Der Bürgerbeauftragte: Eine rechtsvergleichende Studie unter besonderer Berücksichtigung des Ombudsmann-Modells in Rheinland-Pfalz [1 ed.] 9783428448517, 9783428048519


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German Pages 326 Year 1981

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Der Bürgerbeauftragte: Eine rechtsvergleichende Studie unter besonderer Berücksichtigung des Ombudsmann-Modells in Rheinland-Pfalz [1 ed.]
 9783428448517, 9783428048519

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 389

Der Bürgerbeauftragte Eine rechtsvergleichende Studie unter besonderer Berücksichtigung des Ombudsmann-Modells in Rheinland-Pfalz

Von

Hagen Matthes

Duncker & Humblot · Berlin

Hagen Matthes · Der Bürgerbeauftragte

S c h r i f t e n zum ö f f e n t l i c h e n Recht Band 389

Der Bürgerbeauftragte Eine rechtsvergleichende Studie unter besonderer Berücksichtigung des Ombudsmann-Modells in Rheinland-Pfalz

Von Dr. Hagen Matthee

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

Alle Rechte vorbehalten © 1981 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1981 bei Buchdruckerei A. Sayffaerth - E. L. Krohn, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 04851 2

Nachruf Wenige Monate nach Abschluß seiner Promotion ist Hagen Matthes unerwartet an den Folgen eines Herzleidens verstorben, nachdem er zuvor noch i m A p r i l 1980 für seine Dissertation den Preis der Johannes Gutenberg-Universität für hervorragende wissenschaftliche Arbeiten erhalten hatte. Die hohe wissenschaftliche Qualität der Veröffentlichung wie auch die Übereinstimmung des Verfassers m i t den politischen Zielsetzungen und die gewonnenen Erkenntnisse über den praktischen Wert des rheinland-pfälzischen Gesetzes über den Bürgerbeauftragten verpflichten zu dankbarer Anerkennung der erbrachten Leistung. Die Voten der Gutachter heben zu Recht hervor, daß es sich um die umfassendste Bearbeitung des Themenkreises „Ombudsmann" — und dies sowohl i n historischer wie i n staats- und verfassungsrechtlicher Hinsicht — handelt, die bisher i m deutschen Schrifttum vorgelegt wurde. Die rechtswissenschaftliche Interpretation des i n Frage stehenden Gesetzes über den Bürgerbeauftragten führt i n ihrem Ergebnis zu dem Nachweis, daß das rheinland-pfälzische Modell auf staatsrechtlich gesicherten Fundamenten ruht und ohne die Gefährdung von geschützten Verfassungspositionen des Parlaments praktiziert werden kann. Der Abschluß der Arbeit fällt i n eine Zeit, i n der das Thema „Ombudsmann" als eine der institutionalisierbaren Möglichkeiten zur Verbesserung des Verhältnisses „Bürger/Staat" nicht nur i n der Bundesrepublik Deutschland, sondern bereits i n der gesamten freien Welt gleichermaßen Gegenstand der politischen wie auch der wissenschaftlichen Diskussion ist. Sein Tod hat bei allen, die Hagen Matthes kannten, tiefe Anteilnahme ausgelöst. W i r haben i n i h m einen jungen Wissenschaftler verloren, dessen geistige Gediegenheit und dessen fachlicher Rang zu großen Hoffnungen berechtigten. Die Erinnerung an ihn gilt nicht nur seinem fachlichen Wirken, sondern auch seiner allzeit bewährten Menschlichkeit und nicht zuletzt seiner musischen Begabung, m i t der er seine Freunde immer wieder bereicherte. Möge diese Arbeit dazu beitragen, noch bestehende Vorurteile abzubauen und allen Verantwortlichen auf der Suche nach zeitgerechten

VI

Nachruf

und praktikablen Formen der Wahrnehmung bürgerlicher Grundrechte i n einem freiheitlich-demokratischen Staat hilfreiche Anregungen und Erkenntnisse zu bringen. Dr. Join. Bapt. Rosier Bürgerbeauftragter des Landes Rheinland-Pfalz

Dr. Hubert

Armbruster

Professor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Vorwort Die vom rheinland-pfälzischen Landesgesetzgeber i m Jahre 1974 neu geschaffene Institution des Bürgerbeauftragten hat allenthalben eine i n ihrem Ausmaß unerwartete Resonanz gefunden. Nach sorgfältigen Vorbereitungen und nach zahlreichen, oft auch kontroversen Diskussionen i m Plenum des Landtages und seiner Ausschüsse hat das Land Rheinland-Pfalz erstmals i n der Bundesrepublik ein Ombudsmann-Modell verwirklicht. Die gleichlaufenden Versuche anderer Bundesländer und jene auf Bundesebene sind gescheitert und zwar an Vorbehalten, die vor allem verfassungspolitisch motiviert waren. Anfängliche Zweifel an der Zweckmäßigkeit der neuen Institution sind mehr und mehr verstummt, und dies vor allem angesichts der erfolgreichen Tätigkeit des Bürgerbeauftragten und des bemerkenswerten Anklangs i n der Bevölkerung während einer nunmehr sechsjährigen Erprobung. Der Verfasser hatte 1975 während eines halbjährigen Ausbildungsabschnitts als Referendar beim Wissenschaftlichen Dienst des rheinland-pfälzischen Landtags Gelegenheit, „die ersten Schritte" der neuen Einrichtung, insbesondere die noch unerprobte Zusammenarbeit m i t dem Petitionsausschuß i n dessen Sitzungen mitzuerleben. Diese Tätigkeit war i n besonderer Weise anregend; sie gab Anlaß zu einer vertieften Beschäftigung m i t der verfassungsrechtlichen Problematik der neuen Institution. Es leuchtet ein, daß selbst große gesetzgeberische Umsicht nicht alle rechtlichen Zweifelsfragen von vornherein ausschließen konnte. Die Tätigkeit des Bürgerbeauftragten hat i m Laufe der Zeit eine Reihe von Problemen aufgedeckt, deren Lösung m i r vordringlich erschien. Der vorliegenden Veröffentlichung, die i m Wintersemester 1979/80 dem Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz als Dissertation vorgelegt wurde, liegt die Absicht zugrunde, einschlägige Lösungen anzubieten. Tief empfundener Dank gebührt an dieser Stelle meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Hubert Armbruster, dessen große und stets wohlwollende Förderung m i r schon seit Beginn meiner Studienzeit den Weg zum öffentlichen Recht wies; als Doktorvater gab er schließlich einen entscheidenden Anstoß zur Wahl des Themas dieser Arbeit.

Vili

Vorwort

Ein Dank besonderer A r t gilt dem amtierenden, ersten Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz, Herrn Dr. Johann Baptist Rosier, der dem Gesetzeswerk durch sein stets auf Ausgleich bedachtes Wesen und durch seinen engagierten Einsatz einen lebendigen Inhalt gegeben hat, der für die Zukunft dieses Amtes richtungweisend sein sollte. Für die tatkräftige Unterstützung bei der Auffindung von Materialien danke ich den Damen und Herren des Wissenschaftlichen Dienstes des rheinland-pfälzischen Landtags, insbesondere Herrn Ltd. Ministerialrat Dr. P. G. Schneider und Herrn Ministerialrat Dr. R. von Dietel. Mainz, i m Februar 1980 Hagen Matthes

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Der Ombudsmann-Geäanke I. Erforderlichkeit u n d Bedeutung eines Bürgerbeauftragten

1

A . S t r u k t u r w a n d e l der V e r w a l t u n g

1

B. Expansion der Verwaltungstätigkeit

4

C. Ausdehnung der Macht der Bürokratie unter parlamentarischer Kontrollmöglichkeiten

Abschwächung

7

D. Unbehagen des Bürgers als Folge exekutiver Übermacht

12

E. Demokratische A k t i v i e r u n g des „verwalteten Bürgers" als M i t tel zur Überwindung der Staatsverdrossenheit

14

F. Der Bürgerbeauftragte als personalisiertes K o r r e k t i v des B ü r gerschutzes gegenüber der expandierenden V e r w a l t u n g

17

I I . Historische u n d philosophische Herleitung der Ombudsmann-Idee

23

A . Geschichtliche Paralleleinrichtungen 1. A u f sichtsorgane i m antiken Griechenland

23 23

a) A t h e n

23

b) Sparta

24

2. Das römische Volkstribunat

24

3. Die Zensoren des Chinesischen Reiches

25

4. Das I n s t i t u t der „missi dominici" i m Merowinger- u n d K a r o lingerreich

25

5. Der „ J u s t i t i a " i n Aragonien

26

6. Der „Rat der Zehn" der Republik Venetien

27

7. Das nordamerikanische „Council of Censors"

27

8. Verwaltungskontrolle i n Preußen zu Beginn des 19. J a h r hunderts

28

X

Inhaltsverzeichnis Β . Ansatzpunkte i n der Staatsphilosophie

28

1. Das Althusiussche „Repräsentanten"-Konzept

28

2. Das Rousseausche „ t r i b u n a t "

29

3. Die Weiterentwicklung des Ephorats-Gedankens durch Fichte

30

I I I . Gegenwärtige Realisierungsformen der Ombudsmann-Einrichtung

32

A . Parlamentsbeauftragte i n Skandinavien

32

1. Der schwedische Ombudsmann

32

a) Das A m t des Justizkanzlers

32

b) Der Justizbevollmächtigte des schwedischen Reichstages..

33

c) Fortentwicklung u n d Aufgabenspaltung

37

2. Der finnische Oikeusasiamies

38

3. Der dänische Folketingsbevollmächtigte

39

4. Der norwegische Parlamentsbeauftragte

41

B. Ombudsmann-Einrichtungen i m anglo-amerikanischen Rechtskreis

42

1. Neuseelands Parliamentary Commissioner for Investigations

42

2. Der „Parliamentary Commissioner ( P . C . A . ) " i n Großbritannien

43

for

Administration

3. Der Ombudsmann-Gedanke i n Kanada u n d den USA

45

a) Kanada

45

b) U S A

46

C. Weltweite Verbreitung des Ombudsmann-Gedankens

47

1. Der State Comptroller i n Israel

47

2. Ombudsmann-Einrichtungen i n der übrigen Welt

48

D. Verwaltungskontrolle i n sozialistischen Staaten

50

1. Die Staatsanwaltschaften i n der Sowjetunion

51

2. Verwaltungskontrolle i n anderen sozialistischen Ländern . .

52

3. Die Beschwerdeausschüsse i n der DDR

53

E. Kontinentaleuropäische Lösungen

53

1. Schweizerische Bestrebungen u n d der „Beauftragte i n Beschwerdesachen der Stadt Zürich"

53

2. Der französische „Mediateur"

54

3. Die „Volksanwaltschaft" i n Österreich

56

Inhaltsverzeichnis F. Beauftragte i n der Bundesrepublik Deutschland

58

1. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages

58

2. Der Bundesbeauftragte f ü r den Zivildienst

62

3. Jüngere Beauftragten-Modelle i n der Bundesrepublik

62

a) Beauftragte für einzelne Lebensbereiche

62

b) Datenschutzbeauftragte aa) Bundesebene

65 65

bb) Länderebene

66

I V . Bestrebungen zur Errichtung eines Ombudsmann-Amtes i n der Bundesrepublik Deutschland A . Einzelne gesetzgeberische Vorhaben

68 68

1. Bayern

68

2. Hessen

70

3. B e r l i n

.

70

4. Hamburg

71

5. Baden-Württemberg

72

6. Nordrhein-Westfalen

73

7. Bremen

73

8. Niedersachsen

74

9. Schleswig-Holstein

75

10. Saarland

75

11. Bundesebene

75

B. Plädoyer für die Zweckmäßigkeit eines Bürgerbeauftragten

Zweiter

79

Teil

Die konkrete Verwirklichung des Ombudsmann-Gedankens durch den Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz I. Politische Entwicklung u n d parlamentarische Entstehungsgeschichte i n Rheinland-Pfalz I I . Die verfassungsmäßige Einordnung des Bürgerbeauftragten A . Ablehnung einer „vierten Gewalt" B. Keine Ansiedlung i m Bereich der Judikative

88 97 97 101

XII

Inhaltsverzeichnis C. Keine Zuordnung zur Exekutive

105

D. Qualifizierung als Parlamentsbeauftragter

106

I I I . Die Organstellung des Bürgerbeauftragten als Ausdruck der Z u ordnung zum Plenum u n d Petitionsausschuß 113 A . Problemlage

113

B. Das Zusammenwirken des Bürgerbeauftragten m i t Plenum u n d Petitionsausschuß als verfahrenstechnisches Problem 114 C. Die Zuordnung des Bürgerbeauftragten zu Plenum u n d Petitionsausschuß als Rechtsproblem 117 1. Die „Auftraggeber"

118

2. Die rechtliche Qualifizierung des „Auftrags" a) Ablehnung einer z i v i l - oder öffentlich-rechtlichen tragskonstruktion

121 Auf-

b) Diskussion eines „Verfassungsauftrags"

121 122

c) Parallele zu organisationsrechtlichen Auftrags- u n d Beauftragtenbegriffen 124 3. Der Bürgerbeauftragte als Organ von Plenum u n d Petitionsausschuß 125 a) Der Organbegriff

125

b) K r i t e r i e n des Organverhältnisses aa) Zurechnung des Organ Verhaltens

125 125

bb) Der Bürgerbeauftragte als institutionelles Subjekt . . 126 cc) Rechtsfähigkeit 127 dd) Rechtliche Verselbständigung

127

4. Die Stellung des Bürgerbeauftragten als parlamentarisches Hilfsorgan 128 a) Der Begriff „Hilfsorgan"

128

b) Der Bürgerbeauftragte als H i l f s - oder Unterorgan?

129

c) Weitere K r i t e r i e n der Hilfsorganstellung des Bürgerbeauftragten aa) Beschränkung auf den parlamentarischen Kompetenzbereich bb) Grad der Verselbständigung des Bürgerbeauftragten gegenüber Plenum u n d Petitionsausschuß α) Verselbständigung gegenüber dem Plenum ß) Verselbständigung gegenüber dem Petitionsausausschuß cc) „Dauerauftrag" u n d „Rückholrecht" α) Plenum ß) Petitionsausschuß dd) Das Rang Verhältnis des Bürgerbeauftragten

132 132 133 133 135 136 136 136 137

Inhaltsverzeichnis ee) Verantwortlichkeit u n d Abhängigkeit als Merkmale der Hilfsorganstellung des Bürgerbeauftragten α) gegenüber dem Plenum ß) gegenüber dem Petitionsauschuß ff) Hilfsorgan durch Wahlmodus und Abberufungsmöglichkeit d) Vorläufiges Resümee aus der Hilfsorganstellung

139 139 140 141 143

I V . Die Verfassungsmäßigkeit der Kompetenzübertragung an den B ü r gerbeauftragten 145 A . Die Rechtsnatur der Kompetenzübertragung

145

1. Diskussion eines öffentlich-rechtlichen Mandats

145

2. Kompetenzbegründung durch Delegation

147

B. K a n n die Aufgabenzuweisung an den Bürgerbeauftragten auf gesetzlichem Wege vorgenommen werden? 151 1. Ist eine Delegation von Befugnissen an den Bürgerbeauftragten überhaupt zulässig? 151 2. Kompetenzübertragung an den Bürgerbeauftragten n u r auf normativem Wege 154 3. Steht einer gesetzlichen Regelung die parlamentarische Geschäftsordnungsautonomie entgegen? 154 C. Besteht ein Erfordernis einer verfassungsmäßigen Verankerung der Zuständigkeitsübertragung an den Bürgerbeauftragten? . . 156 1. Besteht ein Erfordernis verfassungsmäßiger Verankerung des Bürgerbeauftragten unter dem Gesichtspunkt parlamentsinterner Kompetenzverschiebung? 157 a) Verbot der Delegation von Beschlußzuständigkeiten durch einfaches Gesetz 157 b) Möglichkeit gesetzlicher Übertragung entscheidungsvorbereitender Kompetenzen 159 c) Steht der Petitionsbehandlung durch den Bürgerbeauftragten ein Plenarvorbehalt entgegen? 160 2. Erforderlichkeit einer verfassungsmäßigen Verankerung des Bürgerbeauftragten wegen Kompetenzüberschneidungen m i t anderen Kontrollorganen? 162 3. Ergibt sich aus übergeordneten Strukturmerkmalen der v e r fassungsmäßigen Ordnung die Notwendigkeit der Absicherung des Bürgerbeauftragten i n der Landesverfassung? 165 a) Barbey

165

b) Rechtsprechung

166

c) Evers

167

d) Partsch

168

e) Leibholz

168

XI

Inhaltsverzeichnis f) Berg

168

g) A. Kreuzer u n d Kölble

169

h) Scheuner

169

i) Bürgel

170

k) Kewenig

170

1) F. Schäfer

170

m) Küchen u n d Köhler

171

n) Pietzner

171

o) D ü r i g

172

p) Friesenhahn

172

q) Rechtsvergleich

173

D. Zusammenfassende Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit der Kompetenzübertragung an den Bürgerbeauftragten 174 V . Petitionsinformationsrecht und Petitionsüberweisungsrecht als A k tionsinstrumentarium des Bürgerbeauftragten 175 A . Wahrnehmung von Petitionsinformationsrechten

175

1. Dogmatische Herleitung

175

2. Vergleich m i t den Rechten von Untersuchungsausschüssen . . 176 3. Informationsersuchen u n d Beauftragtenposition

177

4. Eingeschränkte Beauftragungsmöglichkeit

181

5. Die Informationsrechte i m einzelnen

181

a) Mündliche u n d schriftliche Auskünfte aa) K e i n strenger Notwendigkeitskonnex bb) Recht auf mündliche Auskünfte

182 182 184

b) Einsicht i n A k t e n und Unterlagen aa) N u r Einsicht i n „erforderliche" Akten? bb) Ausdehnung auch auf „Unterlagen" cc) Mitwirkungspflichten der Behörde dd) Weigerungsfall

186 186 188 189 190

c) Zutrittsrechte 190 aa) Muß der Z u t r i t t zur Petitionsbehandlung erforderlich sein? 190 bb) Recht auf „jederzeitigen" Zutritt? 6. Bestehen darüber hinausreichende Bürgerbeauftragten?

Informationsrechte

a) K e i n Zitierungs- oder Anhörungsrecht

191 des

193 193

b) K e i n Recht auf Vernehmung von Zeugen u n d Sachverständigen 193 c) Bedeutung der Pflicht zur Amtshilfe

194

Inhaltsverzeichnis aa) Begriffliches

194

bb) Keine E r f ü l l u n g des herkömmlichen Behördenbegriffs 195 cc) Keine Behörde i m spezifisch amtshilferechtlichen Sinne 196 dd) Bedeutung der Amtshilfebestimmung i m BBGes ee) K e i n Hecht auf „gesteigerte A m t s h i l f e " 7. Informationsrecht u n d Verschwiegenheitspflicht

197 198 198

a) Das Auskunftsverweigerungsrecht der Behörden

198

b) Die Verschwiegenheitspflicht des Bürgerbeauftragten

200

8. Das H i n w i r k e n des Bürgerbeauftragten auf eine „einvernehmliche Erledigung" u n d seine K o n t a k t auf nähme m i t der unteren Verwaltungsebene 201 a) Skizzierung der gegenüber dem Petitionsausschuß unterschiedlichen Kontaktmöglichkeiten 201 b) Politische Wertung

203

c) Verfassungsrechtliche Problematik aa) Hessortverantwortlichkeit

204 204

bb) Gewaltenteilung cc) Änderungsvorschlag B. M i t w i r k u n g bei der Petitionsüberweisung 1. Dogmatische u n d historische Einordnung

210 211 211 211

2. Der Entscheidungsvorschlag des Bürgerbeauftragten u n d die Beschlußmodalitäten des Petitionsausschusses 212 a) Erledigterklärung der Eingabe

212

b) Nichtabhilfe nach sachlicher Prüfung

213

c) Absehen von sachlicher Prüfung u n d Ungeeignetheit zur Behandlung 213 d) Verweisung auf den Rechtsweg

214

e) Uberweisungen an die Landesregierung

214

C. Weitere Reaktionsmöglichkeiten

215

1. Ablehnung eines Weisungsrechts

215

2. K e i n Kassations- oder Selbstvornahmerecht

216

3. Jahresbericht u n d A p p e l l an die Öffentlichkeit

216

V I . Sind die Informationsrechte des Bürgerbeauftragten verfassungsrechtlich gedeckt? 218 A . Bestehen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die I n f o r m a tionsbefugnisse des Bürgerbeauftragten nach § 4 BBGes? 218 1. Grundsätzliche Zulässigkeit der Wahrnehmung von U n t e r suchungsrechten durch Parlamentsorgane ähnlich dem B ü r gerbeauftragten 218

Inhaltsverzeichnis

XVI

2. Sind die Auskunftsrechte des § 4 BBGes durch A r t . 90 a L V abgesichert? 219 a) Rechte nach § 4 S. 1 u. 2 BBGes über die Beauftragtenposit i o n abgedeckt? 219 b) Veranlassungen nach § 4 S. 3 BBGes B. Die besondere Zuordnungsproblematik recht des Bürgerbeauftragten

beim

220 Selbstaufgriffs-

1. Rechtspolitische Erwünschtheit

220 220

2. Ist f ü r den Bürgerbeauftragten als parlamentarisches H i l f s organ eigeninitiatives Tätigwerden denkbar? 221 3. Ist das Selbstaufgriffsrecht des Bürgerbeauftragten besondere Verfassungsnormen gesichert?

durch

223

a) Teilhabe der gesamten Rechtsstellung des Bürgerbeauftragten an A r t . 90 a LV? 223 b) Gewährleistet A r t . 90 a L V ein Eigeninitiativrecht des Petitionsausschusses? 224 c) Der Bürgerbeauftragte als „Amtspetent"?

224

d) Erweiterung der Rechte des Petitionsausschusses über das BBGes? 225 e) Differenzierende Begründungsversuche

225

f) Bestätigung des Lösungswegs durch Vergleich m i t dem Wehrbeauftragten 226 g) Resümee u n d Konsequenz

227

C. Gebietet das Verfassungsrecht eine besondere Verankerung p a r lamentarischer Informationsbefugnisse? 227 1. Sind Befugnisse von Untersuchungsausschüssen verfassungsgesetzlich zu verankern? 228 a) Lehrmeinungen

228

b) Rechtsprechungsansichten

229

2. Parlamentarische Kontrolleinrichtungen m i t einschneidenden u n d lediglich informativen Rechten 229 3. Erforderten die Rechte des Wehrbeauftragten die erfolgte Verfassungsänderung? 231 4. W a r es notwendig, die Petitionsausschüsse i n der Verfassung zu verankern? 232 a) Bundesebene

232

b) Verschiedene Bundesländer

234

c) Rheinland-Pfalz

234

D. Erfordern Direktzugangs- oder Selbstaufgriffsrecht des Bürgerbeauftragten eine verfassungsgesetzliche Grundlage? 236 1. Direktzugangsrecht

236

2. Selbstaufgriffsrecht

236

Inhaltsverzeichnis a) Ablehnende Ansichten

237

aa) Die These Küchens

237

bb) Der Ansatz Schecks cc) Der systemimmanente Schluß Dürigs

237 237

b) Befürwortende Stellungnahme aa) Die Ansicht Zweigs

238 238

bb) Befürwortung effektiver Kontrollmöglichkeiten durch Kewenig 238 cc) Empfehlung flexibler Handhabung des Informationsrechts bei Dobiey 239 dd) ee) ff) gg) hh) ii)

Erweiterungstendenzen bei Steiger u n d anderen Die differenzierende Lösung H. P. Schneiders Abwägende Grenzziehung bei Bogs Keßlers Interpretationsversuch Die Stellungnahme Lutterbecks Herzogs These von der Offenheit des parlamentarischen Systems kk) Zustimmende Ansichten zum Initiativrecht des Wehrbeauftragten 11) Beifällige Meinungen zum Selbstaufgriffsrecht von Petitionsausschüssen

239 239 240 240 240 240 240 241

E. Begrenzung der Selbstaufgriffsmöglichkeiten des Bürgerbeaufauftragten 241 1. Allgemeine Grenzziehung 2. Konkrete Voraussetzungen eines Selbstaufgriffs

241 242

a) „ i n sonstiger Weise"

242

b) „hinreichende Anhaltspunkte"

243

c) Ermessen

244

d) Rechtsfolge: „Ersuchen"

245

F. K r i t i k der dogmatischen Realisierung der Befugnisse des B ü r gerbeauftragten durch das BBGes 246 V I I . Umfang u n d Grenzen des Prüfungsrechts

248

A . Grundsätzlich umfassende Prüfungszuständigkeit

248

B. Die Grenzen des § 3 Abs. 1 BBGes

249

1. Rechtscharakter der Regelung

249

2. Die einzelnen Fallgruppen

249

a) Nichtbestehen einer Zuständigkeit oder rechtlichen E i n wirkungsmöglichkeit 249 aa) horizontale Zuständigkeitsverteilung 250 bb) vertikaler Staatsaufbau 250

XVIII

Inhaltsverzeichnis cc) E x k u r s : Kommunale Selbstverwaltungskörperschaften 250 α) Reichweite der Staatsaufsicht 251 ß) A u s w i r k u n g e n auf die Petitionsbehandlung durch den Bürgerbeauftragten 252 b) Justizieller Bereich u n d schwebende Verfahren

richterliche

Unabhängigkeit,

255

c) Subsidiärer Charakter i m Verhältnis zu Untersuchungsorganen m i t stärkeren Rechten 256 C. Die Grenzen des § 3 Abs. 2 BBGes

256

V I I I . Zusammenfassende u n d abschließende Stellungnahme

257

Anhang A . Rechtsnormen betreffend den Bürgerbeauftragten

259

I . Verfassung f ü r Rheinland-Pfalz v. 18. M a i 1947

259

I I . Landesgesetz über den Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz v. 3. M a i 1974 260 I I I . Geschäftsordnung des Landtags Rheinland-Pfalz v. 20. M a i 1975 265 B. Statistik

269

I. Eingaben, die dem Bürgerbeauftragten i m Berichtsjahr 1978 zur Bearbeitung vorlagen 269 I I . Aufgliederung der Neueingänge i m Berichtsjahr 1978 nach A r t des Eingangs u n d nach Personen 269 I I I . Zulässige Eingaben des Berichtsjahres 1978, aufgegliedert nach Sachgebieten (vgl. I I a ) 270 I V . Eingaben, wurden

die

im

Berichtsjahr

1978 abschließend

bearbeitet

271

V. Abschließende Feststellungen über die A r t der Erledigung der Eingaben i m Berichtsjahr 1978 272 V I . Eingaben, bei denen von vornherein eine Unzulässigkeit festgestellt w u r d e (vgl. I I b ) 273 V I I . Aufgliederung der i n der Berichtszeit erledigten u n d der noch i n Bearbeitung befindlichen zulässigen Eingaben 274

Literaturverzeichnis

276

Abkürzungsverzeichnis Hinweis: Regelmäßig w u r d e n die gebräuchlichen Abkürzungen verwendet. Insoweit w i r d auf Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 2. Aufl., B e r l i n 1968 verwiesen. Besonderheiten u n d wenig gebräuchliche Abkürzungen sind nachfolgend zu entnehmen. AMA

Administrative Inspeption Bureau of Administrative Management Agency ( A M A )

BB BBGes

Bürgerbeauftragter Landesgesetz über den Bürgerbeauftragten des L a n des Rheinland-Pfalz v. 3. M a i 1974 (GVB1. S. 187; BS I 1101 - 10) Gesetz zum Schutz vor Mißbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung — Bundesdatenschutzgesetz — v. 27. Januar 1977 (BGBl. I Nr. 7) Bonner Kommentar Bundesverfassung (Schweiz) Verwaltungsverfahrensgesetz (Bund) v. 25. M a i 1976 (BGBl. I S. 1253; Sartorius I Nr. 100)

BDSG

BK BV BVwVfG DA D. C.S DSG G A r t . 45 c GG GeschOLT Rh.-Pf.

Dienstanweisung (hier: Dienstanweisung f ü r Büro f ü r Bürgerberatung der Stadt Mainz) D u Contrat Social Datenschutzgesetz (allg.)

das

= Gesetz über die Befugnisse des Deutschen Bundestages (Gesetz nach A r t i k e l 45 c des Grundgesetzes) v. 19. 7.1975 (BGBl. I S. 1921) = Geschäftsordnung des Landtages Rheinland-Pfalz v. 20. M a i 1975 (Drs. 8/2; BS I 1101 - 2)

HDSG

Hessisches Datenschutzgesetz v. (GVB1.1 S. 96)

JA Jh. JK JO JöR

Juristische Arbeitsblätter Jahrhundert Justizkanzler (allg.) Justitieombudsman (allg.) Jahrbuch des öffentlichen Rechts der (1.1907 - 25.1938; N F 1.1951 ff.)

LB L M i n G Rh.-Pf.

Lehrbuch Landesgesetz über die Rechtsverhältnisse der M i t glieder der Landesregierung Rheinland-Pfalz ( M i nistergesetz) v. 17. J u n i 1954 (GVB1. S. 91; BS I 1103 - 1) Landesregierung Landesverfassung (allg.) Verfassung für Rheinland-Pfalz v. 18. M a i 1947 (VOB1. S. 209; BS I 100 - 1).

