Der elterngeldrechtliche Einkommensbegriff: Zur Anbindung der Einkommensermittlung im Elterngeldrecht an das Steuerrecht [1 ed.] 9783428584925, 9783428184927

Der elterngeldrechtliche Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG, der zur Bestimmung des elterngeldrelevanten Einkomme

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German Pages 228 Year 2022

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Der elterngeldrechtliche Einkommensbegriff: Zur Anbindung der Einkommensermittlung im Elterngeldrecht an das Steuerrecht [1 ed.]
 9783428584925, 9783428184927

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Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 368

Der elterngeldrechtliche Einkommensbegriff Zur Anbindung der Einkommensermittlung im Elterngeldrecht an das Steuerrecht

Von

Franziska Wolf

Duncker & Humblot · Berlin

FRANZISKA WOLF

Der elterngeldrechtliche Einkommensbegriff

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Matthias Jacobs, Hamburg Prof. Dr. Rüdiger Krause, Göttingen Prof. Dr. Sebastian Krebber, Freiburg Prof. Dr. Thomas Lobinger, Heidelberg Prof. Dr. Markus Stoffels, Heidelberg Prof. Dr. Raimund Waltermann, Bonn

Band 368

Der elterngeldrechtliche Einkommensbegriff Zur Anbindung der Einkommensermittlung im Elterngeldrecht an das Steuerrecht

Von

Franziska Wolf

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2021 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0227 ISBN 978-3-428-18492-7 (Print) ISBN 978-3-428-58492-5 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2021 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zur Dissertationsschrift angenommen. Sie befindet sich auf dem Stand von September 2021. Herzlich danken möchte ich Frau Prof. Dr. Katharina von Koppenfels-Spies für die Betreuung dieser Arbeit, zu deren Entstehen sie mit wertvollen Impulsen und ihrer steten Bereitschaft zum fachlichen Austausch wesentlich beigetragen hat. Darüber hinaus möchte ich mich für die spannenden und lehrreichen Jahre als studentische Hilfskraft und akademische Mitarbeiterin an ihrem Institut bedanken, die mein Interesse für das Sozialrecht besonders geprägt haben. Herrn Prof. Dr. Sebastian Krebber, LL.M. danke ich sehr für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Mein Promotionsvorhaben wurde durch ein Stipendium des Cusanuswerks gefördert, dem ich ebenfalls meinen herzlichen Dank aussprechen möchte. Bedanken möchte ich mich auch bei der Wissenschaftlichen Gesellschaft Freiburg für die Gewährung eines großzügen Druckkostenzuschusses. Dem Verlag und den Herausgebern der „Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht“ danke ich für die Aufnahme in diese Schriftenreihe. Für die sorgfältige Durchsicht des Manuskripts und die hilfreichen Anmerkungen danke ich Nadja Dussel und Michael Schneider. Mein besonderer Dank gilt Katharina Bowi, die mich in allen Phasen meiner Promotion begleitet hat und auf deren Rat und Zuspruch ich mich stets verlassen kann. Meiner Familie und meinem Mann danke ich für die große Unterstützung und den bedingungslosen Rückhalt. Freiburg, im September 2021

Franziska Wolf

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1. Kapitel Überblick über das Elterngeldrecht

25

A. Vom Erziehungsgeld zum Elterngeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 B. Konzeption des Elterngeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 C. Gesetzgeberische Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 D. Rechtsnatur und systematische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 E. Das Elterngeld im verfassungsrechtlichen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 F. Zusammenfassung des Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Kapitel Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

70

A. Der Einkommensbegriff im BEEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 C. Verwaltungsvereinfachung als legitimes Regelungsziel im Rahmen gewährender Staatstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3. Kapitel Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung im System der Einkommensbegriffe des Sozialrechts 166 A. Das Verhältnis von Steuer- und Sozialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 B. System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 C. Schlussfolgerungen für den elterngeldrechtlichen Einkommensbegriff . . . . . . . . . . . . 187

8

Inhaltsübersicht 4. Kapitel Alternative Regelungsmodelle zur Einkommensermittlung

194

A. Modifizierte Steuerrechtsakzessorietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 B. Elterngeldspezifischer Einkommensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 C. Sozialversicherungsrechtlicher Einkommensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

1. Kapitel Überblick über das Elterngeldrecht

25

A. Vom Erziehungsgeld zum Elterngeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 B. Konzeption des Elterngeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 I. Anspruchsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 II. Leistungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Höhe des Elterngeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Bezugszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3. Elterngeld Plus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 III. Zuständigkeit und Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 C. Gesetzgeberische Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Ausgleich von Einkommenseinbußen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 II. Anerkennung der Erziehungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 III. Gleichstellungsrechtliche Intention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 IV. Demografiepolitische Maßnahme? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 D. Rechtsnatur und systematische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 I. Formale Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 II. Binnenstruktur des Sozialrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 III. Strukturmerkmale des Elterngeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Einkommensersatzleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) Referenzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Leistungsniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 c) Leistungsbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. „Echte“ Sozialleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 a) Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

10

Inhaltsverzeichnis b) Einkommensunabhängige Elterngeldbestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 c) Anspruchsausschluss von Spitzenverdienern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 IV. Systemwidrige Konzeption? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Vorgebrachte Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Steuerfinanzierte Einkommensersatzleistungen im Sozialrecht . . . . . . . . . . . 47 b) Einkommen als sachgerechtes Differenzierungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . 48 c) Systematische Sonderstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 V. Ambivalente Rechtsnatur: Einkommensersatzleistung besonderer Art . . . . . . . . . 50

E. Das Elterngeld im verfassungsrechtlichen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 I. Ausgestaltung als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung . . . . . . . . . . . . . . . 52 1. Gesetzgebungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 a) Weiter kompetenzrechtlicher Fürsorgebegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 b) Erfordernis einer bundeseinheitlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2. Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 aa) Differenzierung nach dem Erwerbseinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 bb) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 c) Ergebnis: Kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 II. Verfassungsrechtliche Vorgaben für die einfachgesetzliche Umsetzung . . . . . . . . 61 1. Rahmenbedingungen gesetzgeberischer Gestaltungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . 61 a) Gestaltungsfreiheit im Bereich staatlicher Familienförderung . . . . . . . . . . . . 62 b) Verfassungsrechtliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) Kein versicherungsrechtliches Äquivalenzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 bb) Kein Mindestsicherungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Reichweite gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 a) Verwaltungsvereinfachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 b) Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 F. Zusammenfassung des Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

Inhaltsverzeichnis

11

2. Kapitel Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

70

A. Der Einkommensbegriff im BEEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 I. Entwicklung des Einkommensbegriffs im Gesetzgebungsverfahren . . . . . . . . . . . 71 1. Gesetzentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 2. Stellungnahme des Bundesrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3. Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 II. Bestandsaufnahme des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs . . . . . . . . . . . . 73 1. Normativer Ausgangspunkt: § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Steuerrechtliche Prägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 a) Funktion des Einkommens im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 b) Steuerrechtlicher Einkommensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3. Erwerbsbezogene Ausrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 III. Ablauf der Einkommensermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 1. Bemessungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 a) Abhängig Beschäftigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Selbständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 c) Mischeinkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Elterngeldrelevantes Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Nichtselbständige Erwerbstätigkeit, § 2c BEEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Selbständige Erwerbstätigkeit, § 2d BEEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3. Abzüge für Steuern und Sozialabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4. Besonderheiten bei der Einkommensermittlung im Bezugszeitraum . . . . . . . . . 83 IV. Ergebnis: Steuerrechtsakzessorischer Einkommensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 I. Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 1. Unbeachtlichkeit steuerfreier Zahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Steuerfreie Einnahmen und Zuschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 aa) Subventionierende und prämierende Zahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (1) Elterngeldspezifische Auslegung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (2) Auslegungsgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 bb) Lohnersatzleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 cc) Indisponible Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 b) Im Ausland versteuerte Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 aa) Elterngeldkonstellationen mit Auslandsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Eingliederung in eine fremde Sozialordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Begrenzung der Einkommensersatzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

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Inhaltsverzeichnis 2. Zeitliche Zuordnung von Einnahmen nach steuerlichen Grundsätzen . . . . . . . . 97 a) Zuordnung verspäteter Zahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 b) Abkehr vom modifizierten Zuflussprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Lohnsteuerrechtliche Ausnahmen – Missverständnis des BSG . . . . . . . . . . . 100 d) Korrektur des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 3. Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen . . . . 103 a) Grund der Differenzierung im Lohnsteuerabzugsverfahren . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Ausschluss sonstiger Bezüge gem. § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG . . . . . . . . . . . . . . 105 aa) Gesetzesentwicklung unter dem Einfluss der BSG-Rechtsprechung zur Berücksichtigungsfähigkeit von Provisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (1) Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (2) BSG 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (3) Gesetzesänderungen 2011 und 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (4) BSG 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 (5) Verschärfte Steuerrechtsakzessorietät seit dem Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (6) BSG 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R und B 10 EG 7/17 R . . . . . . . . 111 bb) Strikte steuerrechtliche Differenzierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 (1) Bindungswirkung der Lohnsteueranmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (a) Wortlaut und Gesetzesentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (b) Unzureichende Rechtsschutzmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (c) Wegfall der Bindungswirkung nach § 124 Abs. 2 AO . . . . . . . . . 118 (d) Widerlegbarkeit der Vermutungsregel in § 2c Abs. 2 S. 2 BEEG 119 (2) Rechtsnormwirkung von Lohnsteuerrichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 cc) Überschreitung gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit? . . . . . . . . . . . . . 122 c) Reichweite des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 aa) Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (1) Einmalige Sondervergütungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (2) Jährlich wiederkehrende Sondervergütungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Laufend gezahltes Arbeitsentgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 cc) Lohn- und Gehaltsnachzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 d) Sonstige Bezüge als zweckwidriges Differenzierungskriterium . . . . . . . . . . 131 4. Zulässigkeit eines Lohnsteuerklassenwechsels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 a) Funktion eines Lohnsteuerklassenwechsels im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . 134 b) Elterngeldrelevante Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 c) Zeitliche Mindestanforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 d) Einwand des Rechtsmissbrauchs? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Rechtsmissbrauchsverbot als allgemeiner Rechtsgedanke . . . . . . . . . . . 137 bb) Die Figur des Rechtsmissbrauchs im Sozialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (1) Kein elterngeldspezifisches Verbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Inhaltsverzeichnis

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(2) Unbeachtlichkeit eines Steuerklassenwechsels gem. § 153 Abs. 3 SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (3) Keine Übertragbarkeit des zivilrechtlichen Maßstabes . . . . . . . . . . . 140 e) Verzerrung der Einkommensersatzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 5. Zwischenergebnis zum Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit 142 II. Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Berücksichtigung tätigkeitsunabhängiger Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 a) Einnahmen ohne Bezug zur eigenen Arbeitskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 aa) Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage . . . . . . . . . . . . . . 145 bb) Gewinnanteile aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft . . . . . 146 b) Typisierte Anknüpfung an den persönlichen Arbeitseinsatz . . . . . . . . . . . . . 147 2. Zulässigkeit steuerlicher Gestaltungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 a) Optimierung des elterngeldrelevanten Einkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 aa) Ausnutzung des Zuflussprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 bb) Abschreibung und Rücklagenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 cc) Gewinnverzichtsregelung durch Gesellschafterbeschluss . . . . . . . . . . . . 151 b) Grenze: Rechtsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 3. Mittelbare Folge: Verschiebung des Bemessungszeitraums . . . . . . . . . . . . . . . . 154 a) Maßgeblichkeit des steuerlichen Veranlagungszeitraums . . . . . . . . . . . . . . . 155 aa) Vereinfachung der Einkommensermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 bb) Dualismus der Einkunftsarten als Rechtfertigungsansatz . . . . . . . . . . . . 156 cc) Keine Ausnahmen bei Einkommensschwankungen . . . . . . . . . . . . . . . . 157 b) Mischeinkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 c) Verfassungsrechtliches Erfordernis einer Härtefallregelung? . . . . . . . . . . . . 160 4. Zwischenergebnis zum Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit . . . . . . 162 C. Verwaltungsvereinfachung als legitimes Regelungsziel im Rahmen gewährender Staatstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

3. Kapitel Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung im System der Einkommensbegriffe des Sozialrechts

166

A. Das Verhältnis von Steuer- und Sozialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 I. Soziale Umverteilung durch Transfersysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 II. Einkommen als Bezugsgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 B. System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 I. Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Sozialversicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Funktion des Einkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

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Inhaltsverzeichnis b) Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen, §§ 14, 15 SGB IV . . . . . . . . . . . . . . 172 2. Recht der sozialen Hilfe und Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 3. Entschädigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 II. Strukturmerkmale sozialrechtlicher Einkommensbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 1. Anknüpfungspunkt: Leistungsrechtliche Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 2. Funktionale Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Leistungsbegrenzende Einkommensbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Leistungsbemessende Einkommensbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 III. Reichweite und Grenzen der Anbindung an das Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als Maßstab der leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 a) Universaleinnahmenprinzip und Verweis auf § 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 b) Berücksichtigung leistungsspezifischer Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Erwerbsbezogene Ausrichtung der leistungsbemessenden Einkommensbegriffe 184 a) Steuerrechtsunabhängige Entgeltdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Verweis auf die steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

C. Schlussfolgerungen für den elterngeldrechtlichen Einkommensbegriff . . . . . . . . . . . . 187 I. Funktion des Einkommens im Elterngeldrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Leistungsbemessende Funktion nach § 2 Abs. 1 BEEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 2. Leistungsbegrenzende Funktion nach § 1 Abs. 8 BEEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Primärfunktion: Leistungsbemessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 II. Steuerrecht als systemwidriger Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des leistungsbemessenden Einkommens aus Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

4. Kapitel Alternative Regelungsmodelle zur Einkommensermittlung

194

A. Modifizierte Steuerrechtsakzessorietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 B. Elterngeldspezifischer Einkommensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 C. Sozialversicherungsrechtlicher Einkommensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 I. Beitragsfinanzierte Elternversicherung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 II. Steuerfinanziertes Elterngeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 1. Rückgriff auf §§ 149 ff. SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 a) Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 aa) Arbeitsentgelt, § 14 SGB IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 bb) Arbeitseinkommen, § 15 SGB IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) Abzüge für Steuern und Sozialabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Inhaltsverzeichnis

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c) Einkommen im Bezugszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 2. Funktionaler und systematischer Mehrwert der Anwendung des sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. A-Drs. Abs. a. E. a. F. AfA AK Alg II-V Anm. AO AöR ArbR Art. ASR AsylbLG Aufl. BAföG BAG BayBtGG BB Bd. BeckOK BEEG Begr. Beschl. BErzGG BFH BFHE BFH/NV BGB BGBl. BGHZ BKGG BMFSFJ BR-Drs. BSG BSGE

andere Ansicht am angegebenen Ort Ausschussdrucksache Absatz am Ende alte Fassung Absetzung für Abnutzung Anwalt und Kanzlei Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung Anmerkung Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrecht Artikel Anwalt/Anwältin im Sozialrecht Asylbewerberleistungsgesetz Auflage Bundesausbildungsförderungsgesetz Bundesarbeitsgericht Bayerisches Betreuungsgeldgesetz Betriebs-Berater Band Beck’scher Online-Kommentar Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit – Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz Begründer Beschluss Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit – Bundeserziehungsgeldgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundeskindergeldgesetz Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Bundesratsdrucksache Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts

Abkürzungsverzeichnis bspw. BStBl. BT-Drs. BVerfG BVerfGE BVG BW bzgl. bzw. CDU CSU DB ders. Destatis dies. diff. DM DStR DStZ DVBl Einf. Einl. EPA ErfK Erg.-Lfg. ESt EU e.V. EVS f. ff. FamRB FamRZ FG FGO Fn. fortgef. FPfZG FPR FR FS GbR GewStG gem. gen. GG GKV

17

beispielsweise Bundessteuerblatt Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges – Bundesversorgungsgesetz Baden-Württemberg bezüglich beziehungsweise Christlich Demokratische Union Christlich-Soziale Union Der Betrieb derselbe Statistisches Bundesamt dieselbe differenzierend Deutsche Mark Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuer-Zeitung Deutsches Verwaltungsblatt Einführung Einleitung Europäisches Patentamt Erfurter Kommentar Ergänzungslieferung Einkommensteuergesetz Europäische Union eingetragener Verein Einkommens- und Verbrauchsstichprobe folgende fortfolgende Der Familien-Rechts-Berater Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Finanzgericht Finanzgerichtsordnung Fußnote fortgeführt Familienpflegezeitgesetz Familie – Partnerschaft – Recht Finanz-Rundschau Festschrift Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gewerbesteuergesetz gemäß genannt Grundgesetz Gesetzliche Krankenversicherung

18 GmbH GRV GS GSP HBeglG HGB HH hrsg. Hrsg. Hs. i. H. v. info also IW jM jurisPK jurisPR JuS JZ Kap. KassKomm KG KJ krit. KStG LAG LSG LStR mtl. MuSchG MuSchEltZV MüKo Nds.-Brm. n. F. NJW Nr. NRW NVwZ NWB NZA NZFam NZS PflegeZG RArbBl. RBEG RdJB RFH

Abkürzungsverzeichnis Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetzliche Rentenversicherung Gedächtnisschrift Gesundheits- und Sozialpolitik Haushaltsbegleitgesetz Handelsgesetzbuch Hamburg herausgegeben HerausgeberIn Halbsatz in Höhe von Informationen zum Arbeitslosenrecht und Sozialhilferecht Institut der deutschen Wirtschaft juris – Die Monatszeitschrift juris PraxisKommentar juris PraxisReport Juristische Schulung Juristenzeitung Kapitel Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht Kommanditgesellschaft Kritische Justiz kritisch Körperschaftsteuergesetz Landesarbeitsgericht Landessozialgericht Lohnsteuerrichtlinie monatlich Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium – Mutterschutzgesetz Verordnung über den Mutterschutz für Beamtinnen des Bundes und die Elternzeit für Beamtinnen und Beamte des Bundes Münchener Kommentar Niedersachsen-Bremen neue Fassung Neue Juristische Wochenzeitschrift Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Wirtschaftsbriefe für Wirtschafts- und Steuerrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Familienrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Pflegezeitgesetz Reichsarbeitsblatt Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz Recht der Jugend und des Bildungswesens Reichsfinanzhof

Abkürzungsverzeichnis RFHE RGBl. Rn. s. S. S. s. a. SG SGb SGB SGB-XII-EinkBV s. o. SozR SozR SozSich SPD SRa Stbg StGB st. Rspr. StuW SvEV Tab. u. a. Urt. UVG v. VersorgB vgl. VO Vorb. VSSR WoGG WzS ZAT z. B. ZfF ZfS ZFSH/SGB Ziff. zit. ZPO ZRP ZSR zust.

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Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs Reichsgesetzblatt Randnummer siehe Satz Seite siehe auch Sozialgericht Die Sozialgerichtsbarkeit Sozialgesetzbuch SGB XII-Einkommensberechnungsverordnung siehe oben Sozialrecht Entscheidungssammlung Sozialrecht Soziale Sicherheit Sozialdemokratische Partei Deutschlands Sozialrecht aktuell Die Steuerberatung Strafgesetzbuch ständige Rechtsprechung Steuer und Wirtschaft Sozialversicherungsentgeltverordnung Tabelle und andere Urteil Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen – Unterhaltsvorschussgesetz vom Der Versorgungsbeamte vergleiche Verordnung Vorbemerkung Vierteljahrsschrift für Sozialrecht Wohngeldgesetz Wege zur Sozialversicherung Zeitschrift für Arbeitsrecht und Tarifpolitik in Kirche und Caritas zum Beispiel Zeitschrift für das Fürsorgewesen Das Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung Zeitschrift für die sozialrechtliche Praxis Ziffer zitiert Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Sozialreform zustimmend

Einleitung A. Problemstellung Gesellschaftliche Entwicklungen und veränderte Lebensentwürfe von Frauen und Männern stellen den Sozialstaat vor neue Herausforderungen. In den meisten Familien sind heute beide Elternteile berufstätig.1 Zugeschnitten auf das traditionelle Familienmodell der Alleinverdiener-Ehe wurden die über Jahrzehnte bestehenden Familienleistungen in Deutschland dem steigenden Bedürfnis, Familienleben und Berufstätigkeit miteinander in Einklang zu bringen, immer weniger gerecht. Angesichts der demografischen Entwicklung hielt der Gesetzgeber Anfang der 2000erJahre eine Neuausrichtung der familienpolitischen Leistungen für erforderlich, wobei insbesondere die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert und die Familiengründung erleichtert werden sollte.2 Geschaffen wurde ein abgestimmter Dreiklang, bestehend aus einer verbesserten Betreuungsinfrastruktur, einer familienbewussten Arbeitswelt und einer gezielten finanziellen Stärkung junger Familien.3 Als Teil dieser „nachhaltigen Familienpolitik“4 wurde 2007 das Elterngeld im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) eingeführt.5 Das Elterngeld gehört neben dem Kindergeld zu einer der wichtigsten Familienleistungen in Deutschland. Anspruch auf Elterngeld haben Mütter und Väter, die ihre Erwerbstätigkeit aufgeben oder einschränken, um ihr Kind in den ersten Monaten nach der Geburt zu betreuen. Das Elterngeld soll die betreuungsbedingten Einkommenseinbußen abmildern und zugleich das Einkommensniveau der Familie fortschreiben. Aus diesem Grund orientiert sich die Höhe des Elterngeldes am Nettoverdienst der anspruchsberechtigten Person. Ersetzt werden in der Regel zwei Drittel des Durchschnittseinkommens bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro pro 1 Im Jahr 2018 waren in 67 % der Paarfamilien beide Elternteile erwerbstätig, s. Destatis, Ergebnisse des Mikrozensus 2018, S. 134 Tab. 6.4, abrufbar unter https://www.destatis.de/ DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Haushalte-Familien/Publikationen/Down loads-Haushalte/geburtentrends-tabellenband-5122203189014.pdf?__blob=publicationFile (1. 9. 2021). 2 Siebter Familienbericht, BT-Drs. 16/1316, S. 245 ff. 3 BT-Drs. 16/1889, S. 2. Der Ausbau der Kinderbetreuung wurde durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz v. 27. 12. 2004 (BGBl. I, S. 3852) auf den Weg gebracht und durch das Kinderförderungsgesetz v. 10. 1. 2008 (BGBl. I, S. 2403) ergänzt. Die befristete Freistellung von den arbeitsvertraglichen Pflichten wird durch das Recht auf Elternzeit gewährleistet (§§ 15 bis 21 BEEG). Umfassend zum Recht auf Elternzeit s. Bruns, Elternzeit (2019). 4 Siebter Familienbericht, BT-Drs. 16/1316, S. 245 ff. 5 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes v. 5. 12. 2006 (BGBl. I, S. 2748).

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Einleitung

Monat. Eltern, die vor der Geburt nicht erwerbstätig waren, erhalten ein Mindestelterngeld in Höhe von 300 Euro. Da es sich beim Elterngeld um eine einkommensabhängige Sozialleistung handelt, muss die Leistungshöhe für jede anspruchsberechtigte Person individuell berechnet werden. Zentraler Bestandteil der Einkommensermittlung ist die Bestimmung des elterngeldrelevanten Einkommens, derjenigen Einkommensbestandteile also, die der Elterngeldberechnung zugrunde liegen. Entsprechend der Funktion, die betreuungsbedingten Einkommenseinbußen auszugleichen, wird für die Berechnung des Elterngeldes allein das Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt. Einkünfte, die nicht mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Zusammenhang stehen, etwa solche aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen, bleiben bei der Elterngeldberechnung außen vor. Anders als im Gesetzentwurf ursprünglich vorgesehen, erfolgt die Ermittlung des elterngeldrelevanten Einkommens aber nicht auf Grundlage eines sozialrechtlichen Einkommensbegriffs, sondern richtet sich weitestgehend nach dem Steuerrecht. Gem. § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG ist für die Berechnung des Elterngeldes die Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) maßgeblich. Die Anbindung an das Steuerrecht soll in erster Linie ein schnelles und einfaches Verwaltungsverfahren sicherstellen.6 Die steuerrechtliche Definition des Einkommens aus Erwerbstätigkeit weicht teilweise aber erheblich von der Summe der Einkommensbestandteile ab, die tatsächlich auf eine Erwerbstätigkeit zurückzuführen sind. Dies hat zur Folge, dass die Berechnung des Elterngeldes nicht immer auf der Grundlage des betreuungsbedingt ausfallenden Erwerbseinkommens beruht und der monatliche Elterngeldbezug vieler Eltern höher oder niedriger ausfällt, als es nach der Grundkonzeption des Elterngeldes vorgesehen ist. Mit seiner Ausrichtung am Steuerrecht nimmt der elterngeldrechtliche Einkommensbegriff im Vergleich zu den übrigen sozialrechtlichen Einkommensbegriffen eine Sonderstellung ein. Bislang kannte das Sozialrecht im Wesentlichen zwei unterschiedliche Arten von Einkommensbegriffen: Soweit es um die Berechnung von Lohnersatzleistungen geht, wie zum Beispiel dem Kranken-, Verletztenoder Arbeitslosengeld, wird das Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt. Dieses wird in §§ 14, 15 SGB IV als Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen in Form einer eigenständigen sozialrechtlichen Regelung definiert. Bei bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistungen, etwa der Sozialhilfe, der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder dem Wohngeld, werden dagegen nicht nur Erwerbseinkünfte, sondern 6

Entwurf des Bundesrates zur Einführung des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, BT-Drs. 17/1221, S. 1, 7; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Gesetzentwurf des Bundesrates, BT-Drs. 17/9841, S. 1; s. a. die Ausführungen der Bundesregierung zur Einführung des Elterngeld Plus, BTDrs. 18/2583, S. 25, vgl. Dau, jurisPR-SozR 20/2012 Anm. 1; Richter, DStR 2012, 2285, 2287.

B. Gang der Untersuchung

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sämtliche Einkünfte berücksichtigt, die der anspruchsberechtigten Person tatsächlich zugeflossen sind. Da sich sozialrechtlicher Bedarf und steuerliche Leistungsfähigkeit in diesem Fall spiegelbildlich gegenüberstehen, sind die bedürftigkeitsabhängigen Einkommensbegriffe eng mit dem Steuerrecht verzahnt. Mit dem elterngeldrechtlichen Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG, der zur Ermittlung des Erwerbseinkommens auf das Steuerrecht verweist, hat der Gesetzgeber eine im System der Einkommensbegriffe derzeit einzigartige Sonderkonstruktion geschaffen.7 Aufgrund dieser „inkohärente[n] Einkommensdefinition“8 hat sich die Einkommensermittlung im Elterngeldrecht als besonders konfliktträchtig herausgestellt und beschäftigt seit jeher die Sozialgerichtsbarkeit in allen Instanzen. Zentrale Frage ist dabei stets, ob das elterngeldrelevante Einkommen streng nach Maßgabe des Steuerrechts zu ermitteln ist, selbst wenn dies zu Ergebnissen führt, die dem Zweck des Elterngeldes zuwiderlaufen. Während zunächst in Einzelfällen eine abweichende, elterngeldspezifische Auslegung vorgenommen wurde, löst auch das Bundessozialgericht (BSG) dieses Spannungsfeld mittlerweile konsequent zugunsten des Steuerrechts auf und erkennt damit auch den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers an. Unberücksichtigt bleibt bislang aber die Frage, ob das Steuerrecht überhaupt ein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Elterngeldberechnung ist, oder ob es sich bei einem steuerrechtlich geprägten Einkommensbegriff im Elterngeldrecht vielmehr um eine „gesetzgeberische Fehlkonstruktion“9 handelt. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher zu überprüfen, ob das Steuerrecht die passende Referenz für die Einkommensermittlung im Elterngeldrecht darstellt. Die Untersuchung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs soll zum Anlass genommen werden, die systematischen Zusammenhänge der Einkommensbegriffe im Sozialrecht herauszuarbeiten und dabei insbesondere die Bedeutung der Reichweite ihrer Verknüpfung mit dem Steuerrecht zu verdeutlichen. In diesem Zusammenhang spielt vor allem die Bestimmung der Rechtsnatur des Elterngeldes eine zentrale und bislang kaum berücksichtigte Rolle.

B. Gang der Untersuchung Das erste Kapitel gibt einen Überblick über das Elterngeldrecht. Eingangs wird die Entstehung des Elterngeldes (A.) beschrieben. Im Rahmen der Vorstellung der 7 Zur Ausgestaltung der Einkommensbegriffe im Sozialrecht s. etwa Burger, VSSR 1991, 205 ff.; 257 ff.; Ebsen, Einkommensbezogenes Sozialleistungsrecht (1996). 8 Gühlstorf, ZfF 2012, 49, 50. 9 Dau, jurisPR-SozR 20/2012 Anm. 1; ähnlich ders., jurisPR-SozR 10/2018 Anm. 4; ders., jurisPR-SozR 2/2020 Anm. 6; krit. auch Gühlstorf, ZfF 2012, 49 ff.; von Koppenfels-Spies, NZS 2017, 641 ff.; Löbner/Tünz, SRa 2016, 41 ff.; Cranshaw bezeichnet die Anbindung an das Steuerrecht als „eigentümlich“, SGb 2021, 184, 185.

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Einleitung

Konzeption des Elterngeldes wird sodann erläutert, wer Anspruch auf Elterngeld hat, wie das Elterngeld berechnet wird und welcher Finanzierungsmodus der Leistung zugrunde liegt (B.). Sodann werden die Ziele herausgearbeitet, die der Gesetzgeber mit dem Elterngeld verfolgt (C.). Daran schließt sich die Untersuchung über die systematische Stellung des Elterngeldes und seine Rechtsnatur an (D.). Dabei gilt es auch zu klären, ob sich das Elterngeld als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung widerspruchsfrei in die sozialrechtliche Binnenstruktur einordnen lässt. Anschließend wird die Konzeption des Elterngeldes in den verfassungsrechtlichen Kontext eingeordnet (E.). Im zweiten Kapitel geht es um die Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht. Diese Anbindung folgt aus dem Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG, der zur Ermittlung des elterngeldrelevanten Einkommens auf das materielle Steuerrecht verweist. In einem ersten Schritt wird der geltende Einkommensbegriff im BEEG näher betrachtet (A.). Dabei wird auch der Frage nachgegangen, warum im Elterngeldrecht ein am Steuerrecht ausgerichteter Einkommensbegriff gilt. In einem zweiten Schritt werden dann die Konsequenzen untersucht, die die steuerrechtsakzessorische Einkommensermittlung auf den Elterngeldbezug, insbesondere auf die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes, hat (B.). Im dritten Kapitel wird die steuerrechtliche Ausrichtung des Einkommensbegriffs kritisch hinterfragt und einer Bewertung unterzogen. Dazu werden zunächst die Schnittstellen von Steuer- und Sozialrecht, ihre Gegensätze und Gemeinsamkeiten erläutert (A.). Sodann werden die unterschiedlichen Erscheinungsformen sozialrechtlicher Einkommensbegriffe auf gemeinsame Strukturmerkmale hin untersucht, um daraus ein System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht zu erarbeiten (B.). Besondere Beachtung findet dabei die Reichweite der Anknüpfung der Einkommensbegriffe an das Steuerrecht. Aus den gewonnenen Erkenntnissen werden anschließend Schlussfolgerungen für die systematische Ausrichtung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs abgeleitet (C.). Im vierten und letzten Kapitel werden schließlich alternative Regelungsmodelle zur Einkommensermittlung vorgestellt und dahingehend untersucht, ob und inwiefern sie im Elterngeldrecht zu systematisch überzeugenden und sachgerechten Ergebnissen führen können.

1. Kapitel

Überblick über das Elterngeldrecht Das Elterngeldrecht ist ein verhältnismäßig junges Rechtsgebiet, das in der Rechtswissenschaft bislang vergleichsweise selten behandelt wird. Gleichzeitig zeichnet sich die Konzeption des Elterngeldes durch eine hohe Komplexität aus.1 Der Untersuchung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs ist daher ein Überblick über das Elterngeldrecht vorangestellt.

A. Vom Erziehungsgeld zum Elterngeld Vorläufer des Elterngeldes war das Erziehungsgeld, das bereits 1986 im Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) eingeführt wurde.2 Ebenso wie das Elterngeld richtete sich das Erziehungsgeld an Eltern, die in der ersten Zeit nach der Geburt ihre Erwerbstätigkeit unterbrachen, um ihr Kind selbst zu betreuen. Anders als beim Elterngeld war die Zielsetzung des Erziehungsgeldes hingegen eher ideeller Natur, da es in erster Linie der gesellschaftlichen Anerkennung der Erziehungs- und Betreuungsleistung der Eltern diente.3 Der Charakter des Erziehungsgeldes war von zwei wesentlichen Strukturmerkmalen geprägt. Es wurde in Form eines Pauschalbetrages von zuletzt monatlich 300 Euro für längstens 24 Monate gezahlt und zudem nur innerhalb relativ niedriger Einkommensgrenzen gewährt.4 Das Erziehungsgeld erfüllte somit keine Lohnersatzfunktion, sondern wirkte vielmehr wie ein „universell angelegter Zuschuss zum Kindergeld“.5 Die niedrigen Einkommensgrenzen wurden im Laufe der Zeit sogar 1 Vgl. jüngst die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des BEEG, BR-Drs. 559/20(B), S. 5. Bereits im Gesetzgebungsverfahren wurde kritisiert, dass das Elterngeld übermäßig kompliziert sei, s. Seiler, A-Drs. 16(13)81 g, S. 12. Krit. auch Brose, NZS 2017, 361, 365; Löbner/Tünz, SRa 2016, 41 ff.; Richter, DStR 2015, 366, 368; Winkel, SozSich 2014, 410, 412. Dau beschreibt die Vielfalt des Leistungsspektrums als „verästelte[s] Dickicht“ (jurisPR-SozR 12/2015 Anm. 1). 2 BGBl. I, S. 2154. 3 BT-Drs. 10/3792, S. 1, 18; Rancke/Lenz/Wagner BEEG Vor § 1 Rn. 2. 4 Nach der Einführung des sogenannten Budgetmodells im Jahr 2000 konnte die monatliche Zahlung auf 450 Euro erhöht werden, wobei der Auszahlungszeitraum sich auf 12 Monate verringerte (§ 5 Abs. 1 BErzGG). Zu weiteren Reformen des BErzGG s. Buchner/Becker/ Becker BEEG Einf. Rn. 34 sowie Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 39 ff. 5 Becker, in: FS Buchner, S. 67.

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

noch herabgesenkt, sodass zuletzt nur noch Eltern mit unterdurchschnittlichem Einkommen Anspruch auf Erziehungsgeld hatten.6 Auch die Höhe des monatlichen Festbetrags von ursprünglich 600 DM blieb über 20 Jahre unverändert und wurde nicht an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst.7 Insbesondere die fehlende Dynamisierung führte zu einem fortschreitenden Bedeutungsverlust des Erziehungsgeldes.8 Der sozialpolitische Zweck entfernte sich zunehmend von einer breit angelegte Familienförderung hin zu einer bedürftigkeitsabhängigen Hilfe für einkommensschwache Familien.9 Darüber hinaus wurde kritisiert, dass das Erziehungsgeld eine geschlechterspezifische Rollenverteilung begünstige und zur Verfestigung eines traditionellen Familienbildes beitrage.10 Aufgrund des geringen Leistungsumfangs setzte es einen Anreiz dafür, dass der Elternteil mit dem niedrigeren Einkommen die Kinderbetreuung übernimmt.11 Dies hatte zur Folge, dass fast ausschließlich Frauen ihre Erwerbstätigkeit aufgaben und Erziehungsgeld in Anspruch nahmen.12 Derart einseitige betreuungsbedingte Einschränkungen der Erwerbstätigkeit können jedoch zu kaum aufholbaren Nachteilen im Berufsleben und in der Altersabsicherung führen.13 Das Risiko des Verlustes wirtschaftlicher Selbständigkeit sowie die Abhängigkeit von Transferleistungen im Alter konnten durch das Erziehungsgeld nicht abgefedert werden, sondern wurden durch dessen konkrete Ausgestaltung mitunter verstärkt. Die bestehenden Familienleistungen sollten daher durch eine grundlegende Neuausrichtung an die Lebensrealität der Familien angepasst und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den Fokus staatlicher Familienpolitik gerückt werden. Als wesentliches Element der familienpolitischen Agenda war die Weiterentwicklung des bedürftigkeitsabhängigen Erziehungsgeldes hin zu einem einkommensabhängigen Elterngeld vorgesehen. Vorbild waren die skandinavischen Familienleistungen, die auch unter demografischen Gesichtspunkten als vielversprechende Maß6 Plagemann/Fuchsloch/Kramer § 33 Rn. 2; Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 33; Müller-Heine, GSP 2006, 57, 58; Scheiwe/Fuchsloch, ZRP 2006, 37. 7 Becker, in: FS Buchner, S. 67. 8 Buchner/Becker/Becker BEEG Einf. Rn. 5. 9 Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 33. 10 Bereits Malzahn, KJ 1985, 187 ff.; Sell, ZSR 1995, 447; ebenso Wersig, in: Soziale Sicherungsmodelle, S. 131, 132 ff.; Zur Beschreibung dieses Rollenmodells finden sich unterschiedliche Formulierungen z. B. „Haupternährer-/Familienmutter-Modell“ (BT-Drs. 16/ 1889, S. 14); „Hausfrauenehe“ (Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 37); „Ernährer-Hausfrauen-Ehe“ (Kaufmann, Schrumpfende Gesellschaft, S. 183); „Familienernährer-Modell“ (Scheiwe, KJ 2005, 127, 129). 11 Plagemann/Fuchsloch/Kramer § 33 Rn. 2 12 2003 wurden etwa 97 % der Anträge auf Erziehungsgeld von Müttern gestellt, vgl. Scheiwe/Fuchsloch, ZRP 2006, 37, 38; Rancke/Lenz/Wagner BEEG Vor § 1 Rn. 2. Zu den (re)traditionalisierenden Elementen des Erziehungsgeldes s. a. Wersig, in: Soziale Sicherungsmodelle, S. 131, 132 ff. 13 BT-Drs. 16/1889, S. 14, 16.

A. Vom Erziehungsgeld zum Elterngeld

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nahmen angesehen wurden.14 In Expertenkreisen und Verbänden traf die Einführung eines einkommensabhängigen Elterngeldes im Zuge einer generellen Ausweitung der familienpolitischen Leistungen daher auf breite Zustimmung.15 Dennoch war die Einführung des Elterngeldes nicht unumstritten und wurde kontrovers diskutiert. Hauptstreitpunkte waren insbesondere die Verteilungswirkungen dieser neuartigen Familienleistung, die mitunter als sozial unausgewogen abgelehnt wurden.16 Kritisiert wurde, dass der Staat in erster Linie DoppelverdienerEhen und damit ein bestimmtes Familienmodell einseitig fördere.17 Überdies würden Besserverdiener bevorzugt, da sie mehr Geld erhielten als Eltern mit niedrigem Einkommen, ohne dass dies durch eine vorangegangene Beitragszahlung gerechtfertigt werden könnte.18 Trotz der vorgebrachten Kritik einigte sich der Bundestag mit den Stimmen der Koalition aus CDU/CSU und SPD auf die Einführung eines einkommensabhängigen Elterngeldes.19 Nach der Zustimmung des Bundesrates trat das Elterngeld zum 1. 1. 2007 in Kraft und löste damit das Erziehungsgeld ab.20 Das BEEG hat die Struktur des BErzGG im Wesentlichen übernommen und vereint mit den sozialrechtlichen Vorschriften zum Elterngeld (§§ 1 bis 14 BEEG) und den arbeitsrechtlichen Vorschriften zur Elternzeit (§§ 15 bis 21 BEEG) zwei voneinander unabhängige Regelungsregime. Das Recht auf Elternzeit beinhaltet die befristete Freistellung von den arbeitsvertraglichen Pflichten und besteht grundsätzlich bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes.21 Die Inanspruchnahme von Elternzeit ist zwar keine Voraussetzung für den Bezug von Elterngeld. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fällt die Zeit des Elterngeldbezugs in der Regel aber in die gesetzlich garantierte Elternzeit. Durch diese

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Siebter Familienbericht, BT-Drs. 16/1316, S. 65; Müller-Heine, GSP 2006, 57, 59. Vgl. Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur Einführung des Elterngeldes, Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 16. Sitzung, 3. 7. 2006, S. 10 f., 13 ff., abrufbar unter https://www.elterngeld.net/ quellen/Elterngeld-Anhoerung.pdf (1. 9. 2021). 16 So etwa Seiler, Stellungnahme zum Elterngeld, A-Drs. 16(13)81 g. 17 Quambusch, ZFSH/SGB 2007, 529 ff. 18 Umfassende Kritik bei Seiler, NVwZ 2007, 129 ff.; s. hierzu später unter D. IV. 1. 19 Vgl. Plenarprotokoll des Bundestages v. 29. 9. 2006, BT-PlPr 16/55, S. 5375C. 20 Gem. Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes v. 5. 12. 2006 (BGBl. I, S. 2758). Aktuell gibt es nur noch in Sachsen ein Landeserziehungsgeld. In Bayern wurde zum 1. 9. 2018 das vormals gewährte Landeserziehungsgeld und das Landesbetreuungsgeld durch ein Familiengeld ersetzt. Zur Entwicklung der landesrechtlichen Regelungen s. a. Wiegand BEEG Einf. Rn. 41 ff. 21 Unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 S. 2 BEEG kann ein Teil der Elternzeit auch nach dem dritten bis zum vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden. Umfassend zur Elternzeit s. Bruns, Elternzeit (2019); ders., FamRZ 2007, 251 ff.; Fiedler, FPR 2007, 338 ff.; Sowka, Elternzeit (2021). 15

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

Überschneidung steht das Elterngeld in engem Zusammenhang mit dem Recht auf Elternzeit.22

B. Konzeption des Elterngeldes Die Konzeption des Elterngeldes ist gekennzeichnet von einer hohen Komplexität. Zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten und Bezugsmodalitäten erschweren zudem den Überblick über das gesamte Leistungsspektrum. Die wesentlichen Aspekte des Leistungsbezuges werden im folgenden Abschnitt erläutert.

I. Anspruchsberechtigte Anspruch auf Elterngeld haben Mütter und Väter, die ihr Kind in den ersten Monaten nach der Geburt selbst betreuen und darum keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausüben. § 1 Abs. 6 BEEG konkretisiert, dass während des Elterngeldbezugs die Ausübung einer Teilzeiterwerbstätigkeit bis zu 32 Stunden pro Woche möglich ist. Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist weit gefasst. Anders als die sozialversicherungsrechtlichen Entgeltersatzleistungen ist das Elterngeld nicht an das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV gekoppelt. Unabhängig vom arbeitsrechtlichen Status können neben abhängig Beschäftigten auch Beamte oder Selbständige Elterngeld beziehen. Darüber hinaus zählen auch Eltern zum anspruchsberechtigten Personenkreis, die vor der Geburt des Kindes keine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben, etwa Arbeitslose, Studierende oder Hausfrauen und -männer. Neben den leiblichen Eltern sind gem. § 1 Abs. 3 BEEG unter anderem auch Stief- oder Adoptiveltern anspruchsberechtigt.23 Ist die Betreuung des eigenen Kindes aufgrund schwerer Krankheit, Schwerbehinderung oder dem Tod der Eltern nicht möglich, können gem. § 1 Abs. 4 BEEG auch Verwandte bis zum dritten Grad, also etwa Großeltern oder Onkel und Tanten des Kindes, Elterngeld in Anspruch nehmen.24 Dem Territorialitätsprinzip im Sinne des § 30 SGB I folgend knüpft der Elterngeldanspruch gem. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BEEG grundsätzlich an einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland an.25 Erforderlich ist zudem, dass die 22 Röhl beschreibt treffend, dass das Elterngeld vom Recht auf Elternzeit „flankiert“ wird, jM 2015, 246, 247. 23 Zu den Anspruchserweiterungen s. BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 1 Rn. 28 ff. 24 Krit. zur Härtefallregelung Rancke/Lenz BEEG § 1 Rn. 19. 25 Ausnahmen vom Territorialitätsprinzip finden sich in § 1 Abs. 2 und 7 BEEG, die den Elterngeldanspruch in bestimmten Fällen bei einem Wohnsitz im Ausland bzw. für Ausländer erweitern, s. hierzu Wiegand BEEG § 1 Rn. 8.

B. Konzeption des Elterngeldes

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elterngeldbeziehende Person mit dem Kind in einem Haushalt lebt und dieses selbst betreut, vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 BEEG. Eine zeitweilige Fremdbetreuung, etwa in einer Krippe, ist während des Elterngeldbezugs jedoch möglich.26 Anders als beim bedürftigkeitsabhängigen Erziehungsgeld galten für das Elterngeld zunächst keine Einkommensgrenzen. Durch Art. 14 des Haushaltsbegleitgesetzes 201127 wurde in § 1 Abs. 8 BEEG nachträglich aber ein Anspruchsausschluss für Eltern eingeführt, die im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes gemeinsam ein zu versteuerndes Einkommen von mindestens 500.000 Euro erzielt haben. Im Jahr 2021 wurde die Einkommensgrenze für Elterngeldpaare auf 300.000 Euro herabgesetzt.28 Ist nur ein Elternteil anspruchsberechtigt beläuft sich die Einkommensgrenze auf 250.000 Euro.29 Seit der Einführung des Elterngeldes ist die Zahl der Elterngeldempfänger stetig angestiegen. Während im Jahr 2010, drei Jahre nach der Einführung, rund 824.000 Mütter und Väter Elterngeld bezogen, lag die Zahl der Elterngeldempfänger im Jahr 2020 bereits bei rund 1,86 Millionen Eltern.30

II. Leistungsumfang Beim Elterngeld handelt es sich um eine dynamische Leistung, die von der Höhe des durchschnittlichen Erwerbseinkommens abhängig ist (1.). Darüber hinaus wirkt sich die Aufteilung der Bezugsmonate unter den Eltern (2.) sowie die Inanspruchnahme von Basiselterngeld bzw. Elterngeld Plus (3.) auf den Gesamtleistungsumfang aus. 1. Höhe des Elterngeldes Das Elterngeld beträgt gem. § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG grundsätzlich 67 % des durchschnittlichen Nettoerwerbseinkommens vor der Geburt des Kindes. Die Höhe der monatlichen Elterngeldzahlung ist also abhängig von zwei Faktoren: dem individuellen Erwerbseinkommen und einem bestimmten Prozentsatz. Die Ersatzrate von 67 % ist nicht starr, sondern steigt gem. § 2 Abs. 2 BEEG bei niedrigem Einkommen an und sinkt bei höherem Einkommen ab. Bei einem durchschnittlichen Nettoverdienst von unter 1.000 Euro monatlich erhöht sie sich um 0,1 Prozentpunkte 26

Felix, RdJB 2008, 165, 167; vgl. auch Wiegand BEEG § 1 Rn. 20. Gesetz v. 9. 12. 2011 (BGBl. I, S. 1885). 28 Zweites Gesetz zur Änderung des BEEG v. 15. 2. 2021, BGBl. I, S. 239. 29 Zum Zweck des Anspruchsausschlusses von Eltern mit hohem Einkommen s. a. sogleich unter D. III. 2. c). 30 Destatis, Statistik zum Elterngeld 2020, S. 6 Tab. 1, abrufbar unter https://www.destatis. de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Elterngeld/Publikationen/Downloads-Eltern geld/elterngeld-leistungsbezuege-j-5229210207004.pdf?__blob=publicationFile (1. 9. 2021). 27

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

für je 2 Euro, die sich der Nettoverdienst von 1.000 Euro entfernt, auf bis zu 100 %. Beträgt der monatliche Durchschnittsverdienst mehr als 1.200 Euro, schmilzt die Ersatzrate schrittweise auf bis zu 65 % ab.31 Die Höhe des Elterngeldes wird durch einen Mindest- und Maximalbetrag begrenzt. Der Höchstsatz des Elterngeldes beträgt gem. § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG 1.800 Euro pro Monat. Dieser Wert wird bei einem durchschnittlichen Nettoverdienst von 2.770 Euro erreicht. Der Mindestsatz beträgt 300 Euro monatlich, was dem zuletzt gültigen Erziehungsgeldbetrag entspricht. Das Mindestelterngeld erhalten Personen, die vor der Geburt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt oder kein elterngeldrelevantes Einkommen erzielt haben. Letzteres ist etwa der Fall, wenn die anspruchsberechtigte Person im maßgeblichen Bemessungszeitraum nur ausländisches Einkommen hatte.32 Zudem kann der Mindestbetrag bei Personen mit niedrigem Einkommen die monatliche Zahlung aufstocken, wenn sich rechnerisch ein geringeres Elterngeld ergeben würde.33 Bei der Berechnung des Elterngeldes wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass es aufgrund des höheren Betreuungsbedarfs für Eltern mit mehreren kleinen Kindern schwieriger ist, ein konstant hohes Nettoeinkommen zu erwirtschaften.34 § 2a Abs. 1 BEEG sieht deshalb einen Geschwisterbonus in Form einer Erhöhung des Elterngeldes um 10 %, mindestens aber um 75 Euro pro Monat vor, wenn die berechtigte Person in einem Haushalt mit zwei Kindern unter drei Jahren bzw. drei oder mehr Kindern unter sechs Jahren lebt. Die bei Mehrlingsgeburten bestehenden besonderen Belastungen für Eltern werden ebenfalls in Form eines Zuschlags zum Elterngeld berücksichtigt. Nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 1 S. 2 BEEG besteht bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld.35 Durch den Mehrlingszuschlag erhöht sich gem. § 2a Abs. 4 BEEG der Elterngeldanspruch für das zweite und jedes weitere Kind aber um jeweils 300 Euro. Der Geschwisterbonus und der Mehrlingszuschlag können also zu einem monatlichen Elterngeld führen, das den Höchstbetrag von 1.800 Euro übersteigt. Die Höhe des individuellen Elterngeldbezugs wird zudem durch andere Einkünfte beeinflusst. Dabei ist nach der Art des Einkommens zu differenzieren: Handelt es sich um Erwerbseinkommen, etwa aus einer Teilzeiterwerbstätigkeit während des 31

Die Absenkung der Ersatzrate auf 65 % wurde erst durch das Haushaltsbegleitgesetz (HBeglG) 2011 (BGBl. I, S. 1895) eingeführt. 32 Zum Elterngeldanspruch einer Mutter, die im maßgeblichen Bemessungszeitraum an einer deutschen Schule in China tätig war s. BSG Urt. v. 20. 5. 2014 – B 10 EG 2/14 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 27; s. hierzu später 2. Kap. B. I. 1. b). 33 BT-Drs. 16/1889, S. 21. 34 BT-Drs. 16/2785, S. 32. 35 Bis zur Einführung des S. 2 durch Art. 1 des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus v. 18. 12. 2014 (BGBl. I, S. 2325) konnten Eltern von Zwillingen für jedes Kind volles Elterngeld beziehen, BSG Urt. v. 27. 6. 2013 – B 10 EG 8/12 R, BSGE 114, 26.

B. Konzeption des Elterngeldes

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Elterngeldbezugs, so berechnet sich das Elterngeld auf Grundlage der Differenz zwischen dem Einkommen vor und nach der Geburt des Kindes, § 2 Abs. 3 BEEG. Die in § 3 BEEG genannten Einnahmen werden hingegen auf das Elterngeld angerechnet. Dazu zählen zum einen dem Elterngeld vergleichbare Leistungen, wie zum Beispiel das Mutterschaftsgeld oder der Mutterschaftszuschuss sowie Lohnersatzleistungen, etwa das Arbeitslosengeld I. Die Anrechnung von Einkommen auf das Elterngeld ist abzugrenzen von der Anrechnung des Elterngeldes auf andere Sozialleistungen, da insofern nicht die Höhe des Elterngeldes, sondern die Höhe der anderen Leistung beeinflusst wird. Gem. § 10 BEEG wird das Elterngeld auf einkommensabhängige Sozialleistungen bis auf den 300 Euro Mindestbetrag als Einkommen angerechnet. Diese Anrechnungsfreiheit gilt gem. § 10 Abs. 5 BEEG jedoch nicht für Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII und dem § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG). Aus diesem Grund wird das Elterngeld auf das Arbeitslosengeld II, Leistungen der Sozialhilfe und den Kinderzuschlag vollständig angerechnet.36 Hintergrund der Ausnahmeregelung ist, dass die im System der Grundsicherung geltenden Regelsätze und Zusatzleistungen den Bedarf des betreuenden Elternteils und den des Kindes bereits umfassend abbilden und eine zweckidentische Leistungsdopplung vermieden werden soll.37 Im Jahr 2020 betrug der monatliche Auszahlbetrag des Elterngeldes im Durchschnitt 878 Euro.38 Das geschlechtsspezifische Lohngefälle schlägt sich auch in den Elterngeldbezügen nieder: Während Männer im Jahr 2020 durchschnittlich 1.258 Euro Elterngeld erhielten, betrug der an Frauen ausgezahlte Betrag im Durchschnitt nur 752 Euro.39 2. Bezugszeitraum Elterngeld kann in der Form des Basiselterngeldes gem. § 4 Abs. 1 S. 2 und 3 BEEG ab dem Tag der Geburt des Kindes bis zur Vollendung des 14. Lebensmonates bezogen werden. Entsprechend wird es nicht für Kalender-, sondern für Lebensmonate gezahlt. Die Eltern können nach ihrer Wahl das Elterngeld ab36 Der Ausschluss der Anrechnungsfreiheit in Abs. 5 wurde erst nachträglich durch das HBeglG 2011 v. 9. 12. 2010 (BGBl. I, S. 1885) eingeführt; krit. Dau, SGb 2011, 198, 199 f.; Frerichs, SRa 2011, 167 ff. 37 Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/von Koppenfels-Spies BEEG § 10 Rn. 6; zur Verfassungsmäßigkeit BSG Urt. v. 26. 7. 2016 – B 4 KG 2/14 R; BSGE 122, 11 ff.; krit. Lenze, info also 2011, 3 f. 38 Destatis, Statistik zum Elterngeld 2020, S. 9 Tab. 3, abrufbar unter https://www.destatis. de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Elterngeld/Publikationen/Downloads-Eltern geld/elterngeld-leistungsbezuege-j-5229210207004.pdf?__blob=publicationFile (1. 9. 2021). 39 Destatis, Statistik zum Elterngeld 2020, S. 9 Tab. 3, abrufbar unter https://www.destatis. de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Elterngeld/Publikationen/Downloads-Eltern geld/elterngeld-leistungsbezuege-j-5229210207004.pdf?__blob=publicationFile (1. 9. 2021).

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

wechselnd oder gleichzeitig beziehen, vgl. § 4 Abs. 2 S. 3 BEEG. Ein Elternteil kann gem. § 4 Abs. 4 S. 1 BEEG aber höchstens zwölf Monate für sich in Anspruch nehmen. Nur wenn auch der andere Elternteil für mindestens zwei Monate seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder einschränkt und dadurch Einkommenseinbußen erleidet, kann der Bezugszeitraum um zwei sogenannte Partnermonate verlängert werden, um die vollen 14 Elterngeldmonate auszuschöpfen. Da überwiegend Väter die Partnermonate in Anspruch nehmen, werden diese auch als Vätermonate bezeichnet.40

3. Elterngeld Plus Seit der Einführung des Elterngeld Plus im Jahr 201541 kann Elterngeld auch über den 14. Lebensmonat des Kindes hinaus bezogen werden. Beim Bezug von Elterngeld Plus kann ein Bezugsmonat Basiselterngeld in zwei Bezugsmonate Elterngeld Plus umgewandelt werden. Dadurch lässt sich die Bezugsdauer auf bis zu 28 Monate verdoppeln, wobei die Höhe der monatlichen Zahlung höchstens halb so hoch ausfällt wie beim Bezug von Basiselterngeld.42 Auch der Mindestbetrag, der Geschwisterbonus und der Mehrlingszuschlag werden beim Bezug von Elterngeld Plus gem. § 4a Abs. 2 S. 3 BEEG um die Hälfte gekürzt. Mit der Einführung des Elterngeld Plus verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, Teilzeiterwerbstätigkeit während des Elterngeldbezugs lohnender zu machen und beiden Elternteilen eine ausgewogene Aufteilung zwischen Erwerbs- und Erziehungstätigkeit zu ermöglichen.43 Vor Einführung des Elterngeld Plus war eine Teilzeitbeschäftigung während des Elterngeldbezugs finanziell unattraktiv, weil der Teilzeitverdienst auf das Basiselterngeld angerechnet wird und zugleich zum vollen Verbrauch eines Bezugsmonats führt.44 Beim Elterngeld Plus wird Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung zwar grundsätzlich in gleicher Weise berücksichtigt wie beim Basiselterngeld. Berechnungsgrundlage ist jeweils die Differenz zwischen dem vorund nachgeburtlichen Einkommen, wobei das Elterngeld Plus gem. § 4a Abs. 2 S. 2 BEEG höchstens die Hälfte des Basiselterngeldes beträgt, das der berechtigten Person zustünde, wenn sie während des Elterngeldbezugs keine Einnahmen hätte. Da sich die Bezugsdauer aber verlängert, fällt der Gesamtbetrag letztlich höher aus, als es beim Bezug von Basiselterngeld und der Ausübung einer 40

Umfassend zu den Vätermonaten s. Brosius-Gersdorf, VSSR 2008, 299 ff.; s. a. MüllerTerpitz, JZ 2006, 991, 994. Zu den Partnermonaten im internationalen Verglich s. Scheiwe/ Fuchsloch, ZRP 2006, 37, 39. 41 Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im BEEG v. 18. 12. 2014 (BGBl. I, S. 2325). 42 Röhl skizziert die Konzeption des Elterngeld Plus als „doppelt so lang, maximal halb so hoch“, jM 2015, 246, 248; vgl. auch Brose, NZS 2017, 361, 364. 43 BT-Drs. 18/2583, S. 15 ff. Krit. zum Elterngeld Plus Dau, jurisPR-SozR 12/2015 Anm. 1; Forst, DB 2015, 68, 70; Winkel, SozSich 2014, 410, 413. 44 Röhl, jM 2015, 246, 247.

C. Gesetzgeberische Zielsetzung

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Teilzeitbeschäftigung der Fall wäre.45 Vom Elterngeld Plus profitieren also in erster Linie Eltern, die während des Elterngeldbezugs in Teilzeit arbeiten.46 Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Elterngeld Plus ist eine Teilzeitbeschäftigung aber nicht. Ergänzt wird das Elterngeld Plus durch den Partnerschaftsbonus. Gem. § 4b Abs. 1 BEEG hat jeder Elternteil Anspruch auf vier zusätzliche Monate Elterngeld Plus, wenn die Eltern sich gemeinsam um das Kind kümmern und beide zwischen 24 und 32 Stunden erwerbstätig sind.

III. Zuständigkeit und Finanzierung Die Ausführung des BEEG erfolgt gem. § 12 Abs. 1 BEEG durch die Länder. Es handelt sich damit um eine Bundesauftragsverwaltung im Sinne des Art. 85 GG.47 Die Landesregierungen haben dafür eigens Elterngeldstellen eingerichtet, sodass die Zuständigkeit in den Bundesländern unterschiedlich geregelt ist.48 Die Elterngeldstellen sind für die Beratung über das Elterngeld zuständig, ermitteln das elterngeldrelevante Einkommen und setzen den Elterngeldbetrag fest. Obwohl es sich beim Elterngeld um eine Einkommensersatzleistung handelt, wird es nicht durch Beiträge, sondern aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert. Die Ausgaben dafür trägt gem. § 12 Abs. 2 BEEG der Bund. Die Verwaltungskosten für die Durchführung des Elterngeldes sind gem. Art. 104a Abs. 5 S. 1 GG von den Ländern aufzubringen.

C. Gesetzgeberische Zielsetzung Mit der Einführung des einkommensabhängigen Elterngeldes wurden die familienpolitischen Leistungen erheblich ausgeweitet. Insgesamt verfolgt der Gesetzgeber einen nachhaltigen und breit angelegten Förderungsansatz. Im Einzelnen soll 45 Bei einem vorgeburtlichen Nettolohn von 2.400 Euro beträgt das Basiselterngeld 1.560 Euro. Bei einem Teilzeitverdienst von 1.000 Euro nach der Geburt würde das Basiselterngeld 910 Euro betragen (65 % von 1.400 Euro). Das Elterngeld Plus wäre in derselben Konstellation auf 780 Euro gedeckelt, was der Hälfte des Basiselterngeldes ohne Anrechnung eines Teilzeitverdienstes entspricht. In diesem Beispiel beträgt die Gesamtsumme von 12 Monaten Basiselterngeld 10.920 Euro und von 24 Monaten Elterngeld Plus 18.720 Euro, sodass sich durch den Bezug von Elterngeld Plus ein rechnerischer „Gewinn“ von 7.800 Euro ergibt. 46 Röhl, jM 2015, 246, 247. 47 Brose/Weth/Volk/Schmitt BEEG § 12 Rn. 1; Wiegand BEEG § 12 Rn. 4. 48 In Niedersachsen, NRW, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind bspw. die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig; im Saarland die Jugendämter und in BadenWürttemberg die Landeskreditbank BW (vollständige Aufzählung bei Brose/Weth/Volk/ Schmitt BEEG § 12 Rn. 6; Rancke/Lenz BEEG § 12 Rn. 2).

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

das Elterngeld daher unterschiedliche Funktionen erfüllen, die nachfolgend erläutert werden.

I. Ausgleich von Einkommenseinbußen Das Elterngeld dient in erster Linie der Absicherung der wirtschaftlichen Situation der Familie in den ersten Monaten nach der Geburt des Kindes. Dadurch soll es zu einer besseren Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbstätigkeit beitragen und die Wahlfreiheit bei der Gestaltung der innerfamiliären Aufgabenverteilung verbessern.49 Das Elterngeld gleicht die Einkommenseinbußen teilweise aus, wenn Eltern ihr Kind betreuen und dazu ihre Erwerbstätigkeit einschränken oder aufgeben.50 Anders als das Erziehungsgeld nimmt das Elterngeld die Erwerbstätigkeit der Eltern stärker in den Blick. Es verfolgt ein Opportunitätskostenkonzept, wonach diejenigen Einkommensverluste anteilig ausgeglichen werden sollen, die mit der betreuungsbedingten Unterbrechung der Erwerbstätigkeit einhergehen.51 Die Höhe des Elterngeldes orientiert sich darum am Durchschnittseinkommen des anspruchsberechtigten Elternteils vor der Geburt des Kindes. Der Gesetzgeber erkennt damit an, dass die wirtschaftliche Situation einer Familie nach der Geburt eines Kindes nicht nur durch die kindbedingten Aufwendungen, sondern insbesondere durch den Ausfall von Erwerbseinkünften erheblich belastet wird. Die Fortschreibung des Einkommensniveaus ermöglicht es der Familie zudem, ihren Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Für Erwerbstätige erfüllt das Elterngeld somit zugleich eine Unterhaltssicherungsfunktion.52

II. Anerkennung der Erziehungsleistung Das Elterngeld beschränkt sich aber nicht auf den Ersatz ausfallenden Erwerbseinkommens. Es soll zugleich die Erziehungs- und Betreuungsleistung aller Eltern unabhängig von einer etwaigen Erwerbstätigkeit honorieren und schreibt insofern die Funktion des Erziehungsgeldes fort.53 In diesem Zusammenhang spricht der Gesetzgeber davon, dass das Elterngeld „den Blick auch für den immateriellen 49

BT-Drs. 16/1889, S. 1; s. a. Blome, NZFam 2015, 1081. Vgl. BT-Drs. 16/1889, S. 1 f., 14 ff., 19 f.; BVerfG Urt. v. 21. 7. 2015 – 1 BvF 2/13, BVerfGE 140, 65, 90. 51 Vgl. Buchner/Becker/Becker BEEG Vor §§ 1 bis 14 Rn. 14; ders., in: FS Buchner, S. 67, 78; Plagemann/Fuchsloch/Kramer § 33 Rn. 4; Scheiwe/Fuchsloch, ZRP 2006, 37. 52 Buchner/Becker/Becker BEEG Vor §§ 1 bis 14 Rn. 2. 53 Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 43; Röhl, jM 2015, 246; s. a. Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/von Koppenfels-Spies BEEG Einl. Rn. 1. 50

C. Gesetzgeberische Zielsetzung

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Wert jeder Geburt öffnen und erhalten [soll]“.54 Aus diesem Grund erhalten auch Personen Elterngeld, die vor der Geburt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben, und zwar in Höhe des 300 Euro-Mindestbetrags. Auch die erhöhten finanziellen Belastungen bei Mehrlingsgeburten und Geschwisterkindern werden in Form des Mehrlingszuschlags und des Geschwisterbonus besonders berücksichtigt.

III. Gleichstellungsrechtliche Intention Darüber hinaus verfolgt der Gesetzgeber mit dem Elterngeld gleichstellungsrechtliche Ziele. Als dynamische Leistung soll es die gleichberechtigte Teilhabe von Müttern und Vätern an Betreuungs- und Erwerbstätigkeit fördern und einen „Beitrag für die Gleichstellung der Geschlechter“ leisten.55 Das Elterngeld entspricht damit dem verfassungsrechtlichen Auftrag zur Förderung der Gleichberechtigung aus Art. 3 Abs. 2 GG, der den Gesetzgeber verpflichtet, die Gleichberechtigung der Geschlechter in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durchzusetzen und überkommene Rollenverteilungen zu überwinden.56 Im Vordergrund steht die Vermeidung von diskriminierenden Auswirkungen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt und in der Altersvorsorge, die mit einem langandauernden Rückzug aus dem Erwerbsleben zugunsten der Kinderbetreuung einhergehen. Die Konzeption des Elterngeldes setzt dazu an zwei miteinander verzahnten Aspekten an: Während Väter ermutigt werden sollen, sich stärker an der Erziehungsarbeit zu beteiligen, soll Müttern der Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert werden. Anders als das Erziehungsgeld setzt das Elterngeld als einkommensabhängige Leistung einen Anreiz, eine Zeit lang auch auf das höhere Einkommen zu verzichten und spricht damit insbesondere die Erziehungsverantwortung der Väter an.57 Auch die Regelung über die Partnermonate, wonach der volle Elterngeldbetrag nur ausgeschöpft werden kann, wenn jeder Elternteil mindestens zwei Monate Elterngeld in Anspruch nimmt, hat Appellfunktion und soll Väter mobilisieren, sich aktiv in die Kinderbetreuung einzubringen.58 Die Partnermonate sollen darüber hinaus als Argumentationshilfe gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber dem Arbeitgeber dienen, die Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung vorübergehend einzuschränken.59 54

BT-Drs. 16/1889, S. 15. BT-Drs. 16/1889, S. 15. Zur weiteren Förderung einer partnerschaftlichen Aufteilung der „Elternmonate“ s. Hipp/Moilitor, NZFam 2016, 193 ff. 56 BVerfG Urt. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 216. 57 So ausdrücklich BT-Drs. 16/1889, S. 15. 58 S. hierzu Brose, NZS 2017, 361, 364; Brosius-Gersdorf, NJW 2007, 177, 179; dies., VSSR 2008, 299 ff.; Müller-Terpitz, JZ 2006, 991, 994 ff. 59 BT-Drs. 16/1889, S. 16; Brosius-Gersdorf, VSSR 2008, 299, 326; vgl. auch MüllerTerpitz, JZ 2006, 991, 992. 55

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

Der im Vergleich zum Erziehungsgeld verkürzte Leistungszeitraum soll Mütter dazu anhalten, den Kontakt zum Berufsleben aufrechtzuerhalten und die Erwerbstätigkeit alsbald nach den auf die Geburt des Kindes folgenden betreuungsintensiven Monaten wiederaufzunehmen.60 Durch die Förderung einer kontinuierlichen Erwerbsbiographie sollen die wirtschaftliche Eigenständigkeit gestärkt und letztlich die Gefahr der Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen im Alter vermieden werden.61

IV. Demografiepolitische Maßnahme? Fraglich ist, ob auch eine Steigerung der Geburtenrate zu den gesetzgeberischen Zielen des Elterngeldes zählt. In der Literatur wird das Elterngeld mitunter als Maßnahme zur Bekämpfung des demografischen Wandels qualifiziert.62 Teilweise wird darin sogar das Hauptziel gesehen.63 In der Gesetzesbegründung wird der Anstieg der Geburtenrate hingegen nicht ausdrücklich benannt.64 Damit orientiert sich der Gesetzgeber am Stand wissenschaftlicher Erkenntnis, wonach eine einzelne staatliche Maßnahme eine derart höchstpersönliche Entscheidung schwerlich zu beeinflussen vermag; jedenfalls lassen sich Wirkungszusammenhänge kaum isolierbar feststellen.65 Schließlich hängt die Entscheidung zur Familiengründung von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren ab.66 Ausweislich der Gesetzesbegründung soll das Elterngeld aber jungen Erwachsenen „mehr Mut zu mehr Kindern“ machen.67 Auch empirische Untersuchungen und der Vergleich mit Ländern, die eine weitgehend stabile Geburtenrate aufweisen, zeigen, dass von politischen Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern und die wirtschaftliche Stabilität von Familien sichern, positive demografische Effekte ausgehen.68 Insbesondere für höher qualifizierte Frauen stellt 60

Röhl, NJW 2010, 1418, 1419, vgl. auch von der Leyen, Plenarprotokoll 16/40 v. 22. 6. 2006, S. 3712, abrufbar unter http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/16/16040.pdf (1. 9. 2021); krit. Seiler, der meint, mit der Aktivierung des Arbeitskräftepotentials von Frauen verfolge der Staat letztlich ökonomische Ziele, NVwZ 2007, 129, 133 f. 61 BT-Drs. 16/1889, S. 15 f. 62 Brosius-Gersdorf, NJW 2007, 177, 178; Felix, RdJB 2008, 165, 172. 63 Müller-Heine, GSP 2006, 57, 59; vgl. auch Weilert, DVBl. 2010, 164, 169. 64 S. a. Felix, RdJB 2008, 165, 172; Scheiwe/Fuchsloch, Elterngeld, Rn. 41; Seiler, NVwZ 2007, 129, 133. Gleichwohl wird die niedrige Geburtenrate und die hohe Kinderlosigkeit insbesondere von Akademikerinnen mehrfach angesprochen, BT-Drs. 16/1889, S. 1, 15. 65 Kaufmann, Schrumpfende Gesellschaft, S. 184; vgl. auch Becker, in: FS Buchner, S. 67, 75. 66 Gerlach unterteilt mögliche Determinanten der Fertilität in sozio-demografische, sozialnormative und politisch-rechtliche Faktoren, s. Monetäre Leistungen, S. 19 ff. 67 BT-Drs. 16/1889, S. 2. 68 Vgl. Siebter Familienbericht, BT-Drs. 16/1316, S. 40 ff.; s. a. die Studie zur Elternzeit und zum Elterngeld in Schweden im Auftrag des BMFSFJ, abrufbar unter https://www.bmfsfj.

D. Rechtsnatur und systematische Einordnung

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die unzureichende Vereinbarkeit von Erziehungs- und Erwerbstätigkeit ein Hemmnis für die Verwirklichung eines vorhandenen Kinderwunsches dar. Mit dem einkommensabhängigen Elterngeld spricht der Gesetzgeber daher ausdrücklich Akademikerinnen an, die in Bevölkerungsstatistiken als besonders kinderarm aufgefallen waren.69 Als finanzielle Unterstützung soll das Elterngeld dazu beitragen, dass junge Familien die Rahmenbedingungen vorfinden, in denen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach ihren Vorstellungen gelingen kann.70 Das Elterngeld darf also nicht als Einzelmaßnahme zur Steigerung der Geburtenrate missverstanden werden. Es ist vielmehr Ausdruck einer „bevölkerungsbewussten Familienpolitik“71 und muss stets im Gesamtzusammenhang der beschriebenen Neuausrichtung familienpolitischer Leistungen begriffen werden. Nur durch ein sorgfältig abgestimmtes Zusammenspiel aus finanzieller Unterstützung, einer gut ausgebauten Betreuungsinfrastruktur und einer familienbewussten Arbeitswelt kann eine nachhaltige Förderung aller Familien sichergestellt werden. Im Rahmen des beschriebenen familienpolitischen Regelungsgefüges kommt dem Elterngeld insofern eine verhaltenslenkende Wirkung zu, als es durch den Ersatz des ausfallenden Erwerbseinkommens einen Anreiz schaffen soll, die Erwerbstätigkeit zu unterbrechen und so die Entscheidung für ein Kind zu erleichtern.72 Folglich kann die Steigerung der Geburtenrate wenigstens als mittelbare Zielsetzung des Elterngeldes nicht hinweggedacht werden.73

D. Rechtsnatur und systematische Einordnung Die unterschiedlichen Ziele, die der Gesetzgeber mit dem Elterngeld verfolgt, wirken sich auch auf die Rechtsnatur der Leistung aus, die bisweilen nicht einheitlich bewertet wird. Überwiegend wird das Elterngeld als kombinierte Einkommensersatz- und Sozialleistung bezeichnet.74 In systematischer Hinsicht ist dieser Befund allerdings wenig aussagekräftig. Um eine exakte Bestimmung der Rechtsnatur vornehmen zu können, sind die Strukturmerkmale des Elterngeldes dahingehend zu

de/resource/blob/76340/c2be7ef93b5e31e55d711e9069526d54/erfahrungsbericht-schweden-el terngeld-elternzeit-data.pdf (1. 9. 2021). 69 BT-Drs. 16/1889, S. 14, 15. 70 Demmer, Vom Erziehungsgeld zum Elterngeld, S. 23. 71 S. hierzu bereits Wingen, Bevölkerungsbewusste Familienpolitik (2003). 72 Vgl. auch BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215; BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 68. 73 Vgl. auch Röhl, jM 2015, 246 mit Verweis auf BT-Drs. 18/2583, S. 26. 74 Grübnau-Riecken, NZS 2016, 737; Ismer/Luft/Schachameyer, NZS 2013, 327; Seiler, NVwZ 2007, 129; vgl. auch Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 43.

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

untersuchen, inwiefern sie sich auf den Wesensgehalt und die systematische Stellung des Elterngeldes im sozialrechtlichen Gefüge auswirken.

