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German Pages 204 Year 2002
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 892
Denkmalgerechte Nutzung Ein Beitrag zum Denkmalbegriff im Recht des Denkmalschutzes Unter besonderer Berücksichtigung der Lage in Hamburg
Von
Walter Georg Leisner
Duncker & Humblot · Berlin
WALTER GEORG LEISNER
Denkmalgerechte Nutzung
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 892
Denkmalgerechte Nutzung Ein Beitrag zum Denkmalbegriff im Recht des Denkmalschutzes Unter besonderer Berücksichtigung der Lage in Hamburg
Von Walter Georg Leisner
Duncker & Humblot • Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Leisner, Walter Georg: Denkmalgerechte Nutzung : ein Beitrag zum Denkmalbegriff im Recht des Denkmalschutzes ; unter besonderer Berücksichtigung der Lage in Hamburg / Walter Georg Leisner. Berlin : Duncker und Humblot, 2002 (Schriften zum öffentlichen Recht; Bd. 892) Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 2002 ISBN 3-428-10913-9
Alle Rechte vorbehalten © 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-10913-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©
Vorwort Die Nutzung denkmalgeschützter Objekte vor allem zu wirtschaftlichen, aber auch zu anderen, etwa kulturellen Zwecken, ist heute das wohl wichtigste Thema des Denkmalrechts. Hier stehen öffentliche Belange der Erhaltung geschichtlich-künstlerischer Werte in Spannung zur Privatnützigkeit des Eigentums. Herkömmlich wird diese letztere nur bei der Zumutbarkeit der denkmalschützenden Belastung geprüft, nicht schon im Rahmen des Denkmalbegriffs. Demgegenüber wird hier die These begründet: Es gibt eine „denkmalgerechte Nutzung" denkmalgeschützter Gebäude und Anlagen. Sie ist diesen Objekten als solche immanent, muß daher bereits als ein wichtiges Element der Denkmalwürdigkeit berücksichtigt werden - Nutzbarkeit eines Schlosses zu Hotel- und Tagungs-, eines Hauses zu Wohn- und Bürozwekken; auf die konkreten Interessen des Berechtigten kommt es dabei noch gar nicht an. Diese Betrachtung entspricht dem Eigentumsverfassungsrecht; im geltenden Denkmalrecht finden sich für sie zahlreiche Ansätze, vor allem in der Rechtsprechung. Das Steuerrecht geht seit langem davon aus. A l l dies wird hier systematisiert. Diese neue Sicht löst den Denkmalschutz aus einer museal-erstarrenden Vergangenheitsbetrachtung, erhöht daher seine Akzeptanz, orientiert sich am lebenden Denkmal und ermöglicht so flexible Sicherung des wertvollen Kulturerbes. Die fatale Folge „Verfall durch Denkmalschutz" wird überwunden. Die Untersuchung ist zugleich ein Beitrag zur Dogmatik des Denkmalschutzrechts, der Eigentumsnutzungen sowie des Abgabenrechts. Als Referenzbereich dienen gesetzliche Regelungen und Praxis des Denkmalschutzes in Hamburg. Sie zeigen vor allem die Eigenarten einer „Handelsund Industriekultur" wie auch kurze Wege des Verwaltens gerade in einem Stadtstaat. Die Arbeit hat als Dissertation dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg vorgelegen. Herrn Professor Dr. Ulrich Karpen danke ich herzlich für Betreuung und vielfache Anregungen, Herrn Professor Dr. Otto Luchterhandt für sein Zweitvotum, Herrn Professor Dr. h.c. Norbert Simon für die Übernahme in die Reihe der öffentlich-rechtlichen Monogra-
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Vorwort
phien von Duncker & Humblot. Der Sozietät Dr. Kleeberg & Partner in München verdanke ich die mir freundlich gewährte finanzielle Förderung der Veröffentlichung. Der „Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V." in Wiesbaden danke ich für die Auszeichnung der Arbeit mit dem Immobilien-Forschungspreis 2002. München, den 23. Mai 2002
Walter Georg Leisner
Inhaltsverzeichnis A. Denkmalnutzung - ein unterentwickelter Begriff: Fragestellung - Plan der Untersuchung I. Denkmalschutz und Denkmalnutzung 1. „Sachenschutz" oder „Sachenrecht" 2. Die Nutzungsfrage - das „Denkmalgerechte" 3. Denkmalnutzung und Denkmal wert II. Die besondere Bedeutung des Hamburgischen Denkmalschutzrechts . . . III. Die Entwicklung des Denkmalschutzes - Musealprägung in Föderalvielfalt 1. Die Musealprägung - ein neuer „Nutzenbegriff' 2. Denkmalschutz - in föderaler Verzweigung, nicht aus der Einheit eines wirtschaftsrechtlichen Nutzenbegriffs 3. Denkmalschutz „in Wellenbewegungen" - „Denkmalnutzung in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Lage" IV. Die bisherigen Schwerpunktthemen des Denkmalschutzrechts 1. Denkmalschutz und Baurecht 2. Denkmalschutz (auch) durch Gemeinden? 3. Die Problematik der Schutzsysteme - Konstitutiv- oder Listensystem? V. Möglichkeit der Trennung von Denkmalbegriff und Denkmalnutzung? 1. Die Trennungslehre - Zweistufigkeit des Denkmalschutzrechts . . . . 2. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts zur „nicht mehr sinnvollen Nutzung" VI. Präzisierung der Fragestellung der folgenden Untersuchung - Vorgehen 1. Die Frage nach der Denkmalnutzbarkeit 2. Plan der Untersuchung
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B. Die eigentumsrechtliche Bedeutung der Nutzbarkeit eines Objekts 38 I. Fragestellung - Der verfassungsrechtliche Nutzungsbegriff 38 II. Nutzung und Verfassung: Objektimmanente Nutzbarkeit 39 1. Eigentumsrecht und Eigentumsnutzung 39 2. Das „Funktionseigentum" - Nutzbarkeit als Objektfunktion 40 3. Nutzungs-Eigentum 41 4. Nutzbarkeit und Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums 42 5. Nutzungsmöglichkeiten als objektimmanente Nutzbarkeit 44 6. Nutzung, Nutzbarkeit - Wert: objektimmanente Begriffe 45
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III. „Privatnützigkeit" des Eigentums und Nutzbarkeit 1. Der Begriff der Privatnützigkeit des Eigentums 2. Privatnützigkeit als Kategorie des Denkmalschutzrechts IV. Öffentliche Nutzung - objektbezogene Widmung 1. Widmung und öffentliche Nutzbarkeit 2. Öffentliche Widmungs-Nutzung: gegenstandsbezogen V. Bestandsschutz - Die dynamische Zeitbezogenheit der Objektnutzung . 1. Der passive Bestandsschutz des gegenwärtigen Nutzungszustandes . 2. Der überwirkende (aktive) Bestandsschutz - zeitlich dynamisierter Nutzungsbegriff C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung" I. Die Arten möglicher Nutzung 1. Die Fragestellung - die Nutzungszwecke 2. Die Lösung des denkmalgerechten Nutzungsbegriffs vom konkreten wirtschaftlichen Profit 3. Die nicht-wirtschaftliche Denkmalnutzung 4. „Nutzung durch Betrachtung" - „Musealität" 5. Denkmalnutzbarkeit: Inhalt des Denkmalbegriffs - das „lebend(ig)e Denkmal" II. Die Begründung der Denkmaleigenschaft und die Nutzbarkeit des Denkmals - Allgemeines 1. Die Kriterien des Denkmalbegriffs - unbestimmte Rechtsbegriffe . . 2. Die Merkmale des Denkmalbegriffs nach herkömmlichem Denkmalschutzrecht III. Geschichtliche Bedeutung des Denkmalschutz-Objekts 1. Allgemeines zur Begrifflichkeit 2. Geschichtlichkeit und Nutzbarkeit - Beispiele 3. Allgemeine Orientierungen für den Denkmalbegriff aus dessen historischer Begründung in Verbindung mit Denkmalnutzung IV. Die künstlerische Bedeutung des Denkmals 1. Allgemeines zur Begrifflichkeit 2. Künstlerische Bedeutung und Objektnutzung V. Städtebauliche Bedeutung und Denkmalbegriff 1. Der Begriff - Allgemeines 2. Nutzbarkeitsaspekte der städtebaulichen Bedeutung VI. Andere Merkmale der Denkmaleigenschaft 1. Wissenschaftliche Bedeutung 2. Techn(olog)ische Bedeutung 3. Völkskundliche Bedeutung VII. Öffentliches Erhaltungsinteresse und Nutzbarkeit 1. Öffentliches Erhaltungsinteresse - ein selbständiges Kriterium der Denkmaleigenschaft?
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2. Das öffentliche Interesse gerade an der Erhaltung - Erhaltbarkeit und Nutzbarkeit 3. „Denkmaleigenschaft nach Sachverstand" und Nutzbarkeit D. Nutzbarkeit und Nutzungspflichten nach geltendem Denkmalschutzrecht I. Begrenzte bisherige Bedeutung des Nutzungsaspekts für den Denkmalbegriff im Schrifttum zum Denkmalschutz II. Die Bedeutung der Nutzungspflichten im Aufbau der Untersuchung . . . III. Die hochrangige Bedeutung der Nutzung von Denkmalen als Grundlage der Nutzungspflichten 1. Die übereinstimmenden Aussagen des Schrifttums 2. Die Nutzungsfrage - nach dem Recht der Nutzungspflicht nicht nur eine Frage eigentümerbezogener Zumutbarkeit IV. Praxisbezogene Beispielnennungen der (Um-)Nutzung von Objekten des Denkmalschutzes im Zusammenhang mit den Nutzungspflichten . . 1. Beispielfälle 2. Ungenutzte, schwer nutzbare Objekte V. Die Problematik der Stufung „ursprüngliche - gleichwertige - substanzerhaltende Nutzung" 1. Die bayerische Regelung und die der anderen Länder - Kritik 2. Das Problem der „ursprünglichen Nutzung" 3. Gleiche und gleichwertige Nutzung 4. Die substanzerhaltende als stets anzustrebende Nutzung; die „Denkmalbotschaft" VI. Die Hamburger Lösung: Vertragliche Einigung über Nutzungen 1. Die Vertragsregelung und ihre Vorteile 2. Die Hamburger Nutzungsvereinbarungen als Beleg für einen nutzungsorientierten Denkmalbegriff E. Denkmalnutzung und „Zumutbarkeit" für den Berechtigten I. Die Ausgangsfrage: Zumutbarkeit - einzige (äußere) Schranke des Denkmalschutzes? 1. Zumutbarkeit als „äußere Schranke" 2. Zumutbarkeitsprüfung allein - zuwenig oder zuviel Berechtigtenschutz II. Die (Un-)Zumutbarkeit im Recht des Denkmalschutzes - Allgemeines 1. Die herrschende Lehre: Unzumutbarkeit als Schranke des Denkmalschutzes 2. Die besondere Problematik des § 14 Hamburger Denkmalschutzgesetz 3. Zumutbarkeit als einzige Nutzungs-Schranke des Denkmalschutzes? 4. Unzumutbarkeit als Zuschußbedarf - eine unzulässige Verengung Verkürzung von Rechten der Betroffenen III. Die Problematik der Abwägung bei der Zumutbarkeitsprüfung
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1. Abwägung und Vergleichbarkeitsprobleme 119 2. Gefahren für Denkmalschutz und Betroffene 120 IV. „Objektive" oder „subjektive" Zumutbarkeit? 121 1. Die objektive Theorie 122 2. Die subjektive Theorie 122 3. Vorzüge der subjektiven Auffassung 123 4. Zumutbarkeit in „subjektivem" Verständnis: (nur) eine weitere Prüfungsstufe im Recht des Denkmalschutzes 126 V. Zuschüsse - Entschärfung, nicht Lösung der Nutzungsfrage 126 1. Die staatliche Förderungspflicht 126 2. Zuschüsse - ein unvollständiger Nutzungsausgleich 128 F. Denkmalgerechte Nutzung und Steuerrecht I. Steuerrecht als „Subventionsrecht des Denkmalschutzes" 1. „Bundesrecht nach Landesrecht" 2. Das Zurücktreten des Denkmal-Steuerrechts im Recht des Denkmalschutzes II. Die Entwicklung der Steuergesetzgebung im Denkmalbereich - Allgemeines 1. Der Schwerpunkt der abgabenrechtlichen Regelungen im Einkommensteuerrecht 2. Die Entwicklung der Einkommensteuer-Gesetzgebung III. „Die Herstellung" 1. Herstellungskosten „zur Erhaltung oder sinnvollen Nutzung" - Begriffsklärung 2. Erhaltung - nicht „Schaffung von Neuem" IV. Absetzbarkeit von Kosten zur „sinnvollen Nutzung" 1. Der Begriff „sinnvolle Nutzung" 2. „Sinnvolle Nutzung" nach Bundes-Steuerrecht und Denkmalschutzrecht der Länder 3. „Sinnvolle Nutzung" als „zeitgemäße Nutzung" V. Fazit: Das Steuerrecht - Bestätigung der denkmalgerechten Nutzbarkeit als Element des Denkmalbegriffs G. Denkmalschutz in Hamburg - Eigenart und Modellcharakter: Die Dominanz der Nutzbarkeit I. Die Fragestellung: Hamburgs Denkmalpraxis - Praktische Bestätigung einer rechtsdogmatischen These 1. Die notwendige Verbindung von rechtlicher Betrachtung und denkmalpflegerischer Fachpraxis 2. Die Fragestellungen im einzelnen - Plan II. Historische, kultur- und sozialpsychologische sowie städtebauliche Gegebenheiten - die „Grundstimmung des Denkmalschutzes" in Hamburg 1. Keine Denkmaldominanz - Denkmalarmut? 2. „Kommerzmentalität" und Nutzungsorientierung
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3. Der „sozial- und kulturpsychologische" Aspekt 4. Städtebauliche Besonderheit: Dominanz der „Mehrzweck(e)denkmale" III. Beispiele eines „nutzbarkeitsbezogenen Umnutzungs-Denkmalschutzes" 1. Die Zeit bis zum Ende des 1. Weltkrieges 2. Die Periode von 1920 bis 1950 3. Die Zeit des Wiederaufbaus bis 1960 4. Denkmalschutz und Umbauten unter steigendem Verwertungsdruck - die vergangenen vier Jahrzehnte 5. Neuerdings herausragende Problemfelder nutzungsorientierten Denkmalschutzes: Speicherstadt und Hafen Altona 6. Zur Nutzungsphilosophie des Hamburger Denkmalschutzes IV. Die nutzungsfreundliche Verwaltungsorganisation des Hamburger Denkmalschutzes 1. Die organisatorische Entwicklung 2. Die stadtstaatliche Organisation der „kurzen Wege" 3. Die Einbeziehung des externen Sachverstandes V. Das Hamburger Muster eines kooperativen Denkmalschutzes 1. Eine frühe rechtswissenschaftliche Orientierung 2. Vertragslösung als Rahmen 3. Kooperative Begleitung von Denkmalschutz verfahren 4. Die denkmalgerechte, zeitgemäße Nutzung - Ergebnis Hamburger Denkmalschutzes VI. „Hamburger Modell?" - Anstöße aus Hamburg, Modell aus Hamburg und darüber hinaus? VII. Ausblick zur Umsetzung der Ergebnisse in die allgemeine deutsche Denkmalschutzpraxis
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Ergebnisse
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Literaturverzeichnis
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Sachverzeichnis
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Abkürzungsverzeichnis Hinsichtlich der Abkürzungen wird, soweit diese nicht nachfolgend erläutert werden, verwiesen auf Kirchner, //., Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Auflage, Berlin/New York 1993. a. A. a. a. O. a.aen.Oen. a.E. Abs. allg. amtl. Anm. AöR ausf. BauR BayVBl BayVerfGH BayVGH BB BBG Bd. BFH(E) BFH/NV BGBl BGH(Z) BRS BStBl BVerfG(E). BVerfGG BVerwG(E) bzw. d.h. DB ders. dies. Diss. DJZ
anderer Ansicht am angegebenen Ort (unter Bezugnahme auf eine der drei vorhergehenden Fußnoten) an angegebenen Orten am Ende Absatz allgemein amtlich Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift) ausführlich Baurecht Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Betriebsberater (Zeitschrift) Bundesbeamtengesetz Band Bundesfinanzhof(-sentscheidungen), amtliche Sammlung Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (seit 1985) Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Baurechtssammlung Bundessteuerblatt Bundesverfassungsgericht(-sentscheidungen) Bundesverfassungsgerichtsgesetz Bundesverwaltungsgericht(-sentscheidungen) beziehungsweise das heißt Der Betrieb (Zeitschrift) derselbe dieselbe(n) Dissertation Deutsche Juristenzeitung (Zeitschrift, bis 1945)
Abkürzungsverzeichnis
DÖV DSchG DSI DStZ DVB1 ebda EFG EzD f., ff. FN. FS GewArch GG ggf. GrS Hdb. Hg. hL JuS JZ M.w.N MDR n.F. N.F. Nachdr. NJW NUR NVwZ NW NWB NWVB1 OVG(E) RFH(E) Rn. urspr. VerwArch vgl. VR ZfB(R) ZMR ZRP
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Die öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Denkmalschutzgesetz Denkmalschutz-Informationen, herausgegeben vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) ebenda Sammlung der Entscheidungen der Finanzgerichte Entscheidungen zum Denkmalrecht (Loseblattausgabe) folgend, fortfolgend Fußnote Festschrift Gewerbearchiv (Zeitschrift) Grundgesetz gegebenenfalls Großer Senat Handbuch Herausgeber herrschende Lehre Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Mit weiteren Nachweisen Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) neue Fassung Neue Folge Nachdruck Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Natur und Recht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift) Nordhein-Westfalen Neue Wirtschafts Briefe, Zeitschrift für Steuer- und Wirtschaftsrecht Nordrhein-Westfäliche Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Oberverwaltungsgericht(-sentscheidungen) Reichsfinanzhof(-sentscheidungen) Randnummer ursprünglich Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) vergleiche Versicherungsrecht. Juristische Rundschau für die Individualversicherung (Zeitschrift) Zeitschrift für das gesamte Baurecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Mietrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift)
A. Denkmalnutzung - ein unterentwickelter Begriff: Fragestellung - Plan der Untersuchung I. Denkmalschutz und Denkmalnutzung 1. „Sachenschutz46 oder „Sachenrecht" Denkmalschutz ist ein neueres, streng objektbezogenes Rechtsgebiet. Im Vordergrund steht der „Status von Sachen", nicht von Menschen, die Sicherung der Objekte, nicht primär die Interessen von Rechtssubjekten. Gemeinsam ist dies dem Denkmalschutz mit dem Naturschutz 1, der sich in seiner Lösung aus bisheriger Anthropozentrik ebenfalls vom menschlichen Subjekt als Bezugspunkt zu einem rechtlichen Sachenschutz entwickelt - vom „Sachenrecht der Bürger zum Recht der Sachen", mit Sicherungs-Selbstzweck. Inwieweit sich hier, im Schutz einer Verfassung, welche „die natürlichen Lebensgrundlagen" sichert 2 , eine wahre Transpersonalisierung vollziehen wird, in der „künftige Generationen" nurmehr als subjektmäßig unfaßbare Transformatoren fungieren, läßt sich heute noch nicht absehen. Kulturstaatliches Denken könnte Denkmäler sicher als wichtigen Teil dieser „natürlichen Lebensgrundlagen" begreifen 3. Diesen Weg nimmt heute bereits deutlich das Recht der internationalen Denkmalschutz-Abkommen 4 . Dennoch ist das Denkmalschutz-Recht, gerade in diesem seinem Objektbezug, 1 Zu Parallelen beider Rechtsgebieten, ja zur Übertragbarkeit von Sicherungsformen des Naturschutzes auf den Denkmalschutz, vgl. BGH NJW 1979, 210 (211); Moench, Chr., NJW 1980, 1548; Müller, Martin, Baudenkmalschutz und Eigentumsbeeinträchtigung, 1985, S. 117 ff.; Gawehns, H. C., Denkmalschutz und zeitgeschichtliche Architektur Diss. Erlangen, 1999, S. 185 f. m. Nachw., insbesondere zur Situationsgebundenheit; zu Letzerem auch noch Kröninger, H., NVwZ 1996, 433 m. Nachw. zur Rspr.; zu Schutzformen im einzelnen Hönes, E.-R., DÖV 1998, 497 f. 2 Artikel 20 a, vgl. dazu u.a. Murswiek, D., Umweltschutz - Staatszielbestimmung oder Grundsatznorm? ZRP 1988, 14 ff.; ders. Staatsziel und Umweltschutz, NVwZ 1996, 222 ff. 3 Zu einem solchen „Kulturgutbegriff 4 des Denkmals Hammer, F. DÖV 1999, 1039 ff.; zum „polymorphen" Kulturbegriff u.a. Kersten, H., Kultur - Kultusbegriff - Kulturdenkmalbegriff, Bern 1999, insb. S. 55 ff., zum Kulturdenkmalbegriff ebda. S. 238 ff.; zum Kulturbegriff vgl. allg. Heinz, K., Kultur - Kulturbegriff Kulturdenkmalbegriff, 1993. 4 Siehe Nachw. b. Brohm, W., DVB1 1985, 593 (595); zur Haager Konvention von 1954 siehe Hönes, E.-R., DÖV 1988, 538 ff., ähnlich die Europäische Denk-
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A. Denkmalnutzung - ein unterentwickelter Begriff
Teil eines öffentlich-rechtlichen Sachenrechts im weiteren Sinn, welches Rechte und Pflichten von Menschen oder menschen-getragenen juristischen Personen im Verhältnis zu Immobilien wie Mobilien regelt. In diesem Sinn gehört auch der öffentlich-rechtliche Denkmalschutz5 zu jener Regelungsmaterie des Realrechts, welche unter der Grundsatznorm des § 903 S. 1 BGB steht: Für das Eigentum heißt es dort, daß es dem Inhaber gestatte, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen, soweit eben nicht „das Gesetz" entgegensteht, und damit nicht zuletzt: der Denkmalschutz.
2. Die Nutzungsfrage - das „Denkmalgerechte" Diese Eigentumsrechte beinhalten nun aber von jeher, gerade auch im Bürgerlichen Sachenrecht, eines: Nutzungsrechte an der Sache6. Das Gesetz beschränkt die Nutzung zwar, setzt aber gerade darin die grundsätzliche Nutzbarkeit voraus. Daher drängt sich eben für das Recht des Denkmalschutzes die Frage auf: Wie hält es diese Regelungsmaterie mit der „Nutzbarkeit von Denkmalen"? Betrachtet und normiert sie diese ohne jeden Bezug zu einer wie immer gearteten Nutzbarkeit, im Sinne einer in sich völlig „nutzungsblind errichteten Schranke von Nutzungen" - oder kann es etwas geben wie „denkmalgeneigte", ja „denkmalgerechte", jedenfalls „denkmalimmanente", denkmalrechtlich sinnvolle, nicht nur (gerade noch) „denkmalverträgliche" Nutzung? Oder anders ausgedrückt: Hat der Denkmalschutz Rücksicht zu nehmen auf eine - wie auch immer sodann näher zu bestimmende - Nutzung, welche das Denkmal ermöglicht, für welche es gar bestimmt ist, aus sich selbst heraus, gerade auch nach öffentlich-rechtlichem Denkmalschutz? Dies ist die Zentralfrage der folgenden Untersuchung. Sie stellt sich gerade für den Denkmalschutz. Denn anders als jene Natur, die sich der Mensch von jeher, und ganz selbstverständlich, Untertan - eben nutzbar gemacht hat, ist der Denkmalschutz entstanden aus dem primären Bemühen, Objekte einer sie angeblich oder wirklich gefährdenden Nutzung zu entziehen, sie gerade darin zu schützen. Nach einem herkömmlichen Sachenrecht, wie neuerdings nach einem Verfassungsrecht (vgl. i. Folg. B.), welches Nutzungsrechte unter Schutz stellt, läßt sich also die Nutzungsund Nutzbarkeitsfrage nicht (mehr) umgehen, mag sie im Denkmalschutz malschutz-Charta, DVB1 1975, 946 F.; vgl. auch Hönes, E.-R., Denkmalrecht und Dorferneuerung, 1988, S. 140 ff. 5 Dem gelegentlich sogar jede privatrechtliche Wirkung zwischen Rechtsgenossen abgesprochen wird, weil er allein dem öffentlichen Interesse diene, siehe etwa Moench, Chr., NVwZ 1984, 151. 6 Vgl. dazu f. viele BGH NJW 1994, 188.
I. Denkmalschutz und Denkmalnutzung
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auch bisher weithin vernachlässigt worden sein, seinen Ausgangspunkten schlechthin nicht entsprechen; gerade das macht sie spannend. Es geht um die mögliche Auflösung - oder doch Abschwächung - der dem Denkmalschutz schon aus seiner Entwicklung, wie sich sogleich zeigen wird, immanenten Spannung zwischen Schutz und Nutzung.
3. Denkmalnutzung und Denkmalwert Die folgende Untersuchung beschäftigt sich mit der „Denkmalnutzung", nicht mit dem „Denkmalwert". Dabei geht sie davon aus, daß sich beides nicht grundsätzlich und vollständig trennen läßt. Gerade im Denkmalschutzrecht ist anerkannt, daß sich Wertminderungen aus Nutzungseinschränkungen ergeben 7, weil sich letztere eben im Verkaufserlös niederschlagen; und gerade entsprechend der Wertminderung wird hier die entscheidende Frage nach der Enteignung(sentschädigung) gestellt 8 . Eben beim Wertbegriff aber ist Vorsicht geboten: Die herkömmliche, museal geprägte Begründung des Denkmalschutzes geht von einer anderen Wertvorstellung aus als der des herkömmlichen, wirtschaftlich orientierten Nutzungswerts: Hier steht eben das Kulturdenkmal im Vordergrund 9, etwas wie ein „Kulturwert", der sich gerade daraus ergibt. Er ist nicht nur mit dem weithin nutzungs-, d.h. „profitorientierten" Verkehrswert nicht identisch, er wird diesem sogar rechtlich wie im allgemeinen Verständnis gegenüber gestellt. Nur wenn es gelingt, den hinter diesen Wertungen stehenden Begriff der Nutzung in Verbindung von Denkmalschutz und wirtschaftlichen Interessen zu bestimmen, wird es auch möglich, den „Wert eines Denkmals" näher zu erfassen, zu verhindern, daß er in völlig heterogene Wertbegriffe („Wert für die Gemeinschaft" - „Wert für den Eigentümer") auseinanderfällt. Etwas wie ein „denkmalschutzbezogener ökonomischer Wert" läßt sich schwer ausmachen - daß es aber denkmalschutzorientierte wirtschaftliche Nutzung geben kann, soll die folgende Betrachtung erweisen, und zwar gerade aus Wesen und Interessenlagen des Denkmalschutzes heraus.
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Siehe etwa Moench, Chr., NJW 1980, 1551/52. Siehe etwa BGH NJW 1979, 210 (211); Moench, Chr., NJW 1980, 547 m. Nachw.; ders., NVWZ 1988, 3112. Früher wurde allerdings die Enteignungsfrage von der Wertminderung getrennt, vgl. OVG Hamburg MDR 1965, 417. 9 Grdl. allg. dazu Heinz , K., Kultur - Kulturbegriff - Kulturdenkmalbegriff 1993; dazu Hönes, E.-R. DÖV 1998, 422; Moench, Chr. NJW 1980, 1545; ders. DVB1. 1984, 413; van den Boom, H.L., Der Sachverständige im Denkmalschutz, unter besonderer Berücksichtigung des hamburgischen Rechts, Diss. Hamburg 1992, S. 8 ff.; Melchinger, H., Die Eigentumsdogmatik des Grundgesetzes und das Recht des Denkmalschutzes, 1994, S. 223 ff.; Hönes, E.-R., Denkmalrecht, S. 12 ff.; Fischermeier, E., Die Inschutznahme im Denkmal- und Naturschutzrecht und ihre Bedeutung für das Verwaltungssachenrecht, Diss. Erlangen, S. 71 ff. 8
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A. Denkmalnutzung - ein unterentwickelter Begriff
II. Die besondere Bedeutung des Hamburgischen Denkmalschutzrechts Die folgende Abhandlung versteht sich nicht als eine rechtshistorische, sondern als eine rechtsdogmatische Untersuchung, zu einer bestimmten, bedeutsamen Frage. Die Geschichte des Denkmalschutzes als solchen ist neuerdings eingehend dargestellt worden 10 . Dort finden sich jedoch keine spezielleren Hinweise zu der hierzu zu behandelnden Problematik. Dieser historische Überblick zeigt immerhin bereits die besondere Intensität, mit welcher gerade in der Hansestadt Hamburg nicht nur tatsächlich 11 sondern vor allem auch aus juristischer Sicht Denkmalschutz seit langem betrieben wird. Berichtet wird über behördliche Ratserteilung und betreuende Pflege, über „kleinere Verordnungen" seit der Mitte des 19. Jahrhunderts sowie über eine Senatsverfügung von 1883: Alle Beamten hatten in und an Bauwerken befindliche Altertümer und Kunstdenkmäler weitgehend zu schützen 1 2 . Im Baupflegegesetz von 1912 wurde bereits in § 1 der „Schutz von Bau- und Naturdenkmälern" geregelt und in § 2 Ziff. 2 die Baupflegekommission ermächtigt, gegen Veränderung oder Beseitigung von Denkmälern Einspruch zu erheben 13 . In der Weimarer Zeit wurde schon am 06.12.1920 eine umfassende Regelung des Denkmalschutzes in Hamburg mit dem Denkmalpflege- und Naturschutzgesetz erlassen 14. Nach dem zweiten Weltkrieg kam es bereits im Jahre 1950 zu einem neuen Entwurf für ein Denkmalpflegegesetz, zu dem auch eine öffentlichrechtliche gutachtliche Stellungnahme eingeholt wurde 1 5 . Die Angelegenheit wurde zwar damals nicht weiter verfolgt, erörtert wurden jedoch allgemein Vor- und Nachteile einer solchen gesetzlichen Regelung 16 . 10 In den beiden Habilitationsschriften von Hammer, F., Die geschichtliche Entwicklung des Denkmalrechts in Deutschland, 1995, sowie in der von Speitkamp, W., Die Verwaltung der Geschichte, 1996; siehe zur geschichtlichen Entwicklung auch Melchinger, H., Die Eigentumsdogmatik des Grundgesetzes und das Recht des Denkmalschutzes, 1994, S. 44 ff. 11 Vgl. dazu vor allem Schuhmacher, F., Hamburger Staatsbauten 1909-1991/21, 1995; Fischer, M JForst, M., Denkmalpflege in Hamburg, 2000. 12 van den Boom, H.-L., Der Sachverständige im Denkmalschutz, unter besonderer Berücksichtigung des hamburgischen Rechts. Dissertation Hamburg 1972, S. 32; vgl. zu dieser Periode auch Hammer; F., Die geschichtliche Entwicklung, S. 66 ff. 13 Amtsbl. S. 195 ff., in Geltung bis zum Baupflegegesetz von 1929 (GVB1 S. 959). 14 Dazu Hammer, a.a.O., S. 211 ff.; van den Boom, a.a.O., S. 33 ff. 15 Liermann, H., Denkmalschutz, Rechtslage und Rechtsfragen, unveröffentlichtes Gutachten für das Hamburgische Denkmalschutzamt, etwa 1956; vgl. näher dazu unten G. V. 1.
III. Die Entwicklung des Denkmalschutzes
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Das Denkmalschutzgesetz von 1920 blieb bis 1973 in Kraft, bis zum Erlaß des noch immer geltenden Denkmalschutzgesetzes der Hansestadt17. Die besondere Berücksichtigung des Hamburger Denkmalschutzes in den folgenden Untersuchungen liegt also schon deshalb nahe, weil die Hansestadt hier eine herausragende Stellung einnimmt, nach der auch juristisch besonderen Tradition ihres Denkmalschutzes, dessen einmalige Konzentration auf eine große Stadt sowie auf deren Umland, und nicht zuletzt angesichts der noch näher darzustellenden Spezialitäten gerade der juristischen Ausgestaltung ihres Denkmalschutzes (vgl. D. VI., G.).
III. Die Entwicklung des Denkmalschutzes Musealprägung in Föderalvielfalt 1. Die Musealprägung - ein neuer „Nutzenbegriff" Die Geschichte des Denkmalschutzes in Deutschland 18 und Österreich 19 war seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts zunächst stark beeinflußt durch französische Verwaltungs- und Schutzbemühungen für monuments historiques 20 . In der eher tastenden Entwicklung, etwa in Preußen 21 oder in Bayern 2 2 , zeigten sich aber von Anfang an Linien, welche der Einbeziehung von Nutzungsüberlegungen zuwiderliefen, das Denkmalschutzrecht aber bis heute entscheidend geprägt haben. a) Vor allem war es etwas wie eine Musealität, aus der heraus von Anfang an Denkmalschutz betrieben wurde. Die französische Revolution 23 hatte erstmals in großem Umfang Kunstwerke in Museen versammelt, sie in diesen „Friedhöfen der Kunst" (Chateaubriand) nachdenklicher Betrachtung vorgestellt. Damit wurden sie dem prestigeorientierten, zugleich priva16
van den Boom, H.-L., a.a.O., S. 35 ff. Hamburger Denkmalschutzgesetz vom 03.12.1973, GVB1 S. 466, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.11.1999, GVB1 S. 255. 18 Allg. dazu grdl. Hammer, F., Die geschichtliche Entwicklung des Denkmalschutzes in Deutschland, 1995; ferner vor allem Oebbecke, JJDiemert, D., DÖV 1998, 397 ff.; Schmitt, G., BayVBl 1975, 433 (vertiefend mit vielen Nw.); Speitkamp, W., Die Verwaltung der Geschichte, 1996; Hönes, E.-R., VerwArch 1989, 480 ff.; weit. Nw. b. Bartlsperger, R., DVB1 1981, 284. 19 Siehe etwa Hammer, F., DÖV 1999, 1038; ders. Die geschichtliche Entwicklung, S. 159 ff.; Hönes E.-R., DÖV 1983, 333; Zöllner, W., BayVBl 1957, 211. 20 Näher Oebbecke J./Diemert, D., DÖV 1998, 397 ff. m. Nachw. 21 Siehe Jerrentrup, F. W., DÖV 1958, 99 ff.; Hönes, E.-R., VerwArch 1989, 481 f. 22 Zöllner, W., BayVBl 1957, 208 f.; Schmitt, G., BayVBl 1975, 434 ff. m. Nachw. 23 Vgl. allg. Karpen, U., Der Rechtsstaat des GG, 1992, S. 57 f. 17
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ten und herrscherlichen „Nutzen" früherer Zeit entzogen, einem „neuen Nutzen" zugeordnet: dem der öffentlichen Besichtigung, einer Volks-Didakt i k 2 4 im weitesten Sinn. Es ist dies also ein erweiterter „Nutzenbegriff' gegenüber dem Eigentum, das sich in der selben französischen Revolution entfaltete, als droit inviolable et sacré. Diese museale Grundstimmung konnte sich von Anfang an nicht auf „mobile Denkmale" beschränken: Über Wandmalereien, Skulpturen, Baukunst und Gartenanlagen 25 drang sie rasch vor zum Immobiliardenkmal und fand dort bald ihr eigentliches denkmalschützendes Betätigungsfeld: in den monuments classés 26 , einem Begriff, der in Frankreich heute noch steht für den besonderen Wert des Musealen - eines Gegenstandes, der seinen Nutzen in reiner Betrachtung findet, fernab von aller profitorientierten Nutzung. Das „Baudenkmal", nunmehr Kernbegriff des Denkmalschutzes, wurde damit zu einer Art von baulich eingegrenztem „Freilichtmuseum" einem Begriff, der erstaunlicherweise im Denkmalschutzrecht nur selten auftaucht 27 . So kam es zu Vorstellungen vom „Nutzen des funktionslosen Denkmals" 28 und zur Betonung der Aufgabe der Denkmalpflege, bei „Kosten-Nutzen-Rechnungen die geschichtlichen Werte in die Waagschale zu werfen" 29 . Der Denkmalschutz mag „reine Musealität" ablehnen, die Gegenwart in seine Bemühungen einbeziehen: Museen gerade für moderne, für zeitgenössische Kunst haben aber Hochkonjunktur, und in ihnen soll das Kunstwerk zum Monument der Gegenwart werden, aus einer börsenspekulativen Nutzbarkeit in nutzenferne Betrachtung versetzt. Denkmalschützer, die ihre Motive, Vorlieben, Begeisterungen vorbehaltlos analysieren, werden zugeben, daß die Denkmalpflege, gerade wenn sie dieses schöne Wort verdienen will, sich eben diese museale Grundstimmung immer wird erhalten wollen. b) Eine zweite, historisch bedeutsame Entwicklungslinie, in der sich der Denkmalschutz vom „Nutzendenken" geradezu grundsätzlich, vor allem von einem wirtschaftlich orientierten Nutzungsbegriff entfernen sollte, wiederum im Sinne einer Musealität i.w.S., war der Schutz der Bodendenkmä24
Die bis heute im Denkmalschutzrecht noch immer eine gewisse Rolle spielt, vgl. Hammer, F., DÖV 1995, 362, unter Hinw. auf Myklebust. 25 Dazu grdl. Hönes, E.-R., DÖV 1998, 491 ff. 26 Oebbecke/Diemert, DÖV 1998, 401. 27 Siehe etwa Kleeberg, R./Eberl, W., Kulturgüter in Privatbesitz, Handbuch für das Denkmal- und Steuerrecht, 2. A. 2001 (i. Folg. Kleeberg/Eberl, Hdb.) Rn. 42. 28 Gebeßler, A., in: Gebeßler A./Eberl, W., Schutz und Pflege von Baudenkmälern in der Bundesrepublik Deutschland, 1980, S. 64. 29 Mosel, a.a.O.
III. Die Entwicklung des Denkmalschutzes
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ler 3 0 . Diese Monumente meist ferner Vergangenheit sind ihrem Wesen nach überhaupt nur museal nutzbar, wirtschaftlich bringen sie allenfalls Eintrittsgelder. Freilichtmuseen von historisch-didaktischem Wert: so könnte man ihr Wesen, ihre eigentümliche, unökonomische Nutzbarkeit umschreiben. Von ihnen ausgehend31, erreichte eine archäologische, bis in neuere Geschichte hinein wirkende Entdeckerfreude einen Denkmalschutz, für dessen Motivation es nun in der Tat bedeutungslos sein konnte, ob ein Fossil, eine Wandmalerei, eine Gartengestaltung, eine Landschaft wiederentdeckt, ja rekonstruiert wurde, oder ob sie „von Anfang an", im wesentlichen unverändert, Bestand hatte. Irgendwo steckt in jedem Denkmalschutz auch eine vielleicht nur ferne, aber sicher tiefe - archäologie-psychologische Bemühung und Freude; und das „in seiner Pflege Entdeckte" bringt dann eben nur diesen „Nutzen" - und den einer weitgehend, wenn nicht rein historischen Erkenntnis. Weit ist es von dort zu jeder Erwägung, die an „Nutzen" im herkömmlichen wirtschaftlichen Sinn denkt, nah aber zur Museumspflege, welche sich ja auch den Bodenfunden öffnet. c) Schließlich war der Denkmalschutz in seiner Entfaltung im 19. Jahrhundert geprägt durch einen Begriff, dem in seiner radikalen Einseitigkeit ein rein öffentlich-rechtliches Schutzdenken, gewiß aber kein interessenwahrendes Nutzungsbemühen eigen sein konnte: jener Schutz gegen „grobe Verunstaltungen" 32 , welcher vor allem in Preußen 33 einzelne Bauwerke, ganze Straßenzüge, ja Altstadtteile zum Gegenstand denkmalschützerischer Bewahrung machte. Unbeschadet der praktisch wohl nicht erheblichen Bedeutung solcher Veranstaltungen zeigte sich hier doch vor allem eine letzte Grenzziehung, bei deren Festlegung im einzelnen Nutzungsüberlegungen nun wirklich kein Gewicht zukommen konnte: Was „verunstaltet", und gar noch in grober Weise, kann unter keinem denkbaren Gesichtspunkt durch Nutzungsüberlegungen gerechtfertigt werden, diese können in jenem Begriff überhaupt nicht mitgedacht werden. Bis in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg 34 war also der Denkmalschutz im heutigen Verständnis nicht nur eine an sich schon wenig entwickelte Materie; in seine rein öffentlich-rechtlichen Schutzveranstaltungen hat die Nutzungsproblematik keinen Eingang gefunden, da sie, wenn überhaupt, von aller Ökonomie gegenüber gänzlich verschiedenen Nutzungsvorstellungen 30
Dazu allg. Brügge, J., Bodendenkmalrecht unter besonderer Berücksichtigung der Paläontologie, 1993; Gahlen, H. G., NVwZ 1984, 687; Oebbecke J., DVB1 1983, 384 ff., alle m. zahlr. weit. Nachw. 31 Immerhin hat es in Preußen nie ein umfassendes Denkmalschutzgesetz gegeben, sondern eben nur das „Ausgrabungsgesetz" von 1914 (Preuss, GS 1914 Nr. 10). 32 Preußisches ALR §§ 66 u. 71 I 8, vgl. RGZ 9, 380; PrOVG 33, 487; 99, 203. 33 Näheres dazu bei van den Boom, H.L., Der Sachverständige, S. 23 ff. 34 Zur geschichtlichen Entwicklung vgl. Hammer, F., S. 81 ff.
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geprägt war: von denen einer betrachtenden, diese Betrachtung genießenden Musealität i.w.S.
2. Denkmalschutz - in föderaler Verzweigung, nicht aus der Einheit eines wirtschaftsrechtlichen Nutzenbegriffs a) Der Begriff des „Denkmals" ist in der deutschen Rechtsentwicklung von Anfang an - in welcher Form immer - ein Regelungsgegenstand des Landesrechts gewesen 35 . Erstmals erscheint der Denkmalschutz in einer gesamtstaatlichen Norm in Art. 150 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung: „Die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft genießen den Schutz und die Pflege des Staates". Abgesehen davon, daß dies nur ein Staatsziel festlegte 36 und vor allem staatskirchenrechtlich die Staatsverantwortung auch für kirchliche Monumente bekräftigen sollte 37 - Denkmalschutz und vor allem der Denkmalbegriff blieben landesrechtlicher Regelung vorbehalten; die Länder waren weiterhin dominant und wehrten sich mit Erfolg gegen eine kulturpolitische Entmachtung durch das Reich 3 8 . Zwar wurde in Weimarer Zeit, soweit ersichtlich erstmals, ein Zusammenhang mit einer verfassungsrechtlichen Eigentumsfreiheit und damit auch einem gesamtstaatlichen wirtschaftsrechtlichen Nutzungsbegriff gesehen 3 9 , „Nutzung und Denkmalschutz" oder gar „Nutzung als Denkmalschutz" war aber weiterhin rechtlich kein Thema. b) Nach 1945 40 vollzog sich jedoch, weniger wohl zur Wahrung der Kontinuität mit Weimar als vielmehr unter dem Eindruck der schweren Verluste an Kulturgütern im Kriege, eine Wende: Über die Hälfte der Verfassungen in den westdeutschen Ländern beinhalteten nun Bestimmungen über Denkmalschutz 41 ; nach 1990 finden sich solche in allen Verfassungen der 35
So ergingen die beiden ersten - und bis nach dem 1. Weltkrieg einzigen - speziellen Denkmalschutzgesetze Deutschlands als Landesgesetze, das Hessische Gesetz vom 16.07.1902 (Reg.-Bl. S., 275) und das Gesetz Oldenburgs vom 18.05.1911 (GBl. S. 959). Dazu und zu weiteren Teilregelungen vgl. Hammer; F., Die geschichtliche Entwicklung, S. 151 ff.; van den Boom, H.-L., Der Sachverständige S. 18 ff., beide m. Nachw. 36 Hensel, A., AöR 53 (1928), 321 (325 ff.); Schmidt, Artur B. in: Nipperdey (Hg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung Bd. 3, 1930, 100; Anschütz, G., Die Verfassung des Deutschen Reiches, 14. A. 1933, S. 695; Hammer, a.a.O. S. 188 ff. 37 Dazu Heckel, M., Staat - Kirche - Kunst, 1968, S. 62 ff. 38 Speitkamp, W., Die Verwaltung der Geschichte, 1996, S. 140 ff. 39 Von einer „Sozialisierung des Kunstbesitzes" sprach das Preußische Justizministerium bereits 1920, vgl. Speitkamp a.a.O., S. 180. 40 Das änderte sich auch nach 1989 nicht, vgl. dazu Karpen, U., (Hg.), Zum gegenwärtigen Stand der Gesetzgebungslehre in der Bundesrepublik Deutschland, 1998, S. 283 ff.
III. Die Entwicklung des Denkmalschutzes
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neuen deutschen Länder 42 . Sie gehen jedoch nicht wesentlich über den Verfassungsinhalt von Weimar hinaus. Selbst die in ihrem Artikel 141 besonders explizite Bayerische Verfassung 43 bietet als solche keine rechtliche Eingriffsgrundlage mit Wirkung auf Nutzbarkeit 44 . Das Bundesverfassungsrecht des Grundgesetzes zieht sich sogar noch weiter vor der Kulturhoheit der Länder zurück und sieht nur die - denkmalschutzrechtlich marginale Regelungskompetenz des Bundes für die Abwanderung von Kulturgut ins Ausland vor 4 5 . Der Denkmalschutz hat also zwar als solcher Eingang in die Verfassungen gefunden, übrigens auf breiter Front auch außerhalb von Deutschland 46 , der Denkmalbegriff und damit der Betrachtungsgegenstand dieser Untersuchung ist jedoch eine Materie des Landesrechts geblieben. c) Seit den 70iger Jahren 47 sind in rascher Folge Denkmalschutzgesetze in allen deutschen Ländern entstanden48. In den Formulierungen mögen sie variieren, ihr Schutzbereich jedoch ist weitgehend derselbe 49 . Insbesondere stimmen die Legaldefinitionen, vor allem die des Denkmals, derart überein 5 0 , daß im folgenden weithin von einem „gemeinen deutschen Denkmalrecht" und auch einem eben solchen Denkmalbegriff ausgegangen werden kann. Daran hat auch ein zwischenzeitlich ergangenes Bundesrecht nichts geändert. Denkmalschützerische Weitungen sind gewiß für nicht wenige Normwerke des Bundesrechts von oft entscheidendem Belang, insbesondere im Baurecht 51 , und das „Gesetz zur Berücksichtigung des Denkmalschutzes im Bundesrecht" 52 hat die wichtigsten Überwirkungen vom Landesrecht des 41 Siehe dazu u.a. Melchinger, H., Eigentumsdogmatik, S. 219 ff.; Körner, R., Denkmalschutz und Eigentumsschutz, 1992, S. 129 ff.; Lülsdorf, W., Eigentumsrelevante Maßnahmen im Denkmalschutzrecht, Diss. Köln 1992, S. 13 f. 42 Hammer, R., Die geschichtliche Entwicklung, S. 296 ff. 43 Siehe dazu u.a. Schleich, E./Rupf J., BayVBl 1974, 441; Zöllner, W., BayVBl 1957, 208. 44 Zöllner a.a.O. 45 Urspr. Art. 75 Nr. 5, nunmehr Art. 75 Abs. 1 Nr. 6 GG - nurmehr Rahmengesetzgebungszuständigkeit, vgl. dazu Kleeberg/Eberl Hdb. Rn. 7. 46 Vgl. dazu den Überblick von Hammer, F., DÖV 1999, 1037 ff. 47 Als erste systematische Regelung trat das Bayerische Gesetz zum Schutz und zur Pflege von Denkmälern vom 25. Juni 1973 (BayRS 2242-1-K) in Kraft, bald gefolgt von dem ersten norddeutschen Denkmalschutzgesetz, dem Hamburger Gesetz vom 03.12.1973 (GVB1. S. 466). 48 Zusammengestellt bei Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz beim Bundesminister des Inneren (Hg.) 3. A., bearb. v. Eberl, W./Kleeberg, R., 1997. 49 Überblick bei Hammer, F., DÖV 1995, 358 ff. 50 Hammer, F., a.a.O., 359 ff.; siehe auch Kleeberg/Eberl, Hdb., Rn. 36 ff. 51 Vgl. f. viele Erbguth, W., DVB1 1985, 1353 f.; Brohm, W., DVB1 1985, 593 ff.; Bartlsperger, R., DVB1 1981 284 (293 f.); siehe auch Lülsdorf, W., Eigentumsrelevante Maßnahmen, S. 11 ff.; Müller, Martin, Baudenkmalschutz, S. 171 ff.
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Denkmalschutzes ins Bundesrecht zusammengefaßt 53. Doch unbeschadet der weiteren Frage, inwieweit dabei das Landesrecht dem Bundesrecht vorgeht - hier finden überall Rezeptionen des Landesrechts in den Normenbereich des Bundes statt, hinsichtlich des Denkmals und seines Schutzes, welche die Verzweigtheit des Landesrechts nicht aufheben. d) Nun könnte man annehmen, die föderale Verzweigtheit des Denkmalschutzrechts bleibe ohne Auswirkung auf die Problematik „Nutzen und Denkmal", auf einen Begriff der denkmalgerechten, vielleicht gar denkmalnötigen, jedenfalls aber denkmalverträglichen Nutzung. Dem ist aber nicht so. Daß der Denkmalschutz Materie des Landesrechts geblieben ist, bedeutet in allen Formen von dessen Verzweigung: Der Denkmalschutz beschäftigt sich eben „nicht eigentlich" mit Nutzungsfragen, er ist als solcher, jedenfalls weitestgehend, bisher nutzungsblind. Denn geblieben ist dies ein Objekt-Schutzrecht, das Nutzungsfragen ausklammern will, welche dem Wirtschaftsverwaltungsrecht zuzuordnen sind. In der Tat ist beim Nutzungsbegriff jenes Eigentumsrecht zugrunde zu legen, das eben nicht vielfältig kulturobjektschützendes Landesrecht, sondern in allen wesentlichen Bezügen Bundesrecht darstellt. Daher ist von diesem Nutzungsbegriff auch unten B auszugehen. Gerade deshalb aber nimmt es sich die folgende Betrachtung vor, eine Brücke zwischen dem einheitlichen wirtschaftlich geprägten Nutzenbegriff des Bundes(verfassungs)rechts 54 und dem auf eine gewisse Musealität 55 historisch fixierten und im Landesrecht immer in diesem Sinn weiterentwikkelten Denkmalschutzes zu schlagen. Erst wenn es geistig gelingt, kulturelle Verzweigtheit der Aufgaben des Denkmalschutzes zu kombinieren mit einem auf die „Einheit der Lebensverhältnisse" primär bezogenen Wirtschaftsrecht des Bundes, kann es möglich werden, einen denkmalgerechten Nutzungsbegriff zu entwickeln.
3. Denkmalschutz „in Wellenbewegungen44 - „Denkmalnutzung in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Lage44 Überblicke zur Entwicklung des Denkmalschutzes aus letzter Z e i t 5 6 belegen, daß auf den hier besonders interessierenden Regelungsgebieten des 52
Dazu etwa Schweitzer, MJMeng, W., DVB1 1975, 940 ff. Gesetz vom 01.06.1980, BGBl I 649; dazu Moench, Chr., NJW 1983, 2000; Brohm, L. W., a.a.O., 597. 54 Das insb. in Art. 14 GG seinen Ausdruck findet. 55 i.S. des oben 1 Entwickelten. 56 Bsplh. seien hier nur erwähnt die Arbeiten von Moench, Chr., zur „Entwicklung des Denkmalrechts", in NVwZ 1984, 146 ff. und 1988 304 ff., welche vor allem die Entwicklung der Rechtsprechung der Nachkriegszeit sorgfältig dokumen53
III. Die Entwicklung des Denkmalschutzes
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Denkmalschutzrechts die Gesamtentwicklung in den letzten Jahrzehnten recht kontinuierlich verlaufen ist; Brüche in der Entwicklung, insbesondere des Denkmalbegriffs sind nicht festzustellen. Gleichwohl haben allgemeinere, gerade auch verdeckte politische und wirtschaftliche Bewußtseinswandlungen gewiß auch Einfluß auf Inhalte und Intensität des Denkmalschutzes und damit eben auch auf die „Denkmalnutzung". Schon im 19. Jahrhundert stand eine von Romantik 57 , später vom Historismus geprägte Denkmalschutz-Vorstellung einer „Nützlichkeit" von Denkmalen, jedenfalls wirtschaftlich gesehen, sehr zurückhaltend gegenüber. Der Liberalismus dagegen stellte ökonomisch motivierte Nutzung derart in den Vordergrund, daß gerade deshalb seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts Denkmalschutz als objektsichernde Gegenbewegung verständlich, ja notwendig erschien. Kriege und Zerstörungen weckten sodann einerseits Schutz-Sensibilitäten, zum anderen wiesen die leeren Staatskassen jener Zeit gerade wieder den Weg zu „Denkmalsicherung durch Nutzung". Auch in den letzten Jahrzehnten lösten sich ähnliche Wellenbewegungen ab. Die Entwicklung des Denkmalschutzes seit den 70er Jahren war zunächst von einer wahren Aufbruchstimmung getragen 58 . Diese unverkennbare politische Dynamisierung des Denkmalschutzes 59 , welche ihn aus dem Bereich allgemeiner staatlicher Daseinsvorsorge heraushob 60 , kulminierte im „Denkmalschutzjahr 1975" und weckte auch danach sich verstärkendes politisches und literarisches Interesse. Jahre später wird jedoch bereits wieder ein Rückgang desselben festgestellt 61 , welchen man freilich auch als ein „Zurückschwenken in Richtung eines ausgewogenen Maßes" verstehen kann - und zwar „zum Nutzen eines kulturell und sozial ausbalancierten Denkmalschutzes" 62 . Damit ist bereits auch die vorliegend behandelte Nutzungsproblematik angesprochen und in diese Wellenvorgänge eingeordnet: Die allgemeine politische und vor allem die wirtschaftliche Lage ist ganz entscheidend für
tieren, allerdings weithin unter Verzicht auf dogmatische Vertiefung, sowie noch Hönes, E.-R., VerwArch 1989, 480 ff. 57 Zutreffend widmet dem Hammer, F., Die geschichtliche Entwicklung, einen eigenen Abschnitt, S. 44 ff. 58 Welche auch in der Literatur bemerkt wurde, vgl. etwa Brohm, W., DVB1 1985, 595; Kummer; M. Denkmalschutzrecht, überschreibt seinen ersten Teil geradezu: „Der neue Aufbruch der Denkmalpflege"; siehe auch Leibholz, G., DVB1 1975, 933. 59 Bartlsperger, R., DVB1 1981, 284. 60 Als deren Veranstaltung er früher erschien, vgl. Jerrentrup, F. W., DÖV 1958, 98. 61 Von Hönes, E.-R., VerwArch 1989, 480. 62 Moench, Chr., NVwZ 1988, 306.
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den jeweiligen Stand und die Entwicklungschancen eines nutzungsorientierten Denkmalschutz-Bewußtseins, und zwar in durchaus ambivalenter Weise: Leere Staatskassen können Verständnis wecken für „privaten Denkmalschutz durch Nutzung", wirtschaftlich günstige Zeiten mögen dem Staat die erforderlichen Mittel zuführen, um Denkmalschutz auch an jeder privaten Nutzung vorbei zu betreiben - andererseits kann sich gerade dann der Druck in Richtung auf Berücksichtigung wirtschaftlicher (Konkurrenz-) Zwänge zur Nutzung verstärken. Dies Letzere mag wiederum gerade in Stagnations-, ja Rezessionszeiten zur Notwendigkeit werden. Vieles spricht also dafür, die Denkmalnutzungsproblematik als solche in einer gewissen Abhängigkeit von der jeweiligen wirtschaftlichen Lage zu sehen und ihre Lösungen von vorne herein in einer Flexibilität zu halten, die sich dem anzupassen vermag. Noch näher liegt es aber, in einer Situation zugleich angespannter öffentlicher Haushalte und sich verstärkender wirtschaftlicher Sensibilität das Thema Denkmalnutzung oben auf die Tagesordnung zu setzen - und hier stehen wir wohl heute.
IV. Die bisherigen Schwerpunktthemen des Denkmalschutzrechts Das Thema dieser Untersuchung ist als solches bisher in den Erörterungen zum Denkmalschutzrecht zwar nicht vollständig, aber im wesentlichen doch aus dem Denkmalschutz ins Eigentumsrecht mit seiner Interessenabwägung verdrängt worden. Ein Grund dafür liegt gewiß in der traditionellen Musealprägung des Denkmalschutzes 63 , ein anderer jedoch darin, daß sich das Interesse des Denkmalschutzrechts Fragen zugewandt hat, welche an dem Problem der Denkmalnutzung gewissermaßen „vorbeilaufen". Zu nennen sind hier vor allem Erörterungen zu folgenden Problemkreisen, mit denen sich das Schrifttum in konzentrierter Form befaßt hat, die ihrerseits aber doch eine nicht unerhebliche, wenn auch indirekte Bedeutung für die hier zu behandelnde Thematik aufweisen:
1. Denkmalschutz und Baurecht Seit den 70er Jahren, und vor allem seit Erlaß des Städtebauförderungsgesetzes (1971) und dessen Novellierung (1976), mußte sich die Frage stellen, in welchem Verhältnis dessen Regelungsgegenstand zu dem des Denkmalschutzes stehe. Hier normierte ja das Bauplanungsrecht 64 gleich auch 63
Wie sie o. II. dargestellt wurde. Vgl. f. viele Schmittat, K.-O., Denkmalschutz und gemeindliche Selbstverwaltung, 1988, S. 134 ff.; Erbguth, W., DVB1 1985, 1352 ff.; Brohm, W., DVB1 1985, 64
IV. Die bisherigen Schwerpunktthemen des Denkmalschutzrechts
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Gründe und Formen der Erhaltung von einzelnen Baudenkmälern, vor allem aber von Denkmal-Ensembles 65 und Denkmalumgebung 66 , deren Bedeutung für den Denkmalschutz bereits klar erkannt war. Doch es standen im Vordergrund Probleme der Abgrenzung beider Regelungsbereiche 67 , es ging vor allem um eine (oft unklare) Abwägung 68 , allenfalls noch um den Vorrang des Denkmalschutzes 69 . Dabei wurde dem materiellen Denkmalbegriff weit weniger Beachtung geschenkt als den Kompetenzabgrenzungen; vor allem aber wurden Gegenstand und Wertigkeit des Denkmalschutzes, wie übrigens auch der Sicherung durch Bauplanungsrecht, nicht unter dem Gesichtspunkt der Nutzbarkeit betrachtet, obwohl dies eigentlich gerade hier nahe gelegen hätte. Nichts anderes gilt für Erörterungen zur Bauordnung 70 .
2. Denkmalschutz (auch) durch Gemeinden? Eng damit verbunden, aber doch unter mehr staatsorganisatorischer Akzentsetzung, beschäftigte man sich zur selben Zeit im Denkmalschutz mit der Frage, ob neben der staatlichen Zuständigkeit für den Denkmalschutz 71 auch noch Interessen der Gemeinde zu berücksichtigen und kommunale Kompetenzen hier anzuerkennen seien 72 , die Gemeinden also wenigstens in
594 ff., vor allem aber Bartlsperger, R., DVB1 1981, S. 284 ff. m. umfangr. Nachw., aber etwa auch Eberl, W., BayVBl 1980, S. 711 ff.; Moench, Chr., NVwZ 1984, S. 153, m. Nachw. z. Rspr.; siehe auch Müller, Martin, Baudenkmalschutz, S. 171 f.; Lülsdorf, W., Eigentumsrelevante Maßnahmen, S. 11 ff. 65 Dazu etwa Oebbecke/Diemert, DÖV 1988, S. 403, Moench, Chr., NVwZ 1980, S. 1546; ders. NVZW 1988, S. 307; Brohm, a.a.O. 596; Eberl, W., BayVBl 1987, S. 354; Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 40, 83 ff. 66 Oebbecke/Diemert, a.a.O., 402; Moench, Chr., NJW 1983, 2003; Hammer, F., DÖV 1995, S. 359; Hönes, E.-R., DVB1 1984, 414. 67 Erbguth, W., DVB1 1985, 1353; Hönes, E.-R, a.a.O. 415. 68 Vgl. Brohm, W., a.a.O. 593; Moench, Chr., NJW 1983, 2005; ders. NVwZ 1984, 154; Eberl, W., BayVBl 1980, 710. 69 Moench, Chr., NJW 1983, 2005; ablehnend insb. Erbguth, W., DVB1 1985, 1353 sowie Bartlsperger, DVB1 1981, 287 ff., dessen Hauptthese dahin ging, daß hier die baurechtliche Planifizierung unzulässig zurückgedrängt werde. 70 Grdl. Moench, Chr./Schmidt, Th., Die Freiheit der Baugestaltung 1989; vgl. dazu auch noch Schmidt, G. BayVBl 1975, 437; Moench, Chr., NVwZ 1988, 314; ders. NJW 1983, 2004; Schleich/Rupff, BayVBl 1975, 442. 71 Für dessen Vorrang jedenfalls die hL eintrat, vgl. BVerwG DVB1 1987, 1015; Hönes, E.-R. DÖV 1980, 713; Kummer, M., Denkmalschutzrecht, S. 88 ff.; Brohm, W., DVB1 1985, 599. 72 In diesem Sinn etwa Jerrentrup, F.-W., DÖV 1958, 102, dazu auch Hönes, E.-R. DVB1 1984, 418; zu Leistungen der Gemeinden auf dem Gebiet des Denkmalschutzes Difu-Berichte, NVwZ 1988, 325.
A. Denkmalnutzung - ein unterentwickelter Begriff
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den Denkmalschutz einbezogen werden sollten 73 . Doch auch hier ging es eben vor allem um Kompetenzfragen. Im übrigen wurde ein im wesentlichen museal geprägter, nutzungsunabhängiger Denkmalbegriff zugrunde gelegt, nicht aber ein spezieller örtlich ausgerichteter Nutzungsbegriff entwikkelt. Eigene Eigentumsinteressen der Kommunen spielten auf einer anderen Ebene, der des staatlichen Genehmigungsvorbehalts, eine Rolle 7 4 , doch für den Denkmalbegriff blieb dies marginal, oder es wurde dabei gerade auf die Bedeutung des Musealen für die Erfüllung gemeindlicher Aufgaben hingewiesen (Förderung des Fremdenverkehrs). Im wesentlichen ging es eben auch hier um Schutzformen, nicht um Schutzinhalte bei Denkmalen.
3. Die Problematik der Schutzsysteme Konstitutiv- oder Listensystem? Noch deutlicher zeigt sich diese Tendenz schließlich bei einer zentralen denkmalrechtlichen Diskussion, die bis in die letzten Jahre vor allem die Lehre beschäftigt: über die Frage, welches gesetzgeberisch-verwaltungsverfahrens-rechtliche Schutzsystem den Vorrang verdiene, das sog. Konstitutivsystem oder das Listensystem 75 . Nach Ersterem erfolgt die Unterschutzstellung durch ausdrücklichen Verwaltungsakt, nach Letzerem soll sie sich bereits unmittelbar aus dem jeweiligen Denkmalschutzgesetz ergeben und in den Denkmallisten indikatorischen Niederschlag finden. Gegen das Listensystem richtete sich Kritik vor allem mit der Begründung rechtsstaatswidriger Unbestimmtheit 76 , die sich in der Tat nur schwer widerlegen läßt 7 7 . Dennoch verstärkt sich deutlich die Tendenz zugunsten des Listensystems. Jedenfalls werden wohl überwiegend beide Schutzsysteme für verfassungsmäßig gehalten; insoweit wird dem Landesgesetzgeber ein Wahlrecht zugebilligt 7 8 . Auch hier aber geht es um Verwaltungsverfahren der Unterschutz73
Kummer, a.a.O.; ablehnend neuerdings BVerwG DÖV 2001, S. 953 ff. Siehe etwa dazu Hönes, E.-R., DVB1 1977, 754 ff.; früher bereits Zöllner, W., BayVBl 1957, 210. 75 Dazu allg. Moench, Chr., NJW 1980, 1545 ff.; ders. NJW 1983, 203; ders. NVwZ 1984, 149; ders. NVwZ 1988, 307 - jeweils m. Nachw. Ferner Kleeberg/ Eberl, Hdb. Rn. 69 ff.; näher Franzmeyer-Werbe, W., DÖV 1996, 950 ff.; Niebaum/ Eschenbach, DÖV 1984, 13, 19; die neueren Monographien zum Denkmalschutzrecht beschäftigen sich alle mit der Frage, vgl. etwa auch Lübberger, A., Eigentumsdogmatik. Gegenwärtige Probleme der Systembildung und Rechtsanwendung, dargestellt am Beispiel des Denkmalschutzrechts, 1995, S. 89 f., 292 f.; Melchinger, H., Die Eigentumsdogmatik, S. 236 ff.; Körner, R., Denkmalschutz, S. 24 ff., 111 f.; Hönes, E.-R., Denkmalrecht, S. 48 ff.; Fischermeier, E., Die Inschutznahme, S. 7 ff., 26 ff.; Vahle, J., NWB 2001, S. 3930. 76 Vgl. etwa Niebaum/Eschenbach a.a.O.; Kummer, M., Denkmalschutzrecht S. 62 ff. 77 Wenig überzeugend i.d.S. Franzmeyer-Werbe, a.a.O. 74
V. Trennung von Denkmalbegriff und Denkmalnutzung?
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Stellung, nicht um deren Gegenstand, das Denkmal als solches, um den Inhalt dieses Begriffs, um die Begründung der Denkmaleigenschaft. Sie muß in beiden Fällen ja als bestimmbar - und rechtsstaatlich hinreichend bestimmt - vorausgesetzt werden; und dann ist es insoweit jedenfalls gleichgültig, ob sich diese Bestimmtheit aus Verwaltungsakt oder (nur aus dem) Gesetz ergibt. Die Diskussion wird denn auch, neben der Frage der (rechtzeitigen) Erkennbarkeit für den Bürger, vor allem um die höhere oder geringere Effizienz des jeweiligen Schutzsystems geführt 79 ; dies läuft allerdings im wesentlichen auf das Ziel der Erleichterung behördlichen Normvollzugs beim Denkmalschutz hinaus. Zum Denkmalbegriff als solchem ergibt sich dazu nichts. Allenfalls könnte argumentiert werden, die Nutzungsfrage würde über das Konstitutivsystem im Einzelfall rascher geklärt werden. Doch auch nach dem Listensystem, das eben meist lediglich als Verschiebung der endgültigen Schutzentscheidung wirkt, muß ja dann spätestens die Frage beantwortet werden, was ein Denkmal bereits seinem Wesen nach an Nutzung zuläßt oder gar nahelegt. Umgekehrt könnte sogar zum Nutzen einer verstärkten „Nutzungsoffenheit" des Denkmalschutzverfahrens des Listensystems ins Feld geführt werden, dieses treffe ja die wegen ihrer Unklarheiten kritisierte - „Vorentscheidung" nur hinsichtlich der Denkmaleigenschaft, während die „konkrete Nutzbarkeitsfrage" erst im späteren, vom Eigentümer angestrengten Verfahren entschieden werde (vgl. unten E.). Doch gerade hier zeigt sich die Problematik, welche im Mittelpunkt dieser Untersuchungen steht: Soll wirklich die Nutzungsfrage aus der Denkmalbegrifflichkeit als solcher ausgeklammert werden? 80 Dies scheint bisher einer im Denkmalschutzrecht weit verbreiteten, wenn nicht herrschenden Auffassung zu entsprechen:
V. Möglichkeit der Trennung von Denkmalbegriff und Denkmalnutzung? 1. Die Trennungslehre - Zweistufigkeit des Denkmalschutzrechts a) Seit langem finden sich im Schrifttum zum Denkmalschutz Feststellungen etwa folgenden Inhalts: Nach einhelliger Meinung sei bei einer Unterschutzstellung eines Denkmals auf die Erhaltungsfähigkeit und Nutzbar78
Nachw. zu dieser Auffassung bei Niebaum/Eschenbach, a.a.O., 22. Siehe dazu vor allem Stähler, B., Denkmalbegriff, denkmalschutzrelevante Satzungen und Denkmalschutz bei Bundesbehörden, 1985, S. 74 ff. 80 Wie sich i. Folg. (insbes. C.) zeigen wird, lassen sich gerade bei Einbeziehung der Nutzung(smöglichkeiten) bereits in den Denkmalbegriff sachgerechte Vor-Entscheidungen auch nach dem Listensystem treffen, (vgl. auch G. a. E.). 79
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keit des Objekts wie auch auf die finanzielle Situation des Eigentümers nicht abzustellen 81 . Auch die Rechtsprechung scheint sich in dem Sinn auszusprechen, daß etwa die Nutzbarkeit des Gebäudes kein Beurteilungselement für dessen Denkmaleigenschaft darstellt 82 . Hier wird nahezu durchgehend nicht die Frage der Nutzbarkeit eines Objekts als solchen behandelt 83 ; es soll vielmehr nur sichergestellt werden, daß die privaten Nutzungsinteressen gerade des Eigentümers nicht bereits bei der Feststellung der Denkmaleigenschaft berücksichtigt werden dürfen 84 . Das in diesem Zusammenhang regelmäßig zitierte OVG Koblenz 85 formuliert: „(Das Privatinteresse) ist nicht bereits im Zusammenhang mit der Unterschutzstellung zu berücksichtigen. Denn dies würde ... dem Zweck und dem gesamten System des Denkmalschutz- und -pflegegesetzes (Rheinland-Pfalz) zuwider laufen". Deshalb wird in diesem Zusammenhang auch auf die „Zumutbarkeit" einer Unterschutzstellung hingewiesen, die für deren Begriff keine Rolle spielen dürfe 86 ; „Zumutbarkeit" aber ist, jedenfalls im Recht des Denkmalschutzes, eine Abwägungskategorie aus der Sicht des Eigentümers (s. unten E.), gegenüber bereits festliegenden Wertungen der Denkmaleigenschaft. b) Aus der dogmatischen Zuordnung der Nutzung allein zur Sphäre des jeweils betroffenen Eigentümers, nicht aber zu der des Denkmalbegriffes, als eines von dessen Konstitutivmerkmalen, öffnet sich dann der Weg zu einer, wie es scheint naheliegenden, allgemeineren Feststellung 87 : „Überhaupt findet bei der Prüfung der Denkmaleigenschaft keine Interessenabwägung statt, die für und die gegen die (unveränderte) Erhaltung einer baulichen Anlage sprechenden Gründe sind erst bei aktuellem Anlaß (Abbruchantrag usw.) zu werten und dann der Entscheidung zugrunde zu legen (Zweistufigkeit des Denkmalschutzes)". 81
So etwa Brohm, W., DVB1 1985, 599; Erbguth/Paszlick/Püchel, Denkmalschutzgesetze der Länder, 1984, S. 23 m. w. Nachw.; Kummer, Denkmalschutzrecht, S. 46; Hönes, E.-R., DVB1 1984, 417; Mosel, M., in Gebeßler/Eberl, Schutz und Pflege von Baudenkmälern; vgl. auch Moench, Chr. NJW 1983, 2000; Hammer, F., DÖV 1995, 364. 82 So OVG Koblenz NVwZ 1984, 192; VGH Mannheim VB1BW 1985, 456; VGH Kassel DVB1 1985, 1187; VGH München BayVBl 1979, 118; weit. Nachw. b. Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 54. 83 Nur am Rande wird etwa von Müller, Martin, Baudenkmalschutz S. 117, angedeutet, die Nutzbarkeit müsse „aus dem Bauwerk abgeleitet" werden. 84 So spricht etwa Moench, Chr., NVwZ 1988, 306 von den „individuellen Belangen des Eigentümers, seinen Nutzungsinteressen ...", Hönes, E.-R., NVwZ 1983, 214, davon, daß ein Einfallstor, für „private Belange" hier nicht geöffnet werden dürfe. 85 NVwZ 1984, 192. 86 Hönes, E.-R., DVB1 1984, 417. 87 Wie sie Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 54 formulieren, die in diesem Zusammenhang noch weitere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen anführen.
