletzt das Internet in seiner massenmedialen Perspektive in den Blick nimmt144, jedoch eine Differenzierung zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Angeboten (zumindest bezogen auf den 138 Vgl. zu der nach wie vor bestehenden „Sondersituation“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei veränderten Rahmenbedingungen B. Pieroth/B. Schlink, Grundrechte, 27. Aufl. 2011, Rdn. 622 f. 139 Vgl. K.-E. Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV, 2009, S. 76; siehe auch die Darstellung und kritische Würdigung der Auffassung von K.-E. Hain bei St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (24); siehe in diesem Zusammenhang auch H.-J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (8, 11), nach deren Auffassung die „Besonderheit des öffentlichrechtlichen Rundfunks“ nicht lediglich darin bestehe, „überhaupt die Vielfalt der gesellschaftlichen Meinungen zu präsentieren, sondern auch darin, sie konzentriert zu präsentieren“ (S. 8). 140 Vgl. zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich des privaten Rundfunks an die Landesgesetzgeber stellt, B. Pieroth/B. Schlink, Grundrechte, 27. Aufl. 2011, Rdn. 624. 141 Vgl. St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (23 ff.). 142 So St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (25). 143 So St. Ory, ebda. 144 Vgl. St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (25).

VI. Abkehr von der dualen Rundfunkordnung

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klassischen Rundfunkbereich) nahezu vollkommen außer Acht lässt. Eine solche an diesen drei Polen ausgerichtete Medienordnung kann den Bedeutungsgehalt der dualen Rundfunkordnung und damit auch die tatsächliche Existenzberechtigung der letzgenannten somit nicht substituieren. Vielmehr betrifft die Idee der Schaffung einer „tripolaren Medienordnung“ eine von der dualen Ausrichtung der Rundfunkordnung losgelöste Thematik, die das Verhältnis der verschiedenen Mediengattungen zueinander zum Gegenstand hat, wobei allerdings die Sinnhaftigkeit oder sogar schon die Möglichkeit einer Erfassung des Internets als einheitlicher medialer Pol angesichts der vielen unterschiedlichen Spielarten der Online-Publizistik bezweifelt werden muss.145 Die Forderung von St. Ory nach einer „tripolaren Medienordnung“ birgt zudem die Gefahr, dass der rundfunkbezogene Ausgestaltungsvorbehalt146 auf alle Medien übertragen werden könnte,147 was zumindest in Bezug auf die Aktivitäten der Presse der verfassungsrechtlichen Tradition widersprechen würde.148 Freilich wird diese Folge von St. Ory gerade nicht bezweckt sein. Auf den 145

Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Einschätzung von H.-J. Papier, der im Interview mit Helmut Hartung von promedia zwar die Rundfunkfreiheit als bestimmendes Medienrecht in der Verfassung im digitalen Zeitalter ansieht, jedoch in diesem Zusammenhang auch darauf verweist, dass das klassische Rundfunkrecht nicht „jetzt auch für die digitale Welt bestimmend ist“, sondern vielmehr das (einfachgesetzlich normierte) Telemedienrecht gelte, H.-J. Papier, in: Interview mit H. Hartung, promedia 9/10, S. 13 ff. (15). 146 Vgl. zur „Zulässigkeit und Notwendigkeit der gesetzlichen Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ die Ausführungen bei J. Papier/M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (11). 147 Chr. Degenhart sieht die in der Literatur formulierten Bestrebungen „zur Herausbildung einer übergreifenden Medienfreiheit“ auch als von der Zielsetzung motiviert an, „die Medien generell einem Ausgestaltungsvorbehalt wie im Bereich des Rundfunks zu unterwerfen“, vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 20; vgl. zur „Ausgestaltungspflicht“ des Gesetzgebers auch H.-J. Papier/ M. Schröder, Funkkorrespondenz 32/2010, S. 3 ff. (4 f.). 148 Vgl. hierzu auch J. Müller-Rüster, Product Placement im Fernsehen, 2010, S. 355 m. weit. Nachw.; siehe auch W. Mecklenburg, der eine eigenständige Internetfreiheit in Art. 5 Abs. 1 verankern möchte, und bezüglich dieser „Internetfreiheit“ der Auffassung ist, dass eine solche Freiheit „dann der Konturierung und gegebenenfalls der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber“ bedürfe, vgl. W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff. (526). Auch wenn der konkreten Forderung nach einer eigenständigen „Internetfreiheit“ so nicht gefolgt werden kann, wäre im Falle ihrer Existenz eine Ausgestaltung durch den Gesetzgeber durchaus vertretbar, da entsprechende Angebote heute bereits eine partielle Ausgestaltung durch das Telemedienrecht erfahren, weil sie zumindest teilweise vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff umfasst werden; vgl. zu dem vom Bundesverfassungsgericht entwickelten, auf den Rundfunk bezogenen „Reglementierungspostulat“ und dessen Anwendbarkeit auf die neuen Dienste bereits H. Gersdorf, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit als „Supergrundrecht“? Zur Notwendigkeit einer dogmatischen Weiterentwicklung des verfassungsrechtlichen Begriffsbildes, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 137 ff. (138 f.); siehe ferner auch zur verfassungsrechtlichen Rechtslage in den Niederlanden vor Umsetzung der AVMD-Richtlinie die Ausführungen bei N. van Eijk, Lineare und nicht-lineare audiovisuelle Mediendienste, 2009, in: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (Hrsg.), IRIS Spezial, Auf die Plätze, fertig … los? Die Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste, 2009, S. 43 ff. (47 f.).

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

Umstand, dass bei einer Umsetzung seines Vorschlags allerdings die Gefahr eines Eintritts einer solchen Folge entstehen könnte, soll an dieser Stelle gleichwohl hingewiesen werden.

VII. Die Idee einer grundgesetzlichen Verankerung einer umfassenden Medienfreiheit bei gleichzeitiger Nennung spezieller Freiheitsgewährleistungen Auch wenn teilweise im juristischen Schrifttum schon die Existenz einer umfassenden „Medienfreiheit“ gewissermaßen als „übergeordnete Dachfreiheit“ angenommen wird149, mangelt es bisweilen an einer ausdrücklichen Verankerung einer solchen Freiheitsgewährleistung im Grundgesetz.150 Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nennt allerdings – wie gesehen – drei spezielle Medienfreiheiten mit folgendem Wortlaut: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“ Der Wortlaut dieser medienbezogenen Freiheitsgewährleistungen des Grundgesetzes spiegelt zunächst den medialen Entwicklungsstand zum Zeitpunkt der Entstehung des Grundgesetzes aus dem Jahre 1949151 wider. Dank der die verfassungsrechtlichen Garantien konkretisierenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konnten bislang neue mediale Entwicklungen – insbesondere auch im Rundfunkbereich – in den Gewährleistungsschutz der medialen Freiheiten einbezogen werden. So geht das Bundesverfassungsgericht in überzeugender Weise von der Wandlungsfähigkeit der Bedeutung „verfassungsrechtlicher Begriffe“ aus, weshalb auch der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff nicht unverrückbar mit einer bestimmten, damals bereits bekannten Rundfunktechnik verknüpft ist, sondern vielmehr auch neue technische Entwicklungen und Verfahrensweisen von der Reichweite dieses Begriffes umfasst werden können.152 Entscheidende Zäsuren in der medialen Entwicklung stellten die Etablierung der digitalen Technik sowie der Aufbau des weltumspannenden Internets153 mit seinen 149 Vgl. etwa F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 58 ff., 121, 134 ff. 150 Generell gegen die Einführung einer „allgemeinen Medienfreiheit“ hingegen Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 20. 151 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949, BGBl. 1949 I, S. 1 ff.; vgl. auch F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 58, der zu Recht darauf hinweist, dass die Ausweisung dieser drei Medienfreiheiten „rein historisch bedingt“ sei; siehe zur damaligen Monomedialität der Medienlandschaft auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669. 152 BVerfGE 74, 297 (350) mit Verweis auf BVerfGE 73, 118 (154); vgl. hierzu etwa auch W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488); K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1668 f. 153 T. Körber bezeichnet das Internet als „weltumspannendes Datennetzwerk“, vgl. T. Körber, NJW 1997, S. 3222 ff. (3222).

