Das Wildschadengesetz vom 11. Juli 1891 [4., verm. u. verb. Aufl. Reprint 2020] 9783112379561, 9783112379554


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Table of contents :
Vorwort.
Vorwort zur dritten Auflage
Vorwort zur vierten Auflage.
Inhaltsverzeichniß.
I. Theil.
I. Wildschadengesetz.
II. Bürgerliches Gesetzbuch.
II. Theil
1. Geschichtlicher Rückblick
2. Das weitere Schicksal des Antrags Conrad. Die wesentlichsten Unterschiede zwischen dem ursprünglichen Entwurf des Wildschadengesetzes im Abgeordneten- und Herrenhause
3. Struktur und Inhalt des Wildschadengesetzes
4. Zulässigkeit und Bedeutung des polizeilichen Vorverfahrens und Verwaltungsstreitverfahrens
5. Der Geltungsbereich des Wildschadengesetzes
6. Die Einwirkung des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf das Wildschadengesetz im Allgemeinen
7. Fortsetzung. Die Einwirkung des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf das Wildschadengesetz im Einzelnen
8. Abweichende Meinungen; die Entscheidung des Ober-Verwaltungsgerichts, betreffend den § 12 des Wildschadengesetzes
III. Theil.
1. Kommentar zum Wildschadengesetz
2. Ein Wort zur Orientirung
3. Entscheidungen der Central-Instan
4. Sachregister
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Das Wildschadengesetz vom 11. Juli 1891 [4., verm. u. verb. Aufl. Reprint 2020]
 9783112379561, 9783112379554

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Aas WMchadengeseh vom 11. Juli 1891, erläutert

Dr.

von

3. Holtgreven.

Vierte, vermehrte und verbesserte Auflage bearbeitet von

Dr. A. Holtgreve«,

Dr. Th. Wulff,

und

Oberlandesgerichtspräsident,

Oberlandesgerichtsrath,

in Ham in.

Berlin 1902.

I. Gnttentag, Berlagsbnchhandtnng, G. m. b. H.

Vorwort. Der vorliegende Kommentar verfolgt einen doppeltm Zweck. Derselbe will die juristisch zweifelhaften Punfte des

Wildschadengesetzes wissenschaftlich erörtern und klar stellen;

er will aber außerdem allen denjenigen, welche bei der Handhabung dieses Gesetzes in irgend einer Weise, sei es als Private oder als Beamte, als Grundbefitzer oder als

Jagdberechtigte betheiligt sind, ein praktischer Berather sein. Schon ein Blick in das Sachregister stellt ben zuletzt

gedachten Zweck des Kommentars außer Zweifel.

Möge die

kleine Arbeit seitens der Wissenschaft eine wohlwollende Be­

urtheilung und Bei dem betheiligten Publikum und Behörden

eine freundliche Ausnahme finden. Berlin, im Oftober 1891.

Der Verfasser.

Vorwort zur -ritten Austage. Nachdem die erste Auflage des Kommentars, schneller,

wie der Verfasser erwartet hatte, Dergriffen war, mußte sich die zweite Auflage auf den unveräudeften Abdruck der ersten beschränken. Die jetzt vorliegende dritte Auflage enthält dagegen eine

erhebliche Vermehrung des einschlägigen Materials. Allem ist den

abweichenden Anfichten

Vor

anderer Bearbeiter

a*

Vorwort.

IV des

Wildschadengesetzes

überall

sprechung gewidmet worden,

wo

da

eine

eingehende Be­

es sich um

prakttsch wichtiger Fragen handelt. Im Vordergmnde des Interesses

die Lösung

steht hierbei ohne

Zweifel die Erörtemng über den vielumstrittenen §. 12 des

Gesetzes. Der Streit betrifft die Frage, ob die in diesem Paragraphen vorgesehenen Vorbeugungsmaßregeln nur eintreten, wenn Wildschaden in gemeinschaftlichen Jagd­

bezirken (beziehungsweise auf

den Enklaven) festgestellt

worden ist, oder auch dann, wenn die Wildschadensfeststellung

Die Frage hat, namentlich auch vom Standpunkte des Wildschongesetzes vom 26. Febr. 1870 aus ihre große praktische Bedeutung. Den

in Eigenjagdbezirken stattgefunden hat.

Gegnern der diesseitigen Ansicht, welche letztere die ortspolizei­ lichen Feststellungen des §. 12 auf die gemeinschaftlichen

Jagdbezirke (bezw. Enklaven) beschränkt wissen will, ist nun auch das Oberverwaltungsgericht beigetreten.

Wir verkennen

die Autorität dieses hohen Gerichtshofes keineswegs, haben

aber doch geglaubt, an unserer bisherigen Ansicht festhalten zu sollen, weil die Begründung des Urtheils nach unserer Meinung die getroffene Enffcheidung nicht zu Mtzen vermag.

Inzwischen müssen wir es der Wissenschaft überlassen, der interessanten Rechtsftage näher zu treten und die endgültige Lösung derselben zu fördern.

Möge auch der gegenwärtigen Bearbeitung des Wild­

schadengesetzes die wohlwollmde Beurtheilung zu Theil werdm,

welche der ersten Auflage des Kommentars in so reichlichem

Maße zu Theil geworden ist.

Berlin, im Oktober 1893.

Der Verfasser.

Vorwort.

V

Vorwort zur vierten Auflage. Die neue Auflage, welche erforderlich geworden ist, hatte vor Allem die Aufgabe, Gesetzbuchs

die Vorschriften des Bürgerlichen

zu berückfichtigen.

Um dessen Einwirkung auf

das Gesetz, die in der Einleitung einer näheren Erörtemng

unterzogen ist, klar zu stellen, sind im ersten Theile der Text des

Wildschadengesetzes in

seiner bisherigen Fassung, die

den Wildschaden betreffenden Bestimmungen des Bürgerlichen

Gesetzbuchs und des Einführungsgesetzes zu demselben und das Wildschadengesetz in der Gestalt des neuen Rechts nach

einander dargestellt.

Im Kommentar ist das Wildschaden­

gesetz in der Gestalt des neuen Rechts wiedergegeben. Die neue Auflage, in welcher auch die sonstige neuere

Gesetzgebung sowie die Judikatur zu berücksichtigen war, hat

auch insofern eine Erweiterung erfahren, als die bisher nur

angedeuteten Vorschriften des Jagdpolizeigesetzes, soweit sie für die Auslegung des Wildschadengesetzes in Betracht kommen, in den Kreis der Erläuterungen gezogen sind. find in

der

Anlage die neuem,

das

Außerdem

Gesetz betreffenden,

Ministerialerlaffe abgedmckt.

Hamm, im März 1902.

Die Verfasser.

Znhaltsveyeichniß. I. Theil. Seite Text des Wildschadengesetzes...................................................... Preußisches Gesetz, betr. Abänderung des Gesetzes über die Schonzeit des Wildes.............................. 7 Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Ein­

1

führungsgesetzes ................................................ 8 Text des Wildschadengesetzes nach der gegenwärtigen Gesetz­

gebung ..................................................................... 11 Abkürzungen ....................................................................................

17

II. Theil. Einleitung. § 1. § 2.

Geschichtlicher Rückblick................................................. Das weitere Schicksal des Antrags Conrad. Die

18

wesentlichsten Unterschiede zwischen dem ursprüng­ lichen Entwurf des Wildschadengesetzes im Ab­

§ 3.

geordneten- und Herrenhause........................ 26 Struktur und Jnhaltdes Wildschadengesetzes

§ 4.

Zulässigkeit und Bedeutung des polizeilichen Vor­

verfahrens und Verwaltungsstreitverfahrens ...

34

§ 5.

Der Geltungsbereich des Wildschadengesetzes...

38

§ 6.

Die Einwirkung des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf

§ 7.

das Wildschadengesetz im Allgemeinen...... 41 Fortsetzung. Die Einwirkung des Bürgerlichen Ge­ setzbuchs auf das Wildschadengesetz im Einzelnen .

29

50

VHI

Jnhaltsverzeichniß.

§ 8.

Abweichende Meinungen; die Entscheidung des Ober-Derwaltungsgerichts, betreffend den § 12 des Wildschadengesetzes............................................... 56

III. Theil. 1. 2. 3. 4.

Kommentar zum Wildschadengesetz...................................... 104 Ein Wort zur Orientirung*) ...................................... 184 Entscheidungen der Central-Instanz 185 Sachregister.................................................................................... 210 *) DaS hier Gesagte verdient eine besondere Beachtung.

I.

Wildschadengesetz. Vom 11. Juli 1891.

(Gesetz-Samml. 1891 S. 307—310.) Wir

Wilhelm,

von

Gottes

Gnaden

König

von

Preußen rc. verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtages, für den Umfang Unserer Monarchie, mit Aus­ schluß der Provinz Hannover und des vormaligen Kurfürstm-

thums Heffm, was folgt: §• 1.

Der durch Schwarz-, Roth-, Elch- und Damwild sowie Rehwild und Fasanen auf und an GmndMckm angerichtete

Schadm ist dem Nutzungsberechttgten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ersetzen. §• 2. Ersatzpflichtig sind in einem gemeinschaMchen Jagd­

bezirke die Grundbesitzer des Jagdbezirks nach Verhältniß der Größe der betheiligten Fläche.

Dieselben werden durch

die Gemeindebehörde vertretm. Hat bei Verpachtung der Jagd in gemeinschaMchm Jagdbezirken die Gemeindebehörde die vollständige Wieder­ erstattung der zu zahlenden Wildschadmsbettäge durch den

Holtgreorn-Wolff, Wildschadengesetz. 4. Anfl.

1

2

Wildschadengesetz.

Vom 11. Juli 1891.

Jagdpächter nicht ausbedungen, so müssen solche Jagdpacht­ verträge nach ortsüblicher Bekanntmachung eine Woche öffent­

lich ausgelegt werden.

Genehmigung

Sie bedürfen zu ihrer Gültigkeit der

des Kreisausschusses,

in Stadtkreisen

des

Stadtausschusses, wenn seitens auch nur eines Nutzungs­

berechtigten innerhalb zwei Wochen nach dieser Auslegung Widerspmch erhoben wird.

3. Ersatzpflichtig ist bei Enklaven (§. 7 des Jagdpolizei­

gesetzes vom 7. März 1850, Gesetz-Samml. S. 165, §. 9

des Gesetzes vom 30. März 1867, Gesetz-Samml. S. 426, und §. 11 des Lauenburgischen Gesetzes vom 17. Juli 1872,

Offiz. Wochenblatt f. Lauenburg S. 218) der Inhaber des

umschließenden Jagdbezirks,

sofern er die Jagd auf der

Enklave angepachtet oder die angebotene Anpachtung abge­

lehnt hat.

§• 4.

Ein Ersatz für Wildschaden findet nicht statt, wenn die

Umstände ergeben, daß die Bodenerzeugniffe in der Absicht gezogen oder erheblich über die gewöhnliche Emtezeit hinaus

auf dem Felde belassen sind, um Schadensersatz zu erzielen. §- 5. (Sofern Bodenerzeugnisse, deren voller Werth sich erst zur Zeit der Ernte bemessen läßt, vor diesem Zeitpunkte be-

schädigt werden (§. 1), so ist der Schadm in demjenigm Umfange zu erstatten, in welchem er sich zur Zeit der Ernte

darstellt.

§• 6-

Der Beschädigte, welcher auf Gmnd der §§. 1 bis 3 Ersatz für Wildschaden fordern will, hat diesen Anspmch bei

Wildschadengesetz.

Vom 11. Juli 1891.

3

der für das geschädigte Grundstück zuständigen Ortspolizei­

behörde binnen drei Tagen, nachdem er von der Beschädigung Kenntniß erhalten hat, schriftlich oder zu Protokoll anzu­

melden.

Bei Versäumung dieser Anmeldung findet ein Er­

satzanspruch nicht statt.

§. 7. Nach rechtzeitig erfolgter Anmeldung hat die Ortspolizei-

behörde zur Ermittelung und Schätzung des behaupteten Schadens und zur Herbeiführung einer gütlichen Einigung unverzüglich einen Termin an Ort und Stelle anzuberaumen

und zu demselben die Betheiligten unter der Verwarnung zu laden, daß im Falle des Nichterscheinens mit der Ermittelung

und Schätzung des Schadens dennoch vorgegangen wird. Der Jagdpächter ist zu diesem Termine zu laden.

§• 8. Jedem Betheiligten steht das Recht zu, in dem Termine zu beantragen,

daß die Schätzung des Schadens erst in

einem zweiten kurz vor der Ernte abzuhaltenden Termine er­

folge.

Diesem Anträge muß stattgegeben werden.

§• 9. Auf Grund des Ergebnisses der Vorverhandlungen hat

die Ortspolizeibehörde einen Vorbescheid über den Schadens­ ersatzanspruch und die entstandenen Kostm zu erlassen und

dm Betheiligten in schriftlicher Ausfertigung zuzustellen.

Die Zustellung

erfolgt nach Maßgabe

der für Zu­

stellungen des Kreisausschusses geltenden Bestimmungen.

§. 10. Gegen den Vorbescheid findet innerhalb zwei Wochen

die Klage bei dem Kreisausschuffe, in Stadtkreisen bei dem Bezirksausschüsse statt.

4

Wildschadengesetz.

Vom 11. Juli 1891.

Die Entscheidungen des Kreisausschuffes und des Bezirksausschuffes sind vorläufig vollstreckbar.

Wird innerhalb der zwei Wochen die Klage nicht er­ hoben, so wird der Vorbescheid endgültig und vollstreckbar.

§• n. Als Kosten des Verfahrens kommen nur baare Aus­ lagen, insbesondere Reisekosten und Gebühren der Sachver­

ständigen, Botenlöhne und Portokosten in Ansatz. Die Kosten des Vorverfahrens werden als Theil der Kosten des Ver­

waltungsstreitverfahrens behandelt.

§• 12. Ist während des Kalenderjahres wiederholt durch Rothoder Damwild verursachter Wildschaden durch die Ortspolizei­ behörde festgestellt worden, so muß auf Antrag des Ersatz-

pflichtigen oder der Jagdberechtigten die Auffichtsbehörde so­

wohl für den betroffenm, als auch nach Bedürfniß für be-

nachbarte Jagdbezirke die Schonzeit der schädigenden Wildgattung für einen bestimmten Zeitraum aufheben und die

Jagdberechtigten zum Abschuß auffordem und anhalten. §. 13.

Genügen diese Maßregeln nicht, so hat die Aufsichtsbehörde den Gmndbefitzern und sonstigen Nutzungsberechtigten

selbst nach Maßgabe der §§. 23 und 24 des Gesetzes vom 7. März 1850 (Gesetz-Sammi. S. 165) die Genehmigung zu ertheilen, das auf ihre Gmndstücke übertretende Roth­ und Damwild auf jede erlaubte Weise zu sangen, namentlich

auch mit Anwendung des Schießgewehres zu erlegen. §. 14. Schwarzwild darf nur in solchen Einftiedigungen gehegt

werden, aus denen es nicht ausbrechen kann.

Der Jagd-

5

Vom 11. Juli 1891.

Wildschadengesetz.

berechtigte, aus dessen Gehege Schwarzwild austritt, haftet

für den durch das ausgetretene Schwarzwild

vemrsachten

Schaden. Außer dem Jagdberechttgten darf jeder Gmndbesttzer

oder

Nutzungsberechtigte

innerhalb

seiner

GrundMcke

Schwarzwild auf jede erlaubte Art fangen, tobten und be­ halten.

Die Aufsichtsbehörde kann die Bmutzung von SchießWaffen für eine bestimmte Zeit gestatten.

Die Aufsichtsbehörde hat außerdem zur Vertilgung un-

eingeftiedigten Schwarzwildes alles Erforderliche anzuordnen, sei es durch Polizeijagdm, sei es durch andere geeignete Maßregeln oder Auflagen an die Jagdberechtigten des Be­

zirks und der Nachbarforsten.

§. 15. Wilde Kaninchen unterliegen dem freien Thierfange, mit Ausschluß des Fangens mit Schlingen.

§16. Die Aufsichtsbehörde kann die Besitzer von Obst-, Ge­ müse-, Blumen- und Baumschulanlagen ermächtigen, Vögel

und Wild, welche in den genannten Anlagen Schaden anrichten, zu jeder Zeit mittelst Schußwaffen zu erlegen.

Der

Jagdberechttgte kann verlangen, daß ihm die erlegten Thiere,

soweit sie seinem Jagdrechte unterliegen, gegen das übliche

Schußgeld überlassen werden. Die Ermächttgung vertritt die Stelle des Jagdscheines.

Sie darf Personen, welchm der Jagdschein versagt werden

muß, nicht ertheilt werden und ist widerruflich.

6

Vom 11. Juli 1891.

Wildschadengesetz.

§• 17.

Gegen die Anordnung oder Versagung obiger Maßregeln (§. 16) seitens der Aufsichtsbehörde (des Landraths,

in Stadtkreisen der Ortspolizeibehörde, in Hohenzollern des

Oberamtmanns) ist nur die Beschwerde an den Bezirksaus­ schuß, in Hohenzollem an den Regierungspräsidenten, und

gegen deren Entscheidung die Beschwerde zulässig, welche an den Minister des Innern und den Minister für Landwirth­

schaft, Domänen und Forsten geht. §. 18.

Sofern das gegenwärtige Gesetz dem Jagdpächter größere als die bisherigen Verpflichtungen auferlegt, kann er den Pachtvertrag innerhalb drei Monaten nach

Verkündigung

dieses Gesetzes derart kündigen, daß das Pachtverhältniß mit Ende des laufenden Pachtjahres erlischt. Das gleiche Recht steht dem Verpächter zu, sofern der

Pächter nicht für die Zeit bis zum Ablaufe der bestehendm Pachtverträge die Vergütung der durch das Gesetz dem Ver­

pächter auferlegten Wildschäden auf sich nimmt. §. 19. Der §. 25 des Jagdpolizeigesetzes vom 7. März 1850

(Gesetz-Samml.

S.

165),

§. 27

der

Verordnung

vom

30. März 1867 (Gesetz-Samml. S. 416) und §. 28 des Gesetzes vom 17. Juli 1872 (Lauenb.

Offiz.

Wochenblatt

Nr. 42) werden aufgehoben.

Wildschadenersatz kann nur auf Grund und nach Maß­

gabe dieses Gesetzes gefordert werden. §.20. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1892 in Kraft.

Vom 11. Juli 1891.

Wildschadengesetz.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift

und beigedrucktem Königlichen Jnsiegel.

Gegeben Buckingham-Palace London, den 11. Juli 1891.

Wilhelm.

(L. S.) v. Caprivi,

v. Boetticher.

Frhr. v. Berlepsch.

Miquel,

Gr. v. Zedlitz.

Herrfurth,

v. Schelling.

v. Kaltenborn,

v. Heyden.

Thielen.

Preußisches Gesetz, betreffend Abänderung des Gesetzes über die Schonzeit des Wildes vom 26.Febr«ar 1870 (Gesetz-Samml. S. 120). Vom 13. August 1897 (Gesetz-Samml. S. 391). §• 2.

Die tztz. 12 und 13 des Wildschadengesetzes vom 11. Juli 1891 (Gesetz-Samml. S. 307) kommen auch hinsichtlich des durch Elchwild vemrsachten Wildschadens zur Anwendung.

II.

Lürgerliches Gesetzbuch. §. 835.

Wird durch Schwarz-, Roth-, Elch-, Dam- oder Reh-

wild oder durch Fasanen ein GmndMck beschädigt, an welchem dem Eigenthümer das Jagdrecht nicht zusteht, so ist der

Jagdberechtigte verpflichtet, dem Verletzten den Schaden zu ersetzen.

Die Ersatzpflicht erstreckt sich auf den Schaden, den

die Thiere an den getrennten, aber noch nicht eingeemteten Erzeugnissen des Grundstücks anrichten.

Ist dem Eigenthümer die Ausübung des ihm zustehen­

den Jagdrechts durch das Gesetz entzogen, so hat derjenige den Schadm zu ersetzen, welcher zur Ausübung des Jagd­ rechts nach dem Gesetze berechtigt ist.

Hat der Eigenthümer

eines Gmndstücks, auf dem das Jagdrecht wegen der Lage des GmndMcks nur gemeinschaftlich mit dem Jagdrecht auf einem anderen GmndMck ausgeübt werden darf, das Jagd­

recht dem Eigenthümer dieses Grundstücks verpachtet, so ist der letztere für den Schaden verantwoMch.

Sind die Eigenthümer der GmndMcke eines Bezirkes zum Zwecke der gemeinschaMchen Ausübung des Jagdrechts durch das Gesetz zu einem Verbände vereinigt, der nicht als

solcher hastet, so sind sie nach dem Verhältnisse der Größe ihrer GmndMcke ersatzpflichttg.

Dom 11. Juli 1891.

Mldschadengesetz.

9

Einfichrungsgesetz zum

Lürgerlichen Gesetzbuch. Arttkel 69. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über

Jagd und Fischerei, unbeschadet der Vorschrift des §. 958 Abs. 2

des Bürgerlichen Gesetzbuchs und

des Bürgerlichen Gesetzbuchs

über

der Vorschriften

den Ersatz des Wild­

schadens.

Artikel 70.

Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über

die Gmndsätze, nach welchen der Wildschaden festzustellen ist, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der

Anspruch auf Ersatz des Wildschadens innerhalb einer be­ stimmten Frist bei der zuständigen Behörde geltend gemacht

werden muß. Artikel 71. Unberührt bleiben

die

landesgesetzlichen

Vorschriften,

nach welchen 1. die Verpflichtung zum Ersätze des Wildschadms auch

dann eintritt, wenn der Schaden durch jagdbare Thiere

anderer als der im §. 835 des Bürgerlichen Gesetz­ buchs bezeichneten Gattungm angerichtet wird; 2. für den Wildschaden, der durch ein aus einem Gehege

ausgetretenes jagdbares Thier angerichtet wird, der

Eigmthümer ober der Besitzer des Geheges verantwottlich ist;

3. der Eigenthümer eines GrundMcks, wenn das Jagdrecht auf einem anderen GrundMcke nur gemeinschast-

10

Wildschadengesetz.

Vom 11. Juli 1891.

lich mit dem Jagdrecht auf seinem Grundstück ausge­ übt werden darf, für den auf dem anderen GmndMck

angerichteten Wildschaden auch dann haftet, wenn er die ihm angebotene Pachtung der Jagd abgelehnt hat;

4. der Wildschaden, der an Gärten, Obstgärten, Weinbergen,

Baumschulen

und

einzelstehenden Bäumen

angerichtet wird, dann nicht zu ersetzen ist, wenn die Herstellung von Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des

Schadens ausreichen;

5. die Verpflichtung zum Schadensersatz im Falle des §. 835 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abweichend

bestimmt wird; 6. die Gemeinde an Stelle der Eigenthümer der zu einem Jagdbezirke vereinigten Grundstücke zum Ersätze des

Wildschadens verpflichtet und zum Rückgriff auf die Eigenthümer berechtigt ist oder an Stelle der Eigmthümer

oder des Verbandes

der Eigenthümer oder

der Gemeinde oder neben ihnen der Jagdpächter zum Ersätze des Schadens verpflichtet ist.

Arttkel 72. Besteht in Ansehung eines Grundstücks ein zeitlich nicht

begrenztes Nutzungsrecht, so finden die Vorschriften des §. 835

des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verpflichtung zum Ersätze des Wildschadens mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Eigenthümers der Nutzungsberech­

tigte tritt.

Vom 11. Juli 1891.

Wildschadengesetz.

11

Das Wildschadengesetz vom 11. Juli 1891

nach der gegenwärtigen Gesetzgebung. Wir

Wilhelm,

Gottes

von

Gnaden

König

von

Preußen rc. verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtages, für den Umfang Unserer Monarchie, mit Aus­

schluß der Provinz Hannover und des vormaligen Kurfürsten­ thums Heffen, was folgt:

§• 1. Wird durch Schwarz-, Roth-, Elch-, Dam- oder Rehwild oder durch Fasanen ein GrundMck beschädigt, so hat, wenn dem Eigenthümer die Ausübung des ihm zustehenden Jagd­

rechts durch das Gesetz entzogen ist, derjenige dem Verletzten

den Schaden zu ersetzen, welcher zur Ausübung des Jagd­ rechts nach dem Gesetze berechtigt ist. Die Ersatzpflicht erstreckt

sich auf den Schaden, den die Thiere an den getrennten,

aber noch nicht eingeemteten Erzeugnissen des Grundstücks anrichten.

Der Schade ist nach Maßgabe der folgenden Bestim­ mungen zu ersetzen.

§• 2. Sind die Eigenthümer der Grundstücke eines Bezirkes

zum Zwecke der gemeinschaftlichen Ausübung des Jagdrechts durch das Gesetz zu einem Verbände vereinigt, der nicht als

solcher hastet, so sind sie nach dem Verhältnisse der Größe ihrer Grundstücke ersatzpflichtig.

Dieselben werden durch die

Gemeindebehörden vertreten. Hat bei Verpachtung der Jagd in gemeinschaftlichen

Jagdbezirken die Gemeindebehörde die vollständige Wieder-

Wildschadengesetz.