I. Formale Zuordnung Die formale Zuordnung des Elterngeldes zum Sozialrecht ergibt sich eindeutig aus § 68 Nr. 15 SGB I, wonach das im ersten Abschnitt des BEEG geregelte Elterngeld zum besonderen Teil des Sozialgesetzbuches gehört. Aufschluss über die Verortung innerhalb des sozialrechtlichen Gefüges gibt weiterhin § 25 Abs. 2 SGB I, der den Anspruch auf Elterngeld verbindlich festschreibt. Hieraus folgt die Qualifikation des Elterngeldes als Sozialleistung im Sinne des § 11 SGB I. Gem. § 11 S. 1 SGB I sind die in §§ 18 bis 29 SGB I genannten Sozialleistungen – nach § 25 Abs. 2 SGB I somit auch das Elterngeld – Gegenstand der sozialen Rechte. Die einzelnen sozialen Rechte werden in den §§ 3 ff. SGB I näher beschrieben und dienen gem. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB I dem in § 1 Abs. 1 S. 1 SGB I verankerten staatlichen Auftrag, die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit zu gestalten. Die Sozialleistungen sind somit die Handlungsinstrumente, mit denen der Staat diesen Auftrag umsetzen kann.75 Das Elterngeld soll Familien nachhaltig und gezielt finanziell stärken und konkretisiert damit das in § 6 SGB I benannte Recht auf Minderung des Familienaufwands.76

II. Binnenstruktur des Sozialrechts Bevor das Elterngeldrecht im sozialrechtlichen Regelungsgefüge systematisch verortet werden kann, sind zunächst die sozialrechtlichen Systemstrukturen näher zu beleuchten.77 Als organisch gewachsenes Rechtsgebiet weist das Sozialrecht keine trennscharfe Binnenstruktur auf. Seit jeher existieren unterschiedliche Ansätze, das Sozialrecht zu systematisieren.78 Nach der klassischen Einteilungslehre wird zwischen Versicherung, Versorgung und Fürsorge unterschieden.79 Diese Dreiteilung steht in engem Zusammenhang mit der geschichtlichen Entwicklung des Sozialrechts80 und spiegelt sich auch in der 75

KassKomm/Spellbrink SGB I § 11 Rn. 2. Buchner/Becker/Becker BEEG Vor §§ 1 bis 14 Rn. 3; vgl. auch Knickrehm/Kreikebohm/ Waltermann/von Koppenfels-Spies BEEG Einl. Rn. 4. 77 Zum Erfordernis der „Beantwortung der Systemfrage“ im Sozialrecht s. Eichenhofer, SGb 1998, 298 ff. 78 Übersicht über mögliche Bezugspunkte zur Systematisierung bei Ruland/Becker/Axer/ Becker § 1 Rn. 42 ff. 79 Wannagat, Sozialversicherungsrecht I, S. 1 ff.; ders., in: FS Jantz, S. 55; Faude, Selbstverantwortung und Solidarverantwortung, S. 21. 80 S. hierzu auch Ruland/Becker/Axer/Papier/Shirvani § 3 Rn. 11 ff. 76

D. Rechtsnatur und systematische Einordnung

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verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, Art. 73 Abs. 1 Nr. 13 GG und Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG wider. Da sich jüngere Sozialleistungen in die klassische Trias nicht widerspruchsfrei einordnen lassen, hat sich mittlerweile eine neuere Systematik etabliert, die zwischen Vorsorgeleistungen, Entschädigungsleistungen sowie Leistungen der sozialen Hilfe und Förderung unterscheidet.81 Die soziale Vorsorge entspricht im Wesentlichen der vormals als Versicherung bezeichneten Kategorie. Zu ihr zählen alle Zweige der Sozialversicherung, also die Krankenversicherung nach dem SGB V, die Pflegeversicherung nach dem SGB XI, die Unfallversicherung nach dem SGB VII, die Rentenversicherung nach dem SGB VI sowie das Recht der Arbeitsförderung nach dem SGB III. Kennzeichen der sozialen Vorsorge ist die versicherungsmäßige Absicherung gegen bestimmte soziale Risiken, etwa Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Arbeitslosigkeit.82 Die Leistungen der Sozialversicherung werden im Wesentlichen durch die Beiträge der Versicherten finanziert.83 Die Höhe der Beiträge richtet sich anders als in der Privatversicherung nicht nach dem Versicherungsrisiko, sondern nach der Leistungsfähigkeit des Versicherten und wird auf Grundlage des Erwerbseinkommens berechnet. Der Leistungsanspruch entsteht, sobald sich das versicherte Risiko realisiert hat, unabhängig von einer individuellen Notlage. Die Leistungen werden in Form von Sach-, Dienst- oder Geldleistungen erbracht. Insbesondere bei den Geldleistungen wird das versicherungsmäßige Gegenseitigkeitsverhältnis von Beiträgen und Leistungen deutlich. Sie haben eine Entgelt- oder Unterhaltsersatzfunktion und richten sich darum nach der Höhe des ausfallenden Einkommens. Zu diesen versicherungsrechtlichen Einkommensersatzleistungen zählen unter anderem das Kranken-, Verletzten- und das Arbeitslosengeld. Die Leistungen des Entschädigungsrechts dienen als Ausgleich von Schäden, für die das Gemeinwesen eine besondere Verantwortung trägt.84 Neben klassischen Entschädigungsleistungen wie der Kriegsopferversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zählen zur Kategorie der sozialen Entschädigung ferner das Impfschadensrecht, das Opferentschädigungsrecht sowie die Tatbestände der unechten Unfallversicherung. Die Entschädigungsleistungen werden ohne Rücksicht auf eine individuelle Notlage erbracht und aus Steuermitteln finanziert. Die Kategorie der sozialen Hilfe und Förderung hat sich aus der Fürsorge entwickelt und umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher Leistungsarten. Sie knüpfen 81 Begründet von Zacher, Einführung in das Sozialrecht, S. 20 f.; ders., in: FS Zeidler, S. 571, 674 ff.; ders., in: FS Maihofer, S. 669, 673 ff. 82 Vgl. Ruland/Becker/Axer/Becker § 1 Rn. 43 ff. 83 Vgl. § 226 Abs. 1 S. 1 SGB V für die Kranken-, § 57 Abs. 1 SGB XI i. V. m. § 226 Abs. 1 S. 1 SGB V für die Pflege-, § 162 Nr. 1 SGB VI für die Renten- und § 342 SGB III für die Arbeitslosenversicherung. Für die Beiträge zur Unfallversicherung kommen gem. § 150 Abs. 1 SGB VII dagegen die Arbeitgeber auf. Zur Beitragsfinanzierung in der Sozialversicherung s. KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 20 Rn. 5 ff. 84 Ruland/Becker/Axer/Hase § 26 Rn. 1; BeckOK-SozR/Niedermeyer SGB I § 5 Rn. 3; vgl. auch BSG Urt. v. 8. 12. 1982 – 9a RV 18/82, BSGE 54, 206, 208.

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

typischerweise an einen bestimmten Bedarf an und werden ebenfalls durch Steuern finanziert. Die soziale Hilfe ist als subsidiäres Basissystem ausgestaltet und dient der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums, etwa in Form von Sozialhilfe nach dem SGB XII oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II. Die Leistungen der sozialen Förderung sind auf die Angleichung sozialer Entfaltungsmöglichkeiten oder die Herstellung von Chancengleichheit ausgerichtet. Dazu zählen zum Beispiel die Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) oder das Wohngeldrecht nach dem Wohngeldgesetz (WoGG). In Abgrenzung zu den Lohnersatzleistungen der Sozialversicherung werden die Hilfs- und Förderungsleistungen auch als „echte“85 oder „reine“86 Sozialtransferleistungen bezeichnet. Mittlerweile werden die Kategorien der „sozialen Hilfe“ einerseits und der „sozialen Förderung“ andererseits aufgrund ihrer unterschiedlichen Zielrichtungen teilweise auch als eigenständige Systeme qualifiziert, woraus sich eine Vierteilung der sozialrechtlichen Binnenstruktur ergibt.87 Die fortschreitenden Systematisierungsbestrebungen machen deutlich, dass das sozialrechtliche Regelungsgefüge in besonderem Maße für Entwicklungen offen ist.88

III. Strukturmerkmale des Elterngeldes Die Einordnung des Elterngeldes in eine der vorgefundenen Systemkategorien – Vorsorge, Entschädigung oder Hilfe und Förderung – hängt entscheidend von den Strukturmerkmalen ab, die die Leistung maßgeblich prägen. Insofern stellt sich die Problematik, dass das Elterngeld sowohl Merkmale einer versicherungsrechtlichen Einkommensersatzleistung als auch einer „echten“, steuerfinanzierten Sozialtransferleistung aufweist. 1. Einkommensersatzleistung Die Konzeption des Elterngeldes entspricht im Wesentlichen dem Muster der kurzfristigen Lohnersatzleistungen, die in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung vorgesehen sind. In seiner konkreten Ausgestaltung ähnelt das Elterngeld etwa dem Kranken-, Verletzten- oder Arbeitslosengeld.89 85 BFH Beschl. v. 21. 9. 2009 – VI B 31/09, BFHE 226, 329, 330; BAG Urt. v. 16. 11. 2005 – 10 AZR 152/05, NJW 2006, 3227, 3228; Seiler, NZS 2008, 505, 510. 86 Dau, jurisPR-SozR 25/2009 Anm. 4. 87 Becker, JuS 1998, 90; Ruland/Becker/Axer/Becker § 1 Rn. 14, 18 ff. Die soziale Hilfe wird dabei teilweise auch als „Grundsicherung“ bezeichnet, s. Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Hänlein SGB I §§ 1 – 10 Rn. 14. 88 Becker, Staat und autonome Träger, S. 84. 89 S. a. Becker, in: FS Buchner, S. 67, 68; Seiler, NVwZ 2007, 129, 131; Schlegel, in: FS BFH, S. 625, 657.

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Ziel der Lohnersatzleistungen ist es, die Einkommenseinbußen für einen begrenzten Zeitraum auszugleichen, wenn die Erwerbstätigkeit infolge der Realisierung des versicherten Risikos – Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit – nicht ausgeübt werden kann. Der finanzielle Ausgleich knüpft an die individuellen Einkommensverhältnisse an und soll so die Aufrechterhaltung des Lebensstandards gewährleisten.90 Je höher das Durchschnittseinkommen war, desto höher fällt die Lohnersatzzahlung aus. Auch das Elterngeld zielt auf den Ausgleich von Einkommenseinbußen ab, wobei diese auf betreuungsbedingten Erwerbsunterbrechungen beruhen müssen. Folglich weist das Elterngeld ebenfalls eine progressive Leistungsstaffelung in Abhängigkeit vom vorgeburtlichen Durchschnittseinkommen auf. Die Konzeption des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung konkretisiert sich an drei Merkmalen, die nachfolgend erläutert werden. a) Referenzprinzip Die Berechnung des Elterngeldes beruht auf dem sogenannten Referenzprinzip, das von den versicherungsrechtlichen Lohnersatzleistungen bekannt ist. Dieser Berechnungsmodus zeichnet sich dadurch aus, dass „unter Bezugnahme auf den wirtschaftlichen Dauerzustand eines gerade vergangenen Zeitraums auf ein Durchschnittseinkommen geschlossen wird, das den individuellen Lebensstandard prägt“.91 Die Leistungsberechnung nach der Referenzmethode ist vom Typus der Sozialleistungen abzugrenzen, die als Fest- oder Pauschalbetrag gewährt werden. Wesensmerkmal der auf dem Referenzprinzip beruhenden Leistungen ist es, dass ein hohes Referenzeinkommen mit einem höheren Leistungsbezug und ein niedriges Referenzeinkommen mit einem niedrigeren Leistungsbezug korrespondiert. Die Leistungsberechnung nach der Referenzmethode soll sicherstellen, dass das zukünftig wegfallende Einkommen zuverlässig und realitätsgetreu abgebildet wird.92 Durch die Fortschreibung des Einkommensniveaus soll die Aufrechterhaltung des Lebensstandards für die Zeit der Erwerbsunterbrechung gewährleistet werden.93 Für die Berechnung des Elterngeldes kommt es grundsätzlich auf die letzten zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes an.94 Das Ende des Be90 Vgl. Knickrehm/Vogl BVG § 16a Rn. 2; zum Lebensstandardprinzip bei der Arbeitslosenhilfe BVerfG Urt. v. 17. 11. 1992 – 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234, 257. 91 BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 20/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 8 Rn. 59; vgl. auch BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 2/09 R, SozR 4 – 7387 § 2 Nr. 5 Rn. 34 sowie Ebsen, Einkommensbezogenes Sozialleistungsrecht, S. 618. 92 Vgl. BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, BSGE 125, 62, 73 f. 93 Zuletzt BSG Urt. v. 28. 3. 2019 – B 10 EG 8/17 R, BSGE 128, 9, 13. 94 Bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit sind gem. § 2b Abs. 2 BEEG die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. Zum maßgeblichen Bemessungszeitraum s. später 2. Kap. A. III. 1.

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

messungszeitraums knüpft damit unmittelbar an das ausgleichsberechtigende Ereignis an.95 b) Leistungsniveau Auch das Leistungsniveau des Elterngeldes orientiert sich an den Einkommensersatzleistungen der Sozialversicherung.96 Ihnen ist gemein, dass sie das ausfallende Einkommen nicht vollständig ersetzen, sondern nur anteilig ausgleichen.97 So beträgt beispielsweise die Ersatzrate des Krankengeldes gem. § 47 Abs. 1 SGB V 70 % und die des Verletztengeldes gem. § 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VIII 80 % des Durchschnittseinkommens. Für die Einkommensersatzleistungen des Arbeitsförderungsrechts gibt es zwei unterschiedliche Leistungssätze: Der allgemeine Leistungssatz für das Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeld beträgt 60 % (§§ 149 Nr. 2, 105 Nr. 2 SGB III). Für Arbeitslose mit Kindern gilt der erhöhte Leistungssatz von 67 % (§§ 149 Nr. 1, 105 Nr. 1 SGB III).98 Auch das Elterngeld wird gem. § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG in Höhe von 67 % des durchschnittlichen Erwerbseinkommens gezahlt. Das Leistungsniveau entspricht damit dem erhöhten Leistungssatz des Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeldes.99 Es handelt sich um ein Sicherungsniveau, das der Gesetzgeber offenbar für ausreichend und zugleich für erforderlich hält, um „die Lebensgrundlage der Familie in [der] Frühphase der Elternschaft“ abzusichern.100 c) Leistungsbegrenzung Auch die Deckelung des Elterngeldes auf einen Höchstbetrag ist ein Mechanismus, der aus der Sozialversicherung bekannt ist. Er wird dort durch die Beitragsbemessungsgrenzen verwirklicht. Die Beitragsbemessungsgrenzen geben an, bis zu welcher Höhe das Einkommen bei der Beitragsberechnung herangezogen wird.101 95

BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 20/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 8 Rn. 59. Vgl. Buchner/Becker/Becker BEEG § 2 Rn. 9; Müller-Heine, GSP 2006, 57, 60. 97 Eine Ausnahme bildet das Krankengeld für Blut- und Organspender, das gem. § 44a S. 2 SGB V in Höhe von 100 % des regelmäßig erzielten Nettoarbeitsentgelts beträgt, s. hierzu Mittelbach, Blut- und Organspender, S. 79 ff. 98 Eine entsprechende Regelung sieht § 105 SGB III für die Berechnung des Kurzarbeitergeldes vor. Die Berücksichtigungsfähigkeit eines Kindes richtet sich nach dem steuerrechtlichen Kindbegriff in § 32 Abs. 1 bzw. Abs. 3 bis 5 EStG. Umfassend zur Berücksichtigungsfähigkeit von Kindern s. Gagel/Rolfs SGB III § 149 Rn. 25 ff. 99 Müller-Heine, GSP 2006, 57, 60; Scheiwe/Fuchsloch, ZRP 2006, 37, 40; vgl. auch Buchner/Becker/Becker BEEG § 2 Rn. 9; Seiler, NVwZ 2007, 129, 131. 100 BT-Drs. 16/1889, S. 19; s. a. Buchner/Becker/Becker BEEG § 2 n. F. Rn. 9; Roos/Bieresborn/Jaritz/Grösslein-Weiß BEEG § 2 n. F. Rn. 16. 101 Im Jahr 2020 lag die Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung bei 56.250 Euro jährlich (4.687,50 Euro mtl.); in der Renten- und Arbeitslosenversicherung lag 96

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Leistungsbegrenzende Funktion entwickeln sie dadurch, dass der Berechnung der Lohnersatzleistungen nur das beitragspflichtige Einkommen zugrunde gelegt wird.102 In der Sozialversicherung entspricht die Heranziehung der Beitragsbemessungsgrenzen bei der Leistungsberechnung dem versicherungsrechtlichen Äquivalenzprinzip. Dadurch wird sichergestellt, dass im Rahmen der Leistungsberechnung nur Einnahmen berücksichtigt werden, für die auch Beiträge gezahlt wurden.103 Beim Elterngeld dient die Begrenzung auf einen Höchstbetrag zwar dem Zweck, dass beschränkte steuerliche Ressourcen nicht übermäßig stark beansprucht werden.104 Die Höhe des Maximalbetrags orientiert sich dabei aber an den sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben: Der Elterngeld-Höchstbetrag von 1.800 Euro wird bei Zugrundelegung der entsprechenden Ersatzrate von 65 % bei einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von 2.770 Euro pro Monat erreicht. Das korrespondierende Bruttoeinkommen entsprach bei Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 der Beitragsbemessungsgrenze in der Renten- und Arbeitslosenversicherung.105 2. „Echte“ Sozialleistung Neben den Merkmalen einer versicherungsrechtlichen Einkommensersatzleistung weist das Elterngeld auch Merkmale einer „echten“ Sozialleistung im Sinne eines staatlichen Transfers auf. a) Finanzierung Das Elterngeld wird gem. § 12 Abs. 2 BEEG aus Steuermitteln des Bundes finanziert. Die Finanzierung aus dem allgemeinen Steueraufkommen ist Wesensmerkmal der staatlichen Transferleistungen. Anders als bei den Vorsorgeleistungen lässt sich eine höhere Elterngeldzahlung daher nicht auf eine entsprechende Beitragszahlung zurückführen. Zwar zahlen Eltern mit höherem Einkommen in der Regel auch höhere Steuern. Dieser Zusammenhang ist aufgrund des steuerrechtlichen Non-Affektionsprinzips aber rechtlich unerheblich.106 Das Non-Affektions-

sie in den alten Bundesländern bei 82.800 Euro jährlich (6.900 Euro mtl.) und bei 77.400 Euro jährlich (6.450 Euro mtl.) in den neuen Bundesländern. 102 Vgl. etwa § 151 Abs. 1 S. 1 SGB III für das Arbeitslosengeld und § 47 Abs. 6 SGB V für das Krankengeld. Umfassend zur Leistungsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung s. Töns, Versicherungsgrenzen in der Krankenversicherung, S. 21 ff. 103 KassKomm/Schifferdecker SGB V § 47 Rn. 24. 104 Vgl. BT-Drs. 16/1889, S. 20; Rancke/Lenz BEEG § 2 Rn. 3. 105 BT-Drs. 16/1889, S. 20. Krit. in Bezug auf die fehlende Anpassung an die jährlich steigende Beitragsbemessungsgrenze Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/von KoppenfelsSpies BEEG § 2 Rn. 5. 106 Becker, in: FS Buchner, S. 67, 77.

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

prinzip zählt zu einem der Grundprinzipien des Steuerrechts und besagt, dass Steuereinnahmen nicht für bestimmte Ausgaben zweckgebunden sein dürfen.107 b) Einkommensunabhängige Elterngeldbestandteile Darüber hinaus wird die erwerbsbezogene Konzeption des Elterngeldes in mehrfacher Hinsicht durchbrochen: Zum einen zählen auch Eltern zum anspruchsberechtigten Personenkreis, die vor der Geburt des Kindes keine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben. Im Vergleich zu den sozialversicherungsrechtlichen Lohnersatzleistungen hat das Elterngeld somit eine grössere Reichweite. Zum anderen sieht das Elterngeldrecht verschiedene einkommensunabhängige Leistungsbestandteile vor, die gerade nicht auf im Referenzzeitraum erwirtschaftetes Einkommen zurückgeführt werden können. Sie verfolgen vielmehr den Zweck einer einheitlichen Honorierung der Erziehungs- und Betreuungsleistung aller Eltern.108 Zu den einkommensunabhängigen Bestandteilen des Elterngeldes gehört zunächst das Mindestelterngeld, das unabhängig von einer früheren Erwerbstätigkeit gezahlt wird. Weitere einkommensunabhängige Elterngeldbestandteile sind der Geschwisterbonus und der Mehrlingszuschlag nach § 2a BEEG. Diese „Sonderformen“109 des Elterngeldes tragen erhöhten finanziellen Belastungen Rechnung und stehen damit ebenfalls außerhalb der erwerbsbezogenen Grundkonzeption. c) Anspruchsausschluss von Spitzenverdienern Spiegelbildlich zum Mindestbetrag steht der Anspruchsausschluss von Eltern mit besonders hohem Einkommen. Für Elterngeldberechtigte, die im letzten Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 250.000 Euro erzielt haben, entfällt gem. § 1 Abs. 8 BEEG der Anspruch auf Elterngeld. Sind beide Elternteile anspruchsberechtigt, erhöhte sich die Ausschlussgrenze ursprünglich auf 500.000 Euro pro Elternpaar, was mit der Besteuerung nach dem Spitzensteuersatz korrespondiert.110 Durch das Zweite BEEG-Änderungsgesetz wurde die Einkommensgrenze für Elterngeldpaare zum 1. 9. 2021 jedoch auf 300.000 Euro herabgesetzt.111 Der Anspruchsausschluss vermögender Eltern war bei Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 noch nicht vorgesehen, sondern wurde erst durch das Haus107 Zum Non-Affektionsprinzip s. Musil, DVBl 2007, 1526, 1529 ff.; Waldhoff, in: HStR V § 116 Rn. 143; Hintzen, in: HStR V § 120 Rn. 47. 108 BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 57; BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 8/08 R; BSGE 103, 291, 302; s. a. Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 43; Dau, jurisPR-SozR 25/2009 Anm. 4. 109 Dau, jurisPR-SozR 25/2009 Anm. 4. 110 BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 1 Rn. 45. 111 Gesetz v. 15. 2. 2021, BGBl. I, S. 239.

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haltsbegleitgesetz 2011 eingeführt.112 Als Teil eines Konsolidierungspaktes war die Neuregelung in erster Linie fiskalisch motiviert.113 Der Anspruchsausschluss durch die Verhängung von Einkommensgrenzen entspricht aber auch sozialen Grundsätzen.114 Er beruht auf der Annahme, dass Eltern, die selbst über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, weitgehend frei entscheiden können, in welchem Umfang sie auf die Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit zugunsten der Betreuung des Kindes verzichten und insofern keiner staatlichen Unterstützung bedürfen.115

IV. Systemwidrige Konzeption? Das Elterngeld weist also sowohl Merkmale einer versicherungsrechtlichen Einkommensersatzleistung als auch einer typischen Transferleistung auf und vereint damit unterschiedliche Systemtypen in einem Gesetz. Fraglich ist, ob die Konzeption des Elterngeldes damit einen systemwidrigen Bruch innerhalb des sozialrechtlichen Leistungsgefüges darstellt. Jedenfalls wurde die Konzeption des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung bereits im Gesetzgebungsverfahren mitunter deutlich kritisiert.116 1. Vorgebrachte Kritik Die Kritik an der Konzeption des Elterngeldes knüpft an unterschiedlichen Gesichtspunkten an, betrifft im Kern aber stets die als widersprüchlich erachtete Kombination verschiedener Leistungsarten in einem Gesetz.117 So wird vorgebracht, dass das Elterngeld von einer „konzeptuelle[n] Unentschiedenheit“ des Gesetzgebers geprägt sei, der sich vor der Entscheidung „[ge]drückt“ habe, vorrangig Erwerbstätigkeit zu fördern oder Erziehungsarbeit zumindest symbolisch als gleichwertig anzuerkennen.118 Die Ausgestaltung des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung stelle eine intransparente „Vermengung einander fremder Leitgedanken innerhalb des Sozialrechts“ dar.119 Das Elterngeld wird deshalb auch als „janusköpfig“120 beschrieben oder als „Zwitter“121 charakterisiert. Andere halten die Konzeption des Elterngeldes sogar für systemwidrig.122 112

Durch Art. 14 des HBeglG 2011 v. 9. 12. 2010 (BGBl. I, S. 1895). Das HBeglG 2011 wurde als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 verabschiedet, s. BT-Drs. 17/3406, S. 1. 114 Vgl. Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/von Koppenfels-Spies BEEG § 1 Rn. 34. 115 S. a. die Motive des Gesetzgebers zur Herabsenkung der Ausschlussgrenze für Elterngeldpaare von 500.000 Euro auf 300.000 Euro, BT-Drs. 19/24438, S. 24 f. 116 Seiler, Stellungnahme zum Elterngeld, A-Drs. 16(13)81 g. 117 So etwa Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 43, 221 ff. 118 Bothfeld, femina politica 2006, 102, 103. 119 Seiler, NSZ 2007, 617, 622; vgl. auch ders., NVwZ 2007, 129, 133. 120 Brosius-Gersdorf, Demografischer Wandel, S. 553. 113

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Im Einzelnen wird kritisiert, dass der Mindestbetrag einen seltsamen Kompromiss darstelle.123 Die uneingeschränkte Gewährung von 300 Euro sei innerhalb der erwerbsbezogenen Konzeption des Elterngeldes widersprüchlich und inkonsequent.124 Der Mindestbetrag breche einerseits mit dem Lohnersatzprinzip, andererseits setze die Gewährung in keiner Form eine Bedürftigkeitsprüfung voraus und diene folglich auch nicht der Vermeidung von Armutslagen.125 Teilweise wird auch der Anspruchsausschluss von Spitzenverdienern nach § 1 Abs. 8 BEEG im Rahmen des bedürftigkeitsunabhängigen Elterngeldes als systemfremd erachtet.126 Weitaus tiefgreifender ist jedoch die Kritik am Berechnungsmodus des Elterngeldes, nach dem Eltern mit hohen Einkünften ein höheres Elterngeld erhalten, als Eltern mit niedrigeren Einkünften. Paradoxerweise würden dadurch diejenigen überproportional subventioniert, die keiner Unterstützung durch den Staat bedürften.127 Systematisch wird argumentiert, dass der Gesetzgeber sich bei der Ausgestaltung der Leistung den bestehenden Systemstrukturen unterordnen müsse.128 Da man sich bei der Neukonzeption des Elterngeldes für ein steuerfinanziertes Modell entschieden habe, dürfe man einen versicherungsrechtlichen Äquivalenzgedanken nicht zum Maßstab der Leistungsberechnung machen.129 Steuerfinanzierte Transferleistungen müssten in Abgrenzung zu den beitragsfinanzierten Versicherungsleistungen entweder einen sachlichen Bedarf oder eine persönliche Bedürftigkeit als Maßstab anlegen.130 Da das Elterngeld als Familienleistung tatbestandlich an die Betreuungs- und Erziehungsarbeit anknüpfe, müsse es auch am betreuungs- und erziehungsbedingten Bedarf im Leistungszeitraum ausgerichtet werden.131 Das hypothetisch erworbene Erwerbseinkommen stelle im Bereich der Familienförderung dagegen ein sachfremdes Kriterium dar.132 Familienleistungen, die einen Ausgleich zwischen Familien und Kinderlosen schaffen sollen, müssten die kindbedingten Mehraufwendungen in den Blick nehmen und sich an der Gegenwart des Leistungszeitraums ausrichten.133 Einschränkend sei zudem zu fordern, dass die Leistung nur beim Vorliegen persönlicher Hilfebedürftigkeit gewährt werde.134 121

Kemper, Erziehungsarbeit, S. 197. Leibohm, Bedarfsorientierung, S. 264. 123 Wersig, in: Soziale Sicherungsmodelle, S. 131, 139. 124 Bothfeld, femina politica 2006, 102, 103; Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 222. 125 Wersig, in: Soziale Sicherungsmodelle, S. 131, 139. 126 BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 1 Rn. 45. 127 Butterwegge, SozSich 2006, 159, 160; krit. auch Bode, Streit 2007, 3, 7. 128 Leibohm, Bedarfsorientierung, S. 261; Seiler, NVwZ 2007, 129, 131. 129 Leibohm, Bedarfsorientierung, S. 261. 130 Seiler, NVwZ 2007, 129, 131; ders., NZS 2007, 617, 622. 131 Seiler, NVwZ 2007, 129, 131; vgl. auch ders., NZS 2007, 617, 622. 132 Seiler, in: FS Kirchhof, S. 133, 137 f., ders., NVwZ 2007, 129, 131; ebenso Leibohm, Bedarfsorientierung, S. 264; krit. auch Felix, RjDB 2008, 165, 171. 133 Seiler, NVwZ 2007, 129, 131. 134 Seiler, NVwZ 2007, 129, 131. 122

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2. Stellungnahme Die Kritik an der Konzeption des Elterngeldes ist im Laufe der Zeit allerdings weitgehend verstummt. Das mag zum einen daran liegen, dass sich das Elterngeld als Familienleistung mittlerweile etabliert hat. Zum anderen kommt darin aber auch zum Ausdruck, dass an der Konzeption des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung unter systematischen Gesichtspunkten keine durchgreifenden Bedenken bestehen. a) Steuerfinanzierte Einkommensersatzleistungen im Sozialrecht Zunächst ist zu beachten, dass steuerfinanzierte Leistungen zwar typischerweise von der Bedürftigkeit der anspruchsberechtigten Person abhängig sind, während Einkommensersatzleistungen überwiegend in den beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystemen verankert sind. Das ist allerdings nicht immer der Fall. Das Sozialrecht kennt eine Reihe steuerfinanzierter Leistungen, die als Einkommensersatzleistung ausgestaltet sind. Dazu zählt zum einen das Verletztengeld nach § 47 SGB VII, das im Rahmen der unechten Unfallversicherung gezahlt wird. Die Leistungen der unechten Unfallversicherung sichern innerhalb der Gesetzlichen Unfallversicherung Tätigkeiten ab, die in keinem Zusammenhang zu einer Erwerbstätigkeit stehen, sondern im Allgemeininteresse geleistet werden.135 Unter dem Versicherungsschutz der unechten Unfallversicherung stehen beispielsweise Personen, die Hilfe bei Unglücksfällen leisten (§ 2 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB VII), Pflegemaßnahmen im häuslichen Bereich vornehmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII) oder Blut oder Organe spenden (§ 2 Abs. 1 Nr. 13 b) SGB VII). Finanziert werden die Leistungen der unechten Unfallversicherung im Gegensatz zu den Leistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung nicht durch die Beiträge der Arbeitgeber, sondern gem. §§ 185, 186 SGB VII aus Steuermitteln. So erhält eine abhängig beschäftigte Person, die im Rahmen ihrer pflegerischen Tätigkeit im häuslichen Bereich einen Unfall erleidet und arbeitsunfähig wird, gem. §§ 45, 47 SGB VII i. V. m. § 47 Abs. 1 SGB V Verletztengeld in Höhe von 80 % ihres regelmäßigen Arbeitsentgelts. Hat sie in ihrem Beruf, den sie aufgrund des Unfalls nicht mehr ausüben kann, ein hohes Einkommen erzielt, erhält sie ein höheres Verletztengeld als eine vergleichbare Person mit niedrigerem Einkommen, ohne dass der ungleiche Leistungsumfang auf zuvor gezahlte Beiträge zurückgeführt werden kann. Gleiches gilt im Entschädigungsrecht bei der Gewährung von Versorgungskrankengeld, das ebenfalls aus Steuern finanziert wird. Anspruch auf Versorgungskrankengeld haben etwa Kriegsopfer nach dem Bundesversorgungsgesetz (§ 16 BVG) oder ehemalige Soldaten nach dem Soldatenversorgungsgesetz (§ 80 SVG i. V. m. § 16 BVG), die arbeitsunfähig erkrankt sind. Ausgestaltet als Einkommensersatzleistung richtet sich die Höhe des Versorgungskrankengeldes 135

Becker, Entschädigungsrecht, S. 40; KassKomm/Ricke SGB VII Vorb. Rn. 3b.

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

nach den individuellen Einkommensverhältnissen, vgl. § 16a Abs. 1 S. 1 BVG, § 80 SGV i. V. m. § 16a Abs. 1 S. 1 BVG. Auch die frühere Arbeitslosenhilfe war bis zur Neustrukturierung durch die HartzReformen im Jahr 2004 als steuerfinanzierte Lohnersatzleistung ausgestaltet.136 Gem. § 195 S. 1 SGB III a. F.137 betrug die Arbeitslosenhilfe 53 % bzw. 57 % des durchschnittlichen Nettoentgelts. Die Konzeption des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung ist im Sozialrecht somit nicht ohne Vorbild. Die Analyse des sozialrechtlichen Leistungsspektrums zeigt vielmehr, dass nicht alle steuerfinanzierten Leistungen bedürftigkeitsabhängig sind, sondern eine Bemessung nach den persönlichen Lebensumständen ebenso möglich ist. Die Annahme, dass das „Sozialrecht […] seine Maßstäbe zur Bestimmung von Grund und Höhe auszuteilender Leistungen durchgängig entweder einem sachlichen Bedarf oder einer persönlichen Bedürftigkeit [entnähme] und […] sich hierdurch grundlegend von beitragsfinanzierten Vorsorgesystemen“138 unterscheide, verkürzt das geltende sozialrechtliche System. Der Einwand, dass steuerfinanzierte Sozialleistungen stets bedarfsabhängig sein müssen, ist somit nicht rechtlicher, sondern politischer Natur.139 b) Einkommen als sachgerechtes Differenzierungskriterium Darüber hinaus gilt es zu klären, ob das Einkommen im Elterngeldrecht ein sachgerechtes Differenzierungskriterium darstellt. Das Elterngeld ist eine finanzielle Leistung zur Unterstützung von Eltern, die ihre Erwerbstätigkeit aufgeben oder einschränken, um ihr Kind in den ersten Lebensmonaten zu betreuen. Es soll die betreuungsbedingten Einkommensverluste teilweise ausgleichen und erfüllt damit eine Einkommensersatzfunktion. Mit diesem Opportunitätskostenkonzept140 unterscheidet sich das Elterngeld von Leistungen, die in Form eines pauschalen Zuschusses gewährt werden, wie zum Beispiel das ehemalige Erziehungsgeld. Ferner sieht das Elterngeld von einer konkreten Bedürfnisprüfung ab und unterstellt stattdessen eine allgemeine Bedarfslage, die sich aus dem Einkommensausfall nach der Geburt des Kindes ergibt.141 Die Behebung von Notlagen bleibt somit anderen Sicherungssystemen vorbehalten.142 136

Bothfeld, femina politica 2006, 102, 103; Scheiwe/Fuchsloch, ZRP 2006, 37, 40. Die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige zum Arbeitslosengeld II erfolgte durch das dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23. 12. 2003 (BGBl. I, S. 2848). 137 In der Fassung v. 16. 12. 1997 (BGBl. I, S. 2970). 138 Seiler, NVwZ 2007, 129, 131. 139 Vgl. auch Becker, in: FS Buchner, S. 67, 78. 140 Buchner/Becker/Becker BEEG Vor §§ 1 bis 14 Rn. 14; ders., in: FS Buchner, S. 67, 78; Plagemann/Fuchsloch/Kramer § 33 Rn. 4; Scheiwe/Fuchsloch, ZRP 2006, 37. 141 BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 84; BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 13/13 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 29 Rn. 25; s. a. Röhl, jM 2015, 246.

D. Rechtsnatur und systematische Einordnung

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Bereits der Name des Elterngeldes macht deutlich, dass es sich nicht um eine kind-, sondern um eine elternbezogene Leistung handelt. Anknüpfungspunkt der Leistungsbemessung sind darum nicht die kindbedingten Aufwendungen, sondern die individuell unterschiedlich hohen Verzichtskosten, die durch die Kinderbetreuung verursacht werden. Mit der Ausgestaltung des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung zielt der Gesetzgeber vor allem auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ab. Entsprechend spiegelt die Höhe des Elterngeldes die Verzichtskosten wider, die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem ausgleichsbegründenden Ereignis – der Geburt des Kindes – stehen. Die Anknüpfung an das Erwerbseinkommen ist somit in sich schlüssig und stellt im Elterngeldrecht ein sachgerechtes Differenzierungskriterium dar. c) Systematische Sonderstellung Die Gesamtkonzeption des Elterngeldes ist dennoch nicht frei von Widersprüchen. So fügen sich etwa das einkommensunabhängige Mindestelterngeld und der Anspruchsausschluss von Spitzenverdienern in die erwerbsbezogene Konzeption nicht nahtlos ein. Es ist aber zu beachten, dass dem Gesetzgeber im Bereich gewährender Staatstätigkeit und somit auch im Bereich der Familienförderung ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht.143 Mit der Kombination aus Einkommensersatz- und „echter“ Sozialleistung zielt der Gesetzgeber darauf ab, möglichst viele Familien in der Frühphase der Elternschaft finanziell zu unterstützen. Auch die Finanzierung aus dem allgemeinen Steueraufkommen erscheint angesichts des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums nicht nur hinnehmbar, sondern auch sinnvoll. Schließlich liegt auch die mit dem Elterngeld bezweckte Minderung des Familienaufwands in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung.144 Für die Einordnung innerhalb der sozialrechtlichen Systematik ergibt sich daraus Folgendes: Obwohl das Elterngeld als Einkommensersatzleistung ausgestaltet ist, zählt es nicht zur Sozialversicherung, weil es nicht durch Beiträge, sondern aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert wird. Auch die Zuordnung zum Entschädigungsrecht scheidet aus, weil betreuungsbedingte Einkommenseinbußen keine Schäden sind, für die die Allgemeinheit eine besondere Verantwortung trägt.145 Da die Gewährung von Elterngeld nicht von der Bedürftigkeit der anspruchsberechtigten Person abhängig ist, scheidet auch die Verortung im System der sozialen Hilfe aus. Das Elterngeld soll Familien in der Frühphase der Elternschaft finanziell unterstützen, indem es die Einkommenseinbrüche abmildert und zu einer besseren Vereinbarkeit von Familien und Beruf beiträgt. In systematischer Hinsicht ist das 142

Buchner/Becker/Becker BEEG § 2 Rn. 8; s. a. BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/ 09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 90; sowie BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 216. 143 S. hierzu sogleich unter E. II. 1. a). 144 Kemper, Erziehungsarbeit, S. 198. 145 Buchner/Becker/Becker BEEG Vor §§ 1 bis 14 Rn. 3.

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

Elterngeld somit der Kategorie der sozialen Förderungsleistungen zuzuordnen.146 Förderungszweck ist die Minderung des Familienaufwands im Sinne des § 6 SGB I, wonach demjenigen, der Kindern Unterhalt zu leisten hat, ein Recht auf Minderung der dadurch entstehenden wirtschaftlichen Belastungen zusteht.147 Aufgrund seiner versicherungsähnlichen Konzeption nimmt das Elterngeld innerhalb der sozialrechtlichen Systematik dennoch eine gewisse Sonderstellung ein.148

V. Ambivalente Rechtsnatur: Einkommensersatzleistung besonderer Art Letztlich bleibt noch zu klären, welche Auswirkungen die systemverschiedenen Strukturmerkmale auf die Rechtsnatur des Elterngeldes haben. Aus den unterschiedlichen Zielen, die der Gesetzgeber an das Elterngeld knüpft, lassen sich zwei wesentliche Funktionen ableiten: In erster Linie geht es um den wirtschaftlichen Ausgleich betreuungsbedingt eintretender Einkommensausfälle, sodass dem Elterngeld primär eine Einkommensersatzfunktion zukommt.149 Es zielt auf die Aufrechterhaltung der Einkommensverhältnisse ab und wendet sich im Kern an Erwerbstätige.150 Die Grundkonzeption des Elterngeldes entspricht damit dem Charakter einer Einkommensersatzleistung, die den Lohnersatzleistungen der Sozialversicherung ähnelt.151 Der Umstand, dass das Elterngeld auf 1.800 Euro pro Monat begrenzt ist und seine Einkommensersatzfunktion sich für Eltern mit höheren Einkommen somit weniger stark ausprägt, steht dem nicht entgegen. Schließlich liegt der durchschnittliche Auszahlungsbetrag mit 878 Euro im Jahr 2020152 weit unter dem gesetzlich vorgesehenen Höchstbetrag, sodass das Elterngeld für den Großteil der Anspruchsberechtigten eine einkommensersetzende Funktion erfüllt. Der erwerbszentrierte Opportunitätskostenansatz des Elterngeldes wird um das Mindestelterngeld und weitere einkommensunabhängige Elterngeldbestandteile ergänzt, die unabhängig von einer früheren Erwerbstätigkeit gezahlt werden. Soweit das Elterngeld keinen Ersatz für ausfallendes Einkommen darstellt, dient es der 146 Ebenso Buchner/Becker BEEG Einf. Rn. 7; Röhl, jM 2015, 246; Tünnemann, Kinderleistungsausgleich, S. 271. 147 Mrozynski SGB I § 6 Rn. 11. 148 S. a. BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214. 149 Graue/Diers, NZS 2015, 777, 779; vgl. auch Pernice-Warnke, FamRZ 2014, 263 sowie BVerfG Beschl. v. 6. 6. 2011 – 1 BvR 2712/09, NJW 2011, 2869, 2870. 150 Eberhardt, NZS 2011, 575, 578. 151 Vgl. Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 1 Rn. 8; Brosius-Gersdorf, NJW 2007, 177; Löbner, SRa 2014, 1; Graue/Diers, NZS 2015, 777, 779; Roos/Bieresborn/Jaritz/GrössleinWeiß BEEG § 2 n. F. Rn. 9; Winhard, DStR 2008, 2144, 2147. 152 Destatis, Statistik zum Elterngeld 2020, S. 9 Tab. 3, abrufbar unter https://www.destatis. de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Elterngeld/Publikationen/Downloads-Eltern geld/elterngeld-leistungsbezuege-j-5229210207004.pdf?__blob=publicationFile (1. 9. 2021).

D. Rechtsnatur und systematische Einordnung

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Anerkennung der Erziehungs- und Betreuungsleistung der Eltern.153 Aufgrund dieser unterschiedlichen Funktionen weist das Elterngeld einen Doppelcharakter auf.154 Dieser Befund lässt indes nicht den Schluss zu, das Elterngeld in zwei voneinander unabhängige Unterarten aufzuspalten.155 Denn bei Erwerbstätigen, die mehr als 300 Euro Elterngeld erhalten, geht das zur Anerkennung der Erziehungsleistung gezahlte Mindestelterngeld im Einkommensersatz auf. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Aufspaltung des Elterngeldes in einen Sockelbetrag und eine Einkommensersatzleistung nicht möglich.156 Es handelt sich vielmehr um eine einheitliche Familienleistung, die im Kern als Einkommensersatzleistung ausgestaltet ist und auf der Anerkennung der Erziehungsleistung der Eltern beruht.157 Das Elterngeld weist somit eine ambivalente Rechtsnatur auf. Bislang wurde das Elterngeld überwiegend als „kombinierte Lohnersatz- und Sozialleistung“158 charakterisiert. Der Gesetzgeber hat die Rechtsnatur des Elterngeldes hingegen als „steuerfinanzierte Leistung besonderer Art“159 qualifiziert. In Bezug auf den Wesensgehalt des Elterngeldes bleiben beide Beschreibungen im Grunde noch zu ungenau. Überzeugender ist es, die Rechtsnatur des Elterngeldes als „Einkommensersatzleistung besonderer Art“ zu qualifizieren. Dadurch wird deutlich, dass es sich beim Elterngeld im Kern um eine Einkommensersatzleistung handelt, die anders als die versicherungsrechtlichen Lohnersatzleistungen nicht durch Beiträge finanziert wird und zudem auch Elemente des sozialen Ausgleichs enthält. Zu beachten ist, dass die Qualifizierung als Entgeltersatzleistung zu kurz greifen würde, denn das Elterngeld beschränkt sich gerade nicht auf die Sicherung gegen Entgelt Beschäftigter, sondern bezieht auch Selbständige und Nicht-Erwerbstätige in den Kreis der Anspruchsberechtigten ein.160

153 Dau, jurisPR-SozR 25/2009 Anm. 4; ders., jurisPR-SozR 24/2014 Anm. 2; Fuchsloch/ Scheiwe, Elterngeld, Rn. 43; BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2 Rn. 24; s. a. BSG Urt. v. 15. 6. 2009 – B 10 EG 8/08 R, BSGE 103, 291, 302. 154 Dau, jurisPR-SozR 24/2014 Anm. 2. 155 A. A. ohne weitere Begründung Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 1 Rn. 8. 156 BFH Beschl. v. 21. 9. 2009 – VI B 31/09, DStR 2009, 2139, 2140; bestätigt durch BVerfG Beschl. v. 20. 10. 2010 – 2 BvR 2604/09, juris. Das Elterngeld unterliegt gem. § 32b Abs. 1 Nr. 1 j) EStG dem Progressionsvorbehalt, wirkt sich also steuerverschärfend aus. Eine Freistellung i. H. v. 300 Euro ist mangels Zweiteilung in einen rein sozialrechtlichen Sockelbetrag und einen darüberhinausgehenden Aufstockungsbetrag nicht möglich, s. a. Rancke/Lenz BEEG Vor § 1 Rn. 10; krit. Winhard, DStR 2008, 2144 ff. 157 Kemper, Erziehungsarbeit, S. 198; vgl. auch Modrzejewski, Existenzsicherung in Ehe und Familie, S. 173 f. 158 Grübnau-Riecken, NZS 2016, 737; Ismer/Luft/Schachameyer, NZS 2013, 327; Seiler, NVwZ 2007, 129; vgl. auch Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 43. 159 BT-Drs. 16/1889, S. 18, ebenso Rancke/Lenz BEEG Vor § 1 Rn. 2. 160 Vgl. Ismer/Luft/Schachameyer, NZS 2013, 327 Fn. 9.

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

E. Das Elterngeld im verfassungsrechtlichen Kontext Als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung nimmt das Elterngeld nicht nur eine Sonderstellung innerhalb der Systematik des Sozialrechts ein, sondern wirft darüber hinaus auch im verfassungsrechtlichen Kontext Fragen auf. Diese betreffen zum einen die Perspektive der Verfassungskonformität der Ausgestaltung des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung (I.). Zum anderen gilt es auch zu untersuchen, welche Konsequenzen sich aus der Konzeption des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung für die konkrete Leistungsgestaltung im Rahmen der einfachgesetzlichen Umsetzung ergeben (II.).

I. Ausgestaltung als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung Die Einführung des Elterngeldes wurde nicht nur in sozialpolitischer, sondern auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht teils erheblich kritisiert.161 Anknüpfungspunkt der Kritik war dabei stets die Ausgestaltung des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung. Bezweifelt wurde, dass dem Bund zur Regelung des Elterngeldes die Gesetzgebungskompetenz zustehe (1.) und dass die einkommensabhängige Leistungsbemessung mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 3 Abs. 1 GG (2.) und Art. 6 Abs. 1 und 2 GG (3.) vereinbar sei. 1. Gesetzgebungskompetenz Der Bund stützt seine Gesetzgebungskompetenz für das Elterngeld auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG.162 Danach gehört die öffentliche Fürsorge zum Bereich konkurrierender Gesetzgebungszuständigkeit. Eine Regelung auf Bundesebene setzt also voraus, dass es sich beim Elterngeld um eine Fürsorgeleistung im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG handelt (a)) und eine bundeseinheitliche Regelung gem. Art. 72 Abs. 2 GG erforderlich ist (b)). a) Weiter kompetenzrechtlicher Fürsorgebegriff Der Begriff der öffentlichen Fürsorge in Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG ist eng mit dem Sozialstaatsprinzip verzahnt.163 Historisch der örtlichen Armenpflege entwachsen, wird der Begriff der öffentlichen Fürsorge traditionell als Unterstützung Hilfebedürftiger in Notlagen verstanden.164 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfas161 Felix, RdJB 2008, 165, 172; Kingreen, Rechtsgutachten, S. 57 ff.; Leibohm, Bedarfsorientierung, S. 257 f.; Seiler, NVwZ 2007, 129 ff. 162 BT-Drs. 16/1889, S. 16. 163 Dreier/Wittreck GG Art. 74 Rn. 37. 164 Kingreen, Rechtsgutachten, S. 57 f.; Seiler, NVwZ 2007, 129.

E. Das Elterngeld im verfassungsrechtlichen Kontext

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sungsgerichts ist der kompetenzrechtliche Fürsorgebegriff aber nicht eng auszulegen, sodass auch neue Lebenssachverhalte auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gestützt werden können.165 Einschränkend wird teilweise gefordert, dass die Leistungen stets Elemente der „klassischen Fürsorge“ enthalten, also an die persönliche Bedürftigkeit der Empfänger anknüpfen müssen.166 Da das Elterngeld jedoch nicht bedürftigkeitsabhängig ist, wird in der Literatur vereinzelt bezweifelt, dass das Elterngeld bundeseinheitlich geregelt werden könne.167 Lohnersatzleistungen ohne Rücksicht auf eine konkrete Bedürftigkeit seien vielmehr dem Kompetenztitel der Sozialversicherungsleistungen in Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zuzurechnen.168 Demnach sei eine bundeseinheitliche Regelung nur möglich, wenn das Elterngeld als Versicherungsleistung konzipiert wäre, also durch Beiträge finanziert würde; andernfalls müsse die Regelungskompetenz bei den Ländern verbleiben.169 Dieses Begriffsverständnis wird jedoch dem im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip gebotenen, weiten Begriffsverständnis der öffentlichen Fürsorge nicht gerecht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich der Anwendungsbereich nicht auf klassische bedürftigkeitsabhängige Sozialleistungen, die auf die Linderung einer individuellen Notlage ausgerichtet sind.170 Vielmehr ist eine typisierende und nicht unmittelbar bestehende Bedarfslage ausreichend, um eine Maßnahme auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG stützen zu können.171 Ausgehend von diesem weiten Begriffsverständnis ist das Elterngeld von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG umfasst, weil es darauf abzielt, Eltern zu unterstützen, die sich in der betreuungs- und zuwendungsintensiven Zeit nach der Geburt um ihr Kind kümmern.172 Das Elterngeld soll einen finanziellen Schonraum schaffen, Einkommenseinbrüche vermeiden und auch vor dem Eintritt künftiger finanzieller Bedarfslagen schützen.173 Beim Elterngeld handelt es sich somit um eine Maßnahme, die einerseits aktuelle wirtschaftliche Einbußen ausgleichen und andererseits der Inanspruchnahme künftiger Fürsorgemaßnahmen vorbeugen soll.174 Hinzu kommt, 165

BVerfG Urt. v. 28. 5. 1993 – 1 BvF 1/90, 1 BvF 4/92, BVerfGE 88, 203, 329. Vgl. Leibohm, Bedarfsorientierung, S. 257; Seiler, NVwZ 2007, 129, 130. 167 Kingreen, Rechtsgutachten, S. 57 f.; Leibohm, Bedarfsorientierung, S. 257 f.; krit auch Felix, RdJB 2008, 165, 172. 168 Leibohm, Bedarfsorientierung, S. 258; Seiler, in: FS Kirchhof, S. 133, 137, 169 Nur Leibohm, Bedarfsorientierung, S. 258; krit. auch Felix, RdJB 2008, 165, 172; Seiler, NVwZ 2007, 129, 130; ders. in: FS Kirchhof, S. 133, 137 f. 170 Vgl. BVerfG Urt. v. 28. 5. 1993 – 1 BvF 1/90, 1 BvF 4/92, BVerfGE 88, 203, 329; s. hierzu auch Rixen, NJW 2015, 3136, 3137. 171 BVerfG Urt. v. 21. 7. 2015 – 1 BvF 2/13, BVerfGE 140, 65, 78. 172 BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 8/08 R, BSGE 103, 291, 297; BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 38; Buchner/Becker/Becker BEEG Einf. Rn. 7; vgl. auch von Mangoldt/Klein/Starck/Oeter GG Art. 74 Rn. 55. 173 BT-Drs. 16/1889, S. 2. Zur Zielsetzung s. o. unter C. 174 BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 8/08 R, BSGE 103, 291, 297. 166

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

dass das Elterngeld sich nicht auf den – ohnehin auf 1.800 Euro begrenzten – Ersatz ausfallenden Erwerbseinkommens beschränkt, sondern mit dem Mindestbetrag, dem Geschwisterbonus und dem Mehrlingszuschlag auch Elemente des sozialen Ausgleichs enthält. Damit wird das Elterngeld den Anforderungen der öffentlichen Fürsorge im kompetenzrechtlichen Sinne gerecht. b) Erfordernis einer bundeseinheitlichen Regelung Der Kompetenztitel der öffentlichen Fürsorge steht gem. Art. 72 Abs. 2 GG unter dem Vorbehalt des Erfordernisses einer bundeseinheitlichen Regelung. Dem Bund steht die Gesetzgebungskompetenz für das Elterngeld nur zu, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit dies erforderlich machen. Dabei ist dem Gesetzgeber ein angemessener Prognosespielraum zuzuerkennen.175 Der Gesetzgeber hielt eine Regelung des Elterngeldes auf Bundesebene zur Wahrung der Wirtschaftseinheit für erforderlich (Art. 72 Abs. 2 Fall 3 GG).176 Dabei geht es maßgeblich um die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraumes der Bundesrepublik durch bundeseinheitliche Rechtssetzung.177 Die Einschätzung des Gesetzgebers, dass eine bundeseinheitliche Regelung des Elterngeldes zur Wahrung der Wirtschaftseinheit erforderlich ist, ist insbesondere unter Berücksichtigung zweier Gesichtspunkte überzeugend: Zum einen hat der Gesetzgeber mit der Einführung des Elterngeldes die familienpolitischen Leistungen neu ausgerichtet.178 Die Konzeption des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung weicht erheblich vom vormals gewährten Erziehungsgeld ab. Folglich war der angestrebte Systemwechsel in der staatlichen Familienförderung überhaupt nur durch eine bundeseinheitliche Regelung zu erreichen.179 Zum anderen waren durch die Neukonzeption erhebliche Veränderungen im Arbeitsverhalten junger Eltern zu erwarten. Die Gewährung von Elterngeld steht in engem Zusammenhang mit dem Anspruch auf Elternzeit. Durch die stärkere Einbeziehung von Vätern in die Betreuungsarbeit war mit einem Anstieg der Arbeitnehmer in Elternzeit zu rechnen; aufgrund des verkürzten Leistungszeitraums im Vergleich zum Erziehungsgeld war zugleich eine Reduzierung der durchschnittlichen Verweildauer der Mütter in Elternzeit zu erwarten.180 Daraus ergaben sich 175

BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 8/08 R, BSGE 103, 291, 297 f. BT-Drs. 16/1889, S. 16. 177 BVerfG Urt. v. 24. 10. 2002 – 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, 62, 146. 178 BT-Drs. 16/1889, S. 1 f. In der Literatur wird dies treffend als „Paradigmenwechsel“ bezeichnet, s. Brosius-Gersdorf, FRP 2007, 334; Felix, RdJB 2008, 165, 168; Nebe, Streit 2007, 74; später auch Brose, NZS 2017, 361, 362. 179 BSG Urt. v. 25. 6. 2009 -B 10 EG 8/08 R, BSGE 103, 291, 298; zum Systemwechsel bereits BSG Urt. v. 23. 1. 2008 – B 10 EG 5/07 R, BSGE 99, 293, 294. 180 Zwischen 2006 und 2017 ist der Anteil der Mütter, die im zweiten Lebensjahr des Kindes arbeiten, von 34,6 % auf 44,0 % gestiegen. Im dritten Lebensjahr gab es sogar einen Anstieg von 176

E. Das Elterngeld im verfassungsrechtlichen Kontext

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Veränderungen für den gesamten Arbeitsmarkt und die gesamtwirtschaftliche Situation in Deutschland.181 Die bundeseinheitliche Regelung des Elterngeldes ist somit zur Wahrung der Wirtschaftseinheit erforderlich, sodass dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für das Elterngeld zustand.182 2. Art. 3 Abs. 1 GG Die Konzeption des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung wirft darüber hinaus auch gleichheitsrechtliche Fragen auf. Da das Elterngeld in Abhängigkeit vom individuellen Durchschnittseinkommen berechnet wird, erhalten Eltern mit hohem Einkommen mehr Elterngeld als Eltern mit geringerem Einkommen oder Erwerbslose. Innerhalb der Grenzen von Mindest- und Höchstbetrag kann sich dadurch ein Unterschiedsbetrag von bis zu 1.500 Euro ergeben. Fraglich ist, ob darin ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt. Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, ohne dass dem Gesetzgeber dadurch jede Differenzierung verwehrt wäre. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt erst vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten.183 a) Ungleichbehandlung Das Elterngeld ist als dynamische Einkommensersatzleistung konzipiert. Gem. § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG beträgt die Ersatzrate des Elterngeldes grundsätzlich 67 % des Erwerbseinkommens vor der Geburt des Kindes.184 Da der Ersatzrate jeweils eine andere Bemessungsgrundlage zugeordnet ist, fällt der Elterngeldbetrag, den die Eltern effektiv erhalten, unterschiedlich hoch aus, ohne dass der Leistung am Einkommen orientierte Sozialversicherungsbeiträge vorangegangen wären.185 44,1 % auf 60,1 %, s. Studie IW Köln, abrufbar unter https://www.iwd.de/artikel/das-elterngeldund-seine-erstaunlichen-folgen-407014/ (1. 9. 2021). 181 BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 8/08 R, BSGE 103, 291, 298. 182 BVerfG Urt. v. 21. 7. 2015 – 1 BvF 2/13, BVerfGE 140, 65, 90; BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 8/08 R, BSGE 103, 291, 297; BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 41; a. A. Seiler, NVwZ 2007, 129, 130 sowie Leibohm, Bedarfsorientierung, S. 260. 183 BVerfG Beschl. v. 7. 10. 1980 – 1 BvL 50/79, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88; s. a. BVerfG 27. 2. 2007 – 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272, 300 f. 184 Die Ersatzrate steigt bei Einkommen unter 1.000 Euro auf bis zu 100 % an und schmilzt bei Einkommen über 1.200 Euro auf bis zu 65 % ab (§ 2 Abs. 2 BEEG); s. o. B. II. 1. 185 BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214; BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 56. Darüber hinaus ergeben sich weitere,

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

Aufgrund des steuerrechtlichen Non-Affektionsprinzips ist insofern unerheblich, dass Eltern mit höherem Einkommen in der Regel mehr Steuern zahlen.186 Denn Steuereinnahmen dürfen grundsätzlich nicht für bestimmte Ausgaben zweckgebunden sein.187 b) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Die Ungleichbehandlung der Elterngeldempfänger infolge der einkommensabhängigen Leistungsbemessung könnte aber gerechtfertigt sein. Bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht zu untersuchen, „ob der Gesetzgeber die zweckmässigste oder gerechteste Lösung gefunden hat“.188 Ihm steht vielmehr ein angemessener Gestaltungsspielraum zu, sodass sich die Prüfung auf die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Grenzen beschränkt.189 Der anzulegende Maßstab ist dabei von der Intensität der Ungleichbehandlung abhängig.190 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist dieser umso strenger, je enger die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, auf die der Einzelne keinen Einfluss hat, oder wenn die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten betroffen ist.191 Maßgebliches Differenzierungskriterium bei der Elterngeldberechnung ist das Erwerbseinkommen der anspruchsberechtigten Person. Das Elterngeld knüpft damit an die finanzielle Situation und nicht an Persönlichkeitsmerkmale an, die für den Einzelnen nicht beeinflussbar sind. Maßnahmen der Familienförderung können sich aber mittelbar auf die Ausübung der nach Art. 6 Abs. 1 und 2 GG grundrechtlich geschützten Freiheiten auswirken.192 Zu prüfen ist daher, ob die Ausgestaltung des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung durch Sachgründe gerechtfertigt werden

spezifische Ungleichbehandlungen zwischen Erwerbstätigen und nicht (voll) Erwerbstätigen, zwischen Doppel- und Ein-Verdiener-Familien sowie mittelbar auch zwischen kinderarmen und kinderreichen Familien, s. hierzu Weilert, DVBl 2010, 164, 168; ausführlich zu den Mehrkindfamilien s. Salaw-Hanslmaier, ZRP 2008, 140 ff. 186 Becker, in: FS Buchner, S. 67, 77. 187 Zum Non-Affektionsprinzip s. Musil, DVBl 2007, 1526, 1529 ff.; Waldhoff, in: HStR V § 116 Rn. 143; Hintzen, in: HStR V § 120 Rn. 47. 188 BVerfG Beschl. v. 8. 10. 1991 – 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, 359. 189 BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 55. 190 Vgl. BVerfG Beschl. v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, 30; BVerfG Beschl. v. 14. 10. 2008 – 1 BvF 4/05, BVerfGE 122, 1, 23. 191 BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215; vgl. auch BVerfG Beschl. v. 26. 1. 1993 – 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, BVerfGE 88, 87, 96. 192 BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215; vgl. auch BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 55 sowie Pernice-Warnke, FamRZ 2014, 263, 267.

E. Das Elterngeld im verfassungsrechtlichen Kontext

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kann, die hinsichtlich des bezweckten Differenzierungsziels und des Ausmaßes der Ungleichbehandlung angemessen sind.193 aa) Differenzierung nach dem Erwerbseinkommen Mit der Ausgestaltung des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung verfolgt der Gesetzgeber eine Vielzahl unterschiedlicher Ziele. Im Vordergrund steht der finanzielle Ausgleich der betreuungsbedingten Einkommensverluste. Die Fortschreibung des Einkommensniveaus soll Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage unterstützen, wenn Eltern ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen, um sich um die Betreuung ihres Kindes zu kümmern. Das Elterngeld richtet sich damit im Kern an Erwerbstätige und soll für sie einen Anreiz schaffen, die Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung zu unterbrechen. Neben gleichstellungsrechtlichen Zielen soll das Elterngeld dadurch zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen und somit letztlich auch einen Beitrag für eine positive demografische Entwicklung leisten.194 Gemessen an den vielfältigen Zwecken, die der Gesetzgeber mit dem Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion verbindet, ist die Differenzierung nach dem Erwerbseinkommen legitim.195 Die grundrechtlichen Wertungen von Art. 6 Abs. 1 und 2 GG stehen dem nicht entgegen. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG enthält eine verfassungsrechtliche Garantie, wonach die Eltern grundsätzlich selbst über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens entscheiden können.196 Die Ausgestaltung des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung ist zwar geeignet, die Entscheidung der Eltern über die innerfamiliäre Aufgabenstellung jedenfalls mittelbar zu beeinflussen. Die Intensität dieser Anreize ist allerdings als so gering zu bewerten, dass sich daraus kein grundrechtlich relevanter Eingriff ableiten lässt.197 Schließlich können die Eltern weiterhin frei entscheiden, ob Vater, Mutter oder beide Elternteile das Kind betreuen.198 Bei der Anknüpfung an das Erwerbseinkommen handelt es sich zudem auch um ein zulässiges Differenzierungskriterium. Sinn und Zweck des Elterngeldes ist es, die Einkommenseinbußen auszugleichen, die mit der betreuungsbedingten Einschränkung der Erwerbstätigkeit einhergehen. Die Anknüpfung an das Erwerbseinkommen ist daher schlüssig, weil genau diejenigen Einkommensbestandteile berücksichtigt 193 Zum Prüfungsmaßstab vgl. BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215; s. a. BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 53 ff. 194 BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215 f.; s. a. Weilert, DVBl 2010, 164, 169. 195 BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 60. 196 BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215. 197 BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215; BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 63. 198 Zur Eingriffsqualität im Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 1 und 2 GG s. u. unter 3.

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

werden, die aufgrund der Kinderbetreuung wegfallen. Die Höhe des Elterngeldes spiegelt damit die individuellen Verzichtskosten wider, die mit der Kinderbetreuung verbunden sind. Die Leistungsberechnung auf Grundlage des Einkommens aus Erwerbstätigkeit ist vor dem Hintergrund des vom Gesetzgeber bestimmten Leistungsziels somit zweckmäßig und sachgerecht.199 bb) Verhältnismäßigkeit Die Ausgestaltung des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung müsste auch verhältnismäßig sein. Die aus der einkommensabhängigen Leistungsbemessung folgenden Ungleichbehandlungen müssten also in angemessenem Verhältnis zu den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen stehen. Der einkommensabhängige Berechnungsmodus des Elterngeldes führt dazu, dass die Leistungshöhe innerhalb der Grenzen des 300 Euro-Mindest- und des 1.800 Euro-Höchstbetrages die Verzichtskosten widerspiegelt, die mit der Entscheidung für ein Kind, dessen Geburt und Betreuung einhergehen. Damit ist die Anknüpfung an das Erwerbseinkommen geeignet, den Gesetzeszweck der Aufrechterhaltung des individuellen Lebensstandards der Familie aufrechtzuerhalten.200 Die Konzeption des Elterngeldes setzt zudem einen Anreiz, dass der besserverdienende Elternteil sich ebenfalls an der Versorgung des Kindes beteiligt. Insofern kann es auch dazu beitragen, überkommene Rollenverteilungen aufzubrechen und die partnerschaftliche Teilhabe beider Elternteile an der Erziehung und Betreuung des Kindes zu fördern.201 Die einkommensabhängige Leistungsbemessung ist auch erforderlich, weil kein milderes Mittel zur Verfügung steht, um die gesetzgeberischen Ziele zu erreichen.202 Würde das Elterngeld in Form eines Festbetrags gewährt, würde es entgegen seiner Zielsetzung seine Anreizwirkung für Familien mit mittlerem und höherem Einkommen verlieren.203 Die durch das Elterngeld geförderten Zwecke stehen zudem auch in angemessenem Verhältnis zum Grad der Ungleichbehandlung.204 Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die gesetzgeberische Entscheidung einer einkommensabhängigen Leistungsbemessung auf hinreichend gewichtigen Sachgründen beruht.205 Mit der Ausgestaltung des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung reagiert der Ge199

S. a. BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 66 ff. Weilert, DVBl 2010, 164, 170; BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 71. 201 BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 216. 202 Vgl. BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 72; Weilert, DVBl 2010, 164, 170. 203 Weilert, DVBl 2010, 164, 170. 204 BVerfG Beschl. v. 15. 3. 2000 – 1 BvL 16/96, 1 BvL 17/96, BVerfGE 102, 68, 87. 205 Vgl. BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215. 200

E. Das Elterngeld im verfassungsrechtlichen Kontext

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setzgeber auf die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen für die „Gründung von Familien und das Leben mit Kindern“.206 Dies beruht auf der Erkenntnis, dass ein pauschaler, bedürftigkeitsabhängiger Zuschuss für die meisten Familien keine hinreichende Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familienleben darstellt. Durch den Ausgleich der mit der Kinderbetreuung einhergehenden, individuell unterschiedlich hohen Verzichtskosten sollen Familien einerseits gezielt finanziell gestärkt und andererseits verhindert werden, dass die Aussicht auf finanzielle Einbußen zu einem Aufschieben des Kinderwunsches führt.207 Neben dem Ziel der allgemeinen Familienförderung soll das Elterngeld im Speziellen auch die Entscheidung zur Familiengründung gegenüber einem Aufschieben des Kindeswunsches begünstigen und somit wenigstens mittelbar zu einer positiven demografischen Entwicklung beitragen.208 Mit der Ausgestaltung des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung verfolgt der Gesetzgeber zudem gleichstellungsrechtliche Ziele. Das Elterngeld setzt spezifische Anreize, dass Väter sich mehr an der Kinderbetreuung beteiligen und Mütter nach der Geburt des Kindes früher in den Beruf zurückkehren. Damit trägt es dazu bei, dass die Kinderbetreuung nicht einseitig und dauerhaft dem „Zuständigkeitsbereich“ der Mutter zugeordnet wird, was mit beruflichen Nachteilen und Einbußen der finanziellen Eigenständigkeit, insbesondere im Alter, verbunden ist. Hinzu kommt, dass die Ungleichbehandlung durch die Begrenzung auf den Höchstbetrag von 1.800 Euro und den Sockelbetrag von 300 Euro abgemildert wird und auch Eltern ohne Erwerbseinkommen Anspruch auf den Mindestbetrag haben.209 Unter Berücksichtigung des weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im Rahmen gewährender Staatstätigkeit ist die Ausgestaltung des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung somit angemessen und im Ergebnis verhältnismäßig. c) Ergebnis: Kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG Die Ungleichbehandlung der Elterngeldempfänger je nach Höhe des individuellen Durchschnittseinkommens ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. In der Berechnung des Elterngeldes auf Grundlage des durchschnittlichen Erwerbseinkom-

206

BT-Drs. 16/1889, S. 1. Vgl. BT-Drs. 16/1889, S. 15. 208 Während die zusammengesetzte Geburtenziffer im Jahr 2005 noch 1,34 betrug, erfolgte bis zum Jahr 2016 ein Anstieg auf 1,59 Kinder pro Frau. 2020 ist der Wert auf 1,53 leicht gesunken, s. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Gebur ten/Tabellen/geburtenziffer.html#fussnote-1-104080 (1. 9. 2021). 209 Weilert, DVBl 2010, 164, 171. 207

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

mens liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.210 3. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG Zu überprüfen ist auch, ob die Ausgestaltung des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG in Einklang steht. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung und schreibt die Pflege und Erziehung der Kinder als natürliches Recht der Eltern und die ihnen zukommende Pflicht fest. In seiner abwehrrechtlichen Funktion schützt Art. 6 Abs. 1 und 2 GG die Freiheit der Eheleute und Familien, über die Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden.211 Deshalb muss der Staat die konkrete Ausgestaltung der Ehe- und Familiengemeinschaft respektieren.212 Für die Ausübung der elterlichen Freiheit bedeutet dies, dass die Eltern selbst darüber entscheiden können, wie sie die Aufteilung zwischen Erwerbs- und Sorgetätigkeit innerfamiliär organisieren.213 Ihnen obliegt etwa die Entscheidung, ob sich ein Elternteil um die Versorgung der Kinder kümmert, während der andere durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit die finanzielle Lebensgrundlage erwirtschaftet, oder ob sich beide Eltern die Erziehungsarbeit teilen und unter Umständen nur einer Teilzeiterwerbstätigkeit nachgehen. Familienpolitische Maßnahmen, insbesondere finanzielle Leistungen, sind grundsätzlich geeignet, Entscheidungen über die innerfamiliäre Aufgabenverteilung zu beeinflussen. Auch das Elterngeld enthält verhaltenslenkende Elemente und soll einen Anreiz schaffen, dass Väter sich stärker an der Sorgetätigkeit beteiligen und Mütter zeitnah nach der Geburt des Kindes in ihren Beruf zurückkehren.214 Aus diesem Grund wird kritisiert, dass das Elterngeld Doppelverdiener-Familien bevorzuge, wohingegen traditionelle Familienverbünde, in denen nur ein Elternteil eine Erwerbstätigkeit ausübt und der andere – in der Regel die Mutter – die Kinderbetreuung übernimmt, eine gewisse Abwertung erfahren würden.215 Das Elterngeld stelle daher eine „Prämie für ein dem Leitbild des Gesetzgebers entsprechendes

210 S. a. BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214; BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7; Jung, WzS 2012, 38, 40; Weilert, DVBl 2010, 164, 172. 211 BVerfG Beschl. v. 20. 4. 2011 – 1 BvR 1811/08, ZFSH/SGB 2011, 337, 338. 212 BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215. 213 Weilert, DVBl 2010, 164, 166. 214 S. hierzu oben unter C. III. 215 Weilert, DVBl 2010, 164, 166. Quambusch kritisiert, dass die rasche Rückkehr in den Beruf im Widerspruch zur „natürlichen Sorge- und Erziehungsaufgabe“ der Mütter stehen, ZFSH/SGB 2007, 529, 532.

E. Das Elterngeld im verfassungsrechtlichen Kontext

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,richtiges‘ Familienleben“ dar.216 Mitunter wird sogar befürchtet, der Gesetzgeber verfolge mit dem Elterngeld das Ziel, traditionelle Familienstrukturen aufzulösen.217 Es ist aber zu beachten, dass sich die Lenkungswirkungen, die vom Elterngeld ausgehen mögen, nicht übermäßig stark auf die Entscheidung der Eltern über die innerfamiliäre Aufgabenverteilung auswirken und deshalb bereits keine Eingriffsqualität vorliegt.218 Die Eltern können weiterhin frei entscheiden, ob Vater, Mutter oder beide Elternteile das Kind betreuen. Auch wenn nur ein Elternteil alleine die Kinderbetreuung übernimmt, stehen ihm volle zwölf Monate Elterngeld zu. Die zwei Partnermonate treten zu diesem „Kern-Elterngeld“ gewissermaßen hinzu. Die Beeinflussung, die von der Regelung in § 2 Abs. 1 BEEG ausgeht, erreicht somit keine Eingriffsqualität.219

II. Verfassungsrechtliche Vorgaben für die einfachgesetzliche Umsetzung Neben der Frage, ob das Elterngeld kompetenz- und grundrechtlichen Anforderungen entspricht, ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten insbesondere relevant, welche Konsequenzen sich aus der Konzeption des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung für die konkrete Leistungsgestaltung im Rahmen der einfachgesetzlichen Umsetzung ergeben. Insofern geht es nicht um die Frage, ob der Gesetzgeber das Elterngeld als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung ausgestalten durfte, sondern wie die Leistungsgewährung im Elterngeldrecht im Einzelnen auszugestalten ist und welche verfassungsrechtlichen Vorgaben der Gesetzgeber bei der einfachgesetzlichen Umsetzung zu beachten hat. 1. Rahmenbedingungen gesetzgeberischer Gestaltungsbefugnisse Welche Vorgaben der Gesetzgeber bei der Art und Weise der Leistungsgestaltung auf einfachgesetzlicher Ebene beachten muss, hängt von den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen ab, innerhalb derer das Elterngeld zu verorten ist. Zentral für die Bestimmung dieses verfassungsrechtlichen Rahmens ist die Einordnung des Elterngeldes in das System staatlicher Familienförderung (a)). Zu klären ist insofern auch, ob und inwiefern der Gesetzgeber bei der Regelung elterngeldrechtlicher Leistungsmodalitäten bestimmte verfassungsrechtliche Grenzen beachten muss (b)).

216

Seiler, NVwZ 2007, 129, 132; vgl. auch Felix, RdJB 2008, 165, 174. Weilert, DVBl 2010, 164, 166; vgl. auch Quambusch, ZFSH/SGB 2007, 529, 531 f. 218 S. o. unter E. I. 2. b) aa). 219 Becker, in: FS Buchner, S. 67, 69; Seiler, NVwZ 2007, 129, 182; Weilert, DVBl 2010, 164, 166. Nach Ansicht des BVerfG ist Art. 6 Abs. 1 und 2 GG „allenfalls am Rande“ betroffen, Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215. 217

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

a) Gestaltungsfreiheit im Bereich staatlicher Familienförderung Das Elterngeld dient der Familienförderung.220 Es soll Familien nachhaltig und gezielt finanziell stärken und konkretisiert damit das in § 6 SGB I benannte Recht auf Minderung des Familienaufwands.221 Für die verfassungsrechtliche Einordnung des Elterngeldes spielt insofern das in Art. 6 Abs. 1 und 2 GG verankerte Familiengrundrecht eine zentrale Rolle.222 Neben der abwehrrechtlichen Dimension223 statuiert Art. 6 Abs. 1 und 2 GG auch die verfassungsrechtliche Pflicht des Gesetzgebers zur Förderung der Familie. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber über das verfassungsrechtliche Benachteiligungsverbot hinaus Familien durch gezielte Maßnahmen unterstützen muss.224 Auch bei der Kinderbetreuung handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um eine Leistung, die im Interesse der Gemeinschaft liegt und deren Anerkennung verlangt.225 Daraus folgt für den Staat die Pflicht, die Kinderbetreuung in der von den Eltern jeweils gewählten Form zu ermöglichen und zu fördern.226 Aus dem verfassungsrechtlichen Förderungsgebot lässt sich allerdings keine Pflicht des Staates ableiten, sämtliche die Familie treffenden Belastungen auszugleichen.227 Die Möglichkeit, konkrete Ansprüche gegenüber dem Staat geltend zu machen und Ausgleichsleistungen zu fordern, hat das Bundesverfassungsgericht weitgehend ausgeschlossen.228 Vielmehr obliegt es der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, in welchem Umfang und in welcher Weise ein sozialer Ausgleich vorgenommen wird.229 Mit der Weiterentwicklung des bedürftigkeitsabhängigen Erziehungsgeldes zum einkommensabhängigen Elterngeld hat der Gesetzgeber seinen verfassungsrechtli-

220

BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215. Buchner/Becker/Becker BEEG Vor §§ 1 bis 14 Rn. 3; vgl. auch Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/von Koppenfels-Spies BEEG Einl. Rn. 4. Zur formalen Verortung des Elterngeldes innerhalb des Sozialrechts s. o. unter D. I. 222 Vgl. BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215; BrosiusGersdorf, NJW 2007, 177, 179. 223 Zur abwehrrechtlichen Dimension s. bereits oben unter E. I. 3. 224 Zum Verhältnis von Benachteiligungsverbot und Förderungsgebot s. Renner, Familienlastenausgleich, S. 68 f. 225 BVerfG Beschl. v. 10. 11. 1998 – 2 BvR 1057/91, NJW 1999, 557, 558; vgl. dass. Urt. v. 7. 7. 1992 – 1 BvL 51/81, BVerfGE 87, 1, 38 f. 226 BVerfG Urt. v. 28. 5. 1993 – 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92, BVerfGE 88, 203, 260; s. a. BT-Drs. 16/1889, S. 14. 227 BVerfG 23. 11. 1976 – 1 BvR 150/75, BVerfGE 43, 121; BVerfG Beschl. v. 29. 5. 1990 – 1 BvL 20/84; 26/84, 4/87, BVerfGE 82, 81. 228 BVerfG Beschl. v. 29. 5. 1990 – 1 BvL 20/84; 26/84, 4/87, BVerfGE 82, 81; vgl. Buchner/ Becker/Becker BEEG Vor §§ 1 bis 14 Rn. 9. 229 BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215; vgl. BVerfG Urt. v. 7. 7. 1992 – 1 BvL 51/86, BVerfGE 87, 1, 36. 221

E. Das Elterngeld im verfassungsrechtlichen Kontext

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chen Förderungsauftrag umgesetzt.230 Anders als im Bereich der Grundrechtsbeschränkungen steht dem Gesetzgeber im Bereich der Grundrechtsförderung ein vergleichsweise weiter Gestaltungsspielraum zu.231 Dieser gesetzgeberische Gestaltungsspielraum bezieht sich auch auf die Art und Weise, wie der Gesetzgeber die Leistung ausgestaltet.232 Mit der Pflicht zur Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Förderungsgebots aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG geht somit die gesetzgeberische Freiheit zur konkreten Umsetzung einher. Der Gesetzgeber durfte sich also nicht nur dazu entscheiden, das Elterngeld als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung auszugestalten,233 sondern er hat auch in Bezug auf die konkrete Leistungsgestaltung, wie zum Beispiel die Art und Weise der Einkommensermittlung, einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum. b) Verfassungsrechtliche Beschränkungen Ausgehend von dem weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Bereich der Familienförderung stellt sich die Frage, ob die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit im Elterngeldrecht bestimmte Einschränkungen erfährt. Als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung weist das Elterngeld Strukturmerkmale unterschiedlicher Sozialleistungstypen auf. Die Grundkonzeption des Elterngeldes entspricht einerseits der einer Einkommensersatzleistung, die üblicherweise innerhalb der Sozialversicherungssysteme angesiedelt sind. Andererseits enthält das Elterngeld aufgrund der Finanzierung aus Steuermitteln, des Mindestelterngeldes und des Leistungsausschlusses von Spitzenverdienern gleichermaßen Merkmale einer „typischen“ Sozialleistung. Als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung kann das Elterngeld aber zugleich weder den beitragsfinanzierten Einkommensersatzleistungen des Sozialversicherungsrechts noch den steuerfinanzierten Sozialleistungen, die der Abwendung von Bedürftigkeit dienen, eindeutig zugeordnet werden. Vielmehr nimmt das Elterngeld als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung innerhalb der sozialrechtlichen Systematik eine gewisse Sonderstellung ein.234 Fraglich ist daher, ob und inwiefern die verfassungsrechtlichen Beschränkungen, die vom versicherungsrechtlichen Äquivalenzprinzip (aa)) und vom existenzsichernden Mindestsiche-

230

BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215; Brosius-Gersdorf, NJW 2007, 177, 179; Scheiwe/Fuchsloch, ZRP 2006, 37, 40. 231 BVerfG Beschl. v. 29. 5. 1990 – 1 BvL 20/84, 26/84, 4/86, BVerfGE 82, 601, 81; s. a. Brosius-Gersdorf, NJW 2007, 177, 179; Modrzejewski, Existenzsicherung in Ehe und Familie, S. 172. 232 BVerfG Beschl. v. 9. 11. 2011 – 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, 215; grdl. s. BVerfG 7. 7. 1992 – 1 BvL 51/86; 50/87; 1 BvR 873/90, 761/91, BVerfGE 87, 1, 36; s. a. BrosiusGersdorf, NJW 2007, 177, 182; Buchner/Becker/Becker BEEG Vor §§ 1 bis 14 Rn. 9. 233 S. hierzu oben unter E. I. 234 S. o. D. V.