VII. Grundgesetzliche Verankerung einer umfassenden Medienfreiheit

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vielfältigen Möglichkeiten der Online-Kommunikation dar.154 Die sich vertiefende Konvergenz der medialen Angebote hat schließlich dazu geführt, dass sich heute eine klare Zuordnung einzelner Medien zu einer der Freiheiten des Gewährleistungsdreiklangs aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zunehmend schwierig gestaltet.155 Die Zuordnungsversuche hinsichtlich einzelner neuer Medien wirken dabei teilweise gekünstelt und kommen einer Überschreitung der Auslegungsgrenzen des Grundgesetztextes zumindest sehr nahe. Dabei bewegen sich die Zuordnungsversuche zu den speziellen Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG stets im Spannungsverhältnis zwischen einer drohenden Überschreitung des Gewährleistungshorizontes einerseits und der Notwendigkeit einer Einbeziehung neuer medialer Erscheinungsformen in die grundrechtlichen Schutzwirkungen des Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Dieses verfassungsrechtliche Dilemma, das sich mit der technischen Weiterentwicklung und der Etablierung neuer Medienformen immer wieder aktualisiert und sogar verschärft, kann nur überwunden werden, wenn der Verfassungstext des Art. 5 Abs. 1 GG durch den verfassungsändernden Gesetzgeber der medialen Wirklichkeit angepasst und damit auch der derzeitige Numerus Clausus der massenmedialen Freiheiten aufgehoben wird, wobei zeitgleich die Möglichkeit bestünde, die textliche Trennung zwischen Massen- und Individualkommunikation der Sätze 1 und 2 des Art. 5 Abs. 1 GG156 zu entschärfen, falls dies beim derzeitigen medialen Entwicklungsstand schon als verfassungsrechtlich geboten erachtet werden sollte.157 Dieser Aspekt soll an dieser Stelle allerdings nicht vertiefend erörtert werden, da sowohl eine Beibehaltung der getrennten Verortung in den Sätzen 1 und 2 des Art. 5 Abs. 1 GG als auch eine Zusammenführung der individual- und massenkommunikativen Freiheiten in einem einheitlichen Satzgebilde den grundrechtlichen Schutzanforderungen entsprechen kann und den spezifischen Gewährleistungsgehalt nicht si154

Vgl. auch die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669 f., der schon auf die Bedeutung der technischen Entwicklung „seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts“ hinweist. 155 Vgl. Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 20; siehe ferner auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1670; F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121. 156 Vgl. zur Einordnung neuer Kommunikationsformen im Rahmen der nach Massen- und Individualkommunikationen differenzierenden Gewährleistungen des Art. 5 Abs. 1 GG W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488 ff.). 157 Vgl. hierzu die kritische und im Ergebnis ablehnende Darstellung zum Vorschlag der Schaffung einer übergreifenden „Kommunikationsfreiheit, als deren Konsequenz eine Abgrenzung der Massenkommunikation zur Individualkommunikation überflüssig würde“ bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 111 ff.; siehe auch H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 I, II Rdn. 39, der sich gegen eine Einebnung der Freiheitsgewährleistungen des Art. 5 Abs. 1 GG „zugunsten einer allgemeinen Medienfreiheit“ ausspricht; siehe auch K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (103) m. weit. Nachw., der sich für ein „Konzept“ einer „die Individualkommunikation umfassenden Kommunikations- (und Medien-)freiheit“ ausspricht.

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

gnifikant verändern würde. Es handelte sich diesbezüglich eher um einen symbolischen Akt, der die Durchbrechung der einst bestehenden Grenze zwischen klassischer Individual- und Massenkommunikation158 auch gesetzestechnisch nachvollziehen würde. Nach dem Vorbild moderner Grundrechtsverbürgungen, wie sie beispielsweise die EU-Grundrechte-Charta bezogen auf den Medienbereich in Art. 11 Abs. 2 EUGRCh enthält159, könnte zunächst allgemein die „Freiheit der Medien“ als umfassende medienspezifische Freiheitsgewährleistung in den Grundrechtskatalog aufgenommen werden, wobei im Gegensatz zu Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh von „wird gewährleistet“ und nicht lediglich von „wird geachtet“ gesprochen werden sollte.160 Isoliert betrachtet wäre eine solche Aufnahme einer allgemeinen Medienfreiheit noch nicht ausreichend und würde der unterschiedlichen verfassungsrechtlichen

158 Vgl. in diesem Zusammenhang W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488); K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (98). 159 Vgl. den Wortlaut des Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh: „Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.“ Zur Diskussion über das Vorliegen eines „schwächeren Schutzniveaus“ durch die Begrifflichkeit „geachtet“ im Gegensatz zu „garantiert“ oder „gewährleistet“ s. o. unter 2. Kap. II. 2.) c) bb)); vgl. auch K. Stern, in: P. J. Tettinger/K. Stern, Europäische Grundrechte-Charta, 2006, Art. 11 Rdn. 31, der im Rahmen seiner Ausführungen den in der Europäischen Grundrechte-Charta verankerten „Schutz der Medienfreiheit ohne Spezifizierung auf bestimmte Medien als besonders zukunftsträchtig“ bewertet; F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 58; K.-E. Hain, Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit, in: D. Dörr (Hrsg.), Die Macht der Medien. Medienrechtliches Kolloquium zum 75. Geburtstag von Hartmut Schiedermair, 2011, S. 63 ff. (77); siehe zur Bedeutung des Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh für die Einbeziehung der sog. „Neuen Medien“ und zur Offenheit für „mediale Weiterentwicklungen“ die Ausführungen bei N. Bernsdorff, in: J. Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, Art. 11 Rdn. 17 mit einem Verweis auf die Verfassungsbestimmungen von Spanien und Portugal, die dem Grundrechtekonvent nach den Ausführungen von N. Bernsdorff als „Vorbild“ für die Ausformung der umfassenden Medienfreiheit im Rahmen des Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh gedient haben; vgl. zur Genese des Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh auch die Ausführungen bei M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. (297 ff.). 160 Vgl. zu den entstehungsgeschichtlichen Hintergründen dieser Formulierung im Rahmen des Art. 11 Abs. 2 EU-GRCh auch die Ausführungen bei M. Stock, K&R 2001, S. 289 ff. (300); andere moderne Verfassungen, wie z. B. die Thüringische Landesverfassung haben einen anderen Weg gewählt: so geht etwa die Thüringische Landesverfassung nicht von einer umfassenden allgemeinen Medienfreiheit aus, sondern formuliert in deren Art. 11 Abs. 2 Satz 1 ThürVerf. wie folgt: „Die Freiheit der Presse, des Rundfunks, des Fernsehens, des Films und der anderen Medien wird gewährleistet“, siehe hierzu und generell zur Einbeziehung neuer Massenmedien in Verfassungstexte den entsprechenden Verweis auf die Thüringische Landesverfassung bei U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 71 mit FN 305; die Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz gewährleistet in Art. 10 Abs. 1 Satz 3 ebenfalls wortgleich die speziellen Medienfreiheiten, wie sie auch im Grundgesetz in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 verankert sind. Darüber hinaus ist in § 4 des rheinland-pfälzischen Landesmediengesetzes die Medienfreiheit ausdrücklich normiert. Nach § 3 Abs. 1 LMedienG RheinlandPfalz handelt es sich bei Medien um „Presse, Rundfunk und Telemedien“.