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Dieses Abwägungsverbot auf der Stufe der Feststellung der Denkmaleigenschaft wird daher auch - insoweit folgerichtig - ausgedehnt auf andere öffentliche Interessen als die des Denkmalschutzes, die ebenfalls der Anwendung des Denkmalbegriffs als solchen nicht zugrunde gelegt werden dürften 88 ; diese Auffassung ist allerdings, soweit ersichtlich, nicht unangefochten 89 . c) Aus diesen Auffassungen ergibt sich bereits eine Präzisierung der hier verfolgten Untersuchungsrichtung: Es geht bei ihr nicht darum, einer Interessenabwägung entgegen zu treten, die aus der Sicht des jeweils betroffenen Denkmaleigentümers vorzunehmen ist, anschließend an die Festlegung der jeweiligen objektbezogenen Bestimmung der Denkmaleigenschaft. Insoweit richtet sich die folgende Untersuchung auch nicht primär gegen eine „Zweistufigkeit" denkmalrechtlicher Prüfung. Sie wirft jedoch die Frage auf, ob die Nutzungsproblematik nicht bereits bei der - rein objekt-, insoweit gerade nicht eigentümerbezogenen - Beurteilung der Denkmaleigenschaft eines Schutzgegenstandes eine Rolle spielen darf, ja muß. Ob auch hier der Begriff „Abwägung" am Platze ist, mag dabei (noch) offen bleiben. Er ist ohnehin neuerdings Gegenstand grundsätzlicher Kritik 9 0 . Jedenfalls geht es dann aber um eine Abwägung in Gegenüberstellung anderer Interessen (museale Erhaltung - Nutzbarkeit), die zumindest nicht derart an bestimmte Träger privater oder öffentlicher Interessen gebunden sind, wie dies bei der Abwägung gegenüber den Interessen der betroffenen Eigentümer der Fall ist; und gerade insoweit mag auch weiter von „Zweistufigkeit" im Recht des Denkmalschutzes die Rede sein. Es geht eben darum, ob Nutzbarkeit bereits (auch) dem Denkmalbegriff zuzuordnen ist.
2. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts zur „nicht mehr sinnvollen Nutzung" An dieser Stelle ist bereits auf eine Entwicklung im Denkmalschutzrecht hinzuweisen, welche die Türe öffnet zu einer Betrachtung der Nutzungen eines Denkmals im Sinne von dessen Nutzbarkeit, wie sie soeben in ihren allgemeinen Untersuchungslinien dargestellt wurde: Es geht um die „sinnvolle Nutzung" eines als Denkmal zu schützenden Objekts, unter Betrachtung dieses Gegenstandes als solchen.
88 So etwa ausdrücklich Hammer , F., DÖV 1995, 364; Kummer , M., Denkmalschutzrecht S. 46; Ganser, K. in: Denkmalschutz in der kommunalen Praxis 1981, S. 41, SGK-Schriftenreihe 9; Moench, Chr., NVwZ 1984, S. 148. 89 Siehe VGH Kassel, zit. b. Moench, Chr., a.a.O.; Namgalies, J., DÖV 1984, 239 ff. 90 Vgl. Leisner, W., Der Abwägungsstaat, 1996.
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A. Denkmalnutzung - ein unterentwickelter Begriff
a) Früh bereits wurde - allerdings unter eigentumsrechtlichen Gesichtspunkten - die Frage aufgeworfen, ob es denn zulässig sei „jede wirtschaftliche Nutzung eines Gebäudes ... als Vermögenswert zu unterbinden" 91 , und der Nutzungsbegriff als solcher ist dabei sicher nicht einfach auf wirtschaftliche Vorteile zu beschränken 92. Einen neuen Akzent zur Bedeutung der „Nutzung" hat sodann der Bundesgerichtshof gesetzt 93 . Dort ging es zwar um die Gewährung einer Entschädigung für die Versagung einer Abbruchgenehmigung. Immerhin aber macht der Senat recht allgemeine Aussagen zur „sinnvollen Nutzung" eines Objekts: Es könne nicht entschädigungslos hingenommen werden, wenn ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude „nicht mehr sinnvoll zu nutzen", dieses also nur noch „Denkmal" sei. „Eine sinnvolle und zulässige Nutzung des Gebäudes kann auch durch anhaltend übermäßig hohe Bewirtschaftungskosten ausgeschlossen werden". Ein solches Mißverhältnis zwischen Erhaltungsaufwand und realisierbarem Nutzwert sei rechtswidrig. Zum Verständnis dieses Urteils ist zu berücksichtigen, daß damals der „Zwang zu verwaltungsgerichtlichem Primärschutz", wie ihn das Bundesverfassungsgericht statuiert hat 9 4 . in der Judikatur des Bundesgerichtshofs noch keinen Niederschlag gefunden hatte. Dessen Ausführungen stellen also durchaus zugleich ein Verdikt der Unzulässigkeit eines derartigen Verlangens des Denkmalschutzes dar. Damit aber stellen sie, implizit jedenfalls, die Frage, ob hier ein zulässiger Denkmalbegriff zugrunde gelegt werde; und der Bundesgerichtshof setzt „Denkmal", nach den Worten „nur noch" in Anführungszeichen, als wolle er Bedenken gegen dessen museale Verengung anmelden. Andererseits wird der Begriff der „sinnvollen Nutzung" abstrakt verwendet („sinnvolle und zulässige Nutzung des Gebäudes"), ohne Bezug auf die Interessenlage des betreffenden konkreten Eigentümers. A l l dies spricht für eine beginnende, wenn auch noch nicht voll bewußte Wende: hin zu einer auch denkmalbegrifflich relevanten Nutzbarkeit. Die Lehre hat an diese Entscheidung billigend angeknüpft, ohne daß Kritik gegen deren vorstehendes Verständnis laut geworden wäre 95 . Die zur gleichen Zeit geäußerte engere Auffassung des V G H München 96 , der wie-
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Jerrentrup, F.-W., DÖV 1958, 101. Gawehns, H. C., Der Denkmalschutz, S. 182 ff. 93 BGH NJW 1979, 210(211/12), im Anschluß an eine Entscheidung des VGH Mannheim, zit. ebda., sowie Leibholz, G., DVB1 1975, 939. 94 BVerfGE 58, 300; zur Entwicklung der Rechtsprechung des BVerfG vgl. eingeh. Lubberger, A., Eigentumsdogmatik, S. 33 ff. 95 Siehe etwa Moench, Chr., NVwZ 1988, 309; ders. NJW 1983, 2002; ders. NJW 1980, 1549, 1551 m. Nachw.; Kröninger, H., NVwZ 1996, 435. 92
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der auf eine streng eigentümerbezogene Zumutbarkeit abstellen wollte, hat sich demgegenüber ersichtlich nicht durchzusetzen vermocht. b) Auf diese Erkenntnis des Bundesgerichtshofs baut die neueste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Denkmalschutz auf 9 7 . Wiederum ging es zwar um eine Frage der Objektnutzung durch den Eigentümer - diesmal allerdings in Überprüfung eines Denkmalschutzgesetzes, welches Voraussetzungen für die Denkmaleigenschaft aufstellt. In einer durchaus eigentumsdogmatischen Einkleidung äußert sich das Gericht indirekt aber auch zu dem nach dem Denkmalschutzgesetz unter Schutz gestellten Objekt als solchen, wenn es u. a. auch ausführt 98 : „Anders liegt es aber dann, wenn für ein geschütztes Denkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Dazu kann es kommen, wenn die ursprüngliche Nutzung infolge geänderter Verhältnisse hinfällig wird und eine andere Verwendung, auf die der Eigentümer in zumutbarer Weise verwiesen werden könnte, sich nicht verwirklichen läßt ... Erfordert das Allgemeinwohl ... dennoch die Erhaltung des geschützten Kulturdenkmals, ... kann dies nur auf dem Wege der Enteignung erreicht werden". An diesen Darlegungen fällt ein Doppeltes auf: Einerseits wird wiederum der Begriff der „sinnvollen Nutzung" zunächst in einer durchaus abstraktobjektbezogenen Weise verwendet und erst anschließend durch den Hinweis auf eigentümerbezogene Zumutbarkeit ergänzt. Dies spricht dafür, daß die Nutzbarkeitsfrage als solche und bereits in Verbindung mit dem Denkmalbegriff als solchem gestellt werden soll. Zum anderen wird die völlig nutzungsunabhängige Erhaltung eines Denkmals, in Verengung also des Schutzes auf reine Musealität, auf den Weg der Enteignung verwiesen. Da diese nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts, und gerade im vorliegenden Zusammenhang, eine deutliche Ausnahmesituation bewältigen soll, ist davon auszugehen, daß im Regelfall eben die Nutzbarkeit eines Objekts doch zu dessen Wesen gehört 99 und daher bereits im Denkmalbegriff selbst, praktisch gesehen bei der Unterschutzstellung, berücksichtigt werden sollte. Dies letztere hat allerdings das Bundesverfassungsgericht nicht ausdrücklich ausgesprochen, und insoweit ist seine Entscheidung denn auch zutreffend kritisiert worden 1 0 0 : Das Gericht beschäftige sich nicht mit der Unterschutzstellung als solcher, mit dem Eingriff, der bereits in der Erklärung 96
VGH München BayVBl 1979, S. 118, zutr. krit. v. Moench, Chr., NVwZ 1984, 150. 97 BVerwGE 100, 226; dazu neuerdings Battis, U., NUR 2000, S. 421 ff. m. Nachw. 98 C II ld. 99 Vgl. dazu auch noch näher unten B. 100 Von Gawehns, H. C., Denkmalschutz, S. 225 f.; vgl. dazu auch Battis, U., NUR 2000, S. 425. 3 Leisner
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zum Denkmal liege. „Das scheint darauf hinzudeuten, daß es der Zwei-Stufen-Auffassung anhängt, wonach erst eine dem Eigentümer negative Behördenentscheidung die Belastung bedeute, die Unterschutzstellung an sich aber n i c h t " 1 0 1 . Dabei habe doch die förmliche Unterschutzstellung das Tor geöffnet für eine Eigentumsbeschränkung. Nach „bislang herrschender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur" sei die Nichtberücksichtigung der Eigentümerbelange bei der Unterschutzstellung die Regel; die Tatsache, daß die vom Gericht zu überprüfende landesgesetzliche Norm dieses „Stufensystem unterläuft", hätte das Gericht sehr wohl veranlassen können, sich zur bereits durch die Unterschutzstellung eintretenden Bindung zu äußern. Dann aber wäre es zu Aussagen - das ist dieser berechtigten Kritik hinzuzufügen - über Denkmaleigenschaft und Objektnutzbarkeit gekommen. Allerdings „ist dem Bundesverfassungsgericht hier zugute zu halten, daß die Denkmaleigenschaft nicht Gegenstand des Verfahrens war" - sie war bereits vom Oberverwaltungsgericht rechtskräftig festgestellt worden 1 0 2 . Das Bundesverfassungsgericht hat sich also mit der im folgenden zu erörternden Frage noch nicht befassen können.
VI. Präzisierung der Fragestellung der folgenden Untersuchung - Vorgehen 1. Die Frage nach der Denkmalnutzbarkeit a) Die oben (III) dargestellte verbreitete Auffassung führt im Ergebnis zu der erwähnten Zweistufigkeit nach Prüfungsmaßstäben, bei denen die objektimmanente Nutzbarkeit nicht bereits bei der Entscheidung über die Denkmaleigenschaft, sondern erst auf der zweiten Stufe überhaupt eine Rolle spielt: wenn der Eigentümer konkrete Nutzungswünsche den Konservierungsinteressen des Denkmalschutzes entgegensetzt. Hier wird demgegenüber geprüft, ob die Nutzungsfrage nicht bereits auf der ersten Stufe zu stellen ist, ob sie hier nicht schon den Denkmalschutz näher präzisiert, ihn unter Umständen auch abschwächt oder gar ausschließt, konkret: ob für das „nutzbare Denkmal" anderes gelten kann als für das nur partiell oder überhaupt nicht nutzbare. Daß dies nach dem Listensystem 103 erst bei Streit über konkrete Nutzungsversagungen zum Tragen kommen wird, während es nach dem Konstitutivsystem bereits beim Erlaß des unterschutzstellenden Verwaltungsakts zu klären ist, ändert nichts an der dogmatischen Bedeutung der hier untersuchten These: „Denkmalimmanente Nutzbarkeit" müßte not101 102 103
Gaxvehns, H. C., a.a.O., unter Hinw. auf ihre Ausführungen S. 166 ff. Gawehns, H. C., a.a.O. 226. Dazu oben III. 3.
VI. Präzisierung der Fragestellung
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wendig zu einer Veränderung, jedenfalls Ergänzung des heute noch weithin zugrundegelegten Denkmalbegriffs führen. b) Die Folgen der gegenwärtig verbreiteten, wenn auch nicht - was den Nutzungsbegriff anlangt - ausdrücklich herrschenden Lehre liegen auf der Hand: - Die Denkmaleigenschaft wird zunächst einmal „wirtschaftsneutral" festgestellt, wirtschaftliche Nutzbarkeit wird dem erst auf der nächsten Stufe gegenübergestellt, mit Blick auf den konkret Betroffenen. - Damit wird der Begriff der „Nutzung" im Ergebnis praktisch meist verengt auf ökonomische Wertungen, unter Ausblendung der Bereiche des Künstlerischen, Wissenschaftlichen, Kirchlich-Religiösen. Dies alles spielt auch immer nur eine Rolle, soweit es, einer festgestellten Denkmaleigenschaft gegenüber, vom jeweiligen Eigentümer/Betroffenen tatsächlich geltend gemacht wird, nicht aber objektbezogen schon bei der Feststellung der Denkmaleigenschaft berücksichtigt werden kann. c) Um einen möglichen praktisch-denkmalschutzpolitischen Einwand schon im Vorfeld zu relativieren: die vorstehend skizzierte, der nachfolgenden Untersuchung zugrunde gelegte Nutzbarkeits-These bedeutet in keiner Weise von vorne herein und in allen Fällen eine Einschränkung möglicher Unterschutzstellungen. Weit eher steht das Gegenteil zu erwarten. Wenn Unterschutzstellungen ohne jeden Blick auf Nutzbarkeiten erfolgen, so werden die zuständigen Behörden von solchen Entscheidungen häufig überhaupt Abstand nehmen. Denn sie müssen ja befürchten, später, wenn sie aus der Denkmaleigenschaft belastende rechtliche Folgerungen ziehen wollen, mit Zuschußanträgen, im Fall von deren Ablehnung mit Entschädigungsforderungen konfrontiert zu werden. Ist jedoch von vorne herein klar, daß die Denkmaleigenschaft, damit auch die Unterschutzstellung, in keiner Weise oder etwa gar notwendig dazu führt, daß (alle) Nutzungen unmöglich werden, so wird die Behörde unbefangener an eine solche Prüfung herangehen, hinter ihr nicht immer sogleich finanzielle Belastungen wittern. Der Betroffene wird andererseits seine Unterschutzstellung nicht sogleich als Schicksalsschlag empfinden 104 . Neben einer Entschärfung der hier so wichtigen emotionalen Lage 1 0 5 wird sich dann auch rationale Dogmatik durchsetzen: Der Denkmalschutz erscheint weniger als ein unentrinnbarer, einschränkender Global-Status, der „ i m Zweifel alles unmöglich macht". Vielmehr trägt er von Anfang an der Gesamt-Natur des Objekts Rechnung, indem er dessen Nutzbarkeit in den Blick nimmt. Beschränkun104 So für die gegenwärtige Praxis aber nicht zu Unrecht Niebaum/Eschenbach, DÖV 1994, 14; ähnl. Leibholz, G., DVB1 1975, 933. 105 Auf das „Aufeinanderprallen von Emotionen" weist ein richterlicher Praktiker zu Recht hin, vgl. Namgalies, J., DÖV 1984, 239.
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gen werden dann als grundsätzlich partiell, wenn nicht punktuell, eher als Auflagen denn als Ausdruck einer Totalsperre begriffen. d) An praktischen Beispielen läßt sich dies unschwer verdeutlichen, und dies wird auch im folgenden immer wieder geschehen: Bei einem Stadtpalais, einer Kirche, einer Gartenanlage, aber auch bei einem Fachwerkhaus in einer Altstadt, macht es einen großen Unterschied, ob das jeweilige Bauwerk in museal-konservierender Sicht unter Schutz gestellt wird oder unter Erfassung und Berücksichtigung seiner ursprünglichen Zwecksetzung, dynamisch fortgeschiebener Zielsetzungen der Nutzbarkeit, oder schließlich anderer Nutzungsmöglichkeiten, wie sie sich eben, in neuer Form in neuer Zeit ergeben. In dieser Form ist aber, soweit ersichtlich, diese Problematik noch nicht vertiefend untersucht worden 1 0 6 . Eine solche im guten Sinne des Wortes fortschrittliche Entfaltung eines Denkmalschutzes, der darin dennoch nie seine Grundhaltung des Konservierenden wird aufgeben müssen, kann, über „Nutzungsoffenheit von Anfang an", zur Entkrampfung des Verhältnisses zu den Betroffenen und zugleich zu einer Allgemeinheit beitragen, in welcher der Denkmalschutz dann seine heute schon hohe Akzeptanz 1 0 7 noch weiter zu steigern vermag. Zugleich sollte diese Nutzungsoffenheit auch mit einer Erweiterung des Nutzungsbegriffs einhergehen, in Richtung (auch) auf nicht-wirtschaftliche Zwecksetzungen; dies könnte zur Auflösung der unglücklichen Spannung Kultur-Profit beitragen, die oft auch hier in der allgemeinen Diskussion festzustellen ist. Die bisher entwickelte Dogmatik des Denkmalschutzrechts muß dazu keineswegs revolutioniert, sondern nur an einigen Stellen begrenzt, verschoben und ergänzt werden. Insbesondere wird der bisherige Eigentumsschutz des Bürgers nicht abgebaut, sondern eher verstärkt, indem er nicht mehr einem nutzungsblinden Denkmalbegriff gegenüber steht, die Nutzbarkeit in diesem vielmehr bereits wertungsmäßig mitgedacht ist. e) Diese allgemeine These gilt es nun im einzelnen zu begründen. Dabei wird vom geltenden Denkmalschutzrecht ausgegangen und es soll gezeigt werden, wie sich in ihm bereits zahlreiche Anknüpfungspunkte für objektbezogene Nutzbarkeitswertungen finden. Es darf dann von einem schon im Ausgangspunkt nutzungsbezogenen Denkmalschutz gesprochen werden. Denkmalbehörden wie Privaten werden damit rechtliche Kategorien an die Hand gegeben, auf die sie sich berufen können, um die Öffnung des Denk106
Nur kurz weist etwa Müller, Martin, Baudenkmalschutz, S. 121, auf die Schwierigkeiten hin, eine „vernünftige künftige Nutzung" zu bestimmen; Vahle, J., NWB 2001, S. 3932, verlangt von der „öffentlichen Hand" die Festlegung eines Nutzungszwecks. 107 Hönes, E.-R., DVB1 1984, 418; ders. VerwArch 1989, 485.
VI. Präzisierung der Fragestellung
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malschutzes zu Nutzbarkeitsregelungen zu erreichen oder doch zu verbessern. Dabei gilt es auch Normkomplexe des Denkmalschutzrechts zu untersuchen und zusammenzusehen, wie etwa denkmalschützende „Nutzungspflichten" und steuerliche Förderbedingungen (vgl. F.), die bisher, soweit ersichtlich, nur isoliert betrachtet wurden. Daraus ergibt sich folgender
2. Plan der Untersuchung Zunächst wird die Bedeutung der Nutzbarkeit und auf dieser Grundlage der Nutzungsbegriff untersucht mit der Zielsetzung, die Weite des Begriffs der Nutzung festzustellen (i. Folg. B.). Es folgt eine Behandlung der herkömmlichen Bedeutungsmerkmale des Denkmalbegriffs bis hin zu dem diesen konstituierenden „öffentlichen Interesse". Hier muß sich erweisen, ob sich bereits diese Begrifflichkeit zu einem Begriff der Nutzbarkeit öffnen läßt (i. Folg. C.). Anschließend ist die bisher einigermaßen unterbelichtete denkmalschützende Nutzungspflicht in den Blick zu nehmen, nicht zuletzt als denkmalrechtliche Konkretisierung der vorhergehend erzielten Ergebnisse (i. Folg. D.). Der Betrachtung der eigentumsrechtlichen Zumutbarkeit und ihrer dogmatischen Zuordnung zu einem so präzisierten Denkmalbegriff ist der anschließende Teil (i. Folg. E.) gewidmet. Es folgen Ausführungen zu steuerrechtlichen Regelungen denkmalgerechter, sinnvoller Nutzung (i. Folg. F.). Hamburger Probleme und Besonderheiten werden dabei bereits jeweils in den erwähnten einzelnen Kapiteln hervorgehoben und mit Beispielen belegt 1 0 8 . Ein zusammenfassender Überblick über Entwicklung und gegenwärtige Praxis des Denkmalschutzes in Hamburg schließt die Untersuchung ab (i.F. G.). Er soll die genommenen Ergebnisse bestätigen und über das „Hamburger Modell" des Denkmalschutzes berichten.
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Mit dem Hamburger Denkmalschutzrecht hat sich bisher, soweit ersichtlich, nur van den Boom, H.-L., in seiner Hamburger Dissertation aus dem Jahre 1992 „Der Sachverständige im Denkmalschutz, unter besonderer Berücksichtigung des hamburgischen Rechts" vertiefend befaßt. Doch auf diese Arbeit können die folgenden Ausführungen nur gelegentlich zurückgreifen: Sie ist weithin durch die Entwicklung der öffentlich-rechtlichen Dogmatik in den vergangenen drei Jahrzehnten überholt und, vor allem, sie fußt auf dem seit 1973 nicht mehr geltenden Hamburger Denkmalschutzrecht.
B. Die eigentumsrechtliche Bedeutung der Nutzbarkeit eines Objekts I. Fragestellung - Der verfassungsrechtliche Nutzungsbegriff Ziel der Untersuchung ist der Nachweis der Bedeutung der Nutzbarkeit eines Gegenstandes, der unter Denkmalschutz steht oder gestellt werden soll. Diese Nutzbarkeit muß nach der hier vertretenen und im folgenden näher zu begründenden Auffassung bereits bei der Entscheidung der Unterschutzstellung geprüft, diese darf nicht völlig unabhängig, vor allem nicht nach einem nutzungs-unabhängigen Erhaltungsinteresse getroffen werden. Denn die Nutzbarkeit ist ein objektimmanenter Begriff, der nicht erst zu prüfen ist, wenn Nutzungsabsichten eines konkreten Eigentümers dem Denkmalschutz entgegen gehalten werden. Ein Objekt ist eben bereits denkmalschutzrechtlich anders zu behandeln und einzustufen, je nachdem ob und wieweit es nach seiner ursprünglichen oder „aktualisierten" heutigen Bestimmung unter Denkmalschutz gestellt werden kann oder nicht. Diese Entscheidung muß die verfassungsrechtliche Bedeutung von Nutzen und Nutzbarkeit eines Objekts nicht nur berücksichtigen, sondern von ihr ausgehen. Die Frage stellt sich im wesentlichen in der Ausformung des Eigentumsgrundrechts des Art. 14 Grundgesetz in normierter Form 1 . Gewiß geht es hier systematisch um Nutzung als Eigentümerrecht, um Nutzbarkeit als Grundlage desselben. Doch dies bedeutet lediglich, daß die letzte Entscheidung über die Rechtmäßigkeit von Nutzung(sbeschränkung)en im Verfahren man versus State erfolgt, in welchem die materiellen Grundrechtswertungen durchgesetzt werden. An welcher Stelle der rechtsdogmatischen Prüfung sie zum Einsatz kommen, ist damit keineswegs festgelegt. Nach deutscher Verfassungsrechtsprechung strahlen diese Grundrechte und ihre einzelnen Begriffsinhalte auf alle Rechtsbegrifflichkeiten der Ordnung in Deutschland aus - hier eben (auch) auf den Denkmalbegriff; bei seiner Anwendung ist bereits der Nutzbarkeit Rechnung zu tragen. Dies ist die Ausgangsthese. Deshalb wird im folgenden etwas vorgelegt wie ein „Allgemeiner Teil des Nutzbarkeitsrechts" nach Verfassungsrecht, aus der Eigentumsfähigkeit 1 Zum verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff im vorliegenden Zusammenhang vgl. Parodi, S., Eigentumsbindung und Enteignung im Natur- und Denkmalschutzrecht, 1984, S. 53 ff.
II. Nutzung und Verfassung: Objektimmanente Nutzbarkeit
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eines Objekts heraus. Daraus sollen sich Orientierungen ergeben für Gewicht und Bedeutung von Nutzung und Nutzbarkeit nach der Verfassung. Zugleich wird sich hier die Weite des Nutzungsbegriffes zeigen; sein Verhältnis zur Wertbestimmung eines Objekts kann deutlich werden. Nicht zuletzt läßt sich daraus dann auch Nutzbarkeit als dynamischer Begriff erfassen, der nicht völlig auf Vorstellungen bestimmter Epochen festgelegt ist; denn am Begriff der zeitnahen, gegenwärtigen Nutzung besteht der Denkmalschutz seine Probe der Gegenwartsbezogenheit, damit aber auch voller Nützlichkeit für die Gesellschaft.
I I . Nutzung und Verfassung: Objektimmanente Nutzbarkeit 1. Eigentumsrecht und Eigentumsnutzung Eigentum als Rechtsinstitut ist geprägt durch seinen Charakter als Ausschlußrecht, im Sinne des § 903 BGB wie nach Art. 14 Abs. 1 GG 2 . Begrifflich beinhaltet es umfassende Herrschafts- und Verfügungsbefugnisse 3. Als wichtigstes Element des Eigentums wird stets die freie Verfügungsbefugnis herausgestellt 4. Ausgangspunkt ist jenes Sacheigentum, auf welchem alle Eigentumsvorstellungen beruhen. Als umfassendes Herrschaftsrecht geht es aber über das Verfügungsrecht weit hinaus. Neben diesem werden etwa auch das Recht der Innehabung und der Verwaltung als Aspekte des Eigentums genannt, vor allem aber das „Recht zur privaten Nutzung" 5 . In der neuesten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 6 steht die Eigentumsnutzung deutlich im Vordergrund und sie ist vom Gericht im Sinne einer Hälftigkeitsnutzung zugunsten des Eigentümers bei Einkünften aus konsolidiertem Vermögen präzisiert worden. Daraus bereits ergibt sich mit Notwendigkeit die Vorstellung von einer dem Gegenstand immanenten Nutzbarkeit. Aus ihm zieht dann der Eigentümer (etwa eines Mietgrundstücks) den „Ertrag, der zur finanziellen Grundlage für eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung beiträgt" 7 . Objektnutzbarkeit ist also gewissermaßen das Freiheitspotential des Eigentums.
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Leisner, W. Handbuch des Staatsrechts (Hg. Isensee/Kirchhof), Bd. 6, § 149, Rn. 8. 3 BVerfG std. Respr., vgl. etwa E 31, 229 (240); 42, 263 (294); 53, 257 (290). 4 s. f. viele Depenheuer, O., in v. Mangoldt/Klein/Starck (Hg.), GG, Bd. 1, 4. A., Art. 14, Rn. 65 m. Nachw. 5 BVerfGE 78, 58 (71); 83, 201 (208). 6 In den Beschlüssen zu Vermögensteuer und Erbschaftsteuer, BVerfGE 93, S. 121 (165). 7 BVerfGE 79, 292 (304).
B. Nutzbarkeit eines Objekts
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Praktisch steht damit die Eigentumsnutzung, entgegen der erwähnten dogmatischen Akzentsetzung bei der Verfügungsbefugnis, noch weit mehr im Vordergrund als diese Letzere. Dies zeigt sich denn auch bei der rechtlichen Beurteilung von Nutzungsänderungen 8 und beim Ausgleich von Nutzungsbeeinträchtigungen 9. Schließlich wird zu Recht darauf hingewiesen, daß eine übermäßige Nutzungseinschränkung sich geradezu als Verfügungsbeschränkung auswirken und auch über diese auf das erwähnte Zentrum der Herrschaftsrechte über den Eigentumsgegenstand einwirken kann - weil dann etwa die Veräußerbarkeit eines Grundstücks nicht mehr zu gewährleisten ist 1 0 . Aus all dem folgt: Nutzung wird im Eigentumsverfassungsrecht als objektimmanente Nutzbarkeit verstanden und sie ist als solche der praktisch wohl wichtigste Schutzgegenstand des Eigentums nach Verfassungsrecht.
2. Das „Funktionseigentum44 - Nutzbarkeit als Objektfunktion Das Eigentum(srecht) hat zwar die Zuordnung eines Gegenstandes zum Rechtsinhaber als Regelungsobjekt; dabei fällt der Blick jedoch primär auf den Eigentumsgegenstand. Er muß in seinem Wesen erfaßt werden und hier wieder vor allem in seiner Nutzbarkeit, wenn die ihm gewissermaßen immanenten Beschränkung(smöglichkeit)en beurteilt werden 11 . Wenn die Funktionen des Eigentumsrechts bestimmt werden sollen, um dessen Inhalt und Schranken festzulegen, so ist dabei wiederum mit Blick auf die soziale „Funktion der jeweiligen Sachkategorie" zu entscheiden 12 , auf das also, was sie dem Eigentümer bieten kann - anders ausgedrückt auf ihre objektimmanente Nutzbarkeit in erster Linie. Bedenklich wäre die Vorstellung von einem „Funktionseigentum" dann, wenn damit dem Eigentümer vorgeschrieben würde, wie er von seinem Gut Gebrauch machen soll; freiheitsrechtlich hat das Eigentumsrecht nur eine „Funktion": das freiheitliche Belieben des Eigentümers zu verstärken und zu sichern. Angesichts der gegenständlichen Bezogenheit des Eigentums auf ein bestimmtes Objekt ist jedoch dessen Beitrag(smöglichkeit) zu dieser Freiheitlichkeit objektimmanent zu bestimmen, vor allem in seiner Nutzbarkeit. Nicht „das Wohnhaus", „die Gartenanlage" rein realiter betrachtet sind „Eigentum", sondern das 8
Zu diesen, durch rein objektbezogene und objektwirksame Nutzungsbeschränkungen von Nachbargrundstücken, vgl. Papier, H.-J. in Maunz/Dürig, (Hg.) GG, Art. 14, Rn. 452; vgl. auch Parodi, S., Eigentumsbindung, S. 153 f. 9 Depenheuer, O., Art. 15, Rn. 504. 10 Vgl. BGH NJW 1979, 212. 11 s. dazu insb. Böhmer, W., Eigentum aus verfassungsrechtlicher Sicht, in: Baur, J. F. (Hg.), Das Eigentum, 1989, S. 39 ff., insb. S. 61 ff. 12 Badura, P., Verhandlungen des 49. DJT, II, 1972, T S. 26 ff.
II. Nutzung und Verfassung: Objektimmanente Nutzbarkeit
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Bündel von Nützlichkeiten, das sie dem Inhaber vermitteln - in erster Linie ihre Nutzbarkeit. Objektimmanente Nutzbarkeit eines Gegenstandes, entwickelt aus seiner tatsächlichen Existenz, gehört also von vorne herein zu den Konstitutivelementen des Eigentums, der rechtlichen Beurteilung aller Eigentumsgegenstände - und daher auch der eines (möglichen) Denkmals.
3. Nutzungs-Eigentum Praktisch stehen die Nutzungen, gerade bei den möglichen Gegenständen des Denkmalschutzes, die vor allem Immobiliargüter sind, derart im Vordergrund, daß sich die Frage stellt, ob deren Nutzbarkeiten sich nicht bereits zu Kategorien rechtlich verfestigt haben, die als „Nutzungs-Eigentum" speziellen rechtlichen Regelungen unterliegen. Die Frage ist differenziert zu beantworten. a) Einerseits geht die herrschende Eigentumsdogmatik noch immer davon aus 13 , daß es rechtlich getrennte Formen von Nutzungs- und Verfügungseigentum nicht gibt. Der Eigentumsschutz erstreckt sich grundsätzlich undifferenziert auf diese beiden Aspekte der Nützlichkeit, der Bedeutung von Gegenständen für deren Träger. Eine Unterscheidung, wie sie vor allem aus der Sicht sozialisierender „Enteignung von Objekten in der Hand des Eigentümers" durch weitestgehende Einschränkung von dessen Nutzungsmöglichkeiten naheliegt, widerspricht nicht nur der Freiheitlichkeit der Eigentumsordnung, sondern trägt vor allem dem wirtschaftlich eindeutig feststellbaren Tatbestand nicht Rechnung, daß über Einschränkungen des Nutzungseigentums auch das Verfügungseigentum ausgehöhlt wird, da sein Wert vor allem auf den Nutzbarkeiten beruht, welche übertragen werden können. Die Ablehnung der Aufspaltung von Nutzungs- und Verfügungseigentum bedeutet aber in keiner Weise eine Abwertung der Nutzbarkeit in eigentumsrechtlicher Sicht, sondern vielmehr deren Aufwertung: Sie bestimmt zugleich auch den Eigentumswert, damit prägt sie den Gesamtumfang des Eigentumsbegriffs. Und die Ablehnung eines Nutzungseigentums entspringt auch nicht einer Betrachtungsweise, welche „die Nutzbarkeit vom Objekt trennen" wollte - sie ist, ganz im Gegensatz, Ausdruck einer Betrachtung, nach welcher Nutzbarkeit im Eigentumsgegenstand selbst liegt und dessen Beurteilung und Bewertung von vorne herein zu bestimmen hat. b) Andererseits haben sich gewisse Nutzbarkeiten zu selbständigen Eigentumsrechten zu verfestigen vermocht, und zwar aus ihrer eigentümlichen objektimmanenten Besonderheit heraus. Dies gilt etwa herkömmlich für 13
Vgl. etwa Leisner, W., Handbuch des Staatsrechts (Hg. Isensee/Kirchhof) Bd. 6, § 149, Rn. 46 ff.; Wendt, R., in: Sachs (Hg.) Art. 14 GG, Rn. 89 ff.
B. Nutzbarkeit eines Objekts
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Jagdrechte 14 und Fischereirechte 15. Neuerdings hat das Bundesverfassungsgericht in einer viel diskutierten Entscheidung 16 dem Mieter, welchem traditionell nur vertraglich gesicherte Nutzungsrechte zuerkannt waren 17 , eine Eigentümerstellung zugebilligt. Damit hat es der Nutzung von Objekten, gegenüber der Verfügungsmöglichkeit über dieselben, eine entscheidend aufgewertete eigentumsrechtliche Bedeutung zuerkannt. Wenn die aktuelle Nutzung (durch den Mieter) Eigentumsqualität hat, so muß doch auch die Eigentumsnutzungsmöglichkeit als solche von eigentumsrechtlichem Gewicht sein. Dies aber spricht dann deutlich dafür, die Nutzbarkeit eines Gutes, schon im Vorfeld ihrer Aktualisierung in Nutzung, und auch von dieser grundsätzlich getrennt, als eigentumsrechtlich bedeutsam anzuerkennen und sie als solche bei allen eigentumsbezogenen Regelungen zu berücksichtigen - eben auch bei der Beurteilung der Denkmaleigenschaft eines Gegenstandes. Wiederum zeigt sich: Nutzung ist als solche von hoher verfassungsrechtlicher Bedeutung; die rechtliche Verfestigung von Nutzbarkeiten zu Nutzungen muß auch durch die rechtliche Berücksichtigung der Ersteren honoriert werden.
4. Nutzbarkeit und Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums Denkmalschutz führt zu vielfachen Einschränkungen der Nutzung eines Objekts, welche heute verfassungsrechtlich als Formen der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums durch den Gesetzgeber (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG) angesehen werden 18 . Gerade die aus der Denkmaleigenschaft sich ergebenden Genehmigungsvorbehalte werden als Ausdruck einer Schrankenziehung verstanden 19 . Die Frage, ob die Annahme einer Denkmaleigenschaft als Inhaltsbestimmung oder als Schrankenziehung zu sehen ist, kann hier ebenso offen bleiben, wie die allgemeine Problematik, ob sich die beiden Begriffe überhaupt trennen lassen 20 . Jedenfalls findet hier statt
14
BGH DVB1 1982, 1090 (1091); BVerfG DVB1 1983, 898 f. BVerfGE 70, 191 (199). 16 BVerfGE 89, 1 ff.; Nachw. zum Meinungsstand bei Depenheuer, O., Art. 14, Rn. 157. 17 So noch BVerfGE 18, 121 (131 f.). 18 Dazu BVerfGE 70, 191 (200 f.); 83 , 201 (212); s. f. d. Denkmalschutz m. Nachw. Niebaum/Eschenbach, DÖV 1994, 14 f.; Gawehns, H. C., Denkmalschutzrecht S. 189 f.; Depenheuer , O., Art. 14 GG, Rn. 215, 415; Lubberger, A., Eigentumsdogmatik, S. 163 ff., 190 ff.; Melchinger, H., Eigentumsdogmatik, S. 127; Körner, R., Denkmalschutz, S. 57 ff.; Parodi, S., Eigentumsbindung, S. 66 ff. 19 F. viele Kröninger, H, NVwZ 1996, 434. 15
II. Nutzung und Verfassung: Objektimmanente Nutzbarkeit
43
eine „generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten durch den Gesetzgeber hinsichtlich solcher Rechtsgüter, die als Eigentum im Sinne der Verfassung zu verstehen sind. Sie sind auf die Normierung objektiv-rechtlicher Vorschriften gerichtet, die den Inhalt des Eigentumsrechts vom Inkrafttreten des Gesetzes an für die Zukunft in allgemeiner Form bestimmen" (Herv. v. Verf.) 21 . Gerade deshalb ist hier der verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz besonders sorgfältig zu beachten 22 . Mit speziellem Nachdruck wird dabei vom Bundesverfassungsgericht der objektivrechtliche Charakter dieser Inhalts- und Schrankenbestimmung durch den Gesetzgeber betont; erst an ihn schließt sich dann das subjektive Schutzrecht des Eigentümers an. Dies kann - die ausdrückliche Bezugnahme auf „solche Rechtsgüter" zeigt es - nur im Sinne einer rechtlichen Festlegung von Qualitäten verstanden werden, welche dem betreffenden Rechtsgut als einem solchen immanent sind. An erster Stelle steht dabei die Nutzbarkeit, auf der dann die konkrete Eigentümernutzung aufbaut. Dies spricht schon grundsätzlich dafür, die Nutzbarkeit eines als Denkmal zu schützenden Gegenstandes in die Beurteilung seiner Eigentumsfähigkeit von vorne herein mit einzubeziehen, sie als eine Voraussetzung nach Eigentumsrecht zu berücksichtigen, nachdem sich aus ihr die Rechtsfolge des Nutzungsrechts des Eigentümers ergeben soll. Wenn es überdies die Aufgabe des Gesetzgebers ist, einen „gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis" herzustellen zwischen den schutzwürdigen Interessen der Eigentümer und den durch das Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG geschützten Belangen, also auch im Verhältnis zur Allgemeinheit 23 , so kann dies nur in der Weise geschehen, daß dieser Ausgleich bereits in jenen gesetzlichen Normierungen stattfindet, welche Inhalt und Schranken des Eigentums festlegen. Für den Denkmalschutz belegt dies die Notwendigkeit, objektbezogene Nutzbarkeit in die ebenfalls gerade hier eindeutig objektimmanente Denkmalwürdigkeit eines Gegenstandes einzubeziehen. Andernfalls würde Denkmalschutz lediglich Schrankenziehung bedeuten, etwa aus museal verstandener Schutzwürdigkeit heraus; eine wirkliche Inhaltsbestimmung des Eigentums würde verfehlt, die eben notwendig auch die objektimmanente Nutzbarkeit berücksichtigen muß. Dogmatisch gute, wenn nicht zwingende Gründe sprechen also dafür, schon aus der allgemein anerkannten Inhaltsund Schrankenbestimmungsfunktion des Denkmalbegriffs die Folgerung zu
20
Gegen letzteres spricht die einheitliche Verwendung der Begrifflichkeit in der Judikatur des BVerfG, vgl. etwa E 58, 137 (144 f.); 58, 300 (330). 21 BVerfGE 52, 1 (27); siehe auch E 72, 66 (76); BVerfGE 84, 361 (366 f.). 22 Niebaum/Eschenbach DÖV 1994, 14 f. 23 BVerfGE 52, 1 (49).
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B. Nutzbarkeit eines Objekts
ziehen, daß in eine Festlegung auch die Nutzbarkeit eines Gegenstandes einzubeziehen ist.
5. Nutzungsmöglichkeiten als objektimmanente Nutzbarkeit Dogmatische Diskussionen um die nähere Eingrenzung des Nutzungsbegriffs finden vor allem um die Frage statt, ob der Eigentümer nur hinsichtlich einer bereits tatsächlich ins Werk gesetzten Nutzung gegen staatliche Eingriffe geschützt ist, oder ob dieser Schutz zugleich den objektiv sich anbietenden Nutzungsmöglichkeiten gilt 2 4 . Die Rechtsprechung bezieht auch eine mögliche Nutzung ein, allerdings mit der Maßgabe, daß diese sich „bei objektiver oder wirtschaftlicher Betrachtung objektiv anbietet" 25 . Diese Formulierung bringt jedoch nur eine Verdeutlichung, nicht eine Einschränkung der Einbeziehung möglicher Nutzungen in den Nutzungsbegriff: Was wirtschaftlich möglich ist, bietet sich auch stets wirtschaftlich an und ist in einer Marktwirtschaft auch immer, geradezu begrifflich, „vernünft i g " 2 6 . Wenn das Bundesverwaltungsgericht gelegentlich 27 verlangt, daß eine bestimmt Nutzung sich aufdränge, daß die Verkehrsauffassung sie „geradezu vermisse", so geht diese Einschränkung ersichtlich zu weit: Sie ist unökonomisch gedacht, denn was wirtschaftlich sinnvoll ist, wird von der Verkehrsauffassung stets „vermißt" werden, wenn es nicht realisiert wird, der Verkehr wird für diese Möglichkeit bezahlen und eine Intensitätssteigerung des „Vernünftigen" kann es begrifflich nicht geben. Rechtlich geschützt sind nach allgemeiner Dogmatik alle vernünftigen, insbesondere die ökonomisch sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten eines Gegenstandes eine für die vorliegende Untersuchung sehr wichtige Feststellung. Diese Vorstellung wird gerade für Nutzungsmöglichkeiten eines denkmalgeschützten Objekts vertreten 28 . Die Lehre tritt dem bei und bezieht auch die „naheliegende" Nutzung in diesen Begriff ein 2 9 . 24
In letzterem Sinn etwa Depenheuer, O., Art. 14, Rn. 277; vgl. zu der Diskussion noch Körner, R., Denkmalschutz, S. 85 f.; Lülsdorf, W., Eigentumsrelevante Maßnahmen, S. 50 ff., 163 ff. 25 BGH in st. Rspr. etwa BGHZ 87, 66 (71 f.); 90, 4 (15); 99, 24 (31 f.); 105, 15
(18). 26
Krit. zu Versuchen, dem „vernünftigen" Eigentümer Zurückhaltung bei der Eigentumsnutzung abzuverlangen, Müller, Martin, Baudenkmalschutz, S. 67 ff., 94 ff., 113 ff. 27 Vgl. etwa BVerfGE 67, 93 (97). 28 Siehe vor allem die Grundsatzentscheidung des BGH zu diesem Rechtsbereich, BGH NJW 1979, 210 (211) m. Nachw. z. Rspr. des Gerichts. 29 So etwa Moench, Chr., NJW 1980, 1548/49, unter Hinweis auf jenen „vernünftigen Eigentümer", welcher der Vorstellung von der Situationgebundenheit des Eigentums entspricht; ebenso Gawehns, H. C., Denkmalschutzrecht, S. 183.
II. Nutzung und Verfassung: Objektimmanente Nutzbarkeit
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Diese Auffassung von den möglichen als (ebenfalls) rechtlich geschützten Nutzungen läßt sich nur so erklären, daß die Nutzbarkeit eines Gegenstands als solche von rechtlicher Bedeutung ist, als eine Voraussetzung des auf den Nutzungsbegriff aufbauenden Rechts des Eigentümers. „Nutzbarkeit" kann gar nicht anders definiert werden denn als Inbegriff aller Nutzungsmöglichkeiten; und, wie dargestellt, läßt sich keine von ihnen aus dem eigentumsrechtlichen Nutzungsbegriff ausschließen. Dabei ist selbstverständlich, daß diese „Nutzungsmöglichkeit als Nutzbarkeit" einen aus der Tatsächlichkeit zu gewinnenden Begriffsinhalt aufweist, der dann aber als solcher relevant, in die Rechtsordnung des Eigentums transformiert wird. Er knüpft an das betreffende Objekt an, ist also in diesem Sinn gegenstandsimmanent. Daraus ergibt sich notwendig, daß bei einer rechtlichen Beurteilung eines Gegenstandes, wie sie bei der Unterschutzstellung erfolgt, bereits die Nutzbarkeit, im Sinne der Gesamtpalette möglicher Nutzungen eines Gegenstandes, Berücksichtigung finden muß. Denn eine wichtige Feststellung ergibt sich geradezu aus dem nicht näher eingrenzbaren Begriff der Nutzungsmöglichkeit als vernünftiger Nutzungsform: Dieser Begriff ist inhaltlich weit zu bestimmen.
6. Nutzung, Nutzbarkeit - Wert: objektimmanente Begriffe Nutzungen eines Gegenstandes, zusammengefaßt - wie dargestellt - im Sinne von dessen Nutzbarkeit zu beurteilen, sind von entscheidender Bedeutung für jenen Gegenstandswert, nach dem sich die Entschädigung im Falle der Enteignung bemißt 30 , die Höhe notwendiger Ausgleichsleistungen bei Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums 31 . Für die Bemessung ist die Qualität des betreffenden Gegenstandes maßgebend, die nach den objektiv festzustellenden Faktoren zu bestimmen ist: „Dies umfaßt, neben der Substanz des Rechtsguts, insbesondere auch die eigentumsrechtlich geschützten objektiven Nutzungsmöglichkeiten". Bei den im Denkmalschutz im Vordergrund stehenden Grundstückswerten ergeben sich jene nicht nur aus der tatsächlichen Nutzung, sondern aus den sich objektiv anbietenden Nutzungsmöglichkeiten 32 , also etwa aus der Nutzbarkeit der Immobilien (vgl. oben 5.). Nutzungsminderung und Wertminderung sind gerade im Denkmalschutz bei ökonomischer Betrachtung derart verzahnt 33 , 30 Zu der - nicht allgemein normierten - Enteignungsschwelle im Recht des Denkmalschutzes vgl. eingehend m. Nachw. Moench, Chr., NJW 1980, 1547, 1549; ders., NJW 1983, 2003; ders., NVwZ 1988, 311 ff., insbes. in Folge der Rechtsprechungsentwicklung beim BVerfG nach dessen E 58, 300. 31 Grdl. BVerfG E 58, 137 (150); siehe auch BGH NUR 1990, 429. 32 Depenheuer, O., GG, Art. 14, Rn. 459.
46
B. Nutzbarkeit eines Objekts
daß eine Wertabschwächung geradezu als kapitalisierte Nutzungsminderung verstanden wird. Ob sich dies von jenem „rein tatsächlichen Vorteil" überhaupt abgrenzen läßt, der, als dem Inhaber „nicht rechtlich zugewiesen", für den Gegenstandswert ohne Bedeutung sein soll 3 4 , ist grundsätzlich fraglich, kann hier aber offen bleiben 35 . Eine andere Feststellung jedoch drängt sich hier nun wirklich auf: Der Wert eines Gegenstandes ist diesem Objekt immanent: im eigentumsrechtlichen Sinn ist er eine wesentliche Eigenschaft desselben. Der Denkmalschutz beurteilt, bei Unterschutzstellungen, eben jene Qualität, jenes „Wesen" des zu schützenden Gegenstandes. Dann aber muß bei eben dieser Feststellung auch eine Nutzung bereits in den Blick genommen werden, welche gerade den Wert, als Qualitätszentrum des Objekts, wesentlich konstituiert - die Nutzbarkeit. Wenn es überhaupt etwas „Objektimmanentes" gibt, so ist es der Wert des Gegenstandes, mit den diesen konstituierenden Faktoren - in erster Linie der Nutzbarkeit. Nur dann also, wenn sich die Beurteilung eines Objekts als Denkmals begrifflich vollständig trennen ließe von dessen Nutzbarkeit, könnte diese letztere für die Feststellung der Denkmalqualität unbeachtlich sein. Daß dies jedoch nicht zutrifft, wird sich im folgenden erweisen (C.). Damit erhärtet sich erneut die rechtliche Bedeutsamkeit der Nutzbarkeit eines unter Schutz zu stellenden Gegenstandes im Sinne der Objektimmanenz. Dabei sind „die Nutzungen" - das hat sich bei allen bisherigen Darlegungen gezeigt - in einem weiten Sinn zu verstehen.
III. „Privatnützigkeit44 des Eigentums und Nutzbarkeit Das vorstehend erzielte Ergebnis zu Bedeutung und Weite der Nutzungen für die objektimmanente rechtliche Beurteilung eines Gegenstandes als Denkmal (II. 1.-6.) wurde aus der Untersuchung einzelner dogmatischer Kategorien des Eigentumsrechts gewonnen. Nun ist noch auf eine Begrifflichkeit dieses Rechtsgebiets einzugehen, welche dieses in besonderer Weise prägt.
1. Der Begriff der Privatnützigkeit des Eigentums Die Privatnützigkeit ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geradezu der Zentralbegriff des Eigentumsrechts 36 . Die bereits er33
Näher dazu Moench, Chr., NJW 1980, 1551/52. So BGH WM 1982, 277. 35 Siehe dazu grdl. Ausführungen zu den „sich aufdrängenden Nutzungen", oben 5. a.E. 34
III. „Privatnützigkeit" des Eigentums und Nutzbarkeit
47
wähnten Kriterien der umfassenden Herrschafts- und Verfügungsbefugnis des Eigentümers über das Eigentumsobjekt werden hier in einer bestimmten Weise akzentuiert, die in aller Regel darüber entscheidet, ob eine staatliche Maßnahme mit Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG noch oder nicht mehr vereinbar ist: Dieses Herrschaftsrecht bedeutet private Verwendungsfreiheit 37 , und diese kann wiederum nichts anderes meinen als Nutzung in einem weiteren Sinn, der bis zur Verfügung, zur Veräußerung reicht, wobei dann der zu erzielende Preis sich als „kapitalisierte Nutzung" oder doch aus der Nutzbarkeit ergibt (vgl. oben II. a.E.) - so daß schließlich die Erzielung des Verfügungserlöses sich als „Nutzung des Objekts" darstellt. Dieser Begriff der Privatnützigkeit beinhaltet insoweit wohl nicht mehr als eine Tautologie, als er die Berechtigung gerade des Eigentümers anspricht. Von inhaltlich präzisierender Bedeutung dagegen wird der Begriff mit Bezug auf die Nutzung des Gegenstandes, die hier geradezu verbal in den Vordergrund tritt und damit das Wesen des Eigentums als solchen trifft: „Zur Substanz des Eigentums gehört ... auch die Freiheit, den Eigentumsgegenstand selbst zu nutzen". 38 Die eigentumskonstitutive Privatnützigkeit beinhaltet also, dogmatisch betrachtet, zwei Elemente: - die abstrakte, nicht notwendig zu realisierende Nutzbarkeit eines Gegenstandes, als objektimmanente Grenze des Eigentumsrechts, und - die Auswahlfreiheit des Eigentümers unter diesen Nutzungsmöglichkeiten. In seiner Hand soll das Eigentum „als Grundlage privater Initiative und im eigenverantwortlichen Interesse „von Nutzen" sein. Die Privatnützigkeit realisiert das personale freiheitsverbürgende Element der Eigentumsgarantie". 39 Wenn der Staat, etwa über Denkmalschutz, die „Nutzbarkeit als Rahmen der Privatnützigkeit" durch rechtliche Kategorisierungen (Denkmaleigenschaft, Unterschutzstellung) sachwidrig oder über Gebühr einengt, so verletzt er das Eigentum bereits dadurch, nicht erst dann, wenn er eine bestimmte Nutzungsform vereitelt, welche der Eigentümer verwirklichen will. Die Privatnützigkeit stellt also auf Maßstäbe funktionsgerechter privater Nutzung ab (vgl. dazu oben I. 2.), sie erweist die Nutzung als Kernbegriff des gesamten Eigentumsverfassungsrechts, unterstreicht die Weite des Nutzungsbegriffs, aus dessen Möglichkeiten der Eigentümer soll in Freiheit 36
Vgl. f. viele neuerdings BVerfGE 79, 292 (304); 81, 29 (33). Dazu grdl. Papier, H.-J., Der Staat 1972, 501 ff.; Maurer, H., DVB1 1991, 781 ff.; Lubberger, A., Eigentumsdogmatik, S. 124 ff.; Körner, R., Denkmalschutz, S. 69 ff. 38 BVerfGE 79, 292 (304). 39 Depenheuer, O., GG, Art. 14, Rn. 68; Leisner, W., Sozialbindung des Eigentums, 1972, S. 174. 37
48
B. Nutzbarkeit eines Objekts
auswählen dürfen, und verdeutlicht schließlich den Objektbezug einer Nutzbarkeit, auf welcher die nutzungsrealisierende Entscheidung des Berechtigten aufbaut.
2. Privatnützigkeit als Kategorie des Denkmalschutzrechts Der Privatnützigkeitsbegriff gibt mithin alle wichtigen Grundlinien vor, welchen die Untersuchung im folgenden nachgehen wird. Es ist bemerkenswert, aber nicht erstaunlich, daß „Privatnützigkeit" im Denkmalrecht bisher, soweit ersichtlich, kein Topos ist, trotz deren eindeutiger Eigentumsrelevanz 40 . So erscheint sie etwa gar nicht als Referenzbegriff im Handbuch des Denkmalrechts und sie wird auch in den Überblick-Darstellungen des Gebietes nicht in den Mittelpunkt gestellt, ja nicht einmal näher behandelt. Der Grund liegt ersichtlich in jener eigenartigen Trennung von Denkmalnutzung und Denkmalbegriff, auf die oben (A. IV.) bereits näher eingegangen wurde, und deren Kritik im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht. „Privatnützigkeit" ist eben eine Eigenschaft des Objekts, nicht nur ein Inhalt konkreter Eigentümerentscheidung. Daher gehören Nutzbarkeitsüberlegungen, als verlängernder Ausdruck der Eigentumsfähigkeit eines Objekts, bereits in den Bereich der Denkmalbegrifflichkeit, nicht erst in den der gegenüberstellenden Abwägung zwischen „Denkmal(schutz)" und „Eigentümernutzung". Die oben (1.) dargestellten beiden dogmatischen Elemente der Privatnützigkeit (Nutzbarkeit und (aus ihr auswählende) Nutzungsentscheidung des Eigentümers) werden daher auch zur Grundlage des Planes der folgenden Untersuchung (vgl. oben A. a.E.): Zunächst ist (im folgenden C.) die Nutzbarkeitsfrage denkmalbegrifflich zu stellen, sodann (im folgenden E.) die Abwägung gegenüber der konkreten Eigentumsentscheidung zur Verwirklichung der Nutzung zu prüfen, so daß die bisherige „Zweistufigkeit des Denkmalschutzes" auf ihren beiden Ebenen die Nutzbarkeit des Objekts berücksichtigt. Die Privatnützigkeit ist mithin ebenso zentrale dogmatisch-methodische Grundlage dieser Untersuchung wie des Eigentumsrechts, an welches die folgenden Ausführungen damit grundsätzliche Anbindung gewinnen. So erst wird die Privatnützigkeit auch zum Kernbegriff eines Denkmalschutzrechts, in dem sich ihre Anwendbarkeit besonders deutlich exemplifizieren läßt. Bevor in dieses zentrale Kapitel der „denkmalgerechten Nutzung" eingetreten wird, ist jedoch noch weiteren, spezielleren Leitlinien aus der Eigentumsdogmatik in das Denkmalschutzrecht nachzugehen.
40 Nur selten wird sie, und nur im Rahmen der allgemeinen eigentumsrechtlichen Darstellungen, erwähnt, siehe etwa Körner; R., Denkmalschutzrecht, S. 69 ff.; Lubberger, A., Eigentumsdogmatik, S. 124 ff.
IV. Öffentliche Nutzung - objektbezogene Widmung
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IV. Öffentliche Nutzung - objektbezogene Widmung 1. Widmung und öffentliche Nutzbarkeit a) Nach der (oben A IV) dargestellten Lehre der zweistufigen Trennung von Denkmaleigenschaft und Denkmalnutzbarkeit sind nicht nur Nutzungen durch Private bei der Bestimmung des Denkmalbegriffs nicht zu berücksichtigen, sondern auch alle anderen öffentlichen Belange 41 . In diesem Sinne hat sich auch die höherinstanzliche Judikatur der Verwaltungsgerichte festgelegt 42 . Soweit es dabei um andere öffentliche Interessen geht als solche einer der Nutzung durch Private vergleichbaren öffentlichen Verwendbarkeit, ist dies nicht Gegenstand der vorliegenden Betrachtungen; öffentlich(-rechtlich)e Nutzung dagegen muß in diese einbezogen werden. Es geht dabei dann allgemein um den Problemkreis „Denkmalschutz und öffentliches Eigentum" 4 3 , einschließlich des Gemeindeeigentums44. Hier spielt allerdings die - im übrigen und grundsätzlich sehr wichtige - Frage keine Rolle, ob für den Staat i.w.S. dieselben Denkmalschutzregeln gelten wie für Private 45 . Zu klären ist vielmehr lediglich, wie es um die öffentlichen Nutzungen, die öffentlich-rechtliche Nutzbarkeit steht, ob hier andere Grundsätze gelten als für die der Privatnützigkeit (vgl. oben III.) zuzuordnenden Nutzungen seitens Privater. b) Zentralbegriff ist hier der der öffentlich-rechtlichen Widmung, der Nutzung in ihrem Rahmen; sie ist denn auch früh in ihrer Bedeutung für den Denkmalschutz erkannt worden 46 . Ein Paradebeispiel für öffentliche Widmungen bieten die straßenrechtlichen Widmungsakte, die auch, vor allem im Zusammenhang mit dem Bundesfernstraßengesetz, zu denkmalrechtlichen Problemen geführt haben 47 , während gezielte „Widmungen gerade zum Denkmalschutz", welche rein museale Nutzungen beinhalten 48 , insge41 Hönes, E.-R., DVB1 1984, 417 m. Nachw.; Kummer , M., Denkmalschutzrecht, S. 46; ebenso Moench, Chr., NVwZ 1984, 148. 42 So etwa VGH Kassel NVwZ 1986, 237 (238); VGH Mannheim NVwZ-RR 1989, 230 (231); OVG Münster NVwZ-RR 1992, 531 (533). 43 Eine Problematik, die schon früh behandelt worden ist, vgl. Zöllner , W., BayVBl 1957, 207 (210), krit. angesprochen auch bei Hönes, E.-R., VerwArch. 1989, 486. 44 Dazu insbes. Hönes, E.-R., DVB1. 1977, 754. Dies ist wiederum zu trennen von der allgemeinen Verantwortung der Gemeinden für den Denkmalschutz, wie er etwa behandelt wird in VGH München BayVBl 1990, 48 (49); vgl. neuerdings ablehnend BVerwG DÖV 2001, S. 953. 45 Sie steht bei der Problematik „Denkmalschutz und öffentliches Eigentum", vgl. a.aen.Oen., im Vordergrund. 46 Vgl. etwa Sellschopp, DVB1 1958, 641, unter Hinweis übrigens auch auf kirchliche Widmungen. 47 Siehe dazu Schweitzer/Meng, DVB1 1975, 940. 4 Leisner
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B. Nutzbarkeit eines Objekts
samt außerhalb der hier erörterten Problematik liegen, da bei ihnen der unterschutzstellende Widmungsakt eindeutig und ausdrücklich andere Nutzung ausschließt. Wie etwa die straßenrechtliche Normierung der Widmung nach § 2 BFStrG belegt, bestehen, trotz öffentlich-rechtlicher Besonderheiten, enge Beziehungen zwischen der Nutzung aufgrund von Eigentum Privater und widmungsvermittelten Nutzungen, für die Öffentlichkeit oder einen bestimmten Teil derselben. Die Nutzung beruht auf der Widmung und ist nur in deren Namen zulässig (§ 2 Abs. 1 BFStrG). Sie setzt dingliche Berechtigungen an dem zu nutzenden Gegenstand voraus (Eigentum, Besitz (Einweisung)) oder Zustimmung der Berechtigten (§ 2 Abs. 2 BFStrG). Die publizistische Besonderheit, daß an dieser Widmungs-Nutzung privatrechtliche Verfügungen nichts ändern (können), steht der Feststellung nicht entgegen, daß grundsätzlich hier das Nutzungsrecht eigentumsrechts-konform ausgestaltet ist. Damit muß prinzipiell auch für die öffentlich-rechtlich ausgestaltete Nutzung dasselbe gelten, was unter II., III. für die privatrechtliche Eigentumsnutzung festzustellen war.
2. Öffentliche Widmungs-Nutzung: gegenstandsbezogen Eine Besonderheit allerdings weist diese öffentliche Widmungs-Nutzung auf: Sie ist eindeutig objektbezogen; der Inhaber tritt mit seinen (übrigen Nutzungs-)Interessen zurück, die er selbst durch den Widmungsakt in einer bestimmten Nutzbarkeit des Gegenstands hat aufgehen lassen, sie diesen zumindest untergeordnet hat. Die Widmung bezieht sich immer nur auf ein bestimmtes, sachenrechtlich abgegrenztes Objekt 4 9 . Sie ist also klar nicht nur objektbezogen, sondern sie wird durch den Widmungsakt objektimmanent, sie ist Ausdruck der rechtlich geregelten Qualität des Gegenstandes. Nirgends tritt deutlicher die untrennbare Verbindung von Nutzung(en) und Nutzbarkeit in Erscheinung; diese Letzere ist geradezu über den Widmungsakt als solchen rechtlich verfestigt. Und dies gilt auch bereits für Nutzungsmöglichkeiten, welche sich ebenfalls durch einen Widmungsakt verfestigen lassen. Notwendige Folge ist daher für das Denkmalschutzrecht: Die durch Widmungsakt konstituierte oder zu konstituierende öffentliche Nutzbarkeit einer Sache kann nicht bei der Bestimmung der Denkmalseigenschaft völlig un48 So etwa wenn ein Megalithgrab „der Öffentlichkeit gewidmet wird", OLG Celle NJW 1974, 1291 (1292). 49 Vgl. BVerwGE 70, 77; OVG Münster NJW 1987, S. 2965; Maurer, H., Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2000, § 9 Rn. 33.
V. Bestandsschutz
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berücksichtigt bleiben. Ist die Widmung schon erfolgt, so haftet sie, aufgrund eines Hoheitsakts, dem Gegenstand hinsichtlich seiner Qualität untrennbar an; besteht nach Sachlage Widmungsmöglichkeit oder gar Widmungsgeneigtheit des Objekts, so muß auch dies bereits bei der Beurteilung seiner Denkmalwertigkeit im Rahmen der Unterschutzstellung berücksichtigt werden. Schon in dieser Phase der Prüfung können nicht einfach widmungsgeneigte und völlig widmungsferne Gegenstände gleichgestellt werden. Dies Letzere hätte übrigens eine unannehmbare Folge: Während sich bei Objekten privater Eigentümer Nutzungsinteressen nur im Wege einer Zumutbarkeitsabwägung nach Art. 14 GG durchsetzen könnten, würden öffentliche, durch Widmungsinteresse fixierte Belange den Denkmalschutz möglicherweise viel weiter zurückdrängen können, da ihre Eigentümer ja keine eigentumsrechtlichen Gegeninteressen, wohl aber hoheitlich bestimmte Allgemeinwohlbelange ins Feld führen könnten. Hier hilft nur eine privatnutzungsanaloge, bereits bei der Bestimmung des Denkmalcharakters durchgeführte Nutzbarkeitsprüfung. Jedenfalls zeigt das öffentliche Nutzungsrecht der Widmungen, daß Nutzbarkeit als Rechtsbegriff der Normenordnung geläufig ist, sich als ein solcher zu normierbarer Verfestigung eignet.
V. Bestandsschutz - Die dynamische Zeitbezogenheit der Objektnutzung Der Begriff des Bestandsschutzes ist ebenfalls kein begrifflicher Topos des geltenden Denkmalschutzrechts 50 - und doch eine zentrale Kategorie jenes Eigentumsrechts, welches zugleich die sedes materia,e des Objektnutzungsrechts darstellt. Es gilt zu klären, was sich aus ihm für die nachfolgend zu beantwortende Frage nach der Bedeutung der Nutzbarkeit für den Denkmalbegriff ergibt.
1. Der passive Bestandsschutz des gegenwärtigen Nutzungszustandes Bestandsschutz bedeutet zunächst und vor allem die rechtliche Beständigkeit eines bestimmten tatsächlichen Zustandes in dem Sinne, daß sie sich gegen Veränderungsabsichten staatlicher Ordnungsinstanzen durchzusetzen vermag, die Situation also rechtlich eingriffs/veränderungsfest ist. Entwikkelt hat sich der Bestandsschutz vor allem im Baurecht 51 , und zwar als ein aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG abgeleitetes Verfassungsprinzip 52. 50
Auch er kommt etwa im Hdb. von Kleeberg/Eberl als Stichwort nicht vor, ebensowenig spielt er im Nutzungsrecht des Denkmalschutzes bisher eine Rolle. 4*
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B. Nutzbarkeit eines Objekts
a) Dieser Bestandsschutz ist wesentlich nutzungs-, nicht wertorientiert. Ein bestimmter Vermögensgegenstand soll als solcher in der Hand des Eigentümers gesichert verbleiben, als Grundlage seiner freiheitlichen Entscheidungen. Während früher das Eigentumsrecht vor allem als eine Weitgarantie begriffen wurde, die bei Verletzung primär Entschädigungsfolgen auslöste, hat die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts 53 den Primat der Innehabungsgarantie durchgesetzt, dessen wichtigsten Ausdruck der Bestandsschutz darstellt. Innehabung aber bedeutet primär Nutzungs-, nicht Verfügungsbefugnis. Wenn sich ein legal geschaffener Zustand 54 in ihrem Namen durchsetzen kann, auch gegen mittlerweile entgegenstehendes Gesetzesrecht 55, so schützt die Bestandsgarantie eben den rechtlich verfestigten „Zustand einer ausgeübten Grundstücksnutzung, der im Zeitpunkt der hoheitlichen Maßnahme besteht" 56 . Damit wird der Bestandsschutz zu einem Zentralbegriff gerade jenes Nutzungsrechts, wie es hier für den Denkmalschutz untersucht wird. Um „Erhaltung" und „Nutzung" geht es denn auch in jenen höchstrichterlichen Entscheidungen, welche den Bestandsschutz entfaltet haben 57 . Pointiert läßt sich sogar sagen, daß sich damit das Eigentumsrecht „vom Primat des Verfügungsrechts zu dem des Nutzungsrechts" gewandelt hat. b) Von besonderer Bedeutung für den Denkmalschutz ist dieser Bestandsschutz, der letztlich den Vorrang der lex posterior relativiert, schon infolge seiner Grundstückbezogenheit, welche auch jenem Rechtsgebiet eigen ist. Dennoch spielt er, soweit ersichtlich, dort keine wesentliche Rolle 5 8 , obwohl er doch gerade jenen nutzungsorientierten Zustand betrifft, um den es bei denkmalschützenden Maßnahmen geht. Verständlich mag dies deshalb erscheinen, weil diese in der Regel einen gegenwärtigen Zustand gerade festschreiben, nicht ihn verändern wollen; und die Erweiterung dieses „Bestandsbegriffs" von ausgeübten auf mögliche Nutzungen (vgl. oben II, 5) scheint sich gerade in der rechtlichen Betrachtung des Bestandsschutzes noch nicht durchgesetzt zu haben 59 . Dennoch gibt es zumindest eine Fallkonstellation im Recht des Denkmalschutzes, in welcher der hier 51
Vgl. dazu f. viele grdl. Kutschern, P., Bestandsschutz im öffentlichen Recht, 1990; Depenheuer, O., Art. 14 Rn. 325. 52 Depenheuer, O., a.a.O., Rn. 86. 53 Seit BVerfG E 58, 300. 54 Bis hin zur Innehabung eines bestimmten Geldbestands, vgl. zu dieser Diskussion um die Geldleistungspflichten als Geldenteignung m. Nachw. Depenheuer, O., GG Art. 14, Rn. 172. 55 BVerwG, Buchholz, 406.25, § 5 BImSchG Nr. 1, S. 80. 56 BVerfGE 58, 300 (352). 57 Vgl. etwa BVerfGE 25, 161 (162); 27, 341 (343). 58 In den Überblicksbehandlungen des Rechtsgebiet, ebenso etwa im Hdb. von Kleeberg/Eberl, kommt er nicht vor.