LReg. LV L V Rh.-Pf.

31. Januar

1978

Gegenwart

XX

Abkürzungsverzeichnis

L V w V f G Rh.-Pf.

= Landesgesetz über das Verwaltungsverfahren i n Rheinland-Pfalz (Landesverwaltungsverfahrensgesetz) v. 23. Dezember 1976 (GVB1. S. 308; BS I 2010 - 3)

MO

= Militieombudsman, Militärbeauftragter dinav.)

NS

= Niedersachsen

OM

=

PC

PCE PetA

= Parliamentary Commissioner for Investigations (Neuseeland) = Parliamentary Commissioner for A d m i n i s t r a t i o n (Großbritannien) = Permanent Commission of Enquiry (Tansania) = Petitionsausschuß

RF R F 1809 (aRF) R F 1974

= = = =

(nRF) RO RO 1866 (aRO) RO 1974 (nRO)

= = = = = =

SFS

= Svensk förvattningssamling, blatt

Schl.-Hol.

=

WB WBGes

= Wehrbeauftragter = Gesetz über den Wehrbeauftragten des Bundestages v. 26. J u n i 1957 (BGBl. I S. 652; Sartorius I Nr. 635) = Zweites Deutsches Fernsehen = Zeitschrift f ü r Rechtspolitik (monatl. Beilage zur NJW) = Zeitschrift für Parlamentsfragen, Viertel j ahresschrif t

P. C. Α .

ZDF ZRP ZParl.

(allg., skan-

Ombudsman

Regierungsform, Verfassung (allg.) Regierungsform v. 1809, Schweden (alte Regierungsform) Regierungsform v. 1974, Schweden, i n K r a f t getr. am 1. Januar 1975 (SFS 1974: 152) (neue Regierungsform) Rikdagsordning, Reichstagsordnung (allg.) Reichstagsordnung v. 1866, Schweden (alte Reichstagsordnung) Reichstagsordnung v. 1974, Schweden (neue Reichstagsordnung) Schwedisches

Gesetz-

Schleswig-Holstein

Erster Teil

D e r Ombudsmann-Gedanke I. Erforderlichkeit und Bedeutung eines Bürgerbeauftragten Die Schaffung eines deutschen Ombudsmanns i m Bundesland Rheinland-Pfalz stellt einen konstruktiven Beitrag zum Thema „Bürger und Bürokratie" 1 dar und zugleich einen Lösungsversuch zur Problematik des „verwalteten Bürgers" 2 . Die vor über einem Jahrzehnt geäußerte Ansicht Redekers 3 , Staat, Gesellschaft und Rechtsordnung der Gegenwart befänden sich i n einem geistigen und sozialen Gärungsprozeß, wie eine Anzahl von Entwicklungen und Zeiterscheinungen deutlich machten, ließe sich heute um so mehr an Hand von Beispielen erhärten. Das aus dieser Qualifizierung unserer Zeit als geschichtlicher Übergangsperiode folgende, sich wandelnde Verständnis von Staat und Bürger 4 fand nicht nur i n der politologischen und soziologischen Literatur der letzten Jahrzehnte seinen Niederschlag, sondern auch auf großer Bandbreite in Philosophie und Psychologie 5 . A. Strukturwandel der Verwaltung Verwaltungsrecht, und damit verbunden die Verwaltungspraxis, haben i n den Jahrzehnten seit dem Ende des ersten Weltkrieges eine grundlegende Wandlung erfahren 6 . M i t dem Übergang zur Demokratie flachte der Dualismus von Staat und Gesellschaft ab, da das Volk selbst nunmehr i n die Rolle des Staatsträgers aufgerückt war 7 . Zum einen ging damit der persönliche Bezug zu einem Monarchen verloren, und 1

E l l w e i n (1) S. 1. Redeker (1) S. 1298. 3 Redeker (1) S. 1297 f. 4 Wolff / Bachof I, § 9 I I a (S. 44), auch Habermas S. 197 u n d Horkheimer S. 94. 5 Redeker (1) S. 1297 m w N . 6 Forsthoff I S. 59; Hansen S. 41; W i l d (1) S. 1; ders. (2) S. 13; A n t o n i o i i i S. 47. 7 W o l f f / Bachof I, § 9 I I a (S. 44). 2

Matthes 1

2

1

.

Teil: I. Erforderlichkeit u n d Bedeutung eines Ombudsmanns

damit auch zu der durch ihn repräsentierten Sinneinheit des Staatsganzen 8 . Den m i t dieser wechselseitigen Durchdringung von Staat und Gesellschaft verbundenen und viel berufenen Abbau väterlicher Autorität 9 geben Habermas 10 und Horkheimer 1 1 auch i n Beziehung auf den Bereich familialer Binnenverhältnisse zu bedenken. Durch die Übernahme der ökonomischen Aufgaben der ehemals patriarchalisch strukturierten Kleinfamilie durch außerfamiliale Instanzen, durch die Gesellschaft unmittelbar, ging der Familie ihre institutionelle K r a f t zur Ausbildung eines Bereichs der Innerlichkeit verloren, an deren Stelle eine Sphäre der Scheinprivatheit getreten ist 1 2 . Wohl verläßt der junge Mensch heute den Verband der Familie weniger belastet durch familiar Vorgegebenes. Daß nun das K i n d viel unmittelbarer auf die Gesellschaft angewiesen und an dieser orientiert ist, verkürzt jedoch die Kindheit und bringt als Kehrseite des gesellschaftlichen Wandels ein andersgeartetes Individuum hervor. Das Schrumpfen der Innerlichkeit geht einher mit dem Verlust der Freude an der eigenen Entscheidung, an Bildung und an freier Phantasie. Statt dessen ist der Mensch unserer Zeit durch andere Neigungen und Ziele gekennzeichnet, durch technische Geschicklichkeit, Lust an der Herrschaft über Apparaturen, das Bedürfnis nach Eingliederung und nach Übereinstimmung mit der großen Mehrheit. Die Regeln dieser Mehrheit oder einer als Modell erwählten Gruppe treten an die Stelle des eigenen Urteils 1 3 . „Anweisungen, Rezepte, Leitbilder treten anstelle der moralischen Substanz 14 ." Zum anderen war der Ersatz der „rechtlichen Omnipotenz der natürlichen Person des absoluten Landessouveräns" 15 durch den Staat als einer auf „die Staatsorganisation verengten juristischen Person" 16 nur sehr unvollkommen. Diese wies weder eine Identität m i t dem Monarchen, noch mit dem Volke selbst auf, da dieses heterogen und i n gegensätzliche Klassen, Weltanschauungs- und Berufsgruppen zur Durchsetzung eigener partikulärer Ziele gespalten war 1 7 . Wohl vermochte auch dieser Staat einen einheitlichen Willen zu bilden und i n diesem Gedankensystem die Nachfolge der persönlichen Autorität des Monarchen 8

Wolff / Bachof I, § 9 I I a (S. 44). Vgl. Mitscherlich S. 384 u. 386; Horkheimer S. 94. 10 Weiter unten, Zweiter Teil, I I I C 2 ee. 11 Weiter unten, Erster Teil, I V A 11. 12 Habermas S. 174; Horkheimer S. 94 f. 13 Horkheimer S. 95; Habermas S. 174 f.; auch Morstein M a r x (1) S. 149. 14 Horkheimer S. 95. 15 Rupp (1) S. 104. 16 Ders. (1) S. 104. 17 Wolff / Bachof I § 9 I I a ; Rupp (1) S. 104. 9

Α. S t r u k t u r w a n d e l der V e r w a l t u n g

3

anzutreten 18 . Die rechtsexempte 19 landesväterliche Selbstverpflichtung 20 gegenüber dem Untertan entfiel jedoch, wie andererseits die Verfassung keineswegs allseitige und selbstverständliche Billigung fand 2 1 . Ein gewisses Bindeglied zwischen Staat und dem somit desorientierten Bürger wurde durch die Autorität und Tradition des Beamtentums hergestellt 22 . Dieses war eher bereit, sich von der, für die meisten nur symbolischen Realität des Herrschers zu lösen, den Pflichtbegriff an der Rolle und der Sache zu objektivieren 2 3 und den eigenen Sachverstand i n den Dienst des allgemeinen Wohls zu stellen. Das Beamtentum leistete auf diese Weise einen Beitrag zur staatlichen Einheit i m Sinne eines organisierten Handlungs- und Wirkungszusammenhangs 24 . Diese somit gewandelte und zum heutigen pluralistischen Selbstverständnis von Staat und Bürger einleitende Auffassung fand ihren Niederschlag auch i n Verwaltungsrecht und Verwaltungspraxis 2 5 . Bereits den Übergang zum bürgerlichen Rechtsstaat, zu Gewaltenteilung und verfassungsmäßig gewährleisteten individuellen Freiheitsrechten, bedeutete die Einführung des Prinzips gesetzmäßiger Verwaltung. Sie entnimmt Maximen ihres Handelns weithin, jedoch nicht ausschließlich, dem Gesetz und nicht mehr dem Willen des Souveräns 26 . Der Staat des 19. Jahrhunderts war jedoch noch durch den Dualismus von Staat und Gesellschaft entscheidend geprägt 27 . Die Zusammenballung großer Menschenmassen auf engem Raum und die damit verbundene Trennung des Menschen von den Lebensgütern rief „Daseinsvorsorgebedürfnisse" 28 hervor, die die Verwaltung durch 18

Morstein M a r x (1) S. 146; Rupp (1) S. 104. Rupp (1) S. 105. 20 Morstein M a r x (1) S. 146. 21 Wolff / Bachof I § 9 I I a. 22 Dies. § 9 I I a. 23 Morstein M a r x (1) S. 146. 24 Forsthoff I S. 60; Wolff /Bachof I § 9 I I a. — M i t Recht weisen M a x Weber ((1) S. 650 ff., insbes. S. 660) u n d Forsthoff (I S. 24) darauf hin, daß diese Rolle des Berufsbeamtentums zu Beginn des 20. Jahrhunderts f u n k t i o nell nicht m i t derjenigen zu Anfang des 18. Jahrhunderts i m absolutistischen Ständestaat gleichgesetzt werden kann, wenngleich dieser stark bürgerliche Zug der bürokratischen Verwaltung, das Tätigwerden nach Weisungen, die Zumessung eines festen Bestandes von Rechten u n d Pflichten u n d die Handhabung von Verwaltungsmitteln bereits hier ihre Grundlage fanden. 25 Forsthoff I S. 33. 26 Ders. S. 32 f. Demgegenüber wurde der Verwaltungsrechtssatz i m t r a d i tionell-konventionellen Sinn, u n d die i n i h m enthaltenen, die Verwaltung verpflichtenden Normen lediglich als eine Verpflichtung der Verwaltung, entweder gegenüber der N o r m selbst oder gegenüber dem Souverän angesehen (Rupp (1) S. 105). 27 Jellinek S. 323 f., 327; Forsthoff I S. 33. 28 Forsthoff I S. 36. 19

1*

4

1. Teil: I. Erforderlichkeit u n d Bedeutung eines Ombudsmanns

die Erbringung eigener Leistungen befriedigen mußte. Die Verwaltung, die bislang i m wesentlichen Ordnungsgarant war, wurde zum Leistungsträger 29 . Da die Stellung der Verwaltung jedoch von Grund auf durch die Aufgaben bestimmt ist, die ihr zugeteilt sind 3 0 , stellt bezeichnendes Merkmal der modernen Verwaltung, das sie von der des bürgerlichen Rechtsstaats unterscheidet, ihr besonderes Verhältnis zur Sozialordnung dar 3 1 . Der gestaltende Eingriff i n diese Sozialordnung durch Veränderung der Güterverteilung unterblieb jedoch noch, da die Sozialordnung als vorausgesetzte Gegebenheit angesehen wurde 3 2 . Den entscheidenden Wandel brachte der erste Weltkrieg. Der Staat sah sich veranlaßt, Vorsorge für die vielfältigen Bedürfnisse der Bevölkerung zu treffen und setzte die Betreuung dieser Aufgaben auch nach Beendigung des Krieges fort 3 3 . Waren es zunächst Aufgaben der A b wicklung von Kriegs- und Kriegsfolgelasten, Lebensmittelbewirtschaftung, Wohnungs- und Arbeitsbeschaffung 34 , so herrschten in der Folgezeit die Probleme der modernen Industriegesellschaft vor, die einer staatlichen Lösung bedurften 3 5 . Die Überwindung sozialer Gegensätze, die Verantwortlichkeit für Gesundheit, Sicherheit und Eigentum der Bürger 3 6 , die Energieversorgung 37 und die Bekämpfung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellungen 38 führten zu einer Umgestaltung vom Ordnungsstaat zum Leistungsstaat, wobei jedoch die Gestaltung der Sozialordnung nunmehr als Aufgabe des Staates betrachtet wurde 3 9 .

B. Expansion der Verwaltungstätigkeit Die grundsätzliche Umwandlung vom bloßen Ordnungsgaranten zur Wahrnehmung von Aufgaben der Daseinsvorsorge und Sozialgestaltung führten zu einer erheblichen Expandierung der Verwaltungstätigkeit, die m i t einer Zunahme und, damit verbunden, einer Disharmonisierung des Verwaltungsapparates einherging 40 . Die stärkere Beteiligung des 29

Wolff / Bachof I S. 45; Forsthoff I S. 36. A n t o n i o i i i S. 47, der jedoch anzweifelt, daß die Änderung der V e r w a l tungsaufgaben „das ganze überkommene rechtsstaatliche Gefüge weitgehend außer K r a f t gesetzt hat" (so aber Forsthoff I S. 74, ähnlich S. 68). Die V e r w a l t u n g bediene sich i m wesentlichen alter Formen. 31 Forsthoff I S. 62. 32 A n t o n i o i i i S. 47; Forsthoff I S. 63. 33 Forsthoff I S. 63; A n t o n i o i i i S. 48; Hansen S. 41. 34 Wolff / Bachof I S. 45; Hansen S. 41. 35 E l l w e i n (1) S. 1; Hansen S. 41; W i l d (1) S. 1 u n d (2) S. 13. 36 W i l d (1) S. 1 u n d (2) S. 13. 37 Hansen S. 41. 38 Forsthoff I S. 66. 39 A n t o n i o i i i S. 48; Forsthoff I S. 74; Hansen S. 42; Habermas S. 197. 80

Β . Expansion der Verwaltungstätigkeit

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Staates an der Gestaltung der Sozialordnung zeigte sich i n der Vermehrung staatlicher Genehmigung bedürfender Rechtsgeschäfte, in der staatlichen Beteiligung an der Gestaltung der Arbeitsvertragsverhältnisse, an der M i t w i r k u n g bei einer Beilegung kollektiver Arbeitsstreitigkeiten 4 1 , in der Einflußnahme i m Wege des Wettbewerbs- und K a r tellrechts 42 und über die Lohn-, Preis- und Währungspolitik 4 3 . Dieser Wandel hat nicht nur den Umfang der Verwaltungsgeschäfte und Behörden um ein Mehrfaches vergrößert, sondern auch die rechtliche Eigenart des Verwaltungshandelns ergriffen. Die Sozialordnung ist für den so verstandenen Staat nicht Gegebenheit, sondern Aufgabe und Gegenstand der Gestaltung 44 . Positiv ist an diesem Ansatz zu bewerten, daß i m Sinne einer allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellung ein Mindestmaß von Ordnung gewährleistet ist 4 5 . Auch Forsthoff 4 6 begrüßt die darin liegende Einsicht, daß die sozialen Zustände einer Verbesserung bedürfen, da sie nicht grundsätzlich als gerecht gelten können. Andererseits dehnt sich das diese gerechtere Ordnung verwirklichen wollende Phänomen des Verwaltungsstaates i n immer neue, bisher dem einzelnen und seiner Initiative vorbehaltene Bereiche aus. Der Bürger unterliegt der unaufhaltsamen Umwandlung von einer „ i n sich selbständigen umfriedeten Existenz zu einer bloßen Funktion der staatlichen und industriellen Ordnung" 4 7 , die ihn immer stärker auf den gewährenden Staat angewiesen sein läßt 4 8 . K a m der Bürger i m Ordnungsstaat nur selten m i t Exekutivorganen i n Berührung, so ist er i m Leistungsstaat in eine kaum mehr unterbrochene, dauernde Verbindung m i t der Verwaltung getreten 49 . Bei dieser Konstellation sind A b hängigkeitstendenzen des Individuums gegenüber der Bürokratie unleugbar 50 . Die Einbindung des Bürgers i n Arbeits-, Verteilungs- und Versorgungssysteme, die ihrerseits gesteuert und verwaltet werden müssen, w i r d häufig i m normalen Alltag gar nicht empfunden werden, w i r d aber dann drastisch verdeutlicht, wenn Störungen i n der Funktion 40

S. 13. 41

W o l f f / B a c h o f I S. 45; Hansen S. 45; K e m p f (1) S. 9; W i l d (1) S. 2 u. (2)

A n t o n i o i i i S. 48; Forsthoff I S. 65. Forsthoff I S. 66 m w N . 43 Vgl. insbes. das Gesetz zur Förderung der Stabilität u n d des Wachstums der Wirtschaft v. 8. 6.1967 (BGBl. I S. 582); auch Forsthoff I S. 67. 44 Redeker (1) S. 1297; Forsthoff I S. 68; Hansen S. 42. 45 E l l w e i n (1) S. 1. 46 E l l w e i n (1) S. 1. 47 Redeker (1) S. 1297. 48 Horkheimer S. 95; Habermas S. 194 f., auch Morstein M a r x S. 149. 49 A n t o n i o i i i S. 49; Hansen S. 49; W i l d (1) S. 5. 50 Hansen S. 46; W i l d (1) S. 5 u. (2) S. 20; E l l w e i n I S. 1: „Der verwaltete Bürger: versorgt, aber abhängig". 42

1. Teil: I. Erforderlichkeit u n d Bedeutung eines Ombudsmanns

6

eines dieser Systeme auftreten 5 1 . Entgegengesetzte Entwicklungsmöglichkeiten sind jedoch weder realistisch noch wünschenswert 52 . Indem jedoch der Staat durch stark ausgebaute soziale Einrichtungen für die Geborgenheit und das materielle Wohlergehen seiner Bürger sorgt, beschränkt er zugleich, als jedenfalls i n dieser Hinsicht negativ zu bewertende Kehrseite, die Selbstentfaltungsmöglichkeiten des Individuums und enthebt es weitgehend seiner eigenen Verantwortung i m Existenzkampf 53 . Als Folge zunehmender Staatsabhängigkeit des Bürgers i n einer für diesen schwer durchschaubaren Massenbürokratie t r i t t weit weniger eine Identifikation mit diesem „Wohlfahrtsstaat" 5 4 ein, als vielmehr ein „fast kafkaeskes Gefühl der Ohnmacht und des Mißtrauens gegenüber einem anonymen Staatsapparat" 55 . Der Bürger fühlt sich als bloßes Objekt, dessen Schicksal dieser Maschinerie mehr oder minder gleichgültig ist 5 6 . Abgesehen von der für das Individuum wenig freudvollen Situation 5 7 , die ein durch dieses Mißtrauen hervorgerufener Zustand mangelnder Geborgenheit 58 i n dem „verwalteten" Bürger 5 9 hervorruft, kann auch der Verwaltungsstaat auf Dauer des Vertrauens seiner Bürger nicht entbehren, da auch dieser darauf beruht, daß der Bürger sich zu ihm gehörig fühlt und bekennt. Ein lediglich rationell-intellektuell gesteuerter und geordneter Staat ist stets i n Gefahr, ernsthafte Krisen nicht zu überstehen 60 . Redeker 61 geht sogar so weit, die Wiederherstellung dieses Vertrauens als eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit anzusehen, 51

E l l w e i n (1) S. 1 f. Hansen S. 46; E l l w e i n I S. 1. 53 Hansen S. 46 m w N . Er (S. 48) weist auch darauf hin, daß es bei dieser mehr technisch bedingten Einschränkung der persönlichen Freiheit nicht sein Bewenden hat. Vielmehr erleide diese zusätzliche Einbußen, indem das I n d i v i d u u m gezwungen sei, sich zur Inanspruchnahme dieser Versorgungseinrichtungen dem Gestaltungswillen der V e r w a l t u n g durch Eingehen eines „GewaltVerhältnisses" zu unterwerfen. 54 Hansen S. 46. 55 Pietzner (3) Sp. 1674 u. (2) S. 465; Zimmerle S. 31; W i l d (1) S. 5 u. (2) S. 20; K e m p f (1) S. 9. 56 Redeker (1) S. 1298. 57 E l l w e i n (1) S. 2; ders. (2) S. 11. 58 Vgl. Horkheimer S. 93. 59 E l l w e i n (1) S. 1; Ermacora S. 39 m w N ; aus der Tagespresse: B u h l S. 5; zu den gesetzgeberischen Intentionen bei der Schaffung des rh.-pf. B B vgl. Abg. T h o r w i r t h (SPD), Stenograph. Bericht, L T Rh.-Pf., 6. WP, 68. Sitzung ν. 16. 9.1970, S. 2583 sowie Abg. M a l l m a n n (CDU), daselbst, 8. WP, 34. Sitzung ν. 27. 5.1977, S. 1516. 60 Redeker (1) S. 1298; auch Hahnenfeld S. 60. Die jüngsten Ereignisse der Terrorismus-Szene dürften diese These Redekers bestätigt haben (vgl. L a meyer S. 51 u n d Schissler S. 56). 61 Redeker (1) S. 1298. 52

C. Ausdehnung der Macht der Bürokratie

7

worin ihm i m Grundsatz beizupflichten ist. Es stellt sich jedoch die Frage nach Mitteln zur Überwindung der „Staatsverdrossenheit" 62 und der demokratischen Aktivierung, die auf Wiederherstellung der ursprünglichen staatsbürgerlichen Spontaneität abzielt 63 .

C. Ausdehnung der Macht der Bürokratie unter Abschwächung parlamentarischer Kontrollmöglichkeiten Die Ausdehnung der staatlichen Verwaltungstätigkeit als Folge der Schwerpunktveränderung des Ordnungs- und Wohlfahrtsstaates zum Versorgungs- und Leistungsstaat 64 hat zur Folge, daß das Leben i n einschneidender Weise von Verwaltungsbehörden geprägt ist 6 5 . Wachsende K u l t u r - und Zivilisationsansprüche haben notwendigerweise eine wesentliche Erweiterung der Bürokratie mit sich gebracht 66 . Ständig kommt das Individuum mit diesem Machtfaktor „Bürokratie" in Berührung. Die moderne Technik gibt der Organisation und Auswirkung der Bürokratie m i t ihren Eigengesetzlichkeiten „noch nie dagewesene Möglichkeiten" 6 7 . W i r d Bürokratie vom dienenden Mittel zum Selbstzweck, ist es möglich, daß sich Auswüchse unterschiedlicher A r t einstellen 68 . Ein gewisser, unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten durchaus begrüßenswerter Trend zum „Perfektionismus der Gesetzgebung" 69 erβ2

W i l d (1) S. 5; (2) S. 20. E l l w e i n (1) S. 1 f., der zugleich Lösungsansätze i n Richtung auf eine p o l i tische A k t i v i e r u n g des Bürgers aufzeigt. Demgegenüber v e r t r i t t Schissler (S. 56) die These, daß bei einer stärkeren Beteiligung des Bürgers am politischen Geschehen lediglich i n der ersten Phase ein Gefühl der Befriedigung und Sinnerfüllung entstehe. Es sei jedoch n u r eine Frage der Zeit, bis er dieselben Enttäuschungen erlebe, die die P o l i t i k für alle ihre Partizipanten bereithalte. Glaser (S. 96) gibt zudem zu bedenken, daß sich der Bürger, der sich dem anonymen Apparat ausgeliefert sehe u n d diesen nicht zu durchschauen vermag, auch unfähig sei, hieran mitzuwirken. 64 Ermacora S. 39; K e m p f (1) S. 17. 65 Haller (1) S. 4; Hansen S. 49; Pietzner (2) S. 465. ββ Glaser S. 73. 07 Jaspers S. 227; Forsthoff I S. 74; Haller (1) S. 4; Hansen S. 49. Z u m zur Zeit immer brennender werdenden Teilproblem des Schutzes der Persönlichkeit vor Indiskretion aufgrund technischen Fortschritts bei der Datenverarbeitung vgl. aus der Tagespresse: Fromme S. 11. Besonders kritisch zu dieser Problematik: Glaser S. 86: „Wo (und wie) w i r d die elektronische Datenverarbeitung installiert werden, als selbständige Macht, die damit P o l i t i k und V e r w a l t u n g steuert, als Subsystem der Verwaltung, die dadurch eine neue und besonders bedeutende Form von Autonomie erhält, oder bei der Politik, die auf diese Weise sowohl Technik wie V e r w a l t u n g von sich abhängig macht?" Ä h n l i c h auch Japsers S. 153 f., der vor eine „Verabsolutierung des Technischen" warnt. 08 Haller (1) S. 5. 69 Hansen S. 43. 03

8

1

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Teil: I. Erforderlichkeit u n d Bedeutung eines Ombudsmanns

zeugt eine sich ständig vermehrende Anzahl von Gesetzen, auch auf Spezialgebieten. Einen erheblichen Teil dieser „ F l u t " nehmen die sog. Maßnahmegesetze ein. Nicht zu übersehen ist der Anteil der Änderungsgesetze, Durchführungsvorschriften und Einzelweisungen 70 . Daß die Qualität dieser häufig binnen kurzer Frist zustandegekommenen Gesetze leiden muß, ist ein offenes Geheimnis. Andererseits ist jedoch die Überforderung des zum Teil zu wenig m i t der ständig wechselnden Gesetzesmaterie vertrauten Beamten bei der täglichen Anwendung und die daraus folgende Gefahr von Fehlentscheidungen für den Bürger nicht zu verkennen 71 . Daß diesem Problem gestiegener Arbeits- und Leistungsanforderungen nicht allein durch die Ausdehnung des Beamtenapparates begegnet werden kann 7 2 , ist seit den beißend-ironischen Betrachtungen Parkinsons 73 i n das Allgemeingut des wirtschaftlich denkenden Verwaltungsfachmanns übergegangen. I n seiner kritischen Studie beschreibt dieser zwar mehr das umgekehrte Phänomen, nämlich den Keim zur Ausdehnung i m Verwaltungsapparat. Dessen Expandierung sei nicht auf das Anwachsen der Aufgaben zurückzuführen, sondern darauf, daß die Bürokratie zum Selbstzweck werde 7 4 . Ergänzte man diese Erkenntnis i n bösartiger Weise u m das sog. „Peter-Prinzip", nach dem in einer Hierarchie jeder Beschäftigte dazu neigt, bis zu seiner Stufe der Unfähig70

Pietzner (2) S. 465 m w N ; Hansen S. 43. Hansen S. 44 m w N ; auch Abg. Scholl (FDP), 32. Sitzung, L T Rh.-Pf., 7. WP, v. 18.1.1973, S. 1156. Obwohl sich die V e r w a l t u n g vom Ordnungsgaranten zum „Leistungsträger" gewandelt hat (Antonioiii S. 48), k a n n nicht stets auf eine aktive Gestaltung öffentlicher Aufgaben durch den Amtsträger geschlossen werden. I m statt dessen häufig schematischen A b l a u f der V e r waltungsvorgänge sieht Jaspers (S. 228; auch Hansen S. 49 mwN) eine Tendenz zu zunehmender „ N i v e l l i e r u n g durch die Subalternität zu totaler Subalternität aller ohne aufbauende konkrete Idee". Aus seiner modellhaft pessimistischen Sicht des Problemkreises „Planung u n d Totalplanung" (Jaspers S. 220 - 226) zieht er den Schluß, verwaltendes Handeln ziele weniger i n die Richtung schöpferischer Initiative, als vielmehr „auf Verdrossenheit des Abarbeitens ohne Hoffnung auf einen eigenen Weg durch eigene Leistungen" (S. 226). Möglicherweise läßt sich die von Redeker ((1) S. 1298) k r i t i sierte Erscheinung, m i t als „Gleichgültigkeit wirkende Langsamkeit u n d eine die beteiligten Personen ganz zurückdrängende Versachlichung" umschrieben, hierauf zurückführen. Ä h n l i c h f ü h r t Glaser (S. 86) den Verlust personalen Bezugs der V e r w a l t u n g auf die „ a n Sachzwängen orientierte Determiniertheit menschlichen Handelns" zurück. 72 Statistisches Material zur Zunahme des Beamtenapparates bei Hansen S. 44 m w N . 73 Parkinson, insbes. S. 14 - 17, 38 f., 60 f.; so auch die Thematik einer jüngst stattgefundenen parteilichen Fachtagung, auf der auch Parkinson selbst Verbesserungsvorschläge unterbreitete (Hort S. 12). 74 Parkinson S. 14 ff., besonders S. 16: „Sieben Beamte t u n jetzt, was zuvor einer allein tat. U n d hier beginnt die zweite Triebkraft w i r k s a m zu werden. Denn sieben Beamte schaffen sich gegenseitig so viel Arbeit, daß jeder von ihnen alle Hände v o l l zu t u n hat." 71