VII. Grundgesetzliche Verankerung einer umfassenden Medienfreiheit

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Tradition161 der heute bestehenden speziellen Medienfreiheiten trotz der Möglichkeit, Teilmedienfreiheiten im Wege der Auslegung aus der allgemeinen Medienfreiheit zu entwickeln, nicht in genügendem Maße Rechnung tragen.162 Es bietet sich daher an, die bestehenden speziellen Medienfreiheiten, also die Rundfunk-, Filmund Pressefreiheit, in Gestalt einer nicht abschließenden, beispielhaften Auflistung auch ausdrücklich weiterhin im Verfassungstext zu verankern.163 Wäre die Aufzählung der Freiheiten hingegen wie im aktuellen Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abschließend, würde die Freiheit der Medien ohne Not zu stark verengt und alte Abgrenzungsschwierigkeiten würden sich auch de lege ferenda fortsetzen. Eine nicht abschließende Nennung der drei speziellen Medienfreiheiten würde hingegen die Notwendigkeit entfallen lassen, neue und heute auch noch nicht bekannte Medienvarianten zwingend unter einen der speziellen verfassungsrechtlich bereits vorgesehenen Medienbegriffe fassen zu müssen,164 ohne dass damit zugleich das jeweils in Frage stehende neue Medium von den Freiheitsgewährleistungen des Grundgesetzes ausgeschlossen würde.165 Ein neu zu schaffender Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG könnte somit etwa lauten: „Die Freiheit der Medien, von der insbesondere auch die Pressefreiheit und die Freiheit des Rundfunks und des Films umfasst werden, wird gewährleistet.“

161 Vgl. zur unterschiedlichen Interpretation der im Grundgesetz verankerten Medienfreiheiten durch das Bundesverfassungsgericht auch F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 121. 162 Vgl. in diesem Zusammenhang auch W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488 f.); O. Castendyk/K. Böttcher weisen in ihren Ausführungen darauf hin, dass gerade früher „dem Unterschied“ (und damit auch der Unterscheidung) zwischen der Rundfunk- und der Pressefreiheit „große Bedeutung“ zugekommen sei, da eine gegenüber den damals geltenden Vorgaben aus dem Rundfunkstaatsvertrag „geringere Regulierungsdichte“ nur für solche Medien in Betracht gekommen sei, die nicht der Rundfunkfreiheit zuzuordnen gewesen seien, vgl. O. Castendyk/K. Böttcher, MMR 2008, S. 13 ff. (15). 163 Aufgrund der bestehenden Sonderdogmatik zu den bisher dem Grundgesetz bekannten speziellen Medienfreiheiten dürften allerdings auch künftig begriffliche Abgrenzungserfordernisse zwischen diesen Medien zunächst nicht entfallen. Anders wäre dies hingegen für den Fall, dass die Sonderdogmatik zu den einzelnen Medienfreiheiten aufgegeben würde und ein einheitliches Mediengrundrecht entsprechende Differenzierungen obsolet machen würde; vgl. hierzu auch im Zusammenhang mit der bestehenden Notwendigkeit einer begrifflichen Abgrenzung des Filmbegriffs von den Begriffen der Presse und des Rundfunks die Ausführungen bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 109 S. 1566; teilweise wird auch in der gegenwärtigen Fassung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG schon von einer lediglich beispielhaften Aufzählung von Massenkommunikationsformen ausgegangen, vgl. W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (491). Für einen lediglich beispielhaften Charakter enthält Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG de lege lata jedoch im Wortlaut keine Anhaltspunkte. 164 Anders jedoch Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 20, der die speziellen Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergänzt um die Freiheitsgewährleistungen aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auch für die Erfassung neuer Medien für ausreichend hält. 165 Siehe in diesem Zusammenhang auch F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 60.

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

Auf die im Grundgesetz bislang verwendete Formulierung der „Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film“ könnte in einer Neufassung verzichtet werden, da dieser Wortlaut nach zutreffender Auffassung als zu eng empfunden wird, um der umfassenden Bedeutung der grundrechtlichen Gewährleistungen gerecht werden zu können.166 Von einer zusätzlichen ausdrücklichen Nennung etwa einer „Freiheit des Internets“167 oder einer Freiheit der „neuen Medien ,sui generis‘“168 sollte hingegen abgesehen werden, da die Begriffe zu schillernd sind und größere Abgrenzungsschwierigkeiten hervorrufen als ein grundrechtlicher Mehrwert aus ihnen gewonnen werden kann. Eine Ausfüllung der über die genannten, auch in der aktuellen Fassung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltenen Spezialfreiheiten hinausgehenden allgemeinen Medienfreiheit wird sich aus der tatsächlichen Medienentwicklung und dem sich daraus entwickelnden grundrechtlichen Schutzbedürfnis ergeben, wobei das juristische Schrifttum und vor allen Dingen die Verfassungsgerichtsbarkeit gefordert sein werden, die Reichweite und Ausprägung der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen im Medienbereich zu konturieren.

VIII. Ausblick Unabhängig von der Frage, ob das Grundgesetz seine klassischen und in gewissem Maße exklusiven Verbürgungen der spezifischen Medienfreiheiten der Presse, des Rundfunks und des Films beibehalten wird, womit weiterhin eine Zuordnung der jeweils „Neuen Medien“ zu genau diesen grundgesetzlichen Gewährleistungen erforderlich wäre, oder ob das Grundgesetz eine allgemeine Medienfreiheit mit einer möglichen besonderen Ausweisung der bestehenden drei speziellen Medienfreiheiten in seinen Gewährleistungskatalog aufnehmen wird, wird die technische Entwicklung im Mediensektor weiter voranschreiten und damit auch künftig eine besondere Anpassungsfähigkeit des jeweiligen rechtlichen Rahmens auf den unterschiedlichen Ebenen erfordern. Für die Frage nach der künftigen Bedeutung des verfassungsrechtlichen und auch des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs 166 Vgl. F. Fechner, in: K. Stern/F. Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 5 Rdn. 142 m. weit. Nachw. 167 Vgl. den Vorschlag zur Annahme einer eigenständigen Internetfreiheit von W. Mecklenburg, ZUM 1997, S. 525 ff.; gegen die Entwicklung einer neuen „Internetfreiheit“ spricht sich Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 20 aus. 168 So U. Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 71, der allerdings eine entsprechende Erweiterung im Wege einer „teleologischen Extension“ auf der Basis des aktuellen Wortlauts von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG erreichen möchte; vgl. auch zu der Idee, „neue Angebotsformen zwischen Individual- und Massenkommunikation als selbständige Medien ,eigener Art‘“ zu definieren, die Ausführungen bei C. Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff, 2001, S. 111 m. weit. Nachw.; gegen neue „Teilfreiheiten“ in Art. 5 Abs.1 GG spricht sich auch Chr. Degenhart, in: R. Dolzer/Chr. Waldhoff/K. Graßhof (Hrsg.), BK GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 (117. AL 2005) Rdn. 20 aus.

VIII. Ausblick

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wird es entscheidend darauf ankommen, welche Richtung die technische Entwicklung einerseits vorzeichnen und wie andererseits das Bundesverfassungsgericht seine bisher wahrgenommene Aufgabe ausfüllen wird, die Konturen des Rundfunkund Medienrechts nachzuzeichnen und den grundgesetzlichen Anforderungen und freiheitlichen Gewährleistungen in Zeiten medialer Konvergenz zu größtmöglicher Geltung zu verhelfen.