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

rungserfordernis (bb)) ausgehen, die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Elterngeldrecht eingrenzen. aa) Kein versicherungsrechtliches Äquivalenzprinzip Bei der leistungsrechtlichen Ausgestaltung der beitragsfinanzierten Einkommensersatzleistungen muss der Gesetzgeber das die Sozialversicherung prägende Versicherungsprinzip beachten. Danach muss im Grundsatz eine Äquivalenz von Beitrag und Leistung bestehen.235 Daraus folgt, dass im Rahmen der Leistungsbemessung alle Einkommensbestandteile zu berücksichtigen sind, die zuvor der Beitragsbemessung unterlagen. Daher darf der Gesetzgeber etwa Einmalzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld bei der Bemessung des Kranken- oder Arbeitslosengeldes nicht unberücksichtigt lassen, wenn diese Einnahmen beitragsrechtlich relevant sind.236 Wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, würde es gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, wenn einmalig gezahltes Arbeitsentgelt der Beitragsbemessung unterliegt, sich aber auf der leistungsrechtliche Seite nicht widerspiegelt.237 Da das Elterngeld aber nicht durch Beiträge finanziert wird, findet das versicherungsrechtliche Äquivalenzprinzip im Elterngeldrecht keine Anwendung.238 Insofern unterscheidet sich das Elterngeld als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung grundlegend von den beitragsfinanzierten Einkommensersatzleistungen des Sozialversicherungsrechts. Auch die Tatsache, dass Eltern mit höherem Einkommen regelmäßig mehr Steuern zahlen, kann nicht zur Begründung eines Äquivalenzzusammenhangs herangezogen werden.239 Aufgrund des Non-Affektionsprinzips dürfen Steuern nicht als Gegenleistung für staatliche Leistungen betrachtet werden, sodass sich die Konstruktion eines Gegenseitigkeitsverhältnisses zwischen Steuerzahlern und Elterngeldbeziehern verbietet.240 Der weite gesetzgeberische Gestaltungsspielraum wird im Elterngeldrecht somit nicht durch das versicherungsrechtliche Äquivalenzprinzip eingeschränkt.

235 BSG 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 88, BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 20/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 8 Rn. 69. 236 S. hierzu Schlegel, DStR 2000, 1353 f.; s. a. jurisPK-SGB V/Bohlken § 47 Rn. 60. 237 BVerfG Beschl. v. 24. 5. 2000 – 1 BvL 1/98, 1 BvL 4/98, 1 BvL 15/99, BVerfGE 102, 127; s. hierzu auch Schlegel, DStR 2000, 1353 ff. 238 S. a. Dau, jurisPR-SozR 10/2010 Anm. 4. 239 Becker, in: FS Buchner, S. 67, 77. 240 Zum Non-Affektionsprinzip s. Musil, DVBl 2007, 1526, 1529 ff.; Waldhoff, in: HStR V § 116 Rn. 143; Hintzen, in: HStR V § 120 Rn. 47.

E. Das Elterngeld im verfassungsrechtlichen Kontext

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bb) Kein Mindestsicherungserfordernis Da das Elterngeld anders als typische steuerfinanzierte Einkommensersatzleistungen, wie zum Beispiel die Leistungen nach dem SGB II und XII, nicht der Abwendung von Bedürftigkeit dient, wird die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers auch nicht durch das verfassungsrechtlich gebotene Mindestsicherungserfordernis bzw. ein Untermaßverbot eingeschränkt. Das Elterngeld verfolgt nicht das Ziel, Notlagen zu beheben, indem es den Lebensunterhalt von Geringverdienern oder einkommensschwachen Familien sichert.241 Es dient vielmehr der Förderung einer gesellschaftlich anerkannten Situation, indem es Einkommenseinbußen in den ersten Monaten nach der Geburt des Kindes ausgleicht und so zu einer besseren Vereinbarkeit von Erziehungs- und Erwerbstätigkeit beitragen soll.242 Insofern unterscheidet sich das Elterngeld auch von Familienleistungen, die steuerliche Belastungen ausgleichen sollen, wie etwa das Kindergeld. Das Kindergeld dient in erster Linie der verfassungsrechtlich garantierten steuerlichen Freistellung des Existenzminimums des Kindes.243 Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Würdigung sind daher die Wertungen von Art. 1 Abs. 1 GG zu beachten, sodass der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum im Vergleich zur reinen Familienförderung deutlich enger ist.244 Beim Elterngeld handelt es sich dagegen um eine verfassungsrechtlich nicht gebotene Sozialleistung und somit „um ein ,Geschenk‘ des Gesetzgebers an die Eltern“245, sodass der weite gesetzgeberische Gestaltungsspielraum auch insofern keine Beschränkung erfährt. 2. Reichweite gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit Da es sich beim Elterngeld um eine steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung handelt, wird der dem Gesetzgeber zustehende, weite Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum weder durch das versicherungsrechtliche Äquivalenzprinzip, noch durch ein bestimmtes Mindestsicherungserfordernis eingeschränkt. Die gesetzgeberische Handlungsfreiheit ist jedoch nicht unbegrenzt und muss insbesondere den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3

241 BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 83; Buchner/ Becker/Becker BEEG § 2 Rn. 8; Scheiwe/Fuchsloch, ZRP 2006, 37, 39. 242 Zur Zielsetzung des Elterngeldes s. o. C. 243 Felix, SGb 2012, 93, 95. Sofern das Kindergeld nicht zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums erforderlich ist, dient es der Familienförderung, s. hierzu Blümich/Selder EStG § 31 Rn. 21; Herrmann/Heuer/Raupach/Wendl EStG § 31 Rn. 1. 244 BVerfG Beschl. v. 11. 1. 2005 – 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164; s. a. Blümich/Selder EStG § 31 Rn. 24; Felix, SGb 2012, 93, 95. 245 Felix, SGb 2012, 93, 95.

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

Abs. 1 GG gerecht werden.246 Das bedeutet, dass Eltern im Rahmen der elterngeldrechtlichen Leistungsgestaltung nicht ungleich behandelt werden dürfen, wenn diese Ungleichbehandlung nicht durch sachliche Gründe zu rechtfertigen ist. Wie weit die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit im Elterngeldrecht im konkreten Einzelfall reicht, kann nicht allgemeingültig definiert, sondern muss unter Berücksichtigung der jeweils relevanten Umstände ermittelt werden. Im Rahmen des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums können jedoch zwei wesentliche Gestaltungsmaxime – das Regelungsziel der Verwaltungsvereinfachung (a)) sowie eine typisierende Gesetzgebungstechnik (b)) – konkretisiert werden, derer sich der Gesetzgeber für sämtliche Bereiche der elterngeldrechtlichen Leistungsgestaltung bedienen darf. a) Verwaltungsvereinfachung Unter dem Begriff der Verwaltungsvereinfachung werden gesetzgeberische Maßnahmen verstanden, die darauf abzielen, den Gesetzesvollzug im Verwaltungsverfahren zu erleichtern.247 Der Gesetzgeber vereinfacht im Rahmen der Leistungsgestaltung bestimmte Verfahrensmodalitäten, um einen praktikablen Leistungsvollzug sicherzustellen, Haushaltskosten zu senken und das Verwaltungsverfahren zu beschleunigen. Von einem einfachen Verwaltungsverfahren profitiert somit nicht nur der Verwaltungsapparat, sondern es dient letztlich allen Leistungsberechtigten, da Anträge zügig bearbeitet und Leistungen zeitnah ausgezahlt werden können.248 Im Bereich der Massenverwaltung, zu dem auch das Elterngeldrecht zu zählen ist, ist das Prinzip der Verwaltungsvereinfachung als legitimes Regelungsziel des Gesetzgebers allgemein anerkannt.249 Das bedeutet, dass der Gesetzgeber zur Regelung eines vereinfachten Verwaltungsvollzugs berechtigt ist, selbst wenn hieraus eine grundrechtsrelevante Ungleichbehandlung resultiert.250 Erforderlich ist jedoch, dass das Regelungsziel der Verwaltungsvereinfachung von einleuchtenden Gründen getragen ist und in einem angemessenen Verhältnis zur Ungleichbehandlung steht.251 246

Vgl. Felix, SGb 2012, 93, 95; Shirvani, NZS 2009, 242, 244. S. hierzu Kirchhof, in: HStR VIII § 181 Rn. 132; Sachs/Nußberger GG Art. 3 Rn. 106. 248 BT-Drs. 16/2454, S. 8, 11; BSG Urt. v. 27. 10. 2016 – B 10 EG 4/15 R, SozR 4 – 7837 § 2b Nr. 2 Rn. 24. 249 BVerfG Beschl. v. 16. 3. 2006 – 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, 280; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7847 § 2c Nr. 1, Rn. 49; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/ 17 R, SozR 4 – 7847 § 2c Nr. 2, Rn. 48. Im Jahr 2020 gab es insgesamt rund 1,86 Mio. Elterngeldberechtigte, s. Destatis, Elterngeldstatistik 2020, S. 6 Tab. 1, abrufbar unter https: //www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Elterngeld/Publikationen/Down loads-Elterngeld/elterngeld-leistungsbezuege-j-5229210207004.pdf?__blob=publicationFile (1. 9. 2021). 250 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7847 § 2c Nr. 2, Rn. 48. 251 Zu den Maßstäben s. BVerfG Urt. v. 5. 11. 2014 – 1 BvF 3/11, NVwZ 2015, 288, 293. 247

E. Das Elterngeld im verfassungsrechtlichen Kontext

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b) Typisierung Um das Regelungsziel der Verwaltungsvereinfachung zu erreichen, darf der Gesetzgeber insbesondere typisierende Regelungen treffen.252 Eine typisierende Regelung liegt vor, wenn bestimmte, in wesentlichen Elementen gleich gelagerte Sachverhalte normativ zusammengefasst werden.253 Das heißt, dass nicht jede individuelle Besonderheit eines Sachverhalts berücksichtigt werden muss, sondern von Aspekten des Einzelfalles abgesehen werden kann, die in Bezug auf den konkreten Regelungszweck Beachtung verlangen würden.254 Härten, die sich im Einzelfall aus der typisierenden Betrachtungsweise ergeben können, stellen dabei nicht unweigerlich einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar, sondern können vielmehr durch die mit der Typisierung erreichte Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens gerechtfertigt werden.255 Erforderlich ist jedoch, dass der Gesetzgeber eine sachgerechte Auswahl trifft, wobei ihm wiederum ein weiter Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum zuzuerkennen ist. Die Außerachtlassung bestimmter Aspekte darf jedoch nicht willkürlich erscheinen.256 Zudem wäre es unzulässig, wenn der Gesetzgeber an einen atypischen Fall als Leitbild der Typisierung anknüpfen würde.257 3. Zwischenergebnis Die Untersuchung macht deutlich, dass der Gesetzgeber bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung des Elterngeldes grundsätzlich einen weiten Entscheidungsund Gestaltungsspielraum hat. Da es sich beim Elterngeld um eine steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung handelt, wird die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit weder durch das versicherungsrechtliche Äquivalenzprinzip noch durch das Mindestsicherungserfordernis eingeschränkt. Als Maßstab für die rechtliche Überprüfung der einfachgesetzlichen Umsetzung bleibt es somit beim allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ausgestaltung des Elterngeldes darf also nicht dazu führen, dass Leistungsberechtigte ungleich behandelt werden, wenn dies nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden kann. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Abwägung ist im Einzelfall aber zu beachten, dass der Gesetzgeber im Bereich gewährender Staatstätigkeit 252 Darüber hinaus sind auch generalisierende und pauschalierende Regelungen möglich, s. hierzu Leibholz/Rinck/Burghart GG Art. 3 Rn. 555. 253 BVerfG Beschl. v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, NJW 2010, 2643, 2644. 254 BeckOK-GG/Kischel Art. 3 Rn. 122; s. a. BVerfG Urt. v. 5. 11. 2014 – 1 BvF 3/11, NVwZ 2015, 288, 293. 255 Leibholz/Rinck/Burghart GG Art. 3 Rn. 556; BeckOK-GG/Kischel Art. 3 Rn. 122. 256 BVerfG Urt. v. 20. 12. 1966 – 1 BvR 320/57, 1 BvR 70/63, BVerfGE 21, 12, 26 f.; s. a. Leibholz/Rinck/Burghart GG Art. 3 Rn. 556. 257 BVerfG Beschl. v. 16. 3. 2005 – 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, 280 f.; BVerfG Beschl. v. 7. 1. 2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, 31; Jarass/Pieroth/Jarass GG Art. 3 Rn. 37.

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1. Kap.: Überblick über das Elterngeldrecht

insbesondere Maßnahmen ergreifen darf, die das Verwaltungsverfahren erleichtern. Darüber hinaus ist er nicht verpflichtet, jeden Einzelfall zu berücksichtigen, sondern kann auch typisierende Regelungen treffen.

F. Zusammenfassung des Kapitels Mit der Einführung des Elterngeldes hat der Gesetzgeber einen Paradigmenwechsel im Bereich der Familienförderung vollzogen.258 Dieser Wechsel ist gekennzeichnet von der Abkehr von einer rein subsidiären Unterstützungsleistung einkommensschwacher Familien hin zu einer dynamischen Förderung, die sich an die wirtschaftliche Situation der Familien anpasst. Mit der Ausgestaltung des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung hat der Gesetzgeber eine Vielzahl unterschiedlicher Ziele verknüpft. Es soll zum einen die betreuungsbedingten Einkommenseinbußen teilweise ausgleichen und damit die finanzielle Grundlage der Familie in den ersten Monaten nach der Geburt des Kindes absichern. Zum anderen soll es die gleichberechtigte Teilhabe beider Elternteile an der Betreuungs- und Erwerbstätigkeit fördern und durch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf dazu beitragen, dass die Familienplanung nach den individuellen Vorstellungen realisiert werden kann. Darüber hinaus dient das Elterngeld auch der Anerkennung der Erziehungs- und Betreuungsleistung aller Eltern. Das Elterngeld weist eine ambivalente Rechtsnatur auf, da es Merkmale systematisch unterschiedlicher Sozialleistungen vereint. Die Grundkonzeption des Elterngeldes ist den Einkommensersatzleistungen der Sozialversicherung nachempfunden. Anders als die sozialversicherungsrechtlichen Vorbilder wird es aber nicht durch Beiträge, sondern aus Steuermitteln finanziert. Außerdem erhalten Eltern, die vor der Geburt nicht erwerbstätig waren, ebenfalls Elterngeld und zwar in Form des Sockelbetrags von 300 Euro. Die Rechtsnatur des Elterngeldes kann daher am ehesten als „Einkommensersatzleistung besonderer Art“ charakterisiert werden. Wenngleich es in der sozialrechtlichen Systematik damit eine gewisse Sonderstellung einnimmt, steht es nicht im Widerspruch zu den vorgefundenen Systemstrukturen. Denn das Sozialrecht kannte und kennt verschiedene Einkommensersatzleistungen, die steuerfinanziert sind. Systematisch ist das Elterngeld als soziale Förderungsleistung zu qualifizieren. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen keine Einwände gegen die Ausgestaltung des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung. Die Regelung des Elterngeldes auf Bundesebene ist kompetenzrechtlich zulässig und die Ungleichbehandlung von Eltern in Abhängigkeit von ihrem durchschnittlichen Erwerbseinkommen durch hinreichend sachliche Gründe ge258 Althammer, RdJB 2008, 178; Brosius-Gersdorf, FRP 2007, 334; Felix, RdJB 2008, 165, 168; Nebe, Streit 2007, 74; später auch Brose, NZS 2017, 361, 362; krit. Bothfeld, femina politica 2006, 102.

F. Zusammenfassung des Kapitels

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rechtfertigt. Auch eine Verletzung der grundrechtlich geschützten Freiheit nach Art. 6 Abs. 1 und 2 GG scheidet aus, da die Anreizwirkungen, die vom Elterngeld ausgehen mögen, bereits keinen Eingriffscharakter haben. Was die einfachgesetzliche Ausgestaltung des Elterngeldes betrifft, so ist dem Gesetzgeber grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zuzuerkennen. Da es sich beim Elterngeld um eine steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung handelt, wird die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit auch nicht durch das versicherungsrechtliche Äquivalenzprinzip oder ein bestimmtes Mindestsicherungserfordernis eingeschränkt. Der verfassungsrechtliche Maßstab hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Elterngeldes ist somit der des Art. 3 Abs. 1 GG, sodass der Gesetzgeber Eltern nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandeln darf. Dabei ist es dem Gesetzgeber insbesondere auch gestattet, Regelungen zu treffen, die der Verwaltungsvereinfachung dienen.

2. Kapitel

Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht Die Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht folgt aus dem Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG, der zur Bestimmung des elterngeldrelevanten Einkommens auf die ersten vier steuerlichen Einkunftsarten verweist. Das elterngeldrelevante Einkommen ergibt sich demnach aus der Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger und nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG. Die durch den Einkommensbegriff verursachte Verknüpfung zwischen Elterngeldund Steuerrecht ist Gegenstand des folgenden Kapitels. In einem ersten Schritt wird die Ausgestaltung des geltenden Einkommensbegriffs im BEEG untersucht (A.). Dabei gilt es auch zu klären, warum der elterngeldrechtliche Einkommensbegriff an die Vorgaben des Steuerrechts anknüpft. In einem zweiten Schritt werden dann die Auswirkungen erörtert, die die steuerrechtsakzessorische Einkommensermittlung auf die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes hat (B.). Abschließend wird das steuerrechtsakzessorische Regelungskonzept unter Berücksichtigung des Regelungsziels der Verwaltungsvereinfachung bewertet (C.).

A. Der Einkommensbegriff im BEEG Der Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG ist der Ausgangspunkt für die Ermittlung des elterngeldrelevanten Einkommens und damit zentraler Bestandteil der Elterngeldberechnung.1 Er definiert, welche Einnahmen für die Elterngeldberechnung berücksichtigt werden und wie das maßgebliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet wird. Die Ausgestaltung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs wird im folgenden Abschnitt in drei Schritten erläutert: Zunächst wird die Entwicklung des Einkommensbegriffs im Gesetzgebungsverfahren nachgezeichnet (I.). Danach wird eine Bestandsaufnahme des geltenden Einkommensbegriffs vorgenommen (II.) und anschließend der Ablauf zur Ermittlung des elterngeldrelevanten Einkommens vorgestellt (III.).

1 Aus diesem Grund wird § 2 BEEG auch als „Schlüsselnorm“ des BEEG bezeichnet, s. Roos/Bieresborn/Jaritz/Grösslein-Weiß BEEG § 2 n. F. Rn. 1.

A. Der Einkommensbegriff im BEEG

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I. Entwicklung des Einkommensbegriffs im Gesetzgebungsverfahren Die Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an das Steuerrecht war zunächst nicht vorgesehen, sondern geht auf einen Kompromiss im Gesetzgebungsverfahren zurück. Damit hat der Gesetzgeber die Weichen für ein steuerrechtsakzessorisches Regelungskonzept gestellt, das bis heute Ursache zahlreicher Kontroversen, Abgrenzungsschwierigkeiten und Rechtsstreitigkeiten ist. Trotz der weitreichenden Konsequenzen eines am Steuerrecht ausgerichteten Einkommensbegriffs für die Einkommensermittlung haben die beteiligten Akteure diesem Systemwechsel nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. 1. Gesetzentwurf Nach dem Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD zur Einführung des Elterngeldes sollte das elterngeldrelevante Einkommen anhand eines sozialrechtlich geprägten Einkommensbegriffs ermittelt werden.2 In der Entwurffassung war vorgesehen, dass als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Einnahmen in Geld oder Geldeswert aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden.3 Die Einkommensermittlung sollte auf Grundlage einer eigenen Rechtsverordnung erfolgen, die auf die „besonderen Bedingungen des Elterngeldes“ abgestimmt sein sollte.4 Bis zum Erlass einer solchen elterngeldspezifischen Rechtsverordnung sollte das Einkommen nach den praxiserprobten Vorschriften der Arbeitslosengeld II-/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) ermittelt werden.5 Diese orientiert sich für die Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 2 Abs. 1 Alg II-V an den Vorgaben des sozialversicherungsrechtlichen Arbeitsentgeltsbegriffs in § 14 SGB IV.6 2. Stellungnahme des Bundesrates In seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf hat der Bundesrat hingegen vorgeschlagen, das elterngeldrelevante Einkommen nach den Grundsätzen des EStG zu ermitteln.7 Der Bundesrat meinte, dass dies der Zielsetzung des Elterngeldes besser 2

BT-Drs. 16/1889, S. 21. BT-Drs. 16/1889, S. 5. 4 BT-Drs. 16/1889, S. 21. Die Rechtsverordnung sollte durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen erlassen werden, s. BT-Drs. 16/1889, S. 7. 5 BT-Drs. 16/1889, S. 5, 21. 6 Vgl. auch BeckOK-SozR/Hannes Alg II-V § 2 Rn. 4. 7 BR-Drs. 426/06 (B), S. 1. Der Vorschlag geht zurück auf die Empfehlungen des federführenden Ausschusses für Familie und Senioren, den Ausschuss für Frauen und Jugend und den Ausschuss für Innere Angelegenheiten, BR-Drs. 426/1/06, S. 1. 3

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

entspräche und bei den Elterngeldberechtigten auf mehr Akzeptanz stoßen würde, als der Verweis auf die Arbeitslosengeld II-/Sozialgeld-Verordnung.8 Schließlich seien die meisten Elterngeldberechtigten einkommensteuerpflichtig, wohingegen verhältnismäßig wenige Arbeitslosengeld II bezögen.9 Der Bundesrat argumentierte, dass unterschiedliche Einkommensbegriffe im Elterngeld- und im Einkommenssteuerrecht für die meisten Eltern nicht nachvollziehbar wären.10 Zudem würden Eltern, die im Voraus die Höhe ihres Elterngeldbezugs berechnen wollten, mit einer unbekannten Kalkulationsgrundlage „überrascht“.11 Die Argumentation des Bundesrates erscheint bereits insofern fragwürdig, als der Verweis auf die Arbeitslosengeld II-/Sozialgeld-Verordnung nach dem Entwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD nur vorübergehend, bis zum Erlass einer elterngeldspezifischen Rechtsverordnung gelten sollte. In der Literatur wurde teilweise vermutet, der Bundesrat befürchtete vielmehr, dass die Bezugnahme auf das SGB II negative Auswirkungen auf das Ansehen des Elterngeldes haben könnte.12 Tatsächlich dürfte es dem Bundesrat in erster Linie aber um einen möglichst einfachen und somit kostengünstigen Verwaltungsvollzug gegangen sein. Das Elterngeld wird von den Ländern im Auftrag des Bundes ausgeführt, die dafür eigens Elterngeldstellen eingerichtet haben. Aus der Bundesauftragsverwaltung folgt, dass die Länder gem. Art. 104 Abs. 5 S. 1 GG die entstehenden Verwaltungskosten aufbringen müssen. Um Kosten zu sparen, setzt sich der Bundesrat als Interessenvertretung der Länder also dafür ein, dass der Verwaltungsvollzug durch die Landesbehörden so einfach wie möglich erfolgen kann. Die Anbindung an das Steuerrecht ermöglicht den Elterngeldstellen, für die Ermittlung des elterngeldrelevanten Einkommens auf die Angaben in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen bzw. im Steuerbescheid zurückzugreifen, ohne dass das maßgebliche Einkommen eigens berechnet werden muss. Dass der Bundesrat mit dem Vorschlag eines steuerrechtlich geprägten Einkommensbegriffs vor allem verwaltungsökonomische Motive verfolgte, wird in der Stellungnahme zum Gesetzentwurf zwar noch verschleiert. Bei späteren Gesetzesänderungen, die auf eine immer engere Verknüpfung mit dem Steuerrecht abzielten, wird dies als Grund für eine am Steuerrecht ausgerichtete Einkommensermittlung aber ausdrücklich benannt.13 8

BR-Drs. 426/06 (B), S. 1; krit. auch BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2 Rn. 1.1. BR-Drs. 426/06 (B), S. 1. 10 BR-Drs. 426/06 (B), S. 1. 11 BR-Drs. 426/06 (B), S. 1. 12 Treffend formuliert Gühlstorf, der Bundesrat befürchtete möglicherweise, dass „Hartz IV-Regelungen“ negative Auswirkungen auf das „Image“ des Elterngeldes haben könnten, ZfF 2012, 49, 56; zust. Löbner/Tünz, SRa 2016, 41, 45. 13 Entwurf des Bundesrates zur Einführung des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, BT-Drs. 17/1221, S. 1, 7; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Gesetzentwurf des Bundesrates, BT-Drs. 17/9841, S. 1; s. a. die Ausführungen der Bundesregierung zur Einführung des Elterngeld Plus, BT9

A. Der Einkommensbegriff im BEEG

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3. Beschlussfassung Die Bundesregierung zeigte sich kompromissbereit und hatte keine Einwände gegen den Änderungsvorschlag des Bundesrates. In ihrer Gegenäußerung führte sie aus, dass die Unterschiede zwischen einem sozial- und einem steuerrechtlichen Einkommensbegriff gering und daher im Endeffekt keine ernsthaften Auswirkungen auf den Elterngeldbezug zu befürchten seien.14 Eine substantiierte Auseinandersetzung mit den rechtlichen Konsequenzen einer steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung hat nicht stattgefunden. Weitgehend unberücksichtigt blieb somit die Tatsache, dass mit einem Verweis auf die steuerlichen Einkunftsarten zugleich eine grundsätzliche Ausrichtung an den steuerrechtlichen Einkommensermittlungsvorschriften einhergehen würde.15 Auch der federführende Ausschuss war der Ansicht, dass dem „Wunsch des Bundesrates nach einem am Steuerrecht orientierten Einkommensbegriff“ entsprochen werden könne.16 Auf Grundlage dieser Empfehlung hat der Bundestag beschlossen, dass sich das elterngeldrelevante Einkommen aus der Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und nichtselbständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG ergibt. In dieser Form ist der steuerrechtsakzessorische Einkommenstatbestand in § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG a. F. zum 1. 1. 2007 in Kraft getreten.17

II. Bestandsaufnahme des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs Seit der Neustrukturierung der Einkommensermittlungsvorschriften durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs im Jahr 201218 findet sich der elterngeldrechtliche Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG wieder. Zur Bestandsaufnahme des geltenden Einkommensbegriffs werden der Regelungsgehalt des § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG erläutert (1.) und seine strukturgebenden Merkmale, die steuerrechtliche Prägung (2.) sowie die erwerbsbezogene Ausrichtung (3.), näher beleuchtet.

Drs. 18/2583, S. 25, vgl. auch Dau, jurisPR-SozR 20/2012 Anm. 1; Richter, DStR 2012, 2285, 2287. 14 BT-Drs. 16/2454, S. 11. 15 Vgl. Roos/Bieresborn/Jaritz/Grösslein-Weiß BEEG § 2 n. F. Rn. 11; vgl. auch BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 9/08 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 3 Rn. 20. 16 BT-Drs. 16/2785, S. 37. 17 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes v. 5. 12. 2006 (BGBl. I, S. 2748). 18 Gesetz v. 10. 9. 2012 (BGBl. I, S. 1878).

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

1. Normativer Ausgangspunkt: § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG Normativ verankert ist der Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG. Danach errechnet sich das elterngeldrelevante Einkommen aus Erwerbstätigkeit nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger und nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG, die die berechtigte Person im maßgeblichen Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 BEEG hat. Der Einkommensbegriff gilt einheitlich für die Einkommensermittlung im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum sowie für die Zeit des Elterngeldbezugs. Während elterngeldrelevantes Einkommen im Bemessungszeitraum die monatliche Elterngeldzahlung erhöht, verringert sich die Zahlung bei Einkommen im Bezugszeitraum, weil sich das Elterngeld in diesem Fall gem. § 2 Abs. 3 BEEG auf Grundlage der Differenz zwischen vor- und nachgeburtlichem Einkommen errechnet. Der Regelungsgehalt des Einkommensbegriffs beschränkt sich nicht auf eine Legaldefinition des elterngeldrelevanten Einkommens, sondern gibt auch vor, auf welche Weise das Einkommen zu ermitteln ist. § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG verweist dazu auf die elterngeldspezifischen Bestimmungen der §§ 2b ff. BEEG. Von großer Relevanz sind die Regelungen in § 2c und § 2d BEEG, die das elterngeldrelevante Einkommen aus nichtselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit konkretisieren.

2. Steuerrechtliche Prägung Die steuerrechtliche Prägung des Einkommensbegriffs ergibt sich unmittelbar aus § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG, wonach sich das elterngeldrelevante Einkommen aus Erwerbstätigkeit aus der Summe der steuerlichen Erwerbseinkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG ergibt. Es handelt sich dabei um einen Rechtsgrundverweis auf die steuerlichen Einkunftsarten.19 Das bedeutet, dass mit dem Verweis auf die steuerlichen Einkunftsarten zugleich die systemspezifischen Auslegungsgrundsätze und Prinzipien des Steuerrechts in das Elterngeldrecht implementiert werden.20 Nur durch einen Gleichlauf mit dem Steuerrecht können die Elterngeldstellen im Rahmen der Einkommensermittlung unmittelbar auf die in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen oder im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkommensarten zurückgreifen. Würde die steuerrechtliche Systematik bei der Anwendung der 19

BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2 Rn. 1. BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 3/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 16 Rn. 15; s. a. BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 9/08 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 3 Rn. 20; vgl. auch Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2 Rn. 26. 20

A. Der Einkommensbegriff im BEEG

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Einkommensvorschriften von einer elterngeldspezifischen Auslegung verdrängt, würde dies dem Zweck der Anbindung des Einkommensbegriffs an das Steuerrecht – das Einkommensermittlungsverfahren zu erleichtern – zuwiderlaufen. Im Elterngeldrecht treffen also zwei unterschiedliche Regelungssysteme aufeinander und konkurrieren: Während der Leistungszweck der Familienförderung dem Sozialrecht zuzuordnen ist, erfolgt die praktische Umsetzung nach steuerrechtlichen Kriterien. Nach der gesetzgeberischen Konzeption ist dieses Spannungsverhältnis bei der Bestimmung des elterngeldrelevanten Einkommens zugunsten des Steuerrechts aufzulösen. a) Funktion des Einkommens im Steuerrecht Die Funktion des Einkommens im Steuerrecht unterscheidet sich allerdings erheblich von der im Elterngeldrecht. Im Einkommensteuerrecht dient das Einkommen als Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Steuerlast. Es gilt als Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und erfüllt damit den Zweck, den besteuerungswürdigen Zuwachs an Leistungsfähigkeit allgemein verbindlich festzulegen.21 Die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gehört zu den Grundprinzipien des Steuerrechts und gilt als Fundamentalprinzip gerechter Besteuerung.22 Es ist eine Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 GG und besagt, dass die Steuerlast im Verhältnis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf die Steuerpflichtigen zu verteilen ist.23 b) Steuerrechtlicher Einkommensbegriff Zum steuerbaren Einkommen zählen sieben verschiedene Einkunftsarten. Bei der Ausgestaltung des steuerlichen Einkommensbegriffs hat sich der Gesetzgeber für einen pragmatischen Ansatz entschieden und in § 2 Abs. 1 S. 1 EStG einen abschließenden Einkünftekatalog geschaffen.24 Dieser umfasst die Einkünfte aus Landund Forstwirtschaft (Nr. 1), Gewerbebetrieb (Nr. 2), selbständiger Arbeit (Nr. 3), nichtselbständiger Arbeit (Nr. 4), Kapitalvermögen (Nr. 5), Vermietung und Verpachtung (Nr. 6) sowie sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG (Nr. 7).Was nicht von einer der in § 2 Abs. 1 EStG genannten Einkunftsarten erfasst wird, zählt von vornherein nicht zum steuerbaren Einkommen.25 Die sieben steuerlichen Einkunftsarten stehen gleichwertig nebeneinander und unterliegen derselben Steuerlast. 21

Blümich/Ratschow EStG § 2 Rn. 40; Tipke, JuS 1985, 345, 347. Tipke/Lang/Hey Rn. 3.40 ff.; ebenso Felix, in: FS Schmehl, S. 291, 293; umfassend s. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip (1983). 23 Herrmann/Heuer/Raupach/Kirchhof EStG Einf. Rn. 230. 24 Damit hat sich der Gesetzgeber zugleich gegen die Anwendung eine der verschiedenen Einkommenstheorien entschlossen, s. hierzu Tipke/Lang/Hey § 8 Rn. 50 ff.; Blümich/Ratschow EStG § 2 Rn. 43 ff. 25 Renner, Familienlastenausgleich, S. 38. 22

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

3. Erwerbsbezogene Ausrichtung Aus der Konzeption des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung folgt, dass nur Einkünfte in die Bemessungsgrundlage einfließen, die infolge der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit ausfallen. Für die Bestimmung des elterngeldrelevanten Einkommens wird der steuerrechtliche Einkommenstatbestand daher nicht vollständig übernommen. § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG knüpft allein an die steuerlichen Einkünfte aus Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG an. Die drei übrigen Einkunftsarten, die keinen Bezug zum Erwerbsleben aufweisen – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Nr. 5), Kapitalvermögen (Nr. 6), sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG (Nr. 7) – bleiben bei der Elterngeldberechnung außen vor.26 Der Verweis auf die vier in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG genannten Einkunftsarten ist damit abschließend.27

III. Ablauf der Einkommensermittlung Ziel der Einkommensermittlung im Elterngeldrecht ist die Bestimmung des maßgeblichen Einkommens, das die Bemessungsgrundlage der Elterngeldberechnung ist. Da das Elterngeld das vorgeburtliche Einkommensniveau fortschreiben soll, knüpft der elterngeldrechtliche Einkommenstatbestand an die zuletzt tatsächlich geltende finanzielle Situation der Berechtigten an. Entsprechend handelt es sich bei der Bemessungsgrundlage gem. § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG um ein von Steuern und Sozialabgaben bereinigtes Nettoeinkommen, das auch als „Elterngeld-Netto“ bezeichnet wird.28 1. Bemessungszeitraum Zur Ermittlung dieses Elterngeld-Nettos ist zunächst der nach § 2b BEEG maßgebliche Bemessungszeitraum zu bestimmen. Dabei handelt es sich um einen Zeitraum von zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes. Die genaue Lage des Bemessungszeitraums ist davon abhängig, ob die anspruchsberechtigte Person vor der Geburt des Kindes Einkommen aus selbständiger oder nichtselbständiger Erwerbstätigkeit hatte.

26

Zur Durchbrechung der erwerbsbezogenen Konzeption s. später unter B. II. 1. S. a. Roos/Bieresborn/Jaritz/Grösslein-Weiß BEEG § 2 n. F. Rn. 54. 28 Dau, jurisPR-SozR 11/2019 Anm. 4; BMFSFJ/211 RL-BEEG (06/2020) 2.1.1.4, 2.3.1.4; 2c.0.2; 2d.0.3; LSG Bayern Urt. v. 7. 12. 2016 – L 12 EG 70/15, DStR 2017, 612, 613; BSG Urt. v. 13. 12. 2018 – B 10 EG 10/17 R, NZS 2019, 458. 27

A. Der Einkommensbegriff im BEEG

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a) Abhängig Beschäftigte Bei abhängig beschäftigten Eltern mit Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c BEEG kommt es nach der Grundregel in § 2b Abs. 1 S. 1 BEEG auf das Durchschnittseinkommen der letzten zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes an. Durch die zeitliche Anknüpfung an die Geburt als ausgleichsbedürftiges Ereignis wird die finanzielle Situation der Eltern so realitätsgetreu wie möglich abgebildet.29 Damit Einkommenseinbußen, die in engem Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt stehen, sich nicht negativ auf die Höhe des Elterngeldes auswirken, sieht § 2b Abs. 1 S. 2 BEEG einen abschließenden Katalog von Ausklammerungstatbeständen vor.30 Unberücksichtigt bleiben danach Zeiten des Elterngeldbezugs für ein älteres Kind, des Mutterschutzes und einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung. Zum Ausnahmekatalog zählen zudem Zeiten der Ausübung eines Wehr- oder Zivildienstes. Nach der Begründung des Gesetzgebers handelt es sich dabei um „besondere staatliche Pflichten“, deren Ausübung sich für die Eltern ebenfalls nicht nachteilhaft auswirken soll.31 Damit die in § 2b Abs. 1 S. 2 BEEG vorgesehenen Ausklammerungstatbestände nicht zu einer unbeabsichtigten Reduzierung des Elterngeldes führen, können sie aber gem. § 2b Abs. 1 S. 3 BEEG auf Antrag bei der Leistungsbemessung dennoch berücksichtigt werden.32 Liegen die Voraussetzungen des § 2b Abs. 1 S. 2 BEEG an mindestens einem Tag des Kalendermonats vor, wird der gesamte Monat übersprungen; der Bemessungszeitraum verschiebt sich dann entsprechend in die Vergangenheit.33 Falls in diesen Zeitraum wieder Ausklammerungstatbestände fallen würden, muss erneut eine Verschiebung vorgenommen werden.34 b) Selbständige Anders als bei abhängig Beschäftigten kommt es für die Elterngeldberechnung bei Selbständigen nicht auf den Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes, sondern gem. § 2b Abs. 2 S. 1 BEEG auf den jeweiligen steuerlichen Gewinner29

Vgl. BT-Drs. 16/1889, S. 20. BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 8/15 R, BSGE 121, 222, 225; vgl. BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2b Rn. 4. 31 Vgl. BT-Drs. 19/18698, S. 7; krit. zur Ausklammerung von Wehr- und Zivildienstzeiten Dau, jurisPR-SozR 6/2010 Anm. 3. 32 Die Antragsregelung wurde durch das Zweite BEEG-Änderungsgesetz v. 15. 2. 2021 (BGBl. I, S. 239) eingeführt, nachdem das BSG zuvor entschieden hatte, dass die Ausklammerung der in § 2b Abs. 1 S. 2 BEEG zwingend genannten Tatbestände sei und auch dann vorgenommen werden müsse, wenn Eltern deshalb ein niedrigeres Elterngeld erzielten (Urt. v. 16. 3. 2017 – B 10 EG 9/15 R, SozR 4 – 7837 § 2b Nr. 4). 33 BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2b Rn. 3. 34 Vgl. BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2b Rn. 3. 30

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

mittlungszeitraum an, der dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegt. Die steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume sind gem. § 4a EStG von der Art der ausgeübten selbständigen Tätigkeit abhängig. Dabei handelt es sich regelmäßig um das letzte abgeschlossene Kalenderjahr.35 Das Elterngeld einer selbständigen Mutter, deren Kind im Dezember 2020 geboren wird, errechnet sich somit auf Grundlage der Angaben im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019. Lag im steuerlichen Gewinnermittlungszeitraum ein Ausnahmetatbestand des § 2b Abs. 1 S. 2 BEEG vor, ist gem. § 2b Abs. 2 S. 2 BEEG auf Antrag der vorangegangene abgeschlossene Gewinnermittlungszeitraum – im genannten Beispiel dann der des Jahres 2018 – zugrunde zu legen.36 Die Verschiebung des Bemessungszeitraums bei Einkommen aus selbständiger Arbeit hat verwaltungsökonomische Gründe. Sie ermöglicht den Elterngeldstellen den Rückgriff auf die Angaben im Steuerbescheid, sodass das Einkommen nicht monatlich berechnet werden muss.37 Die Regelung in § 2b Abs. 2 S. 1 BEEG lässt auch in Härtefällen keine Ausnahmen zu.38 Das bedeutet, dass eine Verschiebung selbst dann stattfindet, wenn im maßgeblichen Veranlagungszeitraum nur negative Einkünfte oder noch überhaupt keine Einkünfte erzielt wurden, etwa weil die selbständige Tätigkeit erst wenige Monate vor der Geburt aufgenommen wurde.39 Mangels berücksichtigungsfähigen Einkommens beschränkt sich das Elterngeld in diesen Fällen auf den Mindestsatz von 300 Euro.40 c) Mischeinkünfte Hatten Eltern vor der Geburt sowohl Einkommen aus selbständiger als auch aus nichtselbständiger Arbeit, handelt es sich um sogenannte Mischeinkünfte. Zur Bestimmung des maßgeblichen Bemessungszeitraums enthält § 2b Abs. 3 BEEG eine Kollisionsregel, nach der bei Mischeinkünften ebenfalls der steuerliche Gewinnermittlungszeitraum gilt, der dem letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegt. Sie greift, wenn in den zwölf Monaten vor der Geburt oder im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum sowohl Einkommen 35 Bei Land- und Forstwirten oder Gewerbetreibenden kann der Gewinnermittlungszeitraum gem. § 4a Abs. 1 S. 2 EStG vom Kalenderjahr abweichen, s. a. Blümich/Nacke EStG § 4a Rn. 3; Roos/Bieresborn/Grösslein-Weiß BEEG § 2b Rn. 32. 36 Lagen in beiden Kalenderjahren vor der Geburt des Kindes die Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestands vor, kommt es auf das dritte Kalenderjahr vor der Geburt an, s. hierzu LSG Nds.-Brm. Urt. v. 22. 8. 2018 – L 2 EG 6/18, FamRZ 2019, 246. 37 BT-Drs. 17/9841, S. 20. 38 BSG Urt. v. 28. 3. 2019 – B 10 EG 6/18 R, SozR 4 – 7837 § 2b Nr. 5. 39 LSG Sachsen Urt. v. 14. 3. 2019 – L 7 EG 7/18, juris; bestätigt durch BSG Beschl. v. 13. 8. 2019 – B 10 EG 8/19 B, juris. 40 Zur Verschiebung des Bemessungszeitraum bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit s. später auch unter B. II. 3.

A. Der Einkommensbegriff im BEEG

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aus selbständiger als auch aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit erzielt wurde.41 Um eine Deckungsgleichheit der Bemessungszeiträume zu gewährleisten, ist bei Mischeinkünften sowohl für das Einkommen aus selbständiger als auch aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich.42 Hinsichtlich des Bemessungszeitraums werden Mischeinkünfte also grundsätzlich wie Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit behandelt. Entsprechend kann gem. § 2b Abs. 3 S. 2 BEEG auch ein Antrag auf Verschiebung des Bemessungszeitraums im Sinne des § 2b Abs. 2 S. 2 BEEG gestellt werden. Damit die Verschiebung des Bemessungszeitraums sich für Eltern mit sehr geringen selbständigen Einkünften nicht nachteilhaft auswirkt, sieht der durch das Zweite BEEG-Änderungsgesetz43 neu eingeführte § 2b Abs. 4 BEEG vor, dass auf Antrag das Einkommen aus selbständiger Arbeit unberücksichtigt bleibt und das Elterngeld allein auf Grundlage des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit berechnet wird. Von diesem Antragsrecht können gem. § 2b Abs. 4 S. 1 BEEG nur Anspruchsberechtigte Gebrauch machen, wenn die Summe ihrer Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum und in den Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes im Monatsdurchschnitt 35 Euro jeweils nicht übersteigt.44 2. Elterngeldrelevantes Einkommen Nach der Feststellung des Bemessungszeitraums ist das durchschnittliche Bruttoerwerbseinkommen zu ermitteln, das in den maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum fällt. Berücksichtigt werden dabei gem. § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG nur die elterngeldrelevanten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger und nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG. Gem. § 2 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 BEEG sind zudem nur Einkünfte beachtlich, die der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Steuerfreie Einnahmen und Zuschläge nach §§ 3, 3b EStG sowie Einkommen, das im Ausland versteuert wurde, bleiben unberücksichtigt.45 Einnahmen aus einer geringfügigen Beschäftigung im Sinne des §§ 8, 8a SGB IV 41

BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2b Rn. 15. Vgl. Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2b Rn. 27. 43 Gesetz v. 15. 2. 2021 (BGBl. I, S. 239). 44 Vor Einführung der Antragsregelung war die Verschiebung des Bemessungszeitraums bei Mischeinkünften zwingend, selbst wenn die Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit erheblich niedriger ausfielen als die aus einer abhängigen Beschäftigung oder mit der selbständigen Erwerbstätigkeit nur Verluste erwirtschaftet wurden (s. BSG Urt. v. 27. 10. 2016 – B 10 EG 4/15 R, SozR 4 – 7837 § 2b Nr. 2; BSG Urt. v. 27. 10. 2016 – B 10 EG 5/15 R, BSGE 122, 102). 45 Rancke/Lenz BEEG § 2 Rn. 4; s. hierzu auch sogleich unter B. I. 1. 42

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

fließen dagegen in die Bemessungsgrundlage ein. Sie sind nicht nach § 3 EStG steuerfrei, sodass es sich dabei um elterngeldrelevantes Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG handelt.46 Ob Einnahmen in zeitlicher Hinsicht dem maßgeblichen Bemessungszeitraum zuzuordnen sind, richtet sich nach den steuerlichen Zuordnungsregelungen. Maßgeblich ist grundsätzlich das Zufluss- und Realisationsprinzip. Danach kommt es für die Berücksichtigung von Einnahmen nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs, sondern allein auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zahlungszuflusses an.47 Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit können unter Umständen lohnsteuerliche Ausnahmen greifen. So werden Nachzahlungen von laufendem Arbeitslohn bereits in dem Monat berücksichtigt, für den sie gezahlt werden.48 Das Elterngeldrecht übernimmt die steuerliche Differenzierung zwischen Überschuss- und Gewinneinkünften und sieht für das Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit in § 2c BEEG und selbständiger Erwerbstätigkeit in § 2d BEEG jeweils eigenständige Regelungen vor. Dieser „Dualismus der Einkunftsarten“49 geht aus der Regelung in § 2 Abs. 2 S. 1 EStG hervor, wonach Überschusseinkünfte, zu denen die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zählen (a)) und Gewinneinkünfte, dazu gehören die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit (b)), aufgrund ihrer strukturellen Unterschiede bei der Einkommensermittlung getrennt voneinander zu behandeln sind.50 a) Nichtselbständige Erwerbstätigkeit, § 2c BEEG Das Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit errechnet sich gem. § 2c Abs. 1 S. 1 BEEG auf Grundlage des monatlich durchschnittlich zu berücksichtigenden Überschusses der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert. Berücksichtigt werden neben Barleistungen somit auch Sachbezüge, durch die der Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil erlangt. So gilt beispielsweise die private Nutzung eines Dienstwagens als Sachbezug im Sinne des § 8 Abs. 2 S. 1 EStG und zählt daher zum elterngeldrelevanten Einkommen.51 Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind, wie zum Beispiel Weihnachts- und Urlaubsgeldzahlungen, Jubiläumsgratifikationen oder Provisionen, bleiben gem. 46 Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2 Rn. 27; BSG Urt. v. 15. 12. 2011 – B 10 EG 13/10 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 12 Rn. 32. 47 Zum Zuflussprinzip s. BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 1/18 R, BSGE 128, 235 ff. 48 Zur zeitlichen Zuordnung von Einnahmen s. unter B. I. 2. c). 49 Söhn, in: DStJG 30 (2007), S. 13. 50 Blümich/Ratschow EStG § 2 Rn. 72. S. hierzu später auch unter B. II. 3. a) bb). 51 BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84, 86 f.; LSG BW Urt. v. 22. 1. 2013 – L 11 EG 1721/12, DStR 2013, 2473; LSG Sachsen-Anhalt Urt. v. 26. 10. 2017 – L 2 EG 2/14, DStR 208, 1030.

A. Der Einkommensbegriff im BEEG

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§ 2c Abs. 1 S. 2 BEEG dagegen sowohl im Bemessungs- als auch im Bezugszeitraum unberücksichtigt.52 Grundlage der Elterngeldberechnung bei Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit sind die Angaben in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Angaben wird gem. § 2c Abs. 2 S. 2 BEEG vermutet. b) Selbständige Erwerbstätigkeit, § 2d BEEG Das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit wird gem. § 2d Abs. 1 BEEG aus der Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit errechnet. Berücksichtigt werden gem. § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG nur positive Einkünfte. Daraus folgt, dass eine Verrechnung mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten, um ein geringeres Einkommen im Bezugszeitraum zu erreichen, nicht möglich ist.53 Negative Einkünfte gehen daher mit dem Wert null in die Berechnung ein.54 Die Ermittlung der Gewinneinkünfte im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum erfolgt auf Grundlage der Angaben im Einkommensteuerbescheid. Liegt dieser für den maßgeblichen Bemessungs- bzw. Veranlagungszeitraum bei Antragstellung noch nicht vor, kann das Einkommen durch den letzten verfügbaren Einkommensteuerbescheid glaubhaft gemacht werden.55 Die Elterngeldzahlung erfolgt dann gem. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BEEG vorläufig. Ist kein Steuerbescheid zu erstellen, etwa weil die festgesetzte Steuer innerhalb der Kleinbetragsgrenze bleibt oder das Finanzamt eine Nichtveranlagung bescheinigt hat,56 werden die Gewinneinkünfte gem. § 2d Abs. 2 S. 2 BEEG anhand einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung oder einer Bilanzierung ermittelt.57

52 BSG 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1; Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2c Rn. 6; umfassend zum Ausschluss sonstiger Bezüge s. sogleich unter B. I. 3. 53 BT-Drs. 16/2785, S. 37; BSG Urt. v. 27. 6. 2013 – B 10 EG 2/12 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 21 Rn. 32; Roos/Bieresborn/Jaritz/Grösslein-Weiß BEEG § 2 n. F. Rn. 56. 54 BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2d Rn. 1. 55 BT-Drs. 17/9841, S. 23; Wiegand BEEG § 2d Rn. 6. 56 Grübnau-Rieken, NZS 2016, 737, 738. 57 Gem. § 2d Abs. 3 S. 1 BEEG muss die Gewinnermittlung „mindestens den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG“ entsprechen. Somit kann die Gewinnermittlung nicht nur durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG), sondern auch durch eine Bilanzierung (§ 4 Abs. 1 EStG) erfolgen, da die Ermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gegenüber der Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 EStG die „minderwertige“ Ermittlungsart ist, s. LSG HH Urt. v. 17. 11. 2016 – L 1 EG 3/15, DStR 2017, 508, 509. Vgl. auch Rancke/Lenz BEEG § 2d Rn. 6.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

3. Abzüge für Steuern und Sozialabgaben Vom so ermittelten Durchschnittsbruttoeinkommen werden in einem dritten Schritt Steuern und Sozialabgaben nach Maßgabe der §§ 2e und 2f BEEG abgezogen. Der Abzug erfolgt sowohl für Einkommen aus nichtselbständiger als auch für Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in pauschalierter Form. § 2e Abs. 1 S. 1 BEEG ordnet an, dass als Abzüge für Steuern Beträge für die Einkommensteuer, den Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls die Kirchensteuer zu berücksichtigen sind. Der Abzug wird dann anhand eines computergestützten Programmablaufplans vorgenommen.58 Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung, die nach § 40a EStG allein vom Arbeitgeber versteuert wurden, fließen nicht in die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug nach § 2e BEEG ein.59 Abgezogen werden unter den Voraussetzungen des § 2e Abs. 2 S. 2 BEEG ferner der Arbeitnehmer-Pauschbetrag und eine Vorsorgepauschale. Der Sozialabgabenabzug beträgt gem. § 2f Abs. 1 S. 2 BEEG insgesamt 21 % und setzt sich aus den Abzügen für die Kranken- und Pflege- (9 %), Renten- (10 %) und Arbeitslosenversicherung (2 %) zusammen. Der Abzug erfolgt nur, wenn eine entsprechende Versicherungspflicht tatsächlich bestand. Bei privat Versicherten sind daher keine Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung abzuziehen. Die maßgeblichen Abzugsmerkmale werden bei abhängig Beschäftigten gem. § 2c Abs. 3 S. 1 BEEG anhand der Angaben in der letzten Lohn- oder Gehaltsbescheinigung des Bemessungszeitraums ermittelt. Bei Selbständigen gelten für den Steuerabzug die Merkmale, die im Steuerbescheid ausgewiesen sind, vgl. § 2d Abs. 4 S. 1 BEEG. Wenn sich im Bemessungszeitraum ein Abzugsmerkmal, zum Beispiel die Steuerklasse, geändert hat, so ist gem. § 2c Abs. 3 S. 2 BEEG ausnahmsweise dasjenige Merkmal maßgeblich, das im Bemessungszeitraum die überwiegende Zahl der Monate gegolten hat. Erfolgt der Wechsel nach sechs Monaten des Bemessungszeitraums, sodass beide Abzugsmerkmale gleich lang galten, bleibt es dabei, dass das zuletzt gültige Merkmal maßgeblich ist.60 Die Regelung in § 2c Abs. 3 S. 2 BEEG zur Änderung eines Abzugsmerkmals im Bemessungszeitraum gilt bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gem. § 2d Abs. 4 S. 2 BEEG entsprechend. Die im Bemessungszeitraum ermittelten Abzugsmerkmale gelten einheitlich für die Einkommensermittlung im Bemessungs- und Bezugszeitraum.61 Änderungen während des Bezugszeitraums bleiben daher unberücksichtigt. 58

Helmke/Bauer BEEG § 2e Rn. 5. BT-Drs. 17/9841, S. 24; s. a. Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2e Rn. 7. 60 Zur Frage eines mehrmaligen Wechsels s. BSG Urt. v. 28. 3. 2019 – B 10 EG 8/17 R, BSGE 128, 9 ff.; hierzu auch Dau, jurisPR-SozR 11/2019 Anm. 4. Umfassend zur Zulässigkeit eines Steuerklassenwechsels im Elterngeldrecht s. nachfolgend unter B. I. 4. 61 BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2e Rn. 2. 59

A. Der Einkommensbegriff im BEEG

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4. Besonderheiten bei der Einkommensermittlung im Bezugszeitraum Zur Berechnung des Elterngeldes ist es stets notwendig, das Einkommen im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum zu bestimmen. Während des Elterngeldbezugs, im nachgeburtlichen Bezugszeitraum, ist eine Einkommensermittlung dagegen nur erforderlich, wenn die berechtigte Person nach der Geburt des Kindes weiterhin Einkommen aus Erwerbstätigkeit, etwa aus der Ausübung einer Teilzeiterwerbstätigkeit, hat. Das Elterngeld wird in diesen Fällen gem. § 2 Abs. 3 BEEG auf Grundlage der Differenz zwischen vor- und nachgeburtlichem Einkommen berechnet. Die Einkommensermittlung im Bemessungs- und Bezugszeitraum erfolgt grundsätzlich in gleicher Weise.62 Für die Berechnung des Elterngeldes wird stets das durchschnittliche, von Steuern und Sozialabgaben bereinigte Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG berücksichtigt. Bei der Einkommensermittlung im nachgeburtlichen Bezugszeitraum sind jedoch einige Besonderheiten zu beachten. Zum einen werden gem. § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG nur Monate berücksichtigt, in denen die berechtigte Person tatsächlich Einnahmen hatte. Anders als im Bemessungszeitraum bleiben Monate ohne Einkommen bei der Einkommensermittlung nach der Geburt also außen vor.63 Da die tatsächlichen Einkommensverhältnisse während des Elterngeldbezugs bei Antragstellung regelmäßig noch nicht feststehen, wird das Einkommen zudem anhand einer Prognose ermittelt.64 Das Elterngeld wird gem. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BEEG deshalb nur vorläufig ausgezahlt. Erst wenn die entsprechenden Einkommensnachweise vorliegen, wird die Höhe des Elterngeldes abschließend festgesetzt. Die vorläufige Zahlung erleichtert der Elterngeldstelle die gegebenenfalls erforderliche Rückabwicklung, weil die Voraussetzungen der Aufhebungsvorschriften (§§ 44 ff. SGB X) nicht vorliegen müssen.65 Da für den Zeitraum des Elterngeldbezugs zeitnah kein Steuerbescheid zur Verfügung steht, wird bei Selbständigen das Einkommen im Bezugszeitraum gem. § 2d Abs. 3 S. 1 BEEG anhand einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung oder Bilanzierung ermittelt.66 Eine fiktive Berechnung für die Zukunft anhand des letzten Steuerbescheids ist nicht möglich.67 Die Betriebsausgaben werden dabei gem. § 2d 62

BT-Drs. 17/9841, S. 18; Rancke/Lenz BEEG § 2 Rn. 5. BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2 Rn. 18. 64 Roos/Bieresborn/Jaritz/Grösslein-Weiß BEEG § 2 n. F. Rn. 46; BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2 Rn. 20. 65 Zur vorläufigen Bewilligung s. a. Brose/Weth/Volk/Schmitt BEEG § 8 Rn. 33 ff. 66 BT-Drs. 17/9841 S. 23; Rancke/Lenz BEEG § 2d Rn. 6; BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2d Rn. 12; s. a. BSG Urt. v. 13. 12. 2018 – B 10 EG 5/17 R, BSGE 127, 162; a. A. noch BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 3/15 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 31. 67 BSG Urt. v. 13. 12. 2018 – B 10 EG 5/17 R, BSGE 127, 162; s. hierzu später unter B. II. 2. a) cc). 63

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

Abs. 3 S. 2 BEEG grundsätzlich mit einer Pauschale von 25 % berücksichtigt. Auf Antrag können auch die tatsächlichen Ausgaben zugrunde gelegt werden.68

IV. Ergebnis: Steuerrechtsakzessorischer Einkommensbegriff Der Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG ist die zentrale Vorschrift für die Elterngeldberechnung. Er gibt an, welche Einnahmen im Rahmen der Einkommensermittlung berücksichtigt werden und somit in die Bemessungsgrundlage des Elterngeldes einfließen. Der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes entsprechend sollen für die Leistungsbemessung nur Einnahmen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt werden. Einkünfte ohne Bezug zum Erwerbsleben, wie zum Beispiel Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, fallen nicht weg, wenn die Erwerbstätigkeit nach der Geburt des Kindes aufgegeben wird, und spielen für die Elterngeldeberechnung daher keine Rolle. In systematischer Hinsicht weist der Einkommensbegriff die Besonderheit auf, dass das leistungsrelevante Einkommen aus Erwerbstätigkeit nicht nach den Vorgaben des Sozialrechts, sondern anhand steuerrechtlicher Maßstäbe ermittelt wird. Die Anbindung an das Steuerrecht ergibt sich unmittelbar aus § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG, der das elterngeldrelevante Einkommen aus Erwerbstätigkeit als die Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger und nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG definiert. Die Ausrichtung des Einkommensbegriffs am Steuerrecht war im ursprünglichen Gesetzentwurf noch nicht vorgesehen, sondern geht auf den Vorschlag des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zurück. Der Gleichlauf zwischen Elterngeldund Steuerrecht dient in erster Linie der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens, da die Elterngeldstellen so unmittelbar auf die Angaben in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen oder im Steuerbescheid zurückgreifen können, ohne das elterngeldrelevante Einkommen eigens berechnen zu müssen. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Unterschiede zwischen einem am Sozialrecht ausgerichteten und einem am Steuerrecht ausgerichteten Einkommensbegriff als gering einstufte, ohne sich erkennbar mit den Auswirkungen einer steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung für die Leistungsbemessung und damit letztlich für die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes auseinanderzusetzen.69

68 69

BT-Drs. 17/9841, S. 22. Vgl. BT-Drs. 16/2454, S. 11.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion Entgegen der Einschätzung der Bundesregierung hat die Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an das Steuerrecht jedoch weitreichende Konsequenzen für die Einkommensermittlung.70 Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Definition der steuerrechtlichen Erwerbseinkünfte nicht immer der Summe der Einnahmen entspricht, die auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zurückzuführen sind und die somit ausfallen, wenn Eltern ihre Erwerbstätigkeit nach der Geburt des Kindes unterbrechen. Die steuerrechtliche Systematik mit ihren spezifischen Befreiungstatbeständen, Zuordnungsvorschriften und Gestaltungsmöglichkeiten führt mitunter zu erheblichen Abweichungen vom tatsächlich erzielten Nettoeinkommen, was sich auf die Höhe des Elterngeldes sowohl positiv als auch negativ auswirken kann. Welche Folgen die steuerrechtsakzessorische Einkommensermittlung auf den Elterngeldbezug im Einzelnen hat und welche Konsequenzen sich daraus für die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes ergeben, wird im Folgenden eingehend untersucht. Dabei werden die Auswirkungen bei Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit (I.) und bei selbständiger Tätigkeit (II.) getrennt voneinander betrachtet.

I. Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit Da vor allem abhängig Beschäftigte Elterngeld in Anspruch nehmen, spielt die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2c BEEG im Elterngeldrecht eine weitaus größere Rolle als die Einkommensermittlung bei Selbständigen.71 Auch die zentralen Probleme der Anbindung des Einkommensbegriffs an das Steuerrecht zeigen sich bei Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit besonders deutlich. Um die Vielzahl der Berührungspunkte zwischen Elterngeld- und Steuerrecht in einer systematischen Gesamtschau darzustellen, orientiert sich die nachfolgende Untersuchung am bereits vorgestellten Ablauf der Einkommensermittlung. Das heißt, dass die Probleme der Anbindung an das Steuerrecht in der Reihenfolge erörtert werden, in der sie sich im Einkommensermittlungsverfahren stellen. Das erste Problemfeld behandelt die Unbeachtlichkeit steuerfreier Einnahmen (1.). Danach werden die Folgen der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen nach den 70

Vgl. BT-Drs. 16/2454, S. 11. Im Jahr 2020 haben rund 94 % der Anspruchsberechtigten, die vor der Geburt Erwerbseinkommen hatten, Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit erzielt. Rund 2,3 % hatten ausschließlich Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit und weitere 3,7 % haben sowohl Einkommen aus selbständiger als auch aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit erzielt, s. Destatis, Elterngeldstatistik 2020, S. 17 Tab. 10, abrufbar unter https://www.destatis. de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Elterngeld/Publikationen/Downloads-Eltern geld/elterngeld-leistungsbezuege-j-5229210207004.pdf?__blob=publicationFile (1. 9. 2021). 71

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

steuerrechtlichen Zuordnungsvorschriften (2.) sowie die Auswirkungen der steuerrechtlichen Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen untersucht (3.) und schließlich die Konsequenzen eines Lohnsteuerklassenwechsels für den Elterngeldbezug näher beleuchtet (4.). 1. Unbeachtlichkeit steuerfreier Zahlungen Aus der Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an das Steuerrecht folgt, dass nur steuerpflichtige Einnahmen für die Berechnung des Elterngeldes berücksichtigt werden. Einnahmen, die nicht steuerbar sind, sowie Einnahmen und Zuschläge, die gem. §§ 3, 3b EStG von der Einkommensteuer befreit sind, zählen nicht zum elterngeldrelevanten Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG. Darüber hinaus bleiben auch Einkünfte außen vor, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, sondern im Ausland versteuert wurden.72 Die Nichtberücksichtigung steuerfreier Zahlungen ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Verweis in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG auf die „Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit, Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG“ und der damit einhergehenden Implementierung der steuerrechtlichen Systematik in das Elterngeldrecht.73 Ausgehend vom Grundtatbestand der steuerlichen Einkommensermittlung in § 2 Abs. 1 EStG unterliegen der Besteuerung nur die von einer steuerpflichtigen Person im jeweiligen Veranlagungszeitraum erzielten Einkünfte, die einer der sieben Einkunftsarten zugeordnet werden können, wobei elterngeldrechtlich nur die ersten vier Einkunftsarten erfasst werden. Einnahmen und Zuschläge, die nicht steuerbar sind oder gem. §§ 3, 3b EStG von der Steuer befreit sind sowie Einkünfte, die im Ausland versteuert wurden, stehen nach der Systematik des EStG außerhalb des Einkommenstatbestandes, sodass es sich dabei nicht um steuerpflichtiges Einkommen handelt. Die Unbeachtlichkeit steuerfreier Zahlungen für die Elterngeldberechnung hat der Gesetzgeber durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2011 ausdrücklich klargestellt, indem in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG der Zusatz eingefügt wurde, dass nur „im Inland zu versteuernde“ Einkünfte elterngeldrechtlich zu berücksichtigen sind.74 Somit sind steuerfreie Zahlungen für die Elterngeldberechnung sowohl im Bemessungs- als auch im Bezugszeitraum irrelevant. Daraus folgt, dass das Elterngeld unter 72 Einkommen, das in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, Liechtenstein, Norwegen oder der Schweiz versteuert wird, ist nach Art. 5 VO-EG Nr. 883/2004 jedoch „im Inland zu versteuerndem Einkommen“ gleichgestellt und wird darum auch für die Elterngeldberechnung berücksichtigt. S. hierzu sogleich unter b). 73 Vgl. Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2 Rn. 26. 74 HBeglG 2011 v. 9. 12. 2010 (BGBl. I, S. 1885); s. a. die Ausführung in der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/3030, S. 48. Zur Klarstellungsfunktion BSG Urt. v. 20. 5. 2014 – B 10 EG 2/14 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 27 Rn. 18; vgl. auch BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 3/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 16 Rn. 26.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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Umständen niedriger ausfällt, als es nach seiner Grundkonzeption vorgesehen ist. Andererseits bleiben auch jene steuerfreien Zahlungen unberücksichtigt, die erst während des Elterngeldbezugs erzielt werden, sodass sie in diesem Fall die Leistungshöhe auch nicht mindern.75 Da für die Elterngeldberechnung die Einkommensermittlung im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum stets notwendig ist, während dies im Bezugszeitraum nur im Falle der Ausübung einer Teilzeittätigkeit erforderlich wird, ist die leistungsverringernde Nichtberücksichtigung steuerfreier Einnahmen im Bemessungszeitraum elterngeldrechtlich von größerer Relevanz. Ungeachtet etwaiger Vor- oder Nachteile stellt sich die Frage, wie sich der pauschale Ausschluss sämtlicher steuerfreier Zahlungen auf die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes auswirkt. Dazu werden steuerfreie Einnahmen und Zuschläge (a)) und im Ausland versteuerte Einkünfte (b)) getrennt voneinander untersucht. a) Steuerfreie Einnahmen und Zuschläge Welche Einnahmen steuerfrei sind, ergibt sich im Wesentlichen aus der Regelung in § 3 EStG, die in einem Katalog von über 70 Ziffern bestimmte Einnahmen von der Besteuerung ausklammert. Zu den steuerfreien Einnahmen nach § 3 EStG zählen neben Lohnersatzleistungen wie dem Kranken- oder Arbeitslosengeld (Nr. 1a und Nr. 2a) unter anderem Trinkgelder (Nr. 51) sowie Beiträge des Arbeitgebers an eine Pensionskasse (Nr. 63). Ergänzt wird der Befreiungskatalog in § 3 EStG durch die Regelung in § 3b EStG, wonach Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, die eine bestimmte Höhe nicht überschreiten, ebenfalls von der Steuer befreit sind. Die Aufzählung der Befreiungstatbestände in § 3 EStG folgt keiner sachlichen Ordnung und wird daher auch als konzeptionslos und unsystematisch kritisiert.76 Mangels allgemeingültiger Befreiungsmaßstäbe ist die Anordnung der Steuerfreiheit zudem auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen. Überwiegend hat sich der Gesetzgeber von außersteuerlichen Motiven leiten lassen, sodass die Befreiung oftmals auf sozial- oder wirtschaftspolitischen Erwägungen beruht.77 Zahlreiche Befreiungstatbestände sollen einer herabgesetzten Leistungsfähigkeit Rechnung tragen oder einen Subventions- oder Prämieneffekt bewirken.78 Andere wiederum dienen in erster Linie der Steuervereinfachung.79 Teilweise bleibt der Zweck der

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Vgl. BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 3/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 16 Rn. 36. Herrmann/Heuer/Raupach/Bergkemper EStG § 3 Rn. 3; Blümich/Valta EStG § 3 Rn. 2; Felix, in: GS Schmehl, S. 291, 294; s. a. Bergkemper, FR 1996, 509 ff. 77 Herrmann/Heuer/Raupach/Bergkemper EStG § 3 Rn. 5. 78 Blümich/Valta EStG § 3 Rn. 2. 79 Herrmann/Heuer/Raupach/Bergkemper EStG § 3 Rn. 5, 10. 76

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

Befreiung auch unklar.80 Darüber hinaus zählen Einnahmen zum Befreiungskatalog, die ohnehin nicht steuerbar sind.81 Die Normierung der Steuerfreiheit ist in diesen Fällen somit nur deklaratorischer Natur.82 Aus welchem Grund Einnahmen und Zuschläge von der Besteuerung ausgenommen sind, spielt für das Elterngeld keine Rolle. Aus der Anknüpfung an die steuerpflichtigen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG folgt, dass sämtliche nicht versteuerten Einkommensbestandteile elterngeldrechtlich unbeachtlich sind. Aufgrund der strukturellen Unterschiede der Befreiungstatbestände kann die Nichtberücksichtigung bestimmter steuerfreier Einnahmen dem Zweck des Elterngeldes aber zuwiderlaufen. Inwiefern also der pauschale Ausschluss sämtlicher steuerfreier Zahlungen der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes entspricht, wird im Folgenden anhand von drei elterngeldrelevanten Fallgruppen überprüft. aa) Subventionierende und prämierende Zahlungen Die erste Gruppe betrifft steuerfreie Einnahmen, die ein bestimmtes Verhalten subventionieren oder einen Prämieneffekt bewirken sollen. Zu dieser Gruppe zählen zum Beispiel Trinkgelder (§ 3 Nr. 51 EStG) und Zuschläge für Sonntags-, Feiertagsoder Nachtarbeit (§ 3b EStG).83 Zweck der Steuerbefreiung ist es, dass die Einnahmen der steuerpflichtigen Person ungekürzt zur Verfügung stehen. So handelt es sich etwa bei Trinkgeldern typischerweise um persönliche Zuwendungen, die in Form eines kleinen Geldgeschenkes die erwiesene Mühewaltung honorieren sollen.84 Die Steuerfreiheit von Zuschlägen nach § 3b EStG dient als Ausgleich für die Nachteile und Belastungen, die mit der Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit verbunden sind.85 Darüber hinaus sollen sie auch die Bereitschaft der Arbeitnehmer fördern, ihre Arbeitskraft an Sonnund Feiertagen oder zur Nachtzeit zur Verfügung zu stellen.86

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Kirchhof/Seer/von Beckerath EStG § 3 Rn. 2; vgl. auch Herrmann/Heuer/Raupach/ Bergkemper EStG § 3 Rn. 7. 81 Blümich/Valta EStG § 3 Rn. 2. Deklaratorisch ist etwa die Befreiung der sozialrechtlichen Sachleistungen nach Nr. 1. Eine Aufzählung deklaratorischer Befreiungen findet sich bei Herrmann/Heuer/Raupach/Bergkemper EStG § 3 Rn. 8. 82 Krit. zur Qualität des Befreiungskatalogs Bergkemper, FR 1996, 509 ff. 83 Krit. zur Steuerbefreiung von Zuschlägen nach § 3b EStG: Kirchhof/Seer/von Beckerath EStG § 3b Rn. 1; Kirchhof, Stbg 1997, 193, 195; s. a. Wisser, DStZ 2000, 822 ff. 84 Blümich/Valta EStG § 3 Nr. 51 Rn. 3. 85 Herrmann/Heuer/Raupach/Bergkemper EStG § 3b Rn. 4; Korn/Herfort EStG § 3b Rn. 5; Blümich/Valta EStG § 3b Rn. 5. 86 BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 3/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 16 Rn. 34. Teilweise wird in der Steuerbefreiung von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit auch eine Lohnsubvention des Arbeitgebers gesehen, vgl. BFH Urt. v. 17. 6. 2010 – VI R 50/09, BFHE 230, 150, 154 f.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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Sowohl Trinkgelder als auch Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit resultieren unmittelbar aus der Ausübung der Erwerbstätigkeit: Sie stellen eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung dar und werden folglich ausfallen, wenn die Erwerbstätigkeit nach der Geburt des Kindes nicht mehr ausgeübt wird. Zudem stehen sie den Berechtigten für die Bestreitung des Lebensunterhalts ungekürzt zur Verfügung, sodass sie ihre wirtschaftliche Situation vor der Geburt des Kindes wenigstens mitgeprägt haben.87 Zwar gilt die Steuerfreiheit von Zuschlägen nach § 3b EStG nur, soweit sie bestimmte Höchstgrenzen nicht überschreiten.88 Sie werden aber ebenso wie Trinkgelder insbesondere in Berufsgruppen mit einem vergleichsweise niedrigen Einkommensniveau gezahlt und können daher einen wichtigen Bestandteil des Gesamteinkommens ausmachen.89 (1) Elterngeldspezifische Auslegung? Es stellt sich daher die Frage, ob der Einkommenstatbestand in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG im Zuge einer teleologischen Reduktion dahingehend ausgelegt werden kann, dass steuerfreie Einnahmen und Zuschläge jedenfalls dann zu berücksichtigen sind, wenn sie einen nicht unerheblichen Anteil des Gesamteinkommens ausmachen. Eine solche elterngeldspezifische Auslegung hat das LSG Hessen in einem Urteil aus dem Jahr 2010 vorgenommen und entschieden, dass Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit bei der Elterngeldberechnung jedenfalls dann berücksichtigt werden müssten, wenn sie einen nicht zu vernachlässigenden Anteil des Gesamteinkommens haben.90 Das LSG argumentierte, dass der Ausschluss sämtlicher steuerfreier Einnahmen und Zuschläge im Widerspruch zum Sinn und Zweck des Elterngeldes stehe.91 Die steuerrechtliche Systematik könne für die Elterngeldberechnung insofern keine Rolle spielen, sodass ausgehend von § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG diejenigen Einkommensbestandteile aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt werden müssten, die die wirtschaftliche Situation der Eltern im maßgeblichen Bemessungszeitraum geprägt hätten.92

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Dau, jurisPR-SozR 26/2008 Anm. 4. Steuerfrei sind gem. § 3b Abs. 1 EStG Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nacharbeit, die neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie für Nachtarbeit 25 % (Nr. 1), für Sonntagsarbeit 50 % (Nr. 2), an den gesetzlichen Feiertagen 125 % (Nr. 3), für Arbeit am 24. 12. ab 14 Uhr, am 25. und 26. 12. sowie am 1. 5. 150 % (Nr. 4) des Grundlohns nicht übersteigen. 89 Gühlstorf, ZfF 2012, 49, 50; Röhl, NJW 2010, 1418, 1419. 90 LSG Hessen Urt. v. 24. 11. 2010 – L 6 EG 10/08, juris. Die steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit hatten einen Anteil von 10 % des Brutto- und 15 % des Nettoeinkommens. 91 LSG Hessen Urt. v. 24. 11. 2010 – L 6 EG 10/08, juris Rn. 22. 92 LSG Hessen Urt. v. 24. 11. 2010 – L 6 EG 10/08, juris Rn. 22. 88

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

(2) Auslegungsgrenzen Ob eine solche elterngeldspezifische Auslegung im Rahmen des steuerrechtsakzessorischen Regelungskonzeptes möglich ist, ist im Wege der Auslegung des maßgeblichen Einkommenstatbestandes in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG zu ermitteln. Bereits der Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG spricht ausdrücklich davon, dass sich das elterngeldrelevante Einkommen aus der Summe der zu versteuernden Einkünfte nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG ergibt. Der Begriff des Einkommens in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG lässt insofern keinen Auslegungsspielraum zu, wonach auch steuerfreie Einnahmen oder Zuschläge zum elterngeldrelevanten Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezählt werden könnten. Auch systematische Argumente sprechen gegen die Möglichkeit einer allein am Sinn und Zweck des Elterngeldes orientierten Auslegung des § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG. Beim Verweis auf die steuerlichen Einkunftsarten in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG handelt es sich um einen Rechtsgrundverweis.93 Das bedeutet, dass die tatbestandlichen Voraussetzung der Norm, auf die verwiesen wird, erfüllt sein müssen.94 Nach der steuerlichen Systematik zählen Einnahmen und Zuschlägen, die gem. §§ 3, 3b EStG von der Besteuerung ausgenommen sind, aber nicht zu den steuerlichen Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 EStG. Es würde daher der in Bezug genommenen steuerlichen Systematik widersprechen, wenn steuerfreie Einnahmen und Zuschläge im Rahmen der Einkommensermittlung Berücksichtigung finden würden. Darüber hinaus spricht auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift gegen eine vom Steuerrecht losgelöste, elterngeldspezifische Auslegung. Im Gesetzgebungsverfahren hat der Gesetzgeber sich bewusst gegen einen sozialrechtlich geprägten Einkommensbegriff und für die Anbindung der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlungsvorschriften an das Steuerrecht entschieden.95 Den Gesetzesmaterialien lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber die Nichtberücksichtigung steuerfreier Einkommensbestandteile infolge der Ausrichtung des Einkommensbegriffs am Steuerrecht bereits zu diesem Zeitpunkt gesehen und ausdrücklich hingenommen hat.96 Durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2011 hat der Gesetzgeber den Einkommensbegriff zudem noch enger mit den steuerlichen Vorgaben verknüpft, indem § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG um den klarstellenden Passus ergänzt wurde, nach dem nur „im Inland zu versteuernde“ Einkünfte elterngeldrechtlich zu berücksichtigen sind.97 Würden steuerfreie Einnahmen und Zuschläge in Einzelfällen für die El-