C. Ausdehnung der Macht der Bürokratie

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keit aufzusteigen 75 , ergäbe sich ein schreckerregendes Zerrbild der öffentlichen Verwaltung, ein unrealistisches zum Glück 7 6 . Zu ihrer Ehrenrettung kann zudem angeführt werden, daß die heutige Größenordnung der Verwaltungen allgemein ein Merkmal der industriellen Gesellschaft darstellen dürfte, da die Großorganisation als Strukturtyp i m Wirtschafts- und Sozialleben durchaus auch i n den Bereichen privater Interessenverbände Eingang gefunden hat 7 7 . Als theoretische und auch i n der Praxis durchführbare Lösung um der angesichts der ständigen Verkomplizierung der Rechtsgegebenheiten nahen Gefahr von Fehlbehandlungen des die Verwaltung kontaktierenden Bürgers entgegenzuwirken, wäre eine systematische Fortbildung, insbesondere auch der Bediensteten des mittleren und gehobenen Dienstes, zu erwägen 78 . Die von technischem Wissen geprägten Fähigkeiten müßten stetig erweitert werden, um „zusätzliche Anforderungen an Einfühlungsvermögen und Umgangsformen" 79 , um Bestrebungen nach Bürgernähe der Verwaltung nicht durch vielfach kritisierte Auswüchse von falschverstandenem Bürokratismus zu vereiteln, wie sie durch die Schlagworte „Papierkrieg", „Formalien und Paragraphen", „Juristendeutsch" und „Dickicht von Kompetenzen" gekennzeichnet sind 8 0 . Die i n Erwägung gezogene Ausweitung des Beamtenapparates trüge zudem i m Extremfall die Gefahr eines „neuen Despotismus" der Bürokratie in sich, wovor schon Lord Hewart 8 1 i n seiner 1929 veröffentlichten Schrift „The New Despotism" warnt. I n die gleiche Richtung geht die auch heute nicht völlig von der Hand zu weisende Feststellung Max Webers 82 , i m modernen Staat liege die wirkliche Herrschaft notwendig und unvermeidlich i n den Händen des Beamtentums. Als entscheidenden Grund für das Vordringen der bürokratischen Organisation sieht Weber 8 3 den voll entwickelten bürokratischen Mechanismus 75

Vgl. Peter / H u l l S. 28. Z u einer positiveren Sicht hierarchischer Organisationsstrukturen: E l l w e i n (4) S. 102 f. 77 Morstein M a r x (1) S. 149. 78 Vgl. Jahresbericht 1976 des rh.-pf. BB, Drs. 8/1961, S. 8. 79 Vgl. F N 78. 80 Berger S. 3, auch Redeker (1) S. 1297 f. u n d K e m p f (1) S. 17. Auch der Jahresbericht 1976 spiegelt eine auf solche Weise mögliche Vernachlässigung der individuellen Interessen des Bürgers w i d e r durch unverständliche Behördensprache, unzureichende Begründung der Verwaltungsentscheidungen und durch mangelnde Verständlichkeit von Bescheiden, die auf elektronischen Datenverarbeitungsanlagen erstellt w u r d e n (Jahresbericht S. 6 - 8). 81 Vgl. Haller (1) S. 5; Hansen S. 51. 82 Weber (2) S. 560 f., 572; vgl. Hansen S. 49. 88 Weber S. 561 f.; siehe hierzu auch E l l w e i n (2) S. 11, der versucht, die Gedanken Webers i n die unmittelbare Gegenwart zu übertragen. 76

10

1. Teil: I. Erforderlichkeit und Bedeutung eines Ombudsmanns

an, der sich durch „Präzision, Schnelligkeit, Eindeutigkeit, Aktenkundigkeit, Kontinuierlichkeit, Diskretion, Einheitlichkeit, straffe Unterordnung, Ersparnisse an Reibungen" auszeichne, der sich i m Grunde ebenso verhalte „wie eine Maschine zu den nicht mechanischen Arten der Gütererzeugung". Als Mängel einer derartig gestalteten bürokratischen Struktur gibt Weber 8 4 zum einen „die Nivellierung der Beherrschten gegenüber der herrschenden, bürokratisch gegliederten Gruppe" an. Zum anderen sieht er i n seinem Werke „Wirtschaft und Gesellschaft" 85 eine Gefahr i n der „Überlegenheit des berufsmäßig Wissenden", die „jede Bürokratie noch durch das M i t t e l der Geheimhaltung ihrer Kenntnisse und Absichten zu steigern" suche 86 . Dadurch werde auch das auf demokratischer Basis gewählte Parlament zu einem „Dilettanten" gegenüber dem bürokratischen „Fachmann". Auch in der neueren Literatur klingt häufiger das Bedenken eines „parlamentarischen Informationsnotstandes" gegenüber einer „ m i t Fakten und Argumenten" 8 7 gerüsteten hochentwickelten Verwaltung an, gegenüber der sich Parlament und Parlamentarier i n „Zeit-, Sachkunde« und Bewertungsnot" befänden 88 , woraus zugleich die Forderung erhoben wird, „das Parlament durch eigene, hochqualifizierte Hilfseinrichtungen für seine Aufgaben zeitgemäßer und sachkundiger auszurichten" 8 9 . Hieraus darf — i n Fortführung der Gedankengänge Webers — gefolgert werden, die Befürchtung, dem Parlament drohe die Gefahr, als Gesetzgeber nicht mehr seinen eigenen politischen Willen durchsetzen zu können, da die überragende Sachkunde der Verwaltung oft dazu führe, daß der Abgeordnete sich dem Urteil des Fachbeamten anschließe 90 , sei nicht nur eine historische bedingte Einschätzung. Ebenso steht es auch m i t der damit unmittelbar verknüpften Kontrollfunktion des Parlaments über die Exekutive. So konnten auch die i m Verlaufe der einzelnen Wahlperioden tätig gewordenen Untersuchungsausschüsse kaum Korrekturen i m Apparat oder Änderungen von Regierungsentscheidungen herbeiführen, weil sie „aus Partei- und 84

Weber S. 561. Weber S. 572. Noch schärfer formuliert er diesen Gedanken i n : „Parlament und Regierurig i m neugeordneten Deutschland" (Mai 1918), Kap. I I I ( = Weber (3)), S. 340, wobei er zugleich den Gedanken parlamentarischer Kontrolle der Bürokratie anspricht. Die Machtstellung aller Beamten beruhe, außer auf einer arbeitsteiligen Technik der V e r w a l t u n g als solcher, auf Fachwissen. Der Reichstag, dem es verfassungsrechtlich an Kontrollmöglichkeiten mangele, sei zur „dilettantischen Dummheit verurteilt". 86 Weber (2) S. 572. 87 Eichenberger (1) S. 129; ders. (2) S. 285; Brunner S. 292; Bauer S. 15; Erbel S. 315 f.; M a r t i (1) S. 175; Rittberger S. 367; K e m p f (1) S. 18. 88 Z u m letzteren insbes. Eichenberger (2) S. 285. 89 Eichenberger (1) S. 130. 80 Hansen S. 49 f. m w N ; ähnlich auch W i l d (1) S. 4 u n d ders. (2) S. 19. 85

C. Ausdehnung der Macht der Bürokratie

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Staatsfunktionären zusammengesetzt waren, die zwar Experten außerhalb des Apparates anhörten, i m Endeffekt jedoch die Macht des Apparates nicht antasteten" 01 . Die erwähnte Erweiterung der Verwaltungsaufgaben verlangt zudem nach immer mehr Gesetzen, so daß die legislative Funktion der Parlamente die gleich wichtige Kontrolltätigkeit zurückdrängen muß. Die Legislative w i r d somit zum „Ratifizierungsapparat" 9 2 , ihre Kontrolle zur bloßen Formsache 93 . Ein weiterer Umstand für die Schwäche der Parlamentskontrolle ist das Aneinanderrücken von Legislative und Exekutive. Da i m parlamentarischen Regierungssystem die Regierung von den die Mehrheit bildenden Parteien getragen wird, und somit eine Abhängigkeit der Parlamentsmehrheit vom Ansehen der von denselben Parteien gestellten Regierung besteht, w i r d insoweit de facto keine echte parlamentarische Kontrolle stattfinden. Als Kontrollorgan steht daher i. d. R. nicht das Parlament der Regierung gegenüber, sondern vielmehr allenfalls eine oppositionelle Minderheit 9 4 . Gemeinsam m i t vorerwähnten Hindernissen erscheint es bei rechtlich schwacher parlamentarischer Minderheit als Fiktion, von Kontrolle der Regierung durch das Parlament zu sprechen. Vielmehr verläuft die Trennlinie zwischen Exekutive und Legislative innerhalb des Parlaments 95 . Wenn demgegenüber vereinzelt vertreten wird, der Verfall der Staatsmacht betreffe vor allem die Verwaltung, da diese zunehmend durch Budgetpraxis und normative Angriffe der gesetzgebenden Gew a l t 9 6 geschwächt werde 9 7 , kann dies nicht unwidersprochen bleiben. Die von der Gewährleistung des Rechtsschutzes auf die Verwaltung ausgehende Wirkung, Einschränkungen ihres Ermessens durch aufgrund Gesetzesvorbehalts geschaffener Gesetze, die Zurückdrängung vager Generalklauseln und die Schaffung bloß subsidiärer Zuständigkeiten 9 8 stellen lediglich an individuellen Freiheitsgarantien ausgerichtete, selbstverständliche rechtsstaatliche Begrenzungen ansonsten umfassender Kompetenzen dar, die an sich unter gewandeltem Grundrechtsverständnis keiner Erwähnung bedürfen. 91

W i l d (2) S. 18. Seemann S. 75 f.; Brunner S. 75 f.; W i l d (2) S. 18. 93 W i l d (2) S. 18. 94 Reinhard S. 20; Abg. T h o r w i r t h (SPD), 68. Sitzung, L T Rh.-Pf., 6. WP, v. 16.9.1970, S. 2584; Abg. Munzinger (SPD), 52. Sitzung, L T Rh.-Pf., 7. WP, v. 31. 1. 1974, S. 2213. 95 W i l d (1) S. 4 m w N ; ders. (2) S. 19 m w N ; K e m p f (1) S. 15. 96 Oppermann (1) S. 48 ff., ders. (2) S. 289, F N 3, 2921; vgl. auch BVerfGE 33, 303 (337); ferner Richter S. 60. 97 Forsthoff I S. 79 f. m w N ; auch Reinhard S. 22. 98 Forsthoff I S. 80 f. 92

1 2 1 . Teil: I. Erforderlichkeit u n d Bedeutung eines Ombudsmanns D . Unbehagen des Bürgers als Folge exekutiver Übermacht E r k e n n t m a n s o m i t — i n s o w e i t w e r t u n g s f r e i — d i e Ü b e r m a c h t der E x e k u t i v e als feststehendes F a k t u m an, so s t e l l t sich die Frage, w i e d e m daraus r e s u l t i e r e n d e n U n b e h a g e n des B ü r g e r s " z u begegnen sei, e i n e m G e f ü h l des „ A u s g e l i e f e r t s e i n s " 1 0 0 gegenüber e i n e m m ö g l i c h e n „ Ü b e r m u t der Ä m t e r " 1 0 1 , der als N i e d e r s c h l a g v o n M a c h t m i ß b r a u c h als F o l g e der e r w ä h n t e n M a c h t z u s a m m e n b a l l u n g b e i d e r E x e k u t i v e auch i n demokratischen Verwaltungsstrukturen denkbar scheint102. F r a g l i c h erscheint, ob e i n i n e i n e r d e n k b a r e n R a n g o r d n u n g 1 0 3 v o m Berufsethos h e r a n oberster S t e l l e r a n g i e r e n d e r „ i d e a l e r B e a m t e r " gee i g n e t w ä r e , e i n K o n z e p t z u v e r w i r k l i c h e n , das A r b e i t s r h y t h m u s u n d E i g e n g e s e t z l i c h k e i t der V e r w a l t u n g v o n der G e f a h r v o n A b h ä n g i g k e i t s tendenzen u n d d e r V e r n a c h l ä s s i g u n g rechtsstaatlicher P o s t u l a t e bef r e i t e 1 0 4 . Z u d e m d ü r f t e dieser v o n J a s p e r s 1 0 5 k o n z i p i e r t e M o d e l l t y p , der „ w i e e i n Forscher fast s t ä n d i g an seine Sache" denke, „ g e b u n d e n an d e n S i n n der Sache" bleibe, i n der k o n k r e t e n S i t u a t i o n lebe, „ f ü r die er entscheiden müsse", u n d v o r a l l e m das E t h o s habe, „das b ü r o k r a t i s c h e T u n a u f das U n e r l ä ß l i c h e e i n z u s c h r ä n k e n " , angesichts d e r menschlichen U n z u l ä n g l i c h k e i t e i n idealtypisches T h e o r e m b l e i b e n 1 0 6 . 99

Glaser S. 96. M a r t i (1) S. 174. 101 Bauer S. 15. 102 Erbel S. 353; vgl. H o r t (S. 12) zum Themenkreis der Fachtagung einer polit. Partei M i t t e A p r i l 1978. Angesichts der Betonung möglicher Gefahren soll jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß unsere V e r w a l tungen i n aller Regel nicht „rechtswidrig, ermessensmißbräuchlich und so engstirnig" arbeiten (vgl. Abg. U l m e n (FDP), 34. Sitzung, L T Rh.-Pf., 8. WP, v. 27.5.1977, S. 1518; auch Haller (1) S. 5 f.; zu positiven Beispielen ausländischer Verwaltungen vgl. Hansen S. 51). M i t Recht w i r d darauf hingewiesen, daß die Berücksichtigung individueller Interessen gegenüber an Gemeinwohlgesichtspunkten orientierter Verwaltungspraxis nicht dazu führen darf, „daß die Z a h l der Bürger i m m e r schneller zunimmt, die nicht mehr bereit sind, irgendeine Entscheidung hinzunehmen, die ihren vermeintlichen Forderungen nicht v o l l gerecht w i r d , so zutreffend, verständlich und ausreichend diese Entscheidung auch begründet ist, u n d gleichgültig, von welcher Stelle sie gefällt w u r d e " (Abg. U l m e n (FDP) S. 1519). Die sich darin ausdrückende Anmaßung, Rechthaberei u n d Überheblichkeit könnten jedenfalls „nicht als Zeichen wachsender Mündigkeit des Bürgers angesehen werden". 103 Eine solche stellt Jaspers S. 227 f.) i n seiner Auseinandersetzung m i t dem Problemkreis der Bürokratie auf. 104 Hansen S. 46 f. 105 Jaspers S. 227. 106 Jaspers S. 226. Bereits der i n der Rangordnung von Jaspers nächsttiefer eingruppierte sog. „diensteifrige Beamte", „der schon Lust an der Bürokratie als solcher hat" u n d „verläßlich u n d redlich nach den Anordnungen verfährt", stellt nach seiner Unterscheidung eine Entartungsform dar, da er „ i m Diensteifer den Betrieb zu erweitern oder zu komplizieren strebt" und „den Genuß der F u n k t i o n hat". A l s einen „Absturz der Bürokratie" bezeichnet er 100

D. Folgen exekutiver Übermacht

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Das gleiche Schicksal dürfte auch der i n jüngerer L i t e r a t u r 1 0 7 skizzierte „Berufstyp des Verwaltungsmanns" erfahren „für den Verwaltung ein Lebensberuf ist", dessen „Autorität nicht bloß amtsbezogen", sondern i h m anvertraut sei, „ u m den erweislichen Bedürfnissen der Gesellschaft zu genügen, die wiederum nur auf der Grundlage der politischen Verantwortung näher umrissen" seien. Wenngleich derselbe Autor einer Rollenverkopplung von parlamentarischem Mandat und Vollzug des sie repräsentierenden politischen Willens für die Schaffung eines dergestalt an den Volkswillen rückgekoppelten Beamtentyps gegenwärtig äußerst skeptisch gegenübersteht und angesichts des nur „zerklüfteten Berufsgeistes", der i n einem quantitativen Ausmaße riesenhaften Verwaltungsapparat lebe, die Vision eines „gedankenlosen Ungeheuers" beschreibt 108 , so eröffnen doch die von i h m gewählten K r i t e r i e n 1 0 0 Ansatzpunkte zur Bewältigung des SpannungsVerhältnisses von wachsender staatlicher Einflußnahme und Privatautonomie 1 1 0 . Keineswegs i m Gegensatz hierzu steht die Forderung nach einem humanen und personalen Bezug der Verwaltung, die einer an Sachzwängen orientierten Haltung nicht weichen darf 1 1 1 . Bürokratie ist von ihrer Natur her auf Formalisierung und Generalisierung, also auf Reglement hin angelegt. Unabdingbare Forderung muß es jedoch bleiben, daß letztlich alle Entscheidungen auf Ermessen zurückzuführen sind, d. h. die bürokratischen Entscheidungen zwar nicht subjektiv zu treffen sind, „ w o h l aber einer generalisierten und abstrahierten, damit auch formalisierbaren menschlichen Klugheit entspringen" 1 1 2 sollten.

hingegen die „ d r i t t e Stufe", auf der der Beamte das Ethos der Staats- u n d Diensttreue u n d Redlichkeit verloren hat. Er sei dort zum Träger des „Ubermuts der Ä m t e r " geworden, der Verzögerlichkeit u n d Unklarheit durch lustloses Absitzen der Bürostunden i n einer Stimmung der Trägheit, Öde, Leere u n d Sinnlosigkeit beim Bearbeiten der i h m übertragenen Angelegenheiten walten lasse. Die dadurch zudem noch hervorgerufene Lustlosigkeit schlage sich i n M i ß m u t nieder, der durch Genuß der Macht, Unhöflichkeit, Rücksichtslosigkeit aufgewogen werde und ein Verhältnis von Herrschaft zu Objekt entstehen lasse (Jaspers S. 227 f.). Z u m Glück kann Haller (1) S. 5 f. darauf hinweisen, daß sich diese von Jaspers als Negativmodell dargestellten Erscheinungen i n der Praxis des modernen Rechtsstaats als vereinzelt gebliebene Auswüchse einer zum Selbstzweck gewordenen Bürokratie erwiesen haben (vgl. aus der Presse: Henkel S. 12 u n d K ü h n S. 8). 107

Morstein M a r x (1) S. 148; vgl. auch S. 150. Morstein S. 149. 109 Morstein S. 148. Beispielhaft sei besonders der englische Berufsbeamte, der seine eigene F u n k t i o n i n breiterem Zusammenhang sehe u n d sich nicht als Gegenspieler, sondern als Partner zu den parlamentarischen K r ä f t e n verstehe. 108

110 111 112

Hansen S. 46. Glaser S. 86. Glaser S. 86.

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1. Teil: I. Erforderlichkeit u n d Bedeutung eines Ombudsmanns

E. Demokratische Aktivierung des „verwalteten Bürgers" als Mittel zur Überwindung der Staatsverdrossenheit Gründen Angst und Unbehagen des Bürgers angesichts der Bürokratie vor allem i n dem Gefühl, einer anonymen Macht ausgeliefert zu sein, und seine Unfähigkeit, i m politischen Geschehen mitzuwirken, darauf, daß der Bürger den Apparat nicht zu durchschauen vermag 1 1 3 , gilt es dieser „Staatsverdrossenheit" 114 durch den Abbau der Barriere, die den Menschen vom Apparat trennt, entgegenzuwirken 115 . Stärkere Transparenz verwaltungsmäßiger Geschehensabläufe i m Sinne größerer Bürgernähe, gepaart m i t politischer Aktivierung durch Mitbestimmen und Mitregieren 1 1 6 bietet sich als Remedium an. Vom demokratischen Ansatz her eignet sich besonders die Einflußnahme über Parteien 1 1 7 und Verbände 1 1 8 zu einer Intensivierung der Kommunikation. Statistisch feststehend ist die i n diesem Sinne begrüßenswerte Tendenz, daß die Parteizugehörigkeit i n den letzten Jahren an Gewicht gewonnen hat. Trotz verbreiteter K r i t i k haben auch die Verbände in der Bundesrepublik, weit über die Parteien hinaus, eine sichere Position und Tradition i m öffentlichen Bewußtsein 1 1 9 : Gegenüber der Parteizugehörigkeit, die nur etwa vier Prozent der Bevölkerung über 16 Jahre umfaßt, ist die Zugehörigkeit zu Verbänden — unbeschadet der Mehrfachzugehörigkeit — sehr viel größer 1 2 0 . Weitere Mitwirkungsmöglichkeiten am staatlichen Geschehen, die nicht notwendigerweise an die Einfügung i n eine größere politische Organisation gebunden sind und damit auch völlig individuelle Gestaltungsmöglichkeiten geben, stellen etwa die Mitarbeit in kommunalen Gemeinderäten, i n Elternbeiräten und Kirchenvorständen und die Übernahme sonstiger ehrenamtlicher Tätigkeiten dar 1 2 1 . 113 E l l w e i n (1) S. 1; Glaser S. 96; Redeker (1) S. 1298; W i l d (1) S. 6; ders. (2) S. 20; Abg. M a l l m a n n (CDU), 34. Sitzung, L T Rh.-Pf., 8. WP, v. 27.5.1977, S. 1516. 114 W i l d (1) S. 5; Abg. M a r t i n (CDU), 34. Sitzung L T Rh.-Pf., 8. WP, S. 1522; aber auch Schwarzkopf S. 53. 115 Glaser S. 96. 116 E l l w e i n (1) S. 2. 117 Sontheimer S. 109. 118 Ders. S. 122 ff. 119 Kritisch zur Effizienz dieser A r t der Einflußnahme: Sontheimer S. 124 f. 120 E l l w e i n (1) S. 2. Besonders den großen „Verbänden i n der Demokratie" mißt Leßmann (S. 1546) weitreichende gesellschaftspolitische Gestaltungsmöglichkeiten durch „Vorformung des politischen Willens" zu. Das von Leßmann behandelte Thema w a r übrigens u. a. Gegenstand des 52. Deutschen Juristentages i m September 1978 i n Wiesbaden. 121 E l l w e i n (1) S. 2 weist allerdings darauf hin, daß die faktische M i t w i r kungsmöglichkeit i n der Praxis erheblich durch tatsächliche Hindernisse, wie mangelnde Information, eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten und knappe Freizeit eingeschränkt sind.

E. A k t i v i e r u n g des „verwalteten Bürgers"

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Dem kollektiven oder individuellen Bereich nicht klar zuzuordnen sind bisher die Bürgerinitiativen, da sie politische Aktivitäten in beide Richtungen entwickeln. Die eine Kategorie organisiert und verhält sich in der A r t von Verbänden. Die quantitativ häufigere Kategorie dagegen bildet lose Zusammenschlüsse von Individuen, in denen diese mit wechselnden Aktivitäten und ohne wirkliche Organisationsformen das individuell angestrebte konkrete Ziel zu erreichen suchen 122 . Ellw e i n 1 2 3 weist darauf hin, daß das häufiger zu verzeichnende Phänomen des Hinüberwanderns von Bürgerinitiativen i n den Verbändebereich von der öffentlichen Verwaltung vielfach geschickt aufgegriffen wurde, indem Bürgerinitiativen nicht nur finanziell gefördert wurden, sondern auch in einem fruchtbaren Austauschverhältnis zu ihr stehen. Besonders die Kommunalverwaltungen haben sich als flexibel genug erwiesen, um diese neue Erscheinung verwaltungstechnisch i n ihre Verfahrensabläufe einzubauen 124 . Ein Beispiel für die Ausstattung von Bürgerinitiativen m i t kommunalverfassungsrechtlich abgesicherten Rechtspositionen i n einer modernen Gemeindeordnung, allerdings unter gleichzeitiger ordnender Restriktion, gibt § 17 GemO Rh.-Pf. 1 2 5 . Auf kommunaler Ebene sind auch anderen Bundesländern Ansätze einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung nicht unbekannt 1 2 6 . Die bayerische GemO enthält bereits seit 1952 in A r t . 18 das Institut der Bürgerversammlung 1 2 7 , das vom Gesetzgeber in der Absicht konzipiert wurde, „eine enge Fühlungnahme zwischen Volk und Gemeinde122 E l l w e i n (1) S. 2; zur Partizipation und Demokratisierung durch Bürgerinitiativen vgl. eingehend u n d neuestens Achterberg (2) S. 1995 ff. u n d Remmele S. 139 ff., der sich auch (S. 54 ff.) m i t dem Problem auseinandersetzt, ob Bürgerinitiativen als M i t t e l zur Gesellschaftsveränderung geeignet sind. 123 E l l w e i n (1) S. 2. 124 E l l w e i n (1) S. 2. 125 GemO Rh.-Pf., v. 14.12.1973, GVB1. S. 419; hierzu näher: Kropshofer S. 141 ff. 126 Wenn unmittelbare demokratische Einflußmöglichkeiten des Bürgers propagiert werden, können Wahlen, Volksentscheide u n d Volksbefragungen nicht unerwähnt bleiben (vgl. K ü h n e S. 17 ff.). Da die „Volksrechte" jedoch ihre Schranken an den praktischen u n d rechtlichen Grenzen einer parlamentarischen Demokratie finden, wurde an diese Möglichkeit erst i n zweiter Linie gedacht (vgl. Seeger u. A r d e l t S. 116). Diese „Volksrechte" werden dort u m so eher zu finden sein, desto überschaubarer der Bereich für den Bürger ist. Ihre Bereitstellung w i r d infolgedessen von der Gesamtstaats- über die Gliedstaats- bis zur Gemeindeebene h i n i n der Tendenz zunehmend stärker (Kühne S. 51). 127 Vgl. Ziegler S. 121. Die Möglichkeit einer Bürgerversammlung sieht j e doch bereits § 20 Abs. 2 der GemO für Ba.-Wü. v. 27. 7.1955 vor (siehe Göbel S. 82; nunmehr § 20 a GemO Ba.-Wü., vgl. Kunze S. 55 u. A r d e l t S. 101). Insow e i t i r r t Ziegler (S. 123), w e n n er die Einmaligkeit der bayerischen Regelung betont.