12

Vom 11. Juli 1891.

erstattung der zu zahlenden Wildschadensbeträge durch den Jagdpächter nicht ausbedungen, so müssen solche Jagdpacht-

verträge

nach

ortsüblicher Bekanntmachung

öffentlich ausgelegt werden.

eine

Woche

Sie bedürfen zu ihrer Gültig­

keit der Genehmigung des Kreisausschuffes, in Stadtkreisen des Stadtausschusses, wenn seitens auch nur eines Nutzungs­

berechtigten innerhalb zwei Wochen nach dieser Auslegung Widerspruch erhoben wird. §• 3.

Hat der Eigenthümer eines Gmndstücks, mit dem das

Jagdrecht wegen der Lage des Gmndstücks nur gemeinschaft­ lich mit dem Jagdrecht auf einem anderen GrundMck aus­ geübt werden darf, das Jagdrecht dem Eigenthümer dieses GrundMcks verpachtet, oder hat dieser die ihm angebotene Pachtung der Jagd abgelehnt, so ist der letztere für den

Schaden verantwortlich. §• 4Ein Ersatz für Wildschaden findet nicht statt, wenn die Um­

stände ergeben, daß die Bodenerzeugniffe in der Absicht gezogen oder erheblich über die gewöhnliche Erntezeit hinaus auf dem Felde

belasien find, um Schadensersatz zu erzielen. §• 5.

Sofern Bodenerzeugniffe, deren voller Werth fich erst zur Zeit der Emte bemessen läßt, vor diesem Zeitpunkte

beschädigt werden (§. 1), so ist der Schaden in demjenigen Umfange zu erstatten, in welchem er fich zur Zeit der Ernte

darstellt. §■ 6.

Der Beschädigte, welcher auf Gmnd der §§. 1 bis 3

Ersatz für Wildschaden fordem will, hat diesen Anspruch bei

Wildschadengesetz. der für das

Vom 11. Juli 1891.

13

geschädigte Gmndstück zuständigen Ortspolizei­

behörde binnen drei Tagen, nachdem er von der Beschädigung

Kenntniß erhalten hat, schriftlich oder zu Protokoll anzu-

melden.

Bei Versäumung dieser Anmeldung findet ein Er­

satzanspruch nicht statt.

§• 7. Nach rechtzeitig erfolgter Anmeldung hat die Ortspolizei­ behörde zur Ermittelung und Schätzung des behaupteten

Schadens und zur Herbeiführung einer gütlichen Einigung unverzüglich einen Termin an Ort und Stelle anzuberaumen

und zu demselben die Betheiligten unter der Verwarnung zu laden, daß im Falle des Nichterscheinens mit der Er­ mittelung und Schätzung des Schadens dennoch vorgegangen

Der Jagdpächter ist zu diesem Termine zu laden.

wird.

§• 8. Jedem Betheiliglen steht das Recht zu, in dem Termine zu beantragen,

daß die Schätzung des Schadens erst in

einem zweiten kurz vor der Ernte abzuhaltenden Termine

erfolge.

Diesem Anträge muß stattgegeben werden.

§- 9. Auf Grund des Ergebnisses der Vorverhandlungen hat

die Ortspolizeibehörde einen Vorbescheid über den Schadensersatzanspruch und die entstandenen Kosten zu erlassen und den Betheiligten in schriftlicher Ausferttgung zuzustellen. Die Zustellung erfolgt nach Maßgabe der für Zustellungen

des Kreisausschuffes geltmden Bestimmungen.

§. 10. Gegen den Vorbescheid findet innerhalb zwei Wochen

die Klage bei dem Kreisausschuffe, in Stadtkreisen bei dem Bezirksausschüsse statt.

14

Wildschadengesetz. Vom 11. Juli 1891. Die Entscheidungen des Kreisausschusses und des Be­

zirksausschusses sind vorläufig vollstreckbar. Wird innerhalb der zwei Wochen die Klage nicht erhoben,

so wird der Vorbescheid endgültig und vollstreckbar. §• 11. Als Kosten des Verfahrens kommen nur baare Auslagen,

insbesondere Reisekosten und Gebühren der Sachverständigen,

Botenlöhne und Portokosten in Ansatz.

Die Kosten des

Vorverfahrens werden als Theil der Kosten des Verwaltungs­ streitverfahrens behandelt.

§. 12. Ist während des Kalenderjahres wiederholt durch Roth-, Dam- oder Elchwild verursachter Wildschaden durch die Orts­

polizeibehörde festgestellt worden, so muß auf Antrag des

Ersatzpflichtigen oder der Jagdberechttgten die Aufsichtsbehörde sowohl für den betroffenen, als auch nach Bedürfniß für

benachbarte Jagdbezirke die Schonzeit der schädigenden Wild­

gattung für einen bestimmten Zeitraum aufheben und die

Jagdberechtigten zum Abschuß auffordern und anhalten. §• 13.

Genügen diese Maßregeln nicht, so hat die Aufsichts­ behörde den Gmndbefitzern und sonstigen Nutzungsberechtigtm

selbst nach Maßgabe der §§. 23 und 24 des Gesetzes vom 7. März 1850 (Gesetz-Samml. S. 165) die Genehmigung

zu ertheilen, das auf ihre Grundstücke übertretende Roth-,

Dam- und Elchwild auf jede erlaubte Weise zu fangen,

namentlich auch mit Anwendung des Schießgewehres zu erlegen.

Wildschadengesetz.

Vom 11. Juli 1891.

15

§• 14. Schwarzwild darf nur in solchen Einfriedigungen gehegt werden, aus denen es nicht ausbrechen kann.

Der Jagd­

berechtigte, aus dessen Gehege Schwarzwild austritt, haftet

für den durch das ausgetretene Schwarzwild

verursachten

Schaden.

Außer dem Jagdberechtigten darf jeder Grundbesitzer oder Nutzungsberechtigte innerhalb seiner Grundstücke Schwarz-

wild auf jede erlaubte Art fangen, tobten und behalten.

Die Aufsichtsbehörde kann die Benutzung von Schieß­ waffen für eine bestimmte Zeit gestatten.

Die Aufsichtsbehörde hat außerdem zur Vertilgung uneingeftiedigten Schwarzwildes alles Erforderliche anzuordnen, sei es durch Polizeijagden, sei es durch

andere geeignete

Maßregeln oder Auflagen an die Jagdberechtigten des Be­

zirks und der Nachbarforsten.

§. 15. Wilde Kaninchen unterliegen dem freien Thierfange, mit

Ausschluß des Fangens mit Schlingen.

§• 16. Die

Aufsichtsbehörde

kann

die

Besitzer von

Obst-,

Gemüse-, Blumen- und Baumschulanlagen ermächtigen, Vögel

und Wild, welche in den genannten Anlagen Schaden an­ richten, zu jeder Zeit mittels Schußwaffen zu erlegen.

Der

Jagdberechtigte kann verlangen, daß ihm die erlegten Thiere, soweit sie seinem Jagdrechte unterliegen, gegen das übliche

Schußgeld überlassen werden.

Die Ermächtigung vertritt die Stelle des Jagdscheines. Sie darf Personen, welchen der Jagdschein versagt werden

muß, nicht ertheilt werden und ist widerruflich.

16

Wildschadengesetz.

Vom 11. Juli 1891.

§• 17.

Gegen die Anordnung oder Versagung obiger Maß­ regeln (§. 16) seitens der Aufsichtsbehörde (des Landraths,

in Stadtkreisen der Ortspolizeibehörde, in Hohenzollern des Oberamtmanns) ist nur die Beschwerde an den Bezirksaus­ schuß, in Hohenzollern an den Regierungspräsidenten, und

gegen deren Entscheidung die Beschwerde zulässig, welche an den Minister des Jnnem und den Minister für Landwirth­

schaft, Domänen und Forsten geht.

§. 18.

Sofern das gegenwärtige Gesetz dem Jagdpächter größere, als die bisherigen Verpflichtungen auferlegt, kann er den Pachtvertrag innerhalb

dieses Gesetzes

drei Monaten nach Verkündigung

derart kündigen, daß das Pachtverhältniß

mit Ende des lausenden Pachtjahres erlischt.

Das gleiche Recht steht dem Verpächter zu, sofern der

Pächter nicht für die Zeit bis zum Ablaufe der bestehendm Pachtverträge die Vergütung der durch das Gesetz dem Ver­

pächter auferlegten Wildschäden auf sich nimmt. §. 19. Der §. 25 des Jagdpolizeigesetzes vom 7. März 1850 (Gesetz-Samml.

S.

165), §.

27

der

Verordnung

vom

30. März 1867 (Gesetz-Samml. S. 416) und §. 28 des

Gesetzes vom 17. Juli 1872 (Lauenb. Offiz. Wochenblatt Nr. 42) werden aufgehoben.

§. 20. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1892 in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigm Unterschrift und beigedrucktem Königlichm Jnfiegel.

17

Abkürzungen.

Abkürzungen. Allgemeinere Gerichtsordnung für die Preußischen Staaten. A.L.R.: Das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten. Anm.: Anmerkung. A. M.: Anderer Meinung. B.G.B-: Das Bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich. C.P.O.: Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich. E.G.: Einführungsgesetz. E.G. z. B.G.B.: Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Gruchots Beitr.: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechtes, begründet von Gruchot, fortgesetzt von Rassow und Küntzel und Eccius. J.P.G.: Das (Preußische) Jagdpolizeigesetz vom 7. März 1850. Johow, Jahrbuch: Jahrbuch der Entscheidungen des Kammer­ gerichts von Johow. J.W.: Juristische Wochenschrift. J.M.Bl.: Justizministerialblatt. M.Bl. f. d. i- B.: Ministerialblatt für die innere Verwaltung. Obertr.: Entscheidungendes (früheren)Preußischen Obertribunals. Obertr. in Strieth. Arch.: Arch. für Rechtsfälle von Entschei­ dungen des (früheren) Preußischen Obertribunals, gesammelt von Striethorst. O.V.G.: Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts. O.V.G. bei Kuntze und Kautz: Kuntze und Kautz, Rechtsgrund­ sätze des Oberwaltungsgerichts. R.G.: Entscheidungen des Reichsgerichts in Civilsachen. R.G. in Str.: Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. V.O.: Verordnung. Z-: Zeitschrift.

A.G.O.:

Holtgreven-Wolff, Wildschadengesetz. 4. Aufl.

2

II.

Einleitung. §i.

Geschichtlicher Rückblick. Dem römischen Rechte war ein gesetzlicher Anspruch auf Ersatz des Wildschadens unbekannt.

Das Wild, d. h. das

in seiner natürlichen Freiheit lebende Thier unterlag als res nullius der Okkupation eines jeden.

Der Eigenthümer

eines Grundstücks, der Meßbraucher, der Pächter konnte fich daher durch Ausübung des freien Thierfangs gegen das

schädigende Wild selbst schützen.

Es fehlte an einem Rechts-

gründe, aus welchem ein Anderer für den Wildschaden hätte

verantwortlich gemacht werden können.')

In gleicher Weise gewährte auch das deutsche Recht einen Anspruch auf Wildschadensersatz nicht.

Auch nach der

deutschen Rechtsanschauung war das Wild eine herrmlose Sache, welche allerdings nicht von einem jedm Drittm, wohl

aber von dem Eigmthümer des Grundstücks,

sie betroffen wurde,

beziehungsweise

in

den

auf welchem Gemeinde­

waldungen von dm Gemeindegmoffen durch Okkupation zum

Eigenthum erworben werden konnte.

') Daß sich die Sache anders verhielt, wenn jemand Eigenthümer eines wilden Thieres geworden war, braucht kaum erwähnt zn werdm.

Dieser Rechtszustand änderte sich seit dem neunten Jahr­

hundert und zwar zunächst

infolge

der

von

Karl

dem

Großen begonnenen und von den späteren Herrschem fort­

gesetzten Jnforestationen,

d. h. infolge des Verbots

des

Königs, in bestimmten (nicht in seinem Eigenthume stehen-

den) Bezirken (Bannforsten) zu jagen. Weiterhin war die Ausbildung des Lehnswesens mit

seinem

Ober-

und

Untereigenthum

für

die

allmähliche

Trennung des Jagdrechts vom eigenen Grund und Boden von Bedeutung.

Endlich entwickelte sich mit der Landeshoheit im sechzehnten Jahrhundert der Begriff des landesherrlichen Jagd­

regals, inhalts dessen ausschließlich der Landesherr nicht bloß

«uf den ihm gehörenden Grundstücken und in Bannforsten, sondern auf allen Grundstücken seines Territoriums zu jagen

berechtigt war, während die der Landeshoheit Unterworfenen nur durch landesherrliche Genehmigung ein Recht zur Aus­

übung der Jagd erlangen konnten.

Die infolge geführte

der Ausbildung des Jagdregals

Beschränkung

herbei­

der Okkupationsberechtigten,

sowie

die allmähliche Einfühmng der Schon- und Hegezeiten hatte naturgemäß eine Vermehmng des Hochwildes und damit

zugleich die Häufung von Wildschäden zur Folge.

Seitens

der Gerichte wurde nunmehr nach den Grundsätzen des ge­

meinen Rechts gegen den Jagdberechtigten, welcher durch ordnungswidrigen Gebrauch seines Rechts, insbesondere dmch

übermäßige Hegung des Wildes Schaden vemrsachte,

ein

Anspmch auf Erstattung desselben anerkannt. Dieselben

Gmndsätze haben

demnächst

auch

in den

Ländern des französischen Rechts Anerkennung gefunden.

Die Verantwortlichkeit des Gmndeigenthümers oder Jagd2*

Wildschadengesetz.

20

berechtigten für entstandenen Wildschaden wurde dort namenslich dann angenommen, wenn diese Personen die betreffenden

Grundbesitzer gehindert hatten, selbst das schädigende Wild zu vertilgen,

oder wenn

sie

durch

Hegen

des

Wildes

Ursache geworden waren, daß letzteres sich übermäßig ver­ mehrt hatte und schädlich geworden war.

(Vgl. das Urtheil

des Reichsoberhandelsgerichts vom 29. Jan. 1875, Entsch.

Bd. 16 S. 12.)

Im Preußischen Landrechte waren in den §§. 141 bis 147 Theil I Tit. 9 nicht nur Bestimmungen zur Ver­

hütung von Wildschäden, sondern auch spezielle Vorschriften wegen Ersatzes desselben getroffen worden.

„Wer hohes

Wild aus seinen Revieren in ungewöhnlicher Menge hegen will," heißt es im §. 144, „ist schuldig, solche Veranstaltungen zu treffen, daß die angrenzenden bebauten Ländereien gegen

die Beschädigung desselben gesichert werden."

„Sind keine

andere Mittel zur Abwendung solcher Beschädigungen vor­

handen, so können die Besitzer der angrenzenden Ländereien

darauf antragen, daß der Jagdberechtigte auf seine Kosten tüchttge Wildzäune anlege und unterhalte."

(§. 145.) „Macht

sich der Jagdberechtigte in Anlegung oder Unterhaltung solcher

Veranstaltungen einer Nachlässigkeit schuldig, so haftet er für

allen durch Schaden."

das Wild

in

der Nachbarschaft

verursachten

(§.146.)

Diese Bestimmungen sind durch das Gesetz vom 31. Okt. 1848 und das Jagdpolizeigesetz vom 7. März 1850 aufge­

hoben beziehungsweise abgeändert worden (Erkenntniß des

Obertrib. vom 11. Juni 1850, Entsch. Bd. 19 S. 113ff.). Nachdem zunächst das Gesetz vom 31. Oktober 1848 die bestehenden Wildschonzeiten beseitigt und unter Aufhebung des Jagdrechts auf ftemden Gmndstückm einem jeden Grund-

21

Einleitung.

bescher das Recht gegeben hatte, die Jagd auf seinem Grund

und Boden selbst auszuüben, führte das Jagdpolizeigesetz

vom 7. März 1850 die Schonzeiten wieder ein, beschränkte außerdem im öffentlichen Interesse das Jagdrecht der Grund­ besitzer dadurch in erheblicher Weise, daß es denselben zur

eigenen Ausübung des Jagdrechts nur auf Besitzungen

von zusammenhängenden 300 Morgen,

auf

vollständig eingefriedigten Grundstücken,

eventuell auch auf

dauernd und

Seen, Teichen und Inseln für befugt erklärte, sah

aber

gleichwohl davon ab, die landrechtlichen Schutzbestimmungen gegen das übermäßige Hegen von Hochwild im vollen Um­

fange wieder herzustellen.

Die durch das Jagdpolizeigesetz

vom 7. März 1850 zur Verhütung von Wildschaden erlassenen

Vorschriften,

auf welche wir im nachstehenden noch des

öfteren verweisen werden, sind die folgenden: tz. 21. Durch Klappern, aufgestellte Schreckbilder, sowie durch Zäune, kann ein Jeder das Wild von seinen Besitzungen abhalten, auch wenn er auf diesen zur Ausübung des Jagd­ rechts nicht befugt ist. Zur Abwehr des Roth-, Dam- und Schwarzwildes kann er sich auch kleiner oder gemeiner Haus­ hunde bedienen.

§. 22. Auf gemeinschaftlichen Jagdbezirken, auf welchen Wildschäden vorkommen, darf die Gemeindebehörde, wenn auch

nur ein einzelner Grundbesitzer Widerspruch dagegen erhebt, die Ausübung der Jagd nicht ruhen lassen. §. 23. Wenn die in der Nähe von Forsten belegenen Grund­ stücke, welche Theile eines gemeinschaftlichen Jagdbezirkes bilden, oder solche Waldenklaven, auf welchen die Jagdausübung dem Eigenthümer des sie umschließenden Waldes überlassen tft (§.7),

erheblichen Wildschäden durch das aus der Forst übertretende Wild ausgesetzt sind, so ist der Landrath befugt, auf Antrag

der beschädigten Grundbesitzer, nach vorhergegangener Prüfung des Bedürfnisses und für die Dauer desselben den Jagdpächter

22

Wildschadengesetz.

selbst während der Schonzeit zum Abschüsse des Wildes aufzu-

fordern. Schützt der Jagdpüchter, dieser Aufforderung unge­ achtet, die beschädigten Grundstücke nicht genügend, so kann der Landrath den Grundbesitzern selbst die Genehmigung

ertheilen, das auf diese Grundstücke übertretende Wild auf jede erlaubte Weise zu fangen, namentlich auch mit Anwendung des Schießgewehrs zu tödten. Das Nämliche gilt rückstchtlich der Besitzer solcher Grund­ stücke, auf welchen sich die Kaninchen bis zu einer, der Feld- und Gartenkultur schädlichen Menge vermehren, in Betreff dieser Thier­ gattung. Wird gegen die Verfügung des Landraths bei der vorgesetzten Verwaltungs-Behörde der Rekurs eingelegt, so bleibt erstere

bis zur eingehenden höheren Entscheidung interimistisch gültig. Das von den Grundbesitzern infolge einer solchen Ge­ nehmigung des Landraths erlegte oder gefangene Wild muß aber gegen Bezahlung des in der Gegend üblichen Schußgeldes dem Jagdpächter überlassm und die desfallsige Anzeige binnen

vier und zwanzig Stunden erstattet werden.

§. 24. Auch der Besitzer einer solchen Waldenklave, auf welcher die Jagd nach §. 7 gar nicht ausgeübt werden darf, ist, wenn das Grundstück erheblichen Wildschäden ausgesetzt ist und der Besitzer des umgebenden Wald-Jagdreviers der Aufforderung des Landraths, das vorhandene Wild selbst während der Schon­

zeit abzuschießen, nicht genügend nachkommt, zu fordern be­ rechtigt, daß ihm der Landrath nach vorhergegangener Prüfung des Bedürfnisses und auf die Dauer desselben die Genehmigung ertheile, das auf die Enklave übertretende Wild auf jede er­ laubte Weise zu fangen, namentlich auch mit Anwendung des

Schießgewehrs zu tödten. In diesem Falle verbleibt das ge­ fangene oder erlegte Wild Eigenthum des Enklavenbesitzers.

In den in den §§. 23 und 24 gedachten Fällen vertritt die von dem Landrathe zu ertheilende Legitimation die Stelle des Jagd­ scheins.

Die wichttgste Neuemng gegenüber dem früheren Rechts­ zustande bestand aber in der gänzlichen Ausschließung eines

gesetzlichen Anspruchs auf Ersatz von

Wildschaden.

Der

25 des Jagdpolizeigesetzes bestimmte: „Ein gesetzlicher An­ spruch auf Ersatz des durch das Wild vemrsachten Schadens

findet nicht statt.

Den Jagdpächtem bleibt dagegen unbe-

nommm, hinsichtlich des Wildschadens in dm JagdpachtKontrakten vorsorgliche Bestimmung zu treffen."

Der durch das Jagdpolizeigesetz vom 7. März 1850

geschaffene Rechtszustand wurde schon bald nach dem Inkraft­ treten

desselbm

mannigfachen

Anfechtungen

unterworfen.

Ohne in eine nähere Erörtemng der Gründe dieser Unzu-

friedmheit einzutreten, müssen wir hier auf einen Umstand

Hinweisen, der für die Richtung, in welcher sich das gegen­ wärtige Wildschadmgesetz bewegt, von besonderer Bedeutung

gewesen ist. Nach dem Jagdpolizeigesetze ist, wie bereits erwähnt, die Ausübung, des Jagdrechts

auf eigenem Gmnd und

Boden nur unter der Voraussetzung einer bestimmten Größe

und Beschaffmheit des Jagdterrains gestattet (§. 2 des Jagd­ polizeigesetzes).

Alle übrigen GrundMcke eines Gemeinde-

bezirks, welche nicht zu den in §. 2 gedachten gehören, bilden der Regel nach einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk (§. 4),

auf welchem die Jagd entweder durch einen angestellten Jäger für Rechnung der betheiligten Grundbesitzer beschaffen oder auf welchem sie verpachtet »erben kann (§. 10.) Die auf diese Weise

erzielten Pachtgelder und Einnahmen werden in die Gr-

meindekaffe gezahlt und nach Abzug der etwa entstehenden Verwaltungskosten durch die Gemeindebehörde unter die Be­

sitzer derjenigen Grundstücke, auf welchen die gemeinschaftliche

Ausübung des Jagdrechts stattfindet, nach dem Verhältniß

des Flächeninhalts

(§. 11).

dieser

Grundstücke

vertheilt

Wildschadengesetz.

24

Es kann nun nicht zweifelhaft sein,

daß gerade diese

letztere Bestimmung unter Umständen eine große Ungerechtig­

keit gegen den beschädigten Grundbesitzer enthält.

Nicht

der Umfang des erlittenen Wildschadens, sondern lediglich die Größenverhältniffe der Grundstücke sollen für die Ver-

theilung der Jagdpachtgelder maßgebend sein.

Und doch ist

nicht selten bei Bemeffung der Höhe der Jagdpacht auf den Wildschaden besondere Rücksicht genommen und in derselben

der Ersatz für den letzteren miteinbegriffen.

Diese ganz

offenbare Unbilligkeit hat wohl nicht zum wenigsten zu den

zahlreichen Klagen über die Mangelhaftigkeit des Jagdpolizeigesetzes vom 7. März 1850 beigetragen, und die Abstellung

gerade dieses Uebelstandes bildet, um dies vorweg zu be-

merken, den eigentlichen Kern- und Mittelpunft des gegen-

»artigen Wildschadengesetzes. Dem kleinen Manne, d. h. dem beschädigten Nutzungsberechtigten in einem gemein­

schaftlichen Jagdbezirke sollte geholfen werden.

waren — unter Billigung

der

Darüber

Staatsregierung — alle

Parteien des Abgeordneten- wie des Herrenhauses einver­ standen. Auf dieser Erwägung beruht auch die fundamentalste

Bestimmung des gegenwärtigen Gesetzes, §. 2 Abs. 1: „Er-

satzpflichtig (für den Wildschaden) sind in einem gemein­

schaftlichen Jagdbezirke die Gmndbefitzer des Jagd­ bezirks nach Verhältniß der Größe der betheiligten Fläche."

Es erübrigt noch, zur Vervollständigung des geschicht­

lichen Rückblickes die

Reformversuche

kurz zu

erwähnen,

welche bald nach dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 7. März

1850 bis zum Erlaß des gegenwärtigen Wildschadengesetzes auf dem Gebiete des Jagdpolizeirechts unternommen worden sind. In dem Kommissionsbericht des Abgeordnetenhauses vom

30. Januar 1891 (Nr. 72 der Drucksachen) ist darüber bemerkt: „Bereits im Jahre 1853 legte die damalige erste Kammer

einen

Gesetzentwurf- über

die

Abänderung

des

Jagd­

polizeirechts vor, welcher aber in der zweiten Kammer nicht 1855 gelaugte ein neuer Ent­

mehr zur Berathung kam.

wurf in der zweiten Kammer zur Annahme, blieb aber in der ersten Kammer unerledigt.

Beide Entwürfe scheiterten

hauptsächlich daran, daß man sich nicht über die Entschädigung einigen konnte, welche alle diejenigen erhalten sollten, welche das Jagdrecht auf den den Gemeinden zugewiesenen Grundstücken

ehemals besessen hatten.