1. Technische Entwicklungen Welche technischen Entwicklungen einmal den Mediensektor in 60 Jahren prägen werden, kann heute genauso wenig abgesehen werden wie das heutige Multimediazeitalter von den Verfassungsgebern im Jahr 1949 erahnt werden konnte.169 Aus den derzeitigen Entwicklungslinien kann allerdings gemutmaßt werden, dass sich die Konvergenzentwicklung im Mediensektor fortsetzen wird und auch die einst klaren Grenzen zwischen Individual- und Massenkommunikation weiter verschwimmen werden.170 Werden hybride Medien weiterhin die Selbständigkeit der einzelnen Teilmedien erkennen lassen oder endgültig zu einer neuen Medienform verschmelzen? Werden technische Neuerungen wie flexible Displays so vom Markt angenommen, dass sie imstande sein werden, klassische Presseprodukte wie Zeitungen und Zeitschriften in Papierform weitestgehend zu ersetzen? Werden künftige Generationen weiterhin an klassischen Hörfunk- und Fernsehangeboten festhalten oder handelt es sich mit den Worten von J. Becker ausgedrückt um „Auslaufprodukte eines prädigitalen Zeitalters“171? Es wird sich zeigen, ob neue konvergente Medien die alten ersetzen werden oder ob eine einander ergänzende, also eine komplementäre Nutzung der verschiedenen Medien, erhalten bleibt,172 die ein Nebeneinander in einem diversifizierten Medienmarkt ohne signifikante Verdrängungseffekte dauerhaft ermöglichen wird. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Art und Weise der Mediennutzung durch die Rezipienten bzw. durch die Nutzer aufgrund der veränderten technischen Rahmenbedingungen und der Ausprägung neuer Medienarten jedenfalls schon stark gewandelt,173 was darauf schließen lässt, dass sich das Nutzerverhalten auch künftig in Einklang mit dem medialen Fortschritt weiter verändern wird. Verfolgt man heute die 169 Siehe zur Monomedialität der Medienwelt bei Entstehung des Grundgesetzes K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1669. 170 Vgl. bereits W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488). 171 So J. Becker, ZUM 2009, S. 441 f. (441). 172 Vgl. hierzu die Ausführungen bei Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 15 f. 173 Hierauf weist St. Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (22) hin; ein entsprechender Wandel im Mediennutzungsverhalten wurde jüngst auch im Rahmen der „ARD/ZDF-Onlinestudie 2012“ festgestellt, vgl. insofern zu den Ergebnissen dieser Studie die Ausführungen bei B. van Eimeren/B. Frees, MP 2012, S. 362 ff.

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

Entwicklung des Nutzerverhaltens im Bereich der Online-Plattformen des Web 2.0, in denen massen- und individualkommunikative Elemente in besonderer Weise miteinander verschmelzen, so kann man die Rolle des Mediennutzers bereits heute nicht mehr auf die eines reinen „Rezipienten“ beschränken, da diese neue Medienart gerade davon lebt, dass nutzergenerierte Inhalte174, in denen die Nutzer häufig ihre reale Lebenswirklichkeit virtuell spiegeln, zur Verfügung gestellt werden und damit der weiteren Kommunikation durch die „Online-Community“ etwa in Gestalt von Kommentar- und Bewertungsfunktionen zugänglich sind. Der Gesetzgeber bleibt gefordert, die Entwicklungslinien im Rundfunk- und allgemein im Mediensektor zu verfolgen und die jeweils neuen Medienangebote insbesondere auf ihre Auswirkungen auf die tatsächliche Meinungsbildungsrelevanz und auf ihr spezifisches Gefährdungspotenzial hin zu untersuchen, um nötigenfalls medienregulatorische Anpassungen vornehmen zu können. Entsprechende Entscheidungen des einfachen Gesetzgebers müssen dabei immer von dem Ziel bestimmt sein, den grundgesetzlichen Anforderungen angesichts neuer medialer Entwicklungen stets zur bestmöglichen Geltung zu verhelfen. Den mit der technischen Entwicklung einhergehenden Gefahren muss dabei wirksam begegnet werden, um die vielfältigen Chancen einer multimedial vernetzten Welt möglichst optimal nutzen zu können.

2. Die Erwartungen an das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Konkretisierung des Rundfunkbegriffs und der Ausgestaltung des grundrechtlichen Schutzes der „Neuen Medien“ Das Bundesverfassungsgericht hat im Rahmen seiner Rechtsprechung zum Rundfunk- und Medienrecht wesentlich zur Konturierung des verfassungsrechtlichen Gewährleistungsgehalts der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG beigetragen.175 Bedeutende Leitlinien und Orientierungspunkte hat das Bundesverfassungsgericht mit der „Bestands- und Entwicklungsgarantie“176 sowie mit der „Garantie ,funktionsgerechter Finanzierung‘“177 zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entwickelt. Sie helfen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, seinem 174 Vgl. zum sog. „user generated content“ und zu den Perspektiven einer „haftungsmindernden Gestaltung“ die Ausführungen bei U. Jürgens/R. Veigel, AfP 2007, S. 181 ff.; siehe zum „user generated content“ im Rahmen der „neuen Angebotsformen“ auch Ph. Kempermann, Content-Regulierung in konvergierenden Medien, in: R. Schwartmann (Hrsg.), Schriftenreihe der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, Band 1, 2010, S. 3. 175 Vgl. zur Bedeutung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und zu ihren wesentlichen Entwicklungsleitlinien die grundlegende Darstellung bei K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1647 ff. 176 BVerfGE BVerfGE 83, 238 (298 f.); siehe hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1652. 177 BVerfGE 87, 181 (198); siehe hierzu auch K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1653, der die hier genannte zusammenfassende Bezeichnung dieser Garantie verwendet.

VIII. Ausblick

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verfassungsrechtlich begründeten „Grundversorgungsauftrag“178 und seiner Funktion im Rahmen der individuellen und darüber hinaus auch öffentlichen Meinungsbildung179 gerecht werden zu können. Eine exakte Definition des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs ist das Bundesverfassungsgericht bislang allerdings schuldig geblieben.180 Man könnte meinen, dass das Bundesverfassungsgericht gerade deshalb eine genaue Begriffsfestlegung meidet, weil sie der Entwicklungsoffenheit dieses verfassungsrechtlichen Rechtsbegriffs entgegenstehen könnte. Gleichwohl ist eine begriffliche Umschreibung dessen, was vom Schutz eines speziellen Freiheitsgrundrechts umfasst sein soll, eine wesentliche Voraussetzung zur Erfassung der Reichweite der grundrechtlichen Schutzwirkungen.181 Daher bleibt zu hoffen, dass sich das Bundesverfassungsgericht in einer seiner nächsten das Rundfunk- und Medienrecht betreffenden Entscheidungen mit dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff auseinandersetzen wird.182 Es hätte dann auch Gelegenheit, auf aktuelle mediale Entwicklungen einzugehen und zur Problematik schwindender Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen massen- und individualkommunikativen Diensten183 Stellung zu beziehen. Das Bundesverfassungsgericht ist zudem gefordert, die Zuordnung der grundrechtlichen Schutzwirkungen in Bezug auf die unterschiedlichen Erscheinungsformen und Ausgestaltungen neuer Kommunikationsdienste genau zu justieren. Dabei sollte neben einer interessengerechten Klärung der bereits thematisierten Abgrenzungsproblematik in Bezug auf solche Dienste, die sich an der Schwelle zwischen Individual- und Massenkommunikation bewegen, insbesondere auch eine klare Differenzierung hinsichtlich einer Zuteilung von Diensten zum Schutzbereich der Rundfunk- oder der Pressefreiheit vorgenommen werden,184 damit die Zunahme an medialer Konvergenz nicht zugleich eine Abnahme an verfassungsrechtlicher Klarheit zur Folge hat. Solange jedoch der Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 GG nicht an die multimediale Entwicklung angepasst worden ist, 178 BVerfGE 83, 238 (298); 87, 181 (203); vgl. hierzu R. Binder, in: W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 RStV Rdn. 48 ff.; zur „Grundversorgung“ auch A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 4 Rdn. 4 ff. 179 Vgl. hierzu auch A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kapitel 2 Rdn. 43 f. 180 Vgl. hierzu K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1673. 181 Vgl. zur Bestimmungsnotwendigkeit eines zu schützenden Sachverhalts in Bezug auf die Kunstfreiheit die Ausführungen bei A. Arndt, NJW 1966, S. 25 (28). 182 Ob die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings künftig auch auf verfassungsrechtlicher Ebene zu einer vielfach geforderten „Entschlackung des Rundfunkbegriffs“ führen wird, darf de lege lata allerdings bezweifelt werden; vgl. zur „Entschlackung“ oder auch „Entrümpelung des Rundfunkbegriffs“ etwa W.-D. Ring, Medien Bulletin 8/94, S. 26 f.; D. Müller-Using/R. Lücke, Archiv PT 1995, S. 32 ff. (33) m. weit. Nachw.; H. Gersdorf, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit als „Supergrundrecht“? Zur Notwendigkeit einer dogmatischen Weiterentwicklung des verfassungsrechtlichen Begriffsbildes, in: A. Dittmann/F. Fechner/G. G. Sander (Hrsg.), Der Rundfunkbegriff im Wandel der Medien, 1997, S. 137 ff. (138). 183 Siehe hierzu nochmals W. Schulz, ZUM 1996, S. 487 ff. (488). 184 Siehe in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen bei K.-E. Hain, K&R 2012, S. 98 ff. (98 f.).