V. Bestandsschutz
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behandelte aktive Bestandsschutz Anordnungen entgegenstehen könnte: Wenn nämlich nicht nur Erhaltung, sondern auch Instandsetzung eines Gegenstandes im Namen des Denkmalschutzes verlangt wird 6 0 , so müßte jedenfalls hier Bestandsschutz als gesetzliche Schranke zumindest problematisiert werden; es kann dann nicht genügen, lediglich allgemein auf die Zumutbarkeit für den Eigentümer zu verweisen 61 . Damit ist nun nicht gesagt, daß der Bestandsschutz als solcher, insbesondere in seiner „aktiven" Form der „Betonierung" einmal und gegenwärtig noch bestehender Nutzungsmöglichkeiten, eine absolute Schranke denkmalrechtlicher Veränderungsgebote darstellt. Aus diesem Bestandsschutz ergibt sich aber eine wichtige Folgerung gerade für den Denkmalbegriff: Auch er ist in seiner Objektbezogenheit auszurichten auf jene Nutzbarkeit des Gegenstandes, welche der Rechtsordnung so wichtig ist, daß sie sie als einen Eigenwert im Begriff des nutzungsorientierten Bestandsschutzes speziell sichert. Gäbe es diesen Begriff nicht, so stünde eine rechtliche Objektqualifikation, wie sie die Annahme der Denkmaleigenschaft beinhaltet, viel weitergehend zur Disposition der den Eigentumsinhalt bestimmenden staatlichen Instanzen. Wird aber derart speziell ein „Bestand" geschützt, so verlangt dies gegenstandsbezogene Einbeziehung der Nutzbarkeit bereits in den Begriff des Denkmals.
2. Der überwirkende (aktive) Bestandsschutz zeitlich dynamisierter Nutzungsbegriff a) Während der vorstehend behandelte passive Bestandsschutz grundsätzlich keinen Anspruch auf Erweiterung der Nutzung(smöglichkeit)en eröffnet 6 2 , ist der Bestandsschutz durch Gesetzgebung (§ 29 ff. BauGB) und (schon vorher) durch die Rechtsprechung 63 zum sog. überwirkenden oder 59 Vgl. zur diesbzgl. Problematik des Ausgleichsanspruchs bei der Eröffnung planungsrechtlich höherwertiger Nutzungsmöglichkeiten, im Anschluß an § 42 Abs. 2 BauGB, Papier, H. J., in Maunz/Dürig (Hg.), GG, Art. 14, Rn. 422. 60 Sie ist von der Erhaltungsverpflichtung schon unter diesem Gesichtspunkt deutlich zu trennen, was auch in den Denkmalschutzgesetzen der Länder zum Ausdruck kommt: So begründen Hamburg (Art. 14 Abs. 3 S. 1) und Bayern (Art. 4 Abs. 2) nur eine Verpflichtung zur Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen, während andere Länder (vgl. Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 124) daneben noch Instandsetzungsanordnungen vorsehen. 61 So aber Moench, Chr., NJW 1983, 2002. 62 BVerfGE 58, 300 (352); Die Nutzungsmöglichkeiten sind jedoch in diese Nutzungs-Erhaltung einzubeziehen, weil sie zum aktuellen, rein „konservativ" betrachteten Nutzungszustand bereits gehören, der durch ihre tatsächliche Ausnutzung ausgefüllt, nicht aber verändert wird. 63 BVerfG std. Rspr., vgl. etwa BVerfGE 50, 49 (56 ff.); 72, 362 (363 f.).
54
B. Nutzbarkeit eines Objekts
aktiven Bestandsschutz erweitert worden. Ausnahmsweise gestattet er Änderungen und Erweiterungen von Gegenständen, insbesondere Anlagen, wenn diese nur untergeordnete Bedeutung haben und der Altbestand sonst nutz-, wirtschaftlich sinnlos werden würde. Dies gilt immer dann, wenn es um sinnvolle Erhaltung einer zu legaler Nutzung bereits geschaffenen Anlage geht. Insbesondere gibt dieser überwirkende Bestandsschutz ein Recht auf die zur zeitgemäßen Nutzung erforderlichen Maßnahmen 64 . b) Daraus ergeben sich für die Nutzbarkeitskategorie im Recht des Denkmalschutzes wichtige Erkenntnisse: Der überwirkende Bestandsschutz ist keine selbständige Nutzungskategorie, sondern lediglich zeitliche Fortschreibung des passiven Bestandsschutzes, der den ursprünglichen Nutzungszustand absichert. Das zeigt sich schon darin, daß ein größerer „Nutzungsabstand" dadurch nicht gedeckt ist. Des weiteren ergibt sich gerade hier die eindeutige, ausschließliche Nutzungsorientierung des Bestandsschutzes, der auf einem bestimmten Nutzungszustand eines Gegenstandes objektgebunden gründet und diesen verfestigt. Auch der Bestandsschutz bedeutet die dogmatische Anerkennung einer gegenstandsgebundenen Rechtskategorie der Nutzbarkeit. Diese fällt übrigens zusammen mit der der eigentumsrechtlichen Sinnhaftigkeit der Innehabung eines Gegenstands: Die Nutzung wird (nur) als eine „sinnvolle" geschützt, eine Begrifflichkeit, die hier erneut bei dieser eigentumsrechtlichen Untersuchung begegnet. Dieser „Sinn" liegt aber gerade nicht (nur) in der speziellen Richtung, welche ein konkret Berechtigter der Nutzung durch freie Entscheidung verleiht; er ergibt sich aus der vom Berechtigten unabhängigen, in diesem Sinne „abstrakten" Nutzbarkeit, welche ein konkretes Nutzungsverlangen sodann lediglich zur rechtlichen Überprüfung führt, geradezu im Sinne einer Subsumtion dieses Einzelfalles unter eben diese generell abstrakte, objektbezogene Nutzbarkeit, die gerade hier deutlich hervortritt. c) Die wichtigste Feststellung für die folgenden Überlegungen zum Denkmalschutz folgt daraus jedoch im Zusammenhang mit dem überwirkenden Bestandsschutz für die Zeitschiene der Nutzbarkeit: Sie darf grundsätzlich nicht vernachlässigt werden. Es gilt nicht: „Einmal Nutzung - immer nur diese Nutzung". Vielmehr umfaßt der Bestandsschutz auch die „jeweils zeitgemäße Nutzung"; dies wird nun im Mittelpunkt der Überlegungen zur „denkmalgerechten" Nutzung stehen. Denkmalschutz erfaßt einen Gegenstand wesentlich in zeitlicher Dimension, und dies gilt vor allem für die wichtigste Kategorie seiner rechtlichen Bewertung, die Nutzungen. Der Bestandsschutz legt also eine Betrachtung nicht nur nahe, er verlangt sie, in welcher eine bestimmte Nutzbarkeit historisch ermittelt und sodann zeitgemäß, wenn auch stets in Anbindung an „frühere Nutzung", festgelegt 64
BVerfGE 72, 362 (363 f.).
V. Bestandsschutz
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wird. Dies letztere aber kann, ebenso wie die erstere, rein historische Betrachtung, nicht ohne Zusammenhang mit dem Denkmalschutzbegriff selbst erfolgen: Er gerade schützt einen bestimmten Bestand - und dazu gehört eben die zeitgemäße Nutzbarkeit des Objekts. Damit ist die Fragestellung für die folgenden Teile C. und D. konkretisiert, im Sinne eines „zeitlich dynamisierten Nutzungsbegriffs". Die hier schließende eigentumsdogmatische Betrachtung hat also die begrifflichen Grundlagen der nun folgenden, mehr praxisbezogenen Untersuchungen legen können: Klar geworden ist vor allem: - Der Begriff der Nutzung ist heute von vorrangiger Bedeutung für das Verständnis des Eigentums i.S. der Verfassung. - Nutzungen und Nutzungsmöglichkeiten sind in einem Verfassungsbegriff der Nutzbarkeit zusammen zu fassen; der Nutzungsbegriff ist insoweit ein weiter. - Diese Nutzbarkeit ist ein objektbezogener Begriff, unabhängig vom einzelnen konkreten Nutzungsverlangen des Berechtigten. - Konservierender Bestandsschutz und dessen zeitgemäße Dynamisierung prägen gleichermaßen diesen Verfassungsbegriff eigentumsrechtlicher Nutzbarkeit. - Auf der Zeitschiene wird die rechtliche Bedeutung des „aktivierten Gutes" deutlich. - Gerade das Recht des Denkmalschutzes verlangt die Berücksichtigung dieser gegenstandsbezogenen Nutzbarkeit, durch ihre Einbeziehung bereits in die rechtlichen Begründungen und Festlegungen des Denkmalbegriffs, in der Bestimmung „denkmalgerechter Nutzung".
C. Das „nutzbare Denkmal" die „denkmalgerechte Nutzung" Im folgenden werden die Ergebnisse der dogmatischen Untersuchung zum Eigentumsverfassungsrecht weiter konkretisiert, mit Blick auf die bisher entwickelten dogmatischen Strukturen und Begrifflichkeiten des Denkmalrechts, und zwar hier des Denkmalbegriffs, in welchen Nutzbarkeitsvorstellungen Eingang finden sollten. Im Recht des Denkmalschutzes hat sich bereits eine an die Denkmalgesetze anschließende Prüfungsreihenfolge entwickelt, sie reicht von der Denkmalfähigkeit entsprechend den besonders wichtigen, hier auf ihre Nutzungsoffenheit zu prüfenden herkömmlichen Begründungen der Denkmaleigenschaft (im folgenden III.) bis zu jenem „öffentlichen Unterhaltungsinteresse" (im folgenden IV.), in welchem sich erst die Denkmalqualität vollendet. Vorweg ist noch allgemein zu fragen, welche Arten von „Nutzung" sich aus der Nutzbarkeit eines Objekts ergeben können (I.), bereits unter besondere Berücksichtigung der „Denkmalnutzung", und welche Rechtsqualität den im folgenden zu untersuchenden Begriffen zukommt (II.).
I. Die Arten möglicher Nutzung 1. Die Fragestellung - die Nutzungszwecke In welcher Form ein bestimmter, insbesondere ein immobiliarer, Gegenstand „genutzt" werden kann, welchen Vorteil dies dem Berechtigten bringt, läßt sich jeweils im konkreten Fall unschwer feststellen: Das denkmalverhaftete Grundstück kann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, es kann vermietet, durch Veränderung bestehender oder durch weitere Bauten in diesen Richtungen verstärkt genutzt werden. Nicht danach aber ist hier zu fragen, sondern nach den unterschiedlichen Arten von Belangen, welchen durch die jeweilige Verwendung des Gegenstandes gedient wird. Dabei stehen wirtschaftliche Interessen, im allgemeinen Sinn der Vermögensmehrung, gewiß in der Praxis weit im Vordergrund. Gefördert werden können jedoch auch private Belange künstlerischer, wissenschaftlicher, religiöser o.ä. Art. In einer grundrechtsgeprägten Ordnung bezeichnen vor allem die Freiheitsrechte, aber auch die sie ausgestaltende Gesetzgebung, Interessenbereiche, auf die sich sämtlich die „Nutzungen", aus der jeweiligen Nutzbarkeit eines
I. Die Arten möglicher Nutzung
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Gegenstandes heraus, beziehen können. Darüber hinaus kommen als Nutzungszwecke noch in Betracht Gemeinschaftsbelange, öffentliche Interessen, bis hin zu einer Selbstdarstellung des Staates und seiner Würde 1 . Schließlich kann die Frage nach den Nutzungszwecken noch darauf erweitert werden, welche private, staatliche oder ganz allgemein gemeinschaftsbezogene Nützlichkeit einem Gegenstand immanent ist. Denn der Begriff der Nutzbarkeit darf, davon ist auszugehen, nicht verengt werden auf bezifferbare vermögensrechtliche Nutzen, er muß sich vielmehr ausrichten an den Wertigkeitsvorstellungen der Verfassung, die damit zugleich zu Nützlichkeitskategorien werden. Dieser gerade für die Nutzung von Kulturgütern wichtigen Fragestellung ist hier vor allem unter zwei Gesichtspunkten nachzugehen: der über ökonomische Verengung (2.) hinaus erweiterten allgemein grundrechtlichen Nützlichkeitsvorstellung (3.), welche nicht nur das Recht des Denkmalschutzes, dieses aber in besonderer Weise prägt; und der Problematik der „Nützlichkeit der reinen Betrachtung", welche mit der Frage des „musealen Nutzens" verbunden ist (4.)
2. Die Lösung des denkmalgerechten Nutzungsbegriffs vom konkreten wirtschaftlichen Profit Das Bekenntnis des Grundgesetzes zum Eigentum ist eine Grundentscheidung der Verfassung für den vermögensrechtlichen Bereich 2 . Auch die Eigentumsnutzungen sind daher durchgehend - jedenfalls primär - vermögensrechtlicher Natur, selbst dort, wo Immaterialgüterrechte zum Gegenstand des Eigentumsschutzes geworden sind 3 : Mögen sie auch vornehmlich Ausdruck der Freiheitsbetätigung im nicht-vermögensrechtlichen Sinn sein, also von Aktivitäten im Bereich etwa der Kunst- oder Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) - der Schutz ihrer Nutzungen wird dennoch, nach Art. 14 Abs. 1 GG jedenfalls, als ein vermögensrechtlicher erfaßt. Gerade diese Betrachtung der Nutzungen und damit der Nutzbarkeit eines Gegenstandes nach vermögensrechtlichen Gesichtspunkten prägt auch durchgehend das Recht des Denkmalschutzes. Wo immer dort von „Nutzung", insbesondere von „sinnvoller Nutzung" die Rede ist, wie etwa bei den Nutzungspflichten 4 , oder im Denkmal-Steuerrecht 5, geht es stets um 1
Grdl. Partsch, K. J., Von der Würde des Staates, 1967. So das BVerfG etwa in E 51, S. 193 (218); 83, S. 201 (208). 3 Siehe dazu den Überblick bei Depenheuer, O., GG, Art. 14, Rn. 151 ff. 4 Kleeberg/Eberl y Hdb. Rn. 96 ff. m. Nachw.; Moench, Chr., NJW 1983 2003, vgl. im folgenden D. 5 Insbes. der §§ 7 i, h EStG; vgl. allg. Kleeberg/Eberl a.a.O., Rn. 404 ff., 701 ff., vgl. i. Folg. F. 2
58
C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
vermögensrechtliche Belastungen oder Vorteile, jedenfalls um primär wirtschaftlich orientierte Nutzbarkeit. Der Berechtigte soll eben sein Gut „rentabler nutzen" dürfen, er soll nicht „zuschießen" müssen6, seine persönlichen Vermögensverhältnisse sollen von Belang sein für das, was ihm der Denkmalschutz zumuten darf 7 . Für die Nutzungsberechtigten hat dies eine bedenkliche Folge: Ihre Belange werden leicht kurzerhand mit Profitinteressen gleichgesetzt und weisen damit eine grundsätzliche, wenn nicht gar moralische Schwäche auf, gegenüber kulturellen, geistigen Belangen, wie sie der Denkmalschutz verfolgt. Verloren geht ihnen darin die Geistigkeit der Verbindung mit einer Freiheitsverwirklichung 8 , welche über das Vermögensrechtliche weit hinausreicht, mag sie dieses auch als ihre Grundlage nur zu oft benötigen. Für den Denkmalschutz führt das leicht zu der von diesen Betrachtungen nicht hingenommenen, aber nur in jener Sicht plausiblen Versuchung, Nutzungsüberlegungen dogmatisch-begrifflich aus dem Denkmalbegriff auszuklammern: Denn dann könnte man argumentieren, es dürfe doch der Denkmalschutz bei Unterschutzstellungen eine Nutzbarkeit des Schutzgegenstandes gar nicht in Rechnung stellen, wenn diese „nur Profitposten einstellt", den Gegenstand und sein Erhaltungsinteresse dabei einfach ausblendet; dann stünde „Profit gegen Denkmalschutz", und dies führt dann zu jener bereits hinterfragten Zweistufigkeit, in welcher Nutzungsinteressen erst auf der zweiten Stufe, nur zu oft als späte Randkorrekturen des Denkmalschutzes, in Erscheinung treten. Doch dies überzeugt nicht. „Denkmalgerechte Nutzung", wie sie hier verstanden und bereits in die Denkmalbegrifflichkeit einbezogen werden soll, hat nichts zu tun mit „optimaler Nutzbarkeit, wie wenn da nichts Monumentales wäre". Sie fragt vielmehr - zunächst ganz „unökonomisch" nach früherer, späterer, heutiger Nutzbarkeit als solcher, ohne deren Ergebnis zugleich zu beziffern. Es geht dabei zwar auch, meist sogar primär, um wirtschaftlich wirksame Nutzbarkeit, nicht jedoch stets um ein sogleich monetarisiertes, unmittelbar „gegengerechnetes" Nutzungsergebnis. Zu dieser letzteren Operation kommt es dann erst bei der Abwägung zu den Interessen des Berechtigten. M.a.W.: Bei der folgenden Betrachtung der denkmalgerechten Nutzung geht es um - durchaus auch - wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten als solche, in ihrer Spannung zur voll-musealen Konservierung des Bestehen6
BGH NJW 1979, 211 f. Zur Diskussion darüber vergl. m. Nachw. Moench, Chr., NJW 1983, 2002, sowie auch noch unten E. 8 Welche das BVerfG in std. Rspr. nicht müde wird zu betonen, vgl. f. viele BVerfGE 24, 367 (389); 78, 58 (73); 79, 292 (303 f.). 7
I. Die Arten möglicher Nutzung
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den, nicht aber darum, Denkmalschutz abzuschwächen, nur damit „möglichst viel Profit erzielt" werden könne. Letzteres mag häufig eine Folge sein; hier aber steht die Voraussetzung der „Nutzungseignung" als solcher im Mittelpunkt, mit ganz allgemeinem Inhalt. Wenn ein Gebäude bei gewissen Veränderungen doch noch als ein innen wohnungs- oder hotelgeeignetes Denkmal erscheinen kann, so ist dem bereits bei Unterschutzstellung Rechnung zu tragen. Diese kann dann ohne Sorgen vor vermögensrechtlichen Folgen ausgesprochen werden, denn es wird ja von vorne herein der Denkmalschutz entsprechend bestimmt - eben auch unter Berücksichtigung der Zulässigkeit denkmalgerechter Nutzung. Vom Nutzungsbegriff muß der vermögensrechtliche Druck genommen, er muß aus der Gesamtqualität des Objekts heraus festgelegt werden.
3. Die nicht-wirtschaftliche Denkmalnutzung Wird Nutzung auf ökonomischen Profit beschränkt, so werden immer Sorgen vor kulturfeindlichem Egoismus aufkommen. Sieht man jedoch Profit lediglich als Folge einer unabhängig von ihm festzustellenden Nutzbarkeit, so steht der Weg zur denkmalgerechten Nutzung offen. Dies wird deutlich, wenn man den Nutzungsbegriff über wirtschaftlich Motiviertes und Relevantes hinaus erweitert, in die Räume der anderen grundrechtswertigen Nutzungsaktivitäten. Im Denkmalrecht finden sich dazu bereits bemerkenswerte Ansätze. a) Im Vordergrund steht hier die Grundstücksnutzung, im Rahmen der Baufreiheit, zum Zweck der Ausübung der Kunstfreiheit 9 . Hier kann durchaus - und wird in vielen Fällen - nicht nur die wirtschaftliche Verwertungsfreiheit des Eigentümers durch Umwelt-, vor allem aber durch Denkmalschutz eingeschränkt. Dasselbe gilt für die gestalterische Freiheit der Architekten 10 , neben der des Eigentümers selbst, die sich hier ästhetischkünstlerisch verwirklichen wollen. Diese „künstlerische Nutzung" muß in die Betrachtungen zum Denkmalbegriff einbezogen werden; sie kann sich, in ihrer Spannung zu rein bewahrender Musealität, steigern bis zur Problematik eines „Denkmalschutzes als Sperre für neue Denkmale" 11 . Und es entspricht praktischer Erfahrung, daß Bauten, Umbauten, Gartenanlagen, und zwar gerade denkmalfähige Objekte, in vielen Fällen durchaus auch „künstlerisch", nicht nur ökonomisch, durch Veränderungen „genutzt" werden sollen. Hier geht es nicht um den kalkulierend wirtschaftenden Jeder9
Siehe dazu z.B. für die historischen Park- und Gartenanlagen, Hönes, E.-R., DÖV 1998, 499 f. 10 Darauf weist zutreffend hin Brohm, W., DVB1 1985, 600. 11 Soweit diese als „denkmalfähig" anerkannt werden, wie dies dem grundsätzlichen Plädoyer von Gawehns, H. C., Denkmalschutzrecht, entspricht.
60
C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
mann, sondern um die kulturelle Autonomie des Individuums 12 : Eine kulturelle Nutzung steht gegen die andere, muß mit dieser harmonisiert werden, und zwar bereits im Begriff des Denkmals selbst: Wie weit gestattet - oder verlangt sogar - die ursprüngliche künstlerische Botschaft dynamisierende künstlerische Verwirklichung? Dies muß bereits im Denkmalbegriff geklärt werden. b) Ein weiterer, praktisch sehr wichtiger, typisch denkmalschutzrechtlicher Fall der nicht-ökonomischen und doch objektimmanenten Denkmalnutzung begegnet in der kultisch-religiösen Nutzung kirchlicher Gebäude. Hier sind bereits objektimmanent die Belange der Religionsausübung zu berücksichtigen 13 . Dabei stellt sich dann insbesondere die hier nicht zu vertiefende Frage nach dem Einfluß neuer Liturgien auf (Um-)Gestaltung und damit Nutzbarkeit von Sakralbauten 14 . Mit der Sakralität wird ersichtlich eine Frage jener Denkmaleigenschaft als solcher angesprochen, die nicht als ein „Gegenrecht der Kirchen als Eigentümer", sondern bereits aus dem Begriff des „nutzbaren Denkmals" heraus zu behandeln ist. Hier geht es nicht darum, was den Kirchen an Konservierung von Früherem noch zumutbar, sondern wie dies in fortgeschriebener religiöser Nutzung zu verlebendigen ist. c) Bei gewissen Denkmalen, vor allem aber denkmalgeschützten Ensembles, ganzen historischen Stadtbildern, ist die Nutzbarkeit auch unter dem Gesichtspunkt der Informations- und der Werbefreiheit zu beurteilen, in einer Nutzungsform, welcher gerade in der freiheitlichen Demokratie besondere Bedeutung zukommt 1 5 . Dabei geht es sowohl um historische Nutzbarkeiten (Glockenturmgeläute) als auch um Grundstücksnutzbarkeiten in der Nähe von Denkmalen für neuere Anlagen, welche (auch) zur Gewährleistung der Informationsfreiheit genutzt werden, wie etwa Funkantennenmasten. In der deutschen 16 und der schweizerischen 17 Verfassungsjudikatur hat dies bereits zu Erkenntnissen geführt, welche eindeutig zu Inhalt und Schranken des Denkmalbegriffs als solchem ergangen sind. 12
Mick, O., Instrumentarium, S. 111 ff.; Trute, H. H., hält ihm nicht ohne Grund vor (vgl. DÖV 1991, 478), daß er die Reichweite des Schutzes ästhetischer Handlungsmöglichkeiten nicht hinreichend abschichte von wirtschaftlichen Nutzungsinteressen. 13 Dazu unter Hinweis auf das Denkmalschutzgesetz NW Fluch, J., NJW 1987, 2354; ferner allg. Hechel, M. Staat - Kirche - Kunst, 1968; Listl, J./Schlick, J., (HG), Denkmalpflege und Denkmalschutz an den Sakralbauten der Bundesrepublik Deutschland und in Frankreich, 1987. 14 Dazu grdl. etwa Ronig, F. J., in Gebeßler/Eberl (Hg.), Schutz und Pflege von Baudenkmälern, S. 385. 15 Vgl. etwa BVerfGE 7, 198 (208); 27, 71 (81 f.). 16 BVerfG DVB1 1992, 556. 17 Schweiz. Bundesgericht, Entscheidungen Bd. 120, Teil 6 b, 64.
I. Die Arten möglicher Nutzung
61
d) Schließlich kann ein bestimmtes (mögliches) Objekt des Denkmalschutzes durchaus eine eigentümliche, nicht-ökonomische Nutzbarkeit auch darin finden, daß es Gegenstand wissenschaftlicher Bemühungen ist, also „in Ausübung der Wissenschaftsfreiheit genutzt" wird oder sinnvollerweise werden kann. Dies trifft gewiß nicht für jeden Gegenstand zu, zu dem aus geschichtlichem Interesse irgend etwas geforscht, irgend etwas geschrieben wird oder werden kann 1 8 , vielmehr muß ein wissenschaftliches Interesse an solcher Tätigkeit gerade dahin gehen, daß das Objekt zu echtem Bemühen i.S. von Art. 5 Abs. 3 GG genutzt wird. Und selbstverständlich kann hier, wie in anderen Grundrechtsbereichen, kein Rechtsgenosse ohne weiteres fremdes Eigentum in Anspruch nehmen, um sein eigenes Grundrecht durchzusetzen; dies ist vielmehr nur aufgrund einer zumutbarkeitsrechtlichen Abwägung zwischen dem betreffenden Grundrechtsträger und dem Eigentümer, deren jeweiligen Belangen, möglich 1 9 . Dennoch kann es eine „wissenschaftliche Nutzbarkeit" eines denkmalzuschützenden Gegenstandes geben, und dieser ist dann bereits bei der Beurteilung der Denkmaleigenschaft, unter dem Gesichtspunkt der „denkmalgerechten Nutzung", Rechnung zu tragen 20 . Es gibt also eine ganze Reihe von Grundrechten außerhalb des Eigentums, welche Nutzbarkeiten von denkmalrelevanten Gegenständen, seitens des Berechtigten oder mit seiner erteilten oder zu erteilenden Zustimmung, begründen können. Die Liste der angeführten Beispiele könnte noch um weitere, etwa unter Aspekten der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) oder der sozialpolitisch motivierten Arbeit von Koalitionen (Art. 9 Abs. 3 GG), erweitert werden. Fest steht damit jedenfalls, daß die Problematik der Nutzbarkeit nicht auf wirtschaftliche Belange und schon gar nicht auf Profitinteressen im heutigen betriebswirtschaftlichen Sinn verengt werden darf.
4. „Nutzung durch Betrachtung" - „Musealität" a) Objekte können nicht nur in der Weise genutzt werden, daß sich aus der Beschäftigung mit ihnen wirtschaftliche Vorteile ergeben, oder daß ein Freiheitsgewinn aus einer damit verbundenen Erweiterung speziell grund18 Insoweit trifft die Bemerkung von Breuer, R., in: Gebeßler/Eberl (Hg.), Schutz und Pflege von Baudenkmälern, S. 22 (42) zu, daß es nicht ausreiche, wenn etwas nur Gegenstand wissenschaftlicher Arbeit sei, an dieser müsse ein wissenschafts-geschichtliches Interesse bestehen. 19 Grdl. dazu auch heute noch die Ausführungen des BVerfG im Lüth-Urteil, E 7, 197 ff. 20 Gerade hier zeigt sich, daß die Beurteilung der Nutzbarkeit im Rahmen des Denkmalbegriffs, also im „Schutzbereich des Denkmalrechts", und nicht erst bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Eingriffen in denselben, also bei der Zumutbarkeit, objektbezogen zu prüfen ist.
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
rechtsgeschützter Freiheitsräume erwächst (vorstehend 2., 3.). Nutzen entfalten viele Gegenstände gerade und ausschließlich darin, daß sie vom Eigentümer, von einer begrenzten Zahl Zugelassener, welche etwa auch für diese Nutzung bezahlen, oder gar von „jedermann, der des Weges kommt", ganz einfach nur „betrachtet" werden. Wer dafür eine Gegenleistung erbringt, etwa der Museums- oder der Gartenbesucher, will sich damit ersichtlich eine „Betrachtungs-Nutzung" erkaufen. Wer ein allgemein zugängliches Monument betritt, etwa einen Sakralbau, dem bleibt die individuelle Nutzungsform und der Nutzungsinhalt im einzelnen selbst überlassen: Ihm kann dies zur Religionsausübung dienen (Art. 4 Abs. 1 GG), zur Information aus allgemein zugänglichen Quellen (Art. 5 Abs. 2 GG) - aber auch zu keiner der spezifisch grundrechtlichen Freiheitsbetätigungen, indem er einfach seine Freiheit ausübt, zu tun und zu lassen, was ihm die Rechtsordnung nicht verbietet. Auch in dieser grundrechtlichen Nutzung des verfassungsgarantierten Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit 21 - denn ihm kann man dies durchaus zuordnen - läßt sich dann eine ganz allgemeine verfassungsgarantierte Nutzung eines Gegenstandes sehen, welche, je nach der Wirkung der Betrachtung, für den dergestalt Nutzenden (auch) wirtschaftlichen 22 oder nicht-ökonomischen Nutzen bringt - oder überhaupt nichts, was dieses Wort verdiente. Die Nutzbarkeit ergibt sich hier also aus der privatautonomen Entscheidung des Betrachters, dies aber ändert nichts an der Feststellung, daß Betrachtung eines Denkmals grundsätzlich durchaus ebenfalls an sich nutzungsoffen ist, eine Form der Nutzbarkeit eines Monuments darstellt. b) Dieser eigentümlichen Art der Betrachtungs-Nutzung eines Gegenstands ist bisher, soweit ersichtlich, noch keine vertiefende Beachtung im Denkmalschutzrecht gewidmet worden. Sie wird dort aber ganz selbstverständlich und allgemein unterstellt, ja geradezu in den Mittelpunkt des Denkmalschutzes gestellt. Dieser soll ja Objekte und/oder bestimmte Zustände derselben eben deshalb „konservieren", damit sie „allgemeiner Betrachtung" zugänglich sind oder bleiben. Der spezielle Wert, der dies begründen soll (vgl. im folgenden vor allem IV.), wie historische Aussagekraft, Schönheit, Wohnqualität, zeigt stets zugleich auch das spezifische Interesse für den jeweiligen Betrachter, der sich daraus übrigens, wie dargelegt, seinen individuellen „Nutzen" privatautonom auswählen und ableiten kann. Dieser insoweit undifferenzierte „Betrachtungs-Nutzen" liegt dem Begriff der „Musealität" zugrunde: Der Gegenstand wird erhalten, damit er betrach-
21
Dazu näher Starck, Chr., in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. A. 1999, Art. 2 Rn. 8 ff. 22 Starck, a.a.O., Rn. 136.
I. Die Arten möglicher Nutzung
63
tet werden könne. Dabei bleibt es grundsätzlich gleich, ob diese Betrachtung schon der Natur des Gegenstands entsprechend, also nach äußerer Sichtbarkeit, jedermann möglich ist, oder ob sie, wie im Museum, jedermann nur nach bestimmter Gegenleistung gestattet werden kann - oder ob sie schließlich nur Ausgewählten („Experten") zu erlauben ist, oder nur durch besondere Belange Legitimierten, wie bei archivierten Gegenständen. Entscheidend bleibt, daß es sich in all diesen Fällen stets um dasselbe handelt: um die Möglichkeit der Betrachtungs-Nutzung, also um BetrachtungsNutzbarkeit; auch sie liegt bereits im Gegenstand. c) Daraus ergibt sich, daß es einen „nutzungsblinden" Denkmalschutz schon begrifflich nicht geben kann, daß man also Nutzungsüberlegungen vom Denkmalbegriff nicht grundsätzlich, nach der erwähnten „Zwei-StufenLehre", abschichten darf. Denkmal ist eben immer ein Gegenstand, der zur Nutzung da ist und dazu erhalten wird: jedenfalls zu jener, welche von dem mahnenden Anruf des Monuments an den Betrachter ausgeht. Wer dies sieht, damit aber selbst in der „reinsten Musealität" noch immer jenen „didaktischen Effekt" des Denkmalschutzes erkennt, der für diesen mit Recht in Anspruch genommen wird 2 3 , der erfaßt erst den ganzen Umfang und die volle Bedeutung des Begriffs der „Nutzbarkeit". Diese kann dann nur der Begrifflichkeit des Denkmals als solchen zugeordnet werden, denn zur Betrachtung ist eben jedes Denkmal nutzbar. Dies begrenzt sogar letztlich seinen Begriff darin, daß Denkmal nur ist, was „wenigstens für den Betrachter" diesen seinen kontemplativen Nutzen entfaltet. Die „Musealität" darf also aus einem unter Berücksichtigung der Nutzbarkeit bestimmten Denkmalbegriff nicht ausgegrenzt, gerade in ihr muß die Bedeutung der Nutzbarkeit grundsätzlich erkannt und sodann in all ihren Aspekten fruchtbar gemacht werden. Nutzungsblinde Monumentalität kann es begrifflich schon deshalb nicht geben, weil auch Betrachtung Nutzung darstellt. Diese Nutzungsform mag durchaus verstanden werden als Realisierung eines „Minimums von Nutzbarkeit", die hier „ungezielt", konkretisierungsfähig und -bedürftig aus dem heraus kommt, was eben der Betrachter in freier, privatautonomer Entscheidung daraus macht. Sie muß deshalb aber in keiner Weise anderen Nutzungsformen, anderen Aspekten der Nutzbarkeit untergeordnet werden; je nach Qualität des einzelnen Objekts kann sie jenen sogar übergeordnet, der Gegenstand daher in voller Musealität erhalten bleiben, wie im Fall des Standbildes oder des künstlerisch gestalteten Innenraums. Die im folgenden näher zu verdeutlichende Nutzbarkeitsbetrachtung versteht sich also keineswegs als denkmalschützerische Abwertung der reinen Musealität, sondern vielmehr als volle Erfassung ihres ho23
Hammer, F., DÖV 1995, 362 unter Hinw. auf Myklebust.
64
C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
hen Ranges. Er wird gerade in der Betrachtungs-Nutzung deutlich, denn diese begründet in der egalitären, der Betrachtung durch den Jedermann geöffneten Demokratie die heute so hohe Akzeptanz des Denkmalschutzes 24 ; sie wird entscheidend dadurch gesteigert, daß in einer nutzenorientierten Gesellschaft Musealität als Nutzung deutlich wird. Dies öffnet den Denkmalschutz bereits begrifflich auch anderen Aspekten einer Nutzbarkeit, welche ihn aus der Zerrbildvorstellung verknöchernder Bewahrung des Vergangenen befreien.
5. Denkmalnutzbarkeit: Inhalt des Denkmalbegriffs das „lebend(ig)e Denkmal" a) Die bisher im Denkmalschutz verbreitete Lehre, welche Nutzbarkeitserwägungen aus dem Denkmalbegriff ausklammert und sie erst auf der zweiten Stufe der Zumutbarkeits-Abwägung berücksichtigt, sieht die (möglichen) Nutzungen eines Objekts letztlich lediglich als Schranken der Denkmaleigenschaft, nicht als deren Inhalt. Dieser letztere wird nach nutzungsunabhängigen, „rein denkmalschützerischen", d.h. praktisch konservierenden Kriterien bestimmt, sodann in Abwägung mit Nutzungsinteressen zum Ausgleich gebracht. Diese wirken daher nicht einmal als „inhaltsimmanente", sondern geradezu als „äußere" Schranken der Denkmaleigenschaft, aus dieser fließender Rechte und Pflichten. Die denkmalrechtlichen Genehmigungsvorbehalte erscheinen als Schranken des Eigentums i.S. von Art. 14 Abs. 1 S. 2 G G 2 5 , dessen Nutzbarkeit umgekehrt als Schranke des Denkmalinhalts. Was dagegen im folgenden versucht wird, ist, im Lichte dieser Dogmatik betrachtet, die Berücksichtigung der Nutzbarkeit bereits beim Inhalt des Denkmalbegriffs, der natürlich, wie bei jeder Inhaltsbestimmung, dem Inhalt bereits begrifflich immanente Schranken zieht; denn Schranken ergeben sich nicht erst aus anderen rechtlichen Interessen des Berechtigten, mögen sie auch in der selben Richtung wirken. Es handelt sich dabei also um die Übertragung dogmatisch durchaus geläufiger Kategorien auf den Denkmalschutz 26 . b) Die folgende Vörgehensweise der Ermittlung denkmalimmanenter Nutzbarkeiten ist auch noch unter einem anderen Gesichtspunkts mit hier nun ganz allgemeinen Vorstellungen der Verfassungsdogmatik in Einklang zu bringen. Diese unterscheiden, in laufender Rechtsanwendung und Fallösung, jedenfalls zwei Prüfungsschritte: die Feststellung des Schutzbereichs (eines Grundrechts) und die daran anschließende der (möglichen) Rechtfer24
Wie sie Hönes, E.-R., DVB1 1984, 418 mit Recht feststellt. Kröninger,, H., NVwZ 1996, 434. 26 Zu den entspr. Prüfungsschritten bei der Grundrechtsprüfung vgl. f. viele Kimms, F./Schlünder, I., Verfassungsrecht II. Grundrechte, 1998, S. 3 ff. 25
I. Die Arten möglicher Nutzung
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tigung des zu beurteilenden Eingriffs in denselben. Nun läßt sich dies - in einer gewissen Umkehr - auch auf das Recht des Denkmalschutzes übertragen: Dessen „Schutzbereich" wird dabei durch den Denkmalbegriff bestimmt, dieser wird dann durch den interessenvertretenden Vorstoß des Berechtigten zurückgedrängt. Nach der hier vertretenen Konzeption gehört die Nutzbarkeit bereits zum Schutzbereich des denkmalgeschützten Objekts, weil der Denkmalschutz als dessen Inhaltsbestimmung begriffen wird - und eben dies entspricht ja herrschender Lehre 27 . Dieser Eigentumsinhalt wird dann u.U. durch konkrete Staatsentscheidung (Genehmigung) verändert erweitert, d.h., der Schutzbereich des Denkmalschutzes eingeschränkt, und dafür bedarf es spezieller, insbesondere eigentumsrechtlicher Legitimation. Es läßt sich also das im folgenden Darzulegende durchaus verstehen als etwas wie eine „Schutzbereichsbestimmung des Denkmalschutzes", womit dessen Anliegen selbst noch verbal Rechnung getragen wird. c) Dem Denkmalschutz ist immer wieder zum Vorwurf gemacht worden - und dies stellt geradezu eine immanente Gefährdung seiner Bemühungen dar 2 8 - er wolle ferne Vergangenheiten bewahren, längst Untergegangenes lebendig halten. Dagegen darf er sich nicht nur unter Hinweis auf eine Dynamisierung seiner „Altersgrenzen" verwahren 29 , die sogar noch Zeitgenössisches aufnimmt 30 - gerade dann könnte die Problematik der Erhaltung des Alt-Ehrwürdigen nur um so schärfer hervortreten. Vielmehr ist es die im folgenden zu leistende denkmalbegriffliche Nutzbarkeitsbetrachtung, welche die Vergangenheit durchgehend mit der Gegenwart verbindet, nicht Nutzloses-Abgestorbenes aneinanderreiht bis in die Gegenwart, sondern über in denkmalmäßiger Kontinuität betrachtete Nutzbarkeit das Denkmal lebendig hält, ja es immer wieder zum Leben erweckt. Denkmalen und ihrem Schöpfern ist es wesentlich, daß sie dauern wollen - überdauern: Exegi monumentum aere perennius 31 . In fortgeschriebener Nutzungsbetrachtung überlebt das Denkmal wirklich - auch das Erz, das zu ihm einst verwendet wurde.
27 28 29 30 31
Niebaum/Eschenbach, DÖV 1994, 14 m. Nachw. Siehe f. Viele Hönes, E.-R., VerwArch 1989, 480 ff. Vgl. Hammer, F., DÖV 1995, 363; Moench, Chr., NVwZ 1988, 308. Wie es vor allem Gawehns, H. C., Denkmalschutzrecht, passim, fordert. Horaz, Carmina, III, 30,1.
5 Leisner
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
II. Die Begründung der Denkmaleigenschaft und die Nutzbarkeit des Denkmals - Allgemeines 1. Die Kriterien des Denkmalbegriffs - unbestimmte Rechtsbegriffe a) Wenn es im folgenden darum geht, die Bedeutung der Nutzbarkeit eines denkmalrechtlichen Schutzgegenstandes zu bestimmen und sie in deren Begriff (mit) einzubeziehen, so muß zuerst der bisher herrschende Denkmalbegriff herausgestellt werden. In Betrachtung seiner einzelnen Merkmale, vor allem seiner Begründungen, ist jeweils zu klären, wie weit diese Kriterien „nutzungsoffen" sind, d.h. die Denkmaleigenschaft nur unter Berücksichtigung der möglichen Nutzungen festgestellt werden kann. „Denkmalgerechte Nutzung" bedeutet eben, daß die Nutzbarkeit bereits im Zusammenhang mit den herkömmlichen Denkmalschutzkriterien beurteilt und gewichtet wird. Auszugehen ist also von Begrifflichkeiten und Grundsätzen des Denkmalschutzrechts der Länder, welches, wie sich zeigen wird, hier weitgehende Übereinstimmungen aufweist. b) Die Denkmaleigenschaft wird nach bisherigem Denkmalschutzrecht durch unbestimmte Rechtsbegriffe festgelegt, was von der ganz h.L. als zulässig angesehen wird 3 2 , aufgrund der Generalklauseljudikatur des Bundesverfassungsgerichts 33, selbst wenn es sich hier um „wertausfüllende Rechtsbegriffe (handelt), die einen gesetzlich nicht abschließend normierten Raum erfassen sollen" 3 4 . Der Denkmalbegriff ergibt sich dabei aus einer Kombination unbestimmter Rechtsbegriffe 35 , ja aus deren „Häufung und ihren vielfachen Überschneidungen, die eine unvermeidbare Unsicherheit der Auslegungsergebnisse zur Folge" haben 36 . Gerade deshalb entspricht es jedenfalls heute gefestigter Auffassung, daß der Denkmalbegriff als solcher, wie auch alle ihn tragenden einzelnen unbestimmten Rechtsbegriffe, nach der Rechtsprechung gerichtlich voll nachprüfbar ist 3 7 ; ein gesetzlich anerkannter eigenständiger Beurteilungsspielraum der Verwaltung liegt nicht vor 3 8 . Das Schrifttum ist dem gefolgt 39 . Die frühere Auffassung des Han32
Maunz, Th., BayVBl 1983, 259; Franzmeyer/Werbe, DÖV 1996, 556; Moench, Chr., NJW 1980, 1546; Hönes, E.-R., DÖV 1984, 671; Namgalies, J., DÖV 1984, 240 ff. 33 Ausgehend von BVerfGE 21, 73 (79) und 31, 255 (264); vgl. neuerdings 78, 214 (226); 83, 130 (145). 34 Maunz, a.a.O. 35 Dazu Niebaum/Eschenbach, DÖV 1994, 15. 36 Maunz, a.a.O., 258. 37 H. L., grdl. BVerfGE 24, 60 (63); BGH NJW 1979, 210; OVG Lüneburg VerwRspr. 1979, Nr. 47; VGH München BayVBl 1979, 118 (119); OVG Koblenz DVB1 1983, 286 f. 38 BVerfG DVB1 1981, 975; BVerfG NJW 1982, 1186.
II. Die Begründung der Denkmaleigenschaft
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seatischen Oberverwaltungsgerichts 40 hat sich ebensowenig durchsetzen können wie eine später vertretene Meinung 4 1 , welche den Richtern ein ermessensähnliches Beurteilungsrecht zuerkennen wollte. Dabei ist durchaus zuzugeben, daß der Richter bei der Auslegung und Anwendung der im folgenden behandelten Begriffe nur zu oft „als Laie" zu urteilen hat 4 2 ; hier, wie auch sonst in vielen, etwa medizinischen oder technisch-naturwissenschaftlichen Fragen, wird er dann aber eben sachverständigen Rat einholen (vgl. unten VII., 3.). c) Einen derartig unbestimmten, in Rechtsanwendungen am Ende durch die Judikatur zu konkretisierenden Rechtsbegriff stellt nun aber auch die „Nutzbarkeit" dar, wie sie (unter B.) aus der objektbezogenen Dogmatik des Eigentums entwickelt wurde. Sie ist, wie oben (I.) dargestellt, rechtlich faßbar in ihren jeweiligen Inhalten der wirtschaftlichen, der ökonomischgrundrechtsbezogenen und der Betrachtungsnutzung. Dogmatisch gesehen unternimmt also eine Betrachtung der Nutzungsoffenheit bei den im folgenden zu erörternden herkömmlichen Denkmalkriterien nur etwas, das der schon bisherigen Entfaltung des Denkmalschutzrechts entspricht: Dessen Kriterien werden nun um einen weiteren, ebenfalls unbestimmten Rechtsbegriff ergänzt, oder besser: sie werden mit Blick auf diesen konkretisiert, was ohnehin Aufgabe rechtlicher Erfassung bei derartigen unbestimmten Rechtsbegriffen möglich ist.
2. Die Merkmale des Denkmalbegriffs nach herkömmlichem Denkmalschutzrecht Bemerkenswert ist, daß der doch so zentrale Denkmalbegriff als solcher im bisherigen monographischen Schrifttum kaum, in den übrigen Beiträgen nur kurz und eher am Rande behandelt wird 4 3 . a) Für die Denkmaleigenschaft eines Objekts kommt es nach Denkmalschutzrecht zunächst einmal auf dessen generelle Denkmaleignung an 4 4 . 39 Siehe etwa van den Boom, H..-L., S. 95 ff., der seiner Dissertation den Untertitel hinzufügte: „Zugleich ein Beitrag zur Überprüfbarkeit unbestimmter Rechtsbegriffe"; Hönes, E.-R., DVB1 1984, 417; Moench, Chr., NVwZ 1984, 147 m. weit. Nachw. 40 DÖV 1966, 722. 41 Von Namgalies, J., DÖV 1984, 239 ff.; dagegen überzeugend Hönes, E.-R., DÖV 1984, 671 ff. 42 Niebaum/Eschenbach, DÖV 1994, 17; Namgalies, a.a.O., 241; Kummer, M., Denkmalschutz, S. 42 ff. 43 So befassen sich etwa die Monographien von Fischermeier, Hönes, Körner, Lülsdorf, Lubberger, Melchinger, Müller mit der Denkmaleigenschaft und deren Kriterien nicht näher. 5*
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
Diese folgt in der Regel der Qualität eines Schutzgegenstands als einer Sache im Rechtssinn, insbesondere in dem des Bürgerlichen Rechts. Aus der Sicht der Nutzbarkeit ist dies hier nicht zu vertiefen, weil eine Erweiterung des Denkmalbegriffs auf nichtgegenständliche Kulturgüter nach deutscher Gesetzgebungstradition fernliegt 45 ; gerade bei ihnen würde übrigens die Nutzbarkeit von zentraler Bedeutung sein, weil es sich um eine Art von „denkmalschützerischer Patentierung" handeln müßte, die wesentlich nutzungsbezogen wäre. b) Sodann ist zu prüfen, ob das Objekt einer der gesetzlich anerkannten Denkmalgattungen zuzuordnen, ob es also denkmalfähig ist: Boden-, Bauund bewegliche Denkmale sowie Mehrheiten von unbeweglichen Denkmalen 4 6 . Nutzbarkeit spielt für alle diese Kategorien eine Rolle, und zwar je nach dem einzelnen Objekt, nicht etwa gattungsspezifisch. Lediglich bei Bodendenkmalen 47 läßt sich generell feststellen, daß dort Betrachtungs-, allenfalls noch wissenschaftliche Nutzung von Bedeutung sein können, während die wirtschaftliche Nutzbarkeit regelmäßig ausscheidet; sie spielen daher auch für die folgenden Betrachtungen als solche keine wesentliche Rolle. Auch die Denkmalfähigkeit eines Gegenstandes ist also kein Bezugspunkt für die Sinnerfüllung des Denkmalbegriffs aus der Nutzbarkeit eines Objekts. c) Genannt wird ferner als „Merkmal eines Denkmals", daß dieses von Menschenhand hervorgebracht worden ist 4 8 . Dazu gehören gewiß auch Denkmale von Menschen gestalteter und geformter Natur, insbesondere Gartenanlagen 49. Fehlt menschliches Zutun dabei völlig - wobei dieses gestalterisch nicht im Vordergrund stehen muß - so handelt es sich um Gegenstände des Naturschutzes, es sei denn, dies unterfiele dem Begriff des „Bodendenkmals" 50 . Auf die viel erörterte Abgrenzung des Denkmal- und des Naturdenkmalschutzes51 ist hier, unter dem Gesichtspunkt der Nutzbarkeit, nicht näher einzugehen. Allerdings bleibt anzumerken, daß weithin von einem gewissen 44
Dazu mit Nachw. Hammer, F., DÖV 1995, 359. Etwa nach japanischem Vorbild auf „art and skill employed in applied arts", vgl. Hammer, a.a.O. 46 Hammer, a.a.O., 360. 47 Vgl. dazu die Überblicksdarstellungen von Oebbecke, J., DVB1 1983, 384 ff.; Gahlen, H. G., NVwZ 1984, 687 ff. 48 Moench, Chr., NJW 1983, 2000; Vahle, J., NWB 2001, S. 3928. 49 BVerfG NJW 1992, 2584. 50 Vgl. Oebbecke, J., DVB1 1983, 384 ff. 51 Dazu Hönes, E.-R., DÖV 1998, 495 f.; ders. DVB1 1984, 414 f.; ders. DÖV 1980, 708 f., 710 f.; Hammer, F., DÖV 1995, 363; zur gesetzlichen Koordinierung beider Bereiche Moench, Chr., NJW 1980, 2344; zu möglichen Konflikten, Hönes, 45
III. Geschichtliche Bedeutung des Denkmalschutz-Objekts
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Gleichklang beider Schutzregelungen ausgegangen w i r d 5 2 ; dies mag dafür sprechen, Nutzbarkeitserwägungen, wie sie im folgenden angestellt werden, auf den Naturschutz zu übertragen - mutatis mutandis. d) Sodann kommt es jedoch entscheidend auf die Denkmalbedeutung an, welche nach ihren einzelnen Kategorien im folgenden zu prüfen ist 5 3 . Sie fällt zusammen mit der Sinnhaftigkeit eines Objekts als Denkmal 5 4 , und beides läuft auf dasselbe hinaus: auf die Schutz(würdigkeits)gründe eines Gegenstandes. Hier liegen die zentralen Anknüpfungspunkte, an denen objektimmanente Nutzbarkeit Öffnungen zum Denkmalbegriff findet (i. Folg. III. ff.). Daneben wird im Schrifttum noch in aller Regel in besonderer Weise das öffentliche Erhaltungsinteresse als Denkmalmerkmal berücksichtigt, und auch dies ist unter dem Gesichtspunkt der Nutzbarkeit des Schutzgegenstandes zu überprüfen (i. Folg. VII.).
III. Geschichtliche Bedeutung des Denkmalschutz-Objekts 1. Allgemeines zur BegrifHichkeit a) Das wichtigste Merkmal, welches nach allen Landesgesetzen55 den Denkmalcharakter eines Objekts - allein schon - begründet, ist das des „(heimat)geschichtlichen Grundes", wenn also ein Objekt historische Ereignisse oder Entwicklungen heute und für zukünftige Generationen veranschaulicht 56 . Dabei ist Historie in all ihren möglichen gegenstandsbezogenen Sparten zu verstehen, also von der allgemein-politischen Geschichte über die Wirtschafts- und Kunstgeschichte bis zur Sozialgeschichte, und dabei auch bis in die Ausdifferenzierung einer speziellen berufsgeschichtlichen Sparte, etwa die Architekturgeschichte. Die geschichtliche Bedeutung wird hier so weit gefaßt, daß sie geradezu als Globaltatbestand erscheint -
E.-R., DÖV 1998, 498; zur Behandlung nach der Haager Konvention von 1954 ders. DÖV 1988, 542. 52 Dafür treten u.a. ein BGH NJW 1979,210 (211), m. Nachw. z. Schriftt.; BVerfGE 35, 256 (258). Aus dem Schriftt. noch Gawehns, H. C., Denkmalschutz, S. 187; unter Hinw. auf die in beiden Bereichen zu beachtende Situationsgebundenheit Kröninger, H., NVwZ 1996, 433. 53 Hammer, F., DÖV 1995, 360. 54 Als „Denkmalmerkmal" bezeichnet von Moench, Chr., NJW 1983, 1999. 55 In Baden-Württemberg (§ 2 Abs. 1) fehlt zwar der Hinweis auf allgemein-geschichtliche Bedeutung, doch wird ausdrücklich auf „heimatgeschichtliche Gründe" hingewiesen; dasselbe gilt für das Gesetz von Bremen. Vgl. dazu Moench, Chr., NVwZ 1984, 147. 56 OVG Münster EzD 2.2.1. Nr. 4.
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
letztlich kann Denkmalbedeutung immer auf geschichtliche Wertigkeiten zurückgeführt werden; diese Begründung steht im Zentrum des Denkmalschutzes 57 , und so wird plastisch die Geschichtlichkeit geradezu als die „4. Dimension des Denkmals" bezeichnet 58 . In Beiträgen zum Denkmalschutz wird denn auch regelmäßig zuallererst auf die geschichtliche Bedeutung hingewiesen, die einem Schutzobjekt zukommen müsse 59 , ohne daß allerdings dabei klare Kriterien oder auch nur Konkretisierungen geboten würden. Allgemein läßt sich mit dem Bundesverwaltungsgericht feststellen: „Denkmalschutz hat die Erhaltung baulicher Anlagen aus historischen Gründen im weitesten Sinn im Auge" 6 0 . b) Näher konkretisierende Anhaltspunkte für den Inhalt des Begriffs der geschichtlichen Bedeutung ergeben sich immerhin aus der Rechtsprechung. Nicht jede Dokumentation eines früheren Zustands kann Denkmal wert haben, sie muß einen solchen in besonderer, herausgehobener Weise bewahrend sichtbar machen. Daher erscheint die „besondere geschichtliche Bedeutung" auch immer wieder, in Gerichtsentscheidungen, in verschiedenen Wendungen: so etwa, wenn ganze historische Wandlungsprozesse verdeutlicht werden oder historische Ereignisse 61 ; wenn „historische", d.h. hier: besonders bedeutsame historische Erinnerungen mit einem Objekt verbunden sind 6 2 , wenn es im besonderen Maß zum Aufzeigen oder Erforschen geschichtlicher Entwicklungen geeignet ist 6 3 ; wenn eine Anlage durch spezielle ortsgeschichtliche Umstände hervorgehoben erscheint 64 ; wenn ein Schwarzwaldgasthaus in besonderer Weise mit Schnitzereien verziert ist 6 5 ; wenn ein Bauwerk ein „herausragendes Zeugnis der Handels- und Verkehrsbauten" 66 oder wenn es ein Machtverhältnisse symbolisierender Bau ist 6 7 . Neben der Wichtigkeit der dokumentierten Zustände steht also die Beispielhaftigkeit im Vordergrund, mit welcher das Objekt an sie erinnert. Daher hat auch der exemplarische Wert Bedeutung für die geschichtliche Wertigkeit eines Denkmals, wenn auch nicht allein 6 8 . Es läßt sich deshalb nicht 57
Moench, Chr., NVwZ 1984, 147. Hönes, E.-R., DÖV 1988, 542, u. Hinw. auf eine Entsch. des OVG Koblenz. 59 Außer den vorstehend Erwähnten etwa noch Oebbecke/Diemert, DÖV 1998, 400; Oebbecke, DÖV 1989, 608. 60 BVerfG DÖV 1987, 966 (967). 61 OVG Münster NVwZ-RR 1993, 231. 62 OVG Berlin NVwZ 1986, 239. 63 OVG Münster OVGE 38, 28. 64 VGH Kassel DVB1 1985, 1187. 65 VGH Mannheim NVwZ 1986, 240. 66 OVG Lüneburg DSI 1980, 21. 67 Nachw. b. Moench, Chr., NVwZ 1984, 147. 58
III. Geschichtliche Bedeutung des Denkmalschutz-Objekts
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allgemein sagen, eine besondere oder gar eine herausragende Bedeutung eines Gebäudes als solchen sei stets Voraussetzung für seine Einordnung als Baudenkmal 69 . Vielmehr ergibt sich die historische Bedeutung aus der der dokumentierten Zustände oder Vorgänge für die jeweilige Geschichte und aus der Deutlichkeit der Dokumentation, auch im Sinne von deren Typik, und damit auch aus ihrer Seltenheit.
2. Geschichtlichkeit und Nutzbarkeit - Beispiele Aufgrund einer exemplarischen Darstellung lassen sich nun jedenfalls einige richtungweisende Aussagen zur „Nutzungsoffenheit" des Kriteriums des Geschichtlichen treffen. a) Allgemein ist festzustellen: Die genannten konkreten Geschichtlichkeiten schließen Nutzbarkeitsüberlegungen keinesfalls aus, mögen sie diese auch in bestimmten Richtungen orientieren. Bei einigen der erwähnten Aussagen zur Geschichtlichkeit zeigt sich dies bereits in diesen selbst oder in Verbindung zu dem geschützten Objekt. Der frühere Zustand, welchen ein Denkmal bewahrend dokumentieren soll, muß keineswegs als solcher ein historisches Fossil sein, ohne jeden Bezug zur Gegenwart und deren Nutzungsbelangen. Das Frühere kann seine historische Bedeutung ja gerade darin entfalten, daß es mit dieser in die Gegenwart hineinwirkt, eben damit heute immer noch lebendig ist, spezielle Nutzanwendungen ermöglicht oder gar nahelegt. Gerade angesichts der Allgemeinheit des der Denkmaleigenschaft zugrundeliegenden Geschichtsbegriffes kann es nie darum gehen, „die Geschichte schlechthin monumental zu versteinern". Vielmehr sind es stets bestimmte historisch relevante, meist geradezu punktuell-geschichtlich wichtige Lagen, welche erhalten bleiben sollen: Ein architekturgeschichtlich wichtiges Gebäude kann u.U. unschwer „entkernt" werden, ohne daß seine Nutzbarkeit, sogar als Mehrzweckebauwerk, darunter leidet. Beim Beispiel des schnitzereigeschmückten Gasthauses70 kommt eben dieser Dekoration Bedeutung zu; ist sie nur in der Gesamtschau der Fassade zu würdigen, so findet jede Nutzung ihre Schranken an deren Erhaltung, ist diese auch isoliert möglich, so kommt weitergehend verändernde Nutzung in Betracht. Insgesamt ist die heutige Nutzung stets „an der einzelnen Geschichtlichkeit" zu orientieren, sei sie nun religiöser, sozialer oder anderer Art. Nutzungsoffene Monumentalität verkennt keineswegs die Notwendigkeit bestimmter musealer Verändungssperren; doch sie verbietet jede Vermutung 68 69 70
VGH Mannheim NVwZ-RR 1989, 232 (234). So aber Kleeberg/Eberl Hdb. Rn. 45. VGH Mannheim NVwZ 1986, 240.
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
für solche, verlangt vielmehr die Beachtung der Nutzbarkeit gerade in Fällen, in welchen bisher im wesentlichen „nutzungsblind" die Denkmaleigenschaft angenommen wurde. b) Dazu nun einige Beispiele für Möglichkeit, ja Notwendigkeit nutzungsorientierter Betrachtung, die durchaus eine historische bleibt, eben daraus Denkmaleigenschaft begründet: - Ergibt sich der Wert des Denkmals aus historischen Ereignissen, deren Szene es gewissermaßen historisch dokumentiert 71 - wobei dies von Szenarien abzugrenzen ist, welche mehr Zustände als Ereignisse festhalten 72 - so ist jede Nutzung denkmalgerecht, welche gerade diese Szenerie nicht beeinträchtigt, wie sie die Betrachter mit eben diesem ereignishaften Vorgang verbinden. Dies wird häufig zur Veränderungssperre nur für gewisse Gebäudeteile (Eingänge, Treppenhäuser, Gartenpartien) führen, während ein Gebäude (Grundstück) im übrigen voll wirtschaftlich sinnvoll aus heutiger Sicht genutzt werden kann. - „Erinnerungen" begründen gewiß die Denkmaleigenschaft in vielen Fällen. Aber häufig ist auch diese Denkmalbegründung 73 durchaus szenarienbezogen und gebietet daher keineswegs „museale Nutzungsleere", ja diese kann der Botschaft geradezu abträglich sein, wenn da „nichts mehr lebt", keinerlei Spannung zwischen Vergangenheit und Gegenwart erkennbar wird; und kurz ist bekanntlich der Weg vom Museum zum Friedhof, von der Erinnerung an Verstorbenes zur verstorbenen Erinnerung. In anderen Fällen von Denkmalschutz aus historischer Erinnerung, wie etwa der Unterschutzstellung des ersten Schulgebäudes einer Dorfgemeinde 74 , ist es gerade die Lebendigkeit der Erinnerung, die gesucht werden muß, durch weitere gegenwärtige Nutzung. Und dies trifft in vielen Fällen zu, in denen erst gegenwärtige - und durchaus nicht mit früherer identische (vgl. i. Folg. D.) - Nutzung die Erinnerung lebendig hält. - Herausragende Beispiele früheren Berufs- oder gesellschaftlichen Lebens, wie etwa besonders typische Handels- und Verkehrsbauten 75, oder auch bauliche Zeugnisse früherer Badekultur 76 , schließen anderweitige, heute als sinnvoll erscheinende Nutzungen der Bauwerke selbst oder ihrer Umgebung nicht von vorne herein und vollständig aus. Vielmehr muß stets bedacht werden, ob die betreffende geschichtliche Botschaft nicht gerade in einer solchen Spannungslage, ja in kontrapunktischem Gegensatz zur 71
OVG Berlin NVwZ 1986, 239. Wie etwa die Erhaltung einer Wohn- und Wirkungsstätte eines bedeutenden Künstlers, vgl. Kleeberg/Eberl, Hdb., Rn. 45. 73 Vgl. VG Köln Agrarrecht 1984, 161. 74 BayVGH BayVBl 1979, 616. 75 OVG Lüneburg DSI 1980, 21. 76 VGH München BayVBl 1979, 118. 72
III. Geschichtliche Bedeutung des Denkmalschutz-Objekts
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gegenwärtigen Nutzung, besonders deutlich vernehmbar wird - oder aber in einer mehr oder weniger veränderten Fortsetzung früherer Nutzung. - Bauten, welche einstige Machtverhältnisse, Rechts- oder Herrschaftssituationen dokumentieren, ja symbolisieren, sind oft gerade deshalb weiterer Nutzung durchaus geöffnet, wenn nicht sogar bedürftig, selbst wenn diese heute von völlig anderen Grundvorstellungen geprägt ist. Dies gilt etwa für einen Justizpalast, dessen Architektonik einen Majestätsanspruch zum Ausdruck bringt, welcher mit der Funktionalität heutiger Justiz kaum mehr etwas gemein hat, und die daher entsprechend nutzungskonform umgebaut genutzt werden kann - und doch noch etwas von alter Majestät in die Gegenwart hinein ausstrahlt. Es läßt sich dies aber auch exemplifizieren etwa am nutzungsfreundlichen Umbau und der Ergänzung des Reichstagsgebäudes, in dem sich neue und alte Nutzungsvorstellungen verbinden sollen und gerade nicht eine reine Fortsetzung früherer Funktionalität angestrebt worden ist 7 7 . - Beim Überblick über die Nutzungsformen hat sich ergeben, daß auch die Betrachtung eines Denkmals als solche eine wichtige Nutzung desselben darstellt, aus der sich dann, in privatautonomer Entscheidung, ganz unterschiedliche Nutzungen, bis hin zu ökonomischen Zweckverfolgungen, entwickeln können (I. 4.). Diese „Nutzungsanregung durch Betrachtung" kann auch zu einer Verlebendigung gerade einer geschichtlichen Vergangenheit führen, in welcher dann die Historia magistra 78 auf denjenigen einwirkt, welcher sich in diese Vergangenheit zurückversetzt. Diese „Betrachtung als Nutzung" wird aber in sehr vielen Fällen vermittelt durch eine Begegnung mit dem Denkmal, welche sich ihrerseits in der Nähe einer wirtschaftlichen oder allgemein-verhältnismäßigen Nutzung des Objekts abspielt. Dies gilt etwa für denjenigen, der sich in einer historischen Gartenanlage bewegt, wie auch für den Gast eines historischen Wirtshauses 79 . Gerade um diese geschichtliche Denkmalwirkung zu erhalten oder sie gar zu verstärken, sind all jene Veranstaltungen als denkmalkonform, ja als denkmalimmanent zu betrachten, welche gegenwärtigen Betrachtern die Begegnung mit dem Monument erleichtern; dazu gehören etwa Anlagen, welche heutigen Besuchergewohnheiten entsprechen.
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Womit keineswegs ein Urteil darüber verbunden sein muß, ob dies nun als gelungen anzusehen ist; selbst wenn nur eine entkernende Innen-Fortentwicklung stattgefunden hätte unter Rekonstruktion der alten Kuppel, wäre dies dennoch ein wohl weniger problematisches - Beispiel nutzungskonform fortentwickelter Monumentalität geworden. Vgl. zum früheren Umbau des Bundestagsgebäudes in Bonn, auch unter Gesichtspunkten des Denkmalschutzes, Fluck, J., NJW 1987, 2352 ff. 78 Im Sinne von Schillers Jenenser Antrittsvorlesung „Was ist und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?", 1789, hg. v. Wahl, 1996. 79 VGH Mannheim NVwZ 1986, 240.
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
In vielfältigen Formen werden also gegenwärtige, durchaus nicht notwendig „rückwärtsgewandte", Nutzungsformen nicht etwa zur Unterdrückung oder Verfälschung einer historischen Botschaft, sondern gerade umgekehrt zu deren Verdeutlichung durch Verlebendigung.
3. Allgemeine Orientierungen für den Denkmalbegriff aus dessen historischer Begründung in Verbindung mit Denkmalnutzung Die vorstehenden Bespiele gestatten bereits die Entfaltung allgemeinerer Orientierungen zum Begriff des „genutzten Denkmals", welche - wiederum beispielhaft - auch in anderen Fällen über eine gerade in diesem Bereich allzuweit verbreitete und nicht immer überzeugende Kasuistik hinausführen können: a) Zu versuchen ist stets eine möglichst klar bewußte, differenzierende Beurteilung dessen, was eine bestimmte Nutzung jeweils als historisch verdeutlichende Spannung - oder als Störung der Vernehmbarkeit der geschichtlichen Botschaft bringen könnte. Man mag dies als Abwägung begreifen oder auch nur als Abgrenzung innerhalb der Effekte späterer Nutzung. Jedenfalls aber wird so der Blick dafür geschärft, daß selbst umgestaltende Nutzung 8 0 geschichtliche Überlieferung oft zugleich bewahren, verstärken und erneuern kann. b) Gewiß werden Nutzungsüberlegungen, welche in Kategorien „überwirkenden Bestandsschutzes" bis in die Gegenwart „fortgeschrieben" werden, den Denkmalschutz, schon aus dem Denkmalbegriff heraus, vor pedantischer Verliebtheit in technisch konstruktive Details bewahren, welche für die eigentliche geschichtliche Botschaft, etwa eines Bauwerks, heute nichts mehr bedeuten. Im Einzelfall kann dies anders zu sehen sein 81 , doch dann verengen sich die Überlegungen bereits zu jener Technik(geschichte), die als selbständige Begründung der Denkmaleigenschaft durchaus bedeutsam sein mag, jedoch nicht immer unproblematisch erscheint 82 . Entscheidend bleibt aber auch dort, daß eine gewisse Skepsis gegenüber der Bewahrung „technischer Details" im Recht des Denkmalschutzes durchaus angebracht ist, welche aber gerade häufig bestimmten modernen Nutzungsformen im Wege stehen. Zu vertiefen ist dies allerdings im größeren Zusammenhang der Problematik von „Geschichte und/aus Detail". 80
Die früher ja recht unbekümmert betrieben wurde, worauf Schmitt, G., unter Zitat von vielen Beispielen aus der Kunstgeschichte zur „Stilreinheit" hinweist, BayVBl 1975, 434; s. dazu auch die oben A FNen 9 ff. Zitierten. 81 Wenn es gerade diese Bauweise ist, von welcher die historische Botschaft ausgeht, wie im Fall eines noch erhaltenen Lehmziegelhauses. 82 Moench, Chr. NJW 1983, 1999; grds. zur technischen Bedeutung als selbständigem Merkmal beim Denkmalbegriff Hönes, E.-R., DVB1 1984, 417.
IV. Die künstlerische Bedeutung des Denkmals
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c) Praktisch bedeutsam und in gewissem Sinn Fortsetzung dieser Überlegungen ist eine sich in vielen Fällen aus Nutzbarkeit ergebende Forderung: Zu berücksichtigen ist in erster Linie das wahrnehmbare äußere Erscheinungsbild, nicht das „innere Baudetail". Diese Problematik tritt häufig auf bei der „Entkernung" von historischen Bauwerken 83 , welche Voraussetzung für deren Umnutzung ist 8 4 . Hier verlangt ein nutzungsbezogener Denkmalbegriff gewiß, daß die geschichtliche Aussage des Gebäudes als solche erhalten bleibt. Und sie ist in erster Linie auch nicht für einen ungebildeten und uninteressierten Jedermann, sondern für sachverständige, zumindest interessierte Kreise bestimmt (vgl. dazu unter VII. 3.). Dennoch ist dem Geschichtlichen, jedenfalls in den meisten Fällen, eine derartige Allgemeinheit, oft Unbestimmtheit wesentlich eigen, daß es gerade über äußere, ja (nur) aus einer bestimmten Entfernung wahrnehmbare Gestaltungen wirkt. Dem muß ein Denkmalbegriff Rechnung tragen, der sich nicht in der Liebe zu versteckten Besonderheiten erfüllen darf. d) Schließlich muß der Denkmalbegriff über den Schutz des Alltäglichen hinausführen 85 , was aber keineswegs andererseits „alltägliche Nutzung" ausschließt, sondern gerade in der Spannung zu ihr wirken kann. Beim Umbau eines historischen Gebäudes zu einem Hotel etwa mag beides sogar eine glückliche Symbiose eingehen, wobei das historisch Einmalige eben durch die moderne Nutzung heraus- und ständig vielen ins Bewußtsein gehoben wird.