Die Revision des Gesetzes wurde

dadurch erschwert und kam erst wieder zur Aufnahme, als

die Nothwendigkeit durch die Vergrößerung des

gebietes 1866 noch dringender hervortrat.

Staats­

Die in den neu­

erworbenen Landestheilen geltenden zahlreichen Partikular­ gesetze versuchte man durch ein dem Herrenhause im Jahre

1868 vorgelegtes Allgemeines Jagdpolizeigesetz einheitlich zu regeln.

Dasselbe gelangte aber nicht bis an das Abgeord­

netenhaus.

Seitdem ist das Bedürfniß einer Revision der

Jagdpolizeigesetzgebung sowohl

vonseiten der Staatsregie­

rung, als auch von der Volksvertretung wiederholt zum Aus­

druck gebracht worden.

Die Berathungen eines Wildschon­

gesetzes vom 26. Februar 1870 (G-S. S. 120) und die

Gutachten der Provinzialbehörden im Jahre 1873 über den

Entwurf einer Jagdordnung bildeten die Gmndlage zu einer am 21. Januar 1880 der Landesvertretung zugegangenen

Vorlage.

Dieselbe

wurde zunächst einer Kommission im

Herrenhause überwiesen (Bericht vom 8. Juni 1880, Druck­

sachen Nr. 132 1879/80).

Die Kommissionsbeschlüsse er­

fuhren durch die inzwischen erlassenen Gesetze über die all­ gemeine Landesverwaltung und durch das Zuständigkeitsgesetz

26

Wildschadengesetz.

entsprechende Abänderungen und wurden am 20. November

1883 dem Herrenhause zur nochmaligen Berathung vorgelegt. Nachdem der Gesetzentwurf an das Abgeordnetenhaus gelangt

und daselbst im März 1884 in einer Kommission') sowohl wie im Plenum vielfache Abänderungen erfahren hatte, blieb

die Vorlage durch Schluß des Landtages unerledigt.

Im Jahre 1888 wurde unter dem Namen Berling

ein Gesetzentwurf im Abgeordnetenhause eingebracht, y

be-

treffend „den Schutz der Landwirthschaft gegen Hochwild".

Derselbe wurde in einer Kommffsion') berathen, gelangte aber nicht zur Verhandlung im Plenum. Das gleiche Schicksal hatte 1890 der Antrag Conrad*) betreffend

der Landwirthschaft gegen Wildschaden"?)

„den Schutz

Die Beschlüsse,

welche aus dieser Kommission hervorgingen, unterbreitete der Abgeordnete Conrad bei Beginn der III. Session 1890

dem

Abgeordnetenhause als Entwurf

gesetzes."

Wildschaden­

eines

Dieser Entwurf bildet den Ausgangspunkt des

gegenwärtigen Gesetzes.

§• 2.

Das weitere Schicksal des Antrags Conrad. Die wesevttichsten Unterschiede zwischen dem nrsprünglichen Entwurf des tlvildschadengesetzes im Adgeordnrtenund Herreuhanse. Der

Entwurf

des

Wildschadengesetzes,

welchen

das

Abgeordnetenhaus auf der Grundlage des Antrags Conrad 2) Bericht Nr. 166 der Drucksachen II. Session 1883/84. 2) Nr. 172 der Drucksachen III. Session 1888. 3) Bericht Nr. 190 der Drucksachen I. Session 1889.

4) Nr. 45 der Drucksachen II. Session 1890. Kommisfionsbericht Nr. 181 der Drucksachen II. Sess. 1890.

in

der Sitzung vom 10. Februar 1891 in dritter Lesung

beschlossen hatte, hat sich nur im geringeren Maße der Zu­

Waren die

stimmung des Herrenhauses zu erfreuen gehabt.

gmndlegendsten

Bestimmungen

Entwurfs

dieses

geordnetenhause selbst nur mit geringen

im

Ab-

Majoritäten

an­

genommen worden, so war vorauszusehen, daß das Herren­

haus gegenüber der Mehrzahl dieser Bestimmungen eine ent­

schieden abweichende Stellung einnehmen würde.

In der

That ist denn auch der aus der Jnittative des Abgeordneten­ hauses hervorgegangene Gesetzentwurf vom Herrenhause in

Nachdem als­

den erheblichsten Punkten umgestaltet worden.

dann der so veränderte Gesetzentwurf an das Abgeordneten­

haus zurückgelangt war, wurde er daselbst einer abermaligen Umgestaltung unterworfen und gelangte schließlich dort und

im Herrenhause in der Faffung zur Annahme, in welcher er Gesetz geworden ist.

Die Unterschiede zwischen den Bestimmungen jenes ersten Gesetzentwurfs

des

Abgeordnetenhauses

dem

und

ab­

geänderten Entwurf des Herrenhauses sind nicht lediglich von historischem Interesse.

die

richtige

Es

deutung.

Die Kenntniß desselben hat auch für

Beurtheilung des

erscheint

daher

Gesetzes

gewisse Be­

eine

angezeigt,

die wichtigsten

Unterschiede hier kurz mitzutheilen:

1.

Das Abgeordnetenhaus wollte nicht

nur den

an

landwirthschaftlich benutzten GrundMcken und deren Erzeug­ nissen, sondern auch den an Forst-Grundstücken angerichteten

Wildschaden

ersetzt wissen,

während

letzteren von der zu leistenden ausschloß.

Das

das Herrenhaus

Ensschädigung

gegenwärttge Gesetz

ensspricht

Hinsicht dem Entwürfe des Abgeordnetenhauses.

den

ausdrücklich in

dieser

Wildschadengesetz.

28 2.

Das Abgeordnetenhaus machte in erster Linie den

Jagdpächter eines

gemeinschaftlichen Jagdbezirks für

den

Wildschaden verantwortlich; nur eventuell, nämlich im Falle

der Zahlungsunfähigkeit des Jagdpächters, oder wenn ein

ersatzpflichtiger Jagdpächter nicht vorhanden, sollte der Grund­

besitzer des Jagdbezirks für den Wildschaden haften.

Der

Entwurf des Herrenhauses bestimmte dagegen, daß in einem

gemeinschaftlichen Jagdbezirke die Gmndbesitzer ersatzpflichtig Das gegenwärtige Gesetz entspricht dem Beschluffe des

seien.

Herrenhauses. 3.

Beide Entwürfe statuiren zwar für die Geltend­

machung des Entschädigungsanspruches ein polizeiliches Vor­ verfahren.

Während aber das Abgeordnetenhaus gegen den,

über den Schadensersatzanspruch erlassenen, Vorbescheid der Ortspolizei die Erhebung der gerichtlichen Klage zuließ,

bestimmte der Entwurf des Herrenhauses,

daß gegen den

polizeilichen Vorbescheid (innerhalb zwei Wochen) die Klage

im Verwaltungsstreitverfahren stattfinde.

Die Ent­

scheidung des Kreisausschusses beziehungsweise des Bezirks­ ausschusses sollte endgültig sein.

Das Gesetz schließt fich dem

Entwürfe des Herrenhauses, jedoch mit der Maßgabe an, daß der Jnstanzenzug des Verwaltungsstreitverfahrens in keiner Weise beschränkt worden ist.

4.

Nach dem Beschluffe des Herrenhauses sollten Wild­

schäden, welche die Höhe von 6% der Ernte nicht erreichen,

bei der Abschätzung

finden.

des Schadens keine Berücksichtigung

Der Entwurf des Abgeordnetenhauses kannte eine

solche Beschränkung des Schadensersatzes nicht.

Das Gesetz

enthält ebenfalls eine derartige Vorschrift nicht. 5.

Die umstnttenste Bestimmung in dem Entwürfe des

Abgeordnetenhauses

der §. 5

enthielt

desselben,

so

der

genannte Regreß-Paragraph, welcher lautete:

„Ist der Schaden durch Wild der im §. 1 genannten entstanden,

Arten

nicht in dem Jagdbezirke,

welches

in

welchem der Schaden erfolgt ist, seinen regelmäßigen Aufent­ halt hat, so sind die Entschädigungspflichtigen ebenso wie

die Inhaber eigener Jagdbezirke berechtigt, Ersatz von dem­ jenigen zu verlangen, aus dessen Wildstande dasselbe aus­ getreten ist.

Mehrere hiernach Ersatzpflichtige haften dem

Ersatzberechtigten gegenüber jeder für das Ganze, unter ein­ ander nach der Größe ihrer Forstbezirke." Bei den Berathungen im Abgeordnetenhause waren die

Ansichten der verschiedenen Parteien über die Nothwendigkeit, Nützlichkeit und Zulässigkeit einer solchen Wildschadenersatz­ pflicht von Jagdbezirk zu Jagdbezirk weit auseinander ge­

gangen.

das Herrenhaus den Regreß-

Nachdem sodann

Paragraphen verworfen hatte, fiel derselbe auch bei der aber­ maligen Berathung im Abgeordnetenhause in der Sitzung

vom 13. Juni 1891 mit 112 gegen 101 Stimmen. Bericht S. 2802.)

wesen,

mußte

die

(Sten.

Da das Haus nicht beschlußfähig geAbstimmung

in

der

Sitzung

vom

15. Juni 1891 wiederholt werden, und wurde der Regreß-

Paragraph

dann

ebenfalls

verworfen.

(Sten.

Bericht

S. 2806.)

§• 3.

Struktur und Inhalt des tvildschadengesetzes. 1.

Das Wildschadengesetz hatte vor der neuen Gesetz­

gebung einen exklusiven Charakter, d. h. es

gab in der

preußischen Monarchie, von Hannover und Hessen abgesehen,

keinen gesetzlichen Anspruch aus Ersatz von Wildschaden,

30

Wildschadengesetz.

welcher nicht materiell auf das gedachte Gesetz ge­

stützt und, formell nach den Vorschriften desselben')

geltend gemacht werden müßte. trag

des

des

Zwar ist auf den An­

Abgeordneten Rintelen bei der Schlußberathung

Gesetzes eine Bestimmung in dasselbe

ausgenommen,

durch welche der den gesetzlichen Anspruch auf Wildschadens­

ersatz

ausschließende

§.

25

des

Jagdpolizeigesetzes

vom

7. März 1850 ausdrücklich aufgehoben wurde (§. 19

des

Wildsch.-Ges.), und es könnte auf bett ersten Blick scheinen,

als ob damit zugleich ein weiterer Boden für den gesetzlichen Anspruch auf Ersatz des Wildschadens neben dem gegen­ wärtigen Gesetze hätte geschaffen werden sollen.

war nicht der Fall.

Allein dies

Alle Redner im Abgeordnetenhause waren

darüber einverstanden, daß auch nach Aufhebung des §. 25

des Jagdpolizeigesetzes ein gesetzlicher WildschadensersatzAnspruch nur nach Maßgabe des gegenwärtigen Ge-

setz es sollte begründet werden können, und daß insbesondere nicht etwa (wie früher in den Gebieten des sranzöfischm und

gemeinen Rechts) ein Ersatzanspruch auch aus allgemeinen Rechtsgmndsätzm (z. B. wegen übermäßigen Hegens)-) statt­

finden sollte.

Um aber in dieser Beziehung jedes Bedenken

auszuschließen, wurde dem Anträge des Abgeordneten von Jagow gemäß dem §. 19 ein zweiter

Absatz

hinzugefügt,

in welchem in klarer und unzweideutiger Weise zum Ausdruck

gelangte,

daß

Wildschadensersatz

nur

auf

und nach Maßgabe des gegenwärtigen Gesetzes

Grund

gefordert

werden könne. ') Die Form-Borschriften, §§. 6—11 des Gesetzes beziehen

sich allerdings nicht auf den nach §. 14 des Ges. zu fordemden Schadensersatz. Vgl. unten §. 4 der Einleitung am Ende. ’) Siche oben Einleitung §. 1 S. 20.

Dagegen war mit dieser letzteren Bestimmung nur der

gesetzliche Anspruch auf Wildschadensersatz gemeint, nicht auch der kontraktliche, d. h.

der

auf

einer Verabredung

zwischen dem Jagdverpächter und dem Jagdpächter beruhende.

In das freie Vertragsrecht hatte der Gesetzgeber in keiner Weise eingreifen wollen, wie denn auch der §. 2 des Gesetzes die

Zulässigkeit

einer

vertragsmäßigen

Regulirung

Wtldschadensersatzes als selbstverständlich voraussetzt.

des

(Vgl.

unten S....)

2.

Das Gesetz gewährt nicht einen Ersatzanspruch hin­

sichtlich einer jeden Art von Wildschaden, sondem es be­

schränkt denselben auf denjenigen Schaden, welcher durch

Schwarz-, Roth-, Elch- und Damwild, sowie Rehwild und Fasanen angerichtet ist, wobei es allerdings keinen Unter­

schied

macht, ob

Grundstücken

der Schade landwirthschastlich benutzten

oder Forstgrundstücken zugefügt

worden ist.

(§• 1.)

3.

Das Gesetz

beschränkt

ferner den Wildschadens­

ersatzanspruch auf ein bestimmtes Gebiet, nämlich auf die

gemeinschaftlichen Jagdbezirke und die Waldenklaven.

Nicht der Inhaber eines selbständigen Jagdbezirks von 300 und mehr Morgen Größe, sondem der kleine Gmndbesitzer,

sei er Eigenthümer, Nießbraucher oder Pächter, soll Wild­

schadensersatz erhalten. Ersatzpflichtig find in einem gemeinschaftlichen Jagd­

bezirke die Grundbesitzer des Jagdbezirks nach Verhältniß der Größe der betheUigten Fläche.

Bei sogenannten Wald-

enklaven ist der Wildschaden von dem Inhaber des um­ schließenden Jagdbezirks zu ersetzen, sofern derselbe die Jagd

aus der Enklave angepachtet oder die angebotene Anpachtung abgelehnt hat.

(£. 2 und §. 3.)

Wildschadengesetz.

32 Die

4.

Entscheidung über den Anspruch erfolgt

Verwaltungsstreitverfahren.

(§. 10.)

im

Bevor jedoch

die Entscheidung der Berwaltungsgerichte angerufen werden kann, bedarf es zunächst eines polizeilichen Vorverfahrens.

Dasselbe ist in den §§. 6—9 des Gesetzes in folgender Weise

geregelt: Der Beschädigte, welcher Wildschadensersatz fordem will,

hat den Anspruch innerhalb einer Präklusivfrist von 3 Tagen,

nachdem er von der Beschädigung Kenntniß erhalten

hat,

bei der für das geschädigte Grundstück zuständigen Orts­ polizeibehörde schriftlich oder zu Protokoll anzumelden.

Ver­

säumt er diese Anmeldung, so findet ein Ersatzanspruch nicht

Ist aber die Anmeldung rechtzeitig erfolgt, so hat die

statt.

Ortspolizeibehörde zur Ermittelung und Schätzung bes be­ haupteten Schadens und zur Herbeiführung einer güüichen Einigung unverzüglich einen Termin an Ort und Stelle an­

zuberaumen und zu demselben die Betheiligten

unter der

daß im Falle des Nichterscheinens

Verwarnung zu laden,

mit der Ermittelung und Schätzung

dennoch vorgegangen

Der Jagdpächter ist zu diesem Termine zu laben.

wird.

Jedem Betheiligten steht das Recht zu, in dem Termine zu beantragen, daß die Schätzung des Schadens erst in

einem zweiten kurz vor der Ernte abzuhaltenden Termine

erfolge.

Diesem Anträge muß stattgegeben werden.

Auf Grund des Ergebnisses der Vorverhandlungm hat die Ortspolizeibehörde einen Vorbescheid über den Schadens­

ersatzanspruch und die entstandenen Kosten zu erlassen und den

Betheiligten

in

schriftlicher Ausferfigung zuzustellen.

Die §§. 12 und 13 des Gesetzes enthalten prophy­

laktische Maßregeln.

Ist während des Kalenderjahres

wiederholt durch Roth-, Dam» oder Elchwild vemrsachter

Wildschaden durch die Ortspolizeibehörde festgestellt worden,

so muß auf Antrag des Ersatzpflichtigen oder der Jagdberechtigten die Aufsichtsbehörde sowohl für den betroffenen, als auch nach Bedürfniß für benachbarte Jagdbezirke die

Schonzeit der schädigenden Wildgattung für einen bestimmten

Zeitraum aufheben und die Jagdberechttgten zum Abschuß auffordern und anhalten. Genügen diese Maßregeln nicht, so hat die Aufsichts­

behörde den Grundbesitzern und sonstigen Nutzungsberechtigten

selbst nach Maßgabe der §§. 23 und 24 des Gesetzes vom 7. März 1850 die Genehmigung zu ertheilen, das auf ihre

GrundMcke übertretende Roth- und Damwild auf jede er­

auch mit Anwendung

laubte Weise zu fangen, namentlich

des Schießgewehrs zu erlegen. 6. Die Anwendbarkeit der §§. 14—17 ist in keiner Weise

auf den gemeinschaftlichen Jagdbezirk beschränkt, enthalten

vielmehr

meiner Natur:

jagdpolizeiliche Zunächst

(§. 14), sodann hinsichtlich

dieselben

Bestimmungen

bezüglich

des

allge­

Schwarzwildes

der Kaninchen (§. 15).

Nach

§ 16 kann die Aufsichtsbehörde die Besitzer von Obst-, Ge­ müse-, Blumen- und Baumschulanlagen ermächttgen, Vögel und Wild, welche in den genannten Anlagen Schaden anrichten, zu jeder Zeit mittels Schußwaffen zu erlegen.

Der

Jagdberechtigte kann verlangen, daß ihm die erlegten Thiere,

soweit sie seinem Jagdrechte unterliegen, gegen das übliche Schußgeld überlassen werden. Die Ermächtigung vertritt die Stelle des Jagdscheines.

Sie darf Personen, welchen der Jagdschein versagt werden

muß, nicht ertheilt werden und ist widerruflich. 7. Hinsichtlich der bestehenden Jagdpachtverträge endlich mthält der §. 18 des Gesetzes eine, namentlich für die GeHoltgreven-Wolsf, Wildschadengesetz. 4. AM.

3

34

Wilhschadengesetz.

meinden wichtige Uebergangsbestimmung.

(Sofern das

gegenwärtige Gesetz dem Jagdpächter größere als die bis­ herigen Verpflichtungen auferlegt, kann er den Pachtvertrag

innerhalb drei Monaten nach Verkündigung dieses Gesetzes

derart kündigen, daß das Pachtverhältniß mit Ende des

laufenden PachtjahreS erlischt.

Das gleiche Recht steht dem Verpächter zu, sofern der Pächter nicht für die Zeit bis zum Ablaufe der bestehenden Pachtverträge die Vergütung der durch das Gesetz dem Ver­ pächter auferlegten Wildschäden auf sich nimmt. §• 4.

IulässigKeit und Bedeutung -es polizeilichen Vorverfahrens und Verwaltnugsstreitverfahreus.*) Nach §. 23 des Genchtsverfaffungsgesetzes gehören die Streittgkeiten

wegen Wildschadens

vor

die Amtsgerichte.

Es waren deshalb Bedenken darüber entstanden, ob die

preußische Gesetzgebung berechtigt sei, für die Geltendmachung

von Wildschäden ein polizeiliches Vorverfahren anzuvrdnen, und die endgülttge Entscheidung über dieselben bett Ver­

waltungsgerichten zu überweisen. Recht für

unbegründet

erachtet

Die Bedenkm sind mit worden.

Der

§. 23

regelt nur die Zuständigkeit der Amtsgerichte gegenüber den Landgerichten.

Die bürgerlichen Rechtsstreittgkeiten, welche

■einen geringeren vermögensrechtlichen Anspruch betreffen ober *) Ueber die Verweisung der Ansprüche wegen Wildschadens

an die Verwaltungsgerichte vgl. vonBrünneck, in den Jahrbüchern Bd.

3

für Nationalökonomie S. 571 ff.,

Bd. 1 S. 353 ff.

und Statistik, dritte Folge,

Schultzenstein im Verwaltungsarchiv

sonst einfacherer Natur find, oder welche eine schnellere Er­

ledigung erheischen, find grundsätzlich den Amtsgerichten im Gegensatze zum Landgerichte zugetheilt worden. 'Damit ist

aber nichts über

die

weitere Frage

entschieden,

betreffenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten

ob

die

unter allen

Umständen vor die ordmtlichen Gerichte gehörm, oder ob nicht hinsichtlich einzelner aus besonderm Gründen die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte festgesetzt werden kann.

Die Enffcheidung über diese Frage haben die Reichsgesche

grundsätzlich den Bundesstaaten überlassen, da die Bestimmung über die Zulässigkeit des Rechtsweges und die Abgrenzung

des Gebietes

der Justiz und VerwalKmg nur nach dem

öffentlichen Recht der einzelnen Bundesstaaten zu erfolgen

hat, und bei der Verschiedenartigkeit des Staats- und Verfaffungsrechts derselben nicht aus dem gleichen Rechtssysteme

geordnet werden konnte.') Deshalb bestimmt §. 13 des Gerichtsverfaffungsgesetzes: „Vor die

ordentlichen Gerichte gehören alle bürgerlichm

Rechtsstreitigkeiten . . .,

für

welche

nicht

entweder

die

Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist,')

oder reichsgesetzlich

besondere Gerichte bestellt oder zugelaffen sind."

Die preußische Gesetzgebung war demnach schon nach

bisherigem Recht in der Lage, die Enffcheidung über die ') von Wilmowski und Levy, Civilprozeßordnung Note 1 zu § 13 des G.D.G. ’) Die einzelnen, in den Reichsgesetzen enthaltenen Beschränkungen für das im Uebrigm freie Bestimmungsrecht der Einzelstaaten interessiren hier nicht. Namentlich treffen auch die Voraussetzungen des §. 4 des E.G. z. Civilprozeßordg. hier nicht zu.

Wildschadengesetz.

36

mit der Jagd zusammenhängenden Streitigkeiten, soweit die­ selben sich auf Berechttgungen oder Verpflichtungen beziehen,

welche im öffentlichen Rechte begründet sind oder mit solchen Verpflichtungen im Zusammenhänge stehen, den Verwaltungs­

behörden resp, den Verwaltungsgerichten zu überweisen, eine Annahme, die jetzt durch den Art. 70 E.G. zum B.G.B.

ganz außer Zweifel gestellt ist.

In dieser Beziehung konnte mit Recht auf den §. 105 Ziffer 3 des Zuständigkeitsgesetzes vom 1. August 1883 ver­ wiesen werden: „Streitigkeiten der Betheiligten über ihre in

dem öffentlichen Rechte begründeten Berechtigungen und Verpflichtungen hinsichtlich der Ausübung der Jagd, insbesondere

... 3. über die Ausübung der Jagd auf ftemden GrundMcken, welche von einem größeren Walde oder von einem

oder mehreren selbständigen Jagdbezirken umschloffen sind, sowie

die

den Eigenthümern

der

Grundstücke

zu

gewährende Entschädigung unterliegen der Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren.

Zuständig im Verwaltungs­

streitverfahren ist in erster Instanz der Kreisausschuß, in

Stadtkreisen der Bezirksausschuß." In ähnlicher Weise sind auch bereits durch §. 106 desselben

Ges. die Klagen und Beschwerden der betheiligten Gmndbesitzer über die Vertheilung

worden.

der Jagdpachtgelder

geregelt

Der §. 106 bestimmt:

„Auf Beschwerden und Einsprüche, betreffend die von der Gemeindebehörde oder dem Jagdvorstande festgestellte

Vertheilung der Erträge der gemeinschaftlichen Jagdnutzung, beschließt die Gemeindebehörde, beziehungsweise der Jagdvorstand.

Gegen den Beschluß findet innerhalb zwei Wochen

die Klage bei dem Kreisausschuffe, im Stadtkreise bei dem Bezirksausschuffe statt."

Nun erscheint aber die Vorschrift über die Entschädigung

des

einzelnen

Gmndbesitzers

für

erlittenen Wildschaden

durch die Gesammtheit der Grundbesitzer des gemeinschaft­ lichen Jagdbezirks in Wirklichkeit nur als eine anderweite

gesetzliche Regelung der Vertheilung der Pachtgelder resp,

der sonstigen Jagderträge.

Der Beschädigte erhält aus den

letzteren die zur Ausgleichung seiner thatsächlichen Mehr­

belastung — seines Wildschadens — erforderliche Summe voraus; erst dasjenige, was nach Erledigung dieser gesetzlich

vorgeschriebenen Aufwendung übrig bleibt (§. 11 des Jagd­

polizeigesetzes vom 7. März 1850),

der

sammtheit

Flächeninhalts

Grundstücksbesitzer

der Grundstücke

kann unter die Ge­ Verhältniß

nach

vertheilt

werden.

des

Dieser

Gesichtspunkt weist in Anlehnung an das bestehende Recht

auf die Ueberweisung des Wildschadens an die Verwaltungs­ gerichte hin.

aber

War

die in

Entscheidung

die

preußische

über

den

Gesetzgebung

Ersatz

den Fällen der §§. 1—3 des

lichen Gerichten

zu entziehen und

des

Gesetzes

berechtigt,

Wildschadens den

ordent­

an die Polizeibehörde

resp, an die Verwaltungsgerichte zu verweisen, so erscheint die Beantwortung der weiteren Frage, ob eine derartige

Regelung des Verfahrens thatsächlich erfolgen sollte, lediglich als

eine

Sache

der praktischen

Erwägung,

auf

welche

einzugehen hier nicht der Ort ist.