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1. Teil: I . Erforderlichkeit u n d Bedeutung eines Ombudsmanns

Verwaltung" z u g e w ä h r l e i s t e n 1 2 8 . W i e auch die i n A r t . 11 d e r b a y e r i schen G e m O geregelte B ü r g e r b e f r a g u n g b e i U m g l i e d e r u n g s m a ß n a h m e n 1 2 9 u n d das sog. „ B ü r g e r b e g e h r e n " des § 8 b d e r hessischen G e m O 1 3 0 s t e l l e n diese u n m i t t e l b a r e n B ü r g e r b e t e i l i g u n g e n solche m i t l e d i g l i c h beratender W i r k u n g d a r 1 3 1 . D e m g e g e n ü b e r n o r m i e r t § 21 d e r G e m O f ü r B a . - W ü . i n d e r a u f g r u n d eines B ü r g e r b e g e h r e n s e r ö f f n e t e n M ö g l i c h k e i t eines Bürgerentscheides, t r o t z des w e i t e n N e g a t i v k a t a l o g e s seines A b s . 2, w e s e n t l i c h k o n k r e t e r e A u s w i r k u n g e n a u f das k o m m u n a l e Geschehen, da i h m die W i r k u n g eines e n d g ü l t i g e n Gemeinderatsbeschlusses z u k o m m t 1 3 2 . W e i t e r g e h e n d e T r a n s p a r e n z der v e r w a l t u n g s m ä ß i g e n V e r f a h r e n s a b l ä u f e ließe sich insbesondere auch d u r c h das i n s k a n d i n a v i s c h e n L ä n d e r n verfassungsmäßig verankerte P r i n z i p der A k t e n ö f f e n t l i c h k e i t e r r e i c h e n 1 3 3 . Dieses ist w i e k e i n anderes P r i n z i p geeignet, der T e i l n a h m e a m Regierungsprozeß, der B i l d u n g der ö f f e n t l i c h e n M e i n u n g s o w i e der I n t e r e s s e n v e r f o l g u n g des e i n z e l n e n z u d i e n e n 1 3 4 . E i n e s o m i t erreichte P u b l i z i t ä t h ä t t e e i n e n u n m i t t e l b a r e n K o n t r o l l e f f e k t u n d w ä r e geeignet, das V e r t r a u e n i n d i e s t a a t l i c h e n E i n r i c h t u n g e n w i e d e r h e r z u 118

Ziegler S. 123. Ders. S. 135 ff.; auch Widtmann, A n m . 2 zu § 11 (S. 17). 130 Depenheuer S. 151 ff. 131 Vgl. die einleitende Überschrift bei K ü h n e / Meißner S. 121. 132 § 21 Abs. 7 GemO Ba.-Wü.; vgl. Kunze S. 59. 133 So i n Schweden seit 1766, vgl. Wennergren S. 8 u. W i l d (1) S. 24; jedoch auch i n Norwegen, F i n n l a n d u n d Dänemark (Haller (1) S. 12; Hansen S. 62; W i l d (1) S. 24 f.; Oeckl S. 20; Reinhard S. 13; K e m p f (2) S. 20 u. 28; Wennergren S. 8); f ü r den brit. Commissioner vgl. Thierfelder (1) S. 16; ausführlich Conradi, insbes. S. 151. 134 W i l d (1) S. 142, ders. (2) S. 40; E l l w e i n (3) S. 394, der die geringe Offenlegung der V e r w a l t u n g als traditionell bedingt ansieht. Es erscheint bereits von dort her zweifelhaft, ob sich ein wiederholt als M i t t e l zur Verbesserung des Petitionswesens gefordertes Akteneinsichtsrecht aller Bürger (vgl. Mielke S. 426), das bislang der deutschen Verwaltungspraxis unbekannt ist (Oeckl S. 71), durchsetzen w i r d (siehe Giesing S. 525; Pietzner (1) S. 46, 49). I n der Tat w i r d nach deutschem Verfassungsverständnis durch A r t . 5 Abs. 1 GG lediglich das Grundrecht auf Unterrichtung aus allgemein zugänglichen I n formationsquellen gewährt (Herzog i n M. / D. / H. / Sch., Rdnr. 10 zu A r t . 5; W i l d (1) S. 144 f.; ders. (2) S. 41). Nach verbreiteter Ansicht widerspricht zudem eine mittelbare oder unmittelbare Kontrolle der V e r w a l t u n g durch die „Aktenöffentlichkeit" der Entscheidung des Grundgesetzes für eine m i t t e l bare, repräsentative Demokratie (vgl. die Nachweise bei W i l d (1) S. 145 u. (2) S. 41). Gleichwohl sei angemerkt, daß der Ausschluß direkter Verantwortung der V e r w a l t u n g gegenüber dem V o l k auch als Relikt vergangener Epochen angesehen werden kann, i n denen eine staatliche Bürokratie ihren Ursprung aus päpstlicher K u r i a l v e r w a l t u n g u n d Absolutismus begründete (vgl. W i l d (2) S. 40 f.). Hierbei entspricht die durch das Grundgesetz verwirklichte V e r fassungslandschaft nicht einmal den Thesen der Bewegung, die m i t 1848 i n der Frankfurter Paulskirche u n d den sog. „Grundrechten des Deutschen Volkes" ihren Höhepunkt erreichte (Vossler S. 126 ff., W i l d (2) S. 41). 129

F. Der Bürgerbeauftragte als K o r r e k t i v

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stellen, und damit das gestörte Verhältnis zwischen Staat und Bürger zu verbessern 135 . F. Der Bürgerbeauftragte als personalisiertes Korrektiv des Bürgerschutzes gegenüber der expandierenden Verwaltung Durch seine Doppelfunktion als Kontroll- und Individualschutzorgan 1 3 6 ist auch die Einführung eines OM geeignet, sowohl den verwaltungsstaatlich bedingten Machtzuwachs der Exekutive durch eine Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle gegenüber Regierung und Verwaltung zu kompensieren, als auch das Vertrauen des Bürgers i n diesen Verwaltungsstaat durch ein Gefühl der Sicherheit zu stärken, und damit das Mißtrauen gegenüber der Bürokratie abzubauen 137 . Weshalb sich gerade die Idee des OM als adäquate Therapiemöglichkeit anbietet, spiegelt der Zwischenbericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages 138 wider. Danach kann „ i n einem aus der Sicht des Bürgers durch anonyme bürokratische Apparaturen bestimmten Staatswesen m i t häufig unüberschaubaren und komplizierten Rechtsschutzmöglichkeiten der OM eine allgemeine Orientierungshilfe für alle diejenigen abgeben, die sich i n dem differenzierten System unserer rechtsstaatlichen und gesellschaftlichen Ordnung nicht mehr zurechtfinden". Er fungiere nicht nur als Sachwalter des Bürgers bei Parlament und Regierung, sondern könne auch seine Anregungen und Verbesserungsvorschläge i n politische Aktivitäten umsetzen 139 . Der Bürger finde in135

Hahnenfeld S. 60, W i l d (1) S. 144, ders. (2) S. 40. Pietzner (2) S. 465; ders. (3) Sp. 1674 f.; W i l d (1) S. 8; ders. (2) S. 21. 137 Brunner S. 293 ff., 300 ff.; Redeker (1) S. 1298; Glaser S. 9 6 1 ; Bauer S. 15; W i l d (1) S. 7; ders. (2) S. 21; K e m p f (1) S. 12 u. 17; Hansen S. 47; Ebert S. 1 0 1 m w N ; Hahnenfeld S. 60; E l l w e i n (1) S. 2; ders. (3) S. 394; ders. (4) S. 104; E l l w e i n / Görlitz S. 273. — Erwähnenswert ist der Hinweis Hallers ((1) S. 244), die Rezeption der OM-Einrichtung i n den verschiedenen Ländern sei keineswegs darauf zurückzuführen, die V e r w a l t u n g sei dort k o r r u p t u n d die bestehenden Rechtsschutzgarantien fragwürdig und erforderten den O M schon aus diesem Grunde. I n der Tat handelt es sich dabei durchweg u m Rechtsstaaten m i t hochqualifizierten Verwaltungsbeamten, die sich gerade wegen dieser Eigenschaft der Rechtsstaatlichkeit nicht der Erkenntnis verschlossen, daß die ständige Ausdehnung des i m m e r komplizierter werdenden Verwaltungsapparates eine Verstärkung der Verwaltungskontrolle u n d des Rechtsschutzes der Bürger durch einen O M erfordere (Haller (1) S. 244). Z u treffend ist auch, daß dessen erfolgreiches W i r k e n ein gewisses Maß an V e r antwortungsgefühl u n d staatsbürgerlicher Reife des Volkes voraussetze (ders. (1) S. 285). 138 S. 29 ff. (Drs. VI/3829, Kap. I I I ) ; auch i n : Z u r Sache 1/73, S. 5 2 1 ; ferner Pietzner (2) S. 465. 139 Z u r Sache 1/73 S. 53. 136

2i M atthes

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1. Teil: I. Erforderlichkeit u n d Bedeutung eines Ombudsmanns

sofern „den OM als Sprachrohr seiner Wünsche" 1 4 0 , der den ohne seine Hilfe ohnmächtigen Protest des Bürgers gegen die Verwaltung artikulieren solle 1 4 1 . Die fast unüberschaubare Literatur, die diese Seite des OM-Gedankens als Individualschutzorgan besonders betont 1 4 2 , vernachlässigt weitgehend die nach deutschem Verfassungsverständnis notwendige Kehrseite, nämlich Tätigwerden zwar zur Stärkung der Stellung des Bürgers 1 4 3 , aber lediglich „ i m Rahmen des parlamentarischen Kontrollrechts", und nicht zuletzt auch zur Stärkung der parlamentarischen Kontrollgewalt 1 4 4 . Durch diese Überbetonung der Komponente des Individualschutzes sind i n der wissenschaftlichen L i t e r a t u r 1 4 5 wie auch i m Meinungsbild der Bevölkerung 1 4 6 Ansätze zur Verkürzung sowohl der verfassungsrechtlichen Position, wie auch der Aufgabenstellung zu verzeichnen. Schlaglichtartig i n der A r t eines „Brain-Storming" und ohne Anspruch auf besondere Ordnung und Vollständigkeit durchziehen die folgenden Begriffe immer wieder i n annähernd gleicher Form die gesamte OMLiteratur zur Umschreibung seiner Aufgabenstellung. „Als Garant der Rechtssicherheit" habe er die erwähnte Doppelfunktion inne, nämlich „als Organ der parlamentarischen Kontrolle" und 140 y g l > F N 1 3 9 . 141 Reigrotzki (1) S. 39. 142 Bauer S. 15; Glaser S. 97; E l l w e i n (3) S. 394; ders. (1) S. 2; K e m p f (2) S. 18; Redeker (1) S. 1299; ders. (2) S. 221; Reigrotzki (1) S. 39; L o h m ü l l e r (2) S. 17 f.; Ebert S. 11; Köhler S. 14 f.; Zimmerle S. 8; Haller (1) S. 7 ff.; Hansen S. 46 ff.; Reger S. 175. 143 Bereits die Bezeichnung als „Citizens' defender" (so Rowat, U n t e r t i t e l seines erwähnten Buches), „Citizens' protector" (Gellhorn, Untertitel seines genannten Buches), „ A n w a l t des kleinen Mannes" (vgl. W i l d (1) S. 9 m w N ; ferner Wassermann S. 12) u n d „Vertreter des Mannes u n d der F r a u auf der Straße" (Bauer S. 22) weisen i n diese Richtung. — Auch der rh.-pf. B B bedauert i n seinem dritten Jahresbericht (für 1977, Drs. 8/1961, L T Rh.-Pf., S. 4) das Mißverständnis i n der Bevölkerung, die i m A m t des B B „eine A r t staatlichen Anwaltsbüros" sehe. 144 Pietzner (3) Sp. 1675; M a r t i (1) S. 187; E l l w e i n (4) S. 104; Redeker (1) S. 1299; Wennergren S. 8; insbes. auch § 1 Abs. 1 BBG. 145 Siehe oben F N 4. ΐ4β y o r allem die Jahresberichte des BB, aber auch Pressemeldungen spiegeln dies w i d e r : 1. J B (Drs. 7/3737) S. 5; hierzu Parade (1); Neander; 2. J B (Drs. 8/958) S. 3; hierzu Rheinpfalz v. 2./3.4. 76; 3. J B (Drs. 8/1961) S. 4; dazu Abg. M a l l m a n n (CDU), 34. Sitzung, 8. WP, v. 27. 5.1977, S. 1516; sehr kritisch Abg. U l m e n (FDP), ebenda S. 1517 ff.; Rheinpfalz v. 2.4.1977; Trier. Volksfreund v. 2./3.4.1977; A l l g . Zeitung, Mainz, v. 2./3.4.1977; Rhein-Zeitung, Koblenz, v. 2./3. 4.1977; F A Z v. 4.4.1977, S. 8; zur Debatte über den 3. J B : N o l l (1); Rheinpfalz v. 28.5.1977; Rhein-Zeitung, Koblenz v. 4./5.6.1977; Trier. Volksfreund, v. Pfingsten 1977; A l l g . Zeitung, Mainz, v. Pfingsten 1977; dies. v. 30731.7.1977; ferner Rhein-Zeitung, Koblenz v. 27.10.1976; dies. V. 16.8.1977; dies. v. 18.2.1978. — I n seinem 2. J B (S. 3) weist der B B m i t Recht darauf hin, daß der Staat nicht durch ein solches Mißverständnis auf eine einseitig dem einzelnen zugedachte „Beschützer-Funktion" i m Sinne individualistischer Vorstellungen abgedrängt werden darf.

F. Der Bürgerbeauftragte als K o r r e k t i v

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zum Schutz individueller Rechte 147 , also einerseits „Beauftragter der Bürger zur Ergänzung der Kontrolle des Parlaments", andererseits „Beauftragter des Parlaments zur Unterstützung des Bürgers" 1 4 8 ; er sei aber „ i n erster Linie Beauftragter des Parlaments" 1 4 9 . I h m komme sowohl einzelfallbezogene „subjustizielle Rechtsschutzfunktion" zu als auch „nur mittelbar i m Kontext stehende Exkulpationsfunktion für die Verwaltung i m übergeordneten gesellschaftlichen Rahmen" 1 5 0 . Ein solcher Beauftragter solle weniger die Rolle eines „lästigen Aufpassers" spielen, als die eines „Kontaktmanns" zwischen Bürger und Parlament; Politik solle er aber dort nicht treiben 1 5 1 . Kontaktfunktion komme ihm aber auch bei der Überwindung der „Ängstlichkeit des Bürgers gegenüber Behörden" zu 1 5 2 . Durch ihn eröffne sich eine Möglichkeit, „ m i t dem Staat ins Gespräch zu kommen" 1 5 3 . Nicht zu übersehen sei auch der dem gesamten Petitionsrecht zugrundeliegende Gedanke des „Herausschüttenkönnens" 154 , wodurch eine gewisse Stärkung selbst bei negativem Ausgang der Angelegenheit eintrete 1 5 5 . Als personalisierte Komponente des Petitionswesens bringe er eine gewisse karitative Komponente i n das Staat-Bürger-Verhältnis, indem er, unter Abkehr von einer generell zunehmenden Orientierung an strikten Rechtsnormen, die Möglichkeit gnadenähnlicher Durchbrechungen dieses Sachzwanges erschließe 156 . Zum „Hilfsorgan der Opposition" solle er nicht werden, wenn auch die Aufgabe des Minderheitenschutzes i m Vordergrund stehen solle 1 5 7 . Rittberger 1 5 8 ist der Ansicht, die Grenzen der Tätigkeit eines OM sollten dort liegen, wo die Zurückdrängung der vom Parlament und seiner Ausschüsse wahrzunehmenden Kontrollaufgaben zu deren Selbstentmachtung führen könnte. Hiermit stellt sich die Frage, i n welchem 147

Wennergren S. 8; Ule S. 425 f. M i t diesen beiden Bezeichnungen umriß übrigens der Abg. M a r t i n (CDU), 32. Sitzung, L T Rh.-Pf., 7. WP, v. 18.1.1973, S. 1155 die gegensätzlichen Standpunkte von SPD u n d C D U i m damaligen Diskussionsstadium. 149 Erbel S. 369 f. ; andere Gewichtung bei Glaser S. 97 : vorwiegend „ M a ß nahme zum Bürgerschutz". 150 Oeckl S. 103. 151 Maurer S. 38. 152 Abg. Bardong (CDU), 34. Sitzung, L T Rh.-Pf., 8. WP, v. 27.5.1977, S. 1524. 153 Rosier, i m I n t e r v i e w m i t dem Bayerischen Rundfunk, 2. Programm, gesendet am 6. 4.1978, 10.30 - 10.50 Uhr. 154 D ü r i g i n M. / D. / H. / Sch., Rdnr. 1 zu A r t . 17, auch Rosier F N 153; keineswegs ist er jedoch lediglich „ P a l l i a t i v m i t t e l " (Thierfelder (1) S. 19). 155 Abg. Bardong (CDU) F N 152. 156 Dürig, für den rh.-pf. B B : Abg. M a r t i n (CDU), 34. Sitzung, L T Rh.-Pf., 8. WP, v. 27. 5.1977, S. 1521; enger: Dagtoglou i n B K , Rdnr. 9 zu A r t . 17. 157 Maurer S. 50. 158 Rittberger S. 370. 148



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1. Teil: I. Erforderlichkeit u n d Bedeutung eines Ombudsmanns

Rahmen diese parlamentarische Kontrolle auszuüben ist. Theoretisch denkbar ist zunächst eine Lösung, nach der ein OM anstelle des PetA eingesetzt w i r d 1 5 9 . Diese Lösung w i r d weithin wegen überwiegender Nachteile für den Bürger, die aus dem dann problematischen Zusammenspiel der einzelnen Abgeordneten m i t dem OM verworfen 1 6 0 . H i n gegen w i r d gegen das Konzept eines gleichrangigen Nebeneinander von OM und PetA die Gefahr der Zweigleisigkeit i n der Bearbeitung von Beschwerden und ein gegenseitiges Ausspielen von OM und Ausschuß eingewendet 161 . Tatsächlich verwirklicht wurde hingegen bei den beiden bisher einzigen Parlamentsbeauftragten 162 , dem Wehrbeauftragten und dem rheinland-pfälzischen BB, ein Konzept der Zuordnung 1 6 3 , das nach ganz überwiegendem Urteil von Kennern der Materie auch i n der Praxis reibungslos funktioniert 1 6 4 . Dieser Aufgabenumreißung gemäß mehr oder weniger zutreffend 1 6 5 , sind auch die i n den nachfolgenden Namensgebungen häufig zugrundeliegenden Vergleiche. Von der „Vaterfigur O M " 1 6 6 , „Treuhänder der Bürgerrechte" 1 6 7 , „Advokat des Bürgers" 1 6 8 , „ A n w a l t des kleinen Mannes" 1 6 9 , „Citizens' defender" 1 7 0 , „Friedensrichter" 1 7 1 , „Volkstribun" 1 7 2 , 159

W i l d (1) S. 224, allerdings unter Hinweis auf verfassungsrechtl. Bedenken. 160 Abg. T h o r w i r t h (SPD), Diskussionsbeitrag i n ZParl. 2/1971 S. 13; W i l d (1) S. 227 ff. 161 Konferenz der Präsidenten der Länderparl., S. 86; W i l d (1) S. 224; Seidel S. 58; Tesche S. 26; auf den B B bezogen: Abg. Rund (SPD), 55. Sitzung, L T Rh.-Pf., 7. WP, v. 30. 4.1974, S. 2381. 162 Für den WB: A r t . 45 b GG, § 2 Abs. 1 WBGes; vgl.: Rittberger S. 375; Maurer S. 17; M a t t e r n S. 842; Busch S. 20; K ü h n e S. 65 f.; Seibert S. 48 ff.; W i l d (1) S. 221 f.; Ule S. 423; Berkhan S. 6; Reinhard S. 18. Für den rh.-pf. BB: §§ 1 Abs. 1, 4 S. 1 BBGes.; vgl.: Pietzner (2) S. 466 f.; Oeckl S. 61; Reinhard S. 36 f.; K e m p f (1) S. 59; Abg. Böckmann (CDU), 52. Sitzung, 7. WP, L T Rh.-Pf., v. 31.1.1974, S. 2216; Abg. Schmitt (CDU), 55. Sitzung, v. 30. 4.1974, S. 2381; Abg. Rund (SPD), 55. Sitzung, ebenda; Bericht des Rechtsausschusses Drs. 7/2787; Abg. Bardong (CDU), 34. Sitzung, 8. WP, S. 1523 f. 163 Blümel, Gutachten, S. 44. 164 So vor allem der derzeitige B B von Rh.-Pf., Rosier, i n : Das Parlament S. 7; aber auch: Abg. Hermans (CDU), 34. Sitzung, L T Rh.-Pf., 8. WP, S. 1514; Abg. F i n k (SPD) ebenda; Abg. M a l l m a n n (CDU), w i e vor, S. 1516; Abg. Bardong (CDU), wie vor, S. 1523 f.; Abg. M a r t i n (CDU), wie vor, S. 1523; k r i tisch hierzu: Abg. U l m e n (FDP), w i e vor, S. 1519. 165 Kritisch hierzu insbes. W i l d (1) S. 8; ders. (2) S. 22. 1ββ Seidel S. 58. 167 Hadrich S. 40; Looß S. 12. 168 Wassermann S. 13; Bauer S. 22; Oeckl S. 56. 189 Maurer S. 6 m w N ; W i l d (1) S. 9 mwE. 170 Rowat, U n t e r t i t e l seines Buches: „The Ombudsman". 171 Liebermann S. 87 f. 172 Vgl. W i l d (1) S. 9 m w N .

F. Der Bürgerbeauftragte als K o r r e k t i v

21

„Beschwerdeschalter" 173 , „Beschwerdebriefkasten mit Verstärkereffekt" 1 7 4 reichen die Bezeichnungen, die die Seite des Bürgerschutzes stärker betonen bis hin zu „Briefträger" 1 7 5 , „Beichtvater", „Seelenarzt" 1 7 6 , „Hausarzt" 1 7 7 , „panacea" 1 7 8 und „ P a l l i a t i v m i t t e l " 1 7 9 . Die Stellung als parlamentarisches Kontrollorgan betonen Bezeichnungen, die sich von „Parlamentskommissar" 1 8 0 , „Parlamentsinquisit o r " 1 8 1 , „Staatskontrolleur" 1 8 2 , „Zivilbeauftragter" 1 8 3 , „Parlamentsassistent" 1 8 4 , „Auge und Ohr des Parlaments" 1 8 5 , „Sekretär des P e t A " 1 8 6 , „Symbolfigur echter Demokratie" 1 8 7 , über „Ein-Mann-Ausschuß", der wie eine „Zweigstelle gegenüber der Zentrale" Hilfe leiste 1 8 8 bis hin zum „Miniinspekteur m i t großen Bezügen" 1 8 9 , „Kriegsschiff ohne Kanonen", „Kreuzfahrer ohne Schwert" 1 9 0 , „Hund, der bellt, aber nicht beißt" 1 9 1 , „Wachhund an der K e t t e " 1 9 2 , „Herkules i m Augurenstall" 1 9 3 und „Ombudsmouse" 1 9 4 erstrecken. Die besonders i n der Mitte der sechziger Jahre aus aktuellem Anlaß politischer Affairen aufflammende Diskussion 195 , um eine dem 1957 eingeführten WB entsprechende Institution auf zivilem Sektor 1 9 6 wurde 173

Abg. F i n k (SPD), 34. Sitzung, 8. WP, L T Rh.-Pf., v. 27. 5.1977, S. 1514. Oeckl S. 103. 175 K e m p f (2) S. 27. 170 Beide Bezeichnungen: D ü r i g i n M. / D. / H. / Sch., Rdnr. 1 zu A r t . 17; vgl. auch Dagtoglou i n B K , Rdnr. 29 zu A r t . 17. 177 Redeker (1) S. 1299. 178 Gellhorn S. 47. 179 Thierfelder (1) S. 19. 180 Rittberger S. 365 ff., sehr kritisch hierzu: Haller (1) S. 293. 181 Maurer S. 6. 182 Wennergren S. 8. 183 Seibert S. 10 f.; Thierfelder (1) S. 5. 184 Erbel S. 358. 185 Maurer S. 6 m w N . 186 Reinhard S. 40. 187 Vgl. Abg. U l m e n (FDP), 34. Sitzung, 8. WP, L T Rh.-Pf., v. 27. 5.1977, S. 1517. 188 Vgl. Maurer S. 6 m w N . 189 Abg. Jäger (SPD), 34. Sitzung, 6. WP, L T NRW, v. 14. 5.1968, S. 1268. 190 Z u beiden letzteren vgl. W i l d (1) S. 9 m w N ; ders. (2) S. 22. 191 Bauer S. 10. 192 V g L W i l d ( 1 ) s > 9 ; d e r s > ( 2 ) s. 22. 174

193

Gellhorn S. 192. Vgl. W i l d (1) S. 9; ders. (2) S. 22. 195 A u f Bundesebene etwa die HS-30- u n d die Fibag-Affäre (Reigrotzki (2) S. 7 f.; ders. (3) S. 26 f.; ders. (4) S. 39); Beispiele f ü r ähnliche Erscheinungen auf regionaler Ebene bei Köhler S. 12. 196 Pietzner (2) S. 465. 194

2 2 1 . Teil: I. Erforderlichkeit u n d Bedeutung eines Ombudsmanns

häufig m i t wenig fundierten Sachkenntnissen und stark emotional geführt 1 9 7 . Daneben lassen sich auch schon vor dieser Zeit einsetzende Bestrebungen verzeichnen, die eine Anzahl von Befürworter sogar zu Gesellschaften einte 1 9 8 . Nicht ganz zu Unrecht ließ dies K r i t i k e r zu der Bemerkung hinreißen, der OM stelle offenbar ein „magisches W o r t " 1 9 9 dar, und eine „Ombudsmanie" habe nicht nur die Bundesrepublik erfaßt, sondern weite Teile des abendländischen Kulturkreises 2 0 0 . I n der Tat w i r d bei einigen Autoren ein, auch bei kritischer Betrachtungsweise, den tatsächlichen gesellschaftlichen Verhältnissen i n der Bundesrepublik nicht entsprechendes Negativbild der Beziehung StaatBürger gezeichnet 201 , als auch m i t der Einführung eines OM Abhilfe prophezeit 202 , zu der i n der von ihnen dargestellten Situation allenfalls ein messianischer Heilsbringer imstande gewesen wäre, nicht jedoch eine an das bundesdeutsche Verfassungsgefüge gebundene parlamentarische Kontrollinstanz. Derartige Erwartungshaltungen hätte weder ein OM auf Bundesebene erfüllen können, noch wollte und konnte dies — trotz erheblicher Erfolge — der auf föderativer Ebene tatsächlich eingeführte und tätige rh.-pf. BB, dessen Rechtsstellung nachfolgend zu erörtern sein wird. Dies zu tun, hieße die Institution zu verkennen und zu überfordern.

197 W i l d (1) S. 9; ders. (2) S. 22; stark euphorisch etwa: L o h m ü l l e r (1) S. 1 f.; ders. (2) S. 17; Bauer S. 22. 198 Ζ. B. die Artur-Mahraun-Gesellschaft, die sich i n großem Umfang m i t ihrer Zeitschrift „ R u f u n d Echo" m i t dem Problem des O M befaßte; ebenso die Aktionsgemeinschaft Deutscher O M ; erwähnenswert auch die von ungefähr demselben Personenkreis publizierte Zeitschrift „Mensch u n d Staat", die sich häufig m i t der Einführung eines O M auseinandersetzte. — Weitere Hinweise bei Reger S. 175; K ö h l e r S. 13 u n d Hahnenfeld S. 64. 199 w i l d (1) S. 8 m w N ; zur Bestätigung dieser Ansicht vgl. etwa „ R u f u n d Echo", Eigener Bericht, Sonderdruck S. 1 - 8, 1964. 200 K e m p f (1) S. 47; vgl. auch Pietzner (3) Sp. 1677; ferner Oeckl, A n m . 3 (S. 9 d. Anhangs) u. A n m . 2 (S. 22 d. Anhangs); kritisch auch Achterberg (1) S. 839. 201 Siehe Glaser 'S. 49 ff., 97; zu weitgehend auch W i l d (2) S. 20 u n d E l l w e i n (1) S. 1 f. 202 So Reigrotzki (5), S. 2 7 - 2 9 ; Bauer S. 15 f., 24 f.; vgl. auch Eigener Bericht i n : Ruf u n d Echo, S. 1 - 8.

I I . Historische und philosophische Herleitung der Ombudsmann-Idee A. Geschichtliche Paralleleinrichtungen Das Problem der Kontrolle über die Ausübung staatlicher Macht bestand i n allen Zeiten. Bereits i n der Antike kam es vor, daß die A u f sicht über Beamte eines Gemeinwesens einer besonderen Behörde übertragen wurde 1 . Allerdings war dies selten primär auf das Bedürfnis zurückzuführen, dem Bürger besseren Schutz vor Beamten Willkür zu gewähren 2 . 1. Aufsichtsorgane im antiken Griechenland I m antiken Griechenland gab es i n verschiedenen Polis besondere Beauftragte, die die Kassenverwaltung der Behörden zu kontrollieren hatten. Die Aufsichtsbefugnisse konnten sich jedoch auch auf das Verhalten der Beamten allgemein erstrecken 3 . a) Athen I n Athen bestimmte der Hat der Fünfhundert durch Los aus seiner Mitte zehn sog. Euthynoi, die darüber wachten, daß die Beamten den Beschlüssen der Volksversammlung nachkamen. Athenische Bürger und ansässige Fremde 4 hatten die Möglichkeit sich beim zuständigen Euthynos über Beamte zu beschweren. Er konnte auch aus eigenem Antrieb tätig werden 5 .

1

Hansen S. 5; Haller (1) S. 16. Haller (1) S. 16. 3 Hansen S. 5 m w N ; Haller (1) S. 17 m w N . 4 Die sog. Metoiken, vgl. Haller (1) S. 16. 5 Gschnitzer Sp. 929; Hansen S. 5; Boerner Sp. 1515 ff. I n seinem Werk über die „Gesetze" legt Plato i m 12. Buch, insbes. 945 bis 948 St. (vgl. Apelt aaO) ein Idealkonzept der Einrichtung der Euthynen dar. Es ist vor allem von der Soree vor Machtmißbrauch bestimmt und schlägt als Remedium hohe A n forderungen an die Persönlichkeit der Kandidaten, ein differenziertes W a h l verfahren und Rechenschaftspflicht vor. 2

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1. Teil: I I . Die Herleitung der Ombudsmann-Idee

b) Sparta Das wohl bekannteste Kontrollorgan der Antike stellte das spartanische Ephorat dar, das um die Mitte des 8. Jh. v. Chr. geschaffen wurde 6 . Die anfangs vom König, später von der Volksversammlung eingesetzte Einrichtung bestand aus fünf Ephoren, die die gesamte Staatstätigkeit, einschließlich der Amtsausübung der Könige und die Beachtung der Gesetze durch die Bürgerschaft überwachten. Sie fungierten als Richter i n privatrechtlichen Streitigkeiten und übten fast unumschränkte strafrechtliche Befugnisse aus. Zu ihrer i n späterer Zeit fast unumschränkten Machtfülle gehörte die volle Strafgewalt über Beamte und sogar über den König selbst 7 . Die Ephoren wurden durch Wahl in der Gemeindeversammlung bestellt, allerdings nur für ein Jahr. Machtbegrenzend wirkte auch die Rechenschaftspflicht, zwar nicht gegenüber der Gemeindeversammlung, jedoch gegenüber ihren Nachfolgern 8 .

