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German Pages [407] Year 2022
EVANGELISCHKATHOLISCHER KOMMENTAR ZUM NEUEN TESTAMENT
XXI
CHRISTOPH GREGOR MÜLLER DER ERSTE PETRUSBRIEF
Christoph Gregor Müller · Der Erste Petrusbrief
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EKK Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament
Begründet von Eduard Schweizer † und Rudolf Schnackenburg † Herausgegeben von Knut Backhaus, Christine Gerber, Thomas Söding und Samuel Vollenweider in Verbindung mit Reinhard von Bendemann, François Bovon †, Norbert Brox †, Martin Ebner, Jörg Frey, Joachim Gnilka †, Erich Gräßer †, Paul Hoffmann, Traugott Holtz †, Martin Karrer, Hans-Josef Klauck, Matthias Konradt, Ulrich Luz †, Christoph G. Müller, Karl-Wilhelm Niebuhr, Silvia Pellegrini, Rudolf Pesch †, Jürgen Roloff †, Thomas Schmeller, Wolfgang Schrage †, Peter Stuhlmacher, Michael Theobald, Wolfgang Trilling †, Anton Vögtle †, Alfons Weiser, Ulrich Wilckens † und Michael Wolter
Band XXI Christoph Gregor Müller Der Erste Petrusbrief
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Christoph Gregor Müller
Der Erste Petrusbrief
1. Auflage 2022
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den Erniedrigten
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2022, Patmos Verlag Verlagsgruppe Patmos in der Schwabenverlag AG, Senefelderstraße 12, D-73760 Ostfildern Vandenhoeck & Ruprecht, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Satz: Breklumer Print-Service, Breklum
Patmos Verlag | www.patmos.de Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-8436-1424-5 (Patmos Verlag) ISBN 978-3-666-50189-0 (Vandenhoeck & Ruprecht Verlage)
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Vorwort
Das Exil, wie immer es auch geartet sein möge, ist die Brutstätte für schöpferische Taten, für das Neue, der Migrant ein Vorbote der Zukunft, seine Wurzellosigkeit ist seine Würde.
Mit diesem Wort des Philosophen Vilém Flusser war die Todesanzeige1 eines der großen zeitgenössischen Komponisten, György Ligeti († 12. Juni 2006), überschrieben. Die darin gesammelten Erfahrungen lassen sich in mancherlei Hinsicht auf die Adressaten des Ersten Petrusbriefes anwenden: sie leben in der „Fremde“, zudem in der „Diaspora“ – und doch sollen ihre Gemeinschaften „Brutstätten für schöpferische Taten“ sein, sie selbst „Vorboten der Zukunft“, beschenkt und ausgestattet mit einer besonderen Würde. Die Lektüre des Ersten Petrusbriefs gewinnt für christliche Gemeinden der Gegenwart wie auch für einzelne Christen schon allein dadurch besondere Relevanz, dass die „traditionellen Volk-Kirchen … zunehmend diasporale Erfahrungen“ teilen.2 Bei einer solchen Einschätzung der Situation ist freilich weniger ein konfessionell geprägter Diaspora-Begriff im Blick, sondern die Situierung der Glaubenden in der Welt, für die Heinz Schürmann schon vor gut zwei Generationen vom Neuen Testament her konstatierte: „… die Kirche wird, je mehr es dem Ende zugeht, Diasporakirche sein“3. Von daher können die folgenden Beobachtungen am Text des Ersten Petrusbriefes auch der Selbstvergewisserung und Identitätsstiftung gegenwärtiger Gemeinden dienlich sein. Mit seiner nüchternen Selbsteinschätzung der vorläufigen Befindlichkeit von Christusgläubigen in dieser Zeit und ihrer theologischen Deutung war das Schreiben immer wieder einladend, diasporale Situationen Die Anzeige der Künstlerinitiative „Fest der Kontinente, Berlin“ erschien in der F.A.Z. wenige Tage nach seinem Tod am 12. Juni 2006. 2 So u.a. Röhrig, Diaspora; Tiefensee, Weg. Vgl. auch Schumacher, Steine 440f, der an Karl Rahners berühmt gewordenen Vortrag „Theologische Deutung der Position des Christen in der modernen Welt“ (1954) erinnert. Vgl. Rahner, Deutung 24: „Die christliche Situation der Gegenwart ist, soweit sie wirklich von heute und für morgen gilt, charakterisierbar als Diaspora“ oder ebd. 29: „Die mittelalterlich-neuzeitliche, also bäuerliche und individualistisch kleinbürgerliche Christenheit wird in immer schnellerem Tempo verschwinden. Denn die Gründe, die im Abendland diesen Prozeß herbeiführten, sind immer noch am Werk und haben ihr Werk noch nicht vollendet“. 3 Schürmann, Gemeinde 236 (auf einem Forum des Katholikentags 1954 in Fulda). 1
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Vorwort
anzunehmen4 und konstruktiv zu bewältigen.5 Das kann Auswertungsversuche für diasporale Gegebenheiten der Kirche unserer Tage6 – im Blick auf die einzelnen Christen wie auch auf Gemeinden (so klein sie auch sein mögen) – ermutigen und bestärken, vor allem auch dadurch, dass identitätsstiftende Angebote bereitgestellt werden.7 Christusgläubige stehen auch heute an vielen Orten vor der Aufgabe, Minderheiten-Situationen oder Fremdheitserfahrungen anzunehmen und gleichzeitig8 den jeweiligen Gesellschaften gegenüber, in denen sie sich vorfinden, aufgeschlossen zu begegnen, vor allem aber, gesprächsbereit zu bleiben – gerade auch über die Inhalte ihres Glaubens und die daraus erwachsende Lebenspraxis. Zur Realisierung dieser Kommentierung haben in besonderer Weise mein Assistent Akademischer Oberrat Dr. Matthias Helmer und Dr. Fabian Sieber sowie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Oberseminaren der zurückliegenden Semester beigetragen; ihnen wurden immer wieder Kommentar-Teile zur Diskussion vorgelegt. Allen verdanke ich wichtige und konstruktive Anregungen. Herr Oberstudiendirektor Dr. Oswald Post und Frau Oberstudienrätin Annette Völler-Bischoff haben sich in freundschaftlicher Verbundenheit immer wieder der Mühe des 4 Vgl. aus rhetorischer Perspektive Martin, Rehabilitation 57: „I then comment that this general image of diaspora life sets up the rhetorical situation of 1 Peter“, sowie 60: „The recipients’ need to continue their journey is the imperfection in the rhetorical situation that the paraenesis addresses“; vgl. auch Martin, Metaphor 154f. 5 Vgl. u.a. Röhrig, Diaspora; Krüger, Diaspora; Poplutz, Alterität; dies., Fremdheit; Fischer/Rose, Theologie; Witt, GEKE-Studienprozess; Bracht/Söding, Diaspora. In der neueren Diskussion um den ‚Diaspora‘-Begriff spielt zunehmend eine kulturwissenschaftliche Perspektive eine Rolle; vgl. z.B. Fischer/Rose, Theologie 39.42.51.58– 61; vgl. auch Witt, GEKE-Studienprozess 12. Betonung erfährt in diesem Studiendokument ein relational akzentuierter Diaspora-Begriff, der behilflich sein soll, sich von Selbstabschließung oder von Selbstgenügsamkeit verführen zu lassen; vgl. Fischer/ Rose, Theologie 29.36.41.67.80. 6 Vgl. u.a. Obermann, Land; Green, Church; Söding, Diaspora; Feldmeier, Avantgarde; Müller, Diaspora; Fischer/Rose, Theologie 35. Zum Anliegen einer „Theologie der Diaspora“ vgl. auch Witt, GEKE-Studienprozess 15. 7 Vgl. auch die Beiträge im Sammelbd. Müller, Fußspuren, bes. ders., Auserwählte. Vgl. aus der Perspektive eines Historikers auch Timpe, Domitian 226: „Den Verfasser beschäftigt die Dialektik von identitätssichernder Distanzierung der Christen als ‚Fremdlinge‘ (πάροικοι καὶ παρεπίδημοι) in der heidnischen Umwelt einerseits und ihrer dadurch bedingten Verfolgung als sozialer Außenseiter andrerseits. Mit diesem Problem offenbar aus eigener Erfahrung wohlvertraut will er seinen Lesern Hilfe zu dessen Bewältigung geben. Dazu wird die Kategorie der bedingten Fremdheit (παροικία) auf einen weiten typologischen Hintergrund bezogen und als Auszeichnung der geistlichen Erwählung (γένος ἐκλεκτόν, 2,9) zum positiven Modell christlichen Lebens erhoben. Dieses Verständnis von Fremdheit erlaubt die bejahende Annahme des damit verbundenen Leidens (4,12–14), das aber nun auch seinerseits theologisch geklärt wird: Durch Ausschließung anderer Ursachen, durch untadeliges Verhalten und Vermeidung allen Anstoßes soll es als unzweifelhaft christliches Leiden (ὡς Χριστιανός, 4,15–16) geadelt werden.“ 8 Vgl. in diesem Kontext auch Timpe, Domitian 236: „Die frühen Christen sahen in der geschichtlichen Existenz ihrer Gemeinschaft eine Wanderung durch die Zeit zwischen Koexistenz und Bedrängnis“.
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Vorwort
7
Korrekturlesens unterzogen; ihnen möchte ich von ganzem Herzen danken. Danken möchte ich in besonderer Weise auch meinem Syzygos im EKK, Kollegen Prof. Dr. Karl-Wilhelm Niebuhr; er war mir in all den Jahren der Zusammenarbeit ein ermutigender Weggefährte und beständiger exegetischer Gesprächspartner. Dem Herausgeberkreis des EKK danke ich für die stets anregenden Begegnungen in den Konferenzen der Autorinnen und Autoren sowie die Aufnahme des Manuskripts in die ‚neue Runde‘ dieses Kommentarwerks. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den unterschiedlichen Verlagen, die das Gesamtprojekt begleitet haben, danke ich für die stets kon struktive Zusammenarbeit. Besonders erwähnen möchte ich Dr. Volker Hampel, Volker Sühs, Miriam Espenhain und PD Dr. Izaak de Hulster. Der vorgelegte Band möchte einladen, den faszinierenden und komplexen Ermutigungen des Ersten Petrusbriefs nachzuspüren, der – wie es Norbert Brox in seinem wegweisenden Vorgänger-Band dieser Reihe ausgedrückt hat – Christusgläubige einlädt, in Hoffnung und Ausdauer ihre jeweilige Lage anzunehmen. Hilders/Rhön, 24. Juli 2022
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Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Literaturverzeichnis zum Ersten Petrusbrief . . . . . . . . . . 11 1 3 4 5 6 7 8 9
Kommentare des 1Petr (20./21. Jh.) . . . . . . . . . . . . 11 Kommentare (u.a.) (vor 1900) . . . . . . . . . . . . . . . 15 Bibliographien und Forschungsberichte . . . . . . . . . . 16 Monographien, Aufsätze etc. zum 1Petr . . . . . . . . . . 16 Textkritik – Textgeschichte des 1Petr . . . . . . . . . . . . 36 Einzelne Textabschnitte des 1Petr . . . . . . . . . . . . . 36 Sonstige Monographien, Aufsätze etc. . . . . . . . . . . . 44 Vermischtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Forschungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Einleitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Gliederungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Textüberlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Kanongeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Zur Wirkungsgeschichte/Rezeptionsgeschichte – Aufnahmen . 99 Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 A 1
Briefpräskript (1,1–2). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Präskript (1,1–2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
B
Eulogie und Dienst der Propheten (1,3–12) . . . . . . . . 125
2 3
Eulogie (1,3–9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Einzigartigkeit des Heils und der Dienst der Propheten (1,10–12) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
C
Paränetische Weisungen im Dienst der Identitätsbildung (1,13–2,10) . . . . . . . . . . . . . . . 149
4 5 6 7
Leben als Heilige (1,13–21) . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Wirkung des Wortes (1,22–25) . . . . . . . . . . . . . . . 170 Vernünftige Milch (2,1–3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Priester im Ensemble (2,4–10) . . . . . . . . . . . . . . . . 189
D
Paränetische Weisungen zum Lebenswandel (2,11–4,11) . 221
8 9 10 11 12 13 14 15
Im Angesicht der Völker (2,11–12) . . . . . . . . . . . . . 221 Leben als Bürger des Staates (2,13–17) . . . . . . . . . . . 233 Anweisungen für die Sklaven (2,18–25) . . . . . . . . . . . 243 Anweisungen für Eheleute (3,1–7) . . . . . . . . . . . . . . 267 Abwendung vom Bösen (3,8–17) . . . . . . . . . . . . . . 290 Christus, der Grund der Hoffnung (3,18–22) . . . . . . . . 306 Christi Leiden und die Leiden der Adressaten (4,1–6) . . . 322 Die Zeit ist nahe (4,7–11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
E
Paränetische Weisungen im Zugehen auf das Ende (4,12–5,11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343
16 Spott und Hohn in der Nachfolge Christi (4,12–19) . . . . 343 17 Verantwortung in der Gemeinde (5,1–7) . . . . . . . . . . 356 18 Gefährdung und Zuversicht (5,8–11) . . . . . . . . . . . . 381 F
Brief-Schluss (5,12–14) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
Schlussbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Ein Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399
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Literaturverzeichnis zum Ersten Petrusbrief
Das Literaturverzeichnis ist in der folgenden Weise gegliedert: Zunächst werden unter (1.) die Kommentare des 1Petr aufgelistet, die im 20. und 21. Jh. vorgelegt wurden. Unter (2.) werden Kommentare aus Väterzeit, Mittelalter und Neuzeit (bis 1600), unter (3.) Kommentare (u.a.) aus der Zeit vor 1900 aufgeführt. Es schließen sich unter (4.) Bibliographien und Forschungsberichte an, bevor im umfangreichen Teil (5.) Monographien, Aufsätze etc. zum Gesamttext des 1Petr benannt werden. Es folgen unter (6.) Studien zur Textkritik und Textgeschichte des 1Petr, bevor unter (7.) Analysen und Auslegungen einzelner Textabschnitte des 1Petr mit ihren bibliographischen Daten angegeben werden. Der ausführliche Teil (8.) benennt alle weiteren wissenschaftlichen Monographien, Aufsätze, Artikel etc., die nicht speziell auf den 1Petr fokussiert sind. Unter (9.) sind unter der Überschrift „Vermischtes“ Werke gesammelt, die vor allem in wirkungsgeschichtlichen Debatten eine Rolle spielen.
1 Kommentare des 1Petr (20./21. Jh.) Achtemeier, P. J., 1 Peter. A Commentary on First Peter. Edited by E. J. Epp (Hermeneia), Minneapolis 1996. Adinolfi, M., La prima lettera di Pietro nel mondo greco-romano (BPAA), Rom 1988. Barbieri, L. A., First and Second Peter, Chicago 1977. Bauer, J. B., Der Erste Petrusbrief (WB 14), Düsseldorf 1971. Beare, F. W., The First Epistle of Peter. The Greek Text with Introduction and Notes, Oxford (1958) 31970. Bénétreau, S., La première épître de Pierre (CEB), Vaux-sur-Seine 1984. Best, E., 1 Peter (NCeB), London 1971. Bigg, Ch., A Critical and Exegetical Commentary on the Epistles of St. Peter and St. Jude (ICC), Edinburgh (1901) 21910. Blenkin, G. W., The First Epistle General of Peter (Cambridge Greek Testament for Schools and Colleges), Cambridge 1914. Kommentare zu 1Petr werden in folgender Weise zitiert: Autorenname mit Seitenangabe (z.B. Brox 135 oder Goppelt 201). Ausgewählte spezielle Lit. (Aufsätze; Monographien etc.) zu einzelnen P erikopen wird in folgender Weise vorangestellt: Autorenname, Kurztitel. Die vollständigen bibliographischen Angaben finden sich in den jeweiligen Abschnitten des Literaturverzeichnisses.
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Literaturverzeichnis zum Ersten Petrusbrief
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Einführung
Forschungsgeschichte Die Zeiten, in der im Blick auf 1Petr von einem „Stiefkind“1 die Rede war, sind längst und endgültig vergangen. Peter Müller2 hat in einem ausführlichen Forschungsbericht (für die Jahre 1980 bis 2015) dargelegt, wie aus zahlreichen Perspektiven in den vergangenen Jahrzehnten die Analysen und Auslegungen des 1Petr intensiviert worden sind. Allein aus dem deutschsprachigen Raum liegen etliche neue Kommentare aus den letzten Jahren vor: Vahrenhorst (2016); Heckel (2019); Wagner/Vouga (2020). Für die Rezeption des 1Petr in der frühen Kirche3 steht nun in der Reihe „Novum Testamentum Patristicum“ der eindrückliche 1. Teilband (2015) von Andreas Merkt für die ersten beiden Kapitel zur Verfügung. In Aussicht gestellt ist der von Dan Batovici derzeit bearbeitete zweite Teilband als Fortsetzung zu Merkt.4 Aus dem englischsprachigen Raum sind nach den sehr einflussreichen Kommentaren von Achtemeier (1996) und Elliott (2002) zu nennen: Jobes (2005); Green (2007); Donelson (2010), in französischer Sprache sind erschienen: Bony (2004); Prigent (2006); Schlosser (2011), auf Italienisch: Bosetti (2004; 3 2006), um nur einige wenige zu nennen. In den Kommentaren und der Sekundärliteratur zum 1Petr wird derzeit ausgesprochen stark an der Einheitlichkeit des Schreibens festgehal-
So z.B. Elliott, Rehabilitation; Martin, Rehabilitation. Müller, Petrusbrief. Vgl. auch die Forschungsüberblicke von Sylva, 1Peter (1980); ders., Exploration (1982); Cothenet, Pierre (1988 – vor allem für die Jahre 1946–1982); Bechtler, Following 1–22; Doering, Schwerpunkte (2002); Boring, First Peter (2004); Webb, Epistles (2004); ders., Intertexture (2007); Dubis, Research (2006 – vor allem für die Jahre 1985–2004); Martin, Rehabilitation (2007); Schlosser 29–45 (2011); Heckel, Literatur (2014); Charles, Volonté 13–27 (2016); Wypadlo, Petrusbrief (2022). Vgl. auch die umfänglichen Bibliographien von Casurella, Bibliography; Mills, 1Peter sowie die von Charles, Volonté (24f ) benannten. 3 Schelkle hatte (X-XI) eine Zusammenstellung der Kommentare der Väterzeit geboten, Felten mittelalterliche Kommentierungen aufgenommen. Zu den vielfältigen ‚Aufnahmen‘ in Väterliteratur, Theologiegeschichte, Liturgie, Kirchenordnungen, Kunst und Musik vgl. auch den Kommentar von Skaggs. 4 Vgl. Batovici, Commenting 163 Anm. 1: „This contribution is a result of the work on the second Novum Testamentum Patristicum (NTP) volume on 1 Peter, focusing on 1 Peter 2:11 – 5:14“. 1 2
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Einführung
ten,5 was in der Forschungsliteratur des 20. Jh. nicht immer der Fall war. Vorschläge zu Teilungshypothesen oder Herleitungen der Ausführungen aus einer Taufpredigt oder einer Taufliturgie6 werden aktuell so gut wie nicht mehr vertreten. Ausführliche und maßgebliche Impulse hat die Auslegung des 1Petr im Gespräch mit den Sozialwissenschaften7, der Soziologie8, der Sozialgeschichte9 und der Sozialpsychologie10 erfahren. Dabei sind für das vergangene Jahrhundert vor allem die Namen von John H. Elliott11 und David L. Balch12 zu nennen, deren Arbeiten von 1981 an die sog. „Balch/ElliottDebatte“13 auslöste. Die methodologischen Zugänge zu 1Petr sind ausgesprochen vielfältig geworden. Ein in besonderer Weise Kommentatoren anregender Zugang ist die rhetorische Perspektive14, für die auch ein gewisser Bedarf15 auszumachen war. Zu Recht betont Troy W. Martin: „Rehabilitating 1Peter rhetorically therefore involves applying the method of classical rhetorical Vgl. nur die Kommentare von Best (20–24), Goppelt (15f ), Michaels (XXXIX), Achtemeier (60–62) oder Peirce, Spirits 181f. 6 Vgl. hierzu auch Soards, 1 Peter 3834f; Peirce, Spirits 178–180. Eine be- oder verarbeitete Taufpredigt erkannten Harnack, Perdelwitz, Bornemann, Beare oder Krodel, an eine Herleitung aus einer Taufliturgie (der Osterfeier) dachten Windisch – Preisker, Cross und Leaney; vgl. hierzu auch Ferguson, Baptism 189. 7 Vgl. u.a. Elliott, Home (1990); ders., Conflict (2007); Himes, Identity. 8 Vor allem seit der Studie von Bechtler, Following (1998). 9 Zu nennen sind hier u.a. die Arbeiten von Winter, Welfare (1994); Poh, Social World (1998); Horrell, Product (2002); Webb, Petrine Epistles (2004); van Rensburg, Constructing (2011); Williams, Works, bes. 21–24.211 (2014). 10 Besonders hervorzuheben sind hier die Beiträge von Bechtler, Following (1998); Holloway, Coping (2009), der Aspekte der Vorurteilsforschung auf den 1Petr anwendet; Guttenberger, Passio, bes. 53–62 (2010); Graser/Stenschke, Coping (2012); Williams, Works (2014); Shaw, Considering (2020). Diese Studien haben sich besonders des Umgangs mit Leiderfahrungen aufgrund des Glaubens angenommen. Vgl. z.B. Graser/Stenschke, Coping 104: „A final strategy for coping with discrimination consists of rebuilding and strengthening the self-esteem of the readers by pointing out their new identity in Christ and the group affiliation (1:14 – 2:10)“. 11 Vgl. Liebengood, Eschatology 2: „John Elliott, who was the first to apply a socialscientific perspective to 1 Peter, began a new conversation in 1Peter studies with his monograph A Home for the Homeless (1981)“. Zu Elliotts Position und Argumentation vgl. vor allem Feldmeier, Fremde 203–210; Williams, Works 19–21. 12 Balch legte zeitgleich zu Elliott seine Studie Let Wives be Submissive: The Domestic Code in 1 Peter (1981) vor. Vgl. Liebengood, Eschatology 3 Anm. 5: „Balch ... argued that 1 Peter’s strategy was targeted more towards assimilation rather than (sectarian) group cohesion“; Williams, Works 16–19. 13 Vgl. hierzu u.a. Pierce, Spirits 2–3; Christensen, Balch/Elliott Debate. 14 Aus den letzten drei Jahrzehnten seien u.a. benannt: Ellul, exemple (1990); Thurén, Strategy (1990 [vgl. hierzu auch Müller, Petrusbrief 346–348]); Martin, Metaphor (1992); Schmidt, Mahnung (2003); Campbell, Honor (2007); Martin, Rehabilitation (2007); Webb, Intertexture (2007); Standaert, surprise (2012). 15 Vgl. Martin, Rehabilitation 42: „Once again, 1Peter finds itself as a step-child in need of rehabilitation, but this time as rhetorical step-child“; ebd. 71: „much remains to be done in rehabilitating 1Peter rhetorically“. 5
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Einführung
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criticism with sensitivity to the paraenetical nature of 1 Peter.“16 Die pa ränetischen Abschnitte des Schreibens finden zu Recht besondere Beachtung.17 Einzelne Kapitel des 1Petr haben verständlicherweise das besondere Interesse spezifischer methodischer Zugänge und Auslegungen auf sich gezogen. Das kann vor allem für den Textabschnitt 1Petr 2,18–25 beobachtet werden, in dem (V 18) zunächst die Haussklaven angesprochen werden. Hier setzen vor allem Auslegungen mit postkolonialer Perspektive an.18 Aus der Gender-Perspektive findet vor allem 1Petr 3,1–7 gesonderte Aufmerksamkeit,19 wobei jeweils auch der Makrotext oder andere Textabschnitte analysiert und ausgelegt werden. Für die kommende Zeit dürften für die Forschung zum 1Petr zwei Zugänge erhellend wirken, die zum Abschluss dieses kurzen Forschungsüberblicks benannt seien: Beiträge, die sich von der Narratologie20 anregen lassen, wobei aktuell die Fragen nach ‚Raum‘ und ‚Zeit‘ besonderes Interesse21 finden, sowie die Analysen, die sich mit der Metaphorik des 1Petr beschäftigen, vor allem hinsichtlich der heuristischen und paränetischen Valenzen, die mit den zahlreichen metaphorischen Prädikationen in diesem Schreiben verbunden sind. Bereits in seiner umfänglichen Studie „Metaphor and Composition in 1Peter“ (1992) machte sich Troy W. Martin auf die Suche nach einer „controlling metaphor of 1Peter“22. 15 Jahre später hält er erneut fest: „I identify the controlling metaphor of 1Peter as the diaspora used to describe the existence of the recipients as the wandering people of God on an eschatological journey“23 und verweist dabei vor allem auf 1Petr 1,3–5. Auch wenn andere Auslegerinnen und Ausleger ihm hinsichtlich einer Rede von „controlling metaphor“ oder „rhetorical situation“ nicht folgen Martin, Rehabilitation 43, der sich in seinem Artikel kritisch mit den bis 2007 vorgelegten Beiträgen auseinandersetzt. 17 Vgl. die Beiträge Thurén, Argument (1995); Sandnes, Conventions (2004); de Waal Dryden, Theology (2006; vgl. meine Rez. in ThLZ 134 [2009] 183–185; vgl. auch Liebengood, Eschatology 4); Williams, Works (vgl. meine Rez. in BZ NF 60 [2014] 144–147). 18 Vgl. u.a. Schüssler Fiorenza, 1Petr (2007); Bauman-Martin, Speaking (2007); Bird, Abuse (2011); Williams, Works, bes. 210 (2014); Kaalund, Reading (2019), bes. 118ff „through the New Negro Lens“; zu beachten ist dabei vor allem der Hinweis (ebd. 17): „I suggest that the Great Migration created a black American diaspora“. 19 Zu beachten sind u.a. Bird, Abuse (2011) mit den Darlegungen zu „gender-based violence“, die vor allem für die Auslegungsgeschichte des 1Petr zu beachten ist; Visser, Following (2017). 20 Vgl. u.a. Boring, Narrative Dynamics (2007); Joseph, Reading (2012); Egan, Ecclesiology (2017). 21 Vgl. u.a. Horrell/Wan, Christology (2016); Horrell, Re-Placing (2017); Wan, Contest (2020); Blumenthal, Potential (2021). 22 Martin, Metaphor, bes. 153. 23 Martin, Rehabilitation 57; vgl. ebd.: „I then comment that this general image of diaspora life sets up the rhetorical situation of 1Peter“ mit Verweis auf Martin, Metaphor 154f. 16
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werden,24 wird hier zu Recht die Bedeutung metaphorischen Sprechens für das theologische Argumentieren und die paränetischen Weisungen im 1Petr hervorgehoben.25 So gibt es aus jüngeren Jahren eine ganze Reihe an Beiträgen, die sich einzelnen metaphorischen Prädikationen bzw. gesonderten Textpassagen26 sowie bildspendenden Feldern27 widmen.
Einleitungsfragen Die ausführlichen einleitungswissenschaftlichen Debatten28 der vergangenen Jahrzehnte haben aufzeigen können, dass der 1Petr mit hoher Wahrscheinlichkeit als ein pseudepigraphisches29 Schreiben zu verstehen ist. Dabei kann eine Reihe von Beobachtungen angeführt werden, die eine Abfassung des Briefes durch den historischen Petrus30 als unwahrscheinlich erscheinen lassen.31 Zu diesen Beobachtungen gehören zunächst sprachliche Indizien: das ausgesprochen gute Griechisch32, das dem gehobenen griechischen Stil33 entspricht und einem aus Galiläa stammenden, aramäisch sprechenden Vgl. auch die kritischen Bemerkungen bei Müller, Petrusbrief 448–450. Vgl. auch Martin, Metaphor (1992) 141; van Rensburg, Old Testament (2004); ders., Metaphors (2005); Howe, Name (2006); Müller, Hüften (2013); ders., Gesinnungshüften (2016). Vgl. auch die von Müller, Petrusbrief 446–450, besprochenen Arbeiten. 26 Vgl. u.a. Achtemeier, Babes; Tite, Nurslings (2009); McMillen, Metaphor (2011); Martin, Christians (2014). 27 Vgl. u.a. Feldmeier, Christen (1992) zur Fremde; Wolff, Erbe (2006); Asumang, Resist (2011) zur militärischen Metaphorik; Kaiser, Rede (2018) zu Bildern der Zeugung und Geburt. 28 Vgl. bes. Dubis, Research; Müller, Petrusbrief 452–465; Wypadlo, Petrusbrief 175180. 29 Zu den wichtigsten Einleitungsfragen und -debatten vgl. u.a. Broer/Weidemann, Einleitung 618–635; Schnelle, Einleitung 477-493; Dubis, Research 200–204; Horn, Petrus-Schule; Vahrenhorst 9–16. Vgl. auch Schmidt, Mahnung; Pierce, Spirits 176– 178; Williams, Persecution 22–34 (der [31] vorsichtig für Pseudonymität optiert). 30 Zu Kommentaren, die eine solche annehmen oder für sehr wahrscheinlich halten, zählen Selwyn; Grudem; Davids; Hillyer; Jobes, bes. 5–19; Green; eine ausführliche Auflistung bietet Peirce, Spirits 177 Anm. 1. Vgl. auch Gäckle, Grüße 9, mit weiteren Bsp. für eine Verfasserschaft des historischen Petrus; vgl. auch ders., Priestertum 392–397. 31 In der Väterliteratur (53 der Väter zitieren 1Petr [so die Zählung von Elliott, Epistles 329], wobei Cyrill von Alexandrien, Didymus und Origenes hervorzuheben sind) können etliche Stimmen vernommen werden, die eine Verfasserschaft des Petrus annehmen und das in der Zitation erkennbar werden lassen; dazu zählen Irenäus von Lyon (haer. 4,9,2; 4,16,5; 5,7,2), Clemens von Alexandrien (paed. 3,11,74; strom. IV,7,46; IV,7,47); Cyprian von Karthago (De habitu virginum 8), Origenes (De principiis 2,5,3; vgl. auch 2,8,3; 3,3,6) und Gregor der Große (Mor 16 B Nr. 41). 32 Gesondert hingewiesen sei auf die Verwendung des Optativs oder des Partizipialstils; vgl. dazu Wifstrand, Problems 52f.; Standaert, surprise 393. Konjunktionen mit γάρ schaffen kausale Zusammenhänge; vgl. auch Rensburg, Use. 33 Vgl. Standaert, surprise, bes. 387–389. 24 25
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Fischer schwerlich zuzutrauen34 ist, die Verwendung der LXX35 in der Zitation der Schrift,36 der Einsatz von besonderen rhetorischen Mitteln37 (Alliteration [1,19 u.a.]; Antithesen [1,18f u.a.]; Asyndeton; Anapher; Chiasmus; Oxymoron; Parallelismus membrorum)38 und die lange Liste an Hapaxlegomena39. Als Beispiele für Wörter, die im NT nur in 1Petr Verwendung finden, seien benannt: ἀγαθοποιΐα 4,19 ἀδελφότης 2,17; 5,9 ἄδολος 2,2 ἀλλοτριεπίσκοπος 4,15 ἀμαράντινος 5,4 ἀμάραντος 1,4 ἀναγεννᾶν ἀναγεννᾶσθαι 1,3; 1,23 ἀνάχυσις 4,4 ἀρχιποίμην 5,4 ἐγκομβοῦσθαι 5,5 ἐπερώτημα 3,21 ἐπίλοιπος 4,2 κτίστης 4,19 ὁμόφρων 3,8 πατροπαράδοτος 1,18 συμπρεσβύτερος 5,1 ὑπογραμμός 2,21 Zu den sprachlichen Beobachtungen treten inhaltliche Aspekte, die eine Verfasserschaft durch den historischen Petrus in Frage stellen. Eine ganze Reihe von ntl Texten verwenden viel Aufmerksamkeit auf die Frage, wie der Weg Petri mit und hinter Jesus her von Höhen und Tiefen geprägt ist. Da überrascht es, dass sich der Verfasser des 1Petr als „Zeuge der Leiden Vgl. schon Grimm, Problem 685.688. Lukas kennzeichnet in Apg 4,13 Petrus und Johannes als „unstudierte und einfache Leute“; vgl. Jervell, Apg 179: „Es wird aber betont, dass die Apostel ἀγράμματοι unstudierte Leute sind, und ἰδιῶται, Laien, die von ausserhalb des Standes der Sachkundigen, in casu Schriftgelehrten, herkamen“. Standaert, surpirse 387, fragt: „Un simple pêcheur des bords du lac de Galilée a-t-il pu composer un écrit aussi élaboré au plan stylistique?“. 35 Vgl. auch Broer/Weidemann, Einleitung 622f; Müller, Schrift, bes. 199–205; Standaert, surprise 390 Anm. 2. 36 Zum Gebrauch der „Schrift“ vgl. u.a. Osborne, utilisation; Schutter, Hermeneutic; Woan, Psalms; Moyise, Isaiah; Müller, Schrift; Woan, Use; Gréaux, Lord 610–612 (mit einer Liste von Zitaten und Anspielungen); Doering, Rezeption 127–129. Osborne, utilisation 65, zählt 9 Zitate und 22 Anspielungen. 37 Vgl. auch Standaert, surprise (vor allem zum Einsatz von Antithesen und der Verwendung des Oxymoron). 38 Vgl. z.B. zu den Dreierfiguren (1,4.7.[19]; 1,28; 2,17; 3,3; 3,17; 5,1; 5,2f ) und zum Einsatz des Homoioprophoron und Homoioteuleuton in 1Petr Schmidt, Mahnung 292; Standaert, surprise 392f. Schmidt, Mahnung 287–295 äußert sich ausführlich zu den sprachlichen und rhetorischen Elementen; vgl. auch Achtemeier 2–9. 39 Becker, Begriff 196f, zählt 61. 34
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Christi“ (5,1) präsentiert, ohne auf Schwächen oder Verweigerungen40 im Rahmen der Passion Jesu zu sprechen zu kommen. Die Augenzeugenschaft des Petrus verträgt sich nicht mit dem ‚Nacherzählen‘ der Passion Jesu in 1Petr 2,22–24.41 Eine wie auch immer geartete „Aufarbeitung“ wird nicht angezielt, gleichzeitig wird das Beispiel Christi im Leiden – insbesondere in 1Petr 2,21–25 – als zentrales Leitbild für die Adressaten stark gemacht. Zudem ist auffällig, dass ein Herrenjünger der ersten Stunde so gut wie kein Herrenwort42 zitiert oder in Erinnerung bringt.43 Eine in der Datierungsdebatte zu bedenkende Bemerkung ist die Selbstbezeichnung des Autors als „Mit-Ältester“ in 1Petr 5,1, verbunden mit dem Ansprechen von verantwortlichen Presbytern in 1Petr 5, die in ihrer Differenziertheit wohl noch nicht für die Lebenszeit des Petrus zu veranschlagen ist.44 Beeindruckend ist das weite Spektrum der Traditionen,45 die in diesem Schreiben Aufnahme gefunden haben. So konstatiert Travis B. Williams: „The Petrine author weaves together a variety of source materials to create a patchwork of citations and allusions upon which he builds his paraenesis“46. Im Schriftgebrauch ist eine deutliche Orientierung am LXX-Text auszumachen.47 Daneben sind frühjüdische Traditionen aufgenommen.48 Der Verfasser zeigt eine starke Vertrautheit mit pln Theologie.49 Ein ‚pau-
40 Vgl. allein die ntl Texte, die von der Verleugnung Petri erzählen: Mk 14,66–72; Mt 26,69–75; Lk 22,54–62; Joh 18,15–27, ganz abgesehen von seiner „Nicht-Präsenz“ in Mk 15 (Flucht in Mk 14,50) u.a. So stellt sich eine gewisse Verwunderung ein, wenn ein „Petrus“ auf dem Hintergrund von Mk 14,34.37.38 seine Adressaten zum γρηγορεῖν aufruft (1Petr 5,8). Zu den „Erschütterungen in Jerusalem“ vgl. bes. Becker, Simon Petrus 111–131. 41 Vgl. auch Brox 137. 42 Zur Frage der Aufnahme von „Jesus-Traditionen“ vgl. u.a. Gundry, Verba; Goppelt 53f; Maier, Jesustradition; Metzner, Rezeption. 43 Horn, Kanongeschichte 345, gibt den Hinweis, dass „aus dem Lebenweg des Apostels keine auffälligen Verknüpfungen zur Theologie des Briefes hergestellt werden“. 44 Vgl. auch Müller, Petrusbrief 458: „Die Vielfalt der aufgegriffenen Traditionen, die Anrede der Presbyter in 5,1 und die Art und Weise, wie ihre Aufgabe in 5,1–4 beschrieben wird, deuten eine bereits längere Entwicklung an. Von daher erscheint eine Entstehungszeit zwischen 80 und 100 am wahrscheinlichsten“; vgl. auch ebd. 453: „Schließlich setzt die Bezeichnung ‚Mitpresbyter‘ in 5,1 bereits entwickelte Gemeindestrukturen voraus“. 45 Vgl. Marxsen, Mitälteste: „eine Fülle von Traditionen verschiedener Herkunft aufgenommen“; Spicq 15; Senior 13. 46 Williams, Intertextuality 160. 47 Vgl. u.a. Müller, Schrift. 48 Vgl. u.a. Klumbies, Verkündigung; Davids, Pseudepigrapha; Pierce, Reexamining; ders., Spirits; Götte, Wächtern. 49 Vgl. neben den Kommentaren von Goppelt (48–51); Brox (47–51.74) oder Elliott (37–40) auch die Beiträge von Brox, Tradition; Herzer, Petrus; Horrell, Product, bes. 32–38; Aejmelaeus, Heritage, u.a.
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linischer Charakter‘50 des Schreibens wird manchmal betont51, manchmal bestritten52. Die Voraussetzung und ausgeprägte Nutzung pln Theologie dürfte in etlichen Passagen des 1Petr zu veranschlagen sein, direkte Bezüge zu pln Briefen im Sinne einer literarischen Abhängigkeit sind wohl nur schwer ‚nachweisbar‘.53 James A. Kelhoffer fasst die Debatte so zusammen: „the letter is most aptly described as indebted to Paul but by no means merely Pauline“54. Darüber hinaus gibt es eine Beziehung zu Jesus-Traditionen, denen wir auch im Mt-Evangelium begegnen.55 Eine Reihe von Passagen zeigt Berührungen mit dem Jakobusbrief56. Häufiger Gegenstand der Forschungsarbeit im vergangenen Jahrhundert57 waren die Traditionen, die aus geformter urchristlicher Überlieferung hervorgegangen58 sind bzw. die Bekenntnistexte, die in liturgischen Vollzügen gewachsen sein können und vom Autor des 1Petr übernommen oder bearbeitet wurden. Damit ist die Frage der zeitlichen Ansetzung des 1Petr aufgeworfen.59 In den Einleitungsdebatten wird dabei vor allem um das Verständnis von „Babylon“60 in 1Petr 5,13 gerungen.61 Für zahlreiche Ausleger ist der Ge So werden vor allem Berührungen mit dem Röm angeführt; darüber hinaus sind Eph; Tit und 1Tim im Blick. Für Eph vgl. auch Mitton, Relationship; Shimada, 1Peter. 51 Vgl. z.B. Horrell, Becoming 7–44; Zeller, Tod 191. Zeller, Tod 192, geht von einer Kenntnis des Röm aus; Elliott (32f ) benennt eine Nähe; vgl. zu dieser Debatte auch Shimada, Romans; Williams, Intertextuality, bes. 170 Anm. 2. 52 Vgl. u.a. Herzer, Petrus 261, der betont, dass von „einem paulinischen Einfluß, einer paulinischen Prägung des 1Petr oder einer Abhängigkeit von der paulinischen Tradition ... nur mit äußerster Zurückhaltung gesprochen werden“ könne; etwas zuversichtlicher äußert sich Horrell, Product 50: „1 Peter shows the influence of Paul and Pauline tradition, but it is not a ‚Pauline letter‘“. 53 Ähnlich Zerbe, Non-Retaliation 272: „There is no evidence that 1 Peter dependet literarily on any Pauline letters. Nevertheless, one can posit the indirect impact of Pauline theology and Romans on 1 Peter“. 54 Kelhoffer, Improvising 264; zu einer Kenntnis des Röm vgl. ebd. 265.270. 55 Vgl. u.a. Goppelt 53f; Metzner, Rezeption. 56 Vgl. u.a. Hilgenfeld, Petrus-Brief; Grimm, Problem 692; Ferris, Epistle; Konradt, Jakobusbrief; Müller, Petrusbrief 357; Allison, Jak 67f; Lockett, Use. 57 Vgl. u.a. Bultmann, Bekenntnis- und Liedfragmente; Deichgräber, Gotteshymnus 169–173; Schlosser, éléments; Reiser, Eschatologie 164. 58 Vgl. auch Zeilinger, Lobpreis 151f; Schmidt, Kult 236 Anm. 45 (mit der von ihm benannten Lit. zu dieser Thematik). 59 Bereits im 19. Jh. gibt es eine breite Diskussion zu dieser Fragestellung; vgl. Hilgenfeld, Petrus-Brief 467; die Positionen sind schon in dieser Zeit vielfältig und umfassen insgesamt eine Spanne von 54 bis 140 n. Chr. 60 An eine Abfassung in Babylon in Mesopotamien dachte u.a. Grimm, Problem 693f, der von daher die Reihung der Provinzen im Präskript erklärte (von Osten nach Westen). Seufert, Abfassungsort, hat seinerzeit auf drei Alternativen aufmerksam gemacht: Babylon am Nil, Babylon am Euphrat und Babylon am Tigris; vgl. auch Horrell, Re-Placing 273. Horrell, der auch auf die Positionen aufmerksam macht (ebd. 277), die eine Entstehung in Kleinasien annehmen, kommt selbst zu dem vorsichtigen Ergebnis (ebd.): „we can hardly be sure where 1Peter was actually written“. 61 Vgl. Hunzinger, Babylon; Gielen, Petrusbrief; Molthagen, Lage 434; Broer/Weidemann, Einleitung 621.623f.626. Vgl. zur Debatte auch Baum, Babylon 200–202; Durst, Babylon; Horn, Petrus-Schule; Gäckle, Grüße 10f. 50
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brauch von „Babylon“ als Chiffre für ‚Rom‘62 anzusehen.63 Dabei wird häufiger auf die in der Apokalypse auftretende „Hure Babylon“ verwiesen. Allerdings lässt sich eine solche Namensverwendung nicht vor dem Jahr 70 nachweisen.64 Damit kann ein Hinweis für die Beantwortung der Frage nach der Entstehungszeit des Schreibens, vielleicht auch für den Abfassungsort,65 gegeben sein.66 So konstatiert auch Doering: „The likely allusion of ‚Babylon‘ in 1 Peter 5:13 to Rome points to the time following the destruction of the Second Temple, since Rome is here referenced as the power responsible for this destruction, as Babylon was for that of the first. This would imply that the earliest plausible date would be the last third of the first century“67. Mit dieser Erinnerung an die Zerstörung durch die Babylonier ist freilich auch eine hoffnungsvolle Perspektive gesetzt: „God’s exiled people suffer at hands of the enemy, but God will ultimately prevail“68.
Vgl. vor allem 4Esr 3,1f; 2Bar 11,1; Sib 5,143.159; Offb 14,8; 16,19; 17,5; 18,10.12. Zu Offb 17 – 19 vgl. bes. Sals, Biographie; zu 1Petr 5,13 bemerkt Sals (ebd. 84): „… ist ‚Babylon‘ anscheinend als Deckname gebraucht, ob für Rom, wie die überwiegende Mehrzahl der Forscher und Forscherinnen annimmt oder schlicht für die Gefangenschaft wie Mt 1; Apg 7,32 nahelegen, ist unklar“. Zu den übrigen, aufgelisteten Belegen vgl. bes. Horrell, Re-Placing 276. Anders Gielen, Erschließung 43: „Babylon ist keine Chiffre für Rom … Vielmehr bietet Babylon – gedeutet als Chiffre für die Existenz als Minderheit in der Fremde bzw. im Exil – sogar den Briefadressaten einen weiteren Hinweis darauf, dass der Autor des an sie gerichteten Schreibens in einer Gemeinde ihres eigenen Lebensraumes unter denselben schwierigen Bedingungen lebt“. 63 Vgl. Hunzinger, Babylon; Caulley, Title 202f. 64 Vgl. Hunzinger, Babylon 67–77; Guttenberger, Passio 68. 65 Nach Abwägen von alternativen Vorschlägen (Entstehung in Kleinasien; Antiochia o.a.) sprechen sich viele Kommentare für Rom als wahrscheinlichste Lösung aus; vgl. z.B. Achtemeier 64; Elliott 131–134; Schlosser 38, Skaggs 164. Bei der in dieser Frage angeratenen Vorsicht bzw. Zurückhaltung gilt es, den Hinweis von Horrell, RePlacing 271, zu beachten: „the kind of information the letter provides tells us not so much about physical location as about how the author constructs and presents the space where he depicts himself as writing the letter“ – anknüpfend (277) an Brox 42: „Vorsichtig kann man dann nur sagen, daß der 1Petr in Rom geschrieben sein will“. 66 Vahrenhorst (202) will Babylon als Abfassungsort verstehen – im Sinne von „im Exil“. Nach Gäckle, Grüße 15, geht es vor allem darum, die „Fremde“ zu betonen. Vgl. auch Heckel 130: „Babylon steht für das Leben in der Welt, nicht für eine bestimmte Stadt wie z.B. Rom, auch wenn die Gleichsetzung von Babylon mit Rom in der Auslegungsgeschichte bald üblich wurde“; solche Positionen sind längst von Andresen, Formular 243, vorgetragen worden: „Selbstverständnis der spätjüdischen Diaspora …, die immer und überall ‚in Babylon‘ d.h. ‚in der Welt‘ ist“. 67 Doering, Stock 243f. Vgl. auch Horrell, Re-Placing 282: „To address readers in the diaspora from a place called Babylon, wherever the author is really located, is to evoke the story of Judah’s conquest by Babylon … To call Rome Babylon gives a certain kind of meaning and significance to the space that is the city of Rome“. 68 Caulley, Title 202. 62
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In der Datierungsfrage69 des 1Petr werden in der Forschungsliteratur relativ weite Zeiträume offengehalten.70 Jüngere Arbeiten, wie z.B. die von Williams71, setzen einen Zeitraum von 60 bis 90 n. Chr., andere72 den Zeitraum von 75 bis 95 n. Chr. an.73 Daneben werden freilich auch frühere74 Datierungen sowie engagiert Spätdatierungen vertreten, so z.B. von Gielen75, die allerdings nicht ohne kritische Auseinandersetzung und heftigen Widerspruch76 geblieben sind. Auffälligerweise fehlt der 1Petr im Fragmentum Muratorianum77, das manche für ein Schriftverzeichnis halten, das der römischen Gemeinde78 zugewiesen werden könne. Gleichzeitig bleibt allerdings zu betonen, dass für den 1Petr die Gestalt des Petrus79 als die entscheidende menschliche Autoritätsfigur zu verstehen ist, die mit einer ‚Petrus-Tradition‘ verknüpft ist, wobei gelten kann: „Although it is not clear how much of this tradition the recipients of 1 Peter know, identifying the author as Peter references this tradition and presents this author as someone whom the recipients can confidently trust.“80 Das gilt auch, wenn hier mit der Mehrheit der Aus Vgl. Horn, Staatsbürger 371: „Die zeitgeschichtliche Einordnung des 1. Petrusbriefs erscheint außerordentlich schwierig, da diese Schrift selbst kaum Anhaltspunkte für präzisere Datierungsversuche bietet“; vgl. auch Senior 7–10. 70 Vgl. Durst, Babylon 432: „Die in der Forschung verhandelten Datierungsvorschläge schöpfen nahezu das gesamte mögliche Spektrum aus: zwischen 65 bzw. 67 und 80; zwischen 70 und 100; letzte Jahrzehnte des 1. Jahrhunderts; zwischen 81 und 90; um 90; 90–95; ausgehendes 1. Jahrhundert; um die Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert; um 110–113“; Horn, Staatsbürger 372: die zeitliche Zuordnung schwanke „zwischen einer Zuordnung zu der Regierungszeit des Nero (54–68 n. Chr.) … zu der des Vespasian (69–79 n. Chr.), zu der des Domitian (81–96 n. Chr.), zu der des Trajan (98–117 n. Chr.) oder zu der des Hadrian (117–138 n. Chr.)“. 71 Williams, Persecution 22–34. 72 Vgl. z.B. Horrell, Aliens 184 Anm. 37: „I regard the likely date-range for 1Peter as approximately 75–95 CE“; vgl. auch die Ausführungen in seinem Kommentar 8–10. 73 Vgl. z.B. Thorsteinsson, Christianity 105: „The letter was probably written sometime between 70 CE and 95 CE“; er verweist auch auf die Kommentare von Elliott (134–138), der von 73–92 CE spricht, und Achtemeier (50), der 80–100 CE favorisiert, mit der Bemerkung „most likely in the earlier years of that range“. Vgl. auch Michl, Presbyter 50 (70–100 n.Chr.). 74 Vgl. u.a. Berger, Neues Testament 53: „zwischen 50 und 55 zu datieren“. 75 Gielen, Hadrian (der Polykarpbrief [um 120] gehe 1Petr voraus); dies., Polykarp brief (Rezeption des Polykarpbriefs durch 1Petr in der Zeit Kaiser Hadrians), bes. 419; dies., Erschließung 46 – darin jetzt etwas vorsichtiger: „1Petr dürfte in einem Zeitfenster zwischen ca. 90 bis 130 n. Chr. verfasst worden sein, wobei hier einer Spätdatierung um 130 eine gewisse Präferenz eingeräumt wird“. 76 Vgl. vor allem Vahrenhorst 47–50; ablehnend auch Grünstäudl, Briefe (mit Verweis auf Norelli, sujet); Wagner/Vouga 37 (u.a. Stellen). 77 Vgl. hierzu Markschies, Haupteinleitung 117–120; Rothschild, Muratorian Fragment. 78 Vgl. Markschies, Haupteinleitung 117. 79 Vgl. Schmidt, Mahnung 157–296; Gielen, Erschließung 41: „Plausibel ist … die Annahme, dass er sich Konventionen seiner Zeit aus Rhetorik und Epistolographie zunutze macht, indem er in die Rolle des Petrus schlüpft und dieses Rollenspiel durch gezielte Hinweise im Brief für seine intendierte Adressatenschaft … durchschaubar macht“. 80 Martin, Rehabilitation 63. 69
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leger und Auslegerinnen eine Abfassung des 1Petr in der Regierungszeit des Domitian, also zwischen 81 und 96 n. Chr.,81 für wahrscheinlich gehalten wird.82 Lutz Doering hat behutsam einen Vermittlungsvorschlag in die Diskussion eingetragen: „es scheint mir ratsam, gegenüber allzu engen Festlegungen für die Datierung des 1 Petr grundsätzlich ein Zeitfenster von etwa 40 Jahren ab dem achten Jahrzehnt des 1. Jahrhunderts offen zu halten“83. Im Blick auf die lokale Verortung des Absenders ist derzeit ein vielfältiges Spektrum an Positionen auszumachen. In der Einleitungswissenschaft werden neben Rom84 vor allem Städte Kleinasiens85 und in jüngerer Zeit zunehmend Syrien genannt, wobei im letzten Fall vor allem auf die Nähe einiger Passagen zum Matthäusevangelium86 aufmerksam gemacht wird. Zur Beantwortung der Frage nach den Erstadressaten des 1Petr wird in den Einleitungsdebatten gegenwärtig stark die Position favorisiert, die von einer heidenchristlichen Mehrheit ausgeht. Das hängt vor allem mit der Interpretation von Textpassagen zusammen, die von einer deutlichen Abkehr von früheren Lebensvollzügen sprechen. Hinzuweisen ist beispielsweise auf 1Petr 1,18: „nichtige, vom Vater vererbte Lebensweise“, aber auch auf 1,14; 4,3f.87 Es darf allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass die „Erwähnung von Diaspora in 1Petr 1,1 … von den Kirchenvätern über Erasmus und Calvin hin zu zahlreichen neueren exegetischen Arbeiten dazu geführt (hat), dass die Adressaten unter den Judenchristen vermutet wurden“88. Auffällig bleibt der ausführliche Schriftgebrauch im theologischen und paräne tischen Argumentieren.89 Die erstaunliche Häufigkeit atl Zitate, Anspielungen etc. dürfte vor allem vom gottesdienstlichen Gebrauch der Schrift in frühen Gemeinden her zu erklären sein.
Vgl. auch die Berechnungen bei Bisotti, Dienerin 135–139; Timpe, Domitian 226. Vgl. auch Brox, Situation 221; Feldmeier 27; Elliott 135–138 (zwischen 73 und 92 n. Chr.); Cook, Attitudes 246. 83 Doering, Volk 83; vgl. ders., First Peter 453 Anm. 93; Volk 81–83; Stock 243–245. 84 Vgl. die Ausführungen zur Babylon-Debatte oben. 85 Vgl. auch Broer/Weidemann, Einleitung 629f. 86 Vgl. u.a. Metzner, Rezeption (vgl. hierzu auch Müller, Petrusbrief 356f, mit der zusammenfassenden Bemerkung: „Auch wenn in 1Petr zweifellos Jesustradition aufgegriffen ist, ist der Nachweis einer unmittelbaren Abhängigkeit des Briefes vom ersten Evangelium doch nur schwer zu führen“); Konradt, Kontext 211. 87 Vgl. Brox 76 u.a.; van Unnik, Critique; Achtemeier 50f (mit einer ‚Kompromisslösung‘: Mehrheit Heidenchristen; Judenchristen nicht ausgeschlossen). Bereits Martin Luther sprach sich für eine heidenchristliche Adressatenschaft aus; vgl. WA 12 261,31–33. 88 Fischer/Rose, Theologie 77; vgl. auch Brox 24–34. 89 Vgl. u.a. Müller, Schrift, bes. 206–210, und die oben (FN 37) benannte Lit. Vgl. auch den Hinweise von Luther in seiner Predigt und Auslegung (WA 12 299,16–17): „Denn dis ist, wie ich gesagt hab, eyn reyche Epistel und wol gespickt mitt schrifften“. 81 82
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Bei der Frage der ‚Verortung‘ der Erstadressaten wird in neueren Arbeiten ein eher städtisches Milieu90 angenommen. Es begegnen aber auch Stimmen, die stärker für ländliche Gemeinden votieren. Der 1Petr ist, wie dem Präskript (1,1–2) zu entnehmen ist, nicht an Einzelgemeinden gerichtet, sondern an mehrere bzw. viele in den angesprochenen Gebieten (vielleicht auch für die private Lektüre gedacht); ein beginnender überregionaler Zusammenschluss ist bereits auszumachen (vgl. vor allem 5,9, wo von der ἀδελφότης „in der Welt“ die Rede ist, die vergleichbaren Leiderfahrungen ausgesetzt ist), der nicht vom Diasporajudentum übernommen sein dürfte, sondern eine ganz eigene Entwicklung darstellt.
Gliederungsvorschläge In der Frage nach der Möglichkeit einer Gliederung des Gesamttextes des 1Petr gibt es in den wissenschaftlichen Debatten und Beiträgen erstaunliche Übereinstimmungen. Die Brieferöffnung in 1,1–2 und der Briefschluss 5,12–14 werden von so gut wie allen Kommentaren als brieflicher Rahmen veranschlagt.91 Nach einem einleitenden Teil, zu dem vor allem die Eulogie ab 1,3ff gehört, und der zuweilen auch als Proömium gekennzeichnet wird, erkennen viele Ausleger einen ersten Hauptteil in 1,13 – 2,1092, bevor es zu einer Anrede der Adressaten in 2,11 kommt, die als Gliederungssignal verstanden wird. Vergleichbar wird dann mit der zweiten Anrede mit „Geliebte“ in 4,12 verfahren. Dadurch können folgende „main sections“93 unterschieden werden: 1,13 – 2,10; 2,11 – 4,11; 4,12 – 5,11. Für die Kap. 4 und 5 kann auch das dort verwendete „Amen“ (4,11; 5,11) als Gliederungssignal ausgewertet werden.
Vgl. z.B. Williams, Persecution 68.72–74.89; vgl. auch Kelhoffer, Persecution 98f. Vgl. repräsentativ Achtemeier 73–74, oder ders., Christology 151 Anm. 15; nach einem Proömium in 1,3–10 erkennt Achtemeier folgende Hauptteile: 1,13 – 2,10 „body opening“; 2,11 – 4,11 „body middle“; 4,12 – 5,11 „body closing“; unmittelbar vergleichbar Doering, First Peter 231. Vgl. auch die literarkritischen Untersuchungen bei Perdelwitz, Mysterienreligion (vor allem 16.19.26.93.95) mit der Grundthese von zwei Hauptteilen: 1,3 – 4,11; 4,12 – 5,14. 92 Watson, Rhetoric 52, spricht für 1,13 – 2,10 von „body-opening“ des Briefes. 93 So z.B. Egan, Ecclesiology 43; vgl. auch Martin, Metaphor 102–104; Achtemeier IX-X; Watson, Rhetoric 52; Standaert, surprise 389 u. viele andere. Zu weiteren Gliederungsvorschlägen vgl. Müller, Petrusbrief 343–348. 90 91
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Textüberlieferung Den ältesten Textzeugen94 für 1Petr liefert der P72, also die Bodmer Papyri VII und VIII,95 eine Sammelhandschrift aus dem Zeitraum zwischen dem 2. und 4. Jh., in der neben dem vollständigen Text von 1Petr96 auch 2Petr und Jud sowie einige andere (nicht zum ntl Kanon zählende) Texte eingebunden waren; dazu zählen auch die Psalmen 33,2 – 34,16 LXX (vgl. 1Petr 3,10–12). In P81 sind nur 1Petr 2,20 – 3,1.4–12 überliefert. Neben den großen Codices des 4. Jh. ist besonders auf P74 hinzuweisen; „it is only in the seventh century that we have a manuscript (P74) that has the eight books (i.e. Acts plus the Catholic Epistles) found united as an item, a cat egory that became normative“97.
Kanongeschichte Der von Andreas Merkt in der Reihe NTP vorgelegte Kommentar zum 1Petr beschäftigt sich ausführlich mit der Kanongeschichte des 1Petr bzw. der Katholischen Briefe insgesamt;98 von daher kann auf seine Ausführungen verwiesen werden. „In den westlichen Kanonlisten nimmt in der Regel der 1. Petrusbrief die Kopfstellung ein … In der östlichen Kirche hingegen hat der Jakobusbrief die Spitzenstellung in dem Siebenerkorpus und diese Reihung begegnet dann auch in den großen Codices des 4. und 5. Jahrhunderts, im Sinaiticus, im Vaticanus und im Alexandrinus.“99 Für diese Zeit kann im sog. „Praxapostolos“100 eine enge Verbindung mit der Apostelgeschichte im direkten Anschluss an die Evangelien beobachtet werden. „Diese Stellung der Katholischen Briefe im Kanon im Anschluss an die Apostelgeschichte und vor den Paulusbriefen unterstreicht deren theologischen Anspruch. In ihnen kommen mit Jakobus, Petrus und Johannes diejenigen Apostel zu Wort, die als Säulen der Urgemeinde (neben Gal 2,17 auch Apg 3,1; 8,14; 12,2.17; 15,13; 21,18 u.a.) anerkannt waren.“101
Vgl. neben den Bänden der ECM bes. Elliott, Text; ebd. 210: „There are eight papyri containing parts of the Catholic letters … which may be dated earlier than the fourth century, and one uncial/majuscule fragment on parchment“. Für 1Petr sind zu nennen: P72, P81, P125 und 0206. 95 Vgl. zu P72 vor allem Beare, Text; Quinn, Notes; Wasserman, Papyrus 72; Aland, Rolle 305–310; Guttenberger, Passio 65; Elliott, Text 214–218; Strickland, Case. 96 Einen vollständigen Text bieten auch אA und B. 97 Elliott, Text 206. 98 Merkt 15–53; vgl. zur Kanongeschichte des 1Petr auch Goppelt 70–72; Elliott 148–150; Niebuhr, Apostel; Horn, Kanongeschichte. 99 Horn, Kanongeschichte 341; vgl. auch Merkt 22. 100 Vgl. auch Merkt 25f. 101 Horn, Kanongeschichte 341. 94
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Zur Wirkungsgeschichte/Rezeptionsgeschichte – Aufnahmen Eine erste literarische ‚Aufnahme‘ des 1Petr kann in 2 Petr 3,1–2 beobachtet werden, wo ein Hinweis auf einen vorausgehenden Petrusbrief erfolgt. Hierzu bemerkt Jörg Frey in seinem Kommentar zu 2Petr/Jud: „Dass der Stil beider Schreiben erheblich differiert, hat schon Hieronymus (ep. 120,11) festgestellt, und die wenigen motivischen Berührungen sind für Thema und Intention des Schreibens wenig signifikant. D.h. der zweite Petrusbrief bezieht sich auf den ersten zurück, beansprucht die Übereinstimmung von Autorschaft und Adressaten, Thema und Intention, ohne jedoch diesen Brief thematisch aufzunehmen oder formal und stilistisch zu imitieren“102. „Die frühe Rezeption des 1Petr ist geographisch auf Kleinasien konzentriert. Polykarp von Smyrna zitiert Texte aus 1Petr, ohne dass er Petrus als Autor nennt und ihn überhaupt erwähnt.“103 Norelli104 hat sich ausführlicher mit dem Verhältnis der Schreiben zueinander und den Stellen des Polykarpbriefs105 beschäftigt, die hinsichtlich einer Aufnahme in Frage kommen: 1,3 (vgl. 1Petr 1,8); 2,1f (vgl. 1Petr 1,13; 1,21; 4,17; 3,9); 5,3 (vgl. 1Petr 5,5; 2,11); 7,2 (vgl. 1Petr 4,7); 8,1f (vgl. 1Petr 2,24; 2,22; 2,24; 2,21); 10,1f ([nur lat. erhalten] vgl. 1Petr 3,8; 5,5; 2,12). Die Rezeption durch 1Clem ist umstritten106. Hagner sah eine Abhängigkeit von 1Petr als möglich an: „… it seems probable that Clement is here alluding to 1 Peter. Such a conclusion is strengthened by further evidence which seems to indicate Clement’s knowledge of 1 Peter“107. So weist 1Clem 49,5 Ähnlichkeiten mit 1Petr 4,8 auf. Doch wird man wohl von „Berührungen“108 sprechen müssen; „die genaue Überprüfung zeigt jedoch, dass es sich in keinem Fall um wörtliche Übereinstimmung(en) 102 Frey, Schule 92f. Frey listet (ebd. Anm. 15) auch die wenigen motivischen Berührungen einzeln auf; vgl. auch ebd. 96. 103 Guttenberger, Passio 66. Guttenberger bietet auch eine Auflistung der Stellen, die nach ihrer Wahrnehmung im Polykarpbrief zitiert werden oder Anspielungen darstellen; vgl. auch die Listen und Ausführungen, die von Goppelt 53, und Durst, Babylon 432 Anm. 50, vorgelegt wurden. Zur umgekehrten Sicht in der Frage einer lit. Abhängigkeit vgl. Gielen, von der oben (FN 75) bereits die Rede war. Für Guttenberger (Passio 67) gilt in der Datierungsdebatte des 1Petr: „Als der frühste Zeuge und damit als terminus ante quem hat der Polykarpbrief zu gelten“. 104 Vgl. vor allem Norelli, sujet 335–351, bes. 345. 105 Vgl. auch Broer/Weidemann, Einleitung 627; Hartog, Peter 175f; Novenson, Epistles. Broer/Weidemann (ebd.) verweisen zudem auf Eusebius, Kirchengeschichte IV 14,9: „in seinem erwähnten, noch erhaltenen Brief an die Philipper beruft sich Polykarp einige Male auf den ersten Brief Petri“. 106 Vgl. vor allem Norelli, sujet 328–334; Norelli nimmt keine direkte Abhängigkeit an (334), sondern den Zugriff auf gemeinsame Traditionen. Zur Vorsicht gegenüber der Annahme einer direkten Abhängigkeit rät auch Novenson, Epistles: „this lattermost connection is debatable“. Vgl. auch Brox, 39; Grünstäudl, Briefe 80. 107 Hagner, Use 239. 108 Vgl. die Liste bei Elliott 139f.
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handelt, die über ein Stichwort hinausgeht und die besonders spezifisch ist“109. Klarer liegen die Dinge bei Irenäus von Lyon110; in haer. 4,9,2; 4,16,5; 5,7,2 kommt es zur direkten Zitation und zur Benennung des Petrus als Verfasser des Schreibens. „Eusebius berichtet davon, dass Papias den 1Petr gekannt und benutzt habe. Daneben lässt sich aus seiner Zuordnung des Markusevangeliums zu Petrus (HE III 15) auf Bekanntschaft mit 1Petr 5,13 schließen“111; vgl. in diesem Zusammenhang auch die Bemerkungen des Eusebius in III 39,17; VI 25,5 und III 25,2112. Für die frühen Bearbeitungen des 1Petr liegt nun für die Kapitel 1,1 – 2,10 der erste Band in der Reihe „Novum Testamentum Patristicum“ vor, den Andreas Merkt bearbeitet hat. Merkt hebt die folgenden Theologen in besonderer Weise hervor,113 gibt aber schon im Vorfeld seines Kommentarwerks zu verstehen: „Patristic literature abounds with quotations from the New Testament. Verses from 1Peter, however, are only seldom quoted … The first difficulty I encountered in preparing the commentary on 1Peter within the NTP series was the lack of ancient commentaries“114. Zu nennen sind allerdings: Clemens von Alexandrien, Adumbrationes „Wahrscheinlich im siebten Buch seiner Hypotyposeis hat Clemens von Alexandrien1 Pt sowie Jud, 1 und 2 Joh kommentiert. Dieser Mini-Kommentar ist unter dem Titel Adumbrationes in epistolas Catholicas in einer lateinischen Übersetzung erhalten“115. Außerdem einige (wenige) andere: Epiphanius Scholasticus (Didymus [313–398]) sowie Cassiodor, ein Anonymus (irisch; 7. Jh.), (Pseudo)Hilarius, Tractatus (7. Jh.), Beda Venerabilis (um 710), außerdem Oecumenius, Katene, Katene des Pseudo-Andreas, weitere gr. und arm. Katenen und Theophylakt (etwa 1050–1108). Eine ausgesprochene Hochschätzung des 1Petr kann bei Martin Luther beobachtet werden. Luther hat sich in einer eigenen Predigt-Reihe116 im Mai bis Dezember 1522 mit dem 1Petr beschäftigt; die Druckbearbeitung ist auf das Jahr 1523 zu datieren.117 „Sie läuft also dem Druck des Neuen Testaments und seiner Vorreden parallel.“118 Seine besondere Wertschätzung für dieses Schreiben kommt dabei deutlich zum Aus-
Guttenberger, Passio 67 Anm. 193. Vgl. Norelli, sujet 351–365. 111 Guttenberger, Passio 66; Guttenberger verweist (ebd. Anm. 192) auf HE II 15,2, „wo Euseb eine ausdrückliche Beziehung zwischen 1Petr 5,13 und der Theorie einer petrinischen Perspektive des Mkev formuliert“. 112 Vgl. auch Dognini, comunità 957.967. 113 Zur Bewertung dieser Kommentare vgl. vor allem Merkt 49–53. 114 Merkt, Checks 239. Vgl. auch Staab, Katenenkommentare, bes. 351. 115 Merkt 49. 116 Vgl. hierzu Bornkamm, Luther 207–211. 117 Vgl. WA 12 249–399. 118 Bornkamm, Luther 207. 109 110
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druck, er nennt es „der edelsten Bücher eins im Neuen Testament“119. Für Luther gehörte deshalb neben den Paulusbriefen und dem Johannesevangelium gerade der 1Petr zum „rechten kern und marck unter allen (sc. Biblischen) buchern, welche auch billich die ersten sein sollen“ (WA DB 6,10).“120 „Kaum ein anderer Text des Neuen Testaments hat die Entwicklung des christlichen Bekenntnisses so nachhaltig beeinflusst wie der erste Petrusbrief“121. Von daher ist es als ausgesprochen positiv zu werten, wenn auch in der katholischen Theologie und Lehrverkündigung sich – vor allem seit dem Vaticanum II122 – eine besondere Wertschätzung beobachten lässt. So kommt es in jüngerer Zeit zu einer audrücklichen Aufnahme bei Papst Franziskus in seinem Schreiben „Evangelii gaudium“ (2013; Nr. 271): „Es ist wahr, dass wir in unserer Beziehung mit der Welt aufgefordert sind, Rede und Antwort zu stehen für unsere Hoffnung, aber nicht als Feinde, die anzeigen und verurteilen. Sehr klar werden wir ermahnt: ‚Aber antwortet bescheiden und ehrfürchtig‘ (1Petr 3,16), und: ‚Soweit es euch möglich ist, haltet mit allen Menschen Frieden (Röm 12,18)“. Für die Arbeit an einer neuen Auflage des EKK-Bandes zum 1Petr scheint mir der Hinweis gestattet, dass der in vielen EKK-Bänden breit angelegte Textteil der „Wirkungsgeschichte“ von Norbert Brox (noch) nicht gesondert behandelt wurde. Am Ende des immer wieder mit Gewinn zu lesenden Kommentars ist ein Ausblick auf die Resonanz des 1Petr zu finden (251–253); darüber hinaus ist auf die beiden Exkurse zum (allg.) Priestertum (108–110) und zum Höllenabstieg Christi (182–189) zu verweisen. Im Kommentar von Leonhard Goppelt (KEK) wurden durch Jürgen Roloff Ausführungen zur Überlieferung des Textes nachgetragen (72–74). Durch die ECM, die für die Petrusbriefe vorliegt, werden für die Analyse von Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte neue Möglichkeiten erschlossen. Diese sind – nach meiner derzeitigen Einschätzung – stärker in den Verweisen auf die Rezeption durch frühe Kirchenschriftsteller, weniger in den angebotenen Gesamtstemmata zu finden. So lese ich auch die von einer gewissen Vorsicht geprägte Bemerkung von Barbara Aland: „Sind nicht die Zeugen der Textkritik – Handschriften, Versionen und Zitate – auch Zeugnisse für das Verstehen und Rezipieren der Texte durch
Vgl. WA 12 260,22–26; in der Übertragung durch Eberle, Episteln-Auslegung (821): „Also ist diese Epistel St. Petri auch der edelsten Bücher eins im Neuen Testament und das rechte lautere Evangelium. Denn er thut auch eben das, das St. Paulus und alle Evangelisten, daß er den rechtschaffenen Glauben lehrt, wie Christus uns geschenkt sei ... Aus dem kannst du nun richten von allen Büchern und Lehren, was Evangelium sei oder nicht“. Vgl. auch WA 12 265,21–22 oder 397,3–9. 120 Müller, Petrusbrief 335. 121 Müller, Petrusbrief 335. 122 Vgl. hierzu Brox 110 u.a. 119
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Schreiber, Übersetzer und Zitierende? Sie sind es gewiß nur in engem Rahmen“123.
Aland, Rolle 304f.
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A Briefpräskript (1,1–2)
1 Präskript (1,1–2) Literatur: Brox, Tendenz; Collins, Athens; Doering, First Peter; ders., Letters; ders., Volk; Eberhart, Kultmetaphorik; Furnish, Sojourners; Gielen, Hadrian; Gielen, Erschließung; Gruen, Diaspora; Guttenberger, Passio; Jobes, Foreigners; Kiefer, Exil; Kloppenborg, Associations; Müller, Diaspora; ders., Auserwählte 10–30; Obermann, Land; Puig i Tàrrech, cristians; Schmidt, Mahnung; Schmidt, Kult; Seland, πάροικος; ders., Aliens; Taatz, Briefe; Trebilco, Communities; ders., Early Jewish Communities.
1 Petrus, Apostel Jesu Christi, den erwählten Fremdlingen der Diaspora (von) Pontus, Galatien, Kappadokien, (der) Asia und Bithyniens, 2 gemäß dem Vorauswissen Gottes, des Vaters, in der Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi: Gnade euch und Friede mögen vermehrt werden. Der Text des 1Petr beginnt mit einem Briefpräskript in den V 1–2, das sich in vielerlei Hinsicht mit Präskripten anderer ntl Briefe vergleichen lässt. Die klassischen Elemente eines antiken Briefpräskripts lassen sich deutlich ausmachen. Mit dem Verbaladjektiv εὐλογητός setzt in V 3 eine neue Textform ein, die als Eulogie gekennzeichnet werden kann. 1. Der 1Petr wird mit einem klassischen Briefpräskript eröffnet. In der Analyse leicht erweiterten superscriptio (im Nominativ) wird Petrus1 als Absender benannt und mit der Apposition „Apostel Jesu Christi“2 gekennzeichnet. Die in der relativ umfangreichen adscriptio (im Dativ) benannten Adressaten werden als „erwählte Fremdlinge“ (ἐκλεκτοῖς παρεπιδήμοις) gekennzeichnet und einer Diaspora zugeordnet, die im Norden und Westen, aber auch im Zentrum Kleinasiens auszumachen ist. Hier sind nach Vgl. dazu Heckel 76: „Der Name übersetzt den aramäischen Zusatznamen Kefas (1Kor 1,12 u.ö., Joh 1,42), den Jesus selbst seinem Jünger Simon bzw. genauer Symeon (so Apg 15,14, 2Petr 1,1) gegeben haben dürfte (vgl. Mk 3,16)“; vgl. auch 1Kor 9,5; 15,5; Gal 1,18. 2 Vgl. auch (für Paulus) Röm 1,1: „Knecht Christi Jesu, berufen zum Apostel“; Tit 1,1: „Knecht Gottes und Apostel Jesu Christi“. Zur Verwendung von „Apostel“ vgl. Heckel 82: „Der Titel Apostel reiht Petrus ein unter die Zeugen des iridischen oder des auferstandenen Christus. Die Bezeichnung Apostel haben die frühen Christen neu geprägt.“ 1
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dem Entwurf des Autors die Wohnorte3 der ursprünglichen Adressaten zu suchen, wobei es sich bei „Pontus, Galatien, Kappadokien, Asia und Bithynien“4 um Provinzbezeichnungen5 handeln dürfte; es ist freilich auch nicht auszuschließen, dass es sich um bloße Landschaftsbezeichnungen6 im nördlichen, mittleren und westlichen Kleinasien handelt, da die Reihung der Namen etwas eigenwillig anmutet, wenn man die Stellung von Pontus und Bithynien7 am Anfang und am Schluss8 der Reihe bedenkt.9 Hinzu kommen bei manchen Namen Schwierigkeiten der genauen Abgrenzung von Provinzgrenzen; „Umfang und Bezeichnung der In der Regel wird von den Auslegern des 1Petr eine eher städtisch geprägte Adressatenschaft angenommen (vgl. auch den Einführungsteil [oben]). Es gibt aber auch alternative Annahmen; vgl. z.B. van Rensburg, Code 477 Anm. 651, der an eine eher ländliche Bevölkerung denkt; ähnlich Elliott 90; ders., Home 63 („directed to a predominantly rural audience“).68f; Puig i Tàrrech, Milieu; ders. (aber nun vorsichtiger) in cristians: ländliche und städtische Kontexte. Eine konkrete Polis bzw. Poleis werden nicht benannt. Spricht der Gebrauch von πάροικοι (vgl. 2,11) eher für ein städtisches Milieu? Nach sorgfältigem Abwägen der jeweiligen Argumente kann Williams, Persecution 66f, resümieren, dass ein städtisches Milieu als Kontext der Adressaten plausibler ist; vgl. auch ebd. 68.72–74.89; Horrell, Aliens 184f.190f; ders.,Becoming 118–120; Kelhoffer, Persecution 98f. Zu den Stadtgrößen Kleinasiens vgl. auch Mitchell, Anatolia I, 243f. 4 Zu Textvarianten vgl. auch Öhler, Associations 75 Anm. 109: „Codex Sinaiticus in its uncorrected form (together with codex 048 and some Vulgate manuscripts) omits the reference to Asia, whereas Codex Vaticanus – also prima manu – omits Bithynia. This could simply be due to scribal errors or to the adaptation to later provincial organization.“ 5 So die Mehrheit der Ausleger; vgl. u.a. Brox 25; Achtemeier 83–86; Guttenberger, Passio 72–77; vgl. auch Molthagen, Lage 429f: „Diese Bezeichnungen wird ein althistorischer Leser ganz selbstverständlich auf die entsprechenden römischen Provinzen in Kleinasien beziehen, und so tut es auch die in der neutestamentlichen Forschung vorherrschende Deutung“; Sartre, provinces; Elliott 84–89.316–317; Blumenthal, Potential 226. Zum Verständnis des Begriffs provincia im kaiserzeitlichen Kleinasien vgl. Mitchell, Anatolia I, 61–67; Marek, Geschichte 449–452. 6 So z.B. Schnackenburg, Volk 330.334; vgl. auch Schmidt, Mahnung 193–195. Van Rensburg, Code 480, spricht von „districts“. Schlosser 32f plädiert dafür, beide Möglichkeiten im Auge zu behalten. Zur Diskussion und den recht divergierenden Voten in dieser Debatte vgl. auch Guttenberger, Passio 72–77; Doering, Volk 85–87. 7 Vgl. neben den Arbeiten von Marek auch Sartre, provinces; Wesch-Klein, Bithynia (vor allem zur Epigraphik); dies., Provinzen 141f. Wesch-Klein (Bithynia 251) weist darauf hin, dass der „Doppelname der kaiserzeitlichen Provinz … korrekt Pontus et Bithynia und nicht umgekehrt“ lautet und dass (ebd. 253) die „Quellen die Benennung Pontus et Bithynia zweifelsfrei von Nero an bezeugen“. Zur Entwicklung der Provinz „Pontus et Bithynia“ (vor allem unter Pompeius) vgl. vor allem Marek, Pontus 36–43, bes. 40. 8 Vgl. auch Bisotti, Dienerin 130. Grimm, Problem 694, hat seinerzeit eine Aufzählung von Osten nach Westen vorgeschlagen. 9 Gielen (Hadrian 176) erklärt, die Auswahl und Reihung der Provinznamen entsprächen den Hadrian-Reisen der Jahre 123/124 und 129 und folgert (ebd. 177): „die Auswahl der Provinznamen erlaubt es, in Abgleich mit den Routen der Reisen Hadrians durch kleinasiatisches Gebiet in den Jahren 123/124, 129 und 131, den Abfassungszeitraum von 1Petr ziemlich genau auf das Jahr 130 festzulegen“. Im hier vorgelegten Kommentar wird eine frühere Abfassung angenommen. Vgl. zu den Datierungsfragen auch die Ausführungen im Einführungsteil (oben). 3
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neuen Ostprovinz wechseln des öfteren …, so daß für das 1. und 2. Jh. nur zurückhaltend ausgesagt werden kann, welche Landschaften in welchen Zeitabschnitten zu Galatia gehörten.“10 Ab dem späten 1. Jh. n. Chr. kam es in Kleinasien auch verschiedentlich zu Teilungen von Provinzen in kleinere Einheiten.11 Die Provinz Pontus12 wurde 74 v. Chr. eingerichtet; von 64 v. Chr. an wurde diese Provinz auf Geheiß des Pompeius13 zusammen mit Bithynien14 als Doppelprovinz15 verwaltet.16 Galatien17 wurde erst 25 v. Chr. durch Augustus18 zur römischen Provinz; auf diese Weise „wurde die Lücke an der römischen Ostflanke zwischen Kilikien und dem Pontusgebiet geschlossen und das Gebiet zwischen dem Taurus im Süden, Paphlagonien im Norden sowie Kappadokien im Osten zur Provinz Galatia gemacht.“19 Noch später, im Jahr 17 n. Chr., wurde auch das Klientelkönig Bechert, Provinzen 135; vgl. auch Mitchell, Anatolia II, 151–157. Hinzu kommen zwischenzeitliche Zusammenlegungen; so wurden z.B. nach 70 n. Chr. „Cappadocia, Galatia und Pontus zu einer Provinz vereinigt“ (ebd. 148); vgl. auch Wesch-Klein, Bithynia; Cassia, Cappadocia; Marek, Geschichte 422; vgl. außerdem den Überblick zur Übernahme Kleinasiens durch die Römer bei Williams, Persecution 351–361. 11 Vgl. Eck, Provinzen 44; Öhler, Associations 63: „Since the borders of provinces in north Asia Minor were never stable from early imperial times onward, some areas of Pontus formed small sub-provinces together with parts of Galatia or Cappadocia“. 12 Vgl. hierzu Bechert, Provinzen 9.107–110; Marek, Pontus; Vitale, communities. 13 Zur besonderen Rolle des Pompeius bei der Neuordnung der Provinzen vgl. auch Marek, Geschichte 364–368; für Bithynien-Pontus vgl. auch Edelmann-Singer, Koina 72. 14 Zu Bithynien vgl. vor allem die Beiträge in Bekker-Nielsen (Hg.), Urban Life. 15 Marek, Pontus 40; Schwertheim, Kleinasien 92; Marek, Geschichte 367; WeschKlein, Provinzen 141f. 16 Vgl. Bechert, Provinzen 107: „Die Provinz Pontus et Bithynia, die Cn. Pompeius im Jahre 64 v. Chr. im Anschluß an die endgültige Niederringung Mithradatesʼ VI. im Nordwesten Kleinasiens einrichtete, bestand ursprünglich aus zwei selbständigen Königreichen, die beide ihre eigene Geschichte haben und auf sehr unterschiedliche Weise in die Hand der Römer gelangten. Während allerdings von dem einstigen Kernland der pontischen Könige lediglich der westliche Landesteil der neuen Provinz zugeschlagen wurde, übernahm Rom das ganze ehemalige Königreich Βιθυνία, ohne es gewaltsam zu zerstückeln, nachdem es ihm 74 v. Chr. auf testamentarischem Wege zugefallen war.“ Vgl. vor allem auch Marek, Pontus 36–43; zu Mithradates VI. vgl. auch Strobel, Mithradates; nach Strobel war er „der letzte große Gegner Roms im Mittelmeerraum“ (188); dazu auch Mayor, Gift. 17 Vgl. Bechert, Provinzen 134–136; Edelmann-Singer, Koina 95–98. 18 Vgl. auch Eck, Provinzen 46: „Rechtlich und faktisch wird das bisher einheitliche System der Provinzen seit Augustus differenziert. Aus den Provinzen, die Augustus auf Zeit übertragen worden waren, entwickelten sich die sogenannten provinciae Caesaris oder die kaiserlichen Provinzen, während die übrigen als provinciae populi Romani, Provinzen des römischen Volkes, bezeichnet werden … Provinciae populi Romani sind seit spätaugusteischer Zeit folgende: Asia und Africa mit Statthaltern konsularen Ranges, die also bereits vorher das Konsulat erhalten hatten, sowie Sicilia, Baetica, Narbonensis, Achaia, Macedonia, Pontus-Bithynia, Cyprus und Creta-Cyrenae mit Statthaltern prätorischen Ranges (also nach der Prätur). Ihr Amtstitel aber lautete einheitlich Prokonsul; jeder Prokonsul war Mitglied des Senats. Die Amtszeit betrug grundsätzlich ein Jahr, ebenso wie die des ihm jeweils beigegebenen Quästors und des Legaten (in Asia und Africa je drei Legaten).“ 19 Bechert, Provinzen 135. 10
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reich Kappadokien der direkten römischen Verwaltung unterstellt und zur Provinz Cappadocia20. Die wohl derzeit am besten erforschte römische Provinz Kleinasiens stellt die Asia21 dar, die schon 129 v. Chr. als solche gegründet wurde. „Sie entsprach im wesentlichen dem Kernland des pergamenischen Reiches und umfaßte die Landschaften von Mysien, Lydien, Ionien und Karien sowie den Westteil Phrygiens. Außerdem gehörten die ostägäischen Inseln zum römischen Herrschaftsbereich“22. Alle im 1Petr Angesprochenen sind nach dem Präskript von ihrem Wohnort her auf dem Boden des Imperium Romanum23 zu suchen.24 „Es versteht sich von selbst, daß damit die Römer in Kleinasien zwar die Herrschaft übernommen hatten, diese aber friedensbewahrend nur dann ausüben konnten, wenn sie Rücksicht auf Traditionen, Gewohnheiten und überkommene Zusammenhänge in der Politik und Administration dieser Region nehmen wollten.“25 2. Der Schluss von V 2 erinnert stark an Stil und Sprache paulinischer Briefpräskripte26 – vor allem die geläufige Wendung χάρις καὶ εἰρήνη. Auffällig ist allerdings die Form πληθυνθείη27 (vgl. auch Jud 228; 2Petr 1,229), eine Optativ-Form des Aorist30, die mit „vollmachen“ oder „vermehren“ wiederzugeben ist und im NT nur im Jud und in den Petr-Briefen belegt ist.
Vgl. Bechert, Provinzen 147–150; Schwertheim, Kleinasien 96; Speidel, Kappadokien; Cassia, Cappadocia; Marek, Geschichte 409. Zur Geschichte des frühen Christentums in Kappadozien vgl. Cassia, Paganism 15: „The First Letter of Peter … offers the first certain evidence that the Christian message was brought to Cappadocia“; vgl. auch dies., Cappadocia. 21 Vgl. Bechert, Provinzen 89–93; Drexhage, Wirtschaftspolitik 20–45; Marek, Geschichte 322–329. 22 Bechert, Provinzen 90. 23 Zu den politischen Verhältnissen des 1. und 2. Jh. in Kleinasien vgl. u.a. Pekary, Kleinasien; Sommer, Szepter; Obermann, Land 271–276. 24 Vgl. auch Blumenthal, Potential 226f: „Begreift man die fünf Toponymika … als römische Provinzbezeichnungen, ist am Briefeingang ein riesiger politischer Herrschaftsraum abgesteckt und hintergründig an die dortigen alltäglichen Macht- und Wertevorstellungen erinnert“. 25 Schwertheim, Kleinasien 93. Vgl. auch Eck, Provinzen 44: „Ein Mittel zur Ausbildung einer gewissen Provinzidentität waren die Provinziallandtage, die seit Augustus mehr und mehr in vielen, später wohl in fast allen Provinzen eingeführt wurden.“ Dazu auch Marek, Pontus 63–68. Grundlegend zu den Provinziallandtagen vgl. die Arbeiten von Edelmann-Singer, Provinzen u. Koina. 26 Vgl. Röm 1,7; 1Kor 1,3; 2Kor 1,2; Gal 1,3; Eph 1,2; Phil 1,2; Kol 1,2; 1Tim 1,2; 2Tim 1,2. 27 Vgl. auch Dan 4,1 (Theod.); 4,37c (LXX); 6,26 (Theod.) Vgl. dazu auch Lieu, Grace 166 Anm. 21.173; Doering, Letters 447f; ders., Volk 107; ders., Rezeption 128. Zur Verwendung bei den Apostolischen Vätern vgl. Lieu, Grace 171. 28 Vgl. Frey, Jud 53: „der Optativ … belässt den Segenszuspruch im Modus des Wunsches“. 29 Vgl. Frey, 2Petr 214: „Die Formulierung reproduziert die salutatio 1Petr 1,2“. 30 Vgl. hierzu BDR § 3843. 20
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Der 1Petr ist mit hoher Wahrscheinlichkeit als ein pseudepigraphisches31 Erklärung Schreiben zu verstehen. Die bis heute zum Teil heftig geführten Debatten 1 der Einleitungswissenschaft32 haben auf eine Reihe von Fakten aufmerksam gemacht, die eine Abfassung des Briefes durch den historischen Petrus als unwahrscheinlich erscheinen lassen. Zu den Beobachtungen, die eine Verfasserschaft durch den historischen Petrus33 in Frage stellen, gehören: das ausgesprochen gute Griechisch34, das dem gehobenen griechischen Stil entspricht und für einen galiläischen, aramäisch sprechenden Fischer eher nicht zu veranschlagen35 ist; die Verwendung der LXX in der Zitation der Schrift; der Gebrauch von „Babylon“ als Chiffre für Rom (5,13), was wohl erst nach 70 n. Chr. der Fall36 war. Auffälligerweise fehlt der 1Petr im Fragmentum Muratorianum, das manche für ein Schriftverzeichnis halten, das der römischen Gemeinde zugewiesen werden könne. Gleichzeitig bleibt allerdings zu betonen, dass für den 1Petr die Gestalt des Petrus37 als die entscheidende menschliche Autoritätsfigur38 zu verstehen ist, die mit einer „Petrus-Tradition“39 verknüpft ist, wobei gelten kann: „Although it is not clear how much of this tradition the recipients of 1 Peter know, identifying the author as Peter references this tradition and Vgl. u.a. Schmidt, Mahnung; Williams, Persecution 22–34; vgl. auch die Diskussion der Argumente zur Annahme von Pseudepigraphie bei Brox, Tendenz; Schmidt, Mahnung, sowie im Einführungsteil (oben). 32 Zu den wichtigsten Einleitungsfragen und -debatten vgl. u.a. Broer/Weidemann, Einleitung 618–635; Schnelle, Einleitung 477-493; Vahrenhorst 9–16. 33 Zu Kommentaren, die eine solche annehmen oder für sehr wahrscheinlich halten, zählen z.B. Selwyn; Grudem; Jobes. 34 Gesondert hingewiesen sei auf die Hapaxlegomena, die Verwendung des Optativ (vgl. dazu auch Wifstrand, Problems 52f ) und die Anwendung rhetorischer Stilmittel. 35 Vgl. schon Grimm, Problem 685.688 (mit einem Hinweis auf Josephus ant. 20,11 [20,258; über dessen Griechisch-Kenntnisse, die ihn befähigen gr. Bücher zu schreiben]). 36 Vgl. Hunzinger, Babylon; Gielen, Petrusbrief; Molthagen, Lage 434; Becker, Simon Petrus 37; Broer/Weidemann, Einleitung 621.623f.626. Vgl. zur Debatte auch Baum, Babylon 200–202; Durst, Babylon. 37 Vgl. Schmidt, Mahnung 157–296; Gielen, Erschließung 41: „Plausibel ist … die Annahme, dass er sich Konventionen seiner Zeit aus Rhetorik und Epistolographie zunutze macht, indem er in die Rolle des Petrus schlüpft und dieses Rollenspiel durch gezielte Hinweise im Brief für seine intendierte Adressatenschaft … durchschaubar macht.“ 38 Vgl. auch Schüssler Fiorenza 384; Wan, Contest 65.70; Wagner/Vouga 8; zurückhaltender urteilt Horn, Kanongeschichte 345: „Er schreibt in pseudepigraphischer Weise im Namen des Apostels Petrus, bezieht aus dieser Person und seinem Geschick jedoch keine besondere, auffällig in Szene gesetzte apostolische Autorität“. 39 Alle ntl Evangelien sehen sich herausgefordert, die Gestalt des Petrus in besonderer Weise zu profilieren, angefangen bei Markus (1,16–20 [Erstberufener]; 3,13–19 [Erster der Zwölf ]; 8,29 [Messiasbekenntnis] …) über den Auftrag, die anderen zu bestärken, wie er in Lk 22,31–32 ergeht, bis hin zu den Spezifika in Joh 21,15–17.18–19. Das geschieht freilich mit sehr unterschiedlicher Akzentsetzung; vgl. dazu u.a. Becker, Simon Petrus; Bockmuehl, Petrus; Böttrich, Petrus; Hengel, Petrus; Wolter, Petrus; Frey/Wallraff, Petrusliteratur 2020. Zur Figur des Petrus und ihrer literarischen Rezeption in der frühen Kirche vgl. auch die Bsp. bei Wagner/Vouga 26. 31
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presents this author as someone whom the recipients can confidently trust.“40 Das gilt auch, wenn hier mit der Mehrheit der Ausleger eine Abfassung des 1Petr in der Regierungszeit des Domitian41, also zwischen 81 und 96 n. Chr.,42 für wahrscheinlich gehalten wird. Petrus wird als „Apostel Jesu Christi“ charakterisiert. Wer neben ihm als Apostel zu verstehen ist, bleibt unklar;43 der Brief kommt im weiteren Text auf diesen Titel, der deutlich einen Autoritätsanspruch markiert, nicht zurück. Der hinzugefügte Genitiv „Jesu Christi“ macht deutlich: „Die eigentliche Autorität hinter dem Briefschreiber ist der durch Gott gesalbte und auferstandene Jesus, der Christus“44. Im Blick auf die lokale Verortung des Absenders ist derzeit ein vielfältiges Spektrum an Positionen auszumachen. In der Einleitungswissenschaft werden neben Rom vor allem Städte Kleinasiens45 (vor allem wegen der Provinz- bzw. Landschaftsnamen im Präskript) und in jüngerer Zeit zunehmend Syrien genannt, wobei im letzten Fall vor allem auf die Nähe einiger Passagen zum Matthäusevangelium46 aufmerksam gemacht wird. Bereits das Präskript des 1Petr dient der Identitätsklärung47 der Angesprochenen. Auf engstem Raum sind Begriffe und theologische Leitlinien benannt, die das Gesamtschreiben in entscheidender Weise prägen; das gilt in besonderer Weise für den Diaspora-Begriff wie auch für die Vorstellungen von Erwählung und einem Leben als Fremde. Wer sich im exegetischen Kontext mit dem Begriff der διασπορά beschäftigt, ist zunächst auf die heiligen Schriften und die Glaubensgeschichte Israels verwiesen.48 In einer umfangreichen Dissertation hat Jörn Kiefer Begrifflichkeit und Deutungen im antiken Judentum und in der hebräischen Bibel ausführlich untersucht. „Das aus dem Griechischen übernommene Fremdwort Diaspora bezeichnet im Kontext historischer Theologie zunächst ein demographisches Phänomen: die Verbreitung von Menschen jüdischer Abstammung in verschiedenen Gegenden außerhalb Israel-Palästinas. Im grammatischen Sinne wird das griechische διασπορά (‚Zerstreuung‘) dabei vor allem resultativ verstanden. Die ‚Zerstreuung‘ ist das Resultat der Ausbreitung und Verteilung des jüdischen Volkes über die Grenzen Israel-Palästinas hinaus.“49 Im heutigen, stark von der Soziologie Martin, Rehabilitation 63. Zu Domitian vgl. bes. Timpe, Domitian; Scherrer, Stadt; Mucha, Domitian-Darstellung; Bönisch-Meyer/Cordes/Schulz/Wolsfeld/Ziegert, Nero und Domitian; Strobel, Traian 84–140.168–174. 42 Vgl. auch die Berechnungen bei Bisotti, Dienerin 135–139; Timpe, Domitian 226. 43 Vgl. Heckel 82: „Der Titel war für Petrus nie umstritten.“ 44 Heckel 92. 45 Vgl. auch Broer/Weidemann, Einleitung 629f. 46 Vgl. u.a. Konradt, Kontext 211; vgl. auch den Einführungsteil (oben). 47 Vgl. auch Breytenbach, Christus 449; Müller, Diaspora; ders., Auserwählte. 48 Vgl. vor allem Kiefer, Exil; Krüger, Diaspora 21–98. 49 Kiefer, Exil 43; vgl. auch Böhm, Diaspora 214. Vgl. zu den ausschlaggebenden Gründen auch Bohlen, Buch 17: „Einerseits erfolgte israelitische bzw. jüdische Siedlung über Palästina hinaus freiwillig, und zwar vornehmlich aus Gründen des Handels, 40 41
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geprägten Sprachgebrauch, schwingt freilich noch ein anderer Aspekt mit: die Bewertung als Minderheitensituation50. Beides gilt es im Folgenden im Blick zu behalten. Das dem im Präskript des 1Petr anzutreffenden Substantiv διασπορά entsprechende „verbum compositum διασπείρω hat sich im antiken Griechisch von der Wurzelbedeutung von σπείρω ‚säen‘ und ihrem agrarischen Kontext gelöst und bezieht sich regelmäßig auf andere kleinteilige Gegenstände (‚verstreuen‘) oder im übertragenen Sinne auf ideelle Größen (‚ausbreiten‘) oder Gruppen … Die Nominalableitung διασπορά kann als Abstraktum den Vorgang des Zerstreuens oder den resultierenden Zustand der Zerstreuung bezeichnen“51, daher auch die abgeleitete kollektive Bedeutung: ‚die Zerstreuten‘ (vgl. 2Makk 1,27; PsSal 8,28). Untersucht man den Sprachgebrauch der LXX, so fällt auf, dass „an allen 12 LXX-Stellen διασπορά als terminus für die Zerstreuung der Juden unter die Heidenvölker gebraucht, aber auch als abstractum pro concreto für die Zerstreuten selbst“52 verwendet wird. Die Weite der jüdischen Diaspora53, die sich in der Zeit Jesu und in der Entstehungszeit des 1Petr (um 80 oder 90) über den gesamten Mittelmeerbereich erstreckte, ist in jüngster Zeit wiederholt Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen gewesen; man denke nur an die Beiträge von Collins, Barclay, Trebilco oder Harland. Anschaulich und eindrücklich kommt diese Weite in Philos Legatio ad Gaium (§ 281–283) zum Ausdruck; hier gibt er einen Überblick, welche Gegenden aufzuzählen sind, wenn von der jüdischen Diaspora dieser Zeit54 die Rede ist: „Sie (d. h. die Stadt Jerusalem) ist aber auch die Metropole nicht nur des einen Landes Judäa, sondern auch der meisten anderen Länder dank der Kolonien, die sie im Lauf der Zeit in den Nachbarländern gründete, in Ägypten, dem der Wirtschaft und der hohen Bevölkerungsdichte im Heimatland. Andererseits erfolgte sie aufgrund politisch-militärischer Zwänge“. 50 Vgl. u.a. van Unnik, Selbstverständnis 72; die Arbeiten von Brox; Feldmeier, Avantgarde; Söding, Peripherie 245 u.a. 51 Kiefer, Exil 219; vgl. auch Poplutz, Alterität 165; dies., Fremdheit 212. Kiefer, Exil 219, macht darauf aufmerksam, dass es in der nichtjüd. bzw. nichtchristl. Literatur bis zum 2. Jh. n. Chr. nur fünf Belege für διασπορά gebe. Zur Verwendung des Verbs διασπείρειν vgl. Böhm, Diaspora 225–228. 52 Schmidt, ThWNT II, 99; vgl. auch Poplutz, Fremdheit 212; Böhm, Diaspora 228. 53 Es steht für die Erforschung der weiten jüdischen Diaspora hellenistischer Prägung mittlerweile eine Fülle von wissenschaftlichen Beiträgen zur Verfügung; vgl. u.a. Delling, Bewältigung; van Unnik, Selbstverständnis; Cohen/Frerichs, Diasporas; Collins, Athens; Barclay, Jews; ders., Judaism; ders., Money; Scott, Exile; Gruen, Diaspora; Harland, Associations, bes. 200–210.219–228; Claußen, Versammlung; Avemarie, Diasporagemeinden; Tuval, Priest (mit breiter Darstellung von Alternativen zu einem Tempel-zentrierten Judentum) 29–89, bes. 87; Böhm, Diaspora. Für Kleinasien vgl. bes. Trebilco, Communities; ders., Early Jewish Communities; Runesson/Binder/Olsson, Synagogue, passim; Ameling, Gemeinden; Harland, Associations; Levinskaya, Traces; Öhler, Associations; Baslez, communautés. 54 Vgl. auch Kiefer, Exil 91–106; Böhm, Diaspora 221 (mit Bezug auf Philo, In Flaccum 46f ).
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größten Teil Asiens bis Bithynien und dem Innern von Pontus, ebenso auch in Europa, Thessalien, Böotien, Makedonien, Ätolien, Attika, Argos, Korinth und den meisten und bedeutendsten Gegenden des Peloponnes. Und nicht nur die Kontinente sind voll von jüdischen Siedlungen, sondern auch die bekanntesten Inseln Euböa, Zypern und Kreta …“55. Als ntl Entsprechung ließe sich die ‚Völkerliste‘56 anführen, die Lukas in der Pfingsterzählung der Apostelgeschichte (2,9–11) verwendet. Vom atl Sprachgebrauch her kann für Überlegungen zum 1Petr an dieser Stelle zunächst festgehalten werden, dass die Diaspora in der Wahrnehmung Israels auf das geschichtliche Heilshandeln Gottes zurückgeführt wird.57 Das wird u.a. in Dtn 28,64 LXX58 erkennbar, wo es heißt: καὶ διασπερεῖ σε κύριος ὁ θεός σου εἰς πάντα τὰ ἔθνη ἀπ’ ἄκρου τῆς γῆς ἕως ἄκρου τῆς γῆς.59 Kennzeichnend ist zudem die Gewissheit des MitSeins Gottes mit seinem Volk, auch und gerade durch die Wüste seiner Exile.60 Das ermöglichte nicht selten eine besondere Aufgeschlossenheit den jeweiligen Gesellschaften gegenüber, wenn die Exilserfahrung als „Bedingung der Möglichkeit für nachfolgendes göttliches Heilshandeln, zunächst an Gottes Volk selbst, aber auch darüber hinaus an den Völkern, unter die Israel zerstreut wurde“61, verstanden wird – ein Aspekt, den auch die Arbeit Kiefers stark betont. „Das Exil ist nach Aussage vieler Texte keineswegs ein gottloser Ort. Im Gegenteil, in seiner Liebe ist Gott seinem Volk gerade dort nahe. Seine Gegenwart begleitet Israel an jeden
Übersetzung nach Klauck, Magie 21; er bemerkt (ebd.) zu dieser Stelle: „Philo … interpretiert bei der Gelegenheit die marginalisierte Existenz des Diasporajudentums, das längst nicht überall willkommen war, sehr großzügig als bewußte Kolonisierungspolitik, betrieben von der Metropole Jerusalem aus“. Jüdische Gemeinden sind in der Antike im gesamten Kleinasien, sowohl in Städten wie auch auf dem Land, auszumachen; vgl. dazu u.a. Ameling, Gemeinden 31f. 56 Vgl. neben den Kommentaren zur Apg auch Müller, Ecke. 57 Man könnte vielleicht von einer „Zu-mut-ung“ Gottes sprechen. So versteht auch Schnackenburg, Volk 321, die Diaspora-Situation als eine „heilsgeschichtliche Verfügung Gottes“. Im Judentum der Antike wurden recht unterschiedliche Sichtweisen der Diaspora-Situation entwickelt, abhängig von Zeit, Ort und Umständen; vgl. dazu u.a. Scott, Exile, bes. 181f, und die Arbeit von Kiefer, Exil. 58 Vgl. hierzu auch Böhm, Diaspora 235. 59 Vgl. auch Tob 13,3: „Ihr Kinder Israels, bezeugt ihn vor den Heiden, denn er hat euch unter sie zerstreut“; vgl. zu dieser Stelle auch Schüngel-Straumann, Tob 169: „Diese Zerstreuung wird … nicht nur negativ gesehen, sondern als Chance, diesen Nicht-Israeliten die Größe JHWHs bekanntzumachen“. Die kleine Zahl bzw. die Minderheitensituation ist nach Philo (migr. 60) in Aufnahme von Dtn 7,7f keine entscheidende Kategorie. 60 Vgl. dazu Kiefer, Exil 688–690 sowie 432–435 (mit den entsprechenden Belegstellen). Zu den positiven Möglichkeiten in der Diaspora vgl. auch Klein, Bewährung 34–36. 61 Ruppert, Diaspora 14. Vgl. auch Schnackenburg, Volk 325; van Unnik, Selbstverständnis 165, der vom „Handeln Gottes mit seinem Volk“ spricht. 55
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Ort und ermöglicht auch fern vom Israel-Land Gebet, Gottesdienst und Leben in den guten Ordnungen der Tora.“62 Ein wichtiges Instrumentarium der Kommunikation und der Verständigung in Glaubensfragen waren im Judentum der Antike die sog. Diaspora-Briefe63 ( Jer 29[LXX 36],1–23; 2Makk 1,1–10a; 1,10b – 2,18; EpJer; 4QapocrJer Cd [4Q389]; 2Bar 78–87; ParJer 6,17–23; 7,23–29). Es ist „wahrscheinlich, dass der 1Petr sich als ein frühchristliches autoritatives Schreiben bewusst an … [die] frühjüdische Form der Diasporabriefe anlehnt“64, auch wenn es sich bei den Adressaten weniger (oder kaum oder gar nicht) um Judenchristen handelt. Vergleichbar ist im Spektrum ntl Literatur und Theologie vor allem der Jakobusbrief65 (vgl. bes. Jak 1,1)66 sowie Apg 15,23–29, darüber hinaus vielleicht auch der Erste Clemensbrief67. Jak 1,168 ist neben Joh 7,3569 und 1Petr 1,1 eine der drei Stellen im Neuen Testament, an denen das Substantiv διασπορά verwendet wird. „Das Diasporaverständnis des ersten Petrusbriefes unterscheidet sich jedoch vom jüdischen Konzept. Denn die [in 1 Petr angesprochenen; Ch.G. M.] Heidenchristen sind nicht regional, sondern sozial Versprengte … Die Pointe von 1Petr 1,1 besteht darin, dass die Adressaten am angestammten Kiefer, Exil 273. Vgl. hierzu z.B. Ez 11,16: „… gewiss, ich habe sie in die Länder zerstreut. Doch bin ich ihnen ein wenig zum Heiligtum geworden in allen Ländern, wohin sie gekommen sind“. 63 Vgl. dazu vor allem Tsuji, Glaube 18–22; vgl. auch Taatz, Briefe; Schmidt, Mahnung 41–44; Doering, First Peter 216–225.442–450; ders., Letters, bes. 430–434, und Klein, Bewährung. 64 Feldmeier 22. So auch Schmidt, Mahnung 157.167; Doering, First Peter 226: „these letters are adaptions of the (originally Jewish) Diaspora letter type for Christian readers by Christian authors“; ders., Letters, bes. 430.434f.452; ders., Stock 243; zur Diskussion vgl. auch Vahrenhorst 57f. 65 Vgl. u.a. Niebuhr, Jakobusbrief; Kloppenborg, Diaspora; Klein, Bewährung, bes. 225–274. 66 Nach der Einschätzung von Konradt (Kontext 207) werden die Beziehungen zwischen dem Jak und dem 1Petr gegenwärtig noch „eher stiefmütterlich behandelt“; er vertritt die These, „dass Jak und 1Petr innerhalb des Frühchristentums einen gemeinsamen Traditionsstrang repräsentieren“ (ebd.); vgl. auch ders., Jakobusbrief. 67 Vgl. hierzu auch Schmitt, Paroikie. 68 Vgl. auch Konradt, Jakobusbrief 51: „Der im NT nur in Jak 1,1; 1Petr 1,1 mit Bezug auf die christlichen Gemeinden begegnende Gebrauch von διασπορά ist offenbar dem die beiden Schriften verbindenden Traditionsreservoir zuzuweisen, ja ‚Diasporaexistenz‘ und Israelbewusstsein gehören als ekklesiologische Eckpfeiler zum gemeinsamen Traditionsfundament von Jakobusbrief und 1. Petrusbrief.“ Die Adresse des Jak „verweist auf die alttestamentlich-frühjüdische Vorstellung eines idealen Israel, das Gott in der Vollzahl seiner Stämme am Ende der Zeit wiederherstellen wird“; so Söding, Diaspora 230. Vgl. auch Tsuji, Glaube 22–25. 69 An dieser Stelle ist freilich die „„jüdische Diaspora“ im geographisch-ethnischen Sinn“ gemeint; vgl. Untergaßmair, Diaspora 19; Kiefer, Exil 429: „Das Neue Testament kennt einen dreifachen Diaspora-Begriff: die jüdische Diaspora im demographischen Sinne ( Joh 7,35), die christliche Diaspora im Rahmen dieses jüdischen Phänomens (Apg 8,1.4; 11,19 mit dem Verb διασπείρω) und die christliche Diaspora im übertragenen theologischen Sinne (1Petr 1,1; Jak 1,1)“ im Anschluss an Untergaßmair, Diaspora. 62
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Ort in der Diaspora leben.“70 Das hat weitreichende Konsequenzen für das Selbstverständnis der Adressaten des 1Petr, die in ihrer irdischen Heimat in der Fremde leben.71 Schon im Präskript des 1Petr werden die Diaspora-Christen Kleinasiens als „erwählte Fremdlinge“ (ἐκλεκτοῖς παρεπιδήμοις) angesprochen. Die Kennzeichnung der Adressaten als παρεπίδημοι „an einem fremden Ort Weilende“72 wird in 1,17 durch den Begriff παροικία „Fremdlingschaft“73 aufgenommen. Die Fremde74 bildet fortan ein Grundmotiv des 1Petr. In 1Petr 2,11 werden die Adressaten dann noch einmal als (ὡς) πάροικοι καὶ παρεπίδημοι angesprochen, wobei deutlich angemerkt sei, dass es im Fall des 1Petr nicht um einen Verbannungsort, ein Exil, um Vertreibung, Deportationen o.ä. geht. Die Wendung „Fremdlinge der Diaspora“ dient zunächst einmal der nüchternen (vgl. 1,13; 4,7) Beschreibung der vorfindlichen, gegebenen Minderheiten-Realität im Norden und Westen sowie im mittleren Bereich Kleinasiens in den 80er oder 90er Jahren des 1. Jh.
Schmidt, Mahnung 206. Zur Vielfalt der religiösen Situation in Kleinasien im ersten und zweiten Jh. (Kulte; Tempel; jüdische Gemeinden; Synkretismus etc.) vgl. die Arbeiten von Mitchell, Anatolia I; Marek, Gott (vor allem hinsichtlich der Inschriften); Pontus et Bithynia; Geschichte; Olshausen, Götter; Trebilco, Communities; Early Jewish Communities; Gruen, Diaspora u.a. (letztere vor allem zu den jüdischen Diaspora-Gemeinden in Kleinasien). 72 Daraus ergeben sich deutsche Übersetzungen mit „Fremde“ oder „Fremdlinge“. 73 Zur Verwendung von παροικία und πάροικοι in der LXX-Fassung des Buches Jesus Sirach vgl. u.a. Kiefer, Exil 319–322, bes. 320: „In seinem Prolog zur griechischen Fassung des Sirach-Buches schreibt Ben Siras Enkel, er habe die Übersetzung τοῖς ἐν τῇ παροικίᾳ βουλομένοις φιλομαθεῖν ‚für diejenigen in der Auslandsgemeinde, die zu lernen wünschen“ (V. 34) geschrieben‘. Vgl. auch Weish 19,10. Zur Verwendung der Begriffe bei Philo vgl. u.a. Chin, Home 106–108; Kiefer, Exil 394ff. Vgl. auch Kloppenborg, Associations 41–46. 74 Dassmann (Weltflucht 197) ist der Überzeugung, der Verfasser des 1Petr treffe damit „das wohl auch gefühlsmäßige Selbstverständnis vieler Christen der ersten drei Jahrhunderte“; vgl. auch Dünzl, Welt, passim. Dassmann verweist auf Diognet 5,5, eine Passage, in der von Christen über Christen gesagt wird: „Sie bewohnen ihr jeweiliges Vaterland, aber nur wie Beisassen (πάροικοι); sie erfüllen alle Aufgaben wie Bürger und erdulden alle Lasten wie Fremde; jede Fremde ist für sie Vaterland und jede Heimat Fremde“. Vgl. hierzu auch Lona, Struktur 40f; Bracht, Diaspora 286–289, die (ebd. 285f ) auch auf die Vorstellung von „Fremde“ im Hirt des Hermas eingeht. Zur Vergleichbarkeit der Schrift an Diognet mit 1Petr vgl. auch Nicklas, Christ 98– 111. In diesem Zusammenhang vgl. auch Kloppenborg, Associations 41: „many Christ groups used language that constructed themselves as not part of the city, belonging to an alien policy. This trope is epitomized in the terms πάροικοι (resident non-citizens), παρεπίδημοι (visitors) and ξένοι (strangers), which appear widely in early Christian literature“. 70 71
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n. Chr.75 Für die Interpretation von παρεπίδημοι und πάροικοι76 wie auch für den Diaspora-Begriff77 müssen die Möglichkeiten metaphorischer Prädikationen78 bedacht werden.79 Mit dem Begriff παρεπίδημοι sind zunächst vorübergehende, kurzzeitige Ortsfremde80 gemeint, „Fremde, deren Aufenthalt an einem Ort nur vorübergehend ist“81. Von daher bieten sich auch Übersetzungen wie „Zugezogene“ oder „Zugereiste“, „Gäste“, „Ortsfremde“ oder „Fremdlinge“ an.82 „Mit πάροικος ist dagegen der permanent nicht zu den Bürgern zu rechnende Bewohner gemeint, der außerhalb der Zur Diskussion um die zeitliche Ansetzung der Abfassung des 1Petr vgl. auch den Einführungsteil (oben). Jüngere Arbeiten, wie z.B. Williams, Persecution 34, setzen einen Zeitraum von 60 bis 90 n. Chr., andere den Zeitraum von 75 bis 95 n. Chr. (so z.B. Horrell, Aliens 184 Anm. 37). Daneben werden freilich auch engagiert Spätdatierungen vertreten; vgl. u.a. Gielen, Hadrian; dies., Polykarpbrief; dies., Erschließung 46 (jetzt etwas vorsichtiger): „1Petr dürfte in einem Zeitfenster zwischen ca. 90 bis 130 n. Chr. verfasst worden sein, wobei hier einer Spätdatierung um 130 eine gewisse Präferenz eingeräumt wird“; in kritischer Auseinandersetzung mit Gielens Thesen in jüngerer Zeit Vahrenhorst 47–50; Grünstäudl, Briefe 78, der in Anm. 34 vor allem auf die Analysen und Ergebnisse von Norelli, sujet, aufmerksam macht. 76 Vgl. zum Wortgebrauch und zur Bedeutung Schaefer, Paroikoi (antike Belege); Casevitz, vocabulaire 186; Gauthier, Meteques 35; Papazoglou, ΛΑΟΙ 143–213; Rizakis, Incolae. Vgl. auch Hommel, Metoikoi, bes. 1420; Puig i Tàrrech, cristians 201–206. Van Rensburg , Code 478, möchte für die Verwendung im 1Petr an einem dominierenden literarisch-politischen Verständnis der Begriffe festhalten (vgl. Elliott, Home 21–58, bes. 48f; ders., 1Peter 94.101f ) und auf einer zweiten Ebene in der Begrifflichkeit ehemalige „Gottesfürchtige“ wiedererkennen. Zur Kritik an dieser Position vgl. Kelhoffer, Persecution 98f; Williams, Persecution 98–103. 77 Vgl. auch Doering, First Peter 231: „Even if we therefore prefer to call this a metaphoric use of Diaspora, we shall not overlook that this concept is closely modeled to the analogy with Jewish Diaspora experience“. 78 Vgl. dazu u.a. Müller, Pflanzung 45–65; ders., Hüften. Gegen ein metaphorisches Verständnis hat sich dezidiert Truex, House 186f, ausgesprochen, wobei er sich auf Elliott, 1Peter 94–97.312f.457–462.476–483; ders., Home 21–100, bes. 37–49.67–84, beruft. Vgl. aber demgegenüber die Auseinandersetzung mit Elliotts Thesen (und das Plädoyer für metaphorischen Sprachgebrauch) bei Bechtler, Following 75–81; Dubis, Research 213–217; Guttenberger, Passio 23–26; Kloppenborg, Associations 46; Wan, Contest 158.162f u.a. 79 Vgl. auch Prostmeier, Handlungsmodelle 386 („die existential „Deplazierten“ in der Welt“); Chin, Home, bes. 111; Seland, πάροικος 240; Guttenberger, Passio 25. Chin hat sich auch ausführlich zur Elliott/Balch-Debatte geäußert und positioniert. Jobes, Foreigners 33–39, möchte erneut ein Verständnis als Immigranten („colonists“) stark machen. Vgl. demgegenüber Seland, Foreigners 130–136; Horrell, Aliens 190: „the terms describe not the addressees’ socio-legal status prior to conversion but their sociospiritual status consequent on their conversion.“ 80 Vgl. auch Hommel, Metoikoi 1414 „die vorübergehend Anwesenden“ und 1415 „nicht domizilierte Fremdenbevölkerung“; Obermann, Land 276. Polybios wendet in Hist 32,6.4 den Begriff auf Griechen in Rom an; vgl. auch die Verwendung in Hist 33,15,2; Diod Sic 1,4,3. 81 Reiser, Eschatologie 177. 82 So z.B. Klauck, Gemeinde 232; vgl. ebd.: „im Griechischen par-epi-demos, nebenher zum Staatsvolk hinzukommend“. Vgl. auch Feldmeier 34: ein Mensch, „der sich (meist kurzzeitig) an einem Ort aufhält, an dem er nicht beheimatet ist und auch nicht dauerhaft ansässig zu werden gedenkt.“ 75
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Polis als der zentralen Sozialform der damaligen Gesellschaft lebt“83, der Einwohner ohne Bürgerrecht84 (1,1; 2,11).85 „Beide Metaphern bezeichnen die Christen als Menschen, die nicht sind, wo sie eigentlich hingehören; die eine betont mehr das Provisorische, Vorübergehende, die andere mehr das Nachteilige, Unbefriedigende dieses Zustands. Nur in seiner Heimat genießt der Bürger seine Rechte. Wo diese Heimat des Christen ist, sagt 1,4: ‚im Himmel‘, wo das ‚Erbe‘ für ihn bereitgehalten wird. Bis er dieses ‚Erbe‘ erlangt, bei der Parusie Christi, dauert ‚die Zeit seines Exils‘ (1,17: ὁ τῆς παροικίας ὑμῶν χρόνος).“86 Wiederholt hat sich Reinhard Feldmeier87 mit dieser Metaphorik der Fremde, in der antiken Welt, im Urchristentum, vor allem aber im 1Petr88, beschäftigt. In jüngeren Arbeiten weist er vor allem darauf hin, dass die Anrede als Fremdlinge „nicht nur situationsbeschreibend, sondern auch situationsdeutend“89 ist. Die DiasporaChristen Kleinasiens stellen in soziologischer Hinsicht eine Minderheit da, die von ihrer Mitwelt vielfältig angefeindet wird. „Schwierigkeiten haben die Christen vor allem mit ihrer unmittelbaren Umgebung, die über das neue Verhalten ihrer bisherigen Mitbürger ‚befremdet‘ ist (4:4) und deshalb die christliche Gemeinde ausgrenzt und diffamiert, ja anfeindet Obermann, Land 276. Zumindest haben Paröken nicht die vollen Rechte und Pflichten einer Polis. Vgl. – mit Blick auf Eph 2,19 – auch Ubieta, Xenoi 269; Sellin, Eph 231: „Im Gegensatz zu den ‚Fremden‘ sind die πάροικοι dauernd Ansässige ohne vollständige Bürgerrechte.“ Zur Verwendung von πάροικος oder πάροικοι in der LXX vgl. bes. Gen 23,4; Lev 25,23; 1Chr 29,15; Ps 38,13, wobei in Gen 23,4 und Ps 38,13 parallel παρεπίδημος Verwendung findet. 85 In diesem Kontext ist zu bedenken, dass „Abraham im Alten Testament ‚geradezu den Typos des πάροικος‘ präsentiert“; so Popp, Kunst 294, im Anschluss an Gielen, Tradition 377 (vgl. bes. Gen 23,4; vgl. zum Leben Abrahams „in der Fremde“ auch Gen 35,27; Ex 6,4); vgl. auch Chin, Home 101f; Christiansen, Election 60f; Horrell, Aliens 189; Kloppenborg, Associations 42. Von daher ist eine Linie von von 1,1; 1,17 über 2,11f zu Sara als Erzmutter in 3,6 auszumachen. 86 Reiser, Eschatologie 177f. Reiser rät in seinem Beitrag zu einer Reflexion des Begriffs „Pfarrei“; vgl. ebd. 179: „Schon der 1. Klemensbrief gibt als Absender an ‚die Kirche Gottes, die in Rom in der Fremde lebt‘ (ἡ παροικοῦσα Ῥώμην) und wendet sich ‚an die Kirche Gottes, die in Korinth in der Fremde lebt‘. Im Laufe des 3. und 4. Jahrhunderts geht das Wort παροικία dann in die kirchliche Verwaltungssprache ein und wird zur paroecia/parochia und ‚Pfarrei‘. Der Name verpflichtet.“ Zum Präskript des 1Clem vgl. auch Schmitt, Paroikie 135–138. 87 Vgl. Feldmeier, Christen; ders., Außenseiter; ders., 1Petr. 88 Vgl. vor allem Feldmeiers Hinweise auf Philo; vgl. u.a. Feldmeier, Außenseiter 170 Anm. 42: „Philo bezeichnet in zahlreichen Schriften den ‚Weisen‘ als Fremdling auf Erden, wobei im Kontext deutlich wird, dass er damit fast immer denjenigen bezeichnet, der gegenüber der zur höchsten Tugend erziehenden jüdischen Tora gehorsam ist (vgl. besonders Conf. 75–82, weiter Her. 267, 274; Agr. 63ff.; Somn. 1.45; Congr. 22ff. u.ö.)“. Vgl. auch Sellin, Eph 231: „Der Weise ist der Mensch, der auf der Erde nur ‚Beisasse‘ (πάροικος/παροικῶν: conf. 77) ist, die er als ‚fremd‘ (ξένος) einschätzt. Sein ‚Vaterland‘ ist der Himmel, in dem er als Bürger wohnt (πολιτεύεσθαι: conf. 78)“; Puig i Tàrrech, cristians. Zur „Fremdheit“ in der Welt vgl. auch Sen, epist. 10,28. 89 Feldmeier, Außenseiter 169; vgl. Brox 56: „situationsbeschreibend und situationsdeutend zugleich“. 83 84
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und denunziert (2:12, 23; 3:14–17; 4:4, 14–16). Diese Situation ist für das Frühchristentum von seinen Anfängen bis in die Mitte des dritten Jahrhunderts bezeichnend.“90 Dabei geht es in diesen Jahren vor allem um erlittene oder zu befürchtende „Erfahrungen verbaler Gewalt“91. Die Gruppenidentität der Adressaten des 1Petr findet auch in ihrem ausgeprägten Erwählungsbewusstsein92 Ausdruck. „Als auserwählte Fremdlinge (1,1) sind die Christen … Gott zugeeignet und zugleich der Welt enteignet“93. Die Fremde kann als „Kehrseite der Erwählung“94 verstanden werden. Die Erwählung95 (vgl. auch 2,9f; 2,21; 3,9; 5,10.13), die das Präskript mit der πρόγνωσις96 Gottes97, des Vaters (1,2),98 verbindet, ist ein Thema, das vor allem auch daran erkennbar wird, wie der 1Petr die γραφή (2,6), die heiligen Schriften Israels, aufnimmt und gebraucht.99 Das ist besonders dann auffällig, wenn es sich bei der Mehrheit der angesprochenen Adressaten um sog. Heidenchristen100 handelt (vgl. vor allem 1,14.18; 2,9f; 4,3). Dennoch setzt der Autor bei Adressaten mit heidenchristlicher Vergangenheit Schriftkenntnisse voraus, die theologi Feldmeier, Außenseiter 163; vgl. auch Dünzl, Welt. Vahrenhorst 19; vgl. auch 23. Vgl. darüber hinaus Holloway, Prejudice 66f; Guttenberger, Passio 18. 92 Vgl. u.a. Müller, Auserwählte; Doering, Volk 90f. 93 Obermann, Land 277. 94 Feldmeier 10; Schlier, Adhortatio 70: „die Kehrseite ihrer Erwählung durch Gott“; Schlosser 51; Green, Exiles 314; Münch, Geschwister 140–142; Popp, Fremden 189. Feldmeier (ebd.) merkt an: „Auch wenn die Anrede als ‚Fremde‘ durch die gesellschaftliche Konfliktsituation bedingt ist, so wird das Fremdsein der Christen in seinem Wesen dennoch nicht aus dem Widerspruch zur Gesellschaft abgeleitet, sondern aus der Entsprechung zu Gott und der Zugehörigkeit zu seiner neuen Gemeinschaft.“ 95 Vgl. dazu u.a. Brox 105; Obermann, Land 279. 96 Zum Begriff vgl. auch Wagner/Vouga 27: „πρόγνωσις meint seit dem hippokratischen Korpus die medizinische Prognose, in der LXX und bei Josephus das prophetische Voraussehen (so Jdt 11,19; Ant 8,234.418; 15,373, vgl. Justin, Dial 39,2) und das vorherbestimmende Wissen Gottes“. 97 Vgl. dazu Ps 33,11: „Der Ratschluss des Herrn bleibt ewig bestehen, die Pläne seines Herzens überdauern die Zeiten“; Jer 29,11; vgl. auch 1QH IX,24–25; Philo, De opificio mundi 2,9; Apg 2,23: „… der nach Gottes beschlossenem Willen und Vorauswissen hingegeben wurde …“. Zu dieser Apg-Stelle vgl. Becker, Lukas 511: „Durch die im neutestamentlichen Schrifttum singuläre Verknüpfung der göttlichen βουλή, mit dem göttlichen Vorherwissen, das außer hier im Neuen Testament nur noch einmal als Substantiv πρόγνωσις ausgedrückt wird, werden der göttliche Wille und Ratschluss zum Bestandteil einer göttlichen Vorsehung erhoben“. Zur antiken Vorstellung von einer göttlichen Vorsehung im Kosmos (πρόνοια / providentia) vgl. vor allem Becker, Lukas 488–491. 98 Zur „Vater“-Rede im 1Petr vgl. auch Giesen, Gott. 99 Vgl. auch Müller, Petrusbrief; Ådna, Zitate; Green, Use; Liebengood, Eschatology. 100 Vgl. dazu u.a. Baur, Brief 210; Grimm, Problem 657f; Goppelt 30; Brox 25: „zumindest dominierend, nicht unbedingt ausschließlich heidenchristliche Gemeinden“; Harland, Associations 233; Feldmeier, Christen 199; Achtemeier 50–58.69–73; Fagbemi, Identity 369: „It is not inappropriate, therefore, to identify the original readers of 1 Peter as predominantly Gentile but not excluding some Jewish Christian peo ple.“ Von in dieser Hinsicht „gemischten“ Gemeinden spricht auch Egan, Ecclesiology 32.34.39. 90 91
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sches und paränetisches Reflektieren und Argumentieren durch Zitate, Anspielungen u.ä. möglich machen. Das ist bereits beim ersten expliziten Zitat der Fall, wenn es in 1Petr 1,16 heißt: διότι101 γέγραπται [ὅτι]102 ἅγιοι ἔσεσθε, ὅτι ἐγὼ ἅγιος [εἰμι]103. Nach Lev 19,1–2 LXX wird Mose von Gott aufgefordert, so zur Versammlung der Kinder Israels (τῇ συναγωγῇ τῶν υἱῶν Ισραηλ) zu sprechen: Ἅγιοι ἔσεσθε, ὅτι ἐγὼ ἅγιος.104 Vor allem aber soll das Leben der Glaubenden (1,15) Zeugnis geben von der Heiligkeit Gottes: „gemäß dem Heiligen, der euch berufen hat, werdet auch selbst Heilige in allem Wandel“ (vgl. Lev 19,2)105. „Christen sollen nach 1Petr in ihrer Grundhaltung und in ihrer Praxis das werden, was sie von Gott her schon sind“106. Die Erwählung und die damit erwartete und geforderte Heiligkeit drückt sich nach dem 1Petr vor allem in einer entsprechenden ἀναστροφή aus (1,15; 2,12; vgl. auch 3,1.2). 2 Spezifische Briefinhalte werden von Anfang an nicht nur zwischenmenschlicher Kommunikation, sondern auch der πρόγνωσις Gottes107, des Vaters, zugeordnet.108 Damit kommt vor allem zum Ausdruck, dass die Erwählung109 von Gott ausgeht, in dessen Willen sie gründet (vgl. vor allem 1Thess 1,4; Röm 8,33; 9,11). „Vorauswissen (vgl. noch Apg 2,23 …) ist kein passives Wissen, sondern ein aktives Tun, das in Gottes Ratschluss begründet ist.“110 Manche Textzeugen bieten alternativ ein διο γ. Die ECM lässt das in Klammern gesetzte ὅτι – im Unterschied zu NA27 – aus; so auch NA28. 103 Die ECM lässt das in Klammern gesetzte εἰμι – im Unterschied zu NA27 – aus; so auch NA28. 104 Die Aufforderung ἅγιοι ἔσεσθε ὅτι ἅγιός εἰμι ἐγώ wird auch in Lev 11,44f LXX zweimal verwendet. Zum „Oszillieren“ zwischen Lev 11,45f und Lev 19,2 vgl. auch Ådna, Zitate 236–240. 105 Vgl. hierzu auch Gaß, Heilige, bes. 217: „Die Söhne Israels sollen im Alltag gemäß den Weisungen Jahwes leben und sich gerade dort als Heilige erweisen. Der Begriff der Heiligkeit ist also vom Sanctum auf das Profanum ausgeweitet worden.“ 106 Frankemölle 37. 107 Vgl. Jdt 9,6; Apg 2,23. 108 Vgl. auch die Verwendung des Begriffs bei Josephus. Klein, Bewährung 407 Anm. 893, kann eine Reihe von Stellen in den Werken des Josephus auflisten, z.B. ant. 8,234.418; 13,300; 15,373; 17,43; 18,201; Apion. 1,232. Hier sind Menschen (vor allem Propheten) im Blick, die von Gott her mit πρόγνωσις ausgestattet sind; vgl. auch Jdt 11,19; Philo, somn II,1; Mos II,190; 1Clem 44,2. 109 Vgl. zur Erwählung nach biblischem Verständnis auch Giesen, Gott 132–135, oder Christiansen, Election, die dem identitätsstiftenden Gedanken der Erwählung in atl Texten (41–43), in Qumran-Texten (43–52) und im 1Petr (53–63) nachgeht. 110 Giesen, Gott 131. Zum Vorauswissen vgl. auch Ps 33,11; Jdt 9,6; Weish 14,3 (πρόνοια); 19,1; 1Kor 2,7; Röm 8,28.29; 11,2. Schon Didymus betont in seiner frühen Kommentierung (so Merkt 63), „dass das Vorauswissen nicht im Sinne einer Prädes tination zu verstehen ist, welche die Willensfreiheit aufhebt“. Rubel, Abgrenzung 68, bemerkt: „Hinter dem Begriff πρόγνωσις steht das Motiv einer göttlichen Vorherbestimmung, das nicht nur im biblischen, sondern auch im außerbiblischen Denken begegnet.“ 101 102
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Der Ausdruck ῥαντισμός („Besprengung“) lässt nach einem entsprechenden Blut-Ritus111 fragen (vgl. auch Hebr 12,24 sowie das Verb ῥαντίζειν in Hebr 9,13.19.21; 10,22). Biblisch bietet sich in diesem Zusammenhang vor allem Ex 24,7f112 (mit Ex 19,5f ) an113, weil hier Gehorsam und Besprengung mit Blut in einer wie im 1Petr engen Verbindung begegnen, auch wenn die Adressaten des 1Petr nicht auf einen liturgischen Besprengungsritus zurückschauen. Gemäß der πρόγνωσις Gottes und in der Heiligung des Pneuma werden – so das Präskript – Menschen „zum Gehorsam114 und zur Besprengung (ῥαντισμός)115 mit dem Blut Jesu Christi“116 bestimmt. Wir haben es demnach mit der Vorstellung von einem „neuen Bund“117 zu tun, wobei auch hier auf die Verpflichtung zum Gehorsam118 besonderes Gewicht gelegt wird. „Christi Lebenshingabe besiegelt gleichsam den neuen Bund.“119 Der 1Petr kann diesen Vorgang aus der Perspektive der einzelnen Glaubenden auch als Wiedergeburt120 zur Sprache bringen. Entscheidend wird darin die Christus-Zugehörigkeit, die sich in einem entsprechenden Wandel „in seinen Fußspuren“ (2,21) dokumentieren soll. „Eine Christologie, 111 Zu Blutapplikationsriten (mit Bsp.) vgl. Eberhart, Kultmetaphorik 112f; ebd. 112: „Den alttestamentlichen Texten zufolge reinigen und weihen Applikationsriten durch direkten physischen Kontakt Menschen und Gegenstände“; vgl. zu den Applikationsriten auch ders., Opfer 113: „Diese Riten ‚sühnen‘ … ‚entsündigen‘ … ‚reinigen‘ … ‚weihen‘ … und ‚es wird vergeben‘ … Die so benannte Wirkung beruht auf der im Tierblut innewohnenden Lebenskraft … und kommt dem dinglichen oder personalen Objekt der Applikation zugute“. 112 Vgl. auch den Targum Onkelos 24,8, nach dessen Verständnis das Blut Sühne bewirkt. 113 Vgl. auch Steins, Priesterschaft; Eberhart, Kultmetaphorik 113: „Dieser traditionsgeschichtliche Hintergrund wird für 1Petr 1,2 umso plausibler, wenn berücksichtigt wird, dass im Alten Testament dieser Blutritus die zweite Komponente des Bundesschlusses ist; ihr geht die Verlesung des ‚Buches des Bundes‘ voraus, dem gegenüber die Israeliten Gehorsam geloben (Ex 24,7; s.a. V. 3)“; Schmidt, Kult 239. 114 Vgl. auch die Anrede mit „Kinder des Gehorsams“ in 1Petr 1,14. 115 Vgl. dazu Breytenbach, Christus 449 Anm. 62: „Das Verbalsubstantiv ist als nomen actionis von ῥαντίζειν mit -μος gebildet … Das Wort ist ein LXX-Neologismus“. Vgl. Num 19,3.13.20f. 116 Zur konstitutiven Bedeutung des Blutes Jesu vgl. auch Röm 3,25; 5,9; 1Kor 10,16; 11,25.27; Eph 1,7; 2,13; Kol 1,20; Apg 20,28; Eph 2,13; Hebr 13,12; Offb 1,5f; vgl. auch Barn 5,1 (mit der Vorstellung der Besprengung); 8,1–4. 117 Zum Bundesschluss vgl. vor allem Ex 24,3.7f. Auf die Verlesung der Bundesurkunde folgt das Bekenntnis des Gehorsams durch das Volk; daraufhin wird das Volk von Mose besprengt. Dazu Obermann, Land 278: „Von dieser Bundesschlussszene aus Exodus 24 ausgehend verstehen wir dann auch die Rede vom Gehorsam der Gemeinde und ihrer Besprengung durch das (Opfer-) Blut Jesu: Der durch den Geist gewirkten Heiligung in der Taufe folgt der Gehorsam, woraufhin die Gemeinde in den Bund aufgenommen wird, der durch den Tod Jesu konstituiert ist“. Vgl. auch Eberhart, Kultmetaphorik 116: „Speziell in Aufnahme der alttestamentlichen Motive der Priesterweihe und des Sinaibundes (Ex 24,6–8) vermittelt dieses Weihegeschehen, dass Menschen von Sünde gereinigt sind und nun Zugang zu Gott haben.“ 118 Brox (58) nennt den Gehorsam „Wechselwort für den Glauben“. 119 Feldmeier, Wiedergeburt 92. 120 Vgl. dazu u.a. Feldmeier, Wiedergeburt; Kaiser, Rede.
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die das ‚Für uns‘ Jesu beschreibt, begründet … eine Christologie, in der Jesus Modell oder besser ‚Spur‘ für Nachfolger ist“121. Im Blick auf die Erwählung der Adressaten gilt es also von einer christologischen Grundlage der neuen Existenz, vom Gehorsam der Glaubenden und von einer pneumatologischen Dimension dieses Geschehens zu sprechen.122 Die im Präskript angesprochene Zugehörigkeit, die in der Erwählung begründete Gott-Gehörigkeit, wird nach V 2 bewirkt „in der Heiligung des Geistes“. Sehr viele Ausleger verstehen das ἐν in diesem Fall instrumental.123 Verschiedentlich ist allerdings auch auf die Alternative aufmerksam gemacht worden, analog zur ἐν Χριστῷ-Formulierung ein lokales Verständnis124 anzunehmen, das dann mit „im Raum der Heiligung des Geistes“125 wiederzugeben wäre. Auf jeden Fall wird der Geist dabei als „the agent of God’s power“126 verstanden (vgl. auch 4,12–14). Wir stoßen damit (schon) im Präskript auf engstem Raum auf Aussagen über Gott, den Vater, auf die Rede vom Blut Christi und auf die Vorstellung von einer Heiligung durch das Pneuma.127 Wenn „Gnade euch und Friede“ in der salutatio des Präskripts verwendet werden, lassen sie sich inhaltlich in einem paulinischen Präskripten128 unmittelbar vergleichbaren Sinn verstehen (vgl. auch 2Bar 78,2 als salutatio eines Briefes: „Gnade sei mit euch und Friede“).129 Allerdings werden diese zugesagten Gottesgaben in einem anwachsenden Sinn verstanden, wie das πληθυνθείη anzeigt.130 Damit kann durchaus ein „nicht-paulinischer Akzent“131 verbunden sein, der – bei aller Gemeinsamkeit mit paulinischer Tradition – eigene Leseanweisungen zu betonen versucht. Das Schweizer, Christologie 376. Mit Goppelt, Sinn 31, kann man von einer triadischen Formel sprechen; vgl. auch Brox 58; Dupont-Roc, jeu 203f; Schmidt, Kult 227f; Rubel, Abgrenzung 69. Zu triadischen Formulierungen im NT vgl. auch 1Kor 12,4–6; 2Kor 13,13; Mt 28,19; Joh 4,16.26; vgl. auch die Bsp. aus NT und den Apostolischen Vätern bei Wagner/Vouga 27. 123 Vgl. u.a. Giesen, Gott 135. 124 Vgl. z.B. Selwyn 119; Furnish, Sojourners 5 Anm. 15. 125 Rubel, Abgrenzung 68, spricht für diese Stelle von einem „genitivus auctoris“. 126 Green, Exiles 321. 127 Vgl. Furnish, Sojourners 5: „The formula is proto-trinitarian and may be an early form of the baptismal blessing“. 128 Vgl. auch Wagner/Vouga 25. 129 Vgl. Doering, First Peter 234: „1Peter has taken up and supplemented the wellknown Pauline salutation (in its short form, represented by 1Thess 1:1). Probably the phrase ‚grace to you and peace‘ had already gained some sort of apostolic aura“ (mit Hinweis auf Lieu, Grace). 130 Doering, First Peter 234, verweist für das πληθυνθείη vor allem auf Friedensgrüße in griechischen Versionen des Danielbuches. Ders., Volk 107 Anm. 128, akzentuiert allerdings anders: „Wahrscheinlicher scheint hier eine Praxis auf, in der diese Grußformeln mit enzyklischen Briefen, v.a. in die Diaspora, verbunden sind“; vgl. auch Schmidt, Gnade 313 (mit entsprechenden Stellenangaben in Anm. 31). 131 Vgl. auch Doering, First Peter 234: „recourse to this encyclical salutation contributes a non-Pauline accent, which, at such a sensitive location as the prescript of an ancient letter, likely functions as a reading instruction“. 121 122
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πληθυνθείη findet auch in Jud 2; 2Petr 1,2 und 1Clem 1,1132 Verwendung; alle diese Stellen betonen: „God is the implicit agent.“133 „Der liturgisch geprägte, im passivum divinum formulierte Segenswunsch konkretisiert die apostolische Zuwendung des fiktiven Autors.“134 Die Heilsgüter „Gnade und Frieden“135 sollen den Adressaten von Gott her in Fülle zuteilwerden. Von χάρις spricht der 1Petr relativ häufig (10mal)136; sieht man die erste Verwendung im Rahmen der salutatio mit der letzten in 5,12 zusammen, so entsteht ein weiter Bogen, der auch als inclusio verstanden werden kann. Wie die Botschaft des Evangeliums Jesu Christi in die nördlichen Ge- Wirkungs biete Kleinasiens gelangte, bleibt rätselhaft.137 In Apg 16,7 erfahren wir geschichte nur von einer vereitelten Absichtserklärung des Paulus. Wenn vom Zeltmacher Aquila in Apg 18,2 behauptet wird, dass er aus Pontus138 stamme, verdient diese Nachricht durchaus Vertrauen, zumal der Name „in der kaiserzeitlichen Epigraphik Nordkleinasiens mehr als dreißigmal“139 vorkommt; doch können wir nicht sagen, ob Aquila140 schon in seiner ursprünglichen Heimat christusgläubig war. Für spätere Generationen141 des 2. Jh. sind die Verhältnisse im Norden Kleinasiens etwas deutlicher, wie vor allem die Auswertung des berühmten Plinius-Briefs (epist.
Das Präskript des 1Clem lautet: χάρις ὑμῖν καὶ εἰρήνη ἀπὸ παντοκράτορος θεοῦ διὰ Ἰησοῦ Χριστοῦ πληθυνθείη. Zur Datierungsdebatte des 1Clem vgl. Lona, 1Clem 76f. 133 Dubis, 1Petr 4. 134 Frey, 2Petr 214 (für das Präskript des 2Petr). 135 Vgl. Rubel, Abgrenzung 69: „Die Kombination aus Gnade und Friede findet sich in allen echten Paulusbriefen und auch in allen Deuteropaulinen.“ Vgl. außerdem Offb 1,4. 136 Vgl. Schmidt, Dienen 398: „Und schließlich durchzieht die Rede von der χάρις Gottes den gesamten Brief (1,2.10.13; 2,19.20; 3,7; 4,10; 5,5.10.12) durchgängig“. 137 Vgl. auch Marek, Geschichte 653. 138 Pontus wird auch in Apg 2,9 erwähnt, Bithynien in Apg 16,7. Paulus gelangte nach Apg 16,6–8 nicht nach Bithynien. Zur Entwicklung christlicher Gemeinden in Städten und auf dem Land in „Pontus et Bithynia“ vgl. Öhler, Pliny. 139 Marek, Pontus 118. 140 Vgl. zu dieser interessanten Figur im Kontext der paulinischen Mission Müller, Aquila; ders., Ehepaare 17–36. 141 Alexander von Abonuteichos beklagt (nach Lukian) die hohe Zahl von Atheisten und Christen in „Pontos“ (Lukian, Alex. Pseud. 25). Vgl. auch den Eintrag in Eusebius, Kirchengeschichte 3,1,2: „Petrus hatte offenbar im Pontos, in Galatien, Bithynien, Kappadokien und Asien den Diasporajuden gepredigt“. Hierbei dürfte es sich um eine Aufnahme von 1Petr 1,1 handeln. Der Eintrag eines missionierenden Petrus in Kleinasien dürfte von 1Petr 1,1, her zu verstehen sein; so auch Wolter, Petrus 393, oder Becker, Simon Petrus 32. 132
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X,96)142 aus den Jahren 110–112143 und der Antwort Traians (epist. X,97)144 zeigt. Der 1Petr ist, wie dem Präskript zu entnehmen ist, nicht an Einzelgemeinden gerichtet, sondern an mehrere bzw. viele in den angesprochenen Gebieten (vielleicht auch für die private Lektüre gedacht); ein beginnender überregionaler Zusammenschluss ist bereits auszumachen, der nicht vom Diasporajudentum übernommen sein dürfte, sondern eine ganz eigene Entwicklung darstellt. Mit seiner nüchternen Selbsteinschätzung der vorläufigen Befindlichkeit von Christusgläubigen in dieser Zeit und ihrer theologischen Deutung war das Schreiben immer wieder dienlich, diasporale Situationen anzunehmen145 und konstruktiv zu bewältigen.146 Das kann Auswertungsversuche für diasporale Gegebenheiten der Kirche unserer Tage147 – im Blick auf die einzelnen Christen wie auch auf Gemeinden (so klein sie auch sein mögen) – ermutigen und bestärken, vor allem auch dadurch, dass identitätsstiftende Angebote bereitgestellt werden. Christusgläubige stehen auch heute an vielen Orten vor der Aufgabe, Minderheiten-Situationen anzunehmen und den jeweiligen Gesellschaften gegenüber, in denen sie sich vorfinden, aufgeschlossen zu begegnen, vor allem aber, gesprächsbereit zu bleiben – durchaus auch über die Inhalte ihres Glaubens und die daraus erwachsende Lebenspraxis. Dabei spielt die Selbstwahrnehmung als „Fremde“, die auch von anderen ntl Schriften148 geteilt wird (vgl. ‚Fremde und Gäste auf Erden‘ in Hebr 11,13; „in der Fremde leben“ [ἐκδημεῖν] in 2Kor 5,6.8.9), eine
Vgl. hierzu vor allem Sherwin-White, Letters; Freudenberger, Verhalten; Downing, Prosecutions; Marek, Pontus 118–120; ders., Geschichte 660f; Reichert, Konfusion; dies., Wahrnehmungen; Thraede, Plinius; Harrill, Functionaries; Williams, Pliny; Cook, Attitudes 240–246; Horn, Staatsbürger 375–386; Öhler, Associations 72–78; ders., Pliny; Eckhardt, Staat 41–46. 143 Vgl. u.a. Marek, Geschichte 428. 144 Vgl. Marek, Pontus 118: „Wenn der Statthalter berichtet, manche der ihm Vorgeführten hätten sich bereits vor 20 Jahren vom Christentum wieder abgewandt, so gibt das einen recht verläßlichen Hinweis darauf, daß schon vor ca. 90 n. Chr. in der Gegend Christen lebten“. Vgl. in diesem Kontext auch Strobel, Traian 243f.296. 145 Vgl. aus rhetorischer Perspektive Martin, Rehabilitation 57: „I then comment that this general image of diaspora life sets up the rhetorical situation of 1 Peter“, sowie 60: „The recipients’ need to continue their journey is the imperfection in the rhetorical situation that the paraenesis addresses“; vgl. auch Martin, Metaphor 154f. 146 Vgl. u.a. Arowele, Diaspora-Concept; Röhrig, Diaspora; Krüger, Diaspora; Poplutz, Alterität; dies., Fremdheit; Fischer/Rose, Theologie; Witt, GEKE-Studienprozess. In der neueren Diskussion um den ‚Diaspora‘-Begriff spielt zunehmend eine kulturwissenschaftliche Perspektive eine Rolle; vgl. z.B. Fischer/Rose, Theologie 39.42.51.58–61; vgl. auch Witt, Studienprozess 12. Betonung erfährt in diesem Studiendokument ein relational akzentuierter Diasproa-Begriff; vgl. Fischer/Rose, Theologie 29.36.41.67.80. 147 Vgl. u.a. Obermann, Land; Green, Church; Söding, Diaspora; Feldmeier, Avantgarde; Müller, Diaspora. 148 Vgl. u.a. Spicq, vie 59–76; für die Väterzeit vgl. vor allem Dünzl, Welt. 142
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nicht unwesentliche Rolle; vgl. 1Clem 1,1149; 2Clem 5,1150, Polykarp, Phil 5,1; MartPol 1,1; ApocSedr 11; Clemens von Alexandrien, bes. strom. 3,14;151 Tertullian, exhort. cast. 12,1.152 Eine „übertragene Bedeutung von παρεπίδημοι bzw. advenae bietet“ bereits Didymus.153 Er geht bei seiner Kommentierung von Ps 38,13 LXX aus: „denn ein Gast (πάροικος) bin ich bei dir und ein Fremder (παρεπίδημος) wie alle meine Väter“ und erkennt in den Adressaten auch solche, die nicht in den in 1Petr 1,1 genannten Gebieten leben. In vergleichbarer Weise wird in der Vätertheologie154 die Rede von „Gästen und Fremdlingen“ bei Cyprian155 und Leo dem Großen156 aufgenommen. Die „Fremde“ hat ihre besondere Qualität freilich dadurch, dass sie nicht fremd- oder selbstauferlegt vorgestellt wird, sondern einer Erwählung entspricht. Daraus entspringt auch die Gewissheit eines Mit-Seins Gottes in den herausfordernden und möglicherweise auch sehr schwierigen Lebenssituationen der jeweils erlebten Gegenwart. Für den 1Petr und seine Autorfiktion ist Petrus als „Apostel Jesu Christi“ (1,1) die Autoritätsfigur, von der die theologischen und paränetischen Schwerpunkte gesetzt werden. In der Zeit der Väter wie auch in späteren Generationen galt der historische Simon Petrus unangefragt als Verfasser des Schreibens,157 das von den meisten Kommentatoren heute als pseudepigraphisch eingestuft wird.158 In bildlichen Darstellungen der Kunst wird Petrus häufig als lehrende Gestalt (oft auch sitzend und mit Vgl. Schmitt, Paroikie 135–138; Reiser, Eschatologie 179; Baumann, Unterwegs 91: „In der Praescriptio des 1. Clemensbriefes findet sich die Selbstbezeichnung der römischen Gemeinde als einer παροικοῦσα, eine in der Fremde wohnende.“ 150 Vgl. Baumann, Unterwegs 91: „Der 2. Clemensbrief sieht im irdischen Dienst der Christen einen vorübergehenden Aufenthalt in der Fremde (παροικία).“ 151 Zu Clemens von Alexandrien vgl. auch Baumann, Unterwegs 91: „Clemens von Alexandrien († um 220) schreibt, dass Christen Fremde auf Erden (aber wirkliche Erdenbürger) und Bürger des himmlischen Jerusalems sind. Ein Christ ist Fremder (ξένος) und Gast (παρεπίδημος) und bewohnt eine Stadt in innerer Freiheit – so, als wäre sie eine Wüste. Fremdsein in der Welt ist christliche Aufgabe.“ 152 Vgl. Roldanus, Références. 153 Merkt 60, der auch (ebd. 60f ) eine dt. Übersetzung des entsprechenden Kommentarteils bietet. 154 Vgl. Roldanus, Références; Baumann, Unterwegs 92: „Erst Augustinus … bietet eine vollständige theologische Darstellung der peregrinatio-Metapher für das christliche Leben … auf Erden gibt es für ihn keinen heiligen Ort. Gleichwohl zieht sich das Motiv der Pilgerschaft (peregrinatio) durch sein gesamtes Werk, weil er das ganze christliche Dasein als eine solche deutet“. Zu Augustinus vgl. auch Bellerose, sens, vor allem zur Aufnahme von πάροικος (vgl. 1Petr 1,17; 2,11) bei der Entwicklung des Begriffs peregrinus. 155 Cyprian von Karthago, De mortalitate, Cap. 22.24.26 (CSEL 3/1, 310.312.313f ). 156 Leo der Große, De ascensione Domini 74, Cap. 1.2.5 (CCL 138A.456f.460f ). 157 Vgl. Brox 252: „Der Brief wurde für ein Schreiben des Petrus gehalten, von dem man aufgrund des früh etablierten Petrusbildes die allgemeine christliche Predigt erwartete“. 158 Vgl. die Einleitungsfragen zum 1Petr, die im Einführungsteil (oben) behandelt wurden. 149
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Buch oder mit Schlüssel oder mit beidem)159 dargestellt; auf einen Briefe schreibenden Petrus160 bin ich bisher nur selten gestoßen.
159 Vgl. z.B. die Petrus-Altäre in Nürnberg, St. Sebald (1477), die Petrusfigur in der Krypta des St. Petri-Doms in Fritzlar (Mitte des 12. Jh.), die Rückseite des Heinrichskreuzes in Fritzlar (1020), die Bronze-Sitzfigur von St. Peter in Rom, die Arnolfo di Cambio (um 1245–1303) geschaffen hat, oder den von Ägid Quirin Asam gestalteten Hochaltar (1732/34) in St. Peter in München, in den die gotische St. Peter-Skulptur von Erasmus Grasser (1492) integriert wurde. 160 Ein schönes Beispiel bietet ein von Georg Lemberger angefertigter Holzschnitt, den Melchior Lotter (d. J.) in der von ihm gedruckten Ausgabe der Lutherübersetzung des NT um 1524 (zur Person Lotters und seinem Wirken vgl. Schirmer, Buchdruck 172–175) angefertigt hat; dieser zeigt, wie Petrus ein Schreiben einem Briefboten übergibt (die Dt. Staatsbibliothek in Berlin hat den gesamten Text digitalisiert: https://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht?PPN=PPN821570838&PHYS ID=PHYS_0516&DMDID=). Der Holzschnitt von Weigel (1695), den Skaggs (21) präsentiert, arbeitet offensichtlich mit einer Sekretär-Hypothese.