Dagegen erübrigt es noch,

ausdrücklich darauf hinzu­

weisen, daß das Vorverfahren und das Verwaltungsstreit­

verfahren nur dann Platz greift, wenn der Beschädigte auf Grund der §§. 1—3 des Gesetzes Ersatz für Wildschaden

fordern will. Handelt es sich dagegen um einen Entschädigungsanspmch,

38

Wildfchadengesetz.

welcher außerhalb dieser Bestimmungm liegt, so tritt selbst­ verständlich die Entscheidung des ordentlichm Richters ein, s. darüber unten §. 6. §. 5.

Der Seltuugsbereich des Wildschadrugefetzes. Der Geltungsbereich

des

Wildschadengesetzes

umfaßt

die gesammte Monarchie mit Ausnahme der Provinz

Hannover (das Gebiet des vormaligen Königreichs Han-

nover, einschließlich des Jadegebietes)') und des Theils der Provinz Hessen-Nassau, welcher sich mit dem vor­ maligen

Kurfürstenthum

Hessen

deckt.

In

diesm

beiden Gebietstheilen war der Ersatzanspmch wegen Wild-

schadens bereits anderweitig zur Zufriedenheit der dortigen Bevölkerung geregelt?) *) Dgl. Gesetz, betreffend den Rechtszustand des Jade­ gebietes vom 23. März 1873 (Ges.S. S. 107).

3) a) Für die Provinz Hannover kommen bezüglich des Wildschadensersatzes in Betracht: Das hannov. Gesetz über den Wildschaden vom 21. Juli 1848 (Hannov. Ges.S. S. 215), sowie der §. 23 und der §. 25

letzter Satz der hannov. Jagdordnung vom 11. März (Ges.S. Abth. I S. 159).

1859

b) In Kurhessen ist der Ersatz des Wildschadens durch das Gesetz, betreffend Ersatz des Wildschadens vom 26. Januar 1854

(Kurh. Ges.S. S. 9) in Verbindung mit dem Ges. vom 7. Sept. 1865, betreffend das Jagdrecht und dessen Ausübung (Kurh. G.S. S. 571) geregelt. Die fortdauernde Gültigkeit dieser Gesetze ergiebt sich aus §. 7 Abs. 2 des Ges. vom 1. März 1873

(Preuß. Ges.S. S. 27).

Die das Verfahren betreffenden Vor­

schriften enthalten die §§. 34—40 des erwähnten Gesetzes vom 7. Sept. 1865, von denen jedoch die §§. 38 und 39 durch §. 14 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung außer Kraft

gesetzt find.

In den übrigen Provinzen des preußischen Staates war der gesetzliche Anspruch

durch

das

gegmwärtige

auf Erstattung des Wildschadens Gesetz

theils

neu

eingeführt

worden, theils haben 'die darüber vorhandenen Bestim­ mungen durch dasselbe eine Abänderung erlitten.

Für das Gebiet der Monarchie vor dem Jahre 1866,

einschließlich Hohenzollern-Sigmaringen,») bestand bisher ein

gesetzlicher Anspruch aus Wildschadm nicht (§. 25 des Jagd­

polizeigesetzes vom 7. März 1850).

Ebenso war derselbe

ausgeschlossen in Schleswig-Holstein,«) ferner in Nassau^) und in Lauenburg; °) endlich im Gebiete des Amtes Meisen­ heim') und der Enklave Kaulsdorf.')

In dem Gebiete der Stadt Frankfurt a. M.') und in

’) Gesetz für Hohenzollern-Sigmaringen vom 29. Juli 1848 Artikel 5.

4) In Schleswig - Holstein ist das preußische Jagdpolizei­ gesetz vom 7. März 1850 (mit Ausschluß der §§. 18 und 26) durch §. 7 des Gesetzes vom 1. März 1873 (Ges.S. S. 27) ausdrücklich eingeführt. s) §. 27 der Verordnung für Nassau vom 30. März 1867 (Ges.S. S. 426). 6) §. 28 des Gesetzes vom 17. Juli 1872 (Lauenburgisches off. Wochenblatt Nr. 42). 7) Verordnung, betreffend die Einführung der im westrheinischm Theile des Regienmgsbezirks Coblenz geltenden Gesetze in dem vormals Heffen-Homburgischen Oberamte Meisen­ heim, vom 20. Sept. 1867 (Ges.S. S. 1534). 8) Verordnung, betreffend die Einführung der Preußischen Gesetze und die Justizverwaltung in der vormals Bayerischen Enklave Kaulsdorf, vom 22. Mai 1867 (Ges.S. S. 729). Vergleiche das Gesetz vom 28. August 1850 (GesetzSammlung für Frankfurt, Bd. 10 S. 323).

40

Wildschadengesetz.

Hohenzollern-Hechingen ">) fehlten ausdrückliche Vorschriften über den Wildschadensersatz.

In den,

1866 von Bayem an Preußen abgetretenen,

Gebieten Orb und Gersfeld war bisher nach dem Bayerischen

Gesetze vom 15. Juni 1850") jeder Wildschaden, mit Aus-

nähme des von Federwild angerichteten, aus der Gemeinde­

kaffe, bei Enklavejagden vom Anpächter zu ersetzen.

Baum­

schulen, Obstgärten und einzeln stehende Bäume waren vom

Eigenthümer selbst gegen Wildschaden zu verwahren. Zn den vormals Heffen-Darmstädt'schen Gebietstheilen waren die Gemeinden und in gleicher Weise auch die Pächter von Gemeindejagden für jeden Wildschaden verantwortlich,

welcher sich innerhalb der Distrikte, worin sie die Jagd aus­ zuüben haben,

an den Erzeugniffen von Feldern, Wiesen,

Weinbergen und Gärten, an Bäumen oder an Waldkulturen ereigneten. ’2)

In den

vormals Hessen-Homburg'schen Landestheilen

mit Ausschluß des Amtes Meisenheim waren die Pächter von Gemeindejagden verpflichtet, den innerhalb des gepach­ teten Jagdbezirks durch Schwarz-, Roth-, Dam- oder Reh-

wild an den Erzeugniffen von Feldern, Wiesen und Gärten, oder an Bäumen oder an Waldkulturen verursachten Schadm

auf Verlangen des Besitzers des beschädigten GrundMcks zu ersetzen.13 10) * *

10) Vergleiche das Gesetz für Hohenzollern-Hechingen vom 16. April 1849. ”) Gesetz-Blatt für das Königreich Bayem S. 185. 13) Großherzogl. Hessisches Jagdgesetz vom 26. Juli 1848 (Regiemngsblatt S. 229) Art. 12. 13) Hessen-Homburgische Verordnung vom 12. Mai 1857 (Regierungsblatt Nr. 5), und vom 7. Juli 1863 §. 1 (Regierungs-

Einleitung.

41

Es konnte zweifelhaft sein, ob es sich empfehlen würde,

auch auf die zuletzt wärtige Gesetz

erwähnten Gebietstheile das

auszudehnen.

gegen­

Der Kommissionsbericht des

Abgeordnetenhauses vom 29. April 1890, Nr. 181 der Druck­ sachen, bemerkt darüber Seite 7:

„Die Kommission beschloß, auch die vormals Hohenzollem'schen,

Frankfurtischen,

Bayrischen,

Hessen-Darm-

städtischen und Hessen-Homburgischen Gebietstheile in den Geltungsbereich des

vorliegenden Gesetzentwurfs hineinzu­

ziehen, um diejenigen von diesen Bezirken, in denen kein gesetzlicher Anspruch auf Wildschadensersatz besteht, der Vor­

theile dieses Entwurfs theilhaftig zu machen.

Für den Rest

dieser Bezirke erschienen die durch diesen Gesetzentwurf ein­ geführten Aenderungen so wenig erheblich, und diese Gebiete

selbst in ihrem Umfange so klein, daß man im Interesse der Rechtseinheit ihre Unterstellung unter diesen Gesetzent­

wurf für zweckmäßig erachtete."

Diesen Erwägungen haben sich beide Häuser des Land­ tags angeschloffen.

§• 6.

Die Einwirkung des Liirgerlichen Gesetzbuchs auf das Wiidfchadeugesetz; im Allgemeinen. L

Der erste Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs

enthielt keine besonderen Bestimmungen über den Wildschaden, sondem ließ im Art. 43 des Einführungsgesetzes die Vor­

blatt Nr. 5) (Archiv der landgrüflich Hessischen Gesetze und Ver­ ordnungen S. 812 und 907).

42

Wildschadengesetz.

schriften der Landesgesetze über dm Ersatz des Wildschadms unberührt. DaS Bürgerliche Gesetzbuch hat dagegen in dem, die

„unerlaubten Handlungm" betreffenden, 25. Titel des 7. Ab­ schnittes im 2. Buch neben den allgemeinm Vorschriften der

§§. 823 ff. besondere Bestimmungen über Wildschadens im §. 835 getroffen.

den Ersatz

des

Der §. 823 verpflichtet

jedm zum Schadensersatz, welcher vorsätzlich oder fahrläsfig

das Eigenthum eines anderen widerrechtlich verletzt, wogegen

der § 835 dem Jagdberechtigten und dem Eigenthümer eines

Grundstücks des Abs. 2 Satz 2 die Verbindlichkeit zum Schadmsersatz

auch

schuldms auferlegt.

ohne die Voraussetzung eines VerDurch diese Sondervorschrist ist der

sachliche Geltungsbereich des §. 823 auch in Ansehung des

Wüdschadensersatzes nicht eingeschränkt, sondem es ist dem

Verletzten nur eine vortheilhaftere Rechtslage eingeräumt; das besondere Privileg des §. 835 befreit daher Dritte nicht von der Ersatzpflicht, die ihnm unter dm Voraussetzungen des §. 823 obliegt.

Daß der §. 823 hinsichtlich des Wild­

schadens nicht durch §. 835 ersetzt, sondern ergänzt ist, ergiebt sich auch aus den Verhandlungen der zweiten Kommission zur Bearbeitung des B.G.B., Prot. S. 3217 (Mugdan 2, 1136), in welchen hervorgehoben wurde, „daß die Verweisung

auf die allgemeinen Grundsätze über die Schadensersatzpflicht

nicht ausreichen, um dem Nutzungsberechtigtm einen ge» nügendm Schutz gegen Wildschaden zu gewähren"; s. auch

v. Staudinger, Kommmtar Anm. 6 zu §. 833, welcher hinsicht­

lich des auf demselben Grundsatz, dem Veranlaffungsprinzip, beruhmdm §. 833 als selbstverständlich annimmt, daß die

Verpflichtung

zum Ersatz

des

durch

ein

Thier

verur-

sachten Schadens auch auf Grund anderer Bestimmungm,

insbesondere auf Planck

Anmerk.

Grund des §. 823 gegeben sei ebenso

lc

zu

§. 833,

Oertmann

Anmerk. 3c

zu §. 833. Durch den Art. 55 des Einführungsgesetzes zum B.G.B.

find die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze, zu denen auch die Bestimmungen über die Ersatzpflicht wegen

Wildschadens gehören, aufgehoben, durch den §. 835 ist diese Ersatzpflicht reichsrechtlich besonders

geregelt.

Die Vor-

schriften des §. 835 treten daher in Verbindung mit den allgemeinen Bestimmungen der §§. 823 ff. an die Stelle der

Vorschriften des Wildschadengesetzes, soweit

diese

privat­

rechtlicher Natur sind und soweit die privatrechtlichen Vor­ schriften dieses Gesetzes nicht durch die Vorbehalte der Art. 70, 71 des Einführungsgesetzes auftecht erhalten sind, s. auch

Art. 69 des Einfühmngsgesetzes.

Die hierdurch verursachte

Umgestaltung des Gesetzes ist oben

legen hätte, ja nothwendig gewesen wäre, der Ortspolizei­

behörde die Feststellung der

selbständigen

des Wildschadens

Jagdbezirke

auch hinfichtlich zur

ausdrücklich

Pflicht zu

machen, wie dies im §. 7 bezüglich der Feststellungen in den gemeinschaftlichen Jagdbezirken geschehen, da es keineswegs

zu den allgemeinen Obliegenheitm der Polizei gehöre,

auf

die Verhütung von Wildschäden hinzuwirken.

Diese und ähnliche Erwägungen werden vielleicht auch die Vertreter der

Staatsregierung

veranlaßt habm,

von

einer Bekämpfung der Bohtz'schen Ausfühmngen abzusehen. Möglicherweise hat hierzu aber ttagen,

daß

durch

eine

auch

die Besorgniß beige-

direkte Einmischung der Staats-

regierung in die zahlreichen im Schoße des Abgeordneten­ hauses,

sowie zwischm den

beiden Häusern

des Landtags

bestehenden Meinungsverschiedenheiten das Zustandekommen des allerseits gewünschten Wildschadengesetzes noch in letzter Stunde

gefährdet werden könnte.

Aus

dieser praMschen

Erwägung hat man es vielleicht für das geringere Uebel ge­

halten, die Lösung etwaiger Zweifel der Judikatur der zuständigen Gerichte zu überlaffen.

Wie dem aber auch sein mag: Der Beweis, daß sämmt­ liche bei fühmngen

der Gesetzgebung

betheiligte Fattoren dm

des Abgeordnetm Bohtz

Aus­

zugestimmt haben, ist

nicht erbracht worden und läßt fich nicht erbringm.

(Ver­

gleiche auch die diesbezügliche Aeußerung des Kommissars des Herm Justizministers zu §. 19 des Gesetzes S. 2839 der Drucksachen.)

Es wird deshalb bei der oben erwähnten

Jnterpretatton des §. 12 sein Bewenden zu behaltm haben.

Hieran wird auch durch den Umstand nichts geändert, daß

zu den im §. 12 erwähnten Jagdberechtigten nicht bloß der Jagdpächter des gemeinschaftlichen Jagdbezirks, sondem auch

78

Wildschadengesetz.

der Inhaber der Zagd in den benachbarten (selbstständigen

oder gemeinschaftlichen) Jagdbezirken gehört (vgl. Anm. 4 zu §. 12 des Gesetzes). Es erübrigt noch,

Beleuchtung der

des

Erörterungen

6. Hefte

des

gedenken.

im

Anschluß

Urtheils

des

über

diesen

Verwaltungsarchivs

Dort

hat

Herr

an

die vorstehende

Oberverwaltungsgerichts Gegenstand

(Bd. 1

in

S. 613)

dem zu

Oberverwaltungsgerichtsrath

Schultzenstein gelegentlich der Rezension des Schwarz'schm

Kommentars

zum

Wildschadengesetz

und

in

Ergänzung

der offenbar unzulänglichen Begründung des Urtheils des

Oberverwaltungsgerichtes vom 6. März

1893 Folgendes

angeführt: Selbst wenn der §. 12 trotz seiner in der Annahme des Bohtz'schen Antrages liegenden Ausdehnung über seine ursprüngliche, freilich beabsichtigte, beschränkte Tragweite hinaus mit Holtgreven nur von gemeinschaftlichen Jagdbezirken und Enklaven

zu verstehen sein sollte, kommt man damit, daß bloß bei Fest­ stellung durch einen Vorbescheid nach §§. 6 und 7 eine Fest­ stellung im Sinne des §. 12 vorhanden sei, nicht aus. Soll

denn deshalb, weil die Frist des §. 6 versäumt und damit ein Vorbescheid ausgeschlossen ist, auch die Wildschadenverhütung unmöglich werden, und zwar obwohl die Innehaltung der Frist von dem Ersatzberechtigten abhängt, der Anspruch auf Wild-

schadenverhütung aber dem Ersatzpflichtigen oder dem Jagdberech-

tigten zusteht, die gar nicht in der Lage sind, auf jenen einen Einfluß behufs rechtzeitiger Anmeldung seines Anspruchs auf Schadensersatz auszuüben. Es würde ferner bei einer gütlichen Einigung, die, abgesehen vom Falle der Kollusion den Wildschaden gewiß feststellt, keine für den §. 12 genügende Fest­ stellung vorhanden sein; denn hier giebt es, wie bemerkt, keinen

Vorbescheid.

Ja, selbst die im Verwaltungsstreitverfahren, nach­

dem die Ortspolizeibehörde keinen Wildschaden angenommen hatte, getroffene Feststellung von solchem wäre bedeutungslos,

da auch diese Feststellung keine Feststellung nach §§. 6 ff. ist. glimmt man aber an, daß der §. 12 auch für Eigenjagdbezirke gilt, dann muß man für die in ihm gedachte Feststellung von den Formen der §§. 6 ff. bereits deshalb absehen, weil es bei den Eigenjagdbezirken keinen Wildschadensersatzanspruch und kein Verfahren nach §§. 6 ff. giebt, von einer analogen AnWendung des letzteren auf die Feststellungen des H. 12 bei Eigen-

jagdbezirken aber wegen des Mangels jeder Analogie keine Rede sein kann, und weil, wenn bei Eigenjagdbezirken zur An­ wendung des §. 12 eine Feststellung ohne die Formen der §§. 6 ff. ausreicht, es völlig unbegreiflich wäre, weshalb diese Formen bei gerneinschaftlichen Jagdbezirken und Enklaven un-

entbehrlich sein sollten. Sind dieselben auch nur in einem einzigen Falle nicht nothwendig, dann darf man sie nirgends fordern.

Hiernach ist jede mit sachlich ausreichender Gewißheit

getroffene Feststellung für genügend zu erachten und ferner noch auf die Worte „durch die Ortspolizeibehörde" kein übermäßiges

Gewicht zu legen. Diese Worte sind in den §. 12 hinein­ gekommen, weil die Feststellung in der Regel durch die OrtsPolizeibehörde zu treffen ist und man bloß an diesen Regelfall gedacht hat; sie schließen nicht die Gleichwerthigkeit einer durch das Gericht getroffenen Feststellung und ebensowenig aus, daß ohne eigene besondere Feststellung bereits auf Grund anderweit stattgefundener Ermittelungen und namentlich auch auf Grund einer in ihren thatsächlichen Unterlagen bedenkenfreien gütlichen Einigung das Vorhandensein von Wildschaden als feststehend

angesehen wird. Nur wenn der §. 12 so, d. h. dahin verstanden wird, daß die Aufsichtsbehörde dem auf Wildschadenverhütung

gerichteten Anträge stattzugeben hat, sobald nach pflichtmäßiger Ueberzeugung der Ortspolizeibehörde, an deren Stelle insoweit, als überhaupt eine Aufsichtsbehörde ihre Ansicht an die Stelle

derjenigen der untergeordneten Behörde setzen darf, die Ueber­ zeugung der Aufsichtsbehörde selbst treten kann, während des Kalenderjahres wiederholt durch Roth- oder Damwild Wild­

schaden verursacht worden ist, hat er einen sachgemäßen, praktisch brauchbaren Inhalt.

Wildfchad engesetz.

80

Hierzu ist Folgendes zu bemerken:

Die diesseitigen Erörtemngen in der Note 3 zu §. 12 hatten lediglich den Zweck,

darzuthun, daß sich die Fest­

stellungen der Ortspolizeibehörde ausschließlich aus dm gemeinschastlichen Jagdbezirk und die Enklave, nicht aber, wie

der Abg. Bohtz wollte, auf dm selbständigm Jagdbezirk be­

ziehen.

Es handelte sich hauptsächlich darum, im Hinblick

auf den historischm und logischen Zusammenhang des §. 12 mit dem Feststellungsverfahren der §§. 6—9 die vollständige

Bedeutungslosigkeit der Bohtz'schen Rede für die Auslegung des §. 12 klarzustellen.

Die Frage, ob die FeMellung noth-

wmdiger Weise durch einen Vorbescheid erfolgen müsse, oder ob sie z. B. im Falle eines Vergleichs zwischm dm Parteim auch ohne Erlaß eines Vorbescheides durch die dem

Vergleiche vorausgegangenen Verhandlungen erfolgen könne, stand dort nicht zur Diskussion. Dies vorausgeschickt, kann es nicht zweifelhaft sein, daß, wmn die Anmeldungsfrist des §. 6 versäumt ist, eine Fest­

stellung des Wildschadens durch die Ortspolizeibehörde nicht erfolgt, da nach dem klaren Wortlaute des §. 7 des Gesetzes

die rechtzeitige Schadmsanmeldung die Voraussetzung für die fernere Thätigkeit der Ortspolizeibehörde, insbesondere auch für die Wildschadensfeststellung bildet.

In diesem Falle

fehlt es also in gleicher Weise an einer Verpflichtung zum

Wildschadmsersatz wie auch an dem Eintritt der im §. 12 vorgesehenen

Vorbeugungsmaßregeln.

Die Ausstellungm,

welche Schultzmstein gegen diese Konsequenz erhebt, würdm

nur

dann

§. 12 sich

berechtigt von

dem

fein,

obigen

wenn

feststände,

daß

der

Inhalte des Gesetzes voll-

ständig loslöse, wenn angenommen werden müßte, daß er unabhängig von dm vorhergehenden Bestimmungen dm

Zweck

hüten.

verfolgte,

ganz allgemein

Wildschaden zu ver­

Mesen Beweis hat aber weder Schultzenstein, noch,

wie früher gezeigt, das

Oberverwaltungsgericht

erbracht.

Wir haben das Gegentheil oben dargethan, es möchte ge­ nügen, aus das Gesagte Bezug zu nehmm.

Uebrigens kann

es nicht zweifelhaft sein, daß, wenn der Gesetzgeber in der

That die Feststellungen des §. 12 auf die selbständigen Jagd­ bezirke

bezogen

hätte

wissen

wollen,

es

das

öffentliche

Interesse — die Rücksicht auf die gesetzlich gewährleistete

Schonzeit — erfordert haben würde, auch hier eine Präklusiv­ frist für die Schadmsanmeldung sestzusetzen, wie dies im

§. 7 für den Fall der Geltmdmachung eines Ersatzanspmchs

Die Ratio des Gesetzes, nämlich eine thun-

geschehen ist.

lichste Gewähr für die sichere Erkennbarkeit des Wildschadens,

ist doch in beiden Fällen dieselbe. Stehen aber in der That die Vorbeugungsmaßregeln

des §. 12 im

engsten Zusammenhänge

mit dem in den

§§. 6—9 geregelten, sich nur auf den gemeinschaftlichm Jagd­

bezirk und die Enklave beziehenden Feststellungsverfahrm,

so hat es nichts beftemdendeS, wenn der Gesetzgeber dm Abschuß von Wild währmd der Schonzeit in dem Falle versagt, das

wenn

der

kleine

Wildschadmgesetz

Mann,

in

dessen

in erster Linie erlassen

Interesse ist,

keine

Veranlassung nimmt, mit Wildschadmsersatzfordemngm hervorzutretm.

Unterläßt

er

die

rechtzeitige

Schadensan­

meldung, so giebt es im Sinne des Gesetzes auch keinen

Ersatzpflichtigen, der den Antrag auf Abschußbewilligung stellen könnte.

Wenn weiter geltend gemacht wird, daß die im Ver-

waltungsstrettverfahren — entgegen der Annahme der Orts­ polizeibehörde — erfolgte Wildschadensfeststellung bedeutungs-

Holtgrevcn-Wolsf, Wildschadengesetz. 4. Aust.

6

Wildschadengeseh.

82

loS sein würde, da sie keine Feststellung nach §. 6 sei, so ist

hierbei übersehen, daß, wenn das Gesetz selbst im §. 10 dem Kreisausschuß die Nachprüfung des

polizeilichen Vorder,

fahrens und die Korrektur des dortigen FeststellungSverfahrens überweist, das Ergebniß einer solchen Nachprüfung

an rechtlicher Wirksamkeit und Bedeutung nicht hinter der polizeilichen Feststellung zurückstehen kann.

Die Annahme endlich, daß die Worte „durch die OrtsPolizeibehörde" in den §. 12 des Gesetzes hineingekommen

seien, weil die Feststellung in der Regel durch die OrtsPolizeibehörde zu treffen sei, entbehrt der thatsächlichen Be­ gründung und auch wohl der sonst gewohnten Schärfe.

Schultzenstein ist aber im Verw.Archiv 2 S. 371 bei seiner Meinung stehen geblieben. Der vorstehendm Ansicht ist Dickel

in der Zeitschrift f. Forst- und Jagdwesen Bd. 26

S. 385 und ausführlich Bd. 30 S. 20 ff. beigetreten, wogegen sich die meisten Schriftsteller der Meinung des O.V.G. an-

geschloffen haben.

Vgl. auch die Ausführungen von Küntzel

in Gruchots Beitr. 38, 519 ff.