2. Das römische Volkstribunat Auch i m Römischen Reich gab es Kontrollorgane über Beamte. Der seit Anfang des 4. Jh. n. Chr. bestellte defensor civitatis sollte als A n walt der ärmeren Bevölkerung vor Bedrückung durch lokale und staatliche Behörden schützen 9 . Vor allem ist jedoch das bereits zur Zeit der frühen Republik u m 494 v. Chr. geschaffene Volkstribunat von Bedeutung 1 0 . Ursprünglich hatten die tribuni plebis die plebejische Bürgerschaft vor Übergriffen seitens der Magistrate zu schützen. Die Kompetenzen der sakrosankten Männer gingen weit über die von Aufsichtsbeamten hinaus. Aufgrund ihres ius intercedendi konnten sie die Verfügungen der Beamten und sogar der Konsuln zu Fall bringen. Einschränkungen erfuhr die Machtstellung der zuletzt zehn Volkstribunen durch Begrenzung ihrer örtlichen Zuständigkeit, Wahl auf lediglich ein Jahr und Interzessionsrecht der anderen Kollegen 1 1 .

• Haller (1) S. 18. 7 Gschnitzer Sp. 823 f.; Szanto Sp. 2860 ff.; Hansen S. 5 f. m w N ; Haller (1) S. 16 m w N , auch zu den positiven wie negativen Folgeerscheinungen dieser besonders i n späterer Zeit hochpolitischen Institution. 8 Haller (1) S. 19 m w N . 9 Dulckheit / Schwarz / Waldstein S. 249. 10 Dies. S. 38; ferner Haller (1) S. 19 m w N ; Hansen S. 6 m w N . 11 K u n k e l S. 31; D u l c k h e i t / S c h w a r z / W a l d s t e i n S. 39; Hansen S. 5 f . ; Haller (1) S. 20 m w N . Allerdings konnten diese Beschränkungen letztlich nicht verhindern, daß ihre umfassenden Machtbefugnisse zu demagogischen Zwecken mißbraucht wurden.

Α. Geschichtliche Paralleleinrichtungen

25

3. Die Zensoren des Chinesischen Reiches I m Chinesischen Reich unterzogen die Zensoren die Amtsführung der Beamten einer außerordentlich intensiven Aufsicht durch eine besondere Kontrollmaschinerie. Beginnend m i t dem dritten vorchristlichen Jh. und weiterentwickelt i m 7. Jh., erfuhr das Zensorat i n der Mandschu-Dynastie 12 seine größte Ausdehnung, insbesondere unter Yung Cheng i m Jahre 172513. Es entstand eine Organisation m i t der Kontrollmöglichkeit über die gesamte Verwaltung und Rechtsprechung i m Reiche, bis hin zu den höchsten Würdenträgern. Der zuletzt riesige Behördenapparat wurde nach dem Sturz der Monarchie i m Jahre 1912 i n sehr modifizierter Form von der republikanischen Regierung übernommen 1 4 . I n den Wirren dieser republikanischen Periode erfuhr das Kontrollsystem Veränderungen, wie etwa die Schaffung des ersten Kontroll-Yüan 1925 i n Kanton. Dieser aus einem Zensorat und einem Rechnungshof bestehende Yüan besteht nach Vertreibung der Nationalregierung vom Festland durch Mao Tse-tung nur noch i n einem aussterbenden Restbestand auf Taiwan fort 1 5 .

4. Das Institut der „missi dominici" im Merowinger- und Karolingerreich Zur Zeit des Merowinger- und Karolingerreiches stellten die „missi dominici" (sog. Königsboten) i n gewisser Weise eine historische Parallele zur Beauftragteninstitution dar 1 6 . Krause 1 7 legt die Vorläufer der späteren missi dominici in die Regierungszeit K a r l Martells, und zwar i n die Jahre zwischen 720 und 723. I n der übrigen L i t e r a t u r 1 8 w i r d die Bezeichnung überwiegend undifferenziert und zumeist für die spätere und wesentlich bedeutungsvollere Ausprägung Amtes der ordentlichen missi dominici verwendet, wie es K a r l d. Gr. geschaffen hat. Von seiner Regierungszeit an wurden diese jeweils für ein Jahr ernannt und zeichneten sich dadurch aus, daß sie für ihren Sprengel den allgemeinen Auftrag das Recht zu wahren („ad institias faciendas") erhielten 1 9 . Der 12

1644 - 1912. Brunner S. 294. 14 Haller (1) S. 21 m w N ; Hansen S. 7. 15 Näher Brunner S. 294 m w N . 16 Beauftragte waren i n gewisser Weise ferner die „fideles regis", die w o h l auch i n der Rechtspflege Verwendung fanden, jedoch mehr auf politischer Ebene V e r m i t t l e r f u n k t i o n ausübten (v. Gladiß S. 449). 17 Krause S. 198 f. 18 Dobbert S. 6 ff.; Conrad S. 146; Mitteis / Lieberich S. 80; u n k l a r Waitz S. 442 f.; zu den „Capitula missorum" vgl. Dobbert S. 24 u. Mitteis / Lieberich S. 71. 13

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1. Teil: I I . Die Herleitung der Ombudsmann-Idee

Auftrag dieser ordentlichen missi war so umfassend wie die Aufgabe der Reichsregierung selbst 20 , also i m wesentlichen der allgemeine A u f trag die Regierungsrechte des Königs i n jeglicher Hinsicht zu wahren 2 1 . Dazu gehörte die Kontrolle der Grafen 22 , die Überwachung kirchlicher Angelegenheiten 23 , die Sorge für die Rechtspflege 24 , die Verkündung der Kapitularien 2 5 , die Überwachung des Heerwesens 26 , die Abnahme des Treueides 27 und die Eintreibung von Steuern und Bußen 28 . M i t diesen weitreichenden Aufsichtsbefugnissen, insbesondere gegenüber der Gerichtsbarkeit der Grafen 29 , gegenüber auch der höhergestellten Geistlichkeit 30 , m i t ihrer Funktion der Aufrechterhaltung des Friedens i m Reich und der Verhütung des Friedbruchs 31 und m i t ihren weitreichenden Befugnissen i m Militärwesen 3 2 konnte nur ein hoher Beamter des Königs betraut werden 3 3 . Dieser Stellung entsprechend wurden die missi aus den höchsten Ständen, auch den geistlichen, ausgewählt, nicht zuletzt ihrer finanziellen Unabhängigkeit wegen 34 . 5. Der „ Justitia" in Aragonien I m mittelalterlichen Königreich Aragonien hatte ein vom König auf Lebenszeit ernannter „Justitia" als Ratgeber der königlichen Beamten zu fungieren und diese zu verfolgen, wenn sie gegen Gesetze verstießen 35 . Er selbst war dem Reichstag gegenüber verantwortlich. 10 Sohm S. 482 f.; Dobbert S. 7; Conrad S. 146; S c h r ö d e r / v . Künßberg S. 143; Krause S. 203. 20 Dobbert S. 10; Krause S. 197. 21 Sohm S. 483. 22 Dobbert S. 14 ff. 23 Sohm S. 483; Dobbert S. 40 u. 42. 24 Waitz S. 448; Krause S. 207; Dobbert S. 14 ff. — I n der Blütezeit des Instituts unter K a r l d. Gr. waren die missi insbesondere zuständig für Beschwerden wegen Verweigerung u n d Verzögerung der Rechtspflege des ordentlichen Richters. Ausdrücklich aufgetragen w a r ihnen, nachzuforschen, ob jemand behauptete, i h m sei Ungerechtigkeit widerfahren. Dazu durften die missi Zeugen vorladen u n d vernehmen (Dobbert S. 17 f.). 25 Sohm S. 483; Dobbert S. 34; Krause S. 196. 2 « Waitz S. 448; Sohm S. 483; Dobbert S. 23 ff. 27 Sohm S. 483; Dobbert S. 10 f. 28 Mitteis / Lieberich S. 82; Dobbert S. 43; Krause S. 207. 29 Dobbert S. 16; Sohm S. 493. 80 Dobbert S. 41. 31 Ders. S. 34 f. 32 Ders. S. 24 ff. 33 Krause S. 213. 34 Sohm S. 506. 35 Haller (1) S. 21 f. m w N ; Hansen S. 7 m w N .

Α. Geschichtliche Paralleleinrichtungen

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6. Der „Rat der Zehn" der Republik Venetien Seit dem 15. Jh. führte der Zehnerrat der Republik Venetien eine strenge Aufsicht über ihre Beamten. Daneben nahm er auch die Funktion von Ankläger und Strafgericht wahr. Erschien die Erledigung einer Angelegenheit durch die zuständige Behörde als gefährdet, hatte er ein Selbsteintrittsrecht 36 . Allerdings diente seine Einrichtung nicht primär dem Schutz des Individuums, sondern dem Interesse der Republik vor staatsfeindlichen Elementen i m Innern. Besonders i m 16. Jh. führte die übergroße Machtfülle dazu, daß das innen- und außenpolitische Schwergewicht beim Zehnerrat lag und der Senat unterlaufen wurde. Vor allem den drei Häuptern des Zehnerrates wurde zeitweise die größte Macht i m Staat zugesprochen 37 . Zur Zeit des Dogen Francesco Foscari 38 interzedierte der Rat überall, hatte ein unbedingtes Recht über Leben und Tod, über Kassen und Armee und enthielt die Inquisitoren i n sich 39 . Jedenfalls zu dieser Zeit wurde er alljährlich von der regierenden Kaste, dem Gran-Consiglio, neu gewählt und war somit dessen unmittelbarster Ausdruck 4 0 . Trotz grundlegender Unterschiede zum spartanischen Ephorat, w i r d er als nächstliegende geschichtliche Parallele gesehen 41 . Als positives Unterscheidungskriterium zur spartanischen Einrichtung w i r d die Objektivität und Zurückhaltung betont, die als staatserhaltende Kraft w i r k t e 4 2 . 7. Das nordamerikanische „Council of Censors" Durchaus auch darin, die Freiheit des Bürgers vor verfassungswidrigen Handlungen der Staatsgewalt zu schützen, lag die Aufgabe der sog. Zensoren i n einigen Staaten Nordamerikas. Bereits die Verfassungen von New Jersey von 1676 und Pennsylvanien von 1681/82 enthielten diesbezügliche Bestimmungen 43 . A r t i k e l 47 der pennsylvanischen Verfassung von 177644 sah vor, daß das Volk ein „Council of Censors" wählte, das darauf achtete, daß „the constitution has been preserved inviolate in every part and whether the legislative and executive branches of government have performed their duty as guardians of the 38

Hackert S. 55; Haller (1) S. 22. Haller (1) S. 22. 38 Gestorben 1457. 39 Burckhardt S. 63. 40 Ders. S. 63 f. 41 Hansen S. 6; Haller (1) S. 23. 42 Hackert S. 59 f.; Burckhardt S. 64; Haller (1) S. 22 f. 43 Haller (1) S. 23. 44 Z u weiteren Veränderungen gegenüber der Verfassung von 1681/82 vgl. Sutherland. 37

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1. Teil: I I . Die Herleitung der Ombudsmann-Idee

people . . ." 4 5 . Die Zensoren waren u. a. befugt, Auskünfte einzuholen und Vorschläge de lege ferenda und andere Empfehlungen zu unterbreiten. Ähnliche Bestimmungen finden sich später i n den Verfassungen der Staaten Vermont und New Y o r k 4 8 . 8. Verwaltungskontrolle in Preußen zu Beginn des 19. Jahrhunderts I n der preußischen Verwaltung der Jahre 1808 bis 1848 wurde dem auch dort erkannten Bedürfnis nach Kontrolle i m Wege der internen Verwaltungsselbstkontrolle durch Vorgesetzte auf Recht- und Zweckmäßigkeit Rechnung getragen, etwa durch den Regierungspräsidenten und seine Direktoren i m Bereich der Mittelebene und durch den Magistrat auf Stadtebene 47 . Demgegenüber nahmen die Oberpräsidenten und Departementsräte die interne Kontrolle des Geschäftsablaufs vor 4 8 . Zur Überwachung der Staatsausgaben gab es Kassen- und Rechnungsräte, die auf sparsame Wirtschaftsführung achteten 49 . Der externen Verwaltungsselbstkontrolle diente die Oberrechenkammer, die die Verwaltungstätigkeit nicht nur nach den Kriterien der Wirtschaftlichkeit, sondern auch darauf prüfte, ob rechtmäßig und sparsam unter Erfüllung des gesetzgeberischen Zwecks gehandelt wurde 5 0 .

B. Ansatzpunkte in der Staatsphilosophie Neben dem bereits erwähnten platonischen Idealmodell der Euthynen 5 1 war auch der staatsphilosophischen Literatur der Neuzeit die Vorstellung einer besonderen Kontrollinstanz gegenüber staatlicher Macht nicht fremd. 1. Das Althusiussche „Repräsentanten"-Konzept Johannes Althusius entwickelte in seinem kurz nach 1600 erschienenen Werk „Politica methodice digesta et exemplis sacris et profanis illustrata" den Gedanken der Einsetzung von „Ephoren" oder „Reprä45

Abgedruckt bei Haller (1) S. 23 m w N . Haller (1) S. 23 f.; Hansen S. 7. I n diesem Zusammenhang ist auch die Einrichtung von mehr dem Bereich der Gerichtsbarkeit zugewandten K o n trollinstanzen durch „The Federal Juridicary Act of 1789" erwähnenswert (näher Swisher S. 60). 47 Selling S. 93 f. 48 Ders. S. 95. 49 Ders. S. 96. 60 Ders. S. 97 f. 51 Vgl. oben A l a . 46

Β . Ansatzpunkte i n der Staatsphilosophie

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sentanten" 52 als besondere Wächter über die Rechte des Volkes 5 3 . Ihnen sollte die Aufgabe zukommen, als oberste Verwaltung der den Staat bildenden Volksgesamtheit deren Interessen wahrzunehmen, die Staatsgewalt zu konstituieren, ihr m i t Rat und Tat beizustehen, aber auch i n den Fällen von Ungerechtigkeit und Staatsgefährdung wehrend und vorbeugend entgegenzutreten. Somit sollten sie dafür sorgen, daß „die Staatsgewalt sich i n den Grenzen ihrer Aufgaben hält und haben auf jede Weise Schaden abzuwenden, der dem Staat durch den Eigennutz, die Voreingenommenheit, das Tun oder Unterlassen oder das Versagen der Staatsgewalt entstehen könnte" 5 4 . Den derartig ausgestalteten Ephoren wären auch Verwaltungsaufgaben zugekommen 55 , hinsichtlich deren sie wiederum einer wechselseitigen Kontrolle unterlegen hätten 5 6 . 2. Das Rousseausche „tribunat" Der Gedanke einer Kontrollinstanz findet auch bei Rousseau 57 A n klang 5 8 . Obwohl Rousseaus Freiheitsgedanken, die ganz dem antiken Denken entlehnt sind, sich mehr am griechischen Ideal der Bürgergemeinde orientieren 59 , stellt das Modell seines „tribunat" nicht lediglich eine Rezeption der alten Ephorats-Idee dar 6 0 , sondern vielmehr eine Synthese zwischen spartanischem Ephorat, römischem Volkstribunat und venezianischem Zehnerrat 6 1 . Ausgehend von der Ausrichtung des Gesellschaftsvertrages am „allgemeinen W o h l " 6 2 zieht Rousseau die Schlußfolgerung, die Staatsgewalt dürfe, auch wenn „unbeschränkt, heilig und unverletzlich", doch niemals die Grenzen der allgemeinen Vereinbarungen überschreiten, so „daß jeder Mensch über den i h m gelassenen Teil seiner Freiheit voll verfügen" 6 3 könne. Gegen unrecht52

Reibstein S. 231. Bauer S. 8; Haller (1) S. 25 m w N . 54 Reibstein S. 232 i n freier Übersetzung des dort gleichfalls zitierten lateinischen Originaltextes ( X V I I I , 48). Diese Forderung ist u m so stärker zu betonen, als noch sein Vorgänger u n d Gegner Bodinus (1520 - 1596) die volle und bedingungslose Übertragung der Souveränität auf den Herrscher forderte (vgl. Reiche S. 25 u. Zippelius Sp. 2399 f.). 55 Hansen S. 7. 58 Vgl. Haller (1) S. 26. 57 1712 - 1778. 58 Rousseau (1), D. C. S., Chapitre V, L i v r e I I , Des Bornes d u Pouvoir Souverain, S. 152 ff., ders. (2) S. 64 ff., auch Zippelius Sp. 2400. 59 G. Jellinek S. 294. 80 Nicht sehr deutlich Hansen S. 8. 81 Haller (1) S. 26 f. unter Beleg durch den franz. Originaltext. 82 Rousseau (2) S. 66. 83 Rousseau (2) S. 67 i n der Übersetzung von Roepke, ders. (1) S. 155 f., ferner vgl. G. Jellinek S. 212 f. u. 412; Reiche S. 28 f.; H a r t m a n n S. 90. 53

1. T e i l : I I . Die Herleitung der Ombudsmann-Idee

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mäßige Akte sollte dem Tribunat als „conservateur des lois" ein umfassendes Vetorecht zukommen, jedoch keine legislativen oder exekutiven Befugnisse 64 . Gefahren des Machtmißbrauchs sollte durch eine differenzierte Begrenzung des Machtmißbrauchs begegnet werden 6 5 . Ein so ausgerüstetes „tribunat sagement tempéré" sollte die stärkste Stütze einer guten Verfassung darstellen 66 . 3. Die Weiterentwicklung des Ephorats-Gedankens durch Fichte 1796 griff Johann Gottlieb Fichte den Gedanken des Ephorats erneut auf 6 7 . I n Fortführung der Rousseausche Gedankengänge gelangt auch er zur Notwendigkeit einer Kontrollinstanz gegenüber der Staatsgewalt. Wohl stehe fest, daß diese nur gesetzmäßig handeln dürfe, doch liege i n der bloßen Verantwortlichkeit der Rechtsvertreter gegenüber der „Gemeine" keine genügende Gewährleistung gegenüber dieser idealen Forderung. Die Gemeine müsse daher einen berufenen Vertreter gegenüber der Staatsgewalt haben, der die Befugnis habe, ihr prohibitiv entgegenzutreten, wo die Gesetzmäßigkeit der Handlungen fragwürdig sei 68 . So gelangt Fichte zu der typisch demokratischen Einrichtung eines „Ephorats" 6 9 , das ständige Aufsicht über die Exekutive ausübe, von dieser völlig unabhängig sei und auch keine exekutive Gewalt ausüben könne, indem es Einzelakte verbiete. Seine „prohibitive Gewalt" werde darin bestehen, „allen Rechtsgang von Stund an aufzuheben, die öffentliche Gewalt gänzlich und von Stund an i n allen ihren Teilen zu suspendieren" (sog. Staatsinterdikt) 7 0 . Als ultimo ratio solle es aber nur dann Anwendung finden, nachdem die Ephoren erfolglos m i t den Fehlbaren unterhandelt und versucht hätten sie zu einem freiwilligen Verzicht auf Rechtswidrigkeiten zu bewegen 71 . Seiner idealistischen Staatsauffassung entsprechend und aus empirisch erhärteter Erkenntnis, legt auch Fichte erhebliches Gewicht auf Sicherungen vor Machtmißbrauch, wie der Wahl der Ephoren durch das Volk, einer beschränkten Amtsdauer und der Rechenschaftspflicht gegenüber ihren Nachfolgern 72 . Die Rückkopplung des Ephorats unmittelbar an das gesamte Volk biete weitere Gewähr für die objektive rich64

Vgl. Haller (1) S. 27 m w N . Vgl. das Zitat der Originalstelle bei Haller (1) S. 27. ββ Hansen S. 8; Haller (1) S. 27. 67 H a r t m a n n S. 90 f.; Haller (1) S. 24 f.; Bauer S. 8; Hansen S. 7 f. 68 Fichte; insbes. § 16, vgl. auch H a r t m a n n S. 90. 80 Z u den Unterschieden des von i h m „aus reiner Vernunft deduzierten" Ephoratskonzepts gegenüber dem spartanischen vgl. Haller (1) S. 24. 70 Fichte; H a r t m a n n S. 90 f.; Haller (1) S. 24 f.; Hansen S. 7 1 ; Bauer S. 8 f. 71 Fichte; vgl. auch Haller (1) S. 24 f. 72 Haller (1) S. 25. 65

Β . Ansatzpunkte i n der Staatsphilosophie

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tige Entscheidung. Da das Staatsinterdikt der Ephoren eine Krisis bedeute, die zur Gefahr werden könne, stehe die Entscheidung, ob Ephorat oder Exekutive i m Recht sei, der Gemeine selbst zu 7 3 . Besonders die Ausgestaltung dieses letzten — wohl i n der Theorie zu begrüßenden — Ansatzpunktes, läßt das Fichtesche Konzept zwar als wirklichkeitsfremd erscheinen 74 , spiegelt aber deutlich die auch i n jener Zeit hervortretende Problematik der Wechselwirkung von staatlicher Macht und Freiheitssphäre der Person wider 7 5 , die i m Ruf nach einer übergeordneten, neutralen und unabhängigen Kontrollinstanz mündet.

73 74 75

H a r t m a n n S. 91. Haller (1) S. 25. H a r t m a n n S. 89.

I I I . Gegenwärtige Realisierungsformen der Ombudsmann-Einrichtung A. Parlamentsbeauftragte in Skandinavien 1. Der schwedische Ombudsmann Institutionelles Vorbild des BB stellt die i n ihren Wurzeln bis ins 18. Jh. hineinreichende Verfassungsinstitution des Ombudsmanns (OM) dar, deren hohes Ansehen und große Popularität auf der anerkannten Autorität ihrer Amtswalter, i n ihrer Doppelfunktion als Beschwerdeinstanz für den Bürger und als Hilfsorgan des Parlaments bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle beruht 1 . a) Das Amt des Justizkanzlers Verschiedentlich w i r d behauptet, die Geschichte des skandinavischen OM gehe i n Schweden auf das Jahr 1809 zurück 2 . Diese Ansichten lassen jedoch die lange vor der Schaffung des OM bestehende Einrichtung des Justizkanzlers (JK) unberücksichtigt, die i h m als Vorbild zugrundelag 3 . Jener war anfangs zunächst ein hoher Beamter des Königs, den es unter dem Titel „Justizkanzler" seit dem Beginn des 18. Jh. gab 4 , dessen A m t jedoch unter anderer Bezeichnung bis i n das 16. Jh. zurückreicht 5 . Dem J K obliegt nach der Regierungsform (RF) von 1720 die Aufsicht darüber, daß die Beamten des Königs Gesetze und Verordnungen befolgen 6 . Ursprünglich wurde der J K von König und Rat gemeinsam ernannt. I m Jahre 1766 legten sich jedoch die Stände das Recht zu, den J K zu wählen 7 . M i t der Staatsumwälzung von 1772 wurde der J K wieder ausschließlich Beamter des Königs 8 . 1 H a h n (3) S. 412; Hansen S. 13; K e m p f (2) S. 20; Pietzner (2) S. 465 m w N ; Haller (1) S. 99 ausführlich zur Doppelstellung. 2 Seidel S. 47; K e m p f (2) S. 26; m. E. auch W i l d (1) S. 13. 3 H a h n (3) S. 400; ders. (4) S. 380; Rudholm S. 18; Haller (1) S. 82. 4 H a h n (3) S. 400; ders. (4) S. 380; Pietzner (3) Sp. 1675. 5 Rudholm S. 17; Haller (1) S. 81 f.; Kriegbaum S. 183; H a h n (3) S. 400; ders. (4) S. 380; vgl. dort die ursprünglichen Bezeichnungen „riksdrots", „ r i k s fiskal", „generalriksschultz". 6 Kriegbaum S. 183; H a h n (3) S. 400; ders. (4) S. 380. 7 Kastari (1) S. 220; H a h n (3) S. 400. Eine stark vereinfachende Gleichsetzung m i t dem erst später eingeführten O M stellt jedoch die Behauptung dar,

Α. Parlamentsbeauftragte i n Skandinavien

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Das A m t ist m i t i n die RF von 1809 übernommen worden. Nach deren § 27 hat der J K die Stellung eines Kronanwalts sowie die Aufgabe, i m Auftrage des Königs die Aufsicht über „die Handhabung der Gerechtigkeit" durch Richter und Beamte zu führen 9 . Besonders i n den Jahren von 1772 bis 1809 stellte sich heraus, daß der J K i n seiner Abhängigkeit vom König nicht immer i n der Lage war, das Recht auch gegen dessen Willen durchzusetzen. Daher sah der Verfassungsausschuß neben dem J K ein vom Reichstag gewähltes, vom Willen des Königs unabhängiges Kontrollorgan vor, den Justizombudsman (JO) als Justizbevollmächtigten der Reichsstände 10 . Der aufgezeigte Aufgabenkreis 1 1 blieb bis heute i m wesentlichen unverändert, wenn man davon absieht, daß er 1947 durch Schaffung eines gesonderten Amtes von der Aufgabe des Obersten Anklägers entlastet wurde 1 2 . Zwar w i r d zuweilen der J K als „högste ombudsmannen" bezeichnet 13 , hierbei aber überwiegend, neben der ursprünglichen Abhängigkeit vom König und der Weisungsgebundenheit gegenüber der Regierung 14 , die tendenziell stärkere Wahrung der allgemeinen Ordnung gegenüber dem Rechtsschutzinteresse des einzelnen betont 1 5 . Wegen dieser verfassungsrechtlichen Stellung, besonders durch die Zuordnung zur Regierung und nicht zum Parlament 1 6 , steht der J K weniger i m Blickpunkt der Öffentlichkeit als der OM und hat zugunsten des letzteren an Ansehen verloren 1 7 . b) Der Justizbevollmächtigte

des schwedischen Reichstages

Wie erwähnt, lag i n dieser Abhängigkeit des J K von der Regierung 18 ein Motiv 1 9 , i n der RF von 1809 neben dem J K einen „Justizbeaufder erste parlamentarische O M sei 1766 v o m Reichstag gewählt worden (so aber Wennergren S. 8). 8 H a h n (3) S. 400. 9 H a h n (4) S. 380 f. 10 H a h n (3) S. 400. 11 I m einzelnen vgl. Rudholm S. 1 9 - 2 2 u n d H a h n (4) S. 380 ff., letzterer insbes. unter Hinweis auf §§ 1 u. 3 der Instruktionen für das A m t des J K v. 30.12.1947. 12 H a h n (3) S. 380. 13 Rudholm S. 17; Haller (1) S. 82. 14 H u r w i t z (1) S. 462; Hansen S. 13; H a h n (3) S. 400; Haller (1) S. 82. 15 Hansen S. 13. 16 Haller (1) S. 82. 17 Hansen S. 13. 18 Die Bedeutung des J K während den Jahren der sog. „Freiheitszeit" (1766 - 1772), als er von den Ständen gewählt wurde, ist allerdings nicht zu unterschätzen. M i t Haller ((1) S. 82) ist dies auch der Ansicht entgegenzuhalten, die den JO f ü r eine einzigartige Neuschöpfung hält. 19 H a h n (3) S. 400. 3 Matthes

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1. Teil: I I I . Gegenwärtige Realisierung des Ombudsmanns

tragten der Reichsstände" („riksens ständers justitieombudsman") zu schaffen 20 . Die Einbringung eines Justizbevollmächtigten i n die schwedische Verfassung steht jedoch darüber hinaus i m Zusammenhang m i t der generellen Machterweiterung der Stände, die i n der Beseitigung der absoluten Monarchie (Absetzung König Gustav IV. Adolfs) unter Ersetzung durch eine konstitutionelle Monarchie (Wahl Herzog Karls) auf ständischer Basis mündete 21 . Deren Bestreben war es auch, dem Kanzler des Königs einen Beauftragten der Stände m i t gleichen oder ähnlichen Aufgaben zur Seite zu stellen 22 . Der Aufgabenkreis des JO wurde bis vor kurzem durch den viele Jahrzehnte hinweg geltenden § 96 der Regierungsform von 1809 (RF 1809)23 bestimmt, der, i n Verbindung m i t § 1 der bis Ende 1967 i n K r a f t befindlichen Instruktionen für die Beauftragten des Reichstages 24 , den Charakter der OM-Einrichtung wesentlich geprägt hat. Hauptaufgaben des OM war danach die allgemeine Aufsicht über die Befolgung von Gesetzen und Verordnungen, und zwar sowohl gegenüber Gerichten als auch gegenüber Verwaltungsbehörden, und die Feststellung von Mängeln i n Rechtsvorschriften 25 . Das Schwergewicht seiner Aufgaben liegt heute bei der Kontrolle der Verwaltungstätigkeit 2 6 , besonders i m Bereich der Ermessensausübung, auf die er in Richtung auf eine richtige und einheitliche Anwendung einwirkt 2 7 . Stellt er Rechtsverletzungen fest, ist er befugt, gegen den verantwortlichen Richter oder Beamten ein Straf- oder Disziplinarverfahren einzuleiten. I n leichteren Fällen kann er es bei einer Ermahnung oder Rechtsbelehrung belassen 28 . § 96 RF 1809 ging dabei von einer grundsätzlichen Möglichkeit der Anklageerhebung aus 29 . Demgegenüber räumt Kap. 12 § 6 Abs. 1 S. 2 der 1975 i n Kraft getretenen neuen Regierungsform (RF 1974)30 lediglich ein, daß der Beauftragte i n den i n der 20 Haller (1) S. 81; H a h n (4) S. 381; Hansen S. 13; Köhler S. 22; Kriegbaum S. 183; Seidel S. 47; W i l d (1) S. 13; K e m p f (2) S. 20; Reinhard S. 7. 21 H u r w i t z (1) S. 462; Mat. Wiss. Abtlg. S. 1; Oeckl S. 3. 22 Eingehend: H a h n (3) S. 400 f.; ders. (3) S. 381; Haller (1) S. 82 - 90; ferner Bexelius S. 24. — Insoweit mußt H u r w i t z ((1) S. 462) widersprochen werden, der die Ansicht v e r t r i t t , die Urheberschaft sei unbekannt. 23 SFS ( = Svensk Författningssamling = Schwedisches Gesetzblatt) 1957 Nr. 498; abgedruckt i n Weißbuch S. 3; Mat. Wiss. Abtlg. S. 2; Haller (1) S.299. 24 SFS 1959 Nr. 71; abgedruckt i n Weißbuch S. 6; Haller (1) S. 302. 25 Kriegbaum S. 183; K e m p f (2) S. 20. 26 Haller (1) S. 143. 27 Pietzner (3) Sp. 1676. 28 Pietzner (3) Sp. 1676. 29 Vgl. Haller (1) S. 177 zur G e ^ n g des „Opportunitätsprinzips". 30 Vgl. bei Mayer-Tasch S. 600. — Die sog. Beanstandungspraxis i n minder schweren Fällen läßt sich i m übrigen bereits auf die Zeit Mannerheims, des ersten O M zurückführen, geriet durch an sich gegenläufige Bestrebungen