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BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2 Rn. 1. Vgl. LSG Nds.-Brm. Urt. v. 22. 4. 2010 – L 10 SB 35/09, juris Rn. 23. 95 Zur Entwicklung des Einkommensbegriffs im Gesetzgebungsverfahrens s. o. A. I. 96 BT-Drs. 16/2785, S. 37. 97 HBeglG 2011 v. 9. 12. 2010 (BGBl. I, S. 1885); s. a. die Ausführung in der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/3030, S. 48. Zur Klarstellungsfunktion BSG Urt. v. 20. 5. 2014 – B 10 EG 2/14 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 27 Rn. 18; vgl. auch BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 3/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 16 Rn. 26. 94

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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terngeldberechnung dennoch berücksichtigt, würde dies der eindeutigen gesetzgeberische Konstruktion somit zuwiderlaufen. Auch das BSG sieht für eine teleologische Reduktion des § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG keinen Raum.98 Der erkennende Senat räumt zwar ein, dass es der Einkommensersatzfunktion entsprechen würde, wenn steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit in die Bemessungsgrundlage einfließen würden.99 Richtigerweise stellt das BSG aber entscheidend darauf ab, dass es sich beim Elterngeld um eine rein steuerfinanzierte Sozialleistung handelt.100 Es besteht daher weder eine Verpflichtung des Staates zur Gewährung dieser Leistung, noch wird die Leistungsgewährung – mangels Beitragsfinanzierung – durch ein versicherungsrechtliches Äquivalenzprinzip eingegrenzt. Somit steht dem Gesetzgeber auch im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung der Leistung ein weiter Gestaltungsspielraum zu.101 Zwingende verfassungsrechtliche Gründe, steuerfreie Einnahmen entgegen der gesetzlichen Regelung doch zu berücksichtigen, sind insofern nicht ersichtlich, sodass die gesetzgeberische Entscheidung zu respektieren ist.102 Eine elterngeldspezifische Auslegung des Einkommenstatbestandes in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG, nach der steuerfreie Einnahmen in bestimmten Fällen doch zum elterngeldrelevanten Einkommen gezählt werden können, lässt sich aufgrund der insofern eindeutigen rechtlichen Vorgaben daher nicht konstruieren. (3) Zwischenergebnis Infolge der Anbindung an das Steuerrecht verkehrt sich für Elterngeldberechtigte, die im Bemessungszeitraum steuerfreie Einnahmen oder Zuschläge erzielt haben, der steuerliche Befreiungszweck ins Gegenteil: Die steuerfreien Einkünfte fließen nicht in die Bemessungsgrundlage ein, sodass das monatliche Elterngeld nicht die Höhe des Einkommens aus Erwerbstätigkeit widerspiegelt, das sie zuletzt tatsächlich zur Verfügung hatten. Die Nichtberücksichtigung steuerfreier Zahlungen, die einen subventionierenden Charakter haben, verfehlt somit den Zweck des Elterngeldes, das vorgeburtliche Einkommensniveau fortzuschreiben. Der steuerliche Subventionszweck wirkt sich im Elterngeldrecht nur in den weitaus selteneren Fällen aus, dass Berechtigte während des Elterngeldbezugs in Teilzeit arbeiten. Da sich das Elterngeld im Falle einer Erwerbstätigkeit nach der Geburt des Kindes gem. § 2 Abs. 3 BEEG aber auf Grundlage der Differenz zwischen dem vor- und nachgeburtlichen Einkommen berechnen soll, wäre es konse98

BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 3/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 16; s. a. Dau, jurisPRSozR 26/2008 Anm. 4. 99 BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 3/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 16 Rn. 27. 100 Vgl. BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 3/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 16 Rn. 33 ff. 101 BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 3/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 16 Rn. 33 ff. 102 Vgl. BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 3/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 16 Rn. 33 ff.; s. a. BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2 Rn. 13.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

quent, wenn steuerfreie Zahlungen auch während der Bezugszeit berücksichtigt würden, selbst wenn sie sich dann elterngeldmindernd auswirken. bb) Lohnersatzleistungen Auch die Nichtberücksichtigung steuerfreier Zahlungen, die an die Stelle des Erwerbseinkommens treten, kann die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes erheblich begrenzen. Zu diesen elterngeldirrelevanten Lohnsurrogaten zählen zum Beispiel die sozialversicherungsrechtlichen Lohnersatzleistungen wie das Kranken-, Verletztengeld oder Arbeitslosengeld.103 Auch Streikgeld, das Gewerkschaftsmitgliedern als Ausgleich für ihre Einkommenseinbußen während eines Arbeitskampfes von der Gewerkschaft gezahlt wird, zählt nicht zur Bemessungsgrundlage des Elterngeldes.104 Die Steuerfreiheit der sozialversicherungsrechtlichen Lohnersatzleistungen ist in § 3 Nr. 1 und Nr. 2 EStG ausdrücklich angeordnet.105 Der Zweck der Befreiung liegt darin, dass die gesetzlich vorgesehene Höhe der Leistung den Berechtigten netto zur Verfügung stehen soll.106 Würden Lohnersatzleistungen der Einkommensteuer unterliegen, müsste die Ersatzrate entsprechend angehoben werden, um das vorgesehene Sicherungsniveau zu halten.107 Die Steuerfreiheit von Lohnersatzleistungen dient somit in erster Linie einer „Abkürzung des Zahlungsweges“.108 Anders als die sozialversicherungsrechtlichen Lohnersatzleistungen ist das Streikgeld nicht als Befreiungstatbestand in § 3 EStG aufgeführt.109 Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann es aber keiner der sieben steuerlichen Einkunftsarten zugeordnet werden, sodass es sich dabei von vornherein nicht um steuerbares Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG handelt.110 Das BSG hat diesbezüglich klargestellt, dass es im Elterngeldrecht unerheblich ist, ob die

103 BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 20/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 8 (Krankengeld); BSG Urt. v. 18. 8. 2011 – B 10 EG 8/10 R, ZFSH/SGB 2012, 24 (Verletztengeld); BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 21/09 R, SGb 2011, 210 (Arbeitslosengeld). 104 BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7. 105 Krit. Felix, in: GS Schmehl, S. 291, 294 f.; ebenso Kube, NZS 2004, 458, 459. 106 Felix, in: GS Schmehl, S. 291, 295. 107 Die Ersatzrate des Kranken- und Verletztengeldes beträgt 70 % bzw. 80 % (§ 47 Abs. 1 S. 1 SGB V, § 47 Abs. 1 S. 1 SGB VII) und beim Arbeitslosen 67 % bzw. 60 % (§ 149 SGB III). 108 Jachmann, NZS 2003, 281, 282; ebenso Felix, in: GS Schmehl, S. 291, 295. 109 Da das Streikgeld ausfallendes Arbeitsentgelt ersetzen soll, kann es unter sozialrechtlichen Gesichtspunkten dennoch als Lohnersatzleistung charakterisiert werden, vgl. BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 82. 110 BFH Urt. v. 24. 10. 1990 – X R 161/88, BFHE 162, 329, 332 ff.; Blümich/Schießl EStG § 24 Rn. 54; Herrmann/Heuer/Raupach/Musil EStG § 2 Rn. 80.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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Steuerfreiheit ausdrücklich in §§ 3, 3b EStG angeordnet ist oder sich aus der steuerlichen Systematik ergibt.111 Im Gegensatz zu steuerfreien Einnahmen und Zuschlägen, die unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis hervorgehen, handelt es sich bei Lohnersatzleistungen nicht um Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Da sie nicht vom Arbeitgeber gezahlt werden, fehlt ihnen bereits der Gegenleistungscharakter, der für die Qualifizierung von Einkommensbestandteilen als Arbeitsentgelt von wesentlicher Bedeutung ist.112 So geht etwa der Anspruch auf Krankengeld nach § 44 SGB V auf das durch § 186 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V begründete Versicherungsverhältnis zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der versicherten Person zurück. Dennoch weisen Lohnersatzleistungen jedenfalls eine gewisse Nähe zum Arbeitsentgeltanspruch auf.113 Sie sind vom Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses abhängig und knüpfen ihrerseits an die Höhe des Arbeitsentgelts aus dieser Beschäftigung an.114 Aus diesem Grund haben sie einen Erwerbseinkommenscharakter und prägen somit auch das vorgeburtliche Einkommensniveau.115 Anders als Trinkgelder oder Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit machen Lohnersatzleistungen zudem nicht nur einen Anteil des Monatseinkommens aus, sondern treten in den entsprechenden Zeiträumen vollständig an die Stelle des Arbeitslohns. Wenngleich es sich bei steuerfreien Lohnsurrogaten also nicht um Arbeitsentgelt im engeren Sinne handelt, so führt ihre Nichtberücksichtigung dennoch zu einer Begrenzung der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes: Entgegen seiner Grundkonzeption wird das Elterngeld in dieses Fällen nämlich nicht auf Grundlage des Einkommens berechnet, dass die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes zuletzt tatsächlich zur Verfügung hatte. Bestimmte steuerfreie Lohnersatzleistungen werden über § 2b Abs. 1 S. 2 BEEG zwar mittelbar bei der Leistungsberechnung berücksichtigt, indem etwa Monate des Bezugs von steuerfreiem Mutterschafts- (§ 3 Nr. 1d EStG) oder Elterngeld (§ 3 Nr. 67b EStG) aus dem Bemessungszeitraum ausgeklammert werden. Der Bemessungszeitraum verschiebt sich dann entsprechend in die Vergangenheit, sodass der Bemessungszeitraum volle zwölf Kalendermonate umfasst. Sonstige Zeiten der „gerechtfertigten Einkommenslosigkeit“116, in denen die Berechtigten Anspruch auf Lohnersatzleistungen haben, bleiben allerdings vollkommen unberücksichtigt, so-

111 BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 20/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7; a. A. noch SG Stade Urt. v. 31. 8. 2009 – S 13 EG 1/09, juris; krit. bereits Dau, jurisPR-SozR 1/2010 Anm. 5. 112 Vgl. BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 20/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 27; BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 20/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 8 Rn. 26. 113 BSG Urt. v. 21. 2. 2013 – B 10 EG 12/12 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 19 Rn. 50. 114 Vgl. Felix, SGb 2012, 93, 94. 115 Felix, SGb 2012, 93, 94. 116 Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 115.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

dass die Regelung in § 2b Abs. 1 S. 2 BEEG die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes nicht hinreichend sicherstellen kann.117 cc) Indisponible Einnahmen Der Ausschluss steuerfreier Einnahmen muss aber nicht unbedingt negative Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes haben. Mitunter sind nämlich auch Einnahmen steuerfrei, die für die Berechtigten vor der Geburt des Kindes ohnehin nicht zur Verfügung standen, weil sie als Vorsorgeaufwendungen auf Grundlage einer Entgeltumwandlung durch den Arbeitgeber direkt vom Bruttoeinkommen abgeführt wurden. Dazu zählen zum Beispiel Beiträge des Arbeitgebers an einen Pensionsfonds oder an eine Pensionskasse, die zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge gem. § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei sind.118 Bei diesen Zahlungen handelt es sich dem Grunde nach um Zuwendungen des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis. Auf Grundlage arbeitsvertraglicher Vereinbarung wird ein Teil des Arbeitsentgelts in Versicherungsschutz umgewandelt und vom Arbeitgeber in Form von Beiträgen direkt an die Versorgungseinrichtung gezahlt. Aus diesem Grund handelt es sich dabei um indisponible Einnahmen, deren Wegfall sich auf die finanzielle Situation des Arbeitnehmers während der Elternzeit nicht spürbar auswirkt. Deshalb steht die Nichtberücksichtigung solcher indisponiblen Einnahmen der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes nicht entgegen.119 b) Im Ausland versteuerte Einkünfte Neben steuerfreien Einnahmen und Zuschlägen bleiben auch im Ausland versteuerte Einkünfte bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt. Sie werden nicht vom Geltungsbereich des EStG erfasst und zählen nach der steuerlichen Systematik daher ebenfalls nicht zu den steuerpflichtigen Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG. Die Unbeachtlichkeit im Ausland versteuerter Einnahmen hat der Gesetzgeber durch die Einfügung des Zusatzes in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG, wonach nur „im Inland zu versteuernde“ Einkünfte berücksichtigt werden, noch einmal ausdrücklich klargestellt.120

117

Auch in der Literatur werden die Ausklammerungstatbestände in § 2b Abs. 1 S. 2 BEEG als unzureichend kritisiert, s. Felix, SGb 2012, 93; Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 113 ff.; vgl. auch Dau, SGb 2009, 261, 265. 118 S. hierzu BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 9/08 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 3; LSG BerlinBrandenburg Urt. v. 27. 3. 2014 – L 17 EG 1/10; s. a. Röhl, NJW 2009, 1418, 1419. Weitere steuerfreie Einnahmen, die dem Arbeitnehmer nicht unmittelbar zur Verfügung stehen, finden sich in § 3 Nr. 56, 62 und 66 EStG, vgl. auch Oyda, NZS 2010, 194. 119 Vgl. auch Röhl, NJW 2010, 1418, 1419. 120 HBeglG 2011 v. 9. 12. 2010 (BGBl. I, S. 1885).

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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aa) Elterngeldkonstellationen mit Auslandsbezug Die Nichtberücksichtigung im Ausland versteuerter Einkünfte wirkt dabei in der Sache wie eine „ergänzende Kollisionsnorm“121 zur Regelung in § 1 Abs. 1 BEEG. Eltern, die im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum ihr Einkommen im Ausland versteuert haben, sind unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG dem Grunde nach anspruchsberechtigt. Mangels elterngeldrelevanten Einkommens können sie die Leistung aber nicht über den Mindestbetrag von 300 Euro hinaus in Anspruch nehmen. Da Einkommen, das in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, Liechtenstein, Norwegen oder der Schweiz versteuert wird, nach Art. 5 VO-EG Nr. 883/2004 „im Inland zu versteuerndem Einkommen“ gleichgestellt ist, stellt sich die Problematik der Unbeachtlichkeit im Ausland versteuerter Einkünfte für Grenzgänger in der Regel nicht.122 Für Elterngeldberechtigte, die ihr Einkommen vor der Geburt des Kindes außerhalb der EU versteuert haben, bleibt es aber dabei, dass sie nur den Mindestsatz erhalten. Sie werden damit so gestellt, als ob sie vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig gewesen wären. Auf das Mindestelterngeld werden zum einen Eltern verwiesen, die im maßgeblichen Bemessungszeitraum im Nicht-EU-Ausland gelebt haben und dort einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind.123 Zum anderen trifft dies aber auch auf Eltern zu, die in Deutschland leben und arbeiten, deren Einkünfte aber von einem fremden Hoheitsträger besteuert werden. Dies kann etwa bei einer in Deutschland ansässigen internationalen Organisation der Fall sein. So hat das BSG im Fall einer Mutter, die vor der Geburt des Kindes als Beamtin beim Europäischen Patentamt (EPA) in München tätig war, entschieden, dass ihr Elterngeldanspruch mangels im Inland versteuerten Einkommens nur 300 Euro beträgt.124 bb) Eingliederung in eine fremde Sozialordnung Für Anspruchsberechtigte, die ihr Einkommen vor der Geburt des Kindes nicht in Deutschland versteuert haben, erfüllt das Elterngeld somit keine Einkommensersatzfunktion. Anders als bei Einnahmen und Zuschlägen, die gem. §§ 3, 3b EStG von der Einkommensteuer befreit sind, ist die Besteuerung durch einen anderen Hoheitsträger jedoch untrennbar mit der Eingliederung in eine fremde Sozialordnung verbunden.125 Im Fall der elterngeldberechtigten Mitarbeiterin beim EPA hat das BSG daher zu Recht darauf hingewiesen, dass das EPA als autonome Hoheitsgewalt 121

BSG Urt. v. 20. 5. 2014 – B 10 EG 9/13 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 28 Rn. 30. Vgl. BT-Drs. 17/3030, S. 48. 123 S. hierzu BSG Urt. v. 20. 5. 2014 – B 10 EG 2/14 R, SozR 4 – 7378 § 2 Nr. 27. 124 BSG Urt. v. 20. 5. 2014 – B 10 EG 9/13 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 28. 125 BSG Urt. v. 20. 5. 2014 – B 10 EG 9/13 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 28 Rn. 31; vgl. auch LSG Bayern Urt. v. 30. 11. 1990 – L 9 EG 7/89, juris. 122

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

für seine Bediensteten ein umfassendes Angebot zur Unterstützung von Familien geschaffen hat, das teilweise sogar weitreichender ist als die Familienleistungen nach deutschem Recht.126 Dies wird bei anderen außereuropäischen Sozialordnungen zwar nicht unbedingt der Fall sein. Allerdings geht der Wechsel zwischen der deutschen und einer außereuropäischen Wirtschafts- und Sozialordnung zwangsläufig mit weitreichenden Veränderungen der familiären Lebenssituation einher.127 Aus der Konzeption des Elterngeldes lässt sich aber nicht ableiten, dass es auch das Einkommensniveau der Familie fortschreiben soll, das unter wesentlich anders gelagerten Bedingungen im Ausland erwirtschaftet wurde. Die Einbeziehung im Ausland versteuerter Einkünfte würde den Anwendungsbereich des Elterngeldes vielmehr überdehnen und darüber hinaus ein erhebliches Missbrauchspotential bergen. Wenngleich sich die Einkommensersatzfunktion aufgrund der Anknüpfung an das im Inland zu versteuernde Einkommen im Einzelfall nicht verwirklichen kann, so handelt es sich dabei zugleich um ein sachgerechtes Kriterium, sodass der Verweis auf das Mindestelterngeld in Ausnahmefällen nicht unbillig erscheint. c) Begrenzung der Einkommensersatzfunktion Die vorangegangene Untersuchung zeigt deutlich, dass die aus der Anbindung an das Steuerrecht folgende Unbeachtlichkeit steuerfreier Einkommensbestandteile unterschiedliche Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes hat. Da zwischen den einzelnen Befreiungstatbeständen strukturelle Unterschiede bestehen, steht der pauschale Ausschluss sämtlicher steuerfreier Zahlungen teilweise im Widerspruch zum Zweck des Elterngeldes. Dies gilt nicht in Bezug auf indisponible Einnahmen, die den Berechtigten für die Bestreitung des Lebensunterhalts ohnehin nicht zur Verfügung stehen. Auch die Nichtberücksichtigung im Ausland versteuerter Einkünfte ist unter Berücksichtigung der Unterschiede zwischen einer außereuropäischen und der deutschen Wirtschafts- und Sozialordnung sachgerecht. Anders liegt es dagegen bei steuerfreien Einnahmen, die Bestandteil des Arbeitslohns sind und die finanzielle Situation der Berechtigten jedenfalls mitgeprägt haben, sowie bei Lohnersatzleistungen, die in den entsprechenden Zeiträumen vollständig an die Stelle des ausfallenden Arbeitslohns treten. Aufgrund des unmittelbaren Verweises auf die steuerpflichtigen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG bleibt im Elterngeldrecht die Möglichkeit verschlossen, das elterngeldrelevante Einkommen mit Blick auf den Zweck der Leistung zu bestimmen. Unberücksichtigt bleibt daher die Frage, ob bestimmte Einkommensbestandteile kausal auf die Ausübung der Erwerbstätigkeit zurückzuführen sind und deshalb im Rahmen der Elterngeldzahlung ersatzbedürftig wären. Mangels 126 127

BSG Urt. v. 20. 5. 2014 – B 10 EG 9/13 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 28 Rn. 32. BSG Urt. v. 20. 5. 2014 – B 10 EG 2/14 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 27 Rn. 20.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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Auslegungsspielraums begrenzt die Anknüpfung an die steuerrechtliche Systematik in diesen Fällen die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes. Dieses Ergebnis entspricht jedoch dem vom Gesetzgeber im Rahmen der Einkommensermittlung verfolgten Regelungskonzept. Denn elterngeldspezifische Ausnahmen von der steuerlichen Systematik wären mit Einzelfallprüfungen und zusätzlichem Verwaltungsaufwand verbunden. Die Anknüpfung an die steuerpflichtigen Einkünfte führt somit zwar zu eindeutigen Ergebnissen, die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes wird dadurch mitunter aber verfehlt.128 2. Zeitliche Zuordnung von Einnahmen nach steuerlichen Grundsätzen Auch in zeitlicher Hinsicht richtet sich die Einkommensermittlung im Elterngeldrecht nach den steuerlichen Vorgaben. Die zeitliche Zuordnung ist im Elterngeldrecht von großer Relevanz, weil für die Leistungsberechnung nur Einnahmen berücksichtigt werden, die in den nach § 2b BEEG maßgeblichen Bemessungszeitraum oder in die Zeit des Leistungsbezuges fallen. Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen kann sich auf die Höhe des Elterngeldes erneut sowohl positiv als auch negativ auswirken: Während Einkünfte, die dem vorgeburtlichen Bemessungszeitraum zuzuordnen sind, das Elterngeld erhöhen, verringert sich der Auszahlungsbetrag, wenn die berechtigte Person während des Elterngeldbezugs berücksichtigungsfähiges Einkommen hat, da sich das Elterngeld in diesem Fall gem. § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG auf Grundlage des Unterschiedsbetrags zwischen dem Einkommen vor und nach der Geburt des Kindes errechnet. Einkünfte, die weder dem Bemessungs- noch dem Bezugszeitraum zuzuordnen sind, bleiben bei der Leistungsberechnung dagegen außen vor. a) Zuordnung verspäteter Zahlungen Problematisch ist die zeitliche Zuordnung von Einnahmen, wenn Zahlungen erst verspätet eingehen, also der Zeitpunkt der Erbringung der Arbeitsleistung und der Auszahlungszeitpunkt auseinanderfallen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der vertraglich geschuldete Arbeitslohn dem Arbeitnehmer aus Nachlässigkeit des Arbeitgebers oder aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeit nicht rechtzeitig ausgezahlt wird.129 Dann stellt sich die Frage, ob es auf den Zeitpunkt des Erarbeitens oder auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses ankommt. Für die Bemessung des Elterngeldes steht somit konkret in Frage, ob auch Einkünfte zu berücksichtigen sind, die zwar im Bemessungszeitraum erarbeitet wurden, aber dem Arbeitnehmer erst nach Ablauf des maßgeblichen Zwölfmonatszeitraums tatsächlich zugeflossen sind. 128

Ebenso Dau, jurisPR-SozR 26/2008 Anm. 4. Röhl meint, die Anknüpfung an das steuerpflichtige Einkommen führe in diesem Zusammenhang zu „einigen Härten“, NJW 2010, 1418, 1419; s. a. Gühlstorf, ZfF 2012, 49, 51. 129 Oyda, NZS 2010, 194, 196.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

Darüber hinaus ist fraglich, ob Gehaltsnachzahlungen, die bereits vor Beginn des Bemessungszeitraums erarbeitet wurden, aber erst im Bemessungszeitraum ausbezahlt werden, ebenfalls zur Bemessungsgrundlage zählen. Im Steuerrecht gilt grundsätzlich das strenge Zuflussprinzip.130 Gem. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen tatsächlich zugeflossen sind. Demnach kommt es entscheidend auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zahlungszuflusses an. Die Besteuerung erfolgt somit erst, wenn die steuerpflichtige Person die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einnahmen hat und eine Vermögensmehrung eingetreten ist.131 b) Abkehr vom modifizierten Zuflussprinzip In Bezug auf die zeitliche Zuordnung von Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit im Sinne des § 2c BEEG hatte das BSG entgegen der steuerrechtlichen Systematik zunächst eine differenzierte Rechtsprechung entwickelt. Unabhängig vom tatsächlichen Zufluss sollte der Arbeitslohn für die Elterngeldberechnung bereits in dem Zeitpunkt berücksichtigt werden, in dem er erarbeitet wurde.132 Nach diesem sogenannten modifizierten Zuflussprinzip zählte nicht nur der im Bemessungszeitraum tatsächlich zugeflossene, sondern auch der während dieser Zeit erarbeitete, aber erst nachträglich ausgezahlte Arbeitslohn zum elterngeldrelevanten Einkommen. Die Notwendigkeit der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen nach dem modifizierten Zuflussprinzip begründete das BSG im Wesentlichen mit dem Sinn und Zweck des Elterngeldes, das die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes ausgleichen soll und dazu an die wirtschaftliche Situation der berechtigten Person vor der Geburt anknüpft.133 Die Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips sei ferner zur Vermeidung von Zufallsergebnissen erforderlich, weil die elterngeldrechtliche Berücksichtigung verspäteter Zahlungen sonst davon abhinge, ob sie noch im Bemessungszeitraum ausbezahlt würden.134 Es sei jedoch unbillig, wenn sich Versäumnisse des Arbeitgebers zulasten der Elterngeldberechtigten auswirken würden.135 Auch der Wortlaut der vormals einschlägigen Regelung in § 2 130

Zum Zuflussprinzip s. Offerhaus, StuW 2006, 317 ff.; Wendt, DStR 2018, 2071 ff. Blümich/Martini EStG § 11 Rn. 20 mit Verweis auf die st. Rspr. seit RFH Urt. v. 13. 11. 1928 – VI A 155/28, RFHE 24, 272; jüngst BFH Urt. v. 16. 9. 2015 – I R 61/13, BFH/NV 16, 401. 132 BSG Urt. v. 30. 9. 2010 – B 10 EG 19/09 R, BSGE 107, 18; bestätigt durch Urt. v. 18. 11. 2011 – B 10 EG 5/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 11. 133 BSG Urt. v. 30. 9. 2012 – B 10 EG 19/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 6 Rn. 33 ff.; vgl. auch Roos/Bieresborn/Jaritz/Grösslein-Weiß BEEG § 2 n. F. Rn. 60; Spiolek, jurisPR-SozR 2/2013 Anm. 6. 134 BSG Urt. v. 30. 9. 2010 – B 10 EG 19/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 6 Rn. 35; krit. auch Dau, jurisPR-SozR 12/2011 Anm. 6. 135 BSG Urt. v. 30. 9. 2010 – B 10 EG 19/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 6 Rn. 35; s. bereits Oyda, NZS 2010, 194, 196. 131

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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Abs. 1 S. 2 BEEG a. F.136 stand der Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips nicht entgegen, da es danach auf das durchschnittlich erzielte Einkommen ankommen sollte. Schließlich wird auch bei der Berechnung anderer Einkommensersatzleistungen, die begrifflich an das Erzielen von Einkommen anknüpfen, das modifizierte Zuflussprinzip angewendet.137 Dieser elterngeldspezifischen Zuordnung verspäteter Zahlungen ist der Gesetzgeber im Jahr 2012 jedoch entschieden entgegengetreten. Durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs138 wurde § 2 BEEG neu gefasst und der Wortlaut noch enger an das Steuerrecht angebunden.139 Seither kommt es gem. § 2 Abs. 1 S. 3 EStG nicht mehr auf das Einkommen an, das die berechtigte Person „erzielt“, sondern das sie „hat“.140 In den Gesetzesmaterialien wird auf die BSGEntscheidung vom 30. 9. 2010 (B 10 EG 19/09 R), in der die Geltung des modifizierten Zuflussprinzips bei Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit erstmals höchstrichterlich anerkannt wurde, ausdrücklich Bezug genommen und klargestellt, dass die Einkommensermittlung im Elterngeldrecht auch in zeitlicher Hinsicht nach steuerrechtlichen Grundsätzen vorzunehmen ist.141 Als Reaktion auf die Gesetzesänderung hat das BSG mit Urteil vom 27. 6. 2019 seine Rechtsprechung zum modifizierten Zuflussprinzip aufgegeben und entschieden, dass die zeitliche Zuordnung bei Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit nunmehr allein nach dem strengen Zuflussprinzip vorzunehmen sei.142 Nach Ansicht des erkennenden Senats habe die Änderung durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das modifizierte Zuflussprinzip im Elterngeldrecht keine Anwendung mehr finden könne.143 136

In der Fassung v. 1. 1. 2007, BGBl. I (2006), S. 2748, 2749. Zur Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips bei der Krankengeldberechnung s. BSG Urt. v. 16. 2. 2005 – B 1 KR 19/03 R, SozR 4 – 2500 § 47 Nr. 2; BSG Urt. v. 30. 5. 2006 – B 1 KR 19/05 R, BSGE 96, 246; umfassend zur zeitlichen Zuordnung von Einnahmen in der Sozialversicherung s. Dickhöfer, Zufluss- und Entstehungsprinzip (2011). Zur Berechnung des Arbeitslosengeldes enthält § 151 Abs. 1 S. 2 SGB III sogar eine ausdrückliche Regelung, wonach Arbeitsentgelte, auf die die berechtigte Person beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, als erzielt gelten, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind. 138 Gesetz v. 10. 9. 2012, BGBl. I, S. 1878. 139 Dau, jurisPR-SozR 20/2012 Anm. 1. 140 § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG a. F. in der vor dem 18. 9. 2012 geltenden Fassung lautete: „Elterngeld wird […] für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt“; § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG n. F. in der seit dem 18. 9. 2012 geltenden Fassung lautet: „Es wird […] für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.“ 141 BT-Drs. 17/9841, S. 18. 142 BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 1/18 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 33. 143 BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 1/18 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 33 Rn. 23; ebenso bereits SG Nordhausen Urt. v. 1. 9. 2015 – S 3 EG 870/15, juris Rn. 40. 137

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

c) Lohnsteuerrechtliche Ausnahmen – Missverständnis des BSG Die vom BSG propagierte ausnahmslose Zuordnung von Gehaltsnachzahlungen nach dem strengen Zuflussprinzip entspricht allerdings nicht der steuerrechtlichen Systematik, die nach dem Willen des Gesetzgebers der Maßstab für die Ermittlung des elterngeldrelevanten Einkommens sein soll. Bereits in der Begründung zum Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs im Jahr 2012 hatte der Gesetzgeber auf diese „bereichsspezifischen Besonderheiten wie etwa im Lohnsteuerrecht“ hingewiesen.144 Für die Berechnung der Lohnsteuer sind Nachzahlungen von laufendem Arbeitslohn nämlich abweichend vom strengen Zuflussprinzip den Lohnzahlungszeiträumen zuzuordnen, für die sie geleistet werden. Steuerrechtlich kommt es bei Gehaltsnachzahlungen von laufendem Arbeitslohn somit nicht auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, sondern auf den Zeitpunkt des Erarbeitens an. Dies ergibt sich bereits eindeutig aus den Richtlinien zum Lohnsteuerabzug (R 39b.5 Abs. 4 S. 1). Normativ ist die Ausnahme vom strengen Zuflussprinzip auf die Regelung in § 38 Abs. 1 S. 2 EStG zurückzuführen.145 Die Vorschrift fingiert, dass laufender Arbeitslohn in dem Kalenderjahr als bezogen gilt, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Dadurch soll dem Arbeitgeber bei Lohnzahlungen für kalenderübergreifende Zeiträume die Lohnabrechnung erleichtert werden, weil der Arbeitslohn nicht auf verschiedene Veranlagungszeiträume aufgeteilt werden muss.146 Die Fiktion nach § 38a Abs. 1 S. 2 EStG gilt aber nur bei laufendem Arbeitslohn.147 Bei sonstigen Bezügen bleibt es gem. § 38 Abs. 1 S. 3 EStG dabei, dass sie dem Kalenderjahr zugeordnet werden, in dem sie dem Arbeitnehmer tatsächlich zugeflossen sind. Dabei werden Gehaltsnachzahlungen grundsätzlich als laufender Arbeitslohn versteuert. Nur wenn die Nachzahlung sich auf das abgelaufene Kalenderjahr bezieht und nicht innerhalb der ersten drei Wochen im Januar des Folgejahres ausbezahlt wird, handelt es sich lohnsteuerrechtlich um einen sonstigen Bezug.148 So stellt etwa eine Nachzahlung für Oktober 2020, die dem Arbeitnehmer Anfang Januar 2021 ausbezahlt wird, laufenden Arbeitslohn dar; erfolgt die Auszahlung erst im Februar 2021, liegt dagegen ein sonstiger Bezug vor. Obwohl sich das BSG dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Gleichlauf zwischen Steuer- und Elterngeldrecht seit Jahren unterordnet, hat es die lohnsteuerrechtliche Ausnahme vom strengen Zuflussprinzip in seiner Entscheidung vom 27. 6. 2019, in der es seine Rechtsprechung zum modifizierten Zuflussprinzip aufgegeben hat, im

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BT-Drs. 17/9841, S. 18. Vgl. Blümich/Thürmer EStG § 38a Rn. 26. 146 Herrmann/Heuer/Raupach/Tillmann EStG § 38a Rn. 16, 18; Korn/Feldgen EStG § 38a Rn. 22; vgl. auch BFH Urt. v. 1. 3. 2012 – VI R 4/11, BFHE 237, 59, 62. 147 Blümich/Thürmer EStG § 38a Rn. 26. 148 LStR 39b.2 Abs. 2 S. 2 Nr. 8. Zur Frage der Rechtsnormwirkung von Lohnsteuerrichtlinien bei der Abgrenzung von laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezüge s. sogleich unter 3. b) bb) (2). 145

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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Rahmen der Elterngeldberechnung für unbeachtlich erklärt.149 Wenig überzeugend begründet der erkennende Senat die Abkehr von der steuerlichen Systematik damit, dass die Anwendung der lohnsteuerlichen Vorgaben normativ keinen hinreichenden Niederschlag gefunden habe.150 Nachvollziehbarerweise weist er aber auch darauf hin, dass unter Beachtung der bereichsspezifischen Ausnahmen im Lohnsteuerrecht de facto die Geltung des modifizierten Zuflussprinzips wiederhergestellt wäre, was einer „Zweckverfehlung“ Vorschub leisten würde.151 d) Korrektur des Gesetzgebers Die vom BSG beanstandete, normative Lücke im steuerrechtsakzessorischen Regelungskonzept hat der Gesetzgeber durch eine weitere Gesetzesänderung im Jahr 2020 geschlossen, indem § 2c Abs. 1 BEEG um einen dritten Satz ergänzt wurde.152 Dieser regelt nun ausdrücklich, dass die zeitliche Zuordnung von Einnahmen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren zu erfolgen hat. In der Gesetzesbegründung nimmt der Gesetzgeber abermals explizit Bezug auf die BSG-Rechtsprechung und erklärt, dass diese „Klarstellung“ aufgrund des Urteils vom 27. 6. 2019 (B 10 EG 1/18 R) erforderlich sei.153 Die Notwendigkeit einer korrigierenden Klarstellung hat sich der Gesetzgeber indes selbst zuzuschreiben. Im Zuge der Änderung des § 2 Abs. 1 BEEG durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs im Jahr 2012 wollte der Gesetzgeber die Auswirkungen der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen nach steuerlichen Grundsätzen in der Gesetzesbegründung durch ein Anwendungsbeispiel veranschaulichen. Darin heißt es, dass die zeitliche Zuordnung nach den Regeln des Steuerrechts dazu führen könne, „dass in der Bezugszeit zufließendes Einkommen, das durch eine Erwerbstätigkeit in der Bemessungszeit erwirtschaftet wurde, als Einkommen während der Bezugszeit elterngeldmindernd zu berücksichtigen ist“.154 Dieses Ergebnis ist bei Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit unter Beachtung der bereichsspezifischen Besonderheiten im Lohnsteuerrecht jedoch unzutreffend. Nachzahlungen, die im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum erarbeitet wurden und in der nachgeburtlichen Bezugszeit ausbezahlt werden, sind den Lohnzahlungszeiträumen zuzurechnen, für die sie geleistet werden, wenn sie als laufender Arbeitslohn versteuert wurden. In diesem Fall würde sich der Zufluss nach 149

Vgl. BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 1/18 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 33 Rn. 30. BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 1/18 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 33 Rn. 30; s. hierzu auch Brehm, NZS 2019, 947, 948. 151 BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 1/18 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 33 Rn. 30. 152 Art. 1 des Gesetzes für Maßnahmen im Elterngeld aus Anlass der COVID-19-Pandemie v. 20. 5. 2020 (BGBl. I, S. 1061). 153 BT-Drs. 19/18698, S. 5, 8. 154 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht zum Gesetzentwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, BT-Drs. 17/9841, S. 18. 150

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

der Geburt des Kindes somit nicht elterngeldmindernd auswirken. Auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses kommt es im Lohnsteuerrecht bei Nachzahlungen nur an, wenn sie als sonstiger Bezug versteuert wurden. Da Nachzahlungen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandeln sind, gem. § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG für die Elterngeldberechnung aber unbeachtlich sind, würde dies ebenfalls nicht dazu führen, dass die im Bezugszeitraum zugeflossene Nachzahlung elterngeldmindernd zu berücksichtigen wäre.155 Die im Anschauungsbeispiel beschriebene Konstellation trifft elterngeldrechtlich einzig auf die Zuordnung von Einnahmen aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2d BEEG zu, die entsprechend dem strengen Zuflussprinzip stets im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses berücksichtigt werden.156 Dies hat der Gesetzgeber allerdings nicht deutlich gemacht: Das Anschauungsbeispiel steht in der Gesetzesbegründung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem allein bei Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2c BEEG diskutierten modifizierten Zuflussprinzip. Daher liegt die Vermutung nahe, dass der Gesetzgeber die Auswirkungen der Anwendungen der steuerlichen Grundsätze über die zeitliche Zuordnung von Einnahmen im Elterngeldrecht jedenfalls zu diesem Zeitpunkt selbst nicht überblickt hat. Insofern ist auch nachvollziehbar, dass die Rechtsprechung das Anschauungsbeispiel als wesentliches Argument gegen die Geltung der lohnsteuerlichen Besonderheiten angeführt hat.157 Die über Jahre andauernde Konfusion um die zeitliche Zuordnung von Einnahmen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit zeigt deutlich, welche Abstimmungsschwierigkeiten sich aus der Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht ergeben.158 Gleichwohl steht seit der Normierung der Zuordnungsregelung in § 2c Abs. 1 S. 3 BEEG eindeutig fest, dass sich die Zuordnung von Nachzahlungen bei Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit allein nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren richtet.159 Denn nur durch den Gleichlauf zum Lohnsteuerabzugsverfahren kann im Elterngeldverfahren unmittelbar auf die Angaben in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen als gesetzlich vorgesehene Nachweisdokumente zurückgegriffen werden.160 155

Zum Ausschluss sonstiger Bezüge nach § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG s. sogleich unter 3. b). Zur zeitlichen Zuordnung von Einnahmen aus selbständiger Erwerbstätigkeit s. a. später unter II. 2. a) aa). 157 Vgl. BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 1/18 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 33 Rn. 31; s. a. SG Nordhausen Urt. v. 1. 9. 2015 – S 3 EG 870/15, juris Rn. 40. 158 Krit. auch Dau, jurisPR-SozR 2/2020 Anm. 6. 159 LSG Thüringen Urt. v. 15. 6. 2017 – L 2 EG 1402/15, juris; BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2 Rn. 9.1; Roos/Bieresborn/Grösslein-Weiß BEEG § 2c Rn. 7; Dau, jurisPR-SozR 12/2020 Anm. 1. Auch in den Richtlinien zum Elterngeld wurde die Anwendung der lohnsteuerlichen Vorgaben bei Nachzahlungen schon vor Einführung des § 2c Abs. 1 S. 3 BEEG vorgeschrieben, s. BMFSFJ/211 BEEG-RL (09/2018) 2.1.3.1.4.1.2. Dies entspricht der Weisungslage in der aktuellen Richtlinie, s. BMFSFJ/211 BEEG-RL (06/2020) 2.1.3.1.4. und 2c.1.3. 160 BT-Drs. 19/18698, S. 8; bereits zum Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs BT-Drs. 17/9841, S. 18. 156

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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Das bedeutet, dass Nachzahlungen, die im Bemessungszeitraum erarbeitet und als laufender Arbeitslohn versteuert wurden, für die Elterngeldberechnung berücksichtigt werden, auch wenn sie erst nach Ablauf des Bemessungszeitraums ausgezahlt werden. Insofern entspricht die Anwendung der lohnsteuerlichen Vorgaben der Geltung des modifizierten Zuflussprinzips.161 Dies trägt auch der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes Rechnung, da diejenigen Einnahmen berücksichtigt werden, die infolge der Erwerbsaufgabe ausfallen werden, ohne dass es auf den vom Arbeitnehmer regelmäßig nicht zu beeinflussenden Auszahlungszeitpunkt der Nachzahlung ankommt. Dies gilt allerdings nicht für Nachzahlungen für das vorangegangene Kalenderjahr, die nicht innerhalb der ersten drei Wochen im Januar des Folgejahres ausgezahlt wurden. Solche Nachzahlungen sind im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandeln und bleiben bei der Elterngeldberechnung gem. § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG unberücksichtigt. Welche Folgen sich daraus für die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes ergeben, wird im nachfolgenden Abschnitt untersucht. 3. Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen Eine weitere Folge der Anbindung der Einkommensermittlungsvorschriften an das Steuerrecht ist die Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen. Die Abgrenzung von laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen wird im Elterngeldrecht relevant, weil sonstige Bezüge gem. § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG im Rahmen der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben. Die steuerrechtliche Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen und der Ausschluss Letzterer von der Elterngeldberechnung ist eins der zentralen Probleme, die sich im Zusammenhang mit der Ausrichtung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs am Steuerrecht stellen. Bevor die Rechtsprobleme, die sich aus der Unbeachtlichkeitsanordnung in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG ergeben, erörtert (b)) und die Reichweite des Ausschlusses (c)) untersucht werden, wird zunächst der Grund der Differenzierung im Steuerrecht erläutert (a)). a) Grund der Differenzierung im Lohnsteuerabzugsverfahren Im Steuerrecht ist bei Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit für die Berechnung der einzubehaltenden Lohnsteuer zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen zu unterscheiden. Eine Definition der Begriffe des laufenden Arbeitslohns oder der sonstigen Bezüge findet sich im EStG allerdings nicht.162 § 38a Abs. 1 S. 3 EStG enthält lediglich eine Negativabgrenzung, wonach es sich bei 161 Vgl. Dau, jurisPR-SozR 12/2020 Anm. 1; vgl. auch BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 1/ 18 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 33 Rn. 30. 162 S. a. Herrmann/Heuer/Raupach/Tillmann EStG § 38a Rn. 17, 21; § 39b Rn. 19.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

sonstigen Bezügen um den Arbeitslohn handelt, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. In der Literatur und der finanzgerichtlichen Rechtsprechung wird der Abgrenzung von laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen ein zeitraumbezogenes Verständnis zugrunde gelegt. Demnach handelt es sich um laufenden Arbeitslohn, wenn die Zahlung regelmäßig wiederkehrend erfolgt, wohingegen sonstige Bezüge gerade nicht regelmäßig gezahlt werden.163 Entsprechend werden die Begriffe in den Lohnsteuerrichtlinien (LStR) in Form von Verwaltungsanweisungen konkretisiert. Laufender Arbeitslohn wird in LStR 39b.2 Abs. 1 als der Arbeitslohn definiert, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt, wie zum Beispiel Monatsgehälter (Nr. 1), Wochen- und Tagelöhne (Nr. 2) oder Zuschläge und Zulagen (Nr. 4). Bei sonstigen Bezügen handelt es sich gem. LStR 39b.2 Abs. 2 S. 1 dagegen um den Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Nach der nicht abschließenden Aufzählung in Satz 2 gehören dazu neben einmaligen Abfindungen und Entschädigungen (Nr. 2), Jubiläumszuwendungen (Nr. 4) sowie Urlaubsgeldern (Nr. 5) und Weihnachtszuwendungen (Nr. 7) auch die als „Zahlungen innerhalb eines Kalenderjahres als viertel- oder halbjährliche Teilbeiträge“ beschriebenen Umsatzbeteiligungen oder Provisionen (Nr. 10). Bei der steuerrechtlichen Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen geht es nicht um die Frage, ob überhaupt lohnsteuerpflichtiges Einkommen vorliegt.164 Gem. § 19 Abs. 1 S. 2 EStG handelt es sich sowohl bei laufendem Arbeitslohn als auch bei sonstigen Bezügen um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG steuerpflichtig sind. Das Steuerrecht knüpft an die Einordnung von Entgeltbestandteilen als laufender Arbeitslohn oder sonstiger Bezug aber ein unterschiedliches Verfahren zum Lohnsteuerabzug: Gem. § 38a Abs. 1 S. 1 EStG ist die Lohnsteuer als Jahreslohnsteuer zu entrichten. Das bedeutet, dass die Bemessungsgrundlage der Lohnsteuer der Arbeitslohn ist, den der Arbeitnehmer innerhalb des gesamten Kalenderjahres bezogen hat.165 Da Löhne und Gehälter üblicherweise monatlich gezahlt werden, erfolgt auch der vom Arbeitgeber vorzunehmende Lohnsteuerabzug im Monatsrhythmus. Um das Jahreslohnsteuerergebnis möglichst genau zu treffen, sollte der monatliche Lohnsteuerabzug einem Zwölftel der Jahreslohnsteuer entsprechen. Die Ermittlung der Lohnsteuer für laufenden Arbeitslohn nach § 39b Abs. 2 EStG beruht auf der Annahme, dass dem Arbeitnehmer im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum ein gleichbleibender Bruchteil des Jahresarbeitslohns zugeflossen ist.166 163 Blümich/Thürmer EStG § 38a Rn. 28; Herrmann/Heuer/Raupach/Tillmann EStG § 38a Rn. 17; BFH Urt. v. 30. 7. 2009 – VI R 29/06, BFHE 226, 219, 221; BFH Urt. v. 24. 8. 2017 – VI R 58/15, BFHE 259, 321, 324. 164 Vgl. BSG Urt. v. 3. 9. 2012 – B 10 EG 3/09 R; BSGE 105, 84, 91; BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198, 203 f. 165 S. a. Blümich/Thürmer EStG § 38a Rn. 21 ff. 166 Blümich/Thürmer EStG § 39b Rn. 81.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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Auf sonstige Bezüge, die nur unregelmäßig gezahlt werden, trifft dies dagegen nicht zu.167 Würden sonstige Bezüge beim Lohnsteuerabzugsverfahren zum laufenden Arbeitslohn hinzugerechnet, käme es aufgrund des progressiven Steuertarifs in dem entsprechenden Monat zu einem überhöhten Lohnsteuerabzug. Um im Sinne der Steuerpflichtigen einen progressionsgerechten Lohnsteuerabzug zu erreichen, wird die Lohnsteuer bei sonstigen Bezügen nach einem anderen Berechnungsverfahren ermittelt. Gem. § 39b Abs. 3 S. 4 EStG muss der Arbeitgeber zunächst den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ohne den sonstigen Bezug feststellen und die entsprechende Lohnsteuer ermitteln. Sodann ist gem. § 39b Abs. 1 S. 5 EStG die Lohnsteuer für den maßgeblichen Jahresarbeitslohn unter Einbeziehung des sonstigen Bezuges zu berechnen. Die Lohnsteuer, die vom sonstigen Bezug einzubehalten ist, ergibt sich gem. § 39b Abs. 3 S. 8 EStG aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den so ermittelten Lohnsteuerbeträgen. Sollten einzelne Entgeltbestandteile im Lohnsteuerabzugsverfahren fehlerhaft eingeordnet worden sein, kann die Differenz durch eine Steuererklärung im Rahmen der Steuerveranlagung ausgeglichen werden, sodass sich für die Steuerpflichtigen daraus keine Nachteile ergeben.168 Neben den verfahrenstechnischen Unterschieden beim Abzug der Lohnsteuer ist die Differenzierung – wie bereits erläutert – auch für die zeitliche Zuordnung von Entgeltbestandteilen zu einem bestimmten Veranlagungszeitraum relevant.169 Gem. § 38a Abs. 1 S. 3 EStG kommt es nur bei sonstigen Bezügen dem strengen Zuflussprinzip entsprechend auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses an. Für die Zuordnung von laufendem Arbeitslohn ordnet § 38 Abs. 1 S. 2 EStG eine Ausnahme an, wonach dieser bereits in dem Kalenderjahr als bezogen gilt, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Auch in zeitlicher Hinsicht entscheidet die Qualifikation als laufender Arbeitslohn oder als sonstiger Bezug somit nur über die Zuordnung zu einem Veranlagungszeitraum, nicht jedoch darüber, ob überhaupt steuerbares Einkommen vorliegt. b) Ausschluss sonstiger Bezüge gem. § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG Anders als im Steuerrecht ist die Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen im Elterngeldrecht nicht bloß technisch-formaler, sondern materiell-rechtlicher Natur.170 Denn für die Elterngeldberechnung bleiben gem. § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind, unberück167

Vgl. Kirchhof/Seer/Eisgruber EStG § 39b Rn. 11. BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198, 203 f.; s. a. von KoppenfelsSpies, NZS 2017, 641, 644. Neben der Funktion im Lohnsteuerabzugsverfahren kann die Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen gem. § 38a Abs. 1 EStG auch für die zeitliche Zuordnung von Entgeltbestandteilen zu einem bestimmten Veranlagungszeitraum relevant werden, s. hierzu oben unter I. 2. 169 S. o. I. 2. c). 170 Vgl. Greiner, VSSR 2018, 251, 274. 168

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

sichtigt. Das bedeutet, dass das Elterngeld von Beschäftigten, deren Einkommen sich aus laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen zusammensetzt, entgegen dem nach § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG vorgesehenen Berechnungsmodus nicht auf Grundlage des zuletzt vorhandenen Durchschnittseinkommens ermittelt wird, sondern unter Umständen erheblich niedriger ausfällt. Zwar bleiben sonstige Bezüge während des Elterngeldbezugs ebenfalls unberücksichtigt, sodass sich der Ausschluss nach § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG grundsätzlich auch positiv auswirken kann. Da aber nur ein Bruchteil der Elterngeldbeziehenden nach der Geburt des Kindes überhaupt Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, hat der Ausschluss sonstiger Bezüge für die Elterngeldberechtigten überwiegend negative Konsequenzen.171 Dem Ausschluss sonstiger Bezüge liegt die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, dass einmalige Einnahmen die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit prägen wie regelmäßiges Erwerbseinkommen.172 Wie noch zu zeigen sein wird, zählen zu den sonstigen Bezügen aber nicht nur einmalige Einnahmen, sondern auch Einkommensbestandteile, die regelmäßig wiederkehrend gezahlt werden und somit auch die Einkommensverhältnisse beeinflusst haben. Der Ausschluss sonstiger Bezüge kann die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes daher erheblich beschränken. Bevor näher betrachtet wird, welche Einkommensbestandteile vom Ausschluss nach § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG erfasst werden und welche Folgen sich daraus im Einzelnen für die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes ergeben, werden zunächst die Gesetzesentwicklung des Ausschlusstatbestandes erläutert (aa)) und die Rechtsprobleme erörtert, die sich im Zusammenhang mit der geltenden Ausschlussregelung stellen (bb)). Zudem wird überprüft, ob der Ausschluss sonstiger Bezüge auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten hinzunehmen ist, oder ob der Gesetzgeber damit seinen Gestaltungsspielraum überschritten hat (cc)). aa) Gesetzesentwicklung unter dem Einfluss der BSG-Rechtsprechung zur Berücksichtigungsfähigkeit von Provisionen In der Praxis hat sich die elterngeldrechtliche Behandlung von Provisionszahlungen als besonders konfliktträchtig herausgestellt.173 Die Rechtsprechung des BSG zur Berücksichtigungsfähigkeit von Provisionen hat darum großen Einfluss auf die Entwicklung des in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG normierten Ausschlusstatbestandes genommen. 171 Vgl. auch Gräf, SGb 2018, 577, 581. Im Jahr 2020 haben nur rund 6,5 % der Berechtigten, die vor der Geburt Erwerbseinkommen hatten, auch im Bezugszeitraum elterngeldrelevantes Einkommen erzielt, s. Destatis, Elterngeldstatistik 2020, S. 17 Tab. 10, abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Elterngeld/Publikationen/ Downloads-Elterngeld/elterngeld-leistungsbezuege-j-5229210207004.pdf?__blob=publication File (1. 9. 2021). 172 BT-Drs. 16/1889, S. 21. 173 S. a. BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2c Rn. 5.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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(1) Ausgangslage Bereits im Gesetzentwurf zur Einführung des Elterngeldes war vorgesehen, dass einmalige Einnahmen im Rahmen der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben sollen.174 Zur Begründung wurde angeführt, dass einmalige Einnahmen, wie zum Beispiel Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Prämien und Erfolgsbeteiligungen, die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit prägen wie regelmäßiges Erwerbseinkommen.175 Als weiteres Argument wurde vorgebracht, dass es bei der Berücksichtigung einmaliger Einnahmen insbesondere bei Bezugszeiträumen von unter einem Jahr vom Zufall abhänge, ob diese nach der Geburt des Kindes das monatliche Elterngeld reduzierten.176 In seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf des BEEG wies der Bundesrat darauf hin, dass zahlreiche einmalige Leistungen in der Praxis monatlich umgelegt würden.177 Um Abgrenzungsprobleme und Ungerechtigkeiten bei der Einordnung des elterngeldrelevanten Einkommens zu vermeiden, forderte er deshalb, einmalige Einnahmen im Rahmen der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen.178 Die Bundesregierung wies diesen Vorschlag mit dem Argument zurück, dass es sonst zu einem Auseinanderfallen mit den Regelungen über die Berechnung des Mutterschaftsgeldes kommen würde, da dort einmalig gezahltes Arbeitsentgelt gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1 MuSchG ebenfalls unberücksichtigt bleibe.179 Darüber hinaus wurde befürchtet, dass durch die Berücksichtigung einmaliger Einnahmen für den Bund Mehrausgaben in Höhe von rund 100 Mio. Euro jährlich entstehen würden.180 Im Zuge der Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an das Steuerrecht wurde der an die Regelung in § 23a SGB IVangelehnte, sozialrechtliche Begriff der „einmaligen Einnahmen“ durch den steuerrechtlichen Terminus der „sonstigen Bezüge“ ersetzt. Gem. § 2 Abs. 7 S. 2 BEEG a. F.181 sollten „sonstige Bezüge im Sinne von § 38a Abs. 1 S. 3 EStG“ für die Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben. Der Gesetzgeber hat dieser vermeintlich bloß sprachlichen Anpassung im Gesetzgebungsverfahren keine weitere Beachtung geschenkt und meinte, dass der Ausschluss sonstiger Bezüge mit der Regelung zu den einmaligen Einnahmen im ursprünglichen Entwurf vergleichbar sei.182 In der Rückschau wird deutlich, dass der Austausch des Begriffs der einmaligen Einnahmen durch den 174

§ 2 Abs. 7 S. 3 BEEG in der Fassung der BT-Drs. 16/1889, S. 5. BT-Drs. 16/1889, S. 21. 176 BT-Drs. 16/1889, S. 21; krit. Dau, jurisPR-SozR 21/2009 Anm. 5. 177 BR-Drs. 426/06 (B), S. 2. 178 BR-Drs. 426/06 (B), S. 2. Die Forderung geht zurück auf eine Empfehlung des federführenden Ausschusses für Familie und Senioren sowie des Ausschusses für Frauen und Jugend, BR-Drs 426/1/06, S. 2, Ziff. 2. 179 BT-Drs. 16/2545, S. 11. 180 BT-Drs. 16/2454, S. 11; s. hierzu auch Winkel, SozSich 2007, 36. 181 In der Fassung v. 5. 12. 2006 (BGBl. I, S. 2748). 182 Vgl. BT-Drs. 16/2785, S. 37. 175

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

steuerrechtlichen Begriff der sonstigen Bezüge der maßgebliche Grund für die folgende Kontroverse zwischen Gesetzgeber und Rechtsprechung war.183 (2) BSG 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R In einem Urteil vom 3. 12. 2009 befasste sich das BSG erstmals mit der elterngeldrechtlichen Behandlung sonstiger Bezüge.184 Streitig war die Berücksichtigung von Umsatzprovisionen, die dem elterngeldberechtigten Vater zu sechs festgelegten Zeitpunkten im Jahr gezahlt wurden. Entsprechend den lohnsteuerlichen Vorgaben wurden diese Zahlungen in den Gehaltsbescheinigungen durch den Arbeitgeber als sonstige Bezüge ausgewiesen und deshalb von der Elterngeldstelle bei der Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigt. Der zehnte Senat des BSG hingegen entschied, dass Umsatzbeteiligungen, die einem Arbeitnehmer neben dem monatlichen Grundgehalt regelmäßig, mehrmals im Jahr gezahlt werden, keine sonstigen Bezüge im Sinne des § 38a Abs. 1 S. 3 EStG darstellten und deshalb für das Elterngeld berücksichtigt werden müssten.185 Die gegenteiligen Gehaltsbescheinigungen seien lediglich Grundlage, nicht aber alleinige Erkenntnisquelle der Einkommensermittlung.186 Verwaltung und Sozialgerichte müssten die Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen daher im Wege der Amtsermittlung eigenständig vornehmen.187 Da das BEEG in § 2 Abs. 7 S. 2 BEEG a. F.188 nur auf den Begriff der sonstigen Bezüge in § 38a Abs. 1 S. 3 EStG und nicht auf die Besonderheiten des Lohnsteuerabzugsverfahrens verweise, sei der Auslegung ein rein zeitraumbezogenes Verständnis zugrunde zu legen.189 Schließlich gehe auch aus der Gesetzesbegründung deutlich hervor, dass für die Berechnung des Elterngeldes nur einmalig gezahlte Sondervergütungen unbeachtlich bleiben sollten.190 Somit müssten Lohnbestandteile, die bereits zweimal im

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Ebenso Alt, ZFSH SGB 2018, 691; Dau bezeichnet die Entwicklung zwischen Gesetzgeber und BSG als „Dialog“, s. jurisPR-SozR 12/2015 Anm. 1. 184 BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84. 185 BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84, 86 f.; ebenso bereits LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 20. 1. 2009 – L 12 EG 7/08, juris; krit. Alt, ZFSH/SGB 2018, 691, 692. 186 BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84, 87; zust. Dau, jurisPR-SozR 21/2009 Anm. 5. 187 BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84, 87. Dau meint, dass „das Gesetz die Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen erleichtern, nicht ersparen“ wolle, s. jurisPR-SozR 21/2009 Anm. 5. 188 In der Fassung v. 5. 12. 2006 (BGBl. I, S. 2748). 189 BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84, 90 f.; s. a. Schmidt, ZFSH/SGB 2018, 308, 311. 190 BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84, 91 f.; vgl. BT-Drs. 16/2785, S. 37; Dau, jurisPR-SozR 21/2009 Anm. 5.

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maßgeblichen Bemessungszeitraum gezahlt wurden, im Rahmen der Elterngeldberechnung berücksichtigt werden.191 Diese elterngeldspezifische Auslegung hielt das BSG insbesondere im Hinblick auf die unterschiedlichen Zwecke der Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen im Steuerrecht einerseits und Elterngeldrecht andererseits für gerechtfertigt.192 Während die Einordnung als sonstiger Bezug oder laufender Arbeitslohn im Elterngeldrecht darüber entscheide, ob Einkommensbestandteile überhaupt in die Bemessungsgrundlage einfließen, gehe es im Steuerrecht um eine rein zeitliche Zuordnung von Einnahmen zu einem Kalenderjahr.193 (3) Gesetzesänderungen 2011 und 2012 Die Haushaltskonsolidierung durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011194 nahm der Gesetzgeber zum Anlass, die Regelung zum Ausschluss sonstiger Bezüge nachzubessern. § 2 Abs. 7 S. 2 BEEG a. F.195 wurde zum 1. 1. 2011 wie folgt neu gefasst: „Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte […] Einnahmen werden nicht berücksichtigt.“ Der Gesetzgeber nahm auf das BSG-Urteil vom 3. 12. 2009 ausdrücklich Bezug und stellte klar, dass Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38a Abs. 1 S. 3 EStG und § 39b EStG als sonstige Bezüge behandelt wurden, bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtig werden sollen, da anders die verwaltungspraktikable Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen nicht sichergestellt werden könne.196 Nur ein Jahr später nahm der Gesetzgeber die Neustrukturierung der Einkommensermittlungsvorschriften im BEEG durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs197 zum Anlass, den Ausschluss sonstiger Bezüge noch einmal nachzujustieren. Die bisherige Ausschlussregelung wurde in redaktionell überarbeiteter Form in dem zum 18. 9. 2012 neu eingeführten § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG wie folgt übernommen: „Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden.“ Die zuvor in § 2 Abs. 7 S. 4 BEEG a. F.198 verortete Regelung, wonach die Einkommensermittlung auf Grundlage der Lohn- und Gehaltsbescheinigung des Arbeitgebers zu erfolgen hat, wurde in § 2c Abs. 2 BEEG überführt. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte 191

BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84, 87 f. BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84, 89 ff.; s. a. Bergmann, ZAT 2018, 14, 15. 193 BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84, 90 f. 194 HBeglG 2011 v. 9. 12. 2010 (BGBl. I, S. 1885). 195 In der Fassung v. 5. 12. 2006 (BGBl. I, S. 2748). 196 BT-Drs. 17/3030, S. 48. 197 Gesetz v. 10. 9. 2012 (BGBl. I, S. 1878). 198 In der Fassung v. 5. 12. 2006 (BGBl. I, S. 2748). 192

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

den Angaben des Arbeitgebers eine Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung zukommen.199 (4) BSG 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R In einer Entscheidung vom 26. 3. 2014 bestätigte das BSG seine Rechtsprechung zur elterngeldrechtlichen Behandlung sonstiger Bezüge und entschied, dass Provisionen auch nach der Änderung durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt werden müssten, wenn sie neben dem monatlichen Grundgehalt regelmäßig gezahlt werden.200 Streitig war im zugrundeliegenden Fall die Berücksichtigung von monatlich gezahlten Umsatzbeteiligungen von durchschnittlich rund 2.700 Euro brutto, die die elterngeldberechtigte Mutter, eine im Aussendienst beschäftigte Vertriebsbeauftragte, zu ihrem monatlichen Grundgehalt von 3.000 Euro brutto erhielt. Da die Umsatzbeteiligungen vom Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt wurden, blieben sie von der Elterngeldstelle im Rahmen der Elterngeldberechnung unberücksichtigt. Statt des Elterngeldhöchstbetrags betrug das ausgezahlte Elterngeld daher monatlich nur rund 1.500 Euro. Das BSG hielt an seiner Rechtsprechung fest und entschied, dass der Ausschluss von Einnahmen für die Elterngeldberechnung nur möglich sei, soweit die steuerrechtlich motivierte Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen auch mit Blick auf die Zielsetzung des Elterngeldes gerechtfertigt werden könne.201 Bei regelmäßig gezahlten Provisionen sei dies, anders als bei einmalig oder ausnahmsweise gewährten Zahlungen wie Abfindungen oder Gratifikationen, aber nicht der Fall.202 Maßgebliches Abgrenzungskriterium für die Behandlung von Einnahmen als laufender Arbeitslohn bzw. sonstiger Bezug sei allein die Regelmäßigkeit der Zahlung.203 Auf die faktische Behandlung durch den Arbeitgeber könne es nicht ankommen, sodass die Elterngeldstellen und Sozialgerichte unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Elterngeldes entscheiden und überprüfen müssten, ob Zahlungen jeweils elterngeldrechtlich relevant seien.204 Eine etwaig vom Gesetzgeber beabsichtigte Bindungswirkung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen sei im Normtext ohnehin nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen.205 Eine dahingehend eindeutige Formulierung hätte etwa lauten müssen: 199

BT-Drs. 17/9841, S. 22. BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198. 201 BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198, 206; s. a. Schmidt, ZFSH/ SGB 2018, 308, 310. 202 BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198, 206; s. a. Jung, WzS 2018, 20, 21. 203 BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198, 203. 204 BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198, 205 f. 205 BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198, 204 f.; krit. Alt, ZFSH/SGB 2018, 691, 692. 200

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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„Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt hat.“206 Gleichzeitig wies der erkennende Senat darauf hin, dass eine solche Regelung den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum des Art. 3 Abs. 1 GG überschreiten würde und mit der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar sei.207 (5) Verschärfte Steuerrechtsakzessorietät seit dem Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus Ungeachtet dieser verfassungsrechtlichen Warnung wurde die Regelung in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus208 zum 1. 1. 2015 wie folgt geändert: „Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind.“ Mit der Verschärfung des Wortlautes von „als sonstige Bezüge behandelt werden“ zu „als sonstige Bezüge zu behandeln sind“ hat der Gesetzgeber die Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen noch enger an das materielle Steuerrecht angebunden. Die Regelung in § 2c Abs. 2 BEEG, wonach die Ermittlung der Einnahmen auf Grundlage der Angaben des Arbeitgebers in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen erfolgen soll, wurde um einen zweiten Satz ergänzt: „Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.“ Diesen Vermutungsgrundsatz zugunsten der Angaben des Arbeitgebers hatte der Gesetzgeber ausweislich der Begründung zum Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10. 9. 2012 bereits vorausgesetzt.209 Mit der Einführung des § 2c Abs. 2 S. 2 BEEG ist er in den Gesetzesrang aufgerückt. (6) BSG 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R und B 10 EG 7/17 R Während sich die instanzgerichtliche Rechtsprechung von der neuerlichen Gesetzesänderung zunächst wenig beeindruckt zeigte,210 vollzog das BSG nunmehr eine „Kehrtwende“211 bei der elterngeldrechtlichen Behandlung sonstiger Bezüge.212 Es 206

BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198, 204 f. BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198, 205 f. 208 Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im BEEG v. 18. 11. 2014, (BGBl. I, S. 2325). 209 BT-Drs. 17/9841, S. 22. 210 LSG BW Urt. v. 13. 12. 2016 – L 11 EG 1557/16, NZS 2017, 467; LSG BW Urt. v. 28. 3. 2017 – L 11 EG 1538/16, juris; SG Reutlingen Urt. v. 13. 5. 2016 – S 6 EG 1218/15, juris; SG Berlin Urt. v. 21. 12. 2016 – S 2 EG 51/15, juris; a. A. bereits SG Karlsruhe Urt. v. 20. 2. 2017 – S 5 EG 2985/16, juris; vgl. auch Bergmann, ZAT 2018, 14, 15. 211 Alt, ZFSH/SGB 2018, 691. 212 In der Literatur wurde vermutet, dass die Rechtsprechungsänderung zumindest auch im Zusammenhang mit dem Wechsel im Vorsitz des zuständigen zehnten Senats des BSG im Jahr 2016 zu sehen ist, s. Alt, ZFSH SGB 2018, 691, 694; ebenso Gräf, SGb 2018, 577, 579. 207

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

gab seine jahrelang verfolgte, elterngeldspezifische Auslegung des Begriffs der sonstigen Bezüge auf und ließ keinen Zweifel daran, dass die begriffliche Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen im Elterngeldrecht sich nicht lediglich am Steuerrecht orientiere, sondern sich allein nach dem Steuerrecht richte.213 In zwei Entscheidungen vom 14. 12. 2017 urteilte der zehnte Senat des BSG, dass nach der ab dem 1. 1. 2015 geltenden Rechtslage selbst regelmäßig gezahlte Quartalsprovisionen bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben müssten.214 Aus dem neu gefassten Wortlaut des § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG leitete das BSG einen doppelten Verweis auf das Steuerrecht ab, nämlich sowohl auf das Lohnsteuerabzugsverfahren als auch auf die lohnsteuerlichen Vorgaben.215 Aufgrund dieser strengen, vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgegebenen Steuerrechtsakzessorietät biete das BEEG für eine elterngeldspezifische Auslegung des Begriffs der sonstigen Bezüge seit der neuerlichen Gesetzesänderung keinen Spielraum mehr.216 Bereits aus der formellen Anknüpfung an das Lohnsteuerabzugsverfahren ergebe sich, dass die Angaben des Arbeitgebers in den bestandskräftig gewordenen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen für Elterngeldstellen und Sozialgerichte bindend seien.217 Dabei erwachse der Inhalt der Lohnsteueranmeldung regelmäßig in Bestandskraft, sofern Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder das Finanzamt keine nach der Abgabenordnung (AO) vorgesehenen Rechtsbehelfe ergreifen.218 Diese Bindungswirkung hält das BSG aufgrund der öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren als Steuerpflichtiger im Sinne des § 33 Abs. 1 S. 1 AO für gerechtfertigt.219 Anders als nach seiner bisherigen Rechtsprechung orientiert sich das BSG bei der Bestimmung sonstiger Bezüge strikt an den lohnsteuerlichen Vorgaben. Elterngeldirrelevante sonstige Bezüge liegen demnach vor, wenn eine Zahlung vom arbeitsvertraglich vorgesehenen – in der Regel monatlichen – Zahlungsrhythmus 213

BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 26; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 25. 214 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1; zust. Schmidt, ZFSH/SGB 2018, 308 ff.; Richter, ASR 2019, 92 ff.; krit. Gräf, SGb 2018, 577, 580 ff.; Schlegel, in: FS BFH I, S. 625, 656. 215 Bergmann, ZAT 2018, 14, 15. 216 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 20; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 19; a. A. Gräf, SGb 2018, 577, 580 ff.; Schlegel, in: FS BFH I, S. 625, 656 ff. 217 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 37; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 36. 218 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 36; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 35. 219 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 36; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 35; mit Verweis auf die st. Rspr. des BFH Urt. v. 2. 9. 2009 – I R 111/08, BFHE 226, 276.

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abweicht.220 Maßgebliches Kriterium zur Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigem Bezug soll also nicht mehr der Aspekt der Regelmäßigkeit der Zahlung sein, sondern allein die Tatsache, ob die Auszahlung monatlich erfolgte oder nicht. Das BSG gibt damit seine bisher vertretene Rechtsansicht auf, dass mehrere regelmäßige Lohnzahlungszeiträume nebeneinander existieren können.221 Umsatzbeteiligungen oder Provisionen, die dem Arbeitnehmer entgegen dem arbeitsvertraglich vereinbarten, monatlichen Zahlungsrhythmus nur einmal im Quartal gezahlt werden, müssten für das Elterngeld gem. § 2c Abs. 1 S. 1 BEEG daher unberücksichtigt bleiben. Dieses Ergebnis bestätige im Übrigen auch die Ergänzung der LStR R 39b.2 Abs. 2 S. 2 um die Nummer zehn durch die Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2015222, wonach innerhalb eines Kalenderjahres als viertel- oder halbjährliche Teilbeträge geleistete Zahlungen zu den sonstigen Bezügen zählten.223 Das BSG nahm auch die seit der Gesetzesänderung zum 1. 1. 2015224 in § 2c Abs. 2 S. 2 BEEG normierte Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung zugunsten der Angaben des Arbeitgebers in den Blick, deren Geltung sich allein mit einer strikten Bindung an das Steuerrecht rechtfertigen lasse.225 Anders als noch bei seinem Urteil vom 26. 3. 2014226 hatte der zehnte Senat gegen die Nichtberücksichtigung sonstiger Bezüge auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken mehr. Eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG von Eltern, zu deren Arbeitslohn regelmäßig sonstige Bezüge zählen, gegenüber Eltern, die allein aus dem laufenden Arbeitslohn ein gleich hohes Arbeitsentgelt erzielen, sei insbesondere durch die erhebliche Reduzierung des Verwaltungsaufwands gerechtfertigt.227 Der erkennende Senat verwies darüber hinaus auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und den Umstand, dass sich der Ausschluss sonstiger Bezüge im Bezugszeitraum auch positiv auswirken könne, weil entsprechende Zahlungen nicht auf das Elterngeld angerechnet würden.228 Außerdem hätten 220 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 32; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 31. 221 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 33; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 32; s. a. Bergmann, ZAT 2018, 14, 16; Schmidt, ZSFH/SGB 2018, 308, 311. 222 V. 22. 10. 2014 (BStBl. I, S. 1344). 223 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 34; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 33. 224 Durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im BEEG v. 18. 12. 2014 (BGBl. I, S. 2325). 225 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 25; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 24. 226 BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198, 205 f. 227 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 40 ff., 48 ff.; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 39 ff., 48 ff.; krit. Gräf, SGb 2018, 577, 580 f. 228 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 44 ff.; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 43 ff.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

die Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit, die Einordnung variabler Entgeltbestandteile zu gestalten und könnten gegen fehlerhafte Einordnungen in den Lohnund Gehaltsbescheinigungen überdies steuerrechtliche Rechtsschutzmöglichkeiten ergreifen.229 bb) Strikte steuerrechtliche Differenzierung? Mit der Aufgabe der elterngeldspezifischen Auslegung des Begriffs der sonstigen Bezüge hat das BSG der jahrelangen Kontroverse zwischen Rechtsprechung und Gesetzgeber vorläufig ein Ende gesetzt. Dem Willen des Gesetzgebers entsprechend soll es seither nicht mehr darauf ankommen, ob bestimmte Einnahmen aufgrund ihrer Regelmäßigkeit die Einkommensverhältnisse der Berechtigten vor der Geburt des Kindes geprägt haben, sondern allein, ob es sich dabei lohnsteuerrechtlich um sonstige Bezüge handelt. Daher bleiben etwa Quartalsprovisionen für die Elterngeldberechnung selbst dann unberücksichtigt, wenn sie einen erheblichen Anteil des Gesamtgehalts ausmachen. In Anbetracht der Ausrichtung des Einkommensbegriffs am Steuerrecht ist die strikte steuerrechtliche Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen jedenfalls konsequent. In der Literatur ist die Rechtsprechungsänderung auf ein geteiltes Echo gestoßen. Teilweise wurde begrüßt, dass „das BSG nicht erneut ein Schlupfloch für die elterngeldspezifische Auslegung der sonstigen Bezüge“ genutzt habe.230 Insbesondere in Bezug auf eine mögliche Bindungswirkung bestandskräftig gewordener Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wurde die vom BSG als zwingend erachtete, formelle Steuerrechtsakzessorietät jedoch auch kritisiert und mitunter sogar entschieden zurückgewiesen.231 Aus diesem Grund haben sich auch einzelne Landessozialgerichte der Rechtsprechungsänderung des BSG nicht vollumfänglich angeschlossen.232 Die Folgeprobleme, die sich aus der vom BSG in seinen Entscheidungen vom 14. 12. 2017 postulierten, strengen Steuerrechtsakzessorietät ergeben haben, werden daher nachfolgend näher erörtert.