Der hier vertretenen Ansicht

sind offenbar

auch die

Minister des Innern und für Landwirthschast, welche eine Beschwerde gegen den von derselben Auffaffung geleiteten Beschluß des Bezirksausschuffes

zu Frankfurt a. O. vom

29. September 1892 in Uebereinstimmung mit dem von derselben Anschauung ausgehenden Begleitbericht des Regiemngs-

präfidenten vom 21. August 1892 durch den Erlaß vom 23. November 1892 zwar als unzulässig, aber ausdrücklich auch

als

unbegründet

mit dem Bemerken zurückgewiesen

habm, daß „keine Veranlaffung" vorliege, gegen das Ver­ fahren des Bezirksausschuffes oder der Königlichen Regiemng

von Aufsichtswegen einzuschreiten."

II.

Eine weitere Meinungsverschiedenheit betrifft den

Z. 14 Abs.

1

des Wildschadengesetzes.

Derselbe

lautet:

„Schwarzwild darf nur in solchen Einftiedigungen gehegt

werden, aus denen es nicht ausbrechen kann.

Der Jagd-

berechtigte, aus dessen Gehege Schwarzwild austritt, hastet

für bett durch das ausgetretene Schwarzwlld vemrsachten Schaden."

Hier wird angenommen, daß die Geltendmachung des Schadenersatzes

nicht in

aus §. 14

den

Formm

der

§§. 6—9 des Gesetzes zu erfolgen habe, sondern daß hier

ein gewöhnlicher civilrechtlicher Anspmch vorliegt, welcher zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört.

(Vgl. oben

S. 49 und Note 2 zu §. 14 des Kommentars.)

Die gleiche

Ansicht vertritt auch der mit großer Sorgfalt und Sach­

kunde bearbeitete

Kommentar

des

Amtsrichters

Berger,

Note 3 zu §. 14 des Gesetzes S! 113, s. auch die Ausführungen

Schultzenstein's

im

Verwaltungsarchiv Bd. 1

Heft 3 S. 361 und Heft 6 S. 612 und Dickel in der Z.

f. Forst- und Jagdwesen 26 S. 386.

Anderer Meinung ist W. Schwarze, welcher auf Seite 15 seines Kommentars Folgendes anführt: „Fraglich erscheint es, ob Derjenige, welcher aus §. 14 des Gesetzes Wildschaden fordern will, diesen bei dem Gerichte oder bei der Ortspolizeibehörde geltend zu machen habe. Holtgreven ist der Ansicht, daß die Gerichte zuständig seien.

Die Ansicht

dürfte aber nicht richtig sein. Schon §. 1 des Gesetzes bestimmt,

daß der durch Schwarzwild an und auf Gmndstücken angerichtete Schaden „nach Maßgabe" der folgenden Bestimmungen

zu ersetzm ist. Die §§. 6 bis 11 des Gesetzes regeln nun das Verfahren. Nun heißt es allerdings in §. 6 des Gesetzes: „Der Beschädigte, welcher auf Grund der §§. 1 bis 3 Ersatz des Wild­

schadens fordern will, hat diesen Anspruch u. s. w.", danach

84

Wildschadengesetz.

könnte es scheinen, als ob bezüglich des Schadens aus §. 14 das Verfahren der §§. 6 bis 11 nicht maßgebend sein sollte. Er­ wägt man aber, daß, als über den §. 6 des Gesetzes abgestimmt wurde, ein Ersatzanspruch aus §. 14 des Gesetzes überhaupt nicht vorlag, da die Herrenhausvorlage diesen Anspruch nicht kannte, vielmehr derselbe erst auf Antrag des Abgeordneten Rintelen in das Gesetz bei der Berathung des §. 14 eingefügt ist, so er­ scheint die Annahme gerechtfertigt, daß bei der bekannten Eile, das Gesetz in zwölfter Stunde zu Stande zu bringen, es über­ sehen ist, die in Folge der Annahme der Rintelen'schen Korrektur zu dem §. 14 nothwendig gewordene Aenderung des §. 6 nachzuholen. Erwägt man, daß weiter bereits in der Sitzung vom 16. Juni 1891 der Abgeordnete Rintelen die obige

Konsequenz aus dem §. 1 des Gesetzes zog, indem er sagte: ,,„3m §. 1 heißt es wörtlich: „Schaden, welcher u. s. w. ist dem Nutzungsberechtigten nach Maßgabe der folgenden Besttmmungen zu ersetzen," danach charakterifirt sich eben dieses Gesetz als eine lex specialis, und es ist meiner Ansicht nach vollständig aus­ geschlossen, daß bei Wildschaden auf andere Gesetze zurückge­

griffen werden kann;"" daß diese Auffassung ohne Widerspruch geblieben ist, und daß auf Antrag des Abgeordneten von Jagow, um, wie er sagt, zu präzifiren, was hier als Ansicht des Haufes ausgesprochen sei, im §. 19 Abs. 2 ausdrücklich angeordnet ist: „Wildfchadensersatz kann nur auf Grund und nach Maßgabe"

dieses Gesetzes gefordert werden, so erscheint die Absicht des Gesetzgebers, das gerichtliche Verfahren auch für den Wild­

schadensersatz aus §. 14 des Gesetzes auszuschließen, zweifellos-

Auch hätte eine der Ansicht von Holtgreven entsprechende gesetz­ geberische Absicht in den §. 14 eingefügt werden müssen, oder es hätte doch wenigstens, da die Ausschließung des gerichtlichen

Verfahrens so erhebliche Debatten abgesetzt hat, in diesen er­ wähnt werdm rnüssen, daß bei §. 14 das gewöhnliche gerichtliche Verfahren zugelassen sein solle. Alles dieses ist nicht geschehen. Hiernach ist anzunehmen, daß die Bestimmungen der §§. 6

bis 11

auch auf Wildschadensersatz aus §. 14 des Gesetzes

anzuwenden find, mithin auch dieser Schaden innerhalb drei

Einleitung.

85

Tagen nach Kmntnißnahme bei der Ortspolizeibehörde anzu. melden ist." Diese Auslegung muß als unzutreffmd bezeichnet werden.

1. Wenn die Gesetzes-Jnterpretation erst dahingelangt, in den klaren Wortlaut eines Gesetzes etwas hineinzutragen,

was nicht darin steht, unter dem Vorwande, daß der Gesetz-

geber

die Beifügung des Zusatzes in der Eile vergessm

habe, so ist es um die Rechtssicherheit stellt.

sehr schlecht be-

Der klare Wortlaut des §. 6 des Gesetzes sagt: Der

Beschädigte, welcher auf Grund der tztz. 1 bis 3 Ersatz für

Wildschaden fordern will, hat u. s. w. schrift fehlt im §. 14 und

schriften,

welche

Eine ähnliche Vor­

deshalb können die Formvor­

im §. 6 für

einen

ganz anderm Fall

gegeben find, nicht auch auf die Entschädigung aus §. 14 Anwendung finden.

2. Der dem Abgeordnetenhaus« bezw. dem Antragsteller ist aber auch

Rintelen gemachte Vorwurf der Uebereilung

durchaus unbegründet.

Rintelen, welcher von allm Ab­

geordneten am meisten gegen die Neberweisung der Wild­

die

schadensersatzstreitigkeiten an

Verwaltungsgerichte

ge­

kämpft hat, hat nicht aus Vergeßlichkeit, sondern bewußter Maßm den aus der Culpa des Schwarzwild - Hegers

er­

wachsenden Ersatzanspmch in einer von den Formvorschristm der §§. 6—9 unabhängigen Weise regeln und damit die Ent­

scheidung

über

diesen rein

civilrechtlichen

Anspmch

den

ordentlichen Gerichten belassen wollen, vor welche er seiner

Natur nach auch allein gehört.

3. Daß auch der §. 14 in seiner hier unterstellten Be­ deutung eine Maßgabe des Gesetzes im

Sime

des

§. 19 Abs. 2 ist, kann einem Bedenken nicht unterliegen.

86

Wildschadengesetz.

III. Im §. 2 Abs. 2 des Gesetzes ist bestimmt, daß,

wenn bei Verpachtung der Jagd in gemeinschaftlichen Jagd­ bezirken die Gemeindebehörde die vollständige Wiedererstattung

der zu zahlenden Wildschadensbeträge durch den Jagdpächter nicht auSbednngm hat, solche Jagdpachtverträge nach orts­ üblicher Bekanntmachung eine Woche

werden müffen.

öffentlich

ansgelegt

Sodann heißt es wörtlich weiter: „Sie

(die Jagdpachtverträge) bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Ge­ nehmigung des Kreisausschuffes, in Stadtkreisen des Stadt-

ansschuffes,

wenn

Seitens

auch

nur

eines

Nutzungs-

berechttgten innerhalb zwei Wochen nach dieser Auslegung Widerspmch

erhoben

wird."

Hierzu

bemerft

Berger

a. a. O. S. 36: „Das Gesetz und seine Entstehungsgeschichte geben keinen

Aufschluß, in welchen Fällen diese Genehmigung zu versagen ist. Nach der Begründung, welche Rintelen seinem Anträge, Nr. 419II, dem jetzigen Absatz 2, gegeben hat, soll beim Vorhandensein eines Jagdpächters dieser zunächst derjenige sein, der allen Wildschadm zu zahlen hat. Nur beim Nichtvor­

handensein eines Pächters tritt die Gesammtheit der Besitzer ein.

Nach

dieser Tendenz

des Gesetzgebers muß

die Ge­

nehmigung versagt werden, wenn der widersprechende Nutzungs­ berechtigte behauptet und dies durch stattfindende Er­ mittelungen sich erweist, daß in dem fraglichen Jagdbezirk

stetiger oder auch nur vorübergehender Wlldschaden vorkommt.

Denn würde in solchem Falle die Genehmigung ertheilt werden, so würden an Stelle des vom Gesetz gewollten Pächters die Besitzer eintreten müffen, — was nicht sein soll."

Dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden.

Sie findet

im Gesetze selbst keine Stütze, und die Auslassungen des Abg. Rintelm übrigms

auch

vermögen nicht fie zu begründen.

die

weitergehende

v. Hume S. 2839 der Drucksachen.)

Aeußerung

des

(Vgl. Abg.

Das Gesetz verlangt

nichts weiter, als daß die Jagdpachtverträge, in betten die

vollständige Wiedererstattung der zu zahlenden Wildschadens­ beträge dmch dm Jagdpächter nicht ausbedungen ist, einer

sorgfältigen Prüfung durch eine andere geeignete Behörde

nämlich den Kreis- resp. Stadtausschuß, unterzogen werden sollm, sobald einer der Jntereffentm dem Vertragsabschluße innerhalb der festgesetzten Frist

widerspricht.

Findet der

Kreis- resp. Stadtausschuß bei Prüfung der Sache, daß die Bestättgung des Jagdpachtvertrages für die betheiligten Gmnd-

befitzer vortheilhaster ist, als die Mchtbestätigung, so genehmigt er dm Jagdpachtvertrag trotz des Einspruchs eines

mehrerer Jntereffmtm.

oder

Vgl. das Nähere hierüber in der

Anm. 6 zu tz. 2 des Gesetzes, s. auch Dickel in der Z. f.

Forst- und Jagdwesen 26, 386, 387. IV.

Nach Schwarze sollm auf das polizeiliche Vor-

verfahrm die Bestimmungen über das

Verwaltungsstreit-

verfahrm Anwmdung finden. Er führt in dieser Beziehung Folgmdes an:

Zweifelhaft erscheint es, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zuläsfig ist. Holtgrevm verneint es, aber wohl mit Unrecht. Das Verfahren vor der Ortspolizeibehörde ist doch zweifellos ein Verwaltungsstreitverfahren, mithin müssen die allgemeinen Grundsätze dieses Verfahrens, soweit das Gesetz nicht eine anderweite Regelung vorschreibt, konform zur An­ wendung gebracht werden, namentlich da das Gesetz in den §§. 6 bis 11 nur den Rahmen des Verfahrens und nicht spezielle Vorschriften giebt. Es muß deshalb auch nach §. 112 des Ge­ setzes vom 30. Juli 1883 über die allgemeine Landesverwaltung für dm Beschädigtm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugelassm werden und dieses um so mehr, als die AnMeldungsfrist eine so sehr kurze ist. Die Anmeldung des Anspruchs ist der Einlegung der Klage gleichzuachten und muß demnach nammtlich noch mit Rücksicht auf die generelle Klausel

Wildschadengesetz.

88

des §. 112 eit. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugelaffen werben, da eben diese Klausel speziell durch das Gesetz hätte beseitigt werden müssen, wenn die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschloffen sein sollte.

Demgegenüber ist zu bemerken: Das Verfahrm vor der

Ortspolizeibehörde ist kein Verwaltungsstreitversahren, sondem es ist ein durch das Wildschadengesetz ad hoc eingeführtes

besonderes Verfahren, welches dem Verwaltungsstreit,

verfahren vorauszugehen hat, (§. 10 des Ges.)

Das

letztere ist durch die bestehende Gesetzgebung, vor allem durch

des Gesetzes über

die §§. 63 ff.

verwaltung vom 30. Juli zelheiten genau geregelt.

die

1883,

in

allgemeine Landes­ allen

seinen

Ein-

Nach diesen Bestimmungen gehört

das polizeiliche Ermittelungsverfahren nicht zum Verwaltmgs-

streitverfahren.

Die Einfühmng

desselben in das

Wild­

schadengesetz war auch bereits in Ausficht genommen, noch

ehe man daran dachte, die definitive Erledigung des Rechts­ streits

Verwaltungsstreitverfahren erfolgen zu

im

lassen.

Es wäre freilich erwünscht gewesen, wenn dieses Vorverfahren,

welches die Gesetzgebung übrigens auch noch in anderen Fällen als

Vorbedingung

für die

gerichtliche

oder

ver­

waltungsgerichtliche Geltendmachung eines Anspmches kennt,

in allen seinen Einzelheiten eine sorgfältige Regelung er­ fahren hätte.

Aus dem Umstande aber, daß dies nicht ge­

schehen, folgt nicht die Berechttgung, ohne weiteres die für

ein ganz anderes Prozeßverfahren gegebenen Bestimmungen

auf

das

polizeiliche

Ermittelungsverfghren

anzuwenden.

Insbesondere muß aber die Anwendbarkeit derjmigen Be­

stimmungen des Gesetzes

vom 30. Juli 1883 für ausge­

schlossen erachtet werden, die sich gewiffermaßm als besondere,

nur für ganz bestimmte Fälle gegebene Vorschriften charak-

Dahin gehört nameMch die Bestimmung des

terisiren.

112 des Ges. vom 30. Juli 1883 über die Wiederein­

Die Anmeldung des Ersatz-

setzung in den vorigen Stand.

gemäß §. 6

anspmches

des Wildschadengesetzes

Klage im Sinne des §. 112;

dem

nach

ist

klaren

keine

Wort­

laute des §. 10 des Wildschadengesetzes kann vielmehr diese Klage erst erhoben werden, wenn das Vorverfahren beendigt

ist.

— Was hier von der

der Be-

Mchtanwendbarkeit

stimmungm des Verwaltungsstreitverfahrens gesagt ist, gilt in noch höherem Maße von den Vorschriften der Reichscivilprozeßordnung. versäumniß

die

Bauer, welcher früher gegen die Frist-

Wiedereinsetzung

den

in

vorigen

Stand

zuließ, hat diese Ansicht jetzt — Anm. zu §. 6 — auf­

S. hierüber auch Dickel in der Z. Forst- und Jagd­

gegeben.

wesen 26, 387.

Der §. 2 Abs. 1

V.

die

Gmndbesitzer

des

der

älteren Fassung,

Jagdbezirks

nach

welcher

der Größe der

betheiligten Mchen für ersatzpflichtig erklärt, die Vertretung der

Grundbesitzer

steht

aber

der

in Uebereinstimmung

Gemeindebehörde

polizeigesetzes, wonach die Besitzer der,

bildenden,

lichen

einen

Jagdbezirk

Grundstücke in allen Jagdangelegenheiten durch

die Gemeindebehörde vertreten werden.

B.G.B.,

überträgt,

mit den §§. 4, 9 des Jagd­

nach

Der §. 835 Abs. 3

welchem die zum Zweck der gemeinschaft­

Ausübung

des

Jagdrechts

durch

das

Gesetz

zu

einem Verbände vereinigten Eigenthümer des gemeinschaft-

lichm Jagdbezirks nach dem Verhältniß

der Größe ihrer

Gmndstücke ersatzpflichttg find, wenn der Verband nicht als solcher hastet, bringt die Jdmtität des Verbandes hinfichtlich der Jagdnutzung und hinfichüich des Wildschadensersatzes auch wörtlich zum Ausdruck.

Die Frage nach dem rechtlichen

Wildschadengesetz.

90

Charakter dieses Verbandes ist nicht unzweifelhaft.

das Obertribunal in den

Während

Entscheidungm Bd. 58 S. 50,

Bd. 77 S. 129, Bd. 80 S. 245 und in Striethorsts Archiv Bd. 67 S. 297 dem Verband die Eigmschast einer juristischen

Person versagte und ihn als eine privatrechtliche Vereinigung

betrachtete, hat das Oberverwaltungsgericht in den Entsch. Bd. 28 S. 317 und Bd. 31 S. 241 angenommen, daß die Vereinigung der Gmndbesitzer „eine mit juristischer Persön­

lichkeit ausgestattete Zwangsgenoffenschast des Rechts",

„eine

neben

der politischen

öffentlichm

Gemeinde

stehmde

Körperschaft sei, welche durch die sie vertretende Gemeinde­

behörde Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor den Gerichten klagen und verklagt werden könne".

An diesem

Satz hat es auch in den neuem Entscheidungen vom 14. Dez. 1896 (Kunze und Kauz, Ergänzungsband 1899 S. 182) und vom 29. November 1899 (Preuß. Verwaltungsblatt Bd. 21

S. 316) festgehalten.

Das Reichsgericht hat zunächst in der

Entsch. in Gmchots Beitr. Bd. 28 S. 982 angenommen,

daß die Besitzer der Einzelgrundstücke eine private Gesell­ schaft bilden, in den spätem Entscheidungen dagegen dem

Jagdverbande Korporationsrechte beigemeffen: in der Entsch. in der Jurist. Wochmschrist 1893 S. 73 Nr. 51 spricht es

von der Jagdgemeinde im Gegensatz zur Stadtgemeinde und bemerkt, daß „beide verschiedene Subjekte seien, wenn auch

beide durch dieselbe Gemeindebehörde vertretm werdm"; in dem Urtheile bei Bolze Bd. 9 S. 149 Nr. 340 nennt es die

Gesammtheit der Jagdintereffenten sogar eine Jagdbehörde

und bezeichnet in der Entscheidung Bd. 38 S. 255 den Jagd­ verband als „Subjekt der aus der Vereinigung zu einem

gemeinschaftlichen Jagdbezirk sich ergebmden Rechte."

Die letztere Ansicht Beitritt auch Schultzenstein im Ver-

waltungsarchiv Bd. 2 S. 375, wogegen Bauer Anm. 6 zu

§. 9 des Jagdpolizeigesetzes und Kohlt Anm. 40 zu tz. 9 den Verband nicht als Korporation ansehen.

Die früheren Auf­

lagen stellten fich auf den/ Standpunkt des Obertribunals;

dieser Standpunkt muß auch jetzt, namentlich für das neue Recht, festgehalten werden.

Das Obertribunal begründet seine Anficht in der Entsch. Bd. 80 S. 245 durch die Materialien des Jagdpolizeigesetzes

und durch die allgemeinen Grundsätze über die Entstehung der juristischen Person in folgender Weise:

„Das Gericht erster Instanz ist mit der Gemeinde­ behörde zu dieser, Art.

als

13

Altenbochum einer

selbst

privilegirten

der Deklaration vom

davon ausgegangen, daß

Korporation, 6. April 1839

nach

dem

zur

An­

meldung des Rechtsmittels die sechswöchentliche Doppelfrist

zustehe." „Das ist aber keineswegs der Fall.

Es kommt hierbei

wesentlich auf die Bedeutung des Wortes „Gemeindebehörde" im §. 9 des Jagdpolizeigesetzes vom 7. März 1850 an.

Der

den damaligen Kammern vorgelegte Entwurf war von dem in seinen wesentlichen Grundzügm beibehaltenen Jagdgesetze für das linke Rheinufer vom 17. April 1830 (G.-S. S. 65)

insofern abgewichen, als es die Jagdvorstände dieses Gesetzes

(§§. 2, 5, 6,13) nicht beibehielt, sondern die Vertretung der Befitzer der erntn gemeinschaftlichen Jagdbezirk bildenden

GmndMcke dem Gemeindevorstand übertrug, wofür in den Regierungsmotiven angeführt ist, daß der Gemeindevorstand besser, als ein aus der Mitte der Betheiligten zu wählender

Jagdvorstand, geeignet erscheine, die Rechte der großen und

Heinen Grundbesitzer mit gleicher Sorgfalt zu schützen und dabei das öffentliche Wohl wahrzunehmen.

(Sergi, steno-

92

Wildschadengesetz.

graphische Berichte der ersten Kammer 1850 Bd. 2 S. 802, 805.)" „Bei der Berathung in derKommission der ersten Kammer

sprach dieselbe, gegenüber der von anderer Seite beantragten Beibehaltung der Jagdvorstände, sich für die unveränderte Beibehaltung des §. 9 der Regierungsvorlage namentlich auch deshalb aus, weil es nicht gerathen sei, die öffentlichen Be­ hörden, besonders auf dem Lande, zu vermehren.

(Eben­

daselbst Bd. 3 S. 140, 141 a. a. £).)"

„Bei der Berathung in der ersten Kammer selbst wurde schon zum §. 4 des Entwurfes das Amendement eingebracht,

überall statt „Gemeindevorstand" zu setzen „Gemeindebehörde", und zwar in der Erwägung, um durch den Ausdmck „Ge­

meindebehörde"

darnach

den

der künftigen Gemeindeordnung und

Gemeindevorständen beizulegenden

nicht zu präjudiziren.

der

Befugniß

Diesem angenommenen Amendement

gemäß wurde, wie in den §§. 4 und 10, so auch im §. 9, statt „Gemeindevorstand" gesetzt „Gemeindebehörde".

(Eben­

daselbst Bd. 3 S. 1387, 1388, 4001, 4002 a. a. £>.)"

„Nach dem Berichte der vereinigten Kommission für

Gemeinde- und Justizsachen der zweiten Kammer ist für den auch hier gestellten Antrag auf Bildung besonderer Jagd­

vorstände vorzugsweise darauf Gewicht gelegt, daß es sich hier nicht von der Vertretung der Jntereffen „der Gemeinde",

sondern von einer besonderen Vertretung der Jntereffen „ein­

zelner Besitzer" handele, von der Kommission jedoch der, von der ersten. Kammer adoptirten Fassung lediglich beigetreten und zwar in Erwägung der obigen Regiemngsmottve und

weil die Ausführung einer solchen Einrichtung mit vielfachen Schwierigkeiten verbunden

sein

würde.

(Dmcksachen der

zweiten Kammer 1850 Bd. 7 Nr. 542 S. 7, 11, 12)."

„Auf das bei der Berathung in der zweiten Kammer

gestellte

selbst zu dem §. 9 wiederholt

Amendement auf

Bildung besonderer Jagdvorstände wurde vom Ministertische

aus erklärt:

„Es

ist

allerdings erwogen worden, ob man den

jagdberechtigten

Grundbefitzern

nicht

besondere

eine

Organisation geben und fie in den Stand setzen sollte, selbst ihre auf die Jagd bezüglichen Rechte wahrzunehmen.

Indes haben namentlich zwei Gründe dagegen gesprochen;

einmal würde es ein Erfordemiß gewesen sein, eine voll­

ständige Vertretung ins Leben zu rufen und dieser Ge­ nossenschaft korporative Rechte beizulegen. Solche Vertretungen neben die Gemeindebehörden zu stellen, ist

aus naheliegenden Gründen nicht rathsam rc.

aber glaubte man

gerade

die

Jntereffen

Zweitens

der

kleinen

Gmndbefitzer dadurch zu wahren, daß man deren Wahr­

nehmung in die Hand der Gemeindebehörden legte, die

ein Interesse

dabei

haben,

die minder mächttgm zu

schützen und es zu verhindem, daß vielleicht ein über­

wiegender Gmndbefitzer das Recht der weniger Bedeutmden für fich allein ausbeute."

„Hiemach geht aus den Motiven, gleichwie aus den

Berathungen über das Gesetz unzweifelhaft hervor, daß die Jagdangelegenheitm in vermögensrechtlicher Beziehung nicht als Gemeinde-, sondern lediglich als Angelegenheitm der dabei

interessirenden Befitzer der jagdberechtigtm Grundstücke be­

trachtet sind, und daß die Verwaltung dieser Interessenten-

angelegenheit nur deshalb in die Hand eines, von den Inter­ essenten selbst gewähltm besonderen Jagdvorstandes gelegt

ist, einmal, weil diese Behörde, der schon im öffentlichen Interesse die Jagdpolizei anvertraut war, als das geeignetste

94

Wildschadengesetz.