Α. Parlamentsbeauftragte i n Skandinavien

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Dienstanweisung angegebenen Fällen Klage erheben darf. Einflüsse der auch dem schwedischen Verfassungsrecht nicht unbekannten Montesquieuschen Gewaltenteilungslehre 31 führten auch i n der neuen Verfassung zu einer Ablehnung von Änderungs- und Aufhebungsbefugnissen bei Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen 32 . Jedoch kann er die Einleitung eines Gnadenverfahrens oder Schadenersatz aus öffentlichen Mitteln anregen 33 . Aus der schwedischen Verfassungssituation heraus erklärlich, fand eine mehr personenbezogene als behördenbezogene Komponente i n die Regelung der Amtsverantwortung Eingang 3 4 . Der funktionellen Zuständigkeit des OM unterfallen hierbei i m Grundsatz alle staatlichen und kommunalen Organe, die nicht den Beschlußorganen zugerechnet werden 3 5 , Richter, auch die des Obersten Gerichtshofes 36 , kommunale Behörden und Beamte, soweit keine Ermessensentscheidungen vorliegen 37 , aufgrund vorheriger Weisung auch Mitglieder des Staatsrates 38 , die Reichsbank, die Reichsschuldenverwaltung und die Budgetrevisoren 3 9 . Bei Delikten gegen den Reichstag hat der OM auch die grundsätzlich nicht gegebene Möglichkeit des Vorgehens gegen Privatpersonen 40 . Rechtssystematisch hat der JO eine „Doppelstellung" 4 1 . I n erster Linie soll er den einzelnen vor Übergriffen durch Verwaltungsbehörden und Gerichte schützen 42 . I n zweiter Linie ist er eine Einrichtung Kjelléns (Haller (1) S. 186 f.) i n einen juristischen Problembereich u n d wurde schließlich 1915 durch eine den bisherigen §§ 3 u. 4 der Instruktionen für die O M des Reichstages v. 24.5.1957 (vgl. Weißbuch S. 7; Haller (1) S. 302) entsprechenden Vorschrift sanktioniert (in einzelnen vgl. Haller (1) S. 181 u. 187; auch Oeckl S. 15). 81 Vogel S. 38; H a h n (2) S. 385; Kastari (1) S. 224 f.; W i l d (1) S. 14; Haller (1) S. 40 m w N . 32 Wennergren S. 8; Pietzner (3) Sp. 1676; K r i e g b a u m S. 183. 33 Pietzner Sp. 1676. 34 H a h n (4) S. 392 - 394; Haller (1) S. 134. 35 Haller (1) S. 135. 36 Vgl. Kap. 12 § 8 Abs. 1 R F 1974; Mayer-Tasch S. 600 f. 37 Haller (1) S. 138 f. 38 Ders. (1) S. 140. 39 Ders. (1) S. 141 f. 40 Ders. (1) S. 142. 41 Z u m Aufgabenkreis vgl. eingehend: H a h n (3) S. 403-406; Bexelius S. 2 6 - 4 0 ; Gellhorn S. 205 - 208; ferner: Pietzner (3) Sp. 1676 u. Kriegbaum. 42 Haller (1) S. 99 m w N . Dies ist u m so bedeutsamer als dem Bürger ein Petitionsrecht i m Sinne eines unmittelbar an die Volksvertretung gerichteten Beschwerderechts nicht zusteht (Forstmann S. 83; W i l d (1) S. 22). Auch ein Petitionsausschuß ist dem schwedischen Reichstag fremd (Forstmann S. 46 u. S. 71 - 82). Zudem kennt die schwedische Verfassung keine generelle Rechtsweggarantie i. S. d. A r t . 19 Abs. 4 GG (ders. S. 46), insbesondere nicht gegen Maßnahmen der Exekutive (ders. S. 74). Z u m T e i l sind sogar die V e r 3·

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1. Teil: I I I . Gegenwärtige Realisierung des Ombudsmanns

parlamentarischer Kontrolle 4 3 , eine Funktion, die er ursprünglich ausschließlich wahrnahm 4 4 . A n Kontrollbefugnissen stehen dem OM Rechte auf Aktenvorlage und Anwesenheit bei Verhandlungen, Beratungen und Entscheidungen aller Gerichte und Behörden, das Recht auf mündliche oder schriftliche Behördenauskunft wie auch das Recht auf Z u t r i t t und Inspektion zu allen Institutionen, die der Verwahrung von Menschen dienen 45 . Stößt er dabei auf Mißstände, steht i h m darüber hinaus an Investigationsrechten noch das Recht zu, auf eigene Initiative und selbständig Untersuchungen einzuleiten 46 . I m Gegensatz zur Abhängigkeit des J K von der Exekutive 4 7 ist der JO nur dem Parlament gegenüber verantwortlich 4 8 , was sich i n der Kontrollmöglichkeit durch den Verfassungsausschuß des Reichstages49 und i n der jährlichen Berichtspflicht gegenüber dem Reichstag 50 äußert. Der JO w i r d von einem 48-köpfigen Wahlmännergremium des Reichstags auf vier Jahre gewählt 5 1 . Genießt er nicht mehr das Vertrauen des Reichstags, ist eine Entlassung denkbar 5 2 . Nach bis vor kurzem geltenden Recht 53 sollte der JO ein „für Rechtskenntnis und besondere Rechtschaffenheit bekannter Bürger" sein. De facto w i r d heute eine solche Gesetzeskundigkeit verlangt, die durch die Befähigung zum Richteramt nachgewiesen sein muß 5 4 . waltungsgerichte dogmatisch der Exekutive zuzuordnen, da sie sachlich u n d organisatorisch nicht v ö l l i g aus der V e r w a l t u n g ausgegliedert sind (eingehend zu den Rechtsschutzmöglichkeiten durch die Verwaltungsgerichte: Forstmann S. 71-82, insbes. S. 74 u. 76; ferner Oeckl S. 32). Dem Rechtsschutz durch den O M k o m m t daher dort eine u m so größere Bedeutung zu. 43 Haller (1) S. 99. 44 I m schwedischen Sprachgebrauch auch m i t „konstitutioneller K o n t r o l l e " bezeichnet (Haller (1) 84 u. 98); vgl. auch H a h n (4) S. 414, der den „objektiven Akzent" der parlamentarischen Kontrolle betont; ferner Wennergren S. 8. 45 Pietzner (3) Sp. 1676; H a h n (3) S. 404. 46 Köhler S. 25 f.; K e m p f (2) S. 20; Wennergren S. 9. 47 Haller (1) S. 60, auch S. 228; Wennergren S. 8. 48 Wennergren S. 8; K e m p f (2) S. 20. 49 K e m p f (2) S. 20; Seidel S. 48 f. 50 Kriegbaum S. 183. Die Bedeutung dieses 500 - 600 Seiten umfassenden Jahresberichts als zusätzliche Informationsquelle sollte nicht unterschätzt werden (Kempf (2) S. 21). 51 Forstmann S. 93; Reinhard S. 8; K e m p f (2) S. 20; eingehend zum W a h l modus: Haller (1) S. 113 - 118. Bestimmungen über die W a h l enthält nunmehr Kap. 8 § 10 RO („Riksdagsordning") 1974, vgl. H a h n (2) S. 371; zur Bedeutung der Amtsdauer: Haller (1) S. 118 - 122. 52 Reinhard S. 8; Oeckl S. 7; Haller (1) S. 111 u. 123; Mat. Wiss. Abtlg. S. 5. 53 Vgl. § 96 R F 1809; Haller (1) S. 111. 54 Zutreffend Reinhard S. 9; vgl. ausführt. Haller (1) S. 111 ff. m w N ; anders beim J K , der als Richter tätig gewesen sein muß (Haller (1) S. 111 ff.); abweichend Wennergren (S. 8) zur jüngsten Reform. Die Wählbarkeit von Frauen ist keineswegs ausgeschlossen.

Α. Parlamentsbeauftragte i n Skandinavien

c) Fortentwicklung

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und Aufgabenspaltung

Nach den ursprünglichen Bestimmungen der RF 1809 war der JO auch für die Kontrolle des Militärwesens zuständig 55 . Die Heeresreformen von 1901 und 1914 erforderten die Entlastung des JO durch eine besondere Instanz 56 . Durch Änderung der Regierungsform und Erlaß neuer Instruktionen erfolgte daher die Zuweisung der Kontrollfunktionen i m militärischen Bereich an den sog. „Riksdagens militieombudsman" 5 7 . Eine Ausgliederung aus der Zuständigkeit des JO i m eigentlichen Sinne erfolgte jedoch nicht 5 8 . Auch die Rechtsgrundlagen der beiden Kontrollorgane waren identisch 59 , so daß auch bis 1967 die Ausstattung des Militärbeauftragten mit Kontrollbefugnissen und seine persönliche Rechtsstellung grundsätzlich der des JO entsprach 60 . Von dieser Kompetenzaufteilung abgesehen, blieben die Regelungen über den OM i n Schweden seit 1809 grundsätzlich unverändert 6 1 , bis 1967 eine Reform eine Aufteilung auf zunächst drei gleichberechtigte JO brachte 62 . Hierbei wurden die Ämter des JO und des Militie-OM zusammengelegt 63 , und dann wiederum eine Aufgabenverteilung vorgenommen i n Aufsicht über das Sozialwesen zum einen, den militärischen Bereich und die Steuerverwaltung zum zweiten und die Aufsicht über die übrige Verwaltung, insbesondere die Kommunalverwaltung zum dritten 6 4 . Diese Parlamentsbeauftragten führen alle den Titel „ J O " 6 5 . Die nach zwanzigjährigen Reformbestrebungen 1975 erfolgte Ablösung der altehrwürdigen RF 1809, Europas ältester geschriebener Verfassung 66 , brachte auch für die OM-Einrichtung Veränderungen m i t sich, als § 96 RF 1809 durch Kap. 12 § 6 RF 197467 i m Sinne einer ver55

Mat. Wiss. Abtlg. S. 6. H a h n (4) S. 387; Haller (1) S. 95; Mat. Wiss. Abtlg. S. 6. 57 Haller (1) S. 94; H a h n (4) S. 396; Mat. Wiss. Abtlg. S. 6; Henkow S. 51; Reinhard S. 9; Kriegbaum S. 183; Pietzner (3) Sp. 1675. 58 Henkow S. 51; Mat. Wiss. Abtlg. S. 6 f.; Kriegbaum S. 183; Haller (1) S. 96; Weißbuch S. 6 f.; Pietzner (3) Sp. 1675. 59 §§ 9 6 - 1 0 1 R F 1809 i. V. m. §§ 42, 68 RO a. F., vgl. Pietzner (3) Sp. 1675; Mat. Wiss. Abtlg. S. 6; näher K ü h n e S. 24 ff. 80 Ausführlich: H a h n (4) S. 390, 393 f., 398-402, 412-418; Henker S. 52, 54; ferner: Müser S. 41; Mat. Wiss. Abtlg. S. 7 f.; Kriegbaum S. 183; Haller (1) S. 96. 81 W i l d (1) S. 14. 82 H a h n (1) S. 43 f.; Forstmann S. 93; Oeckl S. 6. 83 H a h n (1) S. 43 f. 84 Vgl. §§ 1 bis 3 der Arbeitsordnung f ü r die Dienststelle des Reichstags v. 16. 5.1968; Forstmann S. 43 m w N ; H a h n (1) S. 43 f.; W i l d (1) S. 14; Wennergren S. 8. 85 W i l d (1) S. 14; Forstmann S. 93; H a h n (1) S. 44. 88 H a h n (2) S. 353 f. 56

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1. Teil: I I I . Gegenwärtige Realisierung des Ombudsmanns

kürzten Fassung ersetzt wurde 6 8 . Hiernach wählt der Reichstag „einen oder mehrere Ombudsmänner", die Aufsicht über die Anwendung von Rechtsvorschriften bei öffentlicher Tätigkeit ausüben. Gewisse grundlegende Befugnisse, insbesondere somit verfassungsmäßig verankerte Kontrollrechte, legt Abs. 2 des § 6 fest 69 . Bestimmungen über die Wahl enthält Kap. 8 § 10 RO 197470. Einzelheiten der Tätigkeit regelt, wie bisher, eine Instruktion 7 1 . Die jüngste, Mai 1976 vorgenommene, Umstrukturierung sieht nunmehr vier OM vor, wobei einer die Funktion des Chef-OM ausübt 72 . Neben dem beschriebenen Aufgabenbereich der JO gibt es noch das, allerdings von der Regierung ernannt, A m t des Antitrust-OM, das 1954 zur Förderung des wirtschaftlichen Wettbewerbs geschaffen wurde 7 3 , den November 1969 eingesetzten Presse-OM 74 , und seit 1971 den Verbraucher-OM, institutionell eher dem J K vergleichbar, der als besondere Überwachungs-, Vermittlungs- und Anklagebehörde zum Schutz vor unlauteren Werbungs- und Verkaufsmethoden dient 7 5 . 2. Der finnische Oikeusasiamies76 Als Kriegsfolge wurde Finnland zwar 1809 aus seiner 700jährigen Verbindung m i t Schweden gelöst und an das russische Reich angeschlossen, bewahrte aber gleichwohl seine eigene Rechtsordnung 77 . Als konstitutionelles Großfürstentum und somit verselbständigter Staat erhielt es auch bereits 1812 einen eigenen JK, der jedoch i n der Zeit der Autonomie (1809 - 1917) den russischen Namen „Prokurator" trug. Als Wächter der Gesetzmäßigkeit ging seine Kompetenz sogar dahin, Maßnahmen des finnischen Generalgouverneurs für den i n Petersburg residierenden Zaren zu überwachen 78 . Organisatorisch gehört der J K jedoch dem Staatsrat an und ist somit Exekutivorgan 7 9 . Zusätzlich zum J K 87 RF v. 28.2.1974, i n : SFS 1974: 152; abgedruckt bei Mayer-Tasch S. 600; vgl. auch H a h n (1) S. 371 f.; Vogel S. 42 f. 68 Eingehend H a h n (1) S. 353 f. u n d Vogel S. 34. 69 H a h n (1) S. 371 f. 70 Vgl. auch Kap. 12 § 6 Abs. 3 R F 1974; H a h n (1) S. 371 f. 71 Ders. (1) S. 371 f. 72 Wennergren S. 8. 73 Ders. S. 8 f.; Pietzner (3) Sp. 1676. 74 Z u r Bedeutung des Presse-OM ein Beispiel aus der Tagespresse: Graffenberger S. 2. 75 Wennergren S. 8; Pietzner (3) Sp. 1676. 76 Z u m Namen: Köhler S. 26; Hansen 14; Haller (1) S. 245. 77 Kastari (2) S. 58 ff.; Gellhorn S. 49; Kriegbaum S. 183. 78 Gellhorn S. 49; Kastari (1) S. 220 f.; W i l d (1) S. 15. 79 Kriegbaum S. 184.

Α. Parlamentsbeauftragte i n Skandinavien

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führte Finnland m i t Erlangung der Selbständigkeit i m Jahre 1919 durch § 49 der Verfassung einen vom Reichstag zu wählenden und als dessen Organ ihm gegenüber verantwortlichen OM ein 8 0 . Nach der zentralen Bestimmung des § 49 RF soll „auf jedem ordentlichen Reichstag nach der für die Wahl des Reichstagspräsidenten vorgeschriebenen Ordnung ein durch hervorragende Kenntnisse des Rechts bekannter Mann zum OM des Reichstags gewählt werden" 8 1 . Seine Rechtsstellung richtet sich außerdem nach § § 9 und 59 RO 8 2 und nach einer Instruktion 8 3 . Seine Aufgabenstellung entspricht sowohl als Überwachungsorgan gegenüber Gerichten und sonstigen Behörden 84 als auch als „Hüter der Rechte des Individuums" weitgehend dem schwedischen Vorbild 8 5 . A n seiner persönlichen Rechtsstellung ist die Bestellung unmittelbar durch das Plenum und seine Unabsetzbarkeit während der vierjährigen Amtszeit zu bemerken 86 . 3. Der dänische Folketingsbevollmächtigte87 Dem schwedischen Vorbild entsprechend hat auch Dänemark aufgrund Art. 55 seiner Verfassung 88 einen Parlamentsbeauftragten für die Verwaltung geschaffen, der nach § 1 des Gesetzes über den Parlamentskommissar 89 vom Folketing gewählt w i r d 9 0 . Zu seinen wichtigsten A u f gaben 91 gehört die Überwachung der Staatsverwaltung, einschließlich 80 Kastari (1) S. 220 m w N ; Gellhorn S. 50; Kriegbaum S. 184; Pietzner (3) Sp. 1676; Reinhard S. 9 f.; zum Verhältnis J K / O M vgl. Haller (1) S. 14 f. u: Oeckl S. 24. F i n n l a n d w a r somit das erste Land, das dem schwedischen Beispiel folgte (Köhler S. 26; Seidel S. 49; Hansen S. 14; Haller (1) S. 245; Mat. Wiss. Abtlg. S. 9 ; Kriegbaum S. 183). 81 Mat. Wiss. Abtlg. S. 6 ff.; Haller (1) S. 14; Hansen S. 14. 82 Reichstagsordnung v. 13.1.1928. 83 Nach der inzwischen mehrfach geänderten I n s t r u k t i o n v. 10.1.1920; vgl. Hansen S. 14; Haller (1) S. 245. 84 Vgl. § 49 R F ; auch Hansen S. 14; Seidel S. 49. 85 Ausführlich: Kastari (2) S. 62 - 67; Mat. Wiss. Abtlg. S. 9; Haller (1) S. 246 f. eingehend zu den Unterschieden; ferner Seidel S. 14; Hansen S. 14. Die Betonung der letzteren F u n k t i o n ist bedeutsam, da es, wie i n Schweden, auch i n Finnland k e i n unmittelbares Beschwerderecht zur Volksvertretung i m Wege der Petition gibt (Wild (1) S. 22). ... 86 Gellhorn S. 50 f.; Köhler S. 27; Mat. Wiss. Abtlg. S. 10; Hansen S. 14 f.; Oeckl S. 22; Seidel S. 49. 87 Dänisch: „Folketings Ombudsmand", vgl. H u r w i t z (1) S. 463; Pedersen (1) S. 75; Seidel S. 50; Haller (1) S. 248; Gellhorn S. 5; Pietzner (3) Sp. 1677; Mat. Wiss. Abtlg. S. 12. 88 Verfassung v. 5. 6.1953. 89 Gesetz Nr. 204 v. 11.6.1954 über den Parlamentskommissar f ü r die Z i v i l - u n d M i l i t ä r v e r w a l t u n g , veröffentlicht i n : „ R u f u n d Echo", Eigener Bericht, S. 5 f. 90 Mat. Wiss. Abtlg. S. 12; Seidel S. 50; K ö h l e r S. 29; W i l d (1) S. 15 f.; Pietzner (3) Sp. 1677; Haller (1)3. 248; HansenS. 17,

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1. Teil: I I I . Gegenwärtige Realisierung des Ombudsmanns

der Wehr- und Gemeindeverwaltung 92 . Wie i n Schweden kommt der Aufgabe als individuelle Beschwerdeinstanz um so größere Bedeutung zu, als es i n Dänemark weder einen Petitionsausschuß noch eine unabhängige Verwaltungsgerichtsbarkeit gibt 9 3 . Seine Zuständigkeit umfaßt Minister 9 4 , Staatsbeamte und alle Personen, die i m Dienste des Staates wirken 9 5 . Wichtigster Unterschied zur schwedischen Regelung ist die Ausnahme des gesamten Gerichtswesens von seiner Kontrollkompetenz 96 . Diese beinhaltet auch das Recht aus eigener Initiative tätig zu werden 9 7 , ebenso wie die — dem OM regelmäßig zustehenden — Rechte auf Inspektion, Auskunft und Aktenvorlage 9 8 . Er w i r d nach jeder allgemeinen Wahl, also für jede neue Wahlperiode, vom Folketing gewählt 9 9 . Gleichzeitige Mitgliedschaft dort ist wie die Bekleidung anderer Ämter ausgeschlossen100. Er muß Jurist sein 1 0 1 . Abgesehen von seiner jederzeitigen Abwahl, ist er vom Folketing weitgehend unabhängig 1 0 2 . Obwohl die dänische Einrichtung fast 150 Jahre jünger ist als die schwedische, geht die internationale Verbreitung des OM-Gedankens mehr auf das dänische Modell zurück. Einerseits hängt dies m i t der engeren Verwandtschaft des dänischen m i t dem kontinentaleuropäischen und dem anglo-amerikanischen Staatsrecht zusammen 103 , andererseits aber auch m i t der großen literarischen und rednerischen A k t i vität i m Ausland des ersten dänischen OM, Prof. Stephan H u r w i t z 1 0 4 . 91 Umrissen i n den Richtlinien f ü r den Parlamentskommissar v o m 22. 3. 1956 i. d. F. v. 9.2.1962, insbes. § 1; abgedruckt i n : „ R u f u n d Echo" S. 6 - 8 ; vgl. auch Seidel S. 50; Hansen S. 17; Haller (1) S. 248. 92 Ursprünglich w a r allerdings die gesamte Gemeindetätigkeit seinem E i n flußbereich entzogen. 1962 wurde er jedoch unter gewissen Voraussetzungen, u. a. unter Berücksichtigung der speziellen Voraussetzungen, unter denen die Gemeindeverwaltungen arbeiten, auch darauf erweitert (vgl. § 4 Abs. 3 des o. g. Gesetzes u. § 3 Abs. 1 S. 2 der o. g. Richtlinien, veröffentlicht i n Ruf u n d Echo S. 5 f.; H u r w i t z (1) S. 468 f.; Pedersen (1) S. 80; Haller (1) S. 250; Gellhorn S. 11; Kriegbaum S. 184). 93 Oeckl S. 32 u. 35. 94 Ausführlich Pedersen (1) S. 78; H u r w i t z (1) S. 465 f.; ferner Hansen S. 17; Mat. Wiss. Abtlg. S. 13; Pietzner (3) Sp. 1677. 95 Z u m Umfang der Zuständigkeit eingehend H u r w i t z (1) S. 463-470; Pedersen (1) S. 78 - 81; ferner Gellhorn S. 11; Seidel S. 50. 96 H u r w i t z (1) S. 466; Mat. Wiss. Abtlg. S. 12 ff.; Pietzner (3) Sp. 1677; K e m p f (1) S. 32; Seidel S. 50; Hansen S. 17. 97 § 6 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 204; abgedruckt i n Ruf u n d Echo, Eigener Bericht, S. 5; H u r w i t z (1) S. 471 f.; Gellhorn S. 11; Mat. Wiss. Abtlg. S. 12 ff.; K e m p f (1) S. 31 f. 98 Haller (1) S. 251 f.; H u r w i t z (1) S. 470 f.; Mat. Wiss. Abtlg. S. 12 ff. 99 § 1 des o. g. Gesetzes; Mat. Wiss. Abtlg. S. 14; Hansen S. 17. 100 § 15 der o. g. Richtlinien, abgedruckt i n Ruf und Echo, S. 8; Mat. Wiss. Abtlg. S. 12 ff. 101 Mat. Wiss. Abtlg. S. 12 ff. 102 § 3 des o.g. Gesetzes, vgl. Ruf u n d Echo S. 5, H u r w i t z (2) S. 86; Mat. Wiss. Abtlg. S. 12 ff. 103 Haller (1) S. 248 f.; Hansen S. 16; Oeckl S. 25.

Α. Parlamentsbeauftragte i n Skandinavien

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4. Der norwegische Parlamentsbeauftragte Kurzfristig gab es i n Norwegen bereits i m 19. Jh. einen JK. Während der schwedisch-norwegischen Personalunion setzte nämlich der König 1822 i n Norwegen einen „Generalprokurör" ein, der aber bei der zu überwachenden Verwaltung so unbeliebt war, daß das A m t nach wenigen Jahren wieder abgeschafft wurde 1 0 5 . Erneut begann die Entwicklung 1912, als Vertretungsausschüsse m i t Vertrauensleuten („tillitsmenn") geschaffen wurden 1 0 6 . Sie führte dann über den Vorschlag, einen „zentralen Vertrauensmann" zu bestellen 107 , h i n zu einem vom Sorting gewählten OM-Ausschuß für das Verteidigungswesen, als dessen Vorsitzender der OM für das Verteidigungswesen („OM for Forsvaret") fungiert 1 0 8 . Von diesem historischen Ansatz her ist die Ausgestaltung seines Amtes eine wesentlich andere als die des schwedischen „Militieombudsman"109. Erst 1962 wurde auch für den zivilen Bereich ein „Ombudsmannen for farvalthingen" geschaffen 110 . Er hat dafür Sorge zu tragen, „daß dem einzelnen Bürger durch die öffentliche Verwaltung kein Unrecht geschieht" 111 . Obwohl Norwegen über ein ausgebautes richterliches Verwaltungsstreitverfahren verfügt, das Parlament eine eingehende Kontrolle der Verwaltung ausübt, und es zudem noch das Institut der Verfassungskontrolle g i b t 1 1 2 , glaubt man, daß durch „das System des OM zu einem höheren Grad von Umsicht seitens der öffentlichen Verwaltung beigetragen" und das Vertrauen zu ihr gestärkt wurde 1 1 3 . Ent104

Kastari (1) S. 220; Haller (1) S. 250; K ö h l e r S. 29; Hansen S. 17; Seidel S. 51; W i l d (1) S. 16; Pietzner (3) Sp. 1677; vgl. auch H u r w i t z (1) S. 461 -484; ders. (2) S. 8 5 - 9 0 ; Ruf u n d Echo, Eigener Bericht, S. 8 u. Mannheimer M o r gen, v. 3.12.1966. 105 Hansen S. 18. 106 Haller (1) S. 255; Hansen S. 18. 107 Haller (1) S. 255. 108 Eingeführt durch Beschluß v. 21. 4.1952; vgl. auch Ruud S. 111; M a r t i (1) S. 177; Haller (1) S. 256; Pietzner (3) Sp. 1676 f.; Gellhorn S. 154; Hansen S. 18. 109 Ruud S. 111; Gellhorn S. 154; Haller (1) S. 255; M a r t i (1) S. 177; W i l d (1) S. 16; Köhler S. 27; Mat. Wiss. Abtlg. S. 19. 110 Durch Gesetz v. 22. J u n i 1962; ausführlich: Os S. 95-110; Gellhorn S. 168; ferner Haller (1) S. 258 f.; M a r t i (1) S. 177; Köhler S. 28; Hansen S. 1 8 1 ; Mat. Wiss. Abtlg. 15; Kastari (1) S. 220; K e m p f (1) S. 32; Pietzner (3) Sp. 1677; W ü d (1) S. 19; Reinhard S. 11 f.; Oeckl S. 29; Seidel S. 51. 111 § 3 des o.g. Gesetzes; vgl. Mat. Wiss. Abtlg. S. 16 m w N ; Hansen S. 19; Reinhard S. 12. 112 Mat. Wiss. Abtlg. S. 15 m w N ; Reinhard S. 11 m w N . 113 So die regierungsamtliche Begründung zum o. g. Gesetz, veröffentlicht i n Mat. Wiss. Abtlg. S. 15; ferner W i l d (1) S. 16. Wie i n Schweden ist allerdings auch hier eine Betrachtung der OM-Einrichtung n u r vollständig, w e n n das Fehlen des PetA i n Rechnung gestellt w i r d , obwohl Norwegen generell die Möglichkeit kennt, Interpellationen u n d Anfragen beim Parlament anzubringen (Oeckl S. 35).