IV. Die künstlerische Bedeutung des Denkmals 1. Allgemeines zur Begrifflichkeit a) Die künstlerische Bedeutung eines Objekts begründet nicht selten dessen Denkmaleigenschaft; sie darf keineswegs auf Aspekte der Baukunst beschränkt werden, wirkt vielmehr sehr häufig auch über die Innenausstattung eines Gebäudes oder Teile einer solchen. Erwähnt wird sie, nach der geschichtlichen Bedeutung, in allen Denkmalschutzgesetzen, in dem Hamburgs in § 2. Keineswegs tritt sie grundsätzlich hinter der geschichtlichen zurück, mag diese letztere auch, weil leichter „objektiv", ja wissenschaftlich begründbar, in der Praxis häufiger herangezogen werden. Dem steht ein wohl allgemeines Verständnis gegenüber, für das Denkmale sogar vor 83 Vgl. zu der Problematik Hönes, E.-R., Denkmalrecht und Dorferneuerung 1988, S 12 ff.; vgl. auch Heinz, K., UPR 1989, 222. 84 Zu den dabei auftretenden baulichen Einzelmaßnahmen vgl. das Beispiel der Umnutzung eines Hauses auf beengtem Grundstück in einem Altstadtbereich bei Schleich/Rupf, BayVBl 1975, 441. 85 So zu Recht Hammer, F., DÖV 1995, 362.
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
allem wegen ihrer künstlerischen Qualität unter Schutz zu stellen sind 8 6 , jedenfalls aus davon kaum klar abzugrenzenden ästhetischen Gründen 87 . Im Begriff des Kunstgeschichtlichen kann sich historische und künstlerische Bewertung verbinden 88 . b) Sehr deutlich tritt auch hier wieder die Denkmalbedeutung im Begriff der „besonderen Qualität", der außergewöhnlichen, exemplarischen Bedeutung in Erscheinung, welche im ästhetischen Bereich eben doch untrennbar mit jener Qualität verbunden ist; und wo hohe Qualität Denkmaleigenschaft begründet, kann es nicht mehr auf Seltenheit einer Gestaltung allein ankommen 8 9 . Die Qualitätsfrage als solche schon, erst recht die ihres besonderen Ranges, führt unausweichlich zu der des Kunstbegriffes als solchen - ein Problem 90 , das hier nicht vertieft werden kann. Beurteilt wird die künstlerische Qualität selbstverständlich nach dem ästhetischen Empfinden der Gegenwart 91 , und damit auch nach deren NutzbarkeitsVorstellungen; ein früheres Kunstverständnis kann als solches lediglich bei der historischen Bedeutung eines Objekts berücksichtigt werden. c) Die „besondere" Qualität wird, als eine „gesteigerte", vor allem immer wieder von der Rechtsprechung im Einzelfall hervorgehoben 92 . Dabei werden Gebäude zu anderen Bauten derselben Stilepoche in Beziehung gesetzt 93 . Gerade hier machen die Gerichte, trotz der Problematik künstlerischer Qualitätsurteile, von ihrem Recht der vollen Nachprüfbarkeit des unbestimmten Rechtsbegriffs „besondere künstlerische Qualität" Gebrauch 94 . Daß sie sich dabei an - oft nur vermeintlichen - wissenschaftlichen (kunsthistorischen) Urteilen orientieren, um ein Mindestmaß von „Objektivität" zu erreichen, ist selbstverständlich 95.
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Zur künstlerischen Bedeutung vgl. mit Beispielen etwa Moench, Chr., NVwZ 1984, 147; ders. NVwZ 1988, 305; Oebbecke/Diemert, DÖV 1988, 400; Hammer, F., DÖV 1995, 361. 87 Was insbesondere aus Bürgersicht von Bedeutung ist, Hönes, E.-R., VerwArch 1989, 499. 88 Denkmalschutz erscheint geradezu als „historischer Schutz der Kunstfreiheit", auch von deren früherem Gebrauch, Hönes, E.-R., DÖV 1998, 501. 89 Zu dieser Problematik VGH Mannheim NVwZ-RR 1989, 232 (234). 90 Nachw. dazu für den vorliegenden Zusammenhang bei Namgalies, J., DÖV 1984, 240; siehe insb. Eberl, G., DVB1 1969, 863 (867). 91 Bedenklich daher OVG Münster NVwZ-RR 1992, 533. 92 Vgl. etwa OVG Berlin OVGE 21, 81; VGH Mannheim EzD 2.2.6.1 Nr. 1; VG Köln AgrarR 1984, 161. 93 BVerwG E 11, 32; VGH München BayVBl 1979, 119; OVG Lüneburg VerwRspr 31 (1980), 185. 94 Hönes, E.-R., DÖV 1984, 671 ff. 95 Zu der Problematik vgl. Hönes, E.-R., DVB1 1984, 415 f.
IV. Die künstlerische Bedeutung des Denkmals
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Insgesamt ist festzustellen, daß das Merkmal der künstlerischen Bedeutung keineswegs beim Denkmalbegriff zurücktritt 96 . Daß sich hier keine allgemein-grundsätzlichen Ausführungen zum Kunstbegriff finden 97 , ist lediglich Ausdruck von dessen spezieller Problematik, schließt es aber keineswegs aus, gerade dieses Bedeutungsmerkmal als möglichen Anknüpfungspunkt für Denkmalnutzung zu sehen.
2. Künstlerische Bedeutung und Objektnutzung a) Ein künstlerisch bedeutsamer Gegenstand eröffnet eine Betrachtungsnutzung, durchgehend und in einer Intensität, wie dies bei keiner anderen Denkmalkategorie auch nur entfernt vergleichbar der Fall ist. Denkmalschutz sollte also den Nutzbarkeitsaspekt hier in besonderem Maß mit dem der Zugänglichkeit verbinden, alles begünstigen, was diese fördern kann, bis hin zur Sichtbarmachung von Teilen eines zu schützenden Gegenstandes, für eine möglichst große Zahl von Menschen. Das künstlerisch bedeutsame Denkmal darf eben nicht „im Verborgenen blühen". Seine Zugänglichkeit sollte nicht auf Konservierung in Museen beschränkt werden; alles was sie steigert, gerade auch eine mit der Verfolgung anderer Interessen verbundene Nutzung, die den an sich weniger Kunstinteressierten ebenfalls „zur Betrachtungsnutzung hinführt", trägt der künstlerischen Bedeutung eines Gegenstandes Rechnung. Darin wird geradezu dessen Denkmalcharakter noch verstärkt, jedenfalls „lebendig begründet". b) Restaurierungen künstlerisch bedeutender Objekte werden häufig verbunden mit neuen Nutzungsformen derselben, etwa der Fassade eines Gebäudes, mit dem Einbau einer Heizung zu Wohn- oder gewerblichen Zwekken, was bis in Rekonstruktionen früherer Monumentalität reichen mag. Gerade die Sicherung oder gar Wiederherstellung des Denkmals ist dann dies wird gerade bei künstlerischen Objekten besonders deutlich - oft untrennbar verbunden mit einer wesentlichen Nutzungsoffenheit von Baulichkeiten oder deren Innenräumen. Sogar derartige Restaurierungen, ja davon häufig gar nicht zu trennende Rekonstruktionen, sind als solche, jedenfalls aber in Verbindung mit dem künstlerisch besonders Wertvollen, denkmalwürdig 9 8 . Das entspricht unter Umständen bereits dem denkmalschützerischen Instandsetzungsgebot99. Daß Zurückhaltung angebracht ist gegenüber verfälschenden Rekonstruktionen 100 , gerade weil in früherer Zeit nicht selten des Guten zuviel getan worden i s t 1 0 1 , leuchtet ebenso ein wie eine ge96
Wie dies Moench, Chr., NVwZ 1988, 305, anzunehmen scheint. So zutr. Moench, Chr., a.a.O. 98 Dazu Oebbecke, J., DÖV 1984, 605 ff. m. Nachw. 99 Moench, Chr., NJW 1983, 2002. 100 Oebbecke, a.a.O., 606. 97
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
wisse Unsicherheit der Praxis 1 0 2 . Weder ist eben oft, wenn nicht in der Regel, die rein rekonstruierende, historisierende Nachahmung denkmalwürdig, gerade nicht aus künstlerischer Sicht 1 0 3 , noch kommt, häufig, Erhaltung in Betracht, wenn sich nichts rekonstruieren läßt 1 0 4 . Das Recht gestattet oft Rekonstruktion, erzwingt sie aber nicht. Das entscheidende Wort werden hier in der Regel Sachverständige des Denkmalschutzes sprechen 105 . Selbst wenn sie vom Vorrang des Originals, gerade bei Kunstwerken, ausgehen müssen 106 , werden sie doch auch den ergänzenden, erhaltenden, dadurch zugleich den dienenden Aspekt der Nutzbarkeit mit einzubeziehen haben, und zwar gerade schon bei der Festlegung der Denkmaleigenschaft. Hier eben zeigt sich, daß die durch Restaurierungen und Rekonstruktionen, oft schon deren Möglichkeiten, eröffnete Denkmalnutzbarkeit auch für ganz andere Zwecke meist untrennbar mit der künstlerischen Bedeutung verbunden bleibt und daher in den Denkmalschutz mit einzubeziehen ist. c) Künstlerische Bedeutung kann auch Gegenständen moderner Kunst zukommen 1 0 7 . Hier mag offenbleiben, welche zeitliche Distanz für den Denkmalbegriff konstitutiv ist oder sein sollte 1 0 8 , wobei es sicher nicht, umgekehrt, auf das Alter allein ankommen kann 1 0 9 , schon gar nicht bei der Beurteilung künstlerischer Qualität. Darin erschließt sich an sich schon häufig eine Nutzungsoffenheit des Denkmalbegriffs, will doch gerade moderne Kunst den Nutzungsvorstellungen ihrer Zeit gegenüber aufgeschlossen, jedenfalls mit diesen kompatibel sein. Soweit ihr eine starke Nutzungsgeneigtheit eigen ist, was nicht selten festzustellen ist („Gebrauchskunst"), kann die Nutzung sogar, neben früherer, neue, mit jener durchaus verträgliche Kunst hervorbringen 110 . d) Dies läßt sich zu Kunst-Nutzungsüberlegungen erweitern, welche an den Problemkreis „Kunst als Staatsaufgabe" allgemein anschließen, was nicht auf ferne Vergangenheit zu beschränken i s t 1 1 1 . Wenn künstlerische Staatsrepräsentation zu leisten ist, bis hin zur „Staatskunst" 112 , so liegt
101
Beispiele bei Schmitt, G., BayVBl 1975, 435. Oebbecke, a.a.O. m. Nachw. 103 Hönes, E.-R., DÖV 1998, 494. 104 So etwa der Fall in OVG Koblenz NJW 1988, 1285. 105 Oebbecke, a.a.O., 611. 106 Oebbecke, a.a.O. 107 Vgl. die grds. Ausführungen von Gawehns, H. C., Denkmalschutz, passim. 108 Ein häufig angesprochenes Problem, vgl. etwa Moench, Chr., NJW 1983, 2000; ders. NVWZ 1984, 147; Oebbecke/Diemert, DÖV 1998, 400; Hönes, E.-R., DVB1 1984, 414. 109 BayOLG BayVBl 1987, 154. 110 Hier ist auch der Aspekt der staatlichen Kunst- und Baupflege zu beachten, i.V.m. staatlichem Mäzenatentum, vgl. Mick, O., Instrumentarium, S. 11 ff. 102
IV. Die künstlerische Bedeutung des Denkmals
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darin bereits eine untrennbare Verbindung von „Nutzung" und einer künstlerischen Gestaltungsqualität, welche gerade bei solchen Objekten häufig schon durch den „Staats-Bezug" vermittelt wird. Aus früherer Zeit stehen in aller Regel Schlösser und Prachtbauten in solchen Bezügen. e) Verbindung zwischen der Qualität von (früherer) Kunst und heutiger Nutzung ist schon seit langem 1 1 3 ein zentraler Gegenstand der Diskussion über das oft schwierige Problem des Denkmalschutzes von Sakralbauten oder anderen zu Religionsausübungszwecken dienenden Objekten 1 1 4 . Da auch das Leben und Handeln nach religiöser oder weltanschaulicher Überzeugung zum Schutzbereich der Glaubens- und Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1, 2 GG) gehört 1 1 5 , bis hin zur karitativen Liebestätigkeit, wird moderne, religiös geprägte Nutzung von Gebäuden und Grundstücken ebenfalls von den „kirchlichen Zwecken" umfaßt; dies ist bisher, soweit ersichtlich, noch nicht vertiefend behandelt worden. Gerade künstlerische Ausstattung wird, in eben dieser ihrer Qualität, nicht nur zu künstlerisch motivierter Betrachtung, sondern wesentlich religiös-kultisch „genutzt", aus dieser Nutzbarkeit heraus ist sie in den meisten Fällen entstanden, dadurch inspiriert worden. Hier geht also der Nutzungsbegriff eine besonders enge Verbindung mit der künstlerischen Qualität ein, was sich auch in „künstlerisch-liturgischen Fortschreibungen", nicht selten recht problematisch, äußert. Jedenfalls wird aber gerade hier „denkmalimmanente Nutzbarkeit" als Begriff deutlich und insgesamt auch bereits in der Praxis respektiert. f) Nicht zuletzt ist die künstlerische Bedeutung, ebenso wie die geschichtliche, inhaltsbestimmender Schrankenziehung durch Nutzbarkeiten verschiedener Art zugänglich, nicht selten bedürftig, in dem Sinn, daß es eben gerade das Kunstwerk, die künstlerische Gestaltung als solche zu schützen gilt, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Dies wird in vielen Fällen andere Nutzungen als zulässig, ja als hilfreich für den Denkmalschutz erscheinen und sich gerade aus ihnen heraus verdeutlichen lassen. Insgesamt ist die künstlerische Bedeutung ein deutlicher Anknüpfungspunkt für die Entwicklung eines nutzungsorientierten Denkmalbegriffs. 111
Grdl. hier Scheuner, U., Die Kunst als Staatsaufgabe im 19. Jh., in: Mai, E./ Waetzoldt, S., Kunstverwaltung, Bau- und Denkmal-Politik im Kaiserreich, 1981, S. 13 ff. 112 Vgl. dazu, gerade für Hamburg, Kulturbehörde, Hamburger Staatsbauten, 1909 bis 1921. 113 Zur Weimarer Reichsverfassung vgl. m. Nachw. Hammer, F., DÖV 1999, 1038. 114 Siehe dazu eingehend Eberl, W., DÖV 1963, 455 ff. 115 Dazu m. Nachw. Starck, Chr., v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 4 Rn. 34 ff.
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
V. Städtebauliche Bedeutung und Denkmalbegriff 1. Der Begriff - Allgemeines Städtebauliche Bedeutung wird in fast allen Denkmalschutzgesetzen in besonderer Weise als Begründung einer Denkmaleigenschaft genannt 116 . Das Hamburger Gesetz spricht dieses Kriterium in einer besonderen Weise an, die sogar noch den anderen Ländergesetzen ebenfalls zugrundeliegenden speziellen Schutzzweck verdeutlicht (§ 2 Nr. 2): Geschützt werden hier u.a. „Mehrheiten von unbeweglichen Sachen ... zu denen auch Städtebauliche Einheiten, insbesondere kennzeichnende Straßen-, Platz- oder Quartiersbilder gehören können ...". Dabei werden diese Aspekte ausdrücklich als Ausprägungen des Ensemble-Schutzes gesehen 117 . Dies ist systemgerecht, denn das Kriterium des Städtebaulichen betrifft Sachgesamtheiten, welche gerade in ihrer Zusammengehörigkeit den Denkmalbegriff erfüll e n 1 1 8 . Entscheidend ist stets das Gesamtbild, welches als solches den Denkmalbegriff konstituiert 119 . Hier kann es also immer nur um ein äußeres Erscheinungsbild gehen, und die von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle 1 2 0 weisen denn auch in diese Richtung. Nicht auf Einzelheiten kann es also hier primär ankommen, sondern eben auf den Ensemblecharakter als solchen. Darin dürfte die eigentliche denkmalrechtliche Bedeutung eines eigenständigen Merkmals liegen, das im übrigen in enger Verbindung zu dem der bereits behandelten historischen Bedeutung steht 1 2 1 .
2. Nutzbarkeitsaspekte der städtebaulichen Bedeutung Gegenüber begrifflichen Nutzbarkeitselementen des Denkmalsbegriffs ist ein so verstandenes städtebauliches Kriterium in spezifischer Weise geöffnet, was hier nur an Folgendem verdeutlicht werden soll: a) Wenn es um Stadtbildprägung geht 1 2 2 , so ergibt sich die „gewisse optische Dominanz" 1 2 3 durch einen Eindruck aus einer bestimmten Ferne, 116
Außer für Baden-Württemberg und in Bremen. Zu diesem allg. u. m. Bsp. Moench, Chr., NJW 1980, 1546; ders. NJW 1983, 2006; ders. NVwZ 1984, 151; ders. NVwZ 1988, 307; Eberl, W., BayVBl 1987, 354; Brohm, W., DVB1 1985, 596; Oebbecke/Diemert, DÖV 1998, 402 f.; Leidinger, Th., DÖV 1998, 406 ff.; bes. eingehend Mielke, F., Die Zukunft der Vergangenheit, 1975, S. 153 ff. 118 Moench, Chr., NJW 1983, 2000 f.; zur Abgrenzung von einer „Gruppe baulicher Anlagen" vgl. dens. NVwZ 1984, 149. 119 Moench, Chr., a.a.O. 2003. 120 Von Moench a. a. O. aufgeführt, vgl. auch Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 47. 121 Zutr. betont von Hönes, E.-R., DVB1. 1984, 416. 117
V. Städtebauliche Bedeutung und Denkmalbegriff
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nicht aus (allen) Einzelheiten der Baugestaltung. Gerade bei ihnen tritt aber, im Wege von Umbauten, vor allem die Problematik der zeitangepaßten Nutzung auf, etwa bei Entkernungen, Einbau von Dämmungen, Heizungen u.ä.m. Das Kriterium der städtebaulichen Bedeutung ist also schon deshalb wesentlich nutzungsoffen, weil viele sonst denkmalgefährdende Nutzungen nur Einzelheiten, damit aber nicht die städtebauliche Bedeutung als solche betreffen. b) Ein Stadtbild besteht aus einer Vielzahl baulicher und auch gärtnerischer Anlagen. Zu ihm tragen damit also mit Sicherheit stets auch eine Reihe wesentlich nutzungsorientierter Gebäude bei - neben anderen, bei denen dies, wie etwa bei Türmen, nicht ohne weiteres der Fall ist. Auch darin liegt wieder eine Nutzungsoffenheit, wie sie bei Einzelobjekten nicht vergleichbar besteht; denn ein ganzes Stadtbild läßt sich nicht völlig nutzungsunabhängig, in reiner Musealität schützen. c) Aus dem Begriff der städtebaulichen Bedeutung als solchem ergibt sich bereits ein Bezug zu dem betreffenden Ort, zu einer bestimmten Stadt als solcher und im Ganzen. Mit ihm ist auch die Stadtentwicklung von Gewicht. Die Denkmalbedeutung erscheint gewissermaßen eingebettet in die des gesamten Ortes. Dies aber folgt nicht nur aus den vielfachen, vor allem auch wirtschaftlichen, Nutzungen von Objekten, welche dort stattfinden. Die Stadt als solche ist ein großer wesentlicher Nutzungsbereich ihrer Bürger und Besucher. Soweit hier Denkmalschutz in Betracht kommt, können die Kommunen daher auch Denkmalbereichssatzungen erlassen 124 . Mit ihnen wird vor allem Bauordnungsrecht normiert 1 2 5 , unter Gesichtspunkten also, welche (auch) wesentlich nutzungsorientiert sind. Dabei werden Baulichkeiten herkömmlich in ihrer Gestaltbarkeit unter Einbeziehung der objektimmanenten Nutzbarkeit betrachtet und beurteilt. d) Städtebauliche Bedeutung im Bereich des Denkmalschutzes spielt, wie die hier referierten Beispiele 1 2 6 zeigen, stets auch für soziale Bezüge einer geschichtlich entstandenen Denkmallage eine wichtige Rolle 1 2 7 . Dabei geht es aber stets wesentlich um Nutzungsformen von Gebäuden und Grundstücken im übrigen, für die verschiedenen Schichten einer Bevölkerung, welche in einer Stadt zusammenleben. Auch hier zeigt also der städte122
OVG Berlin OVGE 22, 121. OVG Berlin OVGE 22, 180. 124 BVerfGE 78, 28 ff.; Echter Cl.-P., Denkmalpflegerische Maßnahmen, Aktivitäten und finanzielle Leistungen der Gemeinden, 1982, S 26 ff.; neuerd. grdl. Leidinger, Th., DÖV 1998, 406, m. umfr. Nachw. 125 Leidinger, a.a.O., 410. 126 Vgl. etwa Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 47; Moench, Chr., NVwZ 1984, 148. 127 Dazu Kummer, M., Denkmalschutzrecht, S. 9 ff.; Erbguth, W., DVB1. 1985, 1353. 123
6 Leisner
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
bauliche Aspekt, eben aus dem Wesen dieser Betrachtungsweise heraus, eine wichtige Öffnung zu objektimmanenten Nutzungsmöglichkeiten, in aller Regel jedenfalls früherer Nutzung, die dann aber, nach Grundsätzen (überwirkenden) Bestandsschutzes, durchaus in die Gegenwart fortzuschreiben sind. Im Ganzen bietet mithin das Merkmal der städtebaulichen Bedeutung als Konstitutivelement der Denkmaleigenschaft wichtige Anknüpfungsmöglichkeiten für eine Betrachtung derselben auch, und zugleich, unter Einbeziehung von Nutzbarkeit. Hier vor allem berühren sich ja in der Praxis Denkmalschutzrecht und ein Baurecht, in dem es immer hoch-, wenn nicht vorrangig um bauliche Nutzungen geht.
VI. Andere Merkmale der Denkmaleigenschaft Neben den vorstehend näher erörterten, in allen Gesetzen der Länder ausdrücklich angesprochenen Merkmalen des Denkmalbegriffs werden - allerdings eher gelegentlich 128 - auch noch andere genannt, die ebenfalls eine gewisse Nutzungsnähe in dem hier zugrunde gelegten Sinn aufweisen.
1. Wissenschaftliche Bedeutung Dieses Merkmal wird nur selten ausdrücklich als solches erwähnt 1 2 9 . Zutreffend wird darauf hingewiesen, daß es weithin bereits im Zusammenhang mit dem der wissenschaftlichen Bedeutung erfaßt w i r d 1 3 0 ; es geht dann eben um Wissenschaftsgeschichte 131. Als ihr Studienobjekt vermittelt das Denkmal gewiß auch einen gewissen Nutzen, der sich allerdings darin erschöpft und andere Nutzbarkeiten in der Regel nicht in die Betrachtung einbeziehen, meist eher für rein museal-konservierenden Denkmalschutz sprechen wird. Allerdings ist häufig zu berücksichtigen, daß diese wissenschaftliche Bedeutung nur in Grenzen solche Musealität betrifft, daß im übrigen aber das Objekt, obwohl als solches Denkmal, durchaus nutzbar ist, wobei auch seine ursprüngliche, wissenschaftsgeschichtlich nutzbare Anlage einzubeziehen sein wird.
128
Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 48 ff. Etwa in VGH München BayVBl 1979, 118. 130 Siehe Hammer, F., DÖV 1995, 361 f.; Preuer, R., in Gebeßler/Eberl, Schutz und Pflege von Baudenkmälern, S. 42. 131 Moench, Chr., NVwZ 1984, 147 f. 129
VI. Andere Merkmale der Denkmaleigenschaft
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2. Techn(olog)ische Bedeutung Anlagen aus der Technik- und Industriegeschichte werden in sieben Landesgesetzen - nicht allerdings in Hamburg - eigens genannt, mit im einzelnen unterschiedlichen Formulierungen 132 . Ihre Grenzen zu den wissenschaftlichen 1 3 3 und den geschichtlichen Begründungen der Denkmaleigenschaft sind allerdings fließend; meist werden sie bereits durch letztere erfaßt 134 , und so kommt dem Merkmal kaum selbständige Bedeutung z u 1 3 5 . Wenn man dies dennoch annehmen will, so spielt gerade hier die Nutzbarkeit als Betrachtungsgegenstand sowie die oft gegebene Verbindung zu modernen reinen Nutzbauten, etwa in unmittelbarer Nähe, eine bedeutsame Rolle.
3. Volkskundliche Bedeutung Ein derartiges Merkmal wird in neun Landesgesetzen zur Begründung der Denkmaleigenschaft genannt, allerdings wiederum nicht in Hamburg 1 3 6 . Auch dieses Kriterium deckt sich im wesentlichen mit dem der Geschichtlichkeit, allenfalls noch mit dem der techn(olog)ischen Bedeutung. Soweit in ihm eine besondere Akzentuierung im Sinne einer „Alltagsdenkmalpflege" stattfindet 137 , gewinnt Nutzbarkeit ganz selbstverständlich ebenfalls erhöhte Bedeutung. Werden hier vor allem „Verkörperungen von Bräuchen, Gepflogenheiten und verwurzelten Auffassungen in der Bevölkerung angesprochen" 138 , so bezieht all dies deutlich auch die jeweiligen Nutzungsgewohnheiten mit ein, nach denen etwa einem nutzbaren Gebäude gegenüber einem „rein zu konservierenden" ein unterschiedlicher denkmalpflegerischer Stellenwert zuerkannt wird. Soll schließlich hier der psychologische Bezug heimatgeschichtlicher Vertrautheit betont werden 1 3 9 , so wird ein solches denkmalgestütztes Heimatgefühl 140 gewiß nicht nur an reine Existenz von Objekten anschließen, sondern auch an deren „vertraute Nutzbarkeit". 132
Kleeberg/Eberl Hdb., Rn. 49. Moench, Chr., NJW 1983, 1999. 134 Straßen als historische Beispiele früherer Straßenbaukunst; ein Wasserturm, dem zugleich städtebauliche Bedeutung zukommt. 135 Hönes, E.-R., DVB1 1984, 417. 136 Dazu Moench, Chr., NJW 1983, 1999; ders. NVwZ 1984, 147; Hönes, E.-R., DVB1. 1984, 614; Heinz, K., DVB1 1989, 1217. 137 Hönes, a.a.O. 138 Moench, Chr., NJW 1983, 1999. 139 Beispiele bei Moench, Chr., NVwZ 1984, 147; dazu auch Hammer, F., DÖV 1995, 361. 140 Das geradezu als rechtlicher Aspekt eines „Rechts auf Heimat" erscheinen könnte, dazu Tomuschat, Chr., Das Recht auf Heimat, Festschrift für K.-J. Partsch, 1989, S. 183 ff. 133
6*
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
Zusammenfassend läßt sich also zu den Merkmalen feststellen, welche den Denkmalbegriff konstituieren: Mögen sich hier auch Definitionsdefizite und Überschneidungen herausstellen, welche insoweit Unterentwicklungen des Denkmalschutzrechts vermuten lassen - überall zeigen sich doch Anknüpfungspunkte, ja sogar Ansätze für eine Einbeziehung der objektimmanenten Nutzbarkeit in den Begriff der Denkmaleigenschaft. Dies ist nun noch in der Betrachtung des öffentlichen Erhaltungsinteresses zu ergänzen, welches ebenfalls herkömmlich im Zusammenhang mit dem Denkmalbegriff genannt, ja nicht selten vertiefend behandelt wird.
V I I . Öffentliches Erhaltungsinteresse und Nutzbarkeit 1. Öffentliches Erhaltungsinter esse - ein selbständiges Kriterium der Denkmaleigenschaft? a) Dieses öffentliche Interesse wird als ein selbständiges Merkmal des Denkmalbegriffs von einer wohl h.L. bezeichnet, neben jener Denkmalfähigkeit oder Sinnhaftigkeit der Denkmaleigenschaft, die vorstehend (III. bis VI.) näher erörtert wurde 1 4 1 . Als speziell denkmalpflegerisches öffentliches Interesse ist es von anderen öffentlichen Interessen zu unterscheiden, die im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle spielen 142 . b) Nicht immer klar ist allerdings bei derartigen Abschichtungen, worin denn nun die Besonderheit dieses „öffentlichen Erhaltungsinteresses" gegenüber den vorstehend erörterten Kriterien der Denkmalwürdigkeit bestehen soll. Bereits bei diesen wurde doch deutlich, daß eine gewisse herausgehobene Bedeutung zu verlangen sei, damit insbesondere von geschichtlicher oder künstlerischer Relevanz eines Objekts die Rede sein könne - und so auch von dessen Denkmalwürdigkeit. Wenn es hier, beim öffentlichen Erhaltungsinteresse, erneut auf die Bedeutung oder gar das besondere Gewicht ankommen s o l l 1 4 3 , wobei vielleicht noch nicht einmal die Seltenheit (allein) als entscheidend angesehen w i r d 1 4 4 , so bleiben nur zwei mögliche Konsequenzen: Entweder dieses öffentliche Interesse soll eine weitere, verengende Potenzierung des Bedeutungsbegriffs bringen - also eine „gewisse" Bedeutung 141
Siehe etwa Hammer, F., DÖV 1995, 359; Moench, Chr., NJW 1983, 1999; Vahle, J., NWB 2001, S. 3928; ebenso auch die Darstellung bei Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 43 ff.; zum früheren Recht van den Boom, Der Sachverständige, S. 120 ff. 142 Zu diesen Unterscheidungen vgl. Hammer, F., a.a.O. 364, Hönes, E.-R., DÖV 984, 673; Namgalies, J., DÖV 1984, 242; Moench, Chr., NVwZ 1988, 310; ders. NJW 1983, 1999. 143 So Hammer, F.; DÖV 1995, 363/64; krit. dazu Heinz, K., DVB1 1991, 602. 144 Hammer, a.a.O.
VII. Öffentliches Erhaltungsinteresse und Nutzbarkeit
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wäre nötig zur Erreichung der Denkmalfähigkeit, eine „höhere" Bedeutung dann noch zur Begründung der Denkmaleigenschaft im öffentlichen Interesse - eine schwer vollziehbare Vorstellung: Bisher gibt es keine Anhaltspunkte in der Praxis dafür, wie eine solche „Stufenlehre der Bedeutungen" anzuwenden sein könnte, und eine weitere Hochzonung des Bedeutungsbegriffs zur Begründung eines öffentlichen Interesses, und damit erst zur Möglichkeit eines Denkmalschutzes, würde von vorne herein zu einer denkmalpflegerisch bedenklichen Reduzierung der Zahl möglicher Schutzobjekte führen 1 4 5 . Oder dieses speziell denkmalpflegerische öffentliche Interesse muß sich unter anderen Aspekten begründen lassen als den bereits geprüften der (geschichtlichen, künstlerischen o.ä.) Denkmalwürdigkeit. c) Davon soll im folgenden ausgegangen werden, und es bieten sich dann wiederum zwei mögliche Begründungen für dieses öffentliche Erhaltungsinteresse an, die beide unter dem Gesichtspunkt der Einbeziehung von Nutzbarkeiten im folgenden zu überprüfen sind: - Das öffentliche Interesse richtet sich darauf - und ist auch darauf beschränkt - daß das betreffende Objekt erhalten werden kann; - gerade im öffentlichen Interesse soll diese Erhaltung sichergestellt werden. Damit erhebt sich die Frage, wer dies bestimmt; die Problematik des materiell-rechtlichen Inhalts dieses öffentlichen Interesses leitet über zu der Frage nach denjenigen, welche diese Belange zu definieren haben, etwa Bürger(mehrheiten) oder Sachverständige. Und regelmäßig sind es dann auch inhaltliche Belange oder zumindest Interessen gerade dieser Kreise, die das öffentliche Interesse prägen. In beiden Fällen aber bieten sich auch hier Anknüpfungspunkte für die Einbeziehung der Nutzbarkeit bereits in den Denkmalbegriff.
2. Das öffentliche Interesse gerade an der Erhaltung Erhaltbarkeit und Nutzbarkeit a) Das öffentliche Erhaltungsinteresse 146 an einem Objekt wird vor allem diskutiert im Zusammenhang mit der Frage nach dem Erhaltungszustand 1 4 7 , die ihrerseits wieder in die nach der Erhaltbarkeit mündet 1 4 8 . Bei 145
Darauf weist zutreffend hin Hönes, E.-R, DVB1 1984, 419. Zu diesem als maßgebliches Tatbestandsmerkmal vgl. m. Nachw. Niebaum/ Eschenbach , DÖV 1994, 13; siehe auch zur Bedeutung der Existenz vergleichbarer Objekte Moench, Chr., NJW 1983, 1999 f.; Kleeberg/Eberl y Hdb. Rn. 52. 147 Siehe etwa Moench, Chr., NVwZ, 1988, 306; ders. NVwZ 1984, 148; Hönes, E.-R., DVB1 1984, 415; Müller, Martin, Baudenkmalschutz, S. 152 f. 148 Vertiefend Hönes, E.-R., DÖV 1983, 332 ff.; ders. DVB1 1984, 415; Moench a.a.O. 146
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
deutlichem Mißverhältnis zwischen Erhaltungsaufwand und Denkmalwert läßt sich eben die Denkmaleigenschaft nicht begründen 149 . Damit steht fest, daß der Erhaltungsaufwand ein konstitutives Element des Denkmalbegriffs als solchen ist. Bei der Frage, ob er dem Eigentümer oder (fördernden) öffentlichen Instanzen zugemutet werden kann, kommt es nicht auf adressatenorientierte Zumutbarkeit an, vielmehr geht es um objektimmanente Bewertung des Gegenstandes als solchen. Die Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte bestätigt dies 1 5 0 . b) Die Problematik der „Erhaltbarkeit nach Erhaltungsaufwand" ist zu unterscheiden von der der Bedeutung des Erhaltungszustandes für das Vorliegen der (einzelnen) Denkmalmerkmale (vgl. oben III. f f . ) 1 5 1 . Ein Monument kann auch dann diese Merkmale aufweisen, also „an sich" schützenswert sein, wenn es sich insgesamt in einem schlechten Erhaltungszustand befindet (Ruine) und dann deshalb allein dem Denkmalbegriff nicht mehr unterfällt. Hier bewährt sich das öffentliche Erhaltungsinteresse als Korrektiv innerhalb des Begriffs der Denkmaleigenschaft. c) Gerade ein so verstandener Begriff des öffentlichen Erhaltungsinteresses zeigt deutlich die bereits dem Begriff des Denkmals als solchem, nach Denkmalschutzrecht, zukommende Bedeutung der Nutzbarkeit eines Gegenstandes, und zwar in doppelter Hinsicht: - Einmal ist etwa ein Bauwerk eben dann (noch) erhaltenswert, ja erhaltbar, wenn es einer sinnvollen Nutzung zugeführt oder eine solche aufrecht erhalten werden kann, wenn also nicht nur reine Ruinenkonservier u n g 1 5 2 stattfinden muß. - Zum anderen steht die, wie eben dargelegt, denkmalbegrifflich relevante Höhe des Erhaltungsaufwands in aller Regel in notwendiger Beziehung zur Nutzbarkeit, so daß sich die Alternative stellt: Nutzbares (umzubauendes) Denkmal oder kein Denkmal 1 5 3 . Gerade im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse als Konstitutivmerkmal des Denkmalbegriffs wird dogmatisch die Grundthese dieser Untersuchung einsichtig: daß die objektimmanente Nutzbarkeit nicht erst dann Beurteilungsgegenstand ist, wenn bereits „rein denkmalrechtlich" über die Denkmaleigenschaft entschieden ist; diese letztere ist vielmehr schon 149
OVG Lüneburg DVB1 1975, 957; den wirtsch. Aspekt betont hier Körner, R., Denkmalschutz, S. 147 ff. 150 Vgl. etwa OVG Berlin OVGE 21, 35; OVG Koblenz NVwZ 1989, 119; ähnl. auch VGH München BayVBl 1987, 597. 151 Moench, Chr., NJW 1983, 1999 f. 152 Vgl. Kleeberg/Eberl, Hdb., Rn. 39. 153 Auf diese Problematik ist noch unten D, bei der Behandlung der Nutzungspflicht nach geltendem Denkmalschutzrecht, zurückzukommen.
VII. Öffentliches Erhaltungsinteresse und Nutzbarkeit
87
als solche unter Einbeziehung der verschiedenen, gegenstandsbezogenen Formen von Nutzbarkeiten festzulegen. Wäre dem nicht so, dann wäre ein Ergebnis unausweichlich, das aber nicht hinnehmbar ist: Das öffentliche Interesse müßte sich (u. a.) nach einer Zumutbarkeit bestimmen, die ihrerseits aus der Sicht des Eigentümers, jedenfalls aber unter wesentlicher Einbeziehung seiner Interessen, festzulegen wäre; es käme zu „öffentlichem Interesse nach Privatinteresse". Dies widerspräche jedoch eindeutig der gerade nach Denkmalschutzgrundsätzen durchzuführenden Abwägung zwischen öffentlichen und Eigentümerbelangen 154 . Unter dem Gesichtspunkt des „öffentlichen Interesses gerade an der Objekterhaltung" erweist sich also eindeutig die Nutzbarkeit als Beurteilungskriterium nicht erst der Zumutbarkeit von Denkmalschutzmaßnahmen, sondern bereits des Denkmalbegriffs.
3. „Denkmaleigenschaft nach Sachverstand" und Nutzbarkeit a) Im Recht der Denkmalpflege ist seit langem, wenn nicht von seinen Anfängen an, eine Diskussion über ein Thema geführt worden, das für die hier im Mittelpunkt stehende Problematik „Denkmalbegriff und Nutzbarkeit" von wesentlicher Bedeutung ist: Wird Denkmaleigenschaft allein, überwiegend, „zunächst einmal" oder nur „auch" bestimmt durch den Sachverstand der Experten des Denkmalschutzes oder anderer Beurteiler historischen oder künstlerischen Objektwerts (siehe oben III. ff.) - oder (auch) nach Einschätzungen von Bürgern, Mehrheiten von solchen oder „der Allgemeinheit"? In letzterem Fall liegt es auf der Hand, daß Nutzbarkeitsüberlegungen breiterer Raum gegeben wird als nach der Sachverständigenalternative; jedenfalls werden dann (auch) andere Experten, etwa Architekten und Bausachverständige ohne spezifisch historisch-künstlerische Kompetenzen, mit Sicherheit ein gewichtigeres Wort bereits zur Denkmaleigenschaft mitreden, als wenn diese lediglich durch „museal urteilende Experten" bestimmt würde - um die Problematik pointiert anzusprechen. Zunächst soll der Stand der Erörterungen kurz skizziert werden: b) Unbestritten ist, daß dem denkmalschützerischen Sachverstand, einschließlich des Expertenwissen zu den einzelnen Denkmalmerkmalen, vor allem dem Urteil von (Kunst-)-Historikern im Recht des Denkmalschutzes entscheidende Bedeutung für die Bestimmung der Denkmaleigenschaft zukommt 1 5 5 . Dies gilt nicht nur zu deren nachträglicher beweismäßiger Feststellung durch Sachverständigengutachten 156, die in aller Regel einzuholen 154 Siehe dazu Lubbinger, A., DVB1 1992, 50; Gahlen, H. G., DÖV 1985, 413; Moench, Chr., NVwZ 1988, 309; näher noch unten E.
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
sind 1 5 7 . Dem Sachverständigen steht in der Praxis bereits regelmäßig das „Erste Wort" zu, welches in der Folge dann so oft entscheidet; er bringt den Stein ins Rollen. Die Eigentümer sind hier regelmäßig überfordert 158 . Auch die Richter müssen als Laien meist auf diesen Sachverstand zurückgreifen 1 5 9 , und so „wird eben in der Praxis meist zum Denkmal", was diesen Sachverständigen wichtig, denkmalwürdig, vor allem erhaltenswert erscheint - es entscheidet die Denkmalfachbehörde 160 . c) Dagegen wird nun allerdings Kritik laut: Die Sachverständigen dürften doch nicht einfach an Stelle der Juristen entscheiden 161 . Da „das Verständnis der mit dem Denkmal in Berührung kommenden Bevölkerung von ausschlaggebender Bedeutung" sei, kämen auch demoskopische Gutachten als geeignete Beweismittel in Betracht 162 . Sogar Denkmalverzeichnisse durch „plebiszitäre Mehrheitsbeschlüsse" werden diskutiert 1 6 3 , von einer „latenten Demokratisierung des Denkmalgedankens" ist die Rede 1 6 4 . Daß die Denkmalwürdigkeit in das Bewußtsein der Bevölkerung eingegangen sein könnte - nicht nur in das von Sachverständigen - ist immerhin bedeutsam 1 6 5 . Der Beurteilung seitens eines „gebildeten Duchschnittsbetrachters" wird allerdings mit Skepsis begegnet 166 . Wollte man über die Denkmaleigenschaft von Anfang an und in demokratisch-politischer Weise entscheiden, vielleicht gar organrechtlich institutionalisiert 167 , so würde zwar mit Sicherheit Nutzbarkeitserwägungen, vor allem wirtschaftlicher Art, breiterer Raum gewährt; der historisch-künstlerische Sachverstand bliebe aber weithin geradezu vollständig ausgeblendet, 155
Zum Recht in Hamburg vgl. hier van den Boom, Der Sachverständige, S. 60 ff., insbesondere unter Darstellung von Organisation und Kompetenzen des dortigen Denkmalrats. 156 Vgl. etwa OVG Münster UPR 1991, 456; OVG Lüneburg NdS. RPfl. 1988, 36 ff.; VGH Mannheim NVwZ 1986, 240 f. 157 Das OVG Berlin meint allerdings (NJW 1990, 2019 f.), da es um Wertungen gehe, könne auf Sachverständige auch verzichtet werden. 158 Niebaum/Eschenbach DÖV 1994, 16. 159 A.a.O. 17; Moench, Chr., NJW 1983, 2000; Namgalies, J., DÖV 1984, 241; Kummer, M., Denkmalschutzrecht S. 42 ff. 160 Kummer a. a. O. 161 Heinz, K., DVB1 1989, 1217. 162 Hammer, F., DÖV 1995, 365. 163 Krit. dazu Preuer, T., in Gebeßler/Eberl, Schutz und Pflege von Baudenkmälern, S. 52. 164 Speitkamp, W., Die Verwaltung der Geschichte, 1996, S. 94. 165 Vgl. OVG Lüneburg NVwZ 1983, 231; OVG Koblenz DVB1 1985, 406; OVG Berlin NVwZ 1986, 239. 166 OVG Lüneburg DVB1 1975, 956 (958). 167 So etwa durch Votum eines Gemeinderats, abgelehnt vom VGH München BayVBl 1986, 399.
VII. Öffentliches Erhaltungsinteresse und Nutzbarkeit
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die Nutzbarkeit nicht mehr historisch bezogen geweitet, und dies widerspräche der Grundkonzeption der vorliegenden Untersuchung. Daß in einer kommunalisierten und föderalisierten Demokratie ein allerletztes „politisches" Wort immer den Vertretern des Souveräns, des Volkes zukommt, und daß damit Gemeinderäte und Abgeordnete insoweit letztlich auch über Denkmaleigenschaft entscheiden werden, ist verfassungsimmanent und daher hinzunehmen. Es schließt aber die - auch rechtlich bestehende - Notwendigkeit der (vorgängigen) Einbeziehung des historisch-künstlerischen, praktisch des denkmalpflegerischen Sachverstands nicht aus, macht sie vielmehr gerade unumgänglich - einschließlich allerdings von Sachverständigen auch zu Nutzungsfragen. d) Die Rechtsprechung hat sich denn auch mit Recht auf eine vermittelnde Formulierung festgelegt: Denkmalmerkmale und öffentliches Erhaltungsinteresse müssen einem weiteren Kreis von Sachverständigen wichtig erscheinen 168 , oder es ist von weiteren „Sachverständigenkreisen" die Rede. Diese letztere Formulierung mag offen sein zum Begriff der „Interessierten", die ja auch einen gewissen Sachverstand aufweisen werden, ist mit ihm aber nicht identisch. Im wesentlichen ist es also doch „fachbehördlicher Sachverstand", der hier entscheiden soll, nicht der gebildete und interessierte Laie. Daß ein „weiterer Kreis" von Sachverständigen die Denkmaleigenschaft für begründet halten muß, läßt immerhin eines erkennen: Hier sollen nicht (nur) Spezialgebiete gewisser Forscher oder Denkmalschützer gepflegt, schon gar nicht wissenschaftliche Steckenpferde geritten werden. In der Weite der Kreise kommt deutlich das allgemeinere öffentliche Interesse zum Zug, damit erfolgt auch eine gewisse Öffnung zu der vorstehend angesprochenen Demokratizität, und zugleich zu vielfachen, auch gegenwärtigen Nutzungsmöglichkeiten. e) Für die denkmalbegriffliche Relevanz der Nutzbarkeit, im Sinne einer objektimmanenten denkmalgerechten Nutzung, ergibt sich aus dieser herrschenden und durchaus billigenswerten Auffassung folgendes: Ihr Sinn ist, wie dargelegt, deutlich die Vermeidung denkmalpflegerisch-musealer Überspezialisierung, eine breite Anlage der Beurteilung der Denkmalwürdigkeit. Darin liegt eine Öffnung dieses Begriffs zur Nutzbarkeit der betreffenden Objekte, sei es im Sinne von deren ursprünglichen, nunmehr gegenwartsbezogen fortzuentwickelnden Nutzungsbestimmungen, sei es auch in dem einer neuen Nutzung, welche mit jener, vielleicht gar nur mehr mit der allgemeinen Zweckbestimmung, oder lediglich mit der Erhaltung des Gegenstandes, heute zu vereinbaren ist. Wenn „breitere Kreise" hier maßgeblich sein sollen, so werden zu diesen jedenfalls auch Persönlichkeiten gehören, wel-
168 BVerfGE 11, 32 (35); VGH München BayVBl 1986, 399 (400); VGH Mannheim NVwZ-RR 1989, 232 (234); OVG Berlin NJW 1990, 2019 (2020).
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C. Das „nutzbare Denkmal" - die „denkmalgerechte Nutzung"
che weniger, aber auch solche, die mehr aufgeschlossen sind für einen „offenen Begriff denkmalgerechter Nutzung". Vor allem ist aber die vorstehend berichtete Rechtsprechungsformel auch als eine mahnende Aufforderung an die Fachbehörden der Denkmalpflege zu verstehen, nicht erst abzuwarten, bis etwa Vorstellungen überwirkenden Bestandsschutzes (siehe dazu oben B. a) E.) an sie herangetragen werden. Sie sollten vielmehr bereits in ihre „rein denkmalschützerischen" (Vorfeld-) Überlegungen die objektimmanenten Nutzbarkeiten einbeziehen, längst bevor ihnen derartiges, nur zu oft verengt in Profitdenken, von wirtschaftlich oder politisch mehr oder weniger potenten Eigentümern nahegebracht wird (vgl. im folgenden E.). Nur dann werden sie den aus dem Denkmalbegriff selbst abzuleitenden Anforderungen gerecht, welche sie verfahrensrechtlich umzusetzen haben, die aber auf die Inhalte ihrer Entscheidung durchschlagen. Auf diesen verfahrensorientierten Wegen ergeben sich also nochmals bedeutsame Öffnungen des Denkmalbegriffs zur Nutzbarkeit von Schutzobjekten.
D. Nutzbarkeit und Nutzungspflichten nach geltendem Denkmalschutzrecht I. Begrenzte bisherige Bedeutung des Nutzungsaspekts für den Denkmalbegriff im Schrifttum zum Denkmalschutz Man wird dem Schrifttum zu dieser Materie kaum den Vorwurf machen dürfen, es sei übermäßig nutzungsorientiert oder gar nutzungsfreundlich 1. Der Begriff der Nutzungen wird im allgemeinen eher beiläufig behandelt, im Zusammenhang mit Nutzungsbeschränkungen durch Denkmalschutz 2 . Der doch praktisch sehr wichtigen Umnutzungsproblematik wird in dieser - verhältnismäßig reichen - Literatur nur selten und dann auch lediglich in allgemeinen Erwägungen Aufmerksamkeit geschenkt3, so etwa unter Hinweis auf früher oftmals recht unbekümmert betriebene umnutzende Gestaltungsveränderungen, insbesondere zur Problematik von Entkernungen 4, oder auf kommunale Aktivitäten 5 . Lobend berichtet wird schon früh von einem Denkmalschutz in Polen, welcher zahlreiche gepflegte oder restaurierte Objekte „neuen Bestimmungen" habe übergeben können 6 , und Theodor Maunz hat schon vor längerer Zeit am Beispiel des Abrisses eines geschützten Objekts auf die Spannung zwischen Erhaltung und „Nutzeffekt für das allgemeine Wohl" 7 aufmerksam gemacht. Zu den in Denkmalschutzgesetzen vorgesehenen „Verpflichtungen zu schonender Nutzung" (vgl. dazu näher unten II.) finden sich in systematischen Zusammenhängen nur allgemeine Hinweise 8 .
1
So aber Heinz, K., DVB1 1989, 272, gegenüber einer übrigens gerade von Denkmalpflegern vertretenen nutzungsfreundlicheren Auffassung. 2 Niebaum/Eschenbach, DÖV 1994, 13; Krit. gegenüber allzu weitgehenden Nutzungsbeschränkungen Brohm, W., DVB1 1985, 600. 3 So etwa bei Schleich/Rupff, BayVBl 1975, 441 f., am Beispiel der Umnutzung eines alten Hauses. 4 Heinz, K., DVB1 1989, 1217 m. Nachw. 5 Hoenes, E.-R., VerwArch 1989, 488. 6 Hoenes, E.-R., DVB1 1975, 951. 7 Durch Bau von Wohnungen, Maunz, Th., BayVBl 1983, 258 f.; zur Abrißproblematik vgl. auch Lülsdorf, W., Eigentumsrelevante Maßnahmen, S. 46 ff. 8 Etwa bei Oebbecke/Diemert, DÖV 1998, 401.
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D. Nutzbarkeit und Nutzungspflichten
Geradezu erstaunlich ist es, wie selten im allgemeinen Denkmalschutzschrifttum die Problematik der Nutzungspflichten auch nur erwähnt wird 9 . Der Grund dafür dürfte nicht zuletzt darin liegen, daß nur wenige Gerichtsurteile sich mit dieser Problematik befassen 10. So läßt sich also feststellen, daß die doch in den meisten Denkmalschutzgesetzen der Länder, darunter auch in Hamburg (§ 14 Abs. 2; vgl. näher unten VI.), sich findenden Regelungen über Nutzungspflichten 11 die allgemeine Dogmatik des Denkmalschutzrechts bisher kaum beeinflussen konnten. Sie wurden im wesentlichen nur in den Kommentaren zu diesen Gesetzen näher besprochen. Diese bilden denn auch die Grundlage der spezielleren Befassung im folgenden mit diesem Gegenstand. Seine besondere Bedeutung für die vorliegende Untersuchung liegt darin, daß hier aus dem Denkmalschutzrecht heraus und - das ist entscheidend - in enger Verbindung zu dessen Denkmalbegriff das Problem Denkmaleigenschaft-Nutzbarkeit erörtert wird.
II. Die Bedeutung der Nutzungspflichten im Aufbau der Untersuchung Die Bestimmung über Nutzungspflichten in den Denkmalschutzgesetzen der Länder sind, neben den noch unter F zu behandelnden steuerrechtlichen Normen, die einzigen, in welchen die Nutzungsfrage näher angesprochen wird. Dies hätte an sich dafür sprechen können, von diesen Regelungen auszugehen, und sich damit gewissermaßen induktiv dem Betrachtungsgegenstand zu nähern. Überwiegende Gründe sprachen jedoch für ein anderes Vorgehen: Aussagen zunächst allgemein-dogmatisch zum Nutzungsbegriff, sodann Behandlung der möglichen Öffnungen der Kriterien des Denkmalschutzbegriffs zur Nutzbarkeit (C.), schließlich Überprüfung dieser Ergebnisse anhand der Nutzungspflichtbestimmungen. Für diesen Aufbau waren vor allem folgende Überlegungen maßgebend: 1. Nutzungspflichten werden in den Gesetzen im wesentlichen unter dem Aspekt einerseits der Eigentümerverpflichtungen und -rechte, andererseits der Förderung durch öffentliche Instanzen angesprochen (vgl. im folgenden E.). Allgemein-grundsätzliche Vorstellungen klingen dabei an, stehen aber 9
Z.B. bei Moench, Chr., NJW 1980, 1547, 1552; ders., NJW 1983, 2003; Schleich/Rupff, BayVBl 1975,441. Auch das monographische Schrifttum äußert sich sich meist nur kurz, im übrigen berichtend, siehe Melchinger, H., Die Eigentumsdogmatik, S. 17 ff., 274 f.; Körner, R., Denkmalschutz, S. 38 f.; Lubberger, A., Eigentumsdogmatik, S. 95 f.; Lülsdorf, W., Eigentumsrelevante Maßnahmen, S. 17 ff.; Müller, Martin, Baudenkmalschutz, S. 190. 10 Die vorst. Zit. erwähnen keine Entscheidung, Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 95 ff. nur wenige Ausführungen in Urteilen zu speziellen Problemen. 11 Kleeberg/Eberl a.a.O., Rn. 95.
II. Die Bedeutung der Nutzungspflichten im Aufbau der Untersuchung
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nicht als solche im Mittelpunkt. Insoweit wird hier nur ein Ausschnitt aus der Problematik erfaßt. 2. Nicht alle Landesgesetze äußern sich zu den Nutzungspflichten. Die Entwicklung einer allgemeinen Dogmatik der Nutzbarkeit für das deutsche Denkmalschutzrecht als solches setzt also den nicht leicht zu erbringenden Nachweis der positiv-rechtlichen Erforderlichkeit analoger Übertragung von Norminhalten auf den Bereich der anderen Länder voraus. 3. Die Aussagen zu den Nutzungspflichten sind von Land zu Land unterschiedlich, vor allem was die Intensität der Konkretisierung betrifft. Bayern etwa hat die bei weitem eingehendste Regelung in sein Gesetz aufgenommen, in anderen Ländern, z.B. in Hessen, finden sich nur kurze Hinweise. Eine positivrechtliche überzeugende Grundlegung einer allgemeinen Nutzbarkeits-Dogmatik würde also die nicht leicht zu treffende Entscheidung voraussetzen, welche der Regelungen als Ausgangspunkt eines „gemeinen deutschen Denkmalrechts" gewählt werden sollte. 4. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Hamburger Bestimmung (§ 14 Abs. 2). Sie bringt eine, wie sich zeigen wird (im folgenden VI.) in ihrer Flexibilität eigenartige und sachangepaßte Regelung, die sich aber nicht ohne weiteres aus Nutzungspflicht-Normen anderer Länder ergänzen oder konkretisieren läßt. 5. Die dogmatische Einordnung der Nutzungspflichten ist nicht immer deutlich. Vor allem fragt es sich, inwieweit sie bereits beim Denkmalbegriff zu berücksichtigen oder erst der adressatengeprägten Zumutbarkeit zuzuordnen sind 1 2 . Davon aber hängt die Stellung dieses Kapitels im Aufbau der Untersuchung ab. 6. Wie sich zeigen wird (III. ff.), ergeben sich aus den Denkmalschutzgesetzen nicht viel mehr als illustrative Bespiele einerseits, eine besondere Betonung der Bedeutung von Nutzungen und Nutzbarkeit zum anderen, und schließlich gewisse Konkretisierungen nach „ursprünglicher" und „späterer" Nutzbarkeit. Diese sind als solche aber weder erschöpfend noch unproblematisch. Dies alles spricht dafür, die Regelungen der Nutzungspflichten in den Denkmalschutzgesetzen einerseits als nähere beispielhafte Verdeutlichung einer allgemeineren, hier versuchten Dogmatik zu verstehen, andererseits, und vor allem, als konkretisierende Bestätigungen des bisher zum Denkmalbegriff Herausgestellten. Dies wurde gewonnen (in Teil C.) aus allgemeineren Überlegungen zu den unbestritten als gemeines deutsches Denkmalschutzrecht geltenden Kriterien des Denkmalbegriffs als solchen. 12 Siehe etwa Moench, Chr., NJW 1980, 1547; dies wird auch durch den Bezug zu möglichen Zuschüssen nahegelegt, dazu ders., NJW 1983, 2002; siehe auch BGH NJW 1979, 210 (212).
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D. Nutzbarkeit und Nutzungspflichten
Aus den folgenden, in dieser Bedeutung zu behandelnden Nutzungspflichten läßt sich dann zwanglos der Übergang finden in die Betrachtung der eigentümerorientierten Zumutbarkeitsproblematik, welche die im engeren Sinne denkmalrechtlichen Untersuchungen abschließt.
III. Die hochrangige Bedeutung der Nutzung von Denkmalen als Grundlage der Nutzungspflichten 1. Die übereinstimmenden Aussagen des Schrifttums Trotz der im einzelnen unterschiedlichen Formulierungen in den Denkmalschutzgesetzen der Länder wird im Handbuch- und Kommentarschrifttum einhellig die besondere Bedeutung der Nutzung für den Denkmalschutz herausgestellt. So heißt es etwa im Handbuch für das Denkmal- und Steuerrecht von Kleeberg/Eberl 13 : „Das Zentralproblem für die Erhaltung der Baudenkmäler ist ihre Nutzung. Genutzte Gebäude werden grundsätzlich erhalten, ungenutzte sind der Gefahr des Verfalls ausgesetzt; falsch genutzte Gebäude sind gleichfalls häufig in ihrer Substanz gefährdet. Sieht man den Nutzungsgedanken als eine der tragenden Überlegungen der Denkmalschutzgesetze an, so kann dies nicht ohne Einfluß auf die Anwendung und Auslegung anderer gesetzlicher Bestimmungen sein."14 Im Kommentar zum Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen heißt es: „Das Schicksal eines Denkmals, insbesondere eines Baudenkmals, wird auf Dauer entscheidend von seiner Nutzung beeinflußt. Insoweit handelt es sich um ein Zentralproblem der Denkmalpflege. Nicht genutzte oder nur noch musealen Zwecken dienende Denkmäler sind eher dem Verfall ausgesetzt als Sachen, die entweder entsprechend ihrer ursprünglichen oder einer gleichwertigen Nutzung verwendet werden können . . . . Da § 8 unterschiedslos auch insoweit die denkmalverträgliche Nutzung gebietet („sind zu nutzen"), ist auch die Oberste Denkmalbehörde gefordert, in Abstimmung mit den Gemeinden und anderen Beteiligten eine Konzeption für die Nutzung insbesondere herausragender Baudenkmäler zu erarbeiten." 15 In ähnlicher Weise, meist in wörtlicher Vergleichbarkeit, äußern sich die anderen Erläuterungswerke zu den Landesgesetzen der Denkmalpflege, wobei insbesondere auf die Gefahr des Verfalls hingewiesen wird 1 6 . Damit zeigt 13
2. Aufl., 2001, Rn. 96. A.a.O.; gerade dazu werden dort unveröffentlichte Entscheidungen des VGH München zitiert. 15 Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, Denkmalrecht in NRW, Kommentar, 2. Aufl. 1989, § 8 Rn. 1. 14
III. Nutzung von Denkmalen als Grundlage der Nutzungspflichten
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sich deutlich die dogmatisch erstaunliche Lage, daß einerseits nach verbreiteter Auffassung die Nutzbarkeit für den Denkmalbegriff ohne Bedeutung sein, zum anderen aber die Nutzung ein zentrales Problem der Denkmalpflege als solcher darstellen soll.
2. Die Nutzungsfrage - nach dem Recht der Nutzungspflicht nicht nur eine Frage eigentümerbezogener Zumutbarkeit Daß die Nutzungsfrage nicht nur bei der konkreten Abwägung von Eigentümer- und Denkmalschutzbelangen im Einzelfall zu prüfen ist, sondern daß denkmalverträgliche Nutzung bereits ein Zentralproblem des Denkmalschutzes als solchen darstellt, daß bei diesem die objektimmanente Nutzbarkeit also bereits eine entscheidende Rolle spielt und etwa rein museale Überlegungen relativieren kann - dies ist die Zentralthese dieser Untersuchung. Sie wird durch das unter 1. Berichtete bestätigt. Denkmalverträglichkeit ist nicht (nur) eine Frage der Zumutbarkeit (dazu unten E), und dies zeigen gerade die Bestimmungen über die Nutzungsverpflichtungen: a) Es ergibt dies bereits die redaktionelle Stellung der Nutzungspflichten in einigen Denkmalschutzgesetzen. In Bayern, das die eingehendste Regelung der Nutzungspflichten aufweist, findet sich die betreffende Bestimmung in Art. 5 unter dem Abschnitt „Baudenkmäler". Ähnlich ist die redaktionelle Stellung auch in Nordrhein-Westfalen (§ 8). Noch deutlicher ist diese Regelung auf den Denkmalbegriff bezogen in Rheinland-Pfalz 17 . Dabei ist selbstverständlich, daß die Verfügungsberechtigten in diesem Zusammenhang regelmäßig genannt werden, denn an sie richtet sich ja vor allem die Nutzungspflichtregelung. b) Bezeichnend ist aber gerade die Hamburger Regelung (§ 14 Abs. 2). Wenn sich die Hansestadt, als Trägerin der Denkmalpflege und damit bestimmende Instanz des Inhalts des Denkmalbegriffs, über Nutzungsfragen („eine der Eigenart des Denkmals entsprechende neue Verwendung"), mit den Verfügungsberechtigten einigen kann, so ist vom Gesetzgeber eindeutig verfügt, daß diese „Eigenart des Denkmals" gerade (auch) vom öffentlichen Denkmalschutz unter Nutzungsgesichtspunkten festzulegen ist. Damit gewinnt in Hamburg die Denkmalnutzung ex lege Bedeutung für den Denk-
16
Eberl/Martin/Petzet, Bay. Denkmalschutzgesetz, 5. Auf. 1997, Art. 5 Rn. 2 ff.; Dörffeldt/Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht, 2. Aufl. 1991, § 13, Nr. 1; Strobl/Majocco/Birn, Denkmal Schutzgesetz für Baden-Württemberg, Kommentar 1989, § 6 Erl. 3; Hönes, E.-R., Denkmalrecht Rheinland-Pfalz, Kommentar, 2. Aufl. 1995, § 1 Erl. 44 ff. 17 Wo sich denn auch die Erläuterungen von Hönes, a.a.O., zu § 1 finden, welcher die „Aufgabe des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege" betrifft.
D. Nutzbarkeit und Nutzungspflichten
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malbegriff, die „denkmalgerechte Nutzung" ist ein rechtlicher Konkretisierungsbegriff für jenen (siehe noch näher unten VI.). c) Die unter 1. berichteten Aussagen betreffen ersichtlich nicht nur Zumutbarkeitsfragen in Abwägung zu Eigentümerbelangen. Wenn die Nutzung als ein „Zentralproblem der Denkmalpflege" als solcher bezeichnet wird 1 8 , muß ihr herausragende Bedeutung gerade auch für den Denkmalbegriff als solchen zukommen. Wenn es hier um eine der „tragenden Überlegungen des Denkmalschutzgesetzes"19 geht, die auch für Anwendung und Auslegung „anderer gesetzlicher Bestimmungen" Bedeutung gewinnen, so beinhalten diese letzteren mit Sicherheit unter anderem gerade auch die Festlegung des Denkmalbegriffs. Schließlich wird den Denkmalschutzbehörden die Aufgabe der Erarbeitung von „Konzeptionen zur denkmalverträglichen Nutzung" zugewiesen 20 - also handelt es sich gewiß nicht nur um Eigentümerbelange, welche von Verfügungsberechtigten einer zunächst einmal nutzungsneutral oder gar nutzungsblind festgestellten Denkmaleigenschaft entgegengehalten werden können. d) Ersichtlich steht für die Nutzungspflichten bei allen kommentierenden Aussagen - und dies zu Recht - die Erhaltungsfrage des Denkmals im Vordergrund 21 . Gerade sie aber betrifft 2 2 auch das öffentliche Interesse, das seinerseits ein anerkanntes Kriterium des Denkmalbegriffs als solchen ist, nicht nur ein Abwägungsgesichtspunkt, welchen der Eigentümer einzubringen und der Behörde entgegenzuhalten hätte. Wenn die Erhaltung so häufig und weitgehend eine Frage der objektimmanent möglichen Nutzung ist, so kann diese letztere nicht aus dem Denkmalbegriff ausgeklammert, sie muß bereits bei der Feststellung der Denkmaleigenschaft berücksichtigt werden. Ein (an sich) nutzbares Denkmal ist eben anders zu beurteilen als ein nichtnutzbares. e) Bemerkenswert ist schließlich - und das gilt wiederum für alle Erläuterungen zu den Nutzungspflichten - daß der Nutzungsbegriff nicht auf museale oder gar betrachtende Nutzung beschränkt wird. Vielmehr wird er in seiner vollen Breite verwendet 23 , durchaus unter Einschluß der wirtschaftlichen Nutzbarkeit, wenn nicht schwerpunktmäßig gerade mit Blick auf diesen Punkt. Die Nutzbarkeit ist also auch unter diesem Blickwinkel zwar durchaus mit Bezug auf Denkmalmerkmale zu sehen, welche zu ihr geöff18
Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, a.a.O. Kleeberg/Eberl, a.a.O. 20 Memmesheimer/Upmeier/Schönstein a.a.O.; siehe auch Dörffeldt/Viebrock, Kommentar, § 13 Nr. 3. 21 Vgl. die in den Anmerkungen in den Unterabschnitten 1. und 2. angeführten Stellen. 22 Wie oben C. VII. eingehend nachgewiesen. 23 Wie sie oben, vor allem unter C. I., dargestellt wurde. 19
IV. Praxisbezogene Beispielnennungen der (Um-)Nutzung von Objekten
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net sind 2 4 , sie ist aber mit diesen nicht deckungsgleich, ergänzt sie vielmehr bei der Beurteilung der Denkmalwürdigkeit eines Objekts. Aus all dem ergibt sich also, daß den Nutzungspflichtregelungen der Denkmalschutzgesetze eine Bestätigung der Grundthese der vorliegenden Untersuchung entnommen werden kann.
IV. Praxisbezogene Beispielnennungen der (Um-)Nutzung von Objekten des Denkmalschutzes im Zusammenhang mit den Nutzungspflichten 1. Beispielfälle a) In den Kommentierungen werden 25 eine Reihe von Beispielen zu (Um-)-Nutzungsproblemen aus der Praxis berichtet, wobei die Zuordnung zu den noch (im folgenden V.) näher zu behandelnden Nutzungsstufen (ursprünglich - gleichwertig - substanzerhaltend) nicht immer überzeugend sein mag. Genannt werden etwa: - Hotel oder Altenheim, Universitäts- oder Tagungsräume, Gemeindeverwaltungen, Schulen oder Gefängnisse - in Schloß- oder Klostergebäuden, - Wohnungen in solchen Baulichkeiten, - Umbau von landwirtschaftlichen Vorrats- oder von Marstallgebäuden zu Kongreß- o. ä. Räumlichkeiten, - gewerbliche Nutzung von Festsälen oder Bibliotheksräumen (Brauerei), - Archive in alten Wohnhäusern. Ersichtlich im Vordergrund stehen also nicht so sehr Umnutzungen von Wohnhäusern - obwohl auch sie gelegentlich eine Rolle spielen 26 - als vielmehr einerseits frühere Schloß- und Klostergebäude oder ihnen vergleichbare weltliche Repräsentationsbauten, zum anderen größere (i.w.S.) landwirtschaftliche (Vörrats-)Baulichkeiten. Hier wird dann auch von „funktionslosen" Gebäuden gesprochen 27. Darin kommt eine im folgenden V. noch kritisch zu untersuchende Tendenz zum Ausdruck, eine „denkmalgerechte Nutzung" so eng zu fassen, daß dem Begriff der denkmalverträglichen Nutzung von vorne herein mit schwer überwindlicher Skepsis begegnet wird. 24
Das war der Gegenstand der Untersuchungen im Hauptteil C. III. Vor allem bei Eberl/Martin/Petzet, Kommentar, Art. 5, Rn. 1 bis 5; siehe auch Dörffeldt/Viebrock, Kommentar, § 13, Rn. 2; Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, Kommentar, § 8, Rn. 1. 26 So etwa bei den (Um-)Nutzungen von Stadt- und Ortskernen, vgl. Dorffeldt/ Viebrock, Kommentar, § 13 Nr. 1. 27 Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, Kommentar, § 8, Rn. 1. 25
7 Leisner
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D. Nutzbarkeit und Nutzungspflichten
b) Insgesamt zeigt sich jedoch gerade bei den genannten wichtigsten Beispielen eine Tendenz der denkmalschützerischen Praxis, die hier grundsätzlich entwickelte These von der objektimmanenten Nutzung(smöglichkeit) bereits beim Denkmalbegriff zu berücksichtigen, diesen nicht auf museale Konservierung festzulegen. Damit nimmt die Praxis die prinzipiellen Forderungen, wie sie vorstehend zu entwickeln waren, bereits weithin vorweg; dies kann und sollte nun aber, auf der Grundlage der hier entfalteten Erkenntnisse, noch allgemeiner und bewußter, manchmal auch entschiedener geschehen. Immerhin können Kleeberg/Eberl bereits für die Gegenwart berichten 28 : „Heute sind Nutzungsprobleme in so vielen Fällen einer Lösung zugeführt worden (etwa durch Adaptierung von Gebäuden als gastronomische Betriebe oder Hotels, Gästehäuser, Jugendherbergen, Tagungs- und Fortbildungsstätten mit Sitzungsräumen, Schulen, Ateliers und Werkstätten, Wohnungen, Verwaltungs- und Bürogebäude, Theater und Konzertsäle, Gewerbehöfe, notfalls auch Museen), daß man allgemein nicht von einer hoffnungslosen Lage sprechen kann. Notwendig sind allerdings Phantasie, Geduld, eine individuelle Planung und eine ebensolche Finanzierung" (Herv. v. Verf.) - und, das sei hinzugefügt, die Berücksichtigung objektimmanenter Nutzbarkeit vom Anfang der denkmalrechtlichen Beurteilungsbemühungen an.
2. Ungenutzte, schwer nutzbare Objekte Eine besondere Problematik, gerade aus Sicht der Nutzung(spflichten) tritt aber dann in der Praxis auf, wenn Gebäude bereits - vielleicht längere Zeit - ungenutzt leer stehen 29 . Dann wird es darum gehen, sie entweder wieder einer Nutzung zuzuführen, oder sie verfallen zu lassen. Mit Recht wird hier, gerade aus der Sicht des Denkmalschutzes, für eine auch weitere Entfernung von traditioneller Nutzung plädiert 30 , weil dies immerhin noch Erhaltung gewährleistet und insgesamt das „kleinere Übel" darstellt. Darin zeigt sich übrigens, daß die hier vertretene Auffassung, die praktisch in vielen Fällen schon und gerade aus dem Denkmalbegriff für eine liberalere Handhabung der Nutzungsmöglichkeiten eintritt, sich im Ergebnis auch durchaus konservierungsfreundlich auswirken und damit überzogene Profiterwartungen der Verfügungsberechtigten dämpfen kann: Es wird ihnen dann zwar Umbau, aber eben nicht der Abriß gestattet. 28
Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 96. Über die diesbezügliche Lage in Nordrhein-Westfalen informieren Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, Kommentar, § 8 Rn. 1. 30 Vgl. Eberl/Martin/Petzet, Kommentar Art. 5, Rn. 4. 29
V. Stufung „ursprüngliche - gleichwertige - substanzerhaltende Nutzung"
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Als schwierig erweisen sich solche Probleme ungenutzter, schwer nutzbarer Baulichkeiten bei „Industriedenkmalen" 31 , gerade hier wird man den Begriff der objektimmanenten Nutzbarkeit besonders großzügig auszulegen haben, möglichst alle objekterhaltenden Umnutzungen zulassen und den Begriff der Erhaltung nicht allzuweit ausdehnen. Möglich sein sollten, bereits aus dem Begriff eines solchen Denkmals heraus, Umgebungsveränderungen und neue, und weiter vom Ursprungszweck entfernt liegende Nutzungen gewerblicher A r t 3 2 . Auch hier sollte immer der Erhaltung, selbst bei Objektveränderung, Vorrang vor dem Abbruch gegeben und daher jene - objektverträglich - weithin als zulässig angesehen werden. Viele und typische Bespiele zeigen also, daß die Praxis bereits weithin, in ihrem Problembewußtsein jedenfalls, in ihren Problemlösungen wenigstens zum Teil, den Grundvorstellungen dieser Untersuchung Rechnung trägt.
V. Die Problematik der Stufung „ursprüngliche - gleichwertige - substanzerhaltende Nutzung46 1. Die bayerische Regelung und die der anderen Länder - Kritik a) Im Zusammenhang mit den Nutzungspflichten - und soweit ersichtlich nur hier - ist auf eine abstufende Unterscheidung einzugehen, welche sich in diesem frühesten der nachgrundgesetzlichen Denkmalschutzgesetze 33 in Art. 5 findet: „Baudenkmäler sollen möglichst entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung genutzt werden. Werden Baudenkmäler nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung genutzt, so sollen die Eigentümer und die sonst dinglich oder obligatorisch zur Nutzung Berechtigten eine der ursprünglichen gleiche oder gleichwertige Nutzung anstreben. Soweit dies nicht möglich ist, soll eine Nutzung gewählt werden, die eine möglichst weitgehende Erhaltung der Substanz auf die Dauer gewährleistet. Sind verschiedene Nutzungen möglich, so soll diejenige Nutzung gewählt werden, die das Baudenkmal und sein Zubehör am wenigsten beeinträchtigt." In den anderen Ländern findet sich keine entsprechend detaillierte Auflistung und Prioritätenstufung von denkmalverträglichen Nutzungen. Die 31
Darauf weisen etwa hin Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, Kommentar, § 8, Rn. 1. 32 Etwa Umbau alter Industrieanlagen zu Einkaufszentren; schließlich wurden ja oft in der Entstehungszeit bereits ähnliche - etwa historisierende - Architekturen für beide Nutzungsformen eingesetzt. 33 Siehe dazu näher Fischermeier, E., Die Inschutznahme, S. 69 f. i*
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D. Nutzbarkeit und Nutzungspflichten
Rede ist zwar gelegentlich von „sinnvoller Nutzung", was auch die nichtwirtschaftliche einschließen soll 3 4 ; gerade Nordrhein-Westfalen hat aber nicht die „ursprüngliche" Nutzung als Ziel des Denkmalschutzes festgelegt 3 5 . Für Rheinland-Pfalz wird sie zwar - als eine offenbar auch gesetzliche Zwecksetzung - erwähnt 36 , aber als schwer realisierbar bezeichnet. Die anderen Länder wollten also ersichtlich weder Denkmalschutzinstanzen noch Verfügungsberechtigte in ein so enges normatives Korsett gezwängt sehen, wie es die bayerische Regelung vorsieht. b) Das bayerische Gesetz ist denn auch - abgesehen von sich aufdrängender Kritik an den einzelnen Nutzungsstufen - schon in sich in diesem Punkte nicht unproblematisch. Dies gilt nicht so sehr im Hinblick auf den Normcharakter als lediglich einer Sollregelung; auch als solche kann sie die Beurteilung sinnvoll orientieren, und daß bei Nutzungen allzu strenge Regelungen vermieden, nur auf gewisse Lösungen hingewirkt werden soll, charakterisiert wohl diesen gesamten Bereich 37 . Schwerer wiegen Bedenken, die der Wortlaut des bayerischen Gesetzes als solcher aufwirft. So muß eigentlich wohl nach ihm zwischen einer (der ursprünglichen Nutzung) „gleichen" und einer „gleichwertigen" Nutzung unterschieden werden. Wie aber soll diese Gleichwertigkeit bestimmt werden, wenn sie wiederum von der substanzerhaltenden Nutzung abzugrenzen ist? Ferner soll diese Substanzerhaltung erst dann angestrebt werden, wenn weder die ursprüngliche, noch eine ihr gleichwertige möglich sind. Soll aber ernstlich auf die ursprüngliche Nutzung hingewirkt werden, wenn sie nicht zugleich auf Dauer substanzerhaltend wirkt, in welchem Verhältnis steht beides zueinander? Schließlich soll unter den möglichen Nutzungen die am wenigsten beeinträchtigende gewählt werden. Es sind aber bereits verschiedene Nutzungsstufen in ein Prioritätsverhältnis zueinander gesetzt, nicht einfach nur als „mögliche" nebeneinander gestellt worden. Soll sich dem nun noch - etwa die Prioritäten wieder verwischend - das Kriterium der „geringeren Beeinträchtigung" überlagern? Soweit ersichtlich, sind derartige Fragen bisher weder im Schrifttum noch in Gerichtsentscheidungen geklärt worden. Es ist schon deshalb fraglich, ob die bayerische Lösung ein sachgerechtes System zur Erfassung von Nutzungen und Nutzbarkeiten bereitstellt. Gerade ihre Kommentierung zeigt übrigens 38 , daß sich Beispiele nicht immer befriedigend diesen einzelnen Stufen zuordnen lassen.
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Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, Kommentar, § 4 Rn. 1. A.a.O. 36 Hönes, E.-R., Kommentar, § 1, Rn. 46. 37 Siehe z.B. Dörffeldt/Viebrock, Kommentar, § 13 Nr. 2; Hönes, a.a.O., § 1 Rn. 45. 35
V. Stufung „ursprüngliche - gleichwertige - substanzerhaltende Nutzung" 101
2. Das Problem der „ursprünglichen Nutzung" a) „Die denkmalpflegerisch beste Nutzung ist zunächst die ursprüngliche" 3 9 ; diese Aussage soll einen „Leitgedanken" enthalten 40 . Es geben jedoch auch die Vertreter dieser Auffassung zu, daß dessen Verwirklichung „schwierig" ist 4 1 . Sie wollen ihn daher auch nicht auf Fälle rechtlicher oder tatsächlicher Unmöglichkeit anwenden - was selbstverständlich ist - und darüber hinaus auch nicht auf „Fälle der wirtschaftlichen Unmöglichkeit und der Unzumutbarkeit aus sonstigen Gründen", und sie befürworten eine „Abwägung aller Umstände" 42 . Damit bereits droht der Begriff konturlos zu werden. Gewiß mag sich aus dem gesetzlichen Zusatz „möglichst" ergeben, daß nur eine „Annäherung der denkmalpflegerischen an die Nutzungskonzeption" gemeint ist 4 3 - doch gerade hier erheben sich Bedenken: Wie vorstehend ausführlich nachgewiesen, darf eben von einem Nebeneinander dieser beiden Konzeptionen gar nicht ausgegangen werden: Denkmalpflegerische und Nutzungskonzeption bilden eine Einheit. b) Die Problematik der „ursprünglichen Nutzung" liegt aber noch tiefer: Eine solche ist oft nur möglich, um den - meist hohen - Preis von Rekonstruktionen. Die Meinungen über deren Denkmalwürdigkeit gehen jedoch weit auseinander 44, wobei überdies oft nur schwer zu entscheiden ist, was überhaupt als rekonstruierbar angesehen werden kann 4 5 . Selbst wenn aber diese Probleme ausgeräumt und über Wiederherstellungsmaßnahmen die „ursprüngliche Nutzung" wieder ermöglicht werden kann - eine grundsätzliche Schwierigkeit ist damit in sehr vielen Fällen noch nicht überwunden: Was ist denn „die ursprüngliche Nutzung"? Meist sind gerade Bauwerke aus alter Zeit in ganz unterschiedlicher Art, immer wieder anders im Laufe der Zeit genutzt worden. „Die ursprüngliche Nutzung" ist manchmal gar nicht mehr festzustellen, jedenfalls nicht in den Einzelheiten, auf die es dann ja ankommt, häufig lassen sich verschiedene Nutzungszustände konstatieren. So sind Schloß- und auch Klosterräume mit der Zeit, entsprechend den jeweiligen Gewohnheiten, gesellschaftlichen Usancen oder auch Veränderungen der Regeln, einmal in der, sodann in jener Weise genutzt
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Weil ähnliche Beispiele für verschiedene Stufen dort wiederkehren, siehe Eberl/Martin/Petzet, Kommentar, Art. 5 Rn. 3, 4. 39 Eberl/Martin/Petzet, a.a.O., Rn. 1. 40 A.a.O., Rn. 2. 41 Hönes, E.-R., Kommentar, § 1, Rn. 46. 42 Eberl/Martin/Petzet, a.a.O., Rn. 2. 43 A.a.O. 44 Siehe etwa skeptische Äußerungen von Oebbecke, J., DÖV 1989, 605 ff. m. Nachw.; Schmidt, G., BayVBl 1975, 435; Moench, Chr., NVwZ 1988, 306. 45 Siehe dazu etwa OVG Koblenz NVwZ 1988, 374.
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D. Nutzbarkeit und Nutzungspflichten
worden. Dies kann gehen bis zu einigermaßen radikalen Umnutzungen bereits in früheren Epochen, weil eben etwa einstige Schlafsäle eben doch als zu primitiv erschienen und daher als Vorratsräume genutzt wurden. Was aber soll dann „ursprüngliche Nutzung" sein, etwa stets die historisch früheste? Wie ist zu verfahren, wenn der künstlerische Ausstattungszustand verändert wurde, der so oft die Denkmaleigenschaft maßgeblich trägt, soll man dann von den Regotisierungs- in neue noch problematischere Rebarockisierungsdiskussionen verfallen? Es bedarf hier keiner weiteren Belege, die jedem Interessierten und vor allem der denkmalpflegerischen Praxis geläufig sind: Diese darf sich nicht einem historisch-künstlerischen Präferenzdenken verschreiben, das schon bei Museen zu oft schwerwiegenden Fehlentwicklungen, nach den Vorlieben einzelner Direktoren, geführt hat. Anerkannt muß werden, daß in zahlreichen Fällen die „ursprüngliche Nutzung" entweder nicht festzustellen oder nicht oder doch nicht ohne Beurteilungswillkür festzulegen ist. Dann aber kann das in manchen Bereichen ein Orientierungsgesichtspunkt, es kann gewiß kein allgemeiner Leitgedanke zur Nutzbarkeit von Denkmalen sein. Es würde dies den Denkmalbegriff in einer musealen Weise verengen, die nicht einmal - ja oft gerade nicht - die Schöpfer des Denkmals gewollt hätten, die es sogar vielleicht als einen nutzungsoffenen Bau konzipiert hatten, weiter denkend, als manch heutige enge Stirn. Dabei muß man nicht in das gegenteilige Extrem verfallen, jedes Denkmal aus alter Zeit als einen „Mehrzweckebau" anzusehen. Aber dieser Begriff ist sicher auch nicht erst in der Gegenwart entdeckt worden. Jedenfalls sollte aber eine Verengung des Denkmalschutzes auf einen „Leitgedanken ursprünglicher Nutzung" nicht stattfinden. Von vorne herein, und grundsätzlich ohne Priorität, sollten auch andere Nutzbarkeiten in Betracht gezogen werden. Der Versuch, einer wirklichen oder auch nur wahrscheinlichen, vielleicht gar nur angenommenen „ursprünglichen Nutzung" Vorrang einzuräumen, weist eine gewisse Ähnlichkeit mit der subjektiv-historischen Normauslegung auf - auch hier geht es ja letztlich um das Verständnis der normativen Begriffe „Denkmal" und „Nutzung", um ihre „Interpretation". Die subjektive Auslegung hat jedoch bei Norminterpretation schon lange einer objektiven Platz machen müssen, die auf heutiges Verständnis und gegenwärtige Bedürfnisse abstellt 46 . Das spricht immerhin dafür, eine Nutzbarkeit zugrunde zu legen, die zwar möglicherweise schon „ursprünglich" objekt-immanent grundgelegt war, sodann jedoch, nicht zuletzt nach Grundsätzen des 46 Wank, R., Die Auslegung von Gesetzen, 1997, S. 13 ff.; Leisner, A., Objektive Interpretation - eine Gefahr für die Gewaltenteilung?, in: Demel, M. u.a. (Hg.) Funktionen und Kontakte der Gewalten, 2000, S. 33 ff.; zur Methodik der Verfassungsauslegung siehe Karpen, U., Auslegung und Anwendung des GG, 1987, insbes. S. 41 ff., 51 ff., zum Verfassungswandel durch Auslegung S. 107 ff.
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Bestandsschutzes, in die Gegenwart hinein und damit „objektivierend" fortgeschrieben werden sollte.
3. Gleiche und gleichwertige Nutzung Auf der folgenden Stufe soll, nach Art. 5 BayDSchG, wenn die ursprüngliche Nutzung nicht sicherzustellen ist, eine dieser gleiche oder gleichwertige Nutzung angestrebt werden. Auch dies bleibt dann im Rahmen der Versuche einer „Revitalisierung" oder „Reanimation" 47 des Denkmals, sollte dieses zwischenzeitlich ungenutzt geblieben oder später erst rekonstruiert worden sein. a) Derartigen Zielsetzungen stehen zunächst bereits Bedenken entgegen, welche sich zur „ursprünglichen Nutzung" ergeben haben (oben 2.). Immerhin setzt ja die Feststellung einer dieser „gleichen" oder „gleichwertigen" Nutzung voraus, daß sich die ursprüngliche Nutzung überhaupt zweifelsfrei ermitteln läßt; dies aber ist eben in vielen Fällen nicht möglich. Dann führt auch die nächste Beurteilungsstufe nicht weiter. b) Die zu dieser Gleichheit oder Gleichwertigkeit - übrigens ohne Unterscheidung dieser Begriffe - angeführten Beispiele 48 zeigen deutlich die Problematik der Begrifflichkeit. Es läßt sich doch kaum vertreten, die Nutzung eines Schlosses als Altenheim als ein solche anzusehen, welche der durch einen Serenissimus „gleich" oder gar „gleichwertig" sei. Das selbe gilt für eine „Gemeindeverwaltung im Kloster", „Jugendherberge in einer Festung". Hier wird der Gleichwertigkeitsbegriff überdehnt, wenn nicht vergewaltigt, und dies gerade im Namen einer historisierenden Betrachtung, bei der diese Nutzungen mit der früheren geschichtlich gesehen gerade nichts zu tun haben. Hier zeigt sich, daß bei Bestimmung der Nutzbarkeit nicht auf historische Zielsetzungen, sondern auf objektimmanente Geeignetheit abzuheben ist. Klöster wie Schlösser sind eben zur Unterbringung von Menschen als solche durchaus geeignet und daher insoweit nutzbar. Warum dies für Ältere mehr als für Jüngere, für Zahlende anders als für Unterstützte gelten soll, wird sich in den meisten Fällen kaum überzeugend begründen lassen. Und weshalb schließlich im Wohntrakt eines Schlosses eher ein Universitätsinstitut als - eben Wohnungen unterbracht werden sollten, ist nicht einsichtig.
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Zu diesen nicht unproblematischen Begriffen - immerhin decken sie nur jene Fälle ab, in denen die urprüngliche Nutzung unterbrochen war - vgl. Eberl/Martin/ Petzet, Kommentar Art. 5, Rn. 1; Dörffeldt/Viebrock, Kommentar § 13 Nr. 1. 48 Bei Eberl/Martin/Petzet, a.a.O., Rn. 3.
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c) Vollends problematisch ist schon an sich der Begriff der „Gleichwertigkeit". Ihre Bestimmung setzt ein Werturteil voraus, das auf einer Beurteilung der Vergleichsnutzung beruht. Sollte dies aus „rein denkmalschützerischen" Überlegungen erwachsen, was dem Gesetzgeber wohl vorschwebte, so ist beispielsweise nicht einzusehen, weshalb eine „Forschungseinrichtung im Schloß" der historischen Botschaft des Gebäudes näherkommen sollte als eine andere Nutzung, die ebensowenig verändert. Es ist aber keineswegs bewiesen, daß die „Wertigkeit" des Bauwerks allein museal-konservierend zu beurteilen ist. Dem wurde hier die These von der - im wesentlichen architektonisch bestimmten - Nutzbarkeit gegenübergestellt. d) Letztlich sind „gleiche" oder „gleichwertige" Nutzungen meist nur Alibi-Begriffe für Nutzungsänderungen zur Rettung eines Baudenkmals 49 . Darin wird offenbar, daß es sich hier gar nicht um eine Prüfungs-Vorstufe zur „erhaltenden Nutzung" (im folgenden 4) handelt, sondern bereits um eine Vorwegnahme dieses Kriteriums.
4. Die substanzerhaltende als stets anzustrebende Nutzung; die „Denkmalbotschaft" a) Ein wichtiger Grundsatz der Denkmalpflege ist die möglichst weitgehende Erhaltung der historischen Substanz, vor allem bei Bauwerken und deren Innenausstattung50, wobei letzteres mit dem Zustand der Bausubstanz meist untrennbar verbunden ist: „Konservieren - nicht (jedenfalls aber vor) Restaurieren". Wie unter II. bereits dargelegt, hängt jedoch die Substanzerhaltung weitestgehend davon ab, daß das Objekt noch in irgendeiner Weise genutzt wird - zumindest in musealer Form für (belehrende) Betrachtung 51 . Deshalb wird auch zutreffend als eine der Nutzungspflichten die „Wahl einer Nutzung in Art. 5 BayDSchG aufgeführt, die eine möglichst weitgehende Erhaltung der Substanz auf Dauer gewährleistet". Unabhängig von (ausdrücklichen) Formulierungen läßt sich dieser Gedanke auch auf die anderen Denkmalschutzgesetze der Länder sinngemäß übertragen 52 . Substanzerhaltende Nutzung ist nicht nur ein „fachliches", sondern ein Rechtsprinzip der gesamten Denkmalpflege. Denn daß ungenutzte Baulichkeiten verfallen, Fehlnutzung ebenfalls häufig einen Grund der Beeinträchtigung, ja 49
Eberl/Martin/Petzet, a.a.O. geben denn auch diese letztere Zielsetzung ausdrücklich zu für einen ihrer Beispielfälle (Einbau von Eigentumswohnungen in ein Schloß). 50 Kleeberg/Eberl, Hdb Rn. 114. 51 Weshalb dies denn auch mit Recht der Substanzerhaltung zugeordnet wird, siehe Eberl/Martin/Petzet, Kommentar Art. 5, Rn. 4. 52 Ausdrücklich angesprochen m. Beisp. bei Strobel/Majocco/Birn, Kommentar, § 6, Rn. 3; Dörffeldt/Viebrock, Kommentar, § 13, Nr. 2.
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der Zerstörung von Schutzobjekten darstellt, entspricht allgemein bekannter Lebenserfahrung. b) Unter „Substanz" kann hier nur verstanden werden: alle Elemente und deren Zusammenhang - die nötig sind, um die „Denkmalbotschaft" der Nachwelt auf Dauer zu übermitteln. A l l das gehört also zur Substanz, was die Denkmalmerkmale (oben C. III.) erfüllt, die Denkmalwürdigkeit konstituiert; und über das weitere Kriterium des öffentlichen Erhaltungsinteresses (oben C. IV.) wird die Substanz erst recht zum entscheidenden Element des Begriffsinhalts des „Denkmals". Nur aus dem gesetzlich festgelegten Begriff des Denkmals ergibt sich also, was im Einzelfall erhaltenswerte Substanz eines Denkmals ist, nicht aus irgendwelchen dieses nutzenden Verhaltensweisen oder Möglichkeiten von Verfügungsberechtigten über das Objekt. Wenn es überhaupt einen objektimmanenten Begriff im Recht gibt, so ist es der der „Substanz". c) Ebenso eindeutig ergibt sich daraus die Folgerung, daß Substanzerhaltung von Denkmalen nicht irgendeine, sondern die Grundaufgabe des gesamten Denkmalschutzes sein muß. Was ihr nicht dient, und sei es auch im Sinne der Komplettierung des Denkmals, kann nicht Gegenstand denkmalschützerischer Maßnahmen sein. Daher wurde bereits oben (1.) darauf hingewiesen, daß Substanzerhaltung auf Dauer nicht etwa 5 3 irgendeine, und zwar sogar nachrangige, wenn nicht gar subsidiäre, Nutzungsform darstellt. Vielmehr ist dies eine vorrangige Nutzungsform, aus der Sicht konservierenden Denkmalschutzes die einzig gebotene. Abwegig wäre es, ihr Nutzungsformen vorzuziehen, welche zwar die ursprüngliche Nutzung für einige Zeit fortsetzten, Substanzerhaltung auf Dauer aber nicht gewährleisteten und damit zum Ende der Nutzung führten. d) So sicher Substanzerhaltung auf Dauer zentraler Inhalt des Denkmalbegriffs ist, so wenig darf dieser auf reines Konservieren historisch zufälliger Nutzungsformen verengt werden. Gerade hier muß vielmehr der Begriff der objektimmanenten Nutzbarkeit zum Tragen kommen. Er ist vom baulich-architektonischen Wesen des Gebäudes her zu bestimmen - etwa der Nutzung für Kulthandlungen, wie bei Sakralbauten, die von vorne herein den Einbau von Wohnungen ausschließt, wenn die Kirche nicht profaniert wird - oder dem einer bestimmten Deckendekoration, die es aber keineswegs hindert, daß ein Saal heute zu Vörtragsveranstaltungen, nicht mehr für elegante Bälle genutzt wird. „Denkmalbotschaft" ist dann eben der „schöne Raum", sie wird auch dann vermittelt, wenn sich in ihm anderes abspielt als früher. Auf die inhaltliche Nähe der Nutzungsformen kann es nicht ankommen, solange die Denkmaleigenschaft bestehen bleibt 5 4 . 53
Wie es die bayerische Regelung in Art. 5 DSG nahelegt und deren Kommentierung es offenbar billigt {Eberl/Martin/Petzet, Kommentar, Art. 5, Rn. 4).
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e) Der untrennbare, notwendige Zusammenhang der Substanzerhaltung und damit der objektimmanenten Nutzung mit dem Denkmalbegriff bestätigt die Grundthese dieser Untersuchung: Nutzbarkeit kommt aus der Substanz des Gegenstandes; alles was sie erhält, ihrer im Objekt selbst verkörperten, architektonisch-künstlerischen Botschaft entspricht, muß im Einzelfall bereits bei der Festlegung der Denkmalwürdigkeit zugrunde gelegt werden, aus dem Denkmalbegriff heraus, nicht nach irgendwie abzuwägenden Eigentümerinteressen (dazu im folgenden näher E.). Von vorne herein ist daher die Nutzbarkeit festzustellen und auf die Denkmalbotschaft zu beziehen. Dabei werden gewisse Nutzungsmöglichkeiten wegfallen, weil sie mit der klaren Denkmalbotschaft unvereinbar sind, deren Ermittlung beeinträchtigen. Andere fallen deshalb aus, weil sie die Substanz schädigen oder gar zerstören, damit aber die „Denkmalmöglichkeit" als solche auf Dauer ausschließen, die Grundlage aller Denkmalschutzüberlegungen aufheben. Es bleibt jedoch in den meisten Fällen ein weiter Raum realisierbarer Nutzbarkeit, von der schon deshalb unbedingt, und zwar aus dem Begriff des Denkmalschutzes heraus, Gebrauch zu machen ist, weil sonst das Denkmal untergeht im Namen der Denkmalpflege. f) Diese grundsätzlichen Erkenntnisse führen zu einer wichtigen Folgerung, die in vielen Fällen entscheidend sein wird - für die Verfügungsberechtigten wie für das Denkmal: Auf Substanzerhaltung, welche die Botschaft des Denkmals bewahrt - denn das allein kann Sinn des Schutzes sein - ist zu sehen, auf sie allein. Auszuklammern sind in der Praxis nur allzu oft angestellte kritische Überlegungen über die Vergleichbarkeit ursprünglicher oder früherer Nutzung mit heute beabsichtigter. Sie haben ihren Platz dort - aber auch nur dort - wo die neue Nutzung die Denkmalbotschaft als solche verfälscht; dann aber kann solche Nutzung auch nicht mehr als objektimmanent vorgezeichnet angesehen werden. Wer überlegt, ob ein Bauwerk nicht „besser abgerissen werden soll", damit dort anderes gebaut und mehr Profit erzielt werde, leugnet den begrifflichen Ausgangspunkt des Denkmalschutzes überhaupt und bewegt sich außerhalb von ihm und seinen begrifflichen Nutzungsüberlegungen. g) Für die praktisch bedeutsamen Nutzungsfragen führt dies im Ergebnis in vielen Fällen zu einer liberalen, in „überwirkendem Bestandsschutz" gegenwartsgerechte Nutzungen erlaubenden Handhabung, und damit zur Erhaltung des Denkmals und seiner Botschaft. Grundsatz wird häufig sein müssen: Auch weitgehender Umbau - nur damit kein Abriß erfolge. In der Praxis wird dem bereits weitgehend entsprochen 55 . Insbesondere sollte eine 54
Der Extremfall „Pornoladen in Kapelle" {Eberl/Martin/Petzet, a. a. O.) wird dadurch schon deshalb nicht gedeckt, weil hier gerade die religiöse, jedenfalls kulturell geprägte Botschaft völlig verfälscht würde.
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eher noch großzügigere Handhabung angesagt sein, etwa bei großen landwirtschaftlichen oder gewerblichen Vorratsgebäuden, die selbst gewisse Veränderungen zuläßt, welche die Identität des Gebäudes berühren mögen 5 6 . Denn die Denkmalbotschaft wird hier ja vor allem durch ein äußeres, oft nur aus der Ferne wirkendes Erscheinungsbild vermittelt; Substanzerhaltung hat wenig mit Einzelheiten der Baugestaltung zu tun. Andererseits ist es nach der hier vertretenen Auffassung allgemein zulässig - wenn auch vielleicht in einem Einzelfall problematisch - gewerbliche Betriebe in ein Kloster einzubauen, wenn dieses sonst nicht erhalten werden kann. Selbst ein Festsaal mag unter diesen Umständen in eine solche Nutzung einbezogen werden, wenn dies die Betrachtungswirkung nicht entscheidend stört 57 . Allgemein könnte man sogar einen gewissen „Vorrang von Architektonismen gegenüber Historismen" befürworten. Dabei muß allerdings rein profitgesteuerter Nutzung entschieden widerstanden werden. Dies aber ist im Ergebnis oft leichter möglich, wenn die koordinierende Beurteilung bereits innerhalb des Denkmalbegriffs stattfindet, als wenn dessen rein historisierend-konservierende Sinnerfüllung einem Zusammenstoß mit von potenten Eigentümern vorgetragenen konkreten Nutzungsinteressen der Gegenwart ausgesetzt wird, welche, etwa unter dem Gesichtspunkt der Schaffung von Arbeitsplätzen, im Bewußtsein der Allgemeinheit hohe Priorität genießen. Zusammenfassend läßt sich zu den Nutzungspflichten feststellen: Hier wird der Nutzungsbegriff in den Regelungen des geltenden Rechts angesprochen und übrigens deutlich bereits dem Denkmalbegriff zugeordnet, insbesondere über das Ziel der Substanzerhaltung. Bedauerlich bleibt, daß dies nur systematisch wenig befriedigend und punktuell erfolgt. Die vorliegende Untersuchung sollte dazu beitragen, diese gesetzlichen Regelungen praktisch wirksam werden zu lassen: nicht so sehr in der Statuierung harter Verpflichtungen gegenüber den Verfügungsberechtigten, als vielmehr bereits in einer Beurteilung der allgemeinen Nutzbarkeit im Rahmen der Denkmalwürdigkeit, welche der Entscheidung über konkrete Eigentümeranträge vorhergeht und diese häufig von vorne herein gestattet. Vor allem aber sollte vertiefte Beschäftigung mit den Nutzungspflichten die grundsätzlich-begriffliche Bedeutung der Nutzbarkeit für das Recht des Denkmalschutzes schärfen.
55 56 57
Wie die Beispiele bei Eberl/Martin/Petzet, a.a.O., Rn. 4 zeigen. Eberl/Martin/Petzet, a.a.O. Zurückhaltend Eberl/Martin/Petzet, a. a. O.
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D. Nutzbarkeit und Nutzungspflichten
VI. Die Hamburger Lösung: Vertragliche Einigung über Nutzungen 1. Die Vertragsregelung und ihre Vorteile a) In Hamburg ist eine ausdrückliche Regelung von Nutzungspflichten im Denkmalschutzgesetz nicht enthalten. In dessen Abschnitt I I I „Schutzvorschriften für in die Denkmalliste eingetragene Denkmäler" finden sich jedoch, unter der Überschrift „Denkmalgerechte Erhaltung und Verwendung der Denkmäler" folgende Bestimmungen: (Abs. 1) „Die Verfügungsberechtigten sind verpflichtet, das Denkmal in einem denkmalgerechten Zustand zu erhalten." (Abs. 2) „Über Maßnahmen, die der Erhaltung, der Erneuerung oder einer der Eigenart des Denkmals entsprechenden neuen Verwendung dienen, können sich die Verfügungsberechtigten und die Freie und Hansestadt Hamburg durch öffentlichen Vertrag einigen. Diese Vorschrift gilt nicht für vorübergehende bauliche Maßnahmen im Rahmen von Veranstaltungen." Damit ist die (Um-)Nutzungsproblematik vollinhaltlich der autonomen Vertragsgestaltung der Verfügungsberechtigten und der Trägerin des Denkmalschutzes überantwortet. Letztere kann eine bestimmte Nutzung nicht erzwingen; sie vermag jedoch, aufgrund des gesetzlichen „Genehmigungsvorbehalts für Veränderungen von unbeweglichen Denkmälern, Gebäudegruppen und Gesamtanlagen" (§ 8), oder der Schutzbestimmung für „bewegliche Denkmäler" (§ 10), eine Lage zu schaffen, in welcher dem Verfügungsberechtigten, der eine bestimmte (neue) Nutzung anstrebt, praktisch nur die Alternative einer Vertragsverhandlung nach § 14 Abs. 2 bleibt. b) Man mag darin insoweit eine gewisse Schwäche des Denkmalschutzes sehen, der die Erhaltung eines Schutzobjekts durch sachgerechte Nutzung dann nicht erzwingen kann, wenn der Verfügungsberechtigte das Denkmal verfallen lassen will. Dieses Defizit darf jedoch nicht überschätzt werden. Bau- und Erhaltungsgebote spielen praktisch meist nur eine geringe Rolle, weil ihre Verwirklichung gegen den Willen der Verfügungsberechtigten an zahlreiche, häufig nur schwer zu erfüllende Voraussetzungen geknüpft ist 5 8 . Zu diesen gehört übrigens vor allem wiederum der Nachweis, daß „der Versuch, das städtebauliche Ziel im Wege wechselseitiger Kooperation zu erreichen" 5 9 , bereits gescheitert ist. Der Weg über die vertragliche Einigung, wie sie § 14 Abs. 2 des Hamburger Denkmalschutzgesetzes vorsieht, ist auch hier vorgezeichnet. Zum anderen ist nicht zu verkennen, daß grundsätzlich einem Eigentümer eben das Recht zusteht, seinen Eigentumsgegen58 59
Aufgelistet etwa bei Brohm, W., Öffentliches Baurecht, 1997, § 26, Rn. 5. Siehe dazu § 175 Abs. 1 BauGB.
VI. Die Hamburger Lösung
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stand untergehen zu lassen, ja diesen sogar zu vernichten, soweit er damit nicht Rechte anderer verletzt oder das Gesetz solches nicht ausdrücklich verbietet. Insoweit läßt sich in der Hamburger Regelung allenfalls der Ausdruck eines grundsätzlich nicht zu beanstandenden Eigentumsliberalismus sehen. Der Eigentümer kann sein Eigentum eben auch - ungenutzt - verfallen lassen. c) In aller Regel wird es jedoch zu den in § 14 Abs. 2 vorgesehenen Einigungsversuchen kommen. Praktisch stellt dies eine voll sachangepaßte Lösung dar; auf diesem Weg lassen sich gerade Anliegen des Denkmalschutzes am effizientesten verwirklichen, weil langwierige Rechtsstreitigkeiten unter Einschaltung von Gerichtsinstanzen vermieden werden. Derselbe Weg ist im Baurecht neuerdings überaus erfolgreich beschritten worden. Gerade im Rahmen jener Stadtentwicklung und -Sanierung, die, wie bereits dargelegt, so enge Verbindungen zum Denkmalschutz aufweist, wurde in § 11 BauGB nun endgültig die Möglichkeit des Abschlusses städtebaulicher Verträger verankert, in denen vor allem auch Nutzungsfragen geregelt werden können 60 . Diese öffentlich-rechtlichen Verträge treten damit an die Stelle von Regelungen durch Verwaltungsakt, und eben dies entspricht einer bereits längeren Grundtendenz im Allgemeinen Verwaltungsrecht 61 : An die Stelle des oft so schwer durchzusetzenden einseitig-hoheitlichen Gebots soll eine Einigung treten, die meist auch inhaltlich sachgerechter ist, eben weil sie Interessenlage, Informationen und Sachverstand auch der Betroffenen einbezieht. Die Hamburger Regelung eröffnet daher sinnvolle Möglichkeiten eines Vertrags-Denkmalschutzes, der damit neben den bereits in vielfachen Formen bewährten Vertrags-Naturschutz tritt 6 2 . d) Gute Gründe sprechen dafür, daß in § 14 Abs. 2 des Hamburger Gesetzes nur ausdrücklich - und frühzeitig - angesprochen wurde, was seit 1977 auch in den anderen Ländern gilt. Zutreffend wird nämlich darauf hingewiesen 63 , daß aufgrund von § 54 VwVfG überall entsprechende öffentlich-rechtliche Verträge geschlossen werden können. Sie treten dann an die Stelle der (vorstehend I. bis V.) dargestellten Nutzungsverpflichtungen durch Verwaltungsakt. Allerdings sind in jedem Land die jeweiligen speziellen Regelungen über diese Verpflichtungen zu beachten, in Bayern etwa die nach Art. 5 DSchG. Die Hamburger Regelung bietet demgegenüber den 60 Dazu zusammenfassend Lahnor, U., Städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB, Diss. Erlangen, 1998; siehe auch Leisner, W., NVwZ 1993, 935 ff. 61 Siehe zu dieser Entwicklung im Recht der öffentlich-rechtlichen Verträge für viele Maurer, H., Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2000, § 14 Rn. 1. 62 Zur engen Verbindung beider Bereiche, schon über die „Situationsgebundenheit", vgl. BGH NJW 1979, 211; dazu auch Moench, Chr., NJW 1980, 1548 ff. 63 Von Kleeberg/Eberl, Hdb., Rn. 100.
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D. Nutzbarkeit und Nutzungspflichten
Vorteil, daß sie die Vertragsparteien nicht in derartige, wie dargestellt nicht immer unproblematische, gesetzliche Korsette einzwängt. Für die allgemeine Vertragsschlußmöglichkeit über Denkmalnutzung in allen Ländern spricht übrigens auch die Tatsache, daß regelmäßig gesetzliche Nutzungsregelungen in Form von Soll-Bestimmungen gefaßt sind, aufgrund deren auf solche Nutzungen „hinzuwirken" ist 6 4 . Dies zeigt gerade jene Flexibilität, der am besten, wenn nicht ausschließlich, über vertragliche Einigung entsprochen werden kann.
2. Die Hamburger Nutzungsvereinbarungen als Beleg für einen nutzungsorientierten Denkmalbegriff Die Formulierungen des § 14 Abs. 2 des Hamburger DSchG zeigen deutlich, daß dort von einem Denkmalbegriff ausgegangen wird, der an sich bereits objektimmanente Nutzung einbezieht, ihr schon denkmalbegrifflich Rechnung trägt. a) Ausdrücklich ist dort nicht nur „Erhaltung und Erneuerung" als möglicher Vertragsgegenstand vorgesehen, sondern auch „eine der Eigenart des Denkmals entsprechende neue Verwendung". Eben dies entspricht der hier vertretenen These: Zur „Eigenart eines Denkmals" gehört eben auch, wenn nicht in erster Linie, seine Nutzbarkeit, nach seiner baulichen Beschaffenheit allgemein, nicht nur nach einer, oft gar nicht mehr feststellbaren, tatsächlichen früheren Nutzung. Diese „Eigenart eines Denkmals" kann nicht, hinsichtlich der für sie so wichtigen Nutzbarkeit, ausschließlich geprägt sein durch irgendwelche, vielleicht kontingente und vorübergehende Nutzungsabsichten irgendeines zufällig Verfügungsbefugten. Vielmehr spricht die Hamburger Formulierung den Einigungsgegenstand von Behörde und Berechtigten in sachgerechter Weise an: Er wird dargestellt durch - vertraglich kombinierte Verbindung von Nutzbarkeiten, welche der „Eigenart des Denkmals" an sich entsprechen, ohne Blick auf den Berechtigten; sie werden durch die Vertreter der Hansestadt gewichtet und in die Verhandlungen eingebracht, - und die durch die Verfügungsberechtigten konkret verfolgten und ebenfalls in die Einigungsgespräche einzubringenden Nutzungsbelange. Im Vertrag findet damit auch eine Kombination dieser Nutzungsbelange statt, welche im folgenden (E.) noch im Rahmen der denkmalrechtlichen Zumutbarkeit näher darzustellen ist. Eine solche Vereinbarung ist möglich, weil auf beiden Seiten einigungsfähige, wesentlich gleichartige - eben jeweils Nutzungsbelange stehen. Stünden sich dort nur „künstlerisch-ge64
Dazu etwa Dörffeldt/Viebrock,
Kommentar § 13 Nr. 2.
VI. Die Hamburger Lösung
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schichtliche Bedeutung" und „Nutzung" hart gegenüber, so wäre schon eine Einigungsmöglichkeit an sich problematisch. b) Die vertragliche Einigung soll jenen „denkmalgerechten Zustand" herstellen, von dem in § 14 Abs. 1 die Rede ist. Er kann nicht, was die Nutzungen anbelangt, nur durch Interessen der Verfügungsberechtigten bestimmt werden; diese können ihn allenfalls, eben in vertraglicher Konkretisierung, noch näher entfalten. Dies erfolgt dann mit Blick auf einen bestimmten Eigentümer-Antrag. Ist er (noch) mit der Eigenart des Denkmals kompatibel, beeinträchtigt er also den „denkmalgerechten Zustand" nicht, der auch durch objektimmanente Nutzbarkeit bestimmt wird, so kann ihm vertraglich stattgegeben werden; und weil es dabei um Einzelheiten der Abstimmung von Nutzbarkeit aus der Sicht der Hansestadt und des Eigentümers geht, wie sie kein Gesetz erschöpfend regeln könnte, ist der Vertrag das optimale Instrument, nicht der Richterspruch. Bestätigt wird dies noch durch die Regelung in § 11 Abs. 1 und 2 des Hamburger Gesetzes. Dort heißt es: (Abs. 1) „Die ... Genehmigung darf nur versagt werden, wenn ihr Gründe des Denkmalschutzes entgegen stehen." (Abs. 2) „Eine Genehmigung kann insbesondere an die Bedingung geknüpft werden, daß die Ausführung nur nach einem von der zuständigen Behörde gebilligten Plan oder unter Leitung eines von ihr bestimmten Sachverständigen erfolgt." Plan und sachverständige Leitung können nun aber mit Sicherheit nicht völlig außerhalb von bereits denkmalimmanent zu bestimmenden Nutzbarkeit aufgestellt und wirksam werden. Lägen Feststellung und Bewertung der Nutzbarkeit allein in der Sphäre des Verfügungsberechtigten, so wäre schwer nachvollziehbar, warum und vor allem wie ein behördlich bestimmter Sachverständiger die Veränderungsarbeiten leiten sollte oder auch nur könnte; dies müßte dann in ständiger Abstimmung mit dem allein die Nutzbarkeit bestimmenden Verfügungsberechtigten erfolgen. Ist aber Nutzbarkeit auch ein denkmalimmanenter Beurteilungsrahmen, so ist es durchaus sachgerecht, die Einpassung der Eigetümer-Nutzungsbelange in diesen einem Sachverständigen anzuvertrauen. Zusammenfassend ist daher aus Sicht der Hamburger Regelung festzustellen: Hier wird, schon sehr früh, in sachgerechter Weise die Nutzungsfrage angesprochen und ohne staatlichen Zwang, ganz allgemein, zielführend einer vertraglichen Lösung zugeführt. Dies kann nur sinnvoll erfolgen, wenn der hier ausdrücklich angesprochene „denkmalgerechte Zustand" unter Einbeziehung der „der Eigenart des Denkmals entsprechenden Verwendung" in denkmalimmanenter Nutzbarkeitsbeurteilung hergestellt wird.
E. Denkmalnutzung und „Zumutbarkeit" für den Berechtigten I. Die Ausgangsfrage: Zumutbarkeit einzige (äußere) Schranke des Denkmalschutzes? 1. Zumutbarkeit als „äußere Schranke" Die bisherige Untersuchung hat erwiesen, daß die objektimmanente „Nutzbarkeit eines möglichen Schutzgegenstandes", etwa zu Wohn-, Heil-, gewerblichen oder kirchlichen Zwecken, bereits auf der „ersten Stufe des Denkmalschutzes" geprüft werden muß, bei der Festlegung der Denkmaleigenschaft. Daraus mag sich dann ergeben, daß gewisse (Um-)Nutzungen einem Denkmalschutz nicht entgegenstehen, der nicht auf die museale Konservierung irgendwelcher früherer Nutzungsformen festgelegt werden darf. Vielmehr müssen auch, nach den allgemeinen Grundsätzen überwirkenden Bestandsschutzes, gegenwartsnah neue Nutzungsmöglichkeiten einbezogen werden. Dies verlangt nun eine gewisse Korrektur bisher weit verbreiteter Vorstellungen: Nach ihnen findet der staatliche Ordnungszugriff auf Objektnutzung seine Grenze nicht bereits im Denkmalbegriff, sondern erst in einer Unzumutbarkeit, welche der Verfügungsberechtigte dem Denkmalschutz gegebenenfalls entgegenhält, wenn dessen Instanzen Instandsetzungs- oder Erhaltungsverpflichtungen 1, Abriß- oder Veränderungssperren durchsetzen wollen 2 . Erst in diesem systematischen Zusammenhang wird denn auch im Schrifttum in der Regel die Zumutbarkeit behandelt3, werden in der Praxis über die Zumutbarkeitsprüfung „Grenzen des Denkmalschutzes" ermittelt. Die Zumutbarkeit erscheint darin mithin als etwas wie eine „äußere Schranke des Denkmalschutzes", welche den Maßnahmen der Staatsgewalt aus den Rechten anderer Rechtsträger heraus entgegengesetzt wird. In der allgemein anerkannten Terminologie des Ermessens 4 gesprochen: Die Un1
Vgl. etwa Moench, Chr., NJW 1983, 2002. Dazu u.a. Moench, Chr., NJW 1980, 1547; Bartlsperger, R., DVB1 1981, 291. 3 Z.B. bei Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 119 ff. 4 Der Begriff des Ermessens spielt denn auch gerade bei den eben erwähnten Denkmalschutzmaßnahmen eine wichtige Rolle (vgl. etwa Maunz, Th., BayVBl 1983, 259; Moench, Chr., NJW 1983, 2002; ders., NVwZ 1988, 310), wobei im vor2
I. Die Ausgangsfrage: Zumutbarkeit
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zumutbarkeit einer denkmalschützenden Maßnahme für den davon Betroffenen ist etwas wie eine „äußere Ermessensschranke", neben der andere, „innere", aus der Begrifflichkeit des Denkmalschutzes, seinem Sinn und Zweck, nicht anerkannt werden. Aus der Sicht der bisherigen Ergebnisse ist dies korrekturbedürftig.
2. Zumutbarkeitsprüfung allein zuwenig oder zuviel Berechtigtenschutz Um die Grundthese des folgenden Hauptteils voranzustellen: Werden die Grenzen des Denkmalschutzes nur „von außen" aus der (Un-)Zumutbarkeit seiner Maßnahmen für (potentiell) von ihm Betroffene bestimmt, so droht ein bisher kaum bemerktes, aber fatales Dilemma: - Entweder der Begriff der Unzumutbarkeit wird eng bestimmt: dann erwartet den Betroffenen möglicherweise eine Lage, in welcher er gegen Maßnahmen des Denkmalschutzes nur ungenügende Sicherung findet, seine (Grund-)Rechte werden beeinträchtigt. Dasselbe kann eintreten, wenn Unzumutbarkeit zwar festgestellt, der Berechtigte aber auf staatliche Hilfe verwiesen wird, für welche jedoch Haushaltsmittel nicht vorhanden sind. - Oder es wird der Unzumutbarkeitsbegriff ausgedehnt: dann könnte dies zu einer Einschränkung des Denkmalschutzes führen, der eher den Verfall von Monumenten in Kauf nimmt, als sich schwer absehbaren Entschädigungsforderungen auszusetzen oder mit staatlichen Zuschüssen zu rechnen, für welche jedoch die Mittelbereitstellung zweifelhaft, jedenfalls nicht voll gesichelt ist. Wird dagegen die objektimmanente Nutzbarkeit schon in den Denkmalbegriff einbezogen, so kann die Denkmaleigenschaft unbefangen bereits vorab geprüft und gegebenenfalls auch ohne Übersteigerung konservierender Musealität bestimmt werden. Damit können im Ergebnis zahlreiche Objekte eben doch noch in ihrem sicherungswerten Kern geschützt werden, welche bei hart nutzungsblind bestimmter Musealität „erhalten" würden aber vom Verfall bedroht wären. Rechtlich bedeutet dies - und darin zeigt sich nun der zentrale Prüfungsgesichtspunkt für die folgende Untersuchung: (Un-)Zumutbarkeit ist, im Sinne wohlverstandener Zweistufigkeit des Denkmalschutzes, ein weiteres Prüfungskriterium der Zulässigkeit von Verwaltungsmaßnahmen, das erst eingesetzt wird, wenn diese nicht schon objektbezogen, „nutzungsoffen"
liegenden Zusammenhang nicht zu vertiefen ist, ob ein Ermessenspielraum gegeben ist und wieweit er reicht. 8 Leisner
114
E. Denkmalnutzung und „Zumutbarkeit" für den Berechtigten
festgelegt worden sind. In diesem Sinn ist dann (Un-)Zumutbarkeit eine letzte, nicht die einzige Schranke denkmalschützender Veranstaltungen.
II. Die (Un-)Zumutbarkeit im Recht des Denkmalschutzes Allgemeines 1. Die herrschende Lehre: Unzumutbarkeit als Schranke des Denkmalschutzes a) Nach der Rechtsprechung sind Maßnahmen des Denkmalschutzes, insbesondere die Anordnung von Erhaltungs-, Instandsetzungs- und Nutzungsmaßnahmen, grundsätzlich nur dann rechtmäßig, wenn sie den durch sie Betroffenen, den Eigentümern sowie sonstigen Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten, zumutbar sind 5 . Anordnungen, welche zu unzumutbaren Leistungen verpflichten, sind rechtswidrig 6 . Das Schrifttum folgt dem 7 , wenn auch in der Regel ohne weitere Vertiefung. Die meisten Gesetze der Lände begrenzen die Verpflichtungen der Betroffenen im Denkmalschutz ausdrücklich durch eine Zumutbarkeitsklausel. Dies gilt allerdings nicht für Sachsen und Sachsen-Anhalt, und es galt auch, nach einem OVG-Urteil, nicht allgemein in Rheinland-Pfalz 8 ; für dessen Denkmalschutzgesetz ist allerdings die Geltung des Prinzips durch das Bundesverfassungsgericht neuerdings bestätigt worden 9 . b) Das Zumutbarkeitsprinzip ist ein allgemeiner Verfassungsgrundsatz. Es findet seine Verankerung in der Rechtsstaatlichkeit 10 oder, nach einer neueren, im Vordringen befindlichen Auffassung, in den Grundrechten 11 , aus denen es im Wege der Rechtsanalogie gewonnen wird. Der Grundsatz dürfte daher sogar von der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG umfaßt sein. Nach allgemein anerkannter Grundrechtsdogmatik handelt es sich um 5 BVerfG E 100, 226; BGH NJW 1979, 211; siehe i. übr. f. viele VGH München BayVBl 1990, 208. 6 F. viele VGH München BayVBl 1987, 368. 7 Z.B. Moench, Chr., NVwZ 1988, 309; Kleeberg/Eberl, Hdb., Rn. 119 ff.; vgl. ferner Körner, R., Denkmalschutz, S. 32 f., 163 ff.; Lülsdorf, W., Eigentumsrelevante Maßnahmen, S. 74 ff.; Melchinger, H., Eigentumsdogmatik, S. 247 ff.; Müller, Martin, Baudenkmalschutz, S. 117 ff. 8 OVG Koblenz DÖV 1985, 923. 9 BVerfG E 100, 226. 10 Zum herkömmlichen Rechtstaats Verständnis siehe Karpen, U., Auslegung und Anwendung des GG, 1987, S. 54 ff.; ders. Der Rechtsstaat des GG, 1992, S. 19 ff., 39 ff.; zu den rechtsstaatlichen Prinzipien ders. Der Rechtsstaat des GG, S. 98 ff. 11 So etwa Kunig, Ph., Das Rechtsstaatsprinzip, S. 10 ff. und passim.; allg. zum Bedeutungswandel der Grundrechte Karpen, U., Auslegung und Anwendung des GG, S. 105 ff.
II. Die (Un-)Zumutbarkeit im Recht des Denkmalschutzes
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die letzte Stufe jenes allgemeinen Prüfungsschemas, nach dem alle staatlichen hoheitlichen Veranstaltungen auf ihre Zulässigkeit zu untersuchen sind: Nach Untersuchung von Bestimmtheit, Geeignetheit und Erforderlichkeit schließt sich als Letzte die Zumutbarkeitsprüfung an, wobei die Belange des eingreifenden Staates gegenüber denen der betroffenen Bürger abzuwägen sind (dazu näher i. Folg. III.). Da dies in der begrifflichen Zusammenfassung der „Verhältnismäßigkeitsprüfung" zu geschehen hat, wird die Zumutbarkeit auch als „Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn" bezeichnet. Aus Allgemeinheit und hohem Rang dieses Zumutbarkeitsprinzips ergibt sich normativ zwingend, daß es als Bundesverfassungsrecht auch dort gilt, wo das Landesrecht es als Schranke nicht ausdrücklich vorsieht.
2. Die besondere Problematik des § 14 Hamburger Denkmalschutzgesetz Das Hamburger Gesetz behandelt nun allerdings Unzumutbarkeit in einer besonderen Klausel. In § 14 Abs. 4 S. 1 DSchG heißt es: „(Den Verfügungsberechtigten sind) ihre Aufwendungen insoweit zu ersetzen, als sie allein oder überwiegend aus Gründen des Denkmalschutzes erwachsen und ihnen wirtschaftlich nicht zumutbar sind." Darin kommt zunächst ausdrücklich eine Beschränkung auf wirtschaftliche Zumutbarkeit zum Ausdruck, diese ist jedoch zu erweitern. Unzumutbar mag eine Maßnahme auch dann sein, wenn sie den Betroffenen in anderen grundrechtlichen Belangen, etwa denen seiner Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG), seiner Wissenschafts- und Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) oder seiner Gewissens- und Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) schwerwiegend beeinträchtigt. Der letztere Fall wird auch nicht durch das Gebot der Berücksichtigung kirchlicher Entscheidungen über liturgische und gemeindliche Belange (§ 8 Abs. 3 DSG) vollständig abgedeckt 12 . § 14 Abs. 4 S. 1 DSchG ist daher in der Weise verfassungskonform zu interpretieren, daß die wirtschaftliche Unzumutbarkeit lediglich (einzige) Voraussetzung für Kostenerstattung ist, daß aber jenseits von deren Problematik noch eine allgemeine Zumutbarkeitsprüfung stattzufinden hat, in die auch sämtliche anderen grundrechtsgeschützten Belange einzubeziehen sind. Eine enge Wortauslegung des § 14 Abs. 4 S. 1 Hamburger DSchG könnte nämlich zu der Auffassung führen, hier finde sich die wesentliche, 12 Aus dem sich immerhin ergibt, daß derartige - typische - Nutzungsbelange bereits „bei Entscheidung über Denkmäler" berücksichtigt werden müssen, was doch wohl für die hier vertretene Auffassung spricht; denn eine solche Entscheidung fällt eben auch wenn über den Denkmalbegriff, insbesondere die Erhaltungswürdigkeit des Monuments, entschieden wird.
8*
1 1 6 E .
Denkmalnutzung und „Zumutbarkeit" für den Berechtigten
vielleicht gar die einzige Ausprägung des Zumutbarkeitsprinzips im Hamburger Denkmalschutzrecht, Unzumutbarkeit führe nie zur Rechtswidrigkeit, stets nur zu staatlichen Zahlungsverpflichtungen 13 . Ein derartiges Verständnis aber wäre verfassungswidrig. Es liefe auf ein „Dulde und Liquidiere" hinaus, welches nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Primat des verwaltungsgerichtlichen Primärschutzes 14 nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. Oder es müßte davon ausgegangen werden, daß auch unzumutbare Denkmalschutzmaßnahmen grundsätzlich rechtmäßig seien - dies aber widerspräche dem Verfassungsprinzip der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Auch in Hamburg sind also Maßnahmen des Denkmalschutzes rechtswidrig, die gegen das Zumutbarkeitsprinzip verstoßen, und sie führen nicht nur zu öffentlich-rechtlichen Ersatzansprüchen; werden diese allerdings befriedigt, so ist dies bei der Zumutbarkeitsprüfung zu berücksichtigen. Zuschüsse vermögen übrigens oft nicht sämtliche Zumutbarkeitsbedenken zu beseitigen, schon deshalb nicht, weil sie nur denkmalschutzbezogene Aufwendungen des Betroffenen ausgleichen können (vgl. dazu noch näher unten V. 2.).
3. Zumutbarkeit als einzige Nutzungs-Schranke des Denkmalschutzes? Der verbreiteten und vorstehend bereits wiederholt eingehend kritisierten Auffassung von der Zweistufigkeit des Denkmalschutzes liegt nun aber ersichtlich auch die - problematische - Vorstellung zugrunde, Nutzungsfragen stellten sich überhaupt nur im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung. Dies zeigt sich etwa darin, daß bei der Behandlung der „Nutzungspflichten" (vorstehend D.) immer wieder die Verbindung von Zumutbarkeit und staatlichen Zuschüssen für die Betroffenen hergestellt wird (dazu noch näher i. Folg. I V . ) 1 5 ; daraus folgt doch, daß die Nutzungsproblematik eben nur im Zusammenhang mit der konkreten Frage der Betroffenheit im Einzelfall gesehen wird. Dasselbe zeigt sich auch dort, wo - übrigens zutreffend - die Forderung erhoben wird, staatliche und kommunale Zuschüsse müßten bei der Beurteilung der (Un-)Zumutbarkeit eingerechnet werden 16 . Wird die Zumutbarkeitsfrage zur einzigen, ausschließlichen sedes materie aller Überlegungen zum Problemkreis „Nutzbarkeit eines Objekts und 13
Nicht ganz klar hier Kleeberg/Eberl Hdb. Rn. 119. BVerfG E 58, 300. 15 Siehe etwa Eberl/Martin/Petzet, Kommentar, Art. 5, Rn. 8; Dörffeldt/ Viebrock, Kommentar, § 13 Nr. 1, 3; Vahle, J., NWB 2001, S. 3932. 16 BGH NJW 1979, 212, Moench, Chr., NJW 1983, 2002; für Entschädigungen Kröniger, H., NVwZ 1996, 435. 14
II. Die (Un-)Zumutbarkeit i m Recht des Denkmalschutzes
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Denkmalschutz", so wird der Denkmalbegriff vollständig abgekoppelt von allen Nutzungsüberlegungen; die Instanzen des Denkmalschutzes können dann abwarten, bis irgendwelche Betroffene die Schwere ihrer konkreten Belastungen geltend machen und nachweisen; damit würden alle denkmalimmanenten Nutzungsüberlegungen abgeschnitten, die sich aber als geboten erwiesen haben. Dies war hier nochmals zu betonen, damit sich nicht etwa durch die Hintertür der eingefahrenen (Un-)Zumutbarkeitsprüfung doch wieder nutzungsblinder Denkmalschutz einschleicht.
4. Unzumutbarkeit als Zuschußbedarf - eine unzulässige Verengung Verkürzung von Rechten der Betroffenen Der Begriff der Unzumutbarkeit, bei deren erfolgreicher Geltendmachung eine Maßnahme des Denkmalschutzes unzulässig ist oder zumindest Zuschüsse zu leisten sind, ist als solcher nicht unproblematisch; jedenfalls wird er so eng bestimmt, daß die Betroffenen kaum ausreichend geschützt sind. a) Daß es Voraussetzung der Unzumutbarkeit nicht ist, daß ein Gegenstand überhaupt nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden kann 1 7 , dürfte anerkannt sein. Die Grundsatzrechtsprechung des B G H 1 8 wie die anderer Gerichte19 und auch die Lehre 2 0 nehmen aber Unzumutbarkeit nur dann an, wenn der Betroffene „dauernd zuschießen muß", um die Kosten zur Erhaltung des Denkmals zu decken. Ein „anhaltendes Mißverhältnis zum realisierbaren Nutzwert" dürfe nicht auf Dauer bestehen 21 ; verlustfreie Bewirtschaftung müsse möglich bleiben 22 . Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen, denn sie ist wirtschaftlich nicht vertretbar. Der Staat kann einen Bürger nicht mit Hoheitsgewalt dazu zwingen, auf jede Nutzung eines Wirtschaftsgutes (Grundstück, Gebäude) auf Dauer zu verzichten, sich damit zufrieden zu geben, daß ihm nicht auch noch objektbezogen laufende Verluste entstehen - er muß Nutzen davon haben dürfen 23 ; Ausschluß jeden Nutzens allein schon wirkt enteignend. Bei Denkmalen ist auch in aller Regel nicht anzunehmen, daß gerade dort, 17
So unter Hinweis auf Enteignungsfolgen Jerrentrup, F. W., DÖV 1958, 708. BGH NJW 1979, 210. 19 Etwa OVG Lüneburg NJW 1986, 1892. 20 Vgl. z.B. Kröninger, H., NVwZ 1996, 435; Gawehns, H. C., Denkmalschutz, S. 182 f. 21 BGH NJW 1979, 212; Moench, Chr., NJW 1983, 2002. 22 Moench, Chr., NJW 1980, 1549. 23 So sieht es ja ausdrücklich Art. 14 Abs. 2 S. 1 GG vor. 18
1 1 8 E .
Denkmalnutzung und „Zumutbarkeit" für den Berechtigten
wie bei anderen ertraglosen Objekten (Gold, Kunstgegenständen, ertraglosen Grundstücken) mit Weitsteigerungen oder Weitkonstanz dergestalt gerechnet werden kann, daß dies eine zeitweise Nutzungslosigkeit kompensiert. Dauernde Ertraglosigkeit bedeutet hier in der Regel Wertlosigkeit Entwertung. Und sie tritt nicht erst bei Zuschußbedarf ein, sondern bereits bei einer dauernden Nutzungssperre. Es darf also nicht auf den Zuschußbedarf, es muß vielmehr auf den Nutzungsverlust abgestellt, der Betroffene darf nicht auf verlustfreie „Bewirtschaftung" verwiesen werden; er braucht sich nicht damit vertrösten zu lassen, daß ihm ja kein „unverhältnismäßiger Aufwand" (also u. U. sogar doch ein Aufwand?) entstehe 24 . Da sich jedoch Rechtsprechung und Lehre mit der vorstehend kritisierten „Zuschußformel", soweit ersichtlich, seit langem zufrieden geben (vgl. zu ihr noch unten V. 2.), und eine durchgreifende Veränderung des Begriffs der Zumutbarkeit nicht zu erwarten steht, erscheint es erst recht als unabdingbar, die Betroffenen schon gewissermaßen „ i m Vorfeld" durch den Denkmalschutz selbst zu sichern. Dies kann sachgerecht dadurch geschehen, daß, wie hier vorgeschlagen, Nutzungsüberlegungen bereits bei der Festlegung der Denkmalwürdigkeit angestellt werden. Dann erscheint die Unzumutbarkeit als das, was sie ja auch in bisheriger Praxis ist: als eine zusätzliche, letzte, präzisierende Schranke denkmalschützender Eingriffe. b) Ein derartiges Verständnis trägt auch allein der bisherigen Handhabung des Kriteriums der (Un-)Zumutbarkeit allgemein im Verwaltungsrecht Rechnung. In aller Regel, und nicht nur dort, wo Gesetze eine Verhältnismäßigkeitsprüfung 25 ausdrücklich vorschreiben, wie etwa im Polizeirecht, wirkt sich jene lediglich als eine letzte, wenn nicht allerletzte Schranke aus. Ein bereits in materieller Gesetzesauslegung gefundenes Ergebnis wird am Ende der Begründung nochmals einem „letzten Verhältnismäßigkeitstest" unterzogen, der in den meisten Fällen am Resultat aber nichts mehr ändert. Dies entspricht auch der Praxis im Denkmalrecht, für das kritisch festgestellt wurde: „Den unbestimmten Rechtsbegriff „Verhältnismäßigkeit" darf man dennoch im Denkmalschutzrecht als den am wirkungsschwächsten von allen ansehen" 26 . Bei der dargestellten Problematik der inhaltlichen Verkürzung des Rechtsschutzes der Betroffenen (vorstehend 1.) handelt es sich also um eine allgemeine Erscheinung im Recht der Unzumutbarkeit. Schon deshalb wird sich die erwähnte Tendenz kaum wenden lassen, und die Berücksichtigung der Nutzbarkeit bereits im Denkmalbegriff erscheint als unumgänglich.
24 25 26
So aber noch Leibholz, G., DVB1 1975, 339. Zu dieser vgl. Parodi, S., Eigentumsbindung, S. 108 f. Maunz, Th., BayVBl 1983, 258.
III. Die Problematik der Abwägung bei der Zumutbarkeitsprüfung
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III. Die Problematik der Abwägung bei der Zumutbarkeitsprüfung 1. Abwägung und Vergleichbarkeitsprobleme Nach herrschender Lehre trifft die Instanz des Denkmalschutzes ein Abwägungsgebot zwischen öffentlichen und privaten Interessen, soll eine belastende Maßnahme ergriffen werden 27 . Diese Pflicht zur Abwägung besteht auch zwischen den Belangen des Denkmalschutzes und anderen öffentlichen Interessen 28. Nirgends wird aber, soweit ersichtlich, im Recht des Denkmalschutzes näher darauf eingegangen oder gar vertieft, nach welchen Kriterien denn im einzelnen abgewogen werden soll. Neuerdings ist dagegen in eingehend-systematischer Weise Kritik an der oft gedankenlosen Verwendung des Begriffs der Abwägung geübt worden, welche eben häufig nur als ein Alibi für nicht bewältigte Abgrenzungsprobleme eingesetzt wird 2 9 . Dies zeigt sich vor allem im Recht des Denkmalschutzes: „Erfolgreiche Anwendung des Grundsatzes (der Verhältnismäßigkeit) würde eine anerkannte Güterwertordnung voraussetzen, die es aber gegenwärtig - jedenfalls in diesem Spezialgebiet - nicht gibt. Er verlangt eine Güterabwägung, die nicht vorgenommen werden kann, wenn die Rechtsgüter selbst in Frage gestellt sind. Wie soll ein Verwaltungsgericht in überzeugender Weise den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf die Beurteilung anwenden, ob ein Gebäude, das aus einer historisch abgeschlossenen Epoche stammt, erhalten oder abgerissen werden soll, wenn geplant und beantragt ist, an seiner Stelle ein Hochhaus mit Mietwohnungen zu errichten? Dem einen wird die Erhaltung, dem anderen der Nutzeffekt für das allgemeine Wohl als das höher zu bewertende Rechtsgut erscheinen" 30 . Diese Bewertungsschwierigkeiten ergeben sich regelmäßig auf zwei Ebenen: Die Wertigkeit des öffentlichen Denkmalschutzinteresses muß für den Einzelfall festgestellt werden. Selbst wenn sich dies leisten läßt, bleibt noch die schier unlösbare Problematik einer Gewichtung im Vergleich von in der Regel völlig heterogenen Rechtsgütern: hier die Erhaltung von geschichtlich/künstlerischen Zeugnissen - dort Verhinderung wirtschaftlicher Schädigung von Betroffenen 31 . Letztere mögen bezifferbar sein, erstere sind es 27 Siehe u.a. OVG Saarlouis BRS 52 (1991), Nr. 126; OVG Lüneburg NJW 1986, 1892, Gahlen, H. G., DÖV 1985, 413; Moench, Chr., NVwZ 1988, 308 ff.; Lubbinger, A., DVB1 1992, 50; a.A. Lülsdorf, W., Eigentumsrelevante Maßnahmen im Denkmalschutz, Entschädigung und Übernahme 1992, S. 115. 28 Moench, Chr., a.a.O. 310. 29 Dazu Leisner, W., Der Abwägungsstaat - Verhältnismäßigkeit als Gerechtigkeit? 1997, insb. S. 33 f., 61 ff., 133 f. 30 Maunz, Th., BayVBl 1983, 258.
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E. Denkmalnutzung und „Zumutbarkeit" für den Berechtigten
sicher nicht. Dabei wird noch unterstellt, daß andere Interessenkollisionen etwa zwischen Denkmalschutz und Landesverteidigung oder dem Schutz der Volksgesundheit - durch Rückführung auf monetäre Vergleichbarkeiten gelöst werden können, indem letztere Belange über Ersatzlösungen gewahrt werden, deren Kosten bestimmbar sind.
2. Gefahren für Denkmalschutz und Betroffene „Es wird nichts übrig bleiben, als auf eine „besondere Situation" abzustellen und damit vom einen auf einen anderen unbestimmten Rechtsbegriff oder zu Formulierungen zu gelangen, die letztlich dem Ermessen der Verwaltungsbehörden nahekommen" 32 . So zeigt denn auch die Praxis 33 das Bild einer wenig geordneten Einzelfallrechtsprechung zur (Un-)Zumutbarkeit. Noch bedenklicher ist, daß in diesen Einzelfällen wohl meist aus einer entweder mehr museal-„konservativen" oder einer profitorientiert-„fortschrittlichen" Grundstimmung heraus entschieden wird, bei Denkmalbehörden wie durch Gerichte. Dies mag tatsächlich notwendig sein, läßt sich aber kaum fassen, noch weniger „rationalisieren". Damit aber droht - und dies weithin unvorhersehbar - entweder wiederum eine materielle Rechteverkürzung für die Betroffenen oder, und dies ist hier besonders gefährlich, eine Beeinträchtigung des Denkmalschutzes: - Gehen Behörden und Gerichte davon aus, ein Objekt solle doch, ohne Rücksicht auf irgendwelche Nutzbarkeit, (weitestgehend) erhalten werden, so werden sie die Nutzungsinteressen der Betroffenen von vorne herein so gering gewichten, daß sie diesen eben die Aufwendungen, ja ein wirtschaftliches „Opfer" zumuten, weil sie dies schon als „vernünftige Eigentümer" zu tragen hätten 34 , oder doch in ihrer besonderen vermögensrechtlichen Situation (dazu i. Folg. IV). Für die so Verpflichteten ist in keiner Weise exakt voraussehbar, ob ihnen dann die Belastung noch zugemutet wird oder nicht, weil dies wieder von einem Wertigkeitsrang der Schutzobjekte abhängt, der in der Regel nur allgemein-verbal umschrieben wird („bedeutend", „besonders bedeutend" u.ä.m.).
31 Oder etwa von Zuschuß- oder Übernahme verpflichteten, z.B. Gemeinden, dazu Moench, Chr., NVwZ 1988, 310. 32 Maunz, Th., a.a.O., 259. 33 Über die vor allem bei Kleeberg/Eberl, Hdb., Rn. 119 ff. eingehend berichtet wird. 34 Worauf ja, im Rahmen der durch „Situation" geprägten Sozialbindung, auch im Recht des Denkmalschutzes hingewiesen wird, vgl. etwa (i.Erg. krit.) Moench, Chr., NJW 1980, 1548 f.; zur Kritik an der Rechtsfigur der „vernünftigen Eigentümer" vgl. eingehend Müller, Martin, Baudenkmalschutz, S. 31 ff., 50 ff.
IV. „Objektive" oder „subjektive" Zumutbarkeit?
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- Ebenso ist aber auch eine Tendenz gegen den Denkmalschutz zu befürchten: In allzu „bürgernaher" Verwaltungspraxis mag auch begrenzten Profitinteressen ein Gewicht zuerkannt werden, welches das an der Erhaltung eines Objekts überwiegt, das aber als solches keinen wirtschaftlich interessierten Anwalt findet, wenn ihm nicht eine „Allgemeinheit", etwa durch Bürgerinitiativen oder über die Medien, zu Hilfe kommt. Der eben doch weithin monetär ausgerichtete und angewendete (Un-)Zumutbarkeitsbegriff kann leicht zum Einbruchstor für konkret profitorientierte Betrachtung werden, der gegenüber dann ein Denkmalschutz keine Chance mehr hat. Die Gefahr liegt vor allem darin, daß „das Objekt" letztlich aus dem Gesichtskreis verschwindet, während wirtschaftliche Gegeninteressen mit der Durchschlagskraft konkreter Zahlen geltend gemacht werden. Dies alles kann dadurch entschärft werden, daß objektbezogene Nutzbarkeitsüberlegungen bereits bei der Festlegung der Denkmaleigenschaft angestellt werden. Die Nutzungsfrage wird dann gewissermaßen „objektiviert", abstrahiert von konkreten Nutzungs- und damit auch Profitvorstellungen geprüft, der konkrete Druck bestimmter Nützlichkeitsplanungen wird von den Denkmalbehörden genommen; diese können „Nutzbarkeit als Rahmen" in ihre Schutzvorstellungen einfügen und dabei auch in Nutzungsalternativen denken. Wieder wird damit die Problematik von Zumutbarkeitsüberlegungen als alleiniger Schranken des Denkmalschutzes entschärft.
IV. „Objektive" oder „subjektive" Zumutbarkeit? Eine zentrale Frage im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung stellt sich wie folgt: Ist die allgemeine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen zu berücksichtigen, oder kommt es nur auf jene Leistungsfähigkeit an, welche ihm das Schutzobjekt vermittelt? Im ersteren Falle spricht man von subjektiver, im letzeren von objektiver, d.h. konkret-objektbezogener Betrachtungsweise 35. Die Frage ist von erheblichem Gewicht; es geht darum, ob dem wohlhabenden Denkmaleigentümer „mehr zugemutet" werden darf als dem mittellosen; ja es mag sich dann sogar fragen, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse von Familienangehörigen auch noch in die Überlegungen einzubeziehen sind 3 6 .
35 Terminologie etwa von Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 120 f.; vgl. dazu u.a. Körner, R., Denkmalschutz, S. 163 ff.; Müller, Martin, Baudenkmalschutz, S. 141 ff. 36 Kleeberg/Eberl, a.a.O., Rn. 121.
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E. Denkmalnutzung und „Zumutbarkeit" für den Berechtigten
1. Die objektive Theorie Die objektive Theorie wird im Schrifttum vertreten 37 und, wenn auch nicht immer klar, in Gerichtsentscheidungen 38. Für sie spricht an sich eine eigentumsrechtliche Überlegung: Es geht hier um die Bestimmung der Schranken des Eigentums durch den Denkmalschutz. Dieses Eigentum aber betrifft immer, und grundsätzlich auch ausschließlich, die Rechtsbeziehungen eines bestimmten Rechtsträgers zu einem gleichfalls festliegenden Eigentumsobjekt. Es geht also bei der Beurteilung eines Eigentumseingriffs nicht um eine Regelung der Vermögensverhältnisse des Eigentümers allgemein, sondern nur mit Bezug auf eine jeweils konkrete Sache. Dann aber, so scheint es doch, dürfen die allgemeinen Vermögensverhältnisse des Eigentümers auch für die Zumutbarkeit, eine Denkmalschutzbelastung zu tragen, keine Rolle spielen. Eine Maßnahme ist zumutbar oder nicht, also rechtmäßig oder rechtswidrig, gleichgültig, ob sie einen Multimillionär oder einen Sozialhilfeempfänger als Denkmaleigentümer trifft. Wollte man die Vermögensverhältnisse der Belasteten berücksichtigen, so wäre „das Eigentum der Reichen weniger geschützt als das der Armen" - was auf nivellierende Umverteilung hinausliefe, theoretisch sogar „bis auch die Reichen Arme wären". Insoweit stellt sich also wohl eine verfassungsrechtliche Grundsatzfrage. Nach der objektiven Theorie wäre die Zumutbarkeit zwar im konkreten Fall und in Richtung auf den Eigentümer, sie wäre aber nicht mit Blick auf dessen jeweilige Vermögensverhältnisse zu beantworten, sondern „rein objektbezogen", wenn auch in der konkreten Form, in welcher sie der Nutzungsantrag des Berechtigten stellt 39 .
2. Die subjektive Theorie Demgegenüber sprechen aber auch gewichtige Stimmen für die subjektive Theorie 40 : „Es ist nicht die objektgebundene Zumutbarkeit entscheidend; es kommt vielmehr darauf an, ob und wie weit einem Verpflichteten nach seinen persönlichen Umständen das angesonnene Verhalten zugemutet werden kann. Diese Verhältnisse richtig zu beurteilen ist nur möglich, wenn die gesamten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Pflichtigen be37
Vor allem von Moench, Chr., NJW 1980, 620, vgl. ders., NJW 1983, 2000, aber auch von Hoenes, E.-R., Kommentar, § 2 Rn. 45. 38 Z.B. VGH München BayVBl 1979, 118; ähnlich wohl auch VGH München BayVBl 1987, 368 („unter Berücksichtigung der objektiven Lage"). 39 Dies letztere würde sie immer noch unterscheiden von der hier geforderten rein objektimmanenten, denkmalbegrifflichen Betrachtungsweise. 40 Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 121 zitieren i.d.S. Maunz, Th., BayVBl 1983, 257, den Kommentar von Memmesheim/Upmeier/Schönstein sowie eine Reihe von Gerichtsentscheidungen .
IV. „Objektive" oder „subjektive" Zumutbarkeit?
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kannt sind". „Insbesondere sind nach dem bayerischen Denkmalschutzgesetz zu berücksichtigen „die sonstigen (gesetzlichen, satzungsmäßigen, vertraglich übernommenen) Aufgaben und Verpflichtungen des Erhaltungspflichtigen"". In der Tat läßt sich der hier in Bezug genommene Art. 4 Abs. 2 S. 1 BayDSchG schwerlich so verstehen, daß es dabei nur um sonstige Belastungen aus dem jeweiligen Denkmalschutzobjekt gehe. Und wenn in Art. 22 Abs. 1 S. 2 desselben Gesetzes Zuschüsse (auch) nach „Leistungsfähigkeit des Eigentümers" vorgesehen sind, so ist dies bei der Feststellung der Zumutbarkeit ebenfalls zu berücksichtigen, es spricht dies aber doch eher für ein subjektives Verständnis. Das Hamburger Denkmalschutzgesetz entscheidet sich in § 14 Abs. 4 S. 1 nicht ausdrücklich für eine der erwähnten Auffassungen; seine sehr allgemeine Formulierung („und ihnen wirtschaftlich nicht zumutbar sind") spricht aber wohl eher für eine Berücksichtigung der gesamten Vermögensverhältnisse des Pflichtigen.
3. Vorzüge der subjektiven Auffassung Die subjektive Auffassung kann sich nicht nur auf - wenigsten einige spezialgesetzliche Bestimmungen stützen, ihr ist wohl auch allgemein der Vorzug zu geben, aus praktischen wie prinzipiellen Erwägungen: a) Praktisch fällt entscheidend ins Gewicht: „Von einem sehr vermögenden Eigentümer wird man im Einzelfall höhere Leistungen erwarten dürfen als von einem Pflichtigen, dessen Vermögen im wesentlichen in dem instand zu setzenden Denkmal besteht" 41 . In der laufenden Handhabung des Denkmalschutzrechts wird wohl weit überwiegend so verfahren. Dies rechtfertigt sich auch mit Blick auf ein Sozialstaatsprinzip (Art. 20, 28 GG), welches in Art. 14 Abs. 2 S. 1 des Hamburger Gesetzes eine eigentumspezifische Konkretisierung erfahren hat 4 2 . Die Grenzen der allgemeinen Vermögensbelastung des Verfügungsberechtigten liegen spätestens dort, wo Belastungen als Verkaufsdruck etwa zur Veräußerung von landwirtschaftlichem Grundbesitz zwingen würden, dessen Erträge herkömmlich und auch gegenwärtig noch eben der Erhaltung des Objekts, z.B. eines denkmalgeschützten Schlosses dienen 43 . Zwar besteht hier eine gewisse Lücke des Denkmalschutzrechts, gerade aus konservierender Sicht, denn dieser so oft historisch-wirtschaftliche Zusammenhang zwischen einem Gebäude und seiner weiteren, ertragbringenden Umgebung wird als solcher nicht geschützt. 41
Kleeberg/Eberl Hdb. Rn. 121. Zur Sozialbindung im Denkmalschutzrecht vgl. Lubberger, A., Eigentumsdogmatik, S. 83 ff., 176 ff. 43 Darauf weisen Kleeberg/Eberl a. a. O. hin. 42
124
E. Denkmalnutzung und „Zumutbarkeit" für den Berechtigten
Dennoch entspricht es der grundsätzlichen Finalität der Denkmalschutzgesetze, derartige Entwicklungen zu vermeiden. b) Die Handhabung des Zumutbarkeitskriteriums steht nach den Gesetzen der Länder in untrennbarem Zusammenhang mit öffentlichen Zuschüssen, welche gerade die Zumutbarkeit wenn nicht gewährleisten so doch es erleichtern sollen, den behördlichen Anordnungen Folge zu leisten 44 . Dies gilt insbesondere für Hamburg, dessen Denkmalschutzgesetz in § 14 Abs. 4 ersichtlich davon ausgeht, daß auf diese Weise regelmäßig die Zumutbarkeit sogar hergestellt werden kann 4 5 . Wird damit die Zumutbarkeit denkmalschützerischer Belastungen geradezu zu einer Funktion staatlicher Förderung 46 , so erscheint es als zwingend, daß diese Subventionierung Privater 47 unter Berücksichtigung der gesamten Vermögensverhältnisse des Eigentümers erfolgt 48 . Denn dies geschieht durchgehend in Fällen staatlicher Förderung, vom BAFÖG bis zum Steuererlaß. c) Dies ist auch unter einem weiteren Gesichtspunkt berechtigt: In den meisten Fällen spielt das Zumutbarkeitskriterium eine Rolle im Zusammenhang mit (teilweiser) Versagung einer nutzungsorientierten Veränderung des Objekts. Ein solcher Antrag wird aber regelmäßig vom Verfügungsberechtigten nicht nur gestellt werden unter einem betriebswirtschaftlich ausschließlich auf das Objekt verengten Blickwinkel. Vielmehr sind sehr häufig die allgemeinen Vermögensverhältnisse des Antragstellers dabei von entscheidendem Gewicht. Versucht etwa ein Schloßherr, ein Kloster oder auch eine Hotelgesellschaft die Genehmigung zu bestimmten Umbauten zu erhalten, welche Hotelnutzung erst rentabel machen, so erfolgt dies aus ihrer spezifischen, betriebswirtschaftlich orientierten Sicht, welche ihre gesamten Vermögensverhältnisse mit einbezieht, ja aus dieser erwächst. Sie gewinnen etwa für Finanzierung über Kreditgewährung entscheidende Bedeutung. Hängt aber dergestalt die Schwere einer zu beurteilenden Versagung der Genehmigung, damit jedoch die Zumutbarkeit, zugleich von allgemeinen Vermögensverhältnissen des jeweiligen Eigentümers ab, so ist es auch recht und billig, diese andererseits in die Beurteilung der Zumutbarkeit mit einzu44
Siehe etwa für Bayern Eberl/Martin/Petzet, Kommentar, Art. 5, Rn. 6; für Nordrhein-Westfalen, Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, Kommentar § 8, Rn. 1; vgl. dazu Melchinger, H., Die Eigentumsdogmatik, S. 286 ff. 45 Ob dies allerdings durchgehend möglich ist, wird noch unten V. näher zu prüfen sein. 46 Vgl. dazu etwa Kröninger, H., NVwZ 1996, 435; Moench, Chr., NJW 1983, 2002, und davon geht sogar der BGH in NJW 1979, 212 aus, unter Hinweis auf OVG-Rechtsprechung. 47 Denn um nichts anderes handelt es sich, versteht man das Wort in seinem weiten, aber eben gängigen Sinn: teilweise Übernahme von Lasten durch den Staat zur Wahrung von (zugleich) öffentlichen Interessen. 48 So denn auch Eberl/Martin/Petzet, Kommentar, Art. 5, Rn. 6.
IV. „Objektive" oder „subjektive" Zumutbarkeit?
125
beziehen: Je potenter der Antragsteller ist, desto eher ist es ihm zuzumuten, bestimmte Denkmalschutzauflagen zu erfüllen. d) Nicht zu verkennen ist schließlich, daß die Zumutbarkeitsprüfung als solche in einer gewissen „Nähe" stattfindet zu Regelungsbereichen von Härteklauseln, ja daß beides dem gleichen Zweck dient: übermäßige Belastungen zu vermeiden. Nicht umsonst werden Härteklauseln vom Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit Dispensen, vor allem aber mit Ausgleichsleistungen gesehen 49 ; die Zuschüsse aber erfüllen meist zumindest ähnliche Funktionen wie diese letzteren. Und für Härteklauseln ist es typisch, daß die gesamten Vermögensverhältnisse des Betroffenen in den Blick genommen werden. e) Nun stellt sich allerdings noch die Frage, ob und wie weit das Zumutbarkeitskriterium durch Gesetze der Länder in einem solchen Sinn der Einbeziehung der gesamten Vermögensverhältnisse des Belasteten ins Recht des Denkmalschutzes ausgestaltet werden kann. Immerhin war ja festzustellen (vgl. oben II., 1.), daß es sich hier um einen allgemeinen Verfassungsgrundsatz handelt, der als solcher dem Landesrecht, ja sogar Bundesgesetzen vorgeht. Das kann nun aber nicht bedeuten, daß es dem Gesetzgeber, auch in den Ländern, versagt wäre, die Voraussetzungen der Zumutbarkeit sachentsprechend näher normativ festzulegen. Dies geschieht denn auch laufend, nicht nur allgemein über „Global"-Regeln der Härteklauseln, sondern auch in der Festlegung einzelner Voraussetzungen für spezielle Materien und Fallgruppen. Eine Grenze läßt sich allenfalls dort ziehen, wo diese Voraussetzungen so eng bestimmt würden, daß den Belasteten etwa gar keine Nutzung mehr bliebe - selbst wenn sie nicht zuzuschießen hätten und damit ihr Eigentumsgrundrecht verletzt werden könnte 50 . Umgekehrt kann es aber dem Gesetzgeber im Lande nicht versagt sein, Zumutbarkeit unter Einbeziehung der gesamten Vermögensverhältnisse des Belasteten zu definieren, schon wegen der vorstehend (c)) dargelegten engen, meist unauflöslichen Verbindung zwischen dieser Vermögenslage und der Belastungsproblematik. Zusammenfassend läßt sich also festhalten: Die Einbeziehung der gesamten Vermögensverhältnisse des durch Maßnahmen des Denkmalschutzes Belasteten in die Zumutbarkeitsprüfung ist praktisch sinnvoll und rechtsgrundsätzlich nicht zu beanstanden.
49
Vgl. etwa BVerfG E 58, 137 (152). Eine Problematik, auf die unten V, bei der der Zuschüsse zu den Erhaltungskosten noch einzugehen ist. 50
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E. Denkmalnutzung und „Zumutbarkeit" für den Berechtigten
4. Zumutbarkeit in „subjektivem" Verständnis: (nur) eine weitere Prüfungsstufe im Recht des Denkmalschutzes Die vorstehend dargelegte Rechtsnatur der Zumutbarkeitsprüfung führt nun zur Bestätigung des zentralen Ergebnisses dieser Untersuchung. Die Berücksichtigung der konkreten Eigentümerbelange im Zusammenhang mit Nutzungsbeschränkungen durch den Denkmalschutz geht nicht primär vom Wesen, insbesondere der rein objektbezogenen Nutzbarkeit des zu schützenden Gegenstandes aus. Da „subjektiv gewendet" die konkreten vom Betroffenen definierten Änderungswünsche meist die Grundlage der Beurteilung durch den Denkmalschutz darstellen, und dieser überdies dabei die Vermögenslage des Betroffenen zu berücksichtigen hat, handelt es sich bei dieser Prüfung schon deshalb nicht um rein objektbezogene Nutzbarkeitsüberlegungen, wie sie vorstehend als erforderlich nachgewiesen worden sind. Die Zumutbarkeitsprüfung ist von anderer rechtlicher Qualität als die hier geforderte rein objektbezogene Betrachtung der Nutzbarkeit; sie ist anzustellen erst nachdem diese letztere, gewissermaßen auf einer ersten Stufe, durchgeführt worden ist. Allein schon die subjektive Wendung der Zumutbarkeitsprüfung schließt es dogmatisch aus, sämtliche Nutzungsüberlegungen erst in ihrem Zusammenhang durchzuführen. Damit bestätigt sich die Notwendigkeit, zunächst einmal - und durchaus in der Sicht des Denkmalschutzes - eine objektbezogene, eben eine objektive Nutzbarkeitsprüfung zu veranstalten, im Sinne einer modifizierten Zweistufenprüfung im Denkmalschutzrecht auf der Erststufe. Auf ihr sind auch Überlegungen künftiger Nutzungsmöglichkeiten einzubeziehen 51 . Es folgt dann, auf der zweiten Stufe, die subjektiv bezogene Zumutbarkeitsprüfung.
V. Zuschüsse - Entschärfung, nicht Lösung der Nutzungsfrage 1. Die staatliche Förderpflicht a) Allgemein gilt ein in zahlreichen Landesgesetzen normiertes staatliches Unterstützungsgebot im Denkmalschutz 52 . „Hier ist jeweils an entsprechende gemeindliche Planungen und Maßnahmen (Ausweisung von Sanierungsgebieten, eine denkmalverträgliche Nutzung ermöglichende, erleichternde Bauleitplanung, Genehmigung von Veränderungen, die eine denkmalfreundliche Nutzung möglich machen, Veränderung von Verkehrsoder anderen Planungen, soweit sie eine andere Nutzung erschweren oder 51
Kleeberg/Eberl Hdb. Rn. 153; siehe neuerdings auch Hönes, E.-R., NUR 2000, 426 ff. 52 Kleeber/Eberl Hdb. Rn. 103.
V. Zuschüsse - Entschärfung, nicht Lösung der Nutzungsfrage
127
unmöglich machen) zu denken Ein solches Gebot ist übrigens im Hamburger Gesetz nicht ausdrücklich verankert, gilt aber auch für dieses Land, denn die Interessen des Denkmalschutzes, wie sie sich in ihm ausprägen, sind als öffentliche Belange schon kraft Bundesrechts, insbesondere bei bau- und verkehrsrechtlichen Entscheidungen, zu berücksichtigen. Diese allgemeine Förderpflicht wird meist bereits im Zusammenhang mit Nutzungsverpflichtungen der Verfügungsberechtigten (siehe oben D) statuiert. Mit Sicherheit zielt ihre Erfüllung nicht allein auf Erleichterung für Eigentümer in konkreten Belastungsfällen; in der Regel haben diese ja auch keinen Rechtsanspruch auf ihre Erfüllung. Vielmehr wirken hier objektive Rechtsnormen. Sie aber verpflichten gerade die Instanzen des Denkmalschutzes ebenfalls auf die in diesem Zusammenhang immer wieder erwähnte „denkmalfreundliche Nutzung". b) In der Praxis spielt jedoch staatliche finanzielle Förderung die entscheidende Rolle 5 3 . Dies hat Bedeutung dafür, ob eine Belastung durch Denkmalschutz dem Eigentümer letztlich zugemutet werden kann, und so wird auch gerade die Zuschußproblematik in der Regel in diesem Zusammenhang näher erörtert 54 . Zutreffend wird die Ausreichung staatlicher Mittel zu Zwecken des Denkmalschutzes als eine Unterform staatlicher Förderung gesehen, als „Subventionierung baulicher Maßnahmen, die Voraussetzung für eine angemessene Nutzung sind; eine finanzielle Förderung kommt gerade hier nicht nur aus Denkmalpflegemitteln, sondern aus den unterschiedlichsten Programmen (z.B. des Wohnungsbaus, der Landwirtschaft, der Stadt- und Dorfsanierung usw.) in Betracht" 55 . A m wichtigsten und am besten auf Denkmalschutz gezielt eingesetzt sind allerdings jene Mittel, welche über Förderrichtlinien für Zuwendungen aus Haushaltsansätzen zur Denkmalerhaltung auf Antrag verteilt werden 56 ; im Hamburg gibt es derartige Richtlinien nicht. Notwendig ist ihr Erlaß nicht, die Verteilung kann auch, nach den Vorgaben des jeweiligen Haushaltsplans, nach Grundsätzen erfolgen, die sich in der Verwaltungspraxis herausbilden. c) Mag auch Verbindung mit Rechtsanspruch lehnt 5 8 . In der 53
die Zuschußpflicht nicht selten gesetzlich ausdrücklich in dem Rechtsbegriff der Zumutbarkeit statuiert sein 57 - ein auf solche Vergabe wird von der Rechtsprechung abgeRegel steht sie auch unter Haushaltsvorbehalt. Dies alles
Dies sind Staatsleistungen, für die das öffentliche Leistungsrecht gilt; vgl. dazu allg. Karpen , U., Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Rechtsprechungslehre: Beiträge zur Entwicklung einer Regelungstheorie, 1989, S. 61 ff. 54 Siehe etwa Kleeberg/Eberl, Hdb., Rn. 119 ff.; Hönes, E.-R., VerwArch 1989, 486; Moench, Chr. NJW 1983, 2002. 55 Kleeberg/Eberl Hdb., Rn. 103. 56 Nach Ländern aufgelistet bei Kleeberg/Eberl, Hdb., Rn. 171 ff., insbes. 173 ff. 57 So in Hamburg, § 14 Abs. 4.
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E. Denkmalnutzung und „Zumutbarkeit" für den Berechtigten
schließt aber nicht aus, daß Zuschüsse im Zusammenhang mit konkreten Nutzungsproblemen gewährt werden können, bei denen sich die Zumutbarkeitsfrage noch nicht stellt. Vielmehr dürfen die Mittel, vor allem bei günstiger Haushaltslage, auch davon unabhängig eingesetzt werden, eben zur Erhaltung eines bestimmten Objekts, ohne Rücksicht darauf, ob diese einem (vermögenden) Eigentümer doch noch zugemutet werden kann. In diesem Sinne werden sie „rein objektbezogen" zur Verfügung gestellt, und diese Möglichkeit kann bereits auf der ersten Prüfungsstufe, bei der Beurteilung den Denkmalcharakters, eine Rolle spielen, denn hier kommt es ja gerade auch auf Erhaltungsmöglichkeiten an. Festzuhalten ist also: Die gesamten Förderpflichten des Staates, einschließlich der Zuweisung öffentlicher Mittel, spielen nicht nur bei der Zumutbarkeitsprüfung, sondern bereits bei der Beurteilung der objektimmanenten Nutzbarkeit eine Rolle. Gerade auf dieser Stufe können dabei Mittel gespart werden: Wenn etwa die Eignung eines Gebäudes für Wohn-, Versammlungs- oder Forschungszwecke festgestellt wird, und die Instanzen des Denkmalschutzes eine solche Nutzung von vorne herein erlauben, wird sich in der Regel ein Zuschußbedarf verringern.
2. Zuschüsse - ein unvollständiger Nutzungsausgleich a) Auf einen Gesichtspunkt ist jedoch noch hinzuweisen, der bisher in der Diskussion um die Zumutbarkeit von Maßnahmen des Denkmalschutzes zu kurz kommt, erst recht bei der vorgreiflichen Beurteilung des Denkmalcharakters: Die staatliche Mittelvergabe bringt in aller Regel eben wirklich nur „Zuschüsse", sie kompensiert keineswegs durchgehend, oft nicht einmal teilweise, Nutzungsbelastungen der Verfügungsberechtigten. Bezuschußt werden ja in den meisten Fällen, wie etwa in Hamburg (§ 14 Abs. 4 DSchG), nur „Aufwendungen, (die) ... allein oder überwiegend aus Gründen des Denkmalschutzes erwachsen". Zu diesen Aufwendungen gehören nicht die Nutzungen, welche die Eigentümer infolge der Denkmalschutzmaßnahmen nicht ziehen können, jener andernfalls etwa eindeutig eingehende Nutzungsgewinn, der aber durchaus, wenn auch nicht in beliebiger, vom Eigentümer gewünschter Höhe 5 9 , vom Eigentumsschutz erfaßt wird. Nach den Bayerischen Richtlinien 6 0 werden sogar nur die denkmalpflegerisch verursachten
58
Siehe etwa VGH Mannheim EzD 4, Nr. 1. Bloße Erwerbsmöglichkeiten, Gewinnaussichten, Chancen oder Hoffnungen sind eben noch nicht „Eigentum" im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG, vgl. BGHZ 45, 150 (155); 76, 387 (394). 60 Für die Gewährung von Zuwendungen für Denkmalschutz und Denkmalpflege vom 21.10.1982, KMB1 I, 481. 59
V. Zuschüsse - Entschärfung, nicht Lösung der N u t z u n g s f r a g e 1 2 9
Mehraufwendungen bezuschußt, nicht einmal laufende Bauunterhaltung, geschweige denn wird Nutzungsausgleich geboten, in welcher Form immer. b) Daraus ergibt sich, daß der so häufig erfolgende Hinweis auf (die Möglichkeit) solche(r) Zuwendungen die Zumutbarkeitsproblematik zwar entschärfen mag, sie aber keineswegs vollständig löst. Denn unzumutbar kann einem Betroffenen auch eine Maßnahme sein, die, wie eine Veränderungssperre, ihm zwar keine zusätzlichen Aufwendungen auferlegt, ihm aber alle wichtigen Nutzungsmöglichkeiten verschließt. Schon aus diesem Grunde läßt sich die Nutzungsfrage nicht befriedigend allein mit Blick auf mögliche Zuschüsse beantworten, mag dies auch in der Praxis häufig geschehen; und es sollte dies auch mehr ins rechtliche Bewußtsein gehoben werden: Denkmalschutz belastet nicht nur, wenn er als solcher zu Aufwendungen führt. Um so mehr erscheint es geboten, die Nutzungsfrage weiter auf die hier vorgeschlagene Weise zu entschärfen, schon im denkmalbegrifflichen Vorfeld und bevor die Zumutbarkeitsproblematik auftritt: indem die objektimmanente Nutzbarkeit bereits in die Überlegungen zur Denkmalwürdigkeit eingeführt wird. Dann nämlich kommt es wohl in vielen Fällen gar nicht mehr zu Zuschußproblemen, weil eben eine denkmalverträgliche Nutzbarkeit Nutzungsverluste ausschließt. Als Ergebnis dieses Teiles E läßt sich also feststellen: Die Zumutbarkeit, in deren Rahmen die Nutzungsfrage herkömmlich geprüft wird, kann ambivalent wirken: Entweder sie wird weit ausgedehnt, was einer Tendenz entspricht - dann droht eine inhaltliche Verkürzung der Rechte der Betroffenen; oder sie wird eng gefaßt - dann beeinträchtigt dies wirksamen Denkmalschutz. Die Denkmalverträglichkeit sollte auch deshalb nicht, wie bisher, allein in diesem Rahmen, sondern bereits bei der objektbezogenen Notwendigkeit eines Denkmalschutzes geprüft werden. Auf einer zweiten Stufe mag dann eine damit nicht identische Zumutbarkeitsprüfung stattfinden, welche „subjektiv gewendet" ist, also die konkreten Wünsche des Berechtigten und dessen finanzielle Lage berücksichtigt.
9 Leisner
F. Denkmalgerechte Nutzung und Steuerrecht I. Steuerrecht als „Subventionsrecht des Denkmalschutzes46 1. „Bundesrecht nach Landesrecht" Steuerrechtliche Regelungen sind von je her, und heute mehr den je, von entscheidender Bedeutung für den Denkmalschutz insgesamt, noch weit mehr als die öffentlichen Zuschüsse zu seinen Maßnahmen. In aller Regel wird ein Denkmaleigentümer bei der Erfüllung seiner Denkmalschutzverpflichtungen, wie bei all seinen Investitionen, vor allem in sein Kalkül einstellen, was er, in irgendeiner Weise irgendeiner steuerlichen Belastung gegenüber, „geltend" machen, insbesondere absetzen kann. Nachdem dann im Ergebnis der Fiskus einen erheblichen, nicht selten überwiegenden Teil der Belastungen zu tragen hat, stellt sich das Steuerrecht als „Subventionsrecht des Denkmalschutzes" dar - ohne Abgabenrecht kein Denkmalschutz. Da dieses Steuerrecht in all seinen wichtigen Einzelmaterien Bundesrecht, der Denkmalschutz aber in einer seltenen materienmäßigen Geschlossenheit eine Materie des Landesrechts ist, ergibt sich für den Bundesgesetzgeber daraus von vorne herein eine Problematik, die zwar auch sonst, aber nicht häufig in vergleichbarer Klarheit auftritt: Er muß das Recht des Gesamtstaates als Folgerecht des Landesrechts ausgestalten, hinsichtlich seiner Voraussetzungen schlechthin auf das Denkmalschutzrecht der Länder verweisen 1 . Damit erweist sich das Denkmal-Steuerrecht als eine Erscheinung von „Bundesrecht nach Landesrecht", wobei ranghöheres Bundesrecht durch die nachgeordneten Normen des Landesrechts sinnerfüllt und damit die Normstufenordnung unterlaufen, wenn nicht gar die Normenpyramide auf den Kopf gestellt wird. Derartige Phänomene sind allerdings seit langem geläufig und dogmatisch kaum zu vermeiden; man denke nur an die „Gesetzmäßigkeit der Verfassung" 2. Dies schließt allerdings die sich im folgenden (IV. 2.) stellende Frage nicht aus, ob das normhöhere Steuer-
1
Und dies ist denn auch geschehen, vgl. etwa Kirchhof/Söhn, EStG, Kommentar, § 7 i, A 16; Kurth, H., DB 1985, 3 f. 2 Gegenstand des Beitrages von Leisner, W., JZ 1964, 211 ff., vgl. ders. Staat, 1994, S. 276 ff.
I. Steuerrecht als „Subventionsrecht des Denkmalschutzes"
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recht des Bundes nicht doch etwas zur Sinnerfüllung oder wenigstens Akzentuierung des rangniederen Denkmalschutzrecht der Länder beitragen kann 3 .
2. Das Zurücktreten des Denkmal-Steuerrechts im Recht des Denkmalschutzes In bemerkenswertem, ja erstaunlichem Gegensatz zur praktischen Bedeutung des Denkmal-Steuerrechts im Bereich des Denkmalschutzes steht die Tatsache, daß jenem Abgabenrecht im Denkmalschutzrecht als solchem, als Materie des Besonderen Verwaltungsrechts verstanden, kaum Beachtung geschenkt wird. Während sich in einer Gesamtdarstellung des Kulturgüterrechts 4 der verwaltungsrechtliche und der steuerrechtliche Teil in etwa die Waage halten, kommt im speziellen verwaltungsrechtlichen Schrifttum die Frage nach der steuerrechtlichen „Verwertbarkeit denkmalschützerischer Belastungen kaum, allenfalls noch am Rande von Übersichtsbeiträgen vor 5 . Nicht als ob nicht schon früher die „steuerliche Behandlung von Kulturgütern" als Problem des Denkmalschutzes erkannt worden wäre 6 ; und auch in der Verwaltungsrechtsprechung tauchen gelegentliche Bezugnahmen auf steuerrechtliche Privilegierungen auf 7 . Obwohl aber schon damals „sinnvolle Nutzung" eine der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme abgabenrechtlicher Vergünstigungen war, ist es, soweit ersichtlich, bis heute nicht zu Bemühungen gekommen, diesen Begriff für die Nutzungsdogmatik des Denkmal-Verwaltungsrechts nutzbar zu machen. Ein Ansatz dazu soll im folgenden geboten werden.
3
Wie dies ja oben B. bereits zum Nutzungsbegriff nach dem Eigentumsrecht des Bundes untersucht wurde. 4 Wie es das Handbuch von Kleeberg/Eberl darstellt. 5 Z.B. bei Moench, Chr., NJW 1983, 2002; ders. NVwZ 1988, 316. 6 Immerhin haben ihm v. Schalburg, R., und Kleeberg, R. bereits 1968 in 1., 1976 in 2. A. eine längere systematische Abhandlung unter diesem Titel gewidmet, welche vom letzteren Autor in einem Nachtrag auf den Stand von 1982 gebracht worden ist. 7 Z.B. VGH Mannheim DVB1 1986, 188, zu den damaligen §§ 82 i und 82 k EStDV. 9*
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F. Denkmalgerechte Nutzung und Steuerrecht
I I . Die Entwicklung der Steuergesetzgebung im Denkmalbereich - Allgemeines 1. Der Schwerpunkt der abgabenrechtlichen Regelungen im Einkommensteuerrecht Der Denkmaleigenschaft eines Objekts kommt für eine Reihe von Steuerarten herkömmlich und auch heute noch Bedeutung für die Abgabenbelastung ihres Inhabers zu. Zu nennen sind - seit eine Vermögensteuer nicht mehr erhoben wird 8 - Gewerbesteuer, Grundsteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Umsatzsteuer 9. Der Schwerpunkt der praktischen Bedeutung des Steuerrechts für den Denkmalschutz liegt aber, nach wie vor, bei der Einkommensteuer und der dort früher gesetzlich gestatteten und nun ausdrücklich vorgesehenen Abzugsfähigkeit von Kosten, welche Belastungen der Steuerpflichtigen für den Denkmalschutz darstellen 10 . Für die vorliegende Untersuchung ist diese Spezialmaterie des Abgabenrechts schon deshalb von entscheidendem Interesse, weil sich eben dort Normierungen zur denkmalgerechten Nutzung bei der Voraussetzung der „sinnvollen Nutzung" finden. Bei primär wertbezogenen Abgaben wäre derartiges auch nicht zu erwarten.
2. Die Entwicklung der Einkommensteuer-Gesetzgebung Das Einkommensteuerrecht des Denkmalschutzes hat sich in drei Phasen entwickelt: a) Bis 1977 konnten besondere, auf denkmalschützerische Verpflichtung zurückzuführende Belastungen lediglich im Rahmen der Abzugsmöglichkeiten bei den jeweiligen Einkunftsarten geltend gemacht werden 11 . Im Vordergrund standen dabei Absetzungsmöglichkeiten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, also bei einer spezifischen Nutzungsform des Objekts. Für eigengenutzte Objekte waren Vergünstigungen nicht vorgesehen. b) Aufgrund der „Denkmalsensibilisierung", wie sie in den Landesgesetzen seit 1973 zum Ausdruck kam, wurden erstmals mit dem Gesetz zur Er8
Zum früheren Rechtszustand v. Schalburg/Kleeberg, Die steuerliche Behandlung, S. 59 ff. m. Nachträgen 1982. 9 Kleeberg/Eberl t Hdb. Rn. 606 ff., 623 ff., 700 ff., 800 ff.; früher v. Schalburg/ Kleeberg, a.a.O. S. 91 ff. m. Nachtr.; vgl. auch Boochs, W., DStZ 1986, 505; Kurth, H., DB 1985, 12 f.; Martin, S., BB 1979, 831 ff. 10 Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 351 ff.; früher v. Schalburg/Kleeberg, a.a.O., S. 116 ff., behandelt auch a.aen.Oen. 11 v. Schalburg/Kleeberg, Steuerliche Behandlung, S. 116 ff.
II. Die Entwicklung der Steuergesetzgebung im Denkmalbereich
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haltung und Modernisierung kulturhistorisch und städtebaulich wertvoller Gebäude von 1977 12 Abschreibungsmöglichkeiten für denkmalschützerische Belastungen als solche eingefühlt. Dies geschah im Wege der Verordnungsermächtigung, welche durch die §§ 82 i, 82 k EStDV ausgefüllt wurde 13 . Damit hatte sich eine bedeutsame Wende vollzogen: Wurden früher Baumaßnahmen nur mit wohnungspolitischer Zielsetzung privilegiert 14 , so wurde nun die staatliche Förderung auch denkmalschützerischen Belangen als solchen zuteil. Übrigens ist die Verbindung zwischen beiden Förderzielen nie verloren gegangen: Sie zeigt sich auch noch nach 1990 (vgl. i. Folg.) und damit in der Gegenwart. In ihr kommt zum Ausdruck, daß die - wohnungsbauliche - Nutzbarkeit herkömmlich für das Recht des Denkmalschutzes und damit für die Denkmalbegrifflichkeit von grundsätzlicher und allgemein-objektbezogener Bedeutung ist. c) Seit 1990 gelten die einkommensteuerlichen Regelungen der §§ 7 i, 7 h, 10 f und I I b EStG 1 5 ; sie lösen (§ 7 i EStG) die bisherigen Regelungen der §§ 82 i, 82 k EStDV ab, ebenso Normierungen über die Abzugsfähigkeit bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnungen (§ 10 f EStG) 1 6 . Überdies ist nun auch die Erhaltung nicht denkmalgeschützter Bauwerke privilegiert, welche nach kommunaler Entscheidung aus geschichtlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Gründen in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten oder einem städtebaulichen Entwicklungsbereich erhalten werden sollen (§ 7 h EStG) 1 7 . Für die vorliegende Betrachtung im Vordergrund steht § 7 i EStG, auf den § 10 f EStG verweist. Die Voraussetzung der städtebaulich-kommunalen Privilegierung (§ 7 h EStG) stimmen im Ergebnis mit denen des § 7 i überein 18 . Die folgenden Ausführungen beschränken sich daher auf die nähere Untersuchung von § 7 i Abs. 1 S. 1 und 2. Die Vorschriften lauten: „Bei einem im Inland belegen Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, kann der Steuerpflichtige abweichend von § 7 Abs. 4 und 5 jeweils bis zu 10 v.H. der Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder 12
Bundesgesetz vom 22.12.1977, BGBl. I 3107, § 51 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Dazu näher Stuhrmann, G., DStZ 1990, 107, siehe auch Kirchhof/Söhn, EStG § 7 i Rn. A 20. 14 Kirchhof/Söhn EStG § 7 i, Rn. A 25. 15 Welche durch Bundesgesetz zur steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus vom 29.12.1989 (BGBl 1, 2408) eingefügt worden waren. 16 Die früheren Übergangsvorschriften des § 52 Abs. 21 EStG ersetzend. 17 Vgl. dazu Kleeberg/Eberl, Hdb. Rn. 559 ff. 18 Insb. in der hier wichtigen Nutzungsfrage: Dort ist von „funktionsgerechter Verwendung" (§ 7 h Abs. 1 S. 2 EStG), hier von „sinnvoller Nutzung" (§ 7 i Abs. 1 S. 1 u. 2 EStG) die Rede. 13
134
F. Denkmalgerechte Nutzung und Steuerrecht
zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Jahren absetzen. Eine sinnvolle Nutzung ist nur anzunehmen, wenn das Gebäude in der Weise genutzt wird, daß die Erhaltung der schützenswerten Substanz des Gebäudes auf die Dauer gewährleistet ist."
III. „Die Herstellung" 1. Herstellungskosten „zur Erhaltung oder sinnvollen Nutzung" Begriffsklärung Das geltende Gesetzesrecht sieht „erhöhte steuerliche Absetzungen" lediglich dann vor, wenn den Steuerpflichtigen „Herstellungskosten für Baumaßnahmen" zur „Erhaltung oder zur sinnvollen Nutzung" des Gebäudes treffen. „Herstellungskosten" ist also der Oberbegriff über „Erhaltung" und „sinnvoller Nutzung"; er muß jedenfalls erfüllt sein, und „Herstellung" bezieht sich dabei auf die Baumaßnahmen, nicht auf deren Ergebnis. Daher ist zwischen „Erhaltungsaufwand" und „Herstellungsaufwand" begrifflich nicht (mehr) zu unterscheiden 19. Werden z.B. Fenster und Türen erneuert oder Fundamente saniert, so handelt es sich nun um „Herstellungskosten für Baumaßnahmen zur Erhaltung", werden neue Bäder eingebaut, so liegen „Herstellungskosten für sinnvolle Nutzung" vor. Dieses Verständnis wird bestätigt durch § 7 i Abs. 1 S. 4 EStG, wo wiederum von „Herstellungskosten für Baumaßnahmen" die Rede ist, die „zur Erhaltung ..." erforderlich sind. Daß dies unglücklich formuliert ist, liegt auf der Hand; denn „Maßnahmen" werden „durchgeführt", nicht „hergestellt". Klar ist dennoch, was der Gesetzgeber meint: Absetzbar sind Erhaltungs- oder Nutzungsermöglichungskosten.
2. Erhaltung - nicht „Schaffung von Neuem" Wesentlich ist also bei den „Herstellungskosten" eine andere Abgrenzung: nicht die zwischen „Auswechslung" und „Ergänzung" von Elementen eines Bauwerks, sondern diejenige, welche die herkömmliche Problematik der Unterscheidung von „(Wieder-)Herrichtung" und Neubau lösen soll; sie besteht weiter. „Umbau" und „Neubau" sind sorgfältig zu unterscheiden. Ein Neubau schafft kein Denkmal, kann also weder dessen Erhaltung noch seiner sinnvollen Nutzung dienen. Der BFH hat dazu eine Einzelfallrecht19 A.A. aber wohl noch Kirchhof/Söhn, a.a.O., B 12, (vgl. dazu i.F.) doch dieses Verständnis betrifft entweder nur das Verhältnis Erhaltung-Herstellung von Neuem, oder sie geht auf frühere Gesetzgebung und vor allem Rspr. zurück, nach der in der Tat zwischen „Herstellung" und „Erhaltung" zu unterscheiden war; vgl. dazu Kurth, H., Der Betrieb 1985, 6.
IV. Absetzbarkeit von Kosten zur „sinnvollen Nutzung"
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sprechung zum Modernisierungsaufwand entwickelt 20 . Allerdings hat diese Judikatur insbesondere früher kein einheitliches Bild geboten 21 : Die seinerzeit vorherrschende Tendenz, in vielen Fällen „Neubau" anzunehmen 22 , ist nach der Neufassung von 1990 nicht mehr berechtigt. Denn nun sind ja absetzungsfähig auch Kosten, welche der sinnvollen Nutzung, nicht mehr nur der Erhaltung des Denkmals dienen.
IV. Absetzbarkeit von Kosten zur „sinnvollen Nutzung" 1. Der Begriff „sinnvolle Nutzung" a) „Sinnvolle Nutzung" ist ein Kernbegriff des Denkmal-Steuerrechts. Soweit ersichtlich findet er sich nicht in den Landesgesetzen zum Denkmalschutz. Dies gilt auch für die Regelung von Nutzungspflichten. In Art. 5 des Bayerischen Gesetzes kommt der Begriff ebensowenig vor wie in § 14 Abs. 2 des Hamburger Denkmalschutzgesetzes. Es handelt sich eindeutig um einen jener unbestimmten Rechtsbegriffe, wie sie insbesondere zur Bestimmung der Denkmaleigenschaft verwendet werden (vgl. oben C. II. 1.). Deshalb ist auch davon auszugehen, daß der Verwaltung, hier den Denkmalbehörden, insoweit kein normativer Beurteilungsspielraum (Eberhard Schmidt-Aßmann) zur Verfügung steht 23 , sondern daß die Verwaltungsgerichte die Auslegung und Anwendung des Begriffs in vollem Umfang nachzuprüfen haben. b) „Sinnvolle Nutzung" dient, seit dem Jahre 1990, als gleichberechtigter Zwecksetzungsbegriff, neben dem der „Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal". Dies ergibt sich klar aus einem Gesetzeswortlaut, der von einem „(Erhaltung) und ..." zu einem „oder" übergegangen ist. Im Schrifttum wird darin zu Recht eine Erweiterung der Absetzungsmöglichkeiten gesehen 2 4 . Die betreffenden Baumaßnahmen müssen nun in der Tat nicht mehr gerade „zur Erhaltung des Baudenkmals erforderlich" sein, was früher nach § 82 i EStDV Voraussetzung der steuerlichen Begünstigung war. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut ist vielmehr eine „sinnvolle Nutzung" immer bereits dann anzunehmen, wenn durch Nutzung „die Erhaltung der schützenswerten Substanz des Gebäudes auf die Dauer gewährleistet ist" (§ 7 i Abs. 1 20
Siehe etwa BFH/NV 1991, 670; BFH/NV 1994, 705. Dazu Kurth, H., a.a.O. sowie 9 m. Nachw. 22 So etwa beim Umbau eines Denkmals, das als Wohngebäude genutzt wird, in ein Bürohaus - krit. dazu zutr. Boochs, W., DStZ 1986, 502. 23 Die Äußerung bei Kleeberg/Eberl, Hdb., Rn. 458 darf also nicht in diesem Sinn verstanden werden. 24 Hahn, G., DB 1990, 66, ebenso Kleeberg/Eberl, a.a.O.; vgl. auch Stuhrmann, G., DStZ 1990, 108. 21
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F. Denkmalgerechte Nutzung und Steuerrecht
S. 3). Dies ist aber nicht im strengen Sinne eines „dadurch" zu verstehen, dahin also, daß die Nutzung gerade wiederum nur die Erhaltung zum Ziel haben müßte. Denn dann liefe die gesetzliche Änderung von „und" in „oder" ins Leere: Eine Unterscheidung zwischen den Zwecksetzungen „Erhaltung" und „sinnvolle Nutzung" wäre nicht möglich. „Sinnvolle Nutzung" ist eben alles, was - einerseits nur der Erhaltung der Bausubstanz des Gebäudes, nicht der des Gebäudes als solchen, nicht entgegensteht, - zum anderen dies „gewährleistet", nicht „bezweckt", also dieser Substanzerhaltung jedenfalls nicht entgegensteht; allenfalls könnte man es so verstehen: „ihr auch dient", nämlich neben der Verfolgung anderer Nutzungszwecke. Damit zeigt sich deutlich, was die Neufassung bringen will, was daher ein RegierungsVertreter seinerzeit schon wie folgt formuliert hat 2 5 : „Die Neuformulierung bringt klar zum Ausdruck, daß Baumaßnahmen, die das Baudenkmal an die zeitgemäßen NutzungsVerhältnisse anpassen, auch dann begünstigt sind, wenn sie nicht zusätzlich unmittelbar die Substanz des Baudenkmals erhalten, d.h. die Merkmale, die Eigenschaft des Baudenkmals begründen. In gleicher Weise kommt es bei Aufwendungen, die auf die Substanz des Baudenkmals gemacht werden, nicht darauf an, ob sie zur sinnvollen Nutzung des Baudenkmals erforderlich sind." Daraus folgt, daß der Bundesgesetzgeber des EStG die „Anpassung an zeitgemäße Nutzungverhältnisse" nicht als denkmalschutzwidrig einstuft solange sie nicht zur Beeinträchtigung der Bausubstanz führt. Allenfalls könnte man ihm noch unterstellen, er habe dies unter den weiteren Vorbehalt gestellt, daß eine solche Umbaumaßnahme jedenfalls „mittelbar" der Erhaltung des Gebäudes diene - indem etwa durch Einbau zeitgemäßer sanitärer Einrichtungen das Bauwerk bewohnbar oder als Büro, Tagungsstätte oder in anderer Weise zum (ständigen) Aufenthalt von Menschen nutzbar bleibe 26 . In aller Regel wird ohnehin die Nutzung eines Objekts dessen Erhaltung auf jeden Fall, zumindest eben „mittelbar", dienlich sein. c) Nachdem somit die Begriffe „Erhaltung" und „sinnvolle Nutzung" gleichberechtigt nebeneinander stehen 27 , ergibt sich daraus, ganz im Sinne der bisherigen Ergebnisse dieser Untersuchung, ein Dreifaches:
25
Stuhrmann, a.a.O. Dies bringt die im Schrifttum zutreffend verwendete Formulierung von der „unmittelbaren" ErhaltungsWirkung zum Ausdruck, die bei solchen Umbauten nicht erforderlich sei (Hahn, G., DB 1990, 66; Stuhrmann, a.a.O.). So ist bei Kirchhof/ Söhn EStG § 7 i B 16 denn auch die Rede von der „bestmöglichen Bewahrung der Denkmaleigenschaft". 27 Kirchhof/Söhn, a.a.O. 26
IV. Absetzbarkeit von Kosten zur „sinnvollen Nutzung"
137
- eine Absage an die Exklusivität oder auch nur den Primat der „rein musealen Konservierung" im Recht des Denkmalschutzes. Dieser muß vielmehr zeitgemäßer Nutzung ebenso geöffnet bleiben wie der Bewahrung des Überkommenen; - die Doppelfunktion der „Erhaltung der Gebäudesubstanz" im Denkmalschutzrecht: Einerseits stellt sie den Kernbereich des DenkmalschutzZiels „Erhaltung" dar, andererseits bildet sie eine Schranke für die zeitgemäße Nutzung, die ihr aber nicht begrifflich unter- oder auch nur final zugeordnet ist, sondern gleichberechtigt neben ihr steht; - Denkmalnutzung auch, ja vor allem, in zeitgemäßer Form, als Begriffsinhalt des Denkmals als solchen. Denn wenn „Erhaltung" und „sinnvolle Nutzung" gleichgewichtige Voraussetzungen sind, aus denen sich das spezielle öffentliche Interesse an finanzieller Förderung ergibt, das Erhaltungsinteresse aber ein eindeutiges Interesse darstellt, welches Denkmalschutz legitimiert, wenn nicht konstituiert (vgl. oben C. V I I . ) 2 8 - dann steht auch fest, daß die „sinnvolle Nutzung", ebenfalls objektbezogen 29 , zum Denkmalbegriff gehört.
2. „Sinnvolle Nutzung" nach Bundes-Steuerrecht und Denkmalschutzrecht der Länder a) Hier stellt sich nun allerdings die eingangs dieses Hauptteils bereits erwähnte Frage nach dem selbständigen Aussageinhalt des Abgabenrechts des Bundes, im Verhältnis zum besonderen Verwaltungsrecht der Länder. Bringt das Bundesrecht andere oder auch nur ein Mehr an Norminhalte(n), so gehen diese als höherrangiges Recht dem Landesrecht des Denkmalschutzes vor. Ist dagegen das Bundesrecht als eine Art von „fortschreibender Folgerechtssetzung" zum Landesrecht zu begreifen, so kann dieses nach jenem ausgelegt werden. Schließlich wäre auch vorstellbar, daß beide Gesetzgebungen unterschiedliche Regelungskomplexe betreffen und daher normativ beziehungslos nebeneinander stehen. b) Dies letztere Verständnis läßt sich wohl kaum zugrunde legen. Zwar betrifft das Bundesrecht die steuerliche Behandlung, das Denkmalschutzrecht der Länder die Gestattung oder Nutzung der Objekte. Immerhin wird 28
Neuerdings formuliert sogar das Sächsische OVG auch für das Denkmal-Verwaltungsrecht, die Denkmaleigenschaft sei „vorrangig abhängig ... vom Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung des im Schutzobjekt verkörperten besonderen Aussagewertes, Erinnerungswertes oder Assoziationswertes des Objekts", DÖV 2001, 826, unter Hinweis auf Martin/Schröder/Wecker/Bregger, Sächs. DSchG § 2 Anm. 2.5.1.). 29 Die Objektbezogenheit wird denn auch schon zum früheren Recht betont von Stuhrmann, G., BB 1978, 150 f.
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F. Denkmalgerechte Nutzung und Steuerrecht
aber durch das Steuerrecht des Bundes doch zum Ausdruck gebracht, woran im Bereich des Denkmalschutzes ein öffentliches Interesse besteht. Dieses ist sogar so stark, daß der Staat zu einer groß angelegten Subventionierung des Denkmalschutzes übergeht, die auf eine weitreichende Teilfinanzierung hinausläuft. Darin kommt zum Ausdruck, daß „der Staat als solcher" - denn auch die Länder werden ja über Steuern finanziert - die „sinnvolle Nutzung" eines Baudenkmals als eine Form der Erfüllung von Aufgaben ansieht, welche „an sich" dem Staat, jedenfalls „auch ihm" obliegt. Eine völlige Abkoppelung beider Bereiche voneinander, in dem Sinn, daß die Voraussetzungen für beide ganz unabhängig voneinander festgelegt werden könnten, ist also kaum vorstellbar. Zu berücksichtigen ist ja auch, daß das Bundesrecht die Aufgabe des Denkmalschutzes implizit eher weiter begreift als das Landesrecht, wenn es den Denkmalbegriff um Vorstellungen der „sinnvollen Nutzung" erweitert. Es wäre aber nicht verständlich, daß der Steuerstaat „mehr" als denkmalwürdig ansieht als jenes Landesrecht, das den Denkmalschutz verwaltungsrechtlich regelt. Ebensowenig entsprach es ersichtlich den Intentionen des Bundesgesetzgebers, hier Denkmalschutzrecht mit eigenständigen, vom Landesrecht abweichenden Inhalten zu setzen. Politische Proteste der Länder und des Bundesrates wären nicht ausgeblieben; in Literatur und Rechtsprechung findet sich dazu aber kein Echo. c) Auszugehen ist also davon, daß der Steuergesetzgeber des Bundes seine Regelungen auf das Landesrecht gründen, aus diesem allein steuerrechtliche Folgerungen ziehen wollte. So hat es das Schrifttum gesehen, welches die Novellierung von 1990 durchgehend auf einem weitestgehend einheitlichen Denkmalschutzbegriff des Landesrechts aufgebaut sieht 30 . Nach dem Bundesverwaltungsgericht ist der landesrechtliche Denkmalbegriff maßgebend 31 ; für die Frage, ob eine Denkmaleigenschaft gegeben sei, ist nach steuerlicher Kommentarmeinung die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu beachten 32 . Nicht zu verkennen ist allerdings, daß die Prioritätenskala der Nutzungsformen, wie sie etwa das Bayerische Denkmalschutzgesetz in Art. 5 unter Vorrang der ursprünglichen Nutzung aufstellt, mit dem Steuerrecht des Bundes nicht zu vereinbaren ist. Die bereits oben (D. V. 2.) geäußerte Kritik sieht sich darin also bestätigt: Das Erhaltungsinteresse steht bei den herkömmlichen landesrechtlichen Zielen des Denkmalschutzes eindeutig im Vordergrund 33 . 30
So etwa Stuhrmann, G., DStZ, 1990, 108; ebenso ders. schon in BB 1968,
151.
31 32
BVerfG BRS 52, Nr. 124. Kirchhof/Söhn, EStG § 7 i A 28.
IV. Absetzbarkeit von Kosten zur „sinnvollen Nutzung"
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Das Steuerrecht des Bundes steht aber auch hinsichtlich der Nutzungen nicht im Gegensatz zum Denkmalschutzrecht der Länder, es bestätigt vielmehr die Ergebnisse, welche bereits auf der Grundlage des Landesrechts in den Hauptteilen C. und D. gefunden wurden. Das Bundesrecht nimmt das „gemeine deutsche Denkmalschutzrecht" in dem Sinn zusammenfassend auf, daß die „sinnvolle Nutzung" förderungswürdig ist, welche die objektimmanenten Nutzungsmöglichkeiten schon bei der Denkmaleigenschaft berücksichtigt, etwa Bewohnbarkeit oder kulturelle Nutzbarkeit von Wohnhäusern, Industrieanlagen, Schlössern oder Klöstern.
3. „Sinnvolle Nutzung" als „zeitgemäße Nutzung" a) Ein Denkmalbegriff, der von vorne herein, mithin schon bei Eintragung in die Denkmalliste nach dem deklaratorischen System, von zeitgemäßer Nutzbarkeit ausgeht, diese vor allem im Konstitutivsystem schon im entscheidenden Verwaltungsakt der Unterschutzstellung zum Ausdruck bringt, entspricht also auch dem geltenden Steuerrecht; und dies wurde sogar schon für das vor 1990 geltende Recht angenommen: „Aufwendungen erfolgen dann zur sinnvollen Nutzung, wenn sie zur Anpassung des Baudenkmals an zeitgemäße Wohnungsverhältnisse führen. Begünstigt sind daher auch solche Baumaßnahmen, die den Nutzungswert des Gebäudes steigern." 34 . Es geht also zu weit, wenn behauptet wird „sinnvolle Nutzung" beziehe sich „nicht primär auf die wirtschaftliche Situation des Baudenkmals, sondern auf seine Nutzung unter bestmöglicher Bewahrung der Denkmaleigenschaft" 35 . Die zeitgemäße Nutzung, jedenfalls wenn sie substanzerhaltend wirkt, ist als solche steuerlich förderungswürdig. Dies gilt auch dann, wenn sie, wie in aller Regel, eben doch primär wirtschaftlich ausgerichtet ist. Ein wie immer gearteter Primärbezug auf Konservierung ist nicht erforderlich. b) Dem entspricht auch die Offenheit, mit welcher das Steuerrecht seine Förderung Maßnahmen zuteil werden läßt, welche, jedenfalls in vielen Fällen, weitreichende Veränderungen der Schutzobjekte herbeiführen. Derartiges gilt etwa für Ergänzung eines teilweise erhaltenen Baudenkmals durch ein fehlendes Stockwerk samt Dach 3 6 , oder für die Tanslozierung eines Bauwerks 37 . Bei einer Entkernung ist es selbstverständlich, daß nur die 33 Versuche, den Primat der ursprünglichen Nutzung noch im Steuerrecht zugrunde zu legen (so etwa Kleeberg/Eberl, Hdb., Rn. 458) sind demgegenüber nicht unproblematisch. 34 Boochs, W., DStZ 1986, 502. 35 Kirchhof/Söhn, EStG, § 7 i B 16. 36 Kirchhof/Söhn, a.a.O., B 19. 37 Boochs, W., DStZ 1986, 503; Kirchhof/Söhn, a.a.O.
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F. Denkmalgerechte Nutzung und Steuerrecht
„denkmalverursachten Mehraufwendungen", etwa wegen erschwerter Bauabläufe oder Baustelleneinrichtung, begünstigt sind 3 8 . Bei sämtlichen übrigen Baumaßnahmen fehlt ja jeglicher Denkmalbezug; damit aber entfällt auch die Förderungswürdigkeit kraft notwendigen Sachzusammenhangs. c) Die Standardfälle von steuerbegünstigten Maßnahmen zur Ermöglichung zeitgemäßer Nutzung sind Einbau von Bädern und Toiletten, einer Zentralheizung und Warmwasserversorgung oder eines Fahrstuhls bei mehrstöckigen Gebäuden 39 . Hier kommen Gesichtspunkte des überwirkenden Bestandsschutzes zum Tragen, zur Sicherung der objektimmanenten Nutzbarkeit des Objekts, etwa als Wohngebäude. Die Praxis hat vor allem in zwei Bereichen mit sorgfältig abgewogenen Entscheidungen die nicht immer leicht zu ziehenden Grenzen zwischen sinnvoller Nutzung eines Denkmals und anderen Baumaßnahmen aufgezeigt, bei denen jeder Denkmalbezug fehlt: - Der Einbau einer Sauna oder eines Hallenbades stellt an sich keine überwirkend-bestandsschützende Maßnahme dar; sie fügt dem Bauwerk ja etwas völlig „Neues" im Sinne des Denkmalschutzrechts und etwas baurechtlich zwar Angenehmes, nicht aber Notwendiges hinzu 4 0 . Eine Sauna ist auch keine „sanitäre Anlage" 4 1 . Ob sich dieses eher restriktive Verständnis zeitgemäßer Nutzbarkeit auf Dauer in dieser Form aufrecht erhalten läßt, angesichts der raschen Entwicklung der Lebensgewohnheiten, darf allerdings bezweifelt werden. - Garageneinbau ist begünstigt, wenn er in das Denkmal selbst erfolgt oder infolge von dessen Denkmaleigenschaft außerhalb desselben stattfinden muß, nicht aber dort, wo er lediglich der Nutzung des Gebäudes als solchen dient. Diese letztere Einschränkung ist wieder für den Fall durchbrochen, daß die Stellplätze aus denkmalrechtlichen Gründen im Baudenkmal nicht untergebracht werden können, sie aber aus baurechtlichen Gründen für die sinnvolle Nutzung unerläßlich sind und sie Bestandteil des Baudenkmals werden 42 . Mit diesen Maßgaben läßt sich ein solches Verständnis der „Erforderlichkeit für eine sinnvolle Nutzung" halten. Die Denkmalverursachung der Nutzungsaufwendungen bleibt allerdings Voraussetzung jeglicher steuerlicher Förderung und genügt auch für diese; dies ist schon eine notwendige Folge des im Steuerrecht besonders streng zu beachtenden Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG). Deshalb sind die 38 39 40 41 42
OVG Münster n.v., zit. b. Kirchhof/Söhn, a.a.O. Kirchhof/Söhn, a.a.O. B 17. BFHE 112, 249; siehe auch BFHE 76, 313. BFHE 139, 169. Kirchhof/Söhn, a.a.O. B 18.
V. Steuerrecht - Bestätigung der denkmalgerechten Nutzbarkeit
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Grundsätze zur (Nicht-)Förderwürdigkeit aufwendig gestalteter oder ausgestatteter Häuser 43 hier nicht anzuwenden.
V. Fazit: Das Steuerrecht Bestätigung der denkmalgerechten Nutzbarkeit als Element des Denkmalbegriffs Das Denkmal-Steuerrecht des Bundes ist bisher für den Denkmalbegriff nicht fruchtbar gemacht worden. Es baut auf dem gemeinen deutschen Denkmalrecht der Landesgesetze und dessen Denkmalbegriff auf. Mit seinem Begriff der „sinnvollen Nutzung" als einer der zentralen Voraussetzungen steuerlicher Förderung bestätigt es das Ergebnis dieser Untersuchung: Objektimmanente Nutzbarkeit ist ein Begriffselement des Denkmalsbegriffs und daher bereits im Rahmen der Denkmalwürdigkeit des Schutzgegenstandes zu prüfen. Schutzrichtung und Schutzintensität der Denkmalpflege haben sich daher von vorne herein, und nicht erst im Rahmen einer letzt-korrigierenden Zumutbarkeitsprüfung, an den Möglichkeiten denkmalgerechter Nutzung zu orientieren. Bei einem zu Wohnzwecken geeigneten Objekt etwa hat Denkmalschutz einen anderen Sicherungsinhalt als bei einer Wehranlage oder bei einem Sakralbau. Das Steuerrecht belegt, daß, unter Zugrundelegung dieser Kriterien, der Denkmalschutz bei Umbauten großzügig zu handhaben ist. Die von ihm privilegierte „zeitgemäße Nutzung" sollte noch weiter und jedenfalls gegenwartsnah entfaltet werden.
43
Siehe etwa BFH E 146, 51.
G. Denkmalschutz in Hamburg Eigenart und Modellcharakter: Die Dominanz der Nutzbarkeit I. Die Fragestellung: Hamburgs Denkmalpraxis Praktische Bestätigung einer rechtsdogmatischen These 1. Die notwendige Verbindung von rechtlicher Betrachtung und denkmalpflegerischer Fachpraxis Diese Untersuchung war in ihren bisherigen Kapiteln der Begründung einer rechtsdogmatischen These gewidmet: daß die Nutzbarkeit eines Objekts „von Anfang an", also schon bei der Bestimmung seines Denkmalcharakters, in den Blick zu nehmen ist. Dies sollte „unter besonderer Berücksichtigung des Denkmalschutzes in Hamburg" geschehen. Das war kein zufälliges Programm, hinter ihm steht eine typisch denkmalpflegerische Fragestellung: Läßt sich erweisen, daß die hier im Mittelpunkt stehende objektimmanente Nutzbarkeit eines Denkmals als solche bereits in denkmalschützender Praxis eine wesentliche Rolle gespielt hat und ihr in der Gegenwart eine solche zunehmend zukommt, und spricht dies dafür, daß juristische Kategorien und Schlußfolgerungen, wie sie vorstehend entwickelt wurden, sich in der Praxis voll entfalten können, ja daß sie dort vielleicht schon weithin praktiziert werden? Hamburgs Denkmalschutz wurde dafür als Betrachtungsgegenstand ausgewählt, aus Gründen, die im folgenden noch näher zu erläutern sind (vgl. i. Folg. 2., II. ff.). Denkmalschutz ist nicht primär ein Juristengeschäft. Hier spielen Geschichte und Architektur, Stadtplanung und Politik die entscheidenden Rollen 1 . In der verzweigten Fachliteratur haben rein rechtliche Fragestellungen und Abhandlungen selten entscheidende Bedeutung, nicht einmal die Darstellungen von Entwicklungen und Organisation der öffentlichen Denkmalpflege. Sie erscheinen nur zu oft als lästiges Beiwerk, als Hemmschuh für Konservatoren und Investoren, für Architekten und Politiker; langwierige und aufwendige Gerichtsverfahren gilt es zu vermeiden, „bürokratische Hemmnisse" abzubauen. Gerade dabei muß jedoch das Recht mit seinen 1 Zur Bedeutung der geistes- und sozialwissenschaftlichen Theorien im öffentlichen Recht vgl. allg. Karpen, U., Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Rechtsprechungslehre, S. 84 ff.
I. Hamburgs Denkmalpraxis
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Begriffen, mit seiner Dogmatik Hilfestellung leisten: Mehr als irgendwo sonst ist das Recht zur Vermeidung von Rechtsstreit aufgerufen; denn der Zahn der Zeit nagt, die Finanzströmungen werden schneller. Dieser Aufgabe darf sich das Recht nicht nur in der Form stellen, daß es versucht, Inventarisierungsbemühungen des Denkmalschutzes zu kopieren und sich damit auf Beschreibung von Verwaltungsvorgängen beschränkt. Gefordert ist deren zusammenschauender Einbau in die normativen und administrativen Strukturen. Sie müssen gewiß geöffnet sein zur Realität, diese „abbilden", wie es nun die Verfassungsrechtsprechung ausdrückt. Aber sie sind nicht ein marxistischer Überbau über dieser, vielmehr kommt ihnen eigenes Ordnungsgewicht zu, das sie allerdings in engen Kontakten, in laufendem Dialog mit der denkmalpflegerisehen Fachpraxis zum Tragen bringen müssen. Dies soll im folgenden am Hamburger Beispiel versucht werden.
2. Die Fragestellungen im einzelnen - Plan a) Hamburgs rechtliche Besonderheiten haben bereits in den vorstehenden rechtsdogmatischen Kapiteln Erwähnung gefunden - in spezifisch rechtlicher Betrachtungsweise. So wurde auf die Entwicklung des Denkmalschutzes in der Hansestadt hingewiesen (oben A. II.), auf die dortige Zuschußpraxis (oben E. V.), vor allem aber auf die „Hamburger Lösung" der vertraglichen Einigungen über Nutzungen (oben D. VI.), die auch bei rein rechtsdogmatischer Betrachtung als ein eigenständiges Modell angesehen, auch in anderen Landesgesetzgebungen verankert oder sogar jetzt schon allenthalben in der Praxis der Denkmalpflege zugrunde gelegt werden könnte. b) Im folgenden geht es jedoch um etwas anderes, in gewissem Sinn um mehr: Die rechtlichen Ergebnisse sollen am Beispiel der Hamburger Praxis überprüft werden, um zu erkennen, ob sie nicht gerade dort einer denkmalpflegerischen Grundstimmung wie täglicher Handhabung der rechtlichen Instrumentarien entsprechen. Dabei können nicht Einzelanalysen der praktischen Arbeits-, insbesondere der Verwaltungsverfahren erwartet werden. Denn diese sind so vielgestaltig, laufen so unterschiedlich ab, wie ihre potentiellen Gegenstände, die Monumente, sich präsentieren, in ihrer unverwechselbaren „Situationsgebundenheit". Deshalb ist auf ein Doppeltes Wert zu legen: - zum einen auf eine Erweiterung des Betrachtungshorizonts in die geschichtliche Entwicklung denkmalschützerischer Bemühungen hinein, - andererseits ist ein Akzent auch bei der Darstellung der „typisch hanseatischen Grundstimmung" zu setzen, aus der heraus Denkmalschutz in
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G. Denkmalschutz in Hamburg
Hamburg betrieben wird, Denkmalnutzung stattfindet, von jeher und noch heute. Diese kombinierte Betrachtungsweise wird ermöglicht durch die sorgfältigen, veröffentlichten Dokumentationen des Hamburger Amtes für Denkmalschutz, zugleich durch die Auskünfte und fachkundigen Einschätzungen seitens führender Denkmalschutzverantwortlicher der Hansestadt2. Im folgenden wird, nach allgemeinen Feststellungen zur „Denkmallage", insbesondere zur angeblichen "Denkmalarmut Hamburgs" (II. 1.), die wirtschaftliche, kulturelle und städtebauliche „Grundstimmung" beschrieben, aus der heraus an der Alster Denkmalschutz betrieben wird (II. 2. ff.). Sodann werden, einer gewissen Zeitperiodengliederung folgend, Beispiele markanten Denkmalschutzes vorgestellt, von Kirchen bis zu Fabriken und Speicheranlagen (III.). Es folgt eine kurze Darstellung der Organisationsstruktur des Denkmalschutzes in der Hansestadt und das Kapitel schließt mit einer Skizzierung eines „Verwaltungsmodells des Denkmalschutzes in Hamburg", in seiner Bestätigungswirkung für die Ergebnisse der Gesamtuntersuchung. c) In all diesen Abschnitten steht die Nutzungs-, vor allem die Umnutzungsproblematik wiederum im Mittelpunkt. Es geht also, wie schon in den vorhergehenden Betrachtungen, nicht um Monumente, die „nur in reiner Betrachtungs-Nutzung" wirken können, wie etwa das Bismarck-Denkmal. Schon bei der Silhouettenerhaltung fließen jedoch vielfache Nutzungsfragen in die Problematik ein, und selbst bei Kirchtürmen mag sich die „Grundströmung" eines Denkmalschutzes in den Alternativen: Abriß - Neubau Umbau wenigstens als solche dokumentieren, welche dann, bis in zeitgemäße Wohnnutzungen hinein, die Denkmalpflege bei der Lösung von konkreten Nutzungsentscheidungen begleitet. Zugrunde zu legen ist daher in diesem Sinne ein weiter (Um-)Nutzungsbegriff.
II. Historische, kultur- und sozialpsychologische sowie städtebauliche Gegebenheiten die „Grundstimmung des Denkmalschutzes44 in Hamburg 1. Keine Denkmaldominanz - Denkmalarmut? a) Hamburg, ein Venedig des Nordens, ist keine Cittä-Museo, wie die ihm in vielem doch so verwandte Lagunenstadt. Monarchisch-adelige oder kirchlich-fürstliche Prachtbauten aus jenen Zeiten, in denen der heutige Be2 An dieser Stelle sei vor allem ausdrücklich gedankt Herrn Prof. Dr. Manfred Fischer und Herrn Dr. Volker Konerding für vielfache literarische und persönliche Informationen und Anregungen.
II. „Grundstimmung des Denkmalschutzes" in Hamburg
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griff des Monumentum geprägt wurde, also dem 16. bis 18. Jahrhundert, hat die Stadt an der Alster nicht aufzuweisen; erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts findet dort ein vergleichbar geprägter Begriff des „Denkmals" überhaupt Eingang 3 . Mittelalterliche, insbesondere spätgotische Kirchenbauten waren zwar in beachtlicher Zahl überkommen 4 , und auch auf die Barockzeit gehen viele einzelne Bauwerke zurück 5 , die zum Teil durchaus repräsentativen Charakter haben; für das 19. Jahrhundert konnte von Beispielen einer „Herrschaftsarchitektur" gesprochen werden 6 . Doch eine eigentliche „Staatskunst" war dies nicht, eine „Staatsarchitektur" entfaltete sich nirgends; die Bauten dienten nicht der „Macht", sie wurden nicht machtmäßig oder auch nur machtbewußt genutzt. Vor allem aber erhob diese Bautätigkeit weder im klassischen Sinn Exegi monumentum aere perennius 7 - Ewigkeitsanspruch, noch sollte sie auch nur in irgendeiner Weise „dominieren", auch nicht städtebaulich. Hinter allen Darstellungen des Hamburgischen Denkmalschutzes oder aus seiner Sicht steht eine Ausgangsannahme: Hamburg ist keine „denkmaldominierte" Stadt, kein Ort, an dem mächtige, machtträchtige Bauwerke die Entwicklung beherrschen und den Denkmalschutz. Das hat eine Konsequenz für diesen, welche ihn hier von dem unterscheidet, was in den meisten (Innen-)-Städten des deutschsprachigen Raumes praktiziert werden kann: Denkmalschutz unter dem Primat museal-konservierender Denkmalpflege. Um gleich eine wichtige Folgerung für diese Betrachtung zu ziehen: Damit stellt sich von vorne herein und bereits nach der allgemeinen „Denkmallage", die Frage der Nutzbarkeit von Monumenten in einem anderen Licht als etwa in Wien oder in München, aber selbst noch in Würzburg oder Dresden. Das aus heutiger Sicht „völlig nutzungsferne" Monument, das große Schloß, Palais oder Kloster, angesichts dessen erst nach längerem Nachdenken überhaupt die Frage einer „zeitgemäßen Nutzung" sich aufdrängt, stellt an der Unterelbe nicht den einen, den denkmalschutzprägenden Prototyp dar. Hamburg ist eine Stadt der Nutzbauten immer gewesen, ist es mehr denn je. Daß Hamburg eine denkmalarme Stadt sei - eine solche Feststellung begleitet den Denkmalschutz der Hansestadt mit einer Hartnäckigkeit, die für 3
Vgl. dazu Fischer, M. F. in: Kulturbehörde (Hg.), Denkmalpflege, Seite 14 f. Siehe dazu Plagemann, V., Kunstgeschichte, S. 55 ff. 5 Plagemann, a.a.O. S. 116 ff. 6 Plagemann, V., Führer, S. 174 ff.; doch dabei handelt es sich um Phänomene eines Denkens, das aus dem preußisch-deutschen Kaiserreich in die Hansestadt importiert wurde. 7 Horaz, Carmina III, 30, 1. 4
10 Leisner
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G. Denkmalschutz in Hamburg
den Außenstehenden manchmal fast komplexhaft anmutet. Häufig wird das Wort des Staatssekretärs Johannes Martin Lappenberg aus dem Jahre 1852 zitiert: „Das Wenige, was wir an Alterthümern und Kunstschätzen besaßen, ist verlorengegangen durch die Unkunde und Gleichgültigkeit des 18. Jahrhunderts." 8 . Unausgesprochen bleibt ein solches Bedauern gegenwärtig, wenn insbesondere Kunsthistoriker die Entwicklung der Aufgaben des Hamburger Denkmalschutzes darstellen 9. Und in neueren Publikationen erscheint es nicht selten zwischen den Zeilen, zumindest in Form eines kühlen Understatement. Verständlich wird dies angesichts der wahrhaft fürchterlichen, in ihrer halbhundertjährigen Kadenz für eine deutsche Großstadt einmaligen Verwüstungen, welche den Hamburger Denkmalbestand dezimiert haben: 1842 der große Brand, der 1/3 der damaligen Altstadt vernichtete 10 , 1892 eine Choleraepidemie, welche zu sanierungsbedingten Veränderungen in großem Stil führte, in den Jahren nach 1940 alliierte Bombardierungen, welche erneut über die Hälfte der Innenstadt auslöschten11. Was „denkmaldominant" hätte wirken, sich dahin wenigstens entwickeln können, wurde weithin zerstört, aus der beherrschenden Wirkung in Umgebungen und Zusammenhängen gerissen. So schien sich das fast schon geflügelte Wort Alfred Lichtwarks vom Anfang des 20. Jahrhunderts von der „Freien und Abrißstadt Hamburg" in trauriger Weise über die Jahrhunderte zu bestätigen. Dabei sind noch Zerstörungen nicht berücksichtigt, die sich durch Abbrüche wegen Mangel an Sicherungsmitteln oder im Profitzug des Wirtschaftswunders ergeben haben 12 , selbst wenn man wohl nicht von einer „Zweiten Zerstörung Hamburgs", ähnlich wie etwa im Fall von München, sprechen kann. Gerade diese Kadenz von Zerstörungen und Aufbau hat in Hamburg eine Denkmallage hervorgebracht, in der sich die Nutzungsproblematik mit einer durchgängigen Intensität stellt - in Zusammenschau mit anderen, noch zu erwähnenden Faktoren - wie dies kaum in einer anderen Stadt Deutschlands der Fall ist. b) Hamburg ist jedoch keine „denkmalarme Stadt", schon die erstaunlich große Zahl der in Kunst- und Reiseführern aufgelisteten und der in der Fachliteratur dargestellten Objekte widerlegt dies. Allenfalls läßt sich weithin eine gewisse Streulage feststellen.
8
Zit. nach Hanmann, E., in: Kulturbehörde (Hg.), Denkmalpflege, S. 7; Fischer, M. F., ebda. S. 17. 9 So etwa bei Fischer, a.a.O., S. 99 ff. 10 Dazu näher Plagemann, V., Kunstgeschichte, S. 225 f.; ders. (Hg.), Industriekultur, S. 21 ff.; vgl. auch Fischer, a.a.O., S. 16. 11 Fischer, a.a.O., S. 57 f.; Rüttgerodt-Riechmann, J., Die Hamburger Innenstadt nach 1945, in: Kulturbehörde (Hg.) Altstadt, S. 49 ff. 12 Zu dieser Periode des Wiederaufbaus unter den Chefkonservatoren Hopp (1945 bis 1950) und Grundmann (1950 bis 1959) siehe Fischer, a.a.O., S. 57 ff.
II. „Grundstimmung des Denkmalschutzes" in Hamburg
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Im Zusammenhang der vorliegenden Untersuchung ist dafür aber ein Anderes entscheidend: Nur wenn man das Denkmal im Sinne des Historismus definiert, der allerdings auch in Hamburg Ausgangspunkt des Denkmalschutzes war 1 3 , könnte man etwas feststellen wie fehlenden Denkmalreichtum. Erstreckt man dagegen den Denkmalbegriff wenn nicht bis in die Gegenwart, so doch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts - eine Sichtweise, die sich in Fachkreisen der Denkmalpflege immer mehr durchsetzt - so ist Hamburg sogar eine an Denkmalen, eben an moderneren Monumentalbauten, überaus reiche Stadt. Viele von ihnen, darunter einmalige Ensembles wie die Speicherstadt, gelten heute selbst schon in der Sicht jenes Historismus durchaus als Denkmale, aus der heraus sie auch seinerzeit monumental errichtet worden sind. Greifen die vielbeklagten Entwicklungen der Schablonierung und der Stadtverödung weiter um sich, was zu erwarten steht, so werden sich entsprechende Bewertungen noch weiter ausbreiten und intensivieren. Hamburg als eine solche Stadt „moderner Monumentalität" ist aber ein besonders geeigneter Betrachtungsgegenstand für eine Problematik denkmalgerechter, zeitgemäßer Nutzbarkeit. Denn in dieser neuesten Zeit ist, angesichts der rasch ansteigenden wirtschaftlichen Dynamik, diese Frage ganz natürlich immer mehr in den Mittelpunkt des Denkmalschutzes gerückt.
2. „Kommerzmentalität44 und Nutzungsorientierung a) Hamburg war von jeher Hafen- und damit Handelsstadt, durchwegs im Bewußtsein seiner Bürger wie in den Entscheidungen seiner Politiker „von wirtschaftlichem Denken geprägt" wie keine andere deutsche Stadt. Dies hat sich auch in den letzten Jahrzehnten nicht geändert, sondern eher noch verstärkt, in denen sich die Alstermetropole immer mehr zum Dienstleistungszentrum im weitesten Sinn entwickelt. Dies kennzeichnet schon die Entfaltung im 19. Jahrhundert. „Es versteht sich fast von selbst, daß die Stadt infolge dieser Entwicklung ihr Ansehen vollständig veränderte. Der Stadtkern innerhalb der historischen Wallrings entwickelte sich zur City eines Welthandelsplatzes. Die Speicherstadt, Herz des Freihafens, verdrängte ein barockes Kaufmannsviertel; Kontor- und Warenhäuser, Verwaltungsbauten, Banken und Hotelgebäude entstanden anstelle der für Teile der Altstadt noch typischen, bevölkerungsreichen Gängeviertel" 14 . Gerade deshalb gilt: „ A u f repräsentative architektonische Gesten, die für fürstliche Residenzstädte ganz selbstverständlich waren, ver13 14
S. 10. 10*
Siehe dazu Fischer, a.a.O., S. 9 f. Konerding, V., in: Kulturbehörde (Hg.), Denkmalschutz und Denkmalpflege,
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G. Denkmalschutz in Hamburg
zichtete man ohnehin in der Stadtrepublik. Wichtig war für den durch Nüchternheit geprägten Bürgersinn, daß Handel, Schiffahrt und Gewerbe florierten, alles andere war zweitrangig" 15 . „Hamburg ist zu keiner Zeit von bau- und kunstsinnigen Potentaten regiert worden, es war vielmehr immer eine kaufmännisch rechnende Republik. Visionen, auch nur baukünstlerische Höhenflüge, haben den Hamburger Politikern stets mehr Unbehagen als Lust bereitet. Was man hatte, war gerade recht." 1 6 Aber man wollte es haben. Kommerz verlangt Nutzbarkeit, Nutzungsüberlegungen auch beim Denkmalschutz. b) Diese Kommerzmentalität prägt das Denken in Hamburg traditionell. Nicht als ob es nicht etwas wie eine „Hamburger Kulturpolitik" gegeben hätte 17 . Doch Gegenstand des Gemeininteresses, und als solcher auch vom Denkmalschutz zu berücksichtigen, war stets zu allererst, was dem Kommerz diente, was ihm nutzte, „irgendwie" - auch Bauten, Denkmale. So wurde die Hafenfrage zum denkmalschützerischen Tabu 1 8 , die Kontorhäuser zum hanseatischen Bedeutungsträger in ihrer „architektonischen Darstellung des Kaufmanns" geradezu Ausdruck der Hamburger Identität über Jahrhunderte hinweg 1 9 . Es mag nicht leicht sein, Wirkungen dieser „Kommerzmentalität" in rechtlichen Kategorien auszudrücken, sie gewissermaßen „in rechtlichen Denkmalschutz zu übersetzen". In einem liegt dies aber doch nahe: in der systematischen Intensität, in der hier gerechnet wird, und vor allem im konkreten, eher kürzer- als längerfristigen Bezug auf Nützlichkeiten - Nutzbarkeiten eingesetzter Vermögensgüter. So wird denn seitens der Kulturverwaltung des Denkmalschutzes auch heute noch berichtet von der laufenden wirtschaftlichen Dominanz der Behandlung von Umnutzungsfragen nicht nur durch Eigentümer, sondern auch durch die Politik; und dies überträgt sich ganz natürlich auf die Mentalität einer Verwaltung, die in Hamburg laufend tätig ist. Denkmalschutz hat hier überhaupt keine Chance, wenn er nicht in solchen kommerziellen, jedenfalls im weiten Sinn wirtschaftlichen Bahnen denkt, die ihn schon bei den ersten denkmalpflegerisehen Überlegungen immer auch eines berücksichtigen lassen: wirtschaftliche Nutzbarkeit. Wenn also eine Verwaltung vorherbestimmt - oder verurteilt - dazu ist, Nutzbarkeitsgedanken bereits in den Denkmalbegriff einfließen zu lassen, so ist es die des Denkmalschutzes in der Hansestadt. 15 16 17 18 19
Hanmann, E., a.a.O., S. 8. Kossak, E., Kulturbehörde (Hg.), Altstadt, S. 25. Zu ihrer Entstehung vergleiche Plagemann, V., Kunstgeschichte, S. 291 ff. Bohnsack, G., Kulturbehörde (Hg.), Altstadt, S. 77. Haß, N., a.a.O., S. 199 f.
II. „Grundstimmung des Denkmalschutzes" in Hamburg
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3. Der „sozial- und kulturpsychologische" Aspekt Gewiß dominiert in Hamburg eine ökonomisch geprägte Haltung zum Denkmal und seinem Schutz. Doch nicht vernachlässigt werden dürfen Aspekte, Akzente, die sich damit auch für etwas ergeben, was darüber hinaus - oder was tiefer noch geht; man könnte es die sozial- oder kulturpsychologische Grundeinstellung nennen. Nicht umsonst konnte sich eine Autorin in einem kulturhistorischen Sammelband über das Thema verbreiten „Tatsächlich ist ein literarischer Rang hier etwa so wertlos wie Ordenssterne" 20 ; und es war nicht so sehr republikanischer Stolz, der die bekannte hanseatische Zurückhaltung bei der Annahme von Ehrenzeichen begründete. Hier kam Tieferes zum Vorschein: eine eigenartige Ausprägung der Beziehungen zwischen Individualismus und Gemeinsinn. Der Kaufmann steht wesentlich in Konkurrenz, in Hamburg von jeher weltweit. Ihn hält keine nationale Macht, er schuldet daher auch keiner Gemeinschaft oder ihren Vertretern einen Gemeinsinn, der sich in gemeinsamen Kulturleistungen, zu unterstützenden Kulturanstrengungen ausdrücken müßte. Die bereits erwähnte Nüchternheit individueller Buchführung, individuellen Rechnens wird wirksam. Dies alles wirkt auch im Denkmalschutz. Da läßt sich wenig romantisierende Denkmalverliebtheit erwarten, wie aus Konservatorenkreisen betont wird. Solche Nüchternheit prägt sich auch in einer gewissen Zurückhaltung gegenüber allem Bildend-Monumentalem aus, welche durch protestantische Grundhaltungen noch verstärkt werden mag. A l l dies weist denkmalpflegerisches Bemühen weit eher in die Richtung einer „Nutzungsverliebtheit", eines Denkmalbegriffs, in den von Anfang an solche Überlegungen einfließen, nicht einer transpersonalen Monumentvorstellung, welche das Denkmal als Verkörperung steingewordenen Gemeinsinns versteht. Dies darf man in einer Stadt auch nicht erwarten, welche weder als solche ein Museum darstellt, noch eine Stadt der Museen ist. Hier entfaltet sich Gemeinsinn allenfalls in der Konvergenz individueller Nutzbarkeitsvorstellungen. Sozialpsychologisch wird dort sogleich die Frage gestellt - und sie ist letztlich schon eine kulturpsychologische: Abriß- oder Umnutzung?", nicht die nach einer wie immer gearteten Musealität. Sozialpsychologisch betrachtet ist Hamburg so etwas wie eine Stadt des „Denkens in individuellen Nutzbarkeiten".
20
Maiwald, Chr., in: Industriekultur in Hamburg (Hg. Plagemann), S. 305 ff.
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G. Denkmalschutz in Hamburg
4. Städtebauliche Besonderheit: Dominanz der „Mehrzweck(e)denkmale" a) Von der besonderen Bedeutung der Kontorhäuser als Hamburger Denkmäler war schon die Rede. Diese „Comptoirs" 2 1 sind für die Hansestadt weit mehr als nur ein typisches Bauphänomen. Manfred Fischer spricht für die Periode des beginnenden 20. Jahrhunderts geradezu von einer „Ideologisierung des Kontorhauses als gleichwertigem Ersatz für das alte Bürgerhaus" 22 . Schon Ende des 19. Jahrhunderts hatte in größerem Umfang die Umwandlung von Wohn- und Gewerbebauten zu solchen reinen Geschäftshäusern eingesetzt 23 , sie hatte sich bis in die 20er Jahre fortgesetzt und sollte eines der wichtigsten Problemfelder des hanseatischen Denkmalschutzes werden. Das nicht nur Typische, sondern Wesentliche an diesen Bauwerken, welche weithin zu Denkmalen geworden sind, lag in ihrer „Mehrzweckeanlage": Die Nutzer bestimmten den Innenausbau, eben nach ihren konkreten, jeweiligen, wechselnden Nutzungsbedüfnissen. Was an dem Bauwerk denkmalrelevant sei oder werden sollte, war schon von Anfang an wesentlich einer - gewissen - Mehrzwecke-Nutzung geöffnet; damit war ein „monumentaler Nutzbarkeitsrahmen" von Anfang an vorgegeben, und dieser mußte bereits damals bei der Vermietung und er muß auch heute im Denkmalschutz als solcher die Denkmaleigenschaft dieser wesentlich nutzungsorientierten Objekte prägen. Damit kommen „Mehrzweckevorstellungen" in den hanseatischen Denkmalschutz, wie sie andern Orts nicht vergleichbar auftreten. Sie führen in besonderer Weise in die Nähe der hier angestellten Überlegungen: Ihnen ging es ja, bei der Aufnahme von NutzbarkeitsVorstellungen in den Denkmalbegriff, gerade darum, dort bereits einen gewissen Rahmen für spätere Umnutzungen festzulegen - und dazu zwingt das Phänomen der hanseatischen Kontorhäuser von vorne herein durch deren Mehrzweckecharakter. b) Eine weitere Denkmalkategorie, an deren Exemplaren Hamburg besonders reich ist, sind die „technischen Denkmale". Sie sind seit den 20er Jahren zunehmend ins denkmalpflegerische Bewußtsein getreten 24 , mögen auch viele von ihnen vorschnellem Abriß zum Opfer gefallen sein. Immerhin gingen im Jahre 1932 auf eine vom damaligen Chefkonservator Rover veranlaßte Befragung hin bereits 52 Rückmeldungen ein, allerdings ganz unterschiedlicher Art.
21
Vgl. dazu Schütte, G., in: Industriekultur (Hg. Plagemann), S. 97 ff. In: Kulturbehörde (Hg.), Denkmalpflege, S. 34. 23 Dazu eingehend Haß, N., Hamburger Kontorhäuser, Kulturbehörde (Hg.), Denkmalschutz, S. 40 ff. 24 Fischer, a.a.O., S. 81 f. 22
III. Beispiele eines „nutzbarkeitsbezogenen Umnutzungs-Denkmalschutzes" 151
Nun entdeckte auch der Denkmalschutz den „Denkmalort Fabrik" 2 5 . Seit Ende der 70er Jahre konnten hier nicht nur Zerstörungen verhindert, sondern durch groß angelegte Umnutzungen ganze Fabrikareale bewahrt werden 2 6 . Diese Umnutzungen führten zum Teil zu Verwendungen, welche mit den „ursprünglichen" nichts mehr zu tun hatten, und sie ließen auch der Phantasie von Künstlern freien Lauf, welche diese Objekte und ihre weit gespannte Nutzbarkeit entdeckt hatten. In der Tat: Manche konkrete Nutzung mochte, etwa infolge unveränderbarer Raumhöhe, ausscheiden, viele andere, und nicht nur gewerbliche, blieben möglich. Gerade hier übernahm Hamburg eine Vörreiterrolle im „Umnutzungs-Denkmalschutz" in Deutschland: die Fabrikbauten waren eben, und im Grunde von Anfang an, auf eine gewisse, wenn auch nicht völlig „offene", Mehrzwecke-Nutzbarkeit angelegt, wie sie ja schon die Unterbringung zu modernisierender maschineller Ausrüstungen erforderlich machte. Wieder war eine „Kategorie von Mehrzweckedenkmalen" entdeckt worden, und sie nun begann, zusammen mit Kontorhäusern und Speicheranlagen, in Hamburg eine wahrhaft „dominante" Rolle zu spielen, jedenfalls in der Sicht des Denkmalschutzes. Ein in ihnen verkörpertes Zweck- und Nutzungsdenken verband sich vor allem ganz selbstverständlich mit der bereits dargestellten wirtschaftlich geprägten hanseatischen Mentalität. So läßt sich denn zusammenfassend feststellen: Trotz fehlender Monumentaldominanz, vielleicht sogar wegen ihr, haben historische Entwicklung, sozialpsychologische Bewußtseinsprägung und typisch Hamburgische Mehrzweckebaulichkeit in der Hansestadt eine besondere Denkmallage und ein daraus erwachsendes Denkmalbewußtsein in Bürgerschaft und Denkmalschutz-Verwaltung hervorgebracht, aber auch unter den Nutzern. Es ist „flexibel nutzbarkeitsorientiert" und schafft damit die Voraussetzung für eine Denkmalpflege, deren „Denken in Nutzungen", wie kaum irgendwo sonst in Deutschland, dem Anliegen dieser Untersuchung entgegen kommt.
III. Beispiele eines „nutzbarkeitsbezogenen Umnutzungs-Denkmalschutzes" Die vorstehend zur allgemeinen Denkmalschutzsituation in Hamburg und zur Grundstimmung, welche dort diese öffentliche Aktivität prägt, getroffenen Feststellungen sollen nun durch eine Reihe von Beispielen unterlegt werden. Diese beleuchten dann zugleich auch schon die allgemeine Lage 25
Titel eines Beitrags von Konerding, V., Denkmalort Fabrik, in: Kulturbehörde (Hg.), Denkmalschutz, S. 47 ff. 26 Wie etwa die „Fabrik" in Ottensen, das Goldbekhaus in Winterhude oder die Drahtstiftenfabrik, in welcher das Stadtteilarchiv Ottensen untergebracht wurde.
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der Denkmalpflege, welche im Anschluß daran noch näher, im Hinblick auf ein mögliches „Hamburger Modell" darzustellen ist. Selbstverständlich können dabei nur wenige markante Fälle herausgegriffen werden, und dies geschieht hier stets unter dem zentralen Gesichtspunkt dieser Abhandlung: Denkmalschutz - Nutzung - Umnutzung. Gegliedert wird dies im folgenden zunächst nach Perioden, welche sich gerade im Hamburg verhältnismäßig deutlich unterscheiden lassen. Sie zeigen auch die bedeutsamen Fortschritte in der Nutzungsorientierung.
1. Die Zeit bis zum Ende des 1. Weltkrieges Diese Periode war in Hamburg, wie auch in den meisten anderen deutschen Staaten, noch nicht eine solche systematischer Denkmalpflege, doch in ihr ist auch dort der Denkmalschutz, in bescheidenen Anfängen, geboren worden. Zunächst war dies nun wirklich die Zeit der vielberufenen „Abbruchstadt Hamburg". Im Schleifen alter, mächtiger Monumente wetteiferte man an der unteren Elbe mit den oft wahrhaft vernichtenden Auswirkungen des neuen frühliberalen (Un-)Geistes der Französischen Revolution im übrigen Deutschland, insbesondere mit den Zerstörungen und Verfallserscheinungen der Säkularisation im Süden und Westen. Der Abbruch des Domes von Hamburg ist das bekannteste Beispiel 27 . In der Folgezeit führte die Romantik in Hamburg nicht zu einem ersten Denkmalinteresse, welches dem in den fürstlichen Territorien entstehenden vergleichbar gewesen wäre, wo sich die „versteinerte Macht" der Tradition auch auf Monumente stützte, sie wiederentdeckte. Eine gewisse Ausnahme bilden allenfalls die Bauten in einem Bereich, wo eben doch auch eine traditionelle, eine selbst in Hamburg echte Macht wirkte: die Kirche 2 8 . Ihr wesentlicher Traditionalismus begünstigte nicht nur die bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende Musealisierung 29 , bei welcher allerdings mehr die Bergung von Einzelheiten im Vordergrund stand. Immerhin kam es zu Um- und Neubauten von Kirchen, bei welchen Überlegungen heutiger Denkmalpflege bereits eine gewisse Rolle spielten; zugleich ging es, natürlich, stets auch um die Nutzbarkeit zu den typisch kirchlichen und daher in engem Rahmen vorgegebenen Zwecken des jeweiligen Sakralbauwerks. So wurde etwa in den Jahren 1826 ff. der Turm der Hauptkirche St. Jacobi um- und neugestaltet, und dabei wurde nicht nur über Neugotik in alter Stadtumgebung diskutiert. Es wurden Gutachten eingeholt, welche Probleme aufwarfen, die eine gewisse, wenn auch entfernte, Ähnlichkeit mit späteren Umnutzungsfragen
27 28 29
Dazu Fischer in: Kulturbehörde (Hg.), Denkmalpflege, S. 11. Vgl. dazu allgemein Plagemann, V., Kunstgeschichte, S. 245 ff. Über sie berichtet Fischer in: Kulturbehörde (Hg.), Denkmalpflege, S. 14 ff.
III. Beispiele eines „nutzbarkeitsbezogenen Umnutzungs-Denkmalschutzes" 153
aufwarfen 30 . Wenig später kam es, nach dem Brand von 1842, zu einem Wiederaufbau von St. Petri, bei dem zwar das Meiste restauriert, aber doch wenn nicht Umbau, so doch Einbau des Erhaltenen versucht wurde 31 . Mit einem gewissen zeitlichen Abstand wurden später unter Justus Brinckmann 3 2 gerade auch den Kirchenverantwortlichen die Belange der sich entfaltenden Denkmalpflege nahegebracht. Brinckmann beriet bei Kirchenumbauten in den Vier- und Marschlanden 33 , wenn es ihm auch dort nicht gelang, Abbrüche zu verhindern. Immerhin war mit solchen Umbauten, damit aber auch „kirchlicher Umnutzung", die Nutzbarkeitsfrage, eben für kirchliche Zwecke, als Problem gestellt. Die weitgehende Zerstörung und der anschließende Aufbau des großen Kirchenmonuments von St. Michaelis nach 1906 brachte nicht nur die Diskussion um Rekonstruktionen und „Kopien" in der neuen Denkmalpflege in Gang; ausdrücklich ging es auch um einen Wiederaufbau „vorbehaltlich etwa sich als notwendig oder wünschenswert herausstellender Änderungen", und es wurde auch das Problem vertieft, wie weit „jede Zeit in ihrer eigenen Sprache" sprechen dürfe 34 . Dies aber war letztlich nichts anderes als die Frage nach „gegenwartsbezogener Musealität", stellte sie sich auch mehr für einen Wiederaufbau als für einen Umbau. Im übrigen war das Denkmalbewußtsein so weit unterentwickelt, daß über „Denkmalumbau" nicht vertiefend nachgedacht wurde. Altes wurde abgerissen, an seine Stelle traten eben neue Bauten, vor allem Kontorhäuser und Industriegebäude, deren Denkmalcharakter noch nicht erkannt war. So ist dies denn eine Periode, in welcher Umbauten von Denkmalen im heutigen Sinn nur in fernen, eben meist kirchlichen, Ansätzen, nicht aber im eigentlichen heutigen Sinn zum Problem wurden.
2. Die Periode von 1920 bis 1950 In dieser Zeit war Denkmalschutz schon eine Verwaltungsrealität in Hamburg, wenn auch noch längst nicht in allgegenwärtiger Wirksamkeit 35 . Bereits in den 20er Jahren kam es jedoch erstmals zu groß angelegten Umbauten für die Stadt bedeutsamer Bauwerke, bei denen gegenwartsnahe Bedürfnisse zu Kriterien denkmalgerechter Umgestaltung wurden. 30
Fischer, a.a.O. Fischer, a.a.O. S. 16. 32 Ab 1872 war er der erste Chefkonservator Hamburgs im heutigen Sinn, Fischer, a.a.O., S. 21 ff. 33 Fischer a.a.O. S. 26. 34 A.a.O. S. 29 f. 35 Siehe allgemein dazu Konerding, V., Baudenkmale der 20er und 30er Jahre, Kulturbehörde (Hg.), Denkmalschutz, S. 16 f. 31
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G. Denkmalschutz in Hamburg
a) An Kirchenbauten ist vor allem der Umbau der Hauptkirche St. Katharinen zu nennen 36 , ferner der des Stadttheaters, der heutigen Staatsoper, in den Jahren 1925/26. Dort ging es um die Bewahrung des Charakters der Schinkel'sehen Architektur im Zuschauerraum, wobei aber Zugeständnisse an die neue Theaterkultur erforderlich wurden 37 . In dieselbe Zeit fällt ein Schloßumbau, bei dem neue Nutzungen zu befriedigen waren, im Ritzebüttel (Cuxhaven). Ein spektakulärer und seinerzeit viel diskutierter Fall war ferner der des völligen inneren Umbaus, verbunden mit einer Aufstockung, des Hauses der Patriotischen Gesellschaft am Platz des ehemaligen Rathauses. Der spätere Chefkonservator Fischer berichtet hier von der Problematik gegenwartsnaher Zwiesprache von Historismus und Expressionismus, in der offenbar etwas wie ein neues, „gegenwartsnahes" Denkmal entstand 38 . Zur selben Zeit folgte die grundlegende Sanierung der Räume im Herrenhaus der staatlichen Domäne Waltershof 39 . In all diesen Fällen gelang die Erhaltung nur über Umbauten, welche aber die objektimmanente Nutzbarkeit gegenwartsnah einbezogen. b) In den 30er Jahren setzte sich diese Praxis fort. So kam es etwa zur zeitgemäßen Umgestaltung der Turnhalle St. Jacobi 40 , vor allem aber zur Planung einer Denkmalzone Altstadt auf der Cremoninsel. Dort wurde nun eine neue Form der Mischnutzung angestrebt, unter Einbeziehung staatlicher Sondernutzung: Für die dort stehenden ehemaligen Kaufmannshäuser sei dies besser als reine Wohnnutzung 41 . An diesem Beispiel zeigt sich, daß zu dieser Zeit bereits deutlich Überlegungen darüber angestellt wurden, wie im Namen des Denkmalschutzes gerade aus der objektimmanenten Nutzbarkeit von Gebäuden heraus die möglichen Nutzungen nicht auf historische oder diesen nahekommende Nutzungsformen beschränkt werden dürften, vielmehr zeitnahe und zeitgemäße Verwendungen von vorne herein einbezogen wurden. Auch Siedlungsbauten wurden übrigens in dieser Zeit umgebaut und konnten durch zeitgemäße Sanierung, insbesondere den Einbau sanitärer Anlagen, in ihrem Denkmalcharakter erhalten werden 42 . In dieser Zeit ist also die Problematik der „zeitgerechten Nutzung eines Denkmals als eines denkmalgerechten" bereits voll bewußt.
36 37 38 39 40 41 42
Fischer, Kulturbehörde (Hg.), Denkmalpflege, S. 39. A.a.O., S. 41. A.a.O. A.a.O., S. 44 f. A.a.O., S. 51. A.a.O., S. 53. Dazu Konerding, Kulturbehörde (Hg.), Denkmalschutz, S. 16 f.
III. Beispiele eines „nutzbarkeitsbezogenen Umnutzungs-Denkmalschutzes" 155
3. Die Zeit des Wiederaufbaus bis 1960 Diese Periode weist aus der Sicht der vorliegenden Fragestellung „Denkmalschutz und Umnutzung" eine besondere Charakteristik auf. Einerseits gab es damals noch nicht einen eigentlichen Nutzungs- und Verwertungsdruck. Man bemühte sich um die Erhaltung der verbliebenen, als solcher bereits bewußten Denkmalbestände, nur zu oft lediglich Denkmalreste. Insoweit war vor allem konservierender Denkmalschutz angestrebt. Zum anderen aber waren die Gebäude häufig doch so stark in Mitleidenschaft gezogen - oder es standen nurmehr Fassaden - daß sich die Erhaltung als Problematik radikaler Umnutzung oder gar neuer Nutzung stellte. Dann war primär darauf zu sehen, „was das Denkmal hergab". Einen solchen Fall stellt die schließlich gelungene Erhaltung des GörtzPalais dar 4 3 . Dort ging es um Nutzung eines Gebäudes unter Erhaltung der Außenfront nach Verkauf an den Germanischen Lloyd - sie gelang unter Integration in einen Neubau. Die klassizistischen Alsterarkaden wurden in schwierigen Nutzungsdiskussionen mit Eigentümern und Ladenmietern gerettet, wobei wiederum objektimmanente Nutzbarkeit der Gebäude bereits in die Denkmalbewertung einbezogen wurde. In der Börse entstanden moderne Büroräume - nur so war das Bauwerk als solches in seinem monumentalen Charakter zu sichern. Ein weiteres Beispiel bietet die denkmalschützerische Begleitung der Erhaltung der Denkmalbotschaft des historischen Gasthofs Stadt Hamburg in Bergedorf. Dort gelang durch tiefgreifende Änderungen, bis hin zu Translozierungen, die Rettung nicht nur einer Fassade, sondern, wie Fischer es ausdrückt 44 , eines „Gebäudes in veredelter Form". Zur selben Zeit zeigte sich aber auch noch ein wenig glücklicher Antagonismus zwischen beanspruchter voller Nutzungsfreiheit und Denkmalschutz - und sogar gerade noch im Namen der Kunst: Der Altbau der Kunsthalle konnte nur für die Außenfronten unter Denkmalschutz gestellt werden 45 , infolge erheblichen Widerstandes des Kunsthallendirektors, unter anderem auch wegen befürchteter Nutzungseinschränkungen. Im kirchlichen Bereich wird von behutsam angepaßten modernen Anbauten bei St. Jacobi berichtet 46 . Die schon damals viel umkämpfte, immer wieder anders gesehene Problematik der neuen „Nutzung" von St. Nikolai als Erinnerungsstätte 47 dagegen gehört wohl nicht mehr in den vorliegenden Zusammenhang. Denn dort konnte man weder mehr von „Umnutzung" 43 44 45 46 47
Fischer, Kulturbehörde (Hg.), Denkmalpflege, S. 60, 73. A.a.O., S. 75 f. Fischer, a.a.O., S. 65. A.a.O., S. 66. A.a.O., S. 68 ff.
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sprechen, auch nicht im weitesten Sinn, noch lassen sich überhaupt objektimmanente Nutzbarkeiten der erhaltenen Reste feststellen. Im Ganzen ist für diese, für den Hamburger Denkmalschutz wichtigen Periode, festzustellen: Die Umbaufrage in der Denkmalpflege wurde wohl erstmals systematisch zumindest gestellt, allerdings noch unter einem gewissen Primat der Konservierung, während andererseits nicht wenige potentielle Monumente verlorengingen.
4. Denkmalschutz und Umbauten unter steigendem Verwertungsdruck - die vergangenen vier Jahrzehnte Bereits in jenen 60er und 70er Jahren, über welche der langjährige Konservator Fischer noch eingehend berichtet, vollzog sich jene Wende in Hamburg, welche die Frage der denkmalgerechten Nutzung in einen völlig neuen Kontext und in ganz anderen Dimensionen stellen sollte 48 : Die Wohlstandgesellschaft, ja eine reich gewordene Bürgerschaft sah sich nicht mehr mit Kriegsfolgen konfrontiert; neue gesellschaftliche Fragestellungen und Bewertungen konnten nicht ohne Einfluß auf den Denkmalschutz bleiben. Nun entwickelte sich, unter ihrem Druck, die veränderte, eine typisch hamburgische Denkmalpraxis, von welcher (im Folg. IV.) die Rede sein wird, und welche wohl etwas wie ein „Hamburger Modell" trägt (im Folg. V.). Zwar kam es in großem Stil zu Unterschutzstellungen, aber die Nutzungsfrage wurde immer härter gestellt, und so scheiterte etwa die Unterschutzstellung des Chilehauses damals am Widerstand der Eigentümer 49 . Kirchliche Nutzung sogar wurde zum Problem beim Umbau von St. Petri, in der Öffnung zu einer Geschäftsstraße, im größeren Kontext der „CityKirchen" 5 0 . Vor allem nahm nun eben der spekulative Verwertungsdruck auf die verbliebenen und/oder neuen eingetragenen Merkmale zu. Der Chefkonservator listet eine ganze Reihe von Beispielen auf 5 1 , an denen immer wieder die neue Zentralproblematik deutlich wird: die einer Umnutzung, die bereits denkmalimmanent und nicht erst unter dem Gesichtspunkt letzter Zumutbarkeit zu beurteilen war. Denn auf diesem rasch sich entfaltenden, bald schon boomenden Grundstücksmarkt der von kommerziellem Denken mehr denn je beherrschten Alstermetropole kam es in aller Regel schon gar nicht mehr bis zur Stellung einer Frage letzter, vielleicht gar noch unter sozialen Aspekten zu beurteilenden wirtschaftlichen Zumutbarkeit. Nun war 48 49 50 51
A.a.O., S. 85 ff. A.a.O., S. 87. A.a.O., S. 88 f. Fischer, a.a.O. S. 89 ff.
III. Beispiele eines „nutzbarkeitsbezogenen Umnutzungs-Denkmalschutzes" 157
ja alles handelbar, Nachfrage regte sich überall, es ging um wirtschaftliche Optimierung der Ausnützung von Nutzbarkeiten, nicht um Rettung des gerade noch Zumutbaren an Nutzung. So begegnen denn, auf der langen Liste der erwähnten Beispiele, regelmäßig denkmalpflegerische Fragestellungen, aus der objektimmanenten Nutzbarkeit heraus, welche bei Umbau großzügig beantwortet wurden: - Der „Halbmond" 5 2 wurde durch Umbau heutigen Wohnzwecken angepaßt. - Das Amsinck-Palais 53 sollte nach dem Willen einer Versicherungsgesellschaft abgebrochen werden. Erhalten wurde es in einer Restaurierung, bei welcher auch der Höhenentwicklung nahestehender Bauten Rechnung getragen wurde. - Die Alte Post 54 überlebte nur nach einer Entkernung, welche einen Ausbau zu neuen verwaltungseigenen Büroflächen zu Ladenpassagen gestattete. - Das Klöpperhaus 55 wurde zwar vom Kaufhof entkernt, doch konnte das monumentale Äußere, vor allem auch das Dach, erhalten werden. - Die Krameramtswohnungen 56 wurden im Wege einer Mischnutzung einer gegenwartsnahen Verwendung zum Zwecke kultureller Gewerbe und der Gastronomie zugeführt. - Das Beylingstift 57 wurde auch nach dem Umbau wieder weithin als Komplex des alten Wohnens genutzt, zum Teil aber auch als Brahms-Gedenkstätte. - Beim Stavenhagenhaus58 sah man eine denkmalverträgliche neue Nutzung in bezirklicher und kultureller Verwendung. - Das Herrenhaus Wellingsbüttel wurde zur Internatsschule Hansacolleg, das Herrenhaus Wohldorf zum Gästehaus. c) Insgesamt zeigen diese Bespiele ein durchgängiges Streben weiter Fassung objektimmanenter Nutzbarkeiten: Zeitgemäßes Wohnen anstatt früherer großbürgerlicher Wohnkultur oder moderne Büro- und Ladennutzung anstelle einstiger hoheitlicher Verwendung. Nicht zuletzt aber gilt allenthalben der Primat der Erhaltung einer Denkmalbotschaft, welche zutreffend in 52 53 54 55 56 57 58
Das Landhaus Thornton, Elbchaussee 228. Neuer Jungfernstieg 19. Poststraße 11. An der Straße Lange Mühren. Neben St. Michaelis, Kraiyenkamp 10. Peterstraße 39. Groß Borstel, Frustbergstraße 4.
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G. Denkmalschutz in Hamburg
der Weiterwirkung äußerer Erscheinungsbilder gesehen wird, wobei der Charakter der „Begebenheitsstätte" meist schon objektimmanent in den Hintergrund tritt. Bemerkenswert bleibt allerdings, daß gerade auf diese Weise eine ganze Reihe im engsten Sinne historischer, jedenfalls historistischer Gebäude als solche erhalten werden konnte. Mit Recht treten Versuche des Denkmalschutzes weit zurück, nur „ursprüngliche" oder eine dieser „gleichwertigen Nutzung" konservierend zu gestatten.
5. Neuerdings herausragende Problemfelder nutzungsorientierten Denkmalschutzes: Speicherstadt und Hafen Altona Von den besonders nutzungsgeprägten neu entdeckten Denkmalkomplexen der Kontorhäuser und der Technischen Denkmäler war bereits die Rede (oben II. 4. a), b)). Hier sollen noch zwei weitere Felder des Denkmalschutzes erwähnt werden, auf denen sich dieser auch in neuester Zeit zu betätigen hat und zu bewähren. a) Die Speicherstadt, der größte derartige, einst monumental konzipierte und noch heute als Denkmal wirkende Komplex dieser Art auf der Welt 5 9 , ist im vorliegenden Zusammenhang von besonderem Interesse. Diese 1905 ff. im neugotischen Stil errichtete Anlage diente ursprünglich der Lagerung und Weiterverarbeitung hochwertiger Güter. Diese Nutzung wird bis in die Gegenwart fortgesetzt, allerdings mit gewissen Akzentverschiebungen, etwa zur Lagerung hochwertiger Teppiche. Aufgrund des Nutzungskonzepts einer kanadischen Firma fiel im Jahre 1988 eine politisch-städtebauliche Grundsatzentscheidung: die Speicherbauten sollen langfristig umgenutzt werden zu Büros und Wohnungen 60 . Damit wird wohl zwangsläufig ein gewisser Substanzverlust verbunden sein 61 . Der Denkmalschutz hat vorab eine Art von Globalzustimmung zu solcher Umnutzung gegeben. Inzwischen wird von einer schleichenden Umnutzung in eine Verwendung der Speicherbauten als Büros berichtet 62 , ohne daß allerdings von einem systematischen Vollzug des seinerzeitigen Umnutzungsbeschlusses gesprochen werden könnte. Dazu wird nun die Auffassung vertreten, von denkmalgerechter Erhaltung könne nur bei Fortsetzung der angestammten Nutzung die Rede sein 63 . Nach der hier vertretenen Konzeption geht dies aber doch 59
Schütte, G., Die Speicherstadt: Industriekultur (Hg. Plagemann), S. 28 ff.; Seemann, A., Historische Entwicklung des Hamburger Hafenrandes und der Speicherstadt: Kulturbehörde, Altstadt, S. 69 ff.; Bohnsack, G., Möglichkeiten städtebaulicher Denkmalpflege am Hamburger Hafenrand, ebenda S. 78 ff.; Wendland, U./ Bohnsack-Häfner, G., a.a.O., S. 29 ff. 60 Wendland/Bohnsack-Häfner, a.a.O. 61 Seemann, a.a.O., S. 71. 62 Bohnsack, a.a.O., S. 80.
III. Beispiele eines „nutzbarkeitsbezogenen Umnutzungs-Denkmalschutzes" 159
wohl zu weit. Es mag darüber diskutiert werden, ob eine Umnutzung allein zu Wohnzwecken noch objektimmanent zu rechtfertigen ist; einer solchen zu Bürozwecken kann doch kaum eine angeblich anderweitige „Denkmalbotschaft" der Speicherstadt entgegengehalten werden. Diese Gebäulichkeiten weisen immerhin eine gewisse Nähe zu den oben bereits erwähnten (II., 4.) Kontorhäusern auf; auch sie haben etwas von Mehrzweckebauten an sich, und eine allzu enge Umnutzungspraxis würde sich kaum in die bisherige Hamburger Verwaltungstradition einfügen. Der Hafen Altona mit seinen Bauten 64 warf ebenfalls Umnutzungsprobleme bei Denkmalschutz in bedeutender Dimension auf. Hier wurde etwa das Kühlhaus Neumühlen in ein Altersheim, die Mälzerei Naefele in ein Design-Zentrum und der Elbspeicher für Greenpeace umgenutzt. Man entfernte sich also doch sehr weit von früher praktizierten Nutzungen. Dennoch ist auch und gerade dies ein billigenswertes Beispiel der Denkmalerhaltung durch Umnutzung von Bauwerken, die ebenfalls, wenn auch in einem weiteren Sinn, als nutzungsoffene Zweckbauten bereits entstanden sind, deren Botschaft vor allem von einem durch diese Umnutzung nicht allzusehr beeinträchtigten äußeren Ausdruck ausgeht. Mit Recht konnte als Erfolg des Denkmalschutzes herausgestellt werden 65 „die Mitentwicklung eines städtebaulichen Konzepts, das anstatt eines Abrisses der Industriebauten sie einbezieht und als Spuren einer industriellen und Hafennutzung erhält. Weiterhin: Mitentwicklung von Nutzungskonzepten, die einen größtmöglichen Substanzerhalt ermöglichen. Und: Fortlaufende Betreuung aller Planungsund Ausführungsschritte und Korrektur im Sinne denkmalpflegerischer Belange. Ansiedlung attraktiver Betriebe der Möbel- und Designbranche als Initialzündung für die Entwicklung insgesamt." Hier wird ein Entscheidendes angesprochen: jene Konzeptentwicklung von Nutzungen und die Begleitung von deren Realisierung durch einen Denkmalschutz, der nicht nur reaktiv auf Zumutbarkeitsbedenken von Eigentümern hin verwaltet, sondern selbst aktiv Denkmalnutzung entfaltet dies aber ist nur vorstellbar, wenn eben die Nutzungsfrage, wenigstens rahmenmäßg, bereits aus dem Denkmalbegriff heraus gestellt und entschieden wird. Denn dies ist die primäre Aufgabe der Behörde.
63
Bohnsack, a.a.O. Dazu Wendland/Bohnsack-Häfner, a.a.O., S. 31 f.; Konerding, Fabrik, in: Kulturbehörde (Hg.), Denkmalschutz, , S. 50. 65 Wendland/Bohnsack-Häfner, a.a.O. 64
V., Denkmalort
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6. Zur Nutzungsphilosophie des Hamburger Denkmalschutzes Einige typische Beispiele, wie sie im Hamburger Denkmalschutz inhaltlich gerade ein Denken in einer eigenartigen „Nutzungsphilosophie" entfaltet, mögen diesen Überblick abrunden und zugleich überleiten zur Betrachtung der Hamburger Verwaltungspraxis und ihres Modellcharakters. A m Beispiel einer gründerzeitlichen Villa, „eines der anspruchsvollsten Stadthäuser überhaupt", berichtet ein Verantwortlicher des Denkmalschutzes 66 über eine nutzungsmäßige Einbeziehung in einen VersicherungsbauKomplex; das Haus ist nun Tagungs- und Schulungszentrum des Versicherungskonzerns. „Täglicher Kantinenbetrieb im gründerzeitlichen Outfit unter weitgehender Auflösung ursprünglicher Raumstrukturen mit allen Notwendigkeiten auf den Kantinenbetrieb abgestimmter, funktioneller Einbauten war hier das Thema. Restauratorische Wiederherstellung um jeden Preis oder angemessene Veranschaulichung eines Umnutzungsvorgangs in einem denkmalwerten Ambiente, das war hier die Frage". Sie wurde anhand dieses bedeutsamen Hamburger Beispiels bereits im Sinne der vorliegenden Untersuchung beantwortet. Ein anderer Autor des Denkmalschutzes in Hamburg meint 6 7 : „Da muß auch der Denkmalschutz umdenken. Der schiere, ohne neue Nutzungssicherung angestrebte Erhalt alter Gebäude, seien sie aus der Gründerzeit oder aus den 50er Jahren, kann ins Leere gehen ... (Der Städtebau versucht), der Stadt wieder ein gutes Stück eigenständiger Identität zu geben, zwischen dem „Gestern" und „Morgen" ein angemessenes „Heute" zu definieren." In solchen Äußerungen kommt etwas wie eine Städtebau- und DenkmalschutzPhilosophie zum Ausdruck, der nur zugestimmt werden kann. Hier geht es in erster Linie um den Erhalt eines Maximum wie eines Optimum von Monumentalsubstanz durch denkmalgerechte Nutzung, aber eben nicht (nur) im Sinne eines Kompromisses von grundsätzlich und wesentlich gegengerichteten Positionen „musealer Konservierung" und „profitorientierter Nutzung", sondern unter Einbeziehung bereits der denkmalgegebenen allgemeinen Nutzbarkeit eines Gebäudes in den Denkmalbegriff - dies aber ist eben die Grundthese der vorliegenden Untersuchung, und sie trägt die eben berichtete Praxis des Hamburger Denkmalschutzes, bietet ihr eine allgemeine rechtliche Grundlage.
66 Konerding, V., Konservatorischer Umbau mit Bauten der Gründerzeit, Kulturbehörde (Hg.), Denkmalschutz, S. 15. 67 Kossak, E., Hamburg: Altstadt-City-Denkmalort, in: Kulturbehörde (Hg.), Altstadtschutz, S. 25 f.
IV. Nutzungsfreundliche Verwaltungsorganisation in Hamburg
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IV. Die nutzungsfreundliche Verwaltungsorganisation des Hamburger Denkmalschutzes 1. Die organisatorische Entwicklung Der Hamburger Denkmalschutz hat sich aus bescheidenen organisatorischen Anfängen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt. Etwas von der kurz vorher vom Staatssekretär Lappmann ausgedrückten Grundstimmung, eigentlich brauche man angesichts des Mangels an Objekten gar keinen Konservator (oben II.), hat die Denkmalpflege in der Hansestadt eben lange Zeit begleitet; die Kaufmannstadt war schon an sich nicht bürokratiefreundlich. So erklärt sich denn die große Bedeutung, welche die Persönlichkeiten der Chefkonservatoren in der Entwicklung der Praxis des Denkmalschutzes spielen konnten, von Justus Brinckmann bis Manfred Fischer - um die unmittelbare Gegenwart auszublenden - welcher letztere die Entfaltung der Denkmalpflege sachgerecht mit den Tätigkeitsperioden eben dieser Persönlichkeiten verbinden konnte 68 . In dieser Darstellung ist denn auch wenig von den Einzelheiten der Organisationsentwicklung die Rede. Ein herausragender Markstein wurde zu Beginn der 30er Jahre gesetzt, wohl auch unter dem Einfluß damals sich durchsetzender Führungs- und Straffungsvorstellungen: Der Denkmalschutz wurde bei der Kulturbehörde zusammengefaßt. Dies bedeutete zugleich seine klare Trennung von der Baubehörde, welche in den vorhergehenden Jahrzehnten gewissermaßen „in einer Gemengelage" mit objektkonservierender klassischer Denkmalpflege gewirkt hatte. Damit war gewiß eine - weite - Nutzungsoffenheit dieser Aktivitäten einhergegangen, namentlich in einer Periode, in welcher die Bedeutung konservierenden Denkmalschutzes noch nicht klar ins Bewußtsein getreten war. Um so mehr ist es bemerkenswert, daß jene organisatorische Umstrukturierung als solche, soweit ersichtlich, keinen Bruch, ja nicht einmal eine Wendung der denkmalschützerischen Praxis bedeutet hat. Die enge, laufende Zusammenarbeit mit - aber auch oft innerhalb derselben: die Frontstellung gegen - eine(r) städtebaulichen Administration und ihre(r) Planung blieb erhalten. Gerade nach dem Krieg waren es auch erfahrene Bauexperten, welche den Denkmalschutz verantwortlich leiteten; in entscheidenden Perioden hat stets eine insgesamt glückliche enge Verbindung von kunsthistorischem und architektonischem Sachverstand die Organisation des Hamburger Denkmalschutzes organisatorisch verantwortlich geprägt. Damit war schon die Organisationsstruktur als solche baulichen Nutzungsvorstellungen 68
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In der Darstellung der Kulturbehörde (Hg.), Denkmalpflege in Hamburg, ab
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in einer Weise geöffnet, welche jeweils vom Anfang einer Problembegleitung an Nutzbarkeit bereits aus einem „Denkmal-Denken" heraus fruchtbar werden ließ, nicht erst in harter Zumutbarkeitskonfrontation mit dem Verfügungsberechtigten.
2. Die stadtstaatliche Organisation der „kurzen Wege" a) Die staatsorganisatorische Besonderheit Hamburgs, aus dessen Stadtstaatlichkeit heraus, hat von Anfang an den Denkmalschutz nicht nur beeinflußt und orientiert, sondern organisatorisch und sodann auch vor allem in seiner Verwaltungspraxis entscheidend geprägt. Hier begegnet der organisatorische Rahmen dessen, was man mit Recht ein „Hamburger Modell des Denkmalschutzes" nennen kann. Diese Stadtstaatlichkeit zeigt sich organisationsrechtlich unter drei Aspekten, die sich unter dem Gesichtspunkt der „kurzen Wege" sodann auch zusammensehen lassen: - Das Fehlen hierarchisierter Verwaltungsstrukturen im Denkmalschutz. - Die horizontale Organisationsnähe zu anderen Verwaltungen. - Die „kurzen Wege" zu den politischen Gremien. A l l dies bedeutet bereits, einzeln betrachtet, etwas wie „Nutzungsöffnung" der Administrative, vor allem aber in seiner Zusammenschau. b) Der Hamburger Denkmalschutz zeigt einstufigen Aufbau. Ein Vergleich etwa mit einer flächenstaatlichen Organisation wie in Bayern macht die gravierenden Unterschiede deutlich. Im Stadtstaat fehlt bereits die dezentralisierende Aufteilung von Zuständigkeiten zwischen staatlichen und kommunalen Stellen; letztlich ist hier alles kommunalisiert. Damit fallen die vielfachen Probleme der Kommunalaufsicht weg. Und dies wirkt sich nicht nur innerhalb der Denkmalpflege, sondern vor allem auch im Verhältnis zu den Instanzen der Bauplanung und der Bauordnung „wege-verkürzend" aus. Hinzu kommt das Fehlen eines hierarchischen Behördenaufbaus innerhalb des „staatlichen" Hamburger Denkmalschutzes selbst. Hier ist alles auf einer Ebene angesiedelt, es gibt nicht die typische flächenstaatliche Gliederung in die drei - oder gar vier - Ebenen, welche dem dortigen Verwaltungsaufbau entspricht, in Kreis-, Bezirks- und Zentralinstanz, über der oder als die dann sogar noch das zuständige Ministerium tätig werden kann. Damit läuft Hamburgs Denkmalschutz nicht eine Gefahr, gegen welche in den Flächenstaaten angekämpft werden muß: die einer gewissen „Abkapselung", welche im Eigenleben eines bürokratischen Denkmalschutzes enden könnte, wenn auch gewiß nicht enden muß.
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Im Verhältnis zum Bürger, zum Denkmaleigentümer, bedeutet dies eine nicht zu unterschätzende „Verwaltungsnähe der kurzen Wege". Er weiß, an welcher - meist einen - Stelle er den Verantwortlichen findet, der ihn nicht leicht vertrösten, auf einen langen Dienstweg verweisen kann. In der praktischen Abwicklung entfallen Ortstermine mit Reisen über Hunderte von Kilometern, zeitaufwendige Rückfragen bei örtlichen Instanzen. Die Nutzungsoffenheit des Denkmalschutzes wird schon damit entscheidend gesteigert, und hinzu kommt noch die wichtige fachliche Kompetenzintensivierung, die damit verbunden ist: Der „Denkmalfall" ist dem Verantwortlichen entweder bereits außeramtlich bekannt, weil er eben seine Stadt kennt, ober er kann sich mit verhältnismäßig geringem Aufwand darüber vor Ort informieren. Nicht vergleichbar mit den Problemen eines Flächenstaates sind Hamburger Fälle, die in der Regel „typische Hamburgensia" darstellen, geschichtlich-künstlerisch-architektonische Kenntnisse nur über die Hansestadt verlangen, mit der Vielschichtigkeit von Problemen, wie sie etwa zwischen Altbayern, Franken und Schwaben und sogar innerhalb dieser historisch höchst differenzierten Regionen bestehen. Wenn die Verwaltungslehre heute mit Recht Bürgernähe durch Überschaubarkeit anstrebt, so ist sie in Hamburg geradezu exemplarisch gegeben. Diese Bürgernähe bedeutet vor allem Nähe zu jenen Nutzungsbelangen, welche in einer kommerzialisierten Großstadt stets schon am Anfang, nicht am Ende einer Entscheidungsfindung stehen. c) Die horizontale Verwaltungsnähe zu anderen Administrationen bewährt sich insbesondere im Verhältnis zu denen der Stadtentwicklung, der Bauplanung und der Bauordnung, aber auch etwa des Umweltschutzes und, erst recht, innerhalb jener Kulturbehörde, in welche das Denkmalamt eingegliedert ist. In einem derartigen engen Behördenverbund können etwa kulturelle Initiativen, wie das Beispiel des Hafens von Altona zeigt, mit Bauentscheidungen und solchen des Baudenkmalschutzes auf kürzesten Wegen koordiniert werden. So ist der Denkmalschutz nicht ein ferner Censor, der am Ende noch konsultiert wird, wenn schon alles entschieden ist, oder gar nichts entschieden werden soll; er steht von vorne herein in einem inneradministrativen Dialog mit den erwähnten anderen Behörden, wie er vergleichbar auf bayerischer „Kabinettsebene" ohnehin nur selten, aber auch auf der obersten und höheren Verwaltungsebene nicht vergleichbar ablaufen kann. Die zahlenmäßige Beschränkung des agierenden Personals schafft einen inneradministrativen „Bekanntschaftsgrad", den es in keinem Flächenstaat geben kann, und die Offenheit gerade dieser Großstadt sichert doch eine gewisse Weite des Denkens. Als eine Öffnung zu Nutzbarkeitsvorstellungen wirken sich diese kurzen horizontalen Wege innerhalb der Verwaltung nicht weniger bedeutsam aus li*
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als die fehlende bürokratische Vertikalisierung, auch, ja vor allem zugunsten des Bürgers. Er findet rasch nicht nur einen Verantwortlichen, der ihn dann wieder zu einem anderen schickt, usw. usf. Mit dem Ersten begegnet er meist auch bereits die Anderen, oder es eröffnen sich schon die Wege zu ihnen, ebenso kurz wie zwischen den Verwaltungen. „Kennt man sich untereinander", so wird rasch auch der Bürger einbezogen in einen solchen Kreis, in dem dann entschieden wird - gemeinsam. Daß damit erneut gerade Nutzungsoffenheit geschaffen wird, liegt auf der Hand. Nutzbarkeitsfragen werden von Anfang an aus anderen, aber „naheliegenden" Ressorts - in jedem Sinn - an den Denkmalschutz herangetragen und kommen auch bereits von ihm zu jenen. Die an sich schon ausgebildete Bürgernähe tut ein Übriges in diesem Sinn. Eine oft nicht ungefährlich sich abschottende Musealitäts-Grundstimmung schlägt dann von vorne herein nicht durch, welche die Erhaltung vieler Denkmale, gerade in Flächenstaaten, immer wieder beeinträchtigt. Die Nutzbarkeit kommt in Hamburg dem Denkmalschutz so nahe, wie er in organisatorischer Nähe zu anderen Verwaltungsinstanzen angesiedelt ist, die eben vor allem auf Nutzungen zu sehen haben. d) Kurze Wege der Verwaltung zu den politischen Gremien und zwischen diesen sind schließlich ein weiteres und gerade für den Denkmalschutz entscheidendes Kriterium, aus der Stadtstaatlichkeit Hamburgs heraus. Bürgerschaft und Senat sind nicht nur staatliche Instanzen im staatsrechtlich-föderalen Sinn, sie erfüllen zugleich die genuin kommunalen Aufgaben, welche überall in Hamburg nicht in staatlicher Gewaltentrennung und Gewalteninstanz, sondern in Gewaltennähe und Gewaltenkooperation erfüllt werden. Aus dieser Organisationsstruktur und der aus ihr folgenden weitgehenden Bekanntschaftssituation der Gremienmitglieder untereinander und dem ebensolchen Bekanntheitsgrad der jeweils zu beurteilenden Problemlagen ergibt sich gerade für den Denkmalschutz ein kaum zu überschätzender Vorteil: Er ist, wie gerade dieses Kapital zeigen konnte, vielfältig „pluridisziplinar" geprägt; hier laufen vor allem Stadtentwicklungs-, Baurechts-, Umwelts- und Denkmalpflegeüberlegungen vielfach nicht nur neben-, sondern ineinander. In den politischen Gremien wird über sie letztlich ebenso „gebündelt", kombiniert entschieden, im Namen des einen Denkmalbegriffs, in dem dann eben Nutzungs- und Konservierungszwecke von Anfang an eine untrennbare Verbindung eingehen. „Die Politik" ist in Flächenstaaten meist eine „ferne Macht" für die denkmalpflegerische Praxis: Man sucht sie so weit entfernt wie möglich zu halten, und im engeren Sinn politische Gremien, wie die Landtage, beschäftigen sich mit solchen Fragen nur in Skandalfällen und bei „Haupt- und Staatsaktionen". Im Stadtstaat ist die Rückbindung der Verwaltung zur Völksvertretung eine tägliche Realität, und dies kommt vor allem dem
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Denkmalschutz zugute. Denn größere Entscheidungen, und nicht nur in Fragen von der Größenordnung der Nutzung der Speicherstadt, werden in der Bürgerschaft getroffen; diese ist ebenfalls in die laufenden städtebaulichen Planungen 69 eingeschaltet, welche in Zusammenarbeit von Bau-, Liegenschafts-, Umwelt- und Denkmalschutzämtern aufgestellt und durchgeführt werden. Für die Bediensteten der letzteren Instanz wie insbesondere auch für die nutzungsinteressierten Bürger kürzen sich damit die Wege entscheidend ab, die zu endgültigen Entscheidungen führen. Die in Flächenstaaten gängigen Verschiebungen von einer Stelle zur anderen bleiben in Hamburg in engen Grenzen. e) Dies alles wirkt sich überaus nutzungsfreundlich aus: Die gesamte Denkmalschutz-Organisation, bis hinein in die politischen Spitzen, ist zu jenen Nutzungsbelangen weit geöffnet, welche nicht erst von Bürgern an die Stadt herangetragen, sondern vor allem auch bereits aus deren öffentlichen Denkmalinteressen heraus aktiv von der Verwaltung entwickelt werden können, oft müssen, meist sogar noch bevor irgendwelche Zumutbarkeitsüberlegungen im einzelnen angestellt werden. Dies stellt eine organisationsrechtliche Bestätigung der Grundthese der vorliegenden Untersuchung dar. Die stadtstaatliche Organisation begünstigt nicht nur eine Öffnung des Denkmalsbegriffs zu Nutzungsüberlegungen, sie zwingt geradezu in diese Richtung. In ihr sind entsprechende inhaltliche Ergebnisse gewissermaßen organisatorisch vorweggenommen.
3. Die Einbeziehung des externen Sachverstandes a) In allen deutschen Ländern, mit Ausnahme von Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, gibt es einen Denkmalrat 70 . Dessen Hamburger Organisation (§ 4 DSchG) weist jedoch Besonderheiten auf, welche Denkmalpflege unter weitgehender Einbeziehung von externem Sachverhalt sicherstellen, damit die rechtzeitige Berücksichtigung der Nutzbarkeiten, ebenso wie eine Beratung darüber, weitgehend in die Verwaltungsorganisation einbeziehen. Während nämlich etwa in Baden-Württemberg (§ 4 Abs. 2 DSchG) oder in Bayern (§ 14 DSchG) in der Zusammensetzung ein starker Überhang von Vertretern der Politik und einzeln aufgeführte öffentlichrechtlichen Körperschaften festgeschrieben ist, sind in Hamburg (§ 4 Abs. 1 DSchG) lediglich Berufungen nach auf Berufserfahrung gestütztem Sachverstand vorgesehen. Zur Zeit besteht der Rat aus 6 Vertretern der Wirt69
Insgesamt zeigt sich hier also eine integrierte Staatsaufgabenplanung im Gefüge der Staatsfunktionen, vgl. allg. dazu Karpen, U., Gesetzgebungs-, Verwaltungsund Rechtsprechungslehre, S. 122 ff. 70 Kleeberg/Eberl Hdb. Rn. 31.
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schaft, der Architekten und des Handwerks (jeweils 2 Mitglieder), sowie 6 repräsentativen Hamburger Bürgern. In spezieller Weisen sollen also hier nicht einzelne öffentliche Interessenträger, sondern es soll in erster Linie privater Sachverstand zu Worte kommen. Die Zusammensetzung stellt sicher, daß Nutzbarkeitsüberlegungen von Anfang an in jene Stellungnahmen zu „grundsätzlichen Fragen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege" einfließen, welche zum Aufgabenbereich des Rates zählen (§ 4 Abs. 5 S. 1 DSchG). Darüber hinaus ist der Denkmalrat aber als beratendes Gremium unmittelbar in die Hamburger Verwaltung des Denkmalschutzes einbezogen, was in Flächenstaaten wie Baden-Württemberg, Bayern oder Nordrhein-Westfalen nicht vorgesehen ist: Einerseits steht ihm ein Initiativrecht für Unterschutzstellungen zu (§ 5 Abs. 5 S. 2 DSchG) und, vor allem, er hat obligatorisch eine Stellungnahme in jedem Verwaltungsverfahren abzugeben, in dem sich ein Verfügungsberechtigter gegen eine Unterschutzstellung wendet (§ 4 Abs. 5 S. 3 DSchG). Diese bindet zwar die Denkmalschutzbehörde nicht, läßt aber den Denkmalrat als eine behördliche Instanz erscheinen, die, wie andere Behörden, im Denkmalschutzverfahren anzuhören ist. De facto folgt, nach Information der Behörde, diese meist den Empfehlungen des Rates, in enger Absprache mit letzterem. Mehrmals im Jahr tritt der Rat zusammen, wird über den Stand der Listeneintragungen informiert und entscheidet über seine Empfehlungen. Es handelt sich also in der Tat um eine „ordentliche Verwaltungsinstanz", in diesem Sinn um gesetzlich organisierte Verwaltungshilfe 71 . b) Privater Sachverstand wird in der Hansestadt seit den Anfängen des Denkmalschutzes für dessen Belange nutzbar gemacht, seit dem Jahre 1839, als der private Verein für Hamburgische Geschichte eine der Initialzündungen für Denkmalpflege gegeben hat 7 2 . Trotz einer gewissen hanseatischen Zurückhaltung gegenüber einem „museal-ausgerichteten Gemeinsinn" (vgl. oben II. 2, 3) haben sich doch gerade neuerdings zahlreiche private Denkmalpflege-Initiativen gebildet, in der Regel in der Rechtsform des eingetragenen Vereins 73 . Hier stehen gewiß nicht nur Nutzerbelange im Vordergrund, meist geht es sogar um enger definierte öffentliche Erhaltungsbelange. Doch da sich viele Bürger „vor Ort" engagieren, die gerade deshalb mit Nutzungsbelangen laufend konfrontiert sind, wird in kooperati-
71 In der Terminologie neuester Verwaltungslehre geht es um jene Verwaltungshilfe, deren „Phänomenologie" neuerdings Gegenstand von Untersuchungen ist, vgl. Schuppen, G. F., Verwaltungswissenschaft, 2001, S. 840 ff. 72 Dazu Fischer , M., in: Kulturbehörde (Hg.), Denkmalpflege, S. 14. 73 Zum „Tag des offenen Denkmals" am 14.09.1997 haben sich in einer Publikation nicht weniger als 30 derartige Vereinigungen der Öffentlichkeit vorgestellt.
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ver Organisation zusammen mit solchen Vereinen auch zeitgemäß-nutzungsgerechter Denkmalschutz realisiert. Dies ist um so bedeutsamer, als aus diesen Vereinen auch Mittel für den Denkmalschutz kommen und dabei die beschränkten Förderungsmöglichkeiten des Denkmalschutzes aus dem Stadthaushalt wirksam ergänzt werden können 74 c) Wie sehr sich der „amtliche" Denkmalschutz der Hansestadt bemüht, private Fachkompetenz in der Denkmalpflege zum Tragen zu bringen, zeigt eine neueste unkonventionelle, jedenfalls gewiß nicht alltägliche Publikation der Denkmalschutzbehörde 75. Nahezu hälftig finden sich dort Beiträge von Denkmalpflegern und Kurzinformationen Privater, in denen sich insbesondere Handwerksbetriebe und Architekten vorstellen. Hier wird deutlich, daß die Stadt nicht nur Informationsservice für Gemeinnützige und Private bieten will, sondern auch ein echtes „Outsourcing von Denkmalschutz" in organisierter Zusammenarbeit mit Privaten anstrebt. Im Vorwort heißt es: „Die vorliegende Publikation kann gerade dieses Zusammenspiel zwischen privatwirtschaftlicher Steuerung und denkmalpflegerischem Engagement eindrucksvoll belegen"; dies wird als ein „dichtes, produktives, von gegenseitigem Vertrauen getragenes Netzwerk für den Denkmalort Hamburg" bezeichnet 76 . Dahinter steht eine eindrucksvolle und wiederum durchaus stadtstaatliche Realität: eine gewisse - und zunehmende - Auslagerung denkmalpflegerischer Aufgabenerfüllung mag auch in Flächenstaaten wie Bayern stattfinden, wo etwa, unter Haushaltszwängen, private Restauratoren oder Architekten beauftragt werden. Doch in Hamburg geht die Zusammenarbeit, gerade mit letzterer Gruppe, viel weiter. Weil „man sich im Stadtstaat eben kennt" und sich über dessen Grenzen hinaus in konzentrischen Bekanntheitskreisen empfiehlt, gibt es tatsächlich etwas wie ein schwer zu übersehendes, aber laufend wirksames größeres Team, vor allem architektonischer Denkmalschutz-Verwaltungs-Helfer. In ihren Personen, aus ihrer nutzungsoffenen Grundeinstellung heraus führen sie zu einer kooperativen Verwaltungspraxis, die vor allem eines sicherstellt; zeitnah-denkmalgerechte Nutzung. 74
In Hamburg gibt es einen „Zuschußetat" von gegenwärtig 1 Mio. DM im Jahr für denkmalpflegerische Maßnahmen Privater oder der Kirchen. Diese können vom Denkmalschutzamt nach dessen Ermessen verteilt werden; doch müssen Zuschüsse über 10.000,00 DM durch eine von der Bürgerschaft eingesetzte Deputation genehmigt werden. 75 Denkmalpflege in der Freien und Hansestadt Hamburg. Diese Veröffentlichung enthält, wie viele vorstehende Zitate beweisen, wichtige Hinweise auf Hamburgensia des Denkmalschutzes. 76 Von der damaligen Kultursenatorin Christa Weiss, a.a.O. S. 3.
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V. Das Hamburger Muster eines kooperativen Denkmalschutzes 1. Eine frühe rechtswissenschaftliche Orientierung Vor nahezu einem halben Jahrhundert beauftragte die Hansestadt einen bedeutenden Vertreter des Staats- und Verwaltungs-, insbesondere des öffentlichen Kulturrechts, den Erlanger Professor Hans Liermann, mit der Erstattung eines Gutachtens zu Rechtsfragen des Denkmalschutzes, mit Blick auf eine damals bereits erwogene Novellierung des Denkmalschutzgesetzes 77 . In dieser auch heute noch grundlegenden Abhandlung heißt es unter anderem: „Bei einer mehr pflegerischen Verwaltungspraxis, die mit der Freiwilligkeit arbeitet, kann der Staat um die Entschädigungsfrage in vielen Fällen herumlavieren... Der vom Staat gezwungene Eigentümer wird leicht von der öffentlichen Meinung, die heute keineswegs immer staatsfreudig und staatsfreundlich eingestellt ist, als Opfer staatlicher Maßnahmen bedauert. Wenn dagegen ein Eigentümer trotz pflegerischer Warnung wirklich sachverständiger Behörden einem Baudenkmal aus Starrsinn oder Eigennutz Schaden zufügt, wendet sich die öffentliche Meinung gegen ihn." 7 8 . Die Untersuchung schließt mit der prägnanten Feststellung eines „Grundgedankens": „Oberster Grundsatz allen Denkmalschutzes sollte Förderung und Pflege auf der Grundlage der Freiwilligkeit sein. Kultur und Polizeizwang schließen sich weithin aus." 79 . Diese Worte könnten heute geschrieben sein; in Hamburg sind sie auf fruchtbaren Boden gefallen.
2. Vertragslösung als Rahmen Bereits im Jahre 1973 wurde ins Hamburger Denkmalschutzgesetz jene Formulierung eingefügt, welche für die hier entscheidenden Nutzungspflichten die Vertragslösung vorsah - in einer in Deutschland einzigartigen und wahrhaft zukunftweisenden Form. Über sie wurde bereits im Zusammenhang der rechtsdogmatischen Untersuchung berichtet 80 .
77
Liermann, H., Denkmalschutz, o.J., wohl 1956, masch. Liermann, a.a.O. S. 14 f. 79 Liermann, a.a.O. S. 31. 80 Vgl. dazu oben D. IV.; dort ging es allerdings weniger um ein Hamburgense, als vielmehr um den Beleg der hier vertretenen zentralen These der zeitnah-denkmalgerechten Nutzbarkeit als Kriterium bereits des Denkmalbegriffes. 78
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Hier darf auf diese rechtliche Analyse verwiesen und nur noch, aus der Sicht typisch Hamburger Kooperationsvorstellungen zwischen Verwaltung und Bürger im Denkmalschutz, hinzugefügt werden: Informationen aus der Praxis sprechen dafür, daß damit nicht so sehr eine normative Leitlinie wirkt, die strikt „anzuwenden" wäre. So gibt es etwa kein verwaltungsamtliches Muster für solche öffentlich-rechtliche Verträge, keine Satzung, welche hier Einzelheiten zwingend vorschriebe. Ernst genommen wurde aber im Hamburger Denkmalschutz die Grundlinie, welche der Gesetzgeber vorgezeichnet hat: Denkmalpflege soll in Kooperation betrieben werden, in Vereinbarung nach Verständigung; und so geschieht es wohl auch laufend in der Praxis, wenn auch nicht formalisiert, so eben in ständigem informellen Verwaltungshandeln, weithin in fortzuschreibenden gentlemen's agreements. Der Einmaligkeit jedes einzelnen Denkmalfalles, welche Denkmalschutz als eine geradezu Antipoden-Verwaltung zur schematisierten Massenadministration etwa der Finanzbehörden zeigt, wird in einer Verwaltungswirklichkeit Rechnung getragen, die in etwas wie einer „gemeinsamen laufenden Vereinbarungsform" abläuft, was man - untechnisch - geradezu als „dynamisch sich entwickelnde Verträglichkeit" ansehen könnte. Sicher wird in Zukunft zu prüfen sein, ob derartige Praktiken nicht doch auch, jedenfalls bereichsweise oder für einzelne Fallgruppen, vertragsmustermäßig verdichtet werden könnten. Doch hier ist Vorsicht geboten gegenüber einem möglichen normativen Einbruch in ein Verwaltungsgeschehen, das sich gerade in seiner Flexibilität durchaus bewährt hat.
3. Kooperative Begleitung von Denkmalschutzverfahren Nach Informationen aus der Denkmalbehörde der Hansestadt81 läuft bei Unterschutzstellungen ein kombiniertes Verwaltungsverfahren ab, welches man unter jedem Gesichtspunkt als kooperativ qualifizieren kann. a) A m Anfang steht eine weite Rahmenplanung seitens der Stadt, in welche sich bereits der Denkmalschutz einbringt 82 . Die Initiative geht auch weiterhin, verständlicherweise, wenn auch vielleicht auf privaten Hinweis, meist von der Behörde aus - von Amts wegen - wenn dieser bekannt wird, daß größere bauliche Veränderungen geplant sind, auch etwa im Wege einer Privatisierung. Sodann meldet sich regelmäßig ein Investor - oder er wird gesucht - der über die objektimmanenten Denkmal-Gegebenheiten allgemein-rahmenmäßig seitens der Behörde informiert wird.
81 82
Der Verf. hat hierfür insbesondere Herrn Dr. Volker Konerding zu danken. Vgl. Bohnsack, G., in: Kulturbehörde (Hg.), Altstadt, S. 78.
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Mit ihm nimmt, sobald er seine Vorstellungen präzisieren kann, das Amt kurzfristig Kontakt auf - während in Flächenstaaten nicht selten längere Zeit vergehen kann - bespricht Einzelheiten mit ihm. Dabei werden schriftlich verbindliche Auskünfte erteilt, insbesondere über planerische Perspektiven. Dies ist besonders wichtig für die steuerliche Seite von Investitionsentscheidungen. Bei diesen Gesprächen legt die Behörde auch meist schon Verhandlungsspielräume für spätere (weitere) Nutzungsentscheidungen fest: Der Investor, der Eigentümer, weiß, was bei der Behörde ggf. unter welchen Bedingungen noch durchzusetzen ist. b) Bei Großvorhaben von städtebaulicher Relevanz erläßt die Stadt auf Initiative des Denkmalschutzamt sogenannte Gestaltungssatzungen, wie es sie in ähnlichen Formen kommunaler Bereichsschutzsatzungen auch sonst in der gemeindlichen Praxis gibt. Dort werden, und zwar durchgehend objektbezogen und auf behördliche Initiative hin, alle (Un-)Möglichkeiten baulich-gestalterischer Veränderung rahmenmäßig festgelegt. Daran haben sich Private und die öffentlichen Träger zu halten, bei der konkreten Ausführung der Vorhaben. Bemerkenswert ist hierbei jedoch, daß bei Erlaß wie in der Anwendung solcher Vorschriften zwar die Stadt und insbesondere ihre Denkmalbehörde durchaus Herren des Verfahrens bleiben, daß aber in allen Phasen dieses administrativen Procedere laufend weitere Kooperation, etwa mit Investoren, stattfindet, auch und vor allem im Abspracheweg. c) Gerade diese kooperative Verfahrensbeteiligung wird durch die fehlende behördliche Tiefenstaffelung und die „kurzen Wege" im Stadtstaat (vgl. oben IV.) begünstigt - fast jeder Kompetenzträger kann verbindliche Auskünfte erteilen. Dabei findet dichte, laufend begleitende Beratung statt, die sich in nicht wenigen Fällen sogar zu echter Betreuung steigert, im Austausch fachlicher Erfahrung mit Architekten und Firmen, wenn auch selbstverständlich unter Wahrung des öffentlich-rechtlichen EmpfehlungsVerbots. Die Behörde ist dabei um weitestgehende Aktenoffenheit bemüht. Insgesamt spricht man verwaltungsintern gerne von einem „big deal", der im Denkmalschutz ablaufe, von einem „Vertrag zugunsten des Denkmals". Die rechtsstaatliche Tugend der Partnerschaft 83 wird hier jedenfalls in Hamburg vorbildlich praktiziert.
83
Karpen, U., Der Rechtsstaat des GG, S. 145 ff.
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4. Die denkmalgerechte, zeitgemäße Nutzung Ergebnis Hamburger Denkmalschutzes Der skizzierte Ablauf des Hamburger Denkmalschutz-Verfahren eröffnet nicht nur die Möglichkeit, der zentralen These dieser Abhandlung Rechnung zu tragen - er zeigt, daß dies bereits weitestgehend geschieht. Dazu nur einige zusammenfassende Bemerkungen: In dieser Hamburger Kooperation werden von der Behörde von Anfang an auch Nutzbarkeitsüberlegungen angestellt, sie versteht eben ihr Ziel in keinem Abschnitt des Verfahrens als Blockade. Bereits in der allgemeinen Denkmal-Planungsphase führt dies zu aktiven, „beweglichen" Nutzungsüberlegungen, mag diesen auch eine notwendig konservierende „inventarisatorische" Bestandsaufnahme vorausgehen. In den folgenden Phasen von Projektverwirklichungen wird von verantwortlicher Seite als denkmalpflegerische Leitlinie betont 84 : Hamburg war von je her offen für eine „Politik der weiterführenden Umnutzung", unter Berücksichtigung allgemeiner, also „bilateral" orientierter Wirtschaftlichkeit, in vernünftiger Nutzungsbetrachtung. Die ursprüngliche Nutzungsorientierung vieler Denkmale und der kommerziell geprägte Geist Hamburgs begünstigen dies. Der tiefgreifende Generationen Wechsel wird der Denkmalbehörde über die Erfahrung eines zunehmend sich wandelnden Nutzungsinteresse deutlich - und dies wird von ihr aktiv aufgenommen und mitgestaltet. Das Ergebnis ist in vielen Fällen ein Bruch mit Vorstellungen von einer „kontinuierlichen Nutzung" und insgesamt eine noch erheblich verstärkte Umnutzungstendenz. Ein Verantwortlicher faßt dies neuerdings in die Worte 85 : „Wer in einer Stadt wie Hamburg und insbesondere in ihrer pulsierenden City kein Gefühl für wirtschaftlich bestimmtes Denken und Handeln aufbringt, gerät rasch in eine Außenseiterposition. Wer als Konservator in dieser Stadt das ihm anvertraute bauliche Erbe ausschließlich unter dem rückwärts gewandten Gesichtspunkt des konservierenden Bewahrens sieht und nicht bereit ist, in seinem Einsatz um die Erhaltung denkmalwerter historischer Bausubstanz Optionen für in die Zukunft gerichtete Entwicklungsmöglichkeiten einzelner Baudenkmäler mit zu eröffnen, würde in der Freien und Hansestadt rasch ausrangiert auf einem Abstellgleis landen. Ein solches Vorgehen ist als doppelseitiger Prozeß zu verstehen, der sowohl die Abstimmung mit anderen Behörden wie auch den Umgang mit den Denkmaleigentümern be84 Wie die Denkmalschutzbehörde selbst ihre Aufgaben sieht, ergibt sich instruktiv aus einer von ihr gemeinsam mit einer privaten Investitionsberatung herausgegebenen „Studie zu gewerblich genutzten und gesetzlich geschützten Denkmalen in Hamburg", Kulturbehörde und Jones Lang Wootten (Hg.), 1996, insb. S. 76 ff. 85 Konerding, V., Kulturbehörde (Hg.), Altstadt, S. 22.
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trifft. Ein so verstandenes konservatorisches Handeln ist keineswegs als eine leichtfertige Preisgabe denkmalwerter historischer Bausubstanz zugunsten vordergründiger Profitmaximierungsansprüche zu verstehen ...". Zeitgemäße und damit denkmalgerechte Nutzung - das ist ein Hamburgense.
VI. „Hamburger Modell?" Anstöße aus Hamburg, Modell aus Hamburg und darüber hinaus? „Hamburger Modell des Denkmalschutzes" - das liest sich gut, und es mag durchaus, organisatorisch wie verfahrensrechtlich, für eine solche anspruchsvolle Feststellung gute Gründe geben: Spezifische organisatorische Straffung und Offenheit sowie laufende Kooperation haben in der Hansestadt eine sich wohl steigernde Entwicklung erfahren, welche ihresgleichen in Deutschland nicht hat; und all dies ist in einer Weise nutzungsorientiert, ja nutzungsoffen, welche die „besondere Berücksichtigung" rechtfertigt, wie sie als Untertitel über dieser Untersuchung steht. Von einem „Hamburger Modell" kann also in der Hansestadt wohl gesprochen werden. Eine andere Frage ist es, ob dieses Modell sich auf den Denkmalschutz in anderen Ländern übertragen läßt. Hier ist, bei aller positiven Bewertung, Vorsicht angesagt. Mit wichtigen typisch hanseatischen Grundgegebenheiten kann anderswo nicht vergleichbar gerechnet werden, die gerade in ihrer Kombination das „Modell" prägen: vor allem stadtstaatliche Geschlossenheit, Hamburger nutzungsorientiert-wirtschaftliches Denken und ein Denkmalbestand in der Alstermetropole, der weithin eine zeitnähere Nutzungsprägung aufweist. Immerhin gibt es, jedenfalls bereichsweise, in anderen Stadtstaaten ähnliche Situationen; sie können so manches übernehmen. Und Flächenstaaten sollten sich zumindest ein Hamburger Denken in Nutzungskategorien verstärkt zu eigen machen. In der Hansestadt selbst aber mag diese Untersuchung immerhin zur rationalen Bewußtwerdung und Begründung einer Praxis beitragen, die für Hamburg ein Modell, für andere Länder sicher eine Bereicherung bieten kann. Nach diesem Abschluß der Hamburgensia nur noch ein kurzer Ausblick auf die Bedeutung der Untersuchung für die gemeine deutsche Rechtspraxis des Denkmalschutzes.
VII. Ausblick
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VII. Ausblick zur Umsetzung der Ergebnisse in die allgemeine deutsche Denkmalschutzpraxis Gegenstand der Untersuchung war nicht das Verfahrensrecht des Denkmalschutzes. Die hier gewonnenen materiell-rechtlichen Ergebnisse verlangen auch nicht nach normativ oder praxismäßig bestimmten Veränderungen des Behördenverhaltens; sie können sowohl im Listen- wie insbesondere im Konstitutivsystem des Hamburgischen Rechts berücksichtigt werden; Gesetzesänderungen werden hier nicht angeregt. 1. Bereits beim Erlaß eines Verwaltungsakts der Unterschutzstellung nach dem Konstitutivsystem ist nicht nur die museal-konservierende Seite zu berücksichtigen, sondern schon auch die objektimmanente Nutzbarkeit des zu schützenden Gegenstands. Entsprechende Überlegungen zur Entscheidungsbegründung sollten, abwägend oder kombiniert mit rein erhaltensorientierten, jedenfalls in den Unterlagen aktenmäßig festgehalten werden. Sie sind auch, bei einer Anhörung der Betroffenen, mit diesen zu besprechen. Daraus wird sich dann, in aller Regel, die Notwendigkeit ergeben, das Ergebnis solcher Nutzbarkeits-Erwägungen, wenn auch in allgemeiner Form, in die Begründung des Verwaltungsakts aufzunehmen. Dies kann etwa in der Weise geschehen, daß dem Verfügungsberechtigten eröffnet wird, er habe zwar vor allen Veränderungen die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde nunmehr einzuholen; bei der Entscheidung über diese werde aber der gegenstandgegebenen Nutzbarkeit - etwa als Wohn- oder gewerblich nutzbares Gebäude - angemessen Rechnung getragen. Im Einzelfall können solche Hinweise noch konkretisiert werden. Der Vorteil eines solchen Vorgehens liegt vor allem darin, daß die Besorgnisse der Betroffenen relativiert, daß sie von übereiltem Vorgehen gegen die Unterschutzstellung abgehalten und daß sie insbesondere in ihren künftigen Veränderungsabsichten rechtzeitig orientiert werden, von abwegigen Planungen also Abstand nehmen. 2. Nach dem Listensystem erfolgt zunächst nur eine Eintragung, gerade in diesem Verfahrensabschnitt kann aber bereits wirkungsvoll die Nutzbarkeitsfrage gestellt und wenigstens rahmenmäßig beantwortet werden. „Objektimmanente" Überlegungen sind bereits in dieser Phase anzustellen, analog dem eben Dargelegten in der Verwaltung zu dokumentieren und dem Verfügungsberechtigten in geeigneter Form zur Kenntnis zu bringen. Noch vor Erlaß einer förmlichen Entscheidung in einem späteren Genehmigungsverfahren ist er dann in rechtsstaatlicher Weise „vor-orientiert", was auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses System entkräften kann. 3. In beiden Systemen wird es, nach Unterschutzstellung, zu Genehmigungsverfahren über konkrete Änderungsabsichten kommen. Es sollte dann
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G. Denkmalschutz in Hamburg
stets die hier entwickelte Form der Zwei-Stufen-Lehre in jedem Einzelfall angewendet werden: - Zunächst ist zu fragen, ob die Veränderung nicht bereits deshalb zu genehmigen ist, weil das Unternehmen, dem sie dient, sich in den objektimmanent vorgegebenen Nutzbarkeits-Rahmen einfügt. - Nur wenn dies verneint werden muß, aber dann auch immer, ist die Zumutbarkeitsfrage zu stellen: ob dem betreffenden Verfügungsberechtigten die Ablehnung seines Antrages im Einzelfall zugemutet werden kann. Dabei sind dann auch seine Verhältnisse in subjektiver Beurteilung einzubeziehen.
Ergebnisse Eingeteilt entsprechend den Kapiteln der Untersuchung A I . l . Denkmalschutz ist ein neueres, streng objektbezogenes Rechtsgebiet. Im Vordergrund steht der „Status von Sachen", nicht das Interesse von Rechtsträgern. In diesem seinem Objektbezug ist der Schutz der Denkmale - ebenso wie der „der natürlichen Lebensgrundlagen" - Teil eines öffentlich-rechtlichen Sachenrechts im weiteren Sinn. A I. 2. Da sachenrechtliche Positionen in erster Linie Nutzungsrechte begründen, stellt sich im Denkmalrecht sogleich und zentral die Frage nach der Denkmalnutzung: ob dieses Recht nur eine „nutzungsblind errichtete Schranke von Nutzungen" darstellt, oder ob bei seiner Anwendung zu fragen ist nach einer denkmalimmanenten, denkmalgerechten Nutzbarkeit. Im folgenden steht im Mittelpunkt die Frage, ob diese Nutzbarkeit bereits zum Begriff des Denkmals, seiner Schutzwürdigkeit gehört. A. I. 3. Der „Denkmalwert", der sich notwendig vor allem aus der Denkmalnutzung ergibt, läßt sich meist wirtschaftlich bestimmen. Einzubeziehen ist aber auch die „Kulturwertigkeit" des Objekts. A. II. Der Denkmalschutz in Hamburg verdient besonderes Interesse. Er ist dort seit langem und in spezieller Intensität betrieben worden, historisch in föderal einmaliger Konzentration auf eine große Stadt, mit vielfältigen baulichen Problemen. Überdies weist das Hamburgische Denkmalschutzrecht bemerkenswerte Besonderheiten auf, welche für die bereits weit fortgeschrittene Entwicklung eines gemeinen deutschen Denkmalschutzrechts von nicht geringem Interesse sind (vgl. G). A. III. 1. Denkmalschutz wurde, bis ins 20. Jahrhundert, in deutlicher „Musealprägung" betrieben: Die Nutzbarkeitsfrage der Objekte trat gegenüber dem Erhaltungsinteresse zurück; ihr kommt daher häufig auch heute noch nicht das gebührende Gewicht zu. Die früher besonders im Mittelpunkt stehende Bedeutung nicht „nutzbarer" Bodendenkmale hat diese deutliche Unterbelichtung der Nutzungsfrage noch verstärkt. A. III. 2. Denkmalschutz in Deutschland hat sich in föderaler Verzweigung entwickelt, in Ländergesetzen, später in Landesverfassungen; noch immer liegt er wesentlich - und zu Recht - in Landeskompetenz. Deshalb haben auf ihn bundesrechtliche Eigentums-, insbesondere Nutzungsrechtskategorien, keinen prägenden Einfluß gewonnen. Weithin blieben „museale" Zielsetzungen im Denkmalschutz als solche beherrschend.
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A. III. 3. Die Entwicklung des Denkmalschutzes in Deutschland ist insgesamt kontinuierlich verlaufen. Die Problematik der Denkmalnutzung stellt sich jedoch ersichtlich stets auch mit Bezug auf die jeweilige wirtschaftliche Lage und die Situation der Staatsfinanzen: Nutzungsorientiertes Denkmal(schutz)-Bewußtsein kann durch öffentliche Haushaltsengpässe durchaus auch gefördert werden, im Sinn einer Objekterhaltung durch private Nutzung. A. IV. Das Interesse hat sich im Denkmalschutzrecht bisher nicht so sehr der Frage der denkmalgerechten Nutzung zugewendet, sondern meist anderen Problemen, welche an jener „vorbeilaufen": Kompetenzabgrenzung von Denkmalschutz und Bauordnung stand im Vordergrund, nicht die ihrer inhaltlichen Regelungsziele. Die Frage der kommunalen Verantwortung im Denkmalschutz wurde erörtert - nur indirekt und am Rande betrifft sie die Nutzungsproblematik. Eingehend wird noch immer, vor allem unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten, über Vorzüge und Bedenken gegen Konstitutiv- oder Listensystem bei der Unterschutzstellung diskutiert - die Nutzbarkeitsfrage stellt sich in beiden Regelungsformen. A. V. 1. Nach einer im Denkmalrecht weit verbreiteten Auffassung sind Denkmalbegriff und Denkmalnutzung zu trennen: Bei Ersterem soll, museal-konservierend orientiert, nach der Denkmalwürdigkeit des Objekts gefragt, Denkmalnutzung soll nur, ausschließlich mit Blick auf die Eigentümerinteressen, in Abwägung zu jener „nutzungsblind" festgelegten Denkmaleigenschaft bestimmt werden. Diese „Zwei-Stufen-Lehre" verstellt die Sicht auf eine Denkmaleigenschaft, welche bereits unter Berücksichtigung einer dem Objekt immanenten Nutzbarkeit - etwa zu Wohn-, Hotel-, Gewerbe- oder kulturellen Zwecken - zu beurteilen ist. A. V. 2. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wie auch des Bundesverfassungsgerichts hat allerdings mit dem Begriff der „sinnvollen Nutzung" bereits eine objektimmanente Nutzungsbetrachtung des Denkmalbegriffs eingeleitet. Auch die neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Denkmalschutzgesetz Rheinland-Pfalz bewegt sich in diese Richtung. A. VI. 1. Der in dieser Untersuchung zu vertiefende Begriff der „denkmalimmanenten Nutzbarkeit" muß zu einer Korrektur des heute noch verbreiteten Denkmalbegriffs führen; dieser ist bedenklich, weil er die Denkmaleigenschaft „wirtschaftsneutral" festlegen und damit andererseits den Nutzungsbegriff im Ergebnis auf ökonomische Wertungen verengen will. Ein unerfreulicher scheinbarer Gegensatz „kultureller" und „profitorientierter" Belange ist die Folge. Demgegenüber wird die Position des Denkmalschutzes gestärkt durch die hier vertretene These, daß das Objekt bereits bei der Feststellung der Denk-
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malwürdigkeit auch nach seiner allgemeinen Nutzbarkeit, aus dem Denkmalbegriff heraus, zu bewerten ist. Der Denkmalschutz entgeht damit dem Vorwurf des Rückwärtsgewandten, in einer „Nutzungsoffenheit von Anfang an", er gewinnt Fortschrittlichkeit im guten Sinn - und er wird im Ergebnis billiger, weil Private mehr nutzen dürfen. A. VI. 2. Zunächst ist daher, in eigentumsrechtlicher Sicht, der Begriff der Nutzung zu klären (B), sodann sind die herkömmlichen Kriterien des Denkmalbegriffs zu untersuchen, mit Blick auf ihre Offenheit zu objektbestimmter Nutzbarkeit (C); nach einer Behandlung der bisher einigermaßen unterbelichteten denkmalrechtlichen Nutzungspflichten (D) stellt sich die eigentümerbezogene Zumutbarkeitsfrage (E), in ihrem Verhältnis zur denkmalbegrifflichen Nutzbarkeit. Steuerrechtliche Ausführungen (F) runden die Überlegungen ab. In einem letzten Hauptteil (G) wird die Praxis des Denkmalschutzes in Hamburg zusammenhängend dargestellt. Aus ihr ergibt sich eine Bestätigung der gewonnenen Ergebnisse und die Bedeutung eines „Hamburger Modells des Denkmalschutzes". B. I. Gegenstand der Untersuchung ist die Frage nach der eigentumsrechtlichen Bedeutung der Nutzbarkeit eines Objekts, das unter Denkmalschutz gestellt werden soll. Sie wird hier nicht (nur) unter dem Gesichtspunkt der Interessen geprüft, welche ein Eigentümer in einem konkreten Fall den Maßnahmen des Denkmalschutzes gegenüber geltend macht. Vielmehr geht es um die „objektimmanente Nutzbarkeit", die einem Gebäude, etwa zu Wohn- oder gewerblichen Zwecken, eigen ist, unabhängig von der Lage des konkreten Eigentümers oder seinen Anträgen. Sie ist bereits im Zusammenhang mit dem Denkmalbegriff, nicht erst bei der Zumutbarkeit des Eingriffs zu untersuchen. B. II. 1. Diese objektimmanente Nutzbarkeit ist nach Eigentumsverfassungsrecht der praktisch wichtigste Schutzgegenstand der Rechtsordnung. B II. 2. Nach der Lehre vom „Funktionseigentum" gehört die objektimmanente Nutzbarkeit eines Denkmals zu den Konstitutivelementen des Eigentums. B. II. 3. Eine Unterscheidung zwischen Nutzungs- und Verfügungseigentum wird zwar - zutreffend - nicht anerkannt. Dennoch sind, gerade neuerdings, Nutzungsformen eigentumsrechtlich verfestigt (etwa im Mietrecht), die eigentumsrechtliche Nutzbarkeit ist damit als eigentumsrelevant anerkannt worden. B. II. 4. Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt der Gesetzgeber (Art. 14 Abs. 1. S. 2 GG). Dazu gehört auch die Festlegung der objektimmanenten Nutzbarkeit eines Denkmals; andernfalls wäre Denkmalschutz nicht Inhalts-, sondern nur Schrankenbestimmung des Eigentums. 12 Leisner
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B. II. 5. Nutzbarkeit im hier zugrunde gelegten Sinn erfaßt nicht nur die realisierten, sondern auch alle nach dem Wesen eines Gegenstandes tatsächlich möglichen Nutzungsformen. Insoweit ist der Begriff „Nutzbarkeit" weit zu verstehen. B. II. 6. Die Nutzbarkeit eines Denkmals bestimmt dessen Wert. Ebenso wie dieser letzere Begriff stellt daher auch sie ein Eigentumskriterium und damit einen Inhalt des Denkmalbegriffes dar, welcher objektimmanent zu bestimmen ist. B. III. 1. Privatnützigkeit ist nach der Rechtsprechung ein Zentralbegriff des Eigentumsrechts. Er verdeutlicht die Weite des Nutzungsbegriffs und den Objektbezug einer Nutzbarkeit, in deren Rahmen der Berechtigte auswählen darf. B. III. malrecht aus, daß hang mit
2. Diese Bedeutung kommt der Privatnützigkeit auch im Denkzu; sie ist allerdings dort noch kein Topos. Dies erklärt sich dardie Nutzungsfrage - zu Unrecht - meist lediglich im Zusammender Zumutbarkeit (vgl. unten E) behandelt wird.
B. IV. 1. Öffentliche Nutzbarkeit wird durch den Akt der Widmung begründet und bestimmt. Auf ihrer Grundlage werden eigentumsfähige Güter ebenso „öffentlich genutzt" wie durch Private im Rahmen der Privatnützigkeit. B. IV. 2. Öffentliche Widmungs-Nutzung ist eindeutig objektbezogen, wird durch den Widmungsakt objektimmanent zum Ausdruck der rechtlich geregelten Qualität des Gegenstands. Bei Denkmalen muß sie daher bereits beim Denkmalbegriff berücksichtigt werden. Dies zeigt, daß Nutzbarkeit als Rechtsbegriff geläufig ist, sich als solcher zu normierbarer Verfestigung eignet. B. V. 1. Bestandsschutz, eine zentrale Kategorie des Eigentumsrechts, ist bedeutsam für die Frage der objektimmanenten Nutzbarkeit eines Denkmals. Der passive Bestandsschutz des gegenwärtigen Nutzungszustands ist besonders wichtig im denkmalnahen Baurecht. Da er nicht nur realisierte, sondern auch sämtliche objektgegebenen Nutzungsmöglichkeiten absichert, ergibt sich aus ihm ein denkmalrechtlicher Nutzbarkeitsbegriff, bereits aus dem Denkmalbegriff heraus. B. V. 2. Deutlicher noch zeigt sich dies beim „überwirkenden (aktiven) Bestandsschutz". Er sichert eine zeitliche Dynamisierung möglicher, daher zu gestattender Nutzungen eines Denkmals. Entscheidend ist, bereits unter diesem Gesichtspunkt, nicht nur, wie ein Denkmal irgendwann genutzt worden ist, sondern auch wie es, nach seinem baulichen Wesen, gegenwärtig genutzt werden kann. Passiver Bestandsschutz verlangt eine „Fortschreibung des geschichtlich Entstandenen".
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Fazit: Der Begriff der Nutzung ist heute von vorrangiger Bedeutung für das Verständnis des Eigentums im Sinne der Verfassung. Nutzungen und Nutzungsmöglichkeiten sind in einem Verfassungsbegriff der Nutzbarkeit zusammenzufassen; der Nutzungsbegriff ist insoweit ein weiter. Diese Nutzbarkeit ist ein objektbezogener Begriff, unabhängig von einzelnen konkreten Nutzungsforderungen des Berechtigten. Konservierender Bestandsschutz und dessen zeitgemäße Dynamisierung prägen gleichermaßen diesen Verfassungsbegriff eigentumsrechtlicher Nutzbarkeit. Auf der Zeitschiene wird die rechtliche Bedeutung des „aktivierten Gutes" deutlich. Gerade das Recht des Denkmalschutzes verlangt die Berücksichtigung dieser gegenstandsbezogenen Nutzbarkeit, durch ihre Einbeziehung bereits in die rechtlichen Begründungen und Festlegungen des Denkmalbegriffs, in der Bestimmung einer „denkmalgerechten Nutzung". C. I. 1. Nutzung von Denkmalen erfolgt - oder wird angestrebt - weithin zu wirtschaftlichen Zwecken, aber auch zur Förderung privater, etwa künstlerischer oder wissenschaftlicher Belange sowie von religiösen Zwekken oder Gemeinschaftsinteressen. C. I. 2. Das Denkmalrecht darf nicht von vorne herein auf die rein profit-orientierte Nutzungsproblematik verengt werden; denkmalgerechte Nutzung ist nicht bereits begrifflich notwendig und ausschließlich auf Gewinn gerichtet. C. I. 3. Nicht-wirtschaftliche Denkmalnutzung begegnet etwa, wenn ein Objekt im Rahmen der Kunstfreiheit des Verfügungsberechtigten genutzt werden soll, bei religiös-kirchlicher Nutzung, einer solchen zu Informations- oder werblichen oder zu wissenschaftlichen Zwecken. C. I. 4. Darüber hinaus muß der Nutzungsbegriff auch noch auf den „Betrachtungs-Nutzen" erweitert werden, wie ihn die Musealität eines Objekts bietet. Hier entscheidet der Betrachter, im Rahmen seiner grundrechtlichen Handlungsfreiheit, über den individuellen „Nutzen", den er selbst privatautonom bestimmt. Auch dieser, bisher noch nicht näher untersuchte, „Betrachtungs-Nutzen" gehört zur Nutzbarkeit eines Denkmals und muß mit anderen Nutzungen koordiniert, ihnen gegenüber abgewogen werden stets bereits bei der Beurteilung der Denkmaleigenschaft. Hier findet auch „reine Musealität" den ihr gebührenden Platz. C. I. 5. Denkmalnutzbarkeit, in diesem erweiterten Sinn verstanden, gehört zum rechtlichen Inhalt des Denkmalbegriffs, gewissermaßen zum „Schutzbereich des Denkmalschutzes", sie ist nicht erst eine Schranke desselben. Damit wird dieser aktualisiert, verlebendigt, er entgeht dem Vorwurf des reinen Bewahrens von Altehrwürdig-Nutzlosem. C. II. 1. Denkmalgerechte Nutzung ist zu bestimmen mit Blick auf die Kriterien, welche sich bisher für die Denkmaleigenschaft im gemeinen 12*
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deutschen Denkmalrecht herausgebildet haben. Bei diesen handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, welche jedoch, nach zu Recht h.L., voller gerichtlicher Nachprüfung unterliegen. C. II. 2. Merkmale des herkömmlichen Denkmalbegriffs sind Denkmaleignung, Denkmalfähigkeit, Gestaltung durch Menschen. Entscheidend ist jedoch die Denkmalbedeutung, und ihre einzelnen Kriterien sind bereits bisher geöffnet auch zu Nutzbarkeitsüberlegungen. C. III. 1. Wichtigstes die Denkmaleigenschaft eines Objekts begründendes Merkmal ist seine geschichtliche Bedeutung. Der Begriff ist weit zu verstehen, setzt aber immerhin eine herausgehobene Gewichtigkeit, spezielle Wichtigkeit der dokumentierten Zustände voraus. C. III. 2. Historische Bedeutung schließt Nutzungsoffenheit bei der Beurteilung eines Denkmals nicht aus. Allerdings ist bei solcher Sicht konservierender Schutz jeweils auf das zu beschränken, etwa durch Fassadenerhaltung, was die „geschichtliche Botschaft" ausmacht - sie kann auch in gegenwartsnaher Nutzung vernehmbar bleiben oder erst recht vernehmbar werden (Handels- und Verkehrs-, Staatsbauten). C. III. 3. Die Denkmalgerechtigkeit umgestaltender Nutzbarkeit muß in Abwägung zu der Bewahrung historischer Überlieferung erfolgen. Ein Denken in „überwirkendem Bestandsschutz" verbietet Verliebtheit in technischkonstruktive Details und wird bei Nutzungsentscheidungen (Entkernungen) den Primat des äußerlich wahrnehmbaren Erscheinungsbildes vor dem inneren Baudetail wahren. Nichts steht veränderter Nutzung entgegen, was nicht über den Schutz von Alltäglichem hinausführt. C. IV. 1. Künstlerische Bedeutung eines Objekts ist oft mit dessen historischer Relevanz verbunden, gewinnt jedoch auch selbständige Denkmalbedeutung. Nur „besondere" künstlerische Qualität verdient Denkmalschutz. C. IV. 2. Das Kriterium des Künstlerischen ist Nutzbarkeitsüberlegungen durchaus geöffnet. Gegenwartsnahe Nutzungen begünstigen BetrachtungsNutzungen (vgl. oben I. 4.) und führen häufig erst zu denkmalerhaltenden Restaurierungen. Neuere Kunstmonumente sind oft an sich schon weitgehend nutzungsbezogen. Bei „Staats"- und Sakralkunst ist die Weiterwirkung in neue Nutzungsformen objektimmanent. Grundsätzlich beschränkt sich hier der Denkmalschutz auch auf „das Kunstwerk", erfaßt dagegen nicht alles, was in dessen Umgebung neuen Nutzungsformen entgegenstehen könnte. C. V. 1. Städtebauliche Bedeutung kann die Denkmaleigenschaft begründen. Hier kommt es wesentlich auf ein „Gesamtbild" an, nicht auf konstruktive Details, welche so oft neuen Nutzungsformen im Wege stehen. C. V. 2. Mit monumentaler Stadtbildprägung sind häufig Umnutzungen bei einzelnen Gebäuden vereinbar. Das Stadtbild als solches ist in besonde-
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rer Weise nutzungsoffen. „ I m Ort als solchem" finden laufend vielfache Nutzungen und Umnutzungen statt, eine Gesamtdenkmallage ist dort eingebettet in soziale Bezüge vieler Gebäude, die als solche nutzungsgeprägt sind. C. VI. Monumentalität aus wissenschaftlicher Bedeutung schließt häufig Nutzbarkeit des denkmalgeschützten Objekts nicht aus. Techn(olog)ische Bedeutung beinhaltet oft frühere Nutzbarkeiten, welche sich gegenwartsnah fortschreiben lassen. Volkskundliche Bedeutung gründet meist auf bestimmten (früheren) Nutzungsformen, für welche das Gleiche gilt. C. VII. 1. Öffentliches Erhaltungsinteresse wird überwiegend als ein eigenständiges Kriterium des Denkmalbegriffs angesehen, als solches läßt es sich jedoch nicht leicht von den vorstehend erwähnten Denkmalkriterien der geschichtlichen u.a. Bedeutungen abgrenzen. Dies kann nur so geschehen, daß gerade die Erhaltbarkeit hier im Vordergrund steht. C. VII. 2. Diese Erhaltbarkeit, welche in der Regel vom Erhaltungsaufwand abhängt, ist meist in der Praxis abhängig von der Nutzbarkeit, wenn ein Objekt verfällt, weil es nicht gegenwartsnah genutzt werden kann. Wenn Erhaltbarkeit bereits bei der Beurteilung der Denkmaleigenschaft zu berücksichtigen ist, so muß dies auch für die Nutzbarkeit gelten. C. VII. 3. Der Denkmalbegriff wird inhaltlich in der Praxis durch die Beurteilungen von Sachverständigen ausgefüllt, denen auch die Gerichte weithin folgen. Dagegen ist nichts zu erinnern; eine „Demokratisierung des Denkmalschutzes", durch Rückgriff auf „Bürgerverstand", ist problematisch. Die in der Rechtsprechung geforderte Beurteilung durch einen weiteren Kreis von Sachverständigen verhindert jedoch enges Konservieren und läßt Raum für Nutzungserwägungen, welche ebenfalls sachverständig angestellt werden können. D. I. Nutzbarkeit und Nutzungsrechte von Denkmalen spielen dogmatisch im Denkmalrecht bisher nur eine geringe Rolle. Eine sedes materiae der Denkmalnutzung sind jedoch die landesgesetzlichen Vorschriften über die Nutzungspflichten. D. II. Diese Regelungen der Nutzungspflichten können aber nicht (allein) Grundlagen einer Nutzbarkeitsdogmatik sein, sondern nur deren Ergebnisse bestätigen. Sie sind in den Ländern unterschiedlich und werden nur selten vertiefend behandelt. D. III. Im Zusammenhang mit den gesetzlichen Nutzungspflichten wird im Schrifttum die zentrale Bedeutung denkmalgerechter Nutzung für den Denkmalschutz betont. Diese Frage ist jedoch, schon nach den landesgesetzlichen Regelungen, insbesondere in Hamburg, nicht ausschließlich im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung zu stellen. Gerade die gesetzlichen Be-
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Stimmungen über Nutzungspflichten bestätigen, daß die Nutzbarkeitsproblematik bereits im Rahmen der Denkmaleigenschaft zu prüfen ist. D. IV. Die Kommentarliteratur zu den Nutzungspflichten erwähnt zahlreiche und typische Beispiele (un-)zulässiger Umnutzung. Sie zeigt eine liberale Grundtendenz der Praxis. Gerade bei ungenutzten oder schwer nutzbaren Objekten wird, um die Erhaltung zu sichern, für eine auch weitere Entfernung von traditioneller Nutzung plädiert. D. V. 1. Das Bayerische Denkmalschutzgesetz verpflichtet zunächst zu „ursprünglicher", subsidiär zu einer dieser gleichwertigen, demgegenüber nachrangig zu einer substanzerhaltenden Nutzung. Diese Begriffe lassen sich jedoch schwer abgrenzen. D. V. 2. Insbesondere ist die Verpflichtung auf „ursprüngliche Nutzung" problematisch. In vielen Fällen läßt sich eine solche nicht (mehr) feststellen, in anderen haben im Laufe der Zeit unterschiedliche Nutzungen stattgefunden, von denen nicht immer die ältere den Vorzug der Konservierung verdient. D. V. 3. Der Begriff der „gleichwertigen Nutzung" ist ebenfalls schwer vollziehbar, schon weil das Wort „ursprünglich" nicht eindeutig ist. Überdies setzt er ein kaum überzeugend zu begründendes Werturteil voraus. Meist handelt es sich um Versuche eines Alibi für Nutzungsänderungen zur Rettung eines Baudenkmals. D. V. 4. Primäres Nutzungsziel kann, aus der Sicht des Denkmalschutzes, nur die Erhaltung der Substanz sein, aller Elemente also, die nötig sind, um die Denkmal-Botschaft der Nachwelt auf Dauer zu übermitteln. Dies verlangt jedoch gerade nicht nutzungsblindes Konservieren, sondern substanzerhaltende Nutzung; ihr gegenüber sind „ursprüngliche" Nutzungsformen ohne Bedeutung. Überwirkender Bestandsschutz kommt hier auch bereits in der Praxis zum Tragen, welche zur Substanzerhaltung weitgehende Umnutzungen gestattet. Dies sollte jedoch nicht, wie bisher, nur unsystematisch und punktuell erfolgen. D. VI. 1. Das Hamburger Denkmalschutzgesetz regelt die Nutzungsfrage lediglich in der Weise, daß es vertragliche Einigung über die Nutzungen vorsieht. Die Umnutzungsproblematik bleibt vollinhaltlich autonomer Vertragsgestaltung überlassen. Dies ist Ausdruck eines begrüßenswerten Eigentums-Liberalismus. Es stellt auch eine voll sachangepaßte Lösung dar, welche Anliegen des Denkmalschutzes am effizientesten verwirklicht und langwierige Rechtsstreitigkeiten vermeidet. Es entspricht das überdies dem allgemeinen Trend des deutschen Verwaltungsrechts zu städtebaulichen Verträgen, i.S. eines Vertrags-Denkmalschutzes, entsprechend dem bewährten Vertrags-Naturschutz.
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D. VI. 2. Die Hamburger Nutzungsvereinbarungen sind auch ein Beleg für einen nutzungsorientierten Denkmalbegriff. Sie haben jene Erhaltung und Erneuerung zum Gegenstand, welche dem Denkmalbegriff zuzuordnen sind. Bei den vorgesehenen Vereinbarungen, welche ausdrücklich einen „denkmalgerechten Zustand" herstellen sollen, werden bereits in Festlegung des Denkmalbegriffs Nutzungs- und Konservierungsbelange kombiniert. Die dort ebenfalls vorgesehene Überwachung durch Sachverständige stellt eben dies sicher. E. I. 1. Zumutbarkeit einer denkmalschützenden Einschränkung für den Verfügungsberechtigten ist eine Schranke des Denkmalschutzes, nach verbreiteter Auffassung die einzige. Bei ihrer Prüfung allein sind nach dieser Meinung Nutzungsfragen zu beantworten. Dies überzeugt nicht: E. I. 2. Wird die Unzumutbarkeit eng gefaßt, so droht eine Beeinträchtigung von Grundrechten Betroffener, bei weitem Verständnis eine solche des Denkmalschutzes. Nur bei Einbeziehung der objektimmanenten Nutzbarkeit in den Denkmalbegriff kann übersteigert-konservierender Handhabung entgegengewirkt werden. E. II. 1. Nach verbreiteter Auffassung sind Denkmalschutz-Maßnahmen dann rechtswidrig, wenn sie den Betroffenen nicht zugemutet werden können. Dieses Zumutbarkeitsprinzip ist ein allgemeiner Verfassungsgrundsatz, es wird als letzte Stufe der Verhältnismäßigkeit geprüft. Dies muß daher auch bei allen Maßnahmen des Denkmalschutzes geschehen. E. II. 2. Das Hamburger Denkmalschutzgesetz (§ 14 Abs. 4 S. 1) sieht Ersatz von durch den Denkmalschutz verursachten Aufwendungen vor, soweit sie den Betroffenen nicht zumutbar sind. Darüber hinaus gilt jedoch auch in der Hansestadt das allgemeine Zumutbarkeitsprinzip (vorstehend 1.). Die in § 14 DSchG vorgesehenen Zuschüsse sind dabei zu berücksichtigen. E. II. 3. Nach weithin vertretener Meinung sind alle Nutzungsfragen nur unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu beantworten. Wie bereits dargelegt, ist dies jedoch nicht zulässig, da Nutzbarkeitsüberlegungen auch bereits bei der Feststellung der Denkmaleigenschaft eine Rolle spielen. Andernfalls würden Rechte der Betroffenen verkürzt. E. II. 4. Die Rechtsprechung nimmt Unzumutbarkeit nur bei laufender Zuschußverpflichtung des Betroffenen an; er aber wird nicht erst dann, sondern schon bei Ausschluß jeden normalen Nutzens rechtswidrig beeinträchtigt. Die „Zuschußformel" kann als Schranke des Denkmalschutzes nicht genügen. Allgemein im Verwaltungsrecht dient überdies das Zumutbarkeitskriterium lediglich als wenig wirksame, „allerletzte" Form der Grenzkorrektur von Behördenentscheidungen.
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E. III. 1. Zumutbarkeit als einzige Schranke des Denkmalschutzes, bei Eingriffen in Nutzungsrechte durch diesen, ist schon deshalb problematisch, weil der Begriff eine Abwägung zwischen privaten und öffentlichen Belangen verlangt, die nur selten überzeugend gelingt. E. III. 2. Die Praxis zeigt denn auch eine wenig geordnete Einzelfallrechtsprechung, welche nach schwer feststellbaren „Grundauffassungen" entscheidet, ob einem „vernünftigen Eigentümer" ein bestimmtes Opfer im Namen des Denkmalschutzes noch zugemutet werden soll. Für die Betroffenen ist dies kaum vorhersehbar. Andererseits muß nicht selten der Denkmalschutz vor dem Druck konkret profitorientierter Interessen zurückweichen. Diese Spannungen können durch Einbeziehung der Nutzbarkeitsprüfung bereits in die des Denkmalbegriffs entschärft werden. E. IV. Die Zumutbarkeit kann entweder „objektiv" bestimmt werden nach dem, was dem Verfügungsberechtigten mit Blick allein auf Grundstückswert und -nutzung abverlangt werden kann; oder „subjektiv", unter Berücksichtigung seiner gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse. Für beide Betrachtungsweisen sprechen gute Gründe, überwiegende aber wohl doch für die subjektive, nach welcher auch weithin in der Praxis verfahren wird, wie eben auch in Handhabung von Hälteklauseln und bei Zuschüssen. Dann aber zeigt sich, daß die Zumutbarkeitsfrage, weil eben erst auf einer speziellen, subjektiv gewendeten, nicht objektbezogenen Prüfungsstufe beantwortet, nicht allein Kriterium der Auflösung der Problematik der Nutzbarkeit eines Denkmals sein kann. Vielmehr ist diese - und insoweit ist an einer Zweistufigkeit festzuhalten - bereits bei der Bestimmung der Denkmaleigenschaft zu klären; wenn dies (noch) nicht für den Betroffenen spricht, sind dessen Belange, nun subjektiv gewendet, nochmals auf der zweiten und letzten Stufe der Zumutbarkeit zu prüfen. Hält eine Maßnahme des Denkmalschutzes auch dieser Prüfung stand, so ist sie hinzunehmen. E. V. 1. Eine staatliche Förderverpflichtung zum Denkmalschutz wird in den Landesgesetzen statuiert, sie gilt auch in Hamburg. Ein Rechtsanspruch auf Förderung besteht allerdings nicht. Die Förderung spielt im Denkmalschutz eine entscheidende Rolle, sie erfolgt auf vielen Wegen, über unterschiedliche Programme. E. V. 2. Zuschüsse bieten jedoch in der Regel nur einen unvollständigen Ausgleich für eine Beeinträchtigung der Nutzbarkeit durch Maßnahmen des Denkmalschutzes. Die Zumutbarkeitsfrage können sie entschärfen, aber nur selten völlig lösen. Auch deshalb sollte die Nutzungsfrage bereits auf der Ebene des Denkmalbegriffs gestellt werden. F. I. Steuerrechtliche Erleichterungen sind entscheidend für einen wirksamen Denkmalschutz; das Steuerrecht ist das Subventionsrecht der Denkmalpflege. Bundesrecht verweist hier auf gemeines deutsches Landesrecht
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(„Bundesrecht nach Landesrecht"). Bis heute werden aber die steuerrechtlichen Regelungen sehr wohl in der Praxis, aber kaum in der Dogmatik des Denkmalschutz-Rechts zur Kenntnis genommen. F. II. Der Denkmalschutz ist für nicht wenige Steuerarten von Bedeutung, der abgabenrechtliche Schwerpunkt liegt aber im Einkommensteuerrecht. Dieses hat sich hier in drei Phasen entwickelt: Bis 1977 Abzugsfähigkeit gewisser Belastungen durch Denkmalschutz, sodann allgemeine Abschreibungsmöglichkeit derselben, ab 1990 Erweiterung dieser Abzugmöglichkeiten (§§ 7 h, i EStG). F. III. Erhöhte steuerliche Absetzungen sind bei „Herstellungskosten für Baumaßnahmen" vorgesehen, auch wenn sie der Erhaltung und damit der Nutzungsermöglichung dienen. „Umbau" und „Neubau" sind zu unterscheiden. F. IV. 1. „Sinnvolle Nutzungen", ein voll nachprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff, ist eine Kernkategorie des Denkmal-Steuerrechts. Mit ihm wurden die Absetzungsmöglichkeiten erweitert; „sinnvoll" ist dabei alles, was der Substanzerhaltung dient, aber auch alle Nutzung, die ihr nicht entgegensteht. Dies bedeutet steuerrechtliche Absage an Exklusivität oder auch nur Primat der „rein musealen Konservierung" und Einbeziehung der zeitgemäßen Nutzung in die steuerrechtliche Privilegierung, soweit sie der Erhaltung nicht entgegensteht. F. IV. 2. Das höherrangige Steuerrecht stellt sich damit als eine klarstellende Fortschreibung des Denkmalschutz-Landesrechts dar, nicht als ein Bundes-Denkmalschutzrecht. Damit bestätigt es die hier vertretene Auffassung, nach der „sinnvolle Nutzung" dann vorliegt, wenn die objektimmanenten Nutzungsmöglichkeiten schon im Rahmen der Denkmaleigenschaft berücksichtigt werden. „Sinnvolle Nutzung" ist auch, ja vor allem, die zeitgemäße Nutzung des als solchen zu erhaltenden Denkmals. Die Praxis nimmt dies bisher vor allem beim Einbau sanitärer Anlagen und von Garagen an. F. V. Das Steuerrecht belegt, daß Denkmalschutz bei Umbauten großzügig zu handhaben ist. Die von ihm privilegierte zeitgemäße Nutzung sollte noch weiter und jedenfalls gegenwartsnah entfaltet werden. G. I. Die hier vertretene rechtliche Auffassung von der Bedeutung der Nutzbarkeit für den Denkmalbegriff bedarf der Bestätigung durch eine denkmalschützerische Praxis, in der dies bereits eine wichtige Rolle spielt. Dazu eignet sich das Beispiel Hamburg im besonderen Maße. Dabei geht es nicht nur um bereits erwähnte - teilweise wichtige - juristische Spezialitäten des dortigen Rechtes der Denkmalpflege, wie etwa die Nutzungsregelungen durch Vereinbarungen. Die historisch entwickelte hanseatische „Grundstim-
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mung der Denkmalpflege" gilt es ebenso aufzuzeigen wie illustrative Beispiele eines nutzungsorientierten Denkmalschutzes und die typischen, „nutzungsoffenen" Verwaltungsstrukturen und -verfahren im Stadtstaat. G. II. 1. Hamburg ist nicht, wie viele vor allem früher fürstlich-kirchlich geprägte Orte, eine „denkmaldominierte" Stadt, kein Platz der Monumente von Pracht und Macht. Die Hansestadt ist aber auch - trotz periodischer weitreichender Verwüstungen - noch immer nicht „denkmalarm", obwohl diese Vorstellung immer wieder in ihrem Denkmalschutz anklingt; dies wäre nur bei enger historisierender Definition des „Denkmals" anzunehmen, wie sie heute aber überwunden sein dürfte. G. II. 2. Als Hafen- und Handelsstadt ist Hamburg auch in seinen Denkmalen, vor allem aber im Geist seiner Bürger, von jeher „kommerzgeprägt". Kommerz aber ist wesentlich nutzungsorientiert; das fand, vor allem im 19. Jahrhundert, seinen Ausdruck in Monumenten als „architektonischen Darstellungen des Kaufmanns" - und dies ist auch eine Grundstimmung des dortigen Denkmalschutzes. G. II. 3. Dem entspricht eine sozial- und kulturpsychologische Grundstimmung: Monumentales Gemeinschaftsdenken als Machtmentalität hat in ihr ebensowenig Platz wie ein machtkonzentrierter kollektiver Gemeinsinn. Individualismus kaufmännischen Wettbewerbs beherrscht den Stadtstaat und orientiert seine Denkmalpflege. G. II. 4. Eine städtebauliche Besonderheit Hamburgs weist in die gleiche Richtung: die große Bedeutung der „Mehrzweckemonumente", vor allem der Kontorbauten und der in neuerer Zeit „entdeckten technischen Denkmale", der Hafen- und Fabrikanlagen: Sie waren von vorne herein auf einen weiten Nutzbarkeitsrahmen zugeschnitten, der sodann durch konkrete Nutzerentscheidung auszufüllen war, dem Denkmal jedoch objektimmanent blieb und dementsprechend vom Denkmalschutz auch bereits beim Denkmalbegriff berücksichtigt wurde. G. III. In Hamburg wurde von Anfang an besonders intensiv ein „nutzbarkeitsbezogener Umnutzungs-Denkmalschutz" betrieben. Bis nach dem Ersten Weltkrieg überwog zwar restesammelnde und restaurierende Denkmalpflege, doch spielten damals bei kirchlichen Bauten bereits Umnutzungsüberlegungen eine Rolle. In der Periode von 1920 bis 1950 drang die Umnutzungsproblematik schon deutlich vor in der Praxis eines Denkmalschutzes, der hier die Erhaltungschancen erkannte. In der Zeit des Wiederaufbaus bis nach 1960 gelang es, wie viele bedeutsame Beispiele zeigen, in großzügig-zeitnaher Umnutzungspraxis, die Denkmalbotschaft zahlreicher schwerbeschädigter Bauten der Nachwelt zu erhalten. Dies setzte sich auch in den folgenden Jahrzehnten fort, in welchen allerdings der Denkmalschutz zunehmendem Verwertungsdruck standhalten mußte. Gerade dies ge-
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lang nur in einer durchgehenden Nutzungsorientierung, welche bereits aus dem Denkmalbegriff heraus wirkte. Herausragende Beispiele finden sich in der Diskussion um die Zukunft der Speicherstadt und des Hafens Altona. Überall entwickelte sich eine geradezu grundsätzliche „Nutzungsphilosophie" der Denkmalpflege Hamburgs. G. IV. 1. Die stadtstaatliche Verwaltungsorganisation Hamburgs erwies sich dabei als deutlich nutzungsfreundliche Grundlage. Geprägt ist sie schon seit langem durch die „kurzen Wege" - innerhalb einer nicht hierarchisierten Denkmalschutz-Verwaltung, in deren organisatorischer Nähe zu anderen, für die Denkmalpflege wichtigen Administrationen (Stadtplanung, Bauwesen, Liegenschaften, Umweltschutz) und nicht zuletzt zu den politischen Gremien. G. IV. 2. Diese An- und Rückbindungen stärken die Effizienz der Denkmalschutz» Verwaltung, ersparen dort Zeit und Mittel. Vor allem schaffen sie Bürgernähe in laufenden, zielgerichteten und zielführenden Kontakten mit dem Denkmalschutz. Diese aber sind nutzungsorientiert von Anfang an, auch dort, wo die Verwaltung initiativ wird. G. IV. 3. Derartige Nutzungsvorstellungen bringt auch - und wiederum bereits aus dem Denkmalschutz selbst heraus - der externe Sachverstand ein, welcher in Hamburg in besonderer und wahrhaft mitentscheidender Form eingebunden ist: Im Denkmalrat, der geradezu eine entscheidungsrelevante Organisationsinstanz der Verwaltung darstellt, in der Zusammenarbeit mit zahlreichen privaten Initiativen des Denkmalschutzes, ja sogar in gemeinsamen Präsentationen des amtlichen Denkmalschutzes und privater Unternehmen, die eher in Form eines Joint Venture als von „Verwaltungshelfern" mit der Behörde zusammenarbeiten: stets wesentlich nutzungsbezogen. G. V. So hat sich in der Hansestadt eine Praxis entfaltet, welche man als das „Hamburger Modell eines kooperativen Denkmalschutzes" bezeichnen könnte. Einen rechtlichen Rahmen findet es sogar in den bereits erwähnten (D. VI.) Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes über vertragliche Vereinbarungen in Denkmalnutzungsfragen. Davon könnte und sollte, gerade im Licht dieser praktischen Entwicklung, noch verstärkt Gebrauch gemacht werden. Weit wichtiger ist aber, daß das Hamburger Modell bereits heute laufend gewissermaßen außervertraglich, oder in ständig sich entwickelndem informellen Verwaltungshandeln von gentlemen's agreements, praktiziert wird. Die Stadt bleibt weithin Herrin der Verfahren; sie ist jedoch offen für eine ständige Rezeption von Nutzervorstellungen allgemein-denkmalimmanenten und speziell zumutbaren Inhalts. Das Ergebnis ist eine deutlich verfolgte „Politik der weiterführenden Umnutzung", in großzügiger, zeitgemäß-denkmalgerechter Nutzungsgestattung oder Nutzungsermöglichung.
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Ergebnisse
G. VI. 1. Dieses „Hamburger Modell" sollte vor allem in der Hansestadt bewußt bleiben und als solches weiterentwickelt werden. In andere Länder, vor allem in Flächenstaaten, kann es eher in der nutzungsorientierten Grundstimmung als in seinen organisatorischen, typisch stadtstaatlichen Einzelheiten übertragen werden. G. VI. 2. Umgesetzt werden können jedoch auch in anderen Ländern die wesentlichen Ergebnisse dieser Untersuchung, welche das Hamburger Modell als denkmalfreundlich erwiesen hat. Im Konstitutivsystem sollte die Nutzbarkeitsfrage bereits bei der verwaltungsaktlichen Entscheidung der Unterschutzstellung beantwortet werden, so daß der Verwaltungsakt einen orientierenden festen Rahmen für spätere Einzelgenehmigungsverfahren bietet. Im Listensystem können schon auf der ersten Stufe der Eintragung die Nutzbarkeitsaspekte einbezogen und auch administrativ-aktenmäßig festgehalten werden, was den Verfügungsberechtigten bereits im Vorfeld spezieller Antragstellungen Orientierungshilfe bietet. In beiden Systemen ist aber, kommt es zu konkreten Genehmigungsproblemen, die Nutzungsfrage getrennt auf zwei Stufen zu stellen und zu entscheiden: - Zunächst objektimmanent aus dem Denkmalschutzbegriff: Welche Nutzungsformen und -inhalte sind denkmalgerecht? - Bewegt sich eine beantragte Nutzung außerhalb dieses Rahmens? Nur dann ist Raum für eine letzte Zumutbarkeitsentscheidung auf der zweiten Stufe. Auf diese Weise können Effizienz und Liberalität des Denkmalschutzes gesteigert werden, darin seine Bürgernähe. Die Zukunft gehört der zeitgemäß-denkmalgerechten Nutzung.
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Wendt, Rudolf: Art. 14 GG, in: Sachs, Michael (Hg.) Grundgesetz, Kommentar, 1996. Zoller, Rainer: Der verwaltungsrechtliche Schutz der Kulturdenkmale im sozialen Rechtsstaat unter besonderer Berücksichtigung Bayerns, Dissertation Würzburg 1965. Zöllner, Wolfgang: Rechtsgrundlagen des Denkmalschutzes in Bayern, BayVBl 1957, S. 207 ff.
averzeichnis Abwägung 27, 30 f., 119 ff. Abwanderung von Kulturgut 23 Architekten 59 Architekturgeschichte 69 Ausgleichsleistungen 45, 53 Auslegung 102 f. Badekultur 72 Bäder 134, 140 Bauordnungsrecht 81 Bauplanungsrecht 26 f. Baurecht 51 s. auch Denkmalschutz und Baurecht Bayerische Verfassung 23 Bayerisches Denkmalschutzrecht 95, 99 ff., 104, 123, 128 f., 138 Bestandsschutz 57 ff., 103 - aktiver (überwirkender) 53 ff., 106 f., 112 - passiver 51 ff. Bestimmtheit 43, 115 Beurteilungsspielraum 66 f. - normativer 135 Bibliotheksräume 97 Bodendenkmal 168 Bürgerliches Gesetzbuch 16, 39 Bundesfernstraßengesetz 49 f. „Bundesrecht nach Landesrecht" 130 f., 137 f. Daseinsvorsorge 25 Deckendekoration 105 Demokratie 64, 88 f. Denkmal - Begriff 22 f. u. passim - -eignung 67 f. - -gattungen 68
- geschichtliche Bedeutung 69 ff., 111 f. - künstlerische Bedeutung 75 ff., 111 f. - „von Menschenhand" 68 - und Naturdenkmal 68 f. - städtebauliche Bedeutung 68 ff. - technische Bedeutung 83 - Umgebung 27, 99 - volkskundliche Bedeutung 83 f. - wissenschaftliche Bedeutung 82 ff. Denkmalbereichssatzungen 81 Denkmalrat 165 f. Denkmalschutz - Abkommen 15 - und Baurecht 26 ff., 82 - Bürgerbeteiligung 88 f., 167 - und Bundesrecht 23 f. - und Bundesverfassungsgericht 33 f. - und Demokratie 88 f. - gemeindlicher, s. Gemeinden - Geschichte 18 ff. - und Ländergesetze 23 f., 66, 69, 92, 125, 138 - musealer s. Musealität - Preußen 19, 21 - Systeme 28 f. - unbestimmte Rechtsbegriffe 66 f. - durch Vertrag 110 ff. - s. auch Erhaltung, Nutzung, Substanzerhaltung „Dulde und liquidiere" 116 Eigentum 16, 26, 38 ff., - und Freiheit 39 f., 47 - Funktions- 40 f.
Sachverzeichnis
- Inhalts- und Schrankenbestimmung 42ff., 64, 122 - Miete als 42 -Nutzung Tb U 31ff., 38ff., 117ff. - öffentliches 49 - Privatnützigkeit 46 ff. - Situationsgebundenheit 120 - Sozialbindung 43 - Substanz 45 - und Verfassung 38 ff. - Verfügungsbefugnis 39 ff. - Weimarer Zeit 22 - Wert 17 s. auch Erhaltung, Nutzung, Zumutbarkeit Eigentümer - finanzielle Situation 30, 121 ff. - „vernünftiger" 44 Eingang 72 Enteignung 45 Entfaltung der Persönlichkeit 62 Entkernung 75, 81, 91, 139, 157 Ensemble 27, 147 Erforderlichkeit 115 Erhaltung 52, 78, 110, 112, 159 - Maßnahmen zur 53 - und Nutzbarkeit 85 ff. - Nutzung und 94 ff . - öffentliches Interesse an der 38, 84 ff., 96 - im Steuerrecht 134 ff. - der Substanz 104 ff. Ermessen 112 f. Ewigkeitsgarantie 114 Fachwerkhäuser 36 Fahrstuhl 140 Fassade 71,77 Fenster 134 Festsäle 97 Fischereirechte 42 Förderung, öffentliche s. Zuschüsse öffentliche
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Französische Revolution 20, 152 Freiheit 39 f., 47, 57 f., 62 Freilichtmuseum 20 f. Fremdenverkehr 28 Funkantennen 60 Garagen 140 Gartenanlagen 20 f., 36, 59, 62, 68, 72 f. Gebrauchskunst 78 Geeignetheit 115 Gemeinden - Denkmalsatzungen der 81 - Denkmalschutz durch 27 f, 88 f., 91 - Eigentum der 49 Gleichheitssatz 140 Grundrechte, Schutzbereiche 64 f. Härteklauseln 125 Hamburg, Denkmalschutz in 18 f., 37, 80, 92 f., 95 f., 123, 127 f., 142 ff. - Entwicklung 152 ff. - Grundsätze 160 ff. - Modellcharakter 162 ff., 168 ff. - Stadtstaatlichkeit und 164 f. - Unzumutbarkeit und 115 f. - durch Verträge 108 ff, 169 f - Denkmalverwaltung 148, 161 ff., 169 f. s. auch Denkmalrat Hamburger Denkmale, Denkmalbestand 144 f. - Alsterarkaden 155 - Hafen 148 - Hafen Altona 159 - Herrenhäuser 154, 157 - Industriebauten 150, 153 - Kaufmannshäuser 154 - Kirchen 152 f., 154 ff. - Kontorhäuser 148, 150, 153, - Museum 155 - Palais 154 f., 157 - Siedlungshäuser 154
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averzeichnis
- Speicherstadt 147, 158 f. - technische 150 f. - Theater 154 Handelsbauten 72 Haushaltsmittel 113, 127 f. Herstellung(skosten) im Steuerrecht 134 ff. Heimatgeschichte 69 ff. Heizung 77, 140 Historismus 25, 99, 103, 107, 147
Megalithgrab 50 Mehrzweckebauten 71, 102, 150 f. Meinungsfreiheit 61, 115 Moderne Kunst s. Zeitgenössische Kunst Monuments classés 20 Musealität 19 ff., 24, 26, 28, 31 ff., 58 f., 61ff., 71, 81 f., 96, 120, 137 164, 166 Museen 19 f., 62 f., 77, 96
Immaterialgüterrechte 57 Instandsetzung 77, 112, 114 Interessenabwägung s. Abwägung Informationsfreiheit 60 Industriegeschichte 83
Natürliche Lebensgrundlagen 15 Naturschutz 15, 69 Normstufen 130 Nutzbarkeit 45 ff. u. passim Nutzung - durch Betrachtung 61ff., 96 - und Erhaltung 94 ff. - Formen der 56 f. - mögliche - tatsächliche 44 f. - sinnvolle 54, 57, 131, 134 ff. - ursprüngliche 101 ff. - (nicht-)wirtschaftliche 57 ff. - Zwecke 56 f. s. auch Eigentum Nutzungspflichten 91 ff.
Jagdrechte 42 Justizpalast 73 Karitative Tätigkeit 79 Kirchen 22, 60, 62, 79, 105 f., 152 f. - Glockengeläute 60 - Nutzung, kirchliche 115 - Türme 144 s. auch Hamburger Denkmale Kloster(gebäude) 97, 101 ff., 124, 145 Koalitionsfreiheit 61 Konstitutivsystem im Denkmalschutz 28/, 34, 139, 173 Künftige Generationen 15 Kulturgüter 15, 17, 131 Kunstbegriff 76 f. Kunstfreiheit 57, 59, 76, 115 Kunstgeschichte 69 ff., 74, 76 Landesverteidigung 120 Landwirtschaftliche Gebäude 97, 107 Lex posterior 52 Liberalismus 25, 109, 152 Listensystem im Denkmalschutz 28 f., 34, 139, 173
Polen, Denkmalschutz in 91 Privatautonomie 62 f. Privatnützigkeit des Eigentums 46 ff. Rechtsstaat 28, 114 Reichstag 73 Rekonstruktionen 77 f. Religionsfreiheit 60, 62, 79, Restaurierung 77 Romantik 25, 149 Ruine 86 Sachenrecht 15 f., 68 Sachverständige 63, 67, 75, 78, 85, 87 ff., 165 ff.
Sachverzeichnis
Sakralbauten s. Kirchen Sauna 140 Schlösser 79, 97, 101, 103 f., 123 f., 145, 154 Schulgebäude 72 Skulpturen 20 Sozialstaatsprinzip 123 Staat - Selbstdarstellung 57, 78 f. Staatskunst 78 f. Stadtentwicklung 81 Stadtstaaten 164 f., 172 Städtebau s. Denkmal, Städtebauliche Bedeutung Steuerrecht und Denkmalschutz 130 ff. - Einkommensteuerrecht, Entwicklung 132 ff. - Umbau - Neubau 134 f. - Vermietung und Verpachtung 132 - Wohnungsbau 133 Straßen 83 Substanzerhaltung 45, 104 ff. - durch Nutzung 135 ff. Subventionierung s. Zuschüsse, öffentliche Technikgeschichte 74, 83 Translozierung 139 Treppenhäuser 72 Türen 134 Türme 81 Unbestimmter Rechtsbegriff 66 f., 76, 118
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Verfassung s. Eigentum Verfügungsbefugnis s. Eigentum Verhältnismäßigkeit 115, 118 f. Verkehrsbauten 72 Vertrag s. Hamburg, Denkmalschutz Verunstaltung 21 Verwaltungsverfahren 28 Volksgesundheit 120 Wandmalereien 20 f. Wasserturm 83 Weimarer Zeit 18, 22, 153 f. Werbefreiheit 60 Wertminderung 45 f. Widmung 49 ff. Wirtschaftsgeschichte 69 ff. Wirtshäuser 73 Wissenschaftsfreiheit 57,61,115 Wohnhäuser 97 Zeitgenössische Kunst 65, 78 Zumutbarkeit 30, 33, 53, 64, 87, 93, 95 ff., 112 ff., 174 - und Abwägung 119 ff. - als Verfassungsgrundsatz 114 f. - nach Vermögenslage des Betroffenen 121 ff. - u n d öffentliche Zuschüsse 117ff., 124 f. Zuschüsse, öffentliche 35, 93, 116 ff., 124, 130 - Fördergebot 126 ff. - kein Rechtsanspruch 127