Organ erschien, gleichzeittg auch die Privatintereffen der Be­ sitzer der jagdberechtigten Grundstücke wahrzunehmen, und

dann,

weil die Einrichtung besonderer Jagdvorstände, da

ihnen zugleich korporative Rechte beizulegen gewesen sein

würden, wegen der damit verbundenen Schwierigkeiten als fast unausführbar angesehen wurde, — daß nach alledem die Verwaltung dieser reinen Jntereffentenangelegenheiten der

Gemeindebehörde nicht in ihrer Eigenschaft als Vertreterin der politischen Gemeinde übertragen worden ist.

Eine Be-

stättgung findet diese Annahme auch darin, daß, wie die

§§. 4 und 7 des Gesetzes ergeben, die Bezirke der polittschen Gemeindm mit gemeinschaftlichen Jagdbezirken keineswegs

zusammenfallen, daß vielmehr für die Bildung solcher Jagd­

bezirke Normen aufgestellt sind, welche von den Gemeinde­ bezirken unter Umständen ganz absehen. §. 11 des Gesetzes:

Zwar bestimmt der

die Pachtgelder und Einnahmen von

der durch einen angestellten Jäger beschossenen Jagd werden

in die Gemeindekaffe gezahlt, setzt aber gleich hinzu: „und, nach Abzug der etwa entstandmen Verwaltungskosten, durch die Gemeindebehörde unter die Besitzer derjenigm GmndMcke,

auf welchen die gemeinschaftliche Ausübung der Jagd stattfindet,

nach

dem Verhältniffe

des Flächeninhaltes dieser

GmndMcke vertheilt", sodaß also die Jagdeinnahmen nicht

eine Jntrade der Gemeindekaffe für die polittsche Gemeinde bilden, vielmehr nur eine den zu einem gemeinschaftlichen

Jagdbezirke vereinigten Gmndbesitzem gehörige, durchlaufende Post, deren vorläufige Einzahlung an die Gemeindekaffe nur

aus Zweckmäßigkeitsgründen angeordnet ist.

Wenn hiemach

aber im §. 9 die Vertretung der Besitzer der einen Jagd-

bezirk bildenden ländlichen oder städttschen GmndMcke der Gemeindebehörde nicht in ihrer Eigenschaft als Vertreterin

der politischen Gemeinde, sondem als eine mit dieser Eigen­ schaft in keiner Beziehung stehende,

bloße Nebenfunktion

übertragen wordm ist, so können, auf Gmnd solcher Ueber-

tragung ihrer Vertretung an die Gemeindebehörde, diese Besitzer als eine Land- oder Stadtgemeinde im Sinne des

Art. 13 der Deklaration vom 6. April 1839 nicht angesehen

werden, und machen noch weniger als Mitglieder einer ein* zelnen Klasse der Gemeinde eine besondere Korporation aus

(§. 24 Tit. 7 Thl. II des A.L.R.) Und so wenig denselben durch

das Gesetz vom 7. März 1850 selbst, ist ihnen die Eigen­ schaft einer juristischen Person oder einer privilegirten Kor-

poratton durch ein anderes Gesetz beigelegt worden (§. 22

Tit. 6 a. a. £).).

Auch nach allgemeinen gesetzlichen Vor­

schriften können sie als eine privilegirte Korporation nicht

angesehen werden, da ihre Verbindung

nicht einen fort­

dauernden gemeinnützigen Zweck hat (§. 25 daselbst).

mehr stellen dieselben

eine

Viel­

erlaubte Privatgesellschaft im

Sinne der §§. 2, 11 a. a. O. dar, der durch den §. 9 des Gesetzes vom 7. März 1850 die Befugniß besonders bei­ gelegt ist, sich in ihren Privatjagdangelegmheiten durch die

Gemeindebehörde vertreten zu lassen, die aber im Uebrigen bei Handlungen, woraus Rechte und Verbindlichkeiten gegen

Andere entstehen, nur Theilnehmer eines gemeinsamen Rechtes oder einer gemeinsamen Verbindlichkeit find, im Verhältnisse gegen Andere also keine moralische Person darstellen."

Diesen Ausfühmngen ist in den Entscheidungen des

Reichsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts zwar ein anderes Ergebniß entgegengesetzt, dieses Ergebniß ist aber nicht näher begründet.

Ihnen treten folgende Erwägungen

hinzu:

Die Eigenschaft der Rechtsfähigkeit kann den Verbänden,

96

Wildschadenersatz.

abgesehen von der speziellen staatlichen Verleihung im Einzel­ fall, nur durch eine darauf gerichtete ausdrückliche aber fich aus dm Vorschriften des Gesetzes zustehm.

Das

ergebmde Bestimmung

Gesetz hat aber keine solche ausdrückliche

Bestimmung getroffen,

durch welche der Jagdverband

als

besonderes Rechtssubjekt anerkannt wird, wie dies z. B. im §. 10 des Gesetzes vom 1. April 1879 für die Wassergenoffen­ schaften geschehm ist, noch läßt fich eine solche Abficht des

Gesetzgebers aus dem Jagdpolizeigesetz oder dem Wildschadmgesetz entnehmen.

Nicht nur aus den in der Entscheidung

des Obertribunals

angeführten

Materialim,

insbesondere

aus der Amßemng des Regierungsvertreters ergiebt fich die

bestimmte Abficht des Gesetzgebers,

dem Jagdverband die

Rechtsfähigkeit zu versagm, auch der Inhalt des Gesetzes giebt teilten Anhalt für die Annahme, daß dem Verbände die juristische Persönlichkeit verliehm werdm sollte und ver-

lichm ist.

Vielmehr ist das Jagdrecht der einzelnen Grund-

befitzer unverändert

geblieben, den Gmndbefitzern ist das

Recht der Jagdverpachtung nicht entgegen und ihnen legt

daS Wildschadmgesetz die Ersatzpflicht für den Wildschaden

auf.

Nur vertreten werden fie sowohl bei der Jagdver­

pachtung als

auch hinfichtlich

der Wildschadensersatzpflicht

durch die Gemeindebehörde, wie im §. 9

des Jagdpolizei­

gesetzes und im §. 2 Abs. 1 Satz 2 des Wildschadengesetzes

ausdrücklich bestimmt ist.

Eine juristische Person vertritt «her

nicht die einzelnen Mttglieder, sondem steht ihnm als ein

besonderes Rechtssubjekt mit eigenen Interessen und selbstständigen Zweckbestimmungen gegenüber.

Wäre der Jagd­

verband ein rechtsfähiger Verein, so würde die Gemeinde­ behörde

fein' Vorstand,

einzelnen Mitglieder sein.

nicht

aber

die

Vertreterin

der

Und werden die Grundbefitzer in

Einleitung.

97

ihren Rechten und Pflichten, zu deren Ausübung oder Er-

Mung fie sich zusammen zu schließen haben, vertreten, so find

sie selbst die Berechttgten und Verpflichteten, eine Konsequenz, welche dem Begriff

der juristischen Person

entgegen steht,

denn, si quid universitati debetur, singulis non debetur,

nec, quid debet Universitas, singuli debent, 1. 7 §. I. D. 3,4. Dem Verbände fehlt auch das eigentliche Wesen der juristischen Persönlichkeit, die Rechtsfähigkeit.

Freilich kann

die Gemeindebehörde Namens der Gesammtheit der Grund­ besitzer Jagdpachtverträge abschließen, über den Ersatz des

Wildschadens rechtsgeschästliche Verfügungen treffen und ist in beiden Beziehungen

legitimirt.

im Rechtsstreit otttö

und passiv

Aber diese nur in Vertretung der Grundbesitzer

vorgenommenen Rechtshandlungen, die für den nur zu diesen

Zweckm bestehenden Verband vorgenommen werden können,

sind die einzigen Rechtshandlungen, deren der Verband fähig ist.

Auf andern Gebieten des wirthschastlichen Lebens kann

er nicht, wie jedes Rechtssubjekt, eine Rechtsfähigkeit be­

thätigen, kann er Eigenthum, andere Rechte oder Forderungen nicht erwerben, noch können solche Rechte gegen ihn bestehen.

Der Verband hat überhaupt kein Vermögm, sondem die Einnahmen aus der Jagd sind nur durchlaufende Gelder, §.

11

des Jagdpolizeiges.,

und die Wildschadensbeträge

werdm, soweit fie nicht aus der Jagdeinnahme gedeckt werden

könnm,

von

dm

Grundbefitzem,

pflichttgen, eingezogen.

dm

alleinigen Ersatz-

Daß die Gemeindebehörde oder der

Verband ohne Nennung der einzelnm Grundbesitzer klagen und verklagt werden kann, ist auch vom Standpunkt der

mangelnden Rechtsfähigkeit des Verbandes keine Anomalie, da die Pasfivlegittmation im Prozeß überhaupt jedem nicht

rechtsfähigen Verein zusteht, §. 50 Abs. 2

C.P.O., über

Holtgreven-Wolff, Wildschadengesetz. 4. Ausl.

7

Wildschadengesetz.

98

dessen Vermögen sogar der Konkurs eröffnet werden kann,

§. 213 der Konkursordnung, und die bisherige gemeinrecht­

liche ebenso wie die Preußische Praxis jeden nicht rechts­ fähigen Verein nicht nur die Passivlegitimation, sondem auch die AMvlegittmation im Rechtsstreit zugestand, Entsch. des

Obertrib. 18, 398, in Striethorsts Arch. 42, 66; 61, 45, Entsch. des Reichsoberhandelsgerichts 4, 202; 8, 180; 18,

398 und des Reichsgerichts 4, 155 und 8, 121 (s. auch

Stobbe, Deussches Privatrecht Bd. 1 S. 414), indem die Aufzählung der einzelnen Mitglieder durch die Bezeichnung des

Verbandes oder Vereins als ersetzt angenommen wurde.

Der Jagdverband steht

auf gleicher Rechtsstufe mit

dem Verband der Gemeinheitstheilungsintereffenten, welcher

nach §. 1 des Gesetzes vom 2. April 1887 auf Antrag für

die gemeinschaftlichen, durch das Auseinandersetzungsverfahren begründeten, Angelegenheiten von der Auseinandersetzungs­ behörde zur Vertretung der Gesammtheit der Betheiligten,

sowie zur Verwaltung der gemeinschaftlichen Vermögensstücke auch nach der Beendigung des Verfahrens geblldet werden

kann; auch in diesem Fall ist nach §. 2

des angeführten

Gesetzes die Vertretung der Betheiligten dem Gemeinde­ vorstand übertragen (s. auch die Uebereinstimmung des §. 9 Abs. 1 dieses Ges. mit §. 9 Abs. 2 des Jagdpolizeigesetzes). Daß aber ein solcher Verband, obgleich er sogar Vermögen

besitzen kann,

welches ebmfalls der Gemeindevorstand zu

verwalten hat, ein besonderes Rechtssubjekt sei, ist bisher

nicht behauptet und vom Reichsgericht in der Jur. Wochen­ schrift 1892 S. 48 Nr. 29 entschieden bestritten, vgl. auch

die Enssch. des Reichsgerichts Bd. 47 S. 314 und in der

Jur. Wochenschrift 1900 S. 709 Nr. 56 und des OberVerwaltungsgerichts Bd. 21 S. 143.

Nach der Charakterisirung

des Jagdverbandes richtet

sich die Zwangsvollstreckung gegen den Jagdverband, Anm. 4 zu §. 10. Von der rechtlichen Natur des Jagdverbandes hängt auch die Beantwortung der Frage ab, ob der §. 2 Abs. 1

Satz 1 des Wildschadensgesetzes durch den §. 835 Abs. 3

B.G.B. ersetzt ist oder nicht. Indem der §. 835 Abs. 3 durch die Bestimmung: „Sind die Eigenthümer der Grundstücke eines Be­

zirkes zum Zwecke der gemeinschaftlichen Ausübung des Jagdrechts durch das Gesetz zu einem Verbände vereinigt, der nicht als solcher haftet, so sind sie nach dem Verhältnisse der Größe ihrer Grundstücke ersatzpflichtig,"

die Vereinigung der Eigenthümer zu einem derartigen Ver­ bände voraussetzt, welcher nicht als solcher hastet, spricht er

diesem Verbände die juristische Persönlichkeit ausdrücklich ab und weist ihn zu den Privatgesellschaften der §§. 705 ff.

B.G.B.

Die zweite Kommission zur Berathung des Entw.

des B.G.B. nahm in der ausdrücklich ausgesprochenen Absicht,

die rechtliche Natur

der Jagdgesellschaft nicht festzulegen,

(Prot. S. 3248, Mugdan Bd. 2 S. 1142) die folgende Bestimmung in den Entwurf auf: „Sind die Gmndstücke eines Bezirkes zum Zweck der

Ausübung des mit dem Eigenthum verbundenen Jagd-

rechts zu einem Jagdbezirke vereinigt, so hat die nach

den Vorschriften des öffentlichen Rechts zu diesem Zweck bestehende Gemeinschaft der Eigenthümer der zum Jagd­ bezirk gehörigen Grundstücke den Schaden zu

ersetzen

und zwar haften, wenn landesgesetzlich nicht ein Anderes

bestimmt ist,

die Grundbesitzer des Jagdbezirkes nach

Verhältniß der Größe der betheiligten Flächen," (Prot.

100

Wildschadengesetz.

S.

3244,

3245,

3247,

3248,

3249,

Mugdan

2,

1141, 1142).

Diese

Bestimmung,

welche

keinen

Anhalt

für

die

Charakterifirung des Jagdverbands bot, wurde aber, ohne die Gründe aus den veröffentlichten Materialien er-

daß

sichtlich

sind,

in dem dem Reichstag vorgelegten Entwurf

durch die zum Gesetz gewordene Vorschrift des § 835 Abs. 3 ersetzt, welche von der Denkschrift (S. 101, Mugdan 2, 1269)

mit dem Bemerken begleitet wurde: „Besondere Vorschriften trifft der Entwurf für den

Fall, daß das Landesgesetz den Verband als bloße Gesellschaft nach den Vorschriften des Bürger­ lichen Gesetzbuchs gestaltet, ohne über die Haftung der Genoffm etwas zu bestimmen.

Hier würde aus

jenen Vorschriften sich eine gesammtschuldnerische Haftung

ergeben; dies wäre jedoch nicht sachgemäß, und der Ent­

wurf sieht daher . . eine Haftung nach Verhältniß der

Größe der GrundMcke vor," s. auch Jecklin in Gruchots Beitr. Bd. 40 S. 806.

Hieraus

ergiebt sich, daß der Verband des §. 835 Abs. 2, „der nicht als solcher haftet", nicht als rechtsfähiger Verein, sondern

nur als Privatgesellschaft angesehen werden kann.

Der Landesgesetzgebung ist es zwar unbenommen, dem Verband die Rechtsfähigkeit beizulegen.

Diese Befugniß ist

aber von der Voraussetzung abhängig, daß dann auch nur

der Verband als solcher zur Ausübung der Jagd berechtigt wird.

Denn abgesehen von dieser Voraussetzung besteht ein

Vorbehalt — Art. 71 Nr. 6 E.G. zum B.G.B. - nur

insofern, als die Gemeinde an Stelle der Eigenthümer der zu einem Jagdbezirk Bereinigten Grundstücke zum Ersatz

des Wildschadens verpflichtet wird, und der Vorbehalt des

Art. 71 Nr. 5, wonach die Verpflichtung zum Schadens-

ersatz abweichend bestimmt werden darf, bezieht sich nur auf den Fall des §. 835 Abs. 3, setzt also einen nicht rechts­ fähigen Verband voraus.

Ist oder wird der Verband landes­

gesetzlich als der zur Ausübung der Jagd Berechtigte

er-

klärt, so liegt ihm als solchem nach § 835 Abs. 2 Satz 1 auch die Verpflichtung zum Ersatz des Wildschadens ob, denn diese Verpflichtung liegt demjenigen ob, der nach dem

Gesetz zur Ausübung des Jagdrechts berechtigt ist.

Hieraus

folgt, daß dem Verband die Rechtsfähigkeit nur dann zusteht,

wenn er zur Ausübung der Jagd berechtigt ist, und folgt weiter, daß der Verband unter dieser Voraussetzung aber auch als

solcher zum Ersatz des Wildschadens verpflichtet ist.

Dies ist

über nach Preußischem Recht nicht der Fall, denn nach dem

Jagdpolizeigesetz ist nicht der Verband, sondern sind die Grund­ besitzer, die andernfalls in dieser Beziehung nicht von der

Gemeindebehörde vertreten werden könnten, §. 9, zur Aus­ übung der Jagd berechtigt, und im §. 2 des Wildschadens­ gesetzes

sind

bezeichnet.

sie

als

die

ausdrücklich

Ersatzpflichtigen

Auch nach dieser Rechtsgestaltung kann somit der

Verband nicht als rechtsfähiger Verein gelten. die Rechtsfähigkeit, so würde der §.

nicht,

zum

wie

Preuß.

in Uebereinstimmung

oben

Ausf.Ges.

vom

Besäße er

835 Abs. 3 B.G.B.

mit

den Motiven

20. September

1899

und

den oben angegebenen Schriftstellern angenommen ist, zur

Anwendung kommen können, nicht rechtsfähigen

Verband

weil diese

Vorschrift einen

zur Voraussetzung

hat;

es

würde aber auch der §. 2 Abs. 1 S. 1 des Wildschadens­ gesetzes in seiner bisherigen Fassung nicht mehr gelten, weil

nach

demselben

die

Grundbesitzer des Jagdbezirks ersatz­

pflichtig sind, während nach Reichsrecht bei dem Vorhanden-

Wildschadengesetz.

102

sein eines rechtsfähigen Jagdverbandes dieser der Ersatz­ pflichtige sein müßte. —

Hat der Verband die rechtliche Natur einer

Privat­

gesellschaft, so kommen die Gmndsätze der §§. 705ff. B G B. zur Anwendung, soweit sich nicht aus den auftechi erhaltenen

Vorschriften des Landesgesetzes Abweichungen ergeben.

Dar-

nach hastet der Vertreter für culpa in concreto, §. 705, er

ist zur Auskunstsertheilung und zur Rechnungslegung ver­ pflichtet, §§. 716, 713, 666, was auch das Obertribunal (in

Striethorsts Arch. Bd. 95 S. 119) für das bisherige Recht annahm, wogegen das Reichsgericht (Entsch. Bd. 31 S. 255,

256) von seinem hier bekämpften Standpunst aus zu dem entgegengesetztm Ergebniß gelangte.

Die Grundbesitzer find

auch nicht, wie aus der Rechtsfähigkeit des Verbandes folgen würde, §§. 31, 89 B.G.B., für den Schaden verantwortlich, welchen der Gemeindevorstand durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Vertretung begangene, zum Schadensersatz

verpflichtende Handlung einem Dntten zufügt, hierzu sind sie andererseits übrigens auch nicht nach §. 831

B-G-B.

verpflichtet, weil sie den Gemeindevorstand nicht zu ihrem

Vertreter bestellt haben, und die erzwungene Vertretung ihnm daher stets die Einwendung sichert, daß sie in der Auswahl

des Vertreters kein Verschulden begangen haben. Die Anwendung des Sozietätsprinzips findet aber ihre

Schranke in der besonderen Rechtsgestaltung der Gesellschaft, nach welcher für sie Kraft Gesetzes die Vertretung angeordnet

und diese Vertretung einem Beamten als solchem übertragen

ist.

Der Kraft seines Amtes bestellte Vertreter kann vom

Verbände nicht abbemfen, nicht mit Jnstmttionen versehen werden,

als Beamter handelt er unabhängig von der Zu-

Einleitung.

103

stimmung des Jntereffmten und selbst gegen ihren Willen (Anm. 4 zu §. 2).

Ebenso steht er dem einzelnen Grund-

befitzer mit den Funktionen gegenüber, die ihm sein Gemeinde­ amt verleiht, er zieht daher von ihnen die zur Berechtigung

des Wildschadensersatzes erforderlichen Beträge im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens ein.

III.

Kommentar zum Wildschadengesetz. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen rc. verordnen, unter Zustimmung beider Hauser des Landtages, für den Umfang Unserer Monarchie, mit Aus­ schluß der Provinz Hannover und des vormaligen Kurfürstmthums Heffen,*) was folgt: *) Ueber den Geltungsbereich des Gesetzes ist im §. 5 der Einleitung das Nähere gesagt worden. Das Gesetz umfaßt das

ganze Gebiet der preußischen Monarchie mit Ausnahme der Provinz Hannover (einschließlich des Jadegebiets) und der

Provinz Hessen-Nassau, soweit dieselbe mit dem vormaligen Kurfürstenthum Hessen identisch ist.

Das Gesetz gilt demnach

auch in einem Theile des Regierungsbezirks Cassel, nämlich in

den nach dem Jahre 1866 demselben zugetheilten vormals Bayerischen und vormals Großherzoglich Hessischen Gebiets­ theilen, sowie in Hohenzollern-Sigmaringen, s. darüber von Meer

in der Z. f. Forst- u. Jagdwesen, Bd. 31 S. 611 ff. Dagegen gilt das Gesetz nicht in demjenigen Theile des Regierungs­

bezirks Wiesbaden, welcher früher zum R.-B. Cassel gehörte und durch die Kreisordnung f. d. P. Hessen-Nassau v. 7. Juni 1885 dem R.-B. Wiesbaden zugetheilt worden ist. Wegen der für Hannover und (Kur-)Hessen geltenden Vor­ schriften über den Wildschaden ist auf das im §. 5 der Ein­

leitung S. 38 Note 2 Gesagte zu verweisen.

Wildschadengesetz § 1.

105

§• !•*)

Wird durch Schwarz-, Roth-, Elch-, Dam- oder Reh­ wild oder durch Fasanen^ ein Grundstücks beschädigt^), so hat,

wenn dem Eigenthümer die Ausübung des

ihm zu­

stehenden Jagdrechts durch das Gesetz entzogen ist4),

der-

jenigeb) beut Verletzten °) den Schadens zu ersetzen»), welcher zur Ausübung des Jagdrechts nach dem Gesetze berechtigt

ist.

Die Ersatzpflicht erstreckt sich auf den Schaden, den die

Thiere an den getrennten, aber noch nicht eingeernteten Er­

zeugnissen des Grundstücks anrichten. Der

Schaden ist nach

Maßgabe

der folgenden Be­

stimmungen zu ersetzen?)

*) Vgl. zu §. 1 die Vordem. S. 50ff. 1) Nur der durch die aufgeführten Wildarten angerichtete Schaden wird ersetzt. Ausgeschlossen ist daher der Ersatz des durch Kleinwild, besonders durch Hasen, sowie der durch die,

nicht jagdbaren, wilden Kaninchen verursachte Schade. Da das Gesetz von Wildarten handelt, so erstreckt es sich auf alles Wild, welches zu diesen Arten gehört, deshalb auch auf den Wapitihirsch, auf

den Silber- oder Goldfasan, vgl.

O.V.G. 14, 430, A. M. Berger Anm. 1 und 3, dessen Ansicht von einem Widerspruch dieser Entscheidung mit dem Urtheil des R.G. in Str. 5, 85 nicht als richtig anzuerkennen ist.

2) Geschützt sind die Grundstücke jeder Kulturart, die landwirthschaftlichen und Forstgrundstücke/ die Höfe, die öffentlichen und Privatwege rc. (Denkschrift zum B.G.B. S. 100, Mugdan,

Materialien zum B.G.B. Bd. 2 S. 1269). Das Grundstück ist ein bestimmter Flächenabschnitt der Erdoberfläche, welcher sich in die Tiefe erstreckt, und zu welchem der Raum über der Oberfläche gehört, §. 905 B.G.B., mit allen

seinen Bestandtheilen. Zu den wesentlichen Bestandtheilen des Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest ver­ bundenen Sachen, insbesondere die Gebäude, sowie die Erzeug­

nisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammen-

106

Wildschädengesetz §. 1.

hängen, der Samen mit dem Aussäen, die Pflanze mit dem Einpflanzen, §. 94 B.G.B. Deshalb ist auch der durch Wild an einem Gebäude, einer Mauer, einer Hecke, an dem mit dem Erdboden verbundenen Glasbehälter eines Kunstbeets ver­

ursachte Schade zu ersetzen. Zu den Bestandtheilen eines Grundstücks gehören aber nach §. 95 B.G.B. solche Sachen nicht, die nur zu einem vor­ übergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind, noch ein Gebäude oder ein anderes Werk, welches in Ausübung eines Rechts am Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden ist. Ein vom Pächter errichtetes Gebäude, welches der Verpächter nach der Beendigung der Pachtzeit nicht zu übernehmen braucht, ist zu dem vorübergehenden

Zwecke der Zeitpachtung errichtet und gilt daher ebensowenig als Bestandtheil des Grundstücks, als ein von dem Nießbraucher nur für die Dauer des Nießbrauchs errichtetes Gebäude, Ende­ mann, Lehrbuch des Bürgerl. Rechts Bd. 1 §. 52 Anm. 27, Dernburg, Bürgerl. Recht Bd. 1 §. 5 Anm. 7, Crome, System des Deutschen Bürgerl. R. S. 280, Gierke, Deutsches Pr.R.

S. 37, Rehbein, Das Bürgerl. R. S. 84. Lose auf dem Grundstücke befindliche Sachen, z. B. eine Dresch- oder Sämaschine, ein Pflug, der Vorspann, die Weide-

thiere gehören nicht zum Grundstück, die daran entstehenden Beschädigungen braucht der Jagdberechtigte daher nicht zu er­ setzen. (Nach dem bisherigen Gesetz („an oder auf dem Grund­ stück") war dies der Fall).