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B Eulogie und Dienst der Propheten (1,3–12)
2 Eulogie (1,3–9) Literatur: Back, Wiedergeburt; Baldanza, euloghia; Barkhuizen, eulogie; Dautzenberg, Σωτηρία; Feldmeier, Seelenheil; ders., Wiedergeburt; Furnish, Sojourners; Giesen, Gott; Hauck, DYNAMIS 326–369; Kaiser, Rede 301–315; Kendall, Function; Müller, Auserwählte 30–34; Nauck, Freude; Schlosser, résurrection; ders., éléments; Schmidt, Dienen, bes. 391–400; Webb, Intertexture 84–98; Wolff, Auferstehung; ders., Erbe; Wypadlo, Seele.
3 Gepriesen (sei) der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gemäß seinem großen Erbarmen neu gezeugt/geboren1 hat zu lebendiger Hoffnung durch (die) Auferstehung Jesu Christi aus Toten 4 zu unvergänglichem und unbeflecktem und unverwelklichem Erbe, aufbewahrt in (den) Himmeln für euch, 5 die durch (die) Kraft Gottes Bewachten/Behüteten durch (den) Glauben an (die) Rettung, (die) bereit (ist), offenbart zu werden im letzten Kairos, 6 darüber jubelt ihr jetzt ein wenig, wenn es nötig [ist], in Trauer Versetzte (zu sein) durch vielerlei Anfechtungen, 7 damit der Prüfstein eures Glaubens (noch) kostbarer erfunden werde als Gold, das vergeht, obwohl es durch Feuer geprüft wurde, zum Lob und zur Ehre und zur Verehrung bei (der) Offenbarung Jesu Christi, 8 den ihr, nicht gesehen habend, liebt, auf den ihr, (auch) jetzt nicht sehend, vertrauend aber jubelt in unaussprechlicher und verherrlichter Freude, 9 erlangend das Ziel [eures] Glaubens, (das) Heil der Seelen. Das den V 3 eröffnende εὐλογητός markiert mit der unmittelbar vorausgehenden salutatio des Briefpräskripts deutlich einen neuen Textabschnitt und eine neue Textform. Dieser Abschnitt (1,3–12) stellt eine einzige
1 Vgl. Kaiser, Rede 305: „Idealerweise müsste eine Wiedergabe des Textes im Deutschen daher die Offenheit des griechischen ἀναγεννήσας in beide Richtungen wahren. Da das mit Hilfe eines einzigen Wortes nicht möglich ist, wird im Folgenden die Angabe beider Übersetzungsmöglichkeiten beibehalten“.
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kunstvolle Satzkonstruktion2 dar; sie reicht zunächst bis zu V 93, wobei die Adressaten in V 6 in der 2. Pers. Pl.4 angesprochen werden,5 bevor ab V 10 von einer neuen Gruppe, den Propheten, und ihrem spezifischen Dienst die Rede ist. Mit dem in V 3 anhebenden Gebet artikuliert sich eine ‚WirGruppe‘ (bes. in VV 3–4) mit gemeinsamen Glaubensüberzeugungen, bevor die Adressaten ab V 5 dezidiert angesprochen werden.6 Die Eingangseulogie kann wie eine Ouvertüre7 verstanden werden; vergleichbar einem exordium in der Rhetorik8 benennt sie Themenschwerpunkte, die den Gesamttext9 des 1Petr prägen.10 Analyse 1. Zu εὐλογητός am Beginn von V 3 ist ein εἴη (Optativ) zu ergänzen, oder aber ein ἐστίν.11 Wir können – in der Aufnahme dieses Begriffs – von einer Eulogie12 (vgl. auch 2Kor 1,3; Eph 1,3)13 sprechen, von einem lobpreisenden Gebet, dessen Form aus dem AT14 übernommen sein dürfte. „Cette forme a une structure bipartite : la mention du destinataire de la louange, c’est-à-dire Dieu en règle générale, et l’exposé des merveilles qui appellent la bénédiction.“15 In der theozentrisch geprägten Textform der Vgl. Brox 60: „eine einzige lange Satzperiode von V 3 bis V 12 konstruiert“. So Hill, Sacrifice 47.49; vgl. auch ebd. 61 Anm. 11: „Vs. 10–12 are rather loosely connected to what precedes and form a kind of scriptural explanation of the meaning of ‚revelation‘.“ 4 Der Übergang von „wir“ (V 3) zu „ihr“ ist bereits in VV 4–5 auszumachen. 5 Brox (60) spricht von einem „Wechsel von Dank an Gott zur Anrede an die Leser“; vgl. auch 63. 6 Ein Wechsel vom ‚Wir‘ zum ‚Ihr‘ ist auch in der Eulogie Eph 1,3–14 in V 13 zu beobachten. 7 Vgl. z.B. Schlosser, éléments 185. Ähnlich Hoppe, Erinnerung 282, für den Eph. 8 Vgl. Watson, Rhetoric 52; Webb, Intertexture 84 Anm. 32. 9 Vgl. auch Kendall, Function 104.106, nach dem die Eulogie strukturbildend für das gesamte Schreiben verstanden werden kann: 1,13 – 2,10; 2,11 – 4,11; 4,12 – 5,11. 10 Es gibt Ausleger, die eine triadische Struktur ausmachen wollen, indem sie auch die VV 10–12 einbeziehen. Die VV 3–5 sind auf das Wirken Gottes, des Vaters, konzentriert, VV 6–9 nehmen Jesus Christus in den Blick, VV 10–12 sprechen vom Wirken des Geistes. Vgl. u.a. Delling, Bezug 106f; Baldanza, euloghia. 11 Zur einfachen Präsens-Ergänzung vgl. in der LXX 1Chr 29,10; Tob 3,11; Ps 118,12. 12 Vgl. die Beispiele bei Deichgräber, Gotteshymnus 40–43; Giesen, Gott 138f; de Waal Dryden, Theology 69 Anm. 53, in der LXX vor allem Gen 14,20; 1Sam 25,32.33; 1Kön 5,21; Tob 3,11 (Beginn des Gebets der Sara); 8,5.15.16.17; 9,6; 11,14.17; 13,1.18; Ps 17,47; 40,14; 65,20; 67,36; 71,18–19; 105,48 u.a. Schöne Bsp. sind auch in JosAs auszumachen (2,3: εὐλογητὸς κύριος ὁ θεὸς τοῦ Ἰωσήφ; 15,12: εὐλογημένος κύριος ὁ θεός σου ὁ ὕψιστος“). 13 Als ntl Beispiele können gelten: Lk 1,68–79; Röm 1,25; 9,5; 2Kor 1,3–10; 11,31; Eph 1,3–14; vgl. auch Vollenweider, Hymnus 222. 14 Vgl. Schlosser, éléments 189: „le genre lui-même est courant dans l’Ancien Testament“. Vgl. auch Furnish, Sojourners 6: „The body of the letter opens with a liturgically formulated blessing of God (vss. 3–5) which follows a pattern found in the Old Testament as well as in the liturgy of the synagogue. Examples are also present in the Qumran literature and elsewhere in the New Testament“. 15 Schlosser, éléments 189. 2 3
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Eulogie ist mit dem Ende von V 7 und dem angeschlossenen V 8 eine christologische Beziehung der Glaubenden eingewoben. 2. Der Text ist insgesamt stark vom Partizipial-Stil und von Relativsätzen geprägt, was für Hymnen bzw. hymnische Texte als kennzeichnend16 gelten kann.17 In den VV 3–5 wird dreimal die Präposition εἰς verwendet, wodurch die Bezugnahme auf die Adressaten unterstützt wird, deren Identitätsbildung von Anfang an im Blick ist. 3. Der Anschluss in V 6 mit ἐν ᾧ wird verschiedentlich kausal18 gedeutet. Von den zahlreichen relativischen Anschlüssen der Eulogie her gesehen, dürften allerdings die bis dahin in VV 3–5 benannten Heilstaten Gottes oder speziell der in V 5 hervorgehobene καιρός im Blick sein. 4. Verschiedentlich sind in der Analyse strophische Gliederungen vorgeschlagen worden.19 5. Die ECM entscheidet sich – abweichend von NA27 – für die Lesart λυπηθέντας (mit )*א.20 6. Die ECM führt für 1,9 (4–12) erwägenswerte alternative Lesarten vor Augen. Zuweilen wird bei der Wendung τὸ τέλος τῆς πίστεως ὑμῶν nämlich das ὑμῶν ausgelassen. (Zu b): Eine Reihe von Minuskeln bietet nicht υμων, sondern ημων. Diese Minuskeln sind freilich alle dem 2. Jahrtausend zuzuordnen. Der Kontext dieser Stelle spricht eher für die 2. Per. Pl. (Zu d): Eine zu diskutierende Lesart ist mit der Auslassung von υμων gegeben. Immerhin wird diese Lesart vom Vaticanus (03), von einigen Vätern sowie durch einige Versionen bezeugt. Eine interessante Alternative im Koptischen wird durch S> angezeigt. Eine sahidische Lesart bietet „die Krone des Glaubens“ (vgl. auch die Kranz-Vorstellung in 1Petr 5,4), schön präsentiert in B73, eine Vollendungsvorstellung, die plastischer erscheint als das nüchterne τέλος. (Zu ef ): Die Lesart το ελεος της πιστεως υμων wird nur von 319 und 1067 geboten. 7. Die für V 8 in manchen Textzeugen (A P Ψ u.a.) belegte Lesart εἰδότες statt ἰδόντες kann „textgeschichtlich und inhaltlich“21 ausgeschlossen werden.
Vgl. auch Vollenweider, Hymnus 217. Boismard, Quatre hymnes 15–56, meinte, hinter 1Petr 1,3–5 (und Tit 3,4–7) einen frühchristl. Taufhymnus ausmachen zu können. 18 Vgl. z.B. Fink, Use 35; Dubis, 1Peter 9: „For ἐν with ἀγαλλιάω, marking the ground of rejoicing“; Dubis (ebd.) benennt noch weitere Übersetzungsmöglichkeiten. Vgl. auch Hauck, DYNAMIS 332: „Den relativen Satzanschluss ἐν ᾧ gilt es an dieser Stelle wohl kausal auf den Abschnitt V. 3–5 im Allgemeinen und V. 5 im Besonderen rückzubeziehen“; Reicke, Spirits 111; Brox 63. 19 Vgl. u.a. Barkhuizen, eulogie 55–64, der fünf Strophen entdeckt (VV 3–5.6–7.8– 9.10–11.12). 20 Dagegen sprechen sich dezidiert Wagner/Vouga (33) aus: „In V. 6b ist das Partizip im Nominativ zu lesen … der Akkusativ ist Angleichung an ein mitgedachtes ὑμᾶς, also lectio facilior“. 21 Brox 66 Anm. 222. 16 17
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Erklärung Die an das Briefpräskript angeschlossene Eulogie des 1Petr erinnert an 3 unmittelbar vergleichbare Eulogien22 aus dem Corpus paulinum23, vor allem an 2Kor 1,3: „Gepriesen (sei) der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ am Beginn von 2Kor 1,3–10 in wörtlicher Übereinstimmung sowie an Eph 1,3: „Gepriesen (sei) der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ am Beginn von Eph 1,3–14.24 Bereits die Eulogie gibt deutlich zu verstehen, dass die Theologie des 1Petr theozentrisch geprägt ist. Hervorgehoben wird in dieser Rede von Gott, dem Vater (1,2; 1,3)25, vor allem und zuerst sein Erbarmen, das in seiner Größe (ὁ κατὰ τὸ πολὺ αὐτοῦ ἔλεος) zur Sprache kommt (vgl. auch 2,9). Diesem Erbarmen (vgl. die sog. „Gnadenformel“26 oder „Gnadenrede“27 in Ex 34,6: „ein barmherziger und gnädiger Gott“; vgl. außerdem Tob 8,15–1628) ist auch die neue Geburt einer ‚Wir-Gruppe‘ zu verdanken. Der 1Petr kennt im Blick auf das ‚Wir‘, das sich in dieser Eulogie artikuliert oder artikulieren kann/soll, die Vorstellung von einer Wiedergeburt bzw. neuen Geburt29. Das Verb ἀναγεννάω30 steht für „neu zeugen/ gebären“ (auch in 1Petr 1,23). „Die Wiedergeborenen sind mehr als Geschöpfe, sie sind Kinder.“31 Da es sich bei den Trägern dieser Vorstellung vorrangig um Erwachsene handelt, bietet sich im Deutschen eher eine Wiedergabe mit „neu gezeugt“ oder „neu geboren“ an. Der Autor macht damit „die christliche Soteriologie mit Hilfe eines Vorstellungskomplexes verständlich und plausibel, der dezidiert nicht biblischen Ursprungs ist, wohl aber charakteristisch für das religiöse Klima dieser Epoche.“32 Vgl. ähnliche Eulogien in 2Kor 1,3–10 und Eph 1,3–14; dazu u.a. Schmeller, 2Kor 43–77; Arzt-Grabner, 2Kor 189–207, und Hoppe, Erinnerung. 23 Zu atl und frühjüd. Vorbildern im Bereich der Segenssprüche und des individuellen Lobpsalms vgl. vor allem Schmeller, 2Kor 46. 24 Zur Rede vom Vater Jesu vgl. vor allem Röm 15,6; 2Kor 1,3; 11,31; Eph 1,3; vgl. auch Joh 20,17. 25 Vgl. u.a. Giesen, Gott. 26 Seit Spieckermann, Barmherzig (bes. 3), hat sich diese Redeweise auf breiter Ebene durchgesetzt. 27 So die Redeweise von Franz, Gott; Scoralick, Güte. 28 Gegenstand des εὐλογεῖν ist auch in diesem Gebet vor allem das „Erbarmen“ Gottes; vgl. auch Tob 3,11. 29 Zu anderen „Wiedergeburts“-Konzepten im NT vgl. auch Joh 3,1–12, bes. V 3, und Tit 3,5. Grundlegend jetzt Kaiser, Rede (zu Joh 3 bes. 245–276; zu Tit 3,5 bes. 183–224; vgl. auch Zimmermann, Wiederentstehung). 30 Die Kommentare verweisen gern auf den Gebrauch des Verbs in der Schrift Περὶ θεῶν καὶ κόσμου (4) des Neuplatonikers Sallust (4. Jh. n. Chr.), der von einer Mysterienfeier berichtet; vgl. z.B. Windisch 59. Vgl. allerdings Kaiser, Rede 296f: „Neben den spärlich vorhandenen Quellen zur Initiation in den Mysterien macht auch das in 1Petr 1,3.23 gebrauchte Verb ἀναγεννᾶν/ἀναγεννᾶσθαι, das nur hier im Neuen Testament begegnet, Herleitungsversuche schwierig, denn es handelt sich um ein Verb, das auch sonst höchst selten ist“; vgl. auch Bosetti, Parola 315; Breytenbach, Christus 453; Zimmermann, Wiederentstehung 280. 31 Feldmeier, Wiedergeburt 82. 32 Feldmeier, Wiedergeburt 76f; vgl. auch Back, Wiedergeburt. 22
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Bis heute scheint das Bemühen, für den 1Petr den genauen traditionsgeschichtlichen Hintergrund dieser Vorstellung auszuleuchten, von wenig Erfolg gekrönt: „Die mit der Metapher der Wiedergeburt bezeichneten Vorstellungen sind … derart disparat, dass es nicht den Anschein hat, als könnten sie einem einheitlichen Typus zugeordnet werden. Noch hypothetischer sind alle Versuche, zwischen den verschiedenartigen Zeugnissen Abhängigkeiten nachzuweisen.“33 Die neue Geburt lässt eine neue Hoffnung34 zuteilwerden, eine „lebendige Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi35 aus Toten“.36 Ein weiteres großes christologisches Thema (vgl. V 2: „Besprengung mit dem Blut Jesu Christi“) heißt also ἀνάστασις, wobei unmittelbar vorausgehend im selben V 3 auch der Kyrios-Titel für Jesus Christus gebraucht wird. „Als der aufgrund von Gottes Zusage Hoffende gewinnt der ‚Wiedergeborene‘ Anteil an Gottes Lebendigkeit.“37 Das Leben der Christen ist nach 1Petr „nicht mehr das durch die natürliche Geburt bedingte Dasein zum Tode, sondern durch Gottes Wort von neuem geboren“38 (vgl. bes. 1,23.25). Reinhard Feldmeier betont, dass ihnen durch dieses unvergängliche Wort „eine über diese vergehende Welt hinausgehende Zukunft“39 eignet; sie sind „zu lebendiger Hoffnung wiedergeboren“ (V 3).40 Da-
Feldmeier, Wiedergeburt 77. Zu einer ‚Geburt‘ aus Gott vgl. auch Philo opif. 84; sobr. 56; spec. II, 30f; III, 189; Epiktet, Diss IV 10,16. 34 Nach Alkier, Antagonismen 10, bildet die „Hoffnung“ den „Dreh- und Angelpunkt der theologischen Argumentation des Briefes“. Das Substantiv ἐλπίς findet Verwendung in 1,3; 1,21; 3,15, das Verb ἐλπίζειν in 1,13; 3,5. Vgl. auch Dschulnigg, Aspekte 320; Feldmeier, Außenseiter 177f; Wagner, Dissidenten 269.274 u.a. 35 Vgl. Webb, Intertexture 85: „This phrase echoes early Christian proclamation of the gospel which stressed God’s action of raising Jesus from the dead. The author here is not dependent on any particular text but rather on formulations of early Christian oral tradition.“ Dabei zeigt 1Petr eine erstaunliche Reihe an Varianten der Ostersprache; vgl. neben 1,3 ἀνάστασις; 1,21 ἐγείρειν; 2,4 λίθος ζῶν; 3,18 ζῳοποιεῖν; 3,21 ἀνάστασις; vgl. hierzu auch Wagner/Vouga 30. 36 Vgl. auch Christensen, Participants 350: „the reference to δι’ ἀναστάσεως Ἰησοῦ Χριστοῦ (1:3) presents the instrumental role of Christ’s resurrection“; Horn, Beitrag 417: „Primäres Ziel dieser Wiedergeburt ist die Vermittlung von lebendiger Hoffnung.“ Horn äußert sich in seinem Beitrag sehr kritisch gegenüber tauftheologischen Auswertungen der Wiedergeburtsvorstellung (ebd., bes. 417.419). Repräsentativ für einen starken Bezug auf die Taufe Popp, Kunst 141–144. 37 Feldmeier, Wiedergeburt 83. Zur Auswirkung der neuen Geburt vgl. auch Fagbemi, Elect 120. 38 Feldmeier, Außenseiter 171. 39 Feldmeier, Außenseiter 171. Vgl. auch Kaiser, Rede 305: „Jenes Leben, das die Adressierten schon jetzt durch die erneute Zeugung/Geburt durch Gott haben, ist Leben, das in begründeter Hoffnung auf seine Entfaltung und Fülle lebt.“ 40 Das Prädikat „lebendig“ kehrt im weiteren Text auch an anderen Stellen wieder, es kennzeichnet in 1,23 den Logos, in 2,4 Christus als den „lebendigen Stein“, in 2,5 die Adressaten als „lebendige Steine“. Vgl. auch Feldmeier, Seelenheil 300; Müller, Hüften 159f. Zur „lebendigen Hoffnung“ vgl. auch Popp, Kunst 141–144; Wagner/Vouga 30: „Diese Hoffnung ist lebendig/ζῶντος [sic], das heisst wirksam“. 33
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mit kommt ihnen die Aufgabe zu, Zeugen der Hoffnung41 in der Welt42 zu werden. Ein wie auch immer gearteter Rückzug in den Binnenraum43 oder gar ein Ausstieg aus der Gesellschaft44 ist damit verstellt.45 Hoffnung ist zunächst eine ambivalente Größe (spes saepe fallit).46 „Auch die Antike betont immer wieder neben der tröstenden Qualität der Hoffnung deren trügerisch vertröstenden Charakter.“47 Hoffnung gründet im 1Petr auf Gottes Handeln in der Auferweckung Jesu Christi, wodurch auch auf die Leiden des Christus der Glanz der göttlichen Herrlichkeit fällt (vgl. 1,11; 4,13f; 5,1.4.10). Von der Hoffnung gilt es, – so der vielzitierte Vers 1Petr 3,15 – Zeugnis zu geben, vor allem im Gespräch mit den Anfragenden. Das Leben der Glaubenden birgt nach dem 1Petr Herausforderungen und Chancen in sich. „Anpassung und Rigorismus“ sind dabei „die verführerischen Versuchungen, den leichten Weg zu gehen; Profilierung und Offenheit sind die weitreichenden Perspektiven, das Verhältnis zur heidnischen Umwelt positiv zu entwickeln.“48 Dass Christen als Minderheit angegriffen wer Zur Bedeutung der Hoffnung für den religiös orientierten Menschen der Antike vgl. u.a. Plutarch, De superstitione 169C: ἀρετῆς γὰρ ἐλπὶς ὁ θεός ἐστιν. „Hoffnung“ hat in der Zeit der Entstehung des 1Petr auch eine politische Dimension; vgl. zu den Wurzeln in augusteischer Zeit Clark, Spes, bes. 96: „It is apparent that the public cult of Spes received some attention from the emperor and his family during Augustus’ reign“ und 100: „Augustus, then, provided new hope in concrete terms: he represented the expectation of political benefits, the hope of peace, salvation and liberty“; vgl. für die Folgezeit Standhartinger, Hoffnung 20: „Hoffnung wird zu einer der imperialen Hauptideen, mit denen alle anderen Segnungen der jeweiligen Herrschaft verbunden werden“ (mit entsprechenden numismatischen Zeugnissen [ebd. 19f ] aus den Regierungszeiten des Claudius, Vespasian und Domitian). 42 Vgl. auch die „hoffenden Frauen“ in 1Petr 3,5; vgl. dazu u.a. Müller, Anweisungen 44–46. 43 Vgl. Poplutz, Fremdheit 226: Der 1Petr rate „den Gläubigen, auf die negativen Erfahrungen nicht mit der Abschottung von der Welt und dem Rückzug in den Binnenraum der Gemeinden zu reagieren“. 44 Vgl. auch Balz/Schrage 76; vgl. auch Ostmeyer 104: „Einsatz für eine Welt, wie sie sein soll“. 45 Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Diognetbrief, bes. 5 – 6: „Denn die Chris ten unterscheiden sich nicht durch Land, Sprache oder Sitten von den übrigen Menschen. Denn nirgendwo bewohnen sie eigene Städte, noch bedienen sie sich irgendeiner abweichenden Sprache, noch führen sie ein auffallendes Leben … Sie bewohnen das eigene Vaterland, aber wie Beisassen. Sie nehmen an allem teil wie Bürger, und alles ertragen sie wie Fremde. Jede Fremde ist ihr Vaterland und jedes Vaterland eine Fremde … Auch die Christen wohnen als Beisassen in vergänglichen Behausungen, während sie die Unvergänglichkeit im Himmel erwarten.“ 46 Plutarch beschreibt in seiner Alexander-Biographie (74) die Dramatik, die mit dem Verlorengehen der Hoffnung verbunden sein kann: καὶ δύσελπις ἦν πρὸς τὸ θεῖον ἤδη. 47 Feldmeier, Außenseiter 177. Feldmeier verweist auf Sophokles, Antigone 615ff: „Denn die schweifende Hoffnung wird vielen Menschen Quelle des Segens, verführt aber viel andre zu Leichtsinnswünschen, kommt über Ahnungslose, bis an der Glut man sich den Fuß verbrannt hat.“ Zur Hochschätzung der ἐλπίς in der Antike vgl. Theognis I, 1135. Vgl. auch den Exkurs bei Feldmeier 44–46. 48 Söding, Diaspora 222; vgl. auch ebd. 232. 41
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den und sich rechtfertigen müssen, stellt eine Herausforderung dar, „auf die Grundfragen des Lebens … zu antworten“49. Verkündigung erfolgt dabei – wie der weitere Briefinhalt zeigen wird – im Wort und in der Tat50, im authentischen Wandel „in den Fußspuren Christi“ (2,21). Als besonders überzeugend auf diesem Weg gelten dem 1Petr „gute Werke“ (2,12; vgl. auch 2,15)51, denen eine missionarische Dimension eignet, da Christen darin die von Gott ausgehende wunderbare „Erhellung ihres Daseins“52 (vgl. bes. 2,9) bezeugen53 können. Mit der von Gott bereiteten Hoffnung verbunden ist ein Erbteil54 4 (κληρονομία), der in den Himmeln (ἐν οὐρανοῖς)55 für die Angesprochenen aufbewahrt (τετηρημένην Pf. Part. Pass.) ist.56 Die „eigentliche“ – oder sagen wir besser „bleibende“ – Heimat der angesprochenen Erwählten ist im Himmel zu suchen, wo das Erbe von Gott bereitet ist und bereitgehalten wird.57 Die Besonderheit bzw. Einzigartigkeit dieses Erbteils58 wird Söding, Diaspora 224. Vgl. Achtemeier 234: „Cultural isolation is not the route taken by the Christian community. It is to live its life openly in the midst of the unbelieving world, and just as openly to be prepared to explain the reasons for it“. 50 Vgl. ausführlich vor allem Prostmeier, Handlungsmodelle; de Waal Dryden, Theology. 51 Vgl. Sandnes, Conventions; Mikat, Konflikt 46; Williams, Persecution 269–275; ders., Works u.a. 52 Goppelt 153. 53 So rechnet das Schreiben offensichtlich auch damit, dass nichtchristliche Ehemänner durch das Lebens- und Glaubenszeugnis ihrer Ehefrauen gewonnen werden können (3,1–2); vgl. ausführlicher dazu Müller, Anweisungen. Zur „missionary duty“ vgl. auch Fagbemi, Elect 44. 54 Vgl. zur Zusage eines Erbes durch Gott auch Jes 57,13: „… Doch wer mir vertraut, wird das Land zum Erbe bekommen und meinen heiligen Berg besitzen“; vgl. auch 54,17; 60,21; 65,9; Ps 37,9; Weish 5,5. Vgl. für das NT auch Mt 5,5; 19,29; 25,34; Mk 10,17; Lk 10,25 („ewiges Leben erben“); Apg 20,32; 26,18; Kol 3,24; Eph 1,14.18; 5,5; Tit 3,7; Hebr 1,14; 9,15; Jak 2,5; Offb 21,7. 55 Vgl. Elliott 336. 56 Vgl. vor allem den Beitrag von Wolff, Erbe. Wolff führt eine Fülle von Beispielen aus der frühjüdischen Literatur (bes. 341) an und konstatiert (345): „Das Erbemotiv ist in 1,4b.5b mit dem Gedanken von der Aufbewahrung im Himmel verbunden. Die Vorstellung vom himmlischen Verwahrtsein der Güter der Heilszeit ist im frühen Judentum, vor allem in apokalyptischen Schriften, geläufig“; vgl. auch ders., Auferstehung 261; Webb, Intertexture 87. Zum „Erben“ vgl. auch die Bsp. bei Wolter, Röm I, 498f. 57 Zur im Frühjudentum häufig anzutreffenden Vorstellung von den aufbewahrten Heilsgütern seien als Bsp. benannt: 1Hen 11,1; 40,9; 4Esr 7,14; 7,77; 2Bar 14,12; 52,7; PsSal 14,10; TestJak 18,6–7. Vgl. zu dieser Thematik auch Nauck, Freude; Goppelt 97 Anm. 26. Vgl. darüber hinaus Böttrich, Gold 534: „In der frühjüdischen Literatur hat sich die Metapher vom Schatz im Himmel vor allem als Topos der Ethik etabliert“ (mit den ebd. Anm. 89 benannten Bsp.). 58 Zum Motiv des Erbens in 1Petr vgl. auch 3,7; 3,9. Das markante Gegenüber von „vergänglichem“ und „unvergänglichem“ Erbe kennt auch JosAs; vgl. 12,15: „All die Gaben meines Vaters Pentrephes, die er mir zum Erbe gegeben hat, sind zeitliche und vergänglich. Die Gaben deines Erbes aber, Herr, sind unvergänglich (ἄφθαρτά εἰσι) und ewig“. 49
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durch Adjektive59 unterstrichen, die diesen qualifizieren: ἄφθαρτος steht für „unvergänglich“ (auch „unverderblich“)60, ἀμίαντος61 für „unbefleckt; rein“ und ἀμάραντος62 für „unverwelklich; unvergänglich“. Zu beachten ist in dieser Zusammenstellung der gleichlautende Anlaut, das verbindende α-privativum,63 das in diesem Fall Abgrenzungen zu Verkommen, Befleckung und Verwelken, also zu den verschiedenen Spielarten der Vergänglichkeit, markiert.64 Schon an dieser Stelle wird deutlich, dass Stilfragen (Stilfiguren u.a.) bei der Auslegung des 1Petr im Blick zu behalten sind, verraten sie doch etwas über den gestalterischen Willen und die literarischen Fähigkeiten des Autors, der „die Gewißheit einer unbedingt überbietenden Zukunft, die Gott bereithält und zugänglich gemacht hat“65, wecken und stärken will.
Vgl. hierzu auch Goppelt 96 Anm. 25: „Die drei Adj. werden auch in der Sapientia Salomonis verwendet, um Gottes Geben von Diesseitigem abzuheben“; Feldmeier 48–51; Klein, Bewährung 431. 60 Vgl. zur Verwendung von ἄφθαρτος auch Weish 12,1; 18,4; JosAs 12,15 (zu ἀφθαρσία vgl. auch Weish 2,23; 6,18f; 4Makk 9,22; 17,12; Philo; JosAs 15,5; 16,16); im NT: Röm 1,23; 1Kor 9,25 („unvergänglicher Kranz“); 1Petr 1,23; 3,4. In Plutarchs Numa-Biographie (9,5) wird das Adjektiv auf die reine und unvergängliche Substanz des Feuers bezogen, das von den Vestalinnen gehütet wird; vgl. bei Plutarch auch De Is 78 mit dem Gebrauch von ἀμίαντος als Kennzeichnung der Seinsweise des Osiris, die fernab der Erde keine Befleckung zulässt. 61 Vgl. zur Verwendung auch Weish 4,2 („Wettkampf um unbefleckte Preise“); 8,20; 2Makk 14,36; 15,34. 62 Vgl. zur Verwendung auch Weish 6,12 (von der Weisheit ausgesagt); vgl. auch Kaiser, Rede 307 Anm. 64, die darauf aufmerksam macht, dass das Adjektiv „im Griechischen insgesamt selten“ vorkommt und für das Verständnis auf eine Fabel Aesops verweist: „Der Amarant bewundert und beneidet die Rose für ihren Duft und ihre Schönheit. Die Rose verweist daraufhin auf ihr kurzes Leben, im Vergleich zu dem die nie endende Blüte und bleibende Frische des Amarants viel erstrebenswerter erscheint“. 63 Zur Beliebtheit solcher Reihungen mit α-privativum vgl. z.B. Maximos von Tyros, or 5,3: Das Göttliche sei ἄστρεπτον … ἄτενές… ἀπαραίτητον („unbeugsam … unnachgiebig … nicht durch Bitten zu erweichen“); 5,6: ebenfalls als Dreierfigur in einer längeren Reihe zur Charakterisierung der τύχη. Vgl. zu den Dreierfiguren und zum Einsatz des Homöoteleuton in 1Petr Schmidt, Mahnung 292. 64 Vgl. auch Feldmeier, Seelenheil 301: „Alle drei Prädikate zusammen bestimmen in einer Art negativer Theologie das Göttliche durch seine Unabhängigkeit von dem, was als Wesen dieser Welt gesehen wird, nämlich der in Zerstörung, Beschmutzung und Alterung sich zeigende Sog der Vergänglichkeit“; Williams, Doctrine 157. 65 Brox 62. 59
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Neben dem göttlichen Erbarmen (V 3) spricht die Eulogie von der göttli- 5 chen δύναμις.66 Diese äußert sich nach V 567 im Bewachen bzw. Behüten.68 Die eschatologischen Vorstellungen des 1Petr sind von einer deutlichen Spannung geprägt. Auch wenn die Angesprochenen als „Bewachte“ und damit als „Beschützte“69 gelten können und die Rettung schon bereitsteht70, so leben sie doch in einer Erwartung der letzten Zeit, eines „letzten Kairos“ (ἐν καιρῷ ἐσχάτῳ),71 in dem offenbar werden wird, woran sie jetzt im Glauben an die Rettung und in ihrer Hoffnung festhalten. Sie können davon ausgehen, dass „Gott seine Hand über die (irdisch bedrängten, vgl. V. 6!) Erben“ hält.72 Hinsichtlich der Rettung (σωτηρία) steht also ein entscheidender Kairos noch aus, der betont als „letzter“ Kairos hervorgehoben wird. Dann wird „aufgedeckt“ bzw. „enthüllt“ (ἀποκαλυφθῆναι), woran die Angesprochenen jetzt im Glauben festhalten. Die „Jetzt“-Zeit (ἄρτι) der Angesprochenen ist von mancherlei Betrüb- 6–7 nis/Trübsal geprägt (λυπέω steht für „betrüben; in Trauer versetzen“; in 2,19: λύπη).73 Das hängt vor allem mit den vielfältigen (ποικίλος bedeutet zunächst „sehr bunt“, dann auch „vielfältig“) πειρασμοί zusammen. Eine deutsche Übersetzung ist in diesem Fall – wie auch an anderen Stellen des
Zum Syntagma δύναμις θεοῦ εἰς σωτηρίαν vgl. auch Röm 1,16; dazu ausführlich Hauck, DYNAMIS. Nach Hauck (327 Anm. 495) kann auch für die Genitivkonstruktion in 1Petr 1,5 gelten: „am treffendsten als Genitivus auctoris fassen: es handelt sich um eine von Gott kommende δύναμις zur Sicherung der (Lebens-)Erhaltung (εἰς σωτηρίαν) der angesprochenen (situationsbedingt schutzbedürftigen) ὑμεῖς-Gruppe“. 67 Hauck, DYNAMIS 326, die sich ausführlich mit dem Syntagma δύναμις εἰς σωτηρίαν beschäftigt hat, übersetzt V 5 in folgender Weise: „die ihr (momentan) im Zustand des Glaubens Schutz gewährt bekommt durch eine Kraft Gottes zur Rettung/Erhaltung, die bereit steht, am Ende der Zeit in Erscheinung zu treten“. 68 Das verwendete Part. Pass. φρουρουμένους ist hergeleitet von φρουρέω („bewachen; bewahren; beschützen“; vgl. die Verwendungen in 2Kor 11,32; Gal 3,23; Phil 4,7). Vgl. dazu Vahrenhorst 76: „Wie das Wort bewachen im Deutschen, so hat auch das griechische phroureō zwei Nuancen: Etwas kann bewacht werden, um es zu schützen (vgl. 1Esdr 4,56), es kann aber auch bewacht werden, damit es nicht entkommt“. Auf die Präsens-Form weist bes. Hauck, DYNAMIS 329, hin; sie erkennt (344) „im Hintergrund des in 1Petr 1,5 gebrauchten Wortclusters“ den Gedanken „an das Bewahrtwerden bzw. Abgesichertwerden der Angesprochenen durch eine von Gott gewährte ‚Wehr-, Befestigungs- bzw. Verteidigungsanlage‘ (φρούριον = ‚Festung, Wehr, Verschanzung‘)“ (vgl. auch 357). 69 Vgl. zur ‚Bewahrung‘ der Glaubenden auch 1Thess 5,23; Joh 17,15; Jud 1. 70 Vgl. bes. Dautzenberg, Σωτηρία 271. 71 Vgl. auch Williams, Doctrine 160. 72 Hauck, DYNAMIS 329. 73 Zur Leidensterminologie in 1Petr: 1,6: λυπέω; 2,19: λύπη; 2,19.20.21.23; 3,14; 3,17.18; 4,1.15.19; 5,10: πάσχω 3,8: συμπαθής; 1,11; 4,13; 5,1.9: πάθημα. Zu nennen sind auch die verbal geprägten Ausdrucksformen, die häufig im Kontext erlittener verbaler Gewalt begegnen: 2,12; 3,16: καταλαλέω; 3,9: λοιδορία; 3,16: ἐπηρεάζω 4,4: βλασφημέω; 4,14: ὀνειδίζω. 66
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NT, an denen πειρασμός begegnet74 – nicht ganz leicht: „Prüfung“ ist im Deutschen etwas anderes als „Versuchung“ und noch einmal etwas anderes als „Anfechtung“, für das sich obige Übersetzung an dieser Stelle entschieden hat.75 Die bereits hier zur Sprache kommenden Anfechtungen76 werden wiederholt als Thema in weiteren Abschnitten des 1Petr aufgegriffen (3,14; 4,12–16); sie bilden eine permanente Herausforderung, wie vor allem 4,12 zu verstehen gibt: „Geliebte, lasst euch nicht befremden durch den Brand bei euch, der zu eurer Prüfung geschehen ist, als ob euch etwas Befremdliches zustöße“. Auffällig ist, dass diese Anfechtungen in V 6 mit εἰ δέον [ἐστίν]77 in Verbindung gebracht werden, was bei sukzessiver Lektüre des 1Petr an die in V 2 erwähnte πρόγνωσις erinnert und die Annahme nahelegt, die gegenwärtig erfahrenen Anfechtungen als Zu-mutungen Gottes zu interpretieren. Dennoch haben die Angesprochenen auch in der Gegenwart78 Grund79 zum Jubel (neben 1Petr 1,6.8 auch 4,13).80 Das Verb ἀγαλλιᾶσθαι oder das entsprechende Substantiv ἀγαλλίασις81 werden im NT häufiger ein Vgl. die oft erfahrenen Schwierigkeiten bei der deutschen Wiedergabe des Vaterunsers: Mt 6,13 // Lk 11,4: καὶ μὴ εἰσενέγκῃς ἡμᾶς εἰς πειρασμόν. Zu πειρασμός vgl. auch Feldmeier 54f (Exkurs). Nach Lk 22,28 haben Christus wie auch seine Jünger πειρασμοί zu bestehen. 75 Feldmeier (54) konstatiert eine Nähe zur weisheitlichen Tradition und zum Jak (1,2f.12) und spricht von „Chance zur Bewährung des Glaubens“. Auf das „Nebeneinander von πειράζειν und δοκιμάζειν schon Weish 3,5f.“ hat bereits Brox (65 Anm. 220) aufmerksam gemacht. 76 Vgl. auch Millauer, Leiden 140–143. 77 Zuweilen wird dieser Ausdruck mit der eschatologischen Vorstellung von „messianischen Wehen“ in Verbindung gebracht; vgl. z.B. Webb, Intertexture 89f, oder auch Dubis, Woes. 78 Bereits Pseudo-Oecumenius plädierte in seiner Kommentierung für eine zukünftige Bedeutung von ἀγαλλιᾶσθε, die beispielsweise auch von Martin, Present Indicative, angenommen wird. Zeller, Nominal 273, hat dem für 1 Petr 1,6 widersprochen: „Aber das Präsens ist hier nicht das Äquivalent eines Futur, … sondern wird durch den näherliegenden Vers 1,8 als glaubende Vorwegnahme dieses Jubels in der Gegenwart gedeutet.“ 79 In der Frage, ob ἀγαλλιᾶσθε indikativisch oder imperativisch wiederzugeben sei, entscheiden sich die meisten Ausleger für die indikativische Lösung; vgl. dazu Martin, Present Indicative 307f. 80 Vgl. auch Nauck, Freude 76: „…. daß hier eine gemeinsame spätjüdisch-urchristliche Tradition über die Freude angesichts des Leidens vorliegt“. Nauck gibt auch (ebd. 75) den wichtigen Hinweis auf 2Bar 52,6: „Freut euch in dem Leiden, das ihr jetzt leidet!“ Zum Thema „Freude im Leiden“ (bzw. Wandel von Leiden in Freude) vgl. auch Jer 31,13; 4Esr 7,96. Zu diesem „spannungsvollen“ Themenbereich vgl. zudem die Ausführungen bei Ruppert, Gerechte 176–178, bes. 177: „genau besehen handelt es sich nicht um die Freude im Leiden, sondern trotz des Leidens“ (mit kritischen Anmerkungen gegenüber Verallgemeinerungen bei Nauck); Manns, Souffrances, und Estrada, gioia. 81 Vgl. in der LXX: Ps 95,11ff; 96,1; 96,8; 125,2; 125,5f: „Die in Tränen säen, sie werden ernten in Jubel (ἐν ἀγαλλιάσει). Weinend gehen sie dahin, sie gehen und streuen den Samen. Doch kommen sie wieder mit Jubel (ἐν ἀγαλλιάσει), sie kommen und bringen ihre Garben ein“; vgl. auch Jes 12,6; 25,9. 74
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gesetzt, um die eschatologische Freude zur Sprache zu bringen.82 Eine besonders eindrucksvolle Verwendung dieser Art ist in Lk 1,44 zu beobachten, wenn Elisabet, die Mutter Johannes des Täufers, das Springen ihres Kindes im Mutterleib interpretiert; sie spricht von einem „Springen in Jubel“ (σκιρτᾶν ἐν ἀγαλλιάσει). Zum Verständnis der Wendung „in Jubel“ bieten sich Stellen wie Ps 113,4.6 LXX (Berge springen wie Widder, Hügel wie junge Lämmer); Jer 50,11 (27,11 LXX „wie Kälber“); Mal 3,20 oder Lk 6,23 („Freut euch an jenem Tag und hüpft, denn siehe, euer Lohn im Himmel wird groß sein“)83 zum Vergleich an, wo auch von entsprechenden Freudensprüngen die Rede ist. Für 1Petr 1,6 als Bestandteil der Eingangseulogie ist vor allem auf die Verwendung des entsprechenden Verbs im Rahmen des lobpreisenden Magnifikat zu verweisen, wenn es in Lk 1,47 heißt: „und mein Geist jubelt/jubelte (ἠγαλλίασεν) über Gott, meinen Retter“.84 In beiden Fällen wird der Jubel verbal zum Ausdruck gebracht, ein Jubel, der ganz auf Gott ausgerichtet ist, der in den Worten des Magnifikat als σωτήρ erfahren wird. Um die von Gott bereitete bzw. bereitgehaltene σωτηρία geht es auch der Eulogie des 1Petr, wie die VV 5 und 9 zu verstehen geben (vgl. auch V 10). Eine besondere Chance in den Situationen der Versuchung oder Anfechtung85 erkennt der Autor des 1Petr darin, dass die Echtheit des Glaubens in seiner Kostbarkeit neu ins Licht kommt. Dazu benutzt er den Ausdruck δοκίμιον86 „Prüfstein“/„Echtheit“/„Prüfungsmittel“ (vgl. auch Jak 1,3).87 Diese Wirklichkeit des Glaubens übertrifft88 innerweltliche Kost Vgl. auch Hill, Sacrifice 51: „This kind of joy, the joy of the time of salvation, ought to be the possession of the Christian community“. 83 Zur Nähe solcher Stellen vgl. auch Nauck, Freude (mit Hinweis auf Passagen in 2Bar). 84 Wie im Fall des Magnifikat ist auch für die Eulogie des 1Petr ein Blick auf die Traditionsgeschichte einzelner Versabschnitte bzw. Motive aufschlussreich; vgl. für das Magnificat z.B. 1Sam 2,1: „Hanna betete. Sie sagte: Mein Herz ist voll Freude über den Herrn, große Kraft gibt mir der Herr. Weit öffnet sich mein Mund gegen meine Feinde; denn ich freue mich über deine Hilfe“, vor allem aber Hab 3,18 LXX: ἐγὼ δὲ ἐν τῷ κυρίῳ ἀγαλλιάσομαι, χαρήσομαι ἐπὶ τῷ θεῷ τῷ σωτῆρί μου. 85 Vgl. Vahrenhorst, Antagonismen 18: „hin- und hergerissen zwischen eschatologischer Freude und situativer Trauer und Begierde … Sie bleiben gefährdet und zwar nicht nur von außen, sondern von ihrem eigenen Selbst“. Das Gegenüber von Trauer und Freude ist auch ein klassisches Thema der antiken Konsolationsliteratur; vgl. Holloway, Consolation 3f; ebd. Anm. 14: „To speak of joy in the context of grief is to speak of consolation“. Holloway hat sich in seiner Studie „Coping with Prejudice“ auch zur Trostfunktion des 1Petr geäußert. 86 In der LXX vgl. Ps 11,7; Spr 27,21; Sach 11,13; vgl. auch Philo somn. I,226. 87 Heckel (85) übersetzt mit „Werteinschätzung“; vgl. ebd. 88: „Die hier mit ‚Wertschätzung‘ übersetzte seltene Vokabel benennt meist das Prüfungsmittel, den Prüfstein, vgl. Jak 1,3, hier aber wohl das Geprüfte“. Vgl. auch die Verwendung von δοκιμάζειν, z.B. in 1Kor 3,13, oder von δόκιμος, z.B. in 1Kor 11,19 (vgl. auch ἀδόκιμος in 1Kor 9,27); 2Kor 10,18; 13,7; Röm 14,18; 16,10; 2Tim 2,15; Jak 1,12. 88 Zum Schluss a minore ad maius vgl. Feldmeier 55. 82
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barkeiten wie z.B. das Gold (χρυσίον)89, das nach der Einschätzung und Bewertung des 1Petr vergänglich90 bleibt, um ein Vielfaches an Wert, wie der Komparativ von πολύτιμος betont.91 Allerdings wird der Glaube wie das Gold92 der Prüfung93 unterzogen.94 Und noch etwas bleibt zu bedenken: sein Wert bzw. seine Bedeutung und Kostbarkeit werden erst bei der Offenbarung Jesu Christi enthüllt, wenn den Glaubenden Lob (ἔπαινος), Ehre (δόξα) und Verehrung (τιμή) zuteilwerden.95 Die entscheidende Enthüllung (ἀποκάλυψις) steht also noch aus, was Leser und Leserinnen allerdings von V 5 her schon wissen; dann wird es freilich auch zur endgültigen Offenbarung Jesu Christi kommen.
89 Zur Hochschätzung des Goldes im öffentlichen Bereich, vor allem aufgrund seiner Beständigkeit, vgl. u.a. Lahusen, Gold; Böttrich, Gold, bes. 528f. 90 Zur Relativierung von Gold vgl. auch Ijob 22,24f; Ps 119,72; Apg 3,6; 20,33; Jak 5,3. Aufschlussreich ist freilich auch Xenophon, Memorabilia 1,3,2: „Er (Sokrates) war jedoch der Ansicht, dass die, welche Gold oder Silber oder Tyrannis oder etwas Ähnliches erflehen (von den Göttern), nichts anderes wünschen, als wenn sie bitten, ein Würfelspiel oder eine Schlacht oder etwas Ähnliches aufnehmen zu dürfen, dessen Ausgang offensichtlich ungewiss ist“; Ovid, met. XI, 85–145; Seneca, epist. 94,57–59; 95,73; 104,34; Maximos von Tyros, or. 5,1. 91 Zum Vergleich mit Gold (bzw. Silber oder Perlen) vgl. auch Ijob 22,24; 28,15–19; Spr 3,14f; 8,10f.19; 16,16; Weish 7,9; Sir 40,5. 92 Vgl. auch Müller, Pflanzung 83–84.92–94 (mit Blick auf 1Kor 3,12–13). 93 Zur Prüfung von Menschen entsprechend der Prüfung von Gold in Feuer vgl. auch Plat., rep. III 413d-e; VI 503a; Weish 3,6; Spr 17,3; 27,21; Sir 2,5; PsSal 17,43; 1Kor 3,13; Offb 3,18; Hirt des Hermas, vis. 4,3,4 (24,4): „Wie Gold im Feuer erprobt wird, so werden die, die in der Welt leben, geprüft“; Polykarpmartyrium 15. Die Feuerprobe von Gold wird von Plinius in nat. XXXIII, 59 (Text auch in Wettstein II/2, 1348f ) beschrieben. Sie wird in antiker Literatur häufiger auf Menschen bezogen. So bemerkt Seneca merkversartig in Prov 5,5,10: „Feuer prüft Gold, Unglück tapfere Männer“ (ignis aurum probat, miseria fortes viros). Zur Prüfung von Gold in Feuer vgl. auch PseudoIsokrates, or. 1,25; Ovid, trist. I 5,25; Cic., fam. IX 16,2; zur Feuerprobe vgl. auch Pol. XXI 20,5–7; Cic., off. II 38; p. red. in sen. 23. 94 Zur Reinigung und Prüfung von Gold und Silber vgl. auch Mal 3,2f; Sach 13,9; Ijob 23,10; Ps 66,10. Zur Verwendung von δοκιμάζειν bemerkt Hübner, Weish 51 (für die Auslegung von Weish 3,6): „‚Prüfen‘ … ist terminus technicus für die Läuterung edler Metalle und als Bild der Prüfung und Läuterung des Charakters gebräuchlich“ (mit Verweis auf ψ 65,10). 95 Evtl. setzte sich der Autor auch mit Adressaten auseinander, die die Erwartung von „Ehre“ allzu sehr mit ihrem materiellen Reichtum in Verbindung brachten; vgl. Gupta, House 69: „It may have been the case that Peter’s readers, in an attempt to regain status within society, turned to wealth as a means of demonstrating importance and honor“. Schon Paulus hatte darauf insistiert, δόξα nicht bei den Menschen, sondern bei Gott zu suchen (vgl. 1Thess 2,6.12); zur eschatologischen Perspektive hinsichtlich des Empfangs von ἔπαινος vgl. auch 1Kor 4,5.
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Die in V 7 verwendeten Substantive96 Lob (ἔπαινος)97, Ehre (δόξα)98 und Verehrung (τιμή) lassen sich in zahlreichen antiken Beispielen aus dem Bereich öffentlicher Ehrungen99 beobachten, insbesondere im kleinasiatischen Raum100. Schon Aristoteles konstatierte in seiner Rhetorik: τιμὴ δ’ ἐστὶ μὲν σημεῖον εὐεργετικῆς δόξης (1361 a 28). Der 1Petr ordnet diese Begrifflichkeit einem neuen Zusammenhang zu und gibt zu verstehen, von wem her die Angesprochenen ihre „Auszeichnungen“ erwarten dürfen. Die Beziehung der angesprochenen Glaubenden zu Jesus Christus wird 8–9 mit ἀγαπᾶν zur Sprache gebracht: „Ihr liebt ihn“. Das Aorist-Partizip ἰδόντες gibt mit seiner Verneinung101 zu verstehen102, dass es sich bei den Angesprochenen nicht um Augenzeugen des Weges Jesu handelt. Auf dieses „Sehen“ kommt es auch offensichtlich gar nicht an, wenn das nachfolgende Präs. Part. (ἄρτι μὴ ὁρῶντες) – wiederum verneint – die aktuelle Situation der Glaubenden kennzeichnet.103 Auf Jesus Christus ist das Vertrauen der Glaubenden ausgerichtet. Darin wird ihnen schon jetzt Anteil an der eschatologischen Freude zuteil, die bereits in V 6 in den Blick genommen wurde (vgl. auch 4,13).104 Zwei Attribute unterstreichen Vgl. zur Reihe auch Schmidt, Dienen 393: „Auffällige rhetorische Triaden finden sich v.a. in der ersten Hälfte des Textes allerdings mehrfach“. 97 Zur Verwendung von ἔπαινος vgl. auch 1Petr 2,14; im NT außerdem: Röm 2,29 (auch in diesem Fall von Gott her erwartet; ähnlich in 1Kor 4,5); Röm 13,3; 2Kor 8,18; Phil 1,11; 4,8; Eph 1,6.12; vgl. auch Jos. vita 158.166. 98 Der Begriff wird im 1Petr relativ häufig eingesetzt: neben 1,7 vgl. 1,11.21.24; 4,13.14; 5,1.4.10; vgl. auch die Verwendung von δοξάζειν. 99 Vgl. u.a. den Sammelband von Kotsidu, ΤΙΜΗ, die eine umfangreiche Sammlung literarischer (Polybios, Plutarch u.a.) und inschriftlicher Belege vorgelegt und ausgewertet hat. Vgl. auch die Verwendung von τιμή bei Jos. vita 273.429. Zum Einsatz der Begriffe in öffentlichen Ehrungen vgl. u.a. Meyer-Zwiffelhoffer, Bürger 384: „Die Ehrungen (timaí) waren … der symbolische Dank (eucharistía oder cháris) der Polis für die mit materiellen Gaben bezeugte ‚Liebe‘ und eine Belobigung (épainos), die zugleich als Ansporn für andere Notabeln dienen sollte, sich gleichfalls als Wohltäter zu erweisen“; Kotsidu, ΤΙΜΗ 599: „Für jede Ehrung war eine erbrachte oder erwartete Leistung die Vorbedingung, deren Wert von den Umständen der Zeit und des Ortes abhing.“ 100 Vgl. u.a. Kotsidu, ΤΙΜΗ 289–414. 101 Vgl. auch Polykarpbrief 1,3. 102 Vgl. auch die alternative Lesart ειδοτες (z.B. in A P Ψ etc.). 103 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Joh 20,29. Zur Auslegung dieser Stelle bemerkt Zumstein, Joh 774: „Dieser Makarismus hat die argumentative Aufgabe, den Zyklus der Ostererscheinungen abzuschließen, und er dient dazu, die für die nachös terliche Situation gültige Regel festzulegen: Glauben, ohne zu sehen.“ Zu einem Vergleich mit der Theologie des Joh-Ev laden im Übrigen auch andere Stellen ein, wie etwa die Vorstellung vom „Kinder-Gottes-Werden“ (1,12), das „neu/von oben Geboren/Gezeugt-Werden“ (3,3) u.a.; vgl. in diesem Kontext die Arbeit von Kaiser, Rede. Zum „Nicht-Sehen“ der Glaubenden vgl. auch 2Kor 5,7; Hebr 11,27. 104 Zur Verbindung von Freude und Jubel vgl. auch Mt 5,12: χαίρετε καὶ ἀγαλλιᾶσθε; vgl. hierzu Fiedler, Mt 117: „Die Aufforderung, sich über die erlittenen Schmähungen und Verleumdungen zu freuen und deswegen zu ‚jubeln‘, klingt hart … Nachvollziehbar ist das nur aus einem unerschütterlichen Vertrauen darauf, dass Gott das Geschick 96
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die Unüberbietbarkeit einer solchen Freude. Sie ist „unaussprechlich“ (ἀνεκλάλητος) und „von Herrlichkeit erfüllt/verklärt“ (Pf. Part. Pass. von δοξάζω). Das kann durchaus so ausgelegt werden, dass die Herrlichkeit, auf die die Glaubenden vertrauensvoll zugehen, schon in der Gegenwart erfahren werden kann,105 wenn sich die Angesprochenen liebend und glaubend an ihrem Kyrios festmachen. Darin erlangen106 die Glaubenden die Vollendung ihres Glaubens – das Heil (ihrer) Seelen107. Es erfolgt also ein Zuspruch eschatologischer σωτηρία108 schon in der Gegenwart. Der Begriff ψυχή ist hier als Ganzheitsbegriff109 zu verstehen, entsprechend atl-jüd. Anthropologie; er steht für das ‚Selbst‘ (vgl. auch 1,22)110, „die Mitte der gegenwärtigen Existenz“111. Das deutsche Wort „Seelenheil“ für σωτηρία ψυχῆς lässt (oder ließ) das zuweilen zu stark in den Hintergrund treten. Damit sind Anklänge an anthropologische Differenzierungen der antiken Philosophie nicht ausgeschlossen.112 Möglicherweise wirkt die Verwendung von ψυχή bei Philo von Alexandrien113 erhellend, wenn dieser in MigrAbr 2 formulieren kann: „Gott, der die Seele (ψυχή) des Menschen reinigen will, gibt ihr als erstes die Gelegenheit zum Heil (σωτηρία) durch die Umsiedlung aus drei Orten: dem Leib, der sinnlichen Wahrnehmung und dem vorgetragenen Wort“. Ob allerdings einem „philosophisch geprägten Leser … das singularische Syntagma σωτηρία ψυχῆς geläufig“114 war, bleibt anzufragen. Für die Auslegung des 1Petr gilt seiner Getreuen wenden wird – wie er es bei Jesus Christus und davor schon bei seinen verfolgten Boten, den Propheten getan hatte“. Vgl. zur Verbindung von Freude und Jubel, die bereits in der Gegenwart einsetzen (können), auch Offb 19,7. 105 Zu beachten ist dabei auch das Partizip κομιζόμενοι. 106 Das Verb κομίζω bedeutet zunächst „herbeibringen“; in der medialen Form steht es für „davontragen“ bzw. „erlangen“. 107 Zum Verständnis von „Seele“ in und seit der Antike vgl. u.a. Dihle, ThWNT 9, 604–657; Dautzenberg, Seele; Bremmer, Concept; ders., Karriere. Vgl. für den 1Petr auch von Bendemann, Seele. 108 Zum weiten Bedeutungsspektrums des Begriffs vgl. vor allem Williams, Doctrine 157–160. 109 Vgl. auch Mt 6,25: μὴ μεριμνᾶτε τῇ ψυχῇ ὑμῶν τί φάγητε; Lk 12,19f. Vgl. außerdem ψυχαί für „Menschen“ in Apg 7,14; 27,37. Wagner/Vouga (101) konstatieren für 1Petr: „ψυχή meint im umfassenden Sinn das ‚Leben‘ (vgl. 1,9.22; 3,20; 4,19)“. 110 Vgl. Dautzenberg, Σωτηρία; Feldmeier 58–60; ders., Seelenheil. Feldmeier setzt sich kritisch mit Dautzenbergs Beitrag auseinander und will von einem breiteren Assoziationshorizont der im griechischen Kultur- und Sprachbereich beheimateten Adressaten ausgehen; komprimiert lässt sich seine These so beschreiben (Seelenheil 294): „Ψυχή scheint also im 1Petr durchaus das anthropologische Korrelat von Gottes Weltzugewandtheit zu bezeichnen, die ‚Seele‘, und zwar sowohl passiv als Empfängerin des errettenden Heilshandelns (1,9; 2,25; 4,19) als auch aktiv als das zu reinigende (1,22), Gott zu unterstellende (4,19) und im Kampf gegen die ‚fleischlichen Begierden‘ zu bewahrende Selbst (2,11).“ 111 Dautzenberg, Σωτηρία 273; vgl. auch 275. 112 Die Schüler des Sokrates behaupten, es sei nach Sokrates die wichtigste Aufgabe des Menschen, „für seine ψυχή zu sorgen“; vgl. apol. 29d; Xen., mem. 1.2.4. 113 Zur Seelenvorstellung und -lehre bei Philo vgl. auch die bei Wypadlo, Seele 277f, zusammengestellten Stellen. 114 Wypadlo, Seele 278.
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es festzuhalten: Der Glaubende geht auch nach dem 1Petr auf eine Vollendung seiner115 ganzen Person zu116, eine Vollendung, die ihm in Christus verbürgt ist. Die Adressaten des 1Petr werden eingeladen, das Ziel ihrer persönlichen Lebens- und Glaubensgeschichte in den Blick zu nehmen und dieser Vollendung entgegenzugehen. Das neue Leben der Glaubenden hat nach V 7 vor allem eine eschatologische Orientierung.117 „The Christians are expected to act according to moral standards highly valued in the society, but they are motivated to do so by reference primarily to eschatological hon or.“118 Von daher kommt schon zu Beginn des Schreibens dem Stichwort „Hoffnung“ entscheidende Bedeutung zu. „Wegen dieser Grundorientierung des Glaubens auf die eschatologische Vollendung wird die Hoffnung (ἐλπίς) zu einem Wesenszug des Christseins, ja dieses kann als Hoffnung zusammenfassend verstanden werden (vgl. 1,3.21; besonders 3,15).“119 Die Hoffnung wird den zum Glauben Gekommenen als neu Geborenen zuteil. „Den Erwählten wird durch die göttliche Neuzeugung die Teilhabe an der unzerstörbaren göttlichen Lebensfülle gewährt“120. Als rettend erweist sich auch im 1Petr der Glaube121, von dem in den VV 5–9 gesprochen wird, der sich nach 1Petr 1,21 mit der Hoffnung und nach 1,22 mit der Liebe (vgl. auch 1,8) verbindet. Im Rückblick auf die Eulogie des 1Petr ergibt sich damit ein interessantes Zusammenspiel von Begrifflichkeiten, die in der Tradition als die „Tugenden des Glaubenden“ gekennzeichnet werden, eine Trias, die in paulinischer Theologie (1Thess 1,3; 1Kor 13,13)122 begründet ist. Aber auch der 1Petr spricht schon im Rahmen der Eingangseulogie von Hoffnung (V 3), Glaube (VV 5.7.8.9) und Liebe (V 8).
Die Rede vom „Heil der Seelen“ hat dabei (auch für die Vollendung) die Individualität der Glaubenden im Blick; vgl. auch 3Joh 1–2. 116 Zur Spannung von Gegenwart und Zukunft in diesem Zusammenhang vgl. auch Wypadlo, Seele. 117 Vgl. auch van Unnik, Teaching 91: „A strong eschatological note runs through the whole letter“; Sandnes, Conventions 392: „The eschatological horizon is fundamental to the paraenesis.“ 118 Sandnes, Conventions 394. 119 Dschulnigg, Aspekte 320. Vgl. auch Feldmeier, Außenseiter 177f. 120 Feldmeier, Seelenheil 302. 121 Zur Verbindung von Glaube und Rettung vgl. auch Lk 7,50; Apg 15,11; Röm 1,16; 10,10; 1Kor 1,21; Eph 2,1–10; 2Tim 3,15. 122 Vgl. u.a. Söding, Trias. 115
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Wirkungs Das bereits von Paulus stark gemachte Thema christlicher Hoffnung (Röm geschichte 5,1–5; 8,20.24; 15,13; 1Thess 4,13; 1Kor 13,13)123 kann für die Theologie des 1Petr als kennzeichnend und zentral bezeichnet werden. Zahlreiche Aufnahmen der Eingangseulogie lassen sich im theologischen Arbeiten124 wie auch in der Feier der Glaubens, beispielsweise im Stundengebet der Kirche, konstatieren. Die Lehrtradition der katholischen Kirche hat besonders gern und häufig zu diesem Text und der darin vernehmbar werdenden Ermutigung zur Hoffnung gegriffen, wie die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“125 und in jüngerer Zeit die Lehrschreiben der Päpste Benedikt XVI. (Spe salvi [2007])126 und Franziskus (Lumen fidei [2013])127 belegen können.128 Ausgestattet mit großen, hoffnungsvollen Perspektiven bleiben die Glaubenden freilich unterwegs und damit „Pilger“. Hierfür kann Augustinus ein besonderes Gespür vermitteln, der wiederholt die Vorstellung eines „inneren Auges“ aufgreift und in „De doctrina christiana“ (II,22) bei der Darstellung des Jünger-Aufstiegs die sechste Stufe, die Stufe der Erkenntnis, so beschreibt: „Hier nun reinigt er eben das Auge, mit welchem Gott gesehen werden kann, insoweit er von denen geschaut werden kann, 123 Vgl. zur Gottesgabe der Hoffnung auch Jer 17,7: „Gesegnet der Mensch, der auf den Herrn vertraut und dessen Hoffnung der Herr ist“; Jer 29,11: „Denn ich, ich kenne die Gedanken, die ich für euch denke – Spruch des Herrn –, Gedanken des Heils und nicht des Unheils; denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben“; Jes 25,9; 4Makk 17,4. 124 Vgl. z.B. Heckel, Heil (Auslegung von 1,3–9 auf die exegetische Arbeit anlässlich des 80. Geburtstags von Martin Hengel). 125 Vgl. bereits den Anfang „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi“. 126 Vgl. z.B. Nr. 2, wo vom Glauben die Rede ist, der durch die „Beschenkung mit einer verlässlichen Hoffnung“ das Bewusstsein prägen kann, oder Nr. 7: „… Dass es diese Zukunft gibt, ändert die Gegenwart; die Gegenwart wird vom Zukünftigen berührt, und so überschreitet sich Kommendes in Jetziges und Jetziges in Kommendes hinein.“ 127 Vgl. z.B. Nr. 57: „… Der Glaube ist nicht ein Licht, das all unsere Finsternis vertreibt, sondern eine Leuchte, die unsere Schritte in der Nacht leitet, und dies genügt für den Weg. Dem Leidenden gibt Gott nicht einen Gedanken, der alles erklärt, sondern er bietet ihm seine Antwort an in Form einer begleitenden Gegenwart … Das Leiden erinnert uns daran, dass der Dienst des Glaubens am Gemeinwohl immer ein Dienst der Hoffnung ist, die vorwärts blickt. Denn sie weiß, dass unsere Gesellschaft allein von Gott her, von der Zukunft, die vom auferstandenen Jesus kommt, eine feste und dauerhafte Basis finden kann.“ 128 Vgl. auch die Reflexionen zur Hoffnung in Kasper, Barmherzigkeit 14f: „Denn angesichts des Teufelskreises des Bösen kann es Hoffnung auf einen Neuanfang nur geben, wenn wir auf einen gnädigen, barmherzigen und zugleich allmächtigen Gott hoffen können, der allein einen neuen Anfang setzen kann und uns Mut zu einer Hoffnung gegen alle Hoffnung und Kraft zu einem Neuanfang schenken kann“; vgl. ebd. 132: „Die Hoffnung auf das Kommen des noch ausstehenden Heils ist kein leeres Sehnen und keine bloße Vertröstung. Sie gibt schon hier und heute Licht und Kraft. Wir sitzen auf dieser Welt nicht gleichsam im Warteraum der Ewigkeit und warten nur, bis die Tür zum Leben aufgeht. Die Hoffnung ist eine aktive und aktivierende Kraft.“ Vgl. in diesem Kontext auch die Arbeiten von Greshake, bes. Leben.
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die für diese Welt nach besten Kräften sterben. Denn sie sehen insoweit, wie sie für diese Welt sterben; insoweit sie aber im Diesseits leben, sehen sie nicht … Denn wir sind in diesem Leben Pilger, auch wenn wir bereits Vertrautheit mit dem Himmel haben“129. Dieser Wirklichkeit hat Gerhard Tersteegen mit seiner Lieddichtung eines Abendlieds130 eindrucksvoll Ausdruck gegeben; darin heißt es zum Abschluss: „Ein Tag, der sagt dem andern, mein Leben sei ein Wandern zur großen Ewigkeit. O Ewigkeit, so schöne, mein Herz an dich gewöhne, mein Heim ist nicht in dieser Zeit.“ Die Dichterin Hilde Domin, deren Gedichte häufig von Leiderfahrungen, Exil und dem mutigen „trotzdem“ Zeugnis geben, überschrieb ihren letzten Gedichtband (1999) mit „Der Baum blüht trotzdem“131. Sie ist der Überzeugung: „Federn lassen und dennoch schweben, das ist das Geheimnis des Lebens“ und gibt dem in ihren Gedichten Ausdruck, so z.B. in „Ziehende Landschaften“: „Man muss weggehen können und doch sein wie ein Baum. Als bliebe die Wurzel im Boden, als zöge die Landschaft und wir stünden fest. Man muss den Atem anhalten bis der Wind nachlässt und die fremde Luft um uns zu kreisen beginnt. Bis das Spiel von Licht und Schatten, von grün und blau die alten Muster zeigt und wir zu Hause sind wo es auch sei und nieder sitzen können und uns anlehnen als seis an das Grab unserer Mutter.“
129 Dt. Übersetzung nach der Ausgabe von K. Pollmann. Vgl. auch De civitate Dei 10,7. 130 Das Lied „Nun sich der Tag geendet“ wurde im Jahr 1745 gedichtet. Zitiert ist die 5. Str. (EKG 481,5). 131 Sie konstatiert in dem darin enthaltenen gleichnamigen Gedicht (10): „Immer haben die Bäume auch zur Hinrichtung geblüht“.
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3 Die Einzigartigkeit des Heils und der Dienst der Propheten (1,10–12) Literatur: Achtemeier, Servant; Egan, Ecclesiology; Herzer, Prophetie; Sargent, Written 19–49; Schutter, Hermeneutic 100–109; Tábet, Scrittura; Warden, Prophets; Webb, Intertexture 84–98; Williams, Prophets.
10 Nach diesem Heil suchten und forschten Propheten, die über die Gnade, die für euch, prophezeiten, 11 erforschend, auf welche oder wie beschaffene Zeit hinwies der Geist Christi, in ihnen im Voraus bezeugend die für Christus (bestimmten) Leiden und die darauf folgenden Herrlichkeiten. 12 Diesen wurde offenbart, dass sie damit nicht sich selbst, sondern euch dienten, (mit dem,) was euch nun verkündigt worden ist durch die, die euch gefrohbotschaftet haben im heiligen Geist, dem gesandten vom Himmel, in das (die) Engel begehren hineinzuschauen. Auch wenn mit Abschnitt 3 hier eine eigene Überschrift gesetzt wird, darf nicht übersehen werden, dass das in 1Petr 1,3 begonnene Satzgefüge bis einschließlich V 12 reicht.1 Allerdings kann eine neue Themenangabe2 beobachtet werden, die die Einzigartigkeit der an die Adressaten ergangenen Evangeliumsverkündigung hervorhebt und mit den vorausgegangenen Propheten in Verbindung bringt. So legt auch die Drucklegung von NA28 nahe, dass die VV 10–12 zur Eulogie 1Petr 1,3–9 gehörig betrachtet werden müssen, zumal sie durch περὶ ἧς σωτηρίας eng mit dem Schluss von V 9 und durch den Gebrauch von σωτηρία als Stichwort mit V 5 verbunden sind.3 Andererseits wird in diesen Versen ein neues Thema in den Blick genommen, das sich von den für Eulogien kennzeichnenden Inhalten löst und als spezielles Subjekt die „Propheten“ einführt, die bisher nicht im Blick waren und deren Wirken der an die Adressaten (V 10: εἰς ὑμᾶς; V 12: ὑμῖν … ὑμῖν δὲ εὐαγγελισαμένων ὑμᾶς) ergangenen Evangeliumsverkündigung zugeordnet wird. So bemerkt auch Mark Dubis: Die „repetition of σωτηρία from the previous verse also serves as a linkword between the paragraph in verses 10–12 and the conclusion of the preceding paragraph in verses 6–9“4. In inhaltlicher Hinsicht kann diese kurze Passage – vor allem, was das Schriftverständnis angeht – als „hermeneutical key“5 gekennzeichnet werden.
Vgl. auch Brox 71: „Die Eulogie ab V 3 ist hier zu Ende gebracht“. Standaert, surprise 389f, spricht von einer propositio. 3 Zum Anschluss stiftenden Relativ-Pronomen vgl. Sargent, Written 21. 4 Dubis, 1Peter 17. 5 So Schutter, Hermeneutic 109; vgl. zur Auslegung des Abschnitts auch ebd. 100– 109. 1 2
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1. So sehr die grammatikalischen und literarischen6 Beobachtungen eine Analyse Anbindung der VV 10–12 an die vorausgehende Eulogie nahelegen, die Verbindung ist doch als eher „locker“7 einzustufen. Inhaltliche Aspekte, die sich auf das Stichwort σωτηρία (neben 1Petr 1,5.9.10 noch in 2,2) und die mit ihr verbundene „Verkündigung“ beziehen, stiften die entscheidende Beziehung. 2. In der Auslegung des Textes von V 11 wurde eine relativ breite Diskussion um das Verständnis von τίνα geführt. „Interpreters are divided as to whether to interpret τίνα as an interrogative adjective modifying καιρὸν … or as an interrogative pronoun“8. In der vorangestellten Übersetzung wird die erste Lösung präferiert. Ein zentraler theologischer Terminus des Eingangsteils des 1Petr ist der Erklärung Begriff σωτηρία, worauf bereits die Wortstatistik den Blick lenken kann 10 (1,5.9; 2,2; vgl. auch die Verben in 3,20.21). Das von Gott für die Glaubenden der Gegenwart und Zukunft bereitete Heil wird in Beziehung gesetzt zur Glaubensgeschichte Israels, in der Propheten immer wieder auf dieses Heil verwiesen hätten. Die Gruppe der „Propheten“9 wird nicht näher festgelegt oder abgegrenzt, so dass nicht ausschließlich an Schriftpropheten und deren Werke zu denken ist.10 Sie hätten intensiv11 nach diesem Heil gesucht und geforscht12; dabei seien sie in ihrem prophetischen Wirken bereits auf die „Gnade“ hin ausgerichtet gewesen, die nun den Adressaten in ihrer Gegenwart zuteil geworden ist. Wer auch immer zur Gruppe der in den Blick genommenen Propheten zu rechnen ist, es wird an dieser Stelle deutlich erkennbar, dass aus der Perspektive des Autors vorausgesetzt wird, dass ein Teil der Rezipienten mit der Glaubensgeschichte Israels und ihrem Niederschlag in den heili Vgl. auch Brox 68: „Literarisch gehört dieser Passus als Schlußteil der besprochenen Periode ab V 3 zum vorigen Abschnitt“. 7 Vgl. auch Hill, Sacrifice 61 Anm. 11: „Vs. 10–12 are rather loosely connected to what precedes and form a kind of scriptural explanation of the meaning of ‚revelation‘“. 8 Dubis, 1Peter 19; vgl. zur Diskussion auch Kilpatrick, 1Petr 1,11: „The interpretation which treats τίνα as the interrogative pronoun and ποῖον as the corresponding interrogative adjective seems to be in agreement with general New Testament practice“; Williams, Prophets 234–236. 9 Vgl. auch Lk 24,25: „… all dem zu glauben, was die Propheten gesagt haben“; dazu Maier, Jesustradition 88. Zur offenen Frage, welche Propheten im Blick sind, vgl. auch Sargent, Written 23. Nach Apg 2,30 kann auch David als Prophet verstanden werden; hinzuweisen ist auch auf den Schrift-Gebrauch in 1Petr (beispielsweise der Psalmen). 10 Selwyn (134.260.262); Warden, Prophets (2.9) u.a. plädieren dafür, an dieser Stelle ausschließlich christliche Propheten in den Blick zu nehmen. Doch wird mit einem solchen Verständnis der Aussage der Passage wahrscheinlich eine entscheidende Spitze genommen; vgl. auch Achtemeier, Servant; Tábet, Scrittura. 11 Die Doppelung der Verben („suchten und forschten“) unterstreicht die engagierte Suche der Propheten. Zur Assonanz (im Gr.) vgl. Elliott 345; Sargent, Written 22. 12 Das Verb ἐξεραυνάω (hier im Aor.) steht für „nachforschen, forschen“. Vgl. auch 1Makk 9,26; dazu Achtemeier, Servant 181; ders.; Christology 144. Vgl. in diesem Kontext auch Ri 6,29; 1QS 5,11. 6
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gen Schriften Israels vertraut ist. Dazu zählt zunächst die Geschichte der Propheten13, von denen hier in den V 10–12 gesprochen wird. Travis B. Williams erkennt im schriftinterpretatorischen Agieren des Abschnitts 1Petr 1,10–12 eine Vergleichbarkeit mit 1QpHab; „the type of work he produces is a text which attempts to decipher hidden mysteries in the ancient prophetic Scripture and which makes pronouncements about how these prophecies are being fulfilled in the life of the community“14 (vgl. bes. 1QpHab 7,1.8). Ein entscheidender Vergleichspunkt sei in der Voraussetzung auszumachen, dass „the notion that ancient prophetic predictions were meant not for the prophet’s own time but for the eschatological age in which the inspired exegete and his audience presently found themselves.“15 Die angesprochenen Christen stehen in der eschatologischen Erwartung des Heils „in einer Kontinuität zu derjenigen der alttestamentlichen Prophetie; damals wie heute liegt das Heil in der Zukunft.“16 Die besondere Perspektive des 1Petr besteht nun darin, dass die Propheten der christlichen Gemeinde „mit eben jenen Inhalten, die nun durch die Evangeliumsverkündigung vermittelt wurden“17, dienten, wie der nachfolgende V 12 zu verstehen gibt.18 Dabei fällt auf, dass die Christusbotschaft für den 1Petr „nicht Erfüllung von Weissagungen“ ist, „sondern Ausgangspunkt für das konsequente Verstehen der christlichen Existenz auf der Grundlage dessen, was Gott seit jeher durch sein im Geist vermitteltes Wort bewirkt (vgl. 1,23f )“19. Das verbindende theologische Leitwort lautet „Gnade“ im Sinne von Zuwendung Gottes, ein Terminus, der bereits mit dem Präskript gesetzt ist (1,2) und der nach Verbindungslinien zur paulinischen Theologie und Verkündigung fragen lässt. Das Gnaden- und Heilsgeschehen ‚in Christus Jesus‘20 ist für Paulus nicht nur ein vergangenes, „sondern beschenkt und ergreift jetzt und hier, und zwar eben so, daß es in den durch dieses Heilsgeschehen bestimmten Heils- und Herrschaftsbereich des Christus Zur Sehnsucht der Propheten im Gegenüber zu den Adressaten vgl. auch Mt 13,17: „… Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört“ // Lk 10,24. 14 Williams, Prophets 232f; vgl. auch Achtemeier, Christology 144. 15 Williams, Prophets 239. 16 Herzer, Prophetie 19. 17 Herzer, Prophetie 20. 18 Vgl. in diesem Kontext auch Apg 7,52 mit Blick auf die Propheten: „… Sie haben die getötet, die die Ankunft des Gerechten geweissagt haben“. 19 Herzer, Prophetie 22. Vgl. in diesem Kontext auch 2Petr 1,19: „Dadurch ist das Wort der Propheten für uns noch sicherer geworden und ihr tut gut daran, es zu beachten, wie ein Licht, das an einem finsteren Ort scheint, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in eurem Herzen“. 20 Vgl. allein für Röm eine längere Reihe von Stellen: 3,24; 6,11.23; 8,1.2.39; 15,17; 16,3. 13
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leibes eingliedert und konkret an der Gnade teilhaben läßt.“21 Der Begriff umfasst bei Paulus zwei wesentliche Aspekte; zum einen erfolgt die huldvolle Zuwendung Gottes zu den Menschen völlig unverdient und frei geschenkt, zum anderen handelt es sich um ein Gnadengeschenk. „Gegeben“ wird die Gnade durch die Annahme des Glaubens bzw. durch die Taufe. „Diese Gnade Gottes ist durch die Gnadentat Gottes in Christus epiphan und der Gemeinde zuteil geworden“22. Dieses Verständnis von χάρις dürfte in einer vergleichbaren Weise auch für den 1Petr anzunehmen sein, wobei allerdings der Autor um eine Verankerung des gegenwärtigen Gnadengeschehens im Wirken der vorausgehenden Propheten bemüht ist. Die prophetische Tätigkeit wird in der Weise näher qualifiziert, dass gesagt 11 wird, sie hätten erforscht23, „auf welche oder wie beschaffene Zeit“24 der Geist Christi hingewiesen habe.25 Angezielt wurde demnach ein καιρός, auf den man aus der Perspektive des Autors und der Adressaten zurückschauen kann: die Zeit des Christus. Das πνεῦμα habe die Propheten, in denen es zur Wirkung gekommen sei (τὸ ἐν αὐτοῖς πνεῦμα), in die Lage versetzt,26 schon vor diesem καιρός Zeugnis zu geben (προμαρτυρόμενον). Die Imperfekt-Form ἐδήλου27 gibt zu erkennen, dass der Verfasser offensichtlich von mehrfachen Hinweisen bzw. wiederholten Andeutungen ausgeht, die die Propheten aufspürten. „In den Schriftpropheten war bereits der Geist des präexistenten Christus (vgl. 1,20) die inspirierende Kraft (vgl. ähnlich Joh 12,40f.; IgnMagn 8,2; 9,2; Barn 5,6); er wies auf die Passion und die Auferstehung des Christus voraus. Dieses Verständnis der Propheten als Ankündiger Christi (so z.B. auch Röm 1,2; Act 3,18; 7,52) entspricht der frühjüdischen Auffassung, wonach die Propheten auf die Tage des Messias hin weissagten“28.
Schrage, 1Kor I, 114. Schrage, 1Kor I, 113. 23 Das Verb ἐραυνάω (vgl. ἐξεραυνάω in V 10) wird also noch einmal aufgegriffen. Dadurch wird deutlich, dass den beiden Verben in V 10, was die konkreten Fragenund Themenstellungen angeht, eine unmittelbar vergleichbare Bedeutung zuzuschreiben ist. 24 Vgl. hierzu Achtemeier 109; Sargent, Written 24.49. 25 Vgl. Williams, Prophets 240: „According to the author, the ‚Spirit of Christ‘ was at work in the ministry of the ancient prophets“. Auch in Röm 8,9 kann in unmittelbarer Folge vom Geist Gottes und vom Geist Christi die Rede sein. 26 Zur Prophetie im Geist vgl. auch Jos. bell. 6,267–270.310–315. 27 Vgl. hierzu Michaels 39; Sargen, Written 21.25. Das Spektrum der Übersetzungsmöglichkeiten von δηλόω umfasst „offenbar machen, kundtun; erklären, hinweisen“. 28 Wolff, Nachfolge 439. Vgl. auch Achtemeier, Servant 181: „The notion that the prophets desired to know the time of God’s salvation (1:11 …) is also familiar in apocalyptic speculation (e.g., Dan 12:6–13; 2 Esdr 4:33 – 5:13; 1QpHab) and is given voice in a saying of Jesus (Matt 13:17; Luke 10:24)“; vgl. auch ebd. 186f. Zur Redeweise vom präexistenten Christus vgl. auch Brox 70: „sein Sinn liegt in der Anzeige durchgängiger Kontinuität zwischen alter Prophetie und jetziger Christuspredigt“. 21 22
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In auffälliger Weise ist das vorausgehende Zeugnis der Propheten auf die „Leiden“ (παθήματα) und die „Herrlichkeiten“ (δόξας)29 konzentriert.30 Man kann dabei durchaus an „für den Christus bestimmte“ Leiden und Herrlichkeiten denken, wie das εἰς Χριστόν31 zu verstehen gibt, was unmittelbar an eine Stelle wie Lk 24,26 erinnert, wo der Gesprächspartner der Emmausjünger fragt: „Musste nicht dieses leiden der Christus und hineingehen in seine Herrlichkeit?“ (mit einer anschließenden Rückbindung an Mose und alle Propheten). Welche „Leiden“ 1Petr 1,11 genau in den Blick nimmt32, wird nicht weiter ausgeführt; der nachfolgende Text lässt primär an das Todesleiden am Kreuz denken. Auffällig ist auch die Pluralbildung von δόξα (vgl. auch 2Petr 2,10; Jud 8)33, die wahrscheinlich als eine Angleichung an den vorausgehenden Plural παθήματα zustande kommt. 12 Wie bereits angekündigt, wird also das durch das Pneuma gewirkte vorausschauende Zeugnis der Propheten in Beziehung gesetzt zur gegenwärtigen Verkündigung, ja die Propheten werden „in Dienst genommen“ für diese Verkündigung. Auch sie sind also in den Enthüllungsprozess einbezogen, dessen großes Finale (vgl. V 5) noch aussteht. Ihre Erkenntnisse und deren Versprachlichung werden als Dienst34 an den Gegenwärtigen35 interpretiert; dazu dient vor allem das Verb διακονέω, das im Imperfekt verwendet wird, wodurch die wiederholte Dienstfunktion der Propheten Betonung erfährt, bevor von den gegenwärtigen Verkündigern die Rede ist, die allerdings anonym bleiben. Der Verkündigungsvorgang erfolgt durch „Frohbotschaftende“, um dieses frühchristliche, vor allem von Paulus verwendete Grundwort etwas verfremdet wiederzugeben. Der Begriff ‚Evangelium‘ ist bei Paulus ein nomen actionis (vgl. 1Kor 9,14; 2Kor 8,18; Phil 4,15; Röm 15,19). Er verwendet von daher wiederholt das Verbum εὐαγγελίζεσθαι, das hier durch die u.U. (bisher) ungewohnte Übersetzung mit „frohbotschaften“ wiedergegeben wird (vgl. zur Verwendung des Verbs auch Gal 1,11.16; 2Kor 11,7). Es geht also einerseits um den Verkündigungsinhalt und den Ursprung der Verkündigung, andererseits aber auch um den Akt der Verkündigung (vgl. bes. Röm 1,1, aber auch Röm 10,14–17, wo Paulus auf Jes Vgl. auch Röm 8,17 zur Verbindung von Leiden und Herrlichkeit im Blick auf Christus und seine „Miterben“. 30 Vgl. Sargent, Written 27. 31 Vgl. auch Sargent, Written 27–29; dabei gibt er (27) den Hinweis: „the phrase εἰς Χριστὸν appears to parallel εἰς ὑμᾶς in v. 10“. 32 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Dubis, Woes 110–117. 33 An diesen Stellen freilich für himmlische Mächte bzw. Engelwesen; vgl. auch Frey, Jud 81f; ders., 2Petr 287. 34 Vgl. Sargent, Written 19: „The Prophets of the past are seen as the servants of the communities in the present“. 35 Durch die Formulierung „nicht sich selbst, sondern euch“ wird diese Fokussierung noch unterstrichen. 29
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52,7 zurückgreift). Das Verkündigen ist vom zentralen Verkündigungsinhalt her bestimmt (vgl. auch Röm 10,14–17): vom Evangelium Gottes. „The ultimate agent is God himself, who employs these evangelists as his heralds.“36 Verkündigungsinhalte der frohen Botschaft werden in 1Petr 1,12 nicht benannt. Zunächst wird auf den Verkündigungsvorgang selbst abgezielt. Dieser erfolgt „im heiligen Geist, dem gesandten vom Himmel“. Die Bedeutsamkeit und Großartigkeit dessen, was den Angesprochenen als Verkündigung37 zuteilgeworden ist, wird mit einem schönen Bild unterstrichen. Von den Engeln heißt es, sie hätten Verlangen danach (ἐπιθυμοῦσιν Präs.!), in solches, d.h. in solche Inhalte, Einblick zu nehmen.38 Das Verb παρακύπτω steht für „sich vorbeugen (um etwas genau zu sehen)“39. Anders gewendet: die frohe Botschaft, die den Angesprochenen zuteilgeworden ist und die darin zum Ausdruck kommenden Inhalte übertreffen selbst die ‚Einblicke‘ der Engel. Angesichts dieser Verkündigung40 und Heilszusagen werden sogar Engel neidisch.41 Die Zuordnung der Evangeliumsverkündigung zu vorausgehenden Stim- Wirkungs men der Propheten ist insbesondere in lukanischer Theologie ein entwi- geschichte ckeltes Thema. Das können vor allem Stellen wie Lk 1,70; Apg 3,21 oder Apg 4,25 aufzeigen. So gibt die Predigt des Petrus (Apg 3,21)42 – vergleichbar den Worten des Benediktus (Lk 1,70)43 – zu verstehen, dass Gott „durch den Mund seiner heiligen Propheten von Ewigkeit her ge Dubis, 1Petr 21. Vgl. auch Achtemeier, Servant 184f. 38 Zur Diskussion um die „Sehnsucht“ der Engel und die vielfältigen Lösungsvorschläge vgl. auch Achtemeier, Servant 184. 39 Vgl. Sir 21,23; Lk 24,12; Joh 20,5.11. Zum Gebrauch des Verbs παρακύπτω vgl. auch Popkes, Jak 143f (bei der Auslegung der Verwendung des Verbs in Jak 1,25); Webb, Intertexture 96. 40 Vgl. auch Schelkle 38: „Von allen Geschöpfen wird dieses Heil ersehnt. Die Alten haben es erwartet. Die Propheten haben von ihm geweissagt. Die Engel begehren, es zu sehen. Die jetzige Generation aber ist die gesegnete, der es im Heiligen Geist verkündet wird.“ 41 Zum Thema ‚Eifersucht der Engel‘ in der rabbinischen Theologie vgl. Schäfer, Rivalität 222f: „Naturgemäß sind hier vor allem die Texte zu nennen, in denen die Engel den Menschen als Konkurrenten um die Liebe Gottes betrachten. Da die Hinwendung Gottes zum Menschen insbesondere in der Gabe der Torah und der Herabkunft der Schekhinah ins Heiligtum zum Ausdruck kommt, sind es gerade diese beiden Ereignisse, die die Eifersucht und den Neid der Engel wecken“; zu Entwicklungen im Engelglauben Israels vgl. auch die Studie von Mach, Entwicklungsstadien. 42 Vgl. hierzu Jervell, Apg 168: „erstens hat es Gott gesagt, zweitens steht es in der Schrift, weil Gott durch seine Propheten redete, und drittens ist es ἀπ’ αἰῶνος. Das heisst nicht, dass die Propheten von Ewigkeit her sind, sondern Gottes Bestimmung oder Verfügung ist es, die in der Schrift detailliert zu finden ist“. 43 Vgl. Wolter, Lk 113: „eine Parenthese, die die Heilsinitiative Gottes in der Gegenwart als Erfüllung der prophetischen Heilsverheißungen deutet“; Lang, Abraham 505: „Die diversen Anspielungen aufs AT werden in 1,70 grundsätzlich und ausdrücklich interpretiert als Erfüllung von Gottes Verheißungen“ u.a. 36 37
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sprochen“ hat.44 Nach Apg 4,25 ist es der heilige Geist, der „durch den Mund unseres Vaters David“ gesprochen hat, im konkreten Fall die Worte von Ps 2,1f, die nach dem unmittelbar folgenden Text auf den Gesalbten, auf Gottes „heiligen Knecht Jesus“ zu beziehen seien.45 Die Vorstellung, dass der Geist des präexistenten Christus in den Propheten wirkte, wurde von der Zeit der Apostolischen Väter46 an häufiger thematisiert: IgnMagn 8,2; Barn 5,6; Justin, Apologie 1,31–33; 62,3–4; Dialog 56–57; Irenaeus, haer. 4,20,447: „… Deshalb haben die Propheten, die von demselben Wort das Charisma der Prophetie empfangen hatten, seine Ankunft im Fleisch angesagt, durch die die Vermischung und Vereinigung Gottes mit dem Menschen nach dem Gefallen des Vaters vor sich ging“.48 In der theologischen Reflexion über die Gerechten des Alten Testaments gewinnt für manche Autoren des ersten Jahrtausends V 11 besondere Bedeutung. Beda Venerabilis z.B. gibt einen entsprechenden Hinweis, um zu begründen, warum die Propheten zur Kirche gehören. „Daher liegt es auf der Hand, dass derselbe Geist Christi früher in den Propheten war wie später in den Aposteln, und deshalb predigen sie alle den Völkern denselben Glauben an das Leiden und die folgende Herrlichkeit, jene, dass es noch kommen werde, diese, dass es schon gekommen sei.“49 Der Abschnitt unterstreicht in eindrücklicher Weise, dass die heiligen Schriften Israels auch an die Adressaten des 1Petr gerichtet sind50 und mit der ihnen zuteilgewordenen Evangelium-Verkündigung in engstem Zusammenhang stehen. Das wird sich im Folgenden vor allem auch darin zeigen, wie der 1Petr Texte des AT aufnimmt, um sie für theologisches Argumentieren und für paränetische Weisungen zu nutzen.51
Vgl. in der selben Petrus-Predigt (!) auch Apg 3,18 („durch den Mund aller Propheten im Voraus verkündet“); 3,24 („alle Propheten von Samuel an und alle, die später auftraten“); der lk Petrus kann in Apg 2,25–31 mit Ps 16 auch über den Propheten David und seine Vorausschau sprechen. Vgl. im NT außerdem Lk 24,27; 2Petr 3,2: „Denkt an die Worte, die von den heiligen Propheten im Voraus gesprochen worden sind …“. 45 Vgl. u.a. Zmijewski, Apg 227: „Gott ist der, der durch den Hl. Geist gesprochen hat, dessen ‚Sprachrohr‘ … dabei der „Mund Davids“ (vgl. 1,16) gewesen ist“. 46 Vgl. auch Sargent, Written 25: „The notion of the Spirit of Christ inspiring the words of the Prophets is certainly unusual in the New Testament, though it has many parallels in other early Christian writings as well as in Jewish apocalyptic“. 47 Dt. Text nach Brox (FC 8/4). 48 Vgl. auch Achtemeier 106; ders., Servant 187 Anm. 70; Tábet, Scrittura 373 Anm. 2. 49 Beda, in 1Petr 1,12 (CCL 121, 229); dt. Übersetzung nach Merkt 92. 50 Vgl. auch Sargent, Written 33. 51 Vgl. dazu auch Müller, Schrift, passim. 44
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C Paränetische Weisungen im Dienst der Identitätsbildung (1,13–2,10)
Ein besonderes Kennzeichen des 1Petr kann darin erkannt werden, dass Textpassagen, in denen theologisches Argumentieren oder lobpreisendes Gebet im Vordergrund stehen, mit solchen Passagen wechseln, in denen paränetische Weisungen in den Dienst der Identitätsbildung der Adressaten gestellt werden.1 So wird in 1Petr 1,13–21 als Folgerung aus den grundlegenden theologischen Aussagen der vorausgehenden Eulogie das Thema „Heiligung des Lebens“ entfaltet, bevor im anschließenden Teil von den Anforderungen an die „Bruderschaft“ der Christusgläubigen gesprochen wird (1Petr 1,22–25). Haben die ersten Verse des zweiten Kapitels zunächst stärker die Einzelnen im Blick (1Petr 2,1–3), so entfaltet der Abschnitt 1Petr 2,4–10 die Vorstellung von einem Ensemble, das die Glaubenden miteinander bilden. Die Anrede mit „Geliebte“ in 1Petr 2,11 eröffnet dann die Passagen, die auf deren Verortung „in der Welt“ zu sprechen kommen (1Petr 2,11–12; 2,13–17); ab hier kommt es zunehmend auch zu konkreteren paränetischen Weisungen, so dass einzelne Gruppen direkt angesprochen werden können.
4 Leben als Heilige (1,13–21) Literatur: Müller, Hüften; ders., Auserwählte; ders., Gesinnungshüften; Prasad, Foundations; Seland, πάροικος, van Unnik, Critique.
13 Daher umgürtet die Hüften eures Verstandes, seid nüchtern, hofft völlig auf die euch zuteilwerdende Gnade bei der Offenbarung Jesu Christi! 14 Als Kinder des Gehorsams lasst euch nicht gestalten nach den früher(en) Begierden in eurer Unwissenheit, 15 sondern gemäß dem Heiligen, der euch berufen hat, werdet auch selbst Heilige in jeglichem Lebenswandel, 16 denn es steht geschrieben: Ihr sollt Heilige sein, weil ich heilig [bin]. 17 Und wenn ihr (den) Vater anruft, der ohne Ansehen der Person richtet gemäß dem Werk eines jeden, haltet euch 1 Brox (90) spricht von „Einforderung existentieller Konsequenzen aus dem Glauben an das geschehene Heil“; vgl. auch Martin, Metaphor 141.
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in (Gottes-)Furcht auf in der Zeit eures Aufenthalts in der Fremde, 18 wissend, dass ihr nicht mit Vergänglichem, Silber oder Gold, losgekauft wurdet aus eurer nichtigen, vom Vater ererbten Lebensführung, 19 sondern mit (dem) kostbaren Blut Christi als eines fehlerfreien und makellosen Lammes, 20 vorherbestimmt freilich vor Grundlegung der Welt, geoffenbart aber am Ende der Zeiten wegen euch, 21 die ihr durch ihn an Gott glaubt, der ihn erweckt hat aus Toten und ihm Herrlichkeit gegeben hat, sodass euer Glaube und (eure) Hoffnung auf Gott hin (ausgerichtet) sind. Mit 1Petr 1,13 setzt (erneut; vgl. VV 6–9) die Anrede der Adressaten mit/ in der 2. Pers. Pl. ein.2 Voraus geht die Eulogie in 1Petr 1,3–9, die lobpreisend von dem von Gott bereiteten Heil spricht, und der dazugehörige Anhang in den VV 10–12, der dieses Heil und die damit verbundene Evangeliumsverkündigung zum Wirken der Propheten in Beziehung setzt.3 Diese vorausgehenden Textpassagen bilden die Basis, Verhaltensweisen abzuleiten, die nun von den Adressaten eingefordert werden. Konsequenzen für die Lebenspraxis werden imperativisch benannt. Der Rückblick anhand eines einst/jetzt-Schemas dient der Verstärkung des Auftrags für die Gegenwart. Die Hauptaufgabe, die sich nach dem 1Petr beständig und bleibend stellt, kann mit dem Stichwort „Heiligung des Lebens“ überschrieben werden. Die entscheidende Begründung für die damit verbundenen paränetischen Weisungen erfolgt anhand eines Zitats aus Lev 19,1–2 LXX in den VV 15–16. Der eingeforderte Lebenswandel4 soll der erinnerten Heiligkeit Gottes entsprechen; voraus geht die Heiligung durch Gott, den Heiligen. Die Folgepassage zu 1Petr 1,13–21, die mit 1Petr 1,22 einsetzt, nimmt stärker das Verhalten der Schwestern und Brüder („Bruderschaft“) in den Blick und kann von daher unter einer eigenen Überschrift analysiert und ausgelegt werden.
Zuweilen wird für 1Petr 1,13 auch von der Eröffnung des Brief-Korpus gesprochen. 3 Rückbindend zur Eulogie lassen sich folgende Begriffe ausmachen: „Gnade“ (V 13; vgl. V 10, darüber hinaus auch V 2), „hoffen“ (V 13; vgl. V 3 „Hoffnung“), „Jesus Christus“ (VV 13.19; vgl. VV 3.7.11, darüber hinaus auch V 2), „Offenbarung Jesu Christi“ (V 13; vgl. V 7, darüber hinaus die Verwendung des Verbs „offenbaren“ in VV 5.12). Hinzu kommen weitere theologische Verbindungslinien: der Glaube an Gott (V 21; vgl. VV. 5.9), die Erweckung Jesu Christi aus Toten (V 21; vgl. V 3) sowie die Zuordnung von Glaube und Hoffnung (V 21; vgl. VV 3.5.9). Thematische Verbindungslinien bestehen rückbindend auch zum Präskript, wenn das Motiv der „Fremde“ (V 17; vgl. V 1) oder das göttliche „Vorauswissen“ (V 20; vgl. V 2) in den Blick genommen werden. 4 Vgl. Brox 73: „Ab V 13 sind also direkte Forderungen formuliert“. 2
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1. Das den V 13 einleitende διό markiert einen neuen Textabschnitt5 und Analyse führt auf eine grammatikalische Fragestellung zu, die bei der Übersetzung des griechischen Textes des 1Petr wiederholt6 zu klären ist: Wie sind in der Anrede mit der 2. Pers. Pl. die Partizipien aufzulösen?7 Grundsätzlich ergeben sich für das Aorist-Part. ἀναζωσάμενοι (von ἀναζώννυσθαι „schürzen; gürten“) zunächst zwei recht unterschiedliche Möglichkeiten: die Wiedergabe mit „als“ (im Fall von V 13 „als Gegürtete“) oder die Auflösung in der Gestalt eines vorausgehenden Imperativs8 (im Fall von V 13 „Daher umgürtet … seid nüchtern … hofft!“).9 2. Die Konjunktion διό am Beginn von V 13 „indicates that what has preceded in 1:1–12 serves as a motivational ground for the following exhortations.“10 Das damit verbundene ἐλπίσατε als ausdrücklicher Imperativ markiert den neuen Textabschnitt als „hortatory“11. 3. Durch den Überblick in ECM 4/1/1, 177 (ad 1,16 app. 8a-c) wird gut erkennbar, dass die Mehrheit der Handschriften in V 16 die Variante „werdet (γίνεσθε bzw. γένεσθε) heilig“ vorzieht. Insofern scheint schon die griechische Textgeschichte „ein Verständnis moralischer Heiligkeit als unaufhörlich anzustrebendes, aber nie dauerhaft erreichbares Ziel“12 zu präferieren. 4. Der Autor des 1Petr gebraucht zuweilen sehr ausladende Satzkonstruktionen; so bilden beispielsweise die VV 17–21 eine einzige „Satzperiode“13. 5. Eine schöne Alliteration hebt in V 19 die Kostbarkeit des Blutes (αἷμα) Christi hervor: ὡς ἀμνοῦ ἀμώμου καὶ ἀσπίλου.
Als „main sections“ unterscheidet Egan, Ecclesiology 43, wie viele andere: 1Petr 1,13 – 2,10; 2,11 – 4,11; 4,12 – 5,11. Vgl. auch Watson, Rhetoric 52, der für 1,13 – 2,10 von „body-opening“ des Briefes spricht. 6 Vgl. neben 1Petr 1,13 auch 1,14f; 1,17f; 2,1f; 2,18; 3,1.7; 3,8f; 3,15f; 4,7f; 4,10; 5,6f; 5,9. 7 Zur Diskussion um die Wiedergabe von Partizipien in Verbindung mit Imperativen vgl. vor allem Daube, Participle; Meecham, Use; Snyder, Participles; Williams, Reconsidering; vgl. auch Baumann-Martin, Women 277–279; Schlosser 93f; Dubis, 1Peter 25f. Daube suchte, in dieser Diskussion semitischen Einfluss stark zu machen; kritisch demgegenüber Snyder, Participles 188; Williams, Reconsidering. Wagner/ Vouga (42) sprechen im Blick auf 1Petr 1,13; 2,1 und ähnliche Fälle von „auffordernden Partizipien“. 8 Vgl. Williams, Reconsidering 74: „As we attempt to piece this information to gether, the denotative value becomes clear: the function is used to engage the volition of the recipients in order to direct them toward a particular action.“ 9 Zur imperativischen Wiedergabe der Partizipien in V 13 vgl. auch Forbes, 1Peter 37. Beispiele vergleichbarer Art sind auch in anderen ntl Texten auszumachen; vgl. z.B. Mt 10,7; 28,7; Mk 5,23; Lk 7,22; 17,14; 17,19. 10 Dubis, 1Peter 23; vgl. auch Schmidt, Dienen 394: „das konsekutive διό, (V. 13), das unmittelbar zu expliziten Mahnungen im engeren Sinne … führt“. 11 Dubis, 1Peter 24. 12 Merkt 106. 13 Brox 78. 5
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6. Mit dem Infinitiv εἶναι ist der Schluss von V 21 so konstruiert, „dass zwei Bedeutungen möglich sind: a) dass euer Glaube auch Hoffnung auf Gott sei; b) dass euer Glaube und (eure) Hoffnung auf Gott (gerichtet) seien … In beiden Fällen hat man jedenfalls Glaube und Hoffnung hier nicht im Sinne eines additiven Nebeneinanders verstanden, sondern die Hoffnung als nähere Bestimmung des Glaubens.“14 Erklärung Eine Besonderheit und Qualität des 1Petr besteht in dem Bemühen, theologisches Sprechen und entsprechende Lebensführung zu einer geglückten Einheit zu verbinden.15 Das kann in dem hier untersuchten Textabschnitt besonders deutlich herausgearbeitet werden. Der Beginn des Textabschnitts 1,13–21 konfrontiert mit einem Phä13 nomen, das der Philosoph Paul Ricœur verschiedentlich „semantische Impertinenz“16 genannt hat, womit der „Wettstreit zwischen semantischer Unangemessenheit und neuer metaphorischer Angemessenheit“17 angezeigt wird: „Umgürtet die Hüften eures Verstandes!“ (V 13). Metaphorische Prädikationen wie diese wollen und sollen Fragen auslösen, Suchprozesse initiieren und Bemühungen um eine angemessene Interpretation anstoßen. Biblische Texte nutzen besonders häufig den Reiz und die spezifischen Möglichkeiten von Bildersprache; das gilt auch für den 1Petr.18 Allerdings bringt der Verfasser dieses Schreibens häufig metaphorische Sprache mit Begriffen in Verbindung, die in keiner Weise als ‚Bildersprache‘ zu kennzeichnen sind.19 Das ist auch in 1Petr 1,13 der Fall, wenn es dort heißt: „Umgürtet die Hüften eurer διάνοια!“ Der 1Petr unternimmt mit dieser Forderung ein deutliches Plädoyer für den Verstandesgebrauch. Mancher wird sich an Seneca (epist. 94,69) erinnert sehen, wenn dieser schreibt: „Ein großer Teil der geistigen Gesundheit besteht darin, sich von den Befürwortern der Vernunftlosigkeit (hortatores insaniae) loszusagen und sich aus dieser Gesellschaft von gegenseitigem schlechten Einfluss weit zu entfernen.“ Doch was ist mit διάνοια im 1Petr gemeint?
Merkt 125. Vgl. de Waal Dryden, Theology; Williams, Works. 16 Ricœur, La métaphore vive 246; ders., Metapher 226 u.a.; vgl. auch Müller, Pflanzung 16 Anm.114, bes. aber 45 (Lit.). 17 Müller, Pflanzung 16. 18 Vgl. Müller, Hüften; ders., Gesinnungshüften; vgl. außerdem Martin, Metaphor; Achtemeier, Babes; van Rensburg, Metaphors u.a. 19 Vgl. die Ausführungen über erweiternde Metaphern bei Hoffmann/von Siebenthal, Grammatik 592; vgl. auch Müller, Hüften 145. 14 15
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Der anthropologische Begriff διάνοια ist in griechischen Texten der Antike, besonders in philosophischen, ausgesprochen beliebt20; im NT21 kommt er allerdings nur 12mal vor. Die Übersetzungs- und Bedeutungsmöglichkeiten von διάνοια fallen ausgesprochen vielfältig22 aus; sie reichen von „Denkvermögen; Verstand; Erkenntnisvermögen; Vernunft“ über „Gesinnung; Denkart; Sinn“23 bis zu „Absicht; Plan“. Die Vokabel „bringt von Hause aus eine intellektualistische Ausrichtung mit, im Sinn von Denken, Denkkraft, Reflexion“24. „Die Stoiker sehen in der διάνοια τὸ ἡγεμονικὸν μέρος (τῆς ψυχῆς …); sie ist der eigtl Gegenstand der Beschäftigung des Philosophen“25, was beispielsweise im Sprachgebrauch eines Epiktet (Diss. III,22,20) gut erkennbar wird. Der Begriff διάνοια scheint im NT allerdings nicht primär als philosophischer terminus technicus verwendet zu werden. Einen entscheidenden Beitrag zur inhaltlichen Füllung des Wortes dürfte der Sprachgebrauch der LXX geleistet haben, wo der Begriff wiederholt als Übersetzungswort für לֵבoder ֵלבָב begegnet und meist mit ‚Herz‘ wiedergegeben wird. Sehr viel häufiger wird in diesem Fall καρδία verwendet. Wenn sich Übersetzer für διάνοια entscheiden, scheint die ‚rationale Komponente‘ betont zu werden. So heißt es beispielsweise in Dan 9,22 LXX: „er [Gabriel] redete mit mir und sagte: Daniel, ich bin gesandt worden, um dir klare Einsicht (διάνοιαν) zu geben.“ Aufschlussreich ist die Kombination der Begriffe διανοίᾳ καρδίας in Bar 1,22, eine Wortverbindung, die auch im Magnifikat (Lk 1,51) verwendet wird. Auch die Bedeutungs- und Übersetzungsmöglichkeiten der LXX zeigen ein weites Spektrum26; es reicht von „Erkenntnisvermögen; Vgl. Lattke, EWNT I, 743. Ein entsprechendes Verb fehlt im NT; διανόημα – für das Resultat des Denkens – begegnet nur in Lk 11,17: Jesus kannte „ihr Denken“/„ihre Gedanken“ (vgl. Lk 3,16 D). 21 Vgl. Mt 22,37; Mk 12,30; Lk 10,27; Eph 2,3; 4,18; Kol 1,21; Hebr 8,10; 10,16; 2Petr 3,1; 1Joh 5,20: „Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes gekommen ist, und er hat uns Einsicht gegeben, damit wir den Wahrhaftigen erkennen. Und wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und ewiges Leben“ (Übersetzung nach Klauck, 1Joh 334; Klauck [1Joh 338] betont die Übersetzung mit „Einsicht“). 22 Vgl. Behm, ThWNT IV, 961: „eine Menge von Bdtgsmöglichkeiten … durchweg dieselben wie bei νοῦς“; Bauer, Wörterbuch 374f. 23 Vgl. u.a. Epiktet, Diss. II,2,13: ἐξ ὅλης τῆς διανοίας; Musonius, Diatribe 16: διάνοια; διανοεῖσθαι; Jos. vita 158. 24 Klauck, 1Joh 338; vgl. z.B. Plat., Phaidr. 249c: ἡ τοῦ φιλοσόφου διάνοια; rep. 7,527b: ἀπεργαστικὸν φιλοσόφου διανοίας; soph. 263e, oder Arist., metaph. V 1 p 1025b25; Diog. Laert. VII 55, aber auch JosAs 23,8. 25 Behm, ThWNT IV, 961; vgl. auch Opferkuch, Mensch 303: „Der oberste Teil der Seele, das Hegemonikon, kann in den Schriften stoischer Philosophen bisweilen auch διάνοια genannt werden“ (mit Zitat aus Stobaios, Eclogae II,65,1 (= SVF III, 75, Z.8– 9); vgl. auch Philo, Abr. 56. 26 Ähnliches lässt sich für Josephus, Philo oder TestXII beobachten. Im Sprachgebrauch des Josephus reicht das Spektrum von „Erkenntnis“ (z.B. in ant. 2,19) bis zu „Gesinnung“ (z.B. in vita 158). Auch Philo und die TestXII (vgl. auch den Aristeasbrief ) verwenden das Wort häufig, allerdings in unterschiedlicher Bedeutung von „Bewusstsein; Geist; Sinn“ über „Gedanke“ bis zu „Gesinnung“; vgl. vor allem 20
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klare Einsicht“ (Dan 9,22) über „Verstand“ (Spr 9,10; 13,15), „Sachverstand“ (Ex 36,1.8) bis zu „Trachten“ (Gen 8,21) und „Gesinnung“ (Lev 19,17; 1Chr 29,18; Jer 38[31],33; Bar 1,22).27 Sehr viel häufiger als der Gebrauch des Substantivs ist in der LXX, vor allem in Sir und Dan, die Verwendung des entsprechenden Verbs zu verzeichnen; so heißt es z.B. in Sir 17,6f: „Er bildete ihnen Mund und Zunge, Auge und Ohr, und ein Herz zum Denken (διανοεῖσθαι) gab er ihnen. Mit kluger Einsicht (ἐπιστήμην συνέσεως) erfüllte er sie und lehrte sie, Gutes und Böses zu erkennen.“ Ein Kristallisationspunkt der Verwendung von διάνοια im NT kann in der Formulierung des Hauptgebots in den syn Evangelien erkannt werden. „Die textliche Grundlage des synopt. Liebesgebots ist zwar auch ein LXX-Zitat (Dtn 6,4f ). Doch ist zu beachten, daß sich δ. zwar Mk 12,30 par. Mt 22,37 / Lk 10,27, jedoch urspr. nicht im Text der LXX findet. Der Aufruf zur Gottesliebe ergeht schon dort an den Menschen in seiner Ganzheit; und diese wird dreigliedrig entfaltet in die Aspekte καρδία … ψυχή … und δύναμις.“28 In allen syn Varianten vertritt διάνοια in besonderer Weise die rationale Komponente. „Die Erfüllung des Hauptgebotes, des Gebotes der Gottesliebe, Mk 12,30 par (Dt 6,5, vgl 4Bas 23,25) nimmt den ganzen Menschen in Anspruch, sein ganzes Herz (καρδία), seine ganze Seele (ψυχή), sein ganzes geistiges Leben (διάνοια), seine ganze Kraft (ἰσχύς).“29 Im Magnifikat (Lk 1,51) und in Eph 2,3 wird erkennbar, dass der Begriff im NT negativ gefärbt sein kann, sind doch in Lk 1,51 primär die Hochmütigen und im Eph der frühere (mittlerweile hoffentlich abgelegte) Lebenswandel im Blick. Das ist freilich im 1Petr anders. Hier steht der Begriff in den aufgezeigten langen Traditionen, die den Menschen als denkendes Wesen zu kennzeichnen versuchen. Wenn von daher im ThWNT für das NT konstatiert wird, dass hier nichts an die philosophische Begriffssprache erinnere30, so ist ein deutliches Fragezeichen zu setzen. Vielmehr kann 1Petr 1,13 als eine starke Motivation verstanden werden, sich am Diskurs um die Zuordnung von Glaube und Vernunft31 zu beteiligen, denn die „Sprache des Glaubens ist die Sprache der Vernunft; sie sucht ihre Rede zu begründen und sie dadurch nachvollziehbar zu machen, wodurch sie den anderen Menschen noch vor der auch Behm, ThWNT IV, 962: „Für Philo ist διάνοια das, was den Menschen vom Tier unterscheidet u ihm das Ebenbild Gottes übermittelt (Plant 40,42), … das Organ der Gotteserkenntnis Virt 57“. Opferkuch, der sich vor allem mit der Verwendung in TestXII beschäftigt, spricht wiederholt von „Personzentrum des Menschen“ (Mensch 48.50.304; vgl. auch 99.126 sowie 287–304); vgl. bes Mensch 301: „Die διάνοια ist mithin eindeutig der Ort im Inneren des Menschen, an dem Entscheidungen über das menschliche Handeln fallen.“ 27 Manchmal ist auch eine Verbindung mit σοφία gegeben; vgl. Spr 2,10. 28 Lattke, EWNT I, 744. Zum Liebesgebot vgl. auch Jos 22,5. 29 Behm, ThWNT IV, 963. 30 Behm, ThWNT IV, 963. 31 Vgl. u.a. Habermas, Bewusstsein; Seckler, Wahrheitsanspruch 65: „Die Bewährung vor den Wahrheitskriterien der Vernunft steht für die intellektuelle Universalisierbarkeit des christlichen Glaubens.“
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Frage anerkennt, ob dieser den eigenen Glauben teilt oder nicht.“32 Das berührt sich in einem erheblichen Maß mit Grundanliegen des 1Petr, wenn es etwa in 1Petr 3,15 heißt: „Seid immer bereit, zur Verteidigung/ Rede und Antwort zu stehen (πρὸς ἀπολογίαν) jedem, der von euch Rechenschaft fordert/erbittet bezüglich der Hoffnung in euch“ oder wenn in 1Petr 1,13 aufgefordert wird, die Hüften der διάνοια zu gürten/schürzen. V 13 entfaltet mit dem Part. ἀναζωσάμενοι ein vielleicht zunächst gewöhnungsbedürftiges Bild: „Daher umgürtet die Hüften eures Verstandes …!“ Als bildspendender Bereich können die Vorbereitungen für einen Lauf veranschlagt werden, evtl. für einen Wettlauf, oder auch Vorbereitungen für den Aufbruch33 oder einen Kampf34. Das Hochbinden des Gewands oder jedenfalls das Engerschnallen des Gürtels dienen der vorbereitenden Konzentration auf das, was kommen soll.35 Das wird nun ganz im Geistigen angesiedelt, wenn der 1Petr auf den Terminus διάνοια zugreift. Metaphorische Sprache wird im 1Petr wiederholt und gezielt eingesetzt.36 Achtemeier spricht sogar von „the author’s abundant use of metaphor and simile“37. Metaphorischem Sprachgebrauch kann dabei häufig eine „rationale Vorgriffsfunktion“38 zugeschrieben werden: „Die Metapher … ist ein semantisches Attraktionszentrum, das durch seine vorgreifende Evidenz die kreative Produktion von Sinn antreibt.“39 Das ist auch in 1Petr 1,13 der Fall, wenn gefordert wird, die „Hüften des Verstandes/der Gesinnung“ zu „gürten“. Zunächst gilt es festzuhalten, dass hier zu einer Tätigkeit der Adressaten aufgefordert wird und dass eine Entwicklung in den Blick genommen wird, da die Tätigkeit vorbereitenden Charakter hat.
Wenzel, Vorwort 8. Vgl. auch Kasper, Glaube 79: „… eine für das Ganze der Wirklichkeit offene Vernunft begegnet von der Sache her zwingend der Wirklichkeit des Glaubens. Umgekehrt kann der Glaube, der sich auf Gott und damit auf den Grund aller Wirklichkeit bezieht – wenn er nicht bloße Vertröstung oder Ideologie sein soll –, innerweltlich nicht folgenlos sein; er muss sich vielmehr dem Gespräch mit der Vernunft und mit der jeweiligen Kultur stellen.“ 33 Vgl. Popp, Fußspuren 63: „Einsatzwillen bzw. die Bereitschaft zum Aufbruch“; Wan, Contest 104. 34 Zur Kleidung eines römischen Soldaten und zur Bedeutung des Gürtels vgl. Speidel, Occasion; Hoss, Belt; Burandt, Legionär 16–21.49–53.77–82. 35 In die gleiche Richtung zielt das zweite Partizip νήφοντες. 36 Vgl. u.a. Martin, Metaphor; Achtemeier, Babes; van Rensburg, Metaphors; Müller, Hüften; Müller, Gesinnungshüften. 37 Achtemeier, Babes 222. 38 Müller, Metapher 198. 39 Debatin, Rationalität 342. 32
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Bei der Auslegung des Verses und der hier erhobenen Forderung empfiehlt sich ein Seitenblick auf andere atl40 und ntl41 Texte. Besonders aufschlussreich dürfte Eph 6,14 sein: „Seid also standhaft, eure Hüften umgürtet mit Wahrheit und bekleidet mit dem Panzer der Gerechtigkeit“, da dieser Vers wie die nachfolgenden (VV 14–17) von der Metaphorik der Waffenrüstung dominiert ist. „Es sind sechs metaphorische Aussagen in V 14–17, welche die Mittel für den Sieg im Kampf vorstellen, wobei an die typische Ausrüstung eines römischen Legionärs gedacht sein wird“42. Nach Eph 6,14 ist die „erste Voraussetzung, ‚stehen‘ zu bleiben [im Sinne von Standhalten; Ch. G. M.], … die Umgürtung der Hüften mit ‚Wahrheit‘.“43 So betont Gerhard Sellin: „Der Gürtel dient der Schürzung des Gewandes44, um Beinfreiheit im Kampf zu haben. Deutlicher als durch das Kompositum περιζωσάμενοι [so in Eph 6,14 oder JosAs 10,1445; 13,4; 18,6; Ch. G. M.] kommt das zum Ausdruck in ἀναζωσάμενοι in 1 Petr 1,13.“46 In „metapherntheoretischen Diskussionen ist immer wieder darauf hingewiesen worden, daß es sich beim metaphorischen Sprechen um ‚wirkungsvolles, bewegendes Reden‘ handelt … Indem metaphorische Prädikationen darauf zielen, Gefühle, Eindrücke oder Gedanken erleben zu lassen, sind sie in der Lage, Einstellungen zu bilden und Handeln zu leiten.“47 Von daher wird man V 1348 auch eine paränetische Valenz zu Sandnes, Conventions 379f, sieht einen bewussten Hinweis auf Ex 12,11 gegeben: „the author likens their situation with that of Israel when they got ready to leave Egypt“; Klein, Bewährung 412 Anm. 923. 423 Anm. 980. Vgl. auch Jer 1,17; Jes 11,5: „und er (der Messias des kommenden Reichs) wird mit Gerechtigkeit umgürtet sein an seinen Hüften und mit Wahrheit an seinen Seiten“. 41 Vgl. auch Polykarpbrief 2,1: „Darum gürtet eure Hüften und dient Gott in Furcht und Wahrheit …“; hierzu Wagner/Vouga 41: „die Aussage ist in der Kurzform … in 1 Pol 2,1 aufgenommen, kaum andersherum, gegen Gielen, Polykarpbrief, 423f.“. Vielleicht ist zum Verständnis der Vorstellung auch ein Blick auf die Kleidung Johannes des Täufers (Mk 1,6; Mt 3,4) dienlich. 42 Sellin, Eph 480; vgl. auch Neumann, Reflexion 44–46, der Verwendungen der Begrifflichkeit bei Polybios (6,23) und Josephus (bell. 3,93–95) anführt. 43 Sellin, Eph 480. 44 Zum Gürten vgl. auch Ijob 38,3: „Auf, gürte deine Lenden wie ein Mann: Ich will dich fragen, du belehre mich!“; 40,7; vgl. auch Lk 12,35: „Legt euren Gürtel nicht ab, und lasst eure Lampen brennen!“ Im Kontext der Auslegung des 1Petr ist die in Apg 12,8 an Petrus ergehende Aufforderung interessant: „Gürte dich und zieh deine Schuhe an! …“. Zur Bedeutung des Gürtels im militärischen Bereich vgl. vor allem Burandt, Legionär 16–21.77–82. 45 Hier bindet sich Aseneth einen Asche-Sack aus Leder um ihre Hüfte (περιεζώσατο περὶ τὴν ὀσφὺν αὐτῆς). Ein Auftrag zur Gürtung (mit einem neuen und zweifachen Gürtel) ist in JosAs 14,12 auszumachen: καὶ ζῶσαι τὴν ὀσφύν σου τὴν ζώνην σου τὴν καινήν. 46 Sellin, Eph 480 Anm. 57. 47 Müller, Pflanzung 61. 48 In besonderer Weise de Waal Dryden, Theology, bes. 91: „We will see how the author of 1 Peter, utilizing a Greco-Roman paraenetic literary strategy, uses reminders of conversion, together with antitheses that derive from conversion, as tools for achieving his paraenetic aims“; vgl. auch ebd. 98.116 sowie Watson, Rhetoric 51. Zur „paraenetic 40
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sprechen dürfen, wobei das „Gürten des Verstands“ nicht als einmaliger Akt, sondern als fortgesetztes Geschehen zu betrachten ist, das nicht nur das Denk- und Beurteilungsvermögen, sondern auch das Wollen betrifft. Mit der hier ergehenden Aufforderung stellt der Autor des 1Petr auch klar, dass die von ihm angesprochenen Adressaten, die im Glauben Neugeborene (1Petr 1,3)49 geworden sind, weiterhin mancherlei Entwicklung zu durchlaufen haben50, was durch die Imperative unterstrichen wird. In eine unmittelbar vergleichbare Richtung weist auch das anschließende Part. νήφοντες.51 Bei der hier eingeforderten Wachsamkeit und Nüchternheit52 (vgl. für νήφειν auch 1Petr 4,7; 5,8) geht es um einen traditionellen Topos urchristlicher Paränese. Die Wachsamkeit wird auch an Stellen wie Mk 13,37 („Was ich aber auch euch sage, allen sage ich (es): wacht!“) oder 1Thess 5,6 („folglich wollen wir nun nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachen und nüchtern sein“) in ähnlicher Weise eingefordert.53 „1Petr mahnt seine Adressaten, die Situation ‚nüchtern‘ (1,13; 4,7) einzuschätzen, sich also nicht trunken an eine erträumte Welt zu verlieren, sich vielmehr von einem Realismus leiten zu lassen, der das Kommen Gottes zum Kriterium seines Urteils macht.“54 Ausgerichtet und konzentriert sollen die Adressaten ihre Hoffnung (vgl. 1Petr 1,3; vgl. auch 1,21; 3,5; 3,15) „völlig, ganz und gar“ (τελείως) auf die in der Zukunft zuteilwerdende Gnade ausrichten. Sie ist mit der ἀποκάλυψις Ἰησοῦ Χριστοῦ verbunden, die bereits in der vorausgehenden Eulogie in 1,7 in den Blick genommen wurde. Wenn der Autor die Adressaten als „Kinder des Gehorsams“ (gen. qual.)55 14 anspricht (vgl. auch V 22), so wird damit eine Qualifizierung und Aufgabe aufgegriffen, die bereits im Präskript erkennbar wurde, wo von der erwarteten bzw. eingeforderten ὑπακοή die Rede ist (V 2). Wenn nun gefordert wird: „Lasst euch nicht gestalten (μὴ συσχηματιζόμενοι)56 nach den frürhetoric“ vgl. auch Martin, Rehabilitation 49: „Even though 1 Peter does not belong in any of the three classical species of rhetoric, relating 1 Peter to each of these rhetorical species exposes some important features of the paraenetic rhetoric of this letter, which has interesting connections with each species.“ 49 Vgl. die Ausführungen zu 1Petr 1,3–9. 50 Vgl. von daher auch die Metaphorik in 1Petr 2,2. 51 Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Kontext von Lk 12,35, vor allem Lk 12,36–40, und Did 16,1: „Wacht über eurem Leben! Eure Lampen sollen nicht verlöschen, und eure Lenden nicht erschlaffen, sondern seid bereit!“ 52 Vgl. Brox 75: „im Sinn asketischer Abstinenz und Selbstdisziplin zu verstehen“. 53 Vgl. auch 1Kor 16,13; 2Tim 4,5; Offb 3,2f; 16,15. 54 Schumacher, Steine 453. Vgl. auch 1Petr 5,8. 55 Brox (75) spricht, indem er sich Daube, Principle 482, anschließt, von einem „Hebraismus“. 56 Vgl. zur Auflösung des Partizips auch Dubis, 1Peter 26: „the vast majority of commentators take it as an independent imperatival participle; the conjunction ἀλλὰ that opens the next verse is decisive in this regard … marking this participial phrase as the prohibitive counterpart to the positive command“.
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her(en) Begierden in eurer Unwissenheit“57, so wird daran sehr deutlich, dass die Erwählten Gottes in dieser Welt und Zeit weiterhin der Gefahr des Rückfalls in frühere Lebensgewohnheiten bzw. Anpassungstendenzen ausgesetzt bleiben, die es zu vermeiden gilt.58 Die Forderung der Nichtangleichung an diese Welt erinnert an paulinische Forderungen, wie sie etwa in Röm 12,2 erkennbar werden.59 Die Unterscheidung von „früher“ und „jetzt“60 erfolgt anhand einer Differenzierung61 zwischen einer Zeit62 der ‚Unwissenheit; Unkenntnis‘ (ἄγνοια)63, in der die Kräfte des Verlangens bzw. die Begierden64 das Sagen hatten und einer Jetzt-Zeit, in der das so nicht mehr zutrifft bzw. zutreffen soll. Mit ἐπιθυμία (vgl. auch 2,11; 4,2f ) wird an dieser Stelle kein spezifisches Verlangen gekennzeichnet. Es geht ganz allgemein darum, die immer wieder bestehende Gefahr zu markieren, ‚beherrscht‘ zu werden und nicht mehr Herr/Herrin der eigenen διάνοια65 zu sein bzw. zu bleiben.66 15–16 Die positive Alternative stellen die VV 15–16 vor Augen: „sondern gemäß dem Heiligen, der euch berufen hat, erweist euch auch selbst (als) Heilige in jeglichem Lebenswandel (ἐν πάσῃ ἀναστροφῇ)“67. Die Erinnerung an Vgl. auch Kol 3,5–10; Tit 3,3: „Denn auch wir waren früher unverständig und ungehorsam, dem Irrtum verfallen, Sklaven aller möglichen Begierden und Leidenschaften“. 58 Vgl. Brox 76: „daß im ‚Gehorsam‘ des Glaubens nach anderen ‚Schemata‘ zu leben ist als früher bzw. als sonst“. 59 Vgl. Thorsteinsson, Christianity 114; Wolter, Röm II, 261: „Bemerkenswert sind die Berührungen mit 1Petr 4,7–11. Sie betreffen nicht nur einzelne Stichworte, sondern auch die Struktur der gesamten Argumentation“. 60 Vgl. Tachau, Einst. 61 Zur Unterscheidung nach einem ὅτε/νῦν-Schema vgl. für den 1Petr auch 2,10; 2,25; für andere Texte des NT vgl. auch Gal 1,13–15; Kol 1,21f; Eph 5,8. Vgl. auch Epiktet, Diss. 4,4,7; Plutarch, de sera 563D; Apuleius, met. 11,15. 62 Vgl. Lövestam, Wakefulness 69, zur Verwendung von ἄγνοια: „the pre-Christian situation of the readers“. 63 Vgl. auch Apg 3,17; 17,30; Eph 4,18. Vgl. auch die Verwendung des Begriffs in JosAs 6,7; 12,5; 13,13; 17,10 (vgl. auch 13,11) sowie im Lasterkatalog von Tabula Cebetis 19,5 (sowie in 40,2). 64 Zum Hin- und Hergerissensein durch die Begierden vgl. auch Röm 6,12; 13,14; Gal 5,16; Kol 3,5; Eph 2,3; 4,22. Vgl. zum Kampf gegen die Begierden auch Epiktet, Philo (spec. IV 84–89; migr. 9; 67) u.a. Zur Verwendung von ἐπιθυμία im NT vgl. auch Mk 4,19 u.a., im bes. 1Petr 2,11; 4,2f. Zum 1Petr vgl. auch von Bendemann, Seele, passim. 65 Zur Bedeutung der διάνοια im 1Petr vgl. die Ausführungen zu V 13 sowie Müller, Hüften 145–151. 66 Zu einem vergleichbaren Kampf ermutigt Philo von Alexandrien, wenn er in De migratione Abrahami (67) formuliert: „Der Unverständige (ὁ ἄφρων) aber bewegt sich durch beides, Zorn und Begierde, zu jeder Zeit, und hat den Verstand (νοῦν) als Wagenlenker und Richter abgeworfen; wer aber das Gegenteil von diesem ist, hat Zorn und Begierde eliminiert und sich dem göttlichen Logos als seinem Steuermann verschrieben“. 67 Der Begriff ἀναστροφή findet auch in Jak 3,13 Verwendung; vgl. dazu Metzner, Jak 197: „Die ἀναστροφή „Lebensführung, Lebenswandel“ (im Brief nur hier), dient als Ausweis der Taten“. 57
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die Gabe der Berufung steht im 1Petr wiederholt in enger Beziehung zu der Ermutigung zu einer entsprechenden ἀναστροφή.68 Die in V 16 angesprochene Heiligkeit, die nach dem 1Petr einen sittlichen Anspruch69 impliziert (V 15), ist allerdings eine von der Heiligkeit Gottes hergeleitete, der als ‚der Heilige‘ (V 15) gerufen hat, an seiner Heiligkeit zu partizipieren. Das Leben der Glaubenden soll Zeugnis geben von der Heiligkeit Gottes: „gemäß dem Heiligen, der euch berufen hat, werdet auch selbst Heilige in allem Wandel“ (vgl. Lev 19,2). „Christen sollen nach 1Petr in ihrer Grundhaltung und in ihrer Praxis das werden, was sie von Gott her schon sind“70. Zur Begründung der Forderung einer lebensprägenden Heiligkeit der Berufenen nutzt der 1Petr ausdrücklich die Schrift.71 Der klarste Fall von Schriftverwendung ist dann gegeben, wenn ein wörtliches Zitat mit einer eigenen Formel markiert wird. Die im NT verwendeten Möglichkeiten dazu fallen vielfältig aus; sie reichen von „wie geschrieben steht“72 bis zu „damit die Schrift erfüllt werde“. Eine Reihe solcher Zitate, die ausdrücklich gekennzeichnet werden, indem eine geläufige Zitationsformel als Intertextualitätssignal Verwendung findet, ist auch im 1Petr auszumachen. Das ist bereits beim ersten hier zu besprechenden Zitat der Fall, wenn es in 1Petr 1,16 heißt: διότι73 γέγραπται [ὅτι]74 ἅγιοι ἔσεσθε, ὅτι ἐγὼ ἅγιός [εἰμι]75. Nach Lev 19,1–2 LXX wird Mose von Gott aufgefordert, so zur Versammlung der Kinder Israels zu sprechen: Ἅγιοι ἔσεσθε, ὅτι ἐγὼ ἅγιος (vgl. auch Lev 11,44f LXX).76 Die erwartete und geforderte (ἔσεσθε)77 Heiligkeit drückt sich nach dem 1Petr vor allem in einer entsprechenden ἀναστροφή aus (2,12; vgl. auch 3,1.2; 3,16), die in der Jetzt-Zeit – in der Zeit des Aufenthalts in der „Fremde“ (παροικία in 1Petr 1,17) – gefordert ist.
Zu diesem Vorzugswort (Nomen auch in 1Petr 1,18; 2,12; 3,1.2.16; das entsprechende Verb in 1Petr 1,17) des 1Petr vgl. bes. Danker, Benefactor 358f; Elliott 362– 363. Zur Verwendung des Substantivs vgl. in der LXX Tob 4,14; 2Makk 6,23, im NT neben Jak 3,13 auch Gal 1,13; Eph 4,22; 1Tim 4,12; Hebr 13,7; 2Petr 2,7; 3,11; das Verb auch in 1Tim 3,15; Hebr 13,18. Zu einer beeindruckenden ἀναστροφή (mit entsprechenden Taten) vgl. auch Polybios 4,82. 69 Vgl. auch Feldmeier 71: „die Entsprechung zur Heiligkeit Gottes als eigentliches Motiv für den Lebenswandel“. 70 Frankemölle 37. 71 Zur Schriftverwendung in 1Petr vgl. Müller, Schrift. Vgl. auch Green, Use; Liebengood, Eschatology u.a. 72 Vgl. zu γέγραπται auch Mt 21,13; Mk 1,2 oder Röm 9,13. 73 Manche Textzeugen bieten alternativ ein διο γ. Das διότι ist auch in 1Petr 1,24; 2,6 verwendet. 74 Die ECM und NA28 lassen das in Klammern gesetzte ὅτι – im Unterschied zu NA27 – aus. 75 Die ECM und NA28 lassen das in Klammern gesetzte εἰμι – im Unterschied zu NA27 – aus. 76 Vgl. auch Egan, Ecclesiology 76–80; Lockett, Use 462. 77 Vgl. Dubis, 1Peter 28: „The future indicative is used imperativally.“ 68
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17 Der Begriff der ἀναστροφή kann auch verbal aufgegriffen werden, wie der Schluss von V 17 zeigt. Das Verb ἀναστρέφω bedeutet zunächst einmal „umkehren“. In der Passiv-Form steht es für „sich aufhalten; (in einer bestimmten Weise) leben“. Der hier angesprochene Lebenswandel soll in erster Linie vom Anrufen des Vaters78 geprägt sein. Das Gebet der Glaubenden ist offensichtlich primär auf den Vater ausgerichtet (vgl. Röm 8,15), worauf ja schon die vorausgehende Eulogie (1,3ff ) hindeutete. Damit kommt es zu einer „Erinnerung an das neue Nahverhältnis zu Gott“79. Gott, der Vater, wird zugleich als Richter vor Augen gestellt, der das Gericht ohne Ansehen der Person80 vollzieht, vielmehr „gemäß dem Werk eines jeden“81. Betont wird also die individuelle Verantwortung jedes Einzelnen, der dem rufendenden „Heiligen“ Rechenschaft zu geben hat und darin unvertretbar ist (vgl. auch 1 Petr 4,5–6). Die entsprechende Haltung ist die der ‚Gottesfurcht‘82 (vgl. 2,17; 3,2), solange83 der Aufenthalt in der παροικία (vgl. auch Apg 13,17)84 währt. Schon im Präskript des 1Petr werden die Diaspora-Christen Kleinasiens als „erwählte Fremdlinge“ (V 1: ἐκλεκτοῖς παρεπιδήμοις) angesprochen.85 Die Kennzeichnung der Adressaten als παρεπίδημοι wird in V 17 durch den Begriff παροικία86 aufgenommen; die ‚Fremde‘87 bildet Vgl. neben den Kommentaren auch Giesen, Gott. Brox 79. 80 Vgl. auch Dtn 10,17; Sir 35,15; Apg 10,34f; Röm 2,11; Eph 6,9; Barm 4,12: „Der Herr wird die Welt ohne Ansehen der Person (ἀπροσωπολήμπτως) richten“. Aufschlussreich im Blick auf Christus ist auch Mt 22,16. 81 Vgl. zum „Gericht nach Werken“ auch Ps 62,13; Spr 24,12; vgl. außerdem PsSal 2,34f; 17,8; 4Esr 7,34f; LibAnt 3,10; 4Q385 Frg. 2,1–20; 4Q521 Frg. 2 Kol. II; Röm 2,6; Offb 20,12–13. 82 Vgl. dazu u.a. Dtn 4,10; 6,2; 6,13; 10,12f; Jos 24,14; Jdt 16,15f; Ijob 4,6; 28,28; Ps 2,11; 33,18; 34,10.12; 86,11; 103,13; 111,10; 128,1; Spr 1,7 („Gottesfurcht ist Anfang der Erkenntnis“); 2,5; 8,13 („Gottesfurcht verlangt, Böses zu hassen“); 9,10; 15,33; 22,4; Koh 3,14; Spr 31,30; Sir 1,11–14 („Die Gottesfurcht ist Ruhm und Ehre …“); 1,27.30; 2,17; 10,22 („Gast und Fremder, Ausländer und Armer: ihr Ruhm ist die Gottesfurcht“); 15,19; 21,11; Jes 8,13; 11,2; 50,10; Jer 32,39–40; 2Makk 6,30; 4Makk 17,15; Lk 1,50; Lk 12,4f // Mt 10,28; Joh 9,31; Apg 9,31; Phil 2,12; 2Kor 5,11; Offb 15,4; vgl. auch Eckert, Furcht; Ostmeyer, Kommunikation 193–195; Starling, Babylon 117–119. Zenger, Psalmen I, 210, spricht vom „Grundprinzip gelingenden Lebens“. 83 Akkussativ der zeitlichen Ausdehnung; vgl. dazu Hoffmann/von Siebenthal, Grammatik § 155. 84 Vgl. die von Michaels (62) zusammengestellten Inschriften: „yet even in Greek inscriptions the term has become a metaphor for human life on earth“. 85 Vgl. ausführlicher Müller, Auserwählte. 86 Zur Verwendung von παροικία und πάροικοι in der LXX-Fassung des Buches Jesus Sirach (τοῖς ἐν τῇ παροικίᾳ βουλομένοις φιλομαθεῖν) vgl. bes. Kiefer, Exil 319–322. Zur Verwendung der Begriffe bei Philo (z.B. in Cher. 119) vgl. Kiefer, Exil 394ff. 87 Vgl. Diognet 5,5: „Sie bewohnen ihr jeweiliges Vaterland, aber nur wie Beisassen (πάροικοι); sie erfüllen alle Aufgaben wie Bürger und erdulden alle Lasten wie Fremde; jede Fremde ist für sie Vaterland und jede Heimat Fremde.“ Dassmann, Weltflucht 197, ist der Überzeugung, der Verfasser des 1Petr treffe damit „das wohl auch gefühlsmäßige Selbstverständnis vieler Christen der ersten drei Jahrhunderte“. Zum Motiv der Fremde vgl. bes. Feldmeier, Christen. 78 79
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fortan ein Grundmotiv des 1Petr. In 1Petr 2,11 werden die Adressaten dann noch einmal als πάροικοι καὶ παρεπίδημοι angesprochen, wobei angemerkt sei, dass es im Fall des 1Petr nicht um einen Verbannungsort, ein Exil88, um Vertreibung o.ä. geht. Der Begriff der ‚Diaspora‘ (V 1) dient zunächst einmal der nüchternen Beschreibung der vorfindlichen, gegebenen Minderheiten-Realität im Kleinasien des späten 1. Jh. n. Chr. Mit πάροικος (1,1; 2,11) ist der Einwohner ohne Bürgerrecht gemeint.89 Auch diese Metapher beschreibt das Provisorische der Situation, in der sich die angesprochenen Glaubenden vorfinden. Nur in seiner Heimat genießt der Bürger die Rechte seiner Polis. Wo diese Heimat der Christen zu suchen und zu finden ist, gab bereits V 4 zu verstehen: „im Himmel“, wo das Erbe für sie bereitgehalten wird. Bis ein Christ „dieses ‚Erbe‘ erlangt, bei der Parusie Christi, dauert ‚die Zeit seines Exils‘ (1,17: ὁ τῆς παροικίας ὑμῶν χρόνος)“90, seiner Fremdheit. Für die Jetzt-Zeit und den Wandel in dieser Zeit sind die Glaubenden 18–19 mit einem besonderen Wissen ausgestattet (wie das Part. Pf. εἰδότες anzeigt)91, mit dem Wissen um ihre Erlösung, die in Erinnerung gebracht wird: Ihre Befreiung erfolgte nicht durch Geld oder Pretiosen dieser Welt, sondern durch das kostbare92 Blut Christi. Die VV 18–19 sind stark von antithetischen Formulierungen geprägt, die der Konversionssprache des 1Petr zugeordnet werden können: vergänglich – beständig; gefangen – frei; nichtig – kostbar. Die ‚Erlösung‘ bringt der 1Petr als Loskauf bzw. Freikauf zur Sprache: ἐλυτρώθητε93 (vgl. auch 1Kor 6,20; 7,23; Offb 1,5; 5,9f; 14,3f )94. Der bildspendende Bereich dieser metaphorischen Rede ist das Sklaven-
Zur Praxis der Exilierung in der Zeit der späten Republik und frühen Kaiserzeit vgl. Stini, Plenum (mit Schwerpunkt auf geographischen und strafrechtlichen Aspekten). 89 Vgl. auch Klauck, Gemeinde 232: „Das griechische Wort par-oikos, das mit dem veralteten Terminus ‚Beisasse‘ wiedergegeben wird, bedeutet eben dies: jemand, der an einem Ort lebt, der nicht seine Heimat ist, wo er nicht das volle Bürgerrecht genießt“; Obermann, Land 276; Müller, Fremdlinge. 90 Reiser, Eschatologie 177f. Zur Interpretation der metaphorischen Rede vom Erbe im Himmel vgl. bes. Wolff, Erbe 340–346. 91 Vgl. Wagner/Vouga 49: „Daher verweist das Partizip εἰδότες mit ὅτι auf die erfolgte Verkündigung von Gottes Taten“. 92 Zur Verwendung von τίμιος für das Blut Christi vgl. auch 1Clem 7,4. 93 Für einen Überblick entsprechender Vorstellungen und Texte im NT vgl. Röhser, Erlösung. Vgl. auch Haubeck, Loskauf; Schimanowski, Liturgie 247 (mit den hier benannten Stellen); Williams, Metaphors; ders., Doctrine. Zur Verwendung von λυτροῦν in der LXX vgl. Ex 21,8; Lev 19,20. 94 Vgl. auch Mk 10,45 // Mt 20,28; Röm 3,24; 8,23; Gal 3,14; 4,5; 1Tim 2,6; Tit 2,14; vgl. auch Diog 9,1–5. 88
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wesen95, genauer gesagt der Sklavenfreikauf96, oder der Gefangenenfreikauf97 (Kriegsgefangene, Schuldgefangene). „Es gab viele Möglichkeiten, in die Sklaverei zu geraten (wenn man nicht schon in ihr geboren ist): durch Kriegsgefangenschaft, Menschenraub oder Aussetzung, aufgrund von Verschuldung oder zur Strafe, durch Selbstverkauf oder Fremdverkauf. Beim Freikauf (durch Lösegeldzahlungen) geht es immer darum, das aufgrund der Versklavung bestehende Dienstverhältnis (vorzeitig) zu beenden. Dazu bedarf es der Stellung eines Gegenwertes, um den Wert des Sklaven, den dessen Arbeitskraft für seinen Besitzer bedeutet, zu ersetzen bzw. um die restliche Strafe aufzuwiegen und ihn so ‚auszulösen‘.“98 Silber (ἀργύριον) und Gold (χρυσίον) lassen sich leicht einem solchen Bildfeld im Blick auf den Zahlungsvorgang zuordnen. Allerdings nutzt der Autor des 1Petr V 18 gleichzeitig dazu, den vergänglichen Wert solcher Kostbarkeiten in Erinnerung zu rufen.99 Silber und Gold werden den φθαρτά zugeordnet, ein Akzent, der schon einmal bei der Erwähnung des Goldes in V 7 gesetzt wurde, um es vom „unvergänglichen Erbe“ (V 4) abzusetzen.100 Dabei kann auch eine Anspielung an Jes 52,3 vorliegen: „Denn so spricht der Herr: Umsonst wurdet ihr verkauft, und ihr sollt nicht mit Geld losgekauft werden.“ Der zweite Teil von V 18 liefert den sprachlichen Kontext, der über eine semantische Impertinenz das entsprechende Signal gibt, eine metaphorische Prädikation wahrzunehmen und nach ihrer heuristischen Valenz zu suchen. Es geht dem 1Petr nicht um einen bloßen Sklaven- oder Gefangenenloskauf, sondern um Erlösung in einem anderen Sinn, um die Befreiung aus einer „nichtigen Lebensweise“, die von vorausgehenden Generationen übernommen101 wurde, und damit um den Übergang in eine neue religiöse Lebensform und -praxis102. Die hier verwendeten Akzentuierungen durch μάταιος103 und πατροπαράδοτος104 lassen deutlich erkennen, dass es sich bei der Mehrzahl der Angesprochenen um Heidenchristen handelt. Die Aus der Fülle der Lit. vgl. für das NT besonders Harrill, Slaves. Vgl. Elert, Redemptio; Weiler, Beendigung; Hezser, Loskauf. Vgl. auch Schlier, Adhortatio 61. Für den Loskauf von Sklaven durch Gold oder Silber bei Josephus vgl. z.B. ant. 12,28.33.46; 14,107.317. 97 Vgl. hierzu vor allem Elert, Redemptio 268f. 98 Röhser, Erlösung 166f. 99 Vgl. auch Jak 5,3: „euer Gold und Silber verrosten. Ihr Rost wird als Zeuge gegen euch auftreten und euer Fleisch fressen wie Feuer“; vgl. dazu Metzner, Jak 260–262. 100 Zur Relativierung von Gold (und Silber) vgl. auch Spr 3,14f; 8,10f.19; vgl. auch Plutarch, Is. 1: „Nicht in Silber oder Gold liegt die Seligkeit der Gottheit“. 101 Vahrenhorst, Leiden 69f, verweist auf eine interessante Analogie bei Philo, der in spec. 1,51–53 von den Proselyten sagen kann, sie hätten „den Wahn ihrer Väter und Vorväter“ verworfen (1,53). 102 Vgl. auch Hill, Baptism 185f. 103 Vgl. Goppelt 124: „‚Nichtig‘ ist schon im klassischen Griechisch, was eine Welt des Scheins gegen die Wirklichkeit aufbaut, was daher trügerisch, zwecklos und sinnlos ist“. 104 Nach Danker, Benefactor 359, „a well established Hellenistic term that is ordinarily used to describe cultic customs“. Vgl. z.B. Cassius Dio 52,36. Danker betont (ebd.) im Anschluss: „To grasp the point of Peter’s inclusion of this emotionally laden term, it 95 96
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Brisanz einer solchen Formulierung wird vor allem auch daran erkennbar, dass der „von den Vätern ererbte Lebenswandel“ (mos maiorum105) in der römisch geprägten Antike als ausgesprochen hoher Wert einzustufen ist. Kann man an dieser Stelle eine entsprechende Attacke ausmachen?106 Dann würde freilich verständlich, auf welchen Wegen es zu (Gegen-)Angriffen107 entsprechender Traditionskreise kommt. Der vom 1Petr in Erinnerung gebrachte Loskauf erfolgte durch das Blut Christi, das mit der Zufügung von τίμιος108 in seiner unübertrefflichen Bedeutung hervorgehoben und von gängigen Wertvorstellungen, die in Silber oder Gold gefasst werden, abgesetzt wird. ‚Blut‘ steht hier als Ganzheitsbegriff, das die Hingabe Jesu Christi zur Sprache bringt, der nicht etwas gab, sondern sich selbst. Durch seine Hingabe sind die Adressaten „von der existentiellen Leere ihrer Väter – und ihrer Zeitgenossen – zur Hoffnung hin befreit“109. Wenn V 19 mit einer wohlgestalteten Alliteration hinzufügt „als eines fehlerfreien (ἄμωμος) und makellosen (ἄσπιλος) Lammes (ἀμνός)“, dürfte damit eine Anspielung auf Pascha-Lamm-Traditionen gegeben sein. Das im NT zur Anwendung kommende typologische110 Verfahren lässt sich mit E. Earle Ellis so beschreiben: „it relates the past to the present in terms of a historical correspondence and escalation in which the divinely ordered prefigurement finds a complement in the subsequent and greater event“111. Das ist in V 19 der Fall, wenn der Christus als das fehlerfreie112
is important to note the emphasis given to God as the benefactor whom the adressees are able to invoke as Father“; vgl. auch van Unnik, Critique 132–140. 105 Vgl. dazu u.a. Walter, Memoria; Knoch, Sklavenfürsorge 48–57. Vgl. auch Vahrenhorst, Leiden 67: „Dieses im biblischen Griechisch nur vom 1Petr verwendete Wort πατροπαράδοτος erinnert an lateinische Begriffe wie mos patrius (Cic. rep. 5,1; Cic., Cato 37) oder mos maiorum, … ‚Kernbegriff des römischen Traditionalismus‘“; ders., 1Petr 23. 106 So jedenfalls Brox 81: „Der Verfasser des 1Petr ist … der erste Christ, soweit wir wissen, der das in der nichtchristlichen Überlieferung unbedingt positive und ehrwürdige Adjektiv πατροπαράδοτος (‚von den Vätern überliefert‘) nun umgekehrt zur negativen Apostrophierung des im schlechten Sinn ‚alten‘ Lebensstils wählte, von dem sich die Christen befreit wußten“. Brox schließt sich hier an van Unnik, Critique, an (ebd. Anm. 270). 107 Vgl. auch Dettinger, Annäherung 137: „Da die gesamtgesellschaftlich dominanten Normen den gesellschaftlichen Status quo stabilisieren und geordnete Verhältnisse gewährleisten sollen, stellt wahrnehmbar unterschiedliches Verhalten die gesellschaftliche Ordnung implizit in Frage und wirkt deswegen bedrohlich. Bedeutsame Unterscheidungsmerkmale einer Minderheit können mithin dazu führen, dass die herrschende Mehrheit diese Unterschiede negativ bewertet und die Minderheitengruppe benachteiligt, ausgrenzt oder gar unterdrückt“. 108 Vgl. auch 1Kor 6,20: ἠγοράσθητε γὰρ τιμῆς. 109 Vouga, Christus 213. 110 Eine typologische Aufnahme in einem ‚so – wie‘ erfahren im 1Petr auch einzelne biblische Erzählfiguren (Sara [1Petr 3,6], Noah [1Petr 3,20]). 111 Ellis, Old Testament 106. 112 Vgl. hierzu auch Mbuvi, Temple 84f.