229

BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 47, 50; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 46, 49. 230 Schmidt, ZFSH/SGB 2018, 308, 312; ebenso Richter, ASR 2019, 92, 93 f.; vgl. auch Alt, ZFSH/SGB 2018, 691, 694 f. 231 Dau, jurisPR-SozR 19/2019 Anm. 3; Gräf, SGb 2018, 577, 579 f.; Schütz, jurisPR-SozR 7/2018 Anm. 4; ders., jurisPR-SozR 22/2019 Anm. 5; krit. zur Rechtsprechungsänderung auch Schlegel, in: FS BFH I, S. 625, 656 f.; umfassende Kritik bereits bei von Koppenfels-Spies, NZS 2017, 641 ff. 232 LSG Bayern Urt. v. 16. 1. 2018 – L 9 EG 68/15, juris; LSG Bayern Urt. v. 26. 2. 2019 – L 9 EG 40/18, juris; LSG Bayern Urt. v. 26. 2. 2019 – L 9 EG 36/18, juris; LSG Nds.-Brm. Urt. v. 15. 5. 2019 – L 2 EG 3/18, juris; LSG Nds.-Brm. Urt. v. 6. 11. 2019 – L 2 EG 7/19, juris.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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(1) Bindungswirkung der Lohnsteueranmeldung Das BSG hat aus dem Verweis auf das formelle Lohnsteuerabzugsverfahren in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG eine Bindungswirkung der bestandskräftig gewordenen Lohnsteueranmeldung für das Elterngeldverfahren abgeleitet. Nach Ansicht des BSG handelt es sich dabei um eine gesetzlich angeordnete Rechtsfolgenanweisung, sodass Elterngeldstellen und Gerichten kein materiell-rechtliches Prüfungsrecht mehr zugestanden werden könne.233 Vielmehr müssten sie die erfolgte Einordnung von Lohnbestandteilen als sonstige Bezüge oder als laufender Arbeitslohn ihrer Entscheidung zugrunde legen. Schließlich habe der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren eine öffentlich-rechtliche Aufgabenstellung inne. Im Rahmen des Lohnsteuerabzugs ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Lohnsteuer für den Arbeitnehmer als den eigentlichen Steuerschuldner direkt an das Finanzamt abzuführen. Der Arbeitgeber ist damit selbst Steuerpflichtiger im Sinne des § 33 Abs. 1 S. 1 AO und muss daher Lohnbestandteile richtig einordnen.234 Der Inhalt der Lohnsteueranmeldung erwachse folglich in Bestandskraft, wenn weder der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber noch das Finanzamt die von der AO eröffneten Rechtsbehelfe oder andere Korrekturmöglichkeiten nutzten.235 Aus der Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung in § 2c Abs. 2 S. 2 BEEG bezüglich der Angaben in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers schlussfolgerte das BSG zudem, dass von einer bestandskräftig gewordenen Lohnsteueranmeldung regelmäßig ausgegangen werden könne.236 Somit müssten die Beteiligten im Elterngeldverfahren nur noch zum Zwecke der Tatsachenfeststellung ermitteln, ob ausnahmsweise konkrete Anhaltspunkte gegen die Bestandskraft sprechen.237 Ob sich aus der Regelung in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG tatsächlich ein derart weitreichender Verweis auf das formelle Lohnsteuerrecht ableiten lässt, sodass insbesondere eine bestandskräftige, aber materiell unzutreffende Lohnsteueranmeldung eine Bindungswirkung im Elterngeldverfahren entfaltet, wurde in der Literatur zu

233

BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 37; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 36. 234 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 36; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 35; mit Verweis auf Krüger, in: DStJG 40 (2017), S. 145, 165. 235 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 36; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 35; mit Verweis auf Krüger, in: DStJG 40 (2017), S. 145, 166 ff. 236 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 38; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 37. 237 Alt vergleicht dies mit der erforderlichen Feststellung fehlender Atypik im Rahmen von § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X, s. ZFSH/SGB 2018, 691, 694.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

Recht bezweifelt.238 Auch das LSG Bayern und das LSG Niedersachsen-Bremen haben sich in mehreren Entscheidungen dezidiert gegen eine Bindungswirkung einer bestandskräftig gewordenen Lohnsteueranmeldung ausgesprochen.239 (a) Wortlaut und Gesetzesentwicklung Bereits aus dem Wortlaut lässt sich nicht ableiten, dass es für die Abgrenzung von laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen allein auf die Angaben aus der bestandskräftig gewordenen Lohnsteueranmeldung ankommen soll. Die Formulierung „die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind“ in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG legt vielmehr nahe, dass es auf die materiell-rechtlich zutreffende Einordnung ankommen muss. Dieses Ergebnis wird durch die Entwicklung des Ausschlusstatbestandes bekräftigt. Denn die vorherige Fassung des § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG lautete: „Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden.“ Die Umformulierung in „zu behandeln sind“ lässt somit darauf schließen, dass es auf die korrekte lohnsteuerliche Zuordnung ankommen muss.240 Hätte der Gesetzgeber präzise an ein in der Vergangenheit liegendes Geschehen, nämlich das vom Arbeitgeber durchgeführte Lohnsteuerabzugsverfahren anknüpfen wollen, hätte der Wortlaut in etwa lauten müssen: „Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt hat bzw. die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge behandelt wurden.“241 Zudem hatte das BSG selbst betont, dass die materiell-rechtlichen Zuordnungsregelungen des Lohnsteuerrechts für die Elterngeldbemessung verbindlich seien.242 Würde man aus einer nicht angefochtenen Lohnsteueranmeldung eine Bindungswirkung ableiten, so würde das materielle Lohnsteuerrecht jedoch von einem Formalismus verdrängt.243 Für diese Lesart sprechen auch die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien. Darin heißt es, dass alle Lohn- und Gehaltsbestandteile elterngeldrechtlich als 238 Alt, ZFSH/SGB 2018, 691, 694; Gräf, SGb 2018, 577, 580; s. bereits von KoppenfelsSpies, NZS 2017, 641, 643; krit. auch Bergmann, ZAT 2018, 14, 16; Schmidt, ZFSH/SGB 2018, 308, 313; Schütz, jurisPR-SozR 7/2018 Anm. 4. 239 LSG Bayern Urt. v. 16. 1. 2018 – L 9 EG 68/15, juris; BSG Urt. v. 26. 2. 2019 – L 9 EG 40/ 18, juris; BSG Urt. v. 26. 2. 2019 – L 9 EG 36/18, juris; LSG Nds.-Brm. Urt. v. 15. 5. 2019 – L 2 EG 3/18, juris; LSG Nds.-Brm. Urt. v. 6. 11. 2019 – L 2 EG 7/19, juris. 240 Gräf, SGb 2018, 577, 580; von Koppenfels-Spies, NZS 2017, 641, 643; Löbner/Tünz, SRa 2016, 41, 47. 241 Vgl. BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198, 204 f.; s. a. Gräf, SGb 2018, 577, 580. 242 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 35; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 34. 243 LSG Bayern Urt. v. 16. 2. 2019 – L 9 EG 40/18, juris Rn. 103; LSG Bayern Urt. v. 16. 2. 2019 – L 9 EG 36/18, juris Rn. 113.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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sonstige Bezüge gelten, „die richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind“.244 Somit muss es für das Elterngeldverfahren auf die lohnsteuerrechtlich zutreffende und nicht auf die möglicherweise falsche Behandlung durch den Arbeitgeber ankommen.245 (b) Unzureichende Rechtsschutzmöglichkeiten Die Ableitung einer Bindungswirkung aus der bestandskräftig gewordenen Lohnsteueranmeldung lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass Arbeitnehmer das Eintreten der Bestandskraft einer unzutreffenden Lohnsteueranmeldung grundsätzlich durch entsprechende Rechtsbehelfe verhindern können. Insofern erscheint bereits zweifelhaft, ob für einen Einspruch überhaupt eine hinreichende Beschwer vorliegen würde.246 Ein Rechtsschutzbedürfnis ist erst dann gegeben, wenn sich der Lohnsteuerabzug für den Arbeitnehmer nachteilhaft auf seine steuerrechtlich geschützten Interessen auswirkt.247 Die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als laufender Arbeitslohn oder als sonstiger Bezug ist im Lohnsteuerabzugsverfahren allerdings bloß technisch-formaler Natur und hat keine Auswirkungen auf die materiell-rechtliche Lohnsteuerpflicht.248 Der Lohnsteuerabzug von sonstigen Bezügen fällt im entsprechenden Monat zudem geringer aus als der von laufendem Arbeitslohn, sodass die Einordnung von Lohnbestandteilen als sonstiger Bezug steuerrechtlich keine Nachteile für Arbeitnehmer hat.249 Zwar kann eine hinreichende Beschwer ausnahmsweise auch durch benachteiligende Rechtswirkungen begründet werden, die außerhalb des Steuerrechts liegen.250 Doch selbst wenn sich ein hinreichendes Rechtsschutzbedürfnis begründen ließe, erscheint es mangels unmittelbar nachteiliger Auswirkungen fernliegend, dass Arbeitnehmer gegen die Einordnung von Lohnbestandteilen als sonstiger Bezug oder als laufender Arbeitslohn protestieren würden, zumal ihnen die Konsequenzen für

244

BT-Drs. 18/2583, S. 25. Krit. in Bezug auf die Widersprüchlichkeit zwischen Wortlaut und Gesetzesbegründung Löbner/Tünz, SRa 2016, 41; s. a. Schmidt, ZFSH/SGB 2018, 308, 313. 245 Ebenso Gräf, SGb 2018, 577, 580; Schmidt, ZFSH/SGB 2018, 308, 313; vgl. bereits von Koppenfels-Spies, NZS 2017, 641, 643; sowie Röhl, jM 2015, 246, 250. 246 Gräf, SGb 2018, 577, 580; LSG Bayern 16. 1. 2018 – L 9 EG 68/15, juris Rn. 102; LSG Bayern Urt. v. 26. 2. 2019 – L 9 EG 36/18, juris Rn. 167 ff.; LSG Bayern Urt. v. 26. 2. 2019 – L 9 EG 40/18, juris Rn. 157 ff. 247 LSG Bayern 26. 2. 2019 – L 9 EG 36/18, juris Rn. 169; LSG Bayern Urt. v. 26. 2. 2019 – L 9 EG 40/18, juris Rn. 159. 248 Greiner, VSSR 2018, 251, 274. 249 Dau, jurisPR-SozR 11/2017 Anm. 5; Gräf, SGb 2018, 577, 580; LSG Bayern 26. 2. 2019 – L 9 EG 36/18, juris Rn. 169 ff.; LSG Bayern Urt. v. 26. 2. 2019 – L 9 EG 40/18, juris Rn. 159 ff. 250 Das LSG Bayern verweist in seinen Entscheidungen vom 26. 2. 2019 (L 9 EG 40/18, juris Rn. 175) dazu jeweils auf die Rechtsprechung des BFH in Bezug auf die Feststellungswirkung des Einkommensteuerbescheids für das BAföG-Verfahrens (BFH Urt. v. 20. 12. 1994 – IX R 124/92, BFHE 176, 409 ff.; BFH Urt. v. 29. 5. 1996 – III R 49/93, BFHE 180, 238, L 9 EG 36/18, juris Rn. 155).

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

die Elterngeldberechnung regelmäßig nicht bewusst sein dürften.251 Das Argument, dass in der Nichtergreifung von Rechtsschutzmöglichkeiten ein widersprüchliches Verhalten liegt, vermag deshalb nicht zu überzeugen.252 (c) Wegfall der Bindungswirkung nach § 124 Abs. 2 AO In seinem Urteil vom 25. 6. 2020 hat das BSG noch einmal Stellung zur elterngeldrechtlichen Behandlung sonstiger Bezüge genommen und die Reichweite der Bindungswirkung der Lohnsteueranmeldung für das Elterngeldverfahren konkretisiert.253 Der erkennende Senat betonte, dass eine bestandskräftig gewordene Lohnsteueranmeldung des Arbeitgebers für die Beteiligten im Elterngeldverfahren zwar im Regelfall bindend sei; allerdings gelte diese Bindungswirkung nicht ausnahmslos.254 Sobald das Finanzamt einen Steuerbescheid erlässt, tritt hinsichtlich der Lohnsteueranmeldung Erledigung im Sinne von § 124 Abs. 2 AO ein.255 Das BSG erläuterte, dass mit dem Fortfall der Bindungswirkung die Lohnsteueranmeldung für das Elterngeldverfahren nicht mehr verbindlich sei, womit eine Prüfungskompetenz der Elterngeldstellen einhergehe.256 Sobald die Bindungswirkung weggefallen sei, müssten die Elterngeldstellen beim Vorliegen greifbarer Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Lohnsteueranmeldung daher ausnahmsweise eigenständig prüfen, ob Vergütungsbestandteile nach den materiellen lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als laufender Arbeitslohn oder als sonstiger Bezug zu behandeln sind.257 Sollte im laufenden Elterngeldverfahren noch kein Steuerbescheid ergangen sein, müsste die Elterngeldstelle bei eigenen Bedenken oder Einwänden der Elterngeldberechtigten überprüfen, ob die Einordnung der Einkommensbestandteile den materiell-rechtlichen Vorgaben des Lohnsteuerrechts entspricht.258 Sofern die Lohnsteueranmeldung fehlerhaft erfolgt sein sollte, könne die Elterngeldstelle bei absehbarem Ergehen eines Einkommensteuerbescheids gem. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BEEG vorläufig höheres Elterngeld zahlen.259 Entgegen der Forderung einiger Stimmen aus der Literatur und der Auffassung verschiedener Landessozialgerichte hat das BSG in seiner jüngsten Entscheidung zur 251

Dau, jurisPR-SozR 11/2017 Anm. 5; Gräf, SGb 2018, 577, 580. Vgl. BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 50; krit. auch Gräf, SGb 2018, 577, 581; ebenso LSG Bayern Urt. v. 16. 2. 2019 – L 9 EG 36/18, juris Rn. 207 ff. 253 BSG Urt. v. 25. 6. 2020 – B 10 EG 3/19 R, NZS 2020, 852 ff. 254 BSG Urt. v. 25. 6. 2020 – B 10 EG 3/19 R, NZS 2020, 852, 854. 255 Zur Erledigung im Sinne des § 124 Abs. 2 AO siehe Hübschmann/Hepp/Spitaler/ Heuermann AO § 168 Rn. 9. 256 BSG Urt. v. 25. 6. 2020 – B 10 EG 3/19 R, NZS 2020, 852, 856 f. 257 BSG Urt. v. 25. 6. 2020 – B 10 EG 3/19 R, NZS 2020, 852, 855. 258 BSG Urt. v. 25. 6. 2020 – B 10 EG 3/19 R, NZS 2020, 852, 857. 259 BSG Urt. v. 25. 6. 2020 – B 10 EG 3/19 R, NZS 2020, 852, 857; s. a. BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2c Rn. 11b; zu den Voraussetzungen der Elterngeldzahlung unter Vorbehalt s. im Einzelnen Brose/Weth/Volk/Schmitt BEEG § 8 Rn. 22 ff. 252

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Bindungswirkung keine Ausnahme von den steuerrechtlichen Vorgaben statuiert, sondern hat den ausnahmsweisen Bindungsfortfall gerade aus der Anbindung an das Steuerrecht hergeleitet.260 Soweit das Steuerrecht keine Bestandskraft mehr vorgibt, kann diese auch keine Bindungswirkung für das Elterngeldverfahren entfalten. Damit stellt sich das BSG auf eine Linie mit dem vom Gesetzgeber „nachhaltig verfolgte[n] steuerrechtsakzessorische[n] Regelungskonzept“261 und führt seine strikt steuerrechtsorientierte Rechtsprechungspraxis konsequent fort. (d) Widerlegbarkeit der Vermutungsregel in § 2c Abs. 2 S. 2 BEEG Aber auch wenn mangels Steuererklärung kein Steuerbescheid ergeht, kann die Lohnsteueranmeldung für das Elterngeld keine unwiderlegbare Bindungswirkung entfalten. Dies lässt sich unmittelbar aus § 2c Abs. 2 S. 2 BEEG ableiten, wonach den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers – lediglich – eine Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung zukommt. Das LSG Niedersachsen-Bremen hat in diesem Zusammenhang bereits überzeugend ausgeführt, dass sich eine Vermutung gerade dadurch auszeichnet, „dass sie im Einzelfall namentlich auf der Grundlage konkreter gegenteiliger ihre Unrichtigkeit belegender Feststellungen widerlegt werden kann“.262 Ausgehend von der Prämisse, dass sich die begriffliche Abgrenzung von laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen im Elterngeldrecht allein nach den lohnsteuerlichen Vorgaben richtet, müssen daher etwa monatlich gezahlte Provisionen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren fälschlicherweise als sonstiger Bezug behandelt wurden, bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt werden, auch wenn anschließend kein Steuerbescheid mehr ergeht.263 Eine abweichende Handhabung würde der verfassungsrechtlichen Garantie eines effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG widersprechen. Zum Kerngehalt der Rechtsschutzgarantie gehört, dass der Richter eine hinreichende Prüfungsbefugnis über die tatsächlichen und rechtlichen Aspekte des Rechtsschutzbegehrens hat und auch über die Entscheidungsmacht verfügt, einer erfolgten oder drohenden Rechtsverletzung wirksam abzuhelfen.264 Das bedeutet, dass eine Bindung der Gerichte an tatsächliche oder rechtliche Feststellungen seitens anderer Gewalten

260 Vgl. etwa Dau, jurisPR-SozR 19/2019 Anm. 3; Schütz, jurisPR-SozR 7/2018 Anm. 4; ders., jurisPR-SozR 22/2019 Anm. 5; LSG Bayern 16. 1. 2018 – L 9 EG 68/15, juris; LSG Bayern Urt. v. 26. 2. 2019 – L 9 EG 40/18, juris; LSG Nds.-Brm. 15. 5. 2019 – L 2 EG 3/18, juris; LSG Nds.-Brm. Urt. v. 6. 11. 2019 – L 2 EG 7/19, juris. 261 BSG Urt. v. 25. 6. 2020 – B 10 EG 3/19 R, NZS 2020, 852, 855. 262 LSG Nds.-Brm. Urt. v. 15. 5. 2019 – L 2 EG 3/18, juris Rn. 92; LSG Nds.-Brm. Urt. v. 6. 11. 2019 – L 2 EG 7/19, juris Rn. 76. 263 Im Ergebnis ebenso LSG Nds.-Brm. Urt. v. 6. 11. 2019 – L 2 EG 7/19, juris; vgl. auch Schütz, jurisPR-SozR 21/2020 Anm. 5. 264 BVerfG Beschl. v. 10. 12. 2009 – 1 BvR 3151/07, NVwZ 2010, 435, 437; s. a. LSG Nds.Brm. Urt. v. 6. 11. 2019 – L 2 EG 7/19, juris Rn. 86.

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grundsätzlich ausgeschlossen ist.265 Dies gilt erst recht für Privatpersonen, selbst wenn der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren hoheitliche Interessen wahrnimmt.266 Könnte im gerichtlichen Verfahren einer fehlerhaften Einordnung von Zahlungen als laufender Arbeitslohn oder als sonstiger Bezug nicht abgeholfen werden, nur weil die elterngeldberechtigte Person keine Steuererklärung abgegeben hat, wäre dies mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht in Einklang zu bringen.267 Für das Elterngeldverfahren folgt daraus, dass die Bindungswirkung einer bestandskräftigen Lohnsteueranmeldung nicht ausnahmslos gelten kann, sondern den Elterngeldstellen bei greifbaren Anhaltspunkten für eine fehlerhafte Lohnsteueranmeldung eine Prüfobliegenheit zugeschrieben werden muss. Vom Ausschlusstatbestand in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG können daher nur Vergütungsbestandteile betroffen sein, die zutreffend im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge behandelt wurden. Das bedeutet, dass Provisionen, die jeden Monat zusätzlich zum regulären Monatsgehalt gezahlt werden, auch dann elterngeldrelevantes Einkommen darstellen, wenn sie im Lohnsteuerabzugsverfahren fälschlicherweise als sonstige Bezüge behandelt wurden. (2) Rechtsnormwirkung von Lohnsteuerrichtlinien Eine weitere Frage, die sich aufgrund des Verweises in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG auf die lohnsteuerlichen Vorgaben stellt, ist, ob die vom Gesetzgeber intendierte und vom BSG umgesetzte steuerrechtsakzessorische Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen dem für das Sozialrecht in § 31 SGB I normierten Vorbehalt des Gesetzes hinreichend Rechnung trägt.268 Danach dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt. § 31 SGB I dehnt den verfassungsrechtlich in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Gesetzesvorbehalt somit auf begünstigende Handlungen aus. Durch die Beschränkung der Handlungsbefugnis der Exekutive soll sichergestellt werden, dass auch die Gewährung von Sozialleistungen auf einer gesetzlichen Grundlage beruht.269 Der lohnsteuerliche Begriff der sonstigen Bezüge, auf den § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG verweist, ist gesetzlich allerdings nicht definiert, sondern wird nur in den Lohn265

BVerfG Beschl. v. 10. 12. 2009 – 1 BvR 3151/07, NVwZ 2010, 435, 437 mit Verweis auf BVerfG Beschl. v. 8. 7. 1982 – 2 BvR 1187/80, NJW 1982, 2173, 2176. 266 Dem Arbeitgeber kommt im Lohnsteuerabzugsverfahren als Steuerpflichtiger im Sinne des § 33 Abs. 1 S. 1 AO eine öffentlich-rechtliche Aufgabenstellung zu, s. hierzu BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 36; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 35. 267 S. a. LSG Nds.-Brm. Urt. v. 6. 11. 2019 – L 2 EG 7/19, juris Rn. 85 ff. 268 S. hierzu KassKomm/Spellbrink SGB I § 31 Rn. 2. 269 KassKomm/Spellbrink SGB I § 31 Rn. 3; zum Regelungsgehalt des § 31 SGB I s. a. Kretschmer, ZfS 1985, 161 ff.

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steuerrichtlinien durch Anwendungsbeispiele näher konkretisiert. In der Literatur wurde daher teilweise bezweifelt, dass die Regelung in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG dem in § 31 SGB I angeordneten Vorbehalt des Gesetzes hinreichend Rechnung trägt.270 Argumentiert wurde, dass die materiell-rechtliche Anbindung an das Steuerrecht dazu führe, dass die Lohnsteuerrichtlinien im Elterngeldrecht für allgemeinverbindlich erklärt würden.271 Sie stünden somit auf einer Stufe mit einer gesetzlichen Definition, obwohl es sich bei den Lohnsteuerrichtlinien lediglich um von der Finanzverwaltung gem. Art. 108 Abs. 7 GG erlassene, norminterpretierende Verwaltungsvorschriften ohne Rechtsnormqualität handle.272 Aus diesem Grund hat das LSG Baden-Württemberg sogar entschieden, dass die lohnsteuerlichen Vorgaben für das Elterngeldverfahren auch nach der Gesetzesänderung durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus273 gänzlich unbeachtlich seien.274 Wenngleich das EStG den Begriff der sonstigen Bezüge nicht ausdrücklich definiert, so lässt sich unmittelbar aus den Normtatbeständen in § 38a und § 39b EStG ableiten, dass laufender Arbeitslohn und sonstige Bezüge sich dadurch unterscheiden, dass laufender Arbeitslohn für einen bestimmten monatlichen, wöchentlichen oder täglichen Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, was bei sonstigen Bezügen gerade nicht der Fall ist. Anders als die Regelungen zu den sonstigen Bezügen in § 38a Abs. 1 S. 3, Abs. 3 S. 2 und § 39b Abs. 3 EStG nehmen die Regelungen zum laufenden Arbeitslohn in § 38a Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1 und § 39b Abs. 2 EStG auf den Lohnzahlungszeitraum nämlich ausdrücklich Bezug. Aus der Negativabgrenzung in § 38a Abs. 1 S. 3 EStG, wonach ein sonstiger Bezug der Arbeitslohn ist, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird, lässt sich ableiten, dass sonstige Bezüge abweichend vom individuell vereinbarten Lohnzahlungszeitraum gezahlt werden. Dieses in der steuerrechtlichen Literatur275 und in der Finanzgerichtsbarkeit276 anerkannte, zeitraumbezogene Verständnis legt auch das BSG der Abgrenzung von

270 Dau, jurisPR-SozR 11/2017 Anm. 5; von Koppenfels-Spies, NZS 2017, 641, 645; Löbner/Tünz, SRa 2016, 41, 46. 271 Löbner/Tünz, SRa 2016, 41, 46. 272 Löbner/Tünz, SRa 2016, 41, 46. Zur fehlenden Rechtsnormqualität von Lohnsteuerrichtlinien s. BFH Urt. v. 4. 5. 2006 – VI R 28/05, BFHE 213, 484; BFH Urt. v. 12. 11. 2009 – VI R 20/07, BFHE 227, 235. 273 Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im BEEG v. 18. 11. 2014 (BGBl. I, S. 2325). 274 LSG BW Urt. v. 13. 12. 2016 – L 11 EG 1557/16, NZS 2017, 467, 470; krit. Dau, jurisPRSozR 11/2017 Anm. 5; Schütz, jurisPR-SozR 7/2018 Anm. 4. 275 Blümich/Thürmer EStG § 38a Rn. 28 ff.; Herrmann/Heuer/Raupach/Tillmann EStG § 38a Rn. 17; Kirchhof/Seer/Eisgruber EStG § 38a Rn. 4. 276 BFH Urt. v. 30. 7. 2009 – VI R 29/06, BFHE 226, 219, 221; BFH Urt. v. 24. 8. 2017 – VI R 58/15, BFHE 259, 321, 325.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen zugrunde.277 Entsprechend zieht das BSG die Lohnsteuerrichtlinien für die Auslegung des Begriffs der „sonstigen Bezüge“ nicht unmittelbar heran und betont sogar, dass die Lohnsteuerrichtlinien mangels Rechtsnormqualität weder für die Elterngeldstellen noch für die Sozialgerichte bindend seien.278 Dass der Begriff der „sonstigen Bezüge“ gesetzlich nicht ausdrücklich definiert ist, steht der Regelung in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG und dem Verweis auf die lohnsteuerlichen Vorgaben somit nicht entgegen.279 cc) Überschreitung gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit? Die vorangegangene Untersuchung hat gezeigt, dass die geltende Ausschlussregelung in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG dazu führt, dass Zahlungen, die lohnsteuerrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln sind, bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben. Dem BSG ist zuzustimmen, dass die Grenzen für eine am Zweck des Elterngeldes orientierte Auslegung des Ausschlusstatbestandes erreicht sind. Eine elterngeldspezifische Interpretation des Begriffs der sonstigen Bezüge würde dem Wortlaut der Regelung, ihrer Entstehungsgeschichte, der elterngeldrechtlichen Systematik sowie dem insofern eindeutigen Willen des Gesetzgebers widersprechen. Fraglich ist jedoch, ob der geltende Ausschlusstatbestand in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht, oder ob der Gesetzgeber mit dem Ausschluss sonstiger Bezüge seinen Gestaltungsspielraum überschritten hat. Der Ausschluss sonstiger Bezüge bei Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2c BEEG führt zu einer Ungleichbehandlung zwischen abhängig Beschäftigten und Selbständigen, da bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2d BEEG grundsätzlich alle Einkommensbestandteile berücksichtigt werden, die in den Bemessungszeitraum fallen. Eine Differenzierung zwischen regelmäßigem und einmaligem Einkommen findet bei Einkommen nach § 2d BEEG gerade nicht statt. Es spielt bei Selbständigen keine Rolle, ob das Einkommen monatlich oder etwa nur zu einem einzigen Zeitpunkt im Bemessungszeitraum erzielt wurde. Solange es sich bei den Einnahmen um Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – 3 EStG handelt, werden sie auch im Rahmen der Elterngeldberechnung berücksichtigt. Es ist allerdings zu beachten, dass zwischen Einkommen aus abhängiger Beschäftigung einerseits und selbständiger Erwerbstätigkeit andererseits gewichtige strukturelle Unterschiede bestehen. Schließlich erhalten abhängig Beschäftigte auf Grundlage vertraglicher Vereinbarung ein regelmäßiges Gehalt als Gegenleistung für 277

BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 29; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 28. 278 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 28; so bereits BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R – SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 25 Rn. 26. 279 Vgl. auch Schütz, jurisPR-SozR 7/2018 Anm. 4.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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ihre Arbeitsleistung vom Arbeitgeber ausbezahlt, während das Merkmal der regelmäßigen Lohnzahlung innerhalb eines Abhängigkeitsverhältnisses bei Selbständigen gerade nicht vorliegt. Insbesondere die Ausübung der jeweiligen Erwerbstätigkeit und die Art der Erzielung des Einkommens können somit erheblich voneinander abweichen.280 Aus diesem Grund kann die Gruppe der Selbständigen nicht als Vergleichsgruppe herangezogen werden, sodass eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung ausscheidet.281 Aber auch innerhalb der Gruppe der Nichtselbständigen führt der Ausschluss nach § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG zu einer Ungleichbehandlung, da Eltern, die im Bemessungszeitraum einen insgesamt gleich hohen Bruttoarbeitslohn hatten, je nachdem, ob sie sonstige Bezüge erzielt haben, ein unterschiedlich hohes Elterngeld erhalten. Aus dieser Ungleichbehandlung ergibt sich jedoch noch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.282 Der allgemeine Gleichheitssatz verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung, sofern sie durch hinreichende Sachgründe gerechtfertigt werden kann und angemessen ist.283 Im Bereich gewährender Staatstätigkeit kommt dem Gesetzgeber dabei ein besonders großer Gestaltungsspielraum zu.284 Es kommt also nicht darauf an, ob der Gesetzgeber die gerechteste und zweckmäßigste Lösung gewählt hat.285 Entscheidend ist, dass die verfassungsrechtlichen Grenzen der Gestaltungsfreiheit eingehalten wurden.286 Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Gesetzgebers, dass variable Entgeltbestandteile, die nicht monatlich gezahlt werden, die finanziellen Verhältnisse jedenfalls nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit prägen wie laufender Arbeitslohn, verfassungsrechtlich hinzunehmen.287 Zwar ist diese generalisierende Betrachtungsweise in Einzelfällen unzutreffend. Allerdings handelt es sich beim Elterngeld um eine verfassungsrechtlich nicht gebotene Förderungsleistung, die allein aus Steuermitteln finanziert wird. Anders als bei den sozialversicherungsrechtlichen Einkommensersatzleistungen, die durch die Beiträge der Versichertengemeinschaft finanziert werden, gilt im Elterngeldrecht kein versicherungsrechtliches Äquivalenzprinzip, das den Gestaltungsspielraum einschrän280 BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 3/15 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 31 Rn. 25; BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 10/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 14 Rn. 34 ff. 281 S. a. Alt, ZFSH SGB 2018, 691, 695; vgl. BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 3/15 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 31 Rn. 25; BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 10/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 14 Rn. 34 ff. 282 Ebenso Alt, ZFSH SGB 2018, 691, 695; Schütz, jurisPR-SozR 22/2019 Anm. 5. 283 BVerfG Beschl. v. 7. 10. 1980 – 1 BvL 50/79, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88; s. a. BVerfG Beschl. v. 27. 2. 2007 – 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272, 300 f. 284 Zum Kontrollmaßstab s. o. 1. Kap. E. II. 285 BVerfG Beschl. v. 8. 10. 1991 – 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, 359; s. hierzu auch BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 55. 286 BVerfG Beschl. v. 8. 10. 1991 – 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, 359. 287 Vgl. BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 21; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 45; s. a. Alt, ZFSH/SGB 2018, 691, 695.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

ken könnte.288 Zudem hat das Elterngeld auch keine existenzsichernde Funktion, aus der sich eine Begrenzung des Gestaltungsspielraums ableiten ließe.289 Hinzu kommt, dass es sich beim Elterngeld um einen Bereich der Massenverwaltung handelt. Somit ist es verfassungsrechtlich hinzunehmen, dass der Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung von Einzelfallprüfungen absehen will und sämtliche Einkommensbestandteile, die lohnsteuerlich als sonstige Bezüge zu behandeln sind, von der Elterngeldberechnung ausgenommen hat.290 Wenngleich die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes durch den pauschalen Ausschluss sonstiger Bezüge im Einzelfall erheblich beschränkt wird, so ist eine am Zweck des Elterngeldes orientierte Auslegung der Ausschlussregelung in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG verfassungsrechtlich nicht geboten. c) Reichweite des Ausschlusses Mittlerweile besteht auch in Rechtsprechung und Literatur Konsens darüber, dass sich die begriffliche Abgrenzung von laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen im Elterngeldrecht allein nach den lohnsteuerlichen Vorgaben richtet.291 Daraus folgt, dass gem. § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG sämtliche Vergütungsbestandteile, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandeln sind, bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben. Darunter fallen alle Entgeltbestandteile, deren Zahlungszeiträume vom individuell vereinbarten, in der Regel monatlichen, Zahlungsrhythmus abweichen.292 Dies gilt selbst dann, wenn es sich dabei ihrerseits um gleichbleibende Intervalle handelt oder die als sonstige Bezüge versteuerten Einnahmen einen erheblichen Anteil am Gesamtgehalt ausmachen. Die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers, bestimmte Vergütungsbestandteile von der Elterngeldberechnung auszuschließen, beruhte auf der Annahme, dass einmalige Einnahmen die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mit der gleichen

288

S. o. 1. Kap. E. II. 1. b) aa). Etwas anderes gilt für das Kindergeld: Da es primär der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums dient, ist der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum deutlich enger, s. hierzu auch Felix, SGb 2012, 93, 95. S. a. oben unter 1. Kap. E. II. 1. b) bb). 290 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 48 f.; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 47 f.; s. a. Alt, ZFSH/SGB 2018, 691, 694 f.; Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2c Rn. 7; vgl. auch Gerlach, SGb 2020, 479, 484. 291 BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1; LSG Bayern Urt. v. 30. 4. 2019 – L 9 EG 44/ 18, juris Rn. 40 ff.; Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2c Rn. 9; Richter, ASR 2019, 52 ff.; BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2c Rn. 5 ff. 292 BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 2/18 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 5 Rn. 35; BSG Urt. v. 8. 3. 2018 – B 10 EG 8/16 R, SozR 4 – 7387 § 2c Nr. 3 Rn. 35; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7387 § 2c Nr. 1 Rn. 32; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7387 § 2c Nr. 2 Rn. 31. 289

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Nachhaltigkeit prägen wie regelmäßig gezahltes Einkommen.293 Darüber hinaus sollte durch den Ausschluss ein Gleichlauf mit der Regelung beim Mutterschaftsgeld erreicht werden, da auch hier etwa dreizehnte und vierzehnte Monatsgehälter, Gratifikationen, Urlaubsgelder und Weihnachtszuwendungen nicht als Einkommen berücksichtigt werden.294 Die Definition dieser leistungsirrelevanten Einkommensbestandteile richtet sich bei der Berechnung des Mutterschaftsgeldes allerdings nicht nach steuerrechtlichen Vorgaben, sondern nach Maßgabe der sozialrechtlichen Begriffsbestimmungen. Denn für die Berechnung des Mutterschaftsgeldes bleibt gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1 MuSchG einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne von § 23a SGB IV unberücksichtigt. Nach der Legaldefinition in § 23a Abs. 1 S. 1 SGB IV handelt es sich bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt um Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum berücksichtigt werden. Dazu zählen etwa Heirats- und Geburtsbeihilfen, Jahresboni, Jubiläumsgratifikationen, Tantiemen sowie Urlaubsgelder und Weihnachtsvergütungen.295 Unter den lohnsteuerlichen Begriff der sonstigen Bezüge fallen dagegen nicht nur Einmalzahlungen im Sinne des § 23a SGB IV, sondern ein „Sammelsurium“296 unterschiedlicher, mitunter regelmäßig gezahlter Lohnbestandteile. Der vom Gesetzgeber beabsichtigte Gleichlauf mit dem Mutterschaftsgeld lässt sich mit dem Abstellen auf den Begriff der sonstigen Bezüge somit nicht erreichen.297 Entgegen der Einschätzung des Gesetzgebers ist der Ausschluss sonstiger Bezüge auch nicht mit dem Ausschluss einmaliger Einnahmen vergleichbar.298 Es stellt sich somit die Frage, inwiefern der Gesetzgeber mit der Anknüpfung an den steuerrechtlichen Begriff der sonstigen Bezüge seinem ursprünglichen Ziel gerecht wird, nur Einnahmen auszuschließen, die die finanzielle Situation der Berechtigten nicht hinreichend nachhaltig geprägt haben. Im Folgenden wird untersucht, welche Einnahmen vom Ausschlusstatbestand in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG erfasst werden und wie sich ihre Nichtberücksichtigung auf die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes auswirkt. Als Vergleichsmaßstab wird dazu die Reichweite der Regelung in § 23a SGB IV herangezogen. Dabei werden einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (aa)), regelmäßig gezahltes Arbeitsentgelt (bb)) sowie Lohn- und Gehaltsnachzahlungen (cc)) getrennt voneinander betrachtet.

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BT-Drs. 16/1889, S. 21. BT-Drs. 16/2785, S. 37. 295 jurisPK-SGB IV/Pietrek § 23a Rn. 31; s. a. Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Roßbach SGB IV § 23a Rn. 2. 296 Schmidt, ZFSH/SGB 2018, 308, 312. 297 Vgl. BT-Drs. 16/2785, S. 37. 298 Vgl. BT-Drs. 16/2785, S. 37. 294

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

aa) Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt Bei zahlreichen Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind und daher gem. § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben, handelt es sich um Zuwendungen, die als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt auch vom Anwendungsbereich des § 23a SGB IV erfasst werden. (1) Einmalige Sondervergütungen Dazu zählen zum einen einmalige Sondervergütungen, wie zum Beispiel Abfindungen, Entschädigungen, Gratifikationen oder Jubiläumszuwendungen. Der Ausschluss von Zahlungen, die dem Arbeitnehmer nur einmalig oder ausnahmsweise gezahlt werden, entspricht somit der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers, dass nur regelmäßig gezahlter Arbeitslohn für die Elterngeldberechnung berücksichtigt wird.299 Auch die Einschätzung, dass solche Einmalzahlungen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Berechtigten nicht hinreichend rechtssicher und dauerhaft prägen, erscheint aufgrund ihres Ausnahmecharakters zutreffend.300 Vielmehr würde das Elterngeld die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie verzerrt abbilden, wenn etwa eine Jubiläumsgratifikation, die nur einmal in zehn Jahren gezahlt wird, bei der Leistungsberechnung Berücksichtigung fände. (2) Jährlich wiederkehrende Sondervergütungen Vom Ausschluss nach § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG werden aber auch Sondervergütungen wie Urlaubsgelder oder Weihnachtszuwendungen erfasst, die jährlich wiederkehrend gezahlt werden. Da sie als anlassbezogene Zuwendungen nur einmal in zwölf Monaten, typischerweise zur Jahresmitte und zum Jahresende, gewährt werden, handelt es sich bei Urlaubs- oder Weihnachtsgeld ebenfalls um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 23a SGB IV, sodass sie auch bei der Berechnung des Mutterschaftsgeldes unberücksichtigt bleiben.301 Dass die Regelung in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG zum Ausschluss von Weihnachts- und Urlaubsgeldzahlungen im Rahmen der Elterngeldberechnung führt, entspricht somit der gesetzgeberischen Intention des Ausschlusses.302 Anders als bei einmaligen Sondervergütungen ist aber fraglich, ob die Annahme des Gesetzgebers zutrifft, dass Vergütungsbestandteile, die zwar nur einmal im Bemessungszeitraum, dafür aber jährlich wiederkehrend gezahlt werden, die fi299 Vgl. BT-Drs. 16/1889, S. 21. Zum Ausschluss einmalig gezahlter Heiratsbeihilfen s. BSG Urt. v. 8. 3. 2018 – B 10 EG 8/16 R, BSGE 125, 162 ff. 300 BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 14/13 R, BSGE 115, 198, 207; vgl. auch von Koppenfels-Spies, NZS 2017, 641, 645; Schmidt, ZFSH/SGB 2018, 308, 312. 301 Roos/Bieresborn/Graf MuSchG § 21 Rn. 10; Rancke/Pepping MuSchG § 21 Rn. 22. 302 In den Gesetzesmaterialien werden Weihnachts- und Urlaubsgeldzahlungen ausdrücklich benannt, BT-Drs. 16/1889, S. 21.

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nanzielle Situation der Anspruchsberechtigten nicht hinreichend rechtssicher und dauerhaft prägen.303 Schließlich richten Arbeitnehmer ihren Lebensstandard nicht nur an monatlichen Zahlungen, sondern auch an jährlich fälligen Urlaubs- oder Weihnachtsgeldzahlungen aus.304 Hinzu kommt, dass es sich bei Urlaubsgeldern und Weihnachtsvergütungen, die vom Arbeitgeber auf die monatliche Gehaltszahlung als Teilbeiträge umgelegt werden, lohnsteuerrechtlich um laufenden Arbeitslohn handelt. Folglich wird etwa Weihnachtsgeld, das vom Arbeitgeber jeden Monat zu je einem Zwölftel gezahlt wird, im Rahmen der Elterngeldberechnung berücksichtigt.305 Auch das Argument des Gesetzgebers, dass der Ausschluss erforderlich sei, um ein Auseinanderfallen mit den Vorschriften über die Berechnung des Mutterschaftsgeldes zu verhindern, überzeugt nicht.306 Anders als beim Elterngeld beträgt der Bemessungszeitraum beim Mutterschaftsgeld gem. § 19 Abs. 1 MuSchG i. V. m. § 24i Abs. 2 S. 1 SGB V nur drei Monate. Da einmal im Jahr gezahlte Sondervergütungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld aber für das gesamte Kalenderjahr gewährt werden, würden die Einkommensverhältnisse nicht richtig abgebildet, wenn eine Sonderzuwendung, die zufällig in den dreimonatigen Bemessungszeitraum fällt, berücksichtigt würde.307 Da der Berechnung des Elterngeldes gem. § 2b BEEG aber ein zwölfmonatiger Bemessungszeitraum zugrunde liegt, ist der Zweck des Ausschlusses im Mutterschutzrecht mit der elterngeldrechtlichen Konstellation nicht vergleichbar. Verfassungsrechtlich geboten ist die Berücksichtigung von Weihnachts- und Urlaubsgeldzahlungen bei der Elterngeldberechnung anders als bei den sozialversicherungsrechtlichen Einkommensersatzleistungen allerdings nicht. Beim Kranken-, Verletzten- oder Arbeitslosengeld handelt es sich um beitragsfinanzierte Leistungen, sodass das BVerfG es für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG angesehen hat, wenn einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zwar der Beitragserhebung unterliegt, sich jedoch nicht auf der Leistungsseite widerspiegelt.308 Dieses Äquivalenzkriterium gilt im Rahmen des steuerfinanzierten Elterngeldes allerdings nicht, sodass der

303 Dau bezeichnet die Begründung des Gesetzgebers als „Behauptung“, s. jurisPR-SozR 19/2019 Anm. 3; vgl. auch Filges, NZS 2017, 915; Gräf, SGb 2018, 577, 581; Reichelt/Siedenburg, FamRB 2010, 257, 258; LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 25. 5. 2016 – L 17 EG 10/15, juris Rn. 25. 304 Ebenso Dau, SGb 2009, 261, 264; Gräf, SGb 2018, 577, 581. 305 Roos/Bieresborn/Grösslein-Weiß BEEG § 2c Rn. 7; vgl. SG Münster Urt. v. 25. 9. 2007 – S 2 EG 26/07, juris Rn. 15; s. a. Reichelt/Siedenburg, FamRB 2010, 257, 258. 306 Vgl. BT-Drs. 16/2545, S. 11. 307 Vgl. Roos/Bieresborn/Graf MuSchG § 21 Rn. 10; Brose/Weth/Volk/Herrmann MuSchG § 21 Rn. 22; Rancke/Pepping MuSchG § 21 Rn. 22. 308 BVerfG Beschl. v. 24. 5. 2000 – 1 BvL 1/98, 1 BvL 4/98, 1 BvL 15/99, BVerfGE 102, 127; s. hierzu auch Schlegel, DStR 2000, 1353 ff.

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Ausschluss von Weihnachts- oder Urlaubsgeldzahlungen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.309 bb) Laufend gezahltes Arbeitsentgelt Neben einmalig gezahltem Arbeitsentgelt im Sinne des § 23a SGB IV werden vom Ausschlusstatbestand in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG auch Einkommensbestandteile erfasst, die den Berechtigten regelmäßig fortlaufend gezahlt werden. Neben Tantiemen und Umsatzbeteiligungen werden in vielen Branchen insbesondere erfolgsabhängige Provisionen mehrmals im Jahr, etwa als Quartalsprovisionen, neben dem Grundgehalt gezahlt.310 Weicht der Auszahlungsrhythmus der Provisionen vom vereinbarten Lohnzahlungszeitraum ab, sind diese lohnsteuerrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln und fließen daher in die Bemessungsgrundlage des Elterngeldes nicht ein. Die streng steuerrechtsakzessorische Abgrenzung von laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen und der Ausschluss sonstiger Bezüge von der Elterngeldberechnung kann dazu führen, dass entgegen der Grundkonzeption des Elterngeldes Arbeitslohn für die Leistungsbemessung unberücksichtigt bleibt, der der Familie zur Bestreitung des Lebensunterhalts unmittelbar zur Verfügung stand und infolge der Erwerbsunterbrechung nach der Geburt des Kindes ausfallen wird. Da sich das Elterngeld in diesen Fällen nur auf Grundlage des unter Umständen recht niedrigen Grundgehalts berechnet, kann dies die Einkommensersatzfunktion erheblich beschränken.311 Auch das erklärte Ziel des Gesetzgebers, durch den Ausschluss einen Gleichlauf mit dem Mutterschaftsgeld zu schaffen, wird durch die Anknüpfung an den steuerrechtlichen Begriff der sonstigen Bezüge verfehlt. Gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1 MuSchG bleiben für die Berechnung des Mutterschaftsgeldes einmalige Einnahmen im Sinne des § 23a SGB IV unberücksichtigt. Dabei handelt es sich um Zuwendungen, die nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Werden Zuwendungen für die Arbeitsleistung in mehreren Zeiträumen bloß als Gesamtsumme zusammengefasst, liegt jedoch kein einmaliges, sondern laufend 309 Auch nach der Rechtsprechung des BSG bleiben Weihnachts- und Urlaubsgeldzahlungen seit jeher unberücksichtigt, s. bereits BSG Urt. v. 29. 8. 2012 – B 10 EG 20/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 18 Rn. 65 ff.; BSG Urt. v. 29. 6. 2017 – B 10 EG 5/16 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 32 Rn. 31 f. 310 Grundsätzlich hat der Unternehmer Provisionszahlungen an Handelsvertreter monatlich abzurechnen. Der Abrechnungszeitraum kann gem. § 87c Abs. 1 S. 1 Hs. 2 HGB auf bis zu drei Monate erstreckt werden. Zur Abrechnung von Provisionen s. Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 87c Rn. 3 ff. 311 In dem der Entscheidung des LSG Bayern v. 30. 4. 2019 zugrunde liegenden Fall erhielt die Mutter Elterngeld i. H. v. rund 800 Euro monatlich. Wären die Quartalsprovisionen bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt worden, hätte sie den Höchstbetrag von 1.800 Euro erhalten, L 9 EG 44/18, juris; bestätigt durch BSG Beschl. v. 25. 10. 2019 – B 10 EG 12/19 B, juris.

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gezahltes Arbeitsentgelt vor.312 Provisionen, Verkaufsprämien oder Mehrarbeitsvergütungen, die nicht monatlich sondern kumuliert, etwa einmal im Quartal ausgezahlt werden, stellen somit kein einmaliges Arbeitsentgelt im Sinne des § 23a SGB IV dar und werden daher für die Berechnung des Mutterschaftsgeldes berücksichtigt.313 Sofern der Ausschluss sonstiger Bezüge nach § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG mehrmals im Jahr gezahlte Provisionen erfasst, führt dies also zu Ergebnissen, die den Zweck des Elterngeldes konterkarieren. Die Entwicklung des Ausschlusstatbestandes hat aber deutlich gemacht, dass die Nichtberücksichtigung von regelmäßigen Provisionszahlungen für die Elterngeldberechnung nach dem Willen des Gesetzgebers aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung hinzunehmen ist.314 Aufgrund dieser eindeutigen Gesetzeslage bleibt für eine elterngeldspezifische Auslegung des Begriffs der sonstigen Bezüge kein Raum mehr.315 cc) Lohn- und Gehaltsnachzahlungen Auch Lohn- und Gehaltsnachzahlungen sind unter bestimmten Voraussetzungen im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln. Dies ist der Fall, wenn es sich um Nachzahlungen für das Vorjahr handelt, die dem Arbeitsnehmer später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres zugeflossen sind. Dies ergibt sich unmittelbar aus LStR 39b.2 Abs. 1 Nr. 7, wonach kalenderjahresübergreifende Nachzahlungen laufenden Arbeitslohn darstellen, wenn die Zahlung innerhalb der ersten drei Wochen des nachfolgenden Kalenderjahres erfolgt, wohingegen LStR 39b.2 Abs. 2 Nr. 8 die Einordnung als sonstigen Bezug vorsieht, wenn die Zahlung dem Arbeitnehmer erst später als drei Wochen nach Ablauf des Jahres zufließt. Das bedeutet, dass Nachzahlungen, die der berechtigten Person zwar noch im Bemessungszeitraum zugeflossen sind, sich aber auf das vergangene Kalenderjahr beziehen und nicht innerhalb der ersten drei Januarwochen ausbezahlt wurden, für die Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben.316 Bei Nachzahlungen, die nicht innerhalb desselben Kalenderjahres ausbezahlt werden, kommt es somit entscheidend darauf an, ob sie noch innerhalb der ersten drei Januarwochen nachgezahlt werden. Diese Drei-Wochen-Frist ergibt sich nicht nur aus den Lohnsteuerrichtlinien, sondern ist normativ in § 39b Abs. 5 S. 2 EStG 312

jurisPK/Pietrek SGB IV § 23a Rn. 29. BeckOK-ArbR/Dahm MuSchG § 21 Rn. 16; Henssler/Willemsen/Kalb/Hergenröder MuSchG § 21 Rn. 3; Brose/Veth/Volk/Herrmann MuSchG § 21 Rn. 17 g; vgl. auch BeckOKSozR/Wagner SGB IV § 23a Rn. 3; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Roßbach SGB IV § 23a Rn. 2; jurisPK-SGB IV/Pietrek § 23a Rn. 35. 314 Vgl. BT-Drs. 18/2583, S. 25; s. a. Dau, jurisPR-SozR 11/2017 Anm. 5. 315 Vgl. auch Schütz, jurisPR-SozR 22/2019 Anm. 5. 316 Zur zeitlichen Zuordnung s. bereits oben unter I. 2. 313

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verankert. Um das Lohnsteuerabzugsverfahren zu erleichtern, kann der Arbeitgeber ausnahmsweise einen Abrechnungszeitraum verlängern, sofern der Lohnzahlungszeitraum fünf Wochen nicht übersteigt oder die Lohnabrechnung später als drei Wochen nach dessen Ablauf erfolgt.317 Da die Drei-Wochen-Frist als maßgebliches Differenzierungskriterium im EStG selbst angelegt ist, bestehen insofern keine Zweifel über die Einhaltung des Vorbehalts des Gesetzes nach § 31 SGB I.318 Auch das BSG hat bestätigt, dass Gehaltsnachzahlungen, die lohnsteuerrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln sind, vom Ausschlusstatbestand in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG erfasst werden und somit bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben.319 Abermals verweist das BSG auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers, die Einkommensermittlung im Elterngeldrecht streng an das Steuerrecht zu binden, der durch die Gesetzesentwicklung deutlich zum Ausdruck gekommen sei.320 Für eine elterngeldspezifische Auslegung des Begriffs der sonstigen Bezüge im Sinne des § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG verbleibe daher auch bei Gehaltsnachzahlungen, die noch im Bemessungszeitraum zufließen, kein Raum mehr.321 Auch der Umstand, dass die Nachzahlung möglicherweise auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Arbeitgebers zurückzuführen sei, führt nach Ansicht des BSG zu keinem anderen Ergebnis. Den Elterngeldstellen sei nicht zuzumuten, entsprechende Nachforschungen anzustellen. Etwaige Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber müssten die betroffenen Eltern somit selbst geltend machen.322 Die Nichtberücksichtigung von Gehaltsnachzahlungen für das Vorjahr, die dem Arbeitnehmer nicht innerhalb der ersten drei Wochen des Folgejahres ausbezahlt werden, ist aufgrund des steuerrechtsakzessorischen Regelungsansatzes im Elterngeldrecht zwar konsequent und der vom BSG bestätigte Ausschluss „geradezu zwingend“.323 Nicht zu überzeugen vermag jedoch das Argument des BSG, dass Stichtagsregelungen, wie die vorliegend maßgebliche Drei-Wochen-Frist, im Einzelfall stets zu Härten für die Betroffenen führen könnten.324 Denn anders als im Elterngeldrecht drohen Steuerpflichtigen infolge der Einordnung von Nachzahlungen als laufender Arbeitslohn oder sonstiger Bezug gerade keine negativen Kon317

S. a. Kirchhof/Seer/Eisgruber EStG § 39b Rn. 13. Im Ergebnis ebenso Schütz, jurisPR-SozR 22/2019 Anm. 5. 319 BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 2/18 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 5; zust. Plum, NZS 2020, 109 f.; Schütz, jurisPR-SozR 22/2019 Anm. 5. 320 BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 2/18 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 5 Rn. 22. 321 BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 2/18 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 5 Rn. 24. 322 BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 2/18 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 5 Rn. 41; zu Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber s. a. Plum, NZS 2020, 109, 110. Das LAG Düsseldorf hat einen solchen Schadensersatzanspruch bereits bestätigt, sah aber ein Mitverschulden der elterngeldberechtigten Mutter als gegeben an, sodass der Arbeitsgeber die Elterngelddifferenz nur zu 70 % ausgleichen musste (Urt. v. 27. 5. 2020 – 12 Sa 716/19, BB 2020, 1396, s. hierzu auch Köstler, AK 2020, 149). 323 Schütz, jurisPR-SozR 22/2019 Anm. 5. 324 Vgl. BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 2/18 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 5 Rn. 40. 318

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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sequenzen. Schließlich muss die Nachzahlung in jedem Fall versteuert werden, sei es im abgeschlossenen oder im aktuellen Steuerjahr. Somit wird im Rahmen der elterngeldrechtlichen Behandlung von Lohn- und Gehaltsnachzahlungen erneut deutlich, dass die Wertungen des Steuerrechts im Elterngeldrecht zu unsachgerechten und systematisch fragwürdigen Ergebnissen führen.325 Hinzu kommt, dass der Ausschluss von Gehaltsnachzahlungen der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers, einmalige Einnahmen von der Elterngeldberechnung auszuschließen, weil sie aufgrund ihres Ausnahmecharakters die Einkommensverhältnisse nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit prägen wie laufender Arbeitslohn, nicht entspricht. Aus diesem Grund liegt die Vermutung nahe, dass dem Gesetzgeber überhaupt nicht bewusst war, dass vom Ausschluss sonstiger Bezüge auch innerhalb des Bemessungszeitraums zugeflossene Gehaltsnachzahlungen erfasst werden.326 d) Sonstige Bezüge als zweckwidriges Differenzierungskriterium Die Untersuchung hat gezeigt, dass die steuerrechtsakzessorische Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen der ursprünglichen Regelungsabsicht des Gesetzgebers, einmalige Einnahmen vom Elterngeldbezug auszuschließen, nicht entspricht und der Ausschluss sonstiger Bezüge dem Sinn und Zweck des Elterngeldes mitunter entgegensteht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der steuerrechtliche Begriff der „sonstigen Bezüge“ nicht deckungsgleich mit dem ursprünglich vorgesehenen Begriff der „einmaligen Einnahmen“ ist.327 Zu den sonstigen Bezügen zählen auch Einnahmen, die nicht bloß ausnahmsweise, sondern regelmäßig fortlaufend gezahlt werden und folglich einen erheblichen Anteil am Gesamteinkommen haben können. Sofern durch den Ausschluss sonstiger Bezüge Einnahmen für die Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben, die die Einkommenssituation der Familie vor der Geburt des Kindes geprägt haben, wie es bei mehrmals im Jahr gezahlten Umsatzbeteiligungen oder Provisionen der Fall ist, steht die Regelung in § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG daher im Widerspruch zur Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes. Das Gleiche gilt für Nachzahlungen für Lohnzahlungszeiträume aus dem Vorjahr, die in den Bemessungszeitraum fallen. Durch die „starre Synchronisierung“328 mit dem Steuerrecht hat der Gesetzgeber einen viel weitreichenderen Ausschluss erreicht, als ursprünglich beabsichtigt. Aus der Entwicklung des Ausschlusstatbestandes geht aber eindeutig hervor, dass die aus 325 Dau spricht treffend von einem „Missgriff“ des Gesetzgebers, jurisPR-SozR 10/2018 Anm. 4. Gerlach hält den Ausschluss für „unbefriedigend“, SGb 2020, 479, 485. 326 Ebenso Röhl, NJW 2010, 1418, 1422. 327 Vgl. Alt, ZFSH SGB 2018, 691 f.; Schlegel, in: FS BFH I, 625, 644; s. a. BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84, 92. 328 von Koppenfels-Spies, NZS 2017, 641, 645; vgl. auch Dau, jurisPR-SozR 11/2017 Anm. 5; ders., jurisPR-SozR 10/2018 Anm. 4.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

§ 2c Abs. 1 S. 2 BEEG folgende Nichtberücksichtigung sämtlicher Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind, dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers und seinem steuerrechtsakzessorischen Regelungskonzept entsprechen. Daher ist der Rechtsprechung zuzustimmen, die die begriffliche Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen mittlerweile konsequent am materiellen Steuerrecht und den lohnsteuerlichen Vorgaben ausrichtet. Eine elterngeldspezifische Auslegung des Begriffs der sonstigen Bezüge ist verfassungsrechtlich auch nicht geboten. In diesem Zusammenhang verweist das BSG zu Recht auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.329 Wenngleich die generalisierende Betrachtungsweise, dass Einnahmen, die abweichend vom vereinbarten Zahlungsrhythmus gezahlt werden, die Einkommensverhältnisse nicht nachhaltig prägen, im Einzelfall unzutreffend ist, so ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung von Einzelfallprüfungen absehen will und einem rechtssicheren und praktikablen Verwaltungsverfahren den Vorrang einräumt. Dennoch ist der Begriff der sonstigen Bezüge ungeeignet, im Elterngeldrecht in jedem Fall zu sachgerechten Ergebnissen zu führen. In Anbetracht der erheblichen Leistungseinbußen, die Eltern in Einzelfällen drohen, wird die Sinnhaftigkeit der steuerrechtsakzessorischen Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen und des Ausschluss Letzterer von der Elterngeldberechnung daher nach wie vor kritisiert.330 Dabei ließe sich das Problem ohne größeren Aufwand dadurch lösen, dass – wie einst auch vom Bundesrat vorgeschlagen – grundsätzlich alle Bestandteile des Arbeitslohns in die Bemessungsgrundlage des Elterngeldes einfließen, sodass etwa Weihnachts- und Urlaubsgelder, Provisionen und Gehaltsnachzahlungen unabhängig von ihrer lohnsteuerrechtlichen Behandlung berücksichtigt würden.331 Es erscheint auch nicht unbillig, dass solche Zahlungen im Bezugszeitraum das Elterngeld verringern, sondern entspricht der Regelung in § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG, wonach elterngeldrelevantes Einkommen nach der Geburt des Kindes die Höhe des Auszahlungsbetrags reduziert. Einschränkend sollten lediglich einmalige Sonderzahlungen weiterhin unbeachtlich bleiben. Aufgrund ihres Ausnahmecharakters würde die Berücksichtigung etwa von außer der Reihe gezahlten Jubiläumszuwendungen die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes nämlich verzerren.

329 Vgl. BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 1 Rn. 48 f.; BSG Urt. v. 14. 12. 2017 – B 10 EG 7/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 2 Rn. 47 f.; BSG Urt. v. 27. 6. 2019 – B 10 EG 2/18, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 5 Rn. 39. 330 S. a. Schütz, jurisPR-SozR 7/2018 Anm. 4; Gerlach, SGb 2020, 470, 485. 331 Vgl. BR-Drs. 426/06 (B), S. 2. Ebenso Alt, ZFSH/SGB 2018, 691, 695; Gräf, SGb 2018, 577, 582; Löbner, SRa 2014, 1, 3; s. a. Dau, jurisPR-SozR 21/2009 Anm. 5.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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4. Zulässigkeit eines Lohnsteuerklassenwechsels Während die bisher untersuchten Konsequenzen der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung überwiegend zu einer Verringerung des Elterngeldbezugs führen, können Berechtigte durch einen Wechsel der Lohnsteuerklasse vor der Geburt des Kindes ihr Elterngeld unter Umständen deutlich erhöhen. Beim Steuerrecht handelt es sich um ein Rechtsgebiet, das in hohem Maße von der Mitwirkung der Steuerpflichtigen abhängig ist und zahlreiche Möglichkeiten zur Steueroptimierung vorsieht.332 Durch die Anknüpfung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an das Steuerrecht werden diese steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten in das Elterngeldrecht implementiert.333 Die Lohnsteuerklasse spielt bei der Elterngeldberechnung eine wichtige Rolle. Bemessungsgrundlage des Elterngeldes bei abhängig Beschäftigten ist gem. § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 BEEG das um Steuern und Sozialabgaben verminderte Bruttoerwerbseinkommen. Die für den Steuerabzug nach § 2e BEEG erforderlichen Merkmale ergeben sich gem. § 2c Abs. 3 S. 1 BEEG aus den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen, die für den letzten Monat des Bemessungszeitraums erstellt wurden.334 Der Steuerabzug für die Berechnung des Elterngeld-Netto wird somit grundsätzlich einheitlich anhand der Lohnsteuerklasse vorgenommen, die die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes zuletzt hatte.335 Da der Steuerabzug in Steuerklasse III niedriger ist als in Steuerklasse IV oder V, lässt sich der monatliche Elterngeldbezug erhöhen, wenn der elterngeldbeziehende Elternteil vor der Geburt in die Steuerklasse III wechselt. Die finanzielle Tragweite eines Lohnsteuerklassenwechsels verdeutlicht folgendes Beispiel: Bei einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von 3.000 Euro beträgt das Nettoeinkommen in Steuerklasse V rund 1.477 Euro. Daraus ergibt sich ein monatliches Elterngeld von rund 906 Euro. In Steuerklasse III verringert sich der Steuerabzug, sodass ein Nettoeinkommen von rund 2.105 Euro bleibt. Dies entspricht einem monatlichen Elterngeld von rund 1.314 Euro. Bei Inanspruchnahme des vollen Bezugszeitraums von zwölf Monaten ließe sich durch einen Lohnsteuerklassenwechsel in diesem Beispiel der Gesamtbetrag des Elterngeldes insgesamt um rund 4.900 Euro erhöhen. Im Folgenden wird zunächst die Funktion eines Lohnsteuerklassenwechsels im Steuerrecht erläutert (a)). Danach werden die elterngeldrelevanten Konstellationen 332

S. hierzu etwa Lenz/Gerhard, die mit Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 14. 4. 1959 – 1 BvL 23/57, 1 BvL 34/57, BVerfGE 9, 237) und des BFH (Urt. v. 18. 7. 2001 – I R 48/97, BFHE 196, 128) sogar von einem „Grundrecht auf steueroptimierende Gestaltung“ sprechen, BB 2007, 2429, 2431. 333 Gühlstorf, ZfF 2012, 49, 53. 334 Bis zur Neufassung des § 2c BEEG durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs (v. 10. 9. 2012, BGBl. I, S. 1878) wurden die steuerlichen Abzugsmerkmale für jeden Monat einzeln bestimmt. 335 Zum Abzug von Steuern und Sozialabgaben s. o. A. III. 3.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

(b)) und die zeitlichen Mindestanforderungen eines Wechsels (c)) näher betrachtet. Anschließend wird untersucht, ob einem leistungserhöhenden Steuerklassenwechsel der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden kann (d)) und welche Auswirkungen ein Wechsel der Steuerklasse auf die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes hat (e)). a) Funktion eines Lohnsteuerklassenwechsels im Steuerrecht Für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs sind Arbeitnehmer gem. § 38b Abs. 1 S. 1 EStG entsprechend ihrer Besteuerungsmerkmale in eine der sechs verschiedenen Steuerklassen einzureihen. Arbeitnehmer, die verheiratet und unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, können dabei zwischen unterschiedlichen Steuerklassenkombinationen wählen. Sie werden grundsätzlich beide in die Steuerklasse IV eingeordnet, können sich aber auch in die Steuerklassen III und V aufteilen.336 Welche Steuerklassenkombination im Einzelfall am besten geeignet ist, hängt von den individuellen Einkommensverhältnissen der Eheleute ab. Die Steuerklassenkombination IV/IV geht von einem annähernd gleich hohen Verdienst aus. Ab einer Einkommensverteilung von etwa 60 % zu 40 % ist die Aufteilung in die Steuerklassen III und V für das Paar günstiger, weil der Splittingvorteil einer gemeinsamen Veranlagung bereits beim monatlichen Lohnsteuerabzug zum Tragen kommt.337 Bei einer den Einkommensverhältnissen entsprechenden Steuerklassenkombination bildet auch der monatliche Lohnsteuerabzug anteilig bereits die Höhe der Jahressteuerschuld ab, sodass am Ende des Steuerjahres keine Rück- oder Nachzahlungen entstehen.338 Damit der monatliche Lohnsteuerabzug auch bei Einkommensveränderungen unter dem Jahr möglichst der anteiligen Jahressteuerschuld entspricht, räumt § 39 Abs. 6 S. 3 EStG Eheleuten die Möglichkeit eines Steuerklassenwechsels ein.339 Der Wechsel der Lohnsteuerklasse ist an keine zusätzlichen materiellen Voraussetzungen geknüpft. Somit ist auch die Wahl einer steuerlich ungünstigen Steuerklasse ohne Weiteres möglich.340 Eine wirtschaftlich unvernünftige Steuerklassenkombination, wenn etwa der Ehegatte mit dem höheren Einkommen in Steuerklasse V und der Ehegatte mit dem niedrigeren Einkommen in Steuerklasse III wechselt, führt lediglich dazu, dass dem Paar unter dem Jahr ein geringeres Nettoeinkommen zur Verfügung steht. Der überhöhte Steuerabzug kann im Rahmen der Einkommen336 Kirchhof/Seer/Eisgruber EStG § 38b Rn. 3. Ferner können sie auch die Einreihung in die Steuerklassen IV/IV mit Faktor beantragen, s. hierzu Blümich/Thürmer EStG § 39f Rn. 30 f.; s. a. Ende/Beyer-Petz, DStR 2009, 2583 ff. 337 Gühlstorf, ZfF 2012, 49, 54; Rancke/Lenz BEEG § 2e Rn. 4; Röhl, jurisPR-SozR 23/ 2009 Anm. 5; s. a. Blümich/Thürmer EStG § 38b Rn. 26. 338 Blümich/Thürmer EStG § 38b Rn. 11. 339 Blümich/Thürmer EStG § 39 Rn. 83. 340 Krüger, Rechtsmissbrauch, S. 118; Röhl, NJW 2010, 1418, 1421.

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steuererklärung aber geltend gemacht werden, sodass Überzahlungen vom Finanzamt erstattet werden.341 Letztlich wirkt sich ein überhöhter monatlicher Steuerabzug infolge einer „unpassenden“ Steuerklassenkombination für die Eheleute daher nicht nachteilhaft aus. b) Elterngeldrelevante Konstellationen Ein leistungserhöhender Lohnsteuerklassenwechsel kommt im Elterngeldrecht nur in bestimmten Konstellationen in Betracht.342 Erste Voraussetzung ist, dass die anspruchsberechtigte Person verheiratet ist, da § 39 Abs. 6 S. 3 EStG die Möglichkeit eines Steuerklassenwechsels nur bei Eheleuten vorsieht. Verdienen beide Elternteile in etwa gleich viel, lohnt sich ein Wechsel zudem nur, wenn ein Elternteil alleine oder die weit überwiegende Zeit Elterngeld in Anspruch nimmt. Teilen die Eltern die ihnen zustehenden Bezugsmonate gleichmäßig untereinander auf, würde sich ein etwaiger Vorteil aufheben. Verdient ein Elternteil deutlich mehr als der andere, kann sich ein Wechsel der Steuerklasse aber auch bei einer ausgeglichenen Verteilung der Elterngeldmonate positiv auswirken: Das ist der Fall, wenn das Erwerbseinkommen des Elternteils, der in die ungünstigere Steuerklasse V wechselt, so hoch ist, dass er auch nach dem Steuerabzug den Elterngeldhöchstsatz von 1.800 Euro erreicht. Die typische Konstellation eines Lohnsteuerklassenwechsels im Elterngeldrecht sieht wie folgt aus: Da Frauen oftmals ein geringeres Einkommen als ihr Ehemann haben, werden sie häufig in Steuerklasse V und der Ehemann entsprechend in Steuerklasse III veranlagt. Soll die Mutter nach der Geburt des Kindes die meiste Zeit Elterngeld in Anspruch nehmen, wechseln die Eheleute vor der Geburt die Steuerklassen. Durch den Steuerabzug nach Steuerklasse III verringert sich die Steuerlast der Mutter, sodass sich die Bemessungsgrundlage erhöht und sie ein höheres Elterngeld erzielt. c) Zeitliche Mindestanforderung Ein Steuerklassenwechsel ist im Elterngeldrecht in zeitlicher Hinsicht allerdings nicht einschränkungslos beachtlich, sondern an bestimmte Mindestvoraussetzungen geknüpft. Abweichend von der Regelung in § 2c Abs. 3 S. 1 BEEG bestimmt § 2c Abs. 3 S. 2 BEEG, dass die zuletzt angegebene Steuerklasse nicht berücksichtigt wird, wenn ein anderes Abzugsmerkmal in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten hat. Wann ein „Überwiegen“ im Sinne des § 2c Abs. 3 S. 2 BEEG vorliegt, wird allerdings nicht einheitlich beurteilt. Teilweise wird gefordert, dass ein Wechsel 341 342

Dau, SGb 2009, 261, 262. Umfassend Schramm, FRP 2007, 342, 343 f.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

mindestens sieben Monate vor der Geburt des Kindes erfolgen müsse.343 Diesem Ergebnis steht aber bereits der Wortlaut der Vorschrift entgegen. Gem. § 2c Abs. 3 S. 2 BEEG soll das zuletzt gültige Abzugsmerkmal nur dann ausnahmsweise nicht gelten, wenn eine andere Angabe in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten hat. Erforderlich ist also nicht, dass die neue Steuerklasse zeitlich überwiegt, sondern nur, dass dies bei der vorherigen nicht der Fall ist. Ein Überwiegen liegt aber noch nicht vor, wenn beide Abzugsmerkmale gleich lang galten. Erfolgt der Wechsel also spätestens nach sechs Monaten des Bemessungszeitraums, so wird die neue Steuerklasse als maßgebliches Abzugskriterium zugrunde gelegt.344 Dieses Verständnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach das zuletzt geltende Abzugsmerkmal nur ausnahmsweise nicht angewendet werden soll, wenn ein anderes aufgrund seiner zeitlichen Dominanz die vorgeburtlichen Einkommensverhältnisse stärker geprägt hat.345 Bei einem mehrmaligen Wechsel im Bemessungszeitraum ist ein etwaiges Überwiegen eines Abzugsmerkmals anhand einer relativen Betrachtungsweise zu ermitteln.346 Das bedeutet, dass eine ältere Steuerklasse bereits überwiegt, wenn sie länger galt als eine der neueren Steuerklassen für sich genommen.347 Nicht erforderlich ist, dass die alte Steuerklasse stets mehr als die Hälfte der Monate des Bemessungszeitraums, also mindestens sieben Monate gegolten hat.348 Hat ein mehrfacher Wechsel zur Folge, dass kein Abzugsmerkmal länger als ein anderes galt, bleibt es dabei, dass der Elterngeldberechnung das letztgeltende Merkmal zugrunde zu legen ist, auch wenn dieses für sich genommen kürzer galt als die beiden anderen.349 Hat die berechtigte Person zu Beginn des Bemessungszeitraums Steuerklasse I, erhält dann nach fünf Monaten infolge einer Heirat Steuerklasse IV und wechselt nach weiteren fünf Monaten in Steuerklasse III, erfolgt der Steuerabzug anhand der zuletzt maßgeblichen Steuerklasse III. Diese galt zwar nur zwei Monate des Bemessungszeitraums und somit kürzer als jeweils die Steuerklassen I und IV. Da aber keine Steuerklasse länger galt als eine andere und somit kein Überwiegen eines einzelnen Merkmals gegeben ist, bleibt es bei der Grundregel

343

Schmidt, NWB 2012, 3448, 3451. Rancke/Lenz BEEG § 2c Rn. 10; vgl. auch BT-Drs. 17/9841, S. 22. 345 Vgl. BSG Urt. v. 28. 3. 2019 – B 10 EG 8/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 6 Rn. 22. 346 BSG 28. 3. 2019 – B 10 EG 8/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 6 Rn. 20; s. a. BMFSFJ/211 RL-BEEG (06/2020) 2c.3.2.2. 347 BSG Urt. v. 28. 3. 2019 – B 10 EG 8/17 R, SozR 4 – 7837 § 2c Nr. 6 Rn. 19; zust. Filges, NZS 2019, 714; BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2c Rn. 17. 348 BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2c Rn. 17; BMFSFJ/211 RL-BEEG (06/2020) 2c.3.2.2; a. A. Helmke/Bauer/Helmke BEEG § 2c Rn. 21. 349 LSG Darmstadt Urt. v. 30. 11. 2015 – L 5 EG 3/15, juris; s. dazu auch Dau, jurisPR-SozR 11/2019 Anm. 4. 344

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in § 2c Abs. 3 S. 1 BEEG, wonach auf das Abzugsmerkmal abzustellen ist, das im letzten Monat des Bemessungszeitraums maßgeblich war.350 d) Einwand des Rechtsmissbrauchs? Aufgrund des erheblichen finanziellen Vorteils, den Eltern durch einen Lohnsteuerklassenwechsel erzielen können, stellt sich die Frage, ob einem leistungserhöhenden Lohnsteuerklassenwechsel im Elterngeldrecht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegensteht. aa) Rechtsmissbrauchsverbot als allgemeiner Rechtsgedanke Beim Verbot des Rechtsmissbrauchs handelt es sich um einen allgemeinen Rechtsgedanken, der maßgeblich durch die zivilrechtlichen Wertungen des in § 242 BGB verankerten Grundsatzes von Treu und Glauben geprägt ist.351 Die Funktion des Rechtsmissbrauchsverbots liegt in der Beschränkung einer formell bestehenden Rechtsposition, um zu einer Rechtsfolge zu gelangen, die als angemessen angesehen wird.352 In der Rechtsfolge führt der Einwand des Rechtsmissbrauchs dazu, dass die Ausübung oder Durchsetzung eines Rechtes auf Dauer oder zeitweilig verwehrt ist.353 Nach allgemeiner Definition liegt ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vor, wenn die Handlung keinem schutzwürdigen Eigeninteresse dient oder schutzwürdige Interessen der Gegenpartei entgegenstehen und die Rechtsausübung zudem zu einem grob unbilligen und mit den Anforderungen der Gerechtigkeit nicht mehr zu vereinbarendem Ergebnis führen würde.354 Um die zwischen den Parteien bestehende Rechtslage zu würdigen und eine angemessene Rechtsfolge zu finden, ist eine objektive Interessenabwägung vorzunehmen, bei der auch rechtsethische Prinzipien zu berücksichtigen sind.355 Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten kann danach zum Beispiel in der Ausnutzung formaler Rechtspositionen liegen, die im Widerspruch zu den zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen stehen.356 Ausgehend von diesem zivilrechtlichen Begriffsverständnis wurde teilweise angenommen, dass die Wahl einer Steuerklassenkombination im Elterngeldrecht, die 350 LSG Darmstadt Urt. v. 30. 11. 2015 – L 5 EG 3/15, juris Rn. 25; s. a. BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2c Rn. 17.1. 351 MüKo/Schubert BGB § 242 Rn. 158; umfassend zum widersprüchlichen Handeln im Recht Guski, Rechtsmissbrauch als Paradoxie (2019). 352 Krüger, Rechtsmissbrauch, S. 38, 45; MüKo/Schubert BGB § 242 Rn. 200. 353 MüKo/Schubert BGB § 242 Rn. 199 f.; vgl. BGH Beschl. v. 19. 9. 2002 – V ZB 30/02, NJW 2002, 3704, 3708. 354 Jauernig/Mansel BGB § 242 Rn. 37; Schulze/Schulze BGB § 242 Rn. 22. 355 MüKo/Schubert BGB § 242 Rn. 200; vgl. auch Krüger, Rechtsmissbrauch, S. 43. 356 BGH Urt. v. 25. 2. 1987 – VIII ZR 47/86, BGHZ 100, 95; vgl. auch Jauernig/Mansel BGB § 242 Rn. 42 sowie MüKo/Schubert BGB § 242 Rn. 245.