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1. Teil: I I I . Gegenwärtige Realisierung des Ombudsmanns

Scheidungen des Kabinetts, alle Handlungen der Gerichte und des Rechnungshofs und Maßnahmen der Gemeindeverwaltung sind von seiner grundsätzlich umfassenden Kontrollzuständigkeit ausgenommen 1 1 4 . I m übrigen entspricht Aufgabenkreis und Rechtsstellung i m wesentlichen derjenigen des schwedischen und dänischen O M 1 1 5 . Allerdings kann er, i m Gegensatz zu jenen, kein Straf- oder Disziplinarverfahren gegen Beamte anordnen 116 . Dagegen ist er nicht gehindert, auch zu Ermessensentscheidungen Stellung zu nehmen 1 1 7 . Er hat dem Storting jährlich Bericht zu erstatten, kann aber seine Aufgabe ansonsten weitgehend unabhängig von diesem erfüllen 1 1 8 . Gleichwohl ist er eher als Hilfsorgan denn als selbständiges Organ anzusehen 119 . Durch Gesetz vom 16. Juni 1972 hat Norwegen die schwedische Institution des Verbraucher-OM übernommen 1 2 0 .

B. Ombudsmann-Einricfatungen im anglo-amerikanischen Rechtskreis 1. Neuseelands Parliamentary Commissioner for Investigations121 Als erstes Commonwealth-Land, und wohl auch als erstes Land außerhalb Skandinaviens 122 , führte nach anfangs heftigen Widerständen i n der Öffentlichkeit 1 2 3 Neuseeland 1962 i n enger Anlehnung an das dänische Vorbild einen volkstümlich „Grievance Man" genannten „Funktionär des Parlaments" ein 1 2 4 . Wiederum waren nach Dafürhalten des Gesetzgebers die bisherigen Rechtsbehelfe nicht hinreichend geeignet, den Bürger vor der wachsenden Zentralisierung der Macht in den Händen der Verwaltung zu schützen 125 . 114

Ausführlich Gellhorn S. 159-171 u. Os S. 105- 109, ferner Mat. Wiss. Abtlg. S. 15 u. Kriegbaum S. 183. 115 Seidel S. 51 f.; K e m p f S. 30. 116 Mat. Wiss. Abtlg. S. 17; Seidel S. 52. Doch darf die Öffentlichkeitswirkung seiner Befugnis, auf Mängel hinzuweisen, nicht unterschätzt werden (Haller (1) S. 260). 117 Köhler S. 28; Mat. Wiss. Abtlg. S. 17; Seidel S. 51. 118 Mat. Wiss. Abtlg. S. 17 f. 119 Os S. 98; Gellhorn S. 159; Mat. Wiss. Abtlg. S. 17; Oeckl S. 99 m w N . 120 Pietzner (3) Sp. 1677. 121 Z u r Bezeichnung: Nòrthey S. 127; Gellhorn S. 103; Mat. Wiss. Abtlg. S. 20. 122 Clark S. 62; Mat. Wiss. Abtlg. S. 17; Bauer S. 10 f.; Thierfelder (1) S. 13. 123 Durch Gesetz v. 7. 9.1962; vgl. Gellhorn S. 91 f. 124 Pietzner (3) Sp. 1677; Mat. Wiss. Abtlg. S. 17; Seidel S. 52; Haller (1) S. 263; Hansen S. 19; Kriegbaum S. 184; Seibert S. 83; Köhler S. 44. 125 Mat. Wiss. Abtlg. S. 20 m w N ; zum Rechtsschutzsystem i n Neuseeland vgl. Northey S. 127 - 131.

Β . Der Ombudsmann i m anglo-amerikanischen Rechtskreis

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Die auf rein exekutorische Vorgänge beschränkte Kontrolltätigkeit 1 2 6 unter Ausklammerung der Politik der Regierung, der Kommunalverwaltungen und des Gerichtswesens 127 ist i n ihren Hauptaufgaben i n § 11 des den „Parliamentary Commissioner" (PC) betreffenden Gesetzes näher umschrieben 128 . Weitere Einschränkungen betreffen den ministerialen und den militärischen Bereich 1 2 0 sowie Angelegenheiten, die bereits gerichtlich überprüft wurden 1 3 0 . Veranlaßt durch Beschwerden wie aus eigener Initiative, kann er i n Verwaltungsangelegenheiten, auch in solchen, die nur das Verhalten eines Amtswalters betreffen, Ermittlungen einleiten 1 3 1 , wobei sein Ermessensspielraum weit gezogen ist 1 3 2 . Er ist gewähltes Organ des Parlaments, allerdings von diesem wie auch von der Regierung relativ abhängig 1 3 3 , so daß er insgesamt eine schwächere Rechtsstellung hat als seine skandinavischen Kollegen 1 3 4 . Die Einrichtung fand i n der Bevölkerung überaus positiven Anklang 1 3 5 . Folglich wurden 1975 seine Kompetenzen erweitert 1 3 6 , die bislang obligatorische Beschwerdegebühr abgeschafft und die Möglichkeit geschaffen, mehr als nur einen OM einzusetzen 137 . 2. Der „Parliamentary Commissioner for Administration (P. C. A.)" 138 in Großbritannien Nachdem bereits etliche Jahre früher die parlamentarische Kontrolle erweitert wurde 1 3 9 , entbrannte Anfang der sechziger Jahre i n England 126 I h m steht somit nicht das besonders von seinem schwedischen Kollegen bekannte Recht zu, Auswirkungen gesetzgeberischer Tätigkeit zu überprüfen (Kriegbaum S. 184). 127 Haller (1) S. 264; Mat. Wiss. Abtlg. S. 17, 20; Köhler S. 45 f. 128 Vgl. Mat. Wiss. Abtlg. S. 21; Haller (1) S. 264; Köhler S. 45; Seibert S. 83; Seidel S. 52. 129 Gellhorn S. 105 u. 114 f.; Köhler S. 46; Seidel S. 52 f.; Mat. Wiss. Abtlg. S. 21 f. 130 Köhler S. 45; Hansen S. 20. 131 Seidel S. 52; Mat. Wiss. Abtlg. S. 21; Haller (1) S. 264; Bauer S. 10; Ebert S. 47; vgl. auch § 11 des o. g. Gesetzes. 132 Haller (1) S. 264 f.; Hansen S. 20; Mat. Wiss. Abtlg. S. 23; Seidel S. 53. 133 Vgl. § 2 des o.g. Gesetzes; Northey S. 195; Gellhorn S. 105; Mat. Wiss. Abtlg. S. 23. 134 Köhler S. 48; Thierfelder (1) S. 37; Northey S. 132. Dies k o m m t auch i n der geringeren Besoldung zum Ausdruck (vgl. Mat. Wiss. Abtlg. S. 25; Gellhorn S. 104). 135 Northey S. 140- 143; Gellhorn S. 142- 152; Haller (1) S. 265; Mat. Wiss. Abtlg. S. 25; Seidel S. 53; Köhler S. 48. 136 Durch Gesetz v. 26. 6.1975. 137 Vgl. Kriegbaum S. 184; Northey S. 138; Mat. Wiss. Abtlg. S. 24. 138 Z u r Bezeichnung: Lehnert S. 340; Marshall S. 181; Ebert S. 14; Haller (1) S. 268; Mat. Wiss. Abtlg. S. 26; Hansen S. 21; Seidel S. 54; Pietzner (3) Sp. 1677; W i l d (1) S. 76; Köhler S. 49.

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1. Teil: I I I . Gegenwärtige Realisierung des Ombudsmanns

die Diskussion um Einführung eines O M 1 4 0 , die schließlich durch die Empfehlung des sog. Whyatt-Reports 1961 zum entscheidenden Durchbruch gelangte 141 . Dieser äußert die Überzeugung, die Effizienz der bestehenden Verwaltungskontrolle genüge modernen Anforderungen nicht und müsse deswegen durch das Institut eines „Parliamentary Commissioner" ergänzt werden. Trotz erheblicher Modifizierung des skandinavischen Vorbildes 1 4 2 wies die Regierung zunächst den Vorschlag mit der Begründung zurück, ein solches A m t sei m i t dem Grundsatz der Ministerverantwortlichkeit inkompatibel 1 4 3 . I n einem 1965 veröffentlichten „White Paper" kündigte die Regierung Wilson jedoch die Realisierung der Vorstellungen an und setzte sie 1967 m i t dem „Parliamentary Commissioner A c t " i n die Tat u m 1 4 4 . Section 4 dieses Gesetzes unterwirft der Kontrolle des P. C. A. die Bereiche der Verwaltung, die in einer Liste („Schedule 2") aufgeführt sind 1 4 5 , somit die Zentralverwaltung fast vollständig, nimmt aber andererseits Inzident durch Nichtauf zählung kommunale Behörden aus 1 4 6 , ebenso wie „Schedule 3" u. a. weitere politische Angelegenheiten, Strafverfolgungsmaßnahmen und gerichtliche Verfahren von der Überprüfung ausschließt. Diese setzt eine ordnungsgemäße Beschwerde voraus, insbesondere die Behauptung von „maladministration" 1 4 7 . Die Beschwerde ist dann über einen Abgeordneten dem P. C. A. zuzuleiten 1 4 8 . Ebenso wie der als Kehrseite hierin liegende Ausschluß des Eigeninitiativrechts 1 4 9 , liegt dies i n der traditionellen Bedeutung des b r i t i schen Parlaments begründet 1 5 0 , von dem die Öffentlichkeit primär die 139

Vgl. Marshall S. 173 f. Eingehend Haller (1) S. 268 f.; ferner Ebert S. 20 f. u. Thierfelder S. 28. 141 Aris S. 402; Lehnert S. 343 f.; ausführlich auch Marshall S. 175- 180 u. Haller (1) S. 270 f.; ferner Ebert S. 21; Bauer S. 11; Mat. Wiss. Abtlg. S. "27; W i l d (1) S. 75 f. 142 Vgl. Haller (1) S. 271. 143 Marshall S. 179, 181; Ebert S. 21. 144 Wade S. 589 f.; Hansen S. 21 ff., der die politischen Hintergründe ausführlich darstellt; Ebert S. 21 f.; Reinhard S. 14; W i l d (1) S. 76; Seidel S. 54; Köhler S. 48; Seibert S. 86; Pietzner (3) Sp. 1677; K e m p f (1) S. 33. 145 Veröffentlicht i n Mât. Wiss. Abtlg. S. 90 f. 140

146 Ebert S. 31; Mat. Wiss. Abtlg. S. 27. Gerade diese Ausnahme verschließt die Überprüfung einer Großzahl der eingereichten Beschwerden (Mat. Wiss. Abtlg. S. 30; Reinhard S. 14; Hansen S. 23). 147 Mat. Wiss. Abtlg. S. 28; Pietzner (3) Sp. 1678; zur Auslegungsproblemat i k dieses Begriffs: Lehnert S. 356 f. u. Ebert S. 32 f.; ferner K e m p f (1) S. 37. 148 Köhler S. 52; Kriegbaum S. 184; K e m p f (1) S. 35; W i l d (1) S. 76; Mat. Wiss. Abtlg. S. 28; Ebert S. 14 f.; Bauer S. 11; Seidel S. 54. 149 Reinhard S. 14; Seidel S. 55; Mat. Wiss. Abtlg. S. 28. 150 Ebert S. 3 Ì ; Mat. Wiss. Abtlg. S. 28; zur Bedeutung des Parlaments i m britischen Regierungssystem: Jennings / Ritter S. 164 u. A r i s S. 370; vgl. ders. S. 402 f. : Infragestellung der „Suprematie des Parlaments" durch die britische OM-Einrichtung; vgl. auch Wade S. 594 f.

Β . Der Ombudsmann i m anglo-amerikanischen Rechtskreis

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Kontrolle der Exekutive erwartet. Andererseits ermöglicht die starke Anbindung des P. C. A. an das Parlament die unmittelbare Verbindung zwischen Abgeordneten und Wählern 1 5 1 . Kontrollrechte 1 5 2 und persönliche Rechtsstellung 153 sind zwar ähnlich ausgestattet wie bei seinen skandinavischen Kollegen. M i t Erstellung des Prüfungsberichts sind allerdings seine Kompetenzen erschöpft. Eingreifende Befugnisse hat er nicht 1 5 4 . Sowohl diese Schranke, die erwähnte Begrenzung seines Zuständigkeitsbereichs und seiner Aktionsfähigkeit überhaupt, als auch der von den nordischen Beispielen abweichende Wahl- und Ernennungsmodus 155 lassen einen OM eigener Prägung erkennen. Trotz dieser abgeschwächten Stellung 1 5 6 w i r d die Einrichtung in der britischen Öffentlichkeit überwiegend begrüßt 1 5 7 .

3. Der Ombudsmann-Gedanke in Kanada und den USA a) Kanada A m skandinavisch-neuseeländischen Modell 1 5 8 orientierte sich Kanada, wobei allerdings wegen der Größe des Staates die Möglichkeit scheiterte, Abgeordnete m i t Hilfe des Interpellationsrechts als Mittler einzuschalten 159 . Vor diesem Hintergrund ist die besonders von Anderson und Rowat geführte Diskussion verständlich, die m i t der Einführung eines OM i n einigen Bundesstaaten endete 160 , so i n A l b e r t a 1 6 1 und New Brunswick 1 6 2 . Später folgten Quebec, Newfoundland und Manitoba, 1970 und 1972 Nowa-Scotia, Saskatchewan und Ontario 1 6 3 . Als Beauftragte des jeweiligen Provinzparlaments sind diese i n der Regel für fünf Jahre m i t einer 2 /a-Mehrheit gewählt und m i t den Rechten eines Unter151

Köhler S. 51; Mat. Wiss. Abtlg. S. 28; W i l d (1) S. 76 f. Ebert S. 2 9 - 3 1 ; Mat. Wiss. Abtlg. S. 29. 153 Ebert S. 22 - 29. 154 Mat. Wiss. Abtlg. S. 30; Ebert S. 49 f. 155 Hierzu näher Ebert S. 23 ff. u. Mat. Wiss. Abtlg. S. 30. 156 Köhler S. 52; Hansen S. 23; K e m p f (1) S. 37. 157 Mat. Wiss. Abtlg. S. 30 f. 158 Z u m kanadischen Verfassungssystem u n d dessen Vergleichbarkeit gegenüber dem britischen: Rowat / Llambias S. 186; neuestens Werner Schmid S. 11 ff.; ferner K e m p f (1) S. 45; Pietzner (3) Sp. 1677. 159 Rowat / Llambias S. 188; K e m p f (1) S. 45 m w N . 160 Ausführlich: R o w a t / L l a m b i a s S. 186- 193; K e m p f (1) S. 45; Kastari (1) S. 221. 161 Durch „Ombudsman A c t " v. 30. 3.1967. 162 Durch „Ombudsman A c t " v. 15. 5.1967. 163 Umfassend: Werner Schmid S. 29 ff.; Rowat (2) S. 23; Haller (2) S. 366; ferner Köhler S. 55; K e m p f (1) S. 45; Rosier S. 7; Pietzner (3) Sp. 1677; W i l d (1) S. 77; Hansen S. 24. 152

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1. T e i l : I I I . Gegenwärtige Realisierung des Ombudsmanns

suchungsrichters versehen 164 . Wie ihre skandinavischen Kollegen sind sie i n ihren Investigationsrechten unbehindert, wobei unmittelbarer Zugang des Petenten und Eigeninitiativrecht hohe Präsenz bewirken, die allerdings etwas unter indirekten Abhängigkeiten von der Provinzexekutive leidet 1 6 5 . b) USA Durch das erste Amendment zur Verfassung w i r d i n den USA zwar das Petitionsrecht garantiert, jedoch realiter nicht praktiziert 1 6 6 . Der individuelle Rechtsschutz w i r d — trotz jüngster dahingehender Tendenzen — zudem nicht i m Wege einer Generalklausel garantiert. Vielmehr besteht nach dem „Federal Administrative Procedure Act", Sect. 10, von 1946 gegenwärtig ein Rechtszustand, der ein Mittelding zwischen Generalklausel und Enumerationsprinzip vorsieht 1 6 7 . I n dieser Situation ist der starke Ruf nach einem O M nur zu verständlich 1 6 8 . Nach zahlreichen Initiativen i n verschiedenen Bundesstaaten 169 wurde ein OM zuerst i n Hawaii eingeführt 1 7 0 , der allerdings wegen Obstruktionen i m Parlament erst 1969 sein A m t aufnehmen konnte 1 7 1 . Umgekehrt bestand i m Bezirk Nassau des Staates New York und i m Staat Oregon zwar eine A r t OM, aber noch kein entsprechendes Gesetz 172 . Dem Beispiel Hawaiis folgten 1972 Nebraska und Jowa 1 7 3 . Neben diesen wenigen „legislativen" O M gibt es insbesondere auf Bundesebene keine dem skandinavischen OM annähernd vergleichbare Einrichtung 1 7 4 . A l lerdings existierten 1971 nicht weniger als 50 quasi-OM-Gesetze diverser A r t in 33 Bundesstaaten 175 . Dies ist daraus erklärlich, daß für beschränkte Tätigkeitsbereiche auf föderaler Ebene zahllose sog. „Executive Ombudsmen" 1 7 6 oder „Public Protectors" 1 7 7 w i r k e n 1 7 8 , deren Effi164

Eingehend zur Rechtsstellung: Werner Schmid S. 39 ff. K e m p f (1) S. 46 f. m w N ; der auch auf Verbesserungsbestrebungen h i n weist; Werner Schmid S. 39 ff. u. S. 35 f. zu den daneben geschaffenen speziellen O M f ü r diverse Lebensbereiche. 166 K e m p f (1) S. 47 m w N . 187 Fraenkel S. 175; Byse / Riegert S. 427. 168 Vgl. Anderson (2) S. 136; A b r a h a m S. 236; K e m p f (1) S. 47 m w N ; Pietzner (3) Sp. 1677. 169 Eingehend: A n g u s / K a p l a n S. 103-131; Hansen S. 25; K e m p f (1) S. 45; ders. (2) S. 17 m w N . 170 Durch „Ombudsman A c t " v. 24.6.1967; vgl. A n g u s / K a p l a n S. 111; Pietzner (3) Sp. 1677; Hansen S. 24; K e m p f (1) S. 47; W i l d (1) S. 77. 171 Hansen S. 25. 172 Näheres: Angus / K a p l a n S. 111 ff. u. Hansen S. 25. 173 Liston S. 153 u. 185; K e m p f (1) S. 47. 174 V e r k u i l S. 874; K e m p f (1) S. 46; Hansen S. 25. 175 K e m p f (1) S. 48. 176 Z u r Bezeichnung: A n g u s / K a p l a n S. I l l ; Anderson (3) S. 307; Wyner (1) (Titel seines Buches); Hansen S. 25. 165

C. Weltweite Verbreitung des Ombudsmann-Gedankens

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zienz allerdings wegen dieser Aufsplitterung, vor allem jedoch wegen ihrer engen Verflechtung m i t der Exekutive, teilweise angezweifelt wird179. C. Weltweite Verbreitung des Ombudsmann-Gedankens 1. Der State Comptroller 180 in Israel Seit 1971 hat Israel einen „Beauftragten für Beschwerden aus dem P u b l i k u m " 1 8 1 , wobei allerdings kein gesondertes Organ geschaffen wurde, sondern dem seit 1949 existenten „Staatskontrolleur" i n Realunion 1 8 2 OM-Funktionen zugewiesen wurden 1 8 3 . Bereits 1958 waren dessen bislang i m wesentlichen nur budgetär-fiskalische Aufgaben zu einer allgemeinen Verwaltungskontrolle ausgedehnt worden 1 8 4 . I n diesem Sinne legt auch das Amendment 1971 den Kompetenzbereich des „State Comptroller" differenziert fest 1 8 5 . Regierungsakte sind i n der Regel, die Rechtsprechung grundsätzlich von der Kontrolle ausgenommen 1 8 6 , womit auch die Rüge verzögerlicher Prozeßführung als solcher abgeschnitten ist 1 8 7 . Erst das Amendment von 1971 brachte das bislang fehlende individuelle Beschwerderecht 188 , das die Behauptung einer unmittelbaren Rechtsverletzung voraussetzt 189 . Knessetabgeordnete haben weiterge177

Z u m Begriff vgl. K e m p f (1) S. 49. Vgl. etwa Hannon S. 111 -133 zum „Nassau County O M " ; Capps S. 189 bis 231 zum „Oregon Executive O M " ; M a n n S. 233-278 zu „Gobernor's Branch Offices" i n Pennsylvania; Burgers / Hofstetter / Higgs S. 279-304 zu „Puerto Rico's Citizen Feedback Program"; ferner Wyner (3) S. 135 - 150. 179 Sehr kritisch: Hansen S. 25 f.; K e m p f (1) S. 48 ff.; vgl. auch Pietzner (3) Sp. 1677; eingehend: Wyner (2) S. 10; Anderson (3) S. 307. 180 Z u r Bezeichnung: K l i n g h o f fer S. 262; Nebenzahl S. 5 f.: Pietzner (3) Sp. 1678. 181 Errichtet durch Amendment v. 31.3.1971; vgl. Klinghoffer S. 261; Nebenzahl S. 5; Hansen S. 34; ungenau: Köhler S. 55. 182 A r t . 1 des o. g. Amendments. 183 Klinghoffer S. 263; Pietzner (3) Sp. 1677; zum „Ombudsman of the M u n i c i p a l i t y " i n Tel A v i v vgl. Seibert S. 70, F N 58. 184 Klinghoffer S. 262; Gabbe S. 71; überholt daher: Seibert S. 62, F N 20; zum vormaligen Kompetenzbereich: Reigrotzki (1) S. 39 u. Haller (2) S. 364. 185 Vgl. A r t . 36 Abs. 1 u. 2 i . V . m . A r t . 9; näher Klinghoffer S. 269; zur Situation der öffentlichen V e r w a l t u n g i n Israel: Sontheimer (2) S. 199 f. 186 A r t . 38 des o. g. Amendments. 187 Ausführlich Klinghoffer S. 270 ff.; vgl. auch Nebenzahl S. 5 f. 188 Nebenzahl S. 5 f.; Klinghoffer S. 262. 189 A r t . 33 u. 37; Klinghoffer S. 266; Ausnahmen v o m Beschwerderecht vgl. A r t . 38 u. Klinghoffer S. 272. Die Exemption des militärischen Bereichs ist aus dem gesonderten A m t eines Militärbeauftragten verständlich (Nebenzahl S. 5). 178

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1. T e i l : I I I . Gegenwärtige Realisierung des Ombudsmanns

hendere Möglichkeiten, Beschwerden einzubringen 1 9 0 . Bei Durchführung des Beschwerdeverfahrens hat er umfassende Kontrollrechte 1 9 1 , während sich die Sanktionsmöglichkeiten auf Mitteilung an die Beteiligten und Bericht an das Parlament beschränken 192 . Er ist nur der Knesset gegenüber verantwortlich und von der Regierung unabhängig 1 9 3 . Überwiegend w i r d seine Tätigkeit positiv beurteilt 1 9 4 , wenngleich als der einfachen Bevölkerung zu wenig geläufig 1 9 5 . 2. Ombudsmann-Einrichtungen in der übrigen Welt Von den zahlreichen Rezeptionen der Idee i n der übrigen Welt ist die eigenwillige „Permanent-Commission of Enquiry (PCE)" i n Tansania als einer „safeguard against abuse of power" besonders hervorzuheben. Die PCE besteht aus drei Mitgliedern, die vom Präsidenten eingesetzt und auf sein Geheiß oder auf eigene, oft durch Bürgerbeschwerden ausgelöste Initiative tätig werden 1 9 6 . Der 1966 eingeführten Einrichtung 1 9 7 kommt angesichts der jungen und traditionsarmen Verwaltung größere Bedeutung zu, deren Effektivität allerdings wegen ihrer Abhängigkeit von der Exekutive gemindert w i r d 1 9 8 . I n den ehemaligen britischen Kolonien Guyana 199 und Mauritius 200 gibt es bereits seit Erlangung der Unabhängigkeit einen OM, der am neuseeländischen Vorbild ausgerichtet ist, und dem vorwiegend die Aufgabe zukommt, Rassendiskriminierungen zu verhüten 2 0 1 . I n Guyana wurden 1969 zwar zusätzliche Regelungen aufgenommen 202 , doch mindert die Einflußmöglichkeit der Regierung, insbesondere die Weisungsbefugnis jeden Ministers, die Kontrollfunktion erheblich 203 . Nach dem Vorbild Guyanas w i r d auch i n Singapur und Malaysia die Einführung eines OM erwogen. I n Singapur sprach sich bereits die 190

A r t . 38 Abs. 2; K l i n g h o f fer S. 266 f. Hansen S. 39; Klinghoffer S. 275. 192 A r t . 45 u. 46; Pietzner (3) Sp. 1677; Hansen S. 35; Klinghoffer S. 276 f. 193 A r t . 5; Klinghoffer S. 263; Hansen S. 34; zu den Bedenken gegen diese Stellung als abhängiges Hilfsorgan des Parlaments: Reigrotzki (1) S. 39; Klinghoffer S. 263 f. 194 Pietzner (3) Sp. 1677; Hansen S. 35; Nebenzahl S. 5 f.; Ponger. 195 Nebenzahl S. 5 f. 196 Pietzner (3) Sp. 1678; Hansen S. 34; ferner Köhler S. 55. 197 Durch A r t . 67 u. 68 der Verfassung v. 10. 7.1965 u. PCE-Act v. 7. 3.1966. 198 Ausführlich Hansen; auch Pietzner (3) Sp. 1677. 199 Durch „Independence Order" v. 26. 5.1966. 200 Durch „Constitution Order" v. 21.12.1966. 201 Hansen S. 32 f.; Pietzner (3) Sp. 1677; W i l d (1) S. 77. 202 Durch „Ombudsman A c t " v. 9. 9.1969; Hansen S. 32. 203 Hansen S. 99. 191

C. Weltweite Verbreitung des Ombudsmann-Gedankens

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Nationalversammlung dafür aus und betonte das Erfordernis der Unabhängigkeit 2 0 4 . I n Indien sind derartige Bestrebungen seit 1959 i m Gange. 1963 empfahl eine von der Regierung des Bundesstaates Rajastan eingesetzte Verwaltungsreformkommission die Einführung eines OM für diesen Staat, ebenso wie sich eine 1966 auf Bundesebene eingesetzte für OM sowohl i n den Gliedstaaten als auch für den Gesamtstaat aussprach. Eine Institutionalisierung ist jedoch bislang noch nicht erfolgt 2 0 5 . Die i n Japan tätigen „Inspektoren" sind von ihrer Funktion her ebenfalls Beschwerdeinstanzen. Das „Administrative Inspection Bureau of the Administrative Management Agency (AMA)" wurde 1948 durch Statut geschaffen, allerdings als Anhang zum Büro des Premierministers, somit als Organ der Regierung, m i t der Aufgabe, Maßnahmen von Verwaltungsträgern zu überprüfen 2 0 6 . Ebenso unterfällt das i m selben Jahr geschaffene „ C i v i l Liberties Bureau" des Justizministeriums, das speziell für Menschenrechtsverletzungen zuständig ist 2 0 7 , als Exekutivorgan nicht dem herkömmlichen OM-Begriff 2 0 8 . Wenig bekannt ist die Einführung eines OM 1968 i n Griechenland 209, nicht zuletzt wohl deswegen, weil K r i t i k e r i h n wegen seines Ernennungsmodus durch das Regierungskabinett als „Marionetten-OM" bezeichnen 210 . Weitere Diskussionen i n Australien 2 1 1 , Hongkong 2 1 2 , Jamaika 2 1 3 , Zypern 2 1 4 , Irland 2 1 5 , Italien 2 1 6 und Lateinamerika 2 1 7 haben bislang noch keine greifbaren Ergebnisse gezeigt. Auch niederländische Bestrebungen zur Einsetzung eines Generalkommissars für Beschwerden („Commissaris-Generaal voor bezwa204

W i l d (1) S. 77 f.; Hansen S. 33; Pietzner (3) Sp. 1679; Köhler S. 55. Haller (1) S. 268; Hansen S. 33 f.; Pietzner (3) Sp. 1677; W i l d (1) S. 79; Köhler S. 55. 208 Gellhorn S. 385. Die Arbeitsweise dieser riesigen bereits 1965 m i t 3605 Inspektoren besetzten Behörde, die i m jenem Jahr 55 547 Eingaben zu behandeln hatte, muß als überaus erfolgreich bezeichnet werden (ders. S. 387 f.). 207 Gellhorn S. 404. 208 Seibert S. 62, F N 20. 209 W i l d (1) S. 77. 210 Raschauer S. 512. 211 Rowat (2) S. 26; Hansen S. 21; W i l d (1) S. 77 ff. 212 W i l d (1) S. 78. 213 Ders. (1) S. 78. 214 Haller (1) S. 267. 215 Hansen S. 23; Haller (2) S. 368. 218 Köhler S. 55; W i l d (1) S. 77 f.; zu den Problemen der Verwaltungskontrolle i n I t a l i e n vgl. eingehend Napione S. 203 ff., sowie ders. S. 255 ff. zu den Lösungsversuchen durch ein OM-Modell. 217 Pietzner (3) Sp. 1679. 205

4 Matthes

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1. Teil: I I I . Gegenwärtige Realisierung des Ombudsmanns

ren") 2 1 8 , die seit 1963 i m Gang sind und einen jeweils auf sechs Jahre vom Parlament zu bestellenden OM m i t umfassenden Zuständigkeiten und Befugnissen vorsehen 219 , sind bisher nicht Realität geworden 2 2 0 . Demgegenüber entschloß sich Belgien, wo die Einführung eines Parlamentskommissars seit 1966 i n durch mehrere Gesetzentwürfe konkretisierter Debatte stand, Anfang 1978 zur Institutionalisierung. Die Planungen liefen auf einen m i t weitreichendem Vollmachtsspielraum, fast unbegrenztem Kompetenzbereich und starken Untersuchungsrechten ausgestatteten, von der Exekutive unabhängigen „Parlamentsanwalt" hinaus, der auf Vorschlag der Rechtsausschüsse von den gesetzgebenden Kammern benannt und abberufen werden kann 2 2 1 . Ob ein „High Commissioner for Human Rights" der Vereinten Nationen Wirklichkeit wird, dem i n Analogie zur OM-Einrichtung die Aufgabe zukommen soll „to assist i n promoting and encouraging universal and effective respect for human rights", bleibt eine Frage der Zukunft 2 2 2 . Richtungsweisend erscheint i n diesem Zusammenhang auch der einstimmige Beschluß des Rechtsausschusses der parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 26.11. 1974, i n dem alle M i t gliedstaaten ohne OM-Einrichtung aufgefordert werden, die Einführung von Parlamentsbeauftragten auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene zu erwägen 2 2 3 . Bei dieser i m Interesse des Individualrechtsschutzes an sich erfreulichen Tendenz zur weiteren Verbreitung derartiger Kontrollinstanzen, muß gleichwohl die von vielen Befürwortern der Institution ausgesprochene Warnung 2 2 4 vor schablonenhafter, nicht individuell auf das jeweilige Rechts- und Verfassungssystem abgestellter Kopierung wiederholt werden, die aber prinzipiell eine modifizierte Übernahme nicht hindern sollte.