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

dürften sich die Bemühungen des Bundesverfassungsgerichts zur Einordnung neuer medialer Erscheinungsformen im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zur Gewährleistung optimalen subjektiven Grundrechtsschutzes unter gleichzeitiger Erfassung des an tatsächlichen Maßstäben zu messenden objektiven Bedeutungsgehalts einzelner neuer Medien und Kommunikationsformen als verfassungsrechtlicher Drahtseilakt erweisen.

3. Der Rundfunkbegriff in Zeiten zunehmender Individualisierung medialer Gestaltungsformen Wenn das Bundesverfassungsgericht die besondere „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“185 betont, so entstammt diese Umschreibung einer tatsächlichen Momentaufnahme aus einer Zeit, in der das Radio und auch das klassische Fernsehen neben der durch die Pressefreiheit geschützten gedruckten Presse die bestimmenden Medien waren, die den Menschen einerseits tagesaktuelle Informationen zum Weltgeschehen, andererseits aber auch Unterhaltungsmöglichkeiten offerierten. Diese besondere und gewissermaßen exklusive Position der genannten Medien ist heute wohl angesichts zahlreicher neuer Medien, die teilweise in der Lage sind, ihre Nutzer noch schneller (bis nahezu in Echtzeit) über aktuelle Geschehnisse zu informieren, relativiert worden. Gleichwohl ist die Bedeutung des Hörfunks und vor allen Dingen des Fernsehens für die Meinungsbildung in ihrer individuellen und darüber hinaus auch öffentlichen Dimension nach wie vor groß, wenngleich sich hier sicherlich deutliche Unterschiede in den unterschiedlichen Altersgruppen abzeichnen.186 Die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Charakteristika des Rundfunks beschreiben jedoch nicht nur eine (historische) Momentaufnahme, sondern bilden auch einen wesentlichen Maßstab für die grundrechtliche Einordnung neuer medialer Angebote. Die Weite des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs wird auf einfachgesetzlicher Ebene durch einen wesentlich enger gefassten, von Vorgaben des euro-

185

BVerfGE 90, 60 (87). Vgl. etwa die Ausführungen zu gewissen Substitutionseffekten hinsichtlich der Nutzung von Fernsehen und Internet bei N. Koschmieder, Die Verbreitung öffentlich-rechtlicher Fernsehangebote im digitalen Zeitalter, 2011, S. 45 f. – dieses Werk kann auch online abgerufen werden unter der Internet-Präsenz: http://www.rundfunk-institut.uni-koeln.de/institut/pdfs/ 28011.pdf – zuletzt besucht am 09. Dezember 2012 um 18:59 Uhr; es nutzen dabei überproportional viele jüngere Menschen die „Neuen Medien“ als Unterhaltungs- und Informationsquelle, vgl. die Darstellung der nach Altersgruppen differenzierenden Erhebung zum Wachstum der Nutzerzahlen von Videoangeboten im Internet bei F. Herold/N. Schulze, Effektive Nutzung von Bewegtbild-Werbung in der Markenkommunikation, in: A. Beisswenger (Hrsg.), YouTube und seine Kinder, 2010, S. 131 ff. (135); bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass sich das Radio seit einigen Jahren wieder zunehmender Rezipientenzahlen erfreuen kann, vgl. hierzu und zu den Hintergründen unter Bezugnahme auf die „ARD/ZDF-Onlinestudie 2012“ die Darstellung bei B. von Eimeren/B. Frees, MP 2012, S. 362 ff. (375). 186

VIII. Ausblick

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päischen Rechts maßgeblich beeinflussten187 einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff kompensiert, der im Zusammenspiel mit dem Begriff der Telemedien und weiterer Binnendifferenzierungen Bestandteil eines abgestuften Regulierungskonzeptes188 ist, das insbesondere stark an den derzeitigen Annahmen zu der den Medien auf den einzelnen Regulierungsstufen jeweils zukommenden Meinungsbildungsrelevanz orientiert ist.189 Gerade auf Web 2.0-Plattformen im Internet werden massen- und individualkommunikative Elemente dergestalt miteinander verquickt, dass die einzelnen Kommunikationsformen kaum noch voneinander unterschieden werden können.190 In verfassungsrechtlicher Hinsicht hindern zwar Interaktionsmöglichkeiten etwa beim interaktiven Fernsehen nicht die Zuordnung entsprechender Angebote zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff.191 Wann jedoch Interaktionsmöglichkeiten die Schwelle zur Individualkommunikation überschreiten, wodurch dann eine Qualifizierung solcher Angebote als Massenkommunikation und damit eine Zuordnung zum Rundfunkbegriff nicht mehr möglich wäre, ist bislang nicht hinreichend geklärt. Auch hier sind die Übergänge bisweilen fließend. Angesichts der zunehmenden Möglichkeiten, allgemeine oder auch bestimmte Nachrichten nach stark individualisierten Vorgaben zu erhalten, wird es für die Frage nach der Erfassung eines Angebotes durch den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff auf eine normative Betrachtungsweise ankommen, die insbesondere das Spannungsverhältnis zwischen faktischem Individualisierungsgrad der Rezeption und dennoch bestehender Allgemeinbezogenheit der verbreiteten Information in den Blick nimmt. Doch je mehr hybride Medien den Markt bestimmen und je stärker ursprünglich voneinander getrennte Kommunikationsdienste zueinander konvergieren, desto lauter wird wohl auch der Ruf nach einer im Grundgesetz verankerten, der medialen Entwicklung Rechnung tragenden Medienfreiheit werden, die unter gleichzeitiger Beibehaltung der im Einzelfall weiterhin sinnvollen Differenzierungsmöglichkeiten den zu neuen Angebotsformen miteinander verwobenen Medien ein verfassungsrechtliches Korrelat im Rahmen der grundgesetzlichen Freiheitsgewährleistungen an die Seite stellt. Im Übrigen wird sich zeigen, wie lange für die verfassungsrechtliche Einordnung neuer medialer Phänomene noch auf die klassischen Mediengrundrechte 187 Vgl. hierzu die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt, in: R. Hartstein/W.-D. Ring/J. Kreile/D. Dörr/R. Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Ordner I, Stand 48. AL 2010 (39. AL 2009), Kap. A 2.10 (dort S. 3), sowie ebda., Stand 41. AL 2009, Kap. B 5 § 2 RStV (dort S. 7 f.); siehe auch K. Stern, Neue Mediendienste und öffentlich-rechtlicher Rundfunk – Begrüßung und Einführung, in: K. Stern/H. Prütting/K.-N. Peifer (Hrsg.), Neue Mediendienste und öffentlich-rechtlicher Rundfunk, 2009, S. 1. 188 Vgl. hierzu auch T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (740). 189 Vgl. T. Schmid/V. Kitz, ZUM 2009, S. 739 ff. (740). 190 Zur allgemein feststellbaren Abnahme der Unterscheidbarkeit individual- und massenkommunikativer Elemente im Rahmen „der neueren informationstechnologischen Entwicklung“ stellvertretend für viele Th. Vesting, in:W. Hahn/Th. Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, Einführung RStV Rdn. 18 ff. 191 Vgl. K. Stern, Staatsrecht Band IV/1, 2006, § 110 S. 1668, 1675.