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einzig dazu dient, dem schlechter verdienenden Ehegatten ein höheres Nettoeinkommen und somit letztlich ein höheres Elterngeld zu verschaffen, rechtsmissbräuchlich sei.357 Der Steuerklassenwechsel beruhe in einem solchen Fall auf systemfremden Erwägungen, sodass er für die Berechnung des Elterngeldes unbeachtlich bleiben müsse.358 Diese Auffassung hat zunächst auch das zuständige Familienministerium vertreten und einen leistungserhöhenden Lohnsteuerklassenwechsel in den Richtlinien zum BEEG für unbeachtlich erklärt.359 Das Ministerium argumentierte, dass es dem Zweck der Steuerklassen widerspräche, wenn Eheleute eine Steuerklassenkombination wählten, die zu einem überhöhten monatlichen Steuerabzug führe und nur hingenommen werde, weil es nach Abschluss des Steuerjahres zu einer entsprechend hohen Rückzahlung komme.360 bb) Die Figur des Rechtsmissbrauchs im Sozialrecht Aufgrund der öffentlich-rechtlichen Einbettung gesetzlich begründeter Ansprüche auf Sozialleistungen hat die Figur des Rechtsmissbrauchs im Sozialrecht jedoch eine besondere Konkretisierung erfahren.361 Nach der Rechtsprechung des BSG kann ein Recht auf Sozialleistung nur dann nicht geltend gemacht werden, wenn darin ein sozial unangemessen Verhalten liegt, das der rechtsethischen Funktion des Rechts widerspricht.362 Die rechtsethische Funktion ist dabei eng mit dem Schutzzweck der Norm verknüpft, sodass sich der Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs hieran orientieren muss.363 In einer jüngeren Entscheidung hat das BSG weiter konkretisiert, dass der Schutzbereich der Norm, Sinn und Zweck des Rechts und damit auch seine rechtsethische Funktion zuvorderst durch den Gesetzgeber selbst bestimmt werden.364 Ob im Bereich sozialstaatlicher Leistungsgewährung ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegt, kann sich daher nicht nach der rechtsethischen Anschauung des Rechtsanwenders bestimmen, sondern allein danach, ob „der Gesetzgeber rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten übersehen hat, die sich erst bei der späteren

357 Nur SG Berlin Urt. v. 17. 3. 2008 – S 2 EG 24/08, juris Rn. 16 ff.; zust. Dau, SGb 2009, 261, 263. 358 SG Berlin Urt. v. 17. 3. 2008 – S 2 EG 24/08, juris Rn. 17 f. 359 BMFSFJ/204 RL-BEEG (12/2006) 2.7.3.3. 360 BMFSFJ/204 RL-BEEG (12/2006) 2.7.3.3. 361 S. hierzu umfassend Krüger, Rechtsmissbrauch (2018). 362 BSG Urt. v. 7. 11. 1979 – 9 RVg 2/78, BSGE 49, 104, 111 f.; BSG Urt. v. 23. 10. 1985 – 9a RVg 4/83, BSGE 59, 40, 45. 363 BSG Urt. v. 23. 10. 1985 – 9a RVg 4/83, BSGE 59, 40, 45; BSG Urt. v. 22. 3. 1995 – 10 RAr 1/94, BSGE 76, 67, 69. Zur Bedeutung des Schutzzwecks der Norm im Rahmen der Rechtsmissbrauchsprüfung s. Krüger, Rechtsmissbrauch, S. 137. 364 BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 3/08 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 1 Rn. 28.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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Anwendung des Gesetzes zeigten, und er diese nach seiner sonstigen Zielsetzung mit Sicherheit unterbunden hätte“.365 (1) Kein elterngeldspezifisches Verbot Ausgehend von dieser Prämisse steht dem Einwand des Rechtsmissbrauchs im Elterngeldrecht bereits entgegen, dass der Gesetzgeber die Problematik eines leistungserhöhenden Steuerklassenwechsels erkannt, ein entsprechendes Verbot aber nicht geregelt hat.366 Schon im Gesetzgebungsverfahren wurden die Auswirkungen eines Steuerklassenwechsels in den Beratungen des Bundestages diskutiert.367 Eine begrenzende Regelung wurde aber auch im Zuge späterer Gesetzesänderungen nicht eingeführt.368 Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zur Begrenzung eines leistungserhöhenden Steuerklassenwechsels nicht gesehen hätte. Würde der bestehende Gestaltungsspielraum nachträglich durch den Einwand des Rechtsmissbrauches korrigiert, würde dies vielmehr dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen. (2) Unbeachtlichkeit eines Steuerklassenwechsels gem. § 153 Abs. 3 SGB III Gegen die Annahme, dass der Gesetzgeber die Auswirkungen eines Steuerklassenwechsels übersehen haben könnte, spricht zudem, dass im Arbeitsförderungsrecht die Unbeachtlichkeit eines leistungserhöhenden Steuerklassenwechsels eindeutig geregelt ist.369 Gem. § 153 Abs. 3 S. 1 SGB III wird ein Wechsel der Lohnsteuerklasse unter Eheleuten für die Berechnung des Arbeitslosengeldes nur berücksichtigt, wenn die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprechen oder sich aufgrund der neu eingetragenen Lohnsteuerklassen ein niedrigeres Arbeitslosengeld ergibt als ohne den Wechsel. Im Rahmen des beitragsfinanzierten Arbeitslosengeldes soll durch dieses Verbot eine Manipulation zulasten der Versichertengemeinschaft verhindert werden.370 Dem Sozialgesetzgeber sind die Auswirkungen eines Steuerklassenwechsels auf die Höhe der Leistung also bekannt. Es wäre ein Leichtes gewesen, ein entsprechendes Verbot im Elterngeldrecht zu normieren. Aus diesem Grund spricht das 365

BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 3/08 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 1 Rn. 28. BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 3/08 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 1 Rn. 31; Röhl sieht darin den entscheidenden Aspekt gegen das Vorliegen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens, s. NJW 2010, 1418, 1421. 367 Plenarprotokoll 16/55 der 55. Sitzung des Bundestages, S. 5356 ff.; abrufbar unter http: //dip21.bundestag.de/dip21/btp/16/16055.pdf (1. 9. 2021). 368 Beyer-Petz, DStR 2008, 2326 ff.; dies., DStR 2009, 2266; krit. Dau, SGb 2011, 198, 202; ders., jurisPR-SozR 2/2015 Anm. 4. 369 BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 3/08 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 1 Rn. 32; zust. Röhl, jurisPR-SozR 23/2009 Anm. 5. 370 Gagel/Rolfs SGB III § 153 Rn. 48 ff. 366

140

2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

Fehlen einer gestaltungsbeschränkenden Parallelvorschrift im Elterngeldrecht dafür, dass ein leistungserhöhender Steuerklassenwechsel bei der Elterngeldberechnung nicht unberücksichtigt bleiben darf.371 (3) Keine Übertragbarkeit des zivilrechtlichen Maßstabes Fraglich ist jedoch, ob sich der Einwand des Rechtsmissbrauchs damit begründen lässt, dass nach der Rechtsprechung des BAG ein Steuerklassenwechsel, der allein der Erhöhung des Arbeitgeberzuschusses beim Mutterschaftsgeld dient, rechtsmissbräuchlich und darum unbeachtlich ist.372 Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld soll die Einkommensdifferenz einer Arbeitnehmerin zwischen dem von der Krankenkasse zu leistenden Mutterschaftsgeld in Höhe von 13 Euro pro Kalendertag und ihrem tatsächlichen Erwerbseinkommen für die Zeit der Schutzfristen vor und nach der Geburt ausgleichen.373 Bemessungsgrundlage des Zuschusses ist gem. § 20 Abs. 1 S. 2 MuSchG das um die gesetzlichen Abzüge verminderte durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt, sodass sich auch hier die Steuerklasse auf die Höhe des Bemessungsentgelts auswirkt. Wenngleich die Ausgangssituation für die Berechnung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld einerseits und des Elterngeldes andererseits auf den ersten Blick ähnlich erscheinen mag, so bestehen zwischen beiden Leistungen gewichtige strukturelle Unterschiede: Beim Zuschuss zum Mutterschaftsgeld handelt es sich um einen dem Arbeitgeber kraft Gesetzes auferlegten, privatrechtlich verankerten Entgeltzahlungsanspruch.374 Grundlage dieses Anspruches ist das Arbeitsverhältnis zwischen dem einzelnen Arbeitgeber und der betroffenen Mutter. Ein Steuerklassenwechsel vor der Geburt würde sich somit unmittelbar auf die privaten Rechtsgüter des Arbeitsgebers auswirken. Beim Elterngeld handelt es sich dagegen um einen gesetzlich verbürgten Anspruch gegenüber dem Staat, sodass sich ein leistungserhöhender Steuerklassenwechsel allein zulasten des Fiskus auswirkt.375 Da die zivilrechtliche Vertragsbeziehung für die beteiligten Partner eine stärkere Bindung begründet, als es in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen zwischen Bürgern und Trägern hoheitlicher Gewalt der Fall ist, sind die Wertungen des Zivilrechts, wonach die schutzwürdigen Interessen der gleichberechtigten Vertrags371

BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 3/08 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 1 Rn. 32; zust. BeyerPetz, DStR 2009, 2266; Croissant, NZS 2013, 713, 716 f.; Röhl, jurisPR-SozR 23/2009 Anm. 5; a. A. Dau, SGb 2009, 261, 263. 372 Vgl. BAG Urt. v. 22. 10. 1986 – 5 AZR 733/85, NZA 1987, 703; BAG Urt. v. 18. 9. 1991 – 5 AZR 581/90, NZA 1992, 411; krit. Croissant, NZA 2013, 713 ff. 373 Arbeitnehmerinnen, die nicht gesetzlich krankenversichert sind, erhalten gem. § 19 Abs. 2 MuSchG ein entsprechendes Mutterschaftsgeld vom Bundesamt für soziale Sicherung, s. im Einzelnen Brose/Veth/Volk/Herrmann MuSchG § 20 Rn. 51 ff. 374 Roos/Bieresborn/Roos MuSchG § 20 Rn. 1; ErfK/Schlachter MuSchG § 20 Rn. 2. 375 Vgl. Röhl, jurisPR-SozR 23/2009 Anm. 5.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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partner auszutarieren sind, auf das Elterngeldrecht nicht ohne Weiteres übertragbar.376 Vielmehr gibt der Gesetzgeber im Sozialrechtsverhältnis bei gebundenen Leistungsansprüchen die vorzunehmende Interessenabwägung weitgehend selbst vor.377 Im Elterngeldrecht hat der Gesetzgeber dies durch die ausdrückliche Nichtregelung eines Steuerklassenwechselverbots eindeutig bestimmt. Für die Anspruchsberechtigten dürfte es zwar kaum nachvollziehbar sein, dass ein Steuerklassenwechsel vor der Geburt des Kindes für die Berechnung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld unbeachtlich bleibt, während ein rechtzeitiger Wechsel im Elterngeldrecht uneingeschränkte Berücksichtigung findet. Mangels einer gesetzlichen Reglementierung im Elterngeldrecht ist dieses Ergebnis aber hinzunehmen. Der vom BAG für die Berechnung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld aufgestellte Maßstab, der für die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entscheidend ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Da es sich beim Elterngeld nicht um einen zivilrechtlich verankerten, sondern um einen öffentlich-rechtlich eingebetteten Anspruch handelt, können die Wertungen des BAG auf das Elterngeld nicht übertragen werden. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs lässt sich einem leistungserhöhenden Steuerklassenwechsel im Elterngeldrecht somit nicht entgegengehalten. e) Verzerrung der Einkommensersatzfunktion Unter Berücksichtigung der besonderen Zusammenhänge im Rahmen öffentlichrechtlicher Schuldverhältnisse wird der Einwand des Rechtsmissbrauchs bei einem leistungserhöhenden Lohnsteuerklassenwechsel im Elterngeldrecht zurecht zurückgewiesen.378 Angesichts der steuerrechtsakzessorischen Ausrichtung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs ist die Zulässigkeit eines Lohnsteuerklassenwechsels im Elterngeldrecht auch konsequent. Schließlich ist steuerrechtlich auch die Wahl einer Lohnsteuerklassenkombination gestattet, die die tatsächlichen Einkommensverhältnisse der Eheleute nicht korrekt widerspiegelt. Überzeugend ist die Nichtbeschränkung insbesondere aufgrund der begrenzenden Regelung in § 153 Abs. 3 S. 1 SGB III jedoch nicht.379 Auch dem Zweck des El376 BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 3/08 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 1 Rn. 36; zust. Röhl, jurisPR-SozR 23/2009 Anm. 5; a. A. Dau, SGb 2009, 261, 263. 377 Röhl, jurisPR-SozR 23/2009 Anm. 5; s. a. Krüger, Rechtsmissbrauch, S. 146 f. 378 Auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung wurde der Einwand des Rechtsmissbrauchs überwiegend abgelehnt, s. BSG Urt. v. 25. 6. 2009 – B 10 EG 3/08 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 1; LSG NRW Urt. v. 12. 12. 2008 – L 13 EG 40/08, FamRZ 2009, 1524; LSG NRW Urt. v. 16. 1. 2009 – L 13 EG 51/08, SozSichplus 2009, Nr. 1, 11; a. A. nur SG Berlin Urt. v. 17. 3. 2008 – S 2 EG 24/08, juris. 379 Ebenso Dau, SGb 2011, 198, 202; vgl. auch Röhl, NJW 2010, 1418, 1424. Seiler forderte bereits im Gesetzgebungsverfahren, das Elterngeldrecht an dieser Stelle vom Steuerrecht „ab[zu]koppeln“, s. Wortprotokoll des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend v. 3. 7. 2006, Nr. 16/16, S. 40, abrufbar unter https://www.elterngeld.net/quellen/Elterngeld-Anhoe rung.pdf (1. 9. 2021).

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

terngeldes steht die Zulässigkeit eines Steuerklassenwechsels entgegen. Aus der Einkommensersatzfunktion folgt, dass die Höhe des Elterngeldes das zuletzt tatsächlich verfügbare Nettoeinkommen widerspiegeln muss. Ebenso wie ein zu geringes Elterngeld knüpft aber auch ein überhöhter Leistungsbezug nicht konsequent an die tatsächlichen Einkommensverhältnisse an. Die Zulässigkeit eines leistungserhöhenden Lohnsteuerklassenwechsels verfälscht vielmehr die vorgeburtliche Einkommenssituation. Am Beispiel des Lohnsteuerklassenwechsels wird abermals deutlich, welche Konsequenzen die uneingeschränkte Übertragung der steuerrechtlichen Systematik in das Elterngeldrecht hat. Die Zulässigkeit eines Lohnsteuerklassenwechsels ist im Steuerrecht sinnvoll, denn sie stellt eine gleichmäßige Besteuerung auch bei sich verändernden Einkommensverhältnissen der Eheleute sicher und vermeidet so im Interesse alle Beteiligten Rück- oder Nachzahlungen am Ende des Steuerjahres. Außerhalb des Steuerrechts kann ein Lohnsteuerklassenwechsel dagegen zu Verzerrungen führen, denen der Gesetzgeber im Arbeitsförderungsrecht durch die Regelung in § 153 Abs. 3 S. 1 SGB III entgegenzuwirken verstand. 5. Zwischenergebnis zum Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit Die Auswirkungen der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung auf den Elterngeldbezug zeigen sich bei Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit besonders deutlich. An zahlreichen Stellen führt die Anbindung an das Steuerrecht dazu, dass nicht diejenigen Einkünfte aus Erwerbtätigkeit in die Bemessungsgrundlage des Elterngeldes einfließen, die nach der Geburt des Kindes ausfallen, und der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes entsprechend daher auszugleichen wären. In vielen Konstellationen bleiben Einkommensbestandteile unberücksichtigt, was zu einer Verzerrung der elterngeldrechtlichen Einkommensersatzfunktion führt. Dies ist zum einen der Fall, wenn steuerfreie Einnahmen, die einen nicht unwesentlichen Anteil am Gesamteinkommen haben, nicht in die Bemessungsgrundlage einfließen. Das gleiche gilt für Provisionen, die zwar als sonstige Bezüge versteuert wurden, aber nicht nur ausnahmsweise, sondern mehrmals im Jahr, regelmäßig fortlaufend, gezahlt wurden und aufgrund der Regelmäßigkeit der Zahlung die Einkommensverhältnisse vor der Geburt des Kindes jedenfalls mitgeprägt haben. Auch die Außerachtlassung von Gehaltsnachzahlungen, die lohnsteuerrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln sind, aber im maßgeblichen Bemessungszeitraum erarbeitet wurden, steht der Einkommensersatzfunktion entgegen. Dabei muss die Anbindung an das Steuerrecht für die Berechtigten nicht unbedingt leistungsmindernde Konsequenzen haben. Durch den Wechsel der Lohnsteuerklasse können verheiratete Elterngeldpaare ihren Elterngeldbezug deutlich erhöhen. Die Bemessungsgrundlage des Elterngeldes entspricht in diesen Fällen ebenfalls nicht der Summe der nach der Geburt des Kindes ausfallenden Einkünfte, sodass

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

143

auch die Zulässigkeit eines leistungserhöhenden Lohnsteuerklassenwechsels zu einer Verzerrung der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes führt.

II. Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit Obwohl die weit überwiegende Zahl der Elterngeldberechtigten vor der Geburt des Kindes Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit erzielt und die Einkommensermittlung bei Selbständigen im Elterngeldrecht somit eine untergeordnete Rolle spielt, wirft die steuerrechtsakzessorische Einkommensermittlung auch hier zahlreiche Fragen auf.380 Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass bei Selbständigen der unmittelbare Zusammenhang zwischen Ausübung der Erwerbstätigkeit und Einkommenserzielung sowie zwischen Erwerbsaufgabe und Einkommensausfall nicht im gleichen Maße gegeben ist wie bei abhängig Beschäftigten. Hinzu kommt, dass das Steuerrecht für Selbständige eine Vielzahl unterschiedlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorsieht, die die Höhe des Elterngeldes beeinflussen können. Welche Auswirkungen die Anbindung an das Steuerrecht bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2d BEEG hat, wird im folgenden Abschnitt anhand von drei Problemfeldern untersucht. Zunächst werden die unmittelbaren Konsequenzen der Ausrichtung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs am Steuerrecht erörtert. Dazu zählen die Berücksichtigung tätigkeitsunabhängiger Einnahmen (1.) sowie die Zulässigkeit steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten (2.). Anschließend werden die Auswirkungen der Verschiebung des Bemessungszeitraums nach § 2b Abs. 2 und 3 BEEG näher beleuchtet, bei denen es sich um mittelbare Folgen der Anbindung an das Steuerrecht handelt (3.). 1. Berücksichtigung tätigkeitsunabhängiger Einnahmen Das Elterngeld ist im Wesentlichen als Einkommensersatzleistung ausgestaltet. Innerhalb der Grenzen des 300 Euro-Sockel- und des 1.800 Euro-Höchstbetrages soll es die Einkommenseinbußen teilweise ausgleichen, die sich aus der Einschränkung oder Aufgabe der Erwerbstätigkeit nach der Geburt des Kindes ergeben. Für die Berechnung des Elterngeldes soll gem. § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG deshalb nur das 380

Im Jahr 2020 haben rund 94 % der Anspruchsberechtigten, die vor der Geburt Erwerbseinkommen hatten, Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2c BEEG erzielt. Nur rund 2,3 % hatten ausschließlich Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2d BEEG. Weitere 3,7 % hatten vor der Geburt Mischeinkünfte, also sowohl Einkommen aus selbständiger als auch aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit, s. Destatis, Elterngeldstatistik 2020, S. 17 Tab. 10, abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/The men/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Elterngeld/Publikationen/Downloads-Elterngeld/elterngeldleistungsbezuege-j-5229210207004.pdf?__blob=publicationFile (1. 9. 2021). Vgl. auch Grübnau-Rieken, der die Einkommensermittlung bei Selbständigen als „besonders schwierig“ beschreibt, NZS 2016, 737.

144

2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt werden. Einkünfte, die nicht mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Zusammenhang stehen, wie zum Beispiel Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 EStG) oder aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EStG), fallen nicht aus, wenn die Erwerbstätigkeit unterbrochen oder reduziert wird, und sollen daher für die Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben.381 Nach der Grundkonzeption des Elterngeldes sollen sich solche tätigkeitsunabhängigen Einnahmen also weder im Bemessungszeitraum leistungserhöhend auswirken, noch sollen sie während des Bezugszeitraums leistungsmindernd erfasst werden. Nach dem natürlichen Wortsinn bedeutet Erwerbstätigkeit die regelmäßige Ausübung persönlicher Arbeit zur Einkommenserzielung.382 Da sich die Einkommensermittlung im Elterngeldrecht aber nach den Vorgaben des Steuerrechts richtet, spielt dieser Erwerbstätigkeitsbegriff für die Bestimmung des elterngeldrelevanten Einkommens aus Erwerbstätigkeit keine Rolle.383 Gem. § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 BEEG i. V. m. § 2d Abs. 1 BEEG kommt es für die Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit allein darauf an, ob Einnahmen als steuerliche Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG zu qualifizieren sind. Problematisch ist, dass diese für die Elterngeldberechnung maßgeblichen Einkunftsarten zwar typischerweise aus der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Sinne eines aktiven Tätigwerdens resultieren. Wie nachfolgend aufgezeigt wird, ist dies allerdings nicht immer der Fall. a) Einnahmen ohne Bezug zur eigenen Arbeitskraft Nach der steuerrechtlichen Systematik werden insbesondere den Einkünften aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG auch Einnahmen zugeordnet, die keinen unmittelbaren Bezug zur eigenen Arbeitskraft aufweisen.384 Dazu zählen beispielsweise Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage (aa)) sowie Gewinnbeteiligungen, die sich aus der Stellung als Gesellschafter einer Personengesellschaft ergeben (bb)).

381

Vgl. Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 270; Gühlstorf, ZfF 2012, 49; Ismer/Luft/ Schachameyer, NZS 2013, 327, 328. 382 BSG Urt. v. 27. 6. 2013 – B 10 EG 2/12 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 21 Rn. 26; vgl. auch Buchner/Becker/Becker BEEG § 2 Rn. 78; Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 82. 383 BSG Urt. v. 27. 6. 2013 – B 10 EG 2/12 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 21 Rn. 26; BeckOKArbR/Röhl BEEG § 2 Rn. 1. 384 Tätigkeitsunabhängige Einnahmen können in bestimmten Konstellationen auch zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zählen, s. hierzu BMFSFJ/211 RL-BEEG (06/2020) 2.1.3.1.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

145

aa) Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage Die Zuordnung von Einnahmen zu einer bestimmten Einkunftsart richtet sich im Steuerrecht nach der Auslegung und Abgrenzung der nach § 2 Abs. 1 S. 1 EStG in Betracht kommenden Tatbestände.385 § 2 Abs. 1 S. 2 EStG verweist dazu auf die Zuordnungs- und Kollisionsregeln der §§ 13 bis 24 EStG.386 Welche Einnahmen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG gehören, ergibt sich aus § 15 EStG. Gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG sind unter anderem Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen. § 15 Abs. 2 S. 1 EStG konkretisiert, dass ein Gewerbebetrieb vorliegt, wenn eine selbständige nachhaltige Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommen wird und sich diese Betätigung als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Nach dieser Definition stellen auch Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage Gewerbeeinkünfte dar.387 Die Einnahmen resultieren aus der Einspeisung mittels Solarenergie gewonnenen Stroms in das Stromnetz eines Energieversorgers. Betreibt eine Person auf einem privaten Hausdach eine Photovoltaikanlage in der Absicht, durch die Einspeisung des erzeugten Stroms Gewinne zu erzielen, liegt aus steuerrechtlicher Sicht also eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vor.388 Unerheblich ist dabei, dass die Höhe der Gewinne nicht unmittelbar aus der Ausübung persönlichen Arbeitseinsatzes resultiert, sondern vielmehr von der Intensität der Sonneneinstrahlung abhängt. Obwohl Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage somit ähnlich wie Kapitalerträge oder Miet- und Pachteinnahmen eher von „elterngeldfremden“389 Faktoren abhängig sind, werden sie bei der Berechnung des Elterngeldes berücksichtigt.390 Dies ergibt sich aus der steuerrechtlichen Qualifikation als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, auf die § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 BEEG i. V. m. § 2d Abs. 1 BEEG verweist.

385

Vgl. Blümich/Bode EStG § 15 Rn. 3. Blümich/Ratschow EStG § 2 Rn. 74. 387 Vgl. BFH Urt. v. 19. 7. 2011 – XI R 21/10, BFHE 235, 14; FG BW Urt. v. 5. 4. 2017 – 4 K 3005/14, juris Rn. 49 ff.; s. a. Blümich/Bode EStG § 15 Rn. 195 P. 388 Vgl. BFH Urt. v. 17. 10. 2013 – III R 27/12, BFHE 243, 327, 328; BFH Urt. v. 15. 9. 2010 – X R 21/08, BFH/NV 2011, 235, 237; s. a. LSG Bayern Urt. v. 23. 11. 2011 – L 12 EG 49/09, juris Rn. 29; Herrmann/Heuer/Raupach/Stapperfend EStG § 15 Rn. 185. 389 Löbner/Tünz, SRa 2016, 41, 44. 390 BSG Urt. v. 27. 6. 2013 – B 10 EG 2/12 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 21; BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 8/15 R, BSGE 121, 222 ff.; krit. Brose/Veth/Volk/Brose BEEG § 2 Rn. 29; Roos/Bieresborn/Grösslein-Weiß BEEG § 2d Rn. 6; Löbner/Tünz, SRa 2016, 41, 43 f. Zur Berücksichtigung von Gewinnanteilen aus der Beteiligung an einem Windkraftfonds s. LSG Bayern Urt. v. 27. 4. 2016 – L 12 EG 45/15, juris. 386

146

2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

Auch das BSG hat mehrfach bestätigt, dass es sich bei Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage um elterngeldrelevantes Einkommen handelt.391 In der Entscheidung vom 27. 6. 2013 hat das BSG zwar ausdrücklich offen gelassen, ob Einnahmen, die mit einer Photovoltaikanlage erzielt wurden, mangels persönlicher Arbeitsleistung überhaupt als Einkommen aus Erwerbstätigkeit qualifiziert werden können.392 Nach der gesetzgeberischen Konzeption kommt es darauf für die Elterngeldberechnung allerdings auch nicht an. Schließlich gibt der Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 EStG eindeutig vor, dass das elterngeldrelevante Einkommen allein nach steuerrechtlichen Kriterien zu ermitteln ist.393 Eine abweichende Auslegung des Normtatbestandes lässt der Gesetzeswortlaut nicht zu und würde zudem dem vom Gesetzgeber vorgegebenen steuerrechtsakzessorischen Regelungskonzept zuwiderlaufen. Als Folge der Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an das Steuerrecht ist es hinzunehmen, dass mitunter auch Einnahmen zum elterngeldrelevanten Einkommen zählen, die nicht unmittelbar aus der Ausübung einer Erwerbstätigkeit resultieren und folglich auch nicht wegfallen, wenn Eltern nach der Geburt des Kindes zeitweise keine Erwerbstätigkeit ausüben. Wenngleich es sich bei Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage nach der tätigkeitsbezogenen Grundkonzeption des Elterngeldes somit nicht um ausgleichsbedürftige Einkünfte handelt, sind sie nach der eindeutigen gesetzgeberischen Konzeption im Rahmen der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen. bb) Gewinnanteile aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft Auch Einkünfte, die sich aus der Stellung als Gesellschafter einer Personengesellschaft ergeben, werden steuerrechtlich den Einkünften aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zugeordnet.394 Dies ergibt sich aus § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, wonach nicht nur Vergütungen, die der Gesellschafter für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft erhält, sondern auch die Gewinnanteile, die unter den Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligung aufzuteilen sind, den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugeordnet werden. Nach der steuerrechtlichen Definition ist es somit unerheblich, dass Gewinnanteile – anders als Tätigkeitsvergütungen – gerade nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausübung einer

391

BSG Urt. v. 27. 6. 2013 – B 10 EG 2/12 R, SozR 4 7837 § 2 Nr. 21; vgl. BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 8/15, SozR 4 – 7837 § 2b Nr. 1; BSG Beschl. v. 12. 7. 2018 – B 10 EG 16/17 B, juris. 392 BSG Urt. v. 27. 6. 2013 – B 10 EG 2/12 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 21 Rn. 26. 393 BSG Urt. v. 27. 6. 2013 – B 10 EG 2/12 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 21 Rn. 26 ff. 394 Zu den Personengesellschaften zählen auch die GmbH & Co. KG sowie die Stiftung & Co. KG. Darüber hinaus werden auch sonstige Gesellschaften erfasst, etwa die GbR oder Partnerreederei, s. zu den einzelnen Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 EStG, s. hierzu Blümich/Bode EStG § 15 Rn. 251 ff.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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Erwerbstätigkeit stehen, sondern allein auf die Zurechnung der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos des Gesellschafters zurückzuführen sind. Die Qualifikation von Gewinnanteilen als Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG erfolgt ferner unabhängig vom Zweck der Gesellschaft.395 Aus diesem Grund handelt es sich steuerrechtlich selbst dann um Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn die Gesellschaft etwa im Bereich der Immobilienvermietung tätig ist und die Gewinne somit faktisch aus einer Vermietung herrühren.396 Obwohl es für die Elterngeldberechnung nach dem abschließenden Verweis in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG nur auf die ersten vier steuerlichen Einkunftsarten und somit gerade nicht auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 EStG ankommen soll, zählen Mieteinnahmen, die im Rahmen eines Gewerbes erzielt wurden und daher steuerlich als Gewerbeeinkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu klassifizieren sind, dennoch zum elterngeldrelevanten Einkommen aus Erwerbstätigkeit.397 Während Tätigkeitsvergütungen ausfallen, wenn der elterngeldberechtigte Gesellschafter die Ausübung der Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft nach der Geburt des Kindes einschränkt oder unterbricht, sind Gewinnanteile unabhängig von der persönlichen Arbeitskraft und fallen auch nach der Geburt des Kindes weiterhin an. Dennoch werden sie im Rahmen der Elterngeldberechnung sowohl im Bemessungsals auch im Bezugszeitraum berücksichtigt.398 b) Typisierte Anknüpfung an den persönlichen Arbeitseinsatz Die tätigkeitsbezogene Grundkonzeption des Elterngeldes wird bei Einkommen aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 2d BEEG durch die Anbindung an das Steuerrecht unter Umständen also durchbrochen.399 Es findet nur eine typisierte Anknüpfung an den persönlichen Arbeitseinsatz statt, sodass für die Elterngeldberechnung mitunter auch Einnahmen berücksichtigt werden, die trotz der Aufgabe der Erwerbstätigkeit nach der Geburt des Kindes weiterhin anfallen.400 Da tätigkeitsunabhängige Einnahmen sowohl im Bemessungs- als auch im Bezugszeitraum berücksichtigt werden, können sie sich bei der Elterngeldberechnung 395

BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 4/13 R, juris Rn. 28. Vgl. BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 4/13 R, juris Rn. 25 ff.; vgl. auch SG Freiburg Urt. v. 7. 2. 2012 – S 9 EG 4286/09, juris; s. hierzu Dau, jurisPR-SozR 7/2012 Anm. 6. 397 S. hierzu auch Blümich/Bode EStG § 15 Rn. 342; vgl. auch BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 4/13 R, juris Rn. 28. 398 BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 4/13 R, SGb 2014, 265; BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 3/15 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 31; LSG NRW Urt. v. 12. 10. 2018 – L 13 EG 27/17, juris. 399 Vgl. Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2 Rn. 29; Löbner/Tünz, SRa 2014, 41, 43 f. 400 BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 2/09, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 5 Rn. 31; BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 4/13 R, juris Rn. 28; BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 3/15 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 31 Rn. 22. 396

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

zwar ausgleichen. Ist die Höhe der Einnahmen jedoch nicht konstant – was insbesondere bei der Gewinnung von Solarenergie nicht unwahrscheinlich erscheint – besteht die Gefahr, dass es in Einzelfällen zu Ergebnissen kommt, die der finanziellen Situation der Berechtigten vor der Geburt des Kindes nicht entsprechen. Die unmittelbare Bezugnahme auf die steuerlichen Einkunftsarten in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG versperrt jedoch die Möglichkeit, im Rahmen der Elterngeldberechnung eine wertende Betrachtung dahingehend vorzunehmen, ob Einnahmen tatsächlich auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zurückzuführen sind und somit ausfallen werden, wenn die Erwerbstätigkeit nach der Geburt des Kindes unterbrochen wird. 2. Zulässigkeit steuerlicher Gestaltungsrechte Eine weitere Konsequenz der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung ist die Zulässigkeit steuerlicher Gestaltungsrechte bei der Elterngeldberechnung. Durch die gezielte Nutzung steuerlicher Gestaltungsspielräume können Elterngeldberechtigte das elterngeldrelevante Einkommen vor der Geburt des Kindes erhöhen oder das nachgeburtliche Einkommen reduzieren und dadurch die Höhe ihres Elterngeldes optimieren. a) Optimierung des elterngeldrelevanten Einkommens Während sich die Nutzung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten für Eltern mit Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2c BEEG im Wesentlichen auf den Wechsel der Lohnsteuerklasse beschränkt, sieht das Steuerrecht für Selbständige zahlreiche Gestaltungsspielräume vor.401 So können sie etwa den zeitlichen Zufluss von Einnahmen beeinflussen (aa)), steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten nutzen oder die Bildung bzw. Auflösung von Rücklagen an den maßgeblichen Bemessungs- und Bezugszeitraum anpassen (bb)). Eltern, die Mitgesellschafter einer Personengesellschaft sind, können durch die Vereinbarung von Gewinnverzichtsregelungen darüber hinaus verhindern, dass nach der Geburt des Kindes ihnen zuzurechnende Gewinnanteile das Elterngeld reduzieren (cc)). aa) Ausnutzung des Zuflussprinzips Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen zum Bemessungs- oder Bezugszeitraum erfolgt auch bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit nach steuerrechtlichen Grundsätzen. Die Frage, ob Einnahmen für die Elterngeldberechnung relevant sind, ist grundsätzlich nach dem strengen Zuflussprinzip (§§ 11, 38a EStG) zu be-

401 Vgl. Gühlstorf, ZfF 2012, 49, 53; Löbner, SRa 2014, 1, 3. Zur Zulässigkeit eines Lohnsteuerklassenwechsels s. 2. Kap. B. I. 4.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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urteilen.402 Das bedeutet, dass Einnahmen für die Elterngeldberechnung berücksichtigt werden, wenn sie der berechtigten Person im maßgeblichen Bemessungsoder Bezugszeitraum tatsächlich zugeflossen sind, unabhängig davon, ob sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt erarbeitet wurden oder die Arbeitsleistung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll. Die Zuordnung von Einnahmen nach dem strengen Zuflussprinzip können selbständig tätige Eltern zu ihren Gunsten ausnutzen, indem sie etwa – soweit dies im Einzelfall möglich ist – fällige Ausgaben zeitlich nach hinten verschieben. Unter Umständen können sich Selbständige auch Vorschüsse für noch nicht erbrachte Leistungen auszahlen lassen, um die Bemessungsgrundlage zu erhöhen.403 Das SG München hatte den Versuch, Zahlungen zugunsten des Elterngeldanspruchs zu beschleunigen oder zu verzögern, noch als unzulässige Manipulation öffentlichrechtlicher Verfahrenshandlungen bewertet.404 Auch das LSG Nordrhein-Westfahlen hat die Gefahr der gezielten Manipulation in einer Entscheidung vom 12. 4. 2011 gesehen und als Argument gegen die Geltung des strengen Zuflussprinzips angeführt.405 Der Gesetzgeber hat mittlerweile aber eindeutig geregelt, dass die steuerrechtlichen Vorgaben für die elterngeldrechtliche Einkommensermittlung auch in zeitlicher Hinsicht maßgeblich sind. Parallel zur Ergänzung des Satz 3 in § 2c Abs. 1 BEEG wurde auch § 2d BEEG zum 29. 5. 2020 um eine klarstellende Regelung ergänzt.406 § 2d Abs. 5 BEEG regelt nun ausdrücklich, dass die zeitliche Zuordnung von Einnahmen bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ebenfalls allein nach den einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen hat. Ein Abweichen vom strengen Zuflussprinzip bei Einkommen aus selbständiger Tätigkeit ist im Steuerrecht nicht vorgesehen, sodass auch die elterngeldrechtliche Zuordnung von Einnahmen sich ausnahmslos nach dem strengen Zuflussprinzip richten muss.407 Für die Frage, ob Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit für die Elterngeldberechnung berücksichtigt werden, kommt es somit allein darauf an, ob die Einnahmen im maßgeblichen Bemessungs- oder Bezugszeitraum der anspruchsberechtigten Person tatsächlich zugeflossen sind. Lassen sich selbständige Eltern vor der Geburt des Kindes einen Vorschuss auszahlen oder verschieben sie 402 BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 10/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 14; bestätigt durch BSG Beschl. v. 28. 10. 2014 – B 10 EG 12/14 B, juris; BSG Beschl. v. 31. 8. 2015 – B 10 EG 4/15 B, juris; vgl. auch Ismer/Luft/Schachameyer, NZS 2013, 327, 334; Rancke/Lenz BEEG § 2 Rn. 5 Fn. 25; BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2 Rn. 8. Für Bilanzierende gilt abweichend das Realisationsprinzip (§ 5 EStG i. V. m. § 252 HGB i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 5 EStG) s. hierzu BMFSFJ/ 211 RL-BEEG (06/2020) 2d.5.2. 403 Vgl. Gühlstorf, ZfF 2012, 49, 54. 404 SG München Urt. v. 15. 1. 2009 – S 30 EG 37/08, juris Rn. 5. 405 LSG NRW Urt. v. 12. 4. 2011 – L 13 EG 16/10, juris Rn. 34. 406 Gesetz für Maßnahmen im Elterngeld aus Anlass der COVID-19-Pandemie v. 20. 5. 2020 (BGBl. I, S. 1061); s. a. BT-Drs. 19/18698, S. 8. 407 BSG Urt. v. 5. 4. 2012 – B 10 EG 10/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 14 Rn. 32.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

fällige Ausgaben bis in den nachgeburtlichen Bezugszeitraum, so können sie ihren monatlichen Elterngeldbezug mitunter deutlich erhöhen. Da es sich dabei um steuerrechtlich zulässige Gestaltungsmöglichkeiten handelt, sind diese auch im Rahmen der Elterngeldberechnung zu beachten. bb) Abschreibung und Rücklagenbildung Darüber hinaus können Elterngeldberechtigte mit Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit nach § 2d BEEG durch die gezielte Geltendmachung von Abschreibungen sowie die Bildung oder Auflösung von Rücklagen die Höhe des steuerlichen Gewinns und damit des elterngeldrelevanten Einkommens beeinflussen.408 Rücklagen werden in der Regel zur Risikoabsicherung gebildet und entstehen, wenn der Gewinn eines Unternehmens nicht entnommen wird, sondern im Betriebsvermögen verbleibt. Durch die Bildung einer Rücklage vermindert sich der Gewinn und somit das zu versteuernde Einkommen. Werden Rücklagen dagegen aufgelöst, steigen der Gewinn und damit das steuerpflichtige Einkommen an. Selbständig tätige Eltern, die nach der Geburt des Kindes weiterhin Einkünfte im Sinne des § 2d BEEG haben, können durch die Bildung einer Rücklage im Bezugszeitraum das elterngeldrelevante Einkommen reduzieren, das nach § 2 Abs. 3 BEEG die Höhe des Elterngeldes verringern würde. Die Auflösung einer angesparten Rücklage im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum kann dagegen die Bemessungsgrundlage des Elterngeldes erhöhen.409 Einen ähnlichen Effekt können Selbständige durch Abschreibungen, insbesondere durch die Geltendmachung von Sonderabschreibungen, erreichen.410 Das Steuerrecht kennt unterschiedliche Arten von Abschreibungen. Nach der sogenannten Absetzung für Abnutzung können die Aufwendungen für die Anschaffung und Herstellung eines abnutzbaren Wirtschaftsguts bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgaben anteilig abgezogen werden, wodurch sich die Steuerlast verringert.411 Darüber hinaus sieht das EStG verschiedene Sonderabschreibungsmöglichkeiten vor, die in erster Linie eine subventionierende Funktion haben: Die Sonderabschreibungsmöglichkeit nach § 7g Abs. 5 EStG soll etwa kleinen und mittleren Unternehmen die Finanzierung von Investitionen erleichtern.412 Machen Selbständige während des Elterngeldbezugs Sonderabschreibungen geltend, reduziert sich 408

Zur Beachtlichkeit steuerlicher Ansparrücklagen nach § 7g EStG vgl. SG München Urt. v. 4. 2. 2010 – S 30 EG 176/08, juris. 409 Löbner, SRa 2014, 1, 3. 410 Vgl. Gühlstorf, ZfF 2012, 49, 55. 411 Kuckenburg, FPR 2003, 415. 412 Zu den Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG s. etwa Blümich/Brandis EStG § 7g Rn. 74 ff.; s. a. Wendt, FR 2008, 598, 602 f.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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dadurch der steuerpflichtige Gewinn und somit das elterngeldrelevante Einkommen. Wirtschaftlich handelt es sich dabei jedoch nur um einen fiktiven Verlust. Das bedeutet, dass der Familie im Bezugszeitraum das Einkommen weiterhin effektiv zur Verfügung steht.413 Im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum kann es sich dagegen elterngeldrechtlich auszahlen, Sonderabschreibungen gerade nicht vorzunehmen, um das für die Elterngeldberechnung relevante steuerpflichtige Einkommen nicht zu reduzieren.414 Auch der zehnte Senat des BSG hat klargestellt, dass gewinnmindernde Abschreibungen im Bezugszeitraum aufgrund der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung im Elterngeldrecht beachtlich sind, wenngleich die Abschreibungsmöglichkeit im maßgeblichen Zeitraum nicht zu einer tatsächlichen Einkommensminderung führt.415 cc) Gewinnverzichtsregelung durch Gesellschafterbeschluss Eltern, die Gesellschafter einer Personengesellschaft sind, können die Höhe ihres Elterngeldes ferner durch gesellschaftsvertragliche Abreden optimieren. Da sich das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2d Abs. 1 BEEG aus der Summe der steuerlichen Gewinneinkünfte nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG errechnet, zählen auch Gewinnanteile zum elterngeldrelevanten Einkommen, die sich aus der Stellung als Gesellschafter einer Personengesellschaft ergeben. Dies gilt selbst dann, wenn zur Erzielung dieser Einkünfte tatsächlich kein persönlicher Arbeitseinsatz erfolgte. Grundsätzlich werden solche tätigkeitsunabhängigen Gewinnanteile sowohl im Bemessungs- als auch im Bezugszeitraum berücksichtigt.416 Die Gesellschafter können die Gewinnverteilung aber frei untereinander regeln. Im Gesellschaftsvertrag kann daher auch vereinbart werden, dass einem elterngeldberechtigten Gesellschafter der Gewinnanteil für die Zeit des Elterngeldbezugs entzogen wird. Das führt dazu, dass kein steuerlich relevanter Gewinn im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG und somit auch kein elterngeldrelevantes Einkommen im Bezugszeitraum mehr vorliegt. Das BSG hatte Gewinnverzichtsregelungen zunächst für unbeachtlich gehalten, wenn der elterngeldbeziehende Gesellschafter nur auf einen Bruchteil seines tätigkeitsbezogenen Jahresgewinns verzichtet.417 Solange kein vollständiger Gewinnverzicht sowie eine Freistellung von etwaigen Verlusten in der Elternzeit erfolge, bestünden Mitunternehmerrisiko und -initiative weiter fort, sodass eine gesell413

Vgl. BSG Urt. v. 15. 12. 2015 – B 10 EG 6/14 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 30 Rn. 17. Vgl. Gülstorf, ZfF 2012, 49, 55. 415 BSG Urt. v. 15. 12. 2015 – B 10 EG 6/14 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 30 Rn. 17; bestätigt durch BSG Beschl. v. 10. 5. 2017 – B 10 EG 14/16 B, juris. 416 S. o. unter B. II. 1. 417 BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 3/15 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 31; a. A. bereits LSG Bayern Urt. v. 11. 2. 2015 – L 12 EG 11/14, juris. 414

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

schaftsvertragliche Abrede für die Elterngeldberechnung unbeachtlich bleiben müsse.418 Hintergrund dieser ganzheitlichen Betrachtung ist eine abweichende Berechnungsmethode, die das BSG für die Einkommensermittlung im Bezugszeitraum bei Gesellschaftern einer Personengesellschaft für erforderlich hielt: Da bei Personengesellschaften die Gewinnanteile regelmäßig erst am Schluss des Geschäftsjahres ausbezahlt werden, sollte nach Ansicht des BSG das elterngeldrelevante Einkommen in diesen Fällen im Bezugszeitraum nicht monatlich, sondern anteilig aus dem Jahresgewinn errechnet werden, der sich aus dem zuletzt vorliegenden Steuerbescheid ergibt.419 Im Zuge der Neuordnung der Einkommensermittlungsvorschriften durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldgeldvollzugs420 hat der Gesetzgeber die Vorgaben zur Gewinnermittlung im Bezugszeitraum in einem gesonderten Absatz neu geregelt. Anders als die vormals einschlägige Regelung in § 2 Abs. 8 und 9 BEEG421 spricht der Wortlaut des neu eingeführten § 2d Abs. 3 S. 1 BEEG nunmehr eindeutig davon, dass Grundlage der Ermittlung der Gewinneinkünfte in den Bezugsmonaten eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist. Das heißt, dass das Einkommen in den Bezugsmonaten jeweils anhand einer Einnahmen-ÜberschussRechnung zu ermitteln ist.422 Denn aus dem Durchschnittseinkommen des letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraums lassen sich keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse nach der Geburt des Kindes ziehen, sodass der Steuerbescheid keine geeignete Grundlage für die Gewinnermittlung während des Elterngeldbezugs darstellt.423 Infolge dieser Gesetzesänderung ist auch das BSG mittlerweile von seiner anderslautenden Rechtsprechung abgerückt und hat bestätigt, dass es für die Ermittlung des elterngeldrelevanten Einkommens von Gewerbetreibenden mit Gewinnanteilen an einer Personengesellschaft nach der Geburt allein auf den tatsächlichen Mittelzufluss in den Bezugsmonaten ankommt.424 Fließen einem Mitgesellschafter während des Elterngeldbezugs aufgrund gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung tatsächlich keine Gewinne zu, so ist diese Verzichtsregelung bei der Elterngeldbe-

418

BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 3/15 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 31 Rn. 24. BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 3/15 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 31 Rn. 23; vgl. BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 4/13 R, SGb 2014, 265. Dieser Berechnungsmodus wird auch als „Berechnungsfiktion“ bezeichnet, s. BeckOK-ArbR/Röhl BEEG § 2d Rn. 13. 420 Gesetz v. 10. 9. 2012 (BGBl. I, S. 1878). 421 In der Fassung v. 5. 12. 2006 (BGBl. I, S. 2748). 422 Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2d Rn. 11; s. hierzu oben A. III. 4. 423 BT-Drs. 17/9841, S. 23; zust. Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2d Rn. 11. 424 BSG Urt. v. 13. 12. 2018 – B 10 EG 5/17 R, BSGE 127, 162; ebenso bereits LSG Bayern Urt. v. 7. 12. 2016 – L 12 EG 70/15, DStR 2017, 612; krit. zur Rechtsprechungsänderung von Koppenfels-Spies, NZS 2019, 543 f. 419

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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rechnung zu beachten, ohne dass es auf den Umfang seines Mitunternehmerrisikos und seiner Mitunternehmerinitiative ankommt.425 Durch die Vereinbarung einer Gewinnverzichtsregelung können elterngeldberechtigte Mitgesellschafter einer Personengesellschaft also verhindern, dass Einkünfte im Bezugszeitraum das Elterngeld mindern, obwohl sie tatsächlich keine Erwerbstätigkeit ausüben. Durch solche Verzichtsregelungen lässt sich der Gleichlauf zwischen Erwerbsausübung und Zahlungszufluss wiederherstellen, der durch die Berücksichtigung tätigkeitsunabhängiger Zahlungen durchbrochen wird.426 Die den Gewinnverzichtsregelungen zugrunde liegende Problematik der Ermittlung von Einkommen aus Gewinnanteilen an einer Personengesellschaft im Bezugszeitraum zeigt aber auch deutlich, welche Abstimmungsschwierigkeiten sich aus der Übertragung des das Elterngeld prägenden Entgeltersatzcharakters auf die Elterngeldberechnung bei Selbständigen ergeben. Wenngleich die Einkommensermittlung in den Elterngeldbezugsmonaten nach § 2d Abs. 3 BEEG bei Bezugszeiten von unter einem Jahr dem steuerrechtlichen Jährlichkeitsprinzip keine Rechnung mehr trägt, so ist dem Gesetzgeber jedenfalls insofern zuzustimmen, dass das auf den Bezugszeitraum anteilig umgerechnete Einkommen, das die elterngeldberechtigte Person im zurückliegenden Veranlagungszeitraum hatte, keine zuverlässigen Rückschlüsse auf das Einkommen im Bezugszeitraum erlaubt.427 b) Grenze: Rechtsmissbrauch Die vorangegangene Untersuchung hat deutlich gemacht, dass mit der Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an das Steuerrecht auch die steuerlichen Gestaltungsrechte in das Elterngeldrecht überführt wurden. Wenngleich sich etwa durch gesellschaftsvertragliche Gewinnverzichtsregelungen die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes wiederherstellen lässt, so führt jedenfalls die Geltendmachung von Abschreibungen in den Bezugsmonaten dazu, dass das Elterngeld nicht die tatsächlichen Einkommensverhältnisse widerspiegelt und es insofern zu einer Verzerrung der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes kommt. In der Literatur wird die Zulässigkeit steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Elterngeldrecht zudem als sozial unausgewogen kritisiert, weil viele dem Steuerrecht mit Unkenntnis gegenüberstünden und gerade die finanziell Stärksten mit Hilfe qualifizierter Berater ihre Gestaltungsoptionen ideal ausnutzen könnten.428

425 BSG Urt. v. 13. 12. 2018 – B 10 EG 5/17 R, BSGE 127, 162, 167 so bereits SG Hannover Urt. v. 24. 8. 2011 – S 32 EG 29/08, juris; s. a. Brose, NZS 2017, 79; Waldhorst-Kahnau, jurisPRSozR 12/2019 Anm. 3. 426 Zur Berücksichtigung tätigkeitsunabhängiger Gewinnanteile aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft s. o. unter B. II. 1. a) bb). 427 Vgl. BT-Drs. 17/9841, S. 23; ebenso Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2d Rn. 11. 428 Ismer/Luft/Schachameyer, NZS 2013, 327, 334

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

Problematisch erscheint dagegen vor allem, dass mit der Öffnung steuerlicher Gestaltungsspielräume die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs einhergeht.429 Im Steuerrecht werden Gestaltungsmöglichkeiten erst durch die Regelung in § 42 AO begrenzt. Gem. § 42 Abs. 2 AO liegt ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Im Elterngeldrecht wird die Frage der Zulässigkeit steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten – wenn überhaupt – im Zusammenhang mit dem Vorliegen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens diskutiert.430 In Bezug auf die Zulässigkeit gesellschaftsvertraglicher Gewinnverzichtsregelungen hat das LSG Nordrhein-Westfahlen bereits konkretisiert, dass jedenfalls nachträglich vereinbarte Gewinnverzichtsregelungen rechtsmissbräuchlich und deshalb unbeachtlich sein sollen.431 Auch ein Gewinnverzicht, der durch eine entsprechende Erhöhung des Gewinns vor oder nach der Zeit des Elterngeldbezugs kompensiert werden soll, kann einer Rechtsmissbrauchskontrolle nicht standhalten.432 Die Ausübung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeit kann bei der Elterngeldberechnung somit eine konkrete Betrachtung im Einzelfall erforderlichen machen. Dies geht zum einen zulasten der Rechtssicherheit und bedeutet zum anderen auch, dass die Elterngeldstellen mit der Frage konfrontiert werden, wann zulässige Gestaltungsmöglichkeiten im Einzelfall überschritten wurden und somit fachfremdes Recht anwenden müssen.433 3. Mittelbare Folge: Verschiebung des Bemessungszeitraums Eine Konsequenz, die sich erst mittelbar aus der Anbindung des Einkommensbegriffs an das Steuerrecht ergibt, betrifft die Verschiebung des Bemessungszeitraums bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit nach § 2d BEEG. Warum für die Einkommensermittlung im Elterngeldrecht unterschiedliche Zeiträume gelten und welche Auswirkungen die Verschiebung des Bemessungszeitraums auf die Einkommensersatzfunktion hat, wird im folgenden Abschnitt untersucht. 429 Vgl. auch Dau, der kritisiert, dass das Elterngeldrecht „missbrauchsfreie Zone“ zu sein scheint, jurisPR-SozR 3/2018 Anm. 4. 430 S. hierzu oben unter B. I. 4. d). 431 LSG NRW Urt. v. 12. 10. 2018 – L 13 EG 27/17, juris Rn. 34. 432 Ebenso Waldhorst-Kahnau, jurisPR-SozR 12/2009 Anm. 3; a. A. wohl Gühlstorf, ZfF 2012, 55. Das BSG nimmt in seiner Entscheidung vom 13. 12. 2018 keine Stellung zu den Anforderungen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (B 10 EG 5/17 R, BSGE 127, 162). 433 Krit. auch Gühlstorf, ZfF 2012, 49, 56; Ismer/Luft/Schachameyer, NZS 2013, 327, 334; s. a. Löbner, SRa 2014, 1, 3. Zur Konkretisierung rechtsmissbräuchlicher Rechtsausübung enthalten die Richtlinien beispielhaft Fallgruppen, s. BMFSFJ/211 RL-BEEG (06/2020) 0.2.2.3.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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a) Maßgeblichkeit des steuerlichen Veranlagungszeitraums Da das Elterngeld die finanzielle Situation der Familie in der Frühphase der Elternschaft absichern und das individuelle Einkommensniveau fortschreiben soll, wird die Leistung gem. § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG auf Grundlage des durchschnittlichen Nettoeinkommens berechnet, das die anspruchsberechtigte Person vor der Geburt des Kindes hatte. Bei Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 2c BEEG ist gem. § 2b Abs. 1 BEEG das Durchschnittseinkommen aus den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. Da dieser Zeitraum dem Elterngeldbezug unmittelbar voraus geht, bildet er die aktuellen Einkommensverhältnisse am besten ab.434 Bei Einkommen aus selbständiger Arbeit nach § 2d BEEG kommt es gem. § 2b Abs. 2 S. 1 BEEG dagegen auf den steuerlichen Gewinnermittlungszeitraum an, der dem letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegt. Dabei handelt es sich regelmäßig um das letzte abgeschlossene Kalenderjahr.435 Die Verschiebung des Bemessungszeitraums bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit führt dazu, dass die Elterngeldberechnung bei Selbständigen anders als bei abhängig Beschäftigten auf Grundlage wirtschaftlicher Verhältnisse erfolgt, die von der Einkommenssituation unmittelbar vor der Geburt des Kindes erheblich abweichen können.436 Insbesondere für Existenzgründer und Selbständige mit steigender Geschäftstätigkeit kann sich die Verschiebung des Bemessungszeitraums nachteilhaft auswirken.437 Auch selbständige Eltern, deren Steuerbescheid für das maßgebliche Kalenderjahr nur Verluste ausweist, obwohl sie in den Monaten unmittelbar vor der Geburt des Kindes Gewinne erzielt haben, werden mitunter auf das 300 Euro-Mindestelterngeld verwiesen.438

434

BT-Drs. 16/1889, S. 20; vgl. LSG Nds.-Brm. Urt. v. 25. 2. 2015 – L 2 EG 4/14, WzS 2015, 121, 123. 435 Bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb können die steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume vom Kalenderjahr abweichen, s. hierzu Roos/Bieresborn/Grösslein-Weiß BEEG § 2b Rn. 32. 436 Beyer-Petz, DStR 2008, 2326, 2329; Gühlstorf, ZfF 2012, 49, 51. 437 Felix, in: GS Schmehl, S. 291, 300; Graue/Diers, NZS 2015, 777; Grübnau-Rieken, NZS 2016, 737, 739; Ismer/Luft/Schachameyer, NZS 2013, 327, 333; Röhl, NJW 2010, 1418, 1420. 438 In dem Fall, der der Entscheidung des BSG vom 28. 3. 2019 (B 10 EG 6/18 R) zugrundeliegt, beantragte ein Vater für seinen Ende November geborenen Sohn Elterngeld. Während er im Kalenderjahr der Geburt des Sohnes Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von über 37.000 Euro erzielte, erwirtschaftete er im maßgeblichen vorangegangenen Kalenderjahr nur Verluste, sodass sein Elterngeldanspruch sich auf den 300 Euro-Mindestelterngeldbetrag beschränkte.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

aa) Vereinfachung der Einkommensermittlung Die Verschiebung des Bemessungszeitraums bei Einkommen aus selbständiger Arbeit war nach dem Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD zur Einführung des Elterngeldes, der von einem sozialrechtlich geprägten Einkommensbegriff ausging, noch nicht vorgesehen. Vielmehr sollten sowohl bei Einkommen aus nichtselbständiger als auch bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich sein.439 Im Zuge der Ausrichtung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs am Steuerrecht wurde für den Bemessungszeitraum bei Einkommen aus selbständiger Arbeit jedoch eine abweichende Regelung getroffen. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vorgeschlagen, bei der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit auf das Durchschnittseinkommen abzustellen, das die anspruchsberechtigte Person im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes erzielt hat.440 Der Bundesrat begründete seinen Vorschlag damit, dass die Bemessung des Einkommens aus selbständiger Arbeit mangels monatlicher Nachweisdokumente sonst mit erheblichem Mehraufwand für die Elterngeldstellen verbunden sei.441 Entspricht der Bemessungszeitraum hingegen dem steuerlichen Gewinnermittlungszeitraum, können die Elterngeldstellen für die Elterngeldberechnung auf die Angaben im Steuerbescheid zurückgreifen. Die Verschiebung des Bemessungszeitraums bei Einkommen aus selbständiger Arbeit ist somit keine Notwendigkeit, die sich zwingend aus der Anbindung an das Steuerrecht ergibt, sondern trägt in erster Linie dem Anliegen der Länder nach einem möglichst einfachen und schnellen Verwaltungsverfahren Rechnung. Die Verschiebung des Bemessungszeitraums lässt sich aber mittelbar auf die Anbindung an das Steuerrecht und zwar auf das steuerliche Prinzip des Einkünftedualismus zurückführen. bb) Dualismus der Einkunftsarten als Rechtfertigungsansatz Der Dualismus der Einkunftsarten gehört im System der Besteuerung zu den wesentlichen Strukturprinzipien und besagt, dass die Ermittlung von Gewinneinkünften anderen Regeln unterliegt als die Ermittlung von Überschusseinkünften.442 Gem. § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG handelt es sich bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit um Gewinneinkünfte, 439

§ 2 Abs. 1 S. 1 BEEG in der Entwurffassung nach BT-Drs. 16/1889, S. 4. BR-Drs. 426/06 (B), S. 2. 441 BR-Drs. 426/06 (B), S. 2. 442 Herrmann/Heuer/Raupach/Musil EStG § 2 Rn. 520; Blümich/Ratschow EStG § 2 Rn. 72; Kirchhof/Seer/Kirchhof EStG § 2 Rn. 40. Umfassend zum Einkünftedualismus: Söhn, in: DStJG 30 (2007), S. 13 ff.; Birk, in: DStJG 34 (2011), S. 11, 25 ff.; krit. Tipke/Lang/Hey § 8 Rn. 185; zur verfassungsrechtlichen Legitimation s. Uhländer, Einkünftedualismus, S. 83 ff. 440

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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während die Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie die sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 EStG gem. § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG zu den Überschusseinkünften zählen. Das dualistische Besteuerungssystem trägt der grundsätzlichen Wesensverschiedenheit von Gewinnund Überschusseinkünften Rechnung, die unter anderem auf die jeweiligen Wirtschaftsformen zurückzuführen sind, aus denen sie resultieren: Während Selbständige ihre eigene Erwerbsgrundlage bewirtschaften und daraus Gewinne erzielen, handelt es sich beim Einkommen abhängig Beschäftigter um einen Zufluss aus der Teilhabe an fremden Erwerbsquellen.443 Dass der Elterngeldberechnung bei Selbständigen ein anderer Bemessungszeitraum zugrunde liegt als bei abhängig Beschäftigten, rechtfertigt der Gesetzgeber mit eben diesen „zahlreichen sachlichen Unterschiede[n]“444 zwischen den beiden Einkunftsarten. Die Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an das Steuerrecht eröffnete dem Gesetzgeber die Möglichkeit, das steuerrechtliche Prinzip des Einkünftedualismus widerspruchsfrei in das Elterngeldrecht zu überführen und als Rechtfertigungsansatz für die Ungleichbehandlung von Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit einerseits und selbständiger Arbeit andererseits anzuführen. cc) Keine Ausnahmen bei Einkommensschwankungen Ursprünglich war die Verschiebung des Bemessungszeitraums bei Einkommen aus selbständiger Arbeit gem. § 2 Abs. 9 S. 1 BEEG a. F.445 nur möglich, wenn die selbständige Erwerbstätigkeit sowohl während des steuerlichen Veranlagungszeitraums als auch in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes ausgeübt wurde. Begründet wurde das Einschränkungserfordernis damit, dass die Einkommensverhältnisse des steuerlichen Veranlagungszeitraums für die Elterngeldberechnung nur bei einer durchgängigen Selbständigkeit hinreichend repräsentativ seien.446 Das BSG konkretisierte, dass ein Rückgriff auf die Angaben im Steuerbescheid nur möglich sei, wenn der zeitliche Umfang in beiden Zeiträumen im Wesentlichen übereinstimme.447 Dies sei bei einer Abweichung von mehr als 20 % jedoch nicht mehr der Fall, sodass in diesen Fällen ausnahmsweise der Zwölfmonatszeitraum unmittelbar vor der Geburt des Kindes maßgeblich sein müsste.448 Diese Härte443

Kirchhof/Seer/Kirchhof EStG § 2 Rn. 40. BT-Drs. 16/2785, S. 38. 445 In der Fassung v. 5. 12. 2006 (BGBl. I, S. 2748). 446 BT-Drs. 16/2785, S. 38; vgl. BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 2/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 5 Rn. 28; BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 1/10 R, juris Rn. 22. 447 Vgl. BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 2/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 5 Rn. 25, 28; zust. Röhl, NJW 2010, 1418, 1420. 448 BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 2/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 5 Rn. 39; bestätigt durch BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 1/10 R, juris Rn. 21. 444

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

fallregelung leitete der erkennende Senat überzeugend aus der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes her: Als Einkommensersatzleistung soll das Elterngeld das Einkommen anteilig ersetzen, das der anspruchsberechtigten Person zuletzt zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stand. Grundlage der Leistungsberechnung muss darum das Einkommen sein, das während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes den Lebensstandard maßgeblich geprägt hat. Eine Verschiebung des Bemessungszeitraums bei Einkommen aus selbständiger Arbeit auf den letzten Veranlagungszeitraum entspricht dem Sinn und Zweck des Elterngeldes somit nur, wenn die Ausübung der Erwerbstätigkeit, die dem Einkommen aus selbständiger Arbeit zugrunde liegt, nicht erheblich von der Tätigkeit und dem Zeitaufwand im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes abweicht.449 Der Grenzwert von 20 % für die Annahme einer erheblichen Abweichung entspricht dabei dem des früheren Erziehungsgeldes. Nach der Härtefallregelung in § 6 Abs. 7 BErzGG war ab einer Differenz von mehr als 20 % zwischen dem tatsächlichen und dem prognostizierten Einkommen von einer erheblichen Abweichung auszugehen, sodass die Einkommensverhältnisse auf Antrag neu zu ermitteln waren.450 Der mit der Ausnahmeregelung einhergehende Prüfungsaufwand führte nach Einschätzung des Gesetzgebers aber zu einer übermäßigen Belastung der Elterngeldstellen.451 Im Zuge der Umstrukturierung der Einkommensermittlungsvorschriften durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs452 wurde die Regelung zum Bemessungszeitraum bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in § 2 Abs. 9 S. 1 BEEG a. F.453 daher neu gefasst. Gem. § 2b Abs. 2 S. 1 BEEG kommt es bei Einkommen aus selbständiger Arbeit im Sinne von § 2d BEEG seither stets auf die Gewinnermittlungszeiträume an, die dem letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. Das Erfordernis der durchgängig ausgeübten Erwerbstätigkeit und damit auch die Möglichkeit, in Ausnahmefällen auf die zwölf Monate vor der Geburt des Kindes zurückzugreifen, sind somit weggefallen.454 Folgerichtig argumentiert auch das BSG, dass der Wortlaut seit der Neufassung des § 2b Abs. 2 S. 1 BEEG kein Ermessen mehr eröffnet, sodass die Elterngeldstellen an die Verschiebung des Bemessungszeitraums auf den letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum gebunden sind.455 Das bedeutet, dass die Angaben des Steuerbescheids selbst dann maßgeblich sind, wenn die berechtigte Person im ent-

449 450 451 452 453 454 455

BSG Urt. v. 3. 12. 2009 – B 10 EG 2/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 5 Rn. 35. BSG Urt. v. 30. 8. 2007 – B 10 EG 6/06 R, SozR 4 – 7833 § 6 Nr. 4 Rn. 20. BT-Drs. 17/9841, S. 21. Gesetz v. 10. 9. 2012 (BGBl. I, S. 1878). In der Fassung v. 5. 12. 2006 (BGBl. I, S. 2748). Vgl. BT-Drs. 17/9841, S. 20; Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2b Rn. 25 ff. BSG Urt. v. 28. 3. 2019 – B 10 EG 6/18 R, SozR 4 – 7837 § 2b Nr. 5 Rn. 21.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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sprechenden Veranlagungszeitraum nur Verluste erzielt hat oder noch gar nicht selbständig tätig war.456 b) Mischeinkünfte Auch bei Mischeinkünften findet grundsätzlich eine Verschiebung des Bemessungszeitraums auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum statt. Mischeinkünfte liegen gem. § 2b Abs. 3 S. 1 BEEG vor, wenn die anspruchsberechtigte Person entweder im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum oder in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes neben Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit auch Einkommen aus selbständiger Arbeit hatte. Ursprünglich war auch bei Mischeinkünften ein Rückgriff auf den letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum nur möglich, wenn in beiden Zeiträumen durchgängig sowohl Einkommen aus selbständiger als auch aus nichtselbständiger Arbeit erzielt wurde.457 Durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs458 wurde dieses einschränkende Erfordernis aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung jedoch aufgehoben, sodass der Bemessungszeitraum zwingend auf den letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum zu verschieben war, wenn in diesem oder im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes auch Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt wurden.459 Die Verschiebung galt somit selbst dann, wenn der Anteil des Einkommens aus selbständiger Arbeit sehr gering war oder damit nur Verluste erwirtschaftet wurden.460 Da die zwingende Verschiebung des Bemessungszeitraums für Eltern mit Mischeinkünften mitunter zu erheblichen Leistungseinbußen führte, wurde durch das Zweite BEEG-Änderungsgesetz zum 1. 9. 2021 in § 2b Abs. 4 BEEG eine Antragsregelung eingeführt, wonach das Elterngeld von Anspruchsberechtigten mit sehr niedrigem Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit allein auf Grundlage des Durchschnittseinkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit der zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes berechnet wird. Dies gilt gem. § 2b Abs. 4 S. 1 BEEG jedoch nur, wenn die Summe der Einkünfte aus Landund Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum und in den 456

Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2b Rn. 20; BSG Urt. v. 28. 3. 2019 – B 10 EG 6/18 R, SozR 4 – 7837 § 2b Nr. 5; BSG Beschl. v. 13. 8. 2019 – B 10 EG 8/19 B, juris. 457 BT-Drs. 16/2785, S. 38; BSG Urt. v. 27. 6. 2013 – B 10 EG 2/12 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 21 Rn. 29. 458 Gesetz v. 10. 9. 2012 (BGBl. I, S. 1878). 459 Roos/Bieresborn/Jaritz/Grösslein-Weiß BEEG § 2b Rn. 34. 460 BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 8/15 R, BSGE 121, 222; zust. Roos/Bieresborn/Jaritz/ Grösslein-Weiß BEEG § 2b Rn. 34; bestätigt durch BSG Urt. v. 27. 10. 2016 – B 10 EG 4/15 R, SozR 4 – 7837 § 2b Nr. 2; krit. hierzu Felix, in: GS Schmehl, S. 291, 299 f.; ebenso Graue/Diers, NZS 2015, 777, 778; Löbner, SRa 2014, 1, 4.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes im Monatsdurchschnitt 35 Euro nicht übersteigt. c) Verfassungsrechtliches Erfordernis einer Härtefallregelung? Durch die Regelung in § 2b Abs. 2 und 3 BEEG werden Eltern, die vor der Geburt des Kindes Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit erzielt haben, anders behandelt als Eltern, die zusätzlich oder ausschließlich Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit hatten. Entgegen der Funktion des Elterngeldes, das Einkommensniveau der Familie nach der Geburt des Kindes fortzuschreiben, kann die Verschiebung des Bemessungszeitraums nach § 2b Abs. 2 und 3 BEEG dazu führen, dass das Elterngeld auf Grundlage finanzieller Verhältnisse berechnet wird, die der aktuellen finanziellen Situation der Familie nicht entsprechen.461 Verschärft wird die Ungleichbehandlung zwischen Eltern mit Einkommen aus selbständiger Arbeit einerseits und Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit andererseits dadurch, dass jedenfalls bei Eltern, die ausschließlich Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2d BEEG erzielen, auch in Härtefällen, wenn also im maßgeblichen steuerlichen Veranlagungszeitraum ein deutlich geringeres Einkommen erzielt wurde als in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes, keine Ausnahmeregelungen greifen. Es stellt sich daher die Frage, ob der Gesetzgeber die Verschiebung des Bemessungszeitraums bei Einkommen aus selbständiger Arbeit in derart generalisierender Weise regeln durfte, oder ob in der daraus resultierenden Ungleichbehandlung zwischen Eltern mit Einkommen aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG liegt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG darf der Gesetzgeber im Sozialrecht bei der Ordnung von Massenerscheinungen generalisierende, typisierende und pauschalisierende Regelungen verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz zu verstoßen.462 Die Vorteile der Typisierung müssen zu den Härten aber in einem angemessenen Verhältnis stehen. Dabei kommt es insbesondere darauf an, dass die aus der Typisierung folgenden Nachteile im Einzelfall nicht besonders schwer wiegen.463 Erforderlich ist zudem, dass sich die Nachteile nicht in einer nennenswerten Gruppe vergleichbarer Fälle auswirken.464 461 Vgl. LSG Nds.-Brm. Urt. v. 25. 2. 2015 – L 2 EG 4/14, WzS 2015, 121, 123; krit. auch Graue/Diers, NZS 2015, 777 ff.; sowie Felix, in: GS Schmehl, S. 291, 299 f. 462 BVerfG Beschl. v. 23. 6. 2004 – 1 BvL 3/98, 1 BvL 9/02, 1 BvL 2/03, BVerfGE 111, 115, 137; BVerfG Beschl. v. 6. 7. 2004 – 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176, 188. 463 BVerfG Beschl. v. 26. 6. 2004 – 1 BvL 3/98, BVerfGE 111, 115, 137; BVerfG Beschl. v. 6. 7. 2004 – 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 176, 188. 464 Vgl. BVerfG Beschl. v. 2. 7. 1969 – 1 BvR 669/64, BVerfGE 26, 265, 275 f.; BVerfG Beschl. v. 8. 2. 1983 – 1 BvL 28/79, BVerfGE 63, 119, 128, 130.

B. Auswirkungen auf die Einkommensersatzfunktion

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Die Verschiebung des Bemessungszeitraums bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit soll die Einkommensermittlung im Rahmen der Elterngeldberechnung erleichtern.465 Von einem einfachen und schnellen Verwaltungsverfahren profitieren damit letztlich alle Elterngeldberechtigten, da Anträge zeitnah bearbeitet und Auszahlungsverzögerungen infolge eines überlasteten Verwaltungsapparates verhindert werden.466 Fraglich erscheint jedoch, ob die mit der Verschiebung des Bemessungszeitraums einhergehenden Nachteile im Einzelfall nicht doch besonders schwer wiegen. Dafür spricht, dass der Rückgriff auf den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum jedenfalls bei Einkommen aus selbständiger Tätigkeit auch dann erfolgt, wenn die Einkünfte in dieser Zeit nur gering oder sogar negativ waren und das Elterngeld sich somit nur auf den Mindestbetrag beläuft. Für Eltern mit Mischeinkünften, bei denen das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit nur einen geringen Anteil ausmacht, werden derartige Härtefälle seit der Einführung der Regelung in § 2b Abs. 4 BEEG durch das Zweite BEEG-Änderungsgesetz zum 1. 9. 2021467 dagegen abgemildert, weil auf Antrag allein das Durchschnittseinkommen aus nichtselbständiger Arbeit der letzten zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes berücksichtigt wird. Die Regelung greift, wenn das gem. § 2b Abs. 4 S. 1 BEEG maßgebliche Einkommen aus selbständiger Arbeit im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum und in den Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durchschnittlich weniger als 35 Euro beträgt. Durch diese Antragsregelung können Eltern mit Mischeinkünften verhindern, dass negative oder sehr geringe Einkünfte aus selbständiger Arbeit das Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit „infizier[en]“468 und dadurch zu einem deutlich niedrigeren Elterngeldbezug führen.469 Schließlich darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass nur ein Bruchteil der Elterngeldberechtigten vor der Geburt des Kindes überhaupt Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit erzielt.470 Hinzu kommt, dass sich die Verschiebung des Bemessungszeitraums nicht zwangsläufig nachteilig auswirkt, sondern bei 465

BR-Drs. 426/06 (B), S. 2. Vgl. BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 8/15 R, SozR 4 – 7837 § 2b Nr. 1 Rn. 32. 467 Gesetz v. 15. 2. 2021 (BGBl. I, S. 239). 468 Ismer/Luft/Schachameyer, NZS 2013, 327, 333. 469 Zutreffend geht der Gesetzgeber davon aus, dass Berechtigte von ihrem Antragsrecht nur Gebrauch machen, wenn darin für sie im Vergleich zur Grundregel nach § 2b Abs. 3 BEEG ein Vorteil liegt, s. BT-Drs. 19/24438, S. 27. 470 Von den rund 1,86 Mio. Elterngeldberechtigten im Jahr 2020 hatten 1,48 Mio. Erwerbseinkommen vor der Geburt. Davon hatten rund 94 % nur Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2c BEEG, rund 2,3 % hatten ausschließlich Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2d BEEG und rund 3,7 % haben Mischeinkünfte erzielt, s. Destatis, Elterngeldstatistik 2020, S. 17 Tab. 10, abrufbar unter https: //www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Elterngeld/Publikationen/Down loads-Elterngeld/elterngeld-leistungsbezuege-j-5229210207004.pdf?__blob=publicationFile (1. 9. 2021). 466

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

konstanten Einkommensverhältnissen die finanzielle Situation vor der Geburt korrekt abbildet und sich unter Umständen sogar positiv auswirken kann. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Nachteile eine größere Zahl von Fällen betreffen, die über den Kreis atypischer Sonderkonstellationen hinausgeht.471 Die Anordnung zur Verschiebung des Bemessungszeitraums in § 2b Abs. 2 und 3 BEEG ist somit von der Befugnis des Gesetzgebers zur typisierenden Regelung gedeckt. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist die Zulassung bestimmter Härtefallregelungen daher nicht geboten.472 Überzeugen kann die Verschiebung des Bemessungszeitraums bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit aufgrund der damit einhergehenden Einschränkung der Einkommensersatzfunktion aber nicht. Auch wenn besondere Härten bei Mischeinkünften künftig abgeschwächt werden können, so verbleiben weiterhin Konstellationen, in denen Berechtigte auf ein deutlich niedrigeres Elterngeld verwiesen werden, als es ihrer Einkommenssituation vor der Geburt des Kindes entsprechen würde. Wenn die Zahl der atypischen Sonderkonstellationen schon so gering ist, dann wäre es überzeugender, in diesen seltenen Fällen einen höheren Verwaltungsaufwand in Kauf zu nehmen und das Elterngeld ausnahmsweise auf Grundlage des Durchschnittseinkommens aus den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes zu berechnen. 4. Zwischenergebnis zum Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit Auch bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2d BEEG führt die steuerrechtsakzessorische Einkommensermittlung in zahlreichen Fällen dazu, dass der monatliche Elterngeldbetrag die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie vor der Geburt des Kindes nicht richtig abbildet und das Elterngeld seine Einkommensersatzfunktion somit nur eingeschränkt verwirklichen kann. Eine solche Verzerrung der Einkommensersatzfunktion folgt etwa daraus, dass bei Einkommen aus selbständiger Tätigkeit infolge der Ausrichtung des Einkommensbegriffs am Steuerrecht nur eine typisierte Anknüpfung an den persönlichen Arbeitseinsatz stattfindet und daher auch tätigkeitsunabhängige Einnahmen, wie solche aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage oder Gewinnanteile aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft, zum elterngeldrelevanten Einkommen zählen. Diese Einkünfte werden sowohl im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum als auch während des Elterngeldbezugs berücksichtigt, obwohl der Einkommenszufluss unabhängig von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit erfolgt. Zwar können elterngeldberechtigte Gesellschafter einer Personengesellschaft durch eine entsprechende 471

BSG Urt. v. 27. 10. 2016 – B 10 EG 4/15 R, SozR 4 – 7837 § 2b Nr. 2 Rn. 25; a. A. LSG Nds.-Brm. Urt. v. 25. 2. 2015 – L 2 EG 4/14, WzS 2015, 121, 123. 472 Vgl. auch BSG Urt. v. 21. 6. 2016 – B 10 EG 8/15 R, SozR 4 – 7837 § 2b Nr. 1 Rn. 29 ff.; BSG Urt. v. 27. 10. 2016 – B 10 EG 4/15 R, SozR 4 – 7837 § 2b Nr. 2 Rn. 23 ff.

C. Verwaltungsvereinfachung als legitimes Regelungsziel

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gesellschaftsvertragliche Vereinbarung verhindern, dass Gewinnanteile im Bezugszeitraum leistungsmindernd berücksichtigt werden. Mit der Zulässigkeit steuerlicher Gestaltungsrechte geht jedoch die Gefahr des gezielten Gestaltungsmissbrauch einher, dem die Elterngeldstellen im Rahmen der Elterngeldberechnung bei entsprechenden Anhaltspunkten nachgehen müssen. Neben der Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs kann die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes insbesondere durch die Verschiebung des Bemessungszeitraums auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum verfehlt werden. Dies ist der Fall, wenn das Elterngeld von Selbständigen auf Grundlage des Durchschnittseinkommens des letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums berechnet wird selbst bei gravierenden Einkommensschwankungen keine Ausnahme- oder Härtefallregelungen greifen.

C. Verwaltungsvereinfachung als legitimes Regelungsziel im Rahmen gewährender Staatstätigkeit Die Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an das Steuerrecht führt sowohl bei Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit als auch bei Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in unterschiedlichen Konstellationen dazu, dass das Elterngeld nicht auf Grundlage des betreuungsbedingt ausfallenden Erwerbseinkommens beruht und der monatliche Elterngeldbezug dieser Eltern höher oder niedriger ausfällt, als es nach der Grundkonzeption des Elterngeldes vorgesehen ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Summe der steuerlichen Einkünfte aus Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG nicht unbedingt der Summe der Einkünfte entspricht, die infolge der Erwerbsaufgabe nach der Geburt des Kindes ausfallen und daher ersatzbedürftig wären. Der steuerrechtsakzessorische Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG ist daher nicht geeignet, die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes in jedem Falle zu verwirklichen.473 Es stellt sich jedoch die Frage, ob insbesondere unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten eine abweichende Auslegung des Einkommensbegriffs geboten ist. Grund für die Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an das Steuerrecht ist die Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens.474 Durch den Gleichlauf zwischen Elterngeld- und Steuerrecht können die Elterngeldstellen das elterngeldrelevante Einkommen im Rahmen der Leistungsbemessung unmittelbar aus den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen oder aus dem Steuerbescheid ablesen, ohne das leistungsrelevante Einkommen eigens ermitteln zu müssen. Die aus473 Selbst das BSG räumt ein, dass die Auswirkungen der Anbindung an das Steuerrecht im Einzelfall kritisch zu sehen seien, s. BSG Urt. v. 29. 8. 2012 – B 10 EG 20/11 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 18 Rn. 60. 474 BT-Drs. 17/1221, S. 1, 7; BT-Drs. 17/9841, S. 1; s. a. BT-Drs. 18/2583, S. 25, vgl. Dau, jurisPR-SozR 20/2012 Anm. 1; Richter, DStR 2012, 2285, 2287.