D. Verwaltungskontrolle in sozialistischen Staaten Ausgehend von der „Überwindung" des Gewaltenteilungsprinzips und dessen Ersetzung durch den Grundsatz der „Gewalteneinheit" i m sozialistischen Staat, geht bereits die enger gezogene Fragestellung nach parlamentarischer Kontrolle der Exekutive ins Leere 2 2 5 . Die „Staats218

Haller (1) S. 282; ders. (2) S. 368. Crince Le Roy S. 212. 220 Rowat (2) S. 27; Hansen S. 33 f.; Köhler S. 55. 221 Ausführlich: van Impe S. 5 - 9; vgl. auch Waline S. 608 f. 222 Näher zum geplanten Aufgabenbereich: Clark S. 6 2 - 9 2 ; ferner Pietzner (3) Sp. 1679. 223 K e m p f (1) S. 56 m w N . 224 H u r w i t z , i n Ruf u n d Echo, Eigener Bericht; W i l d (1) S. 78; Haller (1) S. 283 m w N ; Anderson (2) S. 155, 157; Ebert S. 59; Morstein M a r x (2) S. 256 f. 219

D. Verwaltungskontrolle i n sozialistischen Staaten

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anwaltschaften" dieser Staaten sind daher nur entfernt m i t den skandinavischen OM-Einrichtungen vergleichbar 226 . 1. Die Staatsanwaltschaften in der Sowjetunion Das A m t der staatsanwaltschaftlichen Gesetzmäßigkeitsaufsicht (russ. „Prokuratura") wurde bereits 1722 von Peter d. Gr. i n Anlehnung an den schwedischen J K geschaffen, hat jedoch inzwischen weithin seine Unabhängigkeit eingebüßt 227 . Der Prokuratura obliegt gemäß A r t . 113 der Verfassung der UdSSR „die oberste Aufsicht über die genaue Befolgung der Gesetze durch alle Ministerien und die ihnen unterstellten Institutionen, ebenso wie durch die einzelnen Amtspersonen sowie durch die Bürger der UdSSR" 2 2 8 . Das A m t schließt zugleich die Funktionen des Generalstaatsanwalts und der Untersuchungsausschüsse westlicher Prägung ein. Sie bildet einen riesigen, hierarchisch organisierten, zentralistisch-bürokratischen Behördenapparat, der sich zusammensetzt aus 15 Republiks-, etwa 160 Gebiets-, ungefähr 6400 Rayons- und zahlreichen stellvertretenden Staatsanwälten. Der an der Spitze stehende Generalstaatsanwalt ist dem Obersten Sowjet untergeordnet, wodurch es bereits an der für einen OM begriffsmäßigen Unabhängigkeit mangelt 2 2 9 . Gemeinsam m i t der Tatsache, daß nicht nur Verwaltungen und Gerichte, sondern auch der einzelne Bürger ihrer Kontrolle unterliegt, besteht nicht nur abstrakt die Möglichkeit, die normalerweise i m Interesse des Bürgers umfangreiche Ausstattung eines Kontrollorgans m i t Untersuchungsrechten i n ihr Gegenteil zu pervertieren 2 3 0 . Ihre Aufsicht erstreckt sich grundsätzlich nur auf Fragen der Gesetzlichkeit, nicht auf solche der Zweckmäßigkeit 2 3 1 , wobei es, dem sozialistischen Gesellschaftsverständnis zufolge, häufig um gesellschaftliche Interessen 225 Leipold S. 162; Sontheimer / Bleek S. 103. — N u r wenn m a n die Ansicht Kühnaus (S. 39) teilt, Parlament u n d Justiz hätten i m gewaltengeteilten Staat ohnehin keine rechte F u n k t i o n mehr, da die wirklichen Entscheidungen vom „Finanzkapital" u n d der i h m „hörigen Staatsverwaltung" u n d n u r „ i m I n t e r esse der herrschenden Ausbeuterklasse" getroffen werden, k a n n dies als Fortschritt angesehen werden. 22e Gellhorn S. 345; Haller (1) S. 28; Hansen S. 36; Pietzner (3) Sp. 1680; Seibert S. 62 F N 20. 227 Gellhorn S. 346; Hansen S. 36; K e m p f (2) S. 17 F N 3. 228 Schorina / Salischtschewa S. 450; Gellhorn S. 355 f.; Haller (1) S. 29; Hansen S. 36. 229 Haller (1) S. 28 f.; Hansen S. 36; Gellhorn S. 369; Pietzner (3) Sp. 1680. 230 Seibert S. 62; Haller (1) S. 29 f.; zum Umfang der Kontrollrechte vgl. Gellhorn S. 362 f. u n d Schorina / Salischtschewa S. 450, dort auch insbes. S. 448 allgemein zum Rechtsschutz i m Verwaltungsverfahren i n der UdSSR. 231 Hansen S. 37.

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1. Teil: I I I . Gegenwärtige Realisierung des Ombudsmanns

geht 2 3 2 . Die Staatsanwälte werden aus eigenem Antrieb heraus tätig, wobei das Opportunitätsprinzip gilt. Neben der Möglichkeit förmlichen Protests mit Suspensiveffekt besitzen sie bei Nichtabhilfe die zur Einleitung eines gerichtlichen oder disziplinarrechtlichen Verfahrens 2 3 3 erforderlichen Rechte. Auch nach Ansicht einiger westlicher Beobachter soll die Institution der Prokuratura betroffenen Bürgern i n vielen Fällen wirksamen Rechtsschutz geleistet haben 2 3 4 .

2. Verwaltungskontrolle in anderen sozialistischen Ländern Ähnlich ausgestaltete Kontrollinstanzen sind auch i n anderen kommunistischen Ländern zu finden, etwa i n Albanien, Bulgarien, Rumänien, der Tschechoslowakei, Ungarn 2 3 5 und Rotchina 2 3 6 , wobei die A b weichungen gering sind. I n Polen gibt es neben der Staatsanwaltschaft nach sowjetischem Muster 2 3 7 und der 1957 eingeführten „Obersten Kont r o l l k a m m e r " 2 3 8 seit 1961 ein sehr differenziertes Verwaltungsverfahrensgesetz, das einen Instanzenzug gewährleistet 2 3 9 . Jugoslawien hat neben einem allgemeinen verfassungsmäßigen parlamentarischen Kontrollrecht über die Verwaltung 2 4 0 als M i t t e l zur sozialistischen „Selbstverwaltung" ein Petitions- und Vorschlagsrecht zu den Vertretungskörperschaften, das sich allerdings nicht der größten Popularität erfreut 2 4 1 . Demgegenüber ist die Effizienz der „Verfolgungsanwälte", deren Aufgabe darin besteht, „die Rechtmäßigkeit zu schützen" 242 weniger von ihrem offiziellen Auftrag, als vielmehr durch eine mittelbare korrektive Wirkung bestimmt 2 4 3 .

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Schorina / Salischtschewa S. 447. Näher dieselben S. 451 f.; ferner Hansen S. 37 m w N u. Gellhorn S. 357. 234 Hansen S. 37; kritischer Gellhorn S. 367, 370; zu sowjetischen Beurteilungen: Schorina / Salischtschewa S. 446 f. 235 Vgl. Hansen S. 36 m w N ; Köhler S. 55. Ob derartige Kontrolleinrichtungen Ausdruck der i n einigen dieser Länder zu verzeichnenden reformistischen u n d dezentralistischen Tendenz darstellen (vgl. Leipold S. 103 ff. für Ungarn, S. 131 ff., 153 ff. f ü r Jugoslawien), ist schwer zu beantworten. 236 Z u Rotchina vgl. eingehend T e i l 1, I I 3. 237 Gellhorn S. 314 - 327. 238 K e m p f (2) S. 17 F N 3; Gellhorn S. 327 f. 239 Gellhorn S. 296 - 303, der die Rechtsschutzmöglichkeiten des polnischen Bürgers insgesamt positiv beurteilt (vgl. S. 332). 240 Gellhorn S. 281. 241 Ders. S. 282 f. 242 Vgl. A r t . 261 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. 243 Gellhorn S. 28, dort auch näher zu Aufgabenbereich u n d Rechten. 233

E. Kontinentaleuropäische Lösungen

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3. Die Beschwerdeausschüsse in der DDR U m einen verstärkten Rechtsschutz des Bürgers zu gewährleisten, hat die Verfassung der DDR 1968 das bisherige Eingabeverfahren i n Richtung auf ein formalisiertes, bei den Beschwerdeausschüssen der örtlichen Volksvertretungen endendes Beschwerdeverfahren fortentwickelt 2 4 4 , was einen regeren Gebrauch der Beschwerdemöglichkeit auslöste 245 . Zu Euphorie kann dies gleichwohl kaum verleiten, da sich der individuelle Rechtsschutz gegen administrative Akte weitgehend hierauf, somit auf die Wahrnehmung durch politische Organe, beschränkt 246 . Als negative Konsequenz aus der „Überwindung" des gewaltenteiligen Systems nehmen nämlich auch die Organe der Rechtspflege ihre Funktionen innerhalb des von einer einheitlichen politischen Gewalt bestimmten sozialistischen Staates w a h r 2 4 7 , wobei zudem noch die Grundrechte i m Rechtssystem der DDR nicht dem Individuum als solchem, sondern lediglich als aktivem Mitglied der sozialistischen Gesellschaft gewährt werden 2 4 8 . Stark einengende Form-, Verfahrens- und Zuständigkeitsvorschriften 249 sowie deren Aufgabenstellung, bei der Beschwerdebehandlung zugleich ideologische Erziehungsarbeit auch am betroffenen Bürger zu leisten 2 5 0 , lassen die weitreichenden Untersuchungsrechte 251 unter dem hier zu untersuchenden Aspekt des individuellen Rechtsschutzes als wenig vertiefenswert erscheinen. E. Kontinentaleuropäische Losungen 1. Schweizerische Bestrebungen und der „Beauftragte in Beschwerdesachen der Stadt Zürich" 252 Seit einer Rede des dänischen O M i n Bern i m Jahr 1960 ist auch i n der Schweiz die Einführung eines BB i n Diskussion geraten 2 5 3 . Eine 244 Vgl. A r t . 105 Verfassung der DDR u n d Erlaß des Staatsrats v. 20.11. 1969 (GBl. I S. 239). 245 Brunner S. 378; Pietzner (3) Sp. 1680; vgl. auch K ü h n a u S. 36 f. 246 Sontheimer / Bleek S. 133; näher K ü h n a u S. 36 f. u n d Ritter S. 381. 247 Leipold S. 162; Sontheimer / Bleek S. 133. 248 Sontheimer / Bleek S. 124; zur „ K o n t r o l l e i n Mitteldeutschland" ausführlichst: Brunner S. 359-546, zum angesprochenen Problem insbes. S. 453; positive Verbrämung dieses Zustandes, etwa dergestalt, daß die Garantie der Bürgerrechte als so wichtig erachtet werde, daß sie n u r bei „den höchsten staatlichen Machtorganen, den Volksvertretungen, konzentriert" werden könne (Kühnau S. 37), vermögen dem konkret betroffenen Rechtssuchenden nicht aus seiner mißlichen Lage zu helfen. 249 Ritter S. 381 ff. 250 Vgl. Ritter S. 387; k a u m günstiger als hier: Brunner S. 452 ff. unter Hinweis auf den „Instrumentalcharakter des Rechts" i n der mitteldeutschen Verfassungsordnung. 251 Näher Ritter S. 386. 252 Z u r Bezeichnung: K e m p f (1) S. 42.

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1. Teil: I I I . Gegenwärtige Realisierung des Ombudsmanns

Studienkommission schlug 1962 auch die Einführung sog. „Eidgenössischer Kommissäre" vor, einen Z i v i l - und einen Militärbeauftragten, jeweils auf Vorschlag des Bundesrates von der Bundesversammlung auf vier Jahre gewählt, m i t weitreichenden Informationsbefugnissen und dem Antragsrecht auf Einleitung von Disziplinar- und Strafverfahren. Die Kontrolle sollte sich auf die gesamte Bundesverwaltung erstrecken, nicht jedoch auf die kantonale Verwaltung und das Gerichtswesen 254 . Vor allem wohl aus Furcht vor Kompetenzkonflikten und Doppelspurigkeiten 2 5 5 , den Konsequenzen aus zu weitreichenden interventionistischen Befugnissen 256 und der daraus resultierenden — unzutreffenden — Assoziation m i t polizeistaatlichen Methoden lehnte die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates das Projekt jedoch ab. I m Rahmen von Bestrebungen u m die allgemeine Verfassungsrevision sind die Fronten jedoch wieder in Bewegung geraten 257 . Gleichwohl führte das Vorhaben dazu, daß es i n Zürich seit 1971 den ersten lokalen O M i n Europa gibt 2 5 8 . Sein primärer Aufgabenbereich besteht i n der Kontrolle von Verwaltungsakten der Züricher A d m i nistration und i m Gewähren von Informationen für Bürger. I n der Ausübung seiner Tätigkeit ist er unabhängig und keinen Weisungen, auch nicht denen des Stadtparlaments, unterworfen, dem er jährlich einen „Rapport" unterbreitet. Beschwerdebefugt ist jedermann; eigenes Interesse an der Angelegenheit ist nicht erforderlich. Das Verfahren ist form- und kostenlos. Ein Eigeninitiativrecht hat der Beauftragte nicht, wohl aber differenzierte Kontrollrechte. Primäre Aufgabe ist Vermittlung zwischen Petent und Behörde, wobei sich seine Befugnisse i n Berichterstattung m i t einer Empfehlung erschöpfen 259 . 2. Der französische „Mediateur" Die Einrichtung eines „Mediateur" 2 6 0 ist für die französische Rechtsund Verwaltungsgeschichte neuartig. Versehen m i t der verfassungsrechtlichen „Dringlichkeitserklärung" wurde der entsprechende Gesetzesentwurf 1973 in die Praxis umgesetzt 261 . Aufgabe des Mediateur 253 Rowat (2) S. 27; Haller (1) S. 272; Hansen S. 31; W i l d (1) S. 78 m w N ; Pietzner (3) Sp. 1679. 254 Eingehend zu diesem P r o j e k t : M a r t i (1) S. 9 f.; ders. (2) S. 188; Haller (1) S. 272 - 282; ferner ders. (2) S. 355; Rowat (2) S. 27; Hansen S. 31. 255 Haller (1) S. 274. 256 Haller (1) S. 280 f.; Pietzner (3) Sp. 1679; Hansen S. 31. 257 Pietzner (3) Sp. 1679. 258 Köhler S. 55; K e m p f (1) S. 42; vgl. auch Rhein-Zeitung v. 8./9.10.1977. 259 Näher K e m p f (1) S. 42. 260 Z u r Bezeichnung: Raschauer S. 505; K e m p f (1) S. 38; ders. (2) S. 17, 22 f.; Reinhard S. 16; Wassermann S. 12; Wade S. 588.

E. Kontinentaleuropäische Lösungen

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ist die Überprüfung von Beschwerden über die Verwaltung, somit die des Staates und der Gebietskörperschaften, die Tätigkeit der „établissements publics" sowie „tout autre organisme investi d'une mission de service public" 2 6 2 . Gerichte sind aus diesem weitgezogenen Zuständigkeitsbereich ausgenommen 263 . Der gesetzgeberischen Motivation zufolge, den „verwalteten Bürger" gegenüber der expandierenden Verwaltung zu schützen 264 , ist Beschwerdegegenstand die subjektiv erlebte Beziehung zwischen Verwaltung und Verwaltetem 2 6 5 , worauf der Name hindeutet 2 6 6 . Der Mediateur w i r d aufgrund von Individualbeschwerden tätig 2 6 7 , wobei der verwaltungsinterne Beschwerdeweg zuvor ausgeschöpft sein muß 2 6 8 . Zudem können ihm Beschwerden nur über Abgeordnete und Senatoren zugeleitet werden 2 6 9 . Das m i t der Gefahr der Überlastung durch Nebensächlichkeiten und Querulanten begründete „parlamentarische Sieb" soll gleichzeitig der Parlamentssouveränität Rechnung tragen, bewirkt aber eine erhebliche Distanz zum Bürger 2 7 0 . Überdies kann er nur eine sehr begrenzte Zweckmäßigkeitskontrolle vornehmen 2 7 1 , wobei er Investigationsrechte 272 nur über den zuständigen M i n i ster ausüben kann 2 7 3 . Ähnlich seinen vergleichbaren Kollegen hat er nur Anregungs-, Empfehlungs- und Anklagekompetenzen, ist aber nicht zu meritorischen oder kassatorischen Entscheidungen ermächtigt 2 7 4 . Die erwähnte Abhängigkeit erklärt sich aus seiner Ernennung — für sechs Jahre — durch den Ministerrat 2 7 5 . Allerdings ist er i m Rahmen 261 Durch Gesetz Nr. 7 3 - 6 , v. 3.1.1973; abgedruckt bei Raschauer S. 520 bis 522; zu den politischen Hintergründen vgl. ders. S. 505 f.; Pietzner (3) Sp. 1678; K e m p f (2) S. 23 m w N ; Wade S. 588 f. 262 A r t . 1 des o. g. Gesetzes. 263 Pietzner (3) Sp. 1679. 284 So K e m p f (2) S. 23; kritischer Raschauer S. 505: vorrangig wahltaktische Gründe. 265 Raschauer S. 507; K e m p f (1) S. 38. 2ββ Wassermann S. 12. 267 Raschauer S. 507. 268 A r t . 7 des o. g. Gesetzes; Raschauer S. 508; Pietzner (3) Sp. 1679. 269 A r t . 6 Abs. 2 des o.g. Gesetzes; K e m p f (1) S. 39; ders. (2) S. 23; Raschauer S. 508; Reinhard S. 18; Köhler S. 57 f. 270 K e m p f (1) S. 42; ders. (2) S. 23; Rauschauer S. 508; Köhler S. 58. 271 Pietzner (3) Sp. 1679; Raschauer S. 509. 272 Hierzu näher: Raschauer S. 510; Köhler S. 58; K e m p f (1) S. 42. 273 Pietzner (3) Sp. 1679; siehe auch kritisch: Raschauer S. 510: „So wie vom I n d i v i d u u m durch den Abgeordneten, ist er v o m betroffenen Organ waiter durch den Minister mediatisiert." 274 Raschauer S. 510 f.; Pietzner (3) Sp. 1679. 275 A r t . 2 des o.g. Gesetzes; vgl. K e m p f (1) S. 39f.; ders. (2) S. 17ff.; Raschauer S. 512; Pietzner (3) Sp. 1678 f.

1. Teil: I I I . Gegenwärtige Realisierung des Ombudsmanns

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seiner Amtsausübung weisungsunabhängig, unabsetzbar und i m m u n 2 7 6 . Seine insgesamt relativ schwache Stellung 2 7 7 ist um so bedauerlicher, als es i n Frankreich keinen Grundrechtsschutz i n Form der Verfassungsbeschwerde g i b t 2 7 8 . Das wohl existente Petitionsrecht konnte bisher unter keiner Verfassung effizient werden 2 7 9 . Hingegen ist der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz so umfassend ausgestaltet 280 , daß der Mediateur lediglich als „zweites Gleis" dient 2 8 1 . Gleichwohl beachtliche Erfolge und gute Resonanz i n der Bevölkerung 2 8 2 beweisen, daß ein Bedürfnis nach einem zusätzlichen neutralen Kontrollorgan auch bei ausgebauter Verwaltungsgerichtsbarkeit und Petitionswesen besteht. 3. Die „Volksanwaltschaft" 283 in Österreich Die Existenz einer traditionsreichen Verwaltungs- 2 8 4 und Verfassungsgerichtsbarkeit 285 sowie die Garantie des Petitionsrechts 286 hat auch Österreich nicht davon abgehalten, seit J u l i 1977 eine OM-ähnliche I n stitution einzuführen. Denn auch dort bewirkten Schwerpunktveränderungen vom Ordnungs- und Wohlfahrtsstaat zum Versorgungs- und Leistungsstaat einen Unmut gegen die Verwaltung 2 8 7 . I n diese Sachund Rechtslage stößt i n Österreich seit einigen Jahren der Gedanke einer Volksanwaltschaft 2 8 8 . Bereits Kelsen hatte 1925 die Idee eines „Verfassungsanwalts" der Öffentlichkeit vorgestellt 2 8 9 , ein Gedanke, 276

Raschauer S. 512 f. Reinhard S. 18; Raschauer S. 516 f.; K e m p f (2) S. 24. 278 Raschauer S. 517. 279 Ders. S. 515. 280 Pietzner (3) Sp. 1679; Raschauer S. 519 f.; Köhler S. 57. 281 K e m p f (1) S. 38, zum weiteren Verfahrensablauf vgl. S. 40 f.; ders. (2) S. 23; Pietzner (3) Sp. 1679. 282 Ausführlich: K e m p f (1) S. 41 f. m i t statistischem Material. 283 Z u m Begriff: Bundesgesetz Nr. 121, v. 24. 2.1977, über die Volksanwaltschaft, i n : Bundesgesetzblatt f ü r die Republik Österreich, ausgeg. am 11.3. 1977, 29. Stck., S. 559 - 563; K n o l l , Thematik seiner Diss.; Pietzner (3) Sp. 1679. 284 Bereits seit A r t . 15 des Staatsgrundgesetzes v. 21.12.1867 über die richterliche Gewalt (RG'Bl. Nr. 144), abgedruckt bei Ermacora S. 35 f., F N 2; u n d dessen Durchführung durch Gesetz v. 27.10.1875 (RG'Bl. Nr. 36/1876); vgl. Ermacora S. 36, F N 3. 285 Errichtet durch Staatsgrundgesetz über die Einsetzung eines Reichsgerichts v. 21.12.1867 (RG'Bl. Nr. 143, ausgeführt durch Gesetz v. 18. 4.1869 (RG'Bl. Nr. 44); vgl. Ermacora S. 38, F N 9. 286 Bereits durch A r t . 11 des o.g. Staatsgrundgesetzes, vgl. auch Heller S. 171. 277

287 Durch o.g. Gesetz, „Geschäftsordnung der Volksanwaltschaft" Nr. 356 u n d „GeschäftsVerteilung der Volksanwaltschaft" Nr. 357, beides v. 1. 7.1977, i n : BGBl., ausgeg. am 7.7.1977, 90 Stck., S. 2159-2161; vgl. Heller S. 169 u. Gressel S. 7. 288 Ermacora S. 39.

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der 1945 vom Verfassungsgerichtshof wiederholt wurde 2 9 0 . Aktivitäten des dänischen OM 1961 und 1963 dürften die Diskussion erneut entfacht haben 2 9 1 . Die 1966 anläßlich einer Tagung der Internationalen Juristenkommission von Ermacora weiterentwickelten Ideen 2 9 2 erfuhren zwar 1968 wegen Bedenken hinsichtlich des Gewaltenteilungsprinzips eine Ablehnung durch die Regierung 2 9 3 , wurden aber schließlich doch i n eine Regierungsvorlage gekleidet, die Ende 1971 dem Nationalrat zugeleitet wurde 2 9 4 . Verzögerungen vereitelten die für 1974 geplante Verabschiedung. Der vom Verfassungsausschuß Mai 1975 vorgelegte abgewandelte Vorschlag erreichte die erforderliche 2 /a-Mehrheit nicht, die erst Februar 1976 eine neue Gesetzesvorlage fand 2 9 5 . Aufgabenkreis und Tätigkeitsmodus der aus drei Mitgliedern 2 9 6 bestehenden Volksanwaltschaft m i t Sitz i n W i e n 2 9 7 ist in § 1 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes knapp umrissen. Danach kann sich dort jedermann „wegen behaupteter Mißstände i n der Verwaltung des Bundes" beschweren, „sofern er von diesen Mißständen betroffen ist und soweit ihm ein Rechtsmittel nicht oder nicht mehr zur Verfügung steht" 2 9 8 . Sie hat zudem ein „Amtsprüfungsrecht" 2 9 9 . I n Ausübung Ihres Amtes ist sie unabhängig 3 0 0 . Alle Organe des Bundes, der Länder und der Gemeinden t r i f f t eine Pflicht zur Amtshilfe, der ein Akteneinsichts- und Auskunftsrecht korreliert 3 0 1 . Neben Empfehlungen an die m i t den obersten Verwaltungsgeschäften des Bundes betrauten Organe 302 , kann sie beim Verfassungsgericht beantragen, über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen zu erkennen 3 0 3 . Dieses entscheidet auch bei Meinungsver289 Näher zu den Kelsenschen Vorstellungen: K n o l l S. 34 f.; ferner Ermacora S. 39 f. 290 Ermacora S. 39 f. 291 Näher Rowat (2) S. 27; W i l d (1) S. 78; Hansen S. 31; Köhler S. 55; K n o l l S. 40. 292 K n o l l S. 42 f., eingehend zum Konzept Ermacoras. 293 Z u weiteren Vorlagen: K n o l l S. 4 4 - 5 8 ; Ermacora S. 40 und Heller S. 169 ff. Problembereiche waren auch die Konkurrenzen zur Verwaltungsgerichtbarkeit und zur Rechtsanwaltschaft (vgl. Heller S. 173). 294 Ermacora S. 39 f.; Pietzner (3) Sp. 1679. 295 Heller S. 169. 296 § 7 Abs. 1 S. 2 des o. g. Gesetzes. 297 § 7 Abs. 1 S. 2. 298 Z u r Subsidiarität vgl. auch Informationsblatt P u n k t 10, S. 6 u. Heller S. 171. Dieses siebenseitige Informationsblatt wurde von der Volksanwaltschaft zur A u f k l ä r u n g über die neue Einrichtung verbreitet. 299 § 1 Abs. 2. 300 § 1 Abs. 3. 301 § 2 Abs. 1. 802 § 3. 308 § 5.

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schiedenheiten zwischen ihr und der Bundesregierung 304 . Erweiterungen ihres Zuständigkeitsbereichs auch auf Verwaltungen der Länder ist möglich, wenn dies durch Landes Verfassungsgesetz vorgesehen ist 3 0 5 . Die Gerichtsbarkeit unterliegt nicht der Zuständigkeit der Volksanwaltschaft. Sie ist auch nicht befugt, in ein anhängiges Verfahren einzugreifen 3 0 6 . Die Inanspruchnahme ist form-, frist- und kostenfrei 3 0 7 . Verfassungsrechtlich eigenartig ist ihre Konzeption als oberste Bundesbehörde 308 , wenngleich ihre Anbindung an den Nationalrat durch die jährliche Berichtspflicht deutlich w i r d 3 0 9 . Von diesem werden ihre M i t glieder auch „aufgrund eines Gesamtvorschlages des Hauptausschusses gewählt" 3 1 0 und danach vom Bundespräsidenten ernannt 3 1 1 . Bemerkenswert ist die Befristung der neuen Einrichtung auf zunächst sechs Jahre 3 1 2 , was, gemeinsam m i t einer starken Beschneidung der ursprünglich vorgesehenen Kompetenzen 313 , die Kompromißlösung erkennbar werden läßt 3 1 4 . F. Beauftragte in der Bundesrepublik Deutschland 1. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages Durch das Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 19. März 1956 315 wurde neben der Bestimmung über die Errichtung der Bundeswehr auch die über die Einrichtung des Wehrbeauftragten (WB) geschaffen. Sie wurde als A r t . 45 b i n das Grundgesetz aufgenommen. Hiernach w i r d „zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle" ein 304 §

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