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5. Kap.: Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen

– und hier insbesondere auf die Rundfunkfreiheit192 – zurückgegriffen werden kann. Der Rundfunkbegriff wird durch die rasante und (im Hinblick auf die Steigerung der medialen Vielfalt bei gleichzeitig fortschreitender Konvergenz) durchaus ambivalente Entwicklung im Medienbereich auf die Probe gestellt und muss beweisen, ob und inwieweit er seine zentrale Bedeutung auf verfassungsrechtlicher und einfachgesetzlicher Ebene behaupten kann, ohne selbst aufgespalten zu werden oder mit anderen Medien- und Kommunikationsbegriffen zu konvergieren.

192

In verfassungsrechtlicher Hinsicht sieht Chr. von Coelln das Rundfunkrecht insofern als „Medienrecht der Zukunft“ an, vgl. Chr. von Coelln, Publizistische Vielfaltssicherung – „altes Denken“ oder zukunftsträchtiges Postulat?, in: K. Stern/K.-N. Peifer/K.-E. Hain (Hrsg.), Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb unter den Bedingungen der neuen Medienwelt, 2010, S. 17 ff. (38).

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Ergänzendes Verzeichnis – Weitere Quellen

fentlich-rechtliche-presse-brauchen-wir-nicht_aid_305518.html – zuletzt besucht am 06. 12. 2012 um 01:09 Uhr. Focus Online „YouTube-Channel“, abrufbar unter: http://www.youtube.com/user/focusonline?gl=DE&hl=de – zuletzt besucht am 03. Dezember 2012 um 21:06 Uhr. Focus TV, abrufbar unter: http://www.focus.de/focustv/ – zuletzt besucht am 03. Dezember 2012 um 20:51 Uhr. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Fernsehen ohne Grenzen, Grünbuch über die Errichtung des gemeinsamen Marktes für den Rundfunk, insbesondere über Satellit und Kabel. Mitteilung der Kommission an den Rat, KOM (84), 300 endg., Brüssel, den 14. Juni 1984. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, „Erläuternde Mitteilung der Kommission über die Freiheit des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs“, ABl. EG Nr. C 334 vom 9. 12. 1993, S. 3 ff. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Ein Schritt in Richtung Informationsgesellschaft, Grünbuch zur Konvergenz der Branchen Telekommunikation, Medien und Informationstechnologie und ihren ordnungspolitischen Auswirkungen, KOM (97) 623, Brüssel, 3. Dezember 1997. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, KOM (1999) 657 endgültig, „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Grundsätze und Leitlinien für die audiovisuelle Politik der Gemeinschaft im digitalen Zeitalter“, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/ LexUriServ.do?uri=COM:1999:0657:FIN:DE:PDF – zuletzt besucht am 29. 01. 2012 um 16:28 Uhr. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung der Kommission „Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa“, KOM (2000), 580 endg., Brüssel, 20. September 2000. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, „Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, ABl. EG 2001 Nr. C 320/04 vom 15. 11. 2001, S. 5 ff. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“, KOM (2005), 646 endgültig, Brüssel, den 13. 12. 2005, abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/com/2005/com2005_0646de01.pdf – zuletzt besucht am 20. 01. 2012 um 23:30 Uhr. Spiegel-Online, Artikel von Markus Brauck zum Thema „Smartphone-Dienste. ZDF plant App-Offensive“ vom 17. Februar 2011, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/netzwelt/ netzpolitik/0,1518,746136,00.html – zuletzt besucht am 28. Oktober 2011 um 11:14 Uhr. Text- und Videobericht von B. Rosenkranz/G. Fischer „Der Dorn im Auge der Verleger“ auf der Internetpräsenz der Tagesschau, abrufbar unter: http://www.tagesschau.de/inland/tagesschauapp114.html – zuletzt besucht am 28. Oktober 2011 um 11:41 Uhr. United Nations, Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, als Onlinedokument abrufbar unter http://www.un.org/depts/german/grunddok/ar217a3.html – zuletzt besucht am 28. September 2011 um 14:47 Uhr.

Ergänzendes Verzeichnis – Weitere Quellen

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Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e.V. (ANGA), Stellungnahme zur Novelle des Rundfunkstaatsvertrags. Position zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (Arbeitsentwurf vom 12. 6. 2008 – Endfassung 23. 7. 2008), abrufbar unter http://www.anga.de/media/file/29. ANGA-Stellungnahme_12_RAEStV_Endfassung_23Juli08.pdf – zuletzt besucht am 2. April 2013 um 10:59 Uhr. Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V. (VATM), Pressemitteilung vom 31. 05. 2011 zum Thema „Generationswechsel beim schnellen Internet per Satellit“, abrufbar unter: http://www.vatm.de/pm-detail.html?&tx_ttnews[tt_news]=1177& tx_ttnews[backPid]=3&cHash=9a047b05ed919f34f5cf1d99c37804d5 – zuletzt besucht am 6. Juli 2011 um 12:55 Uhr. „YouTube-Channel“ von Süddeutsche Zeitung TV, abrufbar unter: http://www.youtube.com/ user/sztvreportage?gl=DE&hl=de – zuletzt besucht am 03. Dezember 2012 um 20:48 Uhr. Zur Zitation der Gerichtsentscheidungen wurden – soweit nicht abweichend gekennzeichnet – die amtlichen bzw. gerichtlichen Sammlungen herangezogen. Auch für die Zitation weiterer amtlicher Dokumente und Veröffentlichungen wurde auf die einschlägigen Sammlungen zurückgegriffen. Dies gilt namentlich für das Bundesgesetzblatt und das Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften bzw. der Europäischen Union. Teilweise wurden zum Zwecke der Recherche und Zitation auch online verfügbare Sammlungen genutzt, namentlich die Internetpräsenz des Amts für Veröffentlichungen der Europäischen Union, EUR-Lex (http://eurlex.europa.eu/JOIndex.do?ihmlang=de – zuletzt besucht am 17. 04. 2012 um 22:53 Uhr). Dort können u. a. das Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften bzw. das Amtsblatt der Europäischen Union – nach Erscheinungsjahr und Ausgabe sortiert – abgerufen werden. Entsprechendes gilt für die Internetpräsenz des Bundesanzeigers zum Bundesgesetzblatt (http:// www1.bgbl.de/ – zuletzt besucht am 18. 04. 2012 um 14:36 Uhr) sowie für die Internetpräsenzen des Deutschen Bundestages und der Landesparlamente für Bundestagsdrucksachen bzw. Landtagsdrucksachen. Zur Literatur- und Gesetzestextrecherche wurden die klassischen (rechts-)wissenschaftlichen Recherchemethoden unter ausdrücklicher Einbeziehung von Onlinedatenbanken angewandt. Dies gilt insbesondere für die Online-Datenbanken des Kölner Universitätsgesamtkataloges (KUG) der Universität zu Köln (http://kug.ub.uni-koeln.de/ – zuletzt besucht am 18. 04. 2012 um 14:45 Uhr) einschließlich der dort verfügbaren Datenbanken (insbesondere auch Beck-Online), für den Online-Katalog der Universitäts- und Landesbibliothek (sowie der juristischen Fachbibliothek) der Heinrich-Heine Universität in Düsseldorf (http://katalog.ub.uniduesseldorf.de/F?RN=120434302 – zuletzt besucht am 17. 04. 2012 um 23:33 Uhr) und auch für die Digitale Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung (http://library.fes.de/inhalt/digitalebibliothek.htm – zuletzt besucht am 18. 04. 2012 um 16:12 Uhr). Zu weiteren Recherchezwecken (etwa zur Standortermittlung oder zum Zwecke des käuflichen Erwerbs solcher Literatur, die in den örtlichen Bibliotheken nicht vorhanden oder vergriffen war) wurde auf weitere Suchdienste, wie etwa die „Internet-Suchmaschine“ Google (http://www.google.de), zurückgegriffen. Zudem wurden die tatsächlichen medialen Entwicklungen im Rahmen des Web 2.0 während des Verfassens der Dissertationsschrift intensiv beobachtet, um die gewonnen Erkenntnisse in die rechtlichen Überlegungen einfließen zu lassen. Der Autor verfügt über eigene Nutzerprofile bei „Facebook“ und „Twitter“.