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2. Kap.: Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht

nahmslose Übernahme der steuerlichen Angaben hat zudem den Vorteil, dass keine Einzelfallprüfung notwendig ist, wodurch sich die Dauer der Antragsbearbeitung verkürzt. Mit der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens zielt der Gesetzgeber somit nicht nur auf eine Senkung der Haushaltskosten ab, sondern zugleich auf eine Beschleunigung der Antragsbearbeitung. Davon profitieren letztlich alle Leistungsberechtigten, weil Anträge zügig bearbeitet und das monatliche Elterngeld zeitnah ausgezahlt werden kann. Aus diesem Grund hat sich der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren gegen die Geltung eines sozialrechtlich geprägten und für ein steuerrechtsakzessorisches Konzept entschieden und dieses seither konsequent umgesetzt. Im Zuge mehrere Gesetzesänderungen hat er deutlich gemacht, dass im Elterngeldrecht auch in Einzelfällen keine Ausnahmen im Sinne einer elterngeldspezifischen Auslegung zulässig sein sollen.475 Es handelt sich somit um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, dass die Verwirklichung der elterngeldrechtlichen Einkommensersatzfunktion in bestimmten Konstellationen zugunsten eines einfachen Verwaltungsverfahrens zurücktreten muss. Diese gesetzgeberische Entscheidung ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.476 Obwohl die Auswirkungen der Anbindung an das Steuerrecht im Einzelfall grundrechtsrelevante Ungleichbehandlungen darstellen, so führt dies noch nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn der allgemeine Gleichheitssatz verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung, sofern sie durch hinreichende Sachgründe gerechtfertigt und angemessen ist.477 Entscheidend ist, dass es sich beim Elterngeld um eine verfassungsrechtlich nicht gebotene steuerfinanzierte Förderungsleistung handelt.478 Aus diesem Grund schränkt weder das versicherungsrechtliche Äquivalenzprinzip noch das Untermaßverbot den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ein.479 Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten gilt es nicht danach zu fragen, ob der Gesetzgeber unter verschiedenen Lösungen die gerechteste und zweckmäßigste gewählt hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestal-

475

Änderung des § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG bzgl. der Unbachtlichkeit steuerfreier Einnahmen durch das HBeglG 2011 v. 9. 12. 2010 (BGBl. I, S. 1885); s. a. die Ausführung in der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/3030, S. 48. Änderung des § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG zum Ausschluss sonstiger Bezüge durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs v. 10. 9. 2012 (BGBl. I, S. 1878). Ergänzung des § 2c und § 2d BEEG um eine ausdrückliche Regelung zur zeitlichen Zuordnung von Einnahmen durch das Gesetz für Maßnahmen im Elterngeld aus Anlass der COVID-19-Pandemie v. 20. 5. 2020 (BGBl. I, S. 1061). 476 S. a. Alt, ZFSH SGB 2018, 691, 695; Schütz, jurisPR-SozR 22/2019 Anm. 5. 477 BVerfG Beschl. v. 7. 10. 1980 – 1 BvL 50/79, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88; s. a. BVerfG 27. 2. 2007 – 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272, 300 f. 478 Felix, SGb 2012, 93, 95. 479 S. hierzu bereits 1. Kap. E. II. 1. b).

C. Verwaltungsvereinfachung als legitimes Regelungsziel

165

tungsfreiheit eingehalten hat.480 Die gesetzgeberische Entscheidung, den Einkommensbegriff an die steuerlichen Vorgaben zu knüpfen, beruht auf Sachgründen, die hinreichend gewichtig sind, die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Die Sicherstellung eines einfachen und zügigen Verwaltungsverfahrens ist im Bereich der Massenverwaltung481 ein berechtigtes Interesse des Gesetzgebers. Die strikte Anbindung an das Steuerrecht ist dabei geeignet, das gesetzgeberische Ziel der Verwaltungsvereinfachung zu erreichen, weil das elterngeldrelevante Einkommen nicht eigens bestimmt werden muss, sondern aus den entsprechenden Lohn- und Gehaltsbescheinigungen bzw. aus dem Steuerbescheid abgelesen werden kann. Wenngleich die Auswirkungen der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung im Einzelfall gravierende Folgen für die Anspruchsberechtigten haben können, so handelt es sich dabei nicht um eine derart große Zahl, dass dies mit Blick auf die Gesamtheit der Elterngeldbeziehenden das Maß des Zumutbaren überschreiten würde.482 Um die aus der Anbindung an das Steuerrecht resultierenden zweckwidrigen Ergebnisse zu revidieren, ist der „Ruf nach der Verfassung“483 im Elterngeldrecht somit vergeblich.

480 BVerfG Beschl. v. 8. 10. 1991 – 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, 359; s. hierzu auch BSG Urt. v. 17. 2. 2011 – B 10 EG 17/09 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 7 Rn. 55. 481 Im Jahr 2020 gab es insgesamt rund 1,86 Mio. Elterngeldberechtigte, s. Destatis, Elterngeldstatistik 2020, S. 6 Tab. 1, abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesell schaft-Umwelt/Soziales/Elterngeld/Publikationen/Downloads-Elterngeld/elterngeld-leistungsbe zuege-j-5229210207004.pdf?__blob=publicationFile (1. 9. 2021). 482 BSG Urt. v. 15. 12. 2015 – B 10 EG 6/14 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 30 Rn. 19. 483 Felix, SGb 2012, 93, 95.

3. Kapitel

Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung im System der Einkommensbegriffe des Sozialrechts Bei den untersuchten Abgrenzungs- und Zuordnungsschwierigkeiten, die sich aus der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung ergeben, handelt es sich nicht um isolierte Einzelprobleme. Sie resultieren alle aus der in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG verankerten Verweisung auf das Steuerrecht. Daraus lässt sich schließen, dass es sich bei der Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an das Steuerrecht um eine Problematik handelt, die in der systematischen Verschränkung der beiden Rechtsgebiete begründet liegt. Treffend wird die Anbindung an das Steuerrecht daher auch als „Stein des Anstoßes“ für die elterngeldrechtliche Einkommensproblematik beschrieben.1 Bisherige Untersuchungen des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs beschränken sich allerdings auf eine kritische Betrachtung einzelner Problemfelder.2 Eine Untersuchung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs im systematischen Zusammenhang erfolgte bislang nicht. Im folgenden Kapitel soll darum der vom Gesetzgeber gewählte, steuerrechtsakzessorische Regelungsansatz einer systematischen Analyse unterzogen werden. Dazu wird zunächst das allgemeine Verhältnis zwischen Steuer- und Sozialrecht näher beleuchtet (A.). Daran schließt sich die Untersuchung an, inwiefern sich aus der Vielzahl der Einkommensbegriffe im Sozialrecht ein konsistentes System ableiten lässt (B.) und welche Rückschlüsse sich daraus für die konkrete Ausgestaltung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs ableiten lassen (C.).

A. Das Verhältnis von Steuer- und Sozialrecht Steuer- und Sozialrecht sind zwei Teilrechtsordnungen des öffentlichen Rechts, die sich auf den ersten Blick diametral gegenüberstehen. Verwaltungsrechtlich handelt es sich beim Steuerrecht um Eingriffsverwaltung, weil der steuerpflichtigen Person Mittel genommen werden, um damit den Staatshaushalt zu finanzieren.3 Das 1

Felix, SGb 2012, 93, 94. So etwa Dau, jurisPR-SozR 12/2011 Anm. 6; von Koppenfels-Spies, NZS 2017, 641, 646; Schlegel in: FS BFH I, S. 625, 627, 658; Schütz, jurisPR-SozR 7/2018 Anm. 4. 3 Vgl. Schmidt/Weber-Grellet EStG § 2 Rn. 1; s. a. Tipke/Lang/Seer § 1 Rn. 26 f. 2

A. Das Verhältnis von Steuer- und Sozialrecht

167

Sozialrecht ist dagegen im Wesentlichen als Leistungsverwaltung konzipiert und auf die Gewährung von Sozialleistungen im Sinne des § 11 SGB I ausgerichtet.4 Während der steuerliche Transfer vom Bürger an den Staat erfolgt, verläuft der sozialrechtliche Transfer in entgegengesetzter Richtung, nämlich vom entsprechenden Sozialleistungsträger an den Bürger. Leistungsrechtlich gilt dies für steuerfinanzierte und beitragsfinanzierte Sozialleistungen gleichermaßen.5 Das Verhältnis zwischen Steuer- und Sozialrecht lässt sich insofern als „staatliches Nehmen und staatliches Geben“ beschreiben.6 Trotz dieser unterschiedlichen Primärintentionen gibt es zwischen beiden Rechtsgebieten zahlreiche Schnittstellen.7 Offensichtlich wird die Verknüpfung von Steuer- und Sozialrecht am Beispiel des Kindergeldes. Dabei handelt es sich um eine dem Sozialrecht zuzuordnende Familienleistung, die jedoch im EStG verortet ist und steuerrechtlich abgewickelt wird.8 Darüber hinaus finden sich in den verschiedenen Bereichen des Sozialrechts Verweise auf einkommensteuerrechtliche Vorgaben und Begrifflichkeiten unterschiedlichen Ausmaßes.9

I. Soziale Umverteilung durch Transfersysteme Die Berührungspunkte zwischen Steuer- und Sozialrecht sind darauf zurückzuführen, dass beide Rechtsgebiete auf einer gemeinsamen Basis stehen, die auch als „Verantwortung des Bürgers für das Gemeinwohl“ bezeichnet wird.10 Ausgehend von der Maxime gesamtgesellschaftlicher Solidarität wird diese maßgeblich durch das Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit geprägt.11 Dieser teilweise auch als Transfergerechtigkeit12 bezeichnete Grundsatz leitet sich unmittelbar aus dem all4

Felix, in: GS Schmehl, S. 291. Folglich werden auch die im Rahmen der Sozialversicherung erbrachten Leistungen als „Transferleistungen“ charakterisiert, s. Felix, in: GS Schmehl, S. 291, 292. 6 So etwa Hinz, Einkommensteuerrecht und Sozialrecht, S. 35; Jachmann, NZS 2003, 281, 282; Kube, NZS 2004, 458, 459; Leibohm, Bedarfsorientierung, S. 179 ff.; Seiler, AöR 2011, 95 ff.; s. bereits Kirchhof, JZ 1982, 305. 7 Felix, SGb 2012, 93, 94; Herrmann/Heuer/Raupach/Hey EStG Einf. Rn. 930; Schlegel, in: FS BFH I, S. 625, 626; vgl. auch Jachmann, NZS 2003, 281. 8 Rechtsgrundlage sind die §§ 31 ff. und §§ 62 ff. EStG. Ob Kindergeld ausbezahlt wird oder die Kinderfreibeträge in Ansatz gebracht werden, prüft die Finanzverwaltung im Rahmen einer Günstigerprüfung. Zum Kindergeld im Spannungsfeld zwischen Steuer- und Sozialrecht s. etwa Felix, in: FS Selmer, S. 621 ff.; Heuermann, FR 2000, 248 ff.; Seewald/Felix, VSSR 1991, 157 ff.; Seiler, NZS 2007, 617, 621. 9 Jachmann, NZS 2003, 281; zu den Berührungspunkten zwischen Steuer- und Sozialrecht s. Schlegel, in: FS BFH I, S. 625, 633 ff. 10 So Hinz, Einkommensteuerrecht und Sozialrecht, S. 35. 11 Vgl. Jachmann, NZS 2003, 281 f.; dies., Nachhaltige Entwicklung und Steuern, S. 279 f.; Kube, NZS 2004, 458 f. 12 Birk, ZRP 1979, 221; Becker, Transfergerechtigkeit und Verfassung S. 48 ff. 5

168

3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

gemeinen Gleichheitssatz ab.13 Er besagt, dass alle Mitglieder der staatlich verfassten Gemeinschaft qualitativ die gleiche Verantwortung für das Gemeinwohl tragen.14 Praktisch umgesetzt wird die Gemeinwohlverantwortung durch das Zurverfügungstellen finanzieller Mittel, mit Hilfe derer der Staat seinen vielfältigen Staatsaufgaben nachkommen kann. Der monetäre Beitrag zur Mitfinanzierung der staatlichen Aufgabenerfüllung kann vom Einzelnen aber nur im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit verlangt werden.15 Aus diesem Grund knüpfen die Steuertatbestände in typisierender Weise an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen an.16 Je höher die finanzielle Leistungsfähigkeit ist, desto größer ist auch der finanzielle Beitrag, den die steuerpflichtige Person zu erbringen hat. Das Sozialrecht bildet im Wesentlichen die leistungsrechtliche Komponente des staatlichen Transfersystems, indem es Sozialleistungen gewährt, die zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit beitragen sollen, vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 SGB I. Sofern Sozialleistungen der Abwendung von Bedürftigkeit dienen, schließen Steuerrecht und Sozialrecht sich gegenseitig aus. So werden etwa existenzsichernde Leistungen, wie das Arbeitslosengeld II oder die Sozialhilfe, nur gewährt, wenn die berechtigte Person bedürftig ist, ihren Lebensunterhalt also nicht oder nicht hinreichend mit ihrem Einkommen oder Vermögen bestreiten kann.17 Eine auf mangelnde finanzielle Mittel zurückzuführende Hilfebedürftigkeit liegt bei wirtschaftlich leistungsfähigen Personen gerade nicht vor. Aufgrund dieser Wechselseitigkeit wird das Verhältnis von Steuer- und Sozialrecht metaphorisch auch als „zwei Seiten einer Medaille“ beschrieben.18 Diese Charakterisierung trifft allerdings nicht auf das gesamte Sozialrecht zu. So ist das beitragsfinanzierte Sozialversicherungsrecht ein in sich geschlossenes System, dessen Leistungen – von Ausnahmen abgesehen – nicht durch Steuern finanziert werden.19 Bei der Sozialversicherung handelt sich um eine Solidargemeinschaft innerhalb der staatlich verfassten Gemeinschaft, die sich auf die versicherten Mitglieder beschränkt. Die Leistungen der Sozialversicherung werden in der Regel nicht durch die steuerrechtlich generierten Staatseinnahmen, sondern durch die Beiträge der Mitglieder finanziert. Ähnlich wie bei der Steuererhebung richtet sich die Beitragszahlung in der Sozialversicherung zwar grundsätzlich ebenfalls nach der finanziellen Leistungsfähigkeit des Einzelnen. Die sozialversicherungsrechtliche 13

Umfassend Becker, Transfergerechtigkeit und Verfassung, S. 48 ff. Jachmann, NZS 2003, 281, 282. 15 Jachmann, NZS 2003, 281, 282. 16 Vgl. Kube, NZS 2004, 458, 459. 17 Vgl. § 9 Abs. 1 SGB II für die Grundsicherung für Arbeitssuchende bzw. § 2 Abs. 1 SGB XII für die Sozialhilfe. 18 Felix, in: DStJG 30 (2006), S. 149, 153 ff.; Seiler, AöR 2011, 95, 99; vgl. auch Pezzer, in: FS Zeidler, S. 757, 770; diff.: Axer, in: DStJG 30 (2006), S. 175, 187. 19 Zu den staatlichen Zuschüssen in der Sozialversicherung s. Krauskopf/Stäbler SGB IV § 20 Rn. 8; KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 20 Rn. 15 ff. 14

A. Das Verhältnis von Steuer- und Sozialrecht

169

Leistungsfähigkeit entspricht allerdings nicht der steuerlich definierten Leistungsfähigkeit, sondern wird innerhalb der Sozialversicherung eigens definiert.20 Sofern es um „typische“, bedürftigkeitsabhängige Sozialleistungen geht, erscheint es dennoch nicht unzutreffend, Steuer- und Sozialrecht als die „wesentlichen, dabei komplementären Ordnungen staatlicher Verteilungsgerechtigkeit unter dem Grundgesetz“ zu verstehen.21 Insofern steht die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der bedürftigkeitsabhängigen Gewährung von Sozialleistungen spiegelbildlich gegenüber.22 Wer wirtschaftlich leistungsfähig ist, bedarf keiner staatlichen Unterstützung; wer staatlicher Unterstützung bedarf, ist zwar grundsätzlich steuerpflichtig, wird allerdings nicht, oder nur in geringem Maße, zur Steuerzahlung herangezogen.23 Folglich darf der Staat auch nicht besteuern, was er zur Verfügung stellen muss, wenn der Einzelne sich in der freiheitlichen Marktwirtschaft nicht selbst unterhalten kann.24

II. Einkommen als Bezugsgröße Ein wesentliches verbindendes Element zwischen Steuer- und Sozialrecht ist die Finanzkraft des Einzelnen.25 Das Einkommen ist die maßgebliche Bezugsgröße für die „monetäre Zuweisung von Gemeinwohlverantwortung innerhalb [der] Gesellschaft“.26 Das Vorhandensein von Einkommen entscheidet darüber, in welchem Umfang der staatliche Steuerzugriff erfolgen darf und ob etwaige Sozialleistungsansprüche gegen den Staat bestehen.27 Im Ursprung handelt es sich beim Einkommen um einen ökonomisch geprägten Begriff.28 Als Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit hat das Einkommen aber auch in rechtlicher Hinsicht große Relevanz und ist folglich nicht nur im Steuer- und Sozialrecht, sondern etwa auch im Straf-, Prozess- und Unterhaltsrecht Anknüpfungspunkt bestimmter Rechte und Pflichten.29 20

S. hierzu sogleich unter B. I. 1. Kube, NZS 2004, 458; vgl. auch Herrmann/Heuer/Raupach/Hey EStG Einf. Rn. 930. 22 Felix, in: GS Schmehl, S. 291, 293; Tipke/Lang/Seer § 1 Rn. 41. 23 Kube, NZS 2004, 458, 459. 24 Zur steuerlichen Verschonung des Existenzminimums s. Tipke/Lang/Lang § 1 Rn. 39. 25 Vgl. auch Felix, in: GS Schmehl, S. 291, 293. 26 Jachmann, NZS 2003, 281; vgl. Hinz, Einkommensteuerrecht und Sozialrecht, S. 36. 27 Vgl. Renner, Familienlastenausgleich, S. 38. 28 Vgl. Blümich/Ratschow EStG § 2 Rn. 42; zum Einkommen im Sinne des Sprachgebrauchs Giloy, Vieldeutige Einkommensbegriffe, S. 27 ff. 29 Das Einkommen ist z. B. relevant für die Höhe einer Geldstrafe (§ 40 Abs. 2 StGB), die Gewährung von Prozesskostenhilfe (§ 114 ZPO), die Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens (§ 850 ZPO) und die Unterhaltsberechnung (§§ 1603, 1610 BGB). Umfassend Burger, Einkommensbegriff im öffentlichen Schuldrecht (1991); s. a. Brandis, StuW 1987, 289 ff.; Tipke, JuS 1985, 345 ff. 21

170

3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

Die Funktion, die das Einkommen im Steuerrecht einerseits und im Sozialrecht andererseits erfüllt, ist allerdings nicht immer deckungsgleich. Im Steuerrecht ist das Einkommen die Grundlage der Besteuerung und soll den Zuwachs wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit allgemeinverbindlich festlegen.30 Welche Einkünfte steuerbar sind, hat der Gesetzgeber im Einkünftekatalog in § 2 Abs. 1 EStG in sieben Einkunftsarten abschließend geregelt. Die Definition des Einkommens ist im Einkommensteuerrecht von herausragender Bedeutung, sodass das EStG auch als „Muttergesetz“ aller Einkommensbegriffe bezeichnet wird.31 Eine derart zentrale Rolle kommt dem Begriff des Einkommens im Sozialrecht dagegen nicht zu. So erfolgt etwa die Gewährung von Sachleistungen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung oder in der Unfallversicherung einkommensunabhängig. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Leistungsgewährung ist hier ein bestimmter Bedarf, der durch das Ausmaß der Krankheit oder Pflegebedürftigkeit definiert wird. Dennoch spielt auch im Sozialrecht das Einkommen eine wichtige Rolle, da zahlreiche Leistungen tatbestandlich an das Vorhandensein bzw. das Fehlen von Einkommen anknüpfen. So werden im Sozialversicherungsrecht nicht nur die Beiträge in Abhängigkeit vom Einkommen erhoben, sondern auch die Einkommensersatzleistungen, wie zum Beispiel das Kranken- oder Arbeitslosengeld, auf Grundlage des Einkommens berechnet. Je höher das Einkommen der versicherten Person ist, desto höher fällt auch der Leistungsbezug aus. Eine andere Funktion kommt dem Einkommen dagegen im Bereich der existenzsichernden Leistungen zu. Sie dienen der Abwendung von Bedürftigkeit, sodass die Leistungsgewährung davon abhängig ist, dass der Leistungsempfänger nicht selbst über ausreichend finanzielle Mittel verfügt. Der Anspruch auf Leistung ist deshalb ausgeschlossen, wenn bestimmte Einkommensgrenzen überschritten werden.

B. System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht Da das Einkommen in den verschiedenen Sozialrechtsbereichen unterschiedliche Funktionen erfüllt, gibt es im Sozialrecht anders als im Steuerrecht keinen einheitlichen, allgemeingültigen Einkommensbegriff.32 Das jeweils maßgebliche Einkommen wird in den Teilbereichen des Sozialrechts auf unterschiedliche Art und Weise definiert, sodass mittlerweile eine Vielfalt verschiedener Einkommensbegrifflichkeiten existiert. Hinzu kommt, dass die konkrete Ausgestaltung zahlreicher Einkommensbegriffe durch sozialpolitische Erwägungen beeinflusst wird. Die sich daraus ergebende Fülle an Ausnahmeregelungen, Frei- und Absetzbeträgen er30

S. o. 2. Kap. A. III. 2. a). Tipke, JuS 1985, 345, 347; ebenso Gandenberger, Sozialer Fortschritt 1994, 39, 41; Burger, Einkommensbegriff im öffentlichen Schuldrecht, S. 23. 32 Burger, VSSR 1991, 205, 207; ders., Einkommensbegriff im öffentlichen Schuldrecht, S. 159 ff.; Ebsen, Einkommensbezogenes Sozialleistungsrecht, S. 49. 31

B. System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht

171

schwert es, ein konsistentes System sozialrechtlicher Einkommensbegriffe auszumachen.33 Im Folgenden sollen daher zunächst die Erscheinungsformen sozialrechtlicher Einkommensbegriffe in den verschiedenen Systemkategorien aufgezeigt (I.) und ihre wesentlichen Strukturmerkmale herausgearbeitet werden (II.). Um daraus Rückschlüsse für die Anforderungen an die Ausgestaltung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs abzuleiten, werden anschließend die Reichweite und die Grenzen der Anknüpfung der Einkommensbegriffe im Sozialrecht an das Steuerrecht untersucht (III.).

I. Erscheinungsformen Die konkrete Ausgestaltung eines Einkommensbegriffs ist von der Funktion abhängig, die dem Einkommen jeweils zukommt. Da auch der herkömmlichen systematischen Einteilung des Sozialrechts in soziale Vorsorge, soziale Entschädigung und soziale Hilfe und Förderung eine funktionale Betrachtungsweise34 zugrunde liegt, werden die Erscheinungsformen sozialrechtlicher Einkommensbegriffe in den einzelnen Systemkategorien getrennt voneinander betrachtet. 1. Sozialversicherungsrecht Innerhalb der Sozialversicherung erfüllt das Einkommen drei verschiedene Funktionen: Es dient der Leistungsfinanzierung, der Bemessung von Geldleistungen und ist darüber hinaus auch in Bezug auf statusrechtliche Fragen relevant.35 a) Funktion des Einkommens Anders als bei den steuerfinanzierten Sozialleistungen werden die Leistungen der Sozialversicherung nicht aus dem allgemeinen Steueraufkommen, sondern durch die Beiträge der Versicherten finanziert.36 In welcher Höhe Beiträge zu entrichten sind, bestimmt sich in der Kranken- (§ 226 Abs. 1 S. 1 SGB V), Renten- (§ 162 Nr. 1 SGB VI), Pflege- (§ 57 Abs. 1 SGB XI i. V. m. § 226 Abs. 1 S. 1 SGB V) und 33 Ebsen formuliert treffend, dass eine „kaum überschaubare Vielfalt und Kompliziertheit der Normprogramme“ vorliege, s. Einkommensbezogenes Sozialleistungsrecht, S. 638 f. 34 S. hierzu Becker, Staat und autonome Träger im Sozialleistungsrecht, S. 85; s. a. ders., in: Rechtsdogmatik und Rechtsvergleich, S. 11, 19 ff. 35 S. a. Burger, VSSR 1991, 205, 207; Immich, Einkommensvorschriften im Sozialversicherungsrecht, S. 7 ff. 36 Gem. § 20 Abs. 1 SGB IV fließen auch Beiträge von Arbeitgebern und Dritten sowie staatliche Zuschüsse und sonstige Einnahmen in die Leistungsfinanzierung mit ein. Bei den Beiträgen der Versicherten handelt es sich gleichwohl um die wichtigste Einnahmequelle der Leistungsträger, vgl. KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 20 Rn. 5.

172

3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

in der Arbeitslosenversicherung (§ 342 SGB III) grundsätzlich nach der Leistungsfähigkeit der versicherten Person: Je mehr beitragsrelevantes Einkommen erzielt wurde, desto höhere Beiträge sind zu zahlen. Auch in der Unfallversicherung wird das Einkommen der Versicherten als Faktor für die Beitragsbemessung herangezogen.37 Die Bemessung der Beiträge nach der Höhe des Einkommens ist Ausdruck des Solidaritätsprinzips, wonach sich die Beitragshöhe grundsätzlich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der versicherten Person orientieren muss.38 In Bezug auf die Geldleistungen der Sozialversicherung kommt dem Einkommen zudem die Funktion der Leistungsbemessung zu.39 Dies gilt etwa für das Kranken(§ 47 Abs. 1 SGB VI), Verletzten- (§ 47 Abs. 1 SGB VII), Pflegeunterstützungs(§ 44a Abs. 3 S. 4 SGB XI i. V. m. § 45 Abs. 2 S. 3 bis 5 SGB V) oder das Arbeitslosengeld (§ 151 Abs. 1 SGB III). Diese Einkommensersatzleistungen werden in Abhängigkeit der individuellen Einkommensverhältnisse der berechtigten Person bemessen. Das Einkommen ist also die Grundlage der Leistungsbemessung, sodass die Leistung umso höher ausfällt, je mehr Einkommen die berechtigte Person vor dem Eintritt des Versicherungsfalls hatte. Darüber hinaus sind Art und Umfang des Einkommens in der Sozialversicherung auch für statusrechtliche Fragen relevant. Die Höhe des Einkommens aus abhängiger Beschäftigung entscheidet über das Vorliegen einer Versicherungspflicht oder -freiheit. So sind in der Kranken- und Pflegeversicherung etwa nur gegen Entgelt Beschäftigte pflichtversichert (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Die Versicherungspflicht entfällt, wenn die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten wird (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). b) Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen, §§ 14, 15 SGB IV Welche Einkommensbestandteile für die Beitragserhebung, Leistungsbemessung oder Statusfeststellung konkret zu berücksichtigen sind, ist im SGB IV – dem Allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuches – geregelt und gilt daher einheitlich für alle Versicherungszweige und das Arbeitsförderungsrecht.40 Das sozialversicherungsrechtliche Einkommen wird in §§ 14, 15 SGB IV als Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen definiert. Dieses Begriffspaar bildet den sozialversicherungsrechtlichen

37 In die Berechnungsgrundlage fließen gem. § 153 Abs. 1 SGB VII zudem der Finanzbedarf (Umlagesoll) und die Gefahrenklasse ein, s. hierzu KassKomm/Spellbrink SGB VII § 153 Rn. 2 f. 38 BSG Urt. v. 21. 12. 1993 – 12 RK 28/93, SozR 3 – 2500 § 237 Nr. 3, S. 9; BSG Urt. v. 28. 1. 1999 – B 12 KR 6/98 R, SozR 3 – 2400 § 14 Nr. 16, S. 35. 39 S. hierzu Immich, Einkommensvorschriften im Sozialversicherungsrecht, S. 12. 40 Hauck/Noftz/Knospe SGB IV § 14 Rn. 1; § 15 Rn. 1; KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 14 Rn. 6, § 15 Rn. 3; Winkler/Vor SGB IV § 14 Rn. 1, § 15 Rn. 1.

B. System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht

173

Einkommensbegriff, der für das gesamte Sozialversicherungsrecht von zentraler Bedeutung ist.41 § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IV definiert das Arbeitsentgelt als die Gesamtheit aller laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung. Gegenstück zum Arbeitsentgelt ist das Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV, das die Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit erfasst. Der Arbeitsentgeltbegriff in § 14 SGB IV ist grundsätzlich weit zu verstehen, sodass neben regelmäßig gezahlten Arbeitslohn auch einmalige Zahlungen wie Gratifikationen, Provisionen sowie Urlaubsgelder und Weihnachtszuwendungen vom Entgelttatbestand erfasst werden.42 Das Arbeitseinkommen ergibt sich gem. § 15 Abs. 1 S. 1 SGB IV aus dem Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Maßgeblich ist somit die Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG.43 Zum sozialversicherungsrechtlichen Einkommen im Sinne von §§ 14, 15 SGB IV zählen mithin nur Einkünfte, die im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit erzielt wurden. Einkünfte, die keinen Bezug zum Erwerbsleben aufweisen, wie zum Beispiel aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen, bleiben unberücksichtigt. Das steuerliche Leistungsfähigkeitsprinzip wird in der Sozialversicherung somit dahingehend modifiziert, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit allein anhand des Erwerbseinkommens bemessen wird. Die sozialversicherungsrechtliche Solidarität beruht gewissermaßen auf einer erwerbsbezogenen Leistungsfähigkeit.44 Historisch lässt sich die erwerbszentrierte Ausrichtung des Einkommensbegriffs damit erklären, dass in der Sozialversicherung in erster Linie die von der Industrialisierung nachteilig betroffene Arbeitnehmerschaft abgesichert werden sollte.45 Dieser Personenkreis verfügte typischerweise über keine erwerbsunabhängigen Einkünfte, sondern erwirtschaftete seinen Lebensunterhalt ausschließlich durch Einkommen aus Erwerbstätigkeit.46 Das Erwerbseinkommen bildete somit die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Versicherten ab. Trotz der Weiterentwicklung der Sozialversicherung und der Öffnung für nicht abhängig beschäftigte 41 Vgl. Duden, BB 1998, 2207 ff.; vgl. auch Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/von Koppenfels-Spies SGB IV § 14 Rn. 3 sowie Winkler/Vor SGB IV § 14 Rn. 1. 42 Krauskopf/Stäbler SGB IV § 14 Rn. 44. 43 BeckOK-SozR/Wagner SGB IV § 15 Rn. 4; KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 15 Rn. 8; Kreikebohm/Marschner SGB IV § 15 Rn. 8. 44 In Bezug auf die GKV spricht Werner von einer „Inkongruenz [zwischen] einkommensteuerlicher und krankensozialversicherungsrechtlicher Leistungsfähigkeit“, s. Leistungsfähigkeit in der GKV, S. 25 ff. 45 Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Berchtold SGB IV § 7 Rn. 3. Zur Arbeitergesetzgebung des Deutschen Kaiserreiches s. Ruland/Becker/Axer/Hänlein § 2 Rn. 1 ff. 46 BVerfG Beschl. v. 6. 12. 1988 – 2 BvL 18/84, NVwZ 1989, 547, 548; vgl. auch Hauck/ Noftz/Knospe SGB IV § 14 Rn. 2.

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3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

Personen hat sich an der erwerbsbezogenen Grundkonzeption der Sozialversicherung bis heute nichts geändert.47 2. Recht der sozialen Hilfe und Förderung Im System der sozialen Hilfe und Förderung erfüllt das Einkommen dagegen eine vollkommen andere Funktion. Die Gewährung der Hilfs- und Förderungsleistungen ist in der Regel davon abhängig, dass die berechtigte Person nicht selbst über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, insoweit also bedürftig ist.48 Bedürftigkeit liegt vor, wenn die Mittel der leistungsberechtigten Person nicht ausreichen, um einen bestimmten Bedarf zu decken.49 Wie hoch der jeweils anzusetzende Bedarf ausfällt, hängt von den einzelnen Leistungsgesetzen ab und orientiert sich an der konkreten Lebenssituation, an die das Gesetz anknüpft.50 Für die Existenzsicherungsleistungen wird der maßgebliche Bedarf als soziokulturelles Existenzminimum definiert und markiert die niedrigste Stufe staatlicher Sicherung. Dieser Regelbedarf wird für die Leistungen des SGB XII und des SGB II einheitlich ermittelt. Gesetzliche Grundlage ist § 28 SGB XII auf den die Vorschrift in § 20 SGB II unmittelbar Bezug nimmt.51 Im Rahmen einer Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) werden gem. § 28 Abs. 3 SGB XII in regelmäßigen Abständen die Verbrauchsausgaben bestimmter Referenzhaushalte ausgewertet und daraus die maßgebliche Regelbedarfshöhe ermittelt.52 Ein sozialrechtlich relevanter Bedarf kann über diese Mindestsicherung aber auch hinausgehen, was am Beispiel des in § 13 BAföG definierten monatlichen Bedarfs für Studierende deutlich wird. Für die Ermittlung des sogenannten BAföG-Satzes werden etwa auch Art und Ort der Ausbildung bzw. des Studiums sowie die konkreten Wohnverhältnisse berücksichtigt. Die Grundpauschale eines Studenten, der nicht bei seinen Eltern wohnt, beträgt gem. § 13 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 BAföG derzeit 752 Euro pro Monat. Die Regelbedarf einer erwachsenen alleinstehenden Person beträgt im Jahr 2021 dagegen nur 446 Euro.53

47

Vgl. Ruland/Becker/Axer/Axer § 14 Rn. 15; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/ Berchtold SGB IV § 7 Rn. 3; krit. Werner, Leistungsfähigkeit in der GKV, S. 19. 48 Vgl. Ebsen, Einkommensbezogenes Sozialleistungsrecht, S. 54. 49 Modrzejewski, Existenzsicherung in Ehe und Familie, S. 45. 50 Kirchhof, JZ 1982, 305, 307; Modrzejewski, Existenzsicherung in Ehe und Familie, S. 43. 51 Gem. § 28 Abs. 1 SGB XII muss die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz – dem Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) – ermittelt werden. 52 Die letzte EVS wurde 2013 durchgeführt. Die daraus ermittelten Regelbedarfe gelten seit 2017 (RBEG 2017 v. 22. 12. 2016, BGBl. I, S. 3519) und werden jährlich angepasst. Krit. zur Neuermittlung der Regelbedarfe durch die EVS 2013 Becker, SozSich 2016, 461 ff. 53 Zur Höhe des Regelbedarfs in den unterschiedlichen Regelbedarfsstufen s. § 8 RBEG. Zu den Regelbedarfsstufen im SGB XII s. a. Greiser/Stölting, DVBl 2012, 1353 ff.

B. System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht

175

Im System der sozialen Hilfe und Förderung ist das Einkommen also der Maßstab, um das Ausmaß der finanziellen Unterdeckung eines bestimmten Bedarfs zu ermitteln. Wer über ausreichend finanzielle Mittel in Form von Einkommen oder Vermögen verfügt und bestimmte Einkommensgrenzen überschreitet, hat keinen Anspruch auf Leistungsgewährung. Als „Bedürftigkeitsindikator“54 kommt dem Einkommen im Recht der sozialen Hilfe und Förderung somit im Wesentlichen die Funktion der Leistungsbegrenzung zu:55 Wer über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, hat keinen Anspruch auf staatliche Unterstützung. Mangels gemeinsamer, den Regelungen im SGB IV vergleichbarer Vorschriften wird das Einkommen innerhalb der unterschiedlichen Hilfs- und Förderungssysteme jeweils eigenständig definiert. Die konkrete Ausgestaltung der Einkommensbegriffe im Bereich der existenzsichernden Leistungen einerseits und im Bereich der Förderungsleistungen andererseits ist strukturell allerdings vergleichbar, sodass sich zwei Untergruppen voneinander abgrenzen lassen. Der Einkommensermittlung der sozialen Hilfeleistungen liegt das sogenannte Universaleinnahmenprinzip zugrunde.56 Das Universaleinnahmenprinzip besagt, dass grundsätzlich alle Einnahmen leistungsmindernd in Ansatz gebracht werden. Anders als in der Sozialversicherung werden im System der sozialen Hilfe somit nicht nur Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, sondern sämtliche Einkommenszuflüsse berücksichtigt. § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII definiert für den Bereich der Sozialhilfe „alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert“ als maßgebliches Einkommen.57 Durch diese weit gefasste Definition wird die Wahrung des sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes sichergestellt.58 Ähnlich wird das Einkommen für die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II definiert. Als Einkommen zählen hier gem. § 11 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB II alle Einnahmen in Geld sowie bestimmte Einnahmen in Geldeswert.59 Die Gewährung des Kinderzuschlags steht in engem Zusammenhang mit dem Leistungssystem des SGB II. Der Kinderzuschlag soll verhindern, dass Familien allein wegen der Unterhaltsbelastungen durch ihre Kinder auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind.60 Aus diesem Grund knüpft auch der maßgebliche 54

Ebsen, Einkommensbezogenes Sozialleistungsrecht, S. 54. Burger, VSSR 1991, 205, 207. 56 Vgl. Ebsen, Einkommensbezogenes Sozialleistungsrechts, S. 608. 57 Ausgenommen sind die in § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII explizit genannten Einnahmen, wie z. B. Leistungen nach dem SGB XII oder die Grundrente nach dem BVG. 58 Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/von Koppenfels-Spies SGB XII § 82 Rn. 1; vgl. auch Grube/Wahrendorf/Flint/Giere SGB XII § 82 Rn. 1; Oestreicher/Decker SGB XII § 82 Rn. 19. 59 Seit dem 1. 8. 2016 werden nur noch Einnahmen in Geldeswert berücksichtigt, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen (Neuntes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch v. 26. 7. 2016, BGBl. I, S. 1824). Kritisch bzgl. der insoweit beabsichtigten Entlastungseffekte Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Becker SGB II § 11 Rn. 3. 60 Eicher/Luik/Silbermann SGB II § 6a BKGG Rn. 1. 55

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3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

Einkommenstatbestand in § 6a BKGG an den Einkommensbegriff in § 11 SGB II an. Im Bereich der sozialen Förderung verweisen die Einkommensbegriffe dagegen unmittelbar auf den steuerrechtlichen Einkommenstatbestand in § 2 EStG. Für die Berechnung der Ausbildungsförderung und des Wohngeldes ist gem. § 21 Abs. 1 S. 1 BAföG bzw. § 14 Abs. 1 S. 1 WoGG jeweils die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG maßgeblich. Auch wenn es um die Höhe des Eigenanteils für bestimmte Maßnahmen des Eingliederungsrechts geht, kommt es gem. § 135 Abs. 1 SGB IX auf das Einkommen im Sinne des § 2 EStG an. 3. Entschädigungsrecht In den verschiedenen Entschädigungsgesetzen existiert ein breit gefächertes Spektrum unterschiedlicher Geldleistungen.61 Dazu zählen zum einen Einkommensersatzleistungen, wie das Versorgungskrankengeld im Bundesversorgungsgesetz (§ 16 BVG), im Soldatenversorgungsgesetz (§ 80 SVG i. V. m. § 16 BVG) und im Zivildienstgesetz (§ 49 ZDG). Da die entschädigungsrechtlichen Einkommensersatzleistungen im Wesentlichen den Lohnersatzleistungen der Sozialversicherung nachempfunden sind, orientieren sich auch die Einkommensermittlungsvorschriften an den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen.62 Zentrale Vorschrift für das gesamte Entschädigungsrecht ist insofern § 16a BVG, der die Berechnung des Versorgungskrankengeldes regelt. Abs. 1 S. 1 sieht vor, dass dieses auf Grundlage des aus einer Beschäftigung regelmäßig erzielten Entgelts berechnet wird.63 Obwohl § 14 SGB IV nicht ausdrücklich in Bezug genommen wird, so ist die Einkommensdefinition in § 16a BVG eng mit den sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben verknüpft.64 Entsprechend der Regelung in § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IV zählen zum Entgelt im Sinne des § 16a BVG ebenfalls sämtliche Einnahmen aus einer Beschäftigung.65 Anders als bei den sozialversicherungsrechtlichen Lohnersatzleistungen sind einmalige Einnahmen gem. § 16a Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BVG dagegen nicht zum Regelentgelt hinzuzuzählen. Der Grund dafür liegt darin, dass der Bemessungszeitraum für die Berechnung des Versorgungskrankengeldes gem. § 16a Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BVG nur einen Entgeltabrechnungszeitraum, also regelmäßig einen Kalendermonat, umfasst. Würden Einmalzahlungen zufällig in den einmonatigen Be61 Zu den Entschädigungsleistungen im Einzelnen s. Becker, Entschädigungsrecht, S. 170 ff. Mangels einheitlicher Kodifikation wird das Leistungsrecht bisweilen noch als „chaotisch“ beschrieben, s. Ruland/Becker/Axer/Hase § 26 Rn. 78. 62 Becker, Entschädigungsrecht, S. 174; Knickrehm/Vogl BVG § 16a Rn. 4. 63 Das BVG wird auch als das „gesetzliche Zentrum des sozialen Entschädigungsrechts“ beschrieben, s. Becker, Entschädigungsrecht, S. 25. 64 Vgl. Marburger, VersorgB 1975, 50; vgl. auch Knickrehm/Vogl BVG § 16a Rn. 4. 65 Knickrehm/Vogl BVG § 16a Rn. 15; Wilke/Fehl BVG § 16a Rn. 3.

B. System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht

177

messungszeitraum fallen, würde das Versorgungskrankengeld die Einkommensverhältnisse der berechtigten Person nicht realitätsgetreu abbilden.66 Für die Berechnung der beitragsfinanzierten Lohnersatzleistungen, wie dem Kranken-, Verletzten- oder Arbeitslosengeld, hat das Bundesverfassungsgericht es dagegen für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG angesehen, wenn einmalig gezahltes Arbeitsentgelt der Beitragserhebung unterliegt, sich aber nicht auf der Leistungsseite widerspiegelt.67 Da das versicherungsrechtliche Äquivalenzprinzip im Rahmen der steuerfinanzierten Entschädigungsleistungen jedoch keine Anwendung findet, ist der Ausschluss von Einmalzahlungen nach § 16a Abs. 2 S. 1 BVG verfassungsrechtlich unbedenklich.68 Die zweite Hälfte des entschädigungsrechtlichen Einkommensbegriffs bildet § 16b BVG. Vergleichbar mit der Regelung in § 15 SGB IV trifft § 16b BVG ergänzende Bestimmungen für das Einkommen Selbständiger. Entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Regelungstechnik sind auch im Entschädigungsrecht für die Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Arbeit gem. § 16b Abs. 2 S. 2 i. V. m. Abs. 1 BVG die steuerlichen Gewinneinkünfte, also die Einkünfte aus Landund Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit maßgeblich. Gem. § 83 Abs. 1 SVG und § 49 ZDG gelten die Begriffsbestimmungen in §§ 16a, 16b BVG für die Berechnung des Versorgungskrankengeldes im Rahmen des Soldatenversorgungs- und des Zivildienstgesetzes entsprechend. Unmittelbare Anwendung finden die sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben aus §§ 14, 15 SGB IV, wenn es um die Leistungsberechnung im Rahmen der unechten Unfallversicherung geht, die systematisch ebenfalls dem Entschädigungsrecht zuzuordnen ist.69 So wird etwa das Verletztengeld für Hilfeleistende bei Unglücksfällen (§ 2 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB VII) oder für Blut- und Organspender (§ 2 Abs. 1 Nr. 13 b) SGB VII) auf Grundlage des nach §§ 14 und 15 SGB IVermittelten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens berechnet, vgl. § 47 Abs. 1 SGB VII.70 Neben den entschädigungsrechtlichen Einkommensersatzleistungen sind in den §§ 25 ff. BVG darüber hinaus verschiedene Leistungen der Kriegsopferfürsorge für Beschädigte und deren Hinterbliebene vorgesehen. Dabei handelt es sich um eine gehobene Form der sozialen Hilfe, sodass auch die Leistungen der Kriegsopferfürsorge an das Vorliegen von Bedürftigkeit anknüpfen.71 Aus diesem Grund ori66 Knickrehm/Vogl BVG § 16a Rn. 15; vgl. zur ähnlich gelagerten Problematik bei der Ausklammerung von Einmalzahlungen bei der Berechnung des Mutterschaftsgeldes Rancke/ Pepping MuSchG § 19 Rn. 22. 67 BVerfG Beschl. v. 24. 5. 2000 – 1 BvL 1/98, 1 BvL 4/98, 1 BvL 15/99, BVerfGE 102, 127; s. hierzu auch Schlegel, DStR 2000, 1353 ff. 68 Ebenso Knickrehm/Vogl BVG § 16a Rn. 14. 69 Zur systematischen Einordnung der unechten Unfallversicherung s. o. 1. Kap. D. II. 70 BSG Urt. v. 30. 6. 2009 – B 2 U 25/08 R, SozR 4 – 2700 § 47 Nr. 6 Rn. 28. 71 Ruland/Becker/Axer/Hase § 26 Rn. 10; vgl. auch Berlit/Conradis/Pattar/Conradis, Kap. 37 Rn. 3.

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3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

entiert sich auch der insofern maßgebliche Einkommensbegriff in § 25d Abs. 1 S. 1 BVG an den Einkommensbegriffen der subsidiären Leistungssysteme des SGB II und des SGB XII. Vergleichbar mit den Einkommensbegrifflichkeiten in § 11 SGB II und § 82 SGB XII werden für die Leistungen der Kriegsopferfürsorge gem. § 25d Abs. 1 S. 1 BVG grundsätzlich alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert berücksichtigt.

II. Strukturmerkmale sozialrechtlicher Einkommensbegriffe Die Betrachtung der unterschiedlichen Erscheinungsformen sozialrechtlicher Einkommensbegriffe macht deutlich, dass ihre konkrete Ausgestaltung von der Funktion abhängig ist, die dem Einkommen jeweils zukommt. Soweit das Einkommen innerhalb einer Systemkategorie dieselbe Funktion erfüllt, weisen daher auch die entsprechenden Einkommensbegriffe Ähnlichkeiten auf oder entsprechen sich sogar. So gelten etwa die in §§ 14, 15 SGB IV normierten Einkommensbegriffe einheitlich für alle Zweige der Sozialversicherung und das Arbeitsförderungsrecht. Im System der sozialen Hilfe und Förderung gibt es zwar keinen gemeinsamen Einkommensbegriff. Die verschiedenen Einkommensbegriffe sind aber insofern vergleichbar, als sie in Abgrenzung zum sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriff nicht nur das Einkommen aus Erwerbstätigkeit, sondern sämtliche Einkommensbestandteile erfassen. Die dreigliedrige Binnenstruktur des Sozialrechts – Sozialversicherung, Hilfe und Förderung, Entschädigung – findet sich auf Ebene der Einkommensbegriffe allerdings nicht unmittelbar wieder. Wie gesehen, definieren die Entschädigungsleistungen keine neuen Einkommensbegrifflichkeiten, sondern orientieren sich entweder an den Vorgaben des Sozialversicherungs- oder des Existenzsicherungsrechts.72 Da die Erscheinungsformen sozialrechtlicher Einkommensbegriffe im Grunde genommen somit lediglich zwei unterschiedlichen Gruppen zugeordnet werden können, ist die Abgrenzung der Einkommenstatbestände nach ihrer systematischen Stellung daher nur bedingt geeignet, um das System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht vollumfänglich zu erschließen.73

72

S. o. B. I. 3. Burger grenzt dagegen in seiner Untersuchung nur die Einkommensbegriffe im Sozialversicherungsrecht von den Einkommensbegriffen in den Hilfs- und Förderungssystemen voneinander ab, s. VSSR 1991, 205, 207, 213 ff.; 257 ff. Auch Gühlstorf differenziert nur zwischen Leistungen der Sozialversicherung und steuerfinanzierten Leistungen, s. ZfF 2012, 49. 73

B. System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht

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1. Anknüpfungspunkt: Leistungsrechtliche Konsequenzen Zu klären bleibt, anhand welcher Strukturmerkmale die Einkommensbegriffe des Sozialrechts sich voneinander abgrenzen lassen, um daraus ein konsistentes System ableiten zu können. Für eine umfassende Vergleichsbetrachtung ist es erforderlich, dass es sich dabei um ein Differenzierungskriterium handelt, das sämtliche Einkommenstatbestände aufweisen. Insofern kommt allein eine Anknüpfung auf leistungsrechtlicher Seite in Betracht. Im Sozialversicherungsrecht spielt das Einkommen zwar auch auf beitragsrechtlicher Seite sowie in Bezug auf Statusfragen eine Rolle. Da für den Bereich der steuerfinanzierten Sozialleistungen aber weder beitrags- noch statusrechtliche Fragen von Relevanz sind, bietet allein die Betrachtung der leistungsrechtlichen Konsequenzen die Möglichkeit, einen systemübergreifenden Vergleich der tatbestandlichen Anknüpfung an das Einkommen vorzunehmen. 2. Funktionale Differenzierung Aus diesem Grund ist danach zu fragen, welche Rechtsfolge im Sozialleistungsrecht an das Vorhandensein bzw. an das Fehlen von Einkommen geknüpft wird.74 Ausgehend von dieser funktionalen Betrachtungsweise können zwei Hauptgruppen voneinander abgrenzt werden: Zur ersten Gruppe zählen die Leistungen, die tatbestandlich an das Fehlen von Einkommen anknüpfen, wie zum Beispiel die existenzsichernden Leistungen des SGB II und des SGB XII. Im Rahmen dieser negativ einkommensabhängigen Sozialleistungen erfüllt das Einkommen die Funktion der Leistungsbegrenzung. Die zweite Gruppe umfasst alle Leistungen, die tatbestandlich an das Vorhandensein von Einkommen anknüpfen. Hierzu zählen die Einkommensersatzleistungen, die in den verschiedenen Bereichen der Sozialversicherung und im Entschädigungsrecht vorgesehen sind. Es handelt sich dabei um positiv einkommensabhängige Sozialleistungen, im Rahmen derer dem Einkommen die Funktion der Leistungsbemessung zukommt. Anknüpfend an die Funktion, die das Einkommen bei den negativ einkommensabhängigen Sozialleistungen einerseits und den positiv einkommensabhängigen Sozialleistungen andererseits erfüllt, können die entsprechenden Einkommenstatbestände als leistungsbegrenzende (a)) und leistungsbemessende Einkommensbegriffe (b)) bezeichnet werden.

74 Diese Betrachtungsweise liegt auch der Untersuchung von Ebsen zugrunde, s. Einkommensbezogenes Sozialleistungsrecht, S. 64 ff., 377 ff.

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3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

a) Leistungsbegrenzende Einkommensbegriffe Die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe definieren das maßgebliche Einkommen im Rahmen der negativ einkommensabhängigen Sozialleistungen. Diese knüpfen tatbestandlich an das Fehlen von Einkommen an. Dazu zählen sowohl die bedürftigkeitsabhängigen Leistungen des Existenzsicherungs- und des Entschädigungsrechts, als auch die Geldleistungen der sozialen Förderung, die – wie zum Beispiel die Ausbildungsförderung nach dem BAföG – über die Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums hinausgehen. Im Anwendungsbereich der leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe ist die Leistungsgewährung davon abhängig, dass die berechtigte Person nicht selbst über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, unabhängig davon, wie hoch dieser Bedarf angesetzt ist. Leistungsvoraussetzung ist also stets eine finanzielle Unterdeckung eines als maßgeblich definierten Bedarfsniveaus.75 Soweit Einkommen vorhanden ist, wird es im Rahmen der Leistungsberechnung berücksichtigt, sodass dem Einkommen die Funktion der Leistungsbegrenzung zukommt. Je mehr Einkommen die berechtigte Person hat, desto niedriger fällt die Leistung aus. Werden bestimmte Einkommensgrenzen überschritten, wird der Anspruch gänzlich versagt. Bei den negativ einkommensabhängigen Sozialleistungen dient das Einkommen somit als Maßstab zur Bestimmung eines bestimmten Bedarfs oder des Vorliegens von Bedürftigkeit.76 Insofern können die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe auch als bedürftigkeitsbezogene Einkommensbegriffe charakterisiert werden. Die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe erfassen grundsätzlich alle finanziellen Zuflüsse, ungeachtet ihrer Herkunft. Denn für die Ermittlung von Bedürftigkeit oder einer aktuellen Bedarfslage kommt es auf die Quelle des Einkommens nicht an.77 Wenn Einkommen vorhanden ist, schmälert es den Bedarf, unabhängig davon, ob es etwa durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder durch Kapitalerträge erzielt wurde. Die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe geben der Einkommensermittlung somit eine umfassende Betrachtungsweise mit dem Schwerpunkt auf dem tatsächlichen Zufluss vor.78 b) Leistungsbemessende Einkommensbegriffe Die leistungsbemessenden Einkommensbegriffe definieren das maßgebliche Einkommen im Rahmen der positiv einkommensabhängigen Sozialleistungen. Hierunter fallen die Einkommensbegriffe für die Berechnung der Einkommensersatzleistungen, die in den Sozialversicherungssystemen und im Entschädigungsrecht vorgesehen sind. 75 76 77 78

Vgl. hierzu Modrzejewski, Existenzsicherung in Ehe und Familie, S. 45. Vgl. Burger, VSSR 1991, 257. Ebsen, Einkommensbezogenes Sozialleistungsrechts, S. 606. Vgl. Gühlstorf, ZfF 2012, 49.

B. System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht

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Bei den positiv einkommensabhängigen Sozialleistungen ist das Einkommen Grundlage der Leistungsbemessung. Je höher das Einkommen der berechtigten Person ist, desto höher ist der Auszahlungsbetrag.79 Soweit es sich um Einkommensersatzleistungen der Sozialversicherung handelt, spiegelt sich darin das versicherungsrechtliche Äquivalenzprinzip wider, da ein hoher Auszahlungsbetrag mit einer vorangegangenen, entsprechend hohen Beitragszahlung korrespondiert. Allerdings beruhen nicht alle positiv einkommensabhängigen Sozialleistungen auf diesem Äquivalenzgedanken, da die entschädigungsrechtlichen Einkommensersatzleistungen, wie zum Beispiel die Zahlung von Verletztengeld im Rahmen der unechten Unfallversicherung, nicht durch Beiträge, sondern aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert werden. Ziel der Einkommensersatzleistungen ist es, den individuellen Lebensstandard der berechtigten Person aufrechtzuerhalten, wenn diese ihrer Erwerbstätigkeit infolge der Realisierung eines versicherten Risikos oder eines bestimmten Schadensereignisses nicht nachgehen kann. Die Einkommensersatzleistungen sollen die mit der Erwerbsunterbrechung einhergehenden finanziellen Einbußen teilweise ausgleichen, sodass dem Einkommen in Bezug auf die positiv einkommensabhängigen Leistungen zugleich die Funktion eines „Schadensindikators“ zukommt.80 Folglich erfassen die leistungsbemessenden Einkommensbegriffe nur Einkommensbestandteile, die wegfallen, wenn die Erwerbstätigkeit tatsächlich nicht ausgeübt wird. Hierzu zählen lediglich solche Einnahmen, die im Zusammenhang mit der Ausübung der Erwerbstätigkeit erzielt wurden.81 Einkünfte, die einer sonstigen Quelle entspringen, stehen außerhalb des gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnisses von Erwerbstätigkeitsausübung und Einkommenserzielung bzw. der Aufgabe der Erwerbstätigkeit und dem Einkommensausfall. Anders als die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe erfassen die leistungsbemessenden Einkommensbegriffe somit nur das Einkommen aus Erwerbstätigkeit, sodass es sich dabei um erwerbsbezogene Einkommensbegriffe handelt.

III. Reichweite und Grenzen der Anbindung an das Steuerrecht Die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe unterscheiden sich von den leistungsbemessenden Einkommensbegriffen nicht nur in Bezug auf die Funktion

79 Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt, sondern jeweils nur innerhalb der geltenden Beitragsbemessungsgrenze, vgl. etwa für das Krankengeld § 47 Abs. 6 SGB V, dazu Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Waltermann SGB V § 47 Rn. 8. 80 Ebsen, Einkommensbezogenes Sozialleistungsrecht, S. 55. Mit Blick auf die Funktion der Lebensstandardsicherung kann die Funktion des Einkommens auch als „Lebensstandardindikator“ beschrieben werden, s. ders., a. a. O., S. 56. 81 Ebsen, Einkommensbezogenes Sozialleistungsrecht, S. 55; s. a. KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 15 Rn. 2.

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3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

des Einkommens und die Art der Einkünfte, die sie erfassen, sondern auch im Hinblick auf die Reichweite ihrer Anbindung an das Steuerrecht. 1. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als Maßstab der leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe Die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe knüpfen inhaltlich verhältnismäßig eng an die steuerrechtlichen Vorgaben an, wobei das Ausmaß der Bezugnahme zwischen den einzelnen Leistungsgesetzen variiert.82 Der Grund für die Nähe zum Steuerrecht liegt in dem eingangs beschriebenen wechselseitigen Verhältnis zwischen Steuer- und Sozialrecht, das auch als staatliches Nehmen und staatliches Geben bezeichnet wird. Die negativ einkommensabhängigen Sozialleistungen dienen entweder der Abwendung einer aktuellen Bedürftigkeit oder sollen einen bestimmten förderungswürdigen Bedarf sicherstellen. Die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe bilden die bedürftigkeitsbezogene Ausrichtung der negativ einkommensabhängigen Sozialleistungen ab. Damit stehen sie spiegelbildlich zum steuerrechtlichen Einkommensbegriff, der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der steuerpflichtigen Person allgemein verbindlich festschreiben soll.83 Bei den leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffen und dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff handelt es sich somit um Einkommenstatbestände, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Daher ist es sachgerecht, dass die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe einen engen Bezug zu den steuerrechtlichen Vorgaben und Begrifflichkeiten aufweisen. a) Universaleinnahmenprinzip und Verweis auf § 2 EStG Die Nähe der leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe zum Steuerrecht manifestiert sich in der konkreten Ausgestaltung der Einkommenstatbestände, die entweder auf dem Universaleinnahmenprinzip beruhen oder sogar unmittelbar auf den steuerrechtlichen Einkommensbegriff in § 2 EStG verweisen. Das Universaleinnahmenprinzip liegt den bedürftigkeitsbezogenen Einkommensbegriffen zugrunde. § 11 SGB II, § 82 SGB XII und § 25d BVG definieren als maßgebliches Einkommen die Einkünfte in Geld oder Geldeswert, wobei im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nur bestimmte Einkünfte in Geldeswert berücksichtigt werden. Anders als beim steuerrechtlichen Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 EStG, dessen sieben Nummern umfassender Einkommenskatalog einen enumerativen Charakter aufweist, wird das Einkommen in § 11 SGB II, 82

Schlegel, in: FS BFH I, S. 625, 626 f.; zu den Abstimmungsschwierigkeiten zwischen dem steuerrechtlichem und den bedarfsabhängigen Einkommensbegriffen im Sozialrecht s. bereits Franz, StuW 1988, 17 ff. 83 S. 2. Kap. A. III. 2.

B. System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht

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§ 82 SGB XII und § 25d BVG generalklauselartig definiert.84 Obwohl es keine begriffliche Übereinstimmung mit dem steuerrechtlichen Einkommenstatbestand gibt, besteht jedenfalls insofern eine Verbundenheit zum Steuerrecht, als es sich bei den bedürftigkeitsbezogenen Einkommensbegriffen um universell angelegte Einkommensdefinitionen handelt, die grundsätzlich alle finanziellen Zuflüsse ohne Rücksicht auf ihre Herkunft oder Rechtsnatur erfassen.85 Die engste Verbindung zum Steuerrecht weisen die förderungsrechtlichen Einkommensbegriffe in § 21 BAföG, § 14 WoGG und § 135 SGB IX auf, die ausdrücklich auf den steuerrechtlichen Einkommenstatbestand in § 2 EStG verweisen.86 b) Berücksichtigung leistungsspezifischer Besonderheiten Trotz dieser vergleichsweise engen Verbundenheit zum Steuerrecht sehen auch die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe bereichsspezifische Ausnahmen von der steuerrechtlichen Einkommensdefinition vor. Dadurch soll sichergestellt werden, dass bei der Einkommensermittlung der jeweilige Leistungszweck hinreichend berücksichtigt wird und die gesetzgeberische Zielsetzung durch die Wertungen des Steuerrechts nicht konterkariert wird.87 Für die bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistungen nach dem SGB II, dem SGB XII und der Kriegsopferfürsorge wird dies bereits dadurch gewährleistet, dass die entsprechenden Einkommensbegriffe in § 11 SGB II, § 82 SGB XII und § 25d BVG nicht unmittelbar auf den steuerlichen Einkünftekatalog in § 2 Abs. 1 S. 1 EStG verweisen, sondern das maßgebliche Einkommen abweichend als Einkünfte in Geld oder Geldeswert definieren.88 Erfasst werden daher etwa auch Einnahmen, die keiner steuerlichen Einkunftsart zugeordnet werden können oder steuerfrei sind.89 So werden im Bereich des SGB XII auch steuerfreie Renten, Aufwandsentschädigungen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit oder Trinkgelder als Einkommen berücksichtigt.90 Entscheidend für den Einsatz als Einkommen ist, dass für die Einkünfte eine bedarfsbezogene Verwendungsmöglichkeit besteht, sie

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Vgl. Ebsen, Einkommensbezogenes Sozialleistungsrecht, S. 610. S. a. § 1 SGB-XII-EinkBV. 86 Krit. zur Ausrichtung des Einkommensbegriffs in § 21 BAföG am Steuerrecht Becker, Einkommensteuergesetz als allgemeine Bemessungsgrundlage, S. 134 ff. 87 Vgl. Gagel/Striebinger SGB II § 11 Rn. 18. 88 Gem. § 11 Abs. 1 S. 2 SGB II werden bei den Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende nur Einnahmen in Geldeswert berücksichtigt, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen, s. o. unter B. I. 2. 89 S. § 1 SGB-XII-EinkBV; s. a. Grube/Wahrendorf/Flint/Giere SGB XII § 82 Rn. 18; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/von Koppenfels-Spies SGB XII § 82 Rn. 5. 90 Bieritz-Harder/Conradis/Thie/Geiger SGB XII § 82 Rn. 126. 85

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3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

wirtschaftlich also tatsächlich verfügbar sind.91 In Bezug auf den Einkommensbegriff in § 11 SGB II hat der Gesetzgeber sogar ausdrücklich klargestellt, dass ein „Rückgriff auf steuerrechtliche Parallelen […] nur erfolgen [soll], soweit dies mit Sinn und Zweck des SGB II zu vereinbaren ist.“92 Auch im Ausbildungsförderungs- und im Wohngeldrecht, deren Einkommensbegriffe in § 21 BAföG und § 14 WoGG das maßgebliche Einkommen unmittelbar aus § 2 EStG ableiten, erfolgt keine vollständige Übernahme der steuerrechtlichen Systematik.93 So werden etwa für die Berechnung der Ausbildungsförderung gem. § 21 Abs. 2a S. 1 BAföG auch im Ausland versteuerte Einkünfte berücksichtigt, die nicht zum steuerpflichtigen Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG zählen. Im Wohngeldrecht werden gem. § 14 Abs. 2 WoGG zudem bestimmte Einnahmen in Ansatz gebracht, bei denen es sich nicht um steuerpflichtiges Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG handelt.94 Zu diesen steuerfreien Einnahmen zählen gem. § 14 Abs. 2 WoGG neben Einkommensersatzleistungen wie dem Arbeitslosen-, Kranken-, oder Verletztengeld (Nr. 6) auch ausländische Einkünfte (Nr. 7) sowie steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit (Nr. 11). 2. Erwerbsbezogene Ausrichtung der leistungsbemessenden Einkommensbegriffe Anders als die negativ einkommensabhängigen Sozialleistungen stehen die positiv einkommensabhängigen Sozialleistungen in keinem Komplementaritätsverhältnis zum steuerrechtlichen Leistungsfähigkeitsmaßstab. Die positiv einkommensabhängigen Leistungen dienen der Aufrechterhaltung des individuellen Lebensstandards und sollen die Einkommenseinbußen ausgleichen, wenn die berechtigte Person ihre Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann. Bezugspunkt der leistungsbemessenden Einkommensbegriffe in §§ 14, 15 SGB IV und §§ 16a, 16b BVG ist deshalb das Erwerbseinkommen, das infolge des Eintritts des versicherten Risikos oder des Entschädigungsfalls ausfällt. Zur Bestimmung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit greifen die leistungsbemessenden Einkommensbegriffe in § 15 SGB IV und § 16b BVG dennoch auf bestimmte steuerrechtliche Einkunftsarten zurück. Die Reichweite der Anbindung an das Steuerrecht ist somit davon abhängig, ob es sich um Entgeltbegriffe zur Bestimmung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit oder um Einkommensbegriffe zur Bestimmung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit handelt. 91 Münder/Geiger/Geiger SGB II § 11 Rn. 53; Bieritz-Harder/Conradis/Thie/Geiger SGB XII § 82 Rn. 33. 92 BT-Drs. 8/2624, S. 30; s. a. Gagel/Striebinger SGB II § 11 Rn. 18. 93 Vgl. Schepers BAföG § 21 Rn. 1. 94 S. hierzu BeckOK-SozR/Winkler WoGG § 14 Rn. 18 ff.

B. System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht

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a) Steuerrechtsunabhängige Entgeltdefinition Die leistungsbemessenden Entgeltbegriffe in § 14 SGB IV und § 16a BVG definieren das Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit in eigenständigen Entgelttatbeständen, die ungeachtet der steuerrechtlichen Systematik konkretisiert werden.95 Der sozialversicherungsrechtliche Arbeitsentgeltbegriff wurde allerdings nicht immer steuerrechtsunabhängig definiert. Zur Vereinfachung der sozialversicherungsrechtlichen Abgabenberechnung wurde durch den Gemeinsamen Erlass des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers vom 10. 9. 194496 der bis dahin geltende, eigenständige Entgeltbegriff des Sozialversicherungsrechts aufgegeben und die unmittelbare Geltung der lohnsteuerlichen Regelungen für die Sozialversicherung angeordnet.97 Der Erlass sah vor, dass der Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung und der Lohnsteuer derselbe Betrag zugrunde zu legen ist.98 Aufgrund der unterschiedlichen Funktionen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen führten die steuerlichen Wertungen im Sozialversicherungsrecht mitunter aber zu unsachgemäßen Ergebnissen. Aus diesem Grund wurde der angeordnete Gleichlauf zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht mit der Einführung des SGB IV zum 1. 7. 1977 aufgegeben.99 Ausweislich der Gesetzesbegründung soll durch eine eigenständige Entgeltdefinition in § 14 SGB IV verhindert werden, dass sich „steuerliche Entscheidungen immer und unmittelbar auf die Sozialversicherung auswirken“.100 Die Definition des Arbeitsentgelts in § 14 SGB IV ist sehr weit gefasst und geht über den Anwendungsbereich der „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit“ im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG hinaus. Dem historischen Konzept der Sozialversicherung folgend ist der in § 7 SGB IV definierte Begriff der Beschäftigung der maßgebliche Bezugspunkt des sozialversicherungsrechtlichen Entgeltbegriffs. Zum Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV zählen alle Einnahmen, die im weitesten Sinne eine Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung darstellen, sofern sie in ur-

95 Bzgl. § 14 SGB IV s. BSG Urt. v. 8. 11. 1989 – 1 RA 21/88, SozR 2200 § 1402 Nr. 11 S. 30 f.; Duden, BB 1998, 2207, 2211; vgl. auch Winkler/Vor SGB IV § 14 Rn. 6. Zur Berechnung des Versorgungskrankengeldes nach § 16a BVG s. BSG Urt. v. 24. 7. 2002 – B 9 VS 4/ 01 R, SozR 3 – 3100 § 16a Nr. 1. 96 RArbBl. II, S. 281. 97 Immich, Einkommensvorschriften im Sozialversicherungsrecht, S. 15; Schlegel, in: FS BFH I, S. 625, 635; Krauskopf/Stäbler SGB IV § 14 Rn. 3; vgl. auch von Altrock, SGb 1960, 33. 98 Der Erlass lautete: „Die Beiträge zur Sozialversicherung sind grundsätzlich von dem Betrag zu berechnen, der für die Berechnung der Lohnsteuer maßgebend ist.“, Gemeinsamer Erlass v. 10. 9. 1944, RArbBl. II, S. 281 i. V. m. § 19 der zweiten Lohnsteuerabzugsverordnung v. 24. 4. 1942, RGBl. I, S. 252. 99 Gesetz v. 23. 12. 1976, BGBl. I, S. 3845; s. a. Krauskopf/Stäbler SGB IV § 14 Rn. 3. 100 BT-Drs. 7/4122, S. 33.

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3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

sächlichem Zusammenhang mit der Beschäftigung stehen.101 An den inneren Zusammenhang zwischen Beschäftigung und Einnahme werden keine strengen Anforderungen gestellt.102 Neben Arbeitslohn, der unmittelbar aus der synallagmatischen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung hervorgeht, zählen auch Gratifikationen, Prämien oder Provisionen zum Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV.103 Ferner spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob es sich um laufende oder einmalige Einnahmen handelt und unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden.104 Auch § 16a BVG, der sich an den Vorgaben der sozialversicherungsrechtlichen Entgeltdefinition orientiert, knüpft zur Bestimmung des zu berücksichtigenden Entgelts nicht an die steuerrechtlichen Vorgaben an. Maßgeblich ist auch hier, dass das Einkommen im Zusammenhang aus der Ausübung einer Beschäftigung resultiert und insofern Entgeltcharakter hat.105 Ob die Einnahmen steuerrechtlich als Einkünfte aus Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG zu behandeln sind, spielt für den entschädigungsrechtlichen Entgeltbegriff in § 16a BVG dagegen keine Rolle. b) Verweis auf die steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit Die leistungsbemessenden Einkommensbegriffe knüpfen für die Bestimmung des maßgeblichen Einkommens aus selbständiger Tätigkeit dagegen partiell an den steuerrechtlichen Einkommensbegriff an.106 Das sozialversicherungsrechtliche Arbeitseinkommen ergibt sich gem. § 15 Abs. 1 S. 1 SGB IVaus dem Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit, der anhand der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts zu ermitteln ist. Aus § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG ergibt sich, dass dazu die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG zählen. Inhaltlich wird der Begriff des Arbeitseinkommens also durch die Vorgaben des EStG ausgefüllt.107 101 BSG Urt. v. 28. 1. 1999 – B 12 KR 14/98 R, SozR 3 – 2400 § 14 Nr. 17, S. 38; BSG Urt. v. 7. 3. 2007 – B 12 KR 4/06 R, SozR 4 – 2400 § 14 Nr. 8 Rn. 15. 102 BSG Urt. v. 26. 5. 2004 – B 12 KR 2/03 R, SozR 4 – 2400 § 14 Nr. 2 Rn. 11; Hauck/ Noftz/Knospe SGB IV § 14 Rn. 25; KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 14 Rn. 23. 103 Umfassende Übersicht zur Zugehörigkeit einzelner Entgeltbestandteile zum Arbeitsentgelt bei Krauskopf/Stäbler SGB IV § 14 Rn. 44. 104 Bei der Leistungsberechnung wir mitunter zwischen laufendem und einmaligem Arbeitsentgelt differenziert (vgl. §§ 24, 45, 47 Abs. 2 und 49 SGB V, § 52 Abs. 1 SGB VII, §§ 91, 106 SGB III). Zur Abgrenzung s. § 23a Abs. 1 S. 1 SGB IV. 105 Knickrehm/Vogl BVG § 16a Rn. 15; Wilke/Fehl BVG § 16a Rn. 3. 106 KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 15 Rn. 1. 107 Kreikebohm/Marschner SGB IV § 15 Rn. 8; BeckOK-SozR/Wagner SGB IV § 15 Rn. 4; KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 15 Rn. 8.

C. Schlussfolgerungen für den elterngeldrechtlichen Einkommensbegriff

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Auch die entsprechende entschädigungsrechtliche Vorschrift in § 16b BVG verweist auf die steuerlichen Gewinneinkünfte. Anders als bei Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit ist die Definition des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit also eng mit den steuerlichen Vorgaben verbunden.

C. Schlussfolgerungen für den elterngeldrechtlichen Einkommensbegriff Aus der Betrachtung des Systems der sozialrechtlichen Einkommensbegriffe wird deutlich, dass die konkrete Ausgestaltung eines Einkommensbegriffs nicht von der systematischen Stellung der Leistung abhängig ist, sondern von der Funktion, die dem Einkommen jeweils zukommt. Ausgehend von dieser funktionalen Betrachtungsweise lassen sich zwei Systemkategorien voneinander abgrenzen: leistungsbegrenzende und leistungsbemessende Einkommensbegriffe. Diese Erkenntnis ist mit Blick auf den elterngeldrechtlichen Einkommensbegriff entscheidend, weil sich die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe und die leistungsbemessenden Einkommensbegriffe auch in Bezug auf die Reichweite der Anbindung an das Steuerrecht unterscheiden. Als Bedürftigkeitsmaßstab erfassen die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe grundsätzlich alle finanziellen Zuflüsse ohne Rücksicht auf die Herkunft des Einkommens. Sie stehen spiegelbildlich zur steuerrechtlichen Einkommensdefinition und weisen daher eine verhältnismäßig enge Anbindung an das Steuerrecht auf, wobei das Ausmaß der Bezugnahme auf die steuerrechtlichen Vorgaben innerhalb der verschiedenen Leistungsgesetze variiert. Bei den leistungsbemessenden Einkommensbegriffen handelt es sich dagegen um erwerbsbezogene Einkommenstatbestände. Anders als die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe erfassen sie nur das Einkommen, das aus der Ausübung einer Erwerbstätigkeit resultiert. Während für die Bestimmung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit auf die steuerlichen Gewinneinkünfte verwiesen wird, sind die entsprechenden Entgeltbegriffe von den steuerrechtlichen Vorgaben gänzlich entkoppelt und definieren das maßgebliche Einkommen aus einer Beschäftigung eigenständig in § 14 SGB IV und § 16a BVG. Zu klären bleibt, welche Rückschlüsse sich aus dem System der sozialrechtlichen Einkommensbegriffe auf die konkrete Ausgestaltung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs, insbesondere auf die Reichweite seiner Anbindung an das Steuerrecht ableiten lassen. Dazu ist zunächst die Funktion zu untersuchen, die das Einkommen im Elterngeldrecht erfüllen soll.