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(ἄμωμος)113 und makellose (ἄσπιλος)114 (Pascha-)Lamm115 (vgl. Ex 12,5: „Nur ein fehlerfreies, männliches, einjähriges Lamm darf es sein …“)116 zur Sprache gebracht wird (vgl. auch 1Kor 5,7; Apg 8,32 oder Joh 1,29117). Mit der Betonung der Makellosigkeit118 kann auch ein erster Hinweis auf die Sündenlosigkeit Jesu Christi erfolgen, die allerdings erst in 1Petr 2,22 zum ausdrücklichen Thema wird. „Die ungewöhnliche Bezeichnung des Opferblutes als ‚wertvoll‘ bringt menschliche Hochachtung und Verehrung Jesu zum Ausdruck.“119 20 Die Erlösung durch das Blut120 des Christus121 hat eine Vorgeschichte; sie ist nach dem hier anzutreffenden theologischen Verständnis von Anfang an in den Heilswillen Gottes einbezogen, schon „vor Grundlegung“ (πρὸ καταβολῆς) der Welt. Das Part. Pf. von προγινώσκω ist rückbezogen auf Christus (V 19) und erinnert bei sukzessiver Lektüre an die πρόγνωσις Gottes, von der im Präskript (V 2) im Blick auf die Erwählung der Adressaten die Rede war, das δι’ ὑμᾶς aber auch an die Ausführungen im vorausgehenden Textabschnitt 1Petr 1,10–12122. Der schon vor der Grundlegung des Kosmos gegebene Heilsplan Gottes (vgl. 1Kor 2,7; Kol 1,26; 2Tim 1,9f ) ist nun – in der Endzeit – um der Angesprochenen willen offenbart123 worden.124 „Christians are ransomed by God through the ‚blood of Jesus,‘ a metonym for ‚Jesus’ life‘ (cf. Gen 9:4; Lev 17:11).“125 Vgl. auch Lev 23,12 LXX; das Epitheton kann auch auf Inschriften der Antike begegnen; vgl. Tod, Epithets 188. 114 Vgl. Ijob 15,15 (Symmachus). 115 Zum Lamm als Opfertier (Ex 29,38; Num 28,3) vgl. Eberhart, Kultmetaphorik 178–183. 116 Manche Ausleger erkennen primär eine Anspielung auf Lev 22,17–25; vgl. z.B. Hübner, Theologie II, 390f. Zu „fehlerlosen“ bzw. „makellosen“ Opfergaben vgl. auch Lev 1,3; 23,12; Num 6,14; 19,2. 117 Zieht man eine Stelle wie Joh 1,29 (vgl. auch Joh 1,36) zum Vergleich heran, wird man auch für den 1Petr beim Akt des Loskaufs in besonderer Weise an die Taufe zu denken haben. Vgl. Stowasser, Johannes 128f: „Das Bild vom Lamm Gottes, ὁ αἴρων τὴν ἁμαρτίαν τοῦ κόσμου (1,29) im Kontext der Taufe muß ursprünglich wohl als Gegenstück zum Gedanken einer Taufe εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν (vgl. Mk 1,4; Lk 3,3) gestanden haben … Die sündentilgende Macht wurde exklusiv an Jesus und seinen sühnenden Tod gebunden, die Johannestaufe zu einer bloßen Wassertaufe (ἐν ὕδατι) reduziert.“ 118 Vgl. auch Hebr 9,14: „um wie viel mehr wird das Blut Christi, der sich selbst als makelloses Opfer kraft des ewigen Geistes Gottes dargebracht hat, unser Gewissen von toten Werken reinigen, damit wir dem lebendigen Gott dienen“. 119 Eberhart, Kultmetaphorik 183; vgl. auch 200f. 120 Zur „Reinigung“ durch das Blut des Gottessohnes Jesus vgl. auch 1Joh 1,7 (mit 1Joh 1,9; 2,2; 3,5). 121 Vgl. auch Hebr 9,14; Offb 1,5; 5,9f. 122 Vgl. auch Brox 83. 123 Zu φανερωθέντος vgl. auch 1Tim 3,16: ὃς ἐφανερώθη ἐν σαρκί. 124 Vgl. auch Dubis, Woes 42f. 125 Kraftchick, Hope 93. Vgl. zum „Blut“ als „Lebensblut“ u.a. Schenker, Zeichen 199 (mit Blick auf Lev 17,10–12): „Blut reinigt und schafft neues Leben … Leben enthaltendes Blut hat sühnende Kraft auf Grund einer positiven Setzung Gottes, nicht auf Grund einer Verwandtschaft zwischen Lebensblut und Schuldtilgung“. 113
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Die Angesprochenen sind vor allem und zuerst Glaubende, die ihr Ver- 21 trauen auf den Gott gesetzt haben, der Christus „erweckt hat aus Toten und ihm Herrlichkeit gegeben hat“ (vgl. Röm 4,24: „… die wir glauben an den, der unsern Herrn Jesus auferweckt hat von den Toten“).126 Von daher sind Glaube und Hoffnung auf Gott hin ausgerichtet; davon ist die διάνοια der im 1Petr angesprochenen Christen zuinnerst geprägt. Hier werden im Hintergrund urchristliche Osterbekenntnis-Formeln erkennbar, wie sie in einer vergleichbaren Weise in paulinischen Schreiben Verwendung finden.127 Mit der Auferweckungsaussage verbunden ist die Gabe der δόξα, sodass der Erweckte ganz und gar an der Herrlichkeit Gottes partizipiert. Zum Glauben gekommen sind die Angesprochenen „durch ihn“ (vgl. auch Apg 3,16128). Ordnet V 21 aufgrund göttlichen Handelns Glaube und Hoffnung der Adressaten in betont theozentrischer Weise, so bringt der nachfolgende V 22 die dritte Größe der klassischen Trias129, das Lieben, ins Spiel, allerdings in einem neuen Textabschnitt. Die „Kinder des Gehorsams“ (V 14) sollen sich nach dem 1Petr als „Hei- Zusammenlige in jeglichem Lebenswandel“ (V 15) erweisen. Der Autor geht davon fassung aus, dass die im Glauben neu Gewordenen bzw. Neugeborenen weiterhin mancherlei Entwicklung zu durchlaufen haben. Das wird auch durch Imperative unterstrichen, die sich in dieser Textpassage vermehrt ausmachen lassen. Die Adressaten bewegen sich auf einer Strecke, die von der Befreiung aus einer „nichtigen“ Lebensweise (V 18) ausgeht und auf eine zukünftige Herrlichkeit (V 21) zuführt. Dabei gilt bereits für die Gegenwart: „Das Christusgeschehen als Tat Gottes strukturiert und qualifiziert die gesamte Weltzeit und macht aus der Jetztzeit Letztzeit.“130 Das große Thema der Hoffnung, das in den Eingangstexten stark gemacht wurde, wird in 1Petr 1,13–21 (vgl. bes. V 13) auch auf das Verhalten bezogen (vgl. später auch die Anforderungen an die Kommunikation in 1Petr 3,15); der erwartete Lebenswandel der Heiligkeit weist sich vor allem in entsprechenden Taten aus. Entscheidende Begründungen liefert in diesem Kontext die zum Einsatz gebrachte „Schrift“. Wie in einem „Credo“ werden Grunddaten des Glaubens in Erinnerung gebracht;131 das gilt für „Inhalte“ des Glaubens – die Anrufung Got Vgl. auch Röm 6,9; 7,4; 15,12.20. Vgl. 1Thess 1,10; 1Kor 15,4.12–17; 2Kor 4,14; Gal 1,1; Röm 6,9; 7,4; 8,11; 10,9; Kol 2,12; Eph 1,20; vgl. darüber hinaus auch Lk 24,34; Apg 3,15; 4,10; 5,30; 10,40; 13,30. 128 „Und aufgrund des Glaubens an seinen Namen hat dieser Name den Mann hier, den ihr seht und kennt, zu Kräften gebracht; der Glaube, der durch ihn kommt, hat ihm vor euer aller Augen die volle Gesundheit geschenkt.“ 129 Vgl. auch Söding, Trias, bes. 181–183. 130 Brox 84. 131 Die Kombination von Motiven in den VV 13–16 ließ Perdelwitz, Mysterienreligion 5–18.26, (neben anderen Textbeobachtungen) von einer „Taufparänese“ sprechen. 126 127
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tes als Vater (V 17); die Grundlegung der Welt (V 20); die Erlösung durch das Blut Christi (VV 18–19); die Auferweckung Jesu Christi (V 21); die Rede von der Herrlichkeit Christi (V 21); das von Gott erwartete Richten (V 17) – aber auch für den Vollzug des Glaubens, wenn von Gottesfurcht (V 17) und vom Aufenthalt in der Fremde (V 17) gesprochen wird, vor allem aber, wenn Glaube und Hoffnung als auf Gott ausgerichtet (V 21) vorgestellt werden. Wirkungs Die Selbstwahrnehmung der Christusgläubigen als „Fremde“,132 die auch geschichte von anderen ntl Schriften133 (vgl. vor allem „Beisassen und Fremdlinge auf Erden“ in Hebr 11,13134) geteilt wird, gewinnt in der Väterliteratur zunehmend Bedeutung. In 1Petr 1,13–21 wird dabei der Begriff παροικία eingesetzt (vgl. für das NT auch Apg 13,17; für die Apostolischen Väter vgl. 1Clem 1,1135; 2Clem 5,1136). In der Vätertheologie137 wird die Rede von „Gästen und Fremdlingen“ bei Cyprian138 und Leo dem Großen139 aufgenommen. Bei Augustinus kommt es zur Aufnahme von πάροικος (vgl. 1Petr 1,17; 2,11) bei der Entwicklung des Begriffs peregrinus.140 Der Gedanke, dass Christen vorüberziehende Pilger oder Fremdlinge sind,141 wird besonders in De civitate Dei 10,7 (im Anschluss an 2Kor 5,6) oder 18,51 erkennbar.142 In De doctrina christiana II,22 kann Augustinus ganz grundsätzlich konstatieren: „… wir sind in diesem Leben Pilger, auch Vgl. auch die Ausführungen zur Wirkungsgeschichte für 1Petr 1,1–2. Vgl. u.a. Spicq, vie 59–76; für die Väterzeit vgl. vor allem Dünzl, Welt; Baumann, Unterwegs, bes. 91. 134 Vgl. zur Auslegung Backhaus, Hebr 392f; Backhaus merkt an (ebd. 393): „Fremdheit ist damit als christliches Existential ausgewiesen. Hier überschneidet sich die Vorstellung des Hebr mit philosophischen Konzepten, nach denen der Weise als Weltbürger gegenüber jeder konkreten Gesellschaft Distanz hält, nach dem Dauerhaften trachtet und sich nicht im Vorläufigen einrichtet“; vgl. hierzu auch ebd. 420: „Glaube hat einen ‚Migrationshintergrund‘, ist eine Reise durch auswärtige Gegenden, die, gerade weil sie fremd erlebt werden, auf die heimatliche Polis weisen“. 135 Vgl. Schmitt, Paroikie 135–138; Reiser, Eschatologie 179; Baumann, Unterwegs 91: „In der Praescriptio des 1. Clemensbriefes findet sich die Selbstbezeichnung der römischen Gemeinde als einer παροικοῦσα, eine in der Fremde wohnende“; vgl. zum ‚Ursprung‘ der „Pfarrei“ auch Vogt, Bilder 12–15. 136 Vgl. Baumann, Unterwegs 91: „Der 2. Clemensbrief sieht im irdischen Dienst der Christen einen vorübergehenden Aufenthalt in der Fremde (παροικία).“ 137 Vgl. Roldanus, Références. 138 Cyprian von Karthago, De mortalitate 22.24.26 (CSEL 3/1, 310.312.313f ). 139 Leo der Große, De ascensione Domini 74 1.2.5 (CCL 138A.456f.460f ). 140 Vgl. u.a. Bellerose, sens. 141 Vgl. auch die daran anknüpfende „Pilgertheologie“; vgl. Seland, πάροικος 244f. Vgl. auch Bonifatius, Brief 39 (an Abt Aldherius): „… ut pius Dominus, qui causa est peregrinationis nostrae“ oder Martin Luther in seinen Predigten und Auslegungen zu 1Petr (WA 12 322,3–7: „Denn es ist hie nu eyn durchgang, da wir nicht bleyben konnen, sondern weytter reysen muͤssen … Burger sind wyr ym hymel, auff erden sind wyr pylgeryn und geste“. Auch musikalische Aufnahmen sind hier zu nennen – bis hin zu Georg Thurmairs „Wir sind nur Gast auf Erden“ aus dem Jahr 1938 (GL2 505). 142 Für Augustinus vgl. auch Tractatus in Ioannis Evangelium 124,5.7 (CCL 36, 685ff ). 132 133
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wenn wir bereits Vertrautheit mit dem Himmel haben“. Die „Fremde“ hat ihre besondere Qualität dadurch, dass sie nicht fremd- oder selbstauferlegt vorgestellt wird, sondern einer Erwählung entspricht. Die Erlösung der Angesprochenen verdankt sich nach 1Petr 1,18f göttlicher Initiative; der Vater, der angerufen wird (1,17), hat sie durch das Blut Christi erworben. Das erinnert einerseits an zentrale Stellen paulinischer Soteriologie (Röm 3,25; 5,9), andererseits auch an Apg 20,28143, wo von der Kirche Gottes die Rede ist, „die er durch sein eigenes Blut erworben hat“.144 Die Kennzeichnung des Blutes Christi als „kostbar“ und „heilbringend“ wird bereits in Texten des 2. Jh. greifbar. „Schon der Erste Clemensbrief (um 100) und auch Melito von Sardes im 2. Jahrhundert in Kleinasien reden, vielleicht aufgrund einer gemeinsamen liturgischen Tradition und wohl unabhängig von 1 Pt 1,19, vom kostbaren und heilbringenden Blut Christi.“145 Es war aber vor allem eine liturgische Verwendung, die die Kennzeichnung über die Jahrhunderte immer neuen Rezeptionen zugeführt hat – die Aufnahme in den Text des Te Deum laudamus.146 Eine genauere Datierung147 des liturgischen Te Deum will bis heute nicht recht gelingen; dennoch kann konstatiert werden, dass spätestens „im fünften Jahrhundert, vermutlich aber schon früher, … die Wendung im Te Deum dann unzweifelhaft Einzug in die Liturgie“148 gehalten hat. Im kirchlichen Stundengebet kommt es an Hochfesten und Festen, in der Weihnachtsund Osteroktav sowie an Sonntagen (mit Ausnahme der österlichen Bußzeit) zum Abschluss der Lesehore zum Einsatz. Dieser altchristliche Hymnus149 erklingt zudem in christlichen Gemeinden bei vielfältigen Dankesfeiern. Das Te Deum spricht im christologischen Teil von „sanguis pretiosus“150. Dabei wird (vgl. auch Offb 5,9)151 „die Erlösungstat mit dem Bild des Loskaufs dargestellt: der Preis, der die losgekauften Gefangenen Vgl. Jervell, Apg 512, der zu „durch das Blut τοῦ ἰδίου“ anmerkt: „Das kann entweder adjektivisch ‚sein eigenes Blut‘, also Gottes, oder substantivisch: ‚durch das Blut des Eigenen‘, also Christi, gelesen werden“. 144 Zur Rede vom Blut Christi vgl. auch Eph 1,7; 2,13; Kol 1,20. 145 Merkt 116; für 1Clem sei auf 7,4 (ὡς ἔστιν τίμιον τῷ πατρὶ αὐτοῦ) verwiesen, für Melito auf pass. 12 und 44. Guttenberger, Passio 65 Anm. 183, gibt den Hinweis, dass „Melitos Passahomilie (vgl. insbesondere 12, wo Melito möglicherweise 1Petr 1,19 ἀμνοῦ ἀμώμου καὶ ἀσπίλου … verwendet)“ in P72 mit 1Petr zusammengebunden war. Hagner, Use 239, sah für den 1Clem eine Abhängigkeit von 1Petr als möglich an: „… it seems probable that Clement is here alluding to 1 Peter. Such a conclusion is strengthened by further evidence which seems to indicate Clement’s knowledge of 1 Peter.“ 146 Vgl. auch Regula Benedicti XI,8: „Post quartum autem responsorium incipiat abbas hymnum Te deum laudamus“. 147 Die Angaben schwanken vom 2. Jh. bis zum 5. Jh. 148 Merkt 116. 149 Vgl. Maringer, Lobgesang. 150 Vgl. dazu Maringer, Lobgesang 295–297. 151 Zur Rede vom Blut des Lammes in der Offb (allerdings mit ἀρνίον) vgl. neben Offb 5,6.9 auch 7,14; 12,11 sowie 1,5; vgl. hierzu auch Berger, Apokalypse 503–510 (vor allem zu den Entsprechungen zu 1Petr). 143
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zum Eigentum und Besitz Gottes gemacht hat, ist die Hingabe des Blutes Jesu“152. Solche Erlösungsvorstellungen und die damit verbundenen wertschätzenden Prädikate153 sind in zahlreichen Passionsliedern, wie z.B. „Wir danken dir, Herr Jesu Christ“154 (EG 79 [Kurhessen-Waldeck]; GL2 297) von Christoph Fischer (vor 1568), Orationen155 oder im Kontext sog. Heilig-Blut-Stätten156 in vielfältigen Variationen aufgenommen worden. Die in 1Petr 1,13–21 thematisierte Heiligung des Lebens, die sich „in jeglichem Lebenswandel“ (V 15) erweisen soll, stellt sich nach den weiteren Textpassagen des 1Petr als beständig gegebene Aufgabe in der Welt. „Die innere Fremdheit verschließt … nicht die Hinwendung zur Welt, sondern erschließt sie: Es gehört gleichsam zur Definition christlicher Existenz, sich in und zur Welt zu verhalten und den eigenen Lebenswandel durch ‚gute Taten‘ (2,12) nach außen hin sichtbar zu machen.“157 Dabei wird dem Vernunftgebrauch eine besondere Bedeutung zugemessen; von daher lohnt es sich, dem Gebrauch von διάνοια und vergleichbaren Vokabeln nachzuspüren. Die Überzeugungskraft des „Lebenswandels“ wird auch an anderen Stellen erkennbar, an denen der Begriff διάνοια Verwendung findet, vor allem in späteren Schriften, wenn man an 2Petr 3,1 oder die Apostolischen Väter denkt. So ruft der 1Clem (19,3) seine Adressaten auf: „Betrachten wir ihn [den Vater und Schöpfer des ganzen Kosmos; vgl. 19,2] im Geiste (κατὰ διάνοιαν) und blicken wir mit den Augen der Seele auf die Langmut seines Willens …“ oder resümiert die „Geschenke Gottes“ (35,2): „Leben in Unsterblichkeit, Fröhlichkeit in Gerechtigkeit, Wahrheit in Freimut, Glaube in Zuversicht, Enthaltsam Maringer, Lobgesang 296. Zum Lösegeld-Motiv vgl. auch Mk 10,45; Mt 20,28. Vgl. auch Luthers Kleinen Katechismus, Erklärung des zweiten Artikels „Von der Erlösung“: „… nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen, teuren Blut und mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben …“; vgl. zu Luthers Aufnahme von 1Petr 1,18f auch Röhser, Erlösung 186. Bereits Cyrill von Alexandrien stellte in seiner Erklärung des 1Kor einen Zusammenhang zwischen 1Petr 1,18f und 1Kor 6,20 her (PG 74,870f ). 154 Zur Geschichte und Aussage dieses Liedes vgl. Baldermann/Heinrich, Herr. Zu verweisen ist auch auf Paul Gerhardts „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ aus dem Jahr 1647 (EG 83); vgl. dazu Axmacher, Johann Arndt 209–232; Thust, Lieder 139–142. 155 Vgl. z.B. die Oration des zweiten Sonntags der Osterzeit: „Barmherziger Gott, durch die jährliche Osterfeier erneuerst du den Glauben deines Volkes. Lass uns immer tiefer erkennen, wie heilig das Bad der Taufe ist, das uns gereinigt hat, wie mächtig dein Geist, aus dem wir wiedergeboren sind, und wie kostbar das Blut, durch das wir erkauft sind. Darum bitten wir durch Jesus Christus“. 156 Dabei kommt freilich häufig eine eucharistische Perspektive hinzu. Vgl. z.B. das Bildprogramm des von Tilman Riemenschneider gestalteten Heilig-Blut-Altars in St. Jakob in Rothenburg/Tauber (1501–1504); dazu Scheele/Schneiders, Riemenschneider 29: „Wie in Creglingen verherrlicht das gesamte Altarwerk das Geheimnis der Eucharistie. Auch diesmal ist äußerer Anlaß eine Reliquie. Zur Zeit der Kreuzzüge hierher gebracht, ist sie in einem etwa um 1270 gefertigten kostbaren Kreuz gefaßt. In ihm verehrt man Jesu Blutstropfen“; vgl. auch Bier, Riemenschneider 25f (mit Abbildung auf Tafel 36). 157 Poplutz, Alterität 169. 152 153
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keit in Heiligung; und dies alles fiel in den Bereich unserer Erkenntnis (ὑπὸ τὴν διάνοιαν ἡμῶν)“. Es fällt im 1Petr auf, dass im Bereich metaphorischen Sprechens gottesdienstliche Begriffe auch auf ethisches Tun übertragen werden. Das ist in der hier untersuchten Perikope vor allem mit der Vorstellung von der Heiligung158 verbunden: „als das erwählte Gottesvolk sollen sie kultische Reinheit im Alltag verwirklichen“159 (vgl. bes. 1Petr 1,16). Dabei ergeben sich vom Grundgedanken her zahlreiche Überschneidungen mit philosophischen Strömungen der Antike, was die Anschlussfähigkeit und Rezeption der Botschaft des 1Petr gefördert haben dürfte.
Vgl. dazu ausführlicher Müller, Auserwählte; vgl. auch Schmidt, Kult. Zeller, Ethik 215.
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5 Wirkung des Wortes (1,22–25) Literatur: Aasgard, Beloved Brothers; Evang, Verständnis; Harland, Dimensions; LaVerdiere, Ambiguity; Kaiser, Rede 315–330; Konradt, Bruderliebe; Schlosser, fraternité; Thorsteinsson, Christianity.
22 Eure Seelen habt ihr geheiligt in dem Gehorsam der Wahrheit zu einer ungeheuchelten Bruderliebe, aus [reinem] Herzen liebt einander beharrlich, 23 neu geboren, nicht aus vergänglichem Samen, sondern aus unvergänglichem, durch (das) lebendige und bleibende Wort Gottes. 24 Denn alles Fleisch (ist) wie Gras, und all seine Herrlichkeit (ist) wie (die) Blüte des Grases; das Gras verdorrt, und die Blüte fällt ab; 25 das Wort (des) Herrn aber bleibt in Ewigkeit. Dies aber ist das Wort, (das) zu euch hin gefrohbotschaftet wurde. Das Thema „Heiligung des Lebens“, das den Abschnitt 1Petr 1,13–21 dominiert (vor allem in den VV 15–16) findet in der Passage 1Petr 1,22–25 seine Fortsetzung (vor allem durch V 22), weiterhin als Folgerung aus den grundlegenden theologischen Aussagen der vorausgehenden Eulogie.1 Der Blick ist allerdings stärker auf die Anforderungen an die „Bruderschaft“ der Christusgläubigen ausgerichtet, wie bereits der einleitende V 22 zeigt. Die Erinnerung an die an die Adressaten ergangene Evangeliumsverkündigung in V 25 stiftet zudem eine Rückbindung zur vorausgehenden Passage 1Petr 1,10–12, in der vor allem V 12 den unüberbietbaren Wert der Frohbotschaft zum Ausdruck gebracht hatte. Die besondere Beziehung zur prophetischen Botschaft der „Schrift“ kommt nun durch ein längeres, begründendes Zitat aus Jes 40,6–8 in VV 24–25 zum Ausdruck, das auf das Verkündigungswort hin gedeutet und vom Autor entsprechend gekennzeichnet (V 25) wird.
1 Rückbindungen zu vorausgehenden Textpassagen sind auch dadurch gegeben, dass Themen und Motive weiterentwickelt werden: die Rede von der ψυχή in V 22 (vgl. 1,9), das Thema „Gehorsam“ in V 22 (vgl. 1,2; 1,14) und die Vorstellung von einer Neuzeugung/Wiedergeburt der zum Glauben Gekommenen in V 23 (vgl. 1,3).
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1. In V 22 (ECM 28–30) ist für καθαρᾶς καρδίας2 die Auslassung von Analyse καθαρᾶς als textkritische Alternative zu erwägen.3 Für eine Zufügung4 könnte sprechen, dass der 1Petr in stilistischer Hinsicht eine Vorliebe für das Homöoprophoron5 zeigt. 2. Manche Handschriften ergänzen διὰ πνεύματος hinter ἀληθείας.6 Dafür dürften vor allem theologische Gründe in Anschlag zu bringen sein. Schon Oecumenius7 reflektiert den Einschub und kommentiert: „Denn es ist auch möglich, im Bösen und in der Falschheit zu gehorchen, aber das geschieht dann nicht im Geist“8. 3. Die Ergänzung von εἰς τὸν αἰῶνα (V 23) in einigen Handschriften dürfte einen Ausgleich mit V 25 darstellen und als Ergänzung zu verstehen sein. 4. In V 23 können von der Grammatik her „die im Genitiv stehenden Partizipien ζῶντος und μένοντος sowohl θεός als auch λόγος näher bestimmen“9. Mit vielen Kommentaren wird auch hier ein Bezug auf λόγος als näherliegend beurteilt.10 Das Thema der ‚Heiligung‘11, das in VV 15–16 als Auftrag begegnete, Erklärung wird erneut aufgegriffen. Dabei schaut V 22 mit dem Part. Pf. ἡγνικότες 22 zunächst zurück.12 Die Heiligung13 konkretisiert(e) sich im „Gehorsam der Wahrheit“. Der Genitiv dürfte als gen. obj. zu verstehen sein; von daher ist auch eine Übersetzung bzw. Wiedergabe mit „Gehorsam gegenüber der Wahrheit“ denkbar. „Das Wort ist als Kürzel für die vielen Umschreibungen des geschenkten Heils zu verstehen, die der Brief bietet“14. Erneut stoßen Leser damit – nach V 2 (εἰς ὑπακοήν) und der Vorstellung von den Ein ἐκ καρδίας ohne qualifizierendes Adjektiv bietet im NT auch Röm 6,17. Elliott, Epistles 337, erklärt zur Darstellung der ECM: „… where brackets have now been removed from the text, the reading giving the shorter text … has been compensated for by the identification of that shorter text as a recommended alternative reading still worthy of consideration“. Die in der ECM gesetzten Punkte geben einen deutlichen Hinweis auf die erwägenswerte Alternative in Form einer Auslassung des καθαρᾶς (so jedenfalls der Text in 02 und 03). Zu bedenken ist dabei, dass Adjektiv und zugehöriges Nomen mit den gleichen Buchstabenpaaren beginnen und enden, was eine versehentliche Auslassung des Adjektivs nahelegen könnte. 4 Der Gebrauch von ἐκ καθαρᾶς καρδίας an anderen ntl Stellen (1Tim 1,5; 2Tim 2,22) kann das beeinflusst haben. Eine andere Zufügung erfolgt durch einen Korrektor von 01: καρδιας αληθινης. 5 Vgl. Schmidt, Mahnung 292 (mit weiteren Bsp. im 1Petr). 6 Vgl. ECM IV 1/1m 122 app. ad 1m22 (19 b-c). Auch einige altlat. Bibeltexte zeigen diesen Einschub; vgl. VL 26/1, 91. 7 Der Kommentar ist zeitlich Ende des 6. Jh. anzusetzen. 8 Dt. Text nach Merkt 127. 9 Kaiser, Rede 319 Anm. 114. 10 Vgl. u.a. Goppelt 132; Brox 87; Achtemeier 139f. 11 Schon das Präskript 1,1–2 läutet dieses Thema ein; vgl. vor allem auch 1,15f. 12 Vgl. Wagner/Vouga 49, nach denen die Partizipien in VV 22a.23 nicht auffordern, „sondern sie bezeichnen einfach den vorausgesetzten Status“. 13 Vgl. auch Jak 4,8; 1Joh 3,3. 14 Brox 86. 2 3
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τέκνα ὑπακοῆς in V 14 – auf die für den 1Petr zentrale Vorstellung von ‚Gehorsam‘15. Die Heiligung betrifft den ganzen Menschen; der Begriff ψυχή steht (wie bereits in V 9) als Ganzheitsbegriff. Die Heiligung ist ausgerichtet auf ein geglücktes Miteinander, das aus ganzem Herzen16 erfolgen soll. Es ist denkbar, dass die Vorstellung von der Reinheit17 an dieser Stelle von Röm 6,17 her eingetragen ist.18 Vielleicht liegt auch eine Angleichung an 1Tim 1,5 vor: „Das Ziel aber der Unterweisung ist Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben“19. Norbert Brox kommentiert hellsichtig und ernüchternd: „Das Verhalten allein garantiert nicht die Christlichkeit; es wird erst durch die Aufrichtigkeit echt. Die frühe Kirche muß es schon oft genug mit lauen oder raffinierten Simulanten zu tun gehabt haben.“20 Sieht man den „Gehorsam der Wahrheit“21 und die damit verbundene Heiligung als den Weg des Zum-Glauben-Kommens an, dann macht V 22 zugleich auf eine wichtige Konsequenz aufmerksam: „ungeheuchelte Bruderliebe“. Die φιλαδελφία gilt über biblische Texte hinaus als zentraler Wert der Antike.22 Die hier angesprochene Bruderliebe23 dürfte primär die Glaubensgeschwister im Blick haben (vgl. auch 1Thess 4,9; Röm
Vgl. Brox 86: „der „Gehorsam“ als bezeichnende Deutung des Glaubens“. Das „Herz“ ist nach biblischem Verständnis vor allem von der Relationalität her zu sehen; vgl. Janowski, Herz 39: „Dem Herzen kommt dabei die Hauptrolle zu, weil es der Ort der emotionalen, kognitiven und voluntativen Fähigkeiten und Bestrebungen im Innern des Menschen (Fühlen, Denken, Wollen) ist, das als Zentrum der Binnenmotivation und Innensteuerung fungiert.“ 17 Vgl. die textkritischen Anmerkungen oben. Zur „Reinigung“ in biblischen Texten vgl. u.a. Ex 19,10; Num 11,18; Jos 3,5; Spr 20,9; Joh 11,55; Apg 21,24.26; 24,18. 18 Vgl. den Exkurs bei Achtemeier 138. 19 Zur Vorstellung und zum Ideal eines „reinen Herzens“ vgl. auch Ps 24,4; 51,12; 73,1, vor allem aber Mt 5,8; vgl. außerdem Barn 8,3. 20 Brox 86. 21 Vgl. hierzu Goppelt 131: „‚Der Wahrheit gehorchen‘ ist … sachlich dasselbe wie dem Evangelium gehorchen, d.h. sich durch Glauben Gott zuwenden (1,21)“. 22 Dabei ist primär die geschwisterliche Liebe unter leiblichen Geschwistern im Blick. Plutarch führt mit seinem Traktat Περὶ φιλαδελφίας (Mor 478A – 492D) die damit verbundenen Ansprüche, Ideale und Erwartungen anschaulich vor Augen; vgl. dazu Betz, De fraterno amore; Pilhofer, Überlegungen 141f; Aasgard, Brotherhood; Harland, Dimensions 513. Es sind allerdings auch Beispiele für einen metaphorischen Sprachgebrauch in vielfältiger Gestalt auszumachen; vgl. dazu bes. Manns, morale 18f; Arzt-Grabner, Brothers, bes. 187.201–203; Harland, Dimensions. 23 Theodor K. Heckel spricht in seinem Kommentar konsequent von „Geschwisterliebe“ und „Geschwisterschaft“ (vgl. auch Wagner/Vouga 56; ebd. 138f: „Geschwistergemeinde“). Möge ihr Anliegen auf guten Boden fallen. 15 16
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12,10; Hebr 13,1; Jak 1,2; 2,1; 3,1 u.a.24; 2Petr 1,7)25. Die Bruderanrede/ Schwesteranrede gehört zu den besonderen Prägungen frühchristlicher Gemeinden und hat für das Selbstverständnis derselben zentrale Bedeutung.26 Doch auch in einer christlichen Gemeinde stehen Menschen in der Gefahr, sich gegenseitig etwas vorzumachen. Von daher ergehen die Erinnerung an eine „ungeheuchelte“ (ἀνυπόκριτος)27 Geschwisterliebe und der Imperativ, „einander aus [reinem] Herzen beharrlich (ἐκτενῶς)28“ zu lieben. „Die polare Anordnung der beiden Bestimmungen und ihre Verklammerung durch das Stilmittel der Anaphora (ἐκ-) kommen kaum von ungefähr; durch ihr rhetorisches Profil erweckt die Aufforderung ἐκ καρδίας ἀλλήλους ἀγαπήσατε ἐκτενῶς den Eindruck, mit Bedacht prägnant und behältlich formuliert worden zu sein.“29 Ein besonderes Anliegen des 1Petr kann in der Aufforderung erkannt werden, einander die ἀγάπη nicht vorzuenthalten30 (vgl. neben 1,22 auch 2,17: τὴν ἀδελφότητα ἀγαπᾶτε;4,8; vgl. auch 3,8; 5,14 und die Anrede mit „Geliebte“ [ἀγαπητοί] in 2,11; 4,12). „Beharrlich, dauerhaft, unablässig sollen die Briefempfänger einander lieben, weil ihrem Sein vom (göttlichen) Ursprung her die Qualität der (ewigen) Dauer eignet.“31 Im Blick ist dabei vor allem die Liebe zu den anderen ἀγαπητοί (2,11; 4,12), den Schwestern und Brüdern (ἀδελφότης in 2,17; 5,9).32 „Dass der 1. Petrusbrief … auf die Bruderliebe abhebt, fügt sich wiederum gut in die Bedrängnisthe Metzner, Jak 58, macht auf den häufigen Gebrauch im Jak aufmerksam und konstatiert: „Die Anrede stammt aus der jüdischen Tradition zur Bezeichnung für untereinander stammesverwandte Israeliten, ist aber auch im paganen Bereich für Volksgenossen, Freunde und Mitglieder religiöser Vereine belegt. Die Verbreitung der Anrede im christlichen Milieu dokumentiert das Selbstverständnis der Christusgläubigen als familia Dei“. 25 Vgl. für das Frühjudentum bes. TestXII, darin z.B. TestSim 4,7; TestIss 5,2; 4Makk 13,19. 26 Vgl. u.a. Aasgaard, Beloved Brothers; vgl. auch Pilhofer, Überlegungen. 27 Vgl. auch die in der Jesus-Überlieferung zu beobachtende, scharfe Anrede mit „Ihr Heuchler!“ (Mt 15,7; 22,18; 23,13; vgl. auch 7,5); dazu Konradt, Mt 243: „Menschen, die den Schein zu erwecken suchen, etwas anderes zu sein als sie sind“. Zur „ungeheuchelten“ Geschwisterliebe vgl. auch Martin, Metaphor 172f. 28 Das Adverb dürfte in der beschriebenen Weise zuzuordnen sein, nicht zum nachfolgenden Partizip. 29 Evang, Verständnis 113. 30 Vgl. bes. Schlosser, fraternité; Thorsteinsson, Christianity 198–201. 31 Evang, Verständnis 117. 32 Familien-Metaphorik, speziell Geschwister-Metaphorik, kommt im NT vor allem in pln und joh Theologie zum Einsatz. Zur Ausleuchtung metaphorischer Präzedenzen (vgl. hierzu Müller, Pflanzung 57–59 u.a.) ist allerdings nicht nur der atl Hintergrund zu bedenken; vgl. u.a. Arzt-Grabner, Brothers; Harland, Dimensions (mit zahlreichen inschriftlichen Beispielen aus dem Vereins- und Genossenschaftswesen der Antike). Harland, Dimensions 513, resümiert: „These Greco-Roman family ideals of solidarity, goodwill, affection, friendship, protection, glory, and honor would be the sorts of values that would come to the minds of those who drew an analogy of family relationships within group settings. When a member of a guild called a fellow ‚brother‘, that member was (at times) expressing in down-to-earth terms relations of solidarity, affection, or friendship, indicating that the association was a second home.“ 24
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matik ein. Die Mahnung zur Geschwisterliebe ist traditionell mit dem Aspekt der Stärkung der Binnenkohäsion verbunden, die insbesondere im Kontext einer Existenz als Minderheit mit einem spannungsgeladenen Verhältnis zur Umwelt bedeutsam ist.“33 In 1Petr 4,8 ist die Mahnung zur geschwisterlichen Liebe allerdings mit einem weiteren, vielleicht zunächst überraschenden Moment verbunden: „weil [die] Liebe eine Menge Sünden zudeckt“. 23 Die entscheidende Begründung für die in V 22 erhobene Forderung wird in V 23 nachgeliefert, gilt doch für alle Angesprochenen, dass sie sich mit ihrem „neuen Leben“ einer Wiedergeburt verdanken. Das bereits aus 1Petr 1,3 vertraute Thema einer neuen Zeugung/Geburt bzw. Wiedergeburt,34 die auf das Erbarmen Gottes zurückzuführen ist und eine lebendige Hoffnung zur Folge hat, wird damit noch einmal aufgegriffen und präzisiert. Der Same (σπορά)35, der die Neuzeugung und damit Neugeburt bewirkt36 hat, ist nicht „vergänglich“, sondern „unvergänglich“37; es ist Gottes lebendiges38 und lebenschaffendes39 Wort40, das Bestand hat und Bestand zusagt. Konradt, Jakobusbrief 28. Vgl. auch Evang, Verständnis 123: „Die durch äußeren Druck und entsolidarisierende Tendenzen im Innern bedrohte Lage der Gemeinden ließ es dem Verfasser als geraten erscheinen, die Mahnung zum Erweis gegenseitiger Liebe nicht in ihrer ‚Grundform‘ zu wiederholen, sondern sie in zwei akut problematischen Hinsichten zuzuspitzen und diese Zuspitzungen theologisch zu begründen.“ 34 Vgl. Kaiser, Rede 315: „Die Aussage in 1 Petr 1,23 knüpft mit dem erneuten Gebrauch von ἀναγεννᾶν – hier nun im Passiv – deutlich an die Metaphorik in 1 Petr 1,3 an“. 35 Vgl. in diesem Kontext TestRub 2,8 („Kraft des Zeugens“). 36 Vgl. auch Manns, théologie 136–140. Kaiser, Rede 316, bemerkt: „Im antiken Sprachgebrauch wird mit σπορά in erster Linie das Säen als Vorgang bezeichnet, erst nachgeordnet auch das, was gesät wird. Häufiger kommt σπορά außerdem in agrarischen Zusammenhängen vor, kann aber ebenso in Bezug auf menschliche Zeugungsvorgänge Anwendung finden“; das „resultative Perfekt der Verbform“ zeige (ebd.), „dass es nicht primär um das Ereignis der metaphorischen Neu-Zeugung der Adressierten selbst geht, das bereits zurückliegt, sondern vielmehr um dessen Folgen“. 37 Die Kontrastierung erinnert an vorausgehende Gegenüberstellungen; vgl. V 4 „unvergängliches Erbe“; V 18 „Vergängliches“ wie Silber oder Gold; zur Vergänglichkeit vgl. auch 1Petr 2,24f. 38 Manche Ausleger wollen die Partizipien ζῶντος und μένοντος auf „Gott“ beziehen und verweisen auf Verwendungen wie in Dan 6,27: „Wort des lebendigen, ewigen Gottes“; LaVerdiere, Ambiguity 91–93, u.a. plädieren (wie auch hier unternommen) für einen Bezug auf λόγος; vgl. auch Brox 87: „Bedeutung und Kontext der Phrase lassen aber am ehesten die Beziehung auf λόγου (Wort) zu.“ 39 Vgl. zu dieser Vorstellung auch JosAs 12,2: „… καὶ ὁ λόγος σου, κύριε, ζωή ἐστι πάντων τῶν κτισμάτων σου“. 40 Vgl. in diesem Kontext auch Jak 1,18: „Aus freiem Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit geboren, damit wir eine Erstlingsfrucht seiner Schöpfung seien“. Vgl. hierzu Popkes, Jak 127: „Anknüpfungspunkt ist die Konversion, die Lebensvermittlung durch Gott. Dieses Geschehen erfolgt durch das wahrhaftige bzw. Wahrheit schaffende Wort“; Metzner, Jak 86f: „Eine besondere Nähe besteht zu 1Petr 1,23, denn nur hier (und in Jak 1,18) ist das Wort als Wirkmittel der Geburt gedacht“. 33
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Gottes Wort wird auch unmittelbar im Anschluss zitiert und damit ver- 24–25 nehmbar, in dem anknüpfenden, begründenden41 Zitat aus Jes 40. Das zweite ausdrückliche Zitat42 des 1Petr liegt mit VV 24–25 vor. Das bereits aus 1,16 vertraute, begründende διότι43 leitet auch hier ein Zitat ein, das eine relativ ausführliche Wiedergabe von Jes 40,6–8 LXX darstellt: „Alles Fleisch ist wie44 Gras, und all [seine]45 Herrlichkeit ist wie die Blüte des Grases; das Gras verdorrt46, und die Blüte fällt ab; das Wort des Herrn aber bleibt in Ewigkeit.“ „Fleisch“ wird hier wie in der LXX als Hebraismus aufzufassen sein und steht für das, was vergänglich bleibt (vgl. bes. Ps 78,39). Dem Menschen wird – im Unterschied zu Gras und Blüte – seine Grundbefindlichkeit als vergänglich und sterblich auch bewusst. Im Vergleich mit dem LXX-Text fällt auf, dass der 1Petr ῥῆμα τοῦ θεοῦ ἡμῶν durch ῥῆμα κυρίου ersetzt hat.47 Das kann damit zusammenhängen, dass der κύριος-Titel in diesem Brief wiederholt auch auf Jesus Christus angewendet wird48 (vgl. 1,3; 2,3; 3,15),49 dessen Wort der Gemeinde als bleibend zugesagt wird. Wenn 1Petr 1,25b eine ausdrückliche Identifikation (τοῦτο δέ ἐστιν …) des Wortes des Herrn50 mit dem an die Adressaten verkündigten Evangelium vornimmt (τὸ ῥῆμα τὸ εὐαγγελισθὲν εἰς ὑμᾶς), so klingt dabei der Jes 40,6–8 nachfolgende V 9 an, in dem zweimal ἐυαγγελίζομαι Verwendung findet. Gleichzeitig erfolgt eine Rückbindung an die Evangelium-Verkündigung (vgl. den λόγος in 1,23), von der in V 12 die Rede war und die dort sogar den Neid der Engel weckt. Der Rückgriff auf die heiligen Schriften Israels erfolgt im 1Petr als Zitat einzelner Stellen, nicht im Blick auf ein ganzes Buch. Die in der Evangeliumsverkündigung vernehmbar werdende Christusbotschaft ist für den Autor des 1Petr der Ausgangspunkt „für das konsequente Verstehen der Vgl. zu diesem Zitat auch Kraus, Jesaja 13: „Doch gibt es Augenblicke, in denen (lyrische) Traditionen, die allgemein die Vergänglichkeit alles Irdischen und Menschlichen besingen, eine einschneidende, prophetische Aktualität bekommen. So in Jes 40,6–8“. Im Jesaja-Buch geht es um die Verheißung der Rückkehr Israels aus dem Exil; dieser Kontext spielt für die Verwendung in 1Petr 2,24–25 keine erkennbare Rolle. 42 Vgl. auch Müller, Schrift; vgl. außerdem Schutter, Hermeneutic 124–126. 43 Hübner, Theologie II, 392, kennzeichnet das hier verwendet διότι als „formula quotationis“. 44 Das gegenüber dem LXX-Text ergänzte ὡς wird von manchen Textzeugen ausgelassen. Durch dieses zugefügte ὡς wird aus der metaphorischen Prädikation des MT und der LXX im 1Petr ein Vergleich; vgl. dazu auch Moyise, Isaiah 176. 45 Die LXX spricht an dieser Stelle ausdrücklich vom Menschen, der 1Petr unternimmt mit αὐτῆς eine Rückbindung an σάρξ; damit ist der Text des 1Petr näher am MT. 46 Die Aor. Pass.-Form ἐξηράνθη kann als gnomischer Aorist verstanden werden. 47 Vgl. auch Danker, Consolatory Pericope 94. 48 Vgl. auch Jobes, Tradition 318. 49 Brox (89) ist (mindestens) für V 25 anderer Meinung, wenn er anmerkt: „unwahrscheinlich, daß κυρίου eine Christologisierung darstellt“. Vgl. allerdings – mit anderer Sichtweise – Schelkle (54), Best (96) oder Wagner/Vouga (59). 50 Dabei sei der Hinweis von Kaiser, Rede 323, bedacht: „Der Genitiv κυρίου kann dabei sowohl als genitivus subjectivus als auch objectivus verstanden werden“. 41
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christlichen Existenz auf der Grundlage dessen, was Gott seit jeher durch sein im Geist vermitteltes Wort bewirkt (vgl. 1,23f )“51 erschlossen hat, gilt doch für den 1Petr (1,25): „verbum Domini manet in aeternum“52. Das εἰς τὸν αἰῶνα (vgl. auch 4,11; 5,11) lädt dazu ein, dem Gott der Treue und seinem Wort Vertrauen zu schenken – für Zeit und Ewigkeit. Wirkungs Das Leben aus Gottes Wort und die Beheimatung in einer geschwisterligeschichte chen Gemeinde können als die beiden Schwerpunkte ausgemacht werden, die in der Auslegungsgeschichte von 1Petr 1,22–25 besondere Wirkung entfaltet haben. Die Aufnahme des Jesajawortes (40,8) in 1 Petr 2,24 hat schon in der alten Kirche eine vielfältige Rezeption im Kontext der Trauer gefunden. Neben Gregor von Nyssa mit seiner Grabrede auf Meletius oder Hieronymus ist auch die Totenklage der koptischen Kirche zu nennen.53 Besondere Wirkung hat freilich die Komposition „Ein deutsches Requiem“ (op. 45 1866/1868)54 von Johannes Brahms entfaltet; darin kommt es an zentraler Stelle zur Aufnahme und musikalischen Interpretation von Jes 40,6–8 bzw. 1Petr 1,24f.55 Brahms, der in Textauswahl und Vertonung seiner persönlichen Religiosität Ausdruck gibt,56 verstand diese Trauerkantate als musikalische Totenfeier. Darin nimmt der II. Chor „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“ die entsprechenden Schrifttexte, die er selbst in seiner Antwortsuche auf die existentielle Frage nach der Sterblichkeit57 zusammengestellt hat, auf. Brahms arbeitete ein zunächst komponiertes Herzer, Prophetie 22. Das Wort hat individualgeschichtlich und kirchengeschichtlich eine enorme Rezeption erfahren. Vgl. z.B. Iserloh, Fürstenreformation 221 (mit Blick auf das Jahr 1526): „Die evangelischen Stände, besonders die Städte, zeigten sich sehr selbstbewußt. Auf den Mänteln der Sachsen und Hessen und an ihren Quartieren las man die Losung: ‚Verbum Dei manet in aeternum‘“. Es bildet auch den Abschluss-Satz der Konstitution „Dei verbum“ (26) des Vat. II; dazu Hoping, Kommentar 804f: „Der abschließende Satz nimmt in leicht abgeänderter Form den Schluss des vom Einheitssekretariats vorgelegten Schema De verbo Dei auf. Verdeutlicht wird dadurch, dass die ganze Konstitution über die göttliche Offenbarung ein geistliches Ziel verfolgt. Durch das beständige Hören auf das Wort Gottes, das lebt und in Ewigkeit bleibt … soll es zu einer Erneuerung der Kirche kommen … setzt doch das Konzil über den Bereich der Kirche hinaus vor allem auf die innere Kraft des Wortes Gottes, den ‚unvergänglichen Samen‘, durch den wir wiedergeboren sind“. 53 Für Einzelbelege vgl. Merkt 134. 54 Eine erste Aufführung aller sieben Requiem-Teile erfolgte am Karfreitag 1868 in Bremen. 55 Vgl. zu diesem Werk bes. Heinemann, Brahms, bes. 62–71 (zur Aufnahme von 1Petr 1,24f ); Biba, Requiem. 56 Vgl. Biba, Requiem 13: „Innerhalb seiner Religiosität hat Brahms seine Position zum Leben und zum Tod gesucht – als Komponist naheliegenderweise innerhalb eines musikalisch-künstlerischen Projekts. Die gefundene Position hat er mit und in diesem Werk fixiert“. Vgl. auch Meiser, Brahms. 57 Vgl. auch Meiser, Brahms 295: Brahms „sucht nach solchen Texten, weil er in ihnen die Grundfragen nach Leid und Tod und nach deren Bewältigung radikal und scharf gestellt findet“. 51 52
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Scherzo in d-moll (op. 15) zum Chorstück aus, durch das Leid Tragende und Trauernde getröstet werden sollen; die Texte haben dabei meist Gebetscharakter. Die Aufforderung zur geschwisterlichen Liebe wird bereits in den frühesten Kommentaren zum 1Petr besonders hervorgehoben. So bemerkt Oecumenius zu V 22: „Das ist die Funktion der Bruderliebe, die auch unsere Nächsten zu Teilhabern des Guten macht, das wir gefunden haben.“58 Motiviert und bestärkt ist eine solche Lebensweise von dem lebendigen und lebenschaffenden Wort Gottes,59 dessen Treue auf ewig Bestand hat. Was nach 1Petr neues Leben und Dauer verleiht, ist (allein) das lebenspendende Wort Gottes.
Dt. Text nach Merkt 127. Zum ‚Bleiben‘ Gottes vgl. auch 1Joh 3,23f; dazu Klauck, 1Joh 225: „Der Glaubende und Liebende findet bei Gott seine Bleibe (μένειν), und Gott findet bei ihm eine Bleibe, oder, mit den Worten der alten Ausleger, ‚laß Gott dein Haus sein, und sei du Gottes Haus‘“ (Beda im Anschluss an Augustinus). 58 59
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6 Vernünftige Milch (2,1–3) Literatur: Achtemeier, Babes; Allen, Babies; Barbarick, Milk; Bosetti, Gustate 136– 141; Caulley, Chrestos; du Toit, expression; Francis, Adults; Jobes, Milk; Kamlah, Form 34–36.183–189; Martin, Christians; ders., Tasting; McCartney, λογικός; Müller, Hüften; Myers, Pater Nutrix; Tite, Nurslings; Tod, Epithets; Williams, Oracles.
1 Abgelegt habt ihr nun jede Schlechtigkeit und jede List und Heucheleien und Missgunst und alle üblen Nachreden; 2 wie gerade/neu geborene Säuglinge verlangt nach der vernünftigen, unverfälschten Milch, damit ihr dadurch wachst zur Rettung, 3 wenn/weil ihr geschmeckt habt, dass gütig (ist) der Herr. Mit 1Petr 2,1 ist eine erneute direkte Anrede der Adressaten auszumachen. Sie werden anhand eines Lasterkatalogs an zurückgelassene Wege erinnert. In ihrem Glaubensweg stehen sie allerdings noch „am Anfang“, wie die Metaphorik in V 2 zu verstehen gibt; sie haben noch mancherlei Entwicklung zu durchlaufen. Doch die entscheidende Wirklichkeit, der Kyrios (V 3), ist ihnen schon zuteilgeworden. Analyse 1. Der Anfang von Kapitel 2 stellt vor die bei der Auslegung des 1Petr wiederholt zu stellende Frage, wie ein Partizip1 wie das am Beginn von V 1 angemessen aufzulösen ist. Von einigen Auslegern wird ἀποθέμενοι2 als „ihr habt abgelegt“ gedeutet. Denkbar ist auch eine imperativische3 Wiedergabe, für die sich viele deutsche Übersetzungen (u.a. EÜ[2016]) entscheiden. Der in 1Petr 2,1 begonnene Satz wird in V 2 mit einem Imperativ weitergeführt (ἐπιποθήσατε), doch stellt sich die Frage, ob nicht eine Art Stufung bzw. Fortschritt erkennbar wird.4 2. Das dem Partizip am Beginn von V 1 folgende οὖν kann als „οὖνparäneticum“ verstanden werden; es „verbindet häufig eine systematischtheologische Erörterung mit einer sich daran anschließenden paränetischen Ermahnung, in der die Konsequenzen aus den theologischen Erwägungen aufgezeigt werden“5. 3. Der textkritische Überblick von ECM IV 1, 126 app. ad 2,3 (8a-b) macht auf eine bemerkenswerte Variante aufmerksam. „Die beiden ältes1 Zum Partizipien-Gebrauch im 1Petr und zu den Diskussionen um die Wiedergabe vgl. (oben) die Kommentierung von 1Petr 1,13. 2 Vgl. zur Verwendung von ἀποτίθεσθαι auch Röm 13,12; Eph 4,22.25; Kol 3,8; Jak 1,21. 3 Vgl. auch Goppelt 133; Schlosser 93f; Forbes, 1Peter 55; Wagner/Vouga 60: „Das Satzgefüge V. 1–3 beginnt mit einem auffordernden Partizip“. 4 Vgl. auch Snyder, Participles 193: „ἀποθέμενοι is, therefore, best understood as circumstantial, not as independent and commanding“; vgl. auch Schlosser 116. 5 Nauck, οὖν-paräneticum 134 (zum Anschluss von 2,1 an 1,22–25 [ebd. 135]); vgl. auch Bauer, Wörterbuch 1200 s.v.: „demnach“; „Folgerung aus dem Vorhergehenden“.
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ten Textzeugen (CS-Codex, dort freilich die koptische Entsprechung, und P 72) sowie einige wichtige Minuskeln und einzelne byzantinische Majuskeln lesen in V 3 Χριστός statt χρηστός. Dabei dürfte es sich wohl weniger um einen zufälligen Iotazismus als vielmehr um eine bewusste Identifikation des Kyrios aus dem Psalmzitat mit Christus handeln.“6 4. Manche Handschriften bieten in V 3 ein εἴπερ; vgl. u.a. א2 C P u.a. Dazu bemerkt Achtemeier: „A strong tradition … makes the εἰ a more emphatic εἴπερ („since indeed“), though the meaning of the original εἰ is unchanged“.7 Nach dem Zurücklassen (ἀποτίθεσθαι)8 mancher Schlechtigkeiten gilt es Erklärung für die zum Glauben Gekommenen nun9 – in der Gegenwart der Adres- 1 saten – , nach der vernünftigen, unverfälschten Milch zu verlangen (V 2).10 Im Blick sind mit V 1 die Adressaten und ihr Verhalten. In einem kleinen Lasterkatalog11 wird daran erinnert, dass sie ‚Schlechtigkeiten‘ aller Art hinter sich gelassen haben: „Abgelegt habt ihr nun12 jede Schlechtigkeit
6 Merkt 148; Merkt fährt fort: „Diese Gleichsetzung kommt auch da zum Tragen, wo wie in der armenischen Katene der Psalmvers auf die eucharistische Speise, den Christus in Brot und Wein, bezogen wird.“ Vgl. zu dieser Frage auch Caulley, Chrestos, bes. 380: „It was then only left to the scribe of P72 to make the word-play explicit by using the nomen sacrum ΧΡΣ“; ders., Title 195f: „In an ironic twist, several early NT manuscripts, and not a few later ones, substitute the word Χριστός for χρηστός in different passages. Given that the iota and the ēta were often pronounced alike, this confusion in Greek is understandable, but sometimes the substitution appears to be an ‚orthodox corruption‘. Reference to the wordplay Christos for chrestos can be found in Justin Martyr and in later writers“. 7 Achtemeier 143. 8 Vgl. zu diesem Verb Kamlah, Form 34f.183.200. 9 Nach Nauck, οὖν-paräneticum 135, steht der 1Petr für eine „konsekutive Ethik; eine Ethik, die aus dem gnädigen Handeln Gottes die Folgerung im Vollzug der Lebensführung zieht“. 10 In seinem Kommentar zum 1Petr aus dem Jahr 1898 zieht der englische Exeget F. J. A. Hort eine aufschlussreiche Linie von 1Petr 1,13 zum Beginn des zweiten Kapitels aus und übersetzt „gird up the loins of your mind“. 11 Vgl. zu den Lasterkatalogen Vögtle, Tugend- und Lasterkataloge; Betz, Lasterkataloge; Wibbing, Tugend- und Lasterkataloge; Williams, Works 234 u.a. Anschauliche Beispiele liefern Weish 14,23–27; 2Hen 34,1–2; 2Bar 73,4; 1QS 4,9–11; Philo sacr. 15.32; mut. 197; 4Makk 1,21–27; 2,15f; Test.Rub 3,3–8; Röm 1,29–31; 1Kor 5,10–11; 6,9–10; Gal 5,19–21; Mk 7,21f; Kol 3,5.8; Eph 5,3f; 1Tim 1,9f; 6,4f; 2Tim 3,2–5. Die Benennung lasterhafter Lebensweise kann in atl-jüdischer Tradition als Topos antiheidnischer Polemik gelten; vgl. Weish 14,24–26; Jub 25,1; TestNaph 3,3–4; TestJud 23,2; TestDan 5,5; TestBen 9,1; Philo spec. Leg III,22–25. Zur Einleitung des Lasterkatalogs vgl. auch Kamlah, Form 34.200; zu Lasterkatalogen in der Stoa vgl. auch Vögtle, Tugend- und Lasterkataloge 58–62; Wibbing, Tugend- und Lasterkataloge 15–20; Kamlah, Form 139–144. 12 Zum paränetischen οὖν vgl. auch Sandnes, Conventions 376f.
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(κακία)13 und jede List (δόλος)14 und Heucheleien (ὑπόκρισις im Pl.)15 und Missgunst (φθόνος im Pl.)16 und alle üblen Nachreden (καταλαλιά im Pl.)17“. Solche Lasterkataloge sind nicht allein in ntl Literatur aufzuspüren, sondern ein Stück Gemeingut antiker Literatur, vor allem in solchen Kreisen, die antreten, Menschen ‚Lebenswissen‘18 bzw. ‚Orientierungswissen‘19 zu vermitteln.20 Die benannten Laster sind ausgesprochen weit verbreitet und eher allgemeiner Art. Spezifisch christliche Ausprägungen21 sind hier (zunächst) nicht erkennbar. Auffällig sind die Plural-
Vgl. schon die Verwendung in Platon, Kratylos 415B3. Vgl. bes. Ps 31,2 LXX: „Selig der Mann, dem der Herr die Schuld nicht anrechnet und in dessen Mund keine Falschheit (δόλος) ist“. Vgl. außerdem in der LXX: Ps 31,2; Spr 12,5; 12,20; Jes 53,9; im NT: Mt 26,4; Mk 7,22; 14,1; Joh 1,47; δολοῦν in 2Kor 4,2. Despotis, Bekehrungserfahrung 354 Anm. 529, gibt den Hinweis, dass mit diesem Begriff von „Autoren auf das trügerische und böse Verhalten eines Menschen im Ganzen“ verwiesen wird. Für 1Petr fällt auf, dass ἄδολος in 2,2 Verwendung findet und dass sich nach 2,22 im Mund Christi kein δόλος fand (vgl. auch 3,10). 15 In 1Petr war von einer Heiligung gesprochen worden, die εἰς φιλαδελφίαν ἀνυπόκριτον führt; vgl. auch die Ausführungen zu dieser Stelle. 16 Zur Warnung vor φθόνος vgl. auch Ps-Phocylides VV 70–75; TestSim 3,2–3; vgl. auch Cicero, Tusc. IV,16–17; Plutarch, Mor 78B (Pl.). Zu φθόνος vgl. Opferkuch, Mensch 91–118. 17 Vgl. auch Jak 4,11: Μὴ καταλαλεῖτε ἀλλήλων ἀδελφοί. Vgl. hierzu Popkes, Jak 281; Metzner, Jak 237. 18 Vgl. u.a. Hirsch-Luipold, Leben. 19 Zum Verständnis von Philosphie als ἡ τέχνη περὶ βίον vgl. Plutarch, symp. I 613B. Einen umfangreichen Lasterkatalog bietet z.B. Maximus von Tyros, or. 5,7; vgl. auch die Bsp. in der Bildtafel des Kebes (19,5; 24,2). Zur ars vitae als Zielsetzung hellenistischer Philosophien vgl. u.a. Dietsche, Strategie 71–86; Hirsch-Luipold, Leben 101. 20 Vgl. vor allem epikureische und stoische (aber auch pythagoreische oder kynische) Autoren und Kreise in ihrem Bemühen, Gedanken, Entwürfe und Maximen zu vermitteln, die Lebensglück entdecken lassen oder zu bewahren helfen. Vgl. z.B. Epiktet, Diss. 4,1,63: „das Wissen, wie man lebt“; dazu Vollenweider, Lebenskunst 119: „Weiterhin repräsentiert Epiktet geradezu paradigmatisch die hellenistisch-kaiserzeitliche Popularphilosophie, die sich durch ihr besonderes Interesse an einer lebensweltlich handhabbaren Ethik auszeichnet und damit dasselbe Terrain bearbeitet, das auch die Ausbreitung der urchristlichen Religion begünstigt hat. Epiktet bietet eine besonders glaubwürdige und authentische Verkörperung der Philosophie als existentiell realisierter Lebenskunst“. Vgl. auch ebd. 130: „Auf dem weltanschaulichen Markt der frühen Kaiserzeit, einer für antike Verhältnisse hochgradig globalisierten Welt, bieten sich sowohl Philosophien wie Religionen als Führerinnen zur Lebenskunst und als Weg zum Glück an.“ 21 Wie die Auflistung von Götzendienst oder Hurerei; vgl. z.B. 1Kor 5,10f; 6,9; Gal 5,19–21. 13 14
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formen22; sie haben wohl damit zu tun, dass Heuchelei23, Neid24 und üble Nachrede in zahlreichen Varianten und Ausdrucksformen begegnen. Die Wendung ὡς ἀρτιγέννητα βρέφη („wie gerade/neu geborene Säuglin- 2 ge“) veranlasst dazu, die angebotene Übersetzung zu wählen. So wird die Vorstellung von einer neuen Geburt aufgegriffen (1,3; 1,23), die nun hinter den Angesprochenen liegt25, so dass sie wie Säuglinge nach einer entsprechenden Speise verlangen können, wozu der Imperativ ἐπιποθήσατε direkt auffordert. Die Wörter und Wendungen „neu geboren“, „Säuglinge“, „verlangen“, „Milch“ und „schmecken“ können dem selben Bildfeld26 zugeordnet werden; bildspendender Bereich ist die Ernährung von Säuglingen (βρέφος für den Säugling oder das sehr kleine Kind).27 Zwischen der Vorstellung einer ‚neuen Geburt‘ und einem nachfolgenden Stillvorgang ist offensichtlich ein gedanklicher Zusammenhang zu entdecken.28 Troy W. Martin hat in seiner Arbeit zur Metaphorik des 1Petr den wichtigen Hinweis gegeben, dass die am Anfang von Kapitel 2 aufgezählten Laster zunächst überhaupt nicht zu Kleinkindern passen.29 Durch den Lasterkatalog wird freilich die ‚semantische Impertinenz‘ (im Sinne Ricœurs) der Kleinkindermetaphorik verstärkt. Vgl. allerdings auch Gal 5,21 (Pl.); die übrigen Stellen, an denen das NT φθόνος verwendet: Röm 1,29; 1Tim 6,4; Tit 3,3; vgl. auch Phil 1,15; Jak 4,5 und die markante Stelle Mk 15,10 // Mt 27,18. Zu Mk 15,10 vgl. bes. Hagedorn/Neyrey, Envy. 23 Mit dem Begriff ὑπόκρισις ist eine Stichwortverbindung zum vorausgehenden Textabschnitt, in dem eine „ungeheuchelte (ἀνυπόκριτον) Bruderliebe“ (1,22) gefordert wurde, gegeben; vgl. dazu auch Dubis, 1Peter 42: „cognate linkage“. 24 Zu diesem Thema vgl. auch auch Hagedorn/Neyrey, Envy; Böttrich, Anatomie. Für die Bearbeitung in frühchristlicher Lit. ist bes. auf 1Clem 3 – 6 aufmerksam zu machen. Nach Böttrich (Anatomie 58) beschreibt der Begriff φθόνος „jene Spielart der Rivalität, in der sich das Begehren nach fremdem Gut mit dem Willen zu gezielter Schädigung verbindet“. Zur negativen Bewertung des Neids in jüdischer Tradition vgl. auch Weish 2,24; TestSim 3f; Philo spec. III,3; für das NT vgl. auch Mt 27,18; Phil 1,15; Gal 5,26. Für die Bearbeitung in der antiken Lit. vgl. u.a. Plut., De invidia et odio (Mor 536E-538E). 25 Vgl. auch van Unnik, Teaching 101: „Those who have come to the liberty of Christ have put away all wickedness, guile, hypocrisies, envies and evil-speaking (ii I)“. 26 Vgl. dazu u.a. Müller, Pflanzung 47f; Martin, Tasting. 27 Tite, Nurslings, gibt den wichtigen Hinweis, dass dabei nicht allein an die Mutter zu denken ist und liefert eine breite Darstellung zum Stillen und Aufziehen von Kleinkindern in der Antike; vgl. Nurslings 378: „Romans typically used wet nurses for the feeding and care of a newborn child“; vgl. auch Barbarick, Milk. 28 Vgl. auch Wyß, Milch 53; Feldmeier 83f. Martin, Christians 109f, meint (aus antiker Perspektive) sogar physiologische Gegebenheiten im bildspendenden Bereich ausmachen zu können, und konstatiert (110): „The milk that a newborn desires is the pure, undiluted, uncorrupted, wholesome milk that ‚comes in fully‘ a few days after the baby is born when the mother’s blood fully shifts from the uterus to her breast. This blood, or ‚logical, undiluted milk‘ from its mother’s blood, nourishes the baby and enables it to grow just as the mother’s blood did in her uterus.“; das führt Martin (Tasting) zu einer eucharistischen Deutung von 1Petr 2,3. 29 Martin, Metaphor 174f. 22
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Entsprechende metaphorische Prädikationen lassen sich über die hier untersuchte Textstelle hinaus auch in anderen Texten des Neuen Testaments – zu denken wäre vor allem an 1Kor 3,1–430 – aber auch in anderen Kontexten31 beobachten.32 Dabei sollten Ausleger mit einem breiten kulturellen33 Hintergrund34 und entsprechenden metaphorischen Präzedenzen rechnen. „Das Gegenüber von Milch und fester Speise zur Kennzeichnung unterschiedlicher Lehren verwendet vor allem Philo; vgl. Congr 19; Agr 9; Migr 29; OmnProbLib 160; Sobr 8 – 10; Som II,10. Auch Epiktet kennt das Bild von der Milch für die Anfangslehre, die einer aufbauenden Lehre gegenübersteht; vgl. Diss II 16,39; III 24,9.“35 Quintilian formuliert in seiner institutio oratoria: „Ja, ich möchte, dass auch die Lehrer es sich angelegen sein lassen, den noch zarten Geist nach Ammenart schön prall zu nähren und ihn sich gleichsam an der süßen Muttermilch unseres Faches satt trinken zu lassen.“36 Vielleicht ist in einem weiteren Sinn auch die Vorstellung von einer göttlichen Ernährung zu bedenken, wie sie bei Philo (her. 79; vgl. det. 85)37 oder in Joseph und Aseneth (vg. 8,5.9; 15,5; 16,16; 19,5; 21,21) anzutreffen ist38, zumal die „auf die Tora angewandte Milchmetapher, samt den sich daraus ergebenden Sekundärdeutungen auf Brüste, Stillende etc.“ ein „beliebtes Motiv innerhalb des rabbinischen Schrifttums“39 darstellt. Der Verfasser des 1Petr hat freilich eine ziemlich spezielle Milch vor Augen, nach der die Adressaten verlangen sollen: „verlangt nach der vernünftigen, unverfälschten Milch, damit ihr dadurch wachst zur Rettung“ (1Petr 2,2). Die Metaphorik wird deutlich anders eingesetzt als etwa bei
Vgl. dazu Müller, Pflanzung 45–63. Vgl. auch 1QH 7,20–22 oder OdSal 4,10; 8,15–18, bes. 16; 19,1–5; 35,5. 32 Auch Goppelt (134) spricht von traditioneller Metaphorik. Die Herleitung des Bildgebrauchs aus Einweihungspraktiken der Mysterienkulte, wie sie von Perdelwitz, Mysterienreligion, bes. 59; Best 97; Beare 115 u.a. unternommen wurde, dürfte unwahrscheinlich sein; vgl. dazu auch Achtemeier 146. 33 Vgl. auch von Bendemann, Diastase 63: „Nur auf der Basis einer fairen und offenen Begegnung mit dem Schatz hochreicher anthropologischer, kosmologischer, eschatologischer und theologischer Reflexion und Intellektualität, wie sie die Spätantike in griechischer und lateinischer Sprache bereithält, können dann auch die tatsächlich entscheidenden Differenzen in ein helleres Licht treten, und nur so kann auch theologisches Weiterfragen eine tragfähige Grundlage gewinnen.“ 34 Vgl. auch Francis, Adults 234: „The imagery of milk and of feeding/nourishing was widespread in the ancient world, including Jewish sources, as a description of Torah learning“; Tite, Nurslings 386. 35 Müller, Pflanzung 58. Vgl. (bes. zu Philo) auch Penniman, Milk 65–70.235–237; Kobel, Alma 251. 36 Quintilian, inst. II 4,5 (Übersetzung nach Helmut Rahn). 37 Vgl. auch Ostmeyer, Taufe 134 Anm.118. 38 Vgl. auch Barn 6,17: „Was bedeuten nun die Milch und der Honig? Das Kind wird zuerst mit Honig und Milch am Leben erhalten“; vgl. hierzu Prostmeier, Barn 278f. 39 Ostmeyer, Taufe 133. 30 31
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Paulus40 (oder auch in Hebr 5,12), der in 1Kor 3,1–4 die korinthischen Christen kritisiert, wenn er davon spricht, dass sie wie Kleinkinder ‚feste Nahrung‘ immer noch nicht vertragen können, sodass sie immer noch auf ‚Milch‘ angewiesen sind.41 Auch im 1Petr werden die Adressaten „als Kinder angesprochen (1,14; 2,2; 3,6), auch sie trinken Milch (2,2; vgl. Barn 6,17–19). Doch anders als bei Paulus ist die Kindheit keine zu überwindende Übergangsphase und Milch kein unvollkommenes Surrogat für Unmündige, die die eigentliche Speise noch nicht vertragen.“42 Zudem kann für den 1Petr auch der Gedanke der „Milchverwandtschaft“43 eine Rolle spielen, zumal die Adressaten auch als „Geschwister“ (ἀδελφότης in 2,17; 5,9; vgl. auch das Thema „Bruderliebe“ in 1,22; 3,8) und als „Kinder des Gehorsams“ (1,14) miteinander angesprochen werden. Die Metaphorik der Ernährung mit Milch wird in V 2 gezielt durchbrochen durch die Voranstellung der Adjektive λογικός44 („vernünftig, geistig“; vgl. auch Röm 12,145) und ἄδολος („ohne Trug, echt; unver-
Vgl. auch Gangel, Pictures 31; Francis, Adults 235: „Moreover the image of the child here is to be distinguished from both Paul and Hebrews since there is no pejorative contrast between childhood and maturity“; Jobes, Milk 2. 41 Vgl. zu dieser Bildlichkeit des Übergangs Entwöhnung von Milch/Ernährung mit fester Speise auch Epiktet, Diss. II 16,39; III 24,9. Vgl. dazu auch Vegge, Paulus 327: „Wie die Milch der Säuglinge von festerer Speise abgelöst wird, solle nach dem elementaren Lernstoff mit der Philosophie weitergemacht werden.“ 42 Ostmeyer, Taufe 130f; vgl. auch Taufe 204: „Die vielfach variierten Zeugungs-, Geburts-, Kindheits- und Wachstumsmetaphern bei Paulus und im IPetr sind nicht zufällig eingeflossene Ausschmückungen, sondern … stehen für die verschiedenen Phasen christlichen Lebens. Das Zusammenspiel von punktueller Neuwerdung und linearer Reifung findet sein Vorbild in der alttestamentlich-frühjüdischen Tradition … Gottes Tora ist für den, der aus ihr lebt, wie Muttermilch für einen Säugling (bTaan 7a; SifDev 321,9; SEZ 13,5; vgl. 1Petr 2,2)“; Jobes, Milk 2. 43 Vgl. zur Bedeutung der „Milchverwandtschaft“ in der Antike u.a. Tite, Nurslings 386 mit einem erhellenden Bsp. aus Plutarch, Marcus Cato Maior 20 („… Denn sie nährte ihn mit der eigenen Milch und nahm oft auch die Kinder der Sklaven an die Brust, um ihnen durch die Milchbruderschaft Liebe zu ihrem Sohn einzuflößen …“); Dasen, Construire 48–51. Zu den sieben Jungfrauen, die Aseneth umgeben, gehört auch ἡ σύντροφος αὐτῆς, die „sie mehr liebte als alle Jungfrauen“ (10,4; vgl. auch 18,8). 44 Vgl. hierzu McCartney, λογικός 128: „Classicists are familiar with this adjectival cognate of λόγος as usually having the meaning ‚rational‘ … It is frequent in the Stoics“ bzw. 131: „Most of the occurrences in Epictetus (33 times), Plutarch (55 times), Philo (160 times) and a scattering of others, are in contexts expecting ‚rational‘ or the like“. So kann Diog. Laert. VII 55 konstatieren: „… die Stimme des Menschen dagegen (im Unterschied zum Tier) ist artikuliert und hat ihren Ausgangspunkt im Verstand (ἀπὸ διανοίας), wie Diogenes sagt“. McCartney macht (λογικός 132) auf die „essential relationship between speech and reason“ aufmerksam, indem er auf Philo, LA 1,10,1, verweist und folgert: „the very common meaning of ‚rational‘ was often closely tied to the facility of speech“; vgl. auch Windisch 59; Reitzenstein, Mysterienreligionen 329f. 45 Vgl. Wolter, Röm II, 253–255. 40
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fälscht, rein“46, von daher auch „zuverlässig“).47 Durch den Gebrauch dieser nichtmetaphorischen Adjektive wird einerseits die ‚semantische Impertinenz‘ unterstützt.48 Die zugefügten Adjektive können andererseits auch als zusätzliche Hinweise genommen werden, den Ausdruck einer Interpretation zuzuführen, die das Bild von der Milch auflöst und nach entsprechenden Kontextbezügen Ausschau hält. Ins Auge springt dabei der Kontrast von ἄδολος49 zu δόλος in V 1.50 Häufig beobachtet wurde zudem die Aufnahme von λόγος aus 1Petr 1,23 durch λογικός.51 Naheliegend ist in diesem Fall auch ein Vergleich mit Röm 12,1,52 wo Paulus λογικός auf den von ihm geforderten Gottesdienst der Glaubenden anwendet.53 In der ausführlichen Diskussion um das Verständnis von λογικός wurde immer wieder der Versuch unternommen, einen Rückbezug auf 1Petr 1,22f zu erkennen, d.h. zum λόγος der Verkündigung54, von Martin, Christians 109, meint, das Adjektiv, ein ntl Hapaxlegomenon, hinsichtlich des bildspendenden Bereichs noch genauer fassen zu können: „The addition of the adjective ‚undiluted‘ (adolon) probably distinguishes this milk from the colostrum, a watery, milky substance that the breast emits a few days before and after birth, and other types of ‚corrupted‘ milk that are not fit for infant nutrition.“ Gegenüber der Voraussetzung solcher physiologischen Annahmen auf der Adressaten-Ebene scheint mir der Hinweis auf das im vorausgehenden Vers verwendete δόλος naheliegender. Die Vorstellung von „unreiner“ Milch (im Unterschied zur Muttermilch der je eigenen Mutter) vgl. auch Aulus Gellius, Attische Nächte XII,1.4–7.17f (der Favorinus als Zeugen hierfür anführt; vgl. dazu auch Myers, Pater Nutrix 87). Zum Stillen durch die Mutter vgl. auch Seichter, Erziehung 16–18; Donelson 57; Williams, Oracles 349: „This motherly role guarantees that the milk in question would be completely wholesome and uncotaminated (ἄδολος), thus positively impacting the character of the readers“. Williams kann auch von „purity without any mixture of contamination“ sprechen (ebd. 348) und hierfür zahlreiche Papyri mit Bezug auf landwirtschaftliche Produkte anführen. 47 Von verschiedenen Auslegern werden Bezüge zu Ps 33,9–17 LXX hergestellt; vgl. u.a. Ostmeyer, Taufe 132: „Zusätzlich motiviert sind die Termini durch LXX-Ps 33,9– 17. In der Wortwahl lehnt sich IPetr 2,1f. an den Psalm an“. Zur Schrift-Verwendung des 1Petr, insbesondere zu den Psalmen, vgl. auch Woan, Psalms; Müller, Schrift; Ådna, Zitate. 48 Vgl. dazu ausführlicher Müller, Hüften. 49 Nur hier im NT; zu den Hapaxlegomena des 1Petr vgl. auch den Einführungsteil (oben). Weish 7,13 verwendet ἀδόλως. 50 Vgl. auch Francis, Adults 241; Tite, Nurslings 388; Horn, Beitrag 418f. 51 Vgl. auch McCartney, λογικός 130; Francis, Adults 240; Tite, Nurslings 389; Klein, Bewährung 376f; Williams, Oracles 351. Eine interessante Beziehung zwischen Milch und Wort stiftet Quintilian in inst. Vorrede I,4f: „Vor allem darf die Sprache der Ammen nicht fehlerhaft sein, hat doch für diese Chrysipp, wenn möglich, philosophische Bildung gefordert, jedenfalls aber gewünscht, man sollte hierfür, soweit es die Verhältnisse erlaubten, die allerbesten Frauen auswählen. Und zweifellos hat auch hier die Rücksicht auf ihre guten Sitten den Vorrang; jedoch sollten sie auch einwandfrei sprechen! … So soll sich das Kind, zumal es das Sprechen erst lernt, nicht erst an eine Sprache gewöhnen, die es wieder verlernen muss!“ Zum Einfluss der Ammen auf die Entwicklung vgl. auch Tite, Nurslings; Barbarick, Milk 228–230. 52 Vgl. Zeller, Ethik 215f; van Kooten, Christianity, bes. 397.407. 53 Vgl. zum „vernunftgemäßen Gottesdienst“ in Röm 12,1–2 vor allem Wolter Röm II, 253–259. 54 Vgl. u.a. Francis, Adults 240; Kaiser, Rede 329. 46
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dem an dieser vorausgehenden Stelle die Rede ist. Doch bleibt diese Bezugnahme mit Unsicherheit behaftet. Deutlich wird jedenfalls, dass auch angesichts der Ernährung „mit vernünftiger, unverfälschter Milch“ ein Entwicklungsprozess55 anzustreben ist, der der σωτηρία (Zielvorstellung in 1Petr 1,9) entgegenführt. Goppelt drückt das so aus: „die Aufforderung, das Wiedergeburt wirkende Wort weiter zu hören und so zu einem Wachsen zu kommen“56. Weg und Ziel sind geprägt vom Geschmack an einer Speise besonderer Art, wie der nachfolgende V 3 verrät. Zum wiederholten Mal greift der Autor mit V 3 auf die heiligen Schriften 3 Israels zu; diesmal nutzt er das Buch der Psalmen. Fast der gesamte Vers ist ein Zitat (in diesem Fall ohne Zitationsformel eingebracht): ein Wort aus Ps 33,9 LXX.57 Bei weitem nicht alle Zitate und wörtlichen Übernahmen aus der Schrift werden vom 1Petr auch als solche gekennzeichnet.58 Zu diesen nicht-gekennzeichneten Zitaten, die im 1Petr den Großteil bilden, zählt auch 1Petr 2,3, eine Übernahme von Ps 33,9 LXX, wo es heißt: γεύσασθε καὶ ἴδετε ὅτι χρηστὸς ὁ κύριος.59 Besonders zu beachten ist dabei freilich der Wechsel vom Aorist Imperativ zum Aorist Indikativ sowie die Auslassung des ‚Sehens‘.60 Das Verb γεύεσθαι („kosten, schmecken; genießen, essen“) steht einerseits in Beziehung zur vorausgehenden Ernährungsmetaphorik. Andererseits betont es den Erfahrungsaspekt der hier in den Blick genommenen Entwicklung. Wer auf den Geschmack Vgl. auch Kaiser, Rede 329: „so wird auch den Adressierten durch ihr Begehren nach der ‚Wort-Milch‘ eine Entwicklung hin zum Heil (εἰς σωτηρίαν) in Aussicht gestellt“; Wagner/Vouga 62: „in der Grundtatsache, dass die Hoffenden alle ohne Ausnahme in einer Wachstumszeit sind, gibt es keine Unterschiede“. Vgl. außerdem Boring 93; Allen, Babies 364. 56 Goppelt 136. Vgl. auch Moule, Nature 6; Brox 91; Barbarick, Milk 239; Kaiser, Rede 329: „In gleicher Weise vehement, beharrlich und allein konzentriert auf die Milch, wie es die Neugeborenen sind, sollen also auch die Adressierten nach dem ‚Wort‘ verlangen, d. h. nach dem, was ihnen (vgl. 1,25b) als Evangelium verkündigt wurde.“ 57 Vgl. besonders Jobes, Milk; Bosetti, Gustate 136–141. Brox macht (93) darauf aufmerksam, dass der Autor „eine verständliche Vorliebe“ für Ps 34 habe: „Er spielt vielleicht schon im V 4 wieder auf ihn an und zitiert umfangreicher aus ihm in 3,10–12“. In seiner Kommentierung des Ps 34 in seiner alphabetisch-akrostichischen Struktur gibt Zenger (/Hossfeld), Ps 210–214, einen Hinweis (ebd. 211), der auch für die Rezeption in 1Petr in bes. Weise erschließend sein kann: „Diese Kunstform gibt einen wichtigen Deuteschlüssel: Der Psalm bietet sich angesichts der leidvollen Erfahrung gestörten und durchkreuzten Lebens als eine umfassende (der Psalm verwendet achtmal die Totalitätsangabe ‚ganz, all‘) Lebenslehre (‚von A bis Z‘) und als eine die auseinanderstrebenden Lebenssituationen ordnende (alphabetische Abfolge) Lebenshilfe an“. 58 Als unmarkiertes Zitat gilt hier (mit Klauck, Geschrieben 143) eine „wörtliche Übereinstimmung mit einem atl. Prä-Text über wenigstens einen Satz hinweg“, ohne dass dabei eine Zitationsformel Verwendung findet. 59 Vgl. auch Caulley, Chrestos 378: „1 Pet 2:3 has shortened the phrase and changed the verb to the past tense“. 60 Vgl. auch Jobes, Milk 9; du Toit, expression 223; Tite, Nurslings 387. 55
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gekommen ist,61 wird entdecken, dass der κύριος (bzw. χριστός) χρηστός62, also „brauchbar, gut“63 bzw. „gütig, freundlich, mild“64 ist.65 „Χρηστός ist in der LXX und in der frühjüdischen Literatur als Gottesprädikat geläufig, begegnet in der jüdischen wie in der sonstigen hellenistischen Antike, wie analog dazu die χρηστότης, aber auch verbreitet als positive Eigenschaft von Herrschern.“66 In 1Petr 2,3 ist das Adjektiv aus dem Psalm übernommen. Die Aufnahme des Psalmwortes (Ps 33,9 LXX) dürfte in Verbindung mit dem Bild der Milch stehen, das in 1Petr 2,2 verwendet wird – eine Milch, die in den Gläubigen einen Wachstumsprozess fördern soll, der zur Rettung führt. Auch hier (wie bereits in 1,25) ist der κύριος-Titel offen für die Anwendung auf Jesus Christus, wie die unmittelbar nachfolgenden VV 4–5 deutlich zu verstehen geben. Auf diese Weise entsteht ein Rückbezug zu 1Petr 1,13, den Karen H. Jobes so kommentiert: „Peter tells them in 1Pet 1:13 to set their hope fully on God’s grace in Christ. Thus the LXX quotation in 2:3 forms a conceptual inclusio with Peter’s exhortation in 1:13“67. 1Petr 1,13 mit seiner spezifischen metaphorischen Prädikation, die den Ausgangspunkt für die Überlegungen zu paränetischen Weisungen im Dienst der Identitätsbildung und –entwicklung bildete, wird damit noch einmal wachgerufen.
Vgl. zu dieser sprachlichen Wendung auch Perdelwitz, Mysterienreligion 65. Manche Ausleger beobachten in V 3 auch ein Wortspiel. Vgl. u.a. Perdelwitz, Mysterienreligion 66; Feldmeier, Wiedergeburt 91: „Aufgrund des Itazismus wurde wohl damals schon χρηστός und χριστός gleich ausgesprochen, der Satz konnte also zugleich als ‚Christus ist der Herr‘ und ‚der Herr ist gütig‘ gehört werden“; Dubis, 1 Peter 45. Vgl. auch die FN 6 im Analyseteil (oben). 63 Das Adjektiv konnte in der Antike auch im Bereich der Inschriften zur öffentlichen Ehrung eingesetzt werden. Williams, Words 59 Anm. 66, verweist auf: I.Smyrna no. 491; I.Laod.Lyk. no. 88; I.Tralleis no. 177; I.Ephesos no. 2253; I.Leros no. 12; IGR IV nos. 796; 801; vgl. auch den Beitrag von Tod, Epithets, bes. 1856: „χρηστός may denote goodness in action, goodness which finds an outlet in the service of those in the home or the community, helpfulness“. Zur Verwendung vgl. auch Becker, Lukas (mit Blick auf Lk 6,35; Eph 4,32 u.a.) 304. Erhellend sind auch die Verwendungen in Chariton, Kallirhoe 2,2,1; 2,11,6; 5,9,3. Eine verbale Variante findet in 1Kor 13,4 Verwendung: χρηστεύεσθαι. Vgl. auch χρηστότης in Röm 11,22; Tit 3,4. Zur Verwendung im Sinne von „rechtschaffen; tüchtig“ vgl. die Belege bei Konradt, Joch 15 Anm.45. 64 Vgl. die zahlreichen Belege bei Konradt, Joch 15 Anm.46. 65 Man könnte für den 1Petr durchaus von einem „Genießen/Verkosten“ der Chris tusbeziehung sprechen, eine Vorstellung, die in der spiritualitätsgeschichtlichen Wirkungsgeschichte Bedeutung gewinnt. Maier, Christians 111, gibt für den Gebrauch von Ps 34 (33 LXX) den Hinweis: „Early Christians sang this psalm or recited parts of it in the eucharistic liturgy (Apos. Con. 8.13; Cyril of Jerusalem, Catechetical Lecture 23.20 [= Mystagogic Catechesis 3.20]; Jerome, Letters 71.6).“ Martin, Tasting, möchte bereits für 1Petr 2,3 ein eucharistisches Verständnis annehmen und unternimmt massive Eintragungen (525): „They may be newborn babies now, but the Petrine author exhorts them to desire the flesh and blood of Christ in the Eucharist“. 66 Konradt, Joch 14f. 67 Jobes, Milk 10. 61 62
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Neuwerdung und Reifung stellen nach dem 1Petr bleibende Aufgaben Zusammendar. Einerseits sind die von Gott Neugezeugten/Wiedergeborenen mit fassung dem Kyrios beschenkt (V 3), andererseits bleiben sie Gefährdungen ausgesetzt (V 1). Hatte schon die Zielvorstellung in 1Petr 1,9 Entwicklungsprozesse in den Fokus genommen, so zeigt die Passage 2,1–3 auf, dass sich diese vor allem auch im konkreten Verhalten dokumentieren, das sich von der zurückgelassenen Vergangenheit abhebt. Glaubende sind immer wieder vor die Aufgabe gestellt, sich und ihr Ver- Wirkungs halten zu reflektieren und zu prüfen. Fehlentwicklungen und Fehlverhal- geschichte ten sind nicht nur Angelegenheiten einer Vergangenheit, die als „heidnische“ gekennzeichnet werden kann. Selbstprüfung bleibt eine beständige Aufgabe. Dazu diente z.B. die Reflexion der sog. „Todsünden“ oder vergleichbarer Lasterkataloge, die seit Evagrius Ponticus68 in der Frömmigkeitsgeschichte69, der Moraltheologie oder Pastoraltheologie70 wie auch in der darstellenden Kunst71 eine nicht unwesentliche Rolle gespielt hat. Schon früh hat der Abschnitt 1Petr 2,1–3 auch liturgische Verwendung gefunden. „In Jerusalem hörten in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts die Neugetauften in der Osterwoche mystagogische Katechesen, denen jeweils eine biblische Lesung vorausging. In zwei Fällen handelt es sich dabei um Perikopen aus 1 Pt: Die Verse 5,8–14 am Ostermontag (catech. myst. 1) und 2,1–10 am Sonntag nach Ostern (catech. myst. 5).“72 Die maßgebliche Figur in der Zusammenstellung der klassischen „7 Todsünden“ ist der frühchristliche, gebildete Mönch und Wüstenvater Evagrius Ponticus (345–399). Er entwickelte die Achtlasterlehre, in der folgende Fehlhaltungen benannt werden: Unmäßigkeit, Unkeuschheit, Habsucht, Zorn, Traurigkeit, Überdruss, Ruhmsucht, Hochmut. Johannes Cassian (360–435) gibt in seiner Schrift „Über die Grundsätze der Koinobiten und die acht Hauptlaster“ dazu Erklärungen und bewirkte eine Verbreitung ihrer Kenntnis in der weströmischen Christenheit. Das praxisorientierte System einer mönchischen Selbstanalyse wird auch von anderen übernommen. 69 Einflussreich wurden vor allem die Dichtungen des Prudentius (348–405), in denen er dem inneren Kampf von Tugenden und Lastern Ausdruck gab. Sein Hauptwerk ist die Psychomachia; in mönchischen Kreisen (und darüber hinaus) wurde dieses Werk zu dem Standard-Werk über innere, geistliche Kämpfe, die es mit Gottes Hilfe zu bestehen gilt. 70 Vgl. u.a. Bucher, Geiz (vor allem zu den Themen Neid und Missgunst [φθόνος]) 39–61, u.a. Vgl. auch AK Dalheim und AK Augsburg. 71 Seit den Dichtungen des Prudentius interessieren sich auch die Künstler in besonderer Weise für die Todsünden. Schon in mittelalterlichen Codices (vgl. z.B. St. Gallen) erfährt die Psychomachia Illustrationen. In späteren Generationen waren allegorische Darstellungen sehr beliebt. Bis heute beeindruckend und berührend sind die Umsetzungen eines Hieronymus Bosch, Alfred Kubin oder Otto Dix. Eine Reihe von sieben Skulpturen hat in jüngerer Zeit Ulrich Barnickel geschaffen; vgl. dazu AK Gotha 35–41. Auch die Film-Welt hat sich dieses Themas angenommen, vor allem der Thriller „Seven“ von David Fincher, in dem der Serienkiller seine Opfer nach den Todsünden auswählt. 72 Merkt 37. Zur Verwendung des Bildes von der Ernährung mit Milch vgl. auch Clemens von Alexandrien, paed. 1,49,3: „Denn wenn wir in Christus wiedergeboren wurden, so ernährt uns der, der uns wiedergeboren hat, mit seiner eigenen Milch, dem 68
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Allerdings geht die fünfte mystagogische Predigt des Cyrill von Jerusalem nicht auf den Text selbst, also auf 1Petr 2,1–10, ein. Das tut freilich Augustinus in sermo 35373 in die octavarum infantium in ausführlicher Weise.74 Schon Augustinus wittert bleibende Gefahren für die zum Glauben Gekommenen: „Handelt also entsprechend dieser Mahnung so, wie es der heiligen Kindschaft entspricht … Diese Unschuld müsst ihr so erhalten, dass ihr sie nicht verliert, wenn ihr heranwachst.“ In unseren Tagen ist 1Petr 2,2 in verschiedenen christlichen Konfessionen als Introitus des zweiten Sonntags der Osterzeit gesetzt. Der in diesem Vers dabei zitierte Ps 34(33)75 hat eine sehr weitreichende liturgische Rezeption erfahren.
Wort; denn es ist angemessen, dass jedes Wesen, das geboren hat, dem Geborenen sofort Nahrung bietet“ (Übersetzung nach der BKV-Ausgabe von Stählin); vgl. auch paed. 1,43,3; 44.1. 73 Der Abschnitt serm. 353 in PL 39, 1560–1561. 74 Eine dt. Übersetzung der entsprechenden Passage bietet Merkt 138. 75 Vgl. zur Bedeutung und Aufnahmen von Ps 34 auch Jobes, Milk; Woan, Use; Bosetti, Gustate.
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7 Priester im Ensemble (2,4–10) Literatur: Abernathy, Considerations; Berder, pierre 323–365; Best, Reconsideration; ders., Sacrifice; Blinzler, ΙΕΡΑΤΕΥΜΑ; Bosetti, proclamazione; Elliott, Elect 16–49; Ferguson, Sacrifice; Feuillet, sacrifices; Friedeman, Design; Gäckle, Priestertum 385–470; Giesen, Kirche; Goldstein, Volk; Hillyer, Imagery; Hiršs, Volk; Horrell, Unglauben; Hotze, Priesterschaft; Lambrecht, Grammar; Manns, maison; Minear, House; Müller, Steine; ders., Volk; ders., Gesinnungshüften 79–85; Prigent, 1 Pierre 2,4–10; Oss, Interpretation; Ryšková, Priesterschaft; Schröger, Gemeinde; Seland, Priesthood; ders., Strangers; Sevenster, Priesterschap; Siegert, Eckstein; Snodgrass, Formation; Steins, Priesterschaft; Wan, Repairing 294–301; Williams, Case Study.
4 Zu diesem kommt, dem lebendigen Stein, von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt als kostbar(er), 5 und lasst euch selbst als lebendige Steine aufbauen als ein geistliches Haus, zu einer heiligen Priesterschaft, um darzubringen geistliche Opfer, Gott wohlgefällige durch Jesus Christus. 6 Denn es ist enthalten in (der) Schrift: Siehe, ich setze/lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein, und wer vertraut (der Vertrauende) auf ihn wird niemals zuschanden werden. 7 Euch nun (ist zuteil) die Ehre, den Glaubenden, den Ungläubigen aber (ein) Stein, den die Bauleute verworfen haben, dieser ist zum Haupt (Obersten) der Ecke geworden, 8 und (ein) Stein des Anstoßes und (ein) Fels des Ärgernisses. Diese stoßen an, dem Wort nicht gehorchend, wozu sie auch bestimmt sind. 9 Ihr aber seid (ein) erwähltes Geschlecht, (eine) königliche Priesterschaft, (ein) heiliges Volk, ein Volk zum Eigentum, damit ihr verkündet die großen Taten/Wohltaten dessen, der euch aus (der) Finsternis gerufen hat in sein wunderbares Licht. 10 Die ihr einst Nicht-Volk (wart), (seid) jetzt aber Volk Gottes, die, die kein Erbarmen fanden, jetzt aber (sind sie bzw. seid ihr) solche, die Erbarmen gefunden haben. Mit 1Petr 2,4 setzt der Gebrauch einer neuen Metaphorik ein. Das bildspendende Feld von Kindern und deren Entwicklung wird verlassen; Stein-Metaphorik dominiert den Abschnitt 1Petr 2,4–10 – in christologischer und ekklesiologischer Anwendung. Es ist ein vermehrtes Maß an Schriftbezügen auszumachen, zum Teil mit ausdrücklichen Zitationshinweisen, zum Teil durch Anklänge, wobei die VV 4–5 „im Vorgriff auf die nachfolgenden Schriftzitate formuliert sind“1. Der Schluss der Perikope lässt sich dadurch abgrenzen, dass mit V 11 eine Anrede („Geliebte“) und eine Passage folgen, die den ekklesiologischen Schwerpunkt (zunächst) wieder verlassen.
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Analyse 1. Auch wenn in der oben gebotenen Übersetzung in V 4 eine imperativische Wiedergabe des Partizips προσερχόμενοι gewählt wurde,2 sei mit Merkt darauf hingewiesen, dass altlateinische Texte indikativisch wiedergeben, „und zwar im Perfekt, d. h. sie verstehen den Ausdruck als Feststellung einer schon geschehenen Ankunft beim lebendigen Stein, nicht als Aufforderung, zu ihm zu kommen.“3 2. Psalm 118 – zu beachten sind hier vor allem die VV 22–23 des Psalms – erfährt in frühchristlicher Literatur wiederholt eine markante Rezeption.4 Im Textabschnitt 1Pet 2,4–10 kommt es in V 4 zu einer Anspielung,5 die sich auf einige Wörter beschränkt, während Ps 118,22 in V 7 ausführlich zitiert6 wird. 3. Die Rede von einer „königlichen Priesterschaft“ erfährt in der exegetischen Diskussion unterschiedliche Akzentuierungen. „Die auch unter modernen Exegeten umstrittene Frage, ob βασίλειον in V 9 substantivisch im Sinne von ‚Königshaus‘7 und damit in Analogie zum geistlichen Haus in V 5 zu verstehen ist oder aber adjektivisch und damit als Attribut zu ἱεράτευμα, wird schon in der Antike unterschiedlich entschieden. In der lateinischen Tradition begegnet fast ausschließlich regale sacerdotium. In den bohairischen, sahidischen und armenischen Versionen des Ersten Petrusbriefes findet hingegen das substantivische Verständnis seine Bestätigung.“8 4. Ein weiterer Hinweis zur Übersetzung betrifft das Wort „kostbar“ in V 4, das hier als Adjektiv aufgefasst wird, nicht als Adverb. Eine Wiedergabe mit „wertvoll“, wie sie sich von τιμή her nahelegt,9 ist ebenfalls möglich.10 5. Einige Textzeugen (P72; א2; P u.a.) bieten in V 5 den Artikel vor θεῷ, was an der Bedeutung allerdings nichts verändert.11
Zur Diskussion vgl. auch Goppelt 141; Brox 96f; Bieder, pierre 326f u.a. Für ein indikativisches Verständnis entscheiden sich u.a. Best 101; Doering, Stock 254 Anm. 45; Wagner/Vouga 62f. 3 Merkt 151. 4 Vgl. Berder, pierre; Cahill, Cornerstone 347; vgl. auch 350: „The structure of the proverb involves two steps, first rejection, and then being chosen for a prominent position“; Weihs, Jesus 160ff. 5 So auch Berder, pierre 327.352. 6 Dabei sind die „Bauleute“ des Ausgangstextes (Ps 118,22) durch „Menschen“ ersetzt worden; vgl. dazu auch Berder, pierre 328. Die Zitation erfolgt – so Berder, pierre 334 u.a. – nach dem Text der Septuaginta (Ps 117,22 LXX). 7 So z.B. Brox 98.103. 8 Merkt 194. 9 Vgl. Achtemeier 155 Anm. 66. Brox (101) spricht sich dafür aus, τιμή in V 7 mit „Wert“ zu übersetzen. 10 So z.B. Heckel 100. 11 Vgl. auch Achtemeier 149. 2
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Hinsichtlich einer ekklesiologischen Spurensuche hat das zweite Kapitel Erklärung des 1Petr12 in der Auslegungsgeschichte und Theologie starkes Interesse gefunden, was leicht nachvollziehbar ist, wenn man sich den Text von 1Petr 2,4–10 vor Augen führt, doch darf nicht übersehen werden, dass die an 1Petr 2,1–3 rückgebundene, aber dennoch neue Texteinheit,13 auch für die Christologie im 1Petr von erheblicher Bedeutung ist. Durch V 4 wird deutlich erkennbar, dass mit dem Kyrios in V 3 Jesus 4 Christus gemeint ist. In diesem Fall kann das Partizip προσερχόμενοι, auf das wie in V 1 ein Imperativ folgt, dem vorausgehenden Beispiel in 1Petr 1,13 entsprechend14 imperativisch aufgelöst werden: „Zu diesem (kommend) kommt15, dem lebendigen Stein, von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt als kostbar(er)“. Der Abschnitt 2,4–10 ist von verschiedenen Varianten der Stein-Metaphorik geprägt. Zunächst kommt der bildspendende Bereich von Bausteinen zum Einsatz – in einer christologischen Aussage, die in einer vergleichbaren Weise auch an anderer Stelle im NT (vgl. vor allem Mt 21,4216; Mk 12,10; Lk 20,1717; Apg 4,11) anzutreffen ist. Der in V 3 benannte Kyrios wird in V 4 als „lebendiger Stein“18 (λίθος ζῶν)19 ge-
Vgl. u.a. Hotze, Priesterschaft, bes. 114: „Der Abschnitt 2,4–10 ist zweifellos der Schlüsseltext für das Verständnis von Kirche im Ersten Petrusbrief.“ Hotze, Priesterschaft 116f, bietet auch einen sehr differenzierten Gliederungsvorschlag; vgl. zur Ekklesiologie des 1Petr auch Müller, Steine. 13 Vgl. auch Berder, pierre 325. 14 Vgl. auch Goppelt 141: „mit dem als Imperativ gemeinten Partizip“; Brox 96f; Lambrecht, Grammar 303. Vgl. auch die oben (bei 1Petr 1,13) benannte Diskussion und die dabei angeführten Bsp. aus anderen Textbereichen des NT. Wagner/Vouga (62f ) erkennen keinen auffordernden Charakter des Partizips. 15 Nach Brox (95.97) geht es um „Parteinahme“; er bietet die Übersetzungen „geht zu ihm“ oder „stellt euch zu ihm/auf seine Seite“ an; vgl. auch ebd. 97: „Nicht im harmlosen Sinn von vertrauensvoller Hinwendung, sondern als ‚Parteinahme‘ für den verachteten Verworfenen ist das zu verstehen. Und in ihm … sollen die Christen sich wiedererkennen bzw. ihren Typos erblicken“. 16 Vgl. hierzu Konradt, Mt 335: „Dass der von ihnen verworfene Stein zum Eckstein geworden ist, blickt auf die Auferweckung des von ihnen getöteten Sohnes voraus, die Gott wirken wird: ‚Vom Herrn her ist er dieser (d.h. der Eckstein) geworden‘“. 17 Vgl. Wolter, Lk 648: „Diese Gegenüberstellung der Behandlung, die der ‚Stein‘ erst durch die ‚Bauleute‘ und dann durch Gott erfährt, nimmt Lukas später im sog. ‚Kontrastschema‘ der Missions- und Verteidigungsreden der Apostelgeschichte auf (vgl. vor allem die Erläuterung dieses Schemas durch dasselbe Zitat in Apg 4,10f sowie 2,23f; 3,13; 5,30; 10,39f; 13,28–30)“. 18 In rhetorischer Hinsicht handelt es sich um ein Oxymoron; vgl. auch Standaert, surprise 394 (das gilt auch für die metaphorische Prädikation, die in 2,5 die Adressaten in den Blick nimmt); Wagner/Vouga 63.64. 19 Zur Bedeutung einer vernetzenden Qualität des „lebendig“ vgl. auch die vorausgehenden Kommentierungen zu 1Petr 1,3 („lebendige Hoffnung“) und 1,23 („lebendiges Wort“); vgl. auch Müller, Gesinnungshüften. 12
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kennzeichnet.20 „Le qualificatif ζῶντα, ainsi que nous l’avons signalé, peut comporter une double connotation, indiquant à la fois que le Christ est vivant et qu’il donne la vie.“21 Dann wird in der Aufnahme atl Texte (Ps 118,2222; Jes 28,16)23 der Weg des Christus durch Ablehnung und Leiden zur Herrlichkeit bekenntnisartig24 zur Sprache gebracht: Menschen haben ihn verworfen (ἀποδεδοκιμασμένον Pf. Part. Pass. von ἀποδοκιμάζω „verwerfen, für unbrauchbar erklären“), Gott aber hat ihn auserwählt als kostbar(er) (ἔντιμος).25 Die Zuwendung und das Kommen zu ihm hat unmittelbare Auswirkung auf die Gemeinschaft. „By coming to him, his people celebrate his presence among them“26. 5 Der Autor des Schreibens geht in 1Petr 2,5 von einer zentralen christologischen Aussage zu einer ekklesiologischen über27, wenn die Adressaten in die von ihm aufgenommene und weiterentwickelte Stein-Metaphorik einbezogen werden. Der Imperativ (Pass.)28 οἰκοδομεῖσθε fordert die Angesprochenen auf, sich selbst (καὶ αὐτοί) als „lebendige Steine“29 zu
Zuweilen wird in diesem Zusammenhang auf eine Stelle bei Tacitus (Annalen 4,55) verwiesen, wo von einem Tempel in Halicarnassos gesprochen wird, der auf natürlichem Felsen (vivoque saxo) errichtet wurde; vgl. u.a. Spicq 83. 21 Berder, pierre 352. 22 Vgl. Lk 20,17 (im Kontext von 20,9–19 wie in Mk 12,1–12); vgl. auch Mt 21,42; Apg 4,11; Barn 6,4; vgl. ausführlich hierzu Berder, pierre. 23 Vgl. auch Oss, Interpretation 184–189; Weihs, Jesus 33–46. 24 Vgl. Weihs, Jesus 45: „Offensichtlich erkannte das Urchristentum in dem EcksteinWort einen Schriftbeleg, in dem das Verwerfungsgeschick Jesu und die anschließende Restitution und Verherrlichung durch Gott vorgebildet war.“ 25 Mit 1Petr 2,4 betreten wir, was den Schriftgebrauch angeht, das weite Feld der sog. „Anspielungen“. Vgl. ausführlicher Müller, Schrift; vgl. außerdem die Sammlung bei Schutter, Hermeneutic 37ff; Moyise, Isaiah, bes. 175: „The number of suggested allusions can run into the hundreds“. Zur Übernahme aus Jes 28,16 vgl. auch Spicq 83. 26 Minear, House 241. 27 Vgl. auch Brox 108; Brox kann auch von einer „Parallelisierung der Gläubigen und Christus“ in theologischer und paränetischer Hinsicht sprechen. 28 Eine ganze Reihe von Auslegern plädiert allerdings für eine indikativische Wiedergabe der Verbform. Vgl. z.B. Manns, maison, bes. 224; Seland, Priesthood 101; Dubis, 1 Peter 47f; Ryšková, Priesterschaft 231; Doering, Volk 95; ders., Stock 254: „I suggest that the form οἰκοδομεῖσθε in verse 5 is to be taken as an indicative in the medio-passive“; Forbes, 1 Peter 62 (mit Benennung zahlreicher Befürworter und Gegner dieser Position); Wagner/Vouga 63; Botner, Essence 412 Anm. 8. Zur Wiedergabe als Imperativ vgl. auch Goppelt 144 Anm. 28; Reichert, Praeparatio 110; Martin, Metaphor 180f; Metzner, Rezeption 176 Anm. 147; Schmidt, Kult 248f. 29 Vgl. zur vernetzenden Bedeutung von „lebendig“ (1,3: Hoffnung; 1,23: Wort; 2,4: Stein bzw. Christus) in diesem Kontext auch Blinzler, ΙΕΡΑΤΕΥΜΑ 53: „Diese Bedingung trifft nun auf die Christen zu, die durch die Taufe in den Besitz des Lebens im religiösen Vollsinn gelangten und sich durch ihr gläubiges Festhalten an Christus das Leben bewahren“; Brox 97. 20
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begreifen,30 die zu einem „geistlichen Haus“ (οἶκος πνευματικός)31 auferbaut werden (vgl. auch 1Petr 4,17: „Haus Gottes“).32 Das Pneuma ist dabei als die schöpferische Mitte des vom Geist erfüllten33 Hauses anzusehen.34 Hausbaumetaphorik ist in der antiken Literatur relativ häufig zu beobachten35 und Leserinnen und Lesern des NT vor allem aus pln Briefen vertraut, insbesondere was die Verwendung des Verbs οἰκοδομέω angeht. Das Bild vom Hausbau36 wird allerdings schon im soeben angesprochenen Vers 1Petr 2,5 verlassen bzw. neu akzentuiert; jetzt dominiert Tempel- bzw. Kultmetaphorik: Die Angesprochen sollen sich auch auferbauen lassen „zu einer heiligen Priesterschaft (εἰς ἱεράτευμα ἅγιον), um darzu Aufschlussreich ist vielleicht eine Stelle in den Briefen des Seneca (epist. 95,53): „Cohaereamus: in commune nati sumus; societas nostra lapidum fornicationi simillima est quae casura nisi inuicem obstarent, hoc ipso sustinetur.“; in der Übersetzung von M. Rosenbach: „Seien wir solidarisch: für die Gemeinschaft sind wir geboren; unsere Gemeinschaft gleicht einem Bogen aus Steinen, der zusammenbräche, wenn die Steine einander nicht stützten, und eben dadurch gehalten wird.“ Auch hier wird das Bild auf eine Gemeinschaft von Menschen bezogen, die als Steine angesprochen werden. Die stabilisierende Rolle von λίθοι ζῶντες kennt auch JosAs 12,2. Zur Aufnahme der Metaphorik von „lebendigen Steinen“ in der Theologie der Apostolischen Väter vgl. u.a. IgnEph 9,1; Magn 7,2. 31 Vgl. bes. Selwyn 281–285; Wan, Repairing 294–301. 32 Vgl. auch Wan, Repairing 300: „The architect of solidarity is none other than God, who is also the builder“. 33 Vgl. auch Schröger, Gemeinde 66–70.231f; Michaels 100: „‚Spiritual house‘ is a metaphor for the community where the Spirit of God dwells“; Manns, maison; Strack, Terminologie 362: „Das durch πνευματικός bezeichnete ‚Haus‘ ist das endzeitliche Haus Gottes, weil in ihm als dem geistlichen Haus der Geist Gottes herrscht (vgl. 1Kor 3,16)“; Selwyn 281–285; Achtemeier 155f; Mbuvi, Temple; Wan, Repairing 298. 34 Es ist in der gegenwärtigen Exegese dieser Stelle umstritten, ob mit „geistlichem Haus“ ein bzw. der Tempel gemeint ist; vgl. u.a. Seland, Strangers 95 (mit ausführlicher Kritik an Elliott [Strangers 97]). Elliott hat sich wiederholt in verschiedenen Arbeiten mit der Auslegung der hier untersuchten Textstellen beschäftigt; vgl. Elect, bes. 148– 198; ders., Home, bes. 168–170, und seinen Kommentar zum 1Petr, bes. 414–418. An einen Tempel dachten u.a. Blinzler, ΙΕΡΑΤΕΥΜΑ, Goppelt 144 oder Best 101f. Elliott und Brox (98) haben sich dezidiert gegen diese Lesart ausgesprochen. Gegenwärtig nimmt allerdings die Zahl der Stimmen zu, die erneut für eine „Tempel“-Lesart plädieren (auch im Kontext der Kult-Terminologie); vgl. u.a. Hiršs, Volk 31; vgl. auch Volk 113: „zu behaupten, dass die Vorstellung vom οἶκος τοῦ θεοῦ in 2,5 die Vorstellung vom ‚Tempel‘ subsumiert“; Feldmeier 90; Hotze, Priesterschaft 110.121; Guttenberger, Passio 32 Anm. 82; Doering, Volk 95 Anm. 67; ders., Stock 255; Cavin, Existence 26; Wan, Repairing 297f; Wan, Contest 171. Auch in der LXX ist οἶκος θεοῦ eine Möglichkeit, vom Jerusalemer Tempel zu sprechen. Vgl. dazu Tóth, Kult 198; Doering, Stock 255. Entsprechende Stellen sind in der LXX leicht auszumachen: 1Kön 9,1 (οἰκοδομεῖν τὸν οἶκον κυρίου); 1Chr 28,10–13; 2Chr 7,5 (τὸν οἶκον τοῦ θεοῦ); vgl. bes. Tob 14. 35 Vgl. u.a. Müller, Pflanzung 84–88; Lehmeier, Oikos. Zur Baumetaphorik in der Qumran-Literatur vgl. u.a. Maier, Bausymbolik. 36 Für Kleinasien kann im 1. Jh. eine ausgeprägte Bautätigkeit konstatiert werden. Vgl. Marek, Pontus 90–95, der für Pontus-Bithynien von einem „Bauboom“ (90) spricht und sich dabei neben den archäologischen Zeugnissen auf die Pliniusbriefe und Dion von Prusa bezieht. 30
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bringen37 geistliche Opfer, Gott wohlgefällige (εὐπροσδέκτους) durch Jesus Christus.“ Wir stoßen hier auf eine der markanten Stellen des NT, die Theologen späterer Generationen von einem „gemeinsamem Priestertum“ der Gläubigen sprechen lassen.38 Miteinander bilden die Glaubenden eine Priesterschaft39, die Opfer darbringt, allerdings in einem im Vergleich mit anderen Stätten der Gottesverehrung modifizierten Sinn: Es handelt sich um geistliche Opfer40 (πνευματικὰς θυσίας)41, geht es doch auch um ein „geistliches Haus“42. Ein anderer Aspekt kommt hinzu: Sie werden Gott dargebracht „durch Jesus Christus“43. Die geistlichen Opfer sind die dem Erwählungshandeln Gottes angemessene Antwort der Berufenen. Die Adressaten des Schreibens sind nach 1Petr 2,5 „zum Priesterdienst an der Welt (ἱεράτευμα Exod 19.6; 23.22 > 1Petr 2.5)“44 berufen, zu einer ausdrücklichen „Heiligung des Alltags“45. Der 1Petr bedient sich hier offensichtlich einer Formulierung des LXX-Textes von Ex 19,646, denn der hebräische Text spricht an dieser Stelle von einer „Herrschaft von Priestern“. Der Aorist Infinitiv ἀνενέγκαι gehört zu dem Verb ἀναφέρω „hinaufbringen, hinauftragen; darbringen“. 38 Vgl. auch Brox 108–110. 39 Vgl. auch Schüssler Fiorenza, Priester 83: „Eine adäquate Übersetzung von ἱεράτευμα muß also den dreifachen Bedeutungscharakter des Terminus, nämlich seinen personalen Bezug, seine aktiv-funktionale Bestimmtheit und seinen Gemeinschafts- und Kollektivitätscharakter zum Ausdruck bringen“; zum gemeinsamen Priestertum in 1Petr vgl. auch Müller, Priestertum; Gäckle, Priestertum. 40 Vgl. dazu ausführlicher Müller, Gesinnungshüften 76–85 sowie die Ausführungen zur Wirkungsgeschichte. 41 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Röm 12,1: „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, bereitzustellen eure Leiber als lebendiges, heiliges Opfer, Gott wohlgefällig, als euren vernünftigen Gottesdienst“. Vgl. dazu Gemünden/ Theißen, Logik 120f: Der „vernünftige Gottesdienst“ „… unterscheidet sich vom traditionellen Kult dadurch, daß in ihm keine Tierleiber getötet und geopfert werden, sondern Menschen ‚ihre Leiber‘ als ‚lebendige Opfer‘ zu Verfügung stellen – als Opfer, die gerade nicht getötet werden“; Wolter, Röm II, 253–255 (Exkurs „Der ‚vernunftgemäße Gottesdienst‘“) u.a. Zur Anwendung von παρακαλῶ (vgl. auch 1Petr 2,11; 5,12) bei Paulus (und darüberhinaus) vgl. Bjerkelund, Parakalô; Wolter, Röm II, 248f. 42 Vgl. auch Mbuvi, Temple 90–95. 43 Vgl. auch Hebr 13,15; bereits Calvin stellt in seiner Auslegung des 1Petr einen Bezug zu dieser Stelle her: „Nam similis loquutio habetur ad Hebraeos cap. 13,15 per ipsum offeramus hostiam laudis Deo. Idem tamen manebit sensus, quia per Christum offerimus, ut Deo sacrificium placeat“; (nach der Übersetzung von K. Müller:) „Ähnlich lesen wir ja im Ebräerbrief (13,15), daß wir durch ihn dem Herrn das Lobopfer bringen sollen. Der Sinn bleibt doch derselbe: denn wir bringen unser Opfer durch Christus dar, damit es dem Herrn wohlgefällig sei“. 44 Siegert, Christus 142–143. Vgl. zur Auslegung von Ex 19,6 u.a. Steins, Priesterschaft, bes. 36: „Wenn der Gotteswille in Israel vernommen und verwirklicht wird, ist … die ganze Welt davon betroffen … Wo Israel hört, ist es das heilige, priesterliche Volk unter der Königsherrschaft Gottes“, und die Arbeiten von Davies, Royal Priesthood; Gäckle, Priestertum 97–105. 45 So u.a. Frankemölle 37. 46 Der Ausdruck ἱεράτευμα begegnet in der LXX nur in Ex 19,6 und 23,22; in der übrigen griechischen Literatur ist die Wortbildung nach Auskunft der Kommentare nicht nachzuweisen. 37
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Die Ausleger, die sich primär mit der Auslegung des atl Textes beschäftigen, geben für diese Textstelle wichtige Hinweise, die es auch bei der Rezeption von Ex 19,6 im NT zu bedenken gilt: „‚Königreich/Königtum von Priestern‘/‚priesterliches Königreich‘ ist … zu verstehen als eine Metapher für die am Sinai konstituierte Beziehung zwischen Gott und Israel, die Israel zu etwas Besonderem in der Völkerwelt macht. Die Nähe zu Gott und die Auszeichnung Israels werden im Halten der Tora immer wieder aktualisiert und konkretisiert“.47 Manchmal ist bei der Auslegung eine traditionsgeschichtliche Nähe48 zu oder sogar Abhängigkeit49 von Qumrantexten konstatiert worden (vgl. vor allem 1QH 6,26; 1QS 8,4–10; 9,3–6), der hier nicht gefolgt wird. Das Bild vom Tempel gehört „zu den Grundlagen der Gemeinde“50 (4Q174 III,3ff )51, aber: Die „individuell-anthropologische Komponente ist eindeutiger bezeugt als die soziologische Anwendung, also die Beschreibung der Gemeinschaftsbildung als Tempelbau.“52 Es kann „auch für den 1Petr lediglich von der Rezeption ähnlicher Traditionsstränge gesprochen werden. Eine traditionsgeschichtliche Abhängigkeit läßt sich beim bisherigen Textbestand nicht aufweisen.“53 Steins, Priesterschaft 31. Vgl. auch ebd. 35: „Die strittige Formulierung מלכת כהנים/ ‚Königreich von Priestern‘ in Ex 19,6 bezieht sich weder auf die Priester als Sondergruppe im Volk noch erklärt die Aussage alle Israeliten zu Priestern im Sinne der Kultfunktionäre. Die Aussage hebt nicht die funktionale Differenzierung zwischen ‚Priestern‘ als Kultspezialisten und dem übrigen Volk auf … Das ‚Priesterliche‘ besteht in der Realisierung der Nähe Gottes, wie es auch Ex 24,3–11 in einmalig dichten Vorstellungen zum Ausdruck bringt.“ 48 Vgl. z.B. Goppelt 143 Anm. 24: „Das Bild von den Gliedern der Gemeinde als Steine findet sich schon in 1QH 6,26“; Doering, Stock 258–262. Doering benennt eine Reihe von Vergleichbarkeiten, kommt dann aber zu dem abwägenden Urteil (262f ): „direct dependence of 1 Peter on the texts from Qumran is unlikely. Yet, on the other hand, the remaining correspondences are so significant that one ought to assume either … similar building on the same foundation … or perhaps side-influence of oral tradition on 1 Peter“. 49 Vgl. z.B. Gärtner, Temple 75. Zur Diskussion um einen möglichen Einfluss von Qumran-Traditionen (vor allem in der Auseinandersetzung mit Flusser) vgl. auch Berder, pierre 348f; Regev, Community 630 (möglicher Einfluss). 50 Klinzing, Umdeutung 74; vgl. auch Müller, Pflanzung 102f; Warlde, Sacrificing 109f; Gäckle, Priestertum 194–197. 51 Vgl. dazu Maier, Bausymbolik 104f, sowie sein Urteil ebd. 106: „Eine Übertragung der Tempelbau-Symbolik und des priesterlichen Selbstverständnisses auf die Gesamtheit mögen manche Textpassagen auf den ersten Blick nahelegen, dies ist aber nicht nachweisbar.“ 4QMidrEschata III,6–7 (4Q174 III,6–7) spricht immerhin von einem Heiligtum aus Menschen und den durch diese Gemeinschaft dargebrachten Rauchopfern des Dankes; vgl. auch Regev, Community 613–615. 52 Maier, Bausymbolik 62; vgl. auch 106. 53 Strack, Terminologie 365. Vgl. auch Doering, Volk 99: „… ist direkte Abhängigkeit des 1Petr von Texten aus Qumran unwahrscheinlich. Doch zugleich sind die Entsprechungen so dicht, dass man meines Erachtens eins von beiden annehmen muss: entweder – um im Bild zu bleiben – ähnliches Weiterbauen auf demselben Fundament, vermutlich vermittelt über eine ähnliche Hermeneutik; oder Quereinfluss mündlicher 47
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Als atl Grundlage des Sprachgebrauchs von 1Petr 2,5.9 ist neben Ex 19,654 auch Ex 23,22 zu bedenken. In beiden Fällen liegt ein metaphorischer Sprachgebrauch vor. Im Blick ist dabei die Aussonderung des Volkes für JHWH, die Betonung und Bewahrung der Heiligkeit als ein dem Herrn gehöriges Volk55 und eine „priesterliche“ Funktion für die Umgebung des Volkes Israel56, primär in der Gestalt der Verkündigung, wie eine Stelle aus Tritojesaja nahelegt, wenn es dort ( Jes 61,6) heißt: „Ihr alle aber werdet ‚Priester des Herrn‘ genannt, man sagt zu euch ‚Diener unseres Gottes‘“57. Angesprochen wird dabei – hier wie dort – das Volk insgesamt, denn es „liegt im jüdischen Erwählungsglauben begründet, dass das individuelle Selbstbewusstsein sich vorrangig im Rahmen des kollektiven Bewusstseins ausbildet.“58 Das wird auch für die ntl Textstellen zu bedenken sein; auch hier werden die Glaubenden von Gott selbst zu einem priesterlichen Ensemble gemacht59, zu einem Volk, dessen König Gott selbst ist. Der Ausdruck ἱεράτευμα (V 5 und V 9) kennzeichnet schon in der LXX „die Priesterschaft als Körperschaft, nicht als Funktion“.60 Das Wort wird auf ein Kollektiv bzw. Ensemble bezogen.61 Das bedeutet für die Interpretation von 1Petr 2,5.9, dass es hier weniger oder gar nicht um eine Tradition, der anderswo für den 1Petr durchaus belegt ist, so für die Henoch-Überlieferung in 3,19f“; Christiansen, Election, bes. 58 (im Blick auf die Verwendung von Jes 28,16 und Jes 8,14); Regev, Community 609f.629. 54 Vgl. hierzu Schröger, Gemeinde 78–83; Sänger, Amt 651. 55 Vgl. auch Brox 104f. Gäckle, Priestertum 595, hebt „die Eigenschaften der Unmittelbarkeit, Entsprechung und Zugehörigkeit zu und der Heiligkeit und Integrität vor Gott“ hervor; vgl. auch ebd. 608.612. 56 Vgl. auch 2Makk 2,17: „Gott hat sein ganzes Volk gerettet und allen das Erbe und die Königsherrschaft und das Priestertum und die Heiligung verliehen“; Philo, Abr. 56: βασίλειον καὶ ἱεράτευμα καὶ ἔθνος ἅγιον – „Man muss ferner auch beachten, dass er [Moses] den ersten Menschen, den Erdgeborenen, als den Vater der Menschen vorführt, die bis zur Sintflut gelebt haben, und den, der allein mit seiner ganzen Familie wegen seiner Gerechtigkeit und der übrigen Tugendhaftigkeit aus jenem Verderben gerettet wurde, als den Vater des wiederum sich verjüngenden neuen Menschengeschlechts, diese verehrungswürdige und bedeutsame Dreiheit aber als die Ahnen eines Geschlechts, das ‚Königreich und Priestertum und ein heilig Volk‘ (2Mos19,6) in der hl. Schrift genannt wird“ (Übers. J. Cohn); sobr. 66: βασίλειον καὶ ἱεράτευμα θεοῦ – „Dieser [ Jakob] ist der Stammvater der zwölf Stämme, welche die hl. Schrift ‚Königsresidenz und Priestertum Gottes‘ … entsprechend diesem Zusammenhange mit ihrem Ahnherrn Sem nennt, in dessen Häusern, – so stand es im Segen, – Gott Wohnung nehmen sollte; die ‚Königsresidenz‘ ist ja doch wohl das Haus des Königs, das wirklich heilig und allein unverletzlich ist“ (Übers. M. Adler). Zu Philo vgl. vor allem die Arbeit von Seland, Strangers. 57 Hierzu vgl. auch Schenker, Königreich; ders., Priestertum. 58 Maier, Bausymbolik 52. 59 Vgl. auch Offb 1,5b-6; 5,9–10; 20,4–6. Die Apokalypse betont beim Werden und Kennzeichnen der „Priester für Gott“ das Handeln Jesu Christi. So können die Glaubenden in Offb 20,6 auch „Priester Gottes und Christi“ genannt werden. Schreiber, Könige 237, spricht von einer „Würdebezeichnung für die Christus-Anhänger“. 60 Hiršs, Volk 30. 61 Vgl. auch Brox 104; Feldmeier 90.
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„personale Wesensbestimmung des einzelnen Christen“62 geht, was allerdings in der Rezeption der Textstellen häufig weniger bedacht wurde und wird. „In metaphorischer Sprache werden die Adressaten, und zwar im kollektiv-korporativen Sinn, ihrer Erwählung (1,1; 2,4.6.9; 5,10.13) und Heiligkeit (1,15f.; 2,5f.9; 3,2) versichert. Dazu bedient sich der Autor des Bildinventars aus Ex 19,6, das weder dort noch hier eine buchstäbliche und individualisierende Deutung erlaubt.“63 Die Stärke des Bildes besteht vor allem darin, dass den Einzelnen in der Gemeinschaft Würde, eine besondere Gottesbeziehung, der Zugang zum Geheimnis Gottes und damit verbunden auch ein Auftrag in der Welt zugesagt werden. Wie sehr die Ekklesiologie des 1Petr von einem gesättigten Selbstbewusstsein geprägt ist, lässt vor allem der über den Begriff ἱεράτευμα an V 5 angeschlossene V 9 erkennen, der für das gesamte Schreiben von zentraler Bedeutung ist. Das Adjektiv „lebendig“ in der Aufforderung „Lasst euch als lebendige Steine auferbauen zu einem geistlichen Haus!“ (V 5a) stiftet über die Steinmetaphorik in V 4 (Christus als lebendiger Stein) hinaus eine enge Beziehung zu all den Stellen des 1Petr, an denen von Leben und Lebendigkeit die Rede ist (vgl. 1,3 im Blick auf die Hoffnung und 1,23 im Blick auf den λόγος Gottes) und damit vor allem zwischen Christus64 und den auf ihm Erbauten.65 Darauf ist in der Forschung zum 1Petr verschiedentlich aufmerksam gemacht worden, vor allem, was die Zufügung von Adjektiven angeht; „when the word or phrase is one which could be taken literally but is meant by the author to be taken figuratively, it is accompanied by one or more adjectives, or by a qualifying phrase, designed to make clear the author’s intention and to indicate how the figure is to be taken.“66 Die Adjektive oder sonstigen Beifügungen können also als Hinweise auf den übertragenen Sprachgebrauch und damit als Signal zur Interpretation67 metaphorischer Prädikationen verstanden werden.68 Für die hier
Sänger, Amt 656. Sänger, Amt 656. Zu den „korporativen Kategorien“, die „das Selbstverständnis der Gemeinden als solcher zu heben vermochten“ vgl. Brox 107. 64 Vgl. dazu u.a. Blinzler, ΙΕΡΑΤΕΥΜΑ 53; Brox 97; Feldmeier 90: „an der Lebendigkeit Christi Anteil erhalten“. 65 Vgl. auch Gangel, Pictures 33; vgl. außerdem Wenschkewitz, Spiritualisierung 225, der darauf hinweist, dass ζῶν „von Christus auf die Glieder der Gemeinde übertragen“ wird. Das unterstützt die Übertragung der Stein-Metaphorik im Übergang von V 4 zu V 5. 66 Achtemeier, Babes 224. Vgl. schon Best, Reconsideration 292: „In the first place the qualifying word or phrase alerts us to the fact that the noun is being used in a sense other than the literal“; Best macht dabei in besonderer Weise auf πνευματικός in 1Petr 2,5 aufmerksam. In ähnlicher Weise äußert sich Klinzing, Umdeutung 194f. 67 Ausführlicher dazu Müller, Gesinnungshüften. 68 Vgl. auch Goppelt 141. 62 63
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in den Blick genommenen Beispiele69 konstatiert Klinzing: „λογικός wird 2,2 … in ähnlicher Weise wie πνευματικός und ζῶν zur Kennzeichnung einer übertragenen Bedeutung gebraucht“70. 6 Im zweiten Kapitel des 1Petr werden, was sich bereits im vorausgehenden ersten Kapitel beobachten lässt, zentrale theologische Aussagen mit Zitaten aus der „Schrift“71 in Beziehung gebracht, wenn V 6 formuliert: „Denn es ist enthalten (περιέχει) in (der) Schrift (ἐν γραφῇ): Siehe, ich setze/lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein (ἀκρογωνιαῖον), und der Vertrauende auf ihn wird niemals zuschanden werden.“ Die ‚Schrift‘ (ἡ γραφή; vgl. Joh 2,20; 10,35; 13,18; Apg 1,16 u.a.) enthält (περιέχει) Worte, so gibt V 6 ausdrücklich zu verstehen, die dieses Schreiben als Bestandteil des theologischen und paränetischen Reflektierens und Argumentierens nutzt. Im Fall von V 6 geht es konkret um Jes 28,1672. Dabei zeigt sich der 1Petr auffälligerweise am LXX-Text und am MT-Text73 orientiert. Betrachtet man den gesamten Text des Schreibens, so ist in diesem Textabschnitt 1Petr 2,4–10 eine ausgesprochen starke Dichte an atl Zitaten und Anspielungen zu verzeichnen, was sich insbesondere in den ekklesiologischen Vorstellungen niederschlägt. Zunächst lässt das Stichwort „Zion“ aufhorchen.74 Wenn es unerklärt im Rahmen des Zitats begegnet, dann muss der Verfasser eine entsprechende Sachkenntnis bei den Adressaten voraussetzen können, die in diesem Wort die Stadt Jerusalem wiedererkennen (können). V 6 bietet eine neue Variante innerhalb der Möglichkeiten75, ein Schriftzitat ausdrücklich zu markieren; zudem wird hier erstmals und im Es lassen sich als weitere Beispiele im 1Petr benennen: die Kennzeichnung der Adressaten als „Kinder des Gehorsams“ (1,14) oder „Sklaven Gottes“ (2,16), die Rede vom „erwählten Stein“ im Blick auf Christus (2,4) oder die Vorstellung vom „wunderbaren Licht“ (2,9), in dem sich die Angesprochenen vorfinden. 70 Klinzing, Umdeutung 195. Vgl. auch Michaels 100: „πνευματικός like λογικόν in v 2, characterizes the word it modifies as metaphorical, but in a distinctly Christian sense“. 71 Vgl. dazu auch Müller, Schrift. 72 Zur Aufnahme bei Paulus vgl. auch Röm 9,33; 10,11; hierzu Wolter, Röm II, 100– 102.127. Für die Aufnahme im 1Petr vgl. bes. Berder, pierre 331–334; Williams, Case Study 42–45. 73 Vgl. auch Woan, Psalms 215–217; Williams, Case Study 43f; Ådna, Zitate 243f; Koch, Quotations 229: „On the whole, the text of Isa 28,16 line 1 in the NT quotations is closer to the Hebrew text than the LXX … Lines 5 and 6 are virtually identical in the LXX and NT quotations“ (für Röm 9,33 und 1Petr 2,6); vgl. hierzu auch Doering, Rezeption 128: „Abhängigkeit des 1Petr von Röm 9,33 wird in der Regel mit Hinweis darauf abgelehnt, dass der 1Petr vollständiger aus Jes 28,16 zitiert und eine andere Konfiguration der Jesaja-Zitate mit Zwischenschaltung von Ps 118 [117],22 bietet“. 74 Vgl. gewichtige Zionstexte wie Jes 2,3; 52,1–10; 54,1–10; 66,7–14; Jer 31,7–14; Ps 48; Ps 76; Ps 84; Ps 132. Schon in Ps 87 steht die Gründung auf „Zion“ für die Offenheit für die Völker. Wenn für den 1Petr mit einer mehrheitlich heidenchristlichen Adressatenschaft zu rechnen ist, gewinnt diese Perspektive besonderes Gewicht. Vgl. auch Sir 36,19. 75 Vgl. auch Müller, Schrift. 69
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1Petr einmalig das wichtige Stichwort γραφή verwendet: διότι περιέχει ἐν γραφῇ. Bereits in dem unmittelbar vorausgehenden V 4 kommt die im NT häufiger aufgegriffene und christologisch interpretierte Vorstellung von einem Stein zur Sprache, der von den Menschen verworfen, von Gott aber auserwählt wurde. Die Verse VV 6–7 binden diese Vorstellung begründend (διότι)76 zurück an (mindestens zwei) Schrift-Texte, die im NT auch an anderen Stellen in vergleichbarer Weise kombiniert werden.77 Zunächst erfolgt in V 6 eine Zitation von Jes 28,16, die den atl Text allerdings verkürzt und mit einigen sprachlichen Veränderungen wiedergibt: Die Vorstellung von einem λίθον … ἐκλεκτὸν ἀκρογωνιαῖον ἔντιμον ist – wenn auch in veränderter Wortfolge – im Wortlaut übernommen. Der zweite Teil des Zitats aus Jes 28,16 stimmt wörtlich mit dem LXX-Text überein: καὶ ὁ πιστεύων ἐπ’ αὐτῷ οὐ μὴ καταισχυνθῇ. In einem kontrastiven Bild78 bezieht der 1Petr im unmittelbar anschließenden Vers den christologisch interpretierten Ps 117,22 LXX auf die Nichtglaubenden: λίθος ὃν πεδοκίμασαν οἱ οἰκοδομοῦντες, οὗτος ἐγενήθη εἰς κεφαλὴν γωνίας („der Stein, den die Bauleute verworfen haben, dieser wurde zum Eckstein“)79. Durch ein καί am Beginn von V 8 und das Stichwort λίθος wird ein weiteres Schriftwort angeschlossen, das die „anstößige“ Rolle Jesu Christi für die Nicht-Glaubenden anschaulich vor Augen stellt; er wird zum λίθος προσκόμματος καὶ πέτρα σκανδάλου („Stein des Anstosses und Fels des Ärgernisses“), Wendungen80, die in Jes 8,14 eine vergleichbare Anwen-
Vgl. Williams, Case Study 43, die darauf hinweist, dass διότι „indicates that they provide the reason for what has preceded them (1 Pet 2:4–5)“. 77 Vgl. auch Röm 9,33; Mk 12,10; Lk 20,17f; vgl. außerdem Apg 4,11; Eph 2,20; Barn 6,2.4. In diesem Zusammenhang vgl. auch Elliott, Elect 45: „common christian tradition“; Goldstein, Volk 282: „Es gab eine feste Überlieferung in der christologischen und – vielleicht auch – ekklesiologischen Auslegung alttestamentlicher ‚Stein‘Stellen, die ihrerseits auf frühjüdische Exegeseformen zurückgehen mag“; Brox, Sara 492: „Der Brief hat z.B. ein Konvolut biblischer Texte wie in 2,4–10 zumindest zum Teil aus christlicher Überlieferung, in der es schon gebündelt, jedenfalls gebraucht worden war“. Zuweilen ist auch von einem „Florilegium“ oder einer Testimoniensammlung die Rede; vgl. u.a. Barnard, Testimonium; Cahill, Cornerstone 347; Hiršs, Volk 92–98; Feldmeier 91. Gegen den Gebrauch einer Testimoniensammlung sprechen sich aus: Brox 95; Elliott, Elect 130–133. 78 Die „doppelte“ Ausrichtung, mit Blick auf Glaubende und Nichtglaubende, wird auch von Berder, pierre 354, hervorgehoben. 79 Dabei wird V 4 wieder aufgenommen. 80 Vgl. auch Haacker, Röm 199: „Der biblische Gebrauch der beiden Vokabeln ist nicht frei von emotionalen Konnotationen, meint aber primär eine objektive Gefahr: daß jemand stolpert und zu Fall kommt (πρόσκομμα) oder in eine Falle geht (σκάνδαλον) – und zwar in seiner religiösen Existenz“. 76
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dung finden.81 Christus wird zum Stolperstein82 (vgl. Röm 9,33; Lk 2,24; 20,18). Wie entgeht man dem Anstoß? Dieter Zeller kommentiert – ausgehend von Röm 9,33: „Der Zion ist der Ort des Christusgeschehens, das in Tod und Auferstehung gipfelt“83. Im Rahmen der Diskussion um die Bau-Metaphorik ist häufig diskutiert worden, was man sich unter einem ἀκρογωνιαῖος („an der äußersten Ecke liegend“, zu ergänzen ist λίθος) vorzustellen hat. An der hier behandelten Stelle dürfte relativ klar sein, dass es um einen „Eckstein“ geht, auf dem aufgebaut werden kann,84 „der tragende Grund- und Eckstein, auf dem das Haus steht“85. Als Bauender bzw. Baumeister ist vom Kontext her eindeutig Gott selbst zu denken. Die kennzeichnenden Attribute ἐκλεκτός und ἔντιμος aus V 4 (mit übereinstimmendem Anlaut) werden noch einmal aufgenommen bzw. in diesem Fall zitiert. Der Schluss des Zitats schlägt eine besondere Brücke zu den Glaubenden – mit einer großen Zusage, die Vertrauen und Zuversicht nähren kann: „der Vertrauende auf ihn wird niemals (οὐ μή)86 zuschanden werden.“ 7–8 Die VV 7–8 nehmen die Baumetaphorik des vorausgehenden V 6 auf, setzen allerdings, einerseits in der Entwicklung der Bilder, andererseits in christologischer Hinsicht, neue Akzente. Das in V 6 in den Blick genommene Handeln (Setzen eines Ecksteins in Zion) geschah – so V 7 – für die angesprochenen Glaubenden. Darin besteht die schon in 1,7 in Aussicht (bei der Offenbarung Jesu Christi) gestellte τιμή.87 Diese wird demnach bereits in der Gegenwart zuteil. Die Auszeichnung der Glaubenden hat freilich auch einen Schatten: „den Ungläubigen aber (ein) Stein, den die Bauleute verworfen haben, Vgl. auch Röm 9,33; dazu Heckel 102: „Mehrere Änderungen des Zitattextes gegenüber der Septuaginta teilt 1Petr mit dem Zitat in Röm 9,33 … 1Petr zitiert einen an den hebräischen Konsonantentext angeglichenen Septuagintatext, der sonst nicht belegt ist. Jes 28,16 wurde mehrfach im frühen Christentum als Schriftbeweis verhandelt. Die Nähe des Zitats in 2,6 zu Röm 9,33 ist groß, aber 1Petr hat sein Zitat zumindest auch eigenständig überprüft oder eine von Paulus unabhängige Auslegung auch gekannt.“ 82 Vgl. Wolter, Röm II, 101 Anm. 32: „σκάνδαλον bezeichnet ursprünglich das Stellholz in der Tierfalle und dann die Falle selbst“ (mit entspr. Belegen aus der antiken Lit.). 83 Zeller, Röm 185. 84 Vgl. auch Wagner/Vouga 67: „dieser bestimmt die Ausmaße, gehört zu den sichtbaren Teilen des Baus und ist so hervortretend, das man darüber ‚stolpern kann‘“. 85 Brox 100; vgl. Schelkle 59 Anm. 2; Müller, Steine 53–55. Vgl. zu Jes 28,16 auch Lindblom, Eckstein. 86 Vgl. hierzu Panning, Brief 51: „Recall also that οὐ μή with either the future indicative or the aorist subjunctive, as here, is the strongest future negation that the Greek language is capable of.“ 87 Der Begriff τιμή steht hier für den Wert des von Gott gesetzten Steins. Das Wort ist in zahlreichen Steinen/Inschriften Kleinasiens belegt; vgl. die entsprechenden Bsp. (oben) zu 1Petr 1,7. 81
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dieser ist zum Obersten/Haupt der Ecke (εἰς κεφαλὴν γωνίας) geworden, und (ein) Stein des Anstoßes und (ein) Fels des Ärgernisses“. In der Reflexion des Christusweges, vor allem auch seiner Passion, spielte im frühen Christentum der herangezogene Psalmvers 118,22 (117,22 LXX) eine ganz zentrale Rolle.88 Einerseits kommt durch das Zitat die Verwerfung plastisch (und drastisch) zum Ausdruck (wie in V 4 verwendet der Autor das Verb ἀποδοκιμάζω „verwerfen, für unbrauchbar erklären“), die Jesus in Zion erfahren hat. Damit tritt die Passion Christi vor Augen. Andererseits wird eine besondere Variante der Ostersprache entwickelt: dieser ist zum Haupt/Obersten der Ecke (εἰς κεφαλὴν γωνίας) geworden, also zum ‚Hauptstein‘89. Zudem gilt, dass er mit dieser Setzung auch zum ‚Zeichen‘ wird, das Widerspruch erfährt, zum Stein des Anstoßes (πρόσκομμα) und zur πέτρα σκανδάλου (vgl. Jes 8,14).90 Ein σκάνδαλον ist zunächst mal eine Falle, dann auch alles, was zu Fall bringt91 oder bringen kann, schließlich auch das Ärgernis oder das Anstößige.92 Die Nicht-Glaubenden stoßen sich an ihm (προσκόπτω „anstoßen; Anstoß nehmen“). Das hat für den Verfasser des 1Petr seinen Grund darin, dass sie dem Wort – dem lebendigen Wort Gottes (vgl. 1Petr 1,23) – nicht gehorchen (ἀπειθέω)93. Andererseits sind sie in dieser ablehnenden Reaktion94 noch einmal eingeordnet in einen (geheimnisvollen) größeren Zusammenhang, wenn es
Vgl. u.a. Berder, pierre (für 1Petr 2,4–10) 352–358; Weihs, Jesus 160ff. Vgl. Ladner, Symbolism 47: „I Petr. ii, 4ff., in which the corner-stone of Ps. cxvii, 22 is fused with the foundation-stone of Is. xxviii, 16 and the stone of stumbling of Is. viii, 14“; vgl. auch Eckey, Lk II, 825: „eine hoch beachtliche Stelle und Funktion im Bauwerk“. 90 Zur Zitation von Jes 8,14 in Röm 9,33 und 1Petr 2,8 bemerkt Koch, Quotations 240: „Both Isaiah texts quoted in Rom 9,33 (Isa 8,14 and 28,16) are reused in 1Peter 2,6 and 2,8, and the author of 1Peter reproduced both quotations in the same text form we have seen for the first time in Rom 9,33. This leads to the conclusion that Paul introduced both texts into the christological discourse of Early Christianity and that the author of 1Peter picked them up from this early Christian discourse“; vgl. auch Wolter, Röm II, 102: „Dieser Befund spricht dafür, dass die Zitate der beiden JesajaTexte in Röm 9,33 und 1Petr 2,6.8 nicht voneinander abhängig sind, sondern dieselbe Textgrundlage haben“. Zur Aufnahme von Jes 8,14 vgl. auch Williams, Case Study 42.45–47. 91 Vgl. Stählin, Skandalon, bes. 83 (Hindernis, über das man fällt).271; Müller, Anstoß. 92 Vgl. auch Bauer, Wörterbuch 1505. 93 Vgl. zur Verwendung des Verbs in 1Petr 3,1; 3,20; 4,17; vgl. auch Joh 3,36; Apg 19,9; Röm 10,21; 11,31. Vgl. auch Martin, Faith 48. 94 Die Nicht-Glaubenden kommen dabei aus allen denkbaren Gruppen; vgl. Horrell, Unglauben 333.340.343, mit seinem Gang durch die Kommentarliteratur des 19. und 20. Jh.s. 88 89
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am Ende von V 8 heißt: „wozu95 sie auch bestimmt96 sind.“ Es wäre wohl (nach m.E.) übertrieben, hier von einer prädestinatianischen Vorstellung97 auszugehen. Aber ein Zusammenhang wird schon darin gesehen, dass das Nicht-Vertrauen gegenüber dem göttlichen Wort ein zu-Fall-Kommen an Christus nach sich zieht,98 sodass dann auch keine τιμή zuteilwird (wobei in diesem Zusammenhang vorrangig die Gegenwart im Blick ist). 9 Es lassen sich in V 9 mindestens fünf zentrale ‚Bausteine‘99 einer für den 1Petr kennzeichnenden Ekklesiologie ausmachen. Die Adressaten werden im 1Petr zunächst als „erwähltes Geschlecht“ (γένος ἐκλεκτόν)100 angesprochen. Schon vom Beginn des Briefes an spielt der Gedanke der göttlichen Erwählung eine ganz zentrale Rolle.101 „Als auserwählte Fremdlinge (1,1) sind die Christen … Gott zugeeignet und zugleich der Welt enteignet“.102 Die Erwählung103, die das Präskript mit der πρόγνωσις Gottes, des Vaters (1,2), verbindet, ist ein Thema104, das vor allem auch daran erkennbar wird, wie der 1Petr die γραφή (2,6), die heiligen Schriften Israels, aufnimmt und gebraucht. Auch wenn es sich bei der Mehrheit der Angesprochenen um sog. Heidenchristen105 handelt (vgl. vor allem Stellen wie 1Petr 1,18 und 4,3), setzt der Autor bei Christen mit heidenchristlicher Vergangenheit Schriftkenntnisse voraus, die theologisches und paränetisches Reflektieren und Argumentieren durch Zitate, Anspielungen u.ä. möglich machen.106 Die Erwählung, die bei der Vorstellung von einer „Neugeburt“, wie sie im 1Petr verwendet wird, vielleicht zunächst eher an Einzelne den Vgl. Penning, Brief 50: „We have here an instance where the verses under discussion include no single word which is in the neuter accusative singular and so can serve as the antecedent of the pronoun ὅ. Here this is a situation where the pronoun is best taken as referring to a concept that must be gained from a study of the context“. 96 Nach Wagner/Vouga (72) „ist das Verb auch in V. 8b als passivum divinum formuliert (ἐτέθησαν)“. 97 Zur Diskussion vgl. auch Penning, Brief 50; Ryšková, Priesterschaft 233; Forbes 65 (jeweils ablehnend); bisher Ungläubige sollen ja nach 1Petr 2,12; 3,1–2 „gewonnen“ werden. Vgl. auch Wagner/Vouga 72: „In der Gesamtanlage des 1Petr wird klar werden, dass dieses Stolpern zum langen Weg eines Gewinnens für Gott gehört“. 98 Vgl. Panning, Brief 51: „what has been determined is not that some should be unbelievers, but that their unbelief will be punished“. 99 Vgl. dazu auch Müller, Steine 56–60. 100 Vgl. Brox 103: „Zu beachten ist eigens das Adjektiv ἐκλεκτόν (zu γένος im Zitat aus Jes 43,20), weil es das gleiche Attribut für Christus in den VV 4 und 6 sicher nicht rein zufällig wiederholt und also die Parallelisierung aus V 5 zwischen Christus und Christen aufgreift und fortsetzt“. 101 Vgl. auch Müller, Auserwählte. 102 Obermann, Land 277. 103 Vgl. dazu u.a. Brox 105; Obermann, Land 279. 104 Vgl. auch 1Petr 1,15; 2,21; 3,9; 5,10; 5,13. 105 Vgl. dazu u.a. Goppelt 30; Brox 25: „zumindest dominierend, nicht unbedingt ausschließlich heidenchristliche Gemeinden“; Fagbemi, Identity 369: „It is not inappropriate, therefore, to identify the original readers of 1Peter as predominantly Gentile but not excluding some Jewish Christian people.“ 106 Vgl. zum Schriftgebrauch in 1Petr auch Müller, Schrift. 95
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ken ließ, ist freilich eine Erwählung in ein γένος – „ein Geschlecht“ – und damit in ein Ensemble. Miteinander bilden die Glaubenden eine „königliche Priesterschaft“ (V 9).107 Von ἱεράτευμα war bereits in 1Petr 2,5 gesprochen worden.108 Um Würde109 und Bedeutung dieser Priesterschaft zu unterstreichen, wird das Adjektiv110 „königlich“ eingesetzt.111 Miteinander haben die Glaubenden demnach Zugang zum Geheimnis Gottes; ‚Instanzen‘, die diesen Zugang erst vermitteln, werden im zweiten Kapitel des 1Petr nicht erkennbar. Die Aufgabe und Rolle der königlichen Priesterschaft kann mit Stephen A. A. Fagbemi so beschrieben werden: „By being holy and obedient to Yahweh, they mediate God to the nations and thus fulfill their priestly role“.112 Das bedeutet nach Ilmar Hiršs: „Die Christen sind als βασίλειον ἱεράτευμα dazu berufen, Gottes Heilstat in Jesus Christus den Menschen zu verkündigen und damit Gott θυσίας πνευματικάς darzubringen.“113 ‚Geistliche Opfer‘114 sind jene, „die unter Mitwirkung des Gottesgeistes dargebracht werden; die Gaben können dabei theoretisch körperlicher oder geistiger Art sein.“115 Manche Ausleger bemühen sich, Konkretisie-
Vgl. u.a. Steins, Priesterschaft; Davies, Priesthood. Zur Rede von einer Gemeinschaft von Priestern vgl. auch Offb 1,6; 5,10; 20,6. Vgl. in diesem Kontext auch 2Makk 2,17: „Gott hat sein ganzes Volk gerettet und allen das Erbe und die Königsherrschaft und das Priestertum und die Heiligung verliehen“; Jub 16,17f; 33,20. 109 Vgl. u.a. Blinzler, ΙΕΡΑΤΕΥΜΑ 62: „βασίλειον ist somit als Adjektiv aufzufassen und zwar weniger im Sinne von ‚dem König dienend‘ als vielmehr von ‚dem (Gott-) König zugehörig und an seiner Würde teilhabend‘ (vgl. die übrigen Epitheta in 9a). Die Christen werden als eine erhabene, erlauchte, ehrwürdige Priesterschaft charakterisiert.“ 110 Zur Diskussion, ob es sich bei βασίλειον ἱεράτευμα um zwei Substantive handelt, oder ob von einem Adjektiv (mit Substantiv) auszugehen ist, vgl. die Ausführungen im Analyseteil oben sowie Schenker, Königreich 485: „Basileion kann adjektivisch oder substantivisch verstanden werden … Der Begriff basileion kommt in der Septuaginta fast ausschließlich als Substantiv vor. Der adjektivische Gebrauch bildet die Ausnahme“; ders., Priestertum 113: „In der Tat kann basileion entweder als Epitheton oder Adjektiv oder Substantiv angesehen werden“; Seland, Strangers 98–103. Seland selbst versteht (Strangers 103) βασίλειον als Begriff für den Tempel. Vgl. auch Doering, Stock 263f. 111 Zum frühjüdischen Hintergrund vgl. u.a. Blinzler, ΙΕΡΑΤΕΥΜΑ 59 (u.a. zu Jub 16,18: „ein Königreich und Priester“; 33,20: „ein priesterliches Volk und ein königliches Volk“); ausführlich dazu Seland, Strangers, vor allem auch zu Philo (Abr. 56; sobr. 66; vgl. FN 56 [oben]). 112 Fagbemi, Identity 371. 113 Hiršs, Volk 30; vgl. auch Best, Sacrifice: „those passages, then, which speak of spiritual sacrifice imply the doctrine of a general priesthood“. 114 Vgl. auch Müller, Gesinnungshüften 79–85. Vgl. auch Ryšková, Priesterschaft 232: „Darbringung geistiger Opfer durch Jesus Christus, die Gott deswegen angenehm sind, heißt, sich gänzlich (so wie Jesus) Gott zur Verfügung stellen für den Dienst gegenseitiger Liebe und der Verkündigung ‚der großen Taten dessen, der sie aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat‘“. 115 Blinzler, ΙΕΡΑΤΕΥΜΑ 55. 107 108
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rungen zu benennen und zählen z.B. „Gebete und Dank, Buße und Treue, Zeugnis und Mission“116 auf.117 Die vor allem im ersten Kapitel des 1Petr angesprochene Heiligkeit Gottes, die gewissermaßen auf die Glaubenden selbst „überspringen“ soll (vgl. vor allem 1Petr 1,15–16), wird in V 9 auch der Gemeinschaft insgesamt zugesprochen, wenn sie ein „heiliges Volk“ (ἔθνος ἅγιον) genannt wird.118 Dabei wird auffälligerweise auf den Begriff λαός verzichtet119 (vgl. allerdings den nachfolgenden V 10). Die besondere Gottesnähe und -beziehung kommt schließlich auch in „ein Volk zum Eigentum“ (λαὸς εἰς περιποίησιν) zum Ausdruck.120 Da der Begriff περιποίησις nicht nur für „Besitz; Eigentum“ steht, sondern auch für die „Erwerbung“, wird mit dieser sprachlichen Wendung zum Ausdruck gebracht, wie die Angesprochenen zu einem Eigentumsvolk Gottes (vgl. auch Apg 20,28121) geworden sind, nämlich durch göttliche Initiative.122 Die ekklesiologischen Vorstellungen, die den 1Petr prägen, sind ohne eine Kenntnis der Schrift kaum nachvollziehbar. Das gilt auch für die Vorstellung von einem Volk zum Eigentum123, die schriftkundige Leser an Jes 43,21 („Das Volk, das ich mir erschaffen habe, wird meinen Ruhm [LXX: τὰς ἀρετάς] verkünden“)124 sowie an Ex 19,5–6a erinnert.125 „Gottes vo rauslaufende Initiative begründet die Existenz der Gemeinde.“126 Worin besteht nun die angemessene Antwort auf das göttliche Erwählungshandeln? Der 1Petr erkennt sie vor allem in der Verkündigung, wie der Schluss von V 9 zu verstehen gibt: „damit ihr verkündet die großen Ta Pesch, Texten, bes. 307. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Dokumente des Vaticanum II, vor allem LG 10; 34; vgl. auch AA 3; PO 2. 118 Zur Heiligkeit des Volkes vgl. auch Lev 11,44; 20,7 und Dtn 7,6; ausführlicher dazu Müller, Diaspora 76–77; ders., Auserwählte. 119 Zur Verwendung von ἔθνος für Israel in der LXX vgl. 2Makk 7,37; 12,17. Im NT vgl. auch Mt 21,43; hierzu bes. Konradt, Israel 193–199. 120 Vgl. auch Ex 19,5; 34,9; Dtn 7,6–8; 14,2; 26,18; Ps 74,2; Est 4,17m; Jub 16,17f; 33,20. 121 Vgl. hierzu auch Walton, Leadership 92.95. Zu den textkritischen Debatten um Apg 20,28 vgl. auch Genz, Jesaja 289–298. Schon Beda Venerabilis sieht in seinen Kommentaren zum 1Petr (PL 93,50f ) eine Verbindung von 1Petr 2,9 und Apg 20,28. 122 Vgl. dazu auch Schenker, Priestertum 116: „Der 1. Petrusbrief verbindet das Zitat von Ex 19,5–6 mit einer göttlichen Weissagung in Jes 43,20–21, die ebenfalls die Auserwählung des Volkes hervorhebt, das der Herr ‚sich selbst gebildet hat, um sein Lob zu verkünden‘ ( Jes 43,21 Septuaginta).“ Zur Vorstellung vom Eigentumsvolk vgl. auch Mal 3,17. 123 Vgl. dazu u.a. Hałas, Sens, der vor allem betont, die Präposition εἰς zu beachten; van Rensburg, Old Testament 391–392. 124 Vgl. Bosetti, proclamazione 389; Friedeman, Design 126. Vgl. auch Jes 63,7 LXX; vgl. hierzu Laniak, Shepherds 228 Anm. 22. 125 Vgl. auch Ps 74(73),1f; 100,3. Zum Volk, das Gott sich erworben hat, vgl. für das NT bes. Apg 20,28; zum „Eigentumsvolk“ Christi vgl. auch Tit 2,14. 126 Schröger, Gemeinde 16; vgl. auch Hiršs, Volk 60–65. Zur pln Verwendung von λαός vgl. Wolter, Ethnizität 339f. Wolter (ebd. 346) macht auf den Unterschied zum Sprachgebrauch des 1Petr ausdrücklich aufmerksam. 116 117
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ten/Wohltaten (τὰς ἀρετάς) dessen, der euch aus der Finsternis gerufen hat in sein wunderbares Licht.“ Der Verfasser verwendet hier den vieldeutigen Begriff127 der ἀρετή im Plural128. Die Unterscheidung zwischen einem „einst“ und „jetzt“129 kommt in der hier verwendeten Konversionssprache durch eine Licht-Finsternis-Metaphorik zum Ausdruck, die auch aus anderen Texten des NT130 sehr vertraut ist. Dabei wird das Licht noch durch die (nichtmetaphorische) Zufügung131 von θαυμαστός132 unterstrichen. Im Hintergrund steht die Vorstellung, dass Gott „im Licht“ wohnt und dass die Glaubenden in ihrem Glauben bereits von diesem Licht-Strahlen getroffen werden.133 Auf diese Weise werden sie in die Lage versetzt, Hoffnungszeugen in der Welt zu sein, um die Großtaten Gottes134 zu verkünden.135 Von der Hoffnung gilt es – so der vielzitierte Vers 1Petr 3,15 – Zeugnis zu geben, vor allem im Gespräch mit den Anfragenden. Dabei entfalten nach der Überzeugung des Autors „gute Taten“ und ein entsprechender Lebenswandel besondere Verkündigungsqualitäten.136 Das Leben der Glaubenden birgt nach 1Petr gerade auf diesem Feld besondere Herausforderungen und Chancen in sich. Sie sind, um es mit einem gut gewählten Buchtitel von Torrey Seland zum 1Petr zu sagen, „strangers in the light“137. Eine neue Variante des Schriftgebrauchs im 1Petr begegnet uns in V 10. 10 Von Zitat zu sprechen wäre hier zu viel, von Anspielung zu wenig. Es wird eine Vorstellung aufgegriffen und teilweise auch im Wortbestand rezipiert, die zunächst im Hosea-Buch zu lesen ist: „Die ihr einst Nicht-Volk (wart), (seid) jetzt aber Volk Gottes, die, die kein Erbarmen fanden, jetzt aber (sind sie bzw. seid ihr) solche, die Erbarmen gefunden haben.“ 127 Vgl. die Verwendung des Begriffs bei Plat., Krat. 415d3; Epiktet, Diss. III 24,111 u.a. Im NT kommt ἀρετή allerdings nur hier und an drei weiteren Stellen vor (vgl. Phil 4,8; 2Petr 1,3.5). 128 Vgl. auch Danker, Benefactor 195.318.452. 129 Vgl. u.a. Tachau, Einst; für die pln Theologie sei in diesem Zusammenhang besonders auf 1Thess 1,9f; Röm 6,17 verwiesen; vgl. auch Despotis, Bekehrungserfahrung. 130 Vgl. vor allem Joh 8,12; Kol 1,12f; Eph 5,8; vgl. aber auch Apg 26,17f; Röm 2,19; 13,12; 1Thess 5,4f; 2Kor 4,6; 6,14f; 1Clem 59,2. Vgl. in diesem Kontext auch frühjüdische Texte wie 2Bar 38,1; 46,2f; 54,5; JosAs 8,9–10; 15,12; Philo, virt. 179; Abr. 70; TestLevi 9,1; TestBenj 5,3. 131 Vgl. zu diesem Phänomen auch Müller, Hüften. 132 Zur Verwendung des Adjektivs vgl. auch Weish 19,8; JosAs 15,12x; 18,11. 133 Vgl. die Arbeit von Gaventa, Darkness. 134 Zum Pluralgebrauch von ἀρετή in der LXX vgl. Jes 42,8.12; 43,21; 63,7. Vgl. auch Bosetti, proclamazione. 135 Vgl. Seland, Strangers 112–113; er denkt bei diesem „Verkündigen“ vor allem an den Lobpreis, besonders in der gottesdienstlichen Feier. Vgl. auch Bosetti, proclamazione. Zur Verkündigung der Großtaten (μεγαλεῖα) Gottes im öffentlichen Raum vgl. auch Apg 2,11. 136 Vgl. dazu Müller, Diaspora 81; vgl. auch Giesen, Kirche 147: „ein gelebter Glaube, der anziehend auf die Umwelt wirken kann“; Williams, Works. 137 Seland, Strangers.
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Es geht also weiterhin (wie in V 9) um ekklesiologische Vorstellungen, die den Angesprochen zur Identifikation und Selbstvergewisserung angeboten, nahegelegt oder in Erinnerung gerufen werden. Die Unterscheidung von „einst“ und „jetzt“138 kommt durch ποτέ und νῦν zum Ausdruck.139 Die Wendung „Nicht-Volk“ im Unterschied zu „Volk Gottes“ ist aus dem Hosea-Buch140 übernommen, wobei vor allem an Hos 1,6.9; 2,25 zu denken ist.141 Auch dort wird das entscheidende Erwählungshandeln auf das göttliche Erbarmen zurückgeführt (ἐλεέω „Erbarmen haben, Mitleid üben“; hier zunächst Pf. Part. Pass., dann Aor. Ptz. Pass.); vgl. vor allem Hos 1,6; 2,25,142 für den 1Petr besonders 1Petr 1,3. Fika van Rensburg konstatiert: „The dynamic interaction between the 1 Peter and Hosea can be typified as heuristic imitation. The author wants to redefine the readers through a new application of the Hosea text, now no longer exclusively on the Israelites, but on all those who believe in Christ“143. Gottes Erbarmen144 hat sie in ihrem Ensemble neu formiert. Zusammen- Die ekklesiologischen Aussagen und Leitlinien, die vor allem im zweiten fassung Kapitel des 1Petr erkennbar werden, schaffen ein hilfreiches Gegengewicht zu der eher individualistischen Vorstellung145 einer ‚Wiedergeburt‘/ ‚Neuzeugung‘ (der Getauften) und dem entsprechenden Ausschau-Halten nach dem zugesagten „Seelenheil“ (1,9). Die Bekehrungssprache des 1Petr146 hat verständlicherweise primär den Einzelnen/die Einzelne im Blick; das gebotene Gleichgewicht147 wird durch eine betonte Ekklesiologie ermöglicht. Bekehrung dokumentiert sich demnach nicht nur in einem Zuwachs an guten Taten148, wie sie in nachfolgenden Passagen eingefordert werden (vgl. vor allem 1Petr 2,12.15.20; 3,6.13.17; 4,19)149 und einem dem Glauben und der Hoffnung entsprechenden Lebens Vgl. auch Röm 16,25f; Kol 1,26; Eph 3,5.9f. Vgl. auch Kraftchick, Hope 84. 140 Vgl. Doering, Rezeption 128: „Die Konstitution als Gottesvolk wird mit weiteren zitatähnlichen Anspielungen auf Hos (1,6.9;) 2,25 bekräftigt“; auführlicher dazu ders., Stock. 141 Vgl. auch Röm 9,25f; vgl. hierzu bes. Wolter, Röm II, 79–81. 142 Vgl. auch Brox 107: „In prophetischer Symbolgeste benannte der Prophet seine Tochter als ‚Kein Erbarmen‘, seinen Sohn als ‚Nicht (mein) Volk‘, um … sinnenfällig auf das gestörte Verhältnis zwischen Israel und seinem Gott hinzuweisen. Aber das Thema ist hier völlig anders. Mit den Schriftworten sind hier Berufung und Bekehrung der Christen aus dem Heidentum beschrieben (nicht Abfall beklagt)“. 143 Van Rensburg, Old Testament 393. 144 Wagner/Vouga (75) erkennen hier einen großen Bogen zur Eulogie (1,3) und „eine Klammer um die Eulogie und den ersten Hauptteil des Briefes“. 145 Zur Individualität im 1Petr vgl. Guttenberger, Passio 27–31. 146 Vgl. dazu ausführlich de Waal Dryden, Theology. 147 Vgl. auch Müller, Steine; ders., Gnade. 148 Vgl. dazu u.a. Sandnes, Conventions; Fagbemi, Elect 136–139; Williams, Works. 149 Vgl. in diesem Kontext „guten Handelns“ auch Ps 33,15; Lk 6,27–33; vgl. hierzu auch Wolter, Lk 254–259. 138 139
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wandel150, sondern auch in einem lebendigen Gemeinschaftsleben – ein Werden zu dem, was die Berufenen von Gott her miteinander151 schon sind. Darin ist auch die besondere Stärke der Redeweise von einem „gemeinsamen Priestertum“ der Glaubenden zu entdecken. Wie in den wenigen Stellen der Apokalypse des Johannes, an denen im Blick auf die Glaubenden insgesamt von „Priestern für Gott“ (Offb 1,5; 5,10; 22,6) die Rede ist und die hier nicht ausführlicher behandelt werden152, geht es bei der Rede vom gemeinsamen Priestertum um Zuspruch und Anspruch der Würde des Gottesvolkes. Die zukunfterschließende Perspektive lautet in Offb 22,3 so: „Seine Knechte werden ihm [Gott und dem Lamm] dienen“. Die besondere Leistungsfähigkeit der im 1Petr eingesetzten Metaphorik kann darin erkannt werden, dass den Einzelnen im Ensemble Würde, eine besondere Gottesbeziehung, der Zugang zum Geheimnis Gottes und damit verbunden auch ein Auftrag in der Welt, der als Heiligung des Alltags verstanden wird, zugesagt werden. Die Glaubenden finden sich im „wunderbaren Licht“ vor. Im Hintergrund steht dabei die Vorstellung, dass Gott ‚im Licht‘ wohnt; die Glaubenden werden in ihrem Glauben bereits von diesem Licht-Strahlen getroffen. Die Erwählung, die das Präskript mit der πρόγνωσις Gottes, des Vaters (1,2), in Verbindung gebracht hatte, bleibt im Corpus des 1Petr ein Thema153, das vor allem auch daran erkennbar wird, wie der 1Petr die γραφή (2,6), die heiligen Schriften Israels, aufnimmt und gebraucht. Auch wenn es sich bei der Mehrheit der Angesprochenen um sog. Heidenchristen handelt (vgl. vor allem Stellen wie 1Petr 1,18 und 4,3), setzt der Autor bei den Christusgläubigen mit heidenchristlicher Vergangenheit Schriftkenntnisse voraus, die theologisches und paränetisches Reflektieren und Argumentieren durch Zitate, Anspielungen u.ä. möglich machen. Aufgrund seiner hohen ekklesiologischen Relevanz ist leicht nachvoll- Wirkungs ziehbar, dass die Perikope 1Petr 2,4–10, insbesondere die VV 4–5, schon geschichte früh in der Kirchweih-Liturgie eine besondere Verortung gefunden hat. Vgl. dazu auch Müller, Diaspora 81–83. Vgl. auch Wan, Repairing 302: „Their solidarity as one spiritual house, one temple indwelt by God’s spirit, is corollary to and counterballances the social vertigo they experience as aliens and sojourners, as inhabitants of the social margins. They are thus at once truly ‚at home‘ and truly ‚homeless‘“; ähnlich Blumenthal, Potential 230: „In der Hausaussage geht es um die metaphorisch-literarische Etablierung eines sich sozial konstituierenden Raumes mit einer Innen-Außenunterscheidung im Hier und Jetzt. Dieser Raum bietet Stabilität und Zugehörigkeit“. 152 Vgl. zu diesen Stellen u.a. Pesch, Texten 311: „Die persönliche Bezeichnung ἱερεῖς steht als Titel für Getaufte im Neuen Testament nur in diesem Buch der Johannesapokalypse, dem Buch der Vollendung, die sich in der eschatologisch gedeuteten Existenz der Glaubenden schon jetzt spiegelt, einer Vollendung, die keinen Tempel mehr kennt (21,22).“ Den atl Hintergrund bildet auch in der Offb (darin dem 1Petr unmittelbar vergleichbar) Ex 19,6; vgl. hierzu u.a. Schüssler Fiorenza, Priester 78–90; Satake, Offb 134. 153 Vgl. auch 1Petr 1,15; 2,21; 3,9; 5,10; 5,13. 150 151
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„Schon die erste erhaltene Kirchweihpredigt überhaupt, der Sermo des Eusebius von Cäsarea zur Einweihung der Basilika von Tyrus im Jahre 315 verwendet 1 Pt 2,4–5 gemeinsam mit Eph 2,20–22“154. Auch Augustinus spricht in Sermo 337155 zur Dedicatio ecclesiae von den Christen als einer Vereinigung von lebendigen Steinen156. Der bereits um 700 entstandene Hymnus „Urbs beata Ierusalem“157, der dem Kirchweihfest zugeordnet ist, verbindet Motive aus 1 Petr 2,4–7 mit Textstellen aus Offb 21 und Eph 2 „zu einem ädilen Metaphernnetz“158. Auch das heute in der Liturgie der Kirchweihe verwendete Gebet zur Konsekration159 nimmt Elemente aus 1Petr 2,4–10 auf. So heißt es: „Die Kirche ist glücklich, denn sie ist dein Zelt unter den Menschen, der heilige Tempel, erbaut aus lebendigen Steinen, gegründet auf das Fundament der Apostel, der Eckstein ist Jesus Christus“. Auch die Präfation in der Liturgie einer Kirchweihe nimmt Textbausteine aus diesem Abschnitt auf: „… Christus selbst ist ihr (der Kirche) erhabener Eckstein. Aus erlesenen Steinen baust du sie auf, aus Steinen, die du lebendig machst durch den Geist und zusammenfügst durch die Liebe“.160
154 Merkt 152. Merkt bietet (ebd. 152f ) auch eine dt. Übersetzung der entsprechenden Textpassage. 155 In der Textausgabe von Drobner: Augustinus von Hippo, Predigten zur Kirch- und Bischofsweihe (Sermones 336–340/A) (Pat. 11), Frankfurt u.a. 2003, 47–61. 156 Vor allem in Abschnitt 1 und 4 (mit Zit. von 1Petr 2,5); auch in Sermo 336,1 (ebenfalls eine Predigt zur Kirchweihe) spielt diese Vorstellung eine Rolle: „… Wenn wir selbst das Haus sind, werden wir in dieser Zeit erbaut … Was hier geschah, als diese Mauern wuchsen, das geschieht jetzt, wenn die Christgläubigen sich versammeln“. 157 Vgl. hierzu bes. Franz, Urbs; ders., Himmel. 158 Merkt 153. 159 Pontifikale. Die Weihe der Kirche und des Altares (1994) 58.62; vgl. auch die Liturgie zur Segnung eines Altares (Pontifikale 87.88 bzw. 165.166), wo von Christus als „dem lebendigen Stein“ gesprochen wird. 160 Im Bereich liturgischen Betens spielt 1Petr 2,4–10 eine maßgebliche Rolle, z.B. in der Evangelischen Perikopenordnung als Predigttext am 6. Sonntag nach Trinitatis (Reihe II), an verschiedenen Stellen der Liturgie der Eucharistie in der kath. Kirche, wie z.B. in der Präfation für die Sonntage I: „… In ihm sind wir ein auserwähltes Geschlecht, dein heiliges Volk, dein königliches Priestertun. So verkünden wir die Werke deiner Macht, denn du hast uns aus der Finsternis in dein wunderbares Licht gerufen“, als Ruf vor dem Evangelium am 13. Sonntag im Jahreskreis (A): „Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm. Verkündet die großen Taten Gottes, der euch in sein wunderbares Licht gerufen hat“ oder auch in der in vielfältigen Liturgien eingesetzten Abschlusswendung „durch Jesus Christus“ (in Aufnahme von V 5; vgl. auch Hebr 13,15) – um nur wenige Bsp. zu nennen. Schon Fulgentius von Ruspe († 553) nimmt dezidiert V 5 auf und betont in einem Brief: „Durch ihn opfern wir also die Gabe des Lobes und des Gebetes, weil wir durch seinen Tod versöhnt wurden, als wir noch Feinde waren … Darum mahnt der heilige Petrus …“ (Epistola 14,36–37 [CCL 91,429ff ]).
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Die Vorstellung von Christen als Vereinigung lebendiger Steine wird in der Theologie der Väterzeit auch von Origenes161 aufgegriffen; dabei wird eine Beziehung zu Stellen der Offb gesetzt. So konstatiert Andreas Merkt: „Seit Origenes wird 1 Pt 2,5.9 neben den drei genannten Versen aus Offb häufig, auch in der Liturgie, als Beleg für das Priestertum aller Christen zitiert.“162 Damit ist ein Thema hergestellt, das über die Jahrhunderte hinweg163 zu einem theologischen ‚Dauerbrenner‘164 geworden ist. Eine Stelle wie 1Petr 2,9 war für Hrabanus Maurus in Auslegung165 und Lehre des 9. Jh. offensichtlich von besonderer Bedeutung, wenn er in seiner Schrift über die Ausbildung des Klerus De institutione clericorum auf den Zusammenhang der Taufriten mit dem Anlegen eines Schleiers nach der Taufe und die postbaptismale Chrisamsalbung166 zu sprechen kommt; er deutet diese Riten so, dass der/die „Getaufte Träger eines Königsdiadems und der priesterlichen Würde sei. Begründet wird dies bei Hraban mit einem leicht variierten Zitat von 1 Pt 2,9: ‚Ihr seid ein königliches und priesterliches Geschlecht‘ (genus regale et sacerdotale).“167 Von hier lässt sich eine Linie bis hin zu den Dokumenten des Vaticanum II168 auszie Vgl. dazu u.a. Plumpe, Vivum saxum 9ff. Cyrill von Alexandrien kann in einem ekklesiologischen ‚Metaphern-Ensemble‘ (Gotteskindschaft; Weinstock u.a.) auf 1Petr 2,5 Bezug nehmen und formulieren: „Anderswo wird Christus durch die Stimme des Propheten Grundlage und Fundament genannt. Auf diesem sind wir, wie es heißt, als lebendige Glieder aufgebaut zu einer heiligen Priesterschaft, zu einem geistigen Haus Gottes“ (vgl. PG 74, 331–334). 162 Merkt 170. Vgl. z.B. Leo der Große, der in sermo 4 mit Bezug auf 1Petr 2,5.9 von „gemeinsamer Würde“ spricht (PL 54,148f ). 163 Vgl. u.a. Ladner, Symbolism 47 Anm. 23: „The idea of living stones, expoundet in I Petr. Ii. 4 ff. was to become one of the chief notions of mediaeval symbolism of the church building“. 164 Vgl. aus der Fülle der Lit. Barth, Priester; Goertz, Priestertum; Lersch, Christsein; Gäckle, Priestertum. 165 Vgl. auch die vorausgehende Kommentierung von 1Petr 2,9 durch Beda; dazu Heydemann/Pohl, rhetoric 16f: „Bede explained that all of its [the Church as Christ’s body] members became rex and sacerdos like Christ. According to Bede, every Chris tian was a priest in a spiritual sense, performing the sacrifice through works of faith and proper Christian behaviour“. 166 Zu einem entsprechenden Verständnis der Chrisamsalbung (mit Bezug auf 1Petr 2,9) bei seinem Lehrer Alkuin in Primo paganus, „which was one of the most widely circulated texts on baptism in the Carolingian world“ – so Heydemann/Pohl, rhetoric 21 – ; vgl. auch dies., rhetoric ebd. und 26: „Hrabanus Maurus, one of the most prolific Carolingian exegetes, discussed and cited 1Petr 2.9 frequently in his vast exegetical corpus. He relied heavily on Bede’s interpretation“ (mit etlichen Belegstellen). 167 Picker, Pastor 132. Zur Auslegung und Anwendung in theologischen und politischen Debatten des Frühmittelalters vgl. auch Heydemann/Pohl, rhetoric (mit Ausführungen zu Bedas Kommentar [16–18], „whose comprehensive explanation … became authoritative for later, Carolingian exegetes“ (16): Alkuin [13f.21–26.30; Alkuin spricht in Anknüpfung an 1Petr in der Vita Vedastis von den Franken als genus sancta und populus adquisitionis]; Hrabanus Maurus [26f ]; Hinkmar von Reims u.a.). Zur politischen Dimension in der Exegese des Hrabanus Maurus vgl. auch Miller, Significance. 168 Vgl. hierzu auch Brox 110. 161
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hen, wenn es beispielsweise im Dekret über Dienst und Leben der Priester „Presbyterorum ordinis“ (PO 2) heißt: „Jesus, der Herr, ‚den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat‘ ( Joh 10,6), gibt seinem ganzen mystischen Leib Anteil an der Geistsalbung, mit der er gesalbt worden ist. In ihm werden nämlich alle Gläubigen zu einer heiligen und königlichen Priesterschaft, bringen geistige Opfer durch Jesus Christus Gott dar und verkünden die Machttaten dessen, der sie aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat. Es gibt darum kein Glied, das nicht Anteil an der Sendung des ganzen Leibes hätte; jedes muss vielmehr Jesus in seinem Herzen heilighalten und durch den Geist der Verkündigung Zeugnis von Jesus ablegen.“169 Damit sind zwei große Themen angesprochen, die in der Geschichte der Theologie und der Spiritualität wie auch für das Selbstverständnis von christlichen Konfessionen erhebliche Bedeutung gewonnen und in ekklesiologischen, sakramententheologischen und weiteren identitätsstiftenden Fragestellungen der Gegenwart ihre hohe Relevanz behalten haben, die Diskussion um das Verständnis eines „Allgemeines Priestertum“170 und die Rede von „geistlichen Opfern“171, ein bleibend spannendes Thema der Theologie und Religionsgeschichte. „Die alte Kirche fand in den biblischen Begriffen von Priestertum und (geistigen) Opfern besonders anschauliche Chiffren für ihr Heiligkeitsideal.“172 Besonderen und neuen Stellenwert gewann die Thematik „Allge169 Vgl. auch andere Dokumente des Vaticanum II zu dieser Rezeption: Konstitution über die Liturgie (SC 14); Konstitution über die Kirche (LG 9.10.34); in LG 10 heißt es: „… Durch die Wiedergeburt und die Salbung mit dem Heiligen Geist werden die Getauften zu einem geistigen Bau und einem heiligen Priestertum geweiht, damit sie in allen Werken eines christlichen Menschen geistige Opfer darbringen und die Machttaten dessen verkünden, der sie aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat … Das gemeinsame Priestertum der Gläubigen aber und das Priestertum des Dienstes, das heißt das hierarchische Priestertum, unterscheiden sich zwar dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach. Dennoch sind sie einander zugeordnet: das eine wie das andere nämlich nimmt je auf besondere Weise am Priestertum Christi teil … die Gläubigen … wirken kraft ihres königlichen Priestertums an der eucharistischen Darbringung mit und üben ihr Priestertum aus im Empfang der Sakramente, im Gebet, in der Danksagung, im Zeugnis eines heiligen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe“; Dekret über das Laienapostolat (AA 3); Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche (AG 15). 170 Vgl. u.a. die Beiträge von Lersch, Christsein; Gäckle, Priestertum. Für die ausführliche Lit. zu dieser Thematik aus den 50er bis 70er Jahren des 20. Jh. vgl. auch Brox 108f Anm. 362. 171 Vgl. hierzu auch Müller, Gesinnungshüften 79–85. 172 Brox 109; vgl. ebd.: „In Homilien und exegetischen Schriften der Kirchenväter und auch in liturgischen Texten dient – mit oder ohne Rekurs auf 1Petr 2 – das Bild vom Volk aus Priestern als erbauliches Thema dazu, die Würde der christlichen Berufung sowie die Weihe der Christen an Gott in der Reinheit ihres Lebens und Dienstes zu proklamieren“. Als Bsp. mag bereits die Osterpredigt des Melito von Sardes dienen; vgl. Homilia in Pascha (65–71 [SC 123,94ff ]), in der die Gemeinde mit 1Petr (u.a.) als Priesterschaft angesprochen wird.
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meines Priestertum“173 in der Reformationszeit174 durch Martin Luther175. „Schon in den Thesen von 1517 wird die Machtstellung des Amtspriestertums kritisiert, aber erst in den theologischen Hauptschriften von 1520 wird das Theologumenon vom Allgemeinen Priestertum bzw. dem ‚Priestertum aller Glaubenden‘ dann zur kontroverstheologischen Lehrfigur“176. Die Anliegen Luthers lassen sich mit Norbert Brox so zusammenfassen: „Es ging ihm bei diesem Theologumenon um die unterschiedslose geistliche Gewalt und Kompetenz aller Christen in Sachen des Wortes Gottes; weiter um das Kennzeichen des Christenstandes, nämlich die Freiheit speziell im ungehinderten Zugang zu Gott ohne Angewiesenheit auf eine mittlerische (klerikale) Instanz; weiter um das priesterliche Amt des Opfers für alle Christen … und endlich … um die Verantwortlichkeit aller Zu beachten ist vor allem die ausführliche Arbeit von Gäckle, Priestertum. Gäckle stellt im Blick auf 1Petr, Priestertum 593, resümierend fest: „Es hat sich … gezeigt, dass sich nur einzelne Aspekte des Begriffs von den Texten aus 1Petr 2,5–10 und Apk 1,6; 5,10 und 20,6 ableiten lassen, das theologie- und kirchengeschichtlich relevant gewordene Theologumenon jedoch insgesamt wenig mit diesen Texten und den ntl. Priestermetaphern zu tun hat und sachlich von anderen ntl. Zusammenhängen her begründet werden muss. Die antik-jüdischen und -christlichen Fragestellungen und Entwicklungen, die im 1. Petrusbrief und in der Johannesapokalypse zur Applikation des Priester(schafts)titels auf die Gemeinde bzw. alle Glaubenden führten, waren völlig andere als jene der frühen Kirche oder der Reformationszeit.“ 174 Vgl. hierzu vor allem Gäckle, Priestertum 604–613. 175 Vgl. bes. Erling, Priesthood; Goertz, Priestertum; Hell, Amtsverständnis 209f. Vgl. auch das Geleitwort zur 2. Aufl. (XV-XVIII) von Wilfried Härle; Härle konstatiert (XVII): „Der Gedanke des allgemeinen Priestertums taucht bei Luther – genau datierbar – erstmals am 19. Dezember 1519 auf. Der kurfürstliche Hofkaplan und Verbindungsmann zu Luther, Georg Spalatin, hatte den Reformator brieflich bezüglich des Priesteramts und der Sakramente gefragt. Luther antwortete ihm darauf: ‚Die Ämter eines Priesters, nach denen du mich fragst, kenne ich nicht, da ich, je mehr ich darüber nachdenke, nicht finde, was ich schreiben soll – außer die Zeremonien. Darüber hi naus beschäftigt mich sehr der Apostel Petrus, wenn er [1Petr 2,9] sagt, wir alle seien Priester, ebenso Johannes in der Offenbarung [Ofbg 1,6 und 5,10]. So dass die Art Priester, zu der wir gehören, sich überhaupt nicht zu unterscheiden scheint von den Laien, außer durch den Dienst [‚ministerio‘], durch den die Sakramente und das Wort dargereicht wird (‚ministratur‘)“ (WA Br 1,595,26–32; Übersetzung nach Härle). 176 Gäckle, Priestertum 604. In diesem Kontext spricht Luther von der Taufe als „Priesterweihe“ und „priesterliche Geburt“; vgl. dazu Goertz, Priestertum 104–110. Erhellend ist vor allem die Bemerkung in „An den christlichen Adel deutscher Nation“ (WA 6,407,22f ): „Dem nach szo werden wir allesampt durch die tauff zu priestern geweyhet“. Auf Brüche und Veränderungen in seiner Rede vom „allgemeinen Priestertum“ hat vor allem Barth, Priestertum 50–53, aufmerksam gemacht; er resümiert (ebd. 53): „So wird man zugeben müssen, daß Luther seiner Theologie des allgemeinen Priestertums schließlich die Durchsetzungskraft genommen oder sie doch stark beeinträchtigt hat. Historisch gesehen ist das, was ihm ursprünglich vorgeschwebt hatte, wohl nur in bestimmten Gruppen des Pietismus bis zu einem gewissen Grade zur Verwirklichung gelangt, im Herrnhut Zinzendorfs oder in den ‚Collegia Pietatis‘ Philipp Jakob Speners; außerdem ist an Johann Hinrich Wicherns Konzeption der ‚inneren Mission‘ zu denken. Unprogrammatisch vollzog sich solch priesterliches Handeln von Christen aneinander freilich ungezählte Male in allen christlichen Kirchen, besonders in Krisensituationen und Notzeiten“. 173
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Christen für die Weitergabe des Evangeliums unter den Menschen“177. Vor allem in den Schriften „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ (WA 7,28,6–9)178 und „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung“ (WA 6,408,8–13)179 bringt Luther seine Position zum Ausdruck, wobei er sich in besonderer Weise von 1Petr 2,9 berührt180 zeigt. „V.a. diese Bibelstelle nahm Luther in seiner Schrift ‚An den christlichen Adel deutscher Nation‘ von 1520 zum Anlass, für alle Gläubigen einen direkten Zugang zu Gott anzunehmen, der nicht von einer Gruppe geweihter Kleriker abhängig ist (WA 6,404–469, bes. 407–409). Die protestantische Tradition entwickelte daraus die Lehre vom allgemeinen Priestertum“181. Im Raum der römisch-katholischen Kirche kam es im 20. Jh. zu einer stärkeren Ausprägung der Reflexion eines „gemeinsamen Priestertums aller Gläubigen“182. „In diese Entwicklung hat sich der 1Petr mit den Versen 2,5.9 fest und fast konkurrenzlos eingenistet, wie durch die dogmatische Literatur hin zu beobachten und … in den Dokumenten des 2. Vatikan. Konzils festzustellen ist“183. Einen „Nachklang“ kann man auch in der Konvergenzerklärung zu „Taufe, Eucharistie und Amt“ der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen aus dem Jahr 1982 (Lima-Dokumente) ausmachen; im Kap. „Amt“ formuliert Art. 17, dass ordinierte Amtsträger „zu Recht Priester genannt werden [können], weil sie einen besonderen priesterlichen Dienst erfüllen, indem sie das königliche und prophetische Priestertum der Gläubigen durch Wort und Sakramente, durch ihre Fürbitte und durch ihre seelsorgliche Leitung der Gemeinschaft stärken und auferbauen“184.
177 Brox 109. Brox gibt (110) zu bedenken: „Diese Konzeption des „allgemeinen Priestertums“ ist bei Luther durchaus nicht gegen das geistliche Amt in der Kirche oder als Konkurrenz zu ihm entworfen. Das Verhältnis ist so, daß sie nebeneinander bestehen“. 178 „Zum sechtzehenden, Ubir das seyn wir priester, das ist noch vil mehr, denn kuͤnig sein, darumb, das das priesterthum uns wirdig macht fur gott zu tretten und fur andere zu bitten, Denn fur gottis augen zu stehn und bitten, gepuͤert niemant denn den priestern“. 179 „Die weyl dan nu die weltlich gewalt ist gleych mit uns getaufft, hat den selben glauben unnd Evangely, mussen wir lassen priester und Bischoff sein, und yr ampt zelen als ein ampt, das da gehore und nutzlich sey der Christenlichen gemeyne. Denn was ausz der tauff krochen ist, das mag sich rumen, das es schon priester, Bischoff und Bapst geweyhet sey, ob wol nit einem yglichen zympt, solch ampt zu uben“. 180 Vgl. Goertz, Priestertum 108.167f. 181 Heckel 103. Vgl. auch Goertz, Priestertum (vor allem auch die Literaturnachträge in der 2. Aufl. [2020] 361–364; Gäckle, Priestertum. 182 Vgl. u.a. Lersch, Christsein. 183 Brox 110; Brox verweist vor allem auf SC 14; LG 9.10.34; AA 3; PO 2; AG 15. Einzelne Texte werden (unten) im Rahmen der Reflexion ‚geistlicher Opfer‘ besprochen. Vgl. zum Vat. II auch Hell, Amtsverständnis 218–220. 184 Vgl. auch Gäckle, Priestertum 609f.
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Die verschiedentlich als „Revolution“185 gekennzeichnete neue Rede von ‚geistlichen Opfern‘186 hat eine lange Vorgeschichte. Dabei sind in der Antike recht unterschiedliche Traditionsstränge auszumachen. In einer ganzen Reihe von atl und frühjüd. Texten kann eine im Judentum auszumachende Entwicklung zur Vorstellung von ‚geistlichen Opfern‘ beobachtet werden.187 Mehrere solcher Texte können der prophetischen Opferkritik188 zugeordnet werden. Das trifft in besonderer Weise auf die Psalmen zu, wobei Ps 50 und Ps 51 hervorstechen. Gott selbst konfrontiert in Ps 50,13 den Beter mit der Frage: „Soll ich denn das Fleisch von Stieren essen und das Blut von Böcken trinken?“ Alternativen benennen die nachfolgenden Verse: „Bring Gott als Opfer dein Lob und erfülle dem Höchsten deine Gelübde!“ (Ps 50,14) oder Ps 50,23: „Wer Opfer des Lobes bringt, ehrt mich, wer rechtschaffen lebt, dem zeig’ ich mein Heil“ (Ps 50,23). Der große Bußpsalm189 drückt eine entsprechende Gebetshaltung im Angesicht Gottes so aus: „Das Opfer, das Gott gefällt, ist ein zerknirschter Geist, ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verschmähen“ (Ps 51,19); auf den Punkt bringt es Ps 69,31f.: „Ich will den Namen Gottes rühmen im Lied, in meinem Danklied ihn preisen. Das gefällt dem Herrn mehr als ein Opferstier, mehr als Rinder mit Hörnern und Klauen.“190 Vergleichbare Gedanken und Differenzierungen finden sich in geschichtlichen (vgl. 1Sam 15,22; Jdt 16,16), weisheitlichen (vgl. Spr 16,6) und prophetischen Büchern und Texten, wobei ein Schwerpunkt in der prophetischen Kultkritik auszumachen ist; vgl. vor allem Jes 1,10–17; Am 5,21–27; Mi 6,6–8; Jer 7,22–23. Hosea bündelt solche kritischen Töne, wenn als Gottes Wort zu vernehmen ist: „Liebe will ich, nicht Schlachtopfer, Gotteserkenntnis statt Brandopfer“191 (Hos 6,6), ein Wort, das eine deutliche Aufnahme im Verkündigungswort Jesu So z.B. Ferguson, Sacrifice 1151: „The idea of spiritual sacrifice was one of the great revolutions in the concept of divine service in the history of the world“; Angenendt, Revolution. 186 Vgl. auch Müller, Gesinnungshüften 79–85. 187 Vgl. auch die zahlreichen Beispiele in den Auflistungen bei Ferguson, Sacrifice 1156f.; Feuillet, sacrifices 704–728; (Hossfeld)/Zenger, Psalmen II, 54, oder Jobes 150. 188 Vgl. dazu Zenger, Psalmen II, 54f. (zu Ps 51,18–19): „Darüber hinaus aktualisiert V 18–19 die prophetische Opferkritik, die statt Opfer den Gottesgehorsam und das Tun von Recht und Gerechtigkeit fordert (vgl. Hos 6,6 [nicht 16,6 wie im Kommentar angegeben; Ch.G. M.]; Am 5,21–27; Mi 6,8; diese Linie findet sich auch in der Weisheitstheologie; vgl. Spr 15,8; 21,3.27; 28,9 sowie besonders Sir 34,21 – 35,22), und stößt zugleich (ähnlich wie Ps 40,7–10; 69,31f.) zu einer ‚neuen‘ Opfertheologie durch: Nicht irgendwelche Gaben, die den Geretteten ‚symbolisieren‘ sollen, sondern sich selbst als den an Herz und Geist (s.o. zu V 12–14) erneuerten Menschen übergibt er seinem Gott.“ Vgl. in diesem Zusammenhang auch Weish 18,9 („Opferfest“ mit Verpflichtung auf das Gesetz und Lobliedern). 189 Vgl. bes. Irsigler, Mensch; Müller, Sammlung. 190 Vgl. auch Ps 141,2: „Mein Bittgebet sei ein Räucheropfer vor deinem Angesicht, ein Abendopfer das Erheben meiner Hände“; Jona 2,1. Auch in Offb 5,6 wird das Räucherwerk als Gebet gedeutet. 191 Vgl. Zenger, Wohlgefallen. 185
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gefunden hat, wie nicht allein Mt 9,13 und Mt 12,7 belegen. Das HoseaWort lässt bereits erkennen, dass anderes an die Stelle der blutigen bzw. verbrannten Opfer treten kann. Sir 35,1–4 legt eine entsprechende Liste vor: „Viele Opfer bringt dar, wer das Gesetz befolgt; Heilsopfer spendet, wer die Gebote hält; Speiseopfer bringt dar, wer Liebe erweist; Dankopfer spendet, wer Almosen gibt“192. Denn – so kann Guy G. Stroumsa resümieren: „Gott schätzt das zerknirschte Herz und den guten Willen, beide von Natur aus unsichtbar“193, geht es doch im Antworten auf Gottes Zuwendung darum, nicht etwas zu geben, sondern sich selbst.194 Die hier erkennbar werdenden Linien lassen sich in den Textbereichen frühjüdischer Texte195 weiterverfolgen. In diesem Kontext ist vor allem auf die Qumranliteratur aufmerksam zu machen; vgl. 1QS 9,3–6196; 10,8.14197; CD 11,21 (Gebet der Gerechten). Hier kommen dem „Hebopfer der Lippen“ und dem „vollkommenen Wandel“ besondere Bedeutung zu. Im 2Hen (45,3) wird die entscheidende Frage auch direkt mit einer Antwort versehen: „Begehrt der Herr etwa das Brot oder die Lampen oder die Schafe oder die Rinder oder irgendwelche anderen Opfer? Das ist nicht so, sondern der Herr begehrt ein reines Herz. Und mit all dem prüft er das Herz des Menschen.“198 Philo von Alexandrien (De specialibus legibus I 272) kann formulieren: „und wenn sie auch sonst nichts bringen und nur sich bringen als die vollendete Erfüllung der Gebote der Tugend, bringen sie das beste Opfer dar, wenn sie mit Gesängen und dankbaren Huldigungen Gott als ihren Wohltäter und Retter ehren“199, denn (De specialibus legibus I 277): „Gott legt nicht Wert auf die Fülle der Opfer, sondern auf den völlig reinen, vernünftigen Geist (πνεῦμα λογικόν) des Opfernden“.200 Zu den Almosen vgl. auch Tob 4,11. Stroumsa, Ende 102. 194 Das betont auch Calvin in seiner Auslegung von 1Petr 2,5: „Inter hostias spirituales primum locum obtinet generalis nostri oblatio“. 195 Vgl. auch Arist 234; TestLev 3,6: „Sie [die Engel] bringen dem Herrn Wohlgeruch des Räucherwerks als ein vernünftiges und unblutiges Opfer dar“ (λογικὴν … θυσίαν). 196 „Wenn dies in Israel geschieht entsprechend all diesen Anordnungen zu einer Grundlage des heiligen Geistes, zu ewiger Wahrheit, um zu entsühnen die Schuld der Übertretung und die Tat der Sünde, zum (göttlichen) Wohlgefallen am Lande mehr als Fleisch von Brandopfern und Fett von Schlachtopfern: das Hebopfer der Lippen nach der Vorschrift ist wie Opferduft der Gerechtigkeit und vollkommener Wandel wie ein wohlgefälliges freiwilliges Opfer. In jener Zeit sollen die Männer der Gemeinschaft ein heiliges Haus für Aaron absondern, um vereint zu sein als Allerheiligstes, und ein Haus der Gemeinschaft für Israel, die in Vollkommenheit wandeln“ (Übers. nach E. Lohse). Vgl. dazu u.a. Collins, Prayer 75f.; Stökl Ben Ezra, Qumran 299f; Regev, Community 612.629f. 197 „… als Hebopfer, das von meinen Lippen kommt …“. 198 Zur Vorstellung vom „reinen Herzen“ vgl. auch 1Petr 1,22. 199 Ferguson, Sacrifice 1159, kommentiert die Position Philos so: „God is not inter ested in the number of the victims but in the true purity of a rational spirit in the one who makes the sacrifice“. 200 Vgl. zum priesterlichen Opferkult der Seelen bei Philo auch Wick, Gottesdienste 156f. Die Verwendung von λογικός erinnert für den 1Petr an die Verwendung in 2,2 (dort auf „Milch“ bezogen). 192 193
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Die Auflistung entsprechender Belege ließe sich leicht erweitern (vgl. auch OdSal 20, bes. V 4201; Sib 8,402–411 [Werke der Barmherzigkeit als Opfer], darin bes. 408202). Solche Texte bereiten den Weg für eine klassisch zu nennende Formulierung paulinischer203 Theologie, wie sie in Röm 12,1204 anzutreffen ist, oder zu anderen vergleichbaren Stellen des NT205 (vgl. bes. Hebr 13,15: „Opfer des Lobes“206 bzw. „(die) Frucht der Lippen“; Hebr 13,16: „Der Wohltätigkeit aber und Gemeinschaft vergesst nicht; denn an solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen“).207 Wer sich mit „geistlichen Opfern“ beschäftigt208 – und in diesem Kontext mit metaphorischen Präzedenzen209 –, sollte allerdings auch die vielfältigen Beiträge und Einschätzungen zur Kenntnis nehmen, die griechische und römische Dichter und Philosophen zum Ausdruck gebracht haben.210 Manchen ging es in diesem Zusammenhang um die Grundannahme einer ‚Bedürfnislosigkeit‘211 Gottes, anderen um die Betonung der Rationalität des Menschen, die sich in der Konzeption ‚vernünftiger „Das Opfer des Herrn ist Gerechtigkeit sowie Reinheit des Herzens und der Lippen“. 202 καὶ ζῶσαν θυσίαν ταύτην τῷ ζῶνti πόριζε. 203 Vgl. auch Phil 2,17; 4,18; Röm 15,16. Zum „Lebenseinsatz“ vgl. auch Eph 5,25 (mit Eph 5,2). 204 Vgl. die Lit. im Auslegungsteil (oben); vgl. außerdem Stegemann, Metaphorik 209–210; Angenendt, Revolution 42–44. 205 Vgl. auch Ferguson, Sacrifice 1163–1165. 206 Vgl. dazu auch Zimmermann, Deutung 97. 207 Vgl. in diesem Zusammenhang auch OdSal 20; Sib 8,402–411: Werke der Barmherzigkeit als lebendiges Opfer für den lebendigen Gott; für die Väterzeit vgl. bes. Clemens von Alexandrien, strom. 7,3,14: ein demütiges Herz; 7,49,4–7: Gebete und Lobpreisungen, Lesen der Heiligen Schrift, Psalmen und Gesänge, Hingabe von Leben und Sachen an Bedürftige. 208 Aktuelle und besonders eindrückliche Beispiele bieten die Arbeiten von Stroumsa, Ende, und Angenendt, Revolution. Vgl. auch Eckhardt, Sacrifice 273: „The importance of the Septuagint and the Jewish background of Christianity for the development of its views on sacrifice should not be neglected, but neither should one ignore the influence of intellectual trends that did not depend on Jewish tradition“. 209 Vgl. dazu u.a. Weinrich, Sprache 278: „Der Einzelne steht immer schon in einer metaphorischen Tradition, die ihm teils durch die Muttersprache, teils durch die Literatur vermittelt wird und ihm als sprachlich-literarisches Weltbild gegenwärtig ist“; Blumenberg, Paradigmen 69: „Nicht nur die Sprache denkt uns vor und steht uns bei unserer Weltsicht gleichsam ‚im Rücken‘; noch zwingender sind wir durch Bildervorrat und Bilderwahl bestimmt, ‚kanalisiert‘ in dem, was überhaupt sich uns zu zeigen vermag und was wir in Erfahrung bringen können“; Berger, Exegese 90: „… der Vergleich mit dem hellenistischen Judentum zeigt, daß frühes Christentum und hellenistische Antike in einer Metapherngemeinschaft stehen. Darin zeigt sich ohne Zweifel eine Vorbedingung der missionarischen Wirkmöglichkeiten“; Müller, Pflanzung 57–59. 210 Vgl. auch Heyman, Power 146f: „Thus long before Christianity we find a spiritu alizing, or dematerializing trend that used the rhetoric of sacrifice to challenge not only the efficacy of material rituals but also the internal motivation of the person perform ing the ritual.“ 211 Vgl. 2Makk 14,35; 3Makk 2,9; vgl. in diesem Zusammenhang auch Angenendt, Revolution 27. 201
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Opfer‘ dokumentiert. Häufig kommt zum Ausdruck, dass der/die Opfernde wichtiger ist als das Opfer.212 So gibt Isokrates den Hinweis, dass das vornehmste Opfer und der größte Dienst dann erwiesen würde, ἂν ὡς βέλτιστον καὶ δικαιότατον σαυτὸν παρέχῃς (or. 2,20).213 An einem solchen Wort wird erkennbar, dass es den entsprechenden Stimmen weniger um die Gabe, sondern vor allem um die Gebenden geht; Argumente entsprechender Art werden aus neuplatonischen, pythagoreischen214 oder auch stoischen Kreisen vorgetragen. So konstatiert beispielsweise Seneca, De beneficiis 1,6,3: „Nicht ist eben das eine Wohltat, was dafür angesehen oder weitergegeben wird, wie nicht einmal in den Opfern, mögen sie üppig sein und von Gold glänzen, eine Ehrung der Götter besteht, sondern in dem aufrichtigen und pflichttreuen Willen der Verehrenden. Daher sind Menschen von Wert auch mit Opfermehl und Tongeschirr gottesfürchtig; schlechte hingegen entkommen nicht der Gottlosigkeit, auch wenn sie die Altäre von reichlichem Opferblut triefen lassen.“215
Ein authentischer Lebenswandel und die den Opfern entsprechende, innere Haltung werden wiederholt angemahnt, so etwa auch bei Hierokles, einem Neuplatoniker des 5. Jh., in CarmAur 1,18–19 „…. und vorzüglich sich selbst als Opfer darbringt …“. Es handelt sich also bei den hier in den Blick genommenen Sprechweisen um eine ausgesprochen kulturkreisübergreifende Metaphorik. Das lässt sich auch gut an gnostischen Texten aus späteren Zeiten beobachten. In NHC VI.57.19 werden die Opfer zum metaphernspendenden Bereich: „Nimm von uns an die geistigen Opfer, die wir zu dir emporsenden aus unserem ganzen Herzen, unserer [ganzen] Seele und unserer ganzen Kraft.“ (λογικὴ θυσία, vgl. CorpHerm I 31; XIII 18.19.21). Eine Spur, die für die Auslegung des 1Petr aufgenommen werden sollte, besteht in der Verbindung von Gehorsam und Opfer216, die in verschiedenen jüd. Texten zum Ausdruck kommt, werden doch die Adressaten schon zu Beginn des Schreibens als „Kinder des Gehorsams“ (1,14) angesprochen.217 So kann man 1Petr 2,5 mit Everett Ferguson so kommentieren: 212 Ferguson, Sacrifice 1152: „the gods have regard for the holiness and justice of the soul rathar than the gifts and sacrifices“; vgl. auch Heyman, Power 146. 213 Vgl. auch Ferguson, Sacrifice 1152–1156 (vor allem auch zur neuplatonischen Konzeption). 214 Vgl. auch Siegert, Synagoge 335–337. 215 Ähnlich drückt sich Seneca auch an anderer Stelle aus; vgl. Fragmente 123: Nicht wolle Gott verehrt werden „durch Opfer und Blutströme, … sondern durch ein reines Herz und durch einen ehrenwerten Vorsatz; nicht Tempel sind ihm mit Stein hoch aufzurichten, sondern jeder soll ihn in seinem Herzen heiligen“; vgl. dazu auch Angenendt, Revolution 29. 216 Gupta, Spiritual House 72: „that these sacrifices involve the obedience of the read ers“. 217 Vgl. auch Ferguson, Sacrifice 1157: „Purity of soul and moral conduct were evaluated more highly than sacrifice, especially in Diaspora Judaism.“
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„Life lived for God is the truly spiritual sacrifice. This verse is the high point of the sacrificial language of the New Testament and of all literature. The whole self belongs to God and is to be given to him“218. Es hat in der Rezeptionsgeschichte solcher Vorstellungen nicht an Bemühungen gefehlt, dem allgemeinen Begriff ‚geistliche Opfer‘ Konkretisierungen beizufügen.219 Das beginnt bereits in der frühen Zeit der Kirche.220 Everett Ferguson ist solchen Spuren von der Zeit der Apostolischen Väter an nachgegangen und kommt auf die Apologeten221, auf Irenäus von Lyon222, Clemens von Alexandrien223 und Tertullian224 zu sprechen. Bereits „Origenes deutet die materiellen Opfer des Alten Bundes in der Tradition Philos ‚geistig‘ und fügt sich damit in eine Auslegungstradition ein, die schon in den neutestamentlichen Schriften beginnt und die gesamte patristische Literatur durchzieht.“225 Zu diesen geistlichen Opfern zählen für Origenes226: das Gebet; das Wort der Verkündigung; die Tugenden – vor allem Barmherzigkeit, Reinheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit –, die Selbsthingabe durch Fasten und Verzicht, die Nachfolge Christi, die Buße. „Für Laktanz sind gottgefällige Handlungen Opfer in aram dei; dies sei der wahre Kult, dies die lex dei (inst. 6,24,29).“227 Minucius Felix äußert sich in Octavius (32) so: „… Ingratum est, cum sit litabilis hostia bonus animus et pura mens et sincera sententia“228. Ausleger entsprechender biblischer Texte haben aus den jeweiligen Kontexten ihrer Zeit den Versuch unternommen, Konkreteres aufzuzählen229 und Kataloge anzulegen. Darin werden „Gebete und Dank, Buße Ferguson, Sacrifice 1156. Vgl. auch Heyman, Power 148: „Far from being dematerialized, especially since the Christian might well suffer physically as Paul did, this type of sacrifice required an ethical commitment from the mind and body of the Christian“; Ryšková, Priesterschaft 232. 219 Vgl. auch Ferguson, Sacrifice 1165. 220 Vgl. auch Young, Use. 221 Ferguson, Sacrifice 1175: „The Apologists followed early Christian thought in including morality and good works in their conception of spiritual sacrifice“. 222 Ferguson, Sacrifice 1177–1179. 223 Ferguson, Sacrifice 1179–1184. In den Stromata benennt Clemens unterschiedliche Konkretionen: Tugenden wie Sanftmut, Güte, Frömmigkeit, ein demütiges Herz und das richtige Wissen (7,3,14,1), die Gebete und Lobpreisungen (7,7,49,4), die Hingabe von Leben und Sachen an die Bedürftigen (7,7,49,5). 224 Ferguson, Sacrifice 1184–1186. Tertullian versteht vor allem das Gebet als geistliches Opfer; vgl. De oratione 28,1 – 29,4 (CCL 1, 273f ). 225 Merkt 173. 226 Vgl. auch Merkt 173f. 227 Junghanß, Wohltaten 242. 228 „Das wäre undankbar, wenn doch ein gutes Herz, ein reiner Sinn und ein unbeflecktes Gewissen ein angenehmes Opfer ist“ (Übers. nach A. Müller [BKV]). 229 Ein schönes Bsp. liefert Paul Gerhardts (1666) Lied „Die güldene Sonne“ (EG 499), wo es in Str. 3 heißt: „Lasset uns singen, dem Schöpfer bringen Güter und Gaben; was wir nur haben, alles sei Gotte zum Opfer gesetzt! Die besten Güter sind unsre Gemüter; dankbare Lieder sind Weihrauch und Widder, an welchen er sich am meisten ergötzt“. 218
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und Treue, Zeugnis und Mission“230 besonders häufig genannt. Im Grunde ist eine Ausweitung der Opferkategorie auf alle Lebensbereiche231 zu beobachten. Das ist in besonderer Weise in den Texten des II. Vaticanum erkennbar, das sich wiederholt zu den geistlichen Opfern geäußert und dabei deutlich den Bezug zum 1Petr markiert hat. Beispiele aus Lumen gentium und anderen Dokumenten können dieses ausgeprägte Bemühen um Konkretion vor Augen stellen: „… Es sind nämlich alle ihre Werke, Gebete und apostolischen Unternehmungen, ihr Ehe- und Familienleben, die tägliche Arbeit, die geistige und körperliche Erholung, wenn sie im Geist getan werden, aber auch die Lasten des Lebens, wenn sie geduldig ertragen werden, ‚geistige Opfer, wohlgefällig vor Gott durch Jesus Christus‘ (1Petr 2,5)“ (LG 34).232
In solchen Formulierungen wird vor allem das Grundanliegen des 1Petr aufgegriffen, eine Heiligung des Alltags anzustreben. Johannes Chrysostomus hat dem beredten Ausdruck gegeben, wenn er schreibt, dass die Barmherzigen auf Straßen und Marktplätzen einen Altar finden: „Auf ihm kannst du zu jeder Stunde opfern, denn auch hier vollzieht sich ein Opfer. Und wie der Priester am Altar steht und den Geist herabruft, so rufst auch du den Geist herab, allerdings nicht mit der Stimme, sondern durch die Werke.“233 Ein Thema, das die exegetische Forschung in der Zukunft noch intensiver beschäftigen wird, ist die Frage nach der Zuordnung der christusgläubigen ‚Bruderschaft‘ zu Israel. Im Kontext von Einleitungsfragen hat Ausleger immer wieder interessiert, wie die Zusammensetzung der erstadressierten Gemeinden zu denken ist.234 Auffällig ist der ausgeprägte Schriftgebrauch im theologischen Argumentieren und in den paränetischen Weisungen. Klassische Konfliktthemen, die in paulinischer Literatur dominieren (Sabbat; Beschneidung; Speisefragen; …) spielen im 1Petr keine Rolle. Allerdings sind „eminente Bezeichnungen Israels gesammelt, die auf die beiden atl. gleichermaßen wichtigen Kategorien Erwählung und Heiligkeit dieses Volkes abheben“235; zu einer Übertragung kommt es dennoch nicht. Auch Konfliktsituationen mit jüdischen Gemeinden in Kleinasien,
230 So z.B. Pesch, Texten 307; vgl. auch die Bsp., die Ferguson, Sacrifice 1165–1165; Best, Sacrifice 295; Ysebaert, Amtsterminologie 104, oder Klein, Bewährung 413, aufzählen. Vgl. in diesem Kontext auch Angenendt, Revolution 123. 231 Vgl. auch Zimmermann, Deutung 98, und die Arbeit von Ferguson, Sacrifice. 232 Vgl. auch LG 10; in diesem Zusammenhang vgl. auch die Dokumente AA 3; PO 2. 233 Johannes Chrysostomus, Predigten über den Zweiten Brief an die Korinther 20,3 (PG 61,540), dt. Übersetzung nach A. Fürst, Organisation 19. 234 Vgl. für die ältere Forschungsgeschichte u.a. Weiss, Lehrbegriff 99–104; Knopf 3; Horrell, Unglauben (mit seinem Gang durch die Kommentar-Lit. des 19. und 20. Jh.). 235 Brox 103.
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wie sie beispielsweise in der Offb auszumachen sind, werden nicht erkennbar. Für die aktuelle Debatte zu diesem Fragenkreis236 konstatiert David G. Horrell: „the author of 1Peter does not explicitly say whether he sees his addressees as part of Israel, or as somehow separate from it, nor does he state whether the identification of the readers as the chosen people of God implies any denial of that status to others“237.
236 Vgl. hierzu u.a. Chevallier, Israël; Goldstein, Volk; Hiršs, Volk; Doering, Gottes Volk; ders., Chosen Stock; Horrell, Unglauben. 237 Horrell, Unglauben 348. In diesem Zusammenhang gab mir mein treuer und hilfreicher (EKK)Syzygos K.-W. Niebuhr den Hinweis, dass Martin Luther in seiner dt. Übers. die von Horrell konstatierte Offenheit des Wortlauts in falscher Vereindeutigung auf ein exklusives Verständnis festgelegt hat, indem er den bestimmten Artikel „das auserwählte Geschlecht“ eingefügt hat, was in der Wirkungsgeschichte eine dunkle Spur eingetragen habe. Erst mit der Revision der Lutherübersetzung von 2017 ist eine Korrektur erfolgt; nun ist in V 9 zu lesen: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht“.
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D Paränetische Weisungen zum Lebenswandel (2,11–4,11)
Die Anrede mit „Geliebte“ in 1Petr 2,11 (vgl. 4,12) gilt vielen Kommentierungen des Schreibens als besonders bedeutsames Gliederungssignal, lässt sie doch deutlich einen Neueinsatz erkennen.1 Sie eröffnet hier Textpassagen, die auf die Verortung der Christusgläubigen „in der Welt“ zu sprechen kommen (1Petr 2,11–12; 2,13–17). In diesem dritten größeren Hauptteil2 (nach 1,1–2; 1,3–12; 1,13 – 2,10) kommt es zunehmend auch zu konkreteren paränetischen Weisungen, in denen einzelne Gruppen direkt angesprochen werden. Ist im Textabschnitt 1Petr 2,11–12 zunächst der Blick auf die Einzelnen unter den Völkern gerichtet, mit Fokus auf den je persönlichen Kampf gegen die Begierden/Leidenschaften, so geht es im nachfolgenden 1Petr 2,13–17 um die Beziehung zu staatlichen Einrichtungen. In 1Petr 2,18–25 kommt es zu einer direkten Anrede der Haussklaven, bevor mit 1Petr 3,1–6 die Frauen in den Häusern und anschließend in 1Petr 3,7 die Männer angesprochen werden; ab 1Petr 3,8 sind wieder alle Christusgläubigen im Blick. Schon 1Petr 2,11 betont die Bedeutung einer guten ἀναστροφή (bereits in 1Petr 1,15.18 eingeführt), die im weiteren Text eine zentrale Rolle spielen wird – vor allem in den Außenbeziehungen der christlichen Adressaten.
8 Im Angesicht der Völker (2,11–12) Literatur: Bjerkelund, Parakalô; de Waal Dryden, Theology; Dettinger, Annäherung; du Toit, Negotiating; Giesen, Lebenszeugnis; Müller, Auserwählte; Obermann, Land; Seland, πάροικος; ders., Aliens; van Unnik, Teaching; Vahrenhorst, Leiden; Williams, Works.
11 Geliebte, ich ermahne sowohl Benachbarte/Beisassen als auch Fremdlinge, sich zu enthalten von fleischlichen Begierden, die Krieg führen gegen die Seele. 12 Führt unter den Völkern einen guten Lebenswandel, damit sie in dem, worin sie Übles reden über euch, wie über Vgl. u.a. Achtemeier 73–74; Watson, Rhetoric 53. Den Übergang zu einem zweiten Hauptteil des 1Petr erkennen Goppelt 155; Elliott 82f; Jobes 56. 2 Neben den bereits benannten Autoren lässt eine Reihe weiterer Kommentatoren mit 1Petr 2,11 einen neuen, größeren Hauptteil beginnen; vgl. u.a. Feldmeier 97; Green 64; Schlosser 143; Vahrenhorst 110. 1
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Übeltäter, aufgrund der guten Werke, wenn sie sie anschauen, Gott verherrlichen am Tag der Heimsuchung. Analyse 1. Die Anrede mit „Geliebte“ in V 11 (vgl. auch 4,12) markiert – vor allem auch in Verbindung mit dem unmittelbar anschließenden παρακαλῶ einen Neuansatz.3 Zudem ist mit V 11 – im Unterschied zu den christologischen und ekklesiologischen Aussagen der vorausgehenden Verse – stärker der/die Einzelne im Ensemble der Adressaten und sein/ihr spezifisches Verhalten im Blick. 2. Wenn die hier vorgelegte Kommentierung mit 1Petr 2,11 mit vielen anderen den Beginn eines neuen, größeren Hauptteils erkennt, so gilt es doch, darauf hinzuweisen, dass eine Reihe der in V 11 gebrauchten Begriffe auch auf die vorausgehenden Überlegungen zur Fremdlingsschaft etc. zurückverweist. Durch die Aufnahme von πάροικοι und παρεπίδημοι erfolgt eine Rückbindung an das Präskript wie auch zu Vorstellungen von Fremde, wie sie zu Beginn des Schreibens entwickelt wurden (vgl. vor allem 1Petr 1,17). Zudem nehmen die Begriffe „Seele“ (vgl. 1Petr 1,9.22)4 und „Lebenswandel“ (vgl. 1Petr 1,15.18) zentrale Begriffe des ersten Kapitels auf. 3. Das Partizip ἔχοντες in V 12 wird hier imperativisch aufgelöst. 4. Die Wiedergabe von ἐν ᾧ in5 V 12 hat eine ausführliche Diskussion angeregt.6 Dieter Zeller fasst die von ihm vorgeschlagene Lösung so zusammen. „Was der Grund für die Schmähung ist, ist auch der Grund dafür, dass die Heiden ‚am Tag der Heimsuchung‘ Gott verherrlichen“7. 5. Das Partizip ἐποπτεύοντες wird von einigen Textzeugen im Aorist geboten. „Possibly to clarify the fact that the ‚observing‘ preceded the ‚glorying‘, some ancient witnesses contain the aorist form of the participle Vgl. Giesen, Lebenszeugnis 113: „Denn die Verbindung von παρακαλῶ/λοῦμεν mit ἀδελφοί markiert in den Briefen des NTs oft einen Neubeginn der Argumentation (vgl. z.B. Röm 12,1; 15,30; 16,17; 1Kor 1,10; 1Thess 4,1.10b; 5,14). An Stelle von ἀδελφοί steht in 2,11 ἀγαπητοί“. Zur Verwendung von παρακαλῶ vgl. bes. Bjerkelund, Parakalô; Thurén, Argument 132 (macht auf die Signal-Wirkung aufmerksam). 4 Vgl. auch Brox 112 (ebenfalls mit Rückverweis auf 1Petr 1,9.22): „‚Seele‘ ist dann das Wort für den Menschen, insofern er einen Willen zum Guten und die Sorge um ein rechtes Leben in sich trägt“ ; vgl. auch von Bendemann, Seele. 5 Weitere ἐν ᾧ-Formen in 1Petr 3,16; 4,4; vgl. außerdem 1,6; 3,19. Zeller (Nominal) ist diesen Verwendungen nachgegangen und kommt zu dem Ergebnis (ebd. 276): „In 1Petr wird nominal unbestimmtes ἐν ᾧ drei mal gleichsam in einer Protasis auf das Folgende ausgerichtet im Sinn von „Worin“, „Wodurch“ gebraucht (2,12; 3,16; 4,4) … Deshalb wird man nicht von einem einheitlichen konjunktionalen Gebrauch der Wendung im 1Petr ausgehen und die zweifelhaften Fälle danach festlegen können“; vgl. auch Fink, Use 35f: „the character of a causal conjunction in both 1:6 and 4:4 while in 2:12 and 3:16 it is a temporal conjunction“; Brox 114: „eine temporale Konjunktion in der Bedeutung von ‚während‘ oder ‚gerade dann, wenn‘“; Martin, Present Indicative 309. 6 Vgl. Reicke, Spirits 110–115; Fink, Use; Zeller, Nominal; Williams, Works 171– 174. 7 Zeller, Nominal 272. 3
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(ἐποπτεύσαντες) rather than the present (e.g., A P Ψ 33. Byz Clement). But the weight of the evidence is clearly on the side of the latter (e.g. P72 א B C 69. 614. 630. 945. 1241. 1505. 1739. al syh co).“8 Die Anrede mit ἀγαπητοί (vgl. auch 1Petr 4,12) ist vor allem in pln Brie- Erklärung fen relativ häufig zu beobachten (vgl. u.a. 1Kor 10,14; Phil 2,12; vgl. auch 11 Röm 1,7; 1Thess 2,8).9 Im Kontext des 1Petr dürfte diese Anrede vor allem im Zusammenhang mit dem wiederholt ausgedrückten Erwählungsbewusstsein zu interpretieren sein:10 die Angesprochenen sind von Gott Gerufene und damit „Geliebte“.11 Diese Gewissheit geht den Aufforderungen zur Liebe (vgl. 1Petr 1,22f; 2,17) voraus. Das „ich ermahne“ (παρακαλῶ) lässt ebenfalls an vergleichbare Verwendungen in pln Briefen denken. Das Verb παρακαλεῖν kann dort als pln Vorzugswort gelten; es kommt im NT „103mal vor, davon 54mal bei Paulus; παράκλησις 29mal im Neuen Testament, 20mal bei Paulus. Die Deuteropaulinen sind mitgerechnet.“12 Der 1Thess führt die pln Verwendungsweisen anschaulich vor Augen; in 1Thess 3,2 ist Timotheus, in 5,11 sind alle Gemeindemitglieder im Blick, wenn es heißt: „Deshalb ermutigt einander und erbaut einer den anderen, gleichwie ihr auch tut“ (vgl. auch 4,18; Röm 12,8). In 1Thess 5,14 schließlich bezieht Paulus παράκλησις wieder auf sein eigenes13 Wort: „Wir ermahnen euch aber, Brüder und Schwestern, weist zurecht die Ungeordneten, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch an der Schwachen, seid großmütig zu allen!“ Nach Wolfgang Schrage geht es beim παρακαλεῖν vor allem um „aktuelle Ermutigungen und Weisungen, durch die Gott sein erhellendes und wegweisendes Wort jeweils in die Gemeinde hineinspricht“14. Dies ereigne sich als „Zuspruch und Anspruch, Trost und Ermahnung“15 (vgl. 1Kor 14,3 und 14,31). In diesem Zusammenhang scheint ein Hinweis zur inhaltlichen Bedeutung von παρακαλεῖν angebracht. Im Sprachgebrauch hellenistischer Herrscher wird das Verb „ermahnen“ von „befehlen“ unterschieden.16 So stellte Heinrich Schlier zur Ermahnung bei Paulus fest: „Im Neuen Testament, bzw. in der paulinischen Literatur, vereinigt sich sozusagen der griechischhellenistische und der Sprachgebrauch der Septuaginta. Es stellen sich hier die drei Hauptbedeutungen: ermahnen, bitten und trösten in gleiWilliams, Works 170 Anm. 11. Vgl. aber auch 1Joh 2,7; 3,21; 4,1.7.11. 10 Vgl. auch Rubel, Abgrenzung 72: „Vielmehr ist das Verbaladjektiv ἀγαπητός als passivum divinum zu interpretieren und weist in erster Linie darauf hin, dass die Chris ten von Gott geliebt werden.“ 11 Vgl. Ps 60,7; 108,7; Röm 11,28 („von ihrer Erwählung her gesehen sind sie von Gott geliebt“). 12 Schlier, Wesen 75. 13 Vgl. auch 1Kor 4,6; 16,15. 14 Schrage, 1Kor III, 455. 15 Schrage, 1Kor III, 455. 16 Vgl. Bjerkelund, Parakalô 59–74; Wolter, Röm II, 248f. 8 9
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chem Maße“17 ein; er hält hinsichtlich der Ermahnenden fest, „daß sich … nicht so sehr die Autorität dessen geltend machen will, der über die Angerufenen gebietet, sondern eher die Zuneigung dessen, der um sie besorgt ist“18. Ähnliches lässt sich sicher auch für den 1Petr sagen, zumal im weiteren Verlauf des Schreibens nicht genau erkennbar wird, in welchem Autoritätsverhältnis der Autor zu den Angesprochenen steht, auch wenn im Präskript der Apostel-Titel begegnet und der später (in Kapitel 5) von sich als einem „Mitältesten“ sprechen wird. Angesprochen werden die Adressaten des Schreibens – in der metaphorischen Sprechweise, die Lesern des 1Petr vom Präskript und von 1,17 (παροικία) her schon vertraut ist19 – als (ὡς) πάροικοι und παρεπίδημοι.20 Für die Interpretation von „Benachbarte/Beisassen“ und „Fremdlinge“ müssen auch hier die Möglichkeiten metaphorischer Prädikationen bedacht werden.21 Mit παρεπίδημοι sind vorübergehende, kurzzeitige Ortsfremde22 gemeint, „Fremde, deren Aufenthalt an einem Ort nur vorübergehend ist“23. Von daher bieten sich auch Übersetzungen wie „Zugezogene“ oder „Zugereiste“ oder „Gäste“ an.24 „Mit πάροικος ist dagegen der permanent nicht zu den Bürgern zu rechnende Bewohner gemeint, der außerhalb der Polis als der zentralen Sozialform der damaligen Gesellschaft lebt“25, der Einwohner ohne Bürgerrecht. „Beide Metaphern bezeichnen die Christen als Menschen, die nicht sind, wo sie eigentlich hingehören; die eine betont mehr das Provisorische, Vorübergehende, die andere mehr das Nachteilige, Unbefriedigende dieses Zustands. Nur in seiner Heimat genießt der Bürger seine Rechte. Wo diese Heimat des Christen ist, sagt 1,4: ‚im Himmel‘, wo das ‚Erbe‘ für ihn bereitgehalten wird.“26 Die Ermahnung des Verfassers ist auf den Entwurf des Lebenswandels (ἀναστροφή in V 12) ausgerichtet. Zunächst wird ein Unterlassen eingefordert: „sich zu enthalten (ἀπέχεσθαι)27 von fleischlichen Begierden28, die Krieg führen gegen die Seele“. Der Begriff ἐπιθυμία steht zunächst Schlier, Wesen 75. Schlier, Wesen 75f. 19 Vgl. die Ausführungen zu 1Petr 1,1–2; 1,17. 20 Vgl. auch die Kombination der Begriffe aus dem Mund Abrahams in Gen 23,4 LXX; vgl. außerdem Ps 38,13 LXX. 21 Vgl. schon Grimm, Problem 662. Widerspruch erntet dieses Verständnis u.a. bei Elliott 313. 22 Vgl. auch Giesen, Lebenszeugnis 115; Obermann, Land 276; Müller, Auserwählte. 23 Reiser, Eschatologie 177. 24 Vgl. auch Klauck, Gemeinde 232; Feldmeier 34. 25 Obermann, Land 276; vgl. auch Müller, Auserwählte. Zum Gebrauch von πάροικος in biblischen Texten vgl. auch Ex 2,22 LXX, wo Mose konstatiert: „Ein Fremder bin ich in fremdem Land“; für das NT vgl. auch Eph 2,19. 26 Reiser, Eschatologie 177. 27 Vgl. Plat., Phaid. 82c: „Eben deshalb nun, o lieber Simmias und Kebes, enthalten sich die wahrhaften Philosophen aller von dem Leibe herrührenden Begierden und harren aus und geben sich ihnen nicht hin“. 28 Vgl. Did 1,4: ἀπέχου τῶν σαρκικῶν ἐπιθυμιῶν. 17 18
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unspezifisch (vgl. 1Petr 1,14) für „Verlangen, Sehnsucht“, kann allerdings in der Bedeutung von „Begierde, Lust“ leicht einen negativen Klang29 bekommen, wie das offensichtlich auch hier der Fall ist. Das geschieht einerseits dadurch, dass in V 11 von „fleischlichen Begierden“ die Rede ist und andererseits von einer Kampf-Metaphorik30, die die menschliche Seele in ihrem Bedrohtsein vor Augen stellt.31 Der Umgang mit der ἐπιθυμία (vgl. für 1Petr auch 1,14; 4,2f ) ist in vielen philosophischen Kreisen32 der Antike, die nicht selten eine Art ‚Seelsorge‘ betrieben (z.B. die Epikureer)33, ein großes Thema.34 Der Neue Wettstein hält eine reichhaltige Auswahl an Beispielen bereit.35 Die oft konstatierte Gefahr für den Menschen angesichts solcher massiven Kräfte wird häufig darin gesehen, dass Menschen – überwältigt von den Begierden – ihre Selbstbestimmung und damit ihre Freiheit verlieren. Auch für die in V 11 zu beobachtende Kampf-Metaphorik (στρατεύομαι) lassen sich vielfältige Beispiele aus antiker Literatur anführen.36 So trägt Epiktet (Diss. 3,25,2–3) die Überzeugung vor: Der 29 Negative Bewertungen der Begierden in jüdisch-hellenistischen Texten u.a. 4Makk 2,4–6; Philo LA III 113; det. 110; migr. 219; mut 72; spec. II 30; IV 84; prob. 18; decal. 173; opif. 158; Mos. II 185; ApkMos 19,3; ApkAbr 24,8–9; TestHiob 7,8; PseudPhok 194; vgl. für das NT auch Gal 5,16; 5,24; Kol 3,5; Eph 2,3; 2Tim 3,6; Tit 2,12; Jak 4,1f; 1Joh 2,16. 30 Zu „inneren Kämpfen“ vgl. auch Röm 7,23; Jak 1,14f; 4,1f. Auch Philo kann von einem Kampf der Leidenschaften gegen die Seele sprechen (opif. 79–81), wie auch von einem Kampf der Seele gegen die Leidenschaften; vgl. dazu Wypadlo, Seele 278.280. Dabei scheint Philo in meiner Wahrnehmung vornehmlich den Kampf innerhalb der menschlichen Seele anzusprechen; vgl. Wypadlo, Seele 280. 1Petr 2,11 hat vor allem die Bedrohung durch die Leidenschaften im Blick. Vgl. auch die Überlegungen in von Bendemann, Seele, bes. 196. 31 Vgl. hierzu auch Wisse, Affektenlehre. 32 Vgl. (vor allem zur Stoa) Nussbaum, Therapy 316–358 (Lebenswissen, Selbsterziehung etc.). 484–510 (Therapie der Leidenschaften), bes. 507–510. 33 Vgl. u.a. Thom, Popular Philosophy. 34 Vgl. z.B. Epiktet, der wiederholt Sport- und Kampfmetaphorik für die Anstrengungen in Philosophie und Lebensgestaltung einsetzt; in Diss. 3,10,7 heißt es: „Gott sagt zu dir: Beweise mir, hast du den Regeln entsprechend gerungen, hast du nur gegessen, was erlaubt ist, dich fleißig geübt, auf deinen Trainer gehört?“ Mit Blick auf den Kampf gegen sinnliche Leidenschaften führt er das Bsp. des Sokrates an: „Denk, für welch großen Sieg er es angesehen hat, dass er sich selbst besiegt hatte! War das nicht ein olympischer Sieg! … Königliche Ehre, Freiheit, Glückseligkeit, Seelenfrieden sind der Preis, den man hier gewinnt oder verliert“ (2,18,22.28). Vgl. auch Sen., clem. I 7: „Es macht freilich die Menschen gierig allzu großes Glück, und niemals lassen sich die Leidenschaften (cupiditates) so weit mäßigen, dass sie dann aufhören, wenn ein Wunsch erfüllt wird.“ 35 Neuer Wettstein II/2, 1353–1356. Zur Frage der Beherrschbarkeit von Leidenschaften vgl. auch 4Makk 7,18–22. 36 Zu entsprechenden Stellen bei Philo u.a. vgl. Asumang, Resist 33: „In its Diasporic Jewish sense, στρατεύονται was essentially used to refer to the fight for inner spiritual integrity as part of maintaining one’s relationship with God“ (mit entspr. Philo-Stellen und weiteren Angaben zur frühjüd. Lit.); vgl. auch 4Makk 9,24. In Plutarchs NumaBiographie (3) wird dieser als von der Überzeugung geprägt vorgestellt, „dass die wahre Tapferkeit in der Beherrschung der Begierden in der eigenen Brust durch die Vernunft bestehe“.
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größte Kampf „geht nicht darum, wer die stärkste Faust, den gewaltigsten Arm, die biegsamsten Gelenke hat; … sondern der Kampf geht um Glückseligkeit oder Unglückseligkeit selbst“. Die Seele37, die nach der Eulogie des 1Petr für das Heil bestimmt ist (vgl. 1,9) bleibt also fortgesetzt Bedrohungen ausgeliefert.38 Die Begierden kämpfen gegen die Seele.39 Aber der glaubende Mensch ist dem nicht einfach ausgeliefert, wie der nachfolgende V 12 zu verstehen gibt. Und, was noch schwerer wiegt: in beispielhaftem/authentischem Lebenswandel steckt nach V 12 sogar eine missionarische40 Chance. 12 Der im 1Petr wiederholt herangezogene Terminus für den Entwurf praktischen Verhaltens ist das Wort ἀναστροφή41 (vgl. 1,15.18 und den nachfolgenden Text). Dieser Lebenswandel soll ein „schöner“42 bzw. „guter“ sein.43 Dabei ist die spezifische Verortung der Angesprochenen von erheblichem Gewicht: „unter den Völkern (ἐν τοῖς ἔθνεσιν)“44. Hier ist wiederum all das in Anschlag zu bringen, was im Präskript mit dem Stichwort Diaspora anklingt. Verstreut unter die Völker kann und soll der Lebenswandel der Glaubenden seine missionarische Kraft entfalten. Das gilt auch angesichts widriger Bedingungen. Was ist mit „guten Werken“45 gemeint? „The modern consensus on good works in 1Peter is grounded on the premise that ‚doing good‘ in
37 Zur Verwendung von ψυχή an dieser Stelle vgl. auch Farago-Bermon, Surviving 87: „Generally speaking, one should be careful when connecting psychē in NT to philosophy. For example in 1Pet. 2:11, the opposition between the ‚fleshly lusts‘ (epithumiai) and the soul makes of the soul the passive target of evil. Unlike the Pauline contrast between sarx and pneuma, in which the pneuma fights against the dynamism of the flesh (Gal. 5:17), in 1Pet. 2:11 the psychē is the passive object of an attack, without itself attacking“. 38 Konkrete Beispiele aus der Vergangenheit der Adressaten benennt 1Petr 4,2–3. 39 Bei Paulus scheint der Kampf gegen die Leidenschaften stärker vom Individuum bzw. vom einzelnen Glaubenden her gesehen zu werden; vgl. Gal 5,16f.24. 40 Vgl. auch Brox 111: „Hier wird, wie auch später noch wiederholt, mit dem möglichen missionarischen Effekt eines ‚guten Lebens‘ zum Einsatz motiviert“; Dettinger, Annäherung 148. 41 Der Begriff kommt in der LXX eher selten vor; vgl. Tob 4,14; 2Makk 6,23. Im NT können 13 Stellen benannt werden; vgl. neben dem 1Petr (1,15.18; 3,1f; 3,16) Gal 1,13; Eph 4,22; 1Tim 4,12; Hebr 13,7; Jak 3,13; 2Petr 2,7; 3,11. Vgl. Popkes, Jak 246: „‚Guter Lebenswandel‘ ist also eine Standardwendung in der zeitgenössischen frühchristlichen Literatur“. Es kommt freilich auch in profaner Lit. vor; vgl. Bauer, Wörterbuch 121f. 42 Zum Aufruf zu einem „guten Lebenswandel“ vgl. auch Jak 3,13; vgl. hierzu Popkes, Jak 246: „Erkennbar werden die Taten in der Lebensgestaltung“; Metzner, Jak 197. 43 Vgl. zu diesem Themenbereich auch van Unnik, Teaching; de Waal Dryden, Theology; Williams, Works. 44 Vgl. auch Williams, Works 57. 45 Das Thema der „guten Werke“ wird auch in anderen ntl Texten bearbeitet; vgl. Mt 5,16: τὰ καλὰ ἔργα; Joh 10,32; 1Tim 5,10.25; 6,18; Tit 2,7.14; 3,8.14; Hebr 10,24.
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volved acts which were approved by Greco-Roman society“46. Hinsichtlich der verwendeten Sprache kann dieser Beobachtung von vielen zugestimmt werden, dass nämlich „the language of good works in 1Peter echoes the terminology commonly displayed in the honorary discourse associated with civic benefaction“47. Anfragen an den Forschungskonsens kamen in jüngerer Zeit von Travis B. Williams. „Our ultimate goal is to diagnose the social strategy of good works in 1Peter by examining how this persistent admonition is intended to be an appropriate sociological response to the conflict in which the readers were involved, and then to evaluate how well this strategy either subverts or accommodates the discourse of power and hegemony which pervaded Anatolian society“48. Diejenigen, die Gutes tun, werden in ihrem Gutes-Tun nicht unbedingt geachtet. Manchmal ist sogar das Gegenteil der Fall.49 Davon können der Verfasser des 1Petr wie seine Adressaten offensichtlich entsprechende Erfahrungen beisteuern. „Schlechtreden“50 (vgl. 1Petr 3,16) oder noch spezifischer „gutes Verhalten schlecht reden/machen“ ist auch in seiner Zeit51 ein häufiger zu beobachtendes Phänomen. In der üblen Nachrede52 erscheinen die Angesprochenen zuweilen „wie Übeltäter“53 Williams, Works 3. Zum Euergetismus in Kleinasien vgl. u.a. Zuiderhoek, Politics; Williams, Works 68–104 (bis hin zu Kostenaufstellungen für Wasserleitungen, Theater, Tempel, Gymnasien etc.). 47 Williams, Works 49; vgl. ebd.: „in the Greco-Roman world, one of the primary mediums through which recognition and approval were communicated within society was through the public honoring of civic benefactors“; Lendon, Empire, passim. Williams bietet auch einen Überblick über entsprechende Zeugnisse im Bereich der Inschriften (Works 51–53) und der gr. Lit. (Works 53–55); vgl. auch meine Rez. zu diesem Werk in der BZ NF 60 (2016) 144–147. Zur Bedeutung öffentlicher Ehrung vgl. auch ältere Arbeiten wie Winter, Welfare; Elliott, Disgraced; Campbell, Honor. 48 Williams, Works 14–15. 49 Nach Zeller, Nominal 272, „bezeichnet ἐν ᾧ καταλαλοῦσιν bzw. καταλαλεῖσθε das, was den Heiden Stoff zu übler Nachrede liefert, die angeblichen Übeltaten der Chris ten“. Reicke, Spirits 110f, bietet ein inschriftliches Bsp. für die Verbindung von ἐν und καταλαλεῖν. Vgl. auch Schlosser 207. 50 Vgl. Röm 1,30; 2Kor 12,20; Jak 4,11; vgl. zum Phänomen auch Lk 6,22 („den Namen in Verruf bringen“); Apg 19,9. Zur καταλαλιά vgl. auch Vahrenhorst, Leiden 61f. In 1Petr 2,1 werden die Adressaten selbst vor einem entsprechenden Verhalten gewarnt. 51 Vahrenhorst, Leiden 61, versteht (von 1Petr 2,12 und 3,16 her) die Leiden der Adressaten vorrangig als „Erfahrungen verbaler Gewalt“; vgl. auch Elliott, Home 78– 82; Zerbe, Non-Retaliation 273; Achtemeier 33–36; Harland, Honouring 103 (mit Verweis auf 1Petr 3,9.15–17; 4,3–5; 5,9); Watson, Rhetoric; Rubel, Abgrenzung 74.77. Moss, Christs 35, spricht von „Zurückweisungen“, Poplutz, Fremdheit 214, von „soziale Stigmatisierungen, die sich in verbaler Gewalt ausdrückten“. 52 Der 1Petr kennt ein weites Spektrum an Begriffen, die für die Erfahrung verbaler Gewalt stehen: Neben καταλαλέω in 2,12; 3,16 sind λοιδορία in 3,9, ἐπηρεάζω in 3,16, βλασφημέω in 4,4, ὀνειδίζω in 4,14 und κολαφίζω in 2,20 zu nennen; vgl. hierzu auch Webb, Intertexture 88 Anm. 51. 53 Vgl. Brox 113: „Die Christen werden, weil sie Christen sind, als Übeltäter (auch 2,14; 4,15), als Kriminelle diffamiert“. 46
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(κακοποιός)54. Dennoch setzt der Verfasser auf die Möglichkeit, dass diejenigen, die zuvor schlecht geredet haben, durch eine neue Wahrnehmung (ἐποπτεύοντες)55 zu einer Entdeckung geführt werden: zum Sehen der „schönen/guten Werke“56, sodass sie sogar zu einem entsprechenden, darauf antwortenden Lobpreis Gottes bewegt werden (δοξάσωσιν). In diesem Zusammenhang sehen sich Leser an entsprechende Vorstellungen erinnert, die im Mt-Ev entfaltet werden.57 Vor allem ist an Mt 5,16 zu erinnern: „… damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen“.58 In 1Petr 2,12 dürfte das ἐκ mit „aus“ oder „aufgrund“ wiederzugeben sein. Man kann hier von einer ausgesprochen optimistischen Sichtweise59 sprechen. Beobachter werden in die Lage versetzt, die guten Werke als solche zu sehen und sie den Großtaten Gottes zuzurechnen. Allerdings fügt der Verfasser hinzu, dass das „am Tag der Heimsuchung“ (ἐν ἡμέρᾳ ἐπισκοπῆς)60 der Fall sein wird, was darauf verweist, dass diese Erfahrung u.U. nicht „in dieser Zeit“ zuteilwird. Hinsichtlich der Wendung „am Tag der Heimsuchung“ fällt zunächst auf, dass das Wort „daraufschauen“ aufgegriffen wird, sodass ein ‚Wortspiel‘ zustande kommt. Viele Ausleger erkennen eine atl Anspielung und verweisen auf Jes 10,3 LXX61. Auch in 1Hen 62–63 wird der Gerichtstag als „Tag der Heimsuchung“ in Aussicht
54 Vgl. auch manche alternative Lesarten zu 1Petr 3,16, darunter אA C P. Zum Phänomen vgl. auch Joh 18,30. 55 Zur Möglichkeit einer grundlegenden Veränderung der Sichtweise vgl. auch Offb 3,9. 56 Zu καλός κτλ. in literarischen, epigraphischen und papyrologischen Zeugnissen der hellenistisch geprägten Welt vgl. bes. Williams, Works 39–67. Williams beobachtet einerseits, „that the language of good works in 1Peter echoes the terminology commonly displayed in the honorary discourse associated with civic benefaction“ (49), dass es aber andererseits zu einer folgenreichen, neuen Akzentsetzung komme: „Within later philosophy discourse, … stress came to be laid on the moral quality of behavior that the label ‚noble and good‘ was sometimes attributed to a person without consid erations of wealth and social prestige“ (47; vgl. auch 104), z.B. bei Epiktet. Das ist in diesem Kontext auch nach Brox (113 Anm. 376) der Fall: „Das in V 12 zweimal verwendete καλός (gut) ist in der Umwelt ein geläufiger Terminus für das sittlich Gute und kann hier im 1Petr geradezu als Signal für die vorausgesetzte Übereinstimmung mit den Heiden in der ethischen Idealvorstellung werden“. 57 Zur „Verwandtschaft“ mit dem Mt-Ev vgl. u.a. Metzner, Rezeption, bes. 49–68; Deines, Gerechtigkeit 237–254; Williams, Works 168–170, darin 168 Anm. 6: „A comparison between the two passages is not meant to imply anything more than shared tradition; hence we would reject the theory of literary dependence posed by Rainer Metzner.“ 58 Vgl. auch Spicq 99; Brox 114: „im vorliegenden Text muß mit einem Traditionszusammenhang zurück sogar bis Mt 5,16 gerechnet werden“; Heckel 105. 59 Vgl. auch Brox 113: „Widerlegung dieser Verleumdung und sogar die Gewinnung der Verleumder für den Glauben … Widerlegung der antichristlichen Vorwürfe und sogar werbende Wirkung“. 60 Vgl. Brox 114f; Reiser, Eschatologie 168, den forensischen Aspekt betonend. 61 Vgl. auch Jer 6,15; Weish 3,7; 19,15; Sir 18,20.
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gestellt.62 Doch muss nicht allein der kommende Gerichtstag63 gemeint sein.64 In apokalyptischer Erwartung wird dieser Tag als der verstanden, an dem unter den „Augen Gottes“ alles so erkennbar wird, wie es war. Andererseits kann den „Daraufschauenden“ auch schon „in dieser Zeit“65 die Möglichkeit eröffnet werden,66 aus ihrer verkehrten Wahrnehmung befreit67 zu werden68, um die guten Taten der Glaubenden als solche sehen zu können69 (vgl. auch 1Petr 3,2), also nicht länger im Schlechtreden gefangen zu bleiben, sondern sogar zum Lobpreis Gottes vorzustoßen. Vielleicht schließen sich diese beiden Deutungsmöglichkeiten auch gar nicht aus. Die Aufforderung bzw. Einladung, allen Menschen Gutes zu tun, wobei Zusammenτὸ καλόν für alles Gute im ethischen Sinn steht, kann als Grundbaustein fassung paränetischer Weisung in der urchristlichen Verkündigung verstanden werden. Wiederholt fordert der Apostel Paulus in seinen Briefen zu einem entsprechenden Handeln auf; vgl. z.B. 1Thess 5,15 („… bemüht euch immer, einander und allen Gutes zu tun!“; 2Kor 13,7; Gal 6,9–10 („Lasst uns nicht müde werden, das Gute zu tun … lasst uns, solange wir Zeit haben, allen Menschen Gutes tun …“). Aber auch die deuteropln Literatur (vgl. 2Thess 3,13; Kol 1,10; Eph 2,10) und die Pastoralbriefe (vgl. 1Tim 5,10.25; 6,18; Tit 2,7.14; 3,8.14) kennen entsprechende70 Ermutigungen.
Zum kommenden „Tag“ vgl. bes. Sach 14,21. Zur ntl Rede vom kommenden „Tag“ vgl. auch Apg 2,20; 1Kor 3,13; 5,5; 2Kor 1,14; 1Thess 5,2; 2Petr 3,10.12 u.a. 64 Vgl. auch Spicq 99; Söding, Peripherie 255. 65 Vgl. Lk 1,68.78; vgl. in diesem Zusammenhang auch Lk 19,44. Vgl. auch die Auslegung von Frankemölle 46. Bereits Beda Venerabilis rechnete in seiner Auslegung der Stelle mit dieser Möglichkeit. 66 Das Gegenteil wird von Rubel, Abgrenzung 75, behauptet: „Das Gotteslob der Völker, die vorher die Christen noch als Übeltäter verleumdet haben, findet nicht schon in der Gegenwart, sondern erst in der eschatologischen Zukunft statt“; vgl. auch Zerbe, Non-Retaliation 288. Dem sei entgegengehalten, dass dem 1Petr in besonderer Weise an der Veränderung von Sichtweisen gelegen ist, was nach Kap. 3 schon bei ungläubigen Ehemännern beginnen kann. Vgl. vor allem du Toit, Negotiating 233. 67 Diese Möglichkeit wird bereits von Calvin stark gemacht: „Scio quosdam ad extremum Christi adventum referre; sed ego aliter accipio, quod scilicet Deus sancta et honesta suorum vita, tamquam praeparatione utetur, ut in viam errantes reducat. Hoc enim conversionis nostrae initium est, quum Deus paterno oculo respicere nos dignatur“. 68 Vgl. Richard, Conduct 415: „the author focuses on the major issue of the letter, namely, Christian relations with outsiders and proper motivation for honorable behav ior in the face of innocent suffering (2:12)“. 69 Vgl. auch Brox 113: „Gewinnung der Verleumder für den Glauben … Widerlegung der antichristlichen Vorwürfe und sogar werbende Wirkung“. 70 Vgl. Hebr 13,16. 62 63
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Die kurze Textpassage 1Petr 2,11–12 ist ein typisches Beispiel für die paränetische Gesamtausrichtung des 1 Petr71 (vgl. vor allem 2,11: Ἀγαπητοί, παρακαλῶ … ἀπέχεσθαι τῶν σαρκικῶν ἐπιθυμιῶν αἵτινες στρατεύονται κατὰ τῆς ψυχῆς; vgl. auch 1Petr 5,12: ἔγραψα παρακαλῶν). Eine Vielzahl antiker Autoren, die im Rahmen ihrer (philosophischen) Überlegungen auch ethische Forderungen und Weisungen formulieren, zeigt sich von dem Bemühen geprägt, eine „nützliche Botschaft mit einer angenehmen Form“72 zu verbinden. Von daher kann der Einsatz von metaphorischen Prädikationen zu den „kulturellen Kommunikationsbedingungen …“ gezählt werden, „unter denen Wertvorstellungen plausibel erschienen“73. Das geschieht durch ein gezieltes Ansprechen der Sinne und des Erlebens74, wodurch nicht nur die heuristische Valenz metaphorischer Prädikationen gestützt wird75, sondern vor allem auch ihre paränetische Funktion, die im 1Petr im Dienst der Identitätsbildung und eines entsprechenden Rufs in die Verantwortung steht. Insofern strebt „metaphorische Ethik“, wie sie hier im Kampf gegen die Leidenschaften76 erkennbar wird, Zustimmung an und leistet einen Beitrag zur Plausibilität des Vorgetragenen. Angesichts dieser Möglichkeiten kann es kaum verwundern, dass Metaphern häufig in den Dienst einer „moral message“77 treten und damit einer „ars vitae, die ihr Ziel im konkreten Lebensvollzug, in der Ethik hat“78.
Zur paränetischen Gesamtausrichtung des 1Petr vgl. auch Sandnes, Conventions 379: „… it seems justified to speak of 1 Peter as a Christian adaption of the paraenetic letter type“; de Waal Dryden, Theology 91.98.116; Thorsteinsson, Christianity 106; vgl. auch Hill, Sacrifices 46.50.61. 72 Hirsch-Luipold, Gedeihen 99. 73 Zeller, Ethik 215. 74 Vgl. auch Müller, Pflanzung 32f: „Sie sprechen nicht nur unseren Verstand, sondern auch unser Gefühl und unseren Willen an und sind in der Lage, Verhalten zu motivieren“. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Eberhart, Kultmetaphorik 15f. 75 Vgl. auch Zimmermann, Einführung 26: „Ein solches Spiel der Sinn-Möglichkeiten, diese prinzipielle Unabgeschlossenheit der Bedeutungszuweisung gilt in besonderer Weise bei der Bildersprache“. 76 Dabei handelt es sich um ein Thema, das in antiken philosophischen Kreisen vielfältig bearbeitet wurde; es wird auch im 2Petr angegangen (1,4; 2,10.18; 3,3), vor allem im Blick auf die Genusssucht; vgl. dazu vor allem 2Petr 2,10.18. 77 Larmour, Metaphor 276. 78 Hirsch-Luipold, Denken 284. 71
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Für den 1Petr79 geht es vor allem um das Überzeugen durch gute Werke und einen entsprechenden Lebenswandel81. Ein authentischer und eventuell sogar für den Christusglauben gewinnender Lebenswandel eröffnet neue Perspektiven. Damit scheint der Autor sogar damit zu rechnen, dass zunächst aggressiv Auftretende einen neuen Blick und eine Revision ihres Urteils wagen.82 Dem 1Petr ist es ein besonderes Anliegen, den ‚Gesprächsfaden‘ mit der Welt nicht aufzugeben, auch wenn diese sich (zunächst) als aggressiv agierende ‚Gegen‘-Welt manifestiert. 80
Die Vorstellungen von Fremde und Pilgerschaft, die bereits in den wir- Wirkungs kungsgeschichtlichen Beobachtungen zu Kap. 1 eine Rolle spielten, sind geschichte auch für den Abschnitt 1Petr 2,11–12 zu bedenken. Für die Vätertheologie ist besonders auf Leo der Große aufmerksam zu machen, der in einer Predigt zum Festgeheimnis der Himmelfahrt Christi (De Ascensione Domini)83 eine Auswertung von 1Petr 2,11 vornimmt. In seinem Kommentar zum 1Petr bedient sich Beda des Psalmverses 39,13, um 1Petr 2,11 auf alle denkbaren christlichen Leser auszuweiten: „Aber auch wir, wenn wir wirklich Gott mit dem Propheten sagen können, dass wir in deinen Augen Fremde auf Erden und Pilger sind wie all unsere Väter (Ps 39,13 [38,13 LXX]), sollten glauben, dass die Briefe des gesegneten Petrus ebenfalls für uns geschrieben sind, und sie lesen, als seien 79 Im Jak sind vergleichbare Anliegen auszumachen; vgl. Jak 4,17: „Wer also das Gute tun kann und es nicht tut, der sündigt“; vgl. hierzu Popkes, Jak 295f: „‚Gutes tun‘ ist ein allgemeines Stichwort in ntl. Ethik und Paränese. Die Objekte ἀγαθόν und καλόν können dabei nahezu ineinander übergehen“. 80 Vgl. bes. Williams, Works. Eine Schlüsselbeobachtung im Werk Williams, in der er die Texte des 1Petr beispielsweise von 1Tim 6,17–19 u.a. absetzt, lautet: „The key to uncovering the meaning and purpose of good works in 1Peter lies in the tension between conformity and resistance“ (162). Unter der „Calculated Conformity in 1Peter“ (185–200) steuert er auf die besondere Zielsetzung seiner Studie zu: die Strategie des Autors genauer (als bisher in der Forschung geschehen) zu profilieren, und stellt fest: „A proper judgment regarding an accomodative strategy in 1 Petr can only be made by first evaluating the different levels of social integration within the Greco-Roman world, and then attempting to situate the nature of compliance prescribed in the epis tle“ (185). Seine Grundthese zur Zielrichtung lautet: „to conform to the traditional standards of popular culture, he simultaneously resists existing structures and accepted norms by undercutting the source of their authority and by asserting the priority of the readers’s faith commitments“ (185; vgl. auch 202). Die Paränese des 1Petr stelle eine „form of subaltern accommodation“ (202) dar. Dabei ergäben sich überraschende missionarische Möglichkeiten im Oikos und neue Perspektiven im gesellschaftlichen Kontext. 81 Vgl. auch Brox 115: „Voraussetzung … ist allerdings das ‚gute Leben‘, das Christen leben und das im 1Petr durch 2,22f und andere Texte zu einem ganz klaren und anspruchsvollen Kriterium gemacht ist, das am Leben dieses Christus Maß nimmt“. 82 Vgl. Theißen, Entstehung 180: „Die Spannung zwischen innerer Überlegenheit über die Umwelt und ‚Unterordnung‘ unter ihre Diskriminierungen ist groß und führt zu einer differenzierten Theologie des Leidens – auch als Mittel, um die Umwelt doch noch zu überzeugen“. 83 De Ascensione Domini 76 (CCL 138A).
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sie an uns gesandt. Entsprechend berät er uns in diesen Briefen, als hätten wir anderswo eine Heimat, indem er sagt: Ihr Lieben, da ihr Fremde und Gäste seid in dieser Welt, ermahne ich euch: Gebt den irdischen Begierden nicht nach, die gegen die Seele kämpfen (1Petr 2,11).“84 Die Anforderung und paränetische Weisung an Christusgläubige, Überzeugen durch gute Werke anzuzielen und eine authentische Lebensgestaltung an den Tag zu legen, hat wohl kaum an Aktualität verloren.85 In den aktuellen Debatten um Verantwortlichkeit dürfte das Gespräch mit dem „Effektiven Altruismus“86 als zeitgenössischer ‚Bewegung‘ von besonderem Interesse sein. Die Fragen lauten dort: Wie kann ich am meisten Gutes tun? Was ist die beste Weise, Gutes zu tun? Der Bewegung geht es einerseits um Korrektur gegen zunehmenden Egoismus sowie gegen unkritischen Altruismus. Das Setzen eines überzeugenden Ideals wird besonders hervorgehoben, was sich mit den Anliegen eines 1Petr unmittelbar berührt.
Beda, In 1 Petr 1,1 (CChr.SL 121,225,16–22 Hurst); zit. nach Merkt, Blümlein 186. Den Gedanken Bedas, dass die Briefe „ebenfalls für uns geschrieben sind“, nimmt auch Bonifatius in seinen Briefen auf; vgl. sein Schreiben an die Äbtissin Eadburg aus dem Jahr 735 „… Ich bitte Gott, den Allmächtigen, den Vergelter und Belohner aller guten Werke, Dir in den himmlischen Wohnungen und in den ewigen Zeiten für alle Deine Wohltaten, die Du mir erwiesen hast, ewigen Lohn droben in der Versammlung der seligen Engel zu gewähren; denn schon oft hat Deine Nächstenliebe meine Traurigkeit gelindert, sei es durch Vermittlung von Büchern oder durch Unterstützung mit Kleidern. So bitte ich auch jetzt noch zu mehren, was Du begonnen hast, d.h., mir in Goldbuchstaben die Briefe meines Herrn, des heiligen Apostels Petrus, abzuschreiben, zur Achtung und Ehrfurcht vor der hl. Schrift in den Augen der Fleischesmenschen bei der Predigt, und weil ich die Worte gerade dessen, der mich auf diese Fahrt ausgesandt hat, allezeit vor Augen haben möchte. Das für die erbetene Abschrift erforderliche (Gold) schicke ich durch den Priester Eoba“ (dt. Übersetzung nach Tangl/Külb/Rau). 85 Einen eindrücklichen Kommentar zu 1Petr 2,12, der auch durch sein persönliches Lebenszeugnis vor Augen tritt, hat Franz Jägerstätter in seiner Haftzeit in Tegel formuliert: „Das vorbildliche Leben der Christen ist die beste Werbung für den Glauben, aber es sichert die Gläubigen nicht immer vor der Verfolgung durch die Böswilligen“ (Briefwechsel 292 [zum 1Petr ebd.291f ]; vgl. auch Zucconi, Christus 194). 86 Vor allem an der Universität Zürich wird hierzu geforscht und publiziert; vgl. u.a. Riedener, Armut. 84
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9 Leben als Bürger des Staates (2,13–17) Die Imperative im Abschnitt 1Petr 2,13–17 zeigen Weisungen an, die das Verhältnis der Adressaten zur gesellschaftlichen Öffentlichkeit und zu staatlichen Institutionen betreffen, wobei einerseits die Loyalität gegenüber politischen Instanzen Betonung erfährt, andererseits aber auch die Verbindlichkeit geschenkter Freiheit. Insofern ist gegenüber dem vorausgehenden Abschnitt (2,11–12) ein neuer thematischer Schwerpunkt auszumachen. Durch die direkte Anrede der Haussklaven in 1Petr 2,18 ist eine klare Abgrenzung dieser Perikope möglich; V 18 markiert deutlich einen Neueinsatz, zumal in 2,13–17 alle Adressaten angesprochen werden. Literatur: Bird, Abuse; Charles, Volonté 338–371; Eckert, Furcht; Eckhardt, Staat 49–50; Gielen, Macht; dies., Hadrian; dies., Lebenszeugnis; Goldstein, Paränesen; Horn, Missbrauch; Horrell, Everyone; Jossa, sottomissione; Kelhoffer, Improvising; Légasse, soumission; Prostmeier, Handlungsmodelle 394–404; Rubel, Abgrenzung; Teichert, crux; Thurén, Jeremiah; Williams, Divinity; ders., Works; Zuiderhoek, Politics; ders ., Cities.
13 Ordnet euch jeglichem menschlichen Geschöpf unter wegen des Herrn, sei es einem König/dem Kaiser1 als einem Übergeordneten, 14 sei es Herrschern als durch ihn Beauftragten zur Bestrafung von Übeltätern, (zum) Lob aber von solchen, die gut handeln; 15 denn so ist der Wille Gottes, Gutes tuend zum Schweigen zu bringen die Unkenntnis der unverständigen Menschen, 16 als Freie und nicht wie solche, die die Freiheit als Deckmantel der Bosheit nehmen, sondern als Sklaven Gottes. 17 Ehrt alle, die Bruderschaft liebt, (den) Gott fürchtet, den König/Kaiser ehrt! 1. Der erste Imperativ ist im Aorist formuliert; dann werden Präsens-For- Analyse men gewählt.2 „Noteworthy is the fact that the aorist imperative is the preferred choice for author of 1Peter“3. Beachtet man die „viewpoint aspects“ ergibt sich nach Williams: „The most natural conclusion that can be drawn from this is that the initial command, based on the unmarked tense-form of the aorist, is a more general, overarching injunction which is further specified by the three following directives“4. 2. Die Frage nach einem für Christen angemessenen Lebenswandel wird in den VV 13–17 an ihrem Verhältnis zu staatlichen Institutionen
1 Auch andere ntl Stellen legen nahe, dass mit dem „König“ der römische „Kaiser“ gemeint ist. Vgl. auch Joh 19,15 (mit 19,12); Apg 17,7; 1Tim 2,2; Offb 17,9.12; das legt auch Jos. bell. III 351 nahe. Vgl. auch Vahrenhorst 116 Anm. 264; Heckel 105. 2 Zur Diskussion vgl. Horrell, Everyone 194–196. 3 Williams, Works 229. 4 Williams, Works 231.
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konkretisiert, wobei sich ein Vergleich mit Röm 13,1–75 nahelegt.6 Angesprochen sind alle denkbaren Adressaten des 1Petr. Dabei bildet V 17a „a kind of summary command, encapsulating the Christian’s responsibility in all the main spheres of relationship“7. Erklärung Der den V 13 eröffnende Imperativ ὑποτάγητε nimmt nicht nur die poli13–14 tischen Bedingungen Kleinasiens im ausgehenden 1. Jh. in den Blick, sondern jegliche denkbare staatliche Obrigkeit. Das Verb ὑποτάσσω weist ein weites semantisches Spektrum8 auf;9 es reicht von „sich fügen“ oder „sich unterordnen“ bis zur Vorstellung von einer „Einordnung“10. „Die Unterordnung … gehört daher zu der bewusst vollzogenen Einordnung der ‚Fremden‘ in die vorhandenen Strukturen der Gesellschaft.“11 Die Zufügung des Adjektivs ἀνθρώπινος zu κτίσις12 dürfte vor allem dazu dienen, menschliche „Schöpfungen“ bzw. Einrichtungen von der Schöpfung Gottes zu unterscheiden.13 „Die Forderung nach Unterordnung unter die ἀνθρωπίνη κτίσις 2,13a zielt also auf etwas von Menschen Geschaffenes, das in Personen begegnet bzw. von Personen repräsentiert wird. πᾶσα ἀνθρωπίνη κτίσις bezeichnet jede von Menschen geschaffene Institution zur Ordnung des Zusammenlebens, deren Anerkennung deutlich wird in der Unterordnung unter Personen, die die Autorität der Institution verkörpern.“14 Die Wendung „wegen des Herrn“ gibt zu verstehen, dass vom Kyrios her kein Argument auszumachen ist, solche Institutionen grundsätzlich 5 Zur Auslegung vgl. neben den Kommentaren auch Laub, Christ; Merklein, Sinn; Krauter, Studien; ders., Gewalt; Vogel, Lobrede. Zur „Unterordnung“ vgl. neben Röm 13,1–7 auch Tit 3,1; dazu Theobald, Israel-Vergessenheit 75–78. 6 Vgl. u.a. Goldstein, Paränesen; Légasse, soumission; Kelhoffer, Improvising. 7 Horrell, Everyone 198. 8 Ein Vergleich weniger ntl Bsp. lässt das leicht erkennen: Lk 2,51 (von Jesus ausgesagt); 10,17; Röm 10,3; 1Kor 14,23; Eph 5,21; 5,24; Hebr 2,5.8. Vgl. für den gegebenen Kontext vor allem die Verwendungen in Röm 13,1.5; Tit 3,1. 9 Vgl. auch Kamlah, ὙΠΟΤΑΣΣΕΣΘΑΙ; Kroeger, Understanding 83; Manns, morale. 10 Brox (118) betont diesen Akzent: „Christliches Leben äußert sich für ihn in vielen Hinsichten und Fällen als Unterordnung, und zwar heißt das als Einordnung, als respektvolle, den Gegebenheiten angemessene Anerkennung der eigenen Position und Pflicht … Dabei ist diese Sympathie zeitgemäß an patriarchalischen und autokratischen Ordnungsvorstellungen orientiert“. 11 Feldmeier 122. 12 Zur Diskussion um das Verständnis von κτίσις vgl. Wolff, Nachfolge 428f Anm. 10; Gielen, Hadrian 178–181; Williams, Divinity 133–135; ders., Works 225–228. 13 Vgl. auch Williams, Divinity 135.142f.145. Teichert, crux 303f, ist den verschiedenen Wiedergabemöglichkeiten von κτίσις nachgegangen und plädiert schließlich für eine Wiedergabe mit „jedem menschlichen Geschöpf“. Die Schwierigkeit der Wiedergabe von κτίσις in 2,13 besteht freilich bis heute; vgl. z.B. Williams, Divinity 133: „The difficulty surrounding the ‚institution‘ view, however, is the lack of any comparative usage.“ 14 Gielen, Macht 7. Vgl. auch dies., Hadrian 180: „Mit dem Syntagma ἀνθρωπίνη κτίσις in 2,13a hat PsPetrus – wie der Kontext sicherstellt – eindeutig heidnische Autoritäten im Blick.“
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in Frage zu stellen. Durch das Gegenüber von κύριος und βασιλεύς wird erkennbar, dass „der Briefautor den Kaiser nicht nur dem Bereich menschlicher Autoritätsträger“15 zuordnet; er setzt ihn damit auch deutlich vom κύριος-Titel ab.16 „For within 1Pet 2.13–17, the power and prestige of the emperor is relativized both by the fact that he is described as a ‚human creature‘ (2.13) and because his authority falls somewhere below that of God (2.17).“17 Die Vielfalt der für die Entstehungszeit des Schreibens zu veranschlagenden politischen Systeme kommt durch die Nennung eines βασιλεύς (vgl. auch 1Petr 2,17) zum Ausdruck, mit dem im konkreten Fall des 1Petr und seiner Adressaten der römische Kaiser gemeint sein dürfte,18 als einem „Hervorragenden“ bzw. Übergeordneten, sowie durch die in V 14 genannten anderen ἡγεμόνες. Die Formulierung von V 14 lässt primär an römische Verhältnisse denken, mit denen die Adressaten als ihrer Lebenswelt vertraut sind. Ein ἡγεμών, also ein Statthalter oder Prokurator,19 wird hier als Abgesandter des Kaisers20 verstanden.21 Ein Abgesandtsein durch den römischen Senat – was bei der Zuteilung mancher Provinzen der Fall war – kommt nicht in den Blick. Die primäre Aufgabe von abgesandten Obrigkeiten22 erkennt der 1Petr in der Ermöglichung von
Gielen, Macht 10. Giesen, Lebenszeugnis 136, konstatiert: „Das verleiht V. 13 einen polemischen Akzent“; vgl. auch Gielen, Hadrian 180f. 17 Williams, Works 209, vgl. auch 225: „Under the veneer of compliant submission, the message which the author communicates to his readers implies a subtle critique of hegemonic claims. The key is the disparaging appellation which is ascribed to the emperor: ἀνθρωπίνη κτίσις“; vgl. auch Vogel, Lobrede 245. 18 Vgl. auch Brox 120; Giesen, Lebenszeugnis 136; Vahrenhorst 116; Rubel, Abgrenzung 76 (mit Hinweis auf Joh 19,15; Apg 17,7). 19 Ein Seitenblick auf Lk 3,1–2 verrät manches zur Verwendung solcher Begrifflichkeiten. Die Ausübung des Amtes eines Pontius Pilatus wird dort mit dem Verb ἡγεμονεύειν gekennzeichnet; vgl. auch Lk 2,2 (für Quirinius); Jos. ant. 15,345. Das entsprechende Substantiv bzw. der Amtstitel ist ἡγεμών; vgl. auch Mt 27,2.11.14 u.ö.; Mt 10,18 // Mk 13,9; Lk 21,12; vgl. darüber hinaus auch Lk 20,20; Apg 23,24.26.33; 24,1.10 (Felix); 26,30 (Festus); Jos. ant. 18,55. 20 Vgl. Schmitt, Ordnung 31: „Der Kaiser erscheint hier … als ein Instrument und ist als solches mit einem Zweck verbunden … das Gute fördern und das Schlechte bekämpfen“. 21 Giesen, Lebenszeugnis 137, denkt an „alle Offiziellen, die im Auftrag des Kaisers in den Provinzen tätig sind“. 22 Vgl. auch Apg 19,38: „Gerichtstage und Prokonsuln“. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Vahrenhorst 117: „Sie halten also die öffentliche Ordnung aufrecht und wachen über die Einhaltung des Rechts“; Heusler, Kapitalprozesse, passim. Vgl. auch Standhartinger, Welt 149: „Allein der Statthalter war in den Provinzen befugt Gerichtsverhandlungen zu führen und Urteile zu sprechen. Er bereist dazu die verschiedenen Konventsstätte seiner Provinz“. In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass in den Provinzen Kleinasiens Städte mit sehr unterschiedlichem Rechtsstatus nebeneinander auszumachen sind; vgl. dazu Eck, Provinzen 46; Schwertheim, Kleinasien 107. 15 16
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öffentlicher Ordnung und Rechtssicherheit;23 Übeltäter sollen durch die Abgesandten bestraft werden.24 Für ἐκδίκησις25 legt sich eine Übersetzung mit „Bestrafung“ (nicht mit „Rache“) nahe. Damit kommt die Erwartung (und Forderung) gegenüber dem Staat bzw. gegenüber der Obrigkeit26 zum Ausdruck, dass Übeltäter und Verbrecher eine entsprechende Bestrafung erfahren.27 Demgegenüber28 soll den Wohltätern eine öffentliche Anerkennung29 zuteilwerden.30 Beispiele für die Praxis
Vgl. auch Ciceros Brief an seinen Bruder Quintus (61–58 v. Chr. Proprätor in Asia) I 1,7 (Ende 60 oder Anfang 59): „Gewiss gibt es aber gerade zwischen diesen Leuten schlimme Streitigkeiten, zahlreiche Rechtsverletzungen treten auf, und die Folge sind schwierige Prozesse“, I 1,11,: „Wie mir scheint, gibt es übrigens bei der Verwaltung Asiens keine sehr große Bandbreite von Aufgaben, sondern es geht fast ausschließlich um die Rechtspflege“; Plinius der Jüngere, Panegyricus 70,7; Dion von Prusa, or. 39,2. Ein anschauliches Beispiel liefert auch der Brief in Jos. ant. 14,244–246. Zur Zuständigkeit von Statthaltern für innere Sicherheit, Rechtsprechung und personenrechtliche Angelegenheiten vgl. auch Wesch-Klein, Provinzen 50f u.a. Drexhage, Wirtschaftspolitik, spricht von Allzuständigkeit und Kontrollfunktion (23), sowie von Rechtspflege (25.28). Vgl. auch Marek, Geschichte 328: „Die wichtigsten Aufgaben der Gouverneure bestanden darin, in der Provinz Gericht zu halten und die Steuererhebung zu beaufsichtigen“; vgl. ebd. 453–456; ders., Pontus 56. 24 Zur Bestrafung und Belobigung durch staatliche Instanzen vgl. auch Röm 13,3. Vgl. dazu auch van Unnik, Lob. Zu einer Konkretisierung im NT vgl. Lk 23,41. 25 Vgl. zu den Wiedergabemöglichkeiten Müller, Gleichnis (mit Blick auf Lk 18,1– 8): „An zwei Stellen, näherhin in den VV. 3.5, verwendet der Autor des Lukasevangeliums das Verb ἐκδικεῖν; in den VV. 7.8 ist von ποιεῖν τὴν ἐκδίκησιν die Rede. Das Verb ἐκδικεῖν und die entsprechende umschreibende Wendung können in drei unterschiedlichen Bedeutungen verwendet werden: ‚jemandem Rechtshilfe gewähren‘, ‚einen Prozeß durchführen‘, aber auch ‚Rache verschaffen‘.“ 26 Vgl. van Unnik, Lob 341: „Der Name, mit dem die ‚Obrigkeit‘ angedeutet wird, mag wechseln (Archontes; Gesetze; Kaiser; Feldherr), die Aufgabe, die sie zu erledigen hat, und der sie sich bewußt sein soll, ist immer die gleiche“. Van Unnik fährt (342) fort: „Das Ziel ist, die Bürger vom Bösen abzuhalten und zum Guten anzuleiten“. 27 Nach Williams, Works 176, kann „the punishment and praise mentioned in 1Pet 2.14“ als „a common topos on the appropriate administration of governing authorities“ verstanden werden. Er führt (ebd. 176f Anm. 35) eine entsprechende Liste von Belegtexten antiker Texte an. Vgl. auch Vogel, Lobrede 244: „Die Statthalter sind dazu da, gerecht zu richten. Der Text formuliert aber nirgends die Erwartung, dass sie dieses auch tatsächlich tun. Gerechtes Richten erwarten die Christen, ihrem Vorbild Christus folgend, allein von Gott.“ 28 Die Opposition von „Schlechtes/Böses-Tun“ und „Gutes-Tun“ wird mit der Opposition von ἐκδίκησις und ἔπαινος in Verbindung gebracht. 29 Vgl. auch die Verwendung von ἔπαινος in 1Petr 1,7 und die Ausführungen dazu (oben). 30 In diesem Kontext ist das weite Feld des antiken Euergetismus zu bedenken. Vgl. dazu u.a. Gygax, Euergetismus (für die Zeit des Hellenismus); für die Zeit des Imperium Romanum mit spezieller Fokussierung auf Kleinasien bes. Marek, Geschichte 535–538; Zuiderhoek, Politics; ders., Cities, mit dem wichtigen Hinweis (Cities 178), dass es sich in der Regel um „Mischfinanzierungen“ handelte: „I will argue that in the cities of the Roman east the demos was at least as heavily involved in decisions regard ing public construction as the civic elite“. 23
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der ‚Belobigung‘31 können in den Kaiserbriefen32 ausgemacht werden,33 aber auch in besonderen Maßnahmen von Gemeinwesen für Mitbürger,34 „die sich durch die Übernahme von Ämtern, diplomatischen Missionen oder auch die Finanzierung öffentlicher Aufgaben verdient gemacht haben“35. Ob dabei in 1Petr die Sehnsucht mitschwingt, dass die eigenen guten Taten36 (vgl. neben V 15 auch 1Petr 3,6.17; 4,19) in entsprechender Weise öffentliche Würdigung erfahren sollten,37 ist aus dem Text selbst nicht mit letzter Sicherheit zu erheben; auszuschließen ist es allerdings nicht. Wohltaten38 wurden verschiedentlich auch von philosophisch orientierten Stimmen gestützt, wenn beispielsweise Seneca konstatiert: „De beneficiis dicendum est et ordinanda res, quae maxime humanum societatem adligat“39. Die in den VV 13–14 erhobene Forderung wird in V 15 mit einem ge- 15–16 wichtigen Argument untermauert: „denn so ist der Wille Gottes,40 Gutes tuend zum Schweigen zu bringen die Unkenntnis der unverständigen Menschen“. Das Verb φιμοῦν bedeutet zunächst „zubinden“, im vorliegen-
Hier ist eine besondere Nähe zu Röm 13,3–4 zu beobachten, die Aejmelaeus, Her itage 130f, sogar von literarischer Abhängigkeit sprechen lässt. 32 Vgl. Gielen, Macht 11. 33 Erhellend wirkt auch das Inschriften-Material; vgl. z.B. Meyer-Zwiffelhoffer, Bürger 384: „Und tatsächlich thematisierten Tausende von Ehreninschriften die politische Praxis der Aristokratie, wobei die Ämter, Liturgien und Euergesien in der Regel in langen Reihen von Partizipialkonstruktionen aufgelistet waren, was den Charakter der Aktivität, des Einsatzes für die Stadt, unterstrich“. 34 Strobel, Verständnis, hat reichhaltiges Inschriften-Material dokumentiert, das entsprechende Belobigungen enthält. Als Gründe benennt er (Verständnis 83): „Lob wurde für untertäniges Verhalten, für treue politische Gesinnung und für ergebenen Diensteifer, darin inbegriffen die kultische Verehrung des Kaisers, welche das kultische Opfer und die Teilnahme an den Festlichkeiten umfaßte, erteilt.“ 35 Gielen, Macht 11. Vgl. auch Giesen, Lebenszeugnis 138: „Die Repräsentanten des Kaisers können für jene, die sich um das Gemeinwesen verdient gemacht haben, auch Statuen aufstellen oder Inschriften anfertigen lassen, ihnen Kränze oder eine Geldsumme schenken, besondere Privilegien oder auch das Bürgerrecht gewähren.“ 36 Vgl. hierzu vor allem Charles, Volonté. 37 Vgl. du Toit, Negotiating 236, der mit dieser Möglichkeit rechnet. 38 Vgl. zur Bedeutung von Wohltaten für das Gedeihen von Gemeinschaften in der Antike u.a. die Studie von Junghanß. Nach Strabo, Geographica X,3,9, verleiht die Wohltätigkeit eine Ähnlichkeit mit den Göttern. 39 Sen. benef. 1,4,2. Vgl. auch benef. 1,6,1: „Was also ist eine Wohltat? Eine wohlwollende Handlung, die Freude schenkt und im Schenken selbst empfindet; geneigt und aus eigenem Antrieb bereit zu dem, was sie leistet. Daher kommt es nicht darauf an, was geschieht oder was gegeben wird, sondern in welcher Gesinnung, weil eine Wohltat nicht in dem besteht, was geschieht oder gegeben wird, sondern allein in der Haltung des Gebenden oder Handelnden“ (Übersetzung nach Junghanß, Wohltaten 127 Anm. 430). Vgl. außerdem Cicero, off. 2 . 40 Zur Rede vom Gotteswillen in 1Petr vgl. auch 3,17; 4,2.19. 31
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den Fall „zum Schweigen bringen“.41 Aufgegriffen wird das bereits aus 1Petr 2,12 vertraute Schlechtreden der umgebenden Bevölkerung und die damit verbundene Erfahrung verbaler Gewalt. Es kann verstummen angesichts der guten Taten42 derer, die angesprochen werden. Zudem werden dadurch „Doofe“ (ἄφρων)43 in ihrer Unkenntnis (ἀγνωσία)44, d.h. den wahren Tatbeständen gegenüber ignorant, geoutet, gewissermaßen ihrer „Doofheit“ überführt.45 „Wie man bissigen Tieren einen Maulkorb anlegt, so soll durch das gute Tun der Christen ihren Gegnern das Maul gestopft werden.“46 Voraussetzung hierfür bleibt freilich das dem Gotteswillen entsprechende Tun des Guten. Vielleicht darf man sogar noch einen Schritt weitergehen: „Damit gewinnt die politische Unterordnung eine missionarische Dimension. Denn denjenigen, die die Christen in politischen Dingen bekritteln, soll ja sicherlich nicht nur der Mund gestopft werden“47, vielmehr „soll auch den politischen Gegnern der Weg zur Gemeinde gebahnt werden“48. Es geht zum wiederholten Mal um den geglückten Lebenswandel der Befreiten (vgl. vor allem 1Petr 1,18f ). Als solche sollen sich die Angesprochenen gerade in ihrer Lebensführung erweisen. Die geschenkte, von Gott eröffnete Freiheit ist auch für den 1Petr – vgl. aber dazu auch Gal 5,1349 – kein Automatismus, der in jedem Fall ein geglücktes Verhalten nach sich zieht. Die Angesprochenen tragen jeder und jede für sich die Vgl. Rubel, Abgrenzung 77: „Das Verbum φιμόω, das hier begegnet, wird im Neuen Testament entweder auf Dämonen und Naturgewalten oder auf Menschen übertragen, die dem Protagonisten als Feinde gegenübertreten.“ 42 Vgl. vor allem van Unnik, Teaching; Prostmeier, Handlungsmodelle; Sandnes, Conventions; Williams, Works. Das Verb ἀγαθοποιεῖν kann als „Schlüsselwort“ des 1Petr gekennzeichnet werden; vgl. u.a. Selwyn 89; van Unnik, Teaching 93; Elliott 494; Sandnes, Conventions 382; Charles, Volonté. 43 Besonders markante Bsp. der Verwendung in Lk 12,20 und 2Kor 11,16.19. Vgl. auch Wolter, Lk 450: „Als ἄφρων gilt in der jüdischen Weisheitsliteratur ein Mensch, der sich nicht der Ordnung der Welt entsprechend verhält (vgl. z.B. Prov 12,1.16; 14,16.29; Sir 20,7)“; vgl. auch die Verwendungen in Spr 29,11 LXX; JosAs 6,3.4; 17,9 oder Tabula Cebetis 34,3. 44 Der Begriff findet auch in 1Kor 15,34 Verwendung. In 1Petr 1,14 war für die Glaubenden im Blick auf ihre „Vorgeschichte“ (mit ihrer Dominanz der Leidenschaften) der Begriff ἄγνοια verwendet worden. Der entsprechende lat. Begriff ist die vielbeklagte ignorantia. 45 Zu beachten ist der wiederholte Anlaut mit α; auf diese Weise prägen sich entsprechende Formulierungen ein, ja dokumentieren auch wertende Urteile. 46 Rubel, Abgrenzung 77. 47 Goldstein, Paränesen 98. 48 Goldstein, Paränesen 98. 49 Lambrecht, Freedom 324, rechnet mit einem möglichen Einfluss. Vgl. auch 1Kor 7,22 (vor allem zum Zusammenspiel von Freiheit und Selbstversklavung „in Chris tus“); Röm 6,22: ἐλευθερωθέντες πὸ τῆς ἁμαρτίας δουλωθέντες δὲ τῷ θεῷ. Vgl. auch Brox 122: „Genau wie bei Paulus wird auf die Verbindlichkeit der Freiheit insistiert, die sich nur in paradoxer Diktion beschreiben läßt: Freie und Sklaven (Diener) Gottes zugleich (vgl. 1Kor 7,22)“. Zu den Unterschieden (Gal 5,13 gegenüber 1Petr 2,16) vgl. auch Horn, Missbrauch. 41
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Verantwortung, das Wort und die Gabe der Freiheit nicht als ἐπικάλυμμα („Decke“)50 der Schlechtigkeit einzusetzen. In allem, vor allem aber im konkreten Verhalten, sollen sich die Befreiten und damit grundsätzlich Freien51 als „Sklaven Gottes“52 erweisen.53 Abschließend bündelt V 17 Erwartungen und Aufträge.54 Der erste Im- 17 perativ „Ehrt alle!“55 gibt zu verstehen, dass die im 1Petr Angesprochenen nicht in einer Ghetto-Situation verortet werden. Der tägliche Umgang mit anderen verlangt nach einer entsprechenden Ehrfurcht bzw. Wertschätzung gegenüber jedem Menschen. Die geforderte ἀγάπη konkretisiert sich vor allem in der „Bruderschaft“56 (ἀδελφότης)57, also innerhalb der Gemeinde58 bzw. der Gemeinden
50 Vgl. in der LXX Ex 26,14; 2Sam 17,19; Ijob 19,29; κάλυμμα in Ex 27,16; 34,34 u.a.; vgl. auch 2Kor 3,13.14.15.16. Zur Verwendung des Hapaxlegomenon vgl. auch Horn, Missbrauch 91. 51 Vgl. bes. Brox 122; Feldmeier 108f. 52 Die besondere Eigenschaft des Gottesknechts ist schon in den Gottesknecht-Liedern des Jesaja-Buches der Gehorsam; vgl. vor allem Jes 50,4f. 53 Zur „Selbstversklavung“ von Freien vgl. auch 1Kor 9,19; 2Kor 4,5; vgl. auch Byron, Metaphors 254f. Zu „Sklaven Gottes“ vgl. auch Röm 6,22 (δουλωθέντες δὲ τῷ θεῷ), der im Kontext von Röm 6 auch von „Sklaven des Gehorsams“ (V 16) oder „Sklaven der Gerechtigkeit“ (V 18) sprechen kann. 54 Dabei kommt auch die Figur des Homoioteleuton zum Einsatz; vgl. Standaert, surprise 392; Wagner/Vouga 88. 55 Vgl. auch Goldstein, Paränesen 100: „Der Imperativ in der Themenangabe dürfte (als ingressiver Aorist) auf den Augenblick der Anfangsentscheidung bei Bekehrung und Taufe zurückweisen: Laßt euer Motto sein: ‚Gebt jedem Menschen die ihm gebührende Ehre!‘“. Vgl. im Talmud Berakoth 28b: „… Seid behutsam mit der Ehre eurer Genossen“. 56 Ob sich der von Heckel (107) oder Wagner/Vouga (89) bevorzugte Begriff „Geschwisterschaft“ (so übrigens schon bei Barth, Priester 40) durchsetzen kann, bleibt abzuwarten (zumal der Begriff z.B. in romanischen Sprachen keine unmittelbare Entsprechung findet). 57 Vgl. auch Spörri, Gemeindegedanke; Schürmann, Bruderschaft; Schröger, Gemeinde 131–137; Schäfer, Gemeinde; Pilhofer, Überlegungen; Horrell, ἀδελφοί; Aas gaard, Beloved; Steetskamp, Autorschaft 82–89; Doering, Volk 104f u.a., letzterer mit Hinweis auf die Verwendung in 4Makk, z.B. 4Makk 13,19. Aufschlussreich ist auch die Definition, die Dion Chrys. or. 38,15 gibt: „Was ist Brüderlichkeit (ἀδελφότης) anderes als die Einmütigkeit (ὁμόνοια) von Brüdern“. 58 Die zahlreichen Vereinsgründungen des 1. Jh. kamen den jungen Christengemeinden auch entgegen, konnten sie sich doch – so Obermann, Land 276 – im „Fahrwasser der Gruppenbildung …. in der Gesellschaft als Subgesellschaft etablieren … und selbst zur Heimat für Menschen werden“; vgl. ebd. 279: „Die Gemeinde stiftet Identität und ermöglicht die Konzeption von Heimat“. Aus der umfänglichen Lit. zu Vereinen in der Antike vgl. bes. Schmeller, Hierarchie; ders., Interesse; Klinghardt, Gemeinschaftsmahl; Harland, Associations; ders., Dimensions; vgl. auch die Beiträge in den Sammelbänden Egelhaaf-Gaiser/Schäfer, Vereine; Gutsfeld/Koch, Vereine; Eckhardt/ Leonhard, Juden.
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(vgl. 1Petr 5,9).59 Damit werden die Forderungen von 1Petr 1,22f noch einmal aufgenommen.60 Der große Unterschied im Verhältnis zu übergeordneten Instanzen besteht in 1Petr darin, dass gegenüber dem König/Kaiser zwar eine V 17a entsprechende61 Ehrfurcht oder auch Ehrerbietung62 gefordert werden kann. Dennoch ist zu spüren, dass hier „die Loyalität dem römischen Staat (mitsamt seinen örtlichen Behörden) gegenüber, durch ein beträchtliches Element der Relativierung, der Distanzierung und der Skepsis verschoben ist.“63 Das wird vor allem dann deutlich, wenn man eine Stelle wie Spr 24,21 zum Vergleich heranzieht, wo es heißt: „Fürchte den Herrn, mein Sohn, und den König; mit diesen beiden überwirf dich nicht!“. Für 1Petr 2,17 aber gilt: „Der Kaiser rangiert im gleichen Glied mit allen Menschen, deren Ehre es zu achten gilt.“64 „Ehrfurcht“ (vgl. auch 1Petr 1,17) im strengen Sinn wird allein Gott65 gegenüber eingefordert.66 Gemeint ist damit
Vgl. Doering, Stock 270: „the term ἀδελφότης … is found in 1 and 4 Maccabees but is only sparsely attested in ancient Greek documentary and literary texts … Among early Christian texts 1 Clem. 2:4 deploys the term ἀδελφότης for the trans-regional community of believers or elect“. 60 Vgl. bes. Evang, Verständnis; Konradt, Bruderliebe; Schlosser, fraternité. 61 Das τιμᾶν wird für „alle“ und für den König gebraucht; vgl. auch Horrell, Everyone 200f. 62 Vgl. auch Harland, Honouring 115: „the practice of honouring the emperor which 1 Peter advocates appears to have a concrete basis that finds analogies in some of the non-cultic practices of associations and Jewish groups within the polis“; 116: „the possibilities for such honours … setting up an inscription, dedicating a structure or building or engaging in the practice of regular prayers for the emperor in the setting of groupworship“; Bird, Abuse 78–85, bes. 81: „So on a fairly basic level, the command to honor the emperor is a concession to the preeminence of the emperor in Rome and a charge to behave in such a way that reflects obedience to him.“ 63 Goldstein, Paränesen 92; vgl. auch Paränesen 95. Das bedeutet (ebd. 102): „Göttliche Verehrung gilt einzig dem wahren Kyrios.“ Ähnlich Williams, Divinity 145: „It is God’s authority, not the emperor’s, which motivates submission … the use of κτίσις in 1Pet 2,13 was intended to communicate a subtle yet calculated critique of the emperor by emphasizing his human nature (or creatureliness)“; Caulley, Title 205: „the emperor is merely honored as the leading ‚man among men‘“; Christensen, Debate 184. 64 Goldstein, Paränesen 100, mit Hinweis (Paränesen 101f ) auf die chiastische Struktur in V 17; vgl. auch Brox 123; Danker, Consolatory Pericope 99. 65 Vgl. auch Gielen, Hadrian 181 Anm. 87. Kendall, Function 111, spricht von einer „higher allegiance“ Gott und den christusgläubigen Geschwistern gegenüber. 66 Zur Gottesfurcht als Grundprinzip gelingenden Lebens vgl. bes. Dtn 6,13: „Den Herrn, deinen Gott, sollst du fürchten; ihm sollst du dienen, bei seinem Namen sollst du schwören“; vgl. auch Lev 19,14; 25,17; Dtn 4,10; 6,2; 10,12f; Ijob 28,28; Ps 34,10; Spr 1,7; 8,13; 9,10; 15,33; 22,4; 24,21; 31,30; Koh 3,14; Sir 1,11–14.27.30; 2,7.8.9.17; 10,22; 2Makk 6,30; Jes 8,13; 11,2f; Jer 32,40; Bar 5,4; Lk 1,50; Lk 12,4f // Mt 10,28; Apg 9,31; Phil 2,12; 2Kor 5,11; Offb 15,4; vgl. auch 4Makk 9,7; 13,13–15; 17; 2Hen 92 – 104; TestRub 4,1. Vgl. zu diesem Thema auch Eckert, Furcht; Starling, Babylon 117–119. 59
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vor allem die Grundhaltung,67 die von einer bleibenden Angewiesenheit auf Gottes Zuwendung und Wirken68 ausgeht. Der Abschnitt 1Petr 2,13–17 bietet – vor allem im Vergleich mit den pln ZusammenAusführungen in Röm 13 – manche Überraschung. „Je zweimal, und zwar fassung jeweils an exponierter Stelle zu Beginn (V 13) und am Ende (V 17) der Staatsbürgerparänese, setzt der Verfasser von 1Petr den Kaiser dezidiert von Gott ab … und setzt ihn zugleich auf dieselbe Stufe mit allen, die im menschlichen Bereich Autorität ausüben“69. David G. Horrell konstatiert: „1 Peter here sets out in a remarkably clear, concise and influential way the stance … that would, in the following centuries, essentially define the church’s position vis-à-vis Rome.“70 Damit werden Ansichten in Frage gestellt, wie sie beispielsweise in PHeid 1716.5 erkennbar werden, wo es im Papyrus heißt: τί θεός; τὸ κρατοῦν. τί βασιλεύς; ἰσόθεος.71 Der Autor geht einen von Röm 13 zu unterscheidenden Weg. Manche Ausleger betonen entweder die Unabhängigkeit dieser Position oder eine denkbare Weiterentwicklung72 der paulinischen Ausführungen. Für „Paulus ist die Obrigkeit von Gott eingesetzt und auch abhängig, Gottes Instrument (θεοῦ διάκονος)“73; dem 1Petr ist eine solche Vorstellung fremd. Eine 1Petr 2,17 vergleichbare Differenzierung ist in frühchristlichen Märtyrerberichten zu beobachten; vgl. bes. PScill 8–974: „Non habemus quem timeamus, nisi dominum deum nostrum, qui est in caelis. Donata dixit: Honorem Caesari quasi Caesari; timorem autem deo“75. Hinsichtlich der Rezeption des Abschnitts in der Theologiegeschichte Wirkungs geschichte kann eine Innen- und eine Außenperspektive unterschieden werden. Die Warnung, die geschenkte Freiheit, nicht als „Deckmantel der Bosheit“ zu gebrauchen (V 16), wird von Irenäus von Lyon in seinem Nachdenken über Freiheit aufgegriffen (haer. 4,16,5; vgl. auch 4,37,4 [Betonung der Willensfreiheit]). Er formuliert: „Wir sollen wissen, daß wir nicht nur für das, was wir tun, Gott Rechenschaft ablegen müssen wie Knechte, sondern auch für unsere Reden und Gedanken wie Menschen, die die Kraft der Freiheit erhalten haben. In ihr wird besser erprobt, ob der Das lk Doppelwerk ist besonders reich an entsprechenden Beispielen; vgl. Eckert, Furcht 269; Klauck, Gottesfürchtige. 68 Vgl. Phil 2,12f. 69 Gielen, Macht 13. Vgl. auch Schmitt, Ordnung 32: „die Ehre für den Kaiser als Spezialfall für die Ehrerbietung gegenüber jedermann“. 70 Horrell, Everyone 205. 71 „Was bedeutet Gott? Herrschen. Was bedeutet König/Kaiser? Wie ein Gott sein“; vgl. auch Schmitt, Ordnung 25. 72 Vgl. z.B. Williams, Divinity 142. 73 van Unnik, Lob 343. 74 Vgl. dazu auch Horrell, Everyone 201–203. 75 Text nach der Ausgabe Seeliger/Wischmeyer, Märtyrer-Literatur 92; vgl. auch Musurillo, Martyrs 88f; Caulley, Title 205. 67
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Mensch den Herrn ehrt, fürchtet und liebt. Und deshalb sagt Petrus, daß wir die Freiheit nicht als Deckmantel der Schlechtigkeit haben, sondern zur Bewährung und Manifestation des Glaubens“76. Für das Verhältnis zur jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Umwelt gilt es Folgendes zu beachten: Die frühe Kirche kennt ausdrückliche Ermutigungen, für die Regierenden zu beten.77 Zum Gebet für den Kaiser und solche, die in kaiserlichen Ämtern sind (vgl. 1Petr 2,13f ) rufen z.B. Polykarp, Phil 12,3 („Betet auch für die Kaiser, Machthaber und Fürsten …“), oder Tertullian, apol. 39 („… Wir beten auch für die Kaiser, für diejenigen, welche kaiserliche Ämter bekleiden und Machtvollkommenheiten ausüben [pro imperatoribus, pro ministris eorum et potestatibus], für den Bestand der Welt, für die Ruhe der Staaten, für den Aufschub des Endes …“78), der in apol. 30,1 formuliert: „Nos enim pro salute imperatorum Deum inuocamus aeternum“79. Wirkungsgeschichtlich besonders interessant ist die Aufnahme von 1Petr 2,17 als Leitwort in der „Barmer Erklärung“ (1934)80: „5. „Fürchtet Gott, ehret den König.“ (1Petr 2,17.) Die Schrift sagt uns, daß der Staat nach göttlicher Anordnung die Aufgabe hat, in der noch nicht erlösten Welt, in der auch die Kirche steht, nach dem Maß menschlicher Einsicht und menschlichen Vermögens unter Androhung und Ausübung von Gewalt für Recht und Frieden zu sorgen. Die Kirche erkennt in Dank und Ehrfurcht gegen Gott die Wohltat dieser Anordnung an. Sie erinnert an Gottes Reich, an Gottes Gebot und Gerechtigkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Regierten. Sie vertraut und gehorcht der Kraft des Wortes, durch das Gott alle Dinge trägt …“81. So konstatiert auch Martin Vahrenhorst in seinem Kommentar: „Die Anspielung auf die Theologische Erklärung von Barmen bei der Auslegung von Vers 16 ist nicht rein zufällig, denn der Schluss dieses Verses dient als Einleitung der 5. These: ‚Fürchtet Gott, ehret den König‘.“82
Dt. Text nach Brox (FC 8/4). Vgl. 1Tim 2,1f; 1Clem 61,1; Tertullian, apol. 29 – 30. Guyot/Klein, Christentum I,210–221, haben die frühen Texte übersichtlich zusammengestellt. 78 Dt. Text nach Esser (BKV). Vgl. dazu Timpe, Geschichte 87–94. 79 Text nach CChr.SL 1, 141 (Dekkers). 80 Vgl. zu diesem Dokument bes. Slenczka, Theologie 613–640. 81 Text nach Burgsmüller/Weth, Erklärung 38; vgl. auch die Kommentierungen von Asmussen, Vortrag 54f, und Slenczka, Theologie 636.638. 82 Vahrenhorst 119; allerdings handelt es sich um den Schluss von V 17, den die Barmer Erklärung als biblisches Leitwort gesetzt hat (Ch.G. M.). 76 77
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10 Anweisungen für die Sklaven (2,18–25) Mit 1Petr 2,18 betreten wir das Feld der Haustafeln.1 Die Perikope 1Petr 2,18–25, in der in direkter Weise als Erstadressaten die Haussklaven angesprochen werden,2 steht in enger Beziehung zum nachfolgenden Textabschnitt 1Petr 3,1–7, der sich zunächst ausführlicher an die Frauen (3,1–6) und dann an die Männer (3,7) richtet. In den vergangenen 40 Jahren hat sich auf dem Gebiet der Haustafel-Literatur und ihrer Erforschung viel getan.3 „Der Terminus „H.“ bez. eine Liste der verschiedenen Pflichten und Verantwortlichkeiten, die für die Mitglieder einer Hausgemeinschaft gelten. Solche Listen erscheinen in ethischen Schriften der Antike und beinhalten das angemessene Verhalten gegenüber den Göttern, dem Staat, Freunden, anderen Mitgliedern der Hausgemeinschaft und Außenstehenden. Inhalt, Form und Funktion variieren stark“4. Die meisten Ausleger sind davon überzeugt, dass auch die Haustafeln des NT eine Wurzel in der Ökonomie-Literatur der Antike haben.5 Als frühestes Zeugnis im NT wird wohl die Haustafel des Kolosserbriefes (Kol 3,18 – 4,1) gelten können. Evtl. transformiert durch frühjüdische Rezeptionen6 kommt es zur Aufnahme von Ideen, Überzeugungen und Sprechweisen, die für die antike οἰκονομία-Literatur7 (von Xenophons Oikonomikos über die Oikonomika des Pseudo-Aristoteles, Seneca8, Musonius Rufus bis zu Pseudo-Phokylides9)10 kennzeichnend sind. Vorrangig geht es darin um kennzeichnende Beziehungen in einem οἶκος: Männer-Frauen, Eltern-Kinder, Herren-Sklaven, um Fragen der Autorität und nicht zuletzt um glückende Vgl. u.a. Hellholm, Gattung 106. Die direkte Anrede darf in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden. Vgl. Hurtado, Destroyer 178: „This sort of direct adress to these various subordinate groups is a dis tinctively Christian innovation in these household codes … This direct address treats the subordinate parties as moral agents, who are capable and responsible to respond to the exhortations to them“; ähnlich Knoch, Sklavenfürsorge 199. 3 Zur Forschungsgeschichte für diesen Zeitraum vgl. vor allem Lührmann, Haustafeln; Balch, Wives, bes. 23–62; von Lips, Haustafel; Bosetti, Codici; Gielen, Tradition; Prostmeier, Handlungsmodelle; Manns, morale; Bauman-Martin, Women; Woyke, Haustafeln; MacDonald, Identification; Christensen, Debate 173 Anm. 2 (Lit.). 4 Fitzgerald, Haustafel 1485f. 5 Vgl. u.a. Balch, Wives 29–61; Prostmeier, Handlungsmodelle 218–326; Elliott 505f. 6 Vgl. auch van der Horst, Pseudo-Phocylides, Sentenzen 197; Elliott 506; Hellholm, Gattung 127: „Die Haustafel als Gattung geht möglicherweise auf die hellenistische Gnomik zurück, die wohl am wahrscheinlichsten durch das hellenistische Judentum etwa in einem Text wie Ps-Phokylides vermittelt worden ist“. Für das Frühjudentum vgl. Jos. Apion. 2,190–210; Philo decal. 165–167; Pseudo-Phokylides 175–227. 7 Einen hilfreichen Überblick über die in Frage kommenden Texte bieten Wilhelm, OECONOMICA 161–163; Lehmeier, Oikos 24 Anm. 75 und 53–55; Dettinger, Leben. Vgl. auch die von Audring/Brodersen hg. Textsammlung Oikonomika. 8 Vgl. bes. Seneca, epist. 94,1–3. 9 Vgl. bes. Pseudo-Phokylides 175–227. 10 Vgl. auch Aristoteles, pol. I, 1253b 1–14; 1259a 37ff; Philodemos; Stobaios; Dionysios von Halicarnassos II 25,4 – 26,4. 1 2
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Beziehungen innerhalb eines Haushalts. In jüngerer Zeit wird vermehrt darauf aufmerksam gemacht, dass hier nicht nur zeitgebundene Einschätzungen verwandt werden und zur Sprache kommen, sondern dass die ntl Texte, vor allem auch der Text des 1Petr, neue Akzente setzen, die nicht übersehen werden sollten. Besonders auffällig ist, dass hier (2,18 – 3,7) zunächst nur Sklaven, Frauen und Männer angesprochen werden, d.h. die Ansprache an die Herren der Sklaven und die an die Kinder werden nicht realisiert.11 Zudem fällt im Vergleich mit anderen Haustafeln auf, dass die Sklaven zuerst angesprochen werden. Die Perikope 1Petr 2,18–25 ist von einem wiederholten Schriftgebrauch geprägt, wobei das Kapitel Jes 53 eine besondere Rolle spielt.12 Die Jesaja-Texte werden vor allem auf Christus und sein Leiden bezogen. Er strahlt etwa in der Mitte des Schreibens auf, um die Adressaten – und dabei sind nicht nur die Haussklaven im Blick13 – einzuladen, „in seinen Fußspuren“ gehen14 zu lernen (1Petr 2,21). Literatur: Achtemeier, Servant; Balch, Wives; Bechtler, Following; Bosetti, Codici; dies., Pastore; Breytenbach, Christus; Cervantes Gabarrón, Pasión; ders., Pastor; de Waal Dryden, Theology; Feldmeier, Außenseiter; Fitzgerald, Haustafel; ders., Missionary Practice; Gäckle, Jesus; Gielen, Tradition; dies., Polykarpbrief; Guttenberger, Passio; Harrill, Slaves; Hofius, Gottesknechtlieder; Horrell, Jesus; Janowski, Ecce homo; Langkammer, Jes 53; Liebengood, Eschatology; Manns, morale; Martin, Healing; Millauer, Leiden; Müller, Schrift; Osborne, Lines; Pearson, Properties; Popp, Fußspuren; Prostmeier, Handlungsmodelle; Reichert, praeparatio; Steetskamp, Autorschaft, bes. 181–187; van Rensburg, Old Testament; van Unnik, Teaching; Vouga, christologie; ders., Christ; ders., Textproduktion; ders., Christus 214–218; Wolff, Nachfolge; Williams, Persecution.
18 Ihr Haussklaven, ordnet euch mit ganzer Furcht den Gebietern unter, nicht nur den guten und freundlichen, sondern auch den krummen/verdrehten. 19 Dies ist nämlich Gnade, wenn einer wegen der Gewissensbindung an Gott Traurigkeiten/Kränkungen erträgt, ungerecht leidend. 20 Wie beschaffen nämlich (ist) Ruhm, wenn ihr (als) Verfehlende und Geschlagene aushaltet? Aber wenn ihr als Gutes Tuende und Leidende aushaltet, dies ist Gnade bei Gott. 21 Dazu nämlich seid ihr berufen, weil auch Christus für euch gelitten hat, euch (ein) Beispiel hinterlassend, damit ihr seinen Fußspuren folgt, 22 der eine Sünde nicht getan hat, und nicht wurde gefunden (eine) Falschheit in seinem Mund, 23 der geschmäht nicht zurückschmähte, leidend nicht drohte, sondern dem gerecht Urteilenden überließ, 24 der unsere Sünden selbst hinaufgetragen hat in seinem Leib auf das Holz, damit wir, den Sünden Vgl. auch von Lips, Haustafel 276; Hellholm, Gattung 109. Vgl. Gäckle, Jesus 273: „These verses contain the most detailed reception of Isa 53 in the entire New Testament“. 13 Vgl. auch Brox 132: „Ab V 19 brauchen die Aussagen dieses Abschnitts nicht mehr auf die Sklaven bezogen zu werden, um verständlich zu sein“. 14 Vgl. auch die Beiträge in Müller, Fußspuren. 11 12
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gestorben, der Gerechtigkeit leben, durch seine Strieme seid ihr geheilt worden. 25 Ihr wart nämlich wie umherirrende Schafe, aber ihr habt euch jetzt umgewendet zum Hirten und Bischof/Aufseher eurer Seelen. 1. Durch das Verb ὑποτάσσω (vgl. auch 2,13; 3,5; 5,5) ist der mit V 18 ein- Analyse setzende Abschnitt zwar an den vorausgehenden, vor allem an V 13, rückgebunden, dennoch gilt es zu bedenken, dass nun eine spezielle Gruppe unter den Adressaten gesondert angesprochen15 wird: die Haussklaven (οἰκέται)16. Im vorausgehenden Vers 2,13 kann das Verb ganz allgemein auf alle Adressaten bezogen werden.17 Das Verb ὑποτάσσω18, das für den 1Petr eine besondere Rolle spielt, weist ein weites semantisches Spektrum auf19; es reicht von „sich fügen“ oder „sich unterordnen“20 bis zur Vorstellung von einer „Einordnung“. 2. In den VV 21–25 ist ein auffälliger Wechsel von der 2. Pers. Pl. (V 21)21 in die 1. Pers. Pl. (V 24)22 vor nochmaliger Rückkehr zur 2. Pers. Pl. (V 25) zu beobachten. Für diese Verse ist immer wieder formelhaftes
Der Nominativ mit Artikel bringt einen Vokativ zum Ausdruck; vgl. Zerwick, Biblical Greek § 34. Das angeschlossene Partizip ist ein Partizip mit „an apparently imperatival force“; so Meecham, Use 208 (mit Verweis auf 1Petr 3,1; 3,7 u.a.). 16 Einen anschaulichen inschriftlichen Beleg aus Philadelphia („late second or early first centuries BCE“) haben Barton/Horsley, Cult Group, vorgestellt. Der Text (8f ) gebraucht οἰκέται wiederholt (Z. 6 und 16) im Gegenüber zu ἐλεύθεροι. Barton/Horsley, ebd. 16 Anm. 45, merken an: „Because of the formulaic nature of this repetition in the text, οἰκέται (6, 16) … synonymous with δοῦλοι (54)“. 17 Vgl. dazu auch den wichtigen Hinweis von Brox 122: „Die Anweisung heißt: ‚Seid untergeben (V 13) … als Freie.‘ Aus dieser paradoxen Interpretation der Unterwürfigkeit ist die soziale Ethik des ὑποτάσσεσθαι im 1Petr zu verstehen.“ 18 Vgl. auch Lk 2,51; 1Kor 14,34; Eph 5,21.24; Kol 3,18 u.a. Verwendungen in ntl Texten (vgl. auch die Ausführungen zu 1Petr 2,13; 3,1.5; 5,5); vgl. auch 1Clem 37,5. In bes. Weise kann das „(sich) Unterordnen“ in den Pastoralbriefen als „key-word“ gelten; vgl. u.a. Zamfir, Men and Women 227: „… describing women’s attitude toward heir husband (Tit 2,5), children’s position toward their father (1Tim 3,4), slaves’s obedience to their masters (Tit 2,9) and the deference of the community toward civil authorities (Tit 3,1).“ 19 Vgl. auch Kamlah, ὙΠΟΤΑΣΣΕΣΘΑΙ; Kroeger, Understanding 83; Steetskamp, Unterordnungen. 20 Vgl. auch Harrill, Slaves 85–117 (der allerdings stärker den agrarökonomischen Bereich im Blick hat und 1Petr in diesem Kontext weniger berücksichtigt). 21 Die Formulierung in der 2. Person geht nach Brox (135) auf das Konto des Autors: „Allerdings ist (ὑπὲρ) ὑμῶν mit Sicherheit aus der 1. in die 2. Person eigens geändert worden, um der Anrede der Paränese angeglichen zu sein“. Zum Personwechsel vgl. auch Schlosser, éléments 181: „La personne grammaticale nʾest pas stable“ und seine Ausführungen dazu. 22 Vgl. Vahrenhorst 130: „Er mag durch das ‚wir‘ im deuterojesajanischen Text motiviert sein, es wäre aber auch denkbar, dass dem 1Petr bewusst ist, dass das, was er in der Sklavenparänese ausführt, für alle Glaubenden (den Verfasser eingeschlossen) gilt“. Vgl. auch Brox 138: „stößt man hier auf das ‚wir (unser)‘ homologischen Stils“. Donalson (85) spricht von „shift from model to redemption“. 15
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Traditionsgut angenommen worden.23 Das dreifache ὅς-relativum wurde dabei häufig als entsprechender Hinweis verstanden.24 Gegenüber der These eines rekonstruierbaren christologischen Hymnus, der vom Verfasser genutzt und bearbeitet wurde, hat sich freilich Skepsis eingestellt.25 Erklärung Es kann davon ausgegangen werden, dass V 18 für viele heutige Leserin18 nen und Leser nicht den Erwartungen entspricht, die sie gegenüber ntl Texten hegen. V 18 provoziert erhöhte Aufmerksamkeit.26 Zunächst geht der Autor offensichtlich von der Gegebenheit aus, dass zu einem antiken ‚Haus‘ auch οἰκέται27 (evtl. in größerer Zahl) gehören.28 Die von solchen erwartete Haltung gegenüber ihrem δεσπότης („Gebieter; Herr; Besitzer“; vgl. 1Tim 6,1f; Tit 2,9) kann φόβος29 genannt werden. Die Forderung von V 18 wird nun dadurch besonders steil, dass sie nicht nur den Gütigen und Freundlichen30 gegenüber erhoben wird, sondern auch gegenüber den „Krummen“31. So sperrig uns heute ein solcher Vers zunächst einmal begegnen mag, für nicht wenige der angesprochenen Adressaten werden hier die konkreten Lebensumstände in den Blick genommen, in denen sie sich Vgl. dazu ausführlicher Zeilinger, Lobpreis 155, und die Zusammenstellung der einflussreichsten Rekonstruktionsvorschläge bei Wagner/Vouga 94. 24 Vgl. u.a. Deichgräber, Gotteshymnus 140: „das mehrfach wiederholte hymnische ὅς“; vgl. auch ebd. 142 sowie die von Deichgräber (140–143) dargestellten Debatten um die Aufnahme eines Hymnus; Zeilinger, Lobpreis 154. 25 Vgl. auch Osborne, Lines 389.407f. 26 Dabei gilt es allerdings, den Hinweis von Knoch, Slavenfürsorge 199, zu beachten: „Bemerkenswert ist nun, daß die neutestamentlichen und die apostolischen Haustafeln zwar von der vorchristlichen Philosophie und Oikonomik inspiriert sind, sich im Gegensatz zu diesen jedoch in der Frage des Verhältnisses zwischen Herrn und Sklaven nicht nur an den ersteren wenden …. Die Haustafeln behandeln die Sklaven somit nicht als passives Objekt der Fürsorge, sondern nehmen sie vielmehr als eigenständiges Subjekt mit (moralisch-theologischen) Rechten und Pflichten ernst“. 27 Vgl. den Gebrauch von οἰκέτης in Lk 16,13; Apg 10,7; Röm 14,4; in der LXX häufiger. 28 Vgl. auch Horrell, Aliens: „these are domestic slaves, used in the household rather than in agricultural or industrial activity.“ Zur ‚Unterordnung‘ von Sklaven in Haustafeln vgl. auch Harrill, Slaves 85–117. 29 Vgl. in diesem Kontext Eph 6,5; vgl. dazu Sellin, Eph 438f.466, der auf die Verwendung in der LXX aufmerksam macht und für den Eph (439) konstatiert: „Gemeint ist mit ‚Furcht‘ so etwas wie ‚Verehrung‘, ‚Achtung‘, ‚Respekt‘. Die Bedeutung lässt sich dann nicht nur auf Christus beziehen …, sondern auch auf Mitmenschen“. 30 Das Adkjetiv ἐπιεικής kann mit „nachgiebig; freundlich, gütig“ wiedergegeben werden (vgl. auch Phil 4,5; 1Tim 3,3; Tit 3,2; Jak 3,17); vgl. auch Spicq 108; Fitz gerald, Missionary Practice 43. Der ἐπιείκεια entspricht im Lateinischen die Rede von clementia; vgl. z.B. Plutarch, Caesar 57,4; Dion Chrys., or. 1,6; im NT: Apg 24,4; 2Kor 10,1; vgl. auch JosAs 1. Vgl. zur dieser Tugend auch Konstan, Clemency 344: „like the Greek πραότης and ἐπιείκεια“. 31 Vgl. auch Wolff, Nachfolge 430 Anm. 16: „wird σκολιός – wie auch sonst des öfteren im Griechischen (und in der LXX [Prov 16,28; 21,8; Weish 1,3]) – den übertragenen Sinn ‚tückisch, unredlich‘ … haben“. Es kann auch die Bedeutung von „skrupellos“ oder „pervers“ annehmen; vgl. für das NT auch die Verwendungen in Apg 2,40; Phil 2,15. 23
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vorfinden und an denen sich in absehbarer Zukunft auch nichts verändern32 wird. Haussklaven sind ihren Herren in vielerlei Hinsicht „ausgeliefert“, dem Wohlwollen und der Wertschätzung gutmeinender33 oder eben auch „krummen“34, die vor Erniedrigung, Gewalt35 und Missbrauch nicht zurückschrecken.36 Solches Fehlverhalten wird damit auch offen angesprochen. Geht man davon aus, dass der Brief auch öffentlich in der Bruderschaft vorgelesen wird, sind damit nicht nur die Haussklaven als Adressaten im Blick.37 Die Ambivalenz der Möglichkeiten geglückter Haushaltführung tritt damit allen Leserinnen und Lesern deutlich vor Augen. Bedenkt man die in 1Petr 2,5 entwickelte Haus-Metaphorik, so können die οἰκέται auch als „Typoi der Glaubenden“38 verstanden werden. Die ihnen nahgelegte Orientierung an Christus selbst, wird dabei als Modell auch für andere Bewohnerinnen und Bewohner des „Hauses Gottes“ (1Petr 4,17; vgl. auch 2,5) geöffnet. Das heutige Leser vielleicht besonders Provozierende ist die in diesem Zu- 19 sammenhang formulierte Feststellung von V 19: „Dies ist nämlich Gnade, wenn einer39 wegen der Gewissensbindung an Gott40 Traurigkeiten/ Kränkungen erträgt, ungerecht leidend“. Zu verstehen ist das nur, wenn man die nachfolgenden christologischen Aussagen zur Kenntnis nimmt und das darin erkennbar werdende Bild Jesu Christi selbst. Zunächst stellt V 19 fest, dass die Bewältigung der Situation als χάρις41 gekennzeichnet werden kann.42 Sie wird demjenigen zugesprochen, der
Vgl. auch Hurtado, Destroyer 179: „to those who were otherwise unable to change their situation“. 33 Vgl. z.B. Seneca, epist. 47, bes. 1.2; in 47,13 rät Seneca: „Lebe mit deinem Sklaven milde (clementer), umgänglich auch, gewähre ihm Zugang zum Gespräch, zur Beratung, zur Mahlzeit“. Vgl. auch die von Knoch, Sklavenfürsorge 76, genannten Bsp. 34 Vgl. Fitzgerald, Missionary Practice, passim. 35 Vgl. Fitzgerald, Missionary Practice 29.36f; vgl. auch Horrell, Image 307. 36 Vgl. in diesem Zusammenhang Plutarch, de cohib. ira 459d.459f-460a.460c.462c; Juvenal, Satire VI, 479f. Auch Seneca (clem. XVI) prangert Grausamkeiten gegenüber Sklaven an; vgl. ders., epist. 47,3.5.7; in 47,11: „Ich will mich nicht auf ein riesiges Thema einlassen und über den Umgang mit Sklaven sprechen, gegenüber denen wir überaus hochfahrend, grausam, verachtungsvoll uns verhalten“. Zur Kritik an grausamen Verhalten gegenüber Sklaven vgl. auch die Bsp. bei Achtemeier, Babes 220 Anm. 60; Knoch, Sklavenfürsorge 77–79; Reeder, Authority 523f Anm. 19 u.a. 37 Vgl. Hurtado, Destroyer 179, mit der Bemerkung: „The notion that any treatment of slaves could be unjust suffering was a rather unusual one in the Roman period“. 38 Zeilinger, Petrusbekenntnis 81 Anm. 2. 39 In dem τις kann man angedeutet sehen, dass hier nicht nur Sklaven im Blick sind; vgl. Forbes, 1Peter 88. 40 Vgl. auch Millauer, Leiden 91–95. 41 Zum Gebrauch von χάρις in 1Petr vgl. 1Petr 1,2.10.13; 2,19.20; 3,7; 4,10; 5,10.12. Für den Kontext von 2,19f sind besonders dieVerse 1Petr 1,10f; 5,10 aufschlussreich. 42 Vgl. Millauer, Leiden 98: „Ausdruck der Gemeinschaft mit Christus“; vgl. auch 101. 32
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in seiner Bindung an Gott43, die hier mit dem Begriff συνείδησις44 zum Ausdruck gebracht45 wird, in der Lage ist, λύπας („Trauer, Kummer“) auszuhalten bzw. zu ertragen (ὑποφέρω), wobei der Plural von λύπη (hier Akk. Pl.)46 anzeigt, dass es zahlreiche Anlässe oder Varianten47 entsprechender Erniedrigungserfahrungen gibt. Diese werden noch dadurch potenziert, dass sie keinerlei Ansatz in einem Fehlverhalten der Angesprochenen haben, sondern ungerecht (ἀδικῶς) erfolgen. Hier wird zunächst einmal nichts aus der zuweilen schwer bedrückenden Lebenswirklichkeit von Haussklaven „weggeredet“. Es gibt diesen Kummer und diese Kränkungen, die zugefügt werden. Und – was als besonders wichtig anzumerken ist – sie werden als „Unrecht“ benannt. Die angesprochenen Leiderfahrungen48 sind für den Autor des 1Petr Ausdruck von Ungerechtigkeit49. Solche Erfahrungen scheinen nach V 19 in dieser Welt geradezu unumgänglich zu sein. Doch stellt sich die Frage, wie damit umzugehen ist. Der Autor des 1Petr plädiert für Annahme in Bindung an Gott.50 Darin wird auch angedeutet, von wem allein gerechtes Agieren und Beurteilen erwartet wird: von Gott selbst. Zudem stellt der Christus ein Beispiel51 und damit eine Möglichkeit vor Augen (VV 21–25), die zur Nachfolge einladen. 20 Drastisch und plastisch stellt V 20 die Lebenswirklichkeit von Bestrafungen für Haussklaven vor Augen.52 Bei Verfehlungen (ἁμαρτάνοντες) steckt ein Sklave Schläge ein und muss diese aushalten.53 Das Verb κολαφίζω bedeutet „mit der Faust schlagen, ohrfeigen; misshandeln“ (vgl. So die Wiedergabe bei Brox (133) u.a.; vgl. auch van Unnik, Teaching 100: „in compliance with the will of God“. 44 Zum Verständnis und zu den Wiedergabemöglichkeiten von συνείδησις vgl. Eckstein, Syneidesis; Wolff, Nachfolge 431 u.a. 45 Vouga, Textproduktion 356, übersetzt mit „wegen des Bewußtseins um Gott“; vgl. schon Rendtorff, Wandern 56.57; Wolff, Nachfolge 431: „συνείδησις wird hier wie auch in 3,16 und 3,21 das Bewußtsein auf Grund eines bestimmten Verhaltens bezeichnen“; vgl. auch Achtemeier 196; Michaels 140; Gäckle, Jesus 276. 46 Vgl. auch die Verwendung des Verbs λυπέω in 1Petr 1,6. 47 Vgl. zu diesem Spektrum Dio Chrys., or. 16,3 (Aufzählung entsprechender Erfahrungen). 48 Zur Thematik der von den Adressaten erlittenen Leiden vgl. u.a. Goppelt 41.200; Kelly 5–11; Achtemeier 64–66; Elliott 104–109; Guttenberger, Passio; Williams, Persecution; ders., Suffering; Kelhoffer, Persecution; Egan, Ecclesiology 34f. 49 Vgl. auch Brox 139: „Es gehört zur Pointe des Abschnittes und des ganzen Briefes, von ungerechtem Leiden zu reden“. 50 Vgl. dazu die Interpreten, die den Begriff συνείδησις mit „Gottesbewusstsein“ (vgl. oben FN 45) übersetzen; vgl. auch Forbes, 1Peter 87, mit Hinweis auf 2Kor 5,11; Hebr 10,2; Jos. bell 4,193; ant. 16,103. 51 Vergleichbarkeiten bestehen zur ‚Vorgabe‘ in Joh 13,15 (dort allerdings unter Verwendung von ὑπόδειγμα). 52 Dazu wird in V 20a eine rhetorische Frage genutzt. 53 Zu den entsprechenden Spuren bzw. Narben vgl. Sir 23,10. Vgl. auch Horrell, Image 307: „slaves in particular were regularly subjected to physical, sexual, and verbal mistreatment“. 43
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auch Mt 26,67; Mk 14,65). Fehler der Sklaven oder Fehlverhalten wurden häufig in entsprechender Weise geahndet. Da war kein „Ruhm“ (κλέος)54 zu erwarten. Besonders spannungsvoll wird es nach der Überzeugung des 1Petr da, wo Menschen/Christen Gutes tun und dabei leiden bzw. Leiderfahrungen ertragen und „drunterbleiben“. Diese Möglichkeit stellt die Futur-Form ὑπομενεῖτε vor Augen. Das ist offensichtlich der Ernstfall des Glaubens, der Gnade55 bei Gott genannt werden kann. „V. 19 zeigt also, wie 1Petr das Sich-Unterordnen von V. 18 verstanden wissen will: Es erfolgt im Ertragen der Konsequenzen, die aus dem an Gott orientierten Gehorsam erwachsen.“56 Spätestens an dieser Stelle stellt sich die Frage, ob der Text sich nicht schon längst von der spezifischen Ausrichtung auf die Haussklaven (in V 18) gelöst hat und durchaus ein weiteres Auditorium im Blick hat. So kann mit Christian Wolff formuliert werden: „Vielmehr hat das Verhalten der Sklaven eine prototypische Bedeutung für das Verständnis der christlichen Existenz im IPetr“57. Einerseits gilt: „slaves’ experiences most closely correspond to those of Christ, and his suffering is redescribed in terms that correlate with their everyday experiences“58, andererseits kann hier beobachtet werden: „Christ is intended more generally as a model for all the letter’s addressees, such that the slaves themselves become paradigmatic for the vocation and experience of the community as a whole“59. Die Bewältigung der herausfordernden Lebenssituation kann nach der 21 Überzeugung des 1Petr nur mit einem starken bzw. gestärkten Berufungsbewusstsein60 gelingen. Das wird in V 21 unüberhörbar zum Ausdruck gebracht, wenn von der Ausrichtung (εἰς τοῦτο) dieser Berufung die Rede ist. Die entscheidende Begründung lautet: „weil auch Christus für euch 54 Zur Verwendung von κλέος vgl. auch Jos. ant. 4.105; 6.165; 7.14. Brox (134) merkt an: „κλέος ist hier singulär im NT und verweist auf hellenistische Sprache“. 55 Vgl. Brox 132: „Sie bedeutet an … drei Stellen (2,19.20; 5,12) etwas Spezifischeres als gewöhnlich (1,2.10.13; 3,7; 4,10; 5,10), nämlich eine Kurzformel für die besondere Gestalt christlicher Existenz, die für den 1Petr und die Verhältnisse seiner Zeit die einzige und ideale ist: Christsein als Hoffnung im Leiden“; vgl. auch 133: „Dieselbe Formel ‚das ist Gnade‘ wird 5,12 als Thema des Briefes vom Verfasser selbst gebraucht“. 56 Wolff, Nachfolge 431. 57 Wolff, Nachfolge 427. Vgl. auch Brox 132; Zeilinger, Lobpreis 154; Achtemeier, Servant 177: „there is ample reason to think that the two groups the author of 1Peter has selected (slaves, wives of non-Christian husbands) are to serve metaphorically for the status of all Christians who comprise a powerless group within the larger structure of the Roman Empire. Thus the passage serves as the christological basis of the conduct of Christians when confronted in a threatening way by the hostile power structure“; Osborne, Lines; Christensen, Debate 189f. 58 Horrell, Image 307; vgl. auch Nordling, View 71f. 59 Horrell, Image 307, mit Bezug auf Elliott, Home 206; ders., 1Peter 523; vgl. auch Slaughter, Submission 66: „The example of Christ in the severest of situations would be their model of response in the midst of their unjust treatment“; Nordling, View 70f. 60 Vgl. die Ausführungen zu 1Petr 1,15; 2,9; vgl. auch 3,9; 5,10.
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gelitten hat, euch ein Beispiel hinterlassend, damit ihr seinen Fußspuren61 folgt“.62 Wie ein roter Faden durchzieht das Thema der „Leiderfahrungen“63 den Gesamttext des 1Petr (vgl. u.a. 2,19–21; 3,14.17f; 4,13.15f ). Zur Kennzeichnung des Briefes wurden deshalb Begriffe wie „praeparatio ad martyrium“64 o.ä. vorgeschlagen. „Es finden sich keine deutlichen Hinweise darauf, daß die Leiden der Christen von den römischen Behörden ausgegangen oder gar auf eine besondere kaiserliche Anordnung zurückzuführen wären.“65 Die angesprochenen Erniedrigungs- und Leiderfahrungen gehen von der die angesprochenen Christen umgebenden Gesellschaft aus, die auf „Andersheit“ mit Diffamierung66, Ablehnung und Ausgrenzung reagiert. Das im 1Petr in zahlreichen Variationen angesprochene Leiden67 besteht vor allem in den Anfeindungen der Christen durch die pagane Gesellschaft.68 Römische Geschichtsschreiber wie Tacitus oder Sueton wa61 Vgl. zum Bild vom Folgen in Spuren auch Plat., rep 553a; Philo virt. 64; Them., or. 8,104a; 105b. Einen interessanten Seitenblick auf vestigia ermöglichen aus religionswissenschaftlicher Perspektive Hegewald/Krumeich, Spuren, die Bsp. von antiken Petroglyphen dokumentieren. 62 Vgl. bes. Bechtler, Following 184.192.195–198.202; Martin, Rehabilitation 70: „According to the paradigmatic argumentation in 1 Peter, Christ is the example the recipients should follow in continuing their journey“. 63 Vgl. dazu u.a. Millauer, Leiden; Goppelt 41: „Der Brief entwickelt demnach eine einheitliche Thematik: Die Existenz der Christen in der nichtchristlichen Gesellschaft und ihre Bewältigung durch die Bereitschaft, Repression zu ertragen, zu ‚leiden‘“; Osborne, Lines; Dschulnigg, Theologie 323f. Vgl. auch Guttenberger, Passio; Henning, Sickness 195–197, bes. 196: „Thus within 1Peter suffering becomes its own ‚ritual of truth‘, generating a positive self-understanding for this group of ‚resident aliens and exiles‘“; Williams, Persecution; ders., Suffering; Kelhoffer, Persecution. 64 Vgl. u.a. Reichert, praeparatio; vgl. auch Brox 139.158.256. 65 Molthagen, Lage 425. Für die Regierungszeit Domitians (81–96 n.Chr.) ist eine staatlich verordnete, flächendeckende Christenverfolgung in Kleinasien nicht nachweisbar; vgl. vor allem Molthagen, Lage; Poplutz, Fremdheit 216: „Von flächen deckenden staatlich organisierten Verfolgungsmaßnahmen oder Pogromen (vgl. 1Petr 5,9) wird man … kaum ausgehen können“. 66 Zur Bedeutung von Vorurteilen vgl. bes. auch Holloway, Coping 21. 67 Zur entsprechenden Terminologie: 1,6: λυπέω; 2,19: λύπη; 2,19.20.21.23; 3,14; 3,17.18; 4,1.15.19; 5,10: πάσχω 3,8: συμπαθής; 1,11; 4,13; 5,1.9: πάθημα. Zu nennen sind auch die verbal geprägten Ausdrucksformen: 2,12; 3,16: καταλαλέω; 3,9: λοιδορία; 3,16: ἐπηρεάζω 4,4: βλασφημέω; 4,14: ὀνειδίζω. 68 Klassiker entsprechender Stimmen sind u.a. Tacitus, Annalen 15,44,4: „… haud proinde in crimine incendii quam odio humani generis convicti sunt“ („… sie wurden weniger der Brandstiftung als des Hasses gegen das ganze Menschengeschlecht überführt“), Sueton, Nero 16,2: „… genus hominum superstitionis novae ac maleficae …“ („… Menschengeschlecht, das sich einem neuen und verderblichen Aberglauben ergeben hatte …“) oder Plinius, epist. 10,96,9: „… sed vicos etiam atque agros superstitionis istius contagio pervagata est“ („… auch über Dörfer und Felder hat sich die Seuche dieses Aberglaubens verbreitet“). Die Vorwürfe lauten vor allem „Aberglauben“ (superstitio/δεισιδαιμονία) und „Menschenhass“ (odium humani generis/μισανθρωπία). Vgl. auch Vittinghoff, Christianus 340–343; Eckhardt, Staat 40f. Zur Amtszeit des Plinius in Pontus-Bithynien (110/111 n.Chr.) werden in späteren Jahren auch Verfahren
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ren sich darin über weite Strecken in ihrer Abneigung mit der breiten Masse der Bevölkerung einig.69 „Zwar waren die Römer in religiösen Dingen sogar in Italien und erst recht in den Provinzen durchaus nicht intolerant, aber diese Großzügigkeit hatte dort ihre Grenze, wo dem mos maiorum und der Religion der Väter nicht mehr die gebührende Achtung erzeigt wurde.“70 Wenn sich eine Gruppierung von entsprechenden religiösen oder „semi-religiösen“ Vollzügen distanziert – implizierte doch die „christliche Ablehnung jeglicher Götterverehrung auch die Absonderung von praktisch allen gesellschaftlichen Feiern, von Gemeinschaften und Vereiningungen“71 –, wenn dieselbe Gruppe vorausgehende Partizipationen als „nichtige, vom Vater ererbte Lebensart“ (1,18) scharf etikettiert und nicht im „Strom der Liederlichkeit/Heillosigkeit“ (4,4) mitschwimmen will, dann sind Konflikte vorprogrammiert.72 Auffällig und erhellend ist allerdings, wie der 1Petr „die widrigen Umstände der gesellschaftlichen Ausgrenzung als Identifikationsmerkmal der Christen deutet und die damit verbundene Auffälligkeit als Chance zur Profilierung begreift, die der Mission dienstbar gemacht wird“73. Und noch ein Weiteres fällt auf: Die im nachfolgenden Kap. zu besprechende Seligpreisung der wegen der Gerechtigkeit Leidenden in 1Petr 3,14, die in gleicher Weise im Matthäusevangelium (5,10)74 zu vernehmen ist, wird flankiert von einem Aufruf zur Furchtlosigkeit, der aus Jes 8,12 übernommen ist. Auch die Seligpreisung in 1Petr 4,14, die wie die vorausgehende (3,14) an die Seligpreisungen der Bergpredigt erinnert (Mt 5,11)75 und die Schmähungen in den Blick nimmt, die Menschen aufgrund ihres Christusglaubens erfahren, greift im begründenden Teil atl Wendungen auf, die ihren primären Ort in Jes 11,2 haben. Den Hintergrund der primären76 christologischen Aussage von V 21 bildet eine frühchristliche Bekenntnisformel77, die sich zum Sterben Jesu als einem „Sterben für“78 bekennt. Eine besondere Nähe ist zu Röm 5,8 durchgeführt, die sich zunächst allein auf den Namen „Christianer“ stützen. Manche nehmen solche Verfahren auch schon früher an; vgl. u.a. Molthagen, Lage 455. Zur Einordnung und Auslegung des Plinius-Briefes (10,96) vgl. auch die in der Auslegung zu 1,1–2 genannte Lit. (oben). 69 Vgl. Feldmeier, Außenseiter 163–165. 70 Feldmeier, Außenseiter 165. Vgl. hierzu auch die Acta Scilitanorum 14 sowie den Beitrag von Vittinghoff, Christianus. 71 Feldmeier, Außenseiter 166. 72 Vgl. auch Molthagen, Lage 443; Dettinger, Leben 251f. 73 Feldmeier, Außenseiter 162. 74 Vgl. Metzner, Rezeption 7–33. 75 Vgl. Metzner, Rezeption 34–48; vgl. auch Konradt, Mt 70f. 76 Achtemeier, Servant 177, nennt 1Petr 2,21–25 eine „key passage for understanding the Christology of 1Peter“. 77 Stilistisch auffällig ist der fünfmalige Anlaut mit ὑ. 78 Vgl. u.a. Breytenbach, Christus; Eschner, Gestorben; vgl. auch Janowski, Ecce homo. Zur Verwendung der Sterbensformel bei Paulus vgl. bes. Röm 5,6; 8,34; 14,15; 1Kor 15,3; 2Kor 5,14f, zum „für“ bes. auch Röm 8,32.
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auszumachen: „(es) beweist aber seine Liebe zu uns Gott, weil, als wir noch Sünder waren, Christus für uns starb“79. In 1Petr 2,21 ist allerdings vom „Leiden für“ die Rede (ἔπαθεν), was in einer ganzen Reihe von Textvarianten nicht bewahrt blieb.80 „Als Bestimmung zum Verb ist das ὑπὲρ ὑμῶν daher von πάσχειν her zu deuten und nicht im Zusammenhang mit einem vermeintlich im Hintergrund stehenden ἀποθνῄσκειν.“81 Eine relativ breite exegetische Diskussion ist der Frage nachgegangen, was man sich unter dem Leiden in diesem Fall vorzustellen hat: a) das Todesleiden Christi, b) das dem Sterben Jesu vorausgehende Leiden in seiner Passion, c) beides bzw. das Leiden Jesu insgesamt? J. de Waal Dryden hat diese Frage ausführlicher untersucht.82 Zunächst wird in seiner Untersuchung auf lukanische Textstellen verwiesen, in denen im Blick auf das Leiden nicht nur das Sterben Jesu ausgedrückt ist: Lk 22,15; 24,26.46; Apg 1,3; 3,18; 17,3 (vgl. auch Hebr 13,12). Er kommt auch für den 1Petr zu dem Ergebnis: „Christ’s ‚suffering‘ seems to refer to his suffering and to his death … At this point we are forced to acknowledge Χριστὸς ἔπαθεν as a reference to the whole of Christ’s passion, that is to his suffering and his death, seen as a unit“83 (vgl. daher auch 1Petr 3,18 und 4,1). Das Leidensbeispiel84 wird als ein ὑπογραμμός85 („Beispiel, Vorbild“) bezeichnet,86 das er hinterlassen87 habe, damit die Angesprochenen „in seinen Fußspuren“ nachfolgen.88 Der Aorist Konjunktiv von
Vgl. hierzu bes. Zeller, Röm 110f; Wolter, Röm I, 332. Vgl. auch die Ausführungen oben (Analyse). Hier dürfte es zu einer Angleichung an pln Texte gekommen sein. Vgl. zur textkritischen Debatte auch Brox 135. 81 Breytenbach, Christus 441. 82 de Waal Dryden, Theology 178–185. 83 de Waal Dryden, Theology 181. 84 Zur Adressaten-Ansprache vgl. auch Horrell, Image 311. Vgl. außerdem Kraftchick, Hope 89: „the author prefers to speak of the ‚suffering of Christ‘ rather than ‚Christ’s death,‘ because it is the unmerited suffering and Jesus’ response to it that provide the addressees with actions and speech they can emulate if not reduplicate“. 85 Es handelt sich um ein ntl Hapaxlegomenon. Vgl. dazu Osborne, Lines 391f; Aejmelaeus, Heritage 140; Gielen, Polykarpbrief 427–429. Gielen merkt an (427): „Und in den Schriften der Apostolischen Väter finden sich insgesamt nur vier Belege, die sich mit Ausnahme des Belegs Pol 8,2 auf 1Klem konzentrieren (5,7; 16,17; 33,8)“; für Gielen (ebd. 429) ist plausibel, dass „die Verwendung des selten belegten ὑπογραμμός Pol 8,2 sich 1Klem 5,7; 16,17 verdankt, nicht aber einem Rückgriff Polykarps auf 1 Petr 2,21–24 geschuldet ist“. Das bleibt anzufragen; vgl. Hartog, Peter, bes. 175f; Grünstäudl, Briefe, der in Anm. 34 vor allem auf die Analysen und Ergebnisse von Norelli, sujet, aufmerksam macht. 86 Horrell, Image 306, versteht ὑπογραμμός vor allem als Lernhilfe. Vgl. auch Vahrenhorst 125: „Dabei handelt es sich ursprünglich um ein Muster, in dem alle Buchstaben des Alphabets enthalten sind. Die Kinder lernen schreiben, indem sie diese Buchstaben nachzeichnen“; Millauer, Leiden 67–69; Goppelt 201; Feldmeier 116; Münch, Geschwister 155; Gäckle, Jesus 178f. 87 Zu ὑπολιμπάνω vgl. auch Osborne, Lines 391. Zu beachten ist die für den 1Petr häufig zu beobachtende Alliteration. 88 Vgl. auch de Waal Dryden, Theology 185–189. 79 80
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ἐπακολουθέω89 drückt die entsprechende Einladung aus. „Christus hat eine Vorlage zum Nachschreiben (ὑπογραμμός) hinterlassen“90. Worin erkennt der 1Petr die Vorbildhaftigkeit des Christus? Welche chris- 22–23 tologischen „Grunddaten“ werden benannt?91 Die VV 22–23 nehmen zunächst den Lebensweg Jesu Christi in den Blick.92 Dabei wird seine Sündenlosigkeit93 unterstrichen. Bei der Grundbedeutung von ἁμαρτία ist das Verfehlen eines Ziels mitzuhören.94 Dies aber kann man vom Christus nicht sagen, dass er jemals ein (von Gott gesetztes) Ziel verfehlt habe. Insbesondere in seinem Sprechen zeigte sich, dass darin kein δόλος („Betrug, List“; vgl. 2,1) auszumachen war. Wiederum nutzt der 1Petr zur Versprachlichung der christologischen Aussage einen Text aus dem Jesaja-Buch, in diesem Fall Jes 53,9 aus dem vierten Gottesknechtlied: „… obwohl er kein Unrecht getan hat und kein trügerisches Wort in seinem Mund war“. Innerhalb des christologischen Bekenntnistextes 1Petr 2,21–25 sind (mindestens) vier Zitate bzw. Anspielungen aus dem vierten Gottesknechtlied auszumachen.95 In 2,22 wird zunächst die Sündenlosigkeit des Christus mit einem Zitat aus Jes 53,996 zum Ausdruck gebracht: ὃς ἁμαρτίαν97 οὐκ ἐποίησεν οὐδὲ εὑρέθη δόλος ἐν τῷ στόματι αὐτοῦ. Das „Tragen der Sünden durch ihn“ nimmt in 2,24 mit τὰς ἁμαρτίας ἡμῶν αὐτὸς ἀνήνεγκεν Vorstellungen und Zur Verwendung des Verbs vgl. auch 1Tim 5,10. Wolff, Nachfolge 434. Wolff verweist (434 Anm. 38) auf Platon, Protagoras 326D und damit auf den antiken Schulbetrieb, wo „Kinder durch das Nachziehen vorgezeichneter Buchstaben das Schreiben“ erlernten; vgl. auch Seneca, epist. 94,51; Clemens von Alexandrien, strom. V 8,49,1. Vgl. zu ὑπογραμμός bzw. ὑπογράφειν auch Schrenk, ThWNT I, 772f; Weihs, Teilhabe 63; Wagner/Vouga 95f: „in der bildlichen Vorstellung ein ‚Buchstabe‘, den Schüler unter Papier legen, um ihn zum Lernen durchzureiben bzw. um ihn auf ihr eigenes Papier durchzupausen“. 91 Zur Auslegung vgl. bes. Vouga, Christ. 92 Auf die Berührungen mit bzw. Verbindungen zur Passionsgeschichte macht bes. Horrell, Jesus 142, aufmerksam: „encapsulated concisely in this short passage, is a char acter sketch and a concise Passion Narrative“; vgl. auch 146: „This passage does indeed present a kind of ‚gospel in nuce‘ … which could well have been based on knowledge of pre-Synoptic traditions concerning the suffering and death of Jesus, or on a knowledge of the Passion Narrative as variously depicted in the gospels“; vgl. in diesem Kontext auch Deichgräber, Gotteshymnus 142: „das erste uns überlieferte Passionslied der Kirche“. 93 Vgl. auch Joh 8,46; 1Joh 3,5; 2Kor 5,21; Hebr 7,26f. 94 Vgl. Menge-Güthling, Wörterbuch 41. 95 Vgl. die Synopsen bei Langkammer, Jes 53, 93; Breytenbach, Christus 462. Vgl. auch Achtemeier, Servant 179f; er gibt (180) gibt den wichtigen Hinweis: „It is inter esting to note that while the language of these verses in 1Peter reflects the language of Isaiah 53, the order of the latter source has not been preserved. What is striking is the fact that the order in 1Peter follows roughly the order of the passion of Jesus, with vv. 22–23 reflecting the trial, and v. 24 the crucifixion. The passion is thus confirmed to be the origin of this passage, for the illumination of which the material from Isaiah 53 has been used.“ 96 Vgl. u.a. Achtemeier, Servant 179; Ådna, Zitate 231f. 97 Die LXX bietet an der Stelle von ἁμαρτίαν ἀνομίαν. 89 90
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Begrifflichkeiten von Jes 53,4 bzw. Jes 53,1298 auf. Im selben Vers sind τῷ μώλωπι („durch seine Strieme“) und die durch ihn bewirkte „Heilung“ (ἰάθητε) aus Jes 53,599 übernommen. Auch die Situationsangabe, die der Anwendung des Hirtenbilds auf Christus in 2,25 vorausgeht, stimmt mit Jes 53,6 überein: ὡς πρόβατα πλανώμενοι ( Jes 53,6: ἐπλανήθημεν). Verschafft man sich anhand der Zitate mit und ohne ausdrücklicher Kennzeichnung einen Überblick100 über die im 1Petr aufgenommen Schriftworte, so fällt auf, dass deutliche Schwerpunkte auszumachen sind. Die wörtlichen Auf- und Übernahmen erfolgen aus: 1 Petr 1,16
Levitikus
Lev 19,2; 11,44; 11,45 (vgl. auch 19,2; 20,7; 20,26) 1,24f Jesaja Jes 40,6–8 2,6 Jes 28,16 2,8 Jes 8,14 2,22 Jes 53,9 2,24 Jes 53,4.12 2,24 Jes 53,5 2,25 Jes 53,6 3,14 Jes 8,12 3,15 Jes 8,13 4,14 Jes 11,2 2,3 Psalmen Ps 33,9 LXX (34,9) 2,7 Ps 117,22 LXX (118,22) 3,10–12 Ps 33,13–17 LXX (34,13–17) 4,8 Sprüche Spr 10,12 4,18 Spr 11,31 LXX 5,5 Spr 3,34 LXX.
Wenn ein Zitat seine Funktion nur dann erfüllt, „wenn der Verfasser damit rechnen kann, daß der Zitatcharakter des übernommenen Wortlauts dem Leser deutlich ist“101, so geht der Verfasser des 1Petr, nimmt man die hier nur gestreiften Anspielungen102 und Typologien hinzu, von
Vgl. auch Breytenbach, Christus, bes. 442.444. Vgl. neben den Kommentaren zu Jes auch Kustár, Wunden, zu Jes 52,13 – 53,12 bes. 160–204. Vgl. auch Martin, Healing. 100 Vgl. auch die Zusammenstellungen bzw. Listen bei Schutter, Hermeneutic 36f; Davids, Temple 410; Hiršs, Volk; Müller, Schrift 205. 101 Koch, Schrift 12. Vgl. für den 1Petr auch Feldmeier 94. 102 Vgl. u.a. die Zusammenstellungen bei Elliott 12–17; Watson, Temple 410f. 98 99
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einer ausgeprägten Schriftkenntnis der Rezipienten aus,103 die für theologisches und paränetisches Reflektieren und Argumentieren104 genutzt werden kann. Als Prätexte werden Tora, Propheten und Schriften genutzt, wobei ein deutlicher Schwerpunkt bei Jesaja zu verzeichnen und in den Schlusskapiteln ein auffällig starker Bezug auf die Proverbia105 zu beobachten ist. Noch konkreter als V 22 wird V 23, wenn von Konfliktsituationen die Rede ist, in denen der Christus Schmähungen nicht mit „Gegenschmähungen“ beantwortete. Das Verb λοιδορέω bedeutet „beschimpfen, schmähen“ (vgl. Mt 27,39; Mk 15,29; Lk 22,65; 27,39; Joh 9,28; Apg 23,4; 1Kor 4,12)106, sein Kompositum ἀντιλοιδορέω steht für die normalerweise gegebene Antwort („zurückschimpfen, wieder schmähen“). Wenn der 1Petr eine Imperfekt-Form wählt, soll dadurch unterstrichen werden, dass nicht eine einmalige Situation dieser Art vor Augen steht, sondern wiederholte Angriffe mit der für den Christus kennzeichnenden Antwort, der erfahrene und erlittene Gewalt nicht mit Gewaltausübung beantwortete.107 An dieser Stelle sind wiederum Bezüge zum Mt-Ev erkennbar, wo es in 5,39 heißt: „Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann haltet ihm auch die andere hin.“108 Bis in die Passion zeigt der Christus diesen „Lebenswandel“: πάσχων οὐκ ἠπείλει. Noch einmal werden gängige Erwartungen durchbrochen bzw. neue Lebensmöglichkeiten
Für den Schriftgebrauch dürfte damit das zutreffen, was Eduard Schweizer hinsichtlich der Verwendung traditioneller Sprache im 1Petr konstatiert; vgl. Schweizer, Christologie 381: „… doch zeigt gerade dies den Boden, auf dem der Verfasser mit seiner Gemeinde steht, und die Luft, in der er und sie leben. Das sichert den Charakter des Gotteswortes als des Tatwortes dessen, der nicht über etwas theoretisiert, sondern als Schöpfer es sprechend schafft und Wirklichkeit werden läßt.“ 104 Dabei geht es um mehr als um „Beteuerungen und Erbaulichkeiten“ „in der Form eines Nachsprechens … heiliger Texte“, wie von Brox (Sara 489) behauptet. Auch die Rede von einem „illustrativen Charakter“ o.ä. (vgl. z.B. Achtemeier 12) ist zumindest missverständlich. 105 Vgl. auch Feldmeier 18. 106 Vgl. auch die Verwendung des Verbs bei Jos. Apion. I,219.220; vita 211. 107 Vgl. auch Horrell, Jesus 137: „Jesus was evidently remembered as someone who rejected violence and retaliation, and the development of the tradition reflects an impulse to make this more clear and explicit“. Vgl. in diesem Kontext allerdings auch Epiktet, Encheiridion 42 („… wirst du nachsichtig gegenüber dem, der dich beschimpft [πρὸς τὸν λοιδοροῦντα]“. 108 Vgl. auch Mt 5,44. Vgl. Luz, Feindesliebe 142: „Der leidende Jesus wird zum Modell, weil er als Gerechter, der keine Sünde tat, ‚Schmähworte nicht erwiderte, als er geschmäht wurde, und nicht drohte, als er litt‘ (2,23), sondern alles Gott, dem gerechten Richter, anheimstellte“; Konradt, Mt 94: „Mt 5,39b knüpft an diese vergeltungskritischen Impulse in der frühjüdischen Ethik an (vgl. ntl. Röm 12,17; 1Thess 5,15; 1Petr 3,9)“. 103
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erschlossen.109 Das Modell bietet Jesus Christus selbst.110 Den Peinigern gegenüber „drohte er nicht“ (Imperfekt von ἀπειλέω). Er hat seine Sache dem Größeren „übergeben“111, der den Adressaten, aber auch allen anderen als der „gerecht Richtende“112 vor Augen (vgl. 1Petr 4,19)113 und als solcher in Aussicht gestellt wird. 24 Der Weg des Christus führte ihn auf das „Holz“ (des Kreuzes).114 Das Todesleiden Christi wird in V 24 vor allem in seiner soteriologischen Bedeutung zur Sprache gebracht. Erneut werden bekenntnisartige Formulierungen erkennbar, die vom Verfasser aufgegriffen worden und vielleicht auch bei den Adressaten als bekannt vorauszusetzen sind, was zudem für den atl Hintergrund in Jes 53 angenommen werden kann (vgl. vor allem Jes 53,4.5.12). Mit der Aorist-Form ἀνήνεγκεν115 erinnert der Verfasser zunächst an die heilschaffende Tat des Christus: „der unsere Sünden selbst hinaufgetragen hat in seinem Leib auf das Holz“. „In seinem Leib“ hat er „unsere Sünden“ auf das ξύλον getragen. Hier wird die metaphorische Vorstellung von Sünden als Last116 vorausgesetzt, die weggeschafft/weggetragen werden muss. Das ist nach der Aussage von V 24 durch den Leidensweg Jesu auf das Kreuz geschehen. Entsprechend heißt es später in 1Petr 3,18: „Weil auch Christus einmal für (die) Sünden litt, der Gerechte für die Ungerechten, damit er euch hinbringe zu Gott“. Das hat das Aufleben der Sünder zur Folge, die nun von sich sagen können, dass sie, nachdem
Vgl. auch 1Kor 4,12: λοιδορούμενοι εὐλογοῦμεν. Vgl. hierzu von Gemünden Affekte 278 (im Blick auf die Affekte in den Evangelien): „Als überwindendes Modell fungiert Jesus … Damit ermöglicht die Figur Jesu ein Lernen am Modell. Wie die Psychologie gezeigt hat, ist das Lernen am überwindenden Modell effektiver“. Vgl. auch Vouga, christologie 316–320. 111 Vergeltung wird dem Gericht Gottes überlassen; vgl. auch Luz, Feindesliebe 140. Calvin gibt in seiner Auslegung von 1Petr 2,23 einen sehr bedenkenswerten Hinweis: „Will also jemand seine Sache dem heimstellen, der da recht richtet, so muss er unbedingt zuvor sich einen Zügel anlegen, damit er nicht von Gottes gerechtem Gericht etwas Fremdartiges fordert. Denn wer sich den Zügel schießen lässt und um Rache betet, überlässt dem Herrn nicht das Amt des Richters, sondern will ihn gleichsam zu seinem Henker machen“ (Übers. nach K. Müller). 112 Vgl. auch Jer 11,20: „Aber der Herr der Heere richtet gerecht, er prüft Herz und Nieren. Ich werde sehen, wie du Rache an ihnen nimmst; denn dir habe ich meine Sache anvertraut“ oder Jer 20,12; vgl. auch entsprechende Bsp. in den Psalmen: Ps 46,2; 71,1 u.a. 113 Vgl. Osborne, Lines 397f. 114 Zum Bedeutungsspektrum von ξύλον im NT: „Holz“ 1Kor 3,12; „Baum“ Offb 2,7; Holz-Teile Mt 26,47; Apg 16,24; „Kreuz“ ( Jesu) Apg 5,30; 10,39; 13,28; Gal 3,13. 115 Von ἀναφέρω („hinaufbringen, hinauftragen“); vgl. zum Gebrauch auch 1Petr 2,5. 116 Vgl. u.a. Röhser, Metaphorik 29–39. 109 110
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sie „den Sünden gestorben“117 (bzw. „abhanden gekommen“)118 sind, der δικαιοσύνη119 „leben“.120 Solche Bekenntnissätze stellen sicher nicht nur ein erinnerndes Moment dar, sondern sind auch als Einladung angelegt, das Bekenntnis nachbzw. mitzusprechen, um sich auf diese Weise neu des geschenkten Lebens zu freuen und einen entsprechenden Lebenswandel der Gerechtigkeit anzustreben. „Heilung“ – so die Grundgewissheit des 1Petr – ist den Glaubenden durch den zuteilgeworden, der sich als der Sündenlose hat verwunden lassen: „durch seine Strieme (μώλωψ) seid ihr geheilt worden“. Im Hintergrund steht hier die Vorstellung von der Sünde bzw. den Sünden als „Krankheit“121. Christus, der Arzt,122 hat Heilung geschenkt, indem er sich selbst verwunden ließ.123 „Der kollektive Singular μώλωψ (vgl. Sir 28,17) ist wegen V. 24a.b am ehesten auf die Kreuzigungsmarter, die Christus erdulden mußte und die ihn mit blutunterlaufenen Flecken verwundete, zu beziehen. Solche physische Pein diente der Heilung, d.h. der Befreiung von der schuldhaften Vergangenheit (1,18f.), der Vergebung der Sünden (Ps 41,5; 103,3; Jer 3,22; Jes 6,10; Hos 14,5; Sir 28,3; Mk 2,17).“124 Einem breiten Strom urchristlicher Theologie und entsprechender Literatur ist die christologische Reflexion in 1Petr 2,21–25 zuzuordnen, die den Weg des Christus vor allem von Jes 53 her deutet.125 Besondere Betonung erfährt dabei die in 2,22 zum Ausdruck gebrachte Sündenlosigkeit des Christus mit einem wortwörtlichen Zitat aus Jes 53,9: ὃς ἁμαρτίαn οὐκ ἐποίησεν οὐδὲ εὑρέθη δόλος ἐν τῷ στόματι αὐτοῦ. Auch die durch 117 Vgl. Zeller, Tod 187: „Nach 1Petr 2,24 ist das Sterben gegenüber den Sünden das Ziel des Kreuzestodes Christi, der dabei in seinem Leib unsere Sünden auf das Holz hinauf- und damit weggenommen hat. Nach seinem Vorbild … soll auch der Christ mit Sündigen Schluss machen (vgl. V. 20)“. Zeller verweist (ebd. 186) auch auf die Verwendung eines dativus incommodi (vergleichbar Röm 6,1.10.11). 118 Vgl. Zeller, Tod 185f Anm. 1: Das Verb ἀπογίνεσθαι „kann neben ‚abwesend sein‘, ‚wegbleiben‘ auch die Bedeutung ‚sterben‘ haben, und zwar insbesondere als Kontrastbegriff zu ‚leben‘, so auch in diesem Falle“. Vgl. auch Wagner/Vouga 99: „Es geht also in V. 24 um das ‚final getrennt‘ werden von den Sünden!“. 119 Zum Dativ-Gebrauch vgl. auch 4Makk 7,19; 16,25 („Gott leben“). 120 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Röm 6,10–12 > Sterben und zum Leben finden, zum „Leben für Gott in Christus Jesus“ (Röm 6,11) mit Röm 6,18: „… stellt eure Glieder als Waffen der Gerechtigkeit in den Dienst Gottes!“ Vgl. – mit Blick auf den 1Petr – auch Osborne, Lines 407: „The perseverance in a life of righteousness is frequently expressed in the letter by one of the author’s favorite themes“. 121 Vgl. u.a. Röhser, Metaphorik 73–80. Zur entsprechenden Metaphorik im JesajaBuch vgl. u.a. Janowski, Ecce 53–58; Kustár, Wunden. 122 Vgl. u.a. die Beiträge von Blatz, Semantik, und von Bendemann, Christus (vor allem mit Blick auf Mk 2,17). 123 Auf die enge Beziehung zur Sklaven-Situation (mit verabreichten Schlägen und entsprechenden Striemen) macht auch Osborne, Lines 388.405f, aufmerksam. 124 Wolff, Nachfolge 437. 125 Vgl. aus der Fülle der Lit. zu diesem Thema Schelkle 82–84; Hofius, Gottesknechtlied; Breytenbach, Christus.
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das Erlösungsgeschehen bewirkte „Heilung“126 wird anhand von Jes 53 zur Sprache gebracht. So konstatiert Cilliers Breytenbach: „Eine Analyse des Fokustextes 1Petr 2,21–23 zeigt …, daß es sich hier um die Vorstellung handelt, daß Christus wegen der Sünde der Seinigen litt … Die Formulierung ‚Christus litt unseretwegen‘ in 1Petr 2,21 ist also der Vorstellung von Jes 53 LXX zu verdanken.“127 25 Der abschließende V 25 entfaltet eine etwas anders gelagerte Metaphorik, die den metaphernspendenden Bereich der Schafhaltung128 nutzt, ein Bildfeld, das auch in anderen ntl Texten (vor allem in Mt 9,36; Joh 10,1–16, bes. VV 11.14; 21,15–17; Hebr 13,20) verwendet wird (vgl. zur Aufnahme der Metaphorik im Folgetext auch 1Petr 5,2.4).129 Der Ausgangspunkt ist im 1Petr eine „Zerstreuung“130 bzw. ein „Umherirren“131, wobei die Imperfekt-Form ἦτε die Dauerhaftigkeit dieses Zustands unterstreicht: „Ihr wart nämlich wie umherirrende Schafe, aber132 ihr habt euch jetzt umgewendet133 zum Hirten und Bischof/Aufseher134 eurer Seelen.“135 126 Vgl. Hofius, Gottesknechtlied 435: „Diese Worte sprechen davon, daß durch Christi Kreuzestod die Sündenwirklichkeit selbst getilgt und aufgehoben ist und daß diejenigen, für die Christus starb, in das Christusgeschehen einbezogen sind, so daß ihnen durch Christi Tod und Auferstehung eine neue Lebenswirklichkeit erschlossen ist.“ Vgl. in diesem Kontext auch van Rensburg, Old Testament. 127 Breytenbach, Christus 443. 128 Nach Liebengood, Eschatology 97–104, spielt der Autor auf Sach 10,2 LXX und 13,7–9 LXX an, wie überhaupt die Eschatologie des 1Petr von Sach 9 – 14 her zu verstehen sei. Allerdings findet sich im 1Petr kein ausdrückliches Zitat aus Sach; die Herleitung des verwendeten Bildes eines einzelnen Hirten und der zu ihm gehörenden Schafe ist von anderen atl Texten her naheliegender. 129 Vgl. dazu vor allem Ez 34, insbesondere VV 5.12.16 (mit der Vorstellung von „Zerstreuung“); Ez 36; 37; Jes 40,11; Jer 23; Sach 11; 13. Zum Zerstreutwerden nach Ez 34 vgl. auch Böhm, Diaspora 231f. Vgl. auch die Ausführungen zum Folgetext in 1Petr 5,2.4. 130 Das Verb πλανάω steht für „in die Irre führen“, im Passiv für „in die Irre gehen, umherirren“; vgl. in der LXX Ex 23,4; Dtn 22,1; Ps 118,110; Spr 1,10; 12,26; 21,16; Jes 53,6; Ez 34,4.16 u.a.; vgl. auch πλάνη. 131 Zu „umherirrenden Schafen“ in biblischen Texten vgl. auch Zeilinger, Petrusbekenntnis 87 Anm. 31. Vgl. bes. Jes 53,6: „Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg. Doch der Herr ließ auf ihn treffen die Schuld von uns allen“; Mt 18,12f. Zu „Schafen“ ohne Hirten vgl. auch Num 27,17; 1Kön 22,17; Jes 13,14. 132 Die ECM bietet ἀλλ’ anstelle von ἀλλά. 133 Vgl. auch Brox 137: „Christsein ist für ihn Unterbrechung der verbreiteten unseligen Verhaltensweisen und Bruch mit dem schlechten Bisherigen (1,14.18; 4,4 u.ö.)“. 134 Vgl. Theobald, Israel-Vergessenheit 366: „Funktionsterminologie, die profan-griechischer Verwaltungssprache entstammt, … begegnet substantivisch und verbal, wenn substantivisch, dann auf die Person (ἐπίσκοπος) oder ihre Aufgabe (ἐπισκοπή) bezogen, wenn verbal, dann auf ihre Tätigkeit (ἐπισκοπεῖν).“ 135 Die Wendung „Aufseher eurer Seelen“ kann nach Doering, Rezeption 129, „der Wendung ‚ein wahrer Aufseher seines Herzens‘ (Sap 1,6) nachempfunden“ sein; vgl. zu Weish 1,6 u.a. Engel, Weish 54: „Das Motiv vom alles überschauenden und wissenden Gott ist jüdischer wie griechischer Religiosität lange wohlvertraut“. In JosAs 15,7 kann auch die μετάνοια als ἐπίσκοπος (aller Jungfrauen) bezeichnet werden.
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In der Jetzt-Zeit (νῦν)136 ist es demnach zur entscheidenden Konversion137 gekommen. Diese Um- und Hinwendung138 gilt es in Erinnerung zu behalten;139 darüber hinaus geht es vor allem darum, einen entsprechenden Lebenswandel an den Tag zu legen, der als die entscheidende Bezugsgröße die Fußspuren des Christus hat. Er ist der eine und entscheidende Hirt140 und Bischof/Aufseher (ἐπίσκοπος)141 der Seelen142. Für die Sklaven – aber eben nicht nur für diese – „bedeutet dies: Die Aufsicht Christi – und nicht die ihrer Herren – bestimmt ihr Leben.“143 Hinweise auf Episkopen (Phil 1,1; 1Tim 3,2; Tit 1,7; evtl. auch Apg 20,28)144 fallen im NT eher bescheiden aus. Ein „entsprechend benanntes Gemeindeamt zeigt sich erst in sparsamen Ansätzen.“145 Zunächst handelt es sich bei ἐπίσκοπος um einen Verwaltungsbegriff der Antike146, vor allem in der Kommunal- und Finanzverwaltung, aber auch im Blick auf die Fürsorge für Bauprojekte oder Heiligtümer.147 Dazu bemerkt Michael Theobald: „… die Termini ἐπισκοπεῖν, ἐπισκοπή und ἐπίσκοπος [bezeichnen] zunächst eine Funktion, die von unterschiedlichen Ämtern ausgeübt werden kann, um später gleichfalls für ein bestimmtes Amt, nämlich das des ‚Bischofs‘, reserviert zu werden. Als Funktionsterminologie, die profangriechischer Verwaltungssprache entstammt, steht sie für die Aufgabe der ‚Aufsicht‘, die in einer Gruppe oder einer Institution, in einem Verein oder Die Wendung ἀλλὰ νῦν ist im NT nicht besonders häufig (vgl. aber Lk 22,36; 2Kor 5,16; Phil 2,12). 137 Sehr stark betont in der Arbeit von de Waal Dryden, Theology 91ff. Soll in der Passiv-Formulierung die göttliche Initiative mitgehört werden? 138 Vgl. auch zur Verwendung des Verbs an Stellen wie Mk 5,30; 8,33; Joh 21,20; Apg 3,19; 14,15; 15,19; 26,20; 1Thess 1,9. 139 In diesem Fall ist die Textvariante ἐπεστράφητε (vgl. die Auflistung in ECM: P72.02.03 u.a.) erhellend; Gäckle, Jesus 284 Anm. 57, möchte ein passivum divinum erkennen, „in the sense that God was the actual one acting in this repentance“. 140 Zur Rolle Jesu Christi als Hirt vgl. auch 1Petr 5,4 sowie Mt 2,6; 9,36 (par. Mk 6,34); 10,6; 15,24; 26,31 (par. Mk 14,27); Joh 10,11.14–16; 21,15–17; Hebr 13,20; Polykarpmartyrium 19,2. Vgl. für den 1Petr auch Bosetti, Pastore; Cervantes Gabarrón, Pastor. Wagner/Vouga (100f ) wollen in 1Petr 2,25 Gott als „Hirt“ und „Aufseher“ verstehen. 141 Vgl. zur ἐπισκοπή auch Ijob 7,18; 10,12; 20,29; Weish 1,6; vgl. auch Dtn 11,12 (verbal). 142 Zur Verwendung des „Seele“-Begriffs vgl. auch 1Petr 1,9.22; 2,11; 4,19. 143 Wolff, Nachfolge 438. 144 Vgl. auch Did 15,1f. Für einen Überblick vgl. Rohde, EWNT II, 89–91. 145 Trilling, Amt 345. 146 Vgl. auch Dassmann, Entstehung 351: „episkopos – im hellenistischen Bereich ein Kommunal- oder Vereinsfunktionär mit aufsichtführender oder verwaltender Tätigkeit“. Eisen, Amtsträgerinnen 203, verweist auf die Arbeiten von Lietzmann und konstatiert: (es) „wurden ἐπίσκοποι in der hellenistisch-römischen Gesellschaft als BeamtInnen nachgewiesen, die breit gefächerte Funktionen hatten und häufig mit Verwaltungsaufgaben betraut waren. In solchem Zusammenhang werden die in Phil 1,1 genannten ἐπίσκοποι als GemeindeverwalterInnen wahrscheinlich“. 147 Vgl. auch Beyer, ThWNT II, 604–619. Mit Blick auf Vereine vgl. auch Eckhardt/ Leonhard, Juden 12. 136
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sonst wo in der Polis wahrzunehmen ist.“148 Wenn Paulus in Phil 1,1 „Bischöfe und Diakone“ grüßt, dürften damit „nicht nur Funktionsbezeichnungen, sondern bereits feste Titel gemeint“149 sein. Der 1Petr kennt die Rede von „Episkopen“150 (oder „Hirten“) in diesem Sinn (noch) nicht. Die Begrifflichkeit und die Metaphorik von Hirt und Herde werden in Kap. 2 christologisch ausgewertet.151 Wenn es im nachfolgenden Kap. 5 um die Presbyter in christlichen Gemeinden geht, kann Jesus Christus in 5,4 auch als „Chef-Hirte“ bzw. „Ober-Hirte“ gekennzeichnet werden. Zusammen- Der Weg „in den Fußspuren Christi“ (V 21) wird wohl kaum an entsprefassung chenden Leiderfahrungen152 vorbeiführen können, wenn „auch Christus … gelitten hat“153 (V 21). Der 1Petr kann diesen Ernstfall des Glaubens „Gnade“ nennen (vgl. 1,10f; 2,19.20; 5,12).154 Dabei sind in die Gnade, wie sie in 1,10f zur Sprache kommt, „nicht nur Christi eigene Leiden impliziert …, sondern gleichzeitig die Teilhabe der Glaubenden an Leiden und Herrlichkeiten Christi. Das bedeutet: Nicht nur die Leiden des Christus selbst sind die Gnade, die für die Glaubenden wirksam ist, sondern die Tatsache, daß sie jetzt an diesen Leiden wie auch zukünftig an den Herrlichkeiten teilhaben.“155 Für den Autor des 1Petr ist klar, dass es sich dabei wie bei Christus156 um einen Weg der Gewaltlosigkeit handelt, der auf Vergeltung in welcher Form auch immer verzichtet, wenn es in V Theobald, Israel-Vergessenheit 366. Dassmann, Entstehung 351. Ebd.: „Sie dürften trotzdem noch nicht im eigentlichen Sinn kirchliche Ämter, sondern Dienste bezeichnen, die vom Geist spontan gewirkt, von dafür charismatisch besonders begabten Personen übernommen werden.“ 150 Vgl. auch die Anwendung der Begrifflichkeit auf Gott oder Jesus Christus im Brief an Polykarp, Präskript: „Ignatius, der auch Theophorus heißt, grüßt von ganzem Herzen Polykarp, den Bischof der Kirche der Smyrnäer, dem vielmehr Gott Vater und der Herr Jesus Christus Bischöfe sind (μᾶλλον ἐπισκοπημένῳ ὑπὸ …)“. 151 Zur antiken Rede von Göttern als ἐπίσκοποι und zu der in der LXX begegnenden Möglichkeit, von Gott als ἐπίσκοπος zu sprechen, vgl. auch Beyer, ThWNT II, 605f. Ein anschauliches Bsp. bietet Maximos von Tyros, or. 5,8 (abschließendes Gebet zu Zeus, Athena und Apollon). 152 Feldmeier, Außenseiter, 172 Anm. 49, gibt allerdings einen wichtigen Hinweis: „Der 1. Petrusbrief sagt nicht, dass Christen leiden müssen. Im Unterschied zu so manchen Sektierern, die den Widerstand der anderen und das Leiden geradezu als Bestätigung ihrer Besonderheit suchen, spricht dieser Brief sehr sorgfältig von den Spannungen und schränkt immer wieder ein: wenn es denn nötig ist, wenn es Gottes Wille ist, dass ihr leidet (er verwendet hier den im NT sehr seltenen Potentialis) … Das Leiden wird nicht zum Mittel der Selbstbestätigung instrumentalisiert.“ 153 Vgl. Langkammer, Jes53, 97: „Allerletzte und zugleich einzige Begründung für das Leiden der Gläubigen ist für 1Petr dabei das Argument, daß ‚auch Christus gelitten hat‘.“ 154 Vgl. auch Brox 132.133; Wolff, Nachfolge 431: „Ertragen der Konsequenzen … aus dem an Gott orientierten Gehorsam“. Zur Verbindung von Gnade und Leiderfahrung vgl. auch Phil 1,7: „… die ihr alle mit mir an der Gnade teilhabt in meiner Gefangenschaft und wenn ich das Evangelium verteidige und bekräftige“. 155 Herzer, Prophetie 19. 156 Zu den Berührungen mit den Passionsgeschichten vgl. auch Horrell, Jesus 142.146. 148 149
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23 von Christus heißt: „der geschmäht nicht zurückschmähte, leidend nicht drohte, sondern dem gerecht Urteilenden überließ“.157 François Vouga spricht von einer „Strategie der offensiven Gewaltlosigkeit“158. Das zeigt sich in einem entsprechenden Lebenswandel: „Auch gegenüber den ungerechten Verhaltensweisen ihrer Umgebung werden sie deswegen einem Umgang der Gewaltlosigkeit treu bleiben, damit sie die Gewissen gewinnen können.“159 Damit wird eine neue Perspektive160 auf die Wahrnehmung von „Stärke“ und „Schwäche“ vermittelt. „In this manner, the weak body of Jesus becomes a functioning body that affects righteousness and belonging for the readers of 1 Peter. The functioning body of Jesus in 1 Peter transforms the ‚wounded body‘ from its usual role within the binary of sickness and health. In 1 Peter the wounded body of Jesus brings about righteousness, healing and is even a model to be imitated.“161 In diesem Zusammenhang spielt die Aufnahme jesajanischer Texte nicht nur in christologischer Hinsicht eine zentrale Rolle; „because the suffering Christ here described plays a central role in discerning how Christians are to conduct themselves in the midst of a fundamentally hostile society“162. Vollkommen zu Recht hat Norbert Brox den Abschnitt 1Petr 2,18–25 als „Schlüsseltext des Briefes“163 gekennzeichnet. „Ungerechtermaßen zu leiden und dies in der festen Hoffnung auf die Zukunft des Heils durchstehen zu können ist Situation bzw. Möglichkeit des Glaubens aus der Hoffnung. Das Argument der Hoffnung wird im Schicksal Jesu Christi gefunden“164. So kommentiert auch Cilliers Breytenbach: „Christus soll von den Adressaten nachbuchstabiert werden, sein Leitbild soll befolgt werden. Die Jes 53 LXX entnommene Vorstellung des geduldig und unschuldig die Strafe für die Sünde anderer tragenden Gottesknechtes wurde auf Christus übertragen, damit sein Leiden als Leitbild für die Haussklaven unter den Adressaten gelten kann.“165 Aber eben nicht nur Vgl. auch Schumacher, Steine 450: „Christus litt unschuldig, ohne sich dem Bösen zu widersetzen; er setzt dem Bösen nicht die Vergeltung entgegen, sondern die Vergebung.“ 158 Vouga, Christus 214; vgl. auch 217; Wagner/Vouga 2.4.7.28. u.ö.: „Strategie der Gewaltlosigkeit“. Brox (137) macht auf die Aufnahme des Vergeltungsverzichts in 1Petr 3,9 aufmerksam: „Wenige Zeilen später im Brief (3,9) wird ja mit ganz ähnlichen Worten genau das von den Christen verlangt, was hier an Christus beschrieben wird, nämlich Vergeltungsverzicht und Beendigung der Multiplikation des Bösen. Die christologische Signatur des Lebens Jesu wird als Profil auf das Christsein übertragen“. 159 Vouga, Christus 220. 160 Wagner/Vouga (100) sprechen mit Blick auf 1Petr 2,25 von Christus „als Wende in der Zeit“. 161 Henning, Sickness 196. 162 Achtemeier, Christology 147. 163 Brox 129. Christensen, Debate 189, will für 1Petr 2,13 – 3,12 eine chiastische Struktur beobachten, deren Mitte das „Christological paradigm“ in 2,21–25 bildet. 164 Brox 128; vgl. auch Gäckle, Jesus 277f. 165 Breytenbach, Christus 444; vgl. auch Deichgräber, Gotteshymnus 189; Horrell, Image 306. 157
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für diese (!).166 Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass die in spezieller Hinsicht Angesprochenen ausgesucht sind, um allen Adressaten zur Orientierung dienlich zu sein167 – „for the powerless status of all Christians in the larger structure of the Roman Empire“168. Der Autor geht also von denen aus, die in der gesellschaftlichen Pyramide ‚unten‘169 anzusiedeln sind; er unternimmt eine Exemplifizierung am unteren Rand der sozialen Hierarchie, bei Menschen, die nichts an den äußeren Bedingungen ihrer (ökonomischen) Existenz ändern können. Ihnen ist aus der Perspektive des Autors der Christus besonders nahe – wie auch denen, die auf leidvollen Strecken gehen und solchen ausgeliefert bleiben. „Im Leiden, das zu Unrecht über sie kommt, haben sie in den Fußstapfen Christi zu gehen.“170 Darin kann die große Herausforderung des 1Petr erkannt werden; dadurch „dass er immer wieder über den aktuellen Gesprächskontext hinaus weist, nimmt er alle Leserinnen und Leser in die Argumentation hinein“171. Wirkungs Im Blick auf die Wirkungsgeschichte dieses zentralen Abschnitts des geschichte 1Petr können recht unterschiedliche Akzente unterschieden werden. Auffällig ist, wie oben dargestellt, der ausgeprägte Schrift-Gebrauch, der für die christologischen Reflexionen und Formulierungen späterer Generationen einflussreich wurde. So konstatiert auch Paul J. Achtemeier: „The Christ-centered reading of the Old Testament was thus the contribution of our author’s Christology to later Christian theological reflection.“172 Vor allem in soteriologischen Debatten173 oder in entsprechendem Liedgut174 Vgl. Zerbe, Non-Retaliation 284: „The exhortation to slaves provides the exemplary pattern for the entire ‚houshold of God‘ … that the model of slaves as clarified by the model of Christ is the example for all Christians who suffer abuse“. 167 Das hat bereits Johannes Calvin in seiner Auslegung der Perikope erspürt und angemerkt: „Tametsi haec est particularis admonitio, cohaeret tamen cum proxima, sicuti aliae quae sequentur“. Vgl. auch Goppelt 204f; Brox 128: „kein Text bloß für Sklaven“; vgl. auch ebd. 127: „Was … den Sklaven zur christlichen Qualität des von ihnen erwarteten Verhaltens theologisch gesagt wird, ist ab 2,19 gerade im Kontext des 1Petr ohne Änderung für jede christliche Gruppe und für alle Christen verwendbar“; Schlosser, Ancient Testament; Schutter, Hermeneutic 141; Achtemeier, Christology 153 Anm. 47; Shaw, Considering 164; Gäckle, Jesus 275. 168 Achtemeier, Christology 147. 169 Vgl. auch Bieberstein, Rand 144. 170 Breytenbach, Christus 446. 171 Vahrenhorst 132. 172 Achtemeier, Christology 149. 173 Vgl. z.B. zur Aufnahme der Stelle in der Auseinandersetzung mit pelagianischen Positionen bei Augustinus u.a.; dazu Merkt, Checks 242–244; aufmerksam zu machen ist auch auf Bernhard von Clairvaux hinsichtlich siner Auslegungen „Zum Hohenlied“ mit Bezugnahme auf Jes 53,5 (61,3–5) u.a. 174 Vgl. Passionslieder, die vom ‚Freikauf‘ oder der ‚Heilung‘ durch Christi Wunde(n) sprechen. Auch in der Ostersequenz des Wipo von Burgund (1050; GL2 320) kann man einen Anklang ausmachen, wenn es heißt: „… Agnus redemit oves: Christus innocens Patri reconciliavit peccatores“. Der Abschnitt 1Petr 2,21–24 ist zuweilen auch Bestandteil der Tagzeiten-Liturgie geworden (vgl. GL2 639,B7+8). 166
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wird wiederholt auf Formulierungen des 1Petr zurückgegriffen. Auch der Barnabasbrief (5,13) kennt die Rede vom heilbringenden „Holz“ (vgl. V 24): „… denn es war notwendig, dass er am Holze litt“ (Barn 5,13175; vgl. auch Iren., haer. 4,2,7: „in ligno martyrii exaltatus a terra“); vgl. auch Polykarp, Phil 8,1: „… Christus Jesus, … der unsere Sünden an seinem Leibe hinauftrug, auf das Holz, der keine Sünde tat, in dessen Mund auch kein Trug erfunden worden ist …“. 1Petr 2,21 spielt beim Ausbruch der pelagianischen Kontroverse eine nicht unwesentliche Rolle. Augustinus verändert seine Positionierung. „Die Intention liegt auf der Hand: Christus war eben nicht nur Lehrer und Vorbild, wie die Pelagianer meinten, sondern eben auch Heiland und Erlöser, ohne den der Mensch nicht gerettet werden kann … In der Folgezeit wurde exemplum et sacramentum zu einem regelrechten antipelagianischen Schlagwort.“176 Eine breite Rezeption in ganz unterschiedlichen Kontexten hat das Bild vom „Gehen in den Fußspuren Christi“177 erfahren. Irenäus von Lyon greift (haer. 3,18,5) im Rahmen von Kritik an Martyriumsbereitschaft neben vielen Stellen, die von Kreuzesnachfolge in den Evangelien sprechen, auch auf dieses Bild zurück.178 Im selben Buch (haer. 3,12,10) bezieht Irenäus das Bild auf Stephanus, „der zuerst von allen Menschen den Leidensspuren des Herrn gefolgt ist“.179 Gregor der Große wertet das Bild mit Blick auf Ijob aus: „Das hat schon der heilige Ijob im voraus getan und hat sich zur Richtschnur genommen, daß der Mittler zwischen Gott und den Menschen gütig war im Geben, demütig im Ertragen, leidenswillig im beispielhaften Dulden. Über diese Spuren des göttlichen Erlösers wird uns auch von Petrus gesagt: ‚Christus hat für uns gelitten, euch ein Vorbild hinterlassend, daß ihr seinen Spuren nachfogt‘“ (Mor. 16 B. Nr. 41)180.
Vgl. Prostmeier, Barn 250: „Dieses δεῖ ist der Schlüssel für die Interpretation der Rede vom Erscheinen bzw. Kommen im Fleisch“. 176 Merkt, Blümlein 199. 177 Vgl. auch Müller, Fußspuren. 178 „…. Trotzdem haben sich einige zu solcher Kühnheit verstiegen, daß sie sogar die Märtyrer verachten und sie tadeln, weil sie sich für das Bekenntnis des Herrn töten lassen und alles ertragen, was von dem Herrn vorausgesagt worden ist, und demgemäß wagen, in die Fußstapfen der Passion des Herrn zu treten, indem sie Märtyrer des leidensfähigen Christus geworden sind“ (Übers. nach Klebba [BKV]). 179 Vgl. auch Augustinus, Sermo 304 (zum Fest des hl. Laurentius; PL 38, 1395ff ): „Wenn wir wirklich lieben, dann wollen auch wir nachahmen … Gefolgt sind ihm die heiligen Märtyrer bis zum Blutvergießen, bis zur Ähnlichkeit in seinem Leiden. Die Märtyrer sind ihm gefolgt, doch nicht sie allein. Denn die Brücke ist nicht abgerissen worden, nachdem sie hinübergegangen sind“. Augustinus bezieht in seiner Kommentierung des Joh-Ev (84,1–2) die Stelle 1Petr 2,21 ebenfalls auf die Märtyrer und ihr Sterben; dabei stellt er eine Beziehung zu Joh 15,13 her. Vgl. zu Augustinus und seiner Aufnahme von 1Petr 2,21 auch Merkt, Checks 240–243. 180 Dt. Text nach Ohlmeyer (Kraft in der Schwachheit). 175
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Etwa 600 Jahre später übernimmt Franziskus von Assisi181 das Bild182 von den Fußspuren (V 21) an verschiedenen Stellen der von ihm entworfenen Texte.183 Franziskus hat das Bild allerdings von der Fokussierung auf Leiderfahrungen gelöst und damit verallgemeinert. Im „Brief an Bruder Leo“, der sich nach der Konkretion seiner Berufung fragt,184 schreibt ihm Franziskus: „Auf welche Weise auch immer es dir besser erscheint, Gott, dem Herrn, zu gefallen und seinen Fußspuren und seiner Armut zu folgen, so tut es mit dem Segen Gottes, des Herrn, und mit dem Gehorsam gegen mich“.185 Auch im „Brief an den gesamten Orden“ (51 [im Schlussgebet]) sowie in seinem „Brief an die Gläubigen II“ (13) wird das Bild aufgegriffen und als Leitvorstellung vor Augen gestellt. „Es lässt sich … feststellen, dass Franziskus in den Texten, in denen er über die Beziehung zwischen Mensch und Christus spricht, nicht den Begriff ‚nachahmen‘ (imitari, imitatio), sondern das Verb ‚nachfolgen‘ (sequi) gebraucht. Das Vorbild ist für ihn ‚unser Herr Jesus Christus, dessen Fußspuren wir folgen müssen‘. Der Unterschied zwischen den beiden Wörtern imitari und sequi ist mehr als eine Nuance, denn was Franziskus beabsichtigt, ist nicht eine buchstäbliche Nachahmung, sondern eine kreative Fortführung. Jeder Christ, der ernsthaft den Weg des Heils gehen möchte, muss bereit sein, in einem Rahmen, der für jeden unterschiedlich ist, ähnliche Prüfungen zu erdulden, wie Jesus sie während seines Erdenlebens ertragen hat (Armut, Einsamkeit, Leid und Verlassenheit). Gleichzeitig muss er sich bemühen, seine grundlegenden Haltungen, vor allem den Geist des Gebets und der Liebe, zu entdecken.“186 Strategien der Gewaltlosigkeit (vgl. V 23) haben in diesem Abschnitt immer wieder eine entscheidende Motivation erfahren.187 „Die Entscheidung für den alttestamentlichen und neutestamentlichen Gottesknecht, nämlich Gewalt nicht auszuüben, sondern zu erleiden, und die von daher konturierte Entdeckung ähnlicher Texte in der Bibel ergibt ein ‚Leucht181 Vgl. Rotzetter/van Dijk/Matura, Franz 61: „Eine … nicht zu übersehende Quelle für das geistliche Leben des Franziskus ist der erste Petrusbrief … Fünfmal kommt der Ausdruck ‚den Fußspuren Christi folgen‘ (1Petr 2,21) vor“; vgl. auch 62: „Optatus geht so weit, daß er sagt, daß neben dem 17. Kapitel des Johannes kein Text so großen Einfluß auf Franziskus habe wie der erste Petrusbrief“. Für die Zitate aus Schriften des Franz von Assisi wurde die Textausgabe von Hardick/Grau genutzt. 182 Franziskus ging davon aus, dass „der geistliche Sinn dem Buchstaben des heiligen Textes selbst innewohnt“, so Vauchez, Franziskus 319. Für sich und die von ihm initiierte Bewegung verfolgt er das Ziel, den Schrifttext in „geistlicher und reiner Weise“ in die Praxis umzusetzen. Beständiges Ziel ist es, „nach der Form des heiligen Evangeliums“ zu leben. 183 Vgl. vor allem Marini, Vestigia. 184 Vgl. hierzu Vauchez, Franziskus 322: „Franziskus ist sich sehr wohl bewusst, dass es nicht nur einen einzigen Weg gibt, Christus nachzufolgen, und dass jeder seinen eigenen finden muss, sogar innerhalb der Brüderschaft und im Rahmen der Regel“. 185 Vgl. auch die Nicht-bullierte Regel 22,2. 186 Vauchez, Franziskus 320. 187 Vgl. auch den Kommentar von Wagner-Vouga, passim.
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turmensemble‘, das andere Leuchtturmkonstellationen, quer verlaufend, zu kritisieren vermag … Eine solche Solidarität radikalisiert sich bis zum Punkt hin, wo die entsprechend Engagierten selbst riskieren, ohnmächtig zu werden, um nicht neue Opfer schaffen zu müssen.“188 Das Spektrum reicht dabei vom Aushalten verbaler189 Gewalt, die in unseren Tagen insbesondere in sozialen Netzwerken vermehrt auftritt,190 bis hin zu brutalen Erniedrigungen, wie sie von Dietrich Bonhoeffer, Alfred Delp, Maximilian Kolbe, Nelson Mandela oder den Trappisten erlitten wurden, die 1996 im algerischen Tibhirine191 ums Leben kamen. Eine entscheidende Rolle kommt dabei der συνείδησις θεοῦ (V. 19) zu. Es hat – in unserer heutigen Wahrnehmung – lange gedauert, bis in der frühen Kirche die Sklaverei ganz grundsätzlich zum Thema gemacht wurde.192 Immerhin macht Clemens von Alexandrien in seinem Paedagogos, „darauf aufmerksam, dass die Sklaverei in seiner Sicht für das Christentum ein wirkliches Problem war; allerdings sah Clemens dies als Problem für die Sklavenbesitzer, und nicht für die Sklaven“193. In paed. III,11 formuliert Clemens in Anknüpfung an 1Petr: „Denn wie jenen angeordnet wird, ‚in aller Furcht den Herren untertan zu sein, nicht nur den gütigen und gelinden, sondern auch den launischen‘, wie Petrus sagt, so gehört sich für die Herren die Fairness und die Langmut und die Menschenliebe. ‚Schliesslich‘, so heisst es, ‚seid alle einträchtig, mitleidig, voll Liebe gegen die Brüder, barmherzig, demütig‘, und was dann noch folgt, ‚damit ihr Segen erbt!‘“194 Dazu bemerkt Daniel Vaucher: „Es ist die Aufwertung des Sklaven zum Menschen, die der Alexandriner betont und seinen Schülern in eindringlicher Manier nahelegt“195. Nach der Einschätzung von Stefan Knoch „erwähnen die Kirchenväter Sklaven auffallend selten im Zusammenhang mit der Versorgung von Armen und Notleidenden. Offensicht Fuchs, Theologie 333f. Vgl. im 1Petr 2,23; das „Schlechtreden“ in 2,12; 3,16; vgl. auch 2,1; Jak 4,11. 190 Zu den vielfältigen Möglichkeiten und bitteren Erfahrungen vgl. die Forschungsarbeit von Marx, Diskursphänomen. 191 Vgl. Baumer, Mönche. Im Testament des Priors Christian de Chergé (ebd. 100) heißt es: „… Ich habe lange genug gelebt, um zu wissen, dass ich mitschuldig bin am Bösen, das, leider, in der Welt überhand zu nehmen scheint, selbst an jenem Bösen, das mich blind treffen könnte. Ich hätte gerne, wenn es soweit ist, eine kurze Frist der Hellsichtigkeit, die mir erlauben würde, das Verzeihen Gottes und das meiner Brüder in der Mitmenschlichkeit zu erbitten, und desgleichen auch, um von ganzem Herzen jenem zu verzeihen, der mich heimsuchen wird. Ich kann einen solchen Tod nicht herbeiwünschen. Es scheint mir wichtig, das offen zu bekennen“. 192 Vgl. nur die vielfältigen Missbrauchsmöglichkeiten der Perikope, die im Kommentar von Skaggs (vor allem 69–72) aufgelistet werden. 193 Vaucher, Sklaverei 223. 194 Clem. Al., paed. III,11,74; dt. Text nach Stählin (GCS 12). Clemens zitiert 1Petr 2,18 sowie 3,8f. Dazu merkt Vaucher, Sklaverei 224, an: „Clemens … verwendet das Zitat als Anweisung für die Sklavenbesitzer, die dem Satz vorangehen. Damit wird noch eindringlicher das Ideal der brüderlichen Nächstenliebe auf die Sklaven bezogen“. 195 Vaucher, Sklaverei 224. 188 189
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lich waren sie der Meinung, daß Sklaven in der Regel ihren Unterhalt über den Herrenhaushalt abgesichert hatten und in diesem Punkt besser gestellt waren als viele Angehörige der freien Bevölkerung“196. Wie an einem Prototyp197 können Adressaten des 1Petr198 an den Haussklaven und ihrem Weg in den Fußspuren Christi wahrnehmen, was es bedeuten kann, wenn es ungerechte Leiderfahrungen in Gemeinschaft mit Christus anzunehmen, zu bewältigen oder auszuhalten gilt. Dazu seien zwei Stellungnahmen in die Diskussion gebracht, die in theologischen Debatten des 20. und 21. Jh. formuliert wurden. Karl Rahner formuliert in einem Gebet: „Endlich aber bitte ich dich um das Schwerste und Härteste … Deinem Sohn auf seinem Kreuzweg nachzufolgen … Laß mich im Leid nicht bitter werden, sondern reif … voll Sehnsucht nach jenem Land, in dem kein Leid wohnt, und nach jenem Tag, wo du jede Träne abwischen wirst“199. Papst Franziskus ermutigt in „Lumen fidei“ (56) zum „sich anvertrauen/überlassen“ (vgl. 1Petr 2,23), vor allem angesichts der vielen ungelösten Fragen und Probleme: „Der Christ weiß, dass das Leiden nicht beseitigt werden, aber einen Sinn erhalten kann, dass es zu einem Akt der Liebe und des Sich-Anvertrauens in die Hände Gottes, der uns nicht verlässt, auf diese Weise zu einer Stufe des Wachstums im Glauben und in der Liebe werden kann … Der Glaube ist nicht ein Licht, das all unsere Finsternis vertreibt, sondern eine Leuchte, die unsere Schritte in der Nacht leitet, und dies genügt für den Weg“200.
Knoch, Private Sklavenfürsorge 200. Knoch stellt (ebd. 200–204) diverse Positionen einzelner Väter vor (Ambrosius; Augustinus; Basilius von Caesarea; Gregor von Nazianz; Gregor von Nyssa; Johannes Chrysostomus) und verweist (ebd. 214f ) auf die Arbeiten von Klein, Sklaverei; ders., Haltung; Kontoulis, Problem; Glancy, Slavery u.a. 197 Das Mk-Ev vertritt nach Mk 10,41–45 ein vergleichbares Modell, wenn in V 44 von πάντων δοῦλος die Rede ist. 198 Die Öffnung zu allen denkbaren Adressaten sieht Calvin vor allem mit 1Petr 2,21 gegeben: „Tametsi de servis erat sermo, non tamen adeo restringi debet haec sententia. Nam communiter pios omnes admonet Apostolus, qualis sit Christianismi conditio“. 199 Rahner, Glaube 171. 200 Am Ende des Dokuments (60) formuliert Papst Franziskus in einem Gebet: „… Erwecke in uns den Wunsch, seinen Schritten zu folgen, indem wir aus unserem Land wegziehen und seine Verheißung annehmen“. 196
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11 Anweisungen für Eheleute (3,1–7) Mit einem „in gleicher Weise“ (ὁμοίως in 3,7) ist der Abschnitt 1Petr 3,1– 6.7) dem vorausgehenden, an die Haussklaven gerichteten, zugeordnet. Die Anrede erfolgt auch hier in V 1 (vgl. 1Petr 2,18) im Nominativ mit Artikel; damit kommt es zu einer direkten Ansprache der (verheirateten) Frauen im Haus. Allerdings gilt es auch hier zu beachten, dass schon die vorausgehenden Verse in 1Petr 2,18–25 eine ‚Offenheit‘ in der Adressierung erkennen ließen. Die direkt an die Männer gerichteten Aussagen in V 7 fallen vergleichsweise knapp aus (vgl. demgegenüber Haustafel-Traditionen in Kol; Eph). Von Kindern oder anderen Generationen wird nicht gesprochen. Dass der Abschnitt, der an die Männer gerichtet wird, dem an die Frauen zugeordnet ist, kann an dem zu Beginn von V 7 wiederum verwendeten „in gleicher Weise“ erkannt werden; auch hier erfolgt die Anrede im Nominativ (mit Artikel). Literatur: Audring/Brodersen, Oikonomika; Balch, Wives; Batten, Gold; Bau man-Martin, Women; Bird, Abuse; Brox, Sara; Bosetti, Codici; Bourland Huizenga, Epitomizing; dies., Education; Brown, Wives; Carter, Going; Christensen, Debate; Dettinger, Leben; El Mansy, Ehen; Fitzgerald, Haustafel; Forbes, Children; Gielen, Tradition; Gross, Wives; Hellholm, Gattung; Horrell, Ethnicisation; ders., Fear; Kiley, Sara; Krentz, Order; Kroeger, Understanding; Lehmeier, Oikos; MacDonald, Women; dies., Identification; Martin, Background; ders., Dating; Misset-van de Weg, Sarah; Müller, Kleidung; ders., Anweisungen; Popp, Kunst; Prostmeier, Handlungsmodelle; Reeder, Authority; Reicke, Gnosis; Slaughter, Submission; ders., Winning; ders., Method; Spencer, Method; Williams, Works.
1 In gleicher Weise [ihr]1 Frauen, ordnet euch (euren) eigenen Männern unter, damit – auch wenn einige dem Wort nicht glauben/gehorchen – sie durch den Lebenswandel der Frauen ohne Wort gewonnen werden, 2 wenn sie wahrnehmen euren in (Gottes-)Furcht (gelebten) lauteren Lebenswandel. 3 Ihrer sei nicht der äußerliche Schmuck des Geflechts von Haaren und des Anlegens von Gold(schmuck) oder des Anziehens von Kleidern, 4 sondern der verborgene Mensch des Herzens, in dem Unvergänglichen des sanftmütigen und stillen Geistes, der vor Gott sehr kostbar ist. 5 So nämlich schmückten sich einstmals auch die heiligen Frauen, die auf Gott hofften, sich unterordnend den eigenen Männern, 6 wie Sara gehorchte dem Abraham, den sie Herr nannte; deren Kinder seid ihr geworden, (wenn) ihr Gutes tut und keinerlei Schrecken/Einschüchterung fürchtet. 7 Ihr Männer, in gleicher/ entsprechender Weise lebt/wohnt zusammen mit Einsicht/Verständnis (κατὰ γνῶσιν) wie mit einem schwächeren Gerät/Gefäß, dem weib1 Der Artikel ist nicht in allen Textzeugen gegeben; er fehlt z.B. in P81 *אA B u.a.; vgl. hierzu u.a. Reeder, Authority 524 Anm. 22.
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lichen, lasst Ehre zukommen wie/als solchen, die auch Miterben der Gnade des Lebens (sind), damit eure Gebete nicht behindert werden. Analyse 1. Der hier in den Blick genommene Textabschnitt 1Petr 3,1–7 lässt sich mit seinem unmittelbaren Kontext 1Petr 2,18 – 3,7 [angesprochen werden 2,18–25 Haussklaven; 3,1–6 Frauen; 3,7 Männer] bzw. 2,13 – 3,122 den sog. „Haustafeln“ zuordnen.3 Viele Kommentare und kleinere Beiträge weisen ausdrücklich auf Wurzeln der Haustafeln des NT in der Ökonomie-Literatur der Antike4 hin. Evtl. transformiert durch frühjüdische Rezeptionen5 kommt es zur Aufnahme von Ideen, Überzeugungen und Sprechweisen, die für die antike οἰκονομία-Literatur6 kennzeichnend sind.7 Vorrangig geht es darin um spezifische Beziehungen in einem οἶκος: Männer-Frauen, Eltern-Kinder, Herren-Sklaven8. In jüngerer Zeit wird vermehrt darauf aufmerksam gemacht, dass in ntl Haustafeln nicht nur zeitgebundene Einschätzungen verwandt werden, sondern dass die ntl Texte, vor allem auch der Text des 1Petr, im Vergleich mit anderen neue Akzente setzen. Besonders auffällig ist bei der Lektüre von 1Petr 2,25 – 3,7, dass hier nur Haussklaven, Frauen und Männer angesprochen werden; die Ansprache an die Herren oder Herrinnen der Sklaven oder die an die Kinder werden nicht realisiert.9 2. Das ὁμοίως (vgl. 3,7; 5,5) am Beginn von Kap. 3 gibt zu verstehen, dass der nachfolgende Abschnitt mit dem vorausgehenden Abschnitt eine Vergleichbarkeit aufweist.10 Diese kommt sprachlich vor allem dadurch zustande, dass der Autor wie in 2,1811 das Verb ὑποτάσσω (vgl. auch Vgl. Achtemeier, Servant 177, der darauf verweist, dass manche Ausleger einen weiteren Kontext annehmen wollen, wobei vor allem die Verwendung von ὑποτάσσω im Blick ist; vgl. z.B. Balch, Wives. Im Abschnitt 1Petr 2,13–17 wird allerdings das ‚Haus‘ weniger zum Thema. 3 Vgl. u.a. Krentz, Order; Hellholm, Gattung 106. Zur Erforschung der ntl Haustafeln vgl. auch Lührmann, Haustafeln; Balch, Wives; von Lips, Haustafel; Bosetti, Codici; Gielen, Tradition; Bauman-Martin, Women; Woyke, Haustafeln; MacDonald, Identification; Dettinger, Leben, die für den 1Petr (245) von „haustafelähnlichen Mahnungen an einzelne Gruppen im Haus“ spricht. Vgl. auch die Lit. zur Auslegung des vorausgehenden Textabschnitts 2,18–25. 4 Vgl. Balch, Wives 29–61; Prostmeier, Handlungsmodelle 181–326; Elliott 505f. 5 Vgl. auch Elliott 506; Hellholm, Gattung 127: „Die Haustafel als Gattung geht möglicherweise auf die hellenistische Gnomik zurück, die wohl am wahrscheinlichsten durch das hellenistische Judentum etwa in einem Text wie Ps-Phokylides vermittelt worden ist.“ 6 Einen hilfreichen Überblick über die in Frage kommenden Texte bieten Wilhelm, OECONOMICA 161–163; Lehmeier, Oikos 24 Anm. 75 und 53–55. Vgl. auch die von Audring/Brodersen, Oikonomika, dokumentierten Texte. 7 Vgl. die Ausführungen zum vorausgehenden Abschnitt 1Petr 2,18–25 (mit Ansprache der Haussklaven in 2,18). 8 Vgl. z.B. die Abfolge in Eph 5,22 – 6,9: Frauen/Männer 5,22–33; Kinder/Eltern 6,1–4; Sklaven/Herren 6,5–9. 9 Vgl. von Lips, Haustafel 276; Hellholm, Gattung 109. 10 Vgl. Slaughter, Submission 67; Spencer, Method 111. 11 Vgl. Slaughter, Submission 67. 2
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2,13.18; 3,5; 5,5)12 als Partizip13 verwendet. Im vorausgehenden Vers 2,13 kann es (im Unterschied zu hier) auch ganz allgemein auf alle Adressaten bezogen werden.14 Dieses Verb ὑποτάσσω weist ein weites semantisches Spektrum auf;15 es reicht von „sich fügen“ oder „sich unterordnen“ bis zur Vorstellung von einer „Einordnung“ (vgl. z.B. 1Kor 14,29–33; Eph 5,21). So kommentiert Reinhard Feldmeier die vorliegende Textstelle: „Die Unterordnung … gehört daher zu der bewusst vollzogenen Einordnung der ‚Fremden‘ in die vorhandenen Strukturen der Gesellschaft.“16 3. Auch wenn das [αἱ] nicht in allen Textzeugen geboten wird, ist klar, dass zunächst die Frauen, genauer gesagt die Ehefrauen17, angesprochen werden.18 Entsprechend der antiken Haustafelethik kommt neben bzw. nach der Beziehung Sklaven-Herren (vgl. die vorausgehende Perikope) die nächste für den antiken oikos zentrale Beziehung zur Sprache: Frauen-Männer19. Auffällig ist, dass zunächst und sehr viel ausführlicher die Frauen direkt angesprochen werden. 4. In V 4 hat die Rede vom κρυπτὸς τῆς καρδίας ἄνθρωπος schon viele Rätsel aufgegeben. Wie ist der Genitiv aufzulösen? Nach Guttenberger „könnte es sich um einen Genitivus epexegeticus bzw. appositivus handeln oder um einen Genitivus qualitatis. Die Sperrstellung von καρδίας hebt das Wort besonders heraus“20; das spreche „für einen Genitivus ep-exegeticus. Gemeint ist also: der verborgene Mensch, das Herz nämlich.“21 5. Die Wiedergabe von „in dem“ in V 4a stellt sich nicht nur im Deutschen als schwierig dar. Achtemeier schlägt vor: „The ‚secret person‘ is further defined by the phrase ἐν τῷ ἀφθάρτῳ, probably best taken as a dative
Vgl. auch 1Kor 14,29–33; Kol 3,18; Eph 5,21.24; Tit 2,9. Vgl. zur Wiedergabe als Imperativ Meecham, Use 208 (mit Verweis auf 2,18; 3,7). 14 Vgl. dazu auch die Ausführungen zum vorausgehenden Textabschnitt 1Petr 2,18– 25. 15 Vgl. die Kommentierung von 1Petr 2,13; 2,18; Kamlah, ὙΠΟΤΑΣΣΕΣΘΑΙ; Kroeger, Understanding 83. 16 Feldmeier 122. Insofern geht es nicht um das Festlegen von ‚Inferiorität‘; vgl. auch Slaughter, Submission 70. Ähnlich Brox 118: „Christliches Leben äußert sich für ihn in vielen Hinsichten und Fällen als Unterordnung, und zwar heißt das als Einordnung, als respektvolle, den Gegebenheiten angemessene Anerkennung der eigenen Position und Pflicht“; vgl. auch 122. 17 Vgl. auch Brox 141: „Der zweite Teil der Haustafel richtet sich an die (christlichen) Frauen, die hier ganz selbstverständlich und ausschließlich als verheiratete Frauen angesprochen werden“. 18 Zur Art der direkten Anrede vgl. auch Gielen, Tradition 37. 19 Bei der Auslegung solcher Texte wird man die ‚Anschluss-Fähigkeit‘ frühchristlicher Normen im Blick behalten müssen. Die Erfahrung der sich dehnenden Zeit bis zur (weiterhin erwarteten) Parusie bzw. Apokalypsis verlangt neue Antworten auf Fragestellungen, die auch das ‚Zusammenleben‘ im jeweiligen gesellschaftlichen Kontext betreffen. 20 Guttenberger, Passio 29. 21 Guttenberger, Passio 29. 12 13
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of accompaniment, rendered as ‚together with‘ or ‚accompanied by‘ and modyfing the adjective ἄφθαρτος, her used as a neuter substantive“22. 6. Das ὁμοίως nach der Anrede in V 7 lässt sich mit „in entsprechender Weise“ übersetzen. „Der Verfasser hat … direkt angegeben, daß er sich eine wirkliche Korrespondenz zwischen dem Benehmen der Frauen und dem der Männer vorstellt, indem er die Ermahnung an die Männer durch ein ὁμοίως charakterisiert, das noch deutlicher als in 3,1 eine wirkliche Entsprechung andeutet.“23 Über das ὁμοίως kann man diesen Vers auch an den Abschnitt 1Petr 2,18–25 und seine Anforderungen rückgebunden sehen. Auffällig bleibt, dass die Männer (im Vergleich mit Haustafel-Traditionen) erst an dieser Stelle angesprochen werden, ohne dass Rollenerwartungen gegenüber Kindern oder anderen im Haus thematisiert werden. 7. „Fraglich ist, ob man τὸ γυναικεῖον substantivisch oder adjektivisch zu verstehen hat“24. Die vorgelegte Übersetzung entscheidet sich für die zweite Möglichkeit und einen Bezug zu σκεῦος. Alternative Übersetzungen präferieren ein substantivisches Verständnis („das Weibliche“) und plädieren für eine Perspektive, in der nicht allein die Ehefrauen, sondern auch andere im οἶκος lebende Frauen im Blick sind.25 8. In V 7 lesen die meisten Handschriften, „darunter die Codices A und C, der Koine-Text, viele Minuskeln, einige Altlateiner und orientalische Übersetzungen … den Nominativ συγκληρονόμοι“26. Dazu bemerkt Achtemeier: „Because the dative form allows the phrase to provide a reason for the apportioning of honor, and justifies neglect hindering the husband’s prayers, the dative is to be preferred.“27 Erklärung Auch in 1Petr 3,1 wird in der gebotenen Übersetzung – antiken Hausta1–2 feln entsprechend – das Partizip imperativisch aufgelöst.28 Es geht um die zunächst einmal im antiken oikos typische Zuordnung von Ehefrauen29 ihren eigenen Männern gegenüber.30 Achtemeier 213. Reicke, Gnosis 298. 24 Reicke, Gnosis 302. 25 Vgl. z.B. Reicke, Gnosis 302. Von der Struktur der Haustafeln her legt sich allerdings dieses Verständnis weniger nahe. 26 Reicke, Gnosis 297. 27 Achtemeier 206. 28 Vgl. auch Meecham, Participle 208; Brox 142. Nach El Mansy, Ehen 168, changieren die Möglichkeiten der Wiedergabe bzw. Übersetzung „von einer Aufforderung bis hin zu einer Zustandsbeschreibung“; sie spricht sich gegen ein imperativisches Verständnis aus und übersetzt (ebd.): „Ebenso die Frauen, die den eigenen Männern unterstellt sind“. 29 Vgl. auch Tit 2,5: ὑποτασσομένας τοῖς ἰδίοις ἀνδράσιν. 30 Eine vergleichbare Forderung wird in Plutarchs Coniugalia praecepta (142d-e) greifbar; vgl. dazu Becker, Ehe 257: „lobenswürdig sei das Verhalten der Ehefrauen dann, wenn sie sich den Gatten unterordneten (ὑποτάττουσαι ἑαυτὰς τοῖς ἀνδράσιν), 22 23
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Als Motivation eines entsprechenden Verhaltens sollte für den 1Petr das leuchtende Beispiel mitbedacht werden, das den Sklaven im vorausgehenden Abschnitt vor Augen gestellt wurde: Jesus Christus selbst. Das kann in dem eröffnenden ὁμοίως durchaus impliziert sein. In der von den Frauen erwarteten bzw. eingeforderten ἀναστροφή steckt nach der Überzeugung des Autors des 1Petr in missionarischer Hinsicht eine (vielleicht manche verblüffende) besondere Chance. In jüngeren Arbeiten zum 1Petr wird zunehmend darauf aufmerksam gemacht, dass die Adressaten des Schreibens und seiner Botschaft verstärkt auch mit Nicht-Christen zu tun haben, manche von ihnen auch in ihrer eigenen Ehe bzw. Familie.31 „Wie in 2,18–25 geht es auch in 3,1–7 in erster Linie um das Zusammenleben von Christen und Nichtchristen in einem Oikos, wobei der Hausherr Heide ist. … es werden an bestimmte Oikosgruppen gerichtete Mahnungen als Explikation der generellen Aufforderung zur Unterordnung in 2,13a aufeinander bezogen“32. Die vom 1Petr in den Blick genommenen Frauen leben – nach 3,1 – in einer religionsverschiedenen Ehe. Ihre Männer haben sich bisher nicht auf den λόγος33, in diesem Fall das „Verkündigungswort“ (vgl. die zweite Verwendung im selben Vers), als Glaubende eingelassen: καὶ εἴ τινες πειθοῦσιν τῷ λόγῳ.34 Diese Männer35 sind also bislang nicht „Kinder des Gehorsams“ (1,14) geworden.36 Sie können es aber werden37 durch die ἀναστροφή ihrer Frauen – „ohne!“ [oder „ohne Beteiligung“] (ἄνευ)
anstatt über sie bestimmen zu wollen … sie bleibt Subjekt der Handlung und ist deshalb weniger eine Beherrschte, als vielmehr eine sich Unterordnende in freier Verfügung, ohne dabei zum Objekt zu werden.“ 31 Vgl. u.a. MacDonald, Women; Carter, Going; Bauman-Martin, Women 263f.267; Horn/Martens, Children 104; Hellholm, Gattung 110. 32 Popp, Kunst 279; vgl. auch Gielen, Tradition 358.363. 33 Vgl. zum Gebrauch von λόγος in 1Petr: 1,23; 2,8; 3,15; 4,5. 34 Diese Gegebenheit ist besonders auffällig, da in den gesellschaftlichen Kontexten der Adressaten Eheleute in der Regel ihre religiösen Vorstellungen und (jedenfalls zum Teil) Praktiken miteinander teilten. Vgl. dazu bes. Plutarch, mor. 140D; vgl. auch Spencer, Method 109; Reeder, Authority 526; Dettinger, Leben 254f. Hier – in 1Petr 3 – ist das ganz anders; vgl. Brown, Wives 400: „This common emphasis upon a wife’s submission to the religious alliances of her husband is clearly missing from 1Pet 3:1–6. In fact, quite the opposite sensibility is expressed.“ 35 Zur Situation von Frauen mit einem „ungläubigen“ Mann vgl. auch Johnson Hodge, Unbeliever; zur Dominanz des paterfamilias in religiösen Fragen vgl. ebd. 23. 36 Vgl. auch Brox 143: „Der Unglaube ist das Gegenteil vom ‚Gehorsam‘ (1,2.14.22), nämlich nicht gehorsam sein bzw. nicht hören wollen (so auch 2,8; 3,20; 4,17) auf das Wort der christlichen Predigt.“ 37 Einen entsprechenden Entwicklungsprozess erzählt die Emmausperikope, in der in Lk 24,11 zunächst von ἀπιστεῖν die Rede ist, bevor in Lk 24,25 von πιστεύειν die Rede ist.
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den λόγος.38 Das für den missionarischen Erfolg39 verwendete Verb lautet κερδαίνω (hier im Futur Passiv; das Verb erscheint nur einmal im 1Petr [vgl. zur Verwendung auch 1Kor 9,19–22; vgl. außerdem die Varianten von „gewinnen“ in Mt 16,26; Mt 18,15; Phil 3,8]). Welch beeindruckend positive Sicht einer solchen Möglichkeit!40 Es wird hier besonders spürbar, wieviel einem authentischen Lebenswandel in 1Petr zugetraut wird. „Dadurch werden die üblichen Verhältnisse geradezu auf den Kopf gestellt: Die Frau versucht den Mann für ihre Gottheit zu gewinnen“41. Durch die Wahrnehmung (ἐποπτεύσαντες)42, also durch das „Draufschauen“/die Beobachtung, wird diesen Männern der „in (Gottes)Furcht43 (gelebte) reine/ lautere44 (ἁγνός)45 Lebenswandel“ erkennbar – die Initialzündung zu ihrer (potentiellen) Konversion.46 3–4 Ein in antiker Literatur häufig verhandeltes Thema lautet „Frauen und ihr Verhältnis zum Luxus“47. Der 1Petr fordert zunächst: „Ihrer sei (ὧν Vgl. Brox 143: „Das ist eine bemerkenswerte Formulierung, daß hier die Ausbreitung … während im NT sonst diesbezüglich die Notwendigkeit der Predigt betont ist (Röm 10,14.17; Mt 28,18–20)“. Aufschlussreiche Seitenblicke ermöglichen allerdings Dion von Chrys., or. 70,6: τὸ δ’ ἔργον αὐτὸ πιστόν τε καὶ ἀληθές, ἐὰν καὶ μὴ προάγῃ λόγος; Οὕτως oder auch Ps 19,2–5. 39 Vgl. Daube, κερδαίνω; vgl. auch Schlosser 182; Popp, Kunst 284; Williams, Works 205; Horrell, Fear 412. 40 Vgl. auch Kelhoffer, Improvising 273: „The hope that wives will ‚win‘ their unbeliev ing husbands (1 Pet 3:1) can be further illuminated by 1 Cor 7:16, where Paul holds out the hope that a Christian wife or husband could ‚save‘ (σῴζω, two occurrences) the unbelieving spouse. In comparison with 1 Cor 7:16, First Peter is more optimistic because it expresses a hope for ‚winning‘ unbelieving husbands despite the hardship of husbands, a challenge which does not play a role in 1 Corinthians 7“. 41 El Mansy, Ehen 170; vgl. auch Williams, Works 205; Dettinger, Leben 254, und den Hinweis von Vaucher, Sklaverei 98: „die Konversion von Frauen und Sklaven aus heidnischen Haushalten übte eine ungeheure Sprengkraft aus, da er die patriarchale Ordnung ihres Haushaltes unterwanderte“. 42 Vgl. die Ausführungen zu 1Petr 2,12. 43 Manche Ausleger sehen mit φόβος die Beziehung zum Ehemann angesprochen. Vgl. aber 2,17, wo eindeutig die Gottesfurcht angesprochen wird; vgl. außerdem 1,17. So auch Horrell, Fear 413. Anders Brox 143: „Ich verstehe das Wort wie in 2,18 als Bezeichnung für die Einhaltung der angemessenen sozialen Distanz sowie der Anerkennung der eigenen Rolle, in der man sich vorfindet (nicht ‚Gottesfurcht‘)“. 44 Vgl. El Mansy, Ehen 170: „Sie soll ἁγνός sein, d.h. frei von allem, was die Heiligkeit mindern und die Glaubenden von Gott entfernen würde“. Zum Gebrauch von ἁγνός im kultischen Bereich vgl. Eckhardt, Sacrifice 262f. Zum Thema der „gendered virtues“ in der Antike vgl. auch Hylen, Women 42–64.175–177. 45 Vgl. dazu auch die Verwendung von ἅγιος in 1Petr 1,15.16; 2,5,9; 3,5. 46 Vgl. in diesem Zusammenhang noch einmal den vorausgehenden Vers 1Petr 2,12: „Führt unter den Völkern einen guten Lebenswandel, damit sie in dem, worin sie Übles reden über euch, wie über Übeltäter, aufgrund der guten Werke, wenn sie sie anschauen, Gott verherrlichen am Tag der Heimsuchung“. Die Möglichkeit einer neuen ‚Sicht‘ wird u.U. schon in der Gegenwart eröffnet. 47 Die in VV 3–4 angeführten Beispiele bzw. Beispielbereiche legen die Annahme nahe, der Autor habe als Adressatinnen eher wohlhabende Frauen im Blick (vgl. z.B. Applegate, Woman 603). Doch ist diese Annahme nicht zwingend; die Beispiele sind 38
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ἔστω) nicht der äußerliche Schmuck (κόσμος) des Geflechts von Haaren und des Anlegens von Gold(schmuck) oder des Anziehens von Kleidern, sondern der verborgene Mensch des Herzens, in dem das Unvergängliche des sanftmütigen und stillen Geistes (ist), der vor Gott sehr kostbar ist.“ Bevor die Antithese „außen“ – „innen“ in den Blick genommen wird,48 sollte zunächst zur Kenntnis genommen werden, was49 „gefällt“, wenn sich die Frage nach dem „Schmuck“50 (κόσμος) stellt51. „When read alongside the other treatments, these three tangible items of women’s apparel stand as an epitomē (ἐπιτομή) of the entire panoply of female dress, in which each element signifies the moral state of the woman who makes use of it.“52 Drei Beispiele werden in den Blick genommen. a) „Geflecht von Haaren“ (ἐμπλοκὴ τριχῶν) Das aufwendige bzw. kunstvolle Flechten von Haaren war offensichtlich auch in der Zeit, in der der 1Petr entstand, beliebt und „gern gesehen“53 bzw. „angesagt“54. Durch die aus der Antike erhaltenen Bildwerke oder für alle denkbaren Adressatinnen und Adressaten ab einem bestimmten Alter nachvollziehbar. 48 Vgl. zu dieser Unterscheidung auch Plutarch, mor. 141D, mit der Erinnerung an Sokrates, der jungen Leuten, die in den Spiegel schauten, geraten habe: „Die Hässlichen sollten ihren Mangel wettmachen durch Tugend, die Schönen aber sollten ihr Aussehen nicht durch Laster verderben.“ 49 Ein anschauliches Bsp. bietet JosAs 18,6, wo von Aseneth erzählt wird: „Und sie umgürtete (περιεζώσατο) sich mit einem goldenen, königlichen Gürtel, der aus wertvollen Steinen war. Um die Hände und die Füße legte sie goldene Bänder. Um ihren Hals legte sie wertvollen Schmuck, an dem unzählige kostbare Steine hingen. Und einen goldenen Kranz setzte sie auf ihr Haupt. Und in dem Kranz war vorn auf ihrer Stirn ein großer Hyazinth …“. 50 Zur Frage nach dem Schmuck vgl. auch Plutarch, mor. 141E (mit einer Erinnerung an den Tyrannen von Sizilien, der den Töchtern des Spartaners Lysander kostbare Gewänder und Kränze fürs Haar schickte; dieser habe sie nicht angenommen und gesagt: „Diese Schmucksachen entehren meine Töchter mehr, als dass sie sie schmü cken“) sowie die von Elliott (565), benannten Stellen. In diesem Zusammenhang vgl. auch die Anmerkung von Sherrow, Hair 333: „the civilization known as Roman Empire placed a strong emphasis on ‚proper‘ dress and grooming practices as a sign of character as well as social status, age, and religion“. 51 Zur Dreiheit von Haaren, Schmuck und Kleidung vgl. die von Schmidt, Mahnung 248 Anm. 240, aufgeführten Stellen aus der antiken Literatur, vor allem aber Huizenga, Epitomizing 266–271. 52 Huizenga, Epitomizing 265. 53 Vgl. bes. Ziegler, Frauenfrisuren (mit vielen Bsp. des 2./3. Jh. n.Chr.); vgl. außerdem Kötting, Haar; Hurschmann, Haartracht. Synesios von Kyrene , Lob der Kahlheit 78A-B, ist der Meinung: „Wer wie Dion glaubt, dass den Männern das Haar besser stehe als den Frauen, setzt sich mit dieser Ansicht doch in Widerspruch zur Realität … Den Frauen hat es freilich immer und ausnahmslos und überall gut gefallen, sich intensiv um die Pflege der Haare zu kümmern“. Epiktet beschäftigt sich in Diss. 3,1,1 allerdings mit den übertriebenen Frisur-Sorgen eines jungen Mannes. 54 Martin, Dating, hat in jüngerer Zeit den Vorschlag gemacht, den Ausdruck ἐμπλοκὴ τριχῶν als „eine treffende Beschreibung der orbis comarum genannten Frisur“ zu verstehen, „die während der Herrschaft der flavischen und trajanischen Kaiser gerne getragen wurde“ (298) und daraus einen Datierungsvorschlag für den 1Petr abgeleitet
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Ovids Ars amatoria (3,133–168)55 kann ein lebendiger Eindruck dessen vermittelt werden, was an aufwendigen Frisuren möglich war und umgesetzt wurde.56 Bei dem Ausdruck ἐμπλοκὴ τριχῶν kann es auch um „the incorporation of one or more of … accessories into the hairstyle“57 gehen. Die kritische Sicht dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass – ähnlich wie bei den nachfolgenden Beispielen von Goldschmuck und aufwendiger Kleidung – selbst die Frisur als Status-Symbol dienen kann. So bemerkt Troy W. Martin zur orbis comarum genannten Frisur: „It is definitely used as a status-symbol to make a statement about the power and prestige of the woman whose head it adorns.“58 Auch in 1Tim 2,9f59 lässt sich eine ähnlich strikte Ablehnung von aufwendigen Haarfrisuren beobachten60, die allerdings nicht auf ntl Texte zu begrenzen ist.61 So ist z.B. Quintilian (der dabei Männer im Blick hat) der Meinung: „Denn sowohl die Toga wie das Schuhwerk und Haar bietet gleichen Anstoß durch zu große Sorgfalt wie Vernachlässigung“62. b) „Anlegen von Gold“ (περίθεσις χρυσίων) Die verwendete Pluralform von χρυσίον lässt an Schmuck denken, der aus Gold gefertigt ist und um den Hals, am Arm oder Fuß getragen wird.63 Wie der 1Petr von Gold und seiner Beständigkeit denkt, wird bereits im ersten Kap. des Briefes klar erkennbar (vgl. 1Petr 1,7 „… Gold, das vergeht, obwohl es im Feuer geprüft wurde“; 1,18 „wissend, dass ihr nicht mit Vergänglichem, Silber oder Gold, losgekauft wurdet …“). Das Anlegen von aufwendigem Schmuck (evtl. verbunden mit aufwendigen Haarfri(„wohl nach 79 n.Chr.“). Ob eine so spezifische Frisuren-Zuschreibung möglich ist, bleibt anzufragen, zumal er selbst (300) auf „a lack of fixed coiffure-terminology in the first century“ hinweist (vgl. auch 308). 55 Vgl. allerdings auch die Bemerkung Zieglers, Frauenfrisuren 228: „aber die verschiedenen Frisuren, die Ovid (Ars Amatoria III.133–168) begeistert aufzählt, sind bei zeitgleichen Frauenbildnissen nur schwer wiederzufinden“. 56 Für entsprechende Belege durch antike Skulpturen vgl. u.a. Thompson, Hairstyles; Bartman, Hair. 57 Martin, Dating 303; Martin fügt hinzu: „Since Peter limits the term ἐμπλοκή by the genitive τριχῶν, his expression more likely refers to the embraiding not of some accessory but rather of additional hair from animals, slaves, or some other source that is embraided into a woman’s natural hair to achieve the desired coiffure.“ 58 Martin, Dating 307f. 59 „Auch sollen die Frauen sich anständig, bescheiden und zurückhaltend kleiden; nicht Haartracht, Gold, Perlen oder kostbare Kleider seien ihr Schmuck, sondern gute Werke; so gehört es sich für Frauen, die gottesfürchtig sein wollen“. Zur Nähe von 1Tim 2,9f und 1Petr 3,3f vgl. bes. Huizenga, Education 344f.347f. 60 Vgl. auch Batten, Gold. 61 Vgl. Batten, Gold 491: „Highly ornamental hairstyles that connoted artificiality could provoke satirical attacks such as those of Juvenal, who is amazed at the number of tiers a woman could pile on her head.“ Im Werk Juvenals vgl. bes. Satire 6, 492–504; vgl. auch Epiktet, Diss. 3,1,1; 3,1,42. 62 Quint., inst. XI 3,137. 63 Zum Goldschmuck in römischer Zeit vgl. Böhme-Schönberger, Kleidung 51–90 (mit Abbildungen); Weeber, Schwelgerei 123–126 (mit Abbildungen).
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suren) wird auch in manchen philosophischen Kreisen der Antike kritisch gesehen;64 ein frühes Beispiel bietet eine bei Stobaios (Anth. 4.28.19) überlieferte Schrift der Neupythagoreerin Periktione65. Aufschlussreich ist dabei die Begründung der Selbstbescheidung: „how she dresses her body to be seen in the presence of others is defined as a direct expression of the virtue (or vice) of her inner self.“66 Auch Plutarch67 rät in seinen Eheratschlägen zu einer entsprechenden Einfachheit. c) „Anziehen von Kleidern“ (ἔνδυσις ἱματίων) Menschen wollen sich und andere schmücken.68 So wird schon im Buch Genesis Josef, der sich für seine Begegnung mit dem Pharao extra frisch rasiert und seine Kleider gewechselt hatte (Gen 41,14), von diesem mit neuen Kleidern ausstaffiert. „Dann sagte der Pharao zu Josef: ‚Hiermit setze ich dich über das ganze Land Ägypten.‘ Darauf zog der Pharao seinen Siegelring von seiner Hand und steckte ihn an die Hand Josefs, er kleidete ihn in Byssusgewänder und legte ihm die goldene Kette um den Hals“ (Gen 41,41f ). Der Schmuck kann also – wie in diesem Fall – dem Ausdruck der veränderten bzw. gehobenen sozialen Stellung dienen. Die Kleidung entspricht aber auch dem Wunsch und Willen der Menschen, sich oder andere zu schmücken oder auszuzeichnen. Kleidungsstücke oder Schmuckstücke werden von daher immer wieder zum Geschenk. Dabei sind in der Kulturgeschichte der Menschen vielfältige Möglichkeiten entwickelt worden. Das Buch Jesaja (3,18–23) rechnet zu den beliebten modischen Extravaganzen: „… die Fußspangen, Stirnbänder und Halbmonde, die Ohrgehänge, Armbänder und Schleier, den Kopfschmuck, die Schrittkettchen und die prächtigen Gürtel, die Riechfläschchen und Amulette, die Finger- und Nasenringe, die Feierkleider und Mäntel, die Tücher und Taschen, die Spiegel, die Linnenhemdchen, den Kopfbund und den Flor“69 (vgl. auch Ez 16,10–14). Die Kleidung begegnet in solchen Texten Vgl. auch Bernhardt, Luxuskritik 330. Vgl. die Belege in der Textausgabe von Audring/Brodersen, Oikonomika 218–223; vgl. auch Huizenga, Epitomizing 261f; dies., Education. 66 Huizenga, Epitomizing 261; vgl. auch 273: „since her internal character is exhibited by her external appearance“; dies., Education 171f. 67 Vgl. Plutarch, Coniugalia praecepta 26; 30; vgl. dazu Wiemer, Ehefrau 436; vgl. auch ebd. 438: „Die gute Ehefrau Plutarchs überschreitet niemals die Grenzen, die ihr die Schicklichkeit zieht. Sie kleidet sich schlicht und verzichtet auf kostbare Kleidung und Schmuck, ohne doch deswegen ihr Äußeres zu vernachlässigen.“ Zu Plutarchs Kritik an aufwendigem Goldschmuck vgl. auch mor. 693B. Plutarch bezieht sich in solchen kritischen Passagen, was es zu beachten gilt, häufig gerade auch auf Männer. Zur Kritik an aufwendigem Schmuck vgl. auch Juvenal, Satire VI, 457–470. 68 Vgl. ausführlich dazu Müller, Kleidung. Schöne Bsp. bietet auch JosAs (2,4; 3,6; 18,6). 69 Nach Jes 3,16–18 wird der Herr allerdings den hochmütigen Töchtern Zions all diese schönen Dinge nehmen. Vgl. auch 3,24: „Statt des Balsams gibt es Moder, statt des Gürtels einen Strick, statt des Lockengekräusels eine Glatze, statt des Prachtmantels Umgürtung mit dem Sack, ein Brandmal statt der Schönheit“. 64 65
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als Luxusgut.70 Sie lassen erahnen, wie sehr Menschen von der Schönheit und Faszination solcher Dinge gelockt und gepackt werden können. Es ist nicht verwunderlich, dass sich in den verschiedenen Kulturen relativ häufig und immer wieder neu auch eine kritische Sicht71 des Luxusgutes ‚Kleidung‘ entwickelt hat.72 So möchte der Verfasser des 1Tim, „… dass Frauen in ordentlicher Haltung mit Scham und Besonnenheit sich schmücken, nicht in Haargeflechten und Gold oder Perlen oder kostbarer Kleidung“ (1Tim 2,9). Diese Forderung zeigt zunächst eine in der Antike durchaus verbreitete luxuskritische Sicht auf Kleidungsgewohnheiten,73 andererseits wird auch erkennbar, was beliebt oder begehrt war (vgl. auch Lk 16,19). Luxus dokumentiert sich damals wie heute in aufwendiger Kleidung (vgl. in diesem Zusammenhang auch Jak 2,2–474). Der Versuch der Einschränkung bzw. Beschränkung in diesem Luxusbereich erfolgt in den Kulturen auf ganz unterschiedlichen Wegen.75 Der Verzicht auf aufwendige Kleidung kann in Erzähltexten – vor allem in solchen, die biographisch orientiert sind – zur Charakterzeichnung eingesetzt werden, um beispielsweise den einfachen Lebensstil, die Bescheidenheit oder die Bedürfnislosigkeit eines Menschen hervorzuheben (und zwar nicht nur im Blick auf Frauen, sondern vor allem auch auf Männer).76 So erzählt Plut Vgl. zum Kleiderluxus in der Antike auch Pekridou-Gorecki, Mode, 109–112.149. Pekridou-Gorecki (109) stellt fest: „Exquisite Garderobe diente den Migliedern wohlhabender Bevölkerungskreise sowohl zur Befriedigung persönlicher Eitelkeit als auch zur augenfälligen Demonstration ihrer gesellschaftlichen Position.“ 71 Vgl. z.B. Musonius Rufus, Diatribe 19 („Über die Kleidung“ – mit Kritik an allzu prächtiger oder übertriebener Kleidung: „Und ein einziges Untergewand zu haben ist besser, als zwei zu benötigen, und besser als eins zu haben ist es, gar keins zu brauchen, sondern nur ein Obergewand“); dazu Bernhardt, Luxuskritik 207. 72 Andere luxuskritische Stimmen haben Bauten, allzu aufwendige Spiele, kostspielige Fischzuchten o.ä. im Blick. 73 Vgl. z.B. Ijob 27,16f: „Häuft er [der Verfluchte] auch Silber an, als wäre es Staub, und schafft sich Kleider an wie Lehm, er häuft sie auf, der Fromme zieht sie an; das Silber aber wird der Reine erben“. Vgl. auch Platon, Politeia 416–417. Musonius Rufus äußert in seiner Diatribe 19 deutlich Kritik an prächtiger bzw. übertriebener Kleidung. Diese Kritik kann seinem Hauptanliegen einer konsequenten sittlichen Lebensführung im Alltag zugeordnet werden. Vgl. auch die Bsp. bei Achtemeier, Babes 230. 74 Vgl. hierzu Popkes, Jak 160–165; Metzner, Jak 113–119. 75 So erzählt beispielsweise Plutarch in seiner Solon-Biographie (21): „… Er gab ferner für die Ausfahrten der Frauen, für Trauer und für Festfeiern ein Gesetz, das Unordnung und Zuchtlosigkeit einschränken sollte. Er verordnete, dass eine Frau, wenn sie eine Reise machte, nicht mehr als drei Kleider bei sich haben, nicht mehr Essen und Trinken als für einen Obolos und keinen über eine Elle großen Korb mitnehmen, auch nicht bei Nacht reisen sollte, außer zu Wagen mit einer vorweggetragenen Fackel“. Zu Kleiderverordnungen in der Antike vgl. auch Pekridou-Gorecki, Mode, 112–114.149f. 76 Plutarch, Vergleichung Aristeides/Marcus Cato 31(4): „Ganz bedürfnislos ist nur Gott; im menschlichen Bezirk aber ist die vollkommenste und göttlichste Tugend diejenige, welche das Bedürfnis auf das Mindestmaß einschränkt … Wenn es aber rühmlich ist – und das ist es – , das gewöhnliche Brot zu essen, den Wein zu trinken, wie ihn die Arbeiter und Sklaven trinken, kein Purpurkleid zu brauchen und kein getünchtes Haus, so haben weder Aristeides noch Epameinondas, weder Manius Curius noch Gaius Fabricius das Rechte verfehlt …“; Philopoimen 2: „Als unterdessen 70
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arch u.a. vom einfachen Lebensstil des Cato (Marcus Cato 4); dabei wird im Besonderen seine einfache Kleidung und seine bescheidene Ernährung hervorgehoben.77 Luxuskritik wird in der Biographie des Philopoimen (9) so zur Sprache gebracht: „Denn ihnen ihren seit langem wie eine Krankheit eingefressenen eitlen und nichtigen Hang ganz zu nehmen – dass sie prächtige Kleider liebten, sich Purpurdecken färben ließen, in Gastereien und Schmausereien einander zu überbieten suchten – war unmöglich. Er begann also damit, ihre Prunksucht von den unnötigen auf die nützlichen und löblichen Dinge hinzulenken, und wußte alle schnell zu bereden und dahin zu bringen, den täglichen Aufwand für die körperlichen Bedürfnisse einzuschränken“.78 Kritik an demonstrativem bzw. zur Schau gestelltem Luxus von Frauen lässt sich auch in einer Reihe von frühjüdischen Texten beobachten (vgl. etwa TestRub 6,1–6; Philo sacr. 21; virt. 39–40)79; sie haben einen großen Vorläufer in Jes 3,16–24.
Philopoimen, mit einem einfachen Mantel bekleidet, hereinkam, dachte sie, es sei ein vorausgeschickter Diener, und befahl ihm, bei der Arbeit mitanzugreifen. Er legte sogleich den Mantel ab und spaltete Holz“. Zu einer entsprechenden Kritik an Wohn-, Kleider- und Tafelluxus bei Musonius Rufus vgl. Vischer, Leben 66f. 77 Unter anderem sagt Plutarch über Cato, er habe nie ein Kleid getragen, das teurer als hundert Denare war. In der Kleomenes-Vita (13) berichtet Plutarch, an Kleomenes würde besonders geschätzt, dass er auf Purpurmäntel und Prachtgewänder verzichtete. Er habe vielmehr in einem einfachen Kleid seine Gäste empfangen. Eine narrative Charakterisierung von Erzählfiguren kann also auch durch die Beschreibung von Kleidung und Speise der Portraitierten erfolgen. Vgl. dazu Müller, Kleidung. Auch die Bildtafel des Kebes (20,2) hebt einfache Kleidung „ohne Prunk“ als positives Bsp. vom „Herausputzen“ ab. 78 Einfache Kleidung wird demgegenüber, nicht nur wie im folgenden Beispiel aus Plutarchs Pelopidas-Vita (3), positiv hervorgehoben: „… er selbst jedoch teilte dabei die Armut des anderen und suchte seine Ehre darin, schlicht gekleidet zu sein, einfach zu leben und im Felde unverdrossen alle Strapazen auf sich zu nehmen“. Im Blick auf solche Texte bemerkt Vischer (Leben 170): „Am häufigsten werden die drei menschlichen Bedürfnisse der Nahrung, Kleidung und Unterkunft genannt. Ihre maßvolle oder aufwendige Befriedigung liefert den Maßstab für ein Urteil über die Einfachheit“; vgl. auch ebd. 160: „Bei der Gründung des Idealstaates [rep. II 369d] spricht Sokrates aus, daß der Mensch drei Bedürfnisse [χρεῖαι] kenne, die er zuerst befriedige: Nahrung, Wohnung und Kleidung … Die Stoiker und Kyniker brauchen also nur einen vorbereiteten Gedanken aufzunehmen, wenn sie Nahrung, Kleidung und Wohnung zum Kriterium des einfachen Lebens machen“. 79 Vgl. hierzu auch Horrell, Fear 414.
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Von einer kritischen Haltung80 äußerlichem Schmuck gegenüber81 ist auch die Ethik des 1Petr geprägt.82 So schön all die angesprochenen Dinge sind, sie bleiben ἔξωθεν (V 3). Das entscheidende „Gegenstück“83, die größere Wirklichkeit, heißt nach V 4: ὁ κρυπτὸς τῆς καρδίας ἄνθρωπος. Der 1Petr greift mit dieser Vorstellung ein Motiv auf, das in der griechischen Literatur der Antike bereits eine längere Tradition hat.84 Gleichzeitig wird das „Herz“ (vgl. auch 1Petr 1,22; 3,14) als das Personzentrum des Menschen85 benannt. Die in V 3 aufgezählten Dinge bleiben vergänglich. Im verborgenen Menschen des Herzens86 ist „Unverderbliches/Unvergängliches“ (ἐν τῷ ἀφθάρτῳ)87, nämlich „des sanftmütigen und stillen Geistes, der vor Gott sehr kostbar (πολυτελές) ist“. Darin findet der innere Mensch Ausdruck. „Das facettenreiche Wort πραΰς findet sich außer in 1Petr 3,4 nur bei Matthäus (5,5; 11,29; 21,5)“88. „Durch πραΰς wird Jesus als der sanfte, friedfertige und gewaltlose König gekennzeichnet (Mt 21,5; vgl. Sach 9,9). Diesem Modellcharakter entsprechend wurde Christus in 1Petr 2,21–25 als der Milde vor Augen geführt, der auf Gewalt verzichtet.“89 Als Vgl. zur kritischen Sicht von Schmuck im Unterschied zu dem, „was schmückt“, auch Plutarch, mor. 141E (in diesem Fall mit Blick auf Frauen): ποιεῖ δὲ τοιαύτην οὔτε χρυσὸς οὔτε σμάραγδος οὔτε κόκκος, ἀλλ’ ὅσα σεμνότητος εὐταξίας αἰδοῦς ἔμφασιν περιτίθησιν („und dies bewirkt weder Gold, noch Edelstein, noch Purpur, sondern alles, was sie mit dem Glanz der Würde, Bescheidenheit und Schamhaftigkeit umgibt“). 81 Vielleicht stehen diese Forderungen auch in einem „Kontrast zu der Kleidung, dem Schmuck und den aufwendigen Haarfrisuren von Anhängerinnen des Artemisoder Isis-Kultes“; so vermutet jedenfalls El Mansy, Ehen 170. 82 Zur Nachwirkung bei Clemens von Alexandrien (paed. 2.118–119[Edelsteine; Schminke etc.].121[Plädoyer für innere Schönheit].129[bes. Ohrschmuck; an diesen Stellen kommt es allerdings nicht zu einer Zit. von 1Petr]); Tertullian (Or 20; De cultu fem.) u.a.; vgl. auch Huizenga, Epitomizing 280f. 83 Zur Vorstellung von „innerem“ Schmuck vgl. auch Spr 1,8f; 4,9; 31,30; Sir 6,10f; 27,8. 84 Vgl. auch Goppelt 216f; Heckel, Mensch; Markschies, Metapher; ders., Mensch; Betz, Concept; Theißen, Menschenbild. Zum „inneren Menschen“ im NT vgl. auch Stellen wie Röm 7,22; 2Kor 4,16; Eph 3,16. 85 Vgl. dazu vor allem Elliott 565; vgl. auch Weihs, Arbeit 159f: „Sitz von Denken und Urteilen, von Planen und Wollen … Das ‚Herz‘ ist in diesem Sinne das wichtigste noëtische Erkenntnisorgan des Menschen, in dem er auch seine Entscheidungen trifft. Über diese wesentlichen Funktionen hinaus wird ‚Herz‘ in vielen biblischen Texten sogar regelrecht als die ‚Mitte‘, das ‚innerste Zentrum‘ des Menschen begriffen“ (mit zahlreichen biblischen Belegstellen); Janowski, Anthropologie 148. 86 Vgl. zur Veranschaulichung das Gebet der Hanna in 1Sam 1,13: „denn Hanna redete in ihrem Herzen, ihre Lippen bewegten sich, doch ihre Stimme war nicht zu hören“. Vgl. hierzu Cyprian von Karthago, Tractatus de dominica oratione 5 (CSEL 3/1, 269). Zum „Herzen“ im biblischen Verständnis vgl. vor allem B. Janowski, Herz; Anthropologie 148–157. 87 Vgl. die Verwendung von ἄφθαρτος in 1Petr 1,4; 1,23. 88 Popp, Kunst 291. Vgl. bes. Horrell, Fear 415. Vgl. allerdings auch πραΰτης in 1Kor 4,21; 2Kor 10,1; Gal 5,23; 6,1; Eph 4,2; Kol 3,12; 2Tim 2,25; Tit 3,2; Jak 1,21; 3,13; 1Petr 3,16 (Verwendung des Substantivs). Vgl. auch die Ausführungen in Konradt, Joch, bes. 21f. 89 Popp, Kunst 291; vgl. auch ders., Fußspuren 64. 80
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sanftmütig90 gilt es sich zu erweisen, eine Lebensart, die der 1Petr von Männern wie von Frauen einfordert (vgl. 1Petr 3,16).91 Viele Textabschnitte des 1Petr sind von der Antithese „vergänglich – unvergänglich“ oder von der Antithese „wertlos bzw. weniger wertvoll – kostbar“ bestimmt. Das kann etwas über die Lebenswelt verraten, in der sich Autor oder Adressaten bewegen. Da viele der in Frage gestellten „Einschätzungen“ bis heute geblieben sind, gewinnen solche Abschnitte für gegenwärtige Fragestellungen besondere Aktualität oder zumindest herausfordernde Qualität. Gleichzeitig sind sie eine erneute Einladung, die tatsächlichen Gegebenheiten zu durchschauen und auf die entscheidenden Werte zu setzen, in diesem Fall: „Herz“, „Sanftmut“92, „Stille/ innere Ruhe“.93 Dabei sollten nicht nur die jeweils angesprochenen spezifischen Gruppen – wie hier die Frauen – im Blick sein. Die Botschaft lautet: Entdecke, was wirklich und bleibend kostbar ist! Als motivierendes94 Beispiel werden in den VV 5–6 „die heiligen Frauen“ 5–6 der Vergangenheit angeführt, vor allem Sara. „So nämlich schmückten sich einstmals auch die heiligen Frauen, die auf Gott hofften“. Die „Hoffnung“ bleibt immer wieder das beherrschende Thema des 1Petr.95 Wenn es ein Qualitätsmerkmal dieses Schreibens gibt, so ist es die Hoffnung, die Menschen erfüllt, prägt, handeln, durchhalten oder reden lässt. Wer mit „den heiligen Frauen“ gemeint ist, bleibt zunächst offen. Es kann durchaus an vorbildhafte Frauen96 aus der jungen Geschichte dieser Gemeinden gedacht sein; vom anschließenden Beispiel der Sara her (V 6) ist eher an allgemein bekannte Frauen, etwa aus der biblischen97 Tradition, zu denken.98 Eine ganze Reihe von Stichwortverbindungen sind zu V 1 auszumachen, sodass eine Reihe von Klammern entsteht. Das Vorbildhafte der benannten Frauen besteht für den 1Petr zum einen in der Hoffnung dieser 90 Zur Hochschätzung dieser Haltung vgl. auch Autoren wie Seneca, epist. 120,13, oder auch JosAs 23,10, wo Levi zum Sohn des Pharao in einem gewaltbereiten Kontext ἐν πραότητι καρδίας spricht. 91 Zur Verbindung von πραΰς und ἡσύχιος vgl. auch 1Clem 13,4: „Auf wen werde ich schauen außer auf den Sanften und Stillen und den, der meine Wort fürchtet?“ im Rückgriff auf Jes 66,2; vgl. auch Did 3,7f; Barn 19,4. 92 Vgl. die Verwendung des Adjektivs in Mt 5,5; 11,29; 21,5; vgl. auch JosAs 15,8 (von der μετάνοια gesagt). Vgl. auch die Ausführungen zu 1Petr 3,16. 93 Schmidt, Mahnung 249, gibt den Hinweis auf Musonius Rufus; dieser „beschreibt die stoische Gelassenheit, die ein Philosoph an den Tag legen sollte, der Beleidigungen ertragen muss, ganz ähnlich: ‚Sanft […] und ruhig wird er Widerfahrenes tragen‘“ (so in der 10. Diatribe); vgl. auch Maximos von Tyros, or. 8. Zur Sehnsucht nach einem „ruhigen“ Leben vgl. auch 1Tim 2,2. 94 Der Aorist ἐγενήθηte kann ingressiv verstanden werden; vgl. Forbes, 1Peter 102. 95 Vgl. 1Petr 1,3.13.21; 3,15. 96 Zur Orientierung an vorbildhaften Frauen vgl. auch Plutarch, De virtute mulierum 242e-263c; hierzu vgl. u.a. Xenophontos, Education 116f.124. Besonders zu erwähnen ist auch Seneca, Ad Helviam 16,6–7. Vgl. auch Dettinger, Leben 267. 97 So u.a. Slaughter, Sarah 357f. 98 Sara und die anderen beispielhaften Frauen sind für die Adressaten „Heilige“.
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Frauen, zum anderen in ihrer Bereitschaft, sich „ihren eigenen Männern“ unterzuordnen99. An dieser Stelle ist (wie später in 3,20–22 im Bezug auf Noah)100 eine typologische101 Aufnahme zu beobachten, nach dem Muster eines „so – wie“. Das Beispiel bzw. Modell102 der Sara (vgl. vor allem Gen 18,12103) wird Rezipienten in 1Petr 3,6 vor Augen gestellt,104 worüber sich verständlicherweise trefflich streiten lässt105, zumal es dabei – geht man allein vom Genesis-Text aus – zu einer merkwürdigen106 Anwendung (vgl. im Blick auf Gen 18 vor allem V 12 mit seinem Kontext: „Sara lachte daher still in sich hinein und dachte: Ich bin doch schon alt und verbraucht und soll noch das Glück der Liebe erfahren? Auch ist mein Herr doch schon ein alter Mann!“)107 ihrer Beispielhaftigkeit kommt. Hervorgehoben wird Sara in V 6 in folgender Weise: „wie Sara gehorchte dem Abraham, den sie Herr nannte“. Das Wort und die Wirklichkeit des „Gehorsams“ hat für den 1Petr einen besonders positiven Klang (vgl. „Kinder des Gehorsams“ in 1,14). Hier wird der Gehorsam (ὑπήκουσεν)108 dem Abraham gegenüber (lobend) hervorgehoben, den sie auch mit κύριος angeredet habe (vgl. Gen 18,12).109 Der Zusammenhang, in dem diese Rede begegnet, ist Vgl. die Ausführungen zu ὑποτάσσω in den Auslegungen vorausgehender Passagen. 100 Zum Umgang des 1Petr mit der Schrift vgl. u.a. Müller, Petrusbrief. 101 Vgl. dazu auch Müller, Petrusbrief 203–204. Vgl. zur Typologie bes. auch Ostmeyer, Taufe. 102 Spencer, Method 107. 103 Zuweilen wird auch auf Gen 12 oder Gen 20 verwiesen. Vgl. u.a. Kiley, Mark 689– 691 (mit dem Ton auf dem erniedrigenden Verhalten des Abraham); Spencer, Method 113f. Vielleicht bildet zudem TestAbr einen möglichen Hintergrund; vgl. dazu Martin, Background; Davids, Temple 412f: „that he is probably not reading the Tanak at all, but rather is drawing on the type of narratives about Sarah that we find in the Testaments of Abraham, where Sarah refers to Abraham as ‚my lord‘ seven times“. 104 Zum angezielten Blick auf Sara vgl. auch Jes 51,2: „Blickt auf Abraham, euren Vater, und auf Sara, die euch gebar!“ 105 Vgl. u.a. Martin, Background; Misset-van de Weg, Sarah. 106 Vgl. Misset-van de Weg, Sarah 58: „The conclusions seems justified that the images of Sarah in Genesis and 1 Peter do not harmonize and that it is difficult to imagine that the readers of 1 Peter found the reference to Sarah as obvious as one might think“; Balch, Wives 103–105; Kiley, Sara 689; Steetskamp, Autorschaft 54. Vgl. auch Brox, Sara 490: „In erbaulicher Bibelauswertung wird das paränetische Ziel als altehrwürdiges Ideal illustriert: Die heiligen Frauen der Vorzeit sind vorbildlich für die Chris tinnen. Das von ihnen gelebte Ideal ist ohne weiteren Hinweis etwa auf ihre Qualität als ‚Erzmütter‘ Israels“. 107 Sara spricht in diesem Text Abraham ja nicht unmittelbar an, auch wenn sie ihn im inneren Monolog „Herr“ nennt. Vgl. allerdings Rebecca in Gen 24,18 gegenüber dem Knecht, der ihr entgegenkommt, mit der Anrede „mein Herr“. Gibt es noch eine weitere Textüberlieferung, von der der Autor des 1Petr beeinflusst wurde? 108 Es gibt auch Varianten mit einer Imperfekt-Form. 109 Ein κύριε kann auch schlicht als Anrede gebraucht werden; vgl. z.B. Joh 12,21 oder Bsp. in der LXX (wie Gen 24,18; Ri 6,13; 1Kön 1,8; 1,26) oder JosAs (4,3; 15,14; 16,4; 17,1; 19,7; in 8,2 und 20,1.4 spricht Aseneth Joseph jeweils mit κύριέ μου an, was als erhellende Parallele dienen kann; diesen Sprachgebrauch kann im Übrigen Aseneth 99
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ausgesprochen aufschlussreich. Hier geht es weniger um die Zuordnung geschlechtsspezifischer Rollen als vielmehr um den Anschluss im Glauben.110 Darin hat Sara ihre besondere Vorbildlichkeit111, die den 1Petr von „Saras Kindern“112 sprechen lässt, was für Frauen und Männer gilt. Hinzu kommt die biblisch vorgeprägte Vorstellung, dass sie eine Frau ist, die sich mit ihrem Mann „in der Fremde“ bewegt113 (und in der Fremde begraben wird; vgl. Gen 23,19; 25,10; 49,31)114. Von daher ist es dann auch sinnvoll zu folgern: „deren Kinder seid ihr geworden“ – Kinder der Verheißung, des Gehorsams und damit der Hoffnung. Worin dokumentiert sich die ‚Sara-Nachkommenschaft‘115: „wenn116 ihr Gutes tut (ἀγαθοποιοῦσαι Ptz. Fem.) und keinerlei (die doppelte Verneinung μὴ … μηδεμίαν wirkt als Verstärkung) Einschüchterung (πτόησις) fürchtet.“ Wiederum heißt die vom 1Petr in Erinnerung gebrachte ethische Weisung: „Gutes tun“. Die für manche Frauen bedrückende Lebenswirklichkeit117 wird durch πτόησις eingefangen („Erschrecken, Bedrückung; Schrecken“).118 Im Hintergrund leuchtet bei sukzessiver Lektüre des 1Petr noch einmal das Beispiel Christi auf, der nach 1Petr 2,23 seine Sache dem „gerecht Richtenden“ übergab. In dem vorausgehenden Abauch Pentephres, ihrem Vater, gegenüber wählen [4,6.9]; der wiederum kann Joseph in dieser Weise ansprechen [9,4]). Vgl. auch Achtemeier 205: „As polite address to a grown man among those who speak Greek, it could also mean ‚sir‘, but that would be too bland for this context.“ Warum? – kann man fragen. 110 Zur Vorstellung von Abraham-Nachkommenschaft bzw. Sara-Nachkommenschaft vgl. auch Müller, Prophet 171. Von Saras Kindern spricht auch Jos. bell. 5,379. Zur Sara-Nachkommenschaft vgl. bes. auch Gal 4,21–31. 111 Bei einem Autor wie Philo von Alexandrien gilt Sara als Sinnbild der vollkommenen Tugend; vgl. Hirsch-Luipold, Weisheit 180: „Die in der Handlung der Genesis vorgegebenen Frauenfiguren werden bei Philon zu Personifikationen, insbesondere von Tugenden: Sara repräsentiert Vernunft und Tugend“. 112 Vgl. die Rede von „Kindern Abrahams“, die in biblischer Tradition etwas vertrauter ist (im NT: Lk 3,8; 13,16; 16,24; 19,9; Joh 8,33; Röm 4,12; 4,16; 11,1; Gal 3,7; 3,29; Hebr 2,16). 113 Vgl. auch Popp, Kunst 294: „Da Abraham im Alten Testament ‚geradezu den Typos des πάροικος‘ präsentiert, lässt sich zudem eine inhaltliche Verbindung zu 2,11f. (vgl. 1,1; 1,17) herstellen.“ Vgl. auch Elliott 573. 114 In diesen Kontexten kann auch davon die Rede sein, dass Abraham der Sara gehorchte oder gehorchen sollte; vgl. Gen 16,2; 21,12. 115 Vgl. Horrell, Ethnicisation 455: „… identity as Sarah’s children is displayed by exhibiting a pattern of behaviour like hers, and, by implication, depends upon continuing to do so“; vgl. auch Forbes, Children. 116 In den meisten Kommentaren wird ein konditionales Verständnis dieses Satzes angenommen; Forbes, Children 106, plädiert demgegenüber für ein imperativisches Verständnis. 117 Von Sara her wäre auch an Überlieferungen, wie sie in Gen 12,10–20; 20,1–18 zur Sprache kommen, zu denken. 118 Vgl. auch Spr 3,25: „Du brauchst dich vor jähem Erschrecken nicht zu fürchten …“. Auf diese Stelle verweist auch Slaughter, Sarah 362. Zu Gewalterfahrungen von Frauen (in lit. Bsp. der Antike) vgl. u.a. Reeder, Authority 528, die vor allem auf Tertullian verweist. Für das AT können die folgenden Bsp. exemplarisch benannt werden: Gen 34,2; Ri 19,24; 20,5; 2Sam 13,12.14.22.32; Klgl 5,11.
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schnitt am Ende des zweiten Kapitels, der sich an die Sklaven wandte, hatte der Autor ja darauf abgestellt, dass es auch angesichts widriger Umstände möglich bleibt und anzustreben ist, das Gute zu wählen (vgl. 1Petr 2,18–20; 3,9.17)119. An dieser Stelle kommt es zu einer für den 1Petr kennzeichnenden Uminterpretation von Stärke bzw. Schwachheit/Unterlegenheit120, „the wives, like the domestic slaves, are in a sense paradigmatic“121. 7 Reichlich knapp fällt im Vergleich mit den Anweisungen an die Frauen das aus, was im 1Petr zu den Männern gesagt wird.122 Zunächst sollte das ὁμοίως nicht leichtfertig überlesen werden. Damit klingen die ὑποτάσσωFormulierungen der vorausgehenden Abschnitte durchaus nach (vgl. 3,1; zuvor 2,18 und davor 2,13)123. Andererseits bleibt das Beispiel Christi und die Aufforderung, seinen Fußspuren zu folgen, vor Augen. Es geht um ein „Zusammenleben“ (vgl. die Verwendung von συνοικέω)124. In atl und frühjüd. Texten125 wird συνοικέω wiederholt für das eheliche Zusammenleben gebraucht; das gilt auch für Texte von Musonius126 oder Plutarch
119 Vgl. auch Kiley, Sara 691: „And since the author is concerned with the behavior of the adressees precisely when they are being treated unjustly, it should come as no surprise if his exhortation to wives is based on a story of Sara’s submission to her husband’s less-than-noble will.“ 120 Vgl. dazu auch Bauman-Martin, Women 275f: „The Roman method of establish ing dominance through force was thus resisted by Christian endurance of that force: the body, pain, injury, and even death were signifiers that were reappropriated by some Christian women to mean power rather than defeat and assimilation. Weakness and humiliation on one side of the cultural boundary were reinterpreted as strength and honor of the other.“ 121 Horrell, Ethnicisation 455; ebd.: „the generic designation τέκνα allows the possibil ity that all the adressees, insofar as they follow the approved pattern of conduct, may be regarded as Sarah’s descendants“. 122 Das kann damit zusammenhängen, dass es hier vorrangig um religionsverschiedene Ehen geht, in denen die Frau Christin geworden ist. 123 Vgl. Slaughter, Submission 68. 124 Vgl. El Mansy, Ehen 174: „Die Verwendung des Verbes συνοικέω ruft diese verschiedenen Dimensionen einer Hausgemeinschaft in Erinnerung“; Slaughter, Instructions 178: „It seems best to relate the word to all aspects of a husband and wife’s participation together in domestic life, including the sexual relationship, but not focusing exclusively on it“; Reeder, Authority 535, die vor allem die LXX auswertet. 125 Vgl. Popp, Kunst 299, und die von ihm angeführten Stellen. 126 Vgl. z.B. Musonius, Diatribe 13: „Die Gemeinschaft des Lebens und der Erzeugung von Kindern sei die Hauptsache der Ehe … [die Eheleute sollen] miteinander leben und wirken und alle Dinge als gemeinsamen Besitz ansehen und nichts als Eigenes, selbst nicht den [eigenen] Leib … In der Ehe muss in jeder Hinsicht ein Zusammenleben stattfinden und eine gegenseitige Fürsorge von Mann und Frau … schön ist eine solche Gemeinschaft“.
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(bes. Coniugalia praecepta [Mor 138A – 146A)127. „Das ὑπό der Haustafel wird … gleichsam vom σύν der eschatologischen Verheißung überboten.“128 Verschiedentlich ist die Frage aufgeworfen worden, ob hier Männer im Blick sind, die mit einer (bisher) nicht gläubigen Frau (weiterhin) zusammenleben.129 Vom Text selbst her scheint das nicht nahe zu liegen, vor allem weil ein „Gewinnen“ o.ä. (vgl. 3,1!) nicht ausgesprochen wird. In V 7 sind die Formulierungen von einer patriarchal geprägten und männer-dominanten130 Sprache geprägt, wenn es heißt: „Ihr Männer131, in gleicher Weise wohnt zusammen mit Kenntnis/Verständnis (κατὰ γνῶσιν) wie mit einem schwächeren Gerät/Gefäß (σκεῦος), dem weiblichen“. Die Rede von einem „schwächeren Geschlecht“ ist in zahlreichen Texten der Antike132 weit verbreitet.133 Die Rede von größerer Schwäche sollte allerdings nicht vorschnell dazu verführen, hier von Geringschätzung oder Abwertung zu sprechen. Es scheint mir eher (der vielleicht hilflos erscheinende) Versuch vorzuliegen, von Andersartigkeit oder Zerbrechlichkeit134 zu sprechen und „die im Vergleich mit der männli127 Vgl. Becker, Ehe 244: „Im Bild von den Ehepartnern als zusammengesetzten Gefäßen … drückt sich Plutarchs Auffassung aus, dass die Ehe eine symbiotische Lebensform ist, in welcher aus Teilen etwas Ganzes entsteht, das anfangs noch den Charakter des Zusammengesetzten hat, sich mit der Zeit jedoch zu einer Einheit verfestigt“; vgl. auch Popp, Kunst 299, und die von ihm angeführten Stellen. Zum Verständnis von Ehe bei Plutarch vgl. auch Xenophontos, Education, bes. 108–125. 128 Feldmeier 122. 129 Vgl. Gross, Wives 89: „It is my contention that the husbands addressed in this verse are probably married to wives who are not Christian“; Jobes 208; Nugent, Sex 9. Vgl. auch die Ausführungen bei Schmidt, Mahnung 252–255; El Mansy, Ehen 173f. 130 Vgl. auch Visser, Man 353: „The text of 1Peter shows that it could not escape the hegemonic masculine framework of its time“ und den warnenden Hinweis (ebd. 348): „When masculinity is ‚normalised‘ as mastery or ‚masterhood‘, as the controlling of others, it becomes dangerous and toxic“. 131 Holloway, Coping 190, denkt an Ehemänner nicht-christlicher Ehefrauen; doch diese Eingrenzung bleibt anzufragen. 132 Vgl. u.a. Plat., rep. V 451c-e; 455d-e; 457a-b (im Kontext der Rede von gleich guter Eignung für alle Aufgaben; „Schwäche“ scheint dabei allein auf Konditionen körperlicher Art bezogen zu sein); leg. VI, 781e; Philo QG III, 3; EpArist 250; POxy 261,12f u.a. Zu den antiken Belegen vgl. auch Konradt, Gefäßmetapher 264 Anm. 70. 133 Der Text verwendet σκεῦος („Gerät“ oder „Gefäß“); vgl. 1Thess 4,4: „dass jeder von euch wisse, sein (eigenes) Gefäß zu besitzen in Heiligung und Ehre“ (vgl auch 2Kor 4,7); Apg 9,15; Barn 7,3; zu den Möglichkeiten der Wiedergabe vgl. auch Forbes, 1Peter 103. Zur Gefäßmetaphorik (vor allem mit Blick auf 1Thess 4,4) vgl. Konradt, Gefäßmetapher, bes. 264–266. 134 Vielleicht wäre es eine Hilfe, von „Fragilität“ zu sprechen. Konradt, Gefäßmetapher 250, erinnert an den verbreiteten Vergleich Gottes mit einem Töpfer und konstatiert: „Einzustellen ist hier auch die Bezeichnung Adams als eines von Gott geformten Gefäßes in ApkMos 31,4 sowie die Rede von der Frau als des schwächeren Gefäßes in 1Petr 3,7. Zwar hat sich hier das Bild jeweils verselbständigt, doch steht in beiden Fällen der Vergleich Gottes mit einem Töpfer im Hintergrund (vgl. auch ApkMos 26,1 … sowie auch ApkSedr 11,2.6).“ Hinzuweisen ist auch auf Senecas Trostschrift an Marcia (Marc 11,3): „Was ist der Mensch? Ein Gefäß, durch beliebige Erschütterung und beliebigen Stoß zu zerbrechen“.
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chen Konstitution schwächere Physis“135 anzumerken. Was wird von den Männern gefordert? a) Zusammenleben; b) Zusammenleben κατὰ γνῶσιν („mit Einsicht/Kenntnis136, verständnisvoll/mit dem Wissen um/überlegt“);137 c) Achtung vor den Ehefrauen: ἀπονέμοντες τιμήν („erweist Ehre“)138. Das Verb ἀπονέμω bedeutet „zuteilen, zukommen lassen“. Die Hochschätzung der τιμή ist Lesern des 1Petr bereits aus dem ersten Kapitel (1,14; vgl. auch das Adjektiv in 1,19) vertraut. Sie gilt es in der Ehe zu praktizieren139 und als beständige Aufgabe im Blick zu behalten.140 Dabei wird in Erinnerung gebracht, dass die Partner in gleicher Weise „Miterben der Gnade des Lebens (sind)“141. Das Erbe zu empfangen142 – dabei handelt es sich um eine Zielvorstellung, die bereits in den ersten Zeilen des 1Petr vor Augen gestellt wird (1,3–9, bes. V 4). Hier wird betont, dass Mann und Frau miteinander Erben (συγκληρονόμοι)143 „der Gnade des Lebens“ sind. „Aus der Auffassung, dass Frauen in dem Beziehungsgefüge Popp, Kunst 301; vgl. auch Plat., leg. 6,781a-b; in der LXX (bezogen auf körperliche Schwäche): Num 13,18; Ri 16,13. 136 Brox (147) plädiert für eine Wiedergabe durch „mit Erkenntnis“, „wobei ganz simpel die Einsicht in das hier verlangte Richtige und Gute gemeint sein mag“. Beda Venerabilis erklärt den Begriff in einer zweifachen Ausrichtung, als Orientierung am Gotteswillen und von der Ehrfurcht gegenüber den Frauen her. 137 Zur γνῶσις als Charisma vgl. 1Kor 12,8; zum Gebrauch von γνῶσις im NT vgl. auch 1Kor 1,5; 8,1–6; 14,6; Röm 15,14; 1Tim 4,3; 6,20; 2Tim 3,7; Tit 1,16. Achtemeier (218) hat darauf aufmerksam gemacht, dass es in 1Petr 3,7 um mehr als die Bedeutung „überlegt“ oder „verständnisvoll“ geht, und übersetzt (205) mit „in an enlightened way“. Aufschlussreich ist in diesem Kontext das Verständnis von Ehe, das in Plutarchs Coniugalia praecepta greifbar wird; vgl. dazu Becker, Ehe 248: „Der Logos ist von entscheidender Bedeutung für das Eheleben (138b-c; 12.139d), Besonnenheit, Klugheit, Vernunft und die charakterliche Fortentwicklung, die innere Ordnung und Kalokagathia anstrebt“. 138 Vgl. zu dieser Haltung gegenüber den Ehefrauen auch Plut. Romulus 19,8, im NT bes, 1Thess 4,4; Röm 12,10. 139 Damit ergibt sich – so auch Konradt, Gefäßmetapher 363 – „eine auffällige Analogie zwischen 1Thess 4,4 und 1Petr 3,7, denn auch dort wird τιμή zur Qualifizierung des Verhaltens eben zur eigenen Ehefrau benutzt (ἀπονέμοντες τιμήν), die zuvor als das ‚schwächere σκεῦος‘ bezeichnet wurde. Möglich ist es, dass hinter 1Thess 4,4f. und 1Petr 3,7 eine gemeinsame paränetische Tradition steht, die den Mann zum respektvollen Umgang mit seiner Frau mahnte“; vgl. auch Szarek, Ehe 150–152. 140 Vgl. Konradt, Gefäßmetapher 263 Anm. 65: „Zum Gebrauch von τιμή im sozialen Sinn der Ehrerbietung s. im Blick auf die Ehre (τιμή), die die Ehepartner einander erweisen, Plutarch, ConjPraec 36 (Mor 143B); von der Achtung, die der Mann der Frau zukommen lässt, Philo, Abr 253; vom Respekt, den Frauen ihren Männern erweisen sollen, Est 1,20; von der Elternehre EpArist 228; Philo, Her 171; Decal 51.106 u.ö.“. 141 Von dieser Formulierung her dürfte der Vorschlag, den Gross, Wives, vorgelegt hat, es handle sich in 1Petr 3,7 um nicht-christusgläubige Ehefrauen, abzulehnen sein. 142 Vgl. dazu auch Wolff, Erbe. 143 Zum Erbe der Gläubigen vgl. 1Petr 1,3–9; zum „miterben“ vgl. auch Röm 8,17; Eph 3,6; Hebr 11,9; auf einem dunklen Hintergrund auch JosAs 24,14. Zum „miterben“ ist (mit Blick auf Röm 8,17) auch der Hinweis von Wolter, Röm II, 499 Anm. 121, zu beachten: „Sprachliche Parallelen (συγκληρονόμος + Genitiv) gibt es in Vit. Proph. 4,17 … und in einer kaiserzeitlichen Inschrift aus Ephesus bei Deichmann, Licht, 72“. 135
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einer Hausgemeinschaft machtloser seien als Männer, wird nun kein Abhängigkeits-, sondern ein Verantwortungsverhältnis abgeleitet.“144 Wenn der Begriff γνῶσις verwendet wird, so steht er hier für „das Wissen um Gottes Willen, d.h. das Gott gemäße Verhalten“145, das sich konkret im „Anerkennen“146 zeigt. Der Vers schließt mit einer deutlichen Warnung. Wenn sich Männer nicht in der beschriebenen und eingeforderten Weise verhalten, finden sie in ihren Gebeten bzw. Gebetsversuchen keine Erhörung. Die zu vermeidende Störung lautet: εἰς τὸ μὴ ἐγκόπτεσθαι (Inf. Pass. „hemmen, hindern“)147 τὰς προσευχὰς ὑμῶν „damit eure Gebete nicht behindert werden“. Im Klartext: Wer seine Frau schlecht oder geringschätzig behandelt, stößt bei Gott auf taube Ohren.148 Wer zu Hause (oder auch in der Öffentlichkeit) seiner Frau nicht mit Ehrfurcht und Achtung begegnet, kann sich wie auch immer geartete fromme Übungen sparen.149 Vor allem kommen dann auch keine gemeinsamen Gebete zustande, was allerdings eine durchaus erkennbar werdende Zielvorstellung ist. Sollen sie doch miteinander „die Gnade150 des Lebens“ erben. Der hier in den Blick genommene Textabschnitt des 1Petr gehört sicher zu denen, die bei leichtfertigem Umgang zu einem Mißbrauch151 und damit verbunden zur Unterdrückung von Frauen führen können. Unsere heutigen Lebenskontexte sind von den primären Adressaten des 1Petr deutlich unterschieden. Doch bleibt es Auslegern ein Anliegen und eine Aufgabe, die positiven Ermutigungen und Potentiale dieser Anweisungen deutlich zu machen. Das Leben der Christen ist nach 1Petr „nicht mehr das durch die natürliche Geburt bedingte Dasein zum Tode, sondern durch Gottes Wort von neuem geboren“, sodass ihnen durch dieses unvergängliche Wort „eine über diese vergehende Welt hinausgehende Zukunft“152 eignet; sie sind „zu lebendiger Hoffnung wiedergeboren“ (1,3f ). Damit kommt ihnen die Aufgabe zu, Zeugen der Hoffnung zu werden. Verkündigung erfolgt dabei im Wort und in der Tat, im authentischen Wandel „in den Fußspu-
El Mansy, Ehen 174. El Mansy, Ehen 175; vgl. auch Reicke, Gnosis; Achtemeier 218: „enlightened by the man’s knowledge of what God requires of him“. 146 Vgl. Reicke, Gnosis 300. 147 Vgl. Reicke, Gnosis 303: „Normalerweise wird ἐγκόπτεσθαι auch gerade im Sinne von „abgesperrt werden“ u. dgl. benutzt“. 148 Zum Nichtankommen der Gebete vgl. auch Kroeger, Understanding 82.86. 149 Auch Sir 3,5 spricht von der engen Verbindung von Menschenehrung und Gebets erhörung (dort im Blick auf die Ehrung des Vaters). 150 Zur Verwendung von χάρις in 1Petr: 2,19.20; 4,10; 5,10.12; vgl. auch die Ausführungen zu 2,19f (oben) sowie Brox 132. 151 Vgl. dazu auch Bauman-Martin, Women 276; Bieberstein, Rand 137, vor allem aber Bird, Abuse; Asumang, Resist 10f; Reeder, Authority 520f.530f.534. 152 Feldmeier, Außenseiter 171. 144 145
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ren Christi“.153 Die Lebensführung kann zum „Erkennungszeichen für die dem Handeln zugrundeliegende Lebensorientierung“154 werden. Als besonders überzeugend gelten dem 1Petr „gute Werke“ (2,12; vgl. auch 2,15.20; 3,17)155, denen eine missionarische Dimension eignet, da Christen darin „die von Gott ausgehende wunderbare Erhellung ihres Daseins“156 bezeugen können. So rechnet das Schreiben offensichtlich damit, dass (bisher) ungläubig Ehemänner durch das Lebens- und Glaubenszeugnis ihrer Ehefrauen gewonnen werden können (3,1–2).157 Die Standbeine für einen authentischen Lebenswandel heißen nach der Vorstellung des 1Petr „Wort“ (3,15) und „Praxis“ (3,1). Zusammen- Wenn der Autor des 1Petr in 2,18 – 3,7 auf Haustafelethik zurückgreift, fassung so ist auffällig, dass er seine Ausführungen zunächst auf die Haussklaven und dann auf die Ehefrauen konzentriert (vgl. demgegenüber die Ordnung in Kol 3,18 – 4,1 oder Eph 5,21 – 6,9); das betont auch Travis B. Williams: „Slaves and wives submitted to those in positions of authority because they found themselves in a disadvantaged social location.“158 Damit sind sie nach der Wahrnehmung des 1Petr häufiger als andere ungerechten Leiderfahrungen ausgesetzt.159 In religiösen Fragen und Praktiken ist in der umgebenden Gesellschaft eine Dominanz der männlichen Stimme auszumachen.160 „The numerous examples of marital strife caused by a wife’s conversion to Christianity suggest that independent religious initiative was viewed as an act of rebellion“161. Hier dagegen wird von den missionarischen Möglichkeiten gesprochen, die der Ehefrau162 eines (bisher) ungläubigen Mannes zukommen; sie werden damit (den Haussklaven im
Vgl. in diesem Zusammenhang Prostmeier, Handlungsmodelle; de Waal Dryden, Theology; Müller, Fußspuren. 154 Prostmeier, Handlungsmodelle 435. 155 Vgl. Sandnes, Conventions; Mikat, Konflikt 46. 156 Goppelt 153. 157 Vgl. in diesem Zusammenhang die Einschätzung von Paget, Period 49: „… that the spread of Christianity (and of Judaism) may have had more to do with haphazard encounter and the operation of networks of relations, whether family or otherwise, than with bold preaching on street corners or other public venues … we should note, and this on the basis of evidence for Christian mission in the ancient world, that many of those who converted probably did so through haphazard meetings or through associates and family members.“ 158 Williams, Works 204. 159 Vgl. hierzu Reeder, Authority 523. 160 Vgl. z.B. Plutarch, Coniugalia praecepta (mor. 140D), mit der Aufforderung, Ehefrauen sollten sich in religiösen Fragen und Praktiken ihrem Mann anschließen und keine „Alternativen“ entwickeln – das sieht der Autor von 1Petr offensichtlich anders; vgl. hierzu auch Holloway, Coping 187; Dettinger, Annäherung 148. 161 Williams, Works 205 (mit Hinweisen auf entsprechende Texte in der frühen Zeit der Kirche). 162 Vgl. auch Dettinger, Annäherung 148f. 153
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vorausgehenden Abschnitt vergleichbar)163 zum nachahmenswerten Modell. Auf die Möglichkeit des Missbrauchs des hier untersuchten Textab- Wirkungs schnitts164 wurde bereits bei der Auslegung aufmerksam gemacht; „the geschichte interpretation and use of this text throughtout the history of the church is dangerous“165. Caryn Reeder ist durchaus zuzustimmen, wenn sie warnt: „When we as the church read, interpret, and teach 1 Pet 3,1–6, we should never forget the terrible realities of intimate violence or the horror of this text for victimized families“166. Eine besonders drastische Aufnahme ist auch in Margaret Atwoods berühmtem Roman „Der Report der Magd“167 aufgenommen, wo sich der Kommandant im Unterdrückungslager im Rahmen eines „Gottesdienstes“ so äußert: „‚So will ich nun, dass die Weiber in zierlichem Kleid mit Scham und Zucht sich schmücken‘, sagt er, ‚nicht mit Zöpfen oder Gold oder Perlen oder köstlichem Gewand. Sondern, wie sich’s ziemt den Weibern, die da Gottseligkeit beweisen wollen durch gute Werke. Ein Weib lerne in der Stille mit aller Untertänigkeit“168. In der Vätertheologie wird vor allem die Luxuskritik (vor allem gegenüber Frauen) aufgegriffen.169 Clemens von Alexandrien170 kommt in paed. 3,[11],53–89 dem 1Petr entsprechend auf Kleidung171, Schmuck und aufwendige Frisuren zu sprechen; ein ausdrücklicher Bezug auf 1Petr 2,12 ist in 53,3 auszumachen, in 66,3 kommt es zur Zitation von 1Petr 3,1–4.172 163 Vgl. auch Reeder, Authority 523: „Slaves and wives can thus model a Christ-like response to unjust suffering“; vgl. auch 535. 164 Vgl. auch Reeder, Authority 520: „Submission, subjection, and silence do not calm an abuser, but rather perpetuate the cycle of abuse, endangering the battered spouse and children. Unfortunately, the church continues to preach a similar message, using 1 Pet 3:1–6 to encourage wives to submit to their husbands even if the husband is abusive“. Ob Reeder allerdings – bei aller Berechtigung ihres Anliegens – alle kirchlichen Stimmen einfängt, bleibt an dieser Stelle anzufragen. Vgl. auch die von Skaggs (79–81.86) aufgelisteten dunklen Bsp. aus der Wirkungsgeschichte der Perikope. 165 Reeder, Authority 520. 166 Reeder, Authority 521. 167 „The Handmaid’s Tale“ (1985); im Jahr 2019 als erfolgreiche Fernseh-Produktion aufgenommen. Die hier benutzte dt. Übers. von H. Pfetsch erschien im Jahr 2017. 168 Atwood, Report 297 (evtl. auch von 1Tim 2,9f her entwickelt). 169 Vgl. Schelkle 89; Elliott 565 (mit den von ihnen benannten Passagen aus der Lit. der Väterzeit). 170 Clemens von Alexandrien erweist sich in seiner Luxuskritik bzgl. der Kleidung zum Teil von Musonius abhängig; vgl. Bernhardt, Luxuskritik 207–209; ebd. (212) gibt Bernhardt einen wichtigen Hinweis: „Die φιλοκοσμία, die ja nicht auf die ἀρετή, sondern lediglich auf die Verschönerung des Körpers ausgerichtet sei, müsse völlig unterdrückt werden. Sie sei ein Element der Täuschung“. 171 Die Kleidung gilt ihm nach 55,2 als Hinweis auf den Charakter. 172 Eine Zitation von 1Petr 2,18 ist in 74,2 auszumachen; dort ist auch die Aufnahme von 1Petr 3,8f gegeben.
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Deutlich ist die Warnung vor Goldschmuck173 in 56,4: „Denn überhaupt ist jeder, der durch Goldschmuck schöner zu werden glaubt, dem Gold unterlegen; wer aber dem Gold unterlegen ist, der ist nicht Herr darüber. Wie sollte es aber nicht völlig sinnlos sein, zuzugeben, dass man selbst weniger schön und weniger wert sei als der lydische Staub?“174 Die Luxuskritik kann sich bei manchen Vätern in besonderer Weise auch auf die in ihren Augen allzu aufwendige Pflege der Haare fokussieren.175 So beschäftigt sich Clemens von Alexandrien in paed. 3,[2],11 sehr kritisch mit Haarnetzen, besonderen Haartrachten, dem Flechten von Haaren und den für solche Maßnahmen nötigen Spiegeln; auch in paed. 3,[2],5.1–2176 übt er scharfe Kritik an Goldschmuck, Schminke und exklusiven Frisuren.177 Massive Kritik178 an aufwendigem Haarschmuck und entsprechenden Frisuren übt auch Tertullian179 in seiner Schrift „De cultu feminarum“180 (II,7); eine Bezugnahme auf 1Petr lässt er hier allerdings nicht erkennen.181 Cyprian, der in „De habitu virginum“ eine Abhängigkeit von Tertullians Schrift erkennen lässt, verstärkt die biblischen Bezüge und kommt (in Ab Zur kritischen Sicht von Gold-Schmuck vgl. auch Jak 2,2–4. Zur kritischen Sicht von Gold und der Aufnahme der entsprechenden berühmten Geschichte des „lydischen Staubs“ vgl. auch die Bearbeitung in Maximos von Tyros, or. 5,1. 175 Vgl. auch Huizenga, Epitomizing 280f. 176 In beiden Fällen nimmt er nicht ausdrücklich Bezug auf 1Petr. Vgl. auch seine Kritik an aufwendigen Kleidern oder Schuhen, Schmuck (von edlen Steinen oder Gold) und exklusiven Frisuren (dabei Männer und Frauen im Blick behaltend) in paed. II,[10–12],105–129. 177 Auch Hieronymus, der sich in epist.107 (an Laeta) erzieherischen Fragen widmet und dabei Einblicke in die spezifischen Situationen religionsverschiedener Ehen ermöglicht, nimmt in diesem Brief (107,5) gegenüber Gold, Schmuck und dem Färben von Haaren eine sehr kritische Position ein. 178 In diesem Zusammenhang sei auf das Buch Judit verwiesen, das in diesem Kontext nicht rezipiert wird. Das Buch zeigt in seiner Protagonistin sehr eindrücklich, dass das Anlegen von aufwendigem Schmuck und die besondere Frisur ( Jdt 10,3–4.7) in ihren attraktiven Wirkungen durchaus dem Heilswillen Gottes dienstbar gemacht werden können; freilich kommt im Fall der Judit auch die Stärke des inneren Menschen zum Vorschein in Gestalt einer starken Frau, die sich im Gebet gereinigt hat und ganz auf ihren Gott verlässt. 179 Zu Tertullian vgl. auch Guttenberger, Passio 67: „Tertullian verweist in De oratione 20 im Abschnitt über das Gebet der Frauen unter Erwähnung des Petrus auf 1Petr 3,3 und in seiner sich mit dem Thema des Martyriums beschäftigenden Schrift Scorpiace ebenfalls unter Verweis auf den Verfassernamen und sogar unter Nennung der Adressaten (Christen in Pontus) auf 1Petr 2,20f und 4,12f )“. 180 Text in CChr.SL I, 341–370. Der Schluss der Schrift wird in der dt. Übersetzung von Kellner (BKV 7 [1912]) so wiedergegeben: „Senkt das Haupt vor euren Ehemännern, und ihr werdet geschmückt genug. Laßt die Hände nach der Wolle greifen und bannt die Füße innerhalb der Schwelle des Hauses fest, dann werdet ihr mehr Gefallen erregen als wenn ihr in Gold einherginget. Kleidet euch in den Seidenstoff der Rechtschaffenheit, in das Leinen der Heiligkeit und in den Purpur der Keuschheit. So angetan, werdet ihr Gott zum Liebhaber haben“. 181 In or. 20 stellt Tertullian 1Petr 3,3 neben 1Tim 2,9. 173 174
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schnitt 8) auf 1Petr 3,3f (neben 1 Tim 2,9f ) zu sprechen. Beda Venerabilis nimmt diese Passage ausführlich in seine Kommentierung der Stelle als Zitat auf.
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12 Abwendung vom Bösen (3,8–17) Der Textabschnitt 1Petr 3,8–17 bietet wiederum (vgl. 1Petr 2,13–17) paränetische Weisungen an alle christusgläubigen Adressaten – in Unterschied zur ‚Haustafel‘-Differenzierung (Haussklaven; Frauen; Männer) in den unmittelbar vorausgehenden Abschnitten 1Petr 2,18 – 3,7. Die nun benannten Haltungen werden von allen denkbaren Leserinnen und Lesern bzw. Hörerinnen und Hörern eingefordert. Auffällig ist ein besonders langes Zitat aus Ps 34,13–17, das als Begründung und Basis1 der Paränese dient. In einer Reihe von Variationen ermutigt der Autor, das Gute zu wählen und das Böse nicht mit Bösem zu beantworten. Literatur: Charles, Volonté 371–399; du Toit, Negotiating, bes. 230–232; Evang, Verständnis; Guttenberger, Passio; Luther, Sprachethik 171–184; Metzner, Rezeption; Michaels, Eschatology; Millauer, Leiden; Piper, Hope; Sandnes, Conventions; Schlosser, Aimez; Schröger, Wegweisung; Shaw, Considering; Seckler, Wahrheitsanspruch; Vahrenhorst, Leiden; Zerbe, Non-Retaliation 284–289; Zwemstra/Cornelius, gebruik.
8 Schließlich aber alle (seid) Gleichgesinnte, Mitfühlende, Geschwisterliche, Barmherzige, Demütige! 9 Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Beschimpfung mit Beschimpfung! Sondern im Gegenteil: Segnet, weil ihr dazu berufen wurdet, damit ihr Segen erbt. 10 Der/Wer nämlich das Leben lieben will und gute Tage sehen (will), der soll die Zunge aufhören lassen vom Bösen und die Lippen vom Betrug-Sprechen/HeimtückischesSprechen, 11 der soll sich aber abwenden vom Bösen, und der soll Gutes tun, der soll Frieden suchen, und der soll nach ihm jagen/trachten. 12 Denn (die) Augen (des) Herrn (sind gerichtet) auf Gerechte und seine Ohren auf deren Bitte, das Antlitz (des) Herrn aber auf die, die Böses tun. 13 Und wer (ist), der euch Schaden zufügen/Böses tun wird, wenn ihr Eiferer für das Gute geworden seid? 14 Doch wenn ihr auch leiden müsst wegen (der) Gerechtigkeit, Selige (seid ihr). Fürchtet aber nicht die Furcht vor ihnen, und geratet nicht in Schrecken! 15 (Den) Kyrios aber, den Christus, heiligt in euren Herzen! Seid immer bereit, zur Verteidigung/Rede und Antwort zu stehen jedem, der von euch Rechenschaft fordert/erbittet bezüglich der Hoffnung in euch, 16 aber mit Sanftmütigkeit und Ehrfurcht, ein gutes Gewissen habend, damit sie in dem, in dem ihr schlechtgeredet werdet, beschämt werden, die euren guten Lebenswandel in Christus bedrohen/schlechtmachen. 17 Besser nämlich ist es, Gutes tuend zu leiden, wenn der Wille Gottes es will, als Böses tuend. Analyse 1. Von V 8 an sind nun nicht mehr nur die zuvor direkt angesprochenen Frauen (VV 1–6) und Männer (V 7), im Speziellen Ehefrauen und Ehe1 Vgl. Brox 154: „Das ausführlichste biblische Zitat des 1Petr … wirbt und motiviert“. Vgl. auch 1Clem 22 (ebenfalls mit ausführlicher Zitation dieses Psalms).
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männer, im Blick, sondern die gesamte Gemeinde der Glaubenden bzw. alle denkbaren Adressaten des Schreibens (πάντες), wobei ein ἔστε oder γίνεσθε (evtl. auch das Part. ὄντες) mitzuhören ist. 2. V 8 bietet eine im NT auch an anderen Stellen zu beobachtende ‚Kleinform‘ an, einen Tugendkatalog2. Solche Aufzählungen von Tugenden (manchmal auch in Verbindung mit Lasterkatalogen) sind in philosophischen Kreisen der Antike, vor allem in solchen, die eine ‚Seelsorge‘ im Sinne von Lebensbegleitung anstrebten,3 nicht selten in Gebrauch. „Die überwiegend der hell. Popularphilos. entnommenen Moralbegriffe bedeuten, daß christliche Ethik weder eine Sonderethik noch eine Ritualethik darstellt, sondern daß sie gemeinantike Moralbegriffe auswählt und sie in eine neue theol. Heilsordnung integriert.“4 3. Sehr viele Kommentare entscheiden sich bei der Wiedergabe des Partizips in V 9 zu Recht für eine imperativische, was sich vom vorausgehenden V 8 und seinem Inhalt auch nahelegt.5 4. Mit V 10 beginnt ein ausführliches Zitat aus Ps 33,13–17 LXX.6 Die Frage in Ps 33,13 LXX ist in 1Petr 3,10a „konditional stilisiert“7 worden. Dieses ausführlichste Zitat aus dem AT in 1Petr dient im jetzigen Kontext als Begründung für die paränetischen Weisungen.8 Es ist sprachlich angeglichen worden; vor allem ist ein Wechsel von der 3. Person zur 2. auszumachen. 5. In V 12 ist in den LXX-Text ein ὅτι eingefügt. „This ὅτι does not appear in the LXX nor is a causal conjunction used in the MT. Thus, compared to the LXX and the MT, the text of 1 Peter makes more explicit the function of verse 12 as a motivational grounds for the series of third person imperatives in verses 10–11.“9 Im Vergleich von Prätext und 1Petr-Gebrauch fällt auf: „Im Psalm richtet der Herr seinen Blick auf diejenigen, die Betz, Lasterkataloge/Tugendkataloge 89: „L./T. sind listenartige Zusammenstellungen von Begriffen ethisch-moralischer Art. Je nach Kontext finden sie sich getrennt oder einander gegenübergestellt. Die Begriffe benennen allg. oder spezielle Verhaltensweisen oder Gesinnungen, deren Interpretation im Rahmen übergeordneter Konzeptionen erfolgt … Die Ausformung von L./T. erfolgte im > Hellenismus im Zuge moralphilos. Begriffsbildung vorwiegend aus den Quellen peripatetisch-stoischer Güterlehren … die im hell. Judentum zahlreichen T./L. sind ein neues Phänomen, das sich der Hellenisierung verdankt … Die Texte sind den jeweiligen Gattungen der Weisheitslit. und Apokalyptik angepaßt … sie weisen auch teilweise Begriffe der Popularphilos. auf.“ 3 Vgl. die Ausführungen zu Abschnitt 1Petr 2,1–3 und die dort angegebene Literatur. Ein schönes Bsp. bietet die Bildtafel des Kebes 20,3. 4 Betz, Lasterkataloge/Tugendkataloge 90. Ein Lasterkatalog war bereits in 1Petr 2,1 auszumachen. 5 Vgl. auch Dubis, 1Peter 98f; Forbes, 1Peter 108f. 6 Zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden vgl. auch die Auflistung bei Achtemeier 225 Anm. 70. 7 Brox 154; vgl. auch Goppelt 230. Zur Anpassung des Zitats vgl. auch Achtemeier 225f. 8 Vgl. auch Müller, Schrift. 9 Dubis, 1Peter 102. 2
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Böses tun, damit die Erinnerung an sie ausgelöscht werde …, wohingegen sich Gottes Angesicht in 1Petr 3,12 ohne entsprechenden Zusatz gegen diejenigen richtet, die Böses tun. In manchen Textzeugen (614, [630], 1505, al, vgmss, syh) ist später sogar – analog zu der Formulierung im Psalm, aber wesentlich schärfer – hinzugefügt worden, der Herr richte sich gegen sie, damit sie (und nicht nur die Erinnerung an sie!) ausgelöscht würden.“10 6. Manche Handschriften (z.B. P 307.2492 Byz vgms) gebrauchen in V 13 μιμηταί. Möglicherweise hatte ζηλωταί für diese Schreiber durch Konnotationen nach den jüdisch-römischen Kriegen11 einen zu negativen Klang und konnte auf diese Weise umgangen werden. Erklärung Die Reihung von Tugenden in V 8 zeigt Übereinstimmungen mit Tu8 gendkatalogen der Antike, erfährt allerdings im Kontext einer christlichen Paränese ganz eigene Akzentuierungen. Das als erste Eigenschaft verwendete ὁμόφρων, ein Hapaxlegomenon des NT, meint selbstverständlich nicht, dass alle in allen Angelegenheiten und Fragestellungen die selbe Meinung vertreten, sondern dass man sich untereinander „einig“ ist12 – „Eintracht“ lebt (vgl. auch Phil 2,2: τὸ ἓν φρονοῦντες). Was mit dem Wort Sympathie ursprünglich gemeint ist, kann bei der Beschäftigung mit dem 1Petr neu zu Bewusstsein kommen, sind doch die Adressaten dieses Schreibens diversen Leiderfahrungen13 ausgesetzt. Diese sollen sie miteinander zu bestehen suchen, indem sie συμπαθής („mitfühlend“, „mitleidend“) sind.14 Die bereits in 1Petr 1,22 und 2,17 thematisierte bzw. eingeforderte „Bruderliebe“15 wird auch in die Reihung von V 8 aufgenommen, in diesem Fall sogar in der Mittelposition.16 Die geschwisterliche Liebe hat im 1Petr primär die Schwestern und Brüder in der Gemeinde im Blick. Das erhellende Beispiel für εὔσπλαγχνος17 wird den Adressaten
Röder, gut 123 Anm. 122. Vgl. auch Forbes, 1Peter 113: „probably a deliberate attempt to soften a term“ (und dessen Hinweise auf Achtemeier 228; Michaels 183). 12 Vgl. auch Röm 15,5: τὸ αὐτὸ φρονεῖν ἐν ἀλλήλοις. Vgl. zu diesem Anliegen auch Röm 12,16; 1Kor 1,10; Phil 4,2. 13 Vgl. dazu bes. Millauer, Leiden; Reichert, praeparatio; Holloway, Coping; Guttenberger, Passio; Williams, Persecution. 14 Vgl. zum „mitleiden“ auch 4Makk 13,23: „Wenn nun also auf diese Weise die Bruderliebe in den Zustand des gemeinsamen Fühlens eintritt …“; 15,4; Röm 8,17; 1Kor 12,26; Hebr 4,15; 10,34. 15 Vgl. dazu Evang, Verständnis; Schlosser, Aimez u.a. 16 Zur „Bruderliebe“ vgl. 2Makk 15,14; 4Makk 13,21.23.26; 14,1; 15,10; im NT bes. Röm 12,10; 1Thess 4,9; Hebr 13,1; 2Petr 1,7; vgl. auch Pilhofer, Überlegungen und die Ausführungen zu 1Petr 1,22 (oben). 17 Der Begriff wird auch in TestSeb 9,7 verwendet; zur εὐσπλαγχνία in TestXII vgl. auch TestSeb 5,1; 8,1; 9,8; dazu Opferkuch, Mensch 185. Zur Verwendung von εὔσπλαγχνος/εὐσπλαγχνία (in Eph 4,32; 1Clem 14,3; 54,1 u.a.) vgl. auch Becker, Lukas 304 Anm. 585. 10 11
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vor allem in Jesus Christus selbst erkennbar, in dem Gottes Erbarmen18 zur Erfahrung wird, der sich immer wieder und bis zur letzten Konsequenz in seinen „Eingeweiden“19 anrühren ließ und von daher „barmherzig“ und „mildtätig“ begegnet. Die mit dem ntl Hapaxlegomenon20 ταπεινόφρων gekennzeichnete Tugend21 (vgl. 1Petr 5,5.6) hat im 1Petr nichts mit „Bücklingshaltung“ oder „Kriecherei“ zu tun.22 Der „niedrig Denkende“ hat keinen Lustgewinn an Selbsterniedrigung, sondern weiß sich angesichts der Größe Gottes und der Kostbarkeit anderer realistisch einzuschätzen – bereit zu Demut und Bescheidenheit/Selbstbescheidung. „Denn die christliche Rede von der ταπεινοφροσύνη, was man etwas frei als eine ‚sich am Niedrigen orientierende Daseins- und Handlungsorientierung‘ übersetzen könnte, steht in einer Reihe mit der positiven Umprägung und Aufwertung von ‚schwachen‘ und ‚unedlen‘ Statusbezeichnungen wie Sklave (δοῦλος) und Dienst (διακονία), mit denen das Frühchristentum eine sich an der Offenbarung Gottes im Gekreuzigten orientierende ‚Umwertung der Werte‘ gerade im Blick auf sein Verhältnis zu Macht, Status und Ehre auf pointierte und durchaus auch provozierende Weise zum Ausdruck gebracht hat.“23 Ein erhellenden Bsp. bietet das Magnifikat in Lk 1,48: ὅτι ἐνέβλεψεν ἐπὶ τὴν ταπείνωσιν τῆς δούλης αὐτοῦ (vgl. auch Lk 1,52: καὶ ὕψωσεν ταπεινούς). Die erste mit ὅτι eingeleitete Begründung des Lobgesangs Mariens gibt das Schauen Gottes an, das auf die Niedrigkeit (ταπείνωσις) seiner Sklavin/Magd gerichtet ist. Vgl. in diesem Zusammenhang vor allem auch 1Sam 1,11: „Sie (Hanna) machte ein Gelübde und sagte: Herr der Heere, wenn du das Elend deiner Zur Verwendung des entsprechenden Verbs σπλαγχνίζομαι bei Lukas vgl. Lk 7,13; Lk 10,25–38, bes. V 33, und Lk 15,20 (vgl. auch Mk 1,41; 6,34 par. Mt 9,36; 14,14; Mk 8,2 par. Mt 15,32; Mt 20,34); vgl. auch die σπλάγχνα des Erbarmens Gottes in Lk 1,78. Vgl. den Hinweis auf die Derivate des Stamms σπλαγχν- bei Witte, Barmherzigkeit 390 Anm. 8: Sprlxx 12,10; 17,5; TestSeb 1; 5,1; 8,1; 9,8; TestBenj 4,1. 19 Vgl. zu den εὔσπλαγχνοι auch Od 12,7; Eph 4,32. 20 Vgl. auch Becker, Begriff 197. 21 Vgl. auch Spr 29,23: „Hochmut erniedrigt den Menschen, doch der Demütige kommt zu Ehren“; Sir 35,21: „Das Gebet eines Demütigen durchdringt die Wolken“; Apg 20,19; Eph 4,2; Phil 2,3; Kol 2,18.23; 3,12. Zur Demut vgl. auch die Arbeiten von Dihle, Demut; Wengst, Demut; Zemmrich, Demut; Feldmeier, Macht; ders., Basis; Becker, Begriff, sowie die Ausführungen zu 1Petr 5,5f. 22 Die Haltung ist hier eindeutig positiv gewertet; vgl. Forbes, 1Peter 108. Hinsichtlich einer solchen Bewertung gibt es in der Antike große Unterschiede; vgl. z.B. Plut., mor. 336e; 475e (mit negativer Kennzeichnung). Vgl. zu den divergierenden Bewertungen auch Zemmrich, Demut 382–386; Feldmeier, Macht 81; Heckel 114: „Das Wortfeld der ‚Demut‘ deuten die Christen positiv. Im profan-gr. Kulturraum bezeichnet die Vokabel eine unterwürfige, kriecherische, jedenfalls meist verachtete Haltung … Die Christen setzen damit eine Linie fort, die im hellenistischen Judentum angelegt war (TestGad 5,3; 4 Esr 8,48–51) und an die Verheißungen für die Demütigen im Alten Testament anknüpft.“ 23 Feldmeier, Basis 252. Vgl. auch dessen Bemerkung (ebd. 258) zum Vergeltungsverzicht im nachfolgenden Vers: „Wohl nicht zufällig steht in 1Petr 3,8 die Demut hier wie in Röm 12 zwischen den Mahnungen zur innergemeindlichen Einheit und denen eines Vergeltungsverzichts nach außen.“ 18
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Magd wirklich ansiehst, wenn du an mich denkst und deine Magd nicht vergisst und deiner Magd einen männlichen Nachkommen schenkst, dann will ich ihn für sein ganzes Leben dem Herrn überlassen“. Im jetzigen Erzählkontext als Lied der Maria gewinnt der Hymnus des Magnifikat sicher eine ganz persönliche Note; er besingt Gottes Handeln in und durch Maria. Dabei scheint es von nicht unerheblicher Bedeutung zu sein, dass Maria als Stimme der Niedrigen zu vernehmen ist, als Frau des Volkes Israel, das immer wieder „Niedrigkeit“ und „Erniedrigung“ erfahren hat. In diesem Zusammenhang ist auch auf Jdt 9,11 hinzuweisen: „Denn deine Macht stützt sich nicht auf die große Zahl, deine Herrschaft braucht keine starken Männer, sondern du bist der Gott der Schwachen und der Helfer der Geringen; du bist der Beistand der Armen, der Beschützer der Verachteten und der Retter der Hoffnungslosen“24. Die „Niedrigen“ – das sind diejenigen, die ihre Hoffnung und Stärke allein in ihrem Gott erkennen. 9 Die Forderung, nicht Gleiches mit Gleichem zu vergelten,25 vor allem aber nicht Unrecht mit Unrecht zu beantworten,26 hat unter Friedenssuchern immer wieder Ausdruck gefunden (vgl. auch die vergeltungskritischen Impulse in Röm 12,17–21; 1Thess 5,15; Mt 5,39). Mit V 9 wird an sich nicht nur der Satz aus V 8, sondern auch die Reihung von Haltungen fortgesetzt. Dennoch verraten die Verneinung und die inhaltliche27 Nähe zu Aussagen der Jesustradition28 – vgl. vor allem Mt 5,11: „Selig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und sagen alles Böse über euch, [lügend], wegen meiner“29 – , dass das entscheidende, orientierende Beispiel durch Jesus Christus selbst gegeben/mitgegeben ist, wenn es heißt: „Vergeltet nicht Böses mit Bösem, nicht Beschimpfung mit Beschimp Vgl. hierzu Schmitz/Engel, Jdt 298–300. Vgl. z.B. die Aufnahme des Beispiels Davids in 1Sam 24 bei Jos. ant. VI 284. Vgl. auch die Bsp. in Konradt, Mt 94: „Die Absage an das Prinzip, Böses mit Bösem zu vergelten, begegnet schon in der atl. Weisheit (Spr 20,22; 24,29); sie schreibt sich in frühjüdischen Schriften fort (z.B. 2Hen 50,4; PseudPhok 77; 1QS 10,17f ) und verdichtet sich in Josef und Aseneth zu einem ethischen Leitsatz: Gott-verehrenden Männern geziemt es nicht, Böses mit Bösem zu vergelten ( JosAs 23,9; 28,5; vgl. auch 28,10.14)“; vgl. auch JosAs 29,3 und die Arbeiten von Zerbe, Non-Retaliation; Gerber, Blickwechsel 205 Anm. 14; Niebuhr, Ethik 193.195. 26 Vgl. z.B. Platon, Kriton 49b-c; darin das Wort des Sokrates: „Also weder wiederbeleidigen/wieder Unrecht tun (ἀνταδικεῖν) darf man noch irgendeinen Menschen misshandeln (κακῶς ποιεῖν), und wenn man auch, was es immer sei, von ihm erleidet“. 27 Vgl. auch Röm 12,17: „Vergeltet niemand Böses mit Bösem! Seid allen Menschen gegenüber auf Gutes bedacht!“ und 1Thess 5,15: „Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergilt, sondern bemüht euch immer, einander und allen Gutes zu tun.“ 28 Vgl. Luther, Sprachethik 175: „Der Text arbeitet verstärkt mit Traditionen: V. 9a rekurriert implizit auf Weisungen der Bergpredigt (z.B. Mt 5,38–42.44). Vv. 10–12 zitieren Ps 33,13–17 LXX.“ 29 Vgl. hierzu Konradt, Mt 70 (mit Blick auf Mt 5,10); vgl. auch Fiedler, Mt 116 Anm. 46: „Was Mt hier mit V. 10 und 11f tut, findet sein Echo in 1 Petr 3,14 und Polyk 2,3“. 24 25
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fung! Im Gegenteil: Segnet, weil ihr dazu berufen wurdet, damit ihr Segen erbt“30. Das insbesondere in der Bergpredigt des Mt-Ev31 erkennbar werdende Interesse, den Teufelskreis des Bösen zu durchbrechen, um neue Lebensmöglichkeiten zu entdecken, wird auch hier spürbar. Die gängige und weithin (leider auch heute) übliche Reaktion auf „Böses“ lautet „Böses“; auf λοιδορία folgt in der Regel eine noch massivere Variante von λοιδορία.32 Der 1Petr lädt zum wiederholten Mal (vgl. vor allem 2,23) dazu ein, diesen unseligen Zusammenhang zu durchbrechen.33 Schon in 1Petr 2,23a war Jesus Christus als derjenige ὅς λοιδορούμενος οὐκ ἀντελοιδόρει vor Augen gestellt worden.34 Die Adressaten sind berufen, seinen Spuren zu folgen (vgl. 1Petr 2,21).35 Gleichzeitig verrät das Wort „Beschimpfung/Schmähung“ auch etwas über die konkreten Herausforderungen36, mit denen sich die Adressaten in der sie umgebenden Gesellschaft konfrontiert sahen.37
Vgl. auch Lk 6,28: „Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch beschimpfen!“; vgl. hierzu neben den Kommentaren auch Heininger, Bitte, bes. 311, und dessen Hinweis auf Wolter, Lk 259: „Christen erhalten ihre ethische Alleinstellung dadurch, dass sie sich in ihrem zwischenmenschlichen Verhalten nicht am Prinzip der Reziprozität orientieren“. Brox (154 Anm. 491) gibt den Hinweis: „In diesem Wort begegnen immerhin die beiden Verben εὐλογεῖν und ἐπηρεάζειν aus 1Petr 3,9.16“. 31 Vgl. Metzner, Rezeption 75–89 u.a. 32 Eine Alternative zeigt Epiktet, Encheiridion 42, auf: „Wenn dir jemand etwas Böses antut oder schlecht über dich redet, denke daran, dass er dies tut oder sagt, weil er glaubt, er müsse es tun … Wenn du das bedenkst, wirst du nachsichtig gegenüber dem, der dich beschimpft [πρὸς τὸν λοιδοροῦντα]“. 33 Vgl. auch Polykarpbrief 2,2. Zum Ausstieg aus dem üblichen Kreislauf der λοιδορία vgl. auch Philem, Fr 23 (Text [gr./dt.] auch in Wettstein II/2, 1369): „Nichts ist angenehmer und nichts feiner als die Fähigkeit, Beschimpfungen zu ertragen. Denn wenn derjenige, der beschimpft wird, sich nichts daraus macht, wird der Beschimpfer beschimpft, weil er schimpft“. 34 Vgl. Luther, Sprachethik 175: „V. 9 verweist durch die Rekurrenz auf 2,22f. indirekt auf Jes 53,9“. Vgl. auch Brox 153: „Christlich sind der Verzicht auf Revanche und der Abbruch der Fortsetzung des Bösen dadurch, daß sie dem Beispiel des leidenden Christus entsprechen und seinen ‚Fußspuren‘ nachgehen“; Shaw, Considering 164. 35 Vgl. Luther, Sprachethik 184: „Sprachkontrolle … gründet in der imitatio Christi“; ähnlich 427; vgl. auch de Waal Dryden, Theology 163–191. 36 Bechtler, Following 93f, denkt an Angriffe verbaler Art; vgl. auch Rubel, Abgrenzung: „Opfer hauptsächlich verbaler Gewalt, sei sie direkter oder indirekter Art“. 37 Vgl. Mikat, Konflikt; Müller, Diaspora, passim. 30
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Wie sieht die Alternative38 aus? Der 1Petr plädiert für „segnen“39 (vgl. auch Röm 12,1440; Lk 6,2841 // Mt 5,44)42; Segen „ist immer Bitte zu Gott, Bekenntnis zu Gott, er möge Gnade schenken“43, wobei auch Gegner eingeschlossen44 sind. Einerseits entspricht das Segnen der Berufung,45 auf die sich die Adressaten stützen.46 Andererseits wird den Segnenden das Erbe47 in Aussicht gestellt, zu dem hin sie unterwegs sind und das ebenfalls εὐλογία heißt. 10–12 Das längste bzw. ausführlichste, allerdings uneingeleitete Zitat aus atl Texten, das im 1Petr auszumachen48 ist, ist die Übernahme von Ps 34,13–1749 in 1Petr 3,10–12. Es handelt sich in mancherlei Hinsicht um eine relativ Das τοὐναντίον δέ ist aus τὸ ἐναντίον gebildet. „Segnen“ als Alternative zu bedrängenden Erfahrungen nimmt bereits Ps 129 in den Blick. Wagner/Vouga (110) sprechen von „paradoxe(n) Interventionen“. 39 Vgl. dazu bes. Heckel, Segen; Ostmeyer, Segen. Zur „Alternative“ vgl. auch 1Kor 4,12 (λοιδορούμενοι εὐλογοῦμεν) im Kontext von 1Kor 4,9–13. Von Lk 24,50–53 her könnte man das „Segnen“ vielleicht auch als Element des Abschieds und damit der Distanzierung verstehen, wobei die entscheidende Kraft „von oben“ erwartet wird. 40 Zu diesem Vergleich auch Piper, Hope 219–220. Ebd. 220: „The Stoics had re flected long on this problem and in general admonished the true philosopher to endure reviling … and threat the reviler with gentleness, … although with a different motive than the early Christians … If then λοιδορούμενοι εὐλογοῦμεν reflects paraenesis common among the churches, then very probably the combination of λοιδορίαν and εὐλογοῦντες in I Peter 3.9 is traditional.“ Vgl. auch Vahrenhorst 143; Heckel 115: „1Petr kennt wohl den Röm …, dürfte hier aber unabhängig von Röm 12 formulieren“. 41 Vgl. Piper, Hope 221: „I would argue, therefore, that Luke 6.28a was not created by the church to expand Jesus’ original ‚Love your enemies‘ (Luke 6.27), but rather that Rom 12.14 and I Peter 3.9 are free adaptions of Jesus’ word which had been taken up (albeit not word for word) into the paraenetic tradition“. Vgl. auch Zeller, Röm 210: „Das lässt auf eine gemeinsame katechetische Topik schließen, die ihrerseits – wie auch der Mahnspruch Jesu – in der Weisheitsliteratur wurzelt … So sagt schon ein ägyptischer Spruch: ‚Es ist schöner, einen anderen zu segnen, als dem zu fluchen, der dich geschädigt hat‘ (Papyrus Insinger 19)“. Vgl. auch die Aufnahme des Anliegens in Diog 5,15. 42 Vgl. auch den Beitrag von Reiser, Love, der sich (417f ) auch zur Aufgabe des Vergeltungsprinzips bei Musonius und Epiktet (mit Impuls von Sokrates her) äußert. Vgl. außerdem Zerbe, Non-Retaliation. 43 Bauer 44f. 44 Vgl. Popp, Kunst 493: Die Adressaten „werden also zum Risiko der asymmetrischen Anerkennung selbst der Gegner animiert“. 45 Damit kommt auch Abraham – Bild des Pilgers in der Fremde – ins Spiel, durch den (mit Sara; vgl. 1Petr 3,5f ) die Völker Segen erlangen sollen; vgl. bes. Gen 22,18. 46 Zur Diskussion um das Verständnis des εἰς τοῦtο vgl. Piper, Hope 224–228; Zerbe, Non-Retaliation 286f. 47 Vgl. u.a. Wolff, Erbe; Heckel, Segen, bes. 153.181.186f.242.247. Zum „Erben“ der Adressaten vgl. die Ausführungen zu 1Petr 1,3–9, bes. V 4, und 1Petr 3,7. Vgl. in diesem Kontext (Stichwort „erben“) auch Mt 25,34. 48 Vgl. Müller, Petrusbrief; vgl. zur Verwendung von Ps 34 in 1Petr 3,10–12 außerdem Piper, Hope; Gréaux, Lord, bes. 610–612; Zwemstra/Cornelius, gebruik, bes. 339f; Christensen, Solidarity. Gilmour, Casualty, konstatiert eine besondere Beziehung des Autors zu Ps 34 (mit entsprechender Übersicht ebd. 411). 49 Zur Auslegung von Ps 34 vgl. jetzt bes. Gies, Schalom. 38
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freie Wiedergabe des Psalmtextes, was die Formgebung angeht. Die in Ps 34 (MT) zu beobachtende direkte Anrede ist zugunsten einer ausschließlich in der dritten Person Singular (vgl. LXX-Text)50 konstruierten Ermutigung aufgegeben. Die Inhalte und die eingeforderten Verhaltensweisen sind alle aus dem Psalm übernommen. Das ausführlichste Zitat, das der 1Petr aus dem AT übernimmt, steht somit im Dienst der Paränese.51 1Petr 3,10–12 spricht alle an, die in ihrer Lebenslust gute Tage erleben möchten, die in sich ein Verlangen nach Glück und gelingendem Leben erspüren. In fast wörtlicher Übernahme des Psalms (34,13–17)52 wird zunächst zu einer Zügelung der eigenen Zunge53 aufgerufen.54 Sodann wird die allgemeinste aller ethischen Normen („Das Böse ist zu unterlassen, das Gute ist zu tun“)55 in Erinnerung gebracht und eingefordert, begleitet von der Mahnung, den Frieden zu suchen56 und nach ihm zu trachten. Die Ablehnung von jeder Form von δόλος war bereits ein Thema des Lasterkatalogs in 1Petr 2,1. Zudem war in 1Petr 2,22 im Kontext der Sündenlosigkeit des Christus mittels eines Zitats aus Jes 53,9 davon die Rede, dass in seinem Mund kein δόλος zu finden war. Das Verb ἐκκλίνω im Sinn von „sich abwenden von“ kennt auch die LXX (vgl. Num 22,33; Dtn 29,17); für das NT ist auf Röm 3,12 und 16,17 zu verweisen. Die Abwendung vom Bösen steht im Psalm wie in V 11 in Verbindung mit einer aktiven Friedenssuche, wie sie auch in den Seligpreisungen der Bergpredigt zum Thema wird (vor allem Mt 5,957; vgl. zur Friedenssuche auch Jak 3,18; 2Kor 13,11; Gal 5,22; 1Thess 5,13).
Vgl. auch Gilmour, Casualty 411: „the Greek version of Ps 34:12–16a (= LXX 33:13–17a) is quoted in 1 Pet 3:10–12 with slight modification“. 51 Vgl. auch Bauckham 313: „The psalm … serves to give a scriptural basis for the paraenesis, and to supply the additional element of motivation in V. 12“; Feldmeier 124 weist „das Zitat als Begründung für die Paränese aus“. Zur Paränese im 1Petr vgl. bes. auch Sandnes, Conventions. 52 Vgl. Gréaux, Lord 609: „He seems to be fully aware that the theme of the psalm corresponds to the theme of the epistle he is writing. He quotes from it to highlight points he is making and to undergird them with scriptural authority“; vgl. auch Carson, 1 Peter 1037. 53 Zu diesem wichtigen Thema atl und ntl Paränese vgl. u.a. Müller, Geschwätzigkeit. 54 Vgl. zum Thema „Zügelung der Zunge“ im NT vor allem Jak 3,1–12; vgl. auch Jak 1,26. 55 Vgl. auch Jes 1,16f; 7,15f; Am 5,14f; Röm 12,9: „Verabscheut das Böse, haltet fest am Guten!“; 16,19: „weise für das Gute, unzugänglich für das Böse“; 1Thess 5,21f. 56 Das ζητεῖν hat auch in der Philosophie der Antike bes. Gewicht; so konstatiert Plut., de E 385C: ἐπεὶ δὲ τοῦ φιλοσοφεῖν … τὸ ζητεῖν ἀρχή, τοῦ δὲ ζητεῖν τὸ θαυμάζειν καὶ πορεῖν; vgl. Plat., Tht. 155D; vgl. auch Philo det. 24. 57 Vgl. Konradt, Mt 70, der vor allem auf die Verbindung zu Mt 5,44f aufmerksam macht: „Feindesliebe ist ein Akt des Friedenstiftens. Und umgekehrt bedeutet Friedenstiften für Matthäus und seine Gemeinden das Bemühen, Feindschaft zu überwinden, indem man dem Feind Wohltaten erweist, sich um das Gedeihen seines Lebens kümmert und für ihn betet“. 50
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Von der stilistischen Formung her ist zu beachten, dass in V 12a.b zunächst ein synonymer Parallelismus gebildet wurde, der in V 12c in einem antithetischen Parallelismus weitergeführt wird. Im Blick auf die Übeltäter beschränkt sich der 1Petr am Ende von 3,12 auf die Wahrnehmung entsprechender Taten durch Gott; von einem gerichtlichen Handeln (vgl. Ps 34,17b) ist an dieser Stelle nicht die Rede. Hinsichtlich der auch in Ps 33 LXX verwendeten Wendung ἀγαθὸν ποιεῖν konstatiert Karl Olav Sandnes: „The Old Testament concept of holiness is transformed into liv ing honorably among the Gentiles: καλός and ἀγαθός replace ἅγιος … Performing good thus means to behave honorably in the eyes of critics, truly a strategy developed from the position of people who are margin alized.“58 Deren Not artikuliert sich vor allem im Bittgebet, das hier durch den Begriff δέησις aufgenommen wird.59 Die Selbstverständlichkeit, Bitten als einen Grundvollzug des Lebens zu begreifen, ist auch in der Verkündigung Jesu spürbar;60 in einem weisheitlichen Mahnwort sagt er in Mt 7,7: „Bittet, und euch wird gegeben werden“. Die Spruchgruppe vom Bitten (Mt 7,7–11) stimmt mit Lk 11,9–13 in wesentlichen Teilen wörtlich überein und kann der Logienquelle zugeschrieben werden. Für die mit Mt 7,7–11 verbundene Erhörungsgewissheit entscheidend ist die in V 11 durchgeführte conclusio a minori ad maius: „Wenn nun ihr, die ihr böse seid, wisst, euren Kindern gute Gaben zu geben, um wieviel mehr wird euer Vater in den Himmeln Gutes geben den ihn Bittenden!“ Damit geht es vor allem um die Bitte an Gott bzw. um die mögliche Höreridentifikation als Bittende zu Gott. Innerhalb der Bergpredigt greift Mt 7,11 auf Mt 6,8 zurück: „… denn es weiß euer Vater, wessen ihr Bedarf habt, bevor ihr ihn bittet“ (vgl. auch Mt 6,32). Mt 7,11 sagt den Bittenden die Erhörung unbedingt zu. Die Ursache der Gebetserhörung ist die Güte des himmlischen Vaters, der weiß, wessen der Bittende bedarf (vgl. Mt 6,26.31f ). Diese „Mahnung zu vertrauensvollem Gebet“61 kann bei Mt als Hauptthema der Gebetsunterweisung Jesu verstanden werden.62 So ist in Mt 21,22 ein aus Mk 11,24 übernommenes Wort zu finden, das noch einmal ausdrücklich zum Bitten ermutigt: „und alles, wieviel immer ihr erbittet im Gebet, glaubend werdet ihr (es) empfangen“ (vgl. auch Joh 14,13f ). Der „Vertrauensglaube äußert sich im Gebet, das als Bittgebet Gott alles zutraut (vgl. Sir 7,10), in dem der Mensch restlos auf Gott setzt“63.
Sandnes, Conventions 385. Evtl. kann auch ein Rückverweis auf die u.U. behinderten Bitt-Gebete von (Ehe-) Männern in 1Petr 3,7 erkannt werden. 60 Vgl. u.a. Müller, Bitten 13–21. Bei der Nähe zu Traditionen, die in das Mt-Ev Eingang gefunden haben, ist es durchaus denkbar, dass Rezipienten des 1Petr auch einen (impliziten) Bezug auf Jesusüberlieferung heraushören konnten. 61 Lohfink, Grundstruktur 23.26. 62 Vgl. Müller, Bitten 17–18. 63 Pesch, Mk II, 206. 58 59
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Den vertrauend Bittenden64, die V 12 mit Ps 34 als „Gerechte“65 versteht, gegenüber sind die Augen des Herrn zugewandt und stehen die „Ohren Gottes“ (vgl. in der LXX: 3Kön 8,52; 2Chr 6,40) offen. Zunächst beurteilt der Autor des 1Petr die Situation der Adressaten so, 13–14 dass sich manche böse Intention angesichts des Erlebens von Guten bzw. Gutem relativieren oder verlieren wird.66 So kann die Frage in V 13 auch so gelesen werden, „… wer ist, der euch Schaden zufügen wird, wenn ihr Eiferer für das Gute67 geworden seid?“68 Dann aber kommt in den Blick, dass auch der Gerechte leiden muss. In solchen Fällen69 bzw. unter solchen Umständen70 gewinnt erneut das Wort und Beispiel Jesu Christi besonderes Gewicht: „Aber wenn ihr auch leiden müsst wegen der Gerechtigkeit, Selige (seid ihr). Fürchtet aber nicht die Furcht vor ihnen, und geratet nicht in Schrecken!“ In 1Petr 3,14f werden wiederum Formulierungen des Jesaja-Buches71 aufgegriffen.72 Die Seligpreisung (vgl. auch 4,14; vgl. außerdem Jak 1,1273.25; 5,11 [μακαρίζειν]74) der wegen der Gerechtigkeit Leidenden, die in gleicher Weise im Mt-Ev (5,10)75 zu vernehmen ist,76 wird flankiert von einem Aufruf zur Furchtlosigkeit, der aus Jes 8,12 übernommen
Der Begriff δέησις steht vor allem für das Bittgebet; vgl. JosAs 11,11; 12,3; Lk 1,13; Phil 1,4; Jak 5,16. Vgl. auch Ostmeyer, Kommunikation 45. 65 Vgl. auch 4,18. Zum Gebet von Gerechten vgl. auch Jak 5,16. Zur Kennzeichnung als „Gerechte“ vgl. auch Hebr 12,23; Offb 22,11. 66 Vgl. die Ausführungen zu 1Petr 2,12 oben. 67 Vgl. Sir 51,18 LXX.D: „und ich war eifrig bemüht um das Gute“. 68 Es gibt auch Ausleger, für die es sich um eine rhetorische Frage handelt; vgl. z.B. Dubis, 1Peter 105f; Forbes, 1Peter 113; Wagner/Vouga 112. 69 Zum Bemühen, dem Bösen mit Güte zu begegnen vgl. auch M Ant XI 18 (Text auch in Wettstein II/2, 1371). 70 Der Optativ markiert den potentialen Konditionalsatz; vgl. hierzu Standaert, surprise 393. 71 Vgl. bes. die Ausführungen zu 1Petr 2,22–25. 72 Für die Zitation von Jes 8,12f ist nach Dubis, 1Peter 108f, eine größere Nähe zum MT auszumachen. 73 Vgl. hierzu Metzner, Jak 73: „Der Satz wird im verbreiteten Stil des Makarismus formuliert, der feierlich Glück, Heil und Segen zuspricht“. 74 Zu den Seligpreisungen des Jak vgl. auch Niebuhr, Seligpreisungen, der für die Makarismen in Mt und Jak auf die „Verwurzelung in der biblischen und frühjüdischen Überlieferung“ (290) aufmerksam macht, und für Jak 1,12 festhält (295): „Im Makarismus in 1,12 wird die Orientierung auf den endzeitlichen ‚Gewinn‘ zum Impuls für das Ausleben und die Bewährung des Glaubens in der Gegenwart“. 75 Vgl. Metzner, Rezeption 7–33. Vgl. auch Gundry, Further Verba 228. Nach Vahrenhorst (147) u.a. muss das nicht mit einer literarischen Abhängigkeit verbunden sein. 76 Nach Millauer, Leiden 146, ist davon auszugehen, „daß die frühe christliche Gemeinde die Seligpreisung des Leidenden, des um seines christlichen Bekenntnisses willen Geschmähten und Verfolgten und in Geduld Ausharrenden als festes Traditionsstück überliefert hat“. 64
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ist: τὸν δὲ φόβον αὐτῶν μὴ φοβηθῆτε μηδὲ ταραχθῆτε.77 Die anschließend in V 15 angesprochene Heiligung des κύριος nimmt zudem Vokabeln des bei Jesaja (8,13) unmittelbar folgenden Verses auf. Wie in den Seligpreisungen der Bergpredigt wird auch in 1Petr deutlich erkennbar, dass der Weg der Gerechtigkeit kein ‚Spaziergang‘ ist. Wie ein roter Faden durchzieht das Thema der Leiderfahrungen78 den Gesamttext des 1Petr (vgl. u.a. 2,19–21; 3,17f; 4,13.15f ). Die Glaubenden finden nicht am Leid79 vorbei zur Gerechtigkeit. Doch trotz bitterer Erfahrungen und Zumutungen gelten die Zusagen Gottes. Von daher können die Glaubenden seliggepriesen werden. Sie können Furcht und Schrecken hinter sich lassen80 und den neuen Weg in den Fußspuren Christi wagen. Auffällig und erhellend ist allerdings, wie der 1Petr „die widrigen Umstände der gesellschaftlichen Ausgrenzung als Identifikationsmerkmal der Christen deutet und die damit verbundene Auffälligkeit als Chance zur Profilierung begreift, die der Mission dienstbar gemacht wird“81. 15 Die Aufforderung der Heiligung des κύριος, wie sie z.B. in Jes 8,13 zur Sprache kommt, wird in 1Petr 3,15 – in bewusster und zielgerichteter Aufnahme jesajanischer Formulierungen – auf Christus als κύριος bezogen.82 Die Glaubenden sollen ihn in ihrem Herzen heiligen, um auf diese Weise in der Lage zu sein, Rechenschaft83 zu geben von der in ihnen lebendigen Hoffnung.84 Immer wieder ist auf diesen Vers zugegriffen worden, um deutlich zu machen, dass Christen ansprechbar und auskunftsfähig sein sollen.85 Man Vom Jes-Text her ist bei αὐτῶν an einen gen. obj. zu denken. Bei einem alternativen Verständnis als gen. subj. ginge es um eine Einladung, die sprichwörtliche „HeidenAngst“ nicht zu teilen. 78 Vgl. u.a. Goppelt 41: „Der Brief entwickelt demnach eine einheitliche Thematik: Die Existenz des Christen in der nichtchristlichen Gesellschaft und ihre Bewältigung durch die Bereitschaft, Repression zu ertragen, zu ‚leiden‘“; Schröger, Wegweisung; Millauer, Leiden; Dschulnigg, Aspekte; Guttenberger, Passio. Manche Ausleger gehen auch von „physical persecution“ aus; vgl. Holloway 70f; Hauck, DYNAMIS 341. 79 Vgl. auch die Ausführungen zu 1Petr 2,19–21. 80 Vgl. auch 1Petr 3,6 und das Bsp. der Frauen – mit Blick auf Situationen und Umstände, in die Frauen (und Männer) geraten können. 81 Feldmeier, Außenseiter 162. Vgl. auch Poplutz, Fremdheit 225: „Das Anderssein der christlichen Gemeinden wird als Chance verstanden, auf die zugrundeliegenden Motive des eigenen Lebensentwurfes aufmerksam zu machen und dafür zu werben“. 82 Vgl. auch Brox 159. 83 Vgl. zum Begriff der ἀπολογία in diesem Kontext auch Apg 25,16; 1Kor 9,3; 2Kor 7,11; Phil 1,7.16; 2Tim 4,16. Zur Wendung λόγον ὑπέχειν im Sinne von „Rechenschaft ablegen“ vgl. auch Jos. vita 13. 84 Dabei stehen die Christen in der eschatologischen Erwartung des Heils. Vgl. Reiser, Eschatologie; Herzer, Prophetie 19: „in einer Kontinuität zu derjenigen der alttestamentlichen Prophetie; damals wie heute liegt das Heil in der Zukunft“. 85 Vgl. Seckler, Wahrheitsanspruch 71: „Der Fragende kann ein Freund oder Feind sein, die Frage kann misstrauisch oder feindselig, aber auch neugierig, sachlich interessiert oder selbst bekehrungswillig gemeint sein. Die Frageabsicht bleibt im Wortlaut unseres Textes offen“. Vgl. für 1Petr auch Achtemeier 234: „This command to be ready 77
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che Fundamentaltheologen haben diesen Vers zu ihrem „Spitzensatz“ erhoben; so konstatiert Max Seckler: „Man hat 1Petr 3,15 denn auch ganz zu Recht als die Magna Charta der fundamentaltheologischen Glaubensverantwortung bezeichnet.“86 Das Herz steht in biblischen Texten häufiger für die Personmitte des Menschen.87 Dort, im Innern (vgl. „Herz“ auch 1Petr 1,22; 3,4), soll dem Kyrios der entscheidende Platz zukommen. Die vom Vaterunser (Mt 6,9) her vertraute Heiligung des Namens ist auf den Herrn konzentriert und als Auftrag formuliert. Christsein ist für den 1Petr von der Zeugnisfähigkeit für die Hoffnung gekennzeichnet. Von daher kann der Auftrag ergehen, „immer“ (ἀεί) zu einer ἀπολογία88 bereit zu sein für diejenigen, die darum bitten oder Rechenschaft fordern. Von der Hoffnung (vgl. 1Petr 1,3; 1,21) gilt es Zeugnis zu geben im Gespräch mit den Anfragenden. Das Leben der Glaubenden birgt nach dem 1Petr Herausforderungen und Chancen in sich.89 Verkündigung erfolgt dabei im Wort und in der Tat, nach 1Petr aber vor allem im authentischen Wandel „in den Fußspuren Christi“.90 Als besonders überzeugend gelten dem 1Petr „gute Werke“ (2,12; vgl. auch 2,15), denen – auch „ohne Worte“ (vgl. 1Petr 3,1) – eine missionarische Dimension innewohnt, da Christen darin die von Gott ausgehende wunderbare „Erhellung ihres Daseins“91 bezeugen können.
with an account of one’s Christian life for anyone who might ask at any time is counter to the kind of attitude held by many esoteric groups in the Greco-Roman world at that time, for whom such divulgence would have been tantamount to betrayal of the community and their god(s)“; Poplutz, Alterität 171. 86 Seckler, Wahrheitsanspruch 67. Dieser übersetzt (ebd. 69) entsprechend: „Seid stets bereit zur Apo-Logie für den Logos des Glaubens …“. Diese vollziehe sich (70) „in einer den Formgesetzen eines vernünftigen Diskurses unterworfenen Rechenschaftsablage“. Vgl. auch die bei Schmidt, Kult 253 Anm. 115, genannten Autoren (Böttigheimer, Knapp, Verweyen). 87 Vgl. vor allem Janowski, Herz. 88 Vgl. auch 1Kor 9,3; 2Kor 7,11; Phil 1,7.16; vgl. außerdem Lk 16,2 („Rechenschaft geben“); Apg 22,1; 2Tim 4,16. Horrell, Fear 425–428, oder Williams, Persecution 308ff, denken vor allem an Verhandlungen vor Gericht (vgl. Apg 25,16), doch das bleibt anzufragen. So auch Wagner/Vouga 115: „dann wäre die Antwort ‚an alle‘ unpassend“. Vorsichtig äußert sich Brox (160): „Jedenfalls enthält der V 15 keine Information über das Stattfinden von Christenprozessen und über eine zentral oder regional angeordnete behördliche Verfolgung. Wenn aber wirklich das gerichtliche Verfahren gemeint ist, dann ist diese Angabe aus den Vorgängen zu erklären, die in 4,15 durchscheinen, wonach die Christen massiv kriminalisiert wurden und so fallweise als angebliche Verbrecher gerichtlich belangt wurden“. 89 Vgl. auch Müller, Diaspora. 90 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Prostmeier, Handlungsmodelle, bes. 420– 422; de Waal Dryden, Theology. 91 Goppelt 153.
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16 Die ἀπολογία92 soll freilich von der Demut gekennzeichnet sein,93 von der V 8 sprach: „aber mit Sanftmütigkeit (πραΰτης)94 und Ehrfurcht, ein gutes Gewissen95 habend“. Erneut rechnet der Autor damit, dass diejenigen, die sich zunächst als Angreifer gaben, zu einer Nachdenklichkeit und damit evtl. zu einer Umkehr96 in ihrem Verhalten veranlasst werden können: „damit sie in dem, in dem ihr schlechtgeredet/schlechgemacht werdet, beschämt werden, die euren guten Lebenswandel in Christus schlechtmachen“. Wenn solche „Schlechtredner“ (Verleumder) – vgl. noch einmal 1Petr 2,1 (Begriff καταλαλιά); 2,12.15 – ihr abgründiges Verhalten97 betreiben (vgl. 1Petr 2,12), dann kann die Antwort für den 1Petr nur in einem weiterhin „guten Lebenswandel“ bestehen, damit auf diese Weise Beschämung (καταισχυνθῶσιν; Aor. Konj. Pass.) eintritt.98 Wiederum begegnet ἀναστροφή als Leitwort des 1Petr (vgl. u.a. 1,15.18 [mit dem Verb in 1,17]; 2,12; 3,1.2) sowie die Zielvorstellung eines „guten Lebenswandels“, der andere nachdenklich macht und ihre bösartigen Absichten offenlegt. Möglich ist ein solcher Lebenswandel ἐν Χριστῷ99 (vgl. auch 1Petr 5,10.14).100
Vahrenhorst, Leiden 63: „Eine juristische Engführung legt sich bei der Deutung von 1Petr 3,15 also nicht unbedingt nahe, die geforderte Rechenschaft kann und soll gegenüber jedermann und darum überall geleistet werden.“ 93 Vgl. auch Brox 160: „Über die Hoffnung ist (werbend) so zu sprechen, wie es dem irenischen Ethos von der Wehrlosigkeit und dem Vergeltungsverzicht im 1Petr (2,23; 3,9) entspricht“. Brox folgert (161): „Auch das ist eine respektable Kondition, unter die das Reden von der Hoffnung gestellt wird: Ihre ethische Realisation muß vorausgehen und sie rechtfertigen“. 94 Vgl. auch die Ausführungen zu πραΰς in 1Petr 3,4. Vgl. zu πραΰτης auch Sir 3,17; 4,8; 10,28; 36,23; Ps 45,5; 132,1; 1Kor 4,21; 2Kor 10,1; Gal 5,23; 6,1; Eph 4,2; Kol 3,12; 2Tim 2,25; Tit 3,2; Jak 1,21; 3,13. Vgl. außerdem die Verwendung des Adjektivs in Mt 5,5; 11,29; 21,5. Vgl. zu dieser Thematik auch Popkes, Jak 246: „Sanftmut äußert sich als Freundlichkeit, Milde, Verständnisbereitschaft, Demut, Langmut, Rücksicht und Nachsicht“; Konradt, Joch. 95 Vgl. hierzu Eckstein, Begriff; Klauck, Gott u.a. 96 Vgl. die Ausführungen zu 1Petr 2,12; 2,15 und 3,1–2, wo von Umdenken, Erkenntniszugewinn, Fähigkeit zur Neubewertung u.ä. die Rede ist. 97 Das Verb ἐπηρεάζω steht für „bedrohen, beschimpfen“ (vgl. auch Lk 6,28; Philo Flacc. 52). Vgl. dazu Vahrenhorst, Leiden 62: „In 1Petr 3,16 ist als Objekt der Handlung die ἀναστροφή, also der Lebenswandel der Christen im Blick, demnach kommen als Übersetzungen ‚zu beeinträchtigen suchen‘ und ‚verleumden‘ infrage. Letzteres empfiehlt sich wegen des parallel stehenden καταλαλέω.“ 98 Auch Dubis, 1Peter 113, u.a. rechnen mit einem präsentischen Verständnis, nicht mit einer eschatologischen Beschämung. 99 Vgl. zu „in Christus“-Formulierungen auch pln Texte wie Gal 1,22; 3,28; Phil 2,5; 1Kor 1,4.30; 15,10; 2Kor 5,17; Röm 15,17; vgl. auch 1Thess 2,14; 1Kor 1,2; 4,15; Phil 1,1; 1,26; Röm 8,1–2; 16,7. Für Brox (161) zeigt sich hier „das paulinische Kolorit des 1Petr“; vgl. auch ebd. 50: „eine typisch paulinische Abbreviatur für soteriologische und paränetische Zusammenhänge“; vgl. auch Horrell, Product 34. 100 Dazu u.a. Cavin, Existence 26–30; Christensen, Participants. 92
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Wie ein Merkvers101 ist V 17 nachgeordnet, der noch einmal deutlich 17 zu verstehen gibt, dass Böses nicht mit Bösem, sondern mit Gutem beantwortet werden soll: „Besser nämlich ist es, Gutes tuend zu leiden, wenn der Wille Gottes102 es will,103 als Böses tuend.“104 Der Autor rechnet offensichtlich damit, dass Leiderfahrungen im Tun des Guten durchaus im „Gotteswillen“ einbezogen sein können (vgl. 4,19) – eine Sichtweise, die im vorausgehenden Abschnitt auf das Beispiel Christi (2,21–25) zuführt, das ja für das paränetische Bemühen105 des 1Petr den entscheidenden Anker und Ausgangspunkt darstellt. Nach der Wahrnehmung des Autors sind Christen immer wieder neu Un- Zusammenrechtserfahrungen ausgesetzt. Im Abschnitt 1Petr 3,9–17 „generalisiert fassung [er] seine Vorstellung von christlicher Existenz, die er vorher exemplifiziert hatte“106. Bereits Platon hatte im Gorgias 473A formuliert: „Unrecht tun wäre schlimmer als Unrecht leiden“ (vgl. auch Gorgias 508B: „… dass nämlich das Unrechttun um wieviel schändlicher, um soviel auch übler wäre als das Unrechtleiden“. Auch Cicero kennt diesen Ansatz: „accipere quam facere praestat iniuriam“ (Tusc. 5,56). Der 1Petr bringt eine entsprechende Haltung seinen christlichen Schwestern und Brüdern in Erinnerung. Dabei ist auffällig und erhellend zugleich, dass die widrigen Umstände als Identifikationsmerkmal gedeutet werden „und die damit verbundene Auffälligkeit als Chance zur Profilierung …, die der Mission dienstbar gemacht wird“107. Der 1Petr hat hier nicht spezielle Personen, Gruppen oder Verantwortungsträger im Blick; die „Rechenschaft über die Hoffnung ist hier jedem Christen zugetraut“108.
Vgl. Heckel 116: „Der Verfasser dürfte bewusst einen gleichlautenden Klang, eine Paranomasie der t-Laute … gestaltet haben“. Brox (162) meint: „Das dürfte eine Art Sprichwort sein“. 102 Zur Orientierung am Willen Gottes vgl. auch 1Petr 2,15; 4,2.19. Calvin bemerkt zu 3,17: „Nam his verbis admonet, siquid iniuste patimur, id non fortuito accidere, sed certo potius Dei arbitrio; Deum autem nihil velle aut statuere nisi optima causa, pro confesso assumit“. 103 Auch hier wird ein potentialer Optativ eingesetzt; vgl. V 14. Die Alliteration kann die Möglichkeit, den „Merksatz“ abzuspeichern, stützen. Vgl. auch Jak 4,15. 104 Vgl. noch einmal 1Petr 2,20: „… wenn ihr als Gutes Tuende und Leidende aushaltet, dies ist Gnade bei Gott“. 105 Vgl. noch einmal 1Petr 2,21: „Dazu nämlich seid ihr berufen, weil auch Chris tus für euch gelitten hat, euch ein Beispiel hinterlassend, damit ihr seinen Fußspuren folgt“. 106 Brox 152. 107 Feldmeier, Außenseiter 162. Vgl. auch Poplutz, Fremdheit 225: „Das Anderssein der christlichen Gemeinden wird als Chance verstanden, auf die zugrundeliegenden Motive des eigenen Lebensentwurfes aufmerksam zu machen und dafür zu werben“. 108 Brox 160. 101
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Wirkungs Wirkungsgeschichtliche Linien lassen sich für 1Petr 3,8–17 in ganz untergeschichte schiedlicher Hinsicht beschreiben: Besonders hervorgehoben sei die Suche nach Lebensglück, wie sie in Ps 34 thematisiert wird, den 1Petr relativ ausführlich zitiert (3,10–12). Dieser Psalm spielt auch in der Benediktsregel eine entscheidende Rolle,109 was bereits im Prolog mit der Frage nach dem Weg zum Leben erkennbar wird. „Seht, in seiner Güte zeigt uns der Herr den Weg des Lebens“. In diesem Kontext kommt es bei Benedikt zur Zitation von Ps 33,13 Vg (15) und Ps 33,14f Vg (17). „Wenn du das hörst und antwortest: ‚Ich‘, dann sagt Gott zu dir: ...“ (16); es folgt in (17) das Zitat aus Ps 34,14f.110 Viele Menschen, die Gutes zu verwirklichen suchen, machen die Erfahrung: „Wer sich einsetzt, setzt sich aus“. Der Gutes-Tuende erntet nicht nur Applaus, zuweilen sogar das krasse Gegenteil,111 wie nicht erst 1Petr 3,16–17 erkennen lassen, sondern bereits 1Petr 2,12 zu verstehen gab. Bei der Kommentierung dieser Stelle wurde oben bereits auf das Schlecht-Reden von „Gut-Menschen“ in unserer Zeit aufmerksam gemacht.112 Für den 1Petr zählt – gerade in widrigen Umständen – eine „Strategie der Gewaltlosigkeit“ (V 9).113 Deren Anspruch wurde von beeindruckenden Persönlichkeiten in unterschiedlichen Zeiten und kulturellen Räumen eindrucksvoll vor Augen gestellt. Erinnert sei an das Leben und Sprechen von Isaak von Antiochien114, Franz Jägerstätter115, Martin Luther King, Nelson Mandela u.a. Besonders eindrücklich war und bleibt in neuerer Zeit das Beispiel algerischer Trappisten, deren Prior in einem „Testament“ ihrer Haltung und deren Grund Ausdruck116 gegeben haben; es beginnt mit dem Satz: „Quand un A-DIEU s’envisage …“117. Auf die „andere Möglichkeit“ macht auch Carolin Emcke aufmerksam, wenn sie beobachtet: „Hass und Gewalt nicht allein zu verurteilen, sondern in ihrer Funktionsweise zu betrachten heißt dagegen, immer auch zu zeigen, wo etwas anderes möglich gewesen wäre, wo jemand sich hätte Vor allem Ps 34,12.14–15.17.18 finden Aufnahme. Vgl. zu Ps 34 Gies, Schalom. Die Benedikt-Regel benennt (7,43) auch die Aufforderung, die zu segnen die verbale Gewalt ausgeübt haben (vgl. 1Petr 3,9), beruft sich dabei aber auf Paulus (vgl. 2Kor 11,26; 1Kor 4,12). 111 Vgl. auch Diog 5,16: „Während sie Gutes tun, werden sie wie Übeltäter bestraft“. 112 Vgl. die Kommentierung zu 1Petr 2,12 (oben). 113 Vgl. auch du Toit, Negotiating 232. 114 Vgl. sein Gedicht über die Nächstenliebe, das dem innergemeindlichen Frieden dienen soll (BKV 1913 – Ausgewählte Schriften der syrischen Dichter, 143–148). 115 Vgl. hierzu Zucconi, Christus, und Jägerstätters Briefwechsel mit seiner Frau Franziska (Aufzeichnungen 1941–1943). 116 Vgl. Baumer, Mönche, bes. 100–103. 117 Vgl. hierzu Baumer, Möche 102: „… in ‚envisager‘ steckt das französische Wort ‚visage‘, … das bei Christian de Chergé eine ganz tiefe philosophisch-theologische Bedeutung hatte, vor allem auf den Spuren von Emmanuel Lévinas … Dieser erste Satz kehrt am Schluss wieder, aber nun auf den möglichen Mörder bezogen, der dieses Adieu, diesen Abschied, ins Auge fasst und dem Gegenüber gewaltsam aufzwingt; und hier ist das Wort ‚en-visager‘ durch den Bindestrich in seine Bestandteile zerlegt: ‚insGesicht(sfeld)-ziehen‘“. 109 110
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anders entscheiden können, wo jemand hätte einschreiten können, wo jemand hätte aussteigen können. Hass und Gewalt in ihren präzisen Abläufen zu beschreiben heißt, immer auch die Möglichkeit aufzuzeigen, wo sie unterbrochen oder unterwandert werden können.“118 Der 1Petr beschreibt die ‚Alternative‘ mit dem Wort „segnen“ (V 9).119 Eine besonders spannende und in besonderer Weise einladende Wirkungsgeschichte lassen die Verse 15–16 erkennen.120 So wird V 15 dezidiert von Anselm von Canterbury in seiner Schrift „Cur deus homo“ (I,1) am Beginn aufgenommen. Gregor der Große äußerte sich auch zu der Frage, wie eine „demütige Antwort“ (V 16) aussehen könnte; er zitiert 1Petr 3,15, und schließt die Bemerkung an: „Um einzuschärfen, dass wir bei der Belehrung auch auf die Art des Vortrags achten müssen, fügt er [Petrus] hinzu: ‚Aber antwortet bescheiden und ehrfürchtig, denn ihr habt ein reines Gewissen‘.“121 Aufnahme findet dieses Grundanliegen christlicher Auskunftswilligkeit auch bei den Böhmischen Brüdern: „Petrus’ Mahnung an die ersten Christinnen und Christen, zur Bereitschaft über die christliche Hoffnung Auskunft zu erteilen (1Petr 3,15–16), wird beispielsweise bis heute in der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder in Tschechien in Anlehnung an eine Interpretation des Neutestamentlers Josef Bohumil Souček als ein Modell der Verhältnisbestimmung von Minderheitenkirche und Gesellschaft gesehen“122. Die Verse behalten eine enorme Aktualität in immer neuen kulturellen Zusammenhängen. Für das gelingende Zusammenspiel von Fragen und Antworten sei ein Seitenblick auf antike Reflexionen gestattet, wie sie z.B. in den Moralia des Plutarch greifbar werden. Nach diesem (ebenfalls im 1. Jh. n.Chr.) arbeitenden Autor, will ‚gutes Antworten‘ gelernt sein. Dafür hatte er wie andere antike Autoren und Lehrer ein waches Gespür. So gibt Plutarch in seinem Traktat „Über die Schwatzhaftigkeit“ (De garrulitate. In: Moralia 502B-515A) einen hilfreichen Rat zur Zuordnung von Frage und Antwort: „… Man sollte erst einmal die Miene seines Gegenübers und die Art der Frage prüfen. Sieht es so aus, als ob jemand wirklich etwas wissen will, dann gewöhne man sich an, noch ein wenig zu warten und eine kleine Pause zwischen Frage und Antwort einzuschalten“ (Mor 512).
Emcke, Hass 19. Zu den vielfältigen Aspekten des „Segnens“ vgl. u.a. Heckel, Segen; Ostmeyer, Segen. 120 Bereits Clemens von Alexandrien verweist in Stromata 14,7,46 ausdrücklich auf 1Petr 3,15 im Kontext von 1Petr 3,14–17. Justin lässt in seinem Dialog mit Tryphon (64,2) das Antworten auf Anfrage hin erkennen: „auf jeglichen Einwand und jegliche Widerrede Antwort geben“. 121 Gregor der Große, Moralia in Iob 23,13 (PL 76,266). 122 Fischer/Rose, Theologie 54. 118 119
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13 Christus, der Grund der Hoffnung (3,18–22) Das den V 18 eröffnende ὅτι καί1 stellt die Passage zwar in einen unmittelbaren, begründenden2 Zusammenhang mit der vorausgehenden Perikope 1Petr 3,8–17, aber der Fokus ist zunächst primär auf den Christus ausgerichtet, bevor mit V 21 wieder die Adressaten direkt angesprochen werden, die freilich schon in V 18 („damit er euch hinbringe zu Gott“) im Blick sind. In den VV 18–20 betreibt das Schreiben eine ganz eigene Form von Christologie, wenn vom „Lebendiggemachtwerden des Christus“ und seiner „Verkündigung an die Geister im Kerker“ die Rede ist, bevor in V 21 zum ersten Mal im 1Petr die Taufe direkt thematisiert wird, die die Adressaten empfangen haben. Sie wird als österliches Sakrament vor Augen gestellt (VV 21–22: „… durch die Auferstehung Jesu Christi, der ist zur Rechten Gottes, gegangen in den Himmel …“). Mit V 22 kommt es wieder zur Konzentration auf die Christologie, auf der deutlich der Schwerpunkt der Aussagen liegt, in Gestalt einer besonderen Erhöhungschristologie3. 1Petr 3,18–22 gilt vielen als besonders schwer zu interpretierender Text;4 die wahrgenommenen Schwierigkeiten betreffen Fragen der Textgeschichte und Grammatik, die evtl. zu diskutierenden Aufnahmen von Traditionsgut wie auch die besonderen christologischen Aussagen im Einzelnen. Mit 1Petr 4,1 wird zwar an die Darstellung des leidenden Christus angeknüpft (vgl. 1Petr 3,18 und vorausgehende Textpassagen), der mit 4,1 beginnende Abschnitt steht aber wieder deutlich unter einer paränetischen Überschrift. Die Weisungen setzen mit dem Gebrauch von ἔννοια (im Sinne von „Gesinnung“ o.ä.) und Kriegs- bzw. Rüstungs-Metaphorik ein. Eine Abgrenzung der Perikope 1Petr 3,18–22 ist damit sowohl zum vorausgehenden wie auch zum nachfolgenden Text gut möglich. Literatur: Bauckham, Descents; Brooks, Clue; Bultmann, Liedfragmente; Dalton, Proclamation; Davids, Pseudepigrapha; Farago-Bermon, Surviving; Feinberg, My thology; Ferguson, Baptism 189–193; Götte, Wächtern 133–139; Hill, Baptism; Klumbies, Verkündigung; Marcar, Days; Mason, Watchers; Ostmeyer, Taufe; Perrot, descente; Pierce, Spirits; Reicke, Spirits; Shimada, Credal Formula; Spitta, Predigt; Vogels, Abstieg; Watson, Jesus; Webb, Intertexture 98–108; Yates, Salvation; Zeilinger, Petrusbekenntnis. Deichgräber, Gotteshymnus 170, spricht von einer typischen Anschlussformel. Für Wagner/Vouga (119) verbietet die Syntax, „nach V. 17 einen Einschnitt anzunehmen, denn der folgende ὅτι-Satz V. 18 begründet den Hauptsatz V. 17 (der Punkt in N–A27/28 am Ende von V. 17 ist daher wenig begründet)“. 3 Vgl. Brox 164: „eine Christologie von Triumph und Sieg in Auferstehung und Erhöhung“. 4 Vgl. u.a. Webb, Intertexture 98: „This passage is notoriously difficult to interpret“. Das empfand bereits Martin Luther; vgl. WA 12 367,27–29: „Das ist eyn wunderlicher text und eyn finsterer spruch, als freylich eyner ym newen Testament ist, das ich noch nicht gewiss weyss, was S. Peter meynet“. Zur Forschungsgeschichte vgl. neben den im Folgenden benannten Studien auch Müller, Petrusbrief 429–434. 1 2
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18 Weil auch Christus einmal/ein einziges Mal für (die) Sünden litt, ein Gerechter für (die) Ungerechten, damit er euch hinbringe zu Gott, getötet zwar im Fleisch, lebendig gemacht aber im Geist; 19 darum hat er auch zu den Geistern im Kerker gehend verkündigt, 20 denen, die einst ungehorsam waren, als wartete die Geduld Gottes in (den) Tagen des Noah, als ein Kasten hergestellt wurde, in den (hinein) wenige – das heißt acht Seelen – , die wurden gerettet durch das Wasser hindurch. 21 Dazu als Gegenbild rettet euch nun (die) Taufe, nicht die Beseitigung des Fleisch-/Körper-Schmutzes, sondern die Bitte eines guten Gewissens an Gott, durch die Auferstehung Jesu Christi, 22 der ist zur Rechten (des) Gottes, gegangen in (den) Himmel, nachdem ihm unterworfen sind Engel und Mächte und Kräfte. 1. In der ECM werden für 1Petr 3,18 (unter Nr. 10–14) 20 alternative5 Les- Analyse arten präsentiert.6 „Gerade dann, wenn eine Editio critica maior zur Verfügung steht, ergibt sich für die Forschung ein neues Problem: die Materialfülle. Sie erfordert eine Strukturierung sicherlich nach unterschiedlichen Gesichtspunkten und methodischen Ansätzen“7. Zunächst ist zu unterscheiden zwischen den beiden jeweils verwendeten Verben. Die Lesarten, die επαθεν bieten, dürften im Blick auf die Leitzeile denen vorzuziehen sein, bei denen απεθανεν zu lesen ist. „Zwar liest nur die Minderheit der Hss ἔπαθεν (BKLP etc.), die übrigen ἀπέθανεν. Trotzdem ist die erste Lesart vorzuziehen, weil sie mehrere Vorzüge hat, die sie wahrscheinlicher machen“8. Für ἔπαθεν spricht der Anschluss von V 17 mit ὅτι. Zudem nimmt 1Petr 4,1 den Vers 3,18 mit οὖν auf – und zwar mit παθόντος.9 Das „leiden“ ist ein im 1Petr häufig gebrauchtes Verb; das Verb ἀποθνῄσκειν findet demgegenüber keine Verwendung. Ein Ersatz in dieser Richtung ist leichter denkbar, vor allem durch den Einfluss der Sterbensaussage, die zum ältesten Bestand der christlichen Bekenntnisformeln gehört (vgl. z.B. Röm 5,8).10 Bei den Varianten ergibt sich auch eine Zweiteilung durch die Verwendung von ἡμων oder ὑμων. Dazu gibt allerdings Bruce M. Metzger (mit anderen) den Hinweis, dass die Aussprache im späteren Griechisch ähnlich ausfiel.11 In der ECM wird unter (b) anstelle eines περί die Lesart ὑπέρ geboten, was sich auch in nachfolgenden alternativen Lesarten beobachten lässt. Zu dieser Alternative bemerkt bereits Leonhard Goppelt: 5 Zur Diskussion um die vielfältigen Handschriften-Varianten vgl. Metzger, Text 622–623; Forbes, 1Peter 121. 6 Für 1Petr 3,16 werden 18 Varianten angegeben (32–42). Zur Diskussion der Varianten vgl. auch Beare, Text 258. 7 Mink, Genealogie 494. 8 Brox 167; vgl. auch Selwyn 196; Beare 7.167; Schelkle 102 Anm. 2. 9 Vgl. auch Brox 167. 10 Vgl. Elliott, Changes 338: „Απεθανεν may be seen as a Pauline idea in this sense (cf. Rom. 6:10; 1 Cor. 15:3) and may have influenced scribes of 1 Peter“. 11 Metzger, Commentary 623.
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„Die beiden Präpositionen περί und ὑπέρ wechselten bereits in der LXX bei der Bezeichnung des Sühnopfers ohne Bedeutungsunterschied“12. 2. Es ist eine ausführliche Diskussion um den Anschluss in V 19 zu beobachten.13 Ist eine Wiedergabe mit „in ihm“ (dem Geist)14 vorzuziehen oder eine kausale mit „darum/deshalb“15 (vgl. auch 1Petr 4,416)? Im ersten Fall gäbe der Dativ πνεύματι „nicht nur den Bereich an wie bei σαρκί, sondern auch das Ermöglichende“17. Wenn ἐν ᾧ „absolut, d.h. nicht auf ein einzelnes vorher vorkommendes Wort bezogen steht, kann es kausale oder temporale Bedeutung haben“18. Von diesem Verständnis geht auch die vorgeschlagene Übersetzung aus. 3. In V 20 ist ein ganzheitliches Verständnis von ψυχή gegeben, wie es auch in Apg 27,22 oder 1Hen 10,3 zu beobachten ist.19 4. Der Abschnitt 1Petr 3,18–22 hat in der Forschung und Auslegungsgeschichte eine besonders ausgeprägte Aufmerksamkeit20 gefunden, häufig verbunden mit dem Nachdenken über das descensus-Motiv. Zur Forschungsgeschichte sei besonders auf die Monographien von Reicke21, Dalton22 und Pierce23 aufmerksam gemacht. 5. Die hier gewählte deutsche Übersetzung „gerettet durch das Wasser hindurch“ (V 20) entscheidet sich für ein lokales, nicht für ein instrumen Goppelt 242. Vgl. Zeller, Nominal 274; Dubis, 1Peter 119. 14 Für diesen Bezug entscheidet sich auch Forbes, 1Peter 124. 15 Vgl. dazu auch Feinberg, Mythology 318f, und die Beiträge von Pierce, Spirits 219f. 16 Vgl. auch die bei der Analyse von 1Petr 4,4 benannten Bsp. 17 Zeller, Nominal 274; vgl. auch Dubis, 1Peter 119. 18 Zeller, Nominal 274. Brox (170) erkennt an dieser Stelle „die Funktion einer relativen temporalen Konjunktion, die sich auf die vorausgehende Aussage insgesamt, nicht auf ein Einzelwort bezieht“. Das hat erhebliche Konsequenzen; vgl. Brox 170: „Damit fällt die alte (Augustinus, Ep 64, 14–18 ad Evod.) und neuere Auslegung aus, wonach eine Aktivität des vorinkarnatorischen Christus (‚durch seinen Geist‘) zur Zeit und in der Person Noachs beschrieben wäre und außerdem eine Auskunft darüber gegeben würde, mit welchem ‚Teil‘ seines Wesens Christus in der Unterwelt war“; vgl. auch ebd. 188. Vgl. hierzu auch Pierce, Spirits 10–14. 19 Vgl. dazu Farago-Bermon, Surviving 83. Nimmt man die anderen Stellen, an denen der 1Petr ψυχή verwendet, hinzu (1,9.22; 2,11.25; 4,19), kann mit Farago-Bermon, Surviving 86, konstatiert werden: „All these occurrences have the human being for referent, sometimes without any express specification. Nowhere is psychē used in any dualistic ‚philosophical‘ combination with sōma“. Liegen die Dinge für 1Petr 3,20 auch klar, so ist doch an anderen Textstellen des 1Petr vielleicht doch genauer zu differenzieren. Eine Rückführung auf pln Sprachgebrauch ist hier wohl nicht möglich; vgl. ebd. 87. Allerdings verrät die Entgegensetzung von ψυχή nach Feldmeier, Widersacher 71 Anm.23, „zu den ‚fleischlichen Begierden‘, auch wenn in paulinischer Tradition ‚fleischlich‘ im Gegensatz zu ‚geistlich‘ die Selbstfixierung des Menschen bezeichnet, in der Paränese einen Anklang an einen Leib-Seele-Dualismus“. 20 Vgl. u.a. Feinberg, Mythology; vgl. auch die von Brox (182f ) benannte Lit. sowie seinen bes. Exkurs (181–189). 21 Reicke, Spirits 7–51. 22 Dalton, Proclamation 17–66. 23 Peirce, Spirits 1–20. Vgl. unter den Kommentaren vor allem Elliott 648–651. 12 13
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tales Verständnis der Wendung.24 Das διά kann bei einem passiven Verb auch auf die Begleitumstände verweisen (vgl. 1Kor 3,15 und 1Tim 2,15). 6. Auffällig ist der Anschluss mit ὅς in V 22, der vielen Auslegern einen Hinweis auf Traditionsgut gibt.25 Ähnlich wie für 1Petr 2,22–24 beobachtet wurde deshalb für die Übernahme von Traditionsgut plädiert,26 das freilich vom Umfang her unterschiedlich bestimmt wird.27 Leser und Leserinnen des NT werden bei der Formulierung von V 18 re- Erklärung lativ rasch an Hebr 9,2628 denken, vor allem wegen des verwendeten 18 ἅπαξ29. Dabei sollte man allerdings markante Besonderheiten nicht leichtfertig überlesen. „Weil auch Christus einmal für (die) Sünden litt (ἔπαθεν)“,30 lautet die Formulierung im 1Petr. In dieser Aussage ist der gesamte Leidensweg des Christus im Blick, wie die Analyse von 1Petr 2,21–24 gezeigt hat (vgl. bes. V 21).31 In bekenntnisartigen Formulierungen erinnert V 18 an die soteriologische Bedeutung des Leidens (nicht allein des Sterbens)32 Christi: „der Gerechte für die Ungerechten, damit er euch hinbringe zu Gott, getötet zwar im Fleisch, lebendig gemacht im Geist“. Eine Nähe zum Bekenntnis von Röm 1,3f33 ist auffällig.34 Jesus wird als δίκαιος35 vor Augen gestellt.36 Von ihm wird zunächst eine soteriologische Aussage gemacht: Der Gerechte hat in seinem Leiden den
Zur Diskussion vgl. auch Peirce, Spirits 228; Yates, Salvation 493: „By any account, this section of 1 Peter is rather thorny, both textually and syntactically“. 25 Vgl. den Überblick zu den Theorien über vorausliegende Textstücke bei Wagner/ Vouga 119. 26 Vgl. z.B. Deichgräber, Gotteshymnus 170–173. 27 Zur kritischen Auseinandersetzung mit entsprechenden Rekonstruktionsversuchen von Traditionsgut und dessen Aufnahmen vgl. bes. Brox 164.167f; Brox selbst (167 Anm. 534) konstatiert: „… ich verzichte aber aus methodischen Bedenken auf die Herstellung eines Zusammenhanges zwischen den vermutlichen Traditionsstücken in Form der Rekonstruktion eines Hymnus mit Strophen etc.“. 28 Der Text von Hebr 9,26 lautet: „da er (sonst) oft hätte leiden müssen, seit Grundlegung (der) Welt; jetzt aber ist er ein für allemal bei (der) Vollendung der Aionen zur Beseitigung (der) Sünde durch sein Opfer offenbart worden“; vgl. zum Verständnis auch andere Stellen im Hebr, vor allem 7,27; 9,12; 9,28; 10,10. 29 Vgl. hierzu auch Achtemeier 246. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die pln Stelle in Röm 6,10 (mit ἐφάπαξ): „Denn durch sein Sterben ist er ein für alle Mal gestorben für die Sünde, sein Leben aber lebt er für Gott“; vgl. zur Auslegung bes. Wolter, Röm I, 382. 30 Vgl. die bereits oben angesprochenen zahlreichen Textvarianten in der ECM. 31 Vgl. auch 1Petr 4,1: „Wenn also Christus gelitten hat im Fleisch, sollt auch ihr euch wappnen mit derselben Einsicht: der Leidende im Fleisch ist frei von der Sünde“. 32 Vgl. Röm 5,6.8; 14,15; 1Kor 8,11; 15,3; 2Kor 5,14f; 1Thess 5,9f. 33 Vgl. auch Zeller, Röm 35: „… auch die hymnischen Christustexte 1Tim 3,16 und 1Petr 3,18 stellen den menschlichen und den durch die Auferstehung erschlossenen göttlichen Bereich einander mit den Begriffen ‚Fleisch‘ und ‚Geist‘ gegenüber“. 34 Vgl. dazu auch Achtemeier 249; vgl. zur Auslegung von Röm 1,3f auch Zeller, Röm 35f; Wolter, Röm I, 86–91. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Röm 4,25; 1Kor 15,3f. 35 Vgl. Mt 27,19; Lk 23,47; Apg 3,14; 7,52; 22,14; 1Joh 2,1. 36 Vgl. auch Wagner, Anfänge 196. 24
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„Ungerechten“37 einen Zugang zu Gott eröffnet.38 War er auch in seiner fleischlichen Existenz39 dem Tod ausgeliefert, lebendig gemacht40 wurde er im Geist41. 19 Theologiegeschichtlich dürfte V 19 von besonderem Interesse sein,42 hat doch diese Textstelle in Auslegung und Kommentierung frühchristlicher Glaubensbekenntnisse43 eine nicht unwesentliche Rolle gespielt, wenn es um das „hinabgestiegen in das Reich des Todes“44 (descendit ad inferna/ inferos)45 ging. Zudem gibt es eine beachtenswerte Rezeptionsgeschichte im Bereich der Ikonenmalerei46 oder mittelalterlicher Fresken- und Genz, Jesaja 221f, verweist für das Verständnis der Wendung δίκαιος ὑπὲρ ἀδίκων auf Jes 53, „zumal die Verarbeitung von Jes 53 in 1Petr 2,21–25 unbestritten ist“ (222). Vgl. auch die Aufnahme im Diog 9,2. 38 An dieser Stelle ist das reiche Varianten-Material, das die ECM zu V 18 präsentiert, in wirkungsgeschichtlicher Perspektive besonders interessant. So kann unter (f ) eine Kombination der Präpositionen beobachtet werde, die die soteriologische Bedeutung für die Rezipienten besonders stark betont (περι αμαρτιων υπερ ημωεν επαθεν). Auch die Varianten unter (l) unterstreichen mit περι αμαρτιων υπερ ημων απεθανεν die Zueignung des Heils, was u.a. von Korrektoren von 01C2 und 04C2 unternommen wird. Auf vergleichbarer Linie, allerdings mit der zweiten Person Plural, liegt die Bezeugung in P72. 02 u.a. Erwähnenswert scheinen mir eine koptische Alternative, die in B78 nachzulesen ist (Sms): „er ist (einmal) gestorben für die Toten, für die Gerechten und die Missetäter“, und die personale Fassung περι αμαρτωλων, die bei Cyrill von Alexandrien anzutreffen ist (der freilich auch andere Varianten kennt; vgl. in der ECM [i]; [j]; [m]; [s]); vgl. hierzu auch Röm 5,8. 39 Vgl. Martin Luther, WA 12 373,25f: „Also heysst ‚fleysch‘ der mensch ganz durch und durch, als er lebt hie ynn disem leben“. 40 Zu ζωοποιεῖν vgl. Joh 5,21; Röm 4,17; 8,11; 1Kor 15,22; vgl. auch JosAs 20,7: „und gaben Gott, der die Toten lebendig macht, die Ehre“; 27,10 (ὁ ἀναζωοποιήσας με) . Zu συζωοποιεῖν vgl. Eph 2,5; Kol 2,13. Zu beachten ist der Hinweis von Webb, Intertexture 103, zu 1Petr 3,18: „the use of the verb … that the author uses here is not a traditional way early Christians referred to Christ’s resurrection“. 41 Vgl. zum lebendig machenden Geist auch 1Kor 15,45; 2Kor 3,6; Joh 6,63. 42 Vgl. u.a. die Arbeiten von Vogels, Abstieg; Dalton, Proclamation; Bauckham, Descents; Klumbies, Verkündigung. 43 „Als Teil einer Credo-Formulierung ist das Motiv vom Abstieg Christi in die Unterwelt erstmals 359 in der Formel der vierten Synode von Sirmium bezeugt. Dort heißt es, daß Christus gekreuzigt wurde und starb und in die Unterwelt hinabstieg und die Haushaltung über die Dinge dort übernahm – die Wächter der Unterwelt (ᾅδου) schauderten, als sie ihn sahen“, so Klumbies, Verkündigung 209. Im Westen taucht die Vorstellung erst später (im 6. Jh.) auf. Zur Geschichte des Glaubensartikels in der frühen Kirche vgl. auch Brox 183–189, bes 185: „ein plastischer Ausdruck ihrer Überzeugung von der Universalität des Heils, das auch die vergangenen Generationen noch erreichte, und von der prinzipiellen Unterlegenheit des Bösen überall dort, wo Christus den Fuß hinsetzt“. 44 In der Passa-Homilie des Melito von Sardes (Hom. 102) und in der von Hippolyt überlieferten Präfation (Trad. Ap. 4) spielt der Unterweltskampf Christi eine besondere Rolle; vgl. auch OdSal 42. 45 Vgl. bes. ausführlich Vogels, Abstieg. 46 Vgl. z.B. das Kap. „Das Bild der Höllenfahrt als Anastasisbild“ in Lange, Bilder 227–248; Lange konstatiert (234): „Es ist das Osterbild der östlichen Christenheit, die 37
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Buchmalerei47. Allerdings ist für die Auslegung des Textes von 1Petr 3,18–22 eine gewisse Vorsicht angeraten, damit nicht allzu schnell unterschiedliche Begrifflichkeiten und Vorstellungen, evtl. anachronistisch, miteinander „vermengt“ werden, worauf auch viele Ausleger ausdrücklich hinweisen: „In der Forschung wird das Verhältnis von 1Petr 3,19f.; 4,6 zum altkirchlichen Descensusdogma kontrovers beurteilt.“48 Bei der Kommentierung von V 19 „darum hat er auch zu den Geistern im Kerker gehend verkündigt“ weist Paul Gerhard Klumbies darauf hin, dass 1Petr „hier wie an anderen Stellen in Abbreviatur redet. Er setzt bei seinen Leserinnen und Lesern einen vollständigen Verstehenszusammenhang voraus bzw. überläßt ihnen die Komplettierung des Gedankengangs.“49 Von einem „Hinuntersteigen“ ist übrigens nicht die Rede; es heißt vielmehr: „darum hat er auch zu den Geistern im Kerker gehend verkündigt“. Eine Richtung (oben oder unten) ist nicht in besonderer Weise akzentuiert; das „Interesse richtet sich einzig auf das Faktum des verkündigenden Tuns Christi bei den πνεύματα“50. Bei der Beschäftigung mit 1Petr 3 sollten zunächst zwei Dinge auseinandergehalten werden: a) das Descensus-Motiv und b) die Verkündigung im Kerker. „Das Descensus-Motiv, also die Vorstellung von einem Abstieg Jesu Christi in die Unterwelt in dem Zeitraum zwischen Tod und Auferstehung, nimmt wahrscheinlich jüdische Anschauungen von einem Aufenthalt der Seele nach dem Tode auf. Die Aussage, Jesus sei gestorben bzw. begraben worden, ist vor diesem Hintergrund gleichbedeutend mit der Annahme seines Übergangs in die Scheol.“51 Zu vergleichen sind hier Texte wie Ps 15 (16); Mt 12,29.40; Apg 12,24.27.31; Röm 10,7; Eph 4,8–10; Kol 2,15. Das Descensus-Motiv wurde schon bald in der frühen Kirche soteriologisch ausgewertet. „Christians from a very early date saw in the descent to Hades an event of soteriological significance for the righteous dead of the period before Christ, whose souls were in Hades.“52
Festikone der orthodoxen Osternachtfeier“. Vgl. auch die von Lange (328) angegebene Lit. zur Ikonographie der Anastasis im Besonderen. 47 Vgl. z.B. die von Lange, Bilder, vorgestellten Bsp.: Evangeliar aus Paderborn-Abdinghof (235), um 1000 (heute in Kassel), oder die Exsultet-Rolle aus Benevent (239), um 981–987 (Cod.Vat.Lat. 9820). Vgl. auch die Bsp. und Ausführungen bei Lucchesi Palli, Höllenfahrt, und Skaggs 114–131. 48 Klumbies, Verkündigung 209; vgl. auch von Balthasar, Theologie 110–112; Lochbrunner, Descensus 163. 49 Klumbies, Verkündigung 207. Auf die Abhängigkeit von vorausgehenden Traditionen verweist auch Pierce, Spirits 176: „it does appear that 1Peter is drawing from a common tradition regarding the popular sin and judgment myths … the writer has taken the freedom to conflate and shape these stories in order to cohere with his overall purpose“. 50 Klumbies, Verkündigung 210. Das von Klumbies einschränkend verwendete Wort „einzig“ ist evtl. anzufragen. 51 Klumbies, Verkündigung 211. 52 Bauckham, Descents 40.
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Älteste Belege finden sich im Petrusevangelium53 (EvPetr 41–4254), im Hirten des Hermas (sim. 9,16,5), in dem bei Justin (dial. 72,4) und mehrfach bei Irenäus55 überlieferten Jeremia-Apokryphon sowie bei Ignatius von Antiochien (IgnMagn 8,2; 9,2).56 Allerdings erfolgt der „Verweis auf 1Petr 3,19; 4,6 … im Zusammenhang des Höllenfahrt-Motivs nicht vor Clemens von Alexandrien.“57 Clemens von Alexandrien58 und Origenes dürften zu den Promotoren dieser Verbindungslinie geworden sein. „The scope of the preaching was extended beyond the Old Testament saints by Clement of Alexandria and Origen, who were also the first to refer to 1Petr 3:19 in connexion with the descent to Hades. Clemens included righteous pagans alongside the Old Testament saints (Str. 6.6.37–53), while Origen thought also of the conversion of sinners in Hades (Princ. 2.5), as 1Peter 3:19 must imply, if taken seriously as a reference to the descent.“59 1Petr 3,19 spricht allerdings vor allem von einer Verkündigung bzw. einer Ansage (κηρύσσειν) im Kerker. Dabei sollte zunächst beachtet werden, dass hier von einem „gehen“, nicht unbedingt von einem „hinabsteigen“, die Rede ist. Und wenn von „unten“60 gesprochen wird, so ist damit auch nicht immer der „Hades“ gemeint (vgl. Eph 4,9). Besonders wichtig erscheint der Hinweis darauf, dass das Gehen dem Getötetwerden (θανατωθείς) und dem Lebendiggemachtwerden (ζῳοποιηθείς) folgt. Es ist hier also nicht an ein Zwischenstadium zwischen Tod und Auferste-
Das PetrEv dürfte in Kenntnis der vier kanonischen Evangelien verfasst worden sein. Die meisten Kommentatoren setzen seine Entstehung in der Mitte des 2. Jh. an. Zu den Einleitungsfragen zum PetrEv vgl. vor allem Klauck, Evangelien 110–118. 54 Der Text lautet in dt. Übersetzung: „(41) Und sie hörten eine Stimme aus den Himmeln rufen: ‚Hast du den Entschlafenen gepredigt?‘, (42) und es wurde vom Kreuz her die Antwort laut: ‚Ja‘.“ 55 Zu Irenäus bemerkt Bauckham, Descents 40: „it is possible that one form of this … was a Jewish text prophesying the resurrection of the righteous at the last day, whereas the version which mentions the preaching to the dead … is a Christian adaptation of the text referring it to Christ’s descent to Hades.“ 56 Vgl. auch Bauckham, Descents 40. 57 Klumbies, Verkündigung 212. 58 Vgl. Merkt, Blümlein 189: „Als erster hat Klemens von Alexandria die Verse auf Christi Abstieg in die Unterwelt bezogen.“ In den Stromata 6,6,46,1 (SC 446,154,1–4 Descourtieux) schreibt er, Christus habe, „da das Retten die ihm eigentümliche Tätigkeit ist“, diejenigen gerettet, „die infolge der Predigt sich dazu entschlossen hatten, an ihn zu glauben, wohin auch immer sie gekommen sein mussten“. Merkt (ebd.) kommentiert: „Und das gilt nun auch für die ‚früher Entschlafenen‘, also für diejenigen, die vor seiner Inkarnation gestorben sind … Die Adressaten dieser Unterweltspredigt umfassen nun nach Klemens nicht nur die Gerechten des Alten Testaments, sondern auch die Gerechten aus der heidnischen Welt.“ 59 Bauckham, Descents 41. 60 Ein Gefängnis der Abgefallenen bzw. Nicht-Hörenden muss nach 2Hen 7,1–3 nicht unbedingt „unten“ angenommen werden (dort im 2. Himmel). Zur Unklarheit, wo ein solches „Gefängnis“ zu verorten ist (jedenfalls nicht unbedingt „unten“) vgl. ausführlich Dalton, Proclamation 177–184. 53
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hung gedacht.61 Das Verkündigen (ἐκήρυξεν)62 nimmt ein Wirken des Auferweckten in den Blick.63 So stellt sich die Frage: Wer sind die angesprochenen Geister?64 Es ist durchaus möglich, tote Menschen als „Geister“ zu bezeichnen.65 Das sehen vor allem diejenigen hier verwirklicht, die in V 19 schon die angesprochen sehen, von denen dann im V 20 die Rede sein wird. Ein Blick in die frühjüd. Literatur, die ntl Texte nicht selten maßgeblich beeinflusst hat, bietet freilich noch eine andere Möglichkeit an. Dabei ist primär an 1Hen66 zu denken, eine Sammlung von Schriften unterschiedlicher Herkunft und Entstehungszeit, die zwischen 170 v. Chr. bis zu Beginn des 1. Jh. v. Chr. zusammengestellt wurden. „ÄthHen interessiert sich für das Schicksal der Gottessöhne aus Gen 6,1–6. In LXX werden sie als ἄγγελοι τοῦ θεοῦ bezeichnet. Henoch soll zu ihnen sprechen und ihnen eine Unheilsbotschaft, ihr Gericht, verkünden.“67 Bemerkenswert ist im Das wird von Clemens von Alexandrien bereits angemerkt. Vgl. Merkt, Blümlein 190 Anm. 59: „Vor allem in einem Punkt hebt sich Klemens von den vorausgehenden und dem Gros der nachfolgenden Descensus-Traditionen ab: Der Abstieg geschieht bei ihm nicht zwischen Kreuz und Auferstehung, sondern erst nach der Auferstehung.“ 62 Zur Verwendung des Verbs an anderen ntl Stellen vgl. Feinberg, Mythology 325. 63 Vgl. u.a. Dalton, Proclamation 183: „the activity of Christ in 3:19 is seen to be post-resurrectional“. Einen ganz anderen Weg schlägt Feinberg, Mythology, ein und kommt zu dem Ergebnis: „the only option left is that the preexistent Christ preached by the Holy Spirit through Noah to the men of Noah’s day.“ 64 Pierce, Spirits, kommt nach ausführlichen Analysen zu dem Ergebnis, dass die gefangenen Geister von der Tradition her nicht genau identifizierbar sind (ebd. 184): „the multiplicity of traditions surrounding these myths make identifying the Petrine spirits impossible through a study of early Jewish and Christian literature alone“; vgl. auch 192: „many traditions existed from a variety of genres dating from the biblical account through the composition of 1Peter that link human sinfulness to the days of Noah … it is impossible to pinpoint which tradition, if any, the author of 1Peter was using in his composition“. Zu den Alternativen vgl. auch Götte, Wächtern 134. 65 Vgl. Pierce, Spirits 185: „πνεύματα is used to describe angels … the emanations from their giant offspring …, as well as humans“. Als Bsp. für die Bezeichnung verstorbener Menschen werden verschiedentlich Hebr 12,23; Lk 24,37.39 oder grHen 22,3–13; 103,3f genannt. 66 Als Textausgabe empfiehlt sich G. W. E. Nickelsburg, 1Enoch 1. A Commentary on the Book of 1Enoch, Chapters 1 – 36; 81 – 108 (Hermeneia), Minneapolis 2001, neben S. Uhlig, Das äthiopische Henochbuch ( JSHRZ V/6). Dem äthiopischen Text liegt ein griechischer zugrunde; aramäische Fragmente wurden in Qumran (4Q201; 202; 204; 212; 1Q19) gefunden. Zur Aufnahme von Henoch-Traditionen im frühen Christentum und zu Übernahmen in der Angelologie aus der Gedankenwelt des HenBuches u.a. Zeilinger, Petrusbekenntnis 93.96; VanderKam, Henoch; Webb, Intertexture 104; Götte, Wächtern; zu den Engel-Geschichten bes. VanderKam, Henoch 60–88. Im Blick auf die Petrusbriefe ist interessant, dass 2Petr, bes. 2,4.9, aus den HenTraditionen die Vorstellung von einem Gefängnis der Engel, die Figuren Noah und Bileam aufnimmt; vgl. auch Jud 6f.13–15; dazu bemerkt Brox 171: „Der Jud benutzt (VV 6.13) und zitiert (VV 14f ) das Henochbuch zu genau den Themen, die hier interessieren, und der 2Petr (2,4) ebenfalls“. 67 Klumbies, Verkündigung 215f. Zu dieser Position neigt auch Bauckham, Descents 39; vgl. auch Davids, Pseudepigrapha 235f (bes. die von Davids aufgelisteten frühjüd. Texte). 61
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Kontext von 1Hen 6 – 1668, dass in 1Hen 1069 von einem „Kerker“ (δεσμωτήριον)70 die Rede ist und die Gefangenen als πνεύματα bezeichnet werden können.71 Entsprechend kann Peter H. Davids für 1Petr 3,19 folgern: „Since it is simply an illustration, the author must assume that the readers would be aware of it. In other words, he believes that the concepts found in 1Enoch would be familiar to Christians.“72 D.h.: „This would suggest that the pseudepigrapha or at least the narrative traditions that they preserve formed part of the oral or written teaching tradition of the Christian communities with which he was familiar.“73 Die Bestrafungsgeschichten von Wächtern oder Riesen betonen die Richtergewalt Gottes und werden in den unterschiedlichen Traditionen als Warnung eingesetzt.74 Für den 1Petr kann man mit Chad T. Pierce von einer spezifischen Aufnahme von Traditionen in Gestalt einer „Fortschreibung“ mit spezifischer Zielrichtung sprechen; „the identity of the imprisoned spirits in 1Peter can best be found not by looking back to earlier traditions but to within the letter itself to ascertain who these spirits need to be to best support the aim of the Petrine Epistle“75. Wie in 1Hen besteht nun auch im 1Petr „die Möglichkeit des Zugangs zur jenseitigen Sonderwelt der Geister und der prinzipiellen Einflußnahme auf ihr (postmortales) Geschick“76 (vgl. 1Thess 4,13–18; 1Kor 5,29). Damit macht der 1Petr eine aufschlussreiche Aussage über die Verkündigung des Auferstandenen: ‚Alle‘ werden erreicht, auch die denkbar „Letzten“.77 Während Henoch den göttlichen Auftrag erhielt, „den Gefangenen Hier kommt es zu einer Aufnahme und spezifischen Bearbeitung von Gen 6,1–6. Vgl. bes. die Ausführungen von Brox 172; ausführlich Götte, Wächtern. 69 Bes. 1Hen 10,11–15: „… In jenen Tagen werden sie in den feurigen Abgrund geführt, in die Qual und in den Kerker, worin sie für immer eingesperrt werden. Und wer immer zur Vernichtung verurteilt wird, der wird mit ihnen zusammen bis zum Ende aller Geschlechter gefesselt gehalten werden …“. 70 Vgl. die von Zeilinger, Petrusbekenntnis 93 Anm. 47, darüber hinaus aufgeführten Stellen; vgl. auch Götte, Wächtern 133: „möglicherweise auf die Wächter im Gefängnis angespielt“. 71 Vgl. auch Pierce, Spirits 185–187. 72 Davids, Pseudepigrapha 236. Vgl. auch Watson, Jesus; Mason, Watchers 75–78. 73 Davids, Pseudepigrapha 239. 74 Vgl. hierzu Pierce, Spirits 197. 75 Pierce, Spirits 198; vgl. auch Davids, Temple 414: „that 1 Peter is not dependent upon any single presently known Second Temple version on the Genesis 6 story. His portrayal of the imprisonment of the angels is closest to 1 Henoch, but his portrayal of Noah is more like Josephus.“ 76 Klumbies, Verkündigung 219. 77 Vgl. auch Watson, Jesus 162: „… empowers the Jesus tradition to assert that Christ ascended to heaven and announced his complete victory over evil even in the most remote place and to the most heinous of creatures“ oder Blumenthal, Potential 232: „… schreibt der Verfasser dem nachösterlichen Christus die Kompetenz zu, zur Sintflutgeneration ins Gefängnis zu gehen … und der sich dort befindenden, nach rabbinischer Überlieferung völlig verlorenen Generation Heil anzubieten“. Blumenthal gibt dabei den Hinweis auf Sanh 10,3a: „Das Sintflutgeschlecht hat keinen Anteil an der Auferstehung“. 68
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zu verkünden, dass ihnen keine Vergebung zuteil werden soll“78, dürfte in 1Petr 3,19 für das κηρύσσειν eine andere Schwerpunktsetzung anzunehmen sein, etwa im Sinn einer „Sieges- oder Herrschaftsproklamation“79 des Lebendiggemachten80. So versteht auch Dieter Zeller V 19, wenn er konstatiert: „Er soll wahrscheinlich den Triumph Jesu in der Auferweckung noch verstärken: Der Sieg Jesu wird nun auch bei den ungehorsamen ‚Geistern‘, den ‚Gottessöhnen‘ von Gen 6,1–4 bzw. ‚Wächtern‘ des äthHen, proklamiert.“81 Was allerdings für die Adressaten des 1Petr noch wichtiger ist: „Wenn sogar die gefangenen Geister der Vorzeit und die Sintflutgeneration mit der Botschaft Christi konfrontiert werden, um wieviel mehr dann die in der jüngsten Gegenwart verstorbenen Menschen!“82 Niemand kann sich (bzw. sollte sich) der Verkündigung und dem Urteil des Lebendiggemachten entziehen. Mit V 20 kommen im 1Petr auch Typologien83 zum Einsatz. Der Autor 20 unternimmt zunächst einen biblischen Rückblick. In diesem Fall geht es um die Arche (κιβωτός)84 des Noah85 und die Menschen, die in der entsprechenden Erzählung Gen 6 – 986 in den Blick genommen werden. Die Verkündigung des in den Kerker gestiegenen Christus (V 19) gilt nach V 20 der Generation der großen Flut: „denen, die einst ungehorsam gewesen waren, als wartete die Geduld Gottes in (den) Tagen des Noah“. Im Blick sind also zunächst diejenigen, die – im Unterschied zu Noah – dem göttlichen Wort „damals“ (ποτέ) nicht vertrauten (ἀπειθέω)87, auch angesichts der (lang) anhaltenden Geduld (μακροθυμία)88 Gottes in (den) Tagen des Noah. Die Imperfekt-Form ἀπεξεδέχετο unterstreicht Zeilinger, Petrusbekenntnis 93. Zeilinger, Petrusbekenntnis 94. 80 Vgl. Webb, Intertexture 100: „the author does not refer to Christ’s existence between his death and resurrection …, but rather to Christ’s post-resurrection, glorified existence“. 81 Zeller, Nominal 274. 82 Klumbies, Verkündigung 219. 83 Zum Schriftgebrauch des 1Petr vgl. Müller, Schrift u.a.; vgl. auch die Ausführungen zur Gestalt der Sara in 1Petr 3,6. 84 Vgl. Gen 6,14 LXX. 85 Vgl. Gen 6,18; vgl. auch 2Petr 2,5 (dort auch die Erwähnung von acht Personen in der Arche: „… sondern bewahrte mit Noah, dem Prediger der Gerechtigkeit, nur acht Menschen, als er die Sintflut über die Welt der Gottlosen brachte“); vgl. hierzu Frey, 2Petr 278f; Hebr 11,7. 86 Vgl. neben den Kommentaren u.a. Bosshard-Nepustil, Sintflut. 87 Vgl. auch die Verwendung des Verbs ἀπειθεῖν in 1Petr 2,8; 3,1 (mit der Rede von [bisher] ungläubigen Ehemännern: εἴ τινες ἀπειθοῦσιν τῷ λόγῳ); 4,17. 88 Vgl. dazu außerdem 2Petr 3,9: „… er hat Geduld mit Euch …“; 3,15: „Und die Geduld unseres Herrn betrachtet als eure Rettung. Das hat euch auch unser geliebter Bruder Paulus mit der ihm geschenkten Weisheit geschrieben“; zu dieser Gemeinsamkeit vgl. Frey, Schule 93 Anm. 15; vgl. auch ders., 2Petr 341f.356f. Zu μακροθυμία bei Paulus vgl. Röm 2,4; 9,22; 2Kor 6,6; Gal 5,22. Zur Hochschätzung der μακροθυμία in der atl Weish-Lit. und in den TestXII vgl. Opferkuch, Mensch 123. Erhellend sind 78 79
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das geduldige Abwarten Gottes. In dieser Zeit zimmert (κατασκευάζω „zubereiten; herstellen, bauen“) der „gerechte“89 Noah nach Gen 7 (bes. VV 13.17.23) an dem Kasten bzw. der Arche, die dann nur von wenigen, genauer gesagt acht90 Menschen (ψυχαί), betreten wird und Rettung (διεσώθησαν)91 „durch das Wasser“ (δι’ ὕδατος) bringt. 21 Dass die Rede von Typologie in diesem Kontext die angemessene ist, verrät V 21, der vom ἀντίτυπος („Abbild, Gegenbild“) spricht. War der Kasten für Noah und die anderen sieben rettend, so ist es in der Jetzt-Zeit der Adressaten die Taufe (βάπτισμα). Der Vers verrät zum einen, wie die Umgebung der Glaubenden wahrgenommen bzw. eingeschätzt wird, nämlich als gewaltiges, todbringendes Meer, das Untergang bereitet. Andererseits spricht sich hier nicht nur Erwählungsbewusstsein, sondern auch soteriologische Gewissheit aus dem Empfang der Taufe aus, wenn es heißt: „Dazu als Gegenbild rettet euch nun (die) Taufe“. Eine Reihe von Auslegern nimmt bei der Übersetzung eine andere als die hier gewählte Zuordnung vor, indem sie vor allem ἀντίτυπον als Apposition zu ὑμᾶς versteht:92 „Dies rettet nun auch euch, das Abbild, als Taufe […] durch die Auferstehung Jesu Christi“93. Das bedeutet: „Die wenigen Geretteten damals sind Typos der heute Geretteten.“94 So konstatiert Karl-Heinrich Ostmeyer: „Ἀντίτυπον läßt sich nicht, wider den üblichen Sprachgebrauch, auf die Taufe beziehen. Statt dessen bezeichnet, im Einklang mit dem gebräuchlichen Verständnis des Terminus, ἀντίτυπον in 1Petr 3,21 die Täuflinge (ὑμᾶς), die sich in den acht Sintflutüberlebenden wiedererkennen sollen … die Getauften stehen in der Nachfolge der von Gott persönlich bewahrten Menschen. Nicht die Taufe ist Abbild der Sintflut, sondern die Getauften sind Abbilder und Nachfolger der aus der Sintflut Geretteten.“95 auch die in JosAs 11,10 benannten Gottesprädikate: „ein wahrhaftiger und lebendiger Gott …, ein barmherziger, mitleidiger, großherziger (μακρόθυμος), vielerbarmender (πολυέλεος) und milder Gott …“. 89 Vgl. Gen 6,9 LXX; vgl. zum Wortbestand von V 20 auch Farago-Bermon, Sur viving 84f. 90 Vgl. Gen 7,13; vgl. auch 2Petr 2,5. Zur Achtzahl in der Väterexegese vgl. u.a. Lang, Arche-o-logie. 91 Das Verb findet auch in Weish 10,5 Verwendung; vgl. dazu Hübner, Weish 174: „Man beachte das spezifisch soteriologische Verb διεσώθησαν (im passivum divinum!), in der alttestamentlichen Soteriologie ein zentrales Verb für die Rettung in irdischer Not, auch beim Exodus, z. B. ψ 105,8.10“. 92 Vgl. Ostmeyer, Taufe 146. 93 Ostmeyer, Taufe 147. 94 Ostmeyer, Taufe 148. Vgl. auch Pierce, Spirits 228. 95 Ostmeyer, Taufe 148. Ob sich das in dieser zugespitzten Weise formulieren lässt, bleibt noch einmal anzufragen, wenn man allein die vielfältigen Zeugnisse der Wirkungsgeschichte in den Blick nimmt. So betont beispielsweise Calvin zu 1Petr 3,21: „Sensus tamen minime ambiguus est, quod Noe per aquam servatus, quandam Bap-
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So sehr die Materie Wasser bei der Taufe von zentraler Bedeutung ist, so sehr der Aspekt der Reinigung von der Johannestaufe übernommen sein dürfte, inhaltlich geht es nicht um ein bloßes „Abwaschen“ (ἀπόθεσις bedeutet „Ablegen, Beseitigung“) von Schmutz (ῥύπος).96 Entscheidend ist die Bitte bzw. das „Gelöbnis“97 (ἐπερώτημα)98 „eines guten Gewissens“ (vgl. 1Petr 3,16)99, vor allem aber die Stiftung einer besonderen Gottesbeziehung durch die Auferstehung Jesu Christi. Der Begriff συνείδησις100 wird deshalb an dieser Stelle von manchen Auslegern nicht mit „Gewissen“ wiedergegeben, sondern mit „Gewißheit des Mit-Gott-Seins“101 oder als „Bindung an Gott“102 übersetzt.103 Von Bedeutung ist dabei vor allem der Verpflichtungscharakter dieser Beziehung. Das wird insbesondere von Karl-Heinrich Ostmeyer betont, wenn er kommentiert: „1Petr 3,21 lässt sich verstehen als Abwehr des Mißverständnisses, das Ablegen des Sündenfleisches könne dauerhaft gültig in einem einmaligen Akt geschehen, etwa bei der Taufe. Ablegung des Sündenfleisches geschieht nicht in der Taufe, sondern im Streben nach einem guten Gewissen.“104 So sehr der Verpflichtungscharakter zu Recht betont wird, ist es dem 1Petr in V 21 allerdings doch ein besonderes Anliegen, gerade die Rettung zu betonen.
tismi speciem habuerit. Et hoc commemorat Apostolus, ut melius constet inter illum et nos similitudo“; vgl. auch Ferguson, Baptism 404 (mit Blick auf Origenes und seine Tauftheologie). 96 Ostmeyer, Taufe 155, spricht von „Ablegung des Schmutzfleisches“ und konstatiert: „Wie in Jak 1,21 ist der Schmutz, der das Fleisch qualifiziert, im übertragenen Sinne als fleischliche Begierde (1Petr 2,11) zu verstehen“. 97 Vgl. Schlier, Adhortatio 67; Zeilinger, Petrusbekenntnis 95: „im juridischen Kontext auch Zuspruch und Zusage“; Brox 178. Elliott (680) verweist auf Versprechen/ Schwüre in Qumran (1QS 5,8–10; CD 15,6–11; 16,1–5): „Thus, ‚pledge‘ appears to be the most satisfactory rendition of eperōtēma“. 98 Vgl. zu diesem Begriff Hill, Sacrifice 59, der das lat. adstipulatio zur Erklärung heranzieht; vgl. auch ders. Baptism 187–189; Ferguson, Baptism 192; Horn, Beitrag 422. 99 Vgl. auch Apg 23,1. Vgl. zu συνείδησις bes. die pln Stellen in Röm 2,15; 9,1; 13,5; 1Kor 8,7.10.12; 10,25.27.29; 2Kor 1,12; 5,11. 100 Vgl. vor allem Eckstein, Begriff; Klauck, Gott. 101 Ostmeyer, Taufe 152. 102 Brox 127. 103 Vgl. auch Horn, Beitrag 423: „Da im römischen Recht in der Antwort des Schuldners das Frageverbum aufgenommen und wiederholt werden musste, könnte man sogar mit Vorsicht die Tauffrage und –antwort rekonstruieren: Versprichst du ein gutes Gewissen im Blick auf Gott zu haben? Ich verspreche ein gutes Gewissen im Blick auf Gott“. 104 Ostmeyer, Taufe 156. Diese Position bleibt – zumindest in der hier gewählten Formulierung – anzufragen. Gerade auf dem Weg des Gläubigwerdens und der damit verbundenen Taufe spielt das „Ablegen“ eine zentrale Rolle, was von der in 1Petr häufig auszumachenden Konversionssprache unterstrichen wird. Das entbindet nicht von einer beständig anzustrebenden Wachsamkeit in dem Lebenswandel, der auf die Taufe folgt.
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Die Taufe gibt nach der Theologie des 1Petr105 vor allem Anteil am Leben des auferstandenen Christus (vgl. auch 1Petr 1,3: „Gepriesen [sei] der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gemäß seinem großen Erbarmen neu gezeugt/geboren hat zu lebendiger Hoffnung durch (die) Auferstehung Jesu Christi aus Toten“). Das wird durch den anschließenden Vers noch einmal deutlich unterstrichen. 22 Der Weg des Christus in den Himmel kann von V 19 her als Fortsetzung des Weges verstanden werden, der ihn zunächst in den „Kerker“ geführt hatte; er ist nun „zur Rechten Gottes“106. Alle denkbaren Kräfte des Himmels, „Engel und Mächte und Kräfte“ (Dreierfigur)107 sind ihm unterworfen.108 Damit kommt noch einmal die einzigartige Stellung des Retters Jesus Christus zur Sprache, in diesem Fall in einer besonderen Zuordnung zu einer differenzierenden Angelologie.109 Die Raumhoheit des Auferstandenen ist nach dem 1Petr „nicht auf die Gefängnisse der ‚Totenwelt‘ beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf den Himmel, wo Jesus nachösterlich die Engel und Mächte unterworfen sind“110. Damit kann auch ein politischer Akzent verbunden sein, „an equally subversive insistence that the true understanding of time … is found in Christ, whose authority is above all others“111. Zusammen- In der Abfolge der Themen „Verkündigung an die Geister“, „Erinnerung fassung der Sintflut“, „Beispiel des Noah“, „Taufe“ tritt „ein anschauliches Stück juden-christlicher Theologie“112 vor Augen. Schon das Buch der Weisheit nutzt den Blick auf die „rettende Arche“, wenn es in Weish 14,5–6113 heißt: „Du willst, dass die Werke deiner Weisheit nicht ungenutzt bleiben. Darum vertrauen Menschen ihr Leben sogar einem winzigen Holz an, und welche die Flut auf einem Floß durchquerten, wurden gerettet. So hat auch in der Urzeit beim Untergang der überheblichen Riesen die Hoff105 Vgl. zum Taufverständnis in 1Petr vor allem Ostmeyer, Taufe; Horn, Beitrag; Moxnes, Name. 106 Vgl. vor allem Ps 110,1. Vgl. in christologischen Aussagen auch Phil 2,9; Eph 1,20 sowie Apg 2,33; Röm 8,34; Kol 3,1; Hebr 10,12. 107 Bsp. für weitere Dreierfiguren in 1Petr bei Schmidt, Mahnung 210.292 Anm. 353. 108 Vgl. auch 1Kor 15,24–27; Eph 1,21f; Hebr 2,8 (zur Erhöhung über die Engel vgl. Hebr 1,4). Zur Inthronisation Jesu nach 1Petr 3,22 (über die Engel) vgl. auch Mach, Entwicklungsstadien 287. 109 Vgl. dazu auch Schelkle 110: „1Petr nennt drei Engelklassen mit Namen, die er der breit entwickelten spätjüdischen Spekulation entnimmt“: ἄγγελοι, ἐξουσίαι und δυνάμεις. Vgl. auch Achtemeier 274: „The three classes in this list are probably meant as exemplary of all such powers who have now found their master in the risen and exalted Christ“. Zu Engelmächten im NT vgl. auch Kol 1,16; Eph 3,10; 6,12. Vgl. zur Thematik auch die Studie von Mach, Entwicklungsstadien. 110 Blumenthal, Potential 232. 111 Horrell/Wan, Christology 272f. 112 Brox 181. 113 Zur Auslegung vgl. u.a. Engel, Weish 224f; Hübner, Weish 174f.
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nung der Welt sich auf ein Floß geflüchtet und, durch deine Hand gesteuert, der Welt den Samen eines neuen Geschlechtes hinterlassen“. 1Petr 3,18–22 nutzt vor allem die soteriologischen Aspekte der ‚Erinnerung‘ in einem typologischen Verfahren. Für die Heilsperspektive des 1Petr aufschlussreich ist, „daß die Demonstration der Überlegenheit Christi oder aber auch die Wirksamkeit seines Heils auch den letzten Ort in Raum und Zeit (antiker Kosmologie) erreicht hat“114. Darin kann eine besondere Variante der von den Adressaten zu bezeugenden Hoffnung erkannt werden. Die Verse 1Petr 3,19f; 4,6 haben unter der Überschrift descensus eine enor- Wirkungs me theologiegeschichtliche Wirkungsgeschichte entfaltet. Viele Kom- geschichte mentatoren bieten dazu eigene Exkurse; in besonderer Weise sei hier auf den EKK-Band von Norbert Brox115 hingewiesen. Als Glaubensartikel wird eine entsprechende Formulierung erstmals in der sog. Vierten Formel von Sirmium (359) gebraucht: „… dass er starb und in die Unterwelt hinabstieg und über die Dinge dort das Hausrecht antrat“116. Bei den Vätern steht der soteriologische Aspekt solcher Aussagen im Vordergrund, geht es doch um die „Befreiung des Menschen durch den Sieg Christi über den Herrscher des Unheils in der Unterwelt“117 und die „Überzeugung von der Universalität des Heils, das auch die vergangenen Generationen noch erreichte“118. Allerdings wurde bereits in der Kommentierung darauf aufmerksam gemacht, dass der Text des 1Petr „innerhalb der etablierten Vorstellung vom Descensus“119 („… hinabgestiegen in das Reich des Todes, auferstanden von den Toten …“) wenig austrägt.120 „Andere Texte waren … deutlich ‚passender‘, und wo altkirchliche Autoren 1Petr 3,19 zitieren, geschieht dies mehr zusätzlich, um eine Abstiegs-Idee zu illustrieren“121. Im Blick auf den Glaubensartikel könnte man demnach von einer nachträglichen Wirkungsgeschichte sprechen. Für die Vätertheologie122 ist auf folgende Autoren besonders hinzuweisen: Clemens von Alexandrien, Origenes, Cyrill von Alexandrien und Johannes von Damaskus. Clemens von Ale xandrien kommt in den Stromata 6,6,38–53 auf den descensus zu spre Brox 181; vgl. auch 175. Brox 182–189 (mit reichhaltigen Lit.-Angaben 182f ). 116 Vgl. dazu Lochbrunner, Descensus 162; ebd.: „Im Westen wird er zum erstenmal literarisch greifbar im Glaubensbekenntnis von Aquileja, das Rufinus um 404 kommentiert hat, wobei er ausdrücklich darauf hinweist, daß weder Rom noch die östlichen Kirchen diesen Zusatz kennen“. 117 Brox 185. 118 Brox 186. 119 Brox 186. 120 Vgl. vor allem Klumbies, Verkündigung. 121 Brox 187. 122 Vgl. auch Lochbrunner, Descensus: „Denn bevor man dem Descensus in den Symbola begegnet, ist er schon in den Schriften der Väter greifbar, die ihn meist beiläufig in exegetischem oder homiletischem Zusammenhang erwähnen“. 114 115
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chen.123 Origenes äußert sich in unterschiedlichen Werken zur Thematik; in De principiis 2,5,3 formuliert er: „… die Sünder bedürfen einer Heilung mit recht bitteren Heilmitteln, und deshalb wendet er bei ihnen Mittel an, die in Zukunft Besserung erwarten lassen, in der Gegenwart aber die Empfindung des Schmerzes hervorrufen. Sie lesen nicht, was geschrieben steht von der Hoffnung derer, die bei der Sintflut starben, worüber Petrus in seinem 1. Brief sagt … “124; im Anschluss zitiert er 1Petr 3,18–21 (136,4–9). In Contra Celsum 2,43 wirft Origenes die Frage auf, in welcher Gestalt Christus seine Bekehrungspredigt im Gefängnis unternahm.125 Auch Cyrill von Alexandrien nutzt in seiner Osterpredigt den Bezug auf 1Petr, wie seine Homilia Paschalis 8126 (664D 87–89) zeigt. Für die Entwicklung der Tauftheologie hat 1Petr 3,20f in der Tradition eine markante Rolle eingenommen. In ökumenischer Perspektive kann man sagen: „These verses clearly underpin the baptismal theology of many of its communions.“127 Eine Besonderheit des 1Petr ist der Rückgriff auf ‚die große Flut‘. Unzählige Taufsteine zeigen das Bild der ‚rettenden Arche‘128. „1Petr 3,20f ist das erste bekannte Glied in einer langen und reichen altkirchlichen Tradition der Taufdeutung, in der Sintflut und Taufe als Typos und Erfüllung verbunden sind … Die Wirkung schon des Flutwassers war ambivalent: Es vernichtete (wie das Taufwasser) das Sündhafte in der Welt und reinigte somit“129. Ähnlich formuliert John E. Elliott; das NT komme zwar mehrfach auf die große Flut zu sprechen, aber 1Petr 3,20f „represents the first time in Christian thought that a correspondence … is drawn between the Flood and Christian baptism and, specifically, between their correspondence as events of divine salvation“130. Daran erinnert in der liturgischen Feier bis heute das Gebet der Taufwasserweihe in der Osternacht, wenn es formuliert: „… Selbst die Sintflut war ein Zeichen der Taufe, denn das Wasser brachte der Sünde den Untergang und heiligem Leben einen neuen Anfang“. Vgl. auch Adumbrationes ad 1Petr 3,19 et 4,6 (GCS 17, 205). Dt. Text nach der Ausgabe von Görgemanns/Karpp. Origenes geht also von einer Hoffnung auf die Bekehrungsmöglichkeit der Untergegangenen nach dieser Verkündigung aus. 125 In der Textausgabe von Koetschau (BKV): „… Als er dann eine des Körpers ledige Seele geworden war, verweilte er bei den der Körper ledigen Seelen und bekehrte auch von ihnen diejenigen zum Glauben an ihn, welche willig waren oder welche er hierfür empfänglich sah aus Gründen, die er selbst kannte“. Auch Clemens von Alexandrien spricht in den Stromata 6,(6),44–48 von einer Predigt des Evangeliums im Hades, die der Bekehrung dient. 126 S. Lettres festales (VII-XI) II (SC 392). In dem Traktat „Über den rechten Glauben an den Kaiser“ (22) stellt er die Frage, in welcher Gestalt Christus den Geistern predigte. 127 Yates, Salvation 509. 128 Vgl. die Bsp. bei Thümmel, Ikonologie III, 126 (z.B. Freiberg, Jakobikirche [1555]); vgl. auch ders., Ikonologie I, 106 (Trierer Sarkophag [um 300?, RCS II 420]) u.a. 129 Brox 177. Vgl. auch Adam, Sintflutgebet, zu Aufnahmen in der Taufliturgie und – theologie. 130 Elliott 668; vgl. auch Yates, Salvation 493. 123 124
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Bei den nordafrikanischen Vätern (Tertullian, Cyprian, Optatus, Augustinus) kommt es wiederholt zur Rezeption der Passage im Rahmen sakramententheologischer und ekklesiologischer Überlegungen.131 Augustinus betont am Ende des fünften Buches von De baptismo zwei Aspekte. „Augustine’s comments … make it clear that the Petrine author referred to water as both a means of salvation and as a means of judgment“132. Das Bild der Arche spielt für die Ekklesiologie der Väter eine nicht unwesentliche Rolle, wie Hugo Rahner eindrucksvoll und kenntnisreich aufgezeigt hat.133 Dabei wird der Bezug auf 1Petr 3,20 beispielsweise von Augustinus und Hieronymus134 ausdrücklich hergestellt. So konstatiert Augustinus in De unitate ecclesiae (5,9): „Niemand von uns bezweifelt es, daß durch die Arche des Noe, ohne daß wir den Glauben an die berichteten Tatsachen antasten, auch die Kirche vorgedeutet ist. Das könnte zwar jemandem vorkommen wie ein Einfall des rein menschlichen Denkens, wenn nicht schon der Apostel Petrus in seinem Brief das gleiche angedeutet hätte“135. In der Vätertheologie wird „die Arche als ἀντίτυπος der rettend wirksamen Taufe ‚normiert‘“136, was in der mittelalterlichen Sakramententheologie oder in der Tauftheologie Martin Luthers deutlich erkennbar bleibt und in liturgischen Gebeten wie auch in der künstlerischen Gestaltung von Taufsteinen zahlreiche Aufnahmen gefunden hat.
Vgl. Yates, Salvation, bes. 497–506. Zu Tertullian vgl. auch Frisius, Use, zu Cyprian Fahey, Cyprian. 132 Yates, Salvation 505. 133 Rahner, Symbole 504–547; er spricht (504) von einer „reiche(n) Symbolgeschichte des Vergleiches zwischen der Arche Noe und der Kirche“; vgl. auch Lang, Arche-ologie; Dassmann, Kirche 125–131. 134 So in Adversus Iovinianum 1,17 (PL 23, 263B). 135 PL 43, 397; die dt. Übersetzung ist von Rahner, Symbole 504, übernommen. 136 Lang, Arche-o-logie 262. 131
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14 Christi Leiden und die Leiden der Adressaten (4,1–6) Mit V 1 kommt es zu einer erneuten direkten Anrede der Adressaten in der 2. Pers. Pl. und zur Fortsetzung paränetischer Weisungen, die hier vor allem den Lebensstil betreffen. Wie bereits in 1Petr 1,13 setzt der Autor Kleidungsmetaphorik und den Appell an die ‚Einsicht‘ seiner Zielgruppe ein. Es gelte, sich für die Gegenwart auszurüsten bzw. zu wappnen, um die Herausforderungen bestehen zu können. Dabei unternimmt die Passage auch eine Rückbindung an die vorausgehende Perikope, vor allem zu den Leiden des Christus (3,18). Ein erneuter Lasterkatalog in V 3 bringt vergleichbare frühere Texte in Erinnerung (vgl. vor allem 2,1). Der von den Adressaten eingeforderte und wahrscheinlich auch bereits praktizierte ‚Ausstieg‘ löst in ihrer jeweiligen Umgebung auch Befremden aus, das sich zur Aggression steigern kann. Die Abgrenzung zu den „Heiden“ fällt in dieser Perikope deutlich stärker aus als in anderen Teilen des Schreibens; audrückliche ‚missionarische‘ Impulse, wie sie an anderen Stellen beobachtet werden können, sind hier nicht auszumachen. Literatur: Klumbies, Verkündigung; Marcar, Days; Ostmeyer, Verständnis; Perrot, descente; Reiser, Eschatologie; Vögtle, Tugend- und Lasterkataloge.
1 Wenn also Christus gelitten hat im Fleisch, sollt auch ihr euch wappnen mit derselben Einsicht: der Leidende im Fleisch ist frei von der Sünde, 2 um nicht mehr nach Begierden der Menschen, sondern nach dem Willen Gottes zu leben in der noch im Fleisch verbleibenden Zeit. 3 Hinreichend1 nämlich ist die vorübergegangene Zeit, das Vorhaben der Heiden zu vollenden/betreiben/mitzumachen, zu wandeln in Zügellosigkeiten, Begierden, Trunksüchten, Gelagen, Trinkgelagen und frevelhaften Götzendiensten. 4 Darin/Deswegen sind sie befremdet, da ihr nicht zusammenlauft in eben diesen Strom der Heillosigkeit, (deshalb) bringen sie in Verruf; 5 sie werden Rechenschaft ablegen (müssen) dem, der sich bereithält, zu richten Lebende und Tote. 6 Dazu nämlich wird/wurde auch Toten gefrohbotschaftet, damit sie gerichtet werden, wie es den Menschen im Fleisch entspricht, aber gemäß Gott leben im Geist. Analyse 1. In V 1 stellt sich die grammatische Frage, ob ein Doppelpunkt zu setzen oder das ὅτι mit „weil“ wiederzugeben ist. „Eine beachtliche Zahl von Exegeten versteht das vorgängige ὅτι nicht begründend, sondern explikativ, also als Erklärung dafür, worin die geforderte ‚Gesinnung‘ … besteht. Unklar ist ferner, ob das Sätzchen parenthetisch zu nehmen ist oder sich im Finalsatz V. 2 fortsetzt“2. Brox (189.194) übersetzt mit „es reicht“. Zeller, Tod 189 (in Auseinandersetzung mit Schlosser 234 und Achtemeier 278.280). 1 2
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2. Die Lesart αμαρτιαις (א2; B; ψ u.a.) im Dativ Plural dürfte eine Assimilation an 1Petr 2,24 darstellen (vgl. auch ἐπιθυμίαις in 1Petr 4,2a). 3. In der Betonung von ἀκετός am Beginn von V 3 ist eine rhetorische Akzentuierung zu erkennen.3 4. In V 4 wird ἀνάχυσις – ein Hapaxlegomenon im NT – verwendet; es „bezeichnet eigentlich das sich Ergießen, zum Beispiel des Meeres, wenn es bei Flut in Vertiefungen fließt, in denen sonst kein Wasser steht“4. 5. Mit Rückblick auf 1Petr 3,18 und die dort gegebene Abfolge, bemerkt Dubis zu den Dativen in 4,6: „Interpreted in light of the parallel in 3:18, σαρκὶ is a dative of place (‚in the mortal body‘) and πνεύματι is a dative of agency.“5 6. Das ἐν ᾧ in6 V 4 wird hier als kausale Konjunktion verstanden. Wiederholt kann in der Beschäftigung mit dem 1Petr festgestellt werden, Erklärung dass das Leiden ein zentrales Thema ist, einerseits das Leiden Jesu Christi, 1 andererseits das bzw. die Leiden der Adressaten in ihrer Zeit und Welt. Das ist in ausgeprägter Weise in Kap. 4 der Fall. Auch wenn es für die nachfolgenden Ausführungen von entscheidender Bedeutung ist, dass die Angesprochenen einen Zusammenhang ihrer Leiderfahrungen mit den Leiden des Christus entdecken (vgl. auch 1Petr 4,12), so ist in V 1 doch zunächst allein das Leiden Christi (vgl. bes. 1Petr 2,21; 3,18) im Blick. Nun – zur Rechten des Vaters (1Petr 3,22), in den Himmel gegangen (1Petr 3,22) – leidet er nicht mehr, aber „im Fleisch“ bzw. „am Fleisch/ körperlich“ hat er gelitten (vgl. 1Petr 3,18: „der Gerechte für die Ungerechten“). Diese Einsicht bzw. Erkenntnis (ἔννοια)7 gilt es festzuhalten.8 Der Autor wählt dafür eine metaphorische Prädikation, die dem metaphernspendenden Bereich9 des Militärwesens entnommen10 und mit Vgl. Williams, Works 234. Vahrenhorst 169. 5 Dubis, 1Peter 138. 6 Weitere ἐν ᾧ-Formen in 1Petr 1,6; 2,12; 3,16; 3,19. Vgl. dazu bes. Zeller, Nominal; vgl. zu 4,4 auch Fink, Use 35f: „the character of a causal conjunction in both 1:6 and 4:4 while in 2:12 and 3:16 it is a temporal conjunction“. Vgl. auch Brox (194), der für 4,6 von einer kausalen Relativkonjunktion spricht. 7 Wiederholt setzt der Autor des 1Petr bes. Akzente im Blick auf eine intellektuelle Auseinandersetzung mit Glaube und Welt; vgl. 1Petr 1,13; 2,2; 3,15; 4,6 u.a.; zu erinnern ist an den Einsatz des Begriffs διάνοια (1,13), die Logikos-Milch (2,2), die Aufgabe, Rechenschaft abzulegen (3,15f ) u.ä. 8 Vgl. auch Zeller, Tod 187. Zum Verständnis von ἔννοια vgl. auch Plat., leg. 769E; Philo virt. 214. Despotis, Bekehrungserfahrung 244 Anm. 936, gibt den Hinweis, dass der Begriff ἔννοια „auch über eine intentionale Perspektive“ verfügt und verweist auf Platon sowie auf Euripides, Hel. 1026; Hipp. 9 Vgl. auch die Waffen-Metaphorik in Jes 59,17; Weish 5,17–23, vor allem aber 1Thess 5,8; Eph 6,12–17. 10 Vgl. Hauck, DYNAMIS 347. Vgl. in diesem Kontext auch Röm 6,13: „Stellt eure Glieder nicht der Sünde zur Verfügung als Waffen der Ungerechtigkeit, sondern stellt euch Gott zur Verfügung als Menschen, die aus Toten zu Lebenden geworden sind, und stellt eure Glieder als Waffen der Gerechtigkeit in den Dienst Gottes!“. 3 4
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dem Verb ὁπλίζω τι („bewaffnen, sich mit etw. bewaffnen“) verbunden ist.11 In einer Röm 6,1–11 vergleichbaren Weise12 ist dann davon die Rede, dass das Leiden (und Sterben) eine spezifische Freiheit mit sich gebracht hat: „der Leidende im Fleisch ist frei von der Sünde“13. Das Verb παύω bedeutet zunächst „aufhören lassen“; wenn hier eine Perf. Pass.-Form (oder Med.) gewählt wurde, geht es darum, einen Befreiungsvorgang zu markieren. Durch das Leiden hat die ἁμαρτία keinen beherrschenden14 Zugriff mehr.15 All das, was bisher über die befreiende/erlösende Wirkung des Leidens Christi gesagt wurde, wird auf diese Weise noch einmal in Erinnerung gebracht (1Petr 1,18f; 2,24; 3,18), um die Adressaten auf dem Weg in den Fußspuren des Christus (1Petr 2,21) zu bestärken,16 der als der Sündenlose (1Petr 2,22) der ἁμαρτία keine Angriffsfläche bot und doch παθήματα zu bestehen hatte. Ihm gilt es zu folgen (1Petr 2,21; zu den damit verbundenen Leiden vgl. 1Petr 4,13) und sich mit einer entsprechenden Gesinnung (ἔννοια)17 für den täglichen Kampf zu rüsten.18 Wie spielt sich dieser Kampf ab? 2 Es sind zwei Möglichkeiten denkbar, den Anschluss an V 1 sprachlich zum Ausdruck zu bringen, da ja zunächst offen ist, was als Akk. zu βιῶσαι Vgl. in diesem Zusammenhang bes. die Ausführungen zu 1Petr 1,13 mit der Aufforderung: „Umgürtet die Hüften eures Verstandes!“, die auch im Kontext einer ‚Kampf-Bereitschaft‘ verstanden werden kann. 12 Vgl. bes. Röm 6,2: „… Wir sind doch der Sünde gestorben. Wie könnten wir noch in ihr leben?“ oder Röm 6,7: „Denn wer gestorben ist, ist von der Sünde freigesprochen“. Zur Auslegung von Röm 6,1–11 vgl. bes. Wolter, Röm I, 364–384. Zum Vergleich der Texte vgl. bes. Zeller, Tod; ebd. (190) konstatiert Zeller für die Auslegung von 1Petr 4,1f: „Einleuchtender ist, dass der Ausdruck ‚wer den Tod im Fleisch erlitt‘ realen Sinn hat, ebenso wie ‚wer gestorben ist‘ in Röm 6,7, das ganze Sätzlein aber als bildhafte Vorwegnahme für V. 2 fungiert“; vgl. auch Zeller, Röm 126: „Paulus aber interessiert sich für das künftige Verhältnis des Gestorbenen zur Sünde und scheint den Satz formaler zu nehmen (wie dann auch 1Petr 4,1): Ein Toter ist für die Sünde nicht mehr haftbar zu machen; also ist er endgültig von ihr losgekommen, so daß sie keinen Rechstanspruch mehr auf ihn hat“. Brox (192) bestreitet einen theologischen oder traditionsgeschichtlichen Zusammenhang mit Röm 6,7 („ganz unwahrscheinlich“); Despotis, Bekehrungserfahrung 243f, beobachtet demgegenüber eine „Affinität“. 13 Schröger, Wegweisung 425, nennt dies eine „seltsame Wendung“ und übersetzt (ebd.): „weil der, der litt im Fleisch, Ruhe hat vor (der) Sünde“. Goppelt (268) plädiert für eine Parenthese. Vgl. auch Gunkel 284: „Wer aber … das Fleisch niedergezwungen und Leiden auf sich genommen hat, der hat den Sieg über die Sünde erfochten und hat nun ‚Ruhe‘ vor ihren Anfechtungen“. 14 Zur Personifikation der Sünde vgl. auch Röm 7,8–10; zur Macht der Sünde vgl. bes. auch Röm 6,2.6.12–23. In diesem Kontext vgl. auch Röhser, Metaphorik 131–177. 15 Brox (191) übersetzt mit „von der Sünde lassen“ und fügt hinzu: „Dieser Zusammenhang wird weiter nicht geklärt“. 16 Zur „intentionalen Perspektive“ vgl. auch antike Texte wie Euripides, Hel. 1026; Hipp. 1027; Plat., leg. 769e (mit ἔννοια). 17 Zum „Sich-Loslassen“ auf einen Größeren hin vgl. 1Petr 2,23 mit 1Petr 4,19. 18 Das Verb ὁπλίσασθε bringt den aktiven, allerdings nicht von Gewalt geprägten Widerstand der Christen gegenüber einer abwertend bis feindselig eingestellten Umgebung zum Ausdruck. 11
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zu ergänzen ist. Entweder man ergänzt ein „er“, um den Schluss von V 1 weiterzuführen, oder man ergänzt – mit Blickrichtung auf V 1 – ein „ihr“. Auf jeden Fall geht es darum, die Adressaten insgesamt anzusprechen und zu einer entsprechenden Lebensweise zu ermutigen (εἰς βιῶσαι)19. Der Kampf mit den Begierden war bereits wiederholt ein Thema des 1Petr (1,14; 2,11) und seiner Paränese. Auch wenn für die Mehrzahl der Angesprochenen der Rückblick auf eine hinter ihnen liegende Konversion möglich ist, die sie von der „sinnlosen, von den Vätern ererbten Lebensweise“ (1Petr 1,18) weggebracht hat, bleibt doch die tägliche Einlösung des neuen Lebensabschnitts als Aufgabe. Einander gegenübergestellt werden „menschliche Begierden“, denen es „nicht länger“ (μηκέτι)20 zu folgen gilt,21 und der „Gotteswille“, der wiederholt als die entscheidende Bezugsgröße (1Petr 2,15; 3,17; vgl. auch 4,19) der Lebensgestaltung erkennbar wurde. Vom Willen Gottes her soll das Leben entworfen und gestaltet werden, nicht bloß von menschlichen Sehnsüchten. Im Blick ist dabei die noch „verbleibende“ (ἐπίλοιπος) Zeit „im Fleisch“. Das „Spiel ist noch über die Strecke/Zeit zu bringen“22 – keine leichte Aufgabe, die sich nebenbei erledigt. Zur Veranschaulichung der im täglichen Kampf zu bewältigenden He- 3 rausforderungen greift der Autor noch einmal (vgl. 1Petr 2,1) auf einen Lasterkatalog23 zu. Zunächst wird erkennbar, wie die „Völker“ aus dem Selbstverständnis der Erwählten heraus gesehen werden: als ‚Heiden‘ mit einer entsprechenden Lebenspraxis.24 Aber die hier im 1Petr Angesprochenen stehen selbst jeden Tag mehr oder weniger immer noch in der Gefahr, nichts anderes als ‚die Heiden‘ zu tun und werden deshalb vor den naheliegenden Möglichkeiten25 gewarnt. Die Warnung bezieht sich auf Laster, die in der Auflistung des 1Petr alle im Plural benannt werden: Zügellosigkeit (ἀσέλγεια; auch „Ausschweifung“; „Orgie“)26, Begierden (ἐπιθυμία; vgl. auch V 2; 1,14; 2,11)27, Zur Orientierung am Willen Gottes vgl. auch 1Petr 2,15; 3,17; 4,19. Vgl. hierzu vor allem Röhser, Sünde. 21 Zur Vorstellung vom „Sterben … in Bezug auf die Leidenschaften“ vgl. Zeller, Tod 186 (mit Vergleichsstellen bei Philo). 22 Vgl. (mit Blick auf die Offb) Taeger, Gesiegt 41, der (ebd. 46) auf ein Wort von R. M. Rilke aufmerksam macht: „Wer spricht von Siegen? Überstehn ist alles“. 23 Vgl. Vögtle, Tugend- und Lasterkataloge; Betz, Lasterkataloge; Wibbing, Tugendund Lasterkataloge; Williams, Works 234 Anm. 89 sowie die Bsp., die im Rahmen der Auslegung von 1Petr 2,2 (oben) benannt und besprochen wurden. 24 Von der Formulierung des V 3 her kann man – mit Vahrenhorst, Leiden 68 – auch von „Polemik“ sprechen. 25 Zur Veranschaulichung vgl. u.a. Weeber, Gift, passim. 26 Vgl. Weish 14,26; Mk 7,22; Röm 13,13; Gal 5,19; 2Kor 12,21; Eph 4,19; Tit 3,3; 2Petr 2,7.18; Jud 4 sowie Philo Mos II 185; virt. 214. 27 Vgl. Tit 3,3: „Denn auch wir waren früher unverständig und ungehorsam, dem Irrtum verfallen, Sklaven aller möglichen Begierden und Leidenschaften, lebten in Bosheit und Neid, waren verhasst und hassten einander“; vgl. auch Kol 3,5; Philo Mos 19 20
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Trunksucht (οἰνοφλυγία)28, Ess-Gelage (κῶμος; auch „ausgelassenes Gelage“; „Schmauserei“29)30, Trinkgelage (πότος)31 und frevelhafte Götzendienste32 (εἰδωλολατρία)33. Wer sich mit ausladenden Luxus-Events in der Antike beschäftigt, sollte in seinem evtl. gesellschaftskritischen Urteil eine Warnung beachten: „Wenn … vom römischen Tafelluxus in Gestalt konkreter Bankette die Rede ist, so beziehen sich diese Verhältnisse nur auf einen geringen Prozentsatz der Gesamtbevölkerung – eine Oberschicht, die sich auch darin II 185; opif. 158. Stein, Meals 276 Anm. 2, bemerkt in diesem Kontext: „These are typical reproaches of Jews against pagans; cf. Ep. Arist. 205; Pss. Sol. 14.22–31; Philo, Mos. 2.185; Spec. 4,91“. 28 Einen lebendigen Eindruck von entsprechenden Veranstaltungen bietet Horaz in Satire II,8: „Wie war’s beim reichen Nasidienius? Hat’s gut geschmeckt? Als ich dich gestern zu mir bitten wollte, sagt’ man mir, du zechtest schon seit Mittag dort … Dann kam … Caecuber im Arm und feinsten Chierwein, der nicht wie sonst mit Seewasser getauft. ‚Doch wenn du diesem hier Albaner vorziehst, mein Mäcenas, oder auch Falerner‘, wirft der Hausherr ein, ‚wir haben beide‘“. Der Begriff οἰνοφλυγία (mit entsprechender negativer Bewertung) ist auch belegt in Philo Mos II 185; opif. 158; vgl. auch Plut., Mor 12B. Zu maßvollem Essen und zur Warnung vor Trunkenheit im Corpus Dioneum (bes. or. 7,152; 66,1) vgl. Becker, Lukas 237–240; vgl. auch Musonius, Diatribe 4. 29 Zur Veranschaulichung mag Senecas in Ad Helviam 10,3 geäußerte Kritik an überzogenem Tafel-Luxus dienen: „Von allen Seiten schleppt man alles Bekannte für den verwöhnten Schlund heran; was der von üppigen Genüssen geschwächte Magen kaum verträgt, holt man sich vom äußersten Ozean herbei. Sie speien, um zu essen, sie essen, um zu speien, und Gerichte, die sie in der ganzen Welt zusammensuchen, halten sie nicht zu verdauen für würdig“; vgl. auch Seneca, epist. 47,2; 95,24–29. Vgl. auch Horaz Beschreibung des Mahls bei Nasidienus in Satire II 8,6ff: „Als erster Gang kam ein lukanischer Eber auf den Tisch, den man bei lindem Südwind eingefangen, wie des Mahles Spender uns verriet; mit scharfen Rübchen, Kopfsalat und Rettich war er rings garniert, was einen schlaffen Magen reizen kann, dazu Rapunzeln, Weinsteinsalz aus Kos und Fischpastete …“. Auch Martials Epigramm zu Apicius’ Tod (III, 22) erhellt, was Einzelne zur Finanzierung der Schlemmerei auszugeben bereit waren: „Sechzig Millionen Sesterzen, Apicius, hattest du schon deinem Magen spendiert, und immer noch blieben dir volle zehn übrig. Du weigertest dich, diese Situation zu ertragen, die für dich Hunger und Durst bedeutete, und schlürftest daher als letzten Trunk den Giftbecher. Nichts hast du, Apicius, jemals mehr nach Feinschmeckerart getan!“ Vgl. auch Plutarch, Philopoimen 9; Martial, Epigramme 7,20 (ein armseliger Schlemmer); Chariton, Kallirhoe 1,3,2; 1,3,5. Bildliche Darstellungen zu κῶμος bietet AK München, Kunst 146f. 30 Vgl. als biblische Belege auch 2Makk 6,4; Röm 13,13; Gal 5,21. 31 Vgl. in der LXX auch Spr 23,20f.29–35, bes. VV 31–33; Jdt 12,10; 13,1; vgl. auch JosAs 20,8; Chariton, Kallirhoe 2,4,2. Zu beachten sind auch die ntl Warnhinweise in Mt 24,48–51; Lk 21,34f; Gal 5,21; 1Thess 5,7–8; Eph 5,18; 1Tim 3,18. 32 Vgl. auch Philo virt. 214. 33 Vgl. 1Kor 10,14, wo Paulus die Korinther auffordert, die εἰδωλολατρία zu „fliehen“, eine Thematik, die diverse Kapitel des 1Kor durchzieht, vor allem, wenn es um εἰδωλόθυτον (1Kor 8) geht, aber nicht nur dort (vgl. 1Kor 5,10f; 6,9; 10,7).
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gefiel, ihre materielle Überlegenheit gegenüber dem Gros des Volkes zu zelebrieren.“34 Wer an entsprechenden Veranstaltungen35 nicht oder nicht mehr teilnahm, machte sich in manchen gesellschaftlichen Kreisen bzw. Kontexten nicht gerade beliebt.36 Das gibt der nachfolgende V 4 deutlich zu verstehen. „Ihr neues Verhalten ‚befremdet‘ (ξενίζω) die Mehrheit und macht die Christen zu Fremden in dem Umfeld, zu dem sie einmal gehört haben.“37 Das Sich-Verweigern bzw. die Nicht-Teilnahme, das „Nicht-Mitlaufen“ 4 (συντρέχω)38 löst in der gesellschaftlichen Umgebung der Adressaten Befremden aus. Der Autor gebraucht für die nicht näher gekennzeichneten „anderen“ ξενίζονται39. Bei dieser Reaktion der anderen bleibt es allerdings nicht; sie bringen die „Nicht-Mitläufer“ in Verruf (βλασφημοῦντες). Sie
Weeber, Schwelgerei 22; er fährt (ebd.) fort: „Übrigens ganz offenkundig ohne schlechtes Gewissen. Wenn überhaupt jemand ob seiner Prasserei einen Anflug schlechten Gewissens verspürte, dann nicht aus sozialem Verantwortungsgefühl, sondern allenfalls aus Scham darüber, vom mehr oder weniger rechten Pfad altrömischer Selbstdisziplin und Genügsamkeit abgewichen zu sein.“ Zur antiken Luxuskritik im Bereich des Speisens vgl. auch Tietz, Dilectus 48–53.159–180; Lemke, Ethik 118–122. 35 Zur Veranschaulichung vgl. Plutarch, Lucullus 41,3–6, wo Plutarch einen Besuch des Cicero und des Pompeius bei Lucullus beschreibt: „… Nur so viel erlaubten sie ihm auf seine Bitte zu einem der Diener in ihrer Gegenwart zu sagen, dass er heute im Apollon speisen wolle; das war der Name eines der Prunkzimmer, und damit hatte er die Männer schon, ohne dass sie es merkten, überlistet. Denn für jedes Speisezimmer war offenbar der Preis des darin aufzutragenden Mahles festgesetzt, und jedes hatte sein besonderes Geschirr und seine besondere Ausstattung, so dass die Sklaven, wenn sie hörten, wo er speisen wolle, gleich wussten, wieviel dafür auzugeben und welcher Schmuck und welche Ausstattung zu besorgen sei. Er pflegte aber im ‚Apollon‘ für fünfzigtausend Sesterzen zu speisen.“ Vgl. auch Stein-Hölkeskamp, Gastmahl, passim, bes. Kap. V „Ein kulinarischer Kosmos: Flamingozungen und Falerner“ (163–219); Klär, Feinschmecker. 36 Für das 1. und 2. Jh. n. Chr. kann neben einer breiten Zuwendung zu Fragen und Ausdrucksformen von Religion, Ethik und Philosophie eine rege Vereinsgründungstätigkeit konstatiert werden, häufig als private Geselligkeitsvereine, gestützt durch gemeinsame Beitragsleistung. Vgl. dazu Obermann, Land 275: „Gemeinsam war den in der hellenistisch-römischen Welt weit verbreiteten Vereinen neben ihrer sozialen Funktion vor allem ihre religiöse Ausrichtung. Hier stellte das gemeinsame Mahl die größte Übereinstimmung der Vereine dar.“ Genau hier setzen freilich auch Verweigerungen ein, die den Christen Vorwürfe, Denunziation und Verachtung eintrugen; vgl. auch Harland, Honouring; Müller, Gott 283–287. Zur Veranschaulichung der religiösen Vollzüge in Berufsvereinen vgl. u.a. Dittmann-Schöne, Götterverehrung. Es gilt auch zu bedenken, dass in antiken Herrschaftssystemen die Demonstration der Loyalität über die Teilnahme an staatstragenden Kulten erfolgte. Wer sich hier, und sei es nur partiell, verweigert, gerät in die Schusslinie; vgl. auch Mikat, Konflikt 38.43. 37 Vahrenhorst, Leiden 68. 38 Vgl. Ps 49,18 LXX. 39 Das Verb ξενίζω steht zunächst für „gastlich aufnehmen“, kann dann aber auch für „befremden“ verwendet werden. 34
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gehen also zu einer verbalen Attacke über (vgl. auch 1Petr 4,14) und lästern40 über die, die sich verweigern. Aus der Sicht des 1Petr und der angesprochenen Adressaten ist das, was die Heiden treiben, ein „Strom der Heillosigkeit41/Liederlichkeit“ (τῆς ἀσωτίας ἀνάχυσις). Die hier eingesetzte Metaphorik schlägt vielleicht – in gegenüberstehender Weise – noch einmal eine Brücke zur Arche-Typologie des vorausgehenden Kapitels (Sintflut-Generation).42 Allerdings ist der „Strom/Sturzbach der Begierden“ auch eine in anderen antiken Texten häufiger anzutreffende sprachliche Wendung.43 Diesem Strom sollte man sich nach der Überzeugung des 1Petr nicht/nicht mehr aussetzen, um nicht von ihm weggeschwemmt bzw. mitgerissen zu werden. 5 Über das Verhalten dieser anderen müssen sich die Glaubenden nicht weiter den Kopf zerbrechen44, „denn den Ausgleich von unschuldigem Leiden und frecher Verleumdung können sie Gott überlassen, der ihn im Gericht besorgen wird. Darin tun sie es Christus gleich (2,23)“.45 Das letzte Wort behält immer der, der als der alleinige Richter schon im ersten Kapitel (1Petr 1,1746; vgl. auch 2,23) zur Sprache kam.47 Vor Gott werden sie „Rechenschaft ablegen (müssen)“48, vor „dem, der sich bereithält, zu richten Lebende und Tote“.49 Die Wendung ἀποδίδωμι λόγον ist aus dem juristischen Bereich – aus dem Bereich der Verhandlungen50 – übernommen. In den Blick genommen wird für die Zukunft ein alle Menschen Vgl. Apg 13,45; Jak 2,7: „Sind nicht sie (die Reichen) es, die den guten Namen lästern, der über euch ausgerufen worden ist?“. Vgl. auch Dubis, 1Peter 136: „Note also the excellent parallel in Acts 13:45, … where the exact term βλασφημοῦντες appears without an explicit object in the final position in the sentence, functioning also as an adverbial participle“. 41 Vgl. 2Makk 6,4. In Eph 5,18 wird ἀσωτία zur Kennzeichnung des Saufgelages verwendet, in Tit 1,6 ist das Fehlverhalten von Kindern im Blick. Vgl. für 1Petr 4,4 auch die Charakterisierung des jüngeren Sohnes (in der Fremde) in Lk 15,13: ζῶν ἀσώτως. Der Begriff ἀσωτία findet auch in Tabula Cebetis 28,3 Verwendung. 42 Die Arche brachte „Rettung“ durch die Wasser (Gen 7 – 9); der „Strom der Liederlichkeit“ reißt ins Unheil. 43 Vgl. zum Wort „Sturzbach“ auch Heckel 119: „Eigentlich bezeichnet es die niederprasselnde Flüssigkeit, den Guss, die niederstürzende Flut. Auch Philon gebraucht es in unterschiedlichen Zusammenhängen (Philon, aet 102; somn 2,278)“. 44 In dieser Passage werden die Heiden als Gegner bzw. Bedroher in den Blick genommen, die zu den zukünftig Be- bzw. Verurteilten zu zählen sind. 45 Brox 195. 46 Vgl. die im Kontext der Kommentierung von 1Petr 1,17 (oben) gemachten Anmerkungen zum Gericht nach Werken. 47 Vgl. Reiser, Eschatologie 168. 48 Vgl. auch Mt 12,36: „Ich sage euch aber: Über jedes unnütze Wort, das die Menschen reden, werden sie am Tag des Gerichts Rechenschaft ablegen müssen“; Röm 14,12 (v.l.); Hebr 13,17. Zum „Rechenschaft ablegen“ im geschäftlichen und ökonomischen Bereich vgl. auch Lk 16,2. 49 Vgl. in der pln Theologie bes. Röm 2,16; 3,6; 1Kor 4,5 u.a. Vgl. außerdem Polyk 2,1. 50 Vgl. Apg 19,40; vgl. auch Bauer, Wörterbuch 180f. 40
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(Lebende und Tote)51 betreffendes Gericht,52 in dem jeder und jede seine/ ihre Taten und Untaten53 zu verantworten hat. „Der Autor scheint sich das Endgericht … als ein gestuftes Geschehen vorzustellen, das mit der Läuterung der Christen im Leiden beginnt und nach der allgemeinen Auferstehung mit einem forensischen Verfahren für ‚Lebende und Tote‘ (4,5), Christen wie Nichtchristen, endet.“54 Zur Verkündigung des 1Petr und seiner „frohen Botschaft“ gehört auch 6 die Rede von einem kommenden Gericht. Wenn es in V 6 heißt, dass „auch Toten gefrohbotschaftet“ wird, so wird hier noch einmal (vgl. V 5) betont, dass auch wirklich alle betroffen sind. Um der Opfer der Vergangenheit willen ist es auch dem 1Petr wichtig, das Geschehene nicht einfach dem „großen Vergessen“ anheimzustellen. „Eher unspektakulär erwähnt 1Petr 4,6 die Evangeliumsverkündigung unter Toten.“55 Eine ganze Reihe von Auslegern sieht in V 6, der nicht selten als „äußerst schwierige(r) Satz“56 wahrgenommen wird, noch einmal einen Rückbezug zu der Verkündigung, von der in 1Petr 3,19 die Rede war (Verkündigung im Kerker). „Gegenüber den πνεύματα von 3,19 stellen die Toten von 4,6 eine eigene Gruppe dar und sind von jenen zu unterscheiden“57. Mit Paul Gerhard Klumbies kann konstatiert werden: „Die Annahme der Möglichkeit einer Beeinflussung des postmortalen Schicksals Verstorbener steht in 1Petr 4,6 unter der Denkvoraussetzung eines universalen Gerichts über alle Menschen.“58 D.h.: „Auch die Feinde entgehen dem Gericht – selbst durch vorzeitigen Tod – nicht … Dominierend aber ist die Überzeugung von der Universalität der Rettung, die auch den Verfolgern als Chance zugestanden ist.“59 In vergleichbarer Weise kommentiert Richard Bauckham: „A reference to the idea, widely attested from the beginning of the second century, that Christ after his death preached the salvation he had achieved to the saints of the Old Testament period, is more probable in 4:6, but on the other hand ‚the dead‘ may there refer to those who heard the Gospel while alive, but subsequently died.“60 Möglich bleibt freilich auch, eine Stichwortverbindung („Fleisch“) zu 1Petr 4,1 im Vordergrund zu sehen: Menschen, die im Fleisch leben, ha Vgl. Apg 10,42; Röm 14,9; 2Tim 4,1; Barn 7,2; 2Clem 1,1; Polyk 2,1. Vgl. in diesem Kontext auch Jes 26,9–10. 52 Vgl. dazu auch Reiser, Eschatologie. 53 Evang, Gewalt 25, spricht von „einem ‚Untersuchungstermin‘ …, an dem sich die Haltlosigkeit erhobener Anschuldigungen zeigt“. 54 Reiser, Eschatologie 175. 55 Klumbies, Verkündigung 219. 56 So Brox 196, der hinzufügt: „Er gehört m.E. zu den nicht mehr sicher erklärbaren Texten des 1Petr“; dennoch stellt sich Brox (196–199) dieser Herausforderung. 57 Klumbies, Verkündigung 220; vgl. auch Brox 196; Forbes, 1Peter 141f. 58 Klumbies, Verkündigung 221. 59 Klumbies, Verkündigung 222. 60 Bauckham, Descents 39. 51
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ben sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, hinsichtlich dieses Lebens beurteilt und gerichtet zu werden. Was aber noch entscheidender und bereits in dieser Zeit möglich ist: „gemäß Gott leben im Geist“. Zusammen- Auf dem Weg „in den Fußspuren Christi“ wird den Adressaten der Blick fassung auf den leidenden Christus ausgerichtet (vgl. 1Petr 2,21; 3,18), der selbst durch das Leid gegangen ist. Für den Weg wird ihnen eine entsprechende Gesinnung und ‚Ausrüstung‘ nahegelegt, da er Veränderungen im Lebensstil mit sich bringt, die auch ‚Aufkündigungen‘ im Kult und in gesellschaftlichen Bezügen implizieren können. Diese ‚Rüstung‘ zeigt (auch über militärische Konnotationen) Berührungen mit Gewand-Metaphorik, die im 1Petr auch an anderen Stellen erkennbar wurde (vgl. vor allem 1,13; 2,1; vgl. auch 5,5). In diesem Kontext wird auch der Kampf gegen bzw. mit Leidenschaften/Begierden erneut zum Thema (vgl. 1,14; 2,11). Der Rückblick auf ‚frühere‘ (heidnische) Zeiten, der vor allem in der Aufzählung entsprechender Ausschweifungen anschaulich wird, soll den Ernst der Lage im gegenwärtigen χρόνος mit seinem Gefährdungspotential unterstreichen. Die Erinnerung wie auch der Katalog stehen im Dienst der Lebensgestaltung in der Gegenwart. Wirkungs Die in 1Petr 4,1–6 deutlich wahrnehmbare Luxuskritik wird in der Vätergeschichte zeit von verschiedenen Autoren aufgenommen. Beispielhaft seien Tertullian und Cyprian von Karthago genannt. Tertullian knüpft an der Aufzählung von Ausschweifungen an, wenn er in apol. 39 formulieren kann, dass Spenden nicht für „Schmausereien, Trinkgelage oder Freßwirtschaften“ ausgegeben werden sollen, sondern für soziale Zwecke, was nach dem Eindruck von Tertullian von manchen Zeitgenossen schlechtgeredet bzw. mit übler Nachrede beantwortet wird. In diesem Kapitel kritisiert er auch aufwendige religiöse Mahlgemeinschaften. Cyprian von Karthago nennt in epist. 67,6 entsprechende Bankette „schändliche und schmutzige Gelage in der Gesellschaft der Heiden“. Nachwirkungen der Lasterkataloge oder der in V 3 unternommenen Aufzählung können in der Lehre „von den sieben Todsünden“61 erkannt werden, vor allem, was die Unmäßigkeit62 betrifft. Die maßgebliche Figur in der Zusammenstellung ist der frühchristliche, gebildete Mönch und Wüstenvater Evagrius Ponticus (345–399). Er entwickelte die Achtlasterlehre, in der folgende Fehlhaltungen benannt werden: Unmäßigkeit, Unkeuschheit, Habsucht, Zorn, Traurigkeit, Überdruss, Ruhmsucht, Hochmut. Johannes Cassian (360–435) gibt in seiner Schrift „Über die Grundsätze der Koinobiten und die acht Hauptlaster“ dazu Erklärungen und Vgl. hierzu bes. Thomas von Aquin, S. th. III q.86 a 4. Evagrius Ponticus nennt sie in seiner traditionsbildenden Aufzählung als erste; vgl. hierzu bes. Stock, Fressen; Bucher, Geiz 63–83. 61 62
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bewirkte eine Verbreitung ihrer Kenntnis in der weströmischen Christenheit. Das praxisorientierte System einer mönchischen Selbstanalyse wird auch von anderen übernommen. Einflussreich wurden aber vor allem die Dichtungen des Prudentius (348–405)63, in denen er dem inneren Kampf von Tugenden und Lastern Ausdruck gab. Sein Hauptwerk ist die Psychomachia (im Dt.: Seelenkampf ).64 In mönchischen Kreisen (und darüber hinaus) wurde dieses Werk zu dem Standard-Werk über innere, geistliche Kämpfe, die es mit Gottes Hilfe zu bestehen gilt. Der ‚Klassiker‘ zu diesem Thema ist freilich ein Werk Gregors des Großen (um 540–604), sein Kommentar zum Buch Ijob (Moralia in Iob XXXI, 44f., 87f.)65; darin kommt er ausführlich auf das benannte Spektrum zu sprechen und macht vor allem auch die Sieben-Zahl stark. Die ist ihm vor allem wegen seines „Gegen-Programms“ von besonderer Bedeutung, die sieben Gaben des Heiligen Geistes ( Jes 11,1f. nach der Vulgata – im hebr. Text sind es sechs Gaben).66 Seit den Dichtungen des Prudentius interessieren sich auch die Künstler in besonderer Weise für die Todsünden. Schon im mittelalterlichen Codices (Bsp. aus St. Gallen u.a.) erfährt die Psychomachia Illustrationen. In späteren Generationen waren allegorische Darstellungen sehr beliebt.67 Bis heute beeindruckend und berührend sind die Umsetzungen eines Hieronymus Bosch, Alfred Kubin oder Otto Dix.68 Auch die Film-Welt hat sich dieses Themas angenommen, vor allem der Thriller „Seven“ von David Fincher, in dem der Serienkiller seine Opfer nach den Todsünden auswählt69. Im künstlerischen Arbeiten geht es in entsprechenden „Aufnahmen“ häufig um eine Ermutigung zur Selbstreflexion und um Wege zu einer Vgl. AK Augsburg Nr. 5. Zum geistlichen Kampf vgl. vor allem auch Eph 5,3–20. 65 CChrSL 143B; dt. Text auch in AK Augsburg 20 (Riedl). 66 In späteren Jahrhunderten werden die sieben Todsünden zunehmend aus ihrem theologischen Zusammenhang gelöst. Sie werden in der Gegenwart sogar als „Werbemittel“ eingesetzt (Beispiele bei Saturn „Geiz ist geil“; Eissorten, die nach den Todsünden benannt werden; T-Shirts mit persönlichen Vorlieben im Bereich der „7“ etc.); vgl. auch A. Bucher, Geiz VI. 67 Die Etymachia z.B. zeigt die Todsünden als Personifikationen auf Reittieren. Vgl. die Bsp. in AK Dahlheim; AK Augsburg. Der Blick der Künstlerinnen und Künstler, ihre Rezeption und spezifischen Darstellungsfähigkeiten ermöglichen häufig einen klareren Blick: in der Wahrnehmung der Welt, bei der Reflexion der „Schatten-Seiten“ und „Abgründe“ im Menschen; im Ernstnehmen der eigenen Versuchbarkeit; in der ehrlichen Selbstreflexion. Künstlerinnen und Künstler haben erspürt und deutlicher als andere zum Ausdruck gebracht, dass in solchen Aufzählungen ein enormes Aktualisierungspotential steckt. 68 Vgl. auch Sebastian Brants ‚Narrenschiff‘ und die Serie von Ulrich Barnickel in AK Gotha. 69 Vgl. A. Bucher, Geiz VI: Millionen sahen im Kino (oder später zuhause), „wie ein Vielfraß zum Platzen gebracht wurde; wie eine stolze Frau tot im Bett lag, nachdem ihr der Killer die Haut vom Gesicht gezogen und dieses irreparabel entstellt hatte, worauf sie sich vergiftete; aber auch, wie der zweite Detektiv, gespielt von Brad Pitt, im Zorn den Mörder, der ihn auf bestialische Weise provoziert hatte, erschießt.“ 63 64
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selbstauferlegten Mäßigung, nicht selten auch um Anleitungen zu einem maßvollen, genussvollen und sinnstiftenden Leben.70 Fragen des Maßhaltens, des Konsums und der Nachhaltigkeit im Verbrauch sind gerade unserer Generation in massiver Weise gestellt. Der Ernst der im Abschnitt 1Petr 4,1–6 erfolgenden Warnhinweise, die die Einzelnen persönlich betreffen, kann besonders akzentuiert in V 5 wahrgenommen werden. Die Aussage in V 5: „Sie werden Rechenschaft ablegen (müssen) dem, der sich bereithält, zu richten Lebende und Tote“ hat in Credo-Formulierungen vielfach Aufnahme gefunden (vgl. zum Gericht über Lebende und Tote auch Apg 10,42; Röm 14,9 „Herr sei über Tote und Lebende“; 2Tim 4,1; Offb 20,12–15; Polyk 2,1)71. „Gemäß Gott leben im Geist“ (V 6) bleibt die beständige Herausforderung und Aufgabe.
Vgl. auch die Anregungen, die Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si“ gegeben hat; seine Sorge beschreibt er so (Nr. 204): „Deshalb denken wir nicht nur an die Möglichkeit schrecklicher klimatischer Phänomene oder an große Naturkatastrophen, sondern auch an Katastrophen, die aus sozialen Krisen hervorgehen, denn die Versessenheit auf einen konsumorientierten Lebensstil kann – vor allem, wenn nur einige wenige ihn pflegen können – nur Gewalt und gegenseitige Zerstörung auslösen“. 71 Vgl. auch Hebr 12,23. 70
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15 Die Zeit ist nahe (4,7–11) Literatur: Batovici, Commenting; Evang, Verständnis; Goldstein, Gemeinde; Reiser, Eschatologie; Schlosser, fraternité; Thorsteinsson, Christianity; Vorholt, Ende.
7 Das Ende/Ziel aber von allem ist nahegekommen. Seid also besonnen, und seid nüchtern für Gebete! 8 Vor allem habt eifrig die Liebe zueinander! Denn (die) Liebe bedeckt eine Menge von Sünden. 9 Seid gastfreundlich (zu)einander ohne Murren! 10 Dient einander damit – (ein) jeder, wie er eine Gnadengabe empfangen hat – wie gute Verwalter der vielfältigen Gnade Gottes. 11 Wenn einer spricht, wie Worte Gottes; wenn einer dient, wie aus (der) Kraft, die Gott verleiht, damit in allem Gott verherrlicht werde durch Jesus Christus, dem ist die Herrlichkeit und die Kraft in die Aionen der Aionen. Amen. Der Abschnitt 1Petr 4,7–11 ist von einer stark eschatologischen Perspektive1 geprägt. Paränetische Weisungen, die für die Jetzt-Zeit gegeben werden, haben das Ende bzw. Ziel der Zeit im Blick: Besonnenheit, Gebet, Liebe, Gastfreundschaft und Dienstbereitschaft werden gesondert benannt, weshalb man sagen kann, dass innergemeindliche Weisungen dominieren, der Autor also vor allem das Zusammenleben in der Gemeinde in den Blick nimmt. V 11 setzt einen markanten doxologischen Abschluss,2 der in ein „Amen“ mündet. 1. In V 8 ist mit καλύπτει von einer Präsens-Form auszugehen. Eine Reihe Analyse von Handschriften bietet allerdings eine Futur-Form; dabei kann es sich um eine Angleichung an die Vorstellung von einem kommenden Gericht handeln (vgl. Jak 5,20; vgl. außerdem 1Clem 49,5; 2Clem 16,4). 2. Der Abschnitt 4,7–11 ist in seiner Argumentation von „einer klaren Logik“3 geprägt; „the asyndeta in 4.8–11 serve as markers of subordinate intersentence relations“4. 3. Der Doxologie in V 11 mit dem abschließenden, responsorischen „Amen“ kann eine „zäsurierende Funktion“5 zugeschrieben werden. 1 Vgl. Brox 201: „unter dem Vorzeichen der apokalyptischen Dringlichkeit“. Vgl. für den Folgetext: 1Petr 4,13.17f; 5,1.4.6.10; vgl. auch 1Petr 4,5. 2 Vgl. auch Brox 202f: „Eine Doxologie schließt durchaus nicht immer ein ganzes Schreiben ab, sondern kann auch Teilthemen und Sinnabschnitte bloß voneinander absetzen. Das ist der Fall in Röm 11,36; Gal 1,5; Eph 3,21; Offb 1,6 und oft im 1Clem und ist also im 1Petr keine Besonderheit“ (für 1Clem vgl. bes. 61,3); vgl. Müller, Petrusbrief 343: „Zwar markiert die Doxologie eine Unterbrechung, … sie gibt aber keinen Anlass zu literarkritischen Operationen“ (mit Verweis auf Reichert, praeparatio 27–72). Ein anschauliches Bsp. liefert auch das Polykarpmartyrium in 14,3. 3 Wagner/Vouga 138; vgl. auch deren Ausfaltung sowie Forbes, 1Peter 145–150. 4 Thorsteinsson, Christianity 113 Anm. 49, mit Verweis auf van Rensburg, Use 292. 5 Schmidt, Dienen 385.
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Erklärung Wie Menschen von der Zeit denken, kennzeichnet in erheblichem Maß 7 ihre Weltsicht und ihr ‚Weltbild‘. Der 1Petr geht nicht allein davon aus, dass die Zeit vergeht bzw. verläuft, sondern dass sie sich vor allem auf ein Ziel (τέλος)6 zubewegt7 – und in der Zeit bzw. mit ihr nicht nur die Menschen8, sondern „alles“.9 Auch wenn mit Blick auf 1Petr nicht von einer massiv ausgeprägten Naherwartung gesprochen werden kann,10 nimmt das Schreiben doch wiederholt das Ende der Zeit in den Blick, das als „nahegekommen“11 gesehen wird.12 Das vom Autor verwendete πάντα (Ntr. Pl.) steht für die gesamte Schöpfung (vgl. Röm 11,36; 1Kor 8,6; 15,27f; Eph 1,22; Offb 21,5). Die häufiger in ntl Texten anzutreffende Konsequenz lautet auch hier: „Seid also besonnen, und seid nüchtern für Gebete!“ Man kann auf der „Zielgeraden der Geschichte“ von einer dreifachen Haltung sprechen, die eingefordert wird: Zunächst ist von Besonnenheit (σωφροσύνη)13 die Rede; sie wird in vielen Diskursen der Antike als anzustrebende Tugend
Zum Begriff τέλος und seiner Verwendung vgl. bes. Vorholt, Ende 95f; vgl. allerdings auch den Hinweis von Batovici, Commenting 165 auf die Kommentierung von V 7 durch Pseudo-Oecumenius: „Pseudo-Oecumenius … explains the meaning of τέλος (as ‚completion‘ and ‚consummation‘) and sets it in contrast with his understanding of certain non-Christian Greek authors’ use of the term“. 7 Im Bereich der frühjüd. Apokalyptik ist in diesem Zusammenhang vom „Ende“ oder vom „Tag des Endes“ die Rede. Vgl. z.B. 4Esra 7,26: „Denn siehe, es kommt die Zeit, wenn jene Zeichen kommen, die ich dir schon vorausgesagt …“; 1Kor 1,8: „Er wird euch festigen bis ans Ende, sodass ihr schuldlos dasteht am Tag unseres Herrn Jesus Christus“; vgl. hierzu bes. Zeller, 1Kor 82. 8 Zur Erwartung eines (kommenden) Gerichts vgl. im 1Petr 1,17; 2,12; 4,5; 4,17. Zur eschatologischen Sprache vgl. auch 1Petr 1,5; 1,20. 9 Zur Eschatologie des 1Petr insgesamt vgl. bes. Reiser, Eschatologie; Dubis, Woes; Vorholt, Ende; Liebengood, Eschatology. 10 Das Schreiben geht ganz selbstverständlich von Eheleben (Kap. 3), von Presbytern, die Verantwortung übernehmen sollen (Kap. 5) oder von gelebter Gastfreundschaft (4,9) aus. So meint auch Brox 203: „Man kann für den 1Petr nicht sagen, daß er tatsächlich unter dem akuten Eindruck der Naherwartung stehe oder daß seine Theologie konsequent eschatologisch orientiert sei“. 11 Zur Vorstellung bzw. zur Ausprägung von „Naherwartung“ im 1Petr vgl. bes. Schröger, Gemeinde 190f; Reiser, Eschatologie; Vorholt, Ende. 12 Im Bereich der frühjüd. Apokalyptik vgl. zur Rede vom baldigen Ende u.a. 2Bar 82,2: „Wissen sollt ihr aber, … dass sehr nahe ist das Ende, das der Höchste herbeiführen wird, und seine Gnade, die herbeikommen soll, und dass nicht fern ist das Ende des Gerichts“; 85,10: „Die Jugendzeit der Welt ist ja vergangen, der Schöpfung Vollkraft längst zu End gekommen; der Zeiten Ankunft ist fast da, fast schon vorüber“; 4Esr 14,10: „Denn die Welt hat ihre Jugend verloren, die Zeiten nähern sich dem Alter“; 14,16: „Denn je schwächer die Welt vor Alter wird, um so mehr wird der Leiden, die über ihre Bewohner ergehen.“ 13 Vgl. hierzu bes. Rademaker, Sophrosyne; Weidemann, Hausherren 281–285. Im NT: Apg 26,25, 1Tim 2,9.15; vgl. auch 1Tim 3,2; Tit 1,8; 2,2–8, bes. VV 2.5. Diese Tugend hat auch in antiken Inschriften Niederschlag gefunden; vgl. für Kleinasien z.B. Harland, Associations. 6
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eingeschätzt.14 Es gilt, in allen Herausforderungen des Lebens vernünftig zu bleiben, die φρόνησις zu gebrauchen, besonnen zu denken und besonnen zu handeln.15 Die Wachsamkeit bzw. Nüchternheit (vgl. auch 1Petr 1,13; 5,8) ist die zweite eingeforderte Grundhaltung. Gerade sie, die hier im Gegensatz zum ungezügelten Leben steht, wie es in 1Petr 4,3 in den Blick kam und als Ausdruck zurückgelassener Lebensphasen verstanden werden kann, hat in unterschiedlichen Variationen in der überlieferten Jesus-Tradition Ausdruck gefunden, als Aufruf zur Nüchternheit (Mk 13,37: „Was ich aber auch euch sage, allen sage ich (es): wacht!“)16 oder auch im Kontext von Reden als Erzählungen (vgl. bes. Mk 13,34f; Mt 24,42; 25,13; Lk 12,37f ).17 Im Gebet konkretisieren sich die angesprochenen und eingeforderten Grundhaltungen; deshalb benennt der 1Petr auch diese Ausrichtung mit εἰς προσευχάς. Der Begriff προσευχή18 ist ein allgemeiner Ausdruck für das Gebet, benennt also nicht eine spezifische Ausprägung (Bitte, Klage, Dank, Lobpreis …). Wer bei klarem Verstand und wach ein Betender bleibt, geht „gerüstet“ dem Ziel der Zeit entgegen. Nimmt V 7 zunächst einmal den einzelnen Menschen/Christen in den 8 Blick, so kommt V 8 nun auf das Miteinander zu sprechen. Ähnlich wie in 1Petr 1,22 wird zu einer beständigen geschwisterlichen Liebe aufgefordert19: „Vor allem (πρὸ πάντων)20 aber habt eifrig/beharrlich (ἐκτενής) die Liebe zueinander!“ Schon in der Beschäftigung mit 1Petr 1,22 war aufgefallen, dass der 1Petr zunächst die Liebe zueinander im Raum der Gemeinde im Blick hat (vgl. auch 1Petr 2,17).21 Hier stellt sich besonders deutlich heraus, wie es um die ἀγάπη bestellt ist. Damit sie kein kurzes „Strohfeuer“ bleibt, wird zur Beharrlichkeit aufgerufen, die keine Pausen kennt.
14 Vgl. auch Röm 12,3: φρονεῖν εἰς τὸ σωφρονεῖν, vor allem aber die Pastoralbriefe: 1Tim 2,9.15; 3,2; 2Tim 1,7; Tit 1,8; 2,2; 2,4–6; 2,12. 15 Wiederholt setzt der Autor des 1Petr Akzente im Blick auf eine intellektuelle Auseinandersetzung mit Glaube und Welt; vgl. 1Petr 1,13; 2,2; 3,15; 4,1 u.a. Dubis, 1Peter 140, konstatiert für 1Petr 4,7: „the need for eschatological clearheadedness“. 16 Vgl. auch die „Weckrufe“ in Mt 11,15; 13,9.43; Mk 4,9.23; Lk 8,8; 14,35. 17 Vgl. für den Bereich pln Lit. bes. 1Thess 5,6: „folglich wollen wir nun nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachen und nüchtern sein“; 1Thess 5,8.10. 18 Vgl. Ostmeyer, Kommunikation 43f. 19 Das Partizip nimmt Bezug zu den Imperativen in V 7; vgl. Meecham, Use 208. 20 Vgl. auch Jak 5,12; nach BDR § 213,1 „zum Ausdruck der Bevorzugung“. Vgl. außerdem Kol 1,7; Did 10,4; Jos. bell. V,310; vita 78. 21 Vgl. auch entsprechende Forderungen in 1Joh, bes. in 2,10; 3,14; 4,7.11.19.21 u.a.; vgl. neben den Kommentaren Hochholzer, Bruderliebe.
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Das Verblüffende an V 8 ist die beigefügte Begründung: „Denn (die) Liebe bedeckt22 eine Menge von Sünden.“23 Dass Sündenvergebung,24 auch einer „Menge von Sünden“25, auf erwiesene Barmherzigkeit folgt, kennen auch Texte wie Tob 12,8f26 oder Sir 3,1427. Eine zentrale Forderung des 1Petr an die Christen ist die Verwirklichung der ἀγάπη, vor allem in der
22 Zur Verwendung von κάλυμμα in der LXX vgl. Ex 27,16; 34,34 u.a.; vgl. auch 2Kor 3,13.14.15.16. 23 Zum „Zudecken“ von Sünden vgl. Ps 32,1; 85,3 und die Bitte an Gott, die in Neh 4,37 Ausdruck findet: „Deck ihr Vergehen nicht zu! Ihre Sünde soll bei dir nicht ausgelöscht sein; denn sie haben die Bauenden beleidigt“. In diesem Kontext ist ein Vergleich von 1Petr 4,8 mit Lk 7,47 naheliegend; vgl. dazu von Bendemann, Liebe 179: „Die Sünderin wird … zum exemplum christlich verstandener ἀγάπη“; vgl. hierzu auch Becker, Lukas 440. Vgl. außerdem das Schlusswort des Jak (5,20): „… Wer den Sünder bekehrt hat von seinem Irrweg, der wird seine Seele vom Tod erretten und wird bedecken die Menge der Sünden“; vgl. hierzu Niebuhr, Sünde 298, der fragt (ebd. 306): „Wessen Sünden? Die der Verirrten oder die der sie Zurückholenden? Das scheint offen zu bleiben, und beide Deutungen ergeben guten Sinn“. Im Blick auf die Autoritätsfigur „Petrus“ ist auch auf Joh 21,15–17 hinzuweisen; vgl. in diesem Zusammenhang die Kommentierung der Stelle durch Pseudo-Hilarius: „Quia ipsa (caritas) radix est omnium bonorum in compassione, et prima omnium in mandatis … quia in ipsa omnia bona continentur. In ipsa omnia mala extinguntur“. 24 Ein Seitenblick auf Plutarch, Amatorius 769D, kann eine weitere Perspektive beisteuern: „Denn das Lieben (ἐρᾶν) ist in einer Ehe ein größeres Gut als das Geliebtwerden; es macht viele Fehler gut (πολλῶν γὰρ ἁμαρτημάτων ἀπαλλάττει), am meisten diejenigen, welche eine Ehe schädigen und zerrütten“. 25 Zu πλῆθος ἁμαρτιῶν vgl. in der LXX Ez 28,17; Sir 5,6; Ps 5,11; 84,3; vgl. außerdem 1QH IV,19. 26 „… Almosen retten aus dem Tod, sie reinigen von aller Sünde …“. Vgl. auch Tob 4,10; 14,10f zur rettenden Dimension von Almosen. 27 „Denn die Liebe zum Vater wird nicht vergessen, sie wird als Sühne für deine Sünden eingetragen.“ Vgl. auch Sir 3,30: „Wie Wasser loderndes Feuer löscht, so sühnt Mildtätigkeit Sünde“. Zur Barmherzigkeit als Mittel der Sühne vgl. Witte, Begründungen 398f.
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Begegnung miteinander.28 Im Rückgriff auf Spr 10,1229 begründet V 8 die Erwartung entsprechender30 Verhaltensweisen. Die eingeforderte Liebe konkretisiert sich z.B. in der gewährten Gast- 9 freundschaft. In diesem Punkt ist sich eine ganze Reihe ntl Texte bzw. Textstellen einig; vgl. Röm 12,13: τὴν φιλοξενίαν διώκοντες; Hebr 13,2: „Seid gastfreundlich (zu)einander ohne Murren!“ Gastfreundschaft gilt in der Antike in vielen Kulturen als hoch angesiedelter Wert31, so auch bei den Adressaten des 1Petr32 und in ihrem Umfeld. Aber wie bei der eingeforderten Liebe in V 8 ein „eifrig/beharrlich“ zu lesen war, so kommt es auch hier zu einer erhellenden Ergänzung: „Seid gastfreundlich zuei nander ohne Murren33 (ἄνευ γογγυσμοῦ)34!“ Eine solche Haltung, die sich in einem entsprechenden Handeln dokumentiert, bedarf offenbar der pa ränetischen Motivation und evtl. der Korrektur. Es scheint nicht nur verunglückte Erfahrungen im Bereich der Gastgeber, sondern auch schlechte 28 Für Thorsteinsson, Christianity 111f, werden damit vor allem die gegenseitige Vergebung und die Gastfreundschaft als Konkretionen angesprochen. Vgl. auch Vahrenhorst 175: „Möglich wäre es aber ebenso gut, das Zitat so zu verstehen, wie es in seinem biblischen Kontext gemeint ist. Dort besagt es nämlich, dass Freundschaft die Vergehen des anderen bedeckt und auf Vergeltung verzichtet.“ 29 Wie bei der Aufnahme des Wortes aus Spr 10,12 in Jak 5,20 (vgl. FN 23 [oben] sowie Ferris, Epistle ; vgl. auch 1Clem 49,5; 2Clem 16,4) zeigt sich auch hier eine größere Nähe zum hebräischen Text als zur LXX-Fassung; vgl. Hagner, Use 240; Manns, morale 16 Anm. 61; Glenny, Hermeneutic 292; Dubis, 1Peter 141; Konradt, Jakobusbrief 28; Thorsteinsson, Christianity 111 Anm. 39; Vahrenhorst 175. Hagner, Use 240, gibt für die Übereinstimmung Folgendes zu bedenken: „the fact, that the saying is found not only in 1 Peter and Clement, but also in James (albeit with variations) suggests the possibility that all three are dependent upon a common source“; Popkes, Jak 356 Anm. 439, vor allem mit Blick auf Jak 5,20: „Jak hält sich hier (ebenso wie 1Petr 4,8; 1Clem 49,5; 2Clem 16,4) allerdings nicht (wie sonst) an die LXX. Es scheint sich also um eine bereits geläufige Formel zu handeln“; er verweist ( Jak 354 Anm. 424) auch auf 1QS 6,1 und die Angaben zur rabb. Lit. (Aufnahme von Spr 10,12) bei Strack-Billerbeck III,766. Für Popkes (ebd. 356) leitet sich das Motiv des Bedeckens „vermutlich vom Motiv der himmlischen Buchführung her; das MinusKonto der Sünden würde gleichsam dem Blick entzogen; damit wird metaphorisch die Vergebung ausgesagt (vgl. ψ 31,1f.; 84,3)“. Ein markanter Unterschied zu 1Petr 4,8 besteht freilich darin, dass in 1Petr die ἀγάπη als Subjekt benannt wird. 30 Vgl. auch TestJos 17,2: „Und nun, liebt euch gegenseitig und verbergt in Langmut gegenseitig eure Verfehlungen“. Beda Venerabilis stellt in seiner Auslegung der Stelle eine Beziehung zur Vater-unser-Bitte in Mt 6,12 her. 31 Vgl. dazu Rusche, Gastfreundschaft; Hiltbrunner, Gastfreundschaft; Jipp, Visitations 59–130, bes. 56: „Numerous early Christian texts exhort its readers to love the stranger and show them hospitality“. Im NT vgl. bes. Röm 12,13; Apg 16,15; Hebr 13,2; 1Tim 3,2; 5,10; Tit 1,8; vgl. auch 1Clem 1,2; 10,7; 11,1; 12,1.3; Herm mand 8,10. 32 Vgl. Rusche, Gastfreundschaft 40f; Jipp, Visitations 56. 33 Vgl. Phil 2,14: Πάντα ποιεῖτε χωρὶς γογγυσμῶν καὶ διαλογισμῶν. Zum „murren“ vgl. auch Ex 16,2.7–12; 17,3; bes. Weish 1,11; für das NT vgl. bes. Mt 20,11; Lk 5,30; (διαγογγύζειν in 15,2; 19,2); Joh 6,41.43.61; 7,12.32; Apg 6,1; 1Kor 10,10; Jud 16; vgl. auch Did 3,6; Barn 19,11. 34 Vgl. Dubis, 1Peter 142: „This onomatopoeic term refers to an ‚utterance made in a low tone of voice‘, whether expressing satisfaction or, as here, dissatisfaction“.
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Erfahrungen mit Gästen gegeben zu haben;35 solche gilt es zu bewältigen.36 Von daher sah es schon Pseudo-Hilarius als angebracht an, eine Linie zu 2Kor 9,7 auszuziehen:37 „Gott liebt einen fröhlichen Geber“. 10 Die Verwandtschaft mit pln Theologie38 zeigt sich in V 10 vor allem darin, dass von Gnade (χάρις)39 und Gnadengaben die Rede ist.40 Nach der Überzeugung des Autors ist Gottes Gnade „bunt“ (ποικίλος).41 Das geglückte Verhalten zueinander und die konstruktive Begegnung in der Gemeinde werden auf Gottes Gnadenhandeln zurückgeführt, das die entsprechenden Voraussetzungen stiftet (vgl. Röm 12,6–842; 1Kor 12,4–11). Die göttliche Gnade wirkt sich vielfältig/bunt im Dienen aus.43 Entsprechende Begabungen44 haben als Dienst45 verstanden und gelebt zu werden.46 Auch hier (vgl. noch einmal V 8) scheint zunächst allein der „Innenbereich“ der Gemeinde im Blick zu sein. „Das Charisma ist niemals Selbstzweck, es ist auf den anderen hingeordnet.“47 In einem Vergleich wird die antike Verwaltungstätigkeit als bildspendender Bereich48 genutzt, wenn von „Verwaltern“ der Gnade die Rede ist
Vgl. in diesem Zusammenhang Did 11 – 12; vgl. auch Lukian, Peregr 12–13.16. Vgl. Rusche, Gastfreundschaft 41. 37 Vgl. hierzu Batovici, Commenting 169. 38 Vgl. bes. Röm 5,2. 39 Vgl. auch die vorausgehenden Textstellen, die von der „Gnade“ sprachen: 1,2.10,13; 2,19.20; 3,7: vgl. außerdem 5,10.12. 40 Vgl. Goldstein, Gemeinde 12–24. 41 Vgl. Menge-Güthling 467; LSJ, Lexikon 1430; Bauer, Wörterbuch 1370 u.a. 42 Auf die Verwandtschaft mit Röm 12,7, wo ebenfalls die Gaben des Dienens und des Lehrens angesprochen werden, macht auch Zeller (Röm 209) aufmerksam. Vgl. auch seinen Hinweis (ebd.) zu Röm 12,6 („… unterschiedliche Gaben, je nach der uns verliehenen Gnade …“): „Die Gnade Gottes ist auf den einzelnen zugeschnitten und gibt ihm gerade so eine Stelle in der Gemeinde“. Zum Charisma des Lehrens vgl. auch 1Kor 12,28f; 14,6.26; Apg 13,1; Eph 4,11. 43 Vgl. zum „dienen“ bes. Collins, Diakonia; Hentschel, Diakonia; Müller, Diakonie (zu 1Petr bes. 24f ); vgl. auch die Beiträge in Scholtissek/Niebuhr, Diakonie, bes. Konradt, Brüder 55–64. Collins zufolge ist – so Starnitzke, Bedeutung 187: „für den diakonos kennzeichnend, dass er sich zwischen verschiedenen Menschen oder Regionen oder auch Sphären hin und her bewegt und dabei vermittelnd tätig ist“. 44 Das αὐτό ist rückbezüglich auf χάρισμα. 45 Vgl. auch Röm 12,7; vgl. hierzu Zeller, Röm 209: „Die Verwandtschaft unserer Passage mit 1Petr 4,10f …. könnte aber auch auf eine breitere paränetische Stoffsammlung hindeuten“. Bei Paulus begegnet die Wendung εἰς διακονίαν in 1Kor 16,15; „Dienste“ werden von Paulus auch in 1Kor 12,5; 2Kor 3,7–9; 4,1 benannt. 46 Vgl. auch die Forderung in Gal 5,13: διὰ τῆς ἀγάπης δουλεύετε ἀλλήλοις. 47 Vahrenhorst 176. Vgl. auch Schröger, Gemeinde 242: „Das Charisma hat man nur als Gabe zu verwalten. Das Charisma als Mittel zum Selbstruhm, zu Verdienst und Leistung, würde seinem Wesen nach verfälscht“. 48 Zur Verwaltung als bildspendender Bereich im NT vgl. bes. Pellegrini, οἰκονόμος. 35 36
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(vgl. auch 1Kor 4,1–2)49 , von denen vor allem Treue erwartet wird. Diese sollen mit dem Qualitätssiegel καλός versehen sein.50 Wort und Tat der Adressaten sollen als „Ausfluss“ göttlicher Zuwendung 11 begriffen und gelebt werden und dienen im letzten der „größeren Ehre Gottes“, der Verherrlichung Gottes, wie die Doxologie im zweiten Teil von V 11 deutlich zu verstehen gibt (vgl. auch 1Petr 5,11).51 Das Selbstverständnis und -bewusstsein des 1Petr kann kaum höher angesiedelt werden. Gesprochene Worte werden auf der Ebene des Gotteswortes angesiedelt,52 dienende Tätigkeiten53 aneinander beziehen ihre innere Stärke aus göttlichen Kraftquellen, wobei der Autor mit dem Verb χορηγέω („Kosten bestreiten; beschaffen; verleihen“)54 noch einmal auf einen Begriff der antiken Verwaltungssprache zugreift. „Die Lebensäußerungen der Gemeinde in Wort und Tat sind also mehr bzw. sollen mehr sein als zwischenmenschliches Tun. Hinter ihnen steht Gott selbst als Sprechender und als derjenige, der die Kraft zum Dienen verleiht.“55 Doxologische Ausrichtungen explizit theologischer Passagen, aber auch von Handlungsanweisungen, sind aus pln Literatur vertraut (vgl. u.a. 1Kor 6,20; 10,31; 2Kor 4,5); Vergleichbares ist auch hier zu erkennen: „damit in allem (!) Gott verherrlicht werde durch Jesus Christus“. Vor allem 1Kor 10,31 lädt zu einem Vergleich ein: „Ob ihr nun eßt, ob ihr trinkt, ob ihr (sonst) etwas tut, alles tut zur Verherrlichung Gottes!“ Die konkreten Verhaltensweisen sind nach Paulus nicht nur auf den anderen hin zu bedenken, ihre letzte Ausrichtung erfahren sie in dem, was Paulus die Verherrlichung Gottes nennt. Zunächst ist eine Ausweitung zu konstatieren. Sprach Paulus in 1Kor 10,30 in der 1. Pers. Sg., so hat er im folgenden Vers die Adressaten im Blick. Es geht auch nicht nur um Essen und Trinken, sondern um jegliches Tun. Alles soll auf die δόξα θεοῦ ausgerichtet sein. Man könnte für den Kontext des 1Kor vielleicht so paraphrasieren: „Wie Vgl. auch Kaspar, Assistants 140–162. Vgl. zur Verwendung von καλός vor allem die Ausführungen bei Williams, Works, passim. 51 Zu Doxologien im NT vgl. bes. Röm 11,36; 16,27; Gal 1,5; Eph 3,21; Offb 1,6; 5,13; 7,12; vgl. auch die von Vollenweider, Hymnus 222 Anm. 60, aufgelisteten Bsp.; zur Thematik vgl. auch Müller, Lob. 52 Vgl. Williams, Oracles 337: „λόγια predominantly referred to spoken utterances received from a deity“; Williams kann (ebd.) für den lit. Gebrauch anhand diverser Belege (Herodot; Polybios; Plutarch u.a.) aufzeigen, dass der Plural „generally represents multiple oracles“. Für die Verbindung mit dem „genitive modifier θεοῦ or κυρίου“ in der LXX stellt Williams (ebd. 339) fest: „Like those oracles described in Hellenistic literature, these λόγια are focused on instructions or commands that the people of God are expected to follow, as well as promises about their future circumstances“. 53 Vgl. zur Gabe des Dienens auch Röm 12,7: εἴτε διακονίαν ἐν τῇ διακονίᾳ. 54 Vgl. Vahrenhorst 178: „Ursprünglich ist der chorēgos derjenige, der den Chor anführt, dann aber auch der Mäzen, der die Mittel bereitstellt, die es braucht, um eine Aufführung mit Chor durchzuführen, und schließlich dann jeder, der jemanden ausrüstet.“ 55 Vahrenhorst 178. 49 50
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immer ihr euch in den verschiedenen Situationen entscheidet, ob ihr also in dem einen Fall esst (vgl. VV 25.27) und in einem anderen nicht esst (vgl. V 28; 8,10–13), ob ihr im konkreten Fall trinkt oder nicht trinkt (vgl. 10,21), entscheidet euch – und das gilt für alles, was ihr sonst noch … tut – immer so, daß es zur ‚Ehre Gottes‘ geschieht.“56 Mit einer solchen doxologischen Ausrichtung des Lebens (vgl. auch 1Petr 2,12; 4,16) verbunden ist ein Partizipieren an der „Ehre Gottes“.57 Mit diesem Lobpreis wird nicht nur ein klingender Abschluss dieses Textteils gegeben, sondern auch die Möglichkeit gestiftet, in die Doxologie58 einzustimmen, z.B. in der Vertrauensbekundung des „Amen“59. Solche kommunikativen Aspekte dürfen bei der antiken Briefliteratur, die nicht selten auf öffentliche Verlesung angelegt ist, nicht unberücksichtigt bleiben. Das „Amen“60 gehört zu den auch im frühen Christentum erkennbaren Responsionen (Röm 11,36; 1Kor 14,16; Phil 4,20; Gal 6,18; 2Tim 4,18; 1Petr 4,11; 5,11; Offb 5,14; 19,4; 22,20; Did 10,6)61 wie das „Halleluja“ (vgl. bes. Ps 113 – 118; 149; 150) oder die Rufe „Hosanna“ (Ps 118, 25; Mk 11,9f; Did 10,6) oder „Maranatha“ (1Kor 16,22; [vgl. auch Offb 22,20]; Did 10,6). Hier kann die Prägung des frühchristlichen Gottesdienstes durch synagogale Gebetssprache62 in besonderer Weise beobachtet werden. Auch im NT dient ἀμήν häufig als „Akklamation zur Doxologie“63. Zusammen- Der Abschnitt 1Petr 4,7–11 ruft die Adressaten dazu auf, das zu leben, was fassung von Gott her schon gegeben und anvertraut ist. Aus der göttlichen Gnade gehen Begabungen hervor, die es dienend in Wort und Tat zu leben gilt. Damit wird die ekklesiologische Grundlegung des 1Petr im Abschnitt 2,4–10 in Erinnerung gebracht, jetzt allerdings in paränetischer Umsetzung als Weisungen für das Leben in der Gemeinde. Als Grundhaltungen empfiehlt der Text jedem und jeder Einzelnen Besonnenheit, Wachsamkeit und ein lebendiges Gebetsleben. Alle Ausdrucksformen des Dienens64 sollen im Letzten auf die Verherrlichung Gottes ausgerichtet sein. Merklein, 1 Kor II, 281. Vahrenhorst 178, verweist auf einen Midrasch zu Ps 24,8 (Tanch VaEra 8): „… Der Herr Zebaoth ist der König der Ehre, denn er teilt seine Ehre mit denen, die ihn fürchten“. 58 Vgl. Offb 1,6; Röm 16,27; vgl. außerdem 4Makk 18,24 (Schluss des 4Makk-Buches). 59 Vgl. 2Tim 4,18. 60 Vgl. Müller, Lob 27f; Jonas, Mikroliturgie 21–132. 61 Vgl. für das AT und die frühjüd. Literatur auch Num 5,22; Ps 41,14; 72,19; Neh 8,6; 1Chr 16,36; 1QS I,18–20; II,10.18; 4Q286 – 287; 4Q504; 4Q507 – 511. 62 Vgl. Theobald, Gottesdienst 143. 63 Schelkle 120f (mit zahlreichen Bsp.). 64 Vgl. in diesem Zusammenhang die großartige Interpretation von Mt 25,31–46 (mit διακονεῖν in V 44) und der Wegweisung zur Zuwendung unter dem Leitwort „sich zum Menschen gesellen“ durch Alfred Delp SJ in „Das Schicksal der Kirchen“. Zu διακονεῖν bei Mt vgl. Konradt, Brüder. 56 57
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Mit dem klingenden „Amen“65 von V 11 kann ein Abschluss eines längeren Textabschnitts erkannt werden, zumal mit 4,12 eine erneute Anrede beobachtet werden kann. Die auffällige Aussage über die ἀγάπη, die der 1Petr in 4,866 von Spr 10,12 Wirkungs her übernommen hat, wird in der frühen Kirche vielfältig rezipiert. So geschichte konstatiert Norbert Brox: „Das ist eine tiefgründige Deutung der Liebe, die in der alten Kirche oft erinnert und aufgegriffen worden ist“67. Nicht nur der Zweite Clemensbrief (16,4), sondern vor allem Origenes68, Clemens von Alexandrien, aber auch Tertullian69 oder Leo der Große70 sind als einschlägige Stimmen der Väter zu bedenken.71 Für Clemens von Alexandrien ist auf Paidagogos III,12,9172 aufmerksam zu machen sowie auf Quis dives salvetur 38,2. Eine besondere Form der ἀγάπη73 kann in der gewährten bzw. geschenkten Gastfreundschaft erkannt werden. Sie hat in der Regula Benedicti unter der Überschrift „De hospitibus suscipiendis“ ein eigenes Kapitel (53) erhalten, in der die Aufnahme von Gästen geregelt sowie die Grundeinstellung ihnen gegenüber und das entsprechende Handlungsmodell erkennbar werden. Es erfolgt zwar kein expliziter Bezug auf 1Petr 4,9 – nur das „Murren“ findet im Blick auf die Brüder, die die Küche betreiben (53,15), Erwähnung –, doch Benedikts Weisungen sind im Grunde immer biblisch motiviert. Eine explizite Aufnahme von 1Petr 4,9 als Impuls zur Gastfreundschaft ist bei Gregor dem Großen auszumachen: „Wenn er (der Herr) nun vor seinem Kommen zum Gericht in seinen Gliedern aufgenommen wird, ist er es auch selber, der um Gastfreund Vgl. bes. die Arbeit von Jonas, Mikroliturgie 21–132. Vgl. auch Jak 5,20 (allerdings nicht mit ἀγάπη als Subjekt); 1Clem 49,5 (als Almosen interpretiert); 2Clem 16,4; zu 1Clem und 2Clem vgl. Batovici, Commenting 167: „Possible references to 1 Peter 4:8 appear as early as 1 Clement 49 and 2 Clement 16, where ‚love covers a multitude of sins‘ appears verbatim, but as it is not an explicit quotation, it may well just be ‚use of common language‘“. 67 Brox 205; vgl. auch Hagner, Use 240: „the saying is found elsewhere in the literature of the early Church, in verbatim agreement with 1 Peter and Clement: e.g. 2 Cl. 16.4; Clement of Alexandria (Stromata IV, 3, 3; Paedagogos III, 12, 91; and Quis dives salvetur 38.1), and Didascalia Apostolorum II, 3“ (die Stellenangaben sind bei Hagner zum Teil allerdings ungenau). 68 Hom in Lev II,4; vgl. dazu Brox 205. 69 Vgl. Batovici, Commenting 167: „Tertullian possibly sets 1 Peter 4:8’s promise of covering the multitude of sins in relation to martyrdom“. 70 Leo der Große stellt in einer Fastenpredigt (vgl. PL 54,299ff ) fest: „Obwohl nun jede Zeit geeignet ist, die Liebe zu üben, fordern doch die gegenwärtigen Tage besonders dazu auf: Wer danach verlangt, das Pascha des Herrn mit Seele und Leib zu erleben, der muss vor allem versuchen, die Gnade der Liebe zu erwerben, in der die Summe aller Tugenden enthalten ist und durch die viele Sünden zugedeckt werden“. 71 Vgl. bes. Brox 205 (mit den in Anm. 67 benannten Aufnahmen). 72 „Ferner sagt er über die Liebe: ‚Liebe deckt der Sünden Menge zu‘“ (Stählin); wegen der Einleitung bei Clemens wird das Wort auch unter den Agrapha aufgelistet. 73 Vgl. bes. Mt 25,35.38.43.44; Röm 12,13; Hebr 13,2. Vgl. auch die Bsp. in den Apostolischen Vätern: Did 12; IgnSm 9,2–10,2. 65 66
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schaft nachsucht. Und trotzdem sind wir nur schwerfällig für die Gnade der Gastfreundschaft zugänglich. Bedenkt doch, wie groß die Tugend der Gastlichkeit ist!“74. Welche existentielle Bedeutung gelebte Gastfreundschaft für Exegeten annehmen kann, belegt eindrücklich das Rektoratsprogramm (1939) von Karl Ludwig Schmidt für die Universität Basel: „Als einer, der im Jahr 1933 von seiner Professur in seinem deutschen Heimatland abgesetzt worden ist, habe ich in der Schweiz wieder Berufsarbeit und Brot gefunden, zuerst als Pfarrer und jetzt nun als Professor für neutestamentliche Theologie. Als einer, der aus dem Dritten Reich ausgebürgert worden ist, kann ich dankbar die Möglichkeiten nutzen, die dem Fremdling, dem ξένος, geschenkt sind, weil hier die Fremdheit, die ξενία, nicht nur die Ferne, sondern auch die Nähe, die Gastfreundschaft, bedeutet.“75 Wie die pln Charismenkataloge in 1Kor 12 und Röm 12 hat auch 1Petr 4,10f immer wieder Gemeinden inspiriert, nach einer von Gott geschenkten Lebendigkeit Ausschau zu halten und gerade die Vielfalt der Gnadengaben schätzen zu lernen. So wird die Aufforderung, einander als gute Verwalter der vielfältigen Gnade (V 10) zu dienen, auch in den Dokumenten des Vaticanum II aufgenommen, beispielsweise in AA 3, wo die Stelle mit 1Kor 12,7.11 verbunden wird. Die markante Zielangabe in V 11 „ut in omnibus glorificetur deus“ wird auch in der Benedikt-Regel aufgenommen und stark gemacht, nicht nur auf Wort und Dienst bezogen (1Petr 4,11), sondern auf jegliche Tätigkeit der Mönche. So heißt es beispielsweise in Kapitel 57 („De artificibus monasterii“), in dem von Handwerker-Tätigkeiten der Mönche die Rede ist: „Bei der Festlegung der Preise darf sich das Übel der Habgier nicht einschleichen. Man verkaufe sogar immer etwas billiger, als es sonst außerhalb des Klosters möglich ist, damit in allem Gott verherrlicht werde“ (57,7–9). So konkret kann sich die Verherrlichung Gottes eben auch abspielen. Die Doxologie in 4,11 findet in Liturgie und Theologie zahlreiche Aufnahmen. Origenes z.B. verwendet sie „zum Abschluss seiner Homilien geradezu stereotyp“76. Dazu bemerkt Hermann-Josef Sieben in seiner Einleitung zu den Homilien des Lukasevangeliums: „Wenige Sätze, in denen er bisweilen zum Gebet einlädt, genügen ihm, um zu dieser Schlußformel überzuleiten“.77
Gregor der Große, Hom in Ev. 23. Hom. Nr. 1–2 (dt. Übers. nach A. Ohlmeyer OSB). 75 Schmidt, Polis V. 76 Merkt 36 (mit zahlreichen Origenes-Stellen ebd. Anm. 119); vgl. auch Sieben, Erläuterungen zu den Homilien zum Lukasevangelium (FC 4/1, S. 69 Anm. 20): „Origenes beschließt alle seine Homilien zum Lukasevangelium mit der gleichen aus 1Petr 4,11 entnommenen Formel. Er bringt damit seine Absicht zum Ausdruck, durch seine Predigt Christus zu verherrlichen“ (mit Hinweis auf Crouzel, doxologies). 77 Sieben, Einleitung 16. 74
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E Paränetische Weisungen im Zugehen auf das Ende (4,12–5,11)
Durch die erneute Anrede mit ἀγαπητοί wird in V 12 deutlich ein neuer Abschnitt markiert (vgl. auch 2,11), was durch das vorausgehende ἀμήν am Ende von V 11 auch zu erwarten war. Mit Blick auf 1Petr 4,12 sprechen viele Kommentare von einem „deutlichen Einschnitt“1. Das hängt einerseits mit der vorausgehenden Doxologie in 4,11 und dem abschließenden „Amen“ zusammen, andererseits lässt die erneute Anrede mit „Geliebte“ (vgl. 1Petr 2,11) aufhorchen.2 Eschatologisch orientierte Weisungen, wie sie bereits in 1Petr 4,7–11 erkennbar wurden, werden auch in diesem Teil (4,12–19; 5,1–7; 5,8–11) fortgeführt; Gegenwart und Zukunft der Adressaten sind im Blick, vor allem aber die Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderungen und die Benennung von Gefahren sowie das Wecken von Zuversicht, d.h. es geht vor allem auch darum, „Resignation oder auch eine(r) tiefgreifenden Irritation im Glauben wegen der schwierigen Lebensverhältnisse“3 vorzubeugen.
16 Spott und Hohn in der Nachfolge Christi (4,12–19) Literatur: Bischoff, Ἀλλοτρι(ο)επίσκοπος; Bauer, maleficus; Brown, Busybody; Charles, Volonté 399–429; Erbes, ἀλλοτριοεπισκοπος; Dubis, Woes; Feldmeier, Außenseiter; Holloway, Nihil; Horrell, Label; ders., Image; Johnson, Fire; Kelhoffer, Improvising 274–276; Knight, Reading; Liebengood, Eschatology 107–174; Nauck, Freude; Proctor, Fire; Reiser, Eschatologie; Sander, ΠΥΡΩΣΙΣ; Trebilco, Self-Designations; Vorholt, Ende; Vouga, Jugement.
12 Geliebte, lasst euch nicht befremden durch die Feuersbrunst bei euch, die zu eurer Prüfung geschehen ist, als ob euch etwas Befremdliches zustöße, 13 sondern so wie ihr Gemeinschaft habt an den Leiden des Christus, freut euch, damit ihr euch auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit freut als Jubelnde. 14 Wenn ihr geschmäht/beschimpft werdet im Namen Christi, Selige (seid ihr), weil der Geist der Herrlich 3 1 2
Feldmeier 149; vgl. auch Goppelt 293ff; Brox 210; Achtemeier 301. Vgl. auch Wagner/Vouga 141.142.143. Brox 212; zu solchen Anliegen vgl. beispielsweise auch 1Thess 3,3.
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keit und der (Geist) Gottes auf euch ruht. 15 Keiner nämlich von euch soll leiden wie ein Mörder oder ein Dieb oder ein Übeltäter oder wie ein Spitzel/Denunziant/Veruntreuer, 16 wenn aber wie/als ein Christ, soll er sich nicht schämen, sondern er soll Gott verherrlichen in diesem Namen. 17 Denn [die] Zeit (ist/kommt), dass das Gericht beginnt beim Haus Gottes; wenn aber zuerst bei uns, was (ist) das Ende derer, die dem Evangelium Gottes nicht glauben/ gehorchen? 18 Und wenn der Gerechte kaum gerettet wird, wo wird der Gottlose und Sünder erscheinen? 19 Daher sollen die Leidenden gemäß dem Willen Gottes dem getreuen Schöpfer ihre Seelen übergeben/anvertrauen im Gutes-Tun. Analyse 1. Das ἐν in V 16 steht mit Dativ. Wenn ein instrumentales Verständnis ausfällt, kann mit dem Dativ der Bereich angesprochen sein.4 2. „Die Editio Critica Maior und NA28 privilegieren für V 16 die Lesart μέρει ‚(in diesem) Teil‘ … Es könnte sich um die lectio difficilior handeln …“5, aber die „Priorität der Leseart ὀνόματι … ist … durchaus zu erwägen.“6 Zur Begründung dieser Abwägung kann Doering auf P72 א A B Ψ 5. 33. 1739 etc. latt sy co hinweisen.7 Diese Position ist in jüngerer Zeit stark von Jarrett W. Knight8 befördert worden. Knight kann vor allem aufzeigen, dass die Lesart mit μέρει nicht unbedingt als lectio difficilior9 einzustufen ist,10 und dass eine Veränderung von ὀνόματι zu μέρει erklärt werden kann. Erklärung Dass ein Weg in den Fußspuren Christi (vgl. 1Petr 2,21) kein ‚Spazier12–13 gang‘ ist, wird bei sukzessiver Lektüre des 1Petr wiederholt erkennbar. Der hier zu untersuchende Textabschnitt 1Petr 4,12–1911, der mit einer er Vgl. Achtemeier 315. Doering, Volk 104 Anm. 110. 6 Doering, Volk 104 Anm. 110. Vgl. auch Brox 222, der ἐν τῷ μέρει für schwach bezeugt hält; Goppelt 310 Anm. 47. Auch neuere Ausleger, die die ECM als Arbeitsgrundlage herangezogen haben, sprechen sich gegen diese Lesart aus; vgl. Schmidt, Mahnung 278f. Schmidt (ebd. 279 Anm. 314) konstatiert nach dem Abwägen der alternativen Lesarten: „Die Variante ἐν τῷ μέρει τούτῳ dürfte zudem als die leichtere Lesart angesehen werden, da sie verklausuliert das Leiden selbst aufnimmt: ἐν τῷ ὀνόματι τούτῳ wird dagegen erst verständlich, wenn man den Bezug zwischen Leiden und Zugehörigkeit zum Christusnamen vor dem Hintergrund von 1Petr 4,14 herstellt. Es gibt daher gute Gründe, an der Lesart ἐν τῷ ὀνόματι τούτῳ festzuhalten“. Nur im Bereich der Minuskeln gibt es eine starke Bezeugung der Lesart ἐν τῷ μέρει; vgl. auch Dubis, 1Petr 153; Elliott, Epistles 334: „It is worth noting that the reading now at 4:16 has no majuscule or papyri support and is a Byzantine reading“. 7 Doering, Stock 269 Anm. 122; vgl. auch Wagner/Vouga 148. 8 Knight, Reading. 9 Knight, Reading 905; vgl. ebd. 903: „a change from ὀνόματι to μέρει is as intelligible as a shift from μέρει to ὀνόματι“. 10 Vgl. auch die Verwendung von μέρος in 1Clem 29,1 und die Bsp. aus der frühchristlichen Märtyrerliteratur, die Knight, Reading 903, anführen kann. 11 Wagner/Vouga (5) sprechen von der „Form einer peroratio“. 4 5
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neuten Anrede12 beginnt, nimmt verschiedene Bedingungen in den Blick, die die Lebenssituation der Glaubenden kennzeichnen, sowie eine Reihe von Haltungen, auf die es nach Ansicht des Autors im Zugehen auf die verheißene Herrlichkeit besonders ankommt:13 „Geliebte, lasst euch nicht befremden (vgl. auch 1Petr 4,4) durch die Feuersbrunst (πύρωσις)14 bei euch, die zu eurer Prüfung (πειρασμός)15 geschehen ist, als ob euch etwas Befremdliches zustöße“. Verschiedentlich ist in diesem Zusammenhang auf entsprechende Formulierungen in der antiken Konsolationsliteratur16 aufmerksam gemacht worden; so verweist Paul A.Holloway auf den bei Cicero17 begegnenden Ausdruck nihil inopinati accidisse, der im Kontext einer praemeditatio futuri mali18 begegnet.19 Die Gegenwart der Adressaten wird nach V 12 als eine Prüfungszeit erfahren, die auch die Gefahr der Apostasie20 in sich birgt. In vielen atl und frühjüd. Texten21 ist das Feuer als Element des „Tages der Herrn“22 benannt; vgl. bes. Am 5,18; Mal 3,1923; Jes 5,24; 10,17; 47,14; Ez 21,2f (vgl. auch Am 4,11; Spr 27,21; 1Thess 5,4; 1Kor 3,12; Röm 2,16; Hebr 10,25).24 Dass eine solche Zuweilen ist mit 1Petr 4,12 der Beginn eines ursprünglich zweiten Briefes angenommen worden. Vgl. z.B. Schröger, Gemeinde 240: „Der 1. Petrusbrief ist kein einheitliches Schreiben, sondern 1,1 – 4,11 ist ein erster Gemeindebrief, 4,12 – 5,11 ein zweiter“. Doch dürften die Hinweise auf die Doxologie in 4,11 mit anschließendem Amen und die erneute Anrede in 4,12 nicht das Gewicht einer solch weitreichenden These tragen können. 13 Vgl. zu 1Petr 4,12 auch Jdt 8,25–27 („… im Feuer geläutert … um ihr Herz zu prüfen“); zur Verwendung von πειράζω vgl. Schmitz/Engel, Jdt 261–263. 14 Vgl. auch Offb 18,9.18 (Strafbrand Babylons). Vgl. für das NT außerdem 2Petr 3,12. Johnson, Fire 287f, hat vorgeschlagen, die πύρωσις von der Metallfeuerprobe her zu verstehen. Vgl. zum Gebrauch von πύρωσις auch Dubis, Woes 76–85. 15 Zum Verständnis von πειρασμός vgl. bes. Dubis, Woes 85–95, und die Ausführungen (oben) zu 1Petr 1,6. 16 Vgl. Müller, Auserwählte 18–22; vgl. auch Richard, Conduct 413: „a letter of consolation to sister churches in Asia Minor“. Zur Trostliteratur vgl. auch Van Nuffelen, Exilliteratur 204: „Auch wenn die … aufgelisteten Werke verschiedene literarische Formen umfassen, wie Briefe, Diatribe und Reden, hatte das Genre doch einen hohen Grad an Kohärenz, was die verwendeten Topoi angeht“. Zu den unterschiedlichen Bedingungen von Exil vgl. auch Klauck, Verbannung. 17 Nach Cicero sind Leiderfahrungen nicht als ungewöhnlich oder verwunderlich einzustufen; vgl. z.B. Cic., fam. V 17,2: „homines nos ut esse meminerimus ea lege natos, ut omnibus telis fortunae proposita sit vita nostra“; VI 4,2; vgl. auch Sen., Tro. 1009–1017. Zu diesen Stellungnahmen der antiken philosophischen Konsolationsliteratur vgl. auch (vor allem mit Blick auf Exilierungen) Van Nuffelen, Exilliteratur 204: „Alle Abhandlungen stellen als Hauptargument in den Raum, dass das Exil kein Übel darstellt, und insbesondere, dass das Exil nichts ist, was einen erschüttern sollte“. 18 Holloway, Consolation 9f. 19 Holloway, Nihil. 20 Vgl. zu dieser Möglichkeit auch Mk 14,27–31; Joh 16,1; 1 Joh 2,10. 21 Vgl. bes. Sander, ΠΥΡΩΣΙΣ. 22 Vgl. hierzu u.a. Zef 1,14–18; 2,1–3; Jes 13,6.9; Ez 7,19. 23 Vgl. dazu bes. Proctor, Fire. 24 Vgl. auch Müller, Pflanzung 83; ders., Prophet 168f. Zur Prüfung mit bzw. im Feuer vgl. auch Jdt 8,25–27; Ps 66,10; Spr 17,3; 27,21; Weish 3,6; Sir 2,5; Jes 48,10; Ez 22,20f; Mal 3,2f.19; 1Kor 3,12–15. 12
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Situation eintritt, sollte für die Angesprochenen eigentlich nichts Befremdliches darstellen. Sie sollen wissen: „Sie sind in der πύρωσις nicht allein“25. Das Besondere oder das Spezifikum der Adressaten, das gleichzeitig einen Weg der Bewältigung der schwierigen Situation anzeigt, besteht in ihrer Christusgemeinschaft: „so wie (καθ-ό) ihr Gemeinschaft habt (κοινωνεῖτε) an den Leiden des Christus26, freut euch, damit ihr euch auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit freut als Jubelnde.“ Schon am Beginn des Briefes war der Weg des Christus als einer gekennzeichnet worden, der durch Leiden zu den Herrlichkeiten führt (1Petr 1,11)27. Das Teilhaben (κοινωνέω) an den Leiden Christi beschreibt in V 13 einerseits, dass diejenigen, die zu Christus gehören, wie er mit Leiden konfrontiert werden,28 andererseits aber auch den Weg, der in der Gemeinschaft mit Christus ein „Aushalten“ ermöglicht. Dabei spielt das In-AussichtStellen der ἀποκάλυψις („Offenlegung; Entbergung“) seiner Herrlichkeit eine zentrale Rolle (vgl. 1Petr 1,6f ). Dann werden alle Leiden ein Ende und die Angesprochenen auch Anteil an seiner Herrlichkeit haben. Das führt nach 1Petr dazu, dass eschatologische Freude schon in der Gegenwart ihren Platz haben kann,29 eine Freude, die sich ‚dann‘30 vollenden soll. Das wird auch durch die Erweiterung des Verbs um das Partizip ἀγαλλιώμενοι zum Ausdruck gebracht.31 Das Entscheidende bleibt freilich in diesem Argument die Selbstvergewisserung, dass gerade auch das Leiden nicht von Christus trennt, sondern Gemeinschaft mit Christus stiftet und diese vertiefen kann. 14 Mit V 14 werden wiederum Berührungspunkte mit Aussagen des MtEv erkennbar. So erinnert die Aussage „Wenn ihr geschmäht/beschimpft (ὀνειδίζω) werdet im Namen Christi, Selige μακάριοι (seid ihr), weil der 25 Marxsen, Mitälteste 390. Heckel (122) möchte von „der Feuersglut in euch“ sprechen und kommentiert (123): „ob die Feuersglut überindividuell erlebt wird (‚unter euch‘) oder als individuelles Läuterungsverfahren, muss aus dem Kontext erschlossen werden. Wahrscheinlich ist eine individuelle Ausrichtung“. Das bleibt allerdings anzufragen, schon von der Formulierung in der 2. Pers. Pl. und dem Gebrauch von „Haus Gottes“ (V 17) her. 26 Zur Gemeinschaft mit den Leiden Christi vgl. auch Phil 3,10; Röm 8,17; 2Kor 1,5–7; vgl. auch Schelkle 123: „Dabei stimmen Phil 3,10 … und Röm 8,17 … und 1Petr 4,13 nicht nur in der Tiefe des Gedankens, sondern bis in den Wortlaut mitei nander überein“. 27 Vgl. auch Röm 8,17; vgl. hierzu Zeller, Röm 161: „Das Mitleiden ist die gegenwärtige Wirklichkeit, aber auch die Voraussetzung für die künftige Verherrlichung, die wieder sein objektives Ziel ist (vgl. ähnliche Finalsätze 2Kor 4,10f und in der Parallele 1Petr 4,13)“. 28 Vgl. Dubis, Woes 72–74. 29 Zur Freude im Leid vgl. Nauck, Leiden; Ruppert, Gerechte 176–179; Manns, Souffrances; Estrada, gioia u.a. ; vgl. auch den Kommentar zu 1Petr 1,6 (oben). 30 Vgl. Brox 215: „doppelte Freude, die nur eine einzige ist“. 31 Vgl. 1Petr 1,6: „darüber jubelt ihr jetzt ein wenig, wenn es nötig [ist], in Trauer Versetzte (zu sein) durch vielerlei Anfechtungen“.
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Geist der Herrlichkeit und der Gottes auf euch ruht“ unmittelbar an Mt 5,11f.32 Auch die Seligpreisung in V 14, die wie die vorausgehende (1Petr 3,14) mit den Seligpreisungen der Bergpredigt oder auch mit Lk 6,2233 vergleichbar ist und die Schmähungen34 in den Blick nimmt, die Menschen aufgrund ihres Christusglaubens35 erfahren, greift im begründenden Teil atl Wendungen auf, die ihren primären Ort in Jes 11,2 haben: τὸ τοῦ θεοῦ πνεῦμα ἐφ’ ὑμᾶς ἀναπαύσεται.36 Die Vorstellung des ruhenden/ aufruhenden Geistes Gottes dürfte der Autor ebenfalls aus Jes 11,2 übernommen haben.37 Allerdings ist hinsichtlich der Verbform ein bedeutsamer Unterschied zu markieren; aus der Futurform der LXX ist in 1Petr eine Gegenwartsform geworden. „The author will then have wanted to emphasize the actual presence of God through his Spirit with suffering Christians.“38 Die Kraft, die die herausfordernden Situationen und Angriffe bestehen lässt,39 ist nach V 14 also der Geist Gottes, der dem leidenden Christus wie den ihm Nachfolgenden die „seligmachende“ Ausstattung verleiht.40 „Der 1Petr qualifiziert den Geist als ‚Geist der Herrlichkeit‘ (tēs doxēs). Damit wird deutlich, dass durch die Begabung mit dem Heiligen Geist schon jetzt der Keim für die zukünftige Herrlichkeit (1,7; 5,1.4) gelegt ist.“41 Im Blick auf die „Leiden“ findet eine Differenzierung statt. Es gibt 15 nämlich einerseits Leiderfahrungen, die sich Übeltäter durch ihre Ta Vgl. Maier, Jesustradition 101f; Metzner, Rezeption 34–48. Wolter macht in seinem Lk-Kommentar (Lk 250) auf das Verb ὀνειδίζειν als „auffällige Parallele“ aufmerksam. Vgl. auch Ruppert, Gerechte 176. 34 Vgl. (mit Blick auf Lk 6,22) Wolter, Lk 250: „Es handelt sich hierbei um die typischen Reaktionen, die eine marginalisierte Minderheit von Seiten der Mehrheitsgesellschaft erfährt“. 35 Auch das „Schlecht-Machen“ wegen des nomen Christianum hat eine Parallele in Lk 6,22; vgl. hierzu Wolter, Lk 250f, u.a. Vgl. in diesem Kontext auch Lk 21,12; Jak 2,7; zu Jak 2,7 bemerkt Metzner, Jak 126: „Im vorliegenden Zusammenhang geht es offenbar darum, dass gerichtliches Vorgehen gegen Christen verächtliche Äußerungen gegen sie wegen ihres befremdlichen (Christus-)Glaubens einschließen konnte“. 36 Vgl. auch Wagner/Vouga 145: „Um diese Vorlage den Hoffenden zuzusprechen, tauscht 1Petr das personale Objekt aus (πνεῦμα ἐφ’ ὑμᾶς statt ἐπ’ αὐτόν) und wechselt vom Futur (ἀναπαύσεται) ins Präsens (ἀναπαύεται)“. 37 Vgl. auch Jes 61,1 LXX: Πνεῦμα κυρίου ἐπ’ ἐμέ. Die Vorstellung vom „Ruhen des Gottesgeistes“ spielt auch in TestBenj 8,2 eine nicht unwesentliche Rolle; vgl. dazu Opferkuch, Mensch 300; vgl. außerdem JosAs 4,7. 38 Achtemeier 309. 39 Vgl. Poplutz, Alterität 166: „Ob sich die verbale Gewalt … auch in handgreiflichen und/oder gerichtlichen Auseinandersetzungen entlud, ist schwer zu entscheiden … Es ist … durchaus damit zu rechnen, dass die Christinnen und Christen gerichtlichen Verfahren ausgesetzt waren“; dies., Fremdheit 215. 40 Vgl. auch Zusagen wie in Mk 13,11; Mt 10,19f; Lk 12,11f. Vgl. hierzu auch Schröger, Wegweisung 427. 41 Vahrenhorst 181. Zur Ergänzung mit δόξα vgl. auch Wagner/Vouga 145f; vgl. auch die Ausführungen zum Anteilhaben an der Herrlichkeit bei 1Petr 4,11. 32 33
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ten zuziehen bzw. selbst zuzuschreiben42 haben. Solche werden durch die Aufnahme eines kurzen Laster/Verbrechen-Katalogs ausdrücklich abgegrenzt: „Keiner nämlich von euch soll leiden wie ein Mörder (φονεύς) oder ein Dieb (κλέπτης) oder ein Übeltäter/Verbrecher (κακοποιός)43 oder wie ein Spitzel/Denunziant/Amtsmissbrauchender (ὡς ἀλλοτριεπίσκοπος)“. Während die drei zuerst genannten Begriffe44 „Klassiker“ antiker Lasterkataloge bzw. Verbrechenskataloge benennen, ist der zuletzt genannte Ausdruck von seiner Bedeutung her unklar:45 für ἀλλοτριεπίσκοπος, ein Hapaxlegomenon im NT46, wurde von daher von „Spitzel“, „Delator“47 über „Hehler“48 bis zu „Typ, der sich in die Angelegenheiten anderer einmischt“49 ein riesiges Spektrum an Möglichkeiten angeboten.50 Antike Lasterkataloge, vor allem auch die im Vgl. auch 2Makk 7,18.32. Bauer, maleficus 109, hat vorgeschlagen, diesen Begriff κακοποιός von „maleficus“ her zu verstehen und mit „Zauberer“ (einer, der Schadenszauber praktiziert) wiederzugeben. Doch scheint mir, dass bei der großen Bedeutung, die dem ἀγαθοποιεῖν im 1Petr zukommt, das Wort vor allem einen Kontrast-Begriff zu markieren und vielfältige Variationen von abgründigem bzw. schädigendem Fehlverhalten zu implizieren (vgl. auch den Gebrauch in 1Petr 2,12.14). Vgl. auch Röhser, Sünde 406: „Κακοποιός ist derjenige, der gegen die geltenden gesellschaftlichen (bis hin zu strafrechtlichen) Normen verstößt“. 44 Nach Erbes, ἀλλοτριοεπίσκοπος 39, sind dabei Menschen im Blick, die „gegen das gemeine Strafgesetz“ handeln; er weist darauf hin, dass durch „oder wie“ der vierte Begriff von den vorausgehenden abgesetzt ist. 45 Zu den vielfältigen Vorschlägen zur Deutung vgl. auch Bischoff, Ἀλλοτρι(ο) επίσκοπος 271; Bauer, maleficus 111; Forbes, 1Peter 158. 46 Es handelt sich darüber hinaus um ein sehr seltenes Wort; vgl. auch Bischoff, Ἀλλοτρι(ο)επίσκοπος; Erbes, ἀλλοτριοεπίσκοπος 39; das macht die Deutung an dieser Stelle bes. schwierig. 47 Vgl. Hilgenfeld, Petrus-Brief 483f. 48 Bauer, maleficus 112, schlägt vor, an eine „Berufsgruppe“ zu denken, „die die Geschäfte anderer abwickelt und in der die Versuchung besonders groß ist, sich unrechtmäßig zu bereichern … Grobe Pflichtverletzungen gab es … auch im Rahmen der Vormundschaft …. ähnlich in Sachen der Pflegschaft (cura)“. Er schlägt deshalb (ebd. 115) Wiedergaben mit „Veruntreuung“ oder „Unterschlagung“ vor. 49 So z.B. Vahrenhorst 181, allerdings mit dem Hinweis „was hier genau damit gemeint ist, muss offenbleiben“. Das „sich Einmischen in fremde Dinge“ oder „Beurteilen der Angelegenheiten anderer“ war bereits von Bischoff, Ἀλλοτρι(ο)επίσκοπος 271, herausgestellt worden. Im Sinne der Einmischung in die Angelegenheiten anderer kann vielleicht eine Stelle bei Epiktet (Diss. III 22,97) ausgewertet werden. Vgl. dazu Guttenberger, Passio 22; Wagner/Vouga 142.146: „Infremdesachenmischer“. Erhellend bemerkt Zeller, Ethik 220, den Gegensatz zum antiken Verständnis von „Besonnenheit“: „Besonnensein heißt ‚das Eigene tun‘ (Plato, Charm. 161b), ‚ein ruhiges Leben führen‘ (vgl. polit. 307e), sich nicht in fremde Dinge einmischen, nicht Allotria treiben … 1Petr 4,15 wettert gegen den ἀλλοτριεπίσκοπος“. 50 Vgl. auch Brox 218f. Tertullian (scor. 12,3) wählt die Übersetzung: „alieni speculator“. Daraus leitet sich der Vorschlag ab, von „Amtsmissbrauch“ oder „Amtsanmaßung“ auszugehen. Dabei muss nicht der Weg beschritten werden, den Erbes, ἀλλοτριοεπίσκοπος 41, über Joh 10 geht, wo von einem ἀλλότριος die Rede ist, und der an einen πονηρὸς ἐπίσκοπος denkt, der anvertrautes Gut veruntreut (ebd. 49); die Bezeichnung ἐπίσκοπος wird im 1Petr für Christus (2,25; vgl. auch ἀρχιποίμην in 5,4) reserviert. 42 43
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NT verwendeten, sind nicht abgeschlossene, systematisierte Sammlungen (vgl. 1Petr 2,1), sondern benennen „Hauptübel“ – in größerer oder (wie hier) kleinerer Auswahl. Gemeinsam ist wahrscheinlich auch die Kennzeichnung als „zu verurteilende Täter von Verbrechen“ (Kriminelle). Hinsichtlich des Verständnisses von ἀλλοτριεπίσκοπος ist wohl dem „Delikt der Veruntreuung und Unterschlagung“51 der Vorzug zu geben. „Diese Interpretation hat den Vorteil, daß sie etymologisch plausibel ist und inhaltlich dem Brief-Kontext wirklich genügt, insofern sie ein gesetzeswidriges Delikt benennt“52. Andererseits gibt es auch Leiden bzw. Schmähungen, die mit einer Selig- 16 preisung zu versehen sind (V 14); diese sind mit dem „Christen-Namen“ verbunden: „wenn aber wie/als ein Christ/Christianer (Χριστιανός), soll er sich nicht schämen53, sondern er soll Gott verherrlichen in diesem Namen.“ Im 1Petr stoßen wir auf eine der wenigen Stellen im NT, an denen die zum Glauben an Jesus Christus Gekommenen „Christianer“ genannt werden (1Petr 4,16; vgl. auch Apg 11,26; 26,28)54. Ursprünglich dürfte es sich dabei um eine Gruppenbezeichnung von außen handeln.55 „Latinisms like Χριστιανός are derived from a proper name or a title. They denote supporters, adherents, followers, or partisans of a person, with the key idea conveyed by the suffix being that of ‚belonging to‘ the person to whose name the -ιανός suffix is appended.“56 Der Kontext des 1Petr, in dem diese Kennzeichnung verwendet wird, lässt erkennen, „that the outsiders are using the labels in an accusatory way, and that the accusation – including being a Χριστιανός – would lead to suffering“.57 Ob das für die Erstadressaten auch zu gerichtlichen Anklagen bzw. Prozessen führte, wird Brox 220. Brox 220. 53 Der Autor verwendet αἰσχύνεσθαι; vgl. auch Lk 9,26; 2Tim 1,8–12. 54 Vgl. dazu Mikat, Konflikt 24f; Strecker, Identität 161: „Die Stellen indizieren allerdings, dass der Name wohl zunächst von außen an die Christusgläubigen herangetragen wurde (vgl. Tacitus, Ann 15,44 [Chrestianer]; Sueton, Nero 16,2; Plinius, Ep 10,96), bevor ihn sich Ignatius aneignete (Eph 11,2; Magn 4; Röm 3,2). Eine Ablösung vom Judentum ist darin keineswegs zwingend angelegt, mag der Terminus doch zunächst als Fremdbezeichnung für eine spezifisch jüdische Gruppe fungiert haben“; Trebilco, Self-Designations 276f. 55 So auch Goppelt 304; Elliott 789; Feldmeier 151 Anm. 564. Zu vergleichbaren Namensbildungen vgl. Sterling, Historiography 378; Caulley, Title 194f; Williams, Works 235: „the title is a Latinism (with the Latin ending -ianus being rendered by the Greek -ιανός), rather than a form of Greek or Aramaic“; Trebilco, Self-Designations 276: „The Latin origin of the term means it originated in Latin-speaking or Latin-influenced circles, which makes it unlikely that it was first created by Christians“; Öhler, Ethnos 245 (der auf die Bezeichnung politischer Parteien hinweist). 56 Trebilco, Self-Designations 272; vgl. auch ebd. 277. Vgl. zu entsprechenden Namensbildungen auch Corsten, Names; Schmitt, Ordnung 19; Hurtado, Destroyer 94– 96. 57 Trebilco, Self-Deisgnations 283; vgl. auch Caulley, Title 194–196. 51 52
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man aus dem 1Petr allein nicht erheben können.58 Ein anderer Aspekt ist folgenreich geworden: sozialpsychologisch orientierte Auslegungen haben in jüngerer Zeit aufzeigen können, dass der Autor des 1Petr „is creatively reinterpreting a derogatory, hostile label into one that can proudly be used as self-designation“59. Gemäß der πρόγνωσις Gottes und in der Heiligung des Pneuma werden – so das Präskript des 1Petr – Menschen „zum Gehorsam“60 und „zur Besprengung61 mit dem Blut Jesu Christi“ bestimmt. Der 1Petr kann diesen Vorgang auch als Wiedergeburt bezeichnen. Entscheidend ist dabei die Christus-Zugehörigkeit, die sich in einem entsprechenden Wandel „in seinen Fußspuren“, also in den „Fußspuren Christi“ (1Petr 2,21) dokumentieren soll. „Eine Christologie, die das ‚Für uns‘ Jesu beschreibt, begründet … eine Christologie, in der Jesus Modell oder besser ‚Spur‘ für Nachfolger ist“62. In seinem Namen gilt es, die Herausforderungen der Gegenwart anzunehmen, so spannungsreich sie vielleicht auch ausfallen mögen. „In one sense this may be seen as a call to selfstigmatisation: the accused boldly and proudly acclaims their identity … The label Christian is redefined, and claimed as a badge that insiders can proudly wear.“63 Die doxologische Ausrichtung allen Handelns, die in 1Petr 4,11 im Blick auf Worte und Taten vor Augen gestellt wurde, soll – so V 16 – auch die Annahme von Beschimpfung und Angriff betreffen. Auch darin erkennt der Verfasser des 1Petr einen Beitrag zur größeren Ehre Gottes.
Vgl. auch Röhser, Sünde 409 Anm. 51: „Förmliche Gerichtsprozesse gegen Chris ten muss man dazu nicht annehmen – sie sind aber (aufgrund verleumderischer Anklagen) auch nicht ausgeschlossen“; anders Reichert, Wahrnehmungen 293; Horn, Staatsbürger 380. Wenn eine Abfassungszeit des 1Petr in der Regierungszeit Domitians anzunehmen ist, gilt es die Hinweise von Timpe zu beachten; ders., Domitian 223: „Der zeitnahen römischen Überlieferung sind … positive Anhaltspunkte für Christenverfolgung unter Domitian nicht zu entnehmen, am wenigsten für eine religiös motivierte, eine Verfolgung der Christen als Christen, wie 1 Petr 4,16 sagt, und dahin neigt inzwischen auch der Konsens der historischen Forschung“; ebd. 227: „Der Schluss, dass der 1. Petrusbrief eine allgemeine Kriminalisierung des Christentums unter Domitian bezeuge, dürfte nicht gerechtfertigt sein“. 59 Trebilco, Self-Designations 284 (in Anknüpfung an verschiedene Arbeiten von Horrell). 60 Vgl. die Anrede mit „Kinder des Gehorsams“ in 1Petr 1,14. 61 Vgl. hierzu Breytenbach, Christus 449. 62 Schweizer, Christologie 376. 63 Horrell, Image 310; vgl. ders., Label; Williams, Works 236f: „By adopting and then reinterpreting the maligned label which outsiders used to derogate believers, the author sought to turn shame (αἰσχυνέσθω) into glory (δοξαζέτω).“ 58
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Die vom 1Petr erwartete kommende Zeit wird auch mit dem Gericht 17–18 Gottes64 (vgl. 1,17; 2,23; 4,5) und einer Rechenschaftsablegung65 (vgl. bes. 4,5) verbunden sein. Dieses Gericht nimmt nach 1Petr 4,17 seinen Anfang „beim Haus Gottes“66 (vgl. auch 1Petr 2,5). „Aufgegriffen wird die alttestamentliche Tradition, wonach das allgemeine Strafgericht Gottes, das einen festen Platz im Ablauf des Weltdramas hat, beim Hause Israel beginnt und leidvolle Läuterung mit sich bringt (vgl. Jer 25,29; Ez 9,6; Spr 11,31)“67; vgl. auch Dan 12,1–3; TestBenj 10,8. Dann sind freilich auch die betroffen, „die dem Evangelium nicht glauben“. Im Blick auf solche wirft der Brief im nachfolgenden Vers die nachdenkliche Frage (V 18)68 auf, die bereits in Spr 11,31 LXX69 zu lesen ist: „Denn [die] Zeit ist/kommt, dass das Gericht beginnt beim Haus Gottes; wenn aber zuerst bei uns, was (ist) das Ende derer, die dem Evangelium Gottes nicht glauben/gehorchen? Und wenn der Gerechte70 kaum gerettet wird, wo wird der Gottlose und Sünder erscheinen?“ Doch auch die Zeit des Gerichts und der kommende Gerichtstag (κρίμα steht für „Entscheidung; Urteil; Richten; Gericht“) stellt für 1Petr einen καιρός dar. Der Begriff des „Hauses Gottes“ bringt noch einmal die ekklesiologischen Vorstellungen in Erinnerung, die in Kap. 2 entfaltet wurden (vgl. bes. 1Petr 2,4–5). Wenn die „Wir-Gruppe“ von V 17 mit diesem Haus identifiziert wird, so ist zunächst klar, dass das Verweisen auf das kommende Gericht die zuvor aufgezählten Haltungen und Verhaltensweisen noch einmal in ihrer Dringlichkeit unterstreichen soll. Aber die Eschatologie des 1Petr bleibt nicht auf die Innensicht beschränkt. Zumindest in den Fragen der VV 17–18 kommen auch die „anderen“ in den Blick, Vgl. hierzu auch Goppelt 311f. Vgl. dazu Reiser, Eschatologie 168 Anm. 15: „Die Vorstellung der Rechenschaftsablegung im Zusammenhang mit dem Endgericht begegnet außerhalb des NT nur in rabbinischen und targumischen Traditionen, allerdings schon den ältesten“. Zur Prüfung aller im Gerichtsfeuer vgl. auch Sib 8,411. 66 Zu „Haus Gottes“ als Bezeichnung für die Kirche vgl. auch 1Tim 3,15; Hebr 3,6; 10,21; Hirt des Hermas. Die Genitiv-Konstruktion erinnert an pln Formulierungen in 1Kor 3 (3,9: Pflanzung Gottes; Bau Gottes; 3,16.17: Tempel Gottes). Zu 1Petr 4,17 und zu den Past vgl. auch Engelmann, Drillinge 196–200; Zamfir, Men and Women 76: „outside the PE the oikos ist not the main definition of the church and this ecclesiology may not be derived from earlier texts“. Zur Traditionsgeschichte von „Haus Gottes“ vgl. auch die Beiträge in Grappe, Maison. 67 Vorholt, Ende 98; vgl. auch Doering, Rezeption 128. Eine Anspielung auf Ez 9,6 nimmt auch Metzner, Rezeption 177 Anm. 149, an. Johnson, Fire 292f, hat vorgeschlagen, V 17 vor allem von Mal 3,1–5; 4,1 her zu deuten. 68 Es handelt sich um eine rhetorische Frage, die ein a-fortiori-Argument einsetzt; vgl. Lk 23,31; Strack-Billerbeck II, 263f. 69 Eine freie Übersetzung des hebräischen Textes; vgl. dazu Fuhs, Buch 203: „Das bleibende Problem einer Vergeltung ‚auf Erden‘ umgeht G mit der sehr freien Übersetzung: ‚Wenn schon der Gerechte nur mit Mühe gerettet wird, der Gottlose und Sünder, wo wird er erscheinen?‘ Diese Version ist dann für 1 Petr 418 bestimmend“. 70 Zur Rede von „Gerechten“ in 1Petr vgl. auch 3,12 (Zit. von Ps 34); vgl. zur Kennzeichnung und Unterscheidung der „Gerchten“ von anderen auch Tob 4,17; Ps 125,3; PsSal 2,34f; 3,11; 4,8; 9,7; 13,6–8.11; Mk 2,17 par Mt 9,13; Lk 5,32; Lk 5,7. 64 65
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die bislang noch nicht zum Glauben an das Evangelium Gottes gefunden haben. Noch einmal verwendet der 1Petr in diesem Zusammenhang ein Zitat aus dem Buch der Sprüche (11,31):71 „Und wenn der Gerechte kaum (μόλις) gerettet72 wird, wo wird der Gottlose (ἀσεβής)73 und Sünder (ἁμαρτωλός) erscheinen?“74 Der Brief nutzt hier ein a fortiori-Argument,75 lässt aber offen, was mit dem Gottlosen sein wird;76 eine ausgeprägte Nachdenklichkeit ist nicht zu überhören. Für die Paränese des 1Petr ist allerdings kennzeichnend, dass „die hoffnungsvolle Heilsseite der Eschatologie hervorgekehrt wird, ihre düstere Unheilsseite dagegen nur indirekt angedeutet wird“77. 19 Da der 1Petr sich weniger um die Zukunft der Nichtglaubenden Gedanken macht, sondern vorrangig diejenigen „im Haus Gottes“ erreichen will, schließt der Abschnitt mit konkreten Anweisungen an diejenigen, die in der Jetzt-Zeit Leiderfahrungen ausgesetzt sind: „Daher sollen die Leidenden gemäß dem Willen Gottes dem getreuen Schöpfer ihre Seelen übergeben/anvertrauen im Gutes-Tun (ἐν ἀγαθοποιΐᾳ).“ Auch die Leiderfahrungen sind nach dem 1Petr im umfassenden Willen Gottes78 einbeschlossen, was von 2,20 und 3,17 her schon deutlich geworden ist. Wenn sie konkret erfahren und erlitten werden, sollen diejenigen, die davon getroffen werden, zweierlei tun: a) sich mit ihrem Leben
Vgl. dazu auch Dubis, Woes 163–171. Calvin hält den Satz für ein „geläufiges Sprichwort“. 72 Zur Verwendung von σώζεσθαι in 1Petr und in frühjüd. Texten vgl. Reiser, Eschatologie 169. 73 Dem Vorwurf der ἀσέβεια sah sich das frühe Christentum wiederholt ausgesetzt; hier wird aus einer Innenperspektive auf die geschaut, die nicht zum Glauben gefunden haben. 74 Vgl. Reiser, Eschatologie 168f: „Nach einem rabbinischen Midrasch, der schon in Pseudo-Philos Liber Antiquitatum Biblicarum 64,7 bezeugt ist, fürchtete selbst Samuel den Tag des Gerichts, den er angebrochen glaubte, als Saul ihn durch Totenbeschwörung ‚heraufkommen‘ ließ (1Sam 28). Wenn aber Samuel sich fürchten mußte, um wievielmehr dann wir! In der christlichen Tradition ist dieses Motiv über 1Petr 4,18 in das Dies irae gelangt und hat so großen Einfluß ausgeübt.“ 75 Vgl. Dubis, 1Peter 155. 76 Zur Wo-Frage vgl. auch 1Hen 38,2: „wenn der Gerechte vor den Augen der Gerechten erscheint, deren Werke beim Herrn der Geister aufbewahrt sind, und wenn das Licht den Gerechten und Auserwählten auf Erden leuchtet, wo ist dann die Wohnstätte der Sünder und wo der Ruheort derer, die den Herrn der Geister verleugneten?“. 77 Reiser, Eschatologie 171. 78 Zur Orientierung am Willen Gottes vgl. auch 1Petr 2,15; 3,17; 4,2. 71
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(τὰς ψυχὰς αὐτῶν) dem getreuen Schöpfer (κτίστης)79 übergeben80 und b) das Gutes-Tun81 nicht aufgeben. Dabei hat sich die Situation im Vergleich mit Kapitel 2 verschärft: „Yet whereas 2:12 offers hope that one’s oppressors will be converted, the focus in 4:19 is solely on the believer’s trust in God.“82 Man könnte vielleicht auch von einer inneren und äußeren Dimension des Christseins sprechen, einerseits sich – bei allem, was geschieht und kommen mag – dem je größeren, in Treue83 zugewandten Schöpfer anzuvertrauen84 und andererseits die ἀγαθοποιΐα85 als die entscheidende Handlungsmaxime den anderen gegenüber zu begreifen, ja sie auch in der Leidsituation „durchzutragen“. Auch wenn der Abschnitt deutlich eschatologische Wirklichkeiten in den ZusammenBlick nimmt (V 17: das Gericht; V 13: die Offenbarung seiner Herrlich- fassung keit), das vorrangige Interesse scheint der Autor an einer angemessenen Zurüstung der Adressaten für das Kommende zu finden. War in vorausgehenden Texten von einem Gericht die Rede, das alle betrifft (1Petr 1,17; 2,23; 4,5f ), so geht es nun stärker um das Gericht, das beim „Haus Gottes“ beginnt. Die Zurüstung mit entsprechenden Grundhaltungen bleibt Aufgabe für die Einzelnen, aber auch für die Gemeinschaft insgesamt. Entscheidend ist freilich die Ausstattung mit dem göttlichen Pneuma, wie V 14 zu verstehen gibt. Die Annahme auch leidvoller Erfahrungen und widriger Umstände gipfelt in einer Selbstüberantwortung an Gott und der Bereitschaft, vom Gutes-Tun nicht abzulassen. 79 Vgl. hierzu Osborne, Lines 403f; vgl. auch den Hinweis von Vahrenhorst 185: „Dies ist die einzige Stelle im NT, an der Gott ‚Schöpfer‘ (ktistēs) genannt wird. Vor allem die Schriften des griechischsprachigen Judentums verwenden diese Gottesbezeichnung (2Makk 1,24; 7,23; 13,14; 4Makk 5,25; 11,5)“. Vgl. auch Heckel 125: „öfters im hellenistischen Judentum (z.B. Sir 24,8; 2Makk 1,24; Arist 16; 7x bei Philon), christlich mehrmals im 1Klem (1Klem 19,2; 59,3; 62,2; vgl. Justin, apol 2,6,2)“. Neben den von Vahrenhorst und Heckel benannten sind für die LXX noch 2Kön 22,32 und Jdt 9,2 zu nennen (das ergibt für die LXX acht Belege). Zum Verständnis dieser Gottesbezeichnung vgl. Schmitz, Geschaffen 67f; sie zeigt (67) mit Blick auf die biblischen Texte, dass „der Gebrauch des Nomens … auf die Septuaginta beschränkt ist, der griechische Ausdruck kein Äquivalent im Hebräischen hat und von daher auch keine vom Hebräischen umrissene Semantik vorgeben kann“; allerdings hat „die Rede vom κτίστης seinen festen Platz in der Königsideologie in hellenistischer Zeit“ (67), vor allem, wenn es um Gründungen oder Neugründungen von Städten ging. Zur Gottesbezeichnung mit κτίστης vgl. auch Zimmermann, Namen 359; Blumenthal, Schöpfer 102f. 80 Wagner/Vouga (153) verweisen auf die „Verbindung zu Jesu Selbstverständnis“ (ebd.): „Um genau eine solche Zugehörigkeit des Lebens klarzustellen, sind in Lk 23,46 wohl gemäß LXX-Ps 30,6 die Worte Jesu verzeichnet: ‚Ich gebe meinen Geist in deine Hände‘ (mit παρατίθημι …)“. 81 Vgl. dazu Horn, Verantwortung 164f. Goppelt (177) spricht von „Rechtverhalten“. 82 Kelhoffer, Improvising 276; vgl. auch Cavin, Existence 76–84. 83 Vgl. Rendtorff, Wandern 86: „Der Christ soll wissen: Mitten im Leid bin ich durch Christus in der Treue Gottes geborgen.“ 84 Vgl. dazu auch Jer 11,20: „… denn dir habe ich meine Sache anvertraut“. 85 Das Substantiv ist ein Hapaxlegomenon im NT; das entsprechende Verb wird in 1Petr 2,15.20; 3,6.17 verwendet; vgl. auch 2,14.
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Wirkungs Es sind einzelne Aspekte des Abschnitts 1Petr 4,12–19, die in Theologie geschichte und Liturgie eine besondere Wirkungsgeschichte entfalten konnten. Zunächst ist vom Namen „Christianer“, von der Bezeichnung mit χριστιανός, zu sprechen, eine Kennzeichnung, die neben 1Petr 4,16 im NT nur in Apg 11,26; 26,28 Verwendung findet. „Ignatius not only uses Χριστιανός as a designation but also uses the … the related noun Χριστιανισμός; this is the first use of this term in Christian literature and it may have been coined by Ignatius, or perhaps by others in Antioch. These developments in the use of the language show that Χριστιανός was probably becoming well established, and also may have been very regularly used in a variety of ways“86. Dass es sich, wie oben beschrieben, zunächst um eine Kennzeichnung ‚von außen‘ her handeln dürfte, wird auch durch Plinius, epist. 10,96 (10,96,2: „… flagitia cohaerentia nomini“),87, oder Tacitus, Annalen 15,44,288, erkennbar.89 In der Märtyrer-Literatur der frühen Zeit ist der Begriff häufiger zu beobachten. So lautet das Bekenntnis im Polykarpmartyrium 10,1: Χριστιανός εἰμι; in 12,1 heißt es entsprechend: Πολύκαρπος ὡμολόγησεν ἑαυτὸν Χριστιανὸν εἶναι.90 „By the second and third centuries CE, Christians were executed in Roman courtrooms simply for bearing the name Χριστιανός.“91 Die Zusage des göttlichen Pneuma als Beistand (V 14) spielt für die frühchristliche Martyriums-Interpretation wiederholt eine markante Rolle. Norbert Brox verweist neben Mt 10,19f; Apg 7,55 auf „Mart Pol 2,2; MartLugd = Eus Hist Eccl V 1,29.34; Martyrium der Perpetua und Felizitas 1,2–4; 3,3“92. Eine spezielle Aufnahme im Rahmen der Toten-Liturgie hat 1Petr 4,1893 gefunden: Schon die zweite Strophe des „Dies irae“94 betont das Prüfen des Richters95 in Strenge; Strophe 7 stellt dann eine Frage, die unmittelbar an 1Petr 4,18 anschließt: „Quid sum miser tunc dicturus, /Quem Trebilco, Self-Designations 287. Zur Verwendung in den Apostolischen Vätern vgl. auch Horn, Staatsbürger 379. 87 Zum Plinius-Briefwechsel mit Trajan vgl. u.a. Sherwin-White, Letters; Freudenberger, Verhalten; Downing, Prosecutions; Reichert, Konfusion; dies., Wahrnehmungen; Harrill, Functionaries; Williams, Pliny; Cook, Attitudes 240–246; Horn, Staatsbürger 375–386; Öhler, Associations 72–78; ders., Pliny; Eckhardt, Staat 41–46. 88 „… quos per flagitia invisos vulgus Christianos appellabat“; vgl. hierzu auch Feldmeier, Außenseiter 163–165. 89 Vgl. auch Feldmeier, Außenseiter 164: „Wenn Plinius die ‚dem Namen [Christen] anhaftenden Schandtaten‘ schon als zureichenden Verurteilungsgrund erwägt, so ist der Name ‚Christ‘ bereits zum Synonym für Verbrecher geworden – eine Situation, wie sie schon in 1Petr 4:12ff. (bes. 4:14) angedeutet ist!“. 90 Vgl. auch Passio Perpetuae 6; Justin, 2Apol 2. 91 Williams, Works 236. 92 Brox 215 Anm. 678. 93 Eine Aufnahme des V 18 erfolgt auch im Martyrium Pionii; vgl. Seeliger/Wischmeyer, Märtyrerliteratur 140f (gr./dt.). 94 Lat. Text mit dt. Übersetzung von A. Stock in BiKi 63 (2008) 236f. Zum Verständnis und zur Auslegung vgl. bes. Rädle, Dies; Bretschneider, Bewundert. 95 Vgl. zu den V 17–19 auch 2Thess 1,4–12. 86
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patronum rogaturus,/ Dum vix iustus sit securus?“ („Was werde ich Armer dann sagen und wen als Anwalt in meiner Sache angehen, da doch kaum der Gerechte sicher sein kann?“) Die Partizipation an den Leiden Christi und seiner Herrlichkeit, wie sie in den V 12–14 thematisiert wird (vgl. auch 1Petr 5,1.10) kann als Kernthema christlicher Identität96 verstanden werden. So werden die Verse 1Petr 4,12–14 beispielsweise bei Clemens von Alexandrien in den Stromata in einem entsprechenden Zusammenhang (IV 47,4) zitiert; Clemens rät (IV 47,2): „im Vertrauen auf den Allmächtigen und den Herrn den Mächten der Finsternis und dem Tod entgegentreten“. Von besonderem Gewicht ist freilich der Abschlussvers 19, der trotz aller widriger Umstände dazu ermutigt, sich vertrauensvoll in die Hände des Schöpfers zu bergen und im Gutes-Tun97 nicht nachzulassen. „Überhaupt werden das Verb ἀγαθοποιεῖν und das Substantiv ἀγαθοποιΐα (1Petr 4,19) und das Adjektiv ἀγαθοποιός (1Petr 2,14) im 1Petr ungewöhnlich häufig eingesetzt gegenüber einer eher spärlichen Verwendung im übrigen Neuen Testament“98. Vielleicht unübertroffen ist die Umsetzung dieses Anliegens in dem Liedtext, den Dietrich Bonhoeffer im Zugehen auf seinen Tod seiner Verlobten Maria von Wedemeyer99 und seinen Lieben am 19. Dezember 1944 als „Weihnachtsgruß“ hinterlassen hat: „Von guten Mächten treu und still umgeben“100. Wie der Autor des 1Petr ruft Bonhoeffer den Seinen zu: „… erwarten wir getrost, was kommen mag“.
Vgl. auch Stellen wie Röm 8,17; 2Kor 4,17; Mk 10,44f; Hebr 2,9–10 u.a. Vgl. hierzu noch einmal Goppelt 177; Elliott 492; Achtemeier 185; Horn, Verantwortung 365f; Williams, Works. 98 Horn, Verantwortung 364. 99 Vgl. den Text des Briefes und des Liedtextes in: von Bismarck/Kabitz, Brautbriefe 208–210. Bonhoeffer schreibt: „… Es werden stille Tage in unseren Häusern sein. Aber ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, je stiller es um mich herum geworden ist, desto deutlicher habe ich die Verbindung mit Euch gespürt. Es ist, als ob die Seele in der Einsamkeit Organe ausbildet, die wir im Alltag kaum kennen … Hier noch ein paar Verse, die mir in den letzten Abenden einfielen. Sie sind der Weihnachtsgruß für Dich und die Eltern und Geschwister“. 100 Aus der Fülle der Lit. zu diesem Text vgl. Hampe, in: Bonhoeffer Mächten 74– 76, bes. 76: „all dieses Dennoch und Ja im Nein unserer irdischen Existenz“; Schäfer, Mächten. 96 97
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17 Verantwortung in der Gemeinde (5,1–7) Das Stichwort πρεσβύτεροι und ein erneutes παρακαλῶ (vgl. 1Petr 2,11) markieren deutlich einen neuen Textabschnitt. Angesprochen wird zunächst eine spezielle Adressatengruppe, die Gruppe der „Älteren“1 bzw. „Ältesten“, in der weitaus größer zu denkenden Adressatenschaft des 1Petr. In diesem Abschnitt oszilliert „das Verständnis zwischen πρεσβύτεροι als Inhaber eines Leitungsamtes der Gemeinde und πρεσβύτεροι als Angehörigen der älteren Generation gegenüber der jüngeren, aber das entspricht exakt der Doppeldeutigkeit des Begriffs“2. Nimmt man die Anweisungen für die „Jüngeren“ ab V 5 hinzu,3 so reicht dieser Abschnitt, der vom Thema ‚Demut‘ geprägt ist, bis einschließlich V 7. Die vorausgehende Zuordnung „Frauen/Männer“ (1Petr 3,1–7) und die Anweisungen für die Haussklaven (1Petr 2,18–25) – Stichwort „Haustafelethik“ – legen eine solche Annahme nahe. Man denke nur an die erneute Verwendung des Verbs ὑποτάσσειν (2,18; 3,1.5 sowie 2,13)4 in V 5, die erneute Verwendung von ὁμοίως und die Rede von ταπεινοφροσύνη (vgl. 3,8) in V 5. Das Thema ‚Leiden‘ wird in diesem Abschnitt nicht aktiviert; es wird eher die Atmosphäre eines geregelten Gemeinde-Lebens (vgl. 1Pert 4,10f ) erkennbar. Literatur: Aubert, Shepherd-Flock; Baslez, L’ancienneté; Bosetti, Pastore 174–178; Cervantes Gabarrón, Pastor 340–345; Campbell, Elders; Claußen, Versammlung 264–273; Dassmann, Entstehung; Elliott, Ministry; ders., Elders; Feldmeier, Basis; Hasitschka, Presbyteros; Heckel, Hirtenamt; Hübner, Anfänge; Karrer, Ältestenamt; Koch, Entwicklung; Laniak, Shepherds 232–234; Lynch, 1Peter; Marxsen, Mitälteste; Meier, Presbyteros; Michl, Presbyter; Nauck, Probleme; Prast, Presbyter 379–386; Riggenbach, Poimenik; Roloff, Themen; Theobald, Presbytern; Ysebaert, Amtsterminologie; Wagner, Anfänge; Zettner, Amt 395–408. 1 Zur Bedeutung und Rolle der Älteren bzw. Ältesten in atl Texten und im Judentum vgl. auch Bornkamm, in: ThWNT VI, 655–661; Zollitsch, Amt 16–23; Reviv, Elders; Wagner, Beobachtungen; Claußen, Versammlung 264–273, der die „große Bedeutungsbreite“ (ebd. 271) betont. Die Einschätzung von Campbell (Elders 246: „the elders were those who bear a title of honour, not of office, a title that is imprecise, col lective and representative, and rooted in the ancient family or household“) hat zu Recht Anfragen und Widerspruch erfahren; vgl. u.a. Neuberth, Demokratie 325f. 2 Koch, Entwicklung 182. Vgl. Claußen, Versammlung 265: „Einerseits kann das Alter eines Individuums im Vordergrund stehen. Andererseits kann es sich um einen allgemeinen Titel für politische oder religiöse Amtsträger handeln.“ Das Oszillieren spiegelt sich im Grunde auch im antiken ‚Senatoren‘-Begriff; dabei wird das Alter zunehmend unwesentlich. Lynch, 1Peter 530, gibt den Hinweis: „Yet elders also served as ‚community functionaries‘ in the Hellenistic world; it therefore seems that the concept of Christian elders did not derive solely from the synagogue“. 3 Zur Betonung des Gegenübers von Jungen und Alten vgl. Jes 3,3; 1Makk 1,26; 1Clem 3,3. Vgl. auch die (kontrastierende) Differenzierung von jüngerem und älterem Sohn in Lk 15,12.13.25 oder das Tätigwerden der „jungen Männer“ in Apg 5,6.10 (Begräbnis des Hananias und der Saphira). Unterscheidungen von Älteren und Jüngeren sind auch in Tit 2,2.6; 1Joh 2,12–14 auszumachen. 4 Vgl. auch Brox 233f.
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1 Die Ältesten nun bei euch ermahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden des Christus, der ich auch ein Genosse/Teilhaber der Herrlichkeit (bin), die kommen wird, offenbar zu werden. 2 Hütet die Herde Gottes bei euch [indem ihr draufschaut/Aufsicht führt] nicht unter Zwang, sondern freiwillig gemäß Gott, nicht in Profitgier, sondern bereitwillig, 3 nicht wie Beherrscher der Anteile, sondern als (solche, die) zu Vorbildern der Herde geworden sind! 4 Und wenn der Oberhirte erscheint, werdet ihr erhalten den unverwelklichen Kranz der Herrlichkeit. 5 In gleicher Weise, ihr Jüngeren, ordnet euch (den) Älteren/Ältesten unter! Alle aber legt füreinander um/an die Demut! Denn Gott stellt sich den Hochmütigen entgegen, (den) Niedrigen aber gibt er Gnade. 6 Lasst euch nun niedrig machen unter der starken Hand Gottes, damit er euch erhöht im Kairos. 7 Alle eure Sorge werft auf ihn, denn ihm liegt an euch! 1. In V 1, in dem mit Standaert5 ein Chiasmus beobachtet werden Analyse kann, verwendet der Autor erneut ein Hapaxlegomenon.6 „The term συμπρεσβύτερος is attested in a papyrus from Oxyrhynchus dated to the third year of the reign of Titus (80/81 CE)“7. Weitere explizite Belege aus der antiken Literatur lassen sich bisher nicht ausmachen. 2. Im Crosby-Schøyen-Codex (Ms. 193 Schøyen Collection) ist eine singuläre koptische Lesart für ὁ κοινωνός überliefert: ϩωc ΟΙΚΟΝΟΜΟϹ.8 3. Die in P72 bezeugte Lesart θεοῦ (für Χριστοῦ) dürfte aus einer fortgeschrittenen christologischen Debatte hervorgegangen sein.9
Vgl. Standaert, surprise 388. Vgl. auch die Bsp. im Einleitungsteil (oben); diese doch erhebliche Reihe stellt in der Einleitungsdebatte um eine Abfassung des Schreibens durch den historischen Petrus eine deutliche Anfrage dar. 7 Doering, Apostle 653. Dabei geht es um P.Oxy 45.3264. Für Doering (ebd.) steht diese Wortbildung im 1Petr in enger Beziehung zu anderen Formulierungen mit συν-; vgl. dazu auch Feldmeier 155 Anm. 577: „Der 1Petr liebt Bildungen solcher Wörter mit συν- (3,7; 5,13), die die Verbundenheit unterstreichen“. 8 Vgl. Bethge, Text, bes. 265f. Bethge bemerkt hierzu (266): „In der griechischen Textüberlieferung gibt es nichts Entsprechendes. Es heißt überall ὁ κοινωνός … Auch wenn das ohne Zweifel als lectio difficilior anzusehen ist – aber was für ein Petrus-Bild wird hier sichtbar! – , kann es doch … nicht ernsthaft eine hohe textkritische Relevanz beanspruchen“. Ökonomie-Metaphorik ist freilich an anderen Stellen des NT, die Verantwortlichkeit in den Blick nehmen, nicht ungewöhnlich; vgl. z.B. Lk 16,1–8; 1Kor 4,1–2. 9 Vgl. auch Brox 229 Anm. 722; Elliott, Text 214. 5 6
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4. Das ἐπισκοποῦντες in V 2 ist textkritisch unsicher;10 es ist weder im Sinaiticus* noch im Vaticanus zu lesen.11 Auch das κατὰ θεόν wird nur von einem Teil der Handschriften geboten.12 5. Die VV 2–3 zeigen eine besondere Gestaltung (Knappheit, strenge Gliederung, Antithetik) und legen nach der Einschätzung vieler Ausleger in ihrem Aufbau die Übernahme einer Tradition nahe.13 Dabei kann V 2a als „Obersatz“14 verstanden werden. Erklärung Die Ermahnung der „Ältesten“ (πρεσβύτεροι), denen sich15 der Autor16 1 einerseits als „Mitältester“ (ὁ συμπρεσβύτερος)17 und andererseits als „Zeuge“ (μάρτυς) „der Leiden des Christus“18 zuordnet, gibt einen deutlichen Hinweis darauf, dass hier eine frühkirchliche Entwicklung zu beobachten ist, in der sich schrittweise ‚Ämter-Strukturen‘ herausbilden.19 Von daher sollte man sich nicht auf eine Kennzeichnung von πρεσβύτεροι
Vgl. Nauck, Probleme 202f: „Wir dürfen es als einen sehr alten Einschub beurteilen, der möglicherweise auf den Verfasser des I Petrusbriefes selbst zurückgeht.“ Für Ysebaert, Amtsterminologie 68, ist die Lesart „sicher ursprünglich“; er geht sogar noch einen Schritt weiter und meint, konstatieren zu können (ebd. 61): „Diese Lesart ἐπισκοποῦντες ‚beaufsichtigend‘ enthält eine Anspielung auf den Amtstitel ἐπίσκοπος und setzt voraus, daß die Presbyter auch Episkop heißen“; vgl. auch ebd. 205; ähnlich Heckel 127: „Ursprünglich stand wohl das Partizip und wurde nachträglich gestrichen“. Für Koch, Entwicklung 183 Anm. 52, ist die „Lesart … vermutlich als nicht ursprünglich anzusehen … Geht man von ihrer Ursprünglichkeit aus, liegt hier, wie in Apg 20,28, kein Gebrauch im Sinne einer Amtsbezeichnung vor“. Vgl. zur textkritischen Diskussion auch Brox 230; Lynch, 1Peter 534f. 11 Die Handschriften, die mit ἐπισκοποῦντες weiterführen (z.B. P72 אA) stellen nach Genz, Jesaja 288 Anm. 36, eine Parallele zu 1Petr 2,25 her. 12 Zur Diskussion vgl. auch Feldmeier 154. 13 Vgl. u.a. Nauck, Probleme, bes. 202; Roloff, Themen 508f, der (509) ein „Stück aus einer Ordinationsvermahnung“ erkennt und zum Vergleich auf 1Tim 6,13–16 verweist. 14 Nauck, Probleme 202. 15 Zum ersten Mal begegnen wir im 1Petr einer ‚Ich-Rede‘. 16 Das explizite „ich“ begegnet nur hier und in der Absenderangabe zu Beginn des Schreibens. 17 Vgl. hierzu auch Brox 228: „Darum scheint die Erklärung für die Gemeinsamkeit, in die sich der Verfasser mit allen kirchlichen Presbytern stellt, darin zu liegen, daß der fingierende Autor an dieser Stelle aus seiner eigenen historischen Rolle heraus, nämlich als Presbyter, der er war, spricht“. Brox macht (ebd.) auch auf die σύνδουλοςStellen in den Ignatiusbriefen (Eph 2,1; Magn 2; Phld 4; Sm 12,1) aufmerksam. Ignatius von Antiochien kann allein in IgnEph von „Mit-Sklaven“ (2,1), „Mit-Schülern“ (3,1) und „Mit-Eingeweihten“ (12,2) sprechen. 18 Zum ‚Vorbild‘ Christi im Leiden vgl. 1Petr 2,21; 3,18; 4,1.13. 19 Leider lässt Wagner, Anfänge 16, in seiner Untersuchung zu den Anfängen des Amtes aus nicht nachvollziehbaren Gründen den 1Petr (übrigens auch Jak; 2Joh und 3Joh) aus. Zur Entwicklung in den Past vgl. auch Theobald, Presbytern. 10
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als ‚ältere Gemeindemitglieder‘20 oder als Ehrenbezeichnung21 beschränken. Adressaten dieses Abschnitts sind primär „die regulären Amtsträger der angesprochenen Gemeinden“22, wobei deren Funktion „bei aller Konstitutivität für die Existenz der Gemeinde nur als abgeleitete verstanden werden kann“23 – zu beachten ist vor allem die in 1Petr 4,10f zur Sprache gebrachte Charismen-Struktur, die sich auf Wort und Dienst bezieht.24 Diese Ältesten bedürfen nach der Einschätzung des Autors des 1Petr der Ermahnung; „offenbar gab es schon damals, als der Brief geschrieben wurde, unter den Vorständen der Christengemeinden auch Leute, die mehr an sich als an das Wohl der Kirche Gottes dachten“25. Mit dem Ausdruck „Zeuge der Leiden des Christus“ muss nicht notwendigerweise eine Augenzeugenschaft der Passion Jesu Christi gemeint sein, zumal diese ja – nach allem, was in den ntl Evangelien erzählt wird – für Petrus ausgesprochen problematisch ausfallen würde (Schlaf im Garten Getsemani; Jüngerflucht; Verleugnung …).26 Bezieht man die vorausgehenden Texte zum Zusammenhang zwischen den Leiden Christi (Plural!) und den in der Gegenwart des 1Petr zugemuteten Leiden der Adressaten ein, so ergibt sich eine andere inhaltliche Füllung des Wortes „Zeuge“: einerseits a) das Bezeugen der Heilsbedeutung des Leidens und Sterbens Jesu Christi und andererseits b) das Anteilhaben an Leiderfahrungen27 „in den Fußspuren Christi“. Erkennt man einen Rückbezug auf 1Petr 4,13, dann „erklärt sich PsPetrus also zum Zeugen der Leiden Christi, weil er das Leiden seiner Adressaten als Anteilhabe am Leiden Christi definiert und so in ihrem Leiden erkennt. Damit aber bezieht er
So aber sehr dezidiert Wagner/Vouga 157: „hier keine Amtsträger, die Funktionen in den Gemeinden ausüben, sondern es sind die entweder nach dem Lebensalter oder nach der Zugehörigkeit zu den ‚Erwählten‘ älteren Gemeindeglieder, die über den Schatz einer längeren Erfahrung verfügen“. 21 Vgl. z.B. Wagner, Anfänge 52 (vgl. ebd. 64.103); Wagner zeigt sich vor allem von der Studie von Campbell, Elders, beeinflusst. 22 Prast, Presbyter 379f. 23 Prast, Presbyter 384. 24 Vgl. hierzu auch Brox 227: „Was die heutige historische Forschung glaubt, … scharf trennen zu müssen, nämlich paulinisch-charismatische und jüdisch-presbyterale Kirchenverfassung, ist in diesem Brief nicht alternativ“. 25 Michl, Presbyter 48. 26 Wer für den 1Petr an einer Autorschaft des historischen Petrus festhalten will, muss erklären, warum unrühmliche Verhaltensweisen angesichts der Passion Jesu nicht reflektiert werden, wenn gleichzeitig ein „Gehen in den Fußspuren Jesu“ als Idealbild vor Augen gestellt wird; die ntl Evangelien reflektieren die Höhen und Tiefen der petrinischen Vita ausführlich und gezielt. Er selbst hätte dann darauf verzichtet – wohl kaum, wenn man bedenkt, dass eine solche Reflexion für Paulus als geradezu ‚konstitutiv‘ verstanden werden kann; vgl. zu dieser Frage auch Despotis, Bekehrungserfahrung. 27 Vgl. Marxsen, Mitälteste 381: „wegen der Sachparallele zu 4,13 muß hier von einer persönlichen Teilhabe des Mitältesten an Leiden die Rede sein“; vgl. auch 383: „Rein formal kann man den Verfasser als Wortzeugen bezeichnen, denn seine παθήματα sind ja Inhalt dessen, wovon er spricht.“ 20
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seine Zeugenschaft dezidiert auf die Gegenwart und gerade nicht auf die vergangenen Jerusalemer Ereignisse der Passion Jesu.“28 Die für die Theologie des 1Petr ganz markante eschatologische Perspektive begegnet gebündelt im Ausdruck „der auch ein Genosse/Teilhaber (κοινωνός) der Herrlichkeit ist, die kommen wird, offenbar zu werden“29. Die „kommende Herrlichkeit“ gilt von den ersten Versen des ersten Kapitels an als die entscheidende Perspektive der Angesprochenen. Wenn es auf dem Weg „in dieser Zeit“ für die Zeugen zu teilweise bitteren Zumutungen kommt, so trägt nach der Überzeugung des 1Petr die Gewissheit, an der Herrlichkeit Christi, die enthüllt werden wird (vgl. 1Petr 1,7; 4,13),30 Anteil zu haben.31 Das gilt hier in Sonderheit für die Presbyter. Bei den Presbytern des 1 Petr dürfte es sich um ein ortsgebundenes Kollegium32 handeln. Auf dieses kollektive Verständnis deutet auch die durchgängige Verwendung des Plurals hin.33 Die Ursprünge presbyteraler Strukturen frühchristl. Gemeinden sind vor allem im Judentum34 bzw. Judenchristentum35 zu suchen.36 Dabei gilt es, für das antike Judentum den Hinweis von Claußen zu beachten: „Πρεσβύτεροι sind nicht die Träger eines abstrakten Ehrentitels, sondern erscheinen jeweils auf eine klar um Gielen, Polykarpbrief 435. Zum Gebrauch von δόξα in 1Petr vgl. 1,11.17.21.24; 4,13f; 5,4.10. 30 Vgl. auch den präsentischen Aspekt, der in 1Petr 1,21 zum Ausdruck kommt: „Durch ihn seid ihr zum Glauben an Gott gekommen, der ihn von den Toten auferweckt und ihm die Herrlichkeit gegeben hat, sodass ihr an Gott glauben und auf ihn hoffen könnt“; vgl. auch 4,14: „… denn der Geist der Herrlichkeit, der Geist Gottes, ruht auf euch“. 31 Die Unangefochtenheit in dieser Hoffnung überrascht etwas angesichts der ernsten Anmerkung in 1Petr 4,18. 32 Vgl. Meier, Presbyteros; Hübner, Anfänge 61–63; Koch, Entwicklung 183: „kollektives Leitungsorgan der Einzelgemeinde“; Gielen, Polykarpbrief 436f. 33 Damit kommen auch zeitgenössische städtische Organe wie βουλή oder γερουσία in den Blick. 34 Zu den „Ältesten“ im atl Israel vgl. Wagner, Beobachtungen; Strübind, Herkunft 66–71; Mueller, Presbyter 89–96; Beslaz, L’ancienneté. Vgl. bes. Stellen wie Num 11,16; Jos 8,10; Esr 6,14; 10,8; Neh 2,16; 1Makk 1,26; 12,6. In 1Makk 14,20 sind mit den πρεσβύτεροι die nichtpriesterlichen Mitglieder der obersten Jerusalemer Ratsversammlung gemeint. 35 Vgl. Hübner, Anfänge 62: Die Presbyteralverfassung „scheint sich ziemlich früh zunächst in judenchristlichen Gemeinden herausgebildet zu haben und hat ihr Vorbild unzweifelhaft auf jüdischem Boden. An der Spitze jüdischer Orts- und Synagogengemeinden stand ein Ratskollegium von angesehenen, erfahrenen Männern, die den Ehrentitel „Ältester“ führten und in den Angelegenheiten der Gemeinde die verantwortlichen, entscheidenden, auch richterlichen Funktionen ausübten“; Schneider, Entwicklung 362: „die übliche lokale Kirchenleitung der nachapostolischen Zeit“; Goppelt, Kirchenleitung 13; Prast, Presbyer 359; Dassmann, Entstehung; Karrer, Ältestenamt. 36 Auf die Herleitung aus qumranischen Traditionen (vgl. u.a. Nauck, Probleme; Goppelt 325) kann wohl verzichtet werden; so auch Roloff, Themen 509 Anm. 7. Zu Presbytern in Hypsistariergemeinden (auf der Krim, also für manche Adressaten [vgl. 1,1] auf der gegenüberliegenden Küste des Schwarzen Meeres) vgl. Lietzmann, Verfassungsgeschichte 112–117. 28 29
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rissene menschliche Gemeinschaft bezogen oder als Berater oder Begleiter einer herausgehobenen Einzelperson … Älteste werden in der Regel im Zusammenhang mit einer Funktion genannt: Sie repräsentieren, begleiten und unterstützen …“.37 Walter Ameling macht auf die auch für Kleinasien nachweisbare γερουσία aufmerksam, „deren Mitglieder πρεσβύτεροι, Ältere, sind“38. „Presbyter“ (πρεσβύτεροι) begegnen im NT in verschiedenen Schriften: in der Apg39 11,30; 14,23;40 15,2.4.6; 15,22.23; 16,4; 20,17–38;41 21,18,42 in 1Tim43 4,14; 5,17, in Tit 1,544 (für Kreta)45 und in Jak 5,1446. Mit der Bildung des Jerusalemer Presbyterats können wir „relativ früh, noch in der ersten christlichen Generation, rechnen.“47 „Zeit Claußen, Versammlung 270; vgl. auch ebd. 309: „daß ein ‚Ältestenamt‘ im institutionalisierten Sinne weder für den alttestamentlichen noch für den jüdisch-synagogalen Bereich nachweisbar ist. Natürlich sind für beide Bereiche πρεσβύτεροι in großer Zahl nachweisbar. Aber sie waren eben keine Amtsträger wie ἀρχισυνάγωγος oder ἄρχων“; Young, ΕΠΙΣΚΟΠΟΣ 147: „community leaders, not synagogue officials“; Baslez, communautés 108. 38 Ameling, Gemeinden 38, mit den Hinweisen auf CIJ 801 (Chrysopolis, Vater und Sohn als πρεσβύτεροι); IK 14 (Ephesos); IK 24 (Smyrna, Vater und Sohn) und weiterführender Lit. 39 Die Mehrzahl der Belege in der Apg spricht von Jerusalemer Presbytern. 40 Die Apg kennt auch Presbyter für Derbe, Lystra, Ikonium, Antiochien. 41 In Apg 20,17–38 bringt V 28 den Hirtendienst und die Rolle als Aufseher zur Sprache, die VV 31–32 betonen die Wachsamkeit, V 35 die Sorge für die Schwachen. In der Milet-Rede wird den Presbytern (V 17) der Auftrag erteilt, sich um die Herde (VV 28f ) zu sorgen, sie als Episkopen zu hüten (V 28) und dabei wachsam zu bleiben (V 31), was zu einem Vergleich mit 1Petr 5 einlädt. Zur Nähe von 1Petr 5,2 und Apg 20,28 vgl. bes. Prast, Presbyter 125f; Bosetti, Pastore 175–178. Zur Rede an die Presbyter von Milet in Apg 20,17–38 vgl. neben den Apg-Kommentaren bes. Lindemann, Paulus 190–195; Watson, Leadership 52–98. 42 Vgl. auch πρεσβυτέριον in Apg 22,5 sowie die jüdischen Presbyter bzw. die Ältes ten der Juden als πρεσβύτεροι in Lk 7,3; 9,22; 20,1; 22,52; Apg 4,5.8.23; 6,12; 23,14; 24,1; 25,15. 43 In 1Tim 5,1 sind ältere Männer im Blick. 44 Vgl. vor allem Theobald, Presbytern. 45 Vgl. auch 2Joh 1; 3Joh 1. Zu Presbytern in den Apostolischen Vätern vgl. vor allem 1Clem; dazu Wagner, Anfänge 224: „sowohl eine feste Gemeindeinstitution (44.5; 47.6; 57.1) als auch die alten und bewährten Gemeindeglieder (1,3; 21,6)“ (vgl. ebd 233.235); Polykarp von Smyrna, Praescr.; 5,3; 6,1; 11,1; IgnMagn 3,2; IgnRöm 9,1; Herm vis II 4,2.3; III 1,8; dazu Wagner, Anfänge 288: „als eigenständige Amtsbezeichnung etabliert“. 46 Vgl. hierzu auch Metzner, Jak 299f. 47 Karrer, Ältestenamt 156. Vgl. ebd.: „Durchweg erfolgt die Bezeichnung des Instituts im kollektiven Plural – οἱ πρεσβύτεροι – und absolut; die Jerusalemer Ältesten sind ‚die Ältesten‘ schlechthin.“ Vgl. auch den von Karrer gezeichneten Hintergrund ebd. 168: „Es [Das Ältestenamt] entsteht als Instanz vor Gottes Herrlichkeit in eschatologischer Zeit. In Jerusalem nimmt es seinen Ort, weil die Verheißung über Gottes Kabod es dorthin verweist (vgl. Jes 24:23b). Es übernimmt Verantwortung für das Heilsvolk, weil sich in ihm eschatologisch überbietend das Ältestenamt der Sinaizeit erneuert. Typos dieser Überbietung sind die Ältesten, die mit Mose an Gottes Offenbarung Anteil hatten, die Gott zum Tragen der Last des Volkes mit Mose beauftragte und auf die Gott dazu von dem Geist legte, der auf Mose ruhte (vgl. Ex 24 und Num 37
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genössische Analogien finden sich (wie oben beschrieben) im Judentum, wo der Begriff πρεσβύτεροι entweder Laien-Mitglieder des Synhedriums (z.B. auch Apg 4,5.8.23; 6,12; 23,14) oder Älteste von Synagogengemeinden (z.B. Lk 7,3) bezeichnet.“48 Zur Kennzeichnung dieser Variante des urchristl. Presbyterats ist vorgeschlagen worden, von „Presbyter(n) palästinischer Art“49 zu sprechen. Nach der Apg „tritt der urchristliche Presbyterat erstmals in Jerusalem unter Claudius, somit nach 41 n. Chr., in Erscheinung (11:30 nach 11:28; vgl. 15:2, 4, 6, 22f; 21:18ff ). Die Ältesten sind dort von Paulus unabhängig, ja stehen in einem Autoritätsduktus, der sie bis zu Schiedsrichtern über Paulus werden läßt (15; 21:18ff ).“50 Paulus selbst „erwähnt Älteste und deren Einsetzung in keinem seiner Briefe. Die Angaben der Act über den Presbyterat in paulinischen Gemeinden spiegeln deshalb die lukanische Zeit, nicht die älteste Kirche.“51 In 1Tim 5,17 ist zu lesen, dass Presbyter, die gut, d.h. ordentlich (καλῶς)52, vorstehen,53 „doppeltes Honorar empfangen, namentlich wenn sie sich in Wort und Lehre mühen.“54 Allerdings dürfte damit keine Unterhaltszahlung gemeint sein,55 schon eher Ehrenportionen bei Gemeindemählern.56 Besonders interessant ist an dieser Stelle, dass Wortverkündigung und Lehre im Vordergrund stehen. „Nach den Pastoralbriefen ist das Lehren die wichtigste Funktion der Gemeindeleitung
11:16–25/30).“ Vgl. die Aufnahme dieser Texte im Weihegebet der Presbyter-Weihe der röm.-kath. Kirche. Zur kritischen Auseinandersetzung mit Karrers Thesen vgl. vor allem Koch, Entwicklung 182–188. 48 Neuberth, Demokratie 228; vgl. auch Young, ΕΠΙΣΚΟΠΟΣ 147; Zettner, Amt 388–395; Ameling in IJO II, 49f. Neuberth äußert sich (Demokratie 228) hinsichtlich der Entstehung sehr zurückhaltend: „Die genauen Hintergründe der Entstehung eines derartigen Leitungsgremiums in christlichen Gemeinden lassen sich nicht mehr eruieren. Sein Ursprung liegt aber mit großer Wahrscheinlichkeit in Jerusalem, am ehesten in der Zeit, als die Auflösung des Zwölferkreises ein Machtvakuum hinterließ“. Zu πρεσβύτεροι in der (jüd.) Diaspora vgl. auch Baslez, communautés 108: „pour désigner les responsables d’une communauté locale ou le bureau d’une association, en particulier dans les synagogues de la Diaspora, puis dans les Eglises“; vgl. auch dies., L’ancienneté. 49 So z.B. Dassmann, Entstehung 351; vgl. ebd.: „Wie weit und wie lange der Einfluß der Presbyter palästinischer Art gereicht hat, ist nur schwer auszumachen.“ 50 Karrer, Ältestenamt 154. Vgl. ebd. 154f: „Dazu gerät der lukanische Redaktionsentwurf in 14:23; 20:17–38 in Spannung. Laut ihm führen Paulus und Barnabas den Presbyterat bald auch in den paulinischen Gemeinden ein (14:23) und bleibt Paulus dort vor- und übergeordnete Instanz (20:17–38).“ Vgl. auch Dassmann, Entstehung 351: „Der Amtscharakter der presbyteroi bleibt ein wenig in der Schwebe.“ 51 Karrer, Ältestenamt 155. Vgl. auch Hübner, Anfänge 62: „Für den um 90 n. Chr. schreibenden Verfasser der Apostelgeschichte Lukas sind Presbyter die selbstverständlichen Gemeindeleiter nicht nur in Jerusalem, sondern auch in den von Paulus gegründeten Gemeinden (vgl. Apg 14,23; 20,17).“ 52 Vgl. Schöllgen, τιμή 232. 53 Auch Schöllgen, τιμή 232, betont, dass es um ein „Vorsteheramt“ geht. 54 Karrer, Ältestenamt 178. 55 Vgl. Schöllgen, τιμή 235. 56 Schöllgen, τιμή 238.
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(vgl. 1Tim 3,2; Tit 1,9; 1Tim 5,17)“57 im „Haus Gottes“ (1Tim 3,15). Hier wird „Kontinuitätsinteresse der nachpaulinischen Gemeinden“58 spürbar, das im Konzept ‚Leitung durch Lehre‘ konkretisiert wird.59 Um diese Variante des urchristlichen Presbyterats von der zuvor beschriebenen abzugrenzen, könnte man mit Blick auf die Pastoralbriefe60 von „Presbytern der Lehre“ sprechen (vgl. vor allem 1Tim 5,17–19; 4,14 [Handauflegung durch Älteste]; Tit 1,5f ). Aus dem nachfolgenden Kontext wird erkennbar, dass auch den Presbytern im 1Petr Leitungsaufgaben zukommen.61 Ob ihnen spezifische Aufgaben im Gottesdienst, bei der Spendung der Sakramente, in der caritativen Versorgung oder für die Bewahrung der Lehre zugeschrieben werden können, bleibt für dieses Schreiben über weite Strecken unklar. „Ihre amtliche Autorität darf nicht unabhängig von der persönlichen gesehen werden, die sie als die Älteren, Angesehenen und im Glauben Erprobten besaßen.“62 Denn einem „πρεσβύτερος wurde in der Tat in der Antike Erfahrungswissen und Urteilsvermögen zugeschrieben, d.h. Sozialkompetenz, und in der Regel repräsentierte ein πρεσβύτερος nicht nur sich selbst, sondern den Familienverband, also ein ‚Haus‘ oder eine andere Gruppierung, der er angehörte … Und genau diese Kompetenz galt es offenbar in die Gemeindeleitung zu intergrieren“63.
Giesen, Dienst 33; vgl. ebd: „Als Hausvater der familia Dei obliegt dem Episkopos der Haushalterdient am Evangelium (1Tim 3,5; Tit 1,9; vgl. 1Kor 4,1).“ 58 Karrer, Ältestenamt 179. Zum Amtsverständnis der Pastoralbriefe vgl. auch von Lips, Glaube; Prast, Presbyter 387–416; Wagener, Ordnung; Zamfir, Men and Women; Theobald, Prebytern. 59 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Karrer, Ältestenamt 179: „Unerwähnt bleibt eine Leitung der Eucharistie, und nach allem Gesagten können wir nicht damit rechnen, daß sie in neutestamentlicher Zeit überhaupt zu einem Proprium des Amtes wurde … In nachneutestamentlichen Zeugnissen gelangt sie an den Episkopus, der bis zur Apostolischen Tradition Hippolyts auch allein den Terminus ‚sacerdos‘ (Priester) an sich zieht.“ 60 Vgl. Meier, Presbyteros; vgl. für die Pastoralbriefe auch Engelmann, Drillinge 237– 283. 61 Von Diakonen, Episkopen oder Witwen spricht der 1Petr nicht. 62 Dassmann, Entstehung 351; vgl. auch Sobosan, Role 133; Koch, Entwicklung 198; Theobald, Presbytern 234; Baslez, L’ancienneté. 63 Koch, Entwicklung 198. In ähnlicher Weise – Repräsentanz von Hausgemeinden durch Presbyter – äußert sich Theobald, Presbytern 222, für Tit 1,5; vgl. ebd. 234: „Kennzeichen der Presbyter sind ihr fortgeschrittenes Alter und ihre Erfahrung … Demgegenüber fällt auf, mit welchem Nachdruck der Autor in seinen Mahnungen sowohl bei ‚Titus‘ (vgl. Tit 2,6f. und 2,15c) als auch bei ‚Timotheus‘ auf ihre Jugend verweist (vgl. 1Tim 4,12; 5,1f.; 2Tim 2,22) und dafür wirbt, die beiden ihretwegen nicht zu verachten.“ 57
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2–3 Das schon in 1Petr 2,25 aufgegriffene traditionelle Bild von der Gemeinschaft der Glaubenden als Herde64 wird nun hinsichtlich der Aufgaben reflektiert, die sich für die Ältesten in der Gegenwart der Gemeinden stellen. „Das Bild vom Hirten ist schon im Alten Orient und in Israel vorgeprägt durch seine Verwendung für Gott und den König.“65 Dabei geht der Autor davon aus, dass es sich um die Herde Gottes (ποίμνιον τοῦ θεοῦ)66 handelt.67 Eigentümer68 der im 1Petr angesprochenen Herde ist und bleibt Gott selbst;69 Gott ist auch als der vorzustellen, der sich die Herde erworben hat.70 Für die Presbyter stellt sich die Aufgabe des „Hütens“ (ποιμαίνω). Damit sind einerseits Leitungsaufgaben angesprochen, andererseits eine umfassende Sorge71 für die anvertraute Herde. „Als Metapher für die Gemeindeleitung wird die Hirtenaufgabe (Eph 4,11) … durch den Weideauftrag in 1.Petr 5,2, Apg 20,28 und Joh 21,15–17 zu einem pastoraltheologischen Leitbild, das auch an die Amtsträger appelliert und sie an ihre Verantwortung für die Gemeinde erinnert.“72 Das Hirten-Bild findet im NT in vielfältiger Weise Anwendung auf Jesus Christus selbst ( Joh 10,11.14.16; 21,15–17; Hebr 13,20; 1Petr 2,25; 5,4).73 Die Anwendung des Bildes steht auf einem atl.-jüd. Hintergrund in einer langen Tradition;74 vor allem ist zu verweisen auf Jes 40,11; Ez 34, bes. V 11; 37,22.24; Jer 2,8; 3,15; 13,17; 23,2.4; Mi 7,14; Sach 10,3; 11,16; Ps 23,1–4; 80,2; 95,7 … CD XIII,9; PsSal 17,40f … Eph 4,11. Johannes Beutler hat sich – vor allem für die Auslegung von Joh 10 – mit diesen Stellen intensiv beschäftigt und zeigt „die ‚Entwicklungslinie‘ vom Im AT vgl. Jes 40,11; Jer 2,8; 13,7; 23,1–4; Ez 34; Sach 10,3; vgl. für die frühjüd. Lit. auch PsSal 17,40; LibAnt 23,12; CD XIII,9 u.a. Im NT vgl. vor allem Lk 12,32; Joh 10,16; 21,15–17; Apg 20,28f; Eph 4,11; vielleicht auch 1Kor 9,7; vgl. außerdem 1Clem 44,3; 54,2; 57,2. 65 Heckel, Hirtenamt 48. 66 Zur Verwendung von ποίμνιον vgl. auch Lk 12,32; Apg 20,28f; vgl. Wolter, Lk 457: „Gott verspricht der kleinen und wehrlosen Gruppe, sie mit herrscherlicher Gewalt auszustatten und an seiner eigenen universalen Herrschaft teilhaben zu lassen“. Zur Verwendung des Begriffs in den Apostolischen Vätern vgl. Bosetti, Pastore 179. 67 Zum Bild der Herde für das Volk Israel vgl. auch die von Heckel, Hirtenamt 53 Anm. 208, zusammengestellten Textbelege; eine entsprechende Sammlung bietet auch Genz, Jesaja 288 Anm. 33. Vgl. bes. Num 27,17; 2Sam 5,2; Ps 77,21; 78,52; 80,2; 95,7; Jes 40,11; Jer 13,17; 31,10; Ez 34,11–16, bes. V 12; Sach 9,16; 10,3; Mi 2,12; 5,3; 7,14; CD 13,9; 1Hen 90,1ff; vgl. für das NT auch Mt 9,36; 10,6; 26,31; Mk 6,34; Lk 12,32; Joh 10; 21,15–17. 68 Zum markanten Einsatz des Genitivs vgl. 1Kor 3,9.16; vgl. hierzu u.a. Müller, Pflanzung 118f. 69 Vgl. auch Lynch, 1Peter 534. 70 Vgl. auch die Rede vom Eigentumsvolk Gottes in 1Petr 2,9. 71 Zur Schwierigkeit, ποιμαίνειν angemessen zu übersetzen bzw. in allen seinen Facetten wiederzugeben, vgl. Aubert, Shepherd-Flock 279f. 72 Heckel, Hirtenamt 50; vgl. auch Aubert, Shepherd-Flock; Hasitschka, Presbyteros 44. 73 Vgl. auch Mt 2,6; 9,36; 26,31. Vgl. zur Thematik auch Kowalski, Hirtenrede 339; George, Metaphor, bes. 219–223. 74 Vgl. bes. Willmes, Hirtenallegorie; Hunziger-Rodewald, Hirt. Vgl. auch Schnackenburg, Episkopos 251; Zumstein, Joh 386. 64
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AT über das pseudepigraphische jüdische Schrifttum und die Qumrantexte bis zum NT“75 auf. In seiner Zusammenfassung stellt er fest: „Es läßt sich … eine ‚Entwicklungslinie‘ vom AT, vor allem von den Büchern Jeremia, Ezechiel und Sacharja, über alttestamentliche Apokryphe und die Damaskusschrift bis ins NT verfolgen, die den untauglichen Hirten der Vergangenheit Gottes Hirtensorge in der Endzeit gegenüberstellt. Sie wird entweder durch Gott selbst oder durch den erwarteten Messias wirksam. Freilich ist diese letztere Erwartung deutlich schwächer bezeugt. Zumindest die Möglichkeit besteht, daß auch der Tod bzw. die Lebenshingabe eines letzten Hirten bereits zu den aus dem Judentum stammenden religionsgeschichtlichen Voraussetzungen der johanneischen Hirtenrede gehört.“76 Ez 34 eröffnet bei einem Vergleich mit Joh 10 besondere Einsichten: „Hier geht der Prophet in Gottes Auftrag ins Gericht mit den ‚Hirten Israels‘, die ihr Amt verraten haben: Sie weiden ‚sich selbst‘ (V. 2.8) und kümmern sich nicht um die Schafe, die deswegen den Hirten entbehren und ‚allen wilden Tieren zum Fraß geworden‘ sind (V. 5). Darum kündigt Gott sein Einschreiten gegen diese Hirten (V. 10) an: ‚So spricht Gott der Herr: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen‘ (V. 11). ‚Ich will sie auf die beste Weide führen‘ (V. 14). ‚Ich selbst will meine Schafe weiden‘ (V. 15). ‚Ich will ihr Hirte sein und für sie sorgen, wie es recht ist‘ (V. 16).“77 Dann wechselt in Ez 34 die Perspektive – ein zukünftiger messianischer Herrscher wird in den Blick genommen: „Ich will ihnen einen einzigen Hirten erwecken, der sie weiden soll, nämlich meinen Knecht David. Der wird sie weiden und soll ihr Hirte sein, und ich, der Herr, will ihr Gott sein“ (VV 23f ). „Ja, ihr sollt meine Herde sein, die Herde meiner Weide, und ich will euer Gott sein, spricht Gott der Herr“ (V 31). „Diese Prophetie beginnt als Gerichtsrede gegen die falschen Hirten, und daraus ergibt sich die Zusage Gottes, daß er selbst der Hirte Israels sein und einen Davididen als alleinigen Hirten einsetzen werde (vgl. 37,24–28 sowie auch Jer 23,1–4.5ff.).“78 Von daher kommentiert Ulrich Wilckens den Text von Joh 10 so: „Der Unterschied in Ez 34 zwischen Gott und dem von ihm eingesetzten König aus Davids Geschlecht fällt in Joh 10 in Jesus zusammen. Er ist zwar der Messias (V. 24f.), aber er ist es als der vom Vater gesandte Sohn, in dem der Vater seine Werke tut (V. 38f ).“79 Sein Hirtendienst zeigt sich vor allem im guten Vorangehen ( Joh 10,4) und in der geglückten Beziehung zu seinen Schafen, denen er auch in schwierigen Zeiten nahe ist und die er auch zu verteidigen weiß.80 „Zu bedauern ist, dass die deutsche Schriftsprache kein Beutler, Hintergrund 23. Beutler, Hintergrund 32f; vgl. auch Culpepper, Peter 586f. 77 Wilckens, Joh 164. 78 Wilckens, Joh 164. 79 Wilckens, Joh 164. 80 Zur Anwendung des Hirtenbildes auf Jesus vgl. auch die von Wagner, Anfänge 116, genannten Stellen. 75 76
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Wort hat, welches dem griechischen ποιμαίνειν völlig entspricht. Sowohl ‚weiden‘ wie ‚leiten‘ drücken bloss einzelne Faktoren des Hirtengeschäftes aus.“81 Es geht um eine ganzheitliche Sorge und zugleich um eine Beziehung. Das Partizip ἐπισκοποῦντες in V 282 kann dadurch in den Text Eingang gefunden haben,83 dass sich in späterer Zeit das ‚Episkopen-Amt‘ zunehmend herausbildet (vgl. auch Apg 20,2884).85 „Ein Hirt muß ‚auf seine Herde schauen‘, daß sie zusammenbleibt und vor äußeren Feinden geschützt ist.“86 Besonders zu beachten bleibt der Plural. Es geht dem Autor des 1Petr um Anweisungen an eine Gruppe bzw. Gemeinschaft. Dabei „wird der Auftrag der ‚Ältesten‘ durch das Verb ἐπισκοπεῖν definiert, wobei es anschließend nicht um seine inhaltliche Konkretisierung, sondern um sein ‚geistliches‘ Profil geht.“87 Worin besteht es? Aufschlussreich und über die Entstehungszeit des 1Petr hinaus wegweisend ist das Anforderungsprofil für die Presbyter. Bei der Beantwortung der Frage, wie ihre Aufgaben gelebt und ausgeführt werden sollen, stößt man auf mindestens sechs Konkretionen, bei denen jeweils zwei einander antithetisch (μή … ἀλλά) gegenübergestellt sind: A1) „nicht unter Zwang“ (μὴ ἀναγκαστῶς)88; A2) „freiwillig gemäß Gott“ (ἑκουσίως κατὰ θεόν). Als erstes wird eine grundlegende Freiwilligkeit89 eingefordert.90 Gott stülpt eine solche Aufgabe nicht über, sondern erwartet ein Ja-Wort. Riggenbach, Poimenik 189. Zur Verwendung des Verbs ἐπισκέπτεσθαι in der LXX für die Arbeit von Hirten vgl. Sach 10,3; 11,16; Jer 23,2. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Schnackenburg, Episkopos 248: „Das … Verbum ἐπισκέπτεσθαι, das die Septuaginta sehr häufig und in mannigfacher Bedeutung verwendet, gebraucht Lukas mehrfach … während der näher verwandte Intensivstamm ἐπισκοπεῖν nur Hebr 12,15; 1Petr 5,2 vorkommt.“ Zu ἐπισκέπτεσθαι bei Lukas vgl. auch Lk 1,68.78; 7,16; Apg 15,14 (jeweils von Gott ausgesagt). 83 Vgl. auch Heckel, Hirtenamt 54, bes. Anm. 211. 84 Vgl. neben den Apg-Kommentaren auch Genz, Jesaja 284–313. 85 Zum Hirtendienst vgl. neben Apg 20,28 bes. auch Eph 4,11; Joh 21,15–21. Ein ähnliches Stadium (wie in 1Petr) in der Entwicklung von Ämtern dürfte in Apg 14,23; 20,28 oder in Jak 5,14 erkennbar sein; vgl. Heckel, Hirtenamt 52 Anm. 203; Aubert, Shepherd-Flock 93–96; Wagner, Anfänge 21.78.111. Wagner, Anfänge 116, konstatiert: „Zu einer festen Bezeichnung der verantwortlichen Gemeindeleiter ist dieses Hirtenbild in der zweiten Generation der Urkirche geworden“. 86 Schnackenburg, Episkopos 248. Vgl. in diesem Zusammenhang für den bildspenden Bereich Sir 7,22: „Hast du Vieh, so schau darauf !“ Zu Apg 20,28 vgl. auch Aubert, Shepherd-Flock; Wagner, Anfänge 117: „Das Verhältnis der Gemeindeleiter bzw. Presbyter/Episkopen zur Gemeinde wird mit dem Bild des ‚Hirten‘ und der ‚Herde‘ beschrieben. Die Funktion der Presbyter/Episkopen ist folglich die Ausübung der Hirtenaufgaben.“ 87 Theobald, Israel-Vergessenheit 367. 88 Roloff, Themen 510, bietet die hilfreiche Übersetzung „nicht ‚aufgenötigt‘“ an. 89 Zu dieser Voraussetzung vgl. in der Jesusüberlieferung auch das Gleichnis Lk 17,7–10; dazu Roloff, Themen 511f. 90 Vgl. zum Wortgebrauch auch 1Makk 2,42. 81 82
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Die anthropologische Vorstellung, die hier im Hintergrund steht, ist die des Menschen, der sich als Wort-Antwort-Wesen versteht. Aufschlussreich ist das Adverb ἀναγκαστῶς (auch in seiner sprachlichen Nähe zu „Enge“ bzw. „Angst“). Eine überängstliche Amtsführung ist zumindest nach dem 1Petr nicht vorgesehen oder angeraten. Wie auch immer das κατὰ θεόν textkritisch einzustufen ist, jetzt verweist es auf „ein Verhalten, das dem Rechnung trägt, daß das Amt im Auftrag Gottes auszuüben ist und Gott gegenüber zu verantworten ist. Gefordert ist die rückhaltlose und uneingeschränkte Hingabe an Gottes Willen und Auftrag.“91 B1) „nicht in Profitgier“ (μηδὲ αἰσχροκερδῶς); B2) „bereitwillig“ (προθύμως). Eine große Versuchung in Leitungspositionen besteht immer wieder darin, vor allem „sich selbst zu bedienen“.92 Gewinnsucht/Profitgier, Geld- und Besitzgier93 sind nach dem Anspruch des 1Petr von vornherein auszuschließen.94 Demgegenüber sind von Presbytern Einsatzbereitschaft und Eifer gefordert. Eine Bedeutung erschließende Vergleichsmöglichkeit liefert 1Thess 2,5–6. Nicht nur in 1Thess 2,3, sondern auch in den nachfolgenden VV 5–6 zeigt sich Paulus um eine negative Abgrenzung seiner Wortverkündigung gegenüber anderen, negativ qualifizierten, Zugriffen bemüht. Die Verkündigung des Evangeliums ist abzugrenzen von der Schmeichelrede, dem λόγος κολακείας. Andererseits sieht sich Paulus auch frei von versteckter Habgier. Es gibt für ihn keine πρόφασις („Grund, Anlass; Vorwand, Schein“) der Gewinnsucht/Habgier. Hier dürfte ein Seitenhieb des Apostels gegenüber den vielfältigen Wanderpredigern seiner Zeit auszumachen sein, die sich ihre mehr oder weniger gescheiten Reden und Lebensbewältigungsvorträge bezahlen ließen. „Daß ‚Habsucht‘ ein Laster ist, darin ist sich die griechische Ethik mit der jüdischen einig. Dio Chrysostomus hält eine eigene Rede ‚Über die Habsucht‘ (Or 17), in der er sie als ‚Ursache der größten Übel‘ (τῶν μεγίστων κακῶν αἴτιον) bezeichnet (§ 6). Im hellenistischen Judentum gilt die Habsucht neben Götzendienst und Unzucht als das heidnische Laster schlechthin. Für Paulus gehört sie zu den Lastern des Menschen, der Gott nicht kennt (Röm 1,29)“95. Roloff, Themen 510. Vgl. auch die Verwendung des Adjektivs αἰσχροκερδής in 1Tim 3,8 (Diakone) und Tit 1,7 (Episkopen). Vgl. in diesem Kontext auch ἀφιλάργυρος in Tit 3,3; zu dieser Eigenschaft (im Anforderungsprofil) vgl. außerdem Did 15,1; Polykarpbrief 4,1; 5,2; 6,1. 93 Als Belge in der klassischen Lit. benennt Vahrenhorst 190: Soph., Ant. 1043; Xen., Kyr. 8,8,16; Theopr., char. 3. 94 Vgl. auch Roloff, Themen 513. In diesem Zusammenhang ist auch auf Philo sacr. 32, aufmerksam zu machen, wo vielfältige Gefährdungen zum Thema werden. 95 Holtz, 1Thess 76. Vgl. zu dieser Abhandlung Dions Περὶ πλεονεξίας vor allem Be cker, Lukas 153f, zur πλεονεξία ebd. 152–154. Vgl. für das NT auch 1Tim 6,10: „Denn die Wurzel aller Übel ist die Habsucht“; Mk 7,22; Kol 3,5: Hebr 13,5: „Euer Lebenswandel sei frei von Habgier“; schon Sir 14,9 warnt: „Das Auge des Habgierigen hat nicht genug mit nur einem Teil“. Zum 1Thess vgl. bes. Holtz, 1Thess 76: „Der Vorwurf, 91 92
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Die φιλαργυρία96 - das macht auch der Autor des 1Petr gezielt bewusst – (1Tim 6,1097; vgl. auch 1Tim 3,3.8)98 ist und bleibt „eine der großen Versuchungen“99. C1) „nicht wie Beherrscher (κατακυριεύοντες) der Anteile“; C2) „als (solche, die) zu Vorbildern (τύποι) der Herde geworden sind“. Da es in der Kirche nur einen Kyrios gibt, der auch als solcher angerufen wird, kann getrost auf ein „Herrschen über“ (κατακυριεύω)100 und damit verbundene ‚Herren-Rollen‘101 verzichtet werden.102 Etwas gewöhnungsbedürftig ist in diesem Zusammenhang vielleicht der Ausdruck κλῆρος („Los; (das) Verloste; Anteil“)103, der noch einmal all die Zusagen und Hoffnungsgüter in den Blick nimmt, auf die Christen bauen dürfen. Was allerdings hervorgehoben werden sollte, ist die Beobachtung, dass im 1Petr die ‚Kleriker‘ diejenigen sind,104 die den Hirten anvertraut worden
die Philosophie nur um des Geldes willen verschachern zu wollen, ist immer wieder in der Antike gegen die Wanderprediger erhoben worden. … Der 2Kor zeigt, wie massiv Paulus sich gegen den Verdacht wehren kann, sich an seiner Gemeinde bereichern zu wollen (12,16–18; vgl. 2,17; 7,2)“. 96 Vgl. auch Dion Chrys., or. 17,6; Diog. Laert., Leben 6,50: „Die Habsucht nennt er die Mutterstadt alles Übels“; Sen., epist. 106,6. 97 Vgl. Malherbe, Godliness I, 397–399. 98 Vgl. hierzu u.a. Paschke, cura, bes. 110.112, mit Verweisen auf Onasander 1,1; Soranus 1,4; Valerius Maximus 2,9 und Dionysius Halicarnassos, ant. 20,13,3. Nach Aristoteles, Rhetorik II, 13 ist die Geldgier in besonderer Weise ein Laster älterer Männer. Tabula Cebetis 19,5 nimmt warnend alle Generationen in den Blick; vgl. auch Tabula Cebetis 23,2; 24,2; 34,2. 99 Wagner, Anfänge 169, mit Verweis auf entsprechende Bearbeitungen (ebd. 171) bei Philostrat, Dio Chrysostomus, Epiktet und Lukian. 100 Vgl. dazu Roloff, Themen 520: „Das relativ seltene Vb. κατακυριεύειν, das die Ausübung von Herrschaft im Sinn knechtender, erniedrigender Gewalt umschreibt, weist eindeutig auf einen Traditionszusammenhang mit der markinischen Fassung des Jesuswortes (Mk 10,42 par Mt 20,25) zurück“; ähnlich Feldmeier 157 Anm. 590: „das Stichwort κατακυριεύειν findet sich außer in Mk 10,42 par. Mt 20,25 nur noch in Apg 19,16 und 1Petr 5,3“; ders., Basis 259. Vgl. auch zur Veranschaulichung Lk 12,45. Zur Auslegung von κατακυριεύειν in Mk 10,42 vgl. bes. Smit, Notes 28: „Following Markan vocabulary, the contrast is between self-positioning as ‚κύριος‘ or as someone endowed with ‚ἐξουσία‘ … and as someone who is a διάκονος or δοῦλος of the community … not the course of someone’s authority or the like is at stake, but the way in which this authority is conceptualised and exercised with regard to the community“. In der LXX kann das Verb (ohne dunkle Färbung) auch für den Kulturauftrag des Menschen gebraucht werden, wie Gen 1,28 zeigt. 101 Vgl. auch Brox 232. Von daher ist ein deutliches Fragezeichen zu setzen, wenn Söding (Peripherie 245) mit Blick auf den 1Petr für das Urchristentum formuliert: „Die Versuchung der Macht ist ihm erspart geblieben“. 102 Zu den zahlreichen Varianten von „Herren-Verhalten“ vgl. auch 2Kor 11,20; bereits Paulus wusste sehr genau um diesen Problembereich, wie 2Kor 1,24 (οὐχ ὅτι κυριεύομεν ὑμῶν τῆς πίστεως) oder 4,5 zeigen. 103 Vgl. auch Mt 27,35; Mk 15,24; Lk 23,34; Joh 19,24; Apg 1,17.26; 26,18. 104 Vgl. Hilgenfeld, Petrus-Brief 485: „Da wird man an die alte Gottesgemeinde zu denken haben, welcher διὰ κλήρων das gelobte Land zugetheilt ward“ (mit Verweisen auf Num 26,55; Jos 14,2 und Jos 19,51).
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sind.105 Vernehmbar wird eine deutliche Warnung vor Missbrauch106 der Amtsgewalt.107 Die Hirten sollen der Herde insgesamt gegenüber als τύποι erkennbar bleiben, so dass an ihnen ablesbar108 wird, worum es in einem geglückten Christenleben geht.109 Authentizität ist dort gegeben, wo die Gemeinde in den Presbytern „Boten und Repräsentanten dessen erkennen kann, der sich um der Liebe willen zum Diener aller gemacht hat“110; „zur Autorität, die aus der Stellung fließt, muß dazukommen das Gewicht persönlicher Lebensführung“111. Gefordert wird von den Presbytern deshalb eine grundlegende Wachsamkeit112, die zunächst auf die eigene Lebensführung konzentriert ist. „In rechter Weise wachsam sind eben jene Knechte, die die ihnen vom Herrn übertragene Aufgabe der Fürsorge für die Gemeinde treu und beständig wahrnehmen und der Versuchung des eigenmächtigen Herrschens widerstehen.“113 Auch in diesem Zusammenhang wird ein eschatologischer Ausblick ge- 4 geben: „Und wenn der Oberhirte erscheint, werdet ihr erhalten den unverwelklichen Kranz der Herrlichkeit.“ Auch die Rolle des „Oberhirten“ (ἀρχιποίμην)114 ist im 1Petr eindeutig115 besetzt: Jesus Christus116 (vgl. auch 1Petr 2,25)117, der als der Wiederkommende118 in den Blick genommen wird. Dem Ausdruck kommt – so Ulrich Wilckens – eine „Doppelbedeutung“ zu, insofern „er der Hirte des heilsentscheidenden ‚Anfangs‘
105 Schlier, Adhortatio 72, erkennt in κλῆροι „die ihnen zugeteilten Gemeindebezirke oder Gemeinden“; ähnlich Brox 232: „zugewiesene Sprengel, die Teil- oder Gebietskirche“; Feldmeier 157. 106 Zur Gefahr und Markierung von Macht-Missbrauch in ntl Texten vgl. bes. Mt 10,42–45; 2Kor 11,20. 107 Vgl. Nauck, Probleme 211. 108 Zum Vorbild-Motiv vgl. Phil 3,17; 2Thess 3,9; 1Tim 4,12; Tit 2,7; Apg 20,35 sowie – gewissermaßen grundlegend – 1Kor 11,1: μιμηταί μου γίνεσθε καθὼς κἀγὼ Χριστοῦ. 109 Vgl. Michl, Presbyter 57. 110 Roloff, Themen 526. 111 Michl, Presbyter 57. 112 Vgl. auch Apg 20,31f: „Seid also wachsam und denkt daran, dass ich drei Jahre lang Tag und Nacht nicht aufgehört habe, unter Tränen jeden Einzelnen zu ermahnen …“. 113 Roloff, Themen 524. 114 Vgl. TestJud 8,1 (vgl. dazu Opferkuch, Mensch [leider ist ein Teil der FN verschwunden]). Achtemeier (329 Anm. 114) verweist für das seltene Wort auf einen Beleg in Ägypten; vgl. auch ders., Christology 150 Anm. 8. 115 Vgl. auch die Betonung des einen Hirten in Joh 10,16. 116 Vgl. auch Hebr 13,20: „der große/erhabene Hirt der Schafe“ (mit Jes 63,11 LXX), in dessen Dienst die Vorsteher stehen und dem sie Rechenschaft geben müssen (Hebr 13,17). 117 Vgl. zu diesem Rückbezug Nauck, Probleme 203. 118 Vgl. auch Kol 3,4; 1Joh 2,28; 3,2.
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ist, und daß er bleibend die ‚Herrschaft‘ in der Hand behält, so daß die kirchlichen Hirten sich dereinst vor ihm werden verantworten müssen“119. Kränze,120 welcher Art auch immer,121 werden erst in der Zukunft zuteil bzw. zugeteilt,122 dann freilich als „unverwelkliche“ (ἀμαράντινος; vgl. die Verwendung von ἀμάραντος in 1Petr 1,4). Durch den Bezug auf Christus wird die Aufgabe und Rolle der Presbyter „in einer ausgesprochen herrschaftskritischen Weise zu-, nach- und untergeordnet“123. Christus selbst tritt als „‚Archetypus‘ allen Hirtenamtes als eines alternativen ‚dienenden‘ Umgangs mit der anvertrauten Macht über andere“124 vor Augen. Die hoffnungsvolle Perspektive im Blick auf die Vollendung lautet: „Krone/Kranz der Herrlichkeit“125. Zur Verleihung von Kränzen126 legt sich ein Seitenblick auf 1Kor 9,24–25127 nahe. Der Sport spielte mit seinen Kranzverleihungen im antiken Griechenland, aber auch weit darüber hinaus, eine große Rolle.128 Man könnte von einem Spiegel des agonis tischen Lebensideals sprechen. „Das agonale Element … war in der griechischen Antike in sämtlichen Lebensbereichen … vertreten. Nicht nur in der Arbeit, sondern auch in der Muße galt es, das Beste zu leisten, sei es sich beim Symposion hervorzutun oder sich in musischen oder sportlichen Agonen miteinander zu messen. Der Ursprung der förmlichen Wettkämpfe ist umstritten, auf jeden Fall fanden sie immer anläßlich von Festen statt. Einen Gastfreund konnte man damit ebenso ehren (die Phäaken den Odysseus) wie einen vornehmen Verstorbenen (Leichenspiele, die Achill für seinen Freund Patroklos veranstaltete) oder die Götter. Die An Wilckens, Joh 328. Zum Kranz-Motiv vgl. für das NT auch 1Kor 9,25; 2Tim 4,8; Jak 1,12; Offb 2,10; 3,11; 6,2. Vgl. auch 1Makk 10,20; 4Makk 17,15; JosAs 5,5; 14,5; 18,6; 21,5 (goldene Hochzeitskränze); bShab 104a („windet dir einen Kranz für die zukünftige Welt“). 121 Vielfältige öffentliche Kontexte sind in der Antike von Kranz-Tragen oder KranzVerleihen geprägt, vor allem in den Bereichen Kult, Triumph, Militär, Herrscherrepräsentation, öffentliche Ehrung oder Sport. Vgl. hierzu u.a. Rumscheid, Kranz; Bergmann, Kranz. Zur Omnipräsenz des Zeichens merkt Bergmann, Kranz 7, für den Kult an: „Kränze waren im römischen Kult nahezu allgegenwärtig. Sie wurden von den am Opfer Beteiligten getragen, dienten zum Schmuck der Tempel, Kultbilder, Altäre und Opfertiere, als Opfergabe und als Weihegeschenk.“ Zu Kränzen als Siegespreisen vgl. auch Plut., mor. 723A – 724F. 122 Zur Krone bzw. zum Kranz der Herrlichkeit vgl. auch Weish 5,16; TestBenj 4,1; 1QS 4,7; 9,25; (AscIs 7,22; 8,26; 2Tim 4,8; Jak 1,12; Offb 2,10; 3,11; 4,4 u.a.); vgl. auch die vielfältigen Belege, die von Klein, Bewährung 293 Anm. 412 zusammengestellt wurden. Zur eschatologischen Perspektive der Herrlichkeits-Gestalt im Frühjudentum vgl. Volz, Eschatologie 397f; Wolff, Erbe. 123 Heckel, Hirtenamt 55. 124 Vahrenhorst 191. 125 Zur „Herrlichkeit“ vgl. die Auslegung zu 1Petr 4,13. 126 Vgl. auch die Text-Belege für „Kränze“ im Neuen Wettstein I 1.1, 722–725. 127 „Wisst ihr nicht, dass die, die im Stadion laufen, alle zwar laufen, einer aber den Kampfpreis (entgegen)nimmt? So lauft, damit ihr (ihn) entgegennehmt! Jeder, der im Wettkampf streitet, in aller Hinsicht enthält er sich, jene also, damit sie einen vergänglichen Kranz empfangen, wir aber einen unvergänglichen“. 128 Vgl. aus der reichhaltigen Lit. bes. Potter, Crown. 119 120
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tike selbst versuchte die Ursprünge der vier wichtigsten panhellenischen Spiele in Olympia, Delphi, Korinth und Nemea auf Leichenspiele für Heroen der Vorzeit zurückzuführen. Alle vier Orte beherbergten gleichzeitig Kulte für wichtige Götter.“129 Das Stadion als Wettkampfstätte ist also für die Korinther „ein bekannter und beliebter Ort, zum anderen ist der Wettkampf zumindest den Gebildeten unter ihnen als moralphilosophischer Topos geläufig. So paßt sich Paulus mit dem Gebrauch der Wettkampfmetaphorik speziell dem griechischen Lebensgefühl an und tut damit sprachlich genau das, was er in V. 19–22 beschrieben hat: Er wird den Griechen ein Grieche.“130 Für den Sport lässt sich das Ritual der Siegerehrung so beschreiben: „dem Sieger wurde ein Kranz aufgesetzt, der jeweils aus Zweigen geflochten war, die man in voraufgegangenen Zermonien jeweils von Heiligen Bäumen abgeschnitten hatte. In den großen Heiligtümern gehörten die Heiligen Bäume folgenden Arten an: Olympia: Ölbaum; Delphi: Lorbeer; Isthmia: Fichte; Nemea: Eppich.“131 Nach 1Kor 9,25 wird deutlich, dass im Unterschied zu antiken Siegerehrungen im Sport auch einer ganzen Gruppe ein „unvergänglicher Kranz“ zugesagt werden kann, wenn sich deren Glieder einem entsprechenden Wettkampf unterziehen. In diesem Zusammenhang kann freilich auch 4Makk 17,15 erhellend wirken: Beim Martyrium der sieben Brüder „bleibt Siegerin die Gottesfurcht, die ihre Athleten bekränzt.“132 Otto Schwankl bemerkt AK München, Kunst 130. Schon Herodot (8,26,1–3) spricht von den Kränzen aus Olivenzweigen, die in Olympia verliehen werden. Vielfältige literarische Belege, vor allem für den Bereich der sportlichen Wettkämpfe, in denen die Kränze Erwähnung und Kommentierungen finden, sind in der Sammlung „Quellen zum antiken Sport“, die von Mauritsch/Petermandl/Pleket/Weiler hg. wurde, zusammengetragen; Q171 bietet SEG 56 (2006) Nr.1359 (Geldpreise und Kränze); Q196 einen Abschnitt aus Dion Chrys., or. 31 (110–112) zur Bedeutung des olympischen Siegeskranzes (aus einem Olivenzweig); Q197 Aulus Gellius, Attische Nächte 3,15,3, wo davon erzählt wird, dass ein Vater aus Freude über die Siege seiner drei Söhne in den schwerathletischen Bewerben in Olympia verstirbt. Zu einer kritischen Sicht von Kränzen vom Ölbaum, der Fichte oder aus Eppich (neben Äpfeln oder Öl) als Wettkampfpreisen vgl. Lukian, Anacharsis 9–13. Darin versucht Solon seinem Gesprächspartner die Bedeutung zu erschließen (10): „Aber, mein Bester, wir sehen beileibe nicht auf den äußeren Wert der Preise. Sie sind nur Kennzeichen (σημεῖα τῆς νίκης) und Merkmale des Sieges; der Ruhm (δόξα) aber, der sie begleitet, ist den Siegern so köstlich, dass es sich für sie lohnt, selbst Fußtritte in Kauf zu nehmen, da man ihn nur durch große Anstrengungen gewinnen kann“. 130 Schwankl, Lauft 184. 131 Sinn, Sport 52. Vgl. auch Papathomas, Motiv 230f: „Schon in der klassischen und hellenistischen Zeit stand der Terminus στέφανος symbolisch für den Sieg im Sport. Für die Verwendung des Begriffs in diesem Zusammenhang gibt es auch in der Kaiserzeit zahlreiche literarische und dokumentarische Zeugnisse“. Ein bes. anschauliches Bsp. (marmorne Siegerstele) aus dem Poseidonheiligtum von Isthmia mit acht, die Siegespreise andeutenden Kränzen, die Erfolge in Griechenland, Italien und Kleinasien dokumentieren, ist bei Scharff, Erste 23, abgebildet. 132 Das 4Makk ist Ende des 1. Jh. n. Chr. in der hellenistischen Diaspora entstanden. Der zitierte Vers ist eingebettet in einen Abschnitt, in dem die Sportmetaphorik eine besondere Rolle spielt (17,11–16): „Fürwahr, das ist ein göttlicher Wettkampf gewesen … Preisrichterin war … die Tugend, als Wertungsmaßstab benützte sie die 129
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zu1Kor 9,25: „Das leitende Interesse des Verfassers zeigt sich darin, daß die Passage auf die siegreiche ‚Gottesfurcht‘ zuläuft, die in der alttestamentlich-jüdischen Weisheitsliteratur als Anfang und Krone (στέφανος) aller Tugenden gilt, und auf den Kampf ‚für die göttliche Rechtssatzung‘, also für die Tora.“133 Auch wenn Paulus in 1Kor 9,25 im Blick auf den Kranz, den es für Christen zu erringen gilt, auf dessen Unvergänglichkeit abhebt und für den Kranz im sportlichen Wettkampf φθαρτός verwendet, spielt dabei – zumindest in den Ohren der Korinther – doch der noble Ruhm eine Rolle, der einem erfolgreichen Athleten in der Antike zuteilwurde und der sich in der Heimat(stadt) auch finanziell auszahlte.134 Der metaphernspendende Bereich, der von Paulus in 1Kor genutzt wird, kann durchaus auch für 1Petr 5,4 herangezogen werden. Allerdings hat Christian Wolff darüber hinaus für 1Petr 5 auf Kranzverleihungen für verdiente Bürger135 aufmerksam gemacht, was im Kontext der Anrede an die Presbyter als Hintergrund vielleicht noch stärker heranzuziehen ist als die Kranzverleihung an Sportler, Dichter etc.136. Die Unvergänglichkeit bzw. der bleibende Ruhm des in 1Petr 5,4 in den Blick genommenen Kranzes wird vom Autor des 1Petr vor allem durch den Einsatz des Adjektivs ἀμαράντινος137 unterstrichen. Der entscheidende, anzustrebende στέφανος ist also mit der künftigen δόξα verbunden, an der die Angesprochenen Anteil haben dürfen. In der Zwischenzeit ist ein entsprechender Einsatz (vgl. 1Kor 9,25) gefordert.
Ausdauer. Siegespreis war die Unvergänglichkeit in lange währendem Leben. Als Vorkämpfer trat Eleazar in die Arena, die Mutter griff in das Kampfgeschehen ein, die Brüder beteiligten sich am Wettstreit. Die Rolle des Gegenspielers übernahm der Tyrann. Welt und Menschheit schauten zu. Die Gottesfurcht trug den Sieg davon und setzte ihren eigenen Athleten den Siegeskranz auf. Wer wollte den Kämpfern für die göttliche Rechtssatzung seine Bewunderung versagen?“. 133 Schwankl, Lauft 179. 134 Vgl. Papathomas, Motiv 226–228. So kann Papathomas (228) resümieren: „Neben den materiellen Belohnungen für konkrete agonistische Erfolge genossen die Athleten auch großes Ansehen in der Gesellschaft ihrer Heimatstadt“ (Ehrenplätze; kostenlose Speisungen etc.). 135 Vgl. Wolff, Erbe 348.351f. Zu öffentlichen „Belobigungen“ vgl. Strobel, Verständnis. Zu Kranzverleihungen (evtl. auch als ‚goldene Kränze‘) vgl. auch die literarischen und inschriftlichen Belege in Kotsidu, ΤΙΜΗ 582–585; Harland, Greco-Roman Associations. 136 Zu Kranzverleihungen nach „schwierigsten Kämpfen“ vgl. auch Tabula Cebetis 12,1 (hier verleiht die εὐδαιμονία die Kränze); vgl. auch Tabula Cebetis 23,3.4; 24,1; 27,1.2. Vgl. auch Hirsch-Luipold, Anmerkungen 134f Anm. 100: „Das Bild des Kampfes für das Leben bzw. der Erlangung eines Siegerkranzes ist ein Topos in der stoisch-kynischen Moralphilosophie (vgl. z.B. Sen. Ep. 78,16; Epict. Diss. II 17,29; III 24,52f.)"; Hirsch-Luipold verweist (ebd.) auch auf Philo LA II 108 und Plut., mor. 943D. 137 Vgl. ἀμάραντος in 1Petr 1,4. Vgl. auch Polykarp-Martyrium 17,1: τὸν τῆς ἀφθαρσίας στέφανον.
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Durch ein ὁμοίως (vgl. 3,1.7) werden die Anweisungen für die Jüngeren 5 (νεώτεροι)138 denen für die Älteren zugeordnet.139 Erneut (vgl. die Anweisungen für die Haussklaven, Frauen, Christen allg. [bzgl. staatlicher Einrichtungen]) begegnet uns die Aufforderung zur Unterordnung.140 Wer sind die „Jüngeren“?141 Da νέος142 in diesem Kontext nicht nur „jung“143, sondern auch „neu“ heißen kann, können hier auch solche angesprochen sein, die erst kürzlich zur christl. Gemeinde gestoßen sind, also Neubekehrte.144 Es gibt allerdings auch Ausleger, die – mit Verweis auf die kleineren Joh-Briefe – νεώτεροι auf „die Gemeindeglieder als solche“145 beziehen wollen. In allen Fällen geht es um die Anerkennung von Leitungsaufgaben und Hirtensorge der Älteren146.
Vgl. für das NT: Lk 22,26; Apg 5,6; 1Tim 5,1f; Tit 2,1–6, bes. V 6; Polykarpbrief 5,3. Vgl. auch Gielen, Polykarpbrief 434: „Die Mahnung an die jungen Männer, die in Pol 5,3 der Mahnung an die Presbyter (6,1f ) vorgeschaltet ist und von dieser noch durch die Mahnung an die Jungfrauen (ebenfalls 5,3) getrennt wird, folgt in 1Petr also unmittelbar auf die Mahnung an die Presbyter.“ Zur Anrede der jungen Männer vgl. auch 1Joh 2,13. 139 Zur Zuordnung des Rates der Älteren gegenüber den Jüngeren vgl. auch 1Kön 12. Zum angestrebten Miteinander von Jüngeren und Älteren bzw. Alten vgl. auch Jes 3,3; Ps 148,12; 1Clem 1,3; 3,3; IgnMagn u.a. Vgl. für die profane Lit. bes. Plutarch (mor. 790E u.a.); dazu Xenophontos, Education 140: „Since Plutarch argues that political knowledge should not be acquired from books but through practical experience, the main reason why the old politician should not abstain from public affairs is on account of the young statesman’s need for education and training“. 140 Zur Verwendung von ὑποτάσσω im 1Petr vgl. auch 2,13; 2,18; 3,1; 3,5. Für Brox (234f ) ist „die gleiche Tendenz“ in 1Clem „deutlicher formuliert“; vgl. etwa 1Clem 38,1: „Jeder soll sich seinem Nächsten unterordnen“. 141 Vgl. zu dieser Frage auch Spicq, place, bes. 519–521; Michl, Presbyter 50–52; Lynch, 1Peter 531f. 142 In antiken Texten sind mit νέοι häufiger junge Menschen im Blick; vgl. z.B. Maximos von Tyros, Dialexeis 1,7; 1,8. Dazu Hirsch-Luipold/Trapp, Einführung: „Νέος (neos) bezeichnet als terminus technicus in der politischen Sphäre einen jungen Mann aus der Gruppe derjenigen, die die Ephebenzeit abgeschlossen haben, der also am Ende des zweiten oder am Beginn des dritten Lebensjahrzehnts steht.“ Zur antiken Verwendung des Begriffs νέοι für spezifische Gruppen im Gymnasium vgl. Baslez, L’ancienneté. 143 Nach Ysebaert, Amtsterminologie 115, wird bei der Gegenüberstellung „mit Absicht auf die eigentliche Bedeutung angespielt“. Campbell, Elders 206, hat eine Reihe von Vorschlägen zum Verständnis vorgetragen; er kommt zu dem Schluss: „Efforts have been made to show that νεώτεροι refers either to deacons, or the newly baptized, but it seems best to see the word as referring simply to those who were not elders, that is to say all the other church members. The κλήροι [sic] are best interpreted by reference to the flock of God.“ 144 So vor allem Elliott 840; vgl. auch seine Diskussion ebd. 836–840; außerdem Lynch, 1Peter 532. 145 Z.B. Hilgenfeld, Petrus-Brief 485. 146 Zur Achtung der Älteren im Judentum vgl. u.a. Jos. bell. II 146; 1QS 6,8; Philo prob. § 87. 138
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Von allen147 aber wird die Haltung der ταπεινοφροσύνη148 („Bescheidenheit; Demut; Selbstbescheidung“149; vgl. 1Petr 3,8: ταπεινόφρονες)150 eingefordert: „Alle aber legt füreinander um/an (ἐγκομβόομαι; „umbinden, anlegen, sich bekleiden mit“)151 die Demut!“152 Die Begründung erfolgt anhand eines Zitats153 aus dem Buch der Sprüche (3,34):154 „Denn Gott stellt sich dem Hochmütigen entgegen, den Niedrigen aber gibt er Gnade.“155 „Das Verbum kommt von ἐγκόμβωμα der Arbeitsschurz, von welchem wir im Onomasticon des Julius Pollux, des bekannten griechischen Grammatikers aus dem 2. Jahrhundert, Buch IV, Cap. 18, lesen … die Sklaven tragen über ihrem Unterkleid noch ein weisses Kleidungsstück, welches ἐγκόμβωμα heisst. Es ist das lateinische lintium, welches Jesus bei der Fußwaschung ( Joh. 13) trug.“156 In Joh 13 wird allerdings λέντιον ver Vgl. Feldmeier, Macht 116f: „Diese Reziprozität der Demut ist wichtig, damit sie nicht als Verlängerung der Anweisungen zur Unterordnung und damit als religiöse Zementierung gesellschaftlicher Hierarchien missverstanden wird, deren möglichen Unrechtcharakter der 1.Petrusbrief durchaus wahrnimmt (vgl. 1Petr 2,18–20)“.Zur Reziprozität vgl. auch Zemmrich, Demut 448. 148 Vgl. Dihle, Demut; Wengst, Demut; Zemmrich, Demut; Feldmeier, Macht; ders., Basis, bes. 252.258; Becker, Begriff, für den 1Petr bes. 196–200; Standhartinger, Phil 143–145. 149 Vgl. auch Phil 2,3 (mit ταπεινόω in Phil 2,8); Kol 3,12; Eph 4,2. Zu Phil 2 kommentiert Becker, Ethik 226: „das Christus-exemplum expliziert ταπεινοφροσύνη … Phil 2,6–11 fungiert als narrativ gestaltetes exemplum, das die materia der ταπεινοφροσύνη expliziert“; vgl. ebd. 233 (mit J. Roloff ): „Die ταπεινοφροσύνη also ist das nachzuahmende ‚Christusprinzip‘“. 150 Neben dem Substantiv in V 5 findet auch das entsprechende Adjektiv Verwendung, in V 6 auch das entsprechende Verb. Vgl. auch Mt 11,29; Lk 14,11; 18,14 u.a. 151 Vgl. Wagner/Vouga 160: „das seltene Verb ἐγκομβοῦσθαι ist vom Substantiv κόμβος abgeleitet, das den ‚Knoten‘ oder ‚etwas, das mit einem Knoten gebunden ist‘, meint“; vgl. auch Steetskamp, Autorschaft 181–187. 152 Zu beachten ist die wiederholte (Be-)Kleidungsmetaphorik im 1Petr 1,13; 2,1; 4,1; 5,5. 153 Vgl. u.a. Müller, Schrift 209. 154 Die Demut gilt in vielen weisheitlichen Texten als die Tugend; vgl. Spr 3,7; 11,2; 13,10; 15,33; 16,18f; 18,12; 22,4 u.a. 155 In Jak 4,6 kommt es ebenfalls zur Zitation von Spr 3,34; vgl. dazu Schmidt, Gnade 309: „Angesichts dieser Parallelen bleibt zu fragen, welche Traditionen um die Jahrhundertwende plötzlich derart virulent wurden, dass das disparate Material in den beiden Briefen an ganz unterschiedlichen Stellen in hoher formaler Übereinstimmung verarbeitet wurde.“ Vgl. in diesem Zusammenhang auch Jdt 9,9, den Aristeasbrief (263), die Spiritualität des Magnifikat in Lk 1,51 (διεσκόρπισεν ὑπερηφάνους διανοίᾳ καρδίας αὐτῶν) und 1,52 (καὶ ὕψωσεν ταπεινούς), Mt 23,12; Lk 14,11; 18,14: „… Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden“ oder 1Clem 30,2: „‚Gott nämlich‘, so heißt es, ‚widersteht den Hochmütigen, Demütigen aber gibt er Gnade.‘“; vgl. auch 1Clem 59,3; IgnEph 5,3. Zum Gebrauch von ὑπερήφανος im NT vgl. auch Röm 1,30; 2Tim 3,2 (ὑπερηφανία in Mk 7,22), zum Magnifikat, bes. Lk 1,51f, vgl. auch Becker, Lukas 231f.554. 156 Riggenbach, Poimenik 194. Vgl. auch Goppelt 332f. Einen antiken lit. Beleg bietet, Sueton, Caligula 26,2: „nur mit einem Lendenschurz bekleidet“ (dort nicht nur auf die Aufgabe der Fußwaschung bezogen); die Stelle wird auch bei Scholtissek, Beispiel 170f, als „Ausdruck einer Standesordnung“ angeführt. 147
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wendet, ein aus dem Lateinischen übernommenes Lehnwort157, der 1Petr verwendet das Hapaxlegomenon ἐγκομβόομαι.158 „Der bildhafte Ausdruck ‚bindet euch die Demut um‘ erinnert“ also „an einen Sklavenschurz und unterstreicht, dass die gelebte Alternative zur ‚natürlichen‘ Selbstdurchsetzung der Anstrengung, der ‚Arbeit‘ bedarf.“159 Die ταπεινοφροσύνη160 gilt es, „hautnahe“161 anzulegen – sie wird den Christen zur zweiten Haut, „denn sie ist, wie in V. 6 weiter gesagt wird, die Grundeinstellung gegenüber Gott“162. Das Thema ‚Niedrigkeit‘163 bzw. ‚Demut‘164 wird noch einmal aufgegriffen, 6 wobei nicht ganz klar ist, ob nur die Jüngeren im Blick sind oder nicht vielmehr alle angesprochen werden sollen. Der Übergang in V 5 spricht eher für das zweite – von daher dürften alle denkbaren Adressaten des 1Petr im Blick sein. Ähnlich wie es in V 4 für „Kränze“ und „Ehre“ beobachtet werden kann, so wird auch an dieser Stelle die alles entscheidende ‚Erhöhung‘ in Aussicht gestellt. Im Unterschied zur gegenwärtig verlaufenden Zeit kommt hier der Kairos165 in den Blick, der ganz und gar vom Handeln Gottes dominiert sein wird und damit entscheidende ‚Umkehrungen‘166 mit sich bringt (vgl. auch Mt 23,12; Lk 14,11; Jak 4,10167). Mathew, Footwashing 175.360. Vgl. Becker, Begriff 197. 159 Feldmeier, Basis 259. Vgl. auch die Ausführungen von Steetskamp, Unterordnungen 31. 160 In diesem Kontext gilt es zu bedenken, dass Wörter der Stämme ταπειν- bzw. humil- in der Antike „überwiegend negativ konnotiert waren“; so Becker, Begriff 4; vgl. auch ebd. 35f.87f. Vgl. entsprechende Textbeispiele bei Epiktet (Diss. 2,6,25–27; 3,22,103–105); Plutarch (mor. 336E; 475E) o.a. In der LXX kann allerdings eine positive Konnotation beobachtet werden; vgl. Becker, Begriff 78. Das bedeutet, dass diese Begrifflichkeit im frühen Christentum eine markante Neuakzentuierung erfahren hat. 161 Delling, Bezug 111. 162 Goppelt 333. 163 Vgl. auch Apg 20,19: „und wie ich dem Herrn in aller Demut diente unter Tränen und Prüfungen …“. 164 Vgl. dazu Feldmeier 160f; ders., Macht; ders., Basis; vgl. auch Dihle, Demut; Wengst, Demut; Zemmrich, Demut; Becker, Begriff. 165 Vgl. Metzner, Jak 236: „Eschatologisch ist auch die Mahnung in 1Petr 5,6 gemeint, die das passivum divinum in einen aktiven Finalsatz übersetzt … Jakobus spricht wie 1Petr vom Erhöhen aktiv, hat aber den Zusatz ἐν καιρῷ (= ἐν καιρῷ ἐσχάτῳ 1Petr 1,5) nicht“. 166 Zum Topos ‚Erniedrigung und Erhöhung‘ vgl. die vielen biblischen und frühjüd. Textstellen, die Popkes 279 (vor allem mit Blick auf Jak 4,10), anführen kann. Popkes konstatiert (ebd.): „Der Topos ‚Erniedrigung und Erhöhung‘ verkörpert alte biblische Tradition“; vgl. aber auch die darüber hinausgehenden Bsp. bei Standhartinger, Phil 144. 167 Vgl. Heckel 128: „1Petr wie Jak 4 entfalten eine paränetische Tradition unabhängig voneinander, die auf ein Jesuslogion zurückgehen dürfte, wie wir es aus Mt 23,12/Lk 14,11 kennen“; vgl. auch Popkes, Jak 279: „Das Jesus-Logion Lk 14,11; 18,14; Mt 23,12 (evtl. aus Q) formuliert den Gegensatz sogar mit denselben beiden Haupttermini ‚erniedrigen/erhöhen‘. Jak 4,10 ist offenbar von dieser Tradition geprägt, evtl. sogar von dem Jesus-Logion selbst“. 157 158
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Die mächtige Hand Gottes (vgl. Ex 3,19; 6,1; 13,3.9.14.16; Dtn 4,34 u.a.) stiftet Zuversicht.168 Eine besondere Nähe ist an dieser Stelle zu Jak 4,10 auszumachen,169 wo es heißt: „Demütigt euch vor dem Herrn, dann wird er euch erhöhen.“170 7 In der „Zwischenzeit“ gilt es, sich an dem festzumachen, der „erhöhen“ kann und wird: „All eure Sorge werft auf ihn, denn ihm liegt an euch!“ (vgl. Ps 54,23 LXX).171 Wiederum zeigen sich Berührungen mit dem MtEv172, wenn man eine Stelle wie Mt 6,25 („… Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib …“)173 zum Vergleich heranzieht.174 Erhörungsgewissheit und restloses Gottvertrauen (vgl. Jer 17,7) sind die entscheidende Grundausstattung in dieser von Sorgen geprägten Zeit. Denn – so kommentierte Leonhard Goppelt: „Die Bedrängnis treibt entweder Gott in die Arme oder sie scheidet von ihm“175. Zusammen- Für den 1Petr kann in christlichen Gemeinden eine Charismen-Struktur fassung (4,10f ) und eine Presbyter-Struktur (5,1–7) nebeneinander existieren und ineinander greifen. Es gilt festzuhalten, dass „der Erste Petrusbrief von der ursprünglich judenchristlichen Ältestenverfassung herkommt, diese aber im Sinn der im paulinischen Bereich entstandenen Episkopenverfassung, und das heißt: im Sinn fester, auf Dauer an bestimmte Personen gebundenen Leitungsfunktionen, neu interpretiert“176. Zu beachten ist dabei auch der Plural in der Ansprache, der die Kollegialität177 der Presbyter unterstreicht. Dazu bemerkt Dietrich-Alex Koch: „die kollektive Führungsstruktur durch einen Kreis meherer πρεσβύτεροι diente dazu, die verschiedenen Teile der Gemeinde durch ihre wichtigsten Vertreter einzubinden“178. Ob es die „wichtigsten“ Vertreter waren, wissen wir nicht so ge Vgl. auch 1Clem 60,3; vgl. zudem 28,2. Zu beachten ist die Verwendung des οὖν-paräneticum in Jak 4,6f und 1Petr 5,5f; vgl. Nauck, οὖν-paräneticum 135. 170 Vgl. dazu Metzner, Jak 236: „Das Futur καὶ ὑψώσει ὑμᾶς ist bei ihm … nicht eschatologisch, sondern logisch gemeint“; anders deuten u.a. Popkes, Jak 279; Konradt, Existenz 298. 171 Vgl. auch Ps 22,9; 37,5; 91. Vgl. auch Aufforderungen, wie sie in Phil 4,6 begegnen. Vgl. außerdem Plut., Gaius Marcius 35,2: „… den andern bleibt doch immer noch ein Trost auch im schlimmsten Elend und Ungemach, das Gebet zu den Göttern“. Im Hirt des Hermas ist die Aufforderung, die Sorge auf den Herrn zu werfen, wiederholt eingesetzt: vis III,11,1; IV,2,4.5. 172 Vgl. auch Goppelt 337f. 173 Vgl. auch Lk 12,24.28. 174 Vgl. auch Weish 6,7: „Er hat Klein und Groß erschaffen und trägt gleiche Sorge für alle“. 175 Goppelt 338. 176 Roloff, Themen 510 Anm. 8. 177 Vgl. auch Prast, Presbyter 359: „die aus dem Judentum stammende kollegiale Presbyterverfassung“; vgl. auch ebd. 380. 178 Koch, Entwicklung 198. 168 169
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nau, aber die Möglichkeit der Integration durch solche Verantwortungsträger wird zu Recht betont. Dass der 1Petr an mehrere Presbyter mit Aufgaben der Leitungsverantwortung und der Repräsentation denkt, scheint schon die Rede von den „Anteilen“ (V 3) nahezulegen. Gegenüber den Anvertrauten sollen die Hirten als τύποι erkennbar werden und bleiben, so dass an ihnen wahrnehmbar wird, worum es in einem geglückten christlichen Lebenswandel geht. Das verlangt von diesen eine beständig gelebte Wachsamkeit, vor allem für die Aufgaben der Sorge für die Gemeinde, aber auch gegenüber der Versuchung eigenmächtigen HerrschenWollens179. Wenn der Autor sich in 1Petr 5,1 als συμπρεσβύτερος kennzeichnet, tritt er mit diesen Forderungen „auf Augenhöhe“ auf und zeigt sich den Gemeinden gegenüber in besonderer Weise verbunden. Was von allen eingefordert wird, ist die Grundtugend Nr. 1, die Demut.180 Die Ermahnung zur gegenseitigen Demut (V 5)181 erinnert an den Auftrag zur Geschwisterliebe, wie er in 1Petr 1,22; 2,17; 4,8 auszumachen ist; sie kann als Konkretion derselben verstanden werden. Hirtenbilder zur Entwicklung von Leitungsverantwortung haben eine Wirkungs lange und vielfältige biblische Tradition.182 Die zuversichtliche Perspekti- geschichte ve von Ps 77,21 „Du führtest dein Volk wie eine Herde durch die Hand von Mose und Aaron“183 fand immer neue Aufnahmen in jüdischen und christlichen Texten.184 Die Gemeinde wie in 1Petr 5,2 als ποίμνιον185 zu verstehen, deren Hirte und Bischof in 1Petr Christus selbst ist (1Petr Zur Dienstbereitschaft von Verantwortungsträgern bzw. zum Nicht-Herrschen vgl. auch Stellen wie 2Kor 1,24 oder Mk 10,42.45; vgl. zu Mk 10,45 auch Theißen, Bibel 399: „Wo der Weltenherrscher selbst die Rolle des letzten Sklaven übernimmt, wird der radikalste Positionswechsel gedacht, der überhaupt denkbar ist. Hilfe in der Nachfolge Jesu ist diesem Positionswechsel verpflichtet. Die Suche nach herrschaftsreduzierenden Formen von Hilfe wird uns aus dem Zentrum biblischen Glaubens heraus zur Pflicht gemacht“. Vgl. zum Aspekt der Profitgier auch Nauck, Probleme 209: „Die Warnung vor wirtschaftlichem Mißbrauch findet sich in frühchristlichen Amtsunterweisungen häufig. Sie gilt Bischöfen, Diakonen, Presbytern und Witwen in gleicher Weise“. 180 Vgl. vor allem Dihle, Demut; Wengst, Demut; Zemmrich, Demut; Feldmeier, Macht; ders., Basis, bes. 252.258; Becker, Begriff, für den 1Petr bes. 196–200. 181 Vgl. auch 1Clem 16,1; 44,3. 182 Vgl. (darüber hinaus) in einem weiteren Kontext auch Bröckling, Hirten 44: „Die fundamentale Ungleichheit von Hirten und Schafen begründet jedoch kein Verhältnis gewaltsamer Unterwerfung und Ausbeutung, sondern eines der Sorge. Gute Hirten führen sanft. Vielleicht liegt darin das Geheimnis der pastoralen Macht: Die Autorität der Führenden wächst mit der Sicherheit, die sie den Geführten garantieren. Eine Kritik der Menschregierungskünste hätte von hier ihren Ausgang zu nehmen“. 183 Vgl. auch Ps 78,70–72 (zur Leitungsverantwortung Davids): „Und er erwählte David, seinen Knecht; er holte ihn weg von den Hürden der Schafe, von den Muttertieren nahm er ihn fort, damit er Jakob weide, sein Volk, und Israel, sein Erbe. Und er weidete sie mit lauterem Herzen und führte sie mit klugen Händen.“ 184 Vgl. die Zusammenstellungen bei Wolter, Lk 457; Heckel, Hirtenamt 53 u.a. 185 Vgl. auch Lk 12,32f; Apg 20,28f. 179
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2,25), kann auch in der Literatur der Apostolischen Väter186 beobachtet werden. Hier sind vor allem der Erste Clemensbrief (1Clem 16,1: „Den Demütigen gehört Christus, nicht denen, die sich über seine Herde erheben“; 44,3; 54,2; 57,2), die Ignatiusbriefe (Röm. 9,1 [Gott als Hirt; Christus als Bischof: μόνος αὐτὴν Ἰησοῦς Χριστὸς ἐπισκοπήσει]); Philad. 1,1 – 2,1) und der Polykarpbrief 6,1187 zu nennen.188 „Polycarp … verbindet die Hirtenvorstellung mit dem Amt des Presbyters“189. Hippolyts Kirchenordnung190 nimmt das Bild im Gebet zur Bischofsweihe auf: „… dass er deine heilige Herde weide …“.191 Die Apostolischen Väter sprechen wiederholt von Presbytern,192 deren Aufgaben, Verantwortlichkeiten und zuweilen auch Spannungen, denen sie ausgesetzt bleiben. Auch hier sind vorrangig der Erste Clemensbrief (44,5f; 47,6; 54,2; 57,1) und die Ignatiusbriefe (IgnEph 2,2; 20,2; IgnMagn 3,1; 6,1; 7,1; IgnTrall 2,2)193 zu nennen, aber auch der Hirt des Hermas (vis II 4,2; 4,3), der Polykarpbrief (6,1) und der Brief an Polykarp (6,1). „Das Presbyteramt hat Stufen durchlaufen. 1. In jüdisch-palästinischer Tradition sind Presbyter zunächst die Gemeindeältesten, die zusammen mit Lehrern und Propheten, jedoch ortsgebunden, in einer Gemeinde wirken. Im hellenistischen Raum können sie auch als Episkopen bezeichnet werden. 2. In einem zweiten – von Ignatius bezeugten – Schritt werden die Presbyter zu einem (ehrenamtlichen) Kollegium, das neben oder im Auftrag des Bischofs der Eucharistiefeier vorsteht und auch besondere pastorale Aufgaben vor allem in der Katechumenen-Unterweisung als presbyter-doctores (Cyprian) übernehmen kann. Erst in einer 3. Phase werden sie die Gehilfen des Bischofs zur Sakramentenspendung in umgrenzten Gebieten, die vom Bischof allein nicht betreut werden können“194. Die bleibende Orientierung für diejenigen, die in der Herde Gottes miteinander195 Leitungsverantwortung übernehmen, ist freilich Jesus Christus,
Vgl. dazu Nauck, Probleme 201. Vgl. auch Gielen, Polykarpbrief 436. 188 Vgl. auch Hirt des Hermas, sim IX 31,5f. 189 Nauck, Probleme 202 Anm.11. 190 Vgl. auch Nauck, Probleme 204f. 191 Zur Hirtensorge vgl. auch Gregor der Große, Regula Pastoralis; Thomas von Aquin (z.B. in Expositio in Evangelium secundum Ioannem, Cap. 10, lect. 3), Martin Bucer, Friedrich Spee u.a.; in kirchenamtlichen Dokumenten vgl. z.B. für Vaticanum II: LG 26: „anvertraute Herde“ (im Blick auf die Bischöfe); LG 28 (im Blick auf die Presbyter: „heiligen und leiten sie den ihnen zugewiesenen Anteil der Herde des Herrn“). 192 Vgl. hierzu Zollitsch, Amt 81–105 (1Clem).106–118 (Herm).178–192 (Ign).193– 199; Hübner, Anfänge 69–73 (1Clem).73f (Herm).74f (2Clem). 75–79 (Ign) u.a. 193 Vgl. auch Mueller, Presbyter 102f; Löhr, Briefe 119–121. 194 Dassmann, Entstehung 356. Zur Zuordnung der Begrifflichkeit „Presbyter“ und „Episkopos“ vgl. vor allem den Beitrag von Theobald, Presbyter; Theobald macht bes. auf die Arbeiten von Walter, Verhältnis, und Hennings, Hieronymus, aufmerksam. 195 Vgl. Hieronymus, In Isaiam II, 3: „Auch wir in der Kirche haben unseren Senat, die Gemeinschaft der Presbyter“ (PL 24,61D). 186 187
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der „Oberhirte“ (1Petr 5,4: ἀρχιποίμην) selbst.196 Er bleibt „Ursprung und Inhalt ihres Dienstes“197. Von daher werden in der Wirkungsgeschichte des Textes zuweilen auch die warnenden Hinweise von 1Petr 5,1–7 aufgenommen und zugespitzt formuliert. „Die scharfe Kritik an der Profitsucht findet sich noch in den Kirchenordnungen des 3. und 4. Jh.s und, parallel zum 1Petr, in deren Vorläufern: 1Tim 3,3.8; Tit 1,7; Did 15,1 (vgl. Apg 20,34; Pol 5,2; 6,1).“198 Zur speziellen Gefährdung von Klerikern hinsichtlich der „Profitgier/ Habsucht“ äußert sich Prudentius in seiner Psychomachia, wenn er über die avaritia schreibt (493–500)199: „Das ganze Menschengeschlecht ergreift jene, alles Sterbliche reißt sie im Untergang an sich, und kein Laster auf Erden ist grausamer, weil es mit solchen Schäden das Leben des weltlichen Volkes einhüllt und zur Hölle verurteilt. Ja, sie hat sogar gewagt – wenn man das denn glauben darf –, an die Priester des Herrn selbst Hand anzulegen, die als Anführer vor der ersten Schlachtreihe zum Lobe der Tugenden tapfer die Schlachten führten und mit lautem Blasen ihre Signalhörner anfüllten“. Im Blick auf 1Petr 5,1 ist auch die Textgeschichte in einer spezifischen Variante für die Wirkungsgeschichte auszuwerten. Unter den alternativen Lesarten, die von der ECM anschaulich aufgelistet werden, ist zwar nur unter (b) in P72 und in 1735 anstelle von του χριστου ein του θεου zu lesen. Theologiegeschichtlich ist diese Veränderung allerdings sehr interessant. Barbara Aland hat darauf aufmerksam gemacht, dass in diesem Fall, d.h. für P72 (eine aus Ägypten stammende Handschrift des späten 3. oder frühen 4. Jh.), zu bedenken ist, in welchem Sammelcodex (Papyrus Bodmer VII-IX) bzw. in welchem Sammlungskontext die 1Petr-Handschrift (Papyrus Bodmer VII-VIII) begegnet.200 Sie kommt bei ihrer Analyse zu dem Ergebnis, dass sich die spezielle Lesart des P72 (vgl. auch 1735) einem spezifischen theologischen Interesse201 verdankt, das die Gottheit Christi 196 Nach Joh 21,15–17 geht es ja auch darum, die ‚Schafe Jesu‘ zu weiden. Nach dem joh Hirtenbild, wie es in Joh 10,1–18.26–29 zur Sprache kommt, impliziert die Verantwortlichkeit der Hirten die Versorgung mit dem Lebensnotwendigen, Fürsorge, Schutz und Verteidigung. Zu den zentralen Aufgaben der Fürsorge und des Leitens, die im „weiden“ zur Sprache kommen vgl. auch Theobald, Ämter 82. Einen Bezug von 1Petr 5,2 und Joh 21,15–17 stellt bereits Beda Venerabilis in seiner Kommentierung der Stelle her. 197 Beutler, Joh 551. 198 Brox 231. 199 Dt. Text nach der Ausgabe von Frisch; vgl. auch die Kommentierung des Abschnitts in Frisch, Prudentius 326: „Dieser Vorwurf scheint nicht aus der Luft gegriffen zu sein. Gnilka schließt aus den neutestamentlichen Warnungen an die Kleriker vor der αἰσχροκέρδεια (I Tim 3,8; I Pt 5,2) und der Gesetzgebung der Konzilien, dass ‚sicher die tatsächlichen Verhältnisse […] den Dichter nötigten, die Integrität des Klerus mit solchem Abstrich zu versehen‘“. 200 Aland, Rolle 305–310 (mit Auflistung der einzelnen Texte [305f ]). 201 So fragte bereits Beare, Text 253: „… an unconscious inclination to Patripassian ism?“
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bewusst betonen wolle.202 Dabei spielt der Kontext des Sammelcodex für sie eine besondere Rolle. Deshalb sei hierzu der Hinweis gestattet, dass in diesem Codex auch Handschriften von Ps 33 LXX und Ps 34 LXX (Bodmer IX, pp. [147–151] [D]) enthalten sind. Für 1Per 3,10–12 war nämlich zu beobachten, dass mit Ps 33 LXX das längste im 1Petr übernommene Zitat auszumachen ist, was schon vom Textumfang her die besondere Bedeutung dieses Psalms für den Autor des 1Petr erkennbar werden lässt.
Aland, Rolle 308–310.
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18 Gefährdung und Zuversicht (5,8–11) Noch einmal unternimmt der Autor des 1Petr in 5,8–11 paränetische Weisungen, die allerdings an vorausgehende anknüpfen; das betrifft die in V 8 angesprochene Nüchternheit (vgl. 1,13; 4,7) und Wachsamkeit, aber auch die wiederholt angesprochenen Leiderfahrungen, für die Gott selbst die entsprechende ‚Zurüstung‘ bereitstellt. Spätestens mit V 8 dürften wieder alle Adressaten des 1Petr im Blick sein (sehr wahrscheinlich auch schon in VV 6–71). Ähnlich wie im Schlussteil pln Schreiben (vgl. z.B. 1Kor 16,13 u.a.) setzt der Autor eine ganze Reihe von Imperativen, die den Adressaten helfen sollen, die gegenwärtige Zeit zu bewältigen. Im Unterschied zu den vorausgehenden VV 6–7 sind die VV 8–11 von einer „Endzeitstimmung“2 geprägt. V 11 markiert einen markanten doxologischen Abschluss,3 der 1Petr 4,11 vergleichbar, in ein „Amen“ mündet. Literatur: Asumang, Resist; Charles, adversaire; Feldmeier, Widersacher; Martin, Lions, bes. 171–179; Schwank, Diabolus; Strawn, Lion; Thurén, Lion.
8 Seid nüchtern! Wacht! Euer Widersacher, (der) Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher (und) sucht (danach), [etwas] zu verschlingen. 9 Stellt euch ihm entgegen als Starke im Glauben, wobei ihr wisst, dass dasselbe der Leiden in [dieser] Welt von eurer Bruderschaft vollbracht wird/eurer Bruderschaft auferlegt ist. 10 Der Gott aber jeglicher Gnade, der euch berufen hat in seine ewige Herrlichkeit in Christus [ Jesus], wird die, die ein wenig/kurze Zeit leiden, selbst in Ordnung bringen/ ausrüsten, er wird stärken, er wird Kraft verleihen, er wird befestigen/ auf festen Grund stellen. 11 Ihm (ist/sei) die Macht in die Aionen. Amen. 1. Es sind in V 8 vor allem drei textkritische Varianten zu diskutieren: Analyse τινὰ καταπιεῖν neben τίνα καταπίῃ und καταπιεῖν.4 „The existence of τινα in some form in the overwhelming majority of mss. argues for its inclusion“5. Den Infinitiv bieten Textzeugen wie אK L P und eine Reihe von Minuskeln. 2. V 8 eröffnet mit einem Asyndeton zweier Imperative: Νήψατε γρηγορήσατε; diese sind aufeinander bezogen.6 Witherington (233–235) möchte für 1Petr 5,6–11 von einer peroratio sprechen. Brox 237. 3 Vgl. auch Brox 202f: „Eine Doxologie schließt durchaus nicht immer ein ganzes Schreiben ab, sondern kann auch Teilthemen und Sinnabschnitte bloß voneinander absetzen. Das ist der Fall in Röm 11,36; Gal 1,5; Eph 3,21; Offb 1,6 und oft im 1Clem und ist also im 1Petr keine Besonderheit“. 4 Vgl. Charles, adversaire 207; Forbes, 1Petr 177. 5 Forbes, 1Petr 177. 6 Vgl. Lövestam, Wakefulness 60f. 1 2
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3. Das Ἰησοῦ in V 10 ist nur in manchen Handschriften überliefert, darunter P72 A P Y und zahlreiche Minuskeln; NA28 und die ECM bieten den Zusatz nicht im Haupttext. „The only time the two names appear together in 1Peter they appear as Ἰησοῦ Χριστοῦ (1:1, 2, 3, 7, 13; 2:5; 3:21; 4:11) rather than the reverse as here. Thus despite the strong ms. evidence for its inclusion, this is probably a case of the scribal expansion of sacred names“7. Erklärung Die beiden ersten Imperative in V 8ab νήψατε und γρηγορήσατε (vgl. 8–9 1Petr 4,7 νήψατε)8 erinnern an andere ntl Texte, die in einer vergleichbaren Dringlichkeit zur Nüchternheit9 (vgl. zur Verwendung von νήφειν 1Petr 1,13; 4,7) und Wachsamkeit aufrufen. So fordert Paulus von den Gliedern der korinthischen Gemeinde in 1Kor 16,13: „Wacht, steht im Glauben, ermannt euch, erstarkt!“ Diese vier Imperative klingen wie „Durchhalteparolen“. Paulus stellt den Christen Korinths ein Programm zusammen; die von Paulus darin eingeforderten ‚Tugenden‘ heißen: Wachsamkeit, Standfestigkeit, Mannhaftigkeit und Stärke. Es handelt sich um traditionelle Topoi urchristlicher Paränese.10 Das wird leicht erkennbar, wenn andere ntl Text zum Vergleich herangezogen werden. Die Wachsamkeit wird auch an Stellen wie Mk 13,37 („Was ich aber auch euch sage, allen sage ich (es): wacht!“)11 mit Mk 13,34f.38; Mt 24,42; 25,13; Lk 12,37f; 21,36; Apg 20,31 oder 1Thess 5,6 („folglich wollen wir nun nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachen und nüchtern sein“)12; 5,10; eingefordert; vgl. auch Kol 4,2; Eph 5,14; 6,18; Offb 3,2f; 16,15. Bei Paulus ist mit dieser Wachsamkeit vor allem die Haltung der Nüchternheit verbunden. Wie Paulus selbst werden – in der Wahrnehmung in seinen Briefen – auch anderen Christen Auseinandersetzungen nicht erspart bleiben, die nach Wachsamkeit und Standfestigkeit verlangen. In einer vergleichbaren Einschätzung und paränetischen Weisung13 ist das auch in 1Petr 5,8 der Fall. „Sie ist eine Ermahnung zu ungebrochener
7 Forbes, 1Peter 179; vgl. auch Dubis, 1Peter 172 (ebenfalls mit Verweis auf Metzger). 8 Vgl. auch Knopf 180; Cranfield 119. 9 Vgl. auch 1Kor 15,34. Zur ‚Nüchternheit‘ vgl. auch die Lit. und Auslegung zu 1Petr 1,13. 10 Vgl. Popkes, Paränese; die Beiträge in Starr/Engberg-Petersen, Paraenesis; de Waal Dryden, Theology u.a. 11 Vgl. auch die „Weckrufe“ (mit ihrer Ausrichtung auf das Hören) in Mt 11,15; 13,9.43; Mk 4,9.23; Lk 8,8; 14,35; Offb 2,7.11.17.29; 3,6.13.22; 13,9; vgl. in diesem Zusammenhang auch Ez 3,27. 12 Die Nähe zu dieser Stelle betont Lövestam, Wakefulness 60f. Vgl. auch die von Wagner/Vouga (162) benannten Stellen. 13 Vgl. auch Popkes, Paränese 105: „Die P. hat dabei auch das Ziel, die Adressaten zum Durchhalten zu stärken“.
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Stärke, zu ruhig abwägender Kampfesbereitschaft“14, ein Aufruf zu ausgeprägter Standfestigkeit15 im Glauben. Mit 1Petr 5,8 tritt eine bisher nicht erwähnte Figur auf den Plan: der Teufel,16 der hier διάβολος heißt, als ἀντίδικος17 auftritt und mit einem brüllenden18 Löwen19 verglichen wird, der seine Beute sucht. Löwenbilder und Löwenbildnisse20 begegnen in antiken Texten ausgesprochen häufig, was vor allem auch auf atl und frühjüd. Texte zutrifft.21 Allerdings kommt es zu sehr unterschiedlichen Anwendungen. In vielen Fällen wird vom ‚König der Tiere‘ her eine hervorgehobene Stellung und Stärke abgeleitet oder zur Sprache gebracht, in anderen Fällen – die für die Auslegung von 1Petr 5,8 von größerer Bedeutung sind – geht es um eine besondere Gefährlichkeit22 (vgl. bes. Jer 50[27],17), die vom Löwen ausgeht und damit eine zerstörende Bedrohung23 darstellt.24 Metaphernempfangend können in biblischen Texten unterschiedliche Gegenstände bzw. Wirklichkeiten sein, das Volk Israel selbst, andere – vor allem feindliche – Völker, wie z.B. Assyrer oder Babylonier;25 es kann um die Charakterisierung von Einzelpersönlichkeiten (Monarchen u.a.) oder um Gottesbilder gehen. In 1Petr 5,8 wird der Teufel in eine entsprechende metaphorische Prädikation einbezogen, wobei primär die lebensbedrohliche Gefährlichkeit des Löwen26 bildspendend sein dürfte. Schwank, Diabolus 15. Schwank verweist auch auf IgnPol 2,3 („… Sei nüchtern als ein Kämpfer Gottes …“). 15 Vgl. Horrell/Arnold/Williams, Visuality 715f. 16 Vgl. den Exkurs bei Feldmeier 164–166. 17 Charles, adversaire 409, gibt den Hinweis: „Nulle part ailleurs dans le NT, le diable est appelé ὁ ἀντίδικος“ und verweist auf eine vereinzelte Stelle in der lat. Version von Vita Adae et Evae §33 (ebd. Anm. 14). 18 Zum Gebrüll von Löwen in biblischen Texten vgl. Ri 14,5; Ijob 4,10; Ps 22,14; Zef 3,3. Wagner/Vouga (162) erkennen „Onomatopoesie“. 19 Zum Bild des Löwen vgl. Heckel, Hirtenamt 116f Anm. 491. Zur Bedrohung durch Löwen vgl. auch 1Sam 17,34–36; Ijob 38,39f; Ps 104,20f. Zur zuletzt genannten Stelle vgl. auch Neumann-Gorsolke, Hand 51, die von hungrigen Löwen spricht, die ihr Versteck verlassen und „an verborgenen Orten auf Beute lauern … Ps 104,20f. nennt ausdrücklich die Nacht als Zeit des Löwen, um seinen Beutetieren nachzustellen, während dem Menschen der Tag für ihre Arbeit zugeteilt ist. Ihre Zähne galten als gefährliche Waffen“. Von daher wird der Aufruf zur Wachsamkeit (V 8) um so verständlicher. 20 Lit. bei Horrell/Arnold/Williams, Visuality 705f. 21 Vgl. Strawn, Lion; Martin, Lions. 22 Vgl. u.a. Plut., Brutus 8,6–7; Mart., De spectaculis liber 10; Epigr 2,75; zur Gefährlichkeit von Löwen vgl. bes. Martin, Lions 172–175. 23 Vgl. auch 1Makk 3,4; Ps 22,14.22; Ez 22,25; Micha 5,7; Dan 6,21.28; 2Tim 4,17. 24 Vgl. auch Feldmeier, Lamm 209 Anm. 18: „Der Löwe ist eine traditionelle Metapher für den Verfolger, der die Gerechten bedroht … Als Bild für den Teufel, der die bekehrte Aseneth wieder vom Glauben abbringen will, erscheint der wilde und verfolgende Löwe auch in JosAs 12,9f“. 25 Vgl. Martin, Lions 174. 26 Für Feldmeier (166) spielt dabei auch das Gegenüber zum Lamm Christus (1Petr 1,18ff ) eine Rolle: „Während das Lamm sich selbst als Opfer für die anderen hingegeben hat, ist der Löwe ein Raubtier, das, wie auch eigens unterstrichen wird, die anderen 14
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Der aus dem Prozesswesen übernommene Begriff ἀντίδικος („Prozessgegner; Widersacher“)27 erinnert an die im Buch Ijob (1,6–7)28 oder in Sach 3,1–2 (vgl. auch 1Chr 21,1)29 anzutreffende Rolle des Satan, die primär in der Anklage30 besteht.31 Im 1Petr ergeht v.a. die deutliche Mahnung vor dem, der umherzieht (περιπατεῖ) und nach Beute sucht, die er verschlingen kann.32 Bei den gesellschaftlichen Repressalien, denen die Adressaten des 1Petr ausgesetzt sind, bietet sich auch eine Übersetzung mit „Verleumder“ an.33 Der Autor entwirft ein „bewegendes“ Bild;34 „a vivid description that evokes a visual image in the listeners’ minds, which can stir their emotions and lead them to respond in a particular way“35. Das Brüllen36 lässt darin vor allem die Feindseligkeit und Aggressivität der bedrohenden Macht erspüren. Nach der Einschätzung mancher Ausleger stellten sich dabei in den Rezipienten auch Bilder von ad bestiasExekutionen ein.37 „The visual image that the author’s depiction would most likely have called to mind is that of the lions in the Roman arena (or theater), especially those involved in ad bestias executions.“38 Doch bleibt anzufragen, ob das mit der anerkennenden Position gegenüber staatlichen Institutionen in 1Petr 2,13–17 zusammengehen kann, wenn diese nun als Vernichtung suchender Teufel vorgestellt würden. Der 1Petr geht einen zu verschlingen sucht, also vom Leben anderer lebt; entsprechend bringt der Löwe um seines eigenen Lebens willen den anderen den Tod, das Lamm durch seinen Tod den anderen das (ewige) Leben“. 27 Ist ein juristischer Hintergrund von besonderem Interesse (Anklagen etc.)? In dieser Frage beschreiten die Kommentatoren sehr unterschiedliche Wege. Vgl. Wagner/ Vouga 163: „Der Widersacher (ἀντίδικος) bezeichnet eigentlich den Gegner im Prozess (Prov 18,17 LXX und alle anderen Belege im NT: Mt 5,25; Lk 12,58; 18,3), aber er taucht in der LXX als der Widersacher überhaupt auf ( Jes 41,11; Jer 27,34; 28,36; Est 8,11)“; vgl. auch Thurén, Lion 152; Asumang, Resist 26. 28 Im Kontext der Rahmenhandlung des Ijob-Buches (1,6–12; 2,1–7). 29 Zur Verwendung von διάβολος für den Gegner/Verleumder vgl. Est 7,4; 8,1 LXX; vgl. außerdem VitAd 17. 30 Vgl. Thurén, Lion 144. 31 Vgl. auch Feldmeier 164–166; ders., Widersacher. 32 Vgl. Martin, Lions 175. 33 Schwank, Diabolus 17f, mit Hinweis auf 1Petr 2,2; 3,16. 34 Vgl. Horrell/Arnold/Williams, Visuality, bes. 698–703; sie wollen „this type of vivid description“ (ebd. 697) von der antiken ἔκφρασις (698.712) her verstehen (vgl. Theon, Progymnasmata 118.6 [7,1–2: ἔκφρασίς ἐστι λόγος περιηγηματικὸς ἐναργῶς ὑπ’ ὄψιν ἄγων τὸ δηλούμενον]). Zur antiken ἔκφρασις vgl. auch Whitaker, Ekphrasis; Neumann, Jesus 14–17. Neumann (ebd. 16) macht mit Blick auf Theon (7) darauf aufmerksam, dass es in Erzählungen dabei um Ereignisse geht, „bei denen menschliches Leben in Gefahr gerät. Brenzlige und lebensbedrohliche Situationen eignen sich somit nach Theon ganz besonders für eine anschauliche Ausgestaltung“. 35 Horrell/Arnold/Williams, Visuality 703. 36 Zum Löwengebrüll vgl. Am 3,8: „Der Löwe brüllt – wer fürchtet sich nicht?“; Offb 10,3. 37 So bereits Paschke, Exekution; vgl. Horrell/Arnold/Williams, Visuality 705. 708f. 712. Allerdings bleibt anzufragen, ob Löwenkämpfe bzw. Exekutionen mit Löwen „were a common occurence throughout Asia Minor“ (ebd. 711). 38 Horrell/Arnold/Williams, Visuality 712.
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anderen Weg als der Verfasser der Offb (vgl. bes. Offb 17,3–14); „il dénon ce une stratégie maléfique plus subtile qui utilise les pressions exercées par la société civile sur les croyants pour les amener à adopter les habitudes païennes environnantes et, ultimement, à abandonner les exigences de leur existence chrétienne (cf. 4,4)“39. Die angemessene Haltung gegenüber dieser „Bedrohung“ ist der Widerstand40 (vgl. Jak 4,741), verbunden mit einem überwindenden Glauben.42 „As Daniel overcame the danger by his strong faith, just so can the recipients of 1Peter overcome their ferocious and dangerous adversary by their strong faith.“43 Angesichts des umherziehenden Gegners, der mit dem Teufel44 identifiziert wird und wie ein brüllender Löwe auftritt, gilt es, in der Herde zu verbleiben45 und in einer geistlichen Weise zu kämpfen.46 Bestärkend kann sich nach der Auffassung des Autors auswirken, dass auch andere Brüder und Schwestern,47 an anderen Orten in der Welt, vergleichbaren Bedrängnissen ausgesetzt sind. Wo auch immer verortet, gilt es, Stärke zu zeigen.48 Der Blick wird dabei über die ortseigene ἀδελφότης49 (vgl. 2,17) zu den Glaubensgeschwistern an anderen Orten Charles, adversaire 411. Hier mit Wurzel-Aorist von ἀνθίσταμαι („sich entgegenstellen; Widerstand leisten; widerstehen“) zum Ausdruck gebracht. Vgl. Metzner, Jak 230f: „Das frühchristlich im medialen Sinn belegte Verb ἀνθίστημι „sich entgegenstellen, entgegentreten, sich widersetzen“, das in der mit 1Petr gemeinsamen Überlieferung … und im Jak nur hier vorkommt, ist der Bedeutung nach von ἀντιτάσσομαι (4,6b) kaum zu unterscheiden“. 41 Vgl. zum Widerstand gegen den Teufel auch Mt 4,1–11, bes. V 10; Eph 6,11f, Herm mand XII 5,2. 42 Zur Gefahr des Glaubensverlusts vgl. auch Lövestam, Wakefulness 63. 43 Martin, Lions 177. Vgl. Dan 3,23–25; Hebr 11,33: „sie haben aufgrund des Glaubens Königreiche besiegt, Gerechtigkeit geübt, Verheißungen erlangt, Löwen den Rachen gestopft“. 44 Verschiedentlich wird eine Herleitung von „Belial“ angenommen; vgl. u.a. Charles, adversaire 415–420, wo vor allem Stellen aus der Qumranliteratur ausgewertet werden. 45 Schwank, Diabolus 19, betont diesen Aspekt: „Er brüllt, um euch in heillose Panik zu versetzen! … Die gläubige Teilnahme an der Festigkeit Gottes soll ihnen die Kraft geben, in ihrer Herde bei dem donnernden Brüllen, das loszubrechen droht, mit ruhiger Gelassenheit stehen zu bleiben“; ähnlich Thurén, Lion 149. Die Gefahr der Zerstreuung betont auch Charles, adversaire 421. 46 Vgl. Witherington 234: „Peter leaves us with a picture of the spiritual battlefield that his converts live on“. Vgl. außerdem Thurén, Lion 146: „It enables the addressees to observe their difficulties from another angle and provides them with a metaphysical or religious explanation of their experience – but also of the ordinances imposed of them“. 47 Vgl. Andresen, Formular 243; Brox 239: „Der Verweis auf die ebenfalls leidenden Bruderkirchen ist übrigens ein typisches Element der altchristlichen MärtyrerAtmosphäre und der gegenseitigen Bestärkung unter Verfolgungsbedingungen“. Zum Aspekt der Konsolation vgl. auch Müller, Auserwählte 18–22. 48 Feldmeier, Widersacher 67, erkennt eine „aufrüttelnde und warnende Funktion ... vor falscher Sicherheit“. 49 Vgl. dazu 1Petr 2,17. Vgl. auch Schürmann, Gemeinde; Aasgaard, Brothers and Sisters. 39 40
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in dieser Welt gelenkt,50 die ebenfalls leiden (müssen). Dieser Blick kann vielleicht als Element der Konsolationsliteratur bestimmt werden.51 10–11 Einen hymnischen Abschluss dieses Textteils bilden die VV 10–11. In der Beschäftigung mit dem 1Petr fällt auf, dass gerade solche Textteile einerseits für die Theologie und andererseits für das Selbstverständnis der hier in den Blick genommenen Christen und Gemeinden in besonderer Weise erhellend sind. Der Gott, der berufen hat, lässt die Berufenen52 nicht allein und nicht im Stich – schon gar nicht in den Herausforderungen und Zumutungen der Gegenwart, die leidvoll ausfallen können. Der 1Petr spricht vom „Gott aller Gnade“ und bringt damit auch die Ausführungen zur „Gnade“53 in 1Petr 4,10 („bunte Gnade“)54 in Erinnerung. Mit vier Futur-Formen bringt V 10 zum Ausdruck, wie Gott selbst die Seinen in die Lage versetzt, die Herausforderungen der Zeit anzunehmen: „… er selbst (αὐτός) wird in Ordnung bringen/ausrüsten,55 er wird stärken,56 er wird Kraft verleihen, er wird auf festen Grund stellen57.“ Diese Vierer-Reihe58 macht als Homoioteuleuton59 in besonderer Intensität deutlich, von wem die entscheidenden Kräfte60 in der anstrengenden, herausfordernden, Kräfte zehrenden und leidgeprägten Jetzt-Zeit zu erwarten sind; sie wird als Übergangszeit (V 10: ὀλίγον παθόντας; vgl. 1Petr 1,6) verstanden, in dem Gott selbst dem „Zustand momentaner Schwäche Vgl. Heckel 129: „der 1Petr gibt zumindest vor, in weltweiter Perspektive zu denken. Eine solche Behauptung setzt einige überregionale Kontakte voraus. Die Geschwisterschaft ist hier als übergreifende, ja weltweite Größe angesprochen“. 51 Vgl. Müller, Auserwählte 21; zum Vergleich mit der Konsolationslit. vgl. ebd. 18– 22. 52 Vgl. Müller, Auserwählte. 53 Vgl. auch die vorausgehenden Stellen im 1Petr, die von der „Gnade“ sprachen: 1,2.10.13; 2,19.20; 3,7; 4,10; vgl. auch 5,12. 54 Zur ‚Begnadung‘ vgl. bes. auch Röm 12,6; 1Kor 1,4.7; 12,4. Vgl. auch Heckel, Segen 295: „In der von Paulus geprägten Tradition steht auch der Wunsch in 1. Petr 5,10, der Gott aller Gnade möge die Gemeindeglieder aufrichten, stärken, kräftigen, gründen“; Heckel erkennt (ebd.) in diesem Segenswunsch „eine bündelnde Funktion für das ganze Schreiben“. 55 Das Verb καταρτίζω steht auch für „in den gehörigen Zustand versetzen, vollenden“; vgl. Hauck, DYNAMIS 342 Anm. 586; Wagner/Vouga 164: „‚Wiederzurechtmachen‘ meint in allen möglichen Bereichen ‚in Ordnung bringen‘ bzw. ‚in den Stand bringen‘“. 56 Vgl. auch das Adjektiv στερεοί in V 9. Zur Kraft und Stärke, die von Gott ausgehen, vgl. auch 1Chr 29,12: „In deiner Hand liegen Kraft und Stärke; es steht in deiner Hand, alles groß und stark zu machen“ (dieses Kap. ist für den 1Petr deshalb von Bedeutung, weil es in 1Chr 29,15 LXX heißt: ὅτι πάροικοί ἐσμεν ἐναντίον σου καὶ παροικοῦντες ὡς πάντες οἱ πατέρες ἡμῶν). Vgl. auch 2Chr 20,6; Eph 6,10: „Zuletzt: Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke.“ 57 Das Verb θεμελιόω steht auch für „mit einem Fundament versehen, befestigen“; vgl. 1Kor 3,10. 58 Vgl. Popp, Fremden 193f. 59 Vgl. Standaert, surprise 393; Wagner/Vouga 165. 60 An dieser Stelle und Sichtweise ist vielleicht ein markanter Unterschied zu den Imperativen in 1Kor 16,13 auszumachen. 50
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und Schutzbedürftigkeit der Angesprochenen“61 entgegenkommt.62 Von daher schließt der Abschnitt mit einem Lobpreis auf Gott selbst: „Ihm (ist/sei) die Macht in die Aionen. Amen“ (vgl. 1Petr 4,11)63. Der die paränetischen Weisungen abschließende Textabschnitt 1Petr 5,8– Zusammen11 betont vor allem die von den Adressaten erwarteten Grundhaltungen fassung in den Auseinandersetzungen der Gegenwart. Neu ist dabei der Aspekt des eingeforderten ‚Widerstands‘. Der Blick ist dabei über die unmittelbar angesprochenen Gemeinden hinaus auf alle Christusgläubigen gerichtet. Die Adressaten sehen sich Bedrohungen ausgesetzt. Gemäß der antiken prosopopoiia werden solche Gefahren auch personifiziert64 vorgestellt. „For the addressees, the accuser is not merely a general ‚Prince of Dark ness,‘ but is specifically engaged in the process against them, be this an official court trial or, more specifically, a conflict between them and their fellow citizens“65. „Das Ziel als Heil ist Gottes ‚Herrlichkeit in Christus‘“66 (vgl. 1Petr 4,13f ). Entscheidend bleibt für die Angesprochenen das Vertrauen auf den „Gott jeder Gnade“, der „ausrüstet“ und „behütet“. Für die Verse 1Petr 5,8–11 können vor allem in der Liturgie der Kirche Wirkungs Aufnahmen beobachtet werden. So sind die Verse für die zweite Hälfte geschichte des vierten Jahrhunderts als Lesung im Rahmen der mystagogischen Katechesen an die Neugetauften der Osterwoche nachweisbar; die „Verse 5,8–14 am Ostermontag (catech. myst. 1) und 2,1–10 am Sonntag nach Ostern (catech. myst. 5).“67 „Der Teufel ist der Feind der Glaubenden schlechthin“68 – mit diesem Kommentar markiert Reinhard Feldmeier die besondere Weise, in der der Teufel in 1Petr als ἀντίδικος (V 8) gekennzeichnet wird. Die „gesteigerte sprachliche Emphase“69 betont gegen Ende eines Schreibens, in der die persönliche Verantwortung gegenüber dem Bösen wiederholt zum Thema gemacht wurde, die Unberechenbarkeit des Bösen in einer Form der Per-
Hauck, DYNAMIS 342 Anm. 586. Vgl. noch einmal 1Petr 1,5 und die Ausführungen von Hauck, DYNAMIS, dazu. 63 Vgl. die Ausführungen zu 1Petr 4,11, vor allem zur Verbindung von Doxologie und Amen. Schmidt, Dienen 385, erkennt eine „Inklusion der beiden Doxologien 4,11b und 5,11.“ 64 Der Teufel erhält allerdings keinen Namen. Vgl. auch Brox 238: „Das Bild chiffriert also eine Personalität des Gegenspielers Gottes, der auch der Feind der Christen ist“. 65 Thurén, Lion 152. 66 Brox 239, der darauf aufmerksam macht (239f ), dass gerade hier „eines der vielen paulinischen Elemente im 1Petr“ auszumachen ist. 67 Merkt 37. Vgl. auch Ferguson, Baptism 477–479. 68 Feldmeier 164; vgl. auch die ebd. (165) aufgezählten weiteren Stellen aus der ntl Briefliteratur, die „vor der Gefährdung der Glaubenden“ warnen. 69 Feldmeier 164. 61 62
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sonifikation.70 Dieser Aspekt der Bedrohung durch Unberechenbares71 hat wohl auch dazu geführt, dass das Bild vom umherziehenden Teufel in das liturgische Gebet der Komplet (Kurzlesung und Oration) Eingang gefunden hat.72 Auf diese Weise vergewissern sich die Wachen und Nüchternen (vgl. V 8) der bleibenden Zugewandtheit Gottes (VV 6–7), von dem auch die entscheidende ‚Zurüstung‘ (vgl. V 10) ausgeht. Von dieser Zuversicht spricht auch die vorletzte Strophe des Abendliedes „Nun ruhen alle Wälder“ (GL2 101; EG [Kurhessen-Waldeck] 477), das Paul Gerhardt 164773 gedichtet hat: „Breit aus die Flügel beide, / o Jesu, meine Freude, / und nimm dein Küchlein ein. / Will Satan mich verschlingen, / so lass die Englein singen: / ‚Dies Kind soll unverletzet sein.‘“.
Beda Venerabilis zitiert bei seiner Auslegung der Stelle ausführlich aus Cyprian von Karthago, De caelo 10,2–3. 71 Bilder der Bedrohlichkeit (durch den umherziehenden Teufel) haben beispielsweise im Buchdruck entsprechende Aufnahmen gefunden, wie die Bsp. in di Nola, Teufel 21 (Holzschnitt des 15. Jh.) oder 62 (Stich von Bernardino Stagnino; Venedig 1512), anschaulich aufzeigen können. 72 Vgl. auch Charles, adversaire 406. 73 Vgl. hierzu Thust, Lieder II, 407–410. Gerhardt nimmt in dieser Str. zunächst das Bild aus Mt 23,37 // Lk 13,34 auf. 70
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F Brief-Schluss (5,12–14)
Das in 1Petr 5,11 vorausgehende ἀμήν markiert einen deutlichen Einschnitt. Das hängt auch mit der damit verbundenen, vorausgehenden Doxologie zusammen. In den Versen 12–14, in denen neue Personen benannt werden (Silvanus [V 11], Markus [V 13], die „Miterwählte“ [V 13]) und der Ort „Babylon“ (V 13) eine besondere Rolle spielt, äußert sich der Autor zum Zweck des Schreibens und übermittelt Grüße. Klassisch zu nennende Elemente eines antiken Briefs bestimmen die Schlussverse des 1Petr: Gruß und Kuss, Friedenswunsch und Friedensgruß. Literatur: Applegate, Woman; Horn, Petrus-Schule; Horrell, Re-Placing; Moon, Mark; Popp, Fremden 192–196; Richards, Silvanus; Seufert, Abfassungsort.
12 Durch Silvanus, den treuen Bruder, wie ich meine, habe ich euch kurz geschrieben, wobei ich ermahnte und bezeugte, dass die wahre Gnade Gottes (ist/sei) auf die/in der ihr stehen sollt. 13 Es grüßen euch die in Babylon Miterwählte und Markus, mein Sohn. 14 Grüßt einander mit (dem) Kuss (der) Liebe! Friede (sei) euch allen, die ihr in Christus seid. 1. Zu dem in V 12 zu lesenden στῆτε bemerkt Norbert Brox : „In der hier Analyse mit den meisten Hss und Editionen angenommenen Lesart στῆτε (Konj. od. Imp.Aor.) statt ἐστήκατε (= ‚seid ihr zu stehen gekommen, steht ihr‘) macht das Sätzchen zwar die größeren Schwierigkeiten, aber diese Lesart ist trotzdem vorzuziehen“1. 2. Die Einfügung von εκκλησια in אsyp kann als sekundäre Lesart angesehen werden. Der Begriff begegnet im 1Petr nicht; das Schreiben spricht von „Bruderschaft“ (ἀδελφότης). Zunächst erfährt der Leser von einem bisher nicht erwähnten Mitarbeiter Erklärung des Autors namens Silvanus. Ob dieser Silvanus mit dem gleichnamigen 12 Paulus-Mitarbeiter (1Thess 1,1; 2Kor 1,19; ferner 2Thess 1,1; Apg 15,22; 15,32.40; 16,25; 17,4.10.14 [Silas]) zu identifizieren ist, wird aus dem Text selbst nicht erkennbar.2 Manches – vor allem die Berührungen mit der paulinischen Theologie im Briefkorpus – lässt es als angeraten erscheinen, ihn Brox 246. Bereits der Kommentar des Oecumenius unternimmt eine solche Identifikation (vgl. PG 119, 575). 1 2
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so zu betrachten. Seine Rolle wird hier von vielen als die des Sekretärs verstanden,3 mit dem das nach der Einschätzung des Autors kurze Schreiben (δι’ ὀλίγων)4 angefertigt wurde.5 Wenn Silvanus6 als „treuer Bruder“7 bezeichnet wird, so tritt er als beispielhaftes Mitglied der „Bruderschaft“ vor Augen. Er „gehört als anerkannter ἀδελφός zum leidgeprüften weltweiten Beziehungsgefüge der ἀδελφότης (5,9; vgl. 2,17)“8. Manche widersprechen der Sekretär-Hypothese und erkennen in Silvanus den Überbringer des Schreibens.9 Eine solche Person kann wichtige Zusatzinformationen und Auslegungsaspekte beisteuern, was übrigens schon Johannes Calvin in seiner Kommentierung hervorhob: „deinde addit brevem nuntii commendationem, ut viva etiam vox ad scriptum accedat“. Inhaltlich erfährt das Schreiben10 durch die Partizipien παρακαλῶν und ἐπιμαρτυρῶν aufschlussreiche Kennzeichnungen;11 es will also ei Vgl. Frey, 2Petr 93: „Seit Hieronymus begegnet die Erklärung, dass der erste Petrusbrief eigentlich durch Silvanus als Sekretär des Petrus verfasst sei“. 4 Vgl. Hebr 13,22: καὶ γὰρ διὰ βραχέων ἐπέστειλα ὑμῖν. 5 Zur Diskussion um die Rolle des Silvanus vgl. Grimm, Problem 689–691; Bornemann, Petrusbrief; Richards, Silvanus; Gäckle, Grüße 13 (Möglichkeit der „Co-Autorschaft“). 6 Brox (243) merkt an: „Dieser Name freilich bleibt in petrinischer Umgebung schwierig, aber es gab möglicherweise eine Überlieferung, die Silvanus/Silas mit Petrus verbunden hatte“; vgl. ders., Rahmung 89f. In jüngerer Zeit vgl. vor allem Martin, Peter (mit der Annahme einer Beziehung zu Apg 15,23–29), bes. 87f.93.97.99; Martin (93) konstatiert: „the tradition that Silas personally announces the Apostolic Decree contained in this letter to Gentiles in Syria and Cilicia and the rest of Asia Minor may provide the basis for the selection of him as the letter carrier for First Peter“. 7 Zum Gebrauch von πιστός an dieser Stelle vgl. Martin, Peter 97: „Applied to Silvanus, this adjective designates him as Peter’s reliable co-worker authorised to carry this letter to its recipients“. 8 Popp, Fremden 193. 9 Vgl. u.a. Michl, Presbyter 50 Anm. 3; Brox 242f (mit Belegen aus den Apostolischen Vätern: IgnRöm 10,1; Phld 11,2; Sm 12,1; Pol 14,1); ders., Rahmung 83–89; Richards, Silvanus, bes. 418.421.423.425f (mit Hinweis auf PFay 123; POxy 937; BGV I 33); Popp, Fremden 193; ders., Fußspuren 66. Nach Richards (Silvanus 431) dient die Sekretär-Hypothese oft dazu, eine petrinische Autorschaft halten zu können. Eine Kompromisslösung wird von Trebilco, Self-Designations 60, vertreten: „‚Διὰ Σιλουανοῦ‘ makes it clear that Silvanus was the courier of I Peter, and so he can be seen as the author’s co-worker and colleague“ (mit Verweis auf Elliott 871–874). Von „Überbringer“ spricht auch Vahrenhorst 200; vgl. Forbes, 1Peter 183: „the letter carrier“ (mit Hinweis auf Apg 15,23); Achtemeier 340–350; Heckel 130. Zu namentlich benannten Brief-Überbringern bemerkt Head, Letter-Carriers 279: „when named and identified within the letter, the letter-carrier frequently supplements the written communication with some oral supplement“; vgl. auch 296: „the letter-carrier had an important role in continuing or supplementing the conversation initiated (or at least expressed) by the written letter“. 10 Die Bemerkung ἔγραψα in V 12 hat in entscheidender Weise zum Bild eines literarisch gebildeten und tätigen Petrus beigetragen; vgl. hierzu Adams, Tradition 136: „It is my suggestion that 1Peter, both its attribution to Peter and the grapho-literacy claim in 5:12, created sufficient basis and space for a tradition of a literate Peter to form“; vgl. auch Novenson, Epistles 155. Adams benennt (Tradition 135) auch frühchristl. und neuzeitliche Bsp. für die Annahme einer petrinischen Autorschaft für den 1Petr. 11 Vgl. Vahrenhorst 201. 3
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nerseits ‚ermahnen/ermutigen‘ (vgl. 1Petr 2,11; 5,1)12, andererseits als ‚Zeugnis‘ gelesen werden. Sein primäres Anliegen ist damit die Identitätsbildung13; darin kann die spezifische Zielrichtung des Schreibens erkannt werden. Mahnung und Zeugnis sind ausgerichtet auf die „wahre Gnade14 Gottes“, „auf die“ (so wörtlich)15 bzw. „in der ihr stehen16 sollt“. Die wahre Gnade Gottes17 – das ist die entscheidende Basis18 der (neuen) Existenz der Christusgläubigen in all ihren Herausforderungen. V 13 wirft bis heute eine Fülle von Fragen auf:19 Was bedeutet „Baby- 13 lon“? Wer ist die „Miterwählte“? Welchen „Markus“ stellt der Autor vor Augen? … Mit dem Ortsnamen „Babylon“20 sehen viele Ausleger des 1Petr einen Decknamen für „Rom“21 gegeben.22 Dabei wird häufiger auf die in der Apokalypse auftretende Hure Babylon verwiesen. Allerdings Vgl. die Auslegungen dieser Stellen und die dort angegebene Lit. Vgl. bes. Seland, πάροικος 241. 14 Durch den Gebrauch von χάρις entsteht eine Stichwortverbindung bzw. inclusio mit 1Petr 1,2; vgl. auch die vorausgehenden Stellen im 1Petr, die von der „Gnade“ sprachen: 1,2.10.13; 2,19.20; 3,7; 4,10; 5,10. 15 Vgl. Brox 246: „Dann liegt hier das einzige ntl. Beispiel eines εἰς für ἐν vor, worin ein Element der Vulgärsprache zu sehen ist“, wobei er auf Wifstrand, Problems 175, und Kelly (217) verweist. 16 Das στῆτε stellt einen Wurzel-Aorist Imp. oder einen Konj. von ἵσταμαι dar. 17 Zum Verständnis vgl. auch Brox 244–246. 18 Vgl. Brox (246), der „V 12b eine optimale Zusammenfassung des 1Petr“ nennt und (ebd.) kommentiert: „Gnade als Hoffnung im Leiden ist nicht einfach vorhandene Gegebenheit, sondern geschenkte Möglichkeit, die vom Menschen im Glauben angenommen wird“. 19 Vgl. auch Horn, Petrus-Schule 8–13. 20 An eine Abfassung in Babylon dachte u.a. Grimm, Problem 693f, der von daher die Reihung der Provinzen im Präskript erklärte (von Osten nach Westen). Seufert, Abfassungsort, hat seinerzeit auf drei Alternativen aufmerksam gemacht: Babylon am Nil, Babylon am Euphrat und Babylon am Tigris; vgl. auch Horrell, Re-Placing 273. Horrell, der auch auf die Autoren aufmerksam macht (ebd. 277), die eine Entstehung des 1Petr in Kleinasien annehmen, kommt selbst zu dem vorsichtigen Ergebnis (ebd.): „we can hardly be sure where 1Peter was actually written“. 21 Vgl. vor allem 4Esr 3,1f; 2Bar 11,1; 67,7; Sib 5,143.159; Offb 14,8; 16,19; 17,5; 18,2.10.21. Zu Offb 17 – 19 vgl. bes. Sals, Biographie; zu 1Petr 5,13 bemerkt Sals (ebd. 84): „… ist ‚Babylon‘ anscheinend als Deckname gebraucht, ob für Rom, wie die überwiegende Mehrzahl der Forscher und Forscherinnen annimmt oder schlicht für die Gefangenschaft wie Mt 1; Apg 7,32 nahelegen, ist unklar“. Zu den übrigen, aufgelisteten Belegen vgl. bes. Horrell, Re-Placing 276; Wan, Contest 67f. Vgl. auch Gielen, Erschließung 43: „Babylon ist keine Chiffre für Rom … Vielmehr bietet Babylon – gedeutet als Chiffre für die Existenz als Minderheit in der Fremde bzw. im Exil – sogar den Briefadressaten einen weiteren Hinweis darauf, dass der Autor des an sie gerichteten Schreibens in einer Gemeinde ihres eigenen Lebensraumes unter denselben schwierigen Bedingungen lebt“. 22 Vgl. Hunzinger, Babylon; Caulley, Title 202f. Zur „Babylon“-Debatte vgl. auch Gäckle, Grüße 10f. Nach Abwägen von alternativen Vorschlägen (Entstehung in Klein asien; Antiochia o.a.) sprechen sich viele Kommentare für Rom als wahrscheinlichste Lösung aus; vgl. z.B. Brox 247: „spricht die historische Verbindung des Petrus mit Rom weit eher für die Verschlüsselung der Angabe Rom“; Achtemeier 64; Elliott 131–134; Schlosser 38. 12 13
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lässt sich eine solche Namensverwendung nicht vor dem Jahr 70 nachweisen. Damit wäre evtl. ein Hinweis für die Beantwortung der Frage nach dem Abfassungsort23 und der Entstehungszeit des Schreibens gegeben.24 So konstatiert auch Doering: „The likely allusion of ‚Babylon‘ in 1 Peter 5:13 to Rome points to the time following the destruction of the Second Temple, since Rome is here referenced as the power responsible for this destruction, as Babylon was for that of the first. This would imply that the earliest plausible date would be the last third of the first century“25. Mit dieser Erinnerung ist freilich auch eine hoffnungsvolle Perspektive gesetzt: „God’s exiled people suffer at hands of the enemy, but God will ultimately prevail“26. In der „Miterwählten“ erkennen viele Interpreten die christliche Gemeinde27 in Rom28 oder an einem anderen Ort der Abfassung des Schreibens. Es gibt auch (aber eher selten) Ausleger, die darin die Ehefrau29 des Autors angesprochen sehen.30 Immerhin wird für keinen der Apostel die eheliche Existenz so stark betont wie für Simon Petrus (vgl.
Bei der hier angeratenen Vorsicht gilt es, den Hinweis von Horrell, Re-Placing 271, zu beachten: „the kind of information the letter provides tells us not so much about physical location as about how the author constructs and presents the space where he depicts himself as writing the letter“ – anknüpfend (277) an Brox 42: „Vorsichtig kann man dann nur sagen, daß der 1Petr in Rom geschrieben sein will“. 24 Vahrenhorst (202) will Babylon als Abfassungsort verstehen („im Exil“); vgl. auch Gielen, Erschließung 43; Wan, Contest 167f. Auch nach Gäckle, Grüße 15, geht es vor allem darum, die „Fremde“ zu betonen. Vgl. außerdem Heckel 130: „Babylon steht für das Leben in der Welt, nicht für eine bestimmte Stadt wie z.B. Rom, auch wenn die Gleichsetzung von Babylon mit Rom in der Auslegungsgeschichte bald üblich wurde“; vgl. bereits Andresen, Formular 243: „Selbstverständnis der spätjüdischen Diaspora …, die immer und überall „in Babylon“ d.h. „in der Welt“ ist“. Gegen eine solche Position hat sich bereits Brox (247: „die weniger wahrscheinliche Möglichkeit“) ausgesprochen. 25 Doering, Stock 243f. Vgl. auch Horrell, Re-Placing 282: „To address readers in the diaspora from a place called Babylon, wherever the author is really located, is to evoke the story of Judah’s conquest by Babylon … To call Rome Babylon gives a certain kind of meaning and significance to the space that is the city of Rome“. 26 Caulley, Title 202. 27 Vgl. auch 2Joh 1 „auserwählte Herrin“; 2Joh 13: „die Kinder dieser auserwählten Schwester“. Vgl. Popp, Fremden 194: „Mit der Mitauserwählten dürfte eine Gemeinde und nicht eine Einzelperson gemeint sein“. 28 So z.B. Schlier, Adhortatio 69. 29 Am Rande sei hingewiesen auf 1Petr 3,7, wo davon die Rede war, dass Eheleute miteinander die Gnade des Lebens erben. 30 Vgl. z.B. Barnikol, Personen-Probleme 9f; Wohlenberg 161. Hengel, Petrus 217, gibt den Hinweis: „Der bekannteste Vertreter dieser Deutung war Albrecht Bengel in seinem Gnomon (zu 1Petr 5,13): ‚συνεκλεκτή, coëlecta. Sic coniugem suam appellare videtur. Cf. 3,7. Erat enim soror. 1Cor 9,5. Et congruit mentio filii, Marci“. An eine Einzelperson denkt auch Applegate, Woman. Soards, 1Peter 3830, deutet auf eine namentlich unbekannte Schwester als Mitabsenderin. Eine solche Position wird von Brox (247) stark zurückgewiesen. 23
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1Kor 9,5; Mk 1,29–31; Mt 8,14f; Lk 4,38f ).31 Der zuerst genannte Vorschlag dürfte allerdings stärkeres Gewicht haben. Wenn man in V 13 nicht an einen leiblichen Sohn32 namens Markus denkt, könnte (ähnlich wie bei Silvanus) der Paulusbegleiter und -mitar beiter Markus33 (vgl. Phlm 24; Kol 4,10; 2Tim 4,11; Apg 12,12.25; [13,5.13];15,37.39) angesprochen sein.34 Die Kennzeichnung „mein Sohn“ markiert das Schüler-Verhältnis.35 Manchmal wird im Rahmen der Auslegung allerdings auch der Vorschlag unterbreitet, in diesem Markus den Autor des gleichnamigen Evangeliums zu erkennen, sodass die These von einer „Petrus-Linie“ (des Mk)36 hier Unterstützung erfahren würde. Solches lässt sich allerdings von den ntl Texten her nicht nachweisen.37 Nach meiner derzeitigen Wahrnehmung hat der Autor des 1Petr die Namen Silvanus und Markus ganz gezielt ausgewählt. Die beiden Paulus-Mitarbeiter38 ermöglichen es dem als „Petrus“ auftretenden Autor, gewissermaßen ‚auf allen Klavieren‘ der aufgenommenen Traditionen zu spielen und entsprechende Begrifflichkeiten und Schwerpunkte für seine Theologie und Ermahnungen fruchtbar zu machen. Damit werden nicht nur Beziehungen zu den ‚Großen‘, Petrus und Paulus,39 gestiftet, sondern auch zu deren Mitarbeitern sowie zu unterschiedlichen Textbereichen wie zu den pln Briefen oder der Apostelgeschichte. In einem solchen Verfahren kann eine besondere Variante der Integrationskraft des 1Petr wahrgenommen werden. Der Gruß soll mit dem „heiligen Kuss“ verbunden sein, wenn es zur Verle- 14 sung in der Versammlung40 der Schwestern und Brüder kommt. Auch hier Vgl. hierzu u.a. Müller, Ehepaare 49–55.63f; vgl. auch Hengel, Ehen 65: „Der Hinweis auf Petrus als Ehemann fällt umso mehr auf, als die Evangelien mit derartigen persönlichen Notizen äußerst sparsam sind“; zur Auslegung der syn Stellen vgl. auch Hentschel, Diakonia 199–216 . 32 Was außer Haslehurst, Mark 34, nur sehr wenige Ausleger annehmen. 33 Das „Sohnes“-Verhältnis Petrus-Markus könnte analog zu dem Verhältnis PaulusTimotheus (vgl. 1Tim 1,2) verstanden werden; vgl. Rendtorff, Wandern 92. Vgl. auch die Stellen mit τέκνον (1Kor 4,17; Phlm 10; 1Tim 1,2; 2,1; Tit 1,4), die bei Brox (248) aufgeführt sind; für Brox deutet (ebd.) der Begriff „seine Bekehrung durch Petrus und wohl auch seinen Dienst bei Petrus“ an. 34 Vgl. Popp, Fremden 195: „Wie Silvanus lässt auch Markus die Leserinnen und Leser an Paulus denken.“ 35 Vgl. Becker, Simon Petrus 41; Hengel, Petrus 160. 36 Vgl. allerdings Brox 247: „Aber insgesamt bleibt uns die Herkunft der Überschneidungen paulinischer Traditionen mit der petrinischen Verfasserangabe im 1Petr dunkel, wie übrigens auch die Entstehung der späteren Petrus-Markus-Tradition (Papias bei Euseb Hist Eccl III 39, 15.17)“. 37 Vgl. zur Auseinandersetzung mit solchen Vermutungen auch Brox 248f. 38 Die Brücke dieser beiden zu Paulus betonen auch Vahrenhorst 47.55f; Novenson, Epistles 154. 39 Vgl. Vahrenhorst 202. 40 Vgl. Brox 248: „Die Aufmunterung, sich gegenseitig durch Kuß zu begrüßen, muß wohl auf die Verlesung des Briefes in der Gemeindeversammlung anspielen“. 31
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legt sich ein Seitenblick auf pln Briefe nahe, heißt es doch z.B. in 1Kor 16,20: „Grüßt einander mit heiligem Kuss!“ Zunächst ist der Kuss in der Antike – wie in vielen Kulturen bis in unsere Tage – ein Begrüßungsgestus und Ausdruck besonderer Nähe und Gemeinschaft.41 Die Zufügung „heilig“ bringt zum Ausdruck, dass er auf die Versammlung der Gläubigen bezogen wird, in der der Kuss zu einem „Zeichen geistgewirkter Gemeinschaft“42 werden kann (vgl. auch 1Thess 5,26; 2Kor 13,12; Röm 16,16; vgl. Apg 20,37).43 Das Grußritual „knüpft als Zeichen der Zugehörigkeit zur familia Dei (vgl. Mk 3,35 par.; 14,44f. par.) traditionsgeschichtlich wohl an den Kuss unter Verwandten an.“44 Im 1Petr ist der Kuss zugleich Ausdruck der geschwisterlichen ἀγάπη (vgl. 1Petr 1,22; 2,17; 4,8 und die Anrede mit „Geliebte“ in 2,11; 4,12).45 So ist der Friedensgruß am Schluss, der noch einmal den Lebensraum benennt, in dem die Christen sich bewegen, leben und sind, nämlich ἐν Χριστῷ (vgl. 1Petr 3,16; 5,10),46 Segenswunsch und Auftrag zugleich: „Friede (sei) euch allen, die ihr in Christus seid“.47 Durch die Stichworte χάρις (5,12)48 und εἰρήνη (5,14) entsteht eine rahmende inclusio49 mit der salutatio des Briefpräskripts (1,2). Wirkungs Das Schreiben bietet in seinem Schlussteil (VV 12–14) mit V 12 eine geschichte „äußerst konzentrierte Zusammenfassung von Briefinhalt und –absicht“50. Der Zuversicht schenkende Ausgangspunkt wie auch der beständig zu realisierende Auftrag in der Begegnung mit einer auch anstren41 Vgl. als bes. erhellendes Bsp. JosAs 8,4–7: „… ein gottverehrender Mann soll seine Mutter küssen sowie die Schwester, die von seiner Mutter ist, und seine Schwester, die von seinem Stamm und seiner Verwandtschaft ist, und die Frau, die seine Beischläferin ist …“ u.a. 42 Klauck, 1Kor 127. 43 Zum „heiligen Kuss“ vgl. die Ausführungen bei Hengel, Segen 313f; Klinghardt, Gemeinschafsmahl 336–338. Vgl. auch Justin, apol. I 65,2 (als Bestandteil der gottesdienstlichen Feier). 44 Popp, Fremden 196. 45 Vgl. zur inhaltlichen Bestimmung der Begrifflichkeit neben 1Kor 13, vor allem 1Kor 8,1: „die Liebe aber baut auf“; 14,1; 16,14; vgl. auch Söding, Liebesgebot. 46 Vgl. auch die Ausführungen zu 1Petr 3,16 sowie Textstellen in den Protopaulinen: Gal 3,28; Phil 2,5; 1Kor 1,4.30; 4,17; 15,10; 2Kor 5,17; Röm 15,17; vgl. auch 1Kor 1,2; 4,15; Phil 1,1; 1,26; Röm 8,1–2; 16,7. Vgl. auch Merklein, 1Kor I, 200: „Der Glaube läßt ‚in Christus Jesus‘, im Heilsbereich des Christus Jesus sein … Daß die Korinther in Christus Jesus sind, ist … durch Gottes Initiative veranlaßt und durch Gottes Tat bewirkt“. 47 Zu der Wendung „die in Christus“ vgl. auch die Auslegungen zu 1Petr 3,16; 5,10; vgl. außerdem Brox 248: „es ist die Interpretation des Christennamens mit sehr konkretem Bezug: Sie sind Christen, insofern sie ‚in (der Gemeinschaft oder Nachfolge gegenüber) Christus‘ stehen, und zwar durch ihr Leiden und ihre Hoffnung auf die künftige Teilhabe an der Herrlichkeit“. 48 Vgl. auch die vorausgehenden Stellen im 1Petr, die von der „Gnade“ sprachen: 1,2.10.13; 2,19.20; 3,7; 4,10; 5,10. 49 Vgl. Popp, Fremden 197; Watson, Rhetoric 55. 50 Brox 248.
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genden und herausfordernden Welt kann „stehen in der Gnade“ (V 12) genannt werden. Diese Vorstellung hat Paul Gerhardt in seinem über alle konfessionellen Grenzen hinweg (GL2 81; EKG 447) gern gesungenen Morgenlied „Lobet den Herrn alle, die ihn ehren“51 aus dem Jahr 1653 in der 5. bzw. 7. Str. aufgenommen: „Gib, dass wir heute, Herr, durch dein Geleite / auf unsern Wegen unverhindert gehen / und überall in deiner Gnade stehen. Lobet den Herren.“ Das sei auch mein Wunsch für alle, die zu diesem Kommentar greifen. Schließen möchte ich mit einem Ausblick – den Blick lenkt dabei der Künstler Ulrich Barnickel52 – in das Biosphärenreservat Rhön, in dem diese Auslegung des 1Petr gewachsen ist.
Vgl. hierzu Thust, Lieder II, 357–359. Vgl. AK Gotha; Point Alpha Stiftung, Weg u.a.
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Schlussbild1
1 Foto aus Point Alpha Stiftung, Weg (XIV. Station); vgl. auch Point Alpha Stiftung, Freiheit 74.
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Der 1Petr ist, wie bereits dem Präskript (1,1–2) zu entnehmen ist, nicht an Einzelgemeinden gerichtet, sondern an mehrere bzw. viele in den angesprochenen1 Gebieten; vielleicht war das Schreiben auch für die private Lektüre gedacht. Ein beginnender überregionaler Zusammenschluss der Christusgläubigen ist bereits auszumachen, der nicht vom Diasporajudentum übernommen sein dürfte, sondern eine ganz eigene Entwicklung darstellt. Mit seiner nüchternen Selbsteinschätzung der vorläufigen Befindlichkeit von Christusgläubigen in dieser Zeit und ihrer theologischen Deutung2 war das Schreiben immer wieder dienlich, diasporale Situationen anzunehmen3 und konstruktiv zu bewältigen.4 Das kann Auswertungsversuche für diasporale Gegebenheiten der Kirche(n) unserer Tage5 – im Blick auf die einzelnen Christen wie auch auf Gemeinden (so klein sie auch sein mögen) – ermutigen und bestärken, vor allem auch dadurch, dass identitätsstiftende Angebote bereitgestellt werden.6 Christusgläubige stehen auch heute an vielen Orten vor der Aufgabe, Minderheiten-Situationen anzunehmen und den jeweiligen Gesellschaften gegenüber, in denen sie sich vorfinden, aufgeschlossen zu begegnen, vor allem aber, gesprächsbereit zu bleiben – durchaus auch über die Inhalte ihres Glaubens und die daraus erwachsende Lebenspraxis. Identitätsklärung und Identitätsbildung7 können als die großen Themen des 1Petr gekennzeichnet werden. Dabei ist wiederholt von Erwählung die Rede, die Adressaten nicht nur zu „Kindern des Gehorsams“ Der Blick reicht freilich nach 5,9 auch darüber hinaus. „Erwählung“ und „Fremde“ gehören für 1Petr zusammen; vgl. u.a. Feldmeier, Avantgarde; Müller, Auserwählte. 3 Vgl. Martin, Rehabilitation 57: „I then comment that this general image of diaspora life sets up the rhetorical situation of 1 Peter“, sowie 60: „The recipients’ need to continue their journey is the imperfection in the rhetorical situation that the paraenesis addresses“; vgl. auch Martin, Metaphor 154f. 4 Vgl. u.a. Krüger, Diaspora; Poplutz, Alterität; dies., Fremdheit. 5 Vgl. u.a. Obermann, Land; Green, Church; Söding, Diaspora; Feldmeier, Avantgarde; Müller, Diaspora. 6 Inhaltlich erfährt das Schreiben durch die Partizipien παρακαλῶν und ἐπιμαρτυρῶν (5,12) aufschlussreiche Kennzeichnungen; es will also einerseits ‚ermahnen/ermutigen‘ (vgl. 1Petr 2,11; 5,1), andererseits als ‚Zeugnis‘ gelesen werden. Sein primäres Anliegen ist damit die Identitätsbildung; darin kann die Zielrichtung des Schreibens erkannt werden. Mahnung und Zeugnis sind ausgerichtet auf die „wahre Gnade Gottes“ (5,12). 7 Vgl. auch die Beiträge in Müller, Fußspuren, bes. Müller, Auserwählte. Vgl. außerdem Brox 194: „doppelte Bemühung um Identität … und Mission“; Seland, πάροικος 241 u.a. 1 2
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(1,14; vgl. 1,2)8, sondern auch zu „Geliebten“ Gottes (2,11; 4,12) hat werden lassen. Immer wieder wird der Blick der „Christianer“ (4,16)9 auf Jesus Christus ausgerichtet und ihre Christuszugehörigkeit betont. Jesus Christus, den sie nicht sehen, aber lieben (1,8), hat ihren entscheidenden „Loskauf“ bewirkt; durch seine Auferstehung ist ihnen die lebensentscheidende Hoffnung zuteilgeworden. Gleichzeitig ist Christus für die „in Christus“ (5,14; vgl. auch 4,16), die „seinen Fußspuren folgen“, das Modell des eigenen Lebensentwurfs mit all seinen Herausforderungen. So ruft der Autor zu einer Identifikation mit Christus auf, die auch Leiderfahrungen betrifft, die auf dem Weg in seiner Spur nicht ausbleiben. Dazu zählen auch das „ungerechte (er)leiden“ (2,19 πάσχων ἀδίκως, vgl. 2,18–21; 3,14; 4,13.15f )10, Erfahrungen verbaler Gewalt11 sowie die bittere Zumutung des „Schlecht-geredet-werdens“ (2,12.15.23; 3,16; 4,4.14). In den paränetischen Abschnitten, die das gesamte Schreiben durchziehen,12 fällt eine Konversionssprache auf, der es nicht nur um die bereits erfahrene Lebenswende geht, sondern auch um eine beständig gelebte conversio,13 die sich in einer Strategie der Gewaltlosigkeit14, der Milde und im Eifer für das Gutes-Tun niederschlägt. Norbert Brox spricht von einer „Einforderung existentieller Konsequenzen aus dem Glauben an das geschehene Heil“15. 8 In 1Petr besteht eine bes. Verbindung von Gehorsam und Opfer, die auch in verschiedenen jüd. und frühjüd. Texten zum Ausdruck kommt; vgl. auch Ferguson, Sacrifice 1157: „Purity of soul and moral conduct were evaluated more highly than sacrifice, especially in Diaspora Judaism“; Ferguson (ebd. 1156) konstatiert in diesem Kontext: „Life lived for God is the truly spiritual sacrifice. This verse is the high point of the sacrificial language of the New Testament and of all literature. The whole self belongs to God and is to be given to him“. 9 Ob und in welchem Maß die Erstadressaten mit gerichtlichen Anklagen bzw. Prozessen konfrontiert waren, wird man aus dem 1Petr allein nicht erheben können. Die Möglichkeit wird in den Arbeiten von Williams stark betont; vgl. auch Poplutz, Alterität 166: „Es ist … durchaus damit zu rechnen, dass die Christinnen und Christen gerichtlichen Verfahren ausgesetzt waren“; dies., Fremdheit 215. Ein anderer Aspekt ist folgenreich geworden, auf den sozialpsychologisch orientierte Auslegungen in jüngerer Zeit hinweisen, dass nämlich der Autor des 1Petr „is creatively reinterpreting a derogatory, hostile label into one that can proudly be used as self-designation“; so Trebilco, Self-Designations 284 (in Anknüpfung an Horrell). 10 Vgl. auch Gielen, Tradition 17f. 11 Vgl. auch Schumacher, Steine 442: „Die Adressaten von 1Petr leiden vor allem unter den Verleumdungen (2,12; 3,16), Einschüchterungen (3,6) und Kränkungen (3,9) durch ihre nähere Umgebung“; Söding, Diaspora 232: „Sie haben (noch) nicht unter staatlichen Zwangsmaßnahmen zu leiden, wohl aber wegen ihres Glaubens (3,14; 4,14.16) und ihres Nonkonformismus (4,4) unter Verleumdung (3,9.16), Beschimpfung (3,9; 4,14) und Marginalisierung (3,15) durch ihre Mitbürger (4,2ff.)“. 12 Zur paränetischen Gesamtausrichtung des 1Petr vgl. auch Sandnes, Conventions; de Waal Dryden, Theology, bes. 91.98.116; Thorsteinsson, Christianity 106. 13 Für angezielte „Entwicklungen“ ist bereits das in 1,2 verwendete πληθυνθείη aufschlussreich; Brox (93) spricht mit Blick auf paränetische Abschnitte von zu verstärkendem „Eifer und Einsatz für die Intensivierung des neuen Lebens“. 14 Vgl. bes. den Kommentar von Wagner/Vouga. 15 Brox 90.
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Im Blick auf die Erwählung der Adressaten ist für den 1Petr von einer christologischen Grundlage der neuen Existenz, vom Gehorsam der Glaubenden und von einer pneumatologischen Dimension dieses Geschehens zu sprechen, was bereits Präskript und Eingangseulogie betonen.16 Die im Präskript angesprochene Zugehörigkeit, die in der Erwählung begründete Gott-Gehörigkeit, wird nach 1,2 bewirkt „in der Heiligung des Geistes“. Die Erwählung und die damit erwartete und geforderte Heiligkeit drückt sich nach dem 1Petr vor allem in einer entsprechenden ἀναστροφή aus (1,15; 2,12; vgl. auch 3,1.2). Die Christuszugehörigkeit durch das „Neu-Gezeugtsein“ bzw. die „neue Geburt“ zeigt sich im authentischen Wandel „in den Fußspuren Christi“ (2,21). Als besonders überzeugend auf diesem Weg gelten dem 1Petr „gute Werke“ (2,12; vgl. auch 2,15)17, denen durchaus auch eine missionarische Dimension eignet, da Christen darin die von Gott ausgehende wunderbare „Erhellung ihres Daseins“18 (vgl. bes. 2,9) bezeugen können. Angezielt wird damit eine „Attraktivität gelebten Glaubens vor Ort“19. In einer den Anliegen des Jak vergleichbaren Weise (vgl. Jak 4,17)20 geht es um das Überzeugen durch gute Werke21 und einen entsprechenden Lebenswandel. Ein authentischer und eventuell sogar für den Christusglauben gewinnender Lebenswandel eröffnet neue Perspektiven. Damit scheint der Autor sogar damit zu rechnen, dass zunächst aggressiv Auftretende einen neuen Blick und eine Revision ihres Urteils wagen. Dem 1Petr ist es ein besonderes Anliegen, den ‚Gesprächsfaden‘ mit der Welt nicht aufzugeben, auch wenn diese sich (zunächst) als aggressiv agierende ‚Gegen‘-Welt manifestiert. Dem Autor ist es ein besonderes Anliegen, dass die Christusgläubigen an ihren jeweiligen Orten mit der Welt in Berührung sind und bleiben,22 was von manchen Auslegern auch als „missionarische Dimension“ des Schreibens gekennzeichnet wird.23 Die Adressaten sind zu „lebendiger
Mit Goppelt, Sinn 31, kann man von einer triadischen Formel sprechen; vgl. auch Brox 58; Dupont-Roc, jeu 203f; Schmidt, Kult 227f; Rubel, Abgrenzung 69. 17 Vgl. Sandnes, Conventions; Mikat, Konflikt 46; Fagbemi, Elect 136–139; Wil liams, Persecution 269–275; ders., Works u.a. 18 Goppelt 153. 19 Söding, Peripherie 252. 20 Vgl. Popkes, Jak 295f: „‚Gutes tun‘ ist ein allgemeines Stichwort in ntl. Ethik und Paränese. Die Objekte ἀγαθόν und καλόν können dabei nahezu ineinander übergehen“. 21 Vgl. bes. Williams, Works. Seine Grundthese zur Zielrichtung lautet: „to conform to the traditional standards of popular culture, he simultaneously resists existing structures and accepted norms by undercutting the source of their authority and by asserting the priority of the readers’s faith commitments“ (185; vgl. auch 202). Die Paränese des 1Petr stelle eine „form of subaltern accommodation“ (202) dar. Dabei ergäben sich überraschende missionarische Möglichkeiten im Oikos und neue Perspektiven im gesellschaftlichen Kontext. 22 Vgl. auch du Toit, Negotiating. 23 Blumenthal, Potential 239, spricht von „werbende(r) Brückenfunktion in die pagane Mehrheitsgesellschaft hinein“. 16
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Hoffnung wiedergeboren“ (1,3).24 Damit kommt ihnen die Aufgabe zu, Zeugen der Hoffnung25 in der Welt26 bzw. „unter den Völkern“ (2,12) zu werden; ein wie auch immer gearteter Rückzug in die Verschlossenheit oder eine Sonderwelt der Gleichgesinnten27 ist damit verstellt.28 Von der Hoffnung gilt es, Zeugnis zu geben (3,15), vor allem im Gespräch mit den Anfragenden. Das Leben der Glaubenden birgt nach dem 1Petr Herausforderungen und Chancen in sich. Die Kraft, die die herausfordernden Situationen und evtl. Angriffe bestehen lässt, ist nach 4,14 der Geist Gottes, der dem leidenden Christus29 wie den ihm Nachfolgenden die „seligmachende“ Ausstattung verleiht. Die Bekehrungssprache des 1Petr30 hat verständlicherweise primär den Einzelnen/die Einzelne im Blick; das gebotene Gleichgewicht31 wird durch eine betonte Ekklesiologie ermöglicht. Bekehrung dokumentiert sich demnach nicht nur in einem Zuwachs an guten Taten (vgl. vor allem 1Petr 2,12.15.20; 3,6.13.17; 4,19) und einem dem Glauben und der Hoffnung entsprechenden Lebenswandel,32 sondern auch in einem lebendigen Gemeinschaftsleben – ein Werden zu dem, was die Berufenen von Gott her miteinander schon sind. Dabei fällt auf, dass für den Autor des 1Petr in christlichen Gemeinden eine Charismen-Struktur (4,10f ) und eine Presbyter-Struktur (5,1–7) nebeneinander existieren und ineinandergreifen können. Die Aufforderung zu beharrlicher und ungeheuchelter Geschwisterlichkeit (1,22; vgl. auch 4,8) ist in Situationen der Bedrängnis (vgl. 1,6 u.a.) und spezifischen Erfahrungen von Minderheit sicher von besonderem Gewicht; sie dient vor allem zur Stärkung der Binnenkohäsion. Eine Wegstrecke „in den Fußspuren Christi“ (2,21) wird wohl kaum an entsprechenden Leiderfahrungen33 vorbeiführen können, wenn „auch Christus … gelitten hat“ (2,21). Der 1Petr kann das auch „Gnade“ nennen Das Prädikat „lebendig“ kennzeichnet in 1,23 den λόγος, in 2,4 Christus als den „lebendigen Stein“, in 2,5 die Adressaten als „lebendige Steine“. Vgl. auch Feldmeier, Seelenheil 300; Müller, Hüften 159f. 25 Hoffnung gründet im 1Petr auf Gottes Handeln in der Auferweckung Jesu Christi, wodurch auch auf die Leiden des Christus der Glanz der göttlichen Herrlichkeit fällt (vgl. 1,11; 4,13f; 5,1.4.10). 26 Vgl. bes. die „hoffenden Frauen“ in 1Petr 3,5. 27 Das gilt auch, wenn es zu Aufkündigungen (vgl. 4,1–6) in Ethos und Kult kommt. 28 Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Diognetbrief, bes. 5 – 6. 29 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Achtemeier, Christology 149: „The Christcentered reading of the Old Testament was thus the contribution of our author’s Chris tology to later Christian theological reflection.“ 30 Vgl. dazu ausführlich de Waal Dryden, Theology. 31 Vgl. auch Müller, Steine; ders., Gnade. 32 Zur Trias Glaube, Hoffnung, Liebe im 1Petr vgl. bes. 1,3–9; 1,21.22. 33 Zur Leidensterminologie in 1Petr: 1,6: λυπέω; 2,19: λύπη; 2,19.20.21.23; 3,14.17.18; 4,1.15.19; 5,10: πάσχω 3,8: συμπαθής; 1,11; 4,13; 5,1.9: πάθημα. Zu nennen sind auch die verbal geprägten Ausdrucksformen, die häufig im Kontext erlittener verbaler Gewalt begegnen: 2,12; 3,16: καταλαλέω; 3,9: λοιδορία; 3,16: ἐπηρεάζω 4,4: βλασφημέω; 4,14: ὀνειδίζω. 24
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(vgl. 1,10f; 2,19.20; 5,12). Dabei sind in die Gnade, wie sie in 1,10f zur Sprache kommt, „nicht nur Christi eigene Leiden impliziert …, sondern gleichzeitig die Teilhabe der Glaubenden an Leiden und Herrlichkeiten Christi“34. Für entsprechende Konfliktsituationen stellt das Schreiben Christus selbst als Modell vor Augen, der Schmähungen nicht mit „Gegenschmähungen“ beantwortete (2.23).35 Die Partizipation an den Leiden Christi und seiner Herrlichkeit, wie sie besonders in 4,12–14 thematisiert wird (vgl. auch 1Petr 5,1.10), kann für den 1Petr als Kernthema christlicher Identität verstanden werden. So stellt Johannes Calvin bereits in seiner Auslegung des ersten Kapitels fest: „Für die Stärkung unseres Glaubens ist es aber viel passender, dass er unsere Leiden uns an dem Bilde Christi vor Augen stellt: so sehen wir mit besonderer Deutlichkeit, welche Gemeinschaft des Todes und des Lebens zwischen uns und ihm besteht“36. Gerade hier ergeben sich Berührungen mit pln Theologie, vor allem mit dem Römerbrief, insbesondere mit Röm 8,17f37, wo ebenfalls davon die Rede ist, dass gerade das Leiden mit Christus verbinden kann und die Erwartung zukünftiger Herrlichkeit für das Bestehen der Leiden der gegenwärtigen Zeit eine zentrale Rolle spielt. Ein besonderes Kennzeichen der im 1Petr entwickelten Theologie ist die Aufnahme vielfältiger Traditionen.38 „1 Peter makes extensive use of broad and varied traditions in early Christianity – liturgical, catechetical and paraenetic. Many of these traditions were oral and without a fixed form.“39 Berührungen ergeben sich dabei vor allem mit dem Mt-Ev, Jak und der paulinischen Tradition, ohne dass von einer literarischen Ab Herzer, Prophetie 19. Wenn der 1Petr eine Imperfekt-Form wählt, soll dadurch unterstrichen werden, dass nicht eine einmalige Situation dieser Art vor Augen steht, sondern wiederholte Angriffe mit der für den Christus kennzeichnenden Antwort, der erfahrene und erlittene Gewalt nicht mit Gewaltausübung beantwortete; vgl. auch Horrell, Jesus 137. 36 In seiner Auslegung von 1Petr 1,19: „Tametsi enim abolitus est sacrificandi ritus, non tamen parum hoc fidem nostram iuvat, veritatem conferre cum figuris, ut quicquid illae continebant, in hac quaeramus“. 37 Zur Auslegung vgl. bes. Wolter, Röm I, 498–501.507–509, der die Parallelität bes. hervorhebt und für den Röm konstatiert: „… dass Paulus sich die Sache so vorgestellt hat, dass die Herrlichkeit der zu Jesus Christus Gehörenden bereits jetzt bei Gott Realität ist und dereinst oder demnächst aus ihrer himmlischen Verborgenheit heraustreten (darum ἀποκαλυφθῆναι) und für alle Christen zu einer erfahrbaren Wirklichkeit wird: Gottes Herrlichkeit greift auf sie über und bezieht sie … in die Herrlichkeit des Auferstandenen und Erhöhten ein“. Vgl. in diesem Zusammenhang auch 2Kor 4,17; Mk 10,44f; Hebr 2,9–10 u.a. 38 Vgl. auch Brox, Tradition 190–192; Prostmeier, Handlungsmodelle 36; Gielen, Petrusbrief 514; Williams, Intertextuality, sowie die Kommentare von Selwyn (bes. 17–24.363–466), Spicq (bes. 15), Brox (bes. 47–51), Frankemölle, Green u.a. Kraftchick, Hope 84, konstatiert: „Readers of 1Peter experience a wealth of images of Jesus Christ that are drawn from early Christian hymns, creeds, liturgical ceremonies, and interpretations of the Old Testament. The cumulative effect is almost overwhelming in its diversity and reach“. 39 Zerbe, Non-Retaliation 272 (mit Lohse, Goppelt, Elliott u.a.). Zur Aufnahme von bekenntnisartigen Traditionen vgl. vor allem 1 Petr 1,18–21; 2,4; 2,21–25; 3,18f. 34 35
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hängigkeit gesprochen werden muss. In jüngerer Zeit ist vorgeschlagen worden, von einer „integrativen Theologie“40 zu sprechen. So konstatiert Peter Müller: „Damit 1Petr sein Ziel, Trost im Leiden zu spenden, erreichen kann, greift er unterschiedliche Traditionen auf und verknüpft sie zu einer integrativen Zeitdeutung“41. In diesem Zusammenhang kann auch verständlicher werden, weshalb Petrus als Apostel im Präskript markant gesetzt ist, dann aber der weitere Verlauf des Schreibens keine spezifischen Bezüge zur vielfältigen Petrustradition der frühen Zeit erkennen lässt; er ist für das Schreiben die gezielt gesetzte, menschliche Autoritätsfigur – besser „vertrauenswürdige Figur“.42 Nach meiner derzeitigen Wahrnehmung hat der Autor des 1Petr in diesem Zusammenhang für den Briefschluss (gewissermaßen als großer Bogen) auch die Namen Silvanus und Markus ganz gezielt ausgewählt. Die beiden Paulus-Mitarbeiter43 ermöglichen es dem als „Petrus“ auftretenden Autor, gewissermaßen ‚auf allen Klavieren‘ der aufgenommenen Traditionen zu spielen und entsprechende Begrifflichkeiten und Schwerpunkte für seine Theologie und Ermahnungen fruchtbar zu machen. Damit werden nicht nur Beziehungen zu den ‚Großen‘44, Petrus und Paulus,45 gestiftet, sondern auch zu deren Mitarbeitern sowie zu unterschiedlichen Textbereichen wie zu den pln Briefen oder der Apostelgeschichte. In einem solchen Verfahren kann eine besondere Variante der Integrationskraft des 1Petr wahrgenommen werden. Für das theologische und paränetische Reflektieren und Argumentieren spielt der Schriftgebrauch des 1Petr eine maßgebliche Rolle.46 Wenn Zitate ihre Funktion nur dann erfüllen können, „wenn der Verfasser damit rechnen kann, daß der Zitatcharakter des übernommenen Wortlauts dem Leser deutlich ist“47, so geht der Verfasser des 1Petr, nimmt man die Anspielungen48 und Typologien hinzu, von einer ausgeprägten Schriftkenntnis der Rezipienten aus.49 Als Prätexte werden Tora, Propheten und Schriften genutzt, wobei ein deutlicher Schwerpunkt bei Jesaja50 zu Vgl. Müller, Petrusbrief 358. Vgl. in diesem Kontext auch Theißen, Entstehung 181, der für die Katholischen Briefe als Sammlung festhält: „Das leitende Interesse ist hierbei die Konsenssicherung in einem pluralistischen Urchristentum, in dem viele theologische Strömungen nebeneinander existierten“. 41 Müller, Petrusbrief 451. 42 Vgl. auch Müller, Petrusbrief 460–465. 43 Vgl. auch Vahrenhorst 47.55f; Novenson, Epistles 154. 44 Vgl. zur Verbindung paulinischer und petrinischer Linie auch 1Clem 5,4–5; IgnRöm 4,3; Irenäus, haer. 3,3. 45 Vgl. Horrell, Product 54; Vahrenhorst 202. Schon Johannes Calvin hat sich in seiner Kommentierung des 1Petr immer wieder bemüht, eine petrinische neben einer paulinischen Linie zu betonen und zusammenzuführen. 46 Vgl. u.a. Osborne, utilisation; Schutter, Hermeneutic 35–43; Woan, Psalms; Moyise, Isaiah; Müller, Schrift; Woan, Use; Gréaux, Lord 610–612; Doering, Rezeption 127–129. 47 Koch, Schrift 12. Vgl. für den 1Petr auch Feldmeier 94. 48 Vgl. u.a. die Zusammenstellungen bei Elliott 12–17; Watson, Temple 410f. 49 Vgl. auch Müller, Schrift. 50 Vgl. vor allem die Ausführungen zu 2,22–25; 3,14f; 4,14; 40
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verzeichnen und in den Schlusskapiteln ein auffällig starker Bezug auf die Proverbia51 zu beobachten ist. Zu den sprachlichen Besonderheiten des 1Petr gehört der Einsatz metaphorischer Prädikationen.52 Das entspricht auch der paränetischen Gesamtausrichtung des 1Petr (vgl. bes. 2,11; 5,12) und verbindet das Schreiben mit einer Vielzahl antiker Autoren, die im Rahmen ihrer Überlegungen ethische Forderungen und Weisungen formulieren und sich dabei von dem Bemühen geprägt zeigen, eine „nützliche Botschaft mit einer angenehmen Form“53 zu verbinden. Von daher kann der Einsatz von metaphorischen Prädikationen zu den „kulturellen Kommunikationsbedingungen …“ gezählt werden, „unter denen Wertvorstellungen plausibel erschienen“54. Das geschieht durch ein gezieltes Ansprechen der Sinne und des Erlebens55, wodurch nicht nur die heuristische Valenz metaphorischer Prädikationen gestützt wird, sondern vor allem auch ihre paränetische Funktion, die im 1Petr im Dienst an der Identitätsbildung und einem entsprechenden Ruf in die Verantwortung steht. Insofern strebt „metaphorische Ethik“ Zustimmung an und leistet einen Beitrag zur Plausibilität des Vorgetragenen. Angesichts dieser Möglichkeiten kann es kaum verwundern, dass Metaphern häufig in den Dienst einer „moral message“56 treten und damit einer „ars vitae, die ihr Ziel im konkreten Lebensvollzug, in der Ethik hat“57. Dafür muss zuweilen ein besonderer Aufwand betrieben werden, wie ein Beispiel des frühen Mittelalters anschaulich vor Augen führen kann; im Jahr 735 schreibt Bonifatius an die Äbtissin Eadburg: „… Ich bitte Gott, den Allmächtigen, den Vergelter und Belohner aller guten Werke, Dir in den himmlischen Wohnungen und in den ewigen Zeiten für alle Deine Wohltaten, die Du mir erwiesen hast, ewigen Lohn droben in der Versammlung der seligen Engel zu gewähren; denn schon oft hat Deine Nächstenliebe meine Traurigkeit gelindert, sei es durch Vermittlung von Büchern oder durch Unterstützung mit Kleidern. So bitte ich auch jetzt noch zu mehren, was Du begonnen hast, d.h., mir in Goldbuchstaben die Briefe meines Herrn, des heiligen Apostels Petrus, abzuschreiben, zur Achtung und Ehrfurcht vor der hl. Schrift in den Augen der Fleischesmenschen bei der Predigt, und weil ich die Worte gerade dessen, der mich auf diese Fahrt ausgesandt hat, allezeit vor Augen haben möchte. Das für die erbeten Abschrift erforderliche (Gold) schicke ich durch den Priester Eoba.“58 Vgl. auch Feldmeier 18. Vgl. u.a. die Beiträge in Müller, Fußspuren, bes. Gesinnungshüften; Steine; Hüften. 53 Hirsch-Luipold, Licht 99. 54 Zeller, Ethik 215. 55 Vgl. auch Müller, Pflanzung 32f; Eberhart, Kultmetaphorik 15f. 56 Larmour, Metaphor 276. 57 Hirsch-Luipold, Denken 284. 58 Zit. nach Bonifatii Epistulae – Willibaldi Vita Bonifatii / Briefe des Bonifatius – Willibalds Leben des Bonifatius nebst einigen zeitgenössischen Dokumenten unter Benützung der Übersetzungen von M. Tangl und Ph.H. Külb neu bearbeitet von R. Rau, 3., bibliographisch aktualisierte Auflage, Darmstadt 2011, 115. Vgl. zur Rezepti51 52
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Die spezifische Verwendungsweise, die Bonifatius vorschlägt, zielt auf Eindrücklichkeit ab. Die Weisungen des 1Petr, der Gold selbst für vergänglich hält (vgl. 1 Petr 1,7; 1,18), sollen sich den den Leserinnen und Lesern sowie allen Hörenden (vgl. 1Petr 1,14 „Kinder des Gehorsams“) einprägen, um daraus Orientierung und Wegweisung59, Zuversicht60 und Kraft zu schöpfen für die große Herausforderung: das „Gehen in den Fußspuren Christi“ (1 Petr 2,12).
on der Katholischen Briefe bei Bonifatius auch Merkt, Blümlein 172: „Als Bonifatius sich um die Christianisierung der Germanen bemühte, schrieb er einen Brief in seine Heimat, in dem er um Kopien von Bedas Kommentar zu den Katholischen Briefen bat, um ihn bei der Mission einsetzen zu können“ (Bonifatius, Ep. 3). 59 Vgl. auch Blumenberg, Eisberge 30: „… was aufhorchen läßt, wie es immer dann geschieht, wenn die Metapher beim Wort genommen wird und dadurch Orientierung gibt“. 60 Trost schenkende und Mut weckende Zusagen zur konstruktiven Bewältigung des Alltags werden in immer neuen Varianten vernehmbar.
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