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Ergänzendes Verzeichnis – Weitere Quellen

Der Autor hat bereits in Vorbereitung der vorliegenden Dissertationsschrift zwei Seminararbeiten zu medienrechtlichen Fragestellungen an der Universität zu Köln über die Themen „Wirtschaftliche Aktivitäten durch ausgelagerte Unternehmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“ (bei Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Klaus Stern) und „Der Rundfunkbegriff des Bundesverfassungsgerichts – Analyse und Entwicklungstendenzen im digitalen Zeitalter“ (bei Prof. Dr. Karl-Nikolaus Peifer/Prof. Dr. Christian von Coelln) verfasst. Die in diesem Rahmen gewonnenen Erkenntnisse des Verfassers haben teilweise Eingang in das vorliegende Werk gefunden. Abschließend danke ich meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Klaus Stern und Herrn Prof. Karl-Eberhard Hain für die Begleitung und Betreuung meiner Dissertation sowie für die Gewährung ergänzender Anregungen.

Sachwortverzeichnis Abgestufte Regulierung 219, 262, 277 f., 394, 404, 406 f. Abgrenzung Individual- und Massenkommunikation 68 Afrikanische Banjul Charta 377 Aktive Dienstleistungsfreiheit 176 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 350 Allgemeines Völkerrecht 358 Amerikanische Menschenrechtskonvention 362, 374 Applikationen für „Smartphones“ 341 Arabische Charta der Menschenrechte 378 Äthersouveränitätstheorie 349 Audiovisuelle kommerzielle Kommunikation 221, 224 Audiovisuelle Mediendienste 81, 99, 114, 218 – 220, 223 – 226, 228 f., 234, 244 f., 250, 252 f., 305 Aufwärtsklausel 78 AVMD-Richtlinie 77, 81 f., 89 f., 99, 106, 114, 162, 208 – 210, 215 – 231, 233 f., 236 f., 239, 242 – 244, 252 f., 295, 298, 305, 312 – 314, 325, 327, 370 f., 387, 390 f., 403, 411 Begriff der Fernsehsendung 153, 162, 212, 223, 252 Beihilfekompromiss 68, 102, 135, 189 Bestands- und Entwicklungsgarantie 29, 60 f., 63 – 66, 68, 104, 126 f., 130, 134, 154, 168, 189, 248, 294, 392, 409, 418 Betrauung 188, 197 Das Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen 370 Definitorischer Gleichklang 389 Dienende Freiheit 22, 32, 35, 37, 39, 61, 351, 398, 414, siehe auch Rundfunkfreiheit

Dienste der Informationsgesellschaft 153, 220, 237 – 239, 244 f., 249 Dienstleistung 241 – Entgeltlichkeit 173, 175 Dienstleistungen im Rundfunkbereich 172 Dienstleistungsfreiheit 168, 178 Digital Video Broadcasting 260 Digitale Übertragungstechnik 260 Digitaltechnik 259 Dreistufentest 164 Duale Rundfunkordnung 27, 408 – Bundesverfassungsgericht 27 – Etablierung des privaten Rundfunks 28 – Genese 28 – Pluralitätsmodelle 27 Dualismus 373 Dynamik 64 f., 104, 268, 393 E-Commerce-Richtlinie 210, 220, 237 – 245, 405 E-Paper 104, 332 – 335, 394 EG-Fernsehrichtlinie 118, 120 f., 160, 162, 208 – 211, 216, 252, 370 f. Empfehlungen des Europarates 373 EMRK 362 EMRK und Rundfunk 201 Erstsendung 213 EU-Grundfreiheiten – weitere 179 EU-Grundrechte-Charta 190, 192 f., 250, 414 – Art. 11 193 – Medienfreiheit 200 Europäische Kulturkompetenz 182 Europäische Union – Bedeutung des Medienrechts 159 – Grundrechtsschutz 160 – Primärrecht 166 – Rechtliche Qualifizierung 159 – Vertragsentwicklung 158 Europäischer Grundrechtsschutz 137, 190

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Sachwortverzeichnis

Europäisches Primärrecht 168 Europäisches Rundfunkrecht – Entwicklungslinien 157 Filmbegriff 72 Flexible Displays 333, 394, 417 Freier grenzüberschreitender Informationsfluss 360 Freier Informationsfluss 347, 360 Gemeinsame Verfassungsüberlieferungen 168, 190, 202 f., 205 – 207, 250, 254 Gemeinschaftskultur (europäische) 184 Gemeinwohlaufgaben 246 Grundrechtskohärenz 191 Harmonisierung des Rundfunkbegriffs 387 Herkunftslandprinzip 96, 211, 220, 238 Hybride Dienste 231, 261, 324 Individualisierung medialer Gestaltungsformen 420 Individualkommunikation 42, 68, 82, 91, 232, 256 f., 259 f., 263, 267, 276, 288 f., 292 f., 300, 322, 328, 332, 338, 344, 357, 395, 398 f., 402 f., 413, 421 Individualkommunikative Rechte 396 Informations- und Kommunikationsdienste 77 f., 81 f., 97, 253, 256, 287, 291 f., 299, 309 Informationsfreiheit 193, 204, 219, 348, 351 – 355, 361, 364, 366, 368, 370, 372, 381, 383 Interaktivität 76, 257, 321 f., 345, 392 Internationaler Fernmeldevertrag 356 Internet 279 – Funktionsweise 280 Internetbasierte Dienste 279 Internetfreiheit 258, 275 – 278, 318, 393, 395, 411, 416 IPbpR 351 Kommerzielle Kommunikation 242 Konstitution und Konvention der Internationalen Fernmeldeunion 356 Konvergenz 21, 30 f., 39, 54, 71, 80, 96, 102, 107, 111, 120, 130 – 132, 136, 169 f., 195, 198, 216, 237, 240, 254, 257, 260 f.,

267, 270, 280 f., 292, 324, 335, 343, 364, 368, 383, 395, 401, 404 – 407, 413, 417, 419, 422 Korrespondenzdienstleistungsfreiheit 176 Kulturbegriff und audiovisuelle Inhalte 186 Massenkommunikative Freiheitsgewährleistungen 396 Mediakabel 84, 152 – 155, 213, 215, 231, 313 Medienfreiheit 30, 49, 63, 71, 194, 196 – 198, 200 f., 203 f., 206 f., 254, 257, 274 f., 279, 318, 364, 374, 378, 386, 393, 398 f., 408, 411 – 414, 416, 421 Medienordnung 55 – 58, 60, 118, 154, 161, 238, 344, 400, 408, 410 Medium und Faktor 165 Mehrebenensystem 31, 110, 146, 190, 211, 261, 371, 385, 387 f., 391 Meinungsbildungsprozess 39, 47, 63, 312, 397, 407 Meinungsbildungsrelevanz 87, 94, 109, 228, 241, 262, 282, 285, 302, 312, 326, 336, 403, 406, 408, 418, 421 Meinungsfreiheit 110, 138, 152, 174, 193, 196, 352, 363 f., 377 f., 381, 397 f. Multimedia-Zeitalter 29, 31 Near-Video-on-Demand 84, 152, 215, 263, 306, 310 Neue Medien 21 f., 29, 31 f., 39, 41 f., 49, 57, 65, 69, 98, 130, 199 – 201, 204, 206, 255 – 257, 261, 263, 266 f., 269 f., 275 f., 278, 344, 359, 367, 373, 382, 393, 395, 414, 416, 418, 420 – Binnendifferenzierung 261 – Blog 296 – Breitenwirkung 400 – Chat 289 – E-Mail 287 – E-Paper 332 – Einzelfallbetrachtung 279 – Elektronische Presse 316 – Facebook 265, 281, 283, 297, 335 – 341, 345, 396, 398, 401 – Fernsehtext 330 – Hybride TV-/Internetangebote 324 – Interaktives Fernsehen 321