Die hauptsächlich in Betracht kommenden Gegenstände,

die Erzeugnisse (Früchte), gehören zum Grundstück, auch wenn die Aussaat vom Pächter oder Nießbraucher vorgenommen ist, denn die Aussaat ist für die ganze Dauer ihrer Existenz mit

dem Grundstück verbunden, Gareis, Der Allgem. Theil des B.G.B. Anm. 3 zu §. 95. Sie sind von der Aussaat oder Einpflanzung an Bestandtheile des Grundstücks und behalten diese Eigenschaft, solange sie mit dem Boden Zusammenhängen.

Mit der Trennung verlieren sie zwar diese Eigenschaft,

fie

Wildschadengesetz § 1.

107

werden aber nach Abs. 1 Satz 2 vom Gesetz bis zur Einerntung

geschützt. Eingeenitet sind sie, wenn sie vom Grundstück in die Scheune rc. gebracht sind, die Einerntung ist aber auch schon dann erfolgt, wenn die Früchte auf dem Grundstück in ortsüb­

licher Weise in Diemen, Miethen, Veimen und dgl. zusammen­ gebracht sind (Bericht der Reichstags-Komm. S. 109. Mugdan,

Bd. 2 S. 1301). 3) Der gesetzliche Thatbestand ist mit der Beschädigung durch ein Thier der angeführten Wildarten erfüllt, ohne daß es auf ein Verschulden des Jagdberechtigten ankommt, s. darüber Einl. S. 41 ff. Denn, wenn sich auch der Ersatzanspruch als

eine Forderung aus einer unerlaubten Handlung charakterisirt, unter deren Titel der §. 855 in das B.G.B. eingestellt ist, und wenn auch der Anspruch aus einer solchen Handlung prinzipiell ein Verschulden des Ersatzpflichtigen voraussetzt, so sieht doch das Gesetz für die Ansprüche aus Beschädigungen, welche durch Thiere entstehen, §§. 833, 835, durch Annahme des Veran­ lassungsprinzips von jeder subjektiven Beziehung der Beschädi­ gung zu dem Ersatzpflichtigen ab. Der Verletzte braucht daher eine Fahrlässigkeit des Jagdberechtigten nicht zu beweisen, und der Gegenbeweis des letzteren, daß er zur Verhütung des Schadens alles gethan habe, was er habe thun können, ist ebenso unzulässig, wie der Beweis, daß er durch Zufall oder selbst durch höhere Gewalt zur Abwendung der Beschädigung

außer Stande gewesen sei.

Es kommt auch'nicht auf den Jagdbezirk an, in welchem das beschädigende Wild seinen Stand hat, der Jagdberechte ist daher auch für die Beschädigungen durch diejenigen Thiere ver­ antwortlich, welche aus einem anderen Jagdbezirk übergetreten sind, ohne daß ihm gegen den Jagdberechtigten des anderen

Bezirks, wenn diesem nicht ein Verschulden zur Last fällt ein Regreß zusteht (nachdem die auf Begründung der Re­ greßpflicht gerichteten Anträge bei der Berathung des Wild­ schadensgesetzes schließlich ohne Erfolg geblieben waren, ist

auch ein bei der Berathung des B.G.B. in der ReichstagsKommission gestellter Antrag gleichen Inhalts abgelehnt, Be-

108

Wildschadengeseh §. 1.

richt der Komm, des Reichstags S. 111, 112. S.1302, 1303).

Mugdan Bd. 2

4) Indem der Abs. 1 des §. 835 den Ersatzanspruch nur für diejenigen Grundstücke, an welchen dem Eigenthümer das Jagdrecht nicht zusteht, und da Abs. 2 ihn nur für die­ jenigen Grundstücke anerkennt, an welchen dem Eigen­ thümer die Ausübung des ihm zustehenden Jagdrechtes

gesetzlich entzogen ist, ist der Anspruch für den Eigenjagdbezirk nicht anerkannt und daher ausgeschlossen. Für ein zur Eigen­ jagd gehöriges Grundstück hat daher auch der GrundstücksPächter aus dem Gesetz keinen Anspruch gegen den Eigenthümer, der zugleich der Jagdberechtigte ist.

Ueber den Eigenjagdbezirk Jagdbezirk s. Anm. 1 zu §. 2. 5)

und

Ersatzpflichtig ist derjenige,

den

gemeinschaftlichen

welcher zur Ausübung

der Jagd nach dem Gesetz berechtigt ist. Nach dem Gesetz ist zur Tragung des Wildschadens die Gesammtheit der

Grundeigenthümer des gemeinschaftlichen Jagdbezirks und bei Enklaven im Fall des §. 3 der Eigenthümer des umschließenden Waldes verpflichtet. S. hierüber §§. 2, 3.

Nach §. 5 des Jagdpolizeigesetzes vom 7. März 1850 „find die Besitzer isolirt gelegener Höfe berechtigt, sich mit denjenigen Grundstücken, welche zusammenhängend den Hof ganz oder theilweise umgeben, also nicht mit fremden Grundstücken im Gemenge liegen, von dem gemeinschaftlichen Jagdbezirke aus­ zuschließen. .." Durch diese Ausschließung verliert der Eigen­

thümer die Ersatzpflicht, aber auch das Ersatzrecht. Denn da dem Ausschließungsrecht die Pflicht des Jagdverbands entspricht, den Ausschluß zu dulden, Entsch. des Obertribunals 71, 284,

so gehören zu dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk die ausge­ schlossenen Grundstücke nicht, die Jagdgenossenschaft ist daher für den Fall des Ausschlusses zur Ausübung des Jagdrechts nach dem Gesetz nicht mehr berechtigt, sodaß ein Ersatz-

pflichtiger nicht mehr vorhanden ist, s. auch §. 11 des JagdPolizeigesetzes.

6) Verletzt ist derjenige, dessen Recht durch die Be­ schädigung beeinträchtigt ist. Es kann der Eigenthümer, der Eigenbesitzer, §. 872 B.G.B, der Erbbauberechtigte, §. 1012 der Bergwerksbesitzer, der Nießbraucher, der aus einer Grunddienstbarkeit (z. B. einem Weiderecht) Berechtigte, der Pächter, der Miether rc. sein. Es können auch mehrere aus

verschiedenen Gründen Berechtigte gleichzeitig verletzt sein. Wer auf Grund eines persönlichen Rechts, z. B. des Kaufs, das Recht erworben hat, die Früchte zu gewinnen, §. 956 B.G.B., ist nur dann der Verletzte, wenn auf ihn die Gefahr überge­ gangen ist, was beim Kauf ohne eine abweichende Vereinbarung vor der Uebergabe nicht der Fall ist, §. 446 B.G.B. Ein Pfandrecht kann durch Rechtsgeschäft am Grundstück und daher auch an den stehenden Früchten, die als wesentliche Bestandtheile (§. 94 B.G.B.) nicht Gegenstand besonderer Rechte

sein können, §. 93 B.G.B., nicht mehr begründet werden. Aber dem Verpächter steht ein gesetzliches Pfandrecht an den Früchten des landwirthschaftlichen Grundstücks zu, §. 585 B.G.B., und im Wege der Mobiliarzwangsvollstreckung können die Früchte gepfändet werden, ohne Unterschied ob sie getrennt sind oder nicht, §. 810 der Civilprozeßordnung. Verletzt sind in den Fällen des gesetzlichen Pfandrechts sowohl der Schuldner (Eigen­ thümer, Nießbraucher, Pächter), als auch der Pfandgläubiger und ebenso im Fall des Pfändungspfandrechts der Schuldner

und der Gläubiger. Die Beschlagnahme im Wege der Zwangsversteigerung um-

faßt nach §. 21 des Zwangsversteigerungsgesetzes vom 24. März

1897 die mit dem Boden verbundenen, sowie die getrennten,

zur Fortführung der Wirthschaft bis zur voraussichtlichen Ge­

winnung gleicher oder ähnlicher Erzeugnisse erforderlichen Früchte. Der Gläubiger der Zwangsversteigerung wird daher durch die Beschädigung verletzt, ebenso aber auch der Schuldner, der geschädigt wird, wenn sich die Befriedigung seiner Gläubiger in

Folge der Beschädigung verringert, und welchem nach §. 24 des Zwangsversteigerungsgesetzes bis zur Versteigerung die Ver­ waltung und Benutzung des Grundstücks solange verbleibt, als

110

Wildschadengesetz §. 1.

sie ihm nicht durch das Vollstreckungsgericht entzogen wird, §. 25 Z.V.G. In der Zwangsverwaltung wird dem Schuld-ner bis zum Zuschlag auch das Nutzungs- und Verwaltungsrecht entzogen, §. 148 Z.V.G., und der Verwalter tritt an seine Stelle als der Vertreter des Schuldners, der letztere bleibt aber nach wie vor

an der Verfolgung der Beschädigung, durch welche die Aussicht auf Befriedigung seiner Gläubiger verringert wird, interesstrt. Dasselbe gilt für das Konkursverfahren, in welchem das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Gemeinschuldners vom Konkursverwalter ausgeübt wird, §. 6 der Konkursordnung. Neben dem Nießbraucher ist der Eigenthümer wegen Be­ schädigung der Früchte nicht verletzt, weil es für ihn ohne Inter­ esse ist, welche Früchte der Nießbraucher zieht, wohl aber wegen der Beschädigung des Grundstücks bezw. der darauf stehenden

Gebäude, §§. 1041, 1042 B.G.B. Verletzt ist aber immer nur derjenige, welcher zur Ein­ ziehung der Ersatzforderung berechtigt ist. Dies ist wegen der Früchte der Pächter oder Nießbraucher, der Konkursverwalter, der Zwangsverwalter, in der Zwangsversteigerung bis zum Zuschlag der Schuldner, wenn ihm die Verwaltung und Be­ nutzung des Grundstücks nicht nach §. 25 des Zwangsversteige­

rungsgesetzes entzogen ist, wegen anderer Beschädigungen der Verpächter und gegenüber dem Nießbraucher auch der Eigen­

thümer. Der zur Einziehung des Ersatzes Berechtigte und nur dieser ist auch zur Erhebung des Widerspruchs des §. 2 Abs. 2 und zu der im §. 6 vorgesehenen Anmeldung legitimirt. 7) a) Als Schade ist das Interesse des Verletzten, d. h.

der positive Schade und der entgangene Gewinn, §. 252 Satz 1

B.G.B., zu ersetzen (die Berücksichtigung der besonderen Vor­ liebe, das Affektionsinteresse, kennt das B.G.B. nicht). Als entgangen gilt nach §. 252 Abs. 2 des B.G.B. der

Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder

nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den ge­ troffenen Anstalten und Vorkehrungen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

Nicht ein ganz unsicherer Gewinn,

Wildschadengesetz §. 1.

111

sondern nur ein solcher Gewinn ist zu ersetzen, welcher mit Wahrscheinlichkeit erzielt sein würde. Hat z. B. der Eigen­ thümer regelmäßig die Früchte des Grundstücks zu einem den Werth übersteigenden Preis verkauft, und war die Sachlage in dieser Beziehung nicht verändert, so spricht die Wahrscheinlich­ keit für die Erzielung dieses Gewinns. War der Fruchtbezug bereits zu einem höheren Preise verkauft, so kann dieser Preis Seitens des Verkäufers vom Ersatzpflichtigen gefordert werden, wenn — was nach §. 446 B.G.B. die Regel ist — die Gefahr beim Verkäufer geblieben ist. Zn der Regel wird der Schade in dem Werth der be­ schädigten Früchte bezw. in den Kosten bestehen, die die Wieder­ herstellung der beschädigten Sache erfordert. Unter dem Werth

der Früchte ist aber nur der Reinertrag zu verstehen, welcher sich nach Abzug der Unkosten der Aberntung ergiebt, Entsch. des Reichsgerichts Bd. 15 S. 73 (compensatio lucri cum damno), denn die Entschädigung kann nur in der Ausgleichung des

Interesses, in der Herstellung des Zustandes, der ohne das schädigende Ereigniß eingetreten wäre, §. 249 B.G.B., nicht

auch in einer Bereicherung des Beschädigten bestehen. Deshalb sind die Kosten der Aberntung, die Dresch- und Absatzkosten

abzurechnen, aber nur diejenigen Kosten, welche der Verletzte thatsächlich erspart. Auch die Versicherungssumme ist ab­ züglich der Prämien bezw. des Prämienantheils abzurechnen, welche der Verletzte für den Wildschaden erhalten oder zu er­

halten hat, da der Beschädigte sonst in Folge der Beschädigung eine über das Interesse des §. 249 B.G.B. hinausreichende Be­ reicherung erhalten würde. (Uebrigens besteht eine Verpflichtung zur Abtretung der Versicherungsforderung an den Ersatz­ pflichtigen nicht, weil der §. 255 B.G.B. nur die Ansprüche aus dem Eigenthum oder einem dinglichen Recht, nicht auch

persönliche Ansprüche betrifft). Abzurechnen ist auch der Vortheil, welchen der Beschädigte dadurch erwirbt, daß das Feld, dessen Frucht zerstört ist, nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft anderweitig bestellt werden kann; A. M. Bauer, Anm. zu §. 5.

112

Wildschadengesetz §. 1.

b) Von dem zu ersetzenden Betrage hat der Ersatzpflichtige von dem Zeitpunkt an, welcher der Bestimmung des Werths zu Grunde liegt (s. darüber Anm. zu §. 5), Zinsen zu 4% zu zahlen, §§. 849, 246 B.G.B. c) Der Ersatzanspruch ist von einer bestimmten Höhe der Schadenssumme nicht abhängig; an und für sich kann sogar die Erstattung des unerheblichsten Schadens verlangt

werden. Durch die Aeußerung des Landwirthschaftsministers bei der Berathung des Wildschadengesetzes — Derhandl. des Herrenhauses 1891 Bd. 1 S. 450: „daß es so thörichte Menschen gebe, welche das Vorhandensein von Wildschaden feststellen lassen, wenn sie die Abschätzung auf einen Pfennig beanspruchen, glaube ich nicht; Taxen von einem oder zehn Pfennigen find überhaupt nicht zu machen", wurde nur die Erwartung ausgesprochen, daß wegen minimaler Beschädigungen ein Anspruch auf Schadensersatz thatsächlich nicht erhoben werden werde; die entgegenstehende Anflcht Bauers ist von denrselben jetzt, Anm. zu §. 1, aufgegeben. d) Ist der Schade entstanden, so ist es unerheblich, ob demnächst ein Ereigniß eintritt, welches, auch wenn der Schade

nicht entstanden wäre, zur Vernichtung oder Beschädigung der Frucht geführt haben würde. Deshalb bleibt der Anspruch wegen der Beschädigung eines Theils der Früchte eines Grund­ stücks auch dann bestehen, wenn nach der Beschädigung der übrige Theil der Frucht durch Hagel zerstört wird und an-

genommen werden muß, daß auch die beschädigte Frucht, wenn fie nicht beschädigt wäre, durch den Hagel mit vernichtet sein

würde. e) Ueber die Einwirkung eines konkurrirenden Verschuldens

des Verletzten s. die Anm. zu §. 4. f) Ueber die Feststellung des Schadens s. die Anm. zu §. 7. 8. Die Verpflichtung zum Schadensersatz besteht im All­ gemeinen nach § 249 Satz 1 B.G.B. in der Verbindlichkeit,

den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Das Prinzip ist daher die Naturalrestitution. Soweit es sich aber

Wildschadengesetz §§. 1, 2.

113

um die Beschädigung einer Sache handelt, ist der Verletzte nach §. 249 Satz 2 berechtigt, statt der Naturalrestitution den Schadens­

ersatz in Geld zu verlangen. Eine bloße Beschädigung im Gegen­ satz zur Zerstörung (Schollmeyer, das Recht der Schuldverhält-

nifse, Anm. 4b zu §. 249) liegt in der Verletzung des Grund­ stücks und seiner Bestandtheile. Die Verletzung der ausstehenden Früchte ist daher, da diese Früchte nur einen Theil (Bestand­ theil) des Grundstücks bilden, immer, auch bei vollständiger Devastation der Frucht, eine bloße Beschädigung, für welche der Berechtigte den Schadensersatz in Geld fordern kann. Ist die Fmcht bereits vom Boden getrennt, so wird, da die ab­ getrennten Erzeugnisse eines Grundstücks als eine einheitliche

Sache aufzufassen find, die Vernichtung eines Theils dieser Gesammtfrucht ebenfalls nur als Beschädigung aufzufassen sein. Eine völlige Vernichtung der gesammten vom Boden getrennten Frucht wird thatsächlich kaum vorkommen; tritt aber ein solcher Fall ein, so kann der Berechtigte, wenn nicht der Verpflichtete mit der Geldleistung im Prinzip einverstanden ist, die Geldleistung nach §. 250 B.G.B. erst dann fordern, wenn er dem Ersatzpflichtigen zur Naturalrestitution, d. h. hier zur Lieferung einer Fruchtmenge derselben Art, Güte und Menge, eine an­

gemessene Frist mit der Erklärung vergebens bestimmt hat, daß er die Naturalleistung nach dem erfolglosen Ablauf der Frist ablehne. Berechtigt ist der Verletzte in jedem Falle, die Natural­ leistung zu fordern, ein Verlangen, welchem der Verpflichtete

durch Geldzahlung nur in dem seltenen Falle ausweichen kann,

daß ihm die Naturalrestitution nicht oder nur mit unverhältnißmäßigen Aufwendungen möglich ist, § 251 B.G.B.

a) S. über diesen Satz Einl. S. 43, 44.

§• 2. Sind die Eigenthümer der Grundstücke eines Bezirkes

zum Zwecke der gemeinschaftlichen Ausübung des Jagdrechts durch das Gesetz zu einem Verbände vereinigt'), der nicht

Holtgreve»-W»lff, Wildschadengesetz. 4. Aufl.

8

114

Wildschadengesetz §. 2.

als solcher haftet, so find sie2) nach dem Verhältnisse») der

Größe ihrer Grundstücke ersatzpflichtig.

Dieselben werden

durch die Gemeindebehörde vertretens.

Hat bei Verpachtung^) der Jagd in gemeinschaftlichen

Jagdbezirken die Gemeindebehörde die vollständige Wieder­ erstattung der zu zahlenden Wildschadensbeträge durch dm

Jagdpächter nicht ausbedungen, so müssen solche Jagdpacht­ verträge

nach

ortsüblicher

öffentlich ausgelegt werden.

Bekanntmachung

eine

Woche

Sie bedürfen zu ihrer Gültig­

keit der Genehmigung des Kreisausschuffes, in Stadtkreisen des Stadtausschuffes, wenn seitens auch nur eines Nutzungs­

berechtigten innerhalb zwei Wochen nach dieser Auslegung Widerspruch erhoben wird °). *) Vgl. zu §. 2 die Vorbemerkungen im §. 7 der Ein­ leitung S. 52, 53.

Die §§. 2 und 3 bestimmen zunächst das örtliche Gebiet, für welches der Wildschadensersatzanspruch gesetzlich geregelt ist: dengemeinschaftlichenJagdbezirk und die Waldenklave. Das Gesetz findet — von den später zu erörternden 12 ffabgesehen — keine Anwendung aus den dem §. 2 des Jagd­ polizeigesetzes vom 7. März 1850 entsprechenden selbständigen

Jagdbezirk.

1. Der gemeinschaftliche Jagdbezirk besteht aus den Grund­

stücken eines Gemeindebezirks, auf welchen die Eigenjagd nicht

ausgeübt werden darf (f. jedoch §. 6 J.P.G.), mit Ausnahme der wegen ihrer isolirten Lage ausgeschlossenen Grundstücke (§§. 5, 6 J.P.G.) und der Waldenklaven (§. 7 das.). Abgesehen von den Festungswerken, in denen die Militär­

verwaltung allein zur Ausübung der Jagd berechtigt ist, §. 5 Abs. 1 des Ges. vom 31. Ok't. 1848, §. 8 des Jagdpolizeiges.

vom 7. März 1850, bezeichnet der §. 2 des Ges. vom 7. März 1850 die Grundstücke, auf denen der Besitzer zur eigenen Aus­

übung der Jagd auf feinem Grund und Boden befugt ist, nämlich:

a) auf solchen Besitzungen, welche in einem oder mehreren an einander grenzenden Gemeindebezirken einen land- oder forstwirthschafilich benutzten Flächenraum von wenigstens dreihundert Morgen einnehmen und in ihrem Zusammenhänge durch kein fremdes Grundstück unterbrochen sind; die Trennung, welche Wege oder Gewässer bilden, wird als eine Unterbrechung des

Zusammenhanges nicht angesehen.

Gesetz vom 29. April 1897 (Ges.S. S. 117): Zu den Wegen in vorstehendem Sinne sind auch Schienenwege und

Eisenbahnkörper zu rechnen.

Gesetz vom 7. August 1899 (Ges.S. S. 151): Die Bildung eines eigenen Jagdbezirkes ist auch dann zulässig, wenn die dafür in Betracht kommenden Grundstücke in mehreren Landestheilen liegen, in denen die gesetzlichen Vorschriften über die Bildung eines eigenen Jagdbezirkes von einander abweichen. In diesem Falle kommen die für den größeren Theil der Grundstücke geltenden gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung.

Bei gleicher

Größe ist dasjenige Gesetz maßgebend, welches den größeren Flächen­ inhalt für die Bildung eines eigenen Jagdbezirks erfordert.

b) auf allen dauernd und vollständig eingefriedeten Grund­

stücken. Darüber, was für dauernd und vollständig eingefriedet zu erachten, entscheidet der Landrath. c) auf Seen, auf zur Fischerei eingerichteten Teichen und auf solchen Inseln, welche Ein Besttzthum bilden. Alle übrigen Grundstücke eines Gemeindebezirks, welche

nicht zu den im §. 2 gedachten gehören, bilden der Regel nach

einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk (§. 4 Abs. 1 J.P.G.). Auf die Größe und Lage dieser Grundstücke kommt es nicht an, da

§. 4 nicht, wie der §. 2, einen Flächeninhalt von 300 Morgen, noch einen Zusammenhang der einzelnen Grundstücke voraussetzt. Min. ° Reskripte vom 13. Nov. 1863 (M.Bl. f. d. i. Verw.

(S. 237), vom 7. Jan. 1870 (M.Bl. S. 16), vom 6. Mai 1873 (M.Bl. S. 186), O.V.G. 10, 156; 16, 344, 352; 25, 300, R.G. in Str. vom 30. Mai 1899 (J.W. 1900 S. 124) Dickel

116

Wildschadengesetz §. 2.

in Z. f, Forst- und Jagdwesen 31 S. 65ff., Dalcke S. 39 Sinnt. 12 zu §.4, Ziebarth, Forstrecht S. 297, Olshausen, Grundriß, Sachenrecht S. 203, 204, Schultzenstein im Verw.-Archiv 5, 637 ff., Kuntze, Jagdpolizeigesetze zu §. 4, Bauer, Jagdrecht zu §. 4, Stelling, Hannovers Jagdrecht S. 64 Anm. 6, Kohli Anm. 19, zu tz. 4, Lehfeld, Jagdrechtskunde S. 17, 20; a. M. Obertrib.

in Goltdammers Arch. 24, 392 und in Oppenhoffs Recht, sprechung 17, 220, Kammergericht in Johows Jahrb. 17, 406, Wagner, Jagdrecht S. 58 ff., Groschupf, Pr. Strafgesetze S. 78, 342, 343, Delius im Derw.-Arch. 5, 273, Anschütz das. S. 441. Es ist aber den Gemeindebehörden gestattet, nach

freier Uebereinkunft mehrere ganze Gemeindebezirke oder einzelne Theile eines Gemeindebezirks mit einem anderen Gemeinde. Auch soll zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirke zu vereinigen, bezirke die Gemeindebehörde befugt fein, mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde aus dem Bezirke einer Gemeinde mehrere für sich bestehende Jagdbezirke zu bilden, deren jedoch keiner eine geringere Fläche als dreihundert Morgen umfassen darf. §. 4 Abs. 1 J.P.G. Den Besitzern der im §. 2 bezeichneten Grundstücke ist es gestattet, sich mit diesen Grundstücken dem Jagdbezirke ihrer Ge.

meinden anzuschließen, §. 4 Abs. 2 J.P.G. Auch diejenigen Grundstücke gehören zum gemeinschaftlichen

Jagdbezirke, auf welchen die Ausübung der Jagd aus thatsäch­ lichen oder rechtlichen Gründen erschwert ist, z. B. die Grundstücke der Eisenbahn, insbes. der Eisenbahnkörper, sowie die mit Häusern bestandenen Grundstücke, in denen und in deren Nähe nicht mit Schießgewehr gejagt werden darf, §. 368 Nr. 7 des Strafgesetzbuchs, O.V.G. 19, 319.

Wird eine Grundbesitzung, die einen Flächenraum von weniger als 300 Morgen umfaßt, in der Hand desselben Eigen­

thümers vergrößert, so scheidet sie ohne Weiteres aus dem gemeinschaftlichen Jagdverbande, selbst während der Dauer des

von dem letzteren mit einem Dritten geschlossenen Pachtvertrages, aus, weil das J.P.G. die Befugniß zur Jagdausübung ohne jede Bedingung mit der im §. 2 geforderten Größe von 300 Morgen ver-

Wildschadengesetz §. 2.

117

bindet, Min--Reskript vom 18. Juni 1870 (M.Bl. f. d. i. V. 1870 S. 196), Obertrib. 77, 132, in Oppenhoffs Rechtsprechung 8, 533, in Goltdammers Archiv 15, 764, O.V.G. 20, 320; 24, 286, 291; 28, 316; 31, 240, im Preuß. Verwaltungsblatt 14, 319; 16, 449; 22, 253, O.tz.G. Cöln vom 26. Jan. 1897 im Rheinischen Archiv 91, 233, Beschl. des Kammergerichts vom 19. Okt. 1899 in der Deutschen Jägerzeitung 34, 299, vgl. auch R.G. 45, 303, Kunze, Jagdpolizeigesetze S. 14 Anm. 4 und im Verw.-Arch. 5, 195, Dalcke, Jagdrecht S. 18, A.M. Obertr. 49, 36, in Striethorsts Archiv 96, 5, in Oppenhoffs Rechtsprechung 10, 740. Das Ausscheiden eines Grundstückes aus dem bisherigen Gemeindebezirk entzieht das Grundstück da­ gegen nicht dem bisherigen Jagdverband während der Dauer des Pachtvertrages und hebt daher auch den Pachtvertrag nicht auf, Ministerialerlaß vom 5. Juli 1898 s. unten Anl. G. Umgekehrt hört das Recht, die Jagd auf dem eignen Grund und Boden auszuüben, auf, wenn sich die Besitzung, z. B. durch Verkauf einzelner Parzellen, auf einen Flächenraum von weniger als 300 Morgen verringert; mit dem Zeitpunkte des Eigen­ thumsübergangs gehören daher alle Theilflächen von einergeringeren Größe als 300 Morgen zum gemeinschaftlichen Jagd­ bezirk, O.V.G. 24, 291; 35, 313. Streitigkeiten dieser Art über die Zugehörigkeit von Grund­ stücken zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk werden im Ver­ waltungsstreitverfahren, §. 105 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom L August 1883, entschieden; bis zu deren Erledigung können von der Jagdpolizeibehörde, dem Landrath, die erforderlichen einstweiligen Anordnungen getroffen werden, O.V.G. 35, 313; 37, 298 und bei Kunze und Kauz, Rechtsgrundsätze des Ober­ verwaltungsgerichts, Ergänzungsband 1900 S. 190, 191 und 1901 S. 178, 179. Scheidet während der Dauer des Jagdpachtvertrages ein Grundstück aus dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk aus, so ist der Jagdpächter nach §§. 537, 542, 581 Abs. 2 B.G.B. berechtigt, den Pachtzins nach dem Verhältniß herabzusetzen, in welchem zur Zeit der Verpachtung der Werth des Jagdbezirks in unbe-

118

Wiwschadengesetz §. 2.

schränkter Fläche zu dem wirklichen Werthe gestanden hat, und, wenn das übrig bleibende Jagdfeld nicht mehr zur Jagd taug­ lich ist, vom Vertrage zurückzutreten. Tritt dagegen während der Pachtzeit ein Grundstück dem gemeinschaftlichen Jagdbezirke hinzu, so gilt dasselbe nicht ohne besondere Vereinbarung als mitverpachtet. — Selbstständige Gutsbezirke stehen als gemeinschaftliche Jagdbezirke den Gemeindebezirken gleich, O.V.G. 16, 344; 25, 300. — Die eingefriedeten Grundstücke scheiden erst dann aus dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk aus und bilden erst dann ein eigenes Jagdgebiet, wenn der Landrath anerkannt hat, daß fie vollständig und dauernd eingefriedet find. Denn da nach §. 2 b J.P.G., welcher ein Streitverfahren nicht voraussetzt, der Land­ rath darüber zu befinden hat, was für dauernd und vollständig eingefriedigt zu erachten ist, kann diese Frage und damit der Thatbestand des §. 2b erst durch die Entscheidung des Landraths beantwortet werden; Obertrib. in Goltdammers Arch. 20, 128, in Oppenhoffs Rechtsprechung 13, 71, O.V.G. 36, 360, im Verwaltungsbl. 15, 158, R.G. in Str. 10, 391; 17, 363; 22, 115, in der Rechtsprechung 10, 391, in der J.W. 1891 S. 375 Nr. 30, Bauer, Jagdgesetze Sinnt. 15 zu §. 2 des Jagdpolizeigesetzes, s. auch die Aus­ führungen Bauers in der Jägerzeitung 18, 33ff., Kohli, Die Preußischen Jagdges. S. 36, Oppermann, Das Jagdpolizeiges. S. 8, vgl. auch Entsch. des Kompetenzgerichtshofs v. 30. Okt. 1858 im J.M.Bl. 1859 S. 141. A.M. Obertr. im Oppenhoffs Rechtsprechung 10, 711 und Kunze und Kauz, die Rechtsgrund­ sätze des O.V.G. Ergänzungsband 1901 S. 182. Solange diese Entscheidung des Landraths nicht ergangen ist, darf daher der Eigenthümer eines umfriedeten Gartens rc. die Jagd auf einem solchen Grundstück nicht ausüben, bis dahin gehört er aber auch zum Jagdverband und ist daher auch berechttgt, Ersatz des an feinem Grundstück angerichteten Wildschadens zu verlangen. 2. Der Verband, der dem Beschädigten gegenüber ersatz­ pflichtig ist, nimmt seinerseits den Rückgriff auf die Eigen-

thümer der Grundstücke.

Der Grundstückspüchter braucht die

auf dem Pachtgrundstück ruhenden Lasten der Ersatzpflicht (auch

dem Verpächter gegenüber) nicht zu tragen, §§. 546, 581 Abs. 2

B.G.B., an ihn kann stch der Verband daher nicht halten. Ebensowenig liegt diese Verpflichtung dem Nießbraucher

ob, da er fie nur dem Eigenthümer gegenüber, §. 1047 B.G.B., nicht aber im Verhältniß zu Dritten hat. Den Nießbrauch hat auch der Pfarrer am Pfarrgut, §. 778 A.L.R. II, 11, der Lehrer an seinem Dienstlande, vgl. O.V.G. 28, 319. Der Lehns- und der Familienfideikommißbesitzer ist dagegen „ohne Beitritt des Obereigenthümers die Lasten der Sache zu tragen verpflichtet", §. 11 A.L.R. I, 18, §.74 A.L.R. II, 4, Art. 59 des Einführungsges. zum B.G.B. Gehört ein Grundstück zum eingebrachten Gut einer Ehe­ frau, die mit ihrem Ehemann nach gesetzlichem Güterrecht lebt, so haften (außer dem Grundstück) die Eheleute dem Verbände gegenüber als Gesammtschuldner, §§. 1385, 1388 B.G.B. Im

Fall der allgemeinen Gütergemeinschaft haftet das vom Ehe­ mann verwaltete Gesammtgut auch für den Wildschaden, welcher vor dem Eintritt der Gütergemeinschaft entstanden ist, ohne

Unterschied, ob das Grundstück vom Manne oder von der Frau in die Gütergemeinschaft eingebracht ist, §. 1459, sofern es nicht zum Vorbehaltsgut gehört. Bei der fortgesetzten Gütergemein­ schaft haftet das Gesammtgut, §. 1487; bei der Errungenschaftsgemeinschaft haftet das Gesammtgut dem Verbände auch dann, wenn das Grundstück zum eingebrachten Vermögen eines Ehe­ gatten, nicht aber, wenn es zum vorbehaltenen Vermögen der Frau gehört, §§. 1529 Abs. 2, 1531 B.G.B.

Gehört ein Grundstück einem unter elterlicher Gewalt stehenden Kinde, und steht daher dem Vater, §. 1649 B.G.B., oder der Mutter, §. 1684, die Nutznießung an dem Grundstück

zu, so haften das Kind und der Vater bezw. die Mutter für den Wildschaden als Gesammtschuldner.

3)

Nach §.11 des Jagdpolizeigesetzes vom 7. März 1850

nehmen in einem gemeinschaftlichen Jagdbezirke die Besitzer der

120

Wildschadengesetz §. 2.

einzelnen Grundstücke an den Einkünften der Jagd nach dem Verhältniß des Flächeninhalts ihrer Grundstücke Theil. Es erscheint daher gerechtfertigt, wenn im §. 2 des

bisherigen wie des jetzigen Gesetzes bestimmt wird, daß nach demselben Verhältnisse die Grundbesitzer eines gemein­ schaftlichen Jagdbezirks auch für die Wildschäden aufzukommen haben. Für die Praxis ergiebt sich daraus das Folgende: Sind die zur Gemeindekasse vereinnahmten Jagdintraden (rechnungsmäßig) noch in solcher Höhe in derselben vorhanden, daß aus ihnen die Deckung des angemeldeten und als ersatz­ pflichtig festgestellten Wildschadens erfolgen kann, so erfolgt die Auszahlung des Ersatzbetrages ohne Weiteres aus der Ge­ meindekasse. Kann aber auf diese Weise die Entschädigungsleistung nicht bewirkt werden, so ist eine Repartition des Schadens auf die betheiligten Grundbesitzer im Wege der Umlage erforderlich.

Zu diesem Ende kommt zunächst in Betracht: Wie groß ist die Gesammtfläche des Jagdbezirks, wie groß ist das Grundstück (resp, die Grundstücke) des einzelnen betheiligten Grundbesitzers und in welchem Verhältnisse steht das letztere (resp, die letzteren) zu der Gesammtfläche? Der so gefundene Bruchtheil bildet dann den Maßstab für die Repartition des Wildschadens

unter die Grundbesitzer. Hieraus ergiebt sich, daß der Be­ schädigte die auf ihn entfallende Ersatzquote selbst mit zu tragen hat, d. h. daß er insoweit Schadensersatz nicht erhält. (Ebenso Bauer a. a. O. S. 23, Berger, Kommentar zum Wild­ schadengesetze S. 43.) Die gemäß der Umlage von den einzelnen Grundbesitzern zu zahlenden Beträge sind von denselben wie andere Gemeindeubgaben einzuziehen.

Rach Eingang derselben erfolgt der Er­

satz des Wildschadens an den Beschädigten. Ob der Jagdpächter schon vor erfolgter Berichtigung der Wildschadenschuld seitens der Gmndbesitzer auf Zahlung des

festgestellten Schadensbetrages

mit

Erfolg

in

Anspruch

ge­

nommen werden kann, richtet sich nach dem Jagdpachtvertrage. Der Regel nach ist der Anspruch auf Befreiung von einer

Wil-sckadengesetz §. 2.

121

Schuldverbindlichkeit dem Ansprüche üuf Ersatz des gezahlten Schuldbetrages gleich zu erachten, vgl. §§. 329, 415 Abs. 3 B.G.B. Keinesfalls braucht aber der beschädigte Nutzungs­ berechtigte mit der Durchführung seiner Schadensersatzforderung gegenüber der Gemeindebehörde zu warten, bis diese von dem Jagdpächter die Ersatzgelder erstattet erhalten hat. Die Repartition des Wildschadens und die Einziehung der Beträge erfolgt durch die Gemeindebehörde (vergl. Note 4). — Daß die Richtigkeit der Umlage Seitens der Beitrags­ pflichtigen im Wege der Beschwerde angefochten werden kann, wird mit Recht von Berger a. a. O. S. 33 hervorgehoben, ebenso Dalcke S. 160. Das Reskript vom 10. April 1863 (M.Bl. f. die innere Verwaltung S. 92), welches ausführt, daß in denjenigen Fällen, in welchen innerhalb eines Gemeindebezirks mehrere Jagd­ bezirke gebildet sind, die Jagdpachtgelder gesondert innerhalb jedes einzelnen Jagdbezirks zu vertheilen sind, wird analog auch auf die Repartition der Wildschäden Anwendung finden müssen.

4. Nach §. 9 des Jagdpolizeigesetzes vom 7. März 1850 werden die Besitzer der einen (gemeinschaftlichen) Jagdbezirk bildenden Grundstücke in allen Jagdangelegenheiten durch die Gemeindebehörde vertreten. Es ist deshalb folge­ richtig, daß die ersatzpflichtigen Grundbesitzer auch in dem Falle durch die Gemeindebehörde vertreten werden, wenn dieselben wegen Wildschadens in Anspruch genommen werden. Ueber die rechtliche Natur der Jagdgemeinschaft s. Einl. S. 89ff. Ohne Rücksicht auf die Beantwortung der Frage nach der rechtlichen Natur der Jagdgemeinschaft ist dem einzelnen Grundbesitzer die Verfügung über das mit seinem Grundstück verbundene Jagdrecht entzogen und in die Hand der Gemeinde­ behörde gelegt, von welcher die Grundeigenthümer in allen den Wildschaden und die Jagd betreffenden Angelegenheiten außer­ gerichtlich und im Rechtsstreit aktiv und passiv vertreten werden, ^)hne daß die Gemeindebehörde an Instruktionen oder an die

122

Wildschadengesetz §. 2.

Zustimmung der Mehrheit oder der Gesammtheit der Inter­ essenten gebunden ist, R.G. 25. 353, in der Jur. Wochenschrift 1898 S. 34 Nr. 89, bei Bolze 9, 149 Nr. 340. Diese Ver­

tretung ist ihr aber, wie nicht bestritten ist, nicht in ihrer Eigenschaft als Vertreterin der politischen Gemeinde, sondern als eine mit dieser Eigenschaft in keiner Beziehung stehende, bloße Nebenfunktion übertragen worden; s. darüber Obertr. 58, 58; 60, 308; 72, 308, in Strieth. Arch. 69, 213, O.D.G. 3, 172; 6, 268; 14, 217; R.G. 25, 353, in Gruchots Beiträgen 28, 982, in Str. 19, 327; 26, 146, v. Brauchitsch, Die neuere Organisation der um. Derw., 2. Supplementsband S. 284 S. 284 Anm. 9 zu §. 9 des Jagdpolizeiges., Wagner, Die Preuß. Jagdgesetzgebung Anm. 26, 45, Kunze, Die Preuß. Jagdgesetze S. 31, 41, 42, Hinschius in der Zeitschr. für Gesetz,

gebung und Rechtspflege 3, 565. Andererseits besteht aber kein Unterschied zwischen den Organen der Gemeindebehörde in dem einen oder in dem anderen Sinne, vielmehr haben auch hier als Gemeindebehörde diejenigen Organe der Gemeinde zu gelten, welche zuständig

sein würden, wenn es sich nicht um eine Jagd-, sondern um eine Gemeindeangelegenheit handelte, O.D.G. 3, 172, und im Preuß. Derw.Bl. 10, 400, Kunze, Preuß. Jagdpolizeigesetze S. 31 ff., Kunze, Jagdscheingesetz S. 14,15. In den sieben östlichen Provinzen und in Schleswig. Holstein ist nach §. 88 der Landgemeindeordnung vom 24. Juni 1891 und vom 4. Juli 1892 der Gemeindevorsteher die Obrig.

keit der Landgemeinde,

er führt ihre Verwaltung,

vertritt sie

nach außen und verhandelt Namens derselben mit Behörden und Privatpersonen. Er stellt daher die Gemeindebehörde dar, welche den Jagdverband vertritt, seine Vereinbarung über den Ersatz des Wildschadens ist daher rechtswirksam. Der schrift. liche Jagdvertrag (siehe unten Anm. 5) bedarf aber nach §. 88 Abs. 4 Nr. 7 Abs. 2 der Landgemeindeordnung vom 24. Juni 1891 außer der Unterschrift des Ortsvorstehers und der Bei-

drückung des Gemeindestegels auch der Unterschrift eines Schöffen (wogegen nach der entsprechenden Vorschrift der Landgemeinde-

Ordnung für Schleswig-Holstein die Unterzeichnung Seitens eines Schöffen nicht erforderlich ist). Der Bezugnahme auf einen Gemeindebeschluß oder der Genehmigung der Aufsichts­ behörde bedarf es dagegen nicht, „well die Jagdverpachtung dem Gemeindevorsteher ausschließlich überwiesen und keine An­ gelegenheit der Gemeinde ist", R.G. in Str. 26, 146, in der J.W. 1898 S. 98 Nr. 99, Obertr. 58, 50; 80, 245, Bauer Anm- 3 zu §. 10 des Jagdpolizeigesetzes. Die Vereinbarung über den Wildschaden bleibt aber auch ohne die Mitunter­ zeichnung rc. des Schöffen und ohne Beidrückung des Siegels gültig, weil sie der Schriftform überhaupt nicht bedarf (Anm. 5).

Zu Gutsbezirken ist der Gutsvorsteher die Gemeindebe­

hörde, §§. 122 ff. der Landgemeindeordnungen v. 24. Juni 1891 und 4. Juli 1892.

In der Provinz Westfalen bilden der Ortsvorsteher und die Gemeindevertretung die Gemeindebehörde, Obertr. 68, 29; 76, 366; 68, 95, in Strieth. Arch. 67, 305; 93, 337, aber die Unterzeichnung des Jagdpachtvertrages kann wirksam nur von ihm in Gemeinschaft mit dem Amtmann erfolgen, §§. 3, 40, 65 der Landgemeindeordnung vom 19. März 1856. In der Rhein-

provinz wird die Gemeindebehörde nach der Landgemeindeord­ nung vom 23. Juli 1845 bezw. dem Ges. vom 15. Mai 1856

von dem Ortsvorsteher und dem Bürgermeister gebildet. In den Städten ist der Magistrat die Ortsbehörde, §. 56 der Städteordnungen vom 30. Mai 1853, 19. März 1856, in

der Rheinprovinz der Bürgermeister, §. 56 der Städteordnung vom 15. Mai 1856.

Betheiligt sich der Gemeindevorsteher selbst an der Jagd-

Pachtung,

so

ist

er

zur

Vertretung

der

Grundbesitzer

bei

Schließung des Vertrages und bei der Vereinbarung über den Wildschadensersatz nicht berechtigt, §. 181 B.G.B. (ebenso nach

bisherigem Recht,

Obertr. in Strieth. Arch. 80, 368, R.G.

in der Jur. Wochenschr. 1898 S. 97 Nr. 98, Reskript vom 20. Jan. 1864 im M Bl. f. d. um. V. S. 47). An seine Stelle

tritt einer der Gemeindeschöffen, §. 74 Abs. 2 der Landgemeinde-

124

Wildschadengesetz §. 2.

Ordnung vom 24. Juni 1891.

Eine Abweichung hiervon wäre

zwar an sich nach §. 181 B.G.B. mit Zustimmung der Ver­ tretenen zulässtg, die Gesammtheit der Grundbesitzer kann diese Zustimmung aber nicht ertheilen, weil ihr die Verfügung über die Jagd- und Wildschadensangelegenheiten entzogen ist. 5. Der Jagdpachtvertrag, der aus freier Hand oder öffent­ lich im Wege des Meistgebots, §. 10 J.P.G., im letzteren Falle auch unter Ausschließung auswärtiger Bieter, Min.-Erlaß vom

7. Nov. 1899, s. unten Anl. J, geschlossen werden darf, kann nach jetzigem Recht mit Rechtswirksamkeit nur schriftlich ge­ schlossen werden: Da nach §. 3 des Ges. vom 31. Okt. 1848 das Jagdrecht als ein Recht des Grundeigenthümers anerkannt und durch den §. 2 dess. Ges. die Trennung dieses Rechts vom

Grund und Boden für unzulässig erklärt ist, so ist die Jagd­ berechtigung ein mit dem Grundeigenthum verbundenes Recht, O.D.G. 4, 218, und bildet daher als solches nach §. 96 B.G.B. einen Bestandtheil und wegen seiner Untrennbarkeit nach §. 93 einen wesentlichen Bestandtheil des Grundstücks.

Der Jagd­

pachtvertrag ist deshalb ein über Bestandtheile von Gmndstücken geschlossener Vertrag. Sein Gegenstand ist das Recht auf

Occupation des Wildes, also auf die Ausbeute, welche aus diesem Theil der Grundstücke seiner Bestimmung gemäß ge­ wonnen wird, mithin das Recht auf die Fruchtziehung, §. 99 Abs. 1 und 3 B.G.B., und da die entgeltliche Ueberlafsung des

Gebrauchs und des Fruchtgenusses auch an einem Recht (§. 581 Abs. 1 „Gegenstand", §. 595 B.G.B.) sich als Pachtvertrag dar­

stellt, so ist der Jagdpachtvertrag ein regulärer Pachtvertrag über einen Grundstückstheil.

Ein das Grundstück oder einen

Theil desselben betreffender Pachtvertrag kann aber nach §§. 566, 581 Abs. 2 B.G.B. auf eine längere Zeit als auf ein Jahr

rechtswirksam nur schriftlich geschlossen werden.

Ein Vertrag,

durch welchen ein gemeinschaftlicher Jagdbezirk verpachtet wird, darf sich nach §. 10 Abs. 2 des Jagdpolizeigesetzes auf eine kürzere Zeit als auf drei Jahre nicht erstrecken; der mündlich

geschlossene Vertrag, der sonst auf ein Jahr gültig sein würde, ist daher überhaupt unwirksam, weil er auf ein Jahr nicht ge-

Wildschadengesetz §. L.

125

schloffen werden darf, s. auch Ministerial-Erlaß vom 15. Dez. 1900, s. unten Anl. K. (Die Frage war bisher zweifelhaft, das Obertr. in Strieth. Arch. 58, 156 hielt die schriftliche Abfassung für erforderlich, das O.D.G. 36, 356 hielt fie nicht für nöthig, für das Rheinische Recht hielt auch das R.G. 41, 348 den mündlichen Jagdpachtvertrag für rechtsgültig). — Eine nachträgliche Aenderung der Vereinbarung über den Schadensersatz ist nur unter Wiederholung der Formen des Abs. 2 zulässig, Bauer, Anm. zu §. 2. — Mehrere gemeinschaftliche Jagdpächter haften als Gesammtschuldner (solidarisch), tz. 427 B.G.B., es kann aber eine ab* weichende Verabredung getroffen werden. Im Fall der Gesammthaft haften die mehreren Pächter im Verhältniß zu einander zu gleichen Antheilen, wenn sie nichts Anderes ver­ einbart haben; der Pächter, der den Wildschaden ersetzt hat, hat daher in Ansehung der auf die andern Pächter entfallenden

Antheile einen Regreß gegen dieselben, §. 426 Abs. 2 B.G.B. —

Die Ansprüche aus dem Jagdpachtverhältniß können nur im ordentlichen Rechtswege geltend gemacht werden, in welchem allein über die Rechtswirksamkeit des Jagdpachtvertrags ent­ schieden werden kann, Ministerial-Erlasse vom 24. März 1898, 18. Mai und 4. Oktober 1901, s. unten Anl. E, L und N. 6. Der zweite Absatz des §. 2 verfolgt den Zweck, nach Möglichkeit die Wiedererstattung derjenigen Beträge zu sichern, welche die betheiligten Grundbesitzer in Gemäßheit des Abs. 1

für Wildschaden zu zahlen gehabt haben. Das Gesetz geht da­ von aus, daß die Gemeindebehörde der Regel nach bei Ver­ pachtung der Jagd in einem gemeinschaftlichen Jagdbezirke für die vollständige Wiedererstattung der zu zahlenden Wild­ schadensbeträge durch den Jagdpächter Sorge tragen werde. Es lassen sich aber auch Fälle denken, in denen die Jagdpächter

lieber eine höhere Pachtsumme zahlen, als jeden Wildschaden im Einzelnen ersetzen wollen. Auch kann die Festsetzung einer Pauschal-Entschädigungssumme unter Umständen für die Ge­ meinde vortheilhafter sein, als die Erstattung der einzelnen ge°

126

Wildschadengesetz §. 2.

zahlten Wildschadensbeträge. In allen Fällen nun, in welchen nicht die vollständige Wiedererstattung der zu entrichtenden Wildschadensbeträge durch den Jagdpächter ausbedungen ist, müssen die Jagdpachtverträge in ortsüblicher Weise bekannt gemacht und eine Woche lang ausgelegt werden. Sobald auch

nur von einem Nutzungsberechtigten innerhalb zwei Wochen nach dieser Auslegung Widerspruch erhoben wird, soll der Kreisausschuß (in Stadtkreisen der Stadtausschuß) endgültig entscheiden, ob die Verhältnisse es rechtfertigen, daß von der Ausbedingung des vollen Ersatzes durch den Jagdpächter ab­ gesehen wird. Die Gemeindebehörden haben demnach im Falle rechtzeitig erhobenen Widerspruchs die Jagdpachtverträge dem Kreisausschuß resp, dem Stadtausschuß zur Genehmigung vor­

zulegen. Der letztere entscheidet alsdann über die Genehmigung nach eigenem Ermessen, ohne durch den Widerspruch in seinem Genehmigungsrechte beschränkt zu sein. (Vgl. oben