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3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

I. Funktion des Einkommens im Elterngeldrecht Die Funktion des Einkommens ergibt sich aus der Rechtsfolge, die im Elterngeldrecht an das Vorhandensein von Einkommen geknüpft wird. Aufgrund der ambivalenten Rechtsnatur des Elterngeldes besteht im Elterngeldrecht insofern die Besonderheit, dass es hier zwei funktionsverschiedene Einkommenstatbestände gibt. Während der Einkommenstatbestand in § 2 Abs. 1 BEEG zur Leistungsbemessung an das Vorhandensein von Einkommen eine positive Rechtsfolge knüpft, hat das Vorhandensein von Einkommen im Rahmen des Anspruchsausschlusses nach § 1 Abs. 8 BEEG für die Eltern negative Konsequenzen. 1. Leistungsbemessende Funktion nach § 2 Abs. 1 BEEG Bei § 2 Abs. 1 BEEG handelt es sich um den zentralen Einkommenstatbestand des Elterngeldrechts.108 Gem. § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG ist die Höhe des Elterngeldes vom durchschnittlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit abhängig, das die anspruchsberechtigte Person vor der Geburt des Kindes hatte. Aus dieser Vorschrift ergibt sich zugleich die Konzeption des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung, womit sich das Elterngeld grundlegend vom vormaligen Erziehungsgeld unterscheidet, das in Form eines Pauschalbetrags gewährt wurde.109 Der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes entsprechend wird für die Leistungsbemessung nach § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG nur das Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt. Definiert wird das elterngeldrelevante Einkommen aus Erwerbstätigkeit in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG als die Summer der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger und nichtselbständiger Arbeit. Als Einkommensersatzleistung dient das Elterngeld der Aufrechterhaltung des vorgeburtlichen Einkommensniveaus, wenn Eltern ihre Erwerbstätigkeit in den ersten Lebensmonaten des Kindes aufgeben, um sich der Betreuung zu widmen. Je mehr elterngeldrelevantes Einkommen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes hatte, desto höher fällt die monatliche Elterngeldzahlung aus.110 Die Höhe der monatlichen Elterngeldzahlung ist dabei auf einen bestimmten Leistungskorridor beschränkt und beträgt mindestens 300 Euro und höchstens 1.800 Euro pro Monat. Innerhalb dieser Grenzen entspricht das Elterngeld aufgrund seines einkommensabhängigen Berechnungsmodus dennoch dem Prinzip einer Einkommensersatzleistung, sodass dem Einkommen insofern die Funktion der Leistungsbemessung zukommt. Auch der Umstand, dass das Elterngeld auf einen Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich begrenzt ist und sich die Einkommenser108

Vgl. Roos/Bieresborn/Jaritz/Grösslein-Weiß BEEG § 2 n. F. Rn. 9. Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 2 Rn. 13; Roos/Bieresborn/Jaritz/Grösslein-Weiß BEEG § 2 n. F. Rn. 9; vgl. auch Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/von Koppenfels-Spies BEEG § 2 Rn. 3. 110 Vgl. auch Rancke/Lenz BEEG § 2 Rn. 2. 109

C. Schlussfolgerungen für den elterngeldrechtlichen Einkommensbegriff

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satzfunktion für Eltern mit höheren Einkommen daher weniger stark ausprägt, steht dem nicht entgegen. Denn der durchschnittliche Auszahlungsbetrag, der im Jahr 2020 nur 878 Euro111 betrug, liegt weit unter dem gesetzlich vorgesehenen Höchstbetrag von 1.800 Euro, sodass das Elterngeld für den Großteil der Anspruchsberechtigten eine einkommensersetzende Funktion erfüllt. 2. Leistungsbegrenzende Funktion nach § 1 Abs. 8 BEEG Darüber hinaus kann dem Einkommen im Elterngeldrecht aber auch eine leistungsbegrenzende Funktion zukommen. Für Eltern mit besonders hohem Einkommen entfällt gem. § 1 Abs. 8 BEEG der Anspruch auf Elterngeld gänzlich. Dieser Anspruchsausschluss greift, wenn beide Elternteile gemeinsam ein zu versteuerndes Gesamteinkommen von über 300.000 Euro jährlich erzielen (§ 1 Abs. 8 S. 2 BEEG). Ist nur ein Elternteil anspruchsberechtigt, reduziert sich die Einkommensgrenze auf 250.000 Euro pro Jahr (§ 1 Abs. 8 S. 1 BEEG).112 Der Anspruchsausschluss von Spitzenverdienern war bei Einführung des Elterngeldes noch nicht vorgesehen, sondern wurde erst nachträglich im Jahr 2011 als Reaktion auf die vorangegangene Finanz- und Wirtschaftskrise ergänzt.113 Die Einführung des Ausschlusstatbestandes ist also in erster Linie fiskalisch motiviert.114 Anders als bei der Leistungsbemessung nach § 2 Abs. 1 BEEG kommt es für die Einkommensermittlung im Rahmen des Anspruchsausschlusses nach § 1 Abs. 8 BEEG nicht auf das Einkommen aus Erwerbstätigkeit, sondern auf das gesamte zu versteuernde Einkommen im Sinne des EStG an.115 Für den Anspruchsausschluss nach § 1 Abs. 8 BEEG sind daher auch tätigkeitsunabhängige Einkünfte, wie Kapitalerträge oder Miet- und Pachteinnahmen, zu berücksichtigen.116 3. Primärfunktion: Leistungsbemessung Zu beachten ist allerdings, dass der leistungsbemessende Einkommenstatbestand in § 2 Abs. 1 BEEG und der leistungsbegrenzende Einkommenstatbestand in § 1 Abs. 8 BEEG nicht gleichrangig nebeneinander stehen. Beim leistungsbemessenden Einkommenstatbestand in § 2 Abs. 1 BEEG handelt es sich vielmehr um eine Schlüsselvorschrift für das gesamte Elterngeldrecht, da die Grundkonzeption des 111 Destatis, Statistik zum Elterngeld 2020, S. 9 Tab. 3, abrufbar unter https://www.destatis. de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Elterngeld/Publikationen/Downloads-Eltern geld/elterngeld-leistungsbezuege-j-5229210207004.pdf?__blob=publicationFile (1. 9. 2021). 112 S. hierzu auch 1. Kap. D. III. 2. c). 113 Art. 14 des HBeglG 2011 v. 9. 12. 2010 (BGBl. I, S. 1895). 114 Vgl. BT-Drs. 17/3406, S. 1. 115 S. hierzu BSG Beschl. v. 29. 6. 2017 – B 10 EG 22/16 B, juris. 116 Brose/Weth/Volk/Brose BEEG § 1 Rn. 157; zur Berücksichtigung von Kapitalvermögen s. SG München Urt. v. 9. 2. 2018 – S 46 EG 87/17, juris.

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3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

Elterngeldes als Einkommensersatzleistung auf diesem positiv einkommensabhängigen Berechnungsmodus aufbaut.117 Beim leistungsbegrenzenden Einkommenstatbestand in § 1 Abs. 8 BEEG handelt es sich dagegen um einen Ausnahmefall von der einkommensabhängigen Konzeption des Elterngeldes. Der Ausnahmecharakter ergibt sich bereits daraus, dass lediglich eine sehr kleine Gruppe von Eltern, deren Einkommen am oberen Ende der Einkommensskala zu verorten ist, vom Anspruchsausschluss erfasst wird.118 Der Ausnahmecharakter des leistungsbegrenzenden Einkommenstatbestandes wird ferner dadurch unterstrichen, dass der Anspruchsausschluss in § 1 Abs. 8 BEEG bei der Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 noch nicht vorgesehen war, sondern erst nachträglich eingeführt wurde.119 Der leistungsbegrenzende Anspruchsausschluss ist zur einkommensabhängigen Grundkonzeption des Elterngeldes somit als Ausnahmefall hinzugetreten. Demnach führt das Vorhandensein von Einkommen im Elterngeldrecht im Regelfall zu einer positiven Rechtsfolge: Je mehr elterngeldrelevantes Einkommen die anspruchsberechtigte Person vor der Geburt des Kindes hatte, desto höher fällt der monatliche Leistungsbezug aus. Einzig für Eltern mit besonders hohem Einkommen hat das Vorhandensein von Einkommen negative Konsequenzen, da beim Überschreiten der nach § 1 Abs. 8 BEEG maßgeblichen Einkommensgrenze der Leistungsanspruch vollständig entfällt. Ohne die Leistungsbegrenzungsfunktion des Einkommens nach § 1 Abs. 8 BEEG zu negieren, wird dem Elterngeld daher zurecht der vorrangige Charakter einer Einkommensersatzleistung zugesprochen, sodass auch die Leistungsbemessungsfunktion des Einkommens als Primärfunktion im Elterngeldrecht qualifiziert werden kann.120

II. Steuerrecht als systemwidriger Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des leistungsbemessenden Einkommens aus Erwerbstätigkeit Wenngleich dem Einkommen in Bezug auf das gesamte Elterngeldrecht primär die Funktion der Leistungsbemessung zukommt, so sind die beiden Einkommenstatbestände in § 1 Abs. 8 BEEG und § 2 Abs. 1 BEEG im Hinblick auf die Reichweite der Anbindung an das Steuerrecht getrennt voneinander zu betrachten. Schließlich erfüllt das Einkommen im Rahmen des Anspruchsausschlusses nach § 1 Abs. 8 BEEG und für die Leistungsbemessung nach § 2 Abs. 1 BEEG jeweils eine andere Funktion. 117

Roos/Bieresborn/Jaritz/Grösslein-Weiß BEEG § 2 n. F. Rn. 1. Vgl. BSG Urt. v. 26. 3. 2014 – B 10 EG 13/13 R, SozR 4 – 7837 § 2 Nr. 29 Rn. 31. 119 Die Gesetzesänderung durch das HBeglG 2011 war eine Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008, s. BT-Drs. 17/3406, S. 1. 120 Vgl. auch Graue/Diers, NZS 2015, 777, 779. 118

C. Schlussfolgerungen für den elterngeldrechtlichen Einkommensbegriff

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Da es sich beim Anspruchsausschluss nach § 1 Abs. 8 BEEG um einen negativ einkommensabhängigen, leistungsbegrenzenden Einkommenstatbestand handelt, werden sämtliche Einkunftsarten berücksichtigt. Der Grund dafür liegt darin, dass wirtschaftlich besonders leistungsfähige Eltern nach der Geburt des Kindes keiner staatlichen Unterstützung bedürfen, auch wenn sie ihre Erwerbstätigkeit zeitweise unterbrechen.121 Für die Bestimmung der wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person ist es notwendig, dass neben Einkünften aus Erwerbstätigkeit auch tätigkeitsunabhängige Einkünfte, wie zum Beispiel Miet- und Pachteinnahmen oder Kapitalerträge, berücksichtigt werden. Aus diesem Grund wird im Rahmen des Anspruchsausschlusses gem. § 1 Abs. 8 S. 1 und 2 BEEG das gesamte zu versteuernde Einkommen im Sinne des EStG berücksichtigt. Systemgerecht knüpft der leistungsbegrenzende Einkommenstatbestand in § 1 Abs. 8 BEEG unmittelbar an die steuerlichen Vorgaben an. Anders liegt es dagegen beim zentralen Einkommenstatbestand in § 2 Abs. 1 BEEG. Wie gesehen handelt es sich dabei um einen positiv einkommensabhängigen, leistungsbemessenden Einkommensbegriff. Der elterngeldrechtlichen Einkommensersatzfunktion entsprechend werden für die Bemessung des Elterngeldes nur die Einkünfte aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt. Obwohl es sich bei § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG um einen erwerbsbezogenen Einkommensbegriff handelt, werden die elterngeldrelevanten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger und nichtselbständiger Arbeit streng nach steuerlichen Vorgaben ermittelt. Das bedeutet, dass Einnahmen nur dann im Rahmen der Elterngeldberechnung berücksichtigt werden, wenn sie einer der steuerlichen Einkunftsarten nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG zugeordnet werden können. Mit der engen Anbindung an das Steuerrecht steht der elterngeldrechtliche Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 BEEG im Widerspruch zum vorgefundenen System der Einkommensbegriffe des Sozialrechts. Die vorangegangene Untersuchung hat gezeigt, dass die leistungsbemessenden Einkommensbegriffe im Vergleich zu den leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffen weitgehend unabhängig vom Steuerrecht stehen, wobei dies in erster Linie für die Bestimmung des leistungsrelevanten Entgelts aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit gilt. Der geltende Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG, der das Einkommen aus Erwerbstätigkeit als die Summe der steuerlichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger und nichtselbständiger Arbeit definiert und damit unmittelbar an die steuerrechtlichen Begriffsbestimmungen anknüpft, fügt sich in die Systematik sozialrechtlicher Einkommensbegriffe nicht ein. Um zu verhindern, dass die Wertungen des Steuerrechts sich immer und unmittelbar im Sozialrecht auswirken, hat der Gesetzgeber im Sozialversicherungsrecht den Begriff des Arbeitsentgelts in § 14 SGB IV eigenständig geregelt.122 Auch bei 121 122

Vgl. BT-Drs. 19/24438, S. 24 f. Vgl. BT-Drs. 7/4122, S. 33; s. o. unter B. III. 2. a).

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3. Kap.: Bewertung der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung

den Einkommensersatzleistungen außerhalb des Sozialversicherungsrechts, wie dem Verletztengeld im Rahmen der unechten Unfallversicherung oder dem Versorgungskrankengeld nach § 16 BVG, wird das Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit unabhängig von den steuerrechtlichen Begriffsbestimmungen definiert. Mit der Einführung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG, der zu Bestimmung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit auf die steuerlichen Vorgaben verweist, wurde die systemwidrige Verknüpfung von Steuerund Sozialrecht im Rahmen sozialrechtlicher Leistungsbemessung wiederhergestellt. Anders als das vormals gewährte Erziehungsgeld ist das Elterngeld gerade nicht mehr von der Bedürftigkeit der Familie abhängig. Es steht damit nicht spiegelbildlich zum Steuerrecht, sondern verfolgt mit seiner Einkommensersatzfunktion vollkommen anders ausgerichtete Ziele. Während das Einkommen im Steuerrecht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit allgemein verbindlich festlegen soll, soll das Einkommen im Elterngeldrecht die wirtschaftlichen Verhältnisse der anspruchsberechtigten Person abbilden, die es aufgrund der zeitweiligen Erwerbsunterbrechung nach der Geburt des Kindes aufrechtzuerhalten gilt. Wenngleich der Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG nur auf die vier steuerlichen Einkunftsarten aus Erwerbstätigkeit verweist und die drei weiteren steuerlichen Einkunftsarten – Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte – im Rahmen der Leistungsbemessung unberücksichtigt bleiben, so führt die strikte Anbindung an die steuerliche Systematik vielfach zu Ergebnissen, die dem Zweck des Elterngeldes zuwiderlaufen. Die Untersuchung des Systems der Einkommensbegriffe im Sozialrecht hat deutlich gemacht, dass die Ausgestaltung eines Einkommensbegriffs nicht primär von der systematischen Stellung der Leistung abhängig ist, sondern von der Funktion, die das Einkommen erfüllen soll. Es wäre daher folgewidrig aus der systematischen Stellung des Elterngeldes als Förderungsleistung abzuleiten, dass der Verweis auf die steuerrechtlichen Vorgaben systemgerecht sei, nur weil die Einkommensbegriffe der übrigen Förderungsleistungen – etwa in § 21 Abs. 1 S. 1 BAföG und § 14 Abs. 1 S. 1 WoGG – auch unmittelbar auf den steuerrechtlichen Einkommenstatbestand verweisen.123 Aufgrund der Ausgestaltung als Einkommensersatzleistung ist das Elterngeld gerade nicht mit den herkömmlichen, steuerfinanzierten Sozialleistungen vergleichbar, sondern nimmt innerhalb der sozialrechtlichen Binnenstruktur eine Sonderstellung ein.124 Der Verweis auf die steuerlichen Erwerbseinkünfte und der damit einhergehende Gleichlauf mit dem Steuerrecht vereinfacht zwar das Verwaltungsverfahren. Unter systematischen Gesichtspunkten ist die Anbindung an das Steuerrecht aber in keiner

123 124

Vgl. oben unter I. 2. S. hierzu die Untersuchung der Rechtsnatur des Elterngeldes im 1. Kap. unter D.

C. Schlussfolgerungen für den elterngeldrechtlichen Einkommensbegriff

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Weise nachvollziehbar, sodass der steuerrechtsakzessorische Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG als systematische Fehlkonstruktion bewertet werden muss.125

125 Vgl. auch Dau, jurisPR-SozR 20/2012 Anm. 1; ders., jurisPR-SozR 10/2018 Anm. 4; ders., jurisPR-SozR 2/2020 Anm. 6; s. a. Gühlstorf, ZfF 2012, 49 ff.; von Koppenfels-Spies, NZS 2017, 641 ff.; Löbner/Tünz, SRa 2016, 41 ff.

4. Kapitel

Alternative Regelungsmodelle zur Einkommensermittlung Im folgenden vierten und letzten Kapitel der Arbeit werden alternative Regelungsmodelle zur Einkommensermittlung vorgestellt und dahingehend untersucht, ob und inwiefern sie im Elterngeldrecht zu systematisch überzeugenden und sachgerechten Lösungen führen können.

A. Modifizierte Steuerrechtsakzessorietät Zunächst erscheint es möglich, die steuerrechtliche Ausrichtung des geltenden Einkommensbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG grundsätzlich beizubehalten und lediglich eine Lockerung der strikten Anbindung an das Steuerrecht vorzunehmen. Dies könnte zum Beispiel in Form der Einfügung eines Zusatzes geschehen, dass die Vorgaben des Steuerrechts im BEEG nur beachtlich sein sollen, sofern dies der Zielsetzung des Elterngeldes entspricht. Präziser wäre es, konkrete Ausnahmen vom steuerrechtsakzessorischen Regelungskonzept im BEEG zu statuieren. So wird in der Literatur bereits – wie einst schon vom Bundesrat – vorgeschlagen, den Ausschluss sonstiger Bezüge aufzuheben und stattdessen sämtliche Bestandteile des Arbeitslohns bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen.1 Eine weitere Ausnahme vom Steuerrecht, die der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes besser Rechnung tragen würde, wäre die Beschränkung eines leistungserhöhenden Steuerklassenwechsels. Vergleichbar mit der Regelung in § 153 Abs. 3 S. 1 SGB III könnte dadurch verhindert werden, dass ein Wechsel der Steuerklasse vor der Geburt, der allein dazu dient, höheres Elterngeld zu erzielen, bei der Einkommensermittlung unbeachtlich bliebe. Zudem ließe sich durch eine Aufhebung der Verschiebung des Bemessungszeitraums bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit oder wenigstens die Wiedereinführung einer Härtefallregelung verhindern, dass das Elterngeld unter Umständen auf Grundlage finanzieller Verhältnisse berechnet wird, die der wirtschaftlichen Situation der Familie unmittelbar vor der Geburt des Kindes nicht entsprechen. Dazu könnte das elterngeldrelevante Bemessungseinkommen in den 1 Vgl. BR-Drs. 426/06 (B), S. 2; s. a. Alt, ZFSH/SGB 2018, 2018, 691, 695; Gräf, SGb 2018, 577, 582; vgl. auch Löbner, SRa 2014, 1, 3.

B. Elterngeldspezifischer Einkommensbegriff

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zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes auf Grundlage einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt werden.2 Durch eine Lockerung der Anbindung an das Steuerrecht ließen sich einzelne zweckwidrige Ergebnisse zwar korrigieren. Überzeugend wäre ein am Steuerrecht ausgerichteter, erwerbsbezogener Einkommensbegriff unter systematischen Gesichtspunkten allerdings nicht. Denn aus dem System der sozialrechtlichen Einkommensbegriffe geht deutlich hervor, dass nur die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe an die steuerrechtlichen Vorgaben anknüpfen, wohingegen die erwerbsbezogenen, leistungsbemessenden Einkommensbegriffe das relevanten Bemessungseinkommen weitgehend unabhängig vom Steuerrecht definieren. Darüber hinaus droht durch punktuelle Durchbrechungen der Steuerrechtsakzessorietät die Gefahr eines unüberblickbaren Regel-Ausnahme-Verhältnisses, was sich zulasten der Rechtssicherheit auswirken und das Elterngeldverfahren verkomplizieren würde. Ein stimmiges Gesamtkonzept ließe sich durch eine modifizierte Steuerrechtsakzessorietät somit nicht erreichen.3

B. Elterngeldspezifischer Einkommensbegriff Eine systemkonforme Abwendung vom Steuerrecht könnte dadurch erfolgen, dass das elterngeldrelevante Einkommen aus Erwerbstätigkeit anhand eines eigenständigen Einkommensbegriffs definiert wird.4 Bereits im ursprünglichen Gesetzentwurf der Fraktionen CDU, CSU und SPD war zumindest der Erlass einer elterngeldspezifischen Einkommensverordnung vorgesehen, die auf die „besonderen Bedingungen des Elterngeldes“ abgestimmt sein sollte.5 Durch eine klare Definition des elterngeldrelevanten Einkommens wäre sichergestellt, dass sämtliche Einkommensbestandteile im Rahmen der Elterngeldberechnung Berücksichtigung finden würden, die infolge der Einschränkung der Erwerbstätigkeit nach der Geburt des Kindes ausfallen werden. Allerdings würde die Schaffung eines weiteren sozialrechtlichen Einkommensbegriffs den Verwaltungsaufwand erhöhen und auch dem berechtigten Interesse des Gesetzgebers nach einer „stärkere[n] Zusammenführung der vorhandenen Regelungen des Sozialrechts“6 nicht entsprechen.

2

S. a. Grübnau-Riecken, NZS 2016, 737 ff. Ebenso Löbner, SRa 2014, 1, 2; vgl. auch Gräf, SGb 2018, 571, 582. 4 Dafür Gühlstorf, ZfF 2012, 49, 56. 5 BT-Drs. 16/1889, S. 21. Die Verordnung sollte durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen erlassen werden, BT-Drs. 16/1889, S. 7. 6 BT-Drs. 16/1889, S. 21. 3

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4. Kap.: Alternative Regelungsmodelle zur Einkommensermittlung

C. Sozialversicherungsrechtlicher Einkommensbegriff Sinnvoller erscheint es dagegen, das elterngeldrelevante Einkommen anhand des sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriffs nach §§ 14, 15 SGB IV zu bestimmen. Dabei handelt es sich um klar definierte und in der Praxis bewährte Einkommenstatbestände, sodass die Elterngeldstellen zur Einkommensermittlung auf erprobte Verfahren zurückgreifen könnten. Auch unter systematischen Gesichtspunkten wäre die Anwendung des sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriffs überzeugend, da es sich bei den Regelungen zum Arbeitsentgelt und zum Arbeitseinkommen um erwerbsbezogene, leistungsbemessende Einkommensbegriffe handelt, die somit die gleiche Funktion wie der elterngeldrechtliche Einkommenstatbestand haben. Warum der Gesetzgeber die naheliegende Anwendung des sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriffs nicht bereits im Gesetzgebungsverfahren in Erwägung gezogen hat, lässt sich nur vermuten. Ein Grund dafür könnte in der systematischen Sonderstellung des Elterngeldes liegen. Da es sich beim Elterngeld um eine Einkommensersatzleistung außerhalb der Sozialversicherung handelt, ist es nicht fernliegend, dass schlicht übersehen wurde, dass sich der elterngeldrechtliche Berechnungsmodus, abgesehen von einzelnen einkommensunabhängigen Elterngeld-Sonderformen wie dem 300 Euro-Mindestbetrag, in die Konzeption der versicherungsrechtlichen Einkommensersatzleistungen nahtlos einreiht. Ob die Anwendung des sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriffs tatsächlich zu sachgerechten, dem Sinn und Zweck des Elterngeldes entsprechenden Ergebnissen führen kann, wird im Folgenden überprüft.

I. Beitragsfinanzierte Elternversicherung? Zunächst stellt sich jedoch die Frage, ob die Anwendung des sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriffs in logischer Konsequenz erfordert, das Elterngeld als beitragsfinanzierte Versicherungsleistung auszugestalten.7 Schließlich würden die sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegrifflichkeiten in §§ 14, 15 SGB IV unmittelbar Anwendung finden, wenn das Elterngeld in die Sozialversicherung eingegliedert wäre. Fraglich ist allerdings, ob die Ausgestaltung des Elterngeldes als Versicherungsleistung in seiner konkreten Form mit den sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben überhaupt zu vereinbaren ist. Dazu müsste sich das Elterngeld mit den wesensbestimmenden Strukturmerkmale der Sozialversicherung in Einklang bringen lassen. Zu den Wesensmerkmalen der Sozialversicherung zählt zunächst, dass ein bestimmtes Risiko abgesichert wird, mit dem ein Bedürfnis nach sozialem Ausgleich 7 Fuchsloch/Scheiwe meinen, dass eine Beitragsfinanzierung „systematisch logischer“ gewesen wäre, s. Elterngeld, Rn. 43.

C. Sozialversicherungsrechtlicher Einkommensbegriff

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verbunden ist.8 Einer Elternversicherung müsste also ein versicherbares Risiko innewohnen, das mit den in der Sozialversicherung abgesicherten Risiken – Krankheit, Unfall, Alter, Tod, Erwerbsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit – vergleichbar ist. Zwar kann die Geburt eines Kindes als anspruchsbegründendes Ereignis des Elterngeldbezugs nicht mit unerwünschten Versicherungsfällen wie Krankheit, Unfall oder Pflegebedürftigkeit gleichgestellt werden. Anknüpfungspunkt einer Elternversicherung könnte indes der vorübergehende Rückzug aus dem Erwerbsleben infolge der Geburt des Kindes sein, der mit einem teilweisen oder gänzlichen Verlust des Erwerbseinkommens einhergeht. Insofern wäre die Konstellation mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze in der Rentenversicherung vergleichbar, was gleichermaßen keinen Schaden darstellt, jedoch typischerweise mit einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben verbunden ist und folglich ein absicherungsbedürftiges Risiko darstellt.9 Weiteres Wesensmerkmal der Sozialversicherung ist, dass der Versicherungsschutz sich nicht auf die gesamte Bevölkerung erstreckt, sondern sich auf jene beschränkt, die typischerweise zur eigenverantwortlichen Vorsorge nicht in der Lage sind.10 Darum ist die Sozialversicherung herkömmlicherweise auf die Absicherung abhängig beschäftigter Personen zugeschnitten. Das Elterngeld ist dagegen universell angelegt und knüpft an keinen erwerbsbezogenen Status an, sodass neben Beschäftigten auch Selbständige und Nichterwerbstätige zum anspruchsberechtigten Personenkreis zählen. Die Beschränkung der Versichertengemeinschaft auf abhängig beschäftige Personen stellt jedoch kein konstitutives Merkmal der Sozialversicherung dar, sondern hat lediglich Indizwirkung.11 Denn zum Kreis der Sozialversicherten zählen mitunter auch Selbständige, was sich entweder aus gesetzlicher Anordnung (§ 2 SGB VI) oder aus einer freiwilligen Versicherung (§ 28a SGB III; § 9 SGB V; §§ 4 Abs. 2, 7 SGB VI; § 6 SGB VII; § 20 Abs. 3 SGB XI) ergeben kann. Die Einbeziehung Selbständiger würde der Ausgestaltung des Elterngeldes als Versicherungsleistung somit nicht entgegenstehen. Ähnliches gilt für die Beibehaltung des einkommensunabhängigen Mindestelterngeldes, das insbesondere sicherstellen soll, dass auch nicht-erwerbstätige Eltern in den ersten Lebensmonaten des Kindes eine finanzielle Unterstützung erhalten.12 Wenngleich die Sozialversicherung typischerweise auf die Absicherung der arbeitenden Bevölkerung zugeschnitten ist, so ist der Kreis der Versicherten mittlerweile weiter gefasst. Dies gilt insbesondere in der gesetzlichen Krankenversicherung: Hier 8

Vgl. Süß, Eigenverantwortung gesetzlich Krankenversicherter, S. 39. Unter Verweis auf die Entwicklung der sozialversicherungsrechtlichen Risikodefinition meint Becker, dass der Gesetzgeber eine Sozialversicherung hätte einführen können, in: FS Buchner, S. 67, 78. Zu den versicherten Risiken in der Rentenversicherung s. Ruland/Becker/ Axer/Ruland § 17 Rn. 37. 10 Rolfs, Versicherungsprinzip im Sozialversicherungsrecht, S. 105. 11 Süß, Eigenverantwortung gesetzlich Krankenversicherter, S. 38 mit Verweis auf BVerfG Beschl. v. 25. 2. 1960 – 1 BvR 239/52, BVerfGE 10, 354, 368 f. 12 BT-Drs. 16/1889, S. 2, 21. 9

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4. Kap.: Alternative Regelungsmodelle zur Einkommensermittlung

zählen neben nicht-erwerbstätigen Ehegatten (§ 10 Abs. 1 SGB V) etwa auch Studierende (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V) oder Arbeitslose (§ 5 Abs. 1 Nr. 2, 2a SGB V) zum versicherten Personenkreis. Dennoch würde die Beibehaltung des einkommensunabhängigen Elterngeld-Mindestbetrages, der keine versicherungsrechtliche Einkommensersatzfunktion erfüllt, im Rahmen einer Elternversicherung jedenfalls eine atypische, versicherungsfremde Eigenart darstellen.13 Darüber hinaus erscheint fraglich, ob die Ausgestaltung des Elterngeldes als Versicherungsleistung dem die Sozialversicherung prägenden Versicherungsprinzip hinreichend Rechnung tragen würde. Unter Bezugnahme der Rechtsprechung des BSG zählt laut Bundesverfassungsgericht zum Wesen der Sozialversicherung „jedenfalls die gemeinsame Deckung eines möglichen, in seiner Gesamtheit schätzbaren Bedarfs durch Verteilung auf eine organisierte Vielheit“.14 Darin kommt der Vorsorgecharakter zum Ausdruck, der in der Sozialversicherung von elementarer Bedeutung ist.15 Aus dem Vorsorgeprinzip lässt sich ableiten, dass der Eintritt des Versicherungsfalls künftig jedenfalls noch möglich sein muss. Dies wird am Beispiel der Arbeitslosenversicherung in Abgrenzung zur Kranken- und Pflegeversicherung deutlich: Da der Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit mit Erreichen der Regelaltersgrenze nicht mehr eintreten kann, endet zu diesem Zeitpunkt die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung. Rentner werden daher nicht mehr zur Beitragszahlung herangezogen.16 Der Versicherungsfall der Krankheit oder der Pflegebedürftigkeit kann sich dagegen in jedem Alter realisieren. Aus diesem Grund besteht die Versicherungspflicht nach dem SGB V und SGB XI auch mit Erreichen des Renteneintrittsalters weiter fort. Eine zur Beitragszahlung verpflichtende Einbeziehung in den Versichertenkreis, obwohl der Versicherungsfall nicht mehr eintreten kann, würde dem Vorsorgeprinzip somit zuwiderlaufen. Daher bestehen erhebliche Zweifel, dass die Einbeziehung von Personen in eine Elternversicherung gerechtfertigt werden könnte, für die sich der Versicherungsfall – Erwerbsunterbrechung infolge der Geburt eines Kindes – altersbedingt, aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund eines persönlichen Entschlusses mit Sicherheit nicht realisieren wird. Eine am Alter ausgerichtete Grenzziehung, wie sie im Rahmen der Pflegeversicherung durch den Beitragszuschlag für Kinderlose nach § 55 Abs. 3 SGB XI gewährleistet wird, würde aufgrund der Vielzahl der relevanten Faktoren auch bei einer typisierten Betrachtung keine überzeugende Lösung darstellen. Selbst wenn sich ein sachgerechtes Abgrenzungskriterium finden ließe, wäre eine Finanzierung allein durch die jüngere Bevölkerungsschicht, für die der Versicherungsfall jeden13

Vgl. auch Bothfeld, femina politica 2006, 102, 103. BVerfG Urt. v. 10. 5. 1960 – 1 BvR 190/58, BVerfGE 11, 105, 113 mit Verweis auf BSG Urt. v. 20. 12. 1957 – 7 RKg 4/56, BSGE 6, 213, 228. 15 Süß, Eigenverantwortung gesetzlich Krankenversicherter, S. 36. 16 Zum Verhältnis des Versicherungsprinzips zur Versicherungsfreiheit in der GRV s. Rolfs, Versicherungsprinzip im Sozialversicherungsrecht, S. 378. 14

C. Sozialversicherungsrechtlicher Einkommensbegriff

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falls noch eintreten könnte, wohl kaum ausreichend.17 Der Verweis auf die schwedische Elternversicherung ist an dieser Stelle ebenfalls nicht weiterführend, da es sich dabei um ein durch Arbeitgeberbeiträge und Steuermittel finanziertes Sozialversicherungssystem handelt, das mit der deutschen Sozialversicherung insofern nicht vergleichbar ist.18

II. Steuerfinanziertes Elterngeld Für die Beibehaltung des steuerfinanzierten Konzepts spricht zudem, dass eine Finanzierung unter Beteiligung aller steuerpflichtigen Personen dem Umstand besonders Rechnung trägt, dass es sich beim Elterngeld um eine Leistung zur Minderung des Familienaufwandes in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung handelt.19 Darüber hinaus ist auch bei steuerfinanzierten Leistungen ein Rückgriff auf den sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriff möglich, wie der Vergleich zur Verletztengeldzahlung im Rahmen der unechten Unfallversicherung deutlich zeigt: Dabei handelt es sich ebenfalls um eine nicht-beitragsfinanzierte Einkommensersatzleistung, die dennoch auf Grundlage des sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriffs berechnet wird.20 1. Rückgriff auf §§ 149 ff. SGB III Allein aus den Einkommenstatbeständen in §§ 14, 15 SGB IV würde sich das elterngeldrelevante Einkommen allerdings nicht ermitteln lassen. Hierzu sind ergänzende Vorschriften etwa zum Bemessungszeitraum sowie zum Abzug für Steuern und Sozialabgaben notwendig, die bislang in den §§ 2b ff. BEEG geregelt sind. Da die Konzeption des Elterngeldes mit der des Arbeitslosengeldes I nach dem SGB III im Wesentlichen vergleichbar ist, würde es sich anbieten, im Elterngeldrecht die Einkommensermittlungsvorschriften der §§ 149 ff. SGB III entsprechend anzuwenden.21 Dann könnten auch die Elterngeldstellen auf bekannte und bewährte Strukturen zurückgreifen, was das Verwaltungsverfahren erleichtern würde. Wie die 17 Kirner hält eine allgemeine Beitragspflicht im Rahmen einer Elternversicherung für „unumgänglich“, ohne den Aspekt des Vorsorgeprinzips zu berücksichtigen, in: Zukunftsaufgabe des Sozialstaats, S. 72, 97. 18 Buchner/Becker/Becker BEEG Vor §§ 1 bis 14 Rn. 14; ders., in: FS Buchner, S. 67, 78. Zum schwedischen Sozialsystem s. Lißner/Wöss, Sozialstaaten im Vergleich, S. 18 ff.; zur schwedischen Elternversicherung s. Köhler, SozSich 2008, 138 ff. sowie Weber, in: Die „dritte Generation“, S. 473, 495 ff. 19 Scheiwe/Fuchsloch, ZRP 2006, 37, 40; ebenso Kemper, Absicherung von Erziehungsarbeit, S. 198; s. a. Schulin, Risiken und Lasten im Sozialrecht, S. 117 ff.; vgl. Mrozynski SGB I § 6 Rn. 11. Zur systematischen Einordnung des Elterngeldes s. o. 1. Kap. D. 20 Zur Berechnung des relevanten Arbeitsentgelts und -einkommens s. KassKomm/Feddern SGB VII § 47 Rn. 3 ff. 21 Vgl. auch Schlegel, in: FS BFH I, S. 625, 657; sowie Röhl, NJW 2010, 1418, 1424.

200

4. Kap.: Alternative Regelungsmodelle zur Einkommensermittlung

Einkommensermittlung anhand der §§ 149 ff. SGB III ablaufen würde und welche Auswirkungen dies auf den Elterngeldbezug hätte, wird im Folgenden erläutert. a) Bemessungsgrundlage Das Arbeitslosengeld wird wie das Elterngeld anhand der Referenzmethode berechnet. Das bedeutet, dass das zuletzt maßgebliche Durchschnittseinkommen mit einem bestimmten Prozentsatz multipliziert wird. Dabei entspricht der erhöhte Leistungssatz von 67 %, den gem. § 149 Abs. 1 Nr. 1 SGB III Arbeitslose mit Kindern erhalten, der regulären Ersatzrate des Elterngeldes. Für Arbeitslose, die keine Kinder haben, beträgt der Leistungssatz gem. § 149 Abs. 1 Nr. 2 SGB III dagegen nur 60 %. Da somit auch bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes unterschiedliche Leistungssätze gelten, spricht nichts dagegen, für die Elterngeldberechnung auch unter entsprechender Anwendung der Vorgaben des SGB III das schrittweise Absenken der Ersatzrate auf 65 % bzw. Anwachsen auf bis zu 100 % beizubehalten. Auch der Bemessungszeitraum für die Arbeitslosengeldberechnung umfasst gem. § 150 Abs. 1 SGB III wie beim Elterngeld grundsätzlich die zwölf Monate vor der Entstehung des Anspruchs. Dabei bleiben bestimmte Zeiten, in denen kein oder nur ein reduziertes Erwerbseinkommen erzielt wurde, gem. § 150 Abs. 2 SGB III ebenfalls unberücksichtigt. Dazu zählen zum Beispiel Zeiten einer Beschäftigung, neben der Übergangsgeld nach § 119 SGB III oder Teilarbeitslosengeld nach § 162 SGB III geleistet worden ist (Nr. 1). Ferner bleiben auch Zeiten eines Bundesfreiwilligendienstes (Nr. 2) sowie Pflege- und Familienpflegezeiten (Nr. 3) bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums außer Betracht.22 Die in § 150 Abs. 2 SGB III genannten Ausnahmetatbestände sind allerdings nicht deckungsgleich mit den bei der Elterngeldberechnung nach § 2b Abs. 1 S. 2 BEEG auszuklammernden Zeiten. Da die Ausklammerungstatbestände im BEEG im Wesentlichen mit dem Elterngeldbezug in einem inneren Zusammenhang stehen – Elterngeldbezug für ein älteres Kind, Bezug von Mutterschaftsgeld, schwangerschaftsbedingte Erkrankung –, sollten diese weiterhin unberücksichtigt bleiben.23 Damit Zeiten der „gerechtfertigten Einkommenslosigkeit“24 sich für Elterngeldberechtigte nicht nachteilig auswirken, wäre es zudem sinnvoll, den Ausnahmekatalog im BEEG etwa um Bezugszeiten von Kranken- oder Verletztengeld zu ergänzen.25

22 Zu den Ausnahmetatbeständen im Einzelnen s. Heinz/Schmidt-De Caluwe/Scholz/Jakob SGB III § 150 Rn. 38 ff. 23 In keinem inneren Zusammenhang zum Elterngeldbezug stehen dagegen Zeiten der Ableistung eines Wehr- oder Zivildienstes. Krit. zur Ausklammerung nach § 2b Abs. 1 S. 2 Nr. 4 BEEG daher Dau, jurisPR-SozR 6/2010 Anm. 3; Felix, SGb 2012, 93, 95 f. 24 Fuchsloch/Scheiwe, Elterngeld, Rn. 115. 25 Siehe hierzu 2. Kap. B. I. 1. a) cc) und c).

C. Sozialversicherungsrechtlicher Einkommensbegriff

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Anders als beim Elterngeld führt das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes bei der Arbeitslosengeldberechnung allerdings nicht dazu, dass der Bemessungszeitraum in die Vergangenheit verschoben wird. Vielmehr bleiben die entsprechenden Zeiten bei der Ermittlung des Durchschnittseinkommens vollständig unberücksichtigt, sodass sich die Anzahl der relevanten Bemessungstage reduziert. Erst wenn aufgrund der Ausklammerungsregelung weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Erwerbseinkommen verbleiben, wird der Bemessungszeitraum gem. § 150 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB III auf zwei Jahre erweitert. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass bei einem Referenzzeitraum von weniger als 150 Tagen das Durchschnittseinkommen für die tatsächliche Einkommenssituation nicht hinreichend repräsentativ ist.26 Dieses Verfahren im SGB III erscheint deutlich einfacher und hat gegenüber der derzeitigen Verschiebungsregelung im BEEG auch den Vorteil, dass es infolge des Vorliegens von Ausklammerungstatbeständen im bereits verschobenen Zeitraum nicht zu mehrfachen Verschiebungen in die Vergangenheit kommt, was sich insbesondere für Berufsanfänger nachteilhaft auswirken kann. Der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes würde es am besten entsprechen, wenn für die Leistungsberechnung bei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit oder bei Mischeinkünften ebenfalls auf die letzten zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes zurückgegriffen würde. Soweit Eltern stabile Einkommensverhältnisse haben, erscheint es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung auch möglich, grundsätzlich auf das Durchschnittseinkommen aus dem letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum abzustellen. Damit bliebe für die Elterngeldstellen die Möglichkeit erhalten, das elterngeldrelevante Einkommen aus den Angaben im Steuerbescheid abzulesen. In diesem Fall sollte aber unbedingt eine Härtefallregelung eingeführt werden, sodass die Angaben aus dem Steuerbescheid ausnahmsweise nicht heranzuziehen sind, wenn die Einkommensverhältnisse im letzten Veranlagungszeitraum und im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes erheblich abweichen. Für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage ist nicht nur relevant, welche Monate in zeitlicher Hinsicht Berücksichtigung finden, sondern vor allem, welche Einkommensbestandteile in die Leistungsberechnung einfließen. Für die Berechnung des Arbeitslosengeldes ist insofern gem. § 149 i. V. m. § 151 Abs. 1 SGB III grundsätzlich das sozialversicherungsrechtliche Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV relevant.27 aa) Arbeitsentgelt, § 14 SGB IV Die Bestimmung des elterngeldrelevanten Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit auf Grundlage des § 14 SGB IV wäre der entscheidende System26

Vgl. Heinz/Schmidt-De Caluwe/Scholz/Jakob SGB III § 150 Rn. 80. Brand SGB III § 151 Rn. 4; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Mutschler SGB III § 151 Rn. 5; Gagel/Rolfs SGB III § 151 Rn. 12. 27

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4. Kap.: Alternative Regelungsmodelle zur Einkommensermittlung

wechsel im Rahmen der Elterngeldberechnung, da die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit nicht mehr an das Steuerrecht gebunden wäre. Es käme also nicht entscheidend darauf an, ob Einnahmen als steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG zu behandeln sind, sondern allein, ob die Einnahmen im Zusammenhang mit einer Beschäftigung erzielt wurden. Darüber hinaus wäre durch die Abwendung vom Steuerrecht sichergestellt, dass Abgrenzungsfragen in Zweifelsfällen nicht anhand der steuerlichen Systematik beantwortet werden müssten, sondern sozialrechtsintern unter Berücksichtigung des elterngeldrechtlichen Leistungszwecks gelöst werden könnten. Zum Arbeitsentgelt zählen gem. § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Der sozialversicherungsrechtliche Entgeltbegriff umfasst daher auch einmalige Einnahmen im Sinne des § 23a Abs. 1 S. 1 SGB IV. Da aber insbesondere die Berücksichtigung einmaliger Sonderzahlungen, wie ausnahmsweise gezahlter Gratifikationen oder Jubiläumszuwendungen, zu einer Verzerrung der Einkommensverhältnisse führen kann, ist auch in Betracht zu ziehen, einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 23a SGB IV von der Bemessungsgrundlage auszunehmen, so wie es im ursprünglichen Gesetzesentwurf zur Einführung des BEEG vorgesehen war.28 Neben einmaligen Sonderzahlungen würden dann auch Weihnachts- und Urlaubsgelder bei der Elterngeldberechnung außen vor bleiben.29 Bei regelmäßigen Provisionen, die kumuliert für mehrere Entgeltabrechnungszeiträume, etwa als Quartals- oder Halbjahresprovisionen oder im Zweimonatsrhythmus gezahlt werden, handelt es sich dagegen nicht um einmaliges Entgelt im Sinne des § 23a SGB IV, sodass sie zum elterngeldrelevanten Einkommen zählen würden.30 Steuerfreie Einnahmen würden dagegen auch nach dem sozialversicherungsrechtlichen Entgeltbegriff bei der Leistungsberechnung grundsätzlich unberücksichtigt bleiben. Dies ergibt sich aus der Sozialversicherungsentgeltverordnung 28

Vgl. BT-Drs. 16/1889, S. 5, 21. Vgl. Gagel/Rolfs SGB III § 342 Rn. 37 f.; Krauskopf/Stäbler SGB IV § 14 Rn. 28. 30 Vgl. BeckOK-SozR/Wagner SGB IV § 23a Rn. 3; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Roßbach SGB IV § 23a Rn. 2; jurisPK-SGB IV/Pietrek § 23a Rn. 35. Da einmaliges Arbeitsentgelt im Sinne von § 23a SGB IV beitragspflichtig ist, ist eine Nichtberücksichtigung bei der Arbeitslosengeldberechnung aufgrund des Äquivalenzprinzips nicht möglich. Das BVerfG hat die Regelung in § 134 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 SGB III a. F., wonach einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bei der Arbeitslosengeldberechnung nicht zu berücksichtigen sein sollte, für verfassungswidrig erklärt (BVerfG Beschl. v. 24. 5. 2000 – 1 BvL 1/98, 1 BvL 4/98, 1 BvL 15/ 99, BVerfGE 102, 127); s. hierzu bereits oben 2. Kap. B. I. 3. c) aa) (2); s. a. Heinz/Schmidt-De Caluwe/Scholz/Jakob SGB III § 151 Rn. 19; BeckOK-SozR/Michalla-Munsche SGB III § 151 Rn. 9. 29

C. Sozialversicherungsrechtlicher Einkommensbegriff

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(SvEV), die auf Grundlage des § 17 SGB IV vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlassen wurde. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SvEV regelt ausdrücklich, dass einmalige Einnahmen sowie laufende Zulagen, Zuschläge und Zuschüsse, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht zum Arbeitsentgelt gehören, soweit sie steuerfrei sind. Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang die steuerlichen Vorgaben aus §§ 3, 3b EStG.31 Trinkgelder würden somit weiterhin bei der Elterngeldberechnung außen vor bleiben.32 Steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertagsund Nachtarbeit im Sinne des § 3b EStG zählen gem. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SvEV dagegen zum leistungsrelevanten Einkommen, soweit das Entgelt, aus dem sie berechnet werden, mehr als 25 Euro für jede Stunde beträgt. Da die Steuerfreiheit der Zuschläge wiederum prozentual an den Grundlohn gekoppelt ist, wäre dadurch jedenfalls sichergestellt, dass höhere Zuschläge, die somit auch die finanzielle Situation der berechtigten Person geprägt haben, bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt werden.33 Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen ist im Rahmen der Arbeitslosengeldberechnung ausdrücklich geregelt. Gem. § 151 Abs. 1 S. 1 SGB III kommt es maßgeblich auf das „erzielte“ Arbeitsentgelt an. Grundsätzlich ist also erforderlich, dass die Zahlung tatsächlich zugeflossen ist.34 Eine Ausnahme sieht § 151 Abs. 1 S. 2 SGB III für Gehaltsnachzahlungen vor, die im maßgeblichen Bemessungszeitraum erarbeitet wurden: Diese gelten auch dann als erzielt, wenn sie erst nach Ablauf des Bemessungszeitraums zugeflossen sind oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind. Das bedeutet, dass Gehaltsnachzahlungen, die im Bemessungszeitraum erarbeitet, aber erst anschließend ausbezahlt wurden, in die Bemessungsgrundlage einfließen, solange der Zufluss tatsächlich stattgefunden hat.35 Bei Gehaltsnachzahlungen würde es im Rahmen der Elterngeldberechnung somit nicht mehr auf die Einordnung als laufender Arbeitslohn oder als sonstiger Bezug und die damit einhergehende Stichtagsregelung ankommen, nach der Gehaltsnachzahlungen für das Vorjahr nach dem Ablauf der dritten Januarwoche unberücksichtigt bleiben.36

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KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 14 Rn. 75. Vgl. Gagel/Rolfs SGB III § 342 Rn. 12; KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 14 Rn. 95. 33 Gem. § 3b Abs. 1 S. 1 EStG sind Zuschläge für Nachtarbeit steuerfrei, wenn sie 25 % des Grundlohns nicht übersteigen (Nr. 1); für Sonntagsarbeit gilt 50 % (Nr. 2); für Arbeit am 31. Dezember ab 14 Uhr und an gesetzlichen Feiertagen 125 % (Nr. 3); für Arbeit am 24. Dezember ab 14 Uhr, am 25. und 26. Dezember sowie am 1. Mai 150 % (Nr. 4). 34 Gagel/Rolfs SGB III § 151 Rn. 15. 35 Sogenannte kombinierte Anspruchs- und Zuflusstheorie, s. hierzu BSG Urt. v. 28. 6. 1995 – 7 RAr 102/94, BSGE 76, 162; BeckOK-SozR/Michalla-Munsche SGB III § 151 Rn. 11; jurisPK-SGB III/Brackelmann § 151 Rn. 13. 36 Zur elterngeldrechtlichen Behandlung von Gehaltsnachzahlungen s. 2. Kap. B. I. 2. (zeitliche Zuordnung von Einnahmen) und 3. c) cc) (Lohn- und Gehaltsnachzahlungen). 32

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4. Kap.: Alternative Regelungsmodelle zur Einkommensermittlung

bb) Arbeitseinkommen, § 15 SGB IV Für die Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Arbeit ist ein Rückgriff auf die Regelungen des SGB III dagegen nicht sinnvoll. Denn die Bemessung des Arbeitslosengeldes erfolgt für Selbständige nicht auf Grundlage des tatsächlich erwirtschafteten Einkommens bzw. der abgeführten Beiträge, sondern gem. § 152 Abs. 2 SGB III anhand eines fiktiven Bemessungsentgelts.37 Die Regelung enthält vier Qualifikationsgruppen, die die Höhe des fiktiven Bemessungsentgelts in Abhängigkeit von der beruflichen Qualifikation festlegen.38 Grundlage der Leistungsberechnung ist dabei die maßgebliche Bezugsgröße im Sinne von § 18 SGB IV. Bei der Bezugsgröße handelt es sich um eine sozialversicherungsrechtliche Rechengröße in Höhe des Durchschnittsentgelts der gesetzlichen Rentenversicherung, die jährlich an die Einkommensentwicklung angepasst wird.39 Die Leistungsberechnung anhand eines fiktiven Bemessungsentgelts ist einfach und rechtssicher, geht allerdings zulasten der Einkommensersatzfunktion, weil die Höhe der Leistung nicht die zuletzt tatsächlich maßgeblichen Einkommensverhältnisse widerspiegelt. Sachgerechter, wenn auch mit mehr Aufwand verbunden, wäre es, das leistungsrelevante Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit anhand der Einkommensdefinition des § 15 SGB IV vorzunehmen. Dies entspricht der Berechnung des Verletztengeldes von Selbständigen im Rahmen der unechten Unfallversicherung und ist mit der Berechnung des Versorgungskrankengeldes nach § 16b BVG vergleichbar.40 Gem. § 15 Abs. 1 S. 1 SGB IV ergibt sich das Arbeitseinkommen aus dem nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Berücksichtigt werden also die steuerlichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG.41 § 15 Abs. 1 S. 2 SGB IV konkretisiert, dass Einnahmen als Arbeitseinkommen zu werten sind, wenn es sich dabei nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten um Gewinneinkünfte handelt. Das bedeutet, dass sich die Bestimmung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit – anders als beim Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit – weitgehend nach dem Steuerrecht richtet. Folglich würden im Rahmen der 37

Selbständige haben nur Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie gem. § 28a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III freiwillig versichert sind, s. hierzu Gagel/Schneil SGB III § 28a Rn. 7. Zur Arbeitslosengeldberechnung bei Selbständigkeit s. LSG Bayern Urt. v. 22. 6. 2017 – L 10 AL 74/ 16, juris; vgl. auch BSG Urt. v. 21. 6. 2018 – B 11 AL 8/17 R, SozR 4 – 4300 § 152 Nr. 4. 38 Brand SGB III § 152 Rn. 5. 39 KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 18 Rn. 2. Im Jahr 2021 beträgt die Bezugsgröße-West 39.480 Euro/jährlich (3.290 Euro/mtl.); die Bezugsgröße-Ost beträgt 37.380 Euro/jährlich (3.115 Euro/mtl.). 40 Zum Verletztengeld siehe BeckOK-SozR/Marschner SGB VII § 47 Rn. 1; Schmitt SGB VII § 47 Rn. 14. Zum Versorgungskrankengeld vgl. Knickrehm/Vogl BVG § 16a Rn. 4. 41 BeckOK-SozR/Wagner SGB IV § 15 Rn. 4; KassKomm/Zieglmeier SGB IV § 15 Rn. 8; Kreikebohm/Marschner SGB IV § 15 Rn. 8.

C. Sozialversicherungsrechtlicher Einkommensbegriff

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Elterngeldberechnung auch weiterhin tätigkeitsunabhängige Einnahmen berücksichtigt, die nicht unmittelbar auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zurückzuführen sind, aber steuerlich als Gewerbeeinkünfte im Sinne des § 15 EStG zu qualifizieren sind.42 Auch die Nutzung steuerlicher Gestaltungsrechte, wie die Ausnutzung des Zuflussprinzips, gezielte Abschreibung und Rücklagenbildung oder Gewinnverzichtsregelungen durch Gesellschafterbeschluss, wären unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs weiterhin möglich.43 b) Abzüge für Steuern und Sozialabgaben Ebenso wie das Elterngeld wird das Arbeitslosengeld auf Grundlage eines um Steuern und Sozialabgaben bereinigten Nettobetrags berechnet. Dieser Abzug erfolgt gem. § 153 SGB III auch beim Arbeitslosengeld in pauschalierter Form. Vergleichbar mit der Regelung in § 2f BEEG wird bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes gem. § 153 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 20 % vom Bemessungsentgelt abgezogen. Die Abzugspauschale liegt damit einen Prozentpunkt unter dem Wert, der gem. § 2f Abs. 1 BEEG bei der Elterngeldberechnung derzeit gilt. Die Sozialversicherungspauschale betrug auch im SGB III zuletzt 21 % und wurde jüngst auf 20 % abgesenkt, um den Wert den tatsächlichen Beitragssätzen anzupassen.44 Da auch Beamte und Selbständige Anspruch auf Elterngeld haben, müsste im Elterngeldrecht in jedem Fall die einschränkende Regelung beibehalten werden, wonach der Abzug nur erfolgt, wenn eine entsprechende Versicherungspflicht besteht, die Beiträge im Bemessungszeitraum also tatsächlich gezahlt wurden. Entsprechend der Regelung in § 2e Abs. 1 BEEG werden für die Berechnung des Arbeitslosengeldes gem. § 153 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und Nr. 3 SGB III vom maßgeblichen Bemessungsentgelt noch die Lohnsteuer und der Solidaritätszuschlag abgezogen. Dabei werden gem. § 153 Abs. 1 S. 3 und S. 4 SGB III auch der Arbeitnehmerpauschbetrag nach § 9a Abs. 1 Nr. 1a EStG sowie eine Vorsorgepauschale berücksichtigt, was der elterngeldrechtlichen Regelung in § 2e Abs. 2 S. 2 BEEG entspricht. Bei der Ermittlung des leistungsrelevanten Einkommens im SGB III erfolgt der Lohnsteuerabzug grundsätzlich anhand der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, galt. Ein Wechsel der Lohnsteuerklasse etwa infolge der Änderung des Familienstandes wird gem. § 153 Abs. 2 S. 2 SGB III 42 Der Begriff des Arbeitseinkommens erfasst daher auch Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage, s. LSG BW 12. 9. 2017 – L 11 KR 817/17, juris. Zur Behandlung tätigkeitsunabhängiger Einnahme s. 2. Kap. B. II. 1. 43 Siehe hierzu 2. Kap. B. II. 2. 44 Änderung zum 1. 1. 2019 durch das Qualifizierungschancengesetz v. 18. 12. 2018, (BGBl. I, S. 2651). Die von Arbeitnehmern zu tragende Sozialversicherungsabgaben belaufen sich Jahr 2020 auf insgesamt 19,575 % (9,3 % für die Renten-, 7,3 % für die Kranken-, 1,2 % für die Arbeitslosen-, und 1,775 % für die Pflegeversicherung).

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4. Kap.: Alternative Regelungsmodelle zur Einkommensermittlung

ab dem Tag berücksichtigt, an dem erstmals die steuerlichen Voraussetzungen für die Änderung vorgelegen haben.45 § 153 Abs. 3 S. 1 SGB III schränkt den Lohnsteuerklassenwechsel unter Ehegatten insofern ein, als eine Änderung für die Berechnung des Arbeitslosengeldes nur berücksichtigt wird, wenn die neuen Steuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprechen oder sich aufgrund der neuen Steuerklassen ein Arbeitslosengeld ergibt, das geringer ist als das Arbeitslosengeld, das sich ohne den Wechsel ergäbe.46 Ein Lohnsteuerklassenwechsel, der allein dem Ziel dient, den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu erhöhen, ist demnach unbeachtlich. Die aus der entsprechenden Anwendung des § 153 Abs. 3 SGB III folgende Beschränkung eines leistungserhöhenden Lohnsteuerklassenwechsels im Rahmen der Elterngeldberechnung würde sicherstellen, dass die Höhe des Elterngeldes tatsächlich die zuletzt maßgeblichen Einkommensverhältnisse abbildet und nicht infolge der Ausübung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu einem überhöhten Leistungsbezug führt.47 c) Einkommen im Bezugszeitraum Gem. § 138 Abs. 3 SGB III ist während des Bezugs von Arbeitslosengeld die Ausübung einer Erwerbstätigkeit von höchstens 15 Stunden pro Woche erlaubt. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit wird in diesen Fällen gem. § 150 SGB III auf das Arbeitslosengeld angerechnet, wobei ein monatlicher Freibetrag von mindestens 165 Euro berücksichtigt wird.48 Übt die elterngeldberechtigte Person nach der Geburt des Kindes in den Grenzen des § 1 Abs. 6 BEEG eine Erwerbstätigkeit aus, so berechnet sich das Elterngeld gem. § 2 Abs. 3 BEEG dagegen auf Grundlage der Differenz zwischen dem Durchschnittseinkommen vor und nach der Geburt des Kindes. Einkommen während des Leistungsbezugs wird im SGB III und im BEEG also auf unterschiedliche Weise berücksichtigt: Während im SGB III das Einkommen, das den maßgeblichen Freibetrag übersteigt, auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird, wird im Elterngeldrecht eine Differenzberechnung vorgenommen. Die Anrechnung von Einkommen auf den Leistungsbezug unter Berücksichtigung von Freibeträgen hat gegenüber der Differenzmethode den Vorteil, dass die Einkommensermittlung einfach und übersichtlich ist, sodass Eltern den ihnen zustehenden Auszahlungsbetrag leichter nachvollziehen könnten.49 Je höher das Einkommen während des Leistungsbezugs ist, desto weniger vermag ein pauschaler 45

Heinz/Schmidt-De Caluwe/Scholz/Jakob SGB III § 153 Rn. 21 f. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll dadurch eine „Manipulation zu Lasten der Arbeitslosenversicherung“ verhindert werden, BT-Drs. 13/4941, S. 179. S. hierzu auch Gläser/ Schöllhorn, DStR 2013, 312, 313 f. 47 S. hierzu 2. Kap. B. I. 4. 48 Nebeneinkünfte sind unter den Voraussetzungen des § 155 Abs. 2 SGB III vollständig anrechnungsfrei; bei beruflicher Weiterbildung erhöht sich der Freibetrag gem. § 155 Abs. 3 SGB III auf 400 Euro monatlich. 49 Vgl. Heinz/Schmidt-De Caluwe/Scholz/Scholz SGB III § 155 Rn. 2. 46

C. Sozialversicherungsrechtlicher Einkommensbegriff

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Freibetrag die Einkommensanrechnung aber abzufedern, sodass eine Teilzeiterwerbstätigkeit während des Elterngeldbezugs unattraktiv wäre. Da das Elterngeld aber gerade dazu beitragen soll, dass Eltern Erziehungs- und Berufstätigkeit nach ihren Vorstellungen und Bedürfnissen miteinander vereinbaren können, würde eine Freibetragsregelung den Zweck des Elterngeldes insofern einschränken. Die Differenzmethode stellt dagegen sicher, dass jeder Euro bei der Leistungsberechnung Berücksichtigung findet, und sollte deshalb im Rahmen der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung beibehalten werden. 2. Funktionaler und systematischer Mehrwert der Anwendung des sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriffs Die Untersuchung zeigt, dass die Anwendung des sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriffs unter Rückgriff auf die Einkommensermittlungsvorschriften der §§ 149 ff. SGB III im Elterngeldrecht weitgehend zu Ergebnissen führt, die der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes entsprechen. Insbesondere die Regelungen über die zeitliche Zuordnung von Einnahmen nach § 151 Abs. 1 SGB III und der weite Anwendungsbereich des Arbeitsentgeltsbegriffs in § 14 SGB IV stellen sicher, dass diejenigen Einkommensbestandteile in die Bemessungsgrundlage einfließen, die nach der Geburt des Kindes ausfallen werden. Um der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes hinreichend Rechnung zu tragen, müssten von den Einkommensermittlungsvorschriften der §§ 149 ff. SGB III aber einzelne Ausnahmen statuiert werden. So sollten etwa die für die Arbeitslosengeldbemessung maßgeblichen Ausklammerungstatbestände in § 150 Abs. 2 SGB III für die Elterngeldberechnung nicht übernommen, sondern durch elterngeldspezifische Tatbestände ersetzt werden. Auch die Leistungsbemessung Selbständiger sollte nicht wie in § 152 Abs. 2 SGB III vorgesehen, anhand eines fiktiven Bemessungsentgelts, sondern auf Grundlage des tatsächlich erzielten Einkommens vorgenommen werden. Dadurch wird sichergestellt, dass das Elterngeld auch bei Selbständigen die zuletzt maßgeblichen Einkommensverhältnisse realitätsgetreu abbildet. Wenngleich die Anwendung des sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriffs unter Rückgriff auf die Einkommensermittlungsvorschriften der §§ 149 ff. SGB III vereinzelt Ausnahmen notwendig macht, um der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes hinreichend Rechnung zu tragen, so bietet die Abwendung vom Steuerrecht darüber hinaus auch in systematischer Hinsicht einen Mehrwert.50 Schließlich hat eine sozialrechtsinterne Einkommensermittlung den Vorteil, dass die elterngeldrechtliche Gesetzesauslegung in Zweifelsfällen nicht der steuerlichen Systematik unterworfen ist. Die steuerrechtliche Systematik mit ihren spezifischen Befreiungstatbeständen, Zuordnungsvorschriften und Gestaltungs50 S. insofern bereits das Argument gegen die Schaffung eines modifiziert steuerrechtsakzessorischen Einkommensbegriffs unter A.

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4. Kap.: Alternative Regelungsmodelle zur Einkommensermittlung

möglichkeiten würde für das Elterngeldrecht somit keine Rolle mehr spielen. Abgrenzungsfragen können stattdessen systemkonform anhand sozialrechtlicher Maßstäbe beantwortet werden, wobei insbesondere der Leistungszweck des Elterngeldes im Rahmen der Normauslegung stärkere Berücksichtigung finden könnte. Dadurch wäre sichergestellt, dass das Elterngeld seinen Zweck erfüllt, das infolge der Geburt des Kindes ausfallende Erwerbseinkommen der Eltern anteilig zu ersetzen.

Zusammenfassung der Ergebnisse Mit der Weiterentwicklung des bedürftigkeitsabhängigen Erziehungsgeldes zum einkommensabhängigen Elterngeld im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber die familienpolitischen Leistungen ausgebaut und zugleich einen Paradigmenwechsel im Bereich der Familienförderung vollzogen. Das Elterngeld ist eine steuerfinanzierte Sozialleistung, die innerhalb der Grenzen des 300 Euro-Mindest- und 1.800 EuroHöchstbetrages als Einkommensersatzleistung ausgestaltet ist. Der Ausgleich der betreuungsbedingten Einkommenseinbußen soll Familien in der Frühphase der Elternschaft finanziell absichern und zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Die erwerbsbezogene Ausrichtung des Elterngeldes soll zudem die gleichberechtigte Teilhabe von Vätern und Müttern an Erziehungs- und Erwerbstätigkeit fördern und auch die Entscheidung zur Familiengründung begünstigen. Mit der Gewährung des 300 Euro-Mindestbetrages erfüllt das Elterngeld darüber hinaus eine einkommensunabhängige Funktion und dient insofern der Anerkennung der Erziehungs- und Betreuungsleistung aller Eltern. Als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung vereint das Elterngeld Merkmale systematisch unterschiedlicher Sozialleistungen. Es weist daher eine ambivalente Rechtsnatur auf und nimmt innerhalb der sozialrechtlichen Systematik eine Sonderstellung ein. Anders als die typischen steuerfinanzierten Sozialleistungen ist das Elterngeld nicht bedürftigkeitsabhängig, sondern schreibt das individuelle Einkommensniveau – dem versicherungsrechtlichen Äquivalenzgedanken entsprechend – fort. Die Grundkonzeption des Elterngeldes entspricht damit dem Muster der sozialversicherungsrechtlichen Lohnersatzleistungen. Anders als die Geldleistungen der Sozialversicherung wird es aber nicht durch Beiträge, sondern aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert. Beim Elterngeld handelt es sich somit um eine „Einkommensersatzleistung besonderer Art“. Diese Charakterisierung grenzt das Elterngeld zum einen zu den sozialversicherungsrechtlichen Entgeltersatzleistungen ab, da es sich nicht auf den Lohnersatz sozialversicherungspflichtig Beschäftigter beschränkt, sondern auch Beamte und Selbständige in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufnimmt. Zum anderen weist der ergänzende Zusatz „besonderer Art“ darauf hin, dass das Elterngeld nicht wie üblicherweise als Versicherungsleistung ausgestaltet ist, sondern gesamtgesellschaftlich finanziert wird und mit dem Mindestelterngeld sowie weiteren einkommensunabhängigen Sonderformen, etwa dem Geschwisterbonus und dem Mehrlingszuschlag, auch Merkmale des sozialen Ausgleichs aufweist. Die ambivalente Rechtsnatur des Elterngeldes und seine systematische Sonderstellung stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der in der vorliegenden Arbeit

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Zusammenfassung der Ergebnisse

untersuchten Problematik der Ausgestaltung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG. Da es sich beim Elterngeld weder um eine versicherungsrechtliche Einkommensersatz- noch um eine bedürftigkeitsabhängige Sozialtransferleistung handelt, schien dem Gesetzgeber keiner der bestehenden sozialrechtlichen Einkommensbegriffe als Vorlage für die Bestimmung des elterngeldrelevanten Einkommens geeignet zu sein. Die Untersuchung der Einkommensbegriffe im Sozialrecht hat jedoch gezeigt, dass die konkrete Ausgestaltung eines Einkommensbegriffs nicht von der systematischen Stellung der Leistung abhängig ist, sondern von der Funktion, die das Einkommen erfüllt. Das Elterngeld stellt wie die sozialversicherungsrechtlichen Lohnersatzleistungen eine erwerbsbezogene, positiv einkommensabhängige Sozialleistung dar, im Rahmen derer dem Einkommen die Funktion der Leistungsbemessung zukommt. Der Gesetzgeber hat somit verkannt, dass mit der sozialversicherungsrechtlichen Einkommensdefinition in §§ 14, 15 SGB IV bereits ein funktionsidentischer Einkommensbegriff existiert. Voreilig hat er sich, auch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, dazu entschieden, das elterngeldrelevante Einkommen aus Erwerbstätigkeit nach den Vorgaben des Steuerrechts zu bestimmen und damit eine systemwidrige Sonderkonstruktion geschaffen. Aus dem System der Einkommensbegriffe im Sozialrecht lässt sich nämlich auch ableiten, dass nur die leistungsbegrenzenden Einkommensbegriffe, die als Bedürftigkeitsmaßstab im Rahmen der negativ einkommensabhängigen Sozialleistungen dienen, eng an die steuerlichen Vorgaben anknüpfen, da sich hier sozialrechtliche Bedürftigkeit und steuerrechtliche Leistungsfähigkeit spiegelbildlich gegenüberstehen. Die für die Berechnung der positiv einkommensabhängigen Sozialleistungen maßgeblichen leistungsbemessenden Einkommensbegriffe sind dagegen auf die Bestimmung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit ausgerichtet und definieren das leistungsrelevante Einkommen daher weitgehend unabhängig von den steuerrechtlichen Vorgaben. Entgegen der Einschätzung des Gesetzgebers, der die „sachlichen Unterschiede zwischen dem sozialrechtlichen und dem steuerrechtlichen Ausgangspunkt im Ergebnis für gering“1 hielt, hat die Anbindung an das Steuerrecht erhebliche Auswirkungen auf die Einkommensermittlung und somit letztlich auf die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes. Die steuerrechtlichen Zuordnungsvorschriften, Befreiungstatbestände und Gestaltungsmöglichkeiten führen in vielen Fällen dazu, dass die Summe der steuerlichen Erwerbseinkünfte nicht der Summe der Einkünfte entspricht, die tatsächlich auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zurückzuführen sind, sodass das Elterngeld höher oder niedriger ausfällt, als es nach seiner Grundkonzeption vorgesehen ist. Dabei zeichnen sich die Verzerrungen der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung bei abhängig beschäftigten Eltern mit Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit deutlicher ab, da sich hier der Zusammenhang zwischen Erwerbsausübung und Einkommenserzielung

1

BT-Drs. 16/2454, S. 11.

Zusammenfassung der Ergebnisse

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bzw. Erwerbsaufgabe und Einkommensausfall unmittelbarer auswirkt als bei Selbständigen. Jedenfalls in Bezug auf das Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit muss die eingangs aufgeworfene Frage, ob das Steuerrecht einen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Elterngeldberechnung darstellt, somit eindeutig verneint werden: Das Einkommen erfüllt im Steuerrecht und im Elterngeldrecht vollkommen unterschiedliche Funktionen. Wenngleich es sich beim Elterngeld um eine steuerfinanzierte Sozialleistung handelt, so ist die Leistungsgewährung nicht von der Bedürftigkeit der Familie abhängig, sondern orientiert sich an den individuellen Einkommensverhältnissen. Die Gewährung von Elterngeld steht daher nicht wie bei anderen steuerfinanzierten Sozialleistungen spiegelbildlich zum steuerlichen Leistungsfähigkeitsmaßstab. Bei der Implementierung des auf die Erwerbseinkünfte reduzierten, verkappten steuerlichen Einkommensbegriffs in das Elterngeldrecht handelt es sich somit um eine systemwidrige Verschränkung von Steuer- und Sozialrecht. Obwohl die Anbindung an das Steuerrecht im Widerspruch zum System der sozialrechtlichen Einkommensbegriffe steht und überdies in vielen Fällen zu Ergebnissen führt, die den Zweck des Elterngeldes konterkarieren, ist eine elterngeldspezifische Auslegung des geltenden Einkommenstatbestands in § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG mittlerweile nicht mehr möglich. Der Gesetzgeber hat im Gesetzgebungsverfahren den Weg eines steuerrechtsakzessorischen Regelungskonzepts eingeschlagen und diesen seither konsequent weiterverfolgt. Durch mehrere Gesetzesverschärfungen hat er deutlich gemacht, dass das elterngeldrelevante Einkommen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung allein nach Maßgabe des Steuerrechts zu bestimmen ist. Der Gleichlauf mit dem Steuerrecht ermöglicht es den Elterngeldstellen, für die Leistungsberechnung unmittelbar auf die Angaben in den Lohnund Gehaltsbescheinigungen oder im Steuerbescheid zurückzugreifen, ohne das leistungsrelevante Einkommen eigens ermitteln zu müssen. Das Anliegen eines schnellen und einfachen Verwaltungsverfahrens stellt im Bereich der Massenverwaltung ein berechtigtes gesetzgeberisches Interesse dar. Da es sich beim Elterngeld um eine steuerfinanzierte Förderungsleistung handelt, wird der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum weder durch das versicherungsrechtliche Äquivalenzprinzip noch im Hinblick auf ein existenzsicherndes Untermaßverbot eingeschränkt. Eine elterngeldspezifische Auslegung der Einkommenstatbestände ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten daher nicht geboten, sodass das vom Gesetzgeber vorgegebene steuerrechtsakzessorische Regelungskonzept zu respektieren ist. Die Auflösung der systemwidrigen Anbindung an das Steuerrecht ließe sich allein durch eine vom Gesetzgeber vorzunehmende Neuregelung der elterngeldrechtlichen Einkommensvorschriften erreichen. Im Sinne der vom Gesetzgeber ursprünglich anvisierten stärkeren Zusammenführung der vorhandenen Einkommensbegriffe2 könnte das elterngeldrelevante Einkommen unter entsprechender Anwendung des 2

Vgl. BT-Drs. 16/1889, S. 21.

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Zusammenfassung der Ergebnisse

sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriffs nach §§ 14, 15 SGB IV ermittelt werden. Dabei handelt es sich um erwerbsbezogene Einkommenstatbestände, deren Anwendung im Elterngeldrecht zu system- und sachgerechteren Ergebnissen führen würde. Um das Verwaltungsverfahren weiter zu vereinfachen, könnten zudem die Vorschriften über die Berechnung des Arbeitslosengeldes nach §§ 149 ff. SGB III weitgehend analog für die Elterngeldberechnung angewendet werden. Zwar müssten auch hier teilweise elterngeldspezifische Anpassungen vorgenommen werden; die Anknüpfung an die bestehenden Regelungen in §§ 149 ff. SGB III hätte gegenüber einem neu definierten Einkommensbegriff jedoch den Vorteil, dass die Verwaltung auf ein bewährtes und in der Praxis erprobtes Verfahren zur Einkommensermittlung zurückgreifen könnte. Das Elterngeld ist eine der wichtigsten Familienleistungen in Deutschland und stellt mit rund 7,3 Milliarden Euro im Jahr 2020 zugleich den größten Posten im familienpolitischen Etat dar.3 Damit das Elterngeld, wie ursprünglich beabsichtigt, eine „nachhaltige und gezielte […] Stärkung von Familien“4 bewirken kann, muss es auf einem soliden Fundament stehen. Der Gesetzgeber wollte mit der Anbindung an das Steuerrecht nicht nur das Verwaltungsverfahren vereinfachen, sondern die Einkommensermittlung auch für die Eltern transparenter machen.5 Die nach wie vor große Anzahl an Rechtsstreitigkeiten vor den Sozialgerichten im Zusammenhang mit der steuerrechtsakzessorischen Einkommensermittlung ist ein eindrücklicher Beleg dafür, dass die systemwidrige Anbindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht noch immer klärungsbedürftige Fragen aufwirft und bei den Beteiligten auch nach knapp 15 Jahren seit der Einführung des Elterngeldes kein zufriedenstellendes Maß an Akzeptanz und Transparenz erreicht hat. Die Anwendung des sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriffs im Rahmen der Einkommensermittlungsvorschriften der §§ 149 ff. SGB III stellt dagegen eine vielversprechende Alternative dar, um die systemwidrige Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an das Steuerrecht zu überwinden.

3 Umfassende Auflistung des Etats des BMFSFJ abrufbar unter https://www.bmfsfj.de/ bmfsfj/rekord-etat-fuer-familien-und-den-sozialen-zusammenhalt/141900 (1. 9. 2021). 4 BT-Drs. 16/1889, S. 2. 5 BR-Drs. 426/06 (B), S. 1.

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Sachwortverzeichnis Anspruchsberechtigte 28 Anspruchsausschluss 44, 189 Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen 172, 184 ff., 201 ff. Arbeitslosengeld 92, 139, 199 ff. Äquivalenzprinzip 64, 127, 181 Bedürftigkeitsprüfung 26, 47 Beitragsfinanzierung 39, 196 Bemessungseinkommen 79 ff. Bemessungszeitraum 76 ff. Bezugszeitraum 31 Bindungswirkung 115 Binnenstruktur siehe System des Sozialrechts Bundesauftragsverwaltung 33 Demografie 36 Differenzberechnung 83, 206 Dualismus der Einkunftsarten 80, 156 Elterngeldstelle 33 Elterngeld Netto 76 Elterngeld Plus 32 Elternzeit 27 Einkommen – aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit 80, 85 ff. – aus selbständiger Erwerbstätigkeit 81, 143 ff. – im Ausland versteuertes 94 Einkommensersatzfunktion 85 ff. Einkommensbegriffe – elterngeldrechtlicher 70 ff. – leistungsbemessende 181 – leistungsbegrenzende 180 – sozialrechtliche 170 ff. – steuerrechtlicher 75 Einkommensersatzleistung besonderer Art 50 Ersatzrate 29, 42

Erziehungsgeld 25 ff. Erziehungsleistung 34 Familienförderung 62 Finanzierung 33, 43 Gehaltsnachzahlungen 97 Geschwisterbonus 30 Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit 61 ff. Gesetzgebungskompetenz 52 Gewinneinkünfte 144 ff. Gewinnverzichtsregelung 151 Gleichstellung 35 Höchstbetrag

30

Kompetenzrechtlicher Fürsorgebegriff

52

Laufender Arbeitslohn 100, 103 Leistungsberechtigte 29 Leistungsniveau 30, 42 Lohnersatzleistungen 92 ff. Lohnsteuerabzugsverfahren 103 ff. Lebensmonatsprinzip 32 Lohnnachzahlungen siehe Gehaltsnachzahlungen Lohnsteuerklassenwechsel siehe Steuerklassenwechsel Mehrlingszuschlag 30 Mindestelterngeld 30, 44 Mindestsicherungserfordernis Mischeinkünfte 78, 154 ff. Opportunitätskosten

34, 48

Partnermonate 32 Partnerschaftsbonus 33 Photovoltaik 145 Provisionen 106 ff.

65

Sachwortverzeichnis Rechtsgrundverweis 74 Rechtsmissbrauch 137 ff. Rechtsnatur 37 ff. Rechtsschutzmöglichkeiten Referenzprinzip 41

Transfersysteme Trinkgeld 88 117

167

Ungleichbehandlung 55, 123, 160 Universaleinnahmenprinzip 182

Sonstige Bezüge 103 ff. Sozialleistungen – negativ einkommensabhängige 180 – positiv einkommensabhängige 180 f. Steuerklassenwechsel 133 ff. Steuerrechtsakzessorietät 84, 90, 163 Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten 148 ff. System des Sozialrechts 38 f. Tätigkeitsunabhängige Einnahmen Teilzeit 32, 83

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143 ff.

Territorialitätsprinzip 28 Typisierung 67, 147 Vätermonate siehe Partnermonate Vereinbarkeit von Familie und Beruf 34 Verfassungsrechtliche Rechtfertigung 56 Verwaltungsvereinfachung 66, 72, 163 Zeitliche Zuordnung 97 ff. Zuflussprinzip – modifiziertes 98 – strenges 100, 148 Zielsetzung 33 ff.