Sachwortverzeichnis – – – – – – – – –

Internet-Telefonie 292 Live-Streaming 294 Near-Video-on-Demand-Dienste 310 Pay-per-View 314 Pay-TV 314 Podcasts 298 Push-Dienste 299 Qualifizierung 275, 279 Schnittstelle zwischen Individual- und Massenkommunikation 395 – Smartphone-Apps 341 – Soziale Netzwerke 335 – Suchmaschinen 302 – Teleshopping 328 – Triple-Play 331 – Twitter 265, 281, 283, 297, 335 f., 339 f., 398, 401 – Video-on-Demand 74, 305 – Videokonferenzen 293 – Videotext 330 – Webcasting 295 – Webseiten 282 – World Wide Web 282 – YouTube 339 Neukonzeption der Mediengrundrechte 412 Niederlassungsfreiheit 181 Öffentlich-rechtlicher Rundfunk 64 Online-Ausgabe 236, 272, 332 Onlinezeitungen 272 Overspill 161, 177 Passive Dienstleistungsfreiheit 176 Pay-TV 74, 92, 214, 286, 301, 308, 314, 316, 333 Personalitätsprinzip 360 Pluralismus 120, 133, 138, 151, 184, 194, 373 Pod-Casts 174 Point-to-multipoint 214, 231 Positive Rundfunkordnung 37, 40 Pressebegriff 21, 42, 53, 70 f., 234, 255 f., 269, 272, 274, 317, 320, 333 Pressefreiheit 36, 46, 70, 72, 103, 105, 194, 234, 256 f., 269, 271 f., 278, 317 – 319, 333, 393 f., 398, 412, 415, 419 f.

459

Primärrecht – Grundrechtsschutz nach Lissabon 192 Prinzip der Unionstreue 119, 125 – 127 Prior Consent Prinzip 359 Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk 112, 114, 133, 166 Push-Dienste 299 Quersubventionierungen

163, 246, 248

Rechtsprechung – Bundesverfassungsgericht 55 – Europäische Gerichte 148 Redaktionelle Verantwortung 227 Regionales Völkerrecht 362 – Andere Regionen 374 – Europa 362 Richtlinie 98/34/EG 245 Richtlinie 98/48/EG 245 Rundfunk – EU-Kompetenzen 110 – Effet utile 144 – Grenzen 118 – Implied powers 140 – Kulturkompetenz 130 – Resulting powers 143 – Spezifische Grundsätze und Erweiterungen des Kompetenzkreises 139 – Unionstreue-Prinzip 125 – Verhältnismäßigkeit 128 – Weitere Grenzen 136 – Europäisches Recht 155 – Genese 24 – Kennzeichen laut Bundesverfassungsgericht 37, 41, 61, 63, 74, 79, 85, 87, 94, 108, 154, 264, 272 f., 297, 335, 342, 349, 400 f., 420 – Kulturelle Komponente 185 Rundfunk und Völkerrecht 346 Rundfunkänderungsstaatsvertrag (12.) 46, 67, 75 f., 89, 93, 107, 155, 252, 309 Rundfunkanstalten – Öffentliche Unternehmen 187 Rundfunkbegriff 21 – 27, 29 – 35, 39 – 41, 43 f., 46, 48 f., 52 – 55, 58 – 60, 63, 65 – 68, 70, 73, 75 f., 78 f., 81 – 84, 86, 88 f., 91 – 93, 98, 100, 106, 108 – 110, 114 – 116, 126 f., 148, 153 f., 162, 179, 187, 204, 207, 210 f.,

460

Sachwortverzeichnis

215, 217, 225, 234, 249 – 252, 255, 257, 262, 264, 266 f., 271 – 274, 277, 279, 283, 285 – 287, 289, 292 – 297, 299 – 301, 303, 305 – 314, 316 – 318, 320 – 323, 327 – 330, 332, 334, 337 f., 340 f., 344 – 346, 358, 370 – 372, 380 – 385, 387 – 394, 396 f., 399 – 401, 404, 407, 409, 411 f., 419 – 421 – Anwendbarkeit auf neue Kommunikationsformen 392 – Definition – Definitionsansatz nach Bredow 26 – Erfordernis 31 – Dynamik 268, 392 – Einfachgesetzlicher Begriff 75 – Abgrenzung zu Kommunikationsformen nach dem TKG 96 – Abgrenzung zu Telemedien 96 – Abgrenzung zur Presse 94 – Allgemeinbezogenheit 82 – Benutzung elektromagnetischer Schwingungen 90 – Bewegtbild oder Ton 87 – Entlang eines Sendeplans 87 – Europarechtliche Einflüsse 106 – Gesetzeslücke 105 – Gesetzliche Grundlagen 75 – Linearer Informations- und Kommunikationsdienst 81 – Negativkatalog 93 – Umfassung von Pay-TV-Angeboten 92 – Veranstaltung und Verbreitung 85 – Wandel 106 – zeitgleicher Empfang 83 – Europäisches Recht 249 – Existenz im europäischen Recht 110 – Klassischer Begriff 24, 39 – Konkretisierungserwartung 418 – Technischer Ansatz 33 – Technologieneutralität 392 – Verfassungsrechtlicher Begriff 29, 35, 42 – Allgemeinbezogenheit 42 – Bundesverfassungsgericht 55 – Darbietung 45 – Fernmeldetechnischer Informationsübermittlungsweg 50 – Zusammenfassung 55 – Völkerrecht 380, 383

Rundfunkfreiheit 22 f., 25, 29, 32 f., 35 – 41, 46, 48 – 50, 55, 58 – 63, 66, 68, 70, 72, 74, 85, 105, 110 f., 114 f., 126, 130, 132, 149, 151 f., 156 f., 165, 171, 174 f., 190 f., 193 f., 196, 198, 200, 202, 206, 209, 211, 228, 234, 250 f., 253, 256 f., 269, 271, 273 – 275, 278 f., 297, 319, 330, 345, 347 – 354, 357, 364, 366 f., 376, 386 f., 393, 397 f., 411, 414 f., 418 f., 422 – Bedeutungsgehalt 38 – Funktion 33, 35 – Neue Medien 33 – Objektiv-rechtlicher Gehalt 37 – Reichweite des Grundrechtsschutzes 40 Rundfunkklausel der EMRK 363 Satelliten- und Kabelrichtlinie 249 Schranken des Art. 10 EMRK 367 Sekundärrecht 159, 178, 207, 250 Sendung 46, 81, 89, 93, 103, 152, 163, 225, 228 f., 312, 314 f., 341 Soft law 350, 374 Souveränität 347 – 354, 356 f. Soziale Netzwerke 283, 335 Staatsferne 207 Staatsfreiheit 163, 207 StudiVZ 283 Subsidiaritätsprinzip 119 f., 124, 129, 146 Suchmaschinen 302 Technische Entwicklungen 417 Technologieneutralität 54, 58, 63, 154, 213, 311 Telemedien 29, 68, 75 f., 80, 83, 88, 91, 95 – 97, 99 – 103, 105 – 107, 134, 155, 253, 256, 271, 287 – 289, 292, 295 f., 298, 305, 310, 316, 320, 326, 329, 331, 339, 343 f., 385, 396 f., 403 f., 409, 414, 421 Teleshopping 46, 210, 221, 225, 328 Terminologische Abgrenzung 385 Territorialitätsprinzip 360 Transparenzrichtlinie 163, 246 – 248 Triple-Play-Angebote 331 Übereinkommen der UNESCO 355 Uniform Resource Locator 286 Universaldienstrichtlinie 249

Sachwortverzeichnis Verfassungsrechtliche Schlussfolgerungen 385 Vertrag von Lissabon 114, 124, 131, 133 f., 137, 139, 158 f., 166, 179, 192 f. Vertragsverletzungsverfahren 164 Video-on-Demand 74, 83 f., 88, 152, 215, 263, 286, 300, 305 – 307, 309 f., 314, 321 Völkerrecht 346, 350

461

Warenverkehrsfreiheit 171 Web 2.0 69, 100, 265, 281, 283, 335 f., 339 f., 345, 393, 396, 398, 401, 418, 421 Wettbewerbsrecht (europäisches) 187 YouTube 420

229, 264, 269 f., 336, 339